eJournals Fremdsprachen Lehren und Lernen 49/2

Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
10.2357/FLuL-2020-0023
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/101
2020
492 Gnutzmann Küster Schramm

Pro - Die empirische Wende der Fremdsprachendidaktik hat unser Verständnis von Fremdsprachenunterricht nicht wesentlich verändert

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2020
Karin Aguado
flul4920130
DOI 10.2357/ FLuL-2020-0023 49 (2020) • Heft 2 Wenn man Fremdsprachenunterricht verstehen will, dann muss man Fremdsprachenunterricht auch untersuchen, d.h. man muss Unterrichtsforschung betreiben - ein Desiderat, das seit geraumer Zeit existiert, dem bisher jedoch nur in unzureichender Weise nachgekommen wird. Dafür gibt es zahlreiche, v.a. in der Natur des Gegenstandes liegende Gründe. So besteht spätestens seit der Einführung des Konzepts der „Faktorenkomplexion“ in der einschlägigen fremdsprachendidaktischen Diskussion Konsens darüber, dass es sich beim Fremdsprachenunterricht um einen mehrdimensionalen, interdependenten und dynamischen Wirklichkeitsbereich handelt. Dieser Komplexität im Rahmen empirischer Untersuchungen angemessen Rechnung zu tragen, stellt Forschende vor große methodologisch-methodische Herausforderungen: Kann der Gegenstand „Lehren und Lernen von fremden Sprachen“ empirisch überhaupt sinnvoll untersucht werden und, wenn ja, wie ist dabei vorzugehen, damit über den Einzelfall hinausreichende praxisrelevante Erkenntnisse gewonnen werden können? Wenngleich also das Postulat der empirisch begründeten Handlungsempfehlungen - anstelle einer „Rezeptologie-Didaktik“ - von niemandem ernsthaft in Zweifel gezogen wird, so erwachsen daraus Erwartungen an die empirische Forschung, die nicht ohne Weiteres „mal eben so“ erfüllt werden können. Paradoxerweise stellen gerade die im Zuge der inzwischen seit über 30 Jahren in der Fremdsprachenforschung geführten methodologischen Diskussion initiierten und durchgeführten Maßnahmen zur forschungsmethodologischen Ausbildung empirischer Forscher/ -innen eine zentrale Ursache für den in der hier diskutierten These bemängelten status quo dar: Man hat erkannt, dass sich Vorhaben, die den Fremdsprachenunterricht in seiner Gesamtheit untersuchen wollen, nicht für empirische Studien eignen. Damit Forschungsfragen angemessen operationalisiert und systematisch bearbeitet werden können, müssen sie fokussiert, konkret und präzise sein. Dies führt i.d.R. dazu, dass jeweils nur kleine Ausschnitte oder Einzelaspekte untersucht werden können. Die Folge sind Studien, die z.T. hochgradig spezialisiert und häufig so kleinteilig sind, dass dabei nicht selten der Blick für das Ganze verloren geht. Aus forschungspragmatisch notwendigen Beschränkungen können also erhebliche Nachteile im Hinblick auf die Verallgemeinerbarkeit sowie auf die Praxisrelevanz der gewonnenen Ergebnisse resultieren. Für eine wesentliche Veränderung unseres Verständnisses von Fremdsprachenunterricht bedarf es vielmehr eines anderen Typs empirischer Forschung. Einen ideal geeigneten, aber bisher nach wie vor zu wenig praktizierten Ansatz stellt die Aktionsforschung dar, deren übergeordnetes Ziel darin besteht, dass Lehrer/ -innen ihr unterrichtspraktisches Handeln gezielt betrachten, analysieren und reflektieren, um es kontinuierlich weiterentwickeln und so begründete Verbesserungen im Praxisfeld vornehmen zu können. Die Aktionsforschung ist hinsichtlich ihrer ökologischen Validität und ihrer praktischen Relevanz maximal gegenstandsangemessen und somit optimal geeignet, einen konstruktiven Beitrag zu einer Theorie lokaler Unterrichtspraxis bzw. zu einer Unterrichtspraxistheorie lokaler Reichweite zu leisten. Kassel K ARIN A GUADO Die empirische Wende der Fremdsprachendidaktik hat unser Verständnis von Fremdsprachenunterricht nicht wesentlich verändert