Forum Modernes Theater
fmth
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Narr Verlag Tübingen
10.2357/FMTh-2020-0002
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2020
311-2
BalmeDas Spiel der Liebhaber - Ästhetische Bildung im bürgerlichen Amateur-Schauspiel
31
2020
Meike Wagner
Von der These ausgehend, dass die ‚Verbürgerlichung’ des Theaters um 1800 ohne das ‚mainstreaming’ durch die zahlreichen Liebhaber-Theater der Zeit nicht plausibel erklärbar ist, möchte ich anhand eines herausragenden Beispiels von Theater-Liebhaberei, der Privattheater-Gesellschaft Urania (1792-1944), der Historiographie des bürgerlichen Theaters eine andere Perspektive geben. Im Fokus auf die frühe Phase der Urania bis zu den 1830er Jahren lässt sich verdeutlichen, wie stark die aufklärerische Bildungsidee im Spannungsverhältnis zwischen historischer ‚Bürgerbühne‘ und dem professionellen Schauspiel der Zeit in die gesellschaftlichen Verhältnisse hineinwirkte. Der sittliche Bürger entwickelt eine Identität als Schauspieler – ausgezeichnet mit Gewandtheit, Sprache, Belesenheit –, der Schauspieler als sittlicher Bürger – ausgezeichnet mit Studium, Anstand, Bescheidenheit. Dadurch wird erkennbar, dass die Amateurpraxis in einem urbanen Umfeld wie Berlin das ‚missing link‘ darstellt zwischen einer theoretischen Idee von ästhetischen Bildung und der voll entfalteten Institutionalisierung von bürgerlichem Theater.
fmth311-20007
Das Spiel der Liebhaber - Ästhetische Bildung im bürgerlichen Amateur-Schauspiel Meike Wagner (Stockholm) Von der These ausgehend, dass die ‚ Verbürgerlichung ‘ des Theaters um 1800 ohne das ‚ mainstreaming ‘ durch die zahlreichen Liebhaber-Theater der Zeit nicht plausibel erklärbar ist, möchte ich anhand eines herausragenden Beispiels von Theater-Liebhaberei, der Privattheater-Gesellschaft Urania (1792 - 1944), der Historiographie des bürgerlichen Theaters eine andere Perspektive geben. Im Fokus auf die frühe Phase der Urania bis zu den 1830er Jahren lässt sich verdeutlichen, wie stark die aufklärerische Bildungsidee im Spannungsverhältnis zwischen historischer ‚ Bürgerbühne ‘ und dem professionellen Schauspiel der Zeit in die gesellschaftlichen Verhältnisse hineinwirkte. Der sittliche Bürger entwickelt eine Identität als Schauspieler - ausgezeichnet mit Gewandtheit, Sprache, Belesenheit - , der Schauspieler als sittlicher Bürger - ausgezeichnet mit Studium, Anstand, Bescheidenheit. Dadurch wird erkennbar, dass die Amateurpraxis in einem urbanen Umfeld wie Berlin das ‚ missing link ‘ darstellt zwischen einer theoretischen Idee von ästhetischen Bildung und der voll entfalteten Institutionalisierung von bürgerlichem Theater. Es ist ein Kuriosum der Theaterhistoriographie: Historische Quellen berichten von einer grassierenden Theatromanie 1 um 1800, vom leidenschaftlichen Streben der Bürger aller Klassen und Stände, in halböffentlichen Zirkeln Theater zu spielen, historiographische Studien zum Amateurtheater der Zeit aber sind rar und meist auf einen prominenten Protagonisten fokussiert. Über die Massierung des Phänomens wissen wir wenig. 2 Heute, da Bürgerbühnen zur Spielpraxis der großen Häuser gehören und Amateuren vielfache Handlungsmöglichkeiten in Kunst und Theater eingeräumt werden, wird es allerdings möglich und auch nötig, das Denken nicht vollständig vom Paradigma der Professionalität und des Kunsttheaters bestimmen zu lassen. Daher möchte ich mit diesem Beitrag die Perspektive einer Theaterhistoriographie des frühen 19. Jahrhunderts erweitern und die sich in Vereinen organisierenden Liebhabertheater der ‚ modernen ‘ Bürger um 1800 in die Diskussion um die Etablierung des bürgerlichen Theaters einfügen. Der historische Übergang von einem professionellen nicht-sesshaften Theater zu stehenden bürgerlichen Theaterbühnen erklärt sich im gängigen historischen Diskurs mit dem ‚ Auftritt ‘ von literarischen Theaterreformern und deren Durchsetzungskraft gegenüber den ‚ reisenden Komödianten ‘ . So formuliert etwa Susanne Eigenmann fast exemplarisch für eine literarisierende Perspektive auf die Theatergeschichte um 1800: Die Theaterreformer schaffen kein völlig neues Theater in einem Vakuum, sondern ihre Ideen verändern die vorgefundenen traditionellen Strukturen der Wanderbühnen, erschaffen in einem allmählichen Prozeß die Institution Theater, wie es sie vorher nicht gegeben hat, und beseitigen damit das Wandertruppentheater. 3 Dieser „ allmähliche Prozeß “ erscheint hier recht unvermittelt und von konkreter Thea- Forum Modernes Theater, 31/ 1-2 (2020), 7 - 25. Gunter Narr Verlag Tübingen DOI 10.2357/ FMTh-2020-0002 terpraxis abgehoben dargestellt. Der Blick auf die Amateurpraxis erlaubt demgegenüber eine wesentlich performative Perspektive im Butlerschen Sinne: Erst durch das konstant wiederholte Tun materialisiert sich die Normativität des bürgerlichen Theaters. Dies geschieht im geschützten Rahmen des Theater-Vereins, der jedoch - wie ich darstellen werde - durch die große Anzahl seiner an die stehenden Theaterbühnen überwechselnden Dilettanten, sein bürgerliches Konzept von Theater in die Institution hineinträgt und dort weiter entfaltet. Wenn man diese Übergänge und Vernetzungen zwischen Amateurpraxis und Berufspraxis und deren Institutionen genau betrachtet, so lässt sich feststellen, dass wir es hier mit einem substantiellen Faktor für die Etablierung und Durchsetzung des bürgerlichen Theaters als dominierendes Modell zu tun haben. Meine These lautet daher, die ‚ Verbürgerlichung ‘ des Theaters ist ohne das ‚ mainstreaming ‘ durch die zahlreichen bürgerlichen Liebhabertheater um 1800 nicht plausibel erklärbar und hat in der Zeit durchaus Relevanz für die Etablierung einer bürgerlichen Gesellschaft und Kulturpraxis. Anhand eines herausragenden Beispiels von Theater-Liebhaberei möchte ich daher der Historiographie des bürgerlichen Theaters eine andere Perspektive geben, in der die Privattheater-Gesellschaft Urania (1792 - 1944) die Hauptrolle spielt. Ich werde mich auf die frühe Zeit der Urania von 1792 bis ca. 1830 beschränken, da man für diese Zeit die Entfaltung der ästhetischen und sittlichen Bildungsidee in der performativen und geselligen Praxis fokussiert darstellen kann. Nur im Spannungsverhältnis zwischen historischer ‚ Bürgerbühne ‘ und dem professionellen Schauspiel der Zeit lässt sich verdeutlichen, wie stark diese Bildungsidee in die gesellschaftlichen Verhältnisse hineinwirkte. Der sittliche Bürger entwickelte eine Identität als Schauspieler, ausgezeichnet mit Gewandtheit, Sprache, Belesenheit. Im Gegenzug dazu bildete sich der Schauspieler zum sittlichen Bürger, ausgezeichnet mit Studium, Anstand, Bescheidenheit. In dieser doppelten Perspektive steht nun mit der theatralen Ausbildung ein Modell ‚ emanzipativen ‘ 4 Bürgertums im Zentrum, das sich eng mit den politischen und sozialen Konzeptionen einer nach-absolutistischen Gesellschaftsvision verbindet. Damit unterscheidet sich dieses Amateur-Schauspiel deutlich sowohl von einem adeligen Liebhabertheater älterer Prägung, als auch von frühen Formen von Schultheater wie etwa dem humanistischen Jesuitentheater, das seit dem 17. Jahrhundert regelmäßig praktiziert wurde. Anhand der hier präsentierten analytischen Tiefbohrungen im Archiv der Urania wird erkennbar, dass die bürgerliche Amateurpraxis in einem urbanen Setting wie Berlin das Bindeglied darstellte zwischen einer theoretischen Idee von ästhetischer Bildung, welche die professionellen Wandertruppen abschätzig verwirft, und einer zum Ende des 19. Jahrhunderts hin voll entfalteten Institutionalisierung von bürgerlichem Theater. Schillers Liebhaber In den ersten Kapiteln seiner wirkmächtigen Schrift „ Über die ästhetische Erziehung des Menschen “ liefert Friedrich Schiller am Ende des 18. Jahrhunderts eine Zeitdiagnose. Durchrationalisiert und utilitaristisch konditioniert ist der Mensch sich selbst entfremdet. Die Weltbeziehungen sind verstummt 5 , das Spiel und die ästhetische Empfindsamkeit müssen neu belebt werden, um durch Schönheit zur Freiheit 6 zu kommen. Nur noch der Ausnahme-Begabung gelänge es, sich nicht völlig vom Broterwerb aufreiben zu lassen, aber das mittelmäßige Talent verzehrt in dem Geschäfte, das ihm zum Antheil fiel, die ganze karge Summe seiner Kraft, und es 8 Meike Wagner muß schon kein gemeiner Kopf seyn, um, unbeschadet seines Berufs, für Liebhabereyen übrig zu behalten. Noch dazu ist es selten eine gute Empfehlung bey dem Staat, wenn die Kräfte die Aufträge übersteigen, oder wenn das höhere Geistesbedürfniß des Mannes von Genie seinem Amt einen Nebenbuhler giebt. So eifersüchtig ist der Staat auf den Alleinbesitz seiner Diener, daß er sich leichter dazu entschließen wird, (und wer kann ihm unrecht geben? ) seinen Mann mit einer Venus Cytherea als mit einer Venus Urania zu theilen. 7 Während die fleischliche Liebe, verkörpert von Venus Cytherea, wohl noch als ‚ Nebentätigkeit ‘ zu akzeptieren war, durfte der geistigen Liebe, verkörpert von Venus Urania, in Konkurrenz zum Gewerbe keinesfalls gehuldigt werden. Wie verhält es sich nun, wenn im Jahre 1792, also ziemlich nah an der Entstehungszeit von Schillers Text (1793/ 1795), eine Gruppe von acht Handwerkern, Bediensteten und Gewerbetreibenden der ‚ Liebhaberey ‘ eine feste Größe in ihrem Leben einräumte, indem sie eine Privattheater-Gesellschaft gründete, die sie dann 1794 offiziell Urania nannte? Der Berliner Theater-Verein wird im Verlauf seiner Geschichte die Venus Urania in den Mittelpunkt einer schöngeistigen Verehrung stellen und seiner ‚ Schutzgöttin ‘ an Festtagen regelmäßig huldigen. Schillers Text, oder gar das oben Zitierte, steht sicher in keinem engeren Zusammenhang mit der Gründung des Theater-Vereins Urania. Dennoch beschreibt Schiller eine historische Situation, mit der sich die Vereinsmitglieder ohne weiteres identifizieren lassen. Sie alle strebten nach einer Verwirklichung ihres ‚ ästhetischen Bedürfnisses ‘ , sie thematisierten unentwegt, die ‚ schöne Bildung ‘ und die ‚ harmonische Geselligkeit ‘ , die ihnen durch das Liebhabertheater ermöglicht würde. So bekennt 1794 ein Mit- Abb. 1: Venus Urania, Theaterzettel von 1827, Detail 9 Das Spiel der Liebhaber - Ästhetische Bildung im bürgerlichen Amateur-Schauspiel glied, „ lediglich dem Vergnügen und der Bildung zufolge Schauspieler “ in Urania geworden zu sein. 8 Doch war diese theatrale Tätigkeit noch lange nicht als bürgerliches Vergnügen anerkannt. Das Mitglied Sander etwa musste 1801 zurücktreten: „ Schon lange habe ich gegen ortodoxe Meinungen meiner Familie, in Ansehung des Komödienspiels gekämpft “ 9 , doch das Veto der Älteren wog zu schwer. Gleichzeitig standen die Theater- Liebhaber generell unter dem ständigen Verdacht, ihre Kräfte an eine Tätigkeit zu verschwenden, die dem Staatswohl, und vor allen Dingen dem Staatswohlstand, Einbußen verursachte. 10 Mit Blick auf die Organisationsform des Theater-Verein kann man konstatieren, dass die Uranier eine Doppelstrategie der Verbürgerlichung vollzogen. Zum einen war der Verein ein Instrumentarium, um bürgerliche Handlungs- und Diskursformen sowie bürgerliche Identität auszubilden, zum anderen eigneten sie sich das Medium Theater als ein wesentlich bürgerliches an, in dem sie sich ihre Theaterpraxis innerhalb des Vereins nach ausgewählten bürgerlichen Modellen ausbildeten. Versuchsweise materialisierte sich innerhalb dieser geschützten Räume die Vision einer bürgerlichen städtischen Gesellschaft. Man muss sich vor Augen halten, dass in einer Stadt wie Berlin die männlichen Bürger der Mittelschicht, die sich Mitgliedsgebühren und Zeitaufwand leisten konnten, überwiegend in einem der vielzähligen Vereine Mitglied waren. 11 Oft waren sie sogar mehrfach in verschiedenen Vereinen engagiert, die sehr differenzierte Interessen vertraten. Einige Merkmale waren jedoch allen gemeinsam: flach hierarchische Organisationsform mit proto-demokratischen Verfassungen, stark betonte, jedoch nur vage ausformulierte ‚ bürgerliche ‘ Bildungsziele, und halb-öffentliche Diskussions- und Repräsentationsformen. In der Broschüre zum 100. Geburtstag der Urania (1892) setzte Oskar Sauerwald, der damalige Generalsekretär des Vereins, bereits auf der ersten Seite die Gründung des Vereins in den Zusammenhang mit Schillers Aufsatz „ Die Schaubühne als eine moralische Anstalt betrachtet “ (1784). In Folge der Rezeption dieser Ideen hätte man die Theaterbühne nun als ganz für die „ Bildung des Volkes thätige Institutionen “ 12 betrachtet. Auch zählte Sauerwald Schillers Dramen, neben denen von Gotthold Ephraim Lessing, August von Kotzebue und August Wilhelm Iffland, zu den ersten Theatertexten, die zunächst im geselligen Kreis gelesen, dann aufgeführt wurden. In seinem Rückblick erscheint Schiller als maßgeblicher und einzigartiger Impulsgeber, jedoch muss man natürlich berücksichtigen, dass schon sehr viel früher, mit dem Einsetzen der Nationaltheater-Idee ab der Mitte des 18. Jahrhunderts speziell in Bezug auf eine ‚ stehende Bühne ‘ ein Bildungsdiskurs zu reifen begann. 13 Der Konnex zwischen ästhetischer Bildung, Theaterinstitutionalisierung, bürgerlicher Identität und Amateur-Praxis spielte aber erst zum Ende des Jahrhunderts hin, quasi in einer Art von zweiten Welle, oder Phase der Breitenwirksamkeit der Nationaltheateridee, eine große Rolle und fand in Schillers Konzeption von ästhetischer Erziehung eine Verbündete. 14 Es gibt in den Dokumenten zu Urania 15 keine direkten Hinweise auf ein Einwirken von Schillers ästhetischer Theorie. Dennoch möchte ich vorschlagen, die Praxis der Privattheater-Gesellschaften um 1800, und insbesondere Urania, im Zusammenhang mit dem aufklärerischen Diskurs um ästhetische Bildung, wie er sich seit Baumgartens Aesthetica (1750) breit entfaltete, zusammen zu denken. Salopp formuliert könnte man sagen, dass die bürgerliche Geselligkeit und Theaterpraxis in den Privattheater-Gesellschaften eine Art von ‚ mainstreaming ‘ bewirkten, indem sie, wie von Schiller inten- 10 Meike Wagner diert, die Entwicklung von ästhetischem Kunstsinn mit der Idee einer Entfaltung von sittlichen Grundsätzen für eine bessere (Staats-)Ordnung verbanden. 16 In diesem Zusammenhang ist auch der Spielplan der Urania passgenau gewählt. Bis in die 1820er Jahre lässt sich eine starke Dominanz von Kotzebues Schauspielen ausmachen, gefolgt von Ifflands bürgerlichen Familiendramen. Obgleich das Liebhabertheater hier schlicht dem Repertoire des Königlichen Theaters folgt, so kann man in den wiederholten Diskussionen um die Stückauswahl das spezifische Bedürfnis nach einer angemessenen bürgerlichen Unterhaltung und Belehrung herauslesen. Kotzebue und Iffland boten ein konstantes humanistisch-ästhetisches Grundrauschen, das unaufhörlich in verschiedenen Familien- und Beziehungsgeflechten Sittlichkeit, Moral, Menschenliebe, Geschmacksempfinden, harmonisches Miteinander und durchaus auch von Konventionen befreite Lebensweisen 17 durchdeklinierte. In den angesetzten Stücken wimmelte es nur so von ‚ schönen Seelen ‘ , die sich von unlauteren Motiven und Machenschaften befreiten und ihre rührende Wirkung als ästhetisches Vorbild entfalteten. Dieses Repertoire wurde ab 1802 in einem ca. 290 Plätze fassenden Theatersaal regelmäßig 14tägig aufgeführt. An Urania lässt sich aufzeigen, dass sie in ihrer frühen Phase, eingebettet in den spätaufklärerischen Horizont, wesentliche Grundlagen mit Schiller teilte. Es lassen sich drei große Themenbereiche bestimmen: das Konzept einer egalitären Gesellschaftsordnung, eine Idee absoluter Harmonie und eine Fokussierung auf den Bürger als potentiell ästhetisch-sittlichen Menschen. In den Vereins-Statuten von 1797 wird gleich in den ersten Paragraphen klar ausgedrückt, dass Meinungsbildung und Entscheidungspraxis auf demokratischen Grundlagen stehen sollte: § 1 Alle Mitglieder haben gleiche Lasten, also auch gleiche Rechte, und gleiche Stimmen. § 2 Jedes Mitglied hat das Recht etwas vorzutragen, so wie seine Meinung über das Vorgetragene zu sagen. 18 Natürlich lässt sich hier einwenden, dass die von Urania geforderte und auch intensiv praktizierte Meinungsfreiheit nach außen hin eine starke Abschottung benötigte, um sich überhaupt entfalten zu können. Die Mitglieder untereinander verstanden die freie Rede in den Vereins-Konferenzen, also in den wöchentlichen Sitzungen, als hohes demokratisches Gut. So wird 1830 in der Konferenz an den Zusammenhang von „ republikanischer Einrichtung “ , freier Rede und Verschwiegenheit erinnert: Würde [die] Pflicht [der strengsten Verschwiegenheit] leichtsinnig umgangen oder vernachläßigt, so sei das heilig Recht der freien Rede jedes Mitgliedes in der Konferenz verlezt. Nach unserer republikanischen Einrichtung, könne Niemand über das, was er in der Konferenz gesagt oder besprochen, ausserhalb dem Lokale der Gesellschaft verantwortlich gemacht, angefeindet oder gar belangt werden [. . .] 19 Dass der Zugang zur Mitgliedschaft stark limitiert war und keineswegs jedem diese Vereins-Freiheiten gewährt wurden, war die Kehrseite dieser insulär ‚ republikanischen ‘ Verfasstheit. 20 Im Theater-Verein Urania transformierte die politische Gleichheit in ein absolutes Gebot der Harmonie. Die Gesellschaft musste nach außen notwendig einig erscheinen, Konflikte durften nicht nach außen dringen, aber die Mitglieder ließen auch keinen Versuch aus, Konfliktparteien innerhalb des Vereins miteinander auszugleichen. Symbolische Versöhnungen wurden gefordert und inszeniert, immer zum Besten von Urania - und ‚ das Beste ‘ war die harmonische Vereinigung in der geistigen Liebe zum Schönen. 11 Das Spiel der Liebhaber - Ästhetische Bildung im bürgerlichen Amateur-Schauspiel Eine weitere Gemeinsamkeit mit Schiller war die Fokussierung auf die bürgerliche Mittelschicht, die einen gewissen Bildungsstand pflegte und finanziell unabhängig war. Bekanntlich wies Schiller, durchaus noch ständisch orientiert, für eine Erneuerung der Gesellschaft zum freien Staat dem aufgeklärten Bürger die zentrale Rolle zu. 21 Die Mitglieder Uranias kultivierten genau diesen Bürger als Identitätsmodell. Aufgeklärt und vernünftig sollten die Mitglieder mit der gewährten Meinungsfreiheit im Verein umgehen. In Konfliktsituation wurde immer wieder an Vernunft, Moral und Wohlwollen gegeneinander appelliert. Satisfaktion musste mit einem freundlichen Handschlag gewährt werden, das Duell, in Deutschland erst um 1900 öffentlich kritisch diskutiert, war verpönt. Gleichzeitig wurden ein gehobener Bildungsstand und ein gemeinsamer Literatur- Kanon vorausgesetzt. 22 Bei der Aufnahme neuer Mitglieder wurden die charakterlichen Grundbedingungen mit der Zeit immer genauer ausbuchstabiert. Begnügte man sich in den Statuten von 1797 noch mit der Feststellung der ‚ Unabhängigkeit ‘ , so sind in den zweiten Statuten von 1827, der Verein war inzwischen auf 59 Mitglieder angewachsen, festgelegt, dass sich die Gesellschaft vor der Aufnahme eines Mitgliedes „ über den moralischen Character und übrigen Qualifikationen [. . .] die nöthige Auskunft “ 23 verschaffen musste. Ein jedes Mitglied konnte Fremde, jedoch nur „ aus den anständigen Klassen “ 24 , in die Theatervorstellungen einführen. Auch hier sollte die Gesellschaft dem Ideal des Bildungs- und Wohlstands-Bürgers voll entsprechen. Ganz deutlich spricht sich nun das erstarkte Distinktionsbedürfnis des Bürgerstandes aus, das im Verlaufe des 19. Jahrhunderts aus dem ästhetischen Diskurs herausgelöst wurde und deutlich repressive Züge annahm: nach innen in die normierten bürgerlichen Familien hinein und nach außen im verschärften Stände- und später Klassenkampf. Bis in die 1830er Jahr dominierte noch die Idee von ästhetischer Bildung als Pflege des Schönheitssinns zur Entwicklung des Gemeinwohls (Sittlichkeit). Zu den philanthropischen Grundsätzen gehörten auch eine regelmäßige Spendentätigkeit und die Förderung der ‚ schönen ‘ Anlagen junger Menschen im geselligen Beisammensein. Die ‚ Winter-Vergnügungen ‘ ließen aber auch die Unterhaltung nicht zu kurz kommen. Im Anschluss an die Theater-Vorstellungen wurden regelmäßig Abendessen und Bälle organisiert, bei denen der Wein in Strömen floss und sich durchaus die eine oder andere Liebesbeziehung anbahnte. In diesen Kontext der geselligen Praxis von ‚ sittlichen und freien Bürgern als Schauspieler ‘ war ein Bildungs- und Ausbildungskonzept von ‚ Schauspielern als sittliche und freie Bürger ‘ eingebettet. Die wöchentlichen Vereinssitzungen (Konferenzen) und die 14tägigen Theateraufführungen mit anschließendem ‚ geselligen Vergnügen ‘ trugen gemeinschaftlich zu den bürgerlichen Bildungs-Zielen bei. Gelehrte Schauspieler und sittliche Bürger Bei der ersten Einrichtung der Theater- Gesellschaft Urania, konnte der Hauptzweck nur der sein, den Winter über ein anständiges Vergnügen zu haben, und deshalb Privat- Schauspiele in einem dazu besonders eingerichteten Lokale auf allgemeine Kosten zu unterhalten, und hierdurch, wie schon angedeutet, nicht allein den Winter fröhlich zu verbringen, sondern auch den Zweck damit zu verbinden, daß Individuen, in dem Fache der Mimik, theils zu ihrem eigenen Amüsement, theils um ihre Kunst und ihr Talent der Welt wiederum mitzutheilen, sich zu vervollkommnen suchen. - Dieser Zweck scheinet im Allgemeinen bis jetzt erreicht zu sein, und 12 Meike Wagner soll er auch ferner von der Gesellschaft stets befolgt und im Auge behalten werden. 25 So formulierte die Einleitung der Statuen von 1827 das ‚ mission statement ‘ der Gesellschaft. Der Doppelzweck des Spiels ist deutlich: einerseits die Selbstbildung als schauspielender Bürger zum Privatinteresse, andererseits die Ausbildung zum professionellen Schauspieler, um sich der Welt öffentlich zu zeigen. Dabei war die Schauspiel-Ausbildung in der Zeit in die Phase der subjektzentrierten aufklärerischen Bildung eingebettet, wie sie Wolf-Dieter Ernst in seinen Studien zur Geschichte der Schauspiel-Ausbildung von der früheren rhetorischen und der späteren institutionalisierten Phase unterscheidet. 26 Entsprechend steht bei Urania die Äquivalenz des Schauspielers und des gesitteten bürgerlichen Subjekts im Zentrum, nicht aber die Methode der Ausbildung wie in der institutionalisierten Phase. Die Abstandswahrung zu den wandernden Berufsbühnen und deren Zugang zum Schauspielberuf war dabei erstes Gebot. 27 In der Anfangsphase musste man ein ‚ wirkliches Mitglied ‘ der Urania werden, um mitspielen zu können. Für die Frauenrollen wurden die sogenannten ‚ spielenden Damen ‘ rekrutiert, die nicht als Mitglieder eintreten konnten, jedoch für ihr Spiel Theaterkarten erhielten. Dies waren teilweise Familienangehörige der Mitglieder, teils jedoch auch andere junge Frauen, die über Empfehlung eines Mitglieds zum Spiel gebeten wurden. Zu einzelnen Aufführungen wurden auch Gastspieler eingeladen, teils auch professionelle Kräfte von den Königlichen Bühnen. Später, bei wachsender Mitgliederzahl, spielten nicht mehr alle Mitglieder auf der Bühne, so dass die Rekrutierung des ‚ spielenden Personals ‘ dringlicher wurde und entsprechend strukturierter organisiert sein musste. 28 Es wurde nun bei Bedarf zu Beginn der Spielzeit im September ein Probespiel veranstaltet, zu dem sich junge Debütanten und Debütantinnen melden konnten. Mit dem Regisseur wurde ein Programm von Einzelszenen erarbeitet, mit denen sich die Schauspielaspiranten präsentierten. Abb. 2: Theaterzettel zum Prüfungsspiel, 1833 Regelmäßig hatte die Urania ‚ Abgänge ‘ zu verzeichnen, das hieß, dass die jungen Liebhaber-Schauspieler an einer stehenden Bühne ein Engagement gefunden hatten. Besonders häufig wurden junge Schauspiel- Eleven von den Königlichen Bühnen in Berlin abgeworben. Es gab eine enge Beziehungen zum Theater-Intendanten Iffland (Dir. 1796 - 1814), der sich die talentiertesten Amateure nach erfolgter schauspielerischer Vorbildung sicherte. Auch sein Nachfolger Carl von Brühl (Dir. 1815 - 1828) nutzte die Urania als Ressource für den schauspieleri- 13 Das Spiel der Liebhaber - Ästhetische Bildung im bürgerlichen Amateur-Schauspiel schen Nachwuchs. Man muss sich bei diesen ‚ Austauschbeziehungen ‘ zwischen dem Liebhabertheater und den Königlichen Bühnen vor Augen halten, dass bis zu Beginn der 1820er Jahre die letzteren die einzigen öffentlichen Theaterinstitutionen in der Stadt waren. Die Liebhabertheater 29 , und allen voran Urania, waren also neben den königlichen Bühnen die zweitgrößten Theaterbühnen, die einen regelmäßigen ‚ halböffentlichen ‘ 30 Spielbetrieb aufrecht hielten. Fritz Assmann konstatiert 1922 in seiner Dissertation zu den Theaterschulen in Deutschland im 18. und 19. Jahrhundert, dass es in Berlin, im Gegensatz zu anderen Residenzstädten bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts keinerlei Spuren einer Schauspiel- Ausbildungsstätte gäbe. 31 Es ist deutlich, dass Assmann zu diesem Ergebnis kommen muss, weil er seinen Blick nicht auf die Liebhaber- Aktivitäten richtet. Das ist umso erstaunlicher, da er für Berlin nur die Buddelmeyersche Akademie (1844) anführt. Diese ging zurück auf den Schriftsteller Buddelmeyer (Dr. Adalbert Cohnfeld), der beim preußischen Staat - vergeblich - um die Einrichtung einer Theaterschule und eines Theater- Vereins Didaskalia ansuchte. Anscheinend wollte Buddelmeyer durch die Kombination von Ausbildung und Verein das Erfolgskonzept der Urania kopieren; mit dem Unterschied, dass er ein ausformuliertes Curriculum präsentierte und auf eine kommerzielle Verwertung der Ausbildung zielte. 32 Gerade, weil es keine institutionalisierte Akademie zur Schauspielausbildung in Berlin, und weitestgehend in ganz Deutschland, gab, kann man annehmen, dass die Ausbildung der Urania enorm wirksam war. Umso mehr, da sie eine ungeheure Stabilität und Kontinuität aufwies: Seit 1792 entwickelte sie nachhaltig ihr bürgerliches Theatermodell, das von den jungen Eleven weitergetragen wurde. Wie lässt sich nun argumentieren, die Urania sei eine regelrechte Ausbildungsstätte für angehende Schauspieler gewesen, wenn eben kein Curriculum oder Ausbildungsmethode vorlagen? In der Zeit basierte der Bildungsdiskurs durchaus auf umfassenden Methodik-Überlegungen und der Frage von Lehr-Lernzielen. Es lagen zahlreiche Grundsätze einer Schauspiel-Ausbildung und Schauspiel-Methodik bereits vor. Man denke etwa an Conrad Ekhofs Schauspieler-Akademie (1753, publiziert 1779 33 ), oder die einflussreiche Schauspiel-Theorie Johann Jakob Engels (1785/ 86) 34 , die beide den Schauspieler sowohl zum sittlichen Subjekt als auch zum ‚ gelehrten ‘ Schauspieler bilden wollten. Wenn nun Urania außer den vereinseigenen Regularien zum Probespiel und den disziplinierenden Schauspieler-Gesetzen keine systematische Strukturierung ihrer Schauspiel-Ausbildung erkennen lässt, kann man aus den Quellen dennoch drei Zugänge zu einer Idee von Schauspiel-Methodik herausarbeiten: Zum einen wurden die Akteure der Königlichen Bühnen in Berlin als Modell für ein modernes und angemessenes Spiel betrachtet, zum zweiten hatte Iffland eine herausragende Vorbild- Rolle als Schauspieler, Dramatiker und Schauspiel-Lehrer, und zum dritten entwickelte Urania ein spezielles Bewusstsein von Kritik und Evaluierung der Schauspiel- Aufführungen, die immer das Ziel der Besserung und Bildung der Schauspiel-Eleven haben sollten. Das Königliche Theater in Berlin war das leitende Vorbild. Nicht nur das Repertoire wurde möglichst nachgeahmt, sofern leistbar, sondern auch die Darsteller erfuhren eine besondere Wertschätzung. Der große Fixpunkt war natürlich Iffland, der nicht nur als besonders begabter und gelehrter Schauspieler 35 , sondern auch als Dramatiker und Theaterleiter verehrt wurde. Im Juni 1808 wurde eine Büste Ifflands im Sitzungssaal der Urania aufgestellt mit dem Hinweis des Gründungsmitglieds Bock, die Uranier mögen „ durch allgemeines Bestreben in der 14 Meike Wagner Kunst, diesem als dem größten Künstler Deutschlands nachkommen zu suchen “ 36 . Diese Büste wird im Oktober 1808 für die gemeinsam mit den Königlichen Schauspielern begangene Feier zur Rückkehr Ifflands von seinem Wien-Gastspiel auf der Urania- Bühne, dem in der Mittelloge sitzenden Iffland gegenüber, aufgestellt. Zu dieser Zeit gab es einen regen Austausch zwischen Urania und Königlichem Theater. Garderobe, Stück-Manuskripte und Darsteller (vor allen Dingen Choristen, selten ein Solist als Gast) gingen vom National- Theater als Leihe zu den Liebhabern, und die besten Schauspiel-Eleven gingen den entgegen gesetzten Weg ins Engagement. Die Schauspieler der königlichen Bühne waren die Vorbilder für die jungen Schauspieler der Urania und mussten sich an ihnen messen lassen. Eine Darstellung war gelungen, wenn „ langes Studium und ein gutes Vorbild [. . .] unverkennbar “ 37 waren. Wenn der Darsteller das Modell zu übertreffen suchte, so wurde dieses ‚ Outrieren ‘ - also Übertreiben - kritisiert, da „ [h]ierin [. . .] ein geschätzter Künstler der Königlichen Bühne keineswegs Ihr Vorbild “ 38 sein kann - jener würde sich mäßigen. Die Kinder der Akteure des Königlichen Theaters wurden nach Möglichkeit bevorzugt als Darsteller in die Urania aufgenommen. Die königlichen Schauspieler und ihre Kinder hatten ein konkret strategisches Interesse am Theater der Urania als ‚ Probebühne ‘ . Für junge Leute ohne familiären Bezug zum ‚ Theatergeschäft ‘ war es wesentlich schwieriger, die Risiken des Berufs einzuschätzen. Sie mussten von den Männern an den Schaltzentralen des Betriebes ‚ entdeckt ‘ werden, daher musste der Kontakt zur Berliner General-Intendanz aufwändig gepflegt werden. Nach dem Tod Ifflands (22. 9. 1814) hatte Carl von Brühl zu Beginn des Jahres 1815 die General-Intendanz der Königlichen Bühnen übernommen. Sofort zum Dienstantritt übersandte der Vorstand der Urania ihm Billetts zum freien und ständigen Eintritt in ihre Theateraufführungen. Brühl bedankte sich und versprach, „ so oft es meine Geschäfte erlauben, Gebrauch zu machen. “ 39 Er muss noch im selben Frühjahr die Urania besucht haben, engagierte er doch deren Schauspielerin Emilie Willmann vom Fleck weg. Im Mai 1815 verabschiedete sie sich wehmütig vom liebgewonnenen Theater- Verein und gab Hoffnung auf eine weitere Zusammenarbeit, die der General-Intendant Brühl „ sehr gütig “ genehmigen werden, wenn man ihm nur rechtzeitig Bescheid gebe. 40 Rührend wandte sie sich an die Vereins-Mitglieder um moralischen Beistand für ihr bevorstehendes Debut auf der großen Bühne und der zu erwartenden öffentlichen Kritik: Nur schüchtern wage ich mich aus dem Kreise wahrer Freundschaft vor das Urtheil eines strengen fremden Publikums, da ich aber mit Gewißheit hoffen darf, daß der größte Theil von Ihnen mir das Erstemal nicht fern sein wird, so wird dies Bewußtsein meinen Muth schon beleben, und mich zu dem schwierigen Unternehmen stärken! 41 Freundlich gratulierten die Uranier zum Erfolg und sicherten der jungen Sängerin natürlich ihre Unterstützung zu. 42 Deutlich wird hier der entscheidende Übergang zwischen dem durch den Rahmen der Ausbildung im „ Kreise wahrer Freundschaft “ geschützten Auftritt in der Urania und der öffentlichen Theater-Institution markiert. Graf Brühl erwies sich dann doch nicht ganz so gütig, bereits im Herbst 1815 verbot er Frl. Willmann den weiteren Umgang mit dem Theater-Verein. Sie hatte sich als brauchbare Opern-Solistin erwiesen und sollte nun im Königlichen Theater vollumfänglich eingesetzt werden. Wie schon oben dargestellt, war die Verehrung der Theater-Gesellschaft Urania für den Künstler Iffland fast grenzenlos. Sein 15 Das Spiel der Liebhaber - Ästhetische Bildung im bürgerlichen Amateur-Schauspiel Verhältnis zum Liebhabertheater erweist sich beim genaueren Hinsehen jedoch als komplex und vielschichtig, füllte er doch viele verschiedene Rollen aus, die jeweils eine andere Position gegenüber den Amateur-Aktivitäten erforderten. Als Künstler und Theater-Lehrer, der in seinen zahlreichen Publikationen seine Auffassung von Schauspiel-Metier und -Methode, von künstlerischer, ästhetischer und sittlicher Ausbildung und von dramaturgischen Interpretationen mitteilte, scheint er wesentlich im Einklang mit der Praxis der Schauspiel-Ausbildung der Urania zu sein. Er unterstützte die Theater-Aufführungen der Urania unbürokratisch und profitierte von deren Reservoir an jungen Talenten. Als Theaterdirektor sah Iffland sich in Konkurrenz zu den zahlreichen Liebhabertheatern in Berlin und fürchtete finanzielle Einbußen für seine Institution. Er versuchte wiederholt, die Liebhabertheater polizeilich einschränken und verbieten zu lassen. 43 In seinem Theater-Almanach (1807 - 1812) 44 äußert er sich gleich in der ersten Ausgabe sehr freundlich zu den Liebhabertheatern. Vorausgesetzt, sie hielten sich an Stücke, die ihnen angemessen seien, könnten die Berufs-Schauspieler sogar von ihnen lernen. Durch die vergleichsweise kleinen Theaterräume könne die Stimme angemessen ausgebildet werden, die im großen Theaterhaus mit seinen 2000 Plätzen eine große und für junge Eleven oft übergroße Anstrengung kostete. Die Rollen würden durch die größere Anzahl von Proben ausgiebig studiert und führten zu ‚ runden ‘ und ‚ wahren ‘ Darstellungen, während der Berufsschauspieler durch Wiederholung und zunehmende Routine durchaus in der Gefahr der Formelhaftigkeit und Manier stünde. Man kann davon ausgehen, dass Ifflands Almanach von den ‚ Urianischen ‘ Theaterliebhabern eingehend rezipiert wurde. Iffland erklärte hier die ‚ Wissenschaft ‘ des Schauspielers in vielen Einzelaspekten umfänglich und stellte sie in Berlin einem breiten Publikum als Lese-Lern-Stoff zur Verfügung. Gleichzeitig konnten die Berliner, unter ihnen die Uranier, ihm auf der Bühne mit seinen Schauspielern beim direkten Umsetzen der schauspielerischen und auch dramaturgischen Konzepte, die er in Einzelanalysen von Rollen und Darstellungen schriftlich darlegte, ‚ live ‘ zusehen. Im Rahmen dieses Aufsatzes fokussiere ich weitgehend auf die schauspieltheoretischen Impulse von Iffland, um den engeren kulturellen Zusammenhang in der Stadt Berlin hervorzuheben. Natürlich muss anerkannt werden, dass Iffland in einem weiteren Schauspieldiskurs seiner Zeit steht, der sich seit der Mitte des 18. Jahrhunderts, insbesondere angeregt durch eine deutsche Rezeption der französischen Schauspieltheorie und -praxis, breit entfaltete. 45 Der Regisseur Lami setzte 1824 ein „ Gesetz für das spielende Personal “ auf. Er formulierte hier die Aufnahmebedingungen. Jeder Dilettant, der mitspielen wollte, musste zunächst „ Attest[e] seines moralischen Wohlverhaltens “ und gegebenenfalls Erlaubnisscheine von Vater oder Vormund vorlegen. Dann wurde die grundsätzliche Eignung von der Gesellschaft abgeprüft: Nach dem Prüfungsspiel, welches den Winter-Vorstellungen voran geht, und zu welchem er bei dem Regisseur eine Parthie oder wenigstens einer Scene in Vorschlag bringen darf, werden seine Leistungen von der Gesellschaft abgeschätzt und bleibt es alsdann dem Regisseur überlassen, wenn der Geprüfte nicht abschlägig beschieden worden, ihn nach seinen Fähigkeiten zu beschäftigen, wogegen sich jener verbindlich macht, keine Parthie, so unbedeutend sie auch sei zurück zu weisen [. . .]. 46 In Bezug auf ‚ unbedeutende Rollen ‘ forderte er, dass jedes Mitglied, auch die älteren Darsteller, sich bereit zeigen müssten, eine 16 Meike Wagner kleine oder Statistenrolle zu übernehmen, denn: [n]ichts ehrloses liegt darin, sondern trägt (wie unser Veteran Iffland sagte) zur Ausbildung der körperlichen Haltung eines jeden Anfängers bei, wie gehen und stehen auf der Bühne auch selbst gelernt werden muß. 47 Lami spielte hier eventuell auf Ifflands Text „ Undankbare Rollen “ im Almanach von 1809 48 an, in dem er Schauspieler aufforderte, diese als Herausforderung und Übung zu betrachten. Fast möchte man behaupten, die Urania würde hier die Entwicklung weg vom strikten Rollenfach-System 49 und hin zur individuellen Charakterdarstellung vorwegnehmen. Im Theater-Verein ist dies sicher den strukturellen Zwängen geschuldet - die Schauspieler mussten bereit sein, auch Rollen außerhalb ihres Rollenfachs zu übernehmen - , sonst wäre das Repertoire für das kleine Ensemble zu eingeschränkt gewesen. Es gibt darüber immer wieder Konflikte mit den Darstellern 50 , was gelegentlich zu Vorbehalten gegenüber der Aufnahme von ehemaligen Berufsschauspielern als spielende Mitglieder führte. Demgegenüber kultivieren die Uranier ihre besondere schauspielerische Flexibilität, die insbesondere von Iffland an den jungen Schauspielern sehr geschätzt wird. Auch das klare Gebot von eingehender Prüfung der Neuzugänge stimmt mit einem anderen Aufsatz Ifflands überein, welcher sich mit dem jetzt massenhaften Streben junger Leute auf die Bühne befasst. 51 Er mahnt hier, die Lust am Theater genau zu prüfen und keine oberflächlichen Motive zur Aufnahme des Schauspiel-Berufes gelten zu lassen. Iffland forderte außer Talent maßgeblich bürgerliche Tugenden wie Eifer, Wissensbegierde, Durchhaltevermögen, Bescheidenheit, Sittlichkeit und Interesse an der Geschmacksausbildung ein. 52 Alle diese Tugenden scheinen auch die Eckpfeiler einer idealen Schauspiel-Ausbildung in der Urania darzustellen. Die Spiel-Bedingungen bei Urania förderten die Bescheidenheit, da die Entlohnung lediglich in ein bis zwei Theaterbilletts bestand. Es wurde eine volle Fokussierung auf das Spiel in Urania gefordert, jeder Auftritt in einem anderen Theater musste einzeln genehmigt werden. Und jedes darstellende Mitglied musste sich dem Urteil des Regisseurs unterwerfen: [S]o hat sich jeder von den Darstellern auf der Probe seinem Rath zu unterziehen, und bleibt es ihm überlassen, Scenen die nicht mit der gehörigen Rundung gehen doppelt und in noch nöthigen Fällen dreifach zu wiederholen, wodurch nur das Gelingen des Ganzen wozu jeder Einzelne beitragen muß, erzeugt werden kann. Wer sich aber wieder vermuthen gegen eine bescheidene Zurechtweisung opponirt, zahlt keine Strafe sondern wird als Störenfried angesehen und ferner nicht beschäftigt. 53 Die angehenden Schauspieler wurden nach der Prüfung keineswegs mit Lob überschüttet. Trocken berichtet das Konferenz-Protokoll vom 2. 10. 1826, man sei der Meinung das Probespiel sei eher „ mittelmäßig “ gewesen, doch seien einige Subjekte dabei, von denen man sich bedeutende Leistungen in der Zukunft erhoffe, wenn „ die Herren Regisseure etwas strenge sind “ . 54 Geurteilt wird eher nach Potential als nach aktueller Leistung. Man traut sich zu, die Ausbildung so zu gestalten, dass etwas Bedeutendes gelingen könnte. Obgleich, nach dem Vorbild Ifflands, das Ideal eines zu bildenden ‚ gelehrten ‘ Schauspielers vorwaltete, so führte dies jedoch nicht zur Entwicklung regelmäßiger Übungen. Die Ausbildungspraxis bestand in Proben und Aufführungen, der didaktische Impuls kam von beständigen Rückmeldungen und Kritik. 17 Das Spiel der Liebhaber - Ästhetische Bildung im bürgerlichen Amateur-Schauspiel Die kritischen Liebhaber Die Theater-Liebhaber der Urania befassten sich immer wieder mit dem Problem der Kritik im Zusammenhang mit ihren Theater-Aufführungen, und insbesondere im Umgang mit den jungen Schauspielern. Wer soll Kritik leisten dürfen? In welcher Form ist Kritik angemessen? Welche Position nehmen die Kritisierenden, aber auch die Kritisierten ein? Wieviel Kritik darf in die Öffentlichkeit getragen werden? 55 Hier könnte man wieder an die Bedenken von Frl. Willmann anschließen, die 1815 befürchtete, gewohnt an das freundliche und wohlwollende Urteil der Vereins-Mitglieder, nicht in der öffentlichen Kritik bestehen zu können. Im Jahr 1843 behauptet der offene Gegner von Liebhabertheatern, Wilhelm Hebenstreit, dass in den Privattheatern - entgegen der vielbeschworenen Bildungsfunktion dieser Institutionen 56 - gar keine sinnvolle und der Bildung fruchtbare Kritik geleistet werden könne: Die Vorstellungen auf dieser [Privatbühne, Anm. MW] erscheinen lediglich als Folgen einer Gefälligkeit, als freiwillige Leistungen, mithin müssen die mittelmäßigen für gut, die nothdürftig guten für ausgezeichnet gelten, um so gewisser, weil es an kompetenten Richtern fehlt, oder wenn diese anwesend sind, sie über die Beschaffenheit der Vorstellungen kein offenes Urtheil abgeben können und werden. 57 Der Dilettant habe nur sein eigenes Gefühl zum Maßstab, die Zuschauer seien als ‚ eingeladene Gäste ‘ nicht zum Urteil befugt, da die Theateraufführung als ‚ Privatleistung ‘ kein Gegenstand einer öffentlichen Beurteilung sein dürfe. 58 Dieses Problem wendet sich im Theater- Verein Urania in einen Vorteil zur Ausbildung der jungen Schauspieler. Kritik wird sehr gezielt kanalisiert. Als der Journalist Moritz Saphir 1826 beabsichtigt, in seiner neuen Zeitung Der Berliner Courir künftig die Vorstellungen der Urania zu besprechen, wollen die Vereins-Mitglieder ihn um jeden Preis draußen halten: „ Da es ganz gegen die Tendenz der Gesellschaft ist, ihre Vorstellungen und ihr Thun und Treiben überhaupt zur Öffentlichkeit zu bringen, “ wurde beschlossen, sich mit der Polizei zu beraten, auf welche Weise man Saphirs Kritiken verhindern könne. 59 In der gleichen Konferenz, in der über die Saphir-Anfrage beraten wird, thematisierte der erste Vorsteher, dass seit Kurzem die Mitglieder, welche in der Mittelloge lokalisiert sind, es sich mehr und mehr angewöhnt hätten, durch starkes ‚ Applaudissment ‘ ihre Meinung zur Aufführung zu äußern. Dies müsse aufhören, da doch „ das öffentliche Lob nicht von den Mitgliedern, sondern vom Publikum ausgehen müsse. “ 60 Der Journalist durfte nicht öffentlich kritisieren, die Mitglieder durften nicht öffentlich loben. Wer sollte sich also äußern dürfen, und in welchem Rahmen? Der wichtigste Kritiker war der Regisseur. Er wies die Schauspieler regelmäßig zurecht, gab ihnen ausführliches Feedback zu ihren Darstellungen. Das passierte in den Proben. Wiederholt machte der Regisseur darauf aufmerksam, dass die Mitglieder gerne bei den Proben anwesend sein dürften, sich jedoch der Kritik dabei enthalten sollten, „ weil seines Theils die Regie lediglich dazu da sei, um an Ort und Stelle Fehler zu rügen, anderentheils die jungen Schauspieler und Schauspielerinnen nur dadurch confuse und furchtsam gemacht würden “ 61 Die Aufführungen fanden regelmäßig am Sonntag statt, die Konferenzen am Montag darauf. Jetzt war es der Vorsteher, also der Präsident des Vereins, der sich mit frischen Eindrücken im Namen der Gesellschaft äußern durfte. Nicht selten folgten darauf durchaus Diskussionen als Ergänzungen oder auch Berichtigungen der Mei- 18 Meike Wagner nung des Vorstehers. Vielleicht angestoßen durch die Anfrage Saphirs und die Diskussion um Schaden und Nutzen von öffentlicher Kritik wurde dann zum Ende des Jahres 1826 eine ausgewählte Gruppe von Mitgliedern beauftragt, eine schriftliche detaillierte Kritik der Aufführungen, so genannte ‚ Relationen ‘ , zur Diskussion in den Konferenzen vorzulegen. Nach fünf Einsendungen 62 , die sehr kontrovers aufgenommen wurden, weil sie teils doch starke individuelle Kritik an den Darstellern übten, wurde das Kritik-Projekt zum Wohle der Harmonie in der Theater-Gesellschaft eingestellt. Es bleibt anzunehmen, dass sich die Mitglieder jedoch die Möglichkeit zum kritischen Austausch außerhalb der Konferenzen nicht haben nehmen lassen. 1830 stellte man fest, daß sowohl der Eifer der Darsteller als auch das Interesse der Mitglieder im hohen Grade gesteigert werde, wenn des anderen Abends, in vertraulicher harmloser Unterhaltung, über das Gesehene, von einzelnen Mitglieder, hin und wieder ein gesundes Urteil in schonenden Ausdrücken vorgetragen werde. 63 Hier drückt sich durchaus eine Reflektion der eigenen Kritikfähigkeit und auch der Wirksamkeit von Kritik aus, die dem Urteil Hebenstreits, die Liebhaber seien weder in der Lage noch Willens produktive Kritik zu leisten, direkt entgegen spricht. Die erhaltenen Kritik- ‚ Relationen ‘ zu den Aufführungen am 31. 12. 1826, am 28. 1. 1827 und am 11. 2. 1827 sind einzigartige Detailaufnahmen, sowohl des Schauspielstils, der von den Liebhabern gepflegt wurde, als auch der Bewertung von einzelnen Aspekten der Darstellung. Was war den Kritikern wichtig? Welche Ideen von Schauspiel, Dramaturgie und Aufführung waren leitend? Wie formulierten sie ihre Kritik mit dem Anspruch ‚ bildend ‘ zu wirken? Alle Kritiker reflektierten auf die eine oder andere Weise den Zweck ihrer Rezension. Es ging darum, ohne Beleidigungen auf Mängel aufmerksam zu machen, die künftig behoben werden sollten. Es ließen sich „ die besten Früchte für die Zukunft erwarten, wenn jede Rolle, auch die kleinste, Anspruch darauf hat, auf diese Weise beurtheilt zu werden. “ 64 Demokratisch verteilt sollte die Kritik jeden treffen. Es wurde deutlich die bildende Funktion solcher Kritiken betont, gleichzeitig jedoch augenzwinkernd um Verständnis bei den Kritisierten geworben: Nehmen Sie so vorlieb meine Herren und Damen, wir versprechen Ihnen, uns künftig zu bessern, falls Sie uns ein ähnliches Versprechen leisten, bis dahin sey es Ihnen gesagt, daß Sie uns doch im Allgemeinen viel Freude gewährt haben. 65 Bei den einzelnen Punkten der Kritik wurde stark auf die ‚ Rundung ‘ der Rollendarstellung fokussiert, die nur durch intensives ‚ Studium ‘ des Charakters entwickelt werden konnte. Man ging zwar nicht so weit wie Iffland, schriftliche dramaturgische Analysen der Rolle von jungen Schauspielern einzufordern 66 , jedoch wurde bei jeder einzelnen Rollenfigur überprüft, ob die Darstellung ‚ rund ‘ , d. h. dem Charakter entsprechend überzeugend gewesen sei. Die junge Schauspielerin musste mit Fleiß die Rollen dramaturgisch durchdringen, wenn sie im Beruf erfolgreich sein wollte. Es wurde ihr der Rat erteilt, „ behufs der Erreichung ihres künftigen Zieles, [. . .] mehr Studium auf ihre Rollen zu verwenden “ 67 Dieses Ziel war augenscheinlich das Königliche Theater, wie auch der andere Rezensent über die gleiche Schauspielerin vermerkte: Es ist aber für die Bildung zur Königl. Bühne wohl wünschenswerth, daß die Manier nicht zu sehr Ueberhand nähme. Wäre Studium der Parthie gewesen, so hätten wir gewiß nicht im Kammermädchen das Fräulein [. . .] vorwalten sehen. 68 19 Das Spiel der Liebhaber - Ästhetische Bildung im bürgerlichen Amateur-Schauspiel ‚ Studium ‘ vs. ‚ Manier ‘ - genau diese Argumentationsweise finden wir immer wieder aus verschiedenen Perspektiven durchdekliniert auch in Ifflands Almanach. Ob er sich selbst als ‚ gelehrter ‘ Schauspieler darstellt, indem er ausführliche Analysen von Rollenporträts seiner Kollegen vornimmt 69 oder ein Darstellungsmodell aus der sonst ‚ undankbaren Rolle ‘ der Herzogin von Friedland (Schiller, Wallenstein) entwickelt 70 , ob er ein Ausbildungsprogramm vorschlägt, dass in erster Linie gegen den zu früh und ohne vorheriges ‚ Studium ‘ auf die Rolle geworfenen ‚ Naturschauspieler ‘ argumentiert, der durch Unkenntnis oder Faulheit früher oder später notwendig zur Manier greifen muss 71 - immer ist es die ‚ Rundung ‘ der Rollenfigur, die überzeugende und authentisch entwickelte Darstellung, die er als die zentrale Fähigkeit des ‚ gelehrten ‘ Schauspielers ins Zentrum rückt. Dabei erhielt das Kostüm die Funktion, den Charakter unbedingt zu unterstützen. Angehende Schauspieler mussten Geschmack dazu entwickeln und waren voll verantwortlich, wenn das Kostüm unpassend war, oder dem Charakter eine falsche Bedeutung zuwies. Es wurde etwa darauf hingewiesen, dass eine adelige Bühnenfigur ein Jagdmesser und ein Band getragen hätte, die qualitativ minderwertiger als die Accessoires seiner Diener in der Jagdgesellschaft gewesen seien. 72 Auch hier mussten die Schauspiel-Eleven ‚ Studium ‘ zum Stand und Aussehen ihrer Rollenfigur beweisen. Diese Akribie war natürlich auch der kleinen Bühne der Urania geschuldet, hier fielen auch die kleinen Dinge ins Auge. Aber vielleicht war genau dies ja ein struktureller Bildungsvorteil bei der Erziehung der jungen bürgerlichen Schauspieler. Nicht nur das Kostüm musste passen, sondern auch die Haltung, mit der es getragen wurde. Haspelnde Hände, die sich in Ärmelaufschlägen verirrten, ein Gesamteindruck, dass das Kostüm irgendwie zu groß sei, waren noch gering beanstandete Übel. 73 Schwieriger war die Körperhaltung an sich, das Gehen und Stehen auf der Bühne, der Anspruch, die „ Füße stets in tanzmäßige Position zu bringen “ 74 . Es wurde zugestanden, dass sich hier wohl anfangs eine „ gewisse Steifigkeit “ 75 einstellen müsste, die jedoch bald zu Kunstfertigkeit führen würde. An ein Training zur Körperhaltung wurde nicht gedacht. Man muss davon ausgehen, dass die Eleven mit Literatur (Iffland, Engel, und viele andere) versorgt, ihre eigenen Übungen für sich finden mussten. Im Schauspieler-Gesetz von Lami (1824) finden sich Hinweise, dass man alleine die wiederholten Proben und Aufführungen als Trainingsrahmen betrachtete. So forderte er etwa, dass die Schauspieler unter allen Umständen an den (wenigen) Proben teilnehmen sollten und auch hinnehmen mussten, dass der Regisseur mit ihnen an der ‚ Rundung ‘ der Rolle feilte. 76 Da nur 14-tätig von September bis Ende April aufgeführt wurde, waren die Trainingsmöglichkeiten eingeschränkt. Die jungen Schauspieler holten sich daher die Erlaubnis, auch in den Sommermonaten zu Übungszwecken weiter spielen zu dürfen 77 - für die Mitglieder der Urania eine willkommene Gelegenheit für Sommer-Theater und geselliges Vergnügen. In den schriftlichen Kritiken wurde der Themenkomplex Sprache, Aussprache, Sprachperformance auch in den Blick genommen. Grundsätzlich wurde eine Präferenz für den „ Conversations Ton “ formuliert, 78 dessen sich doch bitte alle Schauspieler bedienen sollten. Die Deklamation durfte nicht zu forciert daherkommen, das ‚ Natürlichkeits ‘ -Gebot in der Sprache entsprach dem ‚ Rundungs ‘ -Gebot in der Charakter- Darstellung. Korrekte Aussprache und Grammatik wurde erwartet, da „ die Deutsche Sprache sich nicht mehr in der Kindheit befindet “ 79 - ein Hinweis auf den allgemeinen Standard des ‚ Bühnendeutsch ‘ . 20 Meike Wagner Immer wieder ist die Rede von der „ Beweglichkeit “ , oder auch „ Mobilität der Zunge “ , die nie zu schnell aber auch nicht zu langsam sein darf. Einer Schauspielerin wurde empfohlen, „ das Minenspiel des Mündleins zu beschränken, und der Mobiliät des Züngleins hin und wieder Einhalt zu thun “ 80 - man stellt sich hier eine fast groteske Entgleisung der Gesichtszüge vor. Ein anderer wurde gelobt, denn „ trotz seiner Heiserkeit war die Mobilitaet seiner Zunge und die Modulation seines Tones so bewundernswürdig. “ 81 Auch hier hilft wieder der Blick auf Ifflands Schauspieler-Instruktionen, das Sprachbild richtig einzuordnen. In seinem Almanach von 1808 spricht er von der kontrollierten „ Gelenkigkeit der Zunge “ auf die es bei der vollen Wirkung der Aussprache ankomme: Die Worte sollen nicht aus unbeweglichen Lippen heraus geleiert werden, sie sollen nicht von weit geöffneten oder hängenden Lippen, hinter welchen die Zunge eine matte Federkraft übt, hervorgesprudelt werden. Auch soll eine ungestüme, harte Zunge die Worte nicht herauswerfen, oder herausstoßen. Sie soll die Worte herauslassen, sie soll für die feineren Accente, bei welchen nur die Spitze der Zunge zu thun hat, die Worte gleichsam nur entlassen. 82 Dass die angehenden Schauspieler der Urania mit diesen Anweisungen ihre Schwierigkeiten hatten, verwundert nicht. Auch hier wieder waren sie weitgehend auf das literarische Modell, das schauspielerische Vorbild auf der königlichen Bühne und auf die kontinuierliche und feindosierte Kritik ihrer Darstellung angewiesen: ‚ Learning by doing ‘ unter kritischen Augen. Mit der genauen Analyse der Archivmaterialien und dem offenen Blick auf die Amateurpraxis der Zeit lässt sich die Etablierung der bürgerlichen Institution ‚ Theater ‘ neu und umfassender darstellen als die Theaterhistoriographie es bisher vermochte. Was ich hier ausschnittsweise am Theaterverein Urania dargestellt habe, ist das Ergebnis einer historiographischen Neuausrichtung, deren Ziel es ist, den historischen Schauspieldiskurs anhand der vielschichtigen Praxisbedingungen und Praxisverfahren zu diskutieren, die Wechselbeziehungen zwischen professionellen und nicht-professionellen Performance-Praxen im Prozess der Institutionalisierung historisch auszuleuchten, und den Zusammenhang von kultureller Praxis und Genese der bürgerlichen Gesellschaft einzubeziehen. So wird es möglich, die Abgrenzungen, Vernetzungen und Übergänge zwischen dem „ Theater des Lebens “ , dem „ anderen Theater “ und dem „ Theater der Kunst “ im Münzschen Sinne 83 historiographisch produktiv auszudeuten. Amateure und ihre Theaterpraxis in je spezifischen Verfassungen und Strukturen sind ein relevanter Bestandteil deutscher und auch europäischer Theatergeschichte. Anmerkungen 1 Ein anonymer Autor bezeichnet diesen Trend in Berlin als um sich greifende Epidemie, vgl. „ Über die hiesigen Privattheater “ , in: National-Zeitschrift für Wissenschaft, Kunst und Gewerbe in den preußischen Staaten, Berlin 1801, S. 922 - 932, hier S. 931 f. 2 Interessante Ansätze aus Kulturgeschichte und Literaturwissenschaft bieten etwa Uta Motschmann, „ Die private Öffentlichkeit. Privattheater in Berlin um 1800 “ , in: Klaus Gerlach und René Sternke (Hg.), Der gesellschaftliche Wandel um 1800 und das Berliner Nationaltheater, Berlin 2009, S. 61 - 84; Peter Hesselmann, „‚ Bühnen in Taschenformat ‘ . Zu Theorie und Praxis der Gesellschaftstheater im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts “ , in: Erika Fischer-Lichte und Jörg Schönert (Hg.), Theater im Kulturwandel des 18. Jahrhunderts, Göttingen 1999, 21 Das Spiel der Liebhaber - Ästhetische Bildung im bürgerlichen Amateur-Schauspiel S. 503 - 520. In der Theaterwissenschaft hat sich zuletzt vor mehr als 85 Jahren Walter Ullmann zu Wort gemeldet mit Adolph Müllner und das Weißenfelser Liebhabertheater, Berlin 1934. 3 Susanne Eigenmann, Zwischen ästhetischer Raserei und aufgeklärter Disziplin: Hamburger Theater im späten 18. Jahrhundert, Stuttgart 1994, S. 1. Hervorhebung im Original. 4 ‚ Emanzipativ ‘ steht hier in Anführungszeichen, weil man nicht den Fehler machen darf, hier eine radikal-demokratische Politisierung zu vermuten. Die bürgerliche Grundkonzeption ist dabei jedoch durchaus emanzipativ im Sinne einer nach-absolutistischen Gesellschaftsordnung gedacht: die hier engagierten Bürger strebten danach, ihre bürgerliche Identität zu stärken und deren ‚ Spielräume ‘ auszuweiten. Sie vertraten etwa beharrlich und selbstbewusst im Namen ihres Vereins ihre Rechte gegenüber den Behörden, gleichzeitig blieb die umfassende Verehrung des Königshauses unangetastet. 5 Vgl. Hartmut Rosa, Resonanz. Eine Soziologie der Weltbeziehung, Berlin, 2018, S. 55. Rosa zieht selbst eine Linie zu den ästhetischen Theorien der Aufklärung, vgl. ebd. S. 38 ff. 6 Vgl. Friedrich Schiller, Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen, hg. von Klaus L. Berghahn, Stuttgart: Reclam, 3. Brief, S. 11. 7 Ebd., 6. Brief, S. 24. 8 Institut für Theaterwissenschaft der Freien Universität Berlin, Theaterhistorische Sammlung Walter Unruh, Urania-Gesellschaft, Brief von Hr. Zimmermann, 30. 5. 1796. Im Weiteren abgekürzt mit „ Theaterhistorische Sammlung WU, Urania “ . 9 Theaterhistorische Sammlung WU, Urania, Brief von Hr. Sander, 26. 10. 1801. In diesem und allen folgenden historischen Zitaten wurde die ursprüngliche Schreibweise der Quelle mit allen Rechtschreibfehlern und historischen Besonderheiten beibehalten. 10 Noch 1835 gibt der bayerische König eine landesweite Umfrage in Auftrag, um herauszufinden, ob die weit verbreiteten Liebhabertheater die Sitten und den Wohlstand des Staates negativ beeinflussen. Zu einer ausführlichen Analyse dieser Berichte vgl. Meike Wagner, Theater und Öffentlichkeit im Vormärz. Berlin, München, Wien als Schauplätze bürgerlicher Medienpraxis. Berlin 2013, S. 240 - 248. 11 Das Handbuch der Berliner Vereine und Gesellschaften 1786 - 1815, herausgegeben von Uta Motschmann, Berlin 2015, verzeichnet für den angegebenen Zeitraum ca. 160 „ vereinsartige Zusammenschlüsse “ (S. XV) in Berlin, bei etwa 170.000 Einwohnern. 12 Oskar Sauerwald, Festschrift zur 100jähr. Jubelfeier der Privat-Theater-Gesellschaft Urania am Sonnabend, 27. August 1892, Berlin 1892. 13 Für das Berufstheater hat Hilde Haider- Pregler dies umfassend ausgeführt, vgl. dies., Des sittlichen Bürgers Abendschule. Bildungsanspruch und Bildungsauftrag des Berufstheaters im 18. Jahrhundert, Wien u. München 1980. 14 Es mutet fast Paradox an, dass der gleiche Schiller gemeinsam mit Goethe 1799 sein unveröffentlichtes „ Dilettantismus-Schema “ schreibt, das insbesondere die Theater-Dilettanten hart in die Kritik nimmt. Vgl. hierzu Meike Wagner, „ Diskurse des Liebhabers “ , in: Ulrike Haß et al. (Hg.), Episteme des Theaters. Aktuelle Kontexte von Wissenschaft, Kunst und Öffentlichkeit, Bielefeld 2016, S. 552 - 556. 15 Der Haupt-Nachlass Uranias befindet sich in der Theaterhistorischen Sammlung Walter Unruh am Institut für Theaterwissenschaft der Freien Universität Berlin. 16 Vgl. hierzu Jörg Zirfas et al., Geschichte der ästhetischen Bildung, Bd. 3.1 (Aufklärung), Paderborn 2014, S. 12. 17 Bei Kotzebue etwa finden sich in zahlreichen Stücken kontroverse Familienkonstellationen, die durch ein grundsätzlich humanistisches Denken dennoch zum Glück führen, z. B. die interkulturelle Doppelhochzeit (Die Indianer in England, 1788), die wiedervereinte bürgerliche Familie trotz Sündenfall der Mutter (Menschenhaß und Reue, 1790), die unabhängige Witwe, die dem ausgewählten Kandidaten einen Ehevertrag aufdrängt 22 Meike Wagner (Der Papagoy, 1792), die Lösung des Konflikts um ein Kind als Patchwork-Modell (Unser Fritz, 1803). 18 Gesetze des Theater-Vereins Urania von 1797, GStA PK, I HA, Rep. 77, Ministerium des Innern, Tit. 420, Nr. 16, Bd. 1, Bl.24 - 27. 19 Theaterhistorische Sammlung WU, Urania, Conferenz vom 13. 4. 1830. 20 Von der wirklichen Mitgliedschaft (die eine Teilnahme an den wöchentlichen Konferenzen ermöglicht) waren in der Frühphase des Vereins ausgeschlossen: Frauen (außer Witwen, die aber nicht an Konferenzen teilnehmen durften), abhängig Beschäftigte und Juden. Gerade die Frage, ob Juden Mitglieder werden dürfen, führte immer wieder zu Konflikten bis hin zu Protest-Austritten von Mitgliedern, letztlich setzte sich doch bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts eine tendenziell antisemitische Linie durch. So empörend diese Tatsachen uns heute erscheinen, so muss man jedoch das historische Gesamtbild sehen. Urania war mit diesen rigiden Ausschlüssen ganz übereinstimmend mit den meisten bürgerlichen Vereinen der Zeit in Berlin. 21 Vgl. Schiller, Über die ästhetische Erziehung, 5. Brief, S. 18 und 19. 22 Vgl. etwa die Debatte um die Stückauswahl des Regisseurs, Theaterhistorische Sammlung WU, Urania, Relation zur Aufführung am 28. 1. 1827. 23 Theaterhistorische Sammlung WU, Urania, Statuten von 1827, Zweiter Abschnitt, § 2. 24 Ebd., Erster Abschnitt, § 8. 25 Theaterhistorische Sammlung WU, Urania, Statuten von 1827, Einleitung. 26 Wolf-Dieter Ernst hat im Rahmen des DFG- Projekts „ Die Institutionalisierung und Pädagogisierung der Schauspielausbildung 1870 - 1930 “ eine grundlegende historische Einordnung der Schauspiel-Ausbildung seit der Aufklärung vorgenommen. Vgl. „ Subjekte der Zukunft. Die Schauspielschule und die Rhetorik der Institution “ , in: Michael Bachmann et al. (Hg.), Theater und Subjektkonstitution. Theatrale Praktiken zwischen Affirmation und Subversion, Bielefeld 2012, S. 159 - 172. 27 Vgl. Anonymus, „ Ueber Privatbühnen “ , S. 377: Es ist festzustellen, „ daß die Glieder guter Privatbühnen den auffallenden Abstand solcher Anstalten gegen die gewöhnlichen reisenden Horden kennen lernten, und in jedem Sinn Vergleichungen anstellen konnten. “ 28 Bereits 1795 wird festgelegt, dass jedem neuen Mitglied eine Debüt-Rolle zusteht, vgl. LA Berlin, A Rep. 232 - 19, Nr. 2, Conferenz, 1. 9. 1795. Ein reguläres ‚ Probespiel ‘ wurde wohl nach 1800 abgehalten. Die früheste Erwähnung konnte ich auf 1809 datieren, vgl. Theaterhistorische Sammlung WU, Urania, Conferenz, 14. 8. 1809. 29 Um 1800 hat es wohl ca. 10, meist kurzlebige, Liebhaberbühnen in Berlin gegeben. Durch repressive Politik seitens der preußischen Behörden verringerte sich die Zahl ab 1804 auf drei Liebhabertheater - Thalia, Concordia, Urania - , die dann viele Jahre zum festen Bestandteil der Stadtkultur wurden. Zu den Theatervereinen um 1800 vgl. Handbuch der Berliner Vereine und Gesellschaften, S. 527 - 569. 30 Zu den Vorstellungen waren auch Fremde zugelassen, jedoch nur über Vermittlung von Mitgliedern. Die Anzahl der Fremden in den Vorstellungen war jedoch ziemlich erheblich und finanziell einträglich. Der Billett-Etat 1817/ 18 (Theaterhistorische Sammlung WU, Urania) zeigt, dass 180 Billetts für Mitglieder, Darsteller, Orchester und Theatertechniker eingeplant wurden. Bei einer Gesamtkapazität von 290 Plätzen (Theatersaal in der Kommandantenstraße 72/ 73, 1802 - 1834) wurden immerhin 110 an Fremde vergeben. 31 Assmann, Fritz, Deutschlands Theaterschulen im 18. und 19. Jahrhundert, Univ.-Diss. Greifswald, 1922, Typoskript, S. 67. 32 Vgl. zur Buddelmeyerschen Akademie, Assmann, Deutschlands Theaterschulen, S. 68 - 72. Ein im NL der Urania befindlicher Brief belegt, dass Cohnfeld die Urania gut kannte, er bittet darin, das Theater der Urania im Sommer für eigene Aufführungen anmieten zu dürfe. Dies wird jedoch vom Verein abgelehnt. Vgl. Theaterhistorische Sammlung 23 Das Spiel der Liebhaber - Ästhetische Bildung im bürgerlichen Amateur-Schauspiel WU, Urania, Brief Cohnfeld, 29. 4. 1849, und Antwortentwurf der Urania, 8. 5. 1849. 33 „ Nachrichten von einer deutschen Schauspieler-Akademie “ , Theater-Kalender auf das Jahr 1779, hg. von Heinrich August Ottokar Reichard, Gotha 1779, S. 12 - 35. 34 Engel, Johann Jakob, Ideen zu einer Mimik, Berlin: August Mylius, 2 Bde. 1785 und 1786. Engel war 1786 - 1794 der direkte Vorgänger von Iffland als Direktor des Berliner National-Theaters. 35 Zu Ifflands Grundlagen eines bürgerlichen Schauspieler-Modells, vor allem auf seine Mannheimer Zeit fokussiert, vgl. ausführlich Gerda Baumbach, Historische Anthropologie des Akteurs, Bd. 1, Leipzig 2012, S. 31 - 62. 36 Theaterhistorische Sammlung WU, Urania, Conferenz, 13. 6. 1808. 37 Ebd., Erste Relation zum 28. 1. 1827. 38 Ebd. 39 Ebd., Brief von Graf Brühl, 25. 2. 1815. 40 Ebd., Brief von Emilie Willmann, 8. 5. 1815. 41 Ebd. 42 Ebd., Briefentwurf an Emilie Willmann, Mai 1815. 43 So etwa gleich nach Dienstantritt als Theaterdirektor in Berlin 1796, dann 1798 und 1803. 44 Erstmals 1807 erschienen unter dem Titel Almanach für Theater und Theaterfreunde, dann 1808 - 1809 und 1811 - 1812 unter dem Titel Almanach fürs Theater. 45 Vgl. zu Schauspieldiskurs und Schauspielpraxis des 18. Jahrhunderts immer noch einschlägig Wolfgang F. Bender (Hg.), Schauspielkunst im 18. Jahrhundert, Stuttgart 1992. Die im Band versammelten Beiträge beziehen sich jedoch ausschließlich auf professionelles Theaterspiel. Für eine erweitert anthropologische Perspektive vgl. Baumbach, Historische Anthropologie des Akteurs, Bd. 1 und 2, Leipzig 2012 und 2018. 46 Theaterhistorische Sammlung WU, Urania, Gesetz für das spielende Personal, 30. 9. 1824. 47 Ebd. 48 August Wilhelm Iffland, „ Undankbare Rollen “ , Almanach fürs Theater, Berlin 1809, S. 1 - 14. 49 Zum Rollenfach vgl. etwa Edward P. Harris: „ Lessing und das Rollenfachsystem “ , in Bender, Schauspielkunst, S. 221 - 235. 50 Vgl. etwa die andauernde Auseinandersetzung mit der Darstellerin Caroline Schöning (vorher Schauspielerin am Königstädtisches Theater, dann in Königsberg und Danzig), Theaterhistorische Sammlung WU, Urania, Briefwechsel zwischen Schöning und Urania, Dezember 1837 bis September 1838. 51 August Wilhelm Iffland, „ Ueber den Hang, Schauspieler zu werden “ , in Almanach fürs Theater, Berlin: Oehmigke jun., 1808, S. 1 - 33. 52 Ebd. S. 13. 53 Theaterhistorische Sammlung WU, Urania, Gesetz für das spielende Personal, 30. 9. 1824. 54 Ebd., Conferenz, 2. 10. 1826. 55 Bereits 1959 weist Reinhart Koselleck auf den zentralen politischen Impuls der Entwicklung von Kritik in der Aufklärung hin, vgl. ders., Kritik und Krise. Eine Studie zur Pathogenese der bürgerlichen Welt, Frankfurt a. M. 1959. Unter anderen Vorzeichen setzt sich Jürgen Habermas 1962 mit der Rolle der Kritik als Grundfunktion einer bürgerlichen Öffentlichkeit um 1800 auseinander, vgl. ders. Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft, Neuwied 1962. Ausführlich zu Theater und Öffentlichkeit in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, vgl. Wagner, Theater und Öffentlichkeit. 56 Hebenstreit schreibt explizit gegen Adolph Müllners positive Einschätzung der Liebhaberbühnen an. Müllner hatte in seinem Almanach für Privatbühnen 1817 formuliert, dass das Schauspiel, von der Oper aus dem Berufstheater vertrieben, sich zu den Liebhabern flüchten müsse. Adolph Müllner war selbst aktives Mitglied einer Privatbühne, siehe hierzu Ullmann, Adolph Müllner. 57 Wilhelm Hebenstreit, „ Können Privat- oder Liebhaberbühnen auf die Fortschritte der Schauspielkunst und auf die Beförderung der Sittlichkeit einwirken? “ , in: Das Schauspielwesen dargestellt auf dem Standpunkt der Kunst, der Gesetzgebung und des Bürgertums, Wien 1843, S. 310 - 319, hier S. 313. 24 Meike Wagner 58 Ebd. 59 Theaterhistorische Sammlung WU, Urania, Conferenz, 18. 12. 1826. 60 Ebd. 61 Ebd., Conferenz, 23. 10. 1826. 62 Von den fünf Einsendungen sind nur vier erhalten. Eine (28. 1. 1827) strotzte „ von Sarkasmen aller Art “ , die nur von einem Nicht- Uranier stammen konnten, und wurde daher dem Feuer übergeben. Theaterhistorische Sammlung WU, Urania, eine Relation zur Aufführung am Sylvesterabend, 31. 12. 1826; zwei Relationen zur Aufführung am 28. 1. 1827; eine Relation zur Aufführung am 11. 2. 1827; Conferenz, 5. 2. 1827. 63 Theaterhistorische Sammlung WU, Urania, Conferenz, 18. 10. 1827 64 Ebd., Relation zum 31. 12. 1826. 65 Ebd., Relation zum 11. 2. 1827. 66 Vgl. Iffland, „ Ueber den Hang, Schauspieler zu werden “ , S. 32. 67 Theaterhistorische Sammlung WV, Urania, zweite Relation zum 28. 1. 1827. 68 Ebd., erste Relation zum 28. 1. 1827. 69 Etwa August Wilhelm Iffland, „ Erklärung der Kupfer “ , Almanach für Theater und Theaterfreunde, Berlin 1808, S. I-XVI. 70 August Wilhelm Iffland, „ Ueber Darstellung der Herzogin von Friedland, Wallensteins Gemahlin, in den beiden Schauspielen: ‚ Die Piccolomini ‘ und ‚ Wallensteins Tod ‘ von Schiller “ , Almanach fürs Theater, Berlin 1809, S. 15 - 65. 71 Iffland, „ Ueber den Hang “ , Iffland, „ Ueber die Bildung der Künstler zu Menschendarstellung auf der Bühne “ , Almanach fürs Theater, Berlin 1808, S. 34 - 64; und Fortsetzung, Almanach fürs Theater, Berlin 1809, S. 80 - 106. 72 Theaterhistorische Sammlung WU, Urania, Relation zum 31. 12. 1826. 73 Ebd., erste und zweite Relation zum 28. 1. 1827. 74 Ebd., zweite Relation vom 28. 1. 1827. 75 Ebd. 76 Theaterhistorische Sammlung WU, Urania, Entwurf der Schauspiel-Gesetze, 30. 9. 1824. 77 Ab 1815 finden sich regelmäßig Anträge von jungen Schauspielern, die im Sommer Übungsvorstellungen geben wollen, vgl. etwa Theaterhistorische Sammlung WU, Urania, Conferenz, 10. 4. 1815. 78 Ebd., zweite Relation vom 28. 1. 1827. 79 Ebd. 80 Ebd. 81 Ebd. 82 Iffland, „ Ueber die Bildung “ , erster Teil, S. 44 f. 83 Vgl. Rudolf Münz, „ Ein Kadaver, den es noch zu töten gilt. Das Leipziger Theatralitätskonzept als methodisches Prinzip der Historiographie älteren Theaters “ , in Rudolf Münz: Theatralität und Theater. Zur Historiographie von Theatralitätsgefügen, Berlin 1998, S. 82 - 103. 25 Das Spiel der Liebhaber - Ästhetische Bildung im bürgerlichen Amateur-Schauspiel