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Forschende Fachdidaktik III

2021
978-3-8233-9531-7
Gunter Narr Verlag 
Daniela Unger-Ullmann
Christian Hofer

Das vorliegende Buch Forschende Fachdidaktik III. Prozessveränderungen in der universitären Sprachenlehre umfasst eine Auswahl an Beiträgen zu Forschungsergebnissen, die einen multiperspektivischen Blick auf eine nachhaltige Entwicklung der hochschulischen Sprachenlehre zulassen. Die AutorInnen haben es sich zur Aufgabe gemacht, mit innovativen und kreativen Forschungskonzepten Sprachlehrende bei der Erweiterung ihrer Lehrkompetenzen zu unterstützen sowie Sprachenlernenden dabei zu helfen, die Chance zur Aneignung von linguistischem Wissen, kulturellen Werten und sprachlichen Kompetenzen zu nutzen. Mit ihren methodisch-didaktischen Empfehlungen geben sie sowohl Lehrenden als auch Lernenden jenes nötige Rüstzeug an die Hand, das nachhaltiges Denken und Handeln in sprachenspezifischen Belangen ermöglicht.

Forschende Fachdidaktik III Daniela Unger-Ullmann / Christian Hofer (Hrsg.) Prozessveränderungen in der universitären Sprachenlehre Forschende Fachdidaktik III Daniela Unger-Ullmann / Christian Hofer (Hrsg.) Forschende Fachdidaktik III Prozessveränderungen in der universitären Sprachenlehre © 2021 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Satz: pagina GmbH, Tübingen CPI books GmbH, Leck ISBN 978-3-8233-8531-8 (Print) ISBN 978-3-8233-9531-7 (ePDF) ISBN 978-3-8233-0337-4 (ePub) www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. Diese Publikation wurde unterstützt durch: 7 11 49 71 113 141 191 223 261 Inhalt Daniela Unger-Ullmann, Christian Hofer Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Daniela Unger-Ullmann Präsenzlehre versus Fernlehre: Hochschuldidaktische Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen am Beispiel von treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Hofer Lernendenzentriertes Hospitieren im universitären Sprachunterricht - Das Grazer Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marjorie Rosenberg Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones. A Research Report . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Martina Dubaniovski Sprachenlernen im Tandem: Ergebnisse des TandemEvaluationsProjekts . . Bettina Leitner Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch als Schlüssel zum erfolgreichen Fremdsprachenerwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Heidrun Brameshuber Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weiblich? Eine Analyse aus genderspezifischer Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maria Rohringer Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? Eine Analyse am Beispiel der DaF-Kurse bei treffpunkt sprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Karoline Kuttner Länderspezifische Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 323 357 393 Vanessa Urbanz Der Alpe-Adria-Raum als Impulsquelle für kreatives und wissenschaftliches Schreiben im DaF-Unterricht an Universitäten und Hochschulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Yael Rosenmann Building Walls or Bridges: The Effect of Identity on Adult Immigrant Motivation in L3 Acquisition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Simone Klinge Fit for the Future: Towards a Language Policy for the University of Graz - a Needs Analysis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . AutorInnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Inhalt Vorwort Daniela Unger-Ullmann, Christian Hofer Der Forschungsbereich Fachdidaktik am treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Universität Graz beschäftigt sich mit Forschung und Weiterbildung zu wichtigen Themenfeldern des Spra‐ chenlehrens und -lernens und trägt seit mittlerweile zwölf Jahren zu einer Pro‐ fessionalisierung des universitären Sprachunterrichts in der Erwachsenenbil‐ dung bei. Das Ziel der Forschungseinrichtung liegt im genauen Beobachten, Dokumentieren und Analysieren fremdsprachlicher Lehr- und Lernprozesse ei‐ nerseits und in der Weiterbildung und Professionalisierung der Lehrenden an‐ dererseits. Der vorliegende Band umfasst eine Auswahl an Beiträgen zu Forschungser‐ gebnissen, die einen multiperspektivischen Blick auf eine nachhaltige Entwick‐ lung der hochschulischen Sprachenlehre zulassen. Die AutorInnen haben es sich zur Aufgabe gemacht, mit innovativen und kreativen Forschungskonzepten Sprachlehrende bei der Erweiterung ihrer Lehrkompetenzen zu unterstützen sowie Sprachenlernenden dabei zu helfen, die Chance zur Aneignung von lin‐ guistischem Wissen, kulturellen Werten und sprachlichen Kompetenzen zu nutzen. Mit ihren methodisch-didaktischen Empfehlungen geben sie sowohl Lehrenden als auch Lernenden jenes nötige Rüstzeug an die Hand, das nach‐ haltiges Denken und Handeln in sprachenspezifischen Belangen ermöglicht. Einen Einstieg in das nachhaltige Thema Präsenzlehre versus Fernlehre: Hochschuldidaktische Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen am Beispiel von treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingua‐ lismus und Fachdidaktik bietet der Beitrag von Daniela Unger-Ullmann, die sich anlässlich der Pandemie mit alternativen Szenarien der universitären Spra‐ chenlehre auseinandersetzt und der Frage nachgeht, welchen Herausforde‐ rungen sich Instituts- und ZentrumsleiterInnen, Lehrende und Studierende zu stellen haben. Dabei werden Evaluierungsergebnisse herangezogen, die mit einer Analyse der Vor- und Nachteile, welche sich durch die Umstellung von Präsenzauf Fernlehre ergeben haben, einhergehen. Aus der Perspektive der LehrerInnenbildung, in die der Beitrag Lernen‐ denzentriertes Hospitieren im universitären Sprachunterricht - Das Grazer Modell aufgrund seiner spezifischen berufsvorbereitenden Bestim‐ mung eingebettet ist, zeigt Christian Hofer, wie effektiv Hospitationen für an‐ gehende Sprachlehrende sein können. Sie sind Teil eines integrativen Fortbil‐ dungsmodells, das im Rahmen der Modulreihe Sprachenlernen mit Erwachsenen am treffpunkt sprachen seine Verwendung findet. Anhand von Rückmeldungen der Teilnehmenden werden zentrale Lernformen, Erkenntnisprozesse, die Wis‐ senserweiterung in verschiedenen Kompetenzbereichen sowie Qualitätskrite‐ rien, welche von der Struktur des Unterrichts bis hin zum Auftritt der Lehr‐ person reichen, analysiert. Marjorie Rosenberg geht in ihrem Beitrag Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones. A Research Report auf Ergebnisse einer quali‐ tativen Studie ein, die mit Lehrenden aus der ganzen Welt durchgeführt wurde. Die Grundlage für dieses Projektvorhaben bildete ein frei zugängliches Webinar, in dem Ideen, Aktivitäten und verfügbare Ressourcen für den Unterricht ge‐ sammelt wurden. Im Rahmen dieses virtuellen Treffens und einer anschließenden Online-Umfrage galt es für die Autorin herauszufinden, was Lehrende davon abhält, ihre Komfortzone zu verlassen. Die dabei gewonnenen Ergebnisse lassen interessante Rückschlüsse auf die Bereitschaft der Lehrenden, sich öfter an Fortbildungen beteiligen sowie neue Technologien und neue Methoden er‐ lernen und nutzen zu wollen, zu. In ihrem Beitrag Sprachenlernen im Tandem: Ergebnisse des TandemEvaluationsProjekts beschäftigt sich Martina Dubaniovski mit der Effek‐ tivität von informellen Sprachlernprozessen, die sich in Sprachlernpartner‐ schaften ergeben. Anhand einer ausführlichen Ergebnisanalyse werden Pro‐ bleme und Herausforderungen der Tandem-LernpartnerInnen herausgegriffen, Empfehlungen zur Gestaltung von Sprachlernpartnerschaften ausgesprochen sowie Fragen zu deren Einsatz und Funktion diskutiert. Ausgehend von der These, dass die solide und reflektierte Beherrschung der Erstsprache (L1) die Grundvoraussetzung für das erfolgreiche Lernen weiterer Sprachen darstellt, präsentiert Bettina Leitner in ihrem Beitrag Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch als Schlüssel zum erfolgreichen Fremdsprachenerwerb Untersuchungsergebnisse, die den ProbandInnen mangelnde Kenntnisse über die grammatikalische Struktur ihrer Erstsprache attestieren. Nach Auswertung der Daten ist es der Autorin ein Anliegen, den Studierenden eigens konzipierte Materialien zur Verfügung zu stellen, um einen Großteil der Wissenslücken schließen zu können. 8 Daniela Unger-Ullmann, Christian Hofer In Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weib‐ lich? Eine Analyse aus genderspezifischer Perspektive ist es Heidrun Bra‐ meshubers Bestreben, ein Profil der Studierenden unter Berücksichtigung des Geschlechter-Aspekts zu erstellen. Mittels statistischer Auswertungen, die sich im Rahmen einer Studierendenumfrage und in Einzelinterviews mit Lehrenden ergeben haben, geht die Autorin der Frage nach, ob sich innerhalb der univer‐ sitären Fremdsprachenkurse eine Geschlechterdisparität nachweisen lässt. Maria Rohringer untersucht in ihrem Beitrag Wie gendersensibel sind Un‐ terrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? Eine Analyse am Beispiel der DaF-Kurse bei treffpunkt sprachen den Themenbereich Gleichstellung und Diversität in Lehrwerken. Im Zuge einer eingehenden Über‐ prüfung von Lehrbüchern und Skripten, die in den Deutsch-als-Fremd‐ sprache-Kursen von treffpunkt sprachen aktuell verwendet werden, konzentriert sich die Autorin auf die stereotype Repräsentation von männlichen und weibli‐ chen AkteurInnen und auf den Gebrauch gendersensibler Sprache. Ergänzend werden Rückmeldungen aus den leitfadengestützten Interviews mit zehn DaF-Lehrenden angeführt, um die Ergebnisse der umfangreichen Lehrwerk‐ analyse mit deren Sichtweisen zu manifestieren. Der Beitrag Länderspezifische Aussprachevermittlung im universi‐ tären DaF-Unterricht von Karoline Kuttner schildert zunächst die Hinter‐ gründe für die unzureichende Behandlung der Aussprachevermittlung im Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht und geht im Anschluss näher auf den phonetischen / phonologischen Interferenzbegriff im Fremdsprachenunterricht ein. Auf Basis eines mit den ProbandInnen durchgeführten Lesetests wurde eine Reihung der Ausspracheschwierigkeiten für Lernende vorgenommen, deren je‐ weilige Erstsprachen Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch waren. Um eine bedarfsorientierte Aussprachevermittlung für Lernende zu ermöglichen, stellt die Autorin ein eigens konzipiertes Handbuch zur Verfügung, welches Lehrenden als Nachschlagewerk dient und motivierende Übungen zur Ausspra‐ chevermittlung enthält. Vanessa Urbanz befasst sich in ihrem Beitrag Der Alpe-Adria-Raum als Impulsquelle für kreatives und wissenschaftliches Schreiben im DaF-Unterricht an Universitäten und Hochschulen mit dem Einsatz von Arbeitsmaterialien für den Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht, welcher die Schreibkompetenz und Kreativität der Studierenden fördern soll. Das erklärte Ziel der umfangreichen Materialsammlung liegt in der erfolgreichen Gestaltung der Text- und Schreibarbeit und in der Optimierung von Lernerfolgen im Rahmen des institutionellen Fremdsprachenunterrichts im Alpe-Adria-Raum. 9 Vorwort In ihrem Beitrag Building Walls or Bridges: The Effect of Identity on Adult Immigrant Motivation in L3 Acquisition geht Yael Rosenmann der Frage nach, warum bei einem Großteil der MigrantInnen die Deutschkenntnisse in der Tertiärsprache (L3) eher gering sind. Auf der Suche nach einer Erklärung für diese grundsätzliche Annahme fokussiert sich die Autorin auf die psycho‐ logischen Barrieren, die in selbstlimitierenden, auf Emotionen basierenden Überzeugungen wurzeln und die Lernenden daran hindern, ihr volles Potential beim Erwerb der Drittsprache auszuschöpfen. Simone Klinge widmet sich in ihrem Beitrag Fit for the Future: Towards a Language Policy for the University of Graz - a Needs Analysis der über‐ geordneten Fragestellung, welche Sprachen an der Universität Graz aus lokaler und nationaler Perspektive gelehrt werden sollen. Ausgehend von der Ver‐ pflichtung der Universität Graz, als öffentliche Hochschule Lehre und For‐ schung zu betreiben, die für die Gesellschaft von Relevanz ist, zieht die Autorin jene Sprachen heran, deren Funktionen sich in Bezug auf die Bedürfnisse be‐ stimmen lassen. Im Hinblick auf die lokale Perspektive nimmt Simone Klinge eine Gliederung nach allochthonen („neuen“) und autochthonen („alten“) Spra‐ chen vor und weist auf die unterschiedliche Behandlung dieser beiden Sprach‐ kategorien durch den Staat und die Gesellschaft hin. Bezüglich der nationalen Perspektive konzentriert sich die Autorin auf die sprachlichen Bedürfnisse des Wirtschaftssektors. Im Rahmen der Studie lässt sich argumentieren, dass Eng‐ lisch als Lingua franca für die meisten Belange der geschäftlichen Kommunika‐ tion ausreicht, wenn nicht sogar Deutsch. Das Erlernen einer Sprache bedeutet jedoch auch, etwas über die Kultur zu lernen, womit ein entscheidender Spiel‐ raum zum Aufbau besserer Beziehungen verbunden ist. Die HerausgeberInnen danken den AutorInnen für ihre eingereichten Bei‐ träge und dem Verlag für sein Interesse, den dritten Band zur Forschenden Fach‐ didaktik zu veröffentlichen. Besonderer Dank gilt den Lektorinnen Andrea Kraus und Maria Rohringer, die sich durch umsichtige Korrekturvorschläge um die Qualität des vorliegenden Buchs verdient gemacht haben. 10 Daniela Unger-Ullmann, Christian Hofer Präsenzlehre versus Fernlehre: Hochschuldidaktische Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen am Beispiel von treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik Daniela Unger-Ullmann Im März 2020 wurde der Lehrbetrieb am treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Universität Graz binnen weniger Tage an die österreichweiten Corona-Maßnahmen angepasst und von Präsenzauf Fernlehre umgestellt. Bis auf wenige Ausnahmen erfolgte diese Umstellung rasch und unbürokratisch und setzte sich nach dem herausfordernden digitalen Sommersemester 2020 im Studienjahr 2020 / 21 fort. Der vorliegende Beitrag widmet sich diversen Fragestellungen, die in Zeiten der Pandemie mit einer alternativen Gestaltung des universitären Sprachun‐ terrichts im Zusammenhang stehen. So wird den Fragen nachgegangen, an welche Grenzen LeiterInnen in der Phase der Umstellung gestoßen sind, mit welchen Herausforderungen sich Lehrende und Studierende wiederholt kon‐ frontiert sehen, inwiefern sich diese Herausforderungen auf die Evaluie‐ rungsergebnisse ausgewirkt haben, und welche Fortbildungen von Lehr‐ enden zurecht eingefordert werden. Abschließend wird ein Resümee zu den Vor- und Nachteilen, die sich durch die Umstellung von Präsenzauf Fern‐ lehre ergeben haben, gezogen. Ausgangslage Die flächendeckende Universitätsschließung zu Beginn des Sommersemesters 2020 stellte die Universitätsleitung vor große Herausforderungen, die mit infrastrukturellen, technischen sowie didaktischen Fragen einhergingen. Wie in so vielen anderen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens wirkte sich die Co‐ rona-Krise auch auf den tertiären Bildungssektor aus und offenbarte auf scho‐ nungslose Weise die Defizite in der Digitalisierung. Die mit der Pandemie ent‐ standene Notwendigkeit der digitalen Lehre zeigte deutlich, wie weit Bildungseinrichtungen von den eigentlichen Maßstäben einer gut funktionierenden Fernlehre entfernt waren. Im Umgang mit diesem äußerst dringlichen Thema standen für die Universität Graz zunächst digitale Realitäten im Vordergrund, die es mit der Schaffung tech‐ nischer Rahmenbedingungen zu erfüllen galt. Im Sinne eines digital gestützten Fernunterrichts stellten Lehrbeauftragte den Studierenden Lernmaterialien auf unterschiedlichen Wegen zur Verfügung und boten zunächst Hilfestellungen via Telefon oder E-Mail an. Eine zufriedenstellende Antwort auf die Frage, welche Lernplattformen sich für den digitalen Unterricht an der Universität Graz eignen würden, ergab sich erst im Laufe des Sommersemesters 2020. Aus Datenschutzgründen wurde der Lernplattform Moodle sowie den Videokonfe‐ renztools BigBlueButton ( uni MEET ), Skype for Business und WebEx der Vorzug gegeben. Abseits von Ausstattungsfragen und Lizenzvergaben an der Bildungseinrich‐ tung selbst sowie in den Haushalten der Lehrenden und Studierenden betraf die Umstellung vor allem das digitale Know-how der AkteurInnen. Was für die einen als Chance für konstruktive Veränderungen gesehen wurde, wurde von den anderen als nicht zu lösendes Problem erachtet. Möglichkeiten, die tradi‐ tionelle Lehre im Zuge der digitalen Lehre zu restrukturieren, wurden teils mit Skepsis, teils mit Neugierde aufgegriffen und führten zu einer permanenten Verunsicherung auf beiden Seiten. Der von Lehrenden und Studierenden ein‐ geforderte Weitblick auf mittelbzw. langfristige Handlungsstrategien musste mit dem Hinweis, es handle sich um eine Momentaufnahme des Status quo, deren Folgen bzw. Konsequenzen nicht absehbar seien, hintangestellt werden. Die Umstände, die sich aus der Pandemie ergaben, machten ein proaktives Handeln schier unmöglich und ließen lediglich unzureichende Reaktionen auf unvorhersehbare Schwierigkeiten zu. In diesem Zusammenhang nahm die Uni‐ versitätsleitung Prozesse in Kauf, die in ihrer finalen Konsequenz die physische und psychische Integrität der Universitätsbediensteten und Studierenden stark beeinflusste. Lockdown-Maßnahmen, welche bestimmte Abstandsregeln und eine Maskenpflicht in den Räumlichkeiten der Universität mit sich brachten, wurden von vielen als beängstigender Verlust der gewohnten Normalität erlebt. Diese Verlustängste gingen mit der berechtigten, grundlegenden Frage einher: Wie gehen wir damit um? Und weiterführend: Wie schaffen wir wieder Ver‐ trauen in ein System, das durch die Pandemie gehörig ins Wanken geraten ist? 12 Daniela Unger-Ullmann Wie motivieren wir Lehrende und Studierende zu einem produktiven Weiter‐ denken, das den notwendigen Transformationsprozess in Studium und Lehre zum Erfolg führt? Fragen, deren Antworten die Sichtweisen aller Beteiligten (Leitung / Lehrpersonal / Studierende) umfassen und in den folgenden Kapiteln des vorliegenden Beitrags ihre Darstellung finden. Grenzen der Leitung Sowohl die Corona-Pandemie als auch die drastischen Maßnahmen dagegen hatten einen enormen Einfluss auf das Führungsgeschehen in universitären Einrichtungen. Da es aus damaliger Sicht nicht absehbar war, ab welchem Zeit‐ punkt eine Durchführung der Präsenzlehre wieder möglich gewesen wäre, und nach Einschätzung der Lage davon auszugehen war, dass selbst bei einer Lo‐ ckerung der behördlichen Maßnahmen zu Covid-19 der Präsenzstudienbetrieb nicht zu den ersten Bereichen gehören würde, die in einen gewohnten regulären Betrieb hätten rückgeführt werden können, hatte das Rektorat der Universität Graz mit 11. März 2020 beschlossen, Lehrveranstaltungen und Prüfungen aus‐ schließlich online abzuhalten. Mit dieser Entscheidung wollte man einen plan‐ baren Lehrbetrieb gewährleisten und gleichzeitig die Sicherheit und Gesundheit aller Studierenden und Universitätsbediensteten schützen. Im Hinblick darauf wurden Instituts- und ZentrumsleiterInnen aufgerufen, Verantwortung zu übernehmen und Rahmenbedingungen zu schaffen, die Stu‐ dierenden nicht zum Nachteil gereichen würden. Es erging an alle Führungs‐ kräfte die höfliche Bitte, für einen geregelten digitalen Lehr- und Wissen‐ schaftsbetrieb zu sorgen und jene Lehrkräfte, die ihren Unterricht noch nicht auf digitale Lehr- und Lernformate umgestellt hatten, dahingehend zu moti‐ vieren, die passenden methodischen Wege selbst zu wählen und zu versuchen, kreative und unkonventionelle Ideen in ihren Lehrveranstaltungen umzusetzen. Diese Überzeugungsarbeit erforderte von Seiten der Leitungsebene sehr viel Fingerspitzengefühl und Sensibilität, zumal bei einem Großteil der Lehrenden das digitale Know-how einer Erweiterung bedurfte. Zentrale Aufgabe der Leitung von treffpunkt sprachen war es zunächst, mit den Lehrkräften in Kontakt zu bleiben und gemeinsam mit ihnen einen Weg zu finden, den Lehrbetrieb aufrechtzuerhalten. Innerhalb kürzester Zeit musste eine geeignete technische Infrastruktur geschaffen werden, Studierende und Lehrende ausgerüstet, eingeschult und zur Umstellung auf eine neue Form des Unterrichts motiviert werden. Die Erfüllung dieser Desiderata ging mit einer umfassenden und zeitintensiven Betreuung aller Beteiligten einher und führte zu der berechtigten Frage, wer für die Nutzung privater Geräte, die mit einer 13 Präsenzlehre versus Fernlehre: Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen stabilen Internetverbindung ausgestattet sein sollten, finanziell aufkommen würde. Diese Frage konnte bis zum heutigen Zeitpunkt noch nicht geklärt werden. Um sowohl KursteilnehmerInnen als auch Lehrkräfte „bei Laune zu halten“, musste von Seiten der Leitung laufend Motivations- und Überzeugungsarbeit per Skype, E-Mail oder Telefon geleistet werden, was den zeitlichen Arbeitsauf‐ wand enorm erhöhte. Letztlich machte sich die ständige Verfügbarkeit insofern bezahlt, als der Lehrbetrieb ohne gravierende Probleme durchgeführt werden konnte und sich die KursteilnehmerInnen mit dem digitalen Angebot trotz an‐ fänglicher Vorbehalte zufrieden zeigten. Auch nach einem Jahr Online-Erfah‐ rung sei jedoch darauf hingewiesen, dass sich die Annahme, ein kollektives Ar‐ beiten sei unter digitalen Umständen nicht möglich, hartnäckig hält. Diese Einstellung dürfte der Tatsache geschuldet sein, dass ein Großteil der Kursteil‐ nehmerInnen anfangs keinen eigenen PC zur Verfügung hatte und wenig bis gar keine Kenntnisse in technischen Belangen aufwies. So musste unter an‐ derem auf das Smartphone als Unterrichtsmittel zurückgegriffen werden, um zumindest Zugang zu den Lernmaterialien zu gewährleisten. Mes‐ senger-Dienste wie WhatsApp oder Signal erwiesen sich für viele TeilnehmerInnen als bedienerfreundliche Kommunikationstools, insbesondere für jene, die wenig bis gar keine digitalen Kenntnisse hatten. Die Methoden im Distance-Learning waren vielfältig und wurden auf die di‐ gitalen Kompetenzen der KursteilnehmerInnen abgestimmt. Aufgaben standen auf der Lernplattform Moodle zur Verfügung oder wurden je nach Bedarf per Messenger-Dienst oder per E-Mail verschickt. Sprachaufnahmen, Hörtexte, Lese- und Schreibaufgaben, Lernvideos, Erklärungsvideos etc., die von den Lehrenden selbst erstellt wurden, rundeten das digitale Angebot ab. Zudem wurden erledigte Arbeitsaufträge in Videokonferenzen besprochen und reflek‐ tiert. Die Zusammenarbeit in der Gruppe konnte durch Breakout-Rooms ge‐ währleistet werden und führte zu einem effektiven Lernerlebnis. In der schwierigen Zeit der Pandemie gestaltete sich die SprachLernBegleitung (vgl. treffpunkt sprachen 2021) als besonders hilfreich. Mehrmals im Semester wurde den TeilnehmerInnen empfohlen, ein individuelles Lerncoaching in An‐ spruch zu nehmen, um aktuellen Themen, wie Motivationsverlust oder dem Gefühl der völligen Isolation und des Alleinseins, beizukommen. Faktoren, wie fehlende technische Ausstattung, schlechte Internetverbindung, fehlende Spei‐ cherkapazitäten, dazu Sorge um die Gesundheit, beengte Wohnverhältnisse und Mehrfachbelastungen, hatten für schwierige Lernbedingungen gesorgt, die es mit der SprachLernBegleitung zu minimieren galt. 14 Daniela Unger-Ullmann Obwohl die Lernbedingungen nicht einfach waren, konnten viele Studierende beachtliche Lernfortschritte erzielen. Neue Zugänge und Methoden förderten das selbstständige Lernen, digitale Kompetenzen gewannen zunehmend an Be‐ deutung und stellten sowohl für Lehrende als auch für Studierende eine neue Lehr-/ Lernerfahrung dar. Mittlerweile sind digitale Medien Teil des Alltags ge‐ worden, werden jedoch - aus den Rückmeldungen des Lehrpersonals und der Studierenden zu schließen - die Präsenzlehre nicht ersetzen, sondern lediglich ergänzen. Für das kommende Studienjahr wäre es Aufgabe der Leitung, Kurse in Präsenz zu planen, um den Erwartungshaltungen und Interessen der Stu‐ dierenden entgegenzukommen. In diesem Zusammenhang stellt sich jedoch für Instituts- und ZentrumsleiterInnen die berechtigte Frage, inwiefern die bevor‐ zugte Präsenzlehre es wert ist, ein Gesundheitsrisiko einzugehen. Kann bzw. darf die physische Präsenz allen Beteiligten in Zeiten der Pandemie zugemutet werden? Und wenn ja, was würde man mit ihr anfangen, ohne die potentiellen Gesundheitsfolgen in Erwägung gezogen zu haben? Auf den ersten Blick wäre es ratsam, sämtliche Lehrveranstaltungen länger‐ fristig in den sicheren Online-Raum zu verlagern. Die Vorstellung, sich im Se‐ minarraum mit Masken gegenübersitzen und in den Pausen einen Sicherheits‐ abstand von aktuell zwei Metern einhalten zu müssen, dürfte die Freude an der Kursteilnahme trüben und könnte zu kurzfristigen Abmeldungen führen. Dem‐ zufolge wäre die Leitung dazu angehalten, Kurse mit einer geringen Teilneh‐ merInnenzahl abzusagen, zumal sich diese aus wirtschaftlicher Sicht nicht ren‐ tieren. Die bestehenden Geschäftsmodelle sprechen sich zu Pandemiezeiten gegen eine Lehrplanung in Präsenz aus und erschweren die Entscheidungsfin‐ dung enorm. Ohne Zweifel stehen Präsenztreffen für den direkten Kontakt und ermöglichen authentische Konversationssituationen, welche die Online-Lehre trotz innovativer Lehr-/ Lernkonzepte nicht zu kompensieren vermag. Beson‐ ders bei der Sprachvermittlung spielt die Unmittelbarkeit des Unterrichtsge‐ schehens eine große Rolle. Sie unterstützt den natürlichen und ungefilterten Lernprozess der Studierenden und schließt technisch inszenierte Begegnungen aus. Ihr gegenüber stehen digitale Formate, die unter anderem eine rasche Gene‐ rierung von Materialien zum Weiterlernen ermöglichen. Gemeint sind verlinkte Übungen oder Videos, die den KursteilnehmerInnen im Chat zur Verfügung ge‐ stellt werden, Umfragen, welche die Sichtweisen zu einem bestimmten Thema widerspiegeln, sowie Texte, die gemeinsam produziert werden können. Diese interaktive Präsentation sprachlicher Inhalte könnte zu einer Selbstverständ‐ lichkeit werden und würde für eine Begegnung und Zusammenarbeit im On‐ line-Raum sprechen. 15 Präsenzlehre versus Fernlehre: Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen Dennoch lässt sich bei der Lehrplanung keine pragmatische Lösung finden. Einem kurzfristigen Wechsel von Online-Lehre auf Präsenzlehre stehen admi‐ nistrative und wirtschaftliche Faktoren im Weg, die sich stark auf das Unter‐ richtsgeschehen auswirken. Aus organisatorischen und ökonomischen Gründen wäre ein eventueller Umstieg von Fernlehre auf Präsenzlehre bei einer 25-pro‐ zentigen Auslastung der Seminarräume, wie sie derzeit an der Universität Graz vorgeschrieben ist, nicht umsetzbar. Zudem würde sich die Kursteilnahme bei einer ständigen Änderung des Kursmodus als sehr schwierig gestalten. Um den Studierenden Planbarkeit und Kontinuität bieten zu können, kommen Instituts- und ZentrumsleiterInnen nicht umhin, am digitalen Format festzuhalten. Auch wenn sie die Vorzüge und Besonderheiten von Präsenz- und Fernlehre bereits kennengelernt haben, sind ihnen bei der Wahl der richtigen Kursform dennoch die Hände gebunden. Herausforderungen für Lehrende und Studierende Während es vor der Corona-Krise nur unter größten datenschutzrechtlichen Bedenken möglich war, Videomaterial im Sprachunterricht zu zeigen, sah es die Universitätsleitung ab dem Zeitpunkt der Covid-19-bedingten Umstellung von Präsenzauf Fernlehre als selbstverständlich an, dass sich Lehrkräfte wie Stu‐ dierende spontan online auf kommerziellen Plattformen mit Stimme und Bild präsentierten. Die Verfügbarkeit über private Ressourcen, wie z. B. Geräte, In‐ ternetverbindung, Webcam und Mobiltelefon, wurde von einem Tag auf den anderen als berufliche Notwendigkeit vorausgesetzt. Eigene Anschaffungen von Hardware und Software zwangen Lehrende und Studierende zu privaten Aus‐ gaben. Die berechtigte Frage nach Rückerstattung der durch das Home-Teaching und Home-Studying aufkommenden Kosten blieb von der Universitätsleitung bislang unbeantwortet. Auf Studierende aus sozial schwachen Familien oder auf Lehrpersonen, die sich nicht in der Großstadt, sondern in ländlichen Gebieten angesiedelt hatten, wurde keine Rücksicht genommen. Gesundheitliche Risiken, die Verletzung der Privatsphäre durch permanente Verfügbarkeit auf elektronischen Medien, die Gefahr der Abhängigkeit durch die notwendige Anbindung an amerikanische Großkonzerne etc. standen nicht zur Debatte und gerieten aus Gründen der Überforderung zunehmend in Vergessenheit. Umso bewundernswerter scheint es, dass sich alle Beteiligten trotz schwie‐ riger Rahmenbedingungen bereit erklärt hatten, sich mit den Medien auseinan‐ dersetzen und ihre digitalen Kompetenzen erweitern zu wollen. Der gesell‐ schaftliche Stellenwert des virtuellen Austauschs dürfte zu einer Revidierung manch skeptischer Haltungen geführt haben, bestärkte jedoch die allgemeine 16 Daniela Unger-Ullmann Annahme, das volle methodisch-didaktische Potential, welches mit der Prä‐ senzlehre einhergeht, im digitalen Unterricht nicht ausschöpfen zu können. Zudem würden, nach Aussage vieler Lehrender , Plattformen und Kommuni‐ kationstools nicht dazu beitragen, die Lernerfolge der Studierenden zu verbes‐ sern. Ein Großteil der Lehrenden beschwerte sich über die unzuverlässige Technik und vermisste den erforderlichen professionellen Support. Das Gefühl der Hilflosigkeit verstärkte sich bei der Verwendung von nicht einwandfrei funktionierenden Plattformen und Kommunikationstools und führte dazu, dass die anfängliche Bereitschaft, sich den digitalen Herausforderungen zu stellen, im Laufe des Sommersemesters 2020 in verständliche Resignation umschlug. Dieses Befinden spiegelt sich in so manchen schriftlichen und mündlichen Rückmeldungen wider, die im Folgenden skizziert werden. Es dauerte einige Zeit, bis sich eine kleine feine Gruppe von ca. zwölf TeilnehmerInnen regelmäßig zu unseren virtuellen Treffen einstellte - organisiert per Moodle über den Chat und Gespräche per Zoom, da auch die Universität bis nach Ostern brauchte, um ihr uniMEET / BigBlueButton auf die Füße zu stellen. Skype for Business für mich als Unibedienstete ohne ein Büro, sprich eine telefonische Nebenstelle freizuschalten, erforderte extremste Anstrengungen. Auch dass meine Kamera an meinem ziemlich neuen Laptop plötzlich nicht funktionierte, wie ich zu meiner Bestürzung feststellen musste, was ich aber zum Glück innerhalb einiger Tage durch eine neue Kamera be‐ heben konnte. Bis dahin hatte ich die virtuellen Treffen gleichzeitig per Handy und Laptop bestritten, was extrem herausfordernd war. Mit ähnlichen technischen Schwie‐ rigkeiten hatten aber auch meine TeilnehmerInnen zu kämpfen, wobei bald auffiel, dass überraschend oft das Mikrophon nicht funktionierte. Als ich die TeilnehmerInnen daraufhin aufforderte, alles per Chat zu schreiben, konnten diese technischen Schwie‐ rigkeiten in den meisten Fällen schnell behoben werden. Dem Feedback der Lehrenden am treffpunkt sprachen zufolge wurde der klare Wunsch an die Leitung geäußert, für eine gute technische Infrastruktur (Hard‐ ware, Software, Videokonferenztools, stabile Internetverbindung etc.) zu sorgen. Da der Kontakt mit der technischen Abteilung der Universität Graz von den Lehrenden als teils unzureichend und unbefriedigend empfunden wurde, wurde um eine Kontaktperson, die ausschließlich für Lehrende des Sprachen‐ zentrums zur Verfügung steht, gebeten. Diesem Wunsch konnte insofern ent‐ sprochen werden, als eine Lehrbeauftragte nicht nur am treffpunkt sprachen , sondern auch im IT -Bereich der Universität Graz tätig war. Die Beantwortung von Fragen rund um die digitale Lehre sowie das Weiterbildungsangebot von Webinaren im Bereich Sprachendidaktik standen bei den Lehrenden ganz oben auf der Wunschliste und erforderten ein rasches Reagieren von Seiten der Lei‐ 17 Präsenzlehre versus Fernlehre: Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen tungsebene (s. Kapitel Fortbildungen). Eine zentrale Herausforderung im Som‐ mersemester 2020 stellten die fehlende Interaktion, der virtuelle Kontakt mit den Studierenden, das Gefühl, nicht als Sprachlehrende / r, sondern als E-Mo‐ deratorIn tätig zu sein, die abnehmende Motivation der Studierenden sowie der Vorbereitungsaufwand, der sich in der gesteigerten E-Mail-Korrespondenz und in zeitintensiven Korrekturen niederschlug, dar. Fehlende Interaktion Im Groben und Ganzen kann ich sagen, dass die Fernlehre einigermaßen als Notfall funktioniert hat. Allerdings durch die technischen Probleme mit uniMEET (z. B. Audio und Kamera funktionieren nicht gleichzeitig, ständig Störungen beim Audio) und da‐ durch, dass die Fernlehre an sich eigentlich im Voraus geplant werden sollte, um sie erfolgreich umsetzen zu können, bin ich der Meinung, dass sie für die Sprachkurse weniger geeignet ist. Für Einzelunterricht oder Kleingruppen könnte es funktionieren, aber für Gruppen mit mehr als fünf TeilnehmerInnen finde ich es schon problematisch. Vor allem wenn man es damit vergleicht, dass TeilnehmerInnen im Präsenzunterricht miteinander interagieren können, sich im Raum bewegen können, um tatsächlich sprachlich zu handeln, man sieht die Lehrperson im Ganzen, also zusammen mit Gestik und Mimik usw. Ich bin froh, dass die meisten TeilnehmerInnen doch dabei‐ geblieben sind, aber sollte Fernlehre wieder einmal notwendig sein, müsste sie anders vorgeplant und durchgeführt werden. Was überaus herausfordernd in dieser Gruppe war, war die Tatsache, dass hier bloß einer Lust und Freude daran hatte, sich mit den anderen konstruktiv auszutauschen. Ansonsten gab es noch eine weitere Kandidatin, die sprach, die aber meistens Ant‐ worten gab, die nicht zum Inhalt bzw. zu den Fragen passten, was sich für alle als mühsam herausstellte. All dies hatte sich aber bereits in der ersten Einheit gezeigt und abgezeichnet. Der Rest der Gruppe war extrem zurückgezogen, geradezu ver‐ schlossen, überaus schüchtern und absolut einzelkämpferisch unterwegs. Antworten fielen, wenn überhaupt, höchst einsilbig aus. Es brauchte meine ganze Kreativität, alle zur Auseinandersetzung zu motivieren und sie zu einem Austausch zu bringen, wobei dies schriftlich in Chat-Einheiten noch am besten zu bewerkstelligen war. Am au‐ genscheinlichsten war dies, als die Studierenden nach Ostern über uni MEET / Big- BlueButton in eigenen Breakout-Rooms Fragestellungen hätten diskutieren können, was sie aber nicht taten. Es konnte passieren, wenn ich gerade dabei war, technische Probleme oder Zu-spät-Gekommene zu „managen“ bzw. sie über das vorher Bespro‐ chene zu informieren, dass einzelne Gruppen über mehrere Minuten einfach gar nichts miteinander sprachen, obwohl sie von mir entsprechend instruiert worden waren. 18 Daniela Unger-Ullmann Auch in dieser Gruppe konnte das Whiteboard in den Breakout-Rooms kein einziges Mal erfolgreich genützt werden, was meiner Meinung nach sehr schade war. Virtueller Kontakt mit den Studierenden Ich selbst habe mir während des gesamten Kurses sehr schwergetan, herauszufinden, ob meine Studierenden noch „mitkommen“ oder ob sie überfordert sind. Ich habe immer wieder Motivationsmails ausgeschickt und Chats installiert, aber die Rück‐ meldungen hielten sich in Grenzen. Ich bekam zwar manchmal sehr liebe und auf‐ bauende Nachrichten von meinen Studierenden, aber wie es der „breiten Masse“ er‐ ging, weiß ich nicht. Das hat mich schon sehr beschäftigt, da ich gegebenenfalls nicht hätte reagieren können. Doch ich bin erleichtert, dass die Studierenden scheinbar doch recht gut mit dem Kurs zurechtgekommen sind. E-Moderation Der Umstieg von Präsenzlehre auf Fernlehre war in Bezug auf die Vorbereitung nicht so kompliziert. Es war für mich eher eine „persönliche Umstellung“, da ich den Prä‐ senzunterricht und die Interaktion mit den Studierenden sehr mag. Ich fühlte mich wie eine „Theaterschauspielerin“, die plötzlich zur „Radio-Fernsehsprecherin“ wird. Once I discovered the BigBlueButton, I started offering group classes in addition to the weekly exercises on Moodle. That worked quite well, but I would say I felt more like a moderator than a teacher. I was constantly helping people with technical prob‐ lems and moving people in and out of Breakout-Rooms rather than really teaching. Abnehmende Motivation der Studierenden Die Studierenden waren am Anfang noch ganz fleißig und motiviert, haben in Foren beigetragen, Arbeitsaufträge regelmäßig zugeschickt, aber mit dem Voranschreiten des Semesters habe ich bemerkt, dass die Motivation sinkt und sie neben dem Haupt‐ studium nicht mehr ausreichend Zeit für den Sprachkurs haben. Manche haben sich dann gemeldet, dass sie einfach nicht mehr weitermachen können, weil sie mit an‐ deren Studienverpflichtungen überfordert sind. Aufgaben zu diskutieren, die abseits des Corona-Themas angesiedelt waren, war in der Anfangsphase kaum durchzuhalten, denn eine Gruppe gab an, extrem „durchzu‐ hängen“, sich so gar nicht motivieren zu können, sich bloß mit Videos und Spielen die Zeit zu vertreiben, nachdem sie entweder wieder zu Hause angekommen waren oder 19 Präsenzlehre versus Fernlehre: Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen in ihrem WG -Zimmer in Graz eingesperrt saßen. Der andere Teil schickte mir Ent‐ schuldigungsmails, erläuterte mir, warum sie völlig überfordert wären und zu gar nichts kommen würden, weil sie eben mit der Arbeit an der Uni auch extrem viel zu tun hätten und völlig „neben der Spur“ wären. Hier für beide Seiten das rechte Maß zu finden, galt wohl als die größte Herausforderung. Vorbereitungsaufwand Die Umstände für die Lehre im Sommersemester 2020 waren für alle in jedem Fall außerordentlich. Am Anfang hat der Umstieg auf Fernlehre ziemlich unproblematisch ausgesehen, weil Studierenden die Plattform Moodle bereits bekannt war (aber bisher meistens als ein Ort, wo man Unterlagen finden kann, wenn man etwas verpasst hat). Ich habe durch die Online-Lehre versucht, tatsächlich alle Formate von Moodle zu nutzen, um den Unterricht abwechslungsreich zu gestalten (also nicht nur Dateien hochladen). Das Ziel wurde zwar erreicht, aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass in diesem Sinne Moodle absolut zeitaufwändig ist - alles geht sehr langsam, man muss z. B. bei Multiple Choice jede Frage und mögliche Antworten einzeln eintragen. Ein Vorteil war, dass man Audio-Dateien hochladen oder sich selber beim Sprechen auf‐ nehmen konnte, aber allgemein gesehen ist Moodle ein Zeitfresser. I think I was able to provide engaging materials, but it was very time-consuming. I realized that I sometimes spent 30 minutes preparing just one exercise on Moodle that would take a student only five minutes to complete. I actually really enjoyed creating the content and learning about the tools I had never used before, but I was spending many hours a week doing it and I was never too certain how much the students were getting out of it. Über die positiven Evaluierungen freue ich mich sehr, da daraus hervorgeht, dass sich der enorme Arbeitsaufwand in diesem außergewöhnlichen Semester ausgezahlt hat. Bei den Fragestunden via Videokonferenz kamen sehr viele inhaltliche Fragen. Daher waren diese Fragestunden sehr wertvoll. Zudem waren diese eine gute Gelegenheit, mit den Studierenden in Kontakt zu kommen. Aufgrund der Fernlehre hatte ich für die Vor- und Nachbereitung den doppelten Zeit‐ aufwand. Die Studierenden waren für die Bemühungen bei der Vorbereitung der Un‐ terrichtsstunden und für die Online-Kommunikation dankbar, sie haben eine sehr gute Arbeit geleistet und Fortschritte gemacht. 20 Daniela Unger-Ullmann E-Mail-Korrespondenz Diese Gruppe mit dem Zielniveau A 2 / 2 unter den besonderen Umständen wegen der Corona-Krise zu unterrichten, war für mich eine Herausforderung. Einerseits musste ich sehr viel neuen Lernstoff (gleich wie jedes Jahr) einführen, damit das Zielniveau erreicht werden konnte, anderseits musste ich stets die Studierenden zum autonomen Lernen / zum Weiterlernen motivieren. Ich habe mich dabei auch per E-Mail und mit Zusatz-Online-Gesprächsterminen sehr bemüht, möglichst individuell jede / n ein‐ zelne / n Lernende / n zu betreuen. Dies ist meiner Einschätzung nach relativ gut ge‐ lungen, trotz Sondersituation und schwieriger Bedingungen, die Lernenden so zu be‐ treuen, dass das gesamte Gruppenniveau so hoch wie normal bleibt. Aufwand an Korrekturen Die ganzen Texte am Computer zu korrigieren, war für meine Schulter eine Heraus‐ forderung. Ich habe öfter Schmerzen davon bekommen. Der Umstieg von Präsenzlehre auf Fernlehre war in Bezug auf die Vorbereitung nicht so kompliziert, da ich normalerweise mit PowerPoint-Präsentationen und Videos ar‐ beite. Also habe ich auf diese Weise weitergearbeitet, indem ich Präsentationen zur Erklärung der Themen machte und Videos zur Ergänzung des Hörverständnisteils einsetzte. Wir haben den sprachlichen Teil in Online-Meetings über Skype geübt, den schriftlichen Teil mit Übungen im Buch und selbstverfassten Texten. Aber ich muss sagen, es war für mich doppelt so viel Arbeit, weil ich auch das korrigieren musste, was ich normalerweise im Klassenzimmer korrigiere. Wie herausfordernd die ständige Servicierung der Studierenden in der Fernlehre sein kann, zeigt sich in der folgenden Rückmeldung: Auch diejenigen vier (von sieben! ) TeilnehmerInnen, denen wohl aufgrund ihrer ei‐ genen eher bescheidenen Bereitschaft zu interagieren, die didaktische Sinnhaftigkeit einer schriftlichen Online-Individualbetreuung nicht so klar geworden war, und die eine, für mich sicher „billiger“ zu realisierende, wöchentliche Face-To-Face-Betreuung (oder Bespaßung? ) vorgezogen hätten, auch diejenigen also, die eher wenig liefern und eher viel fordern, wurden meinerseits in dieser Corona-Phase mit einem über‐ bordenden Zeitaufwand betreut, der sie als zahlende KundInnen einer Dienstleistung mit einem Preis-Leistungs-Verhältnis aussteigen lässt, für das sich treffpunkt sprachen ohne Weiteres zu einer Charity-Organisation erklären könnte. Mein Angebot war nicht weniger als „All-You-Can-Write“ und „All-You-Can-Ask“, wobei die Beantwor‐ tung der Rückfragen zu meiner Korrektur eines einzigen Hausübungstexts schon 21 Präsenzlehre versus Fernlehre: Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen einmal gut und gerne zwei volle Stunden in Anspruch genommen hat. Daraus könnte man, wenn man wollte, schließen, dass ich bei der Durchführung meines Auftrags meine Ressourcen nicht gerade geschont hatte. Wer sich diesen Service nicht „abzu‐ holen“ weiß, weil er / sie möglicherweise die Korrektur gar nicht erst ansieht (z. B. weil die Hausübung, was teilweise als Vermutung sehr nahe lag, ohnehin nicht oder nur zu kleinen Teilen selbst geschrieben war), profitiert natürlich auch weniger von den gebotenen Leistungen. Zum Glück hat aber mehr als die Hälfte der verbliebenen zwölf TeilnehmerInnen mit mir hochgradig interagiert und, wie ich am Lernfortschritt sehen konnte, in didaktischer Hinsicht hochgradig vom Kurs profitiert. Im Zuge der Online-Lehre stellte sich heraus, dass nicht nur Lehrende, sondern auch Studierende mit dem technischen Equipment kaum mithalten konnten. Die unmittelbare Umstellung auf die digitale Lehre erforderte von beiden Seiten ein rasches Reagieren und ermöglichte nur wenigen Studierenden, sich auf diese neue Herausforderung gezielt vorzubereiten. Die Situation hinterließ ihre Spuren, zumal es im Vorfeld keine Einführung in die Nutzung von Lernplatt‐ formen gab und die notwendigen Arbeitsschritte, die zu einer zufriedenstel‐ lenden Aufklärung hätten beitragen können, fehlten. Die Lernplattform Moodle stieß zu Beginn des Sommersemesters 2020 an ihre Kapazitätsgrenzen, was sich in Serverproblemen niederschlug und letztlich zur Demotivation der Studierenden führte. Studierende mit Betreuungsaufgaben und Arbeitstätigkeiten kamen an ihre Belastungsgrenzen, zumal ein synchron stattfindender On‐ line-Unterricht von ihnen zeitgenaue Arbeitsleistungen einforderte, die sich im Rahmen der Präsenzlehre nicht ergeben hätten. Um die Inhalte, die in reiner Präsenz durchgenommen worden wären, entsprechend zu kompensieren, standen des Öfteren schriftliche Aufgabenstellungen sowie eine eigenständige Erarbeitung des Lernstoffs im Vordergrund. Bei der Studierendenbefragung, die von Seiten des Vizerektorats für Studium und Lehre der Universität Graz zu Beginn des Sommersemesters 2020 durchge‐ führt wurde, zeigte sich deutlich, wie unterschiedlich die Lehrangebote unmit‐ telbar nach Ausbruch der Pandemie waren und mit welchen Herausforderungen sich Studierende konfrontiert sahen: Bereits in der ersten Woche erlebten die Studierenden in Teilen der Lehrveranstal‐ tungen unterschiedlichste Angebote: Es wurde über Moodle kommuniziert ( 51,8 %), es gab Konferenzen mit Skype 4B (12,9 %), den Studierenden wurden PowerPoints mit Audiospuren (35,1 %), selbsterstellte Videos (17,5 %) sowie selbsterstellte Screencasts (5,5 %) zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus wurden viele andere, nicht servicierte Konferenztools angewandt und einzelne ProfessorInnen haben einen YouTube‐ Channel eröffnet. Die Studierenden machen mit ihren offenen Antworten deutlich, 22 Daniela Unger-Ullmann dass in allen Fakultäten bereits in der ersten Woche viele Lehrende ein hohes Enga‐ gement zeigten und die Studierenden ohne Unterbrechung und teilweise mit vielfäl‐ tigen Materialien weiter studieren konnten. In Fällen, in denen die Kommunikation durch die LehrveranstaltungsleiterInnen gesamthaft ausfiel, beschreiben die Studierenden ihre Befürchtungen, dass sie das Studium nicht beenden können. Zudem kämpfen auch die Studierenden mit uns allen bekannten Herausforderungen: Nicht alle haben eine schnelle Internetverbindung zur Verfügung, die soziale Isolation, das ständige Sitzen vor dem Computer und die fehlende Bewegung, aber auch Nacken‐ und Rückenschmerzen zählen zu den wahrgenommenen Beeinträchtigungen. (Vize‐ rektorat für Studium und Lehre, Montagsbrief, 2020a, S. 1). Wie sehr sich Studierende einen klaren und strukturierten Aufbau ihrer Lehr‐ veranstaltungen, eine gute didaktische Vermittlung der Inhalte sowie rasches Feedback der Lehrbeauftragten wünschten, spiegelte sich in den Ergebnissen der Studierendenbefragung am Ende des Sommersemesters 2020 wider (vgl. Vi‐ zerektorat für Studium und Lehre, Montagsbrief, 2020b, S. 1). Im Zuge dieser Umfrage stellte sich heraus, dass die Bedürfnisse der Studierenden sehr unter‐ schiedlich waren. Zum einen empfanden Studierende das digitale Lehrangebot als Erleichterung, da sie nicht mehr dazu angehalten waren, in die Universi‐ tätsstadt zu pendeln, zum anderen fühlten sie sich mit der digitalen Lehre auf‐ grund von Motivationsschwierigkeiten und fehlendem Austausch mit Lehr‐ kräften und StudienkollegInnen überfordert. So überrascht es nicht, dass sich 38 % der Studierenden eine ausgewogene Kombination aus Präsenz- und On‐ line-Lehre wünschten, 3 % vollständig digitale Lehre und 37,1 % überwiegend Präsenzlehre (vgl. ebd., S. 2). Der Wunsch der Studierenden nach einer Kombination aus Präsenz- und Online-Lehre macht deutlich, dass sich das selbstregulierte Lernen noch nicht etabliert haben dürfte. Kompetenzen, die das Zeitmanagement und die Verant‐ wortungsübernahme betreffen, sowie Fähigkeiten, Aufgaben zu priorisieren und sich selbst und den eigenen Arbeitsaufwand zu kontrollieren, müssen von Studierenden erst entwickelt werden. Diese Defizite sowie der Bedarf an inten‐ siver Betreuung seitens der Lehrkräfte zeigen sich auch in den Rückmeldungen der KursteilnehmerInnen von treffpunkt sprachen , die im Folgenden festgehalten werden: Überforderung und Demotivation im Selbststudium Aufgrund der Fernlehre hatten wir für den Kurs im Wesentlichen Arbeitsblätter aus‐ zufüllen, Übungen im Buch zu machen und schriftliche Hausübungen abzugeben. Darüber hinausgehende Medien wurden nicht verwendet. Die Motivation, sich im Selbst‐ 23 Präsenzlehre versus Fernlehre: Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen studium mit den Themen zu beschäftigen, wäre durch asynchrone (z. B. Moodle) oder synchrone Diskussionen zweifelsohne größer gewesen. Auch eine vertieftere Auseinandersetzung mit den Themen wäre hierdurch geboten gewesen. What I didn’t like was due to the Covid … I like to make speak practice directly, but considering the situation the course was conducted very well. I don’t like the handout and I didn’t like that I was totally self studying at the beginning of the course because the language is totally new to me. The issue could have been solved if the teacher prepared audio or video presentations that explain grammar and introduce the lesson so that we can hear the pronunciation and understand the rules. Leider hat der Lehrer nichts damit zu tun, aber die Online-Kurse sind sehr schwer zu verfolgen, es gibt viel persönliche Arbeit, die ermüdet und demotiviert. Man verliert sich schnell in der Nachbereitung der Planung und der zu erledigenden Arbeit. Aufgrund des Online-Unterrichts war der Kurs leider nicht so interessant wie die letzten Semester. Es fehlte einfach der direkte Austausch und die Motivation, mitzu‐ schreiben und sich zu bemühen, ist „in echt“ viel größer. Sehr viel Input - im Selbststudium schwierig - durch Online-Lehre geringere Moti‐ vation - Kursübungen eher als Zwang - weniger gelernt, da persönlicher Input gefehlt hat. Ich habe leider nicht das Gefühl, dass ich dieses Semester viel dazugelernt habe. Zwar haben wir regelmäßig Übungen zugeschickt bekommen, jedoch waren nur zwei schriftliche Hausaufgaben abzugeben und wir haben daher auch nur zu diesen Feed‐ back bekommen. Sogar letztes Semester haben wir häufiger Aufgaben abgeben müssen und ich hätte eigentlich erwartet, dass wir dieses Semester zu mehr schriftli‐ chen Abgaben Feedback bekommen würden, da ja der gesamte Kurs auf Selbststudium aufgebaut war. Deadlines und E-Mails waren leider auch nicht immer klar formuliert (mal wurden unterschiedliche Deadlines angegeben, mal das Datum ganz vergessen etc.). Ich weiß, dass dieses Semester eine Ausnahmesituation dargestellt hat, jedoch habe ich das Gefühl, dass ich den gesamten Stoff selbst erlernen musste. Dazu muss ich jedoch keinen kostenpflichtigen Kurs belegen, da reicht es auch, wenn ich mir ein eigenes Buch kaufe und auf eigene Faust lerne. Ich fand es einfach schade, dass wir nur so wenige Aufgaben abgeben mussten und so wenig Feedback bekommen haben. Ich würde den Kurs in dieser Form leider nicht weiterempfehlen. In Zeiten von Co‐ rona - leider zu wenig Kommunikation und Live-Erklärungen, die man z. B. über Skype for Business, Zoom, uniMEET etc. ab und zu veranstalten hätte können. 24 Daniela Unger-Ullmann Probleme mit technischer Ausstattung Es wäre besser gewesen, wenn alle KursteilnehmerInnen die Kamera eingeschaltet gehabt hätten. Das ging aber aus technischen Gründen nicht. / Schwierigere Bedin‐ gungen beim Sprachkurs durch schlechtere Internetverbindung - das ist allerdings keine Kritik an dem Sprachkurs selbst. / Ich selbst hatte ganz zu Beginn der Co‐ rona-Krise mit meinem eigenen Online-Equipment zu kämpfen, aber das war gut zu bewältigen. / Die Teilnahme an WebEx-Meetings war für mich nicht möglich, da mich eine Einladung hierzu nicht erreichte. Ich weiß leider nicht, woran die Übermittlung der Einladung gescheitert ist. Fehlender Austausch Ich habe es sehr schade gefunden, dass es keine persönlichen Treffen gegeben hat, dafür kann natürlich niemand etwas, aber ich finde, es ist schon anders, wenn man eine Sprache mehr oder weniger im Selbststudium lernt, als mit einem / r LehrerIn. Trotzdem bin ich der Meinung, dass die Vortragende sich sehr bemüht hat und das Beste aus dieser außergewöhnlichen Situation gemacht hat! / Aufgrund von Corona war es nicht möglich, im Unterricht viel (…) zu sprechen. / Natürlich hat dieses Se‐ mester das Sprechen der Sprache etwas gefehlt, das ist aber absolut nicht die Schuld der Vortragenden. / Leider sind aufgrund der Ausnahmesituation Kommunikations‐ aufgaben und sonstige Aufgaben, die das Sprechen (…) verbessern sollen, zu kurz gekommen. Allerdings ist dies, wie gesagt, aufgrund der Ausnahmesituation ge‐ geben. / Die allgemeine Situation, in der man leider zu wenig zum Sprechen mit den Mitstudierenden gekommen ist. Aber das lag an Corona, nicht am Kurs. / Das Wich‐ tigste in einem Sprachkurs ist, gemeinsam miteinander zu sprechen und daran Spaß zu haben; der Spaß und die Intensität sind online sicher etwas eingeschränkt. Forderung nach besserer Strukturierung des Lernstoffs Natürlich, Covid-19 -bedingt musste alles sehr schnell gehen, aber wenn alles nur on‐ line stattfindet, fehlt einem schnell die Übersicht. Da hätte ein neuer adaptierter Plan für die Kurseinheiten, Inhalte und Hausübungen geholfen, wo man immer nach‐ schauen kann, was noch zu machen ist und wo man gerade steht. Alles einzeln zu‐ sammenzusuchen, ist oft mühsam (…). Was definitiv zum Teil meine Schuld ist, mich aber dennoch schlicht an der Unter‐ richtsgestaltung ein bisschen gestört hat, war, dass mir durch das viele Springen zwi‐ schen Buch und Reader die Struktur verloren gegangen ist, bzw. ich fast nie Mit‐ 25 Präsenzlehre versus Fernlehre: Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen schriften anfertigen konnte, weil wir durch das Sprechen immer sehr schnell unterwegs waren. Ich, als jemand, der davon profitiert, wenn Dinge strukturiert und geplant ablaufen, sehe darin einen Aspekt, der mir weniger gefallen hat. Wobei dies, wie gesagt, ein sehr persönlicher Standpunkt ist. Wenig Struktur … teilweise zu schnelles Vorangehen, Protokolle in Moodle waren von vergangenen Stunden sehr unübersichtlich - wenn man gefehlt hat, konnte man daraus nichts ableiten, wenige Übungsblätter bzw. keine Lösungen für die Übungen. Arbeitstempo Das Tempo war mir manchmal zu hoch. / Manchmal wurden Inhalte vielleicht etwas zu schnell behandelt. / In dem Kurs wird viel zu viel in zu kurzer Zeit durchgemacht. Durch Covid wurde dies sogar noch schlimmer. Es gibt einfach nicht genug Zeit zum Festigen. / Zeitweise war das Tempo der Vorlesung mit Übung etwas zu schnell und ich hatte Probleme, dem Ganzen zu folgen. Leistungsanforderungen Mündliche Prüfungen über Telefonkonferenzen in einer Fremdsprache abzuhalten, ist aufgrund der technisch schlechten Sprachqualität nicht sehr studierendenfreundlich, aber dafür kann die Professorin ja nichts. Fehlende Transparenz in der Aufgaben- und Notengebung Hätte ich kein Eigeninteresse an der Sprache an sich, hätte ich den Kurs definitiv abgebrochen! Es wurde zwar auf Fernlehre umgestellt, aber gebracht hat es mir absolut nichts. Auf mich machte es eher den Eindruck, als würde es sich um Abschreibübungen aus dem Buch handeln, welche null Sinn hinsichtlich Didaktik ergeben. Hö‐ hepunkt war die Skizze von Strichmännchen zu verschiedenen Verben, wie z. B. „finden“, „testen“ und „denken“. Der Sinn dahinter ist mir bis jetzt absolut unklar. Ich hätte es sinnvoller gefunden, wenn wir schon die Situation eines weitgehend schrift‐ lichen Kurses haben, uns dazu zu animieren, selber kurze Texte zu schreiben (und damit Vokabeln, Grammatik und Strukturen zu festigen), anstatt Dialoge oder Voka‐ bellisten aus dem Buch abzutippen. Auch beim Thema Grammatik sind bei mir viele Fragen offen geblieben: Das Buch ist meines Erachtens für das weitgehende Selbst‐ studium ungeeignet und es hätte Erklärungen, auch mit Beispielen, gebraucht. 26 Daniela Unger-Ullmann Teilweise unklar formulierte Aufgabenstellungen. Die Online-Einheiten dienten mehr dazu, Hausaufgaben zu kontrollieren als einen neuen Stoff zu lernen. Ich hätte nur gerne gewusst, wie sich die Note zusammensetzt, also wie viel Einfluss die Aufgaben und die mündliche Prüfung darauf haben, das ist kein negativer Punkt, das wurde nur einfach nicht so deutlich kommuniziert. Was alles bei der mündlichen Prüfung zu welchen Teilen bewertet wird, wurde hingegen sehr gut kommuniziert. Präsenzlehre versus Online-Lehre Man kann den Corona-bedingten Ablauf des Kurses sicher nicht mit dem Input ver‐ gleichen, den man hat, wenn der Kurs „in echt“ stattfindet. / Sprachkurse gehören allgemein in Präsenz abgehalten, hoffentlich nächstes Semester. / Auf Dauer ist die Teilnahme am Kurs via Skype mühsam. In der Klasse ist der Lernerfolg viel größer. Ich hoffe, dass bald bessere Zeiten kommen, damit der Kurs wieder in gewohnter Art und Weise stattfinden kann. Nichtsdestotrotz danke ich für die gute kurzfristige Lö‐ sung der Problematik, indem der Kurs über Videochat weiterhin geführt wurde, es war in meinen Augen die beste Option. / So gern ich wieder einen „normalen“ Kurs machen würde, für einen Online-Kurs würde ich mich nicht anmelden. Ich habe aber leider auch keine direkten Verbesserungsvorschläge, es liegt nicht an der Kurslei‐ tung. / Gerade bei einem Sprachkurs ist persönliche Präsenz (nicht virtuell) viel ge‐ winnbringender. / Online eine Sprache zu lernen, ist nicht so effektiv wie in der Prä‐ senzlehre. Die Vorteile der Präsenzlehre liegen für Studierende, die einen Sprachkurs am treffpunkt sprachen besuchen, klar auf der Hand: Der persönliche Kontakt und Austausch mit den Lehrkräften sind für sie zentral und gehen mit einer erfolg‐ reichen Sprachvermittlung einher. Im Selbststudium vermissen Studierende das unmittelbare Feedback der Lehrenden und finden es bedauerlich, wenn Sprach‐ lehrende nicht sofort auf ihre Anfragen reagieren. Zweifellos sind PartnerInnen- und Gruppenarbeiten in Präsenz weitaus effektiver, zumal Lehrende im Unter‐ richtsraum einen guten Überblick darüber haben, wer sich in der Zielsprache (und nicht in der Muttersprache bzw. auf Englisch) mit diversen Aufgabenstel‐ lungen auseinandersetzt und ob Hilfe bzw. Unterstützung benötigt wird. Der Kontakt in virtuellen Räumen ist gemäß den Rückmeldungen der Studierenden mit den persönlichen Kontakten nicht vergleichbar. Erschwerend kommt hinzu, dass sich ein Teil der Studierenden scheut, konkrete Fragen im virtuellen Raum zu stellen. Manchmal entsteht der Eindruck, dass es für Studierende unange‐ nehm ist, wenn sie gebeten werden, die Kamera einzuschalten. Dadurch wird es auch schwierig, auf Mimik und Gestik der Studierenden zu reagieren. Zweifellos 27 Präsenzlehre versus Fernlehre: Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen gehen technische Probleme mit der digitalen Lehre einher, werden aber durch die tagtägliche Arbeit mit digitalen Kommunikationstools geringer. Im Vergleich zum Sommersemester 2020 hat sich die Nutzung der Plattformen im Winterse‐ mester 2020 / 21 als sehr hilfreich erwiesen. Zunehmend erfolgten die Partner‐ Innen- und Gruppenarbeiten über Breakout-Rooms , die sich bestens für einen gezielten Austausch und für die Erledigung unterschiedlicher Aufgabenstel‐ lungen eignen. Lehrende haben auch hier die Möglichkeit, sich der Gruppe an‐ zuschließen und den KursteilnehmerInnen bei Fragen Unterstützung zu bieten. Dennoch ist in diesem Fall der Überblick über die aktive Teilnahme an den Part‐ nerInnen- und Gruppenarbeiten nur unzureichend gegeben, zumal man als Lehrperson nicht alle Gruppen gleichzeitig betreuen kann. Ein großer Vorteil der digitalen Lehre sei jedoch hervorgehoben: Die Studierenden sind im Ver‐ gleich zur Präsenzlehre wesentlich pünktlicher, da sie nicht von einer Lehrver‐ anstaltung zur nächsten hetzen müssen. Struktur und Organisation sind beim selbstbestimmten Lernen mit digitalen Medien von zentraler Bedeutung. Die Online-Lehre verlangt von den Studierenden ein hohes Maß an Selbstorganisation und Selbstkontrolle, um die Leis‐ tungsanforderungen erfüllen zu können. Im Hinblick darauf wird den Kursteil‐ nehmerInnen empfohlen, einen Arbeitsplatz zu wählen, der für sie am besten geeignet ist und an dem sie sich wohlfühlen. Entscheidend ist, dass sie sich dort gut konzentrieren können. Des Weiteren sollen sie sich mit den Plattformen, die an der Universität Graz verwendet werden, vertraut machen und relevante Tools im Vorfeld austesten. Da erfahrungsgemäß so manche Studierenden ihre Zeit mit Apps und Websites „verbummeln“, wird die Empfehlung ausgesprochen, diese „Zeitfresser“ für eine bestimmte Zeitspanne zu blockieren oder eine be‐ schränkte Bildschirmzeit einzustellen. Aufgaben mögen nach Dringlichkeit un‐ terteilt werden, insbesondere wenn die To-Do-Listen immer länger werden. Zwischendurch ist es ratsam, Pausen einzulegen, denn diese gehören zur Pla‐ nung dazu. Die Vernetzung untereinander, sei es über WhatsApp , Signal oder andere Kommunikationstools, ist für Studierende wichtig. Studierende, die ge‐ meinsam an einer virtuellen Lehrveranstaltung teilnehmen, können sich ge‐ genseitig „updaten“ und vermeiden somit, Aufgabenstellungen und diverse Deadlines zu übersehen. Im Zusammenhang mit dem Feedback der Studierenden, das Rückschlüsse auf eine Überforderung und sinkende Lernmotivation ziehen lässt, sollten Studierende ihren Lehrkräften rechtzeitig mitteilen, wenn sie sich mit dem Arbeitspensum überfordert fühlen. Besonders im Sommerse‐ mester 2020 wurden Studierende mit Arbeitsaufträgen überhäuft. Dies muss in Zukunft vermieden werden. Je klarer die Rückmeldungen der Studierenden an 28 Daniela Unger-Ullmann die Lehrenden sind, desto weniger laufen beide Seiten Gefahr, digital auszu‐ brennen. Pandemiebedingter Einfluss auf Evaluierungsergebnisse Es steht außer Frage, dass sich die im letzten Kapitel beschriebenen Herausfor‐ derungen auf die Evaluierungsergebnisse des Zentrums für Sprache, Plurilin‐ gualismus und Fachdidaktik ausgewirkt haben. Evaluierungen sind für Leh‐ rende des treffpunkt sprachen selbstverständliche Vorgänge, die zur Anwendung kommen, wenn die Qualität des Unterrichts überprüft, angepasst und gesteuert werden soll. Sie stellen ein Grundelement der Qualitätsentwicklung bzw. -si‐ cherung dar und zeichnen sich durch eine klare Ziel- und Zweckorientierung aus. Das Evaluierungsverfahren des Zentrums orientiert sich an Qualitätsmaßstäben, die im Handbuch der Evaluationsstandards (vgl. Sanders 2006 ) festge‐ halten sind. Diese Richtlinien setzen sich aus den folgenden Kriterien zusammen (vgl. ebd., S. 31 f.): • Nützlichkeitsstandards: exakte Ermittlung der AdressatInnen und deren Evaluierungsbedürfnisse; • Durchführbarkeitsstandards: Gewährleistung der Praxisbezogenheit von Evaluierungen, die in einem natürlichen Umfeld durchgeführt werden und so konzipiert sind, dass sie nur jene Ressourcen (vgl. Material, Per‐ sonal, Zeit etc.) in Anspruch nehmen, die notwendig sind; • Korrektheitsstandards: rechtlich und ethisch korrekte Durchführung von Evaluierungen, welche die Privatsphäre, den Zugang zu Informationen und den Schutz der Persönlichkeiten wahren und respektieren; • Genauigkeitsstandards: Erhebung von relevanten Daten, die angemessene Informationen liefern und Bewertungen zulassen, welche in einem nach‐ vollziehbaren Zusammenhang mit den Daten stehen. Damit soll die Ver‐ wendbarkeit der Informationen gewährleistet sein. Die Konzeption des Evaluierungsbogens, der in Zusammenarbeit mit den Sprachlehrenden entwickelt wurde, basiert auf diesen Standards und ist auf Qualitätsentwicklungsmerkmale ausgerichtet: Präsentation, Lern- und Prü‐ fungsziele, Aufbau, Medieneinsatz, Motivation und TeilnehmerInnenaktivie‐ rung, Ausbau der Sprachkompetenz, Sicherheit im Umgang mit der Sprache, Wunsch, sich mit der Sprache weiter zu beschäftigen. Zusätzlich zu den quan‐ titativen Fragen gibt es eine qualitative Beurteilung sowie die Gesamtbeurtei‐ lung des Kurses. 29 Präsenzlehre versus Fernlehre: Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen Eine wesentliche Grundlage für eine differenzierte Qualitätsentwicklung bildet die kritische Reflexion von Evaluierungsergebnissen (vgl. Schön 1983). Sie dient dazu, möglichst objektiv Kriterien bzw. Merkmale, die für den univer‐ sitären Sprachunterricht von Bedeutung sind, zu erfassen. Der folgende Ver‐ gleich der Gesamtevaluierungsergebnisse aus den Sommersemestern 2019 und 2020 sowie aus den Wintersemestern 2019 / 20 und 2020 / 21 (also vor und wäh‐ rend der Pandemie) veranschaulicht den deutlichen Einfluss der Pandemie auf die Qualität des Unterrichts. Bei den Evaluierungsergebnissen zur Frage Wie hat die / der Lehrende die Kursinhalte präsentiert und vorgetragen? lag der Prozentsatz an Sehr gut-Be‐ urteilungen im Sommersemester 2019 (vor Ausbruch der Pandemie) bei erfreu‐ lichen 87 %. Im Sommersemester 2020, das von Corona-bedingten Maßnahmen geprägt war, musste die Frage in Hat die / der Lehrende die Aufgabenstellungen zu den Kursinhalten verständlich formuliert? umgewandelt werden. Im Zuge dieser Adaption sank der Prozentsatz auf 82 %. Diese Divergenz ist insofern er‐ klärbar, als im Sommersemester 2020 aufgrund der Umstellung von Präsenzauf Fernlehre die Tendenz, Lerninhalte von den Studierenden erarbeiten zu lassen, im Vordergrund stand und es daher nicht verwundert, dass Studierende die Sinnhaftigkeit der Arbeitsaufträge zunehmend in Frage stellten. Im Hinblick auf die Erwartungshaltungen der Studierenden kann festgehalten werden, dass Lehrende auf eine ausgewogene Balance zwischen Präsentation und selbststän‐ digem Lernen im Online-Unterricht achten sollten. Sommersemester 2019 (Präsenzlehre) Abbildung 1: Präsentation der Kursinhalte SS 2019 30 Daniela Unger-Ullmann Sommersemester 2020 (Online-Lehre) Abbildung 2: Formulierung der Aufgaben SS 2020 Eine positive Entwicklung zeigen die Evaluierungsergebnisse in den Wintersemestern 2019 / 20 und 2020 / 21 . Wiesen die Ergebnisse im Wintersemester 2019 / 20 bei der Präsentationsfrage bereits einen beeindruckenden Prozentsatz von 86 % auf, so erhöhte sich dieser im Wintersemester 2020 / 21 um 1 %. Wintersemester 2019 / 20 (Präsenzlehre) Abbildung 3: Präsentation der Kursinhalte WS 2019 / 20 31 Präsenzlehre versus Fernlehre: Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen Wintersemester 2020 / 21 (Online-Lehre) Abbildung 4: Formulierung der Aufgaben WS 2020 / 21 Die Optimierungsmaßnahmen, die im Rahmen der Webinare zur digitalen Lehre stattgefunden haben, scheinen zu greifen und lassen erkennen, dass Sprachleh‐ rende ihre Formulierungen insbesondere in der Online-Lehre mit Bedacht wählen. Im Hinblick auf den Aufbau der Sprachkurse ergab die Auswertung der Sehr gut -Beurteilungen im Sommersemester 2019 bescheidene 76 % und im Som‐ mersemester 2020 lediglich 69 %. Diese Werte zeigen sehr deutlich, dass die Struktur der Online-Kurse für Studierende nur unzureichend erkennbar war. Sommersemester 2019 (Präsenzlehre) Abbildung 5: Aufbau der Kurse SS 2019 32 Daniela Unger-Ullmann Sommersemester 2020 (Online-Lehre) Abbildung 6: Aufbau der Kurse SS 2020 Nach den Rückmeldungen der Studierenden zu schließen, dürfte für sie der Aufbau der Kurse nicht nachvollziehbar gewesen sein. Es liegt die Vermutung nahe, dass ihnen insbesondere in der Online-Lehre nicht bewusst war, wie viel sie im Sprachkurs ihrer Wahl gelernt hatten. Themen, die selbst erarbeitet werden mussten, führten dazu, dass Studierende den Unterricht als unstruktu‐ riert wahrnahmen und sich im Selbststudium überfordert fühlten. Hinzu kam, dass sich ein Teil der Studierenden von den Prüfungsterminen überrascht zeigte und sich nicht in der Lage sah, das hohe Prüfungspensum zu bewältigen. Be‐ züglich dieses Sachverhalts kann Sprachlehrenden empfohlen werden, das On‐ line-Programm für den Unterrichtstag mittels PowerPoint-Präsentation vorzu‐ stellen und den absolvierten Lerninhalt gegen Unterrichtsende noch einmal zu besprechen. Eine Persistenz der Prozentwerte lässt sich in den Evaluierungsergebnissen aus den Wintersemestern 2019 / 20 und 2020 / 21 feststellen. Gab es im Winter‐ semester 2019 / 20 76 % an Sehr gut-Beurteilungen, so blieb der Wert im Winter‐ semester 2020 / 21 trotz Online-Unterrichts bei 76 %. Vergleicht man die Sehr gut -Beurteilungen des Sommersemesters 2020 mit den Sehr gut -Beurteilungen des Wintersemesters 2020 / 21 , so erhöhte sich der Prozentwert von 69 % auf 76 %. Dies ist eine erfreuliche Entwicklung, die auf Fortbildungsmaßnahmen, die Sprachlehrenden im Studienjahr 2020 / 21 verstärkt zur digitalen Lehre an‐ geboten wurden, zurückgeführt werden kann. 33 Präsenzlehre versus Fernlehre: Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen Wintersemester 2019 / 20 (Präsenzlehre) Abbildung 7: Aufbau der Kurse WS 2019 / 20 Wintersemester 2020 / 21 (Online-Lehre) Abbildung 8: Aufbau der Kurse WS 2020 / 21 Im Hinblick auf die Gesamtbeurteilung der Kurse konnten folgende Durch‐ schnittswerte der Sehr gut -Beurteilungen ermittelt werden: Auf die Frage, wie Studierende ihren Sprachkurs insgesamt beurteilen würden, antworteten im Sommersemester 2019 83 %, dass sie mit ihrem absolvierten Kurs sehr zufrieden waren. Im Sommersemester 2020 reduzierte sich dieser Zufriedenheitswert auf 73 %. 34 Daniela Unger-Ullmann Sommersemester 2019 (Präsenzlehre) Abbildung 9: Gesamtbeurteilung der Kurse SS 2019 Sommersemester 2020 (Online-Lehre) Abbildung 10: Gesamtbeurteilung der Kurse SS 2020 Aufgrund regelmäßiger Meetings zwischen Leitungsebene und Lehrpersonal und des daraus resultierenden Angebots an Fortbildungsseminaren zur digitalen Lehre erholte sich der Wert der Sehr gut -Beurteilungen im Wintersemester 2020 / 21 ein wenig und wies einen Prozentsatz von 77 % auf. Dennoch dürfte es trotz kontinuierlich erweiterter Webinar-Angebote dauern, bis sich die Gesamt‐ beurteilung der Sprachkurse wieder auf die im Wintersemester 2019 / 20 er‐ zielten 82 % eingependelt hat. 35 Präsenzlehre versus Fernlehre: Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen Wintersemester 2019 / 20 (Präsenzlehre) Abbildung 11: Gesamtbeurteilung der Kurse WS 2019 / 20 Wintersemester 2020 / 21 (Online-Lehre) Abbildung 12: Gesamtbeurteilung der Kurse WS 2020 / 21 Die Reduktion der Sehr gut -Beurteilungen legt eine umfassende Analyse der bescheidenen Gesamtergebnisse in der Online-Lehre nahe. Ausgehend von der zentralen Frage, warum Online-Sprachkurse von Studierenden kritischer beur‐ teilt werden als Präsenzkurse, gilt es für die Leitungsebene, die Herausforde‐ rungen, die sich durch die digitale Lehre ergeben haben, anhand schriftlicher Rückmeldungen von Lehrenden und Studierenden zu analysieren. Diese werden im Folgenden tabellarisch aufgelistet: 36 Daniela Unger-Ullmann Rückmeldung der Lehrenden Rückmeldung der Studierenden • Mehraufwand in der Vor- und Nach‐ bereitung • mangelnde technische Ausstattung • Gefühl, als E-ModeratorIn tätig zu sein und nicht als Lehrende / r • mündliche Online-Prüfung ist in der Vorbereitung und Durchführung an‐ strengender • hoher Arbeitsaufwand für Korrekturen • langsamere Vermittlung des Lern‐ stoffs • Korrekturen am PC führen zu Schmerzen im Schulterbereich • doppelter Zeitaufwand in der Vorbe‐ reitung • unzureichende Aussprachekorrek‐ turen, da jede Person nur sehr wenig über Skype gesprochen hat • schwächere Studierende haben ihren Kurs nach den Osterferien abgebro‐ chen • Studierende haben das kollegiale Mit‐ einander vermisst • Grund für Abbruch des Kurses: feh‐ lende Interaktion unter den Lernenden • Festigung der Sprachkenntnisse konnte nur eingeschränkt erfolgen • enormer Zeitaufwand, um Moodle mit Unterrichtsmaterialien zu befüllen • Moodle als „Zeitfresser“ • Überforderung der Studierenden auf‐ grund anderer Studienverpflich‐ tungen • Formulierungen für Abschlussprä‐ sentationen wurden 1: 1 dem Internet entnommen • mangelnde Bereitschaft der Univer‐ sität Graz, möglichst bald zur Prä‐ senzlehre zurückzukehren • Fehlen eines ausdrücklichen Be‐ kenntnisses zur Präsenzlehre • nicht alle TeilnehmerInnen haben sich bereit erklärt, an Videokonfe‐ renzen teilzunehmen • Breakout-Rooms haben nicht ein‐ wandfrei funktioniert • zeitintensive Erklärungen • aufgegebene Inhalte wurden von Stu‐ dierenden nicht erarbeitet • Selbststudium • mangelnde technische Ausstattung • schlechte Internetverbindung • keine Kursübersicht • Forderung nach besserer Strukturie‐ rung des Lernstoffs auf Moodle • Input der Online-Lehre ist nicht ver‐ gleichbar mit Input der Präsenzlehre • zu wenig zum Sprechen gekommen • Spaß und Intensität sind online etwas eingeschränkt • zu hohes Tempo • Demotivation aufgrund des Selbst‐ studiums • Sprachkurs ist mit persönlicher Prä‐ senz gewinnbringender • unübersichtliche Protokolle auf Moodle • Wunsch nach klareren Anweisungen • mehr Übungsbeispiele zur Selbstkon‐ trolle • Lerninhalte wurden zu schnell be‐ handelt • keine Transparenz in Bezug auf Prü‐ fungsmodalitäten • zu viel Lernstoff in zu kurzer Zeit • zu wenig Zeit zum Festigen der Sprachkenntnisse • keine einheitliche Struktur des Rea‐ ders • Gesprächsübungen gestalteten sich als schwierig • schlechte Sprachqualität bei Video‐ konferenzen • mündliche Prüfungen wurden als nicht sehr studierendenfreundlich eingestuft • Fehlen von klaren Zielen: Was hätte in diesem Semester erreicht werden sollen? • geringe Motivation • Kursübungen wurden eher als Zwang empfunden • weniger gelernt, da persönlicher Input gefehlt hat • unverständliche Aufgabenstellungen • Abhaltungstermine wurden nicht eingehalten • zu wenig Wortschatz • Verlust des Selbstvertrauens in der Verwendung der Sprache • zu viele Hausübungen 37 Präsenzlehre versus Fernlehre: Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen Rückmeldung der Lehrenden Rückmeldung der Studierenden • Online-Lehre erfordert mehr eigen‐ ständiges Lernen • große Überforderung bei Erstsemest‐ rigen • Vermittlung der Kultur ist zu kurz ge‐ kommen • schwierig herauszufinden, ob Studie‐ rende noch „mitkommen“ • zentrale Frage: „Wie erging es der „breiten Masse“? • Online-Materialien wurden von Stu‐ dierenden nicht genutzt • unregelmäßiges Erscheinen der Stu‐ dierenden • Gefühl, allein gelassen zu werden • keine Erledigung der Hausübungen • Durchhänger der Studierenden • Output des Online-Unterrichts: er‐ bärmlich! • Studierende: verschlossen, überaus schüchtern und absolut einzelkämp‐ ferisch • einsilbige Antworten von Seiten der Studierenden • Übersetzungsprogramme wurden laufend genutzt • keine Korrekturen der Hausübungen • mangelhafte Fehlerkorrekturen wäh‐ rend des Online-Unterrichts • Erwartungen wurden nicht erfüllt • schlechte Erklärung des Kursinhalts • kein regelmäßiges Feedback • Ermüdung • „Man verliert sich schnell in der Vor- und Nachbereitung der zu erledi‐ genden Arbeit.“ Tabelle 1: Rückmeldungen der Lehrenden und Studierenden Zweifellos ist die Kritik der Lehrenden und Studierenden an der digitalen Lehre berechtigt. Umso wichtiger ist es, sie auf die Vielfältigkeit der Online-Lehre (vgl. Harvard Business Publishing Education 2021) hinzuweisen. Die bereits oft zitierten Breakout - Rooms bieten die Möglichkeit, Studierende schnell in Gruppen zu unterteilen und sie ohne erheblichen Zeitaufwand auf‐ einandertreffen zu lassen. Über synchrone Online-Unterrichtseinheiten werden Studierende in Echtzeit in unterschiedliche Unterrichtsaktivitäten eingebunden, anonyme Live-Umfragen, die über Kommunikationstools angeboten werden, können oft zu Meinungsäußerungen und Erkenntnissen führen, die im Prä‐ senzunterricht im Verborgenen geblieben wären. Kollaborative Übungen im Plenum über Whiteboards oder geteilte Dokumente, die Nutzung der digitalen Tafel für die Darstellung von Lehr- und Lerninhalten sowie Interaktionen, wie z. B. Feedback, Austausch, Fragebzw. Sprechstunden, runden das vielfältige Angebot der digitalen Lehre ab. Erfahrungswerte aus der digitalen Lehrpraxis zeigen, dass das Zeitmanage‐ ment für Lehrkräfte und Studierende nicht einfach zu handhaben ist. Synchrone 38 Daniela Unger-Ullmann Einheiten sind zwar für die Entwicklung zwischenmenschlicher Beziehungen wertvoll, stoßen jedoch an ihre Grenzen, wenn es gilt, Lerninhalte optimal zu festigen. In diesem Zusammenhang ist es von Vorteil, Unterrichtseinheiten, welche für die Vermittlung der Lerninhalte zentral sind, aufzuzeichnen, um den Studierenden auf diese Weise eine Nachnutzung zu garantieren. Mediendidaktische Lehrkonzepte, welche für einen gelungenen Online-Un‐ terricht entscheidend sind, stellen Lehrkräfte vor Grundsatzfragen, mit denen sie sich vor der Erstellung des Kurssyllabus eingehend beschäftigen sollten: • Wie sind meine Unterrichtsbedingungen? • Habe ich die notwendige technische Ausstattung? • Kenne ich die Bedürfnisse meiner Studierenden? • Haben sie ein entsprechendes Vorwissen? • Wie sieht es mit ihren digitalen Kompetenzen aus? • Für welche Lehr- und Lerninhalte ist die Abhaltung synchroner Unter‐ richtseinheiten sinnvoll? • Welche Inhalte lassen sich asynchron besser vermitteln? • Wie lange sollen synchrone Unterrichtseinheiten dauern? • Ab wann laufe ich als Lehrkraft Gefahr, die Aufmerksamkeit der Studierenden zu verlieren? • Sind die Lernziele, Lehr-/ Lernmethoden und Leistungsüberprüfung auf‐ einander abgestimmt? Ein strukturierter Ablauf synchroner Online-Einheiten erleichtert Studierenden die Teilnahme am Unterricht und vermittelt ihnen das Gefühl, über die „Vidi‐ quette“ (LehrerInnenfortbildung Baden-Württemberg / ZSL 2021) Bescheid zu wissen. Die Überprüfung der Technik sowie die Einhaltung bestimmter Kom‐ munikationsregeln (Festlegen einer Sprechreihenfolge im Chat, Aufforderung zur Stummschaltung des Mikrophons, um Hintergrundgeräusche zu reduzieren, Zeichensetzung bzw. Meldung im Chat, wenn man etwas sagen möchte, Auf‐ hebung der Stummschaltung des Mikrophons und Einschaltung der Kamera bei Wortmeldungen etc.) stellen das Fundament für einen gelungenen Online-Un‐ terricht dar. Die Besprechung des Syllabus, in dem nicht nur die Themen, son‐ dern auch die gemeinsamen Lernziele festgehalten sind, bietet den Teilnehmer- Innen eine gute Orientierung. Präsentationen sowie Interaktionen sollten auf eine ausgeglichene Art ihre Verwendung finden und als Impulsgeber für eine höhere Lernmotivation dienen. Bei Fragen, die sich im Rahmen der synchronen Lehre über den Chat ergeben, empfiehlt es sich, TutorInnen zu haben, die den Lehrenden zur Seite stehen (vgl. Kopp / Ebner / Rehatschek 2021, S. 129 ). Diese können mit ihren schriftlichen Antworten auch inaktive TeilnehmerInnen dazu 39 Präsenzlehre versus Fernlehre: Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen animieren, ihre Meinung zu bestimmten Themen zu äußern. Auf unkonventio‐ nelle Weise werden damit Rahmenbedingungen geschaffen, die zur Förderung der sozialen Präsenz beitragen. Nach Short, Williams und Christie (vgl. 1976) versteht man unter dem Begriff Soziale Präsenz das Empfinden eines Zusammengehörigkeitsgefühls zwischen den KommunikationspartnerInnen trotz einer örtlichen Distanz. Die soziale Präsenz bildet die Grundlage für einen gelungenen virtuellen Austausch: Ist die soziale Präsenz während der Kommunikation nicht oder nur geringfügig vor‐ handen, so kann dies zu einer missverständlichen Aufnahme und Verarbeitung von Lerninhalten führen. Das Ausmaß der sozialen Präsenz ist abhängig von verschiedenen, einzelnen Komponenten. Im Zusammenhang mit der Messung sozialer Präsenz wurden von de Greef und Ijsselsteijn (vgl. 2001, S. 310) Indikatoren festgelegt, die diese Komponenten widerspiegeln: • physische Entfernung, • Lächeln, • Augenkontakt, • persönliche Themen während der Kommunikation, • Gestiken / Bewegungen, • Berührung, • Tonlage der Stimme, • Verhaltensweisen während eines Dialogs (z. B. seinen / seine Gesprächs‐ partnerIn unterbrechen), • körperliche Bewegungen (z. B. sich nähern oder sich entfernen vom / von der GesprächspartnerIn), • direkte (namentliche) Ansprache des Gesprächspartners / der Gesprächs‐ partnerin. Die soziale Präsenz lässt sich also mit nonverbalen und persönlichen Verhal‐ tensweisen beschreiben. Sie vermittelt dem / der Studierenden das Gefühl, trotz räumlicher Entfernung in einer gemeinsamen kommunikativen Interaktion zu sein und als natürliche Person wahrgenommen zu werden. Je mehr Kommuni‐ kationskanäle im Online-Unterricht genutzt werden, desto intensiver entwi‐ ckelt sich das Zugehörigkeitsgefühl in der Lerngruppe. Auf Basis dieser Kanäle entsteht unter den Studierenden ein virtuelles Vertrauen: Sie nehmen sich als virtuelle Lerngruppe wahr und tauschen sich nicht nur über Lerninhalte, son‐ dern auch über ihr persönliches Befinden aus. Die soziale Präsenz kann von Lehrenden verstärkt werden, indem sie auf Mimik und Gestik achten, Studie‐ rende namentlich anreden, durch die Wortwahl ein Wir-Gefühl vermitteln, in‐ 40 Daniela Unger-Ullmann dividuelle Themen im Unterricht zulassen und die Tonlage ihrer Stimme be‐ wusst verändern. Emotionen einzufangen und darauf zu reagieren, sind wesentliche Merkmale der sozialen Präsenz und ermöglichen eine gelungene Kommunikation und Wissensvermittlung. Klare technische und methodische Ansagen, wie z. B. das regelmäßige Kom‐ mentieren, was im Online-Unterricht vorgeht, die Wiederholung von Fragen und mündlichen Beiträgen, das Paraphrasieren bei Verständigungsschwierig‐ keiten sowie der Einsatz von abwechslungsreichen Gestaltungselementen, stellen einen bedeutenden Aufgabenbereich für Lehrkräfte dar. Diese Parameter verstärken bei Lehrenden den Eindruck, nicht als PädagogInnen, sondern als E-ModeratorInnen tätig zu sein. Es steht außer Frage, dass die Aufgaben eines / einer E-ModeratorIn herausfordernd sein können: Neben administrativen Verpflichtungen spielen insbesondere motivational-emotionale Aufgaben eine Rolle, welche die inhaltlichen und methodisch-didaktischen Aufgaben überla‐ gern können. Begleitung, Motivation, Unterstützung und Feedback sind we‐ sentliche Kriterien, um Studierende für den Online-Unterricht zu begeistern. Daher ist es für Lehrende unerlässlich, die Bedürfnisse der Studierenden vorab zu erheben, eigene Erwartungshaltungen und kollektive Normen zu kommuni‐ zieren und bei Bedarf einen Alternativplan zu entwickeln, Studierende zwischen synchronen und asynchronen Formen der Präsentation wählen zu lassen, bei technischen Problemen flexibel und geduldig zu bleiben, zwischendurch auch einmal seine Schwächen zu zeigen sowie die Absichten der Studierenden wohl‐ wollend zu interpretieren, auch wenn es aufgrund fehlender Teilnahme und Mitarbeit manchmal schwerfällt. Fortbildungen Im Hinblick auf die ungewohnten Herausforderungen, denen sich Sprachleh‐ rende in der Online-Lehre zu stellen haben, hat sich der Verband universitärer Sprachenzentren und -institutionen (vgl. VUS 2021 ) entschlossen, auf das vir‐ tuelle Unterrichtsgeschehen zu reagieren und für alle VUS -Mitglieder kosten‐ lose Webinare zur digitalen Lehre anzubieten. Im ersten VUS -Webinar unter der Leitung von Olivia Vrabl, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Wien, erarbeiteten die Sprachlehrenden grundle‐ gende Mechanismen der Interaktion, besprachen Möglichkeiten der synchronen und asynchronen Online-Lehre, bauten interaktive Elemente in synchronen Phasen ein, führten bewusst eine synchrone Einheit mit einem Lernzyklus durch, verwendeten ausgewählte kollaborative Tools, setzten asynchrone Phasen zur Vor- und Nachbereitung oder eigenständigen Erarbeitung eines 41 Präsenzlehre versus Fernlehre: Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen Themas ein und nutzten die Vorteile der Online-Lehre für die Fremdsprachen‐ didaktik (vier Fertigkeiten, Wortschatzerweiterung, Grammatik). Insgesamt konnte der Verband 73 TeilnehmerInnen aus ganz Österreich begrüßen, was die Dringlichkeit dieses Fortbildungsangebots bestätigt. Abbildung 13: Interaktion in der Online-Lehre Einen Monat später folgte ein weiteres Webinar zum Thema Blended Learning: Grundbausteine und aktuelle Fragestellungen . Unter der Leitung von Elke Nissen und Catherine Felce, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen der Université Grenoble Alpes , gingen die TeilnehmerInnen der Frage nach, was Blended Learning sei, wie man Präsenzunterricht und synchrone digitale Lehre mit anderen On‐ line-Komponenten verbinden könne und auf welchen Prinzipien die kohärente Gestaltung des Blended Learning im Fremdsprachenunterricht beruhe. Für dieses Webinar interessierten sich 37 TeilnehmerInnen. 42 Daniela Unger-Ullmann Abbildung 14: Blended Learning Aus den Rückmeldungen der Lehrkräfte zu schließen, wurde das Webinar Pro‐ zessveränderungen beim Prüfen und Bewerten online mit großer Spannung er‐ wartet. Durch die pandemiebedingte Beschleunigung der Digitalisierung sowie eine abrupte Umstellung des gesamten Unterrichtsgeschehens und der Prü‐ fungsabläufe auf reine Online-Formate sahen sich viele Lehrende mit zahlrei‐ chen komplexen Herausforderungen konfrontiert. Dies betraf u. a. die Neuge‐ staltung von prüfungs- und bewertungsrelevanten Prozessabläufen, die mehr als eine angemessene Medienkompetenz seitens der Lehrenden und Lernenden voraussetzten. Auf Wunsch des Verbandes universitärer Sprachenzentren und -institutionen lud Frau Anja Häusler, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Ruhr-Universität Bochum und Wirtschaftsinformatikerin im Bereich Informa‐ tions- und Technologieberatung, zu einem reflektierten Erfahrungsaustausch über neue Anforderungen und Chancen bestehender Prüfungsspezifikationen ein. Dabei wurden Themen, wie z. B. Rahmenveränderungen durch digitale Prü‐ fungsformate, technische Voraussetzungen, Gruppengröße, Prüfungsatmo‐ sphäre, Bewertung und Rückmeldung sowie der Umgang mit Schwierigkeiten (digitale Ungleichheit, Motivation der Teilnehmenden auf Distanz etc.), behan‐ delt. An diesem gelungenen Webinar nahmen 37 Personen teil. 43 Präsenzlehre versus Fernlehre: Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen Abbildung 15: Prozessveränderungen beim Prüfen und Bewerten online Im vierten und letzten Webinar, das im Studienjahr 2020 / 21 vom Verband an‐ geboten wurde, bekamen Sprachlehrende wertvolle Tipps zum Thema Using Microbreaks in Online Language Teaching . Während der Pandemie waren die Reaktionen der Studierenden auf das Angebot diverser Online-Lehrveranstal‐ tungen sehr unterschiedlich. Das Verfolgen einer Online-Einheit am Bildschirm von zu Hause aus gestaltete sich für einen Großteil der Studierenden als an‐ strengend und suggerierte Lehrenden, ihre Schützlinge ständig „bei Laune halten“ zu müssen. Eine Möglichkeit, dieser Unterrichtssituation beizukommen, ist die Implementierung von Mikropausen während einer Arbeitsphase. Lindsay Clandfield, preisgekrönter Autor, Lehrer, Lehrerausbildner und internationaler Referent im Bereich Fachdidaktik , betonte in seinem Webinar, wie wichtig es sei, Mikropausen in den Unterricht einzubauen, und gab praktische Beispiele für Aufgaben, die während der Mikropausen erledigt werden können. An dieser sehr produktiv gestalteten Fortbildung nahmen 51 Sprachlehrende teil und ließen sich von der angenehmen Vortragsatmosphäre begeistern. 44 Daniela Unger-Ullmann Abbildung 16: Microbreaks Resümee zu den Vor- und Nachteilen der digitalen Lehre Hinsichtlich sämtlicher Faktoren, die im vorliegenden Beitrag dargelegt wurden, lässt sich sagen, dass die Qualität der Online-Lehre mit jener der Prä‐ senzlehre nicht vergleichbar ist. Sowohl Lehrende als auch Studierende sind sich einig, dass die universitäre Online-Lehre zwar Vorteile in sich birgt, deren Nachteile jedoch aus heutiger Sicht überwiegen. Als vorteilhaft wurden von den KursteilnehmerInnen des Zentrums für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik die zeitliche und örtliche Flexibi‐ lität, der rasche und unkomplizierte Austausch unter den TeilnehmerInnen, die Nutzung neuer Online-Formate, die Ersparung von Anfahrtszeiten, die zeitungebundene Erledigung von Aufgabenstellungen, die Verfügbarkeit von Videoauf‐ zeichnungen und vertonten PowerPoint-Präsentationen sowie die individuelle Betreuung durch Sprachlehrende gesehen. Diese genannten Vorteile bedeuteten jedoch für Lehrende einen erheblichen Mehraufwand. Die Nutzung neuer Lernplattformen und Kommunikationstools erforderte von ihnen eine hohe Bereitschaft, sich im Bereich der digitalen Lehre weiterzubilden. Zahlreiche Webinare wurden von den Lehrkräften des Spra‐ chenzentrums besucht, um der Qualität des Sprachunterrichts auch in virtueller Form gerecht zu werden. Als „Zeitfresser“ empfanden sie die Befüllung der Lernplattform Moodle mit Unterrichtsmaterialien, die es zuvor für die On‐ line-Lehre zu adaptieren galt. Die ständige Erreichbarkeit per E-Mail sowie der 45 Präsenzlehre versus Fernlehre: Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen intensive Austausch mit KollegInnen und Studierenden über unterschiedliche Kommunikationskanäle gaben ihnen das Gefühl, ihre Privatsphäre verloren zu haben und sich von beruflichen Verpflichtungen kaum distanzieren bzw. ab‐ grenzen zu können. Der hohe Aufwand an Korrekturen von Texten, deren For‐ mulierungen dem Internet entnommen wurden und jegliche sprachliche Eigen‐ ständigkeit vermissen ließen, sowie digitale Prüfungsformate, über die einwandfreie Leistungsbeurteilungen nur unzureichend möglich waren, führten zu einer zunehmenden Unzufriedenheit, die sich insbesondere in virtuellen Ge‐ sprächen mit der Leitungsebene zeigte. Sowohl Lehrenden als auch Studierenden fehlten die lebhaften Diskussionen, die sich nach deren Ansicht im Präsenzunterricht ergeben hätten. Der digitale Austausch wurde von beiden Seiten als „steril“ und „wenig sozial“ empfunden. Technische Probleme, wie eine schlechte Internetverbindung, Schwierigkeiten beim Einsatz der Software sowie Probleme mit der Hardware, mündeten in eine inakzeptable Übertragungsqualität, die sich in abgehackten Tönen und Bildver‐ zögerungen bemerkbar machte. Erschwert wurde die synchrone Vermittlung von Lehr-/ Lerninhalten durch ein ständiges Ein- und Aussteigen der Teilneh‐ merInnen (und auch der Lehrenden) in und aus dem Online-Raum, was sich für alle als sehr frustrierend herausstellte. Das Versäumen der Unterrichtseinheiten aufgrund technischer Probleme ging mit der Notwendigkeit einher, den Stu‐ dierenden die Aneignung ihrer Sprachkenntnisse partiell zu überantworten und sie mit Übungsbeispielen, deren Lösungsschlüssel Lehrende zumeist mit zahl‐ reichen Kommentaren versehen hatten, zu unterstützen. Diese Vorgehensweise wurde von den Studierenden als kontraproduktiv empfunden und trug gemäß deren Rückmeldungen nur wenig zur Erweiterung ihrer Sprachkenntnisse bei. So verwundert es nicht, dass bei den Studierenden der Eindruck entstand, das Arbeitspensum wäre durch die Verpflichtung zum Selbststudium gestiegen und würde lediglich zu einer Entlastung der Lehrkräfte führen. Das Gefühl, die Ab‐ deckung des Lernstoffs mit zahlreichen Arbeitsaufträgen kompensieren zu müssen, verstärkte sich bei den Lehrenden umso mehr, als seitens der Studierenden kaum Nachfragen gestellt wurden und sie sich aufgrund fehlender In‐ teraktion des Lernertrags nicht sicher sein konnten. Fasst man die Vor- und Nachteile für Lehrende und Studierende zusammen, so ergibt sich folgendes Bild: Sachverhalte, die Studierende in der Online-Lehre als positiv erachten, bedeuten für Lehrende einen erheblichen Mehraufwand an Vor- und Nachbereitungen. Arbeitsaufträge, die von Lehrenden als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen für die Präsenzlehre gesehen werden, stoßen bei den Studierenden auf Unbehagen, zumal sie sich im Selbststudium allein gelassen und überfordert fühlen. Dieses von der Corona-Pandemie verschuldete Di‐ 46 Daniela Unger-Ullmann lemma kann jedoch auch als Chance gesehen werden, nach passenden Lösungen für beide Seiten zu suchen und die Lehre gemeinsam zu transformieren. In diesem Sinne sollte man das Denken von Entweder-oder hintanstellen und einen inklusiveren Blick auf die Möglichkeiten, die sich durch die digitale Lehre er‐ geben, werfen. Ausblick Es ist unbestritten, dass die Transformation der Lehre nicht nur auf die unbe‐ kannte Zeitdauer der Pandemie selbst gerichtet sein sollte, sondern auch auf Lösungsansätze, die in der Praxis langfristig durchführbar sind und eine ent‐ sprechende Nachhaltigkeit gewährleisten. So liegt es nahe, digitale Medien mehr in den Arbeits- und Studienalltag zu integrieren und Zusatzangebote für Leh‐ rende und Studierende zu schaffen, mittels derer sie ihre digitalen Kompetenzen, die sie im Alleinstudium bereits erworben haben, erweitern können. Die Ver‐ wendung von Lernplattformen und Kommunikationstools sollte von Lehrenden und Studierenden als willkommene Ergänzung zum Präsenzunterricht gesehen und nicht ausschließlich auf das reine Online-Format reduziert werden. Eine ausgewogene Mischung des Kursangebots aus Präsenz- und Fernlehre wäre zudem wünschenswert und könnte im gesamten Universitätsbetrieb zu einem erhöhten Anteil digitaler Lehrveranstaltungen führen. Da sich der Vor- und Nachbereitungsaufwand in der Abhaltung digitaler Lehrveranstaltungen stark erhöht hat, müsste man über Vergütungsmodelle nachdenken, welche den neuen Arbeitsanforderungen gerecht werden. Diese Rahmenbedingungen sollten aus rechtlicher Sicht in den Lehrverträgen ihren Niederschlag finden und als Anreiz für die Umsetzung digitaler Lehr-/ Lernkonzepte dienen. Um die von den Studierenden gewünschte Betreuung zu garantieren, wäre die regelmäßige Verfügbarkeit von E-TutorInnen von Vorteil. Sie könnten den Lehrkräften bei der Produktion von Lehr-/ Lernvideos behilflich sein und ihnen bei Studieren‐ denfragen, die sich via E-Mail oder im Chat ergeben, zur Seite stehen. Da es sich bei den TutorInnen meist um sehr junge und engagierte Personen handelt, kämen ältere Lehrkräfte in den Genuss, sich über die Nutzung diverser Lern‐ plattformen und Kommunikationstools beraten zu lassen und ihre digitalen Kenntnisse auszubauen. Auf diese Weise würde man die Unterrichtsqualität enorm steigern und dem digitalen Transformationsprozess, dessen Forcierung in der nächsten Zielvereinbarung zwischen Universitätsleitung und zustän‐ digem Ministerium vermutlich eingefordert werden wird, entsprechen. 47 Präsenzlehre versus Fernlehre: Auswirkungen der Covid-19-Maßnahmen Literatur De Greef, Paul / Ijsselsteijn, Wijnand (2001): Social Presence in a Home Tele-Application. In: CyberPsychology & Behavior. 4 (2), S. 307-315. Harvard Business Publishing Education (2021): How to Teach Any Case Online. https: / / hbsp.harvard.edu/ inspiring-minds/ how-to-teach-any-business-case-study-online [14. 05. 2021]. Kopp, Michael / Ebner, Martin / Rehatschek, Herwig (2021): Qualifizierungsangebote und Anreizsysteme für Lehrende ausbauen. In: Janschitz, Gerlinde / Monitzer, Sonja / Archan, Dagmar / Dreisiebner, Gernot / Ebner, Martin / Hye, Florian / Kopp, Michael / Mossböck, Christina / Nagler, Walther / Orthaber, Markus / Rechberger, Manfred / Rehatschek, Herwig / Slepcevic-Zach, Peter / Michaela, Stock / Swoboda, Birgit / Teufel, Martin (Hrsg.) Alle(s) digital im Studium? ! Projektbericht der Steirischen Hoch‐ schulkonferenz zur Analyse digitaler Kompetenzen von Studienanfänger*inne*n . Graz: Graz University Library Publishing, S. 128-129. LehrerInnenfortbildung Baden-Württemberg / Zentrum für Schulqualität und Lehrerbil‐ dung ( ZSL ) (2021): Didaktische Hintergründe für einen sinnvollen Einsatz von BBB - Vidiquette. https: / / lehrerfortbildung-bw.de/ st_digital/ medienwerkstatt/ dossiers/ bbb/ didaktik/ vidiquette [14. 05. 2021]. Sanders, James R. (Hrsg.) ( 3 2006): Handbuch der Evaluationsstandards. Die Standards des „ Joint Committee on Standards for Educational Evaluation” . Wiesbaden: VS. Schön, Donald ( 1983): The Reflective Practitioner. How Professionals Think in Action. New York: Basic Books. Short, John / Williams, Ederyn / Christie, Bruce (1976): The Social Psychology of Telecom‐ munications. London / New York: Wiley. treffpunkt sprachen (2021): SprachLernBegleitung. https: / / treffpunktsprachen.uni-graz. at/ de/ aktuelleprojekte/ sprachlernbegleitung [14. 05. 2021]. VUS (2021 ): Mitglieder des Verbandes universitärer Sprachenzentren und -institutionen. https: / / treffpunktsprachen.uni-graz.at/ de/ treffpunkt-sprachen/ vus/ mitglieder-desverbandes-universitaerer-sprachenzentren-und-institutionen [14. 05. 2021]. Vizerektorat für Studium und Lehre (2020a): Montagsbrief - Newsletter für Lehrende (30. 03. 2020), S. 1-3. Vizerektorat für Studium und Lehre (2020b): Montagsbrief - Newsletter für Lehrende (27. 07. 2020). [Montagsbrief] #11 Gute Note für die digitale Lehre und Planung des Semesters, S. 1-4. 48 Daniela Unger-Ullmann Lernendenzentriertes Hospitieren im universitären Sprachunterricht - Das Grazer Modell Christian Hofer Im vorliegenden Beitrag werden die Ergebnisse des prozessbegleitenden Eva‐ luationsprojekts Lernendenzentriertes Hospitieren im universitären Sprachun‐ terricht dargestellt. Im Fokus stehen dabei 112 Hospitationsbesuche, die im Rahmen der Modulreihe Sprachenlernen mit Erwachsenen für (angehende) Sprachlehrende im Zeitraum von 2014-2020 stattgefunden haben. Daraus geht hervor, dass Hospitationen am treffpunkt sprachen Teil eines integrativen Fortbildungsmodells sind. Anschließend werden Grundzüge der Thematik Hospitieren im Bildungsbereich thematisiert. Darauf aufbauend werden die forschungsmethodische Vorgehensweise, das Evaluierungsinstrument sowie die Projektziele angeführt. Diese betreffen vor allem den organisatorischen bzw. zeitlichen Aufwand einer Hospitation sowie die Vor- und Nachteile eines derart non-formalen Lernsettings. Des Weiteren sind folgende Forschungs‐ fragen von besonderer Relevanz: Welche Lernformen werden von den an Hospitationen Teilnehmenden herangezogen? Auf welche Art und Weise vollziehen sich Erkenntnisprozesse? Das Augenmerk wird dabei vor allem auf die Lernformen beobachtendes Lernen , reflexives Lernen und kooperativ-ent‐ deckendes Lernen gerichtet. Außerdem ist der Lernoutput zu berücksichtigen. Wesentlich ist hier die folgende Frage: In welchen Kompetenzbereichen des Sprachunterrichts erfolgte Wissenserweiterung? Im Fokus stehen dabei zentrale Qualitätskriterien des Unterrichts, die von der Struktur und vom Aufbau bis hin zum Auftritt der Lehrperson reichen. Danach stellt der Projektleiter die Auswertungsergebnisse dar und interpretiert diese im Rahmen des spra‐ chendidaktischen Unterrichtskontexts. Im letzten Teil werden zentrale Pro‐ jektergebnisse in einer kurzen Zusammenschau angeführt und mit lerntheo‐ retischen Aspekten verwoben. Der Einsatz von Hospitationen treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik ist stets darum bemüht, die Weiterbildung seiner Sprachlehrenden zu fördern und diese dabei zu unterstützen, ihre individuellen Lern- und Entwicklungsziele zu verfolgen. Deshalb verfügt das Zentrum innerhalb der fremdsprachlichen Lehre und im Rahmen der Abteilung Fachdidaktik über ein Weiter- und Fort‐ bildungssegment, welches sowohl auf formaler als auch auf informeller Lern‐ ebene angesiedelt ist (für eine eingehende Darstellung der Weiterbildungsbe‐ reiche vgl. Hofer 2013, S. 79-91 ). Zum einen werden in regelmäßigen Abständen bedarfsorientierte Fortbildungsseminare organisiert, um die Kompetenzerwei‐ terung des Lehrpersonals zu fördern (vgl. treffpunkt sprachen 2020 ). Zum an‐ deren findet am treffpunkt sprachen seit nunmehr zwölf Studienjahren die mo‐ dulare Weiterbildungsreihe Sprachenlernen mit Erwachsenen statt, in welcher sowohl Sprachlehrende als auch Sprachenstudierende hinsichtlich der Spra‐ chenlehre für die Erwachsenenbildung, aber auch für den universitären und hochschuldidaktischen Bereich, weitergebildet werden (vgl. Hofer 2013, S. 84 ff.). Innerhalb der Modulreihe Sprachenlernen mit Erwachsenen ist es zur Erlan‐ gung des Abschlusszertifikats vorgesehen, ein Praktikum zu absolvieren. Die gemachten Unterrichts- und Lernerfahrungen werden von den Teilnehmenden in einem reflektierenden Abschlussportfolio festgehalten und am Ende der Mo‐ dulreihe besprochen bzw. in den Gruppenprozess integriert, sodass Gelerntes auch gemeinsam ausgetauscht und besprochen werden kann. Dieses praxisori‐ entierte Unterrichtspraktikum besteht zum einen aus dem Abhalten eigener Lehrsequenzen mit der Unterstützung von und in Absprache mit Sprachlehr‐ enden des treffpunkt sprachen. Diese fungieren als Lernbegleitende während des Praktikums. Zum anderen sind auch Hospitationen bzw. Unterrichtsbeobach‐ tungen in verschiedenen Sprachkursen zu absolvieren, um das Handlungsfeld Sprachenlernen mit Erwachsenen in all seinen Facetten kennenzulernen und das theoretisch erschlossene Wissen im direkten Kontext erlebbar zu machen. Die im Rahmen der Praktika von Seiten der Teilnehmenden absolvierten Hospitationen sind Gegenstand des fachdidaktischen Forschungsprojekts Lern‐ endenzentriertes Hospitieren im universitären Sprachunterricht. Bevor auf we‐ sentliche Eckpfeiler und die Auswertung der Projektergebnisse eingegangen wird, werden an dieser Stelle kurz grundlegende Aspekte zur Thematik Hospi‐ tieren im universitären Bildungsumfeld unter besonderer Berücksichtigung des universitären Sprachunterrichts angeführt: Anikó Brandt (vgl. 2012, S. 35-60) geht in seinem Beitrag Kollegiale Hospitationen als Instrument der Qualitäts - 50 Christian Hofer sicherung - Das Bremer Modell aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf die The‐ matik Hospitieren ein. Unter anderem werden Brandts Ausführungen zur theo‐ retischen Fundierung des Projekts umrissen. Hospitationen als qualitätssichernde und kostengünstige Weiterbildungsmaßnahme Der Arbeitskreis der Sprachenzentren, Sprachlehrinstitute und Fremdsprachen‐ institute ( AKS ) hat sich im Rahmen der 26. Arbeitstagung 2010 (vgl. Kleppin / Reich / Spänkuch 2012 ) mit der Frage der Qualitätssicherung und Qua‐ litätsentwicklung auseinandergesetzt. Darin wurde der Stellenwert dieser beiden Aspekte im Bereich der Sprachenlehre an Sprachenzentren auf einge‐ hende Weise besprochen. Es stellte sich heraus, dass die „Innen- und vor allem Außenwahrnehmung“ (Vogel und Jordan 2012, S. 27) auf universitäre oder uni‐ versitätsnahe Sprachenzentren nicht kongruent ist. Die Rede war in diesem Zu‐ sammenhang vom Sprachenzentrum als „Luxuseinrichtung“, „Zulieferer von Zusatzqualifikationen“ oder „nützlich“ (ebd.). Hinsichtlich der Lehre kommt hinzu, dass ein Sprachenzentrum als „von wissenschaftlicher Lehre abgegrenzt und nicht als Kerngeschäft einer Hochschule betrachtet wird“ (ebd.). Nicht zu‐ letzt aus diesem Grund richteten und richten Sprachenzentren ein verstärktes Augenmerk auf die Qualität der Lehrveranstaltungen, die Kompetenz der Lehr‐ enden und auf Evaluierungsmaßnahmen. Qualität hat daher eine besondere Be‐ deutung in diesen Zentren. Es ist auch zu berücksichtigen, dass Sprachkursan‐ bieter (auch außeruniversitär) untereinander in Wettbewerb und Konkurrenz stehen. Dabei wird eine hohe Qualität des Sprachkursangebots als erfolgsver‐ sprechendes Kriterium betrachtet. Aus diesem Grund „erkannten Privatanbieter die Notwendigkeit, Entwicklungsziele und Kriterien für gute bzw. exzellente Sprachlehrangebote zu definieren, zu operationalisieren und überprüfbar zu machen (…)“ (Thürmann 2012, S. 20 ). Dieser Qualitätsanspruch, der aufgrund des Wettbewerbsgedankens gestellt wird, und der Anspruch, wissenschaftliche und forschungsbasierte Lehre anzubieten bzw. universitär akzeptiert und aner‐ kannt zu sein, führte dazu, Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung und zur Eva‐ luierung des vielfältigen Angebots hervorzuheben und verstärkt einzusetzen. Als ein Beispiel unter vielen kann der eigens entwickelte Evaluierungsbogen, welcher am treffpunkt sprachen neben der gesamtuniversitären elektronischen Evaluierung eingesetzt wird (vgl. Hofer 2009, S. 178 f.), genannt werden. Der hohe Qualitätsanspruch wurde den Sprachenzentren sozusagen in die Wiege gelegt. Dies hat auch dazu geführt, dass sich diese (und deren AkteurInnen) hinsichtlich der Fragen und Themengebiete des Bildungsmanagements oder der Fach- und Sprachendidaktik stetig weiterentwickelt haben. Daraus resultiert 51 Lernendenzentriertes Hospitieren im universitären Sprachunterricht - Das Grazer Modell außerdem, dass sich spezielle Forschungsschwerpunkte und eine Fachexpertise herausgebildet haben, wie man am treffpunkt sprachen (vgl. treffpunkt sprachen 2020a) erkennen kann. Der oben genannte Qualitätsanspruch an Sprachenzentren ist auch mit dementsprechendem Kostenaufwand verbunden, da zum Beispiel TrainerInnen für Weiterbildungsangebote finanziert werden müssen. Hospitationen folgen der „Forderung höherer Wirtschaftlichkeit an Hochschulen“ (Brandt 2012, S. 36 ). Sie lassen sich leicht organisieren, sind in das direkte Handlungsfeld des Unterrichts eingebettet und stellen ein unmittelbares Lernfeld dar. Hospitationen im Sinne von Unterrichtsbeobachtungen verursachen keine zusätzlichen Kosten und sind trotzdem eine wirkungsvolle Form einer informellen Weiterbildung, sowohl für Lehrende als auch für Auszubildende. Bei Hospitationen kann der Fokus auf spezielle Lerninteressen gelegt werden, wie etwa das Auftreten von Lehrper‐ sonen, rhetorische Aspekte oder die methodisch-didaktische Unterrichtsgestal‐ tung. Hospitationen sind nicht nur kostenneutral, sondern erlauben zudem viel‐ fältige Blicke auf den Unterricht. Evaluierende und nicht-evaluierende Hospitationen Hospitationen können im Bildungs- und Weiterbildungsbereich als Top-Down-Verfahren eingesetzt werden (vgl. ebd., S. 40 ). Diese Unterrichtsbeobachtungen stellen dann eine Form der Inspektion dar, um die Unterrichtsqualität zu überprüfen oder zu evaluieren bzw. die Lehrkompetenzen festzustellen. Die Hospitationen finden vorwiegend „unter einem evaluierenden, defizitanstatt eines entwicklungsorientierten Gesichtspunktes statt“ (ebd.). Hospitationen mit einem derartigen Charakter werden, so Brandt, von Lehrenden oftmals negativ konnotiert, da sie eventuell als Kontrolle und Überprüfung betrachtet werden. Neben der evaluierenden Hospitation im Sinne einer Inspektion sind auch nicht-evaluierende bzw. entwicklungsorientierte Unterrichtsbeobachtungen vorzufinden. Diese dienen nicht dazu, die Lehrqualität zu überprüfen, sondern sollen Lernenden die Möglichkeit bieten, sich - durch gezielte Beobachtung - im Bereich des Unterrichtens fortzubilden. Derartige entwicklungsorientierte Hospitationen können zwischen UnterrichtskollegInnen ( kollegiale Hospita‐ tion) stattfinden oder werden von Lernenden in der Ausbildungsphase in An‐ spruch genommen. Diese Form der Hospitation ist der Kern des präsentierten Forschungsprojekts. Hospitationen als Methode zu Forschungszwecken Hospitationen in Lehrveranstaltungen können auch forschenden Zwecken dienen bzw. als Forschungsmethode bei qualitativen Forschungsprojekten zum 52 Christian Hofer Einsatz kommen. treffpunkt sprachen greift im Rahmen fachdidaktischer Pro‐ jekte auf handlungsforschende methodische Zugänge zurück. Neben qualita‐ tiven und prozessbegleitenden Evaluationen, Formen von Interviews, dem qua‐ litativen Experiment und der Dokumentenanalyse stellen Hospitationen in Sprachlehrveranstaltungen eine wesentliche Forschungsmethode dar, die als Form einer direkten und in das Aktionsfeld eingebetteten Prozessbeobachtung beschrieben werden kann (vgl. Hofer 2015, S. 40 ff.). Oftmals greifen die Forsch‐ enden des treffpunkt sprachen , die mitunter selbst auch Lehrende sind, auf einen handlungsforschend orientierten Methodenmix zurück. Hospitationen sind dabei ein wertvoller bzw. ergänzender Bestandteil für die Erschließung diverser Forschungsfragen. In einem aktuellen fachdidaktischen Forschungsprojekt des Zentrums, um ein Beispiel zu nennen, wird die Thematik Intergenerationelles Sprachenlernen behandelt. Die Projektleiterin untersucht im Rahmen von Sprachlernprozessen Unterschiede bei verschiedenen Altersgruppen und erar‐ beitet daraus didaktische Unterrichtsempfehlungen. Neben Interviews und Ex‐ pertInnengesprächen greift die Forschende dabei auf Hospitationen zurück. In diesen beobachtet sie über mehrere Semester hinweg Sprachkurse mit Teil‐ nehmenden unterschiedlicher Altersgruppen und legt dafür themenspezifische Beobachtungskriterien fest. Vorteile von Hospitationen und Problembereiche Nicht-evaluierende Hospitationen, welche das Fundament dieses Projekts dar‐ stellen, weisen darüber hinaus eine Reihe von Vorteilen auf (vgl. Brandt 2012, S. 41 f.): • Sie regen zur Selbstreflexion an und bieten Anlass, über eigene Kompe‐ tenzen sowie den persönlichen Lernbedarf nachzudenken. • Sie (vor allem kollegiale Hospitationen) bieten die Möglichkeit zu kon‐ struktivem Feedback und fördern so den Zusammenhalt unter Kolleg- Innen. • Es können methodisch-didaktische Ideen für den Unterricht gesammelt werden. • Ursachen für aufgetretene Probleme können besser nachvollzogen werden. • Fachliche oder didaktische Inhalte, die für den Unterricht relevant sind, können auf informellem Wege unter den Lehrenden verbreitet werden. • Zu beobachtende Kriterien (z. B. die Gruppendynamik, die Kommunika‐ tion der Lernenden untereinander) werden im Idealfall von den Betei‐ ligten selbst festgelegt. Demzufolge fußen Hospitationen auf eigenver‐ antwortlichen und autonomen, jedoch auch auf konstruktivistischen 53 Lernendenzentriertes Hospitieren im universitären Sprachunterricht - Das Grazer Modell Lernkonzepten (vgl. Hofer 2009, S. 153-182 , Hofer 2011 , S. 113-126). Der / die Lernende ist selbst in der Lage, zu erkennen, in welchen Berei‐ chen Entwicklungsbedarf besteht, und wird dabei von aktiv in der Lehre tätigen ProfessionalistInnen mit Tipps und Feedback unterstützt. Neben diesen Vorteilen, die in Hospitationsbesuchen zu sehen sind, sind auch Gefahrenquellen zu erwähnen, welche nicht außer Acht gelassen werden dürfen (vgl. Brandt 2012, S. 43 f.): • Es kann mitunter zu Scheu kommen, negatives Feedback zu geben. • Es kann zu Unklarheiten in der Form und im Ablauf von Hospitationen kommen (etwa, wie der Gesprächsverlauf nach einem Hospitationsbe‐ such gestaltet wird). Aus diesem Grund ist die Klarheit im Konzept und im Ablauf der Hospitation von besonderer Bedeutung. • Ähnlich wie bei Top-Down-Hospitationen kann es sein, dass die be‐ obachtete Unterrichtsperson durch den Hospitierenden ein verändertes Unterrichtsverhalten aufweist, sich in dieser Unterrichtsstunde zum Bei‐ spiel besonders bemüht, eine qualitativ hochwertige Lehre durchzu‐ führen. Dabei können persönliche Unterrichtsroutinen der Lehrenden weniger eindeutig eruiert werden. • Einzelne oder wenige Unterrichtsbesuche stellen eine Momentaufnahme dar und können nicht auf ein gesamtes Unterrichtskonzept übertragen werden. Das integrative Modell des treffpunkt sprachen Wie eingangs bereits erwähnt, finden Hospitationen am treffpunkt sprachen (neben den in die Forschung eingebetteten Unterrichtsbesuchen) vor allem im Rahmen der Modulreihe Sprachenlernen mit Erwachsenen statt. Der Ablauf des zu absolvierenden Unterrichtspraktikums einschließlich der Hospitationsbe‐ suche wird gemeinsam mit dem Ausbildungsleiter eingehend besprochen. Dieser macht zudem auf die genannten Vor- und Nachteile von Unterrichtsbe‐ obachtungen aufmerksam und thematisiert entsprechend die Feedbackkultur. Im Sinne eines eigenverantwortlichen Lernprozesses organisieren sich die Teil‐ nehmenden der Modulreihe selbst und werden dabei vom Ausbildungsleiter be‐ gleitet. Als Hilfestellung während der Hospitationsbesuche dient ein Formular für Beobachtungskriterien, welches zur Unterstützung herangezogen werden kann (s. Anhang 1). Es deckt verschiedene Aspekte des Unterrichts ab, auf welche die Lernenden den Fokus legen können. Das in der Modulreihe vorge‐ sehene Praktikum sowie die Hospitationsbesuche runden einzelne Lernprozesse innerhalb des Ausbildungsjahrs ab. Nicht zuletzt aus diesem Grund wurde der 54 Christian Hofer Terminus lernendenzentrierte Hospitation gewählt, da diese auf die Qualifizie‐ rung als Sprachenlehrende / r in der Erwachsenenbildung abzielt. Theoretisch erworbene und in der Lerngruppe erprobte Unterrichtsinhalte sollen durch die Hospitationsbesuche im konkreten Handlungsfeld eingesehen werden können. Theoretische und praxisbezogene Wissensinhalte werden so auf sinnvolle Weise miteinander verbunden. Die Erkenntnisse aus den Hospitationen sowie aus dem durchgeführten Unterrichtspraktikum fließen wieder in die Lehre der Modul‐ reihe ein. In einem Abschlussmodul werden gemachte Lernerfahrungen be‐ sprochen, ausgetauscht und in supervisorischem Sinne reflektiert. Zusätzlich werden in einem Portfolio die Lernerfahrungen, die aus den lernorientierten Hospitationen resultieren, festgehalten. Dieses kann als Lern- und Reflexions‐ medium gesehen werden, welches auch zu späterem Zeitpunkt wieder heran‐ gezogen werden kann. Im aktuell laufenden fachdidaktischen Projekt Entwick‐ lung eines LehrKompetenzModells für die hochschulische Sprachenlehre (vgl. treffpunkt sprachen 2020b) werden mitunter diese Portfolios einer forschenden Analyse unterzogen. In diesem Projekt werden außerdem die Auswertungser‐ gebnisse der lernendenzentrierten Hospitationen, welche in Folge dargestellt werden, herangezogen. Das Projekt Lernendenzentriertes Hospitieren im universitären Sprachunterricht Projektziele, Projektzeitraum und methodisches Instrumentarium Den methodischen Kern des Projekts Lernendenzentriertes Hospitieren im uni‐ versitären Sprachunterricht bilden 112 ausgefüllte Evaluierungsformulare von Hospitationen, die im Rahmen der Modulreihe Sprachenlernen mit Erwachsenen von 2014 bis 2020 stattgefunden haben. Im Schnitt besuchten in den betreffenden sechs Studienjahren jeweils 18 Teilnehmende die Modulreihe, welche auch Hos‐ pitationsbesuche absolviert haben. Bei diesen Teilnehmenden handelt es sich sowohl um Lehrende mit Unterrichtserfahrung als auch um Studierende mit wenig bis keiner Unterrichtserfahrung (zur Zielgruppe von Sprachenlernen mit Erwachsenen siehe Hofer 2013, S. 84-89; vgl. dazu auch das Kompetenzstufen‐ modell Vom Novizen zum Experten nach Dreyfus und Dreyfus (vgl. Paetz et al. 2011, S. 53 f.)). Folgende Ziele können im Rahmen dieses prozessbegleitenden Evaluations‐ projekts (vgl. Hofer 2015, S. 43 f.) formuliert werden: • Ergründen des organisatorischen und zeitlichen Aufwands einer lernen‐ denzentrierten Hospitation; 55 Lernendenzentriertes Hospitieren im universitären Sprachunterricht - Das Grazer Modell • Herausarbeiten von Vorteilen einer lernendenzentrierten Hospitation als Form einer informellen Weiterbildung; • Nachteile und Schwierigkeiten, die sich dabei ergeben können; • Formulieren der Art und Weise, mit welcher im Rahmen der lernendenzentrierten Hospitationen gelernt wird, sprich: „Welche Lernformen werden von den Teilnehmenden dabei herangezogen? Wie wurde ge‐ lernt? “ • Systematisieren und Darstellen, in welchen Kompetenzbereichen des Sprachunterrichts Wissenserweiterung erfolgte, sprich: „Was wurde ge‐ lernt? “ • Herausarbeiten, in welchen Kompetenzbereichen des Sprachunterrichts für die Teilnehmenden noch Lernbedarf bzw. Entwicklungspotential steckt, sprich: „In welchen Bereichen ist noch Fortbildungsbedarf ge‐ geben? “ Der Evaluierungsbogen Der Evaluierungsbogen (s. Anhang 2) besteht aus acht verschiedenen Items, welche sich auf die formulierten Forschungsziele beziehen. Gefragt wurde nach organisatorischen Aspekten, den Vor- und Nachteilen einer derartigen Fortbil‐ dungsweise, den eingesetzten Lernformen, dem Gelernten und den weiteren Beschäftigungsinteressen. Sechs der Items sind Fragestellungen mit anzukreuz‐ enden Antworten, wobei bei den Items 5, 6 und 7 Mehrfachantworten möglich waren. Bei den in Punkt 5 abgefragten Lernformen bzw. Lernzugängen handelt es sich vornehmlich um Lernen durch Beobachtung (zum Lernen am Modell siehe etwa Mietzel 2008, S. 252 ff.), reflexives Lernen (vgl. Lieb 2019, S. 141 f.; Hofer 2020, S. 15 f.) und kooperativ-kollaboratives Lernen (vgl. Lieb 2019, S. 140). Wei‐ tere Angaben zu Lernformen waren möglich. Im Rahmen der Fragestellungen 6 und 7 wurden zum einen Kompetenzbereiche des Sprachunterrichts abgefragt, welche im Rahmen der Modulreihe Sprachenlernen mit Erwachsenen Berück‐ sichtigung finden. Diese decken zum anderen die wichtigsten Segmente des Unterrichtens ab: den Lehrauftritt und die Präsentationsfähigkeiten, Struktur und Aufbau des Unterrichts, methodisch-didaktische Aspekte sowie gruppen‐ dynamische Aspekte und Lernatmosphäre. Diese Auswahlkriterien beziehen sich auf die Qualitätskriterien nach Hilbert Meyer (vgl. Meyer 2013). Auswertung der Projektergebnisse Im folgenden Teil werden zentrale Auswertungsergebnisse der prozessbeglei‐ tenden Evaluation präsentiert und kommentiert: 56 Christian Hofer Abbildung 1: Wahl der Lehrveranstaltung Der Fokus dieser Fragestellung zielt vor allem auf die Lern-Outputs einer Hos‐ pitation ab. Im Laufe der Jahre hat der Ausbildungsleiter der Modulreihe Spra‐ chenlernen mit Erwachsenen - ausgehend von zahlreichen supervidierenden Re‐ flexionsrunden - die Erfahrung gemacht, dass die BeobachterInnen dazu tendieren, die Aufmerksamkeit auf bestimmte Aspekte des Sprachunterrichts zu richten. Dabei handelt es sich vor allem um didaktische Aspekte und den Einsatz von Methoden im Sprachunterricht. Dies ist auch zielführend und sinnvoll. Nichtsdestotrotz gibt es im Rahmen von Hospitationsbesuchen zahlreiche an‐ dere Beobachtungsmöglichkeiten, die Lernprozesse fördern. Diese sind zum Beispiel: das verbale und non-verbale Verhalten der Lehrperson, das Arbeiten der Sprachenlernenden untereinander oder der Umgang mit Störsituationen im Unterricht. Sprachunterricht ist stets mehr als die reine Sprachvermittlung. Es wurde die Erfahrung gemacht, dass der beobachtende Blick vor allem beim Be‐ such eines Kurses, dessen Sprache man selbst lehrt oder unterrichtet, etwas eingeschränkter ist. Da man die jeweilige Sprache beherrscht bzw. selbst lehrt, ist die Tendenz größer, sich mit der Lehrperson zu identifizieren und es mangelt mitunter am professionellen Abstand, der in einer Beobachtungssituation not‐ wendig ist, um in der eigenen Wahrnehmung möglichst offen zu bleiben. Es ist daher ratsam, Hospitationen auch in Sprachen durchzuführen, welche man selbst nicht oder wenig beherrscht. Dann ist es leichter, sich für Unterrichtsbe‐ reiche zu öffnen, die über den Sprachbezug hinausgehen. Aus diesem Grund war es dem Ausbildungsleiter ein Anliegen, diese Frage in die Evaluierung aufzu‐ nehmen. An dieser Stelle sei noch einmal betont, dass Abstand und Abgrenzung wesentliche Kriterien im Rahmen von Unterrichtsbeobachtungen sein sollten. Aus Erfahrung kann gesagt werden, dass routinierte Lehrpersonen dazu ten‐ dieren, sich am Unterricht zu beteiligen, und dass Lernende ohne Unterrichts‐ erfahrung dazu neigen, sich mit den Sprachenlernenden zu identifizieren und 57 Lernendenzentriertes Hospitieren im universitären Sprachunterricht - Das Grazer Modell sich mitunter in die Lerngruppe zu integrieren. Dann begeben sie sich jedoch aus der beobachtenden Rolle hinaus. Abbildung 2: Organisation der Hospitation Diese Fragestellung zielt auf die Organisation und Durchführung der lernen‐ denzentrierten Hospitation ab. Im Sinne der Lernendenautonomie, der Selbst‐ organisation und Eigenverantwortung, welche dem Projekt zugrunde liegen, war es bedeutsam, diese Frage in die Evaluierung aufzunehmen. Es sollte auch geklärt werden, ob sich ein derartig gestaltetes non-formales Weiterbildungs‐ konzept (zum non-formalen Lernen siehe auch Hofer 2013, S. 82 ff.) in ein oh‐ nehin dichtes Ausbildungsprogramm integrieren lässt. Die Ergebnisse sind zu‐ friedenstellend und die Möglichkeit zur freien Gestaltung und zur relativen zeitlichen Flexibilität im Rahmen der Hospitationen unterstreichen dies. 97 der 112 Teilnehmenden erachten die Organisation und Durchführung ihrer Hospi‐ tation als nicht oder wenig kompliziert bzw. zeitaufwendig. Dies lässt den Schluss zu, dass die Integration von lernendenzentrierten Hospitationen in ein bestehendes Weiterbildungskonzept wie Sprachenlernen mit Erwachsenen durchaus sinnvoll und zielführend ist. 58 Christian Hofer Abbildung 3: Lernprinzipien Die Fragestellung zu den Vorteilen einer Hospitation fokussiert die Lernmög‐ lichkeiten und Lernpotentiale der Teilnehmenden. Dabei sticht hervor, dass der Austausch unter den KollegInnen , also das kommunikative Miteinander zwischen Lernenden und Lehrenden oder den Lernenden untereinander, ein befruch‐ tendes Element innerhalb derartiger Beobachtungssituationen sein kann. Als Vorteil wird, über das Beobachten hinaus, der Gesprächsstoff gesehen, welcher sich aus dem Lernrahmen der Hospitation ergibt. Daraus kann das Lernprinzip des Wissensaustauschs bzw. des kommunikativen Miteinanders, welches im Rahmen einer lernendenzentrierten Hospitation zu lokalisieren ist, abgeleitet werden . Lernen im direkten beruflichen Handeln ist ein weiterer Lernvorteil, der innerhalb dieser Fragestellung hervorzuheben ist. Lernendenzentrierte Hospi‐ tationen bieten die Möglichkeit, direkt im Geschehen zu sein. Zuvor vermitteltes Wissen kann in der Unterrichtssituation eingesehen werden und so ergänzen sich Theorie und Praxis in der Anwendung. Gesprochen werden kann von einem Lernprinzip der Unmittelbarkeit für die lernendenzentrierte Hospitation. Offenes und entdeckendes Lernen wird als ein weiterer Vorteil genannt. Die Hos‐ pitation bietet den Teilnehmenden ein breites Beobachtungsspektrum. Das Lernen kann demnach auf verschiedenen Ebenen des Unterrichtens stattfinden, da es im Unterrichtsprozess immer wieder zu nicht vorhersehbaren Situationen kommt, auf die sich auch die Lehrperson einzustellen hat. In diesem Zusam‐ menhang wirkt das Lernprinzip der Offenheit. Des Weiteren ist der Aspekt des direkten Feedbacks hervorzuheben. Die direkte Präsenz im Unterricht er‐ möglicht auch ein direktes Feedback. Es wirkt das Lernprinzip der konkreten Rückmeldung. 59 Lernendenzentriertes Hospitieren im universitären Sprachunterricht - Das Grazer Modell Abbildung 4: Nachteile und Schwierigkeiten der Hospitation Das Ergebnis dieser Fragestellung ist als äußerst erfreulich zu beschreiben. Bei den 112 Teilnehmenden gab es insgesamt bloß 17 Angaben zu Nachteilen bzw. problematischen Aspekten einer lernendenzentrierten Hospitation. Dies legt den Schluss nahe, dass die Vorteile - vor allem hinsichtlich der Organisation und der Lernpotentiale - überwiegen. Sieben Angaben wurden zum Bereich Bewertung des Lehrverhaltens gemacht. Die supervidierenden Gruppenge‐ spräche mit den Teilnehmenden innerhalb der Modulreihe Sprachenlernen mit Erwachsenen haben ergeben, dass vor allem Lernende ohne Unterrichtserfah‐ rung Hemmungen aufweisen, erfahrenen Lehrenden bestimmte Beobach‐ tungen, die das Potential zur eigenen Verbesserung mit sich bringen können, mitzuteilen. Trotz einer offenen Umgangsweise kann das Autoritätsverhältnis zwischen Lehrperson und unerfahrenen Beobachtenden zum Hemmnis führen, Feedback zu geben. Vier Angaben beziehen sich auf die Organisation einer lern‐ endenzentrierten Hospitation . Dieser Punkt wurde bereits zuvor besprochen. Drei Anmerkungen gab es zum Thema Sprachverständnis. Dies kann mit der zu un‐ terrichtenden Fremdsprache oder mit dem Umstand, dass Teilnehmende / r und Lehrperson nicht dieselbe Muttersprache aufweisen, zu tun haben. In der Regel hat sich dieser Umstand aber nicht als Problem dargestellt. 60 Christian Hofer Abbildung 5: Lernformen Diese Frage richtet den Fokus auf die Lernformen, welche die Teilnehmenden einer lernendenzentrierten Hospitation heranziehen. Es ist evident, dass Lernen vor allem durch Beobachtung ( 104 Nennungen) stattfindet. Welche Wissensbe‐ reiche dabei im Einzelnen abgedeckt werden, wird im Rahmen der nächsten Fragestellung behandelt. Da Beobachtung das Kernelement der lernendenzentrierten Hospitation darstellt, ist es von Bedeutung, mit den Teilnehmenden vorab - wie oben bereits angedeutet - das Beobachtungsverhalten zu bespre‐ chen bzw. Beobachtungskriterien zu vereinbaren. Dazu gehört zum einen der strukturierte Ablauf der Hospitation. Dieser gliedert sich in die Organisation, die Beobachtung an sich und die Nachbesprechung zwischen Lehrperson und Teilnehmendem / r. Zum anderen sind das Einhalten der beobachtenden Rolle und eine kompetente Feedbackkultur von zentraler Bedeutung. Von großem Stellenwert ist es auch, dass die beobachteten Aspekte reflektiert und bearbeitet werden. Dies erfolgt, wie bereits dargestellt, im Rahmen von eigens zu erstel‐ lenden Portfolios. 71 Nennungen betreffen das reflexive bzw. reflektierende Lernen. Der zu beobachtende Unterricht wirkt dabei - metaphorisch be‐ trachtet - wie ein Spiegel, der eigene Stärken und Entwicklungspotentiale auf‐ zeigt. Die lernendenzentrierte Hospitation bietet Anlass, um über den eigenen (zukünftigen) Unterricht nachzudenken und eigene Stärken und Schwächen auszuloten. 70 Nennungen sind im Bereich Gespräche mit KollegInnen vorzu‐ finden. Auch wenn Abgrenzung und distanziertes Beobachten die Schlüsselkri‐ terien der Hospitation sind, so stellt der anschließende Austausch ein wesent‐ liches Lernelement dar, um das Beobachtete in den eigenen Wissensschatz integrieren zu können. 61 Lernendenzentriertes Hospitieren im universitären Sprachunterricht - Das Grazer Modell Abbildung 6: Lern-Outputs Im Rahmen dieser Fragestellung wurde nach wichtigen Kompetenzbereichen des Sprachunterrichts gefragt, die die Lern-Outputs der Teilnehmenden dar‐ stellen (s. auch Anhang 2 ). Das Lernpotential der lernendenzentrierten Hospi‐ tation kann als sehr ausgeprägt beschrieben werden. Insgesamt haben die 112 Evaluierenden 538 Nennungen getätigt. Dies bedeutet, dass eine Hospita‐ tion die Möglichkeit bietet, auf umfassende Weise neues Wissen zu erschließen. 68 Nennungen gibt es im Bereich Struktur und Aufbau des Unterrichts. Dies ist erfreulich, zumal bekannt ist, dass ein gelungener Aufbau des Unterrichts - sozusagen die Schaffung eines roten Fadens während des Lernprozesses - ein wichtiges Gütekriterium darstellt (vgl. Meyer 2013). 66 Nennungen fanden im Bereich Präsentation und Erklärung der Inhalte und 64 Nennungen im Bereich Rhetorische Aspekte und Auftreten statt. Dies spricht dafür, dass die Lehrperson, in deren Unterricht hospitiert wurde, im speziellen Fokus der Aufmerksamkeit steht. Es wird auf ihren Lehrauftritt geachtet und darauf, in welcher Form sie fachliche Inhalte präsentiert. 63 Nennungen gab es bei Übungen und methodische Szenarien sowie 56 bei kommunikativer und interaktiver Unterrichtsgestaltung . Demzufolge fand Kompetenzerwerb in methodisch-didaktischer Hinsicht, aber auch hinsichtlich der Förderung von Gruppenaktivitäten statt. Das führt zu der Schlussfolgerung, dass eine lernendenzentrierte Hospitation auch als eine Fort‐ bildung in den Bereichen Kommunikation, Präsentation und Rhetorik betrachtet 62 Christian Hofer wird. Sie legt zudem einen speziellen Fokus auf methodisch-didaktische Aspekte des Sprachunterrichts. Abbildung 7: Lernabsichten Im Rahmen dieser Fragestellungen soll das Resultat der Lernprozesse, welche sich durch die lernendenzentrierte Hospitation ergeben haben, noch einmal subsumiert bzw. dargestellt werden. Zentral ist dabei auch, in welchen Kompe‐ tenzbereichen des Unterrichts noch Veränderungsbzw. Entwicklungsbedarf besteht. Insgesamt wurden dabei 442 Nennungen abgegeben. Mit 51 Nennungen sind an erster Stelle Übungen und methodische Szenarien anzuführen. Der Wei‐ terbildungsbzw. Entwicklungsbedarf ist also im Bereich der methodisch-di‐ daktischen Kompetenz angesiedelt. Damit einher gehen 46 Nennungen zum Thema Wiederholen und Festigen . Gerade Erwachsene haben oftmals wenige zeitliche Ressourcen, um sich dem Sprachenlernen vertiefend zu widmen. Aus diesem Grund ist es im Sprachunterricht wichtig, effektives und sinnvolles Wie‐ derholen und Festigen von Gelerntem zu integrieren. Mit 43 Nennungen ist der Bereich rhetorische Aspekte, Auftreten und Kommunikation zu nennen. Präsen‐ tationstechniken und Aspekte zu Kommunikation und Interaktion sind dabei zentral. Es zeigt sich, dass die lernendenzentrierte Hospitation als individuelle und praxisnahe Reflexionsmethode zu sehen ist, die persönliche Lücken und Lernpotentiale aufzeigt. 63 Lernendenzentriertes Hospitieren im universitären Sprachunterricht - Das Grazer Modell Resümee und sprachendidaktische Implikationen Das prozessbegleitende Evaluationsprojekt Lernendenzentriertes Hospitieren im universitären Sprachunterricht - Das Grazer Modell zeigt, dass Hospitationen als ergänzende bzw. informelle Form der Weiterbildung im Rahmen von Ausbil‐ dungen (angehender) Lehrender sehr effektiv und ertragreich sind. Im Rahmen von Lehramtsstudien sind Unterrichtspraktika und Hospitationsbesuche in Schulen ein fest verankerter Bestandteil in Studienplänen. An der Universität Graz - um ein Beispiel anzuführen - werden seit einigen Studienjahren für Lehramtsstudierende spezielle Lehrveranstaltungen angeboten - Coaching im Lehramt (vgl. Universität Graz 2020) - , in welchen die Lehrveranstaltungslei‐ terInnen als Coaches fungieren und gemeinsam mit den Lehramtsstudierenden absolvierte Unterrichtspraktika begleitend reflektieren. Ein integrativer Wei‐ terbildungsansatz dieser Art ist darüber hinaus für weitere Bildungsbereiche und unterschiedliche Settings der Bildung bzw. Weiterbildung zu empfehlen. Die präsentierten Ergebnisse sollen BildungsmanagerInnen und Organisato‐ rInnen von Bildungsveranstaltungen Impulse geben, lernendenzentrierte Hos‐ pitationen in Bildungskonzepte zu integrieren. Abschließend werden die zentralen Projektergebnisse zusammenfassend dar‐ gestellt. Folgende Vorteile haben sich im Rahmen der Untersuchung gezeigt: • Lernendenzentrierte Hospitationen sind eine kostengünstige und effek‐ tive Form der Weiterbildung, da sie im unmittelbaren Handlungsumfeld stattfinden. • Die Organisation und Durchführung erweisen sich als einfach und prob‐ lemlos, wenn ein klarer Rahmen und eine passende Struktur für die Hos‐ pitationen angeboten werden. • Die Hospitationen können zeitlich betrachtet relativ flexibel absolviert werden. Mitunter können sich im Rahmen von lernendenzentrierten Hospitationen fol‐ gende Probleme ergeben: • Ein unklarer Rahmen für die Hospitation kann deren Organisation und Ablauf erschweren. • Die Rolle als BeobachterIn und ein gewisses Maß an Abgrenzung sind einzuhalten, damit der Beobachtungsradius möglichst erweitert bleibt und man nicht in die Rolle des / der Lehrenden oder des / der Lernenden wechselt. • Eine nicht passende Feedbackkultur kann die Kommunikation im Rahmen von lernendenzentrierten Hospitationen erschweren. 64 Christian Hofer • Es kann zu sprachlichen Verständigungsschwierigkeiten kommen, etwa, wenn es sich bei den Unterrichtenden um Native Speakers handelt. Folgende Lernprinzipien zeigen sich in den lernendenzentrierten Hospitationen. Sie sind als Leitlinien bzw. als das theoretische Gerüst, auf welchem diese be‐ ruhen, zu verstehen: • Lernprinzip des Wissensaustausches bzw. des kommunikativen Miteinan‐ ders (lernendenzentrierte Hospitationen fußen auf und führen zu einem gemeinsamen Erfahrungs- und Reflexionsprozess); • Lernprinzip der Unmittelbarkeit (lernendenzentrierte Hospitationen finden im konkreten Handlungsfeld statt); • Lernprinzip der Offenheit (lernendenzentrierte Hospitationen bieten ein breites, mitunter nicht vorhersehbares Lernspektrum); • Lernprinzip der konkreten Rückmeldung (direktes Feedback ist ein we‐ sentlicher Bestandteil von lernendenzentrierten Hospitationen). Dabei kommen vor allem folgende Lernformen zum Einsatz: • Lernen durch Beobachtung (die Lehrperson als Modell und als bedeutsame Wissensressource); • Reflexives Lernen (Sprachunterricht als Spiegel des eigenen Wissens‐ stands); • Interaktives Lernen (das Erlangen von Erkenntnissen durch Austausch miteinander). Zu wichtigen Lernerfahrungen kommt es im Bereich des Sprachenlernens vor allem in folgenden Kompetenzbereichen: • Struktur und Aufbau des Unterrichts (Gewährleisten eines „roten Fadens“ für die Lernenden bzw. eines „Lernankers“ durch ein klar-schlüssiges Un‐ terrichtskonzept); • Präsentation und Erklärung der Inhalte (Ermöglichen eines gelungenen Wissenstransfers); • rhetorische Aspekte und Auftreten (Präsentationskompetenzen der Lehr‐ person); • Übungen und methodische Szenarien (methodisch-didaktische Kompe‐ tenzen der Lehrperson); • kommunikative und interaktive Unterrichtsgestaltung (Förderung der Kommunikation unter den Lernenden). Abschließend sind die offenen und breit gefächerten Lernmöglichkeiten, welche Hospitationen in der präsentierten Form bieten, noch einmal hervorzuheben. 65 Lernendenzentriertes Hospitieren im universitären Sprachunterricht - Das Grazer Modell Lernprozesse vollziehen sich nicht über stilles Beobachten, sondern ermögli‐ chen zudem einen direkten Austausch mit und unter Lehrpersonen. Sie können als wertvolle sowie überaus effiziente Weiterbildungsform betrachtet werden, da sich diese im konkreten Handlungsfeld des Sprachunterrichts vollzieht. Literatur Brandt, Anikó (2012): Kollegiale Hospitationen als Instrument der Qualitätssicherung - Das Bremer Modell. In: Fremdsprachen und Hochschule. 86 (1), S. 35-60. Hofer, Christian (2009): SprachKompetenzProfil. Ein Projekt der Eigenverantwortlichkeit in der globalisierten Welt. In: Schröttner, Barbara / Hofer, Christian (Hrsg.) Education - Identity - Globalization. Bildung - Identität - Globalisierung. 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Habe ich eine Hospitation in einer Sprache, die ich selbst lehre oder studiere, besucht? □ ja □ nein 2. Wie kompliziert und zeitaufwendig stufe ich die persönliche Organisation und Durchführung der Hospitation ein? □ nicht kompliziert und zeitaufwendig □ wenig kompliziert und zeitaufwendig □ recht kompliziert und zeitaufwendig □ sehr kompliziert und zeitaufwendig Kommentar : 3. Welche Vorteile bringt eine Hospitation aus meiner Sicht, unter anderem im Vergleich zu anderen Formen der Weiterbildung? □ Lernen im direkten beruflichen Handeln □ Austausch mit KollegInnen möglich □ direktes Feedback □ offenes und entdeckendes Lernen möglich □ Weiteres: ________________________________________________ 4. Habe ich in der Hospitation Nachteile oder Schwierigkeiten wahrgenommen? 5. Auf welche Art und Weise habe ich in der Hospitation gelernt? □ durch Beobachtung □ durch Reflexion bzw. Nachdenken über eigenes Lehr- und Lernverhalten □ durch Gespräche mit der Kollegin/ dem Kollegen/ den KollegInnen □ Weiteres: ________________________________________________ 69 Lernendenzentriertes Hospitieren im universitären Sprachunterricht - Das Grazer Modell 57 6. Für welche Bereiche habe ich mich in der Hospitation interessiert bzw. für mich Wertvolles mitgenommen? □ rhetorische Aspekte, Auftreten und Kommunikation der Kollegin/ des Kollegen □ Struktur und Aufbau □ Präsentation und Erklärung der Inhalte □ fachliche Inhalte □ Übungen und methodische Szenarien □ Umgang mit (einzelnen) Lernenden □ Steuerung von Gruppenprozessen □ Wiederholen und Festigen □ Beurteilen und Evaluieren □ Umgang mit Hausübungen □ kommunikative und interaktive Unterrichtsgestaltung □ Weiteres: ________________________________________________ 7. In welchen Bereichen habe ich zukünftig und nach der Hospitation vor, meinen Unterricht und mein berufliches Handeln zu verändern, zu adaptieren und zu bereichern? □ rhetorische Aspekte, Auftreten und Kommunikation □ Struktur und Aufbau □ Präsentation und Erklärung der Inhalte □ fachliche Inhalte □ Übungen und methodische Szenarien □ Umgang mit (einzelnen) Lernenden □ Steuerung von Gruppenprozessen □ Wiederholen und Festigen □ Beurteilen und Evaluieren □ Umgang mit Hausübungen □ kommunikative und interaktive Unterrichtsgestaltung □ organisatorische und administrative Tätigkeiten □ Erstellung und Abhalten von Prüfungen und Klausuren □ Sorgen für persönlichen Ausgleich □ Weiteres: _______________ _________________________________ 8. Verbesserungsvorschläge und Kritikpunkte: Herzlichen Dank für Ihre/ Deine Reflexion! 70 Christian Hofer Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones A Research Report Marjorie Rosenberg This paper presents the findings of a small-scale qualitative research project carried out on a global scale with educators around the world. The basis for the study was an open-access webinar on ideas, activities, and available re‐ sources for teachers to use to step out of their comfort zones and try some‐ thing new. The webinar was hosted by the teacher education website EFL talks and advertised through social media. The participants were shown a number of ideas which colleagues had used successfully in their classrooms. They were gathered through crowd-sourcing and organised into different topic areas. The participants were encouraged to make a time-line for them‐ selves to see their own progress and the webinar concluded with links to free online resources for teachers. An online survey was then conducted among those who saw the webinar, live or recorded, as well as among those who had not seen it. The paper explains how the data was analysed, which methods were used, the theoretical background on the topic based on literature, the areas of the world the participants came from and their years of experience in the field. The results and conclusions based on the rated answers and the more detailed answers given to some of the questions will be presented. Introduction This report comes from a small-scale qualitative data study based on the premise that it is possible to help teachers stretch out of their comfort zones by demonstrating which possibilities exist and which steps they can take by offering an open-access webinar. This information was then backed up by crowdsourcing, in order to gather information from educators around the globe, and ex‐ panded through practical suggestions by the presenter. The webinar was hosted by EFL talks in March 2018 and was widely adver‐ tised on social media. It is available online and a link to this talk is provided in the Bibliography. After introducing the topic and giving examples of how others had stretched out of their comfort zones, participants were shown a list of re‐ sources and examples were given as to how to use them in the classroom as well as for personal development. The webinar ended with a link to a TED talk (cf. Cutts 2011) on trying something new, which participants could then watch on their own. Following the webinar, a link to a survey was posted and teachers were invited to fill it out. The survey began with basic questions about the participants and then went on to cover the material from the webinar. The questions were closed although there was an option to give one’s own answers in addition, which several respondents did. Over the next year, a recording of the talk was made public on social media outlets with a link to the survey. This doubled the number of responses providing a richer set of data. Along with the survey, teachers were invited to fill in a self-reflection table in the form of a learner diary and to send them to the presenter for feedback. Four people took advantage of this mentoring offer; results of this are reported on in the chapter on Findings. The report itself looked at the data through the lens of thematic analysis. The data was investigated and put in different groupings to determine differences between regions of the world and years of experience of the teachers. Literature dealing with comfort zones, mindsets and teacher wellness was looked at and referred to when appropriate. Review With the increase in awareness of teacher well-being and teachers’ mental health, it seemed that examining the reasons teachers feel they are stuck in a rut could be a valuable contribution to the discussion. The topic was originally chosen for a plenary at a local teachers’ conference after it was suggested by a colleague, who felt that many educators not only felt stuck, but also didn’t have many ideas for stretching out of their personal comfort zones, even if they felt that the boundaries were limiting their personal growth and well-being. The talk was divided into eight main areas, which were then crowdsourced on social media to find out what teachers around the globe were doing to stretch themselves. Altogether twenty-four teachers from twenty-two countries an- 72 Marjorie Rosenberg swered with examples of their own personal methods and ideas, which were supplemented in the talk with practical ideas for the classroom or for continuing professional development. The final part of the talk included a list of free re‐ sources for teachers to make use of, both for themselves and for their lessons. In searching for literature based on the subject, there was very little specific research to be found on this topic although other sources can be helpful in ana‐ lysing the ways in which teachers can become unstuck, such as those dealing with comfort zones in general, mindsets and teacher well-being. A very relevant piece of information was a graphic from the website TWH The Wealth Hike: Helping you grow (2018). The graphic consisted of four circles, the smallest being the ‘comfort zone’ in which people feel that they are safe and in control of their own decisions. The next circle they can step into was named the ‘fear zone’ where they find they need self-confidence and may be affected by what others say about them. From there they can move into the ‘learning zone’ where they learn new skills and begin to deal with challenges. When they finally move into the ‘growth zone’ they are able to set new goals and find more purpose in what they are doing. This relates well to the data which was collected and could be applied to the field of education as well as other professions. Illustration 1: Based on The Wealth Hike (2018) 73 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones Another article of interest on the subject of sports education came from the University of Waikato (cf. Brown 2008). Here the concept of comfort zones was explored by looking at how people overcame their fears in stressful situations and grew as individuals. There was a description of students taking part in what was called ‘adventure education’ (ibid., p. 3), a particular branch of outdoor edu‐ cation, and how they learned to ‘stretch themselves’ (ibid.) by moving out of their comfort zones. Students were asked to describe the feelings and physio‐ logical responses they had in their comfort zones and what might prevent them from moving out of them. The emphasis was placed on learning and how taking those chances in the so-called ‘stretch zone’ (ibid., p. 4 ) would help them to experience growth. The author of this article argued that the phrase ‘comfort zone’ is actually a metaphor, which has its roots in the psychological fields of cognitive development (cf. Piaget 1977, 1980 ) and cognitive dissonance (cf. Fes‐ tinger 1957). This article, however, dealt with putting children and teenagers into stressful situations and their willingness to take risks while doing physical activities were examined, whereas this research project is targeted at adults whose risk-taking is limited to professional and personal development and trying out new ideas and methods. The stressful nature of risk-taking is also something that the adults can completely decide on their own. Where these two ideas overlap is the concept that intrinsic motivation to change can be the trigger for trying something new and that learning and stretching are gradual steps leading to growth through appropriate challenges. A further source was a book on teacher development (cf. Head and Taylor 1997), which began by clarifying the key characteristics of teacher development and focused on the differences between development and training. Although the con‐ cept of stretching out of one’s comfort zone isn’t mentioned specifically, the ac‐ tivities offered (cf. ibid., pp. 1 ff.) are an excellent introduction to the concept of teacher development and could serve as the background to many of the concepts offered in this webinar. Other areas of the book include ideas about looking into other fields beyond teaching for professional and personal development (cf. ibid., p. 118) in suggesting that areas such as counselling, voice training, interpersonal skills, etc. can help teachers to grow although they don’t suggest moving into a new field completely. Another area that is touched on is teacher burnout (cf. ibid., pp. 126 f.) and the idea of drawing a timeline to examine what one has ac‐ complished. This is similar to the personal timeline suggested in the webinar alt‐ hough Head and Taylor (ibid.) talk about identifying patterns and periods of growth, whereas the timeline in the webinar was to simply reflect on the changes one has been going through. In the chapter on change (cf. ibid., pp. 150 ff.), some ideas are given to encourage teachers to think about what will happen if they 74 Marjorie Rosenberg make changes; these are similar to the questions in the webinar and survey which investigate reasons for people not trying out new things. The second relevant body of literature concerns mindsets. Carol Dweck’s work in this area is becoming more relevant to educators as the concepts of fixed and growth mindsets are being examined in their relation to how they affect learning and teaching. As she states, “This growth mindset is based on the belief that your basic qualities are things you can cultivate through your efforts.” (Dweck 2006, p. 7 ) This is exactly the mindset that is necessary to be able to stretch out of one’s comfort zone and try something new. Dweck says that those with a growth mindset “don’t just seek challenge, they thrive on it. The bigger the challenge, the more they stretch.” (ibid., p. 21 ), whereas those with a fixed mindset feel their abilities are set and can’t be developed or added to. These concepts are becoming more evident in the field of teacher training as evidenced by the use of fixed and growth mindsets in Sandy Millin’s ELT Playbook (cf. 2018 ). Millin gives teachers specific exercises to work on, such as creating tables with two columns to categorise areas of our lives in which we use a fixed or growth mindset and how we can move events from the fixed column into the growth column (cf. ibid., pp. 62 ff.). The third area which is relevant to this topic is teacher well-being. The dis‐ cussion of this topic has recently begun in webinars, at conferences and is slowly making its way into the literature. Millin includes an exercise for teachers to spot their own strengths (cf. ibid., pp. 64 ff.), which is also a point made in the webinar on stretching out of one’s comfort zone. Thinking of things you are good at can help you to take a chance and develop yourself further. As there is little specific information in the literature on the topic, the idea of exploring the areas in which teachers felt stuck and looking into logical areas for teachers to develop into lends itself to further investigation. The problems which arise from a state of being stuck may not be readily apparent but are very real and influence many aspects of a teacher’s life. If they stop enjoying their work, their students will certainly feel this and the motivation for learning may be very difficult to maintain. Teachers who fall into depression may also fall ill or leave the profession completely although they still have much to contribute - a growing problem around the globe. In addition, teacher burnout has become more noticeable and is a topic for discussion at international conferences and on social media sites targeted at educators. The factors listed above represent some of the reasons for this research pro‐ ject. Other reasons for teachers leaving the profession, such as salary or working conditions, weren’t addressed in this research project as they are external fac‐ tors, and the goal of this project was to look at the ones within the teachers’ 75 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones control. In order to better disseminate the information, the list of resources given at the end of the webinar are all freely accessible and without charge. Seeing that a number of colleagues took the time to watch the hour-long talk and fill in the survey seems to indicate that such research may contribute to what we know about teacher well-being and ideas for stretching beyond their comfort zones. The number of teachers who responded with specific ideas was also impressive as were the four people who kept learner diaries and reflected on their own personal and professional development. It can be hoped that such projects will continue in the future and that possibilities to offer such support for teachers to stretch will continue to grow and be available around the globe. Methods Being a qualitative research study, there are a number of questions and the re‐ lationships between the questions have been thought out carefully. The data has been looked at using a thematic analysis approach. As this is a small-scale re‐ search report, using thematic analysis allows flexibility when working with the qualitative data. Thematic analysis is helpful as it is a way to identify, analyse and report on the patterns found in the data. The first task is to identify themes which captured something important in the data in relation to the goal of the research and represent a pattern within the data set. The next step is a rich description of the data set, which can be a useful method of looking at data when investigating an under-researched area. Then a deductive approach is applied which is driven by the theoretical interest in the area. Finally, latent themes are identified and interpreted. In the report, the themes were listed alongside the complete answers to the survey. The data was also broken down according to two sub-sets, the theoretical implications of the research were examined, and finally latent themes were identified and interpreted in order to draw final conclusions. The research project grew out of a plenary talk that had been held at a number of ELT conferences around Europe. In order to reach a broader group of teachers with the message, it was decided to hold a webinar, which was also recorded, giving teachers the chance to watch it at their leisure. This was done using the platform EFL Talks and the webinar and recording were advertised on various social media platforms. In addition, teachers shared it with their colleagues and friends. The webinar was divided into four main areas: • general background information about being stuck and questions about why this occurs and what can be done, • a breakdown of eight defined areas teachers could stretch into: 76 Marjorie Rosenberg • new methods, • new subjects, • new technology, • continuing professional development, • stretching into other learning styles, • colleagues, • having a personal learning network (in person or online), • moving into a new area of ELT : » A crowdsourcing activity online provided quotes from teachers around the world including information on what they have done in these areas. » Specific ideas for the classroom were discussed. • examples of free resources available to teachers, • reflection, questions and acknowledgements. The next step was to have teachers fill in a survey based on the webinar. This was put together in order to collect qualitative data and could be answered by clicking on one or more answers (closed questions) as well as by writing personal responses (creating open questions for those who answered in this way). The survey was shared with interested teachers via email and through various social media channels. The questions on the survey focused on these points: • the reason for attending the webinar or watching the recording, • age, • where participants live and work, • area of ELT that teachers work in, • number of years of teaching experience, • employment status, • if they feel stuck in a rut, • if yes, to what extent, • what stops them from trying out new ideas, • which area of ELT they feel they could stretch into, • which ideas they already make use of, • the conditions necessary to stretch into new areas, • resources they need to help them stretch, • what they found helpful in the webinar. The third step was to offer feedback to those who were interested in a short-term mentoring programme on what they had done or were doing in their professional lives to stretch out of their daily routines. This was set up as a table 77 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones for self-reflection, which they could fill in and send to the presenter and which included four areas: • where they had been professionally, • Continuing Professional Development ( CPD ) initiatives, • motivation, • how these ideas helped them. The survey itself was done online and the results were automatically sent as an email. The table for self-reflection was sent to those who requested it. Findings In this section, the data is provided in the form of charts, tables and as condensed text from those who provided learner diaries. The Basic Data Altogether, 63 people from a total of 30 countries responded to the survey. The breakdown of data is as follows: Figure 1: Reasons for Watching *More than one answer was possible. Other comments to Question 1: • I watched to get inspired by a professional role model. 78 Marjorie Rosenberg • I watched the recording. • I didn’t attend. • I didn’t attend but I am going to watch the recording. • I watched the webinar a couple of weeks ago. • I am trying to get out of my comfort zone. Figure 2: Age Groups This chart represents the number of respondents in each of these areas. The breakdown into countries follows the chart. Figure 3: Regions 79 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones People from a total of 30 countries responded: • Switzerland: 11 • Saudi Arabia: 8 • Greece: 5 • Austria, France: 4 each • Argentina, Brazil, Israel, Italy, UK , Ukraine: 2 each • Algeria, Belarus, China, Ecuador, Egypt, Germany, Honduras, India, Malta, Pakistan, Peru, Qatar, Russia, Serbia and Montenegro, Spain, Sudan, Taiwan, Tunisia, Turkey: 1 each Figure 4: Where People Teach * More than one answer was possible. 80 Marjorie Rosenberg Figure 5: Teaching Experience Figure 6: Employment Status 81 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones Figure 7: Feeling Stuck Figure 8: Extent of Feeling Stuck 82 Marjorie Rosenberg Figure 9: What Stops Them * More than one answer was possible. Key: • 1 - Fear of failure, • 2 - Lack of time, • 3 - Lack of opportunity, • 4 - Lack of interest, • 5 - Lack of funds, • 6 - Lack of motivation, • 7 - Lack of support from others, • 8 - Not knowing where to start, • 9 - Other. Other comments to Question 9: • lack of professional exchange, • fear of trying new things, • not sure I am happy in my current role. 83 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones Figure 10: Where to Stretch into * More than one answer was possible. Key: • 1 - Using new methods, • 2 - Teaching new subjects, • 3 - Learning about and using new technology, • 4 - Taking part in continuing education, • 5 - Using a different learning style or approach, • 6 - Working with colleagues, • 7 - Setting up or working with a professional learning network online, • 8 - Working in a new area of ELT , • 9 - Other. Other comments to Question 10: • looking at fields outside of ELT , • vocational training for adults, • involvement in ELT theories and philosophy, • setting up more activities for teachers. 84 Marjorie Rosenberg Figure 11: Why People Don’t Feel Stuck * More than one answer was possible. Key: • 1 - Regularly try out new methods, • 2 - Teach new subjects when possible, • 3 - Make use of new technology regularly, • 4 - Take part in CPD regularly, • 5 - Stretch out of preferred learning style and use different approaches, • 6 - Regularly work with colleagues, • 7 - Have a professional learning network online, • 8 - Work in other ELT areas in addition to teaching, • 9 - Other. Other comments to Question 11: • set up own consultancy, • trained as yoga instructor, • give workshops and present ideas. 85 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones Figure 12: Helpful Conditions * More than one answer was possible. Other comment to Question 12: • having enough time to recharge batteries. Figure 13: Helpful Resources * More than one answer was possible. 86 Marjorie Rosenberg Key: • 1 - Online sites with classroom activities for young learners and teens, • 2 - Online sites with classroom activities for tertiary and adult learners, • 3 - Online sites with CPD , • 4 - Online sites for magazines, journals, articles, • 5 - Social media sites to exchange ideas, • 6 - Webinars, • 7 - Videos for the classroom, • 8 - Other. Other comments to Question 13: • joint online projects, • webinars by leading researchers, • paid training by employer. Figure 14: Helpful Aspects of the Webinar * More than one answer was possible. Other comments to Question 14: • being able to overcome fears, • positive, energetic and inspirational, • sharing of resources, • didn’t watch the webinar (11 respondents). 87 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones More Detailed Data according to Two Criteria In order to analyse the data more exactly, it was again broken down into two main categories: a breakdown by region of the world and one by years of teaching experience. Breakdown by Region of the World Question: Reason for attending Total responses (100) Europe (62) Middle East (18) Africa (6) South & Central America (9) Asia (5) Feels stuck profes‐ sionally 14 9 2 - 1 2 Wants to stretch out of comfort zone 19 13 3 2 1 - Doesn’t have ideas for stretching 3 1 1 1 - - Doesn’t know about possibilities 10 5 1 3 1 - Knows the pre‐ senter 24 18 2 - 4 - For no particular reason 2 2 - - - - Out of general in‐ terest 16 10 2 - 2 2 Didn’t watch the webinar 12 4 7 - - 1 Question: Do you feel stuck? Total responses (63) Europe (37) Middle East (11) Africa (4) South & Central America (7) Asia (4) Yes 9 6 2 - - 1 No 12 8 3 - 1 - Sometimes 42 23 6 4 6 3 88 Marjorie Rosenberg Question: How stuck do you feel? (1 - 5) Total responses (57) Europe (33) Middle East (10) Africa (4) South & Central America (7) Asia (3) 1 (very little) 6 2 1 - 3 - 2 11 7 2 2 - - 3 27 15 4 1 4 3 4 12 8 3 1 - - 5 (very much) 1 1 - - - - Question: What stops you from trying new things? Total responses (136) Europe (75) Middle East (24) Africa (10) South & Central America (12) Asia (15) Fear of failure 13 9 - 2 1 1 Lack of time 39 23 7 2 4 3 Lack of opportu‐ nity 15 7 3 1 2 2 Lack of interest 4 2 2 - - - Lack of funds 19 13 2 1 1 2 Lack of motivation 9 4 3 1 - 1 Lack of support from others 10 4 1 1 1 3 Not knowing where to start 27 13 6 2 3 3 89 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones Breakdown by Years of Teaching Experience Question: Reason for attending Total responses (100) 1 - 5 (7) 6 - 10 (16) 11 - 15 (14) 16 - 20 (32) 21 - 30 (24) 31+ (7) Feels stuck profes‐ sionally 14 - 2 2 7 3 - Wants to stretch out of comfort zone 19 3 2 4 5 3 2 Doesn’t have ideas for stretching 3 - - - 2 - 1 Doesn’t know about possibilities 10 3 1 - 4 1 1 Knows the pre‐ senter 24 1 3 5 6 7 2 For no particular reason 2 - - - - 1 1 Out of general in‐ terest 16 - 3 2 4 7 - Didn’t watch the webinar 12 - 5 1 4 2 - Question: Do you feel stuck? Total responses (63) 1 - 5 a (4) 6 - 10 b (13) 11 - 15 c (7) 16 - 20 d (20) 21 - 30 e (15) 31+ f (4) Yes 9 - 3 2 3 1 - No 12 2 5 1 2 2 - Sometimes 42 2 5 4 15 12 4 90 Marjorie Rosenberg Question: How stuck do you feel? (1 - 5) Total responses (59) 1-5 1 didn’t answer (3) 6-10 (13) 11-15 (7) 16-20 1 didn’t answer (19) 21-30 3 didn’t answer (13) 31+ (4) 1 (very little) 6 - 3 - 1 2 - 2 12 2 3 2 3 2 - 3 27 1 4 3 8 8 3 4 13 - 3 2 6 1 1 5 (very much) 1 - - - 1 - - Question: What stops you from trying new things? Total responses (136) 1 - 5 (6) 6 - 10 (30) 11 - 15 (10) 16 - 20 (46) 21 - 30 (38) 31+ (6) Fear of failure 13 1 3 1 4 3 1 Lack of time 39 4 7 4 11 11 2 Lack of opportu‐ nity 15 - 4 1 6 4 - Lack of interest 4 - 2 - 1 1 - Lack of funds 19 1 3 2 7 6 - Lack of motivation 9 - 4 - 2 3 - Lack of support from others 10 - 1 - 6 3 - Not knowing where to start 27 - 6 2 9 7 3 Learner Diaries Colleagues who responded by saying they felt stuck and were interested in taking part in a self-reflection exercise, which would be commented on, received this table. They were asked to fill it in and send it back periodically for feedback. A total of four colleagues answered, which then provided more detailed quali‐ tative data. 91 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones Person 1 (Europe) Where I was pro‐ fessionally CPD initiative Motivation How did it help? They were thinking about the future and use of technology. They wanted prac‐ tical ideas for teaching trainees on a CELTA course. They were taking part in local Teacher Associa‐ tion CPD days. They enrolled in a digital education platform to learn to teach online. They took part in webinars and workshops. They used intrinsic motivation to keep up with new trends, learning ideas for trainees and for themselves in class‐ room settings. They gained ideas from webinar and workshops. They thought about what they learned in the webinar and how to make use of new tools and ideas. They gave thought to how things can be done and re‐ cycled. They enjoyed seeing trainees put ideas into action and watching them take risks and go beyond the course book. Person 2 (Central and South America) Where I was pro‐ fessionally CPD initiative Motivation How did it help? They were the coordinator of the English programme at their institution. They often re‐ flected on what else could be done. They decided to move efforts from a local to a regional level and learn from others. They created CPD opportunities for all. They applied for a grant to the US De‐ partment of State to organise the teacher association of the country. They took part in webinars and management training programmes. They applied for different jobs in the education sector. They wanted to renew the English programme. They wanted to help teachers and contribute to edu‐ cation in their country. They wanted to dis‐ cover where they felt they could have the largest impact. They gained new perspective on Eng‐ lish Department objectives. They recognised staff strengths and created new CPD opportunities. They were able to contribute to public education and to in‐ fluence the policy and curriculum. They found it re‐ warding to collaborate with other teachers and see 92 Marjorie Rosenberg They organised a TESOL group for the area. They were chosen to be on the Board of TESOL Interna‐ tional. that challenges were very similar. This person also said that they felt stuck in a rut when they did a particular activity for too long. Therefore, they looked for new projects which helped others and brought them together. Person 3 (Middle East) Where I was pro‐ fessionally CPD initiative Motivation How did it help? They had already organised and created CPD classes but wanted more information from others on how this is done. They are teaching a course on technology integration at college. They took part in a MOOC run by the American Embassy which was a step-by-step guide to creating CPD courses. They collected data for their PhD. They developed a new syllabus for students which is more work for teachers and stu‐ dents. They assisted and guided students to integrate technology into their own teaching practice. They feel proud of students when they say they have used tools / techniques in their own teaching. They work to make the course more valuable for stu‐ dents as it is a non-credit course. Person 4 (Asia) Where I was pro‐ fessionally CPD initiative Motivation How did it help? They felt they weren’t growing professionally. They felt they had hit a plateau. They tried to foster emphasis on teacher development among colleagues. They wanted to get feedback from others on their teaching and to see how others taught. They are still working on the observa‐ tion idea, but management seems to be interested. 93 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones They tried to en‐ courage observa‐ tion of others’ classes but were met with some re‐ sistance. They created a tem‐ plate to use for ob‐ servation. They wrote an article for an online ELT magazine on the subject. They felt that having a published ar‐ ticle would be a mo‐ tivating factor for them. They would like to work on further ideas for articles. Their article was published in January 2019. Discussion This project first reports on the themes, gives the complete information on the answers to the survey, looks at the answers again according to two sub-sets, examines the theoretical implications of the research and finally uses latent themes in order to draw final conclusions. There is no specific literature that deals exactly with this topic. Why People Watched the Webinar The survey began by eliciting the reasons people watched the webinar or the recording. 63 people responded, however, as more than one answer was possible, there were 106 responses. The main themes which this question revealed were the following: • 23 % watched because they knew the presenter. • 19 % watched because they would like to stretch out of their comfort zones. • 16 % watched out of general interest. • 14 % watched because they feel stuck. This seems to indicate that the field of ELT is a personalised one as the largest group chose to watch the webinar due to a personal connection. However, in returning to the theme, 31 % watched it because they wanted to stretch out of their comfort zones or because they felt stuck. This theme is repeated later in the data. It is also interesting that a total of 14 people didn’t watch the webinar or the recording but continued to fill out the survey, thereby indicating that they related to the questions in spite of not seeing what was presented. 94 Marjorie Rosenberg This question was also looked at through two narrower lenses, the first being a breakdown of countries and the second the number of years people have been in the profession. Comparing the responses to the overall responses, the highest number watched because they knew the presenter although this varied from region to region. The numbers among each of the groups broke down as follows: • watched because they knew the presenter: 29 % Europe, 13 % Middle East, 44 % Central and South America, • watched because they would like to stretch out of their comfort zone: 21 % Europe, 19 % Middle East, 33 % Africa, 11 % South and Central America, • watched out of general interest: 16 % Europe, 13 % Middle East, 22 % South and Central America, 40 % Asia, • watched because they feel stuck: 15 % Europe, 13 % Middle East, 11 % South and Central America, 40 % Asia. In addition, 50 % of those in Africa watched because they didn’t know which possibilities there were for stretching. In the other regions, the highest number was 11 % in South and Central America. In the second breakdown, the results within the age groups were as follows: • watched because they knew the presenter: 14 % ( 1-5 years), 19 % ( 6-10 years), 36 % ( 11-15 years), 19 % ( 16-20 years), 29 % ( 21-30 years), 29 % (30+ years), • watched because they would like to stretch out of their comfort zone: 43 % ( 1-5 years), 13 % ( 6-10 years), 29 % ( 11-15 years), 16 % ( 16-20 years), 13 % (21-30 years), 21 % (30+ years), • watched out of general interest: 0 % ( 1-5 years), 19 % ( 6-10 years), 14 % (11-15 years), 13 % (16-20 years), 29 % (21-30 years), 0 % (30+ years), • watched because they feel stuck: 0 % (1-5 years), 13 % (6-10 years), 14 % (11-15 years), 22 % (16-20 years), 13 % (21-30 years), 0 % (30+ years). The conclusions, which can be drawn here, are that knowing a presenter was important for all, however, feeling stuck and wanting to stretch were more prevalent in Asia and the Middle East and not knowing what possibilities existed or having no ideas for stretching came up in African countries as well as in Central and South America. It may be easier for those in Europe, the Middle East and Asia to travel to conferences, connect with other teachers and experience new methods and possibilities for development. This is an area which would need to be explored on a local level in Africa and Central and South America. 95 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones The next questions were to gather personal information in order to identify themes according to country, age, experience, school type / age of students or pupils and employment status. These were grouped by thematic area rather than by the order of questions on the survey. Where People Live and Work Participants were asked where they lived and worked. People from a total of 30 countries responded; eleven countries had more than one respondent, whereas the others all had only one. The two countries most represented were Switzer‐ land with 17 % and Saudi Arabia with 14 %. A more detailed method to identify the themes was to look at the breakdown according to the regions of the world they came from. This broke down to the following: • 6 % live and work in Africa (4 respondents). • 10 % live and work in Central and South America (6 respondents). • 60 % live and work in Europe (38 respondents). • 17 % live and work in the Middle East (11 respondents). • 6 % live and work in Asia (4 respondents). The large number of participants from Europe and the Middle East could be related to the time zones and when the webinar was offered. There was a re‐ cording available as well, but data wasn’t collected regarding those who watched live and those who watched the recording at a later date. Age Groups Respondents were asked to categorise themselves within age groups which ranged from 18-25 years old to 60+ years old. The breakdown is as follows: • 2 % are between 18 and 25. • 21 % are between 26 and 35. • 37 % are between 36 and 45. • 38 % are between 46 and 59. • 3 % are over 60. This put the overwhelming majority (75 %) between 36 and 59 years, the upper part of the age scale, with 23 % of respondents under the age of 35. A conclusion can perhaps be drawn due to the fact that the webinar revolved around getting out of a rut, a situation which most likely would occur later in one’s career. It is to be assumed that the younger people haven’t been in the profession as long, so everything they do seems newer and they may not feel as stuck in a routine as those who have been doing the job for a number of years. Relating to the 96 Marjorie Rosenberg comfort zone definitions mentioned in the review section of this paper, it seems likely that those who have been teaching for longer have grown used to being in their comfort zones and like the idea of feeling safe and in control. Number of Years of Experience Participants were asked how long they have been teaching. Here the findings were somewhat different from the age groups, which had appeared in a previous question, most likely because people often begin their teaching careers at dif‐ ferent ages. Both the top and bottom of the scale showed the lowest number, but the second lowest concerned those teaching from 11 to 15 years. The breakdown was as follows: • 6 % have been teaching 1-5 years (4 respondents). • 21 % have been teaching 6-10 years (13 respondents). • 11 % have been teaching 11-15 years (7 respondents). • 32 % have been teaching 16-20 years (20 respondents). • 24 % have been teaching 21-30 years (15 respondents). • 6 % have been teaching 31+ years (4 respondents). What is interesting in the data is the number of those who have been in the profession for a number of years. The broad groups here show that 38 % have been teaching up to 16 years and 62 % for more than 16 years. Again, this seems to coincide with the suggestion that a comfort zone is a safe place to be in. Those who have been in the profession for some time may recognise that they have stopped growing but are stopped by the fear zones or find that the learning and growth zones now require more effort on their part. Where People Teach The next category determined what school type people were in, indicating the age of their students or pupils. The breakdown clearly showed that a number of people work in more than one area because 63 participants provided 103 responses to this question. The specific breakdowns were: • 44 % work in adult education. • 22 % work in secondary schools. • 18 % work in tertiary education. • 12 % work in primary education. • 4 % work in pre-primary education. The reason for the high number of adult educators could be that some 60 % of respondents answered with more than one type of job, leading to the conclusion 97 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones that a number of those working in schools with children or at university most likely also teach adults. Employment Status Moving on to the employment status of respondents, the hypothesis that a number of teachers work in adult education as a second job seems to be borne out by the responses. Teachers were overwhelmingly in an employed relation‐ ship (which is more likely in public school education of primary through secondary school and, in some cases, tertiary) with a much smaller number of self-employed teachers: • 68 % employed, • 27 % self-employed. The next questions dealt with the topic of the research. The first two determined the status of the respondents in connection with the topic. Do You Feel Stuck? Participants were asked whether they felt stuck in a rut. The answers broke down to: • 67 % sometimes feel stuck. • 19 % don’t feel stuck. • 14 % feel stuck. Looking at the narrower focus here, the percentages have been determined based on the number of people, within a region or according to the length of experience, who ticked the boxes in the survey. They aren’t a total of all the people who ticked the box broken down into regions or length of experience. The question within the regions broke down as follows: • sometimes feel stuck: 62 % Europe, 55 % Middle East, 100 % Africa, 86 % South and Central America, 75 % Asia, • don’t feel stuck: 22 % Europe, 27 % Middle East, 14 % South and Central America, • feel stuck: 16 % Europe, 18 % Middle East, 25 % Asia. The number of years in the profession broke down as follows within the age groups: • sometimes feel stuck: 50 % (1-5), 38 % (6-10), 57 % (11-15), 75 % (16-20), 80 % (21-30), 100 % (30+), 98 Marjorie Rosenberg • don’t feel stuck: 50 % (1-5), 38 % (6-10), 14 % (11-15), 10 % (16-20), 13 % (21-30), • feel stuck: 23 % (6-10), 29 % (11-15), 15 % (16-20), 7 % (21-30). Although the majority said they watched the webinar due to a personal con‐ nection with the presenter or out of general interest, a significant number said that they felt stuck all the time or some of the time. The highest number of those who didn’t feel stuck were located in the Middle East. This rating could be due to several factors including salary levels or access to CPD . What is interesting is the breakdown according to the number of years in the profession. It is perhaps not surprising that no beginning teachers (with 1-5 years of experience) said they felt stuck. However, it is surprising that all those who have been teaching for more than 30 years said they sometimes feel that way. Additionally, more than half of all those who have been teaching 11-30 years sometimes feel that they are stuck in a rut, with 80 % agreeing to this in the 21-30-year category. It is a positive sign, however, that only 7 % who have been teaching 21-30 years and 15 % with 16-20 years of experience said that they feel stuck. The interpre‐ tation here could be that the fear of stepping out of a safe place has stopped them from stretching and that feeling stuck is the price they pay for comfort. They may also have fixed mindsets, which make them feel that their talents are more or less fixed at this point and, therefore, that there is no point in trying out something different. How Stuck Do You Feel? On a scale of 1-5, respondents were asked to indicate how stuck they felt. Almost half put themselves in the middle, although the number of those who rated this way is higher than the one of those who felt stuck or sometimes felt stuck. It is to be assumed that those who felt the least stuck were the ones who answered negatively on the previous question. The specific results are the following: • 10 % chose 1 (least stuck) (6 responses). • 20 % chose 2 (sometimes stuck) (12 responses). • 46 % chose 3 (in the middle) (27 responses). • 22 % chose 4 (often stuck) (13 responses). • 2 % chose 5 (most stuck) (1 response). This was also looked at within the regions with the following results: • option 1 (least stuck): 6 % Europe, 10 % Middle East, 43 % Central and South America, • option 2 (sometimes stuck): 21 % Europe, 20 % Middle East, 50 % Africa, 99 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones • option 3 (in the middle): 44 % Europe, 40 % Middle East, 25 % Africa, 47 % Central and South America, 100 % Asia, • option 4 (often stuck): 26 % Europe, 30 % Middle East, 25 % Africa, • option 5 (most stuck): 3 % Europe. Concerning the years of experience, the breakdown is as follows: • option 1 (least stuck): 3 % (6-10), 5 % (16-20), 15 % (21-30 years), • option 2 (sometimes stuck): 67 % (1-5), 23 % (6-10), 29 % (11-15), 16 % (16-20), 15 % (21-30), • option 3 (in the middle): 33 % (1-5), 31 % (6-10), 43 % (11-15), 42 % (16-20), 62 % (21-30), 75 % (30+), • option 4 (often stuck): 23 % (6-10), 29 % (11-15), 32 % (16-20), 8 % (21-30), 25 % (30+) • option 5 (most stuck): 5 % (16-20). The conclusion here is that, with 24 % indicating that they often or very often felt stuck and 46 % feeling in the middle, this was a compelling reason to watch the webinar and consider what they could do to get out of this state. Only 30 % felt that they were only stuck at times. The breakdown into regions indicated that those in Europe and the Middle East tended to be in the middle on this question while those in Central and South America either rarely felt stuck or were in the middle. None of the teachers in Africa were at either end of the scale and all participants from Asia chose the middle option. It is difficult to draw conclusions based on regions due to the small sample size of some of them. The number of years of experience provides more data for drawing conclusions. Those starting out tend to be in the middle or only stuck at times, whereas those who have been teaching for 11 years and more largely put themselves in the middle. What Stops You from Trying New Things? The next part of the survey dealt with the main themes of the research. The first question concerned what stops people from trying new things. The main find ings were: • 28 % said the lack of time. • 19 % said they didn’t know where to start. • 14 % said they lacked funds. • 11 % said they didn’t have the opportunity. • 9 % said they were afraid to fail. • 7 % said they didn’t have support from others. 100 Marjorie Rosenberg • 6 % said they lacked motivation. • 3 % said they lacked interest. Other comments that were made were: • lack of professional exchange, • fear of trying new things, • not sure I am happy in my current role. People said they are stopped from trying new things within the regions because: • they lacked enough time: 31 % Europe, 29 % Middle East, 20 % Africa, 33 % Central and South America, 20 % Asia, • they didn’t know where to start: 17 % Europe, 25 % Middle East, 20 % Af‐ rica, 25 % South and Central America, 20 % Asia, • they lacked the funds: 17 % Europe, 8 % Middle East, 10 % Africa, 8 % South and Central America, 13 % Asia, • they didn’t have the opportunity: 9 % Europe, 13 % Middle East, 10 % Af‐ rica, 17 % South and Central America, 13 % Asia, • they were afraid to fail: 12 % Europe, 20 % Africa, 8 % South and Central America, 7 % Asia, • they didn’t have support from others: 5 % Europe, 4 % Middle East, 10 % Africa, 8 % South and Central America, 20 % Asia, • they lacked motivation: 5 % Europe, 13 % Middle East, 10 % Africa, 15 % Asia, • they lacked interest: 3 % Europe, 8 % Middle East. People said they are stopped from trying new things within a breakdown of years of teaching experience because: • they lacked enough time: 67 % (1-5), 23 % (6-10), 40 % (11-15), 24 % (16-20), 29 % (21-30), 33 % (31+), • they didn’t know where to start: 20 % (6-10), 20 % (11-15), 20 % (16-20), 18 % (21-30), 50 % (31+), • they lacked the funds: 17 % (1-5), 10 % (6-10), 20 % (11-15), 15 % (16-20), 16 % (21-30), • they didn’t have the opportunity: 13 % (6-10), 10 % (11-15), 13 % (16-20), 11 % (21-30), • they were afraid to fail: 17 % (1-5), 10 % (6-10), 10 % (11-15), 9 % (16-20), 8 % (21-30), 17 % (31+), • they didn’t have support from others: 3 % (6-10), 13 % (16-20), 8 % (21-30), • they lacked motivation: 13 % (6-10), 4 % (16-20), 8 % (21-30), 101 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones • they lacked interest: 7 % (6-10), 2 % (16-20), 3 % (21-30). These results supported the conclusion that time is a problem, which also had high percentages throughout Central and South America, Europe and the Middle East. Teachers from this region were stopped more often by the feeling of a lack of time than their colleagues in other regions. Surprisingly, lack of funds scored higher in Europe than in other places. One reason for that could be the number of state-run or employer-funded programmes in other parts of the world. Mo‐ tivation seems to be more of a problem in the Middle East and in Asia, although lack of support is rated higher in Africa and in Asia than in the Middle East. Without knowing more about the teaching systems in these regions, it isn’t possible to draw final conclusions as to the answers received. Looking at the years of experience, all age groups ranked lack of time as their top reason for not trying out new things. It is interesting that 50 % of those who have been teaching for 30+ years don’t know where to start, which corresponds to the high number of participants in this category saying they feel quite stuck. This may well relate to their mindsets and could possibly be interpreted by assuming that colleagues who have been teaching for many years but feel stuck haven’t experienced growth mindsets. They may also be afraid of the fear zone because of what others might say if they begin to initiate new ideas. It is also interesting to see that the fairly new teachers (6-10 years of experience) and those with 30+ years are equally afraid to fail. All the others seemed more ready to take chances. It is a positive sign, however, that the fairly new teachers (6-10 years of experience) strongly feel that they have support from others. This is a positive note for the profession and indicates that they would have less of a problem taking the first step into the fear zone and then into the zone of learning and growth. What Conditions Would Need to Be There to Help You Stretch? The answers to this question were as follows: • 32 % said they would need to have enough time. • 21 % said they would need to have funds. • 21 % said they would need to have the opportunity. • 15 % said they would need to have support from others. • 10 % said they would need to be motivated. The ranking of these is the same as in the question about what stops people from trying something new, although not all the original options were offered here. It is clear that time management is a major factor and that a lack of funds and opportunity hold people back from professional development. It can be very 102 Marjorie Rosenberg frightening to take chances if one doesn’t know how it will turn out. One addi‐ tional comment mentioned having time to recharge batteries, a common problem among teachers with heavy teaching loads and other commitments. Where to Stretch Into When asked which areas people might want to stretch into, the breakdown was as follows: • 15 % were interested in learning how to use new technology. • 15 % were interested in CPD . • 15 % were interested in working in a new area of ELT . • 12 % were interested in working with colleagues. • 12 % were interested in setting up and using professional learning net‐ works online. • 11 % were interested in using a different learning style or approach. • 7 % were interested in teaching a new subject. There seems to be an evenly distributed ranking on areas to stretch into. The fewest number of people ( 7 %) were interested in teaching a new subject, al though more than double that number ( 15 %) were interested in working in a new field of ELT . In addition to working in a new field, 15 % were interested in learning to use new technology and another 15 % in CPD . Others were interested in working with colleagues ( 11 %) and setting up professional learning networks online (11 %). From this it seems that most of the ideas seem feasible and inter esting to teachers as there was no clear ‘winner’ in this offer of ideas. The ideas which had the highest percentages could possibly be perceived as being ‘safe’ as well as possibly involving less of a risk to the person trying them out. If You Don’t Feel Stuck, What Do You Do? Those who don’t feel stuck answered as follows: • 19 % regularly make use of new technology. • 19 % regularly take part in CPD . • 18 % regularly try out new methods. • 15 % stretch out of preferred learning style and use different approaches. • 9 % regularly work with colleagues. • 9 % have a professional learning network online. • 7 % teach new subjects when possible. • 7 % work in other ELT areas in addition to teaching. 103 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones As these activities are carried out by those who don’t feel stuck, it is surprising that a fairly low percentage regularly take part in CPD , try out new methods, make use of new technology on a regular basis, regularly work with colleagues or have a professional learning network online. As only three respondents gave other activities as answers, it is difficult to say what it is that helps these teachers to be content with what they are doing. Those who answered with other activities have stretched into new areas, such as setting up a consultancy, giving workshops and training as a yoga instructor. Again, here, the safe options of using new technology or taking part in CPD had the highest percentages although they were closely followed by trying out new methods, which carries a higher element of risk. The riskiest perhaps would involve stretching into a new area of ELT or teaching new subjects. These options were ranked lowest, which would indicate the fear of losing control or the lack of self-confidence to try them. Which Resources Would Help? When asked what participants felt could help them to stretch, the answers were as follows: • 21 % would like online sites with CPD . • 19 % would like webinars. • 14 % would like videos for the classroom. • 13 % would like online sites for magazines, journals, articles. • 12 % would like social media sites to exchange ideas. • 10 % would like online sites with classroom activities for young learners and teens. • 9 % would like online sites with classroom activities for tertiary and adult learners. 40 % said they would like to have online resources, which would help them develop. About a third said they would like materials for the classroom, leaving two-thirds more interested in their own professional development. The conc‐ lusion here is that those who took part in the webinar did so because they were interested in what they could do for themselves and less interested in activities they could use with learners. In addition, one person was interested in joint online projects (although they didn’t mention if this was between learners or teachers) and another respondent wished for webinars by leading resear‐ chers, again stressing the online aspect, which has made professional develop‐ ment more accessible. 104 Marjorie Rosenberg What Was Helpful? When asked what specifically was helpful in the webinar, the results were as follows: • 25 % found the examples of what can be done in class helpful. • 19 % found the list of resources helpful. • 18 % found the experiences of others helpful. • 15 % found the list of possible areas to stretch into helpful. • 11 % found that creating a personal timeline was helpful. These findings aren’t consistent with the prior question as the majority (62 %) found the specific examples, experiences and resources for the classroom to be the most helpful. They found suggestions as to what areas they could stretch into or the self-reflective personal timeline less helpful. Perhaps the conclusion is that, at the end of the day, teachers still need help in what they can do in the classroom and simply don’t have the time or energy for self-reflection in order to make major changes, relating again to the fear of leaving a place in which they feel safe and in control of their surroundings. However, 17 % didn’t watch the webinar at all and these results may have turned out differently if they had. Other respondents mentioned the importance of being able to overcome fears and found it helpful to see a positive and inspirational presentation. Moving on to the interpretation of the data sent through learner diaries, it was possible to determine a different mindset, give tips and ideas and have a constructive dialogue. Person 1 originally had a lack of self-confidence, which slowly grew over the years in the profession, doing various certificate courses and becoming a Cam‐ bridge examiner. After watching the webinar, they signed up for the third DELTA module. They did a timeline including moving from teacher to teacher trainer and continued working on their CPD . They also felt that colleagues we‐ ren’t communicating. When the person became a teacher trainer, they were encouraged to push out of their comfort zone, they examined both intrinsic and extrinsic motivation and felt strongly about moving into ELT management to make a difference. They were feeling quite stuck after becoming successful in the field and cut back on courses, completed the third module of the DELTA , but realised they missed the classroom. They were offered a course with young learners, which they hadn’t done in many years, and began working with new adult courses. This person is also dealing with the challenge of keeping the classroom paperless but is feeling much less stuck now. 105 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones What helped the person to stretch was getting to know other teachers, gaining confidence, gaining more knowledge with CPD , learning about the Cambridge exams, finding that the certificate training was helping with strategies to give feedback, designing training sessions, experiencing the steep learning curve of the DELTA course, regularly attending webinars and conferences along with feedback stressing the achievements the person had already made and working on building self-confidence. Person 2 felt that they were stuck in a rut when they did a particular activity for too long and therefore looked for new projects which helped others and brought them together. The person moved from working as head of the English programme at an institution to eventually organising an official teacher asso‐ ciation for their country. Taking part in webinars and management training programs helped this person to stretch beyond what they had originally set out to do and worked to see where they could have the greatest impact to eventually being voted onto the TESOL International Board. Person 3 was having a problem with a course they had developed on using technology in the classroom for their college. As the college wouldn’t give credit for the course, it was difficult to convince students to sign up for it. The sug‐ gestion of inviting graduates of the college to come back and tell the students how useful the course was for their jobs, even if they had to forgo credits for it, was deemed helpful and is currently being developed. Person 4 was feeling frustrated and looking for ways to stretch beyond what they were doing. The person was working within a strict university system but tried to introduce new ideas, which were met with resistance from colleagues. With some exchange of emails and some suggestions, it seems the person has been able to convince others to try out their ideas. Another tip that helped was a suggestion to write for an online magazine, which the person has since done, and the article has now been published. It seems that they are now able to slowly move forward and hopefully will be able to continue to convince others of their new ideas. Conclusions and Implications As this project was undertaken with the goal of discovering what held people back from stretching out of their comfort zones using a deductive approach, the data was analysed with this in mind. The final conclusions that can be drawn by looking at the responses through the lens of questioning what teachers would get out of a webinar such as this one is that it did fill a need and that further work is to be done. The clearest 106 Marjorie Rosenberg indications of this were found by closely examining the learner diaries, as these four teachers showed a real interest in growth and exhibited that they were moving from their comfort zones to a growth zone, which most likely went hand-in-hand with a growth mindset. These four took the time to reflect but were also able to elicit comments and suggestions, which they could evaluate for themselves, to see if they were what they needed. In looking at the other responses, it was clear that the personal connection prompted many to watch the webinar. In addition, feeling stuck and wanting to stretch were the second and third reasons for watching the webinar, as indicated by the number of responses. This clearly showed that this is a situation colleagues around the world find themselves in. It was interesting that the people who took part were mostly part of the higher age groups although, as has been previously mentioned, they may be the ones who realise that they aren’t lear‐ ning anything new in their professions. It isn’t clear why those who didn’t feel stuck took part. Perhaps they felt they could benefit from new ideas. Whether or not they felt they were already in a growth zone isn’t possible to determine from the data. The responses to why people don’t try out new things clearly showed that a lack of time was the main reason. Whether or not this is looked at as an excuse is difficult to say. Lack of interest and lack of motivation had the fewest responses, followed by fear of failure, a somewhat different result than the one from crowdsourcing while setting up the webinar. It could be that these are reasons that are more difficult to admit, whereas lack of time isn’t something that people feel they can be blamed for or that others would view negatively. The areas that are being stretched into weren’t surprising. Technology is a popular topic today and it could be assumed that teachers who took part in this webinar and survey are also interested in CPD . The same conclusion can be drawn for which resources teachers felt they needed which were online CPD opportunities and webinars. The main themes, which ran through the data, were the willingness to engage in CPD more often, to learn and use new technology and new methods. As not knowing where to start was mentioned by several teachers as a reason for at‐ tending the webinar, it can be hoped that they discovered ideas which they can put into practice. Those who watched felt that they learned something through the practical examples of stretching and the experiences of colleagues. It seems that some of the fear of growth can be counteracted by the support of others and this may well be the way forward to encourage a growth mindset and help people move from their comfort zones through their fear zones into their learning zones and eventually into their growth zones. The goal would be to 107 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones create and support teacher well-being and to support growth within the pro‐ fession in order to help teachers and their learners. Due to the fact that this is an area in which little research has been done, perhaps this paper could provide a basis for continuing to research why teachers feel stuck and what can be done within their local contexts to help them stretch and achieve more positive mind‐ sets. As this plays a major role in teacher well-being, it seems to be an area in which further investigation is warranted. 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The Wealth Hike (2018): The Comfort Zone. https: / / www.instagram.com/ p/ Bp5EkQvnc nW/ [13. 01. 2020]. 108 Marjorie Rosenberg Appendix 94 Appendix Questions for the Research Survey on ‘Getting Unstuck’ 1) I attended this webinar, live talk or watched the recording because (more than one answer is possible) a) I feel stuck professionally. b) I would like to stretch out of my comfort zone. c) I don’t have any ideas for stretching out of my comfort zone. d) I don’t know which possibilities could help me to stretch out of my comfort zone. e) I know the presenter. f) For no particular reason. g) Out of general interest. h) Other 2) Your age a) between 18 and 25 b) between 26 and 35 c) between 36 and 45 d) between 46 and 59 e) over 60 3) I live and work in A drop-down menu of countries was provided. 4) I work in (more than one is possible) a) pre-primary education (learners up to 6) b) primary education (learners from 6-10) d) secondary education (learners from 11 until graduation) e) tertiary education f) adult education 5) Number of years of teaching experience a) 1-5 b) 6-10 c) 11-15 d) 16-20 e) 20-30 f) 31+ 109 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones 95 6) I am a) employed b) self-employed c) unemployed d) retired 7) Do you feel stuck in a rut? a) yes b) no c) sometimes 8) If you feel or sometimes feel stuck in a rut, to what extent do you feel stuck? (on a scale of 1-5, 1 being the least stuck, 5 being the most stuck) a) 1 b) 2 c) 3 d) 4 e) 5 9) If you feel or sometimes feel stuck in a rut, what stops you from trying new things? (more than one answer is possible) a) fear of failure b) lack of time c) lack of opportunity d) lack of interest e) lack of funds f) lack of motivation g) lack of support from others h) not knowing where to start i) other 10) If you want to stretch into a new area, which of the following areas could you imagine moving into? (more than one answer is possible) a) using new methods b) new subjects to teach c) learning and/ or using new technology d) taking part in CPD e) using a different learning style or approach 110 Marjorie Rosenberg 96 f) working with colleagues g) setting up or working with a professional learning network online h) working in a new area (for you) of ELT i) other 11) If you don’t feel stuck in a rut, which of these things do you already do? a) regularly try out new methods b) teach new subjects when possible c) make use of new technology on a regular basis d) take part in CPD regularly e) stretch out of your preferred learning style and use different approaches in the classroom f) regularly work with colleagues g) have a professional learning network online h) work in other ELT areas in addition to teaching f) other 12) Which conditions would help you to stretch into one or more of the areas mentioned above? (more than one answer is possible) a) having enough time b) having the opportunity c) having funds d) being motivated e) having support from others f) other 13) Which of these resources would help you? (more than one answer is possible) a) online sites which provide a variety of classroom activities for young learners and teens b) online sites which provide a variety of classroom activities for university students and adults c) online sites which provide CPD d) online sites for magazines, journals, articles e) social media sites where you can exchange ideas with others f) webinars g) videos for the classroom h) other 14) Was there anything in particular that you found helpful in this webinar? (more than one answer is possible) a) list of possible areas to stretch into 111 Getting Unstuck - Stretching Out of Our Comfort Zones 97 b) experiences of others c) examples of what can be done d) creating a timeline for yourself e) list of resources f) other 112 Marjorie Rosenberg Sprachenlernen im Tandem: Ergebnisse des TandemEvaluationsProjekts Martina Dubaniovski Der folgende Beitrag beschäftigt sich mit dem seit 2001 von treffpunkt spra‐ chen angebotenen Programm zur Vermittlung von Sprachlernpartnerschaften und dem damit verbundenen TandemEvaluationsProjekt . Für den Beitrag wurden statistische Daten und Evaluierungsergebnisse, die während des Zeit‐ raums Wintersemester 2015 / 16 bis Sommersemester 2020 erhoben wurden, herangezogen. Zuerst wird das Sprachenlernen im Tandem als Lernform konkretisiert und das Programm zur Vermittlung von Sprachlernpartner‐ schaften vorgestellt. Im Anschluss folgt eine Beschreibung des TandemEva‐ luationsProjekts sowie die Präsentation der Evaluierungsergebnisse. Anhand der Ergebnisanalyse werden Fragen zur Gestaltung der Sprachlernpartner‐ schaften, zu den Problemen und Herausforderungen, mit denen sich die Teil‐ nehmerInnen konfrontiert sahen, sowie zur Effektivität dieser Lernform be‐ antwortet. Des Weiteren wird näher darauf eingegangen, wie sich formale und informelle Sprachlernprozesse unterscheiden bzw. ergänzen. Ausgangslage und Forschungshintergrund des Projekts Seit 2001 können sich Sprachenlernende bei treffpunkt sprachen für die Ver‐ mittlung einer Sprachlernpartnerschaft anmelden. Neben dem formalen Sprach‐ unterricht bieten die Lernpartnerschaften den TeilnehmerInnen die Möglich‐ keit, ihre Sprachkenntnisse durch die Konversation mit MuttersprachlerInnen zu festigen und zu erweitern. Das Programm trägt auch zur Förderung und Stärkung interkultureller Kompetenzen bei. Das Sprachenlernen im Tandem ist ein seit langem etabliertes Konzept, welches sich jedoch in seiner Umsetzung und Gestaltung maßgeblich unterscheiden kann. In diesem Kapitel wird ver‐ sucht, die allgemeinen Charakteristika dieser Lernform zu umreißen und das von treffpunkt sprachen angebotene Projekt zur Vermittlung von Sprachlern‐ partnerschaften diesen gegenüberzustellen. So unterschiedlich wie die Gründe dafür, warum jemand eine Sprache lernt, sind auch die Kontexte, in denen das Lernen stattfindet und die Art und Weise, wie gelernt wird. Als Erstes soll das Sprachenlernen im Tandem als Lernform dem formalen Unterricht gegenübergestellt und dem Lernkontext entsprechend eingeordnet werden. Eine solche Einordnung lässt sich anhand folgender Defi‐ nitionen der Europäischen Kommission durchführen: • Formales Lernen: Lernen, das üblicherweise in einer Bildungs- oder Ausbildungseinrichtung stattfindet, (in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung) strukturiert ist und zur Zertifizierung führt. Formales Lernen ist aus der Sicht des Lernenden zielgerichtet. • Nichtformales Lernen: Lernen, das nicht in Bildungs- oder Berufsbil‐ dungseinrichtungen stattfindet und üblicherweise nicht zur Zertifizie‐ rung führt. Gleichwohl ist es systematisch (in Bezug auf Lernziele, Lern‐ dauer und Lernmittel). Aus Sicht der Lernenden ist es zielgerichtet. • Informelles Lernen: Lernen, das im Alltag, am Arbeitsplatz, im Fami‐ lienkreis oder in der Freizeit stattfindet. Es ist (in Bezug auf Lernziele, Lernzeit oder Lernförderung) nicht strukturiert und führt üblicherweise nicht zur Zertifizierung. Informelles Lernen kann zielgerichtet sein, ist jedoch in den meisten Fällen nichtintentional (oder „inzidentell“ / bei‐ läufig). (Europäische Kommission 2002, S. 57 f.) Je nach Institutionalisierungsgrad kann das Sprachenerlernen im Tandem ge‐ nerell auf der Achse formal bis informell eingeordnet werden. Das von treffpunkt sprachen angebotene Programm beschränkt sich auf die Vermittlung der Sprach‐ lernpartnerInnen sowie die anschließende Evaluation des Projekts und der Lernpartnerschaften durch die TeilnehmerInnen. Das Lernen findet außerhalb des formalen Unterrichts und ohne Zertifizierung statt. Die Lernpartnerschaften werden von den TeilnehmerInnen völlig autonom organisiert und gestaltet. Die Entscheidung, in welchem Maße das Lernen zielgerichtet und strukturiert ist, bleibt den LernpartnerInnen überlassen. Es ist somit eine Abgrenzung zum for‐ malen Lernen klar erkennbar und eine Zuordnung zum nichtformalen bzw. in‐ formellen Lernen möglich. Trotz dieser Abgrenzung von formalem Unterricht lassen sich in der Literatur zum Thema Sprachenlernen im Tandem klar definierte Lernziele und Prinzipien finden, deren grundlegende Kenntnisse für ein besseres Verständnis dieser Lernform sowie für den Lernerfolg der TeilnehmerInnen nicht unerheblich sein können. Der Grundgedanke dieser Lernform ist leicht verständlich und schnell 114 Martina Dubaniovski erklärt: Es „kommunizieren zwei Personen mit unterschiedlichen Mutterspra‐ chen miteinander, um gemeinsam und voneinander zu lernen“ (Brammerts 2010, S. 10). Das Lernen beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Sprache, son‐ dern die PartnerInnen können sich auch über andere, z. B. kulturelle oder be‐ rufliche Kenntnisse und Erfahrungen austauschen und so zusätzlich von der Lernpartnerschaft profitieren (vgl. ebd.). Daraus lassen sich in einem nächsten Schritt primäre und sekundäre Lernziele ableiten: • Primäre Lernziele: • die Kommunikationsfähigkeit in der Fremdsprache, der Mutter‐ sprache des Partners, • die Fähigkeit, sich kompetent in einem kulturellen Kontext zu be‐ wegen, in dem der Partner zu Hause ist, • berufliche und andere Kompetenzen, über die der Partner sicher ver‐ fügt. • Sekundäre Lernziele: • die Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen (von Fremdsprachen), • die Fähigkeit zur (interkulturellen) Kommunikation, • die Fähigkeit zur (mehrsprachigen) Kooperation. (Brammerts / Cal‐ vert 2010, S. 31) Das Lernen im Tandem unterliegt auch gewissen Prinzipien. Die beiden wich‐ tigsten sind jene der Reziprozität und Autonomie. In einer Sprachlernpartner‐ schaft sollte es nie einen / eine LehrerIn und einen / eine SchülerIn geben; die PartnerInnen lernen mit- und voneinander und sollen jeweils zu gleichen Teilen von der Partnerschaft profitieren. Das Lernen im Tandem beruht somit auf Ge‐ genseitigkeit. Eine wichtige Rolle spielt hierbei auch die gerechte Verteilung der Lernzeit, die zwischen den PartnerInnen fair aufgeteilt werden sollte. Bei einem Treffen wird also die Hälfte der Zeit in der einen Sprache und der Rest der Zeit in der anderen Sprache gesprochen. Genauso wichtig ist es, den / die PartnerIn in seinem / ihrem Lernprozess durch das Einbringen der eigenen Fähigkeiten zu unterstützen - aber nur in jenem Maße und Umfang, wie es auch gewünscht ist. Hier kommt das Prinzip der Autonomie zur Sprache. Da in Tandemsprachlern‐ partnerschaften abseits des formal strukturierten Unterrichts gelernt wird, steht es den LernpartnerInnen frei, ihren Lernprozess völlig autonom zu gestalten. Jedem / jeder bleibt es somit überlassen, das Lernen den eigenen Bedürfnissen und Fähigkeiten entsprechend anzupassen und zu gestalten. Der / die PartnerIn soll die Bedürfnisse und Interessen des / der anderen respektieren und versu‐ chen, so gut wie möglich auf diese einzugehen (vgl. Brammerts 2010, S. 12 ff.). 115 Sprachenlernen im Tandem: Ergebnisse des TandemEvaluationsProjekts 1 Der im Anhang bereitgestellte Ratgeber wurde im Sommersemester 2020 aufgrund der Corona-Pandemie an das Sprachenlernen auf Distanz angepasst. Lernendenautonomie sollte im Allgemeinen und auch beim Sprachenlernen im Tandem nicht als ein am Ende erreichtes Ziel verstanden werden, sondern als ein Prozess, der in allen Phasen des (Sprachen-)Lernens eine wichtige Rolle spielt. Im Rahmen der Sprachlernpartnerschaften sind die PartnerInnen von Anfang an für die Gestaltung ihrer Lernpartnerschaft verantwortlich und es gilt auch organisatorische Vereinbarungen (z. B. wie oft gemeinsam gelernt wird) zu treffen. Zusätzlich müssen sich beide SprachlernpartnerInnen bewusst sein, dass sie für ihr eigenes, aber auch für das Lernen des / der anderen Verantwortung tragen. Durch regelmäßiges Reflektieren, Feedback sowie Fehlerkorrektur wird das metakognitive und metalinguistische Bewusstsein der SprachlernpartnerInnen gestärkt und gefördert. Um die beschriebenen Prinzipien der Lern‐ partnerschaft zu verstehen, kann es natürlich hilfreich sein, den SprachlernpartnerInnen zumindest am Anfang einen / eine BeraterIn zur Seite zu stellen (vgl. Little 2010, S. 17 ff.). Die TeilnehmerInnen des Programms bei treffpunkt sprachen erhalten zwar zu Beginn einen schriftlichen Ratgeber mit hilfreichen Tipps für die Sprach‐ lernpartnerschaft (s. Anhang) 1 , eine zusätzliche Beratung oder nähere Einführung in die Thematik und Grundprinzipien des Tandemlernens wird jedoch nicht angeboten. Wie die TeilnehmerInnen die Lernpartnerschaften gestalten und inwiefern sie von diesen profitieren, soll mithilfe des TandemEvaluations‐ Projekts herausgefunden werden. Eine detaillierte Beschreibung des Vermitt‐ lungsprogramms sowie des Evaluationsprojekts folgt im nächsten Kapitel. Projektbeschreibung Zur Zielgruppe des von treffpunkt sprachen angebotenen Programms Tandem - Vermittlung von Sprachlernpartnerschaften zählen vorrangig Studierende und KursteilnehmerInnen, Anmeldungen von externen Personen werden aber auch entgegengenommen. Die Anmeldung ist jeweils im September und Oktober für das Wintersemester sowie im Februar und März für das Sommersemester über ein Onlineformular möglich. Die in Tabelle 1 aufgelisteten Informationen werden mithilfe des Formulars abgefragt. Persönliche Informationen • Name, • Geschlecht, • Alter, • Nationalität, 116 Martina Dubaniovski • E-Mail-Adresse, • Status (z. B. StudentIn, MitarbeiterIn an einer Univer‐ sität etc.), • persönliche Interessen. Gesprochene Sprache(n) Die InteressentInnen haben hier die Möglichkeit, zwei Sprachen anzugeben, die sie sehr gut beherrschen. Bei der ersten Sprache soll zusätzlich angegeben werden, ob es sich um die Muttersprache handelt. Bei der zweiten Sprache soll auch das aktuelle Sprachniveau angegeben werden. Gesuchte Sprache(n) Hier besteht für die InteressentInnen ebenfalls die Mög‐ lichkeit, zwei Sprachen anzugeben, welche der / die Sprach‐ lernpartnerIn beherrschen soll. Zusätzlich kann ausge‐ wählt werden, ob es gewünscht ist, dass der / die SprachlernpartnerIn die jeweilige Sprache als Mutter‐ sprache beherrscht oder nicht. Tabelle 1: Anmeldeformular Tandem-Sprachlernpartnerschaften Nach dem Ende der Anmeldephase beginnt die Auswahl und Vermittlung der SprachlernpartnerInnen durch treffpunkt sprachen. Beim Matching wird beson‐ deres Augenmerk auf das Sprachniveau der TeilnehmerInnen gelegt. Um ein Sprachentandem erfolgreich zu gestalten, sollte das sprachliche Ausgangsni‐ veau „die Kommunikation zwischen ihnen [den TandempartnerInnen] in min‐ destens einer der beiden Sprachen zulassen“ (Brammerts / Calvert 2010, S. 33). Im Idealfall verfügen beide PartnerInnen über ein Sprachniveau, welches über die elementare Sprachverwendung hinausgeht. Falls dies nicht gegeben ist, müssen zumindest die Fremdsprachenkenntnisse eines Partners / einer Part‐ nerin so gefestigt sein, dass die Kommunikation in einer der beiden Zielsprachen möglich ist (vgl. ebd.). Bei der Vermittlung durch treffpunkt sprachen wird zusätzlich darauf ge‐ achtet, dass bei jenen Sprachlernpartnerschaften, an denen Personen mit einem niedrigen sprachlichen Ausgansniveau beteiligt sind, bei beiden PartnerInnen zumindest gute Kenntnisse in einer dritten Sprache (meist Englisch) vorhanden sind, um so die anfängliche Kommunikation zwischen ihnen zu ermöglichen. Um eine gute Basis für die SprachlernpartnerInnen zu schaffen, werden auch die anderen Angaben zur Person (Alter, Studium, Beruf, persönliche Interessen etc.) so gut wie möglich in den Vermittlungsprozess mit einbezogen. Somit soll sich für die SprachlernpartnerInnen eine Fülle an authentischen Kommunika‐ tionsthemen ergeben und für Personen aus dem gleichen beruflichen Umfeld oder mit ähnlichen Interessen ist es möglich, nicht nur von den sprachlichen, sondern auch von anderen Kenntnissen des Partners / der Partnerin zu lernen und zu profitieren (vgl. Brammerts 2010, S. 11). 117 Sprachenlernen im Tandem: Ergebnisse des TandemEvaluationsProjekts Nachdem der / die passende SprachlernpartnerIn gefunden wurde, erhalten beide eine E-Mail mit den jeweiligen Kontaktdaten des / der anderen und, wie bereits erwähnt, einen Ratgeber mit Tipps und Empfehlungen für die Sprach‐ lernpartnerschaft. Die Kontaktaufnahme sowie die Organisation des ersten Treffens erfolgt eigenverantwortlich durch die SprachlernpartnerInnen. Es liegt also ab dem Zeitpunkt der Vermittlung in den Händen der SprachlernpartnerInnen, die Lernpartnerschaft nach ihren Wünschen autonom zu ge‐ stalten. Für organisatorische Rückfragen sowie gegebenenfalls für Neuvermitt‐ lungen steht der / die Projektverantwortliche von treffpunkt sprachen das ganze Semester hindurch zur Verfügung. Das Programm erfreut sich nach wie vor sowohl bei österreichischen als auch internationalen TeilnehmerInnen großer Beliebtheit. Im Zeitraum Wintersemester 2015 / 16 bis Sommersemester 2020 sind insgesamt 3525 An‐ meldungen für die Vermittlung einer Sprachlernpartnerschaft bei treffpunkt sprachen eingegangen und 2516 Personen konnten vermittelt werden - dies entspricht einer Vermittlungsquote von 71 %. Die Anmeldezahlen sind, wie auch allgemein bei den Sprachkursen von treffpunkt sprachen , im Wintersemester generell höher (s. Tabelle 2). Semester Anmeldungen Vermittlungen Vermittlungs‐ quote WS 2015 / 16 473 329 70 % SS 2016 358 247 69 % WS 2016 / 17 373 296 79 % SS 2017 425 306 72 % WS 2017 / 18 354 271 77 % SS 2018 266 188 71 % WS 2018 / 19 315 231 73 % SS 2019 308 220 71 % WS 2019 / 20 400 271 68 % SS 2020 253 157 62 % Tabelle 2: Anmeldungen und Vermittlungen WS 2015 / 16 bis SS 2020 Betrachtet man das Verhältnis zwischen den Anmeldungen österreichischer und internationaler InteressentInnen, gestaltet sich dieses als recht ausgeglichen. Im 118 Martina Dubaniovski Zeitraum Wintersemester 2015 / 16 bis Sommersemester 2020 waren insgesamt 53 % der Anmeldungen österreichischen und 47 % internationalen Teil nehmerInnen zuzurechnen. Betrachtet man die einzelnen Semester im Detail, lässt sich feststellen, dass der Anteil der Anmeldungen österreichischer Teil‐ nehmerInnen bis zum Sommersemester 2018 stets über 50 % lag, ab dem Win‐ tersemester 2018 / 19 jedoch kontinuierlich unter 50 % (s. Tabelle 3). Semester Anmeldungen österreichischer Per‐ sonen Prozentualer Anteil an den Gesamtan‐ meldungen Anmeldungen internatio‐ naler Per‐ sonen Prozentualer Anteil an den Gesamtan‐ meldungen WS 2015 / 16 269 57 % 204 43 % SS 2016 207 58 % 151 42 % WS 2016 / 17 204 55 % 169 45 % SS 2017 236 56 % 189 44 % WS 2017 / 18 195 55 % 159 45 % SS 2018 148 56 % 118 44 % WS 2018 / 19 148 47 % 167 53 % SS 2019 142 46 % 166 54 % WS 2019 / 20 195 49 % 205 51 % SS 2020 113 45 % 140 55 % Tabelle 3: Anmeldungen österreichischer und internationaler InteressentInnen WS 2015 / 16 bis SS 2020 Bei den Vermittlungsquoten wurden, mit Ausnahme des Sommersemesters 2020 , bisher immer höhere Werte bei den internationalen Studierenden erzielt (s. Abb. 1). Im untersuchten Zeitraum konnten zwischen 59 % und 71 % der ös‐ terreichischen Studierenden ein / eine SprachlernpartnerIn zugeteilt werden. Bei den internationalen TeilnehmerInnen lagen die Vermittlungsquoten zwi‐ schen 59 % und 89 %. Die durchschnittlich höhere Vermittlungsquote der inter‐ nationalen TeilnehmerInnen ergibt sich daraus, dass für gewisse Sprachen eine besonders hohe Nachfrage seitens der deutschsprachigen TeilnehmerInnen be‐ steht und somit ein Großteil der TeilnehmerInnen, die diese Sprachen sprechen, auch vermittelt werden können. Zu diesen Sprachen zählen Englisch, Franzö‐ sisch, Italienisch und Spanisch. 119 Sprachenlernen im Tandem: Ergebnisse des TandemEvaluationsProjekts Abbildung 1 : Vermittlungsquoten österreichische Studierende und internationale Stu‐ dierende WS 2015 / 16 bis SS 2020 Am Ende des Semesters erhalten die TeilnehmerInnen des Tandem-Projekts per E-Mail die Einladung, das Projekt sowie ihre Sprachlernpartnerschaft zu evalu‐ ieren. Die im Rahmen dieser Evaluierung angewandten Forschungsmethoden sowie die Forschungsziele werden im nächsten Kapitel genauer beschrieben. Forschungsmethoden und Forschungsziele Die Evaluierung im Rahmen des TandemEvaluationsProjekts wird mittels On‐ line-Fragebogen durchgeführt. Zu den gestellten Fragen gibt es großteils vor‐ gegebene Antworten (Einfach- und Mehrfachauswahl), bei einigen besteht für die TeilnehmerInnen auch die Möglichkeit, Kommentare zu schreiben. Die er‐ hobenen Daten werden anschließend analysiert und statistisch ausgewertet. Den TeilnehmerInnen werden Fragen zu den folgenden vier Bereichen gestellt: • der Anmeldung, • der Vermittlung, 120 Martina Dubaniovski • dem Ablauf der Sprachlernpartnerschaft, • dem Lernfortschritt. Im ersten Teil der Befragung werden die TeilnehmerInnen dazu aufgefordert, bekannt zu geben, wie sie auf das Programm aufmerksam geworden sind bzw. wie verständlich der Anmeldeprozess war. Die Rückmeldungen sind vor allem für die Verbesserung und Weiterentwicklung der organisatorischen Rahmen‐ bedingungen (z. B. Bewerbung des Programms, Anpassung des Anmeldeproze‐ deres etc.) von Bedeutung. Im nächsten Abschnitt wird anhand der Fragen er‐ mittelt, wie oft es nach der Vermittlung zu einem Treffen zwischen den SprachlernpartnerInnen gekommen ist, wo die Treffen stattfanden und mit wel‐ cher Intention die Sprachlernpartnerschaft eingegangen wurde. Wie die Teil‐ nehmerInnen den Ablauf der Sprachlernpartnerschaft bewerten bzw. wie sie diese gestaltet haben, ergibt sich schließlich aus dem nächsten Teil der Befra‐ gung. Hier werden die TeilnehmerInnen dazu aufgefordert, die von ihnen ge‐ setzten inhaltlichen Schwerpunkte bekannt zu geben (z. B. Hören, Lesen, Gram‐ matik, Literatur etc.) sowie über eventuelle Probleme und Barrieren zu berichten. Der letzte Teil des Fragebogens bezieht sich darauf, ob die TeilnehmerInnen von der Sprachlernpartnerschaft profitiert haben, ob sie noch Kontakt zu ihrem / ihrer PartnerIn haben und welche Sprachlernmethode (Tandem oder Sprachkurs) mehr zur Erweiterung ihrer Sprachkenntnisse bei‐ getragen hat. Zum einen soll mit der Befragung ein eventuell organisatorischer Optimie‐ rungsbedarf erhoben werden, zum anderen soll herausgefunden werden, wie informelle Sprachlernprozesse gestaltet werden. Für diesen Beitrag sind vor allem Erkenntnisse zur Gestaltung informeller Sprachlernprozesse von Rele‐ vanz und somit die Beantwortung folgender Fragen: • Mit welcher Intention wurden die Sprachlernpartnerschaften einge‐ gangen und welche inhaltlichen Schwerpunkte wurden gesetzt? • Mit welchen Problemen und Schwierigkeiten sahen sich die Sprachlern‐ partnerInnen konfrontiert? • Aus welchen Gründen wurden die Sprachlernpartnerschaften als effektiv empfunden? • Inwiefern unterscheiden bzw. ergänzen sich formale und informelle Sprachlernprozesse? 121 Sprachenlernen im Tandem: Ergebnisse des TandemEvaluationsProjekts Sprachenlernende als Forschende und sprachendidaktische Implikationen Oftmals kommen beim Sprachenlernen im Tandem Lerntagebücher zum Ein‐ satz. Diese ermöglichen eine gezielte und fortlaufende Auseinandersetzung mit dem eigenen Lernen sowie eine Beobachtung der Fortschritte. Begonnen wird z. B. mit einer Bedürfnisanalyse, gefolgt von individuellen Zielsetzungen und Analysen der einzelnen Tandemsitzungen. Die Beobachtung und Reflexion des eigenen Lernprozesses sind für das selbstgesteuerte Lernen maßgeblich (vgl. Walker 2010, S. 73 ff.). Da das Sprachenlernen im Tandem bei treffpunkt sprachen völlig unbegleitet und ohne unterstützende Beratung stattfindet, ermöglicht die Evaluierung den TeilnehmerInnen am Ende des Semesters einen Rückblick auf die gesetzten Ziele und erreichten Erfolge. Die Befragung der TeilnehmerInnen im Rahmen des TandemEvaluationsProjekts liefert somit nicht nur wertvolles Feedback zur Organisation und Weiterentwicklung des Projekts, sondern er‐ möglicht den TeilnehmerInnen, auch über ihre eigenen Lernziele, -prozesse und -fortschritte zu reflektieren. Vor allem bei der Frage, welche Sprachlernmethode (Tandem oder Sprachkurs) mehr zur Erweiterung der Sprachkenntnisse beige‐ tragen hat, bietet sich für die TeilnehmerInnen die Möglichkeit, ihr eigenes Lernverhalten zu evaluieren und individuelle Vor- und Nachteile der jeweiligen Methode zu betrachten. Für Forschende und Lehrende liefern die Ergebnisse des TandemEvaluations‐ Projekts wichtige Erkenntnisse darüber, wie Sprachenlernende außerhalb des Unterrichts Kompetenzen erwerben und mit welchen Herausforderungen sie sich konfrontiert sehen. Da auch in den Sprachkursen bei treffpunkt sprachen regelmäßig Evaluierungen des Unterrichts durchgeführt werden, ergibt sich somit ein aufschlussreiches Gesamtbild. Es lassen sich Rückschlüsse darauf ziehen, welche Bedürfnisse die Sprachenlernenden haben und welche Lernme‐ thode - formal oder informell - sie für den Erwerb und die Erweiterung unter‐ schiedlicher Kompetenzen als effektiver empfinden. Durch die enge Verbindung von Lehre und Forschung bei treffpunkt sprachen ist es wiederum möglich, die Evaluierungs- und Forschungsergebnisse bestmöglich in die Gestaltung und Optimierung von lernendenzentrierten Unterrichtskonzepten einfließen zu lassen. Forschungsergebnisse Für diesen Beitrag wurden die Antworten von insgesamt 718 Personen, die im Zeitraum Wintersemester 2015 / 16 bis Sommersemester 2020 an der Evaluie‐ 122 Martina Dubaniovski rung teilgenommen haben, ausgewertet. In diesem Kapitel werden die Ergeb‐ nisse präsentiert, wobei das Hauptaugenmerk, wie bereits erwähnt, auf der Be‐ antwortung der Fragen zur Gestaltung informeller Sprachlernprozesse liegt. Die erste Frage, die hier beantwortet werden sollte, ist jene, aus welchen Gründen die TeilnehmerInnen sich für eine Sprachlernpartnerschaft ent‐ schieden haben. Bei der Beantwortung der Frage bestand für die TeilnehmerInnen die Möglichkeit der Mehrfachauswahl. Wie aus Abbildung 2 er‐ sichtlich, ist der mit 97 % am häufigsten genannte Grund, dass die TeilnehmerInnen das Sprechen üben möchten, gefolgt von dem Wunsch, Wort‐ schatz und Grammatik zu vertiefen, welcher von 47 % der Befragten ausgewählt wurde. Das Knüpfen von Kontakten war für 40 % und das Kennenlernen von anderen Kulturen für 33 % ein Beweggrund, um eine Sprachlernpartnerschaft einzugehen. Abbildung 2: Beweggründe für die Sprachlernpartnerschaft Die TeilnehmerInnen wurden auch dazu befragt, wie häufig sie sich mit ihrem / ihrer PartnerIn getroffen haben. Hier war es besonders erfreulich zu sehen, dass insgesamt 57,66 % der Befragten angaben, sich regelmäßig einbis zweimal pro Woche getroffen zu haben (s. Abb. 3). Im Sommersemester 2020 hatten die restriktiven Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie na‐ türlich auch Auswirkungen auf die Sprachlernpartnerschaften und die Mög‐ lichkeit, sich persönlich zu treffen, war stark eingeschränkt. Der Vermittlungs‐ prozess war zu Beginn des ersten Lockdowns in Österreich noch nicht abgeschlossen. Es wurde entschieden, diesen fortzusetzen und die TeilnehmerInnen dazu zu ermutigen, ihre Treffen virtuell abzuhalten. Die Frage zur 123 Sprachenlernen im Tandem: Ergebnisse des TandemEvaluationsProjekts Häufigkeit der Treffen wurde für das Sommersemester 2020 leicht abgeändert. Es wurde nun nicht nur danach gefragt, wie oft es zu einem Treffen kam, sondern wie oft Kontakt zum / zur PartnerIn bestand. Bei der Auswertung konnte eine Abweichung von den bisherigen Durchschnittswerten festgestellt werden. Im Sommersemester 2020 gaben 48,27 % der Befragten an, sich ein- oder zweimal pro Woche mit dem / der PartnerIn getroffen zu haben bzw. mit ihm / ihr in Kon‐ takt gewesen zu sein. Im Vergleich dazu lag dieser Wert in den vorigen Semestern im Durchschnitt bei 57,66 %. Abbildung 3: Häufigkeit der Treffen Der vorhin genannte primäre Beweggrund für die Teilnahme am Tandempro‐ gramm - das Sprechen zu üben - spiegelt sich auch in der Schwerpunktsetzung der TeilnehmerInnen wider. Bei der Befragung wurde hier unterteilt in Schwer‐ punktsetzung nach den vier Grundfertigkeiten (Sprechen, Hören, Schreiben, Lesen) und sonstige Schwerpunkte (Grammatik, Aussprache, Landes- und Kulturkunde, Literatur). Aus Abbildung 4 geht hervor, dass ein Großteil der Be‐ fragten, nämlich 94 %, den Fokus auf das Sprechen gelegt hat. Des Weiteren gaben 37 % an, das Hören zu einem Schwerpunkt ihrer Sprachlernpartnerschaft gemacht zu haben. Die beiden anderen Fertigkeiten - Schreiben und Lesen - waren von geringer Bedeutung. Es ist anzunehmen, dass sich dieses Ergebnis auch aufgrund dessen ergibt, dass die Treffen der meisten Tandem-PartnerInnen in der Regel face-to-face stattfinden und hauptsächlich miteinander gesprochen wird. 124 Martina Dubaniovski Abbildung 4: Schwerpunktsetzung nach den vier Grundfertigkeiten Wie bereits vorhin erwähnt, hatte die beginnende Corona-Pandemie im Som‐ mersemester 2020 auch Auswirkungen auf das Tandem-Programm und die Ge‐ staltung der Sprachlernpartnerschaften durch die TeilnehmerInnen. Hinsicht‐ lich der Schwerpunktsetzung erfolgte im Vergleich zu den Vorjahren eine leichte Verschiebung der Werte. Im Zeitraum Wintersemester 2015 / 16 bis Winterse‐ mester 2019 / 20 gaben im Durchschnitt 95 % das Sprechen als Schwerpunkt der Tandempartnerschaft an. Im Sommersemester 2020 waren es jedoch nur 76 %. Dafür war eine Zunahme bei der Fertigkeit Schreiben zu verzeichnen, welche im Sommersemester 2020 mit 17 % deutlich öfter als Schwerpunkt genannt wurde als in den vorangehenden Semestern mit durchschnittlich 9 %. Im Hinblick auf die anderen von den Befragten gesetzten Schwerpunkte zeigt sich wieder ein Fokus auf die mündliche Ausdrucksfähigkeit (s. Abb. 5). 40 % der Befragten gaben an, dass sie durch die Tandempartnerschaft ihre Aussprache verbessern möchten. Des Weiteren waren die Themen Landes- und Kulturkunde für 33 % sowie die Grammatik für 27 % entscheidend. Lediglich 3 % gaben an, Themen der Literatur zu einem Schwerpunkt ihrer Lernpartnerschaft gemacht zu haben. 125 Sprachenlernen im Tandem: Ergebnisse des TandemEvaluationsProjekts Abbildung 5: Sonstige Schwerpunktsetzung Neben den Gründen dafür, warum sich die Befragten für eine Sprachlernpart‐ nerschaft entschieden haben und welche Schwerpunkte sie gesetzt haben, ist es als Nächstes von Interesse, wie die Sprachlernpartnerschaften funktioniert haben. Bei dieser Frage bestand für die TeilnehmerInnen die Möglichkeit, dies anhand der Kategorien s ehr gut bis schlecht zu bewerten. Abbildung 6 zeigt, dass insgesamt 77,72 % der Befragten angaben, dass die Sprachlernpartnerschaft sehr gut bis gut funktioniert hat. Für 13,51 % hat die Sprachlernpartnerschaft mittel‐ mäßig funktioniert und nur lediglich 8,77 % gaben an, dass die Lernpartnerschaft schlecht funktioniert hat. Die Gründe, warum die Sprachlernpartnerschaft gut oder schlecht funktioniert hat, lassen sich aus der Auswertung der Frage zu den Barrieren sowie den Kommentaren der Befragten herauslesen. Darauf wird zu einem späteren Zeitpunkt noch näher eingegangen. 126 Martina Dubaniovski Abbildung 6: Wie hat die Sprachlernpartnerschaft funktioniert? In einem weiteren Teil der Befragung sollte herausgefunden werden, ob sich die TeilnehmerInnen mit Barrieren konfrontiert sahen und wenn ja, mit welchen. Im betrachteten Zeitraum gaben 79 % der Befragten an, dass es während der Sprachlernpartnerschaft Barrieren gab. Die Ursachen für Barrieren oder Probleme während der Sprachlernpartner‐ schaft können vielfältig sein. Um eine quantitative Erhebung und Analyse zu ermöglichen, waren bei der nächsten Frage die Antwortmöglichkeiten vorge‐ geben. Zusätzlich hatten die Befragten noch die Möglichkeit, bei der Antwort‐ rubrik Sonstige weitere Kommentare hinzuzufügen. Wie aus Abbildung 7 her‐ vorgeht, gliederten sich die Antwortmöglichkeiten in Barrieren auf sprachlicher (Sprechtempo, Aussprache, Dialekt und Grammatik), inhaltlicher (Inhalte / Kon‐ texte), emotionaler (Angst vor dem Sprechen und Angst vor Fehlern) und or‐ ganisatorischer Ebene (Unpünktlichkeit und Absage). Interessanterweise gaben die Befragten am häufigsten an, dass sie mit Barrieren auf organisatorischer oder emotionaler Ebene konfrontiert waren. 127 Sprachenlernen im Tandem: Ergebnisse des TandemEvaluationsProjekts Abbildung 7: Gründe für Barrieren 22 % der Befragten gaben an, dass die Absage von Terminen ein Problem dar‐ stellte und für weitere 6 % stellte die Unpünktlichkeit des / der PartnerIn eine Hürde dar. Aus den Kommentaren zur Kategorie Sonstige geht auch hervor, dass sowohl die Absage von Terminen als auch der Faktor Zeit generell starken Ein‐ fluss auf die Lernpartnerschaften hatten. Viele der Befragten gaben an, dass es aufgrund von Zeitmangel schwierig war, Termine zu finden bzw. regelmäßige Treffen zu vereinbaren. Am zweithäufigsten gaben die Befragten an, dass es auf emotionaler Ebene Barrieren gab. Die Angst vor dem Sprechen wurde von 19 % der Befragten als für die Lernpartnerschaft hinderlich angegeben. Hier lassen sich interessante Parallelen zu einem anderen, ebenfalls bei treffpunkt sprachen durchgeführten Projekt ziehen. Lisa Marie Hammer erforschte mit ihrem Projekt Angst beim Sprachenlernen die Ängste von Sprachenlernenden in mündlichen Unterrichts‐ situationen und die Auswirkungen dieser auf den Lernprozess (vgl. Hammer 2019, S. 223 ff.). Mittels Fragebogen wurden unter anderem angstauslösende Si‐ tuationen im Unterricht erhoben. Es zeigte sich, dass Studierende vor allem bei Prüfungen, Präsentationen und beim spontanen Aufgerufen-Werden durch die Lehrpersonen Angst davor haben, in der Fremdsprache zu sprechen. Als die Angst begünstigend empfunden werden in diesen Situationen z. B. die Grup‐ pengröße oder auch die Korrektur durch die Lehrpersonen. Wie die Evaluierung der Tandem-Sprachlernpartnerschaften zeigt, sehen sich die Sprachenlernenden auch außerhalb des Unterrichts mit der Angst vor dem Sprechen konfrontiert - und das, obwohl die Kommunikation hier in einer grundsätzlich entspannten 128 Martina Dubaniovski und stressfreien Umgebung stattfindet. Hinzu kommt auf emotionaler Ebene noch die Angst vor Fehlern. Diese spielte für weitere 16 % der Befragten im Rahmen ihrer Tandempartnerschaft eine Rolle. Als weitere Probleme wurden von insgesamt 15 % die Aussprache und der Dialekt des / der PartnerIn genannt und auch das Sprechtempo wirkte sich für 12 % der Befragten negativ aus. Die Grammatik war für weitere 14 % der Be‐ fragten ein Grund für Barrieren. Trotz der genannten Barrieren, mit denen sich die SprachlernpartnerInnen teilweise auseinandersetzen mussten, gaben insgesamt 86 % der Befragten an, dass sie von der Sprachlernpartnerschaft profitiert haben. Bei der Frage nach den Gründen gab es wieder die Möglichkeit, aus mehreren vorgegebenen Ant‐ worten auszuwählen. Wie aus Abbildung 8 ersichtlich, gaben 57 % der Befragten an, dass sie aufgrund der Möglichkeit, viel mit dem / der PartnerIn zu sprechen, von der Lernpartnerschaft profitiert haben. Für 44 % war die Regelmäßigkeit der Treffen von Nutzen, 37 % konnten ihren Wortschatz erweitern und weitere 28 % profitierten von der Fehlerkorrektur durch den / die PartnerIn. Bei der Kategorie Sonstige gaben einige der Befragten an, dass aus den Sprachlernpartnerschaften mittlerweile Freundschaften entstanden sind, und auch auf die Möglichkeit des kulturellen Austauschs wurde mehrmals verwiesen. Abbildung 8: Gründe für die Effektivität der Lernpartnerschaft Mit der nächsten Frage der Evaluierung sollte herausgefunden werden, ob auch am Ende des Semesters noch Kontakt zwischen den SprachlernpartnerInnen besteht. Im für diesen Beitrag herangezogenen Zeitraum gaben insgesamt 75 % der TeilnehmerInnen an, dass sie zum Zeitpunkt der Befragung noch Kontakt zu ihrem / ihrer LernpartnerIn hatten (s. Abb. 9). Bei 45 % bestand noch regel‐ 129 Sprachenlernen im Tandem: Ergebnisse des TandemEvaluationsProjekts mäßiger Kontakt, bei 30 % eher seltener. 22 % der Befragten gaben an, dass sie gar keinen Kontakt mehr zum / zur LernpartnerIn hatten. Hier darf nicht außer Acht gelassen werden, dass viele der internationalen TeilnehmerInnen nur für einen begrenzten Zeitraum an der Universität Graz studieren, und obwohl es natürlich möglich wäre, den Kontakt mit dem / der LernpartnerIn auch über Distanz aufrechtzuhalten, ist dies vermutlich nicht immer machbar oder auch so gewollt. Abbildung 9: Kontakt am Ende des Semesters Mit der letzten Frage der Evaluierung sollte ermittelt werden, welche Sprach‐ lernmethode (Sprachkurs oder Tandem) die TeilnehmerInnen als effektiver für die Erweiterung ihrer Sprachkenntnisse empfanden. Es bestand für die TeilnehmerInnen bei dieser Frage auch die Möglichkeit, beide Methoden auszu‐ wählen und ihre Antwort mit einem Kommentar zu begründen. Abbildung 10 zeigt, dass für 50 % der Befragten das Lernen im Tandem mehr zur Erweiterung ihrer Sprachkenntnisse beigetragen hat. 38 % gaben an, dass sie durch die Teil‐ nahme an einem Sprachkurs ihre Kenntnisse besser erweitern konnten und 11 % entschieden sich für beide Methoden. 130 Martina Dubaniovski Abbildung 10: Effektivität von Tandem oder Sprachkurs Um mehr darüber herauszufinden, inwiefern und aufgrund welcher Gegeben‐ heiten sich die beiden Sprachlernmethoden in ihrer Effektivität für die TeilnehmerInnen unterscheiden oder ergänzen, wurden die schriftlichen Rückmel‐ dungen zu dieser Frage ebenfalls analysiert. Die Kommentare bestanden groß‐ teils aus Stichwörtern oder kurzen Sätzen, mit denen die Befragten beschrieben, warum für sie das Lernen im Tandem oder im Sprachkurs mehr zur Erweiterung der Sprachkenntnisse beigetragen hat. In Anlehnung an das von Mayring (vgl. 2015, S. 85 ff.) präsentierte Verfahren wurde eine qualitative Inhaltsanalyse durchgeführt. Dafür wurden anhand des Ausgangsmaterials Kategorien formu‐ liert (induktive Kategorienbildung) und ein Kategoriensystem erstellt. Anschlie‐ ßend erfolgte die Kategorisierung der Kommentare anhand dieses Systems. Jene Kommentare, die sich nicht explizit auf eine der beiden Sprachlernmethoden bezogen bzw. nicht verwertbar waren, wurden vorab aussortiert. Abschließend wurden die Ergebnisse quantitativ ausgewertet, um darzustellen, wie häufig einzelne Kategorien im Gesamtmaterial vorkamen. Es ergaben sich schlussend‐ lich jeweils zehn Kategorien, welche in den Tabellen 4 und 5 aufgelistet sind. 131 Sprachenlernen im Tandem: Ergebnisse des TandemEvaluationsProjekts Tandem Kategorie Anzahl der Kommentare Prozent 1. Praktische Anwendung / Sprechen üben 135 30,27 % 2. Intensität 86 19,28 % 3. Informell / ungezwungen 64 14,35 % 4. Autonomie / Individualität 45 10,09 % 5. Kultureller Austausch / Kontakte knüpfen 37 8,30 % 6. Authentizität 30 6,73 % 7. PartnerIn 27 6,05 % 8. Regelmäßigkeit / Häufigkeit 9 2,02 % 9. Sonstiges 7 1,57 % 10. Fehlerkorrektur 6 1,35 % Gesamt 446 100,00 % Tabelle 4: Qualitative Inhaltsanalyse der Kommentare zum Lernen im Tandem Sprachkurs Kategorie Anzahl der Kommentare Prozent 1. Grundlagenerwerb (Grammatik / Wort‐ schatz) 106 27,53 % 2. Regelmäßigkeit / Häufigkeit 84 21,82 % 3. Struktur / Systematik 44 11,43 % 4. Intensität 42 10,91 % 5. Lehrperson / andere KursteilnehmerInnen 30 7,79 % 6. Verbindlichkeit 29 7,53 % 7. Leistungsbeurteilung / Fehlerkorrektur 18 4,68 % 8. Praktische Anwendung / Übungen (inkl. Sprechen) 16 4,16 % 9. Schreiben / Lesen / Hören 9 2,34 % 132 Martina Dubaniovski Sprachkurs 10. Sonstiges 7 1,82 % Gesamt 385 100,00 % Tabelle 5: Qualitative Inhaltsanalyse der Kommentare zum Lernen im Sprachkurs In Bezug auf das Lernen im Tandem sprachen sich 30,27 % der Befragten dafür aus, dass für sie die praktische Anwendung des bisher Gelernten und im spezi‐ ellen die Möglichkeit, die Sprache zu sprechen, zur Erweiterung ihrer Sprach‐ kenntnisse beigetragen haben. Unter dieser Kategorie wurden Aussagen sub‐ sumiert, welche sich darauf bezogen, dass das Sprechen geübt und das in Kursen gelernte Wissen in der Praxis angewendet und vertieft werden konnte. Weitere 19,28 % der Kommentare konnten der Kategorie Intensität zugeordnet werden. Hier gaben die Befragten an, dass sie im Rahmen der Lernpartnerschaft viel mehr Zeit zum Sprechen hatten bzw. viel mehr gesprochen wurde als im Kurs und das Lernen somit als besonders intensiv empfunden wurde. 14,35 % der Kommentare ließen sich der Kategorie Informell / ungezwungen zuordnen. Die Kommentare dieser Kategorie bezogen sich auf den informellen Charakter der Lernpartnerschaften und darauf, dass man ungehemmt, frei und ungezwungen mit dem / der LernpartnerIn sprechen konnte. Häufiger kam auch zur Sprache, dass das Lernen im Tandem als frei von jeglichem Druck empfunden wurde und auch einfach mehr Spaß machte. Einer weiteren Kategorie, jener der Autonomie / Individualität, konnten 10,09 % der Kommentare zugeordnet werden. Hier ging es vor allem darum, dass die Themen der Lerneinheiten frei gewählt und individuelle Ziele gesetzt werden konnten, aber auch, dass durch den persönliche Austausch mit dem / der LernpartnerIn Fragen schnell und gezielt beantwortet werden konnten. Die Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen bzw. sich mit dem / der LernpartnerIn kulturell auszutauschen , wurde von 8,30 % der Befragten angegeben. Weitere 6,73 % der Kommentare bezogen sich darauf, dass das Lernen im Tandem den Gebrauch alltäglicher Sprache fördert sowie die Möglichkeit bietet, sich über reale Themen zu unterhalten (Kategorie Authentizität ). Die gute Beziehung zum / zur Lern partnerIn , das gegenseitige Helfen sowie das Entstehen von Freundschaften wurden von 6,05 % der Befragten als positive Faktoren angegeben. Wie bereits in diesem Kapitel erwähnt, wurde die Absage von Terminen als eine der häu‐ figsten Barrieren für die Lernpartnerschaft angegeben. Somit überrascht es wenig, dass die Kategorie Regelmäßigkeit / Häufigkeit nur 2,02 % der Kommen‐ tare ausmachte. Obwohl sich die Lernpartnerschaften individuell von den Part‐ 133 Sprachenlernen im Tandem: Ergebnisse des TandemEvaluationsProjekts nerInnen gestalten lassen, ist es nachvollziehbar, dass aufgrund anderweitiger Verpflichtungen (Studium, Beruf etc.) für viele TeilnehmerInnen regelmäßige Treffen oft schwer umsetzbar sind. Zur Kategorie Sonstiges ließen sich weitere 1,57 % und zur Fehlerkorrektur (durch den / die LernpartnerIn) 1,35 % der Kom‐ mentare zuordnen. Bei jenen Personen, die angaben, dass für sie ein Sprachkurs mehr zur Er‐ weiterung der Kenntnisse beigetragen hat, ließen sich 27,53 % der Kommentare der Kategorie Grundlagenerwerb zuordnen. Hier gaben die Befragten an, dass sie im Rahmen eines Sprachkurses das nötige Basiswissen erwerben konnten und der Unterricht vor allem für den Erwerb und die Erweiterung der Gram‐ matikkenntnisse sowie des Wortschatzes als absolut notwendig empfunden wurde. Des Weiteren hatte für die Befragten die Regelmäßigkeit und Häufigkeit der Unterrichtseinheiten des Sprachkurses einen positiven Einfluss auf den Lernerfolg; dieser Kategorie konnten 21,82 % der Aussagen zugeordnet werden. Anmerkungen zum systematischen und strukturierten Erlernen der Sprache sowie der Vorgabe von Lerninhalten konnten in 11,43 % der Kommentare ge‐ funden werden. Man erkennt bereits anhand einer Analyse und Gegenüberstel‐ lung der ersten drei Kategorien, wie sich die beiden Sprachlernmethoden von‐ einander unterscheiden bzw. sehr sinnvoll ergänzen. Während im Sprachkurs auf strukturierte Art und Weise und in regelmäßigen Einheiten das Grundla‐ genwissen der Sprache erworben wird, bietet das Lernen im Tandem die Mög‐ lichkeit, dieses Wissen praktisch und in einer lockeren Atmosphäre anzu‐ wenden. Im Hinblick auf das Lernen im Sprachkurs äußerten sich die TeilnehmerInnen auch dahingehend, dass sie diesen als wesentlich intensiver empfanden; 10,91 % der Kommentare bezogen sich darauf. Wenn es um die Erweiterung der Sprach‐ kenntnisse geht, waren für viele auch die Lehrperson und die anderen Kursteil‐ nehmerInnen hilfreich. Verwiesen wurde hier sowohl auf die guten Erklärungen durch die Lehrpersonen sowie deren Qualifikationen als auch auf das Lernen in der Gruppe und mit den anderen KursteilnehmerInnen ( 7,79 %). Was beim Lernen im Tandem durch die vollständige Autonomie der LernpartnerInnen und die freie Zeiteinteilung nicht gegeben ist, wurde beim Sprachkurs als vorteilhaft für die Erweiterung der Sprachkenntnisse genannt: die Verbindlichkeit (7,53 %). Um für einen bei treffpunkt sprachen besuchten Kurs einen Leistungsnachweis zu erhalten, müssen die TeilnehmerInnen unter anderem einen gewissen Pro‐ zentsatz an Anwesenheit erfüllen. Für Studierende beträgt dieser 80 %, für Be‐ dienstete und externe TeilnehmerInnen 70 %. Diese Anwesenheitspflicht und auch die Tatsache, dass die Kurse kostenpflichtig sind, führen vermutlich dazu, dass sich die TeilnehmerInnen dazu angehalten fühlen, die Kurse auch regel‐ 134 Martina Dubaniovski mäßig zu besuchen und mitzulernen. Weitere Charakteristika eines Sprach‐ kurses wurden von den Befragten ebenfalls genannt, unter anderem die Leis‐ tungsbeurteilung (4,68 %) in Form von Prüfungen sowie die bereitgestellten Aufgaben und Übungen (4,16 %). Ebenso empfanden es die Befragten als vor‐ teilhaft, dass im Kurs nicht nur das Sprechen, sondern auch das Schreiben, Lesen und Hören trainiert werden (2,34 %). Unter den sonstigen Kommentaren (1,82 %) fanden sich z. B. Aussagen in Bezug darauf, dass im Kurs die Standardsprache gelernt und trainiert wird. Resümee Die Analyse der Ergebnisse des TandemEvaluationsProjekts im Zeitraum Wintersemester 2015 / 16 bis Sommersemester 2020 zeigte, dass ein Großteil der TeilnehmerInnen in der Lage war, die Sprachlernpartnerschaft erfolgreich zu gestalten und von dieser zu profitieren. Die Lernpartnerschaften wurden haupt‐ sächlich aus der Intention heraus eingegangen, das Sprechen zu üben und die mündliche Ausdrucksfähigkeit zu verbessern. Wie sich zeigte, konnte dieses Ziel auch von vielen umgesetzt werden und die Zeit mit dem / der LernpartnerIn wurde intensiv für die mündliche Kommunikation genutzt. Auch die besonderen durch die Corona-Pandemie entstandenen Herausforderungen und die Ein‐ schränkungen der persönlichen Kontakte im Sommersemester 2020 wirkten sich nicht negativ auf die Sprachlernpartnerschaften aus. Der Wechsel zu vir‐ tuellen Treffen hat für die meisten TeilnehmerInnen reibungslos funktioniert. Die Probleme, mit denen sich die LernpartnerInnen konfrontiert sahen, fanden sich hauptsächlich auf organisatorischer und emotionaler Ebene. Ob‐ wohl viele der TeilnehmerInnen angaben, sich einbis zweimal pro Woche mit dem / der PartnerIn getroffen zu haben, kam es offensichtlich auch häufig zu Terminabsagen. In Zukunft wird seitens des Organisationsteams bereits bei der Anmeldung verstärkt darauf hingewiesen werden, dass eine (erfolgreiche) Sprachlernpartnerschaf trotz des informellen Charakters einen gewissen Zeit‐ aufwand erfordert und dem / der PartnerIn gegenüber auch eine Verpflichtung besteht, vereinbarte Termine so gut wie möglich einzuhalten. Um die Barrieren auf emotionaler Ebene (Angst vor dem Sprechen / Angst vor Fehlern) zu über‐ winden und sich intensiv mit dem eigenen Lernverhalten auseinanderzusetzen, haben KursteilnehmerInnen bei treffpunkt sprachen z. B. die Möglichkeit, im Rahmen des Projekts SprachLernBegleitung individuelle Lernberatungen in An‐ spruch zu nehmen (vgl. Hofer 2019). Die Beratungen werden von Lehrenden durchgeführt, die durch spezielle Weiterbildungen auf diese Tätigkeit vorbe‐ reitet werden. Auf dieses kostenlose Beratungsangebot sollen in Zukunft auch 135 Sprachenlernen im Tandem: Ergebnisse des TandemEvaluationsProjekts die TeilnehmerInnen des Tandemprojekts vermehrt aufmerksam gemacht werden. Zur Effektivität der Sprachlernpartnerschaften konnte festgestellt werden, dass vor allem die praktische Anwendung bereits vorhandener Kenntnisse, die individuelle und intensive Zusammenarbeit mit dem / der PartnerIn sowie die Möglichkeit, das Lernen frei zu gestalten, zum Lernerfolg der TeilnehmerInnen beitrugen. Anhand der Ergebnisse zeigt sich auch, dass das Sprachenlernen im Tandem zwar äußerst effektiv ist, es jedoch von vielen Sprachenlernenden nicht als Ersatz für einen Sprachkurs gesehen wird. Wenn es um den Erwerb von Grundlagenwissen und Grammatik geht, scheint für viele ein Sprachkurs und die Vermittlung des Wissens durch qualifiziertes Lehrpersonal die erste Wahl. Wie aus der Analyse hervorgegangen ist, ergänzen sich die beiden Sprachlern‐ methoden sehr gut und die Kombination aus Sprachkurs und Tandem ermög‐ licht es, Kompetenzen in allen Bereichen erfolgreich zu erwerben und zu er‐ weitern. Durch die weitere regelmäßige Evaluierung des Programms und der Sprachlernpartnerschaften soll es auch in Zukunft möglich sein, die Forschungs‐ ergebnisse aus diesem Bereich zu verwerten und gegebenenfalls Optimierungen vorzunehmen. Literatur Brammerts, Helmut ( 3 2010): Autonomes Sprachenlernen im Tandem: Entwicklung eines Konzepts. In: Brammerts, Helmut / Kleppin, Karin (Hrsg.) Selbstgesteuertes Sprachen‐ lernen im Tandem: Ein Handbuch. Tübingen: Stauffenburg, S. 9-16. Brammerts, Helmut / Calvert, Mike (2010): Lernen durch Kommunizieren im Tandem. In: Brammerts, Helmut / Kleppin, Karin (Hrsg.) Selbstgesteuertes Sprachenlernen im Tandem: Ein Handbuch. Tübingen: Stauffenburg, S. 27-38. Europäische Kommission (2002): Ein europäischer Raum des lebenslangen Lernens. Lu‐ xemburg: Amt für amtliche Veröffentlichungen der europäischen Gemeinschaften. https: / / op.europa.eu/ en/ publication-detail/ -/ publication/ e5476cc7-f746-4663-9dd0-ec 37bb5891bf/ language-de [16. 09. 2020]. Hammer, Lisa (2019): Angst beim Sprachenlernen. In: Unger-Ullmann, Daniela / Hofer, Christian (Hrsg.) Forschende Fachdidaktik II. Sprachenlernen im wissenschaftlichen Diskurs. Tübingen: Narr Francke Attempto, S. 223-253. [E-Book]. Hofer Christian (2019): Die SprachLernBegleitung. Vom Lehren zum Beraten. In: Unger-Ullmann, Daniela / Hofer, Christian (Hrsg.) Forschende Fachdidaktik II. Spra‐ chenlernen im wissenschaftlichen Diskurs. Tübingen: Narr Francke Attempto, S. 45-64. [E-Book]. 136 Martina Dubaniovski Little, David (2010): Sprachenlernen im Tandem und Lernerautonomie. In: Brammerts, Helmut / Kleppin, Karin (Hrsg.) Selbstgesteuertes Sprachenlernen im Tandem: Ein Hand‐ buch. Tübingen: Stauffenburg, S. 17-23. Mayring, Philipp ( 12 2015): Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken. Wein‐ heim / Basel: Beltz. [E-Book]. Walker, Lesley ( 2010 ): Die Rolle des Tandem-Lernertagebuchs bei der Unterstützung und Entwicklung von Lernerautonomie. In: Brammerts Helmut / Kleppin Karin (Hrsg.) Selbstgesteuertes Sprachenlernen im Tandem: Ein Handbuch. Tübingen: Stauffenburg, S. 73-81. 137 Sprachenlernen im Tandem: Ergebnisse des TandemEvaluationsProjekts Anhang 138 Martina Dubaniovski 139 Sprachenlernen im Tandem: Ergebnisse des TandemEvaluationsProjekts 140 Martina Dubaniovski Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch als Schlüssel zum erfolgreichen Fremdsprachenerwerb Bettina Leitner Der vorliegende Artikel beschäftigt sich mit der Erstsprache (L1) Deutsch als grundlegende Kompetenz für den weiteren Fremdsprachenerwerb. Es gilt mittlerweile als erwiesen, dass die solide und reflektierte Beherrschung der L1 die Grundvoraussetzung für das erfolgreiche Lernen weiterer Sprachen darstellt und nur durch diese Kompetenz ein positiver Transfer unterschied‐ licher Fertigkeiten auf morphosyntaktischer Ebene in die zu erlernende Sprache stattfinden kann. Um zu eruieren, ob und inwieweit die Studierenden bei treffpunkt sprachen auf diese basalen morphosyntaktischen Kenntnisse zurückgreifen können, wurde im Rahmen des Forschungsprojekts der Status quo von 239 KursteilnehmerInnen ermittelt. In Kombination mit persönlichen Erfahrungsberichten und Einschätzungen von acht Lehrpersonen hat sich schließlich ein konkretes Bild abgezeichnet: Auffallend vielen Studierenden mangelt es an entsprechendem Vorwissen. Ziel des Forschungsprojekts war es, ausgehend von diesen erhobenen Daten entsprechende Materialien zu konzipieren und allen Studierenden zur Verfügung zu stellen, mit deren Hilfe etwaige Wissenslücken gefüllt werden können und somit ein stabiles Funda‐ ment geschaffen werden kann. Forschungshintergrund treffpunkt sprachen bietet aktuell Kurse in 24 Sprachen für unterschiedliche Zielgruppen an: von Semester-Fremdsprachenkursen über Intensivkurse, Er‐ gänzungsprüfungen in Latein und Altgriechisch bis hin zu Studienvorberei‐ tungskursen für Studierende der Romanistik, der Slawistik und des ITAT . Ziel aller Fremdsprachenkurse ist immer eine Erweiterung der eigenen sprachlichen Handlungs- und Kommunikationskompetenzen bzw. der Fähigkeit, mit fremd‐ sprachlichen Texten produktiv umzugehen. Das Fundament zum gelungenen Fremdsprachenerwerb bildet jedoch - gerade zu Beginn - eine solide Kenntnis der eigenen Erstsprache (L1) oder in manchen Fällen auch einer Zweitsprache (L2). Verfügt man in der L1 (oder L2) über ein vertieftes grammatikalisches Wissen, kann man - ganz im Sinne der Neurodidaktik - aktiv wie auch passiv beim Erlernen einer neuen Sprache auf bereits bekannte Muster oder Systeme zurückgreifen, wie etwa Meißner und Reinfried (1998, S. 20 ) darlegen. So werden sprachliche Kompetenzen der L1 „für die aktive mentale Verarbeitung einer ‚neuenʻ Fremdsprache“ (ebd.) genutzt. Gerade diese metakognitive Entwicklung wird vom Europarat (vgl. 2021) postuliert, indem das Ziel des Fremdsprachen‐ unterrichts primär nicht darin besteht, der Erstsprache in einem additiven Lern‐ prozess fremdsprachliche Elemente hinzuzufügen, sondern die Sprachen zuei‐ nander in Beziehung zu stellen und gemeinsam in einem mentalen Bereich abzuspeichern. Diese vom Europarat geforderte Kompetenz meint demnach nicht nur die Kenntnis einer oder mehrerer Fremdsprachen neben der L 1, son‐ dern vor allem die Fähigkeit, „mit Spracherfahrungen umzugehen und sie auf das Lernen weiterer Sprachen zu transferieren.“ (Christ 2006 , S. 49 f.). Auch Wurnig betont, dass die Aneignung einer basalen Sprach- und Textkompetenz „grundsätzlich am leichtesten in der jeweiligen Erstsprache erfolgt“ (Wurnig 2002 , S. 127 ), die folglich als „Ausdruck ein- und derselben zugrundeliegenden Dimension auf andere Sprachen transferiert werden kann.“ (ebd.). Daraus ergibt sich, dass solide (morphosyntaktische) Kenntnisse der L1 für einen erfolgreichen Fremdsprachenerwerb obligatorisch sind, da sonst die Lernenden „nicht auf entsprechende Fertigkeiten aus der Erstsprache zurückgreifen“ (ebd.) können und sich so Schwierigkeiten oder zumindest Nachteile beim Lernen einer wei‐ teren Sprache einstellen. Dies bestätigen auch Lightbown und Spada: (…) there is little doubt that a learner’s first language influences the acquisition of a second language. However, it is not the case, that the influence is simply a matter of ‚habitsʻ, but rather a systematic attempt by the learner to use knowledge already ac‐ quired in learning a new language. (Lightbown / Spada 1995, S. 23) Wie aus dem angeführten Zitat deutlich hervorgeht, ist es nicht nur das alleinige Beherrschen einer L1 in Laut und Schrift, sondern auch der reflektierte Umgang mit den linguistischen Konstituenten. Vor allem die sogenannte Mehrsprachen‐ didaktik bemüht sich seit etwa 25 Jahren um Ansätze, welche zu mehr „Sprach‐ bewusstheit“, zu mehr language awareness führen sollen. Dabei steht das Wissen um die sprachlichen Funktionen und grammatischen Eigenschaften von Wör‐ tern wie auch der interlinguale Vergleich dieser im Vordergrund (vgl. Meißner 1998, S. 218; vgl. Edmondson / House 2011, S. 122). Ausgangspunkt ist mehr das Verstehen, nicht so sehr die Produktion (vgl. Portmann-Tselikas 2001 , S. 10). 142 Bettina Leitner Daraus ergibt sich, dass dem Grad der u. a. morphosyntaktischen Ähnlichkeiten der erworbenen L1 und der zu erlernenden Sprache ein wesentlicher Stellenwert beim Sprachenlernen zugeschrieben wird: je ähnlicher die beiden Sprachen, desto leichter gelingt der Transfer. Edmondson und House sprechen hier vom sogenannten „Grad der Transferfähigkeit“ (2011, S. 229 ). Ein sehr anschauliches Beispiel hierzu führt Apeltauer an: Wir wissen aus Erfahrung, daß man sich Nachbarsprachen in der Regel rascher an‐ eignen kann als entfernte Sprachen. Mit Englisch oder Deutsch als Erstsprache würde ein ‚durchschnittlicher Lernerʻ nur ein Jahr brauchen, um z. B. Dänisch oder Spanisch fließend sprechen zu können. Dazu müsste er allerdings jeden Tag zwei Unterrichts‐ stunden erhalten. (…) Bei entfernteren Sprachen (z. B. Polnisch oder Russisch) sind schon achtzehn Monate Unterricht erforderlich und ein dreimonatiger Aufenthalt im Land der Zielsprache. Ähnliches gilt für die dritte Sprachengruppe (z. B. Ungarisch, Finnisch, Türkisch), für die (im Vergleich zur ersten Gruppe) die doppelte Zeit benötigt wurde. Tonale Sprachen (z. B. Chinesisch oder Vietnamesisch) oder semitische Spra‐ chen (z. B. Arabisch oder Hebräisch) bereiten Mitteleuropäern offenbar besondere Schwierigkeiten. Um in diesen Sprachen einen vergleichbaren Sprachstand zu errei‐ chen, würde unser ‚durchschnittlicher Lernerʻ etwa dreißig Monate benötigen. (Apel‐ tauer 2001, S. 77) Vor dem Hintergrund dieser Sachverhalte wurde bei treffpunkt sprachen ein Forschungsprojekt initiiert, in dessen Rahmen die linguistischen und morpho‐ syntaktischen Kenntnisse der L1 (hier Deutsch) der Studierenden eruiert wurden, um zu prüfen, inwieweit eine solide Basis für den folgenden Fremd‐ sprachenerwerb vorhanden ist. Diese Fragestellung bzw. diese Thematik wurde gerade in den letzten Jahren immer relevanter, zumal die Verfasserin dieses Ar‐ tikels selbst - ebenso Fremdsprachenlehrende bei treffpunkt sprachen - die Er‐ fahrung gemacht hat, dass die Studierenden scheinbar immer weniger Vor‐ wissen in ihrer L1 in den Fremdsprachenunterricht mitbringen, was sich negativ auf den Lernerfolg auszuwirken scheint. Ziel war es, die Problemfelder und Lü‐ cken aufzudecken und diese schließlich zu kompensieren. Es entstand ein Leit‐ faden für Studierende der Fremdsprachen Französisch, Italienisch, Latein und Spanisch, der allen Interessierten kostenlos zur Verfügung gestellt wurde. Studierende und Lehrende als Forschende Eine wesentliche Grundlage der anwendungsorientierten Sprachlehr- und -lern‐ forschung bei treffpunkt sprachen ist die Arbeit im unmittelbaren Umfeld des Unterrichtsgeschehens. Ziel ist es, konkrete Fragestellungen und etwaige Pro- 143 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch blemfelder direkt im Unterricht aufzudecken, diese auf eine wissenschaftliche Metaebene zu überführen, zu reflektieren, zu bearbeiten und schließlich die Er‐ gebnisse wieder in die Lehre zu integrieren. Dieser Ansatz ist von hoher Be‐ deutung, um den Lehr- und Lernbedürfnissen der Studierenden wie auch der Lehrenden gerecht werden zu können (vgl. Unger-Ullmann 2015, S. 9). Das Ar‐ beiten an und mit konkreten Thematiken aus der Praxis gewährleistet durch diese Unmittelbarkeit somit eine hohe Qualität der Lehre, sowohl für Lehrende als auch für Studierende. Um das damit verbundene Postulat nach Zielgruppenorientiertheit auch er‐ füllen zu können, ist die Kooperation zwischen Lehrenden und Studierenden essentiell. Im Rahmen dieser kooperativen Forschungskultur nehmen Studie‐ rende mitunter auch die Rolle der Forschenden ein: Ihnen wird innerhalb der Forschungsprojekte ein Einblick in persönliche und gruppendynamische Lehr- und Lernprozesse gewährt (vgl. Unger-Ullmann / Hofer 2015, S. 7), wodurch sie zur Reflexion angehalten werden. Reflektiert wird in erster Linie das eigene Lernverhalten, um etwaige Schwierigkeiten oder Wissenslücken erkennen zu können. Gleichzeitig präsentiert sich den Lehrenden durch die Rückmeldungen der Studierenden der Status quo ihres Wissensstands. Auf diese Daten auf‐ bauend ist es den Lehrenden schließlich möglich, adäquat zu reagieren und ent‐ sprechende Maßnahmen zu setzen. Vorausgesetzt wird dabei auf beiden Seiten stets ein hohes Maß an Kooperationsbereitschaft wie auch Offenheit für eine wissenschaftliche und individuelle Weiterentwicklung (vgl. ebd.). Auch im Rahmen des vorliegenden Projekts bilden die Reflexionen bzw. er‐ hobenen Daten der Studierenden das notwendige Fundament für weitere Bear‐ beitungen. Konkret bedeutet dies, dass ohne Mitwirken der Studierenden die Forschungsarbeit dieses Projekts nicht stattfinden könnte. Neben den Rückmel‐ dungen der Studierenden war es für die Bearbeitung dieses Projekts aber auch essentiell, die Sicht der Lehrenden einzuholen, die ebenso als Forschende agieren: Dabei dient die Reflexion der Lehrpersonen über die eigenen Lehr- und studentischen Lernprozesse als komplementäre Ergänzung zu den Angaben der Studierenden. Erst die Kombination beider Seiten ergibt ein authentisches und aussagekräftiges Bild; eine solide Basis, auf der aufgebaut werden kann. Forschungsinhalt, Methoden und Ziel In diesem Projekt wurde in einem ersten Schritt der Status quo in Bezug auf die Deutsch-Grammatikkenntnisse der Studierenden zu Beginn eines Fremdspra‐ chenkurses erhoben, um das Ausmaß des durchschnittlichen Förderbedarfs zu eruieren. Konkret wurden Studierende aus den zwei Parallellehrveranstal‐ 144 Bettina Leitner tungen Lateinischer Sprachunterricht für AnfängerInnen 1 befragt. Die Studierenden der beiden Lehrveranstaltungen aus dem Wintersemester 2019 / 20 bilden die Hauptgruppe und die LehrveranstaltungsteilnehmerInnen beider Gruppen aus dem darauffolgenden Wintersemester 2020 / 21 lassen sich in der Kontrollgruppe zusammenfassen. Um objektivere Ergebnisse erzielen zu können, wurden zwei unterschiedliche Gruppen (Gruppe A, Gruppe B) erstellt (s. Anhang). Der Fragebogen selbst besteht aus drei Bereichen: In einem ersten Schritt wurden Angaben zur Person (Alter, L1, Schultyp) und zum Studium (Fortschritt, Studienrichtung) eruiert, um im Anschluss konkret die Zielgruppe definieren zu können. In einem weiteren Schritt wurden die TeilnehmerInnen um eine Selbsteinschätzung ihrer Deutsch-Grammatikkenntnisse gebeten und zuletzt wurden pro Gruppe vier Aufgaben gestellt, um einen groben Überblick über den Wissensstand der Studierenden zu erheben. Schließlich wurden die Ergebnisse der Hauptgruppe mit jenen der Kontrollgruppe abgeglichen, um die Aussagekräftigkeit der einzelnen Daten zu prüfen. Nach der Befragung der KursteilnehmerInnen wurden auch unterschiedliche Lehrpersonen um ihre persönlichen Einschätzungen des Wissensstands der Studierenden gebeten. Aufgrund der höheren Relevanz für den finalen Leitfaden und zur besseren Vergleichbarkeit wurden Lehrende für Latein, Französisch, Italienisch und Spanisch der Anfangsniveaus A1.1 und A1.2 nach GERS gewählt. Auch diese Erhebung wurde mithilfe eines Fragebogens (s. Anhang) durchge‐ führt. Ziel war es hier, ein noch genaueres Bild von der sprachlichen Ausgangs‐ lage der KursteilnehmerInnen zu erlangen. In einem letzten Schritt wurde in Zusammenarbeit mit Natives und Non-Na‐ tives der einzelnen Sprachen ein gezieltes Förder- und Kompensationspro‐ gramm entwickelt und in Form eines Handbuchs für Lehrende und Studierende bereitgestellt. Es ging darum, Phänomene der Deutschen Grammatik derart zu präsentieren und entsprechende Übungen anzubieten, dass etwaige Lücken ge‐ schlossen werden können und so eine grammatikalische Basis für die jeweilige Fremdsprache geschaffen wird. Forschungsergebnisse und ihre Umsetzung in der Praxis Um die Zielgruppe und das sprachliche Vorwissen der Studierenden zu erheben, wurden exemplarisch alle TeilnehmerInnen der Lehrveranstaltung Lateinischer Sprachunterricht für AnfängerInnen 1 im Wintersemester 2019 / 20 und im Win‐ tersemester 2020 / 21 mittels Fragebogen befragt. Die Hauptgruppe (H) bilden dabei die Studierenden des WS 19 / 20 (N = 156), unter der Kontrollgruppe (K) werden die Studierenden des WS 20 / 21 (N = 83) subsumiert. Durch diese dop‐ 145 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch 1 Bei dieser Frage waren Mehrfachantworten gestattet. pelte Anlegung der Evaluierung konnten präzisere und repräsentativere Ergeb‐ nisse erzielt werden. Die Zielgruppe In beiden Gruppen bilden die 18bis 21-jährigen Studierenden mit 64 % (H) bzw. 59 % (K) den größten Anteil. 29 % (H) und 17 % (K) entfielen auf die 22bis 25-Jährigen, 3 % (H) bzw. 10 % (K) auf die 26bis 30-Jährigen und 4 % (H) bzw. 12 % (K) der Studierenden gaben an, mindestens 30 Jahre alt zu sein. Lediglich 2 % in der Kontrollgruppe wollten hierzu keine Angabe machen. Wenig überraschend präsentiert sich das Ergebnis auf die Frage nach der Muttersprache / Erstsprache. Hier gaben 91 % (H) bzw. sogar 96 % (K) an, Deutsch als Muttersprache zu sprechen. Entsprechend ist Deutsch nur bei 8 % (H) bzw. 4 % (K) nicht die Muttersprache. 1 % aller Studierenden der Hauptgruppe wollten sich hierzu nicht äußern. In einem nächsten Punkt wurde die Schulform erhoben, durch deren Besuch die Studierenden die Universitätsreife erworben haben. Dabei zeigt sich ein recht ausgewogenes Verhältnis zwischen den beiden gängigsten Schulformen AHS (Allgemeinbildende Höhere Schule) und BHS (Berufsbildende Höhere Schule): 45 % (H) bzw. 41 % (K) der Studierenden schlossen eine AHS mit Matura ab, während 40 % (H) bzw. 48 % (K) die Reifeprüfung an einer Berufsbildenden Höheren Schule erfolgreich ablegten. Nur 2 % (H) bzw. 1 % (K) erlangten durch die Studienberechtigungsprüfung den Zugang zum Studium und 9 % (H) bzw. 10 % (K) haben die Hochschulreife auf einem anderen Bildungsweg oder durch den Besuch einer anderen Schulform erworben. Es ist anzunehmen, dass sich diese Zahlen vorwiegend auf ausländische Studierende beziehen, in deren Hei‐ matländern äquivalente Ausbildungen angeboten werden. 4 % aller Befragten der Hauptgruppe wollten hierzu keine Angabe machen. Die prozentuelle Verteilung der Studierenden auf die Studienjahre korres‐ pondiert merklich mit dem angegebenen Alter der Befragten: 64 % (H) bzw. 54 % (K) aller Studierenden befinden sich im ersten Studienjahr, 13 % (H) bzw. 18 % (K) studieren im zweiten Jahr und 12 % (H) bzw. 19 % (K) sind das dritte Jahr immatrikuliert. Entsprechend entfallen nur wenige Prozent der Studierenden auf höhere Semester: 3 % (H) bzw. 6 % (K) geben an, im vierten Jahr zu studieren, 1 % (H) bzw. 0 % (K) im fünften Jahr und je 3 % (K, H) mindestens im sechsten Jahr; 4 % der Studierenden der Hauptgruppe wollten sich dazu nicht äußern. In Bezug auf die Studienrichtung, für die die Latein-Ergänzungsprüfung be‐ nötigt wird, ergibt sich folgende Verteilung 1 : Sowohl in der Hauptals auch in 146 Bettina Leitner der Kontrollgruppe sind die Studienrichtungen Anglistik / Amerikanistik mit 44 (H) bzw. 18 Personen (K), Geschichte mit 35 (H) bzw. zwölf Personen (K), Rechts‐ wissenschaften mit 32 (H) bzw. 17 Personen (K) und Germanistik / Deutsch mit 32 (H) bzw. zwölf Personen (K) am häufigsten vertreten. Das Mittelfeld bilden die Studienrichtungen Pharmazie mit zehn (H) bzw. fünf Personen (K), Roma‐ nistik mit neun (H) bzw. zehn Personen (K), Kunstgeschichte mit neun (H) bzw. sieben Personen (K) und Philosophie mit acht (H) bzw. sieben Personen (K). Seltener vertreten waren hingegen die Studienrichtungen Sprachwissenschaft mit jeweils drei Personen (H, K) und Archäologie mit nur einer Person in der Hauptgruppe. Keine Studierenden verzeichnen die Studienrichtungen Slawistik und BKS , dafür entschieden sich sechs Personen der Hauptgruppe und sieben Personen der Kontrollgruppe dafür, keine Studienrichtung anzugeben. Zusam‐ mengezählt ergibt sich demnach eine Verteilung wie folgt: Abbildung 1: Studierende nach Studienrichtung (in Personen) Somit lässt sich festhalten, dass die Hauptzielgruppe vorwiegend jüngere Stu‐ dierende bilden, die sich in den ersten Studienjahren befinden und bereits Vor‐ wissen aus den Schulformen AHS oder BHS mitbringen sollten. Selbsteinschätzung Da sich eine falsche Selbsteinschätzung - vor allem eine Überschätzung der eigenen Kenntnisse - sehr oft negativ auf Lernprozesse auswirkt, wurden die Studierenden in einem nächsten Schritt gebeten, ihre Deutsch-Grammatik‐ kenntnisse selbst einzuschätzen und zu bewerten: 4 % der Studierenden der Hauptgruppe und nur 1 % der Kontrollgruppe haben ihre Deutschkenntnisse als „schlecht“ eingestuft. 8 % (H) bzw. 25 % (K) der Studierenden würden ihre Kennt‐ 147 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch nisse als „elementar“ bezeichnen und 40 % (H) bzw. 31 % (K) als „durchschnitt‐ lich“. Auf die Einstufung „gut“ entfielen 33 % (H) bzw. 34 % (K) und auf das At‐ tribut „sehr gut“ sogar 14 % (H) bzw. 9 % (K) aller Studierenden. Fasst man diese Ergebnisse zusammen, ergibt sich folgende Verteilung: Abbildung 2: Selbsteinschätzung der Deutschkenntnisse der Studierenden (in %) Demnach bezeichnet der Großteil der Studierenden die eigenen Deutsch-Gram‐ matikkenntnisse als „durchschnittlich“ (insgesamt 37 %) bis „gut“ (insgesamt 34 %). Evaluierung der Grammatikkenntnisse anhand von exemplarischen Beispielfragen Um einen groben Überblick über den tatsächlichen Wissensstand der Studierenden im Hinblick auf die deutsche Grammatik zu erlangen, wurden diese ge‐ beten, vier Fragen zu beantworten. Um ein Abschreiben von dem / der Sitznach‐ barIn zu verhindern, wurden zwei Gruppen (Gruppe A und Gruppe B) mit un‐ terschiedlichen Fragen konzipiert. Anhand der Fragen wurden essentielle Kenntnisse grammatikalischer Erscheinungen abgeprüft, über welche die Studierenden in der Regel durch ihre schulische Vorbildung verfügen sollten. Die Beispiele dieser Evaluierung fragen konkret grammatisches Wissen ab, wel‐ ches zum Erlernen der lateinischen Sprache fundamental ist. Beispiele Gruppe A Die erste Frage zielte auf das Erkennen des Akkusativs und Infinitivs ab, was für das Verständnis des lateinischen ACI (Accusativus Cum Infinitivo) obliga‐ torisch ist. Die Aufgabe lautete konkret: „ Bestimmen Sie den Fall des unter‐ strichenen Nomens und die Form des unterstrichenen Verbs: Ich sehe den Vater das Auto putzen .“ Nur 63 % aller Studierenden der Hauptgruppe konnten beide Formen korrekt bestimmen. Die Kontrollgruppe schnitt hierbei mit 71 % 148 Bettina Leitner 2 Die gesammelten Falschantworten aller Fragen beider Gruppen werden im Anhang angeführt. wesentlich besser ab. Eine der beiden Formen konnten demnach 28 % (H) bzw. 25 % (K) der Studierenden richtig benennen. 9 % (H) bzw. 4 % (K) konnten keine der beiden Formen richtig klassifizieren. Diesbezüglich kann angemerkt werden, dass die korrekte Klassifizierung der Verbform die Studierenden vor eine größere Herausforderung stellte als die Bestimmung des Kasus. 13 Studie‐ rende der Hauptgruppe und eine Person aus der Kontrollgruppe gaben hier gar keine Lösung an. Unter den falschen Antworten 2 fanden sich viele verschiedene Antworten, wie „Präsens“, „3 . Person Sg.“ oder „Indikativ“, die sich rein theore‐ tisch alle auf ein Verb beziehen können. Allerdings wurden auch Kategorien genannt, die mit einem Verb grammatikalisch nicht zusammenhängen können, wie „Akkusativ“ oder „Nominativ“. Insgesamt bedeutet dies die folgende pro‐ zentuelle Verteilung auf die drei Kategorien: Abbildung 3: Antworten auf Frage 3a (Gruppe A) Die zweite Frage der Gruppe A zielte auf die Kenntnis der Wortarten des Deut‐ schen ab: „Um welche Wortart handelt es sich bei dem unterstrichenen Wort? Peter liest auf seiner Matratze liegend sein neues Buch .“ Da das Partizip in der traditionellen Grammatik früher als eine eigene Wortart galt, wurde diese Antwort auch als richtig gewertet, obwohl es sich nach der heute am meisten verbreiteten Zehn-Wortarten-Lehre um ein „Verb“ handelt. Leider konnten nur 20 % der Studierenden der Hauptgruppe bzw. 25 % der Studierenden der Kon‐ trollgruppe diese Frage richtig beantworten. Unter den falschen Antworten wurden besonders oft „Adjektiv“ (26 (H) bzw. 18 Personen (K)) und „Adverb“ (19 (H) bzw. zwölf Personen (K)) genannt, außerdem gaben zwölf (H) bzw. zwei Personen (K) gar keine Lösung an. Andere Lösungen waren u. a. „Attribut“, „Partikel“, „Modalverb“, „Beschreibung“, „Präteritum“, „Konjunktiv“ oder „Ge‐ 149 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch rundium“, wobei letztere Lösung wahrscheinlich auf die italienische Form des „Gerundio“ referiert, die unter anderem im Deutschen einem Partizip entspre‐ chen kann. Auch hier lassen sich die Ergebnisse zusammengefasst in einer Gra‐ phik darstellen: Abbildung 4: Antworten auf Frage 3b (Gruppe A) „Bitte setzen Sie folgenden Satz ins Passiv: Anna liest begeistert das neue Buch von Sophie Reyer. “ lautete die dritte Aufgabe der Gruppe A und zielte auf die Kenntnis und die korrekte Verwendung des Genus verbi ab. 78 % der Studierenden der Hauptgruppe bzw. sogar 96 % der Studierenden der Kontrollgruppe konnten die richtige Lösung nennen. Als häufigster Fehler kann die falsche Verwendung der Zeit - des Tempus - angeführt werden. So verwendeten einige Studierende statt des Präsens das Präteritum: „Das neue Buch von Sophie Reyer wurde von Anna gelesen.“, wobei der Satz hier korrekterweise eine Passivkon‐ struktion enthält. In Summe kann folgende Verteilung festgehalten werden: Abbildung 5: Antworten auf Frage 3c (Gruppe A) Die letzte Aufgabe der Gruppe A bezog sich auf die Kenntnis und die Bildung der deutschen Tempora. Konkret galt es hier, eine vorgegebene Phrase in eine 150 Bettina Leitner bestimmte Zeit zu setzen: „Bilden Sie bitte das Plusquamperfekt aktiv im Indikativ von: Ich gehe in die Schule “. Lediglich 47 % aller Studierenden der Hauptgruppe konnten die Phrase korrekt in die geforderte Zeit setzen. In der Kontrollgruppe waren es 79 %, wobei hier angemerkt werden muss, dass die Studierenden der Kontrollgruppe aus Sicherheitsgründen während der Co‐ rona-Pandemie online und von zuhause aus den Fragebogen bearbeitet haben und somit nicht gewährleistet werden konnte, dass keine unerlaubten Hilfs‐ mittel zurate gezogen wurden. Dieser Umstand erklärt auch die merkliche Dif‐ ferenz der beiden Ergebnisse. Da die meisten Fehler in der Hauptgruppe vor‐ kamen, soll in den nachfolgenden Fehlernennungen auch nur auf diese eingegangen werden: So konnten in der Hauptgruppe 14 Studierende gar keine Lösung nennen, während elf Studierende statt des Plusquamperfekts („Ich war in die Schule gegangen“) das Futur exakt - oder auch Futur II genannt - („Ich werde in die Schule gegangen sein“) gebildet haben. Zehn Studierende setzten den Satz ins Perfekt („Ich bin in die Schule gegangen“). Bei all diesen Fällen handelt es sich prinzipiell um grammatisch korrekte Formulierungen, doch auch ungrammatische Lösungen wurden genannt; z. B.: „*Ich war in die Schule ge‐ wesen“, „*Ich wurde in die Schule gegangen worden sein“ oder „*Ich bin in die Schule gegangen sein.“ Graphisch dargestellt ergibt sich folgendes Gesamter‐ gebnis: Abbildung 6: Antworten auf Frage 3d (Gruppe A) Beispiele Gruppe B Bei der ersten Frage der Gruppe B sollte wieder die Wortart eines unterstri‐ chenen Wortes bestimmt werden, analog zur zweiten Frage der Gruppe A. Dabei lautete die Frage konkret: „Um welche Wortart handelt es sich bei dem unterstrichenen Wort: Ich habe noch nie so viel getanzt wie heute.“ Interessan‐ terweise präsentieren sich die Ergebnisse hier wesentlich besser als bei der ana‐ logen Frage der anderen Gruppe. Es ist anzunehmen, dass das Partizip Perfekt 151 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch durch seine Verbindung mit dem Modalverb „haben“ leichter als Verb klassifi‐ ziert werden konnte als das Partizip Präsens (Gruppe A), zumal sich durch die Kombination des Modalverbs im Präsens mit dem Partizip Perfekt eine Perfekt‐ phrase ergibt. So konnten 79 % aller Studierenden der Hauptgruppe bzw. 89 % der Studierenden der Kontrollgruppe diese Frage richtig beantworten. Die häu‐ figste falsche Antwort war „Prädikat“, wobei ein Prädikat keine Wortart, son‐ dern die Funktion des Verbs bzw. ein Satzglied beschreibt. Weiters wurden auch „Substantiv maskulin“, „Umstandswort der Vergangenheit“ oder „Perfekt“ ge‐ nannt. In Summe ergibt sich folgende Verteilung: Abbildung 7: Antworten auf Frage 3a (Gruppe B) Die nächste Aufgabe prüfte die Kenntnisse im Bereich der Morphologie ab: „Konjugieren Sie bitte das Verb „halten“ im Präsens in der 2 . Person Sin‐ gular (Indikativ aktiv)“. Die richtige Antwort „du hältst“ konnten in der Hauptgruppe nur 45 % aller Studierenden nennen, in der Kontrollgruppe 49 %. Dabei waren die häufigsten Falschantworten „du hälst“ mit 15 (H) bzw. drei Personen (K), „du haltest“ mit 13 (H) bzw. sieben Personen (K) und „halte“, was in der Hauptgruppe drei Personen als Lösung angaben. Insgesamt bedeutet dies eine prozentuelle Gesamtverteilung von: 152 Bettina Leitner Abbildung 8: Antworten auf Frage 3b (Gruppe B) In einer weiteren Aufgabe galt es, die Steigerung zu beherrschen: „Bilden Sie bitte den Komparativ von: Die Bluse gefällt mir gut .“ Während nur 39 % der Studierenden der Hauptgruppe die richtige Lösung „Die Bluse gefällt mir besser“ nennen konnten, waren es in der Kontrollgruppe 77 %, wobei auch hier der hohe Prozentsatz vermutlich wieder durch den Umstand erzielt wurde, dass sich die Studierenden der Kontrollgruppe zuhause unerlaubterweise diverser Hilfsmittel bedienen konnten, wie einige fairerweise auch zugegeben haben. Im Hinblick auf die falschen Antworten konnte erkannt werden, dass manchen Studierenden die Bedeutung des Worts „Komparativ“ prinzipiell bewusst ist, sie jedoch nicht die korrekte Form bilden können (z. B.: „Diese Bluse würde mir sehr gut ge‐ fallen.“), und dass manche Studierende gar nicht wissen, worauf die Frage abzielt (z. B.: „Diese Bluse gefiele mir gut.“, „Diese Bluse ist schön.“ oder „Diese Bluse würde mir gut gefallen.“). Fasst man die Ergebnisse zusammen, ergibt sich fol‐ gendes Bild: Abbildung 9: Antworten auf Frage 3c (Gruppe B) 153 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch Die vierte und letzte Aufgabe zielte analog zur Frage 1 der Gruppe A auf das Erkennen eines Akkusativs und Infinitivs ab: „Bestimmen Sie bitte den Fall des unterstrichenen Nomens und die Form des unterstrichenen Verbs: Ich höre die Mutter in der Küche ein Lied singen .“ Während in Gruppe A 63 % (H) bzw. sogar 71 % (K) beide Formen richtig bestimmten, waren es nun lediglich 40 % (H) bzw. sogar nur 34 % (K) aller Studierenden der Gruppe B. 39 % (H) bzw. 34 % (K) der Studierenden konnten eine der Formen richtig bestimmen, 21 % (H) bzw. 32 % (K) keine von beiden. Im Vergleich fallen in Gruppe A nur 9 % (H) bzw. 4 % (K) aller Studierenden in diese Kategorie. Die häufigste Falschantwort in Bezug auf das Nomen war „Nominativ“ mit 15 (H) bzw. drei Personen (K). In Bezug auf das Verb konnten 13 (H) bzw. sogar 20 Personen (K) keine Lösung nennen. Unter den falschen Lösungen finden sich u. a.: „Präsens“, „3. Pers. Sg.“, „Partizip“, „Indikativ“ oder „Plural“. Fasst man auch diese Daten zusammen, er‐ gibt sich folgende Verteilung: Abbildung 10: Antworten auf Frage 3d (Gruppe B) Die Befragung der insgesamt 239 Studierenden hat somit ergeben, dass in allen abgefragten Bereichen der deutschen Grammatik bei vielen Studierenden große Wissenslücken bestehen, die dem erfolgreichen Erlernen einer Fremdsprache wesentlich im Wege stehen und vor allem den Einstieg merklich erschweren können. In einem nächsten Schritt wurden konkret Sprachlehrende bei treff‐ punkt sprachen zu ihren Erfahrungen befragt, um gezielt die Schwachstellen und Lücken in Bezug auf die zu erlernenden Sprachen aufzeigen und in einem finalen Schritt auch kompensieren zu können. Interviews mit Sprachlehrenden bei treffpunkt sprachen Im Rahmen dieses Projekts sind insgesamt acht Sprachlehrende (je zwei Leh‐ rende für Latein bzw. Italienisch, drei Lehrende für Spanisch und eine Lehr‐ person für Französisch) des treffpunkt sprachen zu ihren Einschätzungen be‐ 154 Bettina Leitner züglich des Vorwissens ihrer Studierenden in der L1 Deutsch und den daraus resultierenden Lern- oder auch Lehrschwierigkeiten befragt worden. Dabei sind die betreffenden Lehrpersonen einerseits aufgrund ihrer langjährigen Erfah‐ rungen im Bereich der Erwachsenenbildung ausgewählt worden: Im Durch‐ schnitt können diese Personen auf Erfahrungen von 17,4 Unterrichtsjahren zu‐ rückgreifen, wobei die tatsächlichen Berufsjahre zwischen mindestens acht und höchstens 24 Jahren liegen. Ein weiteres Kriterium für die Auswahl der Lehrenden war das zu unterrichtende Sprachniveau. Da es das zentrale Ziel dieses Forschungsprojekts war, die im Übergang von der Schule zur Universität ent‐ standene Wissenslücke im Bereich der deutschen Grammatik zu schließen, schien es am sinnvollsten, Lehrpersonen der Anfangsniveaus (A1.1 und A1.2 nach GERS ) zu befragen, da diese am ehesten ein authentisches Bild des stu‐ dentischen Vorwissens zu Beginn eines Kurses nachzeichnen können. Es ist daher auch anzunehmen, dass gerade Studierende der niedrigeren Niveaustufen in der Regel größere Wissenslücken aufweisen, da fortgeschrittenen Studierenden im Laufe der Lernprogression durch die aufbauenden Kurse mehr Mög‐ lichkeiten geboten werden können, diese Lücken zu kompensieren. Diese Lehrenden wurden nun in einem schriftlichen Interview (s. Anhang) gebeten, die sprachlichen Entwicklungen ihrer Studierenden über die letzten Jahre hinweg zu reflektieren: „ Haben Sie während dieser Zeit [Anm.: wäh‐ rend der Tätigkeit bei treffpunkt sprachen] eine positive oder negative Entwicklung des Vorwissens (deutsche Grammatik) der Studierenden bemerken können? Wenn ja, worin zeigt sich das? “ Von den acht befragten Personen gab nur eine Person an, eine eher positive Entwicklung bemerkt zu haben; drei Lehrende konnten keinen Unterschied feststellen, doch vier Lehr‐ personen - und damit die Hälfte - berichten über eine negative Entwicklung in Bezug auf das fundamentale Vorwissen der Studierenden in der L1 zu Beginn eines Kurses. Umgerechnet in Prozent ergibt dies somit folgendes Bild: Abbildung 11: Einschätzung der Entwicklung des Vorwissens in der L1 Deutsch der Stu‐ dierenden durch die Lehrenden 155 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch Ganz konkret äußert sich eine Lehrperson zu den möglichen Ursachen dieser scheinbar negativen Entwicklung: Tendenziell habe ich eine negative Entwicklung festgestellt. Vor allem auch seit der Einführung der kompetenzorientierten Reifeprüfung. Die SchülerInnen werden ab der 5. Klasse AHS bzw. in der BHS auf die Reifeprüfung vorbereitet und dabei stehen die Testformate, Präsentationskompetenzen und klare Fachkompetenzen eher im Hin‐ tergrund. Deshalb sind die Basiskompetenzen (Grammatik, Rechtschreibung, Sprach‐ gefühl …) bei vielen weniger gut entwickelt als noch vor deren Einführung. Außerdem haben sich die Korrekturformate in den neusprachlichen Fächern verändert bzw. ver‐ lagert. Heute geht es - besonders in Deutsch - eher darum, einen Text zu produzieren, der den Standards der jeweiligen Textsorte in Aufbau und Inhalt entspricht und we‐ niger um die Sprachrichtigkeit. Dies zeigt sich beispielsweise in der Zusammenfas‐ sung der Rechtschreib- und Grammatikfehler in Fehlergruppen. Eine ähnliche Vermutung stellt auch eine andere Lehrperson an: Die fehlenden Vorkenntnisse zeigen sich vor allem in wiederholten Fragen zu einer an sich bereits erklärten Thematik: „Können Sie das bitte noch einmal erklären? “ Au‐ ßerdem beschreiben Studierende den Begriffsdschungel gegen Ende des Semesters als für sie verwirrend und verwechslungsanfällig. Auch der Umstand, dass man gerade bei den ganz grundlegenden Basics, wie den Namen der Wortarten, auf Begriffe zu‐ rückgreifen muss, die in die Zeit der Elementarpädagogik zurückgehen (Tun-Wort, Wie-Wort, Hauptwort …), und erst damit bei einzelnen Zuhörenden einen „Aha-Ef‐ fekt“ an den Gesichtern ablesen kann, scheint mit ein Indiz zu sein, dass der Schwer‐ punkt der Sprachvermittlung in Deutsch an den Gymnasien und anderen höheren Schulen eher wenig auf der Festigung und Vertiefung der sprachlichen Grundkennt‐ nisse liegen dürfte. Diese beiden angeführten Beispiele leiten direkt zur nächsten Frage des Inter‐ views über. Die Lehrpersonen wurden nun angehalten, Beispiele aus ihrer Un‐ terrichtspraxis anzuführen, aus denen die Wissenslücken - soweit vorhanden - hervorgehen. Konkret lautete die Frage: „In welchen sprachlichen / gram‐ matikalischen Bereichen (…) fehlt den Studierenden Vorwissen in ihrer Erstsprache (Deutsch), um den gewünschten Lernerfolg in der zu er‐ lernenden Sprache erzielen zu können? “ Die Auswertung der Interviews hat offenbart, dass alle acht Lehrpersonen, somit 100 %, schwerwiegende Wis‐ senslücken im Bereich der Terminologie bemerkt haben, was bereits aus dem oben angeführten Zitat deutlich hervorgeht. Den Antworten der Lehrenden ist also zu entnehmen, dass viele Studierende die genauen Termini und Funktionen der einzelnen Wortarten (nach der Zehn-Wortarten-Lehre: Verb, Sub‐ 156 Bettina Leitner stantiv / Nomen, Adjektiv, Adverb, Pronomen, Präposition, Konjunktion, Nu‐ meral, Artikel und Interjektion) nicht kennen und demnach auch nicht über die entsprechenden grammatischen Kategorien (z. B. in Bezug auf das Verb: Person, Zahl, Zeit, Modus, Genus verbi; in Bezug auf das Nomen: Fall, Zahl, Geschlecht usw.) Bescheid wissen, was zum Erlernen einer neuen Sprache jedoch essentiell ist. Auch alle Lehrenden weisen in diesem Zusammenhang explizit darauf hin, dass gerade der Unterschied zwischen einem Adjektiv und einem Adverb nur den wenigsten Studierenden bekannt ist. Auf syntaktischer Ebene berichten sechs von acht Lehrenden - das entspricht 75 % - von gravierenden Schwierigkeiten bzw. Wissenslücken einiger Studierender: All die betreffenden Lehrenden bemängelten besonders das fehlende Wissen in Bezug auf die Funktion der einzelnen Satzglieder (Subjekt, Prädikat, Objekt, Prädikativ, Adverbial) und die Art der unterschiedlichen Nebensätze (final, konsekutiv, temporal …). Zudem wurden - teilweise vereinzelt - noch weitere Problemfelder genannt: etwa fehlendes Wissen über sprachwissenschaft‐ liche Grundbegriffe, wie die Unterschiede zwischen Vokal und Konsonant, Ak‐ zent und Apostroph oder auch Schwierigkeiten im Verständnis grundlegender sprachlicher Prozesse, wie z. B. die Verschmelzung von Präpositionen mit einem Artikel (z. B. in dem → im). Legt man nun die Ergebnisse der Studierendenbefragung und die der Lehrendeninterviews übereinander, zeichnet sich ein klares Bild ab: Viele Studie‐ rende der niedrigen Niveaustufen nach GERS haben ein in unterschiedlichem Maß ausgeprägtes Defizit an sprachlicher Vorbildung im Bereich ihrer Erst‐ sprache (Deutsch), welches mitunter auch auf die Verlagerung des Schwer‐ punkts - weg vom reflektierten Sprachverständnis und hin zur inhaltlichen und formalen Textsortenkenntnis - der standardisierten neuen Reifeprüfung im Fach Deutsch zurückzuführen sein könnte. Daraus ergibt sich die Notwendig‐ keit, diese Wissenslücken idealerweise schon vor dem Beginn eines Fremdspra‐ chenkurses zu füllen bzw. fehlendes Vorwissen zu kompensieren. Aus dieser Notwendigkeit heraus ist im Rahmen des Projekts Grammatik- und Sprachkom‐ petenz in Deutsch als Schlüssel zum erfolgreichen Fremdsprachenerwerb bei treff‐ punkt sprachen ein Leitfaden konzipiert worden, mithilfe dessen Studierende - mit besonderem Fokus auf die Sprachen Französisch, Italienisch, Latein und Spanisch - im Selbststudium ihre Wissenslücken schließen und so mit einem guten sprachlichen Fundament in die Sprachkurse einsteigen können. Um gezielt adäquates Übungsmaterial konzipieren zu können, wurden die Lehrenden in einer letzten Frage des Interviews um konkrete Beispiele der Feh‐ lerquellen in ihrer zu unterrichtenden Sprache gebeten. Durch das Miteinbe‐ 157 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch ziehen der Unterrichtenden selbst kann so sehr nahe an den konkreten Defiziten in der Praxis gearbeitet werden. Sprachendidaktische Implikationen Der im nächsten Kapitel exemplarisch vorgestellte Leitfaden soll einerseits zur qualitativen Optimierung des Unterrichtsgeschehens in den Sprachkursen bei treffpunkt sprachen dienen, indem eine Möglichkeit zur Kompensation etwaiger sprachlicher Lücken geschaffen wurde. Andererseits soll dieses Hilfsmittel so‐ wohl bei den Lehrenden als auch bei den Studierenden einen Reflexions- und Bewusstwerdungsprozess anregen, im Rahmen dessen sprachliche Strukturen erkannt und miteinander in Beziehung gesetzt werden können. In diesem Zu‐ sammenhang spielt das Konzept der Neurodidaktik eine besondere Rolle, wel‐ ches besagt, dass - hier insbesondere - Erwachsene beim Lernen auf ihre Le‐ benserfahrung und auf bereits Gelerntes zurückgreifen (vgl. Böttger 2015, S. 49 f.). Dabei wird das vorhandene Wissen mobilisiert und mit Neuem ange‐ reichert oder mit ihm verknüpft, weshalb man in der Neurodidaktik auch vom Anschlusslernen spricht. Diesbezüglich ist zu bedenken, dass das erwachsene Gehirn kumulativ arbeitet. Es überschreibt bereits vorhandene Informationen nicht, sondern stellt diese in Relation zu anderen Informationen oder neuem Wissen. Erwachsene können demnach rasch durch leichte Modifikationen vor‐ handener Strukturen neue Muster aufbauen (vgl. ebd., S. 50 ). Daraus ergibt sich, dass ein solides sprachliches Fundament in der L1 (Deutsch) eine zentrale Rolle beim Fremdsprachenlernen einnimmt. Daher setzt sich der Leitfaden aus zwei Teilen zusammen: Der erste Teil prä‐ sentiert allgemeine sprachliche Strukturen, wie zentrale Elemente der Morpho‐ logie und der Syntax; im zweiten Teil werden - untergliedert in die jeweils zu erlernenden Sprachen und aufbauend auf den Grundlagen des ersten Teils - sprachliche Fehlerquellen thematisiert und aufgelöst sowie Übungen zu den einzelnen Aspekten angeboten, um das Gelernte auch in der Praxis anwendbar zu machen. Dabei wurde auf die von den Lehrenden in den Interviews ge‐ nannten Problemfelder in den einzelnen Sprachen eingegangen. Teil A: Sprachenübergreifende sprachliche Strukturen (Morphologie und Syntax) Der erste Bereich (Teil A) konzentriert sich, wie bereits erwähnt, auf die Mor‐ phologie und die Syntax . Die Morphologie , ein wesentlicher Zweig der deutschen Grammatik, befasst sich mit der Struktur wie auch den Formen einzelner Wörter und der Wortbildung an sich. Im Rahmen dieses Projekts stehen hier die Wort‐ 158 Bettina Leitner arten und ihre grammatischen Kategorien (Fall, Zahl, Geschlecht, Person, Zeit, Tempus, Modus und Genus verbi) im Vordergrund. Die Notwendigkeit, bei diesen basalen Phänomenen zu beginnen, ergibt sich - wie auch die später fol‐ genden Beispiele - aus den Lehrendeninterviews. 100 % der Lehrpersonen merkten an, dass zahlreiche Studierende die Wortarten nicht bestimmen oder unterscheiden können: „[Studierende] können zwischen einem Adjektiv und einem Adverb nicht unterscheiden“ oder „Studierende sind oft schon mit der Bestimmung der Wortarten überfordert“ geben höchsten Anlass zum Handeln, zumal in allen hier thematisierten Sprachen (Französisch, Italienisch, Latein und Spanisch) die meisten der deutschen Wortarten auch in Gebrauch sind und ähn‐ liche, wenn nicht sogar gleiche, grammatische Kategorien aufweisen. Durch die Vorstellung der einzelnen Wortarten und deren Eigenschaften sollen die Stu‐ dierenden die wesentlichen morphologischen Bausteine ihrer Erstsprache und darauf aufbauend ihrer zu erlernenden Sprache kennenlernen. Man denke bei‐ spielsweise an die Wortart „Substantiv bzw. Nomen“, welche im Deutschen wie auch in den anderen hier zentralen Sprachen die Kategorien „Fall“, „Zahl“ und „Geschlecht“ aufweist; man vergleiche: Sprache Beispiel Grammatische Kategorien Deutsch Der Baum ist schön. 1. Fall, Singular, maskulin Italienisch L’albero è bello. 1. Fall, Singular, maskulin Spanisch El árbol es hermoso. 1. Fall, Singular, maskulin Französisch L’arbre est magnifique. 1. Fall, Singular, maskulin Latein Arbor pulchra est. 1. Fall, Singular, feminin Tabelle 1: Die grammatischen Kategorien des Nomens Wenn Studierende über diese Kategorien in der L1 Deutsch Bescheid wissen, wird es für sie kein Problem darstellen, zu erkennen, dass die zu erlernenden Sprachen diese ebenso aufweisen. Die Kenntnis dieser grammatischen Katego‐ rien ist unerlässlich, um einen Satz etwa auf syntaktischer und weiter auf se‐ mantischer bzw. pragmatischer Ebene verstehen zu können. Der zweite Abschnitt des Teils A ist der Syntax gewidmet. Unter Syntax ver‐ steht man die Zusammenfügung von Wörtern oder ganzen Wortgruppen zu Sätzen, welche auf bestimmten grammatikalischen Gesetzmäßigkeiten basiert, wie etwa auf einer konkreten vorgeschriebenen Satzstellung. Außerdem können im Rahmen der Syntax Satzstrukturen, also den Sätzen zugrundeliegende sich 159 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch wiederholende Muster, beschrieben werden. Im Rahmen dieses Projekts soll der Fokus auf der Funktion der einzelnen Satzglieder liegen, da den Lehrendenin‐ terviews entnommen werden kann, dass der Großteil der Studierenden hier Probleme hat, wie die beiden folgenden Aussagen zeigen: „Studierende wissen oft nicht, wo das Subjekt (Nominativ) des Satzes ist.“ oder „Viele Studierende können die einzelnen Satzteile nicht bestimmen, geschweige denn eine Satz‐ analyse durchführen.“ Doch gerade das Wissen über die fünf Hauptfunktionen von Satzgliedern (Subjekt, Prädikat, Objekt, Prädikativum und Adverbial) ist für das Erlernen einer neuen - hier vorzugsweise romanischen - Sprache essentiell, da sich, wie auch auf der Ebene der Morphologie, die wesentlichen Eigen‐ schaften der Satzglieder in der zu erlernenden Sprache mit denen der L1 Deutsch decken. Um dies zu illustrieren, können die oben angeführten Beispielsätze aus Tabelle 1 erneut herangezogen werden: Sprache Beispiel Syntaktische Funktionen der Satzglieder Deutsch Der Baum | ist | schön. Subjekt | Prädikat | Prädikativum. Italienisch L’albero | è | bello. Subjekt | Prädikat | Prädikativum. Spanisch El árbol | es | hermoso. Subjekt | Prädikat | Prädikativum. Französisch L’arbre | est | magnifique. Subjekt | Prädikat | Prädikativum. Latein Arbor | pulchra | est. Subjekt | Prädikativum | Prädikat. Tabelle 2: Syntaktische Funktionen der Satzglieder Beispiele 1 Anhand dieser kurzen Gegenüberstellung lässt sich sehr gut aufzeigen, dass in allen Sprachen, für die der Leitfaden konzipiert ist, die Funktion der Satzglieder weitgehend ident ist. Nur das Lateinische bildet in Bezug auf die Wortstellung eine Ausnahme, die allerdings auf der Ebene der Satzgliedfunktion nicht von Bedeutung ist. In allen hier angeführten Sprachen regiert das Prädikat den Satz, zeigt somit das Subjekt an und verweist auf das Prädikativum. Noch deutlicher werden die Parallelen in etwas komplexeren Satzgebilden: Sprache Beispiel Syntaktische Funktionen der Satzglieder Deutsch Der Mann | bringt | der Frau | das Buch. Subjekt | Prädikat | O3 | O4. Italienisch L’uomo | porta | il libro | alla donna. Subjekt | Prädikat | O4 | O3. Spanisch El hombre | le | trae | un libro | a la mujer. Subjekt | O3 | Prädikat | O4 | O3. 160 Bettina Leitner Sprache Beispiel Syntaktische Funktionen der Satzglieder Französisch L’homme | apporte | le livre | → la femme. Subjekt | Prädikat | O4 | O3. Latein Homo | feminae | librum | portat. Subjekt | O3 | O4 | Prädikat. Tabelle 3: Syntaktische Funktionen der Satzglieder Beispiele 2 In diesen Beispielen werden Ähnlichkeiten noch besser sichtbar. Das Deutsch Verb „bringen“ - das Prädikat des Satzes - regiert die restlichen Satzglieder. Als sogenanntes dreiwertiges Verb kann es demnach einen Nominativ (das Subjekt; Frage: Wer? / Was? ), einen Akkusativ (O 4 = Akkusativobjekt; Frage: Wen? / Was? ) und einen Dativ (O3 = Dativobjekt; Frage: Wem? ) bei sich haben, wie das angeführte Beispiel aufzeigt. In allen hier genannten Sprachen zeichnet sich somit in Bezug auf die Funktion der Satzglieder ein ähnliches Bild ab; nur das Spanische verwendet ein zusätzliches antizipierendes Pronomen („le“) im Dativ als weiteres O 3 , was mitunter auch im Italienischen zu finden ist. Ver‐ stehen die Lernenden also die syntaktischen Funktionen der unterschiedlichen Satzglieder in der L1 Deutsch, können sie diese Kenntnisse auf die zu erlernende Sprache transferieren. Dabei ist es nicht störend, dass in den romanischen Spra‐ chen zusätzlich unterschiedliche Präpositionen zur Anwendung kommen. Teil B: Sprachenspezifische Phänomene Teil B des Leitfadens behandelt sprachenspezifische Phänomene, die den Ler nenden der jeweiligen Fremdsprachen des Öfteren Probleme bereiten können, jedoch durch ein fundierteres Wissen in der L 1 Deutsch vermieden oder zu‐ mindest reduziert werden können. Wie auch im Teil A dienen die Lehrenden‐ interviews hier als Maßstab und Quelle für die Ausarbeitung. Als Beispiel sollen Berichte aus dem Italienischunterricht angeführt werden. Mehrmals wurde erwähnt, dass die Studierenden vermehrt Schwierigkeiten mit der Verwendung und Bildung der reflexiven Verben haben oder auch im Passato prossimo nicht die korrekte Form von „avere“ bzw. „essere“ verwenden können. Dabei kann hier ein grundlegendes Verständnis dieser beiden sprachlichen Phä‐ nomene durch reflektierte Analyse der L1 Deutsch geschaffen werden. Denn auch das Deutsche bedient sich reflexiver Verbformen, wie „sich wa‐ schen“, „sich erheben“ oder „sich freuen“, die auf morphosyntaktischer Ebene ähnlichen Regeln folgen wie im Italienischen. Dies verdeutlicht folgende Ta‐ belle: 161 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch Verbform Deutsch Italienisch Infinitiv sich waschen lavarsi 1. Pers. Sg. Ind. akt. Ich wasche mich. (Io) mi lavo. 2. Pers. Sg. Ind. akt. Du wäschst dich. (Tu) ti lavi. 3. Pers. Sg. Ind. akt. Er / sie wäscht sich. (Lui / lei) si lava. 1. Pers. Pl. Ind. akt. Wir waschen uns. (Noi) ci lavamo. 2. Pers. Pl. Ind. akt. Ihr wascht euch. (Voi) vi lavate. 3. Pers. Pl. Ind. akt. Sie waschen sich. (Loro) si lavano. Tabelle 4: Reflexive Verben (Deutsch - Italienisch) Wie auch das Italienische benötigt das Deutsche zu den im Präsens regulär kon‐ jugierten Verbformen die entsprechenden Reflexivpronomen - in der Tabelle jeweils fett markiert. Dabei ist zu bedenken, dass die Verwendung des Perso‐ nalpronomens im Deutschen obligatorisch, im Italienischen jedoch fakultativ bzw. eher ungebräuchlich ist. Ist man sich daher der Bildung der deutschen re‐ flexiven Verbalformen bewusst, sollten das Erkennen und die Bildung der ita‐ lienischen Reflexivformen die Studierenden vor keine Schwierigkeiten stellen. Dennoch gilt es, in beiden Sprachen eines zu bedenken: Viele Verben können zwar auch reflexiv verwendet werden, jedoch nicht alle. Ein Beispiel aus einem Lehrendeninterview verdeutlicht das Problem: Es sei keine Seltenheit, dass Lernende den Unterschied zwischen reflexiven und nicht-reflexiven Verben nicht verstehen und bei entsprechenden Übungen von allen Verben automatisch eine reflexive Form bilden, obwohl dies sprachlich nicht korrekt ist. Konkret könne hier eine bestimmte Übung angeführt werden, die im Rahmen einer Hausübung zu bearbeiten war. Es galt, einen Tagesablauf anhand einer vorge‐ gebenen Bildergeschichte nachzuerzählen. Eine Arbeit kann hier als Extremum angeführt werden: „Si fa prima la colazione. Si esce di casa. Si arriva a scuola. Si apre la porta con la chiave. Si ascolta la musica. Si riordina la sua camera. Si fa i compiti. Si cena. Si guarda la TV . Si lava il suo viso. Si esce.“ Wie unschwer zu erkennen ist, scheint besagter Person die Funktion der reflexiven Verben nicht klar zu sein, zumal die Bildung reflexiver Formen wie „*Si esce di casa.“ (ent‐ spricht dem Deutschen: „*Er / Sie geht sich aus dem Haus.“) nicht grammatisch ist. Hätte der / die Lernende ein solides sprachliches Fundament in der L1 (Deutsch), ist davon auszugehen, dass derartige Fehler hätten vermieden werden können. 162 Bettina Leitner Ein weiteres sprachliches Phänomen, welches scheinbar öfter zu Problemen im Unterricht führt, ist die korrekte Bildung des Passato prossimo (der Vergan‐ genheit; ähnlich dem deutschen Perfekt). Wie das deutsche Perfekt, oder auch Präsensperfekt genannt, setzt sich das Passato prossimo aus einer Form von „haben / avere“ und „sein / essere“ sowie einem Partizip zusammen, was folgende Tabelle sehr gut veranschaulicht: Perfekt mit „haben“ Passato p. mit „avere“ Perfekt mit „sein“ Passato p. mit „es‐ sere“ Ich habe gelesen. (Io) ho letto. Ich bin gegangen. (Io) sono andato/ -a. Du hast gelesen. (Tu) hai letto. Du bist gegangen. (Tu) sei andato/ -a Er / sie hat gelesen. (Lui / lei) ha letto. Er / sie ist ge‐ gangen. (Lui / lei) è andato/ -a. Wir haben ge‐ lesen. (Noi) abbiamo letto. Wir sind ge‐ gangen. (Noi) siamo an‐ dati/ -e. Ihr habt gelesen. (Voi) avete letto. Ihr seid ge‐ gangen. (Voi) siete andati/ -e. Sie haben gelesen. (Loro) hanno letto. Sie sind ge‐ gangen. (Loro) sono an‐ dati/ -e. Tabelle 5: Gegenüberstellung: Perfekt - Passato prossimo Die morphosyntaktischen Parallelen in der Bildung der Vergangenheit sind hier sehr gut ersichtlich. Beide Sprachen bedienen sich eines Auxiliars („haben / avere“ oder „sein / essere“) - in der Tabelle fett gedruckt - und eines Partizips - in der Tabelle unterstrichen. Hier muss jedoch wieder bedacht werden, dass die Verwendung des Personalpronomens im Italienischen nicht wie im Deutschen obligatorisch, sondern fakultativ ist. Das Italienische weist außerdem die morphologische Besonderheit auf, dass das Partizip in Kombina‐ tion mit dem Auxiliar „essere“ in Geschlecht und Zahl mit dem Subjekt über‐ eingestimmt ist, während das Deutsche die unterschiedlichen Kategorien des Partizips morphologisch nicht markiert. Bedenkt man diese beiden sprachlichen Aspekte, sollte die Bildung des italienischen Passato prossimo vor dem Hinter‐ grund des Deutschen kein Problem darstellen. Geht man jedoch einen Schritt tiefer, ist den Lehrendeninterviews zu entnehmen, dass besonders die richtige Wahl des Auxiliars („haben / avere“ bzw. „sein / essere“) die Studierenden vor eine Herausforderung stellt. Doch auch hier lohnt sich ein Vergleich mit der L1 Deutsch: Der Duden (vgl. 2009) beschreibt die Perfektbildung mit „haben“ als 163 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch 3 Das Italienische bildet die Formen von „riuscire“ im Gegensatz zum Deutschen per‐ sönlich. 4 Gerade in dieser Kategorie muss im Italienischen bedacht werden, dass manche Bewe‐ gungsverben das Passato prossimo sowohl mit „avere“ als auch mit „essere“ bilden können. Dies hängt u. a. davon ab, ob ein Ziel angegeben ist oder nicht. Normalfall (vgl. ebd., S. 464, § 659 ). Das Auxiliar „sein“ kommt demnach nur in wenigen Fällen zum Einsatz, etwa bei „intransitive[n] Vorgangsverben, die eine Veränderung mit Bezug auf den Subjektaktanten ausdrücken“ (ebd., S. 465, § 659 iia), also bei Verben, die eine Zustandsänderung bezeichnen, wie „ankommen“, „aufwachen“, „einziehen“, „erkranken“, „wachsen“ usw., oder auch bei einigen intransitiven „Vorgangsverben mit Dativobjekt“ (vgl. ebd., § 659 iib), wie „ge‐ schehen“, „passieren“, „gelingen“, „zustoßen“ usw. Das Perfekt mit „sein“ bilden ebenso zentrale Verben der Fortbewegung wie „fahren“, „gehen“, „fliegen“, „folgen“, „laufen“, „reisen“ usw. (vgl. ebd., § 660 ). Aufbauend auf diesem Wissen über die deutsche Sprache scheint die Bildung des italienischen Passato pros‐ simo nicht sehr komplex zu sein. Das Deutsche gibt hier eine grobe Orientierung vor, was die korrekte Verwendung der Hilfsverben vereinfacht, auch wenn beide Sprachen einige Ausnahmen aufweisen. In einer letzten Tabelle können die Pa‐ rallelen in der Tempusbildung sehr anschaulich aufgezeigt werden: Kategorie (Paragraph Duden (vgl. ebd., S. 464 f.)) Deutsch Italienisch § 659: Regelfall → „haben“ Ich habe gelesen. (Io) ho letto. Er hat gesagt, dass … (Lui) ha detto, che … § 659 iia: Zustandsänderung → „sein“ Ich bin angekommen. (Io) sono arrivato/ -a. Du bist gewachsen. (Tu) sei cresciuto/ -a. § 659 iib: Vorgangsverben + Dativ → „sein“ Es ist mir passiert, dass … Mi è successo, che … Es ist mir gelungen. Sono riuscito/ -a. 3 § 660: Bewegungsverben → „sein“ 4 Wir sind gegangen. (Noi) siamo andati/ -e. Ihr seid gekommen. (Voi) siete andati/ -e. Tabelle 6: Perfekt und Passato prossimo im Vergleich - Bildung mit „haben“ und „sein“ 164 Bettina Leitner Auch wenn die oben angeführte Tabelle viele Parallelen deutlich macht, so muss dennoch ein wesentlicher Unterschied angeführt werden: Während im Deut‐ schen die reflexiven Verben das Perfekt regelmäßig mit „haben“ bilden (vgl. ebd., § 659 ), so wird im Italienischen bei den reflexiven Formen stets das Auxiliar „essere“ benötigt: Deutsch: „Ich habe mich gewaschen.“ - Italienisch: „Mi sono lavato/ -a.“ Auch wenn die beiden Sprachen diesen wesentlichen Unterschied aufweisen, so gibt die L1 Deutsch eine grobe Orientierung und ein grundle‐ gendes Verständnis in Bezug auf die Tempusbildung, hier des Passato prossimo, im Italienischen vor. Sind sich die Studierenden dieser grundlegenden Regeln in der L1 bewusst, so werden sie in den meisten Fällen schon aufgrund ihres Vor‐ wissens die richtigen Auxiliarformen im Italienischen wählen. Es empfiehlt sich daher, den Studierenden diesen Leitfaden bereits vor Beginn des Kurses zukommen zu lassen oder auf diesen zu verweisen. So kann zum einen schon vor Kursbeginn eine konkrete Empfehlung ausgesprochen werden, bei welchen sprachlichen Phänomenen es sich lohnt, sie im Vorhinein zu wie‐ derholen oder sich diese neu anzueignen, da entsprechende Inhalte im Kurs thematisiert werden. Zum anderen ist auch eine parallele Verwendung während des Kurses denkbar, indem in oder vor der jeweiligen Einheit auf das entspre‐ chende Phänomen verwiesen wird. Da die Mehrheit der Lehrenden berichtet, dass durch die Erklärung der deutschen Grammatik sehr viel Zeit in Anspruch genommen wird, die der eigentlichen Fremdsprachenvermittlung gewidmet sein sollte, ist der Leitfaden als Hilfsmittel zum Selbststudium konzipiert. Dieser liegt als Printversion bei treffpunkt sprachen auf oder kann kostenlos auf der Webseite des Forschungsbereichs Fachdidaktik (vgl. treffpunkt sprachen 2021) heruntergeladen werden. 165 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch Beispiele In diesem Kapitel sollen exemplarisch zwei Ausarbeitungen aus dem Leitfaden vorgestellt werden, wobei ein Beispiel dem Teil A und eines dem Teil B ent‐ nommen wurde. Beispiel Teil A Die Funktion der Satzglieder im Deutschen 142 Beispiele In diesem Kapitel sollen exemplarisch zwei Ausarbeitungen aus dem Leitfaden vorgestellt werden, wobei ein Beispiel dem Teil A und eines dem Teil B entnommen wurde. Beispiel Teil A Die Funktion der Satzglieder im Deutschen Einteilung der Satzglieder Beginnen wir mit einem Beispiel: „ Der Hund frisst einen großen Knochen .“ Zuerst gilt es, die Anzahl der Satzglieder zu eruieren. In diesem Fall besteht der Satz aus drei Satzgliedern: „ Der Hund | frisst | einen großen Knochen. “ Zu Beginn steht das Subjekt, dann folgt das Prädikat und an letzter Stelle steht das Objekt. Um herauszufinden, ob es sich bei den jeweiligen syntaktischen Einheiten (Wort oder Wortgruppe) tatsächlich um selbstständige Satzglieder handelt, kann die sogenannte Umstellprobe (oder auch Verschiebeprobe genannt) herangezogen werden. Dabei muss bedacht werden, dass das Prädikat eine fixe Stellung im Satz einnimmt. So steht es im gewöhnlichen Aussagesatz meist an zweiter Stelle, wie auch dem angeführten Beispiel zu entnehmen ist. Die Umstellprobe besagt nun, dass alle anderen Satzglieder umgestellt werden können und der Satz trotzdem grammatisch korrekt bleibt. Wortgruppen oder Wörter, die nicht richtig eingeordnet wurden, lassen sich nicht beliebig verschieben. Bezogen auf unser Beispiel ergibt sich Folgendes: a) Ausgangssatz mit korrekter Satzgliedeinteilung: „Der Hund | frisst | einen großen Knochen.“ Umstellprobe: „ Einen großen Knochen | frisst | der Hund .“ → grammatisch korrekt b) Ausgangssatz mit falscher Satzgliedeinteilung: „ Der Hund | frisst | einen großen |Knochen.“ Umstellprobe: „*Einen großen | frisst | Knochen | der Hund.“ → grammatisch inkorrekt Wir halten also fest, dass mithilfe der Umstellprobe eruiert werden kann, ob es sich bei einer syntaktischen Einheit um ein Satzglied handelt oder nicht. Im Deutschen gibt es mehrere Möglichkeiten, einen ganzen Satz zu analysieren. Man kann ihn im Hinblick auf die innere Struktur (Phrase, Kern) untersuchen, man kann die Valenz (Prädikat, Ergänzung, Angabe), die Funktion der Satzglieder (Subjekt, Prädikat, Objekt, Prädikativum und Adverbial) oder auch die grammatischen Merkmale einzelner Wörter, wie etwa die Wortart (vgl. Duden 2009, S. 765, § 1167), näher betrachten. In diesem Kapitel werden die (semantischen) Funktionen einzelner Satzglieder näher erläutert. Einteilung der Satzglieder Beginnen wir mit einem Beispiel: „ Der Hund frisst einen großen Knochen.“ Zu‐ erst gilt es, die Anzahl der Satzglieder zu eruieren. In diesem Fall besteht der Satz aus drei Satzgliedern: „ Der Hund | frisst | einen großen Knochen. “ Zu Beginn steht das Subjekt, dann folgt das Prädikat und an letzter Stelle steht das Objekt. Um herauszufinden, ob es sich bei den jeweiligen syntaktischen Einheiten (Wort oder Wortgruppe) tatsächlich um selbstständige Satzglieder handelt, kann die sogenannte Umstellprobe (oder auch Verschiebeprobe genannt) herange‐ zogen werden. Dabei muss bedacht werden, dass das Prädikat eine fixe Stellung im Satz einnimmt. So steht es im gewöhnlichen Aussagesatz meist an zweiter Stelle, wie auch dem angeführten Beispiel zu entnehmen ist. Die Umstellprobe besagt nun, dass alle anderen Satzglieder umgestellt werden können und der Satz trotzdem grammatisch korrekt bleibt. Wortgruppen oder Wörter, die nicht richtig eingeordnet wurden, lassen sich nicht beliebig verschieben. Bezogen auf unser Beispiel ergibt sich Folgendes: 166 Bettina Leitner 142 einnimmt. So steht es im gewöhnlichen Aussagesatz meist an zweiter Stelle, wie auch dem angeführten Beispiel zu entnehmen ist. Die Umstellprobe besagt nun, dass alle anderen Satzglieder umgestellt werden können und der Satz trotzdem grammatisch korrekt bleibt. Wortgruppen oder Wörter, die nicht richtig eingeordnet wurden, lassen sich nicht beliebig verschieben. Bezogen auf unser Beispiel ergibt sich Folgendes: a) Ausgangssatz mit korrekter Satzgliedeinteilung: „Der Hund | frisst | einen großen Knochen.“ Umstellprobe: „ Einen großen Knochen | frisst | der Hund .“ → grammatisch korrekt b) Ausgangssatz mit falscher Satzgliedeinteilung: „ Der Hund | frisst | einen großen |Knochen.“ Umstellprobe: „*Einen großen | frisst | Knochen | der Hund.“ → grammatisch inkorrekt Wir halten also fest, dass mithilfe der Umstellprobe eruiert werden kann, ob es sich bei einer syntaktischen Einheit um ein Satzglied handelt oder nicht. Wir halten also fest, dass mithilfe der Umstellprobe eruiert werden kann, ob es sich bei einer syntaktischen Einheit um ein Satzglied handelt oder nicht. Satzglieder bestimmen Hat man in einem ersten Schritt die einzelnen Satzglieder als solche identifi‐ zieren können, kann in einem weiteren Schritt die jeweilige (semantische) Funktion dieser bestimmt werden. Jedes einzelne Satzglied übernimmt im Satz eine konkrete Aufgabe. Um nun diese Aufgabe bzw. die Funktion der Satzglieder bestimmen zu können, können wir Fragen an den Satz stellen. Die Antworten auf diese erlauben es uns, das jeweilige Satzglied näher zu klassifizieren. Insge‐ samt gibt es im Deutschen fünf verschiedene Funktionen, die ein Satzglied er‐ füllen kann: Subjekt, Prädikat, Objekt, Adverbial und Prädikativum. Dabei ist anzumerken, dass sich Objekte und Adverbiale in weitere Subgattungen unter‐ teilen lassen. Deshalb beginnen wir mit dem Subjekt und dem Prädikat: Subjekt und Prädikat: Diese beiden Satzglieder sind die wichtigsten Bestandteile eines Satzes, denn jeder Satz besteht zumindest aus diesen beiden Satzgliedern. Sie bilden sozu‐ sagen die „kleinste sinnvolle Einheit“ eines Satzes. Ein Beispiel hierfür wäre: „ Das Kind | weint .“, wobei „das Kind“ das Subjekt ist und „weint“ das Prädikat. Was sind nun Subjekt und Prädikat? Satzglieder bestimmen Hat man in einem ersten Schritt die einzelnen Satzglieder als solche identifizieren können, kann in einem weiteren Schritt die jeweilige (semantische) Funktion dieser bestimmt werden. Jedes einzelne Satzglied übernimmt im Satz eine konkrete Aufgabe. Um nun diese Aufgabe bzw. die Funktion der Satzglieder bestimmen zu können, können wir Fragen an den Satz stellen. Die Antworten auf diese erlauben es uns, das jeweilige Satzglied näher zu klassifizieren. Insgesamt gibt es im Deutschen fünf verschiedene Funktionen, die ein Satzglied erfüllen kann: Subjekt, Prädikat, Objekt, Adverbial und Prädikativum. Dabei ist anzumerken, dass sich Objekte und Adverbiale in weitere Subgattungen unterteilen lassen. Deshalb beginnen wir mit dem Subjekt und dem Prädikat: Subjekt und Prädikat: Diese beiden Satzglieder sind die wichtigsten Bestandteile eines Satzes, denn jeder Satz besteht zumindest aus diesen beiden Satzgliedern. Sie bilden sozusagen die „kleinste sinnvolle Einheit“ eines Satzes. Ein Beispiel hierfür wäre: „ Das Kind | weint .“, wobei „das Kind“ das Subjekt ist und „weint“ das Prädikat. Was sind nun Subjekt und Prädikat? Objekt: Wir halten fest, dass Subjekt und Prädikat bereits einen grammatisch korrekten und vollständigen Satz bilden können, aber in vielen Fällen wird dieser durch weitere Informationen ergänzt. Diese zusätzlichen Subjekt (vgl. ebd., S. 810, § 1232): Das Subjekt ist ein sogenannter „Aktant“, der etwas ausführt oder erleidet. Wir können das Subjekt eruieren, indem wir fragen „Wer oder was tut/ erleidet etwas? “ - Die Antwort darauf ist das Subjekt, welches ausnahmslos im Nominativ steht. Z. B. „Das Kind weint.“ - Frage: „Wer oder was weint? “ - Antwort: „Das Kind.“ - Somit ist „das Kind“ das Subjekt. Prädikat (vgl. ebd., S. 844, § 1309): Das Prädikat sagt nun aus, was das Subjekt tut oder erleidet. Auch dieses können wir erfragen: „Was tut oder erleidet das Subjekt? “ - Die Antwort darauf ist das Prädikat, welches sich immer als finite Verbform präsentiert. Z. B: „Das Kind weint.“ - Frage: „Was tut das Kind? “ - Antwort: „Es weint.“ - Somit ist „weint“ das Prädikat. Es ist hier jedoch zu bedenken, dass das Prädikat auch zweigeteilt sein kann, wie etwa in Sätzen im Perfekt oder bei Modalverben. 167 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch 143 Objekt: Wir halten fest, dass Subjekt und Prädikat bereits einen grammatisch korrekten und vollständigen Satz bilden können, aber in vielen Fällen wird dieser durch weitere Informationen ergänzt. Diese zusätzlichen Informationen kann unter anderem das Objekt liefern. Wir haben gelernt, dass ein Prädikat stets eine Handlung ausdrückt und dass das Subjekt diese ausführt oder erleidet. Kommt nun ein Objekt dazu, drückt dieses das Ziel der Handlung aus. Vereinfacht könnte man sagen: Das Prädikat zeigt an, was das Subjekt mit dem Objekt macht. Diese Vereinfachung ist zwar nicht immer richtig, doch sie gibt uns eine grobe Orientierung vor. Auch das Objekt kann durch das Stellen von Fragen eruiert werden, jedoch ist dies etwas komplexer als bei den beiden vorausgehenden Satzgliedfunktionen, denn das Deutsche unterscheidet vier Objektklassen: das Genetivobjekt, das Dativobjekt, das Akkusativobjekt und das Präpositionalobjekt. Dementsprechend müssen auch die Fragen gestellt werden. Subjekt (vgl. ebd., S. 810, § 1232): Das Subjekt ist ein sogenannter „Aktant“, der etwas ausführt oder erleidet. Wir können das Subjekt eruieren, indem wir fragen „Wer oder was tut/ erleidet etwas? “ - Die Antwort darauf ist das Subjekt, welches ausnahmslos im Nominativ steht. Z. B. „Das Kind weint.“ - Frage: „Wer oder was weint? “ - Antwort: „Das Kind.“ - Somit ist „das Kind“ das Subjekt. Prädikat (vgl. ebd., S. 844, § 1309): Das Prädikat sagt nun aus, was das Subjekt tut oder erleidet. Auch dieses können wir erfragen: „Was tut oder erleidet das Subjekt? “ - Die Antwort darauf ist das Prädikat, welches sich immer als finite Verbform präsentiert. Z. B: „Das Kind weint.“ - Frage: „Was tut das Kind? “ - Antwort: „Es weint.“ - Somit ist „weint“ das Prädikat. Es ist hier jedoch zu bedenken, dass das Prädikat auch zweigeteilt sein kann, wie etwa in Sätzen im Perfekt oder bei Modalverben. Objekt: Wir halten fest, dass Subjekt und Prädikat bereits einen grammatisch korrekten und vollständigen Satz bilden können, aber in vielen Fällen wird dieser durch weitere Informationen ergänzt. Diese zusätzlichen Informationen kann unter anderem das Objekt liefern. Wir haben gelernt, dass ein Prädikat stets eine Handlung ausdrückt und dass das Subjekt diese ausführt oder erleidet. Kommt nun ein Objekt dazu, drückt dieses das Ziel der Handlung aus. Vereinfacht könnte man sagen: Das Prädikat zeigt an, was das Subjekt mit dem Objekt macht. Diese Vereinfachung ist zwar nicht immer richtig, doch sie gibt uns eine grobe Orientierung vor. Auch das Objekt kann durch das Stellen von Fragen eruiert werden, jedoch ist dies etwas komplexer als bei den beiden vorausgehenden Satzgliedfunktionen, denn das Deutsche unterscheidet vier Objektklassen: das Genetivobjekt, das Dativobjekt, das Akkusativobjekt und das Präpositionalob‐ jekt. Dementsprechend müssen auch die Fragen gestellt werden. Akkusativobjekt (vgl. ebd., S. 814, § 1239, § 1240): Hier handelt es sich um ein Nomen, eine Nomengruppe oder ein Pronomen im Akkusativ. Die Begleiter der Nomen und Pronomen, wie etwa Adjektive oder Artikel, sind immer auch Teil dieses Satzglieds. Das Akkusativobjekt kann man mit „Wen oder was? “ erfragen. Z. B: „Der Hund frisst einen großen Knochen.“ - Frage: „Wen oder was frisst der Hund? “ - Antwort: „einen großen Knochen“. Somit ist „einen großen Knochen“ das Akkusativobjekt, häufig abgekürzt als O4. Dativobjekt (vgl. ebd., S. 817, § 1248, § 1249): Auch das Dativobjekt kann aus einem Nomen, einer Nomengruppe oder einem Pronomen gebildet werden, jedoch hier im Dativ. Ebenso gilt die Regel, dass auch die entsprechenden Begleiter zum selben Satzglied gezählt werden. Das Dativobjekt erfragt man mit „Wem? “. Z. B: „Anna vertraut ihrer Schwester.“ - Frage: „Wem vertraut Anna? “ - Antwort: „ihrer Schwester“. Demnach ist „ihrer Schwester“ das Dativobjekt, häufig abgekürzt als O3. Genetivobjekt (vgl. ebd., S. 820, § 1254, § 1255): Ebenso wie bei den anderen beiden Objekten kann das Genetivobjekt aus einem Nomen, einer Nomengruppe oder einem Pronomen - hier im Genetiv - bestehen. Auch die dazugehörigen Begleiter sind Teil dieses Satzglieds, das mit „Wessen? “ erfragt werden kann. Z. B. „Martin gedenkt seiner Tante.“ - Frage: „Wessen gedenkt Martin? “ - Antwort: „seiner Tante.“ Also ist „seiner Tante“ das Genetivobjekt, häufig abgekürzt als O2. Akkusativobjekt (vgl. ebd., S. 814, § 1239, § 1240): Hier handelt es sich um ein Nomen, eine Nomengruppe oder ein Pronomen im Akkusativ. Die Begleiter der Nomen und Pronomen, wie etwa Adjektive oder Artikel, sind immer auch Teil dieses Satzglieds. Das Akkusativobjekt kann man mit „Wen oder was? “ erfragen. Z. B: „Der Hund frisst einen großen Knochen.“ - Frage: „Wen oder was frisst der Hund? “ - Antwort: „einen großen Knochen“. Somit ist „einen großen Knochen“ das Akkusativobjekt, häufig abgekürzt als O4. Dativobjekt (vgl. ebd., S. 817, § 1248, § 1249): Auch das Dativobjekt kann aus einem Nomen, einer Nomengruppe oder einem Pronomen gebildet werden, jedoch hier im Dativ. Ebenso gilt die Regel, dass auch die entsprechenden Begleiter zum selben Satzglied gezählt werden. Das Dativobjekt erfragt man mit „Wem? “. Z. B: „Anna vertraut ihrer Schwester.“ - Frage: „Wem vertraut Anna? “ - Antwort: „ihrer Schwester“. Demnach ist „ihrer Schwester“ das Dativobjekt, häufig abgekürzt als O3. Genetivobjekt (vgl. ebd., S. 820, § 1254, § 1255): Ebenso wie bei den anderen beiden Objekten kann das Genetivobjekt aus einem Nomen, einer Nomengruppe oder einem Pronomen - hier im Genetiv - bestehen. Auch die dazugehörigen Begleiter sind Teil dieses Satzglieds, das mit „Wessen? “ erfragt werden kann. Z. B. „Martin gedenkt seiner Tante.“ - Frage: „Wessen gedenkt Martin? “ - Antwort: „seiner Tante.“ Also ist „seiner Tante“ das Genetivobjekt, häufig abgekürzt als O2. 168 Bettina Leitner 144 Prädikativum: Es sollte bereits bekannt sein, dass das Deutsche über vier Fälle verfügt. Wir haben bereits gelernt, dass es Objekte jeweils im Genetiv, im Dativ und auch im Akkusativ gibt. Nun stellt sich doch auch die Frage, ob es nicht auch ein Nominativobjekt geben könnte. Die Antwort: Ja, es gibt ein „Nominativobjekt“, nur wird hierfür der Begriff Gleichsetzungsnominativ oder Prädikativum verwendet. Z. B: „Dieser Mann ist ein Kämpfer.“ Betrachtet man diesen Satz genauer, kann man feststellen, dass „dieser Mann“ das Subjekt ist und „ist“ das Prädikat. Nun gilt es noch „ein Kämpfer“ näher zu bestimmen. Man könnte fälschlicherweise annehmen, dass es sich hier um ein Akkusativobjekt handeln könnte, doch bei näherer Betrachtung des Kasus zeigt sich eindeutig, dass „ein Kämpfer“ im Nominativ steht (Akkusativ wäre „einen Kämpfer“). Da „dieser Präpositionalobjekt (vgl. ebd., S. 1185, § 1185; S. 839, § 1301): Das Präpositionalobjekt ist ein Objekt, welches im Dativ oder im Akkusativ steht. Es unterscheidet sich dahingehend von anderen Objekten, als dass der Kasus des Objekts von einer Präposition bestimmt wird. Wenn wir nach dem Präpositionalobjekt fragen wollen, muss die Präposition stets in der Frage enthalten sein. Z. B. „Die Nachbarn sprechen über den Bürgermeister.“ - Frage „Über wen sprechen die Nachbarn? “ - Antwort: „über den Bürgermeister“. Somit ist „über den Bürgermeister“ ein Präpositionalobjekt. Dativobjekt (vgl. ebd., S. 817, § 1248, § 1249): Auch das Dativobjekt kann aus einem , einer Nomengruppe oder einem Pronomen gebildet werden, jedoch hier im Dativ. Ebenso gilt die Regel, dass auch die entsprechenden Begleiter zum selben Satzglied gezählt werden. Das Dativobjekt erfragt man mit „Wem? “. Z. B: „Anna vertraut ihrer Schwester.“ - Frage: „Wem vertraut Anna? “ - Antwort: „ihrer Schwester“. Demnach ist „ihrer Schwester“ das Dativobjekt, häufig abgekürzt als O3. Genetivobjekt (vgl. ebd., S. 820, § 1254, § 1255): Ebenso wie bei den anderen beiden Objekten kann das Genetivobjekt aus einem Nomen, einer Nomengruppe oder einem Pronomen - hier im Genetiv - bestehen. Auch die dazugehörigen Begleiter sind Teil dieses Satzglieds, das mit „Wessen? “ erfragt werden kann. Z. B. „Martin gedenkt seiner Tante.“ - Frage: „Wessen gedenkt Martin? “ - Antwort: „seiner Tante.“ Also ist „seiner Tante“ das Genetivobjekt, häufig abgekürzt als O2. 144 Prädikativum: Es sollte bereits bekannt sein, dass das Deutsche über vier Fälle verfügt. Wir haben bereits gelernt, dass es Objekte jeweils im Genetiv, im Dativ und auch im Akkusativ gibt. Nun stellt sich doch auch die Frage, ob es nicht auch ein Nominativobjekt geben könnte. Die Antwort: Ja, es gibt ein „Nominativobjekt“, nur wird hierfür der Begriff Gleichsetzungsnominativ oder Prädikativum verwendet. Z. B: „Dieser Mann ist ein Kämpfer.“ Betrachtet man diesen Satz genauer, kann man feststellen, dass „dieser Mann“ das Subjekt ist und „ist“ das Prädikat. Nun gilt es noch „ein Kämpfer“ näher zu bestimmen. Man könnte fälschlicherweise annehmen, dass es sich hier um ein Akkusativobjekt handeln könnte, doch bei näherer Betrachtung des Kasus zeigt sich eindeutig, dass „ein Kämpfer“ im Nominativ steht (Akkusativ wäre „einen Kämpfer“). Da „dieser Präpositionalobjekt (vgl. ebd., S. 1185, § 1185; S. 839, § 1301): Das Präpositionalobjekt ist ein Objekt, welches im Dativ oder im Akkusativ steht. Es unterscheidet sich dahingehend von anderen Objekten, als dass der Kasus des Objekts von einer Präposition bestimmt wird. Wenn wir nach dem Präpositionalobjekt fragen wollen, muss die Präposition stets in der Frage enthalten sein. Z. B. „Die Nachbarn sprechen über den Bürgermeister.“ - Frage „Über wen sprechen die Nachbarn? “ - Antwort: „über den Bürgermeister“. Somit ist „über den Bürgermeister“ ein Präpositionalobjekt. Dativobjekt (vgl. ebd., S. 817, § 1248, § 1249): Auch das Dativobjekt kann aus einem Nomen, einer Nomengruppe oder einem Pronomen gebildet werden, jedoch hier im Dativ. Ebenso gilt die Regel, dass auch die entsprechenden Begleiter zum selben Satzglied gezählt werden. Das Dativobjekt erfragt man mit „Wem? “. Z. B: „Anna vertraut ihrer Schwester.“ - Frage: „Wem vertraut Anna? “ - Antwort: „ihrer Schwester“. Demnach ist „ihrer Schwester“ das Dativobjekt, häufig abgekürzt als O3. Genetivobjekt (vgl. ebd., S. 820, § 1254, § 1255): Ebenso wie bei den anderen beiden Objekten kann das Genetivobjekt aus einem Nomen, einer Nomengruppe oder einem Pronomen - hier im Genetiv - bestehen. Auch die dazugehörigen Begleiter sind Teil dieses Satzglieds, das mit „Wessen? “ erfragt werden kann. Z. B. „Martin gedenkt seiner Tante.“ - Frage: „Wessen gedenkt Martin? “ - Antwort: „seiner Tante.“ Also ist „seiner Tante“ das Genetivobjekt, häufig abgekürzt als O2. Prädikativum: Es sollte bereits bekannt sein, dass das Deutsche über vier Fälle verfügt. Wir haben bereits gelernt, dass es Objekte jeweils im Genetiv, im Dativ und auch im Akkusativ gibt. Nun stellt sich doch auch die Frage, ob es nicht auch ein Nomi‐ nativobjekt geben könnte. Die Antwort: Ja, es gibt ein „Nominativobjekt“, nur wird hierfür der Begriff Gleichsetzungsnominativ oder Prädikativum verwendet. Z. B: „Dieser Mann ist ein Kämpfer.“ Betrachtet man diesen Satz genauer, kann man feststellen, dass „dieser Mann“ das Subjekt ist und „ist“ das Prädikat. Nun gilt es noch „ein Kämpfer“ näher zu bestimmen. Man könnte fälschlicherweise annehmen, dass es sich hier um ein Akkusativobjekt handeln könnte, doch bei näherer Betrachtung des Kasus zeigt sich eindeutig, dass „ein Kämpfer“ im No‐ minativ steht (Akkusativ wäre „einen Kämpfer“). Da „dieser Mann“ und „ein Kämpfer“ beide dieselbe Person beschreiben, handelt es sich bei „ein Kämpfer“ um einen sogenannten Gleichstellungsnominativ oder ein Prädikativum. 169 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch 145 Mann“ und „ein Kämpfer“ beide dieselbe Person beschreiben, handelt es sich bei „ein Kämpfer“ um einen sogenannten Gleichstellungsnominativ oder ein Prädikativum. Z. B: „Ich bin eine Studentin.“, „Ich werde gesund.“, „Der Mount Everest gilt als der höchste Berg.“, „Mein Hund bleibt mir treu.“ „Der junge Mann heißt Manuel.“ So ist im ersten Satz „ich“ das Subjekt, „bin“ das Prädikat und „eine Studentin“ das Prädikativum (im Nominativ). Weiters ist im zweiten Satz „ich“ wieder das Subjekt, „werde“ das Prädikat und „gesund“ das Prädikativum (im Nominativ) usw. Z. B: „Ich nenne dich einen Angsthasen.“, „Ich taufe dich Manuel.“, „Ich finde dich nett.“, „Der Kritiker schimpfte ihn einen Trottel.“ Betrachten wir den ersten Satz exemplarisch näher: „Ich“ ist das Subjekt, „nenne“ das Prädikat, „dich“ das Akkusativobjekt und „einen Angsthasen“ das Prädikativum im Akkusativ. Hier erkennen wir gut, dass sich die Formen „dich“ und „einen Angsthasen“ auf die gleiche Person (das O4) beziehen. Adverbial: Das Prädikativum im Akkusativ (vgl. ebd., S. 815f., § 1244): Ähnlich dem Prädikativum im Nominativ präsentiert sich das Prädikativum im Akkusativ, auch „Gleichsetzungsakkusativ“ genannt. Das Prädikativum im Akkusativ bezieht sich immer auf das Akkusativobjekt und übernimmt von dort seinen Kasus. Es kann somit inhaltlich dem O4 gleichgesetzt werden bzw. es beschreibt dieses näher. Dieses Prädikativum im Akkusativ wird allerdings nur von wenigen Verben gefordert: „nennen“, „heißen“, „taufen“, „finden“, „schelten“, „schimpfen“, „schmähen“. Als Adverbial (vgl. ebd., S. 781f., § 1186) oder „Umstandsbestimmung“ bezeichnet man im Deutschen eine Ergänzung innerhalb eines Satzes. Das Adverbial bestimmt dabei die ausgedrückte Handlung oder den ausgedrückten Zustand des Satzes näher. Es sagt aus, unter welchen Umständen eine Handlung vonstatten geht. Man unterscheidet im Deutschen adverbiale Bestimmungen des Orts (lokal; vgl. ebd., S. 783, § 1190), der Zeit (temporal; vgl. ebd., S. 784, § 1191), der Art/ Weise (modal; vgl. ebd., § 1192) und des Grunds (kausal; vgl. ebd., S. 785, § 1193). Sie können entweder aus einem Wort oder einer ganzen Wortgruppe bestehen. Man kann sie mithilfe einer W-Frage erfragen. Das Prädikativum im Nominativ (vgl. ebd., S. 812f., § 1236) kann auch als „Gleichsetzungsnominativ“ bezeichnet werden und bezieht sich immer auf das Subjekt. Es kann mit dem Subjekt inhaltlich gleichgesetzt werden bzw. beschreibt dieses näher. Dieses Prädikativum im Nominativ wird allerdings nur von wenigen Verben gefordert: „sein“, „werden“, „gelten (als)“, „bleiben“, „heißen“, „(sich) fühlen (als)“ Z. B: „Ich bin eine Studentin.“, „Ich werde gesund.“, „Der Mount Everest gilt als der höchste Berg.“, „Mein Hund bleibt mir treu.“ „Der junge Mann heißt Ma‐ nuel.“ So ist im ersten Satz „ich“ das Subjekt, „bin“ das Prädikat und „eine Stu‐ dentin“ das Prädikativum (im Nominativ). Weiters ist im zweiten Satz „ich“ wieder das Subjekt, „werde“ das Prädikat und „gesund“ das Prädikativum (im Nominativ) usw. 145 Mann“ und „ein Kämpfer“ beide dieselbe Person beschreiben, handelt es sich bei „ein Kämpfer“ um einen sogenannten Gleichstellungsnominativ oder ein Prädikativum. Z. B: „Ich bin eine Studentin.“, „Ich werde gesund.“, „Der Mount Everest gilt als der höchste Berg.“, „Mein Hund bleibt mir treu.“ „Der junge Mann heißt Manuel.“ So ist im ersten Satz „ich“ das Subjekt, „bin“ das Prädikat und „eine Studentin“ das Prädikativum (im Nominativ). Weiters ist im zweiten Satz „ich“ wieder das Subjekt, „werde“ das Prädikat und „gesund“ das Prädikativum (im Nominativ) usw. Z. B: „Ich nenne dich einen Angsthasen.“, „Ich taufe dich Manuel.“, „Ich finde dich nett.“, „Der Kritiker schimpfte ihn einen Trottel.“ Betrachten wir den ersten Satz exemplarisch näher: „Ich“ ist das Subjekt, „nenne“ das Prädikat, „dich“ das Akkusativobjekt und „einen Angsthasen“ das Prädikativum im Akkusativ. Hier erkennen wir gut, dass sich die Formen „dich“ und „einen Angsthasen“ auf die gleiche Person (das O4) beziehen. Adverbial: Das Prädikativum im Akkusativ (vgl. ebd., S. 815f., § 1244): Ähnlich dem Prädikativum im Nominativ präsentiert sich das Prädikativum im Akkusativ, auch „Gleichsetzungsakkusativ“ genannt. Das Prädikativum im Akkusativ bezieht sich immer auf das Akkusativobjekt und übernimmt von dort seinen Kasus. Es kann somit inhaltlich dem O4 gleichgesetzt werden bzw. es beschreibt dieses näher. Dieses Prädikativum im Akkusativ wird allerdings nur von wenigen Verben gefordert: „nennen“, „heißen“, „taufen“, „finden“, „schelten“, „schimpfen“, „schmähen“. Als Adverbial (vgl. ebd., S. 781f., § 1186) oder „Umstandsbestimmung“ bezeichnet man im Deutschen eine Ergänzung innerhalb eines Satzes. Das Adverbial bestimmt dabei die ausgedrückte Handlung oder den ausgedrückten Zustand des Satzes näher. Es sagt aus, unter welchen Umständen eine Handlung vonstatten geht. Man unterscheidet im Deutschen adverbiale Bestimmungen des Orts (lokal; vgl. ebd., S. 783, § 1190), der Zeit (temporal; vgl. ebd., S. 784, § 1191), der Art/ Weise (modal; vgl. ebd., § 1192) und des Grunds (kausal; vgl. ebd., S. 785, § 1193). Sie können entweder aus einem Wort oder einer ganzen Wortgruppe bestehen. Man kann sie mithilfe einer W-Frage erfragen. Das Prädikativum im Nominativ (vgl. ebd., S. 812f., § 1236) kann auch als „Gleichsetzungsnominativ“ bezeichnet werden und bezieht sich immer auf das Subjekt. Es kann mit dem Subjekt inhaltlich gleichgesetzt werden bzw. beschreibt dieses näher. Dieses Prädikativum im Nominativ wird allerdings nur von wenigen Verben gefordert: „sein“, „werden“, „gelten (als)“, „bleiben“, „heißen“, „(sich) fühlen (als)“ Z. B: „Ich nenne dich einen Angsthasen.“, „Ich taufe dich Manuel.“, „Ich finde dich nett.“, „Der Kritiker schimpfte ihn einen Trottel.“ Betrachten wir den ersten Satz exemplarisch näher: „Ich“ ist das Subjekt, „nenne“ das Prädikat, „dich“ das Ak‐ kusativobjekt und „einen Angsthasen“ das Prädikativum im Akkusativ. Hier er‐ kennen wir gut, dass sich die Formen „dich“ und „einen Angsthasen“ auf die gleiche Person (das O4) beziehen. 170 Bettina Leitner Adverbial: 145 Z. B: „Ich nenne dich einen Angsthasen.“, „Ich taufe dich Manuel.“, „Ich finde dich nett.“, „Der Kritiker schimpfte ihn einen Trottel.“ Betrachten wir den ersten Satz exemplarisch näher: „Ich“ ist das Subjekt, „nenne“ das Prädikat, „dich“ das Akkusativobjekt und „einen Angsthasen“ das Prädikativum im Akkusativ. Hier erkennen wir gut, dass sich die Formen „dich“ und „einen Angsthasen“ auf die gleiche Person (das O4) beziehen. Adverbial: Als Adverbial (vgl. ebd., S. 781f., § 1186) oder „Umstandsbestimmung“ bezeichnet man im Deutschen eine Ergänzung innerhalb eines Satzes. Das Adverbial bestimmt dabei die ausgedrückte Handlung oder den ausgedrückten Zustand des Satzes näher. Es sagt aus, unter welchen Umständen eine Handlung vonstatten geht. Man unterscheidet im Deutschen adverbiale Bestimmungen des Orts (lokal; vgl. ebd., S. 783, § 1190), der Zeit (temporal; vgl. ebd., S. 784, § 1191), der Art/ Weise (modal; vgl. ebd., § 1192) und des Grunds (kausal; vgl. ebd., S. 785, § 1193). Sie können entweder aus einem Wort oder einer ganzen Wortgruppe bestehen. Man kann sie mithilfe einer W-Frage erfragen. Beispiele: a. „Wir gehen um 8 Uhr.“ Hier handelt es sich bei „um 8 Uhr“ um ein tem‐ porales Adverbial, da durch dieses Satzglied die zeitliche Komponente in den Satz eingeführt wird. Es gibt somit Auskunft über den genauen Zeitpunkt. Es kann sich außerdem auch um kein Objekt handeln, da wir es mit den bisherigen Fragewörtern nicht erfragen können. Wir benötigen hier das Fragewort „Wann? “. b. „Ich komme mit dem Bus.“: „mit dem Bus“ ist hier ein modales Adver‐ bial, da mit ihm die Art und Weise des Vorgangs ausgedrückt wird. Es lässt sich mit „Wie? “, „Auf welche Weise? “ oder mit „Womit? “ erfragen. c. „Ich habe dich aufgrund des Regens nicht gesehen.“ In diesem Satz finden wir mit „aufgrund des Regens“ ein kausales Adverbial, da es den Grund eines Umstands angibt. Man fragt danach mit dem Fragewort „ Wes‐ halb? “. d. „Anna wohnt in Graz.“ Dieser Satz besteht neben dem Subjekt „Anna“ und dem Prädikat „wohnt“ aus einem lokalen Adverbial, welches den Ort der Handlung angibt. Um dieses Adverbial zu erfragen, bietet sich das Fragewort „Wo? “ an. Beispiele: a) „Wir gehen um 8 Uhr.“ Hier handelt es sich bei „um 8 Uhr“ um ein temporales Adverbial, da durch dieses Satzglied die zeitliche Komponente in den Satz eingeführt wird. Es gibt somit Auskunft über den genauen Zeitpunkt. Es kann sich außerdem auch um kein Objekt handeln, da wir es mit den bisherigen Fragewörtern nicht erfragen können. Wir benötigen hier das Fragewort „Wann? “. b) „Ich komme mit dem Bus.“: „mit dem Bus“ ist hier ein modales Adverbial, da mit ihm die Art und Weise des Vorgangs ausgedrückt wird. Es lässt sich mit „Wie? “, „Auf welche Weise? “ oder mit „Womit? “ erfragen. c) „Ich habe dich aufgrund des Regens nicht gesehen.“ In diesem Satz finden wir mit „aufgrund des Regens“ ein kausales Adverbial, da es den Grund eines Umstands angibt. Man fragt danach mit dem Fragewort „Weshalb? “. d) „Anna wohnt in Graz.“ Dieser Satz besteht neben dem Subjekt „Anna“ und dem Prädikat „wohnt“ aus einem lokalen Adverbial, welches den Ort der Handlung angibt. Um dieses Adverbial zu erfragen, bietet sich das Fragewort „Wo? “ an. Achtung: Oft werden Adverbiale mit Präpositionalobjekten verwechselt. Wesentlich dabei ist, dass die Präposition eines Adverbials austauschbar ist und der Sinn des Satzes dennoch unangetastet bleibt. Beim Erfragen des Satzglieds kann sie deshalb auch wegfallen. Im Gegensatz dazu kann die Präposition in einem Präpositionalobjekt nicht ohne Probleme ausgetauscht werden, da sie fest mit dem Prädikat verknüpft ist. Sie bleibt daher auch immer Teil der Satzglied-Frage! ÜBUNGEN: Bestimmen Sie die Satzglieder der folgenden Beispielsätze: a) Meine Mutter kocht jeden Tag eine frische Mahlzeit. b) Gestern bin ich aufgrund des schlechten Wetters zuhause geblieben. c) Mein Onkel ist ein kluger Mann. d) Ich gebe dir einen Umschlag. e) Das Unfallopfer bedarf der schnellen Hilfe. 171 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch 146 Achtung: Oft werden Adverbiale mit Präpositionalobjekten verwechselt. Wesentlich dabei ist, dass die Präposition eines Adverbials austauschbar ist und der Sinn des Satzes dennoch unangetastet bleibt. Beim Erfragen des Satzglieds kann sie deshalb auch wegfallen. Im Gegensatz dazu kann die Präposition in einem Präpositionalobjekt nicht ohne Probleme ausgetauscht werden, da sie fest mit dem Prädikat verknüpft ist. Sie bleibt daher auch immer Teil der Satzglied-Frage! ÜBUNGEN: Bestimmen Sie die Satzglieder der folgenden Beispielsätze: a) Meine Mutter kocht jeden Tag eine frische Mahlzeit. b) Gestern bin ich aufgrund des schlechten Wetters zuhause geblieben. c) Mein Onkel ist ein kluger Mann. d) Ich gebe dir einen Umschlag. e) Das Unfallopfer bedarf der schnellen Hilfe. f) Der Dieb konnte rechtzeitig flüchten. g) Mein Bruder dachte verunsichert über seine Ergebnisse nach. h) Ich gab meiner Schwester gestern 10 Euro. i) Ich nenne dich einen Helden! j) Der alte Mann gab mir Feuer. k) Karin muss 20 Minuten auf den Bus warten l) Wegen des Lärms muss mein Freund in eine andere Wohnung ziehen. m) Albert Einstein gilt als der größte Erfinder. n) Der kluge Mann rühmt sich großer Erfolge. 172 Bettina Leitner 147 Beispiel Teil B Sprache LATEIN: Die (semantischen) Arten der Nebensätze im Deutschen Ein wesentliches sprachliches Phänomen auf der Ebene der Syntax ist der zusammengesetzte Satz (vgl. Duden 2009, S. 1019, § 1633). Ein einfacher Satz beruht nur auf einem einzigen Prädikat, die übrigen Bestandteile hängen von diesem ab; z. B: „Anna legte den Hörer auf.“ Ein komplexer oder zusammengesetzter Satz hingegen besteht aus mehreren Teilsätzen, von denen jeder sein eigenes Prädikat aufweist. Hier unterscheidet man zwei Arten der Beziehung der Satzteile zueinander: Unterordnung und Gleichrangigkeit. Unterordnung (vgl. ebd., § 1634): Hier erfüllt ein Teilsatz eine bestimmte syntaktische Funktion gegenüber einem anderen Teilsatz, dem übergeordneten Satz. Die untergeordneten Teilsätze - auch Nebenätze (NS) oder Gliedsätze (GS) genannt - sind immer abhängig vom sogenannten Hauptsatz (HS) und können nicht allein stehen. Sie weisen in den meisten Fällen ein entsprechendes Einleitewort auf; z. B: „ Den Kindern fiel auf, dass der Großvater schon wieder eine Zigarre geraucht hatte .“ Dieser Beispielsatz veranschaulicht die Eigenschaften eines untergeordneten Teilsatzes sehr gut: Er LÖSUNGEN: (S = Subjekt; P = Prädikat; O2 = Genetivobjekt: O3 = Dativobjekt; O4 = Akkusativobjekt; Präp. O. = Präpositionalobjekt; Präd. = Prädikativum; temp. Adv. = temporales Adverbial; lok. Adv. = lokales Adverbial; mod. Adv. = modales Adverbial; kaus. Adv. = kausales Adverbial) a) Meine Mutter | kocht | jeden Tag | eine frische Mahlzeit. - S | P | temp. Adv. | O4. b) Gestern | bin | ich | aufgrund des schlechten Wetters | zuhause | geblieben. Temp. Adv. | P | S | kaus. Adv. | lok. Adv. | P. c) Mein Onkel | ist | ein kluger Mann. - S | P | Präd. d) Ich | gebe | dir | einen Umschlag. - S | P | O3 | O4. e) Das Unfallopfer | bedarf | der schnellen Hilfe. - S | P | O2. f) Der Dieb | konnte | schnell | flüchten. - S | P | mod. Adv. | P. g) Mein Bruder | dachte | verunsichert | über seine Ergebnisse | nach. S | P | mod. Adv. | Präp. O. | P. h) Ich | gab | meiner Schwester | gestern | 10 Euro. - S | P | O3 | temp. Adv. | O4. i) Ich | nenne | dich | einen Helden! - S | P | O4 | Präd. j) Der alte Mann | gab | mir | Feuer. - S | P | O3 | O4. k) Karin | muss | 20 Minuten | auf den Bus | warten. - S | P | temp. Adv. | Präp. O. | P. l) Wegen des Lärms | muss | mein Freund | in eine andere Wohnung | ziehen. Kaus. Adv. | P | S | Präp. O. | P. m) Albert Einstein | gilt | als der größte Erfinder. - S | P. | Präd. n) Der kluge Mann | rühmt sich | großer Erfolge. - S | P | O2. Beispiel Teil B Sprache LATEIN : Die (semantischen) Arten der Nebensätze im Deut‐ schen Ein wesentliches sprachliches Phänomen auf der Ebene der Syntax ist der zu‐ sammengesetzte Satz (vgl. Duden 2009, S. 1019 , § 1633 ). Ein einfacher Satz beruht nur auf einem einzigen Prädikat, die übrigen Bestandteile hängen von diesem ab; z. B: „Anna legte den Hörer auf.“ Ein komplexer oder zusammengesetzter Satz hingegen besteht aus mehreren Teilsätzen , von denen jeder sein eigenes Prä‐ dikat aufweist. Hier unterscheidet man zwei Arten der Beziehung der Satzteile zueinander: Unterordnung und Gleichrangigkeit. a. Unterordnung (vgl. ebd., § 1634 ): Hier erfüllt ein Teilsatz eine bestimmte syntaktische Funktion gegenüber einem anderen Teilsatz, dem überge‐ ordneten Satz. Die untergeordneten Teilsätze - auch Nebenätze ( NS ) oder 173 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch Gliedsätze ( GS ) genannt - sind immer abhängig vom sogenannten Haupt‐ satz ( HS ) und können nicht allein stehen. Sie weisen in den meisten Fällen ein entsprechendes Einleitewort auf; z. B: „Den Kindern fiel auf, dass der Großvater schon wieder eine Zigarre geraucht hatte.“ Dieser Beispielsatz veranschaulicht die Eigenschaften eines untergeordneten Teilsatzes sehr gut: Er ist mit einem Einleitewort (hier mit der Konjunktion „dass“) ein‐ geleitet und kann ohne Hauptsatz nicht allein stehen, denn „*Dass der Großvater schon wieder eine Zigarre geraucht hatte“ wäre grammatisch nicht korrekt. b. Gleichrangigkeit (vgl. ebd., § 1634): Bei gleichrangigen Teilsätzen (z. B: HS + HS ) besteht die oben genannte syntaktische Beziehung nicht. Beide Teilsätze könnte auch für sich allein stehen, wie folgendes Beispiel ver‐ deutlicht: „Die Kinder bastelten und der Großvater las Zeitung .“ ist mit einem Einleitewort (hier mit der Konjunktion „dass“) eingeleitet und kann ohne Hauptsatz nicht allein stehen, denn „*Dass der Großvater schon wieder eine Zigarre geraucht hatte“ wäre grammatisch nicht korrekt. Gleichrangigkeit (vgl. ebd., § 1634): Bei gleichrangigen Teilsätzen (z. B: HS + HS) besteht die oben genannte syntaktische Beziehung nicht. Beide Teilsätze könnte auch für sich allein stehen, wie folgendes Beispiel verdeutlicht: „ Die Kinder bastelten und der Großvater las Zeitung .“ Semantische Unterarten von Nebensätzen Diese Nebensätze können im Deutschen auf der Ebene der Semantik weiter klassifiziert werden. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über einige wichtige semantische Unterarten (vgl. ebd., S. 1048, § 1689): Semantik Beispiel a) Temporalsatz (Zeit) Als das Lämpchen aufleuchtete, drehte ich den Schalter. b) Kausalsatz (Grund) Weil ich verschlafen habe, bin ich zu spät gekommen. c) Konsekutivsatz (Folge) Das Unwetter kam unerwartet, sodass ich nass wurde. d) Finalsatz (Zweck) Damit ich die Prüfung bestehe, muss ich lernen. e) Modalsatz (Art/ Weise) Indem man den Knopf drückt, kann man das Gerät einschalten. f) Adversativsatz (Gegenüberstellung) Max hat einen blauen Stift, während ich einen roten habe. g) Konzessivsatz (Umstand) Obwohl ich genug gegessen habe, bin ich noch hungrig. Diese tabellarische Übersicht zeigt sehr gut die semantischen Funktionen unterschiedlicher Nebensätze auf. Dabei ist zu erkennen, dass alle Nebensätze durch ein entsprechendes Einleitewort eingeleitet sind. Hier muss jedoch beachtet werden, dass es pro semantischer Kategorie in manchen Fällen mehrere spezifische Einleitewörter mit gleichen oder zumindest ähnlichen Bedeutungen gibt. Die nachfolgende Tabelle soll dies veranschaulichen: Semantik Die wichtigsten Einleitewörter a) Temporalsatz (Zeit) als, während, nachdem, sooft, immer wenn, wann immer b) Kausalsatz (Grund) da, weil c) Konsekutivsatz (Folge) sodass, so … dass d) Finalsatz (Zweck) damit e) Modalsatz (Art/ Weise) indem f) Adversativsatz (Gegenüberstellung) während (hingegen) Fassen wir zusammen (vgl. ebd., S. 1020, § 1635): Ein Hauptsatz ist ein Teilsatz, der keinem anderen Teilsatz untergeordnet ist. Ein Nebensatz ist ein Teilsatz, der von einem anderen Teilsatz abhängt und diesem untergeordnet ist. Semantische Unterarten von Nebensätzen Diese Nebensätze können im Deutschen auf der Ebene der Semantik weiter klassifiziert werden. Die nachfolgende Tabelle gibt einen Überblick über einige wichtige semantische Unterarten (vgl. ebd., S. 1048, § 1689): Semantik Beispiel a) Temporalsatz (Zeit) Als das Lämpchen aufleuchtete, drehte ich den Schalter. b) Kausalsatz (Grund) Weil ich verschlafen habe, bin ich zu spät gekommen. c) Konsekutivsatz (Folge) Das Unwetter kam unerwartet, sodass ich nass wurde. d) Finalsatz (Zweck) Damit ich die Prüfung bestehe, muss ich lernen. e) Modalsatz (Art / Weise) Indem man den Knopf drückt, kann man das Gerät einschalten. f) Adversativsatz (Gegen‐ überstellung) Max hat einen blauen Stift, während ich einen roten habe. g) Konzessivsatz (Um‐ stand) Obwohl ich genug gegessen habe, bin ich noch hungrig. 174 Bettina Leitner Diese tabellarische Übersicht zeigt sehr gut die semantischen Funktionen un‐ terschiedlicher Nebensätze auf. Dabei ist zu erkennen, dass alle Nebensätze durch ein entsprechendes Einleitewort eingeleitet sind. Hier muss jedoch be‐ achtet werden, dass es pro semantischer Kategorie in manchen Fällen mehrere spezifische Einleitewörter mit gleichen oder zumindest ähnlichen Bedeutungen gibt. Die nachfolgende Tabelle soll dies veranschaulichen: Semantik Die wichtigsten Einleitewörter a) Temporalsatz (Zeit) als, während, nachdem, sooft, immer wenn, wann immer b) Kausalsatz (Grund) da, weil c) Konsekutivsatz (Folge) sodass, so … dass d) Finalsatz (Zweck) damit e) Modalsatz (Art / Weise) indem f) Adversativsatz (Gegen‐ überstellung) während (hingegen) g) Konzessivsatz (Um‐ stand) obwohl, obgleich, obschon Wir sehen also, dass sich in den allermeisten Fällen die semantische Art der Nebensätze anhand des Einleiteworts bestimmen lässt. Das Wissen um die Art der einzelnen Nebensätze im Deutschen ist für das Verständnis der lateinischen „ut-“ und „cum-Sätze“ und deren Übersetzung ins Deutsche von großer Bedeutung. Denn im Lateinischen gibt es im Gegensatz zum Deutschen das Phänomen, dass viele Subjunktionen polysem sind - also die gleiche Form haben, jedoch unterschiedliche Bedeutungen aufweisen können. Dies kommt besonders bei den lateinischen „ut “ und „cum Sätzen“ zum Tragen. Das ÜBUNGEN: Bestimmen Sie die semantische Art des Nebensatzes: a) Nachdem ich aufgeräumt hatte, ging ich in den Park. b) Ich bin leider durch die Prüfung gefallen, obwohl ich sehr viel gelernt habe. c) Ich kann mir Dinge am besten merken, indem ich sie mir bildlich vorstelle. d) Obgleich es heute schön ist, bleibt Anna lieber im Haus. e) Alle buchen ihren Urlaub, während ich nur zuhause sitzen kann. f) Immer wenn du mich besuchen kommst, freue ich mich. g) Da ich im Moment sehr viel zu tun habe, kann ich nicht zu meinen Eltern fahren. h) Das Erdbeben heute Nachmittag war so stark, dass unser Haus nun einen Riss in der Mauer hat. i) Als ich die Straße entlang ging, sah ich einen herrenlosen Hund. j) Ich schreibe mir gleich eine Notiz, damit ich den wichtigen Termin morgen nicht vergesse. k) Ich schreibe mir gleich eine Notiz, damit ich den wichtigen Termin morgen nicht vergesse. LÖSUNGEN: a) Temporalsatz; b) Konzessivsatz; c) Modalsatz; d) Konzessivsatz; e) Adversativsatz; f) Temporalsatz; g) Kausalsatz; h) Konsekutivsatz; i) Temporalsatz; j) Finalsatz 175 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch 149 Wir sehen also, dass sich in den allermeisten Fällen die semantische Art der Nebensätze anhand des Einleiteworts bestimmen lässt. Das Wissen um die Art der einzelnen Nebensätze im Deutschen ist für das Verständnis der lateinischen „ut-“ und „cum-Sätze“ und deren Übersetzung ins Deutsche von großer Bedeutung. Denn im Lateinischen gibt es im Gegensatz zum Deutschen das Phänomen, dass viele Subjunktionen polysem sind - also die gleiche Form haben, jedoch unterschiedliche Bedeutungen aufweisen können. Dies kommt besonders bei den lateinischen „ut-“ und „cum-Sätzen“ zum Tragen. Das lateinische „cum“ ist eine Subjunktion, die einerseits mit dem Indikativ und andererseits mit dem Konjunktiv verwendet werden kann und abhängig davon unterschiedliche Bedeutungen aufweist. Wenn man nun die oben angeführten Nebensatzarten im Deutschen verstanden und gedanklich abgerufen hat, ist ein Großteil der Bedeutungen von „ut“ und „cum“ schon nachvollziehbar. Betrachten wir nun die beiden Subjunktionen näher. Wir werden sehen, dass die oben angeführten deutschen Einleitewörter auf die beiden Subjunktionen aufgeteilt sind: Die wichtigsten Einleitewörter im Deutschen Lateinische Entsprechung als, während, nachdem, sooft, immer wenn, wann immer, sobald cum (+Ind./ + Konj.) da, weil cum (+Konj.) sodass, so … dass ut damit ut indem cum (+Ind.) während (hingegen), wohingegen cum (+Konj.) obwohl, obgleich, obschon cum (+Konj.) f) Immer wenn du mich besuchen kommst, freue ich mich. g) Da ich im Moment sehr viel zu tun habe, kann ich nicht zu meinen Eltern fahren. h) Das Erdbeben heute Nachmittag war so stark, dass unser Haus nun einen Riss in der Mauer hat. i) Als ich die Straße entlang ging, sah ich einen herrenlosen Hund. j) Ich schreibe mir gleich eine Notiz, damit ich den wichtigen Termin morgen nicht vergesse. k) Ich schreibe mir gleich eine Notiz, damit ich den wichtigen Termin morgen nicht vergesse. LÖSUNGEN: a) Temporalsatz; b) Konzessivsatz; c) Modalsatz; d) Konzessivsatz; e) Adversativsatz; f) Temporalsatz; g) Kausalsatz; h) Konsekutivsatz; i) Temporalsatz; j) Finalsatz Wir sehen also, dass sich in den allermeisten Fällen die semantische Art der Nebensätze anhand des Einleiteworts bestimmen lässt. Das Wissen um die Art der einzelnen Nebensätze im Deutschen ist für das Verständnis der lateinischen „ut-“ und „cum-Sätze“ und deren Übersetzung ins Deutsche von großer Be‐ deutung. Denn im Lateinischen gibt es im Gegensatz zum Deutschen das Phä‐ nomen, dass viele Subjunktionen polysem sind - also die gleiche Form haben, jedoch unterschiedliche Bedeutungen aufweisen können. Dies kommt be‐ sonders bei den lateinischen „ut-“ und „cum-Sätzen“ zum Tragen. Das lateini‐ sche „cum“ ist eine Subjunktion, die einerseits mit dem Indikativ und anderer‐ seits mit dem Konjunktiv verwendet werden kann und abhängig davon unterschiedliche Bedeutungen aufweist. Wenn man nun die oben angeführten Nebensatzarten im Deutschen verstanden und gedanklich abgerufen hat, ist ein Großteil der Bedeutungen von „ut“ und „cum “ schon nachvollziehbar. Be‐ trachten wir nun die beiden Subjunktionen näher. Wir werden sehen, dass die oben angeführten deutschen Einleitewörter auf die beiden Subjunktionen auf‐ geteilt sind: 149 Wir sehen also, dass sich in den allermeisten Fällen die semantische Art der Nebensätze anhand des Einleiteworts bestimmen lässt. Das Wissen um die Art der einzelnen Nebensätze im Deutschen ist für das Verständnis der lateinischen „ut-“ und „cum-Sätze“ und deren Übersetzung ins Deutsche von großer Bedeutung. Denn im Lateinischen gibt es im Gegensatz zum Deutschen das Phänomen, dass viele Subjunktionen polysem sind - also die gleiche Form haben, jedoch unterschiedliche Bedeutungen aufweisen können. Dies kommt besonders bei den lateinischen „ut-“ und „cum-Sätzen“ zum Tragen. Das lateinische „cum“ ist eine Subjunktion, die einerseits mit dem Indikativ und andererseits mit dem Konjunktiv verwendet werden kann und abhängig davon unterschiedliche Bedeutungen aufweist. Wenn man nun die oben angeführten Nebensatzarten im Deutschen verstanden und gedanklich abgerufen hat, ist ein Großteil der Bedeutungen von „ut“ und „cum“ schon nachvollziehbar. Betrachten wir nun die beiden Subjunktionen näher. Wir werden sehen, dass die oben angeführten deutschen Einleitewörter auf die beiden Subjunktionen aufgeteilt sind: Die wichtigsten Einleitewörter im Deutschen Lateinische Entsprechung als, während, nachdem, sooft, immer wenn, wann immer, sobald cum (+Ind./ + Konj.) da, weil cum (+Konj.) sodass, so … dass ut damit ut indem cum (+Ind.) während (hingegen), wohingegen cum (+Konj.) obwohl, obgleich, obschon cum (+Konj.) a) Nachdem ich aufgeräumt hatte, ging ich in den Park. b) Ich bin leider durch die Prüfung gefallen, obwohl ich sehr viel gelernt habe. c) Ich kann mir Dinge am besten merken, indem ich sie mir bildlich vorstelle. d) Obgleich es heute schön ist, bleibt Anna lieber im Haus. e) Alle buchen ihren Urlaub, während ich nur zuhause sitzen kann. f) Immer wenn du mich besuchen kommst, freue ich mich. g) Da ich im Moment sehr viel zu tun habe, kann ich nicht zu meinen Eltern fahren. h) Das Erdbeben heute Nachmittag war so stark, dass unser Haus nun einen Riss in der Mauer hat. i) Als ich die Straße entlang ging, sah ich einen herrenlosen Hund. j) Ich schreibe mir gleich eine Notiz, damit ich den wichtigen Termin morgen nicht vergesse. k) Ich schreibe mir gleich eine Notiz, damit ich den wichtigen Termin morgen nicht vergesse. LÖSUNGEN: a) Temporalsatz; b) Konzessivsatz; c) Modalsatz; d) Konzessivsatz; e) Adversativsatz; f) Temporalsatz; g) Kausalsatz; h) Konsekutivsatz; i) Temporalsatz; j) Finalsatz Da wir nun wissen, welche Subjunktionen im Deutschen bei der Übersetzung der lateinischen „ut-“ und „cum-Sätze“ möglich sind, können wir dies anhand folgender Beispiele üben. Bei den „cum-Sätzen“ muss jedoch zwischen indika‐ tivischen und konjunktivischen unterschieden werden (s. Tabelle). 176 Bettina Leitner 150 Da wir nun wissen, welche Subjunktionen im Deutschen bei der Übersetzung der lateinischen „ut-“ und „cum-Sätze“ möglich sind, können wir dies anhand folgender Beispiele üben. Bei den „cum-Sätzen“ muss jedoch zwischen indikativischen und konjunktivischen unterschieden werden (s. Tabelle). ÜBUNGEN: Übersetzen Sie die folgenden „ut-“ und „cum-Sätze“ ins Deutsche. Überlegen Sie, welche Bedeutung von „cum“ und „ut“ jeweils am besten passt. a) Cum multum discerem, tamen non omnia scivi. b) Magister filios hortatus est, ut pensum mox finirent. c) Cum pater in horto laboraret, filii domo manserunt. d) Venio tum, cum omnia perfeci. e) Caesar tam prudens erat, ut Gemanos vincere posset. f) Romulus Sabinos invitavit, ut viri Romani filias eorum rapere possent. g) Cum Romanis feminae deessent, Romulus consilium prudens cepit. h) Nero imperavit, ut Christiani caperentur et punirentur. i) Cum avus fabulam recitat, liberi libenter audiunt. j) Cum rus eo, otium me delectat. k) Flumen ita increvit, ut transiri non posset. (Achtung: transiri = Infinitiv passiv) l) Cum Theseus Minotaurum occidisset, Ariadne locum reliquit. m) Cum Caesar in Galliam venit, duae ibi factiones erant. n) Magister pueros monet, ut pensa sua diligenter faciant. LÖSUNGEN: a) Obwohl ich viel gelernt habe, habe ich dennoch nicht alles gewusst. b) Der Lehrer forderte die Kinder auf, dass sie die Hausübung bald beenden. c) Während/ Als der Vater im Garten arbeitete, blieben die Kinder im Haus. d) Ich komme dann, sobald ich alles gemacht habe. e) Caesar war so tapfer, dass er die Germanen besiegen konnte. f) Romulus hat die Sabiner eingeladen, damit die römischen Männer deren Töchter rauben können. g) Da den Römern die Frauen fehlten, fasste Romulus einen klugen Plan. h) Nero befahl, dass die Christen gefangen und bestraft werden. i) Während der Großvater eine Geschichte vorträgt, hören die Kinder gerne zu. j) Immer wenn ich aufs Land gehe, erfreut mich die Ruhe. k) Der Fluss ist so angewachsen, dass er nicht überquert werden konnte. l) Nachdem Theseus (den) Minotaurus getötet hatte, verließ Ariadne den Ort. m) Als Caesar nach Gallien kam, gab es dort zwei Parteien. n) Der Lehrer ermahnt die Knaben, dass sie ihre Hausübung fleißig machen. 150 Da wir nun wissen, welche Subjunktionen im Deutschen bei der Übersetzung der lateinischen „ut-“ und „cum-Sätze“ möglich sind, können wir dies anhand folgender Beispiele üben. Bei den „cum-Sätzen“ muss jedoch zwischen indikativischen und konjunktivischen unterschieden werden (s. Tabelle). ÜBUNGEN: Übersetzen Sie die folgenden „ut-“ und „cum-Sätze“ ins Deutsche. Überlegen Sie, welche Bedeutung von „cum“ und „ut“ jeweils am besten passt. a) Cum multum discerem, tamen non omnia scivi. b) Magister filios hortatus est, ut pensum mox finirent. c) Cum pater in horto laboraret, filii domo manserunt. d) Venio tum, cum omnia perfeci. e) Caesar tam prudens erat, ut Gemanos vincere posset. f) Romulus Sabinos invitavit, ut viri Romani filias eorum rapere possent. g) Cum Romanis feminae deessent, Romulus consilium prudens cepit. h) Nero imperavit, ut Christiani caperentur et punirentur. i) Cum avus fabulam recitat, liberi libenter audiunt. j) Cum rus eo, otium me delectat. k) Flumen ita increvit, ut transiri non posset. (Achtung: transiri = Infinitiv passiv) l) Cum Theseus Minotaurum occidisset, Ariadne locum reliquit. m) Cum Caesar in Galliam venit, duae ibi factiones erant. n) Magister pueros monet, ut pensa sua diligenter faciant. LÖSUNGEN: a) Obwohl ich viel gelernt habe, habe ich dennoch nicht alles gewusst. b) Der Lehrer forderte die Kinder auf, dass sie die Hausübung bald beenden. c) Während/ Als der Vater im Garten arbeitete, blieben die Kinder im Haus. d) Ich komme dann, sobald ich alles gemacht habe. e) Caesar war so tapfer, dass er die Germanen besiegen konnte. f) Romulus hat die Sabiner eingeladen, damit die römischen Männer deren Töchter rauben können. g) Da den Römern die Frauen fehlten, fasste Romulus einen klugen Plan. h) Nero befahl, dass die Christen gefangen und bestraft werden. i) Während der Großvater eine Geschichte vorträgt, hören die Kinder gerne zu. j) Immer wenn ich aufs Land gehe, erfreut mich die Ruhe. k) Der Fluss ist so angewachsen, dass er nicht überquert werden konnte. l) Nachdem Theseus (den) Minotaurus getötet hatte, verließ Ariadne den Ort. m) Als Caesar nach Gallien kam, gab es dort zwei Parteien. n) Der Lehrer ermahnt die Knaben, dass sie ihre Hausübung fleißig machen. 177 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch Resümee Durch dieses Projekt konnte aufgezeigt werden, dass zahlreiche Studierende, die unterschiedliche Sprachkurse bei treffpunkt sprachen besuchen, kaum Vor‐ bildung im Bereich ihrer L1 (Deutsch) in die Kurse mitbringen. Die studenti‐ schen Evaluierungen, die im Rahmen dieses Forschungsprojekts durchgeführt wurden, haben ergeben, dass eine hohe Anzahl der Studierenden gerade in den Bereichen der Morphologie und der Syntax große Wissenslücken aufweist. Diese Feststellung wurde auch durch Interviews mit unterschiedlichen Fremd‐ sprachenlehrenden bei treffpunkt sprachen untermauert. Aus diesem Umstand heraus und nach dem Ansatz der Neurodidaktik, der besagt, dass Lernprozesse erleichtert werden, wenn an bereits Gelerntes angedockt werden kann, wurde im Rahmen des Forschungsprojekts ein Leitfaden für Studierende entwickelt. Mithilfe dessen können die nachweislichen Wissenslücken in den unterschied‐ lichen morphosyntaktischen Bereichen der deutschen Sprache geschlossen werden, damit ein stabiles Fundament in der L1 Deutsch erworben werden kann. Der Leitfaden besteht aus zwei großen Teilen: Im ersten Teil (Teil A) werden sprachenübergreifende sprachliche Phänomene auf den Ebenen der Morpho‐ logie und der Syntax vorgestellt. Neben strukturierten Erklärungen werden den Studierenden adäquate Übungen inklusive Lösungen angeboten, um das Ge‐ lernte in der Praxis anwenden und somit besser verstehen zu können. Der zweite Teil (Teil B) ist den einzelnen Sprachen gewidmet und fokussiert einzelne spra‐ chenbezogene Phänomene, die den Lehrendeninterviews zufolge zu Schwierig‐ keiten führen. Auch hier stehen neben vorausgehenden Erklärungen zahlreiche Übungen inklusive Lösungen zur Verfügung. Diese neu erworbenen oder ver‐ tieften Kenntnisse dienen den Studierenden schließlich als essentielle Grund‐ lage, um erfolgreich eine (weitere) Fremdsprache zu erlernen. Der Leitfaden richtet sich vor allem an Studierende der Sprachen Französisch, Italienisch, La‐ tein und Spanisch und kann kostenlos auf der Webseite des Forschungsbereichs Fachdidaktik (vgl. treffpunkt sprachen 2021 ) heruntergeladen oder als Printva‐ riante bei treffpunkt sprachen erworben werden. Literatur Apeltauer, Ernst ( 5 2001): Grundlagen des Erst- und Fremdsprachenerwerbs. Eine Einfüh‐ rung. Berlin / München / Wien / Zürich / New York: Langenscheidt (Fernstudieneinheit 15). Böttger, Barbara (2015): Wie lernen wir? Neurowissenschaftliche Erkenntnisse und ihre Konsequenzen für den Unterricht - Versuch einer Umsetzung. In: Hofer, Christian / 178 Bettina Leitner Unger-Ullmann, Daniela (Hrsg.) Sprachenlernen mit Erwachsenen. Graz: Leykam Grazer Universitätsverlag (Allgemeine Wissenschaftliche Reihe 40), S. 45-60. Christ, Ingeborg (2006): Wozu lernt man heute fremde Sprachen? In: Scherfer, Peter / Wolff, Dieter (Hrsg.) Vom Lehren und Lernen fremder Sprachen: eine vorläufige Be‐ standsaufnahme. Frankfurt: Lang, S. 39-68. Duden ( 8 2009): Duden. Die Grammatik. Mannheim / Wien / Zürich: Dudenverlag (Die deutsche Sprache in 12 Bänden 4). Edmondson, Willis J. / House, Juliane ( 4 2011): Einführung in die Sprachlehrforschung. Tü‐ bingen / Basel: Narr Francke Attempto. Europarat, GERS (2021): Kapitel 1: Der Gemeinsame europäische Referenzrahmen in seinem politischen und bildungspolitischen Kontext. http: / / www.goethe.de/ z/ 50/ com meuro/ 103.htm [20. 03. 2021]. Lightbown, Patsy M. / Spada, Nina (1995): How Languages are Learned. Oxford: University Press. Meißner, Franz-Joseph / Reinfried, Marcus (Hrsg.) (1998): Mehrsprachigkeitsdidaktik. Konzepte, Analysen Lehrerfahrungen mit romanischen Fremdsprachen. Tübingen: Gunter Narr. Meißner, Franz-Joseph (1998): Gymnasiasten der Sekundarstufe I lernen den interlingu‐ alen Transfer. In: Meißner, Franz-Joseph / Reinfried Markus (Hrsg.) Mehrsprachig‐ keitsdidaktik: Konzepte, Analysen, Lernerfahrungen mit romanischen Fremdsprachen. Tübingen: Gunter Narr, S. 217-237. Portmann-Tselikas, Paul R. (2001): Sprachaufmerksamkeit und Grammatiklernen. In: Portmann-Tselikas, Paul R. / Schmölzer-Eibinger, Sabine (Hrsg.) Grammatik und Sprachaufmerksamkeit. Innsbruck / Wien / München / Bozen: Studienverlag (Theorie und Praxis - Österreichische Beiträge zu Deutsch als Fremdsprache Serie B 6), S. 9-48. treffpunkt sprachen (2021): Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch als Schlüssel zum erfolgreichen Fremdsprachenerwerb. https: / / treffpunktsprachen.uni-graz.at/ de/ abgeschlosseneprojekte/ grammatik-und-sprachkompetenz-in-deutsch-als-schluessel -zum-erfolgreichen-fremdsprachenerwerb/ [14. 04. 2021]. Unger-Ullmann, Daniela / Hofer, Christian (2015): Einführende Worte. In: Unger- Ullmann, Daniela / Hofer, Christian (Hrsg.) Forschende Fachdidaktik. Projektergeb‐ nisse. Tübingen: Narr Francke Attempto, S. 7-8. Unger-Ullmann, Daniela (2015): Zur Situation des forschungsbasierten Fremdsprachen‐ unterrichts und seiner Umsetzung am treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik. In: Unger-Ullmann, Daniela / Hofer, Christian (Hrsg.) Forschende Fachdidaktik. Projektergebnisse. Tübingen: Narr Francke Attempto, S. 9-27. Wurnig, Vera (2002): „Wen si nicht gestörbensint danleben si noch höte“. Eine Untersu‐ chung der Textkompetenz in der Erst- und Zweitsprache Deutsch. In: Portmann-Tse‐ 179 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch likas, Paul R. / Schmölzer- Eibinger, Sabine (Hrsg.) Textkompetenz. Neue Perspektiven für das Lernen und Lehren. Innsbruck / Wien / München / Bozen: Studienverlag (Theorie und Praxis - Österreichische Beiträge zu Deutsch als Fremdsprache Serie B 7), S. 127-146. Anhang Dem nachfolgenden Anhang können die beiden Evaluierungsbögen für die Stu‐ dierenden der Lehrveranstaltungen Lateinischer Sprachunterricht für AnfängerInnen 1, eine tabellarische Auflistung aller Falschantworten - geordnet nach Häufigkeit - sowie der Lehrendenfragebogen entnommen werden. 180 Bettina Leitner 153 BASIS-EVALUIERUNG A „Lateinischer Sprachunterricht für AnfängerInnen 1“ 1) ZIELGRUPPE a) Bitte geben Sie Ihr Alter an: 18- 21 Jahre □ 22- 25 Jahre □ 26-30 Jahre □ 31 + □ b) Ist Deutsch Ihre Muttersprache? ja □ nein □ c) An welcher Schule haben Sie Ihre Universitätsreife erworben? AHS □ BHS □ Studienberechtigungsprüfung □ Sonstige □ d) In welchem Studienjahr befinden Sie sich? (Bezieht sich auf das Studium, für das Sie die Ergänzungsprüfung benötigen) 1. Jahr □ 2. Jahr □ 3. Jahr □ 4. Jahr □ 5. Jahr □ 6.+ □ e) Für welche Studienrichtung benötigen Sie die Ergänzungsprüfung? □ Anglistik/ Amerikanistik □ Archäologie □ BKS □ Germanistik/ Deutsch □ Geschichte □ Kunstgeschichte □ Pharmazie □ Philosophie □ Rechtswissenschaft □ Romanistik □ Slawistik □ Sp rachwissenschaft □ Theologie 2) SELBSTEINSCHÄTZUNG a) Wie gut würden Sie selbst Ihre Grammatikkenntnisse im Deutschen einstufen? schlecht □ elementar □ durchschnittlich □ gut □ sehr gut □ 3) BEISPIELE a) Bestimmen Sie bitte den Fall des unterstrichenen Nomens und die Form des unterstrichenen Verbs: Ich sehe den Vater das Auto putzen . ____________________ ____________________ b) Um welche Wortart handelt es sich bei dem unterstrichenen Wort? Peter liest auf seiner Matratze liegend sein neues Buch . ____________________________ c) Bitte setzten Sie den folgenden Satz ins Passiv: Anna liest begeistert das neue Buch von Sophie Reyer. ________________________________________________________________________ d) Bilden Sie bitte das Plusquamperfekt aktiv im Indikativ von: Ich gehe in die Schule. ________________________________________________________________________ 181 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch 154 BASIS-EVALUIERUNG B „Lateinischer Sprachunterricht für AnfängerInnen 1“ 3) BEISPIELE a) Um welche Wortart handelt es sich bei dem unterstrichenen Wort? Ich habe noch nie so viel getanzt wie heute! _______________________________________ b) Konjugieren Sie bitte das Verb „halten“ im Präsens in der 2. Person Singular (Indikativ, aktiv): __________________________________________________________________________ c) Bilden Sie bitte den Komparativ von: Diese Bluse gefällt mir gut. __________________________________________________________________________ d) Bestimmen Sie bitte den Fall des unterstrichenen Nomens und die Form des unterstrichenen Verbs: Ich höre die Mutter in der Küche ein Lied singen . _______________ _______________ 1) ZIELGRUPPE a) Bitte geben Sie Ihr Alter an: 18- 21 Jahre □ 22- 25 Jahre □ 26-30 Jahre □ 31 + □ b) Ist Deutsch Ihre Muttersprache? ja □ nein □ c) An welcher Schule haben Sie Ihre Universitätsreife erworben? AHS □ BHS □ Studienberechtigungsprüfung □ Sonstige □ d) In welchem Studienjahr befinden Sie sich? (Bezieht sich auf das Studium, für das Sie die Ergänzungsprüfung benötigen) 1. Jahr □ 2. Jahr □ 3. Jahr □ 4. Jahr □ 5. Jahr □ 6.+ □ e) Für welche Studienrichtung benötigen Sie die Ergänzungsprüfung? □ Anglistik/ Amerikanistik □ Archäologie □ BKS □ Germanistik/ Deutsch □ Geschichte □ Kunstgeschichte □ Pharmazie □ Philosophie □ Rechtswissenschaft □ Romanistik □ Slawistik □ Sprachwissenschaft □ Theologie 2) SELBSTEINSCHÄTZUNG a) Wie gut würden Sie selbst Ihre Grammatikkenntnisse im Deutschen einstufen? schlecht □ elementar □ durchschnittlich □ gut □ sehr gut □ 182 Bettina Leitner 155 Falschantworten Gruppe A; Frage 3a Bestimmen Sie den Fall des unterstrichenen Nomens und die Form des unterstrichenen Verbs: Ich sehe den Vater das Auto putzen. (richtig: Akkusativ; Infinitiv) Hauptgruppe: Liste der Falschantworten („den Vater“) Dativ (3. Fall) 4 Genetiv (2. Fall) 3 Wen oder was? 1 Liste der Falschantworten („putzen“) k. A. 13 Präsens aktiv 2 Indikativ 2 Nominativ (1. Fall) 2 Akkusativ (4. Fall) 2 Prädikat 2 Verb 2 3. Person 1 aktiv 1 Kontrollgruppe: Liste der Falschantworten („den Vater“) k. A. 1 Genetiv (2. Fall) 1 Liste der Falschantworten („putzen“) Präsens 5 3. Person Singular 2 Nominativ 2 Verb 1 Indikativ 1 k. A. 1 4. Fall 1 Julia 1 183 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch 156 Gruppe A; Frage 3b Um welche Wortart handelt es sich bei dem unterstrichenen Wort? Peter liest auf seiner Matratze liegend sein neues Buch. (richtig: Verb bzw. Partizip) Hauptgruppe Kontrollgruppe Liste der Falschantworten Adjektiv 26 Adverb 19 k. A. 12 Attribut 2 Beschreibung 1 Prädikat 1 Partikel 1 Modalverb 1 Liste der Falschantworten Adjektiv 18 Adverb 12 k. A. 2 Präteritum 1 Passiv 1 Konjunktiv 1 Gerundium 1 184 Bettina Leitner 157 Gruppe A; Frage 3c Bitte setzen Sie folgenden Satz ins Passiv: Anna liest begeistert das neue Buch von Sophie Reyer. (richtig: Das Buch von Sophie Reyer wird von Anna begeistert gelesen.) Hauptgruppe Liste der Falschantworten k. A. 5 … wurde gelesen 4 Anna las begeistert … 2 Das neue Buch … liest sie begeistert. 2 Anna ist das Buch von S. R. begeistert am lesen. 1 Anna liest begeistert … 1 Anna hat das neue Buch von S. R. gelesen 1 Das neue Buch von S.R., das Anna liest wird begeistert. 1 Kontrollgruppe Liste der Falschantworten k. A. 1 Das neue Buch … liest Anna begeistert. 1 Gruppe A; Frage 3d Bilden Sie bitte das Plusquamperfekt aktiv im Indikativ von: Ich gehe in die Schule. (richtig: Ich war in die Schule gegangen.) Hauptgruppe Liste der Falschantworten k. A. 14 Ich werde in die Schule gegangen sein. 11 Ich bin in die Schule gegangen. 10 Ich ging in die Schule. 2 Ich war in die Schule gewesen. 2 Ich wurde in der Schule gegangen worden sein. 1 Ich bin in die Schule gegangen sein. 1 Ich werde in die Schule gehen. 1 185 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch 158 Kontrollgruppe Liste der Falschantworten Ich bin in die Schule gegangen. 6 Ich werde in die Schule gegangen sein. 3 k. A. 1 Gruppe B; Frage 3a Um welche Wortart handelt es sich bei dem unterstrichenen Wort? Ich habe noch nie so viel getanzt wie heute . (richtig: Verb bzw. Partizip) Hauptgruppe Liste der Falschantworten Prädikat 7 k. A. 4 Perfekt 2 Substantiv maskulin 2 Umstandswort der Vergangenheit 1 Kontrollgruppe Liste der Falschantworten k. A. 6 P. 1 Perfekt 1 Gruppe B; Frage 3b Konjugieren Sie bitte das Verb „halten“ im Präsens Singular (Indikativ, aktiv): (richtig: du hältst) Hauptgruppe Liste der Falschantworten hälst 15 haltest 13 k. A. 5 halte 3 werde halten 1 halte, haltet, halten … 1 Halt 1 hielst 1 hält 1 186 Bettina Leitner 159 Kontrollgruppe Liste der Falschantworten haltest 7 k. A. 6 hälst 3 hält 2 Gruppe B; Frage 3c Bilden Sie bitte den Komparativ von: Diese Bluse gefällt mir gut. (richtig: Diese Bluse gefällt mir besser.) Hauptgruppe Liste der Falschantworten k. A. 31 Diese Bluse gefällt mir sehr gut. 2 Diese Bluse gefällt mir nicht gut. 2 Diese Bluse würde mir gut gefallen. 2 Diese Bluse würde mir sehr gut gefallen. 1 Diese Bluse gefiele mir gut. 1 Diese Bluse ist schön. 1 Diese Bluse gefalle mir gut. 1 Diese Bluse, die ich habe, gefällt mir gut. 1 Diese Bluse gefällt mir mehr. 1 Die Blusen gefallen mir gut. 1 Die Bluse gefällt mir am besten. 1 Diese Bluse 1 Diese Bluse gefällt mir. 1 Kontrollgruppe Liste der Falschantworten k. A. 7 … gefällt mir sehr gut. 1 187 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch 160 Gruppe B; Frage 3d Bestimmen Sie bitte den Fall des unterstrichenen Nomens und die Form des unterstrichenen Verbs: Ich höre die Mutter in der Küche ein Lied singen. (richtig : Akkusativ, Infinitiv) Hauptgruppe Liste der Falschantworten („die Mutter“) Nominativ (1. Fall) 15 k. A. 3 Genetiv (2. Fall) 3 Dativ (3. Fall) 1 Liste der Falschantworten („singen“) k. A. 13 Präsens 5 3. Pers. Singular 4 Nominativ 3 Imperativ 2 Akkusativ 2 aktiv 2 Mehrzahl 1 Singular 1 1. Pers. Plural 1 Präsens aktiv 1 3. Fall Sg. 1 Partizip 1 1 Indikativ 1 Plural 1 Kontrollgruppe Liste der Falschantworten („die Mutter“) k. A. 7 Nominativ 3 Dativ 1 Ich höre, wie meine Mutter … 1 188 Bettina Leitner 161 Liste der Falschantworten („singen“) k. A. 20 Präsens 4 3. Pers. Singular 2 Indikativ 2 Prädikat 2 passiv 1 … ein Lied singt. 1 189 Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch Lehrendenfragebogen 1) Bitte stellen Sie sich kurz vor. (Wie lange unterrichten Sie schon die jeweilige Fremdsprache bei treffpunkt sprachen ? ) 2) Haben Sie während dieser Zeit eine positive oder negative Entwicklung des Vorwissens (deutsche Grammatik) der Studierenden bemerken können? Wenn ja, worin zeigt sich das? 3) In welchen sprachlichen/ grammatikalischen Bereichen (Zeiten, Bedeutung von grammatikalischen Termini, Pronomen, syntaktische Konstruktionen …) fehlt den Studierenden Vorwissen in ihrer Muttersprache (Deutsch), um den gewünschten Lernerfolg in der zu erlernenden Sprache erzielen zu können? (Bitte antworten Sie möglichst detailliert). 4) Können Sie vielleicht einige Beispiele nennen? Herzlichen Dank für Ihre Mithilfe! Mag. Dr. Bettina Leitner Interview zum Forschungsprojekt „ Grammatik- und Sprachkompetenz in Deutsch als Schlüssel zum erfolgreichen Fremdsprachenerwerb“ 190 Bettina Leitner Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weiblich? Eine Analyse aus genderspezifischer Perspektive Heidrun Brameshuber Der folgende Beitrag zeigt das Ergebnis des Forschungsprojekts mit dem Titel Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weiblich? Eine Analyse aus genderspezifischer Perspektive, welches am universitären Spra‐ chenzentrum treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik durchgeführt wurde. Im Fokus der Analyse standen Stu‐ dierende der Universität Graz, die einen Fremdsprachensemesterkurs be‐ suchten. Mittels eines eigens für dieses Projekt konzipierten Fragebogens sollte eruiert werden, ob sich innerhalb der Fremdsprachenkurse eine Ge‐ schlechterdisparität dokumentieren lässt. Unterstützend wurde ein Fragen‐ katalog erarbeitet, der für die Durchführung von Einzelinterviews verwendet wurde. Das Ziel des Projekts war, anhand der statistischen Auswertungen der Umfrage und der Interviews ein Profil der Studierenden aus genderspezifi‐ scher Perspektive zu erstellen. Dieses Profil beinhaltet auch die eventuell genderabhängigen Differenzen beim Fremdsprachenerwerb. Des Weiteren stellten sich die Beweggründe für zusätzlichen Spracherwerb sowie bisherige Erfahrungen mit dem Erlernen einer Fremdsprache als relevant heraus. In diesem Zusammenhang wurden ebenfalls die Ziele der Studierenden hin‐ sichtlich ihrer Mehrsprachigkeit in den Fokus gerückt. Forschungshintergrund des Projekts Laut der in regelmäßigen Abständen durchgeführten Datenanalyse des Vize‐ rektorats für Personal, Personalentwicklung und Gleichstellung, welche sich seit 2003 mit den Geschlechterverhältnissen an der Universität Graz beschäftigt, gab es im Fakultätenvergleich innerhalb der letzten zehn Jahre (2007 bis 2017) bezüglich der Geschlechterverteilung der Studierenden wenig Veränderung. Gesamtuniversitär bleibt es hier bei einem Frauenanteil von 61 %. Im Bereich der Entwicklung der Studierendenzahlen an der Universität Graz zeigt sich ein erhöhter Frauenanteil an allen sechs Fakultäten. Besonders hervorzuheben ist auch der Frauenanteil mit 69 % im Bereich der geisteswissenschaftlichen Stu‐ dien, welcher mit Abstand der höchste im Vergleich zu den anderen Fakultäten ist. So scheint es auch nicht verwunderlich, dass die Universität Graz im bun‐ desweiten Vergleich über dem durchschnittlichen Frauenanteil von 53 % liegt (vgl. Karl-Franzens-Universität Graz 2018, S. 10 ). Die Gesamtzahl an weiblichen Studierenden (Inland und Ausland) der Universität Graz lag im Wintersemester 2018 / 19 bei 61,5 % (vgl. Karl-Franzens-Universität Graz 2019). Hinsichtlich dieser aussagekräftigen Zahlen lag die Vermutung nahe, dass es einen höheren Anteil an weiblichen Studierenden innerhalb der Fremdspra‐ chensemesterkurse am treffpunkt sprachen gibt. Die Geschlechterverteilung der Studierenden sowie auch andere zentrale Aspekte, die im Zusammenhang mit Fremdsprachenerwerb und Gender stehen, bilden den Schwerpunkt des Pro‐ jekts. Bevor darauf im Detail eingegangen wird, erfolgt im nächsten Kapitel ein kurzer Exkurs zur Geschichte und Entwicklung des Forschungsgebiets. Forschungsbereich Gender und Fremdsprachenerwerb Innerhalb des Forschungsbereichs, welcher sich mit den beeinflussenden Fak‐ toren beim Fremdsprachenerwerb beschäftigt, nimmt das Geschlecht der Spra‐ chenlernenden eine eher sekundäre Rolle ein (vgl. Feery 2008, S. 32 ). Die zu Anfang geleistete Forschungsarbeit zu Gender und Sprache lässt sich zunächst in zwei größere Bereiche unterteilen: die Varietätenlinguistik, welche sich mit genderspezifischen Sprachmustern beschäftigte, und die Sprechakttheorie, welche den Gebrauch von Sprache während der Sprechakte von Frauen und Männern analysierte. Den Grundstein für diesen Forschungsbereich legte die feministische bzw. genderbewusste Linguistik, welche zum ersten Mal in den 1970er-Jahren hervortrat. Seit Beginn dieses Jahrzehnts rückte die Verbindung zwischen Gender und Sprache immer mehr in den Fokus. Zu den ersten femi‐ nistischen Werken zählten Masculine / Feminine: Readings in Sexual Mythology and the Liberation of Women (1969) von Betty und Theodore Roszak sowie Robin Morgans Sammelband mit dem Titel Sisterhood Is Powerful: An Anthology of Writings from the Women’s Liberation Movement (1970). Basierend auf diesen Pionierarbeiten konnten sich ForscherInnen auf die Suche nach einem Beweis für einen genderspezifischen Sprachgebrauch von Männern und Frauen machen. Anfang der 1980 er-Jahre steigerte sich die Pro‐ 192 Heidrun Brameshuber duktivität von ForscherInnen, sodass die Beschäftigung mit diesem Thema zu einem eigenständigen Forschungsgebiet avancierte. Neue Forschungsfragen und -richtungen entwickelten sich. Während dieser Dekade fokussierte man sich auf das Dominanzmodell. Diese Theorie stützte sich weitgehend auf die Annahme, dass Männer während des Sprechakts Frauen dominieren würden, und deutete auf die Ungleichheit der Kräfteverhältnisse zwischen Männern und Frauen während der Kommunikation hin. Diese Studien wurden damals aller‐ dings noch nicht in Bezug zu einer Fremdsprache gesetzt, man befasste sich lediglich mit den Muttersprachen der ProbandInnen (vgl. Feery 2008, S. 33 f.). Innerhalb der letzten 30 Jahre begann die moderne Linguistik, sich mit der Relation zwischen Gender und Fremdsprachenerwerb zu beschäftigen. In den 1990 er-Jahren distanzierte man sich von der Annahme, dass die männliche Do‐ minanz Einfluss auf die Kommunikation zwischen Männern und Frauen hätte. Im Laufe dieses Jahrzehnts änderte sich die Sichtweise auf Gender- und Sprach‐ forschung grundlegend. Das Forschungsfeld begann sich in eine neue Richtung zu bewegen, in der ein moderneres Konzept entstand (vgl. ebd., S. 34). Gender wurde nun als ein Teil eines sozialen Konstrukts erfasst. Diese einzelnen sozialen Faktoren wurden nun in Verbindung mit dem Fremdsprachenerwerb gesetzt. Dazu zählten unter anderem die Bereiche der kognitiven Leistungsfähigkeit und die Lernprozesse bzw. -strategien des menschlichen Geistes, individuelle Moti‐ vatoren sowie das soziale und interkulturelle Verständnis einer Person (vgl. ebd., S. 37). Der Linguist Noam Chomsky drückt das Zusammenspiel mehrerer Fak‐ toren auf folgende Weise aus: (…) other influences such as social, historical and cultural influences, amongst many others, all contribute to who and what the learner is and what prior knowledge he or she brings to the task of learning a second language (Ebd., S. 35 f.) Eine der ersten Studien auf diesem Gebiet beschäftigt sich mit leistungsorien‐ tierten Unterschieden beim Fremdsprachenerwerb zwischen Männern und Frauen und wurde von Kettemann, Cossée, Kerschbaumer und Landsiedler (vgl. 1998 ) durchgeführt. Diese Studie bietet einen umfassenden Überblick über mög‐ liche genderspezifische Unterschiede beim Fremdsprachenerwerb sowie den Versuch einer Erklärung, warum solche genderabhängigen Unterschiede über‐ haupt existieren. Letztlich vermutete man drei unterschiedliche Ansätze, um die Gründe dafür kategorisieren zu können: den biologischen Standpunkt, das kog‐ nitionspsychologische Konzept und den Ansatz der Sozialisationstheorie (vgl. Feery 2008, S. 38 f.). Weitere Studien beschäftigen sich mit geschlechterspezifischen Lernstrate‐ gien und den verschiedenen Motivatoren für das Erlernen einer neuen Sprache. 193 Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weiblich? Es konnte gezeigt werden, dass Männer eine neue Sprache aus praktischen Gründen wählen, während Frauen aus persönlichem Interesse eine neue Sprache lernen (vgl. ebd.). Ein weiterer interessanter Aspekt, der untersucht wurde, ist die Dominanz des weiblichen Geschlechts innerhalb des Fremdspra‐ chenunterrichts. Rafik Loulidi (1990) beschäftigte sich in seinem gleichnamigen Beitrag mit der Frage „Is language learning really a ‚female business‘“ ? Die Ant‐ wort, die er fand, bestätigte eine wachsende Ungleichheit innerhalb von Fremd‐ sprachenklassen in Großbritannien mit einer höheren Anzahl an teilnehmenden Frauen. Die daraus resultierende Schlussfolgerung, dass Frauen die Sprachbe‐ gabteren sind, wurde jedoch auch von ihm nie bestätigt (vgl. ebd., S. 41 ). Eine Bandbreite an einzelnen unterschiedlichen Forschungsbereichen der Linguistik, dem Fremdsprachenerwerb und den Sozialwissenschaften, die in diesen Studien von Relevanz sind, zeigen einmal mehr das Ausmaß und die Komplexität des Forschungsgebiets Gender . Projektbeschreibung Aufgrund der anfangs beschriebenen Studierendenstatistik der Universität Graz kann davon ausgegangen werden, dass es auch in den Fremdsprachenkursen am treffpunkt sprachen einen höheren Anteil an weiblichen Studierenden gibt. Um eine höhere Rücklaufquote zu erzielen, wurde in einem ersten Schritt ein Fragebogen (s. Anhang 1) erstellt und von der Projektleitung persönlich in den Fremdsprachensemesterkursen ausgeteilt. Die Bandbreite der ausgewählten Kurse umfasste das gesamte Sprachenrepertoire und ebenfalls die verschie‐ denen Niveaustufen, welche am treffpunkt sprachen angeboten werden. Kurse mit speziellen Schwerpunkten, wie English Grammar Training, wurden im Zuge der Datenerhebung allerdings nicht berücksichtigt, da der Grund für den Kurs‐ besuch im Vorfeld absehbar gewesen wäre. Die Befragung der Sprachenlernenden nahm einen Zeitraum von zwei Semestern in Anspruch. Begonnen wurde im Sommersemester 2019 und die Fortsetzung fand im Wintersemester 2019 / 20 statt. Nach der Befragung und statistischen Auswertung der Ergebnisse wurde den Studierenden auf freiwilliger Basis die Möglichkeit geboten, an einem Einzelgespräch mit der Projektleitung teilzunehmen. Die Anmeldung zu den Interviews erfolgte im Zuge der Verteilung der Fragebögen. Dazu wurde nach der ersten Befragungsrunde im Sommersemester ein Fragenkatalog (s. Anhang 2) entwickelt, der besonders den Genderaspekt des Projekts berücksichtigt. Mit dem Einverständnis der TeilnehmerInnen wurden Audioaufnahmen der Einzel‐ gespräche angefertigt und in späterer Folge transkribiert, um die Antworten auswerten und vergleichen zu können. 194 Heidrun Brameshuber Forschungsziele Das Projekt zielt darauf ab, den Anteil an weiblichen Studierenden am treffpunkt sprachen sowie deren Verteilung auf die einzelnen Fakultäten zu dokumentieren. Neben den allgemein relevanten personenbezogenen Daten wie Alter, Ge‐ schlecht, Herkunft etc., welche laut DSGVO verarbeitet wurden, stehen fol‐ gende Fragestellungen im Fokus des Projekts: • Welchen Fakultäten gehören die Studierenden an? • In welchem Studienabschnitt (Bachelor, Master, Doktorat, Habilitation) befinden sich die Studierenden gerade? • Tritt auch hier eine erhöhte Frauenquote im Bereich der geisteswissen‐ schaftlichen Studien auf ? • Welche eventuell genderabhängigen Faktoren sind ausschlaggebend für die Entscheidung zu einem zusätzlichen Fremdsprachenerwerb? • Haben das Geschlecht oder andere Faktoren Einfluss auf den Erfolg beim Erlernen einer Fremdsprache? • Welche bisherigen Erfahrungen prägten das Interesse an Fremdsprachen und in welchem Ausmaß sind diese genderspezifisch? • Welche Gründe haben die TeilnehmerInnen für den zusätzlichen Fremd‐ sprachenerwerb bzw. welche Ziele werden verfolgt? Mithilfe der gezielten Fragestellungen sowohl in den ausgearbeiteten Befra‐ gungsbögen als auch bei den Einzelinterviews wird ein Profil der Sprachen‐ lernenden am treffpunkt sprachen erstellt. Die Entwicklung dieses Profils erfolgt aus genderspezifischer Perspektive, um eventuelle Unterschiede oder auch Ge‐ meinsamkeiten beim Fremdsprachenerwerb aufzudecken. Hierzu dient beson‐ ders die Analyse der Gespräche mit männlichen und weiblichen Studierenden. Darüber hinaus wird in diesem Projekt der Frage nachgegangen, welche Be‐ weggründe hinter der Entscheidung stehen, einen Sprachkurs zu absolvieren. Außerdem wird beleuchtet, ob es eventuell Faktoren im privaten, beruflichen oder schulischen Umfeld gibt, die das Interesse an Fremdsprachen begünstigen, und ob die Sprachenlernenden die Mehrsprachigkeit als einen Vorteil ansehen. Das Forschungsziel lautet demnach, ein umfassendes Profil der Studierenden zu entwickeln und dabei zusätzlich den genderspezifischen Aspekt zu berücksich‐ tigen. 195 Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weiblich? Forschungsmethoden und Durchführung Als Forschungsmethode dient eine Kombination aus quantitativer Datensamm‐ lung mittels Fragebögen und qualitativer Einzelinterviews mit Studierenden. Der Fragebogen wurde im Zeitraum von zwei Semestern an 595 Kursteilneh‐ merInnen ausgeteilt. Da es auch für Universitätsbedienstete, AbsolventInnen, externe Personen und Studierende anderer Bildungseinrichtungen möglich ist, an einem Sprachkurs bei treffpunkt sprachen teilzunehmen, reduzierte sich die Anzahl der ProbandInnen auf 520 Personen. Relevant für die statistische Aus‐ wertung waren lediglich die Daten von Studierenden der Universität Graz. Ins‐ gesamt wurde der Fragebogen in 39 Kursen verteilt. Befragt wurden Teilneh‐ merInnen aller Niveaustufen. Es gab keine Einschränkung in Bezug auf die Fremdsprache, jedoch wurde darauf geachtet, dass der Sprachkurs keine Spezialisierung auf ein bestimmtes sprachliches Themengebiet hatte. In den folgenden Tabellen werden die Kurse beider Semester sowie die Anzahl der be‐ fragten Personen detailliert aufgelistet: Sommersemester 2019 TeilnehmerInnen gesamt Studierende Universität Graz 935.200 Englisch Mittelstufe 2, Gruppe A 21 20 935.202 Englisch Mittelstufe 4, Gruppe A 18 17 935.216 Französisch Grundstufe 2, Gruppe B 19 17 935.218 Französisch Grundstufe 4, Gruppe A 17 13 935.219 Französisch Grundstufe 4, Gruppe B 18 17 935.221 Französisch Mittelstufe 2, Gruppe B 16 11 935.228 Italienisch Grundstufe 2, Gruppe A 12 9 935.230 Italienisch Grundstufe 2, Gruppe C 15 7 935.232 Italienisch Mittelstufe 2 14 12 935.240 Spanisch Grundstufe 2, Gruppe C 16 15 935.245 Spanisch Grundstufe 4, Gruppe A 13 13 935.246 Spanisch Grundstufe 4, Gruppe B 15 11 935.249 Spanisch Mittelstufe 4 5 3 935.259 Japanisch Grundstufe 2, Gruppe A 17 12 196 Heidrun Brameshuber Sommersemester 2019 TeilnehmerInnen gesamt Studierende Universität Graz 935.260 Japanisch Grundstufe 2, Gruppe B 17 16 935.263 Koreanisch Grundstufe 2 15 12 935.266 Kroatisch Grundstufe 4 8 5 935.268 Niederländisch Grundstufe 2 9 8 935.271 ÖGS Grundstufe 4 13 11 935.273 Persisch Grundstufe 4 8 8 935.275 Russisch Grundstufe 2, Gruppe A 13 13 935.280 Schwedisch Grundstufe 4 8 7 Summe 307 257 Tabelle 1: Ausgewählte Fremdsprachenkurse am treffpunkt sprachen, Sommersemester 2019 Wintersemester 2019 / 20 TeilnehmerInnen gesamt Studierende Universität Graz 935.001 Englisch Mittelstufe 3, Gruppe A 17 16 935.004 Englisch Oberstufe 1, Gruppe B 17 15 935.018 Französisch Grundstufe 1, Gruppe A 19 19 935.019 Französisch Grundstufe 1, Gruppe B 18 17 935.020 Französisch Grundstufe 1, Gruppe C 15 14 935.022 Französisch Grundstufe 3, Gruppe A 16 15 935.023 Französisch Grundstufe 3, Gruppe B 21 17 935.031 Italienisch Grundstufe 1, Gruppe A 16 15 935.032 Italienisch Grundstufe 1, Gruppe B 14 14 935.033 Italienisch Grundstufe 1, Gruppe C 22 18 935.034 Italienisch Grundstufe 3, Gruppe A 13 12 935.035 Italienisch Grundstufe 3, Gruppe B 14 10 935.042 Spanisch Grundstufe 1, Gruppe A 14 13 935.044 Spanisch Grundstufe 1, Gruppe C 23 21 197 Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weiblich? Wintersemester 2019 / 20 TeilnehmerInnen gesamt Studierende Universität Graz 935.046 Spanisch Grundstufe 1, Gruppe E 15 15 935.048 Spanisch Grundstufe 3, Gruppe A 15 13 935.049 Spanisch Grundstufe 3, Gruppe B 19 19 Summe 288 263 Tabelle 2: Ausgewählte Fremdsprachenkurse am treffpunkt sprachen, Wintersemester 2019 / 20 Durch die gewählte Befragungsvariante des Paper-Pencil-Fragebogens, der anonym im Sprachkurs auszufüllen war, konnte eine hohe Rücklaufquote erzielt werden. Lediglich sechs Personen gaben im Zuge der Evaluation keine Angabe zu ihrem Alter an. Alle anderen Daten waren vollständig. Der Termin für die schriftliche Befragung wurde im Vorfeld mit den KursleiterInnen abgestimmt. Nach Abschluss der Umfrage des jeweiligen Semesters erfolgte die statistische Auswertung. Hierzu wurden die Daten in einer Excel-Tabelle erfasst, wobei für jede Frage ein eigenes Diagramm erstellt wurde. Nach der separaten Eingabe der Forschungsdaten für beide Semester wurden alle Ergebnisse zusammenge‐ fasst. Die Möglichkeit, ein Einzelgespräch zu führen, nahmen insgesamt 16 Per‐ sonen wahr. Das Geschlecht spielte bei den InterviewpartnerInnen keine Rolle, da hierbei vorwiegend die Ansichten über Geschlecht und Fremdsprachener‐ werb erfragt werden sollten. Das einzige Kriterium war ein aktives Studium an der Universität Graz. Die Fragebogenverteilung in den einzelnen Sprachkursen wurde bereits genutzt, um mögliche InterviewpartnerInnen für ein Gespräch zu gewinnen. Die Einzelinterviews wurden mittels eines 14 Fragen umfassenden Fragenkatalogs, welcher im Vorfeld ausgearbeitet wurde, durchgeführt. Alle Fragen waren offen formuliert, mit Ausnahme der ersten, welche sich auf den Fragebogen bezog. Während der Gespräche wurden Audioaufnahmen gemacht, die in späterer Folge gemäß DSGVO anonymisiert transkribiert wurden. Die Interviews dienten vorrangig zur Dokumentation und Auswertung des gender‐ spezifischen Parts des Forschungsprojekts. Für die Auswertung wurden die Antworten analysiert und deren Häufigkeit dokumentiert. Des Weiteren gab es auch bestimmte Fragestellungen, durch welche eine Verbindung zu den Ergeb‐ nissen der Umfrage hergestellt werden sollte, um die gesammelten Daten besser untermauern und interpretieren zu können. Im Hinblick auf die persönlichen Ansichten der TeilnehmerInnen eröffnete sich ein breites Spektrum an Ant‐ worten zum Thema Gender und Fremdsprachenerwerb sowie eine Darstellung 198 Heidrun Brameshuber der individuellen Erfahrungen der Studierenden, welche sie bislang beim Er‐ lernen einer Fremdsprache sammeln konnten. Studierende am treffpunkt sprachen Das Kursangebot des Sprachenzentrums treffpunkt sprachen richtet sich haupt‐ sächlich an Studierende der Universität Graz, welche auch die Mehrheit der Lehrveranstaltungsteilnehmenden bilden. Aus diesem Grund gelten sie in diesem Projekt als Hauptakteure. Der Fragebogen wurde daher so konzipiert, dass neben den soziodemographischen Daten und den Angaben zum Spracher‐ werb auch Informationen zur Ausbildung erfragt wurden. Letzterer Part bestand aus den Angaben über die Fakultät, das Studium und das Studienjahr. Infolge‐ dessen wurden die Fragebögen von Bediensteten, AbsolventInnen, externen TeilnehmerInnen oder Studierenden, die ihr Studium ausschließlich an einer anderen Bildungseinrichtung betreiben, nicht bei der Analyse berücksichtigt. Der Großteil der Itemformate wurde mit geschlossenen Antwortmöglich‐ keiten versehen. Die Befragten konnten aus verschiedenen vorgegebenen Mög‐ lichkeiten wählen. Bei der Frage nach dem Interesse an Fremdsprachen und den Gründen für den Besuch des Kurses war es möglich, Mehrfachantworten zu geben. Diese beiden Fragen wurden aufgrund der breitgefächerten Antwort‐ möglichkeiten auch im Zuge der persönlichen Gespräche thematisiert. Durch das klare Konzept und die verständliche Formulierung der Fragen konnten alle von den Studierenden ausgefüllten Bögen zur Datenanalyse herangezogen werden. Von ebenso großer Bedeutung war die freiwillige Beteiligung der Stu‐ dierenden an den Einzelbefragungen. Die qualitativen Interviews bildeten die zweite zentrale Komponente der Datenerhebung des Projekts. Die anregenden Gespräche trugen dazu bei, die persönlichen Erfahrungen beim Fremdspra‐ chenerwerb besser nachvollziehen zu können, und bereicherten die Forschungs‐ ergebnisse maßgeblich. Die TeilnehmerInnen wurden ebenfalls zu ihrer Mei‐ nung über die verschiedenen Faktoren, die den Fremdsprachenerwerb beeinflussen können, befragt. Die individuellen Einstellungen zum Einfluss des Geschlechts beim Erlernen einer neuen Fremdsprache waren von großer Be‐ deutung. Forschungsergebnisse der Umfrage Im Hinblick auf die Auswertung der Befragung werden nun die Ergebnisse des Sommersemesters 2019 und Wintersemesters 2019 / 20 präsentiert. Diese Ana‐ lyse umfasst die 520 ausgewerteten Fragebögen, welche von Studierenden der 199 Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weiblich? Universität Graz ausgefüllt wurden, die während der genannten Semester einen Fremdsprachensemesterkurs am treffpunkt sprachen besuchten. Lediglich die wichtigsten Daten, welche von Relevanz für das Studierendenprofil sind, werden graphisch dargestellt. Der Fokus liegt hier vor allem auf der Geschlech‐ terverteilung der Befragten, der Verteilung der Studierenden auf die sechs Fa‐ kultäten, der spezifischen Geschlechterverteilung auf die einzelnen Fakultäten, dem Grund für das Spracheninteresse und dem Grund für die Teilnahme an einem Sprachkurs. Die absolute TeilnehmerInnenzahl, geordnet nach Fakultät und Geschlecht, wird in der folgenden Tabelle dargestellt: Fakultät männlich weiblich divers GEWI 29 166,5 1 NAWI 40,5 93 0 SOWI 19,5 51 0 URBI 13 45 0 REWI 19 39 0 Theologie 0 3,5 0 Summe 121 398 1 Legende: GEWI: Geisteswissenschaftliche Fakultät NAWI: Naturwissenschaftliche Fakultät SOWI: Sozial- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät URBI: Umwelt-, Regional- und Bildungswissenschaftliche Fakultät REWI: Rechtswissenschaftliche Fakultät Theologie: Katholisch-Theologische Fakultät Tabelle 3: TeilnehmerInnenzahl nach Fakultäten Die tabellarische Auswertung verdeutlicht die existierende Geschlechterdispa‐ rität innerhalb der Fremdsprachenkurse am treffpunkt sprachen . An der Umfrage nahmen insgesamt 398 weibliche Studierende teil. Dies bedeutet einen prozen‐ tualen Anteil von 77 %. Die männliche Beteiligung lag bei 121 Studierenden und somit bei einem Anteil von 23 %. Einmal wurde bei der Geschlechtsangabe divers angegeben. Da in dieser Tabelle bereits die Studien und Fakultäten erfasst wurden, treten hier Kommazahlen auf. Diese ergeben sich aufgrund von Dop‐ pelstudien, die an unterschiedlichen Fakultäten betrieben werden. Sie werden als ein halber Punkt gezählt, um die Verfälschung der Ergebnisse zu vermeiden. 200 Heidrun Brameshuber 1 Beim Prozentanteil der GEWI-Fakultät kommt es zu einer Abweichung von 0,2 %. Dieser Wert bezieht sich auf die einmal angekreuzte Geschlechtsangabe divers bei der Fragebogenerhebung. Dieser Prozentanteil wird in dieser sowie in weiteren Auswer‐ tungen nicht behandelt, da der prozentuale Wert zu gering ist. Die Auswertungen be‐ schränken sich auf die Geschlechtsangaben männlich und weiblich. Im nachstehenden Diagramm werden die Ergebnisse zur Veranschaulichung graphisch dargestellt: Abbildung 1: Gesamtauswertung der Fakultätenverteilung der Befragten Mit einem Gesamtprozentsatz von 37,8 % lässt sich aus Abbildung 1 ablesen, dass die Mehrheit der befragten SprachkursteilnehmerInnen einem Studium an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät 1 nachgeht. Danach folgen die Naturwissen‐ schaften mit 25,7 %. An dritter Stelle liegen die Sozial- und Wirtschaftswissen‐ schaften mit einem Prozentsatz von 13,6 %. Die Rechtswissenschaften und die Umwelt-, Regional- und Bildungswissenschaftliche Fakultät teilen sich mit 11,2 % den vierten Platz. Zuletzt folgt die Katholisch-Theologische Fakultät mit einer Studierendenbeteiligung von 0,7 %. Jene Gruppe von Sprachenlernenden, welche am häufigsten innerhalb der Fremdsprachensemesterkurse am treff‐ punkt sprachen vertreten ist, besteht aus Studierenden der Geisteswissenschaft‐ lichen Fakultät. Es ist anzunehmen, dass angesichts der Vorerfahrung mit Sprachstudien ein erhöhtes Interesse besteht, Sprachkenntnisse zu vertiefen oder zu erweitern. In den beiden nachfolgenden Diagrammen wird die Fakul‐ tätenverteilung abermals beleuchtet. Dabei werden die Ergebnisse der weibli‐ chen und männlichen TeilnehmerInnen separat analysiert. 201 Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weiblich? Abbildung 2: Fakultätenverteilung der männlichen Befragten Im Hinblick auf die männlichen Teilnehmer der Befragung zeigt sich bei der Analyse der ausgewerteten Daten, dass der Anteil an Studenten der Naturwis‐ senschaftlichen Fakultät höher ist als jener der Geisteswissenschaften. Dieser liegt bei 7,8 %, während der Anteil der Studenten der Geisteswissenschaftlichen Fakultät 5,2 % aufweist. Ausschlaggebend für ein solches Ergebnis könnten die beruflichen Interessen der Studierenden sein, da aktuell noch immer eine ge‐ wisse genderspezifische Ungleichheit hinsichtlich der Berufswahl von Männern und Frauen existiert. Des Weiteren studieren 3,8 % Sozial- und Wirtschaftswis‐ senschaften, 3,7 % Rechtswissenschaften und 2,5 % an der URBI -Fakultät. Keiner der männlichen Teilnehmer betreibt ein Studium an der Theologischen Fakultät. 202 Heidrun Brameshuber Abbildung 3: Fakultätenverteilung der weiblichen Befragten Eine der zentralen Fragestellungen des Projekts war, an welchen Fakultäten die Studierenden ihr Studium betreiben. Des Weiteren galt es zu dokumentieren, ob sich ein erhöhter Frauenanteil an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät fest‐ stellen lässt. Zu Anfang des Beitrags wurde erläutert, dass der Anteil im Jahr 2018 gesamtuniversitär bei einer Frauenquote von 69 % lag. Die Ergebnisse der Umfrage am treffpunkt sprachen belegen, dass auch hier der Anteil an weiblichen Studierenden im Bereich der geisteswissenschaftlichen Studien klar überwiegt. Ein Großteil ( 32,4 %) der TeilnehmerInnen an den Fremdsprachenkursen ist also weiblich und studiert an der Geisteswissenschaftlichen Fakultät. Danach folgen die Naturwissenschaften mit 17,9 %. An dritter Stelle befinden sich die Studien im sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Bereich mit 9,8 %. Studierende der URBI -Fakultät bilden einen prozentualen Anteil von 8,7 % und die Studieren‐ denanzahl der REWI -Fakultät liegt bei 7,5 %. Die Theologie kommt auf einen Prozentsatz von 0,7 %. Die erhobenen Daten zeigen eine Differenz der Fakultä‐ tenverteilung zwischen weiblichen und männlichen Teilnehmenden. Die Hin‐ tergründe dieser Verteilung bzw. die Gründe für das Spracheninteresse sollen anhand zweier weiterer Punkte zum Thema Fremdsprachenerwerb noch genauer beleuchtet werden. Vorerst werden allerdings weitere soziodemographische Daten sowie Angaben zu Ausbildung ergänzend erläutert. Die Altersverteilung der KursteilnehmerInnen wurde in sieben Kategorien aufgeteilt. Das Alter der Studierenden lag zwischen 18 und 60 Jahren. Mit 62 % machen die 21bis 25 -jährigen TeilnehmerInnen den Höchstanteil aus. Die rest‐ liche Verteilung stellt sich wie folgt dar: 19 % sind zwischen 18 und 20 Jahre alt, 203 Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weiblich? 12 % zwischen 26 und 30 Jahre, 4 % zwischen 31 und 40 Jahre, 2 % zwischen 41 und 50 Jahre, 1 % zwischen 51 und 60 Jahre. Bezogen auf die Nationalitäten konnte eine Zusammensetzung von 85 % Ös‐ terreicherInnen und 15 % internationalen Studierenden ermittelt werden. Um die akademische Ausbildung der TeilnehmerInnen erfassen zu können, wurde eine Einteilung in folgende Kategorien vorgenommen: Bachelor-, Master-/ Diplomstudium, Doktorat und Habilitation. 58 % gaben an, sich im Bachelor‐ studium zu befinden, 39 % im Masterbzw. Diplomstudium und 3 % im Doktoratsstudium. Keine Angaben, also 0 %, gab es zur Habilitation. Bezüglich der Studiendauer zur Zeit der Befragung wurden von den Teilneh‐ merInnen folgende Daten angegeben: 26 % befanden sich im dritten Studienjahr, 21 % im zweiten, 18 % im vierten, 17 % befanden sich im ersten Studienjahr, 15 % im fünften und 3 % befanden sich im sechsten Studienjahr. Im Zuge der Umfrage mittels Fragebogen wurde ebenfalls der bisherige Kontakt mit Fremdsprachen ermittelt. Berücksichtigt wurden alle Sprachen außer der Muttersprache der Befragten. Auf die Frage, ob bereits eine oder mehrere Fremdsprachen gespro‐ chen werden bzw. bekannt sind, gab der Großteil mit 47 % an, bereits zwei Fremdsprachen zu sprechen. 22 % gaben drei Fremdsprachen an, 21 % eine Fremdsprache und 10 % gaben mehr als drei Fremdsprachen an. Ebenso wurde erfragt, um welche Fremdsprachen es sich dabei handelt. Die Einzelsprachen wurden verschiedenen Sprachzweigen zugeordnet. Eine graphische Darstellung der Antworten findet sich in der folgenden Abbildung: 204 Heidrun Brameshuber Abbildung 4: Auflistung der Fremdsprachen Hierbei ist noch zu erwähnen, dass die am häufigsten angegebene Fremdsprache Englisch ist. An zweiter Stelle liegen die romanischen Sprachen mit einem Anteil von 37 %. Um die Angaben der Studierenden besser nachvollziehen zu können, wurde eigens für diese Auswertung eine Legende erstellt, welche die Zuordnung der einzelnen Sprachen zu den jeweiligen Sprachzweigen darstellt. 205 Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weiblich? Tabelle 4: Legende für die Zuordnung zu den Sprachzweigen 206 Heidrun Brameshuber Abschließend folgt nun die Analyse der Gründe für das bestehende Interesse an Fremdsprachen und für den Besuch von Fremdsprachenkursen. Hier war es für die Befragten ebenfalls möglich, Mehrfachantworten zu geben. Aufgrund der Relevanz der Fragestellungen für das Studierendenprofil wird hier eine Ver‐ knüpfung mit den Interviews hergestellt, um Ergebnisse besser nachvollziehen und untermauern zu können. Aus den eingeholten 520 Antworten bezüglich der Gründe für das Interesse an Sprachen ergab sich folgendes Ranking: Abbildung 5: Gründe für das Interesse an Sprachen 30 % der befragten KursteilnehmerInnen führen ihre Begeisterung für Sprachen auf das Interesse an anderen Kulturen zurück, 28 % auf Auslandsreisen. Tat‐ sächlich überwiegen bei den befragten Studierenden, mit einem Anteil von ins‐ gesamt 58 %, die privaten Gründe. Die Aussagekraft dieses ermittelten Werts lässt vermuten, dass die Studierenden sich aus freiem Entschluss zusätzlich zum Hauptstudium mit Fremdsprachen beschäftigen und die Mehrsprachigkeit als eine Bereicherung für ihr Privatleben sehen. In den Interviews konnten die persönlichen Motive der TeilnehmerInnen präziser erfragt und erfasst werden. Jene Studierenden, die z. B. einen Japa‐ nischkurs besuchten, nannten als Grund für ihr Interesse an der Sprache ihre Begeisterung für Mangas und Anime. Diese Begeisterung habe sie auch dazu motiviert, die Sprache aus eigenem Antrieb zu lernen und die Serien bzw. Mangas als Lernunterstützung zu verwenden. Auffallend war, dass von allen 16 Interviewten explizit das persönliche Interesse als ausschlaggebender Grund für den Erwerb einer oder mehrerer Sprachen angegeben wurde. 207 Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weiblich? (…) Interesse an anderen Sprachen und fremden Kulturen, genau. Also Japanisch habe ich auch deshalb gewählt, weil ich mir dachte, dass ich dann eine Sprache lerne, die so ganz anders ist als die europäischen Sprachen und nicht mit ihnen verwandt ist. Weil eben die Sprache die Kultur und das Denken der Bevölkerung widerspiegelt. Mein Interesse kam durch andere Kulturen, ein bisschen Schule (…). Mein Wunsch ist es, dass ich mich mit Leuten auf Augenhöhe unterhalten kann und nicht immer nur auf Englisch zurückgreifen muss. Persönliche Gründe (…), weil ich die Sprache einfach sehr schön finde und weil die Kultur ziemlich spannend ist. (…) und um auch ein bisschen ein Gefühl für andere Sprachen zu entwickeln. Da ist man halt dann doch hin und wieder in Spanien und man will auch etwas ver‐ stehen können, auch bei zukünftigen Reisen. (…), weil Spanisch neben dem Englischen einfach sehr wichtig ist. Eine große Vielfalt an Faktoren, wie der Wunsch nach Mehrsprachigkeit, die Andersartigkeit einer Sprache oder Kontakt mit Freunden, fremdsprachigen Medien oder der fremden Kultur, wurden genannt. Eher selten bezogen sich die Befragten auf einen eventuellen vorprägenden Einfluss der Schule. Der Grund für den dritthöchsten Prozentsatz ( 18 %) könnte allerdings der frühe erste Kon‐ takt mit einer Fremdsprache während der Schulzeit sein. Zwölf Befragte gaben an, dass die erste Berührung mit einer anderen Sprache in der Volksschule im Englischunterricht stattfand. So könnte sich aufgrund der positiven Erfah‐ rungen in der Kindheit bei den Befragten ein positiver Bezug zum Fremdspra‐ chenerwerb entwickelt haben. Abschließend wurde im Fragebogen der Grund für die Kursteilnahme am treffpunkt sprachen erfragt. Da sich einige Auswahlmöglichkeiten mit der vorangegangenen Frage decken, wurde zur besseren Übersicht eine Legende er‐ stellt, welche alle Punkte abdeckt. Studium Reisen und Persönliche Gründe Interesse an der Kultur Familie Schule Sonstiges Auslandssemester 208 Heidrun Brameshuber Zusatzqualifikation Auffrischung Vertiefung Erhöhung des Sprachniveaus Zukünftiger Beruf Abbildung 6: Farblegende: Gründe für Interesse an Sprachen und Kursbesuch Die Angaben der Studierenden zu den Gründen für den Fremdsprachenkursbe‐ such werden in Abbildung 7 dargestellt: Abbildung 7: Gründe für die Sprachkursteilnahme Wie bereits bei den Gründen für das Interesse an Fremdsprachen analysiert, überwiegen auch hier die persönlichen Gründe, wenn es um die Entscheidung geht, einen Sprachkurs zu absolvieren. Während der Einzelinterviews wurde als Motivationsfaktor vor allem die Freude daran erwähnt, den Inhalt von fremd‐ sprachigen Medien erfassen zu können. Hierzu zählen besonders Serien, Musik und Bücher bzw. Mangas. Beim Lesen gibt es zudem den Anreiz, bestimmte Wörter nachzuschlagen, die nicht gleich verstanden werden. Positive Erfah‐ rungen beruhen auch auf der verbesserten Kommunikation mit internationalen Studierenden oder auf Auslandsreisen. Bei Japanisch gab es auch den Beweggrund, dass ich selbst sehr gerne etwas mit der japanischen Kultur zu tun habe. Speziell auch mit der Medienkultur im Sinne von 209 Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weiblich? Anime und Manga. (…), wenn man dann zum Beispiel einen Witz hat, der speziell auf einem Produkt oder auf einem kulturellen Hintergrund des Landes basiert, liest man das, aber man versteht die Situation nicht so ganz. (…) Dann wollte ich auch verstehen, was der wirkliche Hintergrund war und was wirklich drinnen steht und was es be‐ deutet. Und als Drittes: persönliche Gründe, weil ich Freunde habe, die nur Englisch sprechen und mit denen ich auf Englisch kommuniziere. Da ist es natürlich praktisch, wenn man es kann. (…) mein Interesse an klassischer Literatur. (…) gerade bei Dostojewski, Tolstoi, auch bei Hemingway manchmal, oder bei derartigen Werken. Wenn man die liest, sind dort teilweise Sachen auf Französisch geschrieben. Ich möchte zumindest die Wörter in meinem Kopf richtig lesen können. Hinsichtlich des Interesses an fremden Kulturen wurde der Grundstein bereits großteils in der Kindheit gelegt. Sehr häufig erwähnten die Interviewten die Wertschätzung von Fremdsprachen innerhalb der Familie. Diese wurde bei‐ spielsweise durch Auslandsreisen noch verstärkt oder die TeilnehmerInnen kommen aus einem bilingualen Elternhaus. (…) also gerade bei meiner Familie. Leute, die auch eine andere Sprache sprechen oder vom familiären Hintergrund her sehr viel auf Reisen waren. Da glaube ich schon, dass das prägt. (…) Ich glaube auch, dass die Unterstützung für das Erlernen einer neuen Sprache in einer Familie, wo dieses Thema einer anderen Kultur auch da ist, wesentlich größer ist. Ich merke es bei mir von zu Hause. Mein Vater spricht auch Italienisch oder auch Englisch und das bekommt man halt immer mit. Das ist ihm wichtig. (…), aber wenn vielleicht von Haus aus gesagt wird, es ist nicht so wichtig, dann wirst du wahr‐ scheinlich nicht so viel Kontakt damit haben. Das Elternhaus sowie das Bedürfnis, eine Sprache richtig zu verstehen und sich auch außerhalb des Kurses damit im privaten Bereich zu beschäftigen, waren für die TeilnehmerInnen von zentraler Bedeutung. Deshalb scheint es nicht ver‐ wunderlich, dass privates Interesse und fremde Kulturen immer wieder ganz oben im Ranking zu finden sind. An dritter Stelle liegen jeweils mit 14 % die Erhöhung des Sprachniveaus und die Zusatzqualifikation. Zusätzlich zur per‐ sönlichen Bereicherung ist für Studierende Mehrsprachigkeit ein Pluspunkt, sowohl während des Studiums als auch im späteren beruflichen Leben. 210 Heidrun Brameshuber (…), weil mich das interessieren würde, vielleicht jetzt einen Post-Doc zu machen, also zwei, drei Jahre unten Zeit zu verbringen. Es gibt auch viele hochtechnologische Firmen dort, was vielleicht interessant wäre. Ich habe schon auch den Gedanken, dass es gut wäre, einfach noch eine weitere Fremdsprache zu können. Deutsch und Englisch kann quasi jeder. Also da denke ich mir auch, eine dritte Sprache zu können, würde mir auch beruflich etwas bringen. Ich meine, dass ich das jetzt als berufliches Ziel habe, hat sich eigentlich mehr so nebenher ergeben, weil ich mir gedacht habe, es gibt eigentlich keine Prüfungen (…), damit man Japanisch übersetzen kann, sondern man kann dann auch eine Überset‐ zungsprobe abgeben. Im Zuge der Interviews wurde auch auf positive und negative Erfahrungen des bisherigen Verlaufs des Fremdsprachenerwerbs eingegangen. Die Schilderungen reichten von frühen schulischen Erlebnissen bis zum Zeitpunkt der Befragung. Leider gab es im schulischen Bereich negative Erfahrungen, welche den Wunsch nach einer Erhöhung des Sprachniveaus erklären könnten. Als ne‐ gativ wurden der Lernzwang bzw. der Druck in der Schule sowie Kommunika‐ tionsprobleme und Schwierigkeiten bei der Aussprache empfunden. Öfters wurde angegeben, dass aufgrund solcher Erfahrungen ein Weiterverfolgen der Fremdsprache gar nicht mehr erstrebenswert war. Das Interesse und die Lern‐ freude kamen aus eigenem Antrieb erst später während der hochschulischen Ausbildung zurück. Die zweite negative Erfahrung ist eben ein Kommunikationsproblem in dem Sinne, dass man sagt, okay, wenn man diese Sprachen nicht ordentlich beherrscht, gibt es einige Schwierigkeiten. Ich war eigentlich bis zur HTL, also in der Unterstufe, sehr schlecht in Englisch. Ich habe wegen Englisch auch in solche „Lernen lernen“-Kurse und zur Nachhilfe gehen müssen. Englisch war damals also eher so ein Angstthema. Positiv: Ich benutze heut‐ zutage den ganzen Tag Englisch. Das Negative sind vermutlich die Anfänge beim Sprachenlernen und dass es einfach oft sehr stark mit Stress verbunden ist. Wenn ich da an die Hauptschulzeit denke - die erste Zeit im Englischunterricht, als ich damals noch in der ersten Leistungsgruppe war, da war das Niveau einfach viel zu hoch für mich und ich habe nicht hineingepasst. Da war das mit sehr viel Stress und Unwohlsein verbunden. Trotz der negativen Aspekte in der Vergangenheit, die auch mit Lernzwang in Verbindung stehen, wollten alle Befragten die Fremdsprache zumindest auffri‐ schen oder noch weitere Fremdsprachen im Zuge des Studiums erlernen. Auf‐ 211 Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weiblich? grund des persönlichen Bezugs zur Fremdsprache und des Interesses an der Kultur wurde die Freude am Spracherwerb wiederentdeckt. Forschungsergebnisse der Interviews Die Interviews dienten in erster Linie zur Ergründung des Genderaspekts. Es wurden insgesamt neun weibliche und sieben männliche Teilnehmende befragt. Zur Auswertung wurde die Anzahl der am häufigsten auftretenden Antworten analysiert, da dieses Thema sehr komplex ist und sich die Meinungen subjektiv gestalten. Die GesprächspartnerInnen wurden zum Zusammenhang zwischen Fremdsprachenerwerb und Gender befragt. Da diese Thematik auch von anderen Faktoren beeinflusst werden kann, wird der theoretische Hintergrund der Fra‐ gestellungen vor der Präsentation der gesammelten Daten beleuchtet. Theoretischer Hintergrund des Fragenkatalogs Wie am Anfang des Beitrags aufgezeigt, umfasst das Thema Fremdsprachener‐ werb und Gender mehrere Variablen wie Lerntypen und -strategien, Motiva‐ toren, das soziokulturelle Umfeld einer Person sowie den Charakter und die Interessen einer Person. Diese entstammen der Komplexität dieses Forschungs‐ felds, welches noch viele weitere Bereiche umfasst. Aus diesem Grund wurden bei der Ausarbeitung des Fragenkatalogs für die Einzelgespräche weitere Fak‐ toren berücksichtigt, die den Erfolg beim Fremdsprachenerwerb begünstigen können. Bei der Ausarbeitung der acht Fragen wurden, neben den persönlichen Erfahrungen und Beweggründen der Studierenden, die folgenden Aspekte in Betracht gezogen, welche ebenfalls im Zusammenhang mit Fremdsprachener‐ werb und Gender stehen. Das weibliche Talent für Sprachen Hierbei sollten die TeilnehmerInnen persönlich einschätzen, ob Frauen ein grö‐ ßeres Talent für Sprachen besitzen oder generell über eine höhere Kommuni‐ kationsfähigkeit verfügen als Männer. In diesem Zusammenhang konnten die Befragten zudem einen Bezug zu den eigenen Erfahrungen in Fremdsprachen‐ kursen herstellen. Die Frage, ob das weibliche Geschlecht oder doch andere Faktoren die Fähigkeit, eine neue Sprache zu erlernen, bestimmen, wurde in den Interviews ebenfalls thematisiert. Wie bereits erläutert, konnte wissenschaftlich erwiesen werden, dass Fremdsprachenkurse überwiegend von weiblichen Teil‐ nehmerinnen absolviert werden, jedoch wird von der Annahme, Frauen hätten ein größeres Talent für das Erlernen einer Fremdsprache, Abstand genommen. 212 Heidrun Brameshuber Stereotypisierung Wer kennt die Aussage nicht? „Frauen sind kommunikativer und Männer denken logischer.“ Auf solche für die Gesellschaft typischen Klischees zielte die Frage ab, ob der Einfluss von Stereotypen beim Fremdsprachenerwerb noch existiert. Hierbei liegt der Fokus besonders auf den Aspekten der Erziehung und der geschlechtsspezifischen Ausbildung von Frauen und Männern. Tatsache ist, dass sich die Berufswahl von Mädchen und Jungen noch immer in geschlechts‐ spezifische Bereiche einordnen lässt. Die Konzentration von Mädchen liegt im Bereich der Lehrberufe, etwa beim Berufsbild der Einzelhandelskauffrau, Büro‐ kauffrau und Friseurin. Demnach werden eher Berufe im sozialen Bereich ge‐ wählt, die eine hohe Kommunikationsbereitschaft erfordern. Der Großteil der Burschen entscheidet sich für technische Lehrberufe, wie Kraftfahrzeugtech‐ niker, Maurer oder Elektroinstallationstechniker. (vgl. Bergmann et al. 2004, o. S.). Demnach ist die berufswahlspezifische Trennung zwischen den Ge‐ schlechtern noch immer sehr stark ausgeprägt. Frauen tendieren zu sozialen Berufen und Männer zur Technik. Auch die Zahlen im hochschulischen Bereich zeigen ein ähnliches Bild. Im Wintersemester 2018 / 19 inskribierten 1185 Frauen (Inland und Ausland) ein Lehramtsstudium an der Universität Graz. Der männ‐ liche Anteil lag nur bei 663 Personen (vgl. Karl-Franzens-Universität Graz 2019). Die Technische Universität Graz hingegen verzeichnete gesamtuniver‐ sitär im gleichen Semester mit 11 629 Personen (Inland und Ausland) einen Zu‐ wachs an männlichen Studierenden. Die Frauenquote lag bei einem Anteil von 4731 Personen (vgl. Technische Universität Graz 2019 ). Aufgrund solcher Zahlen rückt der Gedanke an sogenannte stereotype Rollenbilder im Zusammenhang mit der Ausbildungs- und Berufswahl in den Vordergrund. Historische Gründe Vor allem in Bezug auf Talent und Geschlecht kann der Vermutung nachge‐ gangen werden, dass eventuell historische Gründe oder natürliche Eignungen beim Fremdsprachenerwerb ausschlaggebend sind. Diese Thematik stellte die TeilnehmerInnen der Interviews vor eine nicht leicht zu beantwortende Frage: Ist die Geschichte noch immer in uns verankert? Im 19. Jahrhundert wurde der Frau eine gewisse Natur zugeschrieben, die als Geschlechtscharakter zu ver‐ stehen war. Der Kernbereich von Frauen zu dieser Zeit beschränkte sich auf die häusliche Privatsphäre (vgl. Opitz-Belakhal 2002, S. 109 ). Der Terminus Natür‐ liche Eignungen innerhalb der Fragestellung bezieht sich auf die Stellung der adeligen Frauen Ende des 18. Jahrhunderts und zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Der Zugang zur Bildung war damals nur der Oberschicht vorbehalten (vgl. Ki‐ lian 2002, S. 43 ). Diese Epoche war geprägt durch das Bild der tugendhaften Frau, 213 Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weiblich? die angehalten war, ihre Intelligenz zu kultivieren. Besonders beliebt war zu dieser Zeit das Studium der englischen und der italienischen Sprache. Beein‐ flusst die Vergangenheit noch immer die heutige Einstellung zum Fremdspra‐ chenerwerb oder werden andere Faktoren von Studierenden priorisiert? Soziokulturelles Umfeld Der Einfluss der Sozialisation in Bezug auf Sprache bildet einen weiteren Aspekt der Befragung. Der Stellenwert des sozialen Umfelds wird in diesem Punkt er‐ fragt. Hierbei spielen das Lernverhalten und unterschiedliche Motivatoren eine Rolle. Dieses spezielle Thema wurde bereits in der Wissenschaft diskutiert. Die Studie von Rebecca Oxford (vgl. 1993) beschäftigte sich mit der potentiellen Verbindung von bestimmten Lernstrategien und dem Geschlecht der Sprachen‐ lernenden. Eine der wichtigsten Erkenntnisse war, dass es genderspezifische Unterschiede in der Häufigkeit bei der Benutzung von bestimmten Lernstrate‐ gien gab. Frauen benutzten spezielle Strategien öfter als Männer (vgl. ebd., S. 81). Als bedeutend für den Spracherwerb erweisen sich der familiäre Hintergrund sowie die Verwendung der Fremdsprache im Alltag. Diese und weitere Kriterien beeinflussen das soziale und kulturelle Umfeld einer Person nachhaltig. Auswertung der Interviews Das angebliche weibliche Talent für Sprachen begründeten die Studierenden in den Interviews überwiegend mit der oft unterschiedlichen Erziehung von Män‐ nern und Frauen. Die Befragten vertraten die Meinung, dass Frauen die Kom‐ munikationsfähigkeit oft anerzogen wird. Ein anderer Aspekt war der unter‐ schiedliche Zugang zu Sprachen. Dies bezog sich auf den Lerntyp und darauf, wie eine Fremdsprache von Frauen benutzt wird. Obwohl die Frage nach dem weiblichen Talent eher als nichtig abgetan wurde, wurde die Frage, ob Mehr‐ sprachigkeit überhaupt auf Talent zurückzuführen sei, von der Mehrheit mit „Ja“ beantwortet. Ein gewisses Talent existiert wohl, ist aber geschlechterunab‐ hängig und basiert stattdessen auf den individuellen Interessen und Lernstra‐ tegien der Sprachenlernenden. Um die Aussagen zu dokumentieren, folgen ei‐ nige Zitate aus den Interviews: Es kann schon sein, dass man sagt, gewisse Leute tun sich allgemein leichter beim Lernen. Aber ich glaube, dass es auch sehr viel mit Interesse an der jeweiligen Sprache zu tun hat. Wenn mich die Sprache wirklich interessiert, dann beschäftige ich mich auch freizeitmäßig damit. 214 Heidrun Brameshuber Ich bin der Meinung, dass Frauen allgemein ihre Gefühle häufiger ausdrücken oder ausdrücken möchten als Männer. Deswegen wirken sie vielleicht kommunikativer. Über das Talent zur Sprache denke ich, dass beide Geschlechter gleich viel haben. Talent ist, glaube ich, das falsche Wort dafür. Ich glaube, es ist eher eine Form des Sprachverständnisses und des Sprachgefühls. Ich glaube schon, dass es Leute gibt, die schneller Sprachen lernen als andere, weil sie sich einfach leichter tun, mit Wörtern und Grammatik zu spielen. Ich glaube, dass es beim Sprachenlernen einfach wichtig ist, dass man schon im Kin‐ desalter anfängt. Je früher es gefördert wird, umso leichter ist es dann. Bei Männern, die ich kenne, kommt es mir so vor, als ob sie oft praktisch veranlagt sind. Sie gehen zur Arbeit und lernen nicht noch zusätzlich eine Sprache. (…) Ich kenne sehr viele Mädchen, die auch in der Schule zum Beispiel Sprachen gelernt haben und die später weiterlernen möchten. Ich glaube, dass die Lernfähigkeit vorhanden sein muss. Es kommt mehr auf den Weg an, den man beim Sprachenlernen einschlägt. Meine Freundin macht jetzt noch zusätzlich Französisch. Wir haben einmal darüber gesprochen, wie sie lernt und wie ich lerne. Also ich lerne über das Hören und sie stellt sich wirklich zu den Wörtern ein Bild vor. Für mich, wenn es jetzt um das Wort Katze geht, habe ich kein Bild dazu. Das ist für mich ein Wort. Während für sie ein Bild im Kopf entsteht. (…) ein angeborenes Talent, dass Frauen beim Sprachenlernen oder bei der Kommu‐ nikation besser sind. Aus dem Bauch heraus hätte ich jetzt „Nein“ gesagt. Ich kann mir vorstellen, dass es ein gesellschaftliches Ding ist, dass Frauen halt eher zur Kom‐ munikation erzogen werden. Das sagt man zumindest oft. Diese interessanten und sehr individuellen Aussagen legen dar, dass die Frage, ob die Fähigkeit, eine neue Sprache zu erlernen, vom weiblichen Geschlecht bestimmt wird, verneint werden kann. Hier stehen für die Befragten andere äußere Faktoren, wie z. B. Erziehung, Lernstrategien oder Interessen, im Vor‐ dergrund. Die Frage nach den Eindrücken in den besuchten Fremdsprachen‐ kursen in Bezug auf die unterschiedliche Kommunikationsfähigkeit von Män‐ nern und Frauen beantwortete der Großteil mit einer Ausgeglichenheit zwischen beiden Geschlechtern. Der zweite Aspekt der Stereotypisierung wurde auf unterschiedliche Weise behandelt. Einige merkten an, dass sich noch immer gewisse Klischees bewahr‐ heiten, andere stellten die Erziehung und den Einfluss der Eltern in den Vor‐ dergrund. 215 Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weiblich? Allerdings komme ich aus der ländlichen Gegend. Dort werden Klischees eher bedient und da fällt mir schon auf, dass es auch ein bewusstes In-eine-Kaste-Hineinpressen ist - von beiden Seiten her. Männer müssen eher arbeiten, sozusagen handwerklich begabt sein. Frauen reden viel und möchten sich gerne mitteilen und haben auch ein bisschen mehr von der sozialen Ader. Nein, ich glaube nicht, dass Männer zum Beispiel technischer sind. Aber ich glaube, dass Stereotypen eher in der Erziehung eine Rolle spielen und dass Männer dadurch, wie schon gesagt, eher arbeiten gehen und praktischer sind und vielleicht Mädchen dann eher auf die Sprachen bezogen sind, weil sie vielleicht von den Eltern oder der Mutter irgendetwas mitbekommen haben. Wie gesagt, ich studiere auch an der TU und man sieht es ja ganz offensichtlich, dass da ein sehr, sehr hoher Männeranteil ist. (…) Ich glaube, es gibt auf jeden Fall Stereo‐ typen. Wenn ich Leute nicht gerade auf der TU treffe und dann sage, dass ich etwas Technisches studiere, dann ist da natürlich ein bisschen mehr Überraschung da. Ich denke, das hat viel damit zu tun, welchen Bezug man als Kind zu dieser Sache hat. Wenn man als Kind schon hört: „Buben mögen Autos oder Buben können besser Ma‐ thematik und Mädchen sind da anders“. (…) Ich denke, das kommt auf den Bezug und auf das Interesse an. Aber im Allgemeinen könnte man vielleicht schon sagen, dass vom Durchschnitt her vielleicht mehr Frauen zur Sprache tendieren als Männer. Bezüglich des Einflusses der historischen Hintergründe beim Fremdsprachen‐ erwerb war sich die Mehrheit einig, dass historische Gründe nicht mehr aktuell sind. Lediglich vier Personen gaben an, dass die natürlichen Eignungen der Ver‐ gangenheit noch immer in uns verankert sein könnten. Ich glaube, es ist eher eine Sache von Vorlieben. Wenn mich eine Sprache oder eine Kultur überhaupt nicht interessiert, dann lerne ich auch die Sprache nicht. Ich glaube das schon, auch weil ich glaube, dass Frauen in der Steinzeit vielleicht kommunikativer sein mussten, weil sie ja doch Kinder aufziehen mussten, als Männer, die draußen jagen (…). Ich glaube, dass das vielleicht irgendwie ganz tief in uns immer noch verankert ist. Wenn es historische Gründe gibt, dann glaube ich, werden sie immer weniger, weil sie einfach nicht wichtig sind. Die persönlichen Vorlieben sind, zumindest mittler‐ weile, ganz stark im Vordergrund. Der letzte Faktor der Fragestellung, der einen erfolgreichen Fremdsprachener‐ werb beeinflussen könnte, war das soziale und kulturelle Umfeld der Sprachen‐ lernenden. Hier gab es eine eindeutige Tendenz, die zeigte, dass das soziale Um‐ 216 Heidrun Brameshuber feld Einfluss auf den Fremdsprachenerwerb hat. 13 Personen finden, dass beim Sprachenlernen nicht das Geschlecht ausschlaggebend ist, sondern das soziale Umfeld. Als begünstigende Faktoren wurden besonders der Kursbesuch mit Freunden und ein positiv eingestelltes familiäres Umfeld genannt. Ich würde das schon sagen. Wenn zum Beispiel Freunde auch einen Sprachkurs ma‐ chen, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass ich einen Kurs mitmachen würde. Ich glaube schon, dass das einen Einfluss hat, weil das soziale Umfeld ein wichtiger Parameter ist, generell in der Entwicklung. Ich lerne jetzt Japanisch mit meiner besten Freundin und Mitbewohnerin und meinem besten Kumpel aus dem Studium. (…) Floskeln werden dann automatisch eingebaut und fließen in den Alltag ein. Ich glaube, man kann es nicht am Geschlecht festmachen, eher am sozialen Umfeld. (…) Ich glaube eher, dass es dieses „Unterstützung-Bekommen“ ist, wie zum Beispiel, dass es super ist, sich für andere Kulturen zu interessieren. Ich denke, dass das wesentlich mehr dazu beiträgt, dass jemand eine Sprache lernt. Zusammenfassung der Ergebnisse - das Studierendenprofil Im Zuge des Forschungsprojekts Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weiblich? Eine Analyse aus genderspezifischer Perspektive wurden aufschlussreiche Daten über das Zielpublikum von treffpunkt sprachen gesam‐ melt. Durch den Methodenmix der Datenerhebung, der quantitativen Umfrage mittels Fragebogen in den Fremdsprachensemesterkursen und der qualitativen Interviews konnte ein umfassendes genderspezifisches Profil der Sprachenlernenden erstellt werden. 77 % der KursteilnehmerInnen sind weiblich. Auch bei treffpunkt sprachen existiert eine erhöhte Frauenquote im Bereich der geisteswissenschaftlichen Studien von 32,4 %. Das Durchschnittsalter beträgt 24,2 Jahre. 85 % der Teilneh‐ merInnen kommen aus Österreich. Die meisten Studierenden befinden sich im dritten Studienjahr und absolvieren ein Bachelorstudium. Rund die Hälfte (47 %) sprechen bereits zwei Fremdsprachen, wobei Englisch als Fremdsprache domi‐ niert. Ihr Sprachinteresse führten 58 % der Befragten auf persönliche Gründe zurück. Dazu zählen Faktoren wie Auslandsreisen und das Interesse an fremden Kulturen. 18 % gaben Erfahrungen im schulischen Umfeld als Grund für ihr In‐ teresse an. Im Bereich der Interessensentwicklung für Fremdsprachen lässt sich keine genderspezifische Unterscheidung feststellen. Die Beweggründe, welche die Sprachenlernenden zu einem Kursbesuch motivieren, sind zu 21 % private 217 Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weiblich? Gründe und zu 17 % das bereits bestehende Interesse an der Kultur. 14 % streben eine Erhöhung ihres Sprachniveaus an. Ebenfalls 14 % wollen eine Zusatzqua‐ lifikation zum Hauptstudium, um ihre Chancen am Arbeitsmarkt zu erhöhen. Es bleibt hierbei noch zu erwähnen, dass sechs der interviewten Personen den Fremdsprachenerwerb mit ihrem zukünftigen Beruf in Verbindung bringen. Die genderspezifischen Fragestellungen ergaben ein breites Spektrum an in‐ dividuellen Meinungen, jedoch ist das Geschlecht für die Befragten beim Fremd‐ sprachenerwerb irrelevant. Im Vordergrund stehen hier eindeutig das Interesse an der Sprache und das soziale Umfeld, wie beispielsweise Freunde und Familie. Es wurde festgestellt, dass die Stereotypisierung noch eine gewisse Rolle spielt, besonders wenn es um die Wahl der schulischen oder hochschulischen Ausbil‐ dung geht. Frauen werden meistens mit geisteswissenschaftlichen Studien in Verbindung gebracht, dennoch lässt sich auch die erhöhte Frauenquote an der Universität Graz nicht bestreiten. Auch gewisse Klischees sind in Bezug auf Frauen und Fremdsprachenerwerb noch existent. Als weitere Faktoren werden aber auch die teilweise stereotypisierte Erziehung von Mädchen und Jungen und der Unterschied zwischen ruraler und urbaner Gegend genannt. Nur vier Per‐ sonen waren der Meinung, dass historische Gründe heutzutage noch einen be‐ günstigenden Einfluss auf den Fremdsprachenerwerb bei Frauen haben. Im Zentrum des Lernerfolgs stehen für die Befragten ohne Zweifel das soziokultu‐ relle Umfeld und die Interessen und Vorlieben einer Person. Resümee Mit dem Abschluss der Untersuchung, die eine Zeitspanne von zwei Semestern umfasste, konnte gezeigt werden, wie Studierende, die an Kursen am treffpunkt sprachen teilnehmen, den Fremdsprachenerwerb in ihrer Vergangenheit und heute wahrnehmen. Dabei wurde auch dargelegt, welche Motivation und Ziele hinter einer Kursteilnahme stehen und von welchen Erfahrungen, ob positiv oder negativ, sie geprägt wurden. Gleichzeitig sollte eine mögliche Vernetzung von Fremdsprachenerwerb und Gender untersucht werden. Die Mehrheit der KursteilnehmerInnen ist zwar weiblich, doch anhand aussagekräftiger Ergeb‐ nisse wurde bewiesen, dass alle interviewten Studierenden keine Abhängigkeit zwischen Geschlecht und einem erfolgreichen Fremdsprachenerwerb sehen, sondern andere Faktoren priorisieren. Sowohl die Studierenden als auch die Autorin sind davon überzeugt, dass der Erfolg beim Sprachenlernen zwar von mehreren Faktoren abhängig sein kann, letztendlich zählt jedoch das Interesse an einer Sprache und die damit verbundene Freude am Lernen. 218 Heidrun Brameshuber Literatur Bergmann, Nadja / Gutknecht-Gmeiner, Maria / Wieser, Regine / Willsberger, Barbara (2004): Berufsorientierung und Berufseinstieg von Mädchen in einen geteilten Arbeits‐ markt. Wien: AMS Österreich. http: / / www.forschungsnetzwerk.at/ downloadpub/ AMSreport38.pdf [17. 09. 2020]. Feery, Karen (2008): Current Perspectives on the Role of Gender in Second Language Acquisition (SLA) Research. In: The ITB Journal. 9 (1), S. 31-51. Karl-Franzens-Universität Graz, Vizerektorat für Personal, Personalentwicklung und Gleichstellung (Hrsg.) (2018 ): EQUALITY Zahlen, Fakten, Analysen. 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Anhang 1 187 Anhang 1 Fragebogen Sprachkurse Kurstitel : Angaben zur Person Alter: Geschlecht:  weiblich  männlich  divers Nationalität: Angaben zur Ausbildung 1. Ich studiere an der ...  GEWI  NAWI  REWI  SOWI  Theologie  URBI  Sonstiges: . 2. Derzeit betreibe ich mein/ e …  Bachelorstudium  Master-/ Diplomstudium  Doktoratsstudium  Habilitation  kein laufendes Studium. 3. Ich befinde mich im ...  ersten  zweiten  dritten  vierten  fünften Studienjahr. Angaben zum Spracherwerb 4. Ich spreche bereits ...  1  2  3  mehr als 3 ... Fremdsprachen. 5. Diese Sprachen sind: 6. Mein Interesse an Fremdsprachen wurde durch ...  Familie  Schule  Studium  Reisen  Interesse an anderen Kulturen  Sonstiges: … geweckt. 7. Ich besuche diesen Fremdsprachenkurs aus den folgenden Gründen:  Studium  Auslandssemester  Zusatzqualifikation  Auffrischung  Vertiefung  Erhöhung des Sprachniveaus  Zukünftiger Beruf  Persönliche Gründe (Reisen etc.)  Interesse an der Kultur Vielen Dank für Ihre Unterstützung! © treffpunkt sprachen 220 Heidrun Brameshuber Anhang 2 188 Fragenkatalog − Interviews 1. Angaben des Fragebogens: Alter, Herkunft, Geschlecht, Fakultät, Studium, Studienjahr, wie viele Fremdsprachen, welche Fremdsprachen, Gründe für das Interesse an Sprachen, Gründe für den Kursbesuch. 2. Welchen Sprachkurs besuchen Sie derzeit am treffpunkt sprachen ? 3. Was hat Sie dazu bewegt, eine neue Sprache zu erlernen, und warum war es genau diese Sprache? 4. Wann und wie kam es zu Ihrem ersten Kontakt mit Fremdsprachen? 5. Beschreiben Sie positive sowie negative Erfahrungen in Ihrem bisherigen Leben bezüglich des Fremdsprachenerwerbs (Schule etc.). 6. Sind Sie der Meinung, dass Frauen ein größeres Talent für Sprachen besitzen und im Allgemeinen über eine höhere Kommunikationsfähigkeit verfügen als Männer? 7. Ist es Ihrer Ansicht nach überhaupt möglich, Mehrsprachigkeit auf Talent zurückzuführen? 8. Welche Erfahrungen oder Eindrücke konnten Sie diesbezüglich im Fremdsprachenkurs sammeln, den Sie gerade selbst besuchen? 9. Bestimmt Ihrer Meinung nach das weibliche Geschlecht die Fähigkeit, eine neue Sprache zu erlernen? 10. Sind Sie der Meinung, dass Stereotypen eine Rolle in dieser Thematik spielen, oder gibt es möglicherweise andere Gründe? 11. Ist das Sprachenlernen Ihrer Auffassung nach eine Sache der persönlichen Vorlieben oder gibt es dafür historische Gründe (natürliche Eignungen)? 12. Wie beurteilen Sie die Relevanz des sozialen und kulturellen Umfelds bezüglich des Erwerbs einer neuen Sprache? 13. Ist für Sie eher das Geschlecht einer Person oder ihr soziales Umfeld für den Spracherwerb ausschlaggebend? 14. Was sind Ihre persönlichen Beweggründe diesbezüglich? Beeinflussten Sie Freunde, Reisen bzw. kulturelle Vorlieben oder standen berufliche Ambitionen bei Ihnen im Vordergrund? 221 Warum sind Studierende am treffpunkt sprachen vorwiegend weiblich? Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? Eine Analyse am Beispiel der DaF-Kurse bei treffpunkt sprachen Maria Rohringer Im folgenden Beitrag werden die Ergebnisse des Projekts Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? Eine Analyse am Beispiel der DaF-Kurse bei treffpunkt sprachen präsentiert. Während gendersensible Sprache und Inhalte häufig im Kontext der schulischen Lehre be‐ trachtet werden, gibt es dazu im erwachsenenpädagogischen Bereich eine Leerstelle. Obwohl Gleichstellung und Diversität insbesondere an Hoch‐ schulen gefördert und gefordert werden, wurden kaum Untersuchungen der verwendeten Unterrichtsmaterialien im Hinblick auf zentrale Gender-As‐ pekte durchgeführt. Im Rahmen des Projekts wurde eine umfangreiche Lehr‐ werkanalyse vorgenommen, die anhand der aktuell gebrauchten Bücher und Skripten in den 20 Deutsch-als-Fremdsprache-Kursen von treffpunkt spra‐ chen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik einen Status quo abzubilden versucht. Hierbei wurde einerseits auf die zahlenmäßige sowie stereotype Repräsentation von männlichen und weiblichen Akteu‐ rInnen in Lehrmaterialien eingegangen, andererseits auf den Gebrauch und die Thematisierung gendersensibler Sprache. In einer qualitativen und quan‐ titativen Analyse wurden insgesamt neun Lehr- und Arbeitsbücher sowie 13 Reader, welche eigens von den DaF-Lehrenden für den hochschulischen Unterricht zusammengestellt wurden, untersucht. Ergänzend wurden leitfa‐ dengestützte Interviews mit zehn DaF-Lehrenden zum Thema Gendersensi‐ bilität in DaF-Unterrichtsmaterialien geführt, sodass die Perspektive der Vor‐ tragenden mit einbezogen werden konnte. Dadurch soll aufgeführt werden, welche Rolle Gendersensibilität für sie im Unterricht und in den ausgewählten Materialien spielt, wie sie zu den Erkenntnissen aus der Lehrwerkanalyse stehen, wie sie mit für sie problematischen Inhalten umgehen und welche Ansprüche sie an die Bücher und Skripten stellen. Gender in der Erwachsenenpädagogik und der Fremdsprachendidaktik Während ein reger wissenschaftlicher Diskurs zur Förderung diverser Lehr‐ kompetenzen und der Professionalisierung von Lehrpersonal in der Erwachse‐ nenbildung herrscht, tritt das Thema der Gender-Kompetenz häufig in den Hin‐ tergrund, wenngleich diese gerade in der Hochschullehre als eines der Qualitätsmerkmale herangezogen wird (vgl. Schlüter / Berkels 2012, S. 430). Die Karl-Franzens-Universität Graz setzt sich allgemein für die Gleichstellung hin‐ sichtlich Diversität und Gender ein und schafft mithilfe von Leitfäden, Emp‐ fehlungen und Weiterbildungsangeboten die Basis für eine inklusive Hoch‐ schullehre (vgl. Di[uni]versität 2020 a; vgl. Di[uni]versität 2020 b; vgl. Universität Graz 2021 a; vgl. Universität Graz 2021 b; vgl. Universität Graz 2021c). Dadurch sollen diskriminierende Strukturen untergraben und Chancengleichheit ge‐ schaffen werden, um das bestmögliche Umfeld für das Lehren, Lernen, Forschen und Arbeiten zu gewährleisten. Neben Alter, Ethnizität, Behinderungen / Beeinträchtigungen, sexueller Ori‐ entierung und Religion ist Geschlecht / Gender eine der Kerndimensionen des Konzepts Diversität bzw. Vielfalt, welche in der Antidiskriminierungsrichtlinie der Europäischen Union rechtlich verankert sind (vgl. Bendl / Eber‐ herr / Mensi-Klarbach 2012 , S. 79 ; vgl. Illmer 2020 , S. 308 f.). All diese Kategorien beziehen sich auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Menschen, die geschichtlich und gesellschaftlich geprägt wurden und häufig hierarchisierend bzw. diskriminierend wirken. Die einzelnen Aspekte können hierbei nie völlig isoliert betrachtet werden, da sie innerhalb einer Person miteinander vereint werden und situationsbzw. kontextabhängig zum Tragen kommen. Dennoch ist eine gezielte Auseinandersetzung mit einzelnen Dimensionen sinnvoll, um Bewusstsein zu schaffen und aktiv zur Gleichstellung und der Aufhebung von derartigen Hierarchien beitragen zu können. Die verbreitete Unterscheidung zwischen Geschlecht und Gender bezieht sich dabei auf die Differenzierung zwischen einer biologischen und einer sozialen Kategorie. Während das Ge‐ schlecht als biologisch zu verstehen ist, bezieht sich Gender auf die individuelle Genderidentität, welche durch soziale Interaktion und eigenes Verhalten gelebt, geschaffen, verfestigt und gesellschaftlich verankert wird (vgl. Butzkamm 2017, S. 102 f.; vgl. Schlüter / Berkels 2012, S. 433). Um gemäß einer diversitäts- und gendergerechten Didaktik zu handeln, müssen laut Fellinger-Fritz (vgl. 2011, S. 60) sowohl entsprechende Rahmenbe‐ dingungen des Unterrichts als auch Kompetenzen der Lehrenden gegeben sein, alle Teilnehmenden müssen unabhängig von Diversitäts- oder Genderdimensi‐ 224 Maria Rohringer onen gleiche Chancen erhalten (bezüglich des Zugangs zu Bildung und der Möglichkeiten zur persönlichen Entfaltung), miteinander bzw. voneinander lernen können und Unterschiede und Gemeinsamkeiten müssen berücksichtigt, thematisiert, dabei aber nicht stereotypisiert werden. Der letztgenannte Punkt stellt eine der größten Herausforderung der diversitätsbzw. gendersensiblen Didaktik dar. Einerseits müssen Unterschiede und die dadurch bedingten sozi‐ alen Wertungen anerkannt und thematisiert werden, um den negativen Folgen entgegenzuwirken, andererseits werden diese Differenzierungen dadurch mit‐ unter weiter gefestigt. Die Rolle der Lehrenden, deren Kompetenz und deren konkreter Umgang mit der Thematik haben einen dementsprechend hohen Stellenwert. Schnier (vgl. 2009, S. 55 f.) setzt daher die Kompetenzbereiche des Wollens, Wissens und Kön‐ nens voraus: Wollen bezieht sich auf die Bereitschaft von Lehrpersonen, ihr ei‐ genes Handeln, ihre Wahrnehmung und möglicherweise unterbewusste Zu‐ schreibungen zu reflektieren und zu hinterfragen und sich die Implementierung im Unterricht als Ziel zu setzen. Mit Wissen ist die fundierte theoretische Grund‐ lage im Bereich der Genderforschung gemeint sowie die Fähigkeit, diese Kennt‐ nisse auf das eigene Handlungsfeld zu übertragen. Letztlich referiert Können auf die Fertigkeit, das Wollen und Wissen im eigenen Handeln zu realisieren, indem genderbezogene (oder andere) Unterschiede wahrgenommen und behandelt werden und dementsprechend sensibel agiert wird. Etwas spezifischer, im Bereich der Fremdsprachendidaktik, werden Gender-Aspekte vor allem aus den folgenden drei Blickwinkeln beleuchtet (vgl. Butzkamm 2017, S. 103 ff.): Aus einer historischen Perspektive wird untersucht, wie sich die Fremdsprachendidaktik seit dem Mittelalter bis zur Neuzeit wei‐ terentwickelt hat und welche Rolle Männer und Frauen sowohl als Lehrende als auch als Lernende in den verschiedenen Phasen eingenommen haben. Weiters wird genderorientierte Forschung zur Fremdsprachenlehre betrieben, bei der vermeintlich genderspezifische Lehr- und Lernstile in den Fokus gerückt werden. Konkrete Elemente des Fremdsprachenunterrichts werden im dritten Bereich hinsichtlich genderrelevanter Aspekte analysiert, sei es die Unterrichts‐ situation selbst - ein Aspekt, der erst spärlich erforscht wurde - die Themen, Unterrichtsmethoden oder -materialien. Hierbei wird meist die schulische und seltener die Hochschullehre berücksichtigt (vgl. z. B. Fäcke 2016; vgl. Moser / Hannover 2013 ). Gerade die Lehrwerkkritik, welche in den 70erbis 80er-Jahren an Popularität gewann, dient hier als produktives Mittel zur Gender-Forschung. Im Mittelpunkt derartiger Analysen stehen meist stereotype Darstellungen in Bild und Text sowie sexistische Inhalte, sodass sich die Vermeidung solcher 225 Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? Repräsentationen sowie ein gendergerechter Ansatz im Allgemeinen zu einem Ziel der Reformierung von Lehrbüchern entwickelt hat (vgl. Butzkamm 2017, S. 104). Auch die Modernisierung des Gender-Konzepts weg von einer Zweige‐ schlechtlichkeit und hin zu einem offenen und dynamischen Begriffsverständnis gewann in den letzten Jahren an Relevanz (vgl. ebd.). Wie sich dies auf den DaF-Unterricht übertragen lässt und welche Forschungsergebnisse in diesem Feld bereits erzielt werden konnten, soll in Folge kurz skizziert werden. Gendersensibilität im DaF-Unterricht Neben der Gender-Forschung im schulischen Bereich, die sich auf die forma‐ tiven Jahre von Kindern und Jugendlichen fokussiert, ist gerade das Fachgebiet Deutsch als Fremdsprache (DaF) gesellschaftlich interessant. Die Fachrichtung wendet sich sowohl an junge als auch an erwachsene Menschen, wobei neben der Sprachvermittlung auch landes- und kulturkundliche Aspekte des deutsch‐ sprachigen Raums zentrale Bestandteile des Unterrichts darstellen. Es werden implizit oder explizit, zusätzlich zu linguistischen Fertigkeiten, Kenntnisse über kulturelle Praktiken, Normen und Werte gelehrt, wodurch die Wahrnehmung der Gesellschaft und das Denken und Verhalten der Lernenden mit beeinflusst werden können (vgl. Elsen 2018, S. 178 ). Gerade aufgrund dieser Funktion und dieses prägenden Faktors werden DaF-Lehrwerke als vertrauenswürdiges Ab‐ bild der aktuellen deutschsprachigen Gesellschaft wahrgenommen. Es ist daher umso wichtiger, dass in derartigen Unterrichtsmaterialien auf Gleichstellung geachtet wird, und zwar auf allen Ebenen - von Abbildungen, Inhalten und der Themenwahl bis hin zur Repräsentation unterschiedlicher Genderidentitäten und gendersensiblem Sprachgebrauch. Frühere Studien zu Gendersensibilität in DaF-Lehrwerken zeichnen jedoch ein ernüchterndes Bild: Gerade bis in die frühen 2000 er-Jahre dominieren Ste‐ reotype, sprachlich das generische Maskulinum, Männer sind überrepräsentiert und klischeehafte Rollenbilder lassen sich in allen Bereichen wiederfinden - sei es bezüglich der Berufe, der Stellung in der Familie und Gesellschaft, der ver‐ wendeten Adjektive für Männer und Frauen oder deren Rollen in Dialogen (vgl. ebd., S. 179 f.). Es konnte festgestellt werden, dass Männer vorwiegend in be‐ ruflichen und akademischen Kontexten vertreten sind und aktive Positionen einnehmen, während Frauen besonders im privaten und familiären Feld ange‐ siedelt sind und eher passiv auftreten. Aufgrund der produktiven Lehrwerk‐ kritik konnten bereits Anstöße gegeben werden, die zu einer partiellen Verbes‐ serung geführt haben, sodass bei der Analyse einzelner DaF-Werke zumindest eine zahlenmäßig ausgeglichenere Repräsentation festgestellt werden konnte 226 Maria Rohringer und teilweise für die Geschlechterrollen untypische Darstellungen, Berufe, In‐ teressen und Hobbys vorkommen (vgl. ebd. S. 180 ; vgl. Moghaddam 2010 , S. 293). Ebenso hat sich auch der gendergerechte Sprachgebrauch leicht verbessert, wobei teilweise, wenn auch uneinheitlich, sowohl die männlichen als auch die weiblichen Formen angeführt werden; generell dominiert aber nach wie vor das generische Maskulinum (vgl. Elsen 2018, S. 185). Die Forschung sieht jedoch Potential darin, in dem Bereich der Lehrwerke allgemein und speziell in DaF-Lehrbüchern Gleichstellung zu fordern, da ins‐ besondere beim Erlenen einer Fremdsprache und dem Kennenlernen einer Kultur neue Denkmuster geschaffen werden können, die zur Sensibilisierung und dem Abbau von genderbedingten Ungleichheiten beitragen können (vgl. Moghaddam 2010 , S. 293 f.). Zudem ist die zuvor angesprochene Lehrenden‐ kompetenz zentral, da durch ihr Wollen, Wissen und Können auch Lehrwerke, die von der Gleichstellung noch entfernt sind, produktiv und reflektiert einge‐ setzt werden können und selbst problematische Texte zu einem offenen und progressiven Diskurs während des Unterrichts führen können. Projektbeschreibung Das Projekt schließt an diese Forschungsergebnisse an und leistet mit einer breit angelegten qualitativen und quantitativen Analyse der Lehrwerke einen Beitrag zur aktuellen Evaluierung der darin enthaltenen Gender-Aspekte. Die Analyse wird mit den Stellungnahmen der Lehrenden verknüpft, sodass aufgezeigt werden kann, wie mit möglicherweise problematischen Aspekten umgegangen wird und welche Ansprüche an Lehrbücher und Unterrichtsmaterialien gestellt werden. Die Studie widmet sich den DaF-Kursen am treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Karl-Franzens-Universität Graz. Im Sommersemester 2021 wurden elf Semesterkurse (je zwei Gruppen zum Niveau A1 / 1. Phase und A1 / 2 . Phase sowie jeweils ein Kurs zu den restlichen Niveaus von A 2.1 bis C 1) sowie neun Intensivkurse (je ein Kurs auf allen Ni‐ veaustufen von A 1.1 bis C 1) angeboten. Die Intensivkurse fanden im Februar über drei Wochen hinweg zu insgesamt 60 Unterrichtseinheiten statt (vgl. treff‐ punkt sprachen 2021j). Alle DaF-Kurse wurden dahingehend konzipiert, „auf die sprachliche Realität in der österreichischen Bildungs- und Alltagswelt“ ( treff‐ punkt sprachen 2021k) vorzubereiten und produktive sowie rezeptive sprach‐ liche Fähigkeiten anhand von „authentischem Material“ (ebd.) zu stärken. Das Angebot richtet sich an Incoming-Studierende und Bedienstete der Grazer Uni‐ versitäten, aber auch an externe Teilnehmende. 227 Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? 1 In den folgenden Tabellen und Graphiken werden zum leichteren Verständnis verkürzte Titel der Bücher und Reader verwendet. In den 20 herangezogenen DaF-Kursen werden neun Lehrbzw. Arbeitsbü‐ cher und 13 Reader verwendet, wobei letztere eigens von den Lehrpersonen zusammengestellt wurden. Folgende Lehrbücher werden im Unterricht einge‐ setzt und neben den Readern analysiert 1 : • DaF kompakt neu A1. Kurs- und Übungsbuch (Braun et al. 2018); • Menschen A1.2. Deutsch als Fremdsprache. Kursbuch (Evans / Pude / Specht 2012); • Menschen A1.2. Deutsch als Fremdsprache. Arbeitsbuch (Glas-Pe‐ ters / Pude / Reimann 2012); • Menschen B1.1. Deutsch als Fremdsprache. Kursbuch (Braun-Po‐ deschwa / Habersack / Pude 2018); Menschen B1.1. Deutsch als Fremd‐ sprache. Arbeitsbuch (Breitsameter / Glas-Peter / Pude 2018); • Aspekte neu. Mittelstufe Deutsch. Lehrbuch mit DVD B1 plus (Koi‐ than / Schmitz / Sieber / Sonntag 2014a); Aspekte neu. Mittelstufe Deutsch. Arbeitsbuch mit Audio- CD B1 plus (Koithan / Schmitz / Sieber / Sonntag 2014b); • Mittelpunkt neu B2. Deutsch als Fremdsprache für Fortgeschrittene. Lehr‐ buch (Sander et al. 2012b); Mittelpunkt neu B2. Deutsch als Fremdsprache für Fortgeschrittene. Arbeitsbuch mit Audio- CD (Sander et al. 2012a). Dabei soll gezeigt werden, ob hinsichtlich der einzelnen Analysekriterien eine gemeinsame Tendenz festgestellt werden kann oder ob gegebenenfalls gröbere Unterschiede zwischen Lehrbüchern und Readern bzw. zwischen einzelnen Werken identifiziert werden können. Analysekriterien Das Untersuchungsmaterial wird anhand qualitativ und quantitativ angelegter Kriterien analysiert, welche basierend auf dem theoretischen Hintergrund aus‐ gewählt wurden. Die entwickelten Analysekriterien lassen sich in drei Katego‐ rien fassen: zahlenmäßige Repräsentation, Stereotypisierungen und Aspekte des gendersensiblen Sprachgebrauchs. Auf die beiden letzteren umfangreicheren Kriterien und deren theoretische Grundlagen wird anschließend genauer ein‐ gegangen. Der erstgenannte Analyseaspekt ist hingegen selbsterklärend: Die zahlenmäßige Repräsentation bzw. gegebenenfalls Überrepräsentation von Männern und Frauen wird anhand einer quantitativen Auswertung dargestellt, 228 Maria Rohringer wobei sowohl namentlich genannte als auch namenlose männliche und weib‐ liche AkteurInnen sowie deren Vorkommen in Bildern berücksichtigt werden. Stereotypisierung Unter einem Stereotyp versteht man ein verallgemeinerndes Bild gewisser Gruppen und Personen (vgl. Hannover / Wolter 2019, S. 202 ; vgl. Metz-Göckel 2012, S. 319 f.). Die Mitglieder einer solchen Gruppe werden auf ein unterschei‐ dendes Merkmal reduziert und über Attributszuschreibungen definiert. Diese soziale Kategorisierung wird z. B. auch bei der Konstruktion von vermeintlich typischen Geschlechterrollen angewandt, sodass Personen aufgrund ihres Ge‐ schlechts als Gruppe wahrgenommen werden, der wiederum spezifische Merk‐ male und Charakteristika zugesprochen werden, ohne dabei individuelle Eigen‐ schaften mit einzubeziehen. Diese Stereotypisierung hat meist soziale Hierarchisierung und die Bevorzugung bzw. Benachteiligung von Gruppen zur Folge und ist somit stark mit gesellschaftlichen Machtstrukturen verbunden. Männer nehmen kulturübergreifend eine höhere Machtposition ein und ihnen werden höhere Kompetenz, aktiveres, dominierendes und zielorientiertes Verhalten zugesprochen (vgl. Hannover / Wolter 2019, S. 202 f.). Frauen werden hingegen Attribute wie Wärme, passives, expressives und gemeinschaftsorien‐ tiertes Verhalten zugeschrieben, worin sich ihre niedrigere Stellung in gesell‐ schaftlichen Hierarchien widerspiegelt, in die sie wiederum aufgrund derartiger Zuschreibungen gedrängt werden (vgl. ebd.). Stereotype wirken demnach so‐ wohl deskriptiv als auch präskriptiv (vgl. ebd.): Sie stellen einerseits ein verein‐ fachtes Bild des gesellschaftlichen Ist-Zustandes dar, andererseits tragen sie maßgeblich dazu bei, diesen zu kreieren, da soziale Erwartungshaltungen und Normen an sie geknüpft sind. Geschlechterstereotype werden von klein auf wahrgenommen und reprodu‐ ziert, zumal sie schon im Kleinkindalter im Verhalten der persönlichen Kontakte erkannt, verarbeitet und nachgeahmt werden (vgl. ebd., S. 204 ). Hannover und Wolter (vgl. ebd., S. 6) bezeichnen sie daher als eine Art selbsterfüllende Pro‐ phezeiung, da Stereotype als ordnende Kategorien dienen, die neben der Selbstauch die Fremdwahrnehmung prägen. Aufgrund dieses Bewusstseins über die Erwartungshaltungen anderer wird das eigene Verhalten dementsprechend an‐ gepasst, wodurch die einschränkenden Geschlechterrollen weiter gefestigt werden. Erst durch die offene Thematisierung sowie das implizite Aufbrechen traditioneller Geschlechterrollen können einengende Stereotype als solche er‐ kannt und abgebaut werden. Wie zuvor erwähnt, spielt hier der Unterricht eine zentrale Rolle, wobei ge‐ rade beim Erlernen einer neuen Sprache und dem Kennenlernen einer anderen 229 Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? Kultur die Möglichkeit besteht, aus automatisierten Denkmustern auszubre‐ chen. Die Lehrunterlagen sollten daher durch ausbalancierte Darstellungen und Inhalte ihren Teil dazu beitragen und Stereotypisierungen weitestgehend ver‐ meiden. Im Hinblick darauf wurden die Unterrichtsmaterialien einer qualitativen Analyse unterzogen, bei der sexistische stereotype Darstellungen sowohl in Text als auch Bild erfasst wurden. In einem weiteren Schritt galt es zu erheben, ob (für die stereotypen Geschlechterrollen) untypische Interessen, Hobbys oder Berufe in den Lehrwerken auftreten, d. h., ob z. B. die Kategorisierung in „typi‐ sche Männer- und Frauenberufe“ herausgefordert wird. Gendersensibler Sprachgebrauch Durch den Anstoß der feministischen Linguistik wird seit nunmehr über 50 Jahren diskutiert, wie im deutschsprachigen Raum genderneutral und in‐ klusiv formuliert werden kann, sodass unabhängig vom Geschlecht oder der Genderidentität auch sprachlich Gleichwertigkeit vorherrscht (vgl. Gannuscio 2013, S. 72; vgl. Kotthoff 2020, S. 106 f.). Im Deutschen stellt sich dieses Vorhaben als komplizierter heraus als in manch anderen Sprachen, da es ein grammatisches Geschlecht gibt, welches als vom biologischen Geschlecht unabhängig betrachtet wird, d. h., dass Wörter entweder dem Femininum, Maskulinum oder Neutrum zugeordnet werden. Ex‐ plizite Personenreferenzen, wie Pronomina oder gewisse Substantive, wie Be‐ rufs- oder Rollenbezeichnungen, sind jedoch durchaus an das biologische Ge‐ schlecht gebunden. Wie in anderen vergleichbaren Sprachen ebenfalls üblich, wird für die Bezeichnung unspezifischer Personen oder Personengruppen bzw. hinsichtlich des Genders gemischter Gruppen das generische Maskulinum ver‐ wendet (vgl. Kotthoff 2020, S. 109 ff.). Die verwendete männliche Form muss dann je nach Kontext interpretiert werden, um festzustellen, ob es sich um eine männliche Personenreferenz oder einen genderunspezifischen Verweis handelt. Das ausschlaggebende Argument für eine Veränderung dieses traditionellen Sprachgebrauchs in eine gendersensible Richtung ist, dass bereits in zahlreichen psycholinguistischen Studien nachgewiesen werden konnte, dass der Gebrauch des generischen Maskulinums kognitiv vorwiegend als Verweis auf männliche Personen verarbeitet wird, selbst wenn theoretisch Frauen mitgemeint sein sollten (vgl. ibid., S. 110 f.). So unterscheidet Kotthoff (vgl. 2020) in Bezug auf gendergerechten Sprachgebrauch zwischen den folgenden vier Registern: • das traditionelle Register (Verwendung des generischen Maskulinums für unspezifische Personenreferenzen), 230 Maria Rohringer • das feministische Register (Verzicht auf das generische Maskulinum und Verwendung von Formen, die Frauen und Männer explizit inkludieren), • das nicht-binäre Register (sowohl Verzicht auf das generische Masku‐ linum als auch die Vermeidung von sprachlicher Zweigeschlechtlichkeit, indem Genderzeichen als Marker für ein weiter gefasstes Gender-Konzept verwendet werden), • das flexible Register (gemischte Verwendung des generischen Maskuli‐ nums und gendersensibler Formen). Während das traditionelle Register keine sprachliche Gleichstellung gewähr‐ leistet, werden beim feministischen Register Männer und Frauen bei unspezifi‐ schen Personenreferenzen inkludiert. Dies kann mithilfe verschiedener Mittel geschehen, wobei die folgenden häufig eingesetzt werden: Doppelnennungen (Lehrerinnen und Lehrer), Doppelnennungen geteilt durch einen Schrägstrich (Lehrerinnen / Lehrer), verkürzte Schreibweisen mithilfe des Schrägstrichs oder einer Klammer (Lehrer/ innen; Lehrer/ -innen; Lehrer(innen)), Binnen-I (Lehre‐ rInnen) oder Neutralformen (Lehrende, Lehrkräfte, Lehrpersonen) (vgl. Duden 2021). Doppelnennungen, mit oder ohne Schrägstrich, werden häufig als nicht ökonomisch wahrgenommen, während bei verkürzten Formen, aber vor allem bei der Schreibung mit Klammer, kritisiert wird, dass die weiblichen Endungen als nachranging oder als Zusatz dargestellt werden. Das Binnen-I wird seit den 1980 er-Jahren genutzt und für die Verwendung eines Großbuchstabens inner‐ halb eines Wortes angeprangert, welche nicht den amtlichen Rechtschreibregeln entspricht (vgl. Genderleicht 2020d). Dennoch wurde die Schreibweise, sowie Formen des nicht-binären Registers, vom Duden als sprachliche Realität erkannt und beschrieben (vgl. Duden 2021 ). Die Neutralformen sind die ökonomischste Variante, die explizite Nennungen beider Geschlechter ist hier allerdings nicht gegeben. Es muss betont werden, dass die Formen des feministischen Registers, mit Ausnahme der Neutralformen, die binäre Geschlechterteilung in männlich und weiblich untermauern, obwohl das diverse Geschlecht bereits öffentlich aner‐ kannt wurde. Das nicht-binäre Register schließt mit neuen Schreibweisen und der Verwendung von Genderzeichen an den Morphemgrenzen ein weiteres Gender-Verständnis ein, wobei eine Zuordnung zu männlich oder weiblich weg‐ fällt. Dadurch wird Raum für nicht-binäre, transgender oder inter* Genderiden‐ titäten geschaffen (vgl. Di[uni]versität 2020 a), die sprachlich ebenfalls abge‐ bildet werden sollen. Durch diese Erweiterung des Gender-Konzepts gilt das nicht-binäre Register häufig als die Modernisierung des feministischen Registers bzw. als postfeministischer Sprachgebrauch (vgl. Kotthoff 2020, S. 115). Zur Re‐ präsentation werden neben den Neutralformen vor allem der Gender-Gap 231 Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? (Lehrer_innen), das Gender-Sternchen / der Gender-Asterisk (Lehrer*innen) und der Gender-Doppelpunkt (Lehrer: innen) gebraucht. Weniger häufig wird die geschlechtsneutrale Endung „x“ (Lehrx) eingesetzt, die daher in Folge nicht weiter berücksichtigt wird (vgl. Di[uni]versität 2020a). Wie beim Binnen-I werden alle Formen dahingehend kritisiert, dass die Einführung von Gender‐ zeichen nicht den amtlichen Rechtschreibregeln folgt (vgl. Genderleicht 2020a; vgl. Genderleicht 2020b; vgl. Genderleicht 2020c; vgl. Di[uni]versität 2020a). Der Gender-Gap wird seit 2003 gebraucht und soll visuell bewusst Platz zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit schaffen (vgl. Genderleicht 2020b). Seit 2009 wird das Gender-Sternchen gebraucht und gilt mittlerweile als das am weitesten verbreitete Zeichen des nicht-binären Registers (vgl. Genderleicht 2020c). Der Gender-Doppelpunkt ist die jüngste Variante, welche seit 2018 immer mehr an Popularität gewinnt, da sie im Gegensatz zu den anderen beiden Formen bar‐ rierefrei ist und von Screenreadern als kurze Pause an der Morphemgrenze ver‐ arbeitet wird, was der intendierten Aussprache entspricht (vgl. Genderleicht 2020a). Das flexible Register definiert Kotthoff (vgl. 2020, S. 120 ) über eine Vielzahl deutschsprachiger öffentlicher Medien, bei denen nur teilweise und nicht durch‐ gehend Formen des feministischen oder nicht-binären Registers eingesetzt werden. Dieses Nebeneinander von Gendern, Neutralformen und dem generi‐ schen Maskulinum und dessen Effekt auf die LeserInnen und HörerInnen wurden bisher noch nicht erforscht (vgl. ebd., S. 121). In einer fächerübergreif‐ enden Analyse von Schulbüchern stellen Moser und Hannover (vgl. 2013, S. 398) allerdings die Hypothese auf, dass eine Mischung aus Doppelnennungen o. Ä. und dem generischen Maskulinum den psycholinguistisch belegten Effekt der letzteren verstärkt: Werden an gewissen Stellen explizit inklusive Formulie‐ rungen verwendet, so steigt die Wahrscheinlichkeit, dass männliche Formen als eindeutige Referenzen auf Männer / rein männliche Gruppen interpretiert werden. In der quantitativen Analyse der DaF-Lehrwerke soll daher zum einen un‐ tersucht werden, welche Varianten eingesetzt werden, und zum anderen, ob diese systematisch gebraucht werden oder nicht. Dabei soll auch gezeigt werden, ob in den Arbeitsanweisungen, Übungsaufgaben bzw. Lesetexten unterschied‐ lich vorgegangen wird. Weiters wird erfasst, ob in den Vokabellisten durch‐ gängig sowohl die männlichen als auch die weiblichen Formen angeboten werden und ob das Thema Gendern explizit als Lehr- und Lerninhalt aufge‐ griffen wird. Die Ergebnisse der Lehrwerkkritik in den drei Bereichen der zahlenmäßigen Repräsentation, der Stereotypisierung und der gendersensiblen Sprache werden 232 Maria Rohringer im nächsten Hauptabschnitt präsentiert, bevor sie mit den Erkenntnissen der Interviews verknüpft werden. Die Durchführung ebendieser Gespräche wird in Folge kurz vorgestellt. Interviews mit DaF-Lehrenden Ergänzend zur Lehrwerkanalyse wurden Interviews mit DaF-Lehrenden durch‐ geführt. Dazu wurde ein Fragenkatalog erstellt (s. Anhang 1 ), der als Gesprächs‐ leitfaden herangezogen wurde. Die Lehrenden wurden unter anderem zum Stel‐ lenwert von Gendersensibilität im DaF-Unterricht und in den Lehrbüchern bzw. Readern befragt, zum Gendern, dessen Thematisierung im Unterricht, zu den verschiedenen Varianten des gendersensiblen Sprachgebrauchs sowie zu ihrem Umgang mit problematischen sexistischen Inhalten und Darstellungen. Weiters gaben die Lehrenden Einblicke in die universitären Vorgaben und äußerten ihre Wünsche bezüglich der Integration von Gendersensibilität im Unterricht. Die rund einstündigen Interviews wurden aufgezeichnet und transkribiert, sodass eine anonyme Weiterverarbeitung ermöglicht werden konnte. Die zehn ProbandInnen werden bei Zitaten daher in Folge als InterviewpartnerIn 1, 2, 3 etc. (kurz IP 1, 2, 3 etc.) bezeichnet. Alle zehn GesprächspartnerInnen arbeiten derzeit am treffpunkt sprachen . Vier Personen sind weniger als zehn Jahre als DaF-Lehrende an einer Hochschule tätig, vier Personen sind zwischen 10 und 19 Jahren an der Hochschule beschäftigt und zwei der ProbandInnen sind seit 20 Jahren oder länger als Hochschullehrende im DaF-Bereich aktiv. Vier davon haben bereits alle Niveaustufen regelmäßig unterrichtet, während drei Personen die Anfangsniveaus seltener oder nicht lehren, weitere zwei Lehrende keinen C1-Unterricht geben und eine Lehrperson hauptsächlich A2-Stunden hält. Diese durchmischte Konstellation ermöglicht es, unterschiedliche Standpunkte basie‐ rend auf diversen Erfahrungswerten mit einzubeziehen. Projektergebnisse der DaF-Lehrwerkanalyse Im folgenden Abschnitt sollen die Projektergebnisse dargestellt und mithilfe von Graphiken veranschaulicht werden. Die Ergebnisse der Analyse hinsichtlich der vorab eingeführten Kriterien werden präsentiert und gegebenenfalls kontras‐ tiert, um etwaige auffällige Unterschiede zwischen den Lehrwerken und Rea‐ dern bzw. einzelnen Texten hervorzuheben. Das Hauptziel ist es jedoch, den Ist-Zustand der DaF-Lehrwerke darzustellen, die momentan in den DaF-Kursen des treffpunkt sprachen zum Einsatz kommen. Das Gesamtbild trägt dadurch zur genderorientierten Lehrwerkkritik bei und soll etwaige Bedarfe nach weiteren Verbesserungen aufdecken. 233 Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? Die Analyse der neun Lehrbzw. Arbeitsbücher sowie der 13 Reader resul‐ tierte in einer Datenmenge von rund 9000 Einträgen, sodass ein signifikantes Ergebnis gewährleistet werden konnte. Die zahlenmäßige Repräsentation und die Aspekte des gendergerechten Sprachgebrauchs wurden quantitativ, die Ste‐ reotypisierung qualitativ untersucht. Zahlenmäßige Repräsentation Zur Bewertung der zahlenmäßigen Repräsentation von weiblichen und männ‐ lichen AkteurInnen wurden Darstellungen in Text und Bild herangezogen. Zudem wurde unterschieden, ob die Personen namentlich bekannt sind (z. B.: Doktor Franz Huber) oder nicht (z. B.: die Oma). Insgesamt konnte festgestellt werden, dass in den Lehrwerken und Readern ein relativ ausgewogenes Ver‐ hältnis vorherrscht, wobei männliche Akteure mit 55 % gegenüber weiblichen Akteurinnen mit 45 % leicht überrepräsentiert sind. Die folgenden Graphiken illustrieren die Verteilungen innerhalb der einzelnen Lehrwerke. Einzig in zwei Readern, dem Reader DaF Intensiv. Mittelstufe 4. Niveau B2 / 2. Phase ( treffpunkt sprachen 2021h) und Deutsch als Fremdsprache. Oberstufe C1 (Osterer 2021b), liegt der Prozentanteil der Frauen und Mädchen unter 40 %. Die deutlichste Überrepräsentation von männlichen Figuren wurde im Reader DaF Intensiv. Oberstufe C1 ( treffpunkt sprachen 2021i) festgestellt, wobei neben 20 % Frauen und Mädchen mit 80 % überwiegend männliche Akteure dargestellt werden. Zwischen den einzelnen Niveaustufen konnte kein signifikanter Unterschied ausgemacht werden. Es ist lediglich ersichtlich, dass in Lehrbüchern auf An‐ fangsniveau (A 1.1-A1.2) stärker auf explizite Verweise mit namentlich be‐ kannten Personen zurückgegriffen wird - ein Trend, der sich in den höheren Niveaustufen und in den Readern nicht wiederfinden lässt. 234 Maria Rohringer Abbildung 1: Zahlenmäßige Repräsentation weiblicher und männlicher AkteurInnen Die in der Theorie besprochene Tendenz konnte für die verwendeten Lehrbü‐ cher und Reader der DaF-Kurse am treffpunkt sprachen bestätigt werden: Es herrscht zunehmend ein relativ ausgeglichenes Verhältnis von Darstellungen 235 Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? weiblicher und männlicher AkteurInnen vor, wobei nach wie vor eine leichte Überrepräsentation der maskulinen Seite erkennbar ist. Stereotypisierung Traditionelle Geschlechterrollen sowie sexistische Stereotype sind ein wesent‐ licher Aspekt der Gendersensibilität in Lehrwerken. Während in Lehrwerken und Readern die zahlenmäßige Repräsentation relativ ausgeglichen wirkt, darf nicht außer Acht gelassen werden, was diese Repräsentationen beinhalten. Dazu wurden stereotype Darstellungen in Text und Bild erfasst und dokumentiert, ob weibliche bzw. männliche Figuren auch mit Interessen, Hobbys und Berufen vorgestellt werden, die nicht den traditionellen Geschlechterrollen entsprechen. In den Lehrwerken und Readern konnten ungefähr gleich viele sexistisch stereotype Textausschnitte identifiziert werden, während in den Abbildungen in den Readern weniger häufig Stereotype vermittelt wurden. Bei den entsprechenden Vorkommnissen im Text geht es zumeist um eine stereotype Verteilung der Berufe oder Rollen allgemein (z. B. die Gegenüber‐ stellung von alleinerziehenden Müttern und Managern (vgl. z. B. DaF Intensiv. Mittelstufe 1. Niveau B1 / 1. Phase ( treffpunkt sprachen 2021e, S 19); vgl. DaF In‐ tensiv. Mittelstufe 2. Niveau B1 / 2. Phase ( treffpunkt sprachen 2021 f, S. 14 )). Ebenso wird häufig mit dem Vorurteil gearbeitet, dass Frauen oberflächlich sind, sich mit ihrem eigenen Aussehen / Gewicht beschäftigen, gerne einkaufen gehen und eine Beziehung anstreben (vgl. z. B. Menschen B1.1. Deutsch als Fremdsprache. Arbeitsbuch (Breitsameter / Glas-Peters / Pude 2018, S. 38 , 73 ); vgl. DaF Intensiv. Grundstufe 4. Niveau A2 / 2. Phase ( treffpunkt sprachen 2021d, S. 61 , 63)). Im fa‐ miliären Kontext werden Frauen als (über-)fürsorglich präsentiert, während Männer teilweise nicht ernst genommen werden. So gibt es zum Beispiel in Aspekte neu. Mittelstufe Deutsch. Lehrbuch mit DVD B1 plus (Koi‐ than / Schmitz / Sieber / Sonntag 2014 a, S. 38 f.) einen Abschnitt über „Hotel Mama“, in dem sich Mütter um ihre erwachsenen und noch unselbstständigen Söhne kümmern, oder in Menschen A1.2. Deutsch als Fremdsprache. Arbeitsbuch (Glas-Peters / Pude / Reimann 2012, S. 74 ) einen Vater, der sein Kind bei der Kasse vergisst. Generalisierende Aussagen werden ebenfalls verwendet, wie z. B. dass sich Männer nicht für Gymnastik interessieren (vgl. Deutsch als Fremdsprache. Grundstufe 3 (Fasshold 2021b, S. 86)), oder dass Frauen Blumen-Tattoos und Männer Tier-Tattoos mögen (vgl. DaF Intensiv. Grundstufe 2. Niveau A1 / 2. Phase ( treffpunkt sprachen 2021b, S. 93)). Letztlich fällt insbesondere ein Dating-Knigge ins Auge, in dem geschlechterspezifische und sexistische Ratschläge erteilt werden ( DaF Intensiv. Mittelstufe 3. Niveau B2 / 1. Phase ( treffpunkt sprachen 2021g, S. 12)). 236 Maria Rohringer Vor allem die Lehrwerke arbeiten oft mit Darstellungen stereotyper Famili‐ enbilder (vgl. z. B. DaF kompakt neu A1. Kurs- und Übungsbuch (Braun et al. 2018, S. 20 )), während ansonsten sowohl in den Büchern als auch in den Readern ein Nebeneinander von berufstätigen Männern und Frauen in der Mutterrolle vorkommt. Männer werden weniger beziehungsorientiert und bei Arbeiten im Haushalt oft als inkompetent dargestellt, wie in den Beispielen in Abbildung 2 ersichtlich ist. Abbildung 2: Stereotype Darstellungen DaF Grundstufe 3 (Fasshold 2021b): Bild 1 (S. 16); Bild 2 (S. 82); Bild 3 (S. 19) DaF Intensiv. Grundstufe 2. Niveau A1 / 2. Phase ( treffpunkt sprachen 2021b): Bild 4 (S. 48) DaF kompakt neu A1. Kurs- und Übungsbuch (Braun et al. 2018): Bild 5 (S. 60) Menschen B1.1. Deutsch als Fremdsprache. Kursbuch (Braun-Podeschwa / Habersack / Pude 2018): Bild 6 (S. 65) 237 Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? In beinahe allen Werken, sowohl in den Lehrbüchern als auch in den Readern, werden teilweise Darstellungen gewählt, die nicht den klassisch, stereotypen Geschlechterrollen entsprechen (s. Tabelle 1 ). Man findet Frauen, die als Ärz‐ tinnen, Ingenieurinnen oder beim Handwerken präsentiert werden, sowie Männer, die in der Vaterrolle oder bei Arbeiten im Haushalt gezeigt werden. Dennoch dominieren neutrale Themen sowie die stereotypen Rollenvertei‐ lungen, mit Männern als Experten, Professoren, Forscher und Chefs und Frauen als Mütter, Lehrerinnen und Sekretärinnen. DaF-Lehrwerke Untypische Darstellungen DaF kompakt neu A1 Ärztin, Chefin, Chemiestudentin, Germanistikstudent, Infor‐ matikerin, Ingenieurin, Lehrer, Mann beim Staubsaugen (Bild), Maschinenbauerin, Medizinstudentin, Triath‐ letin / Ironman-Teilnehmerin, Wirtschaftsstudentin, Wissen‐ schaftlerinnen Menschen Kursbuch A1.2 Krankenpfleger, Mädchen klettert auf Baum, Mann putzt und kocht, Motorradfahrerin / Frau will Sportwagen, Polizeibe‐ amte / Polizeiobermeisterin, Tierärztin Menschen Arbeitsbuch A1.2 Ärztin, Ernährungswissenschaftler Menschen Kursbuch B1.1 Archäologin, Kindergärtner, Kindergärtner (Bild), Mann strickt, Marketingleiterin Menschen Arbeitsbuch B1.1 Ärztin, Chefin, Frau repariert etwas, Krankenpfleger, Personal‐ chefin, Physikstudentin Aspekte neu B1 plus Lehrbuch Teil 1 Ärztin, Chefin, Erntehelferin, Forscherin im Labor (Bild), Fuß‐ ballfan, Kommissarin, Krankenpfleger, Malermeisterin (Bild), Regisseurin / Produzentin, Surferin, Talkmasterin Aspekte neu B1 plus Arbeitsbuch Teil 1 Anwältin, Frau macht Waldarbeiten, Geschäftsfrau, Ingeni‐ eurin, Mädchen spielt Fußball, Mann arbeitet im Kinderheim, Vater malt mit Kindern Mittelpunkt neu B2 Lehrbuch Abteilungsleiterin in einer Exportfirma, Ärztin, Familienthera‐ peut, Frau repariert Fahrrad, Frauen im Management (Titel), Frauenteam beim Sport (Bild), Lehrer, Leiterin der Control‐ ling-Abteilung, Leiterin des Kulturbüros, Personalchefin, Schneider Mittelpunkt neu B2 Arbeitsbuch Expertin, Florist, PR-Spezialistin, Schneider DaF-Reader Untypische Darstellungen DaF Intensiv A1.1 Ärztin, Chemiestudentin, Ingenieurin, Sportstudentin 238 Maria Rohringer DaF Intensiv A1.2 Ärztin, Bankkauffrau, Chemiestudentin, Geschäftsfrau, Kran‐ kenpfleger, Lehrer, Professorin, Wirtschaftsstudentin DaF Intensiv A2.1 alleinerziehender Vater, Ärztin, Chefin DaF Intensiv A2.2 Ärztin, Chefin, Fernfahrerin, Ingenieurin, Lehrer DaF Intensiv B1.1 Elektrotechnikerin DaF Intensiv B1.2 BWL-Studentin, Mathematik-Studentin, Polizistin, Sportstu‐ dentin DaF Intensiv B2.1 Ärztin, Chefin, Computerexpertin, Frau mit Doktortitel, Hand‐ werkerin, Institutsleiterin, Juristin, Krankenpfleger, Mana‐ gerin, Professorin DaF Intensiv B2.2 Ärztin, Professorin DaF Intensiv C1 - DaF Grundstufe 1. A1.1 Frau am Schießstand, Lehrer, Mann kocht und putzt DaF Grundstufe 3. A2.1 Ärztin, Automechanikerin, Bankkauffrau, Chefin, Hausmann, Installateurin, Malermeisterin, Managerin, Millionärin, Poli‐ zistin, Raumpfleger, Sekretär, Tischlerin, Welt- und Eu‐ ropa-Fußballmeisterin DaF Grundstufe 4. A2.2 - DaF Oberstufe C1 Ingenieurinnen, Ministerpräsidentin, Naturwissenschaftler‐ innen, Personalchefin Tabelle 1: Für die klischeehaften Geschlechterrollen untypische Darstellungen Vereinzelt wird demnach nach wie vor auf sexistisch stereotype Darstellungen in Text und Bild zurückgegriffen und bei den Rollenverteilungen dominieren neben neutralen Repräsentationen die klassischen Geschlechterrollen. Dennoch kann festgestellt werden, dass teilweise bewusst versucht wird, dem entgegen‐ zuwirken, indem die typischen Rollen stellenweise umgekehrt werden. Aspekte des gendersensiblen Sprachgebrauchs Bezüglich des gendersensiblen Sprachgebrauchs konnte festgestellt werden, dass die Praxis des Genderns weder in den Lehrwerken noch in den Readern explizit thematisiert wird. Die Lernenden werden lediglich unkommentiert mit diversen Varianten der gendergerechten Ausdrucksweise konfrontiert. In den Vokabellisten der Lehrwerke werden unterschiedliche Schreibweisen gewählt, wie die Anführung beider Formen nacheinander (s. die Lehrwerke der 239 Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? Reihe Menschen (vgl. Evans / Pude / Specht 2012 ; vgl. Glas-Peters / Pude / Rei‐ mann 2012 ; vgl. Braun-Podeschwa / Habersack / Pude 2018 ; vgl. Breitsa‐ meter / Glas-Peter / Pude 2018); vgl. DaF kompakt neu A1. Kurs- und Übungsbuch (Braun et al. 2018 )) oder die Beifügung von Endungen, wie in „Lehrer / in, -/ -nen“ (vgl. Aspekte neu. Mittelstufe Deutsch. Arbeitsbuch mit Audio- CD B1 plus (Koi‐ than / Schmitz / Sieber / Sonntag 2014 b); vgl. DaF kompakt neu A1. Kurs- und Übungsbuch (Braun et al. 2018)). Wortschatzteile bzw. Vokabellisten sind ausschließlich in den Intensiv‐ kurs-Readern zu finden, wobei hier ebenfalls mit Doppelnennungen gearbeitet wird. Dem Wort selbst geht entweder r, e, oder s voraus, um den zu verwend‐ enden bestimmten Artikel und somit das grammatische Geschlecht anzuzeigen (s. z. B. DaF Intensiv. Grundstufe 2. Niveau A1 / 2. Phase ( treffpunkt sprachen 2021 b)), das Kürzel folgt nachgestellt in Klammer (s. z. B. DaF Intensiv. Mittelstufe 1. Niveau B1 / 1. Phase ( treffpunkt sprachen 2021 e)) oder es wird der vollständige Artikel angegeben (s. z. B. DaF Intensiv. Grundstufe 3. Niveau A2 / 1. Phase ( treff‐ punkt sprachen 2021c)). Sowohl in den Lehrwerken als auch in den Readern werden in Vokabelteilen zumeist die männliche und weibliche Form von Personenbezeichnungen ange‐ führt. Die Reader sind hier noch systematischer, so gibt es nur drei Ausnahmen, und zwar im Reader DaF Intensiv. Grundstufe 1. Niveau A1 / 1. Phase ( treffpunkt sprachen 2021a) mit den Wörtern „Bauer“ (ebd., S. 63) und „Bewohner“ (ebd., S. 79) und im Reader DaF Intensiv. Mittelstufe 1. Niveau B1 / 1. Phase ( treffpunkt sprachen 2021 e) mit „Arbeitgeber“ (ebd. S. 7). Ansonsten werden lediglich Kom‐ posita, die „Studenten-“ enthalten, wie „Studentenausweis“ und „Studenten‐ wohnheim“, nicht gendergerecht angeführt. Der Begriff „Studentenausweis“ kann allerdings nicht aufgrund des vermeintlichen Gebrauchs an der Karl-Franzens-Universität gerechtfertigt werden, da die Karten mit der Bezeich‐ nung „Ausweis für Studierende“ bedruckt sind. In diesem Punkt bedarf es einer Aktualisierung des Vokabulars. In den Lehrwerken sind allerdings weitaus mehr Ausnahmen zu finden, welche in Tabelle 2 aufgeführt werden. Besonders die Reihe Menschen fällt im Vergleich negativ auf. DaF-Lehr‐ werke Ni‐ veau Vokabel Menschen Kursbuch A1.2 A1.2 Bilderlexikon: Politiker, Schauspieler, Chef (S. 30); Doktor / Arzt (S. 34) Vokabelliste: Anwalt, Ausländer, Autofahrer, Bürokauf‐ mann, Chauffeur, Chefsekretärin (S. 89); Einwohner, Elektroinstallateur, Entertainer, Fahrradfahrer, Fuß‐ gänger, Hausfrau, Hausmeister (S. 90); Koch, Kranken‐ 240 Maria Rohringer pfleger, Liedermacher, Mitbewohner, Mofafahrer, Motor‐ radfahrer, Musikmanager, Patient (S. 91); Politiker, Polizeibeamtin, Polizeiobermeister, Polizistin, Schlager‐ sänger, Singer-Songwriter, Techniker (S. 92); Urlauber, Yoga-Lehrerin, Zauberer, Zimmermädchen (S. 93) Menschen Arbeitsbuch A1.2 A1.2 Vokabelliste: Vermieter (S. 17); Ausländer (S. 23); Politiker (S. 41); Doktor (S. 47); Hausfrau (S. 59); Fahrer (S. 71) Aspekte neu B1 plus Arbeits‐ buch Teil 1 B1 Vokabelliste: Nesthocker (S. 33); Ruheständler (S. 60) Menschen Kursbuch B1.1* B1.1 Bilderlexikon: Makler, Hausmeister (S. 18); Tierarzt (S. 47); Allergiker, Vegetarierin (S. 55) Menschen Arbeitsbuch B1.1 B1.1 Vokabelliste: Professor (S. 11); Erzieher, Pädagoge, Leiter, Held (S. 17); Bewohner, Hausmeister, Hausbesorger, Ab‐ wart, Makler, Bürger, Einwohner, Fotograf (S. 25); Hand‐ werker, Schriftsteller (S. 69); Nichtraucher, Kranken‐ pfleger, Arbeitnehmer (S. 77) Tabelle 2: Vokabel mit fehlender männlicher oder weiblicher Form * Mit Ausnahme von „Hausmeister“ und „Vegetarierin“ werden die aufgelisteten Begriffe in der alphabetischen Wortliste im Anhang des Buchs mit beiden Formen angeführt. Bei der Betrachtung der aufgelisteten Vokabel fällt auf, dass überwiegend nur die männliche Form angegeben wird, wobei vereinzelt auch nur das weibliche Wort angeführt wird. In diesen Fällen (Chefsekretärin, Hausfrau, Polizeibe‐ amtin, Yoga-Lehrerin, Zimmermädchen, Vegetarierin) ist eine Stereotypisierung zu erkennen, da es sich - mit Ausnahme von „Polizeibeamtin“ - um vermeintlich typische „Frauenberufe“ handelt. Allerdings werden andere Berufe mit einer deutlich höheren Frauenquote teilweise nur in der männlichen Form angeführt (Erzieher, Pädagoge, Krankenpfleger), sodass hier nicht mit einem vermeintlich lebensweltlichen Abbild der Realität argumentiert werden kann. Männliche Formen bei männerdominierten Berufssparten (z. B. Techniker) wirken weniger stark stereotypisierend, da die Zuteilung nach traditionellen Geschlechterrollen durch die breite Verwendung rein männlicher Formen abgeschwächt wird. Bezüglich des gendergerechten Sprachgebrauchs innerhalb der Lehrwerke und Reader konnten gröbere Unterschiede festgestellt werden. Das Gesamtbild zeigt, dass in den von den Lehrenden erstellten Skripten mit 41 % häufiger gendersensible Formulierungen verwendet werden als in den Lehrwerken mit nur 33 %. 241 Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? Abbildung 3: Gendersensibler Sprachgebrauch in Lehrwerken und Readern Die einzelnen Lehrwerke und Reader präsentieren sich dabei relativ unter‐ schiedlich. Es konnten allerdings keine Muster festgestellt werden, indem z. B. abhängig von der Niveaustufe anders vorgegangen wird. Die detaillierten An‐ gaben zu den einzelnen Unterlagen können in Anhang 2 nachgelesen werden. Aufschlussreich ist zudem die Verteilung auf Arbeitsanweisungen, Übungen und Lesetexte, wie die folgende Graphik zeigt. Eine detaillierte Aufschlüsselung des gendersensiblen Sprachgebrauchs innerhalb der einzelnen Werke ist in An‐ hang 2 beigefügt. Sowohl in Lehrwerken als auch in den Readern wird in Ar‐ beitsanweisungen am systematischsten auf gendersensible Sprache geachtet, d. h. insbesondere dann, wenn die Teilnehmenden direkt angesprochen werden oder auf die Gruppe referiert wird. Am wenigsten häufig wird in Lesetexten gendersensibel formuliert, während Übungen, wie Lückentexte, Diskussions‐ anstöße oder Zuordnungsaufgaben, die Position im Mittelfeld einnehmen. Die deutlichsten Unterschiede zwischen Lehrwerken und Readern können im Be‐ reich der Übungen ausgemacht werden (Differenz von 17 %), gefolgt von den Texten (Differenz von 14 %) und schließlich den Arbeitsanweisungen (Differenz von 7 %). Die Vermutung liegt nahe, dass gerade bei der direkten Anrede der Personen oder der Gruppe auf das Gendern geachtet wird, da die Personenreferenz, wenn‐ gleich die Angesprochenen unbekannt sind, spezifischer wirkt. Dass in den Le‐ setexten kaum auf die gendersensible Sprache geachtet wird, mag darauf zu‐ rückzuführen sein, dass „authentisches Material“ gewählt wird, welches nach wie vor oftmals im traditionellen oder flexiblen Register verfasst ist. 242 Maria Rohringer Abbildung 4: Gendersensibler Sprachgebrauch in Arbeitsanweisungen, Übungen und Lesetexten Ebenso fallen in Bezug auf die gendersensiblen Formen Unterschiede auf. Wäh‐ rend in den Readern gänzlich auf jene Formen verzichtet wird, die von der amt‐ lichen Rechtschreibung nicht abgedeckt werden, gebrauchen die Lehrenden in den Readern das Binnen-I. Die davon abgeleitete Großschreibung der Endung bei Wörtern wie „jeneR“ wird nur im Reader DaF Intensiv. Oberstufe C1 ( treff‐ punkt sprachen 2021i) verwendet. Lediglich im Buch DaF kompakt neu A1. Kurs- und Übungsbuch (Braun et al. 2018, S. 142 ) wird das Binnen-I gebraucht, und zwar ein einziges Mal in einer Kontaktanzeige für Ping-Pong-SpielerInnen im Rahmen eines Modelltests. Formen des nicht-binären Registers wurden weder in den Lehrbüchern noch in den Readern eingesetzt, obwohl diese im Alltag zunehmend präsent sind. Aufgrund der vorwiegenden Verwendung der Doppelnennung bzw. Doppel‐ nennung mit Schrägstrich konnten in den Lehrwerken keine weiteren Muster erkannt werden. Bei der einzelnen Betrachtung der DaF-Reader ließ sich jedoch feststellen, dass bei den Anfangsniveaus (bei den Intensivkursen auf den Ni‐ veaus A1.1 und A1.2; bei den Semesterkursen auf den Niveaus A1.1 und A1.2) 243 Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? auf die Verwendung des Binnen-Is verzichtet wurde. Stattdessen wurde stärker auf Vollformen (Doppelschreibung mit oder ohne Schrägstrich) und Beifü‐ gungen von Endungen (nach einem Schrägstrich) gesetzt. Detaillierte Angaben zu den einzelnen Werken können in Anhang 2 nachgelesen werden. Abbildung 5: Formen des gendersensiblen Sprachgebrauchs in Lehrwerken und Readern Zusammenfassung der Ergebnisse Die umfangreiche Lehrwerkanalyse hat gezeigt, dass nach wie vor Verbesse‐ rungsbedarf in unterschiedlichen Bereichen besteht. Während die zahlenmäßige Repräsentation von männlichen und weiblichen AkteurInnen zunehmend aus‐ geglichen wird und in den untersuchten Materialen beinahe ein Gleichgewicht erreicht wurde, sind stereotype Darstellungen sowie rollenkonforme Berufs‐ verteilungen präsent. Vereinzelt sind nach wie vor sexistische Bilder oder Text‐ stellen erfassbar, die in modernen Unterrichtsmaterialien keinen Platz finden 244 Maria Rohringer sollten, um bestehende Geschlechterstereotype nicht weiter zu festigen. Positiv anzumerken ist das Bemühen, stellenweise aus den Grenzen dieser stereotypen Rollenbilder auszubrechen, indem die Zuschreibungen gewechselt werden, sei es in der Berufs- oder Familienwelt bzw. der Freizeit. Der gendersensible Sprachgebrauch ist der Bereich, in dem noch am meisten Entwicklung notwendig ist. Inklusive Formulierungen, egal ob aus dem femi‐ nistischen oder nicht-binären Register, sind Teil des sprachlichen Alltags und sollten als Aspekt des Deutschen vermittelt werden, um auf den täglichen und akademischen Sprachgebrauch vorzubereiten. Als zu erlernende sprachliche Fähigkeit wird Gendern in keinem der 20 Werke offen erläutert, obwohl teil‐ weise gendersensible Formulierungen gebraucht werden. Es wurde deutlich, dass sich Lehrwerke, die von Verlagen zusammengestellt wurden, auf jene For‐ mulierungsmethoden beschränken, die von amtlichen Rechtschreibregeln ab‐ gedeckt werden (Doppelnennung mit und ohne Schrägstrich sowie Beifügungen von Endungen in Klammern oder nach einem Schrägstrich). Die freier gestal‐ teten Reader der Lehrenden bilden hier mithilfe des Binnen-Is teilweise schon den aktuellen öffentlichen und akademischen Diskurs ab. Bei allen untersuchten Materialien wird allerdings das flexible Register ver‐ wendet, sodass inklusiver Sprachgebrauch und generisches Maskulinum ne‐ beneinander verwendet werden. Am systematischsten wird in den Büchern und Readern in den Arbeitsanweisungen vorgegangen, da die Teilnehmenden hier direkter angesprochen werden. Besonders in den Lesetexten wird meist auf das traditionelle Register zurückgegriffen, obwohl authentisches deutschsprachiges Material heutzutage auch andere Texte umfassen würde. DaF-Lehrende zu Gendersensibilität in Kursunterlagen Die Interviews mit zehn DaF-Lehrenden orientierten sich an den Erkenntnissen der Lehrwerkanalyse und gaben den Vortragenden die Möglichkeit, ihre Sicht‐ weisen, Erfahrungen und Wünsche zu teilen. Zunächst wurden alle Proban‐ dInnen dazu befragt, was sie unter Gendersensibilität in Kursunterlagen ver‐ stehen. Die Antworten gingen einstimmig mit den gewählten Analysekriterien konform, da stets ein ausgeglichenes Verhältnis von männlichen und weiblichen AkteurInnen, ein Abstandnehmen von klassischen Geschlechterstereotypen und Rollenzuweisungen in Text und Bild sowie der gendersensible Sprachge‐ brauch genannt wurden. Sechs der GesprächspartnerInnen gaben an, hauptsächlich bei selbstausge‐ wähltem oder -verfasstem Material auf Aspekte der Gendersensibilität zu achten und diese auch als Auswahlkriterium einzusetzen, während eine Person zu‐ 245 Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? künftig bei Zusatzmaterial darauf Rücksicht nehmen möchte. Bei der Wahl von Lehrbüchern der Verlage steht dahingegen eher die Übungsqualität im Vorder‐ grund. Zwei legen zusätzlich Wert auf die Vermittlung einer modernen Lebens‐ realität, was teilweise auch auf die Gender-Thematik übergreift. Geht es jedoch um den Unterricht allgemein und nicht nur um die Materialien, nimmt Gendersensibilität für alle InterviewpartnerInnen einen hohen Stellen‐ wert ein. Einstimmig wurde angegeben, dass auf gendersensiblen Sprachge‐ brauch geachtet wird. Neun Personen nannten das offene Ansprechen von kul‐ turellen, genderbezogenen Unterschieden und das kritische Kommentieren und Thematisieren problematischer Texte als fixe Bestandteile des Unterrichts. Eine Person betonte zudem, dass sie in Unterrichtssituationen, in denen hauptsäch‐ lich ein Geschlecht vertreten ist (in der Hochschullehre meist Frauen), auf gleichwertige Partizipationschancen achtet und Gespräche dahingehend zu steuern versucht. Gender-Aspekte werden von den DaF-Lehrenden vor allem als Teil der in‐ terkulturellen und landeskundlichen Vermittlung wahrgenommen. Für neun InterviewpartnerInnen gehören die Stellungen der verschiedenen Geschlechter in der Gesellschaft und deren Chancen dazu, zwei dieser Personen beziehen auch abstraktere Themen wie das nicht-binäre Gender-Konzept ein. Da im hoch‐ schulischen DaF-Bereich stets Personen aus verschiedenen Kulturen und Her‐ kunftsländern aufeinandertreffen, gilt es, unabhängig von den möglichen posi‐ tiven oder negativen Reaktionen der Teilnehmenden, auf progressive genderbezogene Thematiken einzugehen, die Teil der deutschsprachigen bzw. österreichischen Kultur sind und welche sie mitunter über die Sprache kennen‐ lernen. Die folgenden Interviewauszüge veranschaulichen die Stellungnahmen der Lehrenden dazu: [Gendersensibilität] spielt [als Teil der interkulturellen Vermittlung] absolut eine Rolle und besonders im Kontext „Social Justice“. Sprachunterricht kann sehr stark dabei helfen, die Welt zum Positiven zu verändern, zum Nachdenken anzuregen und zu sensibilisieren. Er kann auch dabei helfen, dass Studierende dann vielleicht als MultiplikatorInnen wirken können, wenn ich Samen säe und sie das dann in ihr Um‐ feld weitertragen können. (IP 7) Es ist undenkbar, dass man [das Gender-Thema] ohne den interkulturellen Kontext betrachtet. Man kann es nicht weglassen. Ich differenziere auch immer stark zwischen dem, was von den meisten gedacht wird, und dem, was vielleicht eine moderne Frau denkt - also auch als Gegenposition. So können [die Studierenden] sich auch einpen‐ deln und verstehen, wie sie denken und ob sie eher denken wie die meisten oder „nor‐ malen“ und wie bei ihnen gedacht wird oder ob es das andere auch schon gibt. (IP 1) 246 Maria Rohringer Ich denke, [Gendersensibilität] ist wichtig, weil es Teil unserer Sprache ist und unsere Sprache ist unsere Kultur. Wenn die Studierenden zu uns kommen, sollen sie ja unsere Kultur kennenlernen. Da ist es gut, ihnen auch zu erklären, was geschlechtergerechte Sprache und Gendersensibilität ist und dass bei uns Wert darauf gelegt wird. (IP 9) Es gibt diese traditionelle Rolle „Frau“, „Heimchen am Herd“, nicht mehr. Es gibt heute auch den Hausmann. Vor zehn oder 15 Jahren haben wir darüber noch gelacht, aber heute gibt es sie und es gibt Männer, die in der Karenz für ihre Kinder zuhause bleiben, während die Frau arbeiten geht. Das hätte sich vor 20 Jahren niemand vorstellen können. Weil es heute einfach zum Leben dazugehört, mache ich keinen großen Auf‐ stand darum. Ich versuche, die Themen, wenn sie angesprochen werden, möglichst realitätsnah zu bringen. (IP 6) Ich glaube auch, dass [Gendersensibilität] gerade für die kulturellen Unterschiede oder Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten wichtig ist. Dadurch wird immer wieder ein Einblick in aktuelle gesellschaftliche Lagen gegeben. Es fängt eigentlich schon bei den Berufen an, wo man sich dann fragt, ob es typische Frauen- oder Männerberufe gibt, ob es Männerberufe gibt, in denen auch Frauen tätig sind. (IP 3) Ich finde es wichtig, [Gendersensibilität] unbedingt zu thematisieren, weil das ein Fortschritt in unserer Kultur ist, für den Frauen auch lange gekämpft haben. Unsere Kultur ist so. Es kann jeder jeden Beruf ausüben. Ich finde, es ist sehr wichtig. Es gehört zu unserer Kultur dazu und muss unbedingt vermittelt werden. (IP 2) Entsprechend dieser Einstellungen gehen die DaF-Lehrenden mit sexistischen Stereotypen in Lehrwerken um, indem neun von ihnen stets darauf bedacht sind, derartige Vorkommnisse zu kommentieren bzw. als Diskussionspunkt und Denkanstoß für die Studierenden zu nutzen. Eine Person gab dagegen an, der‐ artige Textstellen auszulassen, sollten sie zu problematisch wirken. Jemand an‐ deres meinte außerdem, noch einen Schritt weiterzugehen und bewusst provo‐ zierende Bilder und Texte für die Diskussionen im Unterricht zu nutzen: Ich baue meine Landeskunde komplett darauf auf, wie man vom Klischee loskommen könnte. Dann nutze ich am Anfang vielleicht auch zurecht noch ein vereinfachtes Bild. Ich will dann diskutieren, wie man von dort weg und hin zu etwas Lebendigerem kommt. (IP 10) Auch der aktive Austausch und die Präferenz für Dialoge gegenüber bloßen Kommentaren von Seiten der Lehrpersonen wurden hervorgehoben: Für mich geht es da auch immer um einen Austausch. Ich lasse mich auch belehren, wenn [die Studierenden] sagen, dass sie das gar nicht als sexistisch empfinden oder dass es nicht so arg ist und es Schlimmeres gibt - oder dass es doch schon ganz schlimm 247 Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? ist. Die Studierenden kommen aus so unterschiedlichen Kulturen und Sprachen, so‐ dass sie dann auch erzählen, wie sie das von ihrem Hintergrund aus erleben oder ob das in ihrem Land ein Thema wäre. (IP 7) In Bezug auf gendersensiblen Sprachgebrauch im Unterricht gaben alle Lehr‐ enden an, sich dahingehend zu bemühen. Ein Unterschied fällt zwischen ge‐ schriebener und gesprochener Sprache auf, wobei das gendergerechte Formu‐ lieren im Geschriebenen leichter fällt und im Gesprochenen für viele noch nicht automatisiert ist. In den Gesprächen konnte z. B. beobachtet werden, dass es drei von zehn Personen gelang, durchgängig gendergerechte Sprache zu gebrauchen, während die anderen meist eine Mischung mit dem generischen Maskulinum verwendeten. Ebenso wie in den Lehrwerken und Readern wird das Gendern von sechs der zehn GesprächspartnerInnen vorrangig implizit vermittelt oder es wird mit einem Kommentar darauf verwiesen. Erklärt und geübt wird dieser Aspekt der deutschen Sprache nur von den folgenden vier Personen: Ich thematisiere das [Gendern] jedes Mal. Ich gehe darauf ein, dass es an der Uni einen geschlechterspezifischen Sprachgebrauch gibt. Am Anfang haben wir immer über das Binnen-I gesprochen, weil dann auch oft die Studierenden gekommen sind und gefragt haben, was das bedeutet und ob da ein Strich dazwischen ist. Das hat sie immer wieder interessiert. Jetzt sprechen wir auch über den Gender-Stern. Wir sprechen darüber, was das bedeutet, warum das so wichtig ist, und ich versuche auch immer herauszu‐ finden, wie das in den Sprachen der Studierenden, in ihren Herkunftsländern ist oder ob es da keine richtige Unterscheidung gibt. (IP 9) Ich bin ganz sicher der Meinung, dass man Gendern erlernen muss, und es wird auch für die Beurteilung herangezogen. Wenn das nicht funktioniert, zieht das dann auch eine negative Beurteilung nach sich. Auf den höheren Niveaus und im universitären Kontext ist das für mich auf jeden Fall ein Kriterium. Das ist überhaupt keine Frage. Das muss man sich angewöhnen wie das Konjugieren von Verben. (IP 8) Ich bemühe mich immer darum, dass ich die verschiedenen Schreibweisen nicht lä‐ cherlich mache. Gerade wenn Fragen dazu kommen oder wenn ich das Sternchen verwende, besonders wenn viele internationale Studierende dabei sind. (IP 7) Es ist schon etwas, was ich ihnen beibringe, bis zu einem gewissen Grad auch in A1-Kursen, weil sie es auf meinen Arbeitsblättern und Tests sehen. Sie sind alle so gehalten. Es gibt auch Leute, die länger als ein Semester da sind und die dann vielleicht in einem Kurs landen, wo sie eine kurze Arbeit auf Deutsch schreiben müssen. Dort müssen sie auch bei nur zwei Seiten Text das Gendern richtig anwenden können. Da sollten sie schon ein bisschen damit vertraut sein. (IP 6) 248 Maria Rohringer Unabhängig davon, ob die Lehrenden selbst explizit darauf eingehen oder gendergerechten Sprachgebrauch hauptsächlich vorleben, denken alle, dass eine Thematisierung im Unterricht wichtig wäre. Zwei InterviewpartnerInnen sind der Meinung, dass das Gendern schon ab dem Niveau A1 trainiert werden sollte, damit es automatisiert werden kann. Die übrigen Lehrpersonen meinten, dass eine implizite Thematisierung über die Vermittlung männlicher und weiblicher Formen bei Berufsbezeichnungen zwar ab A1 stattfinden könne, dass es auf diesem Niveau für weitere Ausführungen jedoch noch zu früh sei. Dies spiegelt sich auch in den Readern wider, in denen auf den Anfangsniveaus hauptsächlich mit Doppelnennungen gearbeitet wird. Drei Personen unterscheiden zudem zwischen dem passiven Verständnis und der aktiven Anwendung genderge‐ rechter Sprache, wobei das passive Verstehen von Beginn an und das aktive Einsetzen ab der Mittelstufe möglich erscheint. Die unsystematische Vorgehensweise in den Lehrmaterialien, welche in der Analyse festgestellt werden konnte, sehen zwei InterviewpartnerInnen als kein großes Problem, solange von Seiten der Vortragenden eine andere Haltung vor‐ gelebt wird: Ich glaube nicht, dass es sehr verwirrend ist, wenn es nicht einheitlich ist. Man wird als Lehrperson sehr stark kopiert. Das wird einem oft erst später durch das Verhalten der anderen bewusst. Ich glaube, da kann ich zumindest eine Haltung vermitteln und das ist auch viel wichtiger. (IP 10) Acht der Lehrenden betrachten diese Uneinheitlichkeit als potentiell verwirrend und problematisch für den Lernprozess. Es besteht der Wunsch nach Kontinuität und Einheitlichkeit, um einen gewissen Gewöhnungseffekt zu erzielen und den gendergerechten Sprachgebrauch zu vermitteln: Ich glaube, das Unsystematische ist ein Problem. Ich finde, es ist wichtig, dass es kon‐ stant ist. Gendern soll ja den Sinn haben, dass man sich daran gewöhnt, beide anzu‐ sprechen. Allein durch dieses Aussprechen kommt es zu einem erhöhten Bewusst‐ sein. (…) Auch für den Sprachlernprozess ist es problematisch, denn mir fällt häufig auf, dass ihnen das weibliche „-in“ nicht bewusst ist. Ich glaube, sie sehen es zu selten. Ich glaube, man sollte es viel mehr verwenden. Dadurch wird höchstwahrscheinlich suggeriert, dass das Männliche eine männliche und weibliche Form ist. Ich finde, der Gewöhnungseffekt sollte da sein. Das Rezeptive, das Sehen, das Erfahren ist noch etwas wichtiger. Dann wird es subtil vermittelt und normalisiert. (IP 5) Ich denke, [die Uneinheitlichkeit] ist extrem verwirrend. Ich finde, es sollte einmal eingeführt werden, wie das [Gendern] aussehen kann. Ich denke, je niedriger das Sprachniveau, desto eher sollte das einheitlich sein. Wenn es um Texte geht, dann ist 249 Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? es vielleicht gar nicht schlecht, wenn dort verschiedene Varianten gebraucht werden. (IP 4) Ich finde, dass es von Anfang an gemacht werden müsste, und zwar konsequent und vereinheitlicht, damit es die Verwirrungen nicht gibt. Dann gibt es die Verwirrung nur, wenn man an eine andere Institution kommt, wo es eine andere Regel gibt, aber dort wird es wieder einheitlich gemacht. Gerade in österreichweiten Lehrwerken, finde ich, wäre es gut, wenn sich die Verlage auf eine Art der genderneutralen Sprache einigen würden. Das wäre auf jeden Fall leichter für eine lernende Person, wenn einem das immer gleich begegnet. Ich finde auch einen Verweis darauf, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, sehr wichtig, weil es ja unterschiedlich gehandhabt wird und das meiner Meinung nach auch legitim ist. Vor allem dann, wenn das eigene Verständnis und die eigene Methode gefestigt sind, kann man über den eigenen Tellerrand auf jeden Fall hinausschauen. (IP 8) Aus den letzten beiden Zitaten wird außerdem ersichtlich, dass auch eine grö‐ ßere Vielfalt an Schreibweisen vorgestellt werden sollte, da diese in diversen Kontexten, sei es an der Universität oder in der Arbeitswelt, verwendet und vorgegeben werden. In den Lehrwerken wird, wie in der Analyse dargelegt, auf die Formen gesetzt, die mit den amtlichen Rechtschreibregeln konform gehen. In den Readern wird dagegen teilweise das Binnen-I eingesetzt, während das nicht-binäre Register noch nicht in die Materialien aufgenommen wurde. Die Lehrenden selbst verwenden gerne die Neutralformen und diverse Formen des feministischen und nicht-binären Registers, wobei das Binnen-I und das Gender-Sternchen bevorzugt werden. Den Lernenden lebt die Mehrheit von sieben Personen durch ihren eigenen gendergerechten Sprachgebrauch die ent‐ sprechenden Varianten vor. Lediglich drei Lehrende gaben an, den Studierenden auch die anderen möglichen Schreibweisen vorzustellen. In den Lehrwerken wünschen sie sich, wie bereits erwähnt, mehr Einheitlichkeit, wobei drei Per‐ sonen unwichtig ist, welche Variante gewählt wird. Drei Personen würden Doppelnennungen bevorzugen, damit Lernenden die Vollformen nähergebracht werden, zwei würden das Gender-Sternchen präferieren und zwei Personen würden alle Formen präsentieren. Dass eine direktere Vermittlung der gendergerechten Sprache angebracht wäre, wird daraus ersichtlich, dass sieben DaF-Lehrende, unabhängig vom Kursniveau, berichteten, häufig von Studierenden Fragen dazu zu erhalten - sei es zu den einzelnen Formen, der Begründung für das Gendern oder konkret zur Aussprache derartiger Formulierungen beim Vorlesen. Eine der Personen, die angaben, keine Fragen zu erhalten, ist jene Lehrperson, die von Anfang an Wert auf gendergerechte Sprache legt und die Lernenden dahingehend auch beurteilt. 250 Maria Rohringer Die Befragten zeigten sich gegenüber etwaigen Veränderungen im Bereich der gendergerechten Didaktik offen und können sich gut vorstellen, Entwick‐ lung im öffentlichen Diskurs zu den Themen Gender, Gleichstellung und gendersensible Sprache auch in ihren Unterricht einfließen zu lassen. Dies scheint für sie selbstverständlich, da Sprach- und Kulturvermittlung für sie bedeutet, eine moderne Lebensrealität zu transportieren: Ich bin schon sehr sensibilisiert und habe dazu auch schon viele Weiterbildungen besucht, direkt auch in Bezug auf Gendersensibilität und Hochschule. Das ist einfach eine Lebenseinstellung. Es sollte selbstverständlich werden, sodass es so ein Projekt wie dieses gar nicht mehr geben müsste. Ich bin offen, es zu hinterfragen und wei‐ terzudenken. (IP 7) Ich sehe die Chancen, die [mit einer Offenheit] verbunden sind. Im Sinne eines mo‐ dernen Deutsch oder einer modernen Kulturvermittlung in einer heterogenen Ge‐ sellschaft ist das natürlich das Ziel schlechthin. (IP 1) Letztlich wurde erfragt, ob von Seiten der Universität oder des Zentrums Vor‐ gaben, Richtlinien oder Empfehlungen dazu kommuniziert werden, wie Ge‐ ndersensibilität im Unterricht aussehen kann oder soll. Neun der Befragten gaben an, dass die Gender-Thematik und Gleichbehandlung an der Universität zwar als gegeben vorausgesetzt werden, dass es jedoch keinerlei klar kommu‐ nizierte Vorgaben gibt. Neben freiwilligen Weiterbildungsangeboten und gege‐ benenfalls sprachlichen Vorgaben im Rahmen von Publikationen nannten die Lehrenden lediglich die allgemeinen Online-Feedbackbögen und die darin ent‐ haltene Frage, ob die Lehrperson auf gendersensible Sprache geachtet hat. Alle zehn DaF-Lehrenden sehen Potential darin, dass sich die Universität oder das Zentrum diesbezüglich klarer positioniert und etwaige Vorgaben deutlicher kommuniziert. Die explizite Information scheint notwendig zu sein, da die Karl-Franzens-Universität durchaus gendersensible Sprache verlangt. Der gendergerechte Sprachgebrauch ist sowohl im Satzungsteil Gleichstellungsplan 2017 als auch im Satzungsteil Frauenförderungsplan 2017 wie folgt verankert: (1) In allen dienstlichen Schriftstücken, offiziellen Mitteilungen sowie in offiziellen Dokumenten der Universität Graz sind entweder explizit die weibliche und männliche Form oder geschlechtsneutrale Bezeichnungen oder geeignete geschlechtergerechte Bezeichnungen zu verwenden, wenn nicht nur ein Geschlecht gemeint ist. Darüber hinaus sind alle Organe und Angehörigen der Universität Graz angehalten, sich in Aussendungen, Formularen, Protokollen, Reden, Interviews und anderen an die Öf‐ fentlichkeit oder an die Universitätsangehörigen gerichteten Mitteilungen und in der Lehre unter Wahrung der Wissenschafts- und Lehrfreiheit einer geschlechterge‐ 251 Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? rechten Sprache zu bedienen. Es soll daher in allen Schriftstücken und öffentlichen Äußerungen entweder explizit die weibliche und männliche Form oder eine ge‐ schlechtsneutrale Bezeichnung verwendet werden. Unsachliche Differenzierungen zwischen Frauen und Männern sind zu unterlassen. (2) Formulierungen sowie Organ- und Funktionsbezeichnungen sind so zu wählen, dass sie Frauen und Männer gleichermaßen betreffen. (3) Alle Organe und Angehörigen der Universität Graz haben sich in allen dienstlichen Schriftstücken, offiziellen Mitteilungen sowie in offiziellen Dokumenten und in Aus‐ sendungen, Formularen, Protokollen, Reden, Interviews und anderen an die Öffent‐ lichkeit oder an die Universitätsangehörigen gerichteten Werbemitteln oder Mitteil‐ ungen und in der Lehre einer diskriminierungsfreien Sprache und einer diskriminierungsfreien Bildsprache in Hinblick auf Geschlecht, ethnische Zugehörig‐ keit, Religion, Weltanschauung, Alter, sexuelle Orientierung sowie Behinderung zu bedienen. (Universität Graz 2021b) Ebenso findet man auf der offiziellen Website der Universität Empfehlungen zum Sprachgebrauch, die bereits nicht-binäre Formen wie das Gender-Stern‐ chen und den Gender-Gap sowie die weniger häufig gebrauchte Variante mit der Endsilbe „x“ vorschlagen (vgl. Di[uni]versität 2020a). Muss man nach diesen Vorgaben jedoch aktiv in diversen Menüpunkten suchen, so fehlt ein offener Dialog. Neben Informationen, vor allem zu nicht-binären Formen, wünschen sich die InterviewpartnerInnen zudem einen gemeinsamen Austausch zum Thema und ein daraus resultierendes vereinheitlichtes Vorgehen im Unterricht und beim Erstellen von Materialien. Resümee Im Rahmen des Projekts Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? Eine Analyse am Beispiel der DaF-Kurse bei treff‐ punkt sprachen konnte mithilfe einer umfangreichen Analyse aufgezeigt werden, wie in den momentan verwendeten DaF-Lehrwerken und -Readern mit dem Thema Gendersensibilität umgegangen wird. Die Ergebnisse ergänzen Lehrwerkanalysen vereinzelter Bücher mit einer signifikanten Datenmenge. Dabei wurde festgestellt, dass Lehrwerke und Reader im Bereich der zahlenmäßigen Repräsentation am meisten Fortschritte gemacht haben, sodass beinahe ein Gleichgewicht zwischen weiblichen und männlichen AkteurInnen hergestellt werden konnte. Stereotype Darstellungen und traditionelle Rollenverteilungen sind jedoch nach wie vor in Text und Bild 252 Maria Rohringer prävalent. Dem werden allerdings bereits Repräsentationen gegenübergestellt, die von den klassischen Geschlechterrollen abweichen, sodass teilweise auch Frauen in hohen beruflichen Positionen oder beim Ausüben vermeintlich „männlicher“ Hobbys dargestellt werden, während auch Männer im familiären und häuslichen Kontext positiv positioniert werden. An diese Fortschritte gilt es anzuknüpfen. Die Lehrenden messen der Vermeidung von Stereotypen und der ausbalan‐ cierten Repräsentation ebenfalls einen hohen Stellenwert bei. Sie achten nicht nur bei der Auswahl von Zusatzmaterialien, sondern auch im Unterricht allge‐ mein darauf und sehen Gendersensibilität als einen zentralen Teil interkultu‐ reller Vermittlung. Problematische Darstellungen in Lehrwerken und Readern sehen sie als Gesprächs- und Diskussionsanlass und als etwas, das keinesfalls ignoriert werden darf, sondern kommentiert bzw. thematisiert werden muss. Im Bereich des gendersensiblen Sprachgebrauchs bewegen sich alle analy‐ sierten Werke im flexiblen Register, bei dem neben Formen des, in diesem Fall ausschließlich, feministischen Registers weiterhin das generische Maskulinum dominiert. Darüber hinaus wird das Gendern in keinen Unterrichtsmaterialien als sprachliche Fähigkeit vorgestellt und erklärt. Die Studierenden werden un‐ kommentiert mit unsystematisch gebrauchten gendersensiblen Formen kon‐ frontiert. Dies kann, wie auch die Gespräche mit den Lehrenden gezeigt haben, durchaus zu Problemen während des Sprachlernprozesses führen und Fragen aufwerfen. Außerdem birgt das flexible Register die Gefahr, dass das generische Maskulinum noch eher als Referenz auf Männer / rein männliche Gruppen in‐ terpretiert wird, wenn an anderen Stellen Doppelnennungen oder andere ge‐ ndersensible Formen gebraucht werden. Aus den Interviews mit zehn DaF-Lehrenden geht hervor, dass Gendern auch im Unterricht nicht immer als sprachliche Fertigkeit wahrgenommen wird, son‐ dern als ein vernachlässigbarer Aspekt, der den Studierenden meist nur implizit durch das sprachliche Verhalten der Vortragenden vermittelt wird. Die Be‐ fragten gaben jedoch an, dass eine Vermittlung bereits früh in den Sprachlern‐ prozess integriert werden könnte und sollte, vorzugsweise auch anhand von Lernmaterialien, die sich der Thematik widmen und selbst systematisch und einheitlich gendersensible Formen verwenden. Mit dem Wunsch nach Einheitlichkeit geht auch die Forderung nach klareren Vorgaben, offeneren Dialogen und mehr Information von Seiten der Bildungs‐ institution einher. In diesen Bereichen sehen die Befragten ein Potential zur Verbesserung der Gendersensibilität im universitären Alltag und in eigens er‐ stellten Unterrichtsmaterialien. 253 Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? Zusammenfassend kann gesagt werden, dass im Bereich der Unterrichtsma‐ terialien in den letzten Jahren bereits Fortschritte hinsichtlich der Gender-The‐ matik gemacht wurden, dass jedoch nach wie vor Verbesserungsmöglichkeiten vorhanden sind. Engagierte Lehrpersonen können den Mängeln der Unter‐ richtsmaterialien durch ihr eigenes Verhalten entgegenwirken. Die befragten DaF-Lehrenden des treffpunkt sprachen zeigen, dass sie das eingangs erwähnte Wollen, Wissen und Können in sich vereinen: Gemäß dem Wollen zeigen sich alle Lehrenden offen gegenüber Veränderungen und Umschwüngen in diesem Be‐ reich. Zudem verfügen sie über fundiertes Wissen zu Aspekten der genderge‐ rechten Thematik, vor allem bezüglich Stereotypisierungen. Sie haben das Können, dieses Wissen als Teil einer interkulturellen Vermittlung in ihrem Un‐ terricht anzuwenden. Durch weitere Bemühungen in Richtung der generellen und sprachlichen Gleichstellung, durch mehr Information und durch klarere Kommunikation von etwaigen Empfehlungen können diese Kompetenzen zu‐ künftig weiter ausgebaut werden, die wiederum beim Verfassen von Readern und beim Umgang mit Lehrwerken, die noch Verbesserungspotential haben, von Nutzen sind. Insbesondere die Didaktisierung des gendersensiblen Sprachge‐ brauchs im Rahmen des DaF-Unterrichts könnte davon profitieren. Literatur Bendl, Regine / Eberherr, Helga / Mensi-Klarbach, Heike (2012): Vertiefende Betrach‐ tungen zu ausgewählten Diversitätsdimensionen. In: Bendl, Regine / Hanappi-Egger, Edeltraud / Hofmann, Roswitha (Hrsg.) Diversität und Diversitätsmanagement. Wien: facultas, S. 79-135. 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Seria Filologie. 31 (2), S. 306-319. 255 Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? Koithan, Ute / Schmitz, Helen / Sieber, Tanja / Sonntag, Ralf (2014a): Aspekte neu. Mittel‐ stufe Deutsch. Lehrbuch mit DVD B1 plus. München: Klett-Langenscheidt. Koithan, Ute / Schmitz, Helen / Sieber, Tanja / Sonntag, Ralf (2014b): Aspekte neu. Mittel‐ stufe Deutsch. Arbeitsbuch mit Audio-CD B1 plus. München: Klett-Langenscheidt. Kotthoff, Helga (2020): Gender-Sternchen, Binnen-I oder generisches Maskulinum, … (Akademische) Textstile der Personenreferenz als Registrierung? In: Linguistik Online. 103 (3), S. 105-127. Metz-Göckel, Sigrid (2012): Genderdimensionen in der Hochschuldidaktik-Forschung. In: Kampshoff, Marita / Wiepcke, Claudia (Hrsg.) Handbuch Geschlechterforschung und Fachdidaktik. Wiesbaden: Springer VS, S. 317-330. Moghaddam, Roya (2010): Deutsch als Fremdsprache mit gendergerechter Didaktik? In: Eberhardt, Ulrike (Hrsg.) 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Lehrbuch. Stuttgart: Ernst Klett Sprachen. Schlüter, Anne / Berkels, Babette (2012): Erwachsenenbildung, Gender und Didaktik. In: Kampshoff, Marita / Wiepcke, Claudia (Hrsg.) Handbuch Geschlechterforschung und Fachdidaktik. Wiesbaden: Springer VS, S. 429-441. Schnier, Victoria (2009): Gender-Kompetenz - theoretische Grundlagen. In: Derichs- Kunstmann, Karin / Kaschuba, Gerrit / Lange, Ralf / Schnier, Victoria (Hrsg.) Gender-Kompetenz für die Bildungsarbeit. Konzepte. Erfahrungen. Analysen. Konse‐ quenzen. Recklinghausen: FIAB, S. 51-60. treffpunkt sprachen (2021a): DaF Intensiv. Grundstufe 1. Niveau A1 / 1. Phase. Graz: treff‐ punkt sprachen. treffpunkt sprachen (2021b): DaF Intensiv. Grundstufe 2. Niveau A1 / 2. Phase. Graz: treff‐ punkt sprachen. 256 Maria Rohringer treffpunkt sprachen (2021c): DaF Intensiv. Grundstufe 3. Niveau A2 / 1. Phase. Graz: treff‐ punkt sprachen. treffpunkt sprachen (2021d): DaF Intensiv. Grundstufe 4. Niveau A2 / 2. Phase. Graz: treff‐ punkt sprachen. treffpunkt sprachen (2021e): DaF Intensiv. Mittelstufe 1. Niveau B1 / 1. Phase. Graz: treff‐ punkt sprachen. treffpunkt sprachen (2021 f): DaF Intensiv. Mittelstufe 2. Niveau B1 / 2. Phase. Graz: treff‐ punkt sprachen. treffpunkt sprachen (2021g): DaF Intensiv. Mittelstufe 3. Niveau B2 / 1. Phase. Graz: treff‐ punkt sprachen. treffpunkt sprachen (2021h): DaF Intensiv. Mittelstufe 4. Niveau B2 / 2. Phase. Graz: treff‐ punkt sprachen. treffpunkt sprachen (2021i): DaF Intensiv. Oberstufe C1. Graz: treffpunkt sprachen. treffpunkt sprachen (2021j): Deutsch als Fremdsprache. https: / / treffpunktsprachen.unigraz.at/ de/ lehre/ deutsch-als-fremdsprache/ [10. 03. 2021]. treffpunkt sprachen (2021 k): Intensivkurse. https: / / treffpunktsprachen.uni-graz.at/ de/ leh re/ deutsch-als-fremdsprache/ intensivkurse/ [10. 03. 2021]. Universität Graz, Koordinationsstelle für Geschlechterstudien und Gleichstellung (2021 a): Weitere Gleichstellungsmaßnahmen. 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Welche Aspekte fallen für Sie unter Gendersensibilität in Unterrichtsmaterialien? 4. Spielt Gendersensibilität bei der Auswahl Ihrer Unterrichtsmaterialien eine Rolle und was sind die Gründe dafür? 5. Welche Rolle spielt Gendersensibilität im DaF-Unterricht für Sie? 6. Thematisieren Sie Gendern als zu erlernende sprachliche Fähigkeit im Rahmen des Sprachunterrichts? Falls ja, können Sie kurz umreißen weshalb und wie? Falls nein, können Sie kurz begründen weshalb? 7. Ab welcher Niveaustufe finden Sie diese Thematisierung sinnvoll und warum? 8. Die Analyse der Unterrichtsmaterialien hat z. B. gezeigt, dass die Lehrmaterialien nicht direkt auf gendersensible Sprache eingehen. Zudem wird in den Werken selbst sporadisch und nicht systematisch gegendert, teils wird sogar in Vokabellisten auf das Gendern verzichtet (z. B. bei Berufs- oder Herkunftsbezeichnungen). Am häufigsten wird in den Aufgabenstellungen gegendert (z. B.: „Arbeiten Sie mit einem Partner/ einer Partnerin“). Finden Sie das unproblematisch oder problematisch, auch hinsichtlich des sprachlichen Lernprozesses? Inwiefern? 9. Es gibt bereits zahlreiche Möglichkeiten, um im Deutschen gendersensibel zu formulieren. Gängige Möglichkeiten sind dabei Doppelnennungen mit oder ohne Schrägstrich, nach Schrägstrichen oder in Klammern beigefügte Endungen, das Binnen-I, der Gender-Gap, der Gender-Doppelpunkt, der Gender-Asterisk und neutrale Formulierungen (Bsp.: Lehrerinnen und Lehrer, Lehrerinnen/ Lehrer, Lehrer/ innen, Lehrer(innen), LehrerInnen, Lehrer_innen, Lehrer: innen, Lehrer*innen, Lehrende/ Lehrpersonen/ Lehrkräfte). Welche der Varianten verwenden Sie selbst (im Unterricht)? Welche bringen Sie den Studierenden bei? Welche halten Sie in Lehrmaterialien für angebracht? Bitte begründen Sie kurz. 10. Haben Sie bereits Fragen zum Thema Gendern von Ihren Studierenden erhalten (z. B. bezüglich der verwendeten Varianten, Anwendung, Begründung etc.)? Bitte schildern Sie kurz. 11. Spielt Gendersensibilität als Teil einer interkulturellen Vermittlung im Fremdsprachenunterricht eine Rolle? Bitte begründen Sie kurz. 12. Wie gehen Sie mit offensichtlichen sexistischen Stereotypen in Bildern und Texten in Lehrmaterialien um? 13. Können Sie sich vorstellen, zukünftig Ihre Einstellung zu Gendersensibilität und dessen Rolle in der Fremdsprachenvermittlung zu überdenken? Bitte begründen Sie kurz. 14. Erhalten Sie von Seiten der Universität/ des Zentrums Vorgaben, Richtlinien und/ oder Anregungen zu dem Thema, wie Gendersensibilität im Unterricht und in den Materialien aussehen kann? Bitte beschreiben Sie kurz. 258 Maria Rohringer Anhang 2 216 Anhang 2 Gendergerechte Sprache Keine gendergerechte Sprache DaF-Lehrwerke A Ü T Gesamt A Ü T Gesamt DaF kompakt neu A1 20 % 12 % 8 % 39 % 7 % 21 % 33 % 61 % Menschen Kursbuch A1.2 38 % 5 % 6 % 49 % 4 % 16 % 30 % 51 % Menschen Arbeitsbuch A1.2 40 % 29 % 3 % 71 % 2 % 14 % 13 % 29 % Menschen Kursbuch B1.1 9 % 17 % 10 % 36 % 5 % 29 % 31 % 64 % Menschen Arbeitsbuch B1.1 13 % 13 % 4 % 29 % 3 % 56 % 13 % 71 % Aspekte neu B1 plus Lehrbuch Teil 1 19 % 1 % 1 % 21 % 12 % 29 % 38 % 79 % Aspekte neu B1 plus Arbeitsbuch Teil 1 9 % 21 % 3 % 32 % 0 % 35 % 32 % 68 % Mittelpunkt neu B2 Lehrbuch 24 % 2 % 4 % 30 % 8 % 24 % 38 % 70 % Mittelpunkt neu B2 Arbeitsbuch 12 % 6 % 5 % 23 % 5 % 49 % 23 % 77 % Gesamtergebnis 18 % 9 % 5 % 33 % 6 % 33 % 28 % 67 % Tabelle 3: DaF-Lehrwerke: Gendersensibler Sprachgebrauch in Arbeitsanweisungen, Übungen und Lesetexten Gendergerechte Sprache Keine gendergerechte Sprache DaF-Reader A Ü T Gesamt A Ü T Gesamt DaF Intensiv A1.1 24 % 10 % 8 % 43 % 3 % 26 % 28 % 57 % DaF Intensiv A1.2 33 % 9 % 6 % 48 % 0 % 29 % 22 % 52 % DaF Intensiv A2.1 21 % 14 % 3 % 38 % 20 % 19 % 24 % 63 % DaF Intensiv A2.2 19 % 3 % 14 % 35 % 5 % 25 % 34 % 65 % DaF Intensiv B1.1 17 % 7 % 19 % 43 % 1 % 16 % 40 % 57 % DaF Intensiv B1.2 12 % 4 % 8 % 24 % 2 % 27 % 47 % 76 % DaF Intensiv B2.1 5 % 8 % 10 % 23 % 1 % 9 % 67 % 77 % DaF Intensiv B2.2 7 % 11 % 47 % 64 % 0 % 7 % 29 % 36 % DaF Intensiv C1 5 % 8 % 22 % 35 % 2 % 25 % 38 % 65 % DaF Grundstufe 1. A1.1 67 % 0 % 0 % 67 % 0 % 13 % 20 % 33 % DaF Grundstufe 3. A2.1 28 % 53 % 0 % 81 % 2 % 17 % 0 % 19 % DaF Grundstufe 4. A2.2 0 % 29 % 24 % 53 % 0 % 18 % 29 % 47 % DaF Oberstufe C1 0 % 14 % 10 % 24 % 1 % 8 % 67 % 76 % Gesamtergebnis 14 % 11 % 15 % 41 % 3 % 18 % 38 % 59 % Tabelle 4: DaF-Reader: Gendersensibler Sprachgebrauch in Arbeitsanweisungen, Übungen und Lesetexten Tabelle 3: DaF-Lehrwerke: Gendersensibler Sprachgebrauch in Arbeitsanweisungen, Übungen und Lesetexten 216 Anhang 2 Gendergerechte Sprache Keine gendergerechte Sprache DaF-Lehrwerke A Ü T Gesamt A Ü T Gesamt DaF kompakt neu A1 20 % 12 % 8 % 39 % 7 % 21 % 33 % 61 % Menschen Kursbuch A1.2 38 % 5 % 6 % 49 % 4 % 16 % 30 % 51 % Menschen Arbeitsbuch A1.2 40 % 29 % 3 % 71 % 2 % 14 % 13 % 29 % Menschen Kursbuch B1.1 9 % 17 % 10 % 36 % 5 % 29 % 31 % 64 % Menschen Arbeitsbuch B1.1 13 % 13 % 4 % 29 % 3 % 56 % 13 % 71 % Aspekte neu B1 plus Lehrbuch Teil 1 19 % 1 % 1 % 21 % 12 % 29 % 38 % 79 % Aspekte neu B1 plus Arbeitsbuch Teil 1 9 % 21 % 3 % 32 % 0 % 35 % 32 % 68 % Mittelpunkt neu B2 Lehrbuch 24 % 2 % 4 % 30 % 8 % 24 % 38 % 70 % Mittelpunkt neu B2 Arbeitsbuch 12 % 6 % 5 % 23 % 5 % 49 % 23 % 77 % Gesamtergebnis 18 % 9 % 5 % 33 % 6 % 33 % 28 % 67 % Tabelle 3: DaF-Lehrwerke: Gendersensibler Sprachgebrauch in Arbeitsanweisungen, Übungen und Lesetexten Gendergerechte Sprache Keine gendergerechte Sprache DaF-Reader A Ü T Gesamt A Ü T Gesamt DaF Intensiv A1.1 24 % 10 % 8 % 43 % 3 % 26 % 28 % 57 % DaF Intensiv A1.2 33 % 9 % 6 % 48 % 0 % 29 % 22 % 52 % DaF Intensiv A2.1 21 % 14 % 3 % 38 % 20 % 19 % 24 % 63 % DaF Intensiv A2.2 19 % 3 % 14 % 35 % 5 % 25 % 34 % 65 % DaF Intensiv B1.1 17 % 7 % 19 % 43 % 1 % 16 % 40 % 57 % DaF Intensiv B1.2 12 % 4 % 8 % 24 % 2 % 27 % 47 % 76 % DaF Intensiv B2.1 5 % 8 % 10 % 23 % 1 % 9 % 67 % 77 % DaF Intensiv B2.2 7 % 11 % 47 % 64 % 0 % 7 % 29 % 36 % DaF Intensiv C1 5 % 8 % 22 % 35 % 2 % 25 % 38 % 65 % DaF Grundstufe 1. A1.1 67 % 0 % 0 % 67 % 0 % 13 % 20 % 33 % DaF Grundstufe 3. A2.1 28 % 53 % 0 % 81 % 2 % 17 % 0 % 19 % DaF Grundstufe 4. A2.2 0 % 29 % 24 % 53 % 0 % 18 % 29 % 47 % DaF Oberstufe C1 0 % 14 % 10 % 24 % 1 % 8 % 67 % 76 % Gesamtergebnis 14 % 11 % 15 % 41 % 3 % 18 % 38 % 59 % Tabelle 4: DaF-Reader: Gendersensibler Sprachgebrauch in Arbeitsanweisungen, Übungen und Lesetexten Tabelle 4: DaF-Reader: Gendersensibler Sprachgebrauch in Arbeitsanweisungen, Übungen und Lesetexten 259 Wie gendersensibel sind Unterrichtsmaterialien in der universitären Sprachenlehre? 217 DaF-Lehrwerke Neutralform Doppelnennung Doppelnennung m. Schrägstrich Binnen-I Endungen Schrägstrich Endungen Klammer DaF kompakt neu A1 20 % 1 % 78 % 1 % 0 % 0 % Menschen A1.2 Kursbuch 5 % 8 % 87 % 0 % 0 % 0 % Menschen A1.2 Arbeitsbuch 0 % 2 % 98 % 0 % 0 % 0 % Menschen B1.1 Kursbuch 3 % 20 % 77 % 0 % 0 % 0 % Menschen B1.1 Arbeitsbuch 0 % 9 % 80 % 0 % 2 % 9 % Aspekte neu B1 plus Lehrbuch Teil 1 0 % 0 % 96 % 0 % 4 % 0 % Aspekte neu B1 plus Arbeitsbuch Teil 1 5 % 9 % 73 % 0 % 14 % 0 % Mittelpunkt neu B2 Lehrbuch 10 % 6 % 83 % 0 % 1 % 0 % Mittelpunkt neu B2 Arbeitsbuch 11 % 4 % 69 % 0 % 16 % 1 % Gesamtergebnis 8 % 7 % 81 % 0 % 4 % 1 % Tabelle 5: DaF-Lehrwerke: Varianten des gendersensiblen Sprachgebrauchs DaF-Reader Neutralform Doppelnennung Doppelnennung m. Schrägstrich Binnen-I Endung nach Schrägstrich Endung mit Großbuchstabe DaF Intensiv A1.1 8 % 11 % 81 % 0 % 0 % 0 % DaF Intensiv A1.2 13 % 7 % 74 % 0 % 7 % 0 % DaF Intensiv A2.1 7 % 10 % 63 % 10 % 10 % 0 % DaF Intensiv A2.2 17 % 8 % 44 % 28 % 3 % 0 % DaF Intensiv B1.1 31 % 3 % 41 % 19 % 6 % 0 % DaF Intensiv B1.2 17 % 0 % 50 % 33 % 0 % 0 % DaF Intensiv B2.1 43 % 32 % 0 % 24 % 0 % 0 % DaF Intensiv B2.2 52 % 6 % 15 % 23 % 5 % 0 % DaF Intensiv C1 7 % 2 % 44 % 37 % 0 % 10 % DaF Grundstufe 1. A1.1 0 % 20 % 80 % 0 % 0 % 0 % DaF Grundstufe 3. A2.1 0 % 16 % 63 % 0 % 21 % 0 % DaF Grundstufe 4. A2.2 0 % 0 % 67 % 33 % 0 % 0 % DaF Oberstufe C1 20 % 10 % 5 % 65 % 0 % 0 % Gesamtergebnis 22 % 10 % 43 % 19 % 5 % 1 % Tabelle 6: DaF-Reader: Varianten des gendersensiblen Sprachgebrauchs Tabelle 5: DaF-Lehrwerke: Varianten des gendersensiblen Sprachgebrauchs 217 DaF-Lehrwerke Neutralform Doppelnennung Doppelnennung m. Schrägstrich Binnen-I Endungen Schrägstrich Endungen Klammer DaF kompakt neu A1 20 % 1 % 78 % 1 % 0 % 0 % Menschen A1.2 Kursbuch 5 % 8 % 87 % 0 % 0 % 0 % Menschen A1.2 Arbeitsbuch 0 % 2 % 98 % 0 % 0 % 0 % Menschen B1.1 Kursbuch 3 % 20 % 77 % 0 % 0 % 0 % Menschen B1.1 Arbeitsbuch 0 % 9 % 80 % 0 % 2 % 9 % Aspekte neu B1 plus Lehrbuch Teil 1 0 % 0 % 96 % 0 % 4 % 0 % Aspekte neu B1 plus Arbeitsbuch Teil 1 5 % 9 % 73 % 0 % 14 % 0 % Mittelpunkt neu B2 Lehrbuch 10 % 6 % 83 % 0 % 1 % 0 % Mittelpunkt neu B2 Arbeitsbuch 11 % 4 % 69 % 0 % 16 % 1 % Gesamtergebnis 8 % 7 % 81 % 0 % 4 % 1 % Tabelle 5: DaF-Lehrwerke: Varianten des gendersensiblen Sprachgebrauchs DaF-Reader Neutralform Doppelnennung Doppelnennung m. Schrägstrich Binnen-I Endung nach Schrägstrich Endung mit Großbuchstabe DaF Intensiv A1.1 8 % 11 % 81 % 0 % 0 % 0 % DaF Intensiv A1.2 13 % 7 % 74 % 0 % 7 % 0 % DaF Intensiv A2.1 7 % 10 % 63 % 10 % 10 % 0 % DaF Intensiv A2.2 17 % 8 % 44 % 28 % 3 % 0 % DaF Intensiv B1.1 31 % 3 % 41 % 19 % 6 % 0 % DaF Intensiv B1.2 17 % 0 % 50 % 33 % 0 % 0 % DaF Intensiv B2.1 43 % 32 % 0 % 24 % 0 % 0 % DaF Intensiv B2.2 52 % 6 % 15 % 23 % 5 % 0 % DaF Intensiv C1 7 % 2 % 44 % 37 % 0 % 10 % DaF Grundstufe 1. A1.1 0 % 20 % 80 % 0 % 0 % 0 % DaF Grundstufe 3. A2.1 0 % 16 % 63 % 0 % 21 % 0 % DaF Grundstufe 4. A2.2 0 % 0 % 67 % 33 % 0 % 0 % DaF Oberstufe C1 20 % 10 % 5 % 65 % 0 % 0 % Gesamtergebnis 22 % 10 % 43 % 19 % 5 % 1 % Tabelle 6: DaF-Reader: Varianten des gendersensiblen Sprachgebrauchs Tabelle 6: DaF-Reader: Varianten des gendersensiblen Sprachgebrauchs 260 Maria Rohringer Länderspezifische Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht Karoline Kuttner Auch heute noch wird Aussprachevermittlung im Fremdsprachenunterricht - wenn überhaupt - nur am Rande behandelt. Die Gründe hierfür sind vielfältig, aber mitunter mangelnden Kenntnissen der Lehrenden über Phonetik / Pho‐ nologie und den Erstsprachen ihrer Lernenden sowie fehlendem sprachen‐ spezifischem Übungsmaterial zuzuordnen. Das in folgendem Artikel vorge‐ stellte Projekt Länderspezifische Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht , initiiert und realisiert am treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Karl-Franzens-Universität Graz, hat es sich daher zum Ziel gesetzt, ein Handbuch bereitzustellen, wel‐ ches Lehrenden als Nachschlagewerk dient und motivierende Übungen zur Aussprachevermittlung enthält, die es erlauben, auf die unterschiedlichen Erstsprachen einzugehen. So wurden die vier Sprachen Französisch, Spanisch, Italienisch und Englisch gewählt, um ihre Lautsysteme genauer zu untersu‐ chen und sie dem Deutschen gegenüberzustellen. Der folgende Artikel schildert zunächst die Hintergründe der „stiefmütterli‐ chen“ Behandlung der Aussprachevermittlung im Unterricht und geht im An‐ schluss näher auf den phonetischen / phonologischen Interferenzbegriff im Fremdsprachenunterricht ein. Weiters werden die im Zuge des Projekts und nach einer kontrastiven Analyse erstellten Tabellen vorgestellt, welche die Laute der vier Sprachen denen des Deutschen gegenüberstellen. Schließlich wird der am treffpunkt sprachen durchgeführte Lesetest beschrieben, der als Basis für eine kommentierte Reihung der Ausspracheschwierigkeiten nach Häufigkeit für Lernende mit französischer, spanischer, italienischer und englischer Erstsprache dient. Die im Anschluss erstellten Kopiervorlagen für (spielerische) Ausspra‐ cheübungen im Unterricht, welche sich an den Ergebnissen der Tabellen und Reihungen orientieren, werden anhand eines Beispiels erläutert und dienen dem Ziel des Projekts, bedarfsorientierte Aussprachevermittlung für eine studenti‐ sche Zielgruppe zu ermöglichen. Forschungshintergrund Phonetik als Stiefkind Im Fremdsprachenunterricht wird Ausspracheschulung nach wie vor neben‐ sächlich behandelt, obwohl phonetische / phonologische Fertigkeiten die Basis für kommunikative Sprachprozesse - das Hören und Sprechen - bilden. Die Gründe sind u. a. die folgenden: • Heterogenität im Klassenraum, • Materialmangel, • uneinheitliches Material (unterschiedliche Vereinfachungen in der Tran‐ skription), • Schwierigkeiten bei der Bewertung, • fehlende Progression, • verschiedene Lernziele und Ausgangssituationen vonseiten der Lernenden, • hohe Ansprüche an Lehrende und deren fehlende phonetische Kennt‐ nisse. Im DaF-Unterricht in einem deutschsprachigen Land sieht man sich als Lehr‐ person vorwiegend mit einem heterogenen Klassenraum konfrontiert. So auch am treffpunkt sprachen, wo Incoming-Studierende aus allen europäischen Län‐ dern, aber auch von anderen Kontinenten, einen Deutschkurs besuchen. Um auf die individuellen Bedürfnisse eingehen zu können, wäre es demnach wichtig, die Erstsprachen der Lernenden zu kennen. Das ist allerdings kaum möglich, wenn in einem Kurs mindestens zehn verschiedene Sprachen gesprochen werden. Auf diese Herausforderung wird in den Lehrwerken zur Aussprache‐ vermittlung nicht gut genug eingegangen. Andere Sprachen werden nicht oder kaum berücksichtigt. Eine weitere Schwierigkeit entsteht, indem sich viele AutorInnen dazu ent‐ scheiden, die phonetische Umschrift ( IPA ) zu vereinfachen, um den Lehrper‐ sonen die Anwendung verständlicher zu machen. Hirschfeld kommentiert dies wie folgt: Oft werden nur die Wortakzente durch einen Strich (lang) oder einen Punkt (kurz) unter dem Vokal bzw. Diphthong gekennzeichnet. Bei manchen Stichwörtern gibt es zusätzlich Ausspracheangaben in eckigen Klammern nach dem Stichwort, meist aber 262 Karoline Kuttner nur bei Wörtern, deren Aussprache nicht ohne weiteres aus dem Schriftbild ersichtlich ist, z. B. bei Fremd- und Lehnwörtern. Dabei sind häufig nur „schwierige“ Stellen in Lautschrift aufgeführt, z. B. Cẹm·ba·lo [tʃ-] (um zu zeigen, dass es nicht mit [k] oder [ts] beginnt), ent·lar·ven [-f-] (mit [f] und nicht mit [v]). Woher die Wörterbuchau‐ toren wissen, was für die Benutzer schwierig ist oder nicht, ist in vielen Fällen ein Rätsel. (Hirschfeld / Stock 2007, S. 15) Dadurch gibt es eine Menge an unterschiedlichen Transkriptionen, was schluss‐ endlich zu Verwirrung führt und Nachvollziehbarkeit verhindert, sollte in einem Aussprachewörterbuch nachgeschlagen werden. Allerdings finden Aussprachewörterbücher im Phonetikunterricht kaum An‐ klang, was schade ist, da sie neben einer einheitlichen Transkription auch eine Einführung und Erklärung zur Phonologie und Phonetik bieten. Dass im Ge‐ gensatz dazu Rechtschreibwörterbücher sehr wohl im Klassenraum zu finden sind, liegt daran, dass Rechtschreibnormen verbindlich sind und Abweichungen als Fehler markiert werden, während Aussprachenormen nur eine Empfehlung darstellen. Zwischen richtig und falsch liegen viele mögliche Varianten. Nichts‐ destotrotz ziehen Ausspracheabweichungen in gewissen Berufssparten, z. B. in Funk und Fernsehen, Konsequenzen nach sich. (vgl. ebd., S. 13) Die fehlende Präzision der Aussprachenormen zeigt sich auch in der Schwie‐ rigkeit einer Bewertung anhand der Skala zur phonologischen Kompetenz im Gemeinsamen europäischen Referenzrahmen ( GER ), der diesbezüglich bis zur Er‐ scheinung des Begleitbands 2018 viele Fragen offenließ. Unter anderem war die Zielsetzung des akzentfreien Sprechens oder verständlichen Sprechens mit Fremdakzent ein großer Kritikpunkt, aber auch ab welchen Niveaus segmentale und suprasegmentale Elemente gekonnt werden sollen sowie die Trennung der Aussprache von anderen Faktoren wie der Grammatik. Auch nach Veröffentli‐ chung des Begleitbands, in dem die meisten Kritikpunkte geklärt werden konnten, ist nicht klar, wie viel Variation (z. B. regionale Varietäten) erlaubt ist. Subjektive Wahrnehmungen bei der Verständlichkeit, welche je nach Kontext und persönlichen Faktoren der Bewertenden unterschiedlich sind, hindern überdies eine objektive Bewertung (vgl. Dahmen 2019, S. 196 ff.). Eine zusätzliche Erschwernis für die Erstellung von phonetischem Unter‐ richtsmaterial ist die nicht klar festzulegende Progression. Mögliche Ansatz‐ punkte wären vom Wichtigen zum weniger Wichtigen (Wortakzent vor Konso‐ nant, weil Abweichungen im Wortakzent zu Verständnisfehlern führen) oder vom Häufigen zum weniger Häufigen (zweisilbige Wörter vor Diphthongen) oder vom Einfachen zum Schwierigen (ist nur anhand der Erstsprache zu beurteilen), wobei dies nur ein Vorschlag sein kann, da mehrere Faktoren in der Beurteilung, was wann eingeführt werden sollte, mit einfließen (vgl. Malwitz 2016, S. 18 f.). 263 Länderspezifische Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht Fakt ist, dass der / die Lernende von Anfang an jeden Laut braucht. Jedes pho‐ netische Phänomen kommt gleich zu Beginn des Unterrichts vor. So schreibt Hirschfeld in ihrer Besprechung über das phonetische Minimum: „Man kann nicht auf ,unwichtige‘ Laute verzichten oder sie für später aufheben.“ (Hirschfeld 1993, S. 33 ) Schließlich kommt sie zu dem Schluss, dass ein eventuelles Minimum oder aber auch Maximum von den Unterrichtszielen abhängt, wodurch schließ‐ lich die großen Anforderungen an Lehrende thematisiert werden müssen. Die Lehrperson muss situationsadäquat entscheiden, was zuerst und wie viel gemacht werden sollte. Manchmal sprechen Lernende auf AnfängerInnenni‐ veau nahezu akzentfrei, während auf höheren Niveaus stark störende Ausspra‐ cheabweichungen vorkommen. Hirschfeld (2016, S. 14 ) nennt als Faktoren die divergierenden Lehr- und Lernziele, d. h. ob man beispielsweise für den Urlaub oder für den Beruf Deutsch lernt. Auch wenn man dahingehend eine relativ homogene Gruppe am treffpunkt sprachen antrifft, da hauptsächlich Studierende an den Sprachkursen teilnehmen, so sind die externen Beweggründe doch un‐ terschiedlich. Möchte die eine Person nur ECTS für ein Wahlfach und Skills für die Kommunikation am Bauernmarkt erhalten, braucht die andere dringend C1-Niveau, um im Dolmetschstudium voranzukommen. Parallel dazu sind die unterschiedlichen persönlichen Ziele zu nennen. So stört es die einen mehr als die anderen, ob Akzente zu hören sind oder sogar Missverständnisse entstehen können. Jene persönlichen Ziele hängen auch von den Erstsprachen der Stu‐ dierenden ab. So stellen beispielsweise chinesische Studierende in einem An‐ fängerInnenkurs andere Anforderungen an sich als holländische, die sehr viele ähnliche Muster mit der deutschen Sprache erkennen werden. Was die Vermitt‐ lung betrifft, so ist das Lernalter zu bedenken. Je älter die Lernenden sind, desto eher sollte auf eine kognitive Herangehensweise geachtet werden. Auch die Gruppenkonstellation ist zu berücksichtigen, wobei hier einerseits die Grup‐ pengröße gemeint ist und andererseits die Herkunftsländer und ihre unter‐ schiedlichen Lerntraditionen. Auch Fremdsprachenkenntnisse sind dabei von Bedeutung (vgl. ebd.). Am treffpunkt sprachen mit vorwiegend studentischen Lernenden lohnt es sich, Vorteile weiterer Fremdsprachenkenntnisse zu berücksichtigen, da seit ein paar Jahren in der Mehrsprachigkeitsforschung auch die L3 ( third language , Tertiärsprache, Folgefremdsprache) an Relevanz gewinnt. Hier wird mehr auf positiven Transfer und auf Ähnlichkeiten geachtet als in der Interferenzfor‐ schung, in welcher der Fokus auf negative Einflüsse und Unterschiede liegt. L3-Kenntnisse haben den Effekt, dass Lernende zum Großteil älter und reifer sind, breiteres metasprachliches und sprachlernstrategisches Wissen besitzen und grundsätzlich durch eine zusätzliche erlernte Sprache mehr Vergleichs‐ 264 Karoline Kuttner möglichkeiten vorweisen. Im phonetischen / phonologischen Bereich führen Kenntnisse einer anderen Fremdsprache dazu, dass bereits eine Sensibilisierung über differierende Phonem-Graphem-Korrespondenzen stattgefunden hat, un‐ bekannte Artikulationsmodi ausprobiert wurden, bestimmte phonetische Be‐ griffe (Vokale, Konsonanten, Betonung etc.) und eventuell sogar die IPA -Laut‐ schrift bekannt sind. Auch dürfte Lernenden mit Fremdsprachenkenntnissen der eigene Akzent beim Erlernen einer neuen Sprache vertrauter sein (vgl. Mehl‐ horn 2012, S. 201 f.). Vor allem die Tatsache, dass im universitären Bereich Deutsch häufig die dritte (vierte oder sogar fünfte) Fremdsprache ist und Eng‐ lisch aber in den meisten Fällen die erste, erklärt den spezifischen Terminus DaFnE (Deutsch als Fremdsprache nach Englisch). Aufgrund der vielen Ge‐ meinsamkeiten der beiden Sprachen geht die Forschung davon aus, dass Lern‐ ende mit Englischkenntnissen Vorteile beim Deutscherwerb haben. So wissen DaFnE -Lernende von der Wichtigkeit eines Wortakzents und Phoneme wie [h] und [ʃ] sind bekannt (vgl. ebd., S. 203). Als letzter Punkt der Anforderungen an die Lehrenden ist didaktisches Fein‐ gefühl zu nennen. So ist es wichtig, einen motivierenden Phonetikunterricht zu bieten, da sich Erfolge in der Aussprache erst durch Wiederholung einstellen, was mitunter frustrierend ist. Auch Sensibilität der Lehrenden ist gefragt, da es für viele Lernende eine große Hürde bedeutet, unbekannte Laute auszusprechen. Alle genannten Punkte führen dazu, dass von Seiten der Lehrperson ein pho‐ netisches / phonologisches Know-how gefordert ist, um Lehrmaterial selbst‐ ständig bedarfsorientiert zusammenzustellen und die Progression anzupassen. Leider ist es aber keine Selbstverständlichkeit, dass Lehrende über dieses Wissen verfügen. Gründe sind die zu geringe Beachtung phonetischer Kenntnisse in der Lehrendenausbildung, der hohe Aufwand, sich diese im Selbststudium anzu‐ eignen, Hemmungen der Lehrperson und das bereits genannte undurchschau‐ bare, nicht einheitliche Material (vgl. Neuber 2007, S. 2 ). Diese Unsicherheiten von Seiten der Lehrperson haben Auswirkungen, denn: Auf keinem anderen Gebiet ist der Lehrer so stark Vorbild wie hier. Der Lernende, der sich darum bemüht, die fremde Sprache auch möglichst korrekt auszusprechen und zu intonieren, identifiziert sich weitgehend mit seinem Lehrer. Eine solche Identifi‐ kation findet sich in keinem anderen Unterrichtsfach. In diesem Sinne ist jeder Fremd‐ sprachenlehrer Phonetiker. (Dieling 1992, S. 18) Interferenz Phonetische / phonologische Interferenzerscheinungen (Übertragung mutter‐ sprachlicher Strukturen in eine Fremdsprache) führen dazu, dass Lernende mit 265 Länderspezifische Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht 1 Juhász (vgl. 1970) unterscheidet zwischen Interferenz und Transfer , wobei er erstere als „Verletzung einer sprachlichen Norm“ (ebd., S. 9 ) und zweiteren als „den spontanen Einfluß“, der „nicht gegen die Norm der Fremdsprache verstößt“ (ebd., S. 30), versteht. verschiedenen Erstsprachen vor unterschiedlichen Schwierigkeiten und Be‐ dürfnissen im Ausspracheerwerb stehen. Aufgrund der Heterogenität im DaF-Unterricht bildet die Interferenzforschung den Hintergrund für das hier vorzustellende Projekt zur Aussprachevermittlung. Kinder erlernen durch Imitation und Bestätigung ihre Erstsprachen. Jene prägenden, muttersprachlichen Muster werden für den Erwerb weiterer Fremd‐ sprachen angewandt, wodurch es zur Kollision der beiden Sprachsysteme kommt, was Interferenzerscheinungen hervorruft. Der Begriff Interferenz setzt sich aus den lateinischen Wörtern inter (zwischen) und ferire (schlagen, treffen) zusammen und wurde ursprünglich von der Physik, welche damit die „Überla‐ gerung beim Zusammentreffen zweier oder mehrerer Wellenzüge“ (Duden 2007, S. 467 ) meint, für die Sprachwissenschaft übernommen. In den sechziger Jahren erlebt die Interferenzforschung einen Aufschwung und es wurden viele Arbeiten zum Thema veröffentlicht. Die Interferenzforschung wird folgender‐ maßen kategorisiert: • positive und negative Interferenz, • proaktive und retroaktive Interferenz, • interlinguale und intralinguale Interferenz. (vgl. Böttger 2008, S. 21 ff.) Während die positive Interferenz 1 , bei der muttersprachliche Strukturen die Lautrealisierungen der Zielsprache fördern, nur schwer sprachwissenschaftlich nachgewiesen werden kann, sind für die vorliegende Arbeit Wirkungen der negativen Interferenz, welche zu einer Behinderung der Aussprache führen, re‐ levant. Die Unterscheidung zwischen proaktiv und retroaktiv meint zum einen den Einfluss der L1 (Language 1 = Ausgangssprache) auf die L2 (Language 2 = Zielsprache) und zum anderen die Möglichkeit einer negativen Beeinflussung der Muttersprache durch die erlernte Zielsprache, welche in diesem Projekt nicht untersucht wurde. Zuletzt unterscheidet sich die interlinguale (auch ex‐ terne ) Interferenz von der intralingualen (auch internen ) Interferenz, indem bei ersterer der Einfluss der L1 auf die L2 bzw. weiter auch der L2 auf die L 3 usw. analysiert wird und zweitere in einem Sprachsystem verhaftet bleibt, indem sie die Wirkung der L2 auf die L2 beschreibt (vgl. Juhász 1970, S. 9). Die Contrastive Analysis Hypothesis ( CAH ) besagt, dass Kontrast zwischen L1 und L2 zu Schwierigkeiten im Fremdspracherwerb führt, während Ähnlich‐ keiten das Lernen erleichtern. Dem widerspricht die Tatsache, dass Kontrast 266 Karoline Kuttner vergleichbar sein muss und ihm daher gewisse Ähnlichkeiten vorausgehen müssen: Während Verschiedenheit auch Nicht-Vergleichbarkeit bedeuten kann, setzt ein Kon‐ trast zwischen zwei Sprachsystemen immer auch Ähnlichkeit, d. h. ein gewisses Maß an Analogie voraus. Jede Kontrastanalyse ermittelt die Unterschiede zwischen zwei Sprachen gerade vor dem Hintergrund ihrer Gemeinsamkeiten. Vergleichbar sind sprachliche Strukturen nur dann, wenn sie partiell identisch sind. Grundlage jeder vergleichenden Analyse ist daher immer ein tertium comparationis, d. h. eine ge‐ meinsame Bezugsbasis, die die Unterschiede überhaupt erst zu Tage treten lässt. (Böttger 2008, S. 29) Der Einwand geht weiter, indem die Annahme naheliegt, dass schwacher Kon‐ trast (z. B. [ʒ] (frz. <jardin>) und [ʃ] (<schön>)) schwieriger zu diskriminieren ist. Bereits Juhász (1970, S. 92) thematisiert, „daß nicht nur der kontrastive Un‐ terschied zwischen den Sprachen, sondern auch der Kontrast-Mangel interfe rierend wirken kann“. Zusätzlich ist es nicht ausschließlich über die L1 erklärbar, warum Phäno‐ mene der L2 nicht diskriminiert und realisiert werden können. Gründe wie Ei‐ genarten der L2, wodurch Lernende mit verschiedenen Erstsprachen dieselben Fehler machen (Beispiel des deutschen Wortakzents), individuelle Lerneigen‐ schaften (sogenannte Sprachtalente, Lernende mit hoher / niedriger Motivation, Lernkultur, lerngewohnte / lernungewohnte Lernende etc.) sowie weitere oder auch keine Fremdsprachenkenntnisse dürfen nicht außer Acht gelassen werden. Jedenfalls gilt, dass Kenntnisse über den Einfluss muttersprachlicher Struk‐ turen auf die Fremdsprache u. a. am treffpunkt sprachen mit lerngewohnten, er‐ wachsenen Studierenden einen Vorteil im Lernprozess bergen und die fehlende Imitationsfähigkeit im Kindesalter ausgleichen können, ohne dabei klassisches Üben und mehrmaliges Wiederholen, bis Automatisierung stattfinden kann, unbeachtet zu lassen. Ziel und Inhalt des Projekts Bereits genannte Mängel im Übungsmaterial und hohe phonetische / phonolo‐ gische Anforderungen an Lehrende führten dazu, als Ziel der Forschungsarbeit einen Leitfaden zu erstellen, der es Lehrpersonen ermöglicht, bedarfsorientiert und sprachenspezifisch auf die Studierenden einzugehen, indem einerseits für phonetische Interferenzen sensibilisiert und andererseits adäquates Übungsma‐ terial angeboten wird. Der Leitfaden besteht aus zwei Teilen, wobei der erste theoretische Teil eine Orientierungshilfe für Lehrende darstellt. Hier werden 267 Länderspezifische Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht anhand von Tabellen jeweils französische, spanische, italienische und englische Phoneme deutschen gegenübergestellt und die Reihungen der Aussprache‐ schwierigkeiten nach Häufigkeit vorgenommen. Da es nicht möglich war, alle Sprachen zu berücksichtigen, wurden die vier häufigsten Erstsprachen der Stu‐ dierenden am treffpunkt sprachen herausgefiltert. Französisch, Spanisch, Italie‐ nisch und Englisch wurden in den Jahren zwischen 2015 und 2017 in den In‐ tensivkursen im Februar und September am meisten gesprochen. Die Häufigkeit der Ausspracheschwierigkeiten konnte nach Durchführung eines Lesetests am treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik mit Studierenden, die sich freiwillig zu diesem meldeten, eruiert werden und die Ergebnisse sollten Lehrpersonen dabei helfen, Lernziele zu erkennen und Pro‐ gression zu ermitteln. Der zweite Teil beinhaltet konkrete Übungsbeispiele, welche nach Ausspra‐ chekapiteln geordnet sind. In beiden Teilen wurde großer Wert daraufgelegt, phonetische Phänomene einfach und praxisnah darzustellen und zu erklären. Forschungsmethode Aufgrund der bereits beschriebenen Interferenzerscheinungen wurde als Me‐ thode zunächst eine kontrastive Analyse gewählt. Kontrastive Darstellungen stoßen allerdings schnell an ihre Grenzen. So merkt Hirschfeld (vgl. 2006, S. 107) an, dass es aufgrund der verschiedenen Varietäten und Varianten im Ausspra‐ chebereich, der unterschiedlichen Terminologien, Fragestellungen und Bewer‐ tungen der Relevanz theoretischer Arbeiten und nicht zuletzt der Untersu‐ chungsmethoden, die zwischen qualitativ und quantitativ, bezüglich des Umfangs und subjektiven / objektiven Darstellungen variieren, außerordentlich schwierig ist, „phonologische und phonetische Strukturen und Merkmale zu vergleichen, weil eine wichtige Voraussetzung - die Vergleichbarkeit - nicht gewährleistet ist“ (ebd.). Darüber hinaus wirken sich auch die verschiedenen Varianten der Erstsprachen und bereits erlernte Fremdsprachen der Studierenden auf den Ausspracheerwerb aus. Zudem hängt es von diversen Faktoren, wie Motivation, Alter, Talent (Imitationsfähigkeit, musikalisches Gehör etc.) ab, wie schnell und gut Aussprache erworben werden kann (ebd., S. 108). Es ist daher „unerlässlich, ergänzende Tonaufnahmen für die Fehleranalyse sowie Hörtests heranzuziehen, wenn die konkreten Hör- und Aussprache‐ schwierigkeiten erfasst werden sollen“ (Hirschfeld / Stock 2016, S. 63). Um die Zielgruppe am treffpunkt sprachen besser einzugrenzen und theoretische An‐ nahmen zu belegen oder zu widerlegen, entschied sich die Autorin, die kon‐ 268 Karoline Kuttner trastive Analyse mit einem Lesetest zu ergänzen. Beides wird im Folgenden näher beschrieben. Kontrastive Analyse Die kontrastive Analyse, die für dieses Projekt durchgeführt wurde, bewegt sich mehr im Feld der Phonologie als in der Phonetik. Die beiden Disziplinen wurden und werden in der Literatur unterschiedlich charakterisiert. In beiden steckt das griechische Wort phoné (Laut, Ton, Stimme), wodurch sich eine nahe Verwandt‐ schaft der beiden Bereiche zeigt. Nach Hall (vgl. 2000, S. 37 ) beschäftigt sich die Phonetik mit den physikalischen Eigenschaften von Lauten ( Phonen) und ar‐ beitet demnach mit naturwissenschaftlichen Analysemethoden, wobei zwi‐ schen artikulatorischer, akustischer und perzeptiver (auditiver) Phonetik un‐ terschieden wird. Die Phonologie hingegen untersucht die funktionalen Eigenschaften in bestimmten Lautfolgen. In ihrer bedeutungsunterscheidenden Funktion werden Laute Phoneme genannt. Ein Phonem ist ein Laut, welcher in mehreren Wörtern eine kontrastierende Funktion aufweist, wie z. B. [m] und [l] in <Matte> [mat ə ] und <Latte> [lat ə]. Zudem treten [m] und [l] im gleichen Kontext (Umgebung) auf, nämlich wort‐ initial . Bei <kam> [ka: m] und <kahl> [ka: l] wäre der Kontrast wortfinal und bei <Biene> [bi: n ə ] und <biete> [bi: t ə ] wortintern (vgl. ebd., S. 1 ff.). In allen ge‐ nannten Fällen spricht man von einem Minimalpaar . Es ist auch möglich, dass in einem Wort zwei Laute kontrastieren, die aber, wenn sie im selben Kontext auftreten, trotzdem Phonemstatus haben. Das wäre z. B. bei <Masse> [mas ə ] und <Ratte> [rat ə ] der Fall. Auch müssen Phoneme nicht in jeder Umgebung, also wortinitial, wortintern und wortfinal kontrastieren. Hier wäre das Beispiel [h] zu nennen, welches wortinitial eine kontrastierende Funktion hat - <hat> [hat] und <matt> [mat] -, aber wortfinal im Deutschen nicht vorkommt - <nah> [na: ] und <Naht> [na: t]. Ergebnisse der kontrastiven Analyse des deutschen Lautsystems mit dem französischen, spanischen, italienischen und englischen wurden in Folge in Ta‐ bellen (s. Anhang 1 ) dargestellt. Dafür wurden sowohl Phoneme als auch Phone berücksichtigt, da neben phonologischen auch phonetische Kategorien (z. B. Al‐ lophone) gebraucht werden, um eine Fremdsprache verstehen und anwenden zu können. Die kontrastive Analyse und die anschließenden Kommentare für die Reihungen der Ausspracheschwierigkeiten nach Häufigkeit nehmen Ergeb‐ nisse von Kühn (vgl. 2010), Kapitel von Darcy / Feldhausen, Grewendorf / Rem‐ berger, Kaiser und Repp in Das mehrsprachige Klassenzimmer: Über die Mutter‐ sprachen unserer Schüler (vgl. Krifka et al. 2014 ) sowie Beiträge von Dieling, Hirschfeld, Keßler, Reuter und Schmidt im Online-Portal Phonetik Internatio - 269 Länderspezifische Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht 2 Die 7. Auflage des Duden-Aussprachewörterbuchs druckt die „(bundesdeutsche) über‐ regionale Standardaussprache“ (Duden 2015 , S. 30), wobei regionale Varianten vermerkt sind, wenn diese „aus der Literatur oder aus empirischer Forschung bekannt“ (ebd., S. 17) sind. Zur österreichischen Standardaussprache gibt Peter Wiesinger (vgl. 2009) im von Krech / Stock / Hirschfeld / Anders publizierten „Deutschen Aussprachewörter‐ buch“ detaillierte Einblicke. nal - Kontrastive Studien für Deutsch als Fremdsprache (vgl. Hirsch‐ feld / Kelz / Müller 2003) zum Vorbild. Die Reihenfolge der Laute richtet sich nach dem IPA -System, welches zudem für alle Lautrealisierungen herangezogen wird. Im vorliegenden Beitrag und im Leitfaden werden phonetische Zeichen zwischen eckige Klammern […], pho‐ nologische zwischen Schrägstrichen / …/ und orthographische zwischen spitze Klammern <…> gesetzt. In den im Leitfaden abgedruckten Tabellen wurde auf die Angabe dieser Zeichen verzichtet. Links in der Tabelle stehen die deutschen Laute, rechts die der Fremdspra‐ chen. Dadurch wird auf einen Blick ersichtlich, worin sich die Lautsysteme un‐ terscheiden. Alle Phone / Phoneme sind zusätzlich in einem Wort dargestellt, wodurch die Lehrperson die Möglichkeit hat, den Studierenden ohne Kenntnisse derer Erstsprachen ein Beispiel zu geben. Die Laute im Wort sind grau markiert, womit in Lautschrift dargestellte Phone / Phoneme leicht zuzuordnen sind, auch wenn das IPA -System nicht geläufig ist. Alle im Leitfaden dargestellten Trans‐ kriptionen richten sich nach dem Duden-Aussprachewörterbuch  2 , welches die Standardaussprache „in ihren Grundzügen schriftnah“ (Duden 2015 , S. 32) ab‐ bildet, und für die Fremdsprachen nach PONS . Die Autorin entschied sich für eine Unterteilung in Konsonanten , Affrikaten , Vokale und Diphthonge. Das deutsche Phonemsystem besteht aus 20 bedeu‐ tungsunterscheidenden Konsonanten. Die Auflistung und Darstellungsweise gewisser Konsonanten soll kurz besprochen werden. Die Autorin entschied sich dazu, auch die silbischen Konsonanten [m̩, n̩, l̩] in die Tabelle aufzunehmen. Sie bilden keine eigenständigen Phoneme, sind aber im Ausspracheerwerb von großer Relevanz, da Wörter wie beispielsweise <Vogel> [fo: gl̩] oder <essen> [ɛsn̩] häufig [fo: gɛl] oder [ɛsɛn] ausgesprochen werden. Weiters sind Darstellungsvariationen beim R-Konsonanten festzustellen. Die konsonantischen Allophone werden je nach Region als [ʁ, ʀ, ʕ, ɾ, r oder ɹ] ge‐ braucht und dargestellt. Die Autorin hält sich dabei an das Aussprachewörter‐ buch Duden (2015, S. 51): „Als Lautschriftzeichen wird in diesem Werk aus rein darstellungspraktischen Gründen zur leichteren Lesbarkeit einheitlich das 270 Karoline Kuttner Symbol [r] verwendet.“ Zusätzlich ist an dieser Stelle der vokalische R -Laut zu nennen, welcher als [ɐ] unter Vokale aufgelistet ist. Bei der Diskrepanz der Laute (i)ch [ç] und (a)ch [x] ist festzustellen, dass sie häufig als Allophone bezeichnet werden, da sie in einem jeweilig anderen Kon‐ text auftreten und daher nicht bedeutungsunterscheidend sein können. [ç] wird nur nach [a, a: , u, u: und aʊ̯] und [x] nach allen anderen Varianten ausgespro‐ chen. Hirschfeld und Stock argumentieren für eine phonemische Darstellung: Aus sprechwissenschaftlicher Sicht können / ç / und / x/ auch als eigenständige Pho‐ neme dargestellt werden, weil diese phonologische Identifizierung den Parallelismus des Systems durch Ausbau der Fortis-Korrelation verstärkt, was der Tendenz zur immer ökonomischeren Ausnutzung der artikulatorischen Mittel entspricht. Es gibt zudem einige wenige Minimalpaare durch selten gebrauchte Wörter mit der Dimi‐ nutivendung [ çə n] wie Kuhchen und Tauchen ( ein kleines Tau ) vs. Kuchen und Tau‐ chen: [k’u: çən] vs. [k’u: xən], [t’aɔ̯ ən] vs. [t’aɔxən]. (Hirschfeld / Stock 2016, S. 32) Die im Leitfaden abgedruckte Tabelle berücksichtigt die beiden Laute, ohne näher auf die Bezeichnung Allophon oder Phonem einzugehen, da die Unter‐ scheidung für den Ausspracheerwerb keinen Unterschied macht. Schließlich musste die Frage gestellt werden, ob der glottale Verschlusslaut [ʔ], auch Knacklaut genannt, in die tabellarische Darstellung aufgenommen wird oder nicht, was in der Literatur unterschiedlich gelöst wird. Dafür ist zu‐ nächst zu klären, ob der Knacklaut als phonemisch bezeichnet werden kann. In den meisten Fällen wird ihm kein Phonemstatus zuerkannt, es gibt aber durchaus PhonologInnen, die dafür plädieren, da es Minimalpaare zwischen [ʔ] und anderen Konsonanten gibt. Dem entgegnet Hall: Der wichtige Punkt ist jedoch, daß es keinen Kontrast gibt zwischen Wörtern, die mit [ʔ] plus Vokal anlauten und Wörtern, die mit Vokal ohne [ʔ] anlauten, z. B. [ʔaʊs] vs. [haʊs]. Da [ʔ] in dieser Position vorhersagbar ist, sind wir der Auffassung, daß dieses Segment nicht zu den Phonemen des Deutschen zählt.“ (Hall 2000, S. 65) Hirschfeld selbst entscheidet sich einmal für und einmal gegen eine Aufnahme des glottalen Verschlusslauts. In dem von ihr bearbeiteten und aktualisierten Beitrag von Dieling entscheidet sie sich aufgrund seiner distinktiven Funktion für eine Aufnahme des Knacklauts: Den Glottisschlag nehmen wir - im Gegensatz zu anderen Darstellungen - als pha‐ ryngalen Explosiv ins Inventar auf. (…) Als Vokaleinsatz ist er im Deutschen bedeu‐ tungsdifferenzierend, deshalb darf er auch in dieser Darstellung nicht fehlen. (Dieling 2003, S. 14) 271 Länderspezifische Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht 3 In Mittel- und Norddeutschland tritt der Glottalverschluss beim vokalischen Wortanlaut an morphologischen Grenzen vor Vokalen und zwischen unbetontem und betontem Vokal auf. Das trifft aber nicht auf die österreichische Variante zu, wo er vor unbetonten Vokalen an Wort- und Morphemgrenze fehlt, wodurch der vorhergehende Konsonant für die Bildung des Anlauts herangezogen wird („au͜ ͜s ͜arten“). Nach Präfixen und im Anlaut ist der Knacklaut in Österreich laut Duden häufig („be[|]anstanden, [|]aber“) (vgl. Duden 2015, S. 63) 4 Davon stammen acht aus den USA , eine Person aus Irland und eine aus Kanada. 5 Davon stammen sechs aus Spanien, die restlichen aus Zentral- und Südamerika. Demgegenüber schreibt sie: „Es fehlt ebenfalls der an der Glottis gebildete Plosiv (Zeichen: [ ʔ ]), der hier als Bestandteil wort- und silbeninitial auftretender Vokale und Diphthonge, nicht als eigenständiges Phonem betrachtet wird“ (Hirsch‐ feld / Stock 2016 , S. 32). Die Autorin dieses Beitrags entschied sich dazu, den Glottisverschluss, der überdies regional unterschiedlich verwendet wird 3 und in der Duden-Transkription im Anlaut weggelassen wird - was für Verwirrung sorgen könnte - nicht in die Tabelle aufzunehmen. Da er aber für den Fremd‐ sprachenunterricht ein relevantes phonologisches Phänomen darstellt, wurde ein eigenständiges Übungskapitel erstellt und in der angefügten Lehrenden‐ handreichung das spezifische Vorkommen erläutert. Die biphonematischen Plosiv-Frikativ-Verbindungen / pf/ , / ts/ und / tʃ/ werden als Affrikaten bezeichnet und sind in der Tabelle separat angegeben. (ebd.). Neben den 20 Konsonantenphonemen des deutschen Lautsystems werden 16 Vokalphoneme gezählt, welche durch vier, wie die Affrikaten als biphone‐ matisch bezeichnete, Diphthonge [aɪ̯, aʊ̯, ʊɪ̯, ɔɪ̯] ergänzt werden. Die Autorin kennzeichnet nur Diphthonge mit einem untergesetzen Bogen, und nicht wie in den Duden-Transkriptionen auch bei „unsilbische[r] Aussprache wie in <Studie> [ˈʃtu: dɪ̯ ə], <Indien> [ˈɪndi̯ən]“ (Duden 2015, S. 12). Natürlich bilden nicht alle Vokalverbindungen einen Diphthong, so wird z. B. [əa] in „b[ə| a]nstanden“ durch eine Silbengrenze getrennt. Phonetisch gesehen ist das weiter oben genannte vokalisierte R ein Diphthong, nicht aber phonologisch, weil ein Konsonant, was bei Flexion ersichtlich ist, die Basis bildet (<mehr> [me: ɐ] → <mehrere> [me: rərə]) (ebd., S. 29 f.), daher wird es im Leitfaden - im Gegensatz zum Duden - auch ohne untergesetzten Bogen transkribiert. Lesetest Es nahmen insgesamt 38 Studierende ( 19 Männer, 19 Frauen) am Lesetest teil. Unter den ProbandInnen waren jeweils acht mit französischer und englischer 4 und jeweils zehn mit spanischer 5 und italienischer Erstsprache. Die Studierenden waren zwischen 20 und 30 Jahre alt und als Austauschstudierende ge‐ meldet. 33 der Studierenden nahmen gerade an einem A1.1- oder A 1.2-Deutsch‐ 272 Karoline Kuttner 6 Die Autorin entschied sich dazu, sowohl was das Vokabular für den Lesetest als auch die Auswahl der ProbandInnen betrifft, sich auf das Anfangsniveau zu beschränken, da auch die Zielgruppe für die später erstellten Kopiervorlagen AnfängerInnen darstellt. Aussprachetraining sollte gleich zu Beginn ansetzen; später eingelernte, sogenannte fossilisierte Fehler, sind nur mehr schwer auszubessern und umzulernen (Neuber 2007, S. 5). kurs teil und insgesamt fünf (aus Frankreich und Italien) lernten bereits A 2.1. Was die Fremdsprachenkenntnisse betrifft, so gaben die Studierenden mit fran‐ zösischer, spanischer und italienischer Erstsprache als erste Fremdsprache Eng‐ lisch auf Bbzw. C-Niveau an. Bei den Französischsprachigen sprachen fünf von acht mehr als eine Fremdsprache, bei den SpanierInnen fünf von zehn, bei den ItalienerInnen sechs von zehn. Nur bei den Studierenden mit englischer Erst‐ sprache beherrschten vier Personen keine Fremdsprache, sechs weitere konnten mindestens eine zweite Fremdsprache. Der Lesetest wurde 2018 und 2019 in der Villa Malwine des treffpunkt sprachen durchgeführt. Dafür füllten die Studierenden teils gesammelt vorab einen Fra‐ gebogen über Heimatstadt, Alter, Geschlecht, Deutschkenntnisse und weitere Fremdsprachenkenntnisse aus. Nachdem der Fragebogen ausgefüllt war, kamen die ProbandInnen mit der Autorin und Studienleiterin in einen separaten Raum, um die Aufnahmen des Lesetests durchzuführen. Dafür wurde ihnen ein Blatt mit dreißig Sätzen (166 Wörter), ausschließlich aus dem A1-Wortschatz 6 , vorgelegt (s. Anhang 2). Die Studierenden hatten in der Folge die Möglichkeit, die Sätze zunächst für sich leise oder laut zu lesen. Erst als sie sich bereit fühlten, wurde aufgenommen. Zur Sicherheit wurde der Lesetest zwei Mal aufgenommen, wobei primär die erste Aufnahme analysiert und die zweite nur bei akustischen Störungen he‐ rangezogen wurde. Jeder Satz beinhaltet ein oder mehrere Phänomene der deutschen Aussprache, welche im Anschluss an die kontrastive Analyse als relevant für den Fremd‐ sprachenerwerb eingeschätzt wurden. In der in Anhang 2 angeführten Variante sind die für die jeweilige Ausspracheschwierigkeit als repräsentativ ausge‐ suchten Wörter zur besseren Veranschaulichung fett gedruckt - beispielsweise das Wort <zwanzig> zum Thema Auslautverhärtung. Insgesamt wurden 17 Phänomene (Auflistung s. weiter unten) mit jeweils vier bis zwölf Beispiel‐ wörtern untersucht. Für die Fehleraufzeichnung wurden die relevanten Wörter in richtig oder falsch unterteilt und anschließend mit den Ergebnissen eine prozentuale Aus‐ wertung durchgeführt, womit die Reihung der Ausspracheschwierigkeiten nach Häufigkeit für den theoretischen Teil des Leitfadens vorgenommen wurde. Auf‐ 273 Länderspezifische Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht grund des geringen Samples (pro Sprache 8 bis 10 ProbandInnen) sind die Er‐ gebnisse statistisch nicht zu generalisieren. Um einen Eindruck der Bedürfnisse und Schwierigkeiten lerngewohnter und fremdsprachenerfahrener Studierender, wie sie am treffpunkt sprachen anzutreffen sind, zu gewinnen und damit leichter Prioritäten setzen zu können, sind die Erkenntnisse ausreichend. Studierende und Lehrende als Forschende Am treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdi‐ daktik wird forschungsbasierte Lehre und anwendungsorientierte Forschung betrieben. Lehre und Forschung ergänzen sich insofern, als „zum einen die di‐ daktische Grundausrichtung der Forschenden, die in der Lehre involviert sind, zum anderen fundierte Grundkenntnisse der Lehrenden in Forschungsmethodik und -didaktik“ (Unger-Ullmann 2015, S. 16 ) ermöglicht werden können. So ist auch das Projekt Länderbezogene Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht , welches zudem starken Fokus auf Mehrsprachigkeit legt, als Teil dieser Wechselwirkung zu verstehen. Die Projektinitiation ist aus dem Unter‐ richtsbedürfnis heraus entstanden, dem mangelnden Material zur Aussprache‐ vermittlung, welches zudem kaum die Erstsprachen der Lernenden berücksich‐ tigt, etwas entgegenzustellen. Die Autorin, selbst Lehrende am treffpunkt sprachen , wollte aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen ein anwenderfreundliches Handbuch mit Kopiervorlagen erstellen. Die Ergebnisse sollten aus empirischen Daten hervorgehen, wofür Gespräche mit Lehrenden im Vorhinein und im wei‐ teren Verlauf Lesetests mit Studierenden vorgenommen wurden. Es zeigte sich, dass sowohl Lehrende als auch Studierende sehr interessiert an dem Projekt waren und gerne einen Teil dazu beitrugen, um Mängeln in diesem Bereich entgegenzuwirken, was die Autorin in ihrem Forschungsvorhaben bestärkte. In weiterer Folge soll das Handbuch im Unterricht seine Anwendung finden, wobei hier Evaluierung und Feedback von Seiten der Lehrenden und Studierenden gewünscht ist, um Verbesserungen anzustellen, wodurch erneut die Wechselbeziehung zwischen Lehre und Forschung deutlich wird. Sprachendidaktische Implikationen Wie bereits erläutert, ist Progression im Ausspracheunterricht schwer festzu‐ machen, da von Anfang an Kenntnisse aller Phänomene benötigt werden. Zudem entscheiden Lernziele und Hintergründe der Lernenden, welche Aspekte als schwierig oder leicht empfunden bzw. als dringlich oder weniger wichtig eingestuft werden. Die Reihungen der Ausspracheschwierigkeiten nach Häu‐ 274 Karoline Kuttner 7 Bei der Auslautverhärtung verlieren stimmhafte Plosive [d, b, g] am Wortende ihre Stimmhaftigkeit und werden zu stimmlosen Lauten [t, p, k]. So werden <Freun d >, <Bu b> , <klu g > am Ende mit den stimmlosen Plosiven [t, p, k] realisiert. figkeit bieten jene Orientierung und geben Einblick in das Lernpublikum am treffpunkt sprachen. Die separat verwendbaren Übungen, die aus dem Projekt entstanden sind, sollen bedarfsorientiert eingesetzt werden, um gezieltes Trai‐ ning zu ermöglichen. Auch wenn jedes Aussprachephänomen im Plenum mit der Auftaktseite eingeführt und besprochen werden sollte, liegt der Fokus auf den Paar- und Gruppenspielen. Lehrende sollten die Studierenden so grup‐ pieren, dass ein gegenseitiges Voneinander-Lernen möglich ist. Sprachenplura‐ lität im Klassenraum ist damit als Nutzen und nicht als Nachteil zu sehen. Auch wenn im modernen Unterricht kommunikative Methoden angewendet werden, so ist es umso wichtiger, parallel dazu gezielte Ausspracheübungen an‐ zubieten und nicht davon auszugehen, dass korrekte Aussprache automatisch erfolgt. Daher sollte Phonetik als Unterrichtsprinzip gelten, d. h. ständig integ‐ riert werden, indem beispielsweise parallel zur Wortschatzerarbeitung auf die unterschiedliche Betonung der Komposita hingewiesen wird. Der Leitfaden sollte hierfür als schnelles Nachschlagewerk dienen. Zudem hat es einen moti‐ vierenden Effekt, wenn bei der Einführung neuer Grammatikthemen auf pho‐ netische Besonderheiten hingewiesen wird. Den Studierenden wird dadurch il‐ lustriert, wie allumfassend Aussprache ist (vgl. Hirschfeld 2005, S. 524 ). Wenn Aussprachephänomene erstmals besprochen wurden, bietet es sich an, die Spiele spontan und immer wieder - wenn beispielsweise Abwechslung im Unterricht benötigt wird - zu verwenden. Forschungsergebnisse und ihre Umsetzung in die Praxis Durch die kontrastive Analyse ließen sich einige Unterschiede aufzeigen, welche auf Schwierigkeiten im Ausspracheerwerb schließen lassen. So weisen beispielsweise das französische, spanische und italienische im Gegensatz zum deutschen und englischen Phoneminventar kein [h] auf. Es ist anzunehmen, dass die verschiedenen R -Realisierungen und ebenso das vokalisierte R zu Schwierigkeiten führen. [ç ] und [x], die bereits besprochenen deutschen Allo‐ phone, kommen im Französischen, Italienischen sowie Englischen nicht vor und das spanische Lautsystem beinhaltet lediglich das Phonem [x]. Die Auslautver‐ härtung 7 sowie der Glottisschlag und die Konsonantenhäufungen (z. B.: <Ap‐ felstrudel> [apfl̩ ʃtru: dl̩]) in ihren deutschen Entsprechungen sind in den anderen Sprachen unbekannt. Weiters gibt es Unterschiede bei den Vokalen, da sich im Deutschen kurze und lange Vokale gegenüberstehen und diese Vokalquantität 275 Länderspezifische Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht 8 Die Aussprachekapitel wurden zwar nach den prozentualen Ergebnissen aufgelistet, die Reihung wurde allerdings in manchen Fällen zugunsten einer logischeren Übungs‐ progression angepasst, wenn sich z. B. zwei Kapitel einen Platz teilen. Zudem wurde sie mit Erkenntnissen aus dem Lesetest ergänzt. So wurden Schwierigkeiten beim wortfi‐ nalen [e] für Französischsprachige und wortfinale Konsonanten für ItalienerInnen, welche mit den Kapiteln e und Auslautverhärtung geübt werden können, über die kon‐ trastive Analyse zunächst nicht als Schwerpunkte angenommen. distinktive Funktion aufweist, was in den anderen Sprachen nicht der Fall ist. Ebenso lassen sich Unterschiede bei den Umlauten und Diphthongen erkennen. Der deutsche Wortakzent mit seinen vielen Ausnahmen und Zusatzregeln dürfte Lernenden Probleme bereiten, ebenso wie der Satzakzent, auch wenn hier we‐ niger große Unterschiede zu vermerken sind. Auf Basis dieser Erkenntnisse wurden folgende Schwerpunkte für den Lesetest festgelegt: • segmentaler Bereich: Auslautverhärtung, [ ŋ], [R], glottaler Verschluss‐ laut [ʔ], vokalisiertes R / a-Schwa [ɐ], [f]/ [v], Affrikaten bzw. Konsonan‐ tenhäufungen, <z> [ts], [ç]/ [x], [h], [j], [l], <ie>, Umlaute, Diphthonge; • suprasegmentaler Bereich: Wortakzent, Satzakzent. Mit den Ergebnissen aus dem Lesetest und zusätzlichen Erkenntnissen aus der kontrastiven Analyse wurde eine adaptierte, für die Praxis anwendbare Reihung der Ausspracheschwierigkeiten nach Häufigkeit vorgenommen 8 , welche in kommentierter Form im Leitfaden abgedruckt ist (s. Anhang 3). Die folgende Tabelle listet die vier Sprachen und ihre Reihung der Ausspracheschwierig‐ keiten nach Häufigkeit nebeneinander auf: Französisch Spanisch Italienisch Englisch 1. rem, en, el e rem, en, el rem, en, el Auslautverhär‐ tung rem, en, el 2. Wortakzent Satzakzent Umlaute Satzakzent Wortakzent 3. ich & ach Wortakzent Vokale - kurz und lang Wortakzent Umlaute 4. hKnacklaut z, tz, tzt, zt st, sp, sch Konsonantenhäufung Umlaute ich & ach 5. Diphthonge Satzakzent ich & ach z, tz, tzt, zt 276 Karoline Kuttner Französisch Spanisch Italienisch Englisch 6. z, tz, tzt, zt Konsonanten‐ häufung ich & ach hKnacklaut Diphthonge 7. Umlaute (b), v, f, w (b), v, f, w Vokale - kurz und lang Tabelle 1: Reihung nach Häufigkeit der Ausspracheprobleme Die Autorin entschied, die Reihungen nur bis Punkt sechs, maximal sieben auf‐ zulisten, da weniger häufig auftretende Ausspracheabweichungen als nicht signifikant eingestuft wurden. Es stellte sich heraus, dass [ ŋ ], [j], [l] und <ie> keine relevanten Schwierigkeiten für die Studierenden aufweisen. Sie wurden daher auch nicht in die Reihungen aufgenommen. Teilweise gibt es Doppelbe‐ legungen, welche auf die Zusammengehörigkeit und Wechselwirkung der Phä‐ nomene hinweisen. So sind die Kapitel r und em, en, el für alle vier Sprachen nicht nur aufgrund der Häufigkeit der aufgetretenen Schwierigkeiten, sondern auch ihrer Ähnlichkeit wegen - beide sind Reduzierungen, welche sich in den meisten Fällen am Wortende befinden - gemeinsam an erster Stelle angefügt. Die ersten Plätze für Französisch und Italienisch wurden zusätzlich mit den Ka‐ piteln e und Auslautverhärtung ergänzt, da es sich bei diesen Problematiken auch um wortfinale Realisierungen handelt. Für hispanophone Studierende ist der Wortakzent zusammen mit Vokale - kurz und lang an dritter Stelle gereiht, was darauf hinweist, dass eine inkorrekt ausgesprochene Vokallänge auch den Wort‐ akzent verfälscht. Konsonantenhäufungen sind in der französischen Reihung zusammen mit z, tz, tzt, zt und in der spanischen zusätzlich mit st, sp, sch kom‐ biniert, da die größten Konsonantenhäufungen meistens zusammen mit Affri‐ katen auftreten. Trotzdem war es wichtig, die separaten Kapitel st, sp, sch und z, tz, tzt, zt zu erstellen, da die Bildung speziell zu diesen Phänomenen geübt werden sollte. Dass in den französischen und italienischen Reihungen h und Knacklaut auf demselben Platz gereiht sind, hat den Grund, dass die beiden Be‐ reiche eng beieinander liegen und sie gerne gegenseitig als Ersatzlaut herange‐ zogen werden (z. B. sprechen französische ErstsprachlerInnen statt [h] in <Haus> eine Art Behauchung, ähnlich dem Knacklaut). Punkt sieben der eng‐ lischen Reihung beinhaltet zwei Kapitel, nämlich (b), v, f, w und Vokale - kurz und lang, da bei beiden Schwierigkeiten u. a. der englische Akzent im Fokus ist ([w] (engl. <why>) statt [v] (dt. <warum>) und [ou] (engl. <also>) statt [o] (dt. <also>)). Nachdem Anpassungen bei den schlussendlich gedruckten Reihungen 277 Länderspezifische Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht 9 Aufgrund der durchgeführten kontrastiven Analyse und Empfehlungen in der Literatur zur Fremdsprachendidaktik wurde [ə] nicht in die Liste der zu testenden Laute aufge‐ nommen und daher auch nicht ausgewertet. der Ausspracheschwierigkeiten nach Häufigkeit besprochen und argumentiert wurden, soll nun detaillierter auf die einzelnen Sprachen und Phänomene ein‐ gegangen werden. Für alle Studierenden war die Aussprache des a-Schwa -Lauts an oberster Stelle der Schwierigkeiten. Wörter mit der Buchstabenkombination <ar, er, ir, or, ur>, beispielsweise in <Paar, Lehrer, wir, vor, Urlaub> werden mit Schwa [a: ɐ , e: ɐ , i: ɐ , o: ɐ , u: ɐ ] realisiert. Eine derartige Reduktion ist in den anderen Sprachen unbekannt. Die Übungen sind unter dem Kapitel r zu finden, da es sich immer um eine Form der Realisierung von r handelt; so wird es auch vokali‐ siertes / r/ oder / ər/ genannt. Die Realisierung von [r] als ein weiterer Aspekt des Kapitels r unterscheidet sich sowohl zwischen den Sprachen als auch innersprachlich stark. Dennoch verwenden Duden und PONS dieselbe Umschrift, nämlich [r], weswegen diese Transkription auch für den Leitfaden gewählt wurde. Während aber im Deut‐ schen und auch im Französischen [r] am Gaumenzäpfchen gerollt wird ( Zäpf‐ chen-r), rollen Personen mit italienischer oder spanischer Erstsprache mit meh‐ reren Zungenschlägen ( Zungenspitzen-r ). Das englische / r/ variiert stark. So ist nicht nur die Bildung regional unterschiedlich, sondern auch, ob es überhaupt realisiert wird. So wird z. B. / r/ in <car> im Britischen nicht ausgesprochen, im Amerikanischen aber schon. Unabhängig davon bereitet Englischsprachigen die Aussprache des Zäpfchen-r s Schwierigkeiten. Der Reduktionsvokal [ ə ], auch Schwa -Laut genannt, kommt in unbetonten Positionen vor, [la: gə] <Lage>. Obwohl hier eine häufige Fehlerquelle 9 besteht, vermerkte die Autorin nur bei der Reihung für Frankophone das Übungskapitel [ə ] an erster Stelle, da diese dazu neigen, den wortfinalen Schwa entweder zu verschlucken oder als [œ ] zu realisieren. Die Studierenden der anderen Erst‐ sprachen realisierten [ ə ] meist als [ ɛ ], was als nicht so störend empfunden wird und deshalb nicht prioritär behandelt werden muss. [ ə ] kommt allerdings nur in unbetonter Silbe vor, denn: In den auslautenden Phonemfolgen / əm, -ən, -ə l/ wird [ ə] nach bestimmten Konso‐ nanten in der Regel nicht gesprochen (der Laut wird synkopiert), stattdessen werden die auslautenden Nasale und der Lateral zum Silbenträger. (Duden 2015, S. 32). 278 Karoline Kuttner 10 Die silbischen Konsonanten werden regional unterschiedlich verwendet. Der Leitfaden orientiert sich an Duden, sodass / en/ in unbetonten Silben nach [p, b, t, d, k, g, f, v, s, z, ʃ, ç, j, x, h, pf, ts] als [n̩] und sonst als [ə n] und / em/ nach [f, v, s, z, ʃ, ç , j, x, h, pf, ts] als [m̩] und sonst als [ə n] ausgewiesen wird. / el/ wird nach allen Konsonanten außer [r] mit [l̩] in die Lautschrift übersetzt. Es steht der Lehrperson frei, Studierenden alle Regeln diesbezüglich beizubringen oder einfach darauf hinzuweisen, dass bei wortfinalem <em, en oder el> <e> entfällt. Die Nicht-Realisation dieses silbischen Konsonanten oder der Reduktionssilbe , indem <em, en, el> in <buntem, rufen, Gabel> [m̩, n̩, l̩] 10 und nicht / ə m, ən, əl / ausgesprochen werden, wirkt weitaus störender und ist aufgrund des häu‐ figen Auftretens an erster Stelle aller Reihungen platziert und mit einem eigen‐ ständigen Übungskapitel em, en, el versehen. Studierende mit italienischer Erstsprache neigen zusätzlich häufig dazu, an Wörter mit finalem Konsonanten ein <e> anzuhängen (<hat-e>, <macht-e>). Das liegt daran, dass im Italienischen Wörter nur selten mit Konsonanten enden. Um dies zu üben, eignet sich das Kapitel Auslautverhärtung . Da dieser Fehler häufig auftritt und in manchen Fällen sogar zu Missverständnissen führen kann, wird er ganz oben in der Reihung thematisiert. Interessanterweise stellte aber das Phänomen der Auslautverhärtung für die getesteten Studierenden kaum ein Problem dar, was vermutlich an den zusätzlichen Fremdsprachenkenntnissen und der damit einhergehenden Aufnahmefähigkeit für mit der Muttersprache differierende Phänomene zu begründen ist. An zweiter (Französisch, Englisch) und dritter (Spanisch, Italienisch) Stelle steht der Wortakzent . Dass dieser Bereich der deutschen Aussprache Probleme für Deutschlernende birgt, war nach der kontrastiven Analyse anzunehmen, da sich die deutsche Wortbetonung an kein klares Muster hält. Zwar wird grund‐ sätzlich die Stammsilbe betont (z. B.: <Geschäft>), aber die vielen Ausnahmen und Zusatzregeln erschweren das Lernen (trennbare und nicht-trennbare Verben, Fremdwörter, Komposita, Buchstabenwörter etc.). Durch die distinktive Funktion können leicht Missverständnisse entstehen (< umfahren> vs. <um fa hren>). Im Gegensatz dazu wird im Französischen immer die Endsilbe betont, wobei das Einzelwort im Sprechtakt (mot phonétique) aufgeht und seine Betonung verliert. Der spanische Wortakzent ist zwar wie der deutsche frei und kann bedeutungsunterscheidend sein, die Betonung liegt aber meistens auf der letzten oder vorletzten Silbe und ist nicht von so vielen Ausnahmen geprägt wie der deutsche. Zudem sind Ausnahmen mit einem Akut gekennzeichnet. Der italienische Wortakzent hat distinktive Eigenschaften und verhält sich wie der spanische relativ regelmäßig. Die Betonung liegt auf der vorletzten, seltener der letzten, dritt- oder viertletzten Silbe. Auch der englische Wortakzent kann be‐ 279 Länderspezifische Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht 11 Zwar wurde der Satzakzent am zweithäufigsten falsch verwendet, trotzdem geht die Autorin davon aus, dass die Schwierigkeiten nach erstmaliger Einführung zum Thema gering sind. Es ist anzunehmen, dass die Studierenden beim Lesetest die Satzzeichen ignorierten, um sich besser auf die korrekte Aussprache der Einzelwörter konzentrieren zu können. 12 Die Kombination <nous avons> nennt man Liaison, weil <s> außerhalb der Verbindung nicht gesprochen werden würde (<nous> [nu]). <Avec elle> ist ein einchaînement con‐ sonantique , da <c> auch im isolierten <avec> realisiert werden würde. deutungsunterscheidend sein. Die Betonung ist aber auch hier einfacher, indem die Hauptbetonung im amerikanischen auf der ersten Silbe und im britischen Englisch auf der zweiten oder dritten Silbe liegt. Frankophone haben gleichermaßen Probleme mit dem Wortwie mit dem Satzakzent. Die deutschen Haupt- und Nebensätze werden inhaltlich gegliedert und melodisiert. Demgegenüber steht die französische Endbetonung des Sprechaktes ( mot phonétique), die die Melodisierung des Satzes bestimmt. Auf‐ grund dieser Endbetonung werden Aussage- und Imperativsätze im Französi‐ schen fallend, im Deutschen aber steigend-fallend realisiert. Bei Studierenden mit italienischer (zweiter 11 Platz) oder spanischer (fünfter Platz) Erstsprache sollte es ausreichen, sie für den Satzakzent zu sensibilisieren, da die Melodie‐ verläufe dem Deutschen ähneln. Englischsprachige Studierende hatten kaum Schwierigkeiten, den Satzakzent korrekt auszusprechen, daher wurde dieser auch nicht in die Reihungen aufgenommen, obwohl grundsätzlich ein größerer Tonhöhenumfang als im Deutschen festgestellt wird. Nach Gemeinsamkeiten auf den ersten Plätzen unterscheiden sich die Sprachen, worauf im Folgenden näher eingegangen werden soll. Bei Studierenden mit französischer Erstsprache sind nach r und em, en, el sowie Wortakzent der (i)ch - und (a)ch-Laut das nächstschwierige Aussprache‐ phänomen. [ç] und [x] kommen im französischen Phoneminventar nicht vor, was zu Problemen bei der Realisierung und u. a. Unterscheidung der beiden Laute führt. An fünfter Stelle stehen der h -Laut und der glottale Verschlusslaut (Knacklaut). Zwar existiert das Graphem <h> im Französischen als h-muet oder h-aspiré , ersteres wird aber nicht ausgesprochen und stattdessen die sogenannte französische Liaison oder das enchaînement consonantique  12 realisiert und zweit‐ eres ist kein Hauchlaut wie das deutsche <h>, sondern verhält sich eher wie der Knacklaut und verhindert die Liaison (le héros [l ə ’eʀɔ̃]). Dies führt dazu, dass Frankophone nur bei dem Graphem <h> den Knacklaut realisieren, in allen an‐ deren Fällen eine Liaison oder ein enchaînement consonantique vornehmen, sich also eines Konsonanten bedienen, um ihn mit einem Vokal zu verbinden und dadurch keinen Knacklaut brauchen. Dies kann zu Missverständnissen führen, wenn z. B. <und dein> statt <und ein> gesprochen wird. Am Ende der Reihung 280 Karoline Kuttner 13 Vokale werden in den Grad der Mundöffnung (offen / geschlossen), die Zungenlage (vorne / hinten) und Lippenrundung (gerundet / ungerundet) unterteilt. Im Deutschen sind zudem lange Vokale fast immer gespannt und kurze ungespannt. 14 Grundsätzlich wird vor ck , ch , sch , pf , st und Doppelkonsonanten ein kurzer und vor h , ie , betonten Vokalen und Doppelvokalen ein langer Vokal gesprochen. Da, wo diese Re‐ geln nicht greifen, kann man (nicht immer) davon ausgehen, dass Vokale in offenen bzw. in möglichen offenen Silben lang ausgesprochen werden (Bsp.: Weg → We-ge). befinden sich die Kapitel Diphthonge , z, tz, tzt, zt , Konsonantenhäufungen und Umlaute . Diphthonge sind zwar Teil des französischen Phoneminventars, haben aber eine andere Phonem-Graphem-Beziehung. <z> ist im Französischen [s] und nicht [ts] wie im Deutschen und wird demnach, wie aufgrund der vorangegan‐ genen Analyse angenommen, zu weich ausgesprochen. Die deutschen Konso‐ nantenhäufungen (z. B. <sprechen>, <Apfelstr u del>) waren zu erwartende Pro‐ bleme. Umlaute, obwohl im Französischen vorhanden, führen oft zu Abweichungen, weil sie in anderen Kontexten auftreten und auch die Laut-Buchstaben-Beziehung eine andere ist. Für Studierende mit spanischer Erstsprache kamen an zweiter Stelle die Um‐ laute , welche im spanischen Lautsystem nicht vorkommen. Grundsätzlich sind große Differenzen zwischen den deutschen und spanischen Vokalen sowohl bei der Phonemzahl (16 deutsche vs. fünf spanische Vokale) als auch bei den rele‐ vanten Artikulationsmerkmalen festzustellen. So ist die Lippenrundung, welche für die Bildung von <ö> und <ü> verantwortlich ist, im Spanischen irrelevant. An dritter Stelle folgt der Wortakzent gemeinsam mit der Unterscheidung zwi‐ schen kurzen und langen Vokalen ( Vokale - kurz und lang ). Im Deutschen stehen meist lange (und gespannte bzw. geschlossene) kurzen (und ungespannten bzw. offenen) 13 gegenüber und können bedeutungsunterscheidend sein (z. B.: <Beet> [be: t] vs. <Bett> [bɛt]) 14 , während für Spanisch (aber auch für die anderen drei Sprachen) die Vokalquantität keine distinktive Funktion hat. Zusätzlich ist die deutsche Vokalquantität akzentunabhängig, wodurch in betonten und unbe‐ tonten Silben kurze und lange Vokale vorkommen können. Im Spanischen werden jedoch betonte Silben lang und unbetonte kurz ausgesprochen. Die deutschen Konsonanten stellen ebenso eine zentrale Schwierigkeit dar. Spanisches <z> wird immer als [s] realisiert (Kapitel z , tz, tzt, zt ) und daher auch im deutschen Lautsystem angewandt und der Frikativ [ʃ] existiert im Spanischen nicht, weswegen [ʃ] als [s], aber auch die Affrikaten [ʃ p, ʃt] als [sp, st] ausge‐ sprochen werden (Kapitel st, sp, sch). Zudem behilft sich das Spanische mit so‐ genannten Stützvokalen für Konsonantengruppen (aus lat. <scola> wurde span. <escuela>), welche sich auch in deutschen Wörtern niederschlagen können (z. B. e[sp]rechen). Grundsätzlich sind die vielen Konsonantenhäufungen im Deut‐ 281 Länderspezifische Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht schen für Hispanophone schwierig realisierbar. Die an letzter Stelle gereihten Aussprachephänomene Satzakzent , ich und ach und (b), v, f, w stellten sich als nicht allzu große Schwierigkeiten heraus. So ist der spanische Satzakzent ähn‐ lich wie der deutsche und zwischen [ç ] und [x] konnte beim Lesetest mehrheit‐ lich unterschieden werden, wenn auch Wörter wie <bisschen> ein Problem darstellen, was aber an den gehäuften Konsonanten liegt. Die Unterscheidung zwischen <v> und <f> war bei allen Studierenden mit französischer, spanischer, italienischer und englischer Muttersprache kein Problem, was vielleicht daran liegt, dass am treffpunkt sprachen lerngewohntes, fremdsprachensensibles Publikum unterrichtet wird. Sind die Studierenden einmal für dieses Phänomen sensibilisiert, ist es in weiterer Folge keine Herausforderung mehr. Ebenso wurde angenommen, dass Studierende mit spanischer Erstsprache Probleme haben könnten, <b> und <v> zu differenzieren, da im Spanischen beide Gra‐ pheme mit [b] ausgesprochen werden (z. B.: basta (genug) vs. v[b]asta (riesig)). Tatsächlich aber wurden hier kaum Fehler beim Lesetest vermerkt. Die Autorin nimmt an, dass nicht nur die lerngewohnte Zielgruppe, sondern auch die Tat‐ sache, dass alle Studierenden Englisch als Fremdsprache beherrschen, dafür ausschlaggebend ist. Im italienischen Lautsystem gibt es die Umlaute <ö> und <ü> nicht. Sie stehen an vierter Stelle der Ausspracheschwierigkeiten. Es sollten neben Diskriminie‐ rungsauch Lautbildungsübungen vorgenommen werden (Kapitel Umlaute). Auch die ( i)ch - und ( a)ch-Laute finden im italienischen System keine Entspre‐ chung. Hier sollte die Übungspriorität zunächst u. a. auf der Unterscheidung der Allophone liegen. An letzter Stelle sind der glottale Verschlusslaut und der h -Laut gereiht. Das Phonem [h] kommt im italienischen Lautsystem nicht vor, wurde aber von den Studierenden am Wortanfang durchwegs richtig ausgesprochen, was erneut an den Englischkenntnissen der ProbandInnen liegen könnte. Eine Sensibilisierung sollte dennoch stattfinden, da [h] in den verschiedenen deut‐ schen Kontexten für Italienischsprechende eine Schwierigkeit darstellt. Der Knacklaut wird häufig nicht realisiert, stattdessen werden wortinitiale Vokale behaucht ([h]unten). Englischsprachige haben große Schwierigkeiten bei der Diskriminierung und Lautbildung der Umlaute und Allophone [ç] und [x] (Kapitel ich und ach), da beide Phänomene im englischen System nicht vorkommen. Sie stehen an dritter und vierter Stelle der Reihungen. Die nächste Schwierigkeit ist <z> in all seinen unterschiedlichen deutschen Varianten (< Z ange, Ar zt , je tzt , Pla tz>). Zwar gibt es die Kombination [ts] im Englischen (<it’s, hits>), aber die Graphem-Mor‐ phem-Beziehung ist eine andere, da <z> stets [s] ausgesprochen wird (Kapitel z, tz, tzt, zt). Eine weitere Hürde stellen die Diphthonge aufgrund der unter‐ 282 Karoline Kuttner schiedlichen Graphem-Morphem-Beziehung dar. Zwar gibt es für alle deutschen auch englische Varianten und im Englischen noch zusätzliche, dennoch ist die Orthographie dergestalt anders (<L eu te - b oy> , <H au be - h ow> , <R ei se - cr y> ), dass ungefähr die Hälfte der ProbandInnen damit Schwierigkeiten hatte. Am Ende der Reihung stehen das Phonem [v] und einige Vokale, v. a. [o], welche häufig als [w] und [ou] realisiert werden. Hierfür bieten sich die Übungskapitel (b), v, f, w und Vokale - kurz und lang an, auch wenn der primäre Fokus dieser Kapitel in anderen Bereichen liegt. Schließlich ist festzustellen, dass viele, aber nicht alle theoretischen An‐ nahmen verifiziert werden konnten. Nicht eingetretene Annahmen sind wahr‐ scheinlich mit der Tatsache, dass Deutsch meist die L3 oder L4, manchmal sogar L5 für die Studierenden darstellte und sie somit bereits für differierende Laut‐ systeme sensibilisiert sind, zu begründen. Weiters ließ sich feststellen, dass der deutsche Wortakzent und die Konsonantenhäufungen einheitlich Probleme be‐ reiteten, was vermutlich weniger an den Erstsprachen der ProbandInnen und vielmehr an der Eigenheit der deutschen Phänomene liegt. Schließlich war er‐ kennbar, dass Ähnlichkeiten in der Aussprache (z. B. bei deutschen und franzö‐ sischen Umlauten oder deutschen und englischen Diphthongen) teilweise häu‐ figer Probleme verursachten als starke Kontraste (z. B. [h] für Studierende mit italienischer Erstsprache). Kopiervorlagen Der praktische Teil des Leitfadens versteht sich als Methodenkoffer, welcher gezielt, d. h. sprachenbezogen, einsetzbar ist. Die Übungen bzw. Kopiervorlagen sind einzeln und bedarfsorientiert verwendbar. So ist es möglich, die von Dieling und Hirschfeld (vgl. 2000, S. 64 ) empfohlenen kurzen Phonetikpausen während des Unterrichts durchzuführen oder auch Übungssequenzen als auflockernden Einstieg anzubieten. Jedes Aussprachephänomen hat eine Auftaktseite (s. Anhang 4). Die Autorin hält sich beim Ablauf der Einführung an die Vorschläge von Hirschfeld und Reinke: • Einführung in die phonetische Thematik, z. B. mit einem Hörtext; • Hörkontrolle: Differenzieren, Identifizieren von segmentalen und supra‐ segmentalen Merkmalen; • Imitationsversuche, auch im Chor, um ein „anonymes“ Ausprobieren zu ermöglichen; • Korrektur von Abweichungen, Bewusstmachung phonetischer Merk‐ male, der Laut-Buchstaben-Beziehungen usw.; 283 Länderspezifische Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht • erneute Hörkontrolle und weitere Imitationsversuche mit Korrektur‐ hilfen; • Automatisierung durch Nachsprechen, Lesen, Variieren; • Anwendung: Übertragung des Gelernten auf neue Inhalte. (Hirsch‐ feld / Reinke 2016, S. 75) So beginnt Kapitel r mit einer Hörübung, welche beliebig oft wiederholt werden kann. Die Lernenden sollen langsam für den R -Laut sensibilisiert werden. Die Aufgabenstellung Welches r hörst du? Markiere! fordert auf, Gehörtes zu diffe‐ renzieren. Dieses gelenkte Hören ist notwendig, denn: Die oft im Unterricht zu beobachtende Praxis, Hörbeispiele zu geben und die Lernenden aufzufordern „genau hinzuhören“, ist unzureichend. Die Lernenden müssen stattdessen auf das konkrete phonetische bzw. phonologische Merkmal hingewiesen werden (z. B. vokalisierter R-Laut), d. h., der Fokus muss auf den entsprechenden for‐ malen Aspekt gelenkt werden. Lehrende und Lernende sollten genau wissen, wo Schwierigkeiten auftreten - dies ist nur möglich, wenn das Hören kontrolliert wird. (Ebd., S. 76) Mit den Ergebnissen der ersten Diskriminierungsaufgabe ist es im Anschluss möglich, Regeln abzuleiten, welche in Form eines Lückentexts vorgegeben sind. Um die sogenannte phonologische Brille (Adaktylos 2012, S. 15) abnehmen zu können, für unbekannte Laute sensibilisiert zu werden, ist Hörtraining als Ein‐ stieg unabdingbar. Zudem sollte genügend Zeit zur Verfügung stehen, um mit dem Gehörten zu arbeiten (diskriminieren, imitieren, korrigieren). Die letzte Übung auf dem Einstiegsblatt Sprich schnell! kann im Chor oder in der Kleingruppe geübt werden. Welche Form gewählt wird, kommt auf die Gruppe an, da es Lernende Überwindung kostet, unbekannte Laute und Laut‐ folgen auszusprechen. In jedem Fall sollte kein Druck entstehen und bei Bedarf Anonymität gewahrt werden, wozu das Nachsprechen im Chor gut geeignet ist. Einige Auftaktseiten beinhalten Zungenbrecher, wobei auch hier sensibel und je nach Gruppe angeleitet werden sollte. Jeder Übungsseite ist links eine Beschreibung (s. Anhang 5) beigefügt, welche in Dauer , Vorbereitung , Ablauf und bei Bedarf Lösung gegliedert ist. Dauer und Vorbereitung erlauben es der Lehrperson, die Übungssequenz zu strukturieren und zu planen. Ablauf beschreibt die Übungen, es werden aber auch (zusätzliche) Erklärungen zu den Aussprachephänomenen gegeben. Die Darreichung einer Lösung war der Autorin und Projektleiterin besonders wichtig, da in vielen re‐ gulären Lehrwerken die Lösungen zu den Ausspracheübungen nicht vorhanden oder umständlich zu erhalten sind, wodurch Lehrende, die oftmals im Bereich 284 Karoline Kuttner der Phonetik unsicher sind und diesen u. a. deswegen im Unterricht nicht the‐ matisieren, zusätzlich gehemmt werden. Nach dem Einstieg beinhaltet jedes Kapitel (Klein-)Gruppenspiele, welche oft als Wettbewerb durchgeführt werden können, wenn es das Klassenklima zu‐ lässt. Spiele im Ausspracheerwerb sind insofern wichtig, als sie motivieren, die kommunikative Kompetenz erweitern und alle Lernenden aktiv teilnehmen lassen. Außerdem können in den Kleingruppen Hemmungen abgebaut werden, welche im Plenum zu groß sind. An dieser Stelle kann Interferenz als Bereiche‐ rung und nicht als Last gesehen werden, indem die Studierenden selbst auf die Unterschiede aufmerksam werden und sich gegenseitig helfen. Die häufige Wiederholung des Gelernten wird in Form eines Spiels nicht als ermüdend wahrgenommen. Zwar sind phonetische Spiele gelenkt, lassen aber Kreativität zu. Die Spiele sollten nicht als Einführung in ein Aussprachephänomen gewählt werden, sondern nach einer Erklärung und Sensibilisierung als festigende Übungsform angeboten werden. Die Lehrperson sollte dafür die Regeln gut kennen und das Material vorbereitet haben. Eine Nachbereitung in Form einer Besprechung im Plenum ist von Vorteil (vgl. Hirschfeld / Reinke 2014, S. 6 f.). Einige der Kapitel beinhalten klassische Diktate, Paar- und Lückendiktate sowie Diktate mit Ratespiel, bei denen die Lernenden bestimmte Laute hören und diese dann zählen sollen. Das Diktat war längere Zeit keine beliebte Me‐ thode, wird aber wieder vermehrt aufgegriffen. So merken auch Dieling und Hirschfeld (vgl. 2000 , S. 68 ) an, dass Diktate eine Möglichkeit sind, die Laut-Buchstaben-Beziehungen zu trainieren. Als kontrollierte Hörübung er‐ möglichen sie eine Überprüfung des phonetischen Wissens. Die im Leitfaden enthaltenen Diktate wurden zusätzlich aufgenommen und können von den Stu‐ dierenden im Zuge des Unterrichts oder selbstständig zu Hause angehört werden. Die Möglichkeit des selbstständigen Trainings birgt einen doppelten Vorteil, indem zu Hause der Druck genommen wird und beliebig oft wiederholt werden kann. Resümee Der Beitrag setzte sich zum Ziel, das Projekt Länderbezogene Aussprachever‐ mittlung im universitären DaF-Unterricht vorzustellen und theoretische Hinter‐ gründe zu erläutern. Dafür wurde zunächst die Ausgangsbasis des Projekts be‐ schrieben, indem auf Mängel im Übungsmaterial und Gründe hierfür eingegangen wurde. In Folge war es notwendig, einen kurzen Einblick in die Interferenzforschung zu geben. Die verschiedenen Erstsprachen der Studierenden am treffpunkt sprachen führen zu muttersprachlichen Übertragungen 285 Länderspezifische Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht und folglich zu unterschiedlichen Bedürfnissen. Ein wesentlicher Bestandteil des Projekts war es demnach, mittels kontrastiver Analyse und anschließender Überprüfung anhand eines Lesetests, die häufigsten Schwierigkeiten aufzu‐ zeigen. Da es nicht möglich war, auf alle Erstsprachen einzugehen, wurden die vier am treffpunkt sprachen am häufigsten vorkommenden Sprachen (Franzö‐ sisch, Spanisch, Italienisch und Englisch) für die Analyse gewählt. Die Rei‐ hungen sollen den Lehrenden bei der Priorisierung der phonetischen / phono‐ logischen Phänomene im Unterricht helfen. Es hat sich herausgestellt, dass nicht alle durch die kontrastive Analyse getätigten Annahmen verifiziert werden konnten. Gründe hierfür sind die Lerngewohnheiten der Studierenden, die Tat‐ sache, dass alle Englischkenntnisse vorwiesen und dass für Lernende mit fran‐ zösischer, spanischer oder italienischer Erstsprache Deutsch mindestens die zweite Fremdsprache war. Auch wenn der für das Projekt durchgeführte Lesetest lediglich als Orientierung für Lehrende dient, gibt er doch einen klaren Eindruck der Zielgruppe und erlaubt, auf individuelle Bedürfnisse einzugehen. Schließlich war es der Autorin ein Anliegen, theoretische Phänomene pra‐ xisnah und leicht verständlich aufzuzeigen, um eine schnelle Handhabung zu gewährleisten und mehr Lehrende zu einer Integrierung von Aussprachever‐ mittlung in den Unterricht zu motivieren. Das gilt sowohl für den theoretischen als auch für den praktischen Teil des Leitfadens. Die Kopiervorlagen sind nach Bedarf einsetzbar und es wurde hoher Wert auf motivierende Übungen, die den Studierenden (und auch den Lehrenden) Spaß machen, gelegt. Aussprachevermittlung sollte vermehrt Einzug in den Unterricht halten und besser integriert werden. Gerade im universitären Bereich wird häufig beklagt, dass Sprechen und Verstehen eine teilweise unüberwindbare Hürde darstellen, während Grammatik als leicht lern- und verstehbar gewertet wird. Besonders Studierende werden in ihren zukünftigen beruflichen Kontexten über ihre Aus‐ sprache beurteilt und Abweichungen negativ interpretiert. Literatur Adaktylos, Anna-Maria (2012): Die phonologische Brille - wie unsere lautliche Wahr‐ nehmung durch die Muttersprache(n) geprägt wird. In: Rechtschreibprobleme - Problem Rechtschreibung. 37 (146), S. 15-21. Böttger, Katharina (2008): Negativer Transfer bei russischsprachigen Deutschlernern. Die häufigsten muttersprachlich bedingten Fehler vor dem Hintergrund eines strukturellen Vergleichs des Russischen mit dem Deutschen. Universität Hamburg: Dissertation. Dahmen, Silvia (2019): Die Skalen zu Phonetik / Phonologie im GeR und seinem Begleit‐ band. 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Konsonanten p p Post papier b b Buch Balzac t t Tee théatre d d das drame k k kommen, Club coin g g gut garage m m mein maman m ̩ schwarzem n n nein nouveau n ̩ hatten - ɲ mignon, panier ŋ lang, Bank r rot - ʀ régler f f finden, Vater faux v v Wein, Vase voir s s rasten savoir z z Süden (nicht in Ö! ) zone ʃ ʃ Schule, Stück, Spanien chat ʒ jardin ç - Licht x - Nacht h - Haus j j ja pied l l leider liaison l ̩ - Vogel - w oui - ˊ héro (h aspiré) ɥ huit 290 Karoline Kuttner 242 Affrikaten pf - Pfanne ts - Zahnweh t ʃ - Tschüss - Vokale i ː i sieben fine y ː y fühlen utile I nicht - Y für e ː e Regen et ø ː ø Söhne deux ɛ ɛ Bett frère ɛ̃ ingénieur œ œ Röcke soeur œ ̃ lundi a, a ː a Katze, Dame femme ə ə Frage remarquer ɐ - Lehrer u ː u tun cou ʊ - Mutter o ː o Bohne journaux ɔ ɔ Post homme ɔ̃ maison ɑ pâte ɑ̃ tant Diphthonge a ɪ̯ sein a ʊ̯ schauen ʊɪ̯ ruhig ɔɪ̯ freuen - 291 Länderspezifische Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht Anhang 2 Anhang 2 1. Die Schwester ist zwanzig Jahre alt. 2. Es ist halb fünf Uhr am Nachmittag. 3. Ich habe Kopfschmerzen. 4. Ich koche in der Küche Kartoffelsalat und trinke Soda. 5. Ein Geschirrspüler ist sehr teuer. 6. Agnes, kauf Senf ein! 7. Graz ist nicht die Hauptstadt von Österreich. 8. Die Lehrerin möchte einen Fernseher haben. 9. Der Arzt ist verheiratet. 10. Ich habe ein bisschen Bauchweh und Zahnschmerzen. 11. Was ist der Preis von sieben Bechern Joghurt? 12. Die Mäuse laufen an der Mur. 13. Deine Hand ist verletzt! 14. Ich vergesse meine fünf Söhne! 15. Die Zwillinge sind hübsch. 16. Im Mai ist es warm in der Region. 17. Der Hund ist hässlich. 18. Das Ehepaar fährt im Mai auf Urlaub. 19. Der Student isst auch sehr langsam Tomatensuppe. 20. Der Vogel singt im Baum. 21. Die Vase ist neu. 22. Der Radiergummi ist auf dem Tisch. 23. Er trinkt am Montag ein Bier. 24. Liest du gerne Bücher? 25. Sie spricht Thailändisch. 26. Mein Fernseher ist schwarz. 27. Sie kauft Semmeln in der Bäckerei? 28. Meine Familie ist groß. 29. Seine Tante ist in Pension. 30. Ein Stuhl ist billig, zwei Stühle sind teuer. 292 Karoline Kuttner Anhang 3 244 Anhang 3 Französisch Reihung der Ausspracheschwierigkeiten nach Häufigkeit 1) Am häufigsten treten Schwierigkeiten bei der Aussprache des Schwa-Lauts (z. B. Schwester [ ʃ v ɛ st ɐ̯ ], wir [vi ːɐ̯ ], vor [fo ːɐ̯ ], Urlaub [u ːɐ̯ la ʊ̯ p], Paar [pa ːɐ̯ ], Uhr [u ːɐ̯ ], vergisst [ ʃɛɐ̯ g ɪ st]) auf. Französischsprechende sprechen dabei häufig er [ ɛʀ ], ir [ ɪʀ ], ar [ ɑʀ ], ur [ ʊʀ ] aus. Die Übungen dazu sind unter Kapitel r zu finden, da es stets darum geht, wie der Buchstabe r realisiert werden muss. An dieser Stelle sind auch Wörter wie Vogel [fo ː gl ̩ ], auf schwarzem [ ʃ vartsm ̩ ] Papier (Dativ) und gefallen [g ə fal ə n] bzw. hatten [hatn ̩ ] zu nennen, wo der Buchstabe e , statt verschluckt oder als Schwa ausgesprochen, als [ ɛ ] realisiert wird. Wenn der Buchstabe e am Ende des deutschen Wortes steht, wird er von Frankophonen, wenn nicht komplett verschluckt (frz. dame [dam]), „ö“ [œ] ausgesprochen. Kapitel zum Üben: r/ e/ em, en, el 2) Wort- und Satzakzent stehen an zweiter Stelle. Das französische Akzentsystem unterscheidet sich in hohem Maße von dem deutschen, indem die wichtigste phonetische Einheit im Französischen nicht das Wort, sondern der Sprechtakt ( mot phonétique ) ist. Die Wörter werden also innerhalb dieses Sprechtakts dicht hintereinander ausgesprochen, wobei die Endsilbe des gesamten Sprechtakts betont wird. Der Unterschied zwischen den beiden Systemen ist, dass im Deutschen das einzelne Wort im Gegensatz zum Sprechtakt und dabei (mit vielen Ausnahmen) die Stammsilbe, im Gegensatz zur Endsilbe im Französischen, betont wird. Hinzu kommt, dass der Wortakzent im Deutschen frei und distinktiv, d. h. bedeutungsunterscheidend ( um fahren/ um fahren ) ist und durch die vielen Ausnahmen und Regeln verschiedenste Betonungsweisen hinzukommen, die dem starren System (Betonung auf letzter Silbe) des Französischen gegenüberstehen. Außerdem verfälscht sich der Wortakzent häufig, indem Frankophone den Schwa -Laut falsch aussprechen (s. Punkt 1), weil sich dadurch die Endsilbe ändert. Weiters ist mit den Studierenden der Satzakzent zu üben, da der Melodieverlauf bei Imperativ- und Aussagesätzen im Deutschen steigend-fallend ist, während sie im Französischen fallend realisiert werden. Kapitel zum Üben: Wortakzent/ Satzakzent 3) Wie zu erwarten treten Probleme bei der Realisierung des ch -Lauts auf, da dieser im Französischen nicht existiert. Wobei (a)ch [ x ] durchaus immer wieder richtig ausgesprochen wird, wenn auch die Realisierung eher zu einem [ ʀ ] neigt. Die Unterscheidung der beiden Laute ist Frankophonen unbekannt. Kapitel zum Üben: ich & ach 293 Länderspezifische Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht 245 4) Auch die Aussprache des h- Lauts ist weit oben auf der Liste, da 50 % der getesteten Studierenden damit Schwierigkeiten haben, indem sie ihn entweder gar nicht oder als Knacklaut aussprechen. Es gibt zwar das h-aspiré (behauchtes h), das ist allerdings kein richtiger Hauchlaut wie der deutsche h- Laut, sondern verhält sich vielmehr wie der deutsche Knacklaut (vor Vokalen: [ ʔ ]oben), indem das h-aspiré die Liaison (Bsp. h-aspiré ohne Liaison: les halles [le_al]; Bsp. h-muet mit Liaison: j’hesite [jezit]) unterbindet. Auch wenn das h-aspiré im Französischen existiert und es mit dem deutschen Knacklaut vergleichbar ist, so geschehen gerade hierbei häufig Fehler, weswegen unbedingt dafür sensibilisiert werden sollte, da das Weglassen des Knacklauts durch Frankophone in hohem Maße zum „weichen“ französischen Akzent beiträgt. Kapitel zum Üben: h/ glottaler Verschlusslaut (Knacklaut) 5) Die Realisierung der Diphthonge stellt für viele Studierende ein Problem dar. Vor allem au und ei/ ai werden häufig [o] (aube [ob]) und [ ɛ ] (reine [ ʀɛ n]) ausgesprochen, wobei die korrekte Aussprache kein Problem darstellen sollte, wenn erstmal eine Sensibilisierung stattgefunden hat. Kapitel zum Üben: Diphthonge 6) Der z- Laut mit all seinen Varianten (tz, tzt, zt) wird häufig zu weich ausgesprochen. Generell sind Konsonantenhäufungen mit den Studierenden zu üben, da sie in der Form, derart dicht hintereinander, im Französischen nicht vorkommen. Kapitel zum Üben: z, tz, tzt, zt/ Konsonantenhäufung 7) Umlaute sind im Französischen vorhanden, machen dennoch Schwierigkeiten, da sie sich an anderen Stellen befinden und dadurch auch etwas anders klingen, wenn sie an den im Deutschen vorgesehenen Stellen realisiert werden. Kapitel zum Üben: Umlaute 294 Karoline Kuttner Anhang 4 246 das Brot das Gramm der Radiergummi das Radio treffen die Ratte sprechen riechen krank der Rauch bringen retten trinken das Rind träumen rot / ɐ / = weniger offen und kürzer als / a/ Öffne den Mund weniger! Zäpfchen-R Gurgle mit einem Glas Wasser, dann ohne! Sprich mehrmals hintereinander Grrrgrrrr Anhang 4 r r Welches / r/ hörst du? Markiere! das Brot herbei richtig der Versuch herkommen gehört wunderbar zerreißen wir hundert anders erleben besonders feiern erwachsen verlieren der Bauer er Wie spricht man / r/ ? am Wortende: als unbetontes Suffix: der Bauer = ______ nach Langvokal (sofern Vokal und / r/ in gleicher Silbe): wunderbar = ______ nach Langvokal am Ende der Silbe vor Konsonant: fährt = ______ in den Endungen ern, ers, ert : feiern = ______ anders = ______ hundert = ______ in unbetonten Präfixen: erleben = ______ herbei = ______ verlieren = ______ zerreißen = ______ vor Vokal: zerreißen = ______ nach Konsonant: das Brot = ______ in Personalpronomen: er = ______ ɛɐ a: ɐ ɐt ɛɐ hɛɐ ɐ fɛɐ r r tsɛɐ ɐn ɐs Sprich schnell! 295 Länderspezifische Aussprachevermittlung im universitären DaF-Unterricht 15 Hier nicht genannte Wörter wie beispielsweise <Ort> oder <Garten> werden laut Duden mit [r] ausgesprochen. Die Autorin merkt an, dass es regionale Varianten er‐ lauben, mit [ɐ ] auszusprechen. Um Verwirrung zu vermeiden, wurden diese Wörter in den Übungen ausgespart. Anhang 5 247 Anhang 5 r r Zeit 20 Minuten Vorbereitung Kopieren Sie die Seite, sodass alle Studierenden eine erhalten. Ablauf Lösung Dieses Blatt gilt als Einstieg in die Thematik [r]. An dieser Stelle muss die Lehrperson nicht viel Einführendes besprechen. Es genügt die Übungsanweisung „Welches r hörst du? “ und das Hörbeispiel kann beginnen. Die Studierenden markieren, welches r sie hören. Das Hörbeispiel kann mehrere Male wiederholt werden. Im Anschluss wird im Plenum korrigiert. Dabei ist wichtig, dass die Lehrperson alle Sätze noch einmal klar und deutlich vorliest. Im Anschluss leiten die Studierenden selbstständig in Paaren oder Kleingruppen aus den korrekten Ergebnissen Regeln ab. Die im untenstehenden Kasten angegebenen Übungen sind zuzuordnen. Die Aussprache des deutschen Zäpfchen-Rs sollte thematisiert werden, da Studierende mit spanischer und italienischer Erstsprache [r] mit der Zungenspitze rollen. Auch Englischsprechende realisieren [r] nicht am hinteren Gaumen. An der rechten Seite ist daher in einem Post-it mit dem Titel Zäpfchen-R ein Tipp zur Bildung des Zäpfchen-Rs abgedruckt. Zudem befindet sich unten auf dem Blatt eine Sprechübung, die in Kleingruppen und/ oder im Chor durchgeführt werden kann. Die Studierenden sollen dabei versuchen, die Wörter so schnell wie möglich vorzulesen. am Wortende: als unbetontes Suffix: der Bauer = ɐ nach Langvokal (sofern Vokal und / r/ in gleicher Silbe): wunderbar = a: ɐ nach Langvokal am Ende der Silbe vor Konsonant: fährt in den Endungen ern, ers, ert: feiern = ɐ n, anders = ɐ s, hundert = ɐ t in unbetonten Präfixen: erleben = ɛɐ , herbei = h ɛɐ , verlieren = f ɛɐ , zerreißen = ts ɛɐ vor Vokal: zerreißen = r nach Konsonant: das Brot = r in Personalpronomen: er = ɛɐ 15 Hier nicht genannte Wörter wie beispielsweise <Ort> oder <Garten> werden laut Duden mit [r] ausgesprochen. Die Autorin merkt an, dass es regionale Varianten erlauben, mit [ ɐ ] auszusprechen. Um Verwirrung zu vermeiden, wurden diese Wörter in den Übungen ausgespart. 15 296 Karoline Kuttner Der Alpe-Adria-Raum als Impulsquelle für kreatives und wissenschaftliches Schreiben im DaF-Unterricht an Universitäten und Hochschulen Vanessa Urbanz Das Projekt Der Alpe-Adria-Raum als Impulsquelle für kreatives und wissen‐ schaftliches Schreiben im DaF-Unterricht an Universitäten und Hochschulen befasst sich mit der Optimierung von Lehren und Lernen im Rahmen des institutionellen Fremdsprachenunterrichts im Alpe-Adria-Raum. Durch den Einsatz spezieller Unterrichtsmaterialien wird kreatives und kompetentes Schreiben von DaF-Studierenden gefördert. Diese Untersuchung zum Schreibprozess liefert wertvolle Erkenntnisse und teilt gesammelte Erfah‐ rungen mit KollegInnen mit dem übergeordneten Ziel, Text- und Schreibar‐ beit im universitären Sprachunterricht erfolgreich zu gestalten und Studie‐ rende dafür zu motivieren. Ausgangslage Lernanliegen von Studierenden kommen oft zu kurz, sollten aber die Gestaltung und Konzeption neuer Lehr- und Lernformate im Fremdsprachenunterricht im universitären Kontext beeinflussen. Aus eigener Unterrichtserfahrung und durch Gespräche mit KollegInnen, die Deutsch als Fremdsprache (DaF) unter‐ richten, ging hervor, dass der Schreibunterricht fast ausschließlich auf Bewer‐ tung ausgerichtet ist und sich nicht bzw. nur minimal an Studierenden und dem Schreibprozess orientiert. Außerdem gibt es wenige abwechslungsreiche Me‐ thoden, egal ob im Präsenz- oder Online-Unterricht, sodass ein bedarfsgerechtes Förderangebot geschaffen wurde, von dem sowohl Lernende als auch Lehrende im DaF-Unterricht profitieren können. Dieses ist bereits seit Längerem, also schon vor dem erlebten Digitalisierungsschub in der Lehre, integrierter Be‐ standteil in den DaF-Kursen von treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Universität Graz. Durch die Entwicklung spezieller Unterrichtsmaterialien, die sich unmit‐ telbar auf die Umgebung und Situationen der Lernenden beziehen, soll einerseits kreatives und kompetentes Schreiben von DaF-Studierenden gefördert, ande‐ rerseits deren sprachliche Fähigkeiten auf jeder Ebene ausgebaut werden. Das übergeordnete Ziel ist dabei, eine angemessene Vor- und Nachbereitung des Schreibens sowie eine Schreibbegleitung zu garantieren, wie im nächsten Ka‐ pitel beschrieben wird. Projektbeschreibung Schreiben ist keine angeborene Begabung, sondern eine Kompetenz, die erst erarbeitet werden muss. Dieser Tatsache sind sich Studierende, die eine Fremd‐ sprache lernen, bewusst. Aus einer Umfrage des überfakultären Zentrums treff‐ punkt sprachen geht hervor, dass die Hälfte der Studierenden in einem Kurs die produktiven Fertigkeiten Schreiben und Sprechen verbessern möchte (vgl. Unger-Ullmann 2019, S. 29 ). Diesem Wunsch kam treffpunkt sprachen in der Angebotsentwicklung durch das Projekt Der Alpe-Adria-Raum als Impulsquelle für kreatives und wissenschaftliches Schreiben im DaF-Unterricht an Universitäten und Hochschulen nach und unterstützte die Entwicklung des Lehrwerks Ver‐ knüpfungen. Schreiben im Alpe-Adria-Raum (2017), dessen studienspezifische Schreibaufgaben sich an internationale Studierende richten und authentisches Lernen forcieren. Bei der Konzeption der Aufgabenstellungen im Lehrwerk, dem praktischen Teil des Projekts, wurden die Prozesstheorien nach Gerd Bräuer (1996 ) berücksichtigt. Der deutsche Schreibforscher orientiert sich in seiner Ar‐ beit an den Erkenntnissen der amerikanischen WissenschaftlerInnen Hayes und Flower (vgl. 1980, S. 11), die das Schreiben in drei Phasen gliedern (Plan‐ ning / Planen, Translating / Übersetzen, Reviewing / Überarbeiten) und bis hin zum Produkt als einen operativen Prozess beschreiben. 1996 kommt John Hayes (vgl. 1996, S. 4) zur weiteren Erkenntnis, dass der Schreibprozess stark vom In‐ dividuum abhängt. Dessen Motivation und Emotionen seien beim Schreiben sehr bestimmend. Infolgedessen rückt die Lernendenorientierung in den Mit‐ telpunkt des Unterrichts. Bräuer (vgl. 1996, S. 96 ) entwickelt in seiner Theorie drei Ansätze zum Schreiben: • den kognitiven Ansatz, ein gegenstandsbezogener Lernprozess mit dem Ziel, Erkenntnis über die Welt und Wirklichkeit zu gewinnen und so ein Problem zu lösen; 298 Vanessa Urbanz 1 Mit kooperativem Schreiben ist eine durch alle Sprachniveaus führende spracher‐ werbsfördernde und abwechslungsreiche Unterrichtsform gemeint, die zur Förderung des Wissensaustauschs und der Fähigkeiten, eigene Gedanken zu ordnen und gemein‐ schaftlich zu arbeiten, beiträgt. Faistauer (1997) und Hofer (2006 ) gehen auf diese So‐ zialform in ihren Werken näher ein. • den expressiven Ansatz, der Schreiben als Medium für subjektives Er‐ kennen, sozusagen als Wachstum sieht; • den sozialen Ansatz, bei dem eine Interaktion zwischen Subjekt und Ob‐ jekt / der äußeren Welt stattfindet. Die Theorien zum Schreibprozess finden sich direkt in den Aufgabenstellungen wieder. Besonders ist auch, dass die Materialien und Aktivitäten dieses Projekts speziell auf ausgewählte universitäre Bildungsstandorte im Alpe-Adria-Raum (Österreich: Graz, Klagenfurt, Salzburg, Innsbruck; Italien: Bozen, Udine, Triest; Slowenien: Ljubljana, Maribor) ausgerichtet sind. Schreibimpulse unterschied‐ licher Art (Bilder, Musik, Titel, Schlagwörter, Auszüge aus Literatur etc.) orien‐ tieren sich am Inhalt und an der Realitätsnähe, wodurch Wahrnehmung, Kenntnis und Verständnis über die eigene Universitätsstadt sowie über die Nachbarregion(en) erweitert werden. Die Lernenden lernen dabei nicht nur geographische, historische und soziokulturelle Aspekte ihrer aktuellen Univer‐ sitätsstadt kennen, sondern erleben, vor allem durch kooperatives Schreiben 1 , sowohl in schriftlicher als auch in mündlicher Form, echte Kommunikationssi‐ tuationen. Projektziele und Forschungsmethoden In diesem Projekt wurden die Studierenden zu ihren Kompetenzen, ihrer Moti‐ vation sowie zum Lern- und Durchführungsprozess in der Fertigkeit Schreiben befragt. Durch das Projekt wurde bzw. wird den DaF-Lernenden eine größere Chance geboten, ihr bereits vorhandenes Wissen in lebensnahen Situationen mit neu erworbenen Kenntnissen zu verknüpfen, (meta-)kognitiv zu reflek‐ tieren und sich mit LernpartnerInnen darüber auszutauschen. Lebensbezug, Authentizität und Neugier, drei prägende Merkmale fremdsprachlicher Bildung, werden in diesem Projekt gelebt und das Gleichgewicht zwischen den drei Komponenten - der Schreibaufgabe/ -situation, Schreibenden-Individualität und Schreibfähigkeit/ -erfahrung (auf Fremdsprachen-Niveau) - nach Kästner (vgl. 1997, S. 168) berücksichtigt. Die vorliegende Untersuchung basiert auf Literaturrecherche sowie dem Ein‐ satz qualitativer und quantitativer Forschungsmethoden. Als qualitative Me‐ 299 Der Alpe-Adria-Raum als Impulsquelle für kreatives und wissenschaftliches Schreiben thoden bewährten sich in diesem Projekt vor allem die Unterrichtsbeobachtung, d. h. Hospitationen im Unterricht durch die Projektleitung, und Interviews mit KollegInnen. So konnte Feedback zu den im Unterricht eingesetzten, eigens di‐ daktisch konzipierten Materialien und den dafür vorgeschlagenen Methoden in der praktischen Lehre eingeholt werden. Außerdem dienten die fertigen Schreibtexte der Studierenden als Untersuchungsergebnisse für ein gelungenes Schreibendprodukt am Ende eines fachlich gestützten Schreibprozesses. Als quantitative Forschungsmethode wurde in diesem Projekt eine Befragung der Studierenden mittels Fragebögen, die an dieser Stelle näher beschrieben wird, eingesetzt: Vor der Verwendung der Materialien im Unterricht wurde den Stu‐ dierenden ein erster Fragebogen mit insgesamt 22 Fragen ausgeteilt, über den ihre Schreibgewohnheiten, ihre Einstellungen zum Schreiben und ihr Verhalten im Schreibprozess erfasst wurden. Durch einen zweiten Fragebogen mit sieben Fragen, der nach dem Einsatz der Materialien über einen Zeitraum von drei Monaten ausgeteilt wurde, konnten neben dem Lernfortschritt durch das Pro‐ jekt auch Veränderungen im Motivationsverhalten beim Schreiben festgestellt werden. Bei beiden Befragungen wurde auf das Prinzip der Anonymität geachtet mit dem Ziel, möglichst ehrliche Antworten und Meinungen der Befragten zu erhalten. Insgesamt wurden 2581 beantwortete Fragen ausgewertet, die im Ka‐ pitel Zusammenfassung der Ergebnisse dargelegt werden. Implementierung und Durchführung Die Materialien, die im Lehrwerk Verknüpfungen. Schreiben im Alpe-Adria-Raum (2017) zusammengefasst sind, wurden über einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren (September 2017 bis Februar 2020) an DaF-Lernenden, mit B 2-Kennt‐ nissen nach dem GER als sprachliche Minimalanforderung, getestet. Da sich die Testung der Materialien im Unterricht von KollegInnen im Ausland als etwas schwierig erwies - obwohl diese überaus kooperativ waren, das Curriculum aber nahezu keine zusätzlichen Aktivitäten zuließ - beschränkte sich der Einsatz der Materialien hauptsächlich auf DaF-Lehrveranstaltungen des treffpunkt spra‐ chen , die als Semesterkurs oder als vierwöchiger Intensivkurs stattfanden. Um auch Ergebnisse aus anderen Städten, die in der Konzeption des Lehrwerks in‐ haltlich als eigene Kapitel berücksichtigt wurden, in die Untersuchung mitein‐ zubeziehen und KollegInnen in ihrem Unterricht zu entlasten, wurde mit den Universitäten Klagenfurt und Salzburg sowie Bozen und Triest eine Zusam‐ menarbeit vereinbart. Dabei wurde von der Projektleiterin persönlich ein On‐ line-Schreibkurs durchgeführt. Die Teilnahme war für die Studierenden ein Mehrwert und ein optionales Zusatzangebot zum jeweiligen DaF-Kurs. Insge‐ 300 Vanessa Urbanz samt wurden die Materialien an 89 ProbandInnen aus sechs DaF-Kursen und an 23 ProbandInnen aus einem Online-Schreibkurs für fortgeschrittene DaF-Lern‐ ende getestet. In Einzel-, PartnerInnen- oder Kleingruppenarbeit beschäftigten sich die Stu‐ dierenden mit ausgewählten Aufgaben aus dem Lehrwerk. Durch diese Übungen lernten sie nicht nur neue themenspezifische Vokabeln, Redemittel und wie man einen Text aufbaut, sondern erweiterten auch ihr bestehendes Textsortenwissen sowie die Fähigkeit, einen Text entweder allein oder in Kooperation zu ver‐ fassen, häufig mit einer vorausgehenden Recherche zum Thema. Wesentlich ist, dass die Studierenden durch die jeweilige Lehrperson im Schreibprozess unter‐ stützt und beraten wurden. Die Funktion der Lehrpersonen im Schreibunterricht ist essentiell und ihre Rolle im durchgeführten Projekt vielseitig. Sie gaben ei‐ nerseits die jeweiligen Schreibimpulse aus den Übungsmaterialien vor und konnten in der Handreichung für Lehrende die Durchführungsmöglichkeit(en) und die Zielsetzung einzelner Aktivitäten nachlesen. Andererseits dienten die im Lehrwerk Verknüpfungen. Schreiben im Alpe-Adria-Raum (2017) suggerierten Übungsaufgaben als Inspiration zu bestimmten stadtnahen Themen und Text‐ sortenwissen, was bedeutet, dass KollegInnen diese gerne weiterentwickeln durften. Außerdem fungierten Lehrende als BeraterInnen von Studierenden im Schreibprozess, konkret bei der Materialrecherche sowie bei der Organisation, Strukturierung und Revision von Texten. Zusammenfassung der Ergebnisse Im Folgenden wird ein näherer Blick auf die Auswertung der Fragebögen ge‐ worfen. Alle 29 Fragen zum Schreibverhalten und Lernfortschritt der Studierenden nach dem Einsatz ausgewählter Schreibaufgaben aus dem Lehrwerk Verknüpfungen. Schreiben im Alpe-Adria-Raum (2017) werden auf den nächsten Seiten, chronologisch nach ihrer Auflistung im Fragebogen, erläutert und gra‐ phisch dargestellt. Die Zahlenangaben in den Diagrammen entsprechen abso‐ luten Zahlen und werden im Text erläutert. Davor stellt sich jedoch die Frage, was kompetentes Schreiben bedeutet und was die befragten Studierenden gene‐ rell unter Schreiben verstehen. Schreibkompetenz selbst bedeutet mehr, als nur einen guten Text zu produ‐ zieren. Es geht dabei um die Unterstützung in der Entwicklung der notwendigen Fertigkeiten. In dem Positionspapier der Gesellschaft für Schreibdidaktik und Schreibforschung wird Schreibkompetenz im Studium als „Fähigkeit, Texte zum Lernen und als Anknüpfungspunkte für eigene Textproduktionen zu nutzen und sich schriftsprachlich angemessen auszudrücken“ (gefsus 2018, S. 1 ) definiert. 301 Der Alpe-Adria-Raum als Impulsquelle für kreatives und wissenschaftliches Schreiben Laut Nora Hoffmann und Dagmar Knorr (vgl. ebd., S. 3 ) nutzen kompetente Schreibende das Schreiben zum kritischen Denken, sie steuern produktiv den eigenen Schreibprozess und kommunizieren, entsprechend den Textkonventionen der jeweiligen Fachgemeinschaft, angemessen. Schreiben ist ihrer Mei‐ nung nach ein „erlern- und planbarer Prozess“ (ebd., S. 13 ), der speziell durch eine bewusste Steuerung verbessert und weiterentwickelt werden kann. Um zu einem guten Schreibprodukt zu gelangen, heißt es einerseits, Methoden und Strategien anzuwenden, wie z. B. einleitende Planungsschritte beim Verfassen wissenschaftlicher Texte und Entwürfe von Formulierungen, andererseits Res‐ sourcen, wie eigenes Wissen und Vorarbeiten, für den Zieltext zu nutzen. Eine realistische Zielsetzung, die Fähigkeit, Texte rezipieren zu können, sowie das Zurückgreifen auf Erfahrungswerte, also die Herstellung von Verknüpfungen, sind weitere Kriterien für erfolgreiches Schreiben (vgl. Witschel 2017 , S. 14). Maßgeblich für einen kompetenten Schreibunterricht und einen erfolgreichen Schreibprozess ist außerdem konstruktives Feedback zum fertigen Schreibpro‐ dukt, welches sogar wichtiger als Wiederholen durch Übungen ist (vgl. Di Ste‐ fano / Gino / Pisano / Staats 2015 , zit. nach Boser 2017 , S. 203 f.). Witschel (vgl. 2017 , S. 226 ) unterscheidet vier Ebenen der Rückmeldung, die einen positiven Einfluss auf das Lernen im Umgang mit Texten haben: • strukturelle Rückmeldung: Erkennen einer Struktur und einer nachvoll‐ ziehbaren Argumentation, Verwendung von zusammenhängenden Kon‐ nektoren im Text; • sprachliche Rückmeldung: Formulierung der Sätze, Verwendung einer Sprache, die dem akademischen Kontext angemessen ist; • stilistische Rückmeldung: gute Lesbarkeit des Textes, Satzlänge; • formale Rückmeldung: Grammatik, Orthographie, Layout, Zitierregeln. Die grundlegende Frage danach, was Schreiben für die befragten DaF-Lernenden bedeutet, zeigt, dass das Äußern der eigenen Gedanken für 28 Personen im Vordergrund steht, während 15 ProbandInnen Schreiben bloß als Notwen‐ digkeit sehen bzw. 14 von ihnen es als Herausforderung empfinden. 302 Vanessa Urbanz Abbildung 1: Bedeutung des Schreibens 58 dieser 89 Antworten können nach der Systematisierung Girgensohns (vgl. 2007, S. 176 ff.) kategorisiert werden, die zwischen den folgenden fünf Funktionen des Schreibens unterscheidet: Funktion Beschreibung Rhetorische Funktion Mittels Schreiben kommuniziert man. Das Schreiben ist nach außen, also an AdressatInnen wie etwa die scientific community, gerichtet und hat zum Ziel, In‐ formationen und Wissen präzise und normgerecht zu präsentieren. Heuristische Funktion Schreiben unterstützt dabei, währenddessen Ge‐ danken aufspüren zu können, Wissen zu entwickeln und zu verknüpfen. So kann es auch das Lernen und Denken fördern. Persönlichkeitsfördernde Funktion Schreiben stärkt die Persönlichkeit und die Wahrneh‐ mung der eigenen Stimme als Basis für kritisches Denken. Gefühle können verarbeitet, Zusammen‐ hänge schreibend geklärt werden. Kommunikative Funk‐ tion Schreiben dient nicht nur zur Kommunikation, es för‐ dert auch die kommunikativen Kompetenzen, etwa wenn sich Schreibende in Schreibgruppen über ihre Schreiberfahrungen und Texte austauschen. Hedonistische Funktion Letztlich kann Schreiben auch Freude, Genuss, Zufrie‐ denheit und / oder Glücksgefühle hervorbringen und sich positiv auf die Motivation auswirken. Es kann be‐ reichern, beleben, entspannen u. v. m. Tabelle 1: Systematisierung des Schreibens nach Girgensohn (vgl. ebd.) 303 Der Alpe-Adria-Raum als Impulsquelle für kreatives und wissenschaftliches Schreiben Aus den gesammelten Ergebnissen zur Frage, was Schreiben für die befragten DaF-Lernenden bedeutet, konnten die Antworten wie unten angeführt zuge‐ ordnet werden, wobei erstaunlicherweise die kommunikative Funktion des Schreibens ausgeschlossen wird: 1. rhetorische Funktion: Gedanken äußern, sich mitteilen; 2. hedonistische Funktion: Kreativität, Entspannung; 3. heuristische Funktion: Gedanken ordnen, Wissen entwickeln bzw. eine Sprache üben; 4. persönlichkeitsfördernde Funktion: Gefühle ausdrücken. Abbildung 2: Bedeutung des Schreibens kategorisiert nach Girgensohn (vgl. ebd.) Ob Schreibaktivitäten ein regelmäßiger Bestandteil des Unterrichts sind, beant‐ wortet der Großteil der Befragten (79 ) mit einem eindeutigen „Ja“. Welcher Stel‐ lenwert dem Schreibprozess im Unterricht der Befragten tatsächlich eingeräumt wird und inwieweit die Lernenden dabei gefördert werden, wird in diesem Ar‐ tikel noch an einer späteren Stelle dargelegt (Frage 20 „Im Unterricht fühle ich mich durch meine(n) LehrerIn ausreichend unterstützt“ und Frage 21 „Im Un‐ terricht gibt es genug Möglichkeiten über den Schreibprozess zu reflektieren“). 304 Vanessa Urbanz Abbildung 3: Regelmäßiges Schreiben im Unterricht Bezüglich der Frage nach dem liebsten Schreibort ergibt die Umfrage ein interessantes Resultat. 53 Befragte geben an, sich an einem persönlichen Rück‐ zugsort - also zuhause, manchmal am Schreib- oder am Küchentisch - am besten auf das Schreiben konzentrieren zu können; neun Befragte schreiben am liebsten im Bett oder auf der Couch. Nur jeweils fünf Lernende schreiben lieber außer‐ halb der eigenen vier Wände - in der Natur, in einem Café oder an der Univer‐ sität. Zwölf DaF-Lernende haben keinen speziellen Ort zum Schreiben. Abbildung 4: Schreibort Die Befragung ergibt auch, dass der Großteil der ProbandInnen (73) beim Schreiben außerhalb des Seminarraums kreativer ist. 305 Der Alpe-Adria-Raum als Impulsquelle für kreatives und wissenschaftliches Schreiben Abbildung 5: Kreativität beim Schreiben Im Hinblick auf die Motivationsgründe zum Schreiben zeichnet sich ein hete‐ rogenes Bild ab. Die Hauptmotive zum Schreiben sind in erster Linie selbst er‐ lebte oder rezipierte Ereignisse aus der unmittelbaren Lebenswelt oder auch Quellen der Inspiration, wie etwa Bilder, Gedichte oder Personen / Figuren (29). Weitere Antriebsfaktoren zum Schreiben sind die Möglichkeit einer Reflexion (9), Gefühle in Worte zu fassen (10) oder persönlicher Erfolg (13), wie etwas zu schaffen, Anerkennung oder eine gute Note zu bekommen, was eng mit Lern‐ fortschritt bzw. sprachlicher Entwicklung zusammenhängt. 16 der 89 Befragten sehen im Schreiben bloß eine Notwendigkeit, die der Kommunikation und Ar‐ beit dient. 11 Personen spüren keinen besonderen Motivationsgrund zum Schreiben, wie die folgende Graphik zeigt. Abbildung 6: Motivationsgründe Bei der Frage, ob konkret Bilder bzw. Musik die eigene Schreibmotivation ver‐ stärken, gab eine befragte Person keine Antwort. 59 Befragte sind durch solche Impulse motivierter zum Schreiben, was sogar mehr als doppelt so viele Lernende sind als jene, deren Schreiblust auch durch derartige Impulse nicht wächst. 306 Vanessa Urbanz Abbildung 7: Bilder / Musik als Motivation Manchmal ergibt sich beim Schreiben auch eine Blockade. Die Ursachen dafür sind unterschiedlicher Natur. Das häufigste Motiv für eine Blockade ergab unter den Befragten sprachliche Unsicherheit ( 30 ), wenn Lernende z. B. ein Wort nicht wissen oder die korrekte Konjugations- oder Zeitform eines Verbs nicht kennen. Einige Befragte gaben auch an, eine Blockade zu haben, wenn sie über zu wenig Wissen über das gefragte Thema verfügen ( 19 ) oder nur wenig bis kein Interesse daran haben ( 14 ). Weitere genannte Gründe für eine Schreibblockade sind Zeit‐ druck (zu wenig Zeit für die Aufgabenbewältigung, zu kurze Abgabefristen), Ablenkung (Lärm, negative Gefühle wie Traurigkeit oder Sorge) sowie Müdig‐ keit. Abbildung 8: Ursachen für Schreibblockaden Weiters ergibt die Untersuchung das erfreuliche Resultat, dass Schreiben für 71 der befragten Studierenden die Entfaltung der eigenen Sprache bedeutet, egal ob in der Muttersprache oder in Deutsch als Fremdsprache. 307 Der Alpe-Adria-Raum als Impulsquelle für kreatives und wissenschaftliches Schreiben Abbildung 9: Schreiben als sprachliche Entfaltung Darüber hinaus geben 51 Lernende an, durch intensives Schreiben ihre Problemlösungskompetenz zu verbessern. Das sind doppelt so viele wie jene, die dies nicht so wahrnehmen. Daraus kann geschlossen werden, dass Schreiben ein wertvolles Reflexionsmedium ist und die Schreibenden bei komplexeren Denkvorgängen in der Verarbeitung von Informationen und Wissen unterstützt. Abbildung 10: Förderung der Problemlösungskompetenz Die meisten Studierenden verfassen Texte jedoch lieber allein als in PartnerIn‐ nenarbeit. 75 der Befragten sprechen sich gegen das Schreiben von Texten in Teams aus, während zwölf Personen kooperatives Schreiben bevorzugen. 308 Vanessa Urbanz Abbildung 11: PartnerInnenarbeit Wirft man einen Blick auf die Motivationsgründe beim Schreiben, lässt sich Folgendes erschließen: Schreiben ist für die meisten DaF-Lernenden erfolgreich, wenn sie dabei kreativ sein dürfen und ihre Ideen zu Papier bringen können (22), wenn sie relativ fehlerfrei schreiben (17) oder selbst mit dem Resultat zufrieden sind (16). Abbildung 12: Erfolgreiches Schreiben Wenn man die Gründe für Erfolg beim Schreiben in intrinsische und extrinsische Beweggründe kategorisiert, ergibt sich folgendes Verhältnis: • intrinsisch: 68 Antworten (wenn ich meine Ideen auf Papier bringen kann, wenn ich meine Meinung äußern kann, wenn ich selbst mit dem Resultat zufrieden bin, wenn ich fehlerfrei schreibe, wenn ich viel üben kann und sicherer im Schreiben werde, wenn ich motiviert bin, wenn ich schön schreibe), 309 Der Alpe-Adria-Raum als Impulsquelle für kreatives und wissenschaftliches Schreiben • extrinsisch: 15 Antworten (wenn mein Text anderen gefällt und für sie ein Denkanstoß ist, wenn ich Feedback bekomme). Durch diese Verteilung wird ersichtlich, dass der Großteil der Studierenden leistungsorientiert und selbstmotiviert ist. Sie entwickeln Eigeninitiative und verarbeiten Inhalte selbst. Einige Lernende benötigen jedoch extrinsische Mo‐ tivation beim Schreiben. Häufig suchen sie die Interaktion mit anderen Studierenden und der Lehrperson. Lernformen, wie PartnerInnen-, Gruppen- oder Projektarbeiten, unterstützen diese Studierenden positiv in ihrem Lernprozess. Die Wichtigkeit des Schreibens wiederum liegt für die befragten DaF-Lernenden vor allem in der Verbesserung ihrer Kenntnisse in Deutsch als Fremd‐ sprache (29 ), gefolgt von der Möglichkeit, durch Schreiben die eigenen Ge‐ danken zu äußern (19) und eine Situation besser zu reflektieren ( 15). Dem Aus‐ druck von Gefühlen messen die Lernenden durch das Schreiben weniger Bedeutung bei. Für knapp ein Fünftel (17) ist Schreiben lediglich ein Mittel zum Zweck. Abbildung 13: Wichtigkeit des Schreibens Betrachtet man die Herangehensweise an eine Schreibaktivität, resultieren aus der Umfrage unterschiedliche Strategien, wie etwa eine Recherche zum Thema oder Fachvokabular (10 ), Organisationsformen, wie Brainstorming oder Clus‐ tering, eine Beratung mit einer zweiten Person (1) sowie das Vorschreiben des Texts mit einer anschließenden Revision (7). Nicht wenige Lernende (10) unter den Befragten geben an, nach Bekanntgabe eines Schreibthemas oder Impulses einfach darauf loszuschreiben, ohne sich davor einen Plan oder eine Struktur zu überlegen. 310 Vanessa Urbanz Abbildung 14: Herangehensweise Das Schaffen erster Strukturen ist für 75 der 89 befragten Studierenden von Immanenz und alle dieser 75 Befragten betrachten einen Computer bzw. das Internet als eine geeignete Hilfestellung in der Vorbereitungsphase. Abbildung 15: Erste Strukturen schaffen Abbildung 16: Hilfsmittel Computer / Internet 311 Der Alpe-Adria-Raum als Impulsquelle für kreatives und wissenschaftliches Schreiben FachexpertInnen aus dem Bereich Deutsch als Fremd- und Zweitsprache glauben, dass Lesen einen gewinnbringenden Einfluss auf die Fertigkeit Schreiben hat. Diese Erkenntnis wird in dieser Untersuchung von 81 DaF-Lernenden, die angeben, dass Lesen die eigene Textproduktion fördert, bestätigt. Abbildung 17: Lesen zur Förderung der Textproduktion Der Großteil der Studierenden gibt außerdem an, während des Schreibprozesses selbst weitere Schritte zu reflektieren (71), während von den übrigen 18, die das nicht tun, angenommen wird, dass sie über zu wenig oder kein Wissen darüber verfügen, welche Textsorten es gibt, wie ein Text aufgebaut oder gegliedert ist. Abbildung 18: Reflexion weiterer Schritte 74 der 89 Befragten geben zudem an, dass sie beim Schreiben auf Textkohärenz achten. 312 Vanessa Urbanz Abbildung 19: Textkohärenz Wirft man einen Blick auf die Gefühlswelt, ergibt die Untersuchung, dass unter den Befragten unterschiedliche positive Emotionen während des Schreibens überwiegen. So fühlen etwa 45 der Lernenden Freiheit, Kreativität, Entspan‐ nung / Zufriedenheit, Mut / Stärke während des Schreibprozesses. 29 Personen geben an, negative Gefühle, wie sprachliche Unsicherheit oder Zeitdruck, zu verspüren. Für den Rest ist Schreiben nichts Besonderes (15). In einer zweiten Befragungsrunde, nach Testung der Schreibmaterialien im Unterricht, rea‐ gierten 35 sehr positiv auf das Schreiben und geben an, motivierter zu sein (Frage 27 : „Das Projekt hat mich motiviert, mehr zu schreiben.“). Dadurch wird gezeigt, dass authentische Materialien enormen Einfluss auf die affektive Komponente beim Lernen und motivationale Auswirkungen haben. Dieses Ergebnis lässt sich mit dem expressiven Ansatz nach Bräuer (vgl. 1996, S. 108 ) in Verbindung bringen, der behauptet, Schreiben bräuchte einen persönlich bedeutsamen An‐ lass. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, den Lernenden im Fremdsprachen‐ unterricht möglichst viele Anlässe zum kreativen und persönlichen Schreiben zu bieten. Abbildung 20: Gefühle beim Schreiben 313 Der Alpe-Adria-Raum als Impulsquelle für kreatives und wissenschaftliches Schreiben Wie in diesem Beitrag bereits betont, ist es für einen kompetenten Sprachun‐ terricht sehr empfehlenswert, der Fertigkeit Schreiben genügend Zeit einzu‐ räumen und als Lehrperson die Lernenden im Schreibprozess zu beraten und zu unterstützen. 62 der befragten DaF-Lernenden gaben an, im Unterricht genug Möglichkeiten für die Reflexion über den Schreibprozess zu haben, und fast genauso viele (63 ) fühlen sich dabei durch die Lehrperson ausreichend unter‐ stützt. Abbildung 21: Möglichkeiten zur Reflexion Abbildung 22: Unterstützung durch Lehrende Auf die Frage, was einen gelungenen Schreibprozess ausmacht, antworten die meisten Studierenden (22), dass es für sie ein persönlicher Erfolg ist, wenn sie mit dem Resultat, also mit dem Schreibprodukt, zufrieden sind. Die Äußerung der eigenen Gedanken (18), Kreativität (11) und möglichst fehlerfreie Texte zu produzieren (15) sind weitere häufige Antworten. Interessant ist, dass vier der Befragten den Schreibfluss als für sie wichtigsten Faktor für einen gelungenen Schreibprozess anführen. 314 Vanessa Urbanz Abbildung 23: Bedeutung eines gelungenen Schreibprozesses Zusammenschau der Ergebnisse mit didaktischen Erkenntnissen Auf den folgenden Seiten werden die Antworten zum zweiten Teil der Frage‐ bögen (Fragen 23-29), die die ProbandInnen nach Absolvierung einiger Schreib‐ aktivitäten angaben, zusammengefasst. Hierzu muss gesagt werden, dass auf‐ grund der gesunkenen Präsenz und Teilnahme der Studierenden in den letzten Kurseinheiten, 34 Antworten weniger in die Untersuchung einflossen. In der Zusammenschau wird außerdem der Versuch einer vorsichtigen Interpretation der Daten der Projektergebnisse unternommen. Aus der Untersuchung geht hervor, dass 41 der am Projekt teilnehmenden Lernenden nützliche Methoden und Strategien kennengelernt haben (Frage 23). Abbildung 24: Kennenlernen nützlicher Methoden 315 Der Alpe-Adria-Raum als Impulsquelle für kreatives und wissenschaftliches Schreiben Die Auswertung der Ergebnisse zeigt außerdem, dass 52 der ProbandInnen von den Schreibaktivitäten dermaßen profitieren, dass sie mehr Bewusstsein und Struktur in den eigenen Schreibprozess bringen (Frage 24 ). Dies war ein grund‐ legendes Ziel, das durch den Einsatz der Materialien im DaF-Unterricht verfolgt wurde und schließlich auch erreicht werden konnte. Abbildung 25: Bewusstsein und Struktur Zufriedenstellend ist auch, dass die gewählten Schreibaktivitäten aus dem Lehr‐ werk Verknüpfungen. Schreiben im Alpe-Adria-Raum (2017) für 50 der Lernenden zu einer positiven Wahrnehmung der Umwelt beitragen konnten. Abbildung 26: Positive Wahrnehmung der Umwelt Weiters bestätigen 41 der Lernenden, dass ihnen persönliches Schreiben mehr Spaß macht als herkömmliches Schreiben (Frage 26), und 35 Personen erlebten durch das Projekt ein gesteigertes Motivationsgefühl, mehr und häufiger zu schreiben (Frage 27). 316 Vanessa Urbanz Abbildung 27: Spaß beim Schreiben Abbildung 28: Motivationssteigerung Zudem sehen sich 40 der Studierenden nach dem Projektabschluss ausreichend auf unterschiedliche Textsorten vorbereitet (Frage 28), was in diesem Projekt ebenfalls als zu erreichendes Ziel beschrieben wurde. Abbildung 29: Vorbereitung auf unterschiedliche Textsorten Der wichtigste Lernprozess im Projekt ist für die DaF-Lernenden aber eindeutig die Verbesserung und der Ausbau der sprachlichen Strukturen. Durch ausge‐ wählte Schreibaufgaben erlangen sie ein gesteigertes Bewusstsein für die Fer‐ tigkeit Schreiben (15 ). Genauso wichtig wie die Entfaltung der eigenen Kreati‐ 317 Der Alpe-Adria-Raum als Impulsquelle für kreatives und wissenschaftliches Schreiben vität (6), sind für die Lernenden auch der Erwerb neuer Wörter, Ausdrücke und Redemittel (7) sowie der Ausbau des Textsortenwissens (7), das durch Schreiben erreicht wird. Die Revision von Texten (3) und kooperatives Schreiben (1) sind bzw. waren nur für einen Bruchteil der Befragten ein wichtiger Lernprozess in diesem Projekt, wie folgende Graphik illustriert. Abbildung 30: Lernprozess Resümee Aus der Zusammenfassung der Projektergebnisse wird deutlich, dass der Einsatz von authentischen Übungsmaterialien das Lerninteresse an einer Fremdsprache, in diesem Fall Deutsch als Fremdsprache, bei Lernenden begünstigt und die Motivation zum Fremdsprachenlernen und Schreiben steigert. Die Forcierung des Schreibprozesses erlaubte in diesem Projekt individuelles Arbeiten mit den Studierenden mit dem Ziel, dass diese eine positive Einstellung zum Schreiben entwickeln und Schreibprozesse in ihrem Studium künftig autonom gestalten können. Das Projekt wurde von allen Teilnehmenden, Lehrenden und Lernenden po‐ sitiv angenommen, was sich u. a. auf folgende entscheidende Faktoren zurück‐ führen lässt: • Bereitstellung von situationsadäquaten und abwechslungsreichen Schreibaktivitäten, • Lernen über Sprache und Kultur, • Unterstützung und Feedback von der Lehrperson, • kritische Reflexion über die einzelnen Schritte im Schreibprozess bis hin zum fertigen Produkt, • Erweckung von Neugier durch Austausch und Vergleich der Texte mit anderen Studierenden. 318 Vanessa Urbanz Durch diese zufriedenstellenden Resultate empfiehlt treffpunkt sprachen den Einsatz dieser bewährten Übungsaufgaben im eigenen Unterricht bzw. als Vor‐ lage für eine Abänderung der Materialien mit persönlicher Note. Der Schreib‐ unterricht, gleichgültig ob als Präsenz- oder Online-Unterricht, muss an die In‐ teressen und Bedürfnisse der Lernenden angepasst werden, um nachhaltig wirksam zu sein. Das Projekt Der Alpe-Adria-Raum als Impulsquelle für kreatives und wissenschaftliches Schreiben im DaF-Unterricht an Universitäten und Hoch‐ schulen zeigt auf, wie Studierende kreativ und kompetent Schreiben lernen können und wie sie dabei gesammelte Erlebnisse und Erfahrungen im Schreiben als wertvolle Ressource für Schreibaufgaben im Studium und für private Schreibanlässe nutzen können. Literatur Boser, Ulrich (2017): Learn Better. Mastering the Skills for Success in Life, Business, and School, or How to Become an Expert in Just About Anything. New York: Rodale. Bräuer, Gerd (1996): Warum Schreiben? Schreiben in den USA: Aspekte, Verbindungen, Tendenzen. Frankfurt: Peter Lang. Di Stefano, Giada / Gino, Francesca / Pisano, Gary / Staats, Bradley (2015): Learning by Thinking: Overcoming the Bias for Action through Reflection. Cambridge: Harvard Business School. Faistauer, Renate (1997): Wir müssen zusammen schreiben! Kooperatives Schreiben im fremdsprachlichen Deutschunterricht. Innsbruck / Wien: Studienverlag. Fix, Martin ( 2 2008): Texte schreiben. Schreibprozesse im Deutschunterricht. Paderborn: Schöningh. gefsus, Gesellschaft für Schreibdidaktik und Schreibforschung (2018): Positionspapier Schreibkompetenz im Studium. Verabschiedet am 29. September 2018 in Nürnberg. www.gefsus.de/ positionspapier_2018.pdf [27. 01. 2021]. Girgensohn, Katrin (2007): Neue Wege zur Schlüsselqualifikation Schreiben. Wiesbaden: VS Verlag. Hayes, John ( 1996): A new framework for understanding cognition and affect in writing. In: Levy, Michael / Ransdell, Sarah (Hrsg.) The science of writing. Theories, methods, individual differences and applications. New Jersey: Lawrence Erlbaum, S. 1-27. Hayes, John / Flower, Linda (1980): Identifying the organization of writing processes. In: Lee Gregg / Erwin Steinberg (Hrsg.) Cognitive Processes in Writing: An Interdisciplinary Approach. New Jersey: Lawrence Erlbaum, S. 3-30. Hofer, Christian (2006): Blicke auf das Schreiben. Schreibprozessorientiertes Lernen. Theorie und Praxis. Wien / Berlin: LIT. 319 Der Alpe-Adria-Raum als Impulsquelle für kreatives und wissenschaftliches Schreiben 2 Das Format wurde für eine einheitliche Gestaltung des Artikels abgeändert. Kästner, Uwe (1997): Freies Schreiben in der Fremdsprache - Prozesse und ihre Didaktik. Untersuchung zur Textproduktion im fremdsprachlichen Deutschunterricht auf dem Hintergrund neuropsychologischer Theorien. Bochum: AKS. Unger-Ullmann, Daniela (2019): Praxisrelevante Überlegungen zur Angebotsentwick‐ lung in der universitären Fremdsprachenlehre. In: Unger-Ullmann, Daniela / Hofer, Christian (Hrsg.) Forschende Fachdidaktik II. Sprachenlernen im wissenschaftlichen Diskurs. Tübingen: Narr Francke Attempto, S. 11-44. Urbanz, Vanessa (2017): Verknüpfungen. Schreiben im Alpe-Adria-Raum. Graz: treff‐ punkt sprachen . Witschel, Elfriede (2017): Textkompetenz fördern durch „LesenSchreibenLesen“. Die di‐ daktische Bedeutung von Aufgabenarrangements im kompetenzorientierten Deutsch‐ unterricht. Frankfurt / Bern: Peter Lang. Anhang Reflexionsbogen für Lernende 2 Alpe-Adria-Schreibprojekt: Forschungsfeld Schreiben (Vanessa Urbanz, treff‐ punkt sprachen ) Teil 1: Fragen 1-22, Teil 2: Fragen 23-29 320 Vanessa Urbanz 321 Der Alpe-Adria-Raum als Impulsquelle für kreatives und wissenschaftliches Schreiben Building Walls or Bridges: The Effect of Identity on Adult Immigrant Motivation in L3 Acquisition Yael Rosenmann they have no idea what it is like to lose home at the risk of never finding home again have your entire life split between two lands and become the bridge between two countries first generation immigrant - Rupi Kaur Although many studies have been conducted on motivation in L1 and L2 acquisition ( FLA / SLA ) both in childhood and adolescence, little is known in the field of L3 acquisition ( TLA ). More so, the issue of immigrants whose first significant exposure with a target L 3 occurs between the ages of 22 and 55, long after the critical biological age for such a process. Yet, especially in this age bracket, when classroom-based studies cannot be conducted “more than half of migrants [are] reported to fail [the] official German test” ( Jones 2018). This leads to the question “Why are proficiency levels of L3 German among large sections of the immigrant population rather low (A2 / B1)? ” Seeking an explanation for this fundamental question, this paper focuses on the psycho‐ logical barriers, rooted in self-limiting beliefs based on emotions, that prevent learners from reaching their full potential when acquiring the host language. Reflections and theoretical ideas are examined by conducting an empirical qualitative study. A questionnaire and interviews are used to gain a better understanding of the motivation of 18 immigrants in Austria. After exploring the intrinsic driving forces of adult immigrants, the results are reviewed. The findings suggest that motivation, or lack thereof, in adult immigrants studying L3 derives from a strong sense of personal identity connected to their L1 or L2. Advanced competence in the L3 beyond the initial or intermediate stages seems to create a sense of divided loyalties. The identity mindset de‐ creases the level of motivation as the stages of L3 acquisition (A 1-A2 , B 1-B2, C1-C2 ) become more difficult. When the cultural gap is unbridgeable, the problem is well pronounced. The paper concludes with some implications for teachers, immigrants and researchers of L3 acquisition. Introduction In the last few decades, an unprecedented number of adults left their homelands either in order to escape religious, racial and political hardships or to pursue better economic opportunities. The recent findings of the Gallup Institute of Public Opinion put an estimate of roughly more than 750 million worldwide who would like to migrate (cf. Esipova / Ray / Pugliese 2018 ) in a quest to improve their life. Upon arriving in their countries of destination, which in this paper are Germany and Austria, they realize that - contrary to their expectations - their finishing line vanished only to reappear in the far distance. They are confronted with barriers yet to overcome and presented with a new set of challenges con‐ cerning language, culture, values, and norms. The need to acquire the language of the local community is their indisputable major challenge. They are subjected to extrinsic pressure to learn German as their third language, years after ac quiring nonnative English during high school education. During this phase, at‐ titude is a significant variable because it “prepares individuals to evaluate (…) the language situation (…) before they actually get involved with the learning experience and, therefore, react to it in a fairly stereotyped way” (Manolo‐ poulou-Sergi 2004, p. 432 ). Indeed, at the outset of their study, immigrants seem to be highly motivated to acquire German. The driving force behind TLA , which is defined as an internal process that gives behavior strength, purpose and sus‐ tainability (cf. Reeve 2014 , p. 10), is typically twofold: first, instrumental, con‐ cerning the practical goal of finding a job; second, integrative, regarding TLA as essential for effective communication with the locals. Instantaneously facing an uphill struggle on the way to effectively settling into a makeshift home and assimilating into a new country, while dealing with turbulent feelings created by a combined sense of loss and isolation, leaves them rather vulnerable. Over an uncertain period of time the inner turmoil gives rise to a serious dilemma. This could lead immigrants to renegotiate their identity within the constraints of society and self. Immigrants who strongly hold an identity mindset might feel a decreased level of intrinsic motivation as the stages of L3 acquisition (levels A 1-A2 , B 1-B2 , C 1-C2) progress. The extent of this problem is so significant that the German newspaper DER SPIEGEL referred to it in the article titled “The changing face of the country” (cf. Bartsch et al. 324 Yael Rosenmann 2018), indicating that every fifth person in Germany comes from an immigration background. The Austrian news agency ORF reported that more than half of the Viennese pupils do not speak German outside the classroom (cf. ORF 2020), thus, the importance of gaining understanding of the issue. Preliminary Considerations and Theoretical Ideas Second Language Acquisition (SLA) English has become the predominant global lingua franca of our time and it is the chosen first foreign language to be acquired (cf. Seidlhofer 2001, pp. 133 f.). Since mastering it is an entrance ticket to today’s world, learning the language is mandatory within secondary educational institutions around the world. It is, therefore, assumed that a later learner, who was raised as a monolingual child, has already acquired some basic knowledge of L2 English. Moreover, people are exposed to the English language and culture and learn to accept the cultural context in which the language exists from an exceedingly early age on. After all, acquiring English is perceived as a desirable asset and a practical tool in academics and one’s career as well as a means of communication across linguacultural boundaries (cf. ibid., p. 146 ). Making Germany and Austria their new home, the immigrants begin the acquisition of German as their tertiary language. Adult immigrants, who chronologically acquired nonnative L 2 Eng‐ lish after their L1 and years later had to acquire L 3 German, are the subject of this paper. Indeed, all but one of the participants in this study preferred to be interviewed in English. Still, one should keep in mind that L 3 learners who have previously acquired two other languages are not necessarily fluent, proficient or even advanced in their L2. Motivation to Acquire L3 German in Adulthood Starting anew as an immigrant in Germany or Austria entails acquiring German as a foreign and usually third language (L 3 ). This paper uses the term TLA as defined by Cenoz, who characterized it as “the acquisition of a nonnative lang‐ uage by learners who have previously acquired (…) two other languages (…) consecutive[ly]” (Cenoz 2003 , pp. 2 f.). Having or lacking the determination and commitment to reach a goal is an important factor for success or failure. “Mo‐ tivation is believed to be one of the key factors to learning” (Farhady / Delshad 2007, p. 218 ); i.e., one of “the reasons that underlie behavior” (Guay et al. 2010, p. 712 ). The drive for language learning generates the learner’s engagement and conscious desire to achieve the goal of integration and assimilation (cf. Gardner 325 Building Walls or Bridges: The Effect of Identity on Adult Immigrant Motivation 2001, pp. 3 ff., cf. Coyle 2011, p. 17, cf. Zafar / Meenakshi 2012, p. 641) and, thus, it plays a vital role in LA . Given the unique status of English as a lingua franca, the motivation to learn other foreign languages is incompatible with the motivation to learn English. The need to acquire proficiency in German is driven both by instrumental and integrative motivation. Low levels of language proficiency create serious hurdles in the labor market as well as in everyday social life and cultural com‐ petence. On the flipside, having adequate language skills increases the employ‐ ment probability, allows them to climb the job ladder and enables them to have access to better-paid jobs. Thus, in the early stages, these later learners show full commitment to the acquisition of an L3 - not only as “an entrance ticket to the labor market but also as a sine qua non to be respected by German and Austrian citizens” (Heinemann 2017 , p. 177). Moreover, recognizing that the power of the target language is equally important on an economic, cultural, and personal level, triggers immense motivation during the pursuit of L3 acquisition. Age Factor vs. Motivation in L3 Acquisition The critical period hypothesis ( CPH ), which was originally introduced by Pen‐ field and Roberts (cf. 1959 ), suggested that there is a window of opportunity for language acquisition ( LA ), in which the human mind is able to acquire a lang‐ uage in a natural fashion (cf. Cook 1996, p. 301, cf. Cook / Newson 2007, p. 237). According to Lenneberg (cf. 1967, cit. from Vanhove 2013 , pp. 3 f.), who redefined the concept less than a decade later, LA must occur from the age of two to about the age of 14. Once the cerebral lateralization is complete (cf. Snow / Hoef‐ nagel-Höhle 1978 , p. 1114), the learners lose their access to their innate linguistic mechanism (cf. Meisel 1997, cit. from Schlyter 2011, pp. 47 ff.). After the critical period, the learners are unable to “achieve the native-like proficiency in their target language” (Lipińska 2017, p. 8), the acquisition of grammar becomes dif‐ ficult and, for some, will never be fully achieved. Furthermore, older learners would need to make a tremendous effort in order to overcome their disadvantage and achieve good results (cf. Andrew 2012, p. 107). “The sharp decline in lang‐ uage learning potential observed after the age of puberty” (Singleton / Leś‐ niewska 2012 , cit. from Lipińska 2017 , p. 8) and throughout adulthood is rather unnerving. Though their first significant exposure with L3 German surpasses the age-barrier for easy learning and the ability to learn a new language diminishes, the immigrants are usually fully motivated. In addi‐ tion, nonnative later learners are undeterred, despite feeling outperformed by learners whose age of TLA onset was decades younger (cf. Vanhove 2013, p. 3). Over the course of the early years of TLA , they show rapid improvement, 326 Yael Rosenmann moving rather quickly through the early (A 1-B1 ) stages towards moderate command of the language. The Effect of Process and Product of L1 and L2 Acquisition on L3 Learning Novel language attainment can leverage the development of many linguistic, learning, and metalinguistic strategies (cf. Jessner 2008, p. 270 ) while studying an L1 and L2. Similarly, the Cumulative-Enhancement Model ( CEM ) suggests that “language learning is cumulative” (Flynn / Foley / Pugliese 2004, p. 474 ) and all previous experience of language studies may “influence [the] development of languages” (ibid.) acquired. Thus, adult immigrants harness their knowledge and experience of two previous languages (native and nonna‐ tive) “in the transfer process in learning an L3” (ibid.). They employ cognitive flexibility and use both positive and negative transfer of previous knowledge during the acquisition process of a third language (cf. MacWhinney 2012, p. 212, cf. Cenoz 2003, pp. 1 ff.). Notably, during the early stages, L3 learners transfer properties of their L1 or L2 (the L 1 / L2 transfer hypothesis) such as grammar, structures, vocabulary, and other elements, depending on typologically related features, to their L3. In early stages of TLA , newcomers do not only make use of their linguistic and intercultural repertoire, but also, as pointed out initially by Bull and Ma (cf. 2001, pp. 95 ff.) and later on by Grainger (cf. 2005, p. 328), they use some indivi‐ dual language learning techniques to assist the language learning process. The compensation and memory strategies (cf. Çelik Korkmaz 2013, pp. 95 ff.) are common phenomena and appear to be extremely useful. With that in mind, motivated hard-working immigrants, who use linguistic learning strategies and CEM , will rather quickly reach important milestones. From that point onwards, speech emerges. They are able to produce simple sentences due to “conscious learning of rules and structures” (Krashen / Terrell 1983 , p. 22 ), although some may still make both grammar and pronunciation errors. The exerting efforts will reward them with a sense of achievement and illustrate that any age-related cognitive shortcoming could be counterbalanced by “motivation, resolution and dedication” (Andrew 2012, p. 107). Shift of Attitude to Improve L3 Attainment Upon reaching the threshold of enabling their day-to-day survival, the dynamics of the motivational factor shift. This prominent element in LA (cf. Far‐ hady / Delshad 2007, p. 218 ), which is in constant interaction with the contexts in which it is embedded, is modified. This clearly exemplifies Mercer’s idea that “L3 motivation is prone to greater fluctuation, both gradual and dramatic” 327 Building Walls or Bridges: The Effect of Identity on Adult Immigrant Motivation (Mercer 2011, cit. from Henry 2014, p. 315 ). Having completed the basic stages (A1-A2 ), adult immigrants may feel they have acquired the bare minimum to acclimatize in their new environment. Consequently, on the brink of the inter‐ mediate levels (B 1-B2 ) of the L 3 , in more cases than not, their motivation and commitment to learn German take a nosedive. Over the past few decades this phenomenon has become widespread, so that it often makes headlines such as “Around every second migrant in Germany fails the language test at the end of integration courses” ( Jones 2018). Jones emphasizes this very point by citing an article published in 2017 in the German newspaper Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (cf. Hetrodt 2018). According to the paper, only 48.7 % of the 289,751 refugees and immigrants who took the final German test that year reached level B1 (cf. ibid., cit. from Jones 2018). In other words, while motivation stimulates, energizes, and promotes the embracing of L 3 German, lack of moti‐ vation hinders and prevents further studies. As a result, they may take a lengthy hiatus or completely terminate their studies, never attaining adequate and ad‐ vanced proficiency. This shift in the dynamic relations between adult learners and the motivation to acquire a language could be triggered by internal factors. Seeing that immi‐ grants differ from those who study L 3 in their homeland, mainly in their per‐ ception of target language, brings to mind the identity factor. It seems that the struggle with core beliefs of identity leads to inner psychological barriers and substantial permanent impact on L 3 attainment. On the flipside, overcoming this inner conflict, modifying these underlying beliefs, or viewing identity from a different perspective might lead to ultimate attainment. Therefore, in addition to the aforementioned aim of this paper, further insight will be given to sub‐ stantiate the relationship between the sense of identity and the motivation to acquire L3 German. Aim and Study Design In order to answer why proficiency levels of L 3 German among large sections of immigrant population are low (A 2 / B1 ), a qualitative study was carried out. The questionnaire (see Appendix) and interviews focused on the following four sub-research questions ( RQ ): RQ 1: How motivated were the participants while studying the lower levels (A1-A2)? RQ 2: How motivated were the participants while studying the intermediate levels (B1-B2)? 328 Yael Rosenmann RQ 3: a) Have they studied the advanced levels (C 1-C2 )? b) If so, how motivated were they at those stages? RQ 4: How strong is their will to socially integrate, advance towards L3 German proficiency and embrace the Austrian culture? The four questions were divided into sections, aiming at assessing the attitude and intrinsic motivation to attain lower levels of German, RQ 1 (Q 7- Q 10, Q 16, Q 20 ); RQ 2 is focused on intermediate levels (Q 11-15 , Q 17, Q 21 ); RQ 3 concerns higher levels (Q 18- Q 20 , Q 22 and Q 26 ). Finally, RQ 4 is aimed at learning about the socio-cultural aspects of integration (Q 23-Q 25, Q 27, Q 28, Q 29). The single choice questions could be answered as follows: A - this item is never true or rarely true for me; B - this item is sometimes true for me; C - this item is true for me about half the time; D - this item is frequently true for me; E - this item is always true or almost always true for me. A qualitative methodology enables immigrants’ voices to take the limelight. The in-depth semi-structured interviews were conducted to highlight the in‐ terviewees’ opinions as given in their own words, thus revealing the underlying connection between acquiring German and their wish to fit into the society of their host country. Methods The chosen participants, male and female alike, varied in their L1 , the compe‐ tence in their L 2 , age, cultural background, length of residence in Austria and stages of L3 proficiency. 17 of them were immigrants and one was a refugee. Their first significant exposure to L 3 German occurred during adulthood ( 22 and older). None of the interviewees were selected based on the theoretical sampling strategy of Warren, who suggested that “the interviewer seeks out respondents who seem likely to epitomize the analytic criteria in which [the researcher] is interested” (Warren 2001, p. 87 ). Data collection was threefold: a questionnaire, interviews with participants, as well as relating to published interviews. After filling in a questionnaire aimed at showcasing distinct intrinsic motivation and approaches to each stage of L3 acquisition (A 1-A2 , B 1-B2 , C 1-C2 ), the participants were individually interviewed. All but one requested to be interviewed in English. Omar Khir Alanam, a Syrian-Austrian poetry-slammer, chose to share his views in German. Throughout the qualitative semi-structured inter‐ views, not only their strongly held core set of beliefs on identity was revealed but also the effect it had on their motivation regarding L 3 attainment. Further‐ more, in the hope to shed more light on the subject matter, published interviews with three intellectuals were studied. The three writers voiced two extreme 329 Building Walls or Bridges: The Effect of Identity on Adult Immigrant Motivation points of view: Alexander Solzhenitsyn (cf. Kramer 1980), who kept writing in his mother tongue even in his exile, clearly represents one attitude, while Yoko Tawada (cf. Brandt 2006, cf. Itakura / Shimbun 2001) and Omar Khir Alanam (cf. Alanam 2018a, cf. Beck 2018) represent the other. Tawada, a Japanese-German writer, and Alanam reconstructed their identity after arriving at the age of 22 in Germany and Austria respectively. This documented evidence supports the conclusions on the beliefs and mindset of the writers as they decided to avoid studying a foreign language (Solzhenitsyn) or to embrace the host language, while coping with their identity crisis and bridging their two cultures (Tawada and Alanam). A special focus was put on Alanam, the only refugee among the participants. His views were supported both by an in-person interview and published interviews, which he had given in the past few years. The methods for this qualitative study were twofold: First, a questionnaire was given to the participants with ample time to answer. The form consisted of six short background questions, followed by a series of 23 closed-ended ques‐ tions concerning the aforementioned research questions. Second, the main data collection was comprised of the interviews, chosen mainly to give voice to the participants in a more personal fashion. The interviews enabled the participants to elaborate on themes that had already been addressed in the questionnaire: motivation on various levels of L3 German attainment and their mindset to‐ wards the language and the culture of their new country, Austria. Semi-struc‐ tured interviews were held in a one-on-one setting at the participant’s conve‐ nient time and place. Each interview lasted about 25 minutes and was audio-recorded with the consent of the interviewee. Shortly after finalizing the interviews, they were transcribed and analyzed. The interviews were conducted following 15 predetermined leading questions and statements for discussion. In total, 18 participants volunteered to take part in this study; 9 (50 %) of them were female. All have been residing in Austria for 3 to 15 years, putting their average length of stay at around 6.5 years (see Figure 1). 330 Yael Rosenmann Figure 1: Length of Stay The participants’ ages ranged from 27 to 73 years with the average age of 38.99 years (see Figure 2). Figure 2: Age of Participants The participants originated from three continents and 14 countries: Azerbaijan, Bangladesh, Bosnia, Brazil, Chile, Iran, Israel, Italy, Japan, Portugal, Russia, Slovenia, Syria and the People’s Republic of China (see Figure 3). They spoke twelve languages as their respective L1. 331 Building Walls or Bridges: The Effect of Identity on Adult Immigrant Motivation Figure 3: Continents of Origin of Participants Concerning their education, three ( 18 %) were undergraduates, two ( 12 %) held a BA degree, two ( 12 %) were currently pursuing a master’s degree, six (35 %) held an MA degree, and the remaining four (23 %) had a PhD (see Figure 4). Figure 4: Education Level Results The overall aim of this study was to understand the motivation or lack thereof in the TLA of German of adult immigrants. As the instrumental or integrative motivation is the major factor shaping their attitude regarding TLA , the crucial 332 Yael Rosenmann connection between their core set of beliefs and their identity was revealed. Since motivation is multifaceted, four elements were chosen to measure its ef‐ fect: the importance of language studies, the speed at which an individual com‐ pletes a task (in this paper: attaining a specific L3 level), the openness to the respective culture (here the Austrian culture), and finally the justification for learning or not learning due to personal instrumental gains and integrative mo‐ tives. RQ 1 - Attitude and Intrinsic Motivation towards Lower Proficiency Levels In the interviews, the question aimed at valuing their state of mind at the initial stages of TLA (A1-A2 ) was answered almost unanimously. As the CEM sug‐ gests, benefitting from previous learning strategies adapted during L1 and L 2 acquisition, they reached these levels rather quickly. All participants, male and female alike, stated that their drive for German attainment was integrative. “I’d like to study German in order to have a better understanding of the locals” was the most frequent response without any gender differences, supporting their answer for Q 7, in which 13 participants ( 76.47 %) chose answer D (frequently true) or E (always or almost always true) (see Figure 5). Figure 5: Q 7 - I studied the lower levels (A1-A2) of German rather quickly. With regards to pursuing the initial levels of TLA (Q 9), 14 participants (78 %) agreed on its importance and chose answer E (always or almost always true), one ( 5.4 %) chose D (frequently true), and the rest ( 17 %) chose C (true about half the time) (see Figure 6). 333 Building Walls or Bridges: The Effect of Identity on Adult Immigrant Motivation Figure 6: Q 9 - It was important for me to study the lower levels (A1-A2) of German. For Q 8, seven participants ( 35 %) chose E (always or almost always true), three participants ( 15 %) chose D (frequently true), 10 participants ( 50 %) indicated serious attitude towards their studies. At levels A1-A2 most participants felt highly motivated (Q 10, see Figure 7 ) and, as already mentioned, 7 of them ( 41 %) studied rather quickly (Q 7, see Figure 5). Figure 7: Q 10 - My motivation while studying the lower levels (A 1-A2) of German was rather high. 334 Yael Rosenmann 1 Some participants wanted to use their own names while others chose to preserve their anonymity. These findings clearly show that all participants were aware of the importance of German in their host land, Austria, and were strongly motivated to learn the language. They were also consistent with the idea that learning strategies used in SLA were “verified and used in the new learning situation” (Gabryś-Barker 2005, p. 26 ). This demonstrates that age and gender were no predictors of L3 ultimate attainment potential for immigrants with a variety of backgrounds. To quote one participant: “I am willing and motivated to study German. I love it, it’s an interesting language and challenging … so I am doing my best to learn it” ( AK ) 1 . Yet even at this stage, when the participants were very dedicated and highly motivated, early signs of demotivation emerged. Upon completing level A1 and achieving the bare minimum knowledge, one participant’s initial moti‐ vation wore out. He decided it was no longer necessary to pursue German at‐ tainment stating “I don’t want to invest time in learning the language. No one expects me to speak perfect German”. Living in Austria for 9 years, he simply stated: “That’s who I am” ( Jin, PhD), similar to the statement “Studying German? There are more important things to do! ” (“Deutsch lernen? Es gibt Wichtigeres zu tun! ”, Epoch Times 2018). At level A2, while repeating the A2 course for the fourth time, Tati stated “It’s very difficult … [but] when I think about what makes me happy here, the answer is learning! ” RQ 2 - Attitude and Intrinsic Motivation at Intermediate Proficiency Levels Beyond the initial stages, the participants’ responses were the following: eleven participants ( 64.5 %) indicated that they were still doing their best (Q 11), six (40 %) studied rather quickly (Q 12) and seriously (50 %) (Q 13, Q 17). Although all participants agreed on the importance of studying intermediate levels (B1-B2 ) (Q 14 ), the answers were less unanimous than when referring to the previous stages. Most participants (15 out of 18 who answered this section) thought it was very important, nine people ( 60 %) chose answer E (always or almost always true) and five ( 33.3 %) chose D (frequently true) (see Figure 8). This not only manifests that “age patterns in SLA are not governed by a critical period” (Vanhove 2013, p. 1 ) but also that those of TLA are neither. Yet, two participants (12.5 %; Homeira and Mat) have decided to quit their studies upon completion of level B 1 and four participants ( 25 %; Fracisco, Leandro, Masato and Mouli) reported on taking a hiatus. 335 Building Walls or Bridges: The Effect of Identity on Adult Immigrant Motivation Figure 8: Q 14 - Studying the intermediate levels (B1-B2) of German is important. Answering Q 15, eight out of 16 (50 %) stated that they worked extremely hard and four (25 %) worked hard. This showed that out of the participants who an swered this section 75 % went on making extreme effort to achieve their goals (see Figure 9). Figure 9: Q 15 - When studying the intermediate levels (B 1-B2) my aim was to pass the course while doing as little work as possible 336 Yael Rosenmann The situation was summed up by the participant PRW : “All immigrants are very enthusiastic at the beginning, but then life happens … you have less time, you hit a plateau and the years go by …”. At the end of the B2 course three more participants ( 16.6 % Daniele, Irena and Marcio) stopped their TLA . Despite being initially highly motivated and working intensively towards TLA attainment, most of the participants did not pursue their aim to its full extent. 15 of them (83 %) quit before or on the threshold of L3 attainment. RQ 3 - Attitude and Intrinsic Motivation towards Higher Proficiency Levels As for Q 19, “I find it is not helpful to study a high level (C 1-C2 ) of German”, twelve ( 67 %) totally disagreed with the statement, five ( 28 %) disagreed and one (5 %) was undecided (see Figure 10). Figure 10: Q 19 - I do not find it helpful to study a high level (C1-C2) of German. Similarly, for Q 22 , inquiring their will to continue studying German to attain a high level (C 1-C2 ), ten participants ( 55.5 %) answered that they would like to reach a high level (C 1-C2). Four (22.2 %) chose D (frequently true) and six (33.3 %) answered E (always or almost always true). Q 26 was written as a statement: “There is no point in learning a high level (C1-C2)”. 15 participants (83.5 %) disagreed and thought it was quite important to continue learning German at a high level, choosing A (rarely true; 78 %) or B (sometimes true; 5.5 %) (see Figure 11). Interestingly enough, only three participants kept studying towards level C1, of whom two ( 11 %) reached level C2. Out of the two, one (Nina) received a master’s degree in German and works as an 337 Building Walls or Bridges: The Effect of Identity on Adult Immigrant Motivation English-German translator with her native-like level of proficiency and the other, Omar Khir Alanam, whose poems demonstrate a broad range of German skills. In spite of the fact that all recognized the importance of TLA , 15 (83 %) quit their studies before reaching the advanced levels. Figure 11: Q 26 - I see no point in learning a high level (C1-C2). RQ 4 - The Will to Integrate, Reach Proficiency and Embrace the Culture Q 25 was phrased as a statement: “Once you find a job you don’t have to study German”. Eleven participants ( 65 %) thought one should definitely keep studying the language after finding employment and chose A (rarely true), and two (12 %) chose B (sometimes true) (see Figure 12). 338 Yael Rosenmann Figure 12: Q 15 - Once you find a job you don’t have to study German. The response to the final question of the questionnaire (Q 29), “I love the German language and Austrian culture”, demonstrated their attitudes towards Austrian culture. The responses allowed for further elaboration on the fourth element of motivation during the interview. In that aspect, Gardner’s words are noteworthy: But learning another language involves making something foreign a part of one’s self. As such, one’s conception of their ‘self ’ and their willingness to open it up to change (…) will influence how well they can make this material part of their behavioral repertoires. (Gardner 2001, p. 8) This will determine their achievements. Furthermore, according to the Stan‐ dards for Foreign Language Learning Project (cf. ACTFL 1996), learners may become proficient in a new language once they have mastered its cultural con‐ text. On the flipside, using English to interact on the global level has overridden the need to be attracted to its culture (cf. Lamb 2013, p. 24 ). Hence, the successful language learner should be prepared to adopt various cultural features on top of the linguistic aspects, more so for the sake of integration. Culture affects language and vice versa, the two are intertwined. Remarkably, people who ac‐ cepted L2 as an entrance ticket to today’s media and business world and wel‐ comed the English global culture as immigrants, fail to embrace the Austrian culture upon learning L3 German. It is, therefore, significant to point out that less than half of the participants (38 %) were interested in the Austrian culture. Only eight ( 44 %) proclaimed that they found the language appealing, two (11 %) chose E (always or almost always true) and 6 (33 %) chose D (frequently true) 339 Building Walls or Bridges: The Effect of Identity on Adult Immigrant Motivation (see Figure 13). Two stated “I want to be a part of the culture” (Tati) and “I love classical music, opera and Austrian and German literature” (Nina). Figure 13: Q 29 - I love the German language and Austrian culture Language learning is not just comprised of syntax, semantics, phonology, mor‐ phology, and pragmatic competence, but also of the attitude towards the culture of its speakers. Missing this integral part will become a barrier to achieving linguistic competence and hinder full attainment of an L3. By dissecting the inseparable relationship between culture and language, one loses much more than one dimension of TLA . Enjoying culture facilitates and supports long-term motivation to acquire a language. Being open to Austrian cultural features may strengthen the will to improve L3 German. The study clearly indicated that the more the participants identified themselves with L3 German and with the Aus‐ trian culture, the more motivated they were to improve their knowledge. Bridging the cultural gaps will eventually lead to integration. Discussion Overall, the level of motivation decreases as the stages of TLA (A1-A2, B1-B2, C1-C2 ) progress until amotivation takes over and the learner stops studying. It comes as no surprise that during the interviews eight ( 44.4 %) participants re‐ ported losing the desire to achieve their initial goals. The lack of motivation was shared by five men ( 27.5 %; Jin A1, Fracisco and Mat B1, Daniele and Max B2) and three women ( 16.6 %; Homeira and Melita B1 and Irena B2). However, gender 340 Yael Rosenmann differences in reasoning were quite fascinating. Whereas four men ( 22.2 %) ex‐ plained their demotivation in practical terms of losing interest in the language, the reasons of the three women ( 16.6 %) and one of the men (5.55 %) were rather psycho-emotional. All four talked about an inner barrier that prevented them from improving their German. Homeira described this by saying: Something in my heart prevents me from learning German, something that is so dear to me that I don’t want to lose it … I am afraid that by improving my level of German I will lose my command of my L2. You don’t want to lose anything in order to gain something. She went on emphasizing that “I’d like to be true to myself ”. Likewise, staying loyal to herself was the reasoning for Irena’s lengthy hiatus: “(…) that’s why I’m not studying enough German and all the other things of the Austrian culture because I want to stay loyal to myself ”. Clarifying her demotivation, Melita chose her words carefully before saying: I have a huge resistance and an inner conflict: It’s a personal thing … because of the history I have a huge resistance to the language. My childhood was full of sadness …, so I think it’s really emotional for me and that’s the resistance of never adapting again to this language. In a nutshell, the desire of the four to stay loyal to themselves, which is encap‐ sulated in their identity and sense of belonging, hinders their perseverance in learning L3 German. Consistent with the idea that “identity becomes an issue when the self ceases to be taken for granted” (Delanty 2003, p. 135), some adult immigrants find themselves consciously deliberating and reevaluating their identity at the in‐ termediate levels. Some define identity as an inherited substance, developing up to a defining moment before becoming a rigid feeling. Others observe the issue as an ever-changing adapted amorphic creation. Seeing that people tend to “hold their beliefs to be true and these beliefs then guide how they interpret their experiences and how they behave” (Wenden 1998, cit. from Mercer / Ryan / Wil‐ liams 2012, p. 78), this decision will become a crucial turning point in their in‐ tegration processes and their TLA . As Oyserman, Elmore and Smith put it: People interpret situations in ways that are congruent with their currently active identities, prefer identity-congruent actions over identity-incongruent ones, and in‐ terpret any difficulties they encounter in light of identity congruence. When action feels identity congruent, experienced difficulty in engaging in relevant behaviors simply highlights that the behavior is important and meaningful. Conversely, when action feels identity incongruent, the same difficulty suggests that engaging in these 341 Building Walls or Bridges: The Effect of Identity on Adult Immigrant Motivation behaviors is pointless and “not for people like me”. (Oyserman / Elmore / Smith 2012, p. 88) At this point, another aspect of motivation plays an important role in adult immigrants’ TLA , namely, the loyalty to oneself and, more specifically, to one’s strongly held core set of beliefs on identity and belonging. Alongside the way they expressed their beliefs on identity, the effect and impact on the learners’ motivation to invest and progress towards TLA was revealed. Consequently, the level of motivation is altered as the stages of TLA progress, until amotivation takes over and the progress comes to a halt or until motivation triggers reaching the ultimate goal of L3 attainment. Motivation towards achieving the target is necessary but more so the inner justification for doing so. Each decision is based on the way one perceives one‐ self. Whether or not to persevere is a question of identity. The support of the inner incentive is required in order to revive short-lived internal motivation. Positive incentive influences the commitment to long-term hard studying and perseverance towards accomplishing an aim. Most participants pointed out that their reasoning behind their decision to study the language was instrumental, such as finding employment or being accepted to further studies (Bi, Marcio). Some perceive TLA as crucial for social cohesion: “The main thing is that I don’t want to feel alone” (Mouli), “I don’t want to be an outsider” ( AK ). Others chose self-improvement as their argument ( PRW ); Leandro indicated “I would probably be able to express myself and … be able to explain better who I am, what my culture is, what my ethnic background is …”; Masato stated that, by learning German, he will be “able to better serve the society”. Omar Khir Alanam chose to title his first German book “Danke: Wie Österreich meine Heimat wurde” (Thank you: How Austria became my homeland, Alanam 2018b). During the interview, which was conducted in German, he specified two reasons for his inner positive incentive: Firstly, German enhanced his understanding of the Arabic language and gave him a new perspective on his mother tongue. Secondly, he only found his voice after arriving in Austria: “Ich habe die Stimme in Österreich bekommen! ” By contrast, negative incentive, particularly when supported by feeling less loyal to oneself, leads to amotivation and eventually to quitting studying. The learner’s shift in perception is combined with the loss of motivation. Once the novelty wears off, German loses its attraction and the desire for its acquisition diminishes: “You don’t feel the need to improve your German, so you lose the motivation and then it’s quite impossible to learn” (Francisco and Mat). Others lost interest because it is time-consuming (Daniele and Jin). 342 Yael Rosenmann Their answers reflect the strong correlation between motivation and learning. Consequently, despite seeing TLA of German as important, proficiency levels of L3 remain low among large segments of immigrant populations. Numerous adult immigrants struggle with the intermediate phases of acquisition or with achieving the ultimate attainment. This finding, with reference to Germany, is demonstrated in Graph 1 below, produced by the German Socio-Economic panel. 1 stands for well-spoken, hence, 0.5 stands for intermediate level. Graph 1: Longer expected stays of immigrants in Germany are related to greater language proficiency (Isphording 2015, p. 8). A similar situation can be observed among the participants, who all reside in Austria, as the following Figure 14 shows: 343 Building Walls or Bridges: The Effect of Identity on Adult Immigrant Motivation Figure 14: Language Proficiency among the Participants in the Study Beyond the initial stages, which are necessary for acclimatizing, and on the brink of the intermediate stages (B 1-B2 ) of L3, motivation takes, in more cases than not, a nosedive. Namely, this ever-changing emotional element is a product of the interaction between the learner’s current cognitive, emotional, and motiva‐ tional states, which reflect the outward circumstances. The change in attitude may subsequently trigger a great number of learners to put their studies on a lengthy hiatus. This causes them to never resume their pursuit of attaining ade‐ quate or advanced proficiency. The findings substantiate the role of a core set of convictions on one’s identity. Exploring the intrinsic drive for learning German as an L3 leads to a series of predictions (see Prediction Model) concerning language learning of older immigrants. We can, therefore, anticipate that adult immigrants, who upon arrival in German-speaking countries embark on the TLA of German, will begin their studies fully motivated. The next pre‐ diction is that at a certain point, probably at the intermediate stage, some will feel an inner conflict resulting from their ingrained beliefs about their identity. Overcoming this internal struggle paves the way for L3 German proficiency. One way to promote motivation might be to learn from successful nonnative speakers of the target language. Immigrants should be given the opportunity to be introduced to people with similar backgrounds, who overcame the barriers and have attained German as their L3. Alanam and Tawada, for example, can serve as role models. Sharing their stories and viewpoints might unwittingly help build significant bridges between the past and future. Above all, for the sake of rekindling motivation, the inner barriers and their meanings should be acknowledged. This process should be handled very delicately, because, as the 344 Yael Rosenmann saying goes: “If an egg is broken by an outside force, life ends. If an egg is broken by an inside force, life begins.” Changes should never be forced. The Matter of Identity Since “identity becomes an issue when the self ceases to be taken for granted“ (Delanty 2003, p. 135), many adult immigrants find themselves consciously de‐ liberating and reconsidering the right way to embrace it. Some perceive it as an inherited asset, developed over time until established and seen as a cast-iron end result. Others observe it as an adapted ever-changing creation. “Beliefs are im‐ portant because learners hold their beliefs to be true and these beliefs then guide how they interpret their experiences and how they behave” (Rubin 1975 , cit. from White 2008, p. 121 ). Seeing that one tends to hold one’s beliefs to be true (cf. Wenden 1998 , cit. from Mercer / Ryan / Williams 2012, p. 78 ) is a crucial realization that serves as a turning point in the process of integration and TLA , i.e., “engaging in identity-incongruent action is pointless” (Oyserman 2015 , p. 3). “Identity relates to desire - the desire for recognition, the desire for affiliation, and the desire for security and safety” (West 1992 , cit. from Norton 1997 , p. 410). Jameson described cultural identity as a feeling of self, shaped by a group to which the self belongs and the social norms relate to “beliefs, values, attitudes, traditions, and ways of life” ( Jameson 2007, p. 199). She stated that a broad con‐ ception of cultural identity needs to be in harmony with language, among other factors (ibid.). Similarly, ethnic identity can be defined as a group membership depending on the emotional significance attached to a certain group (cf. Creese / Blackledge 2015 , p. 23 ; cf. Trofimovich / Turuševa 2015 , p. 236 ff.). Oy‐ serman, for her part, recognizes three basic components as key factors of forming personal identity - membership, beliefs, and readiness: Memberships focus on being or becoming the type of person who has the desired identity, or avoiding becoming the type of person who has the undesired identity (…) Beliefs focus on the norms, values, goals and strategies believed to exemplify desired and undesired identities. Action-readiness involves readiness to take action congruent with attaining desired identity goals and avoiding undesired identities. Procedural readiness involves readiness to make sense of the world using an identity-congruent mindset. (Oyserman 2009, p. 252) Internal Conflict People who see their L 1 or L2 as their cultural, ethnic, and personal asset expe‐ rience, over time, an inner struggle between their identity-congruent mindset 345 Building Walls or Bridges: The Effect of Identity on Adult Immigrant Motivation and TLA . Immigrants who are emotionally committed to their identity and have a sense of group membership connected to their L1 or L2 feel the increasing necessity to amend this lack of harmony. Their preference for identity-con‐ gruent actions compels them to reconsider their commitment to their studies. At the same time, their wish to reach the goal of TLA is fueled by the knowledge that adequate language skills will increase employment prospects and allow them to climb the job ladder. This two-way dilemma clearly influences their sense of identity and L3 competence. Being able or unable to improve language competence is directly linked to attaining desired identity goals and avoiding undesired identities (cf. Oyserman 2009, p. 252 ). This is a fundamental decision. Eventually, those who view “identity as a ‘production’ which is never com‐ plete, always in process (…) always constituted within” (Hall 1990, p. 222 ), create another facet of their hybrid identity. These immigrants choose to gradually free themselves from their old culture’s constraints and see the world through fresh eyes, looking beyond the “cultural glasses” (Ando 2016). They are rewarded by gaining new or reconstructed facets of identity, thus enriching their “identity repertoire” (Blommaert / Varis, 2013, p. 157 ) to suit their host country. Embracing their new language and culture awards them with integration and a sense of identity-congruence associated with new values and goals. Armed with their fresh approach, they determinedly choose to go forward with their long-term commitment to German and obtain a nearly native-like mastery of the language. Simultaneously, they bridge their past and future by “adding a new language and culture without losing their own” (Trofimovich / Turuševa 2015 , p. 236 ). This welcoming openness to accept the changes is typically the choice of younger adult immigrants. Finally liberated from the ties with their homeland, they can relate to Yoko Tawada, one of today’s most well-known German authors. This exophonic novelist moved to Germany in her early twenties. She has been wri‐ ting in both Japanese, her L1, and German, her home language, for the last three decades and was quoted saying: If I (…) were to argue that I am from Japan, that I am a Japanese woman, (…), I would be saying something that, quite simply, does not correspond to my reality. (…) Nowadays, human existence is made up of continual, varied interchanges. What I refer to as “I” is made up of what I hear, what I read, what I see, and how I react to it. Of course, this current “I” has also something to do with the past, but my past, too, does not consist solely of Japan. (Brandt 2006, p. 43) Alternatively, those at this crossroad who choose to preserve their established, inherited identity set in stone and keep their membership will become “conscientious objector[s]” (Piller 2019). Feeling a strong attachment to one’s L1 and 346 Yael Rosenmann the cultural and ethnic heritage, one is fully aware of one’s “heritage luggage” or “cultural maintenance”. On a similar note, Shirin Neshat, the exiled Iranian artist who is based in New York, presents this native persona in her iconic black-and-white close-up portraits, Women of Allah (1993-1997 ). In a captivating photographic portrait, she gave voice to her compatriot female figures by writing Persian poetry in calligraphy on their faces. Evidently, the very es‐ sence of her heritage and her deeply ingrained cultural knowledge lies under‐ neath the veil and underneath the surface. It can be perceived only through an image, resembling a symbolic x-ray image. This bone-deep “heavy luggage” will, in due course, develop into the main drawback on one’s way to integration and serve as the reason to be content with the bare minimum of L3 knowledge for the sake of employment. Socially, they choose to build an invisible isolating wall around them and reinforce the barrier on their way to the ultimate attainment of an L3. Their decision to aim for a low proficiency level takes its toll; their well-being and health-related quality of life suffers (Ding / Hargraves 2008, cit. from Blumenfeld / Quinzon / Alsol / Riera 2017 , p. 82 ; cf. Mui / Kang / Kang / Do‐ manski 2007 , pp. 119 ff.). These findings prove Oyserman’s prediction that “iden‐ tity-congruent choices are more likely than identity-incongruent choices, no matter if these choices are perceived as beneficial or not” (Oyserman 2009, p. 257). Alexander Solzhenitsyn, the iconic Russian author, represents those who se‐ lect this option. Though exiled from the Soviet Union at the age of 56 , he kept writing in Russian over the course of his life. When asked about the Russian American novelist, Vladimir Nabokov, he expressed his views as follows: To reach Western readers, Nabokov was obliged to use his brilliant knowledge of English. This meant breaking with the past. He was born anew, with a new soul, (…) but he lost his Russian roots. He was therefore lost to Russian literature. (Kramer 1980) The immigrant dilemma remains whether to preserve “inherited identity” or to adapt oneself to the host language and culture. Whichever way, the price is high. The more fortunate ones find the modus vivendi and manage to bridge the past and the future “and become the bridge between two countries” (Kaur 2017). 347 Building Walls or Bridges: The Effect of Identity on Adult Immigrant Motivation Concluding Remarks Addressing the impediments, which an unparalleled number of adult immi‐ grants face while undertaking German as an L3, is highly important in this time and age. One of the major obstructions to attain native-like proficiency is the inner emotional barrier, rooted in their self-limiting beliefs. The desire to stay loyal to themselves, which is encapsulated in their identity and sense of belonging, hinders their perseverance in L3 German acquisition, hence, the im‐ 348 Yael Rosenmann portance of realizing the impact of this inner conflict on accepting the language wholeheartedly. Taking the psycho-emotional hurdle associated with adult im‐ migrants’ perception of identity into account is the key to improving tertiary language fluency. Once they recognize the price they pay for maintaining their notion of identity, they hopefully overcome their internal resistance and conflict and will be able to regain motivation to achieve L3 competence. Studying adult immigrants’ TLA provides an essential insight not only into their mindset and identity-based motivation, but also into the absorption issue in general. Acknowledging the role of underlying emotions involved in the pro‐ cess of TLA is crucial for designing effective policy measures to facilitate LA for economic and social integration as well as everyday cultural competence. It is especially relevant to those researching the fields of TLA and socio-cultural identity. A better understanding of identity-based motivation is important for L3 educators working with adult immigrants as well as for curriculum developers, administrators, and policy makers. The conclusions of this paper were deduced from data gathered from a rather small number of participants, all from the same Austrian geographical area. For more generalizable and reliable results, future studies should consider conducting a quantitative research with a larger number of people from different districts throughout the German speaking countries, i.e., Austria, Germany and Switzerland. Bibliography ACTFL, American Council on the Teaching of Foreign Languages (1996): Standards for Foreign Language Learning. Preparing for the 21st Century. https: / / www.actfl.org/ sit es/ default/ files/ publications/ standards/ 1996%20National%20Standards%20for%20FL% 20L%20Exec%20Summary.pdf [23. 09. 2020]. Alanam, Omar Khir (2018a): Wie Österreich meine neue Heimat wurde. www.kleine zeitung.at/ politik/ 5394537/ Ein-Syrer-sagt-Danke_Wie-Oesterreich-meine-neue- Heimat-wurde [23. 09. 2020]. Alanam , Omar Khir (2018b): Danke! Wie Österreich meine Heimat wurde . Wien: edition-a. 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C: This item is true for me about half the time. D: This item is frequently true for me. E: This item is always true or almost always true for me. THE EFFECT OF IDENTITY ON MOTIVATION IN THIRD LANGUAGE ACQUISITION 1. How old are you? _________ 2. How old were you when you started learning your second language? __________ 3. How old were you when you started learning your third language? __________ 4. How old were you when you started learning German? __________ 5. German is my third language ___________________ 6. Are you: ____ Male ____ Female 7. I studied the lower levels (A1-A2) of German rather quickly. A / B / C / D / E 8. I studied the lower levels (A1-A2) of German rather seriously. A / B / C / D / E 9. It was important for me to study the lower levels (A1-A2) of German. A / B / C / D / E 355 Building Walls or Bridges: The Effect of Identity on Adult Immigrant Motivation 299 10. My motivation while studying the lower levels (A1-A2) of German was rather high. A / B / C / D / E 11. When studying the intermediate levels (B1-B2) my aim was to pass the course while doing as little work as possible. A / B / C / D / E 12. I studied the intermediate levels (B1-B2) of German rather quickly. A / B / C / D / E 13. I studied the intermediate levels (B1-B2) of German rather seriously. A / B / C / D / E 14. Studying the intermediate levels (B1-B2) of German is important. A / B / C / D / E 15. When studying the intermediate levels (B1-B2) my aim was to pass the course while doing as little work as possible. A / B / C / D / E 16. I studied seriously only the lower levels (A1-A2) of German. A / B / C / D / E 17. I study/ studied seriously only the intermediate levels (B1-B2) of German. A / B / C / D / E 18. I do not need to study a high level (C1-C2) of German for my work and life. A / B / C / D / E 19. I do not find it helpful to study a high level (C1-C2) of German. A / B / C / D / E 20. I enjoyed studying the lower levels (A1-A2) of German. A / B / C / D / E 21. I enjoyed studying seriously the intermediate levels (B1-B2) of German. A / B / C / D / E 22. I would like to keep studying German to a high level (C1-C2). A / B / C / D / E 23. I generally restrict my German language study to what I think is needed. A / B / C / D / E 24. I always study above and beyond what is asked from me. A / B / C / D / E 25. Once you find a job you don’t have to study German. A / B / C / D / E 26. I see no point in learning a high level (C1-C2). A / B / C / D / E 27. I acquired a language level, which qualified me for the labor market. A / B / C / D / E 28. I see no point in learning material which is not likely to serve me. A / B / C / D / E 29. I love the German language and Austrian culture. A / B / C / D / E Thank you for completing the questionnaire! Your answers are confidential. However, I would like to use them anonymously (with a fake name or your initials). Please choose your preference: Whether I may use your name (your own or a fake one) ______________________________ or your initials _____________. 356 Yael Rosenmann Fit for the Future: Towards a Language Policy for the University of Graz - a Needs Analysis Simone Klinge What language degree programmes or language courses should the Univer‐ sity of Graz offer in relation to local and economic factors? These policy con‐ siderations are based on matters of social cohesion, cultural heritage, and economic prosperity of the Austrian society as well as the success of the in‐ dividual in the domestic labour market. The present study provides an intro‐ ductory overview of the status quo of the language course and degree pro‐ gramme offer at the University of Graz. It then uses a set of indicators to approximate the most widespread languages; which are spoken in the Pro‐ vince of Styria besides German, as well as the most important foreign languages relevant to Austria’s international trade and inbound tourism. The results reveal a considerable overlap of languages in both research categories and reflect Austria’s strong ties with its neighbouring countries, in Central and Eastern Europe. Research Background Heading towards the EU ’s vision of a European Education Area, the “European Universities Initiative” flagship programme was created under the Erasmus+ Programme with the aim of “bring[ing] together a new generation of creative Europeans able to cooperate across languages, borders and disciplines to address societal challenges and skills shortages faced in Europe” (European Commission 2021; cf. Council of the European Union 2018). Under this initiative, the Arqus Alliance, of which the University of Graz is a member, was launched in the summer of 2019. It belongs to the first generation of European Higher Education Alliances. What unites the Arqus Alliance members is that they are “longstanding com‐ prehensive research universities with deep regional engagement in medi- 1 A further dimension of internationalisation concerns the language of academic publishing. For example, it was a conscious decision to publish the present article in English in order to reach a more international readership. 2 For an analysis on language aspects of the internationalisation process and examples of language policies, see, for instance HRK 2019 (with a main focus on higher education institutions in Germany). 3 See, for example, the University’s document on the internationalisation of curricula, Internationalisierung von Curricula - Handreichung (University of Graz 2018). um-sized cities” (Arqus Alliance 2021). One of the six thematic areas of action within this alliance is the “Multilingual and Multicultural University” with the goal, among others, of “ensuring that students and instructors have the language proficiency and cultural competence they need for their studies and future pro‐ fessional activities” (ibid.). The activities include developing a common charter on language policy and the promotion of multilingualism in higher education. The preliminary considerations for developing a common policy raised the need for assessing and re-evaluating the language situation at the University of Graz. Even beyond the EU integration process, the effects of globalisation have led to an increase in academic mobility, international cooperation, and competitiveness of universities. This inevitably goes hand in hand with an increased need for foreign language skills, foremost English as the prevailing lingua franca in academia. Therefore, in the course of this internationalisation process, several universities have adopted their own language policy to regulate the use of languages at their institution as a subject and medium of teaching as well as a means of communication. 1 Such language policies focus predominantly on balancing the role of English vis-à-vis the national language(s), which is, in its own right, an aspect that de‐ serves attention. While the policies may highlight the importance of foreign language acquisition and multilingual skills in a general sense, the question of which actual languages to offer is not their central objective. 2 The University of Graz is no exception here. It has not (yet) developed a dedicated language policy, though foreign languages do play a fundamental part in its internationalisation strategy, especially English. 3 Against this background, and having the Alliance’s goal concerning multilingualism in mind, the present study sets out to identify, through a systematic approach and based on a set of criteria, the languages that should be offered as subjects of learning, studying, teaching, and research at the University of Graz. 358 Simone Klinge 4 Where to draw the line is debatable. The Committee of Experts of the European Charter for Regional or Minority Languages of the Council of Europe have used > 100 years as a yardstick (cf. de Groot 2019, p. 116). 5 See the 2017 Austrian Integration Act. Research Objective The overall research question of the present study is thus: What languages should be offered at the University of Graz from a local and national perspective? As a public institution of higher education, the university’s mission is to carry out research and offer teaching that is relevant and beneficial to society (Uni‐ versity of Graz / BMWBF 2021, p. 3). A university should not only train future academics for a university career (cf. University of Graz 2021a, p. 5), but also, in line with the above-mentioned goals of the European University Alliances, equip students with the necessary skills to succeed in the labour market. Thus, the types of languages researched in this study are determined by their relevance for the future job prospects of university graduates in Graz in particular, and the benefits for Styrian / Austrian society in general. With regard to the local perspective, the present study investigates the lang‐ uages of the minority communities in Graz and the surrounding region. The University of Graz is located in the capital city of the Province of Styria, the second largest city in Austria, with a population of 331,562 (Statistik Graz 2021 ). As an urban area, Graz has a large number of inhabitants with a migrant background. Throughout history, Austria has witnessed many migratory processes, which have left their traces in the linguistic landscape. Depending on the duration of their historical presence in the territory, these languages are tradi‐ tionally divided into allochthonous (“new”) and autochthonous (“old”) lan guages. 4 The status and treatment of these two language categories by the state and society differ, even if some of the languages in question may coincide. When it comes to the relatively more recent migrant communities, the main stance of the state’s language policy on the long-term integration of migrants is the need to acquire the German language for full participation in social, eco‐ nomic, and cultural life in Austria. 5 To some (if lesser) degree, the state also recognises the importance of retaining the mother tongue or heritage language of migrants, for example, by offering mother-tongue classes to schoolchildren. This is perceived as being conducive to the self-confidence of the pupils and the identification with the school, while also having the potential for fulfilling the language needs of the economy and society (cf. Fleck 2011 ). Furthermore, ac‐ cording to at least one study, to which will be referred to later in more detail, there is indeed a concrete need for such language skills in the areas of healthcare, 359 Fit for the Future: Towards a Language Policy for the University of Graz 6 See, for example, the Explanatory Report to the European Charter for Regional or Minority Languages (Council of Europe 1992). social services, and education in Graz (cf. Korb / Gruber / Win‐ disch / Schrammel-Leber 2015, p. 14 ). A two-way intercultural approach to an inclusive integration places value on the migrants’ languages of origin as well as their plurilingual and pluricultural identities and is ultimately an essential vehicle for social cohesion (cf. Council of Europe 2021). As for the autochthonous languages with their longer traditional presence in Austria, they have become part of the country’s cultural heritage. A general characteristic of many traditional languages, not only in Austria, is that their intergenerational transmission is threatened if no pro-active measures are taken to counterbalance the dominance of the national language. 6 Enabling the use of these languages in the public sphere is also a matter of linguistic rights as guaranteed by legislation. Proficiency in these languages is therefore required in public institutions to serve the needs and rights of the speakers of these lang‐ uages. With regard to the national perspective, the present study focuses on the language needs of the economic sector, the essential pillar by which the pros‐ perity of a country is measured. A case can be made that English as the lingua franca may suffice for most business communication matters, if not German. However, learning a language also means learning about the culture, which, in combination, is crucial to building better relationships (cf. Tinsley / Board 2017, p. 6 ; cf. Archan / Dornmayr 2006, p. 52 ). In a 2005 survey (cf. Archan / Dornmayr 2006), 86 % of the ca. 2,000 Austrian enterprises required staff members to have foreign language skills. Research Method The first step of the research was to gain a comprehensive and detailed overview of the current offer of foreign language-related study programmes and language courses at the University of Graz. This encompassed the available types of de‐ grees and target levels of language proficiency of the Common European Frame work of Reference for Languages ( CEFR ). In terms of the language needs of the language-related departments, an in-house survey was conducted to this end in late 2019 as a second step. Finally, the university’s policy documents and co‐ operation activities were analysed to identify the countries or regions the uni‐ versity engages with most strongly. 360 Simone Klinge To determine the most widely used languages of migrant communities in Graz and Styria, the study used a combination of the following available demographic and sociolinguistic indicators: 1. statistics on the number of inhabitants in Graz and Styria, as well as of students inscribed at the University of Graz, categorised by nationality; 2. results of the population census of 2001 regarding the languages spoken by the inhabitants of Styria; 3. recent statistics on mother-tongue courses at public schools in Styria; and 4. the results of a study of 2015 that was conducted by researchers of the University of Graz on the foreign languages used and needed in public institutions in Graz. Since there is a higher degree of fluctuation among some migrant communities, attention was paid to identifying the relatively more established minorities and languages. In contrast, the traditionally spoken languages in the region of Styria and in Austria are already defined, so that the research in this area was reduced to examining the number and distribution of speakers. In order to determine the most relevant foreign languages for the Austrian economy today and for the future, a set of indicators was used, modelled on those contained in the British Council study, Languages for the Future (2017), which were developed for a similar purpose. The necessary information for these indicators was mainly extracted from official statistics relating to the most important countries for trade and tourism. The figures were compared with those of previous years in order to detect consistencies and possible trends. These results were then compared with the language needs of Austrian com‐ panies according to a 2005 study (cf. Archan / Dornmayr 2006, p. 52 ). As to the languages that may become more relevant in the future, information about states with emerging trade potential for Austria as well as trade priorities of the federal government were examined. Finally, it should be noted that most of the statistical information refers to the time before the outbreak of the COVID -19 pandemic and thus the study has not taken possible long-term effects and after-effects into account, as the situation was not yet predictable at the time of writing. Research Aim The aim of the study is to determine whether the status quo of language-related offers at the University of Graz meets the current and long-term needs of tra‐ 361 Fit for the Future: Towards a Language Policy for the University of Graz 7 The other faculties are: 1. Catholic Theology, 2. Law, 3. Business, Economics and Social Sciences, 4. Environmental, Regional and Educational Sciences, 5. Natural Sciences. 8 A structured doctoral programme is currently being developed. ditional and migrant minorities and their languages at the local level, and those of Austrian businesses at the national level. This can provide a fresh impetus to the development of one aspect of a language policy for the University of Graz, while also taking the needs of the language-related departments into account. Research Results and Recommendations for Implementation Status Quo of the Language Offer at the University of Graz Modern languages can be studied at the University of Graz as degree pro‐ grammes and as language acquisition courses. A large number of the latter are also available to university staff and some are adapted to the specific needs of students. All language-related degree programmes are part of the Faculty of Arts and Humanities, which is one of the six faculties of the University of Graz. 7 Four philological departments offer foreign languages as bachelor’s, master’s, doc‐ toral, and teaching degrees: English Studies and American Studies (English); Romance Studies (French, Italian, Spanish), and Slavic Studies (Bosnian-Croa‐ tian-Serbian ( BCS ), Slovene, Russian). The target level of language competence of the master’s programmes is C1 of the CEFR , respectively C2 for English. The Department of Translation Studies ( ITAT ) has different types of bachelor’s and master’s programmes in eleven languages in total (see Table 1 below). 8 With regard to language classes, Polish (A2 level of the CEFR ) and Portuguese (up to B1 level) are taught as language courses at the respective philological departments. In addition, the ITAT delivers language and certificate courses for its students. The Business Language Centre offers business language courses in English (up to C1), French, Spanish, and Italian (up to B2). Finally, Mandarin Chinese classes are available at the Confucius Institute (all levels up to C1). The cross-faculty Centre for Language, Plurilingualism and Didactics ( treffpunkt sprachen ) offers semester courses at CEFR A-level in 18 modern languages, in addition to German as a Foreign Language and Austrian Sign Language. More advanced levels are provided for French, Italian, Japanese, Spanish (up to B-level) and English (up to C-level). Students receive ECTS points for all men‐ tioned language courses. In addition to the general language courses, treffpunkt sprachen offers specific and targeted courses for students and staff: English for general staff, and English 362 Simone Klinge 9 Bosnian, Croatian and Serbian (BCS) are mutually intelligible standard varieties. treff‐ punkt sprachen offers language courses in BCS as well as in Croatian. and teaching through the medium of English for academic staff. treffpunkt spra‐ chen offers other study-related courses such as “Legal English”, “English Aca‐ demic Writing”, and finally “Student Exchange Training” with respect to Eng‐ lish, French, Italian, Spanish, Russian, and Swedish (cf. treffpunkt sprachen 2020a; cf. Office of International Relations 2020). In sum, 20 foreign languages can be studied and / or acquired at the University of Graz: Language Semester foreign language course Degree pro‐ gramme: Philology Degree pro‐ gramme: ITAT Arabic x x BCS 9 x x x Czech x Dutch x English x x x French x x x Hungarian x x Italian x x x Japanese x Korean x Mandarin Chinese x Modern Hebrew x Persian x Polish x Portuguese x Russian x x x Slovene x x x Spanish x x x 363 Fit for the Future: Towards a Language Policy for the University of Graz 10 Alps-Adriatic Working Community Rectors Conference, CEEPUS, CEI - Central Eu‐ ropean Initiative, Danube Rectors’ Conference. 11 The Eurasia-Pacific Uninet (EPU). 12 It should be noted, however, that Slovak and Czech are mutually intelligible. Swedish x Turkish x x Table 1: Offer of language courses and language degree programmes at the University of Graz (cf. UNIGRAZonline 2020a) Currently about 10 % of all courses offered at the University of Graz are held in English (University of Graz 2021c). In addition, several master’s and PhD degree programmes are entirely in English, including Joint Degree Programmes. This applies to all six faculties and a number of cross-faculty centres as well as to various types of courses (e.g., seminars, lectures, tutorials). Other foreign languages do not serve as instructional languages except at the language-related departments and centres. The University of Graz maintains partnerships with about 500 universities worldwide (University of Graz 2021 c), including close cooperation with a se‐ lected number of these. It has joint study agreements with 13 universities, and it is a member in nine network partnerships, most of which have a particular geographic focus on Central, East, and Southeast Europe, 10 and on Asian countries. 11 Furthermore, through its strategic partnerships, the university has close mutual cooperation and exchange with one partner university each in China, Germany, Canada, Slovenia, and the USA (University of Graz 2021d). Another strategic partnership is the Arqus Alliance itself. The university-wide strategic focus is on Southeast Europe, which reinforces its longstanding cooperation with the region (cf. Universität Graz 2021a, p. 3 ). This focus is reflected in the activities of the cross-faculty Centre for Southeast European Studies that was set up in 2008, and in the teaching, research, and cooperation foci of several university units, including the Department of Slavic Studies, the ITAT , and treffpunkt sprachen. In terms of language needs, only one survey response re‐ lated to language courses or degrees, which came from the ITAT , with the desire to expand its offer of study programmes to an East Asian language. To summarise, the University of Graz covers a range of languages that can be studied as a course and / or degree course. This includes all official languages of the neighbouring countries of Austria, except for Slovak, 12 and seven non-Eu‐ ropean languages, in particular, Asian languages: Arabic, Chinese, Hebrew, Ja‐ 364 Simone Klinge 13 Austrian Sign Language became an additional recognised minority language in 2005, but obviously not as a language of an ethnic group (cf. BMUKK / BMWF 2008, p. 22). 14 It was the last population census in Austria. Since then, Austria has carried out only register-based censuses, which do not collect any information on language use (cf. Sta‐ tistik Austria 2021a). panese, Korean, and Persian. The current language offer seems to be well-coor‐ dinated among the departments and centres in the sense that they build on each other. The “Teaching in English” courses contribute to the university’s goal of increasing the number of courses taught in English. Furthermore, the course offer covers all languages of the universities of the joint study agreements and strategic partnerships. Location Autochthonous Minority Languages in Austria The languages of the officially recognised national minorities in Austria are Burgenland Croatian, Hungarian, Slovene, Romani, Czech, and Slovak. 13 Slovene and Romani are the recognised minority languages spoken in Styria. These autochthonous languages have been present in the territories of Austria for centuries and are protected under the Federal Constitutional Act , the State Treaty of 1955, and the Ethnic Groups Act of 1976. Austria has strengthened its commitment to protect these languages at the European level by ratifying the European Charter for Regional or Minority Languages in 2001 and the Framework Convention for the Protection of National Minorities in 1998 , two Council of Eu‐ rope treaties. Being state party to these treaties obliges the state to take legal, policy, and practical measures that aim at fostering minority languages in several sectors. There is no official data on the number of speakers of the minority languages of Austria. In the last population census in Austria, which dates back 20 years (cf. Statistik Austria 2002), 14 inhabitants were asked about their everyday con‐ versational language. According to the minorities’ own estimates, however, the numbers of speakers are higher. 365 Fit for the Future: Towards a Language Policy for the University of Graz 15 Important historical developments in Austria include the result of the Austro-Hunga‐ rian Empire, and more recently, post-WWII: in the 1950s and 1960s, colonial und post-colonial migration, ethnic migration, labour migrants and their dependants, refu‐ gees, and asylum-seekers, peaking in the 1970s with 230,000 workers from Turkey, Yugoslavia, and Spain in Austria (cf. Korb / Heiling / Halwachs 2018). The Autochthonous Minority Languages of Austria Minority language Earliest settle‐ ment / historical presence since 2001 census: every day conversational language 2004 self-assess‐ ment of the ethnic minorities Burgenland Croatian 16 th century 19,374 in Burgenland 2,456 in Vienna 50,000 in Burgenland 12,000-15,000 in Vienna Slovene 6 th century 17,953 in total 12,554 in Carinthia 2,192 in Styria 50,000 in total 3,000-5,000 in Styria Hungarian Middle Ages 25,884 in total 10,686 in Vienna 4704 in Burgenland 30,000 in total Czech 13 th century 11,035 in total 20,000 long-estab‐ lished in Vienna Slovak 5 th century 3,343 in total 1,775 in Vienna 5,000-10,000 in total Romani 15 th century 4,348 in total 1,268 in Vienna 1,000 in Lower Austria 903 in Upper Austria 611 in Styria 263 in Burgenland 20,000-25,000 long-established 50,0000 Roma in total (number of minority members, not of Ro‐ mani speakers) Table 2: Number of speakers of minority languages in Austria (cf. Statistik Austria 2002, cf. Council of Europe 2005) Demographical Information on Graz Graz is a linguistically and ethnically diverse city, which has, in part, developed historically through waves of migration, caused, for example, by political or ethnic conflicts in other countries, or by the active recruitment of labour force. 15 According to estimates, 73,000 inhabitants of Graz represent more than 160 nationalities (cf. Korb / Heiling / Halwachs 2018 , p. 14). In Lend and Gries, two of the 17 districts of Graz, immigrants account for 40 % to 50 % of the resi‐ 366 Simone Klinge dents. These districts have had a history of immigration since their foundation in the 16 th century, especially by Slovenes (cf. ibid.). Population of the City of Graz and of the Province of Styria by Nationality Graz Styria 2015 2019 2020 Nationality No. of in‐ habitants Nationality No. of in‐ habitants Nationality No. of in‐ habitants 1. Bosnia and Herzegovina 5,964 Romania 7,705 Romania 21,616 2. Germany 5,602 Croatia 7,175 Croatia 16,224 3. Croatia 5,459 Bosnia and Herzegovina 6,825 Germany 16,216 4. Romania 5,307 Germany 6,479 Bosnia and Herzegovina 11,907 5. Turkey 4,887 Turkey 5,418 Hungary 9,661 6. Hungary 2,270 Hungary 3,149 Turkey 7,776 7. Russia 1,641 Afghanistan 2,676 Slovenia 6,339 8. Slovenia 1,587 Syria 2,399 Afghanistan 4,993 9. Kosovo 1,460 Slovenia 2,364 Syria 4,320 10. Serbia 1,349 Russia 2,055 Russia 3,787 11. Italy 1,133 Kosovo 1,797 Kosovo 3,719 12. Afgha‐ nistan 1,042 Serbia 1,597 Serbia 3,207 13. Nigeria 961 Italy 1,581 Italy 2,379 14. Egypt 732 Nigeria 971 Slovakia 2,310 15. Poland 665 Bulgaria 916 Poland 2,063 16. Slovakia 663 Iran 806 Bulgaria 1,559 367 Fit for the Future: Towards a Language Policy for the University of Graz 16 With notable exceptions of over half from Bosnia and Herzegovina and Italy, and less than half from Hungary, Slovenia, and Slovakia. 17 In the 2000s, these nationals were especially from Russia and Iran and, from the 2010s onwards, increasingly from Syria and Afghanistan (cf. Statistik Austria 2020c). 17. China 651 Slovakia 789 Iraq 1,359 18. Bulgaria 642 Poland 788 China 1,323 19. Spain 543 Egypt 752 Iran 1,264 20. Syria 266 China 749 North Macedonia 1,105 Table 3: Inhabitants by nationality with main residence in the City of Graz on 1 January 2019 and 1 January 2015; and in Styria on 1 January 2020 (cf. Stadt Graz 2020, cf. Stadt Graz 2017, cf. Statistik Austria 2021b) Ten of the 20 largest groups of migrants in Graz in 2019 are from Central and Eastern European countries ( CEEC s), while eight are nationals from African and Asian states. Germans and Italians represent the only two Western Euro‐ pean nationalities. Apart from one or two exceptions in the lower ranks, the top 20 list sorted by nationality has neither changed compared to 2015, nor differs substantially from the results in Styria. The latter is less surprising considering that roughly half of the inhabitants of almost each nationality reside in Graz. 16 These figures illustrate the multicultural character of Graz within the region. In terms of identifying the more established minority groups, and going back a little further in time, calculating the largest groups based on the average net migration in Austria over a time span of 24 years ( 1996-2019 ) reveals that these are in fact almost identical with the present-day largest minority groups (see Statistik Austria 2021 c - own calculations). All have shown steady inward mi gration throughout the years, with an overall increase of migration and with noticeable peaks with respect to some nationals, caused, among other things, by the flight from the outbreak of war, ethnic tensions, or the 2004 EU enlargement. 17 As to the international diversity among students, Graz is home to four uni‐ versities and four colleges with more than 52,000 students. In 2018, almost 4,300 Erasmus students came to Graz (cf. Stadt Graz 2019). With 30,000 students, the University of Graz is the largest university of Styria, and the second largest in Austria. 15.3 % of them were registered as international students in the winter term 2018 / 2019 . Furthermore, 19 % of the academic staff and 5 % of the ad- 368 Simone Klinge ministrative staff were of non-Austrian origin (cf. Universität Graz 2020). Foreign Students at Universities in Graz and at All Universities in Austria University of Graz All public uni‐ versities in Graz All universities in Austria WT 2014 / 15 WT 2019 / 20 WT 2019 / 20 WT 2018 / 19 Nationality No. of stu‐ dents Nationality No. of stu‐ dents Nationality No. of stu‐ dents Nationality No. of stu‐ dents 1. Germany 1,187 Germany 1,518 Germany 2,998 Germany 27,216 2. Bosnia and Herzegovina 582 Croatia 540 Bosnia and Herzegovina 1,067 Italy (South Tyrol) 8,936 3. Croatia 434 Bosnia and Her‐ zegovina 513 Croatia 923 Bosnia and Her‐ zegovina 2,952 4. Slovenia 232 Slovenia 240 Italy 916 Croatia 2,692 5. Italy (South Tyrol) 158 Italy (South Tyrol) 199 Slovenia 531 Turkey 2,500 6. Hungary 142 Hungary 163 Hungary 304 Hungary 2,414 7. Serbia 119 Italy 145 Serbia 182 Serbia 2,042 8. Italy 103 Serbia 99 Spain 175 Russia 1,628 9. Kosovo 80 Russia 95 Turkey 160 Bulgaria 1,624 10. Romania 70 Spain 88 Ukraine 149 Ukraine 1,411 Table 4: Number of registered students by nationality at the University of Graz, at all public universities in Graz, and at all public universities in Austria (cf. UNIGRAZonline 2020b, cf. Statistik Austria 2021d, Statistik Austria 2020b) By large, the University of Graz attracts students from the same countries as public universities in Graz and Austria overall, with Germans topping the list, but with a noticeably lesser share of Turkish students. The eight largest groups of nationalities at the University of Graz were the same as those in the winter term 2014 / 2015. Deriving the four most widespread languages among interna‐ tional students in Graz from the official languages of the respective countries of origin, these are BCS , Slovene, Hungarian, and Italian. 369 Fit for the Future: Towards a Language Policy for the University of Graz 18 For detailed case studies on the plurilingual diversity among migrant communities in Graz, see Korb / Heiling / Halwachs 2018. 19 These are the services (economy, administration, and libraries), infrastructure, insurances, executive branch, judicial branch, healthcare, and social sector. Languages Spoken by Inhabitants of Graz and Styria There is no comprehensive data on the number of languages spoken in Graz or Styria, let alone on the number of speakers. However, with a city counting more than 160 nationalities, they are bound to be in abundance. Table 4 on the popu‐ lation of Graz and Styria above serves only as a first indication of the most widely spoken languages, as they cannot always be automatically inferred from the nationality of the inhabitants. For instance, in Austria, 36 % of the population with a migrant background have Austrian citizenship; within the Turkish com‐ munity even 60 % (cf. Statistik Austria 2020c, p. 27). In 2019 , immigrants from Afghanistan, Syria, and the former Yugoslavia were among the largest groups to acquire Austrian citizenship (cf. ibid., p. 17). Furthermore, in the countries of origin, there may be additional widely spoken but non-official languages, for example, in a specific region or by a larger ethnic group. To complicate things further, neither can one infer the language competence, the number of languages, and the language use of a person by sheer reference to their ethnicity or migrant background. 18 This complexity needs to be kept in mind throughout this sub-section. Thus, with the data available, one can only approximate a ran‐ king order of languages. A recent in-depth sociolinguistic study (cf. Korb / Gruber / Win‐ disch / Schrammel-Leber 2015 ) provides an insight into the linguistic heterogeneity of Graz. The study reviewed the languages used at 61 public institutions across seven sectors 19 in Graz with respect to: 1. the foreign language skills of staff members; 2. written material and signage in foreign languages; and 3. the languages spoken by the clients, customers, and patients, including the most frequently demanded languages from interpretation services as well as those mentioned by the interviewees of the respective institutions. In sum, 40 languages were spoken among staff members, and many more lan guages were used for written material. Although the institutions did not keep a systematic record of the languages spoken by the clients, customers, etc., the researchers were able to account for almost 60 languages (cf. ibid., p. 67). As it was possible for the researchers to collect data on the languages spoken by the staff and used on material and signage systematically and per sector, the most frequently occurring ones can serve as an indicator for the more wide - 370 Simone Klinge 20 With respect to material and signage, these could reflect the widespread languages of the clients, etc. or of more commonly used regional linguae francae, or an L2. As to the staff, their language skills could reflect those needed most in the institutions, the language diversity of the inhabitants of Graz, and / or an L2. 21 These were: Bulgarian, Chechnyan, Dari / Farsi, Kurdish, Mongolian, Pashto, Romani, Slovak, and Urdu. spread and established minority languages in Graz. 20 The ten languages most frequently spoken by staff thereby coincide with the top ten languages used on written material, except for Arabic, which ranks in the top ten of the latter, and Italian, which ranks in the top ten of the former. These languages are BCS , English, French, Hungarian, Romanian, Russian, Slovene, Spanish, and Turkish. These eleven languages appear among the 60 languages spoken by clients. The most demanded languages 21 are added to this list, while giving pri‐ ority to those languages that can be attributed to languages spoken in the top countries of origin (see Table 3 above), identified as Chechnyan, Kurdish, and Romani. In turn, from the list of eleven languages, French and Spanish are the only languages mentioned above that cannot be attributed to the top countries of origin. As already referred to above with respect to the autochthonous languages (see Table 2 above), the 2001 national census asked persons with their main residence in Austria about their everyday conversational language (cf. Amt der Steiermärkischen Landesregierung 2003, p. 59 ). Graz was the city with by far the lowest percentage of exclusively German-speaking inhabitants in Styria ( 88.3 %). 8.4 % were bilingual, and 3.3 % were non-German speakers (cf. ibid., p. 76). The inhabitants of the Province of Styria provided the following answers: 371 Fit for the Future: Towards a Language Policy for the University of Graz Everyday Conversational Languages of the Inhabitants of Styria (Other than German) Speakers in Styria Speakers in Styria with Austrian citizenship Conversational language (incl. in combi‐ nation with German) No. of speakers Percentage of speakers among those conversant in a language other than German No. of speakers Percentage of speakers among those conversant in a language other than German 1. Croatian 14,489 24.4 1,839 12.7 2. English 5,349 9 3,214 60.1 3. Turkish 5,108 8.6 649 12.7 4. Serbian 4,783 8.1 1,003 21 5. Slovene (incl. Windish) 4,253 7.2 2,195 51.6 6. Romanian 3,483 5.9 596 17.1 7. Hungarian 3,115 5.2 1,652 53 8. Bosnian 2,975 5 148 5 9. Albanian 2,845 4.8 325 1.9 10. Arabic 1,824 3.1 858 47 11. Spanish 963 1.6 564 58.6 12. Romani 954 1.6 611 64.1 13. Italian 853 1.4 468 54.9 14. Persian 853 1.4 388 45.5 15. Other languages 7,553 12.7 2,712 34 Table 5: Everyday conversational language of inhabitants of Styria in 2001 (cf. Amt der Steiermärkischen Landesregierung 2003, p. 59) Comparing this table with Table 2 above shows that the category of speakers belonging to national minorities cannot be clearly distinguished from the category of migrant groups, as the respective languages overlap and as the issue of citizenship has to be taken into account as outlined. Reference to the natio‐ 372 Simone Klinge 22 Pupils are eligible to demand a mother-tongue course if their first language is not German, or if it is the language spoken at home, irrespective of their nationality or length of stay in Austria or their German language competence (cf. BMBWF 2021). 23 With respect to the entire country, 26 languages were taught in mother-tongue educa‐ tion in the same school year. The others were: Bulgarian, Dari, Igbo, Kurdish / Kurmanci, Nepali, Portuguese, Romani, Slovak, Somali, Spanish, Czech, Chechnyan, Turkish, and Hungarian (cf. Garnitschnig 2019, p. 10). 24 Persian is Western Farsi, spoken in Iran, similar to Eastern Farsi and Dari spoken in Afghanistan. nality, however, can in turn also give an indication of the more established mig‐ rant groups. 59,400 persons, or 5 % of the Styrian population, declared to speak an everyday language other than, or in addition to, German. Almost 80 % of these were non-Austrians. Grouping Croatian, Serbian, and Bosnian together makes BCS the most widely spoken language, amounting to 37 % among those conversant in other languages, regardless of the citizenship of the speakers. A further indication as to some of the larger migrant communities and their languages in Styria is provided by data on the number of pupils attending mother-tongue classes in school. 22 Pupils in Mother-Tongue Education in Styria 23 in the 2017 / 2018 School Year Language No. of pupils 1. BCS 717 2. Albanian 436 3. Romanian 242 4. Russian 209 5. Arabic 125 6. Persian 24 125 7. Chinese 81 8. French 26 9. Slovene 24 10. Polish 21 373 Fit for the Future: Towards a Language Policy for the University of Graz 11. Italian 19 Table 6: Pupils in mother-tongue education in Styria in the 2017 / 2018 school year (cf. Garnitschnig, 2019, p. 17) Four non-European languages appear in the table above. All languages of the mother-tongue classes are among the equivalent official languages of the top 20 list of inhabitants by nationality (see Table 3 above), except for French, which is, however, one on of the most widespread languages at institutions in Graz as identified above. Thus, taking all the analysed information and data in this section into account, the following rough ranking of the most widely spoken and established minority languages of migrant communities in Graz and Styria can be suggested: 1. BCS 6. Russian 11. Romani 2. Hungarian 7. Turkish 12. English 3. Slovene 8. Italian 13. Dari / Farsi 4. Romanian 9. Albanian 14. Pashto 5. Arabic 10. Kurdish 15. Chechnyan When comparing the languages of the allochthonous minorities with those of the autochthonous minorities and international students, several languages occur in at least one of the other categories. BCS , Slovene, and Hungarian are widespread among all three. The main languages spoken in Graz and Styria can be grouped into the fol‐ lowing five overlapping sub-categories: 374 Simone Klinge Figure 1: The most widespread languages spoken in Graz and Styria Economy As is characteristic for a highly developed, modern national economy, the Aus‐ trian economy is dominated by the service sector. The so-called tertiary sector accounts for roughly 70 % of Austria’s gross value added, with particularly high contributions from trade as well as accommodation and services (cf. Statistik Austria 2019, p. 46 ). With almost 55 % of the gross domestic product ( GDP ), Austria’s export ratio of goods and services lies above the EU average (cf. ibid., p. 116 ). This shows that the export market is the engine of the Austrian domestic economy or, as the Austrian Economic Chamber puts it, “The export is our source of wealth and the international trade relations our lifelines” ( WKO 2019a, p. 8 ). As for the tourism economy, with Austria being the 11 th best country in the world to visit according to the World Economic Forum (cf. Uppnik Cal‐ derwood / Soshkin 2019, p. 13 ), it generated 7.3 % of the GPD in 2019 (cf. BMLRT 2020, p. 13 ). Austria has the third highest per capita tourist arrivals in Europe (cf. Statistik Austria 2020a, p. 6 ). The high interwovenness of the economy with other countries leads to implications about the significance of foreign language skills in the domestic labour market. 375 Fit for the Future: Towards a Language Policy for the University of Graz 25 Austria borders on the Czech Republic, Slovakia, Hungary, Slovenia, Italy, Switzerland, Liechtenstein, and Germany. 26 Statistik Austria lists the following countries as CEECs: Albania, Bosnia and Herze‐ govina, Bulgaria, Croatia, Czech Republic, Estonia, Hungary, Kosovo, Poland, Latvia, Lithuania, Montenegro, North Macedonia, Romania, Serbia, Slovenia, and Slovakia. Austrian Exports and Imports, and Inbound Tourism 80 % of Austrian exported goods (cf. WKO 2019a, p. 11 ) go to the European single market, mostly to its neighbouring countries. 25 Germany is Austria’s top trade partner, with an import and export share of both more than 30 %. With respect to all other states, the shares lie below 8 % each. The USA and China are the most important trade partners outside of Europe. Austria tends to do export and import business with the following countries: Austria’s Most Important Trade Partners Export Import Trade partners Share of all ex‐ ported goods in % Trade partners Share of all im‐ ported goods in % 1. Germany 30.1 Germany 35.8 2. USA 7.1 Italy 6.4 3. Italy 6.5 China 5.8 4. Switzerland 4.7 Switzerland 4.4 5. France 4.3 Czech Republic 4.4 6. Czech Republic 3.8 USA 3.8 7. Hungary 3.4 France 2.7 8. Poland 3.2 Netherlands 2.7 9. UK 2.8 Poland 2.7 10. China 2.7 Hungary 2.7 Table 7: Austria’s most important trade partners in 2018 (cf. WKO 2019b) Central and Eastern European countries ( CEEC s) comprise an important trading region for Austria, three of which reappear in the above table (Czech Republic, Hungary, and Poland). The CEEC s cover several EU Member States as well as the Western Balkans. 26 Due to the geographical vicinity and close historical ties, 376 Simone Klinge For the sake of the present paper, the abbreviation CEEC will categorically exclude the Baltic states since they were not relevant in the context of our research. The Western Balkan states are highlighted in bold (cf. Statistik Austria 2021e, p. 13). 27 The others are Germany, Mali, and San Marino. Austria has traditionally had a special trade relationship with the CEEC s. The following facts and figures all point in this direction: 1. The growth rates of Austrian exports to CEEC s are often higher than for other European markets (cf. WKO 2019a, p. 18). 2. In 2017, 30 % of all outward foreign direct investment was directed to CEEC s. Austria is the main investor in the countries of the former Yu‐ goslavia, i.e., Slovenia, Croatia, Bosnia and Herzegovina, and North Macedonia (cf. ibid.). 3. Austria is also an important business location: more than 300 international enterprises with business activities in CEEC s have their headquar‐ ters in Austria (cf. BMDW / BMEIA / WKO 2018, p. 15). 4. Seven of Austria’s ten highest export market shares are associated with CEEC trade partners (cf. FIW 2021). 27 As for inbound tourism, one can observe that the top countries of origin of the guests coming to Austria are in large part the same as the most important trading countries. Western European states dominate over the Eastern European ones, with the same three CEEC s reappearing here again with a rising share. Guests from abroad account for three quarters of all overnight stays in Austria (cf. Advantage Austria 2020). Arrivals and Overnight Stays by Country of Origin in 2019 Styria Graz Austria Over‐ night stays Over‐ night stays Over‐ night stays Share in % Arrivals Share in % +/ since 2018 in % 1. Austria Austria Germany 37.1 Austria 31 2 2. Germany Germany Austria 26.2 Germany 31.2 2.1 3. Hungary Italy Nether‐ lands 4.5 Nether‐ lands 4.5 3.7 4. Czech Republic USA Switzer‐ land / Liechten- 3.2 Switzer‐ land / Liechten- 3.2 0.4 377 Fit for the Future: Towards a Language Policy for the University of Graz 28 Incl. Hong Kong and Macao. stein stein 5. Nether‐ lands Switzer‐ land UK 2.4 Italy 2.4 0.8 6. Poland Poland Czech Republic 2.2 China 28 2.2 6.2 7. Slovakia UK Italy 1.9 Czech Republic 2.2. 8.2 8. Switzer‐ land / Liechtenstein China Belgium 1.9 UK 2.1 -3.0 9. UK Nether‐ lands Poland 1.4 USA 1.9 6.1 10. Italy Hungary Hungary 1.4 Hungary 1.4 4.5 11. Denmark Czech Republic USA 1.3 Belgium 1.3 2.3 12. Belgium France France 1.2 Poland 1.2 6.9 Table 8: Overnight stays and arrivals in Austria, Styria, and Graz by country of origin in 2019 (cf. Statistik Austria 2020d, cf. Graz Tourismus 2020, p. 10) In 2019, almost 70 % of all overnight stays in Austria were booked by guests from three countries: Austria, Germany, and the Netherlands. Thereafter, the share of overnight stays drops to below 4 % per country. Variations at the regional or the local level with respect to the nationality of the guests are rather insignifi‐ cant. The only two non-European top visitors came from China and the USA , two countries with growth potential: From 2010 to 2018, the number of guests from China, the highest growth market, quintupled (cf. Austrian National Tourist Board 2020 ). Within the same period, the number of overnight stays of US -American guests rose by an annual 5 % in average (cf. ibid). Foreign Language Needs of Austrian Companies The fact that Austria’s economy is driven by trade and tourism suggests that companies benefit from staff equipped with foreign language skills in dealings with their customers and business partners, at least with those from non-German-speaking countries or regions. 378 Simone Klinge In this respect, the only comprehensive study available dates back to 2005, during which representatives of over 2,000 companies in Austria were asked about their need for foreign language skills (cf. Archan / Dornmayr 2006). The companies required these skills for internal and external communication pur‐ poses. A foreign language, in most cases English, was used as the main language of internal communication in 12 % of the companies. 78 % of all companies had business relations with companies in non-German-speaking countries. Asked about which foreign languages the companies required, the representatives provided the following answers: Current and Future Language Needs of Austrian Businesses What languages are needed by your company and to which extent? Language Percentage of companies requiring it from the ma‐ jority of staff Percentage of companies requiring it from a few staff members 1. English 45 36 2. Italian 4 26 3. French 3 23 4. Hungarian 1 9 5. Spanish 1 9 6. Slovene 1 8 7. Russian 1 8 8. BCS 1 8 9. Czech 9 10. Slovak 8 11. Turkish 4 12. Chinese 4 13. Portuguese 3 14. Other languages 3 Table 9: Survey results among 2,000 company representatives in 2005 about the needs of their company for foreign languages (cf. Archan / Dornmayr 2006, p. 53) 379 Fit for the Future: Towards a Language Policy for the University of Graz What languages are likely to become more important for your com‐ pany in the future? Language Named by companies in % 1. English 57 2. Italian 20 3. Czech 16 4. Hungarian 14 5. Russian 14 6. Slovene 12 7. French 12 8. Slovak 11 9. BCS 11 10. Spanish 9 11. Chinese 6 12. Turkish 3 13. Other languages 4 Table 10: Survey results among 2,000 company representatives in 2005 about the likely future needs of their company for foreign languages (cf. ibid., p. 56) The above tables reveal that Austrian companies have a need for a variety of foreign languages, overwhelmingly and rather unsurprisingly so for English as the lingua franca of international business. More than 80 % of the companies required English language skills from at least part of their staff. One third of all companies required Italian, and one fourth French. The percentage of companies in need of other language skills was below 10 % per language. When asked about likely future needs, the same languages as those required were named, with Slavic languages and Hungarian on the rise (cf. ibid., p. 11). Chinese was the most desirable non-European language in 2005 and most likely in the future. When it comes to the actual languages used in communication with compa‐ nies abroad, English prevailed. Almost half of the interviewed companies com‐ municated in German with businesses in Hungary (cf. ibid., p. 50). German was used by up to 40 % for the communication with many companies in the other CEEC s (cf. ibid.). This percentage could potentially decrease, as English has been 380 Simone Klinge 29 As a world language, Spanish is bound to be required for relations with a number of countries that may add up in sum, but do not rank highly on the top list of trade partners. In addition, based on the results of the 2005 survey (cf. Archan / Dornmayr 2006), the choice of primary language of communication is not only determined by competence in the language of the business partner, but also by the mutual competence of a third language. This could also explain why Dutch is less desirable than other languages. Considering this, the offer and attendance of foreign language classes at Austrian schools seems to correlate well with the language choice (or is determined by it), since the most attended foreign language classes after English are French, Italian, and Spanish (cf. Der Standard 2019). Russian, Slovene, BCS, and Hungarian are also taught at some schools (cf. ibid.). In 2006, the increased relevance of skills in the CEEC languages were predicted due to English slowly replacing German as a school subject in CEECs (cf. Archan / Dornmayr 2006). This seems to be confirmed by the more recent 2017 Eurydice report. English is now the most studied foreign language in the CEECs which are part of the EU (cf. Europäische Kommission / EACEA / Eurydice, 2017, p. 71). gaining ground to the detriment of German as a school subject in CEEC s (cf. ibid.). Thus, according to the authors of the study, acquiring the language of a CEEC could be a decisive competitive advantage in future business relations. Using the language of the foreign business partner was most common with Romance languages, with between 17 % and 31 % of the interviewed Austrian companies communicating in French, Italian, or Spanish. This east / west divide of language competence could explain why these were among the five most desired languages of Austrian companies. Although the Netherlands and Poland are among the top ten countries in trade and tourism, Dutch and Polish were not among the most needed languages by companies in 2005 (cf. WKO 2019b; cf. Statistik Austria 2020 d; cf. Ar‐ chan / Dornmayr 2006, p. 53 ). Slovakia, Slovenia, Russia, and Spain 29 were the 11 th to 14 th most important partners in export and / or import (not displayed above); the respective languages rank among the top ten here. Trade Priorities and Emerging Economies The analysis of economic factors has already included information on countries or regions with growth potential that may become more important for the Aus‐ trian economy in the future. This aspect is explored further in the following. States can help boost foreign trade activities to a certain extent through their policies and by providing support mechanisms. The current government’s trade development strategy strongly favours exports to regions outside of Europe, as they are perceived as having the greatest export trade potential for Austria, especially emerging economies (cf. BMDW / BMEIA / WKO 2018, p. 23 ; cf. WKO 2019a, p. 15 ). The economic developments appear to show the successful results of this strategy: From 2000 to 2018, Austria increased its exports to Europe by 381 Fit for the Future: Towards a Language Policy for the University of Graz 99 %, but the growth in relation to the other continents was even more signifi‐ cant: Austria’s Export Shares to Other Continents Continent Percentage of growth from 2000 to 2018 Share of Austria’s total exports in 2018 Africa 125 1.2 America 210 9.4 Asia 223 9.0 Australia and Oceania 274 0.9 Table 11: Growth in Austria’s export shares from 2000 to 2018 by continent (cf. WKO 2019a, p. 10) The table shows that while the increase in exports to Australia and Oceania was highest, the share of Austria’s total exports to America and Asia amounted to 9 % or more each. The national strategy does not single out any countries as priority trade partners, but rather aims at a targeted market diversification into new emerging markets, mainly in Asia followed by Africa, with the goal of gaining more resilience concerning unpredictable developments (cf. BMDW et al. 2018, pp. 23 f.). The following table lists the most important trade partners on each continent. 382 Simone Klinge 30 Export shares of 0.2 % or above are indicated in square brackets. 31 This is a very reductionist list of the most important languages per continent. These linguae francae are products of colonisation. It does not do justice to the rich diversity of official and widely spoken languages. However, without one of these countries in the final top list, singling out more than the ones mentioned would be difficult to justify. Export of Goods in 2018: The Most Important Countries per Continent (Excluding Europe) Africa [export share in %] 30 America [export share in %] Asia [export share in %] Australia and Oceania [export share in %] 1. South Africa [0.4] USA [7.1] China [2.7] Australia [0.8] 2. Algeria [0.2] Mexico [0.9] Japan [1.0] New Zealand 3. Egypt Canada [0.8] South Korea [0.9] Fiji 4. Morocco Brazil [0.6] India [0.6] New Caledonia 5. Mali Chile U. A. E. [0.4] Papua New Guinea 6. Tunisia Argentina Malaysia [0.4] French Polynesia 7. Nigeria Columbia Hong Kong [0.3] Palau 8. Libya Peru Taiwan [0.3] Samoa 9. Senegal Ecuador Singapore [0.3] Salomon Islands 10. Mauretania Bolivia Israel [0.3] Marshall Islands Table 12 : Austria’s most important trade partners for export of goods by continent (cf. WKO 2019b) In addition to South Africa, the largest export trade partners in Africa are located in the Maghreb and Sahel regions. Austria has its 8 th highest export market shares in Mali, the only non-European country among the top ten (cf. FIW 2021 ). From 2014 to 2019, the exports to Mali have doubled (cf. WKO 2021 ). The most important languages of trade for Africa would be English, Arabic, and French. In America, the most important trade partners are located in North America, followed by Brazil. The most important languages of this continent would be English, Spanish, and Portuguese, and English in Australia. 31 The above table only displays export shares of 0.2 % or above. This minimum is reached among more Asian states compared to the other continents, where 383 Fit for the Future: Towards a Language Policy for the University of Graz 32 Russia is treated as a European country by the WKO, which is why it does not appear in Table 12 above. 33 In order to determine the role of the potential of BRICS states from the point of view of companies within the study, 19 expert interviews were conducted, and 405 businesses consulted via a standardised questionnaire (cf. ibid.). the highest export shares are distributed among fewer countries. Accordingly, and due to the multitude of official languages among the respective states in Asia, only the top three currently most important are mentioned here, i.e., Chi‐ nese, Japanese, and Korean. Among the most important emerging export partners for Austria outside of Europe are Brazil, India, China, Russia, 32 and South Africa. These five countries form the so-called BRICS , a political and economic union of the major emerging economies of the world. In the following, the economic potential of the BRICS and its implications for Austria’s trade are analysed. In a 2018 OECD study (cf. Guillemette / Turner 2018 ), possible scenarios for the development of the world economy were forecasted in a projection period until 2060. While many factors would influence the development of the BRICS , such as urbanisation, pollution, and climate change, the study projected the following baseline scenario, where there were no institutional or political re‐ forms: China and India combined already account for the lion’s share of eco‐ nomic expansion. By 2030 China will contribute more to world economic growth than all OECD countries together. Thereafter India will slowly overtake China. One side effect of the increasing power of these countries is that the main eco‐ nomic activity will shift from North America and Europe to Asia, which the neighbouring countries of China and India will profit from (cf. ibid., p. 12). Asked about the potential of the BRICS states for Austria, economic experts and Austrian companies especially saw a high mediumto long-term economic potential in Russia and China (cf. Ebner et al. 2014). 33 The companies were more reserved when it came to India (cf. ibid., p. 11 ). Analysing the development of export shares of Austrian goods to each BRICS state from 2005 to 2018 (figures not displayed here; cf. WKO 2020, own calculations) confirms that China and Russia are the leading trade partners for Austria. However, with the striking exception of a share increase in trade with China, the shares have remained rather consistent within this period. The export shares in trade with Russia have been decreasing since 2010. To sum up this sub-section, based on the analysis of the most important export trade markets and growth, and taking the prognoses and policy priorities into account, the most important emerging countries could be roughly ranked as follows: 384 Simone Klinge 1. China 6. Brazil 2. India 7. South Africa 3. Russia 8. Malaysia 4. Mexico 9. U. A. E. 5. South Korea 10. Taiwan Summary of Economic Factors Foreign language skills are of vital importance for Austria’s economic success. This is due to the paramount role of trade and tourism, even factoring in the predominant position of Germany. English is, as can be expected, by far the most important foreign language as a lingua franca of international business. This has been confirmed by companies, although there is a considerable need for skills in a number of other foreign languages as well. Foremost, these correspond to the official languages of Austria’s bordering countries / CEEC s. Due to the closeness in geographical, historical, cultural, and economic terms, it is likely that these countries will retain their significance in the future, too. CEEC s, in particular, have a higher growth potential, such as the new EU Member States. Competence in Slavic languages would thus constitute a clear economic advan‐ tage. Outside of Europe, the most important countries for Austria’s economy are China and Russia. Given the current growth rates, forecasts, and trade priorities, China is most likely to become even more important, followed by other Asian countries. Beyond this and apart from the world languages, it is difficult to es‐ tablish a list of the most important countries / languages outside of Europe, es‐ pecially without further investigation. Another factor that limits an accurate prediction of future important countries is the economic development under the influence of political instability or change, such as trade disputes and trade em‐ bargos, and the current COVID -19 crisis. The most important languages for the economy have been established based on the top countries for trade and tourism and the language needs of businesses, and were ranked according to trends and priorities, cumulating in the following rough order: 1. English 7. Chinese 13. Turkish 2. Italian 8. Russian 14. Hindi and other Indian languages 385 Fit for the Future: Towards a Language Policy for the University of Graz 34 BCS is linguistically comparable to Burgenland Croatian, if not mutually intelligible. 3. French 9. Slovene 15. Portuguese 4. Czech / Slovak 10. Spanish 16. Arabic 5. Hungarian 11. BCS 17. Korean 6. Polish 12. Dutch / Flemish / Afri‐ kaans 18. Malay / Bahasa Status Quo at the University of Graz Concerning Language Needs - Results and Recommendations It should be made clear that the results of this research cannot provide a definite answer as to what the most important languages are, for the reasons mentioned throughout this article. They can only serve as indications and a starting point for discussion and further investigation. Nevertheless, considering the languages identified as being most important regarding location and the Austrian economy and contrasting them with the current offer at the University of Graz, an overwhelming match of languages can be recognised. Nine languages that are mutually important for both location and economy are offered at the Uni‐ versity of Graz: Arabic, BCS , Czech, English, Hungarian, Italian, Russian, Slovene, and Turkish. With the exception of Czech, all can be studied as a degree programme. Seven additional important languages for the economy are offered at the University: Chinese, Dutch, French, Korean, Polish, Portuguese, and Spanish, as well as an additional one, important for the location, namely Persian. Thus, the University of Graz already caters to the languages needed for lo‐ cation and economy to a considerable extent, and from this perspective, is on the right track. Even more so, the significance of the university-wide strategy of maintaining and reinforcing ties with Southeast Europe is reconfirmed through the elevated position of BCS 34 and Slovene as two of the most widespread languages among the migrant and traditional minorities as well as in‐ ternational students in Graz and further afield. This calls for carving out their potentials, especially of the nine languages spoken on the Austrian doorstep and those most needed for the economy. Ex‐ ploring and exploiting such synergies could be an important pull factor for the study of languages and could eventually lead to addressing skill shortages in the labour market. 386 Simone Klinge As for the needs of the departments at the University of Graz and the wish of the ITAT to add an East Asian language to their offer of degree programmes, the following assessment can be made: So far, the ITAT has not offered any languages from this region. From the perspective of the location, languages from this region are rather negligible. From the perspective of the economy, on the contrary, East Asian languages can be considered the most important non-Eu‐ ropean languages for Austria, especially languages of the emerging economies and their increasing importance in the medium to long term. A suitable choice in this regard is therefore most probably Chinese (Mandarin). The language courses of the university’s Confucius Institute are additionally favourable, as they could serve as preparatory infrastructure. Finally, the University of Graz could also consider the feasibility of adding an additional community / minority language to their language courses and potentially upgrading its existing offer of language courses to an advanced CEFR level. Bibliography Advantage Austria (2020): Tourismus nach Österreich: Zahlen und Fakten. https: / / www.advantageaustria.org/ ch/ zentral/ branchen/ tourismus-nach-oesterreich/ zahlen-und-fakten/ Zahlen_und_Fakten.de.html [16. 06. 2021]. Amt der Steiermärkischen Landesregierung (2003): Volkszählung 2001 - Ergebnisse I, in: Steirische Statistiken 2003 (4). https: / / www.landesentwicklung.steiermark.at/ cms/ dokumente/ 12658765_142970621/ 82b1426a/ VZ2001-Textteil.pdf [16. 06. 2021]. 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Universitätslehrgang Library and Information Studies an der Karl-Franzens-Universität Graz. Derzeit als wissenschaftliche Bibliothekarin am Bibliothekszentrum Wall der Universitätsbibliothek Graz für den Fachbereich Romanistik tätig. Martina Dubaniovski, geboren 1988 in Leoben / Österreich. Bachelor- und Masterstudium der Anglistik und Amerikanistik mit dem Schwerpunkt Sprach‐ wissenschaft an der Karl-Franzens-Universität Graz. Seit 2016 Mitarbeiterin im Organisationsteam von treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik. Seit 2019 Betreuung des Projekts Tandem - Ver‐ mittlung von Sprachlernpartnerschaften sowie des damit verbundenen Tandem - EvaluationsProjekts bei treffpunkt sprachen. Christian Hofer, geboren 1978 in Graz / Österreich. Diplomstudium der Ro‐ manistik. Diplom- und Doktoratsstudium der Erziehungs- und Bildungswissen‐ schaft sowie Italienisch, Psychologie und Philosophie Lehramt an der Karl-Franzens-Universität Graz / Österreich. Senior Lecturer bei treffpunkt spra‐ chen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik. Selbstständig im Bereich Coaching, Training und Humanenergetik. Mehrjährige Berufspraxis in verschiedenen Bereichen der Hochschule, der Schule und Berufsberatung. Forschungsschwerpunkte: Sprachendidaktik, Didaktik, Lehren, Lernen. Simone Klinge, geboren 1976 in Hannover / Deutschland. Magisterstudium der Allgemeinen und Indogermanischen Sprachwissenschaft, Anglistik und Euro‐ päischen Ethnologie an der Georg-August-Universität Göttingen sowie Master‐ studium der Rechtswissenschaften mit Schwerpunkt in Völkerrecht an der Uni‐ versity of London. Von 2005 bis 2011 Referentin im Sekretariat der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen beim Europarat in Straßburg. Seit 2012 freiberufliche Expertin (Recherche, Analyse, Beratung) für die Euro‐ päische Kommission in den Bereichen der Arbeitsmarkt-, Migrations- und Min‐ derheitenpolitik. Seit 2020 wissenschaftliche Projektmitarbeiterin im Rahmen der Europäischen Hochschulallianz Arqus bei treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Universität Graz. Karoline Kuttner, geboren 1987 in Graz / Österreich. Diplomstudium der Ver‐ gleichenden Literaturwissenschaft an der Universität Wien. Universitätslehr‐ gang für Deutsch als Fremd- und Zweitsprache an der Karl-Franzens-Universität Graz. Mehrjährige Erfahrung als Lehrende und ÖSD -Prüferin für Deutsch als Zweitsprache an der Caritas Akademie Graz und verschiedenen Sprachinsti‐ tuten in Graz. Lektorin für Deutsch als Fremdsprache sowie Projektleiterin und -mitarbeiterin am treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik. Zusatzausbildung Sprachenlernen mit Erwachsenen am treff‐ punkt sprachen . Von 2019 bis 2020 Leitung des Lehrgangs für DaZ und Alpha‐ betisierung der Caritas Akademie Graz. Forschungsschwerpunkte: Wortschatz‐ vermittlung, Phonetik / Phonologie. Bettina Leitner, geboren 1987 in Leoben / Österreich. Lehramtsstudium mit den Unterrichtsfächern Latein und Deutsch, Doktoratsstudium Latein in Kom‐ bination mit Religionswissenschaft an der Karl-Franzens-Universität Graz. DaF / DaZ-Lehrgang am Goethe Institut / Universität Jena, vertiefende Weiter‐ bildungen im Bereich der Erwachsenenbildung und der Hochschuldidaktik (u. a. Karl-Franzens-Universität Graz, Medizinische Universität Graz, Campus 02, FH Joanneum Graz, Universität Leipzig). Seit 2019 Lehrbeauftragte u. a. für Latein und Deutsch als Fremdsprache bei treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik an der Universität Graz, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich der Hochschuldidaktik und Coach für Sprachenler‐ nende im Rahmen der SprachLernBegleitung , ebenso bei treffpunkt sprachen . Maria Rohringer, geboren 1995 in Wien / Österreich. Bachelorstudium der Germanistik, Bachelor- und Masterstudium der Anglistik / Amerikanistik mit dem Schwerpunkt Sprachwissenschaft sowie Masterstudium Übersetzen und Dialogdolmetschen (Deutsch / Englisch) an der Karl-Franzens-Universität Graz. Seit 2019 Fachkoordinatorin des Bereichs Fachdidaktik bei treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Universität Graz sowie Organisatorin des Projekts SprachLernBegleitung . Marjorie Rosenberg, geboren 1949 in New Jersey / USA . Studium Musik und Lehramt an der State University of New York in Buffalo. Weiterbildung am WIFI in Graz zur Erwachsenenbildnerin und Ausbildung zum NLP Master Practi‐ tioner und Trainer (bei Robert Dilts in Kalifornien / USA ). Langjährige Erfah‐ rung als Englischlehrerin in verschiedenen Firmen, an der Pädagogischen Hoch‐ 394 AutorInnen schule in Graz und bei treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik. Autorin mehrerer Englischkurs- und Me‐ thodikbücher bei internationalen Verlagen (Cambridge University Press, Pearson, National Geographic / Cengage, Express Publishing usw.). IATEFL -Präsidentin von 2015 bis 2017. Yael Rosenmann , geboren 1965 in Tel Aviv / Israel. Diplomstudium Englische Literatur an der Universiteit van Amsterdam, Bachelorstudium Hebräisch an der Universität Tel Aviv. Weiterbildung in den Bereichen Hebräisch als Fremd‐ sprache (biblische und moderne Sprache) und Erwachsenenbildung. Unter‐ richtstätigkeiten in der Bibelwissenschaft in den Niederlanden, Israel, Deutsch‐ land, den USA und Österreich sowie Lehrbeauftragte für Hebräisch bei treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Universität Graz. Daniela Unger-Ullmann, geboren 1971 in Klagenfurt / Österreich. Studium Deutsch und Latein Lehramt an der Karl-Franzens-Universität Graz. Universi‐ täre Weiterbildung in den Bereichen Deutsch als Fremdsprache und Medien‐ kunde. Doktoratsstudium am Institut für Germanistik in Graz mit einer Disser‐ tation in Älterer Deutscher Literatur. Von 1999 bis 2003 Universitätslektorin für deutsche Sprache und Literatur an der Schlesischen Universität Opava / Tsche‐ chische Republik. Seit 2007 Leiterin von treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Universität Graz. Verantwort‐ lich für die universitäre Verankerung und Absicherung sowie die strategische Weiterentwicklung von Lehre und Forschung. Von 2010 bis 2015 Direktorin des Konfuzius-Instituts der Karl-Franzens-Universität Graz. Forschungsschwer‐ punkte: Bildungs- und Lehrmanagement, Personal- und Organisationsentwick‐ lung, Sprachlehr- und -lernforschung. Vanessa Urbanz , geboren 1990 in Villach / Österreich. Diplomstudium der Ro‐ manistik mit den Schwerpunkten Italienisch und Portugiesisch an der Karl-Franzens-Universität Graz. Universitätslehrgang Deutsch als Fremd‐ sprache / Zweitsprache. Unterrichtstätigkeit im Bereich DaF / DaZ an diversen Institutionen im Universitäts- und Hochschulbereich sowie in der Erwachse‐ nenbildung. ÖSD -Prüferin. Projektleiterin bei treffpunkt sprachen - Zentrum für Sprache, Plurilingualismus und Fachdidaktik der Universität Graz. Forschungs- und Interessensschwerpunkte: Schreibdidaktik, Methodik, Erstellung von Un‐ terrichts- und Testmaterialien. 395 AutorInnen ISBN 978-3-8233-8531-8 Das vorliegende Buch Forschende Fachdidaktik III. Prozessveränderungen in der universitären Sprachenlehre umfasst eine Auswahl an Beiträgen zu Forschungsergebnissen, die einen multiperspektivischen Blick auf eine nachhaltige Entwicklung der hochschulischen Sprachenlehre zulassen. Die Autor: innen haben es sich zur Aufgabe gemacht, mit innovativen und kreativen Forschungskonzepten Sprachlehrende bei der Erweiterung ihrer Lehrkompetenzen zu unterstützen sowie Sprachenlernenden dabei zu helfen, die Chance zur Aneignung von linguistischem Wissen, kulturellen Werten und sprachlichen Kompetenzen zu nutzen. Mit ihren methodisch-didaktischen Empfehlungen geben sie sowohl Lehrenden als auch Lernenden jenes nötige Rüstzeug an die Hand, das nachhaltiges Denken und Handeln in sprachenspezifischen Belangen ermöglicht.