eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 48/2

Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
10.2357/FLuL-2019-0019
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/81
2019
482 Gnutzmann Küster Schramm

Bewertung interkultureller Kompetenz durch schriftliche Sprachmittlungsaufgaben Deutsch – Spanisch

81
2019
Lena Krogmeier
flul4820041
48 (2019) • Heft 2 DOI 10.2357/ FLuL-2019-0019 L ENA K ROGMEIER * Bewertung interkultureller Kompetenz durch schriftliche Sprachmittlungsaufgaben Deutsch - Spanisch Abstract. Successful mediation requires Intercultural Competence (IC): Knowledge of one's own and foreign cultures, language behavior appropriate to the target group and situation, and tolerant attitudes help the mediator to facilitate communication between languages and cultures. In foreign language didactics, therefore, IC should also be evaluated through mediation tasks. Since mediation is examined in written form e.g. in central school examinations (Abitur) throughout Germany, one must ask which intercultural competencies can be assessed in a written format. The article analyses a) grading scales to illustrate problems and differences in the evaluation of IC between federal states and b) written students’ responses to illustrate the qualitative differences between the students’ attempts at mediation. 1. Einleitung R ÖSSLER (2008: 67) bezeichnet Sprachmittlung unter Bezug auf H ALLET (1995) als „Sonder- und Glücksfall interkulturellen Lernens“, zumal diese „das direkte In-den- Dialog-Treten von Eigenem und Fremden“ (ebd.) erfordere und „der Sprecher hier das Aufeinandertreffen der Rollen des Muttersprachlers und des Fremdsprachlers in seiner Person nicht bloß passiv erlebt, sondern auch in beiden Rollen agiert“ (H ALLET 1995: 292). Folglich wurden in verschiedenen Arbeiten Schnittstellen zwischen Sprachmittlung und interkultureller Kompetenz, basierend auf B YRAM s (1997) vielfach zitiertem und allgemein anerkannten Model of Intercultural Communicative Competence bestimmt (z.B. E NGBERS / S ENKBEIL 2011; S EIDEL 2012) bzw. (inter-)kulturelle Kompetenz als Teilkompetenz von Sprachmittlung definiert (H ALLET 2008; K OLB 2016; R ÖSSLER 2009) sowie Kriterien zur Konstruktion von Sprachmittlungsaufgaben aufgestellt, um interkulturelle Kompetenz bestmöglich zu fördern (C AS - PARI / S CHINSCHKE 2010). * Korrespondenzadresse: Lena K ROGMEIER , M.Ed., Leibniz Universität Hannover, Romanisches Seminar, Didaktik des Spanischen, Königsworther Platz 1, 30167 H ANNOVER E-Mail: krogmeier@romanistik.phil.uni-hannover.de Arbeitsbereiche: Sprachmittlung, Schreibkompetenz, Evaluation 42 Lena Krogmeier DOI 10.2357/ FLuL-2019-0019 48 (2019) • Heft 2 2. Die interkulturelle Kompetenz des Sprachmittlers Ausgehend von B YRAM s Kernbereichen interkultureller kommunikativer Kompetenz, auf die häufig zur Bestimmung von Schnittstellen mit Sprachmittlungskompetenz rekurriert wird (z.B. E NGBERS / S ENKBEIL 2011; G RÜNEWALD 2012; S EIDEL 2012), steht ein/ e SprachmittlerIn im Bereich Wissen (savoir) vor den folgenden Anforderungen: Er/ sie benötigt mit K OLB (2016: 172) und K UPSCH -L OSEREIT (2003) (sprach-)kulturspezifisches Wissen über eigene und fremde Kulturen und zwar in den Bereichen Sach-/ Denotatswissen, kulturspezifische Realia und symbolische Bedeutungen. Unter Sach-/ Denotatswissen versteht K UPSCH -L OSEREIT (2003) Lexeme, deren kulturelle Bedeutung in verschiedenen Sprachen nicht deckungsgleich ist (z.B. dt. ‚Kaffee‘ und sp. café); kulturspezifische Realia bezeichnen landeskundliches bzw. enzyklopädisches Wissen wie z.B. Besonderheiten in Bereichen wie Institutionen, Kleidung, Geographie, Kunst, Nahrung usw.; unterschiedliche symbolische Bedeutungen werden je nach Kultur beispielsweise mit Farben, Blumen oder Tieren assoziiert (z.B. ‚Sie trug Trauerkleidung‘ deswegen als Übersetzung von ‚Sie trug schwarz‘). Kulturspezifika beziehen sich mit B IRK (2008: 101f.) einerseits auf diese „realen Inkongruenzen“ (landeskundliche Spezifika), andererseits gelten kommunikativ-prozedurale und textuelle Inkongruenzen in der Übersetzungswissenschaft als Übersetzungshürden. Während kommunikativ-prozedurale Inkongruenzen z.B. gesellschaftliche Normen, Umgangsformen oder Rollen betreffen, sind mit textuellen Inkongruenzen kulturelle Unterschiede hinsichtlich Textmuster, Textsorten etc. gemeint. Dabei hält Birk die Überwindung „realer Inkongruenzen“ unter Anwendung landeskundlichen Wissens für verhältnismäßig „[e]infach, weil besonders evident in ihrer spezifischen Problematik“ (B IRK 2008: 103). Hilfreich wäre jedoch eine Konkretisierung, über welches (sprach-)kulturspezifische Wissen die Schüler(innen) nicht nur in „der fremden“, sondern auch in „der eigenen“ Kultur verfügen sollten, erscheint es doch etwas unangemessen anzunehmen, dass diese über eine homogene „eigenkulturelle“ Expertise verfügen. A BENDROTH -T IMMER / P LIKAT (2017: 11) kritisieren in diesem Zusammenhang, dass Sprachmittlungsaufgaben häufig unausgesprochen homogenisierende Kulturbegriffe in der Tradition des Herderschen Kugelmodells zugrunde gelegt werden. Im Hinblick auf textuelle Inkongruenzen zwischen Kulturen gibt A DAMZIK (2005: 212) aus textlinguistischer Perspektive zu bedenken, dass kulturbzw. sprachspezifische Textsorten - insbesondere im alltäglichen Sprachgebrauch - eher die Ausnahme seien. Es sei weiterhin „überaus schwierig und auch problematisch, hier [im Sprachgebrauch des Alltags, Anm. L. K.] Kulturspezifika auszumachen. Denn ebenso wie eine Sprache kein einheitliches Ganzes ist, muss man auch die Kultur einer Gesellschaft/ Sprachgemeinschaft als komplexes Gefüge verschiedener Subkulturen ansehen“ (ebd.). Deshalb ist es beispielsweise schwierig, der in der schriftlichen Sprachmittlung des Fremdsprachenunterrichts häufigen Zieltextsorte 1 E-Mail (über die übli- 1 Aus textlinguistischer Perspektive stuft Z IEGLER (2002) die E-Mail hauptsächlich aufgrund deren Bewertung interkultureller Kompetenz durch schriftliche Sprachmittlungsaufgaben 43 48 (2019) • Heft 2 DOI 10.2357/ FLuL-2019-0019 chen Begrüßungsformeln hinausgehende) kulturspezifische Merkmale zuzuweisen, wobei auch schon innerhalb des deutschen und spanischen Sprachraums verschiedene Variationen auszumachen sind. Interessant sind dahingehend auch F ETSCHER s Beobachtungen zu Nähe- und Distanzkonzepten in deutsch-spanischer E-Mail-Kommunikation an der Hochschule: Sie lässt von Muttersprachlern die Höflichkeit in E-Mails einschätzen und kommt zu dem Ergebnis, dass diese Einschätzungen „widersprüchlich (vielleicht eher ‚voneinander abweichend‘) sein können“ und „natürlich immer auch noch weitere Variablen eine Rolle spielen, wie z.B. Regionalsprache, sozialer Status, spezifische Gruppenzugehörigkeiten, Interaktionsgeschichte u.a.“ (F ETSCHER 2015: 89). Bedenkenswert ist ferner die Tatsache, dass die (angemessene) Verwendung von Höflichkeits- und Anredeformeln auch in Deutschland einem stetigen Wandel unterliegt und je nach situativem Kontext variieren kann. Aufgrund dieser Komplexität und der fehlenden Forschung auf dem Gebiet sprach- und kulturspezifischer Gewohnheiten scheinen laut S IEPMANN (2013: 198) die in der Fremdsprachendidaktik geforderten „Ziele wohl an den tatsächlichen Möglichkeiten des Fremdsprachenunterrichts vorbeizugehen“. Er fordert deshalb „entweder eine Kanonisierung […] oder eine Ausrichtung der Prüfungen auf ein vorher genau bestimmtes, im Unterricht zu besprechendes Teilsystem“ (ebd.: 199). Eine gelungene Sprachmittlung bedarf auf diesem (sprach-)kulturspezifischen Wissen aufbauend eines adressaten- und situationsadäquaten (sprachlichen) Handelns. Dazu muss das (sprach-)kulturspezifische Vorwissen der Adressaten antizipiert und mit der Ausgangskultur verglichen werden, um „die Aussage des Ausgangstextes an den Vorwissensstand des in einer abweichenden Kulturgemeinschaft aufgewachsenen Zieltext-Empfängers zu kompensieren“ (B IRK 2002: 101). Gegebenenfalls müssen inhaltliche Anpassungen vorgenommen werden, um das Verständnis zu gewährleisten, Konflikte oder Missverständnisse im Vorhinein zu verhindern oder im Nachhinein zu entschärfen. In der Übersetzungswissenschaft gängige Verfahren zur Überwindung „realer Inkongruenzen“ sind • explikative Verfahren (Erklärungen in Form von Fußnoten oder Kommentierungen), • paraphrasierende Verfahren, • referenzielle Verfahren (ähnlicher Referenzausdruck in der anderen Sprache, z.B. sp. bachillerato für dt. ‚gymnasiale Oberstufe‘) und • modifizierende Verfahren (Anpassen oder Auslassen bestimmter Textteile im Hinblick auf die Verständlichkeit, z.B. „sie trug Trauerkleidung“ anstatt „sie trug schwarz“) (B IRK 2008: 105 mit Bezug auf S TOLZE 1999). Multifunktionalität nicht als Textsorte, sondern als Kommunikationsform ein. Jedoch wird sowohl im Volksmund als auch in bildungspolitischen und fremdsprachendidaktischen Veröffentlichungen im Zusammenhang mit E-Mail von Textsorte gesprochen. Zur terminologischen Unklarheit des Begriffes „Textsorte“ vgl. auch A DAMZIK (2005: 210f.). 44 Lena Krogmeier DOI 10.2357/ FLuL-2019-0019 48 (2019) • Heft 2 Fremdsprachendidaktische Publikationen differenzieren häufig nicht zwischen Kompensationsstrategien zur Überwindung der eigenen sprachlichen Begrenztheit und Strategien zur Überwindung kulturell bedingter Inkongruenzen (z.B. C ASPARI / S CHINSCHKE 2010; P HILLIP / R AUCH 2014; R ÖSSLER 2009). Das Spektrum umfasst Erklärungen, Paraphrasen, sprachliche Simplifizierungen, die Verwendung von Quasi-Synonymen, Antonymen, Hypo- und Hyperonymen, Beispielsätzen, Wortneuschöpfungen, Internationalismen usw. Im Vergleich zu den o.g. übersetzungswissenschaftlichen Verfahren scheint hier ein deutlich größerer Spielraum bzgl. einer Abweichung vom Ausgangstext gegeben zu sein. 3. Bewertung interkultureller Kompetenz durch schriftliche Sprachmittlungsaufgaben in der Sekundarstufe II Angesichts der o.g. Schnittstellen zwischen interkultureller Kompetenz und Sprachmittlung erhofft man sich auch gute Möglichkeiten zur Evaluation interkultureller Kompetenzen durch Sprachmittlungsaufgaben (vgl. C ASPARI / S CHINSCHKE 2010: 30; K OLB 2016: 86). Offen bleibt bisher jedoch die Frage, inwiefern interkulturelle Kompetenzen in der aktuellen Evaluationspraxis in Sprachmittlungsaufgaben tatsächlich berücksichtigt und bewertet werden (können). Diese Frage stellt sich insbesondere für die schriftliche Sprachmittlung (in die Fremdsprache), die in den meisten Bundesländern spätestens seit 2017 obligatorischer Bestandteil der Abiturprüfungen ist. 3.1 Der interkulturelle Kontext in schriftlichen Aufgabenstellungen Einige Bundesländer schließen sich den Anforderungen an Sprachmittlungsaufgaben zur Förderung interkultureller Kompetenz von C ASPARI / S CHINSCHKE (2010) weitgehend an: Sie fordern eine möglichst authentische kontextuelle Einbettung mit Angaben zu Adressaten, geforderter Zieltextsorte und häufig auch das Hinzufügen von für das Verständnis notwendigen Erläuterungen. Als Zieltextsorte dominiert die informelle E-Mail bisher deutlich, was angesichts dreier Vorteile wenig überrascht: Sie erlaubt eine genauere Definition der Adressaten als die Alternativen Blogeintrag und Artikel 2 , die an eine breitere Leserschaft gerichtet sind. Dies erleichtert einen Perspektivwechsel sowie die Einschätzung inhaltlichen und sprachlichen Vorwissens. Zweitens ist die E-Mail z.B. im Vergleich zum Zeitungsartikel eine wenig komplexe Textsorte, mit der die Schüler(innen) vertraut sind und die deshalb im kurzen Zeitfenster des Aufgabenteils Sprachmittlung in der Abiturprüfung 3 zu bewältigen ist; kom- 2 Welche Art von Artikel verfasst werden soll, ist je nach Bundesland unterschiedlich, z.B. Artikel für die Schülerzeitung in Hamburg (LI 2017), Zeitungsartikel in Bremen (S ENATORIN 2015) oder nicht weiter spezifiziert in Niedersachen (N IBIS 2015). 3 Für die Bearbeitung der Sprachmittlungsaufgabe stehen meist 60 Minuten zur Verfügung (vgl. E NGEL - HARDT / S OMMERFELDT 2016: 38). Bewertung interkultureller Kompetenz durch schriftliche Sprachmittlungsaufgaben 45 48 (2019) • Heft 2 DOI 10.2357/ FLuL-2019-0019 munikativ-prozedurale und textuelle Inkongruenzen mit den Lernenden bereits bekannten privaten E-Mails sind, wie oben bereits erwähnt, kaum definierbar. Drittens dient als Ausgangstext oft ein Zeitungsartikel; will man also der häufigen - durchaus auch hinterfragbaren (vgl. K OLB 2016: 147) - Forderung nach einem Textsortenwechsel (z.B. P FEIFFER 2013: 52; E NGELHARDT / S OMMERFELDT 2016: 38) nachkommen, bleiben wenige Alternativen 4 zur E-Mail, da der Ausgangstext ansonsten zu wenig umgestaltet werden würde. Unterschiedlich gehen die Bundesländer bislang allerdings mit der Frage nach der Thematik des deutschen Ausgangstextes um: Soll dieser eher eigenkulturelle Phänomene oder Thematiken der Zielkultur(en) behandeln? So greift Niedersachsen in Beispielaufgaben auf Textgrundlagen zurück, die eigenkulturelle Phänomene in den Vordergrund stellen (N IBIS 2015), während sich die Aufgabenbeispiele in NRW an den inhaltlichen (fremdkulturellen) Schwerpunktsetzungen der Abiturvorgaben orientieren (Q UA - LIS NRW). K OLB (2016: 173) konstatiert in diesem Zusammenhang eine Divergenz zwischen der realen Sprachmittlungssituation, in der „der Sprachmittler sicher häufig eher als Experte zu seiner Ausgangskultur wahrgenommen“ wird und der Tradition des Fremdsprachenunterrichts sowie der Motivation der Lernenden, die fremdsprachliche Kultur zu thematisieren. Auch könnte man annehmen, dass den Schüler(inne)n die Sprachmittlung in fremdkulturelle Kontexte leichter falle, weil deren - „möglicherweise unterbewusste[s] - Wissen über die Ausgangskultur immer größer sein [wird] als dasjenige der Zielkultur“ (ebd.). Dieses Wissen über Ausgangs- und Zielkultur, deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede brauchen Schüler(innen), um „zu erkennen, welche zusätzlichen Informationen und Erklärungen die Adressaten ggf. benötigen, um die Inhalte der Sprachmittlung angemessen verstehen zu können“ (LISUM 2016: 6 mit Bezug auf C ASPARI / S CHINSCHKE 2017: 183). Dies wiederum zeigt sich darin, dass sie „Strategien wie Umschreibungen, Erläuterungen oder Analogiebildung sowie Neologismen“ anwenden oder „wenn sie/ er entscheidet, dass man bestimmte kulturspezifische Begriffe des deutschen Textes in der Zielsprache nicht verwenden kann“ (ebd.: 7). Wenn von „kulturspezifischen Begriffen“ die Rede ist, handelt es sich um „reale Inkongruenzen“ im o.g. Sinne, während beispielsweise Unterschiede im Umgang mit dem Adressaten zu den kommunikativ-prozeduralen Inkongruenzen zu zählen wären. Ebenso wie bei textuellen Inkongruenzen muss man sich jedoch auch für kommunikativ-prozedurale Inkongruenzen die Frage stellen, inwiefern diese in schriftlichen Sprachmittlungsaufgaben, wie sie aktuell in Klausuren der Sekundarstufe II eingesetzt werden, tatsächlich relevant sind. Wenn man bedenkt, dass sich Umgangsformen und Textkonventionen zwischen ‚deutschen‘ und ‚spanischen‘ E-Mails im privaten Bereich, in Berichten, Artikeln für die Schülerzeitung oder Blogeinträgen vergleichsweise wenig voneinander unterscheiden bzw. von vielen 4 E NGELHARDT / S OMMERFELDT (2016: 38f.) reduzieren mögliche Zieltextsorten auf den formellen oder informellen Brief / E-Mail, Artikel für die Schülerzeitschrift und das Redeskript, da kaum mehr Situationen existieren würden, in denen Schüler(innen) realistischerweise schriftlich sprachmitteln müssten. In einigen Bundesländern ist auch ein informativer Blogeintrag als geeignete Zieltextsorte vorgesehen. 46 Lena Krogmeier DOI 10.2357/ FLuL-2019-0019 48 (2019) • Heft 2 anderen situativen Faktoren abhängen, kann davon ausgegangen werden, dass sie im Vergleich zu „realen Inkongruenzen“ - aufgrund der Schwierigkeit, erstere in schriftlicher Kommunikation überhaupt aufzuspüren - durchaus zu Recht eine sehr untergeordnete Rolle spielen. 3.2 Bewertungskriterien Analog zu der Feststellung, dass sich interkulturelle Kompetenz in schriftlicher Sprachmittlung besonders in der Bewältigung realer Inkongruenzen niederschlägt, haben einige Bundesländer ein entsprechendes Kriterium in ihre Kriterienraster aufgenommen: So sollen in Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern 5 in Anlehnung an die für Englisch länderübergreifend entwickelte Bewertungsmatrix (Musteraufgaben 2012) kulturspezifische Besonderheiten (allerdings für Spanisch nur auf erhöhtem Niveau) „treffend und prägnant formuliert“ werden (LI 2017: 65). Jedoch haben andere Bundesländer für den Spanischunterricht eigene Kriterienraster entwickelt und sogar für den Englischunterricht verwenden einige Bundesländer weiter ihre eigenen Bewertungskriterien (K OLB 2014: 94 f.). So werden in NRW (QUA-L I S) im Gegensatz zu Hamburg auch schon im neu einsetzenden Grundkurs Spanisch oder der fortgeführten Einführungsphase „ggf. für das Verstehen erforderliche Erläuterungen“ erwartet (Hervorhebung i.O.). In Niedersachsen sollen im Fach Spanisch inhaltlich ggf. „relevante kulturspezifische Erläuterungen präzise formuliert [werden], wie z.B. die Erklärung von Eigennamen oder kulturspezifischen Begriffen“ (NIBIS 2017: 5). Ebenso wie in Niedersachsen werden auch in Bayern nur bei sehr guten und guten Leistungen für das Verstehen erforderliche Erläuterungen vorausgesetzt. In Berlin sollen „relevante kulturspezifische Aspekte treffend berücksichtigt“ werden (BBB 2016) und in Bremen, wo explizit in Sprachmittlungsaufgaben auf Leistungskursniveau „neben den Standards zur Sprachmittlung häufig auch Standards zur Interkulturellen kommunikativen Kompetenz überprüft werden“, wird das Hinzufügen von für das Verstehen erforderlichen Erläuterungen erwartet (S ENATORIN 2015: 10; Hervorhebung i.O.). Am ausführlichsten unter allen fremdsprachendidaktischen Publikationen, die sich mit der Evaluation von Sprachmittlungskompetenz befassen, beschreibt R EIMANN (2015: 73) die inter- und transkulturelle Leistung zur Bewertung schriftlicher Sprachmittlungskompetenz (schriftlich  schriftlich) für die Höchstpunktzahl: „Sehr gute kulturelle Kenntnisse und Fertigkeiten in den an der Kommunikation beteiligten Kulturen gewährleisten, ggf. mit sehr treffenden kulturbezogenen Erläuterungen und Ergänzungen, die Kommunikation zwischen den beteiligten Kulturen (transkulturelle Kommunikation in Form von Sprach- und Kulturmittlung) in jeder Hinsicht“ (Hervorhebung i.O.). Auch hier spielen die (allerdings nur gegebenenfalls auf- 5 In Mecklenburg-Vorpommern gilt diese Formulierung für die schriftlich-schriftliche Sprachmittlung ins Englische. Im Fach Spanisch wird Sprachmittlung in Verbindung mit der Überprüfung des Hörverstehens in der Fremdsprache geprüft (IQ M-V 2018). Bewertung interkultureller Kompetenz durch schriftliche Sprachmittlungsaufgaben 47 48 (2019) • Heft 2 DOI 10.2357/ FLuL-2019-0019 tretenden) kulturbezogenen Erläuterungen eigentlich eine sehr prominente Rolle, sind es doch genau diese, in denen sich eine gelungene Kommunikation sowie gute kulturelle Kenntnisse überhaupt erst zeigen und somit evaluieren lassen. Auf R EIMANN s Deskriptoren basiert auch ein in Schleswig-Holstein entwickeltes Kriterienraster (E NGELHARDT / S OMMERFELDT 2016), das jedoch „interaktionale und interkulturelle Bewältigung“ in einer Kategorie zusammenfasst und darunter u.a. die kulturspezifisch notwendigen Erläuterungen fasst. Betrachtet man die Kriterienraster derjenigen Bundesländer genauer, in denen dieses Kriterium explizit bewertet wird, fallen Unstimmigkeiten darüber auf, a) was es genau umfasst, b) auf welchem Anforderungsniveau es bewertet werden sollte, c) ab welcher Punktzahl es bewertet werden sollte und d) wie es abgestuft werden kann (s. Tabelle 1): Geht es um kulturspezifische oder - allgemeiner - für das Verstehen erforderliche Erläuterungen von bestimmten Aspekten/ Besonderheiten/ Begriffen, die in ihrer Qualität und/ oder Quantität für alle, nur einige Notenstufen oder überhaupt nicht abgestuft werden sollen bzw. können? Eine Konkretisierung der Schülerlösungen wäre für eine bessere Einschätzung dieser Fragen hilfreich und einer objektiveren Bewertung zuträglich. Land 15-13 Punkte 12-10 Punkte 9-7 Punkte 6-4 Punkte 3-1 Punkte 0 Punkte Bayern wo nötig Hinzufügen von für das interkulturelle Verstehen erforderlichen Erläuterungen Das Kriterium wird auf diesen Notenstufen nicht mehr bewertet. Berlin treffend nachvollziehbar gelegentlich wenig angemessen kaum nicht Bremen 6 präzise, überaus zielführend nachvollziehbar, zielführend im Wesentlilichen nachvollziehbar, teils zielführend ansatzweise gegeben, teils missverständlich bzw. nicht zielführend missverständlich, nicht zielführend keine bzw. irrelevante kulturspezifische Erläuterungen Niedersach- Sen präzise nachvollziehbar keine keine keine keine NRW Keine Abstufung Sachsen- Anhalt überzeugend nachvollziehbar gelegentlich wenig angemessen kaum Berücksichtigung keine Berücksichtigung 6 Anders als in den übrigen hier dargestellten Kriterienrastern, die auf einer Punkteskala von 0-15 Punkten basieren, werden in Bremen Bewertungseinheiten von 0-10 zugrunde gelegt. Dennoch werden alle Kriterien 6-mal abgestuft, sodass die Abstufung mit den übrigen Skalen vergleichbar ist. 48 Lena Krogmeier DOI 10.2357/ FLuL-2019-0019 48 (2019) • Heft 2 Land 15-13 Punkte 12-10 Punkte 9-7 Punkte 6-4 Punkte 3-1 Punkte 0 Punkte Schleswig- Holstein stets zielführend und korrekt meist zielführend und korrekt im Wesentlichen zielführend und korrekt teils vorhanden und nachvollziehbar in Ansätzen vorhanden, kaum nachvollziehbar nicht vorhanden Länderübergreifende Bewertungsmatrix treffend, prägnant nachvollziehbar einige nachvollziehbar nur wenige missverständlich fehlen Tab. 1: Deskriptoren der Länder zur Bewertung des Kriteriums „kulturspezifische“/ „für das Verstehen erforderliche“ Erläuterungen/ Aspekte 4. Adressatengerechte Erläuterungen in Schülerlösungen Zur konkreteren Formulierung der Deskriptoren bedarf es der Antwort auf die Frage, inwiefern Spanischschüler(innen) in der Lage sind, in schriftlichen Szenarien erklärungsrelevante Begriffe zu erkennen und zu erläutern. Und weiter: Was unterscheidet dann die Erläuterungen voneinander, sodass eine Bewertung im Sinne einer Punktevergabe möglich ist? Um diese Fragen zu beantworten wurden Schülerlösungen durch 3 unabhängige Beurteiler (darunter die unterrichtende Lehrkraft, eine weitere Lehrkraft und die Autorin) mithilfe eines Kriterienrasters (K ROGMEIER 2017) bewertet und die Schülerlösungen im Hinblick auf das Kriterium „adressatengerechte Erläuterungen“ analysiert. Diese allgemeinere Bezeichnung erscheint im Vergleich zu „kulturspezifisch“ besser gerechtfertigt, weil sie erstens nicht davon ausgeht, dass der/ die AdressatIn einer bestimmten Nationalkultur angehört und zweitens mehr Spielraum für die Gründe für eine Erläuterung lässt (z.B. Alter, individuelle thematische oder sprachliche Vorkenntnisse usw.). 4.1 Datengrundlage und Aufgabenstellung Als Datengrundlage dienten 39 Schülerlösungen aus zwei niedersächsischen Spanischkursen der fortgeführten Einführungsphase (EF) im 5. Lernjahr. Die Ausgangstextsorte war ein Artikel des Handelsblattes mit dem Titel „Mexiko-Stadt verbannt Plastiktüten“, der das Verbot der kostenlosen Ausgabe von Plastiktüten in Supermärkten in Mexiko-Stadt, Alternativen zur Plastiktüte und Reaktionen auf das Verbot thematisiert. Die zwischen Autorin und Lehrkräften zuvor abgesprochene Aufgabenstellung lautete: Ihr ehemaliger Spanischaustauschschüler Pablo beabsichtigt in der Plastikindustrie in Mexiko-Stadt zu arbeiten. Er möchte gerne wissen, wie sich die Situation der Plastikindustrie dort darstellt. Bewertung interkultureller Kompetenz durch schriftliche Sprachmittlungsaufgaben 49 48 (2019) • Heft 2 DOI 10.2357/ FLuL-2019-0019 Bei seiner Recherche stieß er auch auf einen deutschen Zeitungsartikel. Dieser scheint ihm helfen zu können, jedoch haben seine Deutschkenntnisse erheblich nachgelassen, so dass er nur wenig versteht und beispielsweise nichts mit den Begriffen „Tante-Emma-Läden“ und „Jutetasche“ anfangen kann. Da Sie ihm helfen möchten, vermitteln Sie ihm die entsprechenden Informationen in der Form einer E-Mail. Sprechen Sie auch eine kurze Empfehlung aus, ob er sich in der Plastikindustrie von Mexiko-Stadt bewerben sollte. Da die unterrichtenden Lehrkräfte der EF befürchteten, dass ihre Schüler(innen) von sich aus keine adressatengerechten Erläuterungen vornehmen würden, wurde auf das fehlende Vorwissen des Adressaten in Bezug auf die Begriffe ‚Tante-Emma-Laden‘ und ‚Jutetasche‘ explizit in der Aufgabenstellung hingewiesen, sodass das Erkennen dieser kulturspezifischen Begriffe keine Eigenleistung darstellte. Die Begriffe werden im Ausgangstext nicht erläutert, sondern als verständlich vorausgesetzt. Im Wörterbuch (hier www.pons.de) erhält man für ‚Jutetasche‘ keinen spanischen Eintrag; für ‚Tante-Emma-Laden‘ die Paraphrase tienda de la esquina. Bemerkenswert ist zudem, dass im deutschen Ausgangstext ein zielkulturelles Thema behandelt wird und der Autor des Zeitungsartikels mit den genannten eigenkulturellen Begriffen versucht, die mexikanische Situation zu beschreiben. Die Begriffe stellen dadurch bereits deutsche Übersetzungen zielkultureller Phänomene dar, die von den Schüler(inne)n wieder zurück übersetzt werden müssen - ein Anlass, die Verwendung zielkultureller Ausgangstexte für die Sprachmittlung in die Fremdsprache zu hinterfragen. 4.2 Bewertung des Kriteriums „adressatengerechte Erläuterung“ Im Rahmen einer Klausur für die o.g. Lerngruppe hat die Autorin auf der Basis der bis dato 7 bestehenden Bewertungsbögen (s. Abschnitt 3.2) das folgende Kriterium zur Bewertung adressatengerechter Erläuterungen entwickelt: „Der Schüler/ die Schülerin erläutert für den Adressaten erklärungsrelevante Begriffe/ Themen durchgehend.“ Da die sachliche Korrektheit aller inhaltlichen Ausführungen, einschließlich der Erläuterungen, separat bewertet wurde, konzentrierte sich dieses Kriterium ursprünglich auf die Quantität der Erläuterungen und wurde analog zu den sechs Notenstufen mit „größtenteils“, „gelegentlich“, „nur zum Teil“, „kaum“ und „keine“ abgestuft. Da im Bewertungsprozess jedoch die separate Bewertung von Qualität und Quantität als wenig sinnvoll erachtet wurde, bezogen die Beurteiler immer auch die Qualität der Erläuterung mit in die Bewertung des Kriteriums ein. In 35 der 39 Schülerarbeiten ist eine Erläuterung oder Paraphrase von mindestens einem der Begriffe erkennbar. Die Beispiele 8 in Tabelle 2 (  S. 51f.) veranschaulichen verschiedene Lösungsansätze abgestuft nach Punkten (15-0), wobei für jede Notenstufe je zwei Beispiele ausgewählt wurden, bei deren Bewertung die drei Beurteiler weitgehend übereinstimmten. 7 Die Klausur wurde im Frühjahr 2016 geschrieben. 8 Sprachliche Fehler in den Beispielen sind originalgetreu übernommen worden. 50 Lena Krogmeier DOI 10.2357/ FLuL-2019-0019 48 (2019) • Heft 2 Eine deskriptive Analyse in Abhängigkeit der Notenstufen zeigt, dass sich die Erläuterungen der Schüler(innen) hinsichtlich der folgenden Kategorien unterscheiden: • Anzahl der erläuterten Begriffe: zwei - einer - keiner • Explizitheit: explizite Erläuterung - beiläufige Paraphrase • Soziokulturelles Wissen der SuS über den (deutschen) Begriff (implizit) • Korrektheit: korrekt - missverständlich - falsch • Präzision: präzise - nachvollziehbar - (sehr) allgemein • Ausführlichkeit: ausführlich (mehrere Eigenschaften werden genannt) - verkürzte Bedeutungsübertragung • Bezugnahme auf die Wissenslücke des Adressaten - keine Bezugnahme • Verständlichkeit: nicht beeinträchtigt - beeinträchtigt Bei der Abstufung dieser Kategorien fällt auf, dass sie schwerlich auf sechs Stufen so genau definiert werden können, dass die Zuteilung einer Schülerlösung eindeutig wäre; zwischen den Schülerlösungen mit der Note ‚ausreichend‘ und ‚mangelhaft‘ sind kaum nennenswerte Unterschiede erkennbar. Vielmehr können qualitative Gegensatzpaare beobachtet werden, die durch quantitative Deskriptoren abgestuft werden könnten (vgl. Tabelle 1 [  S. 47f.]: stets, meist, einige, gelegentlich, wenige, teils vorhanden), vorausgesetzt, der Ausgangstext enthielte so viele zu erläuternde Aspekte, dass dies Sinn ergäbe. Ein Blick in den hier verwendeten Ausgangstext, aber auch in die Beispieltexte, -aufgaben und Erwartungshorizonte der Bundesländer verrät jedoch, dass oft keine oder nur eine einzige kulturspezifische Erläuterung erwartet wird, sodass eine quantitative Abstufung nicht sinnvoll erscheint. Bewertung interkultureller Kompetenz durch schriftliche Sprachmittlungsaufgaben 51 48 (2019) • Heft 2 DOI 10.2357/ FLuL-2019-0019 Punkte R1 R2 R3 Adressatengerechte Erläuterung / Paraphrase „Tante-Emma-Laden“ und „Jutetasche“ 15-13 14 14 14 (A3) „Has preguntado que un Tante-Emma-Laden es. Eso es una tienda muy pequeña que es cerca de tu apartamento. Allí se pueden comprar muchas cosas diferentes como en un supermercado .” (A3) „Jutetasche“ es la palabra alemana para bolsas de tela. Se pueden usarlas muchas vezes y son buenísimo para la naturaleza.” 13 13 14 (A17) Has preguntado sobre los “Tante-Emma-Läden” que eran pequeñas tiendas en alemaña en que podias comprar todas cosas que necesitan, pero no hay “Tante-Emma-Läden” en alemaña ahora y no estaba en un “Tante-Emma-Laden” nunca. (A17) Un “Jutebeutel” es una bolsa de tejido que es mas cara como una bolsa de plástico. 12-10 13 9 11 (B10) Los “Tante-Emma-Läden” son las tiendas pequeñas en las esquinas que venden patatas y otras cosas. (B10) En unos supermercados especiales en la ciudad, solo venden bolsas telas. Es casi como una “Jutetasche” 11 9 10 (A4) Tante-Emma-Läden, tiendas dónde se puede recibir todo (A4) Has querido saber que son los “Jutetaschen”. Esas son las nuevas bolsas. El material es otro de plástico y muy importante: ecológico. 9-7 9 10 8 (B2) Tante-Emma-Läden estan supermercados con todos. (B2) […] Jutebeutel, bolsas de algodón. 8 9 7 (B6) “Tante-Emma-Läden” son tiendas pequeñas dondes puedes comprar unas cosas y que están cerca de tu casa. 6-4 7 6 5 (B8) La regla prieve que la gente usa bolsas que puedes usar más de una vez. [...] un supermercado o otras tiendas [...] 7 5 5 (A20) “Tante-Emma-Läden” que eran negocios pequeñas 3-1 0 1 3 (B5) Además los mercados venden otras bolsas que son muy stabilico de otro bolsas y muy bien por la contaminación, pero ellos costar 1,40 Euro [...] 3 0 1 (A8) Pero los habitantes usan bolsas differentes. Son bolsas que los habitantes usan no solo un vez. 0 Beide Aspekte werden nicht erwähnt. Punkte Beschreibung der Qualität und Quantität 15-13 • Beide Begriffe werden explizit erläutert, d.h. (in Anführungszeichen) genannt und in einem Satz oder Nebensatz erläutert. • Die Erläuterungen sind - entsprechend des zu erwartenden Wissens der SuS - korrekt und präzise. • Die Erläuterungen sind ausführlich, ggf. wird mehr als eine Eigenschaft des Begriffes genannt. 52 Lena Krogmeier DOI 10.2357/ FLuL-2019-0019 48 (2019) • Heft 2 Punkte Beschreibung der Qualität und Quantität 15-13 • Teilweise wird auf die Wissenslücke des Adressaten Bezug genommen. • Die Erläuterungen enthalten sprachliche Ungenauigkeiten, die das Verständnis nicht beeinträchtigen. 12-10 • Beide Begriffe werden explizit erläutert, d.h. (in Anführungszeichen) genannt und in einem Satz oder Nebensatz erläutert. • Die Erläuterungen sind - entsprechend des zu erwartenden Wissens der SuS - meist korrekt und nachvollziehbar (z.B. kann man im Tante-Emma-Laden nicht alles erhalten). • Die Erläuterungen sind teilweise ausführlich, es wird jeweils mindestens eine Eigenschaft des Begriffes genannt. • Teilweise wird auf die Wissenslücke des Adressaten Bezug genommen. • Die Erläuterungen enthalten sprachliche Ungenauigkeiten, die das Verständnis nicht wesentlich beeinträchtigen („otro de plástico“ anstelle von „otro que plástico“; „bolsas telas“ anstatt „bolsas de tela“). 9-7 • Mindestens einer der beiden Begriffe wird explizit erläutert. • Die Erläuterung(en) ist / sind - entsprechend des zu erwartenden Wissens der SuS - meist korrekt (z.B. kann man im Tante-Emma-Laden nicht alles erhalten) und nachvollziehbar („tiendas pequeñas“; „bolsas de algodón“). • Die Erläuterung(en) überträgt / übertragen die Bedeutung teilweise verkürzt. • Die Erläuterung(en) enthält / enthalten sprachliche Ungenauigkeiten, die das Verständnis teilweise beeinträchtigen („supermercados con todos“ anstelle von „un supermercado donde hay de todo“). 6-4 • Mindestens einer der beiden Begriffe wird explizit erläutert oder beiläufig umschrieben. • Die Erläuterung(en) ist / sind teilweise missverständlich oder sehr allgemein („otras tiendas“; bei „bolsas que puedes usar más de una vez“ kann es sich auch um Plastiktüten handeln). • Die Erläuterung(en) überträgt / übertragen die Bedeutung verkürzt. • Die Erläuterung(en) enthält / enthalten sprachliche Ungenauigkeiten, die das Verständnis beeinträchtigen („prieve“ anstatt „quiere“). 3-1 • Einer der beiden Begriffe wird beiläufig umschrieben. • Die Umschreibung ist missverständlich / falsch oder sehr allgemein (z.T. deshalb unklar, ob Jutebeutel oder biologisch abbaubare Plastiktüten gemeint sind). • Sprachliche Einschränkungen beeinträchtigen das Verständnis. 0 Beide Aspekte werden nicht erwähnt. Tab. 2: Darstellung der Schülerlösungen 5. Fazit Der Beitrag hat gezeigt, dass sich die Bewertung interkultureller Kompetenz durch schriftliche Sprachmittlungsaufgaben in aktuell gängigen Prüfungsformaten weitgehend auf die Bewältigung „realer Inkongruenzen“ beschränkt. Die Analyse der Bewertung interkultureller Kompetenz durch schriftliche Sprachmittlungsaufgaben 53 48 (2019) • Heft 2 DOI 10.2357/ FLuL-2019-0019 Bewertungskriterien konnte zudem Unklarheiten bzgl. der Definition und Abstufung des entsprechenden Kriteriums verdeutlichen, welche durch die Darstellung der Schülerlösungen teilweise behoben werden können. Dennoch erscheint eine 6-stufige Punkteskala sowohl im Hinblick auf qualitative als auch auf quantitative Merkmale zu kleinschrittig. Zudem kann interkulturelles Wissen ohne vorherige Thematisierung im Unterricht nicht bei allen Schüler(inne)n gleichermaßen vorausgesetzt werden. Wie bzw. ob eine angemessene unterrichtliche Vorbereitung bei der Individualität eines jeden Ausgangstextes und der Vielfalt kultureller Inkongruenzen überhaupt geleistet werden kann, ist eine der Fragen, die es noch zu klären gilt. Literatur A BENDROTH -T IMMER , Dagmar / P LIKAT , Jochen (2017): „Sprachmittlung - Warum gute Praxis gute Theorie braucht“. In: Hispanorama 155, 10-16. A DAMZIK , Kirsten (2005): „Textsorten im Fremdsprachenunterricht - Theorie und Praxis“. In: A DAMZIK , Kirsten / K RAUSE , Wolf-Dieter (Hrsg.): Text-Arbeiten. Textsorten im fremd- und muttersprachlichen Unterricht an Schule und Hochschule. Tübingen: Narr, 205-237. B IRK , Andrea Meta (2008): „Sprachmittlung als Kulturmittlung. Kulturspezifika als Möglichkeiten interkultureller Sensibilisierungsprozesse im Rahmen des Übersetzungsunterrichts“. In: daf- Werkstatt „Übersetzen / Tradurre“ 11-12, 99-107. B YRAM , Michael (1997): Teaching and Assessing Intercultural Communicative Competence. 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(2012): Musteraufgaben für das Fach Englisch zur Vorbereitung auf die länderübergreifende Abiturprüfung 2014. https: / / bit.ly/ 2DAHeKc (29.04.19). Niedersachsen: NIBIS (2015): Musteraufgaben für das Fach Spanisch. Sprachmittlung. https: / / bit.ly/ 2SFnvTf (18.02.19). Niedersachsen: NIBIS (2017): Kombinierte Aufgaben in den fortgeführten modernen Fremdsprachen Englisch, Französisch und Spanisch im Zentralabitur 2019 und 2020. Anlage 2: Skala zur Bewertung der inhaltlichen Leistung. https: / / bit.ly/ 2Vq9om1 (09.05.19). NRW (2017): Konstruktionshinweise. Neue Aufgabenformate in den modernen Fremdsprachen. https: / / bit.ly/ 2GOzVRB (18.02.19). NRW QUA-L I S: Hinweise und Beispiele zur standardorientierten Unterrichtsentwicklung im Fach Spanisch. https: / / bit.ly/ 2S5zJzr (18.02.19). Sachsen-Anhalt: (BLSA) (2017): Allgemeine Kriterien für die inhaltliche Bewertung schriftlicher Arbeiten in der Qualifikationsphase. Aufgabe zur Sprachmittlung. https: / / bit.ly/ 2W9Qz2T (29.04.2019). 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