eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 48/1

Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
10.2357/FLuL-2019-0011
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/61
2019
481 Gnutzmann Küster Schramm

Dominik RUMLICH: Evaluating Bilingual Education in Germany. CLIL Students’ General English Proficiency, EFL Self-Concept and Interest. Frankfurt/M.: Lang 2016. 582 Seiten [73,80 €].

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2019
Petra Burmeister
flul4810138
138 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel DOI 10.2357/ FLuL-2019-0011 48 (2019) • Heft 1 weist auf grundsätzliche Fragen zum Verhältnis von Form und Bedeutung, Interaktion und Kognition“ (S. 184). In diesem Sammelband wird aus einer beeindruckenden Vielfalt von Perspektiven und Kontexten, von der Grundschule bis zur Universität, von Dänisch bis Türkisch, vom „klassischen“ Unterrichtsgespräch bis zur Videokonferenz die Einzigartigkeit des Fremdsprachenunterrichts als institutionelle Interaktion (vgl. S EEDHOUSE 2004: 187) beleuchtet. Bei allen Differenzen hinsichtlich des Fokus und der Methodologie gelingt es den Autoren und Herausgebern, ein gemeinsames Bild über das komplexe Zusammenspiel von sprachlichen und multimodalen Ressourcen im fremdsprachlichen Klassenzimmer mit mikroskopischen Detail zu vermitteln und fremdsprachenunterrichtliches Handeln (d.h. „doing“ lehren und lernen) als ein ko-konstruiertes Unterfangen darzustellen. Jedoch ist anzumerken, dass, obwohl viele Beiträge sich auf die Relevanz der gewonnenen Ergebnisse für die Lehrerbildung beziehen, dieser Aspekt nur in Form allgemeiner Empfehlungen ausgeführt wird. So bleibt die Anwendung der Unterrichtsinteraktionsforschung im Rahmen von fachdidaktischen Seminaren weiterhin ein Desiderat. Göttingen M ARTA G ARCÍA G ARCÍA Dominik R UMLICH : Evaluating Bilingual Education in Germany. CLIL Students’ General English Proficiency, EFL Self-Concept and Interest. Frankfurt/ M.: Lang 2016. 582 Seiten [73,80 €]. In seiner Dissertation Evaluating Bilingual Education in Germany untersucht Dominik R UMLICH , ob und wenn ja, inwiefern sich Schülerinnen und Schüler aus CLIL-Klassen nordrhein-westfälischer Gymnasien von Lernenden ohne CLIL im Hinblick auf Fremdsprachenkompetenz und ausgewählte individuelle Variablen unterscheiden. Das immerhin 411 Textseiten umfassende Werk richtet sich an die internationale ‚CLIL-Community‘ und ist daher auf Englisch verfasst. Nach einem Inhalts-, Abbildungs- und Tabellenverzeichnis folgt ein umfangreiches und informatives Glossar mit Erläuterungen zentraler statistischer und fachdidaktischer Begriffe und Konzepte. In seiner Einleitung (Kapitel 1) liefert R UMLICH eine gelungene Skizze der Bedeutung und Geschichte von CLIL vor dem Hintergrund der bildungspolitischen Entwicklung in Europa sowie eine knappe Bestandsaufnahme der CLIL-Forschung in Deutschland. Dem konstatierten Mangel an Langzeitstudien in CLIL-Programmen der Sekundarstufe möchte er mit seiner im Rahmen des Forschungsprojekts DENOCS („Development of North-Rhine Westphalian CLIL Students“) angesiedelten Untersuchung begegnen. In seiner quasi-experimentellen zweijährigen Langzeitstudie vergleicht R UMLICH Gymnasien in Nordrhein-Westfalen mit CLIL-Zweig und Nicht-CLIL-Zweig sowie mit Klassen von Gymnasien ohne CLIL am Ende der Klassenstufen 6 und 8 bzgl. der allgemeinen Sprachkompetenz in der Fremdsprache Englisch, den affektiv-motivationalen Dispositionen ‚Selbstkonzept‘ und ‚Interesse‘ in Bezug auf das Englischlernen sowie weiteren individuellen Einflussfaktoren. In Kapitel 2 skizziert R UMLICH die Genese von CLIL-Unterrichtsverfahren in Deutschland und liefert eine differenzierte Definition von CLIL unter Einbezug europäischer und nordamerikanischer Ansätze. Im Zentrum des Kapitels steht eine Beschreibung des konzeptionellen, institutionellen und curricularen Rahmens von CLIL-Verfahren in Deutschland mit einem sehr detaillierten Fokus auf CLIL-Zweige in der Sekundarstufe in Nordrhein-Westfalen. Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 139 48 (2019) • Heft 1 DOI 10.2357/ FLuL-2019-0011 Kapitel 3 widmet der Autor den lerntheoretischen und fachdidaktischen Grundlagen von CLIL und beschreibt detailliert die Bedeutung von affektiv-motivationalen Dispositionen und deren Einfluss auf das (Sprachen-)Lernen (in CLIL). Darüber hinaus geht R UMLICH auf weitere individuelle Faktoren wie Muttersprache(n), Geschlecht, kognitive Fähigkeiten, Vorwissen und Kontakt mit der Fremdsprache Englisch im außerschulischen Kontext ein. In Kapitel 4 liefert R UMLICH eine kritische Bestandsaufnahme der bisherigen Forschung zu CLIL an Gymnasien in Deutschland, die vielfach positive Ergebnisse besonders im Hinblick auf die Sprachkompetenz gezeigt hat. Der Autor identifiziert theoretische und/ oder empirische ‚Unzulänglichkeiten‘ („theoretical pitfalls and empirical fallacies“; S.193), die es seiner Meinung nach nicht erlauben, wissenschaftlich begründete Aussagen zur Wirksamkeit von CLIL im deutschen Kontext zu treffen. Insbesondere der Effekt von Variablen wie positive Vorabselektion von Schülerinnen und Schülern, Klassenzusammensetzung, Art und Umfang von Vorbereitungsstunden oder individuellen Faktoren auf die Sprachentwicklung in CLIL sei bisher nicht ausreichend und/ oder nicht systematisch untersucht worden. Dies treffe auch auf die bisherige Forschung zu den in seiner Studie fokussierten affektiv-motivationalen Faktoren zu. Mit Kapitel 5 beginnt der empirische Teil der Publikation. Zunächst erläutert R UMLICH die drei seiner Studie zugrundeliegenden Forschungsfragen. Die erste zielt auf mögliche Unterschiede zwischen CLIL- und Nicht-CLIL-Lernenden am Ende der 6. Klasse, d.h. vor Beginn des englischsprachigen Sachfachunterrichts. Die zweite Forschungsfrage zielt auf den Effekt von CLIL auf die allgemeine Sprachkompetenz im Englischen nach der 8. Klasse unter Berücksichtigung der A-priori-Unterschiede zwischen CLIL- und Nicht-CLIL- Schülerinnen und Schülern. Die dritte Forschungsfrage untersucht die Effektstärke der affektiv-motivationalen Variablen und individuellen Einflussfaktoren in CLIL und in Nicht-CLIL Lerngruppen am Ende der 8. Klasse, wiederum unter Berücksichtigung von A-priori-Unterschieden. Es folgt eine detaillierte Beschreibung des Forschungsprojekts DENOCS, in dessen Rahmen R UMLICH s Studie durchgeführt wurde, sowie des Forschungsdesigns und der Datenerhebung. Am Ende der 6. und 8. Klassenstufe wurden neben C-Tests zur Feststellung der allgemeinen Sprachkompetenz in Englisch die Items zu den Faktoren ‚Selbstkonzept‘, ‚Interesse‘, und ‚außerschulischer Englischkontakt‘ aus den in DENOCS eingesetzten Fragebögen einbezogen. Darüber hinaus wurden kognitive Fähigkeiten mit einem Standardverfahren getestet. Die Stichprobe umfasst knapp 950 Schülerinnen und Schüler aus 38 Klassen an Gymnasien in Nordrhein-Westfalen mit CLIL-Zweigen (16) und Nicht-CLIL-Parallelklassen (15) sowie Kontrollklassen (7) von Gymnasien ohne CLIL. In Kapitel 6 analysiert Dominik R UMLICH , auf der Basis eines integrierten Strukturangleichungsmodells die angenommenen Beziehungen zwischen den untersuchten Variablen in der ersten Forschungsfrage. Die umfangreichen Analysen haben signifikante Unterschiede bzgl. der allgemeinen Sprachkompetenz in Englisch nach der 6. Klassenstufe ergeben. CLIL- Schülerinnen und Schüler sind denen aus Gymnasien ohne CLIL etwa ein Schuljahr voraus, und der Unterschied zwischen CLIL und Nicht-CLIL beträgt sogar bis zu zwei Schuljahre. Die Leistungsdifferenz zwischen Nicht-CLIL-Lernenden aus den Gymnasien mit CLIL- Zweigen, an denen eine Vorabselektion angenommen werden kann, beträgt etwa ein dreiviertel Schuljahr. Auch die Analysen der kognitiven und affektiv-motivationalen Variablen und der Variablen ‚außerschulischer Kontakt zum Englischen‘ haben signifikante Unterschiede ‚zugunsten‘ der 6. ‚zukünftigen‘ CLIL-Klassen ergeben. Die Ergebnisse der komplexen Effektstärkenanalysen (z.B. Einfluss von CLIL-Gruppenzugehörigkeit auf Selbstkonzept, Interesse etc.), die R UMLICH sehr detailliert und anschaulich erläutert, können aus Platzgründen hier nicht zusammengefasst werden. 140 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel DOI 10.2357/ FLuL-2019-0012 48 (2019) • Heft 1 Kapitel 7 liefert die Ergebnisse für das Ende der 8. Klassenstufe. Auch hier zeigen sich substantielle Unterschiede zwischen der allgemeinen Englischkompetenz von Schüler(inne)n aus CLIL- und Nicht-CLIL-Klassen und Klassen von Gymnasien ohne CLIL-Zweige. Interessant ist jedoch, dass in allen drei Gruppen ein großer Leistungszuwachs gemessen wurde, woraus R UMLICH ableitet, dass der Einfluss von CLIL auf die allgemeine Sprachkompetenz nicht bedeutsam ist. Auch bzgl. der Entwicklung von ‚Selbstkonzept‘, ‚Interesse‘ und ‚außerschulischer Kontakt zum Englischen‘ hat CLIL nur wenig bis keinen Einfluss. In Kapitel 8 werden die Ergebnisse zusammenfassend interpretiert und konzeptionelle und methodische Aspekte der Studie kritisch reflektiert. Insgesamt ist R UMLICH s Buch sehr lesenswert und sollte zum Kanon der CLIL-Werke an Hochschulen und in der Aus- und -fortbildung für CLIL-Lehrkräfte gehören. Es liefert einen systematischen und kritischen Überblick über die bisherige CLIL-Forschung an Gymnasien in Deutschland und zeigt anschaulich, welche Effekte individuelle Faktoren auf das sprachliche Lernen in (nordrhein-westfälischen) CLIL-Zweigen haben. Diejenigen, die vom Umfang des Buches oder den komplexen statistischen Analysen abgeschreckt werden, sollten auf jeden Fall die sehr gelungenen Zusammenfassungen der Kapitel zur Kenntnis nehmen. Weingarten P ETRA B URMEISTER Carsten R ÖVER , Aek P HAKITI : Quantitative Methods for Second Language Research. A Problem-Solving Approach. New York/ London: Routledge 2017, 268 Seiten [39,82 €] Zunehmend präzisere Vorgaben bezüglich des empirischen - und insbesondere des quantitativen - Arbeitens in der Sprachlehr- und -lernforschung (SLF) der letzten Jahre haben dazu geführt, dass empirische Standards v.a. der Psychologie und der Sozialwissenschaften nach und nach für die SLF aufgearbeitet werden. Dadurch sind in den letzten Jahren auch im deutschsprachigen Raum mehrere Handbücher, Einzelaufsätze und programmatische Beiträge entstanden, die (1) unterschiedliche Ansätze, Methoden, Instrumente und/ oder Analyseverfahren für i.d.R. Nachwuchswissenschaftler (Masterstudierende, Doktoranden) in unterschiedlicher Breite einführen, (2) besondere Entwicklungen thematisieren und für ein Fachpublikum einführen oder (3) das Problem (meist als „schwach“ bemängelter) empirischer Forschungsstudien im Fach diskutieren. Das vorliegende Buch verortet sich eindeutig in der ersten Kategorie. Es verzichtet dabei auf eine grobe Unterteilung und gliedert sich in insgesamt 15 Einzelkapitel. Es bietet dabei „a practical academic resource and a starting point for new researchers in their quest to learn about data analysis“ (xviii). Die Arbeit mit dem Buch „assumes no prior experience in quantitative research and is written for students and researchers new to quantitative methods“ (ibid.). Gerade darin liegt aber eine der größten Herausforderungen für das Werk und einer der Gründe, warum die Darstellung nicht immer gelingt. Denn die explizite Fokussierung auf Datenanalyse setzt eine intensive - und vorhergehende - Auseinandersetzung mit möglichen Forschungsdesigns, Datenerhebungsmethoden und schließlich der Datenaufbereitung voraus. Wer also dieses Buch liest, profitiert am ehesten davon, wenn er oder sie bereits einigermaßen gesicherte Kenntnisse der o.g. Aspekte besitzt; und wer diese Kenntnisse bereits aufweist, benötigt i.d.R. ein solches Einführungswerk nicht mehr. Dennoch bietet das Handbuch in vielerlei Hinsicht interessante Einblicke und v.a. praktische Tipps, auf die bei der Besprechung der einzelnen Kapitel eingegangen wird.