Fremdsprachen Lehren und Lernen
flul
0932-6936
2941-0797
Narr Verlag Tübingen
10.2357/FLuL-2021-0006
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/31
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Gnutzmann Küster SchrammInteraktion und Konzepterwerb im fach- und sprachintegrierten Unterricht (DaF)
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Michael Schart
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50 (2021) • Heft 1 DOI 10.2357/ FLuL-2021-0006 M ICHAEL S CHART * Interaktion und Konzepterwerb im fach- und sprachintegrierten Unterricht (DaF) Abstract. The article addresses the potential of classroom interaction concerning the development of students’ subject-specific conceptual knowledge. Although theoretical considerations of CLIL (Content and Language Integrated Learning) teaching have referred to the central importance of interactive processes for a successful integration of subject matter learning and language learning, empirical studies indicate that CLIL teachers - not unlike other teachers - tend to dominate the classroom discourse. This article demonstrates why collaborative dialogue among learners - whether in group work or in plenary sessions - provides major stimuli for the development of subject-specific conceptual understandings. Using tangible examples of classroom interaction in a CLIL program in the field of German as a foreign language in Japan, the article demonstrates how CLIL could become potentially more effective if it adopts the mode of dialogical learning. 1. Einleitung 1 Den Kern des CLIL-Unterrichts 2 in seinen vielfältigen Erscheinungsformen in Schulen und Hochschulen bildet die Annahme, dass er fremdsprachliches und fachliches Lernen in gleichsam idealer Weise verbinde. Eine Erwartung, der allerdings der Charakter von Unterricht als ein multifaktorielles, soziales und eng mit lokalen Kontexten verknüpftes Geschehen entgegensteht. Es verbietet sich daher, die angestrebten Synergieeffekte als einen Automatismus zu denken. Und so konzentriert sich ein Teil der empirischen Forschung der letzten Jahre auf die konkreten Bedingungen, unter denen der erwartete Mehrwert von CLIL-Unterricht tatsächlich zum Tragen kommt. Ein Schlüsselwort in diesem Zusammenhang lautet Scaffolding und es meint alle * Korrespondenzadresse: Prof. Dr. Michael Schart, Keio University Tokyo, Faculty of Law/ German Studies, 4 Chome-1-1 Hiyoshi, Yokohama, 223-8521, Japan E-Mail: m.schart@keio.jp Arbeitsbereiche: Empirische Unterrichtsforschung, Professionalisierungsforschung 1 Dieser Beitrag basiert auf einer umfassenderen Untersuchung, die sich mit verschiedenen Aspekten des fach- und sprachintegrierten Lehrens und Lernens im universitären Umfeld beschäftigt. Dabei fließen auch einzelne Textpassagen aus der Projektpublikation (S CHART 2020) ein, die überarbeitet und aktualisiert wurden. 2 Die Bezeichnung CLIL wird hier als ein Oberbegriff für Unterrichtskonzepte in allen Bildungsbereichen verstanden, die auf eine Integration von fachlichem und sprachlichen Lernen zielen (vgl. D ALTON -P UFFER 2017). 90 Michael Schart DOI 10.2357/ FLuL-2021-0006 50 (2021) • Heft 1 didaktischen Maßnahmen, mit denen die Entwicklung fachspezifischer Konzepte bzw. einer doppelten Fachliteralität (D IEHR 2016) gezielt unterstützt werden kann. Dazu zählen funktionale Sprachwechsel ebenso wie der Einsatz unterschiedlicher Darstellungs- und Textformen oder die Arbeit mit Diskursfunktionen (vgl. B ONNET 2016: 46; D ALTON -P UFFER 2013). Mit dem vorliegenden Beitrag möchte ich die unterrichtliche Interaktion als einen wesentlichen Bestandteil eines Scaffolding-Konzepts in den Blickpunkt rücken. Anhand von Daten aus einem fach- und sprachintegrierten Programm für Deutschlandstudien an einer japanischen Universität werde ich aufzeigen, weshalb die Gestaltung von Unterrichtsgesprächen immer mitgedacht werden sollte, wenn man eine Förderung des Konzepterwerbs anstrebt. Diese Zielsetzung ist bewusst vorsichtig formuliert, denn aufgrund der Studie lassen sich keine Kausalbeziehungen zwischen einem bestimmten unterrichtlichen Arrangement und fachlichen Kompetenzzuwächsen konstruieren. Gleichwohl führen die Daten vor Augen, wie differenziert der Austausch über fachliche Konzepte bereits in einem sehr frühen Stadium des Sprachlernprozesses verlaufen kann, wenn man den Lernenden die dafür notwendigen Entfaltungsspielräume öffnet. 2. Konzepterwerb im CLIL-Kontext Die empirischen Forschungen der letzten Jahre konnten dazu beitragen, den überzogenen Erwartungen, mit denen der CLIL-Unterricht anfangs bedacht wurde, eine nüchternere Sicht auf dessen Möglichkeiten und Grenzen entgegenzustellen. So zeigte sich beispielsweise, wie eng die in CLIL-Settings erzielten Lernerfolge mit den jeweiligen lokalen Kontexten verknüpft sind. In ihnen spielen Faktoren wie die soziale Selektivität sowie die Motivation von Lehrenden und Lernenden (vgl. R UMLICH 2018) oder auch die Qualität und die Bedeutung des Fremdsprachenunterrichts in einer Region (vgl. G ORIS / D ENESSEN / V ERHOEVEN 2019) eine entscheidende Rolle. Zudem treffen die optimistisch stimmenden Forschungsergebnisse bei den sprachlichen Lernprozessen auf eine weitaus weniger klare Datenlage beim fachlichen Lernen (vgl. z.B. B ONNET 2016; D ALLINGER et al. 2016). Auch mit Blick auf den Konzepterwerb bietet das Forschungsfeld ein widersprüchliches Bild: Auf einer theoretischen Ebene ist das Thema gut ausgeleuchtet und seine besondere Relevanz nachvollziehbar und überzeugend begründet (vgl. L INDEMANN / D IEHR 2016). Auf der empirischen Ebene hingegen mangelt es an Studien, die uns beispielsweise Einblicke in den Verlauf von Lernprozessen ermöglichen. Allerdings lassen sich aus bisherigen empirischen Arbeiten zur unterrichtlichen Interaktion im CLIL-Unterricht wichtige Rückschlüsse auf diese Problematik ziehen. So weisen einige Untersuchungen eindrücklich darauf hin, dass sich die Interaktion positiv auf die Lernmöglichkeiten auswirken kann, wenn sie entsprechend gezielt gestaltet wird (vgl. L LINARES 2017; V ALVERDE C ARAVACA 2019). An anderen Studien lässt sich hingegen ablesen, wie bestimmte Gesprächsmuster im Klassenraum entscheidend Interaktion und Konzepterwerb im fach- und sprachintegrierten Unterricht (DaF) 91 50 (2021) • Heft 1 DOI 10.2357/ FLuL-2021-0006 dazu beitragen, dass die Räume für selbstständiges Denken und Argumentieren verengt und damit Aushandlungsprozesse unter den Lernenden verhindert werden (vgl. D ALTON -P UFFER 2007: 253-256; L LINARES / M ORTON / W HITTAKER 2012: 76; N IKULA / D ALTON -P UFFER / L LINARES G ARCÍA 2013: 75-81). Dass gerade die interaktiven Prozesse im CLIL-Unterricht in den letzten Jahren in den Fokus kritischer Betrachtungen gerückt sind, kann daher nicht überraschen. So bemängeln etwa B ONNET / B REIDBACH (2013: 190) und C OYLE (2007: 548), dass bilingualer Unterricht entgegen aller programmatischen Entwürfe in der Praxis eher stoff- und lehrkraftzentriert bzw. transmissionsorientiert abliefe - eine Einschätzung, die in empirischen Studien Bestätigung findet (vgl. z.B. D ALTON -P UFFER 2007). In der Fachdiskussion wird vor allem immer wieder die Dominanz des sogenannten triadischen Dialogs 3 kritisiert, also der beständigen Abfolge von Impulsen der Lehrperson, auf die einzelne Lernende mit eher wenig komplexen Äußerungen reagieren („Frage-Antwort-Rückmeldungs-Muster“; vgl. R ICHERT 2005). An der Erkenntnis, dass bestimmte Gesprächsmuster das Lernen entscheidend beeinflussen, knüpft der vorliegende Beitrag an. Gerade für die Herausbildung von fachlichen Konzepten scheint eine bewusste Gestaltung der Interaktion im Klassenraum eine maßgebliche Rolle zu spielen, denn Lernende begegnen in fach- und sprachintegrierten Settings fortwährend Phänomenen bzw. ihren fachspezifischen Versprachlichungen, die ihnen auch in der Muttersprache nicht vertraut sind. Sie stehen vor der Aufgabe, sich einen Begriff von etwas zu machen, das ihnen im Alltag und damit in der Alltagssprache kaum begegnet. In diesem Sinne ist Fachlernen immer auch Sprachlernen, sowohl in der Erstsprache als auch einer Fremdsprache. Indem der CLIL-Unterricht auf die Fremdsprache fokussiert, potenziert er jedoch die Anforderungen, die damit für die Lernenden verbunden sind. Sie sollen ein tieferes Verständnis für Wissensinhalte, Zusammenhänge sowie spezifische Bedeutungen/ Bedeutungsnuancen und deren Versprachlichung entwickeln, die mit neuen Konzepten einhergehen. Dieser Prozess der Konzeptentwicklung in der Fremdsprache, so zumindest die grundlegende Annahme, kann vor allem durch ein diskursives Miteinander im Klassenraum unterstützt werden (vgl. L EISEN 2015). Der Unterricht sollte den Lernenden daher vielfältige Gelegenheiten bietet, sich mit ihrem Vorwissen einzubringen, Hypothesen zu formulieren, Ideen zu vergleichen oder zu hinterfragen und gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Dieser Argumentationslinie folgend wird die Bedeutungsaushandlung in der Fremdsprache (negotiation of/ for meaning) zu einer zentralen Triebfeder der Kompetenzentwicklung in fach- und sprachintegrierten Unterrichtssettings. 4 Tatsächlich dokumentieren die vorliegenden Studien zur Interaktion im CLIL-Unterricht solche Freiräume aber selten. Den Ursachen möchte ich mich daher im folgenden Abschnitt eingehender zuwenden. 3 Auch als IRE (Initiation - Response - Evaluation) bzw. IRF-Sequenz (Initiation - Response - Feedback), recitation script oder tryadic structure bezeichnet (vgl. W ALSH 2011: 17). 4 Vgl. dazu ausführlicher D ONATO (2016); L LINARES / M ORTON / W HITTAKER (2012); P ALMER / B ALLIN - GER / P ETER (2014). 92 Michael Schart DOI 10.2357/ FLuL-2021-0006 50 (2021) • Heft 1 3. Vom triadischen Dialog zum dialogischen Lernen Wie schwierig es ist, gewohnte Muster schulischer Interaktion zu durchbrechen, verdeutlicht Nikulas Studie (2012) aus dem CLIL-Unterricht in Finnland. Einerseits zeigt diese Untersuchung zwar, dass in CLIL-Settings eine größere interaktionale Symmetrie erreicht werden kann, die Lernenden beispielsweise häufiger selbst den Austausch initiieren und dadurch zu längeren sowie komplexeren Redebeiträgen kommen. Andererseits veranschaulicht sie aber auch die Beharrungskräfte des triadischen Dialogs. Dass Lehrende ungern auf eine enge Gesprächsführung verzichten, lässt sich sehr gut nachvollziehen. Dieses Vorgehen sichert ihnen nicht nur die Kontrolle über die Rollenverteilung im Klassenraum. Es vermittelt ihnen auch das Gefühl, die geplanten Stundenziele zu erreichen bzw. diese zumindest besser und/ oder direkter verfolgen zu können, denn Unterricht verläuft stets als schwer antizipierbarer, von zahlreichen Faktoren beeinflusster Prozess. Zum Kern der pädagogischen Verantwortung zählt es, dieses potenzielle Chaos einzudämmen und den Fortgang des Geschehens auf einem geplanten Kurs zu halten. Dafür ist der triadische Dialog ein von allen Beteiligten über Jahre hinweg eingeübtes Verfahren und unterrichtstypisches Handlungsmuster. Es hat die Lernbiografien vieler Menschen so nachhaltig geprägt, dass seine Nachteile leicht als unabwendbare Begleiterscheinungen übersehen werden: beispielsweise die überbordende Dominanz der Lehrperson bei den Redeanteilen oder die tendenziell kurzen Äußerungen auf Seite der Lernenden. In diesem Sinne ist die Qualität des Lernens in einem Klassenraum unmittelbar mit der Qualität der Interaktion verknüpft. Sie zeigt sich beispielsweise an Anzahl und Umfang der Äußerungen von Lernenden, sie zeigt sich darin, wie Lernende mit ihren Redebeiträgen aufeinander reagieren, an zuvor Gesagtes anknüpfen, es erweitern oder hinterfragen. Und sie zeigt sich in den Hilfestellungen, die sie sich gegenseitig anbieten. Ein Klassenraumgeschehen, das von enger Gesprächsführung durch die Lehrperson gekennzeichnet ist, trägt einen grundsätzlich anderen Charakter als ein Unterrichtsstil, der ein intensive Miteinander zulässt und fördert. Es ist somit folgerichtig, dass Begriffe wie dialogische Wende (dialogic turn) bzw. dialogische Haltung (dialogic stance) geprägt wurden, um auf die Möglichkeit einer alternativen Art des Interagierens im Klassenraum zu verweisen (vgl. W EGERIF 2005). Der Begriff des Dialogs bezieht sich dabei - seiner ursprünglichen Bedeutung entsprechend - auf ein „Fließen von Worten“ zwischen allen am Unterricht beteiligten Personen. Ein Dialog ist also nicht auf das Zwiegespräch zwischen der Lehrperson und jeweils einer Lernerin bzw. einem Lerner beschränkt und vor allem: Er verliert seinen Charakter, sobald er auf gelenktes oder sogar genötigtes Sprechen hinausläuft. Das mäeutische Potenzial von triadischen Dialogen wird damit nicht in Abrede gestellt. Eine Lehrperson kann durch geschicktes Frageverhalten Denkprozesse bei den Lernenden anstoßen und ihnen zu selbstständigem Erkenntnisgewinn verhelfen. Es ist jedoch die Omnipräsenz dieser Interaktionsform, die das Lernen im Unterricht im Allgemeinen und im CLIL-Unterricht im Besonderen potenziell beeinträchtigt. Interaktion und Konzepterwerb im fach- und sprachintegrierten Unterricht (DaF) 93 50 (2021) • Heft 1 DOI 10.2357/ FLuL-2021-0006 4. Merkmale dialogischen Lernens Der triadische Dialog ist eingewoben in ein System festgefügter Regeln, etwa jener, dass nur die Lehrperson anderen das Rederecht erteilen darf, dass nur sie ohne Erlaubnis einzuholen spricht und andere ungefragt korrigiert, oder dass Lernende zügig auf die Impulse der Lehrperson reagieren sollten (vgl. M ERCER / H OWE 2012). Die dialogische Haltung hingegen kommt in einer großen Offenheit gegenüber den Erfahrungen und Ideen aller Beteiligten zum Ausdruck. Der Unterricht wird als ein Ort gemeinsamen Denkens gestaltet, wobei sich alle gleichermaßen einbringen können. Die einzelnen Äußerungen beziehen sich wechselseitig aufeinander. Man hört einander zu, geht auf die Redebeiträge der anderen ein, führt diese fort oder hinterfragt sie. L ITTLETON / M ERCER (2013) bezeichnen den daraus hervorgehenden Prozess daher auch als ‚interthinking‘ Es wird angenommen, dass neues Wissen dann besonders effektiv konstruiert wird, wenn es aus der gemeinsamen Anstrengung der Lernenden resultiert, ein kognitiv herausforderndes Problem zu lösen. Die Lernenden werden als aktive Produzenten von Wissen ernst genommen (vgl. W ARWICK / C OOK 2019). Man geht in einem soziokulturell geprägten Verständnis des Lernens davon aus, dass sie die Dialoge, an denen sie aktiv teilhaben, als Modelle für eigene Denkprozesse internalisieren. Ein Unterricht, der dialogischen Prinzipien folgt, unterscheidet sich somit markant von lehrkraftdominierten Verfahren der Interaktion. Es wird aber zugleich auch deutlich, dass er eine Reihe von Bedingungen voraussetzt, etwa ein ausreichendes Interesse der Lernenden an den Inhalten oder ein Unterrichtsklima, das ihnen die notwendige Sicherheit vermittelt, um sprachlich wie inhaltlich möglicherweise noch unausgereifte Beiträge einzubringen. Eine horizontal bzw. symmetrisch organisierte Lerngruppe, in der sich alle Beteiligten als Lernpartnerinnen und -partner verstehen, erhöht somit die Chancen, dass sich dialogische Lernprozesse entwickeln. Aus der Auflistung der Merkmale lässt sich ebenso schließen, dass der Lehrperson eine besondere Rolle zukommt. Um dialogisches Lernen zu ermöglichen, muss sie sich aus einer dominierenden Rolle im Unterrichtsgespräch zurückzuziehen, ohne damit ihre pädagogische Verantwortung zu vernachlässigen. Ihr fällt daher die Aufgabe zu, den Übergang zu dieser Form des Austauschs aktiv zu planen, zu begleiten und zu fördern. Das reicht von der Etablierung neuer Regeln für das Miteinander, über einen bewussten Einsatz von Sprache, der den Lernenden als Modell dienen kann, bis hin zum Öffnen von Räumen, in denen sich Interaktion entfalten kann, zum Beispiel durch die Gestaltung von Impulsen und Feedback (vgl. M ERCER / H OWE 2012; P ALMER / B ALLINGER / P ETER 2014). Auch wenn stets unvorhersehbar ist, in welche Richtung sich ein dialogischer Austausch in einer Lerngruppe entwickelt, so kann er von der Lehrperson doch gerahmt und damit auch gehandhabt werden. Das soll in den nun folgenden Abschnitten an konkreten Beispielen verdeutlicht werden. 94 Michael Schart DOI 10.2357/ FLuL-2021-0006 50 (2021) • Heft 1 5. Beispiele für dialogisches Lernen Bevor ich an zwei Auszügen aus der unterrichtlichen Interaktion darstelle, wie sich dialogisches Lernen in einem fach- und sprachintegrierten Programm auf Anfängerniveau darstellt, möchte ich in groben Zügen auf den Kontext eingehen, dem die Daten entstammen. Ausführliche Informationen zu dem betreffenden Forschungsprojekt sind in S CHART (2020) bzw. auf der Projekt-Homepage 5 dokumentiert, auf der sich auch alle Daten und Forschungsinstrumente einschließlich der Transkriptionsregeln befinden. Dieses multiperspektivisch angelegte Forschungsprojekt befasst sich mit verschiedenen Aspekten der Interaktion im fach- und sprachintegrierten Unterricht für Studierende der Fächer Politikwissenschaft und Jura. In einem Intensivprogramm für Deutschlandstudien einer japanischen Universität wurden die Lehrveranstaltungen in zwei Lerngruppen über jeweils eine thematische Einheit („Wohlstandsindikatoren“ und „Rechtliche Regelungen zum Pfänden“) hinweg aufgezeichnet. Es ergab sich eine Datengrundlage von ca. 10 Stunden transkribierten Unterrichtsgesprächs aus Plenum und Gruppenarbeiten auf der Niveaustufe A, die ergänzt wird durch umfangreiche Rückmeldungen aus studentischen Lehrevaluationen. Die Daten wurden mit Hilfe unterschiedlicher Forschungsansätze und -verfahren (soziokulturelle Diskursanalyse, Konversationsanalyse, Lernersprachenanalyse, qualitative Inhaltsanalyse) ausgewertet. In den beiden folgenden Auszügen soll ein besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, wie sich die Studierenden im dialogischen Miteinander den beiden Konzepten „Menschenwürde“ und „uneheliche Kinder“ annähern. 5.1 Gruppenarbeit Die folgende Episode ist ein Ausschnitt aus einer Gruppenarbeit aus dem zweiten Semester des Intensivprogramms (20. Lernwoche bei 8 SWS). In der betreffenden Unterrichtseinheit beschäftigen sich die Studierenden mit den gesetzlichen Regelungen zum Pfänden. In der Einleitung zu diesem Thema geht es zunächst um die Menschenwürde als einen zentralen Begriff im Grundgesetz. Er bildet eine wichtige Basis für die Gesetzgebung in Deutschland und hat daher auch die sich im Laufe der Jahrzehnte wandelnde Rechtsprechung zur Pfändbarkeit persönlichen Besitzes beeinflusst. Denn im Kern ging es dabei immer auch um die Frage, welche konkreten Dinge man verschuldeten Personen belassen muss, um eine menschenwürdige Existenz nicht zu gefährden. Allerdings lässt sich der Begriff der Menschenwürde nicht ohne Weiteres ins Japanische übertragen. Wie eine Gruppe von vier Studierenden versucht, sich seine Bedeutung zu erschließen, zeigt die folgende Sequenz ( s. Abb. 1, S. 95f.). Als Vorbereitung dieser Unterrichtsstunde haben sich die Studierenden auf der Grundlage von Artikel 1 des Grundgesetzes Gedanken darüber gemacht, worin die Würde der Menschen einen konkreten Ausdruck in ihrem Alltag findet. Sie sollten 5 http: / / forschung.id-keio.org/ unterrichtsforschung/ clil (29.07.2020). Interaktion und Konzepterwerb im fach- und sprachintegrierten Unterricht (DaF) 95 50 (2021) • Heft 1 DOI 10.2357/ FLuL-2021-0006 also Antworten auf die Frage finden: „Was müssen Menschen dürfen oder haben können, um in ihrer Würde geschützt zu sein? “ Die persönlichen Notizen der Studierenden bilden den Ausgangspunkt für den Austausch in Kleingruppen. Die Lehrperson 6 bewegt sich während dieser Phase von Gruppe zu Gruppe und hilft bei sprachlichen Problemen. Nr. 7 Person Redebeitrag 42 sb04 sprechen wir über recht oder würde? ja das ist was ich denke weil was ist unterschied zwischen- (.) unterschied? [vergewissert sich, ob das Wort richtig ist] 43 sb14 ja 44 sb04 unterschied zwischen die würde und die recht (.) ich denke das ist recht aber 45 sb14 sb08 ja 46 sb04 aber ich weiß nicht das ist auch würde 47 sb08 würde menschenwürdig mhm (4) 48 sb08 recht ist etwas man kökönnen etwas 49 sb04 können 50 sb08 aber würdig ist ander 51 sb04 ja ja ja 52 sb08 ja das ist natürlich 53 sb14 ja natürlich 54 sb08 natürlich 55 sb04 ist das mehr wie ah pride [engl] oder? 56 sb08 etwas ins person oder? ins person 57 sb04 ja ja ja 58 sb08 ja nicht aus person oder? was eine person denken oder was ein personich weiß nicht 59 sb04 was denkst du? [zu sb09] ja sie studiere jura 60 sb14 ja 61 sb09 über was? können? 62 sb08 nein (.) unterschied zwischen würdig und recht (.) würdig ist und recht 63 sb09 menschenwürde ist sein meinung haben kann können 6 Autor und Lehrkraft sind eine Person. Die forschungsmethodologischen Implikationen dieser Konstruktion können in diesem Beitrag nicht eingehend diskutiert werden (vgl. dazu S CHART 2020: 14). 7 Nr. = Nummer des Redebeitrags in der Sequenz. 96 Michael Schart DOI 10.2357/ FLuL-2021-0006 50 (2021) • Heft 1 Nr. 7 Person Redebeitrag 64 sb08 mhm (15) 65 sb04 ehm als die würde ich denke kein mann? kein mann sollten sollen sollen was ist slave? [engl] [zu l, der gerade zur Gruppe kommt] 66 l sklave 67 ss sklave sklave 68 sb04 ich denke kein mann sollen sind sklave sind gegen von sein 意志 (Wille) (.) zum beispiel er [meint sb14] möchte meine sklave sind 69 sb14 ja 70 sb04 sie kann (.) aber wenn sie nicht möchte sie kann nicht (.) ja ja ja sie muss muss nicht (.) sie müssen nicht (.) ich denke das ist ein teil von die würde des menschen (.) also haben oder muss alle mann muss nicht der sklave nicht sklave sind 71 sb14 ja 72 sb08 mhm (4) Abb. 1: Auszug aus einer Gruppenarbeit (U6, 10. Nov. 2015; 20. Unterrichtswoche) Es sind zu Beginn dieses Ausschnitts vor allem die Lernenden sb04 und sb08, die sich im Austausch von Gedanken Schritt für Schritt einer Antwort auf die Frage nähern, wie sich die Begriffe „Würde“ und „Recht“ voneinander abgrenzen lassen. Student sb08 formuliert schließlich in den Zeilen 56 und 58 eine Definition, die sich aus Elementen der vorangegangenen Redebeiträge zusammensetzt. In der Folge versucht die Gruppe, die Thematik anhand von drei Grundrechten (Freiheit der Person, Meinungsfreiheit, Gleichheit) präziser zu fassen, woran sich alle vier Studierenden aktiv beteiligen. In dieser Sequenz fällt auf, dass die Studierenden ein hohes inhaltliches Lern- Engagement 8 zeigen und sich erkennbar um den Lernfortschritt der Kleingruppe bemühen: Sie gehen auf die Ideen der anderen ein, sie unterstützen sich gegenseitig und bitten um Kommentare. Thematische Ernsthaftigkeit und eine gewisse Leichtigkeit im Umgang (z.B. die scherzhafte Bemerkung in 68) verbinden sich und begünstigen in dieser Situation, dass der Austausch nicht abbricht. Dies deutet darauf hin, dass das Gruppenklima auf diese Weise einen wichtigen Beitrag zur dialogischen Gesprächssituation leistet. 8 Der Begriff bezieht sich auf den in der englischsprachigen Literatur als Personal Investment Approach (vgl. E LLIS et al. 2020: 162-164.) firmierenden Ansatz. Unter Lern-Engagement versteht man dabei das wahrnehmbare Interesse am Unterrichtsgeschehen bzw. die lernbezogene Aktivität von Lernenden. Es wird kontextsensitiv erfasst, in der vorliegenden Studie in den Dimensionen kognitives (inhaltliches und sprachliches) Engagement, soziales Engagement und motivationales Engagement. Das inhaltliche kognitive Engagement wird beispielsweise anhand der folgenden Indikatoren beschrieben: Länge der Rede- Sequenzen, Redeanteile, Anteil des inhaltlichen Austauschs an einer Sequenz, selbstinitiierte Äußerungen der Lernenden, Rückfragen an andere, Kritik an Äußerungen anderer (vgl. S CHART 2020: 159-164.). Interaktion und Konzepterwerb im fach- und sprachintegrierten Unterricht (DaF) 97 50 (2021) • Heft 1 DOI 10.2357/ FLuL-2021-0006 Der gesamte Ausschnitt ist durchzogen von Signalen, die den jeweils Sprechenden versichern, dass ihr Beitrag Gehör findet. Bereits an dieser relativ kurzen Sequenz wird somit ersichtlich, was einen kollektiven und wechselseitigen Prozess des interaktiven Denkens auszeichnet, der hier versprachlicht wird. Es lässt sich ebenfalls erkennen, wie daraus neues Wissen hervorgehen kann. Inwieweit der Ausschnitt jedoch tatsächlich eine nachhaltige Konzeptentwicklung bei den vier Beteiligten dokumentiert und ob die Studierenden meine Interpretation der Sequenzen teilen, kann die Studie aufgrund ihrer Anlage nicht beantworten. Dafür hätte ich beispielsweise auch die subjektive Wahrnehmung dieser Situation durch die Studierenden einbeziehen und zugleich der Frage nachgehen müssen, inwieweit dieses Wissen zu späteren Zeitpunkten aufgegriffen wird (vgl. J AMES 2006). Zu den wichtigen Erkenntnissen der Studie zählt, dass sich solche Prozesse des dialogischen Austauschs nicht automatisch vollziehen, sobald man Lernende in Kleingruppen zusammenbringt. Es bedarf vielmehr der Anbahnung und auch Gewöhnung an diese Art des Interagierens im Plenum in Kombination mit einer lernförderlichen Atmosphäre. Deshalb möchte ich nun Einblicke in einen ähnlichen Austausch mit einer gesamten Lerngruppe geben. 5.2 Plenum Die Sequenz in Abbildung 2 ( S. 98f.) stammt aus einem Unterricht mit 11 Studierenden, der sich mit dem Thema Wohlstand befasst und ebenfalls auf das zweite Semester im Intensivprogramm fällt. In einem Teilschritt dieser Einheit geht es um die Frage, an welchen Aspekten sich die Attraktivität einer Region erkennen lässt. Die Studierenden werten dafür zunächst selbstständig Statistiken zu unterschiedlichen Themenbereichen aus. 9 Im Plenum diskutieren sie dann anhand ihrer individuellen Ergebnisse die Vorzüge und Nachteile einzelner Regionen. Es handelt sich also um eine typische information gap-Aktivität, bei der es darum geht, Teilergebnisse zu einem Gesamtbild zusammenzufügen. Der konkrete Impuls für den Austausch ist schlicht und steht als Thema dieses Abschnitts der Unterrichtseinheit auch an der Tafel: Welche Region ist attraktiv? Zu dem Gespräch in Abb. 2 kommt es, als sich die Studierenden mit dem Thema Familie beschäftigen. Die Lernerin sa10 ist bei ihrer Recherche auf eine für japanische Verhältnisse überraschend große Anzahl unehelicher Kinder in Deutschland gestoßen und erklärt den anderen ihre neue Erkenntnis. Der sich anschließende Austausch veranschaulicht, dass es bei der gemeinsamen Klärung dieses Phänomens um weitaus mehr geht als um eine Übersetzung des Wortes „unehelich“. Als juristischer Fachbegriff und auch in der Alltagssprache weist die Bedeutung von „unehelich“ in beiden Ländern Überschneidungen auf, aber auch große Unterschiede. So ist der Anteil unehelicher Kinder in Japan sehr gering, ihre rechtliche Position schwächer und sie 9 Es handelt sich vor allem um Infografiken aus der Serie „Deutschlandkarte“ der Wochenzeitung „Die Zeit“. 98 Michael Schart DOI 10.2357/ FLuL-2021-0006 50 (2021) • Heft 1 wachsen in vielen Fällen bei alleinerziehenden Müttern auf. Zudem stellen auch eheähnliche Gemeinschaften eine Ausnahmeerscheinung dar. Den Studierenden wird aufgrund der Zahlen bewusst, dass sich die bekannte Situation aus Japan nicht ohne Weiteres auf Deutschland übertragen lässt und sie versuchen gemeinsam, ein erstes Verständnis für Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu entwickeln. Nr. 7 Person Redebeitrag 154 sa10 osten in osten norden deutschland wohnen wenig unteheeheeheliche kinder (.) viele eheliche kinder gibt es 155 l uneheliche kinder (2) 156 sa04 uneheliche? 157 ss [unverständlich] 158 sa01 was bedeutet uneheliche kinder? 159 sa10 uneheliche kinder bedeutet das baby 160 sa01 ah nicht von eheliche couple [engl]? 161 sa10 ja 162 ss ah 163 sa10 nicht heiraten 164 sa01 mhm 165 sa06 nur ein eltern? 166 sa01 eh? 167 sa10 nein 168 ss [lachen] (3) 169 sa11 ich weiß nicht (2) 170 sa10 verstehen sie? 171 l wie viel prozent sind das etwa? [verweist auf eine Statistik in den Arbeitsmaterialien] 172 sa10 prozent? 173 l etwa 174 sa10 fünzig prozent uneheliche kinder geboren 175 l ok also mehr als fünzig prozent uneheliche kinder 176 sa1 in welche region? in welche region? 177 sa10 osten norden 178 sa1 osten norden ok 179 sa6 aber warum? 180 sa4 entschuldigung. uneheliche kinder? Interaktion und Konzepterwerb im fach- und sprachintegrierten Unterricht (DaF) 99 50 (2021) • Heft 1 DOI 10.2357/ FLuL-2021-0006 Nr. 7 Person Redebeitrag 181 sa10 ok das baby der ahdes eltern hahathaben nicht verheiratet 182 sa6 geheiratet 183 sa4 ah 事実婚 ? (eheähnliche Gemeinschaft) 184 sa10 ja Abb. 2: Auszug aus einem Gespräch im Plenum (U1, Dez. 2012; 25. Unterrichtswoche) Auch wenn es sich nur um wenige Minuten Plenumsgespräch handelt, lassen sich auch an diesem Beispiel die Merkmale dialogischen Lernens erkennen. Die Studierenden gestalten ihren Austausch selbstbestimmt und nehmen aktiv daran teil. 10 Sie gehen aufeinander ein, unterstützten sich gegenseitig, sprachlich, aber vor allem inhaltlich. Zudem hinterfragen und korrigieren sie sich. Es wird deutlich, wie sehr sie trotz ihres noch niedrigen Sprachniveaus bemüht sind, einen kognitiven Konflikt in der Fremdsprache zu klären (vgl. G ILLIES 2014: 186). Das kann ihnen aufgrund unzureichender Informationen in dieser Situation nur bedingt gelingen und sie verbleiben eher auf der Ebene von Vermutungen. Der Auszug eignet sich daher nicht als ein Nachweis konzeptionellen Lernens in der Fremdsprache. Auch im weiteren Verlauf dieser Sequenz bleibt offen, wie viele der Studierenden die Bedeutung von „unehelich“ bzw. die Abgrenzung zu „alleinerziehend“ tatsächlich erkannt haben. Dennoch lässt sich an diesem Auszug nachvollziehen, auf welche Weise sich die Bedingungen für das konzeptionelle Lernen durch Interaktion auch in Plenumsphasen verändern, sobald das Regelwerk des triadischen Dialogs nicht mehr gilt. Der Redebeitrag in Zeile 183 wirf die Frage nach der Rolle der Erstsprache im hier untersuchten Kontext auf. Der plötzliche Rückgriff auf einen japanischen Begriff führt nicht zu einer abschließenden inhaltlichen Klärung, denn „eheähnlichen Gemeinschaften“ kommt in Japan juristisch wie sozial eine andere Bedeutung zu als dem Zusammenleben unverheirateter Paare in Deutschland, worauf die Lehrkraft in Zeile 171 hinzuweisen versucht. Beim Auszug in Abb. 2 handelt es sich um ein typisches Beispiel für den Einsatz der Erstsprache. Zu diesem Zeitpunkt des Lernprozesses, also gegen Ende des ersten Lernjahres, gehört es für die Studierenden bereits zu den selbst auferlegten und verinnerlichten Regeln des Austauschs, möglichst im Deutschen zu bleiben. Redebeiträge in der Erstsprache machen daher nur einen sehr geringen Teil der Interaktion aus und auch längere Phasen, in denen sich die Studierenden auf Japanisch verständigen, stellen eine Ausnahme dar. Auffallend beim Gebrauch der Erstsprache ist zum einen, wie unvermittelt die Lernenden nach solchen Phasen einfach wieder ins Deutsche wechseln. Zum anderen ist im Rahmen dieses Beitrags 10 In diesem kurzen Ausschnitt melden sich 7 der 11 anwesenden Studierenden zu Wort. Die Studie kann anhand der Aktivitäten in den Gruppenarbeiten und der studentischen Evaluationen aber aufzeigen, dass sich auch zurückhaltende Studierende in die dialogischen Prozesse der Lerngruppe eingebunden fühlen bzw. von ihnen profitieren. 100 Michael Schart DOI 10.2357/ FLuL-2021-0006 50 (2021) • Heft 1 wichtig zu erwähnen, dass die Erstsprache für die Auseinandersetzung mit neuen Konzepten im untersuchten Kontext nur eine untergeordnete Rolle spielt. So finden sich in den Transkripten keine Beispiele dafür, dass die Erstsprache zur Klärung eines neuen fachlichen Konzepts in der Interaktion beitragen konnte (ausführlicher dazu siehe S CHART 2020: 216). Der Lehrperson fällt beim dialogischen Lernen eine wichtige Aufgabe zu. Sie greift nur behutsam und unterstützend ein, entweder um das Verständnis der Lerngruppe zu sichern bzw. sprachliche Lücken bei den Lernenden zu füllen (155) oder um dem inhaltlichen Austausch neue Impulse zu verleihen (171). Gerade der Redebeitrag in Zeile 171 liefert auch einen Hinweis darauf, wie schwierig es für Lehrkräfte in einem dialogischen Setting ist, das richtige Maß zwischen Steuerung, Anregung und Unterstützung zu finden. Die Frage der Lernerin sa04 (Zeile 180) lässt darauf schließen, dass die Lehrkraft mit ihrem Impuls von Zeile 171 voreilig agierte. Zudem drängt sich die Frage auf, ob es nicht besser gewesen wäre, den Begriff „unehelich“ direkt zu thematisieren bzw. auf den Unterschied zwischen „unehelich“ und „alleinerziehend“ einzugehen, anstatt den Lernenden nur weitere Hinweise für eine selbstständige Erschließung der Konzepte zu geben. Am Beispiel weiterer Situationen wird an anderer Stelle kritisch besprochen, wie die Lehrkraft durch zu spätes, aber auch übereiltes Eingreifen, die dialogischen Lernprozesse der Studierenden unterbindet oder unterbricht. Es handelt sich um eine Gratwanderung, auf die im Rahmen dieses Beitrags jedoch nicht weiter eingegangen werden kann (vgl. S CHART 2020: 233). Gerade aufgrund dieses eher zurückhaltenden Agierens der Lehrperson tritt beim Vergleich von Abb. 1 und Abb. 2 aber deutlich hervor, wie gering die Unterschiede zwischen den Interaktionsmustern in Gruppenarbeit und Plenum sind. Der dialogische Ansatz stellt somit die in der Fremdsprachenforschung weit verbreitete Annahme in Frage, Gruppenarbeit weise einen grundlegend anderen Charakter der Interaktion auf als Plenumsphasen (vgl. S ATO / B ALLINGER 2016 mit Überblick). So wird angenommen, Lernende fühlten sich in der Gruppenarbeit weniger gestresst, gingen aktiver aufeinander ein und würden eher mit der Fremdsprache experimentieren (vgl. P HILP / A DAMS / I WASHITA 2014: 17f.). Tatsächlich jedoch verschwimmen die klaren Grenzen zwischen den Sozialformen, sobald die Dominanz des triadischen Dialogs im Plenum aufgebrochen wird. Dass dafür wiederum bestimmte Bedingungen notwendig sind, die in vielen Lernkontexten nicht oder nur eingeschränkt geschaffen werden können, darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben. So können sich beispielsweise die Größe der Lerngruppe oder die fehlende Vertrautheit der Beteiligten miteinander bzw. mit dieser Form des Interagierens als Hürden erweisen. 6. Diskussion und Ausblick Die beiden Auszüge aus der unterrichtlichen Interaktion in einem CLIL-Programm auf der Niveaustufe A sollen veranschaulichen, welches Lernpotenzial aus interaktionalen Freiräumen erwachsen kann - auch im Anfangsunterricht und auf niedrigen Interaktion und Konzepterwerb im fach- und sprachintegrierten Unterricht (DaF) 101 50 (2021) • Heft 1 DOI 10.2357/ FLuL-2021-0006 Niveaustufen. Dabei muss in beiden Fällen letztlich offenbleiben, inwieweit der Dialog tatsächlich den Konzepterwerb bei einzelnen Kursteilnehmenden voranbringen konnte. Die zugrundeliegende Studie kann also nicht nachweisen, dass sich als unmittelbare Folge eines bestimmten Unterrichtssettings fremdsprachlicher Konzepterwerb einstellt. Hier zeigt sich deutlich ein blinder Fleck der vorliegenden Arbeit. Um Licht in diesen Bereich zu bringen, wäre es zum einen notwendig, die individuellen Lernverläufe gezielter zu erfassen. Vor dem Hintergrund der speziellen Fragestellung dieses Beitrags könnten beispielsweise die Lernprodukte einzelner Studierender systematisch im Hinblick auf die Verwendung fachlicher bzw. fachsprachlicher Konzepte hin untersucht und in Beziehung zur Analyse der Interaktionsdaten gesetzt werden. Auch die Einbeziehung der subjektiven Wahrnehmung der Lernenden, etwa mit Hilfe von nachträglichen mündlichen oder schriftlichen Reflexionen zum Unterrichtsgeschehen, halte ich für eine sinnvolle Erweiterung der Studie, mit der sich deren Aussagekraft erhöhen ließe. Gleichwohl ist es mir an dieser Stelle wichtig, noch einmal zu betonen, dass es nicht in der Intention dieser Untersuchung lag, individuelle Lernfortschritte nachzuweisen. Die Studie zielt gerade nicht auf das Lernen als ein Ergebnis, sondern sie richtet - einem soziokulturellen Verständnis von Unterricht folgend - den Fokus auf das Lernen als einen Prozess. Daher geht sie der Frage nach, wie sich das gemeinsame Lernen in einer Gruppe unmittelbar im interaktiven Handeln der Beteiligten bzw. ihren Redebeiträgen manifestiert. Lernen zeigt sich also nicht allein darin, was sich später von einzelnen Teilnehmenden reproduzieren lässt. Der Prozess, der sich vor uns entfaltet, wenn wir den Verlauf der Interaktion in den Transkripten verfolgen, kann ebenfalls als ein Ausdruck von Lernen betrachtet werden. Zum Lernen gehört also auch das, was die Studierenden in einem bestimmten Moment und aufgrund der besonderen Konstellation in der betreffenden Situation gemeinsam hervorbringen. Diese Perspektive widerspricht der Logik, auf der vielerorts das Bildungssystem basiert. Auch die Forschung richtet bislang den Blick eher auf die Individuen und weniger auf die Emergenz, die sie schaffen, wenn sie gemeinsam handeln. In diesem Verständnis von Lernen sehe ich daher großes Potenzial, unser Instrumentarium zur Erforschung von Lehr- und Lernprozessen um einen bedeutsamen Aspekt zu erweitern. Auch die Gestaltung von Unterricht kann von der Einsicht profitieren, dass sich Lernen nicht nur in den Köpfen einzelner Personen abspielt. So vermitteln die Beispiele, die in diesem Beitrag vorgestellt wurden, einen Eindruck davon, was es konkret bedeuten könnte, wenn von kollaborativer Produktion fachlichen und sprachlichen Wissens im CLIL-Unterricht auf der Niveaustufe A die Rede ist. In beiden Sequenzen wird deutlich, dass die Redebeiträge der Teilnehmenden Teilschritte zu einer gemeinsamen Lösung darstellen. Ihr Interaktionsverhalten legt nahe, dass sie in gewisser Weise sogar erwarten, dass die anderen der Lerngruppe konstruktiv auf die eingebrachte Idee reagieren, sie weiterführen oder auch hinterfragen. Auf diese Weise kommen Prozesse des „gemeinsamen Denkens“ in Gang, in denen Bedeutungsaushandlungen (negotiaion for/ of meaning), also das Ringen um 102 Michael Schart DOI 10.2357/ FLuL-2021-0006 50 (2021) • Heft 1 ein Verständnis für fachliche und gleichzeitig fremdsprachliche Konzepte eine zentrale Rolle spielen. Eine wichtige Erkenntnis aus den Daten dieser Studie ist jedoch, dass sich im Unterschied zu anderen Scaffolding-Maßnahmen solche dialogischen Lernprozesse nur eingeschränkt planen lassen. Beispielsweise werden in parallel verlaufenden Gruppenarbeiten zur gleichen Aufgabenstellung nicht selten sehr unterschiedliche Niveaus der Beschäftigung mit fachlichen bzw. fachsprachlichen Konzepten erreicht. Es zeigt sich, wie bedeutsam die jeweilige Gruppenkonstellation und ein förderliches Lernklima für solche interaktiven Prozesse sind. Diese Einsicht darf jedoch nicht zu der Annahme verleiten, Lehrende hätten keinen Einfluss auf diese Form des Scaffolding, denn es können Bedingungen geschaffen werden, unter denen Kollaboration zumindest wahrscheinlicher wird. So sind es - wie auch in den beiden Beispielen dieses Beitrags - gerade die offenen Impulse und die Konfrontation mit intellektuell herausfordernden Situationen, die Studierende eher dazu bringen, sich tiefgründig mit fachlichen und fachsprachlichen Konzepten auseinanderzusetzen. In den Daten deutet sich ebenfalls an, wie entscheidend dabei das spontane interaktive Handeln der Lehrkraft gerade in den Plenumsphasen sein kann. Indem sie Anregungen gibt, an geeigneten Stellen Ideen zusammenführt oder einfach nur ausreichend lange Denkzeiten gewährt, kann sie dialogisches Lernen gezielt fördern. Damit werden die Beobachtungen von B OBLETT (2018: 247) zur Funktion der Lehrperson als „validator, summarizer/ shaper, and classroom manager“ in dialogischen Lernprozessen bestätigt. Anhand einer Diskursanalyse mehrerer Unterrichtseinheiten auf der Niveaustufe B2 in einem universitären ESL (English as a Second Language)-Programm zeigt B OBLETT , wie die Lehrkraft durch zurückhaltendes und zugleich die Lernenden ermutigendes Agieren (z.B. lange Wartezeiten, kurze Impulse und Bestätigungen, Körpersprache) ein Lernumfeld schafft, in dem ein intensiver Austausch aller Beteiligten möglich wird. Die vorliegende Studie erweitert B OBLETT s Erkenntnisse, denn sie verdeutlicht, dass der Austausch in der Fremdsprache weit mehr Potenzial birgt, als nur sprachliche Probleme zu lösen - und das bereits auf der Niveaustufe A. Sie führt darüber hinaus vor Augen, dass die Lernenden - anders als es von B OBLETT s Studie nahegelegt wird - selbstständig in der Lage sind, gemeinsame Denkprozesse ihrer Lerngruppe anzustoßen, sofern man ihnen die dafür notwendigen Räume gewährt und die entsprechenden Voraussetzungen schafft. Die Arbeit von B OBLETT gehört zu den wenigen mir bekannten Studien, die die kollaborative Wissensproduktion in der Fremdsprache anhand von mehrstündigen Unterrichtssequenzen untersucht. Für die Niveaustufe A liegen meines Wissens bislang weder für den Fremdsprachenunterricht noch für den CLIL-Unterricht empirische Studien vor, die illustrieren, wie sich kollaborative und zugleich inhaltsbzw. fachbezogene Interaktionsprozesse in der Fremdsprache in diesem frühen Stadium des Lernprozesses vollziehen können. Aus der Argumentation in diesem Beitrag ergibt sich notwendigerweise eine kritische Sicht auf alle Untersuchungen, die versuchen, Kausalbeziehungen zwischen Interaktion und Konzepterwerb im fach- und sprachintegrierten Unterricht (DaF) 103 50 (2021) • Heft 1 DOI 10.2357/ FLuL-2021-0006 dem CLIL-Unterricht und individuellen, in Form von Tests punktuell gemessenen Lernergebnissen herzustellen, ohne jedoch dabei die interaktiven Prozesse in einzelnen Lerngruppen systematisch zu betrachten, sich also genauer anzusehen, was CLIL- Unterricht ganz konkret auf der Ebene einzelner Unterrichtstunden bedeutet (vgl. G ORIS / D ENESSEN / V ERHOEVEN 2019: 676). CLIL ist zunächst einmal nur eine vage, wenn auch faszinierende didaktische Idee mit theoretisch überzeugend formulierten Potenzialen. Wenn wir mehr darüber wissen wollen, unter welchen konkreten Bedingungen sich Synergieeffekte zwischen fremdsprachlichem und fachlichem Lernen tatsächlich im Unterricht einstellen, sollten wir konsequenter als bisher auf Studien setzen, die multiperspektivische Zugänge zu diesem Forschungsfeld schaffen und sich neben der Analyse von individuellen Lernergebnisse auch der Aufgabe stellen, kollektive Lernprozesse über einen längeren Zeitraum hinweg zu verfolgen. Literatur B OBLETT , Nancy (2018): „Doing exploratory talk in the language classroom: a sequential account“. In: Hacettepe University Journal of Education 33,1-17. B ONNET , Andreas / B REIDBACH , Stephan (2013): „Bilingualer Unterricht: Bildungstheoretische Grundlegung“. In: H ALLET , Wolfgang / K ÖNIGS , Frank G. (Hrsg.): Handbuch Bilingualer Unterricht. Seelze: Kallmeyer, 26-31. B ONNET , Andreas (2016): „Two for the price of one? 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