ALL, die kleinen Polizisten & Ich
0304
2019
978-3-8233-9321-4
978-3-8233-8321-5
Gunter Narr Verlag
Universitätsklinikum Tübingen
10.2357/9783823393214
CC BY-SA 4.0https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de
Plötzlich ist alles anders. Der 8-jährige Ben ist krank, er hat Leukämie. In diesem Buch erzählt Ben seine Geschichte. Sie handelt von Bens Zeit im Krankenhaus, von guten und von blöden Tagen, von Marsmännchen und Polizisten, von Schmetterlingen und Mia und natürlich vom Gesundwerden.
<?page no="0"?> ��L, die kleinen Polizisten Plötzlich ist alles anders. Der 8-jährige Ben ist krank, er hat Leukämie. In diesem Buch erzählt Ben seine Geschichte. Sie handelt von Bens Zeit im Krankenhaus, von guten und von blöden Tagen, von Marsmännchen und Polizisten, von Schmetterlingen und Mia und natürlich vom Gesundwerden. ISBN 978-3-8233-8321-5 ��L, die kleinen Polizisten & Ich 18321_Umschlag_v2.indd Alle Seiten 05.02.2019 11: 25: 09 <?page no="1"?> ALL, die kleinen Polizisten & Ich 18321_ALL_SL1.indd 1 05.02.2019 11: 10: 18 <?page no="2"?> 18321_ALL_SL1.indd 2 05.02.2019 11: 10: 18 <?page no="3"?> ALL, die kleinen Polizisten & Ich 18321_ALL_SL1.indd 3 05.02.2019 11: 10: 19 <?page no="4"?> Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar Mit freundlicher Unterstützung von: © 2019 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Internet: www.narr.de E-Mail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISBN 978-3-8233-8321-5 (Print) ISBN 978-3-8233-9321-4 (ePDF) 18321_ALL_SL1.indd 4 05.02.2019 11: 10: 20 <?page no="5"?> Vorwort Wenn Sie dieses Buch lesen, dann tauchen Sie ein in die Welt von Ben, der damit klarkommen muss, dass er Leukämie hat. Sie erleben eine Welt, die Sie selbst nie kennenlernen wollen: Sie beobachten, was in Ben vorgeht, bis seine Diagnose gestellt wird, Sie begleiten Ben auf dem Weg in die Klinik, Sie erleben die Eingriffe und den Beginn der Behandlung mit. Sie sind auf Station dabei, auf dem Weg aus der Klinik und zurück in den Alltag, da Ben zu der großen Gruppe von Patienten gehört, die geheilt werden können. Die Geschichte wird durch die Augen und mit den Gedanken von Ben erzählt. Das macht die Erzählung auf eine gelassene und nüchterne Weise berührend. Auf diese Art ermöglicht sie unseren jüngeren Patienten zu verstehen, was auf sie zukommt, wenn sie neu auf unserer Station ankommen: Sie kann für diese Patienten eine „Anleitung“ werden, die durch altersgerechte Erzählung 18321_ALL_SL1.indd 5 05.02.2019 11: 10: 20 <?page no="6"?> informiert und so Angst nimmt vor dem, was da noch auf einen zukommen kann. Dabei helfen die schlichten, ansprechenden Bilder. Ich freue mich über dieses Projekt, das die Geschichte von Ben erzählt. Ich hoffe, dass Bens Geschichte viele unserer Patienten und Patientinnen begleitet und das Ankommen auf unserer Station und den Weg durch die Behandlung etwas erleichtert. PD Dr. Martin Ebinger, Oberarzt Kinder- und Jugendonkologie, Tübingen im Jan. 2019 18321_ALL_SL1.indd 6 05.02.2019 11: 10: 23 <?page no="7"?> 18321_ALL_SL1.indd 7 05.02.2019 11: 10: 37 <?page no="8"?> 18321_ALL_SL1.indd 8 05.02.2019 11: 10: 37 <?page no="9"?> Mein Name ist Ben Mein Name ist Ben. Ich bin 8 Jahre alt, habe braune Augen, bin nicht besonders groß für mein Alter, spiele gerne Fußball und habe akute lymphatische Leukämie. Ich bin schon eine Weile krank, doch ich weiß noch ganz genau, wie alles angefangen hat. 18321_ALL_SL1.indd 9 05.02.2019 11: 10: 38 <?page no="10"?> Etwas stimmt nicht „Ben! Aufstehen! “ Meine Mama ruft schon zum dritten Mal nach mir. Eigentlich muss ich in die Schule. Aber ich will nicht. Ich bin müde und fühle mich schwach. Auch mein Teddy neben mir macht nur vorsichtig ein Auge auf. 18321_ALL_SL1.indd 10 05.02.2019 11: 10: 39 <?page no="11"?> 11 „Ben! Wo bleibst du? Das Frühstück ist fertig! “ Ganz schwach kommen die Wörter aus meinem Mund: „Ich mag nicht.“ Das hat sie wohl nicht gehört, aber ich schaffe es nicht, es lauter zu sagen. „He, Ben! “ Mama streicht mir über den Kopf. Sie ist in mein Zimmer gekommen und sitzt an meinem Bett. „Deine Haare sind schon wieder ganz verschwitzt. Und dein Schlafanzug ist auch wieder klatschnass! Was ist denn mit dir los? “, fragt sie mit besorgter Stimme. Teddy schaut mich mit großen Augen an, doch ich fühle mich zu schwach für eine Antwort. „Weißt du was? Heute legen wir mal einen Tag Pause ein. Ich gehe mal mit Papa telefonieren.“ 18321_ALL_SL1.indd 11 05.02.2019 11: 10: 39 <?page no="12"?> 12 18321_ALL_SL1.indd 12 05.02.2019 11: 10: 40 <?page no="13"?> 13 Ich mache mich auf den Weg ins Bad. Alles tut mir weh. Mein Spiegelbild schaut mich ganz müde an. Im Flur höre ich Mama mit Papa am Telefon sprechen. Sie hat ihn auf der Arbeit angerufen: „Er wollte die letzten Wochen nicht mal mehr ins Training, dabei spielt er doch so gerne Fußball ... Die Lehrerin hat gesagt, er würde sich nicht konzentrieren ... er war auch immer wieder krank ... stimmt, auf dem Sofa ist er nachmittags immer wieder eingeschlafen ... und beim Zähneputzen gestern hat es geblutet ... Ja, du hast Recht, ich gehe heute mit ihm zum Arzt.“ Ich höre Mamas Stimme nur noch verzerrt. Plötzlich wird mir schwarz vor Augen. Alles dreht sich in meinem Kopf, wie in einem Karussell, aber viel zu schnell. Meine Beine sind ganz schwer und mir ist etwas übel. 18321_ALL_SL1.indd 13 05.02.2019 11: 10: 41 <?page no="14"?> 14 „Mama, mir ist komisch. Alles dreht sich.“ Mama ist sofort bei mir. Sie nimmt mich in den Arm. „Ben, heute gehst du nicht in die Schule. Wir gehen zu deinem Kinderarzt Doktor Schneck .“ Normalerweise gehe ich gar nicht gerne zu Doktor Schneck, obwohl er eigentlich richtig nett ist. Aber heute habe ich nichts dagegen. Vielleicht ist es besser so. Irgendwas stimmt nicht mit mir. 18321_ALL_SL1.indd 14 05.02.2019 11: 10: 42 <?page no="15"?> 18321_ALL_SL1.indd 15 05.02.2019 11: 10: 43 <?page no="16"?> 16 Beim Arzt Die Arzthelferin Frau Käfer nimmt uns mit in das Untersuchungszimmer. „Doktor Schneck kommt gleich“, sagt sie freundlich. „Ich messe noch bei dir Temperatur im Ohr, aber das kennst du ja schon.“ Es piept in meinem Ohr und Frau Käfer schaut auf das Thermometer: „38,7.“ Sie schreibt etwas auf einen Zettel und dann kommt auch schon Doktor Schneck. „Hey, Großer! “ Mama und er unterhalten sich. Ich kann nicht alles verstehen, denn in meinen Ohren ist wieder das Sausen. Nur Fetzen verstehe ich: „... immer müde ... Gewicht verloren ... Schlafanzug verschwitzt ... blasse Haut ... blaue Flecken am ganzen Körper ...“ Was das wohl zu bedeuten hat? Doktor Schneck kommt zu mir. „Jetzt müssen wir dich noch untersuchen, junger Mann.“ 18321_ALL_SL1.indd 16 05.02.2019 11: 10: 44 <?page no="17"?> 17 Er schaut mir in den Mund - „Aaaaaaahhh“ - und in die Ohren, tastet meinen Hals ab und unter den Armen - „Das kitzelt! “ Doktor Schneck hört mit dem Stethoskop auf mein Herz und untersucht meinen Bauch. Schließlich schaut er mir in die Augen und sagt: „Ben, wir müssen dir noch kurz in den Finger piksen, um etwas Blut abzunehmen. Das kann ein bisschen weh tun.“ „Das halte ich schon aus, ich bin ja schon acht“, antworte ich mutig. Der Piks geht ganz schnell und tut auch nur ein bisschen weh, aber ich lasse mir nichts anmerken und lächle tapfer, als mein Finger ein Fußballpflaster bekommt. „Ich schicke dein Blut jetzt in das Labor und dort wird es untersucht. Sobald ich ein Ergebnis habe, melde ich mich telefonisch bei Ihnen“, erklärt Doktor Schneck meiner Mutter. 18321_ALL_SL1.indd 17 05.02.2019 11: 10: 45 <?page no="18"?> 18 An den nächsten zwei Tagen blieb ich noch zu Hause und ruhte mich aus. Doch dann bettelte ich, wieder in die Schule gehen zu dürfen, weil es zu Hause sooo langweilig war. Mir war zwar ab und zu noch etwas schwindlig, doch das ging immer wieder schnell weg. Am Mittag freute ich mich schon nach Hause zu kommen, um Mama zu erzählen, dass ich in der Pause zwei Tore geschossen hatte. 18321_ALL_SL1.indd 18 05.02.2019 11: 10: 45 <?page no="19"?> 19 Zu Hause roch es schon lecker nach Essen. Ich hatte gerade meine Schuhe ausgezogen, als Mama zu mir kam. „Ben, ich muss mit dir reden. Doktor Schneck hat gerade angerufen.“ Unseren Besuch beim Arzt hatte ich ja fast schon wieder vergessen. „Mit deinem Blut ist etwas nicht in Ordnung. Doktor Schneck hat deshalb gesagt, 18321_ALL_SL1.indd 19 05.02.2019 11: 10: 46 <?page no="20"?> 20 wir sollen heute Nachmittag noch einmal zu ihm kommen, damit er uns alles genau erklären kann.“ Meine Mama sprach ruhig und leise. „Aber Mama, heute Nachmittag hab ich doch mein Fußballturnier und ich kann auf gar keinen Fall fehlen“, sagte ich erschrocken. „Ben, dieser Arzttermin ist wichtiger als dein Turnier.“ „Aber Mama! “, jammerte ich. „Ben, wir gehen heute zu Doktor Schneck.“ Ab diesem Moment wusste ich, dass etwas ganz und gar nicht in Ordnung war. 18321_ALL_SL1.indd 20 05.02.2019 11: 10: 47 <?page no="21"?> Was ist ALL? Als wir bei Doktor Schneck waren, erklärte er mir, dass ich eine Krankheit habe, die akute lymphatische Leukämie heißt. Auf Deutsch kann man auch Blutkrebs dazu sagen. Am Anfang fiel es mir ziemlich schwer ihm zuzuhören, denn was bei uns im Körper passiert, ist gar nicht so leicht zu verstehen. Du weißt bestimmt, dass jeder Mensch Organe in seinem Körper hat. Davon gibt es ganz schön viele, zum Beispiel die Lunge oder das Herz, den Magen oder den Darm. All diese Organe haben verschiedene Aufgaben. Sie sind ein bisschen wie eine Fußballmannschaft: Alle spielen im gleichen Team, aber jeder hat seine eigene Spielfunktion. Der eine ist Stürmer, der andere Torwart, und manche sitzen einfach nur auf der Auswechselbank. 18321_ALL_SL1.indd 21 05.02.2019 11: 10: 48 <?page no="22"?> 22 So ist das auch mit den Organen. Sie sind ziemlich verschieden, aber sie können nur zusammen funktionieren. 18321_ALL_SL1.indd 22 05.02.2019 11: 10: 48 <?page no="23"?> 23 Das Organ, das bei mir im Körper nicht mehr richtig mitspielt, ist das Blut. Das Blut ist nämlich nicht nur eine rote Flüssigkeit, die durch den ganzen Körper fließt, sondern im Blut sind viele, viele kleine, fleißige Arbeiter. Man nennt sie auch Zellen. Die fleißigen Arbeiter kommen aus den Knochen, genauer gesagt aus dem Knochenmark. Das Knochenmark ist eine Füllung in unseren Knochen. Du kannst es dir vorstellen wie die Marmelade im Berliner. Aber wusstest du auch, dass Knochenmark nur in den ganz großen Knochen vorkommt? Zum Beispiel in der Hüfte, den Schultern, der Wirbelsäule oder den Rippen. Im Knochenmark wachsen dann nach und nach die Zellen. Das kann schon eine Weile dauern, denn wie wir muss die kleine Zelle auch erst einmal groß werden und wachsen, damit sie später alles richtig macht. Erst wenn sie groß genug ist, wandert sie vom Knochenmark ins Blut, wo sie umherschwimmen und ihre Arbeit tun kann. 18321_ALL_SL1.indd 23 05.02.2019 11: 10: 49 <?page no="24"?> 24 Jeder Arbeiter hat eine andere Aufgabe, so wie unsere Papas und Mamas unterschiedliche Berufe haben. Es gibt sehr viele unterschiedliche Blutzellen und manche von ihnen haben ziemlich schwierige Namen, richtige Zungenbrecher sind das. Von den roten Blutkörperchen hast du vielleicht schon mal etwas gehört. Sie färben das Blut rot und sorgen dafür, dass die Luft, die wir einatmen, zu den anderen Organen gelangt, damit sie arbeiten können. Die Blutplättchen sind sozusagen die Pflaster unseres Körpers. Wenn wir hinfallen und bluten, sorgen sie dafür, dass es einen Schutz über der Wunde gibt, damit sie heilen kann. Und dann gibt es da noch die weißen Blutkörperchen. Die kannst du dir ein bisschen wie eine Familie vorstellen: die Familie der (Achtung: Zungenbrecher! ) Leukozyten. Es gibt viele verschiedene Leukozyten. 18321_ALL_SL1.indd 24 05.02.2019 11: 10: 50 <?page no="25"?> 25 Das ist aber nicht so wichtig. Wichtig ist vor allem, was die Leukozyten im Blut machen, denn wie du vielleicht schon bemerkt hast, klingt Leukozyt ein bisschen wie Leukämie und klug wie du bist, wirst du vielleicht wissen, dass es genau diese Zellen sind, um die es bei der Leukämie geht. Eigentlich ist es die Aufgabe der Leukozyten, darauf aufzupassen, dass wir gesund bleiben oder schnell wieder gesund werden. Man nennt das auch Körperabwehr. Genau wie beim Fußball. Du kannst dich bestimmt noch daran erinnern, als du das letzte Mal einen fiesen Schnupfen mit Husten oder sogar Fieber hattest. Wenn das im Körper passiert, werden die Leukozyten wach und fangen an, gegen die Eindringlinge zu kämpfen, die dich krank machen. Das kann man nicht sehen oder hören, aber wenn es dir langsam wieder besser geht, kannst du sicher sein, dass die Leukozyten es geschafft haben, dich gesund zu machen. krank machen. Das kann man nicht sehen oder hören, aber wenn es dir langsam wieder besser geht, kannst du sicher sein, dass die Leukozyten es geschafft haben, dich gesund zu machen. 18321_ALL_SL1.indd 25 05.02.2019 11: 10: 50 <?page no="26"?> 26 Das klang für mich am Anfang alles ziemlich komisch, denn warum machen die Leukozyten mich dann krank? Um das zu verstehen, musst du wissen, dass die Leukozyten nur für eine bestimmte Zeit den Körper gesund machen können. Irgendwann wird jeder Leukozyt alt und geht in den Ruhestand. Aber ein Körper ohne Abwehr kann nicht funktionieren. Deswegen können sich die Leukozyten verdoppeln. Verrückt, oder? Stell dir einfach vor, dass jeder Leukozyt seinen eigenen kleinen Kopierer hat. Er trägt ihn die ganze Zeit mit sich herum. Und wenn die Zeit gekommen ist, dann schaltet er ihn an und der Kopierer weiß sofort, was zu tun ist. Und so kopiert er jedes Mal zwei neue Leukozyten. 18321_ALL_SL1.indd 26 05.02.2019 11: 10: 51 <?page no="27"?> 27 Bei der Leukämie weiß der Kopierer plötzlich nicht mehr, was zu tun ist. Ohne Pause kopiert er einen riiiesigen Haufen Leukozyten. Diese Leukozyten sind jedoch noch nicht erwachsen und wissen nicht, wie man als Leukozyt arbeiten muss. Deshalb sammeln sich immer mehr Leukozyten-Kinder und es wird ziemlich eng im Knochenmark. So eng, dass die anderen Zellen, wie die Blutplättchen oder die roten Blutkörperchen, schon bald keinen Platz mehr haben und immer weniger werden. Irgendwann entscheiden sich die Leukozyten ins Blut zu wandern, um den anderen im Knochenmark Platz zu machen. Im Blut angekommen, wissen die jungen Leukozyten nicht so richtig, was sie mit sich anfangen sollen. Und weil sie es nicht besser wissen und sich auch ein bisschen langweilen, fangen sie an, im Blut umher zu schwimmen und den Körper zu erkunden. Und obwohl sie dort nicht hingehören, verteilen sie sich überall: Manche schwimmen in der Lunge, andere in der Haut, der Leber oder der Niere. Und es nicht besser wissen und sich auch ein 18321_ALL_SL1.indd 27 05.02.2019 11: 10: 52 <?page no="28"?> 28 dort bleiben sie dann und stören die Organe bei ihrer Arbeit. Und das ist der Grund, warum die Krankheit Leukämie entsteht: Ein Kopierer, der spinnt, und ganz viele junge Leukozyten, die nicht wissen, welche Aufgabe sie haben. 18321_ALL_SL1.indd 28 05.02.2019 11: 10: 53 <?page no="29"?> Das Packen Damit meine Krankheit behandelt werden kann, muss ich leider erst mal ein paar Wochen ins Krankenhaus. Ich bekomme dort eine Chemotherapie. Wie das genau funktioniert, sollen mir die Leute im Krankenhaus noch in Ruhe erklären. Erst mal hat Mama ein paar Anziehsachen und Waschzeug für mich in meinen Reisekoffer gelegt. Ich und mein kleiner Bruder Tom haben stattdessen gemeinsam meine 18321_ALL_SL1.indd 29 05.02.2019 11: 10: 54 <?page no="30"?> 30 Spielsachen zusammengepackt. Bis uns Mama klar machte, dass mein Zimmer im Krankenhaus nicht so groß sein würde, dass all meine Spielsachen von zu Hause Platz hätten. Deshalb mussten wir leider die Hälfte wieder auspacken. Tom durfte dann die Nacht bei mir im Zimmer schlafen. Vor dem Einschlafen sagte er ganz überzeugt: „Ben, ich weiß, dass du wieder gesund wirst.“ „Woher willst du das wissen? “ „Ich habe es mir gewünscht, also mach dir keine Sorgen, du wirst wieder gesund.“ Kurz darauf war er eingeschlafen und schnarchte leise vor sich hin. Ich wusste aber, dass das nicht so einfach sein würde, wie Tom sich das vorstellte, und natürlich machte ich mir Sorgen. Ich wollte nicht in dieses Krankenhaus und ich hatte auch ziemliche Angst vor den ganzen Untersuchungen. Ich wälzte mich eine ganze Weile hin und her, bis ich doch endlich einschlief. Als ich aufwachte, hatte ich ein mulmiges Gefühl in meinem Bauch. Dieses Gefühl wurde 18321_ALL_SL1.indd 30 05.02.2019 11: 10: 54 <?page no="31"?> 31 immer stärker, je näher wir dem Krankenhaus kamen. Papa hatte sich freigenommen und kam mit in die Klinik. Auch Tom war dabei, weil er unbedingt sehen wollte, wo ich bleibe. Er hatte so lange gebettelt, bis Mama und Papa ihm erlaubt haben, ausnahmsweise nicht in den Kindergarten zu gehen. 18321_ALL_SL1.indd 31 05.02.2019 11: 10: 55 <?page no="32"?> 32 An der Anmeldung wurden wir auf die Onkologische Station geschickt. Onkologie ist wieder so ein Zungenbrecher und bedeutet Krebsstation. Im Aufzug hielt ich ganz fest meinen Teddy im Arm und flüsterte ihm ins Ohr: „Du musst keine Angst haben, ich bin bei dir.“ 18321_ALL_SL1.indd 32 05.02.2019 11: 10: 56 <?page no="33"?> 33 Eine Krankenschwester zeigte uns mein Zimmer. Dort lag schon ein kleines Mädchen ohne Haare in einem riesigen Bett. Es stellte sich gleich bei mir vor: „Hallo, ich bin Mia. Ich bin sieben Jahre alt und habe ALL . Und wer bist du? “, fragte sie neugierig. „Ich bin Ben und ich bin acht Jahre alt“, antwortete ich ihr ein wenig schüchtern. „Endlich habe ich einen Bettnachbarn und es ist nicht mehr so langweilig hier! “ Ab diesem Moment waren wir Freunde. 18321_ALL_SL1.indd 33 05.02.2019 11: 10: 57 <?page no="34"?> Auf Station Kinderkrankenpflegerin Ulli kam gegen Mittag in mein Zimmer und erklärte uns, wie meine Chemotherapie ablaufen würde. „Wir kommen zwischen halb sieben und acht in das Zimmer und nehmen dir etwas Blut ab. Außerdem kontrollieren wir die Infusionen und messen deine Temperatur, deinen Blutdruck, deine Atemfrequenz und deinen Puls. Danach hast du Zeit zum Frühstücken. Um etwa 9 Uhr bekommst du dann die Chemotherapie, deswegen messen wir noch mal deinen Puls, Temperatur und Blutdruck. Anschließend führen wir eine Haut- und Mundschleimhautuntersuchung durch. Es ist wichtig deine Haut zu beobachten, weil die Medikamente der Chemotherapie über die Haut ausgeschieden werden. Aus diesem Grund schauen wir besonders, ob du Hautausschläge, blaue Flecken, offene Stellen oder entzündete Nägel hast. Blut ab. Außerdem kontrollieren wir etwa 9 Uhr bekommst du dann die 18321_ALL_SL1.indd 34 05.02.2019 11: 10: 58 <?page no="35"?> 35 Deine Mundschleimhaut kann sich auch durch die Chemotherapie entzünden, deshalb untersuchen wir sie täglich. Du musst außerdem nach jedem Essen und jeder Medikamenteneinnahme gut Zähne putzen. Außerdem solltest du eine weiche Zahnbürste verwenden, die du alle vier Wochen wechselst. Im Laufe des Vormittags kommen wir immer mal wieder in dein Zimmer, kontrollieren die Infusionen und schauen, wie es dir geht und wie viel du getrunken hast. Anschließend gibt es dann Mittagessen. Ich weiß, das waren jetzt viele Informationen. Am besten, du ruhst du dich jetzt ein wenig aus. Wenn es dir nicht gut geht, kannst du einfach auf diesen roten Knopf drücken und dann sind wir sofort da.“ 18321_ALL_SL1.indd 35 05.02.2019 11: 10: 58 <?page no="36"?> 36 Ich mag Ulli. Sie hat beim Sprechen die ganze Zeit gelächelt und mich immer lieb angeschaut. 18321_ALL_SL1.indd 36 05.02.2019 11: 10: 58 <?page no="37"?> Der Hickman-Katheter Am nächsten Tag bekam ich schon früh morgens meinen Hickman, denn bevor es mit der Chemotherapie losgehen kann, braucht man einen Hickman-Katheter. Ich finde, Hickman ist ein komisches Wort. Tom hat gesagt, es klingt wie ein Superheld aus seinen Comics. Das hat mir gefallen und ein bisschen heldenhaft ist der Hickman auch. Er sorgt nämlich dafür, dass die Medikamente in mein Blut kommen, ohne dass ich dafür gepikst werden muss. Er ist ein Schlauch, der aus meiner Brust herauskommt, und durch den die Medikamente später in meinen Körper, ganz nahe zu meinem Herzen kommen. Die Ärzte haben gesagt, ich würde schlafen, wenn ich meinen Hickman bekomme. Zuerst habe ich gedacht, dass der Arzt nachts in mein Zimmer kommt, während ich schlafe. Aber so funktioniert 18321_ALL_SL1.indd 37 05.02.2019 11: 10: 59 <?page no="38"?> 38 das nicht. Ich bekam Medizin, die mich müde machte. Mama blieb die ganze Zeit bei mir, bis ich eingeschlafen war. Deswegen musste ich auch keine Angst davor haben. Außerdem sind im OP, also im Operationssaal, ganz viele grün gekleidete Menschen, die auf einen aufpassen, während man schläft. Die Marsmännchen, wie ich sie heimlich getauft habe. Sie sind aber nicht nur Marsmännchen, sondern gleichzeitig auch noch Schutzengel. 18321_ALL_SL1.indd 38 05.02.2019 11: 11: 00 <?page no="39"?> 39 Nach einer Weile wachte ich in einem großen Raum auf. Ich fühlte mich noch ganz müde, aber alles war in Ordnung, denn Mama und Papa standen direkt neben meinem Bett. Später kam Ulli von Station und brachte mich wieder in mein Zimmer zurück. Auf der Station musste ich noch ziemlich lange an einem kleinen Computer überwacht werden und durfte erst etwas trinken, als ich richtig wach war. Später habe ich auch einen Zwieback gegessen, aber dann musste ich spucken. Ulli hat 18321_ALL_SL1.indd 39 05.02.2019 11: 11: 01 <?page no="40"?> 40 mir erklärt, dass mein Magen noch zu müde für den Zwieback war und erst wieder richtig wach werden musste. Ich fragte Ulli, was ich mit dem Hickman mache, wenn ich wieder gesund bin. Der stört mich doch beim Fußballspielen! Sie sagte, dass der Hickman wieder entfernt wird, wenn ich gesund bin, und danach würde nur eine kleine Narbe zu sehen sein. „Wenn ich gesund bin, brauche ich ja auch keinen Superhelden mehr, der mir hilft. Dann bin ich mein eigener Superheld! “, sagte ich und strahlte Ulli an. wieder entfernt wird, wenn ich gesund „Wenn ich gesund bin, brauche ich ja 18321_ALL_SL1.indd 40 05.02.2019 11: 11: 02 <?page no="41"?> Chemotherapie Inzwischen habe ich meine dritte Chemotherapie bekommen. Chemotherapie ist ein komisches Wort. Du kannst sie dir vorstellen wie viele kleine Polizisten. Sie kommen durch den Hickman mit der Flüssigkeit in deinen Körper und machen sich dann auf die Suche nach den jungen Leukozyten. Ihre Aufgabe ist es, die jungen Leukozyten kaputt zu machen. Das dauert eine ganze Weile, denn wie du weißt, gibt es eine ziemlich große Menge davon. Deswegen arbeiten die kleinen Polizisten rund um die Uhr, Tag für Tag. Bis irgendwann keine störenden Leukozyten mehr übrig sind. Das alles ist ziemlich anstrengend für die Körperpolizei. Manche von den Polizisten sind von der vielen Arbeit so erschöpft, dass sie gar nicht mehr so wirklich wissen, was sie tun. 18321_ALL_SL1.indd 41 05.02.2019 11: 11: 03 <?page no="42"?> 42 Und so kommt es dazu, dass einigen Polizisten der Kopf vor Erschöpfung nur so schwirrt. Ohne es zu merken, bekämpfen sie dann auch die gesunden Zellen im Körper. Zum Beispiel die Zellen, die unsere Haare wachsen lassen. Und wenn es solche Zellen nicht mehr gibt, dann gibt es bald auch keine Haare mehr. Und wenn es keine Haare mehr gibt, dann sieht man schon ein klein wenig wunderlich aus. Ein bisschen wie mein Opa. Leider sind die kleinen verwirrten Polizisten aber auch schuld daran, dass mir immer ganz doll übel wird, wenn ich meine Medizin, die Zytostatika, bekomme. Ich glaube ja, dass das daran liegt, dass die kleinen Polizisten in meinem Magen Trampolin springen und ich dadurch manchmal spucken 18321_ALL_SL1.indd 42 05.02.2019 11: 11: 04 <?page no="43"?> 43 muss. Das ist zwar alles andere als schön für mich, wenn mir wieder so doll übel ist. Aber ich weiß, dass meine Körperpolizei anschließend umso besser meine kaputten Blastenzellen verfolgen kann und ganz viele Kopierer ausschaltet, damit ich wieder gesund werde. Bei dem Gedanken geht es mir dann zumindest ein klitzekleines bisschen besser. Und irgendwann werden die Polizisten ihre Arbeit getan haben und keine störenden Leukozyten bleiben zurück. Nicht ein einziger. Und nachdem die Polizisten etwas schlafen und sich vom Gesundmachen erholen konnten, können sie sich wieder an die guten Zellen erinnern und schicken sie wieder zurück an ihre Arbeit. Dann muss ich nicht mehr spucken und kriege auch meine Haare zurück. 18321_ALL_SL1.indd 43 05.02.2019 11: 11: 04 <?page no="44"?> Ein Brief von Tom Lieber Ben, leider kann ich dich diese Woche nicht im Krankenhaus besuchen, weil ich einen super doofen, blöden Schnupfen bekommen hab und ich dich nicht anstecken darf. Es ist richtig langweilig zu Hause ohne dich. Mama und Papa wollen nie mit mir spielen. Die meiste Zeit telefonieren sie mit deinen Ärzten oder denken über deine Krankheit nach. Diese Woche muss ich bei Opa und Oma wohnen, damit ich Mama und Papa nicht anstecke und sie dich dann auch nicht besuchen kommen können. Bei Oma und Opa ist es gerade schöner als zu Hause, und Oma hilft mir, damit ich dir wenigstens schreiben kann. Ich vermisse dich jeden Tag ganz ganz arg. Das Einzige, was ich mir gerade wünsche, ist, dass du gesund wirst, 18321_ALL_SL1.indd 44 05.02.2019 11: 11: 04 <?page no="45"?> 45 deshalb habe ich dem Osterhasen ja einen Wunschzettel geschrieben. In dem steht drin, dass er dich wieder gesund machen soll. Also falls bald bei dir der Osterhase auftaucht, wundere dich nicht, er will bloß den blöden Krebs mitnehmen. Dein kleiner Bruder TOM 18321_ALL_SL1.indd 45 05.02.2019 11: 11: 05 <?page no="46"?> Mia und die Schmetterlinge An manchen Tagen bin ich sehr wütend auf meinen Körper und wünsche mir nichts anderes, als endlich wieder gesund zu sein. Doch zum Glück ist nicht alles blöd im Krankenhaus. Ich habe sogar Freunde gefunden, die Ulli und den Toni, die sich immer liebevoll um mich kümmern, besonders dann, wenn es mir nicht gut geht. Außerdem kann ich mit Mia reden und spielen. Sie ist schon etwas länger hier im Krankenhaus. Oft ist uns langweilig, doch wir dürfen nicht nach draußen und spielen, sondern müssen in unseren Betten bleiben, um uns auszuruhen. „Das ist voll ungerecht, dass wir nicht aufstehen dürfen“, hatte sich eines Morgens Mia bei Toni beschwert. „Meine ganzen Freundinnen sind heute im Zoo und schauen sich die 18321_ALL_SL1.indd 46 05.02.2019 11: 11: 05 <?page no="47"?> 47 Pinguine an, und ich werde hier in diesem Zimmer eingesperrt.“ Toni versuchte uns zu erklären, dass wir sehr viel Ruhe bräuchten, um gesund zu werden. Dann würden wir bestimmt bald wieder in den Zoo gehen können. „Ich will aber jetzt“, erklärte Mia trotzig. Sie schmollte noch eine ganze Weile vor sich hin, bis mir die Idee kam: „Mia, wir können vielleicht nicht mit unseren kranken Körpern in den Zoo gehen, aber mit unseren Köpfen können wir das.“ Sie schaute mich verwirrt an. „Mach einfach deine Augen zu und stell dir vor, wie die Sonne scheint, du überall Tiergeräusche hören kannst und du mitten im Zoo stehst. Wo würdest du als Erstes hingehen wollen? “ Ich hörte, wie sie im Bett hin und her rutschte, doch schließlich sagte sie: „Mmh, am liebsten würde ich in das Schmetterlingshaus gehen. Wusstest du als Erstes hingehen wollen? “ Schmetterlingshaus gehen. Wusstest 18321_ALL_SL1.indd 47 05.02.2019 11: 11: 06 <?page no="48"?> 48 du, dass die Raupen mit Absicht giftige Pflanzen essen, um die Parasiten in ihrem Körper zu töten? Und damit sie eines Tages Schmetterlinge werden können. Das ist fast so wie bei unserer Chemotherapie, die wir kriegen, um die Krebszellen in unserem Körper zu töten, damit wir eines Tages auch wieder gesund sind.“ „Cool! Wir werden also nach der Chemotherapie auch Schmetterlinge“, stellte ich erstaunt fest. Mia lachte. „Also wenn ich eine Raupe wäre, dann würde ich gaaanz viel von diesen Pflanzen essen, damit ich schnell ein gesunder Schmetterling werde. Und dann würde ich gaaanz weit weg von diesem Krankenhaus fliegen und dich würde ich natürlich mitnehmen.“ „Das hört sich toll an! Also ich würde zuerst an die Nordsee fliegen. Da war ich letztes Jahr mit meinen Eltern und mit meinem kleinen Bruder und es war wunderschön. Wir haben Muscheln gesammelt, waren im Meer baden, haben Strandburgen gebaut und ganz viel Eis gegessen“, Chemotherapie, die wir kriegen, um die Krebszellen „Cool! Wir werden also nach der Chemotherapie 18321_ALL_SL1.indd 48 05.02.2019 11: 11: 07 <?page no="49"?> 49 erzählte ich Mia und war mit meinen Gedanken für einen Moment an der Nordsee und nicht in diesem langweiligen Krankenhaus. 18321_ALL_SL1.indd 49 05.02.2019 11: 11: 08 <?page no="50"?> Abschied Mia wurde vor mir aus dem Krankenhaus entlassen. Ohne sie war es ziemlich langweilig, deshalb war ich sehr glücklich darüber, als Doktor Haas zwei Wochen später bei der Morgenvisite verkündete, dass ich nun auch nach Hause könnte. Jetzt darf ich eine ambulante Behandlung in der Tagesklinik machen. Einerseits war der Gedanke an Zuhause sehr schön, doch als ich meine Sachen zusammenpackte, meine 18321_ALL_SL1.indd 50 05.02.2019 11: 11: 09 <?page no="51"?> 51 Bilder von den Wänden nahm und mich bei allen Pflegekräften verabschiedete, wurde ich ein wenig traurig. Dieses Zimmer und diese Menschen waren für fünf Wochen mein Zuhause gewesen. Im Krankenhaus gab es schöne, lustige Tage und es gab Tage, an denen ich sehr starke Schmerzen hatte und mir wünschte, gesund zu sein. Aber die schönsten Tage sind immer noch, wenn man zu Hause ist. 18321_ALL_SL1.indd 51 05.02.2019 11: 11: 10 <?page no="52"?> Die Tagesklinik Nachdem ich zu Hause war, konnte ich nicht gleich wieder in die Schule gehen, weil ich noch ziemlich erschöpft und müde war. Außerdem muss ich noch jeden dritten Tag in die Tagesklinik. Dort untersucht mich immer zuerst ein Arzt auf blaue Flecken und fragt mich, ob ich in den letzten Tagen Nasenbluten oder andere merkwürdige Dinge an meinem Körper gemerkt habe. Es wird dann noch ein Verbandswechsel bei meinem Hickman durchgeführt. Anschließend wird dann von dort Blut abgenommen und in das Hämalabor gebracht, um zu schauen, ob die Blutwerte sich von der letzten Chemotherapie erholt haben und ob ich wieder eine Chemotherapie haben kann. 18321_ALL_SL1.indd 52 05.02.2019 11: 11: 11 <?page no="53"?> 53 Wenn die Blutwerte stabil sind, bekomme ich die Chemotherapie über eine Infusion. Nach der Chemotherapie muss ich immer noch zur Beobachtung dableiben. Ein Pfleger misst zu Anfang jede Viertelstunde meinen Blutdruck, meinen Puls, meine Temperatur und meine Atemfrequenz, danach alle halbe Stunde und schließlich nur noch einmal pro Stunde. Anschließend darf ich wieder nach Hause gehen. 18321_ALL_SL1.indd 53 05.02.2019 11: 11: 12 <?page no="54"?> 54 Heute bekam ich einen Brief von Mia. Lieber Ben, ich hoffe, es geht dir gut und du bist nicht so müde und schlapp von der Chemotherapie. Es hat mich sehr gefreut, als meine Mama mir erzählt hat, dass du auch nach Hause gehen darfst. 18321_ALL_SL1.indd 54 05.02.2019 11: 11: 13 <?page no="55"?> 55 Ich durfte vor einer Woche ganz mit der Chemotherapie aufhören. Ich glaube ganz fest daran, dass du das auch bald darfst. Wir sind ja schließlich Schmetterlinge! Liebe Grüße Deine MIA 18321_ALL_SL1.indd 55 05.02.2019 11: 11: 13 <?page no="56"?> 56 In dem Briefumschlag war noch ein Foto von ihr drin: Es zeigt Mia in einem Schmetterlingshaus, und um sie herum schweben überall Schmetterlinge. Ich habe mir ihr Bild über mein Bett gehängt. 18321_ALL_SL1.indd 56 05.02.2019 11: 11: 13 <?page no="57"?> Die letzte Chemotherapie Mittlerweile gehe ich immer seltener in die Tagesklinik und kann inzwischen auch wieder in die Schule gehen. Den Tag heute werde ich wahrscheinlich nie vergessen, denn heute hat Doktor Haas mir gesagt, dass ich gerade meine letzte Chemotherapie hatte. Ich muss natürlich regelmäßig zu den Nachuntersuchungen kommen, aber das finde ich nicht so schlimm. Ich schaute lachend meinen Teddy an, den ich immer dabeihatte, und sagte zu ihm: „Teddy, es ist endlich vorbei! “ Meine Mama verabschiedete sich schon von Doktor Haas. Ich zögerte aber noch. „Ben, was ist los? Komm, verabschiede dich von Doktor Haas.“ Ich schaute noch immer auf meinen Teddy. „Doktor Haas, kannst du was für mich tun? “, fragte ich ihn. „Kommt drauf an, was es ist, Ben.“ Meine Mama verabschiedete sich schon von Doktor Haas. Ich zögerte aber noch. „Ben, was ist los? Komm, verabschiede Ich schaute noch immer auf meinen Teddy. „Doktor Haas, kannst du was „Kommt drauf an, was es ist, Ben.“ 18321_ALL_SL1.indd 57 05.02.2019 11: 11: 14 <?page no="58"?> 58 „Ich bin ja jetzt gesund und deswegen brauch ich meinen Teddy nicht mehr, aber ich weiß, dass andere Kinder noch krank sind und vielleicht haben sie keinen Teddy, der auf sie aufpasst. Kannst du den anderen Kindern deshalb meinen Teddy geben? “ Doktor Haas zögerte, aber er antwortete freundlich: „Wenn du das willst, mache ich das gerne.“ Ich überreichte ihm meinen Teddy und verabschiedete mich. Als wir aus dem Krankenhausgebäude waren, drehte ich mich noch einmal um und sagte: „Leb wohl, Teddy.“ 18321_ALL_SL1.indd 58 05.02.2019 11: 11: 14 <?page no="59"?> 5 Jahre später Mein Name ist Ben. Ich bin 13 Jahre alt, habe braune Augen, trage eine Brille, bin mittlerweile ziemlich groß und spiele gerne Fußball. Vor fünf Jahren hatte ich ALL , und heute bin ich kerngesund. 18321_ALL_SL1.indd 59 05.02.2019 11: 11: 15 <?page no="60"?> 18321_ALL_SL1.indd 60 05.02.2019 11: 11: 15 <?page no="61"?> Jacqueline Banschbach Julia Breitenbücher Veronika Brem Teresa Bronner Jung-Oun Byeon Denise Engel Tobias Futter Ruth Gäckle Mustafa Hadžić Jessica Hergenröder Meike Heyden Christina Holder Sofia Holm Alice Jakobs Anna Kühne Lena Lutz Sandy Molnar Mariam Nabisere Corinne Reutebuch Carmen Schietinger Hannah Schmidt Miljana Stojanović Azime Uzun Anika Wöllhaf Ein Projekt der Auszubildenden des Kurses 16 H/ B der Schule für Pflegeberufe am Universitätsklinikum Tübingen: 18321_ALL_SL1.indd 61 05.02.2019 11: 11: 16 <?page no="62"?> 18321_ALL_SL1.indd 62 05.02.2019 11: 11: 16 <?page no="63"?> ��L, die kleinen Polizisten Plötzlich ist alles anders. Der 8-jährige Ben ist krank, er hat Leukämie. In diesem Buch erzählt Ben seine Geschichte. Sie handelt von Bens Zeit im Krankenhaus, von guten und von blöden Tagen, von Marsmännchen und Polizisten, von Schmetterlingen und Mia und natürlich vom Gesundwerden. ISBN 978-3-8233-8321-5 ��L, die kleinen Polizisten & Ich 18321_Umschlag_v2.indd Alle Seiten 05.02.2019 11: 25: 09