Forum Modernes Theater
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Narr Verlag Tübingen
10.2357/FMTh-2020-0008
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2020
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BalmeMobilität der Kritik am Beispiel von Holzfällen. Eine Erregung
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2020
Sara Tiefenbacher
Die folgende Abhandlung setzt sich mit Mobilität von Kritik auseinander. Als Beispiele dienen zwei auf Thomas Bernhards ‚Holzfällen. Eine Erregung’ basierende Inszenierungen des polnischen Regisseurs Krystian Lupa. Die Frage, wie sich eine ‚Erregung’ in andere kulturelle Kontexte mobilisieren lässt, wird anhand von einer Theaterproduktion in Österreich sowie in Polen aufgezeigt. Dabei verhandelt werden Ausprägungen kritischen Potenzials des Fallbeispiels ‚Holzfällen’.
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Mobilität der Kritik am Beispiel von Holzfällen. Eine Erregung Sara Tiefenbacher (Wien) Die folgende Abhandlung setzt sich mit Mobilität von Kritik auseinander. Als Beispiele dienen zwei auf Thomas Bernhards Holzfällen. Eine Erregung basierende Inszenierungen des polnischen Regisseurs Krystian Lupa. Die Frage, wie sich eine ‚ Erregung ‘ in andere kulturelle Kontexte mobilisieren lässt, wird anhand von einer Theaterproduktion in Österreich sowie in Polen aufgezeigt. Dabei verhandelt werden Ausprägungen kritischen Potenzials des Fallbeispiels Holzfällen. Das Fallbeispiel Holzfällen Der Beitrag behandelt zwei Inszenierungen basierend auf Thomas Bernhards Prosaroman Holzfällen. Eine Erregung (1984), die der polnische Regisseur Krystian Lupa am Schauspielhaus Graz und als Neu-Inszenierung am Teatr Polski Wroc ł aw zur Aufführung brachte. 1 Für mich ist dabei von Interesse, wie sich die dem Text Holzfällen inhärente ‚ Erregung ‘ in den beiden Inszenierungen zeigt. 2 Im Besonderen frage ich danach, wie sich eine ‚ inszenierte Erregung ‘ in andere kulturelle Kontexte transferieren bzw. mobilisieren lässt. Denn vielfältiges kritisches Potenzial sowie die Kontextualität des Zeigens können gleichfalls an Produktionen im Sprechtheater Krystian Lupas aufgezeigt werden. 3 Im Folgenden setze ich mich damit auseinander, wie Kritik bei Lupa mobilisiert wird. Seine Produktionen sind ein Beispiel für kulturelle Mobilität zwischen Polen und Österreich. 4 Mobilität ist als dynamisches System zu verstehen, welches - im Gegensatz zu Transfer - mit vielseitigen Bewegungen verknüpft ist. Dieser Begriff wird hier für die Beschreibung eines Austausches im Bereich des Theaters herangezogen, welcher der Vielfältigkeit dieser Beziehungen Rechnung trägt. Dadurch wird der Fokus auf eine Erweiterung des Transferierten und nicht auf ein lineares Verfahren (Transfer von A nach B) gelegt. So werden mit kultureller Mobilität solche Prozesse verknüpft, die mit einer mehrdimensionalen (mehrfachen) Bewegung - zu verstehen als eine Zirkulation - verbunden sind. 5 Anzunehmen, dass Mobilität in gezielte Richtungen steuert, sei eine Illusion, stellt Stephen Greenblatt fest. 6 Dessen Verständnis von kultureller Mobilität und die Fokussierung auf eine mobil gewordene und zirkulierende ‚ Erregung ‘ ist Prämisse für diesen Beitrag. Der Ausgangspunkt dieser Untersuchung zum Modus Mobilität der Kritik ist die Bernhard ’ sche ‚ Erregung ‘ , die im Roman Holzfällen. Eine Erregung formuliert ist. Im Zusammenhang mit dem thematisierten Modus werden verschiedene Ausprägungen von Kritik, die als Variationen dieser von Bernhard in seinem Werk Holzfällen formulierten ‚ Erregung ‘ verstanden werden, anhand der zwei erwähnten Inszenierungen in der Regie von Krystian Lupa, dargelegt. Dem Prosaroman Holzfällen wird dabei kritisches Potenzial zugesprochen. Holzfällen ist eine sehr persönliche und intensive Abrechnung Bernhards mit dem - für ihn - verlogenen Kunstbetrieb, dem Theater sowie der Wiener Künstler*innengesellschaft. Er ist als großer Monolog und in satirisch-sarkastischen Übertreibungen geschrieben. Diesen mit historischen (na- Forum Modernes Theater, 31/ 1-2 (2020), 90 - 100. Gunter Narr Verlag Tübingen DOI 10.2357/ FMTh-2020-0008 tionalen) Skandalen verknüpften Roman, der erst circa dreißig Jahre nach seiner Veröffentlichung ins Polnische übersetzt wurde, 7 bearbeitete der Regisseur Lupa zweimal, in sehr unterschiedlichen Versionen: Zunächst die Inszenierung Holzfällen in Graz im Januar 2014, danach in zeitlich kurzem Abstand, im Oktober 2014, die Inszenierung Wycinka (Polnisch für Holzfällen) in Wroc ł aw. Für mich stellen diese beiden Inszenierungen zwei Varianten, bzw. Ausprägungen kritischen Potenzials des Fallbeispiels Holzfällen dar. Darüber hinaus fungieren sie als Exempel für die Mobilität von Kritik, da sie zudem mit einer Kontextverschiebung verknüpft sind. An diesen beiden Inszenierungen lassen sich verschiedene Perspektiven Lupas aufzeigen, die zugleich eine Beweglichkeit von kritischem Potenzial verdeutlichen lassen. Welche kontextspezifischen Modifikationen die Inszenierung in Polen im Vergleich zu jener in Österreich erfährt und ob hier Kritik unterschiedlich - vom jeweiligen Ort abhängig - geäußert wird, soll anhand der folgenden Ausführungen erläutert werden. Darüber hinaus wird die Bedeutung von Mobilität dargelegt, Kritik in Folge unterschiedlich zu formulieren und für Adressat*innen zugänglich zu machen. Der Roman Holzfällen. Eine Erregung (1984) Im Zentrum des 1984 erschienenen Romans Holzfällen steht ein vom Künstler*innenehepaar Auersberger veranstaltetes „ künstlerisches Abendessen “ , zu dem als Ehrengast ein Burgschauspieler und - wie der Erzähler aus Holzfällen bemerkt - „ ein Musterbeispiel von Antikünstler “ erwartet wird. 8 Der Ich-Erzähler, von vielen als Alter Ego des Autors interpretiert, beobachtet und kritisiert in einem Ohrensessel sitzend das Geschehen um die geladenen Gäste. In Holzfällen rechnet Bernhard mit seinen Mentor*innen sowie befreundeten Künstler*innen ab. Darunter auch mit jenen, die sich in den Fünfziger- und Sechzigerjahren am Tonhof des Ehepaars Lampersberg in Maria Saal (Kärnten) trafen, 9 „ dem Treffpunkt der künstlerischen Avantgarde Österreichs im ersten Nachkriegs-Jahrzehnt “ , 10 wie der Philologe Oliver Bentz festhält. Der Roman löste nach seiner Veröffentlichung 1984 einen Skandal aus, da sich in den Figuren Künstler*innenpersönlichkeiten Österreichs wiedererkennen ließen. 11 Hans Haider, 12 der Holzfällen als „ aggressive[n] Totschlagtitel “ bezeichnete, 13 gab dazu den Anstoß. 1984 berichtete dieser, im Ehepaar Auersberger aus dem Roman Holzfällen, das Ehepaar Lampersberg zu erkennen. Der Roman wurde Gegenstand einer einstweiligen Verfügung und in Österreich vorübergehend beschlagnahmt. Vor Gericht wurden die fiktive Figur Auersberger mit dem Komponisten Lampersberg sowie die fiktive Figur des Erzählers mit der realen Person Thomas Bernhard gleichgesetzt. 14 Auf die temporäre Beschlagnahme des Romans aufgrund dieses richterlichen Beschlusses reagierte Bernhard mit einem Verkaufsverbot. 15 Die Literaturkritikerin Sigrid Löffler fasst die Umstände wie folgt zusammen: „ Die ‚ Erregung ‘ hat einige Leute so erregt, daß sie in Österreich nicht mehr vertrieben werden darf. “ 16 Diese Begleiterscheinung des Romans, dessen Untertitel bzw. Gattungsbezeichnung bereits auf eine ‚ Erregung ‘ verweist, machen Holzfällen zu einem der skandalträchtigsten Werke Thomas Bernhards. Der Roman ging, wie Eva Schindlecker beschreibt, „ als Kuriosum in die Literaturgeschichte “ ein. 17 Denn bei Holzfällen kollidierten Fragen nach der Freiheit künstlerischen Schaffens mit Zensurbestrebungen sowie Eingriffen staatlicher Behörden in Kunstangelegenheiten. 18 Im Roman Holzfällen, der durch diesen Skandal großes Aufsehen erregte und be- 91 Mobilität der Kritik am Beispiel von Holzfällen. Eine Erregung merkenswerte Auflagenzahlen erreichte, hält der Autor Bernhard bedeutende Abschnitte seines Lebens schriftlich fest. Es ist ein „ Stück meines Lebens [. . .], ein entscheidendes Stück “ , so Bernhard und meint weiter, dass er mit dreißig Jahren Abstand „ so Freunde von früher [Fünfziger- und Sechzigerjahre, Anm. S. T.] hereinziehen [kann] zwischen die Buchdeckel “ . 19 Dieses Zitat verweist darüber hinaus auf die im Roman enthaltene persönliche Auseinandersetzung mit der eigenen (Lebens)Geschichte. Gerhard Pail beschreibt diese Aufarbeitung als eine „ individuell notwendige Auseinandersetzung im Sinne einer persönlichen Weiterentwicklung “ . 20 Zudem spricht Pail dem Roman einen „ therapeutisch-progressiven Charakter “ zu und betont, dass dieser „ nicht nur auf Kritik eines sozialen Umfeldes zu reduzieren ist “ . 21 Diese Deutung Pails - mehr zu sein als ‚ nur ‘ Kritik am sozialen Umfeld - wird in diesem Beitrag an der Inszenierung Wycinka überprüft. Dabei werden Aspekte herausgearbeitet, an denen kritische Kommentare des Regisseurs Lupa an vorherrschenden kulturpolitischen Systemen festzumachen sind. Der Regisseur Krystian Lupa Krystian Lupa gilt als „ emblematische Figur des polnischen Theaters “ 22 . Er ist einer der wichtigsten zeitgenössischen Theaterregisseure Polens und steht, wie der Autor und Theaterregisseur Marek K ę dzierski festhält, „ in vielerlei Hinsicht für die Ambitionen und die Errungenschaften des polnischen Theaters der postkommunistischen Ära “ . 23 1995 urteilte der Literaturkritiker und Übersetzer Jerzy Ł ukosz über das Phänomen Lupa, dass dieser nicht nur von polnischer, von polnisch-österreichischer, sondern von weltweiter Bedeutung, wenngleich noch ohne weltweiten Bekanntheitsgrad [sei]. Denn wenn auch immer mehr Menschen auf dieser Welt und besonders in Österreich das Theater des Krystian Lupa kennenlernen möchten, das unübersetzbar und unverpflanzbar ist, so hat doch kaum jemand Lust, deswegen eigens Polnisch zu lernen. 24 Gewiss, diese Aussage ist überholt und Krystian Lupa als Regisseur inzwischen international bekannt. Seine Theaterarbeiten sind preisgekrönt in Polen wie in Österreich, auch da sie für neue künstlerische Herangehensweisen stehen. 25 Lupa bezieht in seiner Theaterarbeit häufig österreichische Autoren ein. 26 Bei den Adaptionen von Werken Thomas Bernhards nimmt er eine Pionierstellung ein, insbesondere im polnischen Theater. Seine vielfältigen Inszenierungen basierend auf Bernhards Werken im In- und Ausland unterstreichen Lupas Position als ‚ Meister der Adaption ‘ , 27 wie er in polnischen Medien bezeichnet wird. 28 Darüber hinaus nimmt Bernhard eine bedeutende Rolle in Lupas künstlerischem Schaffensweg ein. Lupa beschreibt ihn als „ sein trojanisches Pferd “ , 29 als ‚ Vehikel ‘ , bzw. Fahrzeug (von Lupa hier gleichfalls im Verständnis von Jerzy Grotowski verwendet), 30 an dem er seine künstlerische Arbeit maßgeblich und beständig weiterentwickelt. 31 In seinen Inszenierungen verhandelt er stets Fragen nach den Möglichkeiten der Kunst, nach ihren Erkenntniswerten sowie den Grenzen künstlerischer Freiheit. Nicht zuletzt wegen seiner kritischen Kommentare, die den aktuellen Kurs der Politik in Polen betreffen, erregt auch Lupa immer wieder Aufsehen. Holzfällen am Schauspielhaus Graz Wie und dass sich Lupas Theaterarbeiten umpflanzen lassen (zumindest geografisch), kann unter anderem an der 2014 am Schau- 92 Sara Tiefenbacher spielhaus Graz aufgeführten Produktion Holzfällen dargelegt werden. Diese Inszenierung erarbeitet Krystian Lupa mit seinem Team aus Polen mit österreichischen Schauspieler*innen auf Deutsch. Trotz mehrerer Inszenierungen an Theaterbühnen in Österreich ist Holzfällen Lupas erste Bernhard- Inszenierung in Österreich. 32 Sie wird von Rezensent*innen in österreichischen Zeitungen hoch gelobt. Lupa habe Bernhard „ wirklich am feinen Nerv gepackt “ , 33 schreibt ein Kritiker. Ein anderer hebt hervor, dass „ [d]er polnische Regisseur und ausgewiesene Thomas-Bernhard-Experte [. . .] den einst skandalisierten Roman in ein neues Bernhard-Stück verwandelt [hat] “ . 34 Für Holzfällen am Schauspielhaus Graz wurde Lupa 2014 mit dem Nestroypreis für beste Regie ausgezeichnet. 35 Die Dialoge und Monologe dieser Inszenierung sind näher am Prosatext gehalten. Damit ist Holzfällen der Bernhard ’ schen Vorlage weitgehend treuer geblieben und konventioneller ausgefallen, als die darauffolgende polnische Inszenierung Wycinka am Teatr Polski Wroc ł aw, die gleichfalls auf dem Roman Holzfällen. Eine Erregung basiert. Doch, und diese Feststellung scheint für viele Inszenierungen Lupas zu gelten, werden die Texte in seinen Produktionen nicht einfach dem Prosawerk entnommen. Es sind Neuentwicklungen, die insbesondere im Probenprozess entstehen, dem Lupa viel Aufmerksamkeit beimisst und der seinen Inszenierungsstil auszeichnet. Die Dialoge entstehen in Auseinandersetzung mit der literarischen Vorlage. Der Regisseur Lupa arbeitet sich an diesem Werk ab und überführt es „ in eine nicht-literarische Existenz “ , wie er selbst formuliert. 36 Werktreu bedeutet bei Lupa, den Inspirationen und nicht den Wörtern des Romans (oder Dramas) getreu zu bleiben. 37 Er hält fest: „ Ich fühle mich den ursprünglichen Inspirationen oder Intuitionen verpflichtet, die unter dieser Literatur verborgen sind “ . 38 Darüber hinaus transformiert Lupa den Roman Holzfällen, der als langer Monolog verfasst ist, in eine Dialogform, wie er es zuvor schon bei seiner Inszenierung Kalkwerk unternommen hat. 39 Wenn der Ausgangspunkt der Prosaroman und die in ihm formulierte Kritik ist, so zeigt sich eine Variation bzw. Ausprägung kritischen Potenzials am Diskurs über die Vergangenheit, den die Inszenierung in Graz im Bezug zum Roman und des damit verbundenen Skandals aufgreift. Keineswegs nimmt Lupa Abstand von den persönlichen Abrechnungen in Holzfällen. Er setzt sich vielmehr mit den intensiven Kommentaren und Entrüstungen des Künster*innenkreises der 1950er Jahre auseinander, die im Roman Holzfällen thematisiert werden. Lupa fühlt sich, wie erwähnt, den Inspirationen des Autors verpflichtet. Deswegen stellt er die Kritik an jener Künstler*innengesellschaft ins Zentrum, mit der der Erzähler in Holzfällen Eine Erregung, bzw. der Autor Bernhard abrechnet. Lupa inszeniert diese ‚ Freunde ‘ jedoch nicht als Marionetten, sondern gibt ihnen eine eigene Stimme. „ Die Figuren müssen sich verteidigen, sie dürfen nicht bloß einer vernichtenden Kritik ausgeliefert sein “ , äußert sich Lupa in einem Interview. 40 Lupa begann, nach eigenen Aussagen, mit Bernhard zu spielen, indem er die im Roman kritisierten Personen in seiner Inszenierung stärker in Erscheinung treten lässt und vermehrt durch Wortmeldungen einbringt. 41 Dabei wird Bezug zu der in der Bernhard ’ schen Vorlage inhärenten ‚ Erregung ‘ genommen. Doch Lupa zeigt diese nicht nur auf, sondern setzt sich in Holzfällen in Graz mit der Geschichte dieser ‚ Erregung ‘ auseinander. Durch die neu entwickelten Textpassagen zeigt sich in dieser Inszenierung ein anderer Ansatz, bzw. eine andere Ausprägung der im Roman geschilderten ‚ Erregung ‘ . Aus der historischen Distanz Lupas heraus fallen 93 Mobilität der Kritik am Beispiel von Holzfällen. Eine Erregung einerseits die Kommentare der in der Inszenierung Holzfällen am ‚ künstlerischen Abendessen ‘ Beteiligten, die auch hier vom Erzähler zurecht gewiesenen werden, umsichtiger aus. Andererseits wird mit dem Abstand von 30 Jahren eine neue Perspektive auf die im Roman geäußerte Kritik an der Künstler*innengesellschaft geworfen. In Lupas Holzfällen, in seiner Bearbeitung u. a. dieser im Roman enthaltenen Kritik, treten die Figuren des Romans in erneute Konfrontation. Vor allem werden Handlungssträngen, die im Roman knapp ausgeführt sind, besonderes in den Blick genommen. So rückt u. a. die Liebesbeziehung des als ‚ Thomas ‘ personifizierten Erzählers mit der Künstlerin Joana Thul ins Zentrum der Inszenierung. 42 In den Fokus gerät gleichfalls Joanas Selbstmord. Dabei werden existenzielle Fragen nach dem Dasein, zwischenmenschlichen Beziehungen oder moralischen Wertvorstellungen aufgeworfen. Die Vielschichtigkeit dieser Inszenierung wird überdies durch die Entscheidung des Regisseurs hervorgehoben, die Rolle des ‚ Ohrensesselsitzers ‘ in Holzfällen ‚ Thomas ‘ zu nennen. Diese Übereinstimmung des Erzählers mit dem Autor Thomas Bernhard ist das kritische Potenzial, welches in der Inszenierung in Graz deutlich wird. Denn dabei werden Sachverhalte um den Skandalroman reflektiert und rekonstruiert. Das heißt, jene Entscheidung des Gerichts 1984 im Fall Holzfällen, die zur temporären Beschlagnahme des Romans führte: die Gleichsetzung der fiktiven Figur des Erzählers mit der realen Person Thomas Bernhard. 43 Pointiert wird diese kritische Auseinandersetzung zudem am Ende der Inszenierung als die Gastgeberin des Abendessens Maja Auersberg den Erzähler ‚ Thomas ‘ bei dessen Abgang mit den Worten ermahnt: „ Thomas, schreib nicht darüber! “ . 44 Wycinka am Teatr Polski Wroc ł aw In der Inszenierung Wycinka, die Krystian Lupa am Teatr Polski Wroc ł aw mit einem ihm schon bekannten polnischen Ensemble realisierte, zeigt sich eine Variante eines durch Mobilität hervorgerufenen kritischen Potenzials: Indem Lupa Bernhards Erregtsein zum Anlass nimmt, sein eigenes Erregtsein über die aktuellen Missstände im Kunst- und Kulturbetrieb Polens zum Ausdruck zu bringen. Lupa verändert in dieser Inszenierung die Richtung der Kritik und nimmt andere Adressat*innen in den Blick. Er richtet in Wycinka die Abrechnung Bernhards mit der sogenannten feinen Wiener Gesellschaft und dem Kunstbetrieb als eine gegenwärtige Kritik an die polnische Künstler*innengesellschaft. 45 Thema der Aufführung sind nun das Kompromittiertsein der Künstler*innen und deren Schmeicheln um Beifall für ihre - wie der Publizist und Theaterkritiker Witold Mro ż ek formuliert - „ affektierten Posen “ . 46 Die Theaterwissenschaftlerin und Übersetzerin Iwona Uberman meint, dass die Inszenierung die „ Verlogenheit der heutigen Künstlerwelt “ behandelt. 47 Lupas Inszenierungsstil bei Wycinka bedient sich eines provokativen Dialogs. Thematisiert wird auf impulsive Weise die Situation der polnischen Kunst- und Kulturschaffenden im Kreuzfeuer der 2014 noch amtierenden liberalkonservativen Regierung und ihres Kunstverständnisses. Lupa reduziert somit keineswegs die Adaption des Romans auf die Kritik eines sozialen Umfeldes (die Künstler*innengesellschaft), eine Gefahr, auf die Gerhard Pail hingewiesen hat, 48 sondern er ergänzt diese um eigene Positionen und bezieht in kritischen Kommentaren Stellung zu vorherrschenden kulturpolitischen Agenden. Zudem ist in Lupas Inszenierung und den darin klar ersichtlich kulturpolitisch-kritischem Kommentar ein zugespitzter Protest gegen das sich damals schon abzeichnende zunehmend reaktionä- 94 Sara Tiefenbacher re Vorgehen der polnischen Politik abzulesen. Für die Theaterkritikerin Katarzyna Waligóra ist es der lange Monolog der Figur ‚ Thomas Bernhard ‘ , in dem die eindringlichste Kritik der Inszenierung formuliert wird. 49 Darin werden drastische Einschränkungen des Kunstbetriebs durch Maßnahmen der Regierung thematisiert. Diese Szene findet bei beleuchtetem Zuschauer*innenraum statt und wird in Richtung des Publikums gesprochen, was den Eindruck eines Appells an die Öffentlichkeit entstehen lässt. 50 Auf sarkastische Weise kommentiert Lupa damit die bedrückenden Umstände am Teatr Polski Wroc ł aw im Herbst 2014. Damals drohte dem Direktor dieses Theaters, Krzysztof Mieszkowski, die Abberufung. Der stellvertretende Parlamentspräsident Niederschlesiens Rados ł aw Mo ł o ń warf Mieszkowski Misswirtschaft vor und schrieb ihm die Verantwortung für die prekäre finanzielle Lage des Theaters zu. 51 Für den Regisseur Jan Klata kommen diese Art Eingriffe einer „ ökonomische[n] Zensur “ gleich. 52 Auf diese Situation bezieht sich Lupa in einer weiteren Szene und spitzt die drohende Kündigung des Direktors zu. Denn Mieszkowski, der zu diesem Zeitpunkt noch Leiter des Theaters ist, spielt anderweitig in Wycinka in der Begräbnisszene (das Begräbnis von Joana Thul aus dem Roman Holzfällen) einen Pfarrer. Die Szene ist als flashbackartige Filmprojektion auf einer großen Leinwand über der Bühne angebracht zu sehen. Der Pfarrer (Krzysztof Mieszkowski) begleitet darin die Trauergäste zu Joana Thuls Grab. 53 Es liegt nahe, Mieszkowskis Auftritt in dieser Friedhofsszene sowie den Gang zum Grab als kritische Stellungnahme hinsichtlich seiner Absetzung als Direktor des Teatr Polski Wroc ł aw zu sehen. In den polnischen Medien wurde diese Szene als Ausdruck der Kritik an den personellen Umstrukturierungsplänen am Teatr Polski Wroc ł aw aufgenommen - ein kulturpolitischer Kommentar Lupas, der über die Vorlage hinausweist und einen tagesaktuellen Kontext herstellt. 54 Diese auf aktuellen Ereignissen beruhenden und von Lupa aufgegriffenen Kontexte aus dem Jahr 2014 werden in den Aufführungen von Wycinka in den darauffolgenden Jahren weiterentwickelt. Eng verflochten ist damit eine Protestbewegung, die sich gegen die gegenwärtige Regierung und Kulturpolitik richtet, gegen die Propagierung von Werten wie „ Patriotismus, Nationalismus und die Glorifizierung der PiS Helden “ - wie es Lupa formuliert. 55 Wycinka entwickelt sich von Aufführung zu Aufführung zu einem kritischen ‚ Werkzeug ‘ . Die Inszenierung, respektive jede Aufführung von Wycinka, wurde zum Manifest gegen die nationalkonservative Regierung. Explizit wird dies einerseits in dem bereits angesprochenen Monolog der Figur ‚ Thomas Bernhard ‘ (Piotr Skiba), in dem von Künstler*innen, die sich dem katholisch-nationalistischen Staat verpflichtet haben, die Rede ist. 56 Oder etwa im Dialog von Jeanne Billroth (Ewa Skibi ń ska) mit dem Schauspieler des Teatr Narodowy (Jan Frycz) - im Roman Holzfällen ‚ der Burgschauspieler ‘ - in dem auf satirische Weise der neu besetzte Theaterdirektor als Theatergenie der höchsten Klasse beschrieben wird. 57 Der Protest potenzierte sich insbesondere in der letzten (am Teatr Polski Wroc ł aw stattgefundenen) Aufführung von Wycinka im November 2016. 58 Von der Bühne aus verkündeten die Schauspieler*innen am Ende der Vorstellung ein Statement und klebten sich anschließend Klebeband über den Mund als Ausdruck des Protests. Rufe, wie „ Teatr Polski und nicht Morawski “ waren nicht nur auf der Bühne zu vernehmen. 59 Wycinka wurde zur Manifestation gegen derartige Eingriffe der Kulturpolitik. Die Protestbewegung erreichte die Straßen Wroc ł aws und darüber hinaus etliche Festival- und Theaterbühnen Europas, Süd- und Nordamerikas sowie Asiens. 60 Denn 95 Mobilität der Kritik am Beispiel von Holzfällen. Eine Erregung seit 2016 fanden die Aufführungen von Wycinka im Rahmen von internationalen Gastauftritten statt. 61 Die dort verkündete Botschaft der Schauspieler*innen wurde über nationale Grenzen hinaus bekannt. Die damit erreichte internationale Öffentlichkeit schlug sich in einer Unterstützungserklärung der Mitglieder der Union des Théâtres de l ’ Europe - darunter renommierte Regisseur*innen, Schauspieler*innen und Theaterdirektor*innen nieder. 62 Diese äußerten Kritik an den kontroversen Geschehnissen rund um das Teatr Polski Wroc ł aw. Wycinka verweist auch wegen der Auftritte bei Festivals auf eine Modalität der ‚ mobilen Kritik ‘ . Weil Wycinka eine andere Art der ‚ Erregung ‘ als die szenische Bearbeitung von Holzfällen in Graz verarbeitet, verleiht dies dieser Inszenierung des österreichischen Romans einen kulturpolitischen, lokal polnischen sowie gegenwärtigen Subtext. 63 Die ‚ Erregung ‘ Bernhards wird über das regionale Verortet-Sein und über nationale Grenzen hinweg verhandelt. So beziehen sich Lupas Hinzufügungen von Kommentaren und Szenen auf aktuelle politische Auseinandersetzungen in Polen und erweitern durch Mobilität die Reichweite der Kritik. Der Germanist Wendelin Schmidt- Dengler unterstreicht: „ Bernhards Werk scheint - und dies ist eine Qualität, die sehr wohl darin angelegt ist - zur Reaktion zu verpflichten “ . 64 Auf den Roman Holzfällen sowie die Inszenierungen Holzfällen und Wycinka bezogen, ist diese Reaktion in zweierlei Hinsicht darzulegen. Erstens als historische Reaktion, die 1984 die Öffentlichkeit erregte und in ihrer Auswirkung mit dem Skandalroman und den realen Vorbildern der persiflierten Wiener Künstler*innengesellschaft verbunden bleibt. Zweitens als Reaktion des Regisseurs Lupa, die sich in beiden Inszenierungen zeigt. Lupa selbst formuliert seine Reaktion als ein ‚ Sich-Widersetzen ‘ , ‚ Sich-Erwehren ‘ müssen, gegen „ den wilden Strom an Subjektivität [. . .], den Bernhard im Naturzustand transportiert “ . 65 In der Inszenierung Wycinka wird deutlich, wie eine durch Kontextverschiebung hervorgerufene Mobilität der Kritik für polnische als auch internationale Rezipient*innen geschaffen wird. Während in Graz eine ‚ Erregung ‘ Bernhards aus der historischen Distanz heraus inszeniert wird, tritt in Wroc ł aw eine weitere Ebene der ‚ Erregung ‘ hinzu, das eigene Erregtsein des Regisseurs als auch seines Teams. Diese Ebene wird in der Inszenierung Holzfällen in Graz nicht hervorgebracht. In Graz manifestiert sich eine historische ‚ Erregung ‘ , die jedoch aus einem Abstand von mehreren Jahrzehnten sowie mit neuer Perspektive aufgerollt wird. Es ist das Spiel mit der Skandalgeschichte - das Verhältnis zwischen Fiktion und Realität - was in dieser Inszenierung als kritisches Potenzial wahrgenommen werden kann. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das kritische Potenzial des Textes - die ‚ Erregung ‘ - in beiden Inszenierungen aufgegriffen wird und sich dabei aber jeweils eines anderen Kontextes bedient. Auch werden die Richtung sowie der Gegenstand der Kritik verändert. „ Die Reichweite und Grenze der Kritik bemisst sich daran, ob sie ihre Adressat [*innen] erreicht oder unzugänglich für [sie] bleibt “ , 66 schreibt Tilo Wesche in dem von ihm herausgegebenen Sammelband Was ist Kritik? . Das kritische Potenzial des Bernhard ’ schen Textes zeigt sich in zwei verschiedenen Kontexten: In der Inszenierung Holzfällen in Graz operiert Lupa in einer geografischen und inhaltlichen Nähe zu Bernhards ‚ Erregung ‘ , dem Roman und dem damit verbundenen Skandal. Gleichfalls aber agiert Lupa in historischer Distanz zur ‚ Erregung ‘ sowie der Skandalgeschichte. In Wroc ł aw hingegen ist es die Nähe Lupas zum polnischen Kulturbetrieb und den Angriffen der Kulturpolitik, zugleich die kon- 96 Sara Tiefenbacher textuelle Ferne zum Skandal des Romans in Österreich. Durch ein Verschieben des Kontextes werden unterschiedliche Ausprägungen kritischen Potenzials geschaffen. Am Fallbeispiel Holzfällen zeigt sich aus dem Blickwinkel des Modus der Mobilität, wie Kritik durch kontextuelle, zeitliche und geografische Nähe und/ oder Distanz geäußert wird bzw. erst geäußert werden kann. Anmerkungen 1 Die Premiere von Holzfällen in der Regie von Krystian Lupa fand am 10. 01. 2014 am Schauspielhaus Graz statt, jene von Wycinka (Polnisch für Holzfällen) am 23. 10. 2014 am Teatr Polski Wroc ł aw. 2 Thomas Bernhard, Holzfällen. Eine Erregung, Frankfurt a. M. 1984. Vgl. http: / / ww w.suhrkamp.de/ buecher/ werke_in_baen den_41507.html [Zugriff am 16. 02. 2017]. 3 Siehe den Beitrag von Lucie Ortmann in diesem Heft. 4 Ich beziehe mich dabei auf die ‚ Cultural mobility ‘ Studie von Stephen Greenblatt. Stephen Greenblatt. „ Cultural Mobility: An Introduction “ , in: Stephen Greenblatt et al. (Hg.). Cultural mobility. A Manifesto. Cambridge 2010, S. 1 - 23. In Folge wird der Begriff kulturelle Mobilität verwendet. 5 Vgl. Sara Tiefenbacher, „ Polnisch-österreichische Theatermobilität: zwei Inszenierungen von Thomas Bernhards ‚ Holzfällen ‘“ , in: Micha ł Jamio ł kowski, Nina Oborska und Krzysztof Tkaczyk (Hg.), Theater als Begegnungsort, Warszawa 2016, S. 69 - 81, hier S. 73 - 74. 6 Vgl. Greenblatt, „ Cultural Mobility “ , S. 16. „ [M]obility studies [. . .] need to account for the intense illusion that mobility in one particular direction or another is predestined “ . 7 Die Übersetzung des Romans Holzfällen. Eine Erregung ins Polnische von Monika Muska ł a ist 2011 erschienen: Thomas Bernhard: Wycinka: eksytacja, übers. Monika Muska ł a, Warszawa 2011. 8 Thomas Bernhard, Holzfällen. Eine Erregung, Frankfurt a. M. 1984, S. 30. In der Inszenierung Holzfällen (in Graz) wird der Name Auersberger (Figur im Roman Holzfällen) in Auersberg gekürzt. Vgl. https: / / www.schauspielhaus-graz.com/ play-detail/ h olzfallen/ [Zugriff am 24. 07. 2018]. 9 Maja Lampersberg (1919 - 2004), Sängerin und Gerhard Lampersberg (1928 - 2002), Komponist. Der Tonhof, ein herrschaftlicher Gutshof, in Maria Saal war im Besitz des Ehepaars. Hier verweilten Autor*innen, wie u. a. Christine Lavant, H. C. Artmann, Wolfgang Bauer, Josef Winkler, Peter Turrini, Thomas Bernhard. 10 Oliver Bentz, Thomas Bernhard - Dichtung als Skandal, Würzburg 2000, S. 56. 11 Oliver Bentz zufolge war fast jede Veröffentlichung von Bernhards Romanen sowie Theaterstücken mit einem ‚ handfesten Skandal ‘ verbunden. Bentz, Thomas Bernhard, S. 7. 12 Hans Haider - bekannt in Österreich als Kulturredakteur und Literaturkritiker - war Auslöser des „ Identifizierungsrätsels “ . Bentz, Thomas Bernhard, S. 55 13 Gerhard Ruiss, „ Holzfällen - ein Nachweis “ , in: Alfred Goubran (Hg.), Staatspreis. Der Fall Bernhard, Klagenfurt, Wien 1997, S. 41. 14 Vgl. Bentz, Thomas Bernhard, S. 67. 15 Vgl. ebd., S. 55. 16 Sigrid Löffler, „ Öfter jemand umbringen “ , in: Profil 3. 09. 1984, S. 61 zitiert nach Bentz 2000, S. 63. 17 Eva Schindlecker, „‚ Holzfällen. Eine Erregung ‘ . Dokumentation eines österreichischen Literaturskandals “ , in: Wendelin Schmidt-Dengler, Martin Huber (Hg.), Statt Bernhard. Über Misanthropie im Werk Thomas Bernhard, Wien 1987, S. 13. 18 Vgl. Bentz, Thomas Bernhard, S. 55. 19 Interview Krista Fleischmann und Thomas Bernhard, Das war Thomas Bernhard. Fernsehdokumente 1967 - 1988, Dokumentation 1994, ORF 2, Dauer 00: 39 Min.; hier 00: 32 Min. 20 Gerhard Pail, „ Perspektivität in Thomas Bernhards ‚ Holzfällen ‘“ , in: Modern Austrian Literature 3/ 4 1988, S. 52 - 53. 21 Ebd. 97 Mobilität der Kritik am Beispiel von Holzfällen. Eine Erregung 22 Krystian Lupa spricht mit Marek K ę dzierski, „ Spiritismus und Eruption. Über Theater und Sprache als Instrument zur Berührung der Welt “ , in: Lettre International 119 (2017), S. 46 - 53, hier S. 46. 23 Ebd. 24 Vgl. Anna Milanowski, „ Werke österreichischer Autoren im Theater Krystian Lupas. Ein europäischer Transformationsprozeß “ , in: TRANS Internet-Zeitschrift für Kulturwissenschaft 7 (1999). URL: http: / / www.ins t.at/ trans/ 7Nr/ milanowski7.htm#6 [Zugriff am 31. 07. 2018]. Milanowski zitiert hier: Jerzy Ł ukosz, „ Esch, oder Anarchie. Eine viel beachtete Broch-Inszenierung in Polen “ , übers. A. Woldan, in: Danubius. Beilage zu Morgen 201 (1995), o. S. 25 Vgl. Milanowski, „ Werke österreichischer Autoren “ . URL: http: / / www.inst.at/ trans/ 7N r/ milanowski7.htm#6 [Zugriff am 31. 07. 2018]. 26 Darunter Autoren wie Thomas Bernhard, Robert Musil, Hermann Broch, Werner Schwab sowie Alfred Kubin. 27 Vgl. Tadeusz Nyczek, Alfabet teatru dla analfabetów i zaawansowanych, Warszawa 2005, S. 8. 28 Vgl. Rafa ł W ę grzyniak, „ Kolacja arytyczna jako stypa “ , in: Teatr 1 (2015), S. 12; siehe auch: Inszenierungsdatenbank www.e-teatr. pl. URL: http: / / www.e-teatr.pl/ pl/ osoby/ 111 6,karierateatr.html#start [Zugriff am 31. 07. 2018] 29 Übersetzung S. T., Zitat im Original: „ Bernhard jest moim koniem troja ń skim “ , siehe: Radiointerview mit Krystian Lupa, „ Krystian Lupa: Bernhard jest moim koniem troja ń skim “ , Polskie Radio Dwójka, 13. 10. 2014, o. A. URL: https: / / www.polskieradio.p l/ 8/ 410/ Artykul/ 1257698,Krystian-Lupa- Bernhard-jest-moim-koniem-trojanskim [Zugriff am 03. 05. 2018]. 30 Zum Begriff ‚ Kunst als Fahrzeug ‘ / ‚ art as a vehicle ‘ , siehe: Jerzy Grotowski, „ Od zespo ł u teatralnego do sztuki jako wehiku ł u “ , in: Notatnik Teatralny 4 (1992), S. 32 - 43; oder auf Deutsch: Jerzy Grotowski, „ Von der Theatergruppe zur Kunst als Fahrzeug “ , in: Thomas Richards, Theaterarbeit mit Grotowski an physischen Handlungen, Berlin 1996, S. 179 - 216. 31 Vgl. Gespräch mit Krystian Lupa, „ Krystian Lupa: Bernhard jest moim koniem troja ń skim “ , Polskie Radio Dwójka, 13. 10. 2014, o. A. URL: https: / / www.polskieradio.p l/ 8/ 410/ Artykul/ 1257698,Krystian-Lupa- Bernhard-jest-moim-koniem-trojanskim [Zugriff am 03. 05. 2018]. 32 Fünf Produktionen Lupas wurden bis 2018 auf österreichischen Theaterbühnen aufgeführt, davon vier im Rahmen der Wiener Festwochen: Die Brüder Karamasow / Bracia Karamazow (2000), Klaras Verhältnisse / Stosunki Klary (2004), Die Zauberflöte (2006) sowie die Theaterproduktion Factory 2 (2010). Holzfällen (2014) am Schauspielhaus Graz ist die fünfte Produktion. Es ist gleichzeitig Lupas erste Bernhard-Inszenierung in Österreich. Im Programm der Wiener Festwochen 2019 wird eine weitere Produktion Lupas angekündigt: Proces. 33 Ronald Pohl, „ Gespenstersuche im Hochwald der Erinnerung “ , in: Der Standard, 13. 1. 2014. URL: http: / / derstandard.at/ 1388 650793176/ Gespenstersuche-im-Hochwaldder-Erinnerung. [Zugriff am 16. 02. 2017]. 34 Wolfgang Kralicek in der Jurybegründung anlässlich der Vergabe des Nestroy-Preises 2014 an Krystian Lupa für Regie in Holzfällen am Grazer Schauspielhaus, URL: http: / / www.nestroypreis.at/ show_content2.p hp? s2id=143 [Zugriff am 23. 07. 2018]. 35 Der Nestroypreis ist ein österreichischer Theaterpreis. Er wird seit 2000 jährlich vergeben. Vgl. https: / / www.nestroypreis.at/ [Zugriff am 30. 07. 2018]. 36 Krystian Lupa spricht mit Marek K ę dzierski, „ Spiritismus und Eruption “ , S. 46 - 53; hier S. 47. 37 Vgl. ebd. 38 Ebd. 39 Vgl. ebd. Die Premiere von Kalkwerk in der Regie von Krystian Lupa, der gleichfalls für Adaption und Bühnenbild verantwortlich zeichnet, fand am 7. 11. 1992 am Stary Teatr im. Heleny Modrzejewskiej (Scena Kameralna) in Kraków statt. 40 Ebd. 41 Vgl. ebd. 98 Sara Tiefenbacher 42 Die Rolle des Thomas Bernhards ist auch in anderen Bernhard-Adaptionen Krystian Lupas vertreten. Häufig, wie u. a. in Holzfällen und Wycinka, stellt Piotr Skiba dieses Alter- Ego dar. Vgl. ebd., S. 50. 43 Siehe FN 14. Vgl. Bentz, Thomas Bernhard, S. 67. 44 Vgl. Reinhard Kriechbaum, „ Thomas, schreib nicht darüber! “ , in: nachkritik.de [Zugriff am 10. 01. 2014]. URL: https: / / www.nachtkritik.de/ index.php? option=co m_content&view=article&id=8949: holzfael len-krystian-lupa-verwandelt-in-graz-tho mas-bernhards-roman-in-ein-vier-stundenbuehnenstueck&catid=214: schauspielhausgraz&Itemid=100089 [Zugriff am 24. 07. 2018]. 45 Wie im Folgenden herausgearbeitet wird, sind die Adressat*innen nicht nur jene aus Polen. 46 Vgl. Witold Mro ż ek, „‚ Wycinka ‘ , czyli fenomenalny spektakl Lupy o kompromitacji artystów “ , in: Gazeta Wyborcza, 27. 10. 2014, http: / / wyborcza.pl/ 1,75410,16869485,_Wy cinka___czyli_fenomenalny_spektakl_Lup y_o_kompromitacji.html [Zugriff am 21. 06. 2018]; Zitat im Original „ w pretensjonalnych pozach “ , Übersetzung S. T. 47 Iwona Uberman, „ Theaterbrief aus Polen (14) - Iwona Uberman über den politischen Intendanzwechsel am legendären Teatr Polski in Wroc ł aw, der ‚ Volksbühne von Polen ‘ . Absehbares Desaster “ , in: nachtkritik.de, 26. 10. 2016, https: / / www.nachtkritik.de/ in dex.php? option=com_content&view=arti cle&id=13115: theaterbrief-polen-14-iwo na-uberman-ueber-den-politischen-inten danzwechsel-am-legendaeren-teatr-pols ki-in-wroclaw-der-volksbuehne-von-polen& catid=416&Itemid=100055 [Zugriff am 22. 06. 2018]. 48 Siehe im Teil „ Der Roman Holzfällen. Eine Erregung (1984) “ . Zitat: „ [Die] Funktionsbestimmung solcher Literatur [Holzfällen. Eine Erregung, Anm. S. T.] [ist] nicht nur auf Kritik eines sozialen Umfelds zu reduzieren [. . .] “ . Gerhard Pail, „ Perspektivität in Thomas Bernhards ‚ Holzfällen ‘“ , in: Modern Austrian Literature, 3/ 4 1988, S. 52 - 53. 49 Vgl. Katarzyna Waligóra. „ Nienawdz ę ich, ale mnie wzruszaj ą , in: Didaskalia 14 (2014), S. 5. 50 Vgl. ebd. Katarzyna Waligóra beschreibt diese Szene mit der Bezeichnung ‚ Monolog- Parabase ‘ . Zitat im Original „ monolog-parabaza “ , Übersetzung S. T. 51 Mieszkowski und das Teatr Polski Wroc ł aw waren nicht erst seit 2014 der Kritik ausgesetzt. Bereits im November 2007, ein Jahr nach Mieszkowskis Antritt als Direktor, gab es Anfeindungen durch die Regionalpolitik. Hier waren erste, seitens dieser Politiker*innen geäußerte Anklagen der Misswirtschaft im Umlauf. 2007 stand die Absetzung von Mieszkowski durch die Woiwodschaftsselbstverwaltung schon einmal im Raum. Eine Bewegung unter dem Slogan ‚ Powiedzmy stop niszczeniu teatru, razem obronimy wroc ł awsk ą kultur ę ! ‘ ( ‚ Wir sagen ‚ Stop ‘ zur Zerstörung des Theaters, gemeinsam verteidigen wir die Kultur Wroc ł aws! ‘ ; Übers. S. T.) formierte sich zum Protest gegen die angekündigte Entlassung des Direktors, die schließlich verhindert werden konnte. Jedoch ist, wie im August 2014 klar wurde, die Absetzung von Mieszkowski nur vertagt worden. Denn Mieszkowski wurde zu diesem Zeitpunkt seines Amtes als Direktor des Teatr Polski Wroc ł aw enthoben, ihm wurde stattdessen die Funktion des künstlerischen Leiters zugeteilt. Zwei Jahre später erfolgte die endgültige Absetzung Mieszkowskis. Im August 2016 fand die Neuausschreibung der Position des Direktors des Teatr Polski Wroc ł aw statt. Als neuer Direktor wurde Cezary Morawski, ein der nationalkonservativen Regierung (PiS; Prawo i Sprawiedliwo ś c´ / Recht und Gerechtigkeit) nahestehender Schauspieler, bekannt aus der polnischen Fernsehserie „ M jak Mi ł o ś c´ “ (L wie Liebe; Übers. S. T.) ernannt. Vgl. Stanis ł aw Janecki, „ Najd ł u ż sza wojna Mieszkowskiego “ , in: wSIECI 39, 26. 09. 2016. Vgl. auch: http: / / www.e-teatr.pl/ pl/ ar tykuly/ 228877,druk.html [Zugriff am 07. 04. 2019]. 52 Thomas, Irmer, Anger is an Energy. Thomas Irmer im Gespräch mit Jan Klata, übers. 99 Mobilität der Kritik am Beispiel von Holzfällen. Eine Erregung Thomas Irmer, in: Theater der Zeit 12 (2014), S. 21. 53 Siehe Foto von Natalia Kabanow auf gazeta. pl, das dem Artikel „ Wycinka Lupy dobrze przyj ę ta w Awinionie. Teraz czas na Pary ż“ beigefügt war. Leider nicht mehr abrufbar. http: / / wyborcza.pl/ 51,75475,18311239.html? i=1 [Zugriff am 25. 11. 2015]. Vgl. Miros ł aw Kocur; „ Szlachetny recycling “ , in: teatralny. pl, 27. 10. 2014, http: / / teatralny.pl/ recenzje/ s zlachetny-recycling,753.html [Zugriff am 07. 04. 2019]. 54 Vgl. Rafa ł W ę grzyniak, „ Kolacja arytyczna jako stypa “ , in: Teatr 1 (2015), S. 14. 55 Krystian Lupa spricht mit Marek K ę dzierski, „ Spiritismus und Eruption “ , S. 53. Die Abkürzung PiS steht für die seit 2015 regierende nationalkonservative Partei Prawo i Sprawiedliwo ś c´ (Recht und Gerechtigkeit). 56 Magda Piekarska, „ Protest w Teatrze Polskim: Ostatnia taka ‚ Wycinka ‘ , in: Gazeta Wyborcza Wroc ł aw, 11. 11. 2016, http: / / wroc law.wyborcza.pl/ wroclaw/ 1,35771,20961725, protest-w-teatrze-polskim-ostatnia-taka-wy cinka-wideo.html [Zugriff am 20. 07. 2018]. 57 Ebd. 58 Die letzte Aufführung auf der Bühne des Teatr Polski Wroc ł aw fand am 9. 11. 2016 statt. Einen Tag später, am 10. 11. 2016, wurde Wycinka im Rahmen des internationalen Theaterfestivals ‚ Theater-Olympiade ‘ (The Theatre Olympics / Olimpiada Teatralna), das 2016 in Wroc ł aw realisiert wurde, zum letzten Mal in Wroc ł aw aufgeführt. Vgl.: http: / / www.teatrpolski.wroc.pl/ repertuar/ 20 16 - 11 sowie http: / / www.theatreolym pics2016.pl/ en/ theatre-olympics-world-pla ce-truth [Zugriff am 27. 07. 2018]. 59 Zitat im Original: „ Teatr Polski, nie Morawski “ , Übersetzung S. T; Magda Piekarska, „ Protest w Teatrze Polskim: Ostatnia taka ‚ Wycinka ‘“ , in: Gazeta Wyborcza Wroc ł aw, 11. 11. 2016, http: / / wroclaw.wyborcza.pl/ wr oclaw/ 1,35771,20961725,protest-w-teatrzepolskim-ostatnia-taka-wycinka-wideo.html (20. 07. 2018), Vgl. auch: Henryk Jarczyk, „ Theateraufruhr in Breslau “ , Ö1 Beitrag im Kulturjournal am 02. 09. 2016, https: / / oe1.o rf.at/ artikel/ 450722 [Zugriff am 20. 07. 2018]. 60 U. a. Mai 2015 am Lin Zhaohua Theatre Arts Festival (Peking/ China), November/ Dezember 2016 am Festival d ’ Automne (Paris/ Frankreich), Mai 2017 am Carrefour international de théâtre (Quebec/ Kanada), Januar 2018 am Festival Internacional Santiago a Mil (Santiago/ Chile), Vgl. http: / / www.teatr polski.wroc.pl/ wyjazdy [Zugriff am 27. 07. 2018]. 61 Die Gastauftritte waren durch die Bestellung eines neuen Direktors - Cezary Morawski - am Teatr Polski Wroc ł aw erforderlich geworden. Eine Zusammenarbeit des Regisseurs Lupa sowie einiger Ensemblemitglieder, wie unter dem Vorgänger Mieszkowski, war unter dem neuen Direktor nicht weiter möglich. Zudem wurden einigen Schauspieler*innen die Verträge gekündigt. Aufgrund der personellen Veränderungen realisiert Lupa keine Produktionen am Teatr Polski Wroc ł aw und hat seine jahrzehntelange Regiearbeit an diesem Theater bis auf weiteres für beendet erklärt. 62 Vgl. https: / / www.union-theatres-europe.eu/ in_support_of_the_polski_theatre_in_wrocl aw_ [Zugriff am 27. 07. 2018]. 63 Vgl. Rafa ł W ę grzyniak, „ Kolacja arytyczna jako stypa “ , in: Teatr 1 (2015), S. 13. 64 Wendelin Schmidt-Dengler, „ Von der unbegründeten Angst, mit Thomas Bernhard verwechselt zu werden “ , in: ders., Martin Huber (Hg.), Statt Bernhard. Über die Misanthropie im Werk Thomas Bernhards, Wien 1987, S. 8. 65 Krystian Lupa spricht mit Marek K ę dzierski, „ Spiritismus und Eruption “ , S. 49. 66 Tilo Wesche, „ Reflexion, Therapie, Darstellung. Formen der Kritik “ , in: Tilo Wesche; Rahel Jaeggi (Hg.), Was ist Kritik? , Frankfurt a. M. 2013, S. 193 - 220, hier S. 193. 100 Sara Tiefenbacher