Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
10.2357/FLuL-2020-0011
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/61
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Gnutzmann Küster SchrammMonika Dannerer, Peter Mauser (Hrsg.): Formen der Mehrsprachigkeit. Sprachen und Varietäten in sekundären und tertiären Bildungskontexten. Tübingen: Stauffenberg 2018, 440 Seiten [49,80 €]
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Katja Lochtman
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136 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel DOI 10.2357/ FLuL-2020-0011 49 (2020) • Heft 1 Die Bedeutung des Forschendes Lernen unterstreicht ebenfalls Ansgar N ÜNNING . Eine Rückbesinnung auf das Humboldtsche Ideal einer „Bildung durch Wissenschaft“ (S. 195f.) sei angesichts vorherrschender Standardisierung der Studiengänge anzuraten, wenn Lehrende und Studierende als „die eigentlichen Erzeuger von Kohärenz und Korrespondenz“ (S. 201) in die Lage versetzt werden sollen, holistischen „Abschlussprofilen der Studierenden und […] Qualifizierungsprofilen angehender Lehrerinnen“ (S. 202) gerecht zu werden. Holistisch meint in diesem Fall die Inkorporation forschungsmethodischer Versiertheit zum Zwecke der Erkenntnisgewinnung und zur Steigerung „kognitive[r] Kohärenz“ (S. 205), sowie fachlicher wie didaktischer Kompetenz, und, schlussendlich, Enthusiasmus für den Lehrerberuf. Weniger Enthusiasmus als „intellektuelle Neugier“ (S. 225), hält Roy S OMMER für eine zentrale Voraussetzung für eine gelingende Professionalisierung. Ausgehend von der Kluft zwischen dem „Praxishunger“ (S. 219) angehender Lehrkräfte und dem universitären Anspruch, disziplinspezifisches „Expertenwissen“ (S. 221) zu generieren, verdeutlicht der Autor, warum sich die universitäre Phase der Lehrerbildung nicht daran messen lassen dürfe, inwieweit sie in der Praxis unmittelbar anwendbares Wissen zur Verfügung stelle. So bedürfe es der studentischen Auseinandersetzung mit disziplinimmanenten Terminologien, mit Verfahren der Theoriebildung, mit der methodisch fundierten Hervorbringung wissenschaftlicher Erkenntnis sowie mit einer Teilhabe an aktuellen und sich ständig wandelnden wissenschaftlichen Diskursen. Die auf diesem Wege ausgebildete „kognitive Kohärenz“ (S. 232) befähige Lehrkräfte, den Ansprüchen eines Englischunterrichts gerecht zu werden, der sich nicht auf die Vermittlung sprachlicher skills verkürzen lässt, sondern einer „‘Philosophie‘ des Schulfaches Englisch“ (S. 222) folgt, die Lernende in die Lage versetzt, interkulturell kompetent und im gesellschaftlichen Gefüge mündig zu handeln. Der bis hierher, trotz der fachlichen Fokussierung der Thematik, multiperspektivisch angelegte Sammelband schließt mit einem Rückblick auf die Ergebnisse des Symposiums und einem Ausblick auf die zukünftige Qualitätsentwicklung der Englischlehrerbildung. Bärbel D IEHR , Stefanie F RISCH und Michael K. L EGUTKE halten als ein wichtiges Ergebnis die Bedeutung des Forschenden Lernens sowie die Notwendigkeit eines Diskurses zwischen unterschiedlichen, an der Lehrerbildung beteiligten Akteuren fest. Bezüglich der anvisierten Korrespondenz zwischen der Anglistik als universitärer Disziplin und dem Schulfach Englisch habe sich im Symposium die inhaltliche und methodische Bearbeitung „koordinierter Themen mit praxisbezogener Relevanz“ (S. 238) in universitären Lehrveranstaltungen, der Einsatz von Unterrichtsvideographien sowie das Praxissemester als wegweisend herauskristallisiert. Der Band vermittelt eine Vielfalt an Vorschlägen hinsichtlich einer anzustrebenden Kohärenz im Lehramtsstudium. Alle an der universitären Englischlehrerbildung beteiligten Akteure dürften hier zumindest einen Beitrag finden, der sie zum Nach- und Weiterdenken in Bezug auf Studiengangsentwicklungen und/ oder die Entwicklung von disziplinübergreifenden Seminarkonzepten anregen kann. Frankfurt/ M. D ANIELA E LSNER Monika D ANNERER , Peter M AUSER (Hrsg.): Formen der Mehrsprachigkeit. Sprachen und Varietäten in sekundären und tertiären Bildungskontexten. Tübingen: Stauffenburg 2018, 440 Seiten [49,80 €] Das aus 22 Beiträgen bestehende Buch ist kein Tagungsband im herkömmlichen Sinne. Die Herausgeber(innen) haben sich für einen mehrsprachigen Sammelband (Deutsch - Englisch, Buchbesprechungen • Rezensionsartikel 137 49 (2020) • Heft 1 DOI 10.2357/ FLuL-2020-0011 mit Abstracts in noch anderen Sprachen) mit einer übergreifenden Perspektive entschieden, was sie unter dem Titel „Innere und äußere Mehrsprachigkeit in Bildungsinstitutionen“ in der Einleitung ausführlich darlegen. Das Begriffspaar ‚innere und äußere Mehrsprachigkeit‘ „stellt das Verfügen über verschiedene Varietäten ein und derselben Sprache und das Verfügen über verschiedene (Standard-)Sprachen nebeneinander bzw. setzt es durch die parallele Benennung gleichzeitig zueinander in Beziehung“ (S. 9). Anhand eines gebrauchsbasierten Normkonzepts werden der Erstbzw. Zweitsprachenerwerb sowie der Erwerb von Fremdsprachen, Dialekten oder auch Herkunftssprachen und deren Rolle für die Identitätskonstruktion von Individuen und Gruppen zur Diskussion gestellt. Verfolgt man das Thema weiter, so kommt man über den Einfluss von Sprachpolitik und Sprachideologien an Schulen und Hochschulen zu Themen in Bezug auf die Lehrerausbildung und Mehrsprachigkeitsdidaktik, wobei aktuelle Begriffe wie CLIL (Content and Language Integrated Learning) und Translanguaging nicht außer Betracht bleiben. Das Thema ‚Mehrsprachigkeit in Bildungskontexten‘ wird im vorliegenden Sammelband sehr weit gefasst, damit die Beiträge von einem möglichst breiten Fachpublikum wahrgenommen werden. Allerdings haben sich die Herausgeber(innen) in einem reichhaltigen ersten Kapitel darum bemüht, das Konzept der inneren und äußeren Mehrsprachigkeit in den Griff zu bekommen und zwar „im Spannungsfeld unterschiedlicher Konzeptualisierungen, Forschungsmethoden und Perspektiven“ (S. 17). Im grundlegenden Artikel skizzieren die Herausgeber(innen) die „Parallelen und Differenzen im Hinblick auf Erwerbsprozesse, angestrebte Kompetenzen und Kompetenzvorstellungen, Gebrauch und Gebrauchsdomänen sowie sprachen- und bildungspolitische Einflussnamen“ (S. 10) und zwar sowohl in (Sekundar-)Schulen wie an Universitäten. In einem ersten Kapitel über den Erwerb und Kompetenzkonzeptionen wird klargemacht, dass es sich hier sowohl um den Erwerb verschiedener Varietäten der L1 wie auch um den Fremdsprachenerwerb handelt. Dabei wird auf die Normfrage zurückgegriffen, wobei nicht nur die Rolle einer präskriptiven Norm der/ einer Standardsprache, sondern auch der Einfluss und die Funktion soziolinguistischer Normen beim Gebrauch unterschiedlicher situationsbedingter Varietäten diskutiert werden. In einem zweiten Kapitel wird die Diskussion um den Gebrauch von Varietäten und Sprachen weitergeführt, wobei „die Verbindung von Dialektkompetenz und lebensweltlicher Mehrsprachigkeit in ihrer Rolle für die Identitätskonstruktion von Individuen und Gruppen“ (S. 13) im Mittelpunkt steht. In einem dritten und letzten Kapitel zur Erläuterung des übergreifenden Themas werden die Sprachenpolitik und Sprachideologien an Schulen und Hochschulen angesprochen, wobei schon auf institutionenübergreifende Beiträge und auf die Rolle der Lehrausbildung verwiesen wird. Im Hinblick auf den Fremdsprachenerwerb spielt der CLIL-Unterricht eine immer wichtigere Rolle. Im ‚muttersprachlichen‘ Unterricht wird die lernfördernde Rolle der von Schülern mitgebrachten sprachlichen Kompetenzen (Dialekte und Standardsprachen als Erst- und Herkunftssprachen) in der Schule thematisiert. Daneben wird der höchst aktuelle Diskurs zur Internationalisierung und zur Rolle des Englischen als lingua franca an den Universitäten zur Geltung gebracht. Der Sammelband besteht aus vier Teilen mit insgesamt 22 Beiträgen, die hier nicht alle ausführlich besprochen werden können. Dabei haben die Herausgeber(innen) versucht, die Beiträge „auf Basis der Behandlung von innerer und/ oder äußerer Mehrsprachigkeit bzw. dem institutionellen Fokus auf Schule und/ oder Universität“ (S. 17) zu strukturieren. Der erste Teil enthält die 5 Beiträge von Regula S CHMIDLIN , Andrea A BEL und Aivers G LAZNIEKS , Rudolf DE C ILLIA , Johan D E C ALUWE und Jannis H ARJUS und behandelt die innere Mehrsprachigkeit in der Schule. Dabei werden Situationen in der Deutschschweiz (Diglossie), Österreich (Schreibkompetenzen und Varietätengebrauch), Belgien (Varietätengebrauch in Flandern) und Spanien (Varietätengebrauch in Andalusien) beschrieben und analysiert, die alle die Sensibilisierung für 138 Buchbesprechungen • Rezensionsartikel DOI 10.2357/ FLuL-2020-0012 49 (2020) • Heft 1 einen flexiblen, situations- und gruppenspezifischen Sprachgebrauch befürworten. Der zweite Teil umfasst die nächsten 7 Beiträge, die sich alle eher mit der äußeren Mehrsprachigkeit in der Schule befassen (Sabrina C OLOMBO und Maria S TOPFNER , Südtirol; Ulrike J ESSNER und Kerstin M AYR -K EILER , Tirol; Kristine H ORNER und John B ELLAMY , Luxemburg; Phemelo K EWAGA - MANG , Botswana; Anna S CHNITZLER , Schweiz; Carmen K ONZETT -F IRTH , Österreich; Ute S MIT und Thomas F INKER , Österreich). Dabei stehen notwendige Veränderungen im Bereich der jeweiligen Bildungspolitik und Mehrsprachigkeitsdidaktik im Mittelpunkt. Es wird dabei jeweils anhand einer Fülle von Forschungsmethoden an die Thematik herangegangen. So werden für die empirische Datensammlung Fragebögen (zu Spracheinstellungen), Interviews/ Fokusgruppen, Klassenbeobachtungen und Videoaufnahmen eingesetzt, mit denen die Autor(inn)en die Konkretisierung der Bildungspolitik anhand der vorhandenen Didaktik im mehrsprachigen Unterricht in den Griff bekommen möchten. Die Beiträge 13 (Annemarie S AXALBER , Südtirol) und 14 (Angelika R EDDER , Deutschland) bilden zusammen den dritten Teil des Sammelbandes, weil sich beide an der Schnittstelle zwischen Schule und Universität befinden und somit „die Relevanz der Entwicklung institutionenübergreifender Sprachbildungskonzepte“ (S. 19) wie die „europäische Mehrsprachigkeit“ (R EDDER ) hervorheben. Die letzten 8 Beiträge rücken den tertiären Bildungsbereich in den Vordergrund und behandeln schwerpunktmäßig die äußere Mehrsprachigkeit. Eine Auseinandersetzung mit mehrsprachigkeitsdidaktischen Fragen in der Lehrerausbildung findet sich in den Studien von Barbara H INGER und Katrin S CHMIDERER (Österreich), Wolfgang S TADLER (Österreich) sowie Andrea B OGNER und Jacqueline G UTJAHR (Deutschland). Sabine D ENGSCHERZ (Wien), Ulrike V OGL (Belgien), Adelheid H U (Luxemburg) und Rita F RANCESCHINI (Italien) beschreiben und analysieren die Einstellungen zum Sprachenlernen und zur Internationalisierung an der Universität. Der letzte Beitrag von Monika D ANNERER (Österreich) betont nochmals die Förderung der Integration aller Formen von Mehrsprachigkeit im Bildungswesen „im Sinne einer umfassenden Internationalisierung, zur Förderung der Nutzung sämtlicher verfügbarer sprachlicher Ressourcen“ (S. 21). Das Buch ist empfehlenswert für alle, die sich für die vielen Aspekte und Perspektiven des mehrsprachigen Unterrichts interessieren und mit Hilfe der dargestellten Fallstudien näher an die vielfältige Thematik herangehen möchten. Wie sich gezeigt hat, ist das Thema der „Mehrsprachigkeit in Bildungskontexten“ in diesem umfangreichen Sammelband tatsächlich sehr breit gefächert. So konnten Beiträge aus vielen unterschiedlichen Blickwinkeln aufgenommen werden. Dies hängt auch damit zusammen, dass es sich hier um einen Tagungsband handelt. Äußerst positiv an diesem Buch ist aber, dass sich die Autor(innen) sehr bemüht haben, konkrete und praxisbezogene Beispiele anzuführen. Die Theoriebildung in der Mehrsprachigkeitsforschung kommt nicht ohne empirische Forschung voranbzw. aus. Schade ist, dass einige Druckfehler stehengeblieben sind. Brüssel K ATJA L OCHTMAN Barbara S CHMENK , Stephan B REIDBACH , Lutz K ÜSTER (Hrsg.): Sloganization in Language Education Discourse. Conceptual Thinking in the Age of Academic Marketization. Bristol, UK: Multilingual Matters 2019, 178 Seiten [25,00 €] Dass Theorie und Praxis der Fremdsprachenforschung eine bestimmte Terminologie benötigen, ist unbestritten. Fachspezifische Phänomene können nur durch klare und gezielte Begriffe angemessen erfasst werden. Von einem konsequenten und klar definierten Gebrauch fach-