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Kolloquium Industrieböden
2510-7771
expert verlag Tübingen
2020
101 Littmann
Industrieböden sind Bodenkonstruktionen, die im täglichen Gebrauch starken Beanspruchungen ausgesetzt sind. Dabei sind die Art der Nutzung, Umweltbedingungen sowie physikalische und chemische Beanspruchungen entscheidend für die jeweilige Bodenkonstruktion und ihren speziellen Aufbau. Zu den Industrieböden gehören Böden im gewerblichen Bereich, Parkhausböden, Böden in öffentlichen Gebäuden und viele andere. Kurz gefasst ist nahezu jeder Boden gemeint, der nicht zu Wohnzwecken dient. Seit 25 Jahren treffen sich beim Kolloquium Industrieböden alle drei Jahre einige hundert Experten an der TAE, um Probleme zu diskutieren, die die Konstruktion, die Ausführung und der Gebrauch von stark beanspruchten Böden mit sich bringen. Hauptziel der Veranstaltung ist dabei nicht nur die Diskussion von Problemen und Lösungen, sondern auch, Experten aus unterschiedlichen Bereichen zueinander zu bringen und eine Plattform für den persönlichen Erfahrungsaustausch zu bieten. Beim 10. Kolloquium Industrieböden werden mehr als 40 Fachvorträge in drei parallelen Sessions zum aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik sowie neuesten Entwicklungen und Trends angeboten. Der Inhalt Bauausführung Hygienebereich Arbeitsschutz Prüf- und Messmethoden Instandsetzung Fugen, Beläge, Materialien Ressourcenschonung Regelwerke Die Zielgruppe Architekten, Ingenieure und Innenarchitekten Bodenleger, Estrichleger, Baufirmen, Beschichter Hersteller von Bauchemikalien, Beschichtungen und Klebern FZement-/ Werksteinhersteller, Natursteinbetriebe, Holz-/ Chemieindustrie, Hersteller von Bodenbelägen Forschungsinstitute, Prüfinstitute, Gutachter Universitäten, Fachschulen, Berufsbildungszentren Industrie, Gewerbebetriebe, Kaufhäuser, Städte und Gemeinden, Verkehrsbetriebe, Logistikunternehmen Behörden und Verbände www.tae.de ISBN 978-3-8169-3505-6 10. Kolloquium Industrieböden Tagungshandbuch 2020 Herausgegeben von Klaus Littmann 10. Kolloquium Industrieböden Fachtagung über stark beanspruchte Bodenkonstruktionen Tagungshandbuch 2020 Kolloquium_10_Umschlag.indd 1,3 Kolloquium_10_Umschlag.indd 1,3 18.02.2020 14: 48: 26 18.02.2020 14: 48: 26 Titelei.indd 2 11.02.20 14: 33 Herausgegeben von Prof. Dr. Klaus Littmann 10. Kolloquium Industrieböden Fachtagung über stark beanspruchte Bodenkonstruktionen Tagungshandbuch 2020 Titelei.indd 3 11.02.20 14: 33 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das vorliegende Werk wurde mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autoren oder Herausgeber übernehmen deshalb eine Haftung für die Fehlerfreiheit, Aktualität und Vollständigkeit des Werkes und seiner elektronischen Bestandteile. © 2020. Alle Rechte vorbehalten. expert verlag GmbH Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen E-Mail: info@verlag.expert Internet: www.expertverlag.de Printed in Germany ISBN 978-3-8169-3505-6 (Print) ISBN 978-3-8169-8505-1 (ePDF) Technische Akademie Esslingen e. V. An der Akademie 5 · 73760 Ostfildern E-Mail: bauwesen@tae.de Internet: www.tae.de Titelei.indd 4 11.02.20 14: 33 Vorwort Industrieböden sind Bodenkonstruktionen, die im täglichen Gebrauch starken Beanspruchungen ausgesetzt sind. Dabei sind die Art der Nutzung, Umweltbedingungen sowie physikalische und chemische Beanspruchungen entscheidend für die jeweilige Bodenkonstruktion und ihren speziellen Aufbau. Zu den Industrieböden gehören Böden im gewerblichen Bereich, Parkhausböden, Böden in öffentlichen Gebäuden und viele andere. Kurz gefasst ist nahezu jeder Boden gemeint, der nicht zu Wohnzwecken dient. Seit 25 Jahren treffen sich beim Kolloquium Industrieböden alle drei Jahre einige hundert Experten an der TAE, um Probleme zu diskutieren, die die Konstruktion, die Ausführung und der Gebrauch von stark beanspruchten Böden mit sich bringen. Hauptziel der Veranstaltung ist dabei nicht nur die Diskussion von Problemen und Lösungen, sondern auch, Experten aus unterschiedlichen Bereichen zueinander zu bringen und eine Plattform für den persönlichen Erfahrungsaustausch zu bieten. Beim 10. Kolloquium Industrieböden werden mehr als 40 Fachvorträge in drei parallelen Sessions zum aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik sowie neueste Entwicklungen und Trends zu folgenden Themenschwerpunkten angeboten: • Bauausführung • Hygienebereich • Arbeitsschutz • Prüf- und Messmethoden • Instandsetzung • Fugen, Beläge, Materialien • Ressourcenschonung • Regelwerke Das vorliegende Tagungshandbuch enthält die vorab eingereichten Beiträge zu den Vorträgen. Weitere Informationen unter: www.tae.de/ go/ boeden. 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Vorwort.indd 5 11.02.20 14: 35 Vorwort.indd 6 11.02.20 14: 35 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Inhaltsverzeichnis 0. Plenarvorträge 1 0.1 Industrieböden- Optische Aufwertung mithilfe einfacher Gestaltgesetze 3 Dipl. Berufspädagogin Uta Mengel 0.2 Schöner Parken ** Carina Kunert 0.3 Bau-Forensik - Prinzipien Möglichkeiten und Grenzen 17 Prof. Dr. Andreas O. Rapp 0.4 BIM und digitale Produktdatenmodelle - Der steinige Weg vom gedruckten Katalog in die digitale Welt * Thomas Kirmayr 1. Bauausführung 87 1.1 Fallstudien: Fehler bei Industrieböden aus Beton und Stahlfaserbeton 89 Roger Genz, Korschenbroich 1.2 Nutzungsgerechte Anforderungen an Industrieböden 95 Dr.-Ing. Gerhard Stenzel 1.3 Revitalisierung von Industrieböden im Bestandsbau 103 Roger Genz 1.4 20 Jahre schleiftechnische Optimierung mineralischer Industrieböden - Erfahrungsstand und Ausblick 109 Dipl.-Ing. (FH) Andreas Funke 1.5 Industrieböden - Theorie und Fallbeispiele zu fugenlosen Teilabschnitten von größer 1000 m 2 115 Dr.-Ing. Ingo Schachinger 1.6 Mineralische Industriebodensanierung mit Estrichlogistiksystemen * Jens Hofele 2. Ressourcen 123 2.1 Umwelt- und ressourcenschonende Industriebodenbeschichtungen - eine Marktstudie und kritische Auseinandersetzung * Gerd J. Pleyers 2.2 Schnellzemente im Bereich der Industrieböden - Theorie und Praxis 125 Frank Sander 3. Hygienebereich 127 3.1 Mögliche Reinraumbodenlösungen in der pharmazeutischen Industrie 129 Dipl.-Ing Architekt Peter Kotzurek Inhaltsverzeichnis.indd 7 13.02.20 09: 17 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 3.2 Das Stufenmodell der Flächendesinfektion - Praxis und praxisnahe Ansätze 133 Andre Tomczyk, Dr. Michael Lorenz 3.3 Mikrobiologischer Ergebnisvergleich von Reinigungs- und Desinfektionsmittel bei Edelstahloberflächen, Pharmaterrazzo und Synthesekautschuk 135 Andreas Schweizer 3.4 Hoch beanspruchte Fußböden für die Produktion und Verarbeitung von Nahrungsmitteln 147 Peter Heller 3.5 Sauberlaufzone - nützliches Detail im Eingangsbereich 151 Peter Heller 3.6 Fallstudie Hydrolyse 155 Dr. Roland Augustin, Peter Körber 3.7 Einsatz von Entkopplungssystemen bei Bodenkonstruktionen 159 Alfred Stein 4. Prüf-/ Messmethoden 171 4.1 Zerstörungsfreie Prüfung zur Untersuchung von Industrieböden und Bodenplatten - Sanierungsbeispiel * Andreas Hasenstab 4.2 Funktionalisierung von Fasern für zementgebundene Materialien - ausgewählte Prüfmethoden 173 Julia von Werder, André Gardei, Johannes Hoppe und Birgit Meng 4.3 Zerstörungsfreie Lokalisierung von Flüssigwasser in Fußböden durch Kombination von Radar und Neutronensonde 179 Sabine Kruschwitz, Tim Klewe, Tobias Ritzer, Christoph Strangfeld 4.4 Untersuchungen zu Prüfmethoden zur Messung des Verschleißwiderstandes 187 Kathrin Otten, Tobias Kries, Klaus Littmann, Kevin Maurer, Tade Schröder 4.5 Einflüsse auf die Prüfung der Abreißfestigkeit/ Oberflächenzugfestigkeit 193 Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinz Wiegrink, Armin Gai, Yannick Grafmüller 4.6 Einflüsse auf die Bestimmung der Restfeuchte 203 Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinz Wiegrink 5. Arbeitsschutz 209 5.1 Epoxidharze - Maßnahmen zum sicheren Umgang 211 Klaus Kersting, Sabrina Schatzinger, Corinne Ziegler 5.2 Rutschfestigkeit: Ein Überblick über die Prüfverfahren - Theorie und Praxis * Nicole Machill 5.3 Schleiftechnik im Industrieboden Neubau und zur Bodensanierung, unter Berücksichtigung der Rutschfestigkeit (R-Klassen) 215 Werner Noebel, Dipl.-Ing. Inhaltsverzeichnis.indd 8 13.02.20 09: 17 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 6. Fugen 233 6.1 Fugensysteme und Rinnen in Industrieböden - vom richtigen Umgang mit ungeliebten, aber notwendigen Einbauten 235 Dipl.-Ing. Stephan Sinz 6.2 Vom Innovationspreis zur High-End Lösung: • ULBRICHFUGE® • The Art of Connecting 241 Stefan Wiegrink 6.3 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen 245 Stefan Trichlin 7. Materialien 265 7.1 Mineralische Industrieböden, rissfrei und hoch belastbar als Designböden insbesondere unter ästhetischen Aspekten 267 Dr. Jörg Rathenow 7.2 Rissbreitenbegrenzte Böden aus Stahlfaserbeton-Kombinationsbewehrung * Andreas Haus 7.3 Unsichtbarer Beitrag, sichtbarer Erfolg - Gezielte Steuerung der Betoneigenschaften zur Herstellung hochwertiger Industrieböden 273 M. Sc. Annika Bantle, Dr.-Ing. Christoph Hahn 7.4 Einfluss von Zusammensetzung, Verarbeitung und Nachbehandlung auf die Eigenschaften von Industrieböden aus Beton 281 Dr.-Ing. Jürgen Huber 7.5 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? 283 Jürgen Versch 7.6 Gussasphalt ist mit einer der „schlechtesten“ Industrieböden - aber er kann dem Bauherrn sehr viel Geld sparen! * Konrad Ulbricht 7.7 Die sehr schwindarme Beton-Bodenplatte 305 Dr.-Ing. Carlhermann Conrad 8. Regelwerke 313 8.1 Industrieböden im WHG-Bereich: Spannungsfeld AwSV - TRwS - Richtlinie DAfStb 315 Dr.-Ing. Thomas Richter 8.2 FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1 - Warehouse floors: Neue Richtlinie für Lager- & Logistikböden Ebenheit in Hochregal- und Schmalganglager 323 Frank Behnisch, Walter Böhl 8.3 Grauzone Bauen - insbesondere bei Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Bautechnik 331 Holger Tebbe Inhaltsverzeichnis.indd 9 13.02.20 09: 17 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 9. Instandsetzung 341 9.1 Flächige Instandsetzung gerissener Industrieböden mit hoch verschleißfestem Carbonbeton 343 Detlef Koch, Björn Neuberger 9.2 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde 349 Dr.-Ing. Alexey Levin 9.3 KineticBoost-Technology® - Der neue Standard für Bodenbeläge aus Kunstharz 373 Dr. Patricia Steffen 9.4 Schnellbeton zur zeitoptimierten Instandsetzung einer Tankfläche - Objektreport 377 Lasse Manns 9.5 Möglichkeiten der schnellen Sanierung von Industrieböden mit mineralischen Systemen 381 Frank Halm 9.6 Ablösungen, Hohllagen und Rissbildungen bei geglätteten Industriefußböden 387 Dr.-Ing. Karl-Heinz Wiegrink 10. Beläge 395 10.1 Magnesia-Estrich - Nachruf auf den „König der Estriche“ oder Hinweis auf einen unverzichtbaren Problemlöser? 397 Walter Böhl 10.2 Bodensysteme aus Kautschuk in der Life Science Industrie 403 Frank Bähr 10.3 Stahlankerplatten - eine Lösung für extreme Beanspruchung von Industrieböden 405 Dipl. Ing. (FH) Dirk-Uwe Spengler, Waldemar Holeczek 10.4 Einsatz großformatiger, dünnschichtiger Fliesen auf mechanisch hoch belasteten Bodenkonstruktionen 413 Dipl.-Ing. Burkhard Prechel ** Manuskript lag bei Redaktionsschluss nicht vor. ** Manuskript ist nicht zur Veröffentlichung freigegeben. Anhang Programmausschuss 421 Beitragsverzeichnis nach Autorennamen 423 Inhaltsverzeichnis.indd 10 13.02.20 09: 17 Plenarvorträge Buch IB.indb 1 11.02.20 12: 52 Buch IB.indb 2 11.02.20 12: 52 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 3 Industrieböden - Optische Aufwertung mithilfe einfacher Gestaltgesetze Dipl. Berufspädagogin Uta Mengel Leibniz Universität Hannover Institut für Berufswissenschaften im Bauwesen (ibw) 30419 Hannover Germany Zusammenfassung Dem Boden wird als raumbestimmendes Element eine wichtige Rolle zuteil. Die Gestaltung von Industrieböden wird allerdings bislang noch recht stiefmütterlich behandelt, über farbige Gestaltung, unterstützt durch Formendesign, wird hier oft nicht nachgedacht. Und das, obwohl über Farbtöne und Formen Informationen vermitteln werden können, von technischen bis hin zu sicherheitsrelevanten Aspekten. Der Mensch ist von Farbigkeit umgeben, ob am Arbeitsplatz, in der Freizeit, der Natur oder der häuslichen Umgebung. Eine farblose Umgebung stumpft ab, eine farbenreiche kann stimmungsaufhellend sein. Die Angst vor falscher Farbwahl führt jedoch häufig zu einer Farbenthaltung. Dahinter stecken sowohl mangelndes Wissen um die Vielschichtigkeit von Farbe, als auch mangelndes Wissen um einfache Regeln im Umgang mit Farbe und Form. Im folgenden Beitrag wird zum einen auf die Komplexität von Farbigkeit eingegangen, zum anderen werden Grundlagen der Farb- und Formgestaltung dargestellt. 1. Farbiges Sehen Das Sehen von Farbtönen ist eine reine Sinnesempfindung des menschlichen Gehirns die entsteht, wenn Licht einer bestimmten Wellenlänge auf die Netzhaut des Auges gelangt. Über elektromagnetische Strahlung kommt es zu einer Nervenerregung, die zum Gehirn geleitet und dort als Farbton wahrgenommen wird. Nur ein kleiner Teil der der elektromagnetischen Strahlung ist für das menschliche Auge sichtbar. Das für das menschliche Auge sichtbare Licht im Spektrum der elektromagnetischen Strahlung liegt im Wellenlängenbereich von etwa 380 nm und 760 nm, und ergibt alle Farben des Regebogens [1] (Abb.1) Abb. 1 Arten elektromagnetischer Strahlung Farbe ist interdisziplinär Farbigkeit ist ein komplexes Thema. Der zielgerichtete Einsatz von Farbtönen erfordert Fachwissen über elektromagnetische Strahlung, die Absorption und Reflexion molekularer Substanzen, die Verarbeitung elektromagnetischer Strahlung im Gehirn und die damit verbundene psychologische Wirkung. Farbigkeit und deren Wahrnehmung ist ein komplexes Thema. Der gezielte Umgang und Einsatz von Farbtönen erfordert Kenntnis über elektromagnetische Strahlung, die Absorption und Reflexion molekularer Substanzen, die Verarbeitung elektromagnetischer Strahlung im Gehirn und die damit verbundene psychologische Wirkung. 0.1 Mengel.indd 3 12.02.20 12: 22 4 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Industrieböden - Optische Aufwertung mithilfe einfacher Gestaltgesetze Die Wahrnehmung von Farbtönen und Formen ist beim Einzelnen, zusätzlich zu den objektiven Bedingungen, stark subjektiv geprägt. Sie wird zum einen durch angeborene Eigenschaften bestimmt und zum anderen durch Erfahrungen ergänzt bzw. überlagert. Jedes Individuum sammelt spezifische Erfahrungen, entwickelt spezifische Wahrnehmungsmuster und nimmt unterschiedliche Farbtöne auf ganz persönlicher Art und Weise wahr. Die eintreffenden Informationen werden selektiert, verknüpft und in den hinteren Teil des Großhirns weitergeleitet. Dort werden Erregungsmuster zusammengefügt und interpretiert. Das Farbempfinden ist eine Urprägung die durch genetische Erfahrungen, Instinkte und erlebte Erfahrungen hervorgerufen wird. Jeder Mensch empfindet z. B. die Farbe Rot als einen warmen Farbton. Ob diese assoziierte Wärme als positiv oder negativ empfunden wird, hängt wiederum von der individuellen Entwicklung jedes Einzelnen ab. [2] Obwohl spezifische Erfahrungen und Lernprozesse hierbei eine große Rolle spielen, existiert eine Vielzahl an Übereinstimmungen, die man sich bei jeglicher Farbton- und auch Formgestaltung zu Nutze machen sollte. 2. Farbe als Gestaltungsmittel Bei der Gestaltung im Innen- und Außenraum, also auch bei der Gestaltung von Industrieöden, ist es für den Ausführenden von großer Bedeutung, den richtigen Farbton für den entsprechenden Einsatz zu wählen, um so die gewünschte Wirkung zu erzielen. Farbtöne üben, unterstützt durch entsprechende Formengestaltung, derart starke Reize auf den Menschen aus, dass Körperfunktionen, z. B. Blutdruck, Puls und Wahrnehmung beeinflusst werden können. Von daher ist es notwendig, zum einen die psychologische Wirkung der einzelnen Farbtöne zu kennen und zum anderen die Auswirkung von Farbtonkombination. 2.1 Farbpsychologische Einflüsse [3] Farbtöne beeinflussen jeden Menschen auf unterschiedlichen Ebenen. Psychologische Wirkungsebene: Farbtöne lösen automatisch unbewusste Reaktionen und Assoziationen aus. Diese entstehen durch selbst erlebte bzw. erlernte Erfahrungen, man spricht von verinnerlichten Erfahrungen. Zum Beispiel denkt man bei einer roten Erdbeere an Reife und Süße, grüne hingegen erscheinen unreif und sauer. (Abb. 2) Rot als Farbton in Verbindung mit Wasser wird dagegen mit „Achtung, heiß“ verbunden. (Abb.3) Abb. 2 Farbassoziation Reife - Unreife Abb. 3 Farbassoziation heiß kalt Symbolische Wirkungsebene: Die symbolische Farbzuordnung bezieht sich auf Begriffe, die mit Farben belegt sind, aber keinen realen Farbton haben. Das ist das Ergebnis überlieferter Erfahrungen, die nicht persönlich gemacht wurden. Grün wird sprichwörtlich als „die Hoffnung“ verstanden, assoziiert mit dem Neubeginn der Vegetation im Frühling. Grün gilt zudem als die Farbe des Neides. “Man wird grün vor Neid“. Das rührt daher, dass Menschen, die sich häufig ärgern, gallenkrank werden - sie erhalten eine gelbgrüne Gesichtsfarbe. Die symbolischen Farbwirkungen entstehen aus einer Verallgemeinerung bzw. der Abstraktion der psychologischen Farbwirkungen. Folglich sind diese beiden Wirkungsebenen eng miteinander verknüpft. Kulturelle Wirkungsebene: Unterschiedliche Farbwirkungen unterschiedlicher Kulturen sind auf deren unterschiedliche Lebensweisen und Umweltbedingungen zurückzuführen. In Europa ist der Farbton Grün die natürliche Farbe der Landschaft. In Wüstenregionen hingegen, deren natürliche Vegetation kaum etwas Grünes aufweist, steht der Farbton Grün für das Paradies. Politische Wirkungsebene: Alte Wappenschilde- und Flaggenfarben signalisieren, ebenso wie moderne Flaggen und Wappen, herrschende Dynastien, politische und religiöse Machtverhältnisse. Zum Beispiel sind die Revolutionsfahnen der sozialistischen Staaten rot. Die Grundfarbe der Flaggen der islamischen Staaten ist das Grün, es gilt als die heilige Farbe 0.1 Mengel.indd 4 12.02.20 12: 22 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 5 Industrieböden - Optische Aufwertung mithilfe einfacher Gestaltgesetze des Islam. Die Farbtöne der irischen Flagge sind orange, weiß und grün. Das Grün steht für die katholische Bevölkerung, Orange für die Protestantische und Weiß für den Frieden zwischen den beiden Glaubensrichtungen. Traditionelle Wirkungsebene: Farbwirkungen weisen häufig auf alte Verfahren der Farbgewinnung oder der Färberei hin. Das giftige „Giftgrün“, das „Schweinfurter-Grün“ (Kupfer(II)-arsenitacetat), wurde an Brillanz, Farbintensität und Lichtechtheit, aber auch an Giftigkeit von keinem anderen anorganischen Pigment übertroffen. Das „königliche Blau“ war ein extrem kostbares Pigment, das aus dem Edelstein Lapislazuli (Synonym Azur) gewonnen wurde. Der wertvolle Purpurfarbstoff wurde den Extrakten des Drüsensekrets der Purpurschnecke entnommen. (Abb. 4, 5) Für ca. 1,4 g des reinen Farbstoffs wurden etwa 12000 Schnecken benötigt. [4] Abb. 4, 5 Purpurschnecke, Purpurfarbstoff Kreative Wirkungsebene Der kreative Wirkungsgrad zeigt, dass Farbtöne mit neuen Wirkungen und Assoziationen belegt werden können. Das geforderte Umdenken bezüglich einer Farbtonbedeutung kann nur durch einen lang angelegten Werbe- und Bekanntmachungsprozess erreicht werden, damit der Konsument die neue Bedeutung verstehen kann. (Abb. 6, 7) Abb. 6, 7 Kreative Farbtongestaltung 2.2 Synästhesie Synästhesie bedeutet die Miterregung eines Sinnesorgans bei der Reizung eines anderen. Synästheten nehmen z. B. Töne als Farben wahr, können Zahlen farbig sehen oder Farbtöne Geschmäcken zuordnen. Berühmte Synästheten waren beispielsweise der Maler Wassily Kandinsky, der Gitarrist Jimi Hendrix, der Musiker Franz Liszt („dieser Ton ist dunkelviolett, nicht Rosa“) Am häufigsten sind jedoch farbige Sinnesvermischungen (Sinneswahrnehmungen). [5] Selbst wenn über man kein ausgeprägtes synästhetisches Empfinden verfügt, kann man Geschmack und Temperaturen mit Farbtönen in Verbindung bringen. So wird gelbgrünen Getränken oder Bonbons, ohne diese getestet zu haben, ein saurer Geschmack zugeordnet, Rosaroten ein süßlicher. Orangerote Speisen sind von vorne herein heiß und scharf (hot and spicy), Grüne Nahrungsmittel werden mit Frische und Gesundheit (Salat, Gemüse) in Verbindung gebracht. (Geschmackssinn) (Abb. 8-11) Abb. 8-11 Unterschiedliches Geschmacksempfinden Die synästhetische Farbwahrnehmung beeinflusst nachvollziehbar den sogenannten Muskelsinn. In Probandentests wurde festgestellt, dass das Gewicht von identisch schweren Gegenständen ja nach Farbton als unterschiedlich schwer empfunden wird. Probanden schätzen gleich schwere Pakete mit hellen Farbtönen leichter ein, als dieselben Pakete in dunklen Farbtönen. Der Hautsinn bezieht sich auf das farbtonabhängige Wärmeempfinden. Identisch temperierte Räume werden von Probanden als bis zu 3° wärmer empfunden, wenn die Räume in warmen, rotorangen Farbtönen gestaltet sind. [6] Ein gezielter Einsatz von Farbtönen kann folglich, unterstützt durch die synästhetischen Einflüsse, das Wohlbefinden und die Wahrnehmung positiv bzw. negativ beeinflussen. 2.3 Die Farbtöne im Einzelnen Da man sich der Wirkung von Farbtönen nicht entziehen kann, sie sich direkt auf den Gemütszustand eines Menschen auswirken, sollte eine Farbtonauswahl zielgerichtet und überlegt sein. Auch eine Industriebodengestaltung in öffentlichen Gebäuden, Parkhäusern oder Fabrikhallen kann zur Steigerung des Wohlbefindens und der Sicherheit beitragen. Um optische Farbreize mit Überlegung gezielt einsetzen zu können, müssen die Einflüsse und die Assoziationen der einzelnen Farbtöne bekannt sein. 0.1 Mengel.indd 5 12.02.20 12: 22 6 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Industrieböden - Optische Aufwertung mithilfe einfacher Gestaltgesetze In Tabelle 1 werden exemplarisch einige Farbtöne beschrieben, indem deren vorrangige Symbolik, Assoziation und deren Beeinflussung der Sinne für unseren Kulturkreis genannt werden. Farbtonbereich Symbolik, Assoziation Einfluss auf die Stimmung Rot Liebe, Feuer, Aktivität, Leidenschaft, Blut aktivierend, erregend, mächtig, kraftvoll, erotisch, laut Gelb Sonne, Sommer, frisches Licht, Neid, Eifersucht, Krankheit lebhaft, heiter, jung, anregend, strahlend, oberflächlich Blau Himmel, Meer, Ruhe, Kälte, Ferne, Treue, Vertrauen, Friede ernst, fest, beruhigend, frisch, sauber Blaugrün Eis, Wasser, Kälte, Starre, Sachlichkeit, Distanz kühl, frisch, technisch, zurückhaltend Grün Natur, Frühling, Fruchtbarkeit, Hoffnung, Sicherheit, Normalität natürlich, beruhigend, frisch, friedlich, schlicht Orange Energie, Wärme, Freude, Sonnenglut, wärmend lebendig, mitteilsam, belebend Violett Glaube, Mystik, Depression, Würde, Reichtum, Königlichkeit, Reife, Alter magisch, feierlich, zwiespältig, melancholisch, festlich, würdevoll, prachtvoll Braun Erde, Bequemlichkeit, Anpassung, Schwere behäbig, passiv, robust, beständig Weiß Schnee, Kälte, Reinheit, Unschuld, Vollkommenheit, Friede, Verletzlichkeit unnahbar, steril, zeitlos, schwebend, feierlich Grau Intelligenz, Neutralität, Würde, Sachlichkeit, Langeweile, Verfall vornehm, unauffällig, seriös, gedämpft, zeitlos Schwarz Unheil, Trauer, Tod, Angst, Nacht, Böses, Stabilität ernst, traurig, negativ, finster, schwer, seriös Tabelle 1 Farbtonwirkungen, Beispiele [7] 2.4 Farbkontraste Bei der Erstellung eines farbigen Gestaltungskonzepts wird in der Regel mit mehr als einem Farbton gearbeitet. Das gekonnte Zusammenwirken von mehreren Farbtönen lässt spannungsreiche Flächen entstehen. Um das Auge nicht durch ein Übermaß an Farbigkeit zu ermüden, eignet sich eine Gestaltung mithilfe von Kontrasten. Sind zwischen zwei oder mehr nebeneinander liegenden farbigen Flächen deutliche Unterschiede zu erkennen, spricht man von einem Farbkontrast. Das Zusammenwirken von Farbflächen beschreiben z. B. die 7 Farbkontraste von Johannes Itten. Diese Kontraste werden in primäre und sekundäre Kontraste unterschieden. Die primären, objektiv empfundenen Kontraste: • Farbe-an-sich-Kontrast (Wellenlänge) • Hell-Dunkel-Kontrast (Lichtintensität) • Qualitäts-oder Sättigungskontrast (Reinheitsgrad) Die sekundären, subjektiv empfundenen Kontraste: • Komplementär-Kontrast • Kalt-Warm-Kontrast • Simultan-Kontrast, Sukzessiv-Kontrast • Quantitätskontrast (Proportionskontrast) [8] Die Kontraste, die bei einer Bodengestaltung am häufigsten Verwendung finden können, werden nachfolgend beschrieben. [9] Farbe-an-sich-Kontrast (primär) Der Farbe-an-sich-Kontrast ist der einfachste Kontrast, es wirken lediglich nebeneinander gestellte reine Farbtöne. (Abb. 12, 13) Der stärkste Farbe-an-sich-Kontrast entsteht bei der Gestaltung mit Primärfarben, Farben erster Ordnung (Rot, Blau, Gelb). Die Wirkung des Kontrastes ist sehr auffällig, kraftvoll und bunt. Durch Verwendung von Sekundärfarben, Farben zweiter Ordnung (Orange, Violett, Grün) und Tertiärfarben, Farben dritter Ordnung (Mischung aus Primär und Sekundärfarben bzw. alle Braun- Grautöne) verringert sich die Wirkung. 0.1 Mengel.indd 6 12.02.20 12: 22 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 7 Industrieböden - Optische Aufwertung mithilfe einfacher Gestaltgesetze Abb. 12, 13 Farbe-an-sich-Kontrast, Beispiele Hell-Dunkel-Kontrast (primär) Der Hell-Dunkel-Kontrast ist der wichtigste Kontrast für die Gestaltung, da die Verwendung des Kontrasts immer eine harmonische Wirkung erzielt. Schwarz und Weiß bilden den stärksten Kontrast bei den unbunten Farbtönen, (Abb. 14, 15) die Komplementärfarben Gelb und Violett bei den bunten. Durch den Einsatz von hellen, strahlenden Farbtönen, in Kombination mit dunklen, in den Hintergrund tretenden Farbtönen entsteht eine verstärkte räumliche Wirkung. Abb. 14, 15 Hell-Dunkel-Kontrast, Beispiele Kalt-Warm-Kontrast (sekundär) Eine Farbgestaltung mit dem Kalt-Warm-Kontrast ruft starke, meist entgegengesetzte, Gefühle hervor (z. B. Licht und Schatten, Ruhe und Erregung, Feuer und Wasser). (Abb. 18) Wird mit warmen Farbtönen gearbeitet, so wird durch die Assoziation zu Feuer und Energie ein Raum bis als zu 3 Grad wärmer empfunden, als derselbe Raum in kalten Farbtönen, hervorgerufen durch die gedankliche Verbindung zu Meer und Frische. (siehe 2.2) Obwohl die Farbempfindungen beim Menschen unterschiedlich sind, sind die Ansichten über warme und kalte Farben gleich. Blaugrün wird als der kälteste Farbton im Farbkreis angesehen, der komplementäre Farbton Rotorange als wärmster. (Abb. 16, 17) Je enger zwei Farbtöne im Farbkreis beieinander liegen, desto geringer fällt der Kalt-Warm-Kontrast aus. Warme Farbtöne drängen optisch in den Vorder- 0.1 Mengel.indd 7 12.02.20 12: 22 8 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Industrieböden - Optische Aufwertung mithilfe einfacher Gestaltgesetze grund, kalte treten in den Hintergrund und verstärken bei einer Gestaltung die räumliche Wirkung. Abb. 16-18 Kalt-Warm-Kontrast, Beispiele Komplementärkontrast (sekundär) Einen Komplementärkontrast bilden alle Farbtöne, die sich im 12-teiligen Farbkreis gegenüberstehen. Alle komplementären Farbenpaare bilden den größtmöglichen Unterschied innerhalb der Buntfarbtöne. Dadurch steigern sich die Farbenpaare zur höchsten Leuchtkraft. Komplementärfarbe bedeutet Ergänzungsfarbe, das heißt, die jeweiligen Farbenpaare ergänzen sich, ergeben ein vollkommenes Gleichgewicht und bilden immer einen harmonischen Zweiklang. (Abb. 19, 20) Bei der Verwendung von komplementären Farbenpaaren muss darauf geachtet werden, dass die Farbflächen nicht zu intensiv wirken. Vermieden wird ein möglicherweise greller Kontrast durch Kombinationen der Hauptfarbtöne entweder mit „untergeordneten“ Farbtönen (z. B. Blau mit Rotorange) oder man arbeitet zusätzlich mit dem Qualitäts- oder Quantitätskontrast. Abb. 19, 20 Komplementärkontrast, Rot-Grün, Blau-Orange, Beispiele Qualitäts- oder Sättigungskontrast Die Spannung des Qualitätskontrastes entsteht durch die Kombination zwischen reinen (gesättigten) und gebrochenen (ungesättigten) Farbtönen. (Abb. 21) Gebrochen werden Farbtöne, indem sie mit Schwarz, Weiß, Grau oder dem entsprechenden Komplementärfarbton gemischt werden. Je größer die Sättigungsdifferenz ist, desto stärker erscheint der Kontrast. Die Farbintensität des reinen Farbtons wir dadurch betont, sie tritt deutlich hervor. Die gesättigten Farbtöne wirken in einer Gestaltung immer in den Vordergrund, wohingegen die ungesättigten Farbtöne in den Hintergrund treten. Eine Gestaltung mit dem Qualitätskontrast wirkt immer zurückhaltend und harmonisch. (Abb. 22) 0.1 Mengel.indd 8 12.02.20 12: 22 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 9 Industrieböden - Optische Aufwertung mithilfe einfacher Gestaltgesetze Abb. 21,22 Qualitäts- oder Sättigungskontrast, Beispiele Quantitätskontrast Der Quantitätskontrast beschäftigt sich mit den Größenverhältnissen von zwei oder mehr Farbflächen zueinander. Die Wirkung des Kontrastes wird durch die Leuchtkraft des jeweiligen Farbtons und die Größe der zu Verfügung stehenden Fläche bestimmt. Jeder Farbton besitzt eine eigene Leuchtkraft, den so genannten Lichtwert. Die Leuchtkraft (Lichtwert) der einzelnen Farbtöne wird ermittelt, indem diese vor einem neutralen grauen Hintergrund miteinander verglichen werden. Dabei ergeben sich Zahlenwerte, die bereits Goethe festgehalten hat. Daraus folgt z. B., dass Gelb dreimal so stark leuchtet wie Violett, was einem Verhältnis von 9: 3 entspricht. Orange leuchtet doppelt so stark wie Blau, im Verhältnis 2: 1. Soll eine violette Fläche gegenüber dem Gelb als gleichwertig erscheinen, so muss das Violett in einer dreimal so großen Fläche vorliegen. Werden zwei gleichgroße Farbflächen nebeneinander gestaltet, treten immer die Flächen mit der größeren Leuchtkraft, in den Vordergrund, die weniger leuchtenden in den Hintergrund. [8] Harmonisch ungefähr ausgeglichene Flächengestaltungen ergeben sich beim Einsatz der Lichtwerte nach Goethe. (Abb. 23) Abb. 23 Lichtwerte nach Goethe Goethes Lichtwerte von 9 : 8 : 6 : 3 : 4 : 6 beziehen sich allerdings auf Pigmente, die Goethe damals zur Verfügung standen. Mit den heutigen, ggf. farbbzw. leuchtintensiveren Pigmenten, verschieben sich die Verhältnisse ein wenig. Mit Hilfe des Quantitätskontrasts besteht zudem die Möglichkeit, eine farbige Fläche in den Vordergrund treten zu lassen, indem sie in der Minderheit eingesetzt wird. Setzt man einen Farbton mit einem hohen Lichtwert bewusst punktuell in kleiner Fläche ein, so tritt diese Fläche intensiv in den Vordergrund, sie erhält Signalbzw. Aufmerksamkeitswirkung. (Abb. 24, 25 ) 0.1 Mengel.indd 9 12.02.20 12: 22 10 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Industrieböden - Optische Aufwertung mithilfe einfacher Gestaltgesetze Abb. 24, 25, Quantitätskontrast, Beispiel 3. Form als Gestaltungsmittel Der Gesamteindruck einer Fläche wird nicht nur durch Farbigkeit, sondern auch durch das Gestaltungselement „Form“ bestimmt. Formen schaffen Übersichtlichkeit für das Auge, die Wahrnehmung wird erleichtert, indem Formen ordnen oder gliedern. [11] Mit Hilfe der geschickten Anordnung von Formen oder durch Unterteilungen mit Formen können Flächen beispielsweise optisch verkleinert bzw. vergrößert werden. Auf Böden können Form- und Farbgestaltung als eindeutige Wegweiser dienen, sie können Orientierung in Räumen geben oder zusammengehörende Bereiche kenntlich machen. Auch der Wiedererkennungswert z. B. von Firmen-Logos und Zugehörigkeiten kann durch eine klar gegliederte Formengestaltung erhöht werden. In der Gestaltung kommt es folglich auf eine einfache, schnell zu erfassende und leicht zu behaltende Formensprache an. Mit dem Erkennen von Formen beschäftigen sich die Wahrnehmungs- und Gestaltpsychologie. Die Gestaltgesetze nach Max Wertheimer zum Beispiel machen deutlich, welche Erscheinungen auf welche Weise als Einheit verstanden werden. Die Wahrnehmung und Verarbeitung von Formen, ebenso wie die von Farbtönen, wird dabei in vorhandenes Wissen und in erlebte Erfahrungen integriert. Der Sehprozess umfasst demnach mehr, als die Abbildung einzelner Gegenstände auf der Netzhaut. Es bedarf bestimmter Ordnungsprinzipien, um die Einzelreize die gesehen werden, in zusammengehörende Objekte umzuwandeln und diese Objekte als Ganzes wahrzunehmen, zu erfassen und abspeichern zu können. [12] 3.1 Gestaltgesetze Im Folgenden werden einige der wichtigsten Gestaltgesetze nach Max Wertheimer beschrieben. [13] • Eine symmetrische Einheit wird eher als Figur wahrgenommen als eine asymmetrische. (Abb. 26 a, b) Abb. 26 a, b Symmetrische und asymmetrische Einheit • Die dunklere Einheit wird eher als Figur auf einem helleren Hintergrund wahrgenommen als eine hellere vor dunklem Untergrund. (Abb. 27 a, b) Abb. 27 a, b dunkele und helle Einheit • Elemente mit geringen Abständen zueinander werden als zusammengehörig wahrgenommen. (Abb. 28 a, b) 0.1 Mengel.indd 10 12.02.20 12: 22 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 11 Industrieböden - Optische Aufwertung mithilfe einfacher Gestaltgesetze Abb. 28 a Gestaltung als Ganzes Abb.28 b Gestaltung in Reihen • Elemente die sich ähneln oder die über Gemeinsamkeiten verfügen werden als zusammenhängend verbunden empfunden. (Abb. 29 a, b) Abb. 29 a Gestaltung als Ganzes Abb.29 b Gestaltung in Reihen • Eine möglichst einfache Gestalt erleichtert die Wahrnehmung, prägt sich schneller ein. (Abb. 30) Abb. 30 Wahrnehmung von 2 übereinander liegenden Quadraten, keine Wahrnehmung eines Achtecks • Geometrische Gebilde mit geschlossen, einfach wirkenden Strukturen werden als ganze Figur wahrgenommen, durch Bildung von sogenannten imaginären Linien. (Abb. 31 a, b) Abb.31a, Wahrnehmung als Ganzes durch imaginäre Linien. Abb. 31b Keine Bildung von imaginären Linien 3.2 Gestaltungselemente Die Anwendung von einfachen Formen als Gestaltungselement lässt sich auch beim Ausführen von Industrieböden verwirklichen. Schon der Einsatz von wenigen, einfachen Formen führt zu einem völlig veränderten, lebendigen und dauerhaft einprägsamen Aussehen der Räumlichkeiten. Im Wesentlichen sind die Gestaltungselemente in der zweidimensionalen Gestaltung auf die drei Grundformen Punkt, Linie und Fläche zurückzuführen. Exemplarisch werden nachfolgend einige Formenwirkungen dargestellt. [14] Der Punkt Der Punkt ist die kleinste, einfachste, zentrale Gestaltungsform. Er zieht den Blick sofort auf sich. Der Punkt 0.1 Mengel.indd 11 12.02.20 12: 23 12 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Industrieböden - Optische Aufwertung mithilfe einfacher Gestaltgesetze wirkt immer statisch fest und ist niemals richtungsweisend Bei einer Gestaltung mit zwei Punkten, sofern sie dicht genug beieinander sind (siehe Gestaltgesetze), stehen diese in Beziehung zueinander. Das Auge wandert zwischen den Punkten hin und her und man empfindet dadurch die Gestaltungsform als eine Gesamtheit. (Abb. 32) Beim Einsatz von mehr als zwei Punkten ergeben sich imaginäre Linien, die Gestaltung wirkt zusammengehörig. (siehe 3.1) (Abb. 33) Abb. 32, 33 Gestaltungselement Punkt Die Linie Die Linie ist, im Gegensatz zum Punkt, immer richtungsweisend. Linien werden in geometrische (waagerechte, senkrechte, diagonale, gebogene) und organische (freie Linien, aus der Natur abgeleitet) unterteilt. Je nach Art der Linie wecken diese unterschiedliche Empfindungen beim Betrachten. • Die waagerechten Linien vermitteln den Eindruck von Stabilität, Ferne, Distanz, Weite und Kälte, da sie an Wasser und den Horizont erinnern. • Senkrechte Formen treten optisch in den Vordergrund. Auf den Betrachter wirken sie wärmer, da sie die Assoziation an aufstrebendes Feuer zulassen. • Die Diagonale belebt eine Gestaltung durch den auf- oder absteigenden Charakter, je nach Verlauf der Diagonale. In der Gestaltung wirkt sie immer harmonisch, sie vermitteln zwischen Ferne und Nähe. • Organische, frei geschwungene Linien werden immer vor geometrischen wahrgenommen. Sie bringen Bewegung ins Bild. Allerdings benötigen sie, um harmonisch zu wirken, einen Ausgleich in Form von senkrechten oder waagerechten Linien, um Ruhe in die Gestaltung zu bringen. (Abb. 34, 35) Abb. 34, 35, organische, bewegte Lienen Flächen Auch Flächen werden in geometrische, konstruierte und in organische, z. B. Blüten- oder Blattformen, unterteilt. Alle Flächen lassen sich auf die drei „Urformen“ (Dreieck, Quadrat, Kreis) reduzieren. In der Gestaltung mit Flächen am Boden sollte möglichst nur mit den Grundformen gearbeitet werden, da stilisierte Formen am leichtesten verstanden und behalten werden. So gestaltete Flächen lenken nicht ab und weisen auf das Wesentliche hin. (siehe 3.1) 0.1 Mengel.indd 12 12.02.20 12: 23 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 13 Industrieböden - Optische Aufwertung mithilfe einfacher Gestaltgesetze • Eine gestalterische Anordnung aus mehreren Quadraten bzw. Rechtecken wirkt harmonisch, kann aber schnell eintönig werden. • Dreiecke sind in einer Gestaltung immer dominant. Durch eine nach oben zeigende Spitze entsteht eine starke Aufwärtsbewegung. • Der Kreis, als Zeichen der vollkommenen Geschlossenheit und Harmonie, ist ausgewogen und zugleich spannungsgeladen in seiner Wirkung. Kreise können problemlos mit jeder anderen Gestaltungsform kombiniert werden. Bei der Verwendung von organischen Flächen sollten diese nicht realistisch abgebildet werden. Man reduziert die Formen auf die „Urformen“, stellt so nur das Wesentliche flächenhaft dar, um dem „Einfachheitsbzw. Prägnanzgesetz zu folgen (siehe 3.1). 3.3 Formenkontraste [15] Eine Gestaltung mit unterschiedlichen Formen kann durch Kontraste Spannung und Belebung erzeugen. Unterstützt wird dies im Zusammenspiel mit geschickter Farbtonwahl. (Abb. 36) Abb. 36 Formenkontraste rund-rechteckig In der Hauptsache unterscheidet man die drei folgenden Formenkontraste Form-an-sich-Kontrast Bei dem Form-an-sich-Kontrast bilden die drei Grundformen Rechteck, Dreieck, Quadrat (ähnlich wie der Farbe-an-sich- Kontrast mit den drei Primärfarben) den einfachsten und zugleich stärksten Kontrast. (Abb. 37) Werden die Grundformen durch Addition oder Subtraktion verändert, schwächt sich die Wirkung ab. Abb.38) Abb. 37, 38 Form-an-sich-Kontrast, Beispiele Quantitätskontrast Bei der Verwendung des Quantitätskontrastes beleben Mengenunterschiede, z. B. viel/ wenig, groß/ klein, lang/ kurz, dick/ dünn, die Gesamterscheinung. (Abb. 39, 40) Abb. 39, 40 Quantitätskontrast, Beispiele Richtungskontrast Richtungskontrast bezieht sich auf den Unterschied von horizontal und vertikal, also auf eine Gestaltung mit waagerecht und senkrecht angeordneten Formen (Abb. 43) oder auf eine diagonal angelegte Strömung und Gegenströmung. (Abb. 41, 42) Abb. 41-43 Richtungskontrast, Beispiele 0.1 Mengel.indd 13 12.02.20 12: 23 14 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Industrieböden - Optische Aufwertung mithilfe einfacher Gestaltgesetze 3.4 Formenanordnung [16] Um jegliche Art von Böden durch Gestaltung mit Formen zu unterteilen, harmonisch oder auch sicherheitsfördernd zu gestalten, werden die obengenannten Einzelelemente in drei unterschiedlichen Anordnungsprinzipien arrangiert. Reihung Reihungen können variantenreich eingesetzt werden. Mittels Wiederholung gleicher oder ähnlicher Elemente, Drehung gleicher Elemente, Anordnung gleicher Formen um einen Mittelpunkt, Spiegelung gleicher Elemente, Abwechslung ähnlicher Elemente, Wiederholung ähnlicher Formen in unregelmäßigen Reihen u. v. m. werden gestalterische Veränderungen erreicht. (Abb. 44, 45) Abb. 44, 45 Reihung, Beispiele Gruppierung (Verdichtung) Stellt man sich wiederholende Einzelelemente einer Reihe aneinander, entstehen gemusterte Flächen. Die entstandenen Gruppierungen (Verdichtungen) können symmetrische oder asymmetrische Gruppen ergeben. (Abb. 46, 47) Abb. 46 Symmetrische Gruppierung Abb. 47 Asymmetrische Gruppierung Streuung Ordnet man gleiche Formen in größtmöglicher Unordnung an, so spricht man von Streuung bzw. Auflockerung. Bei diesem Ordnungsprinzip muss darauf geachtet werden, dass eine möglichst gleichmäßige Verteilung gewahrt bleibt, um keine „optischen Löcher“ zu erreichen und um das optische Gleichgewicht, die gestalterische Harmonie beizubehalten. (Abb. 48, 49) 0.1 Mengel.indd 14 12.02.20 12: 23 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 15 Industrieböden - Optische Aufwertung mithilfe einfacher Gestaltgesetze Abb. 48,49 Streuung, Beispiele 4. Zusammenfassung Unabhängig vom Material, dessen Funktion und eigner Wirkung hat die Farbton- und die Formenauswahl erheblichen Einfluss auf das Aussehen eines Bodens. Schon mittels einiger weniger, einfach umzusetzender Gestaltungsprinzipien können auch stark frequentierte Eingangsbereiche, Fabrikhallen oder selbst Parkhäuser durch optische Aufwertung zu auffällig designten Objekten werden. Es können nicht nur sicherheitsrelevante Details betont, sondern auch das Begehen, Befahren und das Arbeiten kann so zum Erlebnis werden. Betrachtet man die Fülle an Möglichkeiten, die inzwischen in Bezug auf Materialität, und bewusster Gestaltung im Bereich der Industriebodenbeschichtung zur Verfügung stehen, so sollte auch der Industrieboden ohne großen Aufwand mit Hilfe von einfach anzuwendenden Gestaltungskriterien selbstbewusst als Designobjekt auftreten können. Literaturverzeichnis [1] Dempf, Finkenzeller, Herrmann, Littmann, Mengel Maler und Lackierer, Fahrzeuglackierer, Lernfelder 1-4 Westermann Verlag 2009 S: 99 [2] Literatur: Carl Gustav Jung, Archtypen, DTVDeutscher Taschenbuch Verlag (Januar 2001) [3] Die farbpsychologischen Wirkungsebenen Eva Heller; Wie Farben wirken; Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg; 1997; S. 13-15 [4] Zentgraf, Imming, Imhof, Purpur - die Farbe der Kaiser Pharm. Ztg. Marburg April 2000 [5] Kandinsky, Wassily Punkt und Linie zu Fläche , Benteli; 1986 [6] Beeli G, Esslen M, Jäncke L: Synaesthesia: when coloured sounds taste sweet. In: Nature. März 2005 [7] Dempf, Finkenzeller, Herrmann, Littmann, Mengel Maler und Lackierer, Fahrzeuglackierer, Lernfelder 1-4 Westermann Verlag 2009 [8] Johannes Itten, Kunst der Farbe, Ravensburg 1961 [9] Dempf, Finkenzeller, Herrmann, Littmann, Mengel Maler und Lackierer, Fahrzeuglackierer, Lernfelder 1-4 Westermann Verlag 2009 [10] Dempf, Finkenzeller, Herrmann, Littmann, Mengel Maler und Lackierer, Fahrzeuglackierer, Lernfelder 1-4 Westermann Verlag 2009 [11] Dempf, Finkenzeller, Herrmann, Littmann, Mengel, Maler und Lackierer, Fahrzeuglackierer, Lernfelder 1-4 Westermann Verlag 2009 [12] Max Drei Abhandlungen zur Gestalttheorie, Wissenschaftl. Buchgesellschaft (1963) [13] Max Wertheimer and Gestalt Theory, Verlag: Transaction Publishers (Januar 2005) [14] Dempf, Finkenzeller, Herrmann, Littmann, Mengel Maler und Lackierer, Lernfelder 5-8 Westermann Verlag 2008 [15] Dempf, Finkenzeller, Herrmann, Littmann, Mengel Maler und Lackierer, Fahrzeuglackierer, Lernfelder 1-4 Westermann Verlag 2009 [16] Dempf, Finkenzeller, Herrmann, Littmann, Mengel Maler und Lackierer, Fahrzeuglackierer, Lernfelder 1-4 Westermann Verlag 2009 Abbildungsverzeichnis: Handbuch Innenarchitektur Callwey, Verlag: 34, 49 Kremer Pigmente: 4, 5 Mengel, Uta: 13, 15, 17, 18, 20, 24, 25, 32, 33, 35-48 Mengel, Uta nach Max Wertheimer: 26-31 Mondelez Deutschland Services: 6, 7 Universität Düsseldorf: Biodidaktik/ Fotosynthese: 1 Westermann Verlag: 12, 14,16, 19, 21, 23 0.1 Mengel.indd 15 12.02.20 12: 23 0.1 Mengel.indd 16 12.02.20 12: 23 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 17 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen Prof. Dr. Andreas O. Rapp Leibniz Uni Hannover (LUH) rapp@faktum.eu 0.3 Rapp1.indd 17 12.02.20 12: 35 18 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 18 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 19 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 19 12.02.20 12: 36 20 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 20 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 21 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 21 12.02.20 12: 36 22 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 22 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 23 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 23 12.02.20 12: 36 24 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 24 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 25 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 25 12.02.20 12: 36 26 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 26 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 27 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 27 12.02.20 12: 36 28 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 28 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 29 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 29 12.02.20 12: 36 30 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 30 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 31 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 31 12.02.20 12: 36 32 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 32 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 33 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 33 12.02.20 12: 36 34 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 34 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 35 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 35 12.02.20 12: 36 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 36 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 37 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 37 12.02.20 12: 36 38 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 38 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 39 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 39 12.02.20 12: 36 40 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 40 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 41 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 41 12.02.20 12: 36 42 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 42 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 43 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 43 12.02.20 12: 36 44 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 44 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 45 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 45 12.02.20 12: 36 46 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 46 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 47 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 47 12.02.20 12: 36 48 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 48 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 49 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 49 12.02.20 12: 36 50 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 50 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 51 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 51 12.02.20 12: 36 52 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 52 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 53 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 53 12.02.20 12: 36 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 54 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 55 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 55 12.02.20 12: 36 56 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 56 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 57 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 57 12.02.20 12: 36 58 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 58 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 59 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 59 12.02.20 12: 36 60 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 60 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 61 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 61 12.02.20 12: 36 62 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 62 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 63 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 63 12.02.20 12: 36 64 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 64 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 65 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 65 12.02.20 12: 36 66 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 66 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 67 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 67 12.02.20 12: 36 68 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 68 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 69 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 69 12.02.20 12: 36 70 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 70 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 71 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 71 12.02.20 12: 36 72 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 72 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 73 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 73 12.02.20 12: 36 74 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 74 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 75 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 75 12.02.20 12: 36 76 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 76 12.02.20 12: 36 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 77 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 77 12.02.20 12: 36 78 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 78 12.02.20 12: 37 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 79 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 79 12.02.20 12: 37 80 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 80 12.02.20 12: 37 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 81 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 81 12.02.20 12: 37 82 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 82 12.02.20 12: 37 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 83 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 83 12.02.20 12: 37 84 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 84 12.02.20 12: 37 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 85 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 85 12.02.20 12: 37 86 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Bau-Forensik - Prinzipien, Möglichkeiten und Grenzen 0.3 Rapp1.indd 86 12.02.20 12: 37 Bauausführung Buch IB.indb 87 11.02.20 12: 53 Buch IB.indb 88 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 89 Fallstudien: Fehler bei Industrieböden aus Beton und Stahlfaserbeton Roger Genz, Korschenbroich Zusammenfassung In dem Beitrag werden anhand von Fallstudien und Praxisbeispielen aus der Sachverständigentätigkeit einige Fehler an Industrieböden aus Beton und deren Zusammenhänge sowie Erscheinungsbilder dargestellt und erläutert. Im Besonderen soll aufgezeigt und erläutert werden, aus welchen Fehlern, explizit Planungs-, Ausführungs-, Beschaffenheits-, Funktions-, Geltungs- und Nutzungsfehlern, die jeweiligen Schäden oder Erscheinungsbilder verursacht werden. Des Weiteren sollen dabei auch die wesentlichen Funktionsfehler / Schnittstellenfehler bei der Planung und Ausführung von Industrie-böden behandelt werden. Foto 1 + 2: Bauausführung Buch IB.indb 89 11.02.20 12: 53 90 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Fallstudien: Fehler bei Industrieböden aus Beton und Stahlfaserbeton 1. Arten von Fehlern 1.1 Kommunikationsfehler 1.2 Planungsfehler 1.3 Ausführungsfehler 1.4 Beschaffenheitsfehler 1.5 Funktionsfehler (Schnittstelle) 1.6 Geltungsfehler (optisches Erscheinungsbild) 1.7 Nutzungsfehler (unplanmäßige Nutzung) 1.8 Pflege- und Reinigungsfehler 2. Erläuterungen / Darstellungen zu Fehlerarten 2.1 Kommunikationsfehler → Kommunikation mit dem Nutzer / Auftraggeber (Grundlagenermittlung) hinsichtlich Beanspruchungen und Einwirkungen bei der Planung des Industriebodens 2.2 Planungsfehler → Anforderungsprofil / Beanspruchungen → Definition / Festlegungen zum Soll-Zustand Allgemeine Einwirkungen auf Tragwerke → DIN EN 1991-1-1/ NA Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-1: Allgemeine Einwirkungen auf Tragwerke - Wichten, Eigengewicht und Nutzlasten im Hochbau Nutzungsbedingte Beanspruchungen, die in Tabelle 1 der DIN 18560 Teil 7 - Hochbeanspruchbare Estriche (Industrieestriche) - beschrieben sind. Zusätzlich müssen auftretende Rad- und Einzellasten aus Flurförderzeugen sowie die Art der Bereifung bekannt sein Statische Lasten, die andauernd ruhend auf den Industrieboden einwirken und von diesem aufgenommen bzw. in den tragenden Untergrund abgeleitet werden müssen Dynamische Beanspruchungen (Fahrbeanspruchungen) Chemische Beanspruchungen Thermische Beanspruchungen Beschaffenheit der Oberfläche Optisches Erscheinungsbild Gefälle Ebenheit → DIN 18 202 - Toleranzen im Hochbau → DIN 15 185 - Lagersysteme mit leitliniengeführten Flurförderzeugen, Anforderungen an Boden, Regal und sonstige Anforderungen Foto 3: Betonboden mit Anforderung an die Ebenheit für Lagerung (Stapeln) und Transport mit Kranbahn Fugen Risse Rutschsicherheit → DGUV Regel 108-003 Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr (früher BGR 181 Berufsgenossenschaftliche Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit) → Einordnung nach DGUV Information 208-041 (früher BGI/ GUV-I 8687) „Bewertung der Rutschgefahr unter Betriebsbedingungen“ Elektrische Ableitfähigkeit Anforderungen an das Wasserhaushaltsgesetz - WHG 2.3 Ausführungsfehler Foto 4: Kontakt Beton unterhalb Randdämmstreifen Buch IB.indb 90 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 91 Fallstudien: Fehler bei Industrieböden aus Beton und Stahlfaserbeton Foto 5: Betonrückstände unterhalb PE-Folie im angrenzenden Betonierabschnitt Foto 6: Überschlämmung Fugenprofil beim Betoneinbau / maschinellen Glätten Foto 7: Überschlämmung Fugenprofil beim Betoneinbau / maschinellen Glätten 2.4 Beschaffenheitsfehler → Beschaffenheit Beton oder Stahlfaserbeton bei Anlieferung Foto 8: Betonbeschaffenheit bei Anlieferung → Lieferschein / Leistungsklasse Foto 9: Betonbeschaffenheit nach Einbau → oberflächennahe Abplatzungen / Luftporengehalt 2.5 Funktionsfehler (Schnittstelle) → Beschaffenheit Beton oder Stahlfaserbeton nach Einbau Foto 10: Betonbeschaffenheit nach Untergrundvorbehandlung (Kugelstrahlen) mit Rissen → Verwendungseignung für Auftrag Industrieestrich Buch IB.indb 91 11.02.20 12: 53 92 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Fallstudien: Fehler bei Industrieböden aus Beton und Stahlfaserbeton Foto 11: Betonbeschaffenheit nach Untergrundvorbehandlung (Kugelstrahlen) mit organischen Bestandteilen → Verwendungseignung für Auftrag Industrieestrich 2.6 Geltungsfehler (optisches Erscheinungsbild) Foto 12: Betonoberfläche nach erfolgter Nachbehandlung mit PE-Folie Foto 13: Betonoberfläche nach erfolgter Nachbehandlung mit PE-Folie und erkennbarer ehemaliger Faltenbildungen der PE-Folie 2.7 Nutzungsfehler (unplanmäßige Nutzung) Foto 14: Betonboden mit Fugenprofil und nutzungsbedingten Einwirkungen Foto 15: Betonboden mit Fugenprofil und nutzungsbedingten Einwirkungen 2.8 Pflege- und Reinigungsfehler Foto 16: Betonoberfläche nach Nutzungszeitraum und Trockenreinigung statt Nassreinigung gemäß Pflegeanleitung → „glatte“ Oberfläche in freier Fläche Buch IB.indb 92 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 93 Fallstudien: Fehler bei Industrieböden aus Beton und Stahlfaserbeton Foto 17: Trockenreinigung mit Bürstenmaschine (Kehrmaschine) statt Nassreinigung gemäß Pflegeanleitung → „glatte“ Oberfläche in freier Fläche Buch IB.indb 93 11.02.20 12: 53 Buch IB.indb 94 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 95 Nutzungsgerechte Anforderungen an Industrieböden Dr.-Ing. Gerhard Stenzel ö. b. v. Sachverständiger für Beton-, Stahlbeton- und Spannbetonbau ALLVIA Ingenieurgesellschaft mbH, Maisach Einführung Beton-Bodenplatten im Industrie-und Hallenbau dienen als Fahrbahn, Lagerfläche und Gründungsbauteil. An die Gebrauchseigenschaften der Beton-Bodenplatten werden hohe Anforderungen gestellt, um die Funktionstauglichkeit des Industriebodens sicherzustellen. Deshalb ist gerade bei Beton-Bodenplatten eine ganzheitliche Betrachtung der Planungs- und Bauaufgabe besonders wichtig, damit der Planer gemeinsam mit dem Bauherrn eine wirtschaftliche Konstruktion (niedrige Herstellkosten und geringer Unterhaltsaufwand) erarbeiten kann. Wichtiges Hilfsmittel für Planer und Bauherrn ist das DBV-Merkblatt „Industrieböden aus Beton“ [1]. In diesem Merkblatt werden insbesondere den Planern wertvolle Hinweise gegeben für die Festlegung von nutzungsgerechten Anforderungen an Industriefußböden im Rahmen der Bedarfsplanung. 1. Planung Die Anforderungen an Industriefußböden aus deren Nutzung sind so vielfältig wie die Tätigkeitsfelder der Nutzer. Die wesentlichen Anforderungen an die Gebrauchseigenschaften sind: - Rutschfestigkeit, - Ebenheit, keine Höhenversätze an Fugen, - einwandfreie Entwässerung in Nassbereichen, - Verschleißfestigkeit, - Widerstand gegen chemischen Angriff, - elektrische Ableitfähigkeit, - Wärmedämmung zum Erdreich (selten: Beheizung), - geringe Unterhaltskosten, - leicht zu pflegen und zu reinigen. Dies alles ist erfüllbar, wenn sorgfältig geplant, konstruiert, bemessen und ausgeführt wird. Hierbei kommt naturgemäß der Planung die größte Bedeutung zu, weil der Planer den Bauherrn hinsichtlich der technischen Machbarkeit und der Wirtschaftlichkeit seiner Wünsche berät. Anschließend setzt der Planer die im Rahmen der Entwurfsplanung erarbeiteten Anforderungen in eine Ausschreibung, in Ausführungsunterlagen und in ein Überwachungs- und Abnahmekonzept um. Allerdings erwartet der Bauherr manchmal von der Planung und Bauausführung mehr, als in der Praxis erfüllbar ist. Zu den Anforderungen, die nicht oder nicht vollständig erfüllt werden können, gehören beispielsweise: - eine fugenlose und zugleich rissefreie Ausführung, - rissefreie Betonflächen mit großen Fugenabständen, - besondere Anforderungen an die Ebenheit, die über die in Zeile 2b, Tabelle 3, nach DIN 18202 [2] (12 mm bei 4 m Messstrecke) definierten Anforderungen hinaus gehen, - die Einhaltung der VDMA-Richtlinie (vormals DIN 15185-1) für Schmalgang-Flurförderzeuge ohne nachträgliches Schleifen oder den zusätzlichen Einbau eines Verbundestrichs, - eine schadensfreie maschinelle Glättung von Beton mit Luftporenbildner, - optisch einheitliche Betonflächen ohne beton- und glätttypische Marmorierungen, ohne Krakeléerisse und/ oder ohne teilflächige Unterschiede in der Farbtönung. Im DBV-Merkblatt [1] finden Planer insbesondere in den Tabellen 1 und 2 die für die Funktionstauglichkeit wesentlichen Empfehlungen und Grundsätze: Buch IB.indb 95 11.02.20 12: 53 96 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Nutzungsgerechte Anforderungen an Industrieböden Buch IB.indb 96 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 97 Nutzungsgerechte Anforderungen an Industrieböden Diese Grundsätze gelten uneingeschränkt für im baurechtlichen Sinn nichttragende Beton-Bodenplatten. Tragende oder aussteifende Bodenplatten sind darüber hinaus bei entsprechenden Einwirkungen in die Expositionsklassen der DIN EN 1992-1-1 [3] einzuordnen. Eine wesentliche Ursache von Schäden bzw. Streitigkeiten mit dem Bauherrn sind Fugen. Die sorgfältige Planung aller Arten von Fugen ist Aufgabe des Planers und muss in einem Fugenplan (in der Regel im Maßstab 1: 50) oder in den Rohbauzeichnungen dargestellt werden. Bei Konstruktionen mit Scheinfugen ist der Bauherr vom Planer darauf hinzuweisen, dass diese Fugen bei dynamischer Belastung reparaturanfällig sind, weil die Kanten ausbrechen können und dass Risse außerhalb der planmäßigen Scheinfugen nicht ausgeschlossen werden können. Beton-Bodenplatten sind multifunktionale Bauglieder, auf die unter anderem folgende Beanspruchungen einwirken können: - Gabelstapler- und LKW-Verkehr, - Lagerlasten (Paletten, Schüttgüter), - Regallasten (inkl. Aussteifungen), - Belastung durch tragende/ nichttragende Wände, - Aufstellung von Maschinen, - mechanische und chemische Beanspruchungen, - Wasserdruck (von unten oder oben), - Setzungen und Bergsenkungen, - Gleichmäßige Temperaturänderungen ts, - Temperaturgradienten Dt, - Schwinden und Quellen des Betons, - Kriechverformungen des Betons, - Frost. An dieser Stelle sei besonders auf die dynamisch wirkenden Einzellasten aus Maschinen- oder Gabelstaplerbetrieb hingewiesen. Schwingbeiwerte aus Radlasten (z. B. aus Gabelstapler- oder LKW-Verkehr) dürfen wegen der elastischen Bettung des Industriebodens auf φ = 1,2 begrenzt werden. Dies gilt nicht für direkt befahrene Bodenkanäle, Kellerdecken oder Geschossdecken (φ = 1,4 oder 2,0). Die folgende Tabelle 5 aus dem DBV-Merkblatt zeigt die charakteristischen Werte für Gabelstaplerbetrieb gemäß DIN EN 1991-1-1 [4]: Bei der Ermittlung der Eigen- und Nutzlasten von Regalanlagen ist es notwendig, die Angaben der Hersteller kritisch zu hinterfragen. Auch wenn der Regalhersteller dies nicht angibt, ist zur Erzielung einer ausreichenden Sicherheit gegen Umkippen immer eine Horizontallast in Höhe von 1/ 100 der Gesamtlast in Höhe des Schwerpunkts anzunehmen. Der Ansatz der vollen Regallasten bzw. der Flächenlasten gemäß Tabelle 5 des DBV-Merkblatts ist insbesondere notwendig für die Ermittlung von zentrischen Zwangbeanspruchungen der Beton-Bodenplatte bei Reibungsbehinderung. Vor allem bei Beton-Bodenplatten im Freien und in offenen Hallen, aber auch bei Hallenböden im Bereich von Toren und Glasfassaden, sind gleichmäßige Temperaturänderungen ts zu berücksichtigen. In Deutschland soll die minimale Außenlufttemperatur zu -24 °C und die Buch IB.indb 97 11.02.20 12: 53 98 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Nutzungsgerechte Anforderungen an Industrieböden maximale Außenlufttemperatur zu +37°C angenommen werden. Das heißt, Längenänderungen von Plattenfeldern im Freien sind für 24 K + 37 K @ 60 K zu ermöglichen. Dabei ist als Herstelltemperatur die um den Betrag der Hydratationswärmeentwicklung (ca. 10 K bis 30 K) erhöhte durchschnittliche Frischbetontemperatur anzunehmen. Zusätzlich sind Schwind- und Quellverformungen des Betons bei der Dimensionierung von Fugenkonstruktionen anzusetzen. Der Verfasser empfiehlt, für Freiflächen und offene Hallen 0,09 K/ mm (oben wärmer) bzw. 0,04 K/ mm (unten wärmer) anzusetzen (dies gilt unter Umständen auch für den Bauzustand bei Hallenböden). In geschlossenen Hallen ist der Ansatz eines Temperaturgradienten nicht erforderlich, wenn die Beton-Bodenplatte erst nach der Fertigstellung von Dach und Außenwänden betoniert und die Halle vor der Frostperiode bereits beheizt wird. Der Regelfall ist aber, dass aus baubetrieblichen Gründen zwar das Dach fertiggestellt, aber die Außenwände noch nicht geschlossen sind, wenn die Beton-Bodenplatte betoniert wird. In diesem Fall und wenn große Fassadenverglasungen oder viele Tore (Logistikzentren) vorhanden sind empfiehlt der Verfasser, bei der Bemessung einen Temperaturgradienten von 0,04 K/ mm (sowohl für oben als auch für unten wärmer) anzusetzen. Der Ansatz eines Temperaturgradienten Dt = 0,04 K/ mm ist insbesondere auch bei Hallenböden erforderlich, die zwar nach Herstellen des Hallendachs, aber vor dem vollständigen Schließen aller Fassadenflächen betoniert werden. Die daraus resultierende Reduzierung des Fugenabstands könnte vermieden werden, wenn bis zum vollständigen Schließen der Fassadenflächen ein Befahren des Hallenbodens untersagt wird; dies dürfte aber bei den immer kürzer werdenden Bauzeiten kaum praxisgerecht sein. 2. Konstruktion Den prinzipiellen Aufbau einer Beton-Bodenplatte zeigt das folgende Bild: Zur Erreichung einer gleichmäßigen und homogenen Auflagerung ist die Anordnung einer Tragschicht immer erforderlich. Bei sehr tragfähigem Untergrund kann die Tragschicht selbstverständlich durch Aufnehmen und Wiedereinbauen des vorhandenen Bodenmaterials hergestellt werden. Gleichermaßen wichtig ist, dass der vorhandene Untergrund auch im Bereich von Fundament-arbeitsräumen und Rohrleitungsgräben sorgfältig wieder eingebaut wird. Beim Einbau des Betons von Hand ist die Anordnung einer Gleitschicht (z. B. eine Lage Vlies oder PEFolie) immer sinnvoll, während sich beim Einbau mit Straßendeckenfertigern die Verwendung eines Vliesstoffes auf hydraulisch gebundenen Tragschichten durchgesetzt hat. Dies gilt selbstverständlich auch, wenn statt einer hydraulisch gebundenen Tragschicht eine Sauberkeitsschicht geplant wird. Konstruktionsarten mit Scheinfugen eignen sich in der Regel nicht für spätere Beschichtungen. Wenn ein Gefälle erforderlich ist, so ist dies bereits in der Planung mit mindestens 2,5% zu berücksichtigen. Die Anforderung an die Ebenheit der Oberfläche der Betonplatte ist nach DIN 18202 [2] zu vereinbaren. Liegt keine Vereinbarung vor, gilt DIN 18202, Tabelle 3, Zeile 2b als Mindeststandard. Zum Thema Untergrund und Tragschicht enthält das DBV-Merkblatt [1] ebenfalls Angaben, die aber projektspezifisch angepasst werden können. Als Anhaltswerte für die Mindestdicke von Tragschichten kann die folgende Tabelle 2 aus [5] herangezogen werden: Buch IB.indb 98 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 99 Nutzungsgerechte Anforderungen an Industrieböden Als Konstruktionsarten stehen unbewehrte Beton-Bodenplatten, Stahlfaserbeton-Bodenplatten, Stahlbeton-Bodenplatten oder Spannbeton-Bodenplatten zur Verfügung. Unbewehrte Beton-Bodenplatten eignen sich besonders für Freiflächen, eine sorgfältige Planung und Ausführung analog zum Betonstraßenbau ist Voraussetzung. Beim Einsatz in Hallen muss ebenfalls besonderer Wert auf das rechtzeitige Einschneiden von Scheinfugen in engem Raster gelegt werden. Diese Scheinfugen müssen im Regelfall verdübelt werden, z. B. gemäß ZTV Fug StB 15. Es wird darauf hingewiesen, dass Scheinfugen im Bereich von Fahrgassen bei Gabelstaplerbetrieb sehr wartungsintensiv sind und zu Kantenausbrüchen neigen. Die Bemessung erfolgt gemäß dem Entwurfsgrundsatz a (rissvermeidende Bauweise) im Zustand I. Für die Konstruktion von Industriefußböden aus Stahlfaserbeton gelten die Anforderungen an den Untergrund und die Tragschicht genauso wie auch für alle anderen Konstruktionsarten von Beton-Bodenplatten. Auch müssen Stahlfaserbeton-Bodenplatten (genauso wie unbewehrte Betonplatten) in Plattenfelder (max. 35 x h < 8,50 m) eingeteilt werden, die im Regelfall zu verdübeln sind. Als Mindestdicke wird in [1] 180 mm angegeben. Der Verfasser empfiehlt, mindestens 200 mm zu wählen und Stahlfaserbeton-Bodenplatten bei Gabelstaplerbetrieb nur bis zur Kategorie FL3 einzusetzen. Wegen der Gefahr des Herausrostens der Stahlfasern an der Bodenplattenoberfläche ist ein Einsatz nur in trockenen Bereichen von geschlossenen Hallen sinnvoll. Die Anwendung von Stahlfaserbeton für tragende Bodenplatten erfordert in Deutschland einen Nachweis gemäß DAfStb-Richtlinie Stahlfaserbeton und führt in der Regel zum Einbau einer bereichsweisen Betonstahlbewehrung. Die Verwendung von Kunststofffasern stellt eine ungeregelte Bauweise dar und wird vom Verfasser wegen mangelnder Eignung nicht empfohlen. Zur Erzielung einer gleichwertigen Dauerhaftigkeit werden Stahlbeton-Bodenplatten nach den gleichen Konstruktionsprinzipien wie unbewehrte Beton-Bodenplatten konstruiert. Als Mindestdicke wird im DBV-Merkblatt 180 mm angegeben. Der Verfasser empfiehlt, bei Gabelstaplerbetrieb bis Kategorie FL3 eine Mindestdicke von 200 mm und ab Kategorie FL4 mindestens 220 mm zu planen. Zweilagig bewehrte, fugenlose Stahlbeton-Bodenplatten sind immer dann zweckmäßig, wenn: - die Bodenplatte beschichtet werden soll, - die Bodenplatte wasserundurchlässig sein soll, - hohe Regallasten aufzunehmen sind, - Gabelstapler der Kategorie FL4 und schwerer verkehren, - ungleichmäßige Baugrundsetzungen erwartet werden. Die Bemessung einer Stahlbeton-Bodenplatte kann bei nichttragenden Bodenplatten, z. B. gemäß DIN EN 199211 [3] erfolgen, für (baurechtlich) tragende Bodenplatten muss der Tragfähigkeitsnachweis gemäß DIN EN 199211 geführt werden. Der Tragwerksplaner hat bei bewehrten Bodenplatten in Abhängigkeit von der Beanspruchung und der Nutzung die rechnerische Rissbreite festzulegen (Entwurfsgrundsatz b) und mit dem Objektplaner und dem Bauherrn abzustimmen. Die Bewehrung zur Begrenzung der Rissbreiten infolge Zwang kann durch die planerische Festlegung kleinerer Feldgrößen oder durch Vorspannung reduziert werden. Buch IB.indb 99 11.02.20 12: 53 100 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Nutzungsgerechte Anforderungen an Industrieböden Bei besonders hohen Anforderungen an den Industriefußboden kann die Wahl einer Spannbeton-Bodenplatte zweckmäßig sein, z. B. für: - große Flächen mit großen Fugenabständen, - hoch beanspruchte Flächen, - Flächen, die weitgehend frei von Rissen sein sollen, - mit einbetonierten Heizleitungen ausgerüstete Flächen, - Auffangwannen gemäß Wasserhaushaltsgesetz (WHG), - Freiflächen im Flugplatzbau. Zur Ausführung kommt üblicherweise eine mittig angeordnete Vorspannbewehrung, z. B. aus gefetteten Monolitzen ohne Verbund im PE-Hüllrohr (Fettlitzen) aus St 1860. 3. Ausführung An die Ausführung von Beton-Bodenplatten werden hohe Anforderungen gestellt, weil die fertige Oberfläche unmittelbar vom Nutzer beansprucht wird. Folgende Punkte sind für die Gebrauchsfähigkeit und Dauerhaftigkeit besonders zu beachten: - Überprüfung der Tragfähigkeit des Untergrunds, - Kontrolle des Verdichtungsgrads der Tragschicht, - bei Freiflächen: wirksame Entwässerung der Tragschicht/ Frostschutzschicht, - Ebenheit des Untergrunds (max. 3 cm bei 4,00 m Messstrecke), - Ebenheit der Tragschicht (max. 2 cm bei 4,00 m Messstrecke), - sorgfältiges und faltenfreies Verlegen von Trennschichten, - lagegenaues Einbringen der Bewehrung beziehungsweise der Fugenverdübelung auf ausreichend dimensionierten, stabilen Abstandhaltern, - rechtzeitige Bestellung der vom Planer vorgegebenen Betonsorte (mind. C 25/ 30, besser XD1 mit w/ z = 0,55, geeignet für maschinelle Glättung, ohne Fremdeinschlüsse wie Altholz oder Kreide, ohne Restwasser), - Frischbetontemperatur max. 25° C (20° C sind anzustreben), - sorgfältiger Einbau und gewissenhaftes Verdichten des Betons, - profilgerechtes Abziehen und Abscheiben/ Glätten der Betonoberfläche, - bei Bedarf Ausführung einer Zwischennachbehandlung, - rechtzeitiges Einarbeiten einer Hartstoffeinstreuung (falls geplant), - rechtzeitiger Beginn der Nachbehandlung, - ggf. Einschneiden von Scheinfugen zum frühestmöglichen Zeitpunkt, - volle Belastung der Bodenplatte frühestens nach 14 Tagen. Vor allem bei Freiflächen sollte eine Beaufschlagung mit Tausalz oder Taumitteln in den ersten zwei Monaten nach der Herstellung vermieden werden. Falls das nicht möglich ist, hat sich das Aufbringen einer hydrophobierenden Imprägnierung bewährt. Die Imprägnierung bewirkt eine zeitlich begrenzte Verbesserung des Frost- und Tausalzwiderstandes durch die Verringerung der kapillaren Wasseraufnahme. An dieser Stelle sei besonders auf die Notwendigkeit der betontechnologischen Betreuung der Bauausführung hingewiesen. Die optimale Betonzusammensetzung und Zementauswahl kann nur in enger Zusammenarbeit von Tragwerksplaner, Baustofftechnologen und bauausführendem Unternehmen gefunden werden. Insbesondere beim Betonieren im Sommer ist eine realistische Eignungsprüfung und Festlegung der maximalen Frischbetontemperatur notwendig. Hierzu wird im DBV-Merkblatt [1] empfohlen, die Frischbetontemperatur auf max. 25 °C zu beschränken. Darüber hinaus empfiehlt der Verfasser die infolge der Hydratationswärme entstehende Zwangbeanspruchung rechnerisch nachzuweisen (Temperaturanstieg z. B. von 25 °C auf 55 °C). Das heute weit verbreitete und übliche Einstreuen eines Hartstoff-/ Zementgemischs (ca. 4 bis 5 kg/ m²) zur Erhöhung des Verschleißwiderstands als Alternative (nur möglich bei nichttragenden Bodenplatten) zu einer Betonbestellung XM2 hat sich bewährt, wenn die Einarbeitung mit dem Flügelglätter rechtzeitig (nicht zu früh, aber auf keinen Fall zu spät) von einer handwerklich guten Fachfirma erfolgt. Bei zu später oder mangelhafter Einarbeitung löst sich die Hartstoffeinstreuung ab und die Oberfläche wird zu Recht bemängelt. Besondere Sorgfalt erfordert die Ausführung von Scheinfugen und Dehnfugen: Im Freien ist immer ein elastischer Fugendichtstoff einzusetzen, der allerdings intensive Pflege und Wartung benötigt, z. B. gemäß dem folgenden Bild aus der ZTV Fug StB 15: Buch IB.indb 100 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 101 Nutzungsgerechte Anforderungen an Industrieböden Kleine Fehlstellen müssen laufend ausgebessert werden, weil Feuchtigkeit und Schmutz eindringen können und die Fuge dann nicht mehr „funktioniert“. In geschlossenen Hallen ohne große thermische Beanspruchungen können Scheinfugen ebenfalls elastisch geschlossen werden. Ein beispielhaftes Detail dafür enthält das DBV-Merkblatt [1]: Dabei ist zu beachten, dass die Fugenbreite 8 mm nur bei optimalen Randbedingungen gilt, sie muss vom Planer im Einzelfall ermittelt werden. Die Fugenflanken müssen angefast oder mit einem Korundstein gebrochen werden. Eine intensive Pflege und Wartung benötigen auch Beschichtungen, die naturgemäß weit weniger dauerhaft als der Baustoff Beton sind. Das DBV-Merkblatt [1] empfiehlt die Ausführung eines Oberflächenschutzsystems OS 8 gemäß Richtlinie für Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen, weil rissüberbrückende Beschichtungen OS 11 bei starker mechanischer Beanspruchung (z. B. durch Gabelstaplerverkehr) keine ausreichende Dauerhaftigkeit zeigen. 4. Zusammenfassung Für die Herstellung von Beton-Bodenplatten stehen verschiedene Konstruktionsmöglichkeiten zur Auswahl. Für jeden Einzelfall, ob Freifläche oder Hallenboden, ob tragend oder nichttragend, stehen optimale Lösungen zur Verfügung: unbewehrter Beton, Stahlfaserbeton, Stahlbeton oder vorgespannter Beton. Alle vier Konstruktionsarten weisen vom Grundsatz her ein ähnliches Tragverhalten auf und benötigen immer sowohl einen tragfähigen Untergrund als auch eine richtig dimensionierte Tragschicht, damit eine funktionstaugliche, wartungsarme und dauerhafte Konstruktion entsteht. Beschichtungen und Fugenkonstruktionen sind weniger dauerhaft als der Baustoff Beton und erfordern deshalb eine regelmäßige Pflege und Instandhaltung. Buch IB.indb 101 11.02.20 12: 53 102 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Nutzungsgerechte Anforderungen an Industrieböden 5. Literatur [1] Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein e.V.: DBV-Merkblatt Industrieböden aus Beton, Fassung Februar 2017 [2] DIN 18202: 2013-04: Toleranzen im Hochbau - Bauwerke, Berlin: Beuth Verlag GmbH [3] DIN EN 1992-1-1: 2011-01: Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken - Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau, Berlin: Beuth Verlag GmbH [4] DIN EN 1991-1-1: 2010-12: Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-1: Allgemeine Einwirkungen auf Tragwerke - Wichten, Eigengewicht und Nutzlasten im Hochbau, Berlin: Beuth Verlag GmbH [5] Stenzel, Gerhard: BetonBodenplatten für Hallen- und Freiflächen - Konstruktion und Bemessung, in: Beton- und Stahlbetonbau 100 (2005), Heft 4, S. 277 bis 288 [6] Stenzel, Gerhard: Industriefußböden, Berlin: Ernst & Sohn Verlag, in: Beton Kalender 2006, Teil II, S. 263 bis 288 Buch IB.indb 102 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 103 Revitalisierung von Industrieböden im Bestandsbau Roger Genz Korschenbroich Zusammenfassung In dem Beitrag werden Arten von Industrieböden dargestellt sowie Grundlagen für die Planung von Revitalisierungen an Bestandsböden erläutert. Anhand von Praxiserfahrungen aus der Planungs- und Sachverständigentätigkeit werden Revitalisierungsmaßnahmen für Industriebodenkonstruktionen in Bestandsbauten dargestellt und erläutert. Im Besonderen soll dabei aufgezeigt werden, welche funktionale Bedeutung den Bodenkonstruktionen innerhalb von gewerblichen Gebäuden zufällt, da auf diesen gewerblichen Nutzflächen wirtschaftlicher Erfolg realisiert werden soll. Derartige Bodenkonstruktionen können in Industriebauten und auch in öffentlichen Gebäuden, Verwaltungsbauten, Museen sowie Theatern revitalisiert werden. Für die Durchführung einer zielgerichteten Revitalisierung sind planmäßige Festlegungen und Kenntnisse über die Beschaffen-heit des Bodens / der Industriebbodenkonstruktion notwendig, um die Verwendungseignung des revitalisierten Bodens über den planmäßigen Nutzungszeitraum dauerhaft sicherzustellen. Foto 1 + 2: revitalisiertes Büro- und Produktionsgebäude 1. Einleitung 1.1 Definitionen Boden / Fußboden / Estrich Boden → Lockergestein. Der Boden ist ein Gemisch der Kornfraktionen Ton, Schluff, Sand und Kies [1] Fußboden → künstlich befestigte, begeh- oder befahrbare ebene Fläche eines Innenraumes, deren oberste Schicht als Bodenbelag bezeichnet wird, wenn sie auf einem Unterboden aus andersartigem Material aufgebracht ist. Entsprechend den unterschiedlichen Anforderungen, die an einen Fußboden gestellt werden, (z.B. sollen Fußböden rutschfest, schall- und wärmedämmend, feuchtigkeits-isolierend und gasdicht sowie widerstandsfähig gegen mechanische Beanspruchung, Chemikalien u.a. sein) [2] Estrich → Schicht oder Schichten aus Estrichmörtel, die auf der Baustelle direkt auf dem Untergrund, mit oder ohne Verbund, oder auf einer zwischenliegenden Trenn- oder Dämmschicht verlegt wird, um eine oder mehrere der nachstehenden Funktionen zu erfüllen: - eine vorgegebene Höhenlage zu erreichen - einen Bodenbelag aufzunehmen - unmittelbar genutzt zu werden [3] 1.2 Definition Revitalisierung Revitalisierung → wieder kräftigen, funktionsfähig machen [4] 1.4 Genz.indd 103 13.02.20 17: 40 104 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Revitalisierung von Industrieböden im Bestandsbau 1.3 Definitionen Instandsetzung / Instandhaltung Instandsetzung → Maßnahmen zur Wiederherstellung des zum bestimmungsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustandes (Soll-Zustandes) eines Objekts [5] Instandsetzen → Wiederherstellen des Sollzustandes oder der vollen Gebrauchsfähigkeit eines Bauwerks oder Bauteils in einer Ausführung, die dem gegenwärtigen Stand der Technik entspricht, ohne verbessernden Charakter [6] Instandhaltung → Maßnahmen zur Erhaltung des Soll-Zustandes eines Objekts [5] 2. Arten von Böden 2.1 Fußböden 2.1.1 Estriche Zementestriche (CT) Calciumsulfatestriche (CA) Magnesiaestriche (MA) Gussasphaltestriche (AS) Kunstharzestriche (SR) 2.1.2 Bodenbeläge 2.2 Industrieböden 2.2.1 Betonböden unbewehrte Betonböden mattenbewehrte Betonböden stahlfaserbewehrte Betonböden kombiniert bewehrte Betonböden gewalzte Betonböden (Walzbeton) 2.2.2 zementgebundene Industrieestriche 2.2.3 magnesiagebundene Industrieestriche 2.2.4 kunstharzgebundene Industrieestriche und Reaktionsharz-Beschichtungen 2.3 Betonwerksteinbeläge 2.4 Fliesen- und keramische Bodenbeläge mechanisch hoch belastbare Bodenbeläge Bodenbeläge im Rüttelverfahren säurebeständige Fliesenbeläge 3. Grundlagen der Planung 3.1 Anforderungen an neuen Industrieboden / Bodenkonstruktion Ermittlung der Anforderungen an den neuen Fußboden im Bestandsbau. Muss der Bodenaufbau für die planmäßige Nutzung ein- oder mehrschichtig sein (Stichwort: Versorgungsleitungen im Fussbodenaufbau, Anforderungen an Wärmedämmung und / oder Trittschallschutz)? Soll der Boden unmittelbar nutzbar, also oberflächenfertig sein? Soll der Boden als tragfähiger Untergrund für einen nachfolgenden Nutz- und / oder gestalterischen Belag dienen? Ist ein für den planmäßigen Verwendungszweck „spezieller“ Boden mit besonderen Beschaffenheiten (Eigenschaften) erforderlich? Aus den Anforderungen für die zukünftige Nutzung eines Bestandsbodens resultieren Einwirkungen und Beanspruchungen, die vollumfassend bei der Planung berücksichtigt werden müssen. Bedeutend bei einem Industrieboden sind beispielsweise Schlag- und Stoßfestigkeit, Verschleiß (Abrieb), Ebenheit, Rutschhemmung, Chemikalienbeständigkeit, Hygiene und Pflegeleichtigkeit. Basierend auf der Erkenntnisgewinnung der Kommunikation mit dem Nutzer / Auftraggeber (Grundlagenermittlung) ist die weitere Planung für die Industrieboden-revitalisierung durchzuführen. 3.2 Einwirkungen und Beanspruchungen Bei der weiteren Planung muss das Anforderungsprofil definiert werden (Soll-Zustand). Grundlagen dafür können die nachfolgend aufgeführten und möglicherweise auf den Industrieboden oder Fussboden einwirkenden unterschiedlichen Beanspruchungen sein. Allgemeine Einwirkungen auf Tragwerke → DIN EN 1991-1-1/ NA Nationaler Anhang - National festgelegte Parameter - Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-1: Allgemeine Einwirkungen auf Tragwerke - Wichten, Eigengewicht und Nutzlasten im Hochbau Nutzungsbedingte Beanspruchungen, die in Tabelle 1 der DIN 18560 Teil 7 - Hochbeanspruchbare Estriche (Industrieestriche) - beschrieben sind. Zusätzlich müssen auftretende Rad- und Einzellasten aus Flurförderzeugen sowie die Art der Bereifung bekannt sein Statische Lasten, die andauernd ruhend auf den Industrieboden einwirken und von diesem aufgenommen bzw. in den tragenden Untergrund abgeleitet werden müssen Dynamische Beanspruchungen (Fahrbeanspruchungen) Chemische Beanspruchungen 1.4 Genz.indd 104 13.02.20 17: 40 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 105 Revitalisierung von Industrieböden im Bestandsbau Thermische Beanspruchungen Beschaffenheit der Oberfläche Optisches Erscheinungsbild Gefälle Ebenheit → DIN 18 202 - Toleranzen im Hochbau → DIN 15 185 - Lagersysteme mit leitliniengeführten Flurförderzeugen, Anforderungen an Boden, Regal und sonstige Anforderungen Fugen Risse Rutschsicherheit → DGUV Regel 108-003 Fußböden in Arbeitsräumen und Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr (früher BGR 181 Berufsgenossenschaftliche Regeln für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit) → Einordnung nach DGUV Information 208-041 (früher BGI/ GUV-I 8687) „Bewertung der Rutschgefahr unter Betriebsbedingungen“ Elektrische Ableitfähigkeit Anforderungen an das Wasserhaushaltsgesetz - WHG spezielle Anforderungen Pflege und Wartung Nachfolgend ist beispielhaft ein Anforderungsprofil Industrieboden / Fußboden-konstruktion mit den wesentlichen Parametern zur Konzeption eines nutzungsgerechten Industriebodens / Fußbodens dargestellt. Produktion Elektro Papier Kühlhaus Werkstatt Auto Textil Tiefkühlhaus Lager Chemie Brauerei Molkerei Verkauf Lebensmittel Verzinkerei Schlachterei Ausstellung Kunststoff Getränke Büro Metall Küche Großmarkt Holz Sonstiges Vorschlag zur Ermittlung des Anforderungsprofils an den Boden Foto 3: Betonwerkstein-Bestandsboden mit Fahrbeanspruchung Foto 4: Bohrkern mit Betonwerkstein und Estrichuntergrund 4. Planung / Zustandsfeststellungen 4.1 Beschaffenheit Bestandsfußboden Anhand der für den „neuen“ Industrieboden objketspezifisch ermittelten Einwirkungen und Beanspruchungen muss die objektspezifische Beschaffenheit der Bestands-Fußbodenkonstruktion (Ist-Zustand) untersucht und beurteilt werden. Dazu sind zuerst grundlegende Erkenntnisse zur Beschaffenheit erforderlich, explizit ob der zu revitalisierende Boden aus Beton oder die zu revitalisierende Fussbodenkonstruktion aus Estrich (Zementestrich, Calciumsulfatestrich, Gussasphaltestrich, Reaktionsharz-estrich) besteht. Im Falle einer Estrichkonstruktion ist die Bauart dieses lastaufnehmenden Untergrundes von Bedeutung. Handelt es sich bei der Bauart des Estrichs um einen Estrich im Verbund, einen Estrich auf Trennlage oder einen Estrich auf Dämmung (schwimmenden Estrich). Weitergehend müssen Kenntnisse über die Schichtdicken, die Materialbeschaffenheit sowie die jeweiligen dazugehörigen Materialkennwerte ermittelt werden. 1.4 Genz.indd 105 13.02.20 17: 40 106 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Revitalisierung von Industrieböden im Bestandsbau 4.2 Zustandsfeststellungen / Bauwerksuntersuchungen Sondierungsbohrungen Entnahme von Bohrkernen für Untersuchungen im Baustofflabor Entnahme von Estrichausbauplatten Ermittlung von Abreiß- / Oberflächenzugfestigkeiten Foto 5: Bohrkernentnahmen aus Industrieboden Foto 6: Bohrkernentnahmen aus Industrieboden Foto 7: Entnahme Ausbauplatte aus Estrich Foto 8: Ermittlung Oberflächenzug- und Haftzugfestigkeit 4.3 materialtechnische Untersuchungen im Baustofflabor Druckfestigkeit Biegezugfestigkeit 4.4 Beurteilung Beschaffenheit Bestandsboden / Prüfung Verwendbarkeitseignung → Rückbau und Erneuerung → Revitalisierung / Ertüchtigung Wegen bauphysikalisch bedingter Abhängigkeiten von Materialien / Baustoffen, sollte der Faktor „Zeit“ schon in der Planungsphase und auch bei der Ausführung berücksichtigt werden. 5. Revitalisierungsmaßnahmen 5.1 Untergrundvorbehandlungsmaßnahmen 5.1.1 mechanische Untergrundvorbehandlungen Fräsen Hochdruckwasserstrahlen Feststoffstrahlen Kugelstrahlen Schleifen 5.2 Oberflächenbearbeitungsmaßnahmen 5.2.1 Auftragen / Applizieren / Ertüchtigen Aufbeton Spachtel- und Nivelliermassen selbstverlaufende mineralische Nutzbeläge Estriche / Hartstoffschichten Dünnestriche / Sonderkonstruktionen 1.4 Genz.indd 106 13.02.20 17: 40 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 107 Revitalisierung von Industrieböden im Bestandsbau Applikation Reaktionsharz-Beschichtung Applikation Reaktionsharz-Belag Applikation Reaktionsharz-Estrich Fliesenbeläge → Verbesserung Tragfähigkeit → Verbesserung Verschleißwiderstand / Abnutzungsvorrat 5.2.1 Verbessern / Optimieren Applikation Imprägnierung Applikation Versiegelung → Verbesserung Reinigungsfähigkeit → Verbesserung optisches Erscheinungsbild Schleifen und Planschleifen → Reduzierung Rauheit der Oberfläche → Verbesserung der Ebenheit 6. Praxisbeispiele 6.1 Revitalisierung Betonboden Foto 9: Oberfläche Geschossdecke nach Abtrag Betonrandzone bis 6 cm mittels Hochdruckwasserstrahlen und Feststoffstrahlen der Bewehrung Foto 10: Oberfläche Geschossdecke nach Applikation Haftbrücke mit Korrosionsschutz und Beginn Betonierarbeiten Aufbeton 6.2 Revitalisierung Betonboden Foto 11: Betonboden mit Fuge vor Revitalisierung Foto 12: Betonboden mit Fuge nach Revitalisierung Literatur [1] Rüdiger Wormuth, Klaus-Jürgen Schneider, Baulexikon - Erläuterung wichtiger Begriffe des Bauwesens mit vielen Abbildungen [2] BROCKHAUS Enzyklopädie, 19. Auflage [3] DIN EN 13318 - Estrichmörtel und Estriche Begriffe, Dreisprachige Fassung EN 13318: 2000 [4] DUDEN, Die deutsche Rechtschreibung, 27. Auflage [5] Locher / Koeble / Frik, Kommentar zur HOAI, 10. Auflage [6] Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (Instandsetzungs-Richtlinie) Teil 1: Allgemeine Regelungen und Planungsgrundsätze 1.4 Genz.indd 107 13.02.20 17: 40 1.4 Genz.indd 108 13.02.20 17: 40 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 109 20 Jahre schleiftechnische Optimierung mineralischerIndustrieböden - Erfahrungsstand und Ausblick Dipl.-Ing. (FH) Andreas Funke c/ o MKS Funke GmbH Im Fisserhook 28 46395 Bocholt Deutschland Tel.: +49 (0) 28 71/ 24 75 0 E-Mail: andreas.funke@mks-funke.de Zusammenfassung Die schleiftechnische Industrieboden-Optimierung hat sich in den letzten 20 Jahren in Produktion und Logistik etabliert. Sie wird auf neuen Böden und im Bestand bei der Sanierung von mineralischen Industrieböden ausgeführt. Die Optimierung der Oberflächenstruktur senkt dauerhaft die Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung der Oberfläche. Gleichzeitig bedeutet sie für den Betreiber eine signifikante Reduzierung der Reinigungskosten bei gleichzeitig höherer Sauberkeit der Böden. Damit leisten schleiftechnisch optimierte Böden einen erheblichen Beitrag zum ressourcenschonenden und nachhaltigen Betrieb von Industrie- und Logistikflächen. Nicht zuletzt bilden diese Böden aufgrund ihrer Eigenschaften und des positiven Einflusses auf die Gesamtlebenszykluskosten (LCC/ Life Cycle Cost) in vielen Anwendungsbereichen eine technisch wie betriebswirtschaftlich sinnvolle Alternative zu Industrieböden aus Reaktionsharzen. Um Kostensenkungen und Nachhaltigkeitseffekte tatsächlich dauerhaft im Betrieb erbringen zu können, sollte ein geschliffener und polierter Industrieboden bestimmten Kriterien entsprechen. Der Vortrag stellt neben diesen Kriterien die Möglichkeiten vor, die Qualität der Oberflächenoptimierung messbar zu machen und stellt aktuelle und künftige Entwicklungen zur Diskussion. 1. Geschliffene Industrieböden Die Oberflächenoptimierung stellt auf mineralischen Industrieböden eine dichte und kompakte Oberfläche mit flächendeckend gleichmäßiger und gleichzeitig definierter Feinst-Rauigkeit her. Lasten aus der Nutzung (vor allem aus Befahren und Begehen) werden dauerhaft ohne wesentliche Veränderungen der Oberflächenstruktur (Stauben, Feinstausbrüche) abgetragen. Die für den Micro-Lastabtrag optimierte Oberflächenstruktur bleibt somit dauerhaft erhalten. Die langfristige Widerstandsfähigkeit der optimierten Oberfläche gegenüber Verschleißspuren aus der Nutzung, gewährleistet den technisch und wirtschaftlich optimalen Betrieb der Flächen und damit die positive Entwicklung der Gesamtlebenszykluskosten (LCC): - Reduzierung von Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten durch funktionalen Micro-Lastabtrag und dadurch dauerhaft intakte Oberflächenstruktur - Erhebliche Vereinfachung und starker Kostenvorteil in der Betriebs- und Unterhaltsreinigung - Optimierung der Produktionsbedingungen durch Vermeidung von Unterbrechungen und Nutzungseinschränkungen für Sanierung und Instandhaltung der Industrieböden - Hervorragende Grundlage für Qualitätsmanagements und Audits (Staubfreiheit, Hygiene, Verlustkontrolle) - Skalierbarkeit von Reinigungs-, Boden- und Nutzungssicherheits-bezogenen Betriebskosten - Schonung der Mitarbeiter vor muskulo-skelettalen Erkrankungen (MSE) durch geringere Vibrationsexposition (Fahrer von Flurförderfahrzeugen) sowie reduzierte Geräuschbelastungen und verbesserte Akustik - Minimierung der Feinstaubbelastung in der Atemluft - Geringerer Verschleiß an beweglichen Teilen und Reifen von Flurförderfahrzeugen - Positive Effekte in der Nachhaltigkeitsbewertung Buch IB.indb 109 11.02.20 12: 53 110 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 20 Jahre schleiftechnische Optimierung mineralischer Industrieböden - Erfahrungsstand und Ausblick 1.1 Grundlagen der Bearbeitung Kern der Optimierung mineralischer Industrieböden ist die Kombination des eigentlichen Schleifvorganges mit der Applikation bestimmter Alkalisilikate zur Vergütung des Feinstporengefüges. Bei mangel- oder fehlerhafter Bearbeitung droht ein Nichterreichen der dichten Oberflächenstruktur und daraus resultierend der stetig fortschreitende Verlust des optimalen Micro-Lastabtrags mit daraus wiederum resultierenden permanenten Mehrkosten für Reinigung und Instandhaltung sowie einer qualitativ schlechteren Produktionsumgebung. Die für eine dauerhaft einwandfreie Funktion notwendige Qualität der Oberfläche, wird durch eine flächendeckend homogene und auf den Boden abgestimmte Rautiefe definiert, die üblicherweise mit Diamantwerkzeugen und Bodenschleifmaschinen im Nass- oder Trockenschliff erzeugt wird. In der Praxis geht man von Rautiefen aus, die z.B. bei mineralischen Indu-strieböden mit der Körnung 400 beim Schleifen mit Diamantwerkzeugen mit gebundener Schleifrichtung durch Einbettung der Schleifkörper in eine Kunstharzbindung erzeugt werden. Unverzichtbarer Bestandteil der Oberflächenoptimierung von Industrieböden ist die Vergütung des Feinporengefüges mit Alkalisilikaten (“Wasserglas“). Durch die sich ausbildenden Calciumsilikate werden die Feinstporen verfüllt und dadurch am Micro-Lastabtrag beteiligt. Ohne die fachlich korrekt ausgeführte Porenvergütung durch Alkalisilikate bleibt die schleiftechnische Optimierung eines Industriebodens ein Verfahren mit nur kosmetischer Wirkung, bei dem der Reinigungsaufwand nach kurzer Zeit wieder ansteigt und die nachhaltigen Kosten- und Nutzungsvorteile einer fachgerecht optimierten Oberfläche nicht eintreten. 2. Erfahrungsstand In den ersten Jahren der stärkeren Verbreitung der schleiftechnischen Optimierung in Europa trugen natürlich auch die die positiven Erfahrungen des US-amerikanischen Marktes mit sehr großen Flächen dieser Art dazu bei, dass sich die schleiftechnische Oberflächenoptimierung zu einem Stand der Technik ent-wickelte. In Deutschland wurden zuerst neu erstellte PCC-Industrieestriche in größerem Volumen geschliffen und poliert. Hartstoff-Industrieestriche mit Schicht oder Einstreu schlossen sich zusammen mit Betonböden mit und ohne Stahlfasern an. Neben der überzeugenden Optik waren vor allem Staubfreiheit und optimale Reinigungsfähigkeit die Gründe für den anfänglich ungewohnten Einsatz der Schleiftechnik als Oberflächenfinish. Nach den nahezu ausschließlich sehr positiven Erfahrungen in Bezug auf die Performance der Flächen, kommt es nun jedoch auch häufiger zu Mängelrügen von Auftraggebern oder Flächenbetreibern. In vielen Fällen wird ein Delta moniert zwischen der versprochenen Performance des Industriebodens und der sich in der Nutzung tatsächlich zeigenden Reinigungsfähigkeit, Optik und Kostenentwicklung. Die Mängel lassen sich hauptsächlich in zwei Kategorien einteilen: - Vom Soll abweichende bzw. nachlassende optische Qualität - Mangelnde Reinigungsfähigkeit Bei der Begutachtung der Flächen und den begleitenden Gesprächen fällt vor allem auf, dass bei nahezu allen bemängelten Böden für die Wahl des Auftragnehmers der Preis entscheidend war. Zusätzlich konnte festgestellt werden, dass Musterflächen im Objekt fehlten oder, bei Vorhandensein, deutliche Abweichungen von Musterund/ oder Referenzflächen auftraten. 3. Glänzendes Geschäft? Geschliffene / polierte Industrieböden werden offensichtlich bislang zu einem sehr hohen Maße aufgrund ihrer optisch hochwertigen und oftmals auch glänzenden Oberfläche geschätzt und beauftragt. Unterstützt wird diese mehr auf der Optik basierende Wahrnehmung und Wertschätzung geschliffener Industrieböden durch zahlreiche Industrieestriche, die als „Leuchttürme“ mit hohen dekorativen Ansprüchen und großer Perfektion bearbeitet wurden und beispielsweise in Museen, Veranstaltungs- und Präsentationsbauten oder auch im Industriebau einen Teil des Bildes geschliffener Industrieböden bei Architekten, Planern und Auftraggebern geprägt haben. Die Vorteile im Bereich der Kostenentwicklung für Reinigung und Instandhaltung werden zwar in der Vermarktung kommuniziert und nehmen auch an Bedeutung zu, beeinflussen aber vor allem die Entscheidungen von Auftraggebern, die schon Erfahrungen mit diesen Böden haben oder in ihrem Netzwerk auf Erfahrungen zurückgreifen können. Weil der Glanz also eine hohe Bedeutung hat bei der Entscheidung für oder gegen die schleiftechnische Bearbeitung von Industrieböden, ist es wichtig zu schauen, ob sich der Glanz als möglicherweise alleiniges Qualitätskriterium für die Oberflächenoptimierung eignet. 3.1 Zusammenhang zwischen Glanz und Oberflächenstruktur Die gute Optik fachgerecht geschliffener und polierter Industrieböden beruht auf einem hohen Maß an Lichtreflexion des Bodens. Die Lichtreflexion wird wesentlich durch die minimale Rautiefe der geschliffenen Oberfläche, die Kompaktheit der Oberfläche, die Porenarmut und damit durch die Kernansprüche an dauerhaft optimierte Oberflächen bestimmt. Buch IB.indb 110 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 111 20 Jahre schleiftechnische Optimierung mineralischer Industrieböden - Erfahrungsstand und Ausblick 3.2 Bausoll „Glanz“? Geschliffene und vergütete Industrieböden beweisen in USA seit den frühen 1990er Jahren und in Europa seit den späten 1990er Jahren, dass sie den Ansprüchen an optimale Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit dauerhaft voll entsprechen. Voraussetzung für diese einwandfreie dauerhafte Funktion ist eine fachlich korrekte Bearbeitung. Entsprechend ihrer Verwendung, weisen die Bestandteile der Industrieböden insgesamt eine hohe Verschleißfestigkeit auf. Die Verschleißwiderstände von z.B. Bindemittel und Zuschlag können dennoch deutlich unterschiedlich sein. Diese Unterschiede können an den verwendeten Zuschlägen und/ oder der Zementgüte liegen. Aber beispielsweise auch die altersbezogene Festigkeit des Bindemittels (zu frühe Bearbeitung) oder eine partiell unzureichende Oberflächenfestigkeit (Überwässerung, Anreicherung mit Zementleim) oder Einflüsse aus der Nutzung (Chemie / Mechanik) können für unterschiedliche Verschleißfestigkeit unmittelbar nebeneinander liegender Bestandteile des Bodens verantwortlich sein. Auf diese Unterschiede im Verschleißwiderstand unmittelbar benachbarter Bestandteile eines Industriebodens sind Diamantwerkzeuge mit gerichteter Schleifwirkung abgestimmt. Schleifwerkzeuge mit ungerichteter Schleifwirkung (Diamant-Pads) sind hingegen ungeeignet, denn sie tragen die Bestandteile mit geringerem Verschleißwiderstand stärker ab, als die Bestandteile mit höherem Verschleißwiderstand. Das Resultat ist eine ausgewaschene Oberfläche mit dem Charakter einer Orangenhaut. Die Fläche glänzt häufig zwar, aber schon bei geringer Belastung aus Befahren und Begehen versagt der Micro-Lastabtrag, was wiederum zu Microausbrüchen, also zur Errosion der Oberfläche und den daraus resultierenden Symptomen wie Staubbildung, Glanzgradverlust und erhöhtem Reinigungsaufwand führt. Das Ergebnis zum Zeitpunkt der Abnahme sieht aber auch bei mangelhafter Schleifleistung, ungeeigneter Schleiftechnik oder Fehlern bei der Vergütung, erst einmal relativ gut aus. Zudem kann der fehlende Eigenglanz einer Fläche zum Zeitpunkt der Abnahme auf vielfältige Arten künstlich erzeugt werden. Dazu werden beispielsweise Polymerfilme, Copolymere etc. appliziert, die sich nicht immer mit dem nachhaltigen Anspruch an eine fachgerechte Oberflächenoptimierung decken. In der Summe bestätigt die glänzende Oberfläche dem Auftraggeber jedoch die scheinbar ordnungsgemäße Leistungserbringung. Nach einiger Zeit der Nutzung verliert die Oberfläche nicht fachgerecht hergestellter Optimierungen jedoch das gute Aussehen, die Fläche wird matt, schmutzt an und/ oder beginnt zu Stauben. Die Investition in die Oberflächenoptimierung bringt dem Auftraggeber / Nutzer in der Folge keinen Ertrag. Der Aufwand und die Kosten für Reinigung, Instandhaltung und Betrieb steigen deutlich gegenüber der versprochenen bzw. geschuldeten Senkung der LCC. Als Folge fachlich unzureichender Schleifleistung und/ oder fehlerhaft ausgeführter Vergütung ist dieses Szenario nicht so selten und die Unzufriedenheit von Betreibern mit der geschliffenen Oberfläche ihrer Industrieböden nimmt seit einigen Jahren definitiv zu. Die Technik verliert durch diese Entwicklung teilweise ihre Reputation, mindestens aber einen Teil ihres Potentials. Erhebliche Möglichkeiten zum nachhaltigen Betrieb von Industrieböden bleiben ungenutzt. In den letzten Jahren hat sich mit der wachsenden Zahl „enttäuschender“ Böden herausgestellt, dass rein optische Kriterien wie z.B. “Glanz” für die Definition des geschuldeten Bausolls keine große Rolle spielen sollten. Großer Schwachpunkt in der Definition des Bausolls für die Oberflächenoptimierung ist das Nichtvorhandensein von allgemein anerkannten und verbindlichen technischen Regeln und bewerteten messbaren technischen Parametern, welche die Feinebenheit und Rautiefe der Bodenoberfläche erfassen, die im Rahmen der Abnahme auf tatsächliche Leistungserbringung hin abgeprüft werden können und evtl. über eine Bestätigungsprüfung zu Wartungs- und Instandhaltungsmodellen herangezogen werden könnten. 4. Ausblick auf die Zukunft Seit der Ausführung der ersten größeren oberflächenoptimierten Flächen um die Jahrtausendwende wird in der Regel eine bestimmte Anzahl von auszuführenden „Schleifgängen“ = Schleifstufen und deren Intensität als Leistung beschrieben. „Schleifen mit vier Schleifgängen im Kreuzgang“ ist eine beispielhafte Beschreibung, die üblicherweise noch durch Angaben zur Silikatisierung, Schutz angrenzender Bauteile, Randbearbeitung, (Zwischen-)Reinigung etc. ergänzt wird. Die hier beispielhaft beschriebenen vier, immer feiner werdenden, Schleifstufen erzielen bei fachgerechter Ausführung ein Ergebnis, welches in allen Punkten der Zielsetzung oberflächenoptimierter Industrieböden entspricht. Gleichzeitig bedeutet die fachgerechte Ausführung auch einen bestimmten und unvermeidbaren zeitlichen Aufwand, der maßgeblich durch die Leistung der eingesetzten Maschinen, das Können der Mannschaft und den Zuschnitt der bearbeitbaren Flächen bestimmt wird. Grundlage für die Entscheidung des Auftraggebers für einen Anbieter ist jedoch vor allem auch der Preis. Auch die versprochene Leistung zählt. Oft in Verbindung mit einem Leistungsversprechen, welches „laienkompatibel“ durch den Glanz definiert wird. Vor allem für Laien ist es jedoch kaum möglich zu entscheiden, ob die beispielsweise auf Musterflächen erzielten Glanzbilder auf der korrekten Optimierung des Bodens beruhen oder ob mittels chemischer Produkte eine Art glänzende „Verkaufspolitur“ erzeugt wird, die relativ schnell wieder Buch IB.indb 111 11.02.20 12: 53 112 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 20 Jahre schleiftechnische Optimierung mineralischer Industrieböden - Erfahrungsstand und Ausblick verschwindet und somit mit den nachhaltigen Zielen der Industriebodenoptimierung nicht viel zu tun hat. Der im Wettbewerb um den Auftrag so bedeutende Preis wird hauptsächlich durch den Bearbeitungsaufwand, sprich durch die Lohnkosten je qm, bestimmt. Maschinen- und Werkzeugkosten spielen im Zusammenhang der Gesamtkalkulation eine eher untergeordnete Rolle. Löhne und lohnbedingte Kosten sind bei der schleiftechnischen Bearbeitung in Deutschland mit zwischen 70% und 85% der bestimmende Kostenfaktor. Niedrige Schleifpreise werden vor allem dadurch erzielt, dass der Zeitaufwand gekürzt wird. Der, zur Erzielung des optimalen Micro-Lastabtrags jedoch notwendige, abgestimmte Aufbau der einzelnen Rautiefen über die einzelnen Schleifgänge hinweg, kann bei der Reduzierung des Zeitaufwandes kaum eingehalten werden. Zeit- und damit kostensenkende Optionen gibt es gleich mehrere: Größere und/ oder leistungsfähigere Technik hilft Potentiale zu heben. Gleiches gilt für die Optimierung von Verfahrensweisen und Arbeitsabläufen auf der Baustelle, die teilweise für einen erheblichen Produktivitätsgewinn sorgen und die Kosten je qm teils deutlich nach unten bringen. Auch die „Schnell-Schleif-Option“ (zu große Sprünge in den Schleifstufen, beispielsweise beim Überspringen einzelner Schleifgänge) wirkt kostensenkend, auch wenn sie eine Oberflächenstruktur (Orangenhaut) begünstigt, die den optimalen Lastabtrag gefährdet und den Verschleiß des Bodens fördert. Werkzeuge mit ungerichteter Schleifwirkung erlauben oft durch ihren Aufbau bedingt eine schnellere Bewegung der Maschine und eine höhere Drehzahl. Diese Werkzeuge sind zwar schnell und dadurch für die Senkung der Lohnkosten geeignet, für den planmäßigen Abtrag und die Erstellung einer definierten Rautiefe vor allem in den unteren Schleifgängen bis zum Feinschliff ungeeignet sogar stark kontraproduktiv. Und auch der bereits erwähnte Einsatz von Polymeren stellt eine häufig genutzte Beschleunigungsmaßnahme dar. Ziel ist es hierbei, die mechanische Bearbeitung (Schleifen) zugunsten von schneller und kostengünstiger zu verarbeitenden Chemieprodukten zur Erzielung des gewünschten Glanzes zu reduzieren. Durch die letzten drei Optionen wird der eigentlich notwendige Umfang an handwerklicher Bearbeitung zur Herstellung einer dauerhaft optimierten Oberfläche auf ein minimal notwendiges Maß zur Erzeugung eines bestimmten Glanzbildes reduziert. Das Ergebnis auf dem Boden ist in der Folge ein qualitativ anderes. So etabliert sich zunehmend ein Qualitäts- und Preisgefüge, welches den eigentlichen qualitativen Ansätzen der mechanischen Industriebodenoptimierung zuwider läuft. Sie widerspricht den originären Interessen leistungswilliger und leistungsfähiger Auftragnehmer sowie denen der Auftraggeber an nachhaltiger Qualität. In der Konsequenz zeichnet sich bereits jetzt ein Trend ab, in dem sich der Markt weiter in mehrere Segmente auseinander dividieren werden wird. Diese Marktsegmente werden durch die unterschiedlichen Ansprüche der Auftraggeber, die Motivationen der Auftragnehmer, die verschiedenen Aufwandslevel, die Preislevel und die, anhand von Motivation, Qualifikation, Ausrüstung und Entlohnung tatsächlich leistbare Arbeit, definiert. In einem der Marktsegmente werden weiter primär optisch motivierte Leistungen über den Preis verkauft werden. Die Anforderungen an die nachhaltige Optimierung der Betriebskosten werden in diesem Marktsegment also in der Regel nicht oder nur leidlich erfüllt und preislich werden sich diese Leistungen vor allem in einem sehr niedrigen Preisbereich bewegen. Ein weiteres Marktsegment wird sich primär für die Auftraggeber weiterentwickeln, die einen maximal funktionalen Boden benötigen, bei dem die dauerhafte Senkung von Betriebskosten der wichtigste Anspruch ist und eine qualitativ entsprechende Leistung bewerten können und die Investition in die Industriebodenoptimierung als einen Beitrag für künftige Senkungen der Betriebskosten erkennen. Selbstverständlich wird die Preisstruktur aller Marktsegmente vorerst auch weiterhin durch den Arbeitsaufwand und damit durch die Lohnkosten definiert. Das betrifft den Niedrigpreisbereich wie den Qualitätsbereich. Vor allem die Leistungen an der unteren Qualitäts- und Preisschwelle werden vorerst entweder durch nicht so weit professionalisierte Betriebe erbracht, die das erforderliche geringe Kostengefüge durch Einsparungen an der Schleifleistung und bei dem Vergütungsrahmen und der Qualifikation des Personals realisieren. In der Folge werden im Rahmen der weiteren Professionalisierung vor allem auf großen und mittleren Flächen immer leistungsfähigere Großgeräte bedient werden. Die handwerkliche Professionalisierung wird ebenfalls eine immer größere Rolle spielen. Maximal leistungsfähig ausgerüstete und professionalisierte Unternehmen werden sämtliche Qualitätskategorien, Leistungs- und Preisbereiche anbieten und ausführen. Hier wird es sicherlich soweit kommen, dass die Spitzenanbieter den Lohnkostenanteil je qm auf Großflächen von mehreren tausend qm aufwärts so stark reduzieren können, dass er sich mit vielleicht 25 bis 40 % in die Maschinen-, Werkzeug-, und Allgemeinkosten einreiht. Diese Optimierungen können dazu führen, dass sich branchenweit ein allgemeiner Qualitätsstandard für Großflächen und vielleicht auch Projekte mittlerer Größen entwickelt, der die Ansprüche an einen dauerhaft optimierten Industrieboden berücksichtigt und sich aufgrund seiner günstigen Kostenstruktur als selbstverständlicher Teil des Industriebodenbaus etabliert. Buch IB.indb 112 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 113 20 Jahre schleiftechnische Optimierung mineralischer Industrieböden - Erfahrungsstand und Ausblick 5. Qualität definieren und messbar machen Da die Qualität einer schleiftechnischen Industriebodenoptimierung nur mit einiger Erfahrung und oft genug auch erst in der Nutzung bewertet werden kann, wären objektive technisch messbare Kriterien ein großer Schritt nach vorne für die systemunabhängige Definition und die Vergleichbarkeit von Leistungen. Das Bausoll könnte präzise formuliert werden und die Erfüllung des Bausoll neutral und objektiv ermittelt und geprüft werden. Aufgrund der fragmentierten Landschaft aus Systemanbietern für Schleiftechnik, systemfernen Anbietern von Werkzeugen und chemischen Produkten sowie der großen Bandbreite der bearbeitbaren mineralischen Böden und deren individueller Mischungs-, Förder- und Einbau-bedingter Zustände ist es in Deutschland bislang noch zu keinem Ansatz messbarer Kriterien gekommen, der den Weg in eine breitere Diskussion gefunden hätte. Weil technisch messbare Parameter also (noch) fehlen, und um Risiken aus mangelhafter Bearbeitung möglichst auszuschließen, hat sich mittlerweile die verbindliche Einbeziehung von Referenzflächen als zusätzliche Rückversicherung in Bezug auf die Qualität der anbietenden Unternehmen bewährt. Mangels messbarer technischer Alternativen wird jedoch, wie bereits zuvor beschrieben, vor allem der Glanz einer Fläche als Leistungskriterium gewählt. Solange der Glanz das Ergebnis eines sorgfältig ausgeführten mechanischen Bearbeitungsprozesses ist und nicht das Ergebnis eines wenig dauerhaften Polymerfilms, kann man zum einen ableiten, dass der Glanz gratis mit der Oberflächenoptimierung geliefert wird und ein Beweis der geringen Rautiefe und der Porenarmut ist. Zum anderen könnte man den Glanz als Gradmesser für die Funktionalität der Oberfläche verwenden. In der Praxis bedeutet das, dass nachlassender Glanz z.B. in stark frequentierten Bereichen, Laufstraßen etc. darauf hinweist, dass die Optimierung der Oberfläche nicht mehr den Anforderungen an die nachhaltige Optimierung entspricht. Teilweise wird das auch schon so gehandhabt. So werden bei der Abnahme Glanzmessungen mit einem Glanzmessgerät an einer statistisch repräsentativen Menge von Punkten einer Fläche erstellt. Diese Werte können dann im Rahmen der Qualitätssicherung in Bestätigungsmessungen mit dem Ist-Zustand abgeglichen werden. Stellt man dann einen Bezug beispielsweise zum konkreten Reinigungsaufwand her, lassen sich objektspezifische Parameter ableiten, die über den Zustand der Flächen mittels Glanzmessung Auskunft geben. Auch ein Abgleich mit der Entwicklung der Feinstaubbelastung in der Luft oder der Lichtintensität bzw. dem Verbrauch an Beleuchtungsenergie ist denkbar. Glanzmessgeräte werfen den Prozentsatz des im Gegenwinkel aufgefangenen Lichtstrahles auf, der in einem spezifischen Winkel auf die Fläche trifft. Diese Messungen geben zwar einen Indikator für die Dichte der Oberfläche, können jedoch nicht für die Bewertung der Feinebenheit der Oberfläche herangezogen werden. Hier bietet sich die Verwendung des sogenannten DOI-Verfahrens an. Der sogenannte „Distinction of image“ - Wert wird mit breiteren Linsen erfasst und berücksichtigt den Anteil an Streulicht durch fein raue Oberflächen. Dieses Verfahren wird beispielsweise für lackierte Oberflächen verwendet. Hier würde eine reine Glanzmessung auf einer glänzenden Fläche mit Orangenhaut-Struktur auf der einen Seite und einer polierten Glasoberfläche ohne jegliche wahrnehmbare Oberflächenstruktur auf der anderen Seite ein und denselben Wert ergeben. Die DOI-Messung ergibt hier unterschiedliche Messungen, die eine Bewertung der Feinebenheit der Oberfläche möglich macht. Eines der wesentlichen Kriterien, welches ausschlaggebend ist für das Micro-Lastabtragsverhalten und damit für die Haltbarkeit der Oberflächen-Optimierung. Weitere messtechnisch erfassbare Werte könnten auch das mechanische Abtasten der Oberflächenrauigkeit ergeben. In der Metallindustrie wie auch in Bereichen des Korrosionsschutzes werden solche Techniken bereits eingesetzt. Fazit In den größten schleiftechnischen Märkten der Welt, den USA und Asien, werden optisch wie mechanisch erfasste messtechnische Werte für geschliffene Oberflächen bereits erfasst. Einheitliche Standards, in welchem Umfange auch immer, sind daraus bislang noch nicht entstanden, werden jedoch diskutiert. Die Nutzung messtechnischer Verfahren und auch das Vorantreiben dieser Techniken bis hin zu einem branchenweit einheitlichen und möglichst verbindlichen Standard würde eine einheitliche Qualitätsdefinition befördern, zu einer Harmonisierung in der bislang sehr unterschiedlichen Definition des Bausolls bei Schleifarbeiten führen und deren Überprüfung im Sinne von Auftraggebern und Auftragnehmern möglich machen. Letztendlich würden alle Marktteilnehmer von messtechnischen Parametern profitieren, eine entsprechend positive Marktentwicklung wäre die Folge. Buch IB.indb 113 11.02.20 12: 53 Buch IB.indb 114 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 115 Industrieböden - Theorie und Fallbeispiele zu fugenlosen Teilabschnitten von größer 1000 m 2 Dr.-Ing. Ingo Schachinger Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein E.V., München, Deutschland Zusammenfassung Bei Industrieböden im Logistikbereich spielen nicht nur die Herstellungskosten, sondern auch die Instandhaltungskosten und die Gebrauchstauglichkeit eine maßgebende Rolle. Daraus resultieren Forderungen wie: große fugenarme und möglichst rissfreie Teilabschnitte, erhöhte Anforderungen an die Ebenheit und ein hoher mechanischer Verschleißwiderstand. Im ersten Teil dieses Beitrags werden die Grundlagen für die Planung und Ausführung von Industrieböden nach dem DBV-Merkblatt „Industrieböden aus Beton“ [1] gemäß dem Entwurfsgrundsatz a) „Risse vermeiden“ behandelt. Im zweiten Teil dieses Beitrages werden zwei Fallbeispiele beschrieben bei denen durch unterschiedliche Kombinationen von konstruktiven, betontechnologischen und ausführungstechnischen Maßnahmen fugenlose Teilflächen > 1000 m 2 realisiert wurden. 1. Industrieböden nach DBV-Merkblatt [1] 1.1 Allgemeines Industrieböden im Sinne des DBV-Merkblatts sind solche, die keine tragende oder aussteifende Funktion gemäß DIN EN 1992-1-1 übernehmen. Das DBV-Merkblatt Industrieböden gilt für die Planung und Ausführung von Industrieböden als monolithische oder mehrschichtige Betonplatte. Es werden die Bauweisen „unbewehrte Betonplatten“, „Stahlfaserbetonplatten“ und „betonstahlbewehrte Betonplatten“ unterschieden. 1.2 Anforderungen aus der Nutzung Die Beanspruchung von Industrieböden erfolgt in der Regel durch flächig oder punktförmig wirkende Lasten aus lagernden Gütern, Regalen oder Radlasten. Die Einwirkungen aus Lasten sind entsprechend DIN EN 1991- 1-1 [7] oder nach konkreten Anforderungen des Bauherrn anzusetzen. Darüber hinaus können folgende Einwirkungen aus Formänderungen des Betons, aus Umgebungsbedingungen und aus der Nutzung auftreten: - Temperaturbeanspruchung beim Abfließen der Hydratationswärme; - Temperaturänderungen der Umgebung; - Schwinden und Kriechen; - mechanische Beanspruchung; - Frostangriff mit und ohne Taumittel; - Chloridbeaufschlagung; - chemische Beanspruchung. Für einige dieser Beanspruchungen werden Industrie-böden nicht im Sinne einer entsprechenden Dimensionierung wie etwa der Plattendicke oder der Fugenabstände, sondern durch deskriptive Festlegungen wie betontechnischer Parameter bemessen. Bei Hallenflächen ist in der Regel kein Betonangriff durch Frost zu erwarten und somit eine Einstufung in die Expositionsklasse XF [1] nicht erforderlich. Lediglich im Bereich von Türen und Toren, die bei kalter Witterung häufig und dann für lange Zeit offenstehen, ist mit einem Betonangriff durch Frost ggf. in Verbindung mit durch Fahrzeuge eingeschleppter Feuchtigkeit und Taumitteln zu rechnen. Für chloridbeanspruchte Industrieböden aus Stahlfaserbeton sind weitergehende Maßnahmen bei der Planung zu berücksichtigen (siehe [2]). Je nach Art der Nutzung können betonangreifende Stoffe, z. B. Säuren wie Frucht- und Fettsäuren, Sulfate, Laugen oder Öle auf Industrieböden in Produktions- und Lagerbetrieben einwirken. Es wird in [1] empfohlen, Anforderungen in Anlehnung an die Expositionsklassen XA1 bis XA3 nach DIN EN 206-1/ DIN 1045-2 [6] zu formulieren. Bei Industrieböden können aus der Nutzung mechanische Einwirkungen z. B. Rollen, Schleifen sowie Schlagen, Stoßen und Prallen - meist in Kombination - auftreten. Der Verschleißwiderstand der Betonplatte kann z. B. durch die Einarbeitung von Hartstoffen nach DIN 1100 oder das Aufbringen einer Hartstoffestrich-Schicht nach DIN 18560, Teil 7 verbessert werden. Buch IB.indb 115 11.02.20 12: 53 116 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Industrieböden - Theorie und Fallbeispiele zu fugenlosen Teilabschnitten von größer 1000 m2 Zum Erreichen eines angemessenen Bauteilwiderstands gegen mechanische Beanspruchung haben sich in der Praxis die in Tabelle 1 angegebenen Grundsätze [1] bewährt. Die Festlegung des Bauteilwiderstands durch die Einstufung des Betons in die Expositionsklassen XM nach DIN EN 206-1/ DIN 1045-2 [6] ist nach [1] für nichttragende und nicht aussteifende Industrieböden nicht erforderlich. Zeile Beanspruchung (Beispiele) Mindestdruckfestigkeitsklasse Anforderungen und Eigenschaften zur Sicherstellung des Verschleißwiderstands 1a luftbereifte Fahrzeuge (keine Gabelstapler) C25/ 30 w/ z ≤ 0,55 1b luftbereifte Gabelstapler und Fahrzeuge mit Reifen aus Elastik-Vollgummi C25/ 30 w/ z ≤ 0,55; mit Hartstoffeinstreuung (Gruppe A, 4 bis 5 kg/ m²) C30/ 37 w/ z ≤ 0,50 2 Fahrzeuge mit Reifen aus Vollgummi, Polyurethan oder vergleichbarem Kunststoff C30/ 37 w/ z ≤ 0,55; mit Hartstoffeinstreuung (Gruppe A, 4 bis 5 kg/ m²) C30/ 37 w/ z ≤ 0,55; mit Hartstoffestrich-Schicht nach DIN 18560-7 C35/ 45 w/ z ≤ 0,45 3 Fahrzeuge mit Reifen aus Stahl, Grauguss, Polyamid, oder vergleichbarem Kunststoff; stark schleifende Beanspruchung C30/ 37 w/ z ≤ 0,55; mit Hartstoffestrich-Schicht nach DIN 18560-7 oder w/ z ≤ 0,55; mit Hartstoffeinstreuung (Gruppe KS, 4 bis 5 kg/ m²) Tabelle 1: Praxisbewährte Anforderungen und Eigenschaften zur Sicherstellung des Verschleißwiderstands von nicht tragenden oder nicht aussteifenden Industrieböden (nach [1]) Die in Tabelle 1 angegebenen Wasserzementwerte sind als Richtwerte zu sehen. Sie können nach regionalen Bedingungen (z. B. Art der verfügbaren Zemente oder Art der Gesteinskörnung) auch abweichen. Eine vollflächige Verbesserung des Verschleißwiderstands ist nur dann zu erreichen, wenn eine ausreichende Menge an Hartstoffen gleichmäßig eingearbeitet wird. In Abhängigkeit von der Betonzusammensetzung - insbesondere vom Wasserzementwert - können zwischen ca. 4 - 5 kg/ m² Hartstoffe zielsicher eingearbeitet werden [1]. Die mittels Einstreuung erreichbare Schichtdicke beträgt im Mittel ca. 2 mm. Die je Flächeneinheit aufzubringende Einstreumenge ist in der Planung festzulegen und in die Leistungsbeschreibung zu übernehmen. Es hat sich in der Praxis gezeigt, dass Hartstoffe bei einer Betonzusammensetzung mit einem Wasserzementwert von w/ z ≤ 0,45, wie nach DIN 1045-2 für die Expositionsklasse XM3 gefordert, nicht zielsicher eingearbeitet werden können [1]. Eine Ausführung in Anlehnung an die Expositionsklasse XM3 kann nach [1] durch eine Hartstoffeinstreuung bei gleichzeitiger Erhöhung des Wasserzementwertes der Betonplatte erreicht werden (siehe Tabelle 1). Formal entspricht jedoch ein derartiger Beton nicht mehr der Expositionsklasse XA3. Diese Ausführung sollte deshalb nur bei Industrieböden ohne tragende oder aussteifende Funktion und nur in Abstimmung mit dem Auftraggeber/ Bauherrn erfolgen. Hartstoffestriche werden entweder „frisch in frisch“ auf den erstarrenden Beton oder nach entsprechender Untergrundvorbereitung mit einer Haftbrücke auf den bereits erhärteten Beton aufgebracht. Üblich sind Dicken von etwa 10 mm. Insbesondere Fahrzeugverkehr mit Stahlrollen sowie stoßende und schleifende Beanspruchungen durch Stahlteile stellen so starke mechanische Beanspruchungen dar, dass auch bei Aufbringen einer Hartstoffestrich-Schicht nach kurzer, intensiver Nutzung bereits deutliche Abnutzungsspuren zu erwarten sind. 1.3 Entwurfsgrundsätze Mit den Entwurfsgrundsätzen (EGS) wird festgelegt, wie planerisch mit der Rissbildung in der Betonplatte infolge von Lasten und vor allem infolge von Zwang umgegangen werden soll. Für Industrieböden gelten folgende Entwurfsgrundsätze: a. Risse vermeiden (in der Regel unbewehrt und durch Fugen und räumliche Begrenzung der sich durch die Fugen ergebenden Teilflächen des Industriebodens); Buch IB.indb 116 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 117 Industrieböden - Theorie und Fallbeispiele zu fugenlosen Teilabschnitten von größer 1000 m2 b. Bauweise mit Rissen: rechnerische Begrenzung der Rissbreite mit dem Ziel, viele Risse mit geringen Rissbreiten zu erhalten; c. Bauweise mit Rissen (Einzelrisse): rechnerische Begrenzung der Rissbreite mit dem Ziel, wenige Risse mit größeren Rissbreiten zu erhalten. Unabhängig von der Festlegung des Entwurfsgrundsatzes ist grundsätzlich zu planen, wie unerwartet entstandene Risse zu behandeln sind. In der Regel wird bei Industrieböden der Entwurfsgrundsatz a) angewendet. Dies setzt voraus, dass durch die Festlegung von konstruktiven Maßnahmen (Ziel: Bauen ohne Verformungsbehinderung i. d. R. werden durch Fugen und räumliche Begrenzung Teilflächen erstellt) sowie von betontechnologischen und ausführungstechnischen Maßnahmen (Ziel: Reduzierung der Verformungen) so geplant und ausgeführt wird, dass weder infolge von Lasten noch infolge von Zwang Risse auftreten. Mit betontechnologischen oder ausführungstechnischen Maßnahmen allein ist dieser Entwurfsgrundsatz a) nicht umsetzbar. 1.4 Konstruktive Maßnahmen beim EGS a) - Risse vermeiden Eine Zwischenschicht (z. B. Gleitschicht) trennt die Betonplatte von der darunter liegenden Schicht und ermöglicht dadurch eine Verringerung der Reibung zwischen der Betonplatte und der Tragbzw. einer Sauberkeitsschicht. Die Wirksamkeit von Gleitschichten wird erheblich von der Oberflächenqualität und Ebenheit der Tragbzw. der Sauberkeitsschicht beeinflusst. Der Reibungsbeiwert kann anhand von Tabelle 2 in Abhängigkeit der ausführungstechnischen Maßnahme quantitativ beurteilt werden. So wird beispielsweise mit der Variante Auflagerung auf Sandbett (mit oder ohne Zwischenschicht) bei fachgerechter Ausführung die gleiche reibungsmindernde Wirkung erzielt wie bei der Ausführungsvariante Auflagerung auf einer flügelgelätteten Sauberkeitsschicht (ein oder zweilagigen Folien). Tragschicht 1 Zwischenschicht Reibungsbeiwert (erste Verschiebung) Kies, grobkörniger Baugrund keine oder Vlies/ Geotextil 1,4 … 2,1 Kies-Sand- Bodenaustausch keine oder Vlies/ Geotextil h = 0,2 m: >1,4 (h = 0,8 m: 0,9) Sandbett keine oder Vlies/ Geotextil 0,9 … 1,1 einlagige PE-Folien 0,2 bis 0,3 mm 0,5 … 0,7 Sauberkeitsschicht, abgezogen oder abgerieben 2 2 x 0,2 mm PE-Folien h = 0,15 m: 1,3 h = 0,30 m: 2,0 Bitumenschweißbahn (Dicke > 5 mm) ≈ 0,35 … 0,7 Sauberkeitsschicht, flügelgeglättet 3 einlagige PE-Folien 0,2 bis 0,3 mm 0,8 … 1,4 Baufolien (2 x 0,2 mm PE-Folien), leicht verschmutzt 0,6 … 0,8 einlagige oder zweilagige Bitumenschweißbahnen, stumpf gestoßen h = 0,3 m: 0,45 (h = 1,0 m: 0,20) PTFE-Folien (Teflonfolien) 0,2 … 0,5 Tabelle 2: Zusammenstellung von Rechenwerten für Reibungsbeiwerte zwischen Betonplatte und Tragschicht (Auszug aus [1]) Die Betonplatte ist durch Raumfugen von den aufgehenden Bauteilen wie Stützen und Wänden zu trennen. Die Unterteilung von großen Industrieböden durch Fugen in Teilabschnitte ist ebenfalls Teil des Entwurfsgrundsatzes a). Die Anordnung und die Detailausbildung von Fugen in Industrieböden (vgl. Tabelle 3) sind bereits bei der Planung zu berücksichtigen und in einem Fugenplan darzustellen. 1 Grenzabweichungen für profilgerechte Lage ±20 mm (Messung im Raster von etwa 5 m x 5 m) 2 Ebenheit nach DIN 18202 [10], Tabelle 3, Zeile 1 3 Oberfläche geschlossen, grat- und riefenfrei; Ebenheit nach DIN 18202 [10], Tabelle 3, Zeile 2a Buch IB.indb 117 11.02.20 12: 53 118 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Tabelle 3: Fugenarten bei Industrieböden aus Beton (Auszug aus [1]) Die Anschlüsse von Betonierfeldern werden als Arbeits- oder Pressfugen ausgebildet, bei denen die Querkraftübertragung über die Fugenrauigkeit oder ggf. über eine Verdübelung sicherzustellen ist. Fugenkanten unterliegen rollender, schlagender und stoßender Belastung und werden somit in Abhängigkeit von der Größe und Härte der Fahrzeugräder beansprucht. Arbeits- und Pressfugen von mittel bis hoch beanspruchten Industrieböden sollten deswegen mittels Fugenprofilen mit Kantenschutz (siehe Bild 1) geplant und ausgeführt werden. Hierfür sind in Abhängigkeit von den Beanspruchungen und Fugenbreiten, Fugenprofile ggf. mit Querkraftübertragung zu planen, die ein erschütterungsfreies Überfahren zum Schutz von Fahrzeugführer und Fahrzeugen ermöglichen (siehe Bild 1). Bild 1: Beispiel für die Ausbildung von gerichteten vorgefertigten Fugenprofilen mit Kantenschutz und Querkraftübertragung Zur Vermeidung von Rissen zwischen den Fugen haben sich je nach Unterkonstruktion (Tragschicht, Trennlage, Sauberkeitsschicht, Gleitschicht usw.) in der Praxis folgende Konstruktionsregeln bewährt: - quadratische oder gedrungene rechteckige Felder mit Längen/ Breitenverhältnis ≤ 1,5, - bei Hallenflächen Fugenabstände bis zum 35-fachen der Plattendicke (< 8,50 m), - bei Freiflächen Fugenabstände bis zum 25-fachen der Plattendicke (< 7,50 m). Bei Einhaltung der oben genannten geometrischen Randbedingungen ergeben sich in Hallen fugenlose Teilabschnitte von maximal 110 m 2 (8,5 m x 12,75 m). 1.5 Betontechnologische und ausführungstechnische Maßnahmen beim EGS a) - Risse vermeiden Nach Lohmeyer [3] kann bei unbewehrten Betonplatten in geschlossenen Hallen bei „Ausführungsart S“ der maximale Fugenabstand auf 10 m erhöht werden. Bei mit Listenmatten bewehrten Betonplatten kann nach Lohmeyer [3] bei gleicher Ausführungsart S der maximale Fugenabstand auf 25 m erhöht werden. Im Wesentlichen fasst Lohmeyer unter der Bezeichnung „Ausführungsart S“ die betontechnologischen und ausführungstechnischen Maßnahmen zur Reduzierung der Verkürzung des Betons infolge Abkühlung und Austrocknung zusammen (Wassergehalt ≤ 165 kg/ m3, Zementleimgehalt ≤ 290 l/ m3, Vermeidung einer schnellen Erwärmung und Austrocknung der Oberfläche bzw. einer zu schnellen Abkühlung durch Zugluft, sofortige Nachbehandlung und anschließendes Feuchthalten z.B. durch Abdecken mit Folie sowie einer Verdoppelung der Nachbehandlungsdauer gegenüber DIN 1045-3 [4]). 1.6 Schachinger.indd 118 13.02.20 17: 05 Industrieböden - Theorie und Fallbeispiele zu fugenlosen Teilabschnitten von größer 1000 m2 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 119 Industrieböden - Theorie und Fallbeispiele zu fugenlosen Teilabschnitten von größer 1000 m2 Durch den Einsatz von hochwirksamen Fließmitteln auf PCE-Basis können auch Betone mit geringem Wassergehalt in weicher bis sehr weicher Konsistenz (F3 und F4) hergestellt werden. Ergänzend zu den Maßnahmen gemäß Ausführungsart S nach [3] empfiehlt es sich, zur Herabsetzung der Hydratationswärme CEM II oder CEM III/ A-Zemente der Festigkeitsklasse 32,5 und 42,5 N einzusetzen. Als weitere ausführungstechnische Maßnahme sollte die Frischbetontemperatur nicht mehr als 25°C (besser 20 °C) betragen [1]. Beide Zusatzmaßnahmen haben zum Ziel, die Temperaturdifferenz zwischen dem Maximum der Betontemperatur im Zuge der Erhärtung und der niedrigsten Umgebungstemperatur in der Nutzungsphase möglichst klein zu halten. Auf diese Weise werden die Verformungen (Verkürzungen) bei Abkühlung des Betons auf die Umgebungstemperatur und die Zwangspannungen (zentrischer Zug) in der Betonplatte bei teilweiser Behinderung dieser Verformungen durch die Reibung zum Untergrund minimiert. 2. Fallbeispiele zu fugenlosen Teilabschnitten von größer 1000 m 2 Bei Industrieböden im Logistikbereich gilt es, möglichst große rissfreie und fugenlose Teilabschnitte mit gegenüber der DIN 18202 erhöhten Anforderungen an die Ebenheit zur Sicherung der Nutzbarkeit und Verringerung der Instandhaltungskosten zu realisieren. Anhand zweier Praxisbeispiele mit fugenlosen Teilabschnitten von > 1000 m 2 werden im Folgenden die Kombinationen aus konstruktiven, betontechnologischen und ausführungstechnischen Maßnahmen beschrieben die für die Realisierung notwendig waren. Ergänzend wird auch auf die verwendete Maschinen- und Gerätetechnik eingegangen. In beiden Fällen wurden Betone mit hohen Stahlfasergehalten eingesetzt. Von dem Einbau einer Betonstahlbewehrung wurde abgesehen. Es wurde der Entwurfsgrundsatz a) „Risse vermeiden“ als Grundlage gewählt. Ebenfalls wurden in beiden Fällen Fugenprofile mit Stahlkantenschutz und Querkraftübertragung zur Begrenzung der Betonierabschnitte (=Teilabschnitte) eingesetzt. 2.1 Fallbeispiel I - Ausnutzung aller Maßnahmen und Einsatz von modernster Maschinentechnik Bei der Ausführung der Industrieböden im Logistikzentrum eines Automobilherstellers mit einer Gesamtfläche von 250.000 m 2 wurde modernste Maschinentechnik (S22-E advanced Laser Screed und STS Topping Spreader) der amerikanischen Fa. SOMERO eingesetzt. Die einzelnen Betonierabschnitte wiesen i.d.R. ein quadratisches Fugenraster von 33 x 33 m und eine Fläche von knapp 1090 m 2 auf. Als Gleitschicht wurden zur Verringerung der Reibung zwischen der Tragschicht (Ev2-Wert = 120 MN/ m 2 ) und der 20 cm dicken, stahlfaserbewehrten Betonplatte zwei Lagen PE-Folie eingebaut. Die Betonzusammensetzung (Festigkeitsklasse C30/ 37) entsprach mit einem Zementgehalt von 340 kg/ m3, dem w/ z-Wert von 0,50 und dem sich daraus ergebenden Zementleimgehalt von 283 l/ m3 im Wesentlichen der Ausführungsart S nach Lohmeyer [3] (vgl. Abschnitt 2.4). Durch Zugabe von Fließmittel wurde eine sehr weiche Konsistenz F4 eingestellt. Zur Verringerung der Hydratationswärme wurde ein CEM II B-S 42,5 N eingesetzt. Die Verdichtung und das Abziehen erfolgte mittels S22-E advanced Laser Screed, einem selbstfahrenden, lasergesteuerten Flächenfertiger (siehe Bild 2). Dieser ermöglicht eine vollständige Verdichtung des Betons und hohe Ebenheit der Oberfläche bei gleichzeitig großer Tagesleistung. Die Walze der Abzieheinheit legt eventuell emporstehende Stahlfasern um und arbeitet sie in die Oberfläche ein. Bild 2: Verdichtung und Abziehen des Industriebodens mittels S22-E advanced Laser Screed Um den geforderten Verschleißwiderstand der Betonoberfläche zu erreichen, wurden insgesamt 5 kg/ m 2 Hartstoffe in zwei Schritten eingearbeitet. Im ersten Schritt wurden direkt nach dem Abziehen 3 kg/ m 2 Hartstoffe „frisch-in-frisch“ mit einem STS Topping Spreader (siehe Bild 3) aufgetragen. Der STS Topping Spreader verfügt über einen elektronisch geregelten Ausleger. Dies bringt folgende Vorteile mit sich: - die Oberfläche muss nicht betreten werden, - Gewährleistung einer einheitlichen Auftragsmenge, - hohe Einbaugeschwindigkeit. Buch IB.indb 119 11.02.20 12: 53 120 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Industrieböden - Theorie und Fallbeispiele zu fugenlosen Teilabschnitten von größer 1000 m2 Bild 3: Auftragen von Hartstoffen frisch-in-frisch mittels STS Topping Spreader Nach Erreichen der Begehbarkeit wurden im zweiten Schritt 2 kg/ m 2 Hartstoffe klassisch mit einem Einstreuwagen aufgebracht und durch Abscheiben in die Oberfl äche eingearbeitet. Durch anschließendes maschinelles Flügelglätten in mehreren Übergängen konnte nicht zuletzt aufgrund der hohen Einbaugenauigkeit und gleichmäßigen Hartstoffeinstreuung eine sehr hohe Oberfl ächenqualität erzielt werden (siehe Bild 4). Bild 4: Betonoberfl äche nach maschinellem Flügelglätten in mehreren Übergängen Die wasserhaltende Nachbehandlung erfolgte über einen Zeitraum von 2 Wochen mit Folie. Dadurch wurde ein schnelles einseitiges Austrocknen auf der Oberseite und somit ein „Aufschüsseln“ vermieden. Nach einem Jahr waren die Fugen rd. 15 mm geöffnet. 2.2 Fallbeispiel II -Bauweise mit CSA-Quellzusatz Beim zweiten Fallbeispiel handelte es sich um eine Lagerhalle mit einer Gesamtfl äche von rd. 5500 m 2 . Aufgrund der bereichsweisen Nutzung als Hochregallager (siehe Bild 5) wurden gegenüber DIN 18202 erhöhte Anforderungen an die Ebenheit nach DIN 15185 für eine Fahrspurweite von 1,0 bis 1,5 m gestellt. Demzufolge durften die Ebenheitsabweichungen quer zur Fahrspur nicht größer als 2,5 mm ausfallen. Bild 5: Lagerhalle Fallbeispiel II - bereichsweise als Hochregallager genutzt - nach Fertigstellung Vorab wurden ca. 2 m breite Streifen entlang der Stützenachse gemäß der planmäßigen Höhe mit Kantenschutz-Fugenprofi len (mit Querkraftübertragung) abgestellt und betoniert (siehe Bild 9). Die insgesamt vier dazwischenliegenden Felder mit Abmessungen von 21 m x 60 m (Seitenverhältnis 1: 3) und Flächen von 1260 m 2 wurden in Tagesleistungen betoniert, mit Rüttelfl aschen verdichtet und mit einer feldüberspannenden Rollbohle abgezogen (siehe Bild 6). Auf diese Weise konnten - analog zu dem Verfahren bei Fallbeispiel I eventuell emporstehende Stahlfasern umgelegt und in die Oberfl äche eingebettet werden. Bild 6: Abziehen der Oberfl äche mit einer feldüberspannenden 21 m langen Rollbohle Als betontechnologische Maßnahme wurde bei diesem Fallbeispiel durch Zugabe eines Quellzusatzes auf Basis von Calciumsulfoaluminat (kurz: CSA) eine Ausdehnung infolge Ettringitbildung bewirkt. Diese Ausdehnung dient zur Kompensation der Verkürzungen infolge Abkühlung bei Abfl ießen der Hydratationswärme und Schwindvorgängen während der Erhärtung bzw. im Zuge der Austrocknung. Buch IB.indb 120 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 121 Industrieböden - Theorie und Fallbeispiele zu fugenlosen Teilabschnitten von größer 1000 m2 [5] enthält Detailangaben zu der Herstellung, der Zusammensetzung und den Eigenschaften solcher CSA-Zemente. Wie anhand der gestrichelten Linie in Bild 7 zu erkennen ist, bewirkt die kontrollierte Zugabe der CSA-Komponente bis zu einem Alter von 2 bis 3 Wochen eine leichte Ausdehnung des stahlfaserbewehrten Betons um etwa 0,6 ‰. Durch das Austrocknungsschwinden wird diese Ausdehnung nach einem halben Jahr fast vollständig abgebaut. Im Vergleich zeigt die rote Linie des identisch zusammengesetzten Betons ohne CSA-Komponente nach einem halben Jahr eine Verkürzung von knapp 0,6 ‰. Die Behinderung einer Verkürzung durch die Reibung zum Untergrund bewirkt zentrische Zugspannungen im Betonquerschnitt, so dass mit einer Rissbildung zu rechnen ist. Bild 7: Wirkung eines Quellzusatzes auf Basis von Calciumsulfoaluminat (CSA) auf die Verformungen während der Erhärtung (rote Linie: Referenz Transportbeton; schwarz-gestrichelte Linie: stahlfaserbewehrter Transportbeton mit CSA-Quellzusatz) Die Zugabemenge des CSA-Quellzusatzes muss immer vorab in einer Erstprüfung für Beton nach Zusammensetzung mit den örtlich verfügbaren Ausgangsstoffen abgestimmt werden. Die Stahlfasern und der CSA-Quellzusatz werden immer auf der Baustelle mit geeigneter Maschinentechnik aufbereitet und dem Transportbetonmischer zugegeben (siehe Bild 8). Bild 8: Eingesetzte Maschinentechnik zur Zugabe des CSA-Quellzusatzes und der Stahlfasern in den Transportbetonmischer (oranger Anhänger: Aufbereitung und Druckluftförderung der CSA-Quellzusatz über eine Schlauchleitung; blauer Anhänger: Vereinzelung der Stahlfasern) Um die Wirkungsweise des CSA-Quellzusatzes vollflächig auszunutzen wurde beim beschriebenen Beispiel bewusst auf eine Gleitschicht zwischen der Tragschicht (E v2 -Wert = 100 MN/ m 2 ) und der 18 cm dicken, stahlfaserbewehrten Betonplatte verzichtet (siehe Bild 9). Durch den „flächigen Verbund“ zur Tragschicht bewirkt die Ausdehnung infolge des CSA-Quellzusates (vgl. Bild 7) an jeder Stelle eine „Druckvorspannung“ des Betons, so dass eine Rissbildung bei Abfließen der Hydratationswärme vermieden wird. Bild 9: Einbau des Betons ohne Gleitschicht Auch bei diesem Fallbeispiel entsprach die Betonzusammensetzung (Festigkeitsklasse C30/ 37) mit einem Zementgehalt von 340 kg/ m3, dem w/ z-Wert von 0,45 und dem sich daraus ergebenden Zementleimgehalt von 266 l/ m3 im Wesentlichen der Ausführungsart S nach Lohmeyer [3] (vgl. Abschnitt 2.4). Zur Verringerung der Hydratationswärme wurde auch bei diesem Beispiel ein CEM II B-S 42,5 N eingesetzt. Hier wurde ein mit 32 mm gegenüber 16 mm im Fallbeispiel I größeres Größtkorn verwendet, wodurch der Zementleimbedarf im Vergleich zum Beispiel 1 minimiert wurde. Durch Zugabe von Fließmittel wurde eine sehr weiche Konsistenz F4 (Ausbreitmaß 52 cm) eingestellt. Buch IB.indb 121 11.02.20 12: 53 122 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Industrieböden - Theorie und Fallbeispiele zu fugenlosen Teilabschnitten von größer 1000 m2 Die wasserzuführende/ -haltende Nachbehandlung der Betonoberfläche erfolgte mit einem genässten Geotextil und einer PE-Folie als Verdunstungsschutz. Da die Reaktion des CSA-Quellzusatzes etwa 7 Tage andauert und Wasser benötigt, muss die Nachbehandlung mindestens 10 Tage (besser 14 Tage) durchgeführt werden. Nach 6 Monaten waren die Fugen lediglich um 4 bis 6 mm geöffnet. Risse waren zu diesem Zeitpunkt nicht aufgetreten. Fazit: Die Herstellung von großen, fugenarmen und rissfreien Industrieböden mit Teilflächen von ≥1000 m 2 ist heute möglich, erfordern aber neben Betontechnologie und Konstruktion „modernste“ Maschinentechnik (Fallbeispiel I) bzw. einen „Griff in die betontechnische Trickkiste“ (Fallbeispiel II). Literaturverzeichnis [1] DBV-Merkblatt Industrieböden aus Beton. - Fassung 2017. [2] DBV-Merkblatt Industrieböden aus Stahlfaserbeton. - Fassung Juli 2013. [3] Lohmeyer, Gottfried; Ebeling, Karsten: Betonböden für Produktions- und Lagerhallen - Planung, Bemessung, Ausführung. Verlag Bau+Technik GmbH, Düsseldorf, 2006. [4] DIN EN 13670: 2011-03: Ausführung von Tragwerken aus Beton. In Verbindung mit: DIN 1045-3: 2012- 03: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 3: Bauausführung - Anwendungsregeln zu DIN EN 13670 mit DIN 1045-3 Berichtigungen 1: 2013-07. [5] Korodur Rapid Set: Beton mit schnellerhärtendem Calcium-Sulfoaluminat-Zement (CSA-Zement) In: Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017), Heft 8, A19. [6] DIN EN 206-1: 2001-07: Beton - Teil 1: Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität mit DIN EN 206-1/ A1-Änderung: 2004-10 und DIN EN 206- 1/ A2-Änderung: 2005-09 mit DIN 1045-2: 2008-08 Teil 2 - Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität - Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1. [7] DIN EN 1991-1-1: 2010-12: Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-1: Allgemeine Einwirkungen auf Tragwerke - Wichten, Eigengewicht und Nutzlasten im Hochbau; Deutsche Fassung EN 1991-1-1: 2002 + AC: 2009 mit DIN EN 1991-1-1/ NA: 2010-12 und DIN EN 1991-1-1/ NA/ A1: 2015-05. Buch IB.indb 122 11.02.20 12: 53 Ressourcen Buch IB.indb 123 11.02.20 12: 53 Buch IB.indb 124 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 125 Schnellzemente im Bereich der Industrieböden - Theorie und Praxis Frank Sander KORODUR International GmbH, Amberg, Deutschland Zusammenfassung Zementgebundene Baustoffe blicken im Bereich der Industrieböden auf eine jahrzehntelange Tradition zurück. Das Haus Korodur begann im Jahre 1936 mit seinen Aktivitäten. Die Geschichte hierzu war weltweit eng mit Portlandzementen und Kompositzementen zur Erstellung von Industrieestrichen und Industrieböden geprägt. Mit Beginn der 80er Jahre/ 90er Jahre kamen in Europa erste beschleunigte Optionen in den Markt, dies dann als „Fließestriche/ Spachtelmassen“. In den USA startete parallel eine Entwicklung in Richtung B-CSA [1]. Beiliegender Bericht soll aus Sicht eines Materialherstellers den heutigen Status-Quo behandeln. 1. Einführung Die Geschichte der Entwicklung und Nutzung von Portlandzement basierten Systemen war auch stets mit Wunsch verbunden die Nutzung dieser Systeme zu beschleunigen und auch die Volumenverringerung bei der Hydratation / Festigkeitsentwicklung zu reduzieren. Mit der reinen Beschleunigung von Portlandzementen (mod. OPC) bzw. dem Einsatz von CAC Bindemitteln war ein erster Schritt in Richtung Festigkeitsentwicklung getan, jedoch nicht im Hinblick auf die Verbesserung der Volumenstabilität. Erst mit der Entwicklung/ Nutzung von ternären Systemen bzw. Belit-Calciumsulfoaluminat-Zementen (B-CSA) wurden „Schnellzemente“ geschaffen, die auch nachweisbare Vorteile für den Einsatz im Bereich von Industrieböden aufwiesen. Dies nicht nur hinsichtlich der Festigkeitsentwicklung sondern auch im Bereich der Restfeuchtigkeit bzw. Volumenstabilität. 2. Aktuelle zur Anwendung kommende Mörtelsysteme (schnell nutzbar) im Bereich der Industrieböden - Sortierung über Verarbeitungskonsistenz a. Selbstverlaufsmassen b. Weichplastische Industrieestriche c. Erdfeuchte Industrieestriche Hinzu kommen Diversifikationen bzgl. der Korngröße der Farbe und der Art des Schnellestrichbindemittels. Basierend auf diesen Möglichkeiten ergibt sich z.B. für unser Haus in Summe eine zweistellige Zahl an mineralischen Produkten für die Anwendung im Bereich der industriellen Nutzung. Hierbei liegt der Fokus primär auf der schnellen Nutzbarkeit (abhängig von den Vorgaben) und der für uns wichtigen zusätzlichen Verbesserung im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit 3. B-CSA Systeme Die Ausbildung der Frühfestigkeit bei Portlandzementen wird im Wesentlichen durch Alit gesteuert. Verantwortlich für hohe Endfestigkeiten hingegen ist die langsamere Belit-Phase. Wie in Tabelle 1 zu sehen, ist beim B-CSA Zement die Alit-Phase komplett durch CSA substituiert. CSA bildet innerhalb kürzester Zeit stabile Ettringitkristalle, welche Frühfestigkeiten von > 20 MPa innerhalb von zwei Stunden ermöglichen. Das Abbindeverhalten noch vor der eigentlichen Hydratation kann chemisch so beschrieben werden, dass nach der Wasserzugabe ca. 80 % der Ettringitkristallstruktur durch die Calciumsulfat- und Aluminatkomponenten entstehen [2]. Bild 1 beschreibt graphisch den Erstarrungs- und Bild 2 den Festigkeitsverlauf im Vergleich zu einem CEM I. Bindemittel Alit C3S CSA C4A3Ŝ Belit C2S C3A Portlandzement 45-80 % - 0-32 % 7-15 % B-CSA - 20-30 % 40-60 % - Tabelle 1 „Mineralogische Zusammensetzung Portlandzement/ B-CSA“ Bild 1 „Erstarrungsverlauf Portlandzement / B-CSA“ Buch IB.indb 125 11.02.20 12: 53 126 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Schnellzemente im Bereich der Industrieböden - Theorie und Praxis Die Hauptphase des B-CSA Zementes stellt Belit dar, wodurch ebenfalls je nach Betonrezeptur hohe Endfestigkeiten nach 28 Tagen von > 60 MPa erreicht werden können. Aufgrund des hohen Belitgehalts steigert sich jedoch die Festigkeit des Betons auch darüber hinaus noch merklich. Untersuchungen in den USA haben ergeben, dass bei Bauteilen nach 15 Jahren noch eine Festigkeitssteigerung von ca. 30 % im Vergleich zur 28-Tage Festigkeit erreicht wurde. [2] Bild 2 „Festigkeitsverlauf CEM I / B-CSA“ Bild 3 zeigt den qualitativen Unterschied im Bereich der Bindemittelarten. Sowohl CEM I bzw. mod. CEM I Optionen schwinden nach wie vor. Erst Systeme auf Basis von z.B. Rapid Set/ B-CSA weisen auch nach vielen 100 Tagen noch keine signifikanten Volumenveränderungen auf. Bild 3 „Typische Schwundverläufe (Rapid Set/ B-CSA)“ 4. Ternäre Systeme Ein ternäres System ist ein Gemisch aus drei Stoffen und setzt sich im Bereich der zementären, mineralischen Systeme aus den Komponenten CAC oder B-CSA, CEM I und Gips (Halbhydrat, Dihydrat) zusammen. Erste Verwendungen fanden im Bereich der Selbstverlaufsmassen im Industriebereich beginnend in den 1990er Jahren statt. Mittlerweile sind diese Systeme im zementäen Bereich neben den B-CSA Versionen der Status Quo im Bereich der „Schnellestriche“. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass neben der Optimierung des Austrocknungsverhaltens auch die Volumenstabilität im Fokus der Formulierungen liegt. Einen guten Überblick bietet das TKB Merkblatt 14 [4] „Schnellzementestriche und Zementestriche mit Estrichzusatzmitteln“. 5. Ausblick Im Rahmen dieser kurzen Betrachtung soll auf die technischen Vorteile von B-CSA bzw. ternär basierten Industrieestriche/ -böden eingegangen werden. Neben dem Einsatz im Wohnungsbau bzw. bei Infrastrukturmaßnahmen sind diese Bindemittelvariationen auch im Industriebau nicht mehr wegzudenken. Neben den zeitlichen Vorteilen bieten Produkte auf deren Basis auch technisch nachweisbare Vorteile. Dies vor allem im Hinblick auf die Volumenstabilität, dem Potential des chemisch gebundenen Anmachwassers und der Gefügedichtigkeit. Literatur [1] Schnellbeton zur zeitoptimierten Instandsetzung einer Tankfläche - Objektreport_01_2019 TAE Lasse Manns [2] Andrzej Wieckowski, Roman Zimka: Beton mit schnellerhärtendem Calcium-Sulfoaluminat-Zement (CSA-ZEMENT); in: Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017) 8, A19 - A23 [3] Eric Bescher, Christopher Ramseyer: Seattle-Tacoma Airport concrete rehabilitation performance review - A 17-Year performance review of concrete rehabilitation using sulfoaluminatebelite cement at the Seattle-Tacoma Airport (2013) [4] TKB Merkblatt 14 „Schnellzementestriche und Zementestriche mit Estrichzusatzmitteln“ (2015) Buch IB.indb 126 11.02.20 12: 53 Hygienebereich Buch IB.indb 127 11.02.20 12: 53 Buch IB.indb 128 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 129 Mögliche Reinraumbodenlösungen in der pharmazeutischen Industrie Dipl.-Ing Architekt Peter Kotzurek k-plan architekten GmbH, 61476 Kronberg/ Ts., Hessen Zusammenfassung Reinraumböden in der pharmazeutischen Industrie müssen gewissenhaft geplant werden, um sowohl die hygienischen als auch die Nutzeranforderungen zu erfüllen. Die Planung muss jedoch unter Einbindung der Bauherrschaft und Nutzer (Spezifikation / Anforderungsprofil / eigene Erfahrungen) erfolgen, sowie durch Auswahl der richtigen Produkte und durch Qualitätsprüfung während der Ausführung, bei der Abnahme und Dokumentation fortgesetzt werden. Nur durch gemeinsames Wirken aller Beteiligten können die gesteckten Ziele erreicht werden. 1. Geschichte des Reinraums Die Notwendigkeit der Reinräume wurde aus hygienischen Gründen zunächst in Krankenhäusern in Operationssälen erkannt, entwickelt und umgesetzt, um Infektionen zu vermeiden. Neben der „schwarz / weiß“ - Zonierung wurden die Böden und Wände (Türhoch) gefliest, sowie der höher Teil der Wände und Decken gestrichen, um glatte und leicht zu reinigende Oberflächen zu erzielen. Im Laufe der Zeit haben sich die Anforderungen an Reinräume permanent erhöht. Es wurde Klimatisierung eingeführt, um eine gleichmäßige Temperierung, Luftfeuchte und eine möglichst geringe Keimzahl / Partikelzahl zu erreichen. 1.1 Reinraumausweitung in andere Branchen. Reinräume haben durch den Einsatz der Klimatisierung und gezielter Reduzierung der Partikelanzahl in der Luft auch in anderen Branchen, wie Pharma-, Biotechnologie, Optik- und Lasertechnologie, Luft- und Raumfahrtindustrie, Nanotechnologie, Chipherstellung, Halbleiterfertigung, Kosmetik- und Lebensmittelindustrie, etc. Einzug gehalten. 1.2 Reinraumanforderungen. Die Reinraumanforderungen werden allgemein in Reinraum- und ISO-Klassen definiert und sind klar geregelt. Zusätzliche Anforderung an die Lüftung werden über Unterdruckbzw. Überdruck-Regelung gestellt, um Partikel in bzw. aus angrenzenden Bereichen zu vermeiden. Bei Wänden und Decken werden möglichst glatte und leicht zu reinigende Oberflächen gefordert. Weitere Anforderungen können, je nach der Beanspruchung, gestellt werden. An die Reinraumböden werden, je nach Branche, unterschiedliche Anforderungen gestellt: • geringer Abrieb • glatt ausgeführt • möglichst fugenlos • bakteriostatisch • farbecht sowie UV- und temperaturbeständig • flüssigkeitsdicht leicht reinigbar, desinfizierbar und dekontaminierbar • Luftdruckfestigkeit • mechanische / chemische Beständigkeit • rutschfest • hitzebeständig • ggf. WHG Je nach Einsatzbereich (trocken/ nass) muss/ kann der Reinraumboden eben oder im Gefalle ausgebildet werden. Hierzu gehört das Augenmerk auf Planung und Detailausbildung, sowie der Qualitätskontrolle in Ausführung und Dokumentation: • Ebenheit / Gefälle • Bodeneinbauten (Bodeneinläufe, Medien- und Rohr-Durchführungen, Bodenwaagen, etc.) • Sockel-Anarbeitung an Equipment • Rutschsicherheit (je höher die Rutschsicherheit, desto schwierigere Reinigbarkeit) Buch IB.indb 129 11.02.20 12: 53 130 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Mögliche Reinraumbodenlösungen in der pharmazeutischen Industrie Darüber hinaus sind aufgrund des Einzugs von digitaler Messtechnik im Herstellungsprozeß unerwünschte Einflüsse zu verhindern und je nach Einsatzbereich (u.a. EX- Schutz) weitere Anforderungen zu berücksichtigen: • Antistatisch • Ableitfähigkeit Die genaue Spezifikation muss für die Planung von der Bauherrn-/ Nutzerseite erfolgen. 1.3 Wichtigste Normen für Reinraumböden Die Reinraumanforderungen werden allgemein in Reinraum- und ISO-Klassen definiert und sind klar • EN ISO 14644 • GMP • BGR (berufsgenossenschaftliches Regelwerk) 2. Reinraumbodenlösungen Auch wenn die Reinraumklassen auf den ersten Blick über die Klimatisierung und die Partikelanzahl in der Luft definiert werden, spielt der Reinraumboden keine untergeordnete Rolle. Denn kein anderes Bauteil wird so stark beansprucht, wie der Reinraumboden. 2.1 Auf den Untergrund kommt es an. Neben optischen Ansprüchen müssen Bodenbeläge funktionalen Anforderungen wie mechanische und chemische Belastbarkeit, Reinigbarkeit, Rutschsicherheit, etc. genügen. Daher bedürfen Bodenbeläge jeder Art eines einwandfreien und funktionalen Unterbaus. Dieser Unterboden besteht in der Regel aus Estrich und befindet sich unterhalb des sichtbaren Belages. Im industriellen Bereich kommen nachfolgende Estrich-Lösungen in Frage: 2.1.1 Im Verbund (überwiegend) 2.1.2 „schwimmend“ Abkoppelung vom Untergrund 2.2 Auswahl der richtigen Reinraumbodenlösung Es gibt mittlerweile mehrere Reinraumbodenlösungen, die sich in der Praxis bewährt haben. Je nach Einsatzbereich haben jedoch die in Frage kommenden Reinraumbodenlösungen Ihre Stärken und Schwächen. Hier ist jedoch nicht nur der Planer, sondern auch der Bauherr / Bauherrenvertreter als auch der Nutzer gefordert. Gerade bei der Wahl der richtigen Reinraumbodenlösung sind alle v.g. Parteien gefordert: • der Planer als Berater • der Bauherr / Nutzer als Anforderer mit detaillierten Angabe / Vorgaben / Erfahrungen. In unserer bisherigen Berufspraxis haben wir einen einzigen Bauherren erlebt, der seine Aufgabe sehr ernst genommen hat und die möglichen Reinraumbodenlösungen (hier Pharmaterrazzo) in eigenen Laboren einer tatsächlichen Beanspruchung durch die eingesetzten Chemikalien unterzogen hat und bei der Auswahl sehr verantwortungsbewusst mitgewirkt hat. Selbstverständlich gibt es auch Bauherrn, die die Anforderungen an die Fußböden in den jeweiligen Bereichen spezifizieren und den jeweiligen Nachweis dem Planer bzw. dem ausführenden Unternehmen durch Prüfzertifikate überlässt. Die Prüfzertifikate der jeweiligen Produkte decken schon ein breites Spektrum der Beprobung ein, können jedoch nicht alle Besonderheiten abdecken, weshalb es für die Bauherren wichtig ist Besonderheiten zu berücksichtigen und ggf. die jeweiligen Bodenlösungen auf die tatsächlichen Parameter zu beproben. Es gibt für alles eine Lösung, manchmal auch zwei oder drei. Darüber muss man sprechen, um die beste Lösung zu wählen. 2.2.1 Prinzipieller Aufbau eines Reinraumbodens • Verschleißschicht (für mechanische, chemische und thermische Belastung) • Haftschicht / Klebeschicht • ggf. Ausgleich von Unebenheiten • ggf. Ausgleichsschicht (Estrich) • Haftschicht • ggf. Abdichtungsschicht • Tragschicht (Betonboden, -decke) Buch IB.indb 130 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 131 Mögliche Reinraumbodenlösungen in der pharmazeutischen Industrie 2.2.2 Reinraumbodenarten in Hygieneklassen Art des Oberbelags Hygieneklasse nach EG-Guide 2.2.2.1 Edelstahlboden verschweißt Klasse A und darunter 2.2.2.2 Pharma Terrazzo Klasse A / B und darunter 2.2.2.3 Gießharzbelag Klasse A / B und darunter 2.2.2.4 Kautschuk-/ PVC- Bahnenbelag verschweißt/ verfugt Klasse A / B, C + darunter 2.2.2.5 Keramikboden mit Epoxy-Fugen Klasse A / B, C + darunter 2.2.2.6 PVC-Bahnen / -Platten verfugt Klasse D und darunter 2.2.2.7 Keramik-Platten Klasse E und darunter zementär verfugt 2.2.2.8 Hartstoffestrich mit Versiegelung Klasse E 2.3 Eigenschaften von Reinraumbodenarten 2.3.1 Edelstahlboden (verschweißt) • nicht brennbar • chemisch hoch beständig • sehr gut reinigbar und desinfizierbar • in WHG-Ausführung möglich • Mindestableitwiderstand nach VDE von 5 x 10 4 nicht einhaltbar • sehr teuer 2.3.2 Pharma Terrazzo • schwer entflammbar • mechanisch hoch belastbar • osmoseresistend • fugenlos • sehr gut reinigbar und desinfizierbar • ableitfähig • rutschfest • in WHG-Ausführung möglich • optisch ansprechend • langlebig 2.3.3 Gießharzbelag • schwer entflammbar • geringe Aufbauhöhe • mechanisch nicht so hoch belastbar • einsetzbar bei gelegentlichem Flurförderbetrieb, • Kratz- und Bremsspuren sichtbar • osmoserisiko • fugenlos • sehr gut reinigbar und desinfizierbar • ableitfähig (nur • rutschfest • optisch ansprechend • mittelfristige Lebensdauer • niedriger Preis 2.3.4 Kautschuk- / PVC-Bahnenbelag, verschweißt • schwer entflammbar • Fugen verschweißt => müssen regelmäßig geprüft werden • reparaturfreundlich • geeignet für Fußbodenheizung • bleibender Resteindruck infolge von Belastung • Jährliche Grundreinigung und Einpflege notwendig (Herstellervorgaben) • Rauch im Brandfall sehr giftig • Alter PVC ist Sondermüll 2.3.5 Keramische Bodenbeläge (Rüttelverfahren, Epoxy-Verfugung) • nicht brennbar • mechanisch hochbeständig (schwerlasttauglich) • sehr hohe Chemikalienbeständigkeit (Schwachpunkt Fugen) • hoher Fugenanteil => Reinigbarkeit • laut (schallhart) • teuer 2.3.6. PVC-Bahnen / -Platten (verschweißt) • Schwer entflammbar • Rauch im Brandfall sehr giftig • gut reinigbar • nicht fugenlos • Fugen verschweißt => müssen regelmäßig geprüft werden • Einsetzbar ab RR-Klasse D und darunter Buch IB.indb 131 11.02.20 12: 53 132 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Mögliche Reinraumbodenlösungen in der pharmazeutischen Industrie 2.3.6 Keramische Bodenbeläge (zementär Verfugt) • nicht brennbar • mechanisch bedingt beständig • hoher Fugenanteil => Reinigbarkeit • laut (schallhart) • Detailaufwendig (Hohlkehlen, Kabel- und Mediendurchführungen, Bodeneinläufe) • nicht günstig • Einsetzbar ab RR-Klasse E und darunter 2.3.7 Hartstoffestrich mit Versiegelung • mechanisch bedingt beständig • gute Reinigbarkeit • günstig • einsetzbar in untergeordneten Räumen (Technik, etc.) 3. Abnahmekriterien für Reinraumböden • Erfüllung der Benutzer-Anforderungen (LV) • Vorlage von Zertifikaten, Prüfzeugnissen, etc) • Sichtprüfung (Oberflächengüte, Ebenheit, Detailausbildung, Sockelausbildung, Anschlüsse an Bodeneinläufe, Durchführungen, etc.) • Mikrobiologische Abklatschtests • Prüfung der Rutschhemmung / Rutschsicherheit • Prüfung der Ableitfähigkeit • Vorlage der kompletten Dokumentation Kronberg / Ts., den 08.01.2020 Dip.-Ing. Architekt Peter Kotzurek Buch IB.indb 132 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 133 Das Stufenmodell der Flächendesinfektion - Praxis und praxisnahe Ansätze Andre Tomczyk, Dr. Michael Lorenz Hohenstein Laboratories GmbH & Co. KG, Bönnigheim, Deutschland Normen stellen vielfältige, leistungsstarke Werkzeuge dar, mit dem Ziel reproduzierbare Ergebnisse zu gewinnen. Nicht nur im Bereich der Flächendesinfektion können verschiedene Prüfszenarien sicherstellen, dass diese entsprechend ihrer Anwendungsart in Laborversuchen geprüft und die Wirksamkeit bestätigt wurde. Erste wegweisende Erkenntnisse zu Übertragungswegen von Mikroorganismen und zu geeigneten Maßnahmen zur Keimreduktion wurden bereits Mitte des 19. Jahrhunderts gewonnen. Dazu zählt die Desinfektion als eine Maßnahme zur Inaktivierung potenziell pathogener Mikroorganismen. Ziel ist es, deren Anzahl deutlich zu reduzieren, um einen Zustand zu erreichen, in dem eine Infektion und Verbreitung unwahrscheinlich ist und Infektionsketten unterbrochen werden können. Eine wichtige Voraussetzungen für den Erfolg von Desinfektionsmaßnahmen ist eine vorangegangene Reinigung. Mit Hilfe von Wasser und reinigungsverstärkenden Zusätzen soll eine Beseitigung von Schmutz und anhaftendem organischem Material erzielt werden, welche die Wirkung von Desinfektionsmittel sonst erheblich reduzieren können. Das Spektrum an Desinfektionsmitteln ist äußerst umfangreich und umfasst neben chemischen auch physikalische Maßnahmen. Diese werden im Wesentlichen mit dem Ziel eingesetzt, die Struktur und somit die Funktion bzw. den Stoffwechsel von Mikroorganismen auf Protein- oder DNA-Ebene zu schädigen. Für eine vergleichende Beurteilung von Desinfektionsmitteln sind sowohl standardisierte als auch quantifizierbare Wirkungsnachweise erforderlich. Diese normativen Vorgaben werden in Gremien des Europäischen Komitees für Normung (CEN) in drei Arbeitsgruppen (WG1 - WG3) ausgearbeitet. Diese Arbeitsgruppen erarbeiten Normungsvorhaben für den humanmedizinischen (WG1), veterinärmedizinischen (WG2) und Lebensmittelsowie industriellen Bereich (WG3). Auf europäischer Ebene sind diese Normen zur Prüfung chemische Desinfektionsmittel und Antiseptika in drei Phasen unterteilt. Beginnend mit Basistests (Phase 1), gefolgt von quantitativen Suspensionsversuchen (Phase 2, Stufe 1) und anschließenden praxisnahen Versuchen (Phase 2, Stufe 2). Aufgrund individueller Gegebenheiten konnten bisher keine Feldversuche (Phase 3) normativ etabliert werden. Eine wesentliche praxisnahe Methode im Bereich der Flächendesinfektion stellt der 4-Felder-Test dar und ist im Methodenbuch des VAH, als auch in der europäischen Norm DIN EN 16615, beschrieben. Mit dieser Methode wird die Wirksamkeit einer Kombination aus Desinfektionsmittel und Tuchmaterialien gegenüber Mikroorganismen bestimmt. Dabei werden nicht nur Keimreduktionen nach erfolgter Desinfektion auf einem kontaminierten Prüffeld, sondern auch die Keimübertragung auf nichtkontaminierte Kontrollflächen bestimmt und bewertet. Abb. 1: Prüfung mittels des 4-Felder-Tests Neben der Bestimmung der Effektivität von Desinfektionsmitteln, können bestehende praxisnahe Prüfmethoden wie der 4-Felder-Test modifiziert werden. Es lassen sich so Fragen z.B. zur Desinfizierbarkeit verschiedenster Materialen und der Einfluss der jeweiligen Oberflächenstruktur, aber auch Übertragungsszenarien von kontaminierten Oberflächen auf sterile Oberflächen beantworten und näher betrachten. Je nach Fragestellung können aufschlussreiche Erkenntnisse auch durch die Kombination einzelner auch modifizierter Prüfmethoden erzielt werden. Es ergeben sich damit äußerst interessante Möglichkeiten zur Entwicklung bzw. Weiterentwicklung praxisnaher Versuche, da weiterhin erhebliche Lücken in der Phase 2-Stufe 2-Methodik bestehen und reine Reagenzglasversuche nur einen ungenügenden Anspruch auf Praxisnähe haben. 3.2 Tomczyk.indd 133 11.02.20 14: 43 3.2 Tomczyk.indd 134 11.02.20 14: 43 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 135 Mikrobiologischer Ergebnisvergleich von Reinigungs- und Desinfektionsmittel bei Edelstahloberflächen, Pharmaterrazzo und Synthesekautschuk Andreas Schweizer Leonhard Weiss Fußbodentechnik GmbH & Co. KG 3.3 Schweizer.indd 135 11.02.20 14: 43 136 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Mikrobiologischer Ergebnisvergleich von Reinigungs- und Desinfektionsmittel bei Edelstahloberflächen, Pharmaterrazzo und Synthesekautschuk Buch IB.indb 136 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 137 Mikrobiologischer Ergebnisvergleich von Reinigungs- und Desinfektionsmittel bei Edelstahloberflächen, Pharmaterrazzo und Synthesekautschuk Buch IB.indb 137 11.02.20 12: 53 138 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Mikrobiologischer Ergebnisvergleich von Reinigungs- und Desinfektionsmittel bei Edelstahloberflächen, Pharmaterrazzo und Synthesekautschuk Buch IB.indb 138 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 139 Mikrobiologischer Ergebnisvergleich von Reinigungs- und Desinfektionsmittel bei Edelstahloberflächen, Pharmaterrazzo und Synthesekautschuk Buch IB.indb 139 11.02.20 12: 53 140 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Mikrobiologischer Ergebnisvergleich von Reinigungs- und Desinfektionsmittel bei Edelstahloberflächen, Pharmaterrazzo und Synthesekautschuk Buch IB.indb 140 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 141 Mikrobiologischer Ergebnisvergleich von Reinigungs- und Desinfektionsmittel bei Edelstahloberflächen, Pharmaterrazzo und Synthesekautschuk Buch IB.indb 141 11.02.20 12: 53 142 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Mikrobiologischer Ergebnisvergleich von Reinigungs- und Desinfektionsmittel bei Edelstahloberflächen, Pharmaterrazzo und Synthesekautschuk Buch IB.indb 142 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 143 Mikrobiologischer Ergebnisvergleich von Reinigungs- und Desinfektionsmittel bei Edelstahloberflächen, Pharmaterrazzo und Synthesekautschuk Buch IB.indb 143 11.02.20 12: 53 144 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Mikrobiologischer Ergebnisvergleich von Reinigungs- und Desinfektionsmittel bei Edelstahloberflächen, Pharmaterrazzo und Synthesekautschuk Buch IB.indb 144 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 145 Mikrobiologischer Ergebnisvergleich von Reinigungs- und Desinfektionsmittel bei Edelstahloberflächen, Pharmaterrazzo und Synthesekautschuk Buch IB.indb 145 11.02.20 12: 53 Buch IB.indb 146 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 147 Hoch beanspruchte Fußböden für die Produktion und Verarbeitung von Nahrungsmitteln Peter Heller Institut für Bautenschutz, Baustoffe und Bauphysik - Dr. Rieche und Dr. Schürger GmbH & Co. KG, Fellbach, Deutschland Zusammenfassung Fußböden in Produktionsstätten für Nahrungsmittel sind extrem hohen Beanspruchungen ausgesetzt. Neben aggressiv wirkenden Ölen, Fetten und Säuren etc. sowie hohen thermischen und mechanischen Beanspruchungen muss der Fußboden vor allem einer fortwährenden Beanspruchungen durch Wasser standhalten. Wasser erweist sich letztendlich als Ursache für nahezu alle in solchen baulichen Bereichen auftretenden Schäden. Dementsprechend groß ist die Herausforderung für die Planung und Ausführung der Abdichtung. Es müssen frühzeitig die richtigen Weichen gestellt werden, um einen in abdichtungstechnischer Hinsicht fachgerechten und dauerhaften Zustand sicherzustellen. Dies wird in der Praxis nicht selten unterschätzt, so dass dann Schäden eintreten, die gravierend sind und außer dem eigentlichen Fußboden oft auch noch angrenzende bauliche Bereiche betreffen. Anhand verschiedener Fallbeispiele werden in dem Vortrag praxiserprobte Möglichkeiten erörtert, wie Schäden entgegen gewirkt und ein dauerhafter Fußboden erzielt werden kann. 1. Anforderungen Ganz allgemein müssen Bauwerke und Bauteile so geplant werden, dass durch Wasser oder Feuchtigkeit keine Schäden oder unzumutbare Belästigungen entstehen können. Diese Forderung besteht naturgemäß auch für Fußböden in Produktionsstätten für Nahrungsmittel. Sie ist gerade dort von außerordentlicher Wichtigkeit, weil in der Regel hohe Wasserbeanspruchungen auftreten. Entsprechend der Bezeichnungsweise der DIN 18534-1 [1] ist in dem vorliegenden Anwendungsgebiet für Fußböden in der Regel von der Wassereinwirkungsklasse W3-I „sehr hoch“ auszugehen. Dies gilt im Übrigen auch für die Wände, und zwar für die Teilbereiche, in denen eine Belastung durch Spritzwasser auftritt. Weitere Eigenschaften, die ein solcher Fußboden aufweisen muss, sind eine gute Rutschhemmung und eine hohe chemische Beständigkeit gegenüber zahlreichen organischen und anorganischen Substanzen. Zudem soll er mechanisch hoch belastbar und gut reinigungsfähig sein. Die Ausführung der Abdichtung stellt eine planerisch und handwerklich anspruchsvolle und komplexe Aufgabe darstellt. In Zusammenhang mit dem Abdichtungskonzept sind daher umfangreiche Überlegungen erforderlich. Sie müssen sich nicht nur auf die Abdichtung selbst, sondern auf alle ihre Details in Zusammenhang mit den angrenzenden Bauteilen und auf die Entwässerung des Fußbodens erstrecken. 2. Abdichtungsbauarten 2.1 Vorbemerkungen Für die Fußböden sind in dem vorliegenden Anwendungsbereich aus abdichtungstechnischer Sicht im Wesentlichen drei verschiedene Lösungen zu betrachten. Diese sind eng an die weiteren Randbedingungen für den gesamten Fußbodenaufbau geknüpft. Grundsätzlich handelt sich um die im Teil 1 der DIN 18534-1 [1] beschriebenen Abdichtungsbauarten b und c bzw. um Varianten hiervon. Die Abdichtungsbauart a spielt bei Fußböden, an die hohe Anforderungen bezüglich Reinigungsfähigkeit und Hygiene bestehen, dagegen keine Rolle. 2.2 Fußbodenaufbau im Verbund Vielfach findet man in den letzten Jahren die Abdichtungsbauart b vor, wobei die Abdichtung dann allein durch einen wasserdichten Belag, wie keramische Fliesen plus Verbundabdichtung, besonders häufig jedoch durch eine Reaktionsharz-Beschichtung gebildet wird. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer „alternativen Abdichtung“. Diese Bauweise, die unter anderem das BEB-Arbeitsblatt KH 6 [2] beschreibt, ist im Grundsatz dann in Erwägung zu ziehen, wenn keine Anforderungen an den Schallund/ oder den Wärmeschutz und der Estrich somit im Verbund verlegt werden kann. 3.4 Heller.indd 147 13.02.20 16: 04 148 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Hoch beanspruchte Fußböden für die Produktion und Verarbeitung von Nahrungsmitteln Der Fußboden kann in diesem Falle weitgehend fugenfrei hergestellt werden. Der Planungsaufwand ist relativ gering und die Verarbeitungssicherheit hoch. Man muss sich aber bezüglich einer solchen „alternativen Abdichtung“ darüber im Klaren sein, dass sie eine Sonderbauweise darstellt. Bei Undichtigkeiten an der einen bestehenden Abdichtungsebene, sei es durch Verarbeitungsfehler oder durch im Zuge der Nutzung entstandene Schäden, ist kein Schutz für das Gebäude vorhanden. Es besteht ein erhöhtes Risiko umfangreicher Schäden am Stahlbetonuntergrund und am Bauwerk insgesamt. Es muss daher sorgfältig abgewogen werden, ob diese Bauweise zum Einsatz kommen soll, insbesondere wenn es sich um eine Geschossdecke handelt. Wenn die darunter liegenden Räumen einer sensiblen Nutzung unterliegen, besteht ein hohes Gefährdungspotenzial. Bei solchen baulichen Gegebenheiten ist von einem Fußboden im Verbund abzuraten. 2.3 Sicherheitsebene Eine Lösung, die sich in diesem Falle anbietet, stellt ein Fußbodenaufbau mit einer Sicherheitsebene dar. Dabei handelt es sich um eine „abgemagerte“ Variante der in der DIN 18534-1 [1] beschriebenen Bauart c. Zum Schutz des Stahlbetondecke und den darunter liegenden Räumen wird auf der Decke zunächst die Sicherheitsebene verlegt, bestehend aus bahnenförmigen Abdichtungsstoffen. Dafür können Kunststoff-Abdichtungsbahnen verwendet werden, die bei den auftretenden Beanspruchungen beständig sein müssen (keine bituminösen Werkstoffe). Auf der Sicherheitsebene wird dann der weitere Fußbodenaufbau aufgebracht einschließlich Nutzschicht. Die Sicherheitsebene ist wannenförmig auszuführen. Sie muss an den aufgehenden Bauteilen hochgeführt und an Einbauten etc. wasserdicht angeschlossen werden. Um den Bodenaufbau aber möglichst einfach zu gestalten und dem Eindringen von Wasser im Falle von Rückstau entgegen zu wirken, wird die Sicherheitsebene nicht entwässert. Das heißt, sei besitzt kein Gefälle und sie wird nicht an die Entwässerungseinrichtungen angeschlossen. Im engeren Sinne handelt es sich daher nicht um eine Abdichtung. Es liegt deshalb eine Sonderbauweise vor, die in den vergangenen Jahren zunehmend Anwendung gefunden und sich bislang bewährt hat. Die Einführung der Sicherheitsebene in den Bodenaufbau hat zur Konsequenz, dass keine Verbundbauweise mehr vorliegt, sondern es wird dadurch ein Estrich auf Trennlage geschaffen Dadurch werden die Planung und die Ausführung des Fußbodens aufwändiger, insbesondere wegen der nun notwendig werdenden Fugen. Wichtig ist, dass die Fugen auf das aus technischer Sicht unbedingt notwendige Maß beschränkt werden, um das von ihnen ausgehende Schadenrisiko zu beschränken. 2.4 Fußboden mit Dämmschicht Außerordentlich aufwändig wird es dann, wenn Fußböden der vorliegenden Art zusätzlich mit einer Dämmschicht ausgestattet werden sollen. Die ist nur am Rande durch die in bei dieser Bauart ebenfalls anzuordnenden Fugen bedingt, sondern wesentlich durch die aufwändigen Detailausbildungen des Fußbodens. Diese gestalten aus abdichtungstechnischer Sicht besonders komplex, sind schwierig umzusetzen und stellen eine häufige Fehlerquelle dar. Oft liegt dort der Ausgangspunkt für Schäden, deren Ursache in den Bodenaufbau eingedrungenes Wasser ist. Es sollte daher, wenn immer dies aus bauphysikalischer Sicht möglich und zulässig ist, kein schwimmender Estrich ausgeführt werden. In diesem Zusammenhang ist auch zu prüfen, ob die in der Praxis bei der vorliegenden Anwendung mitunter eingesetzten dünnen Matten aus Gummigranulat überhaupt zu einer nennenswerten Verbesserung des Trittschallschutzes führen können, oder ob auf eine solche Schicht besser verzichtet und gleich ein „massiver“ Bodenaufbau erstellt wird. 3. Schadensfälle 3.1 Fall 1: Zu späte Planung In ein neu zu erstellendes Industriegebäude sollten auch eine Großküche mit angrenzender Cafeteria integriert werden. Mit ersten Arbeiten am Küchenboden war schon begonnen worden und man hatte einen Teil der an die Großküche angrenzende bauliche Bereiche bereits fertiggestellt, ohne dass zuvor eine ausreichende Abdichtungs- und Entwässerungsplanung für den Boden in der Großküche erfolgt war. Die Folge hiervon waren starke Verzögerungen bei der Fertigstellung, zumal in der Großküche aus bauphysikalischen Gründen ein Estrich auf Dämmschicht auszuführen war, der ohnehin komplizierte Detailausbildungen mit sich bringt. Auch die Herstellung der Anschlüsse und Übergänge an die angrenzenden bereits fertig gestellten Bauteile gestaltete sich schwierig. Teils waren hier erhebliche Änderungen und bis hin zum Rückbau bereits fertig gestellter Bauteile notwendig. Optimale Lösungen hinsichtlich Abdichtung und Entwässerung des Küchenbodens waren nicht mehr realisierbar. Bild 1: Beispiel für ein fachgerechtes Detail gemäß VdF-070 [3], Estrich auf Dämmschicht. Buch IB.indb 148 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 149 Hoch beanspruchte Fußböden für die Produktion und Verarbeitung von Nahrungsmitteln → Der Zeit- und der Arbeitsaufwand für die Planung von abgedichteten Fußböden, insbesondere für die sehr anspruchsvolle Detailplanung, dürfen nicht unterschätzt werden. Hierauf weist unter anderem die Technische Richtlinie VdF-070 [3] hin. Dort heißt es, dass Einbauteile „sehr frühzeitig zu planen sind“, wobei sich die Planung auch auf die angrenzenden baulichen Bereiche erstrecken muss. Andernfalls ist mit „Kompromissen und Bauverzögerungen“ zu rechnen. - Die VdF-070 [3] stellt eine gute Planungshilfe dar. Dort sind zahlreiche praxisbewährte Detailausbildungen beschrieben. Diese müssen noch objektspezifi sch modifi ziert und ergänzt werden. 3.2 Fall 2: Unzureichende chemische Beständigkeit Im Zuge der Sanierung des Fußbodens in einer zu einem Lebensmittel produzierenden Betrieb gehörenden Spülküche wurde der Fliesenbelag erneuert. Schon wenige Wochen nach der Wiederinbetriebnahme wurden vom Bauherrn intensive hellgraue Ausblühungen auf der Oberfl äche des Fliesenbelags bemängelt. In der Folgezeit lösten sich dann immer wieder Fliesen ab. Diese Erscheinungen konzentrierten sich auf die unmittelbare Umgebung der Entwässerungseinrichtungen und der Spülgeräte. Bild 2: Intensiv ausgeprägte Ausblühungen auf dem Fliesenbelag. → Wie sich herausstellte, war für das Verkleben und Verfugen des Fliesenbelags jeweils zementgebundene Mörtel verwendet worden. Die stand entgegen der Ausschreibung, die hierfür einen Reaktionsharzmörtel vorgesehen hatte. Eine für die am Objekt vorliegenden Beanspruchungen ausreichende chemische Beständigkeit konnte daher nicht erreicht werden. Hinzu kam, dass der Fußboden kein Gefälle aufwies. Dieser Einfl uss war zwar nicht primär ursächlich für den aufgetretenen Schaden. Er hat aber zu einer Intensivierung der chemischen Beanspruchung geführt, so dass die Schäden schon nach sehr kurzer Zeit auftraten. Bei der Beanspruchung entsprechend der Wassereinwirkungsklasse W3-I, die bei vielen Anwendungen mit chemischen Belastungen des Fußbodens einhergeht, zum Beispiel durch Reinigungsmittel, stellt sich immer wieder die Frage, ob der hohe Arbeits- und Kostenaufwand für die Verwendung von Reaktionsharzmörteln gerechtfertigt ist. Diese Frage sollte im Zweifelfall bejaht werden. Eine wesentliche Voraussetzung für die erfolgreiche Anwendung ist, dass ein mit der Verarbeitung von Reaktionsharzmörteln vertrauter Fachbetrieb zur Verfügung steht. 3.3 Fall 3: Wasserdurchtritte in Technikräume In einem Betrieb, der Lebensmittel herstellt und verarbeitet, wurde als Nutzschicht für den dort vorhandenen Fußboden eine Reaktionsharz-Beschichtung ausgeführt. Sie wies von Anfang an Fehlstellen auf, bedingt durch mangelhaft ausgeführte Beschichtungsarbeiten. Insbesondere waren die Details unzureichend ausgeführt worden. Dadurch konnte Wasser in den Fußbodenaufbau, in die Stahlbetondecke und in die in dem darunter liegenden Geschoss liegenden Technikräume gelangen. An den dortigen Einrichtungen kam es zu gravierenden Schäden. Es trat ausgeprägte Korrosion auf, gefördert durch Chloride, die vorwiegend aus Speisesalz stammen und im Wasser enthalten waren. Außerdem fi elen durch die Wassereinwirkung immer wieder elektronische Geräte aus, die in dem Technikraum untergebracht waren. Bild 3: Korrodierte Einrichtungen in einem der Technikräume. → Einerseits muss die Herstellung der Nutzschicht, sei es eine Reaktionsharz-Beschichtung oder eine Fliesenbelag mit Verbundabdichtung, mit äußerster Sorgfalt erfolgen. Die Wasserdichtheit muss bei wannenartiger Ausführung der Abdichtung an jeder Stelle des Fußbodens sichergestellt sein, auch an allen An- und Abschlüssen. Andererseits ist ein aus abdichtungstechnischer Sicht zweistufi ges Systems immer dann angezeigt, wenn sich im darunter liegenden Geschoss sensible Einrichtungen befi nden. Das heißt, es ist dann dringend notwendig, eine Buch IB.indb 149 11.02.20 12: 53 150 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Hoch beanspruchte Fußböden für die Produktion und Verarbeitung von Nahrungsmitteln Sicherheitsebene auszuführen. - Die Sicherungsebene kann zwar eine eventuelle Versottung des Estrichs nicht verhindern. Sie wäre in dem vorliegenden Fall aber dazu in der Lage gewesen, die im Untergeschoss vorhandenen technischen Einrichtungen vor Schäden durch Wassereinwirkung zu schützen. 3.4 Fall 4: Unzureichende Entwässerung Der Fußboden in einem Fleisch verarbeitenden Betrieb wurde, entgegen der Planung, in einzelnen Räumlichkeiten ohne Gefälle ausgeführt. Zudem war die Ebenheit des Bodens unzureichend. Es war nicht einmal die normale Ebenheitsanforderung gemäß Tabelle 3, Zeile 3, der DIN 18202 [4] erreicht worden. Deshalb kam es an den Tiefstellen des Fliesenbelags zu ausgeprägten Pfützenbildungen. Das an den Tiefstellen des Fliesenbelags stehen bleibende Wasser musste während des Betriebs regelmäßig von Hand mit dem Gummischieber entfernt werden, was naturgemäß zu Beanstandungen seitens der Nutzer und des Bauherrn führte. Bild 4: Starke Unebenheiten des Fliesenbelags. → Die Gefälleausbildung bei abgedichteten Fußböden wird in der Fachwelt kontrovers diskutiert. So lässt die DIN 18534-1 [1] die gefällelose Variante von abgedichteten Fußböden zu. Das heißt, im, Grundsatz darf auf eine Gefälle verzichtet werden, wenn das auf dem Fußboden anfallende Wasser auf andere Weise entfernt werden kann. In dem vorliegenden Fall kam jedoch hinzu, dass die Ebenheit des Fliesenbelags unzureichend war. Generell sollte bei Fußböden, die stark mit Wasser belastet sind, auf ein Gefälle nicht verzichtet werden. Am wirksamsten ist naturgemäß eine vollflächige Gefälleausbildung. Das Gefälle sollte bei Fußböden mit rutschhemmender Oberfläche einen Wert von mindestens 2 - 2,5 % aufweisen, um eine gute Entwässerungswirkung zu erzielen. Gegen ein großflächiges Gefälle spricht, dass das Begehen und das Stehen dann nur in schräger Körperhaltung erfolgen und es infolgedessen zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei den Beschäftigten kommen kann. Ferner können bei einem großflächigen Gefälle fahrbare Einrichtungsgegenstände, wie Rollwagen und ähnliches, selbsttätig wegrollen. Auch sind die notwendigen Gefälleschichten relativ teuer. Eine gute Möglichkeit bzw. ein Kompromiss ist die Ausbildung eines lokalen Gefälles, beschränkt auf die unmittelbare Umgebung der Entwässerungseinrichtungen. Diese Ausführung wird auch als Trichtergefälle bezeichnet. Sie verhindert auch, dass die Bodenabläufe und Entwässerungsrinnen versehentlich zu hoch eingebaut werden und diese dann unerwünschte und hinsichtlich ihrer Entwässerungsfunktion vollkommen unwirksame „Hochpunkte“ des Fußbodens bilden. 4. Fazit Abgedichtete Fußböden in Produktionsstätten für Nahrungsmittel müssen hohen Beanspruchungen stand-halten. Dies ist maßgeblich bedingt durch die hier auftretende starke Wassereinwirkung. Die erste wichtige Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit und die Dauerhaftigkeit abgedichteter Fußböden ist eine umfassende Planung, in die auch alle Details mit einbezogen werden müssen. Dem Planer stehen dazu zwischenzeitlich gute Hilfen zur Verfügung, unter anderem die hier genannten Regelwerke [1-3]. Objektspezifische Anpassungen sind jedoch notwendig. Dabei sind auch alle Schnittstellen mit anderen Gewerken/ Bauteilen in die Planung mit einzubeziehen. Jedes Detail muss abdichtungstechnisch gelöst werden. Elastische Fugendichtstoffe dürfen nur zur Abdichtung der Fugen selbst bzw. des „Fugenraums“ dienen. Die handwerkliche Ausführung des Fußbodens erfordert eine hohe Sorgfalt, unabhängig von der gewählten Bauweise und der Art der Nutzschicht. Die betreffenden Arbeiten dürfen deshalb nur von Fachbetrieben ausgeführt werden, die über ausreichende Erfahrungen auf diesem Arbeitsgebiet verfügen. Literaturverzeichnis [1] DIN 18534-1: 2017-07, Abdichtung von Innenräumen - Teil 1: Anforderungen, Planungs- und Ausführungsgrundsätze. [2] BEB-Arbeitsblatt KH 6, Industrieböden aus Reaktionsharz - Leitfaden für Fußbodenkonstruktionen im nassbelasteten Lebensmittelbereich, Stand Oktober 2015, Bundesverband Estrich und Belag e.V., Troisdorf - Oberlar [4] Technische Richtlinie VdF-070, Fußboden in der Großküche, Stand Juni 2018, Verband der Fachplaner Gastronomie - Hotellerie - Gemeinschaftsverpflegung e.V (Hrsg.), Berlin. [5] DIN 18202: 2019-07, Toleranzen im Hochbau. Buch IB.indb 150 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 151 Sauberlaufzone - nützliches Detail im Eingangsbereich Peter Heller Institut für Bautenschutz, Baustoffe und Bauphysik - Dr. Rieche und Dr. Schürger GmbH & Co. KG, Fellbach, Deutschland Zusammenfassung Fachgerecht ausgeführte Sauberlaufzonen können große Anteile von Schmutz und Nässe aufnehmen, bevor diese in das Gebäude eingeschleppt werden. Sie sparen Reinigungskosten, stellen ein gepflegtes Erscheinungsbild sicher, wirken verschleißbedingten Schäden an Bodenbelägen entgegen und tragen dadurch maßgeblich zum Werterhalt von Gebäuden bei. Zudem beugen Sauberlaufzonen auch Unfällen vor, in dem sie für eine ausreichende Trittsicherheit sorgen. An beispielhaft behandelte Schadensfälle anknüpfend werden die wesentlichen Aspekte behandelt, die bei der Planung und Ausführung sowie für den laufenden Betrieb von Sauberlaufzonen beachtet werden müssen. 1. Schmutzeintrag und -verteilung in Gebäuden Bei der Nutzung von Gebäuden kommt es unweigerlich zu einem Eintrag von Schmutz und anderen Fremdstoffen in das Gebäudeinnere durch die Nutzer. Zu unterscheiden ist diesbezüglich in gröberen Schmutz, wie zum Beispiel Steinchen, in Feinschmutz sowie in Nässe bzw. Wasser. Ferner kann im Winter auch Tausalz und Schnee in das Gebäude gelangen. Außerdem können im Hinblick auf die Anordnung von Sauberlaufzonen auch Substanzen wie Fett oder Öl maßgeblich sein, die aus innerhalb des Gebäudes liegenden, anders genutzten Räumlichkeiten verschleppt werden. Dabei kann es sich um Küchenbereiche, Werkstätten oder ähnliches handeln. Auch Getränkeautomaten oder Kantinen können solche im Gebäude liegenden „Hot Spots“ bilden oder auch unmittelbar zum Gebäude gehörende Parkflächen. Meist gelangt jedoch der Großteil des Schmutzes über die Eingänge in das Gebäude. Dies gilt nicht nur für den Haupteingang, sondern es können, in Abhängigkeit von den örtlichen Gegebenheiten, auch Nebeneingänge zu einem erheblichen Schmutzeintrag führen. Die Schmutzart und die Schmutzmenge variieren je nach Gebäudetyp, Standort, Witterung, Jahreszeit und Nutzerfrequenz. Die Weiterverteilung innerhalb des Gebäudes erfolgt auf unterschiedliche Weise. Insbesondere werden Nässe und Schmutz durch die Schuhsohlen der Nutzer weiter verschleppt. Feinerer Schmutz kann jedoch auch über Lüftungsanlagen oder durch im Gebäude herrschende natürliche Luftströme weiter verteilt werden. 2. Folgen für den Fußboden Für den Fußboden ergeben sich durch den Schmutzeintrag verschiedene Folgen, die auch abhängig von der Art der Nutzschicht sind. Zunächst führt der in das Gebäude eingetragene Schmutz naturgemäß zu einer Beeinträchtigung des optischen Erscheinungsbildes. Gerade der Eingangsbereich trägt in der Regel jedoch in hohem Maße zu dem Gesamteindruck bei, den ein Besucher von einem Gebäude gewinnt. Daher soll der Eingangsbereich sauber und gepflegt erscheinen, auch bei „kritischen“ Wettersituationen, wenn beispielsweise Schneematsch in außerhalb des Gebäudes liegenden Freibereichen vorhanden ist. Bei eher weichen Nutzschichten auf Kunststoffbasis und bei Holzbzw. Parkettbelägen, wie sie heutzutage häufig zum Einsatz kommen, steht die frühzeitige Abnutzung im Vordergrund. Diese wird bewirkt durch die abrasive Wirkung scharfkantiger harter Partikel, wie zum Beispiel Sand. Oft kommt es dann zu der so genannten „Laufstraßenbildung“. Hierunter versteht man stark begangene Bereiche, die sich meist dunkel abzeichnen. Der Grund hierfür ist Schmutz, der sich an den Tiefstellen der rau gewordenen Oberflächenstruktur des Bodenbelags ablagert und sich durch Reinigen nur noch unzureichend entfernen lässt. Solche Erscheinungen können auch bei vermeintlich härteren Belagsarten auftreten, insbesondere bei Betonwerkstein oder bei bestimmten Naturwerksteinarten. Als besonders empfindlich erweisen sich hier dunkle Farben, in denen sich die entstandenen feinen Kratzer dann hell abzeichnen und daher besonders ins Auge fallen. Buch IB.indb 151 11.02.20 12: 53 152 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Sauberlaufzone - nützliches Detail im Eingangsbereich Bild 1: Durch abrasiv wirkende Partikel schadhaft gewordener Betonwerksteinbelag einer Treppe. Des Weiteren führen auf dem Bodenbelag aufliegende Verschmutzungen und Nässe in der Regel zu einer Erhöhung der Rutschgefahr. Die für die Begehsicherheit eines Fußbodens maßgebliche Reibung wird bestimmt durch die Adhäsions- und die Deformationsreibung. Glatte und saubere Oberflächen zweier sich berührender Körper, wie die Schuhsohle und der Bodenbelag, führen zu einer Verstärkung der Adhäsionsreibung. Durch eine raue, mit feinen Unebenheiten versehene Oberfläche kann die Deformationsreibung verstärkt werden, sofern es sich um viskoelastische Stoffe handelt, aus denen die begangenen Nutzschicht von Fußböden und die Sohlen üblichen Schuhwerks häufig bestehen. Bei verschmutzten bzw. nassen Oberflächen tritt außer diesen beiden Komponenten der Festkörperreibung noch die so genannte Flüssigkeitsreibung auf. Das Vorhandensein von gleitfördernden Stoffe führt zu einer Verringerung der Reibung und somit zu einer Erhöhung der Unfallgefahr. Daher werden Sauberlaufzonen auch in einschlägigen Regelwerken behandelt, unter anderem in der DGUV-Regel 108-003 [1] der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. 3. Wirkung von Sauberlaufzonen Sauberlaufzonen können in das Gebäudeinnere eingetragenen Schmutz und Nässe in erheblichem Maße reduzieren. Wie entsprechende Studien und Praxisversuche belegen, kann die in das Gebäude eingetragene Schmutzmenge dabei um ca. 50 % bis ca. 90 % verringert werden [2, 3]. Die Voraussetzung hierfür ist, dass die Sauberlaufzone richtig aufgebaut und zudem ausreichend lang ist. Vor allem der letztgenannte Aspekt wird in der Praxis oft unterschätzt. Das heißt, die Sauerlaufzone wird zu kurz oder auch lückenhaft ausgebildet, da befürchtet wird, dass sie das Erscheinungsbild des Eingangsbereichs stört. Bild 2: Länge der Sauberlaufzone und Anteil des zurückgehaltenen Nassschutzes [4]. Um dauerhaft wirksam zu sein, muss die Sauberlaufzone nicht nur fachgerecht geplant und ausgeführt, sondern über die gesamte Nutzungsdauer des Gebäudes instandgehalten und gewartet werden. Trotzdem sind Sauberlaufzonen ausgesprochen wirtschaftlich und beinhalten ein hohes Maß an Nachhaltigkeit. Sie führen nämlich zu einer deutlichen Verringerung des Arbeits-, Zeit- und Kostenaufwandes bei der Reinigung des Gebäudes. Bild 3: Anschmutzungsverhalten als Funktion der Zeit, Reinigungsintervalle ohne Sauberlaufzone (oben) und mit Sauberlaufzone (unten). Eine hohe Wirtschaftlichkeit ergibt sich insbesondere auch dadurch, dass Sauberlaufzonen dazu in der Lage sind, dem Verschleiß des Bodenbelags entgegen zu wirken und dessen Lebensdauer zu verlängern. Es können erhebliche Kosten eingespart werden, da sich die Intervalle für die Erneuerung des Bodenbelags oder für eine Teilerneuerung bzw. Überarbeitung verlängern. Auch die mit solchen Instandsetzungsarbeiten einhergehenden Unannehmlichkeiten, wie Nutzungsausfall oder Einschränkungen bei der Gebäudenutzung, müssen entsprechend seltener in Kauf genommen werden. Gerade bei Arbeiten im Bereich des Haupteingangs bzw. im Foyer von Gebäuden können diese besonders störend sein. Nicht zuletzt können fachgerecht ausgeführte Sauberlaufzonen effektiv Personenschäden entgegen wirken, zu denen es durch Rutschen bzw. Ausgleiten kommt und deren Ursache ein schmutziger und/ oder nasser Fußboden ist. Diesbezüglich muss man sich vor Augen halten, dass ein solches Unfallgeschehen sehr häufig ist und es daher bei den Berufsgenossenschaften und den Unfallversiche- Buch IB.indb 152 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 153 Sauberlaufzone - nützliches Detail im Eingangsbereich rungen eine entsprechend hohe Beachtung fi ndet [1]. Die Verkehrssicherungspfl icht und die Haftung sind in der Regel beim Eigentümer des Gebäudes und/ oder dem Betreiber der im Gebäude ansässigen Firma. Das heißt, dieser muss durch geeignete Maßnahmen dafür sorgen, dass für den Kunden- und Mitarbeiterverkehr keine Unfallgefahr besteht. Bild 4: Prüfung der Rutschhemmung eines PVC-Belags im Anschluss an eine Sauberlaufzone. 4. Planung und fachgerechte Ausführung Ein wichtiger Aspekt ist zunächst, dass Sauberlaufzonen geplant werden müssen. Die Planung muss frühzeitig und unter Einbeziehung aller Projektbeteiligten erfolgen. So lassen sich Sauberlaufzonen optimal an die bauwerkspezifi schen Gegebenheiten anpassen. Andernfalls sind später oft nur noch Kompromisse möglich, die aus gestalterischer Sicht als unbefriedigend empfunden werden und die zudem in ihrer technischen Funktion unzureichend sind. Im Extremfall kann die Sauberlaufzone dann sogar zur Stolperfalle werden, wenn die Matten nur auf den Fußboden aufgelegt werden können oder deren Ecken hochstehen. Bereits bei der Planung muss man sich darüber im Klaren sein, dass Sauberlaufzonen einen relativ hohen Flächenbedarf benötigen, um den Schmutzeintrag wirksam zu reduzieren [4]. Dieser Aspekt wird erfahrungsgemäß häufi g unterschätzt und wird erst später bei der Nutzung des Gebäudes erkannt. Dann sind oft nur noch Notlösungen möglich, weil die baulichen Vorrausetzungen für eine wirksame Sauberlaufzone fehlen oder deren nachträglicher Einbau einen hohen Aufwand für entsprechende Änderungen des Bestandes erfordert. Eine Länge von 1,5 m stellt die absolute Untergrenze für Sauberlaufzonen dar [1]. Diese Länge reicht aber für stärker frequentierte Gebäude nicht aus. Eine merkliche Reduzierung des Schmutzeintrags wird dort erst durch eine deutlich längeren Sauberlaufzone erzielt. Für eine optimale Wirksamkeit sollte die Sauberlaufzone insgesamt etwa 4 bis 6 m lang sein, dies entspricht etwa 8 bis 10 Schritten. Wichtig ist hierbei, dass man dem Umgehen von Sauberlaufzonen entgegenwirkt. Dazu muss die Sauberlaufzone zunächst ausreichend breit sein, orientiert an der Breite der betreffenden Eingangstür. Dies genügt meist aber nicht. Damit sichergestellt ist, dass die Sauberlaufzone auf der gesamten Länge begangen wird, sind ergänzend dazu geeignete bauliche Maßnahmen notwendig. So kann man die Sauberlaufzone oder einzelne Elemente von ihr innerhalb eines Windfangs oder einer Drehtür anordnen. Auch mit geeigneten mobilen Einrichtungen kann das Umlaufen verhindert werden. Ein Beispiel hierfür sind Seilständer, die im Innern des Gebäudes beidseitig von dort vorhandenen Sauberlaufsystemen installiert werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass Sauberlaufzonen an sämtlichen Nebeneingängen angebracht werden, durch die Schmutz von Innen in das Gebäude eingeschleppt werden kann. In der Regel ist es nicht möglich ist, mit einem einzigen Material eine befriedigende Reinigungswirkung zu erzielen So könnten beispielweise Gitterroste den anfallenden Grobschmutz zwar gut aufnehmen. Sie sind aber nicht dazu in der Lage, das am Schuhwerk anhaftende Wasser zu beseitigen. Es kann bei einer solchen einstufi gen Sauberlaufzone nahezu ungehindert in das Gebäudeinnere gelangen und dort zu einer erhöhten Rutschgefahr führen. Bild 5: Sauberlaufsystem in einer Hotellobby, das nur einstufi g ausgebildet und zudem leicht umgangen werden können und daher unwirksam ist. Es sind daher mehrere Stufen bzw. Zonen auszubilden die lückenlos aneinander anschließen müssen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom „Drei-Zonen-Modell“. Die erste, in der Regel noch im Freien liegende Zone dient zur Aufnahme des Grobschmutzes. Für diese Zone können zum Beispiel Gummiprofi le oder Gitterroste verwendet werden. Die zweite Zone, die schon im Gebäudeinnern liegt oder im überdachten Außenbereich, soll Feinschmutz und Nässe aufnehmen. Hierfür eignen sich beispielweise Eingangsmatten aus Aluminiumla- Buch IB.indb 153 11.02.20 12: 53 154 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Sauberlaufzone - nützliches Detail im Eingangsbereich mellen, die mit geeigneten Kratzgarnen bestückt sind. Die daran angrenzende dritte Zone nimmt den restlichen Feinschmutz und die Restfeuchtigkeit auf. Hierfür kommen häufi g textile Schmutzfangmatten zur Anwendung. Sie müssen speziell für den gewerblichen Bereich geeignet sein. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die gelegentlich anzutreffenden Schmutzfangmatten aus Kokosfasern nur eine geringe Wirksamkeit aufweisen. Sie sind wenig verschleißbeständig, da sie schnell herunter getreten werden und ihre Fasern verlieren. Sie können dann kaum noch Schmutz aufnehmen. Zudem besteht die Gefahr, dass Kokosfasern bei Feuchtigkeitseinwirkung schimmeln und eine Brutstätte für Bakterien bilden. Schmutzfangmatten aus Kokosfasern sind daher nicht dauerhaft und für Sauberlaufzonen nicht ausreichend leistungsfähig. 5. Dauerhaftigkeit und Wartung Bereits bei der Auswahl von Sauberlaufsystemen ist darauf zu achten, dass sie eine möglichst lange technische Lebensdauer ausweisen. Für den dauerhaften Betrieb muss man sich jedoch darüber im Klaren sein, dass Sauberlaufzonen nach dem Speicherprinzip funktionieren. Das heißt, sie speichern Schmutz und Wasser so lange, bis ihre Kapazität erschöpft ist. Im gesättigten Zustand kann dann das Weitertragen von Schmutz und Nässe ins Gebäudeinnere aber nicht mehr verhindert werden. Es werden beim Begehen der Sauberlaufzone mit den Schuhsohlen der bereits gespeicherte Schmutz und die Nässe neu aufgenommen, weitergetragen und im Gebäude neu verteilt. Man spricht in diesem Zusammenhang vom so genannten „Stempelkisseneffekt“. Um die Wirksamkeit von Sauberlaufzonen dauerhaft sicherzustellen, müssen sie daher regelmäßig gereinigt werden. Die Reinigungsintervalle orientieren sich am Ausmaß der Verschmutzung der Schmutzfangmatten. In der Regel ist es zweckmäßig, mit der Reinigung der Sauberlaufzonen diejenige Firma zu beauftragen, der ohnehin die Reinigung des Gebäudes obliegt. Dazu ist eine entsprechende Reinigungsanleitung speziell für die Sauberlaufzonen zu erarbeiten. Es werden auf dem Markt auch Mietsysteme für Sauberlaufmatten mit Hol- und Bringservice angeboten, was eine besonders anwenderfreundliche Lösung darstellt. In regelmäßigen Abständen müssen alle Elemente von Sauberlaufzonen einer Sichtprüfung unterzogen werden. Im Falle von Verschleiß ist ein Austausch vorzunehmen. Bei einigen handelsüblichen Systemen können dabei sogar auch Einzelteile ausgetauscht werden, wie zum Beispiel einzelne Ripsstreifen. Bild 6: Textile Schmutzfangmatte, die deutliche Verschleißerscheinungen zeigt und daher nicht mehr wirksam ist. Die regelmäßige Reinigung sorgt auch für eine längere Lebensdauer der Sauberlaufsysteme selbst, da diese bei einer regelmäßigen Reinigung einem geringeren mechanischen Verschleiß unterliegen. 6. Fazit Obwohl Sauberlaufzonen zunächst einen Mehraufwand mit sich bringen und sie trotz heutzutage bestehender gestalterischer Möglichkeiten bei Bauherrn mitunter immer noch auf Vorbehalte stoßen, bringen sie erhebliche technische und wirtschaftliche Vorteile mit sich und tragen zu einem nachhaltigen Betrieb von Gebäuden bei. Sie können einen hohen Anteil von Schmutz und Nässe auffangen, der dann nicht mehr in das Gebäude gelangt Sauberlaufzonen tragen maßgeblich zu einem sauberen und gepfl egten Gesamteindruck bei, führen zu einem deutlich geringeren Aufwand bei der Reinigung und zu einer höheren Lebensdauer der Bodenbeläge. Insbesondere verbessern Sauberlaufzonen auch die Begeh-sicherheit und sind daher dazu in der Lage, durch Ausgeleiten verursachten Unfällen entgegenzuwirken. Literatur [1] DGUV-Regel 108-003: Fußböden in Arbeitsräumen mit Rutschgefahr, April 1994 - aktualisierte Fassung Oktober 2003, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung, Berlin [2] Klinkenberger, H. et al.: Welche Wirkung hat eine textile Schmutzfangmatte auf einen verlegten Teppichboden? In: Objekt 12/ 84, S. 81 - 84 [3] Cleaning Research International: Study into the effectiveness of coral entrance matting, 2016. [4] Billen, F, et al.: 12. Expertengespräch: Sauberlaufzonen im Fokus. In: Naturstein 10/ 2007 Buch IB.indb 154 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 155 Fallstudie Hydrolyse Dr. Roland Augustin KIWA GmbH Polymer Institut Quellenstraße 3 65439 Flörsheim-Wicker www.kiwa.de Peter Körber Institut Fußbodenforschung & -prüfung Körber Im Gewerbegebiet 7 73116 Wäschenbeuren www.institut-fpk.de Zusammenfassung „Unangenehme Gerüche in der Raumluft“ sind ein aktuelles Thema, das bei unseren Sachverständigentätigkeiten vermehrt auftritt. An einem beispielhaften Schadensfall wollen wir komplexe Zusammenhänge von alkalischer Feuchte und Inhaltstoffen von Reaktionsharzen darstellen. Dementsprechend ist es unser Ziel, die Industrie und Verarbeiter zu sensibilisieren, um durch den Vortrag die Zusammenhänge zur Schadensvermeidung zu verstehen. 1. Einführung Von einem Landgericht kam der Auftrag zur Erstattung eines Gutachtens mit nachstehenden Fragen. Frage 1: Worauf ist der starke unangenehme beißende chemische Geruch im Fitnessraum des Klägers zurückzuführen? Insbesondere: Ist dieser Mangel auf die Verwendung eines mangelhaften Materials (Epoxidharz) und/ oder auf eine mangelhafte Verarbeitung seitens des Antragsgegners zurückzuführen? Frage 2: Bringt dieser Geruch gesundheitliche Risiken mit sich? Falls ja, welche? Frage 3: Welche Maßnahmen sind im Rahmen einer Mängelbeseitigung zu treffen, um ein erneutes Auftreten des Geruchs zu vermeiden? Der Antragsteller hat Ende 2014 bis Anfang 2015 in einem Bestandsgebäude Räumlichkeiten zu einem Fitnessraum umgebaut. Hierfür wurde ein neuer Estrich auf einer Warmwasser-Fußbodenheizung mit einer Reaktionsharzbeschichtung eingebracht. Aus dieser Bodenkonstruktion soll ein „chemischer Geruch“ ausgetreten sein. Nach ca. 6-8 Monaten soll sich dieser Geruch verstärkt haben. Der Zementestrich wurde mit einem ternären Schnellzement hergestellt. Ende 2016 ist der Raum privatgutachterlich bewertet worden. Der damals vom Kläger beauftragte Gutachter stellte einen starken, sehr unangenehmen, fast beißenden Geruch fest. Nach seiner Einschätzung konnte er den Geruch „eindeutig chemischen Parametern“ zugeordnet. Er äußerte in seiner schriftlichen Stellungnahme den „dringenden Verdacht“, dass die sensorischen Auffälligkeiten im Bereich der „Fußbodenversiegelung“ zu suchen seien. Folgender Schichtaufbau soll nach der Gerichtsakte verbaut sein: • Verseifungsbeständiges Epoxidharz als Grundierung und Spachtelung, • Bodenbelag aus einer hochwertigen PUR-Deckschicht und einer pigmentierten PUR-Versiegelung. Eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung für den Gesundheitsschutz des verwendeten Beschichtungssystems war in der Gerichtsakte beigefügt. 2. Ermittlungen Auf Grundlage der Akte wurde anfänglich für den 1. Ortstermin eine Prüfung der Raumluft beauftragt, in der Hoffnung, die für die Gerüche verantwortlichen Komponenten zu erfassen. Buch IB.indb 155 11.02.20 12: 53 156 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Fallstudie Hydrolyse Der Raum wurde zunächst ausschließlich zur Probenentnahme vom Prüfer begangen. Beim ersten gemeinsamen Betreten nach der Raumluftbeprobung konnte ein starker, sehr unangenehmer Geruch sofort wahrgenommen werden, zumal am Vorabend ein für die Prüfung notwendiger Luftaustausch durchgeführt wurde. Nach dieser Erkenntnis wurde entschieden, eine Bauteilöffnung vorzunehmen um Proben einzelner Bestandteile der Fußbodenkonstruktion für zusätzlichen Untersuchungen sicherzustellen. Visuell war die PUR-Beschichtung sehr gut ausgeführt. Bild 1: Grundriss Neben der Rauluftprüfung wurden nach dem Ortstermin zusätzlich die Ausbauproben der Bodenkonstruktion im Labor auf das Emissionsverhalten in einer Prüfkammer untersucht. Zugleich wurden Materialproben im luftdicht verschlossenen Glasgefäß beim Sachverständigen eingelagert. 2.1 Emissionsprüfungen 2.1.1 Auswertung der Raumluft Komponenten CAS- Nummer Fitnessraum [µg/ m³ Summe VOC gemäß AgBB 2015/ DIBt 970 Benzylalkohol 100-51-6 410 Benzaldehyd 100-52-7 82 Phenol 108-95-2 31 o-Kresol 95-48-7 2 m/ p-Kresol 108-39-4 10 1-Methoxy-2-propanol 107-98-2 23 Quelle: Auszug Untersuchungsbericht eco-Institut 2.1.2 Auswertung Ausbauproben Komponenten CAS- Nummer Fitnessraum Ausbaustück- Prüfkammermessung 3 Tage [µg/ m³] Summe VOC gemäß AgBB 2015/ DIBt 770 Benzylalkohol 100-51-6 580 Benzaldehyd 100-52-7 47 Phenol 108-95-2 63 m-Kresol 108-39-4 25 1-Methoxy-2-propanol 107-98-2 1 Dipropylenglykoldimethylester 111109-77-4 10 Quelle: Auszug Untersuchungsbericht eco-Institut 2.1.3 Erläuterung Nach Erhalt der Prüfergebnisse waren nachstehende Komponenten auffällig, die für den Geruch verantwortlich sein könnten: 1. Benzylalkohol 2. Benzaldehyd 3. Phenol 4. Kresole Benzylalkohol und Benzaldehyd können dem Epoxidharz in der Grundier- und Spachtelschicht zugeordnet werden. Phenol und Kresole sind grundsätzlich keine Bestandteile der vorgefundenen Baustoffe der Fußbodenkonstruktion. Zur olfaktorischen Einschätzung und Bewertung des Geruches vom Fitnessraum wurden Ausbaustücke im Labor des Sachverständigen in Gläser gelegt und luftdicht geschlossen. Zur Bewertung wurden geringen Mengen verschiedener Kresole und Phenol in Watte geträufelt und in einem Glasbehälter dicht verschlossen gelagert. Der Geruchsschwellenwert der Kresole liegt bei 0,2-1,3 µg/ m³ und bei Phenol bei etwa 20 µg/ m³. Bild 2: Geruchsproben Buch IB.indb 156 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 157 Fallstudie Hydrolyse Benzylalkohol bildet eine farblose, etwas ölige Flüssigkeit von mildem, angenehmem Geruch. Benzylalkohol wird durch den Sauerstoff der Luft langsam zu Benzaldehyd oxidiert. Dies erklärt den Anteil von 82 µg/ m³ Benzaldehyd in der Raumluft. Benzaldehyd ist eine farblose gelbliche Flüssigkeit mit bittermandelartigem Geruch. Mit geringen Mengen Benzylalkohol, welche dem Sachverständigen zu Verfügung standen ist ein Geruchsvergleich vorgenommen worden. Nach einer gewissen Lagerzeit konnte zweifelsohne durch Riechversuche die Zuordnung des Geruches auf die Kresole und Phenol erfolgen. Gemäß dem Sicherheitsdatenblatt der verwendeten Epoxidharzgrundierung ist insbesondere in der Komponente B (Härter) zwischen 25-50% Benzylalkohol enthalten. Anhand der im Labor des Sachverständigenangefertigten Mikroskopaufnahmen ist ersichtlich, dass die Grundier- und Nivellierspachtelschicht mit diesem Harz zwischen 0,84 und 0,87 mm dick verbaut sind. Dies erklärt die hohe Emission an Benzylalkohol aus der Ausbauprobe. Bei der Prüfung nach dem AgBB Schema für die allgemeine bauaufsichtliche Zulassung ist die Prüfplatte an den Seitenrändern geschlossen, sodass die Emission ausschließlich über die Oberfl äche erfolgen kann. Bei der Ausbauprobe konnte der Benzylalkohol an den Seitenrändern entweichen, was den relativ hohen Wert in der Materialprobe erklärt. Außerdem wurde die Ausbauprobe nur nach 3 Tagen untersucht und nicht nach 3 und 28 Tagen. Bild 3: Lichtmikroskopischer Aufbau der Beschichtung Nicht nur die Anwesenheit von Phenol und Kresolen in der Raumluft und der sich daraus ergebende Geruch sind problematisch, auch in toxikologischer Hinsicht sind diese Komponenten nicht unkritisch: „Viele Phenole und Kresole sind bereits in Konzentrationen von wenigen Mikrogramm pro Kubikmeter Luft sehr deutlich wahrnehmbar. Der unangenehme Geruch ist daher meist Anlass für Nachforschungen und Messungen. Der Annahme, die Warnwirkung des Geruchs setze bei so niedrigen Phenol - Konzentrationen ein, so dass gesundheitliche Auswirkungen auszuschließen sind, muss jedoch deutlich widersprochen werden. Phenol und viele Kresole gelten als krebserzeugend und bewirken somit immer ein von der Konzentration abhängiges zusätzliches Krebsrisiko.“ Quelle: http: / / www.alab-berlin.de/ fachartikel/ schadstoffinfos.html 3. Der Lösung auf der Spur Trotz der Erkenntnisse, dass der aufgetretene Geruch eindeutig den Komponenten Phenol und den Kresolen zuzuordnen ist, war unbekannt, woher diese Komponenten stammen und was letztendlich die Ursache hierfür war. Die Suche nach den eigentlichen Quellen oder Ursachen möglicher Primär- und Sekundärkontaminationen gestaltete sich schwierig. Vonseiten des Gerichts wurde der Sachverständige gebeten, weitere Untersuchungen hierfür durchzuführen, die Ursachen festzustellen und den Rückbau zu begleiten. Nach einer ausführlichen Literaturstudie konnten Hinweise zur Entstehung von Phenol und Kresolen ausfi ndig gemacht werden. Diese Komponenten wurden in einem Schadensfall bei PVC-Fußböden aus den verwendeten, nicht halogenhaltigen Flammschutzmitteln gebildet. Zur Untersuchung der Primärquellen für die sensorisch relevanten Komponenten Phenol und Kresole wurden verschiedene Materialproben an die ALAB-GmbH nach Berlin versandt. Ausgewählt wurden dazu Materialien, die während des Ortstermins am 18. Januar 2018 entnommen und bis zur Analyse luftdicht in Aluminiumfolie verpackt waren. Angewendet wurde dabei ein Hausverfahren der ALAB GmbH mittels einer direkten Thermodesorption der Materialien. Bild 4: Quelle Thermodesorption ALAB Buch IB.indb 157 11.02.20 12: 53 158 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Fallstudie Hydrolyse Erläuterung zur direkten Thermodesorption ALAB: „Ein Aliquot des Probenmaterials wurde in einem kleinen Prüfraum auf 60°C temperiert. Dabei wurde über einen Zeitraum von 2 Stunden gereinigte Luft über die Probe gezogen und die freigesetzten Substanzen auf einem Tenaxröhrchen angereichert. Die adsorbierten Substanzen wurden von dem beladenen Tenaxröhrchen thermisch desorbiert. Die quantitative Analyse erfolgte nach DIN ISO 16000-6: 2012-11 mittels Kapillar-Gaschromatographie und Massenspektrometer (GC-MS). Die einzelnen Substanzen wurden nach der Methode des externen Standards über Vergleichsgemische quantifiziert. Für die Auswertung weiterer Substanzen wurde ein im Full-Scan-Modus aufgenommenes Chromatogramm herangezogen. (Auszug Prüfbericht ALAB) Bei dieser Prüfmethode erfolgten die Konzentrationsangaben in µg/ kg Material bezogen auf eine Einwaage (Aliquot/ Teilmenge). Diese Analyse diente zur Identifizierung von möglichen Quellen für Phenol und Kresole. Untersucht wurden folgende Materialien: - schwarze Absperrbahn - Estrichausbau mit Beschichtung EP/ PUR - Polyurethan Dämmschicht - Holzausbauplatte - Gipskartonplatte Bezogen auf die Komponenten Phenol und Kresol zeigten sich folgende Ergebnisse: Quelle: Auszug Untersuchungsbericht ALAB Nach diesen Ergebnissen waren die Zielkomponenten eindeutig dem Fußbodenaufbau zuzuordnen. Weitere Quellen (Holz, Gipskarton) konnten ausgeschlossen werden. Nach Rücksprache mit dem Labor und Erkenntnissen aus der Literaturstudie wurden weitere Analysen vorgenommen. Ein Ausbaustück des Estrichs mit anhaftender Beschichtung wurde deshalb auf die Anwesenheit von halogenfreien Flammschutzmitteln untersucht. Bild 5: Untersuchte Ausbauprobe Folgende halogenfreie Flammschutzmittel auf Phosphorbasis wurden untersucht: Tricresylphosphat (TCP), Dicresylphosphat (DCPP), Cresyldiphenylphosphat (CDP) und Triphenylphosphat (TPP). Komponenten CAS Beschichtung [mg/ kg] Estrich [mg/ kg] BG [mg/ kg] TCP 1330-78-5 1.280 <BG 0,2 DCPP 8.500 <BG 0,1 CPD 26444-49-5 17.000 <BG 0,2 TPP 115-86-6 9.000 <BG 0,3 Tabelle 4: Quantitative Ergebnisse Quelle: Auszug Untersuchungsbericht ALAB Nach diesen Ergebnissen steht die Ursache der aufgetretenen Geruchsbelästigungen fest. Die halogenfreien Flammschutzmittel auf Phosphorbasis waren Bestandteile der für die Beschichtung verwendeten Grundierung und wurden unter Einwirkung von Alkali durch die Feuchtigkeit im Untergrund hydrolytisch unter Freisetzung von Phenol und Kresolen gespalten. 4. Zusammenfassung Auf Grund erhöhter gesetzlichen Vorgaben (z.B. Emission/ Brandschutz) müssen Bauprodukte in ihren Formulierungen zwangsläufig angepasst werden. Dementsprechend können Stoffe wie halogenfreie phosphorhaltige Flammschutzmittel und alternative Weichmacher bei der Formulierung verwendet werden. Umso wichtiger ist, Untergründe vor dem Applizieren von Reaktionsharzen und dem Verlegen von elastischen Bodenbelägen auf Belegreife, und auf eventuellen Leckagen Installationen zu prüfen. Alkalische Feuchte kann zu Wechselreaktionen mit Inhaltsstoffen von Reaktionsharzen oder Belägen durch Hydrolyse beitragen und zur Freisetzung von unangenehmen und gesundheitsschädlichen Gerüchen führen. Buch IB.indb 158 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 159 Einsatz von Entkopplungssystemen bei Bodenkonstruktionen Alfred Stein Sachverständigenbüro Prof. Dr. Alfred Stein Zusammenfassung Bodenkonstruktionen bestehen im Regelfall aus Materialien mit unterschiedlichen Materialeigenschaften. Dies führt dazu, dass bei einer Erwärmung der Konstruktion, wie dies bei der Nutzung von Räumen auftritt, die miteinander verbundenen Bauteile unterschiedlich ausdehnen. Durch die Verbundkonstruktion führen diese Verformungsdifferenzen zu Zwängungsspannungen in der Konstruktion. Ebenfalls führt das Austrocknen von Bauteilen einer Bodenkonstruktion, die bei der Verarbeitung keine Ausgleichsfeuchte aufweisen, zu Zwängungsspannungen der Bodenkonstruktion. Die fehlende Ausgleichsfeuchte der Baustoffe ist bedingt durch die klimatischen Verhältnisse auf der Baustelle und/ oder durch die zu geringe Bauzeit für die Durchführung der Baumaßnahme. Zum Ausgleich dieser möglichen Verformungsdifferenzen der Baustoffe kommt vielfach ein Entkopplungssystem zur Anwendung. Esich ine Aufführung der unterschiedlichen Entkopplungssysteme findet sich im Merkblatt [2] des Fachverbandes Fliesen und Naturstein. Für die Auswahl und die Ermittlung der Leistungsfähigkeit des Entkopplungssystems liegen keine Kriterien vor. Mit dem Merkblatt Nr. 7 [1] lassen sich die technischen Eigenschaften von Entkopplungssystemen ermitteln. Es werden die Schubsteifigkeit und die Zusammendrückbarkeit der Systeme ermittelt. Auf der Basis dieser technischen Werte lassen sich nach den Regeln der Physik und der Statik die Zwängungsspannungen der Bodenkonstruktion ermitteln. Die Berechnungen zeigen, dass schwindfähige Lastverteilungsschichten nicht wirksam entkoppelt werden können. Die vielfach festgestellte positive Wirkung von Entkopplungssystemen bei schwindfähigen Lastverteilungsschichten kommt durch eine Abdichtung gegen Feuchte zustande. Durch die Abdichtung wird das Schwinden behindert bzw. verzögert. Bei großen Belaglängen können Verformungsdifferenzen infolge thermischer Ausdehnung nur eingeschränkt entkoppelt werden. Neben Entkopplungssystemen können flexible Mörtelsysteme als Entkopplung eingesetzt werden. 1. Einführung Entkopplungen werden vielfach zum Ausgleich von Verformungsdifferenzen zwischen Belag und Lastverteilungsschicht eingesetzt. Das restliche Schwinden von Belägen oder Lastverteilungsschichten nach der Verlegung führt zu Zwängungsspannungen in der Bodenkonstruktion. Ebenfalls können Zwängungen durch das unterschiedliche thermische Ausdehnungsverhalten von Belag und tragendem Untergrund entstehen. Die Zwängungsspannungen sind abhängig von der Größe der Verformungsdifferenz von Belag und tragendem Untergrund. Die Verformungsdifferenz kann minimiert werden, wenn bei dem tragenden Untergrund die Belegreife gegeben ist und quell- und schwindfähige Beläge die Ausgleichsfeuchte des Klimas der Nutzung aufweisen. Diese Bedingungen sind durch den Bauablauf oder durch die klimatischen Verhältnisse nicht immer zu erfüllen. Zur Reduzierung der Zwängungsspannungen kommen oder entkoppelnde MörtelsystemeEntkopplungssysteme zwischen Belag und tragendem Untergrund zum Einsatz. Die sewerden im Verbund oder lose auf der Lastverteilungsschicht bzw. auf der Dämmung verlegt. Zusätzlich könnenkönnen Entkopplungsmatten die Oberfläche des Estrichs abdichten dichten und hierdurch die Schwindverformung reduzieren bzw. verzögern. Entkopplungen ohne Verbund mit der Lastverteilungsschicht können kleine Risse ohne Höhenversatz überbrücken. Entkoppelungssysteme bestehen in der Regel aus aufeinander abgestimmten Materialien z.B. aus Polyethylen, Polypropylen, Polypropylen-Vliese Kombinationen, Polyesterfaserplatten, Glasfasergewebe oder Gummigranulaten und gegebenenfalls mit den dazugehörigen Verlegemörtel der Systemhersteller. Strukturierte bahnenförmige Systeme Strukturierte bahnenförmige Systeme sind profilierte Kunststoffbahnen die im Verbund oder lose zum Untergrund verlegt werden und die auftretenden Scherspannungen im System abbauen. Glatte bahnenförmige Systeme und bahnenförmige Vliese Glatte bahnenförmige Systeme sind Kunststoffbahnen mit beidseitiger Vliesoberfläche als Kontaktschicht zum Buch IB.indb 159 11.02.20 12: 53 160 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Einsatz von Entkopplungssystemen bei Bodenkonstruktionen Verlegemörtel und / oder im Verlegemörtel eingebettete Vliese, Plattenförmige Systeme Plattenförmige Systeme sind Verlegeelemente, die zur direkten Belagsaufnahme verwendet. Entkoppelnde Mörtelsysteme Beim Einsatz von Mörtelsystemen als Entkopplung sind die technischen Eigenschaften und die Dicke des Mörtels von entscheidender Bedeutung. Je größer die Mörteldicke ist, umso besser ist die entkoppelnde Wirkung des Systems. 2. Ermittlung der Kenndaten Die Beurteilung des Einflusses auf die Beanspruchung der Beläge kann mit Hilfe der technischen Kenndaten eines Entkopplungssystems erfolgen. Als Grundlage für die Ermittlung der Beanspruchung dienen die Schub- und Drucksteifigkeit des Entkopplungssystems. Die Ermittlung der technischen Daten kann mit Hilfe des Merkblattes 7 „Ermittlung der technischen Eigenschaften von Entkopplungen“ der Deutschen Natursteinakademie e.V. (www.denak.de) erfolgen. 2.1 Schubsteifigkeit (Horizontale Bettung) Die Entkopplungsmatte wird zwischen zwei Platten bzw. Fliesen mit den Mindestabmessungen 100 mm x 100 mm eingeklebt. Vereinfachend können Laborfliesen mit einer Mindestdicke von 8 mm verwendet werden. Beim Einsatz von anderen Materialien muss die Steifigkeit (E · d) mindestens 560 MN/ m betragen. Hierbei entspricht E dem Elastizitätsmodul der Platte bzw. Fliese in MN/ m 2 und d der Belagdicke in m. Dies bedeutet beispielsweise bei der Verwendung von Platten aus Naturwerkstein mit einem Elastizitätsmodul von 40000 MN/ m 2 eine Mindestdicke von 14 mm. Der verwendete Mörtel bzw. Kleber und die entsprechende Applikation entspricht den Vorgaben des Herstellers des Entkopplungssystems. Der jeweilige Überstand der Fliese beträgt 10 mm. Bild 1: Versuchsaufbau Mörtelbzw. Kleberreste am Überstand müssen vor der Versuchsdurchführung entfernt werden. Hieraus ergibt sich eine Scherfläche von 9000 mm 2 . Der Probekörper wird durch seitliche Führungen gehalten. Die seitliche Führung muss mindestens zwei Drittel der Probekörperhöhe stützen. Die seitliche Führung muss auf einer Seite des Probekörpers ein geringes Spiel aufweisen. Die Verformung ist auf der Oberseite des Probekörpers zu messen. Die Belastung ist verteilt über die Probekörperbreite mit einem Gelenkkopf oder Kalotte einzuleiten. Entkopplungssysteme können parallel zur Belagfläche ein unterschiedliches Verformungsverhalten (Bild 2) aufweisen. Bild 2: horizontale Verschiebungswiderstände von Entkopplungen Glatte Entkopplungssystem (4) weisen ein lineares Tragverhalten auf. Nach dem Überschreiten der Scherfestigkeit löst sich der Verbund und es können keine Scherkräfte mehr aufgenommen werden. Systeme mit schallentkoppelnder Wirkung (3) weisen ein nichtlineares Verhalten auf. Dies zeigt sich im Neigungswechsel der Last-Weg-Kurve. Bei einer Scherkraft, bei der der Neigungswechsel stattfindet ergeben sich Strukturänderungen innerhalb des Systems, die bei einer Entlastung sich nicht mehr zurückbilden. Strukturierte Systeme (1) (2) weisen ein nichtlineares Verhalten auf. Nach dem Überschreiten einer Grenzscherspannung weisen diese ein Verformungsverhalten ähnlich dem Fließen von Stahl auf. Da die Verformungsdifferenz zwischen Belag und Lastverteilungsschicht vielfach größer als Verformung beim Erreichen der Grenzscherspannung ist, liegt es nahe dieses „Fließen“ von Entkopplungssystemen technisch zu nutzen. 2.2 Drucksteifigkeit (vertikale Bettung) Die Entkopplungsmatte wird bei Verbundverlegung zwischen zwei Laborfliesen mit den Seitenabmessungen 100 mm x 100 mm eingeklebt. Buch IB.indb 160 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 161 Einsatz von Entkopplungssystemen bei Bodenkonstruktionen Bild 3: Schnitt Versuchsaufbau (Entkopplung mit Verbund) Bei Entkopplungsmatten ohne Verbund wird auf der Oberseite der Entkopplungsmatte eine Laborfliese mit den Seitenabmessungen 100 mm x 100 mm aufgeklebt. Bild 4: Schnitt Versuchsaufbau (Entkopplung ohne Verbund) Die Mindestdicke der Laborfliese beträgt 8 mm. Die Druckfläche beträgt 10000 mm 2 . Der verwendete Mörtel bzw. Kleber und die entsprechende Applikation entspricht den Vorgaben des Herstellers des Entkopplungssystems. Bei Entkopplungsmatten mit Verbund liegen die zwei Fliesen übereinander. Der Überstand der Entkopplungsmatte beträgt mindestens 2 mm. Mörtelbzw. Kleberreste am Überstand der Entkopplungsmatte müssen vor der Versuchsdurchführung entfernt werden. Bei Entkopplungsmatten ohne Verbund sind die Probekörper auf einer ebenen Fläche herzustellen. Bild 5: Lage der Messpunkte Die Lasteinleitung erfolgt mit einer gelenkig gelagerten Lastverteilungsplatte. Die Verformung ist auf der Oberseite des Probekörpers an zwei Messpunkten zu messen. Auf das Verformungsverhalten der Entkopplungssysteme bei Druckbeanspruchung wird nicht näher eingegangen. Die Verformung bei Druckbeanspruchung kann Einfluss auf die Biegebeanspruchung der Beläge haben. 3. Verformungsverhalten von Bodenkonstruktionen Eine Bodenkonstruktion (Bild 6) besteht aus der Lastverteilungsschicht, dem Mörtelbzw. Entkopplungssystem und dem Belag. Bild 6: Aufbau Bodenkonstruktion Zum Zeitpunkt der Erstellung der Bodenkonstruktion haben die unterschiedlichen technischen Eigenschaften der jeweiligen Bauteile, wie z.B. thermische Ausdehnung oder das Schwinden der Baustoffe, keinen Einfluss auf die Beanspruchung der Konstruktion. 3.1 Temperaturbeanspruchung Erhöht sich jedoch die Temperatur der Bodenkonstruktion, so führen die unterschiedlichen Temperaturausdehnungskoeffizienten der einzelnen Bauteile zur Systembeanspruchungen in Form von Druck und Zugspannungen, die zum Versagen der Bodenkonstruktion führen können. Bild 7: Verformung Bodenkonstruktion Bei einer Erhöhung der Temperatur der Bodenkonstruktion (Bild 7) ist die Verformung der Lastverteilungsschicht größer als die des Belages. Dies führt dazu, dass der Belag auf Zug beansprucht wird. Diese Zugspannungen können durch Bildung von Haarrissen in den Fugen reduziert werden. Der Einfluss des Entkopplungssystems auf die Spannung im Belag wird für die Temperaturbelastung an einem Beispiel aufgezeigt. Hierbei wird die Steifigkeit der Lastverteilungsschicht und die Schubsteifigkeit des Entkopplungssystems variiert. Technische Daten Bodenkonstruktion: Belagdicke 8 mm Elastizitätsmodul Belag 70000 N/ mm 2 Bettungsziffer Entkopplung variabel Steifigkeit Estrich variabel Buch IB.indb 161 11.02.20 12: 53 162 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Einsatz von Entkopplungssystemen bei Bodenkonstruktionen Bild 8: Aufbau Bodenkonstruktion Bild 9: Spannung Belag Bild 10: Spannungsabminderung Belag Die Bewertung erfolgt für einen Belag mit einer Seitenlänge von 600 mm. Bei einer unendlich steifen Lastverteilungsschicht ergibt sich eine Belagspannung von 7,0 N/ mm 2 . Die üblichen Schubsteifigkeiten von Entkopplungssystemen liegen in dem Bereich von k H = 500 MN/ m 3 bis 10000 MN/ m 3 . Für ein Kleber C2 und einer Kleberdicke von ca. 10 mm kann von einer Schubsteifigkeit von ca. k H = 5000 MN/ m 3 bis 6500 MN/ m 3 ausgegangen werden. Es zeigt eine gute entkoppelnde Wirkung (Bild 9) sowohl für Systeme als auch für Kleber C2. Die gestrichelte Linie (Bild 10) markiert einen Zementestrich mit einer Dicke von 60 mm. Die Spannungsreduzierung liegt in der Größenordnung von 40% bis 95%. 3.2 Schwinden Estrich Ergibt sich ein Schwinden der Lastverteilungsschicht (Bild 11), so wird der Belag auf Druck und die Lastverteilungsschicht auf Zug beansprucht. Bild 11: Verformung Bodenkonstruktion Durch die Druckfestigkeit des Fugenmörtels entfällt die entkoppelnde Wirkung der Mörtelfugen. Hierdurch ergibt sich technisch die Wirkung eines über die Lastverteilungsschicht durchgehenden Belages. Bild 12: Spannung Belag Bild 13: Spannungsabminderung Belag Der Einfluss des Entkopplungssystems auf die Spannung im Belag wird für die Schwindverformung der Lastverteilungsschicht an einem Beispiel aufgezeigt. Hierbei werden die Steifigkeit der Lastverteilungsschicht und die Schubsteifigkeit des Entkopplungssystems variiert. Die Systemdaten entsprechen dem vorherigen Beispiel. Die Bewertung erfolgt für eine durchgehende Belagfläche (6000 mm). Es zeigt sich (Bild 12) lediglich für ein Entkopplungssystem mit schalltechnischen Eigenschaften (k H = 500 MN/ m 3 ) eine minimale Reduzierung der Belagspannungen. Die Spannungsreduzierung (Bild 13) liegt in der Größenordnung von 2% bis 10%. Buch IB.indb 162 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 163 Einsatz von Entkopplungssystemen bei Bodenkonstruktionen 4. Beurteilung von Kennlinien Grundlage für die Bemessung der Beläge sind die Schub- und Drucksteifigkeit des Verlegemörtels bzw. des Entkopplungssystems auf der Basis des Merkblattes Nr. 7 der Deutschen Natursteinakademie (www.denak.de) „Ermittlung der technischen Eigenschaften von Entkopplungen“ Kennlinien von Entkopplungssystemen, die auf der Basis des Merkblattes Nr. 7 ermittelt wurden, sind in den Bildern 14 bis 17 dargestellt. Zu erkennen sind Verformungslinien mit nichtlinearem Verhalten. Dies bedeutet, dass ab einer Grenzlast sich die Neigung der Verformungslinie ändert. Bild 14: Kennlinie System 1 Ab der Grenzlast erfolgt eine Schädigung des Verbundes. Bei einer Entlastung des Entkopplungssystems, das oberhalb der Grenzlast belastet wurde, geht das Entkopplungssystem nicht mehr in seine Ursprungslage zurück. Bild 15: Kennlinie System 2 Bild 16: Kennlinie System 3 Bild 17: Kennlinie System 4 Bei einer Beanspruchung in einer Richtung, wie diese beim Schwinden von Lastverteilungsschichten auftritt, muss eine Nutzung des Resttragverhaltens (Fließbereich) kein Nachteil darstellen. Aus der Grenzlast und der Größe der Scherfläche ergibt sich die Grenzscherspannung, ab der das Entkopplungssystem in den Fließbereich übergeht. Um den Fließbereich eines Entkopplungssystems nutzen zu können müssen die Scherspannungen in der Bodenkonstruktion die Grenzscherspannung überschreiten. Aus diesem Grunde ist die Ermittlung der Scherspannungen erforderlich, um eine Beurteilung des Entkopplungssystems vornehmen zu können. Die Nutzung des Fließbereichs des Entkopplungssystems und die Ermittlung der Beanspruchung von Belag und Lastverteilungsschicht sind rechnerisch aufwendig und erfordern eine iterative Berechnung. Eine qualitative Beurteilung des Entkopplungssystems auf der Basis des möglichen Verschiebeweges ist nicht möglich. Buch IB.indb 163 11.02.20 12: 53 164 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Einsatz von Entkopplungssystemen bei Bodenkonstruktionen 5. Ermittlung der Scherspannungen 5.1 Verbundkonstruktion Bodenkonstruktionen, bestehend aus Lastverteilungsschicht, Mörtel und Belag stellen Verbundkonstruktionen dar. Differenzverformungen (Bild 18) der Materialien infolge Temperatur und Schwinden von Baustoffen führen bei Verbundkonstruktionen zu Spannungen in den jeweiligen Schichten der Konstruktion. Die Differenzverformung zwischen Belag und Lastverteilungsschicht wird bei einer Verbundkonstruktion durch die Verformung der einzelnen Bauteile aufgenommen. Die Summe der Verformungen der jeweiligen Bauteile entspricht der Differenzverformung der Bauteile ohne Verbund. Die Verteilung der Differenzverformung auf die einzelnen Bauteile ist abhängig von der Steifigkeit der Bauteile. Eine große Steifigkeit der Lastverteilungsschicht führt zu einer höheren Beanspruchung des Belages. Steife Beläge führen zu einer höheren Beanspruchung der Lastverteilungsschicht. Bei einem starren Untergrund wird die Differenzverformung alleine durch die Verformung des Belages aufgenommen. Bild 18: Verbundquerschnitt 5.2 Ersatzelastizitätsmodul Zur Vereinfachung der Berechnung der Spannungen aus Differenzverformungen kann die Nachgiebigkeit der Lastverteilungsschicht durch die Ermittlung eines Ersatzelastizitätsmoduls für den Belag berücksichtigt werden. Der Ersatzelastizitätsmodul für den Belag kann nach folgender Beziehung ermittelt werden. E * = d B · E B · E B = f B · E B (1) d B · E B + d E · E E d B (m) Belagdicke d F (m) Dicke Lastverteilungsschicht (Estrich bzw. Hohlboden) E B (MN/ m 2 ) Elastizitätsmodul Belag E E (MN/ m 2 ) Elastizitätsmodul Lastverteilungsschicht f B (/ ) Reduktionsfaktor Elastizitätsmodul Belag f E (/ ) Reduktionsfaktor Elastizitätsmodul Estrich E * (MN/ m 2 ) Ersatzelastizitätsmodul Der Faktor f B kann mit Hilfe von Bild 19 ermittelt werden. Für die Lastverteilungsschicht kann der Faktor zur Bestimmung des Ersatzelastizitätsmoduls mit folgendem Faktor ermittelt werden. f E = 1 f B (2) Die Druckbzw. Zugspannung im Belag ohne Entkopplungssystem ermittelt sich nach folgender Beziehung: σ B,Z = 0,001 · E * · Δe (3) σ B,Z (N/ mm 2 ) Zwängungsspannung im Belag ohne Entkopplung Δε (mm/ m) Verformungsdifferenz Bild 19: Verformungsanteil Belag Buch IB.indb 164 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 165 Einsatz von Entkopplungssystemen bei Bodenkonstruktionen 5.3 Scherspannungen Die Möglichkeit der Nutzung der Resttragfähigkeit kann über die Kenntnis der Scherspannung in der Bodenkonstruktion beurteilt werden. Die Scherspannung kann mit Hilfe der Bilder 8 und 9 ermittelt werden. Aus den Bildern ist ersichtlich, dass die Scherspannung bei 4 m und 8 m Länge der Lastverteilungsschicht sich nur bei geringen Bettungsziffern geringfügig unterscheiden. Bild 20: Einheitsscherspannung Länge 4,0 m Bild 21: Einheitsscherspannung Länge 8,0 m Mithilfe der Einheitsscherspannung kann die Scherspannung des Mörtelsystems bzw. des Entkopplungssystems ermittelt werden. τ = = 10 · τ E · Δε (4) τ (kN/ m 2 ) Scherspannung τ E (kN/ m 2 ) Einheitsscherspannung Δε (mm/ m) Differenzschwindmaß zwischen Belag und Estrich 6. Resttragverhalten von Entkopplungen 6.1 Beispiele An ausgewählten Beispielen wird aufgezeigt, ob ein „Fließen“ von Entkopplungssystemen wirksam nutzbar ist. Es folgt eine Variation von Lastverteilungsschicht, Belagsteifigkeit und Entkopplungssystem. Bild 22: Längenänderung Estrichlänge 8,0 m Um in den Bereich des Fließens der Entkopplung zukommen wird eine Lastverteilungsschicht mit einer Länge von 8,0 m gewählt. Es wird ein Schwindmaß der Lastverteilungsschicht von 0,2 mm/ m angenommen. 6.2 Feinsteinzeug auf Estrich Technische Daten Bodenkonstruktion: Belagdicke: 8 mm Elastizitätsmodul Belag: 70000 N/ mm 2 Bettungsziffer Entkopplung: 1800 MN/ m 3 Grenzscherspannung: 380 kN/ m 2 Estrichdicke: 60 mm Elastizitätsmodul Estrich: 20000 N/ mm 2 Schwinden Estrich: 0,2 mm/ m Bild 23: Aufbau Bodenkonstruktion Steifigkeit Belag: E B ·d B = 70000·0,008 = 560 MN/ m Steifigkeit Estrich: E E ·d E = 20000·0,06 = 1200 MN/ m Buch IB.indb 165 11.02.20 12: 53 166 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Einsatz von Entkopplungssystemen bei Bodenkonstruktionen Bild 24: Verformungsanteil Belag Ersatzselastizitätsmodul Belag: E * = f B · E B = 0,68·70000 = 47600 N/ mm 2 Ersatzsteifigkeit Belag: E * ·d B = 47600·0,008 = 380 MN/ m Bild 25: Einheitsscherspannung τ = 10 · τ E · Δε = 10 · 75 · 0,2 = 150 kN/ m 2 < 380 kN/ m 2 (Grenzscherspannung) Das Resttragverhalten des Entkopplungssystems kann nicht genutzt werden, da die Grenzscherspannung nicht überschritten wird. Bild 26: Verlauf Scher- und Druckspannung σ B,Z = 0,001 · E * · Δε = 0,001 · 47600 · 0,2 = 9,5 N/ mm 2 (ohne Entkopplung) Der Vergleich der Spannungen im Belag mit und ohne Entkopplungssystem zeigt, dass eine entkoppelnde Wirkung nicht nachgewiesen kann. 6.3 Naturwerkstein auf Hohlboden Technische Daten Bodenkonstruktion: Belagdicke: 20 mm Elastizitätsmodul Belag: 80000 N/ mm 2 Bettungsziffer Entkopplung: (Kleber C2, 10 mm) 5000 MN/ m 3 Grenzscherspannung: >550 kN/ m 2 Hohlbodendicke: 40 mm Elastizitätsmodul Estrich: 8000 N/ mm 2 Schwinden Hohlboden: 0,2 mm/ m Bild 27: Aufbau Bodenkonstruktion Steifigkeit Belag: E B ·d B = 80000·0,02 = 1600 MN/ m Steifigkeit Estrich: E E ·d E = 8000·0,04 = 320 MN/ m Bild 28: Verformungsanteil Belag Bild 29: Einheitsscherspannung Buch IB.indb 166 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 167 Einsatz von Entkopplungssystemen bei Bodenkonstruktionen Ersatzselastizitätsmodul Belag: E * = f B · E B = 0,17·80000 = 13600 N/ mm 2 Ersatzsteifigkeit Belag: E * ·d B = 13600·0,008 = 109 MN/ m τ = 10 · τ E · Δε = 10 · 70 · 0,2 = 140 kN/ m 2 < 550 kN/ m 2 (Grenzscherspannung) Die Grenzscherspannung wird nicht überschritten. Bild 30: Verlauf Scher- und Druckspannung σ B,Z = 0,001 · E * · Δε = 0,001 · 13600 · 0,2 = 2,7 N/ mm 2 (ohne Entkopplung) 6.4 Naturwerkstein auf Estrich Technische Daten Bodenkonstruktion: Belagdicke: 20 mm Elastizitätsmodul Belag: 90000 N/ mm 2 Bettungsziffer Entkopplung: 600 MN/ m 3 Grenzscherspannung: 270 kN/ m 2 Estrichdicke: 80 mm Elastizitätsmodul Estrich: 20000 N/ mm 2 Schwinden Estrich: 0,2 mm/ m Bild 31: Aufbau Bodenkonstruktion Steifigkeit Belag: E B ·d B = 90000·0,02 = 1800 MN/ m Steifigkeit Estrich: E E ·d E = 20000·0,08 = 1600 MN/ m Bild 32: Verformungsanteil Belag Ersatzselastizitätsmodul Belag: E * = f B · E B = 0,47·90000 = 42300 N/ mm 2 Ersatzsteifigkeit Belag: E * ·d B = 42300·0,02 = 846 MN/ m Bild 33: Einheitsscherspannung τ = 10 · τ E · Δε = 10 · 70 · 0,2 = 140 kN/ m 2 < 270 kN/ m 2 (Grenzscherspannung) Das Resttragverhalten des Entkopplungssystems kann nicht genutzt werden, da die Grenzscherspannung nicht überschritten wird. Bild 34: Verlauf Scher- und Druckspannung σ B,Z = 0,001 · E * · Δε = 0,001 · 42300 · 0,2 = 8,5 N/ mm 2 (ohne Entkopplung) Der Vergleich der Spannungen im Belag mit und ohne Entkopplungssystem zeigt, dass eine entkoppelnde Wirkung weniger als 7% beträgt und anwendungstechnisch keine Bedeutung hat. Buch IB.indb 167 11.02.20 12: 53 168 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Einsatz von Entkopplungssystemen bei Bodenkonstruktionen 6.5 Feinsteinzeug auf Stahlbetondecke Technische Daten Bodenkonstruktion: Belagdicke: 8 mm Elastizitätsmodul Belag: 60000 N/ mm 2 Bettungsziffer Entkopplung: 2500 MN/ m 3 Grenzscherspannung: 250 kN/ m 2 Stahlbetondicke: 180 mm Elastizitätsmodul Stahlbeton: 27800 N/ mm 2 Schwinden Stahlbeton: 0,2 mm/ m Bild 35: Aufbau Bodenkonstruktion Steifigkeit Belag: E B ·d B = 60000·0,008 = 480 MN/ m Steifigkeit Stahlbeton: E E ·d E = 27800·0,18 » 5000 MN/ m Bild 36: Verformungsanteil Belag Ersatzselastizitätsmodul Belag: E * = f B · E B = 0,92·60000 = 55200 N/ mm 2 Ersatzsteifigkeit Belag: E * ·d B = 55200·0,008 = 442 MN/ m Bild 37: Einheitsscherspannung τ = 10 · τ E · Δe = 10 · 105 · 0,2 = 210 kN/ m 2 < 250 kN/ m 2 (Grenzscherspannung) Das Resttragverhalten des Entkopplungssystems kann nicht genutzt werden, da die Grenzscherspannung nicht überschritten wird. Bild 38: Verlauf Scher- und Druckspannung σ B,Z = 0,001 · E * · Δε = 0,001 · 55200 · 0,2 = 11,0 N/ mm 2 (ohne Entkopplung) Der Vergleich der Spannungen im Belag mit und ohne Entkopplungssystem zeigt, dass eine entkoppelnde Wirkung nicht nachgewiesen kann. 6.6 Naturwerkstein auf Stahlbetondecke Technische Daten Bodenkonstruktion: Belagdicke: 30 mm Elastizitätsmodul Belag: 60000 N/ mm 2 Bettungsziffer Entkopplung: 2500 MN/ m 3 Grenzscherspannung: 250 kN/ m 2 Stahlbetondicke: 180 mm Elastizitätsmodul Stahlbeton: 27800 N/ mm 2 Schwinden Stahlbeton: 0,2 mm/ m Buch IB.indb 168 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 169 Einsatz von Entkopplungssystemen bei Bodenkonstruktionen Bild 39: Aufbau Bodenkonstruktion Steifigkeit Belag: E B ·d B = 60000·0,03 = 1800 MN/ m Steifigkeit Stahlbeton: E E ·d E = 27800·0,18 » 5000 MN/ m Bild 40: Verformungsanteil Belag Ersatzselastizitätsmodul Belag: E * = f B · E B = 0,74·60000 = 44400 N/ mm 2 Ersatzsteifigkeit Belag: E * ·d B = 44400·0,03 = 1332 MN/ m Bild 41: Einheitsscherspannung τ = 10 · τ E · Δε = 10 · 180 · 0,2 = 360 kN/ m 2 > 250 kN/ m 2 (Grenzscherspannung) Das Resttragverhalten des Entkopplungssystems kann genutzt werden, da die Grenzscherspannung überschritten wird. Im Fließbereich des Entkopplungssystems variiert die wirksame Bettungsziffer zwischen 250 MN/ m 3 und 2500 MN/ m 3 . Bild 42: Fließbereich Entkopplungssystem Die Berechnung der Beanspruchung des Belages erfolgt mit Hilfe einer FE-Berechnung. Um das Fließen des Entkopplungssystems abzubilden ist eine iterative Berechnung erforderlich. Die Berechnung erfolgt für unterschiedlich lange Fließbereiche. Die Länge des Fließbereiches kann mit Hilfe von Bild 44 für eine Grenzscherspannung von 250 kN/ m 2 ermittelt werden. Bild 43: Iterative Ermittlung Fließbereich Buch IB.indb 169 11.02.20 12: 53 170 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Einsatz von Entkopplungssystemen bei Bodenkonstruktionen Bild 44 Iterative Ermittlung Fließbereich Die Scher- und Druckspannungsverteilung ist in Bild 28 dargestellt. Es zeigt sich, dass das Resttragverhalten des Entkopplungssystems nicht genutzt werden kann. Bild 45: Verlauf Scher- und Druckspannung σ B,Z = 0,001 · E * · Δε = 0,001 · 44400 · 0,2 = 8,9 N/ mm 2 (ohne Entkopplung) Der Vergleich der Spannungen im Belag mit und ohne Entkopplungssystem zeigt, dass eine entkoppelnde Wirkung weniger als 2% beträgt und anwendungstechnisch keine Bedeutung hat. 6.7 Nutzung des Fließbereichs Die Beispiele zeigen, dass bei den üblichen Bodenkonstruktionen die Grenzscherspannung nicht überschritten wird und somit die Resttragfähigkeit nicht genutzt werden kann. Bei sehr steifen schwindfähigen Lastverteilungsschichten kann zwar die Grenzscherspannung überschritten werden, führt jedoch nicht zu einer wesentlichen Reduzierung der Beanspruchung der Bauteile der Bodenkonstruktion. Literatur [1] Merkblatt 7: Ermittlung der technischen Eigenschaften von Entkopplungen, Herausgeber: Deutsche Naturstein Akademie e.V. [2] Verlegung von Fliesen und Platten auf Entkopplungssysteme im Innenbereich (euroFEN Merkblatt 8), Fachverband Fliesen und Naturstein im Zentralverband Deutsches Baugewerbe e.V., Berlin Buch IB.indb 170 11.02.20 12: 53 Prüf-/ Messmethoden Buch IB.indb 171 11.02.20 12: 53 Buch IB.indb 172 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 173 Funktionalisierung von Fasern für zementgebundene Materialien - ausgewählte Prüfmethoden Julia von Werder, André Gardei, Johannes Hoppe und Birgit Meng Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, Unter den Eichen 87, 12205 Berlin, Deutschland Zusammenfassung Die geringe Zugfestigkeit von zementgebundenen Materialien kann durch die Zugabe von Fasern maßgeblich verbessert werden. Ziel eines gemeinsamen Verbundprojekts mit einem Industriepartner war die Erhöhung der Leistungsfähigkeit von kurzen Polymer- und Carbonfasern durch eine Verbesserung des Verbundes zwischen Faseroberfläche und Zementsteinmatrix. Von der IONYS AG wurde dazu eine spezielle Funktionalisierung entwickelt, die über eine Hydrophilisierung der Faseroberfläche eine chemische Anbindung an die Zementsteinmatrix gewährleistet. Aufgabe der BAM war es, die Effizienz der neuen Beschichtung bezüglich der Erhöhung der Nachrissbiegezugfestigkeit und der Reduzierung der Schwindrissbildung während der Erhärtungsphase zu quantifizieren. Die Ergebnisse zeigen, dass die Funktionalisierung die Neigung zur Schwindrissbildung für die Carbonfasern und in noch stärkerem Maße für die Polymerfasern reduziert. Eine Erhöhung der Nachrissbiegezugfestigkeit konnte dagegen nur für die deutlich steiferen Carbonfasern nachgewiesen werden. 1. Einleitung Aufgrund ihres hervorragenden Preis-Leistungs-Verhältnisses kommt den zementgebundenen Baustoffen eine große Bedeutung zu. Um Ihre Einsatzmöglichkeiten weiter auszubauen und ihre Dauerhaftigkeit zu erhöhen, werden sie immer häufiger mit Fasern ausgerüstet. In Abhängigkeit der von den Fasern zu übernehmenden Funktion reicht das Materialspektrum von Stahl-, über Carbonbis zu Polymerfasern. In Putzen als Bestandteil von Wärmedämmverbundsystemen übernehmen Fasern zum Beispiel die Zug- und Biegezugspannungen in Folge thermisch-hygrischer Lasten [1]. In anderen Fällen ist ihre Funktion die Reduzierung von Schwindrissen während der Erhärtungsphase [2,3] oder die Vermeidung von Abplatzungen im Brandfall [4]. Die Wirksamkeit der Fasern beruht auf der Dissipation der Bruchenergie durch Haftreibung zwischen der in der Regel hydrophoben Faseroberfläche und der hydrophilen Zementsteinmatrix. Durch die rein physikalische Bindung ist für den Lastabtrag in Abhängigkeit des Lastfalls eine gewisse Mindestmenge an Fasern erforderlich. Für filigrane Querschnitte mit hohen Anforderungen an die Festigkeit (ultra-hochfester Beton) führen zu große Fasermengen oder -längen jedoch zu einer unzulässigen Verschlechterung der Verarbeitbarkeit und somit zu technischen Beschränkungen. Zielstellung eines gemeinsamen Forschungsprojekts mit der IONYS AG war es deshalb, die Leistungsfähigkeit der Fasern durch eine Funktionalisierung zu erhöhen. Aufgabe von IONYS war es, einen Präparationsprozess zu entwickeln, der über eine Hydrophilisierung der Faseroberfläche eine chemische Anbindung der Fasern an die Zementsteinmatrix ermöglicht. Das Arbeitspaket der BAM beinhaltete, die Effizienz der Funktionalisierung bezüglich der Reduzierung von Schwindrissen und der Verbesserung der mechanischen Eigenschaften durch Erhöhung der Duktilität zu quantifizieren. 2. Untersuchungen 2.1 Materialien Voraussetzung für die Untersuchung der Leistungsfähigkeit der Fasern war die Rezeptierung eines geeigneten Mörtels, der gute Verarbeitungseigenschaften aufweist und zu einer homogenen Faserverteilung führt. Um eine Differenzierung zu ermöglichen zwischen den Referenzproben mit den Standardfasern und den Proben mit den funktionalisierten Fasern, musste die Festigkeit gezielt angepasst werden. So konnte nur nach einer Erhöhung des Feinanteils (Kalksteinmehl) zu Lasten des Sandanteils eine ausreichende Anzahl von Schwindrissen im Windkanalversuch an den Prüfkörpern mit den Standardfasern erreicht werden (Tabelle 1). Buch IB.indb 173 11.02.20 12: 53 174 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Funktionalisierung von Fasern für zementgebundene Materialien - ausgewählte Prüfmethoden Bestandteil Masse [g] CEM I 32,5 R 270 Kalksteinmehl 1145 Normsand 1350 Wasser 550 Tabelle 1: Rezeptur der Mörtelproben zur Überprüfung der Funktionalisierung Die Wirksamkeit der Funktionalisierung wurde an Fasern aus Polyacrylnitril (PAN), Polypropylen (PP) und Carbon getestet. Die verwendeten Carbonfasern stammten dabei aus zwei verschiedenen Chargen und waren werksmäßig bereits mit einer Epoxidharzschlichte versehen (Bild 1, Tabelle 2). Die Faserzugabe erfolgte auf zwei unterschiedliche Arten: Im ersten Fall wurden die Fasern unmittelbar nach der Behandlung mit der Funktionalisierung im feuchten Zustand beigemischt. Alternativ erfolgte die Faserzugabe erst nach Trocknung des Behandlungsmittels. a: PAN b: PP c: Carbon Bild 1: Fotografi en der verwendeten Fasertypen PAN- Fasern PP-Fasern Carbonfasern Länge [mm] 4, 6, 8, 12 4.6, 6 6 Durchmesser [μm] 15 15,4 7 Oberfl äche [cm²/ g] 2250 Zugfestigkeit [N/ mm²] 330-530 320-560 4000 E-Modul [kN/ mm²] 15-20 4-18 240 Rohdichte [g/ cm³] 1,18 0,9 Tabelle 2: Physikalische Eigenschaften der getesteten Fasern 2.2 Methoden Die Bestimmung der Konsistenz des Frischmörtels in Abhängigkeit der Faserart und -menge erfolgte nach DIN EN 1015-3 [5]. Für die Analyse der zweidimensionalen Verteilung der Polymerfasern in der Mörtelmatrix wurde ihre Fluoreszenz unter UV-Licht im Lichtmikroskop genutzt. Die Analyse erfolgte an polierten Querschnitten von Normprismen (40 x 40 x 160). In einem zweiten Schritt wurde die dreidimensionale Faserverteilung mittels Mikro-3D-Computertomografi e (CT) bestimmt. Dafür wurden aus verfestigten Prismen Bohrkerne von 10 mm Durchmesser und 20 mm Länge entnommen. Das Messprinzip der 3D- CT beruht auf der Radiografi e einer Probe aus unterschiedlichen Winkeln während der schrittweisen Rotation um 360 Grad. Mit Hilfe spezielle Rekonstruktionsalgorithmen kann die räumliche Verteilung des Koeffi zienten für Röntgenabsorption α aus der Vielzahl der Aufnahmen berechnet und in Graustufen dreidimensional dargestellt werden (Bild 2). Bild 2: Messprinzip 3D-Computertomografi e Die Verteilung der Carbonfasern konnte nur zweidimensional mittels Lichtmikroskopie analysiert werden, da der Unterschied in der Röntgenabsorption zwischen Mörtelmatrix und Faser für eine Differenzierung nicht ausreichte. Für die Quantifi zierung der Nachrissbiegezugfestigkeit wurde ein 3-Punkt-Biegezugversuch durchgeführt und aus dem Flächeninhalt unter der Last-Verformungs-kurve das Arbeitsvermögen ermittelt. Um Effekte, die sich aus einer inhomogenen Faserverteilung und -orientierung ergeben, ausschließen zu können, wurde die Stärke des Verbunds zwischen Fasern und Mörtelmatrix zusätzlich mit Faserdurchzugsversuchen bestimmt. Dazu wurden eine Reihe von einzelnen Fasern mit etwas größerem Durchmesser (PAN: 80 μm, PP: 72 μm) und einer Länge von 2 cm in frische Mörtelproben der Dicke 2, 3 und 4 mm eingebettet (Bild 3). Die Faserdurchzugsversuche konnten nur für die elastischen Polymerfasern durchgeführt werden, da die spröden Carbonfasern bereits bei der Einbettung brachen. Buch IB.indb 174 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 175 Funktionalisierung von Fasern für zementgebundene Materialien - ausgewählte Prüfmethoden Bild 3: In die Mörtelproben eingebettete Fasern für den Einzelfaserdurchzugstest Die Untersuchungen des Schwindverhaltens wurde in Anlehnung an den „Prüfplan für die Zulassungsprüfung von Polymerfasern zur Verwendung in Beton nach DIN EN 206-1 [6] in Verbindung mit DIN 1045-2 [7] mit nachgewiesener Wirksamkeit“ des Deutschen Instituts für Bautechnik [8] durchgeführt. Dazu wurden mit einem dünnlagigen Putz beschichtete Betonplatten der Größe 30 × 30 cm im herstellungsfrischen Zustand zur beschleunigten Austrocknung in einen speziellen Windkanal verbracht, um so Schwindrisse auf der Oberfl äche zu provozieren (Bild 4). Die Windgeschwindigkeit betrug 5 m/ s und das Umgebungsklima wurde auf 30°C und 50 % relative Luftfeuchte geregelt. Bild 4: Windkanal mit frisch verputzten Prüfkörpern Für die Analyse der Schwindrisse wurden 3 repräsentative Flächen von 16 x 16 cm² ausgewählt und mit hoher Aufl ösung eingescannt. Mit Hilfe eines Bildbearbeitungsprogramms wurde anschließend die Länge und Breite aller Risse mit einer Breite größer 100 μm erfasst und daraus die Rissöffnungsfl äche berechnet. 3. Ergebnisse und Diskussion Erwartungsgemäß wird die Verarbeitbarkeit des Mörtels durch die Faserzugabe reduziert [9]. Die Verringerung des Ausbreitmaßes mit steigendem Fasergehalt ist dabei am deutlichsten für die Carbonfasern ausgeprägt. Ob die Fasern im nassen oder trockenen Zustand beigemengt werden, spielt keine Rolle (Bild 5). Bild 5: Ausbreitmaß in Abhängigkeit des Fasergehalts Die Auswertung der zweidimensionalen Faserver-teilung zeigt, dass höhere Fasergehalte zu Agglo-merationen führen (Bild 6). a b Bild 6: Querschnitte von Mörtelprismen mit PAN-Fasern (Länge: 4 mm) unter UV-Licht a) 0,5 Vol.-%, b) 1,0 Vol.-% Fasergehalt Die Ergebnisse der Mikro-CT-Messung verdeutlichen, dass durch die Funktionalisierung eine homogenere Faserverteilung erreicht wird (Bild 7). Die aus den Ergebnissen abgeleitete Faserorientierungsfunktion kann weiterhin für die Berechnung der elastischen Kennwerte von polymerfaserverstärktem Beton herangezogen werden [10]. a b Bild 7: Dreidimensionale Faserverteilung im Zementmörtel ermittelt durch Mikro-CT Messungen (PP-Fasergehalt: 0,5 Vol.-%, Faserlänge: 4,6 mm) a) unbehandelte Fasern, b) funktionalisierte Fasern Buch IB.indb 175 11.02.20 12: 53 176 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Funktionalisierung von Fasern für zementgebundene Materialien - ausgewählte Prüfmethoden Die Berechnung des Arbeitsvermögens erfolgte jeweils aus den Minimal- und Maximalwerten der einhüllenden Last-Verformungskurven aus einem Set von 3 Mörtelprismen. Für den Prüfmörtel mit 0,05 Vol.-% Carbonfasern (6 mm) in den Varianten unbehandelt, funktionalisiert und in feuchtem bzw. trockenem Zustand zugemischt ist die Auswertung beispielhaft in den Bildern 8 und 9 dargestellt. In Bild 8 ist gut zu erkennen, dass nach Erreichen der Maximallast die Lastabtragung über die Faserbewehrung erfolgt. Je höher die Kraft im Verhältnis zur Verformung ist, desto größer ist die Kraftübertragung über die Komponenten Haftung und Reibung. Aus der Berechnung des Flächeninhalts unter der Last-Verformungskurve bis zu einer Durchbiegung von 1,5 mm ergibt sich das Arbeitsvermögen. Bild 9 verdeutlicht, dass sich das Arbeitsvermögen bei einer Funktionalisierung der Carbonfasern ungefähr verdoppelt, wobei die Art der Verarbeitung nur eine untergeordnete Bedeutung hat. Die Tatsache, dass für die zweite Charge an Carbonfasern ein deutlich geringeres Verbesserungsmaß festgestellt wurde, weist auf ein komplexes Zusammenspiel der bereits vorhandenen Schlichte mit der Funktionalisierung hin. Für die PAN- Fasern und PP-Fasern konnte keine Steigerung des Nachrissbiegezugverhaltens durch die Funktionalisierung nachgewiesen werden. Ursächlich ist vermutlich die Querkontraktion der elastischen Fasern unter Zugbeanspruchung, die zu einer Lösung des chemischen Verbundes zwischen hydrophilisierter Faseroberfläche und Zementsteinmatrix führt. Die Messergebnisse der Einzelfaserdurchzugsversuche für die funktionalisierten PAN- und PP-Fasern korrespondieren mit den Ergebnissen zur Nachrissbiegezugfestigkeit. In beiden Versuchsanordnungen konnte für die funktionalisierten Fasern im Vergleich zu den unbehandelten Fasern keine Verbesserung der statischen Wirksamkeit nachgewiesen werden. Bild 10a zeigt ein typisches Ergebnis eines Einzelfaserdurchzugversuchs an einer 4 mm tief in der Zementmörtel M Putz eingebetteten PAN- Faser. Nach Erreichen der Maximalkraft (eingekreist) löst sich die Faser ruckartig von der Matrix und wird dann durch den Probekörper ausgezogen. Im Rahmen der Versuche konnte festgestellt werden, dass die aus neun Einzelwerten gebildeten mittleren Maximalkräfte der PAN-Fasern deutlich über den PP-Fasern liegen. Unterschiede zwischen den Maximalkräften der unbehandelten und funktionalisierten Fasern konnten dagegen nicht festgestellt werden (Bild 10b). Die Untersuchung der Schwindrissbildung im Windkanal zeigte sich sehr empfindlich gegenüber kleinsten Veränderungen in der Versuchsanordnung. So führt eine simultane Prüfung von mehreren, in unterschiedliche Höhe gelagerten Platten zu nicht vergleichbaren Ergebnissen. Auch Platten, die nicht sofort nach Herstellung, sondern erst nach Fertigung einer zweiten Platte mit einer 10-minütigen Verzögerung in den Windkanal verbracht wurden, wiesen eine nicht vergleichbare Rissfläche auf. Um zwischen den funktionalisierten und unbehandelten Fasern differenzieren zu können, musste der Gehalt der unbehandelten Fasern systematisch verringert werden. Erst nach Reduktion der Zugabemenge auf 0,05 Vol.-% für die PAN-Fasern und 0,025 Vol.-% für die Carbonfasern konnte im Windkanalversuch für beide Faserarten eine Wirkung der Funktionalisierung auf die Reduzierung der Schwindrissneigung nachgewiesen werden. Werden dem Prüfmörtel 0,05 Vol.-% PAN-Fasern zugegeben, zeigt sich im Vergleich zur Referenz ohne Fasern keine Reduktion, sondern sogar eine geringfügige Erhöhung der Rissöffnungsfläche. Wird dagegen dieselbe Menge an funktionalisierten Fasern im trockenen Zustand zugegeben, beträgt die mittlere Rissöffnungsfläche nur noch 49% des Referenzwertes ohne Faserzugabe, wobei die Risslänge stärker abnimmt als die Rissbreite (Bild 10). Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Funktionalisierung der Carbonfasern, wobei hier schon eine Fasermenge von 0,025 Vol.-% ausreichend ist. Während die Zugabe unbehandelter Fasern nur zu einer geringfügigen Reduktion der mittleren Rissöffnungsfläche von 10 % führt, sinkt die mittlere Rissöffnungsfläche bei Zugabe der funktionalisierten Fasern auf 57 % des Referenzwertes ohne Faserzugabe. Auch bei den Carbonfasern wird durch die Funktionalisierung die Risslänge stärker begrenzt als die Rissbreite (Bild 11). Eine Erhöhung der Umgebungstemperatur im Windkanal von 30 °C auf 40 °C führte bei der Prüfmörtelmischung ohne Faserzugabe nicht wie erwartet zu einer Erhöhung der mittleren Rissöffnungsfläche, sondern im Gegenteil zu einer Reduktion des Wertes. 4. Schlussfolgerungen Für die Untersuchung der Wirkung der Funktionalisierung auf die Reduzierung der Schwindrissneigung während der Erhärtung musste der Prüfmörtel durch Erhöhung des Feinanteils gezielt abgemagert werden. Mit Hilfe der Mikro-CT konnte nachgewiesen werden, dass die Funktionalisierung eine homogenere Faserverteilung begünstigt. Die Ableitung einer Faserorientierungsfunktion zur Berechnung der elastischen Kennwerte erfordert jedoch eine ausreichende Statistik und ist damit sehr aufwändig. Die Berechnung des Arbeitsvermögens erwies sich als geeigneter Parameter, um die Verbesserung der mechanischen Eigenschaften zu quantifizieren. Eine Erhöhung der Nachrissbiegezugfestigkeit durch die Funktionalisierung konnte dabei nur für die sehr viel steiferen Carbonfasern festgestellt werden. Das Maß der Verbesserung zeigte sich abhängig von der Charge der Fasern und erreichte Maximalwerte von bis zu 100 %. Die Faserdurchzugsversuche bestätigten, dass die Funktionalisierung bei den elastischen Polymerfasern den Verbund zwischen Faseroberfläche und ausgehärtetem Prüfmörtel bei Zugbeanspruchung nicht erhöht. Anders verhält es sich, wenn die Fasern Zugspannungen während des Aushärtens aufnehmen. Im Windkanalver- Buch IB.indb 176 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 177 Funktionalisierung von Fasern für zementgebundene Materialien - ausgewählte Prüfmethoden such in Anlehnung an den Prüfplan für die Zulassungsprüfung von Polymerfasern zur Verwendung in Beton des DIBt [8] konnte der Einfl uss der Funktionalisierung auf die Reduzierung der Schwindrissneigung sowohl für die elastischen PANals auch in etwas geringerem Maß für die spröden Carbonfasern nachgewiesen werden. Für reproduzierbare Prüfergebnisse müssen die Prüfkörper einzeln getestet werden. Bild 8: Einhüllende der Maximal- und Minimalwerte für den mit jeweils 0,05 Vol.-% Carbonfasern versetzten Mörtel in den Varianten Fasern unbehandelt (untere Kurven), Fasern modifi ziert und trocken zugemischt (mittlere Kurven), Fasern modifi ziert und feucht zugemischt (obere Kurven) Bild 9: Minimales und maximales Arbeitsvermögen in Nm berechnet bis zu einer Durchbiegung von 1,5 mm für den mit jeweils 0,05 Vol.-% Carbonfasern versetzten Mörtel in den Varianten Fasern unbehandelt (links), Fasern modifi ziert und trocken zugemischt (Mitte) sowie Fasern modifi ziert und feucht zugemischt (rechts) a bBild 10: a) Last-Verformungskurve einer unbehandelten PAN-Faser mit einer Einbindetiefe von 4 mm b) Mittelwerte der Maximallasten (n=9) für die unbehandelten und funktionalisierten PAN-Fasern Bild 11: Schwindverhalten von mit dem Prüfmörtel verputzten Betonplatten der Größe 30 x 30 cm (Putzdicke 5 mm) bei verschiedenen Faserarten und Konzentrationen im Vergleich zur Referenz Literatur [1] T. Schrepfer: Faserbewehrte Putze auf hochdämmenden Untergründen. Bauphysik 30 (2008), Heft 2, S. 117-122. [2] P. Balaguru: Contribution of Fibers to Crack Reduction of Cement Composites During the Initial and Final Setting Period, ACI Materials Journal 91 (3) (1994), 280-288. Buch IB.indb 177 11.02.20 12: 53 178 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Funktionalisierung von Fasern für zementgebundene Materialien - ausgewählte Prüfmethoden [3] N. Banthia, R. Gupta, Influence of polypropylene fiber geometry on plastic shrinkage cracking in con-crete, Cement and Concrete Research 36 (2006), 1263-1267. [4] Pistol, K., Weise, F., Meng, B., Diederichs, U.: Polypropylene fibres and micro cracking in fire exposed concrete. Advanced materials research 897 (2014), 284-289; Trans Tech Publ. [5] DIN EN 1015-3: Prüfverfahren für Mörtel für Mauerwerk - Teil 3: Bestimmung der Konsistenz von Frischmörtel (mit Ausbreittisch); Deutsche Fassung EN 1015-3: 1999+A1: 2004+A2: 2006 [6] DIN EN 206-1: Beton - Teil 1: Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität. Beuth Verlag GmbH, Berlin Juli 2001. [7] DIN 1045-2: Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 2: Beton - Festlegung, Eigenschaften. Herstellung und Konformität. Beuth Verlag GmbH, Berlin August 2008. [8] Prüfplan für die Zulassungsprüfung von Polymerfasern zur Verwendung in Beton nach DIN EN 206-1 in Verbindung mit DIN 1045-2 mit nachgewiesener Wirksamkeit. Deutsches Institut für Bautechnik, Mai 2012. [9] H. Hähne: Eigenschaften von mit Polyacrylnitril-Fasern verstärktem Beton. Beton und Stahlbetonbau 88 (1993), H. 1, S. 5-9 [10] T. Mishurova, N. Rachmatulin, P. Fontana, T. Oesch, G. Bruno, E. Radi und Igor Sevostianov: Evaluation of the probability density of inhomogeneous fiber orientations by computed tomography and its application to the calculation of the effective properties of a fiber-reinforced composite in International Journal of Engineering Science 122 (2018) pp 14- 29, Elsevier, 2018 Buch IB.indb 178 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 179 Zerstörungsfreie Lokalisierung von Flüssigwasser in Fußböden durch Kombination von Radar und Neutronensonde Tim Klewe Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, Berlin, Deutschland Christoph Strangfeld Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, Berlin, Deutschland Tobias Ritzer Ingenieurbüro Tobias Ritzer GmbH, Schwabach, Deutschland Sabine Kruschwitz Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, Berlin, Deutschland Technische Universität Berlin, Berlin, Deutschland Zusammenfassung Das Neutronensondenverfahren wird bereits seit vielen Jahren erfolgreich zur Eingrenzung und Quantifizierung auftretender Feuchteschäden an Fußböden eingesetzt. Hierzu bedarf es jedoch einer Vielzahl zerstörender Sondierungsbohrungen, welche die gewonnenen Messdaten kalibrieren und eine Tiefenzuordnung des Flüssigwassers zulassen. Dadurch entsteht ein zeitlicher und finanzieller Aufwand, der durch den parallelen Einsatz des elektromagnetischen Radarverfahrens vermieden werden könnte. Mit seiner hohen Sensitivität für Wasser bietet diese Messmethode die Möglichkeit der vertikalen Lokalisierung von Feuchte, was zu einer automatisierten Klassifizierung typischer Schadensfälle beitragen soll. In einem laufenden Forschungsvorhaben werden in systematischen Laborstudien gängige Schadensfälle an häufig anzutreffenden Fußbodenaufbauten simuliert und deren Einfluss auf die genannten Verfahren untersucht. Hierbei kommen Zement- und Anhydritestriche, sowie unterschiedliche Dämmmaterialen mit variierenden Schichtdicken zum Einsatz. Wesentlicher Bestandteil der Auswertung ist die Extraktion signifikanter Signalmerkmale des Radarverfahrens, welche Rückschlüsse auf den Schadensfall und ggf. die Wassermenge zulassen. Weiterführend sollen die Kombinationsmöglichkeiten der verschiedenen Signalmerkmale und der Neutronensondendaten durch Methoden der multivariaten Datenauswertung und des maschinellen Lernens geprüft werden. Die Unabhängigkeit gegenüber wechselnden Schichtdicken und Materialien steht hierbei besonders im Fokus und soll anhand der erzielten Ergebnisse evaluiert werden. 1. Einleitung Leitungswasserschäden nahmen im Jahr 2018 mit rund 2,9 Milliarden Euro den größten Posten bei Gebäudeversicherungen ein und verursachten damit mehr Kosten, als Elementar-, Feuer, Sturm- und Hagelschäden zusammen [1]. Bei einem entstandenen Schaden stellt die Bestimmung und Lokalisierung der Feuchte einen ersten wichtigen Schritt dar, um die erforderlichen Sanierungsarbeiten abschätzen und effizient vornehmen zu können. Für derartige Fragestellungen werden vom Industriepartner des Projekts, dem Ingenieurbüro (IB) Tobias Ritzer, seit zwei Jahrzehnten Neutronensonden eingesetzt. Mit diesen ist es möglich, sich einen Überblick über die Gesamtwassermenge in einem definierten Fußbodenbereich zu verschaffen, jedoch kann flüssiges und chemisch gebundenes Wasser nicht unterschieden werden. Die aufgenommenen Messdaten müssen nachträglich mit den Ergebnissen von zerstörenden Sondierungsbohrungen kalibriert werden, was einen hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand darstellt. Des Weiteren bieten die entnommenen Bohrkerne bislang die einzige Möglichkeit zur vertikalen Lokalisierung des gefundenen Feuchteschadens in geschichteten Aufbauten (Abbildung 1), da das Messprinzip der Neutronensonde keine Tiefenzuordnung zulässt. Die Idee des Projekts ist, durch den parallelen Einsatz des Radarverfahrens zukünftig vollständig auf zerstörende Sondierungsbohrungen verzichten zu können. Buch IB.indb 179 11.02.20 12: 53 180 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Zerstörungsfreie Lokalisierung von Flüssigwasser in Fußböden durch Kombination von Radar und Neutronensonde Abbildung 1: Modulare Fußbodenaufbauten mit den verwendeten Feuchtemessverfahren Radar und Neutronensonde (links) und die dazugehörigen Signalverarbeitungsschritte zur Klassifikation (rechts) in 0 kein Schaden, 1 feuchter Estrich, 2 - Feuchte in den Zwischenräumen der Dämmung, 3 feuchte Dämmung (aufbauend auf [3]). Das elektromagnetische Radarverfahren ist mit seiner starken Sensitivität für Wasser längst eine etablierte Methode zur Feuchtemessung [2]. Besonders bei geophysikalischen Aufgabenstellungen erfreut es sich großer Beliebtheit. Die Anwendung zur Feuchtemessung von Baustoffen ist hingegen deutlich geringer verbreitet und insbesondere Schichtaufbauten wie Fußböden stellen einen vergleichsweise schwierigen Sonderfall dar. Die Literatur liefert generell bereits zahlreiche Signalverarbeitungsmethoden für das Radarverfahren, welche Rückschlüsse auf die Feuchte eines untersuchten Mediums erlauben. Die markanten Signalmerkmale finden sich sowohl im Zeit, als auch im Frequenzbereich der Messdaten, wobei Anwender häufig nur ein einzelnes Merkmal zur Feuchtebestimmung heranziehen. Hierdurch entstehen große Unsicherheiten, da weitere Einflussfaktoren, wie beispielsweise die Reflektortiefe oder die zugrunde liegende Permittivität meist unbekannt sind, jedoch große Auswirkung auf die Auswertung haben. Diese möglichen Fehleinschätzungen sollen künftig durch die Kombination mehrerer Signalmerkmale und das Hinzuziehen der Neutronensonde mittels multivariater Datenauswertung und maschinellem Lernen reduziert werden. Ziel des Projekts ist die valide Klassifizierung verschiedener, häufig anzutreffender Schadensfälle (siehe Abbildung 1), welche bei der effizienten Planung und Durchführung der Sanierung angewandt werden soll. In diesem Beitrag sollen sowohl das experimentelle Vorgehen zum Aufbau eines modularen Prüfkörpers für die Simulation von Feuchteschäden, als auch erste Messergebnisse des Radarverfahrens und die daraus abzuleitenden Strategien für eine spätere Automatisierung der Messaufgabe diskutiert werden. Zuvor wird im folgenden Abschnitt kurz auf das Prinzip beider Messverfahren eingegangen. 2. Theorie Feuchtemessung mit Neutronensonden Zur Feuchtebestimmung von Baustoffen mittels Neutronensonde werden sogenannte „schnelle“ Neutronen mit hoher kinetischer Energie in das zu untersuchende Medium eingestrahlt. Diese Neutronen treten mit den Atomen der Materie in Wechselwirkung, wobei es zur Streuung, Diffusion und vor allem Abbremsung kommt [4]. Auftretende Stoßvorgänge verringern hierbei die Energie und somit die Geschwindigkeit der schnellen Neutronen. Dabei ist die Energieabgabe umso größer, je ähnlicher die Masse des Stoßpartners der Neutronenmasse ist. Während schwere Atome im Wesentlichen eine Richtungsänderung der Neutronen bewirken, kommt es beim Zusammenstoß mit Wasserstoffatomen, also jenen mit der geringsten Atommasse, zum größtmöglichen Energieverlust [5]. Nach [6] genügen bereits 18 Stöße an Wasserstoffatomen, um ein schnelles Neutron zu einem langsamen, thermischen Neutron zu wandeln. Die Anzahl jener thermischen Neutronen wird hierbei von, in der Neutronensonde verbauten Zählrohren erfasst und erlaubt Rückschlüsse auf die vorhandene Menge an Wasserstoffatomen im Messvolumen. Zur quantitativen Bestimmung der Massenfeuchte bedarf es, wie im vorherigen Abschnitt erwähnt, einer entsprechenden Kalibrierung der Messwerte, welche durch die zerstörende Entnahme von Bohrkernen und einer anschließenden gravimetrischen Untersuchung nach dem Darr-Verfahren durchgeführt werden kann [7]. Erst durch die gewonnenen Referenzwerte kann chemisch gebundenes von flüssigem Wasser unterschieden werden, sowie eine entsprechende Tiefeninformation abgeleitet werden. Abbildung 2 zeigt die kommerziell erhältliche und in den Versuchen eingesetzte Neutronensonde der Firma Troxler [8]. Laut Hersteller besitzt diese eine feuchteabhängige Messtiefe von 22,5 cm bis 28 cm und eignet sich dadurch besonders zur Feuchtemessung an Flachdächern und Fußböden. Einzig einzustellender Parameter ist die Messzeit, über welche integral die thermischen Neutronen erfasst und gezählt werden können. Das Ergebnis (Counts) wird unmittelbar auf einem Display dargestellt und kann von dort abgelesen und notiert werden. Abbildung 2: Neutronensonde der Firma Troxler Typ 3216. Fußbodenbelag Estrich PE-Folie Dämmung Schweißbahn Beton H Schadensfälle Merkmalsextrak on Datenfusion Klassifika on Neutronensonde Radar 1 0 3 2 Buch IB.indb 180 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 181 Zerstörungsfreie Lokalisierung von Flüssigwasser in Fußböden durch Kombination von Radar und Neutronensonde Feuchtemessung mit Radar Bei dem Radarverfahren [2, 9] wird mittels einer Sendeantenne S ein elektromagnetischer Impuls in das zu untersuchende Medium übertragen (Abbildung 3, links). Die Ausbreitungsgeschwindigkeit der gesendeten Welle wird dabei maßgeblich durch die elektromagnetischen Eigenschaften des jeweiligen Mediums beeinflusst, wobei für nichtleitende Baustoffe die relative Permittivität als dominantester Parameter zu nennen ist. Daher kann näherungsweise in Abhängigkeit von und der Lichtgeschwindigkeit mit Gl. (1) berechnet werden. (1) An Grenzflächen zweier Materialien mit unterschiedlicher Permittivität kommt es, ähnlich zur Optik, zu Reflexion, Transmission und Beugung der sich ausbreitenden Welle. Die Stärke der Reflexion wird durch den Reflexionsfaktor angegeben und ist nach Gl. (2) von den gegebenen Permittivitäten und der angrenzenden Medien 1 und 2 abhängig. (2) Dementsprechend ist nach Gl. (1) und Gl. (2) sowohl die Ausbreitungsgeschwindigkeit und -richtung, als auch die Intensität elektromagnetischer Wellen abhängig von den zu Grunde liegenden Permittivitäten und dessen räumlichen Verteilungen innerhalb einer untersuchten Struktur. Während für Luft in guter Näherung gilt, liegt bei den meisten trockenen Baumaterialien zwischen 2 und 9 [10]. Wasser hingegen weist einen Wert von 81 auf, wodurch sich bei erhöhtem Feuchtegehalt eines Materials größere Permittivitäten einstellen (z.B. zwischen 10 und 20 bei nassem Beton). Dieser Unterschied hat einen signifikanten Einfluss auf die resultierende Wellencharakteristik, was für die Feuchtemessung mit Radar genutzt werden kann. Abbildung 3: Messprinzip des Radarverfahrens. Mehrere, entlang einer Messlinie aufgenommene Reflexionssignale (A-Scans) werden in einem Radargramm (B-Scan) dargestellt. Nach Aussendung des initialen Impulses werden die reflektierten Wellen über eine Empfangsantenne E innerhalb eines definierten Zeitfensters aufgezeichnet. Die erste Welle im Reflexionssignal (A-Scan) ist hierbei stets die direkte Welle (DW), welche sich auf kürzestem Wege zwischen den Antennen S und E über die Luft und das darunterliegende Medium ausbreitet (Abbildung 3). Sie dient in den meisten Fällen als Referenz für Laufzeitmessungen nachfolgender Reflexionswellen (RW). Beim Verfahren der Sende- und Empfangsantenne entlang einer Messlinie können mehrere Einzelmessungen in definierten Abständen zueinander aufgenommen werden. Die Ortsreferenzierung erfolgt über ein Laufrad. Der Abstand zwischen beiden Antennen bleibt dabei unverändert. Die resultierenden A-Scans können anschließend entlang der Messlinie zu einem B-Scan angeordnet werden, wie in Abbildung 3 (rechts) gezeigt. Mögliche örtliche Veränderungen des Empfangssignals können so leichter erkannt werden. Dieses Vorgehen erlaubt beispielsweise auch die Lokalisierung von Bewehrung oder Hüllrohren in Stahlbeton [11]. Während die gezeigte, an einer homogenen Estrichplatte durchgeführte Beispielmessung in Abbildung 3 einen gleichförmigen Verlauf der A-Scans aufweist, zeigen erste Messergebnisse mit feuchter Dämmebene bereits markante Amplituden- und Laufzeitänderungen im BScan. Bevor diese in Abschnitt 4 diskutiert werden, soll im Folgenden zunächst der Messaufbau an definierten Fußbodenstrukturen und das Vorgehen zur Simulation von Feuchteschäden vorgestellt werden. 3. Methoden Aufbau modularer Prüfkörper Zur Realisierung geschichteter Fußbodenaufbauten, wie in Abbildung 1 dargestellt, wurde eine Box mit dem Innenmaß von 84 cm x 84 cm x 30 cm angefertigt (siehe Abbildung 4). Der verwendete Boden aus Teflon verhindert hierbei einen Einfluss auf die Neutronensonde durch Wasserstoff bei Aufbauten mit geringerer Gesamthöhe. Des Weiteren erlauben die Seitenwände aus Acrylglas eine stete Blickkontrolle der modular austauschbaren Schichten und der simulierten Feuchteschäden. Bei der Herstellung der quadratischen Estrichproben mit 80 cm Seitenlänge (Tabelle 1) wurden an allen Ecken Gewindehülsen eingelassen, wodurch die 60 kg bis 95 kg schweren Platten mit Ringschrauben und einem Gabelstapler platziert und ausgetauscht werden können. Neben einer 80 cm x 80 cm x 7 cm Betonplatte als Basis und der vorhandenen Estrichprobekörper, kommen verschiedene Dämmmaterialien wie expandiertes und extrudiertes Polystyrol (Handelsnamen Styropor und Styrodur), Perlite-Schüttung und Glaswolle mit variablen Schichtdicken zum Einsatz (siehe Tabelle 1). Die Sperrschichten zwischen Estrich und Dämmung, sowie Dämmung und Betonbasis werden mit PE-Folie realisiert. Somit ergeben sich 84 verschiedene Fußbodenaufbauten, an denen Buch IB.indb 181 11.02.20 12: 53 182 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Zerstörungsfreie Lokalisierung von Flüssigwasser in Fußböden durch Kombination von Radar und Neutronensonde sowohl im trockenen Zustand, als auch mit den nachfolgend beschriebenen Feuchteschäden, Messungen mit Radar und Neutronensonde durchgeführt werden. Abbildung 4: Modularer Prüfkörper zum Aufbau verschiedener Fußbodenaufbauten mit variablen Schichtdicken und Schadensfällen. Materialien Dicken [cm] Estrich Zement (CT), Anhydrit (CA) 5, 6, 7 Dämmung Expandiertes (EPS) und extrudiertes (XPS) Polystyrol 1 , Perlite-Schüttung 2 , Glaswolle 2 2 1, 2 , 5 1 , 6 2 , 7 1 , 10 1, 2 Tabelle 1: Verwendete Materialien und Schichtdicken von Estrich und Dämmung für verschiedene Fußbodenaufbauten. Messaufbau und Simulation von Feuchteschäden Abbildung 5 zeigt den Messaufbau und die gewählten Radar-Messlinien auf der Oberfläche des modularen Probekörpers in Draufsicht. Die eingezeichneten Quadranten stellen hierbei die Stöße (Fugen) der Dämmmaterialien dar, wobei Perlite-Schüttung diese aufgrund seiner Beschaffenheit nicht aufweist. Somit verläuft die erste 40 cm lange Messlinie vertikal von Quadrant IV zu I und überquert dabei den (möglichen) horizontalen Stoß. Auf diesem Stoß verläuft anschließend v. r. n. l. die zweite Messlinie. Auf beiden 40 cm langen Messlinien werden 100 A-Scans mit dem SIR 20 von GSSI und einem 2 GHz Antennenpaar aufgenommen. Zur Feuchtemessung mit der Neutronensonde wird diese auf dem Mittelpunkt des Aufbaus platziert. Die Messzeit beträgt 15 Sekunden, wobei jede Messung zehn Mal wiederholt wird, um eine anschließende Mittelung der Einzelergebnisse zu ermöglichen. Das beschriebene Messverfahren wird sowohl für die Messungen an trockenen Fußbodenaufbauten, als auch an simulierten Schadensfällen durchgeführt. Abbildung 5: Messaufbau am modularen Prüfkörper. Neben den durchgeführten Radar- (zwei rote Messlinien) und Neutronensondenmessungen wird mittels Luftfeuchtesensoren die Schadensträchtigkeit der eingebrachten Wassermenge bewertet [12]. Zur Bestimmung der Schadensträchtigkeit einer in die Dämmschicht eingelassenen Wassermenge, werden fünf HIH-5030 Luftfeuchtesensoren eingesetzt. Für die Überwachung der Laborumgebung ist S1 außerhalb des Fußbodenaufbaus angebracht, während die Sensoren S2 S5 in der Dämmebene platziert werden (siehe Abbildung 5). S2 befindet sich außerhalb des eigentlichen Dämmmaterials, S3 S5 sind in den Quadranten II und III, sowie zwischen Quadrant I und II in Bohrlöcher eingelassen. Ein Schadensfall liegt vor, sobald die gemessene relative Luftfeuchte der Sensoren S3, S4 und S5 über 80% liegt. Ein Überschreiten dieses Grenzwertes wird in der Praxis häufig für die Rechtfertigung von erforderlichen Instandsetzungsmaßnahmen verwendet. Beim Einbringen von Wasser in die Dämmebene wird, wie in der Praxis und den Trockenversuchen auch, die Dämmung mittels zweier dünner Sperrschichten (PE-Folie) vom darüberliegenden Estrich, sowie vom darunterliegenden Beton getrennt. Die initiale Wassermenge richtete sich eingangs nach der resultierenden Füllhöhe und sollte bei EPS und XPS zunächst zwischen 25 % und 40 % der jeweiligen Schichtdicke liegen, wobei diese Richtwerte frei gewählt sind. Am darauffolgenden Tag wurde die Schadensträchtigkeit anhand der gemessenen relativen Luftfeuchte innerhalb der Dämmschicht bewertet und anschließend eine Messung durchgeführt oder zusätzliches Wasser eingebracht. Die verwendete Wassermenge wurde stets gleichmäßig auf die vier Kanten des Probekörper aufgeteilt. Nach Abschluss einer Messung erfolgte der Austausch des Estrichs, bis jede der sechs Platten für einen Schadensfall betrachtet wurde. Bis zu dem Zeitpunkt der Beitragsanmeldung sind alle Fälle für die Dämmungen EPS und XPS gemessen worden, GW und PS folgen noch. Nach Abschluss dieser Messreihe sollen auch größere Wassermengen in der Dämmebene sowie geflutete Estrichplatten betrachtet werden, um den Datensatz entsprechend der zu klassifizierenden Schadensfälle (Abbildung 1) zu vervollständigen. Buch IB.indb 182 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 183 Zerstörungsfreie Lokalisierung von Flüssigwasser in Fußböden durch Kombination von Radar und Neutronensonde Extraktion von Laufzeit und Amplitude In der Literatur finden sich bereits zahlreiche Signalmerkmale, die zur Feuchtemessung mit Radar eingesetzt werden können. Generell lassen sich diese in Zeit-, Amplituden- [13] und Frequenzmerkmale [14] einteilen, wobei die jeweilige Eignung und Sensitivität stets von der gegebenen Messaufgabe, Materialienstruktur sowie von möglicherweise unbekannten Einflussfaktoren abhängt. Für die in diesem Beitrag vorgestellten Messungen an Fußböden mit variierenden, teils schmalen Schichtdicken hat insbesondere die zeitliche Trennbarkeit der einzelnen Wellenarten (DW und RW) einen erheblichen Einfluss auf die Aussagekraft gewählter Signalmerkmale. Abbildung 6 verdeutlicht diese Problematik in Form eines A-Scans, welcher an einer trockenen Fußbodenstruktur mit 5 cm CT-Estrich und 5 cm XPS aufgenommen wurde. Die drei markanten Wellen bestehend aus der DW, der 1. RW (Estrich-Dämmung Trennschicht) und der 2. RW (Dämmung-Beton Trennschicht) überlagern und beeinflussen sich gegenseitig, was eine schichtselektive, quantitative Bestimmung der Permittivitäten, selbst bei bekannten Schichtdicken, erheblich erschwert. Daher werden für die angestrebte Automatisierung der Messaufgabe qualitative Signalmerkmale benötigt, die eine von den verwendeten Schichtdicken und Materialien unabhängige Klassifizierung typischer Feuchteschäden ermöglichen. Die bisher durchgeführten Messungen legen hier eine Betrachtung der horizontalen, also örtlichen Veränderung klassischer Merkmale wie Amplitude und Laufzeit im B-Scan nahe. Da die aufgenommenen Schadensfälle ausschließlich die Dämmschicht betreffen, sind Änderung im A-Scan größtenteils erst in der 2. RW, welche von der Unterseite der Dämmung ausgeht, zu erwarten. Abbildung 6 zeigt daher die, auf einer lokalen Minima-Suche basierende Extraktion von Amplitude und Laufzeit der 2. Reflexion, also des 3. Minimums. Diese werden für jeden der 100 A-Scans einer Messlinie ausgewertet, um die Betrachtung der örtlichen Verteilung zu ermöglichen. Die bisherigen Ergebnisse werden im folgenden Abschnitt diskutiert. Abbildung 6: Extraktion von Amplitude und Laufzeit des 2. Reflexionsminimums aus einem A-Scan [12]. 4. Ergebnisse und Diskussion In Abbildung 7 sind beispielhaft die B-Scans der Aufbauten mit 6 cm CT-Estrich und 7 cm EPS (links), sowie 5 cm CT-Estrich mit 5 cm XPS Dämmung (rechts) dargestellt. Hierbei ist in beiden Fällen links die trockene Referenz und rechts der Schadensfall zu sehen. Wie bereits erwartet zeigen sich Unterschiede erst im Bereich der 2. RW. Hier sind beim rechten Schadensfall kleinere Amplitudenwerte im mittleren Bereich der Messlinie erkennbar, während der Aufbau mit 7 cm EPS (links) schwankende Laufzeiten aufzeigt, die eine Art Hyperbel formen. Diese Hyperbel geht ebenfalls mit variierenden Amplitudenwerten einher, was sich auch in der darunter liegenden örtlichen Verteilung von Amplitude und Laufzeit der zweiten Reflexion zeigt. Ursache für das linke Schadensbild scheint der mittig gelegene Stoß auf der 1. Messlinie zu sein, in dem sich aller Voraussicht nach Wasser ansammelte oder dieses durch das Tauschen der Estrichplatten gänzlich zur Oberseite der Dämmebene gedrückt wurde. Hierdurch entsteht ein schmaler Bereich mit einem sehr hohen Permittivitätsunterschied, was die, für Punktreflektoren (z.B. Bewehrung, Hüllrohre) typischen Hyperbeln im B-Bild entstehen lassen könnte. Eine Überprüfung dieser Vermutung soll in weiterführenden Arbeiten durch Simulationen mit entsprechenden Permittivitätsverteilungen vorgenommen werden. Im rechten Schadensbild deuten die, im Vergleich zur Trockenmessung steigenden Amplitudenwerte zum Start und Ende der Messlinie auf einen erhöhten Permitivitätsunterschied (siehe Gl. (2)) hin, der durch einen Wasserfilm unterhalb der Dämmung erklärt werden könnte. Bei dem hier betrachteten Schadensfall handelt es sich um die erste der jeweils sechs, für jeden Estrich durchgeführten Messungen. Die Lage des, an den Kanten des Probekörpers eingelassenen Wassers wurde demnach nicht durch das Tauschen der Estrichplatten beeinflusst und verteilte sich auf natürlichem Wege von außen nach innen. Abbildung 7 zeigt die Ergebnisse der 2. Messlinie, welche vom mittleren Bereich der 1. Messlinie ausgeht. Hier zeigen sich auf den ersten 20 cm erneut die kleineren, mit der Trockenmessung vergleichbaren Amplitudenwerte, welche zum Ende hin steigen. Dies deutet auf eine erhöhte Wassermenge in der linken Hälfte (Quadrant II und III) des Probekörpers hin. Die gemittelten Ergebnisse der Neutronensonde sind in Counts jeweils unten links im B-Scan vermerkt, die eingelassene Wassermenge und der resultierende relative Luftfeuchtewert (innerhalb der Dämmung) unten rechts. Die hier betrachteten Schadensfälle zeigen nur eine geringe Erhöhung der Counts und wären bei alleiniger Anwendung der Neutronensonde an realen Schadensfällen nicht als signifikant angesehen worden. Derartig kleine Abweichungen zum Normalwert können bereits durch leicht veränderte Schichtdicken oder einer erhöhten Konzentration chemisch gebundenen Wassers auftreten, was sich auch am Beispiel der Trockenmessungen bei- Buch IB.indb 183 11.02.20 12: 53 184 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Zerstörungsfreie Lokalisierung von Flüssigwasser in Fußböden durch Kombination von Radar und Neutronensonde der Fußbodenstrukturen zeigt. Bei den noch ausstehenden Schadensfällen mit größeren Wassermengen in der Dämmebenen und feuchten Estrichen werden erheblich höhere Messwerte der Neutronensonde erwartet. Zur Klassifizierung der bisher aufgenommenen Schadensbilder wurden jeweils die Standardabweichung und der Wertebereich von Amplitude und Laufzeit der 2. RW über alle 100 A-Scans der Messlinie berechnet. Abbildung 7: Radarmessung (B-Scan, Messlinie 1) an 6cm CT1-Estrich mit darunterliegender 7 cm EPS Schicht (links) und an 5cm CT1-Estrich mit 5cm XPS (rechts). Der örtliche Verlauf von Amplitude und Laufzeit der 2. RW ist jeweilig unter den BScans dargestellt [12]. Abbildung 8: Messlinie 2 der Radarmessung (B-Scan) an 5cm CT1-Estrich mit 5cm XPS. Die hier gezeigten Ergebnisse der Schadensfälle lassen höhere Werte im Vergleich zu den horizontal gleichmäßig verlaufenden Trockenmessungen erwarten. Mit dem bisher aufgenommenen Datensatz bestehend aus 84 trockenen Fußbodenaufbauten und 42 Schadensfällen (ausschließlich EPS und XPS) wurden mit den oben genannten Signalmerkmalen erste schwellenwertbasierte Klassifizierungen erprobt. Aufgrund des kleinen Datensatzes wurden die zwei Messlinien als separate Messung gewertet, wodurch sich die Anzahl der betrachteten Fälle verdoppelt. Durch Auswertung der Amplituden-Standardabweichung der zweiten Reflexion und einem Schwellenwert von 350 arbiträren Einheiten konnten bereits 83,3 % aller Schadensfälle und 95,8 % der trockenen Aufbauten korrekt zugeordnet werden, ohne die gegebenen Materialien oder Schichtdicken vorzugeben. Ebenso wurden 16,7 % der Schäden nicht erkannt, welche allerdings auch bei visueller Betrachtung der B-Scans keine der beschriebenen Merkmale erkennen lassen und nicht von den Trockenmessungen zu unterscheiden sind. Dies ist insbesondere bei Aufbauten mit sehr dünner Dämmschicht (2cm) zu beobachten, bei denen die eingebrachte Wassermenge sehr gering gewählt wurde, wodurch ein messbarer Einfluss ausblieb. 4,2 % der Messungen an trockenen Aufbauten wurden aufgrund unsauberer B-Scans (Rauschen oder unerklärbare Sprünge der gesamten Zeitachse) fälschlicherweise als Schaden klassifiziert. Für das zweite Laufzeitmerkmal bietet sich aufgrund der geringen, durch die Abtastfrequenz begrenzten, zeitlichen Auflösung, die Betrachtung des Wertebereichs an. Mit einem Schwellenwert von drei Abtastperioden (64,4 Pikosekunden) wurden lediglich 54,7 % aller Schadensfälle und 97,0 % der Messungen ohne Schaden korrekt zugeordnet. Eine Erklärung für den schlechteren Klassifizierungserfolg liefern die Beispiele in Abbildung 6 (rechts) und Abbildung 7, welche keine Hyperbel und somit keine Laufzeitunterschiede erkennen lassen. Hier sind die schwankenden Amplitudenwerte alleiniger Indikator für einen vorhandenen Schaden. Die resultierende Dominanz der Amplituden-Standardabweichung zeigt sich auch im Merkmalsraum, welcher in Abbildung 8 dargestellt ist. Eine weiterführende Bewertung der Verwendbarkeit zur Klassifizierung realer Schadensfälle kann nur durch eine Validierung an Feldversuchen erfolgen. Unbekannte und Buch IB.indb 184 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 185 Zerstörungsfreie Lokalisierung von Flüssigwasser in Fußböden durch Kombination von Radar und Neutronensonde schwankende Schichtdicken oder Materialeigenschaften könnten hier ähnliche Abweichungen von Amplitude und Laufzeit hervorrufen und „false alarm“ bei der Klassifizierung hervorrufen 5. Zusammenfassung und Ausblick In diesem Beitrag wurde das experimentelle Vorgehen sowie erste Ergebnisse durchgeführter Neutronensonden- und Radarmessungen an simulierten Feuchteschäden in geschichteten Fußbodenaufbauten gezeigt. Die Betrachtung der örtlichen Veränderung von Reflexionsamplituden innerhalb eines B-Scans zeigte bereits gute Ergebnisse bei einer von den Schichtdicken und Materialien unabhängigen Klassifizierung von Feuchteschäden in der Dämmebene. Abbildung 9: Betrachtete Fälle (Trocken, Schaden) im Merkmalsraum der Amplituden-Standardabweichung (Std) und des Laufzeit-Wertebereichs (Range) der 2. RW. In kommenden Arbeiten soll zunächst der angestrebte Datensatz mit weiteren Dämmmaterialien und Schadensfällen vervollständigt, sowie zusätzliche Signalmerkmale extrahiert werden. Durch Überführung in den Merkmalsraum sollen so mögliche Kombinationen bewertet werden, wobei auch Ansätze des maschinellen Lernens zum Einsatz kommen. Die abschließende Validierung der automatisierten Messmethode wird an realen Schadensfällen des Industriepartners, dem Ingenieurbüro Tobias Ritzer, erfolgen. Literatur [1] GDV, Jahrbuch des Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V., https: / / www.gdv.de/ de/ zahlen-und-fakten/ versicherungsbereiche/ wohngebaeude-24080, 2018, Abgerufen am 07.11.2019 [2] H. M. Jol, Ground Penetrating Radar: Theory and Applications, Elsevier Science, ISBN: 9780444533487, 2009 [3] T. Klewe, C. Strangfeld, S. Kruschwitz, T. Ritzer, Zerstörungsfreie Lokalisierung von Flüssigwasser in Schichtaufbauten - Projektvorstellung, Fachtagung Bauwerksdiagnose, Poster, 2018 [4] M. A. Berliner, Feuchtemessung, VEB Verlag Technik, Buch, 1980 [5] K. Kupfer, Materialfeuchtemessung, Expert Verlag, ISBN: 9783816913597, 1997 [6] W. Lück, Feuchtigkeit. Grundlagen, Messen, Regeln, Oldenbourg, ISBN: 9783816913597, 1964 [7] DIN EN ISO 12570: 2000, Wärme- und feuchtetechnisches Verhalten von Baustoffen und Bauprodukten, Bestimmung des Feuchtegehalts durch Trocknen bei erhöhter Temperatur, 2000 [8] Troxler Electronic Laboratories Inc., Troxler Feuchtezonen Modell 3216, Datenblatt, https: / / www.troxlerlabs.com/ downloads/ pdfs/ 3216/ 3216_brochure_german.pdf [9] Deutsche Gesellschaft für zerstörungsfreie Prüfung e.V., Merkblatt B10: Merkblatt über das Radarverfahren zur Zerstörungsfreien Prüfung im Bauwesen, 2008 [10] D. J. Daniels, Ground Penetrating Radar - 2nd Edition, The Institution of Engineering and Technology, ISBN: 9780863413605, 2004 [11] J. Hugenschmidt und R. Mastrangelo, GPR inspection of concrete bridges, Cement & Concrete Composites, DOI: 10.1016/ j.cemconcomp.2006.02.016, 2006 [12] T. Klewe, C. Strangfeld, T. Ritzer, S. Kruschwitz, Signalmerkmale des Radarverfahrens zur Klassifizierung von Feuchteschäden in Fußbodenaufbauten, Fachtagung Bauwerksdiagnose, Poster, 2020 (eingereicht am 10.01.2020) [13] S. Laurens, J. P. Balayssac, J. Rhazi, G. Klysz, G. Arliguie, Non-destructive evaluation of concrete moisture by GPR: experimental study and direct modeling, Materials and Structures 38, DOI: 10.1007/ BF02481655, 2005 [14] W. L. Lai, T. Kind, S. Kruschwitz, J. Wöstmann, H. Wiggenhauser, Spectral absorption of spatial and temporal ground penetrating radar signals by water in construction materials, NDT & E International, 2014 Buch IB.indb 185 11.02.20 12: 53 Buch IB.indb 186 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 187 Untersuchungen zu Prüfmethoden zur Messung des Verschleißwiderstandes Kathrin Otten Institut für Berufswissenschaften im Bauwesen, Leibniz Universität Hannover, Deutschland Klaus Littmann Institut für Berufswissenschaften im Bauwesen, Leibniz Universität Hannover, Deutschland Kevin Maurer Institut für Berufswissenschaften im Bauwesen, Leibniz Universität Hannover, Deutschland Tade Schröder Institut für Berufswissenschaften im Bauwesen, Leibniz Universität Hannover, Deutschland Tobias Kries Institut für Berufswissenschaften im Bauwesen, Leibniz Universität Hannover, Deutschland Zusammenfassung Die Beurteilung der mechanischen Widerstandfähigkeit von Bau- und Werkstoffen, welche für Industrieböden eingesetzt werden, umfasst eine Vielzahl von physikalisch-mechanischen Kennwerten, deren Ermittlung von einer ebenso großen Anzahl von Prüfungen bestimmt wird. Klassische und größtenteils genormte Prüfungen wie die der Festigkeit und Härte sowie des Verschleißwiderstandstandes sind nur einige Beispiele, bedürfen jedoch oftmals eines erheblichen Aufwandes. Zudem beziehen sich die Prüfungen lediglich auf bestimmte Werkstoffe, sodass eine Vergleichbarkeit der Kenngrößen nicht gegeben ist. Daher wurden im Rahmen dieser Studie vergleichende Prüfungen zur mechanischen Widerstandsfähigkeit an unterschiedlichen Estrichmörteln mit der Verschleißprüfung nach Böhme und dem aus der Holztechnik bekannten HEMI-Test zur Bestimmung der strukturellen Integrität für Estrichmörtel durchgeführt. Die Auswertung der Verschleißprüfung nach Böhme lieferte für die untersuchten Estriche eine erhebliche Streuung der Abriebmengen. Die strukturelle Integrität ließ sich für die untersuchten Estriche eindeutig bestimmen und ließ Aussagen über den Gefügeverbund der Estriche zu. Insgesamt stellt der zur Bestimmung der strukturellen Integrität angewendete HEMI-Test eine einfache Methode zur schnellen Überprüfung der mechanischen Widerstandsfähigkeit von Estrichen dar. Die Methode kommt mit vertretbarem Aufwand und überschaubarer Apparatur aus und vereinigt eine Vielzahl unterschiedlicher mechanischer Beanspruchungen wie Schlag-, Scher und Schleifbeanspruchungen, welche mithilfe lediglich einer Kenngröße dargestellt werden können. Stichworte: Mechanische Widerstandsfähigkeit, strukturelle Integrität, Verschleißwiderstand 1. Einleitung Heutzutage existiert eine Vielzahl von Bau- und Werkstoffen, welche für Industrieböden eingesetzt werden. Neben Naturstein, Betonwerkstein und Holz finden vor allem Beton bzw. Estrich, ob nachbehandelt mit Beschichtungen oder nicht, Verwendung. Hierbei wird die Materialwahl maßgeblich durch die Anforderungen und Beanspruchungen von Industrieböden beeinflusst. Das Anforderungsprofil eines Industriebodens ist mannigfaltig; so resultieren allein mechanische Anforderungen aus einer Vielzahl von entsprechenden Beanspruchungen. Zu diesen zählen zum einen flächig oder punktförmig wirkende Lasten aus Lagergütern, Regallagern sowie Radlasten von Gabelstaplern usw. [1]. Zum anderen treten zusätzliche mechanische Beanspruchungen der Betonoberfläche in Erscheinung. Fahrzeuge mit relativ harter Bereifung führen zu einem Rollverschleiß, während weich bereifte Fahrzeuge, das Schleifen von Gütern sowie Fußgänger eher zu einem Schleifverschleiß führen. Ein Stoßverschleiß wird durch Absetzen von Gütern oder durch das Überfahren von Fugenkanten und Unebenheiten mit hart bereiften Fahrzeugen hervorgerufen [2]. In der Praxis auftretende Beanspruchungen sind hingegen Buch IB.indb 187 11.02.20 12: 53 188 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Untersuchungen zu Prüfmethoden zur Messung des Verschleißwiderstandes meist eine Kombination der gesamten Einwirkungsarten, welche jedoch in genormten Prüfungen einzeln und nach Material unterschiedlich geprüft werden. Dies führt zu einer Vielzahl von physikalisch-mechanischen Kennwerten, welche untereinander nur unzureichend oder gar nicht vergleichbar sind (Tabelle 1). Die Prüfung des Verschleißwiderstandes mit dem Prüfgerät nach Böhme hat sich in Deutschland als Standard für die Bestimmung der Verschleißeigenschaften rein mineralischer Systeme etabliert, steht jedoch häufig in der Kritik, keine umfangreiche praxisrelevante Beanspruchung abzubilden; zudem ist die Prüfung für Reaktionsharzsysteme ungeeignet. Normen Prüfung DIN 52108: 2010 [3] Prüfung anorganischer nichtmetallischer Werkstoffe - Verschleißprüfung mit der Schleifscheibe nach Böhme - Schleifscheiben-Verfahren DIN EN 13892-3: 2015 [4] Prüfverfahren für Estrichmörtel und Estrichmassen - Teil 3: Bestimmung des Verschleißwiderstandes nach Böhme DIN EN 13892-4: 2003 [5] Prüfverfahren für Estrichmörtel und Estrichmassen - Teil 4: Bestimmung des Verschleißwiderstandes nach BCA (British Cement Association) DIN EN 13892-5: 2003 [6] Prüfverfahren für Estrichmörtel und Estrichmassen - Teil 5: Bestimmung des Widerstandes gegen Rollbeanspruchung von Estrichen für Nutzschichten E DIN EN 14157: 2016 [7] Prüfverfahren für Naturstein - Bestimmung des Widerstandes gegen Verschleiß DIN V 18500: 2006 [8] Betonwerkstein - Begriffe, Anforderungen, Prüfung, Überwachung Tabelle 1: Auswahl genormter Prüfverfahren zur Bestimmung unterschiedlicher physikalisch-mechanischer Kennwerte Daher wurden im Rahmen dieser Studie vergleichende Prüfungen zur mechanischen Widerstandsfähigkeit an unterschiedlichen Estrichen durchgeführt. Zum einen wurde die Verschleißprüfung nach Böhme als Standard- und Vergleichsprüfung gewählt. Zum anderen wurde der aus der Holztechnik bekannte HEMI-Test zur Bestimmung der strukturellen Integrität in Anlehnung an Brischke et al. [9] durchgeführt. Hierbei wird der jeweilige Baustoff gleichzeitig Biege-, Druck-, Spalt-, Schlag-, Scher- und Schleifbeanspruchungen ausgesetzt. Somit kann die strukturelle Integrität als ein Maß für die allgemeine mechanische Widerstandsfähigkeit verstanden werden. Hierbei wird an eine Arbeit von Lüttge [10] angeknüpft, in welcher der HEMI-Test grundsätzlich als geeignet für Zementmörtel eingestuft wird. 2. Material und Methoden 2.1 Herstellung der Prüfkörper Die Prüfungen zur mechanischen Widerstandsfähigkeit wurden sowohl an vier handelsüblichen Zementestrichen, zwei Calciumsulfatestrichen als auch an vier Hartstoffestrichen durchgeführt (Tabelle 2). Die jeweiligen Estriche lagen als fertige Trockenmischung vor und wurden nach Herstellerangaben mit Wasser versetzt. Estrich PK- Bez. Beschreibung Zement C1 Estrichmörtel CT-C25-F4 0-4 mm Körnung C2 Nivelliermasse CT-C30-F7 0-0,5 mm Körnung, kunststoffvergütet C3 Betonestrichmörtel, CT-C40-F7 0-8 mm Körnung C4 Estrichmörtel CT-C45-F5 0-3 mm Körnung Calciumsulfat CA3 Fließestrich CA-C25-F5, Körnung 0-4 mm CA4 Fließestrich CA-C30-F6, Körnung 0-4 mm Zement mit Hartstoff HE1 Mineralischer Hartstoffestrich Gr. A CT-C40-F7-A5; 0-5 mm Körnung, HE2 Mineralischer Hartstoffestrich Gr. A CT-C70-F9-A5; 0-5 mm Körnung, HE3 Mineralischer Hartstoffestrich Gr. Ks CT-C70-F9-A1,5; 0-5 mm Körnung, HE4 Metallischer Hartstoffestrich Gr. M CT-C 80-F 11-A3; 0-4 mm Körnung, Tabelle 2: Übersicht der geprüften Estriche und Prüfkörperkennschlüssel Die Mörtelmischungen wurden in Schalungen gefüllt, mithilfe eines Vibrationstisches verdichtet, die verbleibende Oberfläche geglättet und zunächst für 48 h bis zum Buch IB.indb 188 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 189 Untersuchungen zu Prüfmethoden zur Messung des Verschleißwiderstandes Erreichen der Frühfestigkeit über Wasser in geschlossenen Behältern deponiert. Anschließend wurden die Prüfkörper ausgeschalt und bis zum Erreichen der Normfestigkeit in Anlehnung an DIN EN 13892-1 [11] über Wasser in geschlossenen Behältern gelagert. Die Dimensionen der Schalungen entsprachen der geforderten Prüfkörperdimension für die Verschleißprüfung nach Böhme in Anlehnung an DIN 52108: 2010 [3] (Tabelle 3). Für die Prüfkörper zur Prüfung der strukturellen Integrität wurden zunächst Prismen in den Abmessungen 200 mm x 20 mm x 20 mm hergestellt und anschließend mit einer Nasssteinsäge in die Prüfdimension zugeschnitten (Tabelle 3). Prüfung Prüfkörperdimension [mm x mm x mm] Anzahl Verschleißprüfung nach Böhme DIN 52108: 2010 [3] 71 x 71 x 71 3 HEMI-Test 10 x 20 x 20 50 Tabelle 3: Prüfkörperdimension und -anzahl pro durchgeführter Prüfung je Estrich 2.2 Prüfung des Verschleißwiderstandes nach Böhme Die Bestimmung des Verschleißwiderstandes nach Böhme in Anlehnung an DIN 52108: 2010 [3] wurde mithilfe eines Verschleiß-Prüfgerätes (Typ N1001, Form+Test Prüfsysteme, Riedlingen) durchgeführt. Obwohl diese Prüfung für kunststoffvergütete Estriche nicht zulässig ist, wurde diese aufgrund der Vergleichbarkeit mit dem darauffolgenden HEMI-Test an dem Estrich C2 durchgeführt. Zunächst wurde die Prüffl äche Prüfkörper über vier Prüfperioden vorgeschliffen, um eine gleichmäßige Prüffl äche zu gewährleisten. Danach wurden die Prüfkörper (jeweils drei Parallelen) 16 Prüfperioden unterzogen, wobei der Prüfkörper nach jeder Prüfperiode um 90° in der Einspannvorrichtung gedreht wurde. Eine Prüfperiode umfasste 22 Umdrehungen mit einer Drehzahl von (30 ± 1) min−1. Je Prüfperiode wurde 20 g Korund als Schleifmittel auf die Schleifbahn aufgebracht. Die Ermittlung des Schleifverschleißes erfolgte durch die Berechnung des mittleren, auf die Prüfkörperfl äche bezogene Abriebmenge. Diese wurde aus dem mittleren Dickenverlust, welcher an 9 Messstellen auf der Prüffl äche unter Verwendung einer Messuhr bestimmt wurde, berechnet. 2.3 Prüfung der strukturellen Integrität Die Prüfung der strukturellen Integrität erfolgte mit Hilfe des High-Energy Multiple Impact (HEMI)-Tests [9]. Hierzu wurde zunächst die Darrmasse aller Prüfkörper bestimmt. Im Anschluss wurde eine Probe (jeweils 10 Parallelen je Estrich), bestehend aus jeweils 5 Prüfkörpern (= 20 cm³ Gesamtprüfkörpervolumen) mit sieben Stahlkugeln unterschiedlicher Durchmesser (1 x 40 mm, 3 x 12 mm und 3 x 6 mm) in einen zylinderförmigen Edelstahl-Schlagbecher mit einem inneren Durchmesser von 140 mm und einer Höhe von 48 mm in eine Schwingscheibenmühle (Typ HSM 100 H, Herzog Maschinenfabrik, Osnabrück) eingesetzt und dort für 60 s mit einer Rotationsfrequenz von 23,3 s-1 und einem Hub von 12 mm beschleunigt. In Abbildung 1 ist die typische Rotationsbewegung sowie der Inhalt des Schlagbechers vor und nach Beanspruchung dargestellt. Abschließend wurden die fünf größten Bruchfragmente der Prüfkörper visuell ausgewählt, die übrigen Bruchfragmente wurden über einem Schlitz-Prüfsieb der Schlitzbreite 1,0 mm auf einem kreisförmig rotierenden Horizontalschüttler (Typ KM 2, Edmund Bühler GmbH, Hechingen) mit einem Hub von 20 mm und einer Rotationsfrequenz von 350 min-1 für 2 min fraktioniert. Anschließend wurde die Masse der resultierenden drei Fraktionen (Abbildung 2) gravimetrisch ermittelt. Abbildung 1: HEMI-Test. Links: Aufsicht mit Richtungspfeilen zur Verdeutlichung der typischen Rotationsbewegung des Schlagbechers; Rechts: Inhalt Schlagbecher vor und nach Beanspruchung Abbildung 2: Gesamtfraktion einer Probe Zementmörtel (CEM II, 42,5 R, w/ z 0,6) Buch IB.indb 189 11.02.20 12: 53 190 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Untersuchungen zu Prüfmethoden zur Messung des Verschleißwiderstandes Aus dem Verhältnis der Masse der Feinfraktion zur Masse aller drei Fraktionen wurde der Feinanteil der jeweiligen Probe berechnet. FA = m fi ne x 100 Gleichung 1 m all fragments FA Feinanteil [%] m fi ne Masse Feinfraktion [g] m all fragments Gesamtmasse aller Fraktionen [g] Des Weiteren wurde aus dem Verhältnis der Masse der fünf größten Bruchfragmente zur Masse aller drei Fraktionen der Integritätsgrad berechnet. I = m 5biggest x 100 Gleichung 2 m all fragments I Integritätsgrad [%] m 5biggest Masse der fünf größten Fragmente [g] m all fragments Gesamtmasse aller Fraktionen [g] Abschließend wurde mithilfe des Integritätsgrades sowie des Feinanteils die Resistance to Impact Milling (RIM) bestimmt. RIM = (I - 3 x FA + 300) Gleichung 3 4 RIM Resistance to impact milling (RIM) [%] I Integritätsgrad [%] FA Feinanteil [%] 3. Ergebnisse und Diskussion 3.1 Verschleißwiderstand nach Böhme Die Werte der Abriebmenge lieferten nur bedingt verlässliche Ergebnisse, da erhebliche Streubereiche der Werte festgestellt wurden. Beide Calciumsulfatestriche wurden der höchsten Verschleißwiderstandsklasse 22 zugordnet, die Verschleißwiderstandsklasse der Zementestriche variierten von 12 bis 15. Der kunststoffvergütete Zementestrich (C2) wurde formal der Verschleißwiderstandsklasse von 22 zugeordnet. Wie zu erwarten wurden bei den Hartstoffestrichen die geringste Abriebmengen und respektive niedrigste Abriebklassen festgestellt (Abbildung 3). Abbildung 3: Abriebmengen aus der Verschleißprüfung nach Böhme und Zuordnung zu Verschleißwiderstandsklassen für Zement-, Calciumsulfat- und Hartstoffestriche Nach Schnell [12] werden die Ergebnisse des Schleifscheibenverfahrens nach Böhme im Wesentlichen durch die Härte der Gesteinskörnung beeinfl usst. Der wichtige Einfl uss der Einbettung der Zuschläge im Bindemittel und des Bindemittels selbst gehe in das Ergebnis kaum ein. Demnach generiere die Verschleißprüfung nach Böhme keine Ergebnisse, mit welchen das Verschleißverhalten verschiedener Estricharten zu vergleichen sei. 3.2 Strukturelle Integrität Die Auswertungen der HEMI-Tests führten zu statistisch aussagekräftigen Ergebnissen, welches in Abbildung 4 die niedrigen Streubreiten der RIM-Werte bezeugen. Innerhalb der jeweiligen Estrichart lassen sich klare Abgrenzungen der Wertebereiche feststellen; augenscheinlich führt eine hohe Druckfestigkeit zu höheren RIM-Werten. Ebenso scheint die Kunststoffvergütung des Zementestrichs einen erheblichen Einfl uss auf die strukturelle Integrität auszuüben, wie der sehr hohe RIM-Wert des Zementestrichs C2 zeigte. Abbildung 4: Resistance to Impact Milling (RIM) ermittelt durch den HEMI-Test an Zement-, Calciumsulfat- und Hartstoffestrichen Buch IB.indb 190 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 191 Untersuchungen zu Prüfmethoden zur Messung des Verschleißwiderstandes Die RIM-Werte der geprüften Hartstoffestriche zeigten ähnliche Werte zu denen der einfachen Zementestriche. Somit schien die Widerstandsfähigkeit der Gesteinskörnung keinen Einfluss auf die strukturelle Integrität zu nehmen. Durch den HEMI-Test ließ sich vielmehr die Widerstandsfähigkeit der Bettung (Feinmörtel) gegen das Herausreißen der Gesteinskörner abbilden. Diese nennt die Forschungsgemeinschaft Wohnen und Bauen [13] als maßgeblichen Einflussfaktor für den Verschleißwiderstand, da weniger das ein extrem hartes Einzelkorn, sondern vielmehr der widerstandsfähige Gefügeverbund des ganzen Estrichs für den Verschleißwiderstand entscheidend sei. 4. Folgerungen und Ausblick Zwar gilt die Verschleißprüfung mit der Böhmescheibe als Standardprüfung zur Bestimmung des Verschleißwiderstandes zumindest für mineralische Industrieböden, jedoch stellte sich die Prüfung aufgrund ihrer rein schleifenden Beanspruchung als nicht realitätsabbildend dar. Der Schleifverschleiß wird maßgeblich durch die Härte der Gesteinskörnung bestimmt, wodurch sich Aussagen über den Verschleißwiderstand des Mörtelgefüges nicht tätigen lassen. Demgegenüber zeigte sich der HEMI-Test zur Bestimmung der strukturellen Integrität als Maß für den allgemeinen mechanischen Widerstand als geeignet. Die Resistance to Impact Milling (RIM) wies lediglich kleine Streubereiche auf und erlaubte so eine verlässliche Differenzierung unterschiedlicher Estriche. Zudem prüft der HEMI-Test das gesamte Materialgefüge und eine Vielzahl von mechanischen Beanspruchungen, wodurch eine praxisnähere Simulation des Verschleißes generiert wird. Außerdem ist der HEMI-Test im Vergleich zur Verschleißprüfung nach Böhme weniger zeitintensiv, besticht durch seine einfache Durchführung und ist mit üblichen Gerätschaften (Kugelmühle, Sieb, Vibrationstisch) eines Baustofflabors durchzuführen. Trotzdem ist diese Arbeit insoweit als Zwischenbericht zu verstehen, als dass in zukünftigen Studien das Testdesign des HE- MI-Test überprüft werden muss. Die derzeitige Dimension der Prüfkörper nach Brischke et al. ist sehr klein und führt derzeitig häufig schon bei der Prüfkörperpräparation zu Zerstörungen an den Prüfkörpern. Bleiben diese unbemerkt, kommt es zu fehlerhaften Werten zur strukturellen Integrität. Ein neues, größeres Prüfkörperformat soll geprüft sowie eine Änderung der Prüfsiebweite in Anpassung an klassische Sieblinien von Gesteinskörnungen für Estriche vorgenommen werden. Der HEMI-Test sollte für weitere Materialien wie Natursteine und Betonwerkstoffe, welche für Industrieböden eingesetzt werden, auf dessen Eignung überprüft werden. Auch die Prüfung weiterer Zementmörteltarten unterschiedlicher Festigkeitsklassen, Betone und vor allem Kunstharzestriche ist von erheblichem Interesse. Literatur [1] DIN EN 1991-1-1. Einwirkungen auf Tragwerke - Teil 1-1: Allgemeine Einwirkungen auf Tragwerke - Wichten, Eigengewicht und Nutzlasten im Hochbau. Beuth-Verlag, 2010 [2] Cziesielski, E.; Schrepfer, T. Industrieböden. In: Lehrbuch der Hochbaukonstruktionen, Springer Fachmedien Wiesbaden, 1997 [3] DIN 52108. Prüfung anorganischer nichtmetallischer Werkstoffe - Verschleißprüfung mit der Schleifscheibe nach Böhme - Schleifscheiben-Verfahren. Beuth-Verlag, 2010 [4] DIN EN 13892-3. Prüfverfahren für Estrichmörtel und Estrichmassen - Teil 3: Bestimmung des Verschleißwiderstandes nach Böhme. Beuth-Verlag, 2015 [5] DIN EN 13892-4. Prüfverfahren für Estrichmörtel und Estrichmassen - Teil 5: Bestimmung des Widerstandes gegen Rollbeanspruchung von Estrichen für Nutzschichten. Beuth-Verlag, 2003 [6] DIN EN 13892-5. Prüfverfahren für Estrichmörtel und Estrichmassen - Teil 5: Bestimmung des Widerstandes gegen Rollbeanspruchung von Estrichen für Nutzschichten. Beuth-Verlag, 2003 [7] E DIN EN 14157. Prüfverfahren für Naturstein - Bestimmung des Widerstandes gegen Verschleiß. Beuth-Verlag, 2016 [8] DIN V 18500. Betonwerkstein - Begriffe, Anforderungen, Prüfung, Überwachung. Beuth-Verlag, 2006 [9] Brischke, C.; Rapp, A.O.; Welzbacher, C.R.: High-energy multiple im-pact (HEMI)-test - Part 1: A new tool for quality control of thermally modified timber. The International Research Group on Wood Protection, IRG/ WP 06-20346, Stockholm, Schweden, 2006 [10] DIN EN 13892-1. Prüfverfahren für Estrichmörtel und Estrichmassen - Teil 1: Probennahme, Herstellung und Lagerung der Prüfkörper. Beuth-Verlag, 2003 [11] Schnell, W. Prüfmethoden für Estriche. In: Seidler, P. (Hrsg.) Handbuch Industrieböden. Planung, Ausführung, Instandhaltung, Sanierung. Expert, Renningen-Malmsheim, 1994 [12] Forschungsgemeinschaft Bauen und Wohnen. Estriche im Industriebau, Verlagsgesellschaft Rudolf Müller, 1976 [13] Schießl, P., et al. (2012): Konstruktiver Ingenieurbau und Hochbau - Baustoffe. In: Handbuch für Bauingenieure. Technik, Organisation und Wirtschaftlichkeit. Springer, Heidelberg Buch IB.indb 191 11.02.20 12: 53 Buch IB.indb 192 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 193 Einflüsse auf die Prüfung der Abreißfestigkeit/ Oberflächenzugfestigkeit Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinz Wiegrink Hochschule Augsburg Sachverständigenbüro Dr. Wiegrink, Tutzing, Deutschland Armin Gail Yannick Grafmüller Zusammenfassung In der Literatur werden Einflüsse auf die Prüfung der Abreißfestigkeit häufig rein theoretisch betrachtet. Obwohl es sich um eine „triviale“ Prüfung handelt, ist die Durchführung in Abhängigkeit von den zu beurteilenden Produkten bzw. Technischen Regelwerken unterschiedlich geregelt. Daher kann es eine Rolle spielen, welches technische Regelwerk im Vertragsverhältnis vereinbart ist. In dieser Arbeit wurden Einflüsse auf die Durchführung der Abreißfestigkeit systematisch für Beton und Estrich untersucht. 1. Definition der Begriffe Die Prüfung der Haftzugfestigkeit beschreibt die maximale Zugkraft die aufgebracht werden muss, um einen Adhäsionsbruch zwischen zwei Materialschichten zu erzeugen (z. Bsp. Beschichtung und Beton). Die Oberflächenzugfestigkeit wiederum beschreibt nicht die Qualität des Verbundes zweier Schichten, sondern den inneren Verbund eines Materials (Kohäsion). Hierbei wird die maximale Zugkraft gemessen, die erforderlich ist, um einen Kohäsionsbruch im beprobten Material zu erzeugen. Der Begriff Abreißfestigkeit definiert diese beiden Verfahren als Sammelbegriff. Bild 1: Möglichkeiten zur Bestimmung der Abreißfestigkeiten / 31/ 2. Normative Grundlagen Bei der Bestimmung der Abreißfestigkeit handelt es sich um eine „triviale“ Standardprüfung / 20/ . Leider sind jedoch sowohl die Prüfungsdurchführung als auch die Bewertung der Ergebnisse in Abhängigkeit von den zu beurteilenden Produkten bzw. Technischen Regelwerken unterschiedlich geregelt. Daher kann es eine Rolle spielen, welches technische Regelwerk im Vertragsverhältnis vereinbart ist. Mann / 19/ und Voß / 20/ haben die möglichen Einflussgrößen theoretisch betrachtet. Erning / 21/ wies auf die besondere Problematik im Streitfall hin: „[…] gilt es, den Wildwuchs der sich auf dem Haftzug-Prüfungssektor breit macht, zu beschneiden und in vernünftige Bahnen zu lenken, damit einer falschen Beurteilung - vor allem vor Gericht - begegnet werden kann.“ Eine Übersicht über die normativen Grundlagen ist im Anhang in Bild 21 dargestellt. Daraus ergaben sich einige Faktoren, die Einfluss auf das Messergebnis haben könnten: - Temperatur - Begrenzung der Prüffläche durch Vorbohren: ohne; rund + nass; rund + trocken - Form der Prüffläche: rund/ eckig - Bohrbzw. Einschnitttiefe - Art des Klebers (EP, PUR, PMMA) - Zuggeschwindigkeit - Aushärtezeit des Klebers - Dicke des Klebstoffs - Schiefwinkligkeit 4.5 Wiegrink.indd 193 12.02.20 12: 41 194 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Einflüsse auf die Prüfung der Abreißfestigkeit/ Oberflächenzugfestigkeit 3. Ist ein Vorbehandeln vor der Prüfung erforderlich? Beim Studium der Regelwerke zur Prüfung der Haftzugfestigkeit wird zwingend ein Einschneiden der Prüffläche gefordert. Dies ist aus technischer Sicht auch absolut sinnvoll. Nur durch das Einschneiden der Prüffläche kann in der tieferliegenden Verbundzone (s. Bild 1) die Bruchfläche klar definiert werden. Zudem ist zu bedenken, dass insbesondere bei dickeren Verbundschichten in diesen auch seitlich wirkende Kohäsions- und Biegezugkräfte wirken können, die die Haftzugfestigkeit der Verbundzone scheinbar in unbekanntem Maße steigern können. Wieso wird dann für die Prüfung der Abreißfestigkeit diskutiert, ob ein Begrenzen der Prüffläche vermieden werden soll? Im BEB-Merkblatt finden sich z.B. folgende Hinweise: „Vorbohren bedeutet immer eine Beschädigung der oberen Estrichrandzone und sollte möglichst vermieden werden.“ „Ein trockenes Vorbohren ist wegen der Mantelreibung und der damit verbundenen Vorschädigung nicht zu empfehlen.“ Die zu prüfende Verbundzone soll möglichst wenig beschädigt werden, darum ist die Verwendung von quadratischen Abzugskörpern grundsätzlich zu empfehlen. Ab einer Schnitttiefe von 10 mm (ca. 5 mm über die Verbundzone hinaus) muss grundsätzlich ein quadratischer Abzugskörper verwendet werden.“ Im Gegensatz dazu wird in den Betonnormen / 6; 16; 17/ ein nasses Vorbohren gefordert, um die Reibung zu minimieren und unerwünschte thermische Spannungen beim Bohren zu vermeiden. Allerdings ist die dann nasse Prüffläche mineralischer Oberflächen für die gängigen Klebstoffe ungeeignet. Das Abtrocknen oder Vorwärmen der Prüfflächen mittels Heißluftfön wird jedoch ebenfalls als kritisch bewertet, da die hieraus entstehenden thermischen Spannungen einen Einfluss haben können / 20/ . Aus diesen Spannungsfeldern ergeben sich die Diskussionen in der Literatur, auf der Baustelle und vor Gericht. 4. Laborversuche Im Baustofflabor der Hochschule Augsburg wurden 3 unterschiedliche Materialien als Prüfuntergrund verwendet, siehe Tabelle 1. Mit „Beton“ wurde ein Betonuntergrund, gewählt der der üblichen Zusammensetzung eines C30/ 37 entspricht. Mit „Estrich F4“ wurde eine Zusammensetzung gewählt, die einem Baustellenestrich entspricht. Mit „Estrich F4(-)“ wurde eine Zusammensetzung gewählt, die einem „schlechten“ Estrich entsprechen soll, um bewusst niedrige Oberflächenzugfestigkeiten abzubilden. Die Erzielung sehr niedriger Oberflächenzugfestigkeiten war im Labor nur sehr schwierig möglich / 31/ . Bezeichnung Beton Estrich F4 Estrich F4(-) Sieblinie A/ B 16 B8 C8 z/ G - 1: 7 1: 8 w/ z 0,485 0,75 0,9 Zement [kg/ m³] 340 300 215 Druckf. [N/ mm²] 48,1 23,2 9,4 Biegezugf. [N/ mm²] - 4,6 2,4 Tabelle 1: Verwendete Materialien und Festigkeiten im Alter von 28 Tagen 4.1 Herstellung Die verwendeten Gesteinskörnungen wurden bis zur Massekonstanz getrocknet. Verwendet wurde ein Zement CEM II/ A-LL 32,5 R der Fa. Märker. Die Lieferung erfolgte in 25 kg Säcken aus einer Produktionscharge. Die Gesteinskörnung und der Zement wurden für 1 Minute im 90-l-Zwangsmischer vermengt. Nach anschließender Wasserzugabe wurde für weitere 3-5 Minuten gemischt. Anschließend wurden die Proben in Plattenschalungen 40 cm x 40 cm x 5 cm eingefüllt. Der Beton wurde für 5 Sekunden auf dem Rütteltisch verdichtet. Die Estriche wurden mit dem Reibebrett verteilt und von Hand verdichtet und anschließend mit einer Glättkelle abgezogen und geglättet. Auf der Baustelle wird bei Estrichen zur Nachbehandlung empfohlen, die Fenster zu Beginn des Erstarrungsprozesses geschlossen zu halten. Diese natürliche Luftglocke wurde im Labor erzeugt, in dem jede Schalung im Abstand von rund 4 cm mit einer Folie eingehaust wurde. Der Estrich F4 wurde nach 4 Tagen ausgeschalt und bis zur Beprobung im trockenen Laborklima gelagert. Beim Beton wurde eine kürzere Ausschalfrist von einem Tag gewählt. Sehr niedrigen Oberflächenzugfestigkeit ließen sich reproduzierbar nur durch eine Unterbrechung der Hydratation sicherstellen, hierzu wurden die Platten Estrich F4(-) nach 24 Stunden für weitere 48 Stunden bei 60°C im Trockenschrank getrocknet. Im Alter von mehr als 4 Wochen wurden auf jeder Prüfplatte 9 Einzelwerte mit dem Prüfgerät Freundl bestimmt. 4.2 Prüfprogramm Im Prüfprogramm wurden die folgenden Einflüsse auf die Prüfung der Oberflächenzugfestigkeit ermittelt: 4.5 Wiegrink.indd 194 12.02.20 12: 41 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 195 Einflüsse auf die Prüfung der Abreißfestigkeit/ Oberflächenzugfestigkeit Klebstoff: PMMA; PUR Einschneiden: rund & nass ohne rund & trocken, 5 mm rund & trocken, 10 mm rechteckig, 10 mm Prüfgeschwindigkeit: 50; 100; 250 N/ s Temperatur: 10; 20; 30°C Erhärtungszeit: 30/ 45; 60; 180 min; 24 h Untergrundfeuchte: normal; erhöht Klebstoffschichtdicke: normal; dick Prüfwinkel: 90°; 87° Vorbehandlung: ohne; normal; stark Trocknung: 48 h Laborluft; Heißluftfön 5. Ergebnisse In den nachfolgenden Kapiteln sind die Mittelwerte der Prüfplatten dargestellt. In der Regel handelt es sich um den Mittelwert aus 9 Einzelwerten. Offensichtliche Ausreißer, insbesondere im Adhäsionsversagen des Klebstoffs, wurden teilweise aus der Wertung genommen. Hinsichtlich der Einzelwerte wird auf / 31/ verwiesen. 5.1 Klebstoffeinfluss PMMA und PUR 5.1.1 Klebstoffeinfluss PMMA und PUR bei Beton Die Ergebnisse sind in Bild 2 dargestellt. Die beiden Kleberarten PMMA und PUR weisen bei Beton keine signifikanten Unterschiede auf. Einzig PUR & rechteckig wies geringere Werte auf, die ggfs. auf Prüfstreuungen oder Probleme bei der Applikation des Klebstoffs im Eckbereich zurückzuführen sind. 5.1.2 Klebstoffeinfluss PMMA und PUR bei Estrich F4 Die Ergebnisse sind in Bild 3 dargestellt. Die beiden Kleberarten PMMA und PUR weisen bei Estrich F4 keine signifikanten Unterschiede auf. Die Einflüsse werden deutlich von der Art des Einschneidens überlagert. 5.1.3 Klebstoffeinfluss PMMA und PUR bei Estrich F4(-) Die Ergebnisse sind in Bild 4 dargestellt. Bei niedrigen Oberflächenzugfestigkeiten scheint der PUR-Kleber höhere Messwerte zu ergeben. Worauf der geringere Wert bei „PUR & ohne Einschneiden“ zurückzuführen ist, konnte nicht abschließend geklärt werden. Bild 2: Vergleich PMMA und PUR sowie Art des Einschneidens bei Beton / 31/ Bild 3: Vergleich PMMA und PUR sowie Art des Einschneidens bei Estrich F4 / 31/ Bild 4: Vergleich PMMA und PUR sowie Art des Einschneidens bei Estrich F4(-) / 31/ 5.2 Art des Einschneidens 5.2.1 Art des Einschneidens bei Beton Die Ergebnisse sind in Bild 2 dargestellt. Das Vorbohren rund & nass lieferte die höchsten Werte. Beim rechteckigen Einschneiden entstanden tendenziell die geringsten Werte und die größten Differenzen. 5.2.2 Art des Einschneidens bei Estrich F4 Die Ergebnisse sind in Bild 3 dargestellt. Deutlich höhere Werte von rd. 2,5 N/ mm² werden in dieser Versuchsreihe erzielt, wenn nicht vorgebohrt wird. Nasses Vorbohren lieferte ähnliche gute Werte. Jegliche trockene Einschnittart (rechteckig und die beiden trocken vorgebohrten Werte) lieferte deutlich geringere Werte. 4.5 Wiegrink.indd 195 12.02.20 12: 41 196 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Einflüsse auf die Prüfung der Abreißfestigkeit/ Oberflächenzugfestigkeit 5.2.3 Art des Einschneidens bei Estrich F4(-) Die Ergebnisse sind in Bild 4 dargestellt. Unerwartet wurden bei „schlechten“ Estrichen beim trockenen Einschneiden „rund trocken 5 mm“ gute Messwerte erreicht. Ganz unerwartet wurden beim nassen Bohren „rund nass & PMMA“ die geringsten Werte erzielt. An weiteren Proben wurden Wiederholungsprüfungen durchgeführt, die die Ergebnisse jedoch bestätigten / 31/ . Ggfs. werden die Ergebnisse dadurch positiv beeinflusst, dass beim trockenen Einschneiden Randausbrüche entstehen, die zu einer Verkrallung des Klebstoffs führen. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf. 5.3 Prüfgeschwindigkeit 5.3.1 Prüfgeschwindigkeit bei Beton Die Ergebnisse sind in Bild 5 dargestellt. Bei der Betrachtung der Klebstoffe, sowohl auf PMMAals auch auf PUR- Basis, stellt sich heraus, dass mit einer Prüfgeschwindigkeit von 100 N/ s eine höhere Oberflächenzugfestigkeit erreicht wird, als mit 50 N/ s bzw. 250 N/ s. Die Unterschiede der Werte sind bei einem Kleber auf PMMA-Basis geringer, als bei einem Kleber auf PUR-Basis. Dieser reagiert in dieser Versuchsreihe empfindlicher auf die Änderung der Geschwindigkeit. Bild 5: Vergleich PMMA und PUR sowie Prüfgeschwindigkeit bei Beton / 31/ 5.3.2 Prüfgeschwindigkeit bei Estrich F4 Die Ergebnisse sind in Bild 6 dargestellt. Auch bei Estrich F4 ergaben sich bei der Prüfgeschwindigkeit 100 N/ s die höchsten Messwerte. Bild 6: Vergleich PMMA und PUR sowie Prüfgeschwindigkeit bei Estrich / 31/ 5.4 Temperatureinfluss 5.4.1 Temperatureinfluss bei Beton Die Ergebnisse sind in Bild 7 dargestellt. Die Temperatur hat keinen signifikanten Einfluss auf die Ergebnisse. Tendenziell erzielen die Klebstoffe bei niedrigen Temperaturen (10°C) und entsprechend ausreichender Erhärtungszeit sogar höhere Werte. Bild 7: Vergleich PMMA und PUR sowie Temperatureinfluss bei Beton / 31/ 5.4.2 Temperatureinfluss bei Estrich Die Ergebnisse sind in Bild 8 dargestellt. Die Temperatur hat keinen signifikanten Einfluss auf die Ergebnisse. Die etwas geringeren Werte bei „PUR & 10°C“ konnten im Bruchbild nicht erklärt werden. Bild 8: Vergleich PMMA und PUR sowie Temperatureinfluss bei Estrich / 31/ 4.5 Wiegrink.indd 196 12.02.20 12: 41 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 197 Einflüsse auf die Prüfung der Abreißfestigkeit/ Oberflächenzugfestigkeit 5.5 Erhärtungszeit 5.5.1 Erhärtungszeit bei Beton Die Ergebnisse sind in Bild 9 dargestellt. Eine Erhärtung über die geforderte Zeit (PMMA 30 min bzw. PUR 45 min) führt bei 20°C zu keiner Verbesserung der Ergebnisse. Der geringe Wert bei PUR & 60 min wird auf Prüfstreuungen zurückgeführt, da es bei dieser Platte zu mehr Adhäsionsbrüchen kam. Bild 9: Vergleich PMMA und PUR sowie Erhärtungszeit bei Beton / 31/ 5.5.2 Erhärtungszeit bei Estrich Die Ergebnisse sind in Bild 10 dargestellt. Die Ergebnisse wiesen größere Streuungen auf als bei Beton. Mit PMMA-Kleber wurden bei längeren Erhärtungszeiten im Vergleich signifikant geringere Werte erzielt. Bild 10: Vergleich PMMA und PUR sowie Erhärtungszeit bei Estrich / 31/ 5.6 Untergrundfeuchte 5.6.1 Untergrundfeuchte bei Beton Die Ergebnisse sind in Bild 11 dargestellt. Im Rahmen dieser Versuchsreihe weisen sowohl der Klebstoff auf PMMAals auch auf PUR-Basis durch die Erhöhung der Untergrundfeuchte einen negativen Einfluss auf die Prüfung der Oberflächenzugfestigkeit auf. Es werden eindeutig schlechtere Abreißwerte erreicht. Ein PMMA-Kleber schneidet zu etwa ein Drittel schlechter ab, als in der trockenen Variation mit 1,9 CM-% und ein PUR-Kleber erreicht sogar nur noch die Hälfte des Standardwertes. Die Restfeuchte im oberen Bereich des Estrichs ist daher bei zu geringen Messwerten zwingend zu prüfen und zu dokumentieren. Wichtig ist zu beachten, dass die „feuchten“ Untergründe im Bereich der Belegefeuchte für Beschichtungen sind. Bei schlechten Haftzugwerten ist daher zunächst die Prüfung in trockenem Zustand zu wiederholen. Bild 11: Vergleich PMMA und PUR sowie Untergrundfeuchte bei Beton / 31/ 5.6.2 Untergrundfeuchte bei Estrich Die Ergebnisse sind in Bild 12 dargestellt. Auch beim Estrich führt die erhöhte Restfeuchte zur Verringerung der Messwerte. Es tritt häufiger ein Adhäsionsversagen auf. Die Restfeuchte im oberen Bereich des Estrichs ist daher bei zu geringen Messwerten zwingend zu prüfen und zu dokumentieren. Bild 12: Vergleich PMMA und PUR sowie Untergrundfeuchte bei Estrich / 31/ 5.7 Klebstoffschichtdicke 5.8 Klebstoffschichtdicke bei Beton Die Ergebnisse sind in Bild 13 dargestellt. Bei beiden Klebstoffen führte die rd. 1 mm dickere Schichtdicke zu keiner signifikanten Änderung der Messwerte. 4.5 Wiegrink.indd 197 12.02.20 12: 41 198 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Einflüsse auf die Prüfung der Abreißfestigkeit/ Oberflächenzugfestigkeit Bild 13: Vergleich PMMA und PUR sowie Klebstoffschichtdicke bei Beton / 31/ 5.9 Klebstoffschichtdicke bei Estrich Die Ergebnisse sind in Bild 14 dargestellt. Bei beiden Klebstoffen führte die rd. 1 mm dickere Schichtdicke zu einer Verringerung der Messwerte von rd. 0,4 N/ mm² (bei Vernachlässigung von positiven Ausreißern bei PMMA & dick) (s. / 31/ ) Bild 14: Vergleich PMMA und PUR sowie Klebstoffschichtdicke bei Estrich / 31/ 5.10 Prüfwinkel 5.10.1 Prüfwinkel bei Beton Die Ergebnisse sind in Bild 15 dargestellt. Durch eine künstliche Schiefstellung des Prüfgerätes von der vertikalen um ca. 3 ° ± 1 ° wurde unabhängig von der Klebstoffart eine deutlich schlechtere gemittelte Oberflä-chenzugfestigkeit an Beton in dieser Versuchsreihe ermittelt. Bei der Prüfungsdurchführung war auffällig, dass sich ein schräges Abbruchbild zur Seite der Schiefstellung entwickelt hat. Damit lässt sich das Ergebnis / 19/ bestätigen und verifizieren, dass sich bei einer Schiefstellung des Prüfgerätes und einer damit exzentrischen Lasteinleitung eine um ca.25 % bis 30 % schlechtere, gemittelte Oberflächenzugfestigkeit ergibt. Bild 15: Vergleich PMMA und PUR sowie Prüfwinkel bei Beton / 31/ 5.10.2 Prüfwinkel bei Estrich Die Ergebnisse sind in Bild 16 dargestellt. In dieser Versuchsreihe wies die Schiefstellung unerwartet keinen signifikanten Einfluss auf. Bild 16: Vergleich PMMA und PUR sowie Prüfwinkel bei Estrich / 31/ 5.11 Vorbehandlung 5.11.1 Vorbehandlung bei Beton Die Ergebnisse sind in Bild 17 dargestellt. Bei dieser Versuchsreihe wurde zwischen keiner, normaler und starker Vorbehandlung mittels einer handelsüblichen Drahtbürste bzw. 16er- Korn Schleifpapier unterschieden. Die Ergebnisse belegen die Erfordernisse der Vorbehandlung, da ohne sie deutlich geringere Messwerte erzielt werden. Grund dafür ist, dass bei einer mangelhaften Vorbehandlung nur an der äußersten Schicht der Zementschlemme, gezogen wird und deshalb die Zugkräfte nicht das Zuschlaggefüge des zu prüfenden Untergrundes erreichen. 4.5 Wiegrink.indd 198 12.02.20 12: 41 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 199 Einflüsse auf die Prüfung der Abreißfestigkeit/ Oberflächenzugfestigkeit Bild 17: Vergleich PMMA und PUR sowie Vorbehandlung bei Beton / 31/ 5.11.2 Vorbehandlung bei Estrich Die Ergebnisse sind in Bild 18 dargestellt. Es zeigten sich die gleichen Einflüsse wie bei Beton. Bild 18: Vergleich PMMA und PUR sowie Vorbehandlung bei Estrich / 31/ 5.12 Trocknung mit Heißluftföhn 5.12.1 Trocknung mit Heißluftföhn bei Beton Die Ergebnisse sind in Bild 19 dargestellt. Durch das runde und nasse Vorbohren entsteht Feuchte an der Prüfstelle. Da aber die verwendeten Kleber einen negativen Einfluss aufgrund der Untergrundfeuchte entwickeln, sollte die Bohrstelle trocken sein. Zum Vergleich, ob diese Trocknung einen negativen Einfluss auf die Oberflächenzugfestigkeit hat, wurde mit einem Heißluftföhn mit bis zu ca. 270 °C die Bohrstelle unmittelbar nach dem runden und nassen Vorbohren getrocknet. Unabhängig von der verwendeten Klebstoffart, hat die Trocknung der Bohrstelle mit einem Heißluftföhn in dieser Versuchsreihe bei dem Baustoff Beton keinen signifikanten negativen Einfluss auf die zu ermittelnde Oberflächenzugfestigkeit gezeigt. Bild 19: Vergleich PMMA und PUR sowie Heißluftföhn bei Beton / 31/ 5.12.2 Trocknung mit Heißluftföhn bei Estrich Die Ergebnisse sind in Bild 20 dargestellt. Im Gegensatz zu Beton wirkt sich die Trocknung der Bohrstelle mit dem Föhn auf die Oberflächenzugfestigkeiten signifikant aus. Es ist, unabhängig vom Kleber, zu erkennen, dass die Oberflächenzugfestigkeiten nach der Trocknung durch den Föhn geringer sind, als die der Platten, welche an der Laborluft getrocknet wurden. Die Verringerung der Werte tritt kleberübergreifend im gleichen Maße auf. Bild 20: Vergleich PMMA und PUR sowie Heißluftföhn bei Estrich / 31/ 6. Zusammenfassende Bewertung Das Ziel der Arbeit / 31/ war es, den Einfluss herauszuarbeiten, welche die Durchführung der Beprobung auf das Ergebnis der Oberflächenbzw. Haftzugfestigkeit hat. Um eine auswertbare und repräsentative Datengrundlage zu erhalten, wurden mehr als 1000 Abziehversuche durchgeführt. Mithilfe dieser gewonnenen Ergebnisse konnte eine gewisse Tendenz bei unterschiedlich angewandten Prüfverfahren festgestellt werden. Bei der Abreißfestigkeit handelt es sich um eine Materialeigenschaft, die grundsätzlich große Streuungen aufweist. Die hier beobachteten Erkenntnisse können daher zunächst nur eine Orientierung sein und sind durch weitere Forschungsarbeiten zu verifizieren. Grundsätzlich haben sich im Zuge dieser Versuchsreihe deutliche Unterschiede bei den untersuchten Baustoffen und Einflüsse der angewandten Prüfverfahren gezeigt. Oftmals war die zu erwartende Oberflächenzugfestig- 4.5 Wiegrink.indd 199 12.02.20 12: 41 200 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Einflüsse auf die Prüfung der Abreißfestigkeit/ Oberflächenzugfestigkeit keit von „gut“ (Beton) bzw. „schlecht“ (Estrich), davon abhängig wie die zu untersuchende Oberfläche geprüft werden soll (z.B. Art des Einschneidens). Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 zusammenfassend dargestellt. Die Oberflächenzugfestigkeiten sind relativ zum gewählten Standardprüffall angegeben. Tabelle 2: Zusammenfassung der ermittelten Oberflächenzugfestigkeiten in N/ mm² Stdrd: Standard-Prüfung: „rund u. nass & 100 N/ s & 20°C & 30/ 45 min & trocken & dünn & 90° & normal & trocken“ k.E. Kein Einfluss im Vergleich zu Stdrd So kann bei einem Beton C30/ 37 unter normalen Baustellenbedingungen durchaus rund und nass vorgebohrt werden, da sich im Zuge dieser Versuchsreihe kein Einfluss durch bewusst intensives Trocknen (270 °C) der Oberfläche mit einem Heißluftföhn herausgestellt hat. Durch einen erfahrenen Baustoffprüfer oder Sachverständigen und bedachtes Trocknen unmittelbar nach dem nassem Vorbohren kann somit eine geregelte Prüfungsdurchführung gewährleistet werden, ohne den Hintergrund, dass das künstliche Einbringen von Feuchtigkeit einen negativen Einfluss auf die Oberflächenzugfestigkeit haben könnte. Allerdings sollte sichergestellt sein, dass die Oberfläche ausreichend trocken ist, da Kleber auf PURsowohl als auch auf PMMA-Basis bei feuchten Untergründen (Oberfläche trocken) keine verwertbaren Ergebnisse liefern. Die Vorgehensweise beim Beton ist nicht auf den Estrich F4 zu übertragen. Bei Estrich wird aufgrund dieser Ergebnisse in Übereinstimmung mit / 18/ empfohlen, mit Abzugsversuchen ohne Begrenzung der Prüffläche zu beginnen. Bei den Versuchen ohne Prüfflächenbegrenzung konnte in dieser Versuchsreihe keine ungewöhnlichen Rissbilder (größere Stempelfläche) erkannt werden. Liegt die Streuung der Werte sowie der Abrissbilder in einem verwertbaren Bereich, sind die Ergebnisse zu verwenden. Falls dies nicht der Fall ist, sollte beim Estrich nicht rund und nass vorgebohrt werden. Die Prüffläche müsste dadurch längere Zeit (mind. 48h) trocknen, um den negativen Einfluss der Untergrundfeuchte zu vermeiden. Die Feuchte lässt sich, nicht wie bei dem Baustoff Beton, ohne eine negative Beeinflussung der Oberflächenzugfestigkeit mit einem Heißluftföhn austreiben. Damit ist die Wirtschaftlichkeit und die Praxisnähe durch das Nassbohrverfahren in den meisten Fällen nicht mehr gegeben. Die Ergebnisse nach dem trockenen Bohren fielen in dieser Versuchsreihe jedoch kleiner aus, als die Ergebnisse ohne Begrenzung der Prüffläche. Bei einem schlechten Estrich F4(-) hat sich herausgestellt, dass im Zuge des Einschneidens, egal ob rund oder eckig, oftmals die oberflächennahe Zone geringfügig vorgeschädigt wurde, sodass ein vollflächiges Aufbringen der Prüfstempel oftmals nur bedingt möglich war. Deswegen erweist sich die Anmerkung vom BEB-Merkblatt / 18/ als hilfreich, welche beschreibt, dass die Erstprüfung immer ohne begrenzende Prüffläche vonstattengeht und falls die Bruchbilder eine ungewöhnliche Versagensart aufweisen, die Zweitprüfung mit einer begrenzenden Prüffläche zu wiederholen ist. Grundsätzlich hat sich das Vorbohren einer Ringnut als einfacher zu handhaben erwiesen, als das rechteckige Einschneiden. Allein schon bei dem Einschneidevorgang ist das Aufstellen einer Bohrmaschine und das vorsichtige Absenken der Bohrkrone leichter zu bewerkstelligen, als das rechteckige Einschneiden mit einem dafür geeigneten Winkel-schleifer. Außerdem zeigten sich beim Aufbringen des Klebers deutlich Schwierigkeiten bei der rechteckigen Variante aufgrund dessen, dass die Ecken der rechteckigen Prüfplatten nicht immer voll und ganz mit Kleber bedeckt werden konnten. Die Verwendung rechteckiger Stempel ergab bei Estrichen auch keine höheren Werte. Die Vorgabe zur Verwendung rechteckiger Stempel im BEB-Merkblatt / 18/ kann daher nicht bestätigt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die begrenzte Prüffläche nicht mit dem Nassbohrverfahren, sondern mit dem Trockenbohrverfahren 5 mm tief in den Untergrund hergestellt wird. Im Zuge dieser Versuchsreihe hat sich ein Feuchteeintrag auf die Oberfläche von Beton und Estrich F4 als negativen Einfluss herausgestellt und kann deswegen ebenso auf die schlechten zu erwartende Oberflächenzugfestigkeiten (Estrich F4 (-)) abgeleitet werden. 4.5 Wiegrink.indd 200 12.02.20 12: 41 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 201 Einflüsse auf die Prüfung der Abreißfestigkeit/ Oberflächenzugfestigkeit Zudem hatte die Trocknung der Prüfstelle mit einem Heißluftföhn ab dem Estrich F4 einen ne-gativen Einfluss auf die Oberflächenzugfestigkeit und die verwendeten Kleber. Zum anderen konnte während der Vorversuche herausgefunden werden, dass die porösen, schlechten Estriche zu viel Wasser aufnehmen, um dieses mit einem Heißluftföhn sicher auszutreiben. Baustoffübergreifend konnte mit der Belastungsgeschwindigkeit von 100 N/ s die höchsten Prüfwerte erreicht werden. Diese sollte wenn möglich eingehalten werden. Ein Einfluss der Temperatur auf die Oberflächenzugfestigkeit bzw. den verwendeten Klebern konnte zwischen 10 °C und 30 °C nicht nachgewiesen werden. Interessant war, dass die Prüfwerte bei dem Baustoff Beton mit niedrigeren Temperaturen sogar höher lagen. Werden die verwendeten Kleberarten nach Herstellerangaben eingesetzt, stellte sich heraus, dass diese Angaben verlässlich sind. Eine Verlängerung der Aushärtezeit über die Mindestdauer hat keinen negativen Einfluss auf die Festigkeit bzw. auf die Verwendbarkeit der Kleber. Auch der Auftrag von zu viel Kleber, was zu einer höheren Klebstoffschichtdicke führt, hat keinen negativen Einfluss auf die Oberflächenzugfestigkeiten. Die Ränder des Prüfstempels sollten jedoch gründlich von überschüssigen Kleberresten befreit werden. Bei dem Baustoff Beton wurden anhand einer künstlichen Schiefstellung des Prüfgerätes in diesem Versuchsprogramm deutlich schlechtere Prüfwerte generiert. Dies ist bei dem Baustoff Estrich F4 nicht zu erkennen. Dennoch sollte bei allen Versuchen auf eine zentrische, vertikale Lasteinwirkung zur Prüffläche geachtet werden. Die Aussage von Mann / 19/ , dass durch eine Schiefstellung des Prüfgerätes 30% schlechtere Oberflächenzugfestigkeiten zu erwarten sind, konnte beim Baustoff Beton bestätigt werden. Wie erwartet, spielt die Vorbehandlung der Prüfstelle eine deutliche Rolle in Bezug auf die Oberflächenzugfestigkeit. Die Werte lassen sich stark durch die Intensität des Vorbehandelns der zu untersuchenden Prüffläche beeinflussen. Die Zementschlemme ist nicht mit dem Korngerüst des Baustoffs verbunden, somit führen schon kleine Reste der Zementschlemme zu einer Senkung der Oberflächenzugfestigkeit. Wird die Oberflächenzugfestigkeit an belegereifen Untergründen geprüft, sollte diese nur von Staub, Öl, Fetten und losen Teilen befreit werden und nicht zusätzlich durch weiteres Vorbehandeln verbessert werden. 7. Danksagung Vielen Dank an die Firma Kiwa GmbH Bautest Augsburg für die Fachkompetenz und finanzielle bzw. materielle Unterstützung. Dank gilt auch der Firma Märker für den kostenlos zur Verfügung gestellten Zement. Vielen Dank an die Fachhochschule Augsburg für die Bereitstellung der Räumlichkeiten im Baustofflabor und deren Mitarbeitern Dengler und Hager für ihre Unterstützung. Besonderer Dank gilt den Co-Autoren Gail und Grafmüller für die exzellente und äußerst umfangreiche Masterarbeit. Literatur [1] DIN EN 196-1: Prüfverfahren für Zement - Teil 1: Bestimmung der Festigkeit; Deutsche Fassung EN 196-1: 2016 [2] DIN EN 933-1: 2012-03 Prüfverfahren für geometrische Eigenschaften von Gesteinskörnungen - Bestimmung der Korngrößenverteilung - Siebverfahren [3] DIN 1045-2 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 2: Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität - Anwen-dungsregeln zu DIN EN 206-1 [4] DIN 1048-2: 1991-06 Prüfverfahren für Beton, Festbeton in Bauwerken und Bauteilen [5] DIN EN 1097-6: 2013-09 Prüfverfahren für mechanische und physikalische Eigenschaften von Gesteinskörnungen - Bestimmung der Rohdichte und der Wasseraufnahme [6] DIN EN 1542: 1999-07 Produkte und Systeme für den Schutz und die Instandsetzung von Betontragwerke - Prüfverfahren - Messung der Haftfestigkeit im Abreißversuch [7] DIN EN 12004-1: 2017-05 Mörtel und Klebstoffe für keramische Fliesen und Platten Teil 1: Anforderungen, Bewertung und Überprüfung der Leis-tungsbeständigkeit, Einstufung und Kennzeichnung [8] DIN EN 12004-2: 2017-05 Mörtel und Klebstoffe für keramische Fliesen und Platten Teil 2: Prüfverfahren [9] DIN EN 12350-5: Prüfung von Frischbeton - Teil 5: Ausbreitmaß; Deutsche Fassung EN 12350-5 [10] DIN EN 13318: 2000-12 Estrichmörtel und Estriche Begriffe [11] DIN EN 13408: 2002-06 Prüfverfahren für hydraulisch erhärtende Boden-Spachtelmassen - Bestimmung der Haftzugfestigkeit [12] DIN EN 13813: 2003-01 Estrichmörtel und Estrichmassen Eigenschaften und Anforderungen [13] DIN EN 13813: 2003-01 Estrichmörtel und Estrichmassen Eigenschaften und Anforderungen [14] DIN EN 18555-6: 1987-11 Prüfung von Mörteln mit mineralischen Binde-mitteln - Festmörtel - Bestimmung der Haftzugfestigkeit [15] ZTV-ING Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten - Teil 1 - Abschnitt 3: Prüfungen während der Bauausführung, Stand 04/ 2013 [16] ZTV-ING Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten - Teil 4.5 Wiegrink.indd 201 12.02.20 12: 41 202 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Einflüsse auf die Prüfung der Abreißfestigkeit/ Oberflächenzugfestigkeit 3- Abschnitt 4: Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen, Stand 12/ 2013 [17] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton e.V. (DAfStb): DAfStb-Richtlinie Schutz und Instandsetzung von Betonbauteilen (Instandsetzungs-Richtlinie). Ausgabe Oktober 2001 [18] Bundesverband Estrich und Belag e.V. - BEB -, Troisdorf-Oberlar (Hrsg.): BEB-Merkblatt: Oberflächenzug- und Haftzugfestigkeit von Fußböden. Allgemeines, Prüfung, Einflüsse, Beurteilung. Stand: November 2004 [19] Mann, O.: Prüfung der Oberflächenzugfestigkeit von Beton, Verschiedene Regelwerke - unterschiedliche Anforderungen, MPVA Neuwied, veröffentlicht in: beton 1+2/ 2011, S. 14 - 18, Verlag Bau + Technik [20] Voß, K.U.: Abreißfestigkeit, eine anscheinend triviale Standardprüfung mit großem Streitpotenzial, MPVA Neuwied, veröffentlicht in: Der Bausachverständige 3/ 2017, S. 17 - 21, Verlag: Reguvis Bundesanzeiger Verlag und Fraunhofer IRB [21] Erning, O.: Es gilt, hieb- und stichfeste Anwendungsregeln zu schaffen, veröffentlicht in: boden wand decke (Heft 1/ 1999), IBF Troisdorf [22] Betontechnische Daten HeidelbergCement Ausgabe 2017 [23] Technisches Datenblatt Portlandkalksteinzement CEM II/ A-LL 32,5 R, Firma Märker [24] Technisches Datenblatt Grundierung Fa. Racofix®, online verfügbar: https: / / www.racofix.com/ fileadmin/ customer/ productdata/ de_DE/ product_datasheet/ RFX-2136-TPI-Grundierung-de.pdf, aufgerufen 24.06.2019 9: 30. [25] Technisches Datenblatt Haftemulsion der Fa. PRO- BAU®, online verfügbar: https: / / media.bahag.com/ assets/ 76/ 35/ 763558_21349172.pdf, aufgerufen am 24.06.2019 11: 30 [26] Technisches Datenblatt Nivellierspachtel schnell der Fa. PROBAU®, online verfügbar: https: / / media.bahag.com/ assets/ 76/ 35/ 763597_21349194.pdf, aufgerufen am 24.06.2019, 11: 30 [27] Bedienungsanleitung Hydrotest G-815 DNS® Denzel [28] Anleitung CM-Gerät Bestimmung des Wassergehaltes mit der Carbidmethode, online verfügbar: https: / / www.radtke-messtechnik.com/ wp-content/ uploads/ 2016/ 07/ Anleitung-CM-Ger%C3%A4t-V2.0_ DE_Radtke-Messtechnik.pdf , aufgerufen am 27.06.2019, 11: 30 [29] Martin Mertens (Hrsg.): Handbuch Bauwerksprüfung Standsicherheit, Verkehrssicherheit, Dauerhaftigkeit; Verlagsgesellschaft Rudolf Müller GmbH & Co. KG, S.212 [30] Gail, A.; Grafmüller, Y.: Untersuchung und Bewertung der Diskrepanzen in den Ausführungsanweisungen der einschlägigen technischen Regelwerke bzw. Merkblätter bzgl. des Verfahrens zur Bestimmung der Abreißfestigkeit von Estrich und der Haftzugfestigkeit von Klebstoffen und Spachtelmassen auf Grundlage einer Versuchsreihe Bild 21: Übersicht über Normen und deren Inhalt [30] 4.5 Wiegrink.indd 202 12.02.20 12: 41 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 203 Einflüsse auf die Bestimmung der Restfeuchte Prof. Dr.-Ing. Karl-Heinz Wiegrink Hochschule Augsburg Sachverständigenbüro Dr. Wiegrink, Tutzing, Deutschland Zusammenfassung Für die Bestimmung der Restfeuchte mittels CM-Methode oder Darr-Methode muss Material aus dem Werkstoff entnommen werden. Unterschiedliche Entnahmemethoden wurden hinsichtlich ihres Einflusses auf die Restfeuchte untersucht. Zudem wurden ergänzende Messungen zur KRL-Methode durchgeführt. Dabei wurde die Feuchte sowohl zerstörend an Mischproben als auch stetig im Bohrloch gemessen. 1. Einleitung Die verschiedenen Methoden zur Bestimmung der Restfeuchten werden insbesondere bei Zementestrichen heiß diskutiert. Allgemein anerkannte Prüfmethoden sind die Gravimetrische Feuchtemessung (Darr-Methode) und die CM-Messung. Das Darren gilt gemeinhin als genaueste Messmethode, erfordert jedoch das meiste Vorwissen und ein Baustofflabor zur Durchführung der Messung. Zudem liegen für die Bestimmung der Darr-Feuchte häufig keine allgemein anerkannten Grenzwerte vor, so dass die Bewertung schwer fällt. Die CM-Messung wird seit Jahrzehnten angewandt. Sie hat u.a. die folgenden Vorteile: - Baustellentauglich - Einfach - Schnell - Detaillierte Prüfvorschrift in DIN 18560 mit guter Reproduzierbarkeit Die CM-Messung ist zudem allgemein anerkannte Regel der Technik und weist für die Baustoffe Beton sowie Zement- und Calciumsulfat-Estrich allgemeine anerkannte Grenzwerte auf. Allerdings wird mit der CM-Messung die Baustofffeuchte bei einer chemischen Reaktion gemessen. Dieser Wert hat zunächst wenig mit dem tatsächlichen Feuchtezustand des Baustoffs zu tun, weshalb es für die verschiedenen Baustoffe unterschiedliche Grenzwerte gibt (z.B. Beton für Beschichtungsarbeiten i. Allg. 4 CM-%; Zementestrich (beheizt) 2,0 (1,8) CM-%; Calciumsulfatestrich (beheizt) 0,5 (0,3)1 CM-%; Parkett: Bestimmung im unteren Bereich2, alle anderen Baustoffe). Nachteilig ist, dass für Sonderestriche (Schnellestriche, Trocknungsbeschleunigte Estriche etc.) ggfs. keine allgemein anerkannten Grenzwerte existieren. Durch die Technische Kommission Bauklebstoffe wurde daher in Anlehnung an die in anderen Ländern verbreitete Messung die KRL-Messmethode / 2/ propagiert. Die korrespondierende relative Luftfeuchte (KRL) ist dabei diejenige relative Luftfeuchte in Prozent [% r. F.], die sich im Luftraum über einer Stemmprobe des zu messenden Materials im Gleichgewichtszustand einstellt / 2/ . Grundlage ist, dass die Stemmproben die Eigenschaft besitzen, so lange Wasserdampf aus der Umgebung aufzunehmen bzw. abzugeben, bis sich ein Gleichgewicht der Feuchte zwischen dem Stoff und der Umgebung eingestellt hat. Vorteil dieses Verfahrens ist, dass es theoretisch nur einen Grenzwert für alle Baustoffe (Beton, Zement-, Calciumsulfat-, Magnesiaestriche oder auch Sonderestriche) geben könnte. Da es noch keine ausreichenden handwerklichen Erfahrungen mit der KRL-Methode gibt, wurden vorläufig zwei Richtwerte für die Belegreife von der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB) festgesetzt: - 75 % r. F. (unbeheizt) bzw. - 65 % r. F. (beheizt) jeweils bei Probenahme gleichmäßig über den Estrichquerschnitt Neben den Messmethoden gibt es das grundsätzliche Problem, dass bei den drei Messmethoden (Darr-; CM; KRL-Methode) Material aus dem Baustoff entnommen 1 Ggfs. Abweichende Grenzwerte des Herstellers, z.B. Knauf 0,5 CM-% 2 Gemäß Stand Sept 2019. Änderungen geplant. Buch IB.indb 203 11.02.20 12: 53 204 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Einflüsse auf die Bestimmung der Restfeuchte wird, so dass die Restfeuchte des Baustoffs durch die Probenahme selbst verfälscht werden kann. Welchen Einfluss die Art der Probenahme hat, wurde hier untersucht. 2. Versuchsdurchführung 2.1 Rezepturen und Stoffeigenschaften Die Versuche wurden an Prüfkörpern aus zwei verschiedenen Werkstoffen durchgeführt. Es wurden ein Beton mit Fließmittel und ein Zementestrich hergestellt und verarbeitet. Tabelle 1: Beton C30/ 37, Mischungsberechnung Tabelle 2: Estrich, Mischungsberechnung Die Druckfestigkeit des Betons betrug i.M. 66,2 N/ mm². Die Biegezugfestigkeit des Estrichs betrug i.M. 6,5 N/ mm². 2.2 Probekörper Aus den Materialien wurden Probeplatten mit Abmessungen von rd. 1 m x 0,8 m x 0,15 m hergestellt, aus denen jeweils die Materialproben durch die verschiedenen Verfahren in unterschiedlichen Tiefen entnommen wurden. 3. Methoden 3.1 Messmethoden 3.1.1 Darrmethode Die Proben wurden entnommen und mithilfe der Darr-Methode bei 105°C bis zur Massekonstanz getrocknet. 3.1.2 CM-Methode Die Proben wurden entnommen und mithilfe der CM-Methode entsprechend der Prüfvorschrift in DIN 18560-4 / 1/ untersucht. Beim Beton wurde jedoch das Größtkorn für die CM-Messung abgesiebt. 3.1.3 KRL-Methode Die Proben wurden entnommen und mithilfe der KRL-Methode entsprechend der Prüfvorschrift in / 2/ untersucht. 3.2 Entnahmemethoden Zum Vergleich der Entnahmemethoden wurde die Restfeuchte „nur“ mittels Darren ermittelt. 3.2.1 Kernbohrung, nass Aus den Probeplatten wurden Bohrkerne mit einer handelsüblichen Diamantkernbohrmaschine (Hilti) im Nassverfahren im Durchmesser 50 mm und 100 mm entnommen. Um die Proben nicht zu stark zu verfälschen, wurden sie unter mäßigem Gebrauch von Wasser gebohrt. Dabei wurden die Kerne über die gesamte Dicke (15 cm) entnommen. Nach der Entnahme wurden die Kerne oberflächlich mit Papiertüchern getrocknet. Eine Befeuchtung der Proben ist jedoch nicht vermeidbar. Die Kerne wurden in unterschiedliche Tiefen in Teilproben gespalten. Diese wurden in PE-Folien dicht verpackt und weiter untersucht. Die Probenahme war problemlos möglich. 3.2.2 Kernbohrung, trocken Aus den Probeplatten wurden Bohrkerne mit einer handelsüblichen Diamantkernbohrmaschine (Hilti) im Durchmesser 50 mm und 100 mm entnommen. Die Kernbohrung erfolgte trocken und ohne besondere Absaugung des Bohrmehls. Dabei wurden die Kerne über die gesamte Dicke (15 cm) entnommen. Nach der Entnahme wurden die stark erwärmten Kerne in Folie gewickelt und in unterschiedliche Tiefen in Teilproben gespalten. Diese wurden in PE-Folien dicht verpackt und weiter untersucht. Buch IB.indb 204 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 205 Einflüsse auf die Bestimmung der Restfeuchte Die trockene Kernbohrung erwies sich wie erwartet als äußerst problematisch. Die Bohrkrone verkeilte sich mit zunehmender Tiefe und dem dadurch zunehmendem Bohrstaub leicht; ein langsamerer Vorschub und wiederholtes Ansetzen wirkte dieser Problematik entgegen. Der geringere Vorschub diente dazu, dass weniger Material in derselben Zeit abgetragen und somit das Risiko des Verkeilens minimiert wurde. Das wiederholte Ansetzen sorgte dafür, dass der Bohrstaub abgeführt und somit die Reibung verringert wurde. Beim Estrich zerbrachen jedoch mehrere Bohrkerne während des Bohrens. Die Bohrkernwandung erwärmte sich von 21°C auf bis zu 67°C; dies kann ggfs. zu einer verstärkten Austrocknung führen. Der Diamantverschleiß war sehr hoch. 3.3 Stemmen von Hand Beim Stemmen von Hand wurde ein Loch mit den Abmessungen 10 cm x 10 cm von Hand mit Hammer und Meißel gestemmt. Es wurde versucht, möglichst große Teilstücke auszustemmen. Die Teilstücke wurden während des Stemmvorgangs in PE-Folien dicht verpackt und weiter untersucht. Eine messbare Temperaturerhöhung (21°C) fand beim Stemmen von Hand nicht statt, dafür dauerte der Stemmvorgang in größerer Tiefe und bei der höheren Betonfestigkeit länger, so dass hier ggfs. eine Austrocknung stattfinden kann. Die Probenahme ist bei Estrich und geringeren Dicken (< 8 cm) problemlos möglich. 3.4 Stemmen mit Stemmhammer Beim Stemmen mit Stemmhammer wurden jeweils zwei rechteckige Löcher, mit den Abmessungen 10 x 10 cm und 20 x 20 cm gestemmt. Es wurde versucht, möglichst große Teilstücke auszustemmen. Beim Stemmen erhöhte sich die Temperatur im Stemmloch von 21°C auf rd. 27°C Die Teilstücke wurden während des Stemmvorgangs in PE-Folien dicht verpackt und weiter untersucht. Das Stemmen war problemlos möglich. Beim Beton mit höherer Festigkeit war es jedoch kaum noch möglich größere Stücke zu entnehmen. 3.5 Bohrmehlentnahme im Bohrloch Bei dieser Probenahme wurden mit einer Schlagbohrmaschine und einem Steinbohrer mit dem Durchmesser von 20 mm mehrere Löcher in die Probeplatten gebohrt. Das Bohrmehl erwärmte sich von 21°C auf rd. 40°C. Die Teilproben wurden während des Bohrvorgangs in PE-Folien dicht verpackt und weiter untersucht. Nach dem jeweiligen Erreichen der Teiltiefe wurde der obere Bereich der Bohrlöcher gründlich mit einer Luftdruckpistole ausgeblasen. Dadurch wurde verhindert, dass Bohrmehl von der vorherigen Schicht in die darunter liegende Entnahmeschicht eindrang. 4. Ergebnisse 4.1 Entnahmemethode Die Ergebnisse zum Einfluss der Entnahmemethode beim Estrich sind in Bild 1 dargestellt. Beim Estrich lieferten alle drei Stemmmethoden ähnliche Ergebnisse. Die etwas größeren Restfeuchten bei der Handstemmmethode können ggfs. auch auf Prüfstreuungen zurückzuführen sein. Die nass entnommenen Kernbohrungen wiesen bei einem Durchmesser von 50 mm erwartungsgemäß deutlich größere Restfeuchte auf. Bei 100 mm-Durchmesser trat dieser Effekt nur im oberen Bereich auf. Im unteren Bereich trat dieser Effekt nicht auf. Bei den trockenen Entnahmemethoden wies die Entnahme mittels Bohrmehl und mittels 50 mm-Durchmesser erwartungsgemäß geringere Restfeuchte auf. Die trockene Entnahme mittels 100 mm-Durchmesser wies im oberen Bereich sogar geringfügig höhere Werte als die Stemmproben auf. Im unteren Bereich war die Abweichung dafür umso größer. Die Ergebnisse zum Einfluss der Entnahmemethode beim Beton sind in Bild 2 dargestellt. Beim Beton lieferte das Stemmen mit dem Stemmhammer im 20 cm x 20 cm Loch, die höchsten Werte. Tendenziell scheint das langsame Stemmen von Hand unter den trockenen Laborbedingungen zu einer vorzeitigen Austrocknung zu führen. Die Abweichungen bei den Stemmmethoden können ggfs. auch auf Prüfstreuungen zurückzuführen sein. Die nass entnommenen Kernbohrungen wiesen bei einem Durchmesser von 50 mm nur auf der Oberseite erwartungsgemäß eine deutlich größere Restfeuchte auf. Bei 100 mm-Durchmesser trat dieser Effekt ebenfalls geringer auf. Im unteren Bereich zeigten die nass entnommenen Kernbohrungen keine deutliche Wasseraufnahme. Wahrscheinlich war hier die Restfeuchte des Betons noch so hoch, dass die Durchfeuchtung nur eine geringe Randzone beeinflusste. Bei den trockenen Entnahmemethoden wies die Entnahme mittels Bohrmehl erwartungsgemäß geringere Restfeuchte auf. Die trockene Entnahme wies sowohl bei 50 mm als auch bei 100 mm-Durchmesser zum Teil unerklärlich höhere Werte als die Stemmproben auf. Buch IB.indb 205 11.02.20 12: 53 206 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Einflüsse auf die Bestimmung der Restfeuchte Bild 1: Einfluss der Entnahmemethode bei Estrich Bild 2: Einfluss der Entnahmemethode bei Beton 5. KRL-Methode Ergänzend wurden Messungen mit der KRL-Methode durchgeführt. Dabei wurde die Feuchte sowohl zerstörend an Mischproben als auch stetig im Bohrloch gemessen. 5.1 Vergleich Darr-Methode mit CM-Methode Beim Vergleich der beiden Methoden zeigte sich der bekannte Zusammenhang, wonach die mittels Darren ermittelte Restfeuchte in M.-% bei Zementestrich und Beton um rd. 1 bis 2 % höher ist als die mittels CM-Methode ermittelten Werte. Bild 3: Vergleich CM-Messung mit Darren (M.-%) 5.2 Vergleich Darr-Methode mit KRL-Methode Beim Vergleich der beiden Methoden zeigte sich kein eindeutiger Zusammenhang. Während bei Zementestrich ein gewisser Zusammenhang erkennbar war, wiesen Betone bei etwa gleicher Restfeuchte (rd. 3 M.-%) stark unterschiedliche KRL-Feuchte von 74 % bis 90 % auf, die nicht mit üblichen Sorptionsisothermen erklärbar sind. Bild 4: Vergleich KRL-Messung mit Darren (M.-%) 5.3 Vergleich CM-Methode mit KRL-Methode An einem rd. 5 cm dicken Zementestrich wurden bei einseitiger Austrocknung nach oben im trockenen Laborklima vergleichende Messungen im unteren Bereich zwischen der CM-Methode und der KRL-Methode während der Austrocknung durchgeführt. Die Ergebnisse sind in Bild 5 dargestellt. Bild 5: Vergleich CM-Messung mit KRL-Messung bei stetiger einseitiger Austrocknung Auf der einen Seite zeigt sich ein stetiger Zusammenhang zwischen CM-Methode und KRL-Methode. Auf der anderen Seite entsprach einer Restfeuchte von 2,0 CM-% eine KRL-Feuchte von 86 % r.F., die nach rd. 7 Wochen erreicht wurden. Bis zum Erreichen eine KRL-Feuchte von 75 % r.F. vergehen jedoch über 3 Monate. Der Grenzwert von 75 % r.F. liegt somit offensichtlich zu weit auf der sicheren Seite. Buch IB.indb 206 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 207 Einflüsse auf die Bestimmung der Restfeuchte 5.4 KRL-Methode - Einfluss der Querschnittsmessung Wenn bei der KRL-Methode die Probe über den gesamten Querschnitt entnommen wird, so finden bei der Messung sowohl Adsorptionsals auch Desorptionsvorgänge statt. In einem ergänzenden Versuch wurde daher die KRL-Feuchte zunächst einzeln an der Oberseite und Unterseite ermittelt, s. Tabelle 3. Anschließend wurden die gleich schweren Proben gemischt. Rechnerisch würde sich wie bei der CM-Messung oder der Darr-Messung der Mittelwert zwischen den Einzelwerten ergeben. Tatsächlich war der Messwert des Gemisches jedoch deutlich erhöht und entsprach nahezu der feuchteren Einzelmessung. Probe Einzelfeuchte [% r.F.] Gemischfeuchte Mittelwert [% r.F.] Messwert [% r.F.] M3-Oberseite 61 72 82 M3-Unterseite 83 M1-Oberseite 59 76 90 M1-Unterseite 93 Tabelle 3: KRL-Messungen auf der Ober- und der Unterseite von Estrich und KRL-Feuchte des Gemisches Adsorptionskurven und Desorptionskurven können jedoch insbesondere bei starker vorheriger Trocknung einer Teilprobe signifikant unterschiedlich verlaufen, s. Bild 6. Die feuchtere Teilprobe „trocknet“ dabei auf der Desorptionslinie, die trockenere Teilprobe „befeuchtet“ auf der Adsorptionslinie solange bis beide Teilproben die gleiche relative Feuchte erreicht haben, obwohl sie noch eine erhebliche Differenz im Feuchtegehalt in M.-% aufweisen. Bild 6: Adsorption und Desorption von Zementestrichen / 4/ . Mit Eintragung der Messwerte M1 aus Tabelle 3. 6. Zusammenfassende Bewertung Die Entnahmemethode hat einen signifikanten Einfluss auf die ermittelte Restfeuchte von Beton und Estrich. Weder mit Bohrmehl noch mit Kernbohrungen lassen sich die Proben unbeeinflusst entnehmen. Bei Estrichen führt die Entnahme von Hand zu etwas höheren Werten, während beim Beton das maschinelle Stemmen zu etwas höheren Werten führt. Ob es sich hierbei um repräsentative Unterschiede oder um Prüfstreuungen handelt, muss in einer weiteren Forschungsarbeit geklärt werden. Die KRL-Methode lieferte bei der Querschnittsmessung keine reproduzierbaren Ergebnisse. Dies ist vermutlich auf die großen Einflüsse bei der gleichzeitigen Desorption und Adsorption zurückzuführen. Hier ist weiterer Forschungsbedarf nötig. Der Grenzwerte der KRL-Methode von 75 % r.F. / 2/ liegt im Vergleich zum bewährten Grenzwert von 2,0 CM-% zu weit auf der sicheren Seite. Baustellenübliche Zeiträume von wenigen Wochen bis zur Belegereife sind damit kaum möglich. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf zur Ermittlung eines praktikablen Grenzwertes. 7. Danksagung Vielen Dank an die Fachhochschule Augsburg für die Bereitstellung der Räumlichkeiten im Baustofflabor und deren Mitarbeitern Dengler und Hager für ihre Unterstützung. Besonderer Dank gilt den Studenten die im Rahmen ihrer Studienarbeiten / 5; 6/ wesentliche Ergebnisse dieser Veröffentlichung erarbeitet haben. Literatur [1] DIN 18560-4: 2012: Estriche im Bauwesen - Estriche auf Trennschicht [2] TKB-Merkblatt 18 KRL-Methode, Messung und Beurteilung der Feuchte von mineralischen Estrichen, 2018 [3] TKB-Merkblatt 16 Anerkannte Regeln der Technik-bei der CM-Messung [4] TKB-Bericht 4: Belegreife und Feuchte Sorptionsisothermen und die Interpretation von KRL-Messungen, 2018 [5] Anar A.; Anzenhofer, K.; Bauer, M.; Haddad, M.; Kiesel, S.; Mayer, P.; Weigl, A.: Wirkung von Trocknungsbeschleunigern, B4-Studienprojekt, 2019, Hochschule Augsburg, unveröffentlicht [6] Laber, B.; Rotter, C.; Freiberger, A.; Wagner, D.; Roth, D.; Linse, J..; Hammer, M.: Wie wirkt sich die Entnahmemethode der Probe auf die Feuchtigkeit von Beton und Estrich aus? B4-Studienprojekt, 2019, Hochschule Augsburg, unveröffentlicht Buch IB.indb 207 11.02.20 12: 53 Buch IB.indb 208 11.02.20 12: 53 Arbeitsschutz Buch IB.indb 209 11.02.20 12: 53 Buch IB.indb 210 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 211 Epoxidharze - Maßnahmen zum sicheren Umgang Klaus Kersting Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU), Frankfurt am Main, Deutschland Corinne Ziegler Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG BAU), Frankfurt am Main, Deutschland Sabrina Schatzinger Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA), Wien, Österreich Zusammenfassung Epoxidharze zeichnen sich durch ausgezeichnete technische Eigenschaften aus und werden häufig für die Beschichtung von Industriefußböden verwendet. Bei der Beschichtung besteht für den Verarbeiter aufgrund der sensibilisierenden Inhaltsstoffe das Risiko einer schweren Hauterkrankung. In Zusammenarbeit von Herstellern, Anwendern und Behörden sind Hilfsmittel erarbeitet worden, die die Auswahl weniger gefährlicher Produkte erleichtern, Hilfestellung bei der Gefährdungsbeurteilung und der Unterweisung der Beschäftigten liefern sowie die notwendigen Schutzmaßnahmen konkret benennen 1. Einleitung Industriefußböden auf der Basis von Epoxidharzen zeichnen sich durch herausragende technische Eigenschaften aus. Die Beschichtung von Industriefußböden bedeutet aber dann Umgang mit nicht ausgehärten Epoxidharzen und damit auch die Gefahr einer allergischen Hauterkrankung. In der Bauwirtschaft sind Epoxidharze einer der häufigsten Auslöser allergischer Hauterkrankungen. Das in der Gefahrstoffverordnung geforderte Substitutionsgebot ist bei der Beschichtung von Industriefußböden häufig nicht möglich, da weniger gefährliche Produkte nur im begrenzten Maße zur Verfügung stehen. Allerdings bergen nicht alle Epoxidharzbeschichtungen das gleiche Sensibilisierungsrisiko für den Verarbeiter. Werden bei der Formulierung Epoxidharzkomponenten mit einem geringen bzw. mit keinem sensibilisierenden Potential verwendet, so besteht für den Anwender in Folge ein geringeres Sensibilisierungsrisiko. Da aber auch bei diesen ‚Ersatzprodukten‘ weiterhin die Gefahr einer Sensibilisierung besteht, muss den Verarbeitern auch die geeignetes Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt werden. 2. Häufigkeit von Epoxidharzallergien Durch die Erfassung beruflich bedingter Hauterkrankungen bei den Unfallversicherungsträgern stehen in Deutschland umfangreiche Statistiken zur Häufigkeit der durch die Inhaltsstoffe von Epoxidharzprodukten ausgelösten Hauterkrankungen zur Verfügung. Abbildung 1: Bestätigte beruflich bedingte Epoxidharzallergien bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (Quelle BK-DOK) Im Vergleich mit anderen Auslösern allergischer Hauterkrankungen zeigt sich, dass Epoxidharze der häufigste Auslöser allergischer Hauterkrankungen bei Männern in der Bauwirtschaft sind. Bei den im Informationsverbund Dermatologischer Kliniken (IVDK) zusammengeschlossenen Kliniken wird routinemäßig bei Patienten mit einem Epoxidharz auf Basis von Bisphenol-A-diglycidylether (DGEBA-Harz) getestet. Hier zeigt sich in den letzten Jahren eine Sensibilisierungsquote von ca. 1,5 % [1]. Buch IB.indb 211 11.02.20 12: 53 212 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Epoxidharze - Maßnahmen zum sicheren Umgang Abbildung 2: Positive Reaktionen auf DGEBA bei der Standardtestung der Kliniken des IVDK 3. Schutzmaßnahmen Werden am Arbeitsplatz Gefahrstoffe verwendet, so ist dies entsprechend der Gefahrstoffverordnung erst möglich, wenn der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt und die notwendigen Schutzmaßnahmen festgelegt hat. Bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen muss er sich dabei streng an dem sogenannten STOP-Prinzip orientieren. STOP steht dabei für: • Substitution • Technische Schutzmaßnahmen • Organisatorische Schutzmaßnahmen • Persönliche Schutzmaßnahmen Daraus ergibt sich, dass der Verzicht auf ein weniger gefährliches Produkt nicht mit der Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung begründet werden kann. 3.1 Substitution Die Substitution von Epoxidharzen bei der Erstellung von Fußbodenbeschichtungen ist grundsätzlich möglich. Bei vielen Alternativprodukten (Isocyanate, Methacrylate) handelt es sich aber ebenfalls um Gefahrstoffe mit haut- oder atemwegssensibilisierenden Eigenschaften. Häufig wird auch explizit eine Beschichtung mit Epoxidharzen verlangt, so dass ein Systemwechsel nicht möglich ist. In zwei von der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung geförderten Projekten sind die sensibilisierenden Eigenschaften der Inhaltsstoffe von Epoxidharzen untersucht worden. Die Ergebnisse zeigen, dass sich die sensibilisierende Wirkstärke der Stoffe unterscheiden. Einen weiteren Einfluss auf die Gefährdung haben ätzende Stoffe, da diese die natürliche Hautbarriere massiv schädigen und dadurch das Eindringen von sensibilisierenden Stoffen in die Haut begünstigen. Das Risiko einer Allergie ist daher abhängig von der Konzentration, den möglichen ätzenden Eigenschaften und der sensibilisierenden Wirkstärke der Inhaltsstoffe [2, 3]. Eine Möglichkeit, weniger gefährliche Produkte auszuwählen, bietet der GISCODE. Dabei werden Produkte mit vergleichbaren Gefährdungen zusammengefasst. Bei den GISCODE-Gruppen für Epoxidharze wird die Kennzeichnung der Einzelkomponenten und der Lösemittelgehalt berücksichtigt. Eine höhere Gruppennummer bedeutet dabei eine größere Gefährdung für den Verarbeiter. CODE Produktgruppen RE05 Epoxidharzdispersionen (beide Komponenten ohne H317) RE10 Epoxidharzdispersion (nicht sensibilisierend) mit sensibilisierendem Härter RE20 Epoxidharz-Produkte, sensibilisierend, total solid, nicht sensibilisierender wässeriger Härter RE30 Epoxidharz-Produkte, sensibilisierend, total solid, RE40 Epoxidharz-Produkte, sensibilisierend, lösemittelarm, nicht sensibilisierender Härter RE50 Epoxidharz-Produkte, sensibilisierend, lösemittelarm RE55 Epoxidharz-Produkte, RM-Verdacht*, sensibilisierend, lösemittelarm bzw. total solid RE60 Epoxidharz-Produkte, lösemittelhaltig (ohne H317) RE70 Epoxidharz-Produkte, sensibilisierend, lösemittelhaltig RE75 Epoxidharz-Produkte, RM-Verdacht*, sensibilisierend, lösemittelhaltig RE80 Epoxidharz-Produkte, giftige Einzelkomponente, sensibilisierend, lösemittelfrei, lösemittelarm bzw. total solid RE90 Epoxidharz-Produkte, RM-Eigenschaften*, sensibilisierend, lösemittelarm bzw. total solid *RM = reproduktionstoxisch bzw. mutagen Tabelle 1: GISCODE für Epoxidharz-Produkte (www. wingisonline.de) Eine Berücksichtigung der sensibilisierenden Wirkstärke erfolgt im GISCODE nicht. Möchte der Arbeitgeber beim Vergleich die sensibilisierende Wirkstärke berücksichtigen, so ist dies mit dem Gemischerechner möglich. Dieser ist über die Seiten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) verlinkt (www.baua. de/ epoxidharze). Buch IB.indb 212 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 213 Epoxidharze - Maßnahmen zum sicheren Umgang 3.2 Technische und Organisatorische Schutzmaßnahmen Baustellen müssen so organisiert werden, dass Hautkontakt mit Epoxidharzen vermieden wird. Hierbei ist zu beachten, dass der Mischplatz so abzugrenzen und zu kennzeichnen ist, dass ein Verschleppen des Epoxidharzes vermieden wird. Möglich ist auch der Einsatz technischer Hilfsmittel wie Mischstationen mit Transportwagen. Zudem können große Flächen mit einem Fertiger beschichtet werden. 3.3 Persönliche Schutzmaßnahmen Bei den persönlichen Schutzmaßnahmen steht die Vermeidung des Hautkontaktes im Vordergrund. Daher müssen bei Tätigkeiten mit Epoxidharzen geeignete Chemikalienschutzhandschuhe getragen werden. Bei den häufig verwendeten nitrilgetränkten Baumwollhandschuhen handelt es sich nicht um geeignete Handschuhe, da diese Poren aufweisen, durch die die Gefahrstoffe den Handschuh leicht durchdringen und zu einer Sensibilisierung des Beschäftigten führen können. Für Tätigkeiten mit lösemittelfreien Epoxidharzen liegt eine Empfehlungsliste beständiger Handschuhe mit Benennung konkreter Handschuhfabrikate vor. Diese Liste ist über die Seiten der BAuA (www.baua.de/ epoxidharze) verlinkt. Können Spritzer nicht ausgeschlossen werden, so ist das Tragen von Schutzhosen oder -anzügen (Typ 5, atmungsaktiv) erforderlich. Dies gilt z.B. für den Mischplatz 4. Informationspflicht des Unternehmers Für den Unternehmer, der Epoxidharze einsetzt, ergibt sich die Pflicht der Erstellung einer Betriebsanweisung in für den Beschäftigten verständlicher Sprache und der mündlichen Unterweisung. Dass diese gesetzlich geforderten Maßnahmen auch sinnvoll sind, zeigen verschiedene Studien. Die Auswertungen einer umfangreichen niederländisch/ deutschen Studie, bei der erkrankte und nicht erkrankte Verarbeiter von Epoxidharzen befragt wurden, hat gezeigt, dass bei den Erkrankten häufig keine Unterweisung erfolgte und keine geeignete Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt wurden [4]. Eine neue finnische Studie zur Belastung durch Epoxidharze zeigt, dass die Beschäftigten, die umfangreich unterwiesen worden waren, deutlich seltener Hauterkrankungen erleiden als Beschäftigte mit keiner oder nur kurzer Unterweisung [5]. Zur Unterstützung der Unternehmen bietet die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft im Rahmen des Informationssystem WINGIS (www.wingisonline.de) Informationen zu den GISCODE-Gruppen an. Dabei handelt es sich zum einen um die notwendigen Informationen für den Unternehmer, damit er die Gefährdungsbeurteilung durchführen kann. Darüber hinaus erhält der Unternehmer Entwürfe der Betriebsanweisungen, die baustellenspezifisch ergänzt werden müssen. Die Entwürfe stehen den Unternehmen in 16 Sprachen zur Verfügung (www.wingisonline.de). Weitere Schulungsmaterialien zu Tätigkeiten mit Epoxidharzen sind von der DGUV und im Rahmen des Projektes ‚EpoxSafe@school 1.0‘ erarbeitet worden. Diese sind über die Seite der BAuA verlinkt. Für Österreich findet man zusätzliche Informationen zum Thema Epoxide auf den Seiten der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt unter Gesunde Haut - Epoxide Harz und Härter (www.auva.at/ ). 5. Ausblick Industriefußböden werden weiterhin mit Epoxidharzen beschichtet werden. Damit die Verarbeiter nicht an schweren Hauterkrankungen erkranken, müssen die erforderlichen Schutzmaßnahmen genutzt werden Inzwischen stehen zahlreiche Hilfsmittel zur Verfügung, die die Unternehmen bei der Gefährdungsbeurteilung und bei der Auswahl der notwendigen Schutzmaßnahmen unterstützen. Wenn die Unternehmen diese Hilfsmittel nutzen, sollten Hauterkrankungen vermieden werden können. 6. Internet • www.baua.de/ epoxidharze • www.bgbau.de/ themen/ sicherheit-und-gesundheit/ gefahrstoffe/ gefahrstoffe-beim-bauen-renovierenund-reinigen/ umgang-mit-epoxidharzen • www.auva.at • www.wingisonline.de • https: / / epoxy-europe.eu/ de/ poster-sicherehandhabung-von-epoxidharzen-in-10-schritten/ Literatur [1] Geier, J.: Serie „Das kleine 1 x 1 der Kontaktallergene“ - Teil 15. Epoxidharzsysteme. Allergo Journal 2019, 28(3), 16-18 [2] Heine, K; Kalberlah, F.; Hassauer, M.; Geier, J.; Lessmann, H.: Ranking von Stoffen in Epoxidharzsystemen aufgrund ihrer sensibilisierenden Wirkstärke (Kennziffer FP-0324), http s : / / www. d g uv. d e / m e die n/ ifa / d e / pro/ pro 1/ ff-fp0324/ gesamtbericht.pdf [3] Heine, K; Kalberlah, F.; Hassauer, M.; Geier, J.; Lessmann, H.: Gutachten zur vergleichenden Bewertung von Epoxidharzsystemen unter Berücksichtigung der sensibilisierenden Wirkstärke (Kennziffer FP-0384), https: / / www.dguv.de/ ifa/ forschung/ projektverzeichnis/ ff-fp0384.jsp [4] Spee, T.; Timmerman, J.G.; Rühl, R.; Kersting, K.; Heederik, D.J.J.; Smit, L.A.M: Determinants of epo- Buch IB.indb 213 11.02.20 12: 53 214 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Epoxidharze - Maßnahmen zum sicheren Umgang xy allergy in the construction industry: a case-control study, Contact Dermatitis 2016, 74, 259-266 [5] Suuronen, K.; Bäck, B.; Aalto-Korte, K.; Pesonen, M.; Jungewelter, S.; Henricks-Eckerman, M-L.; Mäkelä, E.: Skin exposure to epoxy chemicals in construction coating, assessed by observation, interview und measurements, Contact Dermatitis 2019, 80, 18- 25 Buch IB.indb 214 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 215 Schleiftechnik im Industrieboden Neubau und zur Bodensanierung, unter Berücksichtigung der Rutschfestigkeit (R-Klassen) Werner Noebel, Dipl.-Ing. HTC Floor Systems, Husqvarna Deutschland GmbH, 89168 Niederstotzingen Zusammenfassung 1. Industrieboden Neubau: Durch Schleifen und Polieren kann man neue Betonböden oder Industrieestriche oberflächlich veredeln und erhält einen kunden- und besuchergerechten Boden mit vielen funktionalen Vorteilen. Geringere Unterhaltskosten und eine längere Lebensdauer machen einen geschliffenen Beton zur besseren Alternative als nur flügelgeglättete Betonböden. Geschliffenen Industrieböden eignen sich hervorragend im Großhandel und für Baumärkte mit 5 Tonnen Gabelstaplerverkehr, wegen der Hochregallager, aber auch in Industriehallen mit Kundenverkehr sowie in der Elektroindustrie, wo ein geschliffener Betonboden ohne zusätzlich Aufwand die ESD-Norm erfüllen kann. (Elektrostatische Entladung) 2. Industrieboden Sanierung: Durch Schleifen und Polieren kann man oberflächlich geschädigte oder stark verschmutzte Betonböden, Stahlfaser-Betonböden, Hartbetonböden, Industrieestriche, Anhydrit-Estriche, Betonwerkstein- und Asphaltböden etc. sanieren und erhält einen neuwertigen kunden- und besuchergerechten Boden mit vielen funktionalen Vorteilen. Die geschliffene und imprägnierte Oberfläche hat eine hohe Verschleißfestigkeit, ist dadurch langlebig und wartungsarm sowie schmutzabweisend und Pflegeleicht. Rutschfestigkeit bei allen Bodenarten - R-Klassen: HTC hat für ein Institut diverse Musterflächen mit verschiedenen Schleif- und Polierstufen angelegt und nach DIN 51130 in der schiefen Ebene die R-Klassen von R9 - R12 ermitteln lassen. Auf Basis dieser Institut Ergebnisse können wir die Vorgabe nach einer bestimmten R-Klasse sachlich bestätigen. 1. Industrieboden Neubau: 1.1 Industrieböden Projektberichte Bild 1: HTC Sweden AB Söderköping - Lagerbereich In unserem eigenen Stammhaus in Schweden kam in 2004 ein tief geschliffener und polierter Betonboden mit Terrazzooptik sowohl im Produktion- und Lagerbereich als auch im Bürobereich zum Einsatz. Bild 2: SDV - Saarländische Druckerei in Saarwellingen Eins unserer ersten Großprojekte in 2005 in der deutschen Industrie, für einen tief geschliffenen und polierten 2.000 Quadratmeter Betonboden mit Terrazzooptik. Buch IB.indb 215 11.02.20 12: 53 216 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Schleiftechnik im Industrieboden Neubau und zur Bodensanierung, unter Berücksichtigung der Rutschfestigkeit (R-Klassen) Bild 3: Kunststoff modifizierter Industrieestrich -Lager Bild 4: Rolls-Royce-Lufthansa N3 Arnstadt (Erfurt) Für ein neues Turbinen Instandhaltungswerk in Arnstadt, mit Airline Kundenverkehr, wurden in 2006 ca. 34.000 Quadratmeter Kunststoff modifizierter Industrieestrich, mit einer weißer 8 mm Gesteinskörnung, mit einem Tiefschliff auf Terrazzooptik geschliffen, poliert und imprägniert. Im Gegensatz zu dem zuvor gesehenen ungeschliffenen Lagerboden hat der polierte Industrieestrich eine kundengerechte Optik mit vielen funktionalen Vorteilen auf die wir später noch eingehen werden. Bild 5: MIELE Bielefeld - Endmontagehalle Für eine neue Montagehalle mit Endkunden Besucherverkehr wurde in 2009 ca. 5.500 Quadratmeter Kunststoff modifizierter Industriestrich mit einem Tiefschliff auf Terrazzooptik geschliffen, poliert und imprägniert. Für das in 2016 gebaute neue 10.000 Quadratmeter Logistik Zentrum in Gütersloh entschied sich MIELE für einen 5 mm Tiefschliff, um mit einem möglichst hohen Anteil an Gesteinskörnung in der Oberfläche eine maximale Verschleißfestigkeit zu erreichen. Bild 6: MIELE Gütersloh neues Logistik Zentrum Bild 7: MIELE Gütersloh - Detailfoto mit Fugenprofil Vor dem Verlegen der Betonplatte erhielt das Edelstahlprofil mittig eine 5 mm hohe Kunststoffeinlage. Bild 8: BOSCH Arnstadt (Erfurt) Musterfläche Flachschliff ohne Terrazzooptik Buch IB.indb 216 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 217 Schleiftechnik im Industrieboden Neubau und zur Bodensanierung, unter Berücksichtigung der Rutschfestigkeit (R-Klassen) Bild 9: BOSCH Arnstadt Musterfl äche Tiefschliff mit Terrazzooptik Nach mehreren Musterfl ächen entschied sich BOSCH auf dem 7.000 Quadratmeter Betonboden des Lagerbereichs einer Solarzellenfertigung in 2009, für einen Flachschliff ohne Terrazzooptik. Bild 10: BOSCH Arnstadt - Flachschliff ohne Terrazzooptik Bild 11: BOSCH Reutlingen - Kantine in 2016 Für eine in 2016 neu gebaute Kantine in Reutlingen entschied sich BOSCH für einen Betonboden mit dem gleichen Flachschliff wie im Werk in Arnstadt. Bild 12: Dräger Medizintechnik Lübeck - Hochregallager Für das Hochregallager und die Produktion von medizintechnischen Teilen hatte Dräger einen ableitfähigen ESD Boden (ElektroStatic Discharge) spezifi ziert und entschied sich aufgrund nachfolgender Institut-Ergebnisse für einen fl ach geschliffenen Betonboden. Bild 13: Dräger Medizintechnik Lübeck - Produktion ESD Institut Untersuchung: HTC hat im August 2007 eine Musterfl äche HTC-Superfl oor (polierter Beton) von einem unabhängigen Institut prüfen lassen. Prüfergebnis war, dass der HTC Superfl oor Boden einen minimalen Widerstand von 5,7 x 10 hoch 6 (5.700.000) Ohm und einen maximale Widerstand von 3,3 x 10 hoch 7 (33.000.000) Ohm hatte. [1] Nach der alten DIN Norm war „Ein ableitfähiger Boden durch einen Widerstand zwischen 1 x 10 hoch 6 (1.000.000) und 1 x 10 hoch 9 Ohm (1.000.000.000) gekennzeichnet“. Nach der neuen ESD Norm DIN EN 61340 -5-1 vom Juli 2008 erfüllt ein Boden die EPA-Anforderungen Buch IB.indb 217 11.02.20 12: 53 218 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Schleiftechnik im Industrieboden Neubau und zur Bodensanierung, unter Berücksichtigung der Rutschfestigkeit (R-Klassen) (Electrostatic Protected Area), wenn der Boden einen Widerstand von weniger als 1 x 10 hoch 9 (<1.000.000.000) Ohm bzw. < 1GOhm hat. Bild 14: Dräger Messung elektrische Ableitfähigkeit Die alte DIN Norm zum „Schutz von elektronischen Bauelementen gegen elektrostatische Phänomene“ empfahl, dass der Systemwiderstand (Mensch/ Schuh/ Boden) zwischen 7,5 x 10 hoch 5 (750.000) und 3,5 x 10 hoch 7 (35.000.000) Ohm liegen sollte. Die neue DIN EN 61 340-5-1 vom Juli 2008 schreibt vor, dass der Systemwiderstand (Mensch/ Schuh/ Boden) weniger als 3,5 x 10 hoch 7 (< 35.000.000) Ohm betragen muss. Gemessen wurde auf dem Superfloor Boden ein minimaler Systemwiderstand von 2,9 x 10 hoch 6 (2.900.000) Ohm und ein maximaler Systemwiderstand von 2,8 x 10 hoch 7 (28.000.000) Ohm. [1] Bild 15: Dräger Medizintechnik Lübeck Messung Systemwiderstand Mensch/ Boden/ Schuh Die Institut Ergebnisse als auch die Messungen auf dem geschliffenen Boden bei Dräger Medizintechnik in Lübeck bestätigten, dass sowohl die Anforderungen der alten ESD DIN Norm, als auch der neue DIN EN 61340-5-1 vom Juli 2008 erfüllt wurden. Auswertung und Diskussion [2] Die am 6. April 2011 gemessenen Werte für den Ableitwiderstand, für den Systemwiderstand und für die Personenaufladung erfüllen bei Berücksichtigung der Messunsicherheit die Anforderungen für Böden in ESD Schutzzonen, für die Personenerdung und die Personenaufladung. Bild 16: Dräger Messung Personenaufladung HTC Vorgaben zur Einhaltung der ESD Norm: • Die oberste Lage der Bewehrung soll im Rahmen der DIN-Norm möglichst hoch verlegt werden. • Die Bewehrung soll an die Erdungsfahnen angeschlossen werden. • Nass-Unterhaltsreinigung mit HTC Diamant Pads und reinem Wasser ohne jede Chemie. (keine Wachse) • Die Luftfeuchtigkeit muss in dem auch für Menschen angenehmen Bereich zwischen 40% und 60 % liegen. 1.2 Projektberichte - Industrieböden im Handel Der Großhandel hat im Gegensatz zum Einzelhandel Hochregallager und setzt dabei fünf Tonnen Gabelstapler ein. Im Einzelhandel eingesetzte Böden versagen im Großhandel, es sind entsprechend belastbare Industrieböden erforderlich. Bild 17: RATIO C & C Bochum Buch IB.indb 218 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 219 Schleiftechnik im Industrieboden Neubau und zur Bodensanierung, unter Berücksichtigung der Rutschfestigkeit (R-Klassen) Ein auf Terrazzooptik geschliffener Kunststoff modifizierter Industrieestrich. Ein hochbelastbarer Industrieboden mit einer kunden-gerechten Optik. Bild 18: SB C&C Großhandel Münster Ein auf Terrazzooptik geschliffener Kunststoff modifizierter Industrieestrich. Bild 19: Marktkauf Verbrauchermarkt Münster Bild 20: RATIO SB Verbrauchermarkt Baunatal Beide Verbrauchermärkte auf Terrazzooptik geschliffene Kunststoff modifizierte Industrieestriche. Bild 21: Marktkauf Baumarkt in Münster Bild 22: RATIO Baumarkt Baunatal (Kassel) Beide Baumärkte auf Terrazzooptik geschliffene Kunststoff modifizierte Industrieestriche. Bild 23: Toom Baumarkt Mainz und Eckental Stahlfaserbetonboden mit nur einer Schleifstufe und einer Polierstufen sowie einer Imprägnierung auf Polymer-Basis als kostengünstige Variante. Buch IB.indb 219 11.02.20 12: 53 220 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Schleiftechnik im Industrieboden Neubau und zur Bodensanierung, unter Berücksichtigung der Rutschfestigkeit (R-Klassen) Bild 24: Conforama Möbelhaus - Flachschliff auf Betonboden Bild 25: IKEA Kaiserslautern (Hamburg, Lübeck), Flachschliff auf Kunstoff modifiziertem Industrieestrich Bild 26: AAFES Shopping Center Wiesbaden AAFES betreibt weltweit auf allen amerikanischen Militärstandorten die Non-Food Supermärkte. In Deutschland wurden 2011 in Ansbach (Nürnberg) 5.500 m², in 2012 Spangdahlem (Eifel) 7.000 m² und in 2016 Wiesbaden 10.000 m² große neue Supermärkte gebaut. Der AAFES Standard für Verkaufsräume und Lager-bereich ist weltweit ein geschliffener Betonboden. Bild 27: AAFES Wiesbaden - Lagerbereich AAFES legte großen Wert darauf, dass die deutschen Vorschriften eingehalten wurden und inolvierte in einer frühen Phase der Planungen die zuständigen Landes-Bauämter. In diesem Zusammenhang wurde dann von den Landesbauämtern auch die Vorgabe der R9 Klasse spezifiziert. Bild 28: Institut-Test R10 - Schiefe Ebene Nach BGR 181 Fußböden in Arbeitsbereichen mit Rutschgefahr - liegen den Bewertungsgruppen der Rutschhemmung folgende Mittelwerte der Neigungswinkel zugrunde: Buch IB.indb 220 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 221 Schleiftechnik im Industrieboden Neubau und zur Bodensanierung, unter Berücksichtigung der Rutschfestigkeit (R-Klassen) Bild 29: R-Klassen - Neigungswinkel Beim IBF (Institut für Baustoffkunde und Fußbodenforschung) in Troisdorf, wurden entsprechend HTC Leistungsbeschreibungen, mehrere Musterfl ächen verlegt und nach dem HTC Superfl oor Konzept geschliffen und teilweise poliert. [3] Bild 30: Institut-Test R12 - Schiefe Ebene Die rutschhemmenden Eigenschaften (R-Klasse) der Musterfl ächen wurden in der amtlichen Materialprüfstelle Werkstofftechnik der Fachhochschule Koblenz, Höhr-Grenzhausen, nach DIN 51130 - Prüfung von Bodenbelägen, Bestimmung der rutschhemmenden Eigenschaften, Arbeitsräume und Arbeitsbereiche mit Rutschgefahr; Begehungsverfahren; Schiefe Ebene - geprüft. [4] Mittlerer Akzeptanzwinkel R-Klasse 7,0° 8,7° R 9 R 9 Prüfergebnis für zwei Musterfl ächen war ein mittlerer ermittelter Gesamtakzeptanzwinkel von 7,0° bzw. 8,7°. Anhand des Prüfergebnisses wurden diese beiden Superfl oor Musterfl ächen in die Bewertungsgruppe R 9 eingeordnet. [4, 5] Im Mai 2006 wurden vorher für die Musterfl äche vom IBF in Troisdorf mit dem Gleitreibungsmessgerät FSC 2000 die folgenden Mittelwerte des Gleitreibungs-koeffi zienten μ ermittelt: [3] Gummi Kunststoff Leder 0,59 0,64 0,67 0,76 0,46 0,49 Bilder 31 a/ b: Cars Made in America - AAFES WI 1.3 Funktionale Vorteile zu nur fl ügelgeglättetem Beton Die funktionalen Vorteile eines geschliffenen, polierten und imprägnierten Betonbodens gegenüber einem nur fl ügelgeglätteten Boden: Bild 32: KABI in Schweden Buch IB.indb 221 11.02.20 12: 53 222 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Schleiftechnik im Industrieboden Neubau und zur Bodensanierung, unter Berücksichtigung der Rutschfestigkeit (R-Klassen) • Die Betonoberfläche hat eine höhere Verschleißfestigkeit und ist dauerhaft mechanisch stärker strapazierbar insbesondere bei Gabelstaplerverkehr. Bild 33: Beton teilweise geschliffen und poliert • Der polierte Boden erzeugt im Gegensatz zu einem nur flügelgeglätteten Boden keinen Staub, der sich auf den Produkten absetzt. Bild 34: Unten links polierter Beton • Auf einem polierten Betonboden hinterlassen Gabelstapler keine Brems-Reifenspuren. Bild 35: MIELE - Leichte Reinigung eines polierten Bodens • Der polierte Boden nimmt generell den Schmutz schlechter an und ist leichter zu reinigen. • Der Beton hat einen Fleckenschutz gegenüber Ölen, Fetten sowie Chemikalien und die Betonoberfläche ist wasserabweisend. Bild 36: Flecktest um 12: 05 Uhr, für eine Stunde Bild 37: Testfläche um 15: 11 Uhr nach HTC Twister Nassreinigung und Abtrocknung Buch IB.indb 222 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 223 Schleiftechnik im Industrieboden Neubau und zur Bodensanierung, unter Berücksichtigung der Rutschfestigkeit (R-Klassen) Bild 38: Chemische Betonverdichtung und Impägnierung 1.4 Funktionale Vorteile zu beschichteten Betonböden Die funktionalen Vorteile eines geschliffenen, polierten und imprägnierten Betonbodens gegenüber einem Kunststoff beschichteten Boden sind teilweise identisch zu nur flügelgeglätteten Betonböden: • Die Betonoberfläche hat eine wesentlich höhere Verschleißfestigkeit und ist dauerhaft mechanisch stärker strapazierbar (Gabelstaplerverkehr) • Der polierte Boden nimmt den Schmutz schlechter an und der Boden ist wesentlich leichter zu reinigen • Auf einem polierten Betonboden hinterlassen Gabelstapler keine Reifenspuren. Bild 39: BOSCH - Übergang Beschichtung zu poliertem Beton • Ein geschliffener Betonboden erfüllt ohne zusätzlichen Aufwand die Anforderungen der ESD-Norm (Elektrostatische Entladung), siehe Dräger Projekt. Geringere Unterhaltskosten und eine längere Lebensdauer machen einen geschliffenen Beton zur besseren Alternative als nur flügelgeglättete oder beschichtete Böden. 1.5 Kundengerechte Vorteile Bild 40: BOSCH Übergang Kunststoffbeschichtung zu poliertem Beton Ein geschliffener und polierter Boden behält auch nach vielen Monaten und Jahren seine kundengerechte Optik und braucht nicht regelmäßig gestrichen oder gar komplett renoviert zu werden. Buch IB.indb 223 11.02.20 12: 53 224 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Schleiftechnik im Industrieboden Neubau und zur Bodensanierung, unter Berücksichtigung der Rutschfestigkeit (R-Klassen) 1.6 Kurzeinführung Schleiftechnik: Bild 41: Schleifmaschine mit Staubabscheider Neben einer Schleifmaschine, im obenen Bild eine mit ca. 1 Meter Durchmesser mit Fernsteuerung, braucht man einen leistungsstarken Staubabscheider, bestehend aus Vor- und Hauptabscheider sowie einem abschließenden HEPA-Filter. Ein Schleifkopf mit Planetenantrieb besteht aus einem rotierenden Schleifkopf und vier (4) gegenläufig rotierenden Schleifscheiben. Diese Technik erzeugt beim Schleifen eine absolut ebene Oberfläche. Bild 42: Schleifkopf mit Planetenantrieb Bild 43: Schleifstufen eines Tiefschliefs mit Terrazzooptik Für einen Tiefschliff sind in der Regel 6 Schleifbzw. Polierstufen erforderlich (in USA 7 -R9). Für einen Flachschliff reichen 4-5 Schleifbzw. Polierstufen. 2. Industrieboden Sanierung: Durch Schleifen und Polieren kann man oberflächlich geschädigte oder stark verschmutzte Betonböden, Stahlfaser-Betonböden, Hartbetonböden, Industrieestriche, Anhydrit-Estriche, Betonwerksteinböden, Asphaltböden etc. sanieren und erhält einen neuwertigen kunden- und besuchergerechten Boden mit vielen funktionalen Vorteilen. Bild 44: Mahle Ventiltrieb in Zell Buch IB.indb 224 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 225 Schleiftechnik im Industrieboden Neubau und zur Bodensanierung, unter Berücksichtigung der Rutschfestigkeit (R-Klassen) Entsprechend einer Musterfläche wurde der oberflächlich stark verschmutzte Betonboden bei Mahle komplett geschliffen, poliert und imprägniert. Bild 45: Unilever Der oberflächlich stark verschmutzte Betonboden wurde geschliffen, poliert und imprägniert. Die über die Jahre oberflächlich stark verschmutzten und unansehnlich gewordenen Betonböden bei Decathlon in Herne und Ludwigshafen wurden bei laufendem Kunderbverkehr geschliffen, poliert und imprägniert. Bild 46: Decathlon Sportartikel Der nur oberflächlich stark verschmutzte Hartbeton-Estrich bei der METRO in Augsburg wurde in den Nachtstunden zwischen den Regalen leicht ab-geschliffen, poliert und imprägniert. Buch IB.indb 225 11.02.20 12: 53 226 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Schleiftechnik im Industrieboden Neubau und zur Bodensanierung, unter Berücksichtigung der Rutschfestigkeit (R-Klassen) Bild 47: Metro C&C in Augsburg Bild 48: IKEA in Braunschweig (Leipzig) Der durch Gabelstaplerverkehr hohllagig gewordene Hartstoffestrich wurde bei IKEA komplett abgetragen und durch einen Industrieestrich ersetzt. Der neue Estrich wurde oberflächlich poliert und imprägniert. Bild 49: Selgros C&C in Köln-Frechen Der über die Jahre unansehnliche gewordene Industrie-estrich wurde bei laufendem Kundenverkehr in der Nacht zwischen den Gängen bis auf die Gesteinskör-nung geschliffen, poliert und imprägniert. Bild 50: Selgros C&C in Köln-Frechen Im September 2009 feierte Selgros dann in Köln-Frechen die Wiedereröffnung des nach 13 Jahren renovierten 10.000 qm Großmarkts. Bild 51: Selgros C &C Ingolstadt 5.3 Noebel.indd 226 13.02.20 15: 55 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 227 Schleiftechnik im Industrieboden Neubau und zur Bodensanierung, unter Berücksichtigung der Rutschfestigkeit (R-Klassen) Der Industrieestrich bei Selgros wurde in mehreren Bauabschnitten Tags komplett bei laufendem Kundenverkehr renoviert. Bild 52: Selgro C&C Augsburg Betonwerksteinfliesen halten dem im Großhandel üblichen 5 Tonnen Gabelstaplerverkehr auf Dauer nicht stand es ist ein hochbelastbarer Industrieboden erforderlich. Bild 53: Musterfläche Selgros C&C Augsburg Zuerst wurde eine Musterfläche inkl. Fugenbrücke in einem stark Gabelstapler frequentierten Markbereich angelegt und mehrere Monate beobachtet. Hauptkriterium bei der Bodensanierung war es, in kurzer Zeit und bei laufendem Kundenverkehr den 11.000 Quadratmeter Großmarkt, in 5 Bauabschnitten zu sanieren. • Nach Bewehrung der Musterfläche wurden Staubvorhänge installiert und danach die alten Betonwerksteinfliesen und das Mörtelbett entsorgt. • Anschließend wurde auf die vorhandene Betonplatte ein „Auf-Beton“ verlegt, der mit einem Schnellzement hergestellt wurde. • Die Fugen der Betonbodenplatte wurden mit Fugenbrücken im „Auf-Beton“ übernommen. • 4 Tage nach der Verlegung begannen bereits die Schleifarbeiten und abschließend die Imprägnierung des neuen Betonbodens. Bild 54: Selgros Augsburg - Schleifarbeiten • 17 Tage nach Beginn der Deregalierung konnte in jedem Bauabschnitt bereits wieder auf dem neuen kundengerechten Boden regaliert werden. Bild 55: Selgros C & C Augsburg nach der Sanierung Bild 56: Selgros C&C Mannheim Sanierung Buch IB.indb 227 11.02.20 12: 53 228 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Schleiftechnik im Industrieboden Neubau und zur Bodensanierung, unter Berücksichtigung der Rutschfestigkeit (R-Klassen) Rüttelfl iesen halten ebenfalls dem im Großhandel üblichen 5 Tonnen Gabelstaplerverkehr auf Dauer nicht stand, es ist ein hochbelastbarer Industrieboden erforderlich. Hauptkriterium bei der Bodensanierung war es wiederum, in kurzer Zeit und bei laufendem Kundenverkehr den 10.000 Quadratmeter Großmarkt, in 4 Bauabschnitten zu sanieren. • Zuerst wurden Staubvorhänge installiert und dann die alten Rüttelfl iesen und das Mörtelbett entsorgt. • Anschließend wurde auf die vorhandene Betonplatte ein „Auf-Beton“ verlegt, der mit einem Schnellzement hergestellt wurde. • 4 Tage nach der Verlegung begannen bereits die Schleifarbeiten und abschließend die Imprägnierung des neuen Betonbodens. • 17 Tage nach Beginn der Deregalierung konnte in jedem Bauabschnitt bereits wieder auf dem neuen kundengerechten Boden regaliert werden. Bild 57: OBI Baumarkt Lindau Bild 58: OBI Baumarkt Geislingen (Ulm) Entsprechend den Musterfl ächen wurden die oberfl ächlich sehr stark verschmutzten Anhydrit-Estriche in mehreren Bauabschnitten Tags bei laufendem Kundenverkehr komplett geschliffen, poliert und imprägniert. Bild 59: Castorama Baumarkt Der oberfl ächlich stark verschmutzte Stahlfaser-Beton-boden wurde bei laufendem Kundenverkehr in mehreren Bauabschnitten geschliffen, poliert und imprägniert. Bild 60: Casorama sanierter Stahlfaserbeton Bild 61: Catorama Stahlfaserbeton - Detail nach Sanierung Buch IB.indb 228 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 229 Schleiftechnik im Industrieboden Neubau und zur Bodensanierung, unter Berücksichtigung der Rutschfestigkeit (R-Klassen) Bild 62: Düsseldorf Airport - VIP-Parkhaus 3 vor der Gussasphalt-Bodensanierung Bild 63: Düsseldorf Airport - VIP-Parkhaus 3 [6] Ende Juni 2014 fand die Eröffnung des ersten automatischen VIP-Parkhauses am Düsseldorfer Airport statt. Im Zuge des Einbaus der automatischen Parkanlage wurde der über die Jahre unansehnlich gewordene Gussasphaltboden des Parkhauses 3 im kompletten Kundenbereich in nur 2 Wochen geschliffen und imprägniert. Das Ergebnis ist ein kundengerechter und zugleich strapazierfähiger sowie pflegeleichter Boden. Bild 64: Köln-Bonn Airport Terminal 2 Buch IB.indb 229 11.02.20 12: 53 230 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Schleiftechnik im Industrieboden Neubau und zur Bodensanierung, unter Berücksichtigung der Rutschfestigkeit (R-Klassen) Am Köln-Bonn-Airport wurde insgesamt 6.000 m² unansehnlich gewordener und nicht zu reinigender Betonboden im Außenbereich vor dem Terminal 2 geschliffen und imprägniert. Ziele der Betonboden-Renovierung waren: • Den Betonboden in Zukunft von Schmutz und Kaugummis reinigen zu können. • Kaugummis sollten bis zur nächsten Reinigung auf dem Terrazzoboden nicht mehr auffallen. • Den Boden vor Flecken durch ausgelaufene Flüssigkeiten wie z. B. Kaffee oder Cola zu schützen. Bild 65: Köln-Bonn-Airport Hangar 3 Der Hangar 3 mit der unansehnlich gewordene Beschichtung konnte vom Airport in diesem Zustand nicht an die Lufthansa vermietet werden. Die Beschichtung wurde abgeschliffen (geschält) und der Betonboden anschließend geschliffen und imprägniert. Bild 66: BOSCH Ansbach (Erfurt) Nicht geeignet sind geschliffene Böden für die Produktion der Nahrungs- und Pharma- (Bakterien) und Reinraum-Industrie (Partikel) Diese Böden sind u. a. der Markt für Kunsstoff-beschichtungen, die aber wiederum in regelmässigen Abständen saniert werden müssen. 2.1 Betonschonende Untergrundvorbereitung mit Schleif-(Schäl-)Technik Bild 67: Schälwerkzeug Buch IB.indb 230 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 231 Schleiftechnik im Industrieboden Neubau und zur Bodensanierung, unter Berücksichtigung der Rutschfestigkeit (R-Klassen) Bild 65: Abschälen einer Beschichtung Für die Sanierung von Kunststoffbeschichtungen haben wir mit Schleifmaschinen und speziellen Schälwerkzeugen ein Verfahren entwickelt, um die alten Beschichtungen betonschonend abzutragen und den Untergrund gleichzeitig für eine neue Beschichtung vorzubereiten. Aber dies ist ein Thema für ein anderes Kolloquium. Literaturverzeichnis [1] SP Technical Research Institute of Sweden Report from 2007-08-29, Resistance measurement and walking tests [2] EPA Design Control, Hamburg - ESD Messbericht vom 26. April 2011, Punkt 8. [3] IBF Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung Troisdorf - Prüfbericht Nr. M79/ 06 [4] Amtliche Materialprüfstelle Werkstofftechnik Höhr- Grenzhausen Prüfbericht KP 113-4/ 06 u.KP 113-3/ 06 [5] IBF Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung Troisdorf - Gutachterliche Stellungnahme zum Prüfbericht Nr. M79/ 06 [6] Fotografie Andreas Wiese, Düsseldorf Buch IB.indb 231 11.02.20 12: 53 Buch IB.indb 232 11.02.20 12: 53 Fugen Buch IB.indb 233 11.02.20 12: 53 Buch IB.indb 234 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 235 Fugensysteme und Rinnen in Industrieböden - vom richtigen Umgang mit ungeliebten, aber notwendigen Einbauten Dipl.-Ing. Stephan Sinz Leiter Produktmanagement MIGUA Fugensysteme GmbH, Wülfrath Zusammenfassung An die Planung und die Ausführung von Fugen-Profilsystemen und Rinnen in Industrieböden ist mit äußerster Sorgfalt heranzugehen. Es gilt die Besonderheiten jedes Bauwerks zu erkennen, zu planen und in der Ausführung funktionsgerecht umzusetzen. In diesem Beitrag werden die bei der Planung von Fugen und Rinnen zu beachtenden Aspekte aufgeführt und konkrete Ausführungshinweise gegeben. Fugen, die richtig in einen Baukörper gesetzt sind, bieten viele Vorteile: Spannungen werden gefahrlos abgebaut, entstehende Bewegungen übernommen, einfachere und segmentierte Bauweisen sind möglich. Fugen sind immer ein Schwachpunkt einer Konstruktion. Ohne die Ausbildung geplanter und gut ausgeführter Fugen wäre die Konstruktion jedoch wesentlich schwächer. Rinnen haben die Aufgabe, das anfallende Wasser, sei es durch Regenereignisse, sei es durch Fahrzeuge eingetragenes Schleppwasser, schadlos aus dem Gebäude abzuleiten. 1. Fugen Die Bauteilbzw. Bewegungsfugen sind für den Gebrauch bis in die Oberkante des Fußbodens mit Hilfe von Fugenprofilsystemen so zu übernehmen, dass die Gebrauchstauglichkeit dauerhaft gegeben ist. Anfallendes Wasser ist mit Hilfe geeigneter Rinnensysteme und Abläufe schadlos aus den Gebäude abzuleiten. Der Planer hat dabei die Aufgabe, die wesentlichen Bemessungsdaten der Fugen- und Rinnensysteme festzulegen. Dazu gehört es, die Grunddaten zu erfassen und die Anforderungen an das Profilsystem zu beschreiben. Neben der Festlegung der technischen Daten der Fugen sind insbesondere die Besonderheiten der Nutzung sowie die Erarbeitung von Anschlussdetails zu berücksichtigen. Bild 1: Aufgaben des Planers Bild 2: Bemessungsdaten Fugensysteme 2. Bemesssungsdaten Zu den festzulegenden Bemessungsdaten gehören zunächst die Fugenbreite sowie die Fugen-bewegung in allen drei Dimensionen. Für die Bemessung und Bewegungsaufnahme des Fugenprofils ist die vektorielle Addition aller drei Kennwerte entscheidend. Auch ist zu berücksichtigen, dass die Bewegung quer zu Fuge bei einem Fugenverlauf, der um 90° verspringt, zu einer Verschiebung, also Scherung des Profils führt. Setzungen und Schwingungen (die wie Setzungen zu betrachten sind), sind zwingend vorab zu erfassen, um diese Bewegungen mit einem geeigneten Profil aufnehmen zu können. Buch IB.indb 235 11.02.20 12: 53 236 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Fugensysteme und Rinnen in Industrieböden - vom richtigen Umgang mit ungeliebten, aber notwendigen Einbauten Bild 3: Dreidimensionale Bewegungsaufnahme Als nächstes ist die Profi lhöhe festzulegen. Diese ist von Bodenaufbau abhängig und sollte in Abhängigkeit der Ebenheitstoleranzen festgelegt werden. Dabei wird das Profi lsystem immer auf einen ausgleichenden Fugenglattstrich gesetzt und benötigt einen lastabtragenden Untergrund, meist die Geschossdecke. Besondere Berücksichtigung bedarf die Festlegung der einwirkenden Lasten. Die Profi lbemessung erfordert die Angabe von Linienlasten oder den direkten Bezug auf die DIN 1991- 1. Bei Befahrung durch Stapler, die oft nicht mit der DIN-geregelten Luftbereifung betrieben werden, sind unbedingt Einzelfallbetrachtungen der Radlasten durchzuführen. 3. Formteile Die durch den Baukörper vorgegebene Fugen-geometrie ist in dem einzusetzenden Fugenprofi l unbedingt zu übernehmen. Wenn dies nicht berücksichtigt wird, können die Bauteilbewegungen nicht im Profi l übernommen werden. Schäden und unkontrollierte Abrisse sind die Folge. Die notwendige Passgenauigkeit wird mit Formteilen erreicht. Das Fugensystem muss die Vielzahl der möglichen Formteilvarianten abbilden können. Endaufkantungen sind für die Dichtigkeit und Bewegungsaufnahme an den Profi lenden zwingend notwendig. Bild 4: Formteilausbildung folgend dem Fugenverlauf Die Vernachlässigung von Formteilen ist unweigerlich mit Schäden verbunden, da der Baukörper seine Bewegung auch ohne Profi l-Formteile ausführt. Die Folge sind unkontrollierte, wilde Risse. Bild 5: Standardformteile Ecke, Kreuzstück Bei unterschiedlichen Fußbodenaufbauten auf beiden Seiten der Fuge können gute Profi lsysteme an die Höhe angepasst werden. Fugenprofi le, die in der Fugenbreite und -bewegung anpassbar sind, bieten bei ungeplant großen Bewegungen Lösungen. Ganz aktuell wurden von Migua Fugenprofi le für Industrie-böden entwickelt, deren beweglicher Teil reversibel ist und bei größeren Bewegungen oder Beschädigung ausgetauscht werden kann. Bei einer geforderten Wasserdichtigkeit ist zu gewährleisten, dass der Anschluss der Fugenprofi lsysteme an ein vorhandenes Oberfl ächenschutzsystem vorgesehen ist. Profi lsysteme werden üblicherweise über systemkonforme Anschlussfolien an die Abdichtung angeschlossen. Dabei muss die Kompatibilität der eingesetzten Materialien vorab abgestimmt werden. Bei kombinierten Abdichtungen aus Beschichtung und Schwarzabdichtung auf beiden Seiten der Fuge muss das Profi lsystem daran anpassbar sein. Für Rinnen gilt dies in gleicher Art. Dort treten an Rampen oft Wechsel der Abdichtungsart als Übergang von Beschichtung zu bituminöser Abdichtung auf. Bild 6: Anschluss Fugenprofi l an bauseitige Abdichtung Sofern ein Gefälle vorgesehen ist, sind Hoch- und Tiefpunkte beim Fugenprofi l zwingend zu übernehmen. Zu Ebenheit und Toleranzen sollte man sich vorab Gedanken gemacht haben. Da ein maschinell gefertigtes Fugenprofi l eine sehr viel höhere Genauigkeit und Geradheit, als ein handwerklich gefertigter fl ächiger Boden hat, kann es am Übergang zum Profi l zu unangenehmen Höhenversätzen kommen. Diese gilt es durch Planung und sorgfältige Montage auszuschließen. Buch IB.indb 236 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 237 Fugensysteme und Rinnen in Industrieböden - vom richtigen Umgang mit ungeliebten, aber notwendigen Einbauten Bild 7: Einflussfaktoren für die Fugenprofilbemessung Evtl. Mängel entstehen fast immer durch falsches Verständnis der Baukörper- oder Fugenbewegungen. Wenn z.B. Fugen nicht vollständig mit einem Profilsystem übernommen werden, kann ein unkontrollierter Riss entstehen. Bild 8: Fugenprofile mit Stützenaufkantungen 4. Rinnen Bei der Planung von Rinnen sind weitere Aspekte zu beachten. So ist die anfallende Wassermenge festzulegen, Abläufe nach Größe und Lage festzulegen und ein gewünschtes Gefälle zu planen. Dieses ist aus statischen Gründen oft nicht umsetzbar, so dass eine vorgegebene Topologie übernommen werden muss. Bei der Wassermenge ist nach Lage der Rinne zu unterscheiden, ob mit einer Regenereignis oder mit Schleppwasser, das durch Fahrzeuge eingetragen wird, gerechnet werden muss. Bild 9: Parkhaus ohne funktionierende Entwässerung Bild 10: Bemessungsdaten für Rinnen Rinnen sind nach DIN EN 1433 in Lastklassen eingeteilt. Gitterroste müssen die vorgesehenen Lasten gefahrlos abtragen. Sofern optische Aspekte wichtig sind, stehen als Alternative zu Gitterrosten hochwertige Abdeckungen aus Edelstahl in unterschiedlichen Rutschhemm-klassen zur Verfügung. Bild 11: Rinne mit Designabdeckung, Klasse R10 V10 Da Rinnensysteme planmäßig mit teils korrosivem Wasser in Kontakt kommen, sind medienberührte Materialien in V 2 A- oder besser V 4 A-Qualität auszuwählen. Der Wasserlauf selber ist bei dieser einzigartigen Konstruktion aus einem nicht-rostenden Kunststoff eingehängt, so dass auf der Baustelle sogar die Schweißarbeiten entfallen. Buch IB.indb 237 11.02.20 12: 53 238 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Fugensysteme und Rinnen in Industrieböden - vom richtigen Umgang mit ungeliebten, aber notwendigen Einbauten Gleichzeitig muss eine Rinne an ein Oberflächenschutzsystem wasserdicht anschließ-bar sein. Dies erfolgt analog zu dem bewährten Verfahren, das bei Migua-Fugenprofilen seit 30 Jahren erfolgreich umgesetzt wird, mit sogenannten Anschlussfolien. Formteile sind bei Rinnen in gleicher Weise wie bei Fugenprofilen nach Bedarf vorzusehen. Bild 12: Rinne mit Anschluss an Gussasphalt auf dem Freideck eines Parkhauses Bild 13 Wasserdichter Anschluss einer Rinne an eine bituminöse Abdichtung Eine fachgerechte Planung wird Baukörperfugen möglichst an Hochpunkten und Entwässerungs-rinnen an Tiefpunkten der Baukonstruktion vorsehen. In der Praxis ist dies jedoch nicht immer umsetzbar, so dass die Entwässerung von Parkbauten manchmal neben einem Fugenprofil oder in Extremfällen über ein Fugenprofil erfolgt. Für diese parallellaufenden Rinnen und Fugen gibt es spezielle Kombinationen in verschiedenen Varianten. Bild 14: Beispiel einer Fugen-Rinnen-Kombination Sofern sich jedoch Fuge und Rinne kreuzen, entstand bisher das Problem, dass der Rinnenkörper vor der Fuge enden und ein eigenständiger, zusätzlicher Ablauf angeordnet werden musste. Teilweise war sogar eine Umkehr der Fließrichtung mit allen seinen Folgen erforderlich. Mit der Entwicklung dieser einzigartigen Fugen-Rinnen-Kreuzung kann nun direkt der Rinnenkörper an das Fugenprofil angeschlossen und über dieses entwässert werden. Dieses zum Patent angemeldete System kann mit allen bekannten Abdichtungssystemen kombiniert werden. Bild 15: Neu entwickelte und zum Patent angemeldete Fugen-Rinnen-Kreuzung 5. Montage Wenn Rinne und Profilsystem gut geplant und ausgeschrieben wurden, gilt es, diese fachgerecht einzubauen. Dies sollte unbedingt von geschulten Fachunternehmen durchgeführt werden. Bei der Ausführung sind die tatsächlichen Werte der Fuge mit der Planung zu vergleichen, die notwendigen Einbautemperaturen einzuhalten und für die notwendige Baufreiheit zu sorgen. Die Auswahl des Fugenglattstrichs sowie des Verfüllmaterials sollte vorab in Abhängigkeit von der Einbausituation und der Nutzung festgelegt werden. Der höhengleiche Einbau zum angrenzenden Belag ist eine wesentliche Notwendigkeit für eine lange und störungsfreie Nutzung. Buch IB.indb 238 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 239 Fugensysteme und Rinnen in Industrieböden - vom richtigen Umgang mit ungeliebten, aber notwendigen Einbauten Deshalb ist der fachgerechten Montage sowie der Abstimmung der Bauleitung mit den angrenzenden Gewerken hohe Beachtung zu schenken. Bild 16: Rinnen am Fuß einer Rampe Wie auch bei anderen Gewerken sollte für Fugensysteme und Rinnen ein Wartungs- und Instandhaltungsplan erstellt werden. Eine zweimal im Jahr durchgeführte Untersuchung mit Behebung evtl. Mängel sorgt für eine lange Nutzungsdauer. Kontakt zum Autor: Dipl.-Ing. Stephan Sinz Email: sinz@migua.de Buch IB.indb 239 11.02.20 12: 53 Buch IB.indb 240 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 241 Vom Innovationspreis zur High-End Lösung: • ULBRICHFUGE ® • The Art of Connecting Stefan Wiegrink WIEGRINK floor solutions GmbH, 46395 Bocholt Zusammenfassung Fugen stellen in jeder Konstruktion grundsätzlich Schwachpunkte dar. Dies gilt insbesondere für Industrieböden, da Fugen hier mechanisch stark belastet werden. Klassische Fugenprofile aus Stahlbauteilen werden häufig schadhaft und schränken selbst bei Funktionstauglichkeit der Profile die Nutzung ein. Mit der neuen EU-Patent Erteilung bietet das einzigartige Ulbrichfugen ® -System in mittlerweile fünf Ausführungsvarianten deutliche Vorteile im Vergleich zu herkömmlichen Fugenprofilen. Durch die Schonung der Verschleißteile von Flurförderfahrzeugen beim Queren der Ulbrichfuge ® ist eine langfristige Kostenersparnis ein weiterer, nicht mehr wegzudenkender Vorteil. 1. Allgemeines Fugen stellen in jeder Konstruktion grundsätzlich Schwachpunkte dar. Dies gilt insbesondere für Industrieböden, da Fugen hier mechanisch stark belastet werden. 2. Fugenkonstruktionen 2.1 Industrieböden Im Industriebodenbau werden Flurförderzeuge mit harter Bereifung aus Vulkollan oder Nylon eingesetzt. Diese weisen deutlich höhere Pressungen von rd. 7 bzw. 20 N/ mm² und wesentlich geringere Raddurchmesser und Aufstandsflächen auf. Derartige Flurförderzeuge führen bereits bei Scheinfugen mit geringen Öffnungsweiten zu Kantenabplatzungen. Dies gilt insbesondere bei der Verwendung von Einstreuungen. Um den Wartungsaufwand zu reduzieren, wird daher heutzutage häufig auf Scheinfugen vollständig verzichtet und die Betonböden scheinfugenlos mit Arbeitsfugenabständen von rd. 30 bis 40 Meter erstellt. 3. Arbeitsfugen 3.1 Fugenöffnungen Die unvermeidlichen Schwindverkürzungen führen bei scheinfugenlosen Konstruktionen zu einer großen Öffnung der Arbeitsfugen. Unter der Annahme einer mittleren wirksamen Schwindverkürzung von rd. 0,4 mm/ m ergeben sich somit bereits allein aus dem Schwinden bei Arbeitsfugenabständen von rd. 30 m Öffnungen der Arbeitsfugen von rd. 1,2 cm. Insbesondere bei Herstellung in den Sommermonaten erhärtet der Betonboden bei Temperaturen deutlich über der späteren Nutzungstemperatur von rd. 20°C. Beim Abfließen der Hydratationswärme ergeben sich somit weitere Verkürzungen. Bei einer durchaus üblichen Erhärtungstemperatur von 40°C ergibt sich somit eine weitere Verkürzung von rd. 0,2 mm je Meter, die zu einer zusätzlichen Fugenöffnung von rd. 0,6 cm führt. Auch bei Industrieböden mit Scheinfugen öffnen sich die Arbeitsfugen überproportional, da sich ein Großteil der Verkürzungen infolge Abkühlung und ein Teil der Verkürzung infolge Schwindens hier sammeln, bevor sich die Scheinfugen öffnen. Dies gilt insbesondere bei Industrieböden aus Stahlfaserbeton, mit einer unteren Bewehrungslage und/ oder geringer Reibung zum Untergrund. 3.2 Beanspruchung der Arbeitsfugen Arbeitsfugen von Industrieböden sind daher in den befahrenden Bereichen gesondert auszubilden. Beim Überfahren einer Fuge senkt sich der belastete Rand ab. Hierdurch kommt es zu einem Höhenunterschied, der zu einem Stoß an der Fugenkante führt. Je kleiner der Raddurchmesser und je härter die Bereifung, desto kleiner ist der zulässige Höhenunterschied, um Kantenabplatzungen am Beton zu vermeiden. Daher muss eine ausreichende, dauerhafte Querkraftübertragung gewährleistet sein. Dies kann durch herkömmliche Dübel für große Fugenweiten oder durch Fugenprofile mit Querkraftleisten für Fugenbereiten im Allgemeinen bis zu rd. 2 cm gewährleistet werden. 6.2 Wiegrink.indd 241 13.02.20 17: 43 242 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Vom Innovationspreis zur High-End Lösung: • ULBRICHFUGE® • The Art of Connecting Auch ohne Höhenunterschiede können jedoch Kantenabplatzungen entstehen, da - die horizontalen Querzugkräfte in der Oberfläche an der Kante nicht abgeleitet werden können und daher aufgenommen werden müssen, - bei großen Fugenöffnungen Räder mit kleinem und mittlerem Durchmesser in den Fugenspalt „fallen“. 3.3 Beanspruchungen der Flurförderzeuge Die Radlager und Achsen der Flurförderzeuge werden durch Höhenunterschiede und Fugenspalte extrem beansprucht, da es hierdurch zu einer schlagenden, stoßenden Beanspruchung kommt, die ein Vielfaches der normalen Rollbeanspruchung beträgt. Bei großen Fugenbreiten kommt es auch bei funktionstauglichen Stahlprofilen zudem zu einem Zerschneiden der Laufflächen, da die Kanten der Stahlprofile die zulässige Pressung der Laufflächen überschreitet und diese zerstören. Zudem stellt jede herkömmliche Fuge eine Unstetigkeit dar, die beim Befahren zu Schlägen, Stößen, Schwankungen des Flurförderzeugs und der Ladung und zu einer Lärmentwicklung führt. Fugenprofile mit Querkraftleisten stellen zudem bei größeren Fugenöffnungsbreiten dem Aufschüsseln keinen Widerstand entgegen. Hierdurch bilden sich Unstetigkeiten in der Oberfläche aus, die selbst bei Einhaltung der Ebenheitstoleranzen der DIN 18202 den Fahrkomfort erheblich beeinträchtigen. 4. Optimale Fuge. Eine optimale Fugenkonstruktion bietet daher folgende Eigenschaften: - eben, plan - spaltfrei - vollständiger Kantenschutz - Vulkollan- und Nylonrad geeignet - hoher Fahrkomfort, leise - hygienisch - wartungsarm - dicht - luftkissentauglich - Besondere Maßnahme zum Schutz von Beton (Chloridangriff) - Nachträglicher Einbau möglich - Sanierung vorhandener Fugen möglich Die ersten Punkte können durch aufwändige Profile noch erreicht werden. Die letzteren Punkte jedoch nicht. Mit der Ulbrichfuge ® und ihren fünf verschiedenen Ausführungsvarianten (s. Bild 1-5) wurde daher ein System entwickelt, mit dem alle vorgenannten Anforderungen erfüllt werden und das speziell auf die jeweilige vorhandene Fugen-Problematik zugeschnitten. Bild 1: Ulbrichfuge ® Basic, für mittlere bis hohe Belastung Bild 2: Ulbrichfuge ® Power/ Air, für sehr hohe bis extreme Belastung Bild 3: Ulbrichfuge ® Special Movement, für Parkhäuser Bild 4: Ulbrichfuge ® Brandschutz, zum Brandschutz (in Abstimmung mit den örtlichen Behörden) Bild 5: Ulbrichfuge ® WHG, erfüllt die Normen des Wasserhaushaltsgesetzes 6.2 Wiegrink.indd 242 13.02.20 17: 43 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 243 Vom Innovationspreis zur High-End Lösung: • ULBRICHFUGE® • The Art of Connecting Schnittzeichnung der Ulbrichfuge ® Durch die spezielle Konstruktion der Ulbrichfuge wird eine ebene Oberfl äche erreicht. Durch die Fugenverankerung wird ein planebener, dichter und dauerhafter Anschluss zum Betonboden erreicht. Im Bereich der reaktiven Fugenlänge treten nur geringe relative Dehnungen auf, so dass auch große Spaltänderungen der Fuge dauerhaft und dicht aufgenommen werden können. 5. Einsatzmöglichkeiten Die Ulbrichfuge bietet neben der Anwendung im klassischen Industriebodenbau als Fugenkonstruktion in der Erstherstellung insbesondere folgende Einsatzmöglichkeiten. Überall dort, wo Risse und Fugen saniert werden müssen, die sich im Zuge der Nutzung noch bewegen, z.B. - Sanierung schadhafter Fugen im Industriebau - Riss/ Fugensanierung in befahrenen Bereichen - Riss/ Fugensanierungen in Walzbeton - Riss/ Fugensanierungen in Parkhäusern, Tiefgaragen - Riss/ Fugensanierungen auf befahrenen Rampen. Überall dort, wo besondere Anforderungen an die Ebenheit gestellt werden, z.B. - Hochregallager - Luftkissenfahrzeuge - Führerlose Flurförderzeuge - Viel befahrene Durchfahrten zwischen Hallenabschnitten - Geringe Lärmentwicklung Überall dort, wo besondere Anforderungen an eine spaltfreie, dichte Oberfl äche gestellt werden, z.B. - Luftkissenfahrzeuge - Lebensmittelbereich Überall dort, wo Beschichtungen vorhanden sind, z.B. - Parkhäuser, Tiefgaragen - Befahrene Rampen 6.2 Wiegrink.indd 243 13.02.20 17: 43 6.2 Wiegrink.indd 244 13.02.20 17: 43 Kolloquium Industrieböden - März 2020 245 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Stefan Trichlin Buch IB.indb 245 11.02.20 12: 53 246 Kolloquium Industrieböden - März 2020 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Buch IB.indb 246 11.02.20 12: 53 Kolloquium Industrieböden - März 2020 247 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Buch IB.indb 247 11.02.20 12: 53 248 Kolloquium Industrieböden - März 2020 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Buch IB.indb 248 11.02.20 12: 53 Kolloquium Industrieböden - März 2020 249 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Buch IB.indb 249 11.02.20 12: 53 250 Kolloquium Industrieböden - März 2020 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Buch IB.indb 250 11.02.20 12: 53 Kolloquium Industrieböden - März 2020 251 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Buch IB.indb 251 11.02.20 12: 53 252 Kolloquium Industrieböden - März 2020 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Buch IB.indb 252 11.02.20 12: 53 Kolloquium Industrieböden - März 2020 253 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Buch IB.indb 253 11.02.20 12: 53 254 Kolloquium Industrieböden - März 2020 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Buch IB.indb 254 11.02.20 12: 53 Kolloquium Industrieböden - März 2020 255 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Buch IB.indb 255 11.02.20 12: 53 256 Kolloquium Industrieböden - März 2020 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Buch IB.indb 256 11.02.20 12: 53 Kolloquium Industrieböden - März 2020 257 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Buch IB.indb 257 11.02.20 12: 53 258 Kolloquium Industrieböden - März 2020 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Buch IB.indb 258 11.02.20 12: 53 Kolloquium Industrieböden - März 2020 259 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Buch IB.indb 259 11.02.20 12: 53 260 Kolloquium Industrieböden - März 2020 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Buch IB.indb 260 11.02.20 12: 53 Kolloquium Industrieböden - März 2020 261 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Buch IB.indb 261 11.02.20 12: 53 262 Kolloquium Industrieböden - März 2020 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Buch IB.indb 262 11.02.20 12: 53 Kolloquium Industrieböden - März 2020 263 Fugenprofile in Carbon-Verbundbauweise mit sichtbaren und beschichtbaren Vorteilen Buch IB.indb 263 11.02.20 12: 53 Buch IB.indb 264 11.02.20 12: 53 Materialien Buch IB.indb 265 11.02.20 12: 53 Buch IB.indb 266 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 267 Mineralische Industrieböden, rissfrei und hoch belastbar als Designböden insbesondere unter ästhetischen Aspekten Dr. Jörg Rathenow Sinnotec Innovation Consulting GmbH, Wiesbaden, Deutschland, www.sinnotec.eu Zusammenfassung Mit Fußböden in Restaurants und Hotels verhält es sich ganz ähnlich wie mit Betonböden in Labors-, Produktions- und Lagerhallen der Industrie sie sind nahezu permanent außergewöhnlich intensiver Beanspruchung ausgesetzt. Abnutzungserscheinungen und vorzeitigem Verschleiß vorzubeugen, erfordert beim Neubau und im Sanierungsfall auf das jeweilige Objekt und seine Maximalbelastung spezifisch abgestimmte Materialien. Mit der Sinnotec Silikat-Technologie lässt sich ein fugenloser Boden für extreme Beanspruchung sogar auf dem Altboden aufbringen, zum Beispiel auf alten Fliesen. Das patentierte System basiert auf Wasserglas, das gezielt mit Calziumverbindungen reagiert und spannungsfrei aushärtet. Sinnotec unterscheidet hierbei zwei unterschiedliche Systeme: Wässrige, silikatische Imprägnierungen als Betonveredelung bereits existierender Betonuntergründe oder mineralische Verlaufsspachtelmassen sowie Wandmörtel als flüssigkeitsdichte Beschichtungsmaterialien. Insbesondere unter optischen Gesichtspunkten bieten die Silikatprodukte eine breite Vielzahl an Applikationsvarianten, die neben der ausgezeichneten Beständigkeit, komfortablen Applikation auch vielfältige Designaspekte realisieren lässt. Die dänische Stoerebelt-Brücke (1, 2 ) zählt ebenso zu den Referenzen wie die weltberühmte Oper von Sydney in Australien (3), Tanklager (LAU-Anlagen), Produktionsflächen (HBV-Anlagen) und Kläranlagen der BASF, Hochregallager, Schwimmbäder, Ölkeller in der Stahlindustrie oder Sanierungen in Biodieselproduktionen. Hierbei werden nicht nur ausgezeichnet haftende Reprofilierungen realisiert, sondern zusätzlich ein nachhaltig dichter Korrosionsschutz für das Grundwasser und die Stahlarmierung sichergestellt. 1. Eine Beschichtung für alle Böden Bei Beschichtungsmaterialien stoßen wir immer wieder auf dieselben Grundanforderungen, die es bei Neubau, Modernisierungen und Sanierungen zu erfüllen gilt: • eine einwandfreie, sichere Haftbasis für die gewünschte Neubeschichtung auf dem vorhandenen Untergrund zu schaffen, • eine Beschichtungsmöglichkeit zu finden, die sowohl ökologisch vertretbar als auch ökonomisch verantwortbar ist, Bild 1: Restaurant eines Hotels, Sanierung im laufenden Betrieb • einfache, schnelle und zugleich sichere Verarbeitung zu garantieren, • außerdem dem Auftraggeber und seinem Architekten maximale Entscheidungsfreiheit in Gestaltungsfragen zu belassen. Bild 2: Sinnofloor Industrieboden mit hohen optischen und chemischen Anforderungen Das Entfernen bzw. Abfräsen des vorhandenen verschlissenen Belags werden somit entbehrlich. Die Vorteile Buch IB.indb 267 11.02.20 12: 53 268 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Mineralische Industrieböden, rissfrei und hoch belastbar als Designböden insbesondere unter ästhetischen Aspekten liegen auf der Hand: Bodenmodernisierung bei laufendem Geschäftsbetrieb, nahezu unterbrechungsfreie Verfügbarkeit der vollen Fläche, sofort sichtbare Steigerung der Attraktivität und höchste Funktionssicherheit sind bei Bodensanierungen oder dem Neubau mit silikatischen Sinnotec-Produkten gegeben. 2. Die innovative Sinnotec Silikattechnologie Die Sinnotec Silikat-Technologie basiert hierbei auf der gezielten Reaktion von Wasserglas mit Calziumverbindungen im Untergrund (z.B. Beton, Betonveredelung, staubbindender Anstrich) oder latenthydraulischen Bindemitteln wie Hüttensand oder anderen Geopolymeren. Hierbei handelt es sich einerseits um einkomponentige Pulverprodukte, die auf Basis von alkalisch aktiviertem Hüttensand durch Wasserglas als rein anorganische Werkstoffe produziert werden. Hierzu wurden bereits in der Vergangenheit Untersuchungen durch Glukhovsky zur alkalischen Aktivierung von Bindern (4, 5) und durch Davidovitis (6) zur dreidimensionalen Vernetzung von anorganischen Bindern angestellt. Bild 3: dichte Silikatmatrix mit eingebundenem Sandkorn (7) Bei den Mörteln von Sinnotec wird die exakte Stöchiometrie von Calzium, Silikat und Wasser vorgelegt und diese vernetzen dann sauber zu einer Bindemittelmatrix aus wasserdichtem, dreidimensional vernetztem CSH, ohne dass das unerwünschte Nebenprodukt Calzuimhydroxid gebildet wird. Man kann sich diese Reaktion vorstellen als raumtemperatur härtende Keramik, die spannungsfrei aushärtet. 2.1 Komfortable Applikation für alle Untergründe Eine ähnlich hohe Widerstandsfähigkeit ist bei Bodenmodernisierungen in der Gastronomie gefragt, vor allem in beliebten Restaurants und bevorzugt gebuchten Hotels. Aus Gründen der Hygiene, Rutschsicherheit und Gestaltungsfreiheit empfiehlt sich hier eine fugenlose Bodenbeschichtung mittels Sinnotec Silikat-Technologie. In Restaurants und Hotels besteht die zu meisternde Herausforderung in der tagtäglichen Beanspruchung des Bodens durch ständiges Kommen und Gehen ungezählter Paar Straßenschuhe, kratzende festgetretene Steinchen in Leder- und Gummisohlen, mehr oder minder unsanftes Tische- und Stühlerücken bis hin zu gelegentlich herabfallendem Besteck, Gläsern und Geschirr. Ein Boden, der einem florierenden Bewirtungsbzw. Hotelbetrieb gerecht werden soll, muss also allerhand aushalten können von der häufigen Reinigung mit Putzmitteln unterschiedlichster Art einmal ganz abgesehen. Zur überdurchschnittlichen mechanischen Belastbarkeit kommen weitere Anforderungen hinzu, denen die Ausführung des Bodens gerecht werden muss: Neben maximaler Robustheit sind vor allem Aspekte der ästhetischen Optik, Hygiene, Rutschsicherheit, Verarbeitbarkeit, Umweltfreundlichkeit und nicht zuletzt auch der farblichen und strukturellen Gestaltbarkeit zu berücksichtigen. Bild 4: Strapazierfähiger Sinnofloor Industrieboden Gastronomen und Hotelbetreiber, die sich mit Modernisierungsabsichten tragen, stehen ebenso wie ihre Architekten und ausführenden Bauhandwerker vor der Aufgabe, eine passende Bodenbeschichtung zu wählen, die als Allround-Talent angesehen werden kann und Bestnoten in allen erdenklichen Einzeldisziplinen erzielt. 2.2 Ambiente von Grund auf modernisiert Wie sich diese Anforderungen bündeln lassen, führt das Beispiel des Restaurants „Schöne Aussicht“ eindrucksvoll vor Augen. Hier galt es, in kürzest möglicher Zeit (um längere Betriebsunterbrechungen zu vermeiden und Einnahmeeinbußen so gering wie möglich zu halten) eine (aus hygienischen und gestalterischen Gründen) fugenlose Beschichtung auf einem vorhandenen (noch tragfähigen, optisch aber unmodern gewordenen) Fliesenboden fachgerecht aufzubringen. Dazu wurde der Untergrund zunächst gründlich gereinigt und hernach als Haftbasis mittels Sinnofloor-Primer präpariert. Nach ausgiebigen Untersuchungen einschließlich Haftzugtests konnten wir davon ausgehen, dass sich der vor- Buch IB.indb 268 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 269 Mineralische Industrieböden, rissfrei und hoch belastbar als Designböden insbesondere unter ästhetischen Aspekten handene Fliesenbelag als Untergrund für eine silikatische Sinnotec-Beschichtung eignet. 2.3 Hygienisch sauber im Betrieb Auf Wunsch des Hoteliers sollte der alte Fliesenbelag ohne Unterbrechung des laufenden Gastronomiebetriebs in einen strapazierfähigen, hygienisch einwandfreien Designboden überführt werden. Dabei kam es entscheidend darauf an, dass die Bodenarbeiten so schnell wie möglich und zugleich fachgerecht erfolgten und sich die zu verarbeitenden silikatischen Produkte als geruchsneutral erwiesen. Im Zuge der fugenlosen Beschichtung der grundierten Fliesen kamen daher die Verlaufsmasse Sinnofloor Design grau sowie zwecks ölbeständiger Imprägnierung am Folgetag Sinnofloor CW 2in1 zum Einsatz. Die Oberfläche erweist sich seither als rutschsicher sowie vor mechanischer Beanspruchung, Verschmutzungen jeglicher Art und chemischen Substanzen wie aggressiven Reinigungsmitteln gut geschützt. Der apart gestaltete Boden präsentiert sich durchgehend fugenlos und somit top-hygienisch, wovon auch die Dichtungskehle zeugt, die an den umgebenden Wänden im Sockelbereich fachgerecht hochgeführt wurde. Alles in allem: Pflegeleichter und robuster hätte der renovierte Boden im Restaurant kaum gelingen können. Bild 5: Sinnofloor Design, fugenloser Industrieboden, rissfrei und hoch belastbar, auch für Außenflächen und Feuchtraumböden 3. Die innovative Silikattechnologie für Imprägnierungen Die Betonveredelung durch die Sinnotec Silikatchemie basiert im Wesentlichen auf der Reaktion von Calzium mit Wasserglas zu Calzium-Silikat-Hydrat (CSH). Die Imprägnierung durch Sinnotec Produkte ist somit die chemische Reaktion des Calziumhydroxids mit Wasserglas (Silikat) zu Calzium-Silikat-Hydrat, um dadurch die Gefügestruktur zu verfestigen (CSH ist nicht mehr wasserlöslich und thermodynamisch stabil) und die Kapillarporosität abzudichten. Bei den Sinnofloor © Imprägnierung zur Betonveredelung handelt es sich um einkomponentige staubbindende Anstrichsysteme (wasserbasiert, VOC frei), die komfortabel durch Aufsprühen oder Auswischen auf die Betonoberfläche appliziert werden können. Bild 6: Spritzapplikation Imprägnierung, großflächig Somit wird die Wasseraufnahme der Betonmatrix auf nahezu null reduziert. Da nun kein Wasser mehr in die Betonmatrix eindringen kann und auch kein reaktives Calzuimhydroxid mehr in der Betonoberfläche ist, gibt es nun keine Frost-Tau-Korrosion mehr, keine Ausblühungen und aufgrund der fehlenden Nahrungsgrundlage für die Mikroorganismen auch keinen Bewuchs mehr - Biozid frei (8)! Drüber hinaus wird die Stahlarmierung durch die hoch alkalischen Silikat Imprägnierungen realkalisiert und nachhaltig wasserdicht verschlossen (Betoninstandsetzung Wirkprinzip W). Die so geschützten Untergründe bleiben nachhaltig korrosions- und bewuchsfrei, lassen sich leicht reinigen, bestechen durch einen ästhetischen Glanz und haben dadurch eine signifikant verlängerte Lebensdauer. Bild 7: Industrieboden aus Beton zur intensiven Staplerbefahrung, Spritzapplikation nach der Reinigung Buch IB.indb 269 11.02.20 12: 53 270 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Mineralische Industrieböden, rissfrei und hoch belastbar als Designböden insbesondere unter ästhetischen Aspekten Für bereits existierende Untergründe gibt es daher die wässrigen Produkte auf der Basis von Wasserglas, die mit dem bereits im Untergrund vorhanden Calzium reagieren und diesen dabei abdichten und verfestigen (Betonveredelung, Anschmutzungsschutz, einkomponentiger staubbindender Anstrich, Imprägnierung). Diese rein anorganischen Bindemittel und Imprägnierungen sind, wasserbasiert, VOC-frei, haben die Brandeigenschaften A1 (nicht brennbar), sind frei von Mikroplastik, elektrisch ableitfähig, 100% recyclingfähig und besitzen eine Trinkwasserzulassung. 4. Der flexible Einsatz für viele Anwendungen Neben der Gastronomie lassen sich derart vielseitige Beschichtungen und Imprägnierungen aufgrund der ausgezeichneten Haftung zum Untergrund, der hohen Beständigkeit, der komfortablen Verarbeitung und der schnellen Aushärtung sowie der ausgezeichneten Umweltverträglichkeit auf für andere Einsatzgebiete verwenden: Die hohe mechanische Stabilität der Beschichtungswerkstoffe und Imprägnierungen sind staplerbefahrbar und eigenen sich daher perfekt für den Schutz und die Ausrüstung von Hochregallagern und Industrieböden. Herausragende Referenz ist dabei das Hochregallager der Fa. Estée Lauder in Lachen in der Schweiz. Aufgrund der hohe chemischen Stabilität, die obendrein noch flüssigkeitsdicht und rissfrei auf die Oberflächen aufgebracht werden, sind Anwendungen für Labore, Produktionsanalgen, Lagerflächen, HBV-Anlagen, LAU-Anlagen (9) in Chemie-, Pharma-, Landwirtschafts- und Lebensmittelindustrie komfortabel und auch als Sanierung im laufenden Betrieb realisierbar. Bestens geschützte Referenz ist hier das neue und höchste Produktionsgebäude L900 der BASF in Ludwighafen wo über 14.000m² über 7 Etagen mit 84 Metern Höhe die gesamten Produktions- und Lagerflächen geschützt wurde. Bild 8: Yond, Zürich flexibelste Räume für innovative Unternehmen Die vielfältigen Möglichkeiten zur flexible Gestaltung der Sinnofloor Beschichtungen ermöglichen Designflächen für Büros, Produktionsflächen, Schulen, Krankenhäuser, Kindergärten, Museen, Terrazzo- und Designböden. Eine sehr schöne Referenz ist hier das innovative Produktionsgebäude Yond in Zürich („Zürich flexibelste Räume für innovative Unternehmen), wo auf allen Ebenen die Mineralimprägnierungen eingesetzt wurden. Bild 9: Frankfurter Stadtentwässerung, befahrbare Bodenflächen Die anorganischen Beschichtungsmaterialien und Imprägnierungen sind außerordentlich bewitterungsstabil und bieten daher einen ausgezeichneten Korrosionsschutz für Außen- und Innenanwendungen. So lassen sich Kläranlagen, Brücken, Tiefgaragen, Sichtbetonfassaden vor schädigenden Einflüssen wie Streusalz, Frost-Tau-Abplatzungen, mikrobiologischem Bewuchs oder Korrosion der Stahlarmierung nachhaltig schützen (10, 11, 12). Durch die Mitarbeit in der DWA ist das neue Regelwerk DWA-M 143-17 (13) entstanden, in dem die Silikatmörtel für die Sanierung von Abwasserbauwerke beschrieben und zugelassen sind. Saubere Referenz sind hier die Regenüberlaufbecken in Lachen. Die nachhaltige Sanierung und der Schutz der Oberflächen durch Sinnodur Produkte garantiert, dass kein Mikroplastik in den Zürichsee gelangen kann. Da der Trocknungsprozess der anorganischen Beschichtungen und Imprägnierungen nahezu spannungsfrei erfolgt, sind große Flächen rissfrei und fugenlos realisierbar. Bild 10: Laubengänge voll bewittert in Hanau Buch IB.indb 270 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 271 Mineralische Industrieböden, rissfrei und hoch belastbar als Designböden insbesondere unter ästhetischen Aspekten Die anorganische Materialbasis bieten immer einen Brandschutz gemäß A1 und ist unbrennbar und hochtemperaturstabil bis 600°C. Daher bieten diese Werkstoffe einen idealen Hochtemperaturkorrosionsschutz sowie Korrosionsschutz für kryogene Anwendungen (14), z.B. für Laubengänge und Brandschutz für Holzbauwerke. Sichere Referenz sind hier die Läubengänge der Wohnanlage in Hamm und Hanau. Da die Sinnotec Produkte vorbildlich und umweltverträglich mit Wasser angemischt werden und auch keine weiteren gefährlichen Inhaltsstoffe oder Lösemittel enthalten, besitzen sie eine Trinkwasserzulassung und sind frei von Mikroplastik. Somit ist eine Anwendung in Schwimmbädern und Trinkwasserbauwerken ideal realisierbar. Aktuell haben wir aufgrund der ausgezeichneten Umweltverträglichkeit in Kooperation mit Ardex und Bau-Fritz eine Kooperation für einen sehr emissionsarmen Designboden im Wohnungsbau realisiert. Strahlende Referenz ist hier das Schwimmbad aus weißem Beton (Jurakalk) in Dornach, Schweiz. Bild 11: Pool aus weißem Jurazement, vollflächig geschützt 5. Zusammenfassung Die vorgestellte Silikattechnologie der Sinnotec GmbH ist ein innovativer Ansatz in der Betoninstandsetzung, die direkt an der Ursache der Betonkorrosion ansetzt, nämlich der chemischen Umsetzung der reaktiven, säureempfindlichen Nebenkomponente Calzuimhydroxid in der Betonmatrix. Durch die Überführung in thermodynamisch stabiles Calzium-Silikat-Hydrat (CSH) wird gleichzeitig die Kapillarporosität der Betonmatrix abgedichtet und nachhaltig, anorganisch geschützt. Durch die Realkalisierung und das wasserdichte Einschließen der Stahlarmierung (Wirkprinzip W) erhält man so einen nachhaltigen Schutz von Stahlbeton und ästhetische schöne Böden mit hoher Nachhaltigkeit. Bild 12: Hochregallager für wassergefährdende Stoffe, Produktionsfläche für wassergefährdende Stoffe Durch Anschleifen, Polieren, Einmischung von Schmuckkorn (Terrazzo) und/ oder Einfärben lassen sich so einfach und sicher sogar Design-Böden herstellen. Durch die dreidimensionale Vernetzung der CSH-Phasen wird eine hohe Festigkeit und Verschleißfestigkeit erreicht, so dass die Böden hoch strapazierfähig und staplerbefahrbar sind. Zusätzlich lässt sich die Rutschfestigkeit leicht einstellen mit einer guten elektrischen Ableitfähigkeit ähnlich wie bei Beton und einen Brandschutz gemäß A1. Durch die umweltverträglichen Rohstoffe und Wasser als Lösemittel entstehen so von den Rohstoffen über die Verarbeitung, Nutzung und das Recycling sehr ökologische und emissionsfreie Bodenbeläge als raumtemperatur härtende Keramik. Diese Werkstoffe sind daher prädestiniert als Abdichtung (auch bei rückseitiger Durchfeuchtung, auch bei salzkontaminierten Untergründen) für Industrieböden und können sogar bei aggressiven Medien, wie z.B. wassergefährdenden Stoffen (16, 17, 18) nach dem verschärften Wasserhaushaltsgesetz (WHG) für HBV-Anlagen (Produktionsflächen, Industrieböden) und LAU Anlagen (z.B. Tanklager, Tank- und Lagerplätze) eingesetzt werden. Bild 13: reprofilierter Beton in industrieller Kläranlage gemäß WHG Buch IB.indb 271 11.02.20 12: 53 272 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Mineralische Industrieböden, rissfrei und hoch belastbar als Designböden insbesondere unter ästhetischen Aspekten Literatur: [1] Jörg Rathenow, “Die Zukunft von Beton ist silikatisch! ”, Pressetext, 09.01.2013, www.pressetext. com/ news/ 20130109005 [2] Jörg Rathenow, “Wasserberührte Betonbauteile besser schützen”, Pressetext, 22.03.2013, www.pressetext.com/ news/ 20130322005 [3] Jörg Rathenow, „Sinnotec richtet Betonfragen-Hotline ein“, Pressetext, 08.10.2014, www.pressetext. com/ news/ 20141008005 [4] Victor Glukhovsky, „ Ancient, Modern and Future Concretes, Durability of Concrete“, Swedish Council for building research, Gothenburg, Sweden, S.53-62, 1989 [5] Caijun Shi, Pavel Krivenko, Della Roy, “Alkali activated cements and concrets”, Taylor & Francis, ISBN 0-415-70004-3, New York 2006, https: / / issuu. com/ a.benson/ docs/ caijun_shi__della_roy__pavel_ krivenko-alkali_activ [6] Joseph Davidovits, “Properties of geopolymer cements”, Tagung Alkaline Cements and Concretes, Scientific Research Institute on Binder Materials, Kiev, S. 131-149, 1994 [7] Jörg Rathenow, Abschlußbericht zum LOEWE Projekt HA-181/ 09-11, Sinnotec GmbH, Wiesbaden, 01.12.2010 [8] Jörg Rathenow, „Sinnotec stoppt Verschleiß und Abrasion“, Pressetext, 25.08.2015, www.pressetext. com/ news/ 20150825009 [9] Jörg Rathenow, „Sinnotec - Wasserhaushaltsgesetz (WHG) als Qualitätsmaßstab ansehen“, Pressetext, 05.11.2013, www.pressetext.com/ news/ 20131105022 [10] Jörg Rathenow, “Rohrleitungen aus Beton fortschrittlich sanieren”, Pressetext, 19.02.13, www. pressetext.com/ news/ 20130219016 [11] Jörg Rathenow, „Betonschutz-Experte Dr. Rathenow rät Kommunen, vorbeugend nachhaltig zu sanieren“, Pressetext, 25.09.2013, www.pressetext. com/ news/ 20130925015 [12] Frank Schardt, Untersuchungsbericht „Zerstörungsfreie Oberflächenuntersuchung „neun Punkte Untersuchung“ mit Schmidt-Hammer in Anlehnung an die DIN EN 12504-2“, SEF, Frankfurt, 08.10.2014 [13] Martin Liebscher, Markus Gillar, Bert Bossler, „Sanierung von Abwasserschächten - Untersuchung von Materialien und Systemen zur Abdichtung und Beschichtung, DWA, Korrespondenz Abwasser, S.814, 01.09.2011 [14] Michael Berndt, et. al., „Sanierung von Entwässerungssystemen - Teil 17: Beschichtung von Abwasserleitungen, -Kanälen, Schächten und Abwasserbauwerken“ DWA-M 143-17, Hennef, 01.09.2018 [15] Jörg Rathenow, „Temperaturschock-Stabilität von -273 bis +500°C“, Pressetext, 29.05.2013, www. pressetext.com/ news/ 20130529023 [16] Jörg Rathenow, „Sinnotec - Ölbelastete Betonböden nachhaltig sanieren“, Pressetext, 20.05.2014, www. pressetext.com/ news/ 20140520009 [17] Jörg Rathenow, „Sinnotec Silikatchemie versiegelt jeden Winkel“, Pressetext, 27.05.2015, www.pressetext.com/ news/ 20150527013 [18] Jörg Rathenow, „Wasser marsch auf heilix Blechle - Sinnotec schützt betonierte Waschplätze vor Verschleiß“, Pressetext, 29.06.2015, https: / / www.pressetext.com/ news/ 20150629008 Buch IB.indb 272 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 273 Unsichtbarer Beitrag, sichtbarer Erfolg - Gezielte Steuerung der Betoneigenschaften zur Herstellung hochwertiger Industrieböden M. Sc. Annika Bantle BASF Construction Solutions GmbH, Mannheim, Deutschland Dr.-Ing. Christoph Hahn BASF Construction Solutions GmbH, Mannheim, Deutschland Zusammenfassung Industrieböden aus Beton sind vielfältigen Nutzungsbedingungen und Beanspruchungen ausgesetzt. Aufgrund der hohen Anforderungen ist eine dementsprechend hohe Betonbauqualität sicherzustellen. Die erzielte Qualität eines Industriebodens und seiner Oberfläche hängt dabei unmittelbar von der Betonrezeptur ab. Durch die Wahl angepasster Betonzusammensetzungen können Frisch- und Festbetoneigenschaften gezielt gesteuert und Mängel vermieden werden. Die Zusatzmittelindustrie liefert hier die entscheidenden Innovationen, um sowohl die Verarbeitbarkeit als auch Verschleißfestigkeit, Dauerhaftigkeit und Rissfreiheit zu gewährleisten und bei Bedarf signifikant zu verbessern. Der physikalisch wirkende Beschleuniger Master X-Seed garantiert selbst bei kalter Witterung optimale Einbau- und Glättbedingungen. So können auch im Winter die Glättarbeiten unabhängig von den Temperaturen getaktet werden. Als alternative Bewehrung werden Polypropylen Makrofasern erfolgreich eingesetzt und können dadurch die Baustellenprozesse deutlich optimieren. 1. Einleitung Böden aus Beton sind im Industriebau fester Bestandteil der Planung und Ausführung. Industrieböden müssen während ihrer Nutzungsdauer hohen Anforderungen hinsichtlich der Tragfähigkeit, Gebrauchstauglichkeit sowie der Dauerhaftigkeit genügen. Viele relevante Eigenschaften, wie die Oberflächenqualität, der Verschleißwiderstand oder die Ebenheit hängen dabei unmittelbar von der Einbauqualität und nicht zuletzt der Betontechnologie ab. Innovative bauchemische Lösungen können gezielt betontechnologische Eigenschaften beeinflussen und ermöglichen so einen schnelleren und weniger fehleranfälligen Einbau des Betons. Mit Hilfe einer geeigneten Betonzusammensetzung inklusive robuster Zusatzmittel sowie einer frühzeitigen Berücksichtigung jahreszeitlicher Einflüsse und alternativer Ausführungsvarianten können demnach wertvolle Zeit und Kosten eingespart werden. 2. Anforderungen an Betone für Industrieböden Industrieböden zeichnen sich durch eine hohe Leistungsfähigkeit aus. Obgleich ein Industrieboden aus Beton hinsichtlich der baurechtlichen Anforderungen als statisch unrelevantes Bauteil angesehen wird, so hat ein solcher Boden i. d. R. dennoch hohe Anforderungen zu erfüllen. Abhängig vom Gebäudetyp, der geplanten Nutzung und dem Beanspruchungsprofil muss ein Industrieboden aus Beton unterschiedliche Eigenschaften und Widerstände aufweisen. Die wichtigsten Eigenschaften eines Industriebodens sind: • Widerstand gegen mechanische Beanspruchungen • Geringe Ermüdungsneigung bei dynamischer Beanspruchung • Hoher Verschleißwiderstand • Widerstand gegen chemischen Angriff • Frost und Frost-Taumittel Unempfindlichkeit • Temperaturbeständigkeit • Rissarmut • Oberflächenbeschaffenheit (z. B. Rissverteilung, Rauigkeit, Leitfähigkeit, etc.) • Ebenheit Die oben beschriebenen Festbetoneigenschaften sind dabei unmittelbar mit der Rezeptur und dem Einbau des Frischbetons verknüpft. Die zugrundeliegende Betontechnologie muss demnach sowohl die Betonzusammensetzung als auch die erforderlichen Eigenschaften des Buch IB.indb 273 11.02.20 12: 53 274 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Unsichtbarer Beitrag, sichtbarer Erfolg - Gezielte Steuerung der Betoneigenschaften zur Herstellung hochwertiger Industrieböden fertigen Bodens sowie alle ausführungsrelevanten Kriterien berücksichtigen. Hierzu zählen beispielsweise Fachkompetenz des Personals, verfügbare Gerätschaften und sämtliche Randbedingungen beim Einbau. Die Steuerung der Frischbetoneigenschaften ist maßgebend, um eine optimale Verarbeitung zu gewährleisten und folglich die Qualität des Industriebodens sicherzustellen. So können Eigenschaften wie Konsistenz, Stabilität und Erstarrungsverhalten den Erfolg einer Baumaßnahme signifikant beeinflussen. Der Einsatz von Betonzusatzmitteln und die Abstimmung der Betonrezeptur auf das geplante Vorhaben sind deshalb unabdingbar. Moderne, innovative Zusatzmittel und Ausführungsvarianten ermöglichen zudem eine gezielte Einflussnahme auf den gesamten Bauprozess. 3. Herstellung von Industrieböden Klassische Industrieböden aus Beton zählen zu den massigen Bauteilen und zeichnen sich meist durch einen mehrschichtigen Aufbau aus, wobei die oberste Schicht eine Betonplatte darstellt. Die Betonoberfläche wird üblicherweise nach dem Abziehen zusätzlich geglättet, um eine geschlossene und porenfreie Oberfläche zu erzeugen. Die optimale Abstimmung aller Arbeitsabläufe bis hin zum Flügelglätten sind dabei maßgebend für die spätere Qualität des Bodens. 3.1 Entwurf Ein Industrieboden aus Beton muss im Allgemeinen nur dann nach DIN EN 206-1/ DIN 1045-2 bemessen, bewehrt und überwacht werden, wenn der spätere Boden eine tragende oder aussteifende Funktion besitzt. Nichtsdestotrotz ist eine Anlehnung an die oben genannte Norm aus dauerhaftigkeitsrelevanten Gründen zu empfehlen. Dies beinhaltet eine sorgfältige Berücksichtigung der Anforderungen aus der Nutzung und der daraus resultierenden Expositionsklassen. Praxisbewährte Bemessungskonzepte aus diversen Normen, Richtlinien und Merkblättern wie z.B. das DBV-Merkblatt „Industrieböden aus Beton“ können zudem wertvolle Hilfen sein. 3.2 Einbau Bei der Erstellung von Industrieböden wird i. d. R. mit Transportbeton gearbeitet. Die Rezeptur ist dabei von den Anforderungen an den Festbeton, des Verarbeitungszeitfensters, der Ausführungsart, der Witterung und vielen weiteren Faktoren abhängig. Eine der relevantesten, messbaren Größen für die Verarbeitbarkeit ist die Konsistenz. Im Industriebodenbau kommen Betone mit Einbaukonsistenzen der Konsistenzklasse F3 bis F6 zum Einsatz, wobei die Wahl der Konsistenzklasse maßgeblich mit oben genannten Randbedingungen zusammenhängt. So eignen sich F3-Betone beispielsweise um Zwangsspannungen im jungen Beton zu minimieren, führen allerdings bei sehr warmer Witterung zu Problemen durch frühzeitiges Ansteifen. Leicht verarbeitbare Betone der Konsistenzklasse F5 oder F6 hingegen können bei falscher Fließmittelauswahl und -dosierung zur Entmischung neigen. Dies gilt insbesondere bei niedrigen Temperaturen des Untergrundes (0 bis 5°C). Zur Gegensteuerung sind deshalb der Einsatz abgestimmter Fließmittel in Kombination mit Betonstabilisierern sowie wirksame Beschleunigerlösungen (im Winter) empfehlenswert. Beim Einbau der Betone, ist in jedem Fall auf eine ausreichende Verdichtung zu achten. Bei großen Flächen kann sich die Verwendung von Rüttelbohlen anstelle von Innenrüttlern positiv auf den Glättvorgang auswirken. Nach dem Einbringen, Verdichten und Abziehen folgt die sogenannte Liegezeit des Betons. In dieser Zeit wird darauf gewartet, dass der Beton ansteift und betretbar wird, damit die Glättarbeiten beginnen können. Während dieser Warteperiode sind Bluterscheinungen und Austrocknung der Oberfläche zwingend zu beobachten und falls notwendig Nachbehandlungsmaßnahmen zu ergreifen. So muss das Überschusswasser vor Beginn der Glättarbeiten abgeschoben oder die Oberfläche vor weiterem Austrocknen geschützt werden. Der sachgerechte Glättvorgang sollte kurz vor Erstarrungsbeginn erfolgen und bis Erstarrungsende abgeschlossen sein, um die gewünschte Oberflächenverbesserung zu erzielen. Bei Anforderungen an eine erhöhte Verschleißfestigkeit kann beim Glättvorgang eine zusätzliche Hartkorneinstreuung eingearbeitet werden. Buch IB.indb 274 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 275 Unsichtbarer Beitrag, sichtbarer Erfolg - Gezielte Steuerung der Betoneigenschaften zur Herstellung hochwertiger Industrieböden Abb. 1: Phasen der Festigkeitsentwicklung von Beton und Verarbeitungsschritte 3.3 Nachbehandlung Zur Erzielung der gewünschten Festbetonkennwerte ist der Beton auch nach dem Glättvorgang vor Frost und Austrocknung zu schützen. Die Nachbehandlungsdauer ist dabei abhängig von der Festigkeitsentwicklung des Betons und den Umgebungsbedingungen. Bei sehr kalter Witterung kann es notwendig sein die Nachbehandlungsdauer um ein Vielfaches zu verlängern. 4. Typische Fehler und Schadensbilder Obwohl Industrieböden aus Beton lange etabliert sind und die Erfahrungswerte stetig steigen, weisen diese Bauteile nach wie vor ein hohes Schadenspotential auf. Gleichzeitig sind die Ansprüche der Bauherren und Nutzer extrem hoch. Unrealistische Formulierungen in Ausschreibungstexten wie „absolute Ebenheit“ und „Rissfreiheit“ sind keine Seltenheit und sorgen zwischen den Beteiligten für Konflikte. Nachfolgend werden typische Fehler während der Betonage und ihre Schadensbilder näher erläutert: 4.1 Warmer Beton auf kaltem Untergrund Wird auf einer typischen Winterbaustelle Warmbeton mit 15°C auf kaltem Untergrund aufgebracht, so fließt die Wärme des Betons in diesen ab und es entstehen innerhalb des Betonquerschnittes hohe Temperaturgradienten. Übersteigen die daraus resultierenden Spannungen die Betonzugfestigkeit entstehen Trennrisse. Ein weiteres Phänomen ist das nachträgliche Aufsteigen von Blutwasser durch temperaturbedingt ungleichmäßiges Erstarren des Betons. Erscheint die Oberfläche des Industriebodens trittfest und Glättenergie wird eingebracht, so kann zusätzliches Blutwasser aus den unteren noch „weichen“ Schichten unter die feinmörtelreiche Glättschicht gelangen und dort zu einem mangelhaften Verbund zwischen dieser und dem Beton führen. Das Schadensbild zeichnet sich durch Oberflächenabplatzungen und Risse aus. 4.2 Entmischungserscheinungen Die Wahl der Betonrezeptur und die Abstimmung des Fließmittels auf die Ausgangsstoffe und Einbaubedingungen sind maßgebend für die spätere Verarbeitbarkeit des Betons auf der Baustelle. Bluterscheinungen und Sedimentation können auf verschiedene Ursachen zurückgeführt werden, hierzu zählen z. B.: • Wasserzugabe in den Frischbeton auf der Baustelle • zu hohe Verdichtungsenergie • zu geringe Feinanteile • ungünstige Körnungsverteilung (Packungsdichte) • unsachgemäßer Betoneinbau • Überdosierung des Fließmittels Risse durch Schwinden Treten bereits wenige Stunden nach der Herstellung des Industriebodens lokal gehäufte, krakeleeartige Risse auf, so sind diese oftmals auf einen sehr hohen Feuchteentzug des jungen Betons zurückzuführen. Ein solches Austrocknen der Betonrandzone ereignet sich insbesondere bei niedrigen Wasserzementwerten und/ oder einer erhöh- Buch IB.indb 275 11.02.20 12: 53 276 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Unsichtbarer Beitrag, sichtbarer Erfolg - Gezielte Steuerung der Betoneigenschaften zur Herstellung hochwertiger Industrieböden ten Verdunstungsrate. Hartkorneinstreuungen mit hohen Zementanteilen können den Effekt zudem verstärken. In solchen Fällen ist auf eine ausreichende Nachbehandlung des Betons zu achten, um extreme Rissbildungen und das Bilden einer Elefantenhaut zu vermeiden. 4.3 Ungeeigneter Glättzeitpunkt Der Glättzeitpunkt stellt eine der größten Schadenspotentiale im Industriebodenbau dar. Die Bestimmung des optimalen Zeitpunktes ist grundlegend für die Herstellung eines hochwertigen Industriebodens. In der Theorie sollen beim Glätten im Beton noch keine nennenswerten Hydratationsprozesse stattgefunden haben und die Oberfläche möglichst „trittfest“ und „mattfeucht“ sein. Wird der falsche Zeitpunkt und Feuchtigkeitszustand gewählt können folgende Probleme entstehen: Zu früh: Einsinken und Erzeugen von Unebenheiten. Zu spät: Schlechter Verbund der Feinmörtelschicht mit darunter liegendem Beton. Zu nass: Einarbeitung des Blutwassers in die Feinmörtelschicht und Erhöhung des w/ z-Wertes. Dies hat geringe Festigkeiten und Krakeleerisse zu folge. Zu trocken: Glätten ist nicht möglich. 5. Bauchemische Lösung zur Optimierung des Einbauprozesses und der Oberflächenqualität Die Betontechnologie stellt im Betonbau das Bindeglied zwischen Planung und Einbau dar, denn mit Hilfe innovativer Ansätze und Bauchemikalien kann die Verarbeitbarkeit entscheidend verbessert und der gesamte Bauprozess hinsichtlich Kosten und Zeit optimiert werden. 5.1 Konsistenzhaltung und Betonstabilität Da die Anforderungen an Industrieböden hinsichtlich ihrer Dauerhaftigkeit und Nachhaltigkeit stetig steigen, kommen traditionelle Fließmittel auf Naphtalin- oder Melaminsulfonatbasis schnell an ihre Leistungsgrenzen. Insbesondere der Trend zu immer niedrigeren Wasserzementwerten bei gleichbleibend guter Verarbeitbarkeit erfordert innovative Lösungen zur Betonverflüssigung. Die moderne Betontechnologie setzt deshalb auch im Industriebodenbau verstärkt auf Hochleistungsfließmittel. Die Wirkungsgruppen der Polycarboxylatether (PCE) und Polyarylether (PAE) fallen in diese Kategorie, wobei sie sich durch unterschiedliche Stärken differenzieren. PCE-Fließmittel können aufgrund der Modifizierbarkeit ihrer Polymerzusammensetzung gezielt in ihrem Leistungsprofil auf den spezifischen Anwendungsfall angepasst werden und eignen sich deshalb für diverse betontechnologische Herausforderungen. Mit Hilfe angepasster PCE-Fließmittel können eine starke Wasserreduktion und hohe Frühfestigkeiten realisiert werden. Der entscheidende Vorteil innovativer PAE-Fließmittel liegt in der geringen Klebrigkeit, der daraus resultierenden hervorragenden Pumpbarkeit und den sehr guten Glätteigenschaften. Die hergestellten Betone zeichnen sich durch eine besonders geringe Viskosität und hohe Frühfestigkeiten aus. Zudem eignen sie sich insbesondere bei flugaschehaltigen Rezepturen und weisen eine hohe Verträglichkeit mit allen Betonverflüssiger- und Fließmittelarten auf. Die Wirkungsmechanismen und die Anzahl der anwendungsspezifischen Polymere der Reihen MasterEase und MasterGlenium ermöglichen eine individuelle Steuerung der Frischbetoneigenschaften je nach Aufgabenstellung. In Kombination mit Betonstabilisierern der Reihe MasterMatrix lässt sich die Robustheit der Betone zudem signifikant verbessern und führt dadurch zu noch hochwertigeren Ergebnissen. Schlussfolgernd ist die Auswahl geeigneter Polymere sowie deren Dosierung entscheidend, um angepasste Rezepturen für Industrieböden mit höchsten Ansprüchen herzustellen. 5.2 Optimierung des Glättzeitpunktes In Abschnitt 4 wurden die resultierenden Mängel des falschen Glättzeitpunktes bereits beschrieben. Da die Liegezeit des Betons von diversen Parametern beeinflusst wird, ist eine genaue Planung der Glättarbeiten bzw. eine Vorhersage nicht zielsicher möglich. Während im Sommer Liegezeiten von 3 bis 4 Stunden üblich sind, verlängern diese sich bei kalter Witterung signifikant. Ein Warten auf den Glättbeginn von bis zu 10 Stunden ist dann keine Seltenheit. Neben den klassischen betontechnologischen Einflussgrößen hinsichtlich der Ausgangsrezeptur und Festigkeitsentwicklung (z. B. Zementart und -gehalt, w/ z-Wert, Sieblinie, Leimgehalt, Fließmittel, Konsistenz) haben demnach auch witterungsbedingte Kennwerte großen Einfluss auf die Liegezeitdauer. In der Praxis gibt es verschiedene Ansätze die Liegezeiten trotz widriger Randbedingungen zu beschränken. Diese sind jedoch mit teilweise erheblichem Aufwand und/ oder Zusatzkosten verbunden und können zu Schwierigkeiten bei der Ausführung und letztendlich zu Schäden am Bauteil führen. Klassische Winterbaumaßnahmen sind: • Einhausung • Beheizung der Halle • Beheizter Beton Buch IB.indb 276 11.02.20 12: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 277 Unsichtbarer Beitrag, sichtbarer Erfolg - Gezielte Steuerung der Betoneigenschaften zur Herstellung hochwertiger Industrieböden • Höhere Zementgehalte • Niedriger w/ z-Wert • Wahl eines angepassten Fließmittels • Höherwertiger Zement • Höhere Betonfestigkeitsklasse Eine echte Alternative zu den genannten Möglichkeiten stellt der Einsatz innovativer Erhärtungsbeschleuniger dar. Der physikalische Wirkungsmechanismus von Master X-Seed unterscheidet sich maßgeblich von dem herkömmlicher, chemischer Beschleuniger, da dieser auf der sogenannten Seeding-Technologie basiert. Es handelt sich um im Wachstum eingefrorene Calciumsilikathydrate (CSH), die dem Beton bereits im Werk als Suspension zugegeben werden können. Diese CSH-Kristalle regen im Beton das natürliche Kristallwachstum an und können während der ersten Stunden die Frühfestigkeit des jungen Betons um ein Vielfaches steigern. Master X-Seed wirkt rein physikalisch und hat damit keinen negativen Einfl uss auf die Endfestigkeit des Betons. Abhängig von der Dosierung kann somit der gewünschte Glättzeitpunkt über die Zugabe von Master X-Seed gezielt herbeigeführt werden. Dadurch werden die Glättarbeiten besser planbar, der Stillstand begrenzt und unnötige Zusatzkosten für Warm- oder höherwertige Betone sowie Beheizung fallen weg. Auch aus Gründen des nächtlichen Lärmschutzes kann Master X-Seed helfen die Baustelle effektiv zu beschleunigen und damit die rechtlichen Vorgaben einzuhalten. Eine typische Dosierung im Industriebodenbeton liegt bei 2 M-% bezogen auf den Zementgehalt. Bei besonders hohen Anforderungen an die Frühfestigkeit können auch Rezepturen mit Dosierungen von bis zu 5 M-% realisiert werden. Abb. 2: Festigkeitsentwicklung mit und ohne Master X-Seed 5.3 Verbesserung der Oberfl ächenbeschaffenheit Zur Erreichung von qualitativ hochwertigen Betonoberfl ächen ist eine wirksame Zwischennachbehandlung und Nachbehandlung des Betons zwingend erforderlich. Gerade bei extremen Bedingungen wie z. B. hohe Beton- und Umgebungstemperaturen, niedrige Luftfeuchte, starker Luftzug oder direkter Sonneneinstrahlung ist eine Zwischennachbehandlung zwischen Einbau und der endgültiger Oberfl ächenbearbeitung essentiell. Übliche Liegenzeiten betragen abhängig der Randbedingungen zwischen 3 und 10 Stunden. Wird auf eine Zwischennachbehandlung verzichtet, werden bereits in dieser Zeit die Voraussetzungen für spätere Schadensfälle geschaffen. Durch den Verzicht auf effektive Maßnahmen erhöht sich das Risiko für Trocknungsrisse, „Elefantenhaut“ und ein Aufschüsseln der Platte. Dauerhafte und abriebfeste Betonoberfl ächen lassen sich nur realisieren, wenn das Thema „Nachbehandlung“ entsprechend berücksichtigt wird. Wirksame Zwischennachbehandlungsmaßnahmen sind Abdecken mit Folie, Besprühen mit Wassernebel oder das Aufbringen eines Zwischennachbehandlungsmittels. Beim Abdecken mit Folie ist darauf zu achten, dass die spätere Betonoberfl äche dadurch nicht negativ beeinfl usst wird. Wird die frische Betonoberfl äche mit Wasser besprüht, so besteht das Risiko, dass sich dieses Wasser mit dem noch sehr jungen Beton vermischt und der w/ z- Wert der Randzone des Betons dauerhaft erhöht wird. Schlussfolgernd entsteht eine Oberfl äche mit erhöhter Rissneigung und deutlich herabgesetzter Dauerhaftigkeit. Hinzu kommt der wirtschaftliche Effekt, dass das Personal vorgehalten werden muss, um über mehrere Stunden den Sprühnebel aufrechtzuerhalten. Buch IB.indb 277 11.02.20 12: 53 278 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Unsichtbarer Beitrag, sichtbarer Erfolg - Gezielte Steuerung der Betoneigenschaften zur Herstellung hochwertiger Industrieböden Alternativ kann ein Zwischennachbehandlungsmittel auf die frische Betonoberfläche aufgesprüht werden. Das Zwischennachbehandlungsmittel bietet einen sehr effektiven Verdunstungsschutz über mehrere Stunden hinweg und verringert dadurch den Wasserverlust um bis zu 60% gegenüber einer unbehandelten Fläche. Zusätzlich wirkt das Mittel als Glätthilfe beim späteren Abscheiben und Flügelglätten. Der Wirkstoff wird bei der Bearbeitung der Oberfläche verrieben und hat keinen negativen Einfluss auf die spätere Oberfläche des Betonbodens. Die Haftzugfestigkeit einer eventuell später aufgebrachten Beschichtung bleibt ebenfalls unbeeinflusst. Nach der endgültigen Oberflächenbearbeitung muss der Betonboden meist über mehrere Tage hinweg nachbehandelt werden, da aus ungeschützten Betonoberflächen unter ungünstigen Bedingungen bis zu 4 Liter Wasser pro Quadratmeter und Stunde verdunsten können. Dies würde Schwindrissbildung begünstigen und die vollständige Hydratation des Zementes verhindern. Die Qualität der oberflächennahen Schicht im Hinblick auf Haftzugfestigkeit und Dichtigkeit wird ganz wesentlich von einer zielsicheren Nachbehandlung beeinflusst. Es gibt verschieden Möglichkeiten zur Nachbehandlung von Beton. Nachbehandlungsmittel mit hohem Sperrkoeffizient wirken langfristig effektiv. Diese Mittel bilden auf der Oberfläche des Betons einen dichten und wasserunlöslichen Schutzfilm, der die Verdunstung des Wassers während der entscheidenden Erhärtungszeit signifikant hemmt. Die Verwendung von speziellem Paraffinwachs führt zu einer guten Griffigkeit der nachbehandelten Oberfläche. Die hohe Sperrwirkung gewährleistet zudem in der obersten Betonschicht einen optimalen Hydratationsverlauf. Dies führt zu einer guten Festigkeitsentwicklung und minimiert die Rissgefährdung. 5.4 Bauprozessoptimierung durch alternative Ausführungsvariante Im Industriebodenbau werden seit vielen Jahren Polymerfasern erfolgreich eingesetzt. Aufgrund der guten Erfahrungen mit den Polymerfasern wurden bereits in vielen Europäischen Ländern Normen und Anwendungsregeln für deren Einsatz eingeführt. Da Polymerfasern gegen viele Chemikalien hohe Beständigkeit aufweisen und unempfindlich gegenüber Korrosion sind, können sie auch im Außenbereich oder in der Nähe von Küsten eingesetzt werden. Aufgrund des geringen Gewichtes sind Fasern einfach in der Handhabung und dementsprechend leicht zu verarbeiten. Als Alternative zu Stahlfasern können Kunststofffasern im Industriebodenbau konventionelle Stahlbewehrung ganz oder teilweise ersetzen. Durch das Wegfallen aufwändiger Bewehrungsarbeiten können i.d.R. signifikante Kosten- und Zeitersparnisse generiert werden. Zum Einsatz im Industriebodenbeton kommen dabei Fasern, die nach DIN EN 14889 Teil 2 zertifiziert und zusätzlich vom DIBt bauaufsichtlich zugelassen sind. Teil des Zulassungsprozesses ist u. a. die Prüfung der Wirksamkeit der Fasern im Beton. Grundsätzlich kann zwischen zwei Arten von Fasern differenziert werden. Den Mikrofasern und den Makrofasern. Abb. 3: MasterFiber Sortiment: MasterFiber 018, PP-Mikrofaser (oben) MasterFiber 235 SPA, PP-Makrofaser (Mitte) MasterFiber 235 SPA in Dosierverpackung (unten) Mit Polypropylen-Mikrofasern lässt sich das plastische Schwinden auf ein Minimum reduzieren. Dank ihres winzigen Durchmessers, der damit verbundenen großen Oberfläche und der besonderen chemischen Bindung, die sie mit dem frischen Zementleim eingehen, wirken die Fasern den Zugkräften, die durch das Schwinden in der plastischen Phase hervorgerufen werden, wirksam entgegen. Die Fasern bewirken eine drastische Verringerung des Risikos diffuser Rissbildungen, die während der ersten 24 Stunden, insbesondere bei windigem und trockenem Klima, auftreten. Um die Rissbildung durch plastisches Schwinden zu reduzieren wird eine Dosierung von 0,6 bis 0,9 kg/ m³ empfohlen. Buch IB.indb 278 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 279 Unsichtbarer Beitrag, sichtbarer Erfolg - Gezielte Steuerung der Betoneigenschaften zur Herstellung hochwertiger Industrieböden Abb. 4: 3-Punkt-Biegezugprüfung an einem Balken aus Faserbeton, oben; Typische Last-Verformungskurve für Faserbeton, unten Mit Polypropylen-Makrofasern kann die herkömmliche Stahlbewehrung ganz oder teilweise ersetzen werden. Die Wirkung der PP-Makrofasern wird in der statischen Berechnung mit einbezogen. Im Falle eines Risses gewährleisten die Fasern die Kraftübertragung über den Riss hinweg. Die Leistung der Makrofasern wird im 3-Punkt oder in 4-Punkt Biegezugversuch bestimmt. Die bestimmte Kraft-Verformungskurve liefert die Eingangsparameter für eine statische Berechnung. Diese erfolgt in Anlehnung an die deutsche Stahlfaserrichtlinie oder nach dem Technical Report 34 - Concrete Industrial Ground Floors von der Concrete Society. Dabei können verschieden Lastszenarien in Betracht gezogen werden (z.B.: Regale, Gabelstapler und LKWs). Gängige Faserdosierungen der Makrofasern für Industrieböden liegen je nach Beanspruchung und Plattendicke zwischen 2,0 und 6,0 kg/ m³. Die neueste Generation der Kunststofffasern werden in praktischen Dosierverpackungen ausgeliefert. Die spezielle Art der Verpackung gewährleistet eine sichere und einfache Verarbeitung der Fasern im Betonwerk und auf der Baustelle. Literatur [1] Deutsches Institut für Normung, DIN EN 206-1/ DIN 1045-2 „Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton; Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität“ [2] Deutscher Beton und Bautechnik Verein, „Industrieböden aus Beton“, Februar 2017 [3] The Concrete Society, Concrete Industrial Ground Floors - A guide to design and construction - Technical Report 34, 4th Ed. [4] Deutsches Institut für Normung, DIN EN 14889 Fasern für Beton - Teil 2: Polymerfasern, 2006 [5] Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, DAfStb-Richtlinie Stahlfaserbeton, 2010 Buch IB.indb 279 11.02.20 12: 54 Buch IB.indb 280 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 281 Einfl uss von Zusammensetzung, Verarbeitung und Nachbehandlung auf die Eigenschaften von Industrieböden aus Beton Dr.-Ing. Jürgen Huber Kiwa GmbH, Gersthofen, Deutschland Zusammenfassung Trotz der relativ geringen Anforderungen (Bauweise, Betongüten, etc.) treten bei Industrieböden aus Beton relativ häufi g Mängel und Schäden auf. Oft werden die Ursachen hierfür bei den Ausgangsstoffen gesucht. Tatsächlich bestimmt der Umgang mit dem (jeweiligen! ) Baustoff die resultierenden Eigenschaften. Bluten und Nachbehandlung sind hierbei zwei wichtige Parameter, welche maßgeblichen Einfl uss besitzen und oft nicht genügend berücksichtigt bzw. umgesetzt werden. 1. Entwicklung In Literatur und Regelwerken werden Anforderungen an Beton für Industrieböden und dessen Verarbeitung rudimentär beschrieben, es fi nden sich in der Regel lediglich allgemeine Empfehlungen für Einbaukonsistenzen, Frischbetontemperaturen und Nachbehandlungsverfahren [z.B. 1,2] In der Praxis lässt sich beobachten, dass sowohl die Anforderungen an den Frischbeton (weichere Konsistenzen, Einbau bei ungünstigen Bedingungen) als auch an den Festbeton (Festigkeit, Widerstandsfähigkeit, etc.) steigen [1]. Abb. 1: eingesetze Betone für Industrieböden Zusätzlich nimmt das Angebot an Ausgangstoffen zu. Vor allem in den letzten zwanzig Jahren fand hier eine starke Entwicklung im Bereich Zemente, Betonzusatzmittel und Betonzusatzstoffe statt [2]. Abb. 2: Enwicklung der Betone Die Bauweise hingegen hat sich nicht wesentlich verändert. Zudem existieren widersprüchliche Forderungen wie z.B. die Begrenzung des Wassergehalts bei Expositionsklassen XM versus minimal notwendiger Gehalt für Hartstoffeinstreuungen oder fehlende Vorgaben wie zum Beispiel zum Bluten oder der Frischbetonstabilität. 2. Herausforderungen Dies führt in der Summe vermehrt zu Situationen, in denen die gewünschten Eigenschaften des Betons und dessen Oberfl äche nach der Herstellung eines Industriebodens nicht erreicht werden. Mängel und Schäden wie Elefantenhautbildung und Abplatzungen werden oftmals direkt den Betonzusatzmitteln (genauer: Fließmittel auf PCE-Basis) zugeschrieben, so dass diese in Ausschreibungen für Industrieböden pauschal ausgeschlossen werden. Umfangreiche Untersuchungen zeigen, dass die Zusammensetzung des Betons für die Frischbetoneigenschaften wesentlich ist [3] und für die Entstehung einer Elefantenhaut maßgeblich die Nachbehandlung bzw. ein Buch IB.indb 281 11.02.20 12: 54 282 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Einfluss von Zusammensetzung, Verarbeitung und Nachbehandlung auf die Eigenschaften von Industrieböden aus Beton Nichterfolgen deren verantwortlich ist [4]. Oft führt auch lediglich die Auswahl eines für den Einsatzzweck ungeeigneten Zusatzmittels zu veränderten Randbedingungen, so dass z.B. ein zu geringes Bluten für eine „autarke Nachbehandlung“ stattfindet oder die Verarbeitungszeiten erheblich verlängert werden [3]. 3. Nachbehandlung Die Nachbehandlung spielt bei Betonen, die ein geringes Blutverhalten aufweisen, eine entscheidende Rolle. Bluten tritt dann auf, wenn der Beton vor allem im Fein(st) teilbereich nicht optimal zusammengesetzt ist und moderne Fließmittel dies nicht zusätzlich fördern. Hier spielt vor allem bei horizontalen Bauteilen wie Industrieböden der Zeitraum zwischen Abziehen der Oberfläche bis zur endgültigen Oberflächenbearbeitung eine wesentliche Rolle [4, 5]. Eine mögliche ungehinderte Wasserverdunstung aus dem Beton direkt, also nicht über ein Blutwasserreservoir auf der Oberseite, in diesem Alter setzt die Voraussetzungen für spätere Schäden wie Risse (durch Schrumpfen) Abplatzungen (durch Elefantenhautbildung). Abb. 3: Evaporationsphasen Abb. 4: Folgen der Evaporation Ein Schutz des Betons kann durch Wasserzufuhr erfolgen - mit der Gefahr der w/ z-Wert-Änderung im Randbereich verbunden mit geringeren Festigkeiten - oder durch spezielle Zwischennachbehandlungsmittel. Diese müssen im Gegensatz zu klassischen NBM, welche erst ab Mattfeuchte aufgetragen werden dürfen, direkt auf die frische Oberfläche aufgebacht werden. Der Auftrag erfolgt einfach über ein Sprühgerät, die Verfilmung und damit der Schutz erfolgt selbstständig. Ein Einfluss auf eine spätere Beschichtung wurde untersucht und kann ausgeschlossen werden [5]. Grundsätzlich muss entsprechend DIN EN 13670 nach dem endgültigen Einbringen des Betons in jedem Fall eine Nachbehandlungsmaßnahme durchgeführt werden. 4. Zusätzliche Maßnahmen Besteht die Notwendigkeit einer Bodenbetonage bei kalter Witterung ist der Einsatz eines vorgewärmten Betons aufgrund der abfließenden Wärme in den kalten Untergrund nur mit großer Vorsicht durchzuführen. Ein sich einstellender Nullspannungstemperaturgradient beeinflusst spätere Verformungen bzw. Spannungen und kann schadensursächlich sein. Hier ist der Einsatz von Erhärtungsbeschleunigern sinnvoll, die die natürliche Hydratation unterstützten und sowohl Wärmeentwicklung als auch den Zeitpunkt der Oberflächenbearbeitung wesentlich beeinflussen. 5. Zusammenfassung Grundsätzlich lässt sich die Gefahr von Schäden durch eine sachgemäße Planung und einen sorgfältigen Umgang mit dem Baustoff Beton bei Kenntnis der physikalischen und chemischen Vorgänge deutlich verringern bzw. vermeinden. Als grundsätzlich schadensursächlich sollte eine einzelne Komponente wie z.B. PCE-Fließmittel nicht angesehen werden. Die Betonzusammensetzung und die Nachbehandlung sind hier wesentlich. Abb. 5: mögl. Schadenursachen Literatur [1] Lohmeyer/ Ebeling: Betonböden für Produktions- und Lagerhallen; Bau+Technik; 2011 [2] DBV-Merkblatt: Industrieböden aus Beton für Frei- und Hallenflächen; 2004 [3] Alsonso/ Schäffel: Zielsichere Herstellung von Industrieböden, beton 1+2/ 3 2015 [4] Freimann: Forschungsbericht „PCE-basierte Fließmittel im Industriebodenbau“ [5] Marquardt: Zwischennachbehandlungsmittel für Beton - Untersuchungen zum Einfluss auf Beschichtungen von Industrieböden; beton 10/ 2015 7.4 Huber.indd 282 13.02.20 17: 38 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 283 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Jürgen Versch Betontechnologe VDB Buch IB.indb 283 11.02.20 12: 54 284 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 284 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 285 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 285 11.02.20 12: 54 286 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 286 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 287 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 287 11.02.20 12: 54 288 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 288 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 289 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 289 11.02.20 12: 54 290 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 290 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 291 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 291 11.02.20 12: 54 292 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 292 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 293 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 293 11.02.20 12: 54 294 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 294 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 295 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 295 11.02.20 12: 54 296 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 296 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 297 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 297 11.02.20 12: 54 298 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 298 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 299 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 299 11.02.20 12: 54 300 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 300 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 301 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 301 11.02.20 12: 54 302 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 302 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 303 Beton Fugenlos und Schwindfrei: Wunschdenken oder schon realisierbar? Buch IB.indb 303 11.02.20 12: 54 Buch IB.indb 304 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 305 Die sehr schwindarme Beton-Bodenplatte Dr.-Ing. Carlhermann Conrad ECC-Consulting, Moers 1. Allgemeines Wie ist die hier gestellte Frage zu bewerten, ist sie berechtigt? Schauen wir uns den Bereich „Instandsetzung von Stahlbetonkonstruktionen“ an, dann können wir feststellen, dass wir es mit einem sehr großen Marktvolumen zu tun haben. Von den Anfängen der „Betonsanierung“ in der Mitte der 70ziger Jahre in Berlin, bis zur ZTV-Ing. war es ein langer Weg. Der Berichter war vom ersten Tag an dabei. Aber auch heute noch, nach vielleicht 100 Tagungen und Veröffentlichungen lebt dieser Markt und wenn wir die Bauchemie fragen, dann bestätigt sie, dass ihr Umsatz auf diesem Gebiet bei immer noch 40% liegt. Darf hier die Frage gestellt werden, hat die Branche was gelernt? Wenn wir uns nur den Zustand der Brücken in Deutschland vor Augen führen, kommen wir zu dem Schluss, das Problem der „Betonsanierung“ wird uns noch lange beschäftigen, es bleibt weiterhin ein interessanter Wirtschaftszweig. Warum entstehen Schäden am Beton? Die Antworten füllen ganze Fachbibliotheken, wir wollen uns hier auf die wichtigsten Gründe und Ursachen beschränken, es soll nicht mehr als eine Aufzählung von Beispielen sein, kein Ranking. • Der Verlauf der Carbonatisierung • Einwanderung von Chloriden • Schlechte, oder keine Nachbehandlung • Einbau des Betons bei einer Temperatur von über 30°C • Überschreitung der offenen Reaktionszeit • Ein zu hoher w/ z-Wert • Verwendung eines nicht optimalen Zements (Spätschwinden) • Chemische Angriffe • Schwindvorgänge, Rissbildung 2. Beispiele auf die Qualität des Betons 2.1 Die Abbildung D 1.12 zeigt die Abhängigkeit der Betonfestigkeit vom w/ z-Wert. Bei einem Wert von 0,40 hat der Kollege die Festigkeit mit 100% festgelegt, bei einem w/ z-Wert von 0,55 sinkt die Festigkeit bereits um ca. 30%. 7.7 Conrad.indd 305 12.02.20 13: 04 306 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Die sehr schwindarme Beton-Bodenplatte 2.2 Die Abbildung 2.24 macht deutlich, dass der Verlauf der Carbonatisierung bei einem w/ z von 0,40 gegen Null geht. 2.3 Die Abbildung 43 zeigt, dass die Durchlässigkeit von Beton bei einem w/ z von 0,40 auch hier gegen Null geht. 2.4 Bild 10 zeigt der Härtungsverlauf von einem Beton innerhalb von 28 d. Wir werden später sehen, dass eine solche Darstellung wenig zur Beurteilung der Qualität eines Betons aussagt, denn die wichtige Frage, welche Menge an Zement zu diesem Zeitpunkt chemisch umgesetzt ist, bleibt hier offen. Bei einer Zementmenge von 350 kg/ m³ Beton liegt die Differenz des chemischen Schwindmaßes zwischen einem w/ z von 0,40 und 0,55 bei ca. 0,350 mm/ m zu Gunsten von 0,40. 7.7 Conrad.indd 306 12.02.20 13: 04 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 307 Die sehr schwindarme Beton-Bodenplatte 2.7 Bild 37 zeigt die Reaktionsverläufe der Klinkephasen Betrachtet man die Kurven in den ersten Tagen, dann sieht man, dass die C3S-Phase hier deutlich die Reaktion dominiert. Die Literaturstelle empfiehlt einen Zement mit einem höheren Anteil an C2S-Phase, unter dem Motto: „ Je langsamer, desto besser“. 2.8 Bild 48 zeigt das Schrumpfverhalten von 3 Zementen (alte Bezeichnungen). Die Zahlen machen deutlich, dass die Umsetzungen nach 28 unterschiedlich sind. Die Zahlen machen deutlich, dass die Umsetzung beim PZ 225 um ca. 40% niedriger liegt als beim PZ 425. Hier ist mit einem hohen Anteil an chemischem Spätschwinden zu rechnen. 7.7 Conrad.indd 307 12.02.20 13: 04 308 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Die sehr schwindarme Beton-Bodenplatte 2.9. Bild 7.8 zeigt den Abfall, 50%, des E-Moduls nach Frost-Taubelastung in Abhängigkeit des Gehalts an Kapillarporen. Zeigt der Beton keine Kapillarporen, also wie bei einem w/ z von 0.40, dann erhält man auch einen sehr hohen Widerstand. Schauen wir uns den Bereich von ca. 5,5% Kapillarporen an. Wie er bei einem w/ Z von 0.55 zu erwarten ist, dann liegt der Bereich des Versagens bei ca. 350 Tauwechsel, wogegen die Anteile bei einem w/ z von 0,40 bei 800 Wechsel liegen. 3. Wobei beim wichtigen Thema „Schwinden von Beton“ sind 3.1 Schwinden durch Trocknung Hat ein Beton nach der Endreaktion zwischen Wasser und Zement noch freies Wasser, dann kann dieser Anteil verdunsten und das Bauteil verkürzt sich. Wenn man sich mit diesem Thema beschäftigt, dann muss man sehen, dass im Beton nur der Anteil des Zementsteins schwindet 3.2 Chemisches Schwinden Bereits 1912 hat Kühl, Berlin, nachgewiesen, dass, mischt man 100 g Zement mit 25 g Wasser, diese Mischung einen Volumenverlust von 9,5% zeigt. Czernin, Wien, hat dann 1964 mit einem verbesserten Messverfahren nachgewiesen, dass dieser Wert bei 10,6% liegt. Heute wissen wir, dass der Anteil von 25 g Wasser bei einer solchen Mischung 25% seines Volumens verliert. Warum ist das so, warum läuft diese Reaktion so ab? Das flüssige Wassermolekül ist um einen Winkel von 105° gekrümmt. Wird das Molekül aber in den Zementstein eingebaut wird es linear und verliert auf diem Weg 25% seines Volumens und dieser „Verlust“ an Volumen läuft immer dann ab, wenn Wasser mit Zement reagiert, auch beim Spätschwind3en. 3.3 Ein bildlicher Nachweis Bild 3 zeigt den Verlauf der Porenstrukturen eines Betons in Abhängigkeit von einem Jahr. Hier sehen wir, dass zwischen der Porengröße von 0,01 µm und 0,1 µm innerhalb eines Jahres die Nachrektion verläuft. Hier wird auch indirekt das chemisch Nachschwinden nachgewiesen. 7.7 Conrad.indd 308 12.02.20 13: 04 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 309 Die sehr schwindarme Beton-Bodenplatte 4. Was können wir tun, um diese Einflussgrößen zu minimieren, zu vermeiden? 4.1 Es ist zu empfehlen, der w/ z-Wert auf 0,40 zu begrenzen. Die moderne Bauchemie macht dies heute Problemlos möglich. 4.2 Wenn die Festigkeit um 30% zwischen w/ z von 0,40 und 055 fällt, können wir, bei einem w/ z von 0,40 die Zementmenge entsprechen reduzieren. Es sei hier erwähnt, dass das chemisch Schwinden nahezu lineare von der eingesetzten Zementmenge abhängig ist. Weniger Zement ist gleich weniger Schwinden 4.3 Wenn wir das Spätschwinden deutlich reduzieren wollen, oder müssen, ist der Einsatz von latenten Reaktionspartnern, wie z.B. Flugasche nicht zu empfehlen. 4.4 Durch den Einsatz geeigneter Schwindreduzierer, wie z.B. ConFormat LE 14, kann das Schwindmaß, gemessen in der Schwindrinne auf < 0,200 mm/ m gedrückt werden, so kann die Rissbildung deutlich reduziert, oder auch vermieden werden. Zusammensetzung eines Betons nach diesen Ausführungen CEM I 42,5 N 350 kg Sand 0/ 4 mm 730 kg Kies 4/ 8 mm 400 kg Kies 8/ 16 mm 780 kg ConFormat LE 14 15 kg enthält ca. 10 l Wasser ConFormat FM 35-30 1 kg Wasser ges. 130 kg 2.406 kg Frischbeton Verdichtungsmaß: 10 Min. 60 Min. 1,16 1,18 Rohdichte: kg/ m³ 2,44 2,42 LP-Gehalt (%) 1,3 1,7 Festbeton 7 d 28 d 28 FTW Rohdicht kg/ m³ 2,39 2,38 Spaltzugfestigkeit N/ mm² 4,3 5,6 DF Würfel N/ mm² 53,3 73,2 DF Zylinder N/ mm² 38,1 51,0 BZ Festigkeit N/ mm² 4,7 CDF-Prüfung g/ m² 524 Schwindmaß, gemessen in der Schwindrinne 50x50x1.000 mm, nach 4 Monaten iM 0,180 mm/ m Dies ist eine Einstellung für Straßenbeton, ohne LP-Mittel. Da dieser Beton auch nach DIN 1045 eingesetzt werden darf, werden für die Pumpqualität 5 kg Fließmittel zugegeben. Die hier gezeigte Betonzusammensetzung hat die oben erwähnten Vorteile, Sie wurden von der bast (Bundesanstalt für das Straßenwesen) zum Einsatz in Betonstraßen geprüft. Hier wurde auf den Einsatz von LP-Mittel verzichtet. 7.7 Conrad.indd 309 12.02.20 13: 04 310 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Die sehr schwindarme Beton-Bodenplatte Beispiel eines Schwindverlaufs: 7.7 Conrad.indd 310 12.02.20 12: 46 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 311 Die sehr schwindarme Beton-Bodenplatte Hinweis: Will, oder muss man die Zugfestigkeit eines Betons erhöhen, so ist es zu empfehlen an Stelle von Quarz-Kies Grantsplitt, oder noch besser Diabassplitt zu verwenden. Die Anwachsung des Zementsteins an die Splitte ist deutlich höher. Tafel V aus einer Dissertation von 1972 macht die deutlich. Literaturverzeichnis: [1] Wesche 2 [2] Eisenmann, Betonstraßen [3] Franjetic, Beton, Schnellerhärtung [4] Czernin, Wien, Zementchemie für Bauingenieure [5] Conrad, Schwindarmet Beton für Hallenböden 2008 7.7 Conrad.indd 311 12.02.20 12: 46 7.7 Conrad.indd 312 12.02.20 12: 46 Regelwerke Buch IB.indb 313 11.02.20 12: 54 Buch IB.indb 314 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 315 Industrieböden im WHG-Bereich: Spannungsfeld AwSV - TRwS - Richtlinie DAfStb Dr.-Ing. Thomas Richter InformationsZentrum Beton GmbH, Berlin Zusammenfassung An Industrieböden können wasserrechtliche Anforderungen gestellt werden, wenn sie als Sekundärabdichtung zum Schutz des Grundwassers vor wassergefährdenden Flüssigkeiten eingesetzt werden. Der Beitrag beschreibt die aktuellen gesetzlichen Vorgaben bei der Erstellung sogenannter Dichtflächen oder befahrbarer Auffangwannen. Bau- und betontechnische Anforderungen aus den wasserrechtlichen Vorgaben werden vorgestellt. Dazu gehören die FD- und FDE-Betone. Besondere Sorgfalt ist der Fugenausbildung und der Nachbehandlung des Betons zu widmen. Diskutiert werden Widersprüche zwischen technischem und wasserrechtlichem Regelwerk. Den Abschluss bilden Ausführungen über Besonderheiten beim Bau von Tankstellenbefestigungen und beim Bau von landwirtschaftlichen Fahrsilos und Festmostplatten. 1. Einleitung Wasser bildet die Grundlage sämtlichen Lebens auf unserem Planeten. Sauberes Grundwasser in ausreichender Menge ist Grundvoraussetzung unseres Wohlergehens. Produktions-, Lager- und Abfüllprozesse in Gewerbe und Industrie erfordern in vielen Bereichen den Umgang mit Stoffen, die die Wasserqualität stark beeinträchtigen können oder sogar für die weitere Nutzung unbrauchbar machen. Industrieböden als Produktions-, Lager- und Umschlagflächen sind folgerichtig planerisch und baulich so zu gestalten, dass von dort keine Gefahr für das Grundwasser ausgehen kann. Befahrbare Industrieböden werden i. d. R. als sekundäre Dichtflächen (Rückhalteflächen) gegenüber wassergefährdenden Stoffen eingesetzt, die bei Leckagen der Primäranlagen zeitlich begrenzt beaufschlagt werden. Nach ihrer Funktion werden Ablaufflächen, Stauflächen und Tiefpunkte unterschieden. Z. B. in der Landwirtschaft werden Industrieböden auch als Primärabdichtung eingesetzt (Fahrsilos, Festmistplatten, Räumerlaufbahnen). Die wasserrechtliche Regelungskompetenz ist im Rahmen der Föderalismusgesetzgebung von den Ländern auf den Bund übergegangen. Auf Grundlage des Wasserhaushaltgesetzes [1], insbesondere §62, sind die früheren teilweise unterschiedlichen Länderregelungen zu Anlagen beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen durch eine bundeseinheitliche Verordnung AwSV ersetzt worden [2]. Zur Harmonisierung werden die bisher vorhandenen technischen Regelungen aus Länderverordnungen, Verwaltungsvorschriften, Erlassen, Merkblättern und Handlungsempfehlungen als Stand der Technik im Regelwerk der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall DWA in Technischen Regeln wassergefährdender Stoffe TRwS zusammengefasst [3 bis 7]. Auf der anderen Seite stehen bautechnische Regelungen, insbesondere die DAfStb-Richtlinie Betonbau beim Umgang mit wassergefährdenden Flüssigkeiten [8]. Der Anwender der Regelwerke muss unbedingt beachten, dass wasserrechtliche und bautechnische Regelwerke speziell bei Dichtflächen und Tankstellen nicht vollständig übereinstimmen. Die TRwS verschärfen zum Teil die in [8] gestellten Anforderungen. 2. Grundlagen Für die Planung von Ableitflächen von wassergefährdenden Flüssigkeiten ist auch die Größe des Auffangraumes von Bedeutung. Im Grundsatz gilt, dass im Havariefall die gesamte Menge im Auffangraum aufgenommen werden muss. Dabei zählt nicht allein der austretende Gefahrstoff, vielmehr ist es denkbar, dass z.B. Schnee, Regenwasser oder Löschwasser einen Teil des Auffangraumes im Außenbereich reduziert. Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die Auffangräume selbst. So ist auszuschließen, dass verschiedene Gefahrenstoffe im Havariefall sich vermischen und miteinander reagieren können. Diesbezüglich sind die Lastfälle zu prüfen und gegebenenfalls getrennte Auffangräume zu planen. Die Auffangräume besitzen eine Barrierewirkung und sollen mit einem speziell zusammengesetzten Beton das Eindringen von wassergefährdenden Stoffen in den Beton möglichst gering halten. Im Grundsatz muss man davon ausgehen, dass Beton von einer wassergefährdenden Flüssigkeit mehr oder weniger penetriert wird. Die zeitabhängigen Eindringtiefen sowie die erforderlichen Prüfverfahren für das Eindringverhalten sind in der DAfStb-Richtlinie [8] geregelt. Buch IB.indb 315 11.02.20 12: 54 316 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Industrieböden im WHG-Bereich: Spannungsfeld AwSV - TRwS - Richtlinie DAfStb Die Beispiele für Dichtflächen und Auffangräume sind vielfältig. Sie reichen von flächigen, wannenartigen Konstruktionen bis hin zu siloartigen Behältern. Im Grundsatz darf die Bauweise so verstanden werden, dass ein dichter Behälter als primäre Barriere den wassergefährdenden Stoff umhüllt. Zusätzlich funktioniert eine Dichtfläche oder Auffangwanne im Havariefall als Sekundärbarriere, die im Regelfall auch befahrbar ist. Bildhaft kann man sich dies vorstellen wie Tasse und Untertasse, nur dass die Untertasse die gesamte Flüssigkeitsmenge vorübergehend aufnehmen kann. - Das Wasserhaushaltgesetz spricht vom sogenannten Besorgnisgrundsatz, d. h. die technischen Anlagen müssen so geplant, errichtet und betrieben werden, dass nach menschlichem Ermessen keine Verunreinigung des Grundwassers möglich ist. Die bedeutet dann in der Umsetzung - Doppelwandigkeit mit Leckerkennung bzw. Sekundärbarriere mit Auffangraum - Errichtung der Anlage durch einen Fachbetrieb nach AwSV - Abnahme und regelmäßige Prüfung der Anlage durch einen Sachverständigen nach AwSV - Bauprodukte und Bauarten bei LAU-Anlagen mit Verwendbarkeitsnachweis - wasserrechtliche Eignungsfeststellung der Anlage möglich. Wasserrechtlich unterscheiden sich Anlagen zum Herstellen, Behandeln und Verwenden wassergefährdender Stoffe (HBV-Anlagen) und Anlagen zum Lagern, Abfüllen und Umschlagen wassergefährdender Stoffe (LAU-Anlagen). Während Bauprodukte in LAU-Anlagen einen Verwendbarkeitsnachweis erbringen müssen (eingeführte Norm oder Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung) können bei HBV-Anlagen auch auf den Einzelfall bezogene Nachweise geführt werden. Die Einordnung des Gefahrstoffes erfolgt nach der AwSV [2], wobei von der Wassergefährdungsklasse (WGK) ausgegangen wird. Zusätzlich ist die Lagermenge zu berücksichtigen. Aus beiden Parametern ergibt sich eine Gefährdungsstufe der jeweiligen Anlage. In § 39 der AwSV „Gefährdungsstufen von Anlagen“ wird das Vorgehen beschrieben, siehe Tabelle 1. 3. Festlegungen zu flüssigkeitsdichten Betonen 3.1 Bauliche Festlegungen Im Ergebnis soll ein dichtes bzw. flüssigkeitsundurchlässiges Betonbauwerk erzielt werden. Dazu ist es notwendig, sich zunächst dem Baustoff Beton zu widmen. Dieser soll eine ausreichende Flüssigkeitsundurchlässigkeit und zudem eine entsprechende chemische Beständigkeit bei Beaufschlagung aufweisen. Konstruktiv sind dazu vor allem die Nachweise der Zugspannungen infolge zentrischem Zwangs (früher / später Zwang) als auch durch Biegung zu ermitteln. Im Weiteren muss bei der baulichen Durchbildung die Frage nach Fugen und Durchdringungen beantwortet werden. In der gesamten Prozesskette obliegt es der Bauausführung, alle Prozesse zu Überwachen und zu dokumentieren. 3.2 Begriffe und Definitionen Dichtheit bedeutet, dass eindringende wassergefährdende Stoffe die der Beaufschlagung abgewandte Bauteilseite nachweislich nicht als Flüssigkeit erreichen. Der Nachweis wird nach [6] geführt. Der Entwurf der TRwS 786 [5] verwendet auch den Begriff Flüssigkeitsundurchlässigkeit auf Grundlage von § 18 AwSV [2]. Dicht- und Tragfunktion dürfen während der Beanspruchungsdauer durch wassergefährdende Flüssigkeiten nicht verloren gehen. FD-Beton (flüssigkeitsdichter Beton) ist Beton mit optimiertem Widerstand gegen das Eindringen von wassergefährdenden Stoffen. Das Eindringverhalten kann Teil 2 der DAfStb-Richtlinie [8] entnommen werden, ohne für jeden Anwendungsfall neu geprüft zu werden („vorweggenommene“ Eindringprüfung) Für alle bekannten Stoffe beträgt die mittlere Eindringtiefe in FD-Beton max. 40 mm in 72 h bzw. die Schädigungstiefe beim chemischem Angriff max. 5 mm. . FDE-Beton (flüssigkeitsdichter Beton nach Eindringprüfung) ist Beton, der in seiner Zusammensetzung vom FD-Beton abweicht und ein geringeres oder gleiches Eindringverhalten aufweist. Im Unterschied zu FD-Beton wird das Eindringverhalten wassergefährdender Stoffe stets in Eindringprüfungen im Rahmen der Erstprüfung als zusätzliche Anforderung nachgewiesen. Ein FD-Beton ist ein Beton mit besonderen Eigenschaften, welche auf dem Lieferschein entsprechend zu vermerken ist. Der Hersteller übernimmt die Gewährleistung für die zugesicherte Leistungsfähigkeit des Betons und seiner Eigenschaften, die neben Expositionsklassen und Druckfestigkeitsklasse auch die besondere Eigenschaft FD beinhaltet. Zudem werden weitere Parameter im Lieferschein eingedruckt, welche zunächst für diese Betrachtung von untergeordneter Bedeutung sind. Der FDE-Beton hingegen wird über seine Zusammensetzung geprüft und muss die Gleichwertigkeit bzw. das verbesserte Eindringverhalten zu einem FD-Beton über die schon angesprochene Erstprüfung nachweisen. Für einen FD-Beton gelten Festlegungen hinsichtlich der Zusammensetzung, um das geregelte Eindringverhalten zu gewährleisten. Dies sind unter anderem der Wasserzementwert und die Betondruckfestigkeitsklasse. Der zulässige äquivalente Wasserzementwert beträgt sowohl für FDals auch FDE-Beton ≤ 0,50. Bei der Betondruckfestigkeitsklasse gilt für FD-Betone ≥ C30/ 37. Für FDE-Beton gibt es keine Festlegungen für die Druckfestigkeit. Für FD-Betone gilt ein Zement- Buch IB.indb 316 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 317 Industrieböden im WHG-Bereich: Spannungsfeld AwSV - TRwS - Richtlinie DAfStb leimgehalt von ≤ 290 l/ m³ inklusive angerechneter Zusatzstoffe, um das Schwinden des Betons zu begrenzen. Auch diese Einschränkung wird bei FDE-Betonen nicht gefordert. Eine Übersicht enthält Tabelle 2. 4. Beanspruchung als Sekundärbarriere Zunächst unterscheidet man zwei Fälle. Dabei wird der Lastfall ohne chemischen und mechanischen Angriff auf den Beton unterstellt. Im zweiten Fall wird sowohl ein chemischer als auch ein mechanischer Angriff auf die Betonoberfläche angenommen. Zusätzlich wird geprüft, inwieweit für den jeweiligen Lastfall der Beton in ungerissenem oder gerissenem Zustand ist. Demzufolge ergeben sich nach Fall 1 Kennwerte zur Eindringtiefe und im Fall 2 zur Schädigungstiefe. Entsprechend dieser Festlegungen werden die Nachweise der Dichtheit nach DAfStb-Richtlinie geführt. Im Fall 2 wird zunächst der Nachweis der Mindestdruckzonendicke erbracht, wobei zwischen Bauteilen ohne und mit wechselnden Momenten differenziert wird. Durch das Bauteil durchgehende Risse sind nach Entwurf TRwS 786 [5] nicht zulässig. 5. Bauliche Besonderheiten 5.1 Befestigungen, Verankerungen und Einbauteile Im Bereich der Beaufschlagung sollten so wenig wie möglich Verankerungen (Verankerungskörper) und Einbauteile verwendet werden. Insbesondere von linienförmigen Einbauteilen, wie z. B. Ankerschienen, sollte wegen der erhöhten Kerbgefahr Abstand genommen werden. Als Verankerungen und Einbauteile dürfen Verbunddübel, Ankerschienen und Kopfbolzen mit Verwendbarkeitsnachweis (allgemeiner bauaufsichtlicher Zulassungen oder europäischer technischer Bewertung) verwendet werden. Allerdings existieren derzeit noch keine solchen Zulassungen / Bewertungen. Einzelne Hersteller haben sachverständige Nachweise für Ihre Dübel / Verankerungen geführt. Hier ist dann eine Bewertung der vorgesehenen Lösung durch einen Sachverständigen nach AwSV auf Grundlage § 16(3) AwSV (Ausnahmen) oder § 63(1) WHG (Eignungsfeststellung) notwendig. Da bei Verbunddübeln ein Bindemittel zum Einsatz kommt, ist zusätzlich dessen Eignung in Bezug auf das wassergefährdende Medium abzuklären. Werden Dübel eingesetzt, gilt es zwingend, den Restquerschnitt von 50 mm nicht zu unterschreiten [8]. Generell bedeutet eine Schwächung des Querschnitts durch Dübellöcher immer auch eine potentielle Gefahr für das Eindringen von Stoffen und letztlich auch die Möglichkeit der Durchdringung. In der Praxis hat sich herausgestellt, dass selbst bei lokalen Schädigungen der Klebefuge zwischen Dübel und Ankerlochwandung das Eindringen deutlich behindert ist. Der verbleibende ungestörte Restquerschnitt ist dann mit 50 mm als ausreichend anzusehen. In der grafischen Darstellung, Bild 1, ist schematisch das zulässige Ausbilden eines Ankerloches dargestellt. Ausgehend vom Gesamtquerschnitt h darf der verbleibende Restquerschnitt das Maß von 50 mm nicht unterschreiten. Bild 1: Schematische Darstellung der Ankerlochausbildung 5.2 Fugen Fugen unterbrechen den Regelquerschnitt einer Konstruktion und bedürfen einer besonders sorgfältigen Betrachtung. Die Verwendung sollte auf das notwendige Mindestmaß begrenzt werden. Für die Fugenausführung werden im Folgenden zwei Varianten diskutiert. Bei der ersten Variante versucht man die Fuge über eine Aufkantung auszubilden, deren Höhe über die zu erwartende Füllhöhe reicht. Diese Variante stellt zumindest für die Fuge und den Fugendichtstoff die geringste Belastung dar. Nachteile dieser Konstruktion sind ein erhöhter Aufwand bei der Herstellung und im Weiteren auch Einschränkungen hinsichtlich der Nutzung, wenn eine ebene Fläche für den Betrieb erforderlich ist. Die für den Nutzer komfortabelste Lösung sieht eine ebene Dichtfläche mit integriertem Fugenblech vor. Dabei sind Lösungen für Raumals auch Arbeitsfugen möglich. Bild 2: Fugenblech in Sohlfuge (Raumfuge) [8] Buch IB.indb 317 11.02.20 12: 54 318 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Industrieböden im WHG-Bereich: Spannungsfeld AwSV - TRwS - Richtlinie DAfStb Bild 3: Fugenblech in Sohlfuge (Arbeitsfuge) [8] Die Anordnung der Fugenbleche ist dabei an feste Vorgaben geknüpft. Generell sollte der Einbau der Fugenbleche wie in den Bildern 2 und 3 dargestellt erfolgen. Hinsichtlich der Einbautiefe sind genaue Festlegungen zu treffen, das Fugenblech sollte im mittleren Drittel des Bauteilquerschnitts liegen. Für Fugenbleche gilt der Grundsatz des Nachweises der Dichtheit am Fugenstoß. Es werden Blechdicken von 1,5 mm gefordert, wenn diese durch eine Schweißverbindung aneinandergefügt werden. Neben dem Schweißen sind andere Fügemethoden möglich. Entscheidend sind dabei deren Eignung und ein dem Fügeverfahren entsprechendes dauerhaftes Funktionsprinzip. Dazu zählen das Verkleben und das Klemmen mit einer elastomeren Zwischenlage auf mindestens 150 mm Länge. Ebenfalls zulässig ist der Überlappungsstoß. Dieser ist aufgrund seiner spezifischen Anforderungen im Baustellenalltag nur mit großem Aufwand herstellbar und birgt ein hohes Fehlerpotenzial. Diese Abdichtungsvariante ist immer an ein Injektionssystem geknüpft. Grundsätzlich wird an Fugenbleche in Bewegungsfugen die Forderung gestellt, dass diese ausschließlich in einer Abdichtungsebene liegen sollen. Außerdem müssen diese Fugenbleche eine leichte V-Form aufweisen und an den Enden eine 20 mm hohe Aufkantung besitzen, wie im Bild 3 dargestellt. Zur Aufnahme von Bewegungen muss in der Längsachse eine Schlaufe ausgebildet werden. Die Lösung, diese Bleche ausschließlich über eine Schweißverbindung zu verbinden, ist gerade im Bereich der Schlaufenführung schwierig umzusetzen. Um Verschmutzungen zu vermeiden, wird die Fuge meist durch ein Abdeckprofil bzw. einen Fugendichtstoff zur Oberseite abgeschlossen. 5.3 Abdichtungsmaterialien mit Verwendbarkeitsnachweis Für die Verwendung von Fugenabdichtungsmaterialien müssen die Einsatzkriterien bekannt sein. Dabei muss außerdem -wenn notwendigvon eventuellen späteren Nutzungsänderungen ausgegangen werden. Für den Fall, dass diese Option nicht vorgesehen ist, müsste sonst unter Umständen eine wasserrechtliche Neubewertung der gesamten Anlage bzw. der Anlagenteile oder Dichtflächen erfolgen. Für LAU-Anlagen gilt für alle Fugendichtungen außer den in Abschn. 5.2 beschriebenen Fugenblechen die Nachweispflicht über Allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen (z. B. für beschichtete Fugenbleche, Fugenbänder, Fugendichtstoffe). In HBV-Anlagen können anlagenspezifische Belastungen auftreten, die ggf. spezifische Nachweise erfordern. Planerisch unterschätzt werden oft die Bewegungen von WHG-Flächen im Außenbereich. Durch die hohen Temperaturunterschiede und Schwinden ergeben sich große Horizontalverformungen. Demnach muss bei der Wahl der Fugenfüllstoffe oder -profile darauf geachtet werden, welcher maximale Dehnweg bei entsprechender Fugenspaltbereite möglich ist. 6. Bauausführung Bei der Bauausführung ist auf sorgfältigen Einbau des Betons zu achten. Besonders gilt dies bei sehr sonnigen, warmen und windigen Witterungseinflüssen im Sommer oder bei niedrigen Temperaturen im Winter. Wird ein eher weicher Beton der Konsistenzklasse F4 oder höher eingebaut, besteht die Gefahr des Setzens des Betons. Daher sind die Flächen ggf. nachzuverdichten. Besonders wichtig ist dies, wenn die Plattenhöhe deutlich mehr als 30 cm beträgt. Die Folge können Setzrisse oberhalb der oberen Bewehrungslage und Hohlstellen unter der oberen Bewehrung mit verringertem Verbund zwischen Beton und Bewehrung sein. Bei ungünstigen Witterungsbedingungen ist das Betonierkonzept im Vorfeld festzulegen. Dazu gehört auch, einen möglichen Ausfall von den an der Prozesskette beteiligten Maschinen z.B. durch Ersatzlieferwerke, Ersatzfahrzeuge, ggf. Ersatzpumpe und Einbaugräten zu berücksichtigen. Damit soll vor allem sichergestellt werden, dass keine unplanmäßigen Arbeitsfugen entstehen und Fehlstellen im Beton entstehen. 7. Nachbehandlung gemäß DAfStb-Richtlinie Die Nachbehandlung hat unmittelbare Auswirkungen auf die Qualität der Betonoberfläche und maßgeblichen Einfluss auf die oberflächennahen Festbetoneigenschaften. Dabei muss neben der Oberflächentemperatur des Betons in den ersten Erhärtungstagen auch die Festigkeitsentwicklung des Betons Berücksichtigung finden. Für Betone nach DAfStb-Richtlinie müssen die im Hochbau üblichen Nachbehandlungszeiten verlängert werden. Es ist mindestens sieben Tage lang nachzubehandeln, die Mindestnachbehandlungszeiten sind zu verdoppeln, wie es auch für verschleißbeanspruchte Oberflächen für die Expositionsklasse XM gefordert wird, Tabelle 3. Für die Nachbehandlung flächiger Bauteile eigenen sich sowohl Flüssignachbehandlungsmittel als auch eine klas- Buch IB.indb 318 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 319 Industrieböden im WHG-Bereich: Spannungsfeld AwSV - TRwS - Richtlinie DAfStb sische Foliennachbehandlung. Jedoch muss bei Verwendung von Flüssignachbehandlungsmitteln diese einer Nachbehandlung mit dichtanliegender 0,3 mm dicker Folie entsprechen. Im Weiteren ist zu beachten, dass grundsätzlich im Bereich von Fugen keine Flüssignachbehandlungsmittel zulässig sind. Wird die Nachbehandlung mit Flüssignachbehandlungsmitteln durchgeführt, sollte man auf den richtigen Auftragszeitpunkt (i. d. R. mattfeuchter Beton) achten. Normativ ist dieser nicht definiert, da er von vielen Randbedingungen abhängig ist. Einflussgrößen wie Lufttemperatur, Bindemittelart, Windgeschwindigkeit und das Blutverhalten des Betons bestimmen den günstigsten Auftragszeitpunkt. 8. Tankstellen TRwS 781 vom Dezember 2018 enthält überraschend und zum Ausgabezeitpunkt von der betontechnologischen Fachwelt weitgehend unbemerkt nur noch FDE-Betone für Tankstellenabdichtungen. Die in der Vorgängerfassung und im Gelbdruck enthaltenen FD-Betone wurden im Einspruchverfahren gestrichen. Hintergrund waren Befürchtungen zur Fugenumläufigkeit. Fugen von Tankstellenbefestigungen werden mit zugelassenen Fugendichtstoffen abgedichtet, die eine Dichtungstiefe von 30 mm bzw. 42 mm haben. Bei einer Beaufschlagungsdauer von 144 Stunden, wie sie als analog zur intermittierenden Tröpfchenbeanspruchung durch Kraftstoffe bzw. Harnstofflösungen („ad blue“) vorgegeben wird, könnten für den kritischen Ottokraftstoff 64 mm Eindringtiefe auftreten, der Fugendichtstoff also umläufig werden. Betontechnologen sehen diese Gefahr nicht. Das Eindringen von Flüssigkeiten in Beton geschieht durch kapillares Saugen, so dass die eingedrungene Flüssigkeit nicht wieder entweicht, außerdem erfolgt eine Verdampfung entgegen der Beaufschlagungsrichtung. Zur Abklärung der Zusammenhänge wurde ein Forschungsvorhaben in Auftrag gegeben. Die bisher bekannten Zwischenergebnisse geben Hoffnung, dass zukünftig wieder FD-Betone für den Tankstellenbau genutzt werden können. 9. Landwirtschaft Für Jauche-, Gülle-, Silagesickersaft- und Festmistanlagen (JGS-Anlagen) in der Landwirtschaft gilt eine nach Wasserhaushaltgesetz formal abgeminderte Anforderung nach dem „bestmöglichen“ Schutz des Grundwassers. Auch für landwirtschaftliche Biogasanlagen wird der Besorgnisgrundsatz in einigen Teilen abgemindert. Befahrbare Böden mit besonderen wasserrechtlichen Anforderungen werden für Fahrsilos (Gärfuttersilos) zum Silieren landwirtschaftlicher Produkte (z. B. Mais, Gras) sowie für Festmistplatten benötigt. - Wasserrechtlich zeichnen sich Fahrsilos und Festmistplatten aus durch - wasserrechtliche Anzeigepflicht vor Baubeginn bei größeren Anlagen - Anforderungen an einen flüssigkeitsdichten Beton nach DIN 11622-5 [11] - Bauprodukte bzw. Bauarten mit bauaufsichtlichem Verwendbarkeitsnachweis - dichte Fugen mit zugelassenen Fugenabdichtungen - keine Leck- oder Leckageerkennung erforderlich - Errichtung größerer Anlagen durch AwSV-Fachbetrieb - Abnahme größerer Anlagen durch einen AwSV-Sachverständigen, aber keine wiederkehrenden (regelmäßigen) Kontrollen. Zudem unterliegen Fahrsilos und Festmistplatten kombinierten Beanspruchungen durch organische Gärsäuren und Frost sowie durch mechanische Beanspruchungen beim Befüllen und Entleeren. Im Falle der landwirtschaftlichen Anlagen ist es gelungen, bautechnische und wasserrechtliche Regelwerke in Übereinstimmung zu bringen. Bei der Tragwerksplanung von Fahrsilos ist insbesondere zu berücksichtigen, welche Arbeitsgeräte zur Verdichtung des eingebrachten Silierguts und zur Entnahme des fertigen Gärfutters eingesetzt werden (im Regelfall durch Rad- oder Achslasten). Unter anderem kommen heute bei der Verdichtung von Gärfutter für Biogasanlagen schwere Baumaschinen (Radlader, Walzen) zum Einsatz, deren Einsatzgewicht 20 t erreicht oder sogar überschreitet. DIN 11622 unterscheidet mehrere Füllgutklassen je nach Futterart und Trockenmassegehalt. Die Bodenplatten können mit Deckschichten aus Ortbeton, Gussasphalt oder Walzasphalt ausgeführt werden. Bei der Bemessung der Bodenplatte ist je nach Belastung die Belastungsklasse Bk0,3 oder Bk1,0 nach RSTO 12 [12] unter Berücksichtigung der Baugrundverhältnisse zu Grunde zu legen. Die Bodenplatte ist mit einem Gefälle, das die Ableitung der Sickersäfte sicherstellen soll, auszubilden (sinnvoll ≥ 2 %). Ableitungslängen > 15 m funktionieren erfahrungsgemäß nicht zuverlässig, in Verbindung mit hoher Verdichtung des Futterstocks kann es zu einem Aufstau von Silagesickersäften kommen. In DIN 11622-5 wird eine Gegenmaßnahme gefordert, z. B. Drainage an den Silorändern, oder Auflockerung der Silage in den Randbereichen. Bei unbewehrten Bodenplatten aus Beton sollte die Kantenlänge 25 * Plattendicke, max. 6,0 m, nicht überschreiten. Trennrisse > 0,1 mm sind zu schließen. Bei bewehrten Bodenplatten aus Beton ist die rechnerische Rissbreite auf 0,2 mm zu begrenzen. Bei vollständig abgedeckten Futterstöcken sind insbesondere folgende Betone geeignet [6, 11] - C 35/ 45 XC4, XA3, XF3, WF, ÜK2 mit Schutz des Betons - C 30/ 37(LP) XC4, XA3, XF4, WF, ÜK2 ohne zusätzlichen Schutz des Betons. Buch IB.indb 319 11.02.20 12: 54 320 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Industrieböden im WHG-Bereich: Spannungsfeld AwSV - TRwS - Richtlinie DAfStb Die zweite Möglichkeit ergibt sich daraus, dass Sickersäfte sowohl einen chemischen (Säure-)Angriff als auch einen Angriff ausüben, der einem Frost-Taumittel-Angriff entspricht. Hochkonzentrierte Gärsäuren, wie sie im Sickersaft vorliegen, üben als schwach dissoziierende Säuren nur einen mäßigen Angriff auf den Beton aus. Der Frost-Taumittel-Angriff überwiegt [13]. Geringfügige Abwitterungen des Zementsteins beinträchtigen die Gebrauchstauglichkeit des Gärfuttersilos nicht und stellen keinen Mangel dar. Bei nicht oder nur teilweise abgedeckten Silagelagern (wie manchmal bei Biogasanlagen anzutreffen) kann Regenwasser in den Futterstock eindringen. Die verdünnten Sickersäfte besitzen dann durch die größere Dissoziation der Gärsäuren eine höhere Betonaggressivität. Der Beton muss in diesem Fall unbedingt mit geeigneten Beschichtungen (Zulassung erforderlich) geschützt werden. Der Verzicht auf einen zusätzlichen Schutz des Betons ist möglich bei: - Höhe des Futterstocks ≤ 3 m - Füllgutklasse 1 und 2a (trockene Futtersilagen, keine Nasssilagen) - luft- und wasserdichte Abdeckung des Silos während des Silierens - Expositionsklasse XF4 Damit wird insbesondere den hohen Sickersaftmengen bei Silagen mit geringem Trockenmassegehalt sowie den erhöhten Sickersaftmengen bei hohen Silos Rechnung getragen, wie sie bei Gärfuttersilos für Biogasanlagen häufig vorkommen. Der Erfahrungsbereich beim Verzicht auf einen Schutz des Betons bezieht sich auf für die Tierhaltung genutzte Silos mit geringen Wandhöhen, deren Silagen im Regelfall hohe Trockenmassegehalte aufweisen und bei denen eine dichte Abdeckung zur Erzielung einer hohen Futterqualität sehr wichtig ist. Literatur [1] Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts. WHG. Fassung 4.12.2018 [2] Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen. AwSV, 18.4.2017, Novellierung in Vorbereitung [3] Technische Regel wassergefährdender Stoffe TRwS 779: Allgemeine Technische Regelungen. Ausgabe 4.2006, Entwurf 12.2018 [4] Technische Regel wassergefährdender Stoffe TRwS 781: Tankstellen. Ausgabe 12.2018 [5] Technische Regel wassergefährdender Stoffe TRwS 786: Ausführung von Dichtflächen. Ausgabe 5.2010, Entwurf 5.2018 [6] Technische Regel wassergefährdender Stoffe TRwS792: Jauche-, Gülle und Silagesickersaftanlagen (JGS-Anlagen). Ausgabe 8.2018 [7] Technische Regel wassergefährdender Stoffe TRwS 793: Biogasanlagen. Entwurf 8.2017 [8] DAfStb-Richtlinie Betonbau beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen. Ausgabe 3.2011 [9] DIN EN 206-1. Beton - Festlegungen, Eigenschaften, Herstellung und Konformität. Ausgabe 7.2001 [10] DIN 1045-2. 8 Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton - Teil 2: Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität - Anwendungsregeln zu DIN EN 206-1. Ausgabe 8.2008 [11] DIN 11622. Gärfuttersilos, Güllebehälter, Behälter in Biogasanlagen, Fahrsilos. Teil 5: Fahrsilos. Ausgabe 9.2015 [12] RSTO 12. Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus . Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen. Ausgabe 2012 [13] Richter, T.: Chemischer Angriff auf landwirtschaftliche Bauwerke. Bauen für die Landwirtschaft 49(2011) Heft 2, S. 15 - 19 [12] Biscoping, M.; Beck, M.; Oesterheld, R.; Middel, M.: Auffangbauwerke. Schriftenreihe der Zement- und Betonindustrie. Düsseldorf: Verlag Bau+Technik, 2016 Ermittlung der Gefährdungsstufe Volumen in Kubikmetern (m³) oder Masse in Tonnen (t) Wassergefährdungsklasse (WGK) ≤ 0,22 m³ oder 0,2 t Stufe A Stufe A Stufe A > 0,22 m³ oder 0,2 t ≤ 1 Stufe A Stufe A Stufe B > 1 ≤ 10 Stufe A Stufe B Stufe C > 10 ≤ 100 Stufe A Stufe C Stufe D > 100 ≤ 1.000 Stufe B Stufe D Stufe D > 1.000 Stufe C Stufe D Stufe D Tabelle 1: Einstufung der Gefährdungsstufen nach [2] Buch IB.indb 320 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 321 Industrieböden im WHG-Bereich: Spannungsfeld AwSV - TRwS - Richtlinie DAfStb FD-Beton FDE-Beton (w/ z) eq ≤ 0,50 Festigkeitsklasse ≥ C 30/ 37 Zementleim inkl. Zusatzstoffe ≤ 290 l/ m³ Gesteinskörnung D max = 16 … 32 mm, Sieblinie AB D max ≤ 32 mm, Sieblinie AB Konsistenz F3 (weicher möglich, wenn keine Entmischungen beim Einbringen) Überwachung ÜK 2/ 3, zusätzlich Abnahme Bauwerk durch Sachverständigen nach AwSV Besondere Betone LP-Beton Leichtbeton, Faserbeton, Hochfester Beton, LP-Beton Tabelle 2: Anforderungen an FD- und FDE-Betone nach [8] Oberflächentemperatur des Betons ϑ [°C] Mindestdauer der Nachbehandlung [Tage] Festigkeitsentwicklung des Betons r = f cm2 / f cm28 schnell r ≥ 0,50 mittel r ≥ 0,30 langsam r ≥ 0,15 sehr langsam r < 0,15 ϑ ≥ 25 7 (1) 7 (2) 7 (2) 7 (3) 25 > ϑ ≥ 15 7 (1) 7 (2) 8 (4) 10 (5) 15 > ϑ ≥ 10 7 (2) 8 (4) 14 (7) 20 (10) 10 > ϑ ≥ 5 7 (3) 12 (6) 20 (10) 30 (20) Tabelle 3: Nachbehandlungsdauer für Betone nach DAfStb-Richtlinie [8] im Vergleich zur Mindestnachbehandlungszeit nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 (Klammerwert) [9, 10] Buch IB.indb 321 11.02.20 12: 54 Buch IB.indb 322 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 323 FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1 - Warehouse floors: Neue Richtlinie für Lager- & Logistikböden Ebenheit in Hochregal- und Schmalganglager Frank Behnisch vib-services, Berlin Walter Böhl Sachverständigenbüro für Fußbodenbau, Waiblingen Zusammenfassung Seit Oktober 2018 ist der neue FEM Code of Practise FEM 4.103-1 / FEM 10.2.14-1 [1] offiziell veröffentlicht und kann auf der Web-Seite des FEM (https: / / www.fem-rands.org/ publications) bezogen werden. Die Richtlinie beschreibt Anforderungen und Grenzwerte an Fußböden in Lager und Logistikzentren. Wesentliche inhaltliche Änderungen gegenüber den älteren Normen haben Einfluss auf Planung, Vertragsgestaltung, Ausführung und Überprüfung von Industrieböden für Logistikzentren und Lager. Der Vortrag gibt einen Überblick über die Inhalte der neuen FEM codes und fokussiert insbesondere auf Ebenheits-toleranzen und Grenzwerte, geeignete Messverfahren, sowie der Notwendigkeit sehr enger Grenzwerte für Schmalganglagern (VNA=Very Narrow Aisle) und den Besonderheiten bei der Realisierung solcher Böden. Im Wesentlichen gibt der Vortrag Antworten auf die wichtigsten Fragen: - Was beinhaltet und regelt die neue Richtlinie FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1? - Welche besonderen Regelungen gelten für Hochregal- und Schmalganglager (VNA)? - Warum reichen die Grenzwerte der DIN18202 [2] für VNA nicht aus? - Welche Auswirkungen haben die Richtlinien auf Realisierungsmöglichkeiten für Logistikböden? 1. Übersicht FEM 4.103-1 / FEM 10.2.14-1 1.1 Inhalt Die neue europäische Richtlinie für Lager- und Logistikböden ist seit dem 01.10.2018 veröffentlicht und für jedermann verfügbar. Alle Bodenrelevanten Anforderungen an Deformationen, Ebenheitstoleranzen und deren Vermessungen wurden aus der DIN/ EN15620[3] herausgelöst und in einen eigenständigen “FEM - Code of Practise” (FEM 4.103-1 / FEM 10.2.14-1) zu-sammengefasst. Die EU-Norm DIN/ EN15620 verweist zukünftig auf diesen FEM code. Unter Federführung einer Liasion des FEM (European Materials Handling Federation) [4] der Europäischen Dachverbands der Flurförderfahrzeughersteller, und des ERF (European Racking Federation) [5] des Europäischen Dachverbands der Regalhersteller, wurde 2013 eine multinationale und interdisziplinäre Arbeitsgruppe gebildet um diesen FEM Code zu beschreiben. Im Folgenden befassen wir uns ausschließlich mit den Bodenrelevanten Anteilen der Norm, die in Form des FEM Codes aus der DIN/ EN15620 herausgelöst werden. Das Hauptdokument (FEM 4.103-1 / FEM 10.2.14-1) beinhaltet im Wesentlichen: • Deformation • Anforderungen an Logistikböden - Ebenheitsdefinition - Toleranzen und Grenzwerte • Anforderungen an VNA-Böden (Schmalgang) • Messmethoden und -Verfahren • Dehnfugen im Boden Im Nebendokument (FEM 1.403-2 / FEM 10.2.14-2) werden die für das Design des Bodens notwendigen Aspekte aus Staplersicht, respektive aus Regalbauersicht spezifiziert und Empfehlungen gegeben. Buch IB.indb 323 11.02.20 12: 54 324 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1 - Warehouse fl oors: Neue Richtlinie für Lager- & Logistikböden Ebenheit in Hochregal- und Schmalganglager 2. Ebenheitsdefi nitionen Anders als bei der deutschen Gebäudenorm DIN18202 wird wird im FEM-code neben den bekannten Stichmassen unter einem Richtscheit zusätzlich der Höhenunterschied über ein festgelegtes Raster (1m / 3m) defi niert. 2.1 Höhenunterschied (elevation difference) 2.2 Stichmaß unter Richtscheid (gap under straight edge) 3. Toleranzen & Grenzwerte Im FEM Code wird unterschieden zwischen “absoluten” Grenzwerten (Kapitel 8.2 limit values), die in jedem Fall und an jedem “Funktions-relevanten” Ort der Bodenfl äche einzuhalten sind, und den “statistischen Grenzwerten“ (Kapitel 8.2.2 95-percentile values) zur qualitativen Bewertung von Böden im Rahmen von Abnahmeprüfungen. 3.1 Grenzwerte (Kap.8.2 Limit values) Der FEM Code spezifi ziert sogenannte Ebenheitsklassen (FM1 bis FM4), ausgehend von den Anforderungen von Regallagern und deren Besonderheiten (z.B. Breitganglager, Verschieberegalanlagen, VNA,…) und Abmaßen (Lagerhöhen). Bei der Festlegung der Klassen wurde darauf geachtet, dass diese in Ihren Grenzwerten weitestgehend kompatibel mit den aus der DIN18202 bekannten “Zeilen” der Tabelle 3 sind. So entspricht ein FM2-Boden einem Zeile4-Boden, FM3 ist vergleichbar mit Zeile 3 und der als ‘Minimalanforderung” defi nierte FM4-Boden entspricht in etwa der Ebenheit eines Zeile2bis Zeile3- Bodens. Die Anforderungen an einen FM1- Boden sind nach heutigem Standard vergleichbar mit den Anforderungen an die Fahrgassen eines Schmalganglagers und somit nur mit hohem Aufwand realisierbar. Diese Klasse bleibt speziellen Sonderprojekten vorbehalten. 3.2 Grenzwerte (Kap.8.2.2 95-percentile values) Die in Kapitel 8.2.2 (Tabelle 3 und Tabelle 4) defi nierten Grenzwerte sind anwendbar bei Messung vollständiger Lagerfl ächen zum Zwecke einer Abnahme. Diese Anforderung stammt im wesentlichen aus UK und einigen Europäischen Ländern, in denen Abnahmeprüfungen der neu erstellten Fläche mittels Rastermessungen üblich sind. Achtung: Die folgende Beschreibung betrifft ausschließlich Lagerböden der Kategorie FM-2, FM3 und FM4. Die Fahrgassen von Schmalganglagern (VNA) sind explizit ausgenommen ! Da eine 100%-ig vollständige Vermessung der Gesamtfl äche an jeder Stelle und in jede Richtung mit heutigen Mitteln nicht mit vertretbarem Aufwand realisierbar ist, hat sich als gängige Praxis in etlichen Ländern die fl ä- Buch IB.indb 324 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 325 FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1 - Warehouse fl oors: Neue Richtlinie für Lager- & Logistikböden Ebenheit in Hochregal- und Schmalganglager chendeckende Vermessung in defi nierten Rastermaßen etabliert. Man geht dabei davon aus, dass sich Ebenheitstoleranzen in der Fläche entsprechend der statistischen “Normalverteilung” um den Erwartungswert in der Fläche verteilen. Dementsprechend sind die festgeschriebenen Grenzwerte für diese messtechnisch erfassten Ebenheitswerte nicht die “100%-ige” Grenzwerte, die der Boden einhalten muss. Stattdessen erfolgt die Bewertung gegen die “Standardabweichung SD” der Grenzwerte (sogenannte “95-percentile”-Methode). Vereinfacht gesagt, werden zunächst alle Messwerte, die im Raster gemessen wurden ihrer Größe nach sortiert. Der Wert, der der 95%- Marke der Messwerte entspricht muss nun kleiner als der in der Tabelle defi nierte Grenzwert sein, dann gilt die Fläche als abgenommen. Da diese Methodik der Vermessung der gesamten Fläche lediglich entlang eines defi nierten Rasters er-folgt, stellt diese naturgemäß nur eine stichpunktartige Überprüfung dar. Ebenheitsabweichungen in der Fläche, die sich außerhalb der gewählten Rasterpunkte, bzw. Rasterlinien befi nden werden logischerweise nicht erfasst (“fallen durchs Raster”). Da die heute gängigen Fertigungstechniken von Böden sehr vergleichbare Ergebnisse erzeugen, kann man auf Basis langjähriger Erfahrung mit den beschriebenen Verfahren davon ausgehen, dass die gewählte Methodik und die zugehörigen Grenzwerte heute ein recht zuverlässiges Mittel zur Beschreibung der Ebenheit einer Fläche darstellen. Selbstverständlich bleiben die 100%-Grenzwerte für alle funktionsrelevanten Stellen in der Fläche im Zweifel das entscheidende Kriterium. 3.2.2 Methode 1 und Methode 2 Aufgrund der gängigen Praxis in etlichen Europäischen Mitgliedsstaaten eine erstellte Fläche unmittelbar nach der Fertigung in Ihrer Gesamtheit auf Einhaltung der geforderten Ebenheitswerte hin zu überprüfen, wurden aus der DIN/ EN15620 zwei (statistische) Bewertungsmethoden übernommen. Bei vollständig zu vermessenden Hallen wird die zu messende Fläche in ein Messraster mit 3m-Punkten aufgeteilt (Methode 1). Gemessen werden nun jeweils die Höhendifferenzen der Raster Eckpunkte (3 m). Zusätzlich erfolgt eine Richtscheit- Überprüfung entlang der sich im Raster ergebenen Linien. Alternativ (und besonders für größere Flächen) werden Testfelder mit 10 m x 10 m Kantenlänge in der Fläche identifi ziert (Methode 2), die dann in einem 1m-Raster vermessen werden. Gemessen werden nun jeweils die Höhendifferenzen der Rastereckpunkte (1 m). Zusätzlich erfolgt eine Richtscheit- Überprüfung entlang der sich im Raster ergebenen Linien. 4. Messmethoden Es wurde Wert darauf gelegt, dass ein Bodenbauer die Ergebnisse seiner Arbeit (Bodenebenheiten) unmittelbar und mit marktüblichen Methoden und Meßmitteln überprüfen und ggfs. korrigieren kann. Insofern wurden die weit verbreiteten und angewandten Messtechniken mittels Richtscheit & Messkeil, sowie Nivellierer, Wasserwaage und Rotationslaser (wie in der DIN18202 beschrieben) als Referenzmessmethoden in den FEM code übernommen. Einzig für die Messung der “Fx-Werte” in den Fahrgassen von Schmalganglagern ist ein spezieller “Fx-Meter” erforderlich, der seit Einführung der VDMA-Richtlinie [6] ebenfalls im Markt verfügbar ist. Da eine messtechnische Überprüfung nicht zwangsweise vorgeschrieben ist, wird hier die Vermessung der Fx-Parameter (wie es heute bereits Praxis ist) durch spezialisierte Vermesser im Falle eines begründeten Verdachts bei funktionalen Störungen, oder bei Projekten mit hohen Lagerhöhen und langen Gängen angewendet werden. Buch IB.indb 325 11.02.20 12: 54 326 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1 - Warehouse fl oors: Neue Richtlinie für Lager- & Logistikböden Ebenheit in Hochregal- und Schmalganglager Um der Entwicklung anderer Messmethoden und Techniken gerecht zu werden (z.B. 3D-scan o.ä.), wurden weitere Methoden explizit zugelassen, solange Sie geeignet sind die vorgeschriebenen Toleranzwerte mit geeigneter Genauigkeit zu ermitteln. Wichtig hierbei ist, dass die Messwerte mit den beschriebenen Mitteln jederzeit nachvollziehbar sein müssen. Obwohl auch die Vermessung der Gesamtfl äche nach oben beschriebenen Methoden auch mit den eingangs beschriebenen Messmitteln (Nivellierer, Richtscheit und Messkeil) machbar ist, wird man aus rein praktischen- und aufwandstechnischen Gründen diese Art der Überprüfung in aller Regel ausschließlich mit sogenannten “Profi lern” durchführen, bei denen die Messwerte elektronisch erfasst und ausgewertet werden. Wichtig bei der Wahl des geeigneten Equipments bleibt auch hier der Grundsatz, dass die Werte nachvollziehbar, replizierbar und mit den erwähnten ‘Standardmitteln’ jederzeit überprüfbar sein müssen. 5. Ebenheitstoleranzen Schmalganglager (VNA) Der wichtigste Parameter für die Sicherheit des Fahrbetriebs in Schmalganglager ist wohl unbestritten die Querneigung des Flurförderfahrzeugs im Gang. Um Grenzwerte für diesen Parameter festzulegen, wird der Höhenunterschied zwischen den beiden Fahrspuren der Lasträder des Staplers defi niert und begrenzt. In Abhängigkeit von Einlagerungshöhe ergibt sich die maximal zulässige Steigung Z Slope quer zum Gang. Mit der tatächlichen Spurweite Z errechnet sich nun der maximal zulässige Höhenunterschied dZ zwischen linker und rechter Lastfahrspur. Zur Bestimmung der Fahreigenschaften in Längsrichtung der Fahrgasse wurde die aus der DIN18202 bekannte Defi nition der Ebenheit als Stichmaß unter einem Richtscheit (mit deutlich verschärften Toleranzwerten) festgelegt. Eine Besonderheit beim Betrieb von Schmalganglagern besteht in der Vermeidung von dynamischen Aufschaukeleffekten der Flurförderfahrzeuge beim Durchfahren der Schmalganggassen mit hoher Geschwindigkeit und dem sehr geringem Sicherheitsabstand zu den Regalen. Im Rahmen einer Forschungsarbeit an der Universität München wurde das Schwingungsverhalten von Hochregalstaplern in Abhängigkeit von Bodenunebenheiten in einem mathematischen Modell zu beschrieben. Die entscheidenden (Boden-)Parameter wurden defi niert, entsprechende Grenzwerte festgelegt („Fx-Werte“) und die geeignete Messtechnik beschrieben. Diese Arbeit mündete dann im Jahre 2010 unter Federführung des VDMA [6] (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer) in Zusammenarbeit mit Spezialisten der Bodenindustrie aus dem Fachverband des BEB [7] (Bundesverband Estrich & Belag), in der VDMA- Richtlinie[8]. Hier wurden die Anforderungen an Schmalganglagergassen, die bis dahin in der DIN15185[9] festgelegt waren, neu defi niert. Für die Ebenheitstoleranzen innerhalb der Fahrgassen eines Schmalganglagers wurden die Defi nitionen und Grenzwerte der heute existierenden VDMA-Richtlinie vollumfänglich und unverändert in den neuen FEM code übernommen. 6. DIN18202-Tabelle3-Zeile4 reicht nicht für VNA Bis heute werden die Ebenheitsanforderungen an Böden für Hochregalbzw. Schmalganglager sehr häufi g unterschätzt und in der Planungsphase nicht ausreichend be- 8.2 Behnisch.indd 326 13.02.20 16: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 327 FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1 - Warehouse fl oors: Neue Richtlinie für Lager- & Logistikböden Ebenheit in Hochregal- und Schmalganglager rücksichtigt. Es wird hierbei der gravierende Unterschied zwischen der Defi nition der Ebenheit als “Stichmaß unter einem Richtscheid” und dem Höhenunterschied zwischen 2 Punkten auf der Bodenfl äche verwechselt, bzw. nicht mit der gebotenen Ernsthaftigkeit betrachtet. Folgende Betrachtung eines relativ typischen Schmalganglagers soll diese Problematik verdeutlichen: Unter der Annahme, daß eine oberste Einlagrungshöhe von H=10m und eine Spurweite von Z=1,25m realisiert werden soll, ergibt sich für den maximal zulässigen Höhenunterschied zwischen linker und rechter Fahrspur ein Grenzwert von dZ max =1,875mm. Die sich in 10m Höhe ergebene Abweichung vom “Lot” beträgt 1,5cm, der üblicherweise empfohlene Sicherheitsabstand zwischen Regal und Stapler beträgt typischerweise 9cm bis 14cm. Betrachtet man allerdings, welche Höhenunterschiede im Gang auch bei eingehaltenen Grenzwerten der DIN18202-Tabelle3-Zeile4 möglich sind ergibt sich ein gravierend anderes Bild: Es sind Höhenunterschiede von bis zu 12cm möglich ohne daß die Toleranzwerte der DIN18202-T3-Z4 überschritten werden. Die hieraus resultierende Abweichung vom “Lot”, also di Auslenkung des Staplers in Querrichtung zum Gang in 10m Höhe beträgt in diesem Fall 9,6cm (! ). Anmerkung: Dies ist eine rein statische Betrachtung. Aufgrund der Fahrdynamik mit wechselnden Querneigungen und in Abhängigkeit von der Fahrgeschwindigkeit und Last entstehen durch das “überschwingen” der Fahrzeuge oft noch kritischere Werte! 7. Realisierungsmöglichkeiten für VNA-Böden Eines ist sicher und war schon immer so: Schmalganglager bedeuten Mehraufwand in der Fertigung und damit Mehrkosten für den Boden. Die notwendigen Ebenheiten sind mit Beton und herkömmlichen Einbaumethoden nicht herstellbar (vergl. BEB Hinweisblatt[10]). Nur mit “erhöhter Sorgfalt” geht es nicht! Bauherren/ Betreiber/ Investoren für ein Schmalganglager sollten bereits in der Planungsphase darauf hingewiesen warden, daß die höheren Anforderungen einen erhöhten Herstellungsaufwand und dadurch zwangsläufi g erhöhten Kosten bedeuten. Das Verharmlosen während der Planungsphase und die Methode “Probieren wir mal mit Zeile4 und sehen dann” ist ein schlechter Rat und führt fast immer zu erheblichen, zusätzlichen Kosten. Grundsätzlich gibt es heute 3 verschiedene Methoden mit denen sich die Anforderungen an einen VNA Boden realisieren lassen: 8.2 Behnisch.indd 327 13.02.20 16: 53 328 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1 - Warehouse floors: Neue Richtlinie für Lager- & Logistikböden Ebenheit in Hochregal- und Schmalganglager 1. Einbau eines Superflatfloors 2. Fahrgassenschliff 3. Automatische Lastachsenregelung des Staplers 7.1 Superflat floor Die sicherste Methode zur Erreichung der notwendigen Ebenheiten für Hochregalbzw- Schmalganglager besteht im Einbau eines sogenannten Superflatfloors. Hierbei wird ein Industrieestrich (typischerweise Magnesia- Nivellierestrich) mit entsprechend hoher Ebenheit auf der Betonsohle aufgebracht. Nachstehendes Bild zeigt beispielhaft den Einbau des Superflatfloors auf einen vorhanden Betonboden in einem Sanierungsfall. Bei Neubauplanungen lässt man üblicherweise den Regalbereich um 2cm tiefer als OFFB, so dass zwischen Regalboden und Restflächen keine Höhenunterschiede entstehen. Das Höhenprofil eines Superflatfloors bewegt sich typischerweise in einem Fenster von ca.5mm über die gesamte Gassenlänge hinweg. Der Superflatfloor erfüllt neben den hohen Ebenheitsanforderungen auch alle anderen VNA-typischen Anforderungen wie hohe Druck- und Abriebsfestigkeit, elektrostatische Ableitfähigkeit, Riss- und Staubfreiheit, etc. 7.2 Fahrgassenschliff Eine im Markt immer noch sehr verbreitete Methode zur Erreichung der Ebenheiten ist der Fahrgassenschliff. Neben dem vollflächigen Fahrgassenschliff, bei dem die gesamte Gassenbreite auf ein Höhenniveau geschliffen wird, verwendet man häufig auch noch den Fahrspurschliff, bei dem lediglich die beiden Lastfahrspuren, oder die drei Radspuren im Gang geschliffen werden. Der Anwendung dieser Methode beinhaltet jedoch einige technische Nachteile, die projektspezifisch betrachtet werden müssen. Wie im Beispiel in Kapitel 6 erläutert, sind die Ebenheitsunterschiede zwischen einem DIN18202- T3-Z4 Boden und einer VNA Fahrgasse so groß, dass bei einer Korrektur durch Schleifverfahren zwangsläufig sehr hohe Schleifkanten entstehen. Schleiftiefen von über 1 cm sind hierbei keine Seltenheit. Für diese Fälle eignet sich nur noch der sehr teure, vollflächige Fahrgassenschliff, der neben den typischen Nachteilen wie das Abschleifen der Hartkornschicht und die Schwächung der Bodenplatte, sehr hohe Schleifkanten an den Außenrändern produziert, was zum Beispiel eine Bodenkomissionierung mit Handhubwagen und “Ameisen” erschwert. Noch kritischer verhält es sich beim reinen Schleifen der Fahrspuren. Hohe Schleifkanten zwischen den Fahrspuren und dem Bestandsboden können hier zum Aufsetzen von Fahrzeugteilen führen, weshalb der FEM code die maximal zulässige Schleiftiefen begrenzt hat. Aus den Grenzwerten für die Ebenheiten in VNA Fahrgassen ergeben sich maximal zulässige Schleiftiefen von 3-4mm. Dies ist in den meisten Fällen zum Ausgleichen der Ebenheitsunterschiede jedoch nicht ausreichend. Im Beispiel aus Kapitel 6 müssten bis zu 10mm abgetragen werden. Eine Ebenheitskorrektur durch Fahrspurschliff würde in diesem Beispiel nicht funktionieren. 8.2 Behnisch.indd 328 13.02.20 16: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 329 FEM4.103-1 / FEM10.2.14-1 - Warehouse floors: Neue Richtlinie für Lager- & Logistikböden Ebenheit in Hochregal- und Schmalganglager 7.3 Höhenregelung der Stapler Lastradachse Seit kurzem hat die technische Entwicklung der Flurförderfahrzeuge die Normung wieder überholt. Durch Verwendung einer elektronisch geregelten Lastachse im Stapler gleichen einige Geräte heute die Unebenheiten in Querrichtung des Ganges bereits selbstständig aus. Hierdurch können deutlich größere Unebenheiten toleriert werden. Streng genommen ist dies also keine Möglichkeit zur Realisierung der Ebenheitsanforderungen durch den Boden, sondern eine Umgehung dieser hohen Anforderungen durch das Flurförderfahrzeug. Die bisherigen Erfahrungen in den ersten Projekten zeigen, dass diese Lösung in vielen Fällen eine geeignete und kommerziell interessante Variante zur Korrektur des Bodens darstellt. Es ist allerdings wie so oft, auch hier kein Allheilmittel. Grenzen sind heute z.B. der Regelbereich dieser Höhenausgleichsregelung, der bei einigen Böden überschritten werden kann. Zudem sind die Geräte noch nicht für alle Abmaße im VNA Bereich verfügbar und auch ein Mischbetrieb (z.B. Schmalgangstapler und Komissionierer ohne Höhenregelung) stellen sich als Problematisch dar. Eine Projektbezogene Betrachtung ist also in jedem Fall angeraten. 8. Zusammenfassung • Die seit 10/ 2018 veröffentlichte europäische Richtlinie FEM 4.103-1 / FEM 10.2.14-1 legt die Anforderungen an den Boden in Lagern und Logistikzentren fest. • Sie beschreibt Grenzwerte und Messverfahren. • Im Falle von Schmalganglagern (VNA) sind deutliche Mehraufwände (und Kosten) gegenüber “herkömmlichen” Lagerböden einzuplanen. • Ebenheitsanforderungen nach DIN18202-Tabelle3 Zeile4 reichen NICHT aus, Korrekturmaßnahmen können gravierend sein. • Frühzeitige Planung bei Neubauten und Vorab-messungen für Sanierungsfälle reduzieren die zu erwartenden Projektkosten deutlich. Literatur [1] FEM4.103-1/ FEM10.2.14-1: Warehouse floors - Storage systems areas operated by Industrial Trucks [2] DIN 18202: Toleranzen im Hochbau - Bauwerke [3] DIN EN 15620: Ortsfeste Regalsysteme aus Stahl [4] siehe auch www.fem-eur.com [5] siehe auch www.fem-rands.org [6] siehe auch www.vdma.org [7] siehe auch www.beb-online.de [8] VDMA Richtlinie: Böden für den Einsatz von Schmalgang-Flurförderfahrzeugen [9] DIN 15185: Lagersysteme mit leitliniengeführten Flurförderfahrzeugen [10] BEB Hinweisblatt: Hinweise zu Toleranz- und Verformungsanforderungen an Böden durch verschiedene Regelwerke für Regalanlagen und Flurförderfahrzeuge 8.2 Behnisch.indd 329 13.02.20 16: 53 8.2 Behnisch.indd 330 13.02.20 16: 53 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 331 Grauzone Bauen - insbesondere bei Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Bautechnik Holger Tebbe Ing.-Büro H. Tebbe GmbH, Neuwied und Oberhausen Einführung Bei den Begriffen „Anerkannte Regeln der Technik“ (ARdT) und „Allgemein Anerkannte Regeln der Technik“ (AARdT) handelt es sich zunächst um ein rechtliches Hilfskonstrukt (unbestimmter Rechtsbegriff) mit zunächst juristisch unbestimmten Inhalten. Als von Technikern mit Inhalt zu füllende Technikklausel ist sie dann Instrument für juristische Entscheidungsfindungen. Juristische Regelsetzungen beruhen auf dogmatischen, möglichst allgemeinen und umfassenden Ansätzen, die im Regelfall in öffentlichen (Gesetzgebungs-)Verfahren verhandelt und verfasst werden. Die Festlegung der technischen Inhalte erfolgt jedoch naturgemäß über technischen Regelsetzungen, die aufgrund der anderen Ausgangslage und anderen Zielsetzungen deutlich von juristischen Regelsetzungsgepflogenheiten abweichen. Hier erfolgt die Regelfestlegung in der Regel in geschlossenen, häufig privat oder privatwirtschaftlich organisierten Fachgremien. Die Zielsetzung sind Mindestfestlegungen in Hinblick auf Standsicherheit, Dauerhaftigkeit und Gebrauchstauglichkeit. Vollumfassende Regelungen werden nicht angestrebt. Die Technikklausel „Anerkannte Regeln der Technik“ ist über privatrechtliche Vertragsklauseln (VOB) indirekt im Zivil- (BGB) und Strafrecht (StGB) verankert, die Technikklausel „Allgemein Anerkannte Regeln der Technik“ z.B. in den Landesbauordnungen. Die Begriffsinhalte dieser Klauseln werden im Baubereich als ein wesentliches Beurteilungskriterium für die Bestimmung von Solleigenschaften bei Entwurf und Ausführung baulicher Anlagen oder technischer Objekte verwendet. Sie spielen daher in der Rechtsprechung bei der Bewertung und Festlegung von entsprechenden Mängelansprüchen, aber auch von strafrechtlich relevanten Tatbeständen eine große Rolle. Die Bezeichnung „Anerkannte Regel“ suggeriert zudem ein nachschlagbares schriftliches Regelwerk („Kodifizierung“), dass so nicht gegeben ist. Es handelt sich vielmehr, wie bereits erläutert, um einen unbestimmten Rechtsbegriff, mit den damit naturgemäß gegeben größeren Auslegungsunschärfen und -unsicherheiten. Die somit ggf. nicht von vornherein eindeutige Rechtslage bei der Beurteilung von Einzelsachverhalten führt in Anbetracht der häufig erheblichen finanziellen Risiken immer wieder zu teilweise spektakulären Rechtsstreiten, bis höchste Gerichtsinstanzen ggf. eine klarere Beurteilungslage geschaffen haben. Die Klarstellung gilt dann allerdings in der Regel nur für die hier jeweils zu beurteilende Detailfrage, zudem je nach Urteilsbegründung, auch nur für den zu beurteilenden Zeitpunkt und für die dort gegebenen Umstände. Da gleichzeitig Bautechnik, Bauverfahren sowie die zugehörigen Regelungen und Vorgaben laufenden, zum Teil sehr schnellen Veränderungen unterliegen, wirkt sich dies natürlich auch auf den Stand und Inhalt der „Anerkannten Regeln der Bautechnik“ aus. Diese Dynamik führt dazu, dass sich die dementsprechenden rechtlichen Risiken, trotz der derzeit hohen Anzahl an gerichtlichen Einzelentscheidungen die sich mit den „Anerkannte Regen der Technik“ beschäftigen, nicht vermindern, sondern tendenziell eher laufend erhöhen. Die vorliegende Veröffentlichung soll daher dazu dienen, dem Bauschaffenden aus dem Blickwinkel eines Technikers die einzelnen Begrifflichkeiten und Zusammenhänge dieser Technikklausel näher zu erläutern um die damit verbundenen Gefahren besser einschätzen zu können und sich somit ggf. auch besser gegenüber diesen Gefahren wappnen zu können. Buch IB.indb 331 11.02.20 12: 54 332 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Grauzone Bauen - insbesondere bei Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Bautechnik 1. Erläuterung des Begriffs „Anerkannte Regel der Technik“ 1.1 Anwendungszweck Das für den Entwurf und die Ausführung baulicher Anlagen oder technischer Objekte zu erbringende Vertragssoll (zu erbringender Leistungserfolg) wird nicht allein durch die Vertragsunterlagen beschrieben und vorgegeben. Beschreiben die Vertragsunterlagen die projektierte Gesamtleistung nicht erschöpfend und vollständig, wird zunehmend relevant, was die Parteien als vertragliche Gesamtleistung erreichen wollten. Die erbrachte Werkleistung muss somit für den vertraglich vorausgesetzten Gebrauch geeignet sein, vgl. [1]. Hier kommen nun die „Anerkannten Regeln der Technik“ ins Spiel, die als Hilfskonstruktion im dogmatischen Rechtssystem zur Bestimmung des Vertragssolls mit herangezogen werden, vorbehaltlich abweichender Parteienvereinbarungen (inhaltliche Öffnungsklausel). Sie sollen somit, wie bereits ausgeführt, als ein Beurteilungsstandart zur Bestimmung von Solleigenschaften dienen. Es handelt sich somit u. a. um ein Hilfsmittel zur (juristischen) Feststellung von technischen Planungs- oder Ausführungsmängeln. 1.2 Inhalte Unter den „Anerkannten Regeln der Technik“ werden Technikklauseln für den Entwurf und die Ausführung baulicher Anlagen oder technischer Objekte verstanden. Diese Technikklauseln sind jedoch nicht in einem nachschlagbaren schriftlichen Regelwerk („Kodifizierung“) zusammengefasst. Es handelt sich vielmehr um einen unbestimmten Rechtsbegriff, dessen Inhalt von technischer Seite implementiert wird, vergl. Bild 1. Bild 1: schematische Darstellung des inhaltlichen Rückgriffs auf technische Inhalte zur Konkretisierung der juristischen Technikklausel „Anerkannte Regeln der Technik“ gemäß [1] Als maßgebende technische Inhalte sind, unter den in Abschn. 2.4 genannte Einschränkungen hier einschlägige Regelwerke z.B. DIN-Normen, aber auch nicht schriftlich nicht weiter fixierte Erkenntnisse aus der Baupraxis, vergl. Bild 2, zu sehen. Bei letzterem kann es sich z. B. um handwerklich tradierte Arbeitsweisen (z.B. Verfahrensweisen zur händischen Oberflächenbearbeitung von Natursteinen und den hieraus erzielbaren optischen Erscheinungsbildern) handeln. Bild 2: schematische Darstellung der Einflüsse verschiedener Wissensbereiche auf die „Anerkannten bzw. Allgemein anerkannten Regeln der Technik“ analog dem sog. Dreistufenmodell, vergl. Bild 3 (Bildquelle: trust -projekts GmbH). Der maßgebende Inhalt und Umfang der „Anerkannten Regel der Technik“ ist damit auf juristische Nachfrage von technischer Seite bezogen auf den Streitgegenstand genauer festzulegen und zu definieren. In Gerichtsauseinandersetzungen ist dies im Regelfall der gerichtlich bestellte Sachverständige. Hier besteht somit durchaus die Gefahr, dass hier eine Einzelmeinung als Grundlage für die Bewertung der betreffenden Standards der „Anerkannten Regeln der Bautechnik“ für die juristische Bewertung angesetzt werden könnte. Die Abgrezungskriterien für die „Anerkannten Regeln der Bautechnik“ von anderen oder ähnlichen Regeln, vergl. Bild 3, werden durch die Rechtsprechung (sog. Kasselbeschluss des Bundesverfassungsgerichtes (vom 1978) näher definiert, vergl. Abschn. 1.3. 1.3 Einordnung im Dreistufenmodell Die technische Entwicklung befindet sich fortlaufend im Fluss, sie ist dynamisch. Bei Neuentwicklungen entwickelt sich die Erfahrung mit Anwendung, Umgang und mit dem Verhalten dieser Technik aus einer Anfangsidee erst im Laufe der vermehrten Anwendung. Dies soll nachfolgenden exemplarisch anhand einer Materialneuentwicklung erläutert werden. Die einzelnen Stufen und Schritte laufen in der Praxis natürlich nicht so chronologisch ab, wie sie hier aus Verständnisgründen dargestellt werden. So kann es auch bei schon lange eingeführten Produkten noch ein erheblicher Forschungsbedarf aufgrund neuer Erfahrungen oder Erkenntnisse ergeben. Grundsätzlich kann jedoch die sich verbreiternde Wissensbasis einer Neuentwicklung vereinfacht als Spitze Buch IB.indb 332 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 333 Grauzone Bauen - insbesondere bei Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Bautechnik des gleichschenkligen Dreiecks angesehen werden, vergl. Bild 2, welche sich mit zunehmender Anwendung auf einer nach unten gerichteten Zeitachse laufend verbreitert. Bild 3: Entwicklung des technischen Wissensstandes zu einer neuen Bautechnik analog dem sog. Dreistufenmodell Die ersten Experimente und Machbarkeitsstudien sind in dem Modell als dunkelrote Spitze eingezeichnet. Erweist sich die Idee als möglicherweise erfolgversprechend, beginnen die weitere Entwicklungsarbeit mit dem der Stand der Wissenschaft und Technik erarbeitet wird. Diese besteht unter anderem aus - der Materialentwicklung und -optimierung zur Erzielung einer Anwendungsreife, - der Erkundung der Materialeigenschaften, und Materialkennwerte für u. a. zur Entwicklung von Dimensionierung- und Bemessungsansätzen, - Untersuchung der Verträglichkeit mit angrenzenden Baustoffen und Alterungsverhaltens, - Entwicklung geeigneter Applizierungs- oder Montagetechniken und -werkzeuge. Sind diese Schritte abgeschlossen wird die Anwendung in Labor und Technikumsversuchen getestet. Es werden Detail- und Anschlusslösungen erarbeitet und auf ihre Eignung getestet. Sind diese Schritte abgeschlossen, erfolgt die Anwendungen auf ausgewählten Musterbaustellen um Erfahrungen mit der alltäglichen Anwendung zu erhalten. Derartige Produktentwicklungen werden von der Baustoffindustrie gerne auf einschlägigen Messen als Produktneuheit mit ihren tatsächlichen oder vermeintlichen Vorteilen angepriesen. Gerade wenn hier noch keine oder kaum Erfahrungen auf Praxisbaustellen vorliegen, und somit kaum Wissen über das Stadium des Standes der Wissenschaft und Technik hinaus vorliegen, bietet eine Anwendung natürlich entsprechende Risiken, da der Stand der Wissenschaft und Technik für eine zielsichere und risikolose Anwendung in der Regel bei weitem nicht ausreicht. Vorgelegte umfangreiche Forschungs- und Prüfberichte sowie einzelne Berichte zu Praxistest und entsprechende gutachterliche Stellungnahmen reichen hierzu nicht aus. Erst mit zunehmender Ausführungspraxis können die „Kinderkrankheiten“ ausgemerzt werden und eine sichere Ausführungspraxis unter den verschiedenen anzutreffenden Baustellenbedingungen erreicht werden. Mit zunehmender Standzeit der ausgeführten Objekte kann dann Bewährung hinsichtlich Funktionalität und die Dauerhaftigkeiten unter realen Umweltbedingungen nachgewiesen werden. Die neue Bauweise kann nunmehr nach den „Stand der Technik“ (SdT) oder entsprechenden europäischen Begriff „Beste Verfügbare Technik“ (BVT) ausgeführt werden. Mit zunehmender Verbreitung der Erfahrungen der einschlägigen Fachkreise und entsprechen umfangreichere Erfahrung mit der Anwendungstechnik sinkt der Bedarf an Modifizierungen und Änderungen am System. Bei entsprechender Marktbedeutung wird nun häufig ein Normungsprozess in Gang gesetzt, mit dem Anwendungsregeln standardisiert werden. Liegt dann eine breite, allgemein zugängliche Wissensbasis in der Fachwelt über Normung, Richtlinien, Fachliteratur, Fortbildungsveranstaltungen etc. vor und ist die Technik in entsprechend standardisierter Form allgemein verbreitet, wird sie dann den „Anerkannten Regeln der Technik“ zugeordnet werden können. Hingewiesen werden soll noch auf die Problematik, dass Ausführungen nach den „Stand der Technik“ im in der Regel moderner sind und somit eher dem „neusten Stand der Technik“ der häufiger von Bauherrn gewünscht wird, entspricht, Darauf zielt auch der europäische Begriff „Beste Verfügbare Technik“ hin. Verträge sind daher auch daraufhin zu prüfen, ob nicht die „Anerkannten Regeln der Technik“, sondern (nur) der „Stand der Technik“ einzuhalten war. Hier ergibt sich aufgrund der Schnelligkeit der technischen Weiter entwicklung weiteres Streit- und Interpretationspotential. Der u. a. in der Landesbauordnung verankerte Begriff „Allgemein Anerkannte Regeln der Technik“ ist aufgrund der Dynamik der Entwicklung zunehmend an Sinnhaftigkeit und wird daher auch durchaus von Fachautoren in Frage gestellt, vergl. [1]. 1.4 Unterschiede zwischen juristischer und technischer Regelsetzung Juristische Regelsetzungen streben an, ein in sich geschlossenen System zu bilden, das auf festen allgemeinverbindlichen Grundsätzen „Axiomen“ beruht. Das Grundgerüst dieser Axiome wird durch das aktuelle moralisch ethische Grundgerüst und deren gesellschaftlich gewachsenen Traditionen vorgegeben. Die Regelsetzungen sind dafür geschaffen auf den Einzelfall angewendet zu werden und müssen daher eine gewisse Universalität, Abgeschlossenheit oder Allgemeingültigkeit aufweisen. Die Regelsetzung wird im Regelfall in öffentlichen (Gesetzgebungs-)Verfahren verhandelt und verfasst. Da die Technikklauseln „Anerkannte Regeln der Technik“ oder „Allgemein Anerkannte Regeln der Technik“ sich aufgrund ihrer durch den technischen Fort- Buch IB.indb 333 11.02.20 12: 54 334 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Grauzone Bauen - insbesondere bei Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Bautechnik schritt gegeben Dynamik laufend verändern, werden sie juristisch als unbestimmter Rechtsbegriff geführt der durch Nichtjuristen (einschlägige technische Fachleute) definiert werden, vergl. Bild 1, Neben den systemimmanenten Übertragungsschwierigkeiten, bedingt durch die ggf. abweichende differierende Termini und Inhalte von Einzelbegriffen der jeweiligen Fachsprache, unterliegen Technische Regelugen auch andere Gesetzmäßigkeiten und Zielsetzungen. Technische Regelungen werden, statt von moralisch ethischen Grundprinzipien, eher von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen und Gegebenheiten geprägt, ohne deren Berücksichtigung eine Funktionalität einer technischen Regel nicht gegeben sein kann. Sie unterlegen damit den Naturgesetzen und können somit bereits systembedingt nicht jeden möglichen oder denkbaren Einzelfall berücksichtigen. Die Zielsetzung sind Mindestfestlegungen in Hinblick auf Standsicherheit, Dauerhaftigkeit und Gebrauchstauglichkeit. Vollumfassende Regelungen werden aus vorgenannten Gründen nicht angestrebt. Die Festlegung der technischen Inhalte erfolgt in der Regel über privat oder privatwirtschaftlich organisierte Fachgremien. Diese setzen sich aus den interessierten und betroffenen Kreisen zusammen und vertreten (oder gar repräsentieren) somit nicht, oder allenfalls bedingt, die allgemeine Öffentlichkeit. 2. Stellenwert schriftlich fixierter Regelwerke 2.1 Gruppen verschiedener Regelsetzer Im Bauwesen gibt es eine Vielzahl verschiedener Regelsetzer für verschiedenste Bereiche und Anwendungsfälle. Die Regelsetzer sind in der Regel privat oder privatwirtschaftlich organisierte Fachgremien. Initiator oder Betreiber der Fachgremien sind häufig Zusammenschlüsse von Verbänden aber auch öffentlich rechtliche Institutionen (z.B. im Wasserbau und im Verkehrswesen). Sie können häufiger den jeweiligen Interessengruppen - Hersteller, z.B.: - Deutscher Ausschuss für Stahlbeton (DAfStb); - Fachvereinigung deutscher Fertigteilbau (FDB); - Deutscher Naturwerksteinverband e.V. (DNV); - RAL Gütegemeinschaft Fenster und Haustüren e.V.; - Bundesverband der Gipsindustrie; - Industrieverband Fugendichtstoffe (IVD); - Planer, Anwender, und Verbraucher z.B.: - Deutscher Betonverein (DBV); - Zentralverband des deutschen Handwerks (ZDH); - Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft für Bauwerkserhaltung und Denkmalpflege (WTA); - Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks e.V.; - Forschungs.u. Entwicklungsgesellschaft Landschaftsbau e.V (FLL); - Objektbetreiber, z.B.: - Wasserstrassen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV); - Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt); - Eisenbahnbundesamt; - Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e.V. (DWA); - Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) zugeordnet werden. Im Hinblick auf eine größere Allgemeinakzeptanz und Relevanz haben sich jeweilige Verbände und Interessengruppen häufiger auch zusammengeschlossen oder ihren Arbeitskreis entsprechend erweitert, um so entsprechende allgemeinverbindlichere Bedeutung zu erlangen. Als Beispiel ist hier das Deutsche Institut für Normung (DIN) zu nennen, in deren Gremien standardmäßig Herstellervertreter, Fachplaner bzw. Fachingenieure und Prüfinstitute, aber auch Vertreter von Endverbrauchern vertreten sind. Ähnliches gilt beispielsweise für die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV). Aufgrund der zunehmenden Relevanz des Umweltschutzes sind mittlerweile einzelne Gremien auch mit Vertretern von Verbänden oder Zusammenschlüssen dieser Interessengruppen als Gast oder Vollmitglied besetzt. Aufgrund deren anderen primären Zielsetzungen (ethisch-moralische Aspekte) führt dies häufiger zu Interessenkonflikten und Auseinandersetzungen, die häufig außerhalb der eigentlichen, primär technisch motivierten, Regelsetzung liegen. Regelwerke letztgenannte Regelsetzer haben für den Hochbau (DIN) bzw. Straßen- und Wegebau (FGSV) erhebliche Relevanz und sollten bei entsprechenden Planungen und Ausführungen grundsätzlich berücksichtigt, zumindest aber beachtet werden. Einzelne Regelungen haben regelmäßig Eingang in das Bauordnungsrecht (Landesbauordnungen, Bauregelliste etc.) gefunden. Dies gilt allerdings auch für einzelne Regelwerke anderer Regelsetzer z.B. DAfStb und DBV. 2.2 Problem der Harmonisierung v. Regelwerken Bereits die unterschiedlichen Fachgruppen einzelner Regelsetzer haben das Problem, sich mit den anderen Fachgruppen in Verbindung setzen zu müssen, um Wiedersprüche zwischen Einzelregelwerken zu vermeiden. Aufgrund der unterschiedlichen Traditionen, Anforderungen und Zielsetzen in den jeweiligen Einzelgewerken treten hier regelmäßig Abweichungen und Widersprüche Buch IB.indb 334 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 335 Grauzone Bauen - insbesondere bei Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Bautechnik auf, die durch Angleichungen, Querverweise, Ausnahmeklausen, etc. möglichst beseitigt werden müssen. Die Wiedersprüche werden jedoch häufiger erst durch Anwender (Planer oder Ausführende) der betreffenden Regelwerke nachträglich entdeckt. Aufgrund von Interessenkonflikten zwischen den jeweilig Beteiligten können derartige Widersprüche häufiger erst nach langjährigen Abstimmungsaufwand durch die betroffenen Regelsetzer ausgeräumt werden. Dies gilt umso mehr zwischen Regelwerken unterschiedlicher Regelsetzer, die Regelungen für gleichartige Bauweisen erlassen, z. B für die Betoninstandsetzung im Hochbzw. Tiefbau (DIN bzw. BASt) oder Pflasterbauweisen im Wegebau (u. A. FGSV und FLL). Hier werden von den betroffenen Organisationen oft sogenannte Lenkungsgremien geschaffen, die versuchen entsprechende Widersprüche aufzulösen. Der Anwender hat daher den vom Regelsetzer benannte Geltungsbereich des Regelwerkes genau zu prüfen, um bei Gegensätzen in den jeweiligen Regelsetzungen das eher zutreffende Regelwerk stärker zu gewichten und nach Möglichkeit den Auftraggeber in die Entscheidungsfindung verantwortlich mit einzubinden. Im Zweifel ist hier der Auftraggeber somit vorab umfassend zu informieren und nachweisbar aufzuklären (Hinweispflicht! ), um gemeinsam zu entscheiden oder festzulegen nach welchen Maßgaben das projektierte Bauvorhaben geplant und ausgeführt werden soll. Die Schwierigkeiten entsprechenden Harmonisierungsbemühungen werden endgültig deutlich, wenn man die Angleichung der Regelwerke im internationalen Geltungsbereich z.B. auf europäischer Ebene, betrachtet. Die entsprechenden Entwicklungen sind häufig auch für ausgewiesene Fachleute nur schwer zu überblicken. Daher wird auf diese Problematik, aufgrund der Komplexität des Themas, im Rahmen dieses Aufsatzes nicht näher eingegangen. 2.3 Normgruppenunterteilung im Hochbau In der alten deutschen hochbaurelevanten Normgebung des DIN waren die wesentlichen Anforderungen an Stoffeigenschaften, Verarbeitung und Verwendung des Produkts sowie wesentliche Grundzüge der artspezifischen Bemessung für einzelne Bauprodukte oder Bauweisen häufig in einer einzelnen DINNorm zusammengefast. Im Rahmen der europäischen Normung werden einzelne Regelungssachverhalte möglichst separiert und in Einzelnormen getrennt standardisiert. Für den vorliegenden Sachverhalt sind u. a. folgende vier Normgruppen von größerem Interesse: - Produkt- oder Stoffnorm Legt Anforderungen fest, die vom Produkt erfüllt werden müssen, damit das Produkt als nach dieser Stoffnorm gefertigt in den Handel gebracht werden darf. Grundlegend dazu gehört auch eine Festlegung, für welchen Anwendungsbereich das Produkt vorgesehen ist. In der Europäischen Normung werden zudem umfangreiche Vorgaben hinsichtlich des vom Hersteller zu leistenden Deklarationsumfangs und dessen Erscheinungsform getroffen (Stichwort CE-Kennzeichnung). In den Normen werden in der Regel keine umfassende Vorgaben hinsichtlich aller Beschaffenheitsmerkmale des jeweiligen Produktes getroffen. Es werden lediglich Rahmenbedingungen für die einzusetzenden Ausgangsstoffe festgelegt und ggf. Vorgaben hinsichtlich der einzuhaltenden Fertigungsverfahren getroffen und wesentliche technische Eigenschaften (z.B. Maße Druckfestigkeit) festgelegt. Darüber hinaus werden ggf. technische Festlegungen für bestimmte zu erzielende oder einzuhaltende Eigenschaften (Rechenwert der Wärmeleitfähigkeit, Klassifizierung des Brandverhaltens, Zusammendrückbarkeit etc.) getroffen. Somit werden in der Regel lediglich wesentliche technische Beschaffenheitsparameter festgelegt, die benötigt werden um die Gebrauchstauglichkeit festzustellen. Die Festlegung von optischen Merkmalen findet in der Regel lediglich dann statt, wenn die optische Beschaffenheit für die spätere Funktion eine höhere Relevanz hat. Da es sich um keine technische Eigenschaft handelt und somit der Produzent nicht unnötig in seiner Gestaltungsfreiheit zu Anpassung an den jeweiligen Endverbrauchergeschmack eingeengt werden soll, sind die entsprechenden Anforderungen oft recht allgemein gehalten (z.B. „Struktur bzw. Farbe entsprechend dem vom Hersteller bereitgestellten und vom Käufer genehmigten Muster“). Etwas konkreter sind lediglich die Beurteilungskriterien hinsichtlich Schäden (Kratzer, Risse Abplatzungen und Ablösungen) und fertigungsbedingte Beschaffenheitsabweichungen (z. B. Ausblühungen, Struktur einer Beschichtung etc.). Zusätzlich werden in einigen Normen anzuwendende Betrachtungsabstände sowie Vorgaben bzgl. Beleuchtungsverhältnisse angegeben. - Ausführungsnormen In Ausführungsnormen werden zunächst der Bereich die von der Norm erfassten Ausführungen festgelegt und definiert. Es werden die für die Ausführung zu verwendenden Baustoffe benannt. Hier wird, wenn möglich auf die entsprechende Stoffnormung Bezug genommen. Häufig werden dann ausführungsspezifische Begriffe und Verfahren erläutert und festgelegt. Danach werden die Anforderungen an Konstruktion und Baustoff benannt und die zu berücksichtigenden Einwirkungen in Art und Größe festgelegt. Es werden die produktspezifischen Bemessungsgrundsätze benannt. Sind für die Bemessung umfangreichere Berechnungen und/ oder schriftliche Nach- Buch IB.indb 335 11.02.20 12: 54 336 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Grauzone Bauen - insbesondere bei Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Bautechnik weise z. B. in Form einer Statik notwendig, wird die Bemessung häufig in einer eigenen Bemessungsnorm ausgegliedert. In der Regel werden Annahmekriterien für die Baustoffe auf der Baustelle benannt, Vorgaben zum Schutz und zur Lagerung auf der Baustelle getroffen und die technisch relevanten Verarbeitungstechniken benannt. Die Ausführungsgüte wird häufig indirekt über Anforderung an Ebenheit- und Winkligkeit, Fugenbreite oder Anforderungen an Fugenbreiten etwas eingegrenzt. Nur in Ausnahmefällen werden darüber hinaus spezielle Festlegungen hinsichtlich der Optik getroffen. Anforderungen an die Optik werden in der Regel in separaten privatrechtlichen Regelwerken (z. B Sichtbetonmerkblatt des Deutschen Betonvereins; Merkblätter zu Qualitätsstufen von Innenputz vom Bundesverband der Gipsindustrie) festgelegt. Diese werden, je nach allgemeiner Anerkennung, dann ihrerseits als Vertragsbestandteil mit benannt oder ggf. sogar als übliche Verkehrssitte allgemein vorausgesetzt. - Bemessungsnormen Sind zur Ausführung einer Konstruktion umfangreichere statische oder bauphysikalische Berechnungen notwendig, werden die Vorgaben zum Rechnerischen Nachweis der benötigten Eigenschaften häufig in separaten Bemessungsnormen festgelegt und standardisiert. Zu den Bemessungsnormen gehören im weitesten Sinne auch die Passungsnormen, wie z. B. die DIN 18 202 „Toleranzen im Hochbau“. - Prüfnormen Prüfnormen standardisieren die Verfahren zur Festlegung fest umrissener Eigenschaften, sowie deren Ergebnisauswertung und Dokumentation. Die Normen beinhalten auch Vorgaben hinsichtlich des Aufbaus und Handhabung der Prüfwerkzeuge und Maschinen. Es werden Verschleißgrenzen definiert und Vorgaben zu Überprüfungs- und Kalibrierverfahren getroffen. 2.4 Regelungsstandards DIN-Normung Die DIN-Normung ist, wie bereits in Abschn. 2.1 ausgeführt, grundsätzlich privatrechtlicher Natur und daher von den Zielsetzungen und Interessen der in diesem Gremium versammelten Regelsetzer bestimmt. Sie umfasst weder alle Aspekte des jeweiligen Normierungsgegenstandes, noch sind im Bauwesen alle Baustoffe, Bauverfahren und Bauweisen normiert. Im Bauwesen verfolgt die Normung im Wesentlichen drei Ziele - Sicherstellung eines Mindestsicherheitsniveaus bei sicherheitsrelevanten Baustoffen, Bauverfahren und Bauweisen. Diese Normen sind häufig über Landesund/ oder Bundesbaurecht in der Rechtsprechung verankert - Standardisierung von Bauweisen - Erzielung nachvollziehbarer gleichbleibender Qualitätsstandards für Baustoffe, Bauverfahren und Bauweisen. Die Normen regeln zudem im Wesentlichen lediglich technische Aspekte und dies wiederum fast ausschließlich für den Neubaubereich. Bei nicht sicherheitsrelevanten Themenbereichen oder Bereiche mit geringer Anwendungshäufigkeit ist daher ggf. nur eine geringe Durchdringung durch Normen und andere Regelwerke gegeben. Insbesondere bei Normungsgegenständen, bei denen die optische Relevanz nicht ein wesentliches Charakteristikum der Bauweise ist, finden sich in den Regelwerken häufig keine oder nur marginale Vorgaben zur optischen Beschaffenheit und deren Bewertung. In einigen Fällen sind von interessierter Seite (häufig von Industrieverbänden) für derartige Themen Merkblätter oder Regelwerke erarbeitet worden, die sich dem Thema Optik und optische Beurteilungskriterien annehmen. Einige dieser Merkblätter, z. B. Sichtbetonmerkblatt des DBV, haben einen normähnlichen Charakter und sind zwingend bei Ausschreibung, Planung, Ausführung und Abnahme zugrunde zu legen. Liegen für den zu betrachtenden Sachverhalt keine allgemeinverbindlichen und allgemein anerkannten Bewertungskriterien in Form einer Norm oder eines Merkblattes vor, sind die Kriterien gemäß allgemein üblicher Verkehrssitte unter Berücksichtigung der vorliegenden Vorgaben zusammenzustellen (z. B. Ausführungs- und Bewertungsmaßstäbe der einschlägigen Handwerkerausbildung die größtenteils auch in einschlägigen Lehrbüchern dokumentiert sind, vergl. Abschn. 3). 2.5 Beurteilung der Allgemeingültigkeit Aus den Ausführungen in Abschn. 2.1 ist bereits abzuleiten, dass Planer und Ausführende vor der Anwendung von Regelungen die allgemeine und spezielle Relevanz und ggf. die Partikularinteressen des betreffenden Regelsetzer berücksichtigen bzw. bewerten sollten oder müssen. Um eine Gemeingültigkeit zu erlagen ist natürlich die theoretische Richtigkeit vorauszusehen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass z.B. aufgrund Veränderungen in der Bauweise oder Nutzung, auch die Annahme der theoretischen Richtigkeit plötzlich nicht mehr gegeben sein kann. Dies kann im ungünstigen Fall auch bei langjährig bewährten, bauaufsichtlich eingeführten und regelmäßig novellierten Normreihen auftreten. Hier sei beispielsweise auf die Norm DIN 11622-2, Ausgabe 06.2004, verwiesen. Diese lies für Fahrsilos unter bestimmten Voraussetzungen unbeschichtete Innenseiten der Behälterwände zu. Mit Aufkommen der Biogasanlagen wurden die Dimensionen derartiger Anlagen beträchtlich vergrößert und somit auch der Angriffsgrad der beim Regelbetrieb zeitweise Buch IB.indb 336 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 337 Grauzone Bauen - insbesondere bei Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Bautechnik entstehende Säuren beträchtlich erhöht. Die Behälterwände wurden dadurch so geschädigt, dass es hier bereits nach einem Jahr Betriebszeit zu standsicherheitsgefährdenden Schäden, teilweise sogar zu Einstürzen kam, vergl. [3]. Die Norm musste daher in Hinblick auf den Säureschutz des Betons grundsätzlich überarbeitet werden. Aus den vorgenannten Gründen wird ersichtlich, dass auch DINNormen immer auf ihre Richtigkeit und Relevanz geprüft werden sollten. Damit ein schriftliches Regelwerk als „Anerkannte Regel der Technik“ gelten kann, müssen u. a. folgende Voraussetzungen erfüllt sein: - Theoretische Richtigkeit - Allgemeine Verbreitung u. Bewährung d. Bauweise - Allgemeine Bekanntheit und Relevanz d. Bauweise - Regelsetzung d. entsprechend anerkannte Fachkreise mit Berücksichtigung möglichst aller betroffenen Interessengruppen - Gewährleistung allgemeiner Zugänglichkeit des Regelwerkes - Überprüfungsmöglichkeiten der Regelsetzung, einschließlich Revisionsmöglichkeiten z. B. über entsprechend geregelte und verankerte Einspruchsverfahren - Anpassung der Norminhalte an die aktuellen Gegebenheiten und Randbedingungen. Ein bekanntes Beispiel für fehlende Aktualität ist die Mindestanforderung im Schallschutz regelnde DIN 4109, Ausgabe 1989, die erst 2016 grundlegend novelliert wurde. Die in dieser Norm verankerten Mindestanforderungen wurden vor ihrer Novellierung regelmäßig von hierzu angerufenen Gerichten als zu niedrig angesehen, weil sich mittlerweile wesentlich schärfere Mindeststandards in der Baubranche durchgesetzt hatten, die teilweise zielsicher erreicht werden konnten und deren Umsetzung daher vom Nutzer und/ oder Besteller erwartet werden konnte. Hilfsweise wurde in der betreffenden Zeit u.a. auf Regelwerke anderer Regelsetzer (z. B. VDI) zurückgegriffen. 2.6 Abhängigkeit vom Beurteilungszeitpunkt Grundsätzlich müssen zum Zeitpunkt der Abnahme u. a. die „Anerkannten Regeln der Technik eingehalten worden sein. Ansonsten liegt u. U. ein Sachmangel vor, vergl. z.B. VOB Teil B §13 (1) [2], siehe Bild 4. Hieraus ergeben sich bei Bauprojekten mit längeren andauernden Planungs- und Ausführungsfristen erhebliche Probleme und Risiken. Bild 4: Auszug aus VOB Teil B zu Mängelansprüchen zum Zeitpunkt der Abnahme Die Gefahr der Generierung eines Sachmangels aufgrund vorgenannten Sachverhaltes soll am Beispiel der Einführung der DIN 1045 Teil 1 - 4, Ausgabe 07.2001 näher erläutert werden. U.a. bedingt durch die in der vorgenannten Ausgabe vorgenommene Harmonisierungsbemühungen mit dem im Geltungsbereich der BRD erst später eingerührten Eurocode 2 unterschied sich diese Neuausgabe so wesentlich von der vorherigen Ausgabe 07.1988, dass ein Mischungsverbot bestand, vergl. [4]. Dies bedeutete, dass Planung, Bemessung und Ausführung grundsätzlich nach einem der beiden Regelwerke auszuführen waren. Das Mischungsverbot wurde jedoch nicht verletzt, wenn die jeweils strengere Vorschrift angewendet wurde. Um zum Einführungszeitpunkt hier eine praktikable Handhabung für laufende Projekte zu ermöglichen, vor dem Einführungszeitpunkt nach vorhergehender längere Diskussion durch die Fachkommision Bautechnik der Bauministerkonferenz eine Übergangsfrist bis 2004 festgesetzt, in der die alte und neue Ausgabe unter bauaufsichtlichen Aspekten parallel angewendet werden durfte, vergl. [5]. Von interessierter Seite (u.a. Bauträger) wurde bei diesen laufenden Projekten, die nach alter Norm ausgeführt wurden, geltend gemacht, dass zum Abnahmezeitpunkt eine veraltete Bautechnik eingesetzt und hieraus Schadensersatzansprüche abgeleitet, da die neue Normgeneration ein höheres Dauerhaftigkeitsniveau, vergl. z.B. [6], sicherstelle. Dieses höhere Sicherheitsniveau sei eindeutig nach VOB zum Abnahmezeitpunkt zu gewährleisten. Einschlägige Fachautoren der juristischen Seite, z. B. der damalige Vorsitzende Richter am OLG München, Herr Prof. Dr. Gerd Motzke, zeigte in entsprechenden Fachaufsätzen großes Verständnis für diese Argumentationskette, obwohl gleichzeitig von fachtechnischer Seite immer wieder auf viele Unsicherheiten und Risiken der neuen Regelung hingewiesen wurde, vergl. z.B. [5]. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass eine Umplanung noch nicht begonnener Projekte u. a. erhebliche Kostensteigerungen und Zeitverzögerungen zur Folge gehabt hätten. Bei bereits in der Erstellung befindlichen Projekten wäre zudem unter Umständen eine Anpassung bereits ausge- Buch IB.indb 337 11.02.20 12: 54 338 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Grauzone Bauen - insbesondere bei Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Bautechnik führte Bauteile an die Anforderungen der neuen Normgeneration unter wirtschaftlich sinnvollen Erwägung ggf. nicht oder nur noch eingeschränkt möglich gewesen. Sofern hier der Auftraggeber nicht frühzeitig (also vor Einführung der neuen Normengeneration) von Auftragnehmerseite auf die vorgenannte Problematik aufmerksam gemacht und entsprechend aufgeklärt worden war, ergaben sich hieraus erhebliche Haftungsrisiken für den Auftragnehmer. 2.7 Bedeutung vorliegender Normung für einzelne Bauverfahren oder -bautechniken Grundsätzlich erhöht eine vorliegende Normung die Anscheinsvermutung, dass es sich um eine Technik entsprechend den „Stand der Technik“ oder gar um Bauweise gemäß einer „Anerkannten Regel der Technik“ handelt, erheblich. Die Baustoffindustrie ist bei entsprechender Marktbedeutung des Produktes oder der Bauweise in der Regel bestrebt Neuerung in das bestehende Normensystem zu verankern. Ohne diese Verankerung ist das Risiko, aus den in Abschn. 2.6 genannte Gründen, vergl. Bild 4, der Geltendmachung von Sachmängeln eher höher. So wurden Bitumendickbeschichtungen (PMBS oder vormals KMB) bereits seit Jahrzehnte als Abdichtung von erdberührten Wänden erfolgreich eingesetzt, bevor sie im August 2000 in der einschlägigen Abdichtungsnormung DIN 18195 verankert wurden, vergl. [1]. Noch in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts waren immer wieder Rechtstreite anhängig, ob diese Technik als anerkanntes und bewährtes Verfahren anzusehen ist oder ob ein Sachmangel vorliegt. Aktuell ist die Anwendung von Bitumendickbeschichtung erneut im Fokus einer gerichtsanhängigen Auseinandersetzung. Das OLG Hamm entscheidet gemäß einen am 14.08.19 gefällten Urteil, dass eine Außenabdichtung mittels Kombinationslösung aus polymermodifizierten Bitumendickbeschichtung und WU-Bodenplatte für den Kombinationslastfall aufstauendes Sickerwasser nicht den anerkannten Regeln der Technik entspricht, vergl. [6]. Hier geht es also im Wesentlichen um die Problematik des Materialübergangs zwischen den beiden Systemen. Dieser Fall zeigt deutlich, der Planer und der Ausführende auch bei prinzipiell eingeführten Bauweisen, insbesondere bei der Kombination unterschiedlicher konstruktiver Lösungsansätze immer noch selbst eine Risikoabwägung treffen sollte und den Bauherrn bzw. Auftraggeber in diese mit einbeziehen sollte. Im vorliegenden Fall war die Mischbauweise sogar in der einschlägigen Abdichtungsnormung (DIN 18533 bzw. vormalig DIN 18195) verankert. Darüber hinaus lag eine produktspezifische Ausführungsrichtlinie [7], die ebenfalls längjährig eingeführt ist und regelmäßig überarbeitet wurde, vor. 2.8 Problematiken beim Bauen im Bestand Ein Großteil der einschlägigen Regelwerke beschäftigt sich ausschließlich mit Neubauvorhaben oder setzt für seine Vorgaben Bausubstanz, die entsprechende Vorgaben genügt, voraus. Daher sind bereits bei einfachen Umbaumaßnahmen von erst wenigen Jahren alten Objekten ggf. die Vorrausetzungen des angesetzten Regelwerks nicht oder allenfalls sinngemäß erfüllt. Planer und ausführende sind hier gut beraten, wenn sie den Bauherren über diesen Sachverhalt aufklären und (schriftlich) auf nicht auszuschließende Abweichungen in der geplanten Ausführung hinweisen und sich diese dann auch im Bedarfsfall entsprechend genehmigen lassen. Bei Umbau oder Ertüchtigung historischer Altbausubstanz ist eine Ausführung entsprechend der zum aktuellen Planungs- und Ausführungsstand anzusetzenden „Anerkannten Regeln der Technik“ in der Regel nicht oder allenfalls nur sehr eingeschränkt möglich. Teilweise liegen hier alte Bauweisen, Baustoffe oder Bemessungsverfahren vor, die so nicht mehr hergestellt bzw. ausgeführt werden. Beispielsweise seien hier, z.B. preußische Kappengewölbe, Stampflehmboden in Keller, auskragende Natursteinbalken als Balkonauflager, etc. genannt. Im Stahlbetonbau betrug die Mindestbetondeckung bei Stahlbetonfertigteilen bis in die 40er Jahre des vergangenen Jahrhunderts bei Innenbauteilen nur 0,5 cm. Insbesondere wenn bei historisch wertvoller Bausubstanz zusätzlich Auflagen der Denkmalbehörden zu berücksichtigen sind, sind zudem die Eingriffe auf ein notwendiges Mindestmaß zu beschränken. Dies führt dazu, dass Gebrauchstauglichkeit (z.B. Deckenhöhe, Schallschutz oder Wärmeschutz) ggf. gegenüber aktuell anzusetzenden Standards zurückbleiben. Gleiches gilt für die Dauerhaftigkeit (z.B. bei Ausführungen mit reinen Kalkputzen in ungünstigen Anwendungzonen oder -bereichen). Derartige Einschränkungen sind z.B. beim Sicherheitsniveau oder Gesundheitsschutz (z.B. Gefahr der Kondenzwasserproblematik in der Heizperiode) natürlich nicht zu akzeptieren. Hier ergibt sich jedoch häufig die Schwierigkeit, dass für das zu beurteilende Bauwerk keine aktuellen Bemessungsansätze (z. B. bei historischen Stahlsteindeckensystemen) vorliegen. Die Tragwerksanalyse und die zu wählenden Bemessungsansätze müssen dann einzelfallbezogen durch entsprechende Fachingenieure erst festgelegt werden. Ähnliches gilt u.a. für die Sicherstellung von Mindestbrandschutzanforderungen. Als ein Regelsetzer, der sich insbesondere um derartige Problemstellung im Hochbau kümmert, ist die Wissenschaftlich-Technische Arbeitsgemeinschaft (WTA) zu nennen. Da sich im Bereich der Wasserstraßen zahlreiche noch im Betrieb befindliche Bauwerke vorzufinden sind, die vor mehr als einhundert Jahren erstellt wurden, sind von Buch IB.indb 338 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 339 Grauzone Bauen - insbesondere bei Berücksichtigung der anerkannten Regeln der Bautechnik der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) einige Regelwerke erstellt worden, die sich speziell der Instandsetzung derartige Bauwerke widmen. Insbesondere für Baumaßnahmen an Mauerwerksbauten, sowie Beton- und Stahlbetonbauten ab der Gründerzeit lassen sich hieraus über Analogieschlüsse Ausführungshinweise auch für Bauwerke mit anderen Anwendungszwecken gewinnen. 3. Stellenwert nicht kodifizierter Regeln Einzelne handwerkliche Ausführungs- und Applikationsweisen oder Oberflächenbearbeitung sind häufig kaum oder nicht in übergeordneten Regelwerken verankert. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich Festlegungen hinsichtlich der Wahl geeigneter oder sachgerechter Ausführungswerkzeuge, die im Zweifel die Beschaffenheit oder das Erscheinungsbild (beispielsweise Festlegungen zu den Steinmetzwerkzeugen für die händische Oberflächenbearbeitung) erheblich beeinflussen können. Eher allgemeingültige Regelwerke finden sich im Regelfall lediglich zu wirtschaftlich relevanten Aspekten und/ oder Ausführungsweisen mit hohem Streitpotential. Beispiele hierzu sind das DBVMerkblatt zu Sichtbeton, die relativ ausführlichen Ausführungshinweise zu Natursteinmauern im Eurocode 6 oder die Merkblätter des Industrieverband Fugendichtstoffe zur Ausbildung sogenannter dauerelastischer Fugen zu nennen. Teilweise werden darüber hinaus zwar interne Spezifikationen niedergelegt, deren Verbreitung jedoch in Einzelfällen bewusst eingeschränkt, da allgemein bekannte Standards ggf. den Wettbewerbsdruck durch unerwünschte ggf. sogar artfremde Wettbewerber erhöhen könnte. Liegen lediglich schriftliche Spezifikationen mit geringen Verbreitungsgrad vor oder ist die Arbeits- oder Verarbeitungsweise nicht oder nur in wenigen Fundstellen dokumentiert, ist der Nachweis, dass es sich hier um Techniken handelt, die durchaus als Anerkannte Regel der Technik anzusehen sind, sehr schwierig, insbesondere, wenn es sich um gerichtsanhängige Auseinandersetzungen handelt. Ausdrücklich soll betont werden, dass Anwendungs- oder Ausführungsmerkblätter von Baustoffherstellern zu Einzelprodukten hierbei eher nicht hilfsweise als Beleg für den „Stand der Technik“, geschweige denn als „Anerkannte Regel der Technik“ herangezogen werden können. Dies gilt allenfalls dann, wenn sich die entsprechenden Ausführungshinweise auch in den Merkblättern der Mitbewerber in gleicher oder ähnlicher Weise wiederfinden lassen. Besser geeignet sind hier schon die entsprechenden Lehrmaterialen oder Lehrbücher, die zur Schulung von Auszubildenden im Handwerk verwendet werden. Hier lässt sich ggf. eher plausibel herleiten, dass bestimmte Ausführungsweisen eine langjährige Tradition mit entsprechender Verbreitung und allgemeiner Kenntnis der Ausführenden ausweisen. 4. Zusammenfassung Im vorliegenden Aufsatz wird aus dem Blickwinkel des Bautechnikers der unbestimmte Rechtsbegriff „Anerkannte Regel der Technik versucht zu beleuchten. Hierzu werden der Aufbau und die Bewertungskriterien dieser Technikklausel erläutert. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf den technischen Inhalten, mit den dieser Rechtsbegriff zu füllen ist. Es soll hier insbesondere das Bewusstsein geschärft werden, dass diese Ausgestaltung ureigene Aufgabe der Techniker ist und erst nach der Ausgestaltung als Werkzeug der Juristen zur Verfügung steht. Aufgrund der aufgezeigten vielfältigen Unsicherheiten bei den entsprechenden Festlegungen und Beurteilungen, die in konkreten Einzelbeispielen in den jeweilig erläuterten Sachzusammenhängen benannt werden, kann das geschärfte Bewusstsein der erläuterten Abhängigkeit der juristischen Auslegung von technisch zu liefernden Vorgaben für Betroffene im Streitfall hilfreich sein. 5. Quellennachweise [1] Zöller. M.; Boldt, A.: Anerkannte Regeln der Technik; Inhalt eines unbestimmten Rechtsbegriffs, Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart, 2017 [2] Deutsches Institut für Normung e.V. (Hrsg.): Vergabeu. Vertragsordnung für Bauleistung, Ausgabe 2019, Beuth Verlag, Berlin Wien u. Zürich 2019 [3] H. Tebbe: Betonbau in der Landwirtschaft (Teil1): in: DBV-Heft 33, S. 19-43 DBV (Selbstverlag); Berlin 2014 [4] Schießl. P.; Gehlen Ch, Sodeikat, Ch.: Dauerhafter Konstruktionsbeton f. Verkehrsbauwerke, Betonkalender 2004; S. 157-220 [5] Fingerloos, F., Litzner H.-U.: Erläuterung zur praktischen Anwendung der neuen DIN 1045, Betonkalender 2005; S. 377-445 [6] Rheinhardt H.-W.: Beton, Betonkalender 2001; S. 6-145 [7] Deutsche Bauchemie: Kombinationsbauweise „Außenabdichtung aus PMBC mit Übergang auf eine WU-Bodenplatte“, Frankfurt, interne Mitteilung von 01.10.2019 [8] Deutsche Bauchemie (Hrsg.): Richtlinie zur Planung und Ausführung von Abdichtungen mit polymermodifizierten Bitumendickbeschichtungen (PMBC), Ausgabe 12.2018, Selbstverlag Frankfurt a. M., 2018 Buch IB.indb 339 11.02.20 12: 54 Buch IB.indb 340 11.02.20 12: 54 Instandsetzung Buch IB.indb 341 11.02.20 12: 54 Buch IB.indb 342 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 343 Flächige Instandsetzung gerissener Industrieböden mit hoch verschleißfestem Carbonbeton Detlef Koch Koch GmbH, Kreuztal, Deutschland Björn Neuberger Koch GmbH, Kreuztal, Deutschland Zusammenfassung Risse in zementgebundenen Industrieböden können meist nicht vollständig ausgeschlossen werden und gehören damit zu den häufigsten Schäden im Industriebereich. Überschreiten die ausgebildeten Risse die Kriterien der Gebrauchstauglichkeit, stellen diese einen technischen Mangel dar und gefährden nicht nur die Gebrauchsfähigkeit, sondern unter Umständen auch die Tragfähigkeit. Die Risse entstehen häufig durch die auftretende Kombination aus Last und Zwang, welche unter anderem durch den Klimawandel zunehmend gesteigert wird. Für eine besonders effektive und wirtschaftliche Instandsetzung stellte sich die Kombination aus einem hoch-verschleißfestem Industrieestrich und Carbonbewehrungen heraus. Dabei können die gängigen Schadensbilder innerhalb kürzester Zeit saniert und langfristig abgedichtet werden. 1. Überblick/ Schäden und Ursachen 1.1 Rissbildung Die Ursachen von Rissbildungen in Industrieböden sind vielfältig. Meist lassen sich die Risse allerdings durch auftretende Zwangsbeanspruchung erklären. Dabei können sowohl frühe als auch späte Zwänge auftreten, welche durch indirekte, innere oder äußere Einwirkungen entstehen. Zu den frühen Zwängen zählen hauptsächlich Temperaturänderungen auf Grund der abfließenden Hydratationswärme und lastunabhängige Verformungen durch Feuchtigkeitsreduktion (Schwinden). Eine durch den Klimawandel verstärkte indirekte Ursache von spätem Zwang ist beispielsweise die Verformungsbehinderung bei auftretenden Temperaturextremwerten. Die Änderung der Bauwerkstemperatur (auch durch warmgelagerte Güter möglich) ruft dabei auf Grund der behinderten Verformung zusätzliche Schnittgrößen am statischen System hervor. Weitere Ursachen für späte Zwänge in Industrieböden sind ungleichmäßige Setzungen und behinderte Kriechverformungen. Häufig resultiert auf Grund von gleichzeitig auftretenden Verformungsbehinderungen eine Kombination aus Biegezwang und zentrischem Zwang, weshalb lokal auftretende Schnittgrößen unterschätzt werden können. Die Folge ist eine unzureichende Begrenzung der Rissbreiten. [1] Aber auch äußere Einwirkungen verschulden häufig eine Vielzahl an Rissen. So können hohe dynamische Beanspruchungen (beispielsweise durch Staplerverkehr oder Schwingungen durch Maschinen) maßgeblich zur Rissbildung beitragen und diese zyklisch vergrößern. Darüber hinaus können zu hohe oder frühe mechanische Belastungen zur Rissbildung führen. Weitere Ursachen, die das Rissbild von Industrieböden maßgeblich beeinflussen, sind eindringende Feuchtigkeit und Belastungen durch chemischen Angriff. [1] Abbildung 1: Trennrisse führen zu kippelnden Platten (Oberfläche nach dem Kugelstrahlen) Buch IB.indb 343 11.02.20 12: 54 344 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Flächige Instandsetzung gerissener Industrieböden mit hoch verschleißfestem Carbonbeton 1.2 Statische und planerische Fehler Statische und planerische Fehler gehören zu den Hauptursachen für den großflächigen Instandsetzungsbedarf bei Industrieböden. Ein fehlerhafter Fundamentbau durch mangelnde Querschnitte, zu niedrige Betongüten, zu geringe Betonüberdeckungen, unbewehrte Ausführungen oder falsche Lastansätze (Unterschätzung der Lasten), sind die gängigsten Bemessungsfehler und führen oft schon nach kurzer Zeit zu kostenintensiven Instandsetzungen. Aber auch planerische Fehler, wie die unzureichende Anzahl der Dehnungsfugen, nachträgliche industrielle Umnutzungen, mangelnde Abdichtungen und Schutzsysteme oder falsch konzipierte Abflüsse sind typische Schadensursachen. Zudem finden sich häufig Ausführungsfehler, wie beispielsweise unzureichende Untergrundvorbereitungen, vor. Abbildung 2: Risse, Ausbrüche und Verschleißerscheinung im Fugenbereich 2. Industrieestrich Die Anforderungen an Industrieestriche sind auf Grund der Tatsache, dass sie meist direkt befahren bzw. benutzt werden, vielfältig: Neben den geringen Schichtdicken besteht die Anforderung der besonders hohen Ebenheit, weshalb meist fließfähige und selbstnivellierende Estriche genutzt werden. Bei der Verwendung von plastischen Systemen kommen auf Grund der gewünschten Ebenheit meist maschinelle Glättverfahren (z.B. Flügelglätte) zum Einsatz. Weitere Oberflächenanforderungen sind eine hohe Rutschhemmung, sowie ein hoher Verschleißwiderstand (v.a. gegenüber rollenden Belastungen). Zudem ist eine hohe Beständigkeit gegenüber Ölen, Emulsionen etc. essenziell. Des Weiteren muss der Estrich zwingend einen ausreichenden Verbund zum Untergrund besitzen und je nach Anwendungsfall diffusionsoffen sein. [2] [3] Um diese Anforderungen zu erfüllen, wird bedarfsweise zwischen folgenden Estricharten unterschieden: Zementestrich (CT) • Calciumsulfatestrich (CA) • Kunstharzestrich (SR) • Magnesiaestrich (MA) • Gussasphaltestrich (AS) Generell lässt sich beobachten, dass mineralische Estriche in der Instandsetzung meist polymermodifiziert sind und obwohl als Zementestrich klassifiziert, häufig geringe Mengen Anhydritbinder besitzen. [2] [3] Durch die Verwendung von Anhydritbinder (Calciumsulfat) lassen sich große Flächen auf Grund des geringen Schwindmaßes spannungsarm herstellen. Dies ist v. a. auf Grund der fugenlosen Ausführungen besonders effektiv, um frühe Risse zu vermeiden. Zudem lassen sich durch die Kombinationen der drei verwendeten Bindemittel (Zement, Gips und Kunststoff) die Erhärtungsdauer sowie der Zeitpunkt der Belastbarkeit maßgeblich reduzieren. Ferner werden auch anstatt von Gipszusätzen kautisches Magnesia als Bindemittel zugefügt, da diese ebenfalls zur Erhärtungsbeschleunigung bei gleichzeitig geringem Schwindmaß führen. Zudem besitzen magensia-vergütete Estriche eine erhöhte Ableitfähigkeit. Besonders anzumerken ist, dass die Verwendung von Magnesia- oder Anhydritbinder lediglich für den Innenbereich möglich ist, da diese gegenüber Feuchtigkeit und Frostbelastung nicht resistent sind. 3. Carbonbewehrung Bei der Herstellung von Carbongelegen wird zuerst eine Vielzahl von einzelnen Carbonfilamenten mit einer Schlichte versehen und durch bündeln zu Rovings mit bis zu 50.000 Einzelfilamenten verarbeitet. Über spezielle Maschinen werden anschließend die individuellen Bewehrungsstrukturen gelegt und vernäht. Abschließend werden diese Gelege mit einer Tränkung versehen. Typische Maschenweiten können so zwischen 8 und 51 mm rechteckig oder quadratisch variiert werden. Die spezifischen Gewichte der entstehenden Armierungsgelege reichen dabei typischerweise zwischen 310 und 650 g/ m², wobei Flächenquerschnitte von 30-142 mm²/ m erzielt werden. [4] Buch IB.indb 344 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 345 Flächige Instandsetzung gerissener Industrieböden mit hoch verschleißfestem Carbonbeton Durch anwendungsbezogene Tränkungen und Oberflä-chenmodifikationen erhöhen sich der Verbund zu Mörtel-/ Betonmatrix, sowie die ausnutzbare Zugfestigkeit um ein Vielfaches. Dies kann sich zudem günstig auf Rissanzahl, -abstand und -breiten auswirken (v. a. bei besandeten Gelegen). [5] Abbildung 3: Besandetes Carbongelege (maßgebliche Erhöhung der Oberfläche und Rauigkeit). [6] Abbildung 4: Carbongelege mit Wirkfaden umwickelt (verbesserter Verbund) Die Vorteile von Carbonbewehrung gegenüber Stahlbewehrung sind vielfältig. So ist das verwendete Carbon beispielsweise korrosions- und oxidationsbeständig. Auch mechanisch hebt sich Carbon vor allem durch eine deutlich höhere Zugfestigkeit (1700-4000 N/ mm²) von Stahl-, Glasfaser- oder Basaltbewehrungen ab. Der gute Verbund, sowie die hohe Beständigkeit gegenüber chemischen Einwirkungen, ermöglichen deutlich geringere Betondeckungen, wodurch zusätzliche Materialeinsparungen möglich sind. [7] Ein optimales Carbongelege für die flächige Instandsetzung von gerissenen Industrieböden sollte dabei folgende Eigenschaften besitzen, um die Dichtigkeit durch Rissbreitenminimierung zu erzielen: • große Mantelfläche (höhere Verbundspannung möglich) • Oberflächenmodifikation, wie z.B. Absandung oder Umwicklung mit Wirkfaden (verbesserte Verbundspannungs-Schlupf-Beziehung) • thermische und chemische Belastbarkeit • lieferbar als Rollenware (Logistik und Einbau) 4. Anwendungsgebiete 4.1 Bauwerksabdichtung durch Risssanierung Ein carbonbewehrter Aufbeton eignet sich besonders als minimalinvasive Instandsetzungsmaßnahme für Risse, da diese langfristig überbrückt und abgedichtet werden. Dabei verteilen sich die Risse aus dem Altbeton in eine Vielzahl von deutlich kleineren Rissen in der Carbonbetonschicht. Die dabei entstehenden Risse im Carbonbeton sind oft mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen (meist < 50 µm) und verhindern den Eintritt von Medien wie z.B. Wasser oder Öl. Zusätzlich kann durch die Lastverteilung auf das Gelege eine deutliche Reduktion der Rissbreiten vorhandener und zukünftig entstehender Risse im Altbeton beobachtet werden. In Abbildung 5 ist das Prinzip der Rissverteilung mittels Carbonbeton mit einem optionalen Enthaftungsmaterial dargestellt. Abbildung 5: Prinzipskizze zur Rissverteilung und -verfeinerung mit carbonbewehrtem Aufbeton (Enthaftungsmaterial optional), [8] Durch dieses Prinzip lassen sich die im Industriebodenbereich vorhandenen Schadensbilder bedarfsgerecht sanieren. Dazu werden bei der partiellen Sanierung die vorhandenen Risse oberflächlich angefräßt. Bei einer flächigen Anwendung wird die Fläche mittels Kugelstrahlen angeraut und vorbereitet. Anschließend wird die Carbonbewehrung ein- oder mehrlagig über die Risse oder vollflächig verteilt. Ein Enthaftungstape auf den Rissen kann dabei zusätzlich zur Minimierung der Risse durch Entkopplung beitragen. Anschließend erfolgt der großflächige Auftrag des Industrieestrichs, wobei sowohl mineralische als auch Reaktionsharzsysteme zum Einsatz kommen können. Je nach Anforderung kann dort ein individueller Aufbau gewählt werden (z.B. Anordnung Verschleißschicht, Absandung oder gefärbte Deckschicht). Bewährt hat sich vor allem die Kombination aus einem direkt befahrbaren hoch verschleißfestem zementgebundenen Material (Calciumsulfat- und Kunststoffzusätze) in einem Zweischichteinbau. Dabei wird das Carbon zunächst in einem Ausgleichsestrich mit geringerer Festigkeit eingebettet und mit dem direkt befahrbaren deutlich festeren Material mit besonders hoher Anforderung an Optik und Ebenheit beschichtet. Die Fläche ist so bereits nach ca. 3h begehbar. In Abbildung 6 ist die bedarfsgerechte Risssanierung einer Industriehalle dargestellt. Dabei wurden lediglich Buch IB.indb 345 11.02.20 12: 54 346 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Flächige Instandsetzung gerissener Industrieböden mit hoch verschleißfestem Carbonbeton die Rissbereiche mit Carbonbewehrung ausgesteift und wie in Abbildung 7 dargestellt mit dem hoch verschleißfestem Industrieestrich vergossen. Abbildung 6: Bedarfsgerechte Risssanierung einer Industriehalle Abbildung 7: Aufbringen eines Industriefließestrichs mittels Pumpen auf der teils verstärkten Bodenplatte Abbildung 8: Flächiger Verguss des Industrieestriches 4.2 Fugenverstärkung Die Aussteigung bzw. Verstärkung von Fugen kann ebenfalls mehrlagig erfolgen. Dabei werden die Fugen großflächig ausgefräßt und Hohllagen bestimmt. Bei einer notwendigen Reprofillierung (Ausbrüche oder kippelnde Platte) kann besonders effektiv mit einem „reverse concrete“ gearbeitet werden (siehe Abbildung 9), bei dem die Hohllagen mit einer Kiesschüttung versehen werden, das Carbongelege aufgelegt und anschließend mit der gesamten Fläche vergossen wird. Die vollständige Durchdringung der Schüttung ist dabei problemlos möglich. Abbildung 9: Fugenverstärkung mittels carbonverstärktem reverse concrete 4.3 Flächige Verstärkung In Bereichen, in denen eine Unterdimensionierung vorhanden ist, oder auf Grund von Umnutzungen weitere Bewehrung eingesetzt werden muss, kann die Carbonbewehrung ohne großen Aufwand direkt von den Lieferrollen auf die zu verstärkende Schicht gelegt werden (siehe Abbildung 10). Überlappungen und Bewehrungsstöße können dabei individuell angepasst werden. Des Weiteren wird das eingebaute Carbon als präventiver und wirtschaftlicher Schutz vor Rissen genutzt. Die Bewehrung wird auch bei diesem Anwendungsfall mit dem hochfließfähigen, verschleißfesten Industrieestrich vergossen. Abbildung 10: Flächige Anordnung der Carbonbewehrung in einer Industriehalle Buch IB.indb 346 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 347 Flächige Instandsetzung gerissener Industrieböden mit hoch verschleißfestem Carbonbeton 5. Forschung und Entwicklung Auf Grund der besonders hohen Dichtigkeit von Carbonbeton als Aufbeton arbeitet die Koch GmbH an carbonbewehrten Dichtflächen. Dabei liegt der Fokus auf der Entwicklung von neuartigen Systemen für die Instandsetzung und Neubeschichtung von WHG-Flächen (z.B. LAU-Anlagen). Ziel ist es dabei, monolitische Systeme mit besonders dünnem Aufbau zu entwickeln, die den Untergrund vor wassergefährdende Medien schützen. Dabei spielen sowohl die Dichtigkeit des Betons, Rissverhalten im Verbundsystem (Carbonbeton), als auch die mechanische Tragfähigkeit der Schicht eine große Rolle. Die entwickelte Schicht wird dabei unmittelbar mit Abstand auf die vorbereitete Untergrundfläche aufgebracht und mittels selbstnivellierendem, flüssigkeitsdichtem und hoch-verschleißfestem Beton vergossen. In Abbildung 11 ist beispielhaft ein Feldversuch zur Optimierung der schlanken Dichtfläche dargestellt. Abbildung 11: Feldversuche zur Optimierung von carbonbewehrten WHG-Dichtflächen Neben großflächig verlegten Dichtflächen wurde zusätzlich ein System entwickelt, welches zur punkt- und linienförmigen Instandsetzung bzw. Wiederherstellung der Flüssigkeitsundurchlässigkeit in LAU-Anlagen geeignet ist. Das entwickelte System wird ebenfalls direkt auf den vorbereiteten Untergrundbeton aufgetragen. Nach Applikation der Haftbrücke werden ein bis drei Lagen einer speziell modifizierten Carbobewehrung (abgesandet) in einem flüssigkeitsdichten Mörtel einlaminiert. Die Schichtdicke beträgt dabei lediglich 22 - 36 mm. Die Prinzipskizze aus Abbildung 12 zeigt beispielhaft den Aufbau des Systems mit einer Bewehrungslage. Abbildung 12: Aufbau des Systems „LAU-Carbonbetonsystem 1“, Z-74.11-180, [9] Zusätzlich arbeitet die Koch GmbH an einem System, bei welchem ein Carbonbeton als direkt befahrbares, mineralisches Oberflächenschutzsystem (Fahrbahnbelag) mit rissüberbrückenden Eigenschaften verwendet wird. Dazu werden unter anderem Optimierungen an Gelegen durchgeführt, um eine für den Anwendungsfall ideale Balance zwischen Wirtschaftlichkeit und Performance zu erreichen. Typische Parameter zur Optimierung der Gelege sind beispielsweise die Struktur, Beschichtung und Oberflächenmodifikation. 6. Zusammenfassung und Ausblick Ziel dieses Beitrags ist es, den aktuellen Stand bezüglich der Vorteile des Verbundwerkstoffs Carbonbeton bei der Instandsetzung von Industrieböden mit verschiedensten Anwendungsmöglichkeiten darzustellen. Dabei zeigt sich, dass Carbonbeton eine der vielver-sprechendsten Innovationen für die Industrieinstandsetzung ist. Durch Kombination einer Hochleistungsbewehrung und dem direkt befahrbaren, hoch verschleißfesten Fließestrich lassen sich Industrieböden innerhalb kürzester Zeit minimalinvasiv sanieren und ertüchtigen. Dabei kann den vielfältigen Rissursachen langfristig entgegengewirkt und die Flächen abgedichtet werden. Ein großer Eingriff in die Bauwerkssubstanz ist dabei meist nicht notwendig, wodurch Kosteneinsparungen erzielt werden. Der Carbonbeton ermöglicht flächige Instandsetzungen, optimale Querschnittsergänzungen, aussteifende Fugen- und Rissbereiche, druckverteilende Platten bzw. Erhöhungen des Hebels auf der Deckenoberseite. Dabei lässt er sich als sehr dünnschichtige Lösung individuell auf Problemzonen anwenden. Der aktuelle Stand zur Entwicklung von carbonbewehrten Dichtflächen verläuft vielversprechend. Buch IB.indb 347 11.02.20 12: 54 348 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Flächige Instandsetzung gerissener Industrieböden mit hoch verschleißfestem Carbonbeton Literaturverzeichnis [1] DFT Deutsche Flächen-Technik Industrieboden GmbH, „Risse in Industrieböden,“ Bremen, 2013. [2] DIN Deutsches Institut für Normung e. V., „DIN 18560,“ Beuth Verlag GmbH, 2015. [3] DIN Deutsches Institut für Normung e. V., „DIN EN 13813,“ Beuth Verlag GmbH, 2003. [4] C. Kulas, Zum Tragverhalten getränkter textiler Bewehrungselemente für Betonbauteile, RWTH Aachen: Dissertation, 2013. [5] D. Koch und B. Neuberger, „Neue Anwendungsmöglichkeiten für Carbonbeton in der Betoninstandsetzung,“ Der Bausachverständige, Nr. 5, 2019. [6] C. Morales Cruz und M. Raupach, „Influence of the surface modification by sanding of carbon textile reinforcements on the bond and load-bearing behavior of textile reinforced concrete,“ MATEC Web of Conferences, 2019. [7] D. Koch und B. Neuberger, Der Zukunftspreis in Parbauten, Esslingen: Tagungsband Parkbauten, TAE, 2017. [8] Bundesanstalt für Wasserbau, „Flächige Instandsetzung von Wasserbauwerken mit textilbewehrten Mörtel- und Betonschichten (MITEX),“ BAW-Merkblatt, Karlsruhe, 2019. [9] Deutsches Institut für Bautechnik, „Z -74.11-180, LAU-Carbonbetonsystem 1 der Koch GmbH zur Wiederherstellung der,“ 2019. [10] „Eurocode: Grundlagen der Tragwerksplanung, DIN EN 1990: 2010-12,“ 2002. Buch IB.indb 348 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 349 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Dr.-Ing. Alexey Levin Dr. Schulze GmbH, Wilnsdorf, Deutschland Zusammenfassung Fachgerechte Ausführung von Dehnungsfugen gehört zu den wichtigsten Aufgaben bei jedem Bauvorhaben, insbesondere im industriellen Bau. Falsch geplante oder nicht ordnungsgemäß ausgeführte Dehnungsfugen haben häufig gravierende Schäden des gesamten Bauwerkes zur Folge. Im Vortrag wird die Verwendung von innovativen Fugenfüllstoffen auf Polyurea-Hybrid-Basis für funktionelle und dekorative Böden detailliert erläutert. Eine besondere Aufmerksamkeit wird dabei der Sanierung von schadhaften Dehnungsfugen geschenkt, welche mit dem vorgestellten Verfahren meist innerhalb von 30-60 Minuten abgeschlossen werden kann. Spätestens nach einer Stunde kann die Fläche für den Schwerlastverkehr wieder freigegeben werden. Im zweiten Teil des Vortrages werden weitere Lösungen für die Reparatur diverser Bodendefekte (Mikro- und Makrorisse, Löcher, Abplatzungen, Poren, schadhafte Fugenflanken usw.) präsentiert. Auch hier wird in den meisten Fällen die Funktionalität der Fläche bereits innerhalb einer Stunde nach Sanierung wieder voll hergestellt. Bild 1: fachgerecht ausgeführte Dehnungsfuge 1. Polyurea/ Polyurethane-Hybride Im ersten Teil des Vortrages werden die chemische Zusammensetzung, die Eigenschaften und die Anwendungsmöglichkeiten von Polyureas und Polyurethanen erläutert und miteinander verglichen. Der Aufbau der Hybrid-Werkstoffe wird erklärt. 2. Herstellung und Reparatur von Dehnungsfugen 2.1 Herstellung von neuen Dehnungsfugen In diesem Teil des Vortrages werden zuerst allgemeine Anforderungen an die Dehnungsfugen aufgezählt und es wird geprüft, in wie fern die Materialien auf Polyurea-Basis sich für diese Anwendung eignen. Anschließend werden die wichtigsten Erfolgskriterien bei der Vorbereitung und Ausführung von Dehnungsfugen für die nachträgliche Füllung mit Fugenfüllstoffen aufgezeigt sowie häufigste Fehler anhand von Fallbeispielen diskutiert. Zu den wichtigsten Merkmalen der nach dem vor-geschlagenen Verfahren hergestellten Dehnungsfugen gehören: - Boden kann innerhalb einer Stunde für Verkehr freigegeben werden; - durch oberflächenbündigen Einbau des Fugenfüllers entfällt das aufwendige Anfasen von Fugenkanten und die Kontinuität des Bodens bleibt voll erhalten; - Fugenfüller sind in mehr als 70 Farbtönen verfügbar und können jedem Boden perfekt angepasst werden; - niedrige Anwendungstemperatur bis -29°C ermöglicht Einsatz in Kühlräumen ohne zusätzliche Maßnahmen. Buch IB.indb 349 11.02.20 12: 54 350 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Bild 2: Fugenschäden durch unsachgemäße Vorbereitung Bild 3: Dehnungsfuge sofort nach der Füllung mit Polyurea-Hybrid 2.2 Reparatur schadhafter Dehnungsfugen Die durch eine unsachgemäße Fugenherstellung oder durch Beanspruchung während der Fugennutzung auftretenden Schäden sind sehr vielfältig: Spaltung des Fugenmaterials von der Fugenwand, zu tiefes Fugenprofi l, Fugenkantenausbruch, kohäsiver Bruch des Fugenfüllers usw. Für jeden dieser Problemfälle wird in dem Vortrag ein Sanierungsvorschlag mit Anwendungshinweisen und anschaulichem Bildmaterial präsentiert. Bild 4: Wiederhergestellte Fugenfl anken bereit zum Verfüllen mit dem neuen Füller 3. Sanierung von diversen Bodendefekten Nahezu jeder Boden weist mit der Zeit diverse Oberfl ächendefekte auf: Mikro- und Makrorisse, Löcher, Abplatzungen, Poren, schadhafte Fugenfl anken usw. Durch die extrem niedrige Viskosität von Polyureas lassen sich stabile Risse ohne zeit- und kostenintensives Aufschneiden innerhalb einer halben Stunde dauerhaft sanieren. Durch die verfügbare Farbenvielfalt der Produkte (über 70 Farben) wird eine minimale Sichtbarkeit der reparierten Stelle garantiert. Die beweglichen Risse werden nach einer fachgerechten Vorbereitung mit semi-elastischen Materialien dauerhaft elastisch verschlossen werden. Bild 5: Minutenschnelle Risssanierung ohne Aufschneiden (! ! ! ) Bild 6: Fläche fertig für die weitere Nutzung nur 30 Minuten nach der Risssanierung Durch großfl ächige Anwendung von Polyurea-Hybride lassen sich Netzrisse und Poren effektiv beseitigen, Bild 7: Reparatur von Oberfl ächenerosion Buch IB.indb 350 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 351 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 351 11.02.20 12: 54 352 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 352 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 353 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 353 11.02.20 12: 54 354 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 354 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 355 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 355 11.02.20 12: 54 356 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 356 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 357 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 357 11.02.20 12: 54 358 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 358 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 359 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 359 11.02.20 12: 54 360 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde 9.2 Levin.indd 360 13.02.20 16: 00 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 361 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 361 11.02.20 12: 54 362 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 362 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 363 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 363 11.02.20 12: 54 364 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 364 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 365 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 365 11.02.20 12: 54 366 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 366 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 367 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 367 11.02.20 12: 54 368 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 368 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 369 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 369 11.02.20 12: 54 370 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 370 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 371 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 371 11.02.20 12: 54 372 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Zur perfekten Dehnungsfuge in weniger als einer Stunde Buch IB.indb 372 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 373 KineticBoost-Technology ® - Der neue Standard für Bodenbeläge aus Kunstharz Dr. Patricia Steffen Product Management Floor Coating, Sealants & Joints, Resin Protection Zusammenfassung Kunstharz-Beschichtungen sind die am vielseitigsten nutzbaren Bodenbeläge. Ob als robuster lndustrieboden, als dekorative Nutzfläche im Handel oder als Betonschutz in Parkgaragen - keine andere Art von Bodenbelag ist so universell anwendbar wie Beschichtungen aus Kunstharz. Doch viele herkömmliche Beschichtungen haben Schwächen beim Einbau, besonders bei niedrigen Temperaturen und beim Einwirken von Feuchtigkeit. Die MC-Bauchemie hat eine neue Kunstharz-Technologie entwickelt, mit der auch bei ungünstigen Klimabedingungen hochbelastbare und ästhetische Bodenbeläge verlegt werden können, selbst bei 2 °C und 100 % relativer Luftfeuchte. Die KineticBoost-Technology ® setzt eine neue Benchmark, erweitert sie doch die Verwendbarkeit von Kunstharz-Beschichtungen auf kühle und nasse Witterungsperioden im Winterhalbjahr und schafft zudem eine bisher unerreichte Sicherheit beim Einbau. Reaktionsharzbasierte Flüssigkunststoffe werden als 1-, 2- oder Mehr-Komponenten-Produkte eingesetzt. Während 1K-Produkte in der Regel durch Luftfeuchtigkeit aushärten, findet bei 2K- und Mehr-Komponenten-Produkten eine chemische Reaktion von Basisharz und Härter bzw. Katalysator im Flüssigkunststoff statt. Allgemein lässt sich sagen, dass ein Flüssigkunststoff auf Basis von PMMA besonders schnell aushärtet, Epoxidharze sich durch ihre hohe mechanische Beständigkeit auszeichnen, während Polyurethane (PU) oftmals elastische Eigenschaften zeigen. Alle genannten reaktionsharzbasierten Flüssigkunststoffe sind daher vielseitig einsetzbar. 1. Unerwünschte Störreaktionen Die beschriebenen Reaktionsharze haben während der Verarbeitung eines gemeinsam: Bei Feuchtigkeit härten sie nur bedingt aus und/ oder zeigen störende Nebenreaktionen. So bilden Epoxidharze in Anwesenheit von Feuchtigkeit und Kohlenstoffdioxid Carbamat als weißen Feststoff aus. Innerhalb der Polyurethane reagiert die Isocyanat-Komponente mit Wasser zu CO 2 und kann so zu einer unerwünschten Bläschenbildung innerhalb der Beschichtung führen. Aus diesem Grund ist die Anwendung von klassischen Reaktionsharzbeschichtungen bei hohen Luftfeuchten (> 80 % r.F.) kritisch. Grafik 1: Neben der gewünschten Ausbildung des polymeren Netzwerkes über die gebildeten Urethan-Verknüpfungen können bei PU-Beschichtungen auch störende Nebenreaktionen der Isocyanat-haltigen Härterkomponente mit Wasser ablaufen, bei der sich gasförmiges Kohlendioxid bildet, das zur Blasenbildung in der Beschichtung führt. Da derlei Bedingungen in Mitteleuropa fast täglich vorkommen und Beschichtungsarbeiten deutlich erschweren, werden der organisatorische Ablauf und die Ausführung immer wieder limitiert. 2. Vorteile der KineticBoost-Technology ® Dieses Problem der eingeschränkten Verarbeitungsmöglichkeiten wurde nach langjähriger Entwicklungsarbeit gelöst. Das Spezialharzsystem ermöglicht es, Kunstharzböden selbst bei ungünstigen Bedingungen wie hoher Luftfeuchtigkeit und Feuchtigkeit im Untergrund sowie in einem erweiterten Temperaturbereich von 2 bis 35 °C innerhalb weniger Stunden einzubauen und schnell voll zu belasten. Die dafür benötigte beschleunigte Erhärtung liefert die KineticBoost-Technology ® . 3. Widrigen Bedingungen trotzen Wie bereits erwähnt ist die Bildung von Kohlenstoffdioxid bei Beschichtungsstoffen unerwünscht, da diese zur Blasenbildung während des Aushärteprozesses führen kann. Die KineticBoost-Technology ® zeichnet sich dadurch aus, dass die kinetische Reaktivität der gewünschten Polyurethan-Reaktion deutlich höher ist, als die des Wassers mit den Isocyanat-Funktionen. So Buch IB.indb 373 11.02.20 12: 54 374 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 KineticBoost-Technology® - Der neue Standard für Bodenbeläge aus Kunstharz sind chemisch betrachtet spezielle Lewis-Zentren in die Stamm-Komponente integriert, die bei Zutritt von Wasser eine katalytische Beschleunigung, unter Ausbildung einer katalytisch aktiven Spezies, bewirken. Durch diese Abfangreaktion und die extreme Beschleunigung der gewünschten Urethanbildung ist eine Reaktion des Wassers mit Isocyanat-Gruppen nicht mehr möglich. Grafi k 2: Das neue Beschichtungssystem der MC-Bauchemie auf Basis der KineticBoost-Technology ® zeichnet sich dadurch aus, dass die kinetische Reaktivität der gewünschten Polyurethan-Reaktion deutlich höher ist, als die des Wassers mit den Isocyanat-Funktionen. Unter Ausbildung einer katalytisch aktiven Spezies wird Wasser vom Spezialbindemittel abgefangen, so dass eine Reaktion der Isocyanat-Funktionen mit Wasser nicht mehr möglich ist. Da die Reaktivität dieser Beschichtungsstoffe auch bei niedrigen Umgebungstemperaturen nahezu unverändert ist, können solche Beschichtungen auch noch bei hoher Luftfeuchtigkeit und niedrigen Temperaturen knapp oberhalb des Gefrierpunktes sicher appliziert werden. Das bedeutet auch: keine Tauempfi ndlichkeit und kein Schielen auf das Hygrometer mehr, außerdem spielt aufgrund der raschen Grifftrockenheit der Beschichtung, die innerhalb von 30 Minuten regenfest ist, das sonst relevante Regenrisiko kaum noch eine Rolle. 4. Schneller Aufbau, weniger Aufwand Alle Systemkomponenten der KineticBoost-Technology ® nutzen den Einfl uss von aus der Umgebung und wandeln ihn in eine zusätzlich beschleunigte Erhärtungsreaktion um. Dabei werden zusätzlich die Haftung, der Abriebwiderstand und die Kratzfestigkeit der Beschichtung gesteigert. Ein vollständiger Boden ist an einem Tag möglich, was Bauherren und Verarbeiter viel Zeit erspart - zumal zusätzliche Fahrten zur Baustelle entfallen. Da keine Schutzmaßnahmen vor Kälte und Feuchtigkeit nötig sind, muss die Baustelle weder eingehaust noch beheizt werden. Beschichtungsarbeiten lassen sich so auch im laufenden Betrieb durchführen. Außerdem wartet die KineticBoost-Technology ® mit geringeren Verbrauchsmengen im Vergleich zu gängigen EP-, PU- und PMMA-Beschichtungen auf. Auch die Instandhaltung lässt sich leichter bewerkstelligen, so können Flächen einfach durch eine neue Schicht aufgefrischt bzw. auch viele Altbeschichtungen einfach überarbeitet werden. 5. Einsatz auf Parkfl ächen Ihre Vorteile konnten die Spezialharzsysteme beispielsweise bei einem Referenzprojekt im slowakischen Banska Bystrica bei der Instandsetzung von Parkfl ächen in der EUROPA SHOPPING MALL unter Beweis stellen. Der Parkplatz befi ndet sich auf dem Außendach des Einkaufszentrums, die alten Betonoberfl ächen waren feuchtegesättigt. Daher war eine Lösung mit einem wasserdampfdiffusionsoffenen Beschichtungssystem gefordert, das zudem UV-stabil und rutschfest ausgeführt werden musste. Die Maßnahmen wurden mitten im Sommer beschichtet, in dem in dieser Region eine instabile Witterung mit plötzlichen Regenschauern üblich sind. Hier kam daher auch die besondere Eigenschaft des Systems zum Tragen, bereits 30 Minuten nach dem Auftrag regenfest zu sein. Nachdem die 12.000 m 2 umfassende alte Betonoberfl äche abgeschliffen und entsprechend vorbereitet worden war, erfolgten Grundierung, Kratzspachtelung und Deckversiegelung durch das Spezialharzsystem. Dank der schnellen Aushärtung fi elen auch die Sperrzeiten für die bearbeiteten Parkplatzfl ächen 70 % geringer als mit üblichen Beschichtungen aus: Ein zusätzlicher wirtschaftlicher Vorteil für den Auftraggeber. 6. Einsatz in der Lebensmittelindustrie Eine ähnliche Herausforderung meisterte das Spezialharzsystem in Oberösterreich, wo auf einer Fläche von 56.000 m² der modernste Backwarenbetrieb Europas für das Unternehmen Resch & Frisch entsteht. Ein entscheidendes Kriterium bei der Auswahl der Bodenbeschichtungsprodukte war hier unter anderem die Feuchteverträglichkeit, da die Restfeuchte der Estriche zu hoch war, um sie mit Standard-EP- oder -PU-Beschichtungen zu versehen. Die Umsetzung, die in mehreren Etappen geplant ist, startete im September 2017. Insgesamt sollen bis 2022 rund 12.000 m² Bodenbeschichtungen eingebaut werden. 7. Fazit Bodenbeschichtungen auf Epoxy-, Polyurethan- und PMMA-Basis stoßen bei Feuchtigkeit oder bei zu hohen oder zu niedrigen Temperaturen an ihre Grenzen. Das auf der KineticBoost-Technology ® basierende Spezialharzsystem erweitert hingegen das Anwendungsspektrum für Bodenbeschichtungen beträchtlich. Alle Systemkomponenten nutzen den Einfl uss von Feuchtigkeit aus der Umgebung und wandeln ihn in eine zusätzlich beschleunigte Erhärtungsreaktion um. Der Nutzer profi tiert von dauerhaft hochbelastbaren, UV-stabilen und farbtonbeständigen Oberfl ächen sowie von einer sehr guten Reinigungsfähigkeit. MC-Bauchemie hat das Hochleistungsbeschichtungssystem Ende 2013 auf den Markt gebracht und sukzessive weiterentwickelt. Es hat sich seither in vielen Bau- und Instandsetzungsprojekten bewährt. Heu- Buch IB.indb 374 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 375 KineticBoost-Technology® - Der neue Standard für Bodenbeläge aus Kunstharz te umfasst es eine Grundierung sowie Reparaturmörtel, farbige und rissüberbrückende Beschichtungen und Versiegelungen sowie Spezialsysteme für die Brückenabdichtung, mit denen vollständige Bodenaufbauten innerhalb eines Tages aufgebaut und schnell wieder voll belastet werden können. Planer, Bauherren und Verarbeiter erhalten damit mehr Spielraum für die Ausführung von Böden in Industrie und Hochbau. Buch IB.indb 375 11.02.20 12: 54 Buch IB.indb 376 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 377 Schnellbeton zur zeitoptimierten Instandsetzung einer Tankfläche - Objektreport Lasse Manns KORODUR Westphal Hartbeton GmbH & Co. KG, Bochum, Deutschland Zusammenfassung Zur zeitoptimierten Instandsetzung von Infrastruktur- und Industrieanlagen finden zur Verminderung von Ausfallkosten vermehrt Schnellbetone Verwendung. Der Einsatz von B-CSA (Belit Calciumsulfoaluminat) Zement gewinnt dabei seit einigen Jahren auch in Europa immer mehr an Bedeutung. Die technischen Eigenschaften, die das Bindemittel dem Beton im Vergleich zu herkömmlichen Portlandzementen verleiht, stellen im Kern eine wesentliche Verbesserung der Frühfestigkeit, Sulfatbeständigkeit, Schwindneigung und Dichtigkeit dar. Darüber hinaus konnte in den Niederlanden, durch ein Pilotprojekt für die Anwendung von Tankflächen, eine dauerhafte Flüssigkeitsdichte durch Eindringprüfung mit n-Heptan nachgewiesen werden. Seit 2018 konnten somit vermehrt sanierungsbedürftige Tankflächen in den Niederlanden zeitoptimiert, innerhalb von insgesamt fünf Tagen bis zur Freigabe, instandgesetzt werden. Dieses Schnellsanierungssystem stellt dahingehend auch durch die deutlich verminderte Schließungszeit eine wirtschaftlich attraktive Lösung dar. 1. Belit Calciumsulfoaluminat - Geschichte und technische Eigenschaften Belit Calciumsulfoaluminat-Zement (B-CSA) ist ein mineralisches, hydraulisches Bindemittel, welches charakteristisch für eine schnelle Festigkeitsentwicklung, geringe Schwindung und hohen Sulfatwiderstand ist. Es handelt sich dabei um ein rein zementäres Bindemittel, welches die oben genannten Eigenschaften aufgrund seiner besonderen Mineralogie erfährt. Hauptbestandteil des B-CSA ist Belit (Dicalciumsilikat C 2 S), das ebenfalls bei Portlandzementen vorkommt und für die langsame und stetige Festigkeitsentwicklung verantwortlich ist. Den wichtigsten Nebenbestandteil bildet das Calciumsulfoaluminat (C 4 A 3 S), welches eine erheblich schnellere Hydratation erwirkt und das frühfestigkeitsbildende Alit (Tricalciumsilikat C 3 S), wie es in Portlandzementen vorkommt, substituiert. Dieses Bindemittel ist besonders für die Anwendung von Sanierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen geeignet. Schnellbeton unter Verwendung von B-CSA Zement entwickelt, je nach Betonrezeptur, bereits innerhalb von zwei Stunden Druckfestigkeiten im Bereich von > 20 MPa. Somit kann die Verkehrsfreigabe von Infrastruktur- und Industrieanlagen frühzeitig erteilt und hohe Ausfallkosten vermieden werden. Darüber hinaus weisen Sanierungen mit diesem leistungsstarken Baustoff eine sehr hohe Langlebigkeit und Dauerhaftigkeit aufgrund unterschiedlicher technischer Eigenschaften des B-CSA Zementes auf. Betonrezepturen können dabei nahezu identisch zu herkömmlichen Rezepturen verwendet werden und es bedarf keiner weiteren Beschleunigung durch Zusatzmittel. Belit Calciumsulfoaluminat-Zement wurde in den USA bereits vor rund 40 Jahren entwickelt und kommt dort seitdem in erster Linie für die Instandsetzung von Schnellstraßen der Interstate Highways zum Einsatz. Ursprünglich wurde das Ziel verfolgt ein Compound für Portlandzement zu erzeugen, welches die Schwindung reduziert. Aus diesen Ansätzen entwickelte sich allerdings in weiterer Forschung ein eigenständiges Bindemittel, welches seit 1975 in den USA patentiert ist. Allein in Kalifornien wurden seit den 1990er Jahren mehr als 1.000 km Straßenbeton unter Einsatz von B-CSA Zement ersetzt. [1] Unter anderem findet dieser Hochleistungszement Anwendung auf vielen internationalen Flughäfen als „Emergency Repair System“ für den Plattenaustausch und die Gewährleistung eines reibungslosen Verkehrs. Um den regulären Betrieb aufrecht zu erhalten, werden die Arbeiten meistens nachts während der Flugpause durchgeführt. Der Beton muss somit bereits frühmorgens eine ausreichende Druckfestigkeit von ≥ 21 MPa aufweisen, um den hohen Anforderungen des Flugbetriebs Stand zu halten. Auf Portlandzement basierte Betone können in diesem Fall nur begrenzt eingesetzt werden und benötigen niedrige w/ z-Werte sowie Zusatzmittel wie Beschleuniger. Dadurch können jedoch andere Betoneigenschaften wie Verarbeitbarkeit und Schwindneigung drastisch verschlechtert werden. Der Flughafen Seattle-Tacoma verwendet aufgrund dessen bereits seit 1995 großflächig B-CSA Zementbeton, um über Nacht in der Zeit von 23 - Buch IB.indb 377 11.02.20 12: 54 378 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Schnellbeton zur zeitoptimierten Instandsetzung einer Tankfläche - Objektreport 06 Uhr beschädigte Betonplatten zu ersetzen. So wurden allein in den ersten zehn Jahren für die Instandsetzung der Landebahn 16R/ 34L rund 30.000 m³ B-CSA basierter Beton verbaut. Auch heute noch ist dieser Baustoff fester Bestandteil des Sanierungskonzeptes von SEA-TAC und vieler weiterer Flughäfen weltweit. [4] Die Herstellung von B-CSA Klinker weist eine um ca. 30 % geringere CO 2 -Emission auf als bei Portlandzement [1]. Da für die Klinkerphasen eine um 200 °C niedrigere Brenntemperatur sowie bei den Ausgangsrohstoffen wesentlich weniger Kalkstein (CaCO 3 ) benötigt wird und der Mahlprozess des Klinkers energieeffizienter ist als bei herkömmlichem Portlandzementklinker, stellt sich im Gesamtbild eine deutlich niedrigere CO 2 -Bilanz dar. Diese Unterschiede hinsichtlich der Ressourcen und der Brenntemperatur rufen eine besondere Mineralogie des Zements hervor. Daraus resultieren die charakteristischen physikalischen Eigenschaften der schnellen Festigkeitsentwicklung und auch der höheren Dauerhaftigkeit aufgrund von hohen Endfestigkeiten, geringer Schwindneigung und hohem Sulfatwiderstand. Beim Einsatz von B-CSA Zement ergeben sich daher bei der Bemessung, Instandhaltung und Planung völlig neue Möglichkeiten. Tabelle 1 zeigt die Zusammensetzung der Klinkerphasen von Portlandzementen im Vergleich zu B-CSA Zement. Bindemittel Alit C3S CSA C4A3Ŝ Belit C2S C3A Portlandzement 45-80 % - 0-32 % 7-15 % B-CSA - 20-30 % 40-60 % - Tabelle 1: „Mineralogische Zusammensetzung Portlandzement/ B-CSA“ Die Ausbildung der Frühfestigkeit bei Portlandzementen wird im Wesentlichen durch Alit gesteuert. Verantwortlich für hohe Endfestigkeiten hingegen ist die langsamere Belit-Phase. Wie in Tabelle 1 zu sehen, ist beim B-CSA Zement die Alit-Phase komplett durch CSA substituiert. CSA bildet innerhalb kürzester Zeit stabile Ettringitkristalle, welche Frühfestigkeiten von > 20 MPa innerhalb von zwei Stunden ermöglichen. Das Abbindeverhalten noch vor der eigentlichen Hydratation kann chemisch so beschrieben werden, dass nach der Wasserzugabe ca. 80 % der Ettringitkristallstruktur durch die Calciumsulfat- und Aluminatkomponenten entstehen [3]. Bild 1 beschreibt graphisch den Erstarrungs- und Bild 2 den Festigkeitsverlauf im Vergleich zu einem CEM I. Bild 1 „Erstarrungsverlauf Portlandzement / B-CSA“ Die Hauptphase des B-CSA Zementes stellt Belit dar, wodurch ebenfalls je nach Betonrezeptur hohe Endfestigkeiten nach 28 Tagen von > 60 MPa erreicht werden können. Aufgrund des hohen Belitgehalts steigert sich jedoch die Festigkeit des Betons auch darüber hinaus noch merklich. Untersuchungen in den USA haben ergeben, dass bei Bauteilen nach 15 Jahren noch eine Festigkeitssteigerung von ca. 30 % im Vergleich zur 28-Tage Festigkeit erreicht wurde. [4] Bild 2 „Festigkeitsverlauf CEM I / B-CSA“ Als Kompensation des Schwindverhaltens von Beton wirkt B-CSA Zement in unterschiedlicher Art und Weise. Die expansive Hydratation der von der CSA Phase gebildeten Ettringitkristalle wirken einer Volumenreduktion entgegen. Weiterhin wird das Anmachwasser, wie in Bild 3 veranschaulicht, nahezu vollständig, bis zu 98 % chemisch im Zement gebunden. Dies ist bei Portlandzement nur zu einem gewissen Teil möglich. Das restliche Wasser wird physikalisch gebunden oder liegt in Form von Gelporen in der Betonstruktur vor. Buch IB.indb 378 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 379 Schnellbeton zur zeitoptimierten Instandsetzung einer Tankfläche - Objektreport Bild 3 „Zusammensetzung Festbeton Portlandzement / B-CSA“ Auf Basis dieser technischen Eigenschaften lassen sich vielfältige Verwendungsmöglichkeiten und Sanierungskonzepte darstellen, im Folgenden veranschaulicht anhand der Instandsetzung von Tankflächen einer Tankstelle in den Niederlanden. Aufgrund der Mineralogie und des Hydratationsmechanismus der kombinierten Ettringit- und Calciumsilikathydratphasen entsteht ein sehr dichtes Gefüge, welches sich ebenfalls hinsichtlich des Eindringverhaltens von leichtflüchtigen Stoffen gut eignet. 2. Objektreport Tankstellensanierung An Betone für Tankflächen werden besondere Anforderungen gestellt, welche das Ziel verfolgen, dass die Dichtigkeit des Betons gegen das Eindringen leichtflüchtiger Stoffe gegeben ist und somit z.B. Dieselkraftstoffe nicht in das Erdreich gelangen. In Deutschland wird die Anwendung dieser sogenannten „Flüssigkeitsdichten Betone“ (FD-Beton) durch die DAfStb-Richtlinie „Bauen im Umgang mit wassergefährdenden Stoffen“ geregelt. Gemäß § 62 WHG müssen LAU- und HBV-Anlagen so gebaut werden, dass eine Verunreinigung der Gewässer auszuschließen ist. Betonbauteile müssen bei den zu erwartenden Einwirkungen für eine festgelegte Dauer dicht sein, um dem Besorgnisgrundsatz Genüge zu tun. In der DAfStb-Richtlinie heißt es: „FD-Beton (flüssigkeitsdichter Beton): FD-Beton ist Beton nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 mit optimiertem Widerstand gegen das Eindringen von wassergefährdenden Stoffen.“ [5] Wird von den Vorgaben an einen FD-Beton abgewichen, z.B. hinsichtlich der Festigkeitsklasse oder der Zementart, muss mit der entsprechenden Betonrezeptur eine Eindringprüfung vorgenommen werden. Der geprüfte „flüssigkeitsdichte Beton nach Eindringprüfung“ (FDE-Beton) wird somit gem. DAfStb-Richtlinie definiert: „FDE-Beton (flüssigkeitsdichter Beton nach Eindringprüfung): FDE-Beton ist Beton nach DIN EN 206-1 und DIN 1045-2, der in seiner Zusammensetzung von FD-Beton abweicht. Im Unterschied zu FD-Beton wird das Eindringverhalten wassergefährdender Stoffe stets in Eindringprüfungen im Rahmen der Erstprüfung als zusätzliche Anforderung nachgewiesen.“ [5] Die Prüfung erfolgt an einem Betonzylinder, auf dessen Oberfläche unter Druck ein leichtflüchtiges Medium appliziert und zur Penetration in den Probekörper animiert wird. Als Medium kommt in der Regel n-Hexan oder Dichlormethan zum Einsatz. Nach einem vorab definierten Zeitraum wird der Probekörper gespalten und anschließend die Eindringtiefe bestimmt. In der Regel beträgt die Beaufschlagungsdauer 72 Stunden, sodass bei Havarie über das Wochenende die Verunreinigung des Grundes ausgeschlossen und verhindert werden kann. Die Eindringtiefe des Prüfmediums darf dabei nicht größer sein als bei FD-Beton. Bei dem hier vorgestellten Objekt handelt es sich um eine Tankstellensanierung in den Niederlanden. Die Prüfung des Eindringwiderstandes wurde unter Einsatz des Mediums n-Heptan vorgenommen und dann für eine Beurteilung von der Beaufschlagung von Dieselkraftstoff umgerechnet. Geprüft wurde über einen Beaufschlagungszeitraum von 168 Stunden. Auch in den Niederlanden muss ein entsprechend einzusetzender Beton mittels Eindringprüfung untersucht werden, wenn dieser für Tankstellen eingesetzt werden soll. Durch ein Pilotprojekt einer Sanierung von Tankflächen einer Tankstelle konnte erstmalig B-CSA basierender Schnellbeton in den Niederlanden als „FDE-Beton“ eingesetzt werden. Durch die Lage der Tankstelle an der Autobahn A50 ist besonders eine schnelle Lösung für den Bauherren sehr attraktiv gewesen. In Zusammenarbeit mit einem Planungsbüro und einem Betonlabor wurden dafür im Vorfeld die erforderlichen Betonprüfungen durchgeführt. Die Dichtigkeit des Betons wurde mittels Eindringprüfung unter Einsatz von n-Heptan unter einer Beaufschlagungsdauer von insgesamt 168 Stunden nach der niederländischen Anwendungsrichtlinie CUR aanbeveling 63 ermittelt. Unter Grundlage der spezifischen Eigenschaften der Oberflächenspannung und dynamischen Viskosität des Prüfmediums, kann die Eindringtiefe von z.B. Dieselkraftstoff, für die Verwendung des Betons auf Tankstellen, rechnerisch ermittelt werden. Die Umrechnung der Eindringtiefe des n-Heptans zu der von Dieselkraftstoff ergab 2,07 mm, welches nach niederländischer Auswertungsnorm BRL 2316 unter Tropfbelastung von Dieselkraftstoff an Tankstellen einer rechnerischen Lebensdauer des Betons von 1138 Jahren entspricht. [6] An der zu sanierenden Tankstelle lagen als direkte Aufschlagsfläche Betonsteine vor, welche auch aufgrund der hohen Fugenanzahl eine im Vergleich zu Betonplatten eher niedrige Lebenserwartung aufweisen. Zusätzlich bedarf es bei den Fugen regelmäßiger Kontrolle und Instandhaltung, um das Eindringen von wassergefährdenden Stoffen zu verhindern. Die Tankstelle weist vier Zapfsäulen auf und verfügt somit insgesamt über fünf Tankflächen. Um den laufenden Betrieb zu gewährleisten, wurden die Tankflächen jeweils im Wochenturnus saniert. In diesem zeitlichen Rahmen für die Instandset- Buch IB.indb 379 11.02.20 12: 54 380 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Schnellbeton zur zeitoptimierten Instandsetzung einer Tankfläche - Objektreport zung einer Fläche fielen der Ausbau der Betonsteine, die Sanierung des Untergrundes und etwaigen Leitungsschäden/ Reparaturen, die Bewehrungsarbeiten, die Betonage, die Nachbehandlung und die anschließende Verfugung. Bis zur Freigabe einer Tankfläche vergingen im Schnitt fünf Tage, wodurch die Tankstelle an den Wochenenden unter vollem Einsatz aller Zapfsäulen betrieben werden konnte. Die durchgeführten Arbeiten gliederten sich dabei in je zwei Tage für den Ausbau der Betonsteine und der Vorbereitung des Untergrundes, einen Tag für die Herstellung der neuen Betonplatten und der Nachbehandlung sowie zwei Tage für den Fugenschnitt und die Verfüllung und primär die Aushärtung des Fugendichtmittels. In Bild 4 ist durch einen Ausschnitt des Prüfzeugnisses die Druckfestigkeitsentwicklung des eingesetzten Betons zu sehen. Bauseits wurde vorgegeben, dass der Fugenschnitt schnellstmöglich erfolgen sollte, um die taggenaue Planung einhalten zu können. Bereits zwei Stunden nach der Betonage konnten die ersten Fugen geschnitten und verfüllt werden. Durch diese enorme Zeitersparnis konnte die Sanierung der Tankflächen optimal geplant und durchgeführt werden. Bild 4 „Prüfung Druckfestigkeit B-CSA Beton“ Aufgrund der kurzen Abbindezeit von B-CSA basierten Betonen ist häufig die Verwendung von unkonventioneller Mischtechnik von Nöten. Der Beton wurde am Tag des Einbaus vor Ort unter Verwendung von volumetrischen Misch-LKWs hergestellt, welche wie ein „mobiles Betonwerk“ agieren. Sie bevorraten getrennt voneinander in dafür vorgesehenen Kammern je die Gesteinskörnung, unterteilt in zwei Korngruppen, den Zement, das Anmachwasser und die einzusetzenden Zusatzmittel , führen diese dann in den der Betonrezeptur zugrunde liegenden Mengen zusammen und mischen den Frischbeton anschließend über eine Schnecke. Danach wurde der Beton über eine Pumpe eingebaut. Zusätzlich wurde auf Wunsch des Bauherren ein Schwarzpigment eingesetzt, um einer optischen Veränderung durch Tropfbelastung entgegenzuwirken. Die Baumaßnahme wurde im Mai bei Temperaturen von ca. 25 °C durchgeführt. Durch den Einsatz eines Betonverzögerers wurde eine insgesamte Verarbeitungszeit von 25 Minuten ermöglicht, sodass der Beton eingebaut und geglättet werden konnte. Die Abmessungen einer Platte beliefen sich dabei auf 5 x 15 x 0,2 m. Eine Betonplatte teilte sich in je zwei Abschnitte, welche durch eine Ablaufrinne getrennt waren. Pro Abschnitt wurden schließlich für den Einbausowie den Glättvorgang ca. 20 Minuten in Anspruch genommen, die Nachbehandlung konnte im direkten Anschluss vorgenommen werden. Danach wurde eine dampfdichte Folie aufgelegt, um die Evaporation des Wassers zu verhindern. Durch die Vorlage der notwendigen Dokumentationen und Prüfungen für den Einsatz von Beton für Tankflächen, sowie des Evaluierungsprozesses durch diverse Testflächen und Bauprojekte seit dem Jahr 2017, folgten in den nächsten Jahren kontinuierliche Instandsetzungen von Tankstellen unter Einsatz von B-CSA basierten Betonen in den Niederlanden. Literaturverzeichnis [1] Eric P. Bescher und John Kim - Department of Materials Science and Engineering, University of California Los Angeles: LOW CARBON FOOTPRINT PA- VEMENT: HISTORY OF USE, PERFORMANCE AND NEW OPPORTUNITIES FOR BELITIC CAL- CIUM SULFOALUMINATE (2017) [2] US Army Crops of Engineers - Engineer Research and Development Center: Development of Laboratory Testing Criteria for Evaluating Cementitious, Rapid-Setting Pavement Repair Materials (2011) [3] Andrzej Wieckowski, Roman Zimka: Beton mit schnellerhärtendem Calcium-Sulfoaluminat-Zement (CSA-ZEMENT); in: Beton- und Stahlbetonbau 112 (2017) 8, A19 - A23 [4] Eric Bescher, Christopher Ramseyer: Seattle-Tacoma Airport concrete rehabilitation performance review - A 17-Year performance review of concrete rehabilitation using sulfoaluminatebelite cement at the Seattle-Tacoma Airport (2013) [5] DAfStb-Richtlinie - Betonbau beim Umgang mit wassergefährdenden Stoffen (BUmwS) - Entwurf Ausgabe März 2011, Beuth Verlag, Berlin [6] SGS INTRON Laboratorium - Analyserapport Vloeistofindringing volgens CUR Aanbeveling 63 met n-heptaan 180156 Buch IB.indb 380 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 381 Möglichkeiten der schnellen Sanierung von Industrieböden mit mineralischen Systemen Frank Halm Saint-Gobain Weber GmbH, Düsseldorf, Deutschland Zusammenfassung Mineralische Ausgleichsmassen werden unter starren und elastischen Bodenbelägen als obligatorischer Bestandteil des Fußbodensystems eingesetzt. Weitere interessante Einsatzmöglichkeiten sind Ausgleichsbeschichtungen unter Kunstharzapplikationen und als direkt nutzbare mineralische Beschichtungen. Gegliedert ist der Vortrag in 4 Teile. Im ersten Teil geht es um die Definition Industrieboden. Hier werden an Hand von Beispielen die klassischen Industrieböden mit den entsprechenden Belastungen und Expositionen aufgezeigt, aber es werden auch weitere mögliche Industrieböden erläutert, die einer direkten permanenten Belastung ausgesetzt sind. In der Vergangenheit waren Kunstharzbeschichtungen als hauptsächliche Möglichkeit von flächigen Applikationen zum Schutz und zur Sicherung der dauerhaften Nutzung der Industriefußböden vorgesehen. Im zweiten Teil des Vortrages werden Vorteile von mineralischen Ausgleichsmassen und Beschichtungen aufgezeigt. Besonders im Bereich höherer Ebenheitsanforderungen und bei Einsatz von fahrerlosen Transportsystemen FTS bieten mineralische Böden erhebliche Vorteile. Nach einer kleinen Vorstellung der Maschinentechnik zum Pumpen und Verlegen der Beschichtungen werden im letzten Teil einzelne Systeme mit entsprechenden Beispielen der Verlegung und Details präsentiert. Dabei wird auch eine patentgeschützte Sonderlösung kurz vorgestellt. 1. Eigenschaften und Anwendungsgebiete von Industrieböden Industrieböden definieren sich durch die projektierte und die tatsächliche Nutzung. Dabei können kombiniert mechanische, chemische und thermische Anforderungen den Aufbau, die Dicke und die Festigkeit gestalten. Durch die wachsenden Anforderungen in der Industrie genügen bewehrte Betonplattensysteme häufig nicht mehr für eine dauerhafte Nutzung. Neue Stoffsysteme und Verlegetechniken bieten zusätzliche Lösungen, die als Oberflächenschutz u.U. auch zu Gesamtkostenreduzierungen über einen gewissen Nutzungszeitraum führen können. Deshalb sollten Planungen im Neubau die gesamten Möglichkeiten für das System Industrieboden beleuchten. In der Sanierung verändern sich die notwendigen Aspekte gravierend. Hier spielt der Faktor Zeit eine große Rolle, da Stillstandszeiten in der Produktion abhängig von der Dauer der Arbeiten zu Umsatzverlusten führen. Weiterhin können sich die Anforderung an den Industrieboden durch zum Beispiel andere Expositionen, erhöhte Ebenheit oder aber auch durch EHS im Laufe der Nutzung verändert haben. Hierfür eignen sich mehrschichtige Systeme am besten. Die Bodenflächen in der Industrie sind Bestanteil der betrieblichen Infrastruktur. Um eine dauerhafte Nutzung zu sichern, sind eine umfassende Planung und eine fachgerechte Ausführung mit dem optimalen Beschichtungssystem notwendig. 1.1 Standardanwendungsgebiete Als Industrieböden können Flächen mit direkter Nutzung bezeichnet werden, wobei eine Differenzierung durch die mechanischen Beanspruchungen durch dynamische und statische Lasteinträge zu beachten ist. Allerdings ist die moderne Industrie durch wechselnde Nutzung der Flächen geprägt und somit müssen die Systeme immer den höchsten Anforderungen genügen. Dabei sind Art der Bereifung der Transportsysteme und die entsprechenden Lasteinträge in der Planung zu berücksichtigen. Lasteinträge infolge von Kontaktpressungen müssen über das gesamte System des Industriebodens abgeleitet werden. Dazu sind Druckfestigkeiten der Bodenplatte und Stärke sowie Festigkeit des Oberflächenschutzsystems zu dimensionieren. Neben den mechanischen Eigenschaften spielen für die Auswahl des geeigneten Oberflächenschutzsystems aber auch noch weitere Faktoren eine Rolle. So können Industrieböden mit Applikationen eine Beständigkeit gegenüber Chemikalien, Ölen und Fetten aufweisen. Durch eine eingestellte Rutschfestigkeit werden EHS-Anforderungen erfüllt. Aber auch die ständige Reinigung muss für die Industriebodensysteme möglich sein. Weiterhin kann die Ausbildung von erhöhten Eben- Buch IB.indb 381 11.02.20 12: 54 382 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Möglichkeiten der schnellen Sanierung von Industrieböden mit mineralischen Systemen heiten und eine Umstellung auf führerlose Tranportsysteme (FTS) durch neue Industriebodensysteme erfüllt werden. Bild 1: Industrieboden vor der Sanierung (Quelle: F. Halm) Durch zusätzliche Beschichtungen werden Anforderungen u.a. in der Lebensmittelindustrie, in Chemieunternehmen oder in der Automobilindustrie erfüllt. 1.2 Mehrschichtige Industriebodensysteme Mehrschichtige Industriebodensysteme werden den genannten Anforderungen aus der täglichen Nutzung gerecht, dabei sichern sie über einen Zeitraum die Dauerhaftigkeit und Verschleißfestigkeit. Mineralische Beschichtungssysteme können als Ausgleich unter Kunstharzbeschichtungssystemen, aber auch als direkt nutzbare Applikation verwendet werden. Bild 2: Zementgebundener Industriebodenausgleich mit Kunstharzbeschichtung (Quelle Saint-Gobain Weber) Die Darstellung zeigt eine Kunstharzbeschichtung mit einem mineralischen Ausgleichssystem. Das Kunstharzsystem kann ausgewählt werden nach den Kriterien: - Verschleißfestigkeit - Rutschfestigkeit (R-Klasse) - Schutz gegen Tausalzeinwirkung - Abdichtung gegen Wasser - Abdichtung gegen Öle und Fette - Gute Reinigungsfähigkeit (auch Dekontaminierbarkeit) - Chemischer Beständigkeit - Thermische Belastbarkeit - Bakteriologisch unbedenkliche Oberfl ächen - Erzielung bestimmter elektrischer Eigenschaften (Leitfähigkeit) - Optische Gestaltung Weitere Vorgaben sind bedingt durch die Nutzung der Industriebodenfl ächen möglich. Neben Kunstharzsystemen können aber auch mineralische Oberfl ächenschutzsysteme als direkt nutzbare Beläge in der Industrie eingesetzt werden. 2. Mineralische Beschichtungssysteme Die Anwendung von mineralischen Beschichtungssystemen hat in den letzten Jahren einen wesentlich größeren Zuwachs erhalten. Durch eine kontinuierliche Weiterentwicklung von Systemen ist es möglich eine viel größere Anwendungsbreite abzudecken. Früher dienten mineralische Systeme als Betonersatzmörtel (PCC, neu RM/ RC) für Oberfl ächenreparaturen von Beton und Stahlbetonoberfl ächen. Durch den ausschließlich händischen Einbau sind Flächengrößen mäßig und die Arbeiten gestalten sich häufi g langwierig. Mit der Einführung fl ießfähiger Instandsetzungssysteme vor reichlich 20 Jahren änderten sich gravierend die Möglichkeiten sowohl für den Neubau als auch für die Sanierung. In den letzten Jahren sind neue Systeme mit unterschiedlichen Schichtdicken dazu gekommen. Betonähnliche fl ießfähige Sanierungssysteme ermöglichen komplett neue Ansätze besonders in der Sanierung. Durch den Einsatz modernster Misch- und Pumptechnik verkürzen sich die Sanierungsarbeiten erheblich. Eine weitere Reduzierung der Produktionsausfallzeiten kann ermöglicht werden durch den Einsatz von mineralischen Systemen, die Kunstharzbeschichtungen schon nach 24 Stunden zulassen. Damit können die Gesamtausfallzeiten eingeschränkt werden, was die Produktionsverlustkosten auch reduzieren lässt. 2.1 Vorteile Mineralischer Beschichtungssysteme Mineralische Beschichtungssysteme können auch als direkt nutzbare Beläge aufgetragen werden. Dabei bieten sich folgende Vorteile für die Anwendung: Buch IB.indb 382 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 383 Möglichkeiten der schnellen Sanierung von Industrieböden mit mineralischen Systemen Schneller Einbau und sehr schnelle Nutzung als Endbelag (Quelle: F. Halm) Einsatz modernster Maschinentechnik zur Verarbeitung und Sicherung der Produktqualität (Quelle: Saint-Gobain Weber) Durch moderne Maschinentechnik lassen sich Baustellen in großen Fabrikgebäuden realisieren. Sehr lange Schlauchlängen sind möglich und dadurch ist eine Reparatur während der Produktion ohne massive Einschränkungen durchführbar. Es entfallen Misch- und Lagerplätze und ein staubfreies Arbeiten im Stehen ist ein großer Vorteil für den Verleger. In der Sanierung können Stillstandszeiten in der Produktion für Beschichtungsarbeiten genutzt werden. Hierzu ist eine enge Abstimmung aller Beteiligten notwendig, trotzdem können Produktionsveränderungen zu Zeitverschiebungen führen. Deshalb sind flexible und schnelle Einsatzmöglichkeiten in der heutigen Zeit eine unabdingbare Notwendigkeit. Oberste Kategorie für besonders emissionsarme Bauprodukte mit EC1 plus (Quelle: F. Halm) Emissionsarme Oberflächenbeschichtungssysteme sind besonders wichtig in Räumen mit großem Menschenaufkommen. Hier leisten mineralische Systeme einen guten Beitrag für den Gesundheitsschutz und bieten eine Alternative zu herkömmlichen Beschichtungen. Einen wesentlichen Vorteil bieten mineralische Oberflächenschutzsysteme in der Herstellung von Fußböden mit erhöhter Ebenheit nach DIN 18202. (Quelle: F. Halm) Besonders bei der Herstellung von Regallagern und bei induktiver Leitlinienführung haben mineralische Beschichtungssysteme für den Neubau und in der Sanie- Buch IB.indb 383 11.02.20 12: 54 384 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Möglichkeiten der schnellen Sanierung von Industrieböden mit mineralischen Systemen rung eine hohe Präferenz. Deshalb werden diese häufig als Oberbelag für Fahrerlose Transportsysteme (FTS), wobei es sich um innerbetriebliche, flurgebundene Fördersysteme mit automatisch gesteuerten Fahrzeugen handelt, eingesetzt. Hohe Abriebsfestigkeit gegen rollende Belastung (Quelle: F. Halm) Für die Sanierung von Produktions- und Lagerflächen in der Industrie sind Beschichtungssysteme mit hoher Abriebsfestigkeit gegen rollende Belastung notwendig. Moderne Systeme sind geprüft nach DIN EN 13892 BCA- Test mit AR 0,5. Da mineralische Beschichtungen auch als Oberflächenschutzsysteme verwendet werden, sind Beständigkeit gegen Mineralöl und Tausalz eine wichtige Basis für einen dauerhaften Einsatz. Neben dem chemischen Widerstand sind Rutschfestigkeiten bei einer trockenen aber besonders bei einer nassen Oberfläche sehr wichtig. Die Oberflächenstrukturen von Beschichtungen müssen eine Rutschfestigkeit größer Bewertungsgruppe R11 erfüllen. Tiefgaragenbeschichtung gemäß OS-8 (Quelle: F. Halm) Für Bodensanierungen in der Industrie ist es möglich, große Flächen fugenlos zu gestalten. Das begründet sich in der Performance als schwindarme mineralische Beschichtung. Dabei nehmen Schichtdicken und Festigkeiten keinen Einfluss. Zudem verbessern sich die Nutzungsbedingungen der Produktions- und Lagerflächen erheblich. Auch hier ist eine fachgerechte Planung mit sorgfältiger Bauzustandsanalyse die Grundlage für die kompletten Sanierungsarbeiten mit einem funktionierenden Fußbodenaufbau. Um dieses Ergebnis zu erreichen, werden mineralische Beschichtungssysteme benötigt, die mit einer hohen Verlegeleistung und ansatzlosen Übergängen aufgetragen werden können. Tagesflächen von mehreren tausend Quadratmetern sind möglich. Mineralische Beschichtungen sind nicht brennbar (Quelle: Saint-Gobain Weber) 2.2 Maschinetechnik zur Verlegung Für die Verlegung von mineralischen Beschichtungssystemen werden Misch- und Pumptechnik benötigt. Dabei können die Produkte als Sackware oder in loser Form angeliefert werden. Die Größe der Fläche, die Dauer des Einsatzes und betriebliche Gegebenheiten entscheiden über die gewählte Anlieferungsform der Produkte. Weiterhin ist die Auswahl des Beschichtungssystems maßgebend für die Wahl der Maschinentechnik. Folgende Misch- und Pumpsysteme kommen zum Einsatz: Buch IB.indb 384 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 385 Möglichkeiten der schnellen Sanierung von Industrieböden mit mineralischen Systemen 2.2.2 Misch- und Pumpmaschine für Sackware (Quelle Saint-Gobain Weber) Diese Maschintechnik eignet sich ideal für kleinere Baustellen ab 1Tonne. Dabei ist eine gute Förderweite und -höhe möglich. Eine Verarbeitung der Produkte ist außschlieslich für Sackware vorgesehen. Zum Transport wird ein Anhänger oder Transporter benötigt. 2.2.2 Silotechnik (Quelle Saint-Gobain Weber) Die Silotechnik ist für Putzarbeiten entwickelt worden, um Material und Produkttransport zu kombinieren. Mit der anmontierten Technik sind auch höhere Flächenleistungen erzielbar. Für die Beschichtungsarbeiten von mineralischen Systemen sind spezielle Misch- und Fördereinheiten zu verwenden. Nur mit abgestimmter Technik ist eine optimale Aufmischung erreichbar. 2.2.2 Mixmobil und Pumptruck Mixmobil (Quelle Saint-Gobain Weber) Pumptruck (Quelle Saint-Gobain Weber) Mit dem Einsatz von einem Mixmobil oder einem Pumptruck können wesentlich größere Flächenleistungen realisiert werden. Längere Schlauchlängen und größere Förderhöhen sind möglich. Es werden nur kurzfristig Stellfächen benötigt und damit können betriebliche Behinderungen minimiert werden. Durch die Maschinentechnik ist eine optimale Aufmischung mit gleichbleibender Frischmörtelqualität erzielbar. 3. Systeme für den Neubau und die Sanierung Der Aufbau der mineralischen Beschichtungssysteme gliedert sich in: - Ggf. Riss- und Fugensanierung - Grundierung auf Dispersionsbasis oder Kunstharzgrundierung (Epoxidharz) - Ggf. Ausgleichsschicht zur Egalisierung und als Basis für die Endbeschichtung - Mineralischer Endbelag als Fließbeschichtung oder als Industriefl ießestrich - Ggf. Zusätzlicher Oberfl ächenschutz Mineralische Beschichtungen sind eine gute Alternative zu herkömmlichen Kunstharzbeschichtungen. Der Anteil im Bereich der Sanierung wird weiter wachsen. Buch IB.indb 385 11.02.20 12: 54 Buch IB.indb 386 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 387 Ablösungen, Hohllagen und Rissbildungen bei geglätteten Industriefußböden Dr.-Ing. Karl-Heinz Wiegrink Sachverständigenbüro Dr. Wiegrink, Tutzing, Deutschland Zusammenfassung In der Praxis kommt es in den vergangenen Jahren regelmäßig zu massiven Schäden an Betonböden infolge großräumiger Ablösungen. Die Ablösung findet in der Regel in einer Tiefe von 3 - 10 mm unterhalb der Oberfläche statt, in einigen Fällen bis zu einer Tiefe von mehreren Zentimetern. In diesem Beitrag werden verschiedene Beispiele gegeben und Schadensmechanismen dargestellt und erläutert 1. Einleitung Industrieböden zählen zu den schadensträchtigsten Gewerken am Bau. Einer der Gründe ist, dass anders als bei anderen Betonbauteilen die Oberfläche des Industriefußbodens im Übergang vom Anstreifen zum Erstarren noch behandelt werden muss durch Einstreu- oder Glättarbeiten. In den vergangenen Jahren kommt es dabei immer wieder zu einer „neuen“ Art von Schaden. Die Glättarbeiten können aus Sicht der Glättmitarbeiter häufig ohne erkennbare Auffälligkeiten durchgeführt werden. Die Oberflächen weisen nach dem Ende der Nachbehandlung keine oder nur vereinzelte Schäden auf. Mit fortschreitender Austrocknung der oberflächennahen Zone treten dann nach rd. 3 bis 6 Monaten großflächig Hohllagen auf, die bisweilen eine Sanierung der vollständigen Bodenplatte auf vielen Tausend m² erfordern. Derartige Schäden waren früher nur bei der falschen Anwendung von LP-Beton bekannt. Sie werden seit der Entwicklung der Fließmittel der dritten Generation auf PCE-Basis ebenfalls beobachtet. Aus diesem Grunde gibt es Industriefußbodenfirmen, die die Verarbeitung von PCE-Fließmitteln ablehnen. 2. Erhärten von Beton Nach der Zugabe von Anmachmasser sind im Zementleim die einzelnen Zementkörner von einer Wasserhülle umgeben und gegeneinander verschiebbar. Die Steife des Zementleims wird überwiegend über den w/ z-Wert bestimmt. Mit steigendem w/ z-Wert wird der Zementleim dünnflüssiger. Ein weiterer Einfluss ist die Mahlfeinheit (Granolumetrie) des Zementes. Sie bestimmt den Wasseranspruch für eine bestimmte Steife [1]. Mit zunehmender Zeit geht der flüssige Zementleim in den festen Zementstein über. Diese Zustandsänderung von flüssig zu fest geschieht nicht schlagartig. Es werden drei Phasen (Ansteifen, Erstarren und Erhärten) unterschieden 2.1 Ansteifen Im plastischen Zementleim bilden sich kurz nach dem Anmachen zunächst nur Calciumhydroxid und Trisulfat. Das Trisulfat bildet einen dünnen Film auf den Zementkörnen und hemmt die weitere chemische Reaktion. Die Konsistenz wird nur wenig steifer. Im weiteren Verlauf wird das plattenförmige Trisulfat zu längeren Nadeln umgebaut, die ein Ansteifen des Leims bewirken. Dieses Ansteifen kann durch eine mechanische Energie wieder weitestgehend aufgehoben werden, so dass der Leim wieder weich wird (thixotropes Verhalten) [1]. 2.2 Einfluss von Fließmitteln Durch die Zugabe von Fließmitteln werden die einzelnen Zementkörner je nach Zusammensetzung auf Abstand gehalten, so dass es eine verflüssigende Wirkung gibt und eine verzögernde Wirkung geben kann. Bis zur Jahrtausendwende wurden Fließmittel auf der Basis von Lignin-, Melamin- und Naphtalinsulfonat verwendet. Seitdem werden im häufiger Fließmittel der 3. Generation auf der Basis von Polycarboxylatether (PCE) eingesetzt. Mittlerweile werden auch Mischprodukte angeboten. Die Wirkungsweise der Fließmittel unterscheidet sich grundsätzlich. Während die verflüssigende Wirkung der klassischen Fließmittel auf elektrostatischer Abstoßung beruht, bewirken PCE darüber hinaus eine sterische (räumliche) Trennung der Zementpartikel. Buch IB.indb 387 11.02.20 12: 54 388 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Ablösungen, Hohllagen und Rissbildungen bei geglätteten Industriefußböden Bild 1: Leistungscharakteristiken von Fließmitteln PCE bieten dem Chemiker eine nahezu unbegrenzte Variationsmöglichkeit, da sowohl die Länge der Haupt- und Seitenketten sowie die Anzahl der Carboxylatgruppen und Seitenketten variiert werden können. Die Wirkweise kann daher aus der Wirkstoffgruppe PCE allein nicht abgeschätzt werden (s. Abb. 1). PCE können eine Verflüssigung ähnlich wie klassische Fließmittel aufweisen (PCE2), aber auch sehr kurze Wirkzeiten (PCE1) oder sehr lange Wirkzeiten (PCE3), sogar mit einer Nachverflüssigung (PCE4) aufweisen. PCE-Fließmittel werden daher häufig auch aus mehreren Komponenten zusammengesetzt, so dass auch bisher gegenläufige Betoneigenschaften wie lange Verarbeitungszeit und hohe Frühfestigkeit gezielt eingestellt werden können. Abb. 1: Bandbreite der Wirkung von verschiedenen PCE (Quelle: MC-Bauchemie) PCE können somit auf die jeweiligen Rohstoffe und gewünschten Eigenschaften maßgeschneidert werden. Es führt aber auch dazu, dass dasselbe PCE sich bei verschiedenen Rohstoffen (Zementen) unterschiedlich verhält (s. Abb. 2). Bei der Produktion ist daher eine besondere Sorgfalt durch den Betonhersteller erforderlich. Abb. 2: Einfluss der Zementart auf die Wirkung eines PCE (Quelle: MC-Bauchemie) Bei PCE-Fließmitteln kann zudem das thixotrope Verhalten verstärkt werden. PCE-Fließmittel können auch ein sehr gutes Zusammenhaltevermögen des Zementleims erwirken, dass sich bis zu einer negativen Klebrigkeit entwickeln kann. PCE weisen grundsätzlich eine stark schäumende Eigenschaft auf. Diese Nebenwirkung muss bei der Verwendung als PCE-Fließmittel im Beton durch die Zugabe sogenannter Entschäumer beseitigt werden. 2.3 Erstarren Die Trisulfat-Umbildung, die für das Erstarren maßgebend ist, setzt sich fort. Diese hat jedoch keinen Einfluss auf die spätere Festigkeit. Durch die Umbildung setzt jedoch die Hydration der Calciumsilikate verstärkt ein. Es bilden sich langfaserige, ineinander verschlungene Kristalle, die das Gefüge verfestigen [1]. Nach DIN EN 197-1 darf unter Normbedingungen der Erstarrungsbeginn je nach Zementfestigkeitsklasse zwischen 45 und 75 Minuten eintreten. Das Erstarrungsende muss spätestens 12 Stunden nach dem Anmachen erreicht sein. In dieser Übergangphase müssen die Glättarbeiten durchgeführt werden, da der Beton auf der einen Seite steif genug sein muss, um ihn mit Glättmaschinen zu befahren und auf der anderen Seite noch verformbar sein muss, um eine glatte Oberfläche zu erreichen. Das Glätten des Betons ist dabei kein einmaliger Vorgang, sondern besteht aus den folgenden Schritten: - Reiben/ Scheuern der weichen Oberfläche Die Oberfläche wird mit Glätttellern gerieben. Der Zementleim wird wieder weich, wodurch einzelne Zuschlagkörner geringfügig nach unten gedrückt werden können und eine feinmörtelreiche Schicht auf der Oberfläche entsteht - Einstreuen von Hartstoff (In der Regel) - Erneutes Reiben/ Scheuern mit Glättteller, zur Sättigung des Hartstoffs und inniger Verbindung mit der feinmörtelreichen Schicht Buch IB.indb 388 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 389 Ablösungen, Hohllagen und Rissbildungen bei geglätteten Industriefußböden - Ggfs. wiederholtes Reiben mit Glättteller zur Beseitigung von Wülsten - Mehrmaliges (4 - 7-maliges) Glätten der Oberfläche mit Glättflügeln, wobei die Flügel der Glättmaschine im Verlauf immer steiler gestellt werden. Hierdurch steigt der Anpressdruck und die Oberfläche wird intensiv verdichtet und erhält die geforderte dichte und glatte Oberfläche. Diese Vorgänge dauern je nach Erstarrungsverhalten des Betons (Zement, Temperatur, w/ z-Wert, verzögernde Wirkung des Zusatzmittels) bis zu mehreren Stunden. 2.4 Erhärten In die noch vorhandenen Zwischenräume wachsen zunächst langfaserige und später kurzfaserige C 3 S und C 2 S-Kristalle, die die Festigkeit ausbilden. Die Betonoberfläche kann in dieser Phase nicht mehr bearbeitet werden. 3. Typische Schadensbilder 3.1 Kleinteilige Hohllagen Kleinteilige Hohllagen sind in der Regel auf Verabeitungsfehler des Glättpersonals zurückzuführen. Ursächlich hierfür sind in der Regel Verdichtungsfehler an der Oberfläche, die zu einer haufwerksporigen Betonoberfläche führen oder Vertiefungen, z.B. Fußtritte, s. Bild 2. Bild 2: Typischer Fußtritt, der aufgrund des fehlenden Aufreibens der Betonoberfläche später zu lokaler Hohllagen führt. In beiden Fällen wird die Betonoberfläche nicht ausreichend vorbereitet und der Feinmörtel wird aus angrenzenden Bereichen beim Reiben auf diese Bereiche gezogen, ohne eine innige Verbindung eingehen zu können. 3.2 Lokale Hohllagen Lokale Hohllagen sind in der Regel auf Konsistenzschwankungen der Betonlieferung zurückzuführen (s. Bild 3). Im Übergangsbereich zwischen einer steifen und einer weichen Lieferung bleibt dem Glättmitarbeiter nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Entweder der steife Bereich wird zu spät geglättet, wodurch es zu einer rauen Oberfläche kommt oder zu lange, wodurch es zu erheblichen Schwarzverfärbungen kommt (s. Bild 4), oder der Glättmitarbeiter „weckt“ diesen Bereich mit Wasser auf mit dem Risiko dünnschichtiger Hohllagen (s. Abschnitt 3.3), oder er bearbeitet die zu weiche Lieferung nicht lange genug, wodurch die Oberfläche rau bleibt, oder zu früh, wodurch es zu Vertiefungen/ Unebenheiten und bei Einstreuungen zu Hohllagen kommt (s. Bild 5). Hierbei handelt es sich um einen Folgefehler einer mangelhaften oder für Industrieböden ungeeigneten Betonlieferung ohne Zielmaß, da bei einer Lieferung nach Konsistenzklassen Unterschiede in den Einzellieferungen von bis zu 12 cm zulässig sind (z.B. F3 mind. 42 - 2 cm und max. 48 + 4 cm). Bild 3: Konsistenzschwankung, die zu unterschiedlichem schnellen Ansteifen und Erstarren führt Bild 4: Folgen der Konsistenzschwankungen sind Schwarzverfärbungen. Buch IB.indb 389 11.02.20 12: 54 390 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Ablösungen, Hohllagen und Rissbildungen bei geglätteten Industriefußböden Bild 5: Folgen der Konsistenzschwankungen sind Hohllagen. 3.3 Dünnschichtige Hohllagen Dünnschichtige Hohllagen zeichnen sich dadurch aus, dass sich eine reine Zementleimschicht ablöst. Derartige Schichten weisen ein helles Erscheinungsbild und eine stark erhöhte Porosität auf. Sie sind darauf zurückzuführen, dass die Oberfläche mit Wasser geglättet wurde. Bild 6: Dünnschichtige Hohllagen mit erhöhter Porosität (Hier Einglätten von Wasser bei einem Regenschaden). 3.4 Großflächige „neue” Hohllagen Die Glättarbeiten konnten bei diesem Schadenstyp aus Sicht der Glättmitarbeiter häufig ohne erkennbare Auffälligkeiten durchgeführt werden. Die Oberflächen weisen nach dem Ende der Nachbehandlung keine oder nur vereinzelte Auffälligkeiten/ Schäden auf. Mit fortschreitender Austrocknung der oberflächennahen Zone treten nach 3 bis 6 Monaten großflächig Hohllagen auf, die bisweilen eine Sanierung der vollständigen Bodenplatte auf vielen Tausend m² erfordern. Das typische Schadensbild besteht dabei aus einer Unzahl kleinerer und größerer Hohllagen, s. Bild 7, ohne erkennbare Verarbeitungsfehler auf der Oberfläche. Bild 7: Typisches Schadensbild. Unzahl kleinerer und größerer Hohlstellen. 3.4.1 Typische Erscheinungsbilder Typisch für die diese Art von Schäden ist, dass die Ablösung in einer gewissen Tiefe unterhalb der Einstreuung im Betongefüge selbst stattfindet, s. Bild 8 f. Bild 8: Ablösungen bei einem geglätteten Beton mit Luftporen (PCE) und Einstreuung. Ablösung im Betongefüge. Bild 9: Ablösungen bei einem geglätteten Beton mit unerwünschter Porenbildung (PCE) und Einstreuung. Ablösung (rot) unterhalb der Einstreuung (gelb) im Betongefüge. Poren mit Graphit eingefärbt. Buch IB.indb 390 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 391 Ablösungen, Hohllagen und Rissbildungen bei geglätteten Industriefußböden Häufig werden sehr geringe Oberflächenzugfestigkeiten (< 1 N/ mm²) trotz sehr guter Druckfestigkeit (≥ C30/ 37) beobachtet, die eine Sanierung mittels Fräsen nur schwer möglich machen. Typisch ist ferner, dass eine unerwünschte Porenbildung beobachtet wird. 3.4.2 Unerwünschte Porenbildung Gemeinsam für diese unerwünschten Porenbildung ist, dass der Großteil der Poren eine Größenordnung zwischen 0,3 mm und 1,0 mm aufweist. D.h. die Poren sind zu groß, um die Frost-Tausalz-Beständigkeit zu erfüllen, aber gleichzeitig zu klein, um beim baustellenüblichen Verdichten insbesondere sehr weicher (F4) Betone ausgetrieben werden zu können, s. Bild 10. Bild 10: Typische Porenverteilung bei unerwünschten Luftporen (PCE). Die Ursachen für eine unerwünschte Luftporenbildung sind noch nicht abschließend geklärt. Mögliche Ursachen sind in Tab. 1 genannt. Fließmittel Entschäumung unzureichend bzw. mangelhaft Zuschlag Waschhilfen/ Flockungsmittel Aluminiumabrieb Wasser Tensidhaltige Wässer Recyclingwasser (z. B. Mischerschutz, Mörtelzusätze Zement Mahlhilfsmittel Sekundärbrennstoffe Hoher Glühverlust Verschmutzung Silofahrzeug Zusatzstoffe SF-Zugabe (Klebstoff) Verpackungen (Zellulosebeutel) Unbeschichtete PP-Fasern Ungeeignete Eignungsprüfung Verdichtung ist auf Konsistenzklasse abzustimmen Tab. 1: Ursachen für unerwünschte Luftporenbildung Werden bei Einsatz von PCE-Fließmitteln Aspekte wie Verträglichkeit der eingesetzten Ausgangsstoffe, ausreichender Leimgehalt, Mindestmischzeiten oder Fließmitteldosierung nicht in angemessener Weise berücksichtigt ist eine mangelnde Mischungsstabilität beobachtet worden [2]. Die fehlende Robustheit gegenüber Rohstoffschwankungen wird häufig über die Aussteuerung des Wassergehaltes korrigiert, wenn die Sandsonden - wie häufig - auf Festwert eingestellt sind. Bild 11: Aussteuerung des Wassergehaltes in der Betonproduktion bei 30 Betoniertagen bei Verwendung eines PCE-Fließmittels. Durch bewusstes Weglassen der Entschäumer wurde in [3] beobachtet, dass der Gesamtluftporengehalt auf bis zu 7,4 Vol.-% ansteigt, der Mikroluftporengehalt erhöhte sich nur geringfügig von 1,0 auf 1,7 Vol.-%. Im Bauteil zeigte sich, dass auch eine sachgerechte Verdichtung mittels Innenrüttler zu keiner Verringerung des Gesamtluftporengehaltes führte. 4. Schadensmechanimus Bei Normalbetonen bilden sich mehr oder weniger homogene Betoneigenschaften über die Höhe aus. Die Einstreuung führt zu einer oberflächennahen Verfestigung und das Glätten zu einer weiteren Verringerung des geringen Porenraumes (s. Bild 12). Das Glätten von Luftporenbetonen (XF4) mit Einstreuungen ist nach Auffassung vieler Autoren z.B. / 4, 5, 6; 9/ nicht zielsicher möglich, da es dort zu Abplatzungen und Hohllagen kommt. Wie auch bei XF4-Betonen bildet sich bei ungeeigneten oder mangelhaften Betonen (mit PCE-Fließmitteln) eine oberflächennahe Schicht aus, die sich in ihren Eigenschaften im jungen (grünen) Alter vom darunterliegenden Kernbeton unterscheidet, ähnlich wie die Haut eines Vanillepuddings. Der Schadensmechanismus ist noch nicht abschließend wissenschaftlich geklärt. Aus den zahlreichen Schadensfällen, die der Autor bearbeitet hat, ergeben sich folgende Hinweise: - Es liegt ein Steifigkeitsunterschied vor zwischen der oberflächennahen Zone und dem Kernbeton (durch unterschiedliche Porengehalte; Verfestigung durch Buch IB.indb 391 11.02.20 12: 54 392 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Ablösungen, Hohllagen und Rissbildungen bei geglätteten Industriefußböden Einstreuung, Verdichtung durch Glätten, Austrocknung nach oben) - Betone mit erhöhtem Porengehalt weisen eine verstärkte ungleichmäßige Austrocknung der oberflächennahen Zone auf. - Betone mit sehr gutem Zusammenhalt (klebrige Konsistenz) weisen häufig gar kein Bluten auf, was zu einer verstärkten ungleichmäßigen Austrocknung der oberflächennahen Zone führt (Elefantenhaut). - Beim dynamischen Glätten mit Duo-Glättern werden dynamische Kräfte aufgebracht - Die horizontalen Schubkräfte können zu Verschiebungen der oberflächennahen Zone in der Grenzschicht führen (s. Bild 13) - Die vertikalen Kräfte führen zum Austreiben der Poren im oberen Bereich und zum wiederholten Komprimieren und Expandieren in der Grenzschicht. - Der Kernbeton weist (noch) ein thixotropes Verhalten auf und verflüssigt beim Einbringen der Glättenergie, wodurch Verschiebungen möglich sind. - Dies alles führt zur Ausbildung einer schwachen Zone im Betongefüge, deren Verschiebungen bereits vor dem eigentlichen Erhärten entstanden sind. Bild 12: Schematische Darstellung des Glättens von Normalbeton und Beton mit unerwünschten Luftporen oder LP-Beton Bild 13: Rissbildungen durch horizontalen Schub beim Glätten von LP-Beton 5. Empfehlungen Im Allgemeinen wird Transportbeton verwendet. Die Bestellung nur nach Expositionsklassen (Beton nach Eigenschaften) ist für Industriebodenbeton nur bedingt zielführend. Neben den Expositionsklassen sollten daher die in Tab. 2 genannten Grenzwerte eingehalten werden. Aus dem Betonsortenverzeichnis kann dann eine entsprechende Betonrezeptur ausgewählt werden. Eine Eignungsprüfung ist stets durch das Betonwerk durchzuführen. Bei ausreichender Erfahrung des Betonwerks hinsichtlich der Festigkeitsentwicklung können bereits Frischbetonprüfungen die wesentlichen Informationen liefern und daher auch noch kurz vor Ausführung durchgeführt werden. Um Produktionsschwankungen rechtzeitig entdecken zu können, sollten Lieferscheine mit Soll-/ Ist-Angabe der Einwaagen (ZTV-K-Lieferscheine) verwendet werden. Die nachträgliche Wasserzugabe auf der Baustelle (auch mit entsprechendem Vorhaltemaß) sollte ausgeschlossen werden. Zement CEM I (CEM II; CEM III) 320 kg/ m³, ≤ 350 kg/ m³ Wasser ≤ 165 kg/ m³ w/ z-Wert ≤ 0,55 (0,50) Mehlkorngehalt ≤ 360 kg/ m³ Feinstsandgehalt ≤ 430 kg/ m³ Zuschlag 0/ 2 ≤ 30 M.-% Sieblinie A/ B LP-Gehalt < 1,5 Vol.-% Erstprüfung < 2,5 Vol.-% Baustelle Konsistenz (T Ende) 48 +- 2 cm (Zielmaß) Frischbetontemperatur 10 - 25 °C Bluten 2 - 3 (5) ltr/ m² Ansteifen (Glättbeginn) 3 - 6 h (20°C/ 65 % r.F.) Tab. 2: Empfohlene Betonzusammensetzung für Industrieböden Buch IB.indb 392 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 393 Ablösungen, Hohllagen und Rissbildungen bei geglätteten Industriefußböden Eine Überwachung des Betons auf der Baustelle ist zu empfehlen. Dabei sollte neben dem Ausbreitmaß und der Druckfestigkeit auch folgende Eigenschaften kontrolliert werden: - Bluten - LP-Gehalt (auch bei Normalbeton) - Wassergehalt mittels Darren Der Schutz des jungen Betons vor Witterungseinflüssen für Industrieböden sehr wichtig. Hierzu gehören ausreichende Temperaturen und r.F. und die Vermeidung von Zugluft sowie direkte Sonneneinstrahlung (Fensterfronten und Lichtkuppen). Je nach Umgebungsbedingungen und Verhalten des Betons (Bluten, Zeit bis Glättbeginn) kann eine Zwischennachbehandlung erforderlich sein. Im Schadensfall sieht das Lieferwerk die Verantwortlichkeit in der Regel bei den Betoneinbauern, da diese den Beton nicht ausreichend verdichtet hättet oder bei den Glättmitarbeitern, weil diese nicht zum richtigen Zeitpunkt geglättet oder unzureichend zwischen- und nachbehandelt hätten. Zumindest ersteres lässt sich durch einen Verarbeitungsversuch verifizieren, bei dem der Beton wie auf der Baustelle geliefert und a. gar nicht, b. gemäß Baustellenangaben und c. ggfs. gemäß Auffassung eines Sachverständigen sach- und fachgerecht verdichtet wird. Entstehen auch bei a) keine unerwünschten Poren wies die damalige Lieferung eine mangelhafte Nebenwirkung auf. Entstehen unerwünschte Poren und lassen sich gemäß b) und c) nicht austreiben, weist der Beton immer eine mangelhafte Nebenwirkung auf. Wenn sich die Poren bei üblicher Verdichtung austreiben lassen, lag ein Verarbeitungsfehler vor. Literatur [1] Weigler, H. Beton, Arten - Herstellung - Eigenschaften, 1989 [2] Bundesanstalt für Wasserbau: BAW Brief 01/ 2015 Probleme mit der Mischungsstabilität von Beton [3] Krell, J.; Fischer, P.: Glätten von Industrieböden aus Beton mit erhöhten Luftgehalten, beton 12/ 2017 [4] Deutsche Bauchemie: Anwendung von Fließmitteln auf PCE-Basis im Industriebodenbau, 2011 [5] Wiegrink, K.-H.: Einsatz von Zusatzmitteln im Industriebodenbau, TA Esslingen, 2010 [6] Wiegrink, K.H.; Roos, F.: Schäden bei Betonböden aus LP-Beton, TA Esslingen, 2007 [7] Breitenbücher, R.; Siebert, B.: Zielsichere Herstellung von Industrieböden mit Hartstoffschichten. Schlussbericht DBV 249, Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein e.V., 2005 [8] DBV-Merkblatt Besondere Verfahren zur Prüfung von Frischbeton (Special testing methods for fresh concrete), Deutscher Beton- und Bautechnik-Verein e.V., 2007 [9] Lohmeyer, G.; Ebeling, K.: Betonböden für Produktions- und Lagerhallen [10] VÖZ: Leitfaden monolithische Bodenplatten Buch IB.indb 393 11.02.20 12: 54 Buch IB.indb 394 11.02.20 12: 54 Beläge Buch IB.indb 395 11.02.20 12: 54 Buch IB.indb 396 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 397 Magnesia-Estrich - Nachruf auf den „König der Estriche“ oder Hinweis auf einen unverzichtbaren Problemlöser? Walter Böhl Sachverständigenbüro für Fußbodenbau, 71334 Waiblingen 07151-31629 www.industriebodensachverstaendiger.de Zusammenfassung Magnesia-Estriche als Industrieböden waren bis Mitte der 1980er Jahre der „Industrieboden“ schlechthin und wurden in Estrichlegerkreisen als „König der Estriche“ bezeichnet. Mit der Perfektionierung monolithischer Betonböden sind sie aus dem Neubaubereich nahezu vollständig verschwunden. Trotzdem, es wäre töricht diese Estriche einfach zu vergessen. Sie bieten noch heute Problemlösungen an, die so mit keinem anderen mineralischen Baustoff zu lösen sind. 1. Historie 1855 erfand der französische Chemieingenieur Stanislas Sorel die Magnesiabindung, das war gerade einmal 10 Jahre nachdem Isaak Charles Johnson den Portlandzement mit bis zur Schmelze gebranntem Klinker erfunden hatte. Wilhelm Michaelis, der 1868 die erste Dissertation über Portlandzement vorlegte, beschrieb dort auch die Magnesiabindung wie folgt: „… wenn die Magnesia mit einer ziemlich concentrierten Lösung von Chlormagnesium angemacht wird, wie Sorel zuerst zeigte. Alsdann vermag sie in Bezug auf die verkittende Eigenschaft, durch Bildung basischen Oxychorürs, das Äusserste zu leisten; mehr als von jedem anderen hydraulischen Mörtel, die vorzüglichsten Portland-Cemente nicht aus-genommen“ [W. Michaelis - Die hydraulischen Mörtel - Seite 45, 46, Leipzig 1869]. Die außerordentlich gute verkittende Eigenschaft mit allen denkbaren Stoffen, insbesondere nicht nur mit Stein sondern auch mit Holz und anderen Materialien, ermöglicht es mit der Magnesiabindung so unterschiedliche Dinge wie Schleifscheiben, Isolierplatten, Bauelemente und Estriche mit sehr unterschiedlichen Eigenschaften vom Steinholz bis zu extrem verschleißfesten Industrieboden herzustellen. Bild 1: Magnesiagebundene Schleifscheibe. Bild Boreway, China. Bild 2: Details eines Tektonhauses in Zürich. Bild Schweizer Bauzeitung. Vom Anfang des vergangenen Jahrhunderts bis zu den 90er Jahren war der Magnesia-Estrich der Industrieboden schlechthin. Zuerst in Form von Steinholz ab den 1950er Jahren zunehmend mit mineralischen Zuschlägen. Heute werden eigentlich nur noch mineralische Zuschläge verwendet. Trotz hoher Festigkeit weist der Magnesia-Industrieboden eine angenehm warme und schmeichelnde Haptik auf. Der Magnesia Industrieboden verliert Mitte der 1980er seine dominierende Rolle als Industrieboden Buch IB.indb 397 11.02.20 12: 54 398 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Magnesia-Estrich - Nachruf auf den „König der Estriche“ oder Hinweis auf einen unverzichtbaren Problemlöser? Grund dafür ist die perfektionierte Herstellung monolithischer Betonböden und die damit verbundene enorme Kosten- und Zeiteinsparung. Es ist heute nicht mehr vorstellbar, dass zuerst ein Betonboden eingebaut wird und erst vier Wochen später darauf ein Estrich verlegt wird. Bild 3: Steinholzboden im Bauhaus in Dessau, Werkstatt, 1925. Bild Bauhaus Archiv. Bild 4: Magnesia Industrieboden ca. 1900 in einer Spinnerei. Bild aus einem Prospekt der Leipziger Steinholzwerke. Bild 5: 1960 - Magnesia Industrieboden in der Glas Gogomobilfabrik, Dingolfi ng, heute BMW. 1.1 Trotzdem, man sollte ihn nicht vergessen In vielen Fällen bietet der Magnesia-Estrich bzw. Industrieboden die optimale Problemlösung. Man sollte ihn deshalb nicht einfach vergessen, sondern in planerische Überlegungen einbeziehen. Bei ganz objektiver Betrachtung und Abwägung aller Umstände wird man feststellen, dass er oft gegenüber Kunstharz und zementären Systemen die technisch bessere und kostengünstigere Lösung darstellen wird. Um dem Vergessen entgegen-zuwirken werden hier die Eigenschaften und Möglichkeiten eines Magnesia-Industriebodens beschrieben. Das kann nur in begrenztem Umfang geschehen. Zögern sie deshalb nicht Beratung anzufordern. 1.2 Eigenschaften von Magnesia-Industrieböden heute Für ein mineralisches Bindemittel sehr günstiger E-Modul. Staubfrei ohne zusätzliche Ober-fl ächenbehandlung. Schnelle Erhärtung und hohe Frühfestigkeit. Benutzbar nach einem Tag. Sicherer Verbund auch auf „schlechten“ für andere Industriebodensysteme kritischen Untergründen. Erdableitwiderstand für ESD- und EX-Bereiche auch unter ungünstigen (trockenen) Klima-bedingungen ohne zusätzliche Beschichtung. Gleichmäßige Ableitung an allen Messstellen. Farblich gestaltbar ohne Festigkeitseinbußen. Nicht brennbar. 1.3 Anwendung im Sanierungsbereich Im Sanierungsbereich ist er Magnesiaestrich meistens die zweckmäßigste, sicherste und preisgünstigste Lösung. Kein anderes mineralisches Verbundestrichsystem deckt dabei eine so große Bandbreite von Anforderungen ab und stellt dabei so wenige Anforderungen an die vorhandenen Untergründe. Durch seine besonders schnelle Festigkeitsentwicklung eignet sich der Magnesia-Industrieboden besonders für Sanierungen im laufenden Betrieb und am Wochenende. 1.4 Anwendung im Neubau Beim Neubau von Betonbodenplatten wurden Verbundestriche mittlerweile weitgehend durch monolithische Oberfl ächenbearbeitung ersetzt, wodurch sich Kosten und Zeit einsparen lassen. Magnesia-Industrieestriche werden dort vorgesehen, wenn die monolithische Ausführung aus Gründen des Bauablaufs (z.B. Witterungsrisiko bei Geschoßdecken) einen späteren Einbau erforderlich macht oder besondere Anforderungen gestellt werden, die durch Betonböden nicht zu erfüllen sind z.B.: Sehr hohe Ebenheitsanforderungen z.B. im Bereich von Schmalgangregalanlagen. Bei Anforderungen an die Erdableitfähigkeit (ESD und EX) auch bei sehr trockenem Raumklima. Frei von Schwund- und Krakeleerissen auch nach vielen Jahren. Buch IB.indb 398 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 399 Magnesia-Estrich - Nachruf auf den „König der Estriche“ oder Hinweis auf einen unverzichtbaren Problemlöser? Besondere optische Anforderungen (Einfärbung). Siehe BEB Hinweisblatt „Bewertung der Optik von Magnesiaestrichen mit sichtbarer direkt genutzter Oberfläche“ 1.5 Chemische Eigenschaften Magnesia-Industrieestrich wurden bei einem einjährigen Lagerversuch (FMPA Stuttgart-Chemisch-Technisches Prüfamt) untersucht. Dabei wurde festgestellt, das Magnesia-Industrieestriche beständig sind gegenüber: Mineralöle, tierische- und pflanzliche Fette, Lösemittel (z.B. Aceton, Toluol, Benzin, Xylol, Ethylenacetat usw.), Wachs, Parafin. Magnesiaestriche sind für Bereiche mit dauernder oder regelmäßige Wasserbeanspruchung nicht geeignet. Beanspruchung z.B. durch regelmäßige Nass-reinigung oder gelegentliche Wasser-einwirkung ist unschädlich. Die Verlegung auf Betonbodenplatten gegen Grund, ohne Abdichtung, ist üblich. Restfeuchte im Beton ist unschädlich. Magnesia-Industrieböden dürfen auf solchen Untergründen nicht mit Beschichtungen oder Belägen versehen werden, deren sd-Wert über 10 m liegt. Die Widerstandsfähigkeit gegenüber einer zeitweisen Wassereinwirkung kann durch Zusatz-mittel/ Zusatzstoffe und geeignete Pflegemittel erhöht werden. 1.6 Mechanische Eigenschaften Mit Magnesia-Industrieestrichen sind alle in der DIN 18560-7 definierten Beanspruchungsgruppen und Festigkeitsklassen herstellbar. Darüber hinaus-gehende Festigkeiten sind in Sonderfällen möglich. Beanspruchungsgruppe Bezeichnung Bereifungsart I schwer Stahl, Polyamid II mittel Urethanelastomer (Vulkollan) III leicht Elastikbereifung Luftbereifung Gruppen mechanischer Beanspruchung Beanspruchungsklasse nach Tabelle 1 Biegezugfestigkeitsklasse (N/ mm²) Oberflächenhärte Nennwert N/ mm² I schwer F 11 SH 200 II mittel F 10 SH 150 III leicht F 8 SH 100 Der Beanspruchungsgruppe zugeordnete Festigkeitsanforderungen In DIN 18560 - Teil 7, werden entsprechend der Bereifungsart der zum Einsatz kommenden Flurförderzeuge Beanspruchungs-gruppen festgelegt und diesen für die einzelnen Estricharten Festigkeitsanforderungen zugeordnet. Dies ist für Planer eine deutliche Hilfe, da nur die Beanspruchungsgruppe festgelegt werden muss. Die Norm regelt dann die einzelnen Festigkeits-anforderungen für die unterschiedlichen Estricharten (deren Prüfung nicht immer vergleichbar ist). Dem Planer kann geraten werden nur die Beanspruchungsgruppen anhand der zu erwartenden Bereifung festzulegen. Er vermeidet so Fehler in den doch nicht unkomplizierten Prüfnormen. Diese Regelung geht auf ein Forschungsprojekt bei der FMPA Baden-Württemberg und dem Institut für Fördertechnik der Universität Stuttgart zurück. Dabei wurde festgestellt, dass die auf den Fußboden einwirkenden Pressungen nichts mit der Radlast zu tun hat, sondern mit der Einfederung der Bereifung und mit Einwirkungen aus der Dynamik. Bei diesen Versuchen wurden die Verschleiß-eigenschaften von Zementestrichen, zement-gebundenen Hartstoffestrichen, Gußasphalt und Magnesiaestrichen verglichen. Die Magnesia-estriche erreichten dabei die besten Ergebnisse. Anders als bei zementgebunden Hartstoffestrichen traten bei dem Versuch keine Kornausbrüche (Schlaglochbildung) auf. Die Oberfläche blieb glatt. Die in Tabelle 1 der DIN 18560-7 beschriebenen Beanspruchungsgruppen orientieren sich an den Pressungen unter den unterschiedlichen Bereifungsarten. Die Pressungen sind weitgehend unabhängig von der Last. Bild 5: Aufstandsflächen unterschiedlicher Bereifungen (Institut für Fördertechnik Stuttgart) 1.7 Allgemeine Hinweise zur Anwendung Magnesia-Industrieestrich haben sich seit Jahrzehnten für die Nutzung im Bereich von folgenden, beispielhaft angeführten, industriellen Nutzungsbereichen bewährt: - Metallbearbeitung (spanabhebend, Umformtechnik, Metallbau) - Montage - Papier und Druck - Holzverarbeitung - Kunststoffverarbeitung Buch IB.indb 399 11.02.20 12: 54 400 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Magnesia-Estrich - Nachruf auf den „König der Estriche“ oder Hinweis auf einen unverzichtbaren Problemlöser? - Elektronik, Energietechnik - Automobilbau Automotive - Logistik (auch Sonderanforderungen für Schmalganganlagen, Luftkissen, FTS, Autostore - Textil (Spinnerei, Weberei, Näherei usw.) Magnesia-Industrieböden sind ungeeignet für: Nassbereiche aller Art (Getränkeabfüllung, Kellerei, Fleischerei) 2. Allgemeine Hinweise zur Anwendung 2.1 Anwendung im Neubau Als Untergrund eignet sich Beton, Stahlbeton, Stahlfaserbeton und Walzbeton. Die zu belegenden Bereiche müssen gegen Witterungseinflüsse geschützt sein. Der Beton sollte zum Zeitpunkt der Verlegung ca. 3 bis 4 Wochen alt und augenscheinlich trocken sein. Luft- und Untergrundtemperatur sollte über 5°C betragen. Temperatur und Luftfeuchtigkeit müssen so sein, dass keine Taupunktunterschreitung möglich ist. Es sollte Luftbewegung vorhanden sein. Direkt an den Estrich angrenzende Stahl- und Aluminiumteile müssen mit einem wirksamen Korrosionsschutz versehen sein. Der frisch verlegte Estrich darf nicht abgedeckt werden. Der Estrich ist bei normaler Temperatur (20°C/ 60% rel. LF) nach einem Tag begehbar und mit Urethanelastomerrädern (Beanspruchungsgruppe II) nach 2 Tagen befahrbar. Verlegeleistung je nach Baustellenorganisation 400 bis 600 m² am Tag. Fugen des tragenden Untergrundes aus Beton müssen geradlinig und scharfkantig sein (BEB Hinweisblatt Fugen in Industrieestrichen beachten). Hinweise zu Sanierungen Besonders günstig ist die schnelle Erhärtung. Eine Nachbehandlung ist nicht erforderlich. Die Anforderungen an den Untergrund sind gegenüber anderen Industriebodenmaterialien relativ gering. Eine Oberflächenzugfestigkeit von 0,8 N/ mm² ist ausreichend. Der Untergrund muss für die zu erwartende Belastung ausreichend tragfähig sein. Mögliche Untergründe sind: - Beton, Stahlbeton, Stahlfaserbeton, Walzbeton - Verbund- und schwimmende Estriche aus Zement, Calciumsulfat, Magnesia, Steinholz - Holzdielenboden - Fliesen (Steinzeug, Spaltklinker usw.) 2.2 Hinweise zur Anwendung in Lagersystemen mit Schmalgangstaplern Wegen der besonderen Materialeigenschaften sind Magnesia-Industrieböden für Schmalganglager-bereiche besonders geeignet. Mit keinem anderen Industriebodensystem bestehen so lange positive Anwendungserfahrungen. Die Anwendung spezieller Ausführungsverfahren ist jedoch Voraussetzung. 2.3 Instandhaltung Eine Oberflächenbehandlung ist grundsätzlich nicht erforderlich. Wie bei jedem mineralischen Baustoff werden durch die Austrocknung der Baustoffschichten, einschließlich Untergrund wasserlösliche Mineralien an der Oberfläche als Ausblühungen abgelagert. Diese werden durch die Nutzung in der Regel von alleine abgetragen. Bild 6: Magnesiaestrich im Schmalganglager. Durch eine Soforteinpflege (Wachs- oder Polymerdispersion) werden Ausblühungen reduziert und die Anschmutzung verringert. Die technischen Eigenschaften werden dadurch nicht verändert. Bei höheren Anforderungen an die optische Wirkung können, nach frühestens zwei bis vier Wochen bzw. nach ausreichender Trocknung, Verschmutzungen durch den Baubetrieb und Ausblühungen durch eine Grundreinigung beseitigt werde. Danach kann eine Einpflege oder Imprägnierung mit auf das Material und die Nutzung abgestimmten Produkten ausgeführt werden. 2.4 Magnesiaestriche als Architekturelement Neben der vorstehend beschriebenen Anwendung als Industrieboden werdend Magnesiaestriche zunehmend als Architekturelement eingesetzt. Mittlerweile wurde auch ein selbstverlaufender Estrich, der ca. 7 mm dick ausgeführt wird und auch im optisch sehr anspruchsvollen Bereich ausgeführt werden kann, entwickelt. Gegenüber kunstharz-modifizierten zementären Massen weist dieser Magnesiaestrich, der heute unter dem Begriff „venezia- Buch IB.indb 400 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 401 Magnesia-Estrich - Nachruf auf den „König der Estriche“ oder Hinweis auf einen unverzichtbaren Problemlöser? nischer Steinboden“ ausgeführt wird, überlegene mechanische Eigenschaften auf. Die Oberfl äche kann auch terrazzoartig geschliffen werden. 2.5 Entsorgung Abgesehen von mit problematischen Stoffen verunreinigten Estrichen, enthalten Magnesia-estriche keine Schadstoffe. Sie können je nach Ergebnis der Deklarationsanalytik auf Deponien der Klasse I oder II abgelagert werden. Anderslautende „Informationen“ über exorbitante Entsorgungs-kosten sollte man erst einmal kritisch hinterfragen. Bild 7: Magnesiaestrich in einem Goldschmiede-geschäft. Bild P&K Flooringgroup Bild 8: Magnesiaestrich im Eingangsbereich und Pausenhalle eines Gymnasiums Bild 9: Magnesiaestrich unter der Bezeichnung „Pietra di Venezia“ bzw. „Venezianischer Steinboden“. Bild Kraus Kreativwerkstatt. Literatur [1] Entwurf - BEB Hinweisblatt - Hinweise für Planung und Ausführung von Magnesia-Industrieestrichen nach DIN 18560 Teil 7: Hochbeanspruchbare Estriche (Industrieestriche) im Neubau und bei der Sanierung. [2] DIN 18560-7; Estriche im Bauwesen - Teil 7 Hochbeanspruchbare Estriche (Industrieestriche) [3] Steckbrief 25.2 Landesamt für Umwelt, Messungen und Naturschutz, Baden-Württemberg LUBW [4] Böhl; Estrichgeschichte - Estriche im Wandel der Zeiten, Holzmann Medien Buch IB.indb 401 11.02.20 12: 54 Buch IB.indb 402 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 403 Bodensysteme aus Kautschuk in der Life Science Industrie Frank Bähr nora systems GmbH, Weinheim, Deutschland Zusammenfassung In Laboren und auf Produktionsflächen der pharmazeutischen Industrie werden verschiedene Bodentypen aus unterschiedlichen Beweggründen eingesetzt. Mal bilden vorausgehende umfangreiche, teils wissenschaftliche Untersuchungen, ein anderes Mal die Erfahrungen der am Projekt Beteiligten die Entscheidungsgrundlage für die Auswahl des Bodensystems. Wie sich die Eigenschaften von Kautschukböden vorteilhaft in verschiedenen Anwendungsbereichen der Life Science Industrie nutzen lassen, wird anhand von Beispielen konkret vorgestellt. 1. Anforderungen an Bodensysteme Regelwerke und was sie vom Boden verlangen. 2. Eigenschaften Wie Nutzer, Betreiber und Facility Management die Vorteile von Kautschukböden nutzen können. 3. Projektbeispiele Konkrete Anwendungsfälle Buch IB.indb 403 11.02.20 12: 54 Buch IB.indb 404 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 405 Stahlankerplatten - eine Lösung für extreme Beanspruchung von Industrieböden Dipl. Ing. (FH) Dirk-Uwe Spengler, Waldemar Holeczek BTE stelcon GmbH, Germersheim, Deutschland I BTE stelcon Handel GmbH, Mülheim/ Ruhr, Deutschland Zusammenfassung Die Stahlankerplatte ist die perfekte Wahl, wenn es um Bodensysteme für Industrie, Gewerbe und Handel geht, die extremen Beanspruchungen ausgesetzt sind. Ob Lager, Ladenfläche, Werkstattboden oder Maschinenhalle - überall dort, wo extreme Anforderungen an einen Boden gestellt werden, bieten die Stahlankerplatten die passende Lösung. Mit Stahlstärken von 3 mm bis 5 mm halten die praktisch bruch- und abriebfesten Böden den härtesten industriellen Anforderungen stand. Auch bei massiven Beanspruchungen durch Stoß und Schlag oder beim Transport von kleinvolumigen Lasten mit hohen Gewichten, weist dieser Flächenbelag eine hohe Dauerbeständigkeit auf, da es praktisch keine Abnutzungseffekte gibt. Die Stahlankerplatten gibt es in allen gängigen Stahlqualitäten, von St37 unbehandelt „schwarz“ über verzinkten bis hin zur Edelstahlausführung in V4A und können somit in allen Industriezweigen eingesetzt werden. Jede Investition in einen Bodenbelag mit Stahlankerplatten, die mit dem Untergrund fest verankert sind, wird mit der Überlegung nach Dauerhaftigkeit, Langfristigkeit und werterhaltend getroffen. 1. Historischer Abriss im Zuge der wachsenden Industrialisierung vor fast 100 Jahren stellte sich heraus, dass die herkömmlichen Bodenbeläge den immer stärker werdenden betrieblichen Belastungen nicht standhalten und zerstört werden. Aus diesem Grund entwickelte Herr Fritz Ebener auf Anregung des Prof. Dr.-Ing. Kleinlogel im Jahr 1919 ein Verfahren, das Stahlkörner bzw. gekörntes Gusseisen in Verbindung mit Zement zu einem hochbeanspruchbaren Bodenbelag für die Industriebetriebe verarbeiten lies. Durch den ungemeinen sehr hohen Bedarf an belastbaren Industrieböden wurde das Verfahren fast zu einem Selbstläufer und erweckt auch im Ausland schnell ein großes Interesse. Durch die Internationalisierung bestand die Notwendigkeit, eine Kennzeichnung zu finden, die sich überall gut einprägen ließ. Aus diesem Anlass wurde der Name „S T E L C O N“ (eine Wortkombination aus dem Englischen von „steel“ für Stahl und „concrete“ für Beton, wo aus „steel“ - „stel“ und aus „concrete“ - „con“ = „stelcon“ - wurde) geboren und als Markennamen eingetragen. Durch die ständige Marktbeobachtung zeigte sich, dass auch diesen Industrieböden Grenzen gesetzt sind und bei Anforderungen durch sehr schwere Stoß- und Schlageinwirkung versagen. Um diese Lücke im Industriebodenbau zu schließen, wurde durch Herrn Fritz Ebener im Februar 1928 die Stahlankerplatte erfunden und unter dem Markennamen „stelcon - Ankerplatte“ eingeführt und vertrieben. Bild 1: Verkaufsbild für Stahlankerplatten der Marke „stelcon“ in den 1930er Jahren (Quelle: BTE stelcon GmbH) 10.3 Spengler.indd 405 12.02.20 12: 48 406 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Stahlankerplatten - eine Lösung für extreme Beanspruchung von Industrieböden Bild 2: Werbeprospekt für Stahlankerplatte in den 1930er Jahren (Quelle: BTE stelcon GmbH) Teilweise sieht man heute noch Flächen in alten traditionellen Industriegebäuden, welche mit Stahlankerplatten der ersten Stunde belegt sind und immer noch die Belastungen der unterschiedlichsten Betriebsabläufe tragen. Erkennbar sind diese Platten mit dem geschwungenem Die erste Generation der Stahlankerplatten wurde durch die damaligen technischen Möglichkeiten an den Seitenkanten gebogen, Bild 3: Herstellung Stahlankerplatten 1934, links „stanzen“, rechts „abkanten“ (Quelle: BTE stelcon GmbH) so das eine abgerundet Fugenkante entstand. Bild 4: Schnitt Stahlankerplatte abgerundet Typ A (Quelle: BTE stelcon GmbH) 10.3 Spengler.indd 406 12.02.20 12: 48 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 407 Stahlankerplatten - eine Lösung für extreme Beanspruchung von Industrieböden Bild 5: Ausführung Stahlankerplatte abgerundet (Quelle: BTE stelcon GmbH) Die Entwicklung und der Einsatz von kleinrädrigen Flurförderfahrzeugen führte dazu, dass der Bedarf der Kunden nach einer schmaleren Fuge größer wurde und Stelcon wieder nach einer technischen Lösung suchte. So wurde im Jahr 1960 die bisher abgerundete Stahlankerplatte (Typ A) durch den scharfkantigen Typ S ergänzt. Mit dieser Ausführung ist eine fast fugenlose Verlegung der Stahlankerplatten möglich. Bild 6: Schnitt Stahlankerplatte scharfkantig Typ S (Quelle: BTE stelcon GmbH) Bild 7: Ausführung Stahlankerplatte scharfkantig (Quelle: BTE stelcon GmbH) Damals wurde die Deckelplatte und die seitlichen Stege separat gestanzt und anschließend mit einem damals innovativen Schweißroboter verschweißt. In den weiteren Jahren wurde die Produktpalette mit verzinkten Normstählen und Edelstählen erweitert und die Trittsicherheit durch aufgewölbte Ankerlöcher von R10 auf R11 erhöht. Ein weiterer innovativer Entwicklungsschritt wurde 2003 erreicht, in dem man bei der Investition eines neuen Presswerkzeugs die scharfkantige Platte „aus einem Stück“ herstellen konnte und somit der Schweißvorgang entfiel. Hierdurch erreicht man eine zusätzliche Stabilität der Platte, welche voll satt in einem hochwertigen Mörtelbett verlegt werden kann. Bild 8: Endmontage Servopresse MSP2-800 (Quelle: Schuler Pressen GmbH) Seit 2016 ist der Typ S auch in V4A-Edelstahl erhältlich, da auch hier die Anforderungen der Lebensmittel- und Chemischen Industrie gestiegen sind. 10.3 Spengler.indd 407 12.02.20 12: 48 408 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Stahlankerplatten - eine Lösung für extreme Beanspruchung von Industrieböden Bild 9: Stahlankerplatte Typ A, verzinkt, R 10 (Quelle: BTE stelcon GmbH) Bild 10: Stahlankerplatte Typ S, V2A, R 11 (Quelle: BTE stelcon GmbH) 2. Systemblick auf die Bauweise der Stahlankerplatten Durch die Möglichkeit, die abgerundete Platte mit dem stabilen Steg „Typ A“ und einer etwas breiteren Fuge oder die fugenschmalere Platte des „Typ S“, die fast fugenlos verarbeitet werden kann, können alle handelsüblichen Flächenbelastungen abgetragen werden. Stahlankerplatten werden für ein gängiges Rastermaß in 300 x 300 mm hergestellt. Die konstruktionsbedingte Bauhöhe von 25 mm ermöglicht den Einbau mit einer geringen Systemhöhe von mindestens 40-50 mm im Mörtelbett oder mind. 30 mm im Epoxidharz. Die Materialstärke von 3 - 5 mm deckt alle Punktbelastungen der härtesten industriellen Anforderungen ab, wobei erfahrungsgemäß schon mit 3 mm alle Belastungsanforderungen erfüllt werden können. Die 33 Ausstanzungen bewirken zum einen, dass die Platte voll satt und ohne Hohlstellen im Mörtelbett liegt und die 33 Stahlanker sich mit den Einbaumaterial verkrallen. Die mit Mörtel gefüllten Ankerlöchern erreichen eine Rutschhemmung von R10. Durch eine aufgewölbte Öffnung, siehe Bild 11, wird eine trittsichere Variante mit einer Rutschhemmung von R11 ausgebildet. Bild 11: Stahlankerplatte mit aufgewölbter Öffnung für Rutschhemmung R 11 (Quelle: BTE stelcon GmbH) Sämtliche Stahlankerplatten werden in den gängigen Materialqualitäten hergestellt. Beginnend von St37 unbehandelt, über verzinkt bis hin zu Edelstahl in V2A oder V4A. So gibt es keinen Einsatzfall, der nicht mit den Stahlankerplatten ausgelegt werden kann. 3. Anforderungen an die Stahlankerplatten Die Anforderungen an die Stahlankerplatten sind in den vergangenen Jahrzehnten stetig gewachsen. Auch bei massiven Beanspruchungen durch Stoß und Schlag oder beim Transport von kleinvolumigen Lasten mit hohen Gewichten, weist dieser Flächenbelag eine hohe Dauerbeständigkeit auf, da es praktisch keine Abnutzungseffekte gibt. Mit den oben beschriebenen technischen Eigenschaften gelten die Stahlankerplatten bis heute als praktisch bruch- und abriebfest und halten den härtesten industriellen Anforderungen stand. Zur Verdeutlichung der verschiedensten Anwendungsmöglichkeiten sind nachfolgend repräsentative Beispiele bildlich aufgeführt: 10.3 Spengler.indd 408 12.02.20 12: 48 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 409 Stahlankerplatten - eine Lösung für extreme Beanspruchung von Industrieböden Bild 12: Firma Volkswagen (Quelle: BTE stelcon GmbH) Bild 13: Firma Caterpillar, Laatzen (Quelle: BTE stelcon GmbH) Bild 14: Lagerfläche für Flachstahlcoil (Quelle: BTE stelcon GmbH) Die Vorteile für den Einsatz von Stahlankerplatten als Bodenbelagsschutz für extreme Belastungen haben sich über die Jahrzehnte nicht verändert und sind: • extrem belastbar (Stoß-; Schlag-; und Rollbewegungen) • robust und nahezu unverwüstlich • Höchstmaß an Sicherheit durch unbegrenzte Lebensdauer • nahezu keine Nutzungsausfälle durch Reparaturarbeiten • kein Abrieb und somit staubfrei • gleichbleibende und höchste Maßhaltigkeit • trittsichere Ausführung in R 11 Auch ist der Einsatz von Stahlankerplatten nicht nur für den großflächigen Verbau von Vorteil, wie im nachfolgenden Bild dargestellt, Bild 15: Flächenbelage für Schwerlaststapler (Quelle: BTE stelcon GmbH) auch der Einsatz für selektive Schutzmaßnahmen, wie zum Beispiel für den Übergang unterschiedlicher Bodenbeläge innerhalb einer Fläche, den Anschluß von Dehnungsfugen oder dem Gebäudeübergang von Außenzum Innenbereich, dienen die Stahlankerplatten als Schutzbereich für Dauerhaftigkeit und Langlebigkeit. Nachfolgend sind einige Anwendungsmöglichkeiten bildlich dargestellt. 10.3 Spengler.indd 409 12.02.20 12: 48 410 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Stahlankerplatten - eine Lösung für extreme Beanspruchung von Industrieböden Bild 16: Übergang von unterschiedlichen Bodenbelägen als Kantenschutz (Quelle: BTE stelcon GmbH) Bild 17: Dehnungsfugenübergang (Quelle: BTE stelcon GmbH) Bild 18: Gebäudeübergang Innenzu Außenbereich (Quelle: BTE stelcon GmbH) 4. Herstellung und Verlegung eines Industriebodens mit Stahlankerplatten Es muss sichergestellt sein, dass die bauseits vorhandene Tragbetonplatte den betrieblichen Belastungen standhält. Eventuell ist auch eine Prüfung der Oberflächenzugfestigkeit (≥1,5 N/ mm²) notwendig. Die erforderliche Systemhöhe, siehe Bild 18, beträgt mind. 40 mm, besser 50 mm, um die Stahlankerplatte mit den Ausstanzungen satt im Mörtelbett eindrücken zu können, um einen vollflächigen Haftverbund zwischen Unterboden und Mörtel herzustellen. Für einen guten Haftverbund sollte der Untergrundboden eine gewisse Rauigkeit aufweisen. Diese Rauigkeit vom Untergrund wird in der Regel durch Abfräsen oder Kugelstrahlen erreicht. Bild 19: Systemaufbau für die Verlegung von Stahlankerplatten im Mörtel-/ Betonbett (Quelle: BTE stelcon GmbH) 1. Systemaufbau von oben nach unten: 2. Stahlankerplatte Typ A o. S (25 mm) 3. Verlegemörtel / Beton (mind. 40 - 50 mm inkl. Stahlankerplatte Typ A o. S) 4. Haftbrücke 5. Tragbeton 10.3 Spengler.indd 410 12.02.20 12: 48 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 411 Stahlankerplatten - eine Lösung für extreme Beanspruchung von Industrieböden Nach Festlegung des Höhennivellements wird eine Haftbrücke (klassisch herstellen oder ein Fertigprodukt verwenden) aufgebracht, wobei der Untergrund vorher gründlich gewässert werden muss. Der Verlegemörtel (Empfehlung: Druckfestigkeit ≥ C30/ 37, Körnung 0-8 mm, Konsistenz F3 = weich, Verzögerer 3-5 Stunden) wird auf Höhe des OKFF abgezogen. Die Platten werden mittels Richtschnur und Hammer, gemäß Bild 20 und 21, in dem frischen Mörtelbett einschlagen. Der Mörtel muss aus allen Ankerlöchern und Fugen quellen und diese vollständig bedecken. Damit ist sichergestellt, dass die Platten voll satt im Mörtelbett liegen und keine Hohlstellen unterhalb der Stahlankerplatten entstehen. Bild 20: Verlegung mit Richtschnur (Quelle: BTE stelcon GmbH) Bild 21: Einschlagen im Mörtelbett (Quelle: BTE stelcon GmbH) Die Fugen zwischen den Stahlankerplatten sollten 2-3 mm nicht unterschreiten. Bei der scharfkantigen Platte kann man dies sehr gut an der Oberfläche erkennen, jedoch beim den abgerundeten Platten (Typ A) ist der Fugenabstand zwischen den Stegen, welche im Beton verschwinden, nicht zu erkennen. Hier sieht man nur die oberflächige, breitere Fuge von ca. 5-8 mm, welche aufgrund des Radius der abgerundeten Kanten entsteht. Mittels Gummiwischer, siehe Bild 22, wird der austretende Mörtel gleichmäßig verteilt, letzte Öffnungen im Mörtel verschlossen und die Plattenlage gleichzeitig nachreguliert. Wenn die Fläche komplett eingeschlämmt, die geforderte Ebenheit (Standard = DIN 18202, Tabelle 3, Zeile 3) erreicht und die Kantenversprünge reguliert wurden, ist die Fläche sauber abzuziehen. Bild 22: Einschlämmen mit Gummiwischer (Quelle: BTE stelcon GmbH) Nach leichter Festigung des Mörtels (nach einigen Stunden) ist die Fläche mittels feuergetrocknetem Quarzsands einzufegen. Somit wird erreicht, dass die Oberfläche von überschüssigem Wasser, Mörtelresten und ggf. Flugrostbildung abgerieben und gereinigt wird. Am Folgetag, spätestens vor Fertigstellung ist der Vorgang zu wiederholen, jedoch unter Einsatz einer Poliermaschine und entsprechenden Reinigungspads, so dass die Fläche möglichst frei von Zementschleier und ggf. Flugrost ist. Es ist zu beachten, dass Gebäudetrennfugen selbstverständlich übernommen und dauerelastisch mit geeignetem Material in Abstimmung mit den AG, geschlossen werden müssen. Bild 23: Detailanschluß Dehnungsfuge (Quelle: BTE stelcon GmbH) 10.3 Spengler.indd 411 12.02.20 12: 48 412 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Stahlankerplatten - eine Lösung für extreme Beanspruchung von Industrieböden Eine Abschlussbzw. Hochglanzreinigung ist nicht zwingend erforderlich, da die Nutzung durch Flurförderfahrzeuge oder anderen Gerätschaften die Oberfläche i. d. R. blank gefahren wird. 5. Wirtschaftliche Betrachtung der Bodenbauweise Im Zuge von immer weiter steigenden Grundstücks-, Gebäude-, und Baupreisen ist die effiziente Nutzung eines Industriebodenbelages ein wesentlicher Bestandteil bei der betriebswirtschaftlichen Betrachtung. Betriebswirtschaftlich sprechen folgende Entscheidungsaspekte für den Einsatz von Stahlankerplatten: 1. Die Bezugs- und Einbaukosten liegen im mittleren Rahmen von adäquaten hochwertigen Industrieböden, insbesondere bei hochwertigen Beschichtungen. Die Bezugspreise, je nach Ausführung liegen zwischen 60,- €/ m², für die einfachste Ausführung in St37 abgerundet und 398,- €/ m² für Edelstahl in V4A Qualität, scharfkantig. Die Einbaukosten richten sich nach den örtlichen Gegebenheiten und der jeweiligen Flächengröße und liegen zwischen ca. 50,- €/ m² und 100,- €/ m². 2. Aufwendige Wartungs- oder Reparaturkosten entfallen, da die Stahlankerplatten, bei fachgerechtem Einbau, Jahre bzw. Jahrzehnte den betrieblichen Belastungen standhalten und somit eine effiziente Nutzung des Industriebodens sichergestellt ist. 3. Auch bei Nutzungsänderungen der Fläche brauchen diese nicht entfernt oder erneuert werden, da sie den meisten Anwendungsfällen gerecht werden. 4. Sollten Flächen angebaut und ergänzt werden, ist dies ohne große Aufwendungen möglich. 5. Mit einem hochwertigen und dauerhaften Flächenbelag wird die Wertigkeit der Immobilie angehoben bzw. über Jahre konstant gehalten. 6. Fazit Der Einsatz von Stahlankerplatten ist eine dauerhafte Investition für den Schutz der Bodenbeläge bei extremer Beanspruchung und bietet in seiner Ausführung einen langlebigen Werterhalt der Fläche bzw. des gesamten Gebäudes. Egal ob hohe Punktbelastung, starke Reibbeanspruchungen oder Beanspruchung durch extreme Temperaturen, die Stahlankerplatte bietet den geforderten Schutz. Bild 24: Brück GmbH, Saarbrücken (Quelle: BTE stelcon GmbH) 10.3 Spengler.indd 412 12.02.20 12: 48 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 413 Einsatz großformatiger, dünnschichtiger Fliesen auf mechanisch hoch belasteten Bodenkonstruktionen Dipl.-Ing. Burkhard Prechel MAPEI GmbH, Bottrop Zusammenfassung Keramikbeläge werden im Wohn- und Gewerbebau als hochwertige Nutzbeläge eingebaut. Bei Einsatz in mechanisch hoch beanspruchten, gewerblichen genutzten Bereichen wirken hohe Punktlasten auf die Belagskonstruktion ein. Die gesamte Bodenkonstruktion, vom Estrich bis zum Keramikbelag, muss auf die Belastungen abgestimmt und für diese bemessen werden. Einen entscheiden Einfluss auf die Tragfähigkeit haben neben der Fliesendicke, die Verlegequalität und die Eigenschaften der Verlegehilfsstoffe. 1. Einführung Die Produktionstechnologien zur Herstellung keramischer Fliesen haben sich in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt. Die Keramikindustrie ist aufgrund der Optimierung der Produktions- und vor allem der Brennprozesse in der Lage, Großformate in „fast unbegrenzten“ Größen herzustellen. So werden heute Fliesenformate mit Seitenlängen bis 3,2 m und verschiedensten Formatkombinationen angeboten. Die Fliesendicken variieren dabei von 4 mm bis 30 mm. Dadurch bestehen schier unbegrenzte Gestaltungsmöglichkeiten für Architekten, Kunden und Verarbeiter. „XL- und XXL-Formate“ in Dicken von 4 und 6 mm kommen sowohl im Wand als auch Bodenbereich zur Anwendung. Besonders im Bodenbereich sind Architekten und Verarbeiter gefordert, die auszuführende Bodenkonstruktion inklusive des zu verlegenden Keramikbelages auf die aus der Nutzung resultierenden Belastungen abzustimmen. Das beginnt bei die der Estrichplanung und endet nicht zuletzt bei der Auswahl und Verlegung des Keramikbelages. 1.1 Punktlasteinwirkungen besonders kritisch. Lasteinwirkungen resultieren aus flächig aufliegenden und punktuell einwirkenden Lasten von Schrank- und Regalfüßen, Rollen von Transporthilfen etc.. Einwirkungen von Punktlasten sind wesentlich kritischer. Diese bleiben bei dünnen Belagselementen nur dann ohne Schäden, wenn sie direkt an den tragfähigen Untergrund abgegeben werden können. Dies erfordert in der handwerklichen Umsetzung ein hohes Maß an Können und Gewissenhaftigkeit, denn dünne Fliesen müssen möglichst vollflächig hohlraumfrei verlegt werden. Bereits kleine Imperfektionen in der Bettung der Fliesen können auch im Wohnbereich, z.B. beim Bewegen eines Flügels auf Füßen mit kleinen Metallrollen oder Stoßbelastungen durch versehentlich herabfallende Gegenstände, zu Schäden am Belag in Form von Kanteneinbrüchen oder Durchstanzungen führen. Bild 1: Punktlasteinwirkung durch Rangierhilfe in einem Autohaus 10.4 Prechel.indd 413 12.02.20 12: 51 414 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Einsatz großformatiger, dünnschichtiger Fliesen auf mechanisch hoch belasteten Bodenkonstruktionen Bild 2: Kantenabbrüche Bild 3: Durchstanzung durch Gabelhubwagen im Bereich einer Fehlstelle im Klebemörtel Die Bilder 2 und 3 zeigen Schäden an einem 6 mm dicken Feinsteinzeugbelag nach Lasteinwirkungen im Randbereich bzw. in der Fläche in Bereichen mit Fehlstellen im Kleberbett. 1.2 Sehr hohe Anforderungen an die Ebenheit von Verlegeuntergründen. Um eine möglichst vollfl ächig hohlraumfreie Verlegung zu erreichen, müssen an die Ebenheit von Verlegeuntergründen Anforderungen gestellt werden, die in Abhängigkeit der Kantenlängen der zu verlegenden Fliesen und Platten noch weit unter den zulässigen Grenzwerten für fl ächenfertige Böden mit erhöhten Anforderungen gem. DIN 18202 [1], Tabelle 3, Zeile 4 liegen. Das heißt, die Untergrundvorbereitung zur Schaffung eines geeigneten, ausreichend ebenen Verleguntergrund ist mit einem wesentlich höheren Aufwand verbunden, der geplant, vereinbart und auch vergütet werden muss. 1.3 Verlegung im Buttering-Floating-Verfahren (Kombiniertes Verfahren). Verlegetechnisch wird gem. DIN 18157-1 [2] ab Kantenlängen von 50 cm oder Fliesengrößen von 0,25 m² eine rückseitige Kratzspachtelung empfohlen. Durch diese soll eine bessere Haftung zwischen Klebemörtel und Fliesenrückseite sowie eine bessere, möglichst vollfl ächige Bettung erreicht werden. 1.4 Stark verformbare Klebemörtel in höhere Dicken bringen Spannungsabbau. In Abhängigkeit der zu erwartenden thermischen und hygrischen Verformungen des Estrichs und der Größe des Formates bzw. der max. Seitenlängen der Fliesen sollten für die Verlegung verformbare oder stark verformbare Klebemörtel der Klassifi zierung C2 S1 bzw. C2 S2 gem. DIN EN 12004 [3] eingesetzt werden. Diese sind in der Lage, die aus unterschiedliche Längenänderungen des Fliesenbelages und des Verlegeuntergrundes resultierenden Scherspannungen in der Verbundzone zu kompensieren. Die Leistungsfähigkeit des Klebemörtelsystems ist dabei abhängig von seiner Formulierung und der Dicke, in der es eingesetzt wird. Ein stark verformbarer Klebemörtel kann bei gleichen Leistungsparametern in einer Dicke von 8 bis 10 mm größere Verformungen aufnehmen und damit Spannungen abbauen, als der gleiche Kleber in einer Dicke von 2 bis 3 mm. Die Skizze verdeutlicht, dass bei gleicher Verformbarkeit des Klebemörtels größere Kleberbettdicken ein größeres Verschiebungsmaß ermöglichen. 1.5 Fliesendicke ist abhängig von der Belastung. Die Fliesendicke muss unter Berücksichtigung der aufzunehmenden Lasten, des verwendeten Klebemörtels und der Biegezugfestigkeit der Fliese gewählt werden. Das ZDB-Merkblatt „Mechanisch hochbelastete Beläge“ [4] gibt für ausreichend drucksteife Mörtel geeignete Auswahlhilfen vor. 10.4 Prechel.indd 414 12.02.20 12: 51 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 415 Einsatz großformatiger, dünnschichtiger Fliesen auf mechanisch hoch belasteten Bodenkonstruktionen Beanspruchungsgruppe Bruchkraft F(N) DIN EN ISO 10545-4 Anwendungsbereiche, Mechanische Beanspruchung I < 1.500 Wohnungsbau und Bodenbeläge mit vergleichbarer mechanischer Beanspruchung, z.B. Hotelbadezimmer, Räume des Gesundheitsdienstes II 1.500 - 3.000 Verwaltung, Gewerbe und Industrie Befahrbar mit luftbereiften Fahrzeugen), z.B. Großküchen, Kantinen, Verkehrszonen, KFZ-Austellungs- und Wartungsräume, Verkaufsräume, jeweils ohne Flurförderfahrzeugverkehr. Pressungen bis 2 N/ mm² III 3.000 - 5.000 Gewerbe und Industrie (Flurförderfahrzeugverkehr mit Superelastik-, Vollgummi- und Vulkollanbereifung), z.B. im Lebensmittel- Einzel- und Großhandel, Nonfood- Einzel- und Großhandel, Ladenpassaden. Pressungen von 2 bis 6 N/ mm² IV 5.000 - 8.000 Gewerbe und Industrie; Anwendungsbereiche wie Gruppe III, jedoch befahrbar mit Polyamidrollen. Pressungen von 6 bis 20 N/ mm² V > 8.000 Gewerbe und Industrie; Schwerlastbereiche mit Flurförderfahrzeugverkehr mit Polyamidrollen; Kollern von Metallteilen, wie z.B. in Fabrikations-, Montage- und Lagerhallen, Reparaturwerkstätten für Maschinen und schweres Gerät. Pressungen > 20 N/ mm² Tabelle 1: Quelle Bild 2: ZDB Merkblatt Hoch belastete Beläge [4] In Tabelle 1 sind typische Anwendungsbereiche für Bodenbeläge in fünf Beanspruchungsgruppen eingeteilt, denen eine Bruchkraft des Belages zugeordnet wird. Diese beruht auf langjähriger Erfahrung und hat sich bewährt. Die Bruchkräfte werden nach folgender Formel ermittelt: Bruchkraft F (N) = 2 x ß x d² x b 3 x L Darin bedeutet: ß Biegefestigkeit der Platte in MPa (CE-Kennzeichnung unterer Erwartungswert) d Plattendicke in mm b Plattenbreite in mm L Plattenlänge im mm Beim Betrachten der Formel wird deutlich, dass die Bruchkraft einer Fliese entscheidend von deren Dicke abhängt. Diese geht in die Berechnung im Quadrat ein, die Biegezugfestigkeit dagegen nur einfach. 10.4 Prechel.indd 415 12.02.20 12: 51 416 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Einsatz großformatiger, dünnschichtiger Fliesen auf mechanisch hoch belasteten Bodenkonstruktionen Tabelle 2: Quelle Bild 5: ZDB Merkblatt Hoch belastete Beläge [4] In Tabelle 2 ist tabellarisch die Bruchkraft der Keramik in Abhängigkeit der Biegezugfestigkeit und der Fliesendicke aufgelistet und eine Zuordnung zu den jeweiligen Beanspruchungsgruppen gem. Tabelle 1 erfolgt. Die Bruchkraft F wurde dabei einheitlich auf Basis einer Fliese oder Platte des Formates 20 × 20 cm im Dreipunktbiegeversuch mit einer Stützweite von 176 mm ermittelt. Für diese vorgegebenen Werte sind ausreichende „Anwendungssicherheiten“ vorhanden. Bisher vorliegende Erfahrungen für den Wohnbereich zeigen, dass im Bodenbereich bei einer fachgerechten, weitgehend hohlraumfreien Verlegung keine Schädigungen an dünnen Keramikfliesen zu erwarten sind. Zusätzlich ist jedoch immer zu beachten, dass eine, häufig in den Verlegerichtlinien einiger Fliesenhersteller aufgeführte, „absolut hohlraumfreie“ Verlegung handwerklich auf der Baustelle nicht umsetzbar ist. In Bereichen unvermeidbarer Imperfektionen in der Bettung der Fliesen ist die schadensfreie Abtragung von auf der Fliesenoberfläche einwirkenden Punkt- oder Stoßbelastungen nicht gegeben. Aufgrund der Fehlstellen im Mörtelbett muss die Fliese die volle Belastung aufnehmen können. Bei Überschreitung der Bruchfestigkeit der Keramik komm es zum Reißen oder Durchstanzen. Generell sollte folgende Regel berücksichtigt werden. - Je größer die einwirkende Last und je kleiner deren Aufstandsfläche, umso dicker muss die Fliese sein. 1.6 Planung von Entkopplungssystemen. Wenn zum Spannungsabbau in horizontaler Richtung (parallel zur Belagsebene) stark verformbare, weiche Mörtel und/ oder Entkopplungssysteme zum Einsatz kommen muss berücksichtigt werden, dass diese bei Belastung auch einer vertikalen elastischen Verformung unterliegen. Das kann bei einwirkenden Punktlasten auf das Belagssystem besonders bei dünnen Fliesen zu Durchstanzungen und Kanteneinbrüchen führen und muss in Bereichen mit nutzungsbedingt höheren Belastungen bei der Wahl der Fliesendicke berücksichtigt werden. Hier sind Fliesen in größeren Dicken und damit höheren Bruchlasten erforderlich. 10.4 Prechel.indd 416 12.02.20 12: 51 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 417 Einsatz großformatiger, dünnschichtiger Fliesen auf mechanisch hoch belasteten Bodenkonstruktionen Durchstanzung an einer Fliese auf einer Entkopplung aus Gummigranulatmatten durch Punktlasteinwirkung 1.7 Klebemörtel müssen vor der Belastung der Beläge ausreichend trocknen. Großformatige Fliesen werden häufig aus Feinsteinzeug hergestellt. Die Haftung des Verlegemörtels zur Platten-/ Fliesenrückseite kann bei diesem Material nur durch eine Adhäsionshaftung erreicht werden, für die eine Kunststoffvergütung erforderlich ist. Um ein ausreichendes Hauptspektrum überhaupt aufbauen zu können, müssen die Kunststoffe im Klebemörtel verfilmen. Dies ist nur bei ausreichender Trocknung möglich. In Abhängigkeit des verwendeten Bindelmittelsystems bindet der im Klebemörtel enthaltene Zement im Zuge der Hydratation nur einen Anteil des Annawassers chemisch und physikalisch. So ist zum Beispiel Portlandzement in der Lage, ca. 25 % seines Gewichts an Wasser chemisch und ca. 15 % physikalisch in Gelporen zu binden. Da für die Herstellung einer verarbeitbaren Konsistenz die Mörtel meist mit einem höheren Wasseranteil angemischt werden, als vom Zement gebunden werden kann, ist unter der Fliese/ Platte Überschusswasser vorhanden, das nachträglich durch Trocknung abgegeben werden muss. Dies kann nur über die Belagsfugen erfolgen. Da mit der Zunahme des Fliesenformates der Fugenanteil der Belagsfläche abnimmt, nimmt der Trocknungsprozess einen wesentlich größeren Zeitraum in Anspruch. Da die Kunststoffe in einem feuchten Milieu nicht verfilmen, ist bis zur vollständigen Austrocknung nur ein begrenztes Hauptspektrum zwischen Klebemörtel und Fliesen-/ Plattenrückseite gegeben. Belastungen des Belages in dieser Zeit können nachhaltige Verbundstörungen und Belagsablösungen zur Folge haben. Aus diesem Grund ist es dringend anzuraten, großformatige Fliesen und Platten mit schnell abbindenden und schnell trocknenden Klebemörteln zu verlegen, die mit Spezialzementen auf Trisulfatsbasis hergestellt werden, sog. ternäre Bindemittelsysteme. Da bei diesen Systemen durch eine effektive kristalline Wasserbindung ein höherer Anmachwasseranteil vom Zement gebunden werden kann, ist eine schnelle Trocknung und dadurch eine zeitnahe Verfilmung der Kunststoffe gegeben. Daher sind die Beläge, die mit Mörteln auf dieser Bindemittelbasis formuliert sind, wesentlich früher belastbar, als dies bei Mörteln auf Portlandzementbasis der Fall ist. 10.4 Prechel.indd 417 12.02.20 12: 51 418 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 Einsatz großformatiger, dünnschichtiger Fliesen auf mechanisch hoch belasteten Bodenkonstruktionen Die Menge des vom Bindemittel kristallin gebundenen Wassers ist abhängig vom Verhältnis der 3 Grundkomponenten (Portlandzement, Aluminatzement, Gips) zueinander. Dadurch können bei Produkten auf dieser Bindemittelbasis stark differierende Trocknungsgeschwindigkeiten auftreten. 1.8 Feuchtigkeitsempfindliche Untergründe sind vor Feuchtigkeit zu schützen Feuchtigkeitsempfindliche Untergründe, wie Calciumsulfatestriche, sind vor Feuchtigkeitseinwirkungen aus dem Verlegemörtel zu schützen. Dies kann durch den Einsatz von feuchtigkeitssperrenden Grundierungen auf Reaktionsharzbasis oder durch die Verwendung von schnell abbindenden und schnell trocknenden Klebemörteln auf Basis ternärer Bindemittelsysteme sichergestellt werden. In DIN 18157-1 [2] werden für die Verlegung von Belagsmaterialien mit einer Formatgröße >0,16 m² folgende Anwendungskombinationen vorgegeben: 1. wässrige Dispersionsgrundierung (z.B. Acrylat) und schnell erhärtender und schnell trocknender Mörtel 2. Reaktionsharzgrundierung und normal erhärten der Mörtel 3. Reaktion Harzgrundierung und schnell erhärtender und schnell trocknender Mörtel Durch eine Kombination von Reaktionsharzgrundierungen und schnell trocknenden Klebemörteln ist sowohl der Schutz des Untergrundes vor Feuchtigkeitseinwirkungen als auch eine schnelle Trocknung des Klebemörtels und somit eine schnelle Verfilmung der Kunststoffe gegeben. Dies stellt die höchste Anwendungssicherheit dar. Literatur: [1] DIN 18202 - Toleranzen im Hochbau - Bauwerke [2] DIN 18157-1 - Ausführung von Bekleidungen und Belägen im Dünnbettverfahren - Teil 1: Zementhaltige Mörtel [3] DIN EN 12004 - Mörtel und Klebstoffe für Fliesen und Platten - Anforderungen, Konformitätsbewertung, Klassifizierung und Bezeichnung [4] ZDB- Merkblatt - Hochbelastete Beläge - Mechanisch hoch belastbare keramische Bodenbeläge [5] Einfluss von Entkopplungen auf die Tragfähigkeit von Bodenbelägen - Prof. A. Stein (Ebner Verlag Ulm) [6] DENAK Merkblatt Nr. 7 - Ermittlung der technischen Eigenschaften von Entkopplungen [7] DENAK Merkblatt Nr. 8 - Bemessung von Bodenkonstruktionen Teil 1: Allgemeine Anforderungen Teil 2: Lastverteilungsschichten Teil 3: Bemessung von Belägen (vereinfachter Nachweis) Teil 4: Bemessung von Belägen (allgemeiner Nachweis) Erläuterungen zu den Teilen 1 bis 4 des Merkblattes 8 Resttragverhalten von Entkopplungssystemen Autor Dipl.-Ing. Burkhard Prechel arbeitete nach seinem Studium an der Ingenieurhochschule Cottbus als Statiker in der Planungsabteilung eines Baubetriebes. Seit 1990 er ist als Anwendungstechniker in der Bauchemie tätig und betreut seit 1996 als Mitarbeiter der Anwendungstechnischen Abteilung der MAPEI GmbH die Marktsegmente Keramik, Naturstein, Estrich, Betoninstandsetzung und Bauwerksabdichtung. Auf Grund seiner langjährigen Erfahrungen in der Produktanwendung und technischen Beratung ist er Ansprechpartner für Planer und Ausführende in der Angebot- und Ausführungsphase. Er ist Mitglied in diversen technischen Verbandsarbeitskreisen und von der Handwerkskammer Dresden ö.b.u.v. Sachverständiger für das Fliesen-, Platten- und Mosaiklegersowie das Estrichlegerhandwerk 10.4 Prechel.indd 418 12.02.20 12: 51 Anhang Buch IB.indb 419 11.02.20 12: 54 Buch IB.indb 420 11.02.20 12: 54 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 421 Programmausschuss Der Programmausschuss für das Kolloquium Industrieböden setzt sich aus anerkannten Experten aus Forschung und Entwicklung, Industrie und Praxis zusammen. Zu seinen Aufgaben gehören die Formulierung der Zielsetzung und Festlegung der Themenschwerpunkte der Fachtagung, die Begutachtung und Auswahl der eingereichten Vortragsvorschläge für das Tagungsprogramm und die fachliche Beratung des Veranstalters. Vorsitzende Prof. Dr. Klaus Littmann Leibniz Universität Hannover Institut für Berufswissenschaften im Bauwesen Hannover Mitglieder Dennis Brettschneider StoCretec GmbH Kriftel Ir. Marcel Engels Forschungsinstitut für Anorganische Werkstoffe Glas/ Keramik GmbH Höhr-Grenzhausen Markus Graf Sika Deutschland GmbH Stuttgart Peter Körber Institut Fußbodenforschung und -prüfung Wäschenbeuren Dr. Mario Kröger nora systems GmbH Weinheim Dir. und Prof. Dr. Birgit Meng BAM Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung Fachgruppe VII.1 „Baustoffe“ Berlin Dr.-Ing. Lutz Pisarsky Deutscher Beton- und Bautechnik Verein e.V. Braak Prof. Dr.-Ing. Michael Raupach RWTH Aachen University Institut für Bauforschung ibac Aachen Andreas Schweizer Leonhard Weiss Fußbodentechnik GmbH & Co. KG Göppingen Frank Seifert Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung Troisdorf Stefan Wiegrink Wiegrink floor solutions GmbH Bocholt Programmausschuss.indd 421 12.02.20 12: 52 Programmausschuss.indd 422 12.02.20 12: 52 10. Kolloquium Industrieböden - März 2020 423 Autorenverzeichnis AAugustin, Roland 155 BBähr, Frank 403 Bantle, Annika 273 Behnisch, Frank 323 Böhl, Walter 323, 397 CConrad, Carlhermann 305 FFunke, Andreas 109 GGail, Armin 193 Gardei, André 173 Genz, Roger 89, 103 Grafmüller, Yannick 193 HHahn, Christoph 273 Halm, Frank 381 Heller, Peter 147, 151 Holeczek, Waldemar 405 Hoppe, Johannes 173 Huber, Jürgen 281 KKersting, Klaus 211 Klewe, Tim 179 Koch, Detlef 343 Körber, Peter 155 Kotzurek, Peter 129 Kries, Tobias 187 Kruschwitz, Sabine 179 LLevin, Alexey 349 Littmann, Klaus 187 Lorenz, Michael 133 MManns, Lasse 377 Maurer, Kevin 187 Meng, Birgit 173 Mengel, Uta 3 NNeuberger, Björn 343 Noebel, Werner 215 OOtten, Kathrin 187 PPrechel, Burkhard 413 RRapp, Andreas O. 17 Rathenow, Jörg 267 Richter, Thomas 315 Ritzer, Tobias 179 SSander, Frank 125 Schachinger, Ingo 115 Schatzinger, Sabrina 211 Schröder, Tade 187 Schweizer, Andreas 135 Sinz, Stephan 235 Spengler, Dirk-Uwe 405 Steffen, Patricia 373 Stein, Alfred 159 Stenzel, Gerhard 95 Strangfeld, Christoph 179 TTebbe, Holger 331 Tomczyk, Andre 133 Trichlin, Stefan 245 VVersch, Jürgen 283 Wvon Werder, Julia 173 Wiegrink, Karl-Heinz 193, 203, 387 Wiegrink, Stefan 241 ZZiegler, Corinne 211 Autorenverzeichnis.indd 423 12.02.20 12: 53 Ein Großteil unserer Seminare wird unterstützt durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Profitieren Sie von der ESF-Fachkursförderung und sichern Sie sich bis zu 70 % Zuschuss auf Ihre Teilnahmegebühr. Alle Infos zur Förderfähigkeit unter Autorenverzeichnis.indd 424 12.02.20 12: 53 BAUWESEN, ENERGIEEFFIZIENZ UND UMWELT 2020 AN B I E T E R FÜ R WE I T E R B I L D U NG FOCUS -BUSINESS 0 3 | 2 0 1 9 DEUTSCHLANDS WEITERBILDUNGS - ANBIETER IM VERGLEICH Geotechnik Verkehrswegebau und Wasserbau Konstruktiver Ingenieurbau Bautenschutz und Bausanierung Umwelt- und Gesundheitsschutz Energiee zienz Baubetrieb und Baurecht Facility Management SEMINARE, LEHRGÄNGE, FACHTAGUNGEN Infos und Anmeldung: www.tae.de Ein Großteil unserer Seminare wird unterstützt durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Profitieren Sie von der ESF-Fachkursförderung und sichern Sie sich bis zu 70 % Zuschuss auf Ihre Teilnahmegebühr. Alle Infos zur Förderfähigkeit unter www.tae.de/ foerdermoeglichkeiten Bis zu 70% Förderung möglich! Besuchen Sie unsere Seminare, Lehrgänge und Fachtagungen. Autorenverzeichnis.indd 425 12.02.20 12: 53 Autorenverzeichnis.indd 426 12.02.20 12: 53 Industrieböden sind Bodenkonstruktionen, die im täglichen Gebrauch starken Beanspruchungen ausgesetzt sind. Dabei sind die Art der Nutzung, Umweltbedingungen sowie physikalische und chemische Beanspruchungen entscheidend für die jeweilige Bodenkonstruktion und ihren speziellen Aufbau. Zu den Industrieböden gehören Böden im gewerblichen Bereich, Parkhausböden, Böden in öffentlichen Gebäuden und viele andere. Kurz gefasst ist nahezu jeder Boden gemeint, der nicht zu Wohnzwecken dient. Seit 25 Jahren treffen sich beim Kolloquium Industrieböden alle drei Jahre einige hundert Experten an der TAE, um Probleme zu diskutieren, die die Konstruktion, die Ausführung und der Gebrauch von stark beanspruchten Böden mit sich bringen. Hauptziel der Veranstaltung ist dabei nicht nur die Diskussion von Problemen und Lösungen, sondern auch, Experten aus unterschiedlichen Bereichen zueinander zu bringen und eine Plattform für den persönlichen Erfahrungsaustausch zu bieten. Beim 10. Kolloquium Industrieböden werden mehr als 40 Fachvorträge in drei parallelen Sessions zum aktuellen Stand der Wissenschaft und Technik sowie neuesten Entwicklungen und Trends angeboten. Der Inhalt Bauausführung Hygienebereich Arbeitsschutz Prüf- und Messmethoden Instandsetzung Fugen, Beläge, Materialien Ressourcenschonung Regelwerke Die Zielgruppe Architekten, Ingenieure und Innenarchitekten Bodenleger, Estrichleger, Baufirmen, Beschichter Hersteller von Bauchemikalien, Beschichtungen und Klebern FZement-/ Werksteinhersteller, Natursteinbetriebe, Holz-/ Chemieindustrie, Hersteller von Bodenbelägen Forschungsinstitute, Prüfinstitute, Gutachter Universitäten, Fachschulen, Berufsbildungszentren Industrie, Gewerbebetriebe, Kaufhäuser, Städte und Gemeinden, Verkehrsbetriebe, Logistikunternehmen Behörden und Verbände www.tae.de ISBN 978-3-8169-3505-6 10. Kolloquium Industrieböden Tagungshandbuch 2020 Herausgegeben von Klaus Littmann 10. Kolloquium Industrieböden Fachtagung über stark beanspruchte Bodenkonstruktionen Tagungshandbuch 2020 Kolloquium_10_Umschlag.indd 1,3 Kolloquium_10_Umschlag.indd 1,3 18.02.2020 14: 48: 26 18.02.2020 14: 48: 26