eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 48/2

Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
10.2357/FLuL-2019-0025
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/81
2019
482 Gnutzmann Küster Schramm

Pro - Die deutsche Fremdsprachendidaktik muss internationaler werden

81
2019
Nicole Marx
flul4820124
DOI 10.2357/ FLuL-2019-0025 48 (2019) • Heft 2 Internationalität scheint, zumindest in wirtschaftlichen und akademischen Kreisen unserer „vernetzen“ Welt, eine begehrte Eigenschaft zu sein. Das schlägt sich auch in der deutschen Fremdsprachenforschung und Fremdsprachendidaktik und deren Förderung nieder. Inzwischen ist fast jede Tagung und jeder Workshop hierzulande „international“ (auch wenn daran fast ausschließlich Kolleg(inn)en aus dem bundesdeutschen Kontext teilnehmen), deutsch(sprachig)e Publikationsorgane und Förderausschreibungen verlangen „international zugängige“, d.h. englischsprachige, Abstracts, Beurteilungen der fachlichen Qualität von Forschenden werden mancherorts anhand der Anzahl „internationaler“ (sprich: englischsprachiger) Publikationen gefällt etc. In Forschung und Lehre erfüllt Internationalität aber andere Funktionen als diese eher sozialsymbolische, bei der Englisch langsam, aber sicher zu einem sprachlichen Herrschaftsinstrument i.S. Bourdieus mutiert. Ihre zentrale Funktion ist eine kommunikative: das (Er-) Schaffen einer gemeinsamen Diskursbasis unterschiedlichster Wissenschaftler(innen) und Praktiker(innen), um das kollektive Arbeiten an einem gemeinsamen Erkenntnisweg zu ermöglichen. Sie ist damit Teil guter Wissenschaft. Soll die deutsche Fremdsprachendidaktik internationaler werden? Die Frage mag banal klingen, ist es ihr doch ein zentrales Anliegen, unterschiedliche Kulturräume zu berücksichtigen. Dennoch lohnt es sich, auch hier das Ziel von Internationalität differenzierter zu reflektieren. Denn eine echte Internationalität meint nicht nur das Überschreiten nationaler Grenzen, sondern greift in vieler Hinsicht weiter. Neben dem Bruch mit einer mononationalen Ausrichtung bedeutet sie insbesondere die Überwindung monotheoretischer, monomethodischer, monodisziplinärer und monolingualer Zugänge. Eine solche Internationalität wird allerdings nicht durch das Aufgeben der Breite eigener Forschungskulturen zugunsten einer Festlegung auf bestimmte Ansätze und eigener Sprache(n) zugunsten des Englischen erreicht, denn damit wird eine Monoperspektivität weiter propagiert. Sie wird auch nicht durch reduktionistische Ansätze wie das Verfassen englischsprachiger Abstracts und Zusammenfassungen ermöglicht, denn dadurch werden komplexe fachliche Erkenntnisse stark verkürzt und ohne den notwendigen wissenschaftlichen Kontext mundgerecht serviert. Und schließlich wird sich Internationalität nicht entfalten, wenn sie nicht auf Gegenseitigkeit beruht. Denn eine echte Internationalisierung kann nur gelingen, wenn sie reziprok ist. Eine erstrebenswerte Internationalität, die durch ihre Interperspektivität die epistemische Entwicklung eines Faches ermöglicht, wird auf zwei Ebenen erreicht. Auf individueller Ebene ist ein wiederholter und oft kleinschrittiger Versuch notwendig, mit Kolleg(inn)en aus anderen Fächern, Ländern und Sprachen in einen intensiven Austausch zu kommen und an gemeinsamen Erkenntnissen zu arbeiten, ohne auf oberflächliche (Mono-)Lösungen zurückzugreifen. Auf systemischer Ebene heißt es, dass die Unterstützung der Funktionen von Internationalität - und nicht (nur) deren Schein - durch Hochschulen, Forschungsförderung und Bildungspolitik neu überdacht wird. Ob die deutsche Fremdsprachendidaktik in diesem Sinne internationaler werden soll, lässt sich m.E. eindeutig mit JA beantworten. Köln N ICOLE M ARX Die deutsche Fremdsprachendidaktik mus s internationaler werden