eJournals Italienisch 42/83

Italienisch
ita
0171-4996
2941-0800
Narr Verlag Tübingen
10.2357/Ital-2020-0004
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/61
2020
4283 Fesenmeier Föcking Krefeld Ott

La morte di Orfeo. Wandlungen der Opernpoetik im primo seicento

61
2020
Florian Mehltretter
Orfeo è l’eroe emblematico delle prime opera liriche, come testimoniano le opere di Peri/Rinuccini (1600) e Monteverdi/Striggio (1607), delle quali è protagonista. Questa posizione chiave del cantore trace è dovuta in parte a una certa ambivalenza interpretativa del concetto di mimesi intorno al 1600, che l’articolo ricostruisce sulla base delle fonti teoriche contemporanee. Con ‘La morte di Orfeo’ (1619) di Stefano Landi si arriva, invece, a una nuova costellazione, che può essere descritta come la ‘morte’ di questo particolare tipo di protagonista.
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21 F LO R I A N M E H LT R E TT E R La morte di Orfeo. Wandlungen der Opernpoetik im primo seicento «Pastor, lasciate il canto» - mit diesen Worten unterbricht die Unglücksbotin in Claudio Monteverdis und Alessandro Striggios 1607 uraufgeführter Oper L’Orfeo die glückliche Feier Orfeos und seiner Freunde: Euridice ist tot . 1 ’Hirten, lasst den Gesang und lauscht meiner Rede’, singt die Messaggera an dieser Stelle Aber kann sie eigentlich ohne Selbstwiderspruch singen, man solle den Gesang lassen? In der Tat kann sie dies, denn die hier unterbrochenen strophischen Gesänge des Orpheus und der Hirten einerseits und der heterometrische unregelmäßig gereimte rezitativische Gesang der Botin andererseits sind Darstellungen oder Nachahmungen unterschiedlicher menschlicher Lautäußerungen auf der Ebene des Dargestellten: Es handelt sich respektive um die musikalische Darstellung von Gesang des Orpheus und um die Darstellung von gesprochener Rede der Messaggera Monteverdis Musik ahmt in einem Fall Musik nach (die Musik des Dichtersängers Orpheus), im anderen Falle ahmt sie Rede nach (nämlich den Bericht der Botin) . 2 Diese Unterscheidung ist, wie wir gleich sehen werden, von grundlegender Bedeutung für ein zentrales Problem der frühen Opernästhetik, nämlich dasjenige der Angemessenheit des Gesangs, welches sich dahingehend auswirkt, dass Orpheus (und in geringerem Maße Apoll) der wichtigste Held und in gewisser Weise der einzig mögliche Held der frühen Oper ist, und zwar weil er Sänger ist Um diesen Problemkomplex geht es in diesem Artikel . 3 I Um 1600 tritt erstmals eine Frage auf, die die Oper bis ins 18 Jahrhundert begleiten wird, nämlich diejenige nach der Plausibilität einer durchgängig gesungenen Darstellung, also letztlich dessen, was Oper im Kern ausmacht Diese Frage wird in den theoretischen Quellen sehr häufig unter dem aristo- 1 Der Text von Monteverdis Orfeo wird zitiert nach: Solerti 1904/ 1969, hier: S 253-254 2 Vgl zu dieser Stelle Fabbri 2003, S 44-45 3 Eine ausführlichere Version dieser Überlegungen findet sich in meinem Buch Orpheus und Medusa Poetik der italienischen Oper 1600-1900 (im Druck) DOI 10. 23 57/ Ital-2020 - 0 0 0 4 83_Italienisch_Inhalt.indb 21 19.06.20 16: 36 22 La morte di Orfeo. Wandlungen der Opernpoetik im primo seicento Florian Mehltretter telischen Begriff der ‘Wahrscheinlichkeit’ (verosimiglianza, verosimile) verhandelt Dies ist aber eigentlich irreführend, denn ‘Wahrscheinlichkeit’ ist bei Aristoteles eine Eigenschaft der Handlung und nicht ihrer ästhetischen Darstellung Wahrscheinlich ist für Aristoteles die dargestellte Handlung, wenn sie allgemeine Gesetzmäßigkeiten exemplifiziert, etwa: Wie verhält sich ein jähzorniger, stolzer Jüngling bei einem Streit um die Vorfahrt an einer Wegkreuzung? Ich will diesen Begriff von Wahrscheinlichkeit der Klarheit halber hier mit dem Begriff ‘Modellwahrscheinlichkeit’ konkretisieren: Das Wahrscheinliche besteht darin, dass ein allgemeines Modell von Wirklichkeit in einer dargestellten spezifischen Handlung exemplarisch erkennbar wird Im poetologischen Schrifttum der Frühen Neuzeit gibt es aber gleichzeitig auch eine nicht-aristotelische Vorstellung von ‘Wahrscheinlichkeit’, die offenbar eine besonders große Ähnlichkeit zwischen Darstellendem und Dargestelltem meint Nennen wir sie ‘Illusionswahrscheinlichkeit’, denn fast immer wird diese Analogie zwischen der Nachahmung und ihrem Gegenstand im Hinblick auf ihre täuschende, illudierende Kraft betrachtet Und im Hinblick auf diese Illusionswahrscheinlichkeit wird eine stilisierende Darstellung durch Gesang zum Problem So Francesco Sbarra im Vorwort seines Librettos Alessandro vincitore di se stesso (Musik von Antonio Cesti, Venedig 1651): «è improprio ancora il recitarsi in musica, non imitandosi in questa maniera il discorso naturale .» 4 Hier wird eine Opposition eröffnet zwischen dem ‘natürlichen’ Sprechen, also der Alltagsrede auf der Ebene der dargestellten Welt, und der musikalischen Rezitation, die hiervon different und also nicht ‘natürlich’ ist Aufgrund dieses Unterschieds scheint das eine das andere nicht nachahmen zu können Bedingung der Nachahmung ist also für Sbarra täuschende Ähnlichkeit Insofern kann man den Gesang dort grundsätzlich in Frage stellen, wo auf der Ebene der Handlung nicht mit habituell singenden Figuren zu rechnen ist (wenngleich Sbarra selbst seiner theoretischen Argumentation in der Praxis nicht folgt) Odysseus etwa singt auf seinen Irrfahrten eher wenig, und mit diesem Argument negiert Giacomo Badoaro im Vorwort zu seinem Ulisse errante die Legitimität des Musikdramas überhaupt Dass er dies im Vorwort wiederum eines Musikdramas tun kann, erklärt sich aus dem im selben Text aufgerufenen Zusammenhang mit einer barocken Poetik des Regelbruchs: 4 Sbarra 1651, o .S ., Vorwort 83_Italienisch_Inhalt.indb 22 19.06.20 16: 36 23 Florian Mehltretter La morte di Orfeo. Wandlungen der Opernpoetik im primo seicento «niente si cura al presente per accrescer diletto agli spettatori il dar luogo a qualche inverosimile, che non deturpi la azione: onde vedremo, che [ . . .] abbiamo introdotta la musica, nella quale non possiamo fuggire un inverosimile, che gli uomini trattino i loro più importanti negozi cantando; in oltre per godere ne’ teatri ogni sorte di musica, si costumano concerti a due, tre, e più, dove nasce un altro inverosimile, che essi - favellando insieme - possano impensatamente incontrarsi a dire le medesime cose Non è dunque meraviglia, se obbligandoci noi al diletto del genio presente, ci siamo con ragione allontanati dall’antiche regole .» 5 Badoaro argumentiert nicht mehr klassizistisch, sondern ‘barock’: Die ‘Regeln’ sollen dem diletto des gegenwärtigen Theaters angepasst werden, wobei nicht ihre grundsätzliche Relevanz bestritten wird; sie sind lediglich außer Kraft gesetzt Die Opernmusik ist nun für Badoaro ‘unwahrscheinlich’, weil Menschen sich ja nicht singend unterhalten; aber durch das Vergnügen daran gilt die Musik als gerechtfertigt Noch unwahrscheinlicher ist nach Badoaro der Ensemblegesang, weil er suggeriert, Gesprächsteilnehmer würden manchmal gleichzeitig dieselben Worte aussprechen - aber auch er dient dem Vergnügen Musik ist also auf den ersten Blick für Badoaro kein Mittel der Darstellung, sondern ein Element der dargestellten Welt und der Handlung selbst und suggeriert insofern eine unwahrscheinliche Welt singender Seefahrer, die gelegentlich in spontane Duette ausbrechen Aber die Argumentation ist insofern ambivalent, als ja gesagt wird, diese Unwahrscheinlichkeit ergebe sich erst aus der Einführung der Musik um des Vergnügens willen Das erweckt doch den Eindruck, dass die solchermaßen hinzugefügte Musik eher als Darstellungsmodus denn als Dimension des Dargestellten gefasst wird Verosimiglianza ist demnach in diesem letztgenannten Zusammenhang nicht (wie es die aristotelische Wahrscheinlichkeit wäre) ein Aspekt der Erfindung und Modellierung der dargestellten Welt, sondern ein Effekt der theatralischen Produktion (zu der die Musik ja gehört) Badoaros Überlegungen oszillieren also zwischen den beiden Fassungen von ‘Wahrscheinlichkeit’: Die Modellwahrscheinlichkeit (Menschen singen nicht bei ihren wichtigsten Unternehmungen) interferiert mit der Illusionswahrscheinlichkeit (Gesang ist als Darstellung unangemessen, weil er die Illusion einer letztlich doch vorausgesetzten ‘normalen’ Welt stört) 5 Badoaro 1644, S 5 83_Italienisch_Inhalt.indb 23 19.06.20 16: 36 24 La morte di Orfeo. Wandlungen der Opernpoetik im primo seicento Florian Mehltretter Es geht bei diesen Diskussionen um die Frage: Ahmt der Gesang einen Augenblick von Gesang innerhalb der dargestellten Geschichte nach - oder ist der Gesang künstlerische Darstellung lediglich von etwas, das wir uns auf der histoire-Ebene als Rede vorstellen müssen? Diese Frage muss allerdings noch differenziert werden nach strophischer versus madrigalischer (rezitativischer) Dichtung; oder musikalisch gesehen nach deren Vertonung in Chören bzw Arien einerseits und rezitativischen Gesängen andererseits (also gemäß einer Unterscheidung, die in Verlängerung der antiken Differenz von Chor und Dialog ins Spiel kommt) Genau diese Differenz wurde in dem anfangs betrachteten Beispiel aus Monteverdis Orfeo ausgespielt: Das Lied des Orfeo existiert auch auf der Ebene der dargestellten Handlung als Lied, während das Rezitativ der Botin eine Darstellung eines gesprochenen Berichts ist In diesem Zusammenhang gilt es, kurz zu resümieren, wie um 1600 eine Theorie des Gesangs als Darstellung von Rede entstehen konnte Einer der wichtigsten Musiktheoretiker im Florenz des ausgehenden 16 Jahrhunderts, Vincenzo Galilei, polemisiert in seinem Dialogo della musica antica et della moderna von 1581 unter vielem anderen gegen den sogenannten Madrigalismus in der Vokalmusik, also die Nachahmung oder Darstellung semantischer Gehalte des Textes durch analogistische musikalische Verfahren im Sinne von so etwas wie Tonmalerei Stattdessen fordert er, die Musik solle die Pronuntiatio, den Vortrag der Rede, nachahmen . 6 Das Mimetische an der Musik ergibt sich bei ihm also nicht aus einer Darstellung etwa von Stürmen, Meereswellen oder Ähnlichem mit musikalischen Mitteln (was aber de facto bis ins 18 Jahrhundert häufig gemacht werden wird), sondern aus der Nachahmung der Rede über diese Gehalte, etwa die Inflexionen der Stimme und die zeitliche Gestaltung des Sprechens Diese Theorie könnte man auf jede Art von Gesang beziehen, Arie oder Rezitativ Aber sie ist vor allem eine wichtige Vorbedingung für die nun entstehende Theorie des Rezitativs als Nachahmung von Rede, auch Alltagsrede Die Idee, dass in diesem Falle eine Art von sprachnahem Gesang Rede darstellen kann, bedeutet auch, dass es neben der Ähnlichkeit zwischen beidem auch einen erkennbaren Unterschied zwischen Darstellung und Dargestelltem gibt: Dies wird geradezu gefordert im Aristoteleskommentar von Agnolo Segni, der in allen Künsten neben der Ähnlichkeit zwischen dem Darstellenden und dem Dargestellten auch eine Unähnlichkeit, eine künstlerische Differenz, eine Stilisierung fordern, ohne die die Darstellung eben gar keine Darstellung wäre, sondern die Sache selbst: 6 Vgl Galilei 1581, S 87-89 83_Italienisch_Inhalt.indb 24 19.06.20 16: 36 25 Florian Mehltretter La morte di Orfeo. Wandlungen der Opernpoetik im primo seicento «Dice ancora l’idolo essere, o imagine, o fantasma cioè cosa che pare, et non è quello che pare Adunque insieme con l’idolo habbiamo sempre a intendere un’altra cosa, alla quale egli si riferisce, cioè la cosa vera et l’essemplare, et che l’idolo a quella è simile, et parendo lei et non essendo la rapresenta a chi lo vede, ma imperfettamente nella sua diversità et simiglianza .» 7 Dieser Gedanke ließ sich übertragen auf den Unterschied zwischen gesprochener prosaischer Rede und ihrer Darstellung durch einen dem Sprechen ähnlichen, aber doch davon verschiedenen, akkordbegleiteten Gesang in Versen Die theoretische Grundlegung hierfür findet sich etwa im Vorwort der Oper Euridice von Peri (und Rinuccini) aus dem Jahr 1600: «Onde, veduto che si trattava di poesia dramatica e che però si doveva imitar col canto chi parla (e senza dubbio non si parlò mai cantando), stimai che gli antichi Greci e Romani (i quali, secondo l’opinione di molti, cantavano su le scene le tragedie intere) usassero un’armonia, che avanzando quella del parlare ordinario, scendesse tanto dalla melodia del cantare che pigliasse forma di cosa mezzana […] e considerai che quella sorte di voce, che dagli antichi al cantare fu assegnata, la quale essi chiamavano diastematica (quasi trattenuta e sospesa), potesse in parte affrettarsi, e prender temperato corso tra i movimenti del canto sospesi e lenti, e quegli della favella spediti e veloci, et accomodarsi al proposito mio (come l’accomodavano anch’essi, leggendo le poesie et i versi eroici), avvicinandosi all’altra del ragionare, la quale continuata appellavano .» 8 Es ist Peri völlig klar, dass der Gesang nicht auf der Handlungsebene stattfindet, denn niemand kommunizierte je singend, wie er sagt Der Gesang zumindest des Rezitativs ist für Peri also nicht Darstellung wiederum von Gesang auf der Ebene des Gemeinten, sondern künstlerische Mimesis von Rede Damit ist bei Peri klar ein Unterschied zwischen dem dargestellten Gegenstand und der Darstellung im Sinne etwa Segnis benannt In Wahrheit ist also die Theorielage um 1600 komplexer als es die referierten Einwände gegen den durchgehenden Gesang in der Oper vermuten lassen Es ergeben sich (mindestens) vier Möglichkeiten, die Frage der Ange- 7 Segni 1581, S 9 8 Peris Vorwort zur Euridice findet sich in: Solerti 1903/ 1969, hier: S 45-46 83_Italienisch_Inhalt.indb 25 19.06.20 16: 36 26 La morte di Orfeo. Wandlungen der Opernpoetik im primo seicento Florian Mehltretter messenheit von Gesang im Theater zu beantworten, und sie haben auch mit der Unterscheidung zwischen rezitativischem Gesang und ariosem Gesang zu tun . Man kann sich erstens auf den Standpunkt stellen, dass Gesang aufgrund seiner Unähnlichkeit zur normalen Rede generell ein illusionsstörendes Mittel der Darstellung ist, gleichgültig ob bei Arie oder Rezitativ Dies würde die Möglichkeit von Oper grundsätzlich im Namen der Illusionswahrscheinlichkeit in Frage stellen Oder (zweitens) man ignoriert die Differenz von Darstellung und Dargestelltem und betrachtet den Gesang, gleichgültig ob arios oder rezitativisch, als Element der dargestellten Welt Dann wird man allenfalls sehr reduzierte Personenkreise in der Oper auftreten lassen können, nämlich solche, die andauernd (und mit Instrumentalbegleitung) im täglichen Leben singen Damit spielen viele theoretische Äußerungen, aber kaum je wird diese These radikal vertreten Oder aber man kann drittens und im Gegenteil jede Form von Gesang als differente Nachahmung von Rede verstehen und dabei keinen Unterschied zwischen ariosem und rezitativischem Gesang machen; man würde sich dann nicht des Konzepts der Illusionswahrscheinlichkeit bedienen Diese Auffassung ist diejenige Peris und sie wird sich später im 18 Jahrhundert durchsetzen Viertens kann man aber auch die stärker differenzierte These verfolgen, dass Figurenrede durch rezitativischen Gesang nachgeahmt werden kann, dass aber arioser Gesang als solcher in einer semantisch relevanten Opposition zum Rezitativgesang steht und daher etwas grundsätzlich anderes als Rede darstellen muss, etwa innerfiktionalen Gesang auf der Ebene der dargestellten Geschichte, getragenes Gebet, Invokation Diese vierte Auffassung wird Hirten oder Sänger eher als Figuren des Musikdramas akzeptieren als etwa Herrscher oder Philosophen, da es im Leben der Letztgenannten weniger Anlässe für Lieder gibt In dieser Optik ist eben Orpheus die ideale Opernfigur, auch ein Gott wie Apoll ist möglich (und tritt in Rinuccinis Dafne auch tatsächlich in Erscheinung), weil ihm auf der Handlungsebene ariose Gesänge zuzutrauen sind In dem (zwischen 1628 und 1637 entstandenen) anonymen, handschriftlich überlieferten Traktat Il Corago 9 wird diese Ansicht gewissermaßen ins Naive gesteigert Nicht nur sollen nach Auskunft dieser Schrift für weltliche Sujets Götter, Halbgötter, Flussgötter (deren Rede das bloße Sprechen musikalisch übersteigt) oder aber Sängerpersönlichkeiten wie Orpheus bevorzugt werden, sondern auch bei geistlichen Sujets müssen entweder 9 Vgl hierzu vor allem Fabbri 2003, S 61 83_Italienisch_Inhalt.indb 26 19.06.20 16: 36 27 Florian Mehltretter La morte di Orfeo. Wandlungen der Opernpoetik im primo seicento Musiker wie König David oder doch möglichst zeitlich weit von den gegenwärtigen Gebräuchen entrückte Figuren gewählt werden, damit kein Zuschauer den Gesang möglicherweise aufgrund eigener Alltagserfahrung als lächerlich oder aber als unpassend für die Darstellung als unmusikalisch eingeschätzter Figuren empfinde . 10 II Zurück aber zu Monteverdis und Striggios Orfeo Die Musik wird hier bereits im Prolog der Musica zum Thema gemacht, und zwar insbesondere die Macht der Musik über den Affekt: «Io la Musica son, ch’a i dolci accenti / So far tranquillo ogni turbato core, / Et or di nobil ira et or d’amore / Posso infiammar le più gelate menti .» 11 Dabei wird zugleich auf die Fähigkeit der Musik abgehoben, den Affekt auch zu beruhigen («far tranquillo») Das Musiktheater kann also sowohl durch Affektabreaktion («posso infiammar»), also durch homöopathische Katharsis, als auch durch direkte Affektberuhigung, also eine Art allopathische Therapie, zum Ziel der Tragödie im aristotelischen Sinne beitragen: der Affektmoderation (die freilich von der Musik auch direkt, ohne den Umweg über die Darstellung einer Handlung, erreicht werden kann) Orfeo wird gerade an der damit angesprochenen Beherrschung des Affekts scheitern Die fünf Akte der Oper sind thematisch sehr klar aufgebaut: Nach dem rezeptionslenkenden Prolog der Musik, die ihre Macht über die Affekte beschwört, freut sich im I Akt der Sänger Orfeo auf seine Hochzeit mit Euridice, alternierend mit einem potentiell auch tanzenden Chor der Nymphen und Hirten Im II Akt berichtet die eingangs schon erwähnte Botin, dass Euridice beim Blumenpflücken von einer Schlange gebissen worden und gestorben ist Es folgt eine Klage des Orfeo und des Hirten- und Nymphenchores Im III Akt steigt Orfeo mit der allegorischen Figur der Speranza an die Pforte der Unterwelt hinab Speranza muss ihn jedoch dort verlassen, da an der Pforte der Unterwelt, so wie an der Pforte von Dantes Hölle, zu lesen steht: «Lasciate ogni speranza, voi ch’entrate» 12 Dantes Kosmologie des Jenseits wird so in die Welt des klassischen Mythos transponiert, wenngleich nur als Zitat Zugleich wird aus der Spiegelung der Aufschrift über Dantes 10 Vgl Anonym: Il Corago 1983, S 63-64 11 Solerti 1904/ 1969, S 246 12 Solerti 1904/ 1969, S 259, Kursivierung original Vgl Dante: Inferno III, 9 83_Italienisch_Inhalt.indb 27 19.06.20 16: 36 28 La morte di Orfeo. Wandlungen der Opernpoetik im primo seicento Florian Mehltretter Höllentor auf die Ebene der Handlung mit Hilfe der Personifikation der Speranza eine allegorische Szene gewonnen, die ihren Platz eigentlich eher in einer Sacra Rappresentazione als in einem solchen tragödienähnlichen Musikdrama hätte Orfeo kann jedoch nicht über den Fluss Styx hinübergelangen, da der Fährmann Caronte (Charon) keine lebenden Seelen übersetzen will Orfeo gelingt es nun mit einem grandiosen, hochkomplexen Musikstück, Caronte zu besänftigen, sodass dieser sogar einschläft; hier der Beginn des Textes: «Possente spirto e formidabil nume, Senza cui far passaggio a l’altra riva Alma da corpo sciolta in van presume, Non viv’io no, che poi di vita è priva Mia cara sposa, il cor non è più meco E senza cor com’esser può ch’io viva? » 13 Diese Szene ist nicht im strophischen Arienstil, aber auch nicht im Rezitativstil geschrieben Es handelt sich vielmehr dichterisch gesehen um danteske Terzinen, ein Metrum, das einerseits an Dantes Commedia erinnert, andererseits in der Renaissance auch als Metrum der Ekloge, also des antikisierenden Hirtengedichts, verwendet wurde Die Vertonung besteht aus freien, getragenen und stark verzierten, virtuosen Linien über einem in jeder Terzine wiederkehrenden Bass, unterbrochen und begleitet von einer Vielfalt von Instrumenten Sowohl poetisch als auch musikalisch ist diese Szene ohne Vergleich in ihrer Epoche Caronte schläft am Ende dieser Szene ein, nach einem feinen Streicherritornell, das vielleicht Orfeos Harfenspiel darstellen soll Carolyn Abbate und Roger Parker interpretieren dies als gelangweilte Reaktion einer niederen Figur auf die hochmögend elaborierte musikalische Rede des Helden und sehen hier insofern ein Eindringen des Komischen in die Oper . 14 Aber der Text sagt nicht, dass Caronte aus Langeweile einschläft (und vielleicht ist eine solche Interpretation ohnehin anachronistisch) Vielmehr wird Caronte als eindimensionales Unterweltswesen gezeigt, das gänzlich zornige Zurückweisung ist und hier durch die Musik seiner wesentlichen Eigenschaft entkleidet wird Er fällt also unter die im Prolog der Musica genannten Wesen, die durch die Musik besänftigt werden; ihn zum Schlafen zu bringen, ist die supreme Form solcher Besänftigung, und Orfeo erkennt denn auch in seiner unmittelbar folgenden Replik im Schlaf Carontes den Erfolg seiner Musik 13 Solerti 1904/ 1969, S 260-261 14 Vgl Abbate/ Parker 2012/ 2015, S 48 83_Italienisch_Inhalt.indb 28 19.06.20 16: 36 29 Florian Mehltretter La morte di Orfeo. Wandlungen der Opernpoetik im primo seicento Oft wurde diskutiert, warum Orfeo vor Caronte und nicht vor Pluto und Proserpina singt Hier ist Barbara Russano Hanning dahingehend zuzustimmen, dass Orfeos Triumph als Sänger und die Konfrontation mit dem anschließenden Verlust Euridices in zwei verschiedenen Akten erfolgen, um Letzteres weniger als Schwerpunkt der Handlung erscheinen zu lassen: Orfeo scheitert zwar (vielleicht tragisch), aber das Entscheidende ist, wie schon im Prolog angekündigt, die Macht seiner Musik, die in der Mitte einen Akt quasi für sich hat . 15 Im Übrigen sagt Proserpina am Anfang von Akt IV, dass sie und ihr Gemahl das Lied vernommen haben . 16 Im IV Akt dringt Orfeo tiefer in die Unterwelt ein Proserpina erweicht ihren Gatten Pluto, Orfeo seine Euridice wiederzugeben In ihrer Rede wird neben Orfeos Gesang vor allem das Argument der liebenden Verbundenheit betont Pluto willigt ein, stellt aber die bekannte Bedingung: Euridice muss hinter Orfeo hergehen, ohne dass dieser sich vor dem Erreichen der Oberwelt nach ihr umsehen darf; er muss also gerade den Liebesaffekt, um dessentwillen er sie zurückerhält, beherrschen Orfeo und Euridice machen sich auf den Weg, aber der thrakische Sänger dreht sich nach einiger Zeit doch um, und zwar, wie der Text zu erkennen gibt, aus zwei Gründen: Erstens kann er seinen Affekt, seine Liebe, nicht im Zaum halten und verstößt so gegen die Tugendauffassung der Mäßigung Zweitens aber misstraut er den Göttern - eine vielleicht hochmütige Fehleinschätzung Im V Akt verzweifelt Orfeo, wird aber von seinem Vater Apollo getröstet und in einer Apotheose zum Himmel empor geführt Striggio und Monteverdi überbieten mit ihrem Orfeo in vielerlei Hinsicht die mythosgleiche frühere Oper Euridice von Rinuccini und Peri aus dem Jahr 1600 Bernhard Huss schärft den Unterschied zwischen den beiden Opern dergestalt, dass Rinuccini/ Peri die neue Intermedialität der Oper um die Figur des Orpheus fokussieren, während Striggio/ Monteverdi eher die «Konkurrenz von Musik und Text» inszenieren und anstelle der Sängerfigur Orpheus den Komponisten Monteverdi in den Mittelpunkt stellen . 17 Huss weist darauf hin, dass Orfeo selbst ja an seinem Übermaß an Affekt scheitert und so der Komponist als derjenige erscheinen kann, der im Unterschied 15 Vgl Russano Hanning 1980, S 55 16 Vgl Solerti 1904/ 1969, S 264 17 Vgl Huss 2010, S 61-62 Rinuccinis und Peris Orfeo ist der mythische Träger der musikalischen Affekterregung, die über die bei den Unterweltsherrschern ausgelöste Empathie mit seinem Leiden das gute Ende ermöglicht (vgl ebd ., S 72) Demgegenüber inszenieren, so Huss, Striggio/ Monteverdi ihren Orfeo als einen Scheiternden: Er löst zwar ebenfalls Affekt aus, beherrscht aber die affektische Komponente der Musik und seines Selbst nicht souverän, sondern scheitert in der Hades-Szene an seinem unbeherrschten Affekt 83_Italienisch_Inhalt.indb 29 19.06.20 16: 36 30 La morte di Orfeo. Wandlungen der Opernpoetik im primo seicento Florian Mehltretter zum Sänger über die Macht der Musik tatsächlich frei verfügen kann . 18 Dementsprechend wäre der Moment der großen Arie des Orfeo die Selbstinszenierung des Komponisten jenseits seiner scheiternden Figur Dieser verlockenden und inspirierenden Deutung soll hier nicht direkt widersprochen werden, es gilt jedoch relativierend zu beachten, dass das Gebet an Caronte nicht nur kompositorisch auffällig ist, sondern auch und gerade sängerisch Die Originalpartitur enthält zwei Versionen der Singstimme, eine unverzierte und eine verzierte, die vielleicht über die bei der Uraufführung gesungene Version Auskunft gibt Die Partitur betont in dieser Gegenüberstellung von einfacher Struktur und komplexer virtuoser Ausführung den Beitrag des Sängers (des) Orfeo Dieser Beitrag des Vokalen besteht aus mindestens zwei Komponenten: einerseits aus dem hohen Anspruch und der schwindelerregenden Kühnheit der schnellen Passagen, die zugleich auf einem sehr weit gespannten, ruhigen und souveränen Atem gedacht scheinen; andererseits aus der spezifisch sängerischen Modellierung des Affekts in Figuren, die der Stimme besondere Emotionalität ermöglichen Orfeo scheitert insofern nicht an seiner sängerischen Emotionalität; er wird aber sehr wohl in seinem späteren Handeln an der lebenspraktischen Emotionalität scheitern, die vielleicht zum Teil jener zu Grunde liegt: Sein Triumph wäre so gesehen auf etwas erbaut, das diesen zugleich zerstört Orfeo ist insofern in der Tat eine gebrochene Gestalt, wenngleich nicht in künstlerischer, sondern in affektiver Hinsicht Wer aber, wenn nicht der Komponist, ist hier sozusagen der Gewinner? Es ist der Zuschauer, die Zuhörerin Ihnen wird angeboten, über die durch Musik und Gesang allererst ermöglichte emotionale Identifikation ein Zuviel an Affekt abzureagieren und in einem zweiten Schritt auf Distanz zu diesem ‘beinahe tragischen’ Helden zu gehen, und dies gelingt eben gerade durch die Macht des Gesangs, die diesen Affekt bei den Zuhörenden auslösen kann Was nun aber den sicherlich von vielen geteilten Eindruck betrifft, der Komponist inszeniere sich in Konkurrenz zum Textautor als eigentliche Macht dieses Kunstwerks, so steht dem noch etwas anderes im Wege: Es ist zu betonen, dass die Oper im frühen 17 Jahrhundert als musiko-literarische Gattung noch nicht existiert; vielmehr ist die Musik ein Aspekt der Aufführung eines Dramentextes Der Komponist kann also schon gattungsgeschichtlich nicht als Autor eines Werks in Erscheinung treten Dem scheint auf den ersten Blick entgegenzustehen, dass wohl Monteverdi, nicht aber Striggio auf dem Titelblatt des originalen Partiturdrucks vermerkt ist Hier gilt es jedoch auf den einzelnen Buchstaben zu achten Es heißt dort: «L’Orfeo, favola in musica, da Claudio Monteverdi rappresentata 18 Vgl Huss 2010, S 77 83_Italienisch_Inhalt.indb 30 19.06.20 16: 36 31 Florian Mehltretter La morte di Orfeo. Wandlungen der Opernpoetik im primo seicento in Mantova l’Anno 1607 .» 19 Es steht dort mithin nicht ein genitivisches ‘di Claudio Monteverdi’, sondern Monteverdi ist durch die Präposition da als Agens, als Verantwortlicher und treibende Kraft der Aufführung kenntlich gemacht Ein Textautor ist zugegeben zwar nicht angegeben, aber auch Monteverdi gewinnt nicht den Status eines Autors Vielmehr ist die Partitur Bericht über eine besondere, von Monteverdi verantwortete Aufführung, deren wichtigster Bestandteil die Musik ist Der musikalische Anteil des Musiktheaters ist in diesem Abschnitt der Operngeschichte noch nicht Werk, sondern Modus der Aufführung, selbst wenn er von einem so bedeutenden Musiker wie Monteverdi erarbeitet worden ist, und an diesem Aufführungsmodus hat im Übrigen auch der Sänger der Partie des Orfeo starken Anteil Orfeos Gebet an Caronte ist der zentrale Augenblick von Striggios und Monteverdis Oper Die Steigerung der vokalen und instrumentalen Virtuosität, der Tonumfang, die Ausführlichkeit heben diesen Moment des Gesangs über das übliche Maß hinaus, denn Orpheus ist in einem höheren Sinne Sänger als etwa die ihn umgebenden Hirten oder Götter Um diesem Unterschied Profil zu geben, schaffen Monteverdi und Striggio in Orfeos Terzinengebet «Possente Spirito» innerhalb des Gesangsvortrags des Dramas einen hoch aufwendigen Über-Gesang als Mimesis von ‘orphischem’ Gesang Orpheus ist mithin die emblematische Figur einer Opernpoetik, die noch nicht konsequent und durchgängig ihr zentrales Medium, den musikalisch gestalteten Gesang, als Mimesis von Rede vorsieht, sondern den Gesang (auch) als Element der dargestellten Welt ansetzt III Aber schon wenige Jahre nach Striggio und Monteverdi ‘stirbt’ Orpheus Die Oper La morte di Orfeo des Römers Stefano Landi (1619) besingt den Tod des Orpheus und bedeutet zugleich auch das Ende dieser gattungspoetischen Konstellation des frühen 17 Jahrhunderts Der Untertitel lautet «tragicommedia pastorale» und evoziert so die Gattungsbezeichnung von Guarinis Pastor fido Damit ist im Prinzip die Möglichkeit eröffnet, das pastoral-mythologische Modell, das der frühen Oper zu Grunde liegt, auf Guarinis komplexe Form der Tragikomödie auszuweiten Dabei aktualisiert der Text ein Potential des Begriffs ‘Tragikomödie’, das bei Guarini noch dezidiert ausgespart war: echte Komik, hier in Form parodistischer Brüche 19 Striggio/ Monteverdi 1609, Titelblatt 83_Italienisch_Inhalt.indb 31 19.06.20 16: 36 32 La morte di Orfeo. Wandlungen der Opernpoetik im primo seicento Florian Mehltretter Orfeo feiert, lange nach den von Monteverdi und Striggio dargestellten Begebenheiten, seinen Geburtstag und lädt dazu zahlreiche Götter ein Aber er unterlässt es, Bacchus zum Bankett zu bitten Aus diesem Grunde wird er von den Mänaden und Priesterinnen des Weingottes zerrissen Nun zum zweiten Mal an der Pforte der Unterwelt, will er als echter Toter legitim Eingang in das Reich der Toten erhalten Aber Caronte, der auch etwas sekkiert ist vom wiederholten Vorsprechen dieses Orfeo, verwehrt der zerrissenen, nicht ordnungsgemäß begrabenen Leiche abermals den Zutritt Stattdessen fordert er ihn in einem fröhlichen Trinklied auf, vom Lethefluss zu trinken Caronte, der bei Monteverdi und Striggio Objekt von Orfeos musikalischer Faszinationskunst ist, singt hier also selbst ein Lied, und zwar ein komisches: «Beva, beva securo l’onda, / che da Lete tranquilla inonda; beva, beva chiunque ha sete / il sereno liquor di Lete Non più affanni, / non più morte, / non più sorte; / privo di doglia, / pien di piacere, / venga, chi ha sete, a bere .» 20 Caronte ist von seiner Figurencharakteristik her kein Sänger, und der Umstand, dass er im Gespräch mit Orfeo ein Trinklied anstimmt, wird (jenseits des allgemeinen Themas des Lethetrunks) auch nicht speziell auf der Handlungsebene gerechtfertigt Das Problem, das in den Opern der ersten Generation Figuren wie Orpheus und Apoll zu bevorzugten Helden machte, scheint hier nicht mehr zu bestehen Damit verflüchtigt sich auch der einzigartige Status des Orpheus, als Sänger aufzutreten In der Tat wird das siebzehnte Jahrhundert Staatsmänner, Feldherren, Kaiserinnen und Philosophen singend auf die Bühne bringen, zunächst unter der Lizenz des Regelbruchs, später in Anerkennung der Idee einer Musik als differente Darstellung von Rede, die nicht selbst Rede bleiben muss, sondern Gesang sein darf Orfeo begehrt, Euridice zu sehen Aber diese hat selbst bereits von der Lethe getrunken und erkennt ihn nicht mehr Orfeo nimmt daraufhin auch einen Schluck und vergisst sie ebenfalls Er wird von Apollo in den Himmel erhoben Der Text beantwortet so auf komische und stoische Weise die bei Striggio (und Monteverdi) nicht überzeugend gelöste Frage, wie der zum Himmel Erhobene damit leben könne, dass seine Eurydike im Hades bleibt: Der Affekt beider hat sich in Vergessen aufgelöst, ist überwunden Diese parodistische Herangehensweise an den Mythos könnte man im Zusammenhang mit Francesco Bracciolinis ein Jahr zuvor (1618) veröffentlichtem Lo scherno degli Dei und einer neuen Mode des Spotts über antike Götter 20 Landi 2009, S 30 83_Italienisch_Inhalt.indb 32 19.06.20 16: 36 3 3 Florian Mehltretter La morte di Orfeo. Wandlungen der Opernpoetik im primo seicento sehen Mag auch die mythologische Parodie als solche für spätere Opern eine geringere Rolle spielen, so ist doch die auf dieser Grundlage realisierte komische Ambiguisierung des Helden für die italienische Oper ab der Jahrhundertmitte wegweisend In jedem Falle ist Landis Orfeo nicht mehr in erster Linie der mythische Sänger und Garant der Möglichkeit von Oper, sondern eine tragikomische Gestalt wie viele andere Orpheus als emblematischer Held der Oper um 1600 ‘stirbt’ 1619 in dieser bereits zu einer neuen Konstellation gehörenden Morte di Orfeo Abstract. Orfeo è l’eroe emblematico delle prime opere liriche, come testimoniano le opere di Peri/ Rinuccini (1600) e Monteverdi/ Striggio (1607), delle quali è protagonista Questa posizione chiave del cantore trace è dovuta in parte a una certa ambivalenza interpretativa del concetto di mimesi intorno al 1600, che l’articolo ricostruisce sulla base delle fonti teoriche contemporanee Con La morte di Orfeo (1619) di Stefano Landi si arriva, invece, a una nuova costellazione, che può essere descritta come la ‘morte’ di questo particolare tipo di protagonista Summary. Orpheus is the emblematic hero of early opera, as witnessed by the Orpheus operas by Peri/ Rinuccini (1600) and Monteverdi/ Striggio (1607) The key position of the Thracian singer is due in part to a certain ambiguity in the interpretation of the concept of mimesis around the year 1600, which the article reconstructs on the basis of contemporary theoretical sources With Stefano Landi’s La morte di Orfeo (1619), however, a new constellation is reached, which may be described as the ‘death’ of this particular type of protagonist Bibliographie Abbate, Carolyn/ Parker, Roger: A History of Opera The Last Four Hundred Years, Harmondsworth: Penguin 2015 Anonym: Il Corago ovvero Alcune osservazioni per metter bene in scena le composizioni drammatiche, hrsg v Paolo Fabbri u Angelo Pompilio, Firenze: Olschki 1983 Badoaro, Giacomo: Ulisse errante, Venezia 1644 Fabbri, Paolo: Il secolo cantante Per una storia del libretto d’opera in Italia nel Seicento, Roma: Bulzoni 2003 Galilei, Vincenzo: Dialogo della musica antica et della moderna, Firenze 1581 83_Italienisch_Inhalt.indb 33 19.06.20 16: 36 3 4 La morte di Orfeo. Wandlungen der Opernpoetik im primo seicento Florian Mehltretter Huss, Bernhard: «Orpheus redivivus Des Sängers Tradition und seine Wiederauferstehung in der Geburtsstunde der Oper», in: Armen Avanessian et al (Hrsg .): Die Erfahrung des Orpheus, München: Fink 2010, S 61-82 Landi, Stefano: La morte di Orfeo, Libretto, hrsg v Dario Zanotti, www .librettidopera it/ zpdf/ mortedorfeo .pdf, 2009, konsultiert am 08 .02 .2020 Russano Hanning, Barbara: Of Poetry and Music’s Power Humanism and the Creation of Opera, Ann Arbor: UMI Research Press 1980 Sbarra, Francesco: Alessandro vincitore di se stesso, Venezia 1651 Segni, Agnolo: Ragionamento sopra le cose pertinenti alla poetica [ . . .] in quattro lezioni lette da lui nell’Accademia Fiorentina, Firenze 1581 Solerti, Angelo (Hrsg .): Gli albori del melodramma, 2 Bde ., 1903, Nachdruck Hildesheim: Olms 1969 Striggio, Alessandro/ Monteverdi, Claudio: L’Orfeo, Venezia 1609 Striggio, Alessandro/ Monteverdi, Claudio: L’Orfeo, siehe: Solerti 1903/ 1969 83_Italienisch_Inhalt.indb 34 19.06.20 16: 36