Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
10.2357/FLuL-2019-0029
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/81
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Gnutzmann Küster SchrammRoger Dale JONES: Developing Video Game Literacy in the EFL Classroom. A Qualitative Analysis of 10th Grade Classroom Game Discourse. Tübingen: Narr Francke Attempto 2018 (Gießener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik), 361 Seiten [64,00 €, 51,20 € als ebook]
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Markus Ritter
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Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 133 48 (2019) • Heft 2 DOI 10.2357/ FLuL-2019-0029 Insgesamt besticht die Veröffentlichung durch eine facettenreiche Auswahl an Beispielen für die Unterrichtspraxis, die bei der Bearbeitung verschiedener Aspekte zur Thematik Singer- Songwriter eine Rolle spielen könn(t)en. Von Bob Dylan über Michael Jackson und den Pet Shop Boys bis zu Lenka beschäftigt sich dieser Band mit einer Vielzahl von Interpretinnen und Interpreten, was sicherlich, entgegen musikwissenschaftlicher Perspektiven, eine sehr weitgefasste Definition von Singer-Songwriting voraussetzt - allerdings vor dem Hintergrund eines balanced approach durchaus Berechtigung findet. Wenn auch die Einzelbeiträge in Qualität und Quantität variieren, ist die Darstellung der verschiedenen Perspektiven auf den Gegenstand, insbesondere der in der Fremdsprachendidaktik nicht sehr oft behandelten musikalischen Dimension, gelungen. Das Buch lädt dazu ein, die Kombination aus poetry und music im Englischunterricht immer wieder neu für die Schülerinnen und Schüler erfahrbar zu machen. Jena C HARLOTT F ALKENHAGEN Roger Dale J ONES : Developing Video Game Literacy in the EFL Classroom. A Qualitative Analysis of 10th Grade Classroom Game Discourse. Tübingen: Narr Francke Attempto 2018 (Gießener Beiträge zur Fremdsprachendidaktik), 361 Seiten [64,00 €, 51,20 € als ebook] Die fortschreitende Digitalisierung bringt auch für den schulischen Fremdsprachenunterricht zahlreiche Herausforderungen wie Handlungspotenziale mit sich. Die Bedeutung und Reichweite von digitalen Videospielen oder Computerspielen im Allgemeinen ist für den außerschulischen Lebensbereich vieler Kinder und Jugendlicher hinlänglich bekannt und Gegenstand zahlloser wissenschaftlicher Abhandlungen. Mit Blick auf den Fremdsprachenunterricht und insbesondere den Englischunterricht in Deutschland kann davon jedoch keine Rede sein: Zwar werden viele Englischlehrkräfte informell bestätigen können, dass Computerspiele zur Sprachkompetenz ihrer Schülerinnen und Schüler (im Folgenden SuS) beitragen und als mediale Artefakte einer englischsprachigen Welt unter Umständen auch kulturelle Lernprozesse anstoßen oder beeinflussen, eine systematische Auseinandersetzung mit der didaktischen Bedeutung von video games für den allgemeinbildenden Englischunterricht stand bisher hingegen noch aus. Diese Lücke füllt die vorliegende Dissertationsschrift, die sich ausgehend von der oben angedeuteten Feststellung, dass Computerspiele zu einer zentralen Quelle englischer Sprache und Kultur im weitesten Sinne geworden sind, zum Ziel setzt, diese Quelle nicht einfach nur für sprachliche Zwecke nutzbar zu machen, sondern darüber hinaus den SuS zu einer umfassenden video game literacy zu verhelfen, die verstanden wird als „the ability to interpret games, game experiences, and discourse ‚artifacts‘ around games, in order to critically and constructively participate in the English language discourse on games“ (S. 15). Eben diese video game literacy zieht sich als Konstrukt durch die gesamte Arbeit, beginnend mit ihrer detaillierten theoretischen Entwicklung in Teil I (Video Game Literacy in the EFL Classroom) über ihre konzeptuelle Erprobung als Analysetool für Computerspieldiskurse in Fan-Comics in Teil II (Gamer Discourse: A Possible Link? ) bis zur exemplarischen unterrichtspraktischen Erprobung in drei verschiedenen Unterrichtssettings in Teil III (Challenges of Classroom Game Discourse. Three Case Studies). Am Ende steht ein theoretisch wie empirisch erprobtes „discourse model of video game literacy“, zu dem der Verfasser selbstkritisch anmerkt, „[i]t is an initial attempt to conceptualize and structure the complexities of game discourse, and further research (even empirical) is required to establish a more solid framework“ (S. 326). Insbesondere die drei Unterrichtsversuche mit ihren flankierenden Lehrer- und Schüler- 134 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel DOI 10.2357/ FLuL-2019-0029 48 (2019) • Heft 2 interviews belegen jedoch - bei aller sympathischen Bescheidenheit gegenüber der eigenen wissenschaftlichen Leistung - die grundsätzliche Tragfähigkeit des entwickelten Diskursmodells, denn am Ende zeigt sich in der Unterrichtsrealität der drei Fallbeispiele die Reichweite und Belastbarkeit des entwickelten theoretischen Konstrukts. Ohne an dieser Stelle bereits ins Detail zu gehen, sei der ungeduldige Leser auf Abschnitt 9.2 der Arbeit verwiesen, in dem die zentralen Probleme und Herausforderungen der unterrichtlichen Beschäftigung mit Computerspielen mit dem entwickelten Diskursmodell in Beziehung zueinander gesetzt werden. Auch hier gesteht der Verfasser - in beeindruckend selbstkritischer Offenheit - „the vast discrepancy between the potentials of game discourse at all three levels [game, player, world; M.R.] and the reality of classroom game discourse“ (S. 310) ein. In diesem Sinne ist die Arbeit in vorbildlicher Weise fremdsprachendidaktisch motiviert, indem sie auch unbequeme und zunächst unverständliche Theorie-Praxis-Beziehungen aufgreift und problematisiert, statt sie zu ignorieren oder sprachlich nur zu übertünchen. Aus der Besprechung des Werks bis zu dieser Stelle sollte bereits angeklungen sein, dass es sich um einen außerordentlich anspruchsvollen und ergiebigen Text handelt, der einen komplexen, zudem bislang wenig konturierten Forschungsgegenstand in gut lesbarer Form aufbereitet und entwickelt. Natürlich liefert jeder Text dieser Komplexität und Länge auch Anlass für kritische Nachfragen oder den Wunsch nach weiterer Präzisierung. Diese Haltung soll bei der nun folgenden Auseinandersetzung mit einigen zentralen Aussagen des Textes allerdings nicht im Vordergrund stehen. Teil I der Arbeit entwickelt ein insgesamt plausibles und handhabbares Modell von video game literacy, indem es an das Modell des Spieledesigners Jesper Juul aus game, player, world anknüpft und vor dem Hintergrund der Zielperspektive fremdsprachiger Diskursfähigkeit in ein mehrschichtiges Diskursmodell überführt, dessen drei Ebenen (game program, game play, cultural context, vgl. S. 111) vielfältig miteinander verschränkt sind und zwischen denen sich der kulturelle Diskurs zu Computerspielen entfaltet. Der Verfasser gesteht am Ende seiner Arbeit selbst ein, dass discourse ein slippery concept sei, und der Begriff Gefahr laufe, alles und damit nichts mehr zu bedeuten (vgl. S. 326). Wenngleich es in der Tat einiger Mühen auf Seiten des Lesers bedarf, in der Entwicklung des Konzepts nicht den Fokus zu verlieren, kann der nachfolgende zweite Teil der Arbeit als Indiz dafür gelten, dass eine Perspektivierung nach game, player, world zu sinnvollen Kategorisierungen der dort untersuchten Fan-Comics führt (vgl. z.B. S. 150). Teil II bleibt jedoch eher ein philologisch orientiertes, literatur- oder kulturwissenschaftliches Unterfangen, während der dritte Teil der Arbeit sich wie im Titel versprochen dem EFL Classroom stellt. Auch hier zeigt sich, zumindest auf dem Papier, erneut die Kompatibilität zwischen den drei Dimensionen des Computerspiel-Diskurses und den critical incidents des Unterrichtsgeschehens (vgl. S. 311). In dieser Fokussierung auf die „challenges“, die sich aus der Unterrichtsplanung und -interaktion ergeben, liegt nach meiner Einschätzung die besondere Stärke der vorliegenden Arbeit, denn dem Verfasser gelingt es in diesen Zuspitzungen insbesondere, die unterschiedlichen Kenntnisstände, Einstellungen und Erwartungshaltungen der Lehrkräfte einerseits und der SuS andererseits miteinander abzugleichen und daraus Schlüsse für die Einbeziehung von Computerspielen in den Englischunterricht zu ziehen, etwa in Bezug auf die (mangelnde) Bereitschaft vieler SuS, sich diesem Thema zu öffnen (vgl. S. 315f.), die Notwendigkeit, tradierte Lehrer- und Schülerrollen zu überwinden (vgl. S. 320f.) oder die Ambivalenz von Gamifizierungstendenzen im schulischen und gesellschaftlichen Bereich (vgl. S. 259). Es ist das Verdienst dieser Arbeit, einen ersten umfassenden Beitrag für den deutschsprachigen Raum zur Bedeutung von Computerspielen im Englischunterricht zu leisten. Video games sind allerdings nur eine Facette einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft und es Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 135 48 (2019) • Heft 2 DOI 10.2357/ FLuL-2019-0030 sollte auch nicht unerwähnt bleiben, dass ein durchaus erheblicher Anteil von Kindern und Jugendlichen Computerspielen nichts oder nur wenig abgewinnen kann. Dennoch wird es Aufgabe der Fremdsprachendidaktik (neben vielen weiteren Disziplinen) sein, digital literacy als eine umfassende Kernkompetenz der nächsten Generationen zu begreifen, in die video game literacy als ein Bestandteil mit einfließt. Bochum M ARKUS R ITTER Bianca R OTERS , David G ERLACH , Susanne E ßER (Hrsg.): Inklusiver Englischunterricht. Impulse zur Unterrichtsentwicklung aus fachdidaktischer und sonderpädagogischer Perspektive. Münster: Waxmann 2018, 216 Seiten [27,90 €] Erst in den letzten Jahren ist in der Fremdsprachendidaktik die Diskussion zu Fragen der Inklusion im Fremdsprachenunterricht in das Zentrum der Aufmerksamkeit getreten, haben doch zuvor allgemeindidaktische oder sonderpädagogische Beiträge die Diskussion dominiert. Erste konzeptionelle englischdidaktische Arbeiten sowie die zunehmende Anzahl von empirischen Arbeiten zum inklusiven Englischunterricht verlagern den Schwerpunkt der Diskussion zugunsten von mehr Fachlichkeit. Der vorliegende Sammelband stellt einen Beitrag zu dieser Diskussion dar, indem er Beiträge von Praktiker/ innen, Lehrerausbildner/ innen und Wissenschaftler/ innen sowohl aus dem deutschsprachigen Kontext als auch international (USA) zusammenbringt. Der Band erschien in der Reihe „Beiträge zur Schulentwicklung“, die herausgegeben wird von der Qualitäts- und UnterstützungsAgentur - Landesinstitut für Schule (QUA- LiS) des Landes Nordrhein-Westfalen. Er gliedert sich neben einem einleitenden Beitrag in Prinzipien und Leitlinien, Umsetzungsmöglichkeiten und Anwendungskontexte inklusiven Englischunterrichts, inklusiven Englischunterricht und Lehrerbildung sowie internationale Perspektiven des Themas. In ihrem einleitenden Beitrag unterstreichen die Herausgeber/ innen Susanne E ßER , David G ERLACH und Bianca R OTERS die Verknüpfung von Fremdsprachendidaktik und Sonderpädagogik als Voraussetzung für die konzeptionelle Weiterentwicklung eines inklusiven Englischunterrichts, die der Band leisten soll. Ausgehend von einem eher engen, auf sonderpädagogischem Förderbedarf fußenden Inklusionsbegriff entwickeln die Autor/ innen basierend auf Qualitätsmerkmalen inklusiven Unterrichts ein Unterrichtsentwicklungsmodell für zieldifferentes Lernen im inklusiven Fachunterricht, das sowohl differenzierende Aufgabengestaltung als auch eine entwicklungsfördernde Lernumgebung seitens der Unterrichtsplanung berücksichtigt. Aufbauend auf dem Prinzip der Aufgabenorientierung stellen sie im Anschluss ein Unterrichtsplanungsmodell für den inklusiven Englischunterricht vor, das die oben ausgeführten Kompetenzen und Entwicklungschancen innerhalb eines Lernaufgaben-Planungsmodells aufgreift und weiterentwickelt. Die anschließende Vorstellung der einzelnen Beiträge des Sammelbandes fällt vergleichsweise knapp aus und hätte ggf. in einem separaten einleitenden Kapitel besser gepasst. Carolyn B LUME , Christina K IELWEIN und Torben S CHMIDT befassen sich in ihrem Beitrag mit Potenzialen und Grenzen von Task-based Language Teaching in einem inklusiven Unterricht mit Lernenden mit Lernbesonderheiten. Sie diskutieren die potenziellen Vorteile des aufgabenorientierten Ansatzes für einen individualisierenden Fremdsprachenunterricht sowie die Herausforderungen für Lernende mit metakognitiven, kognitiven und interaktionalen Schwierigkeiten und beschreiben jeweils die Auswirkungen auf diese Lernenden, bevor sie Entwick-