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Populisten – rhetorische Profile

2019
978-3-8930-8654-2
Attempto Verlag 
Joachim Knape
Olaf Kramer
Dietmar Till

Ein Gespenst scheint in den westlichen Demokratien umzugehen: der Populist. Doch was ist ein Populist? Können wir ihn an bestimmten kommunikativen Verhaltensweisen erkennen? Wie verändern Populisten die politische Landschaft? Tübinger Rhetoriker und Rhetorikerinnen geben auf diese Fragen in kurzen Kapiteln sehr individuelle Antworten. Ein wichtiger Beitrag zu einer hoch aktuellen Debatte.

ISBN 978-3-89308-454-8 W W W . N A R R . D E Ein Gespenst scheint in den westlichen Demokratien umzugehen: der Populist. Doch was ist ein Populist? Können wir ihn an bestimmten kommunikativen Verhaltensweisen erkennen? Wie verändern Populisten die politische Landschaft? Tübinger Rhetoriker und Rhetorikerinnen geben auf diese Fragen in kurzen Kapiteln sehr individuelle Antworten. Ein wichtiger Beitrag zu einer hoch aktuellen Debatte. Knape, Kramer, Till Populisten - rhetorische Profile Populisten - rhetorische Profile Joachim Knape Olaf Kramer Dietmar Till Populisten - rhetorische Profile Joachim Knape, Olaf Kramer, Dietmar Till (Hrsg.) Populisten - rhetorische Profile Umschlagabbildung: Adobe Stock #52176505, ©Mirko Raatz Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. © 2019 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de E-Mail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISSN 2626-0697 ISBN 978-3-89308-654-2 5 Inhalt Einordnungen 7 Paradigma Populist: Agitator und Volksversteher 7 Populismus zwischen Ideologie und Kommunikation 16 Vernunft am Ende? Populismus als Abschied von der deliberativen Demokratie 22 Der populistische Akteur im Spiegel der Forschung 26 Internationale Profile 33 Der Urvater des europäischen Rechtspopulismus-- Jörg Haider 33 Populismus verkaufen-- Silvio Berlusconi 42 Eine neue Marianne für Frankreich? -- Rechtsnationale Ikonisierung der Marine Le Pen 48 Mahmud Ahmadinedschad-- Iranischer Endzeitprediger mit Heiligenschein 53 Viktor Orbán-- Der ungarische Parolenschmied 59 Jörg Meuthen-- Ein selbstgebremster Rechtspopulist 65 Fremdenhass und Selbstmitleid-- Björn Höcke, ein deutschnationaler Agitator 70 Norbert Hofer-- Populistische Opferinszenierung in Österreich 75 Komischer Populist oder populistischer Komiker? Beppe Grillo als Antagonist des politischen Establishments 80 Donald Trump-- Der Twitter-Präsident 85 Nachwort 93 Quellen 95 Literatur 98 Liste der Beiträger 105 7 Einordnungen Paradigma Populist: Agitator und Volksversteher Kann man bei politischen Akteuren, denen man das Prädikat Populist zuschreibt, auch spezifische kommunikative Verhaltensweisen erkennen, die sich zu Merkmalen einer Art Kommunikatorrolle verdichten lassen? Der erste Versuch, solche Kommunikatortypen nach strukturalistischen Prinzipien zu modellieren, stammt schon aus der Antike. Von Theophrast, dem Aristoteles-Schüler und späteren Leiter der platonischen Akademie in Athen. Theophrast gibt seinen 30 äußerst kurz gehaltenen Charakterisierungen, die zwischen Psychologisierung und Sozialtypik schwanken, Überschriften wie Der Schmeichler, Der Verleumder oder Der Gerüchtemacher. In seiner Darstellung des Bedenkenlosen finden sich bei aller historischen Distanz bisweilen Merkmale, die Zuschreibungen an moderne Populisten ähneln. Am Bedenkenlosen falle sein „Beharren bei schändlichen Worten und Taten“ auf, schreibt Theophrast. Er „schimpft auf die Mächtigen“ und ist „dem Charakter nach ein Marktschreier, ein Exhibitionist und zu allem fähig“. Er „scheint auch einer von denen zu sein, die die Massen um sich sammeln und aufhetzen“ oder die in rechtlichen Auseinandersetzungen mal als Opfer, mal als Ankläger auftreten. Die bei Theophrast zusammengetragenen Impressionen haben ihren analytischen Sinn, auch wenn sie nicht nach wissenschaftlichen Kriterien modelliert worden sind. Wollte man heute eine erste, etwas strengere Typologie erstellen, so würde man bei den Kommunikatoren unterscheiden müssen zwischen (1) Berufstypen wie Journalist, Pressesprecher, Schriftsteller, Talkmaster, aber auch Pfarrer oder Anwalt; (2) Verfahrenstypen wie Diskutant, Mediator, Moderator, Redner oder auch Märchenerzähler sowie (3) Funk- 8 tionstypen wie Kritiker, Prophet, Schwätzer, Verführer, Verräter, aber auch Guru oder Politiker. Im Folgenden wird der Versuch unternommen, das Konzept des Populisten als eines bestimmten Paradigmas unter den Kommunikatoren zu modellieren. Ziel ist es, in einer vorläufigen Annäherung nicht die politische Programmatik, sondern das kommunikative Interaktionsverhalten dieser vage erkennbaren Kommunikatorgruppe zu umschreiben. Dazu sollen als Analysekategorien die drei Aspekte 1. Actus (Aktivitätsmuster), 2. Habitus (Haltung) und 3. Status (soziale Rolle) herangezogen werden, die sich durchaus noch erweitern ließen, hier aber aus pragmatischen Gründen ausreichen müssen und können. 1. Actus Beginnen wir mit den erkennbaren Handlungs- oder Aktivitätsmustern, wobei die Frage ihrer individualpsychologischen Bedingtheit hier nicht erörtert werden soll (vgl. Mertens 2014, 41). Bei den Handlungen geht es um sinnhafte, bewusst-planmäßige und intersubjektive (also Mitmenschen einbeziehende) Aktivitäten im Rahmen alltäglicher Lebenswelt, die hier konkret im politischen Kommunikationsraum betrachtet werden. Aus rhetorischer Sicht stellen sich diese als strategisches Handeln dar. Die entsprechenden populistischen Handlungsroutinen lassen sich auf den Ebenen der Texte und der Medien besonders gut beobachten - die Rhetorik spricht dann von Redekalkülen und von Medienkalkülen. Für die Redekalküle und deren Ergebnisse kann man den in der Forschung eingeführten Begriff der Agitation zur Charakterisierung heranziehen, hier im Sinne einer ideologisch besonders eingefärbten, interaktional besonders intensiven, inhaltlich besonders einseitigen und in Hinsicht auf die üblichen Verhaltenskonventionen besonders radikalen und grenzüberschreitenden Sprache. Der Populist hat 9 das Problem, dass ihm soziale Anerkennung fehlt und dass er seine noch nicht etablierte, noch schwache oder gar ausgegrenzte Sache stärken muss. Dieses Anliegen bedingt den permanenten Subversionsgestus, den man in diesem Zusammenhang besser Unterminierungsgestus nennen sollte. Denn bestehende, als elitär angeklagte politische oder kommunikative Ordnungsmodelle sollen durch ständigen Angriff, was ich Infestation nenne, unterminiert werden. Als direkte kommunikative Ziele erweisen sich hier das Aufrühren von Sensation (Aufmerksamkeit um jeden Preis), das Skandalisieren der bestehenden politischen Verhältnisse und die Provokation. Mit welchen Mitteln wird dabei gearbeitet? Zunächst einmal wird eine Gegen-Topik aufgebaut. Systematisch wird hier inhaltlich an gedanklichen Kernen einer Anti-Mainstream-Programmatik gearbeitet, die z. B. den Appell an niedere Instinkte nicht scheut (Fremde als Bedrohung der ‚eigenen‘ Frauen), Tabuwörter einsetzt oder vermeintliche ideologische Leerstellen (bisherige Tabus) positiv füllt und besetzt. In der Selbstdarstellung ordnet der Populist das als Ausdruck seiner politischen Tapferkeit und seines Freimuts, der Parrhesie, ein. Die populistischen Analysen laufen auf eine Monokausalitäts- und Miserenanalyse hinaus (Griechen, Flüchtlinge oder Mexikaner seien die Generalursache für die Misere usw.) sowie auf den großen Mängelnachweis beim herrschenden System und den Nachweis des Misslingens der alten Strukturen mit ihren letztlich korrupten Vertretern. An der alten Ordnung muss gerüttelt werden. Die Analysen und Nachweise werden monothematisch zugespitzt mit hoch selektiven Themensetzungen: Identität, Nation, Klassenkampf, Migranten, Fremdes versus Eigenes, die da oben-- wir hier unten. Vorgetragen wird das mit einem Exklusivitätsgestus, der die eigene Deutungshoheit betont, keinen Zweifel zulässt und die politischen Gegner oder die Presse skrupellos als Lügner oder Volksmanipulateure denunziert. Der ‚mündige‘ Bürger ist nicht die Zielgruppe der Agitation, denn (so etwa die Maß- 10 gaben eines unter dem Namen der AfD im Internet auffindbaren Wahlkampfpapiers von 2016): Es geht „für den Wahlerfolg der AfD nicht darum, zu den zentralen Themen differenzierte Ausarbeitungen und technisch anspruchsvolle Lösungsmodelle vorzulegen und zu verbreiten, die nur Spezialisten aus der politischen Klasse interessieren, die Wähler aber überfordern“, sondern nur darum, „den Finger in die Wunde der Altparteien zu legen“ (Alternative für Deutschland, 9). Aus der Kampfpositionierung des populistischen Newcomers oder Aufsteigers ergeben sich Präferenzen für eine Gruppe populistisch signifikanter, im politischen Normalgeschäft meist gemiedener (sonst nur punktuell verwendeter) oder eher tabuisierter Sprechakttypen. Sie bilden eine Art populistisches Sprechakt-Cluster. Dazu gehören permanentes Anklagen, rücksichtsloses Denunzieren, Drohen, provozierendes Feindbildproduzieren, tabuverletzendes Irritieren, Polemisieren, Polarisieren (‚wir‘ gegen ‚die da oben‘), Verleumden, Verunsichern, Tabubruch sowie Grenzabbau bei der political correctness, dann aber auch bedenkenloses Zurückrudern. Die Antithese als Denkfigur verhilft zu radikalen und eingängigen Gegenüberstellungen: „Staatszerfall“ (Höcke) versus neues nationales Staatsideal; Altparteien versus neue Aufbruchsbewegung; Elite versus echte Volksvertreter; Feind versus Freund. Im Sinne der klassischen Propagandakonzeption soll die Wiederholung spezieller Forderungen und Behauptungen zur Dramatisierung der Miserenanalyse beitragen (bei jeder Gelegenheit den Rücktritt der Bundeskanzlerin fordern, ständig auf die Migrationsproblematik verweisen usw.). So heißt es im genannten Strategiepapier von 2016: „Die stete Wiederholung dessen, wofür man bereits bekannt ist, bringt mehr Erfolg als immer wieder neues zu bringen.“ Und in der Argumentation soll nie die ganze Kosten-Nutzen-Rechnung aufgemacht werden; das meint: Lieber nicht über den Preis irgendwelcher Forderungen sprechen, denn „Konzentration auf Eingängiges geht vor Vollständigkeit, harte und 11 provokante Slogans sind wichtiger als lange, um Differenzierung bemühte Sätze“ (Alternative für Deutschland, 9). Auf der Ebene des strategischen Medienkalküls sticht das Prinzip der parasitären Kommunikation hervor. Statt teure Anzeigen zu schalten oder mit relevanten Äußerungen Beachtung in der Berichterstattung zu suchen, setzen Populisten ihre sprachlichen Provokationen systematisch als Aufmerksamkeits-Trigger für die Medien ein. Provocation sells, könnte man als Maxime darüber setzen. Was in den Echokammern des Populisten kursiert, wird von der etablierten Presse bzw. journalistischen Öffentlichkeit genau beobachtet und dann bei aller Kritik auf jeden Fall weit gestreut. Auf die Streuung aber kommt es an. Dieser parasitäre Mechanismus wird zum kostenfreien Faktor bei der Unterminierungsstrategie des Populisten. Die von ihm gescholtene ‚Lügenpresse‘ wird so zu seinem Helfer. 2. Habitus Unter dem, was Aristoteles Hexis und der frz. Soziologe Pierre Bourdieu Habitus nennt, werden im Folgenden die mit der Person verbundenen, zumeist erworbenen Merkmals- oder Eigenschaftsmuster eines Kommunikators verstanden, welche sich in der Öffentlichkeit als Verhaltensneigung und Handlungsdisposition zeigen. Man kann hier auch vom erkennbaren Selbst- und Fremdimage eines öffentlich auftretenden Akteurs reden. Das Akteursmodell Populist bezieht sich auf die Beobachtung von Zuschreibungen bei Beobachtern erster und zweiter Ordnung. Sie betreffen in Hinblick auf vermeintliche Populisten deren Präferenzen und wiederkehrende Verhaltens- und Äußerungsmuster, die sich mit den ebenfalls andauernd von ihnen kommunizierten Selbstimages verbinden (Opfer, Held, Erlöser usw.). Kurz: Akteure schärfen ihr Profil mit bevorzugten Themen oder strategisch eingesetzten 12 Verhaltenswiederholungen. Dazu gehört etwa eine Ponens-Negans-Mechanik: Behauptungen werden aufgestellt oder Provokationen geäußert und anschließend bedenkenlos zurückgenommen („war nicht so gemeint“). Der sich vor diesem Hintergrund verdichtende Image-Kern des Populisten ist einerseits der des fanatischen Protestlers, andererseits der des demagogischen Verführers. Beides klingt hart zugespitzt, trifft aber das hier verhandelte habituelle Paradigma in seinen wichtigsten Komponenten: Wer als Populist protestiert, legt Zeugnis ab für seine eigene neue Sache und tritt in eine klare Ablehnung der herrschenden Machtverhältnisse ein, und zwar radikal, ohne Wenn und Aber. Und wer demagogisch ver-führt, verspricht zweierlei: Er will sich im Wortsinn ganz auf die Seite des Volkes stellen und zugleich die Anhänger in neue bessere Verhältnisse ‚führen‘. Er sieht das Leben aus der Perspektive des Kriegers, Eroberers und Verteidigers der vermeintlich Entrechteten. Dies ermächtigt ihn zu kompromisslosem Vorgehen. Da der Populist an seine Unmittelbarkeit zum Volk glaubt, kann er sich von den Verhaltensmustern der konventionellen Politikerkaste lösen. Er muss nicht politisch salonfähig sein, denn er verschmäht Koalitionen, will nur die ganze Macht. Sein Selbstkonzept einer bloß dem ‚Volk‘ verbundenen Unabhängigkeit gibt ihm den Freiraum, ohne irgendwelche von ihm als falsch angesehene Rücksichten zu handeln, sich fanatisch nur seinen Ideen zu widmen und gegebenenfalls zugleich als charismatisches Wirkzentrum (im Sinne Max Webers) zu fungieren, was ihn seiner Meinung nach auch zum Verführen ermächtigt. 3. Status Wenn bislang vom Akteur selbst in seinem Rollenverhalten und in seinen habituellen Dispositionen die Rede war, so soll es nun anhand der Kategorie Status um seine soziale Position im Geflecht 13 der politischen Welt gehen. Unter Status kann die „Position einer Person“ verstanden werden, „die sie im Hinblick auf bestimmte sozial relevante Merkmale im Verhältnis zu anderen Personen einer Gesellschaft einnimmt“. Hier kann der Status insbesondere zum „Ausdruck der sozialen Wertschätzung bzw. des Ranges oder des Prestiges“ werden, „die eine Person aufgrund der von ihr innegehabten Positionen in einem sozialen System zugeordnet wird“ (Hillmann 2007, 756 f., 857 f.). Im 21. Jahrhundert treten Populisten genannte Akteure nach Jahrzehnten der Abkehr von autokratischen Systemen in allen westlichen Demokratien als selbsternannte Vertreter einer neuen, sich auf Altes berufenden politischen Kultur auf, die sich von vertrauten Sichtweisen und Werten abwendet: Was bedeutet das? Die öffentlichen Beobachter sehen eine Abkehr von korrekten, etablierten, gewohnten Diskursnormen des bürgerlichen Establishments, allerdings ohne dass zugleich sozialrevolutionäre Forderungen der alten Art erhoben würden. Zeigt sich da eine Art Kulturkampf ? Die sich selbst für politisch und moralisch korrekt haltenden Milieus fühlen sich verunglimpft, mit unbequemen Wahrheiten konfrontiert, mit dirty truth und bislang tabuisierten Äußerungsweisen. Die ‚Eliten‘ sehen da Ordinäres in Wort und Tat, das primitive Denken und Sprechen sowie das Schlimmste, die Aufhebung von Wahrheit und Lüge, hochkommen. Selbst der Grundbestand humanistischer Werte aller Art scheint in Gefahr. All dies wird der Akteursgruppe der Populisten zugeordnet. Dass bei all dem auch die demokratisch-politischen Grundwerte in die Diskussion geraten, könnte zumindest auf eine Krise der westlichen Demokratien hindeuten. Tatsache ist, dass Vertreter von als populistisch gebrandmarkten Parteien erstaunlichen Zulauf erfahren haben. Sie leben bei der Imagebildung wesentlich vom Kontrast zu den etablierten, ‚normalen‘, angepassten Politikern im politischen Interaktionsfeld, indem sie sich gezielt als Außenseiter, Abweichler und Neutöner stilisieren, die als einzige die wahren Töne des ‚Volkes‘ 14 treffen. Dieses ‚Volk‘ ist für den Populisten die Quelle der Einsicht, der Auslöser der Tat und der Inspirator aller Ziele. Der Populist erklärt sich zu seinem Vorkämpfer, Anwalt und Sprachrohr. Kritik an repräsentativen Einrichtungen zur politischen Bürgervertretung sind uralt. So führte man etwa in Rom im 5. Jh. v. u. Z. das Amt des Volkstribuns ein, weil man zu Recht im römischen Senat nur die Interessenvertreter der reichen, mächtigen Familien versammelt sah. Beim Volkstribunen hoffte man auf eine direkte Verbindung zum Volk (populus), dem man so etwas wie einen allgemeinen Volkswillen zusprach. Der Tribun sollte vor allem die breite Masse der unteren Volksschichten (die plebs) direkt vertreten. Heute kritisieren viele an der repräsentativen Demokratie ähnlich, dass in den Parlamenten vor allem die Interessenvertreter der bürgerlichen Eliten sitzen: Parlamente als Organe von Oberschicht-Interessen, in denen man die wahren Anliegen des Volkes nicht mehr verstehen will oder kann. Das macht das Modell Volkstribun wieder attraktiv. Populisten sind dessen Anhänger, auch wenn sie sich nicht explizit auf dieses historische Format beziehen. Sie schwingen sich nach dem uralten Modell auf, zu behaupten, dass sie auf ganz besondere Weise die schweigende Mehrheit, wenn nicht des gesamten, so doch des eigentlichen Volkes nach Art eines Seismographen verstehen, dass sie letztlich überparteilich sind und die indirekten und komplizierten Wege der demokratischen Willensbildung und Machtkontrolle nicht mehr in der üblichen Weise brauchen. Vor allem die Gewaltenteilung wird dabei angefeindet, einschließlich der Presse als ‚vierter Gewalt‘; vor allem aber auch die Justiz als Wahrer der Rechtstaatlichkeit. Der Populist ist Volksversteher, trifft sich mit dem Volk (gr. Demos) auf der Ebene des ‚gesunden Menschenverstands‘, hat in dieser Hinsicht eine besondere Einsichtsstärke und prätendiert Schlagkraft und Originalität seiner Lösungen. Besonders geschickt ist es, wenn der Populist seine Einsichten auch noch auf eine exklusive Begabung zur Interpretation von Zahlen, Daten und Statistiken oder Traditionen stützt. Diese Selbstermächtigung 15 zur privilegierten Interpretation der Welt und des Volkswillens ist der Kern des Populisten-Selbstimages. Es setzt darauf, dass viele Menschen von ihm fasziniert sein könnten vor dem Hintergrund eines als unverbindliches Rauschen empfundenen Pluralismus und eines als mühsam oder farblos gesehenen Demokratiealltags. Konstitutiv ist bei all dem das Spiel mit dem Volksbegriff als diffuser Vorstellung von Masse, die bisweilen auf die ebenso diffusen Größen ‚Einfaches Volk‘ oder ‚Kleiner Mann‘ als maßgebliche Quellen jeglicher Begründung und als die wahren Partner des Populisten heruntergebrochen wird. Die Emphatisierung dieser ‚heiligen Allianz‘ mit dem sogenannten Volk dient dazu, demokratische Legalitätsverhältnisse zugunsten nebulöser Vorstellungen von einer höheren, in Wahrheit legitimierten Einheit von Volksversteher und Volk zu überschreiten [ ]. (Knape 2012, 62) Nachbemerkung: Die Modellierung des idealtypischen Paradigmas Populist dient der Unterscheidung von Kommunikatoren. In der griechischen Antike war ein Paradeigma ein Architekturmodell für ein öffentliches Bauwerk, anhand dessen sich die Bürger über die Strukturidee und den Stand der konkreten Bauarbeiten vergewissern konnten. Als solch eine Einrichtung zum Maßnehmen bei Kommunikatoren kann auch das hier vorgelegte idealtypische Modell ‚des‘ Populisten fungieren. Ich wäre froh, wenn wir bei uns keinen lebenden Politiker fänden, der diesem Paradigma in all seinen Komponenten entspricht. Joachim Knape 16 Populismus zwischen Ideologie und Kommunikation Elemente des Populismus Die derzeitige Konjunktur des Wortes ‚Populismus‘ im öffentlichen Diskurs beruht vor allem auf drei Ereignissen: dem Brexit-Referendum im Vereinigten Königreich im Juni 2016, der Wahl Donald J. Trumps zum 45. US -Präsidenten im November 2016 und natürlich dem seit einigen Jahren in ganz Europa zu beobachtenden Mainstreaming populistischer Parteien der Rechten wie der Linken. Immer häufiger übernehmen Populisten auch Regierungsverantwortung (oder scheitern an der Gewinnung von Mehrheiten nur knapp). Für die Diagnose unserer Gegenwart ist Populismus zu einer analytischen Schlüsselvokabel und gleichermaßen zu einem Kampfbegriff der politischen Auseinandersetzung geworden. Im öffentlichen Diskurs rückt bisweilen in den Hintergrund, dass Populismus keineswegs eine neue, sondern im Gegenteil eine vergleichsweise alte Erscheinung ist, die sich auf die amerikanische ‚Populist Party‘ des 19. Jahrhunderts zurückführen lässt (Müller 2016; Mudde / Kaltwasser 2017). Und auch die Wissenschaft kann mittlerweile auf über sieben Jahrzehnte Populismus-Forschung-- beginnend mit einer ersten Begriffsbestimmung durch den amerikanischen Soziologen Edward Shils 1956- - zurückblicken. Eine Definition des Populismus, die von allen Forscherinnen und Forschern getragen würde, gibt es gleichwohl bis heute nicht. Das hat mit dem Phänomen selbst zu tun: Populistische Politik ist programmatisch-inhaltlich oft mehr oder weniger beliebig an aktuelle Bedürfnisse, Problemlagen und individuelle Strategien anpassbar, ja, geradezu „opportunistisch und chamäleonhaft“ (Poier / Saywald-Wede / Unger 2017, 40). Mit dem Politikwissenschaftler Michael Freeden lassen sich solche Formen politischer 17 A-Programmatik als ‚dünne Ideologie‘ (thin ideology) bezeichnen (Freeden 1998). Denn populistische Ideologie besteht häufig aus nicht mehr als einigen wenigen plakativen Schlagworten. Eine solche Ideologie entzieht sich bewusst genauer Festlegungen und damit zugleich den traditionellen Klassifikationssystemen der politischen Ideengeschichte. Populisten lehnen das Konzept der repräsentativen Demokratie ab, denn sie sind der Ansicht, Politik „should be an expression of the volonté générale (general will) of the people“ (Mudde 2004, 543). Die Forderung nach Einführung von Elementen direkter Demokratie ist die logische Folge. Soziale Medien wie Twitter arbeiten der populistischen Forderung nach direkter Demokratie zu (Sorensen 2017, 145), denn durch sie können der Populist und seine Anhänger einen direkten kommunikativen Kanal etablieren, der klassische Medien umgeht. Im Kontext des Aufstiegs der ‚Neuen Rechten‘ in Europa seit den 1990er Jahren, der Verschärfung der Migrationsdebatten und der Rückkehr der Religionsfrage nach 9 / 11 wird diese vertikale Dimension von Populismus durch eine horizontale Dimension ergänzt: Nun bildet nicht mehr bloß der Gegensatz von ‚Volk‘ und ‚Eliten‘ den Kern populistischer Politikauffassung, sondern es tritt eine zweite Antithese von ‚Volk’ (wir / innen) und ‚denen da draußen’ hinzu. Es ist der Gegensatz zwischen einem als homogen verstandenen Volk (Wildt 2017), eine vor allem für den deutschen Rechtspopulismus wichtige identitätspolitische Fiktion des frühen 19. Jahrhunderts, und ‚denen da draußen‘, also den ‚Ausländern‘, ‚Migranten‘, ‚Flüchtlingen‘ etc. Diese Dimension- - das ‚wir‘ (das ‚eigentliche‘ Volk) vs. ‚die‘- - konstituiert damit ex negativo die eigene Identität. Aus solchen Antagonismen leitet der Populist somit eine doppelte Bedrohung für das als homogen angenommene Kollektiv ab. Wissenschaftstheoretisch stellt ‚Populismus‘ ein ‚essentially contested concept‘ dar, also einen Begriff, der von einer Vielzahl von Forschern, aber mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet 18 wird (vgl. Mudde / Kaltwasser 2017, 2-5). Das macht die besondere Schwierigkeit aus, über den Populismus zu sprechen. Politik- und Kommunikationswissenschaftler haben deutlich unterschiedliche Perspektiven auf das Phänomen des Populismus: Während Erstere nach Elementen der Ideologie suchen (und meist nur eine ‚dünne‘ Ideologie finden), interessieren sich Letztere für die Interdependenz von Politik und Kommunikation / Medien. Vonseiten der Politikwissenschaft werden diese zwei Perspektiven bisweilen als sich gegenseitig ausschließend betrachtet: Spezifische Verfahren, die einen Kommunikator als Populist identifizierbar machten, ließen sich kaum eindeutig identifizieren. Das trifft insofern tatsächlich zu, als manche der in der Forschung als typisch populistisch bezeichneten Kommunikationsverfahren vielfach auch von Politikern verwendet werden, die keine Populisten sind. Es bleibt also die Frage, ob es eine Rhetorik gibt, derer sich Populisten exklusiv bedienen, oder ob man nicht konstatieren muss, dass „viele dieser Strategien auch bei ‚respektableren‘ politischen Parteien und deren Führung in Erscheinung treten.“ (Kienpointner 2002, 127) Tatsächlich finden sich viele der Merkmale, die in der Forschung (Decker / Lewandowsky 2017; Hirschmann 2017, 184-188; Kirchner 2012) immer wieder als Kriterien populistischer Rhetorik angeführt werden, in alltäglichen politischen Auseinandersetzungen. Hierzu gehören Metaphern, die negative Emotionen wie Furcht auslösen, und angsteinflößende Bedrohungsszenarien, die der Redner dem Publikum vor Augen stellt. Letztlich gehören solche Verfahren aber seit der Antike zum Repertoire fast aller berühmten Redner. Zur Identifizierung eines Populisten sind sie damit kaum geeignet, werden allerdings in politischen Auseinandersetzungen genau so verwendet. Die Zuschreibung ‚Populist‘ wird häufig zur Herabsetzung und Abwertung des Gegners eingesetzt: Populismus erscheint in dieser Bedeutung als politischer Kampfbegriff, der zu Ubiquität und damit Inhaltslosigkeit tendiert. Als wissenschaftliche Beschreibungskategorie ist er nicht sinnvoll verwendbar. 19 Populismus als Symbiose von Ideologie und Kommunikation Vertreter der aktuellen Populismusforschung setzen die beiden Pole von Ideologie und Kommunikation in Bezug zueinander: Populistische Ideologie, wie ‚dünn‘ sie auch sein mag, bevorzuge bestimmte rhetorische Verfahren und Kommunikationsstile (Moffit 2016), die sich als solche auch beschreiben lassen. Der Vorzug solcher Modelle besteht darin, dass sie sich eben nicht einseitig auf Fragen der Kommunikation oder ideologischen Positionierung konzentrieren, sondern das Phänomen des Populismus als eine Symbiose aus beidem beschreiben. In seiner Studie ‚Internationaler Populismus als Konzept‘ (2014) identifiziert Florian Hartleb vier Dimensionen-- die technische, inhaltliche, mediale und personelle Dimension-- des Populismus (Hartleb 2014, 41 f.): Technische Dimension: Zentral für alle Spielarten des Populismus ist der ideologisch begründete, scharfe Antagonismus von ‚Volk‘ und Eliten bzw. Establishment. Daraus leiten Populisten ihre demonstrativ antielitäre Haltung ab. Diese Dimension bezieht sich auf den vertikalen Aspekt von Populismus und schreibt dem Populisten ‚unten‘ die positive Rolle des ‚underdog‘ oder des ‚Robin Hood‘ zu, der vermeintlich für die Probleme der ‚Masse‘ kämpft. Ebenfalls ableitbar ist die von Populisten häufig ganz bewusst eingenommene Rolle des chronischen Beschwerdeführers und rituellen ‚Tabubrechers‘. Dabei konvergieren eine als bloß symbolisch verstandene Politik (Edelman 1964) und die moderne Unterhaltungskultur: Politiker inszenieren sich als Filmhelden, und Wähler populistischer Parteien vertrauen genau solchen Politikern, die sich als „Retter, Problemlöser und Krisenmanager“ (Wodak 2016, 30) filmreif zu inszenieren wissen. Inhaltliche Dimension: Populistische Ideologie ist letztlich weitgehend beliebig: Als Anti-‚Ismus‘ produziert Populismus wiederum eine Reihe von mehr oder weniger beliebigen ‚Ismen‘. Sie können in einem möglichen Spektrum von links nach rechts (wo- 20 bei die Zuordnungen oft unklar und auch nicht scharf trennbar sind) etwa sein: Anti-Islamismus und Rassismus (vgl. etwa den von der AfD verwendeten Begriff der ‚Passdeutschen‘); Fragen der Identitätspolitik, Kritik am Globalkapitalismus / an Europa; Kritik an sogenannten ‚Sozialschmarotzern‘; das Feindbild des Migranten / Flüchtlings / Einwanderers etc. Wie zuletzt die Parlamentswahlen in Italien im März 2018 deutlich gemacht haben, sind populistische Parteien weitgehend problemlos bereit, Inhalte zugunsten von Machtoptionen zu opfern. Die aus den Wahlen hervorgegangene Koalition zwischen Rechts- und Linkspopulisten zeigt auch, dass es über das Parteienspektrum hinweg Gemeinsamkeiten gibt, hier die Abgrenzung gegen Migranten und die manifeste EU -Feindlichkeit. Mediale Dimension: Populisten haben eine ambivalente Einstellung zu Massenmedien: Einerseits stehen sie in einem antagonistischen Verhältnis zu den sie vielfach kritisierenden Qualitätsmedien (die dann oft als ‚Lügenpresse‘ bzw. fake news diskreditiert werden), andererseits kann man mit Blick auf Boulevardmedien und die Logik moderner Massenmedien und sozialer Netzwerke von einem durchaus „symbiotischen Verhältnis“ (Poier / Saywald-Wede / Unger 2017, 42; vgl. Mudde 2004, 553 f.) sprechen. Populisten bedienen etwa durch ihr Kommunikationsverhalten ganz gezielt die schnell getaktete Aufmerksamkeitsökonomie moderner Unterhaltungsmassenmedien. Hierzu gehört die gezielte Produktion von Skandalgeschichten, in denen sich der Populist als mutiger Tabubrecher und Robin Hood darstellt, aber auch die tiefergehende Logik moderner Massenmedien, die bei der Nachrichtenauswahl und -produktion ‚spannende‘ Konfliktsituationen bevorzugen, was der antagonistischen Ideologie des Populismus entgegenkommt (Sorensen 2017, 142; vgl. Schulz 2011, 38 f.). Technische und mediale Dimensionen greifen dabei ineinander: Die von den Populisten mediengerecht vorangetriebene „Dramatisierung 21 der Politik“ führt zu ihrer „Fiktionalisierung“ (Wodak 2016, 30), was auf diese Weise bewusst die Grundlage moderner Demokratien infrage stellt. Personelle Dimension: Populistische Bewegungen bilden sich häufig um eine charismatische Führerfigur, von der sie existenziell abhängig sind. Hier können populistische Bewegungen bisweilen Züge einer ‚politischen Religion' (Eric Voegelin) aufweisen. Manche populistischen Bewegungen sind so auf ihren Anführer fixiert, dass es gar keine normalen Parteistrukturen gibt. Geert Wilders’ ‚Partij voor de Vrijheid‘ in den Niederlanden etwa hat nur zwei Mitglieder: Geert Wilders und die Geert Wilders Foundation. Allerdings besitzen nicht alle populistischen Gruppierungen und Parteien einen charismatischen Führer (vgl. Mudde / Kaltwasser 2014). In der Figur des-- überwiegend männlich codierten-- Führers laufen alle Dimensionen des Populismus schließlich zusammen, denn der Populist ist ein Tabubrecher und Kritiker, der sich ‚etwas traut‘ und zugleich von Eliten und Medien ‚untergebuttert‘ wird. Ein zentrales Element der öffentlichen Selbstinszenierung des Populisten ist deshalb die Stilisierung zum Opfer. Er ist insofern eine äußerst medientaugliche und -affine Figur, als in ihm zugleich ein Prozess der Mediatisierung politischer Kommunikation kulminiert, der sich seit dem Aufstieg moderner Massenmedien nach dem Zweiten Weltkrieg immer weiter beschleunigt hat: Der Populist als Führerfigur lebt nahezu ausschließlich von seinem Image, das er im Rahmen öffentlichkeitswirksamer medialer Events konstruiert, und nicht durch die Formulierung, Propagierung, Verteidigung und Durchsetzung politischer Inhalte und Programmatiken (engl. issues), also durch Argumentation und Diskurs (zur Entgegensetzung von image und issue Schulz 2011, 239-241). In dieser Lesart wäre der Aufstieg des Populismus Ergebnis (und Endpunkt? ) einer Entwicklung, die in der Forschung 22 unter den Stichworten ‚Amerikanisierung‘ und ‚Modernisierung‘ der politischen Kommunikation seit Jahrzehnten diskutiert wird. Dietmar Till Vernunft am Ende? Populismus als Abschied von der deliberativen Demokratie Demokratien sind auf einen gesellschaftlichen Diskurs angewiesen, darauf, dass politische Entscheidungen in einem kommunikativen Prozess ausgehandelt werden. Im Laufe der Demokratiegeschichte entstanden Institutionen wie das Parlament und die Parteien sowie Kommunikationsformen wie die Diskussion und die Debatte, die demokratische Entscheidungen befördern. Die Entscheidungsfindungsprozesse innerhalb der Demokratien schienen dabei lange Zeit auf eine zunehmende Rationalisierung hinauszulaufen. Nach dem Zweiten Weltkrieg markiert etwa die Unterzeichnung der UNO -Charta ein nachhaltiges Bekenntnis zu Menschenrechten und Vernunftprinzipien. Diese Orientierung an der vernünftigen Entscheidung und das Vertrauen in die Institutionen und Kommunikationsformen repräsentativer Demokratien sind jedoch durch Populisten in die Krise geraten. Demokratische Institutionen werden als ineffizient diffamiert, als elitär gebrandmarkt und durch das Propagieren einfacher Lösungen und den Appell an den gesunden Menschenverstand in Frage gestellt. Durch ein Klima der Angst und Bedrohung werden die Menschen in die Arme der Populisten getrieben. Das gelingt auch in wirtschaftlich gesicherten Staaten, denn es sind weniger objektive Bedrohungen und pure Not, die Menschen zu den Populisten treiben, als vielmehr eine Bedrohungslage, welche die Populisten selbst erzeugen. Damit werden Emotionen zum Handlungsmaßstab und rationale Überlegung wird diskreditiert. 23 In einer deliberativen Demokratie gilt Vernunft als Legitimationsgrund menschlichen Entscheidens und Handelns. Seitdem sich in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts Joseph M. Bessette, John Rawls und Jürgen Habermas mit dem Modell deliberativer Demokratie, die auf Partizipation der Bürger und rationale Problemlösung aus ist, auseinandergesetzt haben, schienen die Vorteile einer deliberativen Demokratie unzweifelhaft. In der Folge haben sich in der politischen Praxis und oft auch der gesetzgeberischen Regulierung mehr und mehr Staaten diesem Modell angeschlossen, das nach dem Ende der Sowjetunion als beinah konkurrenzlos erschien. Freilich hat das deliberative Politikmodell immer wieder auch Kritik ausgelöst, da es ein hohes Maß an bürgerlicher Beteiligung fordert, Entscheidungsprozesse eher verlangsamt als beschleunigt, aber es erschien doch Vielen als Gebot der Vernunft. Mit dem Populismus scheint dieses „Projekt der Moderne“ (Habermas 1981) in Auflösung zu sein. Rationalität wird kritisch beäugt, wissenschaftliche Fakten werden in Zweifel gezogen, alternative Fakten an die Stelle einer vernunftorientierten Politik gesetzt. Statt vernünftiger Diskussion und differenzierter Debatte werden Emotionalisierung, Polarisierung und Polemik zu zentralen kommunikativen Mustern einer deklarativen Demokratie, in der die Verkündigung von Positionen und Meinungen an die Stelle der vernünftigen Überlegung tritt. Der mediale Wandel scheint diese Entwicklung zu befördern: Soziale Medien eröffnen einen großen Diskursraum, der aber wird nicht zur Deliberation, also vernünftigen Überlegung, genutzt, sondern scheint Emotionalisierung und polemische Auseinandersetzung zu begünstigen. Damit sind gerade die Sozialen Medien zur Machtbasis populistischer Akteure geworden. Inwieweit verständigungsorientiertes deliberatives Handeln paradigmatisch für politisches Handeln ist bzw. werden kann, lässt sich zwar berechtigt fragen. In einer Parlamentsdebatte geht es ja gerade auch nicht um eine Verständigung der politischen Gegner, 24 hier ist nicht der Konsens, sondern der Konflikt als Ziel der Rede auszumachen. Aber auch die Debatte ist rational ausgerichtet, es geht in ihr um ein Austesten von Positionen, das rhetorische Gegeneinanderstellen von Begründungen, um zu sehen, welche Seite die stärkeren Geltungsansprüche vorbringen kann (Kramer 2006). Aufgabe der klassischen Massenmedien war es dann, solche Diskurse für die Mehrheit zu erschließen. Deliberative Politik lässt durchaus unterschiedliche Staatsmodelle zu. Nach dem liberalen Verständnis genießen die Bürger staatlichen Schutz, politische Rechte geben dem Einzelnen die Möglichkeit, seine Interessen zur Geltung zu bringen. Politik nach dem liberalen Modell vollzieht sich im Medium der Debatte, nämlich als Kampf um Positionen, wobei jeweils durch das Urteil der Wähler eine Entscheidung stattfindet. Im republikanischen Modell haben die Bürger vor allem das Recht zur politischen Teilnahme am Staat, verfügen also über Kommunikationsrechte, durch deren Wahrnehmung sie den Staat gestalten, ja recht eigentlich hervorbringen. Dieses Modell bietet dem Diskurs, der Suche nach einem Konsens, einen großen Raum: „Die Existenzberechtigung des Staates liegt nicht primär im Schutz gleicher subjektiver Rechte, sondern in der Gewährleistung eines inklusiven Meinungs- und Willensbildungsprozesses, in dem sich freie und gleiche Bürger darüber verständigen, welche Ziele und Normen im gemeinsamen Interesse aller liegen.“ (Habermas 1999, 280) Den verschiedenen Modellen deliberativer Demokratie steht nun im Populismus ein Ansatz entgegen, der den rationalen Anspruch aufgegeben hat. Es werden in deklarativer Weise politische Positionen in den Diskurs eingebracht und von Populisten, die an der Macht sind, dann auch konsequent umgesetzt. Trump etwa regiert häufig per Dekret an den demokratischen Entscheidungsinstanzen vorbei. Deklarative Politik lässt sich schwer mit der Arbeit in Ausschüssen und Parlamenten vereinen, sie ist schnell und direkt, aktionistisch, nicht reflektiert. Viele Populisten versuchen zudem 25 die eigene Rolle zu stärken und präsidiale Verfassungen zu etablieren, um ihren Handlungsspielraum zu vergrößern, man denke nur etwa an die Türkei, an Ungarn oder Polen. Zudem ist der kritische Journalismus ein Angriffsziel vieler Populisten, wie man in Polen, Ungarn und neuerdings auch in Österreich sehen kann. Mechanismen republikanischer Teilhabe, die auf die „Gewährleistung eines inklusiven Meinungs- und Willensbildungsprozesses“ aus sind, werden also in ihrer Arbeit eingeschränkt. Unabhängige Medien rücken unter stärkere staatliche Kontrolle, klassische Massenmedien werden mit Slogans angegriffen und zum Feind erklärt, wo sie doch die Aufgabe kritischer Bewertung und gesellschaftlicher Inklusion haben. Twitter und Facebook können aber diesen kritischen Journalismus eben nicht ersetzen. Politische Kommunikation im Hashtag-Modus erlaubt keine differenzierte Auseinandersetzung. Der deklarative Politikstil suggeriert schnelle Lösungen, lässt sich aktionistisch inszenieren, seine langfristigen Erfolge aber sind zweifelhaft. Der populistische Machthaber operiert also jenseits politischer Institutionen, führt unorganisierte Bewegungen an (Moffit 2016) und zelebriert seine Unabhängigkeit durch eigenmächtige Entscheidungen und klare Parolen. Kommunikativ werden nun Realitäten erzeugt und nicht mehr reflexiv eingeholt. Das Regieren per Dekret, das man als eine Eigenart der Präsidentschaft von Donald Trump sehen kann, macht den Abschied von der deliberativen Demokratie greifbar. Deklaration, das Verkünden von vermeintlichen Lösungen, tritt an die Stelle umständlicher und langwieriger demokratischer Reflexionsprozesse. Der Populist verspricht schnelle Lösungen und reduziert Rationalität auf die intuitive Betrachtungsweise des gesunden Menschenverstandes, der aber eben nicht alle Probleme lösen kann. Deliberative Politik war noch vor wenigen Jahren ein globales Projekt, ein Projekt, das nationale Grenzen einebnet und eine globale Perspektive eröffnet. Dieses Projekt stößt aber eben nicht 26 auf allseitige Anerkennung und beinah prophetisch wirken heute Äußerungen von Samuel Francis aus den 90er Jahren in einem Text, der um den „America first“ Slogan kreist: Sooner or later, as the globalist elites seek to drag the country into conflicts and global commitments- […], manage the delegitimization of our own culture, and the dispossession of our people, and disregard or diminish our national interests and national sovereignty, a nationalist reaction is almost inevitable and will probably assume populist form when it arrives. (Francis 1991, 10) Der Populismus als Gegengift zur Globalisierung, partikuläre Interessen statt universeller Vernunft-- der Abschied von der deliberativen Politik, den viele Populisten vollziehen, verheißt wenig Gutes. Olaf Kramer Der populistische Akteur im Spiegel der Forschung In diesem Band interessieren uns vor allem die Akteure hinter populistischen Positionen und ihre kommunikativen Strategien. Die Einzelanalysen basieren auf zentralen Erkenntnissen der Populismus-Forschung, die zwar kommunikative Praktiken oft nur eingeschränkt berücksichtigt, sich aber doch immer wieder mit den Anführern populistischer Bewegungen beschäftigt. Wie aber wird der populistische Akteur in der aktuellen Forschung charakterisiert? 1. „Gutes Volk“ gegen „verdorbene Elite“ Der Politikwissenschaftler Jan-Werner Müller stellt fest, allen Populisten sei gemein, gegen das Establishment zu sein. Das allein reiche aber noch nicht aus, um jemanden ‚Populist‘ nennen zu 27 können. Dazu muss sich nach Müller noch der Antipluralismus gesellen. Populisten gehe es um eine gewisse Homogenität des Volkes und um ihren eigenen exklusiven Alleinvertretungsanspruch. So gelangt Müller zu der Ansicht, Populismus sei „eine ganz bestimmte Politikvorstellung, laut der einem moralisch reinen, homogenen Volk stets unmoralische, korrupte und parasitäre Eliten gegenüberstehen“ (Müller 2016, 42). Wer solch eine Politikvorstellung pflegt, kann nach Müller also ‚Populist‘ genannt werden. 2. Agenda setter und Anwalt des allgemeinen Volkswillens Die Politiksoziologin Karin Priester betont den Antiintellektualismus der populistischen Akteure. Populisten zögen den gesunden Menschenverstand des einfachen Mannes dem Reflexionswissen der Intellektuellen vor. „Dabei treten Akteure des Populismus als agenda setter auf, die tabuisierte, unliebsame oder vernachlässigte Themen aufgreifen und insofern nicht nur eine Bedrohung, sondern auch eine produktive Herausforderung darstellen können“ (Priester 2012). So steuern sie den politischen Diskurs in ihrem Sinne und können sich gleichzeitig als Anwälte der Vergessenen darstellen. 3. Der populistische Akteur als Ideologe Der niederländische Politikwissenschaftler Cas Mudde definiert Populismus als „eine Ideologie, die davon ausgeht, dass die Gesellschaft in zwei homogene, antagonistische Gruppen getrennt ist, das ‚reine Volk‘ und die ‚korrupte Elite‘. Diese Unterteilung soll geltend machen, dass Politik ein Ausdruck der volonté générale oder des allgemeinen Volkswillens ist. Mudde sieht Populismus als Ideologie, die nicht die Tiefe, inhaltliche Fülle und Komplexität anderer Ideologien habe (wie beispielsweise Sozialismus oder 28 Liberalismus). So kommt er in Anlehnung an den von Michael Freeden geprägten Begriff zu dem Schluss, Populismus sei eine ‚thin-centered ideology‘. Die ‚dünne‘ Ideologie wird getragen von einer zentralen und charismatischen Führungsfigur. Sie ist nach Anton Pelinka, einem österreichischen Politikwissenschaftler, die immer geltende und alles entscheidende Konstante (Pelinka 2013, 10) des Populismus und die Personalisierung scheine die Sachthemen der Politik zu überschatten. Die Ideologie des Populisten ist also stark auf die jeweilige Führungsfigur fokussiert. Auch Ernest Laclau, der argentinische Politiktheoretiker, erkennt die zentrale Rolle einer Führungsfigur im Populismus an und betont das darin enthaltene Paradox: Populismus fordere häufig mehr Macht für die ‚einfachen Leute‘ und gleiche politische Rechte für alle, sei gleichzeitig aber selbst durchzogen von Autoritäten und charismatischen Führungspersönlichkeiten (Laclau 2005, 4), wobei am Ende häufig die Anhänger den Willen des Anführers repräsentierten und nicht der Anführer den Willen der Anhänger (Laclau 2005, 157). 4. Der einzig wahre Volksversteher Aus Sicht der Rhetorik unterscheidet Joachim Knape die zwei Hauptkomponenten des Populismus: Auf der einen Seite steht der Populist als Akteur, auf der anderen die populistische Argumentation. Für den populistischen Politiker sei es von besonderer Bedeutung, ein außergewöhnliches Image zu kreieren. Er müsse sich als einzigartige Ausnahme stilisieren, um sich glaubhaft von etablierten Widersachern abgrenzen zu können. Knape beschreibt das Image des Populisten als eines „des Heilsbringers, des Erlösers in Not und charismatischen Führers“ (Knape 2012, 62). Um diesen Status zu erreichen, inszenieren sich Populisten als Volksversteher, die die Deutungshoheit der Situation innehaben. Dieser 29 Alleinvertretungsanspruch („Nur wir haben den Ernst der Lage erkannt“) wird häufig legitimiert, indem der angeblich schweigenden Mehrheit ein allgemeiner Volkswille unterstellt wird. 5. Allmächtige Kunstfigur Walter Ötsch veröffentlichte zusammen mit der Journalistin Nina Horaczek 2017 das Buch ‚Populismus für Anfänger. Anleitung zur Volksverführung‘. Sie bezeichnen den populistischen Akteur als „Super-Wir“, dem herausragende Eigenschaften zugesprochen werden: „Super-Wir ist der Rebell, der Held, der Oberkämpfer, der Befreier, der Messias. Super-Wir ist die Verkörperung einer Sehnsucht nach Erlösung“ (Ötsch / Horaczek 2017, 35). In Anbetracht solcher unrealistischer Zuschreibungen betonen Ötsch und Horaczek, dass das Super-Wir eine konstruierte Kunstfigur ist, da kein Mensch immer nur gut sein kann (Ötsch / Horaczek 2017, 36). Der Populist pflegt also sein sorgsam konstruiertes Image, seine Anhänger sehen „keinen realen Menschen aus Fleisch und Blut, mit Fehlern und Schwächen.-[…] Was sie sehen, ist ein Idol, eine Kunstfigur, ein Popstar, ein Mensch, den es nicht gibt“ (Ötsch / Horaczek 2017, 38). Die wichtigste Aufgabe des populistischen Akteurs sei dabei, Ängste anzusprechen und Schuldige zu nennen. Das könne nur mit starker Komplexitätsreduktion einhergehen. Dazu komme noch eine personenorientierte Politik: „Weil das Super-Wir an ein erfundenes Bild von der Welt glaubt, kann es nicht von (komplexen) ursächlichen Faktoren, sondern nur von konkreten persönlichen Schuldigen sprechen. Super-Wir ist ein politischer Alchemist. Es verwandelt Sachprobleme in Personenprobleme“ (Ötsch / Horaczek 2017, 42). 30 6. Überzeugen durch Rede- und Führungstalent Einen Verweis auf rhetorische Fähigkeiten eines populistischen Akteurs findet man bei Gabriella Lazaridis und Giovanna Campani. Die beiden britischen Politikwissenschaftlerinnen veröffentlichten 2017 mit ‚Understanding the populist shift‘ einen Sammelband zum Populismus in Europa, in dem sie einen Fokus auf charismatische Führungsfiguren und ihre Relevanz im System populistischer Bewegungen legen. Susi Meret, Birte Siim und Etienne Pingaud untersuchen vor allem weibliche Führungsfiguren unter den Populisten. Ihnen zufolge besitzen populistische Akteure außergewöhnliche Fähigkeiten, eine starke Anziehungskraft und eine Sprache, die ‚einfache Leute‘ fesseln kann und von dem naturgegebenen Talent als leader überzeugt (Meret / Siim / Pingaud 2017, 122). 7. Performer des populistischen Gedankenguts Benjamin Moffit beschreibt den Populisten als einen performer des Populismus. Die Führungsfigur sei die Verkörperung der Ideologie, was den Anhängern erlaube, ihre Zuneigung an einer konkreten Person festzumachen. Das Gleiche gelte für Gegner des Populismus, denn auch diese hätten durch eine zentrale Figur die Möglichkeit, ihre Ablehnung zu kanalisieren. Dies erleichtere die Kontrolle der Wahrnehmung der populistischen Partei mit ihrer mitunter stark diversen Mitgliederschaft (Moffit 2016, 51 f.). Der populistische Akteur sei die Größe, die eine unorganisierte Anhängerschaft durch nicht-institutionelle Maßnahmen erst vereine (Moffit 2016, 53). Der im Populismus angelegte Wunsch nach schnellen Ergebnissen und die Ablehnung von Komplexität lässt diese Erscheinung eines populistischen Akteurs als absolute Zentralstelle nur konsequent logisch erscheinen. Während Populismus ohne eine Partei oder ohne eine Bewegung dahinter denkbar ist, 31 fällt es eher schwer, sich heutigen Populismus ohne leadership vorzustellen (Moffit 2016, 55). Aber wie verhält sich der populistische Akteur nun? Oft bewegt er sich auf dem schmalen Grat zwischen Normalsein und Außergewöhnlichsein (Moffit 2016, 56). Er steche durch kalkulierte schlechte Manieren hervor. Besonders in Abgrenzung zur political correctness als Projekt der Eliten sage er bewusst das Unsagbare, um aufzufallen und Tabus zu brechen (Moffit 2016, 61). Die hier angeführten Kriterien können in eine grundlegende Charakteristik für den prototypischen populistischen Akteur eingehen. Davon werden in den folgenden Untersuchungen realer Populisten einige in den Vordergrund, andere in den Hintergrund rücken und sich so immer wieder neu zu individuellen Profilen zusammensetzen. Isa Fünfhausen 33 Internationale Profile Der Urvater des europäischen Rechtspopulismus-- Jörg Haider Jörg Haider (1950-2008) war 1986-2000 Vorsitzender der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) sowie 1989-1991 und 1999-2008 Landeshauptmann von Kärnten. Unter seiner Parteiführung trat die FPÖ im Februar 2000 in eine Koalitionsregierung mit der Österreichischen Volkspartei ( ÖVP ) unter Kanzler Wolfgang Schüssel ein. Die EU reduzierte daraufhin die bilateralen Beziehungen zu Österreich. 2005 gründete Haider nach internen Streitigkeiten eine neue Partei, das ‚Bündnis Zukunft Österreich‘ ( BZÖ ), die nach den Nationalratswahlen im Oktober 2006 ins Parlament einzog. Der österreichische Ex-Politiker und Kommunikationsberater Stefan Petzner veröffentlichte 2015 eine Biographie des österreichischen Populisten Jörg Haider und im Jahr darauf das Sachbuch ‚Trump to go. Eine kurze Erklärung, wie Populismus funktioniert‘ (Petzner 2015 und 2016). Petzner lernte Haider während seines Klagenfurter Publizistik-Studiums kennen und war seit 2004 dessen Pressesprecher und „Spin-Doktor“ (Petzner 2015, 7). Bis zum Tod Haiders durch einen selbstverschuldeten Autounfall im Oktober 2008 zählte er zu dessen engsten Vertrauten. Petzner bezeichnete Haider danach als seinen „Lebensmenschen“. Die vieldeutige Äußerung kostete ihn schlussendlich den Posten des Klubobmanns des ‚Bündnis Zukunft Österreich‘ ( BZÖ ) im österreichischen Nationalrat (wurde aber wenigstens zum österreichischen ‚Wort des Jahres 2008‘ gewählt). Petzners beide Bücher sind aufschlussreich, weil sie uns aus der Perspektive eines an zentraler Stelle beteiligten Akteurs Einblicke in die Welt populistischer Kommunikation zu geben vermögen: 34 also das, was Petzner selbst das „Handwerk eines Populisten“ (Petzner 2015, 11) nennt. Schon als Student zeigt sich Haiders späterer Kommunikationschef fasziniert von dem FPÖ -Politiker, dem „Held einer Art Reality-Soap“ (Petzner 2015, 23). Er hält ihn wegen seines „neuen und aggressiven rhetorischen Stils“ (Petzner 2015, 37) für den „geschicktesten politischen Taktiker im Land“ (Petzner 2015, 33). Zu Recht wird Haider, als dessen politischer Zenit oft die Nationalratswahl von 1999 genannt wird, bei der die FPÖ die zweitmeisten Stimmen auf sich vereinen konnte, zum Urvater rechtspopulistischer Rhetorik erklärt. Die österreichische Diskursforscherin Ruth Wodak bezeichnet den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien in Europa sogar als „‚Haiderisierung‘ der Politik“: „Jörg Haiders Auftreten, Stil, Rhetorik und Ideologie sind zum metonymischen Symbol für derartige Parteien in ganz Europa geworden.“ (Wodak 2016, 18) Tatsächlich wirkt Haider, der Anfang 1992 im Rahmen des sogenannten ‚Anti-Ausländer-Volksbegehrens‘ den Spruch „Österreich zuerst“ geprägt hat, fast wie ein Stichwortgeber für Trumps Wahlkampfslogan „America first“. Für Haiders populistische Rhetorik sind zwei Muster charakteristisch: einerseits das Spiel mit Provokationen und Tabus, denen regelmäßig Dementis und die Stilisierung zum Opfer (der sogenannten ‚Altparteien‘ oder der ‚Medien‘) folgen, andererseits ein ausgeprägter Hang zur gezielten Verunglimpfung, Herabsetzung und verbalen Verletzung des politischen Gegners. Populisten versuchen, durch Formen wie Inhalte ihrer Kommunikation den Raum dessen, was in einer Gesellschaft gesagt werden kann, was akzeptiert und tabuisiert ist, systematisch auszuweiten und umzubauen. Das zeigt sich besonders deutlich am Thema Erinnerungspolitik, hier dem Umgang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit innerhalb der FPÖ . Bei Haider kommt hinzu, dass beide Eltern Anhänger des Nationalsozialismus waren und sich nach 1945 davon auch niemals distanziert haben. Man kann an- 35 nehmen, dass viele Mitglieder der damaligen FPÖ ebenso wie die Sympathisanten und Wähler der Partei der Ideologie des Nationalsozialismus gegenüber positiv eingestellt waren. In einer Sitzung des Kärntner Landtags am 13. Juni 1991 erwidert Haider einen Zwischenruf aus der SPÖ -Fraktion mit einem Vergleich, der implizit bleibt: „Na, das hat’s im Dritten Reich nicht gegeben, weil im Dritten Reich haben sie ordentliche Beschäftigungspolitik gemacht, was nicht einmal ihre Regierung in Wien zusammenbringt. Das muss man auch einmal sagen“ (zit. n. Januschek 1994, 321). Haider demonstriert damit-- auf eine eigentlich nicht zu relativierende Weise-- die Unterstützung bestimmter Aspekte nationalsozialistischer Ideologie (vgl. Reisigl 2012). Zugleich präsentiert er sich im letzten Satz als Aufklärer, der Wahrheiten ausspricht, die angeblich von den anderen Parteien nicht gerne gehört würden, und legitimiert damit zugleich den eigenen Tabubruch. Damit stellt Haider den ‚offiziellen‘ erinnerungspolitischen Konsens in Frage, was bei den rechtslastigen Anhängern der FPÖ vermutlich Unterstützung fand. Jenseits solcher ideologischer Momente, die man durchaus in kommunikativer Absicht unterstellen kann, zeigt Haider mit seinem Tabubruch aber auch einfach, dass er sich als Redner ‚etwas traut‘. Er lenkt damit nicht zuletzt die mediale Aufmerksamkeit auf seine Person. Haiders „Spin-Doktor“ Petzner versucht, seinen Mentor in Schutz zu nehmen: Haider sei zwar zweifellos ein Rechtspopulist, aber kein Rechtsextremer gewesen. Zugleich scheint er selbst dem Faszinationspotential zu erliegen, das solche Tabubrecher offensichtlich bei ihren Anhängern erzeugen: Haider „arbeitete bewusst mit radikalen Codes, aber nur aus Gründen des Marketings. Es ging ihm dabei ausschließlich um Aufmerksamkeit in Folge kühl kalkulierender Eklats“ (Petzner 2015, 139). Denn: „[M]aximale Empörung führt zu maximaler Aufmerksamkeit“ (Petzner 2015, 140). Die eigentliche Währung des Populisten ist also nicht die-- ohnehin inhaltsleere, ideologisch ‚dünne‘- - Programmatik, sondern 36 alleine die mediale Aufmerksamkeit. Jenseits politischer Inhalte verschafft sie der Partei Wähler oder Sympathisanten aufgrund von Faktoren, die in der primär auf Unterhaltung ausgerichteten Logik der Massenmedien liegen: Die ‚Reality-Soap‘, als die Haider seine Politik inszenierte, nutzt mediale Frames wie Konflikt, Sensation, Skandal, welche dem Populisten qua medialer Eigenlogik zuarbeiten (Sorensen 2017, 142). Petzner beschreibt mit wünschenswerter Klarheit, wie Haider gleichsam parasitär von der Erregung seiner Gegner lebte: Denn sie taten, so konstatiert er, „immer das Falsche. Sie empörten sich bei jeder Provokation, jedem Tabubruch, dienten damit unseren Interessen und machten in ihren Wahlkämpfen nicht sich, sondern uns zum Thema“ (Petzner 2015, 137). Anfeindungen und Kritik rücken den Populisten erst ins Zentrum der medialen Aufmerksamkeit. Denn Tabubruch und Empörung basieren auf einer „wechselseitigen Hebelwirkung“ (Petzner 2016, 47), von welcher der Populist schlussendlich profitiert. Allerdings höhlen solche Kommunikationsverfahren langfristig den politischen Diskurs aus und wirken zerstörerisch auf demokratische Prozesse: Die bloße Polit-Show ersetzt Inhalt und Diskurs, doch gesellschaftlich tragfähige politische Lösungen lassen sich auf diese Weise nicht erarbeiten. Und beim Tabubruch alleine bleibt der Populist Haider nicht stehen. Das zeigt sich in der Art und Weise, wie er auf die heftige Empörung reagiert, die sich im Plenum des Kärntner Landtags nach seinem eigentlich nicht bestreitbaren Lob der NS -Arbeitspolitik artikuliert. Haider distanziert sich verbal nicht von seinem Redetext: Vielmehr sei er einfach falsch verstanden worden. Die Frage, welche Instanz für die missglückte Kommunikation verantwortlich ist, wird damit vom Sprecher ganz auf den Hörer verlagert. Dessen Schuld ist es, wenn er Haider ‚falsch‘ versteht: „Daß ich in keiner Weise eine positive Bewertung der Beschäftigungspolitik des Dritten Reiches gegenüber der österreichischen Beschäftigungspolitik gemeint habe, das, bitte, auch noch einmal 37 zu Kenntnis zu nehmen, und ich hoffe damit, daß auch der Konfliktpunkt, der aufgetreten ist, aus der Welt geschafft wurde“ (zit. n. Januschek 1994, 321). Nur wenig später innerhalb der Debatte sieht sich Haider noch einmal zu weiterer Klarstellung gezwungen: „Da habe ich, glaube ich, unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß ich diese Äußerung nicht in dem von Ihnen verstandenen Sinn verstanden habe, daß ich sie auch nicht gemacht habe. Und wenn es für Sie eine Beruhigung ist, dann nehme ich sie auch mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück“ (zit. n. Januschek 1994, 321). In welchem Sinne allerdings er seine Äußerung verstanden haben will, sagt er nicht. Haider- - auch das ein für Populisten charakteristisches Kommunikationsverhalten- - beruft sich auf Normen der parlamentarischen Kommunikation, die er selbst, wie der Text der Rede unmissverständlich zeigt, klar ignoriert. Doch das führte, zumindest bei den Anhängern der FPÖ , nicht zur Destruktion politischer Glaubwürdigkeit-- im Gegenteil: die Anhänger sehen, dass hier einer von ‚ihnen‘ vermeintlich selbstverständliche, im öffentlichen Diskurs ‚unterdrückte‘ ‚Wahrheiten‘ endlich einmal öffentlich ausspricht. Kommunikativ verfolgt Haider hier, wie in vielen seiner Reden, eine rhetorische Strategie, die auf dem Prinzip der Doppelbzw. Mehrfachadressierung (vgl. Kühn 1995) basiert: Den eigenen Anhängern wird eine Botschaft vermittelt (und diese wird im eigenen Lager auch so verstanden), die eindeutig pro- NS ist (Reisigl 2012). Hier wird also im eigenen Lager Identität gestiftet. Wenn andere Gruppierungen die Botschaft in der gleichen Weise verstehen, wird ihnen allerdings radikal Interpretationskompetenz abgesprochen: Das von ihnen so Verstandene sei nämlich nicht das von ihm Gemeinte. Im Falle des Kärntner Landtagsdebatte gelingt diese Strategie wenigstens kurzfristig, weil die Regeln und Abläufe parlamentarischer Debatten das Aufkommen von Grundsatzdiskussionen zugunsten geregelter Debattenverläufe nicht zulassen. 38 Einen Ordnungsruf scheint es im Kärntner Landtag nicht gegeben zu haben. Neben dem kommunikativen Verlaufspaar Tabubruch und Distanzierung sind es vielfache verbale Schmähungen und Beleidigungen des politischen Gegners, die Haiders aggressive populistische Rhetorik charakterisieren. Der Sprachwissenschaftler Franz Januschek hat 1994 die Konstruktionsprinzipien dieser ‚Haiderismen‘ rekonstruiert und auf wenige einfache Bauprinzipien zurückgeführt: Man brauche dazu eine mindestens zweigliederige Nominalverbindung. Diese muß zum einen den beschimpften Menschen, die Institution, den Zustand identifizierbar machen, zum anderen ein Merkmal aus den-[…] Bereichen tierisch-- körperbezogen- - schmutzig- - unreif / verfallend- - sozial verachtet- - politisch geächtet- - kriminell enthalten oder eine Anspielung auf den Nationalsozialismus.-[…] Beispiel: Ein Bürgermeister ist zu beschimpfen, man wählt ein Wort aus dem Bereich ‚sozial verachtet‘. Die Schmähung könnte lauten: ‚Bettlermeister‘.-[…] Oder: Die wirtschaftlichen Verhältnisse in einer Stadt sind zu beschimpfen, man wählt ein Wort aus dem Bereich ‚tierisch‘. Die Schmähung könnte lauten: ‚Affenkäfig, dessen Bewohner sich von schaulustigen Touristen durchfüttern lassen.‘- […] Oder: Die Agrarpolitik der Bundesregierung ist zu beschimpfen. Man wählt eine Anspielung auf den Nationalsozialismus: ‚Man läßt die heimische Landwirtschaft ausbluten. Das ist wirkliche Blut-und-Boden-Politik der Bundesregierung.‘ (Januschek 1994, 295) Im April / Mai 1991 äußerte sich Haider auf einer Parteiveranstaltung zum Thema ‚Ostblock‘. Objekt seiner Invektive ist der frühere Gewerkschaftsführer Lech Wałęsa, den Polen im Dezember 1990 zu seinem Staatspräsidenten gewählt hatte: „Was ist das für ein Land, das sich einen Staatspräsidenten wählt, der von seiner Physiognomie her ständig breiter wird, statt sich in seinem Amt zu verzehren“ (zit. n. Januschek 1994, 301). Haider arbeitet mit einem für populistische Rhetorik typischen Argumentationsschema (vgl. Kienpointner 2002), das allerdings fehlschlüssig ist: Es wird 39 nämlich von der Physiognomie des polnischen Staatspräsidenten ein angeblich unmäßiger Lebensstil abgeleitet und daraus wiederum auf eine unzureichende Art der Amtsausübung geschlossen. Dieser Schluss wird dann zu einer Diagnose der Situation in Polen überhaupt verallgemeinert, wobei ‚Land‘ hier metonymisch für das polnische Volk steht. Haider maßt sich also ein negatives Urteil an, das ihm als österreichischem Lokalpolitiker gar nicht zusteht, und er gründet sein Urteil zudem durch Bezugnahme auf die Parawissenschaft der Physiognomie, die von der äußeren Erscheinungsweise der Gesichtszüge auf innere Charakterwerte eines Menschen schließt. Sie war im sogenannten Dritten Reich eine ‚völkische‘ Leitwissenschaft. Provokationen sind immer Gratwanderungen, vor allem dann, wenn sie den Bereich des gerade noch Akzeptablen verlassen und in das Feld des Justiziablen übertreten. Straftatbestände wie üble Nachrede, Verleumdung, Hetze und Hassrede existieren (in unterschiedlichen Ausprägungen) in fast allen Rechtssystemen. Am 28. Februar 2001 hielt Haider im Rahmen des ‚Rieder Aschermittwochs‘, einer lokalen Parteiveranstaltung der FPÖ im Innkreis, eine Rede, in der er den Präsidenten der Israelitischen Kulturgemeinde in Wien, Ariel Muzicant, mit folgenden Worten angriff: [D]er Herr Muzicant von der Kultusgemeinde in Wien hat noch sein übriges gemacht, hat in ganz Amerika Rundschreiben mit dem jüdischen Weltkongreß geschickt, wo er gesagt hat: ‚Jetzt müssen wir schon wieder sammeln, weil unsere Mitbürger sind wieder bedrängt und müssen Österreich verlassen.‘ Der Herr Ariel Muzicant. Ich verstehe überhaupt nicht wie, wenn einer Ariel heißt, so viel Dreck am Stecken haben kann. Das verstehe ich überhaupt nicht. Aber ich meine das ist eine andere Sache. Das wird er schon morgen kommentieren (zit. n. Wodak / Reisigl 2002, 134) Tatsächlich reagierte Ariel Muzicant mit einer Klage, in deren Folge eine Reihe von sprachwissenschaftlichen Gutachten erstellt wurden, welche klar den rassistischen und antisemitischen Charakter 40 von Haiders Rhetorik belegten. Haiders sprachliches Verfahren der Diskreditierung heißt in der Linguistik Namenpolemik: Mit der Nennung von Muzicants Vornamen ‚Ariel‘ wird durch die Wendung ‚Dreck am Stecken‘ konnotativ automatisch das gleichnamige Waschmittel aufgerufen und daraus ein (von Rezipienten erst zu bildendes) fehlschlüssiges Argument suggeriert, das auf der Differenz ‚sauber‘ / ‚schmutzig‘ basiert: „Wenn ein Mensch einen bestimmten Eigennamen trägt, dann trifft das, was die Bedeutung dieses Namens ist, auch auf den Namensträger oder die Namensträgerin selbst zu“ (Wodak / Reisigl 2002, 150 f.). Im Ergebnis wird Muzicants Charakter als inkonsistent diskreditiert-- und dies ohne offen vorgebrachtes und gültiges Argument. Nun gehören Spiele mit Namen seit der Antike zum Inventar rhetorischer Überzeugungsmittel. Sie werden dort unter der Rubrik des sogenannten locus a nomine (Argument, das aus dem Namen einer Person abgeleitet wird) einsortiert. Oft sind sie harmlos, manchmal sogar witzig (und mit Blick auf die eigenen Anhänger spielt natürlich auch Haider mit diesem zwiespältigen Potential). Allerdings ruft Haider zwei antisemitische Kontexte auf (und vor dem Hintergrund, dass er den Text der Rede mehr oder weniger abliest, kann man eine strategische Intention unterstellen), mit denen er einmal mehr-- in Perspektive der eigenen Anhänger-- in die Rolle des populistischen Tabubrechers schlüpft. Zum einen wird mit der Wendung ‚Dreck am Stecken‘ ein antisemitisches Stereotyp aufgerufen, nämlich das des ‚unreinen, dreckigen Juden‘, der unehrlich und kriminell sei (Wodak / Reisigl 2002, 152 f.). Zum anderen stellt sich Haider, indem er das Verfahren der Namenpolemik verwendet, in eine Traditionslinie faschistischer Rhetorik, deren Kenntnis man bei dem österreichischen Politiker vermuten darf: Joseph Goebbels verwendete namenpolemische Provokationen in seinem berüchtigten Versuch, den stellvertretenden Polizeipräsidenten von Berlin, Bernhard Weiß, der jüdischen Glaubens war, durch konsequente Benennung mit dem jüdischen Vornamen 41 ‚Isidor‘ zu verleumden (Bering 1991). Haider und Goebbels eint schließlich auch, dass beide Fälle ein juristisches Nachspiel hatten. Weiß ging konsequent rechtlich gegen Goebbels’ Diskreditierungsversuche vor. Und er gewann alle Prozesse. Haiders Polemik gegen Muzicant endete im März 2002 außergerichtlich mit einer Ehrenerklärung Haiders, in der er seine Äußerung „mit dem Ausdruck des Bedauerns und der Entschuldigung“ (abgedruckt in Pelinka / Wodak 2002, 242 f.) zurückzog. Ein zweifelhafter Sieg für den Rechtsstaat: Einerseits zeigt er klar auf, dass der erinnerungspolitische Konsens einen Raum des Sagbaren bestimmt und eine Grenze definiert, die nicht ohne rechtliche Sanktionen überschritten werden darf. Andererseits besteht das Perfide rechtspopulistischer Kommunikation gerade darin, diese Grenze zum Zwecke der Aufmerksamkeitserzeugung und aus Lust an der Provokation immer wieder zu überschreiten. Im Erzeugen öffentlicher Aufregung besteht ein wesentliches Ziel rechtspopulistischer Kommunikation, bei der, wie es Haiders Kommunikationschef Petzner beschreibt, der „schlagzeilenartige Aktionismus“ über jeder Form „sachlicher Substanz“ steht (Petzner 2016, 71). Das ist zweifellos eines der zentralen Muster populistischer Rhetorik. Dietmar Till 42 Populismus verkaufen-- Silvio Berlusconi Silvio Berlusconi (geb. 1936) war zunächst erfolgreicher Geschäftsmann, bevor er 1993 in die Politik wechselte. In den 1980er Jahren wurde sein Medienkonglomerat Mediaset zum einflussreichen Gegenspieler des staatlichen italienischen Rundfunkkonzerns RAI . Er führte das Privatfernsehen ein und brachte ‚Dallas‘, ‚Baywatch‘ und das ‚Glücksrad‘ nach Italien - ein Modernisierungsschub, der allerdings auch zu einer Verflachung und Entintellektualisierung des Fernsehprogramms führte. Berlusconi war viermal Ministerpräsident von Italien (1994-1995; 2001-2005; 2005-2006; 2008-2011). Am 26. Januar 1994 verkündete Berlusconi in einer in seinen drei Fernsehsendern ausgestrahlten Rede seinen Einstieg in die Politik (Krempl 1996, 136-138). Die 9 Minuten und 30 Sekunden dauernde Ansprache war bis ins Kleinste durchgeplant: Monatelang hatte Berlusconi, in dessen Villa in Arcore sich 20 bis 30 Fernsehgeräte befunden haben sollen, zusammen mit Werbespezialisten Talkshows studiert, um daraus eine erfolgversprechende Wahlkampfstrategie abzuleiten. Sitzend am Schreibtisch seiner Villa-- wie ein amtierender US -Präsident-- verkündete Berlusconi ein politisches Programm, das auf unterschiedliche populistische Gemeinplätze zurückgriff. Nachdrücklich inszenierte er sich als politischer Außenseiter und Retter der Nation vor einer Gefahr, die angeblich vom linken Parteiestablishment ausging. Berlusconi stellt sich als „pragmatisch denkender Unternehmer und besorgter Bürger“ (Stille 2006, 145) dar, der damit einen gänzlich anderen Politikertypus verkörpert, als ihn die Italiener bis dahin gewohnt waren. Zur Rechtfertigung seiner politischen Positionen greift Berlusconi auf einen populistischen Topos zurück, den Bezug auf das ‚Heartland‘ (Taggart 2000, 95-98), das fiktive Ideal einer besseren, oft in der Vergangenheit liegenden Lebenswelt, die in 43 der Gegenwart (meist von ‚außen‘) bedrängt oder schon verloren ist. Berlusconi verspricht, die „tiefsten Bedürfnisse der einfachen Menschen“ zu befriedigen, und kündigt nichts weniger als ein „italienisches Wunder“ (zit. n. Stille 2006, 145) an. Konkrete politische Ziele aber werden, wie es für Populisten typisch ist, nicht genannt, stattdessen bleibt es bei der Aufzählung wenig konkreter Allgemeinplätze: „Arbeit, Markt, Freiheit, der Einzelne, Wohlstand, Solidarität, Großzügigkeit“ (Stille 2006, 146). Das politische Programm besteht vor allem aus Versprechen, etwa dem, eine Million neue Arbeitsplätze aus dem Nichts zu schaffen. Populistisch schließlich ist Berlusconis Positionierung als Politik-Outsider (der er ja tatsächlich war), der aus dieser Position das Establishment (‚die da oben‘) kritisiert: „Schluss mit der alten Politik, wir wollen eine Politik, die anders ist, neu und sauber! Wir sind das Italien, das spart, im Kampf gegen das Italien das stiehlt. Wir sind das Italien der rechtschaffenen Leute gegen das Italien der alten Parteien“ (zit. n. Stille 2006, 160). In dieser Wahlkampfrede ergänzt er die (auf einer konzeptionellen Metapher basierende) Antithese von unten (rechtschaffene Italiener / Berlusconi / ‚wir‘) und oben (Establishment / ‚die‘) um einen zeitlichen Aspekt, den von alt und neu: Auf diese Weise wird seine Position automatisch zur fortschrittlichen und auf die Zukunft gerichteten. Berlusconi etabliert so eine grundsätzliche Wertedifferenz: die ‚alten Parteien‘ stehen für ein Italien, das „stiehlt“, während das ‚neue‘, ‚rechtschaffene‘ Italien „spart“ und zugleich „sauber“ ist. Das sind allerdings nicht nur nette Alliterationen (im Italienischen sind die Verben risparmiare und rubare), vielmehr ordnet sich Berlusconi mit solchen Sätzen in einen traditionellen Wertekosmos ein, mit dem sich viele Wähler offenbar identifizieren konnten. Wichtiger als Inhalte waren Berlusconi allerdings die Form der Auftritte und vor allem das dadurch vermittelte Image. Daran hatten seine Werbefachleute monatelang getüftelt. Berlusconi verkörpert damit eine am Beginn der 1990er Jahre in Europa noch durch- 44 aus neue Symbiose aus Politik und Unterhaltungs- TV . Das zeigt eindrücklich bereits der Name der von Berlusconi gegründeten Partei, ‚Forza Italia‘, also ‚Vorwärts Italien‘: Er ist der Schlachtruf, mit dem die Fans die italienische Nationalmannschaft anfeuern. Sie sollte also keine Partei des alten traditionellen Typs darstellen, sondern sie war, so der Text der Rede, eine „Organisation von Frauen und Männern eines total neuen Typs“ (zit. n. Stille 2006, 145). Berlusconis „Identität verschmilzt mit der Partei fast vollständig“ (Urbat 2007, 202; vgl. Krempl 1996, 129). Insofern folgt ‚Forza Italia‘ dem Muster einer Partei, die auf einen charismatischen Führer ausgerichtet ist. Statt Zeit in die Formulierung eines politischen Programms zu stecken, konzentrierte Berlusconi sich ganz auf den neuartigen, an den Prinzipien moderner Konsumgüterwerbung und Public Relations orientierten Wahlkampf, der vollkommen auf sein Image ausgerichtet war. Dass er im Besitz dreier Fernsehsender war und damit einen beträchtlichen Teil der italienischen Medienlandschaft beherrschte, arbeitete dem zu: Die Rede vom Januar 1994 übertrugen seine Sender in voller Länge, während die öffentlichen Programme höchstens Ausschnitte zeigten. Auch das Timing war genau geplant: Die auf Videokassette aufgezeichnete Rede wurde erst so kurz vor Ausstrahlung an Journalisten verteilt, dass eine kritische Aufarbeitung vorher nicht mehr möglich war. Zusammen mit Werbefachleuten, so der Berlusconi-Biograph Alexander Stille, „plante er alle Elemente und Strukturen, die zu einer politischen Bewegung gehören, bis zu den Fahnen und Wimpeln, Kinkerlitzchen und Autoaufklebern. Sogar eine Parteihymne half er komponieren. ‚Mit einer Hymne wie dieser werden wir Italien erobern! ‘, sagte er“ (Stille 2006, 136). Konsequent wurde Berlusconis weitverzweigtes Firmenimperium in den Wahlkampf eingebunden. Forza-Italia-Mitglieder wurden flächendeckend mit damals neuartigen Satellitenempfangsgeräten ausgerüstet, sodass sich Berlusconi, noch vor dem Zeitalter sozialer Medien wie Facebook 45 und Twitter, direkt an seine Anhänger wenden konnte, ohne auf traditionelle Medien angewiesen zu sein. Seine Auftritte wurden auf Großleinwände übertragen und machten politische Kommunikation damit zu einem Live-Event, bei dem das Ereignis und dessen Hauptdarsteller Berlusconi schon der ganze Inhalt waren. Seine Glaubwürdigkeit bezog Berlusconi nicht aus politischen Positionen, sondern aus seiner Person. Tatsächlich war er im politischen System der frühen 1990er Jahre ein Außenseiter, aber einer, der beim Volk äußerst beliebt war. Im Vorfeld seiner Kandidatur ließ Berlusconi durch eine Umfrage die Chancen einer Parteigründung ausloten. Das Ergebnis war, dass 97 Prozent der befragten Italiener den Namen Berlusconi kannten, aber nur etwa die Hälfte den Namen des amtierenden Staatspräsidenten Carlo Azeglio Campi (Stille 2006, 9). Eine gewisse Rolle spielte dabei auch, dass Berlusconi die Fußballmannschaft AC Milan gehörte, die 1988 die italienische Meisterschaft gewonnen hatte. Es ist diese Mischung aus Erfolg, Modernität und Popularität, die Berlusconis Erfolg als populistischer Politiker begründete. Forza Italia, der AC Milan und Berlusconis Medienimperium mit seinem neuartigen Fernsehprogramm, das sich am amerikanischen Privatfernsehen orientierte, wurden kulturelle Leitbilder, Berlusconi zur erfolgreichen Marke. Daraus konnte er politisch Kapital schlagen. Zwei Amerikaner sind für den Politikstil Berlusconis von besonderer Bedeutung: Ronald Reagan und Dale Carnegie. Mit Reagan, dem ‚great communicator‘, der 1980 zum 40. US -Präsidenten gewählt worden war, verband Berlusconi die Verkäufermentalität: Politik bestand für beide wesentlich darin, die eigene Person möglichst gut zu verkaufen-- jenseits differenzierter Programme. Reagan hatte den-- heute würde man sagen: populistischen-- Slogan „Der Staat ist nicht die Lösung, der Staat ist das Problem“ geprägt, und auch Berlusconis Politikstil hat man als „antipolitische Politik“ (Stille 2006, 22) bezeichnet. Berlusconi tritt dabei stets als höflicher Verkäufer seiner eige- 46 nen Politik auf, als der ‚Cavaliere‘. Und, wie sein Biograph Stille schreibt: „Als Verkäufer war er kaum zu schlagen“ (Stille 2006, 68). Berlusconis rednerischer Auftritt ist grundsätzlich elegant und freundlich. Er spricht oft frei, anschaulich, ohne Manuskript, ist perfekt gekleidet und geschminkt. Er verhält sich entsprechend den Ratschlägen, die er auch seinen Verkäufern gibt, etwa sich stets den Schweiß aus dem Gesicht zu tupfen. Fast immer dominiert bei Berlusconi die positive Ausstrahlung, das ewige Lächeln. Auch Berlusconis Selbstverständnis als Redner ist das eines Verkäufers: „Es gab Stimmen, die Berlusconi als den größten Verkäufer in Europa bezeichnet haben, und Protokolle seiner Reden, die er vor seinen TV -Werbezeitenverkäufern gehalten hat, vermitteln uns eine Vorstellung davon, wo der Schlüssel zu seinem Erfolg liegt“ (Stille 2006, 79). Markentreue wird in Wählerstimmen übersetzt. Die damit verbundene inhaltliche Entleerung von Politik ist ein Wesensmerkmal des Populismus. Entscheidende Anregungen bezog Berlusconi von dem amerikanischen Kommunikationstrainer Dale Carnegie (1888-1955). In seinem Bestseller ‚How to Win Friends and Influence People‘ (1937) gibt Carnegie einem Redner, der erfolgreich sein möchte, den Rat, inhaltlich niemals auf Abgrenzung zum Publikum zu setzen, sondern immer auf positive Zustimmung. Im Auftreten soll der Redner dem Publikum zugewandt und freundlich sein, nie schroff und abweisend. Carnegie zitiert dabei ein Sprichwort Abraham Lincolns: „A drop of honey catches more flies than a gallon of gall“ (Carnegie 1981, 143). Berlusconi hat solche populärrhetorischen Regeln verinnerlicht und auch seinen Verkäufern immer wieder gepredigt: Er „bearbeitete seine Verkäufer intensiv und energisch; er verpackte seine Botschaften in eine Reihe von Slogans, die er ihnen immer wieder einhämmerte: Professione: amicizia (‚Beruf: Freundschaft‘), il cuore oltre l’ostacolo (‚Herzlichkeit überwindet jedes Hindernis‘), il sole in tasca (‚Die Sonne in der Hosentasche‘)“ (Stille 2006, 79). Berlusconi griff noch auf ein weiteres Element des amerikani- 47 schen Wahlkampfes zurück, die ‚Campaign Biography‘. Seit dem 19. Jahrhundert begleiten Biographien der Kandidaten die Präsidentschaftswahlkämpfe (Lepore 2008). Sie dienen dem Aufbau des Kandidaten-Image, und sie machen dies auf besonders überzeugende Weise, weil die Erzählungen der vergangenen Handlungen des Kandidaten und die narrative Präsentation von dessen Charakter die inneren Werte bezeugen. Im April 2001 ließ Berlusconi auf eigene Kosten eine 128-seitige, aufwendig bebilderte Wahlkampfbiographie drucken und an alle 21 Millionen italienischen Haushalte verteilen. In dieser Lebensbeschreibung mit dem programmatischen Titel ‚Una Storia Italiana‘ stellt sich Berlusconi in einer Weise dar, die für viele Populistenimages typisch ist: Einerseits wird er als ganz normaler Italiener präsentiert, als der Mann aus dem Volke. Wir erfahren aus dem Buch geradezu Intimes über Berlusconis Verhältnis zu seiner Mutter Rosella, auch über seine Schulzeit in einem Internat. Berlusconi, immerhin der reichste Mann Italiens, wird zum „idealisierten Archetyp des Italieners von nebenan“ (Stille 2006, 33) stilisiert. Zugleich zeigt sich schon in der Schulzeit ein anderer Berlusconi, der charismatische Führer, der eben nicht gewöhnlich, sondern exzeptionell ist. So heißt es in dem Text: „Er ist tatkräftig, manchmal hartnäckig, aber charismatisch: In der Klasse ist er der Führer“ (zit. n. Stille 2006, 33). In einer für Populisten typischen Weise verbindet Berlusconi diese widerstreitenden Images seiner Person: Denn er „kann die Wahlen nur gewinnen, wenn er gleichzeitig einzigartig und gewöhnlich ist“ (Ulrich 2006, 144). Der Rückblick auf das eigene Leben legitimiert auf diese Weise den besonderen Führungsanspruch und beglaubigt die Qualität des charismatischen Führers. Die Strategie war offensichtlich erfolgreich: Bei den Parlamentswahlen am 13. Mai 2001 konnte Forza Italia 29,43 Prozent der Stimmen auf sich versammeln. Die zweitplatzierte Democratici di Sinistra auf der linken Seite des Parteienspektrums kam gerade einmal auf 16,57 Prozent Berlusconi wurde wieder italienischer Regierungschef. Das Kabi- 48 nett Berlusconi II regierte Italien vom 11. Juni 2001 bis zum 23. April 2005. Keine italienische Regierung nach dem Zweiten Weltkrieg konnte sich bislang länger im Amt halten. Dietmar Till Eine neue Marianne für Frankreich? -- Rechtsnationale Ikonisierung der Marine Le Pen Marine Le Pen (geb. 1968) ist durch ihren Vater Jean-Marie Le Pen, den Gründer und langjährigen Vorsitzenden des Front National ( FN ), politisch sehr geprägt worden. Sie studierte Rechtswissenschaft und arbeitete als Anwältin in Paris, bevor sie 2011 die Führung der Partei (die heute Rassemblement National heißt) übernahm. 2015 brach sie mit ihrem Vater und stieß grundlegende Veränderungen der Parteistrategie an, die später oft als Mäßigungsstrategien beschrieben wurden. 2012 und 2017 kandidierte sie bei den französischen Präsidentschaftswahlen. Wahlkampfauftakt 2017 in Lyon „Freiheit für Europa“: Unter diesem Motto versammeln sich die Rechtspopulisten Europas zum Auftakt des Wahljahres 2017. Organisiert in der Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit ( ENF ) im Europäischen Parlament, steht Marine Le Pen als Fraktionsvorsitzende neben Frauke Petry und Geert Wilders und nutzt den Zusammenschluss für die eigene öffentlichkeitswirksame Inszenierung im Hinblick auf ihre Kandidatur für das französische Präsidentenamt. Zwei Wochen später eröffnet sie mit ihrer Rede in Lyon offiziell ihren Wahlkampf. „Au nom du peuple“-- mit ihrem omnipräsenten Wahlslogan, der auf großen Bannern den Saal der Veranstaltung schmückt, 49 schließt das eröffnende Werbevideo über Le Pen und lässt sie als Hauptfigur des Abends die Bühne in Lyon betreten: Der offizielle Clip der Kampagne ist der Rede Le Pens vorgeschaltet, dient der Einstimmung der FN -Anhänger hierauf und rückt Le Pen selbst in den Mittelpunkt. Lyon-Rede und Kampagnenclip sollen im Folgenden als Grundlage der Analyse dienen. Zur Wahlkampferöffnung stimmt das Publikum im Saal die Marseillaise an, französische Nationalflaggen werden geschwenkt. Neben dem Wahlslogan sind das geflügelte Wort ihres Wahlkampfes ‚Marine présidente‘ und ihr Emblem, die blaue Rose, überall im Saal präsent. Schon hier zeigt sich ein erster Hinweis auf die rhetorische Strategie der Personalisierung: Weder im Setting noch in den beiden Texten findet sich eine namentliche Erwähnung der Partei, der Fokus liegt allein auf der Kandidatin. Das präsidentielle Regierungssystem sowie damit verbunden die personenfokussierte Ausrichtung des französischen Wahlkampfes (Kempf 2017, 23-28; Grillmayer 2016, 3) verstärken diese Strategie zusätzlich. Populistische Topoi und Personalisierungsstrategie Europaskepsis ist ein Leitthema des FN -Wahlkampfes und inhaltlicher Zentralpunkt der Rede. Wie bei anderen populistischen Parteien in Europa wandelte sich die ursprünglich europafreundliche Position zu einer europaskeptischen (Mudde 2007, 164). 2017 wurde aus Skepsis Ablehnung, die schließlich in der Forderung Le Pens nach dem Frexit mündet. Ein EU-Austritt soll als Allheilmittel vermeintlich alle Probleme lösen. Zu den zentralen Argumentationsmodellen, den populistischen Topoi der Rede, gehören Radikalität, Feinbildkonstruktion und Elitenkritik. An einigen Stellen impliziert Le Pens Argumentation ein Land am Scheideweg: Auf der einen Seite befindet sich eine immer tieferreichende Abwärtsspirale, ein Abgrund, in den das 50 Land hineinzustürzen droht, falls nichts an der aktuellen Politik geändert werde. Auf der anderen Seite lockt die Chance, dem noch entfliehen zu können-- entfliehen in eine perfekt aufgebaute, fiktionale Welt der Sicherheit und Ordnung, der Gerechtigkeit und des Nationalstolzes: „in einem unabhängigen, respektierten, prosperierenden, mächtigen, beständigen, gerechten Frankreich“. Entscheidend für den weiteren Kurs-- in Richtung Abgrund oder Idealwelt- - sei die kommende Präsidentschaftswahl. Le Pen verspricht einfache, aber radikale Lösungen für die konstruierte Misere und verschweigt jegliche Kostenrechnung: Globalisierung soll gestoppt, französische Bürger staatlich bevorzugt und das Bündnis der EU aufgekündigt werden. Kein Wort verliert sie über mögliche negative Konsequenzen eines EU -Austrittes oder Alternativen für die Aufrechterhaltung europäischer Vorteile. Sie liefert scheinbar logische Erklärungsmodelle, die die Komplexität der politischen Fragen ignorieren und an das scheinbar Offensichtliche und Richtige appellieren: „die EU hat keines ihrer Versprechen gehalten“. Scharf trennt sie zwischen Ingroup und Outgroup und schürt die Angst vor Letzterer, dem deklarierten Feind. Es wird explizit vom Feind außerhalb des Staates (vgl. Mudde 2007, 74) als Verursacher der Probleme Frankreichs gesprochen, der EU als internationaler Organisation. Diese schien ein Freund zu sein und entwickelte sich zum Schaden Frankreichs. So ist die vermeintlich einzig logische Konsequenz, aus dieser Organisation auszutreten und alle Bindungen zum ‚Feind‘ aufzugeben, wie „andere Länder es bereits getan haben“. An zentralen Stellen-- am Anfang und Ende der Lyon-Rede, außerdem im oben genannten Videoclip-- wird das Feindbild einer politischen Elite, die für die Staatskrise verantwortlich sei, stark gemacht: Sie sind „diejenigen, die gelogen haben, schwach geworden sind, Verrat begangen haben, die das Volk auf Abwege geführt und Frankreich verloren haben“. Von deren Politik grenzt sich Le Pen explizit ab: Sie stehe „gegen die Kandidaten der Rech- 51 ten und Linken, beide von finanziellen Interessen geleitet“, und sei „die Kandidatin des Volkes“. Le Pen bewegt sich sprachlich kaum an der Grenze des Strafbaren, sondern bedient sich häufig traditioneller Fahnenwörter der Demokratie wie „individuelle Freiheit“ oder „Gleichheit aller Menschen“. Sie versucht, so ein breites Publikum auch außerhalb des rechtsgerichteten Wählerspektrums anzusprechen (Kempf 2017, 223), und schafft v. a. sprachlich die geschickte Distanzierung vom früheren Kurs der Partei (vgl. zur Modernisierung des Front National Kempin 2017, 9; Köhler / Seidendorf / Thieben 2011, 13). Die inhaltliche Komplexitätsreduktion wird fortgesetzt, eine verständliche Wortwahl wird durch einfache Metaphorik an Schlüsselstellen der Rede ergänzt: „Das ist wie die Freiheit des Fuchses im Hühnerstall zu verteidigen“. Genauso bedient sie sich Wiederholungsfiguren auf Satzebene, die durch parallele Strukturen einprägsam wirken und die Aufmerksamkeit auf die zentralen Stellen der Inszenierung ihrer Person lenken. Auf Wortebene fällt ihr Spiel mit positiv und negativ konnotierten Adjektiven auf, das sie im Clip gezielt nutzt, um ihr Publikum affektiv anzusprechen. Bei der Inszenierung Le Pens können mehrere parallel verlaufende populistische Image-Strategien identifiziert werden: Die Bewerberin um das französische Präsidentenamt versteht sich als Sprecherin einer schweigenden Mehrheit der Franzosen. Die selbst ernannte ‚Volksversteherin‘ (vgl. Knape 2012, 62) zeigt sich als charismatische Führerin einer Bewegung, die das Land aus seiner Notlage erretten und in einen Zustand der Ordnung zurückführen kann. Sie verknüpft alle argumentativen Topoi (Allgemeinplätze) explizit mit ihrer Person, was letztlich die Personalisierungsstrategie ausmacht und wie ein Garantieversprechen an ihre Wähler wirkt: „Ja, ich werde Frankreich in einen Zustand der Ordnung zurückführen“. Die Legitimation dafür bildet ihre starke, nach außen getragene Identifikation mit Frankreich selbst. Immer wieder betont sie ihre tiefe Verbundenheit zu ihrem Land als ‚echte Fran- 52 zösin‘ „voller Überzeugung und Stolz“. Dabei bezieht sie sich auf die französische Geschichte und solche Werte, die sie als charakteristisch französisch deklariert, und umgibt sich mit französischen Nationalsymbolen. Diese Inszenierung ihrer Person erinnert nicht zuletzt an traditionsreiche Vorbilder des französischen Nationalstaatsgedankens wie das der Marianne-- Nationalfigur, Ikone und Personifizierung nationaler Freiheitsbestrebungen. Daran anschließend nutzt Le Pen zusätzlich zu klassischen populistischen Image-Strategien ihre Rolle als weibliche Anführerin strategisch, um ihr Profil zu schärfen und Vertrauen in ihre Person als zukünftige Präsidentin aufzubauen. Das stellt im europäischen Vergleich der Rechtspopulisten keine Seltenheit dar (Meret / Siim / Pingaud 2017, 144; Mudde 2007, 97-100). Dem Selbstimage der ‚Volksversteherin‘ folgend, erklärt Le Pen im Videoclip, sie verstehe als Frau die Ängste derer besonders gut, die den islamischen Fundamentalismus als Ursache für Gewalt gegenüber Frauen ausmachen, ihre Rolle als Mutter unterstütze einen weitreichenden Blick in die französische Zukunft. Sprachlich parallel wird ihr Beruf als Anwältin herausgestellt und mit der Bewerbung um das Präsidentenamt verknüpft. Le Pen stellt sich als Anwältin der Franzosen dar, die für die Rechte der Bürger eintritt und ihr Vaterland verteidigt. So kann eine Verpflichtung zu liberal-demokratischen Grundwerten glaubhaft gemacht werden, die die sprachliche Mäßigungsstrategie unterstützen. Letztlich rundet ihre Inszenierung als spezifisch antieuropäische Populistin und Leitfigur der ENF -Bewegung ihr Profil ab. Immer wieder beruft sich Le Pen auf andere Bewegungen und versucht, auf der vermeintlichen Erfolgswelle mitzureiten, eine gesammelte Aufbruchsstimmung zu signalisieren und diese in ihrer Schlüsselrolle als ENF -Vorsitzende mitzugestalten. 53 Profil Inhaltlich werden von Le Pen klassisch populistische Argumentationsmuster wie Feindbildkonstruktion und Elitenkritik bedient sowie radikale Wahlkampfforderungen gestellt, sprachlich schafft die Politikerin die gewollte Distanz und Mäßigung. Immer wieder werden die verwendeten Topoi zielgerichtet mit ihrer Person verknüpft, ihre Überzeugungsstrategie ist maßgeblich durch eine geschickte Image-Konstruktion geprägt. Le Pens Selbstinszenierung bewegt sich zwischen klar populistischen Vorbildern und einer besonderen Profilschärfung: einer starken Identifikation als traditionsverbundene Französin, als Mutter, Anwältin und nicht zuletzt als Anti-Europäerin. Selina Bernarding Mahmud Ahmadinedschad-- Iranischer Endzeitprediger mit Heiligenschein Mahmud Ahmadinedschad (geb. 1956) meldete sich 1980 als Freiwilliger der Iranischen Revolutionsgarde (Sepah) zur Heiligen Verteidigung (Erster Golfkrieg). Nach dem Erlangen der Doktorwürde 1998 übte er kleinere politische Ämter aus, war 2003-2005 Bürgermeister Teherans und 2005-2013 Präsident der Islamischen Republik Iran. Von deutschen Medien als „Holocaustleugner“ (Bednarz u. a. 2006, 104) und „Verrückter aus Teheran“ (Nirumand 2006) betitelt, hielt Dr. Mahmud Ahmadinedschad mit verschmitztem Grinsen und unberechenbarer Außenpolitik acht Jahre lang die Weltgemeinschaft in Atem. Seine bewussten Provokationen brachten dem ehemaligen Präsidenten der Islamischen Republik Iran den Vor- 54 wurf ein, ein „ultrakonservativer Populist“ (Kazim 2009) zu sein. Inwieweit Ahmadinedschad vor dem Hintergrund der islamisch geprägten Gesellschaft Irans als Populist bezeichnet werden kann, wird im Folgenden anhand ausgewählter Filme, Videos und Reden aus den Jahren 2005-2009 gezeigt. Vor seinem Sieg bei den Präsidentschaftswahlen 2005 galt Ahmadinedschad als weithin unbeschriebenes Blatt in der Politik. Überraschend siegte er gegen den einflussreichen Favoriten Ali Rafsandschani. In Iran herrscht kein Parteiensystem, Präsident und Parlament (Majles) werden unabhängig voneinander gewählt, die jeweiligen Kandidaten unterliegen einer Vorauswahl. Die politische Landschaft Irans im Jahre 2005 ist-- sehr vereinfacht dargestellt-- in Konservative und Reformer unterteilt. Rafsandschani bewegte sich in der pragmatischen Mitte, Ahmadinedschad wurde zum konservativen Lager gezählt und galt als religiöser Hardliner (Ernst 2005, 40). ‚Konservativ‘ bezeichnet hier das Bewahren schiitischer Tradition und die Rückbesinnung auf die Werte der Islamischen Revolution von 1979 (Jacobs 2005, 3). Damals demonstrierten verschiedene Oppositionsgruppen gegen den westlich orientierten Diktator Mohammad Reza Pahlavi und dessen Politik der zwanghaften Modernisierung (Gronke 2014, 108). In einem zweiteiligen Imagefilm für die Präsidentschaftswahlen 2005 (abrufbar auf youtube, s. Quellenverzeichnis) präsentiert sich Ahmadinedschad als besonders volksnah: Das Video wirkt wie ein amateurhafter Mitschnitt seines Alltags als Bürgermeister, er tourt in wackeligen Bussen durch die Provinzen, hält Reden, besucht Moscheen. In seinen Bürgersprechstunden hilft er Kriegsveteranen, Alten, Frauen, Kindern. Die Menschen küssen, umarmen, bedrängen ihren Helden. „Wir sind doch eine Familie! “ Der Film beginnt an einem pompösen, leerstehenden Anwesen: die Bürgermeisterwohnung, die Ahmadinedschad während seiner Amtszeit verkauft hatte und von deren Erlös er Sozialwohnungen bauen ließ. Im Kontrast dazu werden sein Haus und Auto gezeigt: eine 55 einfache kleine Wohnung, eine alte weiße Klapperkiste. Es folgen Interview-Sequenzen. „Man sagt, vom Bürgermeisteramt beziehen Sie kein Gehalt.“ Er bestätigt dies. Später sagt er: „Ich tue das mit Absicht. Denn ich sehe, wie weit sich unser Verwaltungsapparat und unsere Führung von der Revolutionskultur entfernt hat, sodass sie einen Schock benötigen.“ Gekonnt inszeniert er sich als kleiner Mann aus dem Volk, als ein Robin Hood, der um seiner Prinzipien willen ein einfaches Leben führt. Den Erfolg des Schlossereibetriebes seines Vaters in Teheran verschweigt er, ebenso die Gebühren seines früheren Privatschulbesuchs (Bednarz u. a. 2006, 109). Vor allem während der Stichwahl erwies sich seine Armutsprätention als effizientes Mittel: Als selbsternannte Stimme der Gerechtigkeit schürte er gezielt Ressentiments zwischen den ärmeren Bevölkerungsschichten und der reichen Elite, zu der sein Kontrahent Rafsandschani gehörte (Ernst 2005, 48). Zwei Frauen im Tschador bezeugen sein Image: „Was halten Sie vom Bürgermeister? “- - „Ein guter Mann, gläubig- […]. Wir sind auch eine Märtyrerfamilie. Die hat er gern.“ Der Märtyrerkult ist im Schiitentum verankert und in Iran allgegenwärtig: Von Wandgemälden bis zum Museum of Holy Defense erinnern zahlreiche Elemente an die Freiwilligen, die im Ersten Golfkrieg starben. Ihre Familien besucht der selbst einstige Freiwillige, trauert mit ihnen, hält bewegende Reden in Moscheen (Wahlwerbefilm 2005, Teil 2): Sie haben sich für ihr Volk geopfert. Sie haben sich für ihre Religion geopfert. Sie haben sich für die Freiheit, für die Unabhängigkeit ihres Volkes geopfert.-[…] Revolution heißt, dass sich jeder für jeden opfert. Wir opfern uns selbst, damit unser Volk Fortschritte machen kann. Hunderte Männer drängen euphorisch zu ihm, küssen, umarmen ihn. Seine Inszenierung als Vorkämpfer für Glaube und Revolutionswerte setzt er außerhalb des Landes fort. Am 17. September 56 2005-- wie fortan jedes Jahr seiner Amtszeit-- predigt er der Generalversammlung der Vereinten Nationen: Oh allmächtiger Herr, ich bete, dass du das Erscheinen deines letzten Statthalters beschleunigen mögest, des Versprochenen, des perfekten und reinen menschlichen Wesens, der diese Welt mit Gerechtigkeit und Frieden erfüllen wird. Oh Herr, mache uns zu seinen Weggefährten [ ]. Mit dem „Versprochenen“ referiert er auf den Verborgenen 12. Imam Mahdi. Dieser ist eine eschatologische Messias-Figur, die am Ende der Zeit zurückkehren, die Muslime von Tyrannei befreien und eine gerechte Weltherrschaft etablieren soll (Halm 1988, 45). Laut Artikel 5 der iranischen Verfassung ist der Mahdi Staatsoberhaupt Irans und der oberste Religionsführer, derzeit Ajatollah Sayyid Ali Hosseini Khamenei, sein Statthalter. Im selben Jahr kursiert ein Videomitschnitt eines Gespräches im religiösen Zentrum Qom, in dem Ahmadinedschad über seine Rede vor den Vereinten Nationen berichtet: Am letzten Tag kam jemand von den anwesenden Personen zu mir und sagte: „Als du mit deiner Rede begonnen hast, habe ich ein Licht gesehen, das kam, dich umfasste und in Schutz nahm, bis zum Ende [der Rede].“ Ich selbst habe gespürt, dass der Raum sich auf einmal änderte-[…] sie schauten zu, alle staunten, als ob eine Hand sie gehalten hätte. Mittels Licht und Hand scheint er auf den Mahdi anzuspielen und dessen Präsenz zu suggerieren. Mariella Ourghi argumentiert, dies könne als Versuch der Image-Aufwertung interpretiert werden (Ourghi 2009, 169)-- eine scheinbare Verbindung zum Mahdi als Zeichen für sein besonders reines Glaubensleben. Er gibt sich als Verkünder und Wegbereiter des gerechten Messias. Obgleich er kein Religionsgelehrter ist, schafft er sich eine scheinbar geistliche Legitimation, unabhängig von der geistlichen und weltlichen Führung des Landes. Im Gegensatz zu europäischen oder US -amerikanischen Populisten birgt Ahmadinedschads Imagekonstruktion 57 also eine religiöse Dimension: Sein ärmlicher Lebensstil, sein Einsatz für Märtyrerfamilien und die scheinbare Auserwählung durch den Verborgenen Imam dienen als Beweise seiner Frömmigkeit und werden so zu Argumenten für sein politisches Image. 2009 verschärft sich sein Ton. Es ist das Jahr, in dem er Israel auf der Weltkonferenz gegen Rassismus ein „racist regime“ nennen, das Ende des westlichen Kapitalismus verkünden und die Gespräche über das iranische Atomprogramm abbrechen wird. Einige Monate zuvor wird er zum zweiten Mal zum Präsidenten gewählt. Sein reformistischer Kontrahent Mir Hossein Mussawi vermutet Wahlbetrug und ruft zu Protesten auf, die blutig niedergeschlagen werden. In einer Rede am 14. Juni auf dem Vali Asr Platz in Teheran anlässlich des Geburtstages der Prophetentochter Fateme diffamiert er liberale Demokratien. Dort würden „Kapital, Gelder, verwirrende Propaganda und Parteiprinzipien“ den Ausgang der Wahlen bestimmen, nicht das Volk: Seht, in liberal-demokratischen Systemen hat Moral keine Bedeutung. Moralische Werte haben keine Bedeutung. Lügen ist eine normale Angelegenheit. Betrügen ist eine normale Angelegenheit. Sie glauben grundsätzlich nicht an Reinheit, an Aufrichtigkeit, an Führung, an Tapferkeit und Brüderlichkeit. Den „Feind“, gegen den das iranische Volk als „eine Säule“ stehe, charakterisiert er als moralisch verfallen. In Kontrast dazu stellt er die Islamische Republik Iran, in der alle Macht vom Volke ausgehe und in der „Moral“, „Werte“, „Gleichheit, Reinheit und Aufrichtigkeit“ herrschten. Er ruft das historisch verankerte Feindbild ‚Westen‘ ab, stellt diesen als Bedrohung für die moralische Reinheit des iranischen Volkes dar. Die Proteste der eigenen Bevölkerung gegen die Wahlergebnisse vergleicht er mit Randalen nach einem Fußballspiel, die Protestierenden mit wütenden Verlierern. Er nennt sie khas o khaschak, was in etwa ‚Dreck‘, ‚Kehricht‘ oder ‚Staubkörner‘ bedeutet: 58 Das iranische Volk ist ein vereintes Volk. Heute hat mir ein Journalist eine Frage gestellt. Er sagte: „[ ] das ist doch ein Aufstand. Das ist eine Revolte. Das ist Widerstand.“-[…] Ich sagte: „Sie machen einen Fehler.“-[…] Jetzt rührt sich das bisschen Dreck in den Ecken. Wisst heute, dass der klare Fluss des iranischen Volkes keinen Platz für ihre Selbstdarstellung lassen wird. Ahmadinedschad zeichnet das Bild einer Säuberung: Das iranische Volk als homogene, reine Masse, die den andersdenkenden Dreck aus den Ecken spült. Die Protestierenden sind damit nicht in seinem Volksbegriff enthalten. Zu Beginn spricht er zu den „gläubigen, klugen, revolutionsnahen Leuten“. Gläubig an die Werte des Islams und der Revolution, klug im Sinne der Unterstützung seiner Politik. In seiner TV -Ansprache am 13. Juni, am Tag nach seinem Wahlsieg, schreibt er dem Volk „Herz und Seele und Willen“ zu und gibt sich selbst die Rolle als Fürsprecher und Interpret: So wollten die Leute „Gerechtigkeit“ und dass „Iran seinen verdienten Platz in der Welt“ einnehme. Es sei der Wille des Volkes, dass Ahmadinedschads Mitarbeiter „rein“, „vereint“ und „auf der Seite der Leute“ seien. Auch hier geht er von einem homogenen Willen aus, Andersdenkende kommen in seinem Volkskonzept nicht vor. Er betont seine Liebe zum Volk und spricht davon, sein ganzes Dasein „zu opfern und hinzugeben“, und knüpft so an Märtyrerkult und Revolutionsrhetorik an. In der Islamischen Republik Iran sind schiitisch geprägte Gesellschaft und Islamische Revolution praktisch untrennbar verwoben. Ahmadinedschad nutzt diese Rahmenbedingungen: Er begründet seine Argumentation religiös und bezieht sich auf Wertmaßstäbe, die dem Revolutionsgedankengut innewohnen und an denen er auch seine Feinde misst. So trennt er die Spreu vom Weizen: Den andersdenkenden ‚Dreck‘ von den moralisch ‚Reinen‘, dem scheinbar homogenen gläubigen Volk, dessen Willen er allein zu kennen und zu vertreten angibt. Er stellt seine moralische Integrität unter Beweis, gibt sich als prinzipientreuer Robin Hood und Mann des Volkes. Er instrumentalisiert schiitische Endzeitnarrative, um sei- 59 ner Person politisches Gewicht zu verleihen und Popularität zu erlangen. Ahmadinedschad predigt in politischem Kontext, inszeniert sich als Sohn der Revolution und verkündet das kommende Ende. Er ist selbsternannter Wegbereiter der gerechten Weltherrschaft mit kurzem Draht zum Messias. Er ist Populist im Gottesstaat. Kerstin Markl Viktor Orbán-- Der ungarische Parolenschmied Viktor Orbán (geb. 1963) wuchs in einfachen Verhältnissen auf. Nach dem Wehrdienst studierte er Jura und begründete den Bund Junger Demokraten (Fidesz) mit. Die ursprünglich liberale Protestorganisation junger Intellektueller wurde zur wichtigsten bürgerlichen Partei des Landes. 1998 wurde Orbán Ministerpräsident. Nach verlorener Wiederwahl im Jahr 2002 begann er im In- und Ausland zu polarisieren. Fidesz besetzte Fernsehsender und Zeitungen mit parteinahen Redakteuren. Seit 2010 regiert Viktor Orbán wieder als Ministerpräsident von Ungarn. Viktor Orbán ist kein Mann der Zurückhaltung. Wo der ungarische Ministerpräsident seine Reden schwingt, kann es laut werden. In Deutschland kennt man ihn vor allem als den Widersacher von Angela Merkel, als den Mann im Fernsehen mit den kritisch erhobenen Augenbrauen und dem finsteren, willensstarken Blick, als den Politiker, der in Sachen Flüchtlingspolitik in Europa mit provokanten Aussagen polarisiert. Orbáns Fidesz-Partei wurde im Frühjahr 2018 zum dritten Mal in Folge an die Macht gewählt, trotz einer Fülle an Korruptionsvorwürfen. Er selbst verlangt eine „tiefgreifende, aber friedliche“ Umgestaltung Europas. Bei seinen Reden geht es allerdings nicht immer friedlich zu. Teils Hunderte Demonstranten begleiten seine Ansprachen mit Pfeifkonzerten, 60 viele von ihnen sind Anhänger der Oppositionspartei Együtt („Gemeinsam“). Andere sehen Orbán als leuchtendes Vorbild, darunter auch ausländische Politiker wie etwa Heinz-Christian Strache von der österreichischen rechtspopulistischen FPÖ. Populismus, dieses Wort ist in den Medien auch im Zusammenhang mit Orbán längst in aller Munde. Doch wer ist dieser Mann, dessen Ideen so polarisierend wirken, der zahlreiche Gegner, aber auch hunderttausende Anhänger im In- und Ausland hat? Seit seiner Wiederwahl im Jahr 2010 wird gegen Orbán der Vorwurf erhoben, die Menschenrechte in Ungarn systematisch einzuschränken. Ein kritisches Augenmerk auf seine Kommunikationsstrategien und eine Einordnung als potentiellen Populisten scheinen deshalb bitter nötig. Wo er spricht, scheiden sich die Geister Es gibt zahlreiche Reden von Orbán, die im In- und Ausland bereits für Furore gesorgt haben. Darunter wurden in den vergangenen zwei Jahren zwei Reden besonders verbreitet, die auf Deutsch übersetzt und auf Youtube zu finden sind. Beide Reden sollen hier untersucht werden. Die ältere Rede hielt Orbán im März 2016 vor dem Nationalmuseum in Budapest in Erinnerung an den Beginn der ungarischen Revolution 1848, die sich gegen die Habsburger Herrschaft richtete. Anhänger Orbáns bezeichnen sie als „historische Rede“. Die weitere Rede stammt vom Januar 2017: Anlässlich einer offiziellen Treuegelöbnis-Feierlichkeit der Grenzjäger in Budapest sprach Orbán vor 500 Soldaten. Das Internetportal Metropolico, das von Christian Jung betrieben wird, ehemals bayrischer Landesvorsitzender der rechtspopulistischen Partei „Die Freiheit“, titelte dazu: „Viktor Orbáns Rede, die deutsche Medien nicht zeigen“ und lässt 61 damit anklingen, dass die Gegner des ungarischen Ministerpräsidenten sie unbequem finden könnten. Umso interessanter ist es, diese Rede darauf zu untersuchen, auf welche populistischen Topoi Orbán zurückgreift. Viktor Orbáns Programmideen sind monothematisch-reduktionistisch. Kurz und eingängig formuliert er seine politischen Slogans und gibt sich dabei als wahrer Meister der Angstparole. In seinem Wahlkampf im Jahr 2010 wetterte er gegen korrupte, postkommunistische Eliten und seit 2014 sind Flüchtlinge als „Bedrohung für die europäische christliche Kultur“ eines seiner wichtigsten Themen. Er verfolgt dabei einen deklarativen Politikstil und lässt wenig Raum für Diskussionen. Er kontrolliert die Massenmedien in Ungarn und greift die Medien im Ausland in ihrer Berichterstattung an. So kritisiert er in seiner Rede vor dem Nationalmuseum die Massenmedien verschiedenster Länder, wenn er sagt: „Um uns zur Unterwerfung zu zwingen-[…], ist [heute] das Trommelfeuer der Weltpresse, sind Denunziationen, Drohungen und Erpressung genug“. In Bezug auf die Flüchtlingspolitik verwendet er häufig Metaphern, die beim Publikum Bilder von Naturkatastrophen hervorrufen, so in der Rede von 2016: „Die Völkerwanderung ist ein langsames Wasser, das mit stetigem Strom die Ufer wegspült.“ Er vermittelt hier das Bild, dass die Flüchtlingspolitik nicht mehr zu kontrollieren sei, langsam und kaum merklich nehme der „Flüchtlingsstrom“ das Land weg, beseitige das rettende Ufer. Der Gebrauch solch starker Metaphern führt zu Komplexitätsreduktion, was das Publikum zu Schwarz-Weiß- Denken verleitet. Zu Beginn dieser Rede greift Orbán auf ein Bild zurück, das der Biologie entlehnt ist: „Und Europa ist heute so zerbrechlich, schwach und krank wie eine Blume, die von einem versteckten Wurm zerfressen wird.“ Viktor Orbán wirft der Politik Zensur vor, wenn er sagt: „In Europa ist es heute verboten, die Wahrheit zu sagen.“ Hier werden die „etablierten Politikverfahren als de- 62 fizitär gescholten- […] und die Funktionseliten werden mit Verschwörungstheorien in Zusammenhang gebracht“ (Knape 2012, 63). Orbán zufolge würden für die Bevölkerung kaum merklich die Funktionseliten verhindern, dass „die Wahrheit“ ans Licht kommen kann. Doch was ist die Wahrheit? Und wer entscheidet, was die Wahrheit ist? Viktor Orbán gibt sich die Ehre. Er beschreibt seine Wahrheit mit einer Hyperbel: „Es ist verboten zu sagen, dass diejenigen, die ankommen, keine Flüchtlinge sind und dass Europa von einer Völkerwanderung bedroht ist.“ Bedrohlich klingt sie also, seine Wahrheit. Und er positioniert sich als Alleininterpret der Faktenlage, wenn er davon spricht, dass „zig Millionen bereitstehen, in unsere Richtung aufzubrechen.“ Er schürt im weiteren Verlauf der Rede bewusst Ängste, wenn er sagt, dass die Einwanderung Terrorismus und Kriminalität mit sich bringe und dass „die Massen von Menschen aus anderen Kulturen eine Bedrohung für unsere Lebensweise- […] darstellen.“ Er benutzt in diesem Zusammenhang wieder das Wort „Bedrohung“ und zeichnet ein klares Bild einer homogenen, ethnisch und kulturell verbundenen Einheit von ‚wir‘ gegen eine „Masse von Menschen“, ‚die Anderen‘. Das ist der populistische Zentraltopos der Feindbildkonstruktion. „Wer politische Entscheidungen einzig nach einem angstbesetzten Wir-Gefühl trifft, der kann weder den wirtschaftlichen Nutzen noch die grenzüberschreitende Solidarität oder die menschliche Kooperations- und Lernfähigkeit einrechnen“ (Leggewie 2017, 19). Orbán hat die Vorstellung einer identitären Volksgemeinschaft. Dabei schwingt auch immer der Ausschluss von Menschen mit, die nicht dazugehören. Weiter redet er verschwörungstheoretisch von einer „geplanten, orchestrierten Aktion, einer auf uns gerichteten Menschenmasse“. Die Formulierung „auf uns gerichtet“ klingt wie ein kriegerischer Akt, als könne man Menschen wie etwa eine Waffe auf andere Menschen oder ein bestimmtes Gebiet „richten“. Und warum passiert das alles? Orbán gibt in seiner Rede aus 63 dem Jahr 2017 eine simple Antwort: „Zweck der Ansiedlung ist, die religiöse und kulturelle Landkarte Europas neu zu zeichnen und seine ethnischen Grundlagen neu zu konfigurieren, um die Nationalstaaten zu beseitigen.-[…] Die größte Gefahr für die Zukunft Europas kommt nicht von denen, die hierher kommen wollen, sondern von den Brüsseler Fanatikern des Internationalismus.“ Wenn man nach Orbán geht, sind also die EU-Funktionäre schuld. Als echter Simplifikateur zeigt er sich auch noch ein knappes Jahr später in der Rede vor den Grenzjägern. „Für Europa wäre es besser gewesen, wenn es die ungarische Lösung, die sich als praktikabel und nützlich bewiesen hat und seitdem von anderen Ländern übernommen wurde, nicht angegriffen hätte.“ Mit der so simpel klingenden „ungarischen Lösung“ meint er den Grenzzaun, der Ungarn abschottet. Er zeigt hier seine Radikalität und kennt wie ein prototypischer Populist „keine Zweifel, kein Abwägen, keine Kompromisse“ (Knape 2012), was die Flüchtlingspolitik angeht. Orbán versucht, durch starke Emotionalisierung seine Botschaften durchzusetzen, wenn er behauptet, dass Europa durch die Flüchtlingspolitik „nationalen Selbstmord“ begehe. Auch in der Rede aus dem Jahr 2017 spricht er wiederholt von „der Wahrheit“ und führt dem Publikum eine Art Heldenbild vor Augen: „Wir bewiesen mit unserem Handeln, dass es möglich ist, die Migration zu stoppen, denn Unerschrockenheit, Mut und Wille sind erforderlich.“ Bereits im Jahr 2014 schrieb der Journalist Justus von Daniels auf ZEIT online über Orbán: „Er zwingt sich seinem Land auf, mit dem Selbstvertrauen eines Auserwählten.“ Wie ein Heilsbringer also inszeniert sich Orbán vor seinen Landsleuten. 64 Profil Der kompakte Mann mit dem kritischen Blick passt in das Profil eines Rechtspopulisten: Er gibt sich als Volksversteher, ist Simplifikateur, EU -Kritiker und Verschwörungstheoretiker in einem. „Ein Haufen unverbesserlicher Kämpfer für die Menschenrechte fühlt einen unstillbaren Drang, uns zu belehren und anzuklagen“, sagt Viktor Orbán 2016 vor dem Nationalmuseum. Der Politikwissenschaftler Reinhold Gärtner sieht die Praktik des Verspottens der Menschenrechte als ein klares Indiz für Rechtspopulismus: „Beliebt, weil sehr gut geeignet zur negativen Emotionalisierung jener Personen, die etwa Menschenrechte immer wieder einfordern: der ‚Gutmensch‘. Parallel zu dieser Verspottung werden die Menschenrechte implizit verachtet, wodurch paradoxerweise deren Einhaltung durch andere durchaus eingefordert werden kann“ (Gärtner 2017, 25). Orbán drückt mit seiner Aussage selbst aus, was ihn zum Populisten macht: Er sieht sich als Heilsbringer und nimmt für seine „höheren Ziele“ in Kauf, die demokratische Konsensfähigkeit des Volkes einzuschränken. Dabei geht er manipulativ und polarisierend vor und verwendet klassisch-populistische Kommunikationsstrategien, um sein Handeln zu legitimieren. Er schränkt die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtes in Budgetfragen und die Möglichkeit von Volksentscheiden ein, baut eine Sperranlage gegen die Einreise von Flüchtlingen nach Ungarn und versucht, per Gesetz die Medien zu kontrollieren. Der ungarische Schriftsteller Péter Esterházy (gest. 2016) beschrieb, warum Orbáns Anhänger dennoch an seinen Lippen hängen: „Seine Strategie ist immer die gleiche, ob er nun mit der Wiedereinführung der Todesstrafe liebäugelt oder seine Fragebogenaktion gegen Flüchtlinge startet. Anstatt Verantwortung zu übernehmen, zielt er auf das Bauchgefühl der Ungarn ab und schürt ihre Ängste.“ (www.freitag.de/ autoren/ the-guardian/ er- 65 schmeichelt-dem-opfer-reflex, letzter Zugriff: 11. 10. 2018) Viktor Orbáns Taktik der Etablierung eines Autoritarismus in Ungarn scheint aufzugehen, wie die Wahlen im Frühjahr 2018 zeigten. Alessa Becker Jörg Meuthen-- Ein selbstgebremster Rechtspopulist Jörg Meuthen, Jahrgang 1961, trat 2013 in die Alternative für Deutschland (AfD) ein und ist seit 2015 einer ihrer Bundessprecher. Als die AfD im März 2016 als drittstärkste Partei in den Landtag in Baden-Württemberg einzog, wurde Meuthen Fraktions- und damit Oppositionsführer. Seit November 2017 ist er Mitglied des EU -Parlaments. „Ich sehe noch vereinzelt Deutsche.“ Wenige Aussagen Jörg Meuthens wurden so bekannt wie jene, die er auf dem Parteitag der AfD in Köln im April 2017 in den Raum stellte: „Wenn ich an einem Samstagmittag im Zentrum meiner Stadt unterwegs bin, mit offenen Augen, wissen Sie, was ich dann sehe? Ich sage das wirklich ohne jede Übertreibung: Ich sehe noch vereinzelt Deutsche.“ Für diese Aussage bezeichneten ihn Journalisten wie Jan Ludwig (2018, 81) als Populisten. Dem folgte ein zweiter Vorwurf: Die Aussage sei rassistisch. Dabei galt der Ökonomie-Professor lange als Überbleibsel jener Zeit, in der die AfD unter Bernd Lucke noch als Akademiker- und Professorenpartei auftrat. Seit Luckes Sturz und Austritt aus der Partei werfen reihenweise Journalisten und Politiker anderer Parteien der AfD vor, populistisch, gar rechtspopulistisch zu sein. Dieser Vorwurf trifft auch Jörg Meuthen. Drei Reden, die er zwischen Juni 2016 und Juli 2017 hielt, zeigen, wie er sich mit seinen 66 Positionen und rhetorischen Strategien in die rechtspopulistische Ausrichtung seiner Partei einfügt. Zwei dieser Reden hielt Meuthen als Fraktionsführer der AfD am 29. Juni 2016 und am 20. Juli 2017 im Landtag von Baden-Württemberg, die dritte auf dem bereits erwähnten AfD-Parteitag in Köln. Populistische Topoi der politischen Rechten Populistische Redner bedienen sich in ihren Reden einiger typischer Argumentationsmuster, die sich aus diesem Grund als populistische Topoi klassifizieren lassen; dazu gehören klare Feindbildkonstruktionen, Elitenkritik und der Anspruch, der einzige wahre Volksvertreter zu sein (vgl. Priester 2012, 4). Jörg Meuthens klare Feinde sind dabei Fremde im Allgemeinen und Migranten im Besonderen. So warnt er davor, dass „ein gewalttätiger Mob in unser Land eingedrungen [sei], der dieses Land ungehemmt als Beute betrachtet, unsere Töchter als verfügbare Schlampen, unsere Söhne als Aggressionsmülleimer und unsere Sozialleistungen als Starter-Set für eine Gangsterkarriere“. Das Szenario, das Meuthen in Sachen Zuwanderung beschreibt, gipfelt dabei in der Gefahrenvision, dass sich Deutschland „zwangsläufig und unwiderruflich in ein ganz anderes verwandelt, das kaum mehr etwas mit dem Land zu tun hat, in dem ich groß geworden bin“, bis hin zu dem Punkt, dass die Deutschen dabei sogar „zur Minderheit im eigenen Land werden“. Als Erklärung zieht er eine Verschwörungstheorie aus dem politisch rechten Spektrum heran: die Austauschtheorie. Dieser Verschwörungstheorie zufolge wollen etablierte Politiker, insbesondere aus dem linken Spektrum und Kanzlerin Angela Merkel, Deutsche durch Einwanderer austauschen, um so Deutschland und die Deutschen abzuschaffen- - schließlich seien die Zuwanderer „eingeladen von unserer Kanzlerdarstellerin und ihrer Komparsentruppe“. 67 Meuthen konstruiert hier explizit das Feindbild des von außen in den Staat eindringenden Fremden und schürt Ängste, indem er ebendiese Fremden bereits als zahlenmäßig überlegen darstellt. Zudem zeichnet er stellenweise das Bild von Deutschland als einem Land, das ebenfalls aufgrund dieser Fremden bereits kurz vor dem Abgrund steht und das, wenn die Politik nicht schleunigst gegensteuert, „zu immer größeren Teilen in Chaos, Gewalt und Rechtlosigkeit“ und somit in diesem Abgrund versinken wird. Solche Argumentationsketten dienen dem Versuch, den Leuten klarzumachen, dass allein die AfD Deutschland vor diesem Abgrund bewahren wolle. Implizit folgt daraus der Schluss, dass jeder Wähler einer anderen Partei dazu beitrage, dass Deutschland abgeschafft würde. Für Meuthen ist klar, dass es „unsere Bürgerpflicht“ sei, sich Deutschland zurückzuerobern. Mit welchen Mitteln dies geschehen soll, lässt er jedoch unerwähnt. Die klaren Trennlinien, die Meuthen zwischen Gut und Böse zieht, betreffen auch die Medien. Wie Flüchtlinge und Migranten stehen die Medien dabei auf der Seite der Bösen, während das Volk und Meuthen selbst auf der Seite der Guten stehen. Den Medien wirft er vor, dass sie Missstände unter den Teppich kehrten, die nicht ins Weltbild des „immer noch andauernden infantil-kunterbunten und utopie-besoffenen Willkommensrauschs“ passten. Meuthen folgt mit diesem Vorwurf einer weiteren rechten Verschwörungstheorie, der zufolge die Medien nach der Vorgabe der regierenden Parteien schreiben würden. In Deutschlands rechtspopulistischen Kreisen ist das Stichwort hierfür die ‚Lügenpresse‘. Darüber hinaus kreiert Meuthen mit seinen Aussagen ein weiteres Feindbild: die Politiker der etablierten Parteien. Er nennt sie regelmäßig „Kartellparteien“, weil sie über die Köpfe der Bürger hinwegregierten, ohne diese „auch nur zu fragen, was sie eigentlich wollen“. Seine Kritik richtet sich in erster Linie gegen Kanzlerin Merkel, die in seinen Augen eine Politik zum „sehr nachhaltigen Schaden des deutschen Volkes“ betreibe, und die Europäische Uni- 68 on ( EU ), die für ihn ein Projekt der politischen Elite und nicht der Bürger darstellt. Meuthen präsentiert sich dabei als Anti-Politiker, der das Volk verstehe und deswegen auch im Sinne dieses Volkes handeln könne. So wirft er generell den regierenden deutschen Politikern vor, die Bürger als „Untertanen“ zu behandeln. So würden sie etwa den Bürgern eine Abstimmung über den EU -Austritt verweigern und dabei der „alten Devise ,Das Volk, der Lümmel‘“ folgen. „Jedenfalls noch“, fügt Meuthen an dieser Stelle hinzu und impliziert damit, dass die AfD eine solche Abstimmung ermöglichen würde. Er selbst, erklärt Meuthen bezogen auf den EU -Austritt der Briten, hätte ebendieser EU , „hätte ich mit abstimmen dürfen, den Stecker gezogen“. Meuthen sieht sich und seine Partei als „Volksversteher“ (Knape 2012, 62), die von sich behaupten können, als Einzige zu wissen, was das Volk tatsächlich denkt und will. Wen er zum deutschen Volk zählt, lässt Meuthen dabei bewusst offen. Klar ist nur, dass das Volk, das Wir, für ihn ein Kollektiv ist, das geschlossen eine Meinung vertritt-- seine Meinung. Abschwächen als Strategie Dass Meuthens eingangs zitierte Aussage, er sehe kaum noch Deutsche, so bekannt wurde, liegt an ihrer Radikalität. Die Unterscheidung zwischen Deutschen und- - in seinen Augen- - Nicht-Deutschen wird mit rassistischen Kriterien, nach denen Menschen mit ausländischen Wurzeln keine Deutschen sein und werden können, begründet-- ansonsten wäre es nicht möglich, Menschen anzusehen, ob es sich bei ihnen um Deutsche handelt oder nicht. Zugleich sind radikale Aussagen dieser Stärke für Meuthen freilich eigentlich eher untypisch: Häufig schwächt er die Radikalität seiner Aussagen mit kurzen Einschüben ab, beispielsweise, indem er im Zusammenhang mit dem bereits erwähnten „gewalttätigen Mob“ wie nebenbei 69 bemerkt, dass auch tatsächlich schutzbedürftige Flüchtlinge nach Deutschland kommen würden. Selbst seine Aussagen zum Austritt aus der EU relativiert er, indem er erklärt, er lehne nicht das Projekt EU insgesamt ab, sondern würde ausschließlich der „ EU in der bestehenden Form“ den Stecker ziehen wollen. Solche Abschwächungen folgen dem strategischen Kalkül, die eigenen Positionen auch für eher moderat eingestellte Bürger vertretbar und auch wählbar zu machen und somit eine Anhängerschaft zu generieren, die aus allen sozialen Schichten und nicht nur aus dem rechtsgerichteten Spektrum stammt (vgl. Amann 2017, 57 f.). Meuthens Profil als Rechtspopulist Rechtspopulistische Redner unterscheiden sich hinsichtlich Schärfe und Radikalität. Unter ihnen gehört Jörg Meuthen zu jenen, die den Anschein wahren wollen, moderat zu sein. So nutzt Meuthen zwar die für einen Populisten typischen Argumentationsmuster wie die klare Feindbildkonstruktionen oder den Alleinvertretungsanspruch, doch zugleich überlässt er es oft seinen Adressaten, die von ihm nur angedeuteten Schlüsse selbst zu ziehen. Zu den Charakteristika von Meuthens Stil gehört es, radikale Aussagen häufig mit relativierenden Einschüben abzuschwächen. Eine geschickte strategische Form der Selbstbremsung. Theresa Ritzer 70 Fremdenhass und Selbstmitleid-- Björn Höcke, ein deutschnationaler Agitator Björn Höcke, am 1. April 1972 im Rheinland geboren, lebt inzwischen in Thüringen. Er ist beurlaubter Sport- und Geschichtslehrer. 2013 gründete er die Partei Alternative für Deutschland (AfD) in Thüringen mit und ist dort seit 2014 Landesvorsitzender. Björn Höcke ist dank seiner demagogischen Begabung schon durch vergleichsweise wenige, aber wirkungsvolle Aussagen der aktuell bekannteste Rassist in Deutschland geworden. Ende November 2015 etwa unterstellte er Afrikanern eine andere „Reproduktionsstrategie“ als den Europäern; er setzt diese mit derjenigen von Bakterien und Insekten gleich (Hurtz 2015). Die New York Times nennt ihn das „neue Gesicht des Rassismus in Deutschland“ (Sauerbrey 2015). Die Neue Zürcher Zeitung bezeichnet ihn als „wohl meistgehassten Politiker Deutschlands“ und vergleicht ihn mit einem omnipräsenten „Gespenst in der deutschen Öffentlichkeit“ (Neff 2017). Der Thüringer Landesvorsitzende der AfD positioniert sich offen gegen seine Parteichefs, entscheidet mehrmals Partei-Richtungskämpfe für sich und sorgt so dafür, dass die Partei tiefer hinab in die Radikalität steigt. Höckes erfolgreiche Strategie lässt sich dechiffrieren. Dafür gilt es, die Demagogie hinter seinen populistischen Argumentationsmustern zu enttarnen. Diese Muster tarnen seine Hetze insofern, als sie noble Absichten vorgeben und Kritik oder den Vorwurf der Feindseligkeit als Fehlinterpretation oder gar Lüge abwehren. Höckes demagogische Agitation hätte ohne populistische Manöver aus Attacke und anschließender Ausrede im öffentlichen Diskurs nicht überdauern können. Zehn aufschlussreiche Redetexte, die Höcke zwischen September 2015 und Januar 2016 auf AfD-De- 71 monstrationen in Erfurt, Jena und Magdeburg vorgetragen hat, sollen hier als Quellenmaterial dienen (sämtlich auf der Homepage der AfD Thüringen zu finden). Der Populist Höcke konstruiert eine Wirklichkeit, die simplen Gesetzmäßigkeiten folgt. Das Volk scheint von einer „fremdstämmige[n] Migranten-Mehrheit“ bedroht, die das deutsche Volk in einer „multikulturellen Gesellschaft“ auflöse. Er beschuldigt das politische Establishment, an dieser vorgeblichen Notlage verantwortlich zu sein. Die Eliten seien demnach die Unterdrücker des „kleinen Mannes“ und der „stillen Mehrheit“. „Wir hier unten“ seien die Opfer, unterdrückt von „denen da oben“, so das wiederkehrende populistische Muster. Immer wieder stellt sich Höcke als Stimme des Volkes und sogar als Erlöser dar. Nur er verstehe das Volk, nur er könne es über die Notlage aufklären und letztlich gegen angeblich volksfremde Machthaber anführen. Hass und Häme: Höckes Ausdrucksmittel Stilmittel wie Metaphern, Antithesen, Übertreibungen und Neologismen sollen Höckes populistische Argumentationsstruktur stützen. Die Metapher ist dabei Höckes wichtigstes Stilmittel: Sie erzeugt Anschaulichkeit und kann auf das Publikum affektiv wirken. Seine Metaphern sollen etwas begreiflich machen, ohne selbst greifbar zu werden: Sie bleiben vage genug, um später von einem Missverständnis reden zu können und jede Kritik damit abzuschmettern. Weil Metaphern ganze Assoziationsketten in Gang setzen können, sind sie argumentativ schwer zu entkräften. Gewalt- und Kriegsmetaphern suggerieren Bedrohung und Unterdrückung: „Sie versuchen ihren Traum vom ‚bunten Thüringen‘ und von der ‚bunten Republik Deutschland‘ mit der Brechstange durchzusetzen! “ Höcke dramatisiert Begriffe wie den „Flüchtlingszustrom“ zum „Asylorkan“. Krankheits-, Gesundheits- und 72 Labormetaphorik nutzt er ebenfalls: Deutschland sei kein „Labor für Gesellschaftsexperimente“, in dem die „Fragestellung des Experiments“ Migration sei. Einmal mehr wird das Volk als ohnmächtiges Opfer dargestellt. Er dagegen kämpfe für die „Gesundung“ Deutschlands und Europas und gegen „eine Krankheit namens Denk- und Sprechverbote“. Krankheit, Katastrophe und Krieg erfordern für Höcke unmittelbare Gegenmaßnahmen: Die Bedrohung müsse abgewendet, wenn nicht beseitigt werden. Er erschafft hierfür metaphorisch Feindbilder, von denen er sich dann antithetisch abgrenzt, Gut gegen Böse: Die Vaterlandsliebe hält er den „vom Selbsthass Zerfressenen“ entgegen, „Weckruf “ und das „Erwachen“ des deutschen Volkes („Deutschland erwache“: Nazijargon) seien Lösungen gegen den „Schlafsand“ der „Politzwerge“. Übertreibung ist dabei notwendiger Bestandteil der vereinfachten und verzerrten Konstruktionen des Populisten Höcke: „Die Volksgesundheit ist in Gefahr-[…], weil Millionen Menschen aus aller Herren Länder zu uns strömen“. Höcke kreiert zahlreiche Wörter, um seine Gegner herabzusetzen und zu verspotten: „Winterabschiebestoppminister“, „Asylgewinnler“, „glattgeschliffene Zeitgeistkastraten“. Solche Sarkasmen sind sprachliche Attacken, die allerdings noch keine rechtliche Relevanz haben. Auf diese Weise kann sich Höcke verteidigen, im Spaß übertrieben zu haben. Aggression und Opferrolle Höckes Reden folgen zielstrebig dem rechtspopulistischen Argumentationsmuster, sich als vorgeblichen Retter eines zerfallenden Staatswesens zu inszenieren: Am nächsten Morgen waren- […] fünf Asylbewerber unauffindbar verschwunden. Fünf zusätzlich zu den 300 000, die nicht registriert, vereinzelt 73 mit hochansteckenden Krankheiten oder auch mit unguten Absichten in Deutschland unterwegs sind. Das sind untrügliche Anzeichen des Staatszerfalls. Die AfD spricht dies als einzige ernstzunehmende politische Kraft öffentlich an und kämpft für den Erhalt unseres Staates. Merkel hat das Recht verwirkt, unser Volk zu führen. (Rede vom 18. November 2015 in Erfurt) Es gibt vergleichsweise harmlose Formen von Populismus. Bei Höcke trifft Populismus allerdings auf Neonazismus und demagogische Feindseligkeit. Er spricht von „Staatsnotstand“, „Staatszerfall“ und „Abschaffung des deutschen Volkes“ durch eine „kulturferne Migrantenmehrheit“, die Terror und Krankheit mit sich bringe. Die Unterdrücker begingen „politischen Amoklauf “, seien „Grundrechtsschänder“. Sie lockten Migranten ins Land, vielleicht, mutmaßt Höcke, solle ja dadurch Chaos entstehen, um eine autoritäre Ordnung zu errichten. Er wirft den „Altparteien“ eine systematische Zusammenarbeit gegen das Volk mithilfe der Medien vor. „Schutzlos sitzt dort nur das Volk, der Bürger, der kleine Mann. Wir sollen das auslöffeln, was uns das Altparteienkartell eingebrockt hat“, sagt Höcke, und ruft an anderer Stelle seinem Publikum zu: „3000 Jahre Europa, 1000 Jahre Deutschland-- ich gebe Euch nicht her.“ Auch auf die „1000-jährige Nation“ spielt Höcke öfter an. Es ist eine von vielen Aussagen, die an NS -Vokabular alludieren-- aber eben nur darauf anspielen, nie explizit zitieren. Der damit verbundene kalkulierte Tabubruch durch Nazi-ähnliche Sprechweise, rassistische Theorien und die ständige Beleidigung des politischen Gegners bildet das Fundament der Glaubwürdigkeit Höckes. Auf seine Anhänger wirkt er dadurch mutig, während die Provokation zugleich mediale Aufmerksamkeit garantiert. Höcke spricht in seinen Reden die Kritik an seiner Person offen an und instrumentalisiert sie, indem er sie in ein Unterdrückungsnarrativ integriert. Dabei dankt er seinem Publikum heuchlerisch für dessen „Mut“ und „Zivilcourage“, ihm trotz „Verleumdung durch die Vertreter 74 der Altparteien“ und der „brandmarkenden und oftmals einseitigen Berichterstattung der Medien“ zuzuhören. Höcke inszeniert sich als das, was in der Antike Parrhesiast genannt wurde, als freimütigen Redner aus innerer Überzeugung, der eine unbequeme und vielleicht anstößige Wahrheit aussprechen möchte und dadurch ein großes Risiko eingeht. Ein solcher Redner wirkt in hohem Maße glaubwürdig. Bei Höcke klingt das so: Ich fordere alle Bürger dieses Landes dazu auf, derartigen Einschüchterungsversuchen nach DDR -Manier zu widerstehen und weiter für die Zukunft unseres Landes mutig die Stimme zu erheben! Die Zeitgeistknechte vom Beamtenbund erinnere ich an den großen, friedlichen Revolutionär Mahatma Gandhi: ‚Zuerst ignorieren sie Dich, dann lachen sie über Dich, dann bekämpfen sie Dich und dann gewinnst Du‘. Unsere Zeit kommt. Und sie kommt bald! (Rede vom 7. Oktober 2015 in Erfurt). Höcke verkauft sich in seinen Reden und Interviews immer wieder als Kämpfer für Meinungsfreiheit. Inzwischen bekomme er Morddrohungen und könne ohne Polizeischutz nicht nach Erfurt oder Berlin reisen. Solche Opfer-Konstruktionen hat Höcke seit Beginn seiner Karriere immer wieder benutzt. Höckes Reden sind verbal aggressiv. Er spielt ganz bewusst mit Straftatbeständen wie dem der Hassrede. Wird er zur Rechenschaft gezogen, redet er sich heraus. Immer will er missverstanden worden sein. Rassismus ist Kern seiner populistischen Argumentationsmuster mit vier zentralen Begriffen: Notlage, Unterdrücker, Opfer und Erlöser. Höckes Fremdenhass ist der Versuch einer kontrollierten Sprengung der political correctness-- und damit einer integrativen Gesellschaft. Oliver Schaub 75 Norbert Hofer-- Populistische Opferinszenierung in Österreich Norbert Hofer, am 2. März 1971 in Vorau / Steiermark geboren, wurde 1993 Mitglied der Freiheitlichen Partei Österreichs ( FPÖ ) und 2006 Abgeordneter zum österreichischen Nationalrat. Hofer ist infolge eines Paragliding-Unfalls seit 2003 auf einen Gehstock angewiesen. 2016 stand er nach dem ersten Wahlgang zur Bundespräsidentenwahl an erster Stelle, unterlag jedoch Alexander Van der Bellen im zweiten Wahlgang. Seit Dezember 2017 fungiert er als Infrastrukturminister im Kabinett von Bundeskanzler Sebastian Kurz ( ÖVP ). Es ist der 19. Mai 2016. In einem Wiener TV -Studio kommt es drei Tage vor der Wahl zur letzten Konfrontation der beiden Bundespräsidentschaftskandidaten: Auf der einen Seite der ehemalige Parteivorsitzende der österreichischen Grünen, Alexander Van der Bellen, auf der anderen Norbert Hofer, Vizeparteichef der rechtspopulistischen FPÖ . Die Umfragen sagen ein knappes Rennen voraus, nur wenige Prozentpunkte trennen die zwei Kontrahenten: Ein Duell der inhaltlichen Gegensätze, der unvereinbaren Überzeugungen hatte die Alpenrepublik in den zurückliegenden Monaten bewegt. Zur besten Sendezeit erhalten die beiden Bewerber am Donnerstagabend eine letzte Chance, die eigenen Positionen zu verdeutlichen und unentschlossene Wähler zu mobilisieren. Eine knappe Stunde ist bereits vergangen, als ORF -Moderatorin Ingrid Thurnher eine vermeintlich unverfängliche Frage an Norbert Hofer stellt: „Kann es sein, dass Sie da irgendetwas verwechseln? “ Was auf den ersten Blick unscheinbar anmutet, entpuppt sich mit Blick auf den thematischen Kontext als äußerst unangenehme Situation für den Kandidaten der FPÖ . Dieser hatte zuvor im Rahmen mehrerer Interviews behauptet, bei einem Besuch in Israel im Sommer 2014 Zeuge eines Vorfalls am Jerusalemer Tempelberg 76 geworden zu sein, bei dem eine schwer bewaffnete Frau von lokalen Sicherheitskräften erschossen wurde. Ein kurzer Einspieler im Zuge des TV -Duells schien nun jedoch dem Fall eine gänzlich neue Richtung zu geben: Wie der Sprecher der israelischen Polizei, Micky Rosenfeld, auf ORF -Anfrage mitteilte, habe sich ein solches Ereignis zu besagter Zeit überhaupt nicht zugetragen. Für einen Kandidaten, der sich um ein öffentliches Amt bewirbt, ist das destruktive Potenzial einer solchen Aussage drei Tage vor dem Wahltermin kaum zu überbieten. Vor den Augen eines Millionenpublikums der Falschaussage bezichtigt und öffentlich diskreditiert zu werden, kann die Aussichten auf das höchste Amt im Staat im schlimmsten Fall ein für allemal vernichten. Für viele ranghohe Politiker wäre eine solche Situation vermutlich kaum ohne größere Schäden zu bewältigen gewesen. Norbert Hofer bildet hier eine Ausnahme. „Wir sind ein Land der Opfer geworden“, diagnostiziert der Philosoph Christian Schüle im Jahre 2016 in einem Beitrag für den Deutschlandfunk (Schüle 2016). Die Tendenz, die Ursache für gegenwärtige Probleme bei anderen Menschen zu suchen und sich selbst als Opfer zu inszenieren, gewinne in der letzten Zeit besonders durch die zunehmende Bedeutung populistischer Bewegungen massiv an Popularität. Im Zuge einer kollektiven Selbst-Viktimisierung erzeugen Populisten ein Klima der Spaltung, eine eindeutige Täter-Opfer-Zuschreibung. Der österreichische Kulturwissenschaftler Walter Ötsch und die Journalistin Nina Horaczek bezeichnen diese Art von Kommunikation als „Liebesbzw. Hass-Sprache“ (Ötsch / Horaczek 2017, 75). Liebe für die eigenen Leute und Hass für die anderen. Doch warum ist der Opferstatus für Populisten überhaupt so attraktiv? Warum ist es erstrebenswert, sich selbst als Opfer zu präsentieren? Der Soziologe Rainer Paris führt die Popularität dieser Strategie in seinem Aufsatz über „Opferrhetorik“ auf zwei wesentliche Elemente zurück: „Unschuld und Wehrlosigkeit“ (Paris 2004, 919). Das Opfer kann niemals Täter 77 sein, verfügt also über eine weiße Weste, während der Täter moralisch verdorben ist und niederträchtig handelt. Als Opfer hat man mit den Tätern nichts, aber auch rein gar nichts zu tun, sondern leidet unter den Verfehlungen des Aggressors. Außerdem besitzt das Opfer keinerlei Chance, sich der Übermacht des Kontrahenten zu erwehren. Rainer Paris bezeichnet „Opfer-Diskurse- […] im Machtspiel der Politik [demnach als] eine probate Methode moralischer Selbstermächtigung.“ „Angst und Leid“ hätten schließlich immer Recht (Paris 2004, 922). Wie der Journalist Jan Fleischhauer darlegt, sichert sich das Opfer durch seine Inszenierung zudem „Aufmerksamkeit und Anteilnahme“ (Fleischhauer 2018). Es sei quasi ein kultureller Konsens, Mitleid mit dem Schwächeren zu empfinden und sich seiner Probleme anzunehmen. „Das gespaltene Weltbild von Demagogen beinhaltet demnach einen Freispruch für alles, was sie tun. Genau das macht sie so gefährlich“, schreiben Ötsch und Horaczek (Ötsch / Horaczek 2017, 42). „Politiker, die sich als Opfer von jemand anders inszenieren, geben damit Verantwortung ab und schieben die Schuld für politisches Versagen anderen zu“, erläutert die Psychologin Karin Busch-Frankl und bringt damit die Attraktivität der Rolle auf den Punkt (Donnerbach 2016). Die eigenen Leute können keine Fehler machen, weil sie ja zu den Guten gehören. Die Guten sind moralisch integer und deshalb zu keinerlei Schandtaten fähig. Schuld sind immer und ausschließlich die ‚bösen anderen‘, die die eigene Gruppe unterdrücken und erniedrigen. Norbert Hofer inszeniert sich als Retter der unterdrückten Bevölkerung, als heldenhafter Volksvertreter, der die Menschen vor den korrupten Eliten, vor ‚denen da oben‘ beschützt und gegen illegale Machenschaften verteidigt. Im Vorfeld einer Debatte mit Alexander Van der Bellen am 15. Mai 2016 wurde Hofer nach seiner Ankunft vor dem Fernsehstudio von einer Anhängerin seines Kontrahenten mit drei „Pfui-Rufen“ bedacht. Ein vermeintlich unbedeutender, für politische Wahlkämpfe sogar eher harmloser Vorgang. Hofer thema- 78 tisierte die Situation jedoch mehrfach im Rahmen der darauffolgenden Debatte. „Als wir reingekommen sind, meine Frau, meine Tochter und ich, [ist] von ihren Wahlhelfern buh, buh und pfui geschrien worden“. Hofer inszeniert sich als Opfer der politischen Gegner, instrumentalisiert ein verhältnismäßig unwesentliches Ereignis und dramatisiert die Situation zu seinem Vorteil. Er schiebt die Täterrolle Van der Bellen und seinen Unterstützern zu und erzeugt Mitgefühl bei den Zusehern. Hofer stellt sich als unschuldiger Kämpfer, als selbstloser, opferbereiter Vorkämpfer für die Anliegen der Menschen dar und wertet seinen Kontrahenten im Gegenzug moralisch ab. „Und ich werde für die Menschen da sein und das ist der große Unterschied“. Van der Bellen hingegen sei ausschließlich seinen Fürsprechern Schulz und Juncker sowie der Hautevolee verpflichtet. Das populistische Weltbild begünstigt solche Zuschreibungen, denn es basiert auf einer dichotomischen Sicht der Gesellschaft: Wenn Hofer das Opfer ist, muss Van der Bellen der Täter sein. Am 6. Oktober 2016 postete Hofer auf seiner Facebook-Seite einen Kommentar, in dem er darauf verwies, dass nun „der Druck auf mich noch größer werden“ wird. „Sie werden alles tun, um mich zu verhindern. Es geht um ein Billiardengeschäft. Ich lasse mich nicht einschüchtern und stehe auf der Seite der Österreicherinnen und Österreicher. Bitte steht auf meiner Seite. Gemeinsam stehen wir das durch“. In diesem Statement finden sich einmal mehr die typischen Stereotype und Zuschreibungen populistischer Narrative. Die ‚bösen anderen‘ bekämpfen mich, ich bin aber für euch da und lasse mich davon nicht beeindrucken. Die ‚anderen‘ werden als erdrückender Aggressor beschrieben, der das destruktive Ziel verfolgt, Hofer, das Opfer, um jeden Preis zu verhindern. Die moralische Einordnung ist wieder eindeutig: Hofer der altruistische Robin Hood, der Vorkämpfer für die gute Sache. „Kann es sein, dass Sie da irgendetwas verwechseln? “, fragt Ingrid Thurnher, nachdem der Einspieler zu Ende ist. Hofer blickt kurz auf den Boden und antwortet dann in empörtem Tonfall: 79 „Wenn jetzt wirklich versucht wird, mir vorzuwerfen, ich hätte die Unwahrheit gesagt, dann werde ich mich auch wirklich wehren.-[…] Das sind Dinge, die ich mir nicht gefallen lasse. Ich weiß, man muss in der Politik viel aushalten. Ich habe wirklich auch viel erlebt in diesen Monaten im Wahlkampf. Unterstellungen, Beleidigungen wegen meiner Behinderung-[…], das sind alles Dinge, die sind wirklich schlimm.-[…] Da fliege ich zu einer Zeit hin, wo kein Politiker dort war, wo es wirklich gefährlich war. Und dann wird behauptet, das wäre nicht passiert.- […] Also das ist schon etwas eigenartig und zeigt mir, wie objektiv der ORF ist“. Die Anhänger im Studio applaudieren und Hofer triumphiert. „Ich habe noch nie einen österreichischen Politiker gesehen, der derart trainiert war“, sagt der Ökonom und Kulturhistoriker Walter Ötsch über die kommunikativen Fähigkeiten Norbert Hofers (Narodoslawsky 2016). Seine langjährige Erfahrung als Rhetoriktrainer, seine Kenntnis eristischer Kunstgriffe und Scheinargumente, überhaupt sein Wissen über erfolgreiche Kommunikation, verleihen dem FPÖ-Politiker einen nicht unwesentlichen Vorteil in Diskussionen. Im reichen Fundus an kommunikativen Werkzeugen ist die Opferinszenierung von besonderer Relevanz. Wie genau gegen dieses Schema vorgegangen, wie es als Inszenierung entlarvt werden kann, ist nach wie vor eine zentrale Herausforderung in der Auseinandersetzung mit dem globalen Populismus. Janek Elkmann 80 Komischer Populist oder populistischer Komiker? Beppe Grillo als Antagonist des politischen Establishments Nach einer steilen Karriere im italienischen Fernsehen der 80er Jahre wird der 1948 in Genua geborene Grillo in den 90er Jahren zum politisierenden Komiker im Theater. Ab 2007 veranstaltet er Protestaktionen gegen die italienische Politik, aus denen sich die populistische Partei des MoVimento 5 Stelle herausbildet. Seit ihrer Gründung im Oktober 2009 ist Grillo Parteivorsitzender der inzwischen stärksten Partei Italiens. Am 20. März 2010 spricht Grillo auf der Piazza Maggiore in Bologna. Der große Platz vor der Basilika San Petronio ist voll von Menschen. Alle jubeln dem Genueser Komiker lautstark zu, als dieser ein kleines, oranges Gummiboot von der Bühne aus auf die ausgestreckten Hände der Massen legt, sich hineinsetzt und für etwa eine Minute auf seinen begeisterten Anhängern Schlauchboot fährt. Möchte man das Phänomen Grillo in einem Bild zusammenfassen-- es ließe sich wohl kaum ein besseres finden. Möchte man Grillo allerdings verstehen, wird es ungleich komplizierter: Der gelernte Buchhalter wird in den 1980er Jahren durch zahlreiche Fernsehshows und als Werbefigur bekannt. Ende der 80er Jahre werden seine Sendungen immer satirischer, bis er schließlich aufgrund seiner Kritik an der Politik von Ministerpräsident Bettino Craxi ( PSI ) vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen ausgeschlossen wird. Mit der Machtübernahme Silvio Berlusconis im Jahre 1994 verlegt Grillo seine Auftritte vollständig auf die Theaterbühne. Hier findet er den aggressiven Ton des politisierenden Komikers. Korruptionsskandale, prekäre Arbeitsbedingungen und der andauernde, weit um sich greifende Berlusconismo sind seine Themen. 81 Ab 2005 schreibt er über die Missstände in Italien auf seinem Blog beppegrillo.it (Biorcio 2013b, 20 f.). Für Grillo ist der Blog eine Möglichkeit, die traditionellen Medien zu umgehen und direkt mit seinen Lesern in Kontakt zu treten. Hier schafft er durch erste Bürgerlisten die Basis des MoVimento 5 Stelle (M5S) (Diamanti 2013, 4). Um auf die verurteilten Abgeordneten im italienischen Parlament hinzuweisen, regt er im Juni 2007 den sogenannten V-Day an (Vignati 2013, 44). Das „V“ weckt dabei drei Assoziationen: Es erinnert an das von Winston Churchill etablierte Victory-Zeichen, an die in der dystopischen Graphic Novel V for Vendetta (ital. Vendetta, ‚Blutrache‘) popkulturell aufgearbeitete Geschichte über den britischen Freiheitskämpfer, Anarchisten und Terroristen Guy Fawkes sowie an das italienische Schimpfwort vaffanculo (ital. „va‘ a fare in culo“-- „geh und mach (es) in den Arsch“-- dt. „leck mich am Arsch“). Ganz dem Vaffanculo-Vendetta-Victory-Motto entsprechend, ist der erste V-Day mit über 200 Kundgebungen auf den großen Plätzen Italiens ein voller Erfolg und kann als die Initialzündung des M5S gesehen werden. Dabei erfüllt die Bewegung mit dem Alleinvertretungsanspruch des moralisch reinen, homogenen Volkes gegenüber einer unmoralischen und korrupten Elite von Beginn an ein wichtiges Merkmal des Populismus (Müller 2016, 42). Im Verlauf des Jahres 2008 treten in etwa 20 Gemeinden Bürgerlisten unter dem Namen „Amici di Beppe Grillo“ (Freunde von Beppe Grillo) an und es entsteht der Wunsch nach stärkeren nationalen Strukturen der Bewegung (Natale 2013, 18). Im Dezember 2008 entwirft Grillo ein Parteisymbol, welches das große rote „V“ der V-Days mit der Eigenbezeichnung als Bewegung-- „MoVimento“-- verbindet, und im März 2009 präsentiert er die wichtigsten Themen seiner Bürgerbewegung, die sich in fünf Punkten bzw. „Sternen“ zusammenfassen lassen: Umwelt, Wasser, Technologie, 82 Konnektivität und Mobilität. Am 4. Oktober 2009 wird schließlich in Mailand der MoVimento 5 Stelle offiziell als Partei gegründet. Der große Durchbruch der Grillini erfolgt 2012: Nach den Regionalwahlen stellt der M5S die Bürgermeister in einigen norditalienischen Gemeinden und es gelingt ihm- - nachdem Grillo öffentlichkeitswirksam die Straße von Messina durchschwommen hat- - der Einzug ins sizilianische Parlament. Dieser Boom bestätigt den M5S endgültig als einflussreiche politische Kraft. Bei den Parlamentswahlen 2013 erreicht der M5S aus dem Stand 25,5 Prozent der Stimmen und ist damit drittstärkste Kraft. 2016 setzen sich Kandidatinnen des M5S in den Metropolen Rom und Turin als Bürgermeisterinnen durch und bei den vorgezogenen Parlamentswahlen im März 2018 gelingt mit 32,6 Prozent als nun stärkste Partei ein triumphaler Wiedereinzug ins Parlament. Grillo ist von Beginn an die schillernde Führungsfigur der rasant aufsteigenden und von Eventismus geprägten Bewegung. Er scheut nicht davor zurück, sich selbst als Inspirator, Sprecher, Garant, Kontrolleur, Megafon und Chef zu bezeichnen, entzieht sich aber stets der eigenen Übernahme eines politischen Amtes (Diamanti 2013, 4). Bei seinen Auftritten erhält der politische Außenseiter Grillo für seine geißelnden und im politischen Diskurs erfrischend ungewöhnlichen Reden großen Zuspruch. Der fernseh- und bühnenerprobte Komiker schafft so einen neuen Diskursraum. Er bringt eine ungewohnte und derbe Sprache in die Politik, die auf unterhaltsame Art Veränderungen verspricht (Biorcio 2013a, 44). Dass er mit dem Sprachwitz eines Komikers in der politischen Debatte auftritt, beschert ihm große Popularität, macht ihn für die etablierten Politiker jedoch zugleich zu einem schwierigen Kontrahenten: Von diesen wird erwartet, stets im seriösen Rahmen des ,Politjargons‘ (politichese) zu bleiben. Grillo hingegen reduziert seine Gegner gerne auf ihre Schwächen und verwendet in seinen Wahlkampfreden das komplette Repertoire eines Komödianten: Er gebraucht 83 Schimpfworte und rhetorische Stilmittel wie Ironie, Karikatur, Parodie, Übertreibung, Klimax, Antiklimax, Emphase, Metapher und Metonymie, wodurch die Politiker mehr als nur degradiert werden. So wird Silvio Berlusconi von ihm Psychonano (Psychozwerg) genannt. Politiker bezeichnet er gerne (vgl. Cosenza 2013, 114 f.) metaphorisch als Salme (Leichen) oder Zombi (Zombies). Eine solche Sprache ist bei populistischen Politikern beliebt, und Grillo ist in Italien weder der erste noch der einzige Politiker mit diesem Stil. Besonders Umberto Bossi, der Mitbegründer der rechten Lega Nord erwarb sich in den 90er Jahren einen Ruf mit seiner unverblümten Sprache. Doch der Genueser Komiker Grillo geht auch hier einen Schritt weiter, indem er nicht nur ‚wie das Volk‘ spricht, sondern in seinem Selbstverständnis auch ‚als das Volk‘ spricht. Seine Adressaten redet Grillo gerne direkt mit ,Du‘ an. Dies ist eine geschickte Taktik um den Adressaten einzuladen, die eigene Weltanschauung zu teilen oder sich eine bestimmte Situation vorzustellen, gleichzeitig aber kann er unkonkret bleiben und seine Distanz wahren (Siewierska 2004, 212). Grillo profitiert von dieser Art der Ansprache enorm: Auch wenn er vor einer großen Gruppe spricht, scheint er doch auf den einzelnen Adressaten einzugehen und wirkt so empathisch (Gast u. a. 2015, 152). Er zeichnet auf diese Weise für seine Adressaten ein Bild von einer Situation, die allen hätte widerfahren können. Mithin lässt sich festhalten, dass Grillo nicht nur- - wie andere Politiker- - durch seine volksnahe, unprätentiöse Sprache suggeriert, „ich bin einer von Euch, denn ich spreche wie Ihr“, sondern zu verstehen gibt: „Ich bin wie Du und ich spreche für Dich“ (Cosenza 2013, 115 f.). Diese Verbundenheit äußert sich in der ausgeprägten Körperlichkeit seiner Auftritte: Grillo spricht nicht nur, er ruft und schreit, bis seine Stimme versagt, er schwitzt nicht ein wenig, er zerfließt förmlich, während er von einer Seite der Bühne zur anderen rennt. Dabei gestikuliert er wild. Wenn er die Masse seiner Anhänger erreichen möchte, beugt er sich gerne weit über Absperrungen hinweg und 84 berührt seine Zuhörer, bis hin zur Umarmung. Sein Gesicht zeigt die ganze Bandbreite positiver wie negativer Emotionen, gleich einer Theatermaske. Der bühnenerprobte Komiker Grillo weiß um die Macht der körperlichen Beredsamkeit und ist damit seinen politischen Gegnern weit überlegen. Auch wenn er mit seiner mitunter aggressiven Rhetorik an rechte Politiker erinnert, kann er doch nicht mit ihnen gleichgesetzt werden, was sich besonders in den politischen Zielen des M5S zeigt (Cosenza 2013, 117). Thematisch verortet sich der M5S als „jenseits“ der politischen Achsen von rechts / links und betrachtet diese als überholt, was im Wahlprogramm deutlich wird: Die Bewegung vertritt wirtschafts- und umweltpolitisch klassische links-grüne Positionen, ist in der Sicherheits- und Außenpolitik mit einem geplanten Ausbau der staatlichen Sicherheitsorgane mitte-rechts orientiert und in der EU -Kritik, Russlandfreundlichkeit und Migrationspolitik deutlich rechts zu verorten. So wird im Wahlprogramm beispielsweise eine „Abschaffung der EU -Propaganda“ gefordert, worunter schwammig die „einheitliche Währung“, „Propaganda gegen Russland“ und „Fake News“ verstanden werden (Programma Nationale-- Unione Europea, 5). Gleichwohl wird migrationspolitisch nicht mit den üblichen rechten Topoi wie drohender Massenimmigration und vermeintlichem Kulturverlust, sondern, wie auch bei der EU -Kritik, rein wirtschaftlich argumentiert (Bordignon / Ceccariri 2015, 30). Profil Das ambivalente Programm, welches lediglich als „Sammlung von Vorschlägen“ verstanden werden möchte, kennzeichnet den M5S als eine ‚catch all-Partei‘ bzw. einen Partito pigliatutto. Der entideologisierten Partei geht dabei eine entideologisierte Kommunikation Beppe Grillos voran, die allen Wünschen entsprechen möchte, sich gegen alles wendet, was da ist, einfache Lösungen verspricht und 85 als Retorica pigliatutta bezeichnet werden kann. Dieser populistischen Retorica pigliatutta verdankt der Komiker aus Genua seine immense Beliebtheit und sie ermöglicht es ihm, mit einem orangen Gummiboot auf den Menschen herum zu fahren. Grillo tritt dabei auf als Medium und Mediator verschiedenster Ideen und Inhalte, sozial wie kulturell, und erscheint bei aller Präsenz in Fernsehen, Radio, Zeitungen und besonders in Blogs, Foren und sozialen Netzwerken selten greifbar und konkret. Dabei bewegt er sich souverän zwischen alten und neuen Medien. Ob er als Journalist, Politiker, Komiker oder ,nur‘ wütender Bürger auftritt, weiß der Genueser auf der Piazza und im Netz zu verwischen. Fest steht gleichwohl, dass er sich selbst als Antagonist der verkrusteten italienischen Politik versteht. Julius H. Werner Donald Trump-- Der Twitter-Präsident Donald Trump wurde am 14. Juni 1946 in New York geboren. Er studierte Wirtschaftswissenschaft und arbeitete schon während seines Studiums im Immobilienunternehmen seines Vaters. 1971 übernahm er die Leitung der Firma, die mehr als 14 000 Mietswohnungen besaß. 1987 landete er mit „The Art of the Deal“, einem Geschäftsratgeber, einen Bestseller und wurde mit der Castingshow „The Apprentice“, die in 14 Staffeln bis 2015 lief, landesweit populär. 2017 wurde er als 45. Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt. Donald Trump ist ein Mann der Medien. Schon lange bevor er sich um die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten bewarb, wurde er von vielen Amerikanern nur „The Donald“ genannt und war so etwas wie ein ‚household name‘, eine Berühmtheit, die beinah jeder kennt. Trump machte sich selbst zur Marke und sein Name 86 prangte auf seinen Hotels und Kasinos, Trump war der Name der von ihm gegründeten Universität, es gab Trump Steaks und Trump Weine. Berühmt geworden ist er in einer Zeit, in der das Fernsehen traditioneller Prägung als zentrales Leitmedium gelten konnte. Seine Castingshow „The Apprentice“ war ein Hochamt eines ungezügelten Kapitalismus, bei dem am Ende einer jeden Folge ein Bewerber mit dem Satz „You’re fired“ gefeuert wurde. Von hier aus scheint es ein weiter Weg zu sein zum Fürsprecher der „vergessenen Männer und Frauen“, zu dem sich Trump in Wahlkampf und Präsidentschaft immer wieder stilisiert. Trumps Wahlkampferfolg ist das Ergebnis der konsequenten Verknüpfung von Fernsehen und Social Media. Während Barack Obama gleichsam der Facebook-Präsident war, nutzt Trump vor allem Twitter als Kanal, um Themen zu setzen, und konnte schon im Wahlkampf stets darauf bauen, dass das Fernsehen, aber auch die Zeitungen seine Posts aufgreifen und damit erst recht popularisieren- - selbst wenn sie sich kritisch zu seinen Äußerungen positionierten. Der amerikanische Wahlkampf ist ohnehin stark personalisiert, weil dem Präsidenten eine starke Rolle im politischen System zukommt, Trump treibt diese Personalisierung auf die Spitze: Sein Programm heißt Trump, nur wenige politische Absichten (Bau der Mauer, Förderung des Kohlebergbaus, Ende von Obamacare) werden immer wieder aufgegriffen, ansonsten setzt er vor allem auf die Inszenierung als „Macher“ und „Dealmaker“. Wie sehr Politik für Trump von Köpfen und Personen abhängig ist, wird auch im Wahlkampf greifbar. In der Auseinandersetzung mit seinen Gegnern meidet er die politische Sachauseinandersetzung und versucht stattdessen das Ansehen der anderen Kandidaten zu zerstören. Ausdrücke wie „crooked Hillary“, „crazy Bernie“, „lyin Ted“ graben sich durch ständige Wiederholung in das Bewusstsein der Wähler und kein Gegner bleibt ohne ein diffamierendes Adjektiv. Trump polemisiert und polarisiert. Konsequent überträgt Trump Inszenierungsstrategien aus seiner 87 Fernsehshow in die politische Auseinandersetzung, so dass Archetypen einander gegenüberstehen: ein handlungsmächtiger und starker Trump auf der einen Seite, Versager und Betrüger auf der anderen. Trump erzeugt Realität durch Sprache, durch die beständige Wiederholung von Behauptungen und Anschuldigungen sickern diese in das Bewusstsein der Adressaten, die sich dem nur schwer entziehen können. Schon im Wahlkampf interessiert er sich wenig für komplexe Fakten, etablierte Prozeduren und den gesellschaftlichen Comment. Seine Wahlkampfauftritte sind häufig so inszeniert, dass hinter Trump auf der Bühne begeisterte Anhänger zu sehen sind, die seine Äußerungen mit Jubel und Zustimmung begleiten, das garantiert starke Bilder für Fernsehen und Presse. Gleichzeitig liefern die begeisterten Anhänger auf der Bühne ein Verhaltensmuster für die anderen Anwesenden und lassen die vorgebliche Nähe zum Volk bildlich präsent werden. Trump besitzt dabei durch lange Medienerfahrung ein enormes Gespür für Dramaturgie und die Stimmungen eines Publikums, agiert mal humorvoll, mal pointiert und aggressiv und schafft es, so seine Zuschauer anzuheizen, die mit Jubel, Sprechchören, aber auch offener Aggressivität gegenüber Gegnern und vor allem auch gegenüber den „Medien“ reagieren. Obwohl Trump durch das Fernsehen groß wurde, gehören nämlich insbesondere die großen nationalen Zeitungen, Fernsehsender und Nachrichtennetzwerke zu seinen zentralen Feindbildern und er inszeniert sich als Kämpfer gegen die Übermacht der korrupten Medien. „America first“: Die Inaugurationsrede In vielerlei Hinsicht bietet Trumps Inaugurationsrede vom 20. Januar 2017 einen Vorgeschmack auf den kommenden Kommunikations- und Regierungsstil und kann als Bekenntnis zu populistischer Politik gelesen werden. In der Rede präsentiert er sich als 88 Heilsbringer, endlich würden die „amerikanischen Männer und Frauen“ nicht länger vergessen. Der Tag der Vereidigung wird zu einem Neubeginn stilisiert. Zugleich wird die Legitimität voriger Regierungen angezweifelt, denn erst mit der Wahl von Trump hätte das amerikanische Volk „die Macht zurückbekommen“, die zuvor von der Washingtoner Elite usurpiert wurde, so Trump. Diese Inszenierung als Fürsprecher der kleinen Leute und als wahrer Vertreter des amerikanischen Volkes ist erstaunlich in Anbetracht der Tatsache, dass Trump selbst Teil der Wirtschaftselite ist und seine Fernsehshow ihn eher als Vertreter eines radikalen Kapitalismus erscheinen lässt. Dies ist jedoch ein verbreitetes Muster unter Populisten, Jan-Werner Müller hat darauf hingewiesen: Diejenigen, die sich zum Volkstribun erheben, sind in den allermeisten Fällen selbst Angehörige der Elite (Müller 2016, 27). Trump zeichnet in der Inaugurationsrede ein düsteres Bild vom Untergang der USA : „american carnage“, also das amerikanische Gemetzel, wird zu einem Schlüsselbegriff und Trump wird zu dem Retter in der Not, der dieses Gemetzel beenden kann. Die Behauptung, es gehe darum, Amerika „wiederaufzubauen“, überrascht in Anbetracht der positiven Wirtschaftsbilanz der Obama-Regierung, gewinnt aber an Plausibilität, wenn Trump die Konsequenzen des Niedergangs einzelner Industriezweige wie Bergbau-, Metall- und Autoindustrie in starken Bildern skizziert. Trumps Populismus ist Symptom einer gesellschaftlichen Krise, die etwa die traditionellen Arbeiter erfasst hat, ein Indiz dafür, dass Menschen ihren Lebensstandard und auch ihre Identität durch wirtschaftliche Veränderungsprozesse, Migration und Globalisierung bedroht sehen. Er begegnet solchen Erfahrungen und Ängsten, indem er einen radikalen Politikwandel verspricht, der mit dem Slogan „America first“ eine protektionistische Interessenpolitik und eine Abkehr von globalisierter Wirtschaftspolitik und globaler Verantwortung umfasst. Verbreitet unter Populisten ist die Simplifizierung komplexer Probleme. Trump bietet solche einfachen Parolen: Anschauliche 89 Beispiele und klar strukturierte Argumente, die Komplexität ausblenden, dienen dazu, möglichst viele Menschen mit politischen Themen zu erreichen. Twitter mit seiner selbstauferlegten Forderung nach Kürze ist für Trump daher das ideale Medium. Doch der Weg zurück zu einer vernünftigen Auseinandersetzung und rationaler Argumentation ist schwer, wenn Twitter-Formeln den Diskurs dominieren und große mediale Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Es entstehen, so Thomas Meyer, „Einfachschablonen“ und „Schwarz-Weiß-Bilder“, die argumentativ nur schwer einzuholen sind, weil sie stark affektiv aufgeladen werden (Meyer 2011, 141): die Mauer zu Mexiko als Lösung der Migrations- und Drogenprobleme, der Zweifel an der Erderwärmung mit Blick auf einen kalten Winter, das Versprechen, das amerikanische Gemetzel von einem Tag auf den anderen beenden zu können oder ein einfaches „buy american“ als Lösung aller Wirtschaftsprobleme. Trumps Inaugurationsrede ist eine Rede im Twitter-Stil, die Slogan an Slogan reiht, dabei aber durchaus das Programm seiner Präsidentschaft erkennen lässt-- und in der Tat hat sich Trump an die Umsetzung vieler seiner Versprechen gemacht. Wer nicht für uns ist-…-- Profil eines Populisten Die Antithese Volk vs. Elite gehört zum Populismus und Cas Mudde hat diese Gegenübersetzung als Markenzeichen eines „political populism“ (Mudde 2000, 37 f.) gesehen, also von Populisten, die nicht nur einen populistischen Stil pflegen, indem sie mit einfachen Formeln Zustimmung zu finden suchen, sondern populistische Ideen zum Maßstab der Politik machen, so wie Trump das versucht: „Washington flourished- - but the people did not share in its wealth. Politicians prospered- - but the jobs left, and the factories closed. The establishment protected itself, but not the citizens of our country.” Trump zeichnet in seiner Inaugurationsrede 90 einen strikten Gegensatz zwischen Washington und dem Volk, den „wahren Amerikanern“, die von Washington vergessen wurden. Er stimmt dabei beinah messianische Töne an: „We are one nation and their pain is our pain. Their dreams are our dreams. And their success will be our success. We share one heart, one home, and one glorious destiny.“ Mit solcher Übersteigerung und emotionalen Aufladung bewegt er sich weg von einer Politik, die rationale Prüfung und Debatte als ihr zentrales Prinzip versteht. Trump erhebt vielmehr einen „Alleinvertretungsanspruch“, wie Jan-Werner Müller das nennt (Müller 2016, 20). Dieser Alleinvertretungsanspruch entzieht politischen Entscheidungsprozessen und auch einem kritischen Journalismus die Legitimität, weil der Populist, in diesem Fall Trump, ja verstanden hat, was die Menschen bewegt, jede Kritik wird dann zum Verrat, rationale Argumente wirken hohl und leer. Trump regiert entsprechend oft per Dekret, weil er das Richtige erkannt hat und den langen demokratischen Diskussionsprozess nur als Bremsklotz wahrnimmt. Zugleich ist das Regieren per Dekret auch Ausdruck der Macht des Präsidenten und erlaubt die Inszenierung als starker Macher. Ein Journalismus, der kritisch hinterfragt und abwägt, wird da eher als Störfaktor gesehen und der Kampf gegen die traditionellen Medien und ihre „fake news“ ist kennzeichnend für die Präsidentschaft Trumps. Damit präsentiert er sich als eine Autorität, die an Einsicht, Weisheit und Klugheit dem kritischen Journalisten überlegen scheint. Seine Berater bekennen sich dabei ganz offen zu einer radikalen Dekonstruktion des etablierten politischen Systems. „If you look at these Cabinet appointees, they were selected for a reason and that is the deconstruction. That’s all going to be deconstructed“, wie Steve Bannon auf der Conservative Political Action Conference ( CPAC ) am 24. Februar 2017 formulierte. Trump taugt gerade durch seine argumentative Unbestimmtheit als eine Projektionsfläche für unterschiedliche konservative Bewegungen, die sich mit seinen Positionen identifizieren, wie 91 Lawrence Grossberg deutlich gemacht hat (Grossberg 2018). Er erzielt seine größte Zustimmung dabei nicht bei den Menschen ohne Schulabschluss und es sind nicht die Armen, die ihn wählen, sondern Menschen, deren Haushaltseinkommen über dem US -amerikanischen Durchschnitt liegt. Sie sehen ihre Interessen vernachlässigt und fühlen sich durch Trump angesprochen. Das ist tatsächlich Ausdruck einer Krise, denn diese Menschen sehen sich durch Migration und Globalisierung bedroht. Trumps Erfolg ist auch Ausdruck der Krise repräsentativer Demokratie, die auf die Entschleunigung von Entscheidungen aus ist, auf kritische Prüfung und Hinterfragung, während in unserer Zeit Probleme durch die sozialen Medien unmittelbar wahrgenommen werden und die unmittelbare Reaktion gefordert scheint. Diese liefert Trump verlässlich. Statt kritischer Hinterfragung setzt er auf eigene Bewertung und ordnet für seine Anhänger die Welt: „traurig“ scheinen ihm die Entscheidungen der Gegner, „großartig“ die eigene Politik. Was treibt einen Populisten wie Trump an? Der Versuch, politische Entwicklungen zu kritisieren und der Globalisierung ein anderes Modell entgegenzusetzen? Die Durchsetzung nationaler Interessen? Die Phantasie von Allmacht und Stärke? Der Versuch, den Menschen zu gefallen? Schwer zu sagen, fest steht jedoch, dass Trump für eine neue Art von Politik steht, die schnelle Entscheidungen zelebriert und umsetzt, Meinungen und persönliche Bewertungen über differenzierte Analysen stellt. Trump ist ein Twitter-Präsident, der mit seinen Tweets die Welt in seinem Sinne in Gut und Böse teilt, sich selbst Erfolge zuschreibt und an seinen Gegnern kein gutes Haar lässt. Eine positive Entwicklung am Aktienmarkt wird als eigener Erfolg vermarktet, sinkende Kurse können unkommentiert bleiben, außenpolitische Treffen, ob mit Kim oder Putin, werden zu „riesigen Erfolgen“, auch wenn sie kaum Ergebnisse bringen-- eine kritische Hinterfragung findet bei Twitter anders als in den traditionellen Medien ja nicht statt. Die eigene Bewertungs- 92 instanz kann Umfragen als Fake News ausweisen, wissenschaftliche Erkenntnisse im Handstreich anzweifeln und windige Bewertungen und gesponserte Studien zu sicheren Erkenntnissen hochjubeln: Realität ist die Realität, die der Populist Trump selbst erzeugt. Dabei hält die Projektionsfigur Trump ein großes Maß an Gegensätzen und Spannungen aus: der Milliardär als Fürsprecher der kleinen Leute, der Fernseh- und Zeitungskritiker, der durch die Macht des Fernsehens groß geworden ist, der Twitter-Präsident, der moderne Techniken nutzt, aber gesellschaftlich zurück möchte in die 50er Jahre, ein oft wenig präsidialer Präsident mit Anzug und Krawatte: Der Twitter-Präsident ist eine widersprüchliche Erscheinung, die mit journalistischer Kritik nur schwer zu fassen ist, weil diese nach Trumps Darstellung ja nur die Voreingenommenheit der anderen zeigt. Am Ende gelingt es dem Populisten Trump durch diese Strategie erfolgreich, sich rationaler Kritik zu entziehen. Trump hat die Macht der Bilder, der kurzen Formen und der Wiederholung der immer gleichen Formulierungen verstanden. Er schert sich dabei nicht um political correctness, diplomatische Regeln oder einen politischen Skandal und fasziniert seine Anhänger mit dieser Lust an der Übertretung und am Tabubruch. Damit bietet der Populist Trump ein Gegenmodell zu einer immer stärker kontrollierten politischen Kommunikation etablierter Politiker, von der er sich deutlich abhebt. Gerade durch diesen Kontrast erzielt der Populist Aufmerksamkeit und weckt Interesse. An die Stelle der politischen Auseinandersetzung treten Heilsversprechungen im Twitter-Takt. Olaf Kramer 93 Nachwort Über das Phänomen des Populismus wird im Moment viel geschrieben und diskutiert. Innerhalb dieser Debatte nimmt der vorliegende Band eine spezielle Perspektive ein, indem er den Blick auf die Akteure in den populistischen Bewegungen lenkt. In diesem Buch stellen wir ihre kommunikativen Techniken und argumentativen Strategien vor, zeigen, wie sie den politischen Diskurs beeinflussen und durch Emotionalisierung ein Klima der Angst und Wut erzeugen, das geeignet ist, langfristig demokratische Strukturen auszuhöhlen. Angeregt wurde dieser Band durch eine Lehrveranstaltung am Tübinger Seminar für Allgemeine Rhetorik und die lebendige Diskussion, die sich dort mit den Studierenden entwickelt hat. Eine Reihe von ihnen hat mit ihren Texten dazu beigetragen, die Folge von Profilen in diesem Band zu komplettieren, so dass es uns gelungen ist, Populisten weltweit zu porträtieren. So werden nationale Besonderheiten greifbar, aber es ist auch deutlich zu erkennen, wie sich populistische Bewegungen und Akteure international gegenseitig beeinflussen und wie intensiv sie miteinander vernetzt sind. Tübingen im Herbst 2018 Joachim Knape Olaf Kramer Dietmar Till 95 Quellen Mahmud Ahmadinedschad Letzter Zugriff für alle Links: 19. 2. 2018. ▶ Wahlwerbefilm 1384 (2005): Teil 1: „مهن هرود رد داژن یدمحا دومحم یتاغیلبت ملیف ، تمدخ شوخ هحیار لوا تمسق 1384 تاباختنا -“. https: / / www.youtube.com/ watch? v=Q- I7x0k BU cw Teil 2: „هرود رد داژن یدمحا دومحم یتاغیلبت ملیف ، تمدخ شوخ هحیار مود تمسق - 1384 تاباختنا مهن“. https: / / www.youtube.com/ watch? v=H0f5 SP 9 AS h8 ▶ Mitschnitt des Gesprächs in Qom (2005): „ahmadinejad یدمحا نامز ماما و داژن, Mehdi, رون هلاه“. https: / / www.youtube.com/ watch? v=Y77b WU y QV 80 ▶ Rede zur Kundgebung zum Geburtstag Fatemes am 14. Juni 2009: Beginn: „4 / 1 .88 دادرخ تاباختنا دعب زور داژن یدمحا ینارنخس“. https: / / www.youtube.com/ watch? v=w_b JWT xjddo Ausschnitt: „؟دوب هچ کاشاخ و سخ یارجام“. https: / / www.aparat. com/ v/ uAc2Y ▶ Fernsehansprache vom 13. Juni 2009: „-1تاباختنا ردیزوریپ زا سپ داژن یدمحا دومحم رتکد نانخس“. https: / / www. youtube.com/ watch? v=UdtjGpHnFpI „-2تاباختنا رد یزوریپ زا سپ داژن یدمحا دومحم رتکد نانخس“. https: / / www.youtube.com/ watch? v=AuSb NZG l AJI „-3تاباختنا رد یزوریپ زا سپ داژن یدمحا دومحم رتکد نانخس“. https: / / www.youtube.com/ watch? v=bYe OY 4 VZJK 0 „-4تاباختنا رد یزوریپ زا سپ داژن یدمحا دومحم رتکد نانخس“. https: / / www.youtube.com/ watch? v= BS 6wfn-owGc ▶ UN -Reden: Rede 17. 9. 2005, UN Vollversammlung: „Address by H. E. Dr. Mahmood Ahmadinejad President of the Islamic Re- 96 public of Iran before the Sixtieth Session of the United Nations General Assembly. New York-- 17 September 2005“. http: / / www. un.org/ webcast/ ga/ 60/ statements/ iran050917eng.pdf Rede 2009, Conference on Racism: Hammond, Jeremy R.: „Full Text of President Ahmadinejad’s Remarks at U. N. Conference on Racism“. 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Juni 2016. www.landtag-bw.de/ files/ live/ sites/ LTBW / files/ dokumente/ WP 16/ Plp/ 16_0007_29062016.pdf ▶ Rede auf dem Bundesparteitag der AfD am 22. April 2017. www.epochtimes.de/ politik/ deutschland/ klartext-rede-vonafd-parteisprecher-joerg-meuthen-in-schriftlicher-form-video-a2101830.html 97 ▶ Rede im Landtag von Baden-Württemberg am 20. Juli 2017. www.landtag-bw.de/ files/ live/ sites/ LTBW / files/ dokumente/ WP 16/ Plp/ 16_0040_20072017.pdf Viktor Orbán ▶ Rede am 15. März 2016 vor dem Nationalmuseum in Budapest: www.youtube.com/ watch? v=f SFD - QAJM 1k (letzter Zugriff: 2. 10. 2018). ▶ Rede im Januar 2017 anlässlich der offiziellen Treuegelöbnis-Feierlichkeit der ersten Einheit der Grenzjäger: www.metropolico.org/ 2017/ 01/ 18/ viktor-orbans-rede-die-deutsche-medien-nicht-zeigen/ (letzter Zugriff 5. 4. 2018). Marine Le Pen Letzter Zugriff für alle Links: 17. 10. 2018. ▶ Official Campaign Video (mit deutschen Untertiteln). 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Werner: Komischer Populist oder populistischer Komiker? Beppe Grillo als Antagonist des politischen Establishments in Italien ISBN 978-3-89308-454-8 W W W . N A R R . D E Ein Gespenst scheint in den westlichen Demokratien umzugehen: der Populist. Doch was ist ein Populist? Können wir ihn an bestimmten kommunikativen Verhaltensweisen erkennen? Wie verändern Populisten die politische Landschaft? Tübinger Rhetoriker und Rhetorikerinnen geben auf diese Fragen in kurzen Kapiteln sehr individuelle Antworten. Ein wichtiger Beitrag zu einer hoch aktuellen Debatte. Knape, Kramer, Till Populisten - rhetorische Profile Populisten - rhetorische Profile Joachim Knape Olaf Kramer Dietmar Till