Italienisch
ita
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Narr Verlag Tübingen
10.2357/Ital-2020-0016
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Fesenmeier Föcking Krefeld OttZum 80. Geburtstag von Winfried Wehle
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120 Mitteilungen Zum 80. Geburtstag von Winfried Wehle Über Winfried Wehle in der Zeitschrift Italienisch zu schreiben, heißt eigentlich Eulen nach Athen tragen Schließlich ist Wehle, der seit 1998 Mitglied des wissenschaftlichen Beirates ist und von 2000 bis 2001 Mitherausgeber der Zeitschrift war, ihr nach wie vor eng verbunden Wehle gehört zu jenen Romanisten, die das Gesicht der deutschen Italianistik entscheidend geprägt und ihre internationale Wahrnehmung entschlossen vorangetrieben haben Winfried Wehle studierte Romanistik, Germanistik, Philosophie und Kunstgeschichte in Tübingen, Paris (Sorbonne) und Urbino und wurde 1970 in Tübingen mit einer Arbeit über den Nouveau Roman promoviert, 1 bevor er sich 1978 in Bonn mit einer Untersuchung über die französische und italienische Renaissancenovellistik 2 habilitierte und noch im selben Jahr auf den Lehrstuhl für Romanische und Allgemeine Literaturwissenschaft der Universität Eichstätt berufen wurde In dieser Zeit begann auch seine Forschertätigkeit als Mitglied der Forschungsgruppe Romanistisches Kolloquium, aus der von ihm herausgegebene Standardwerke zu Lyrik und Malerei der Avantgarde, zur Romantik und zum Fin de Siècle hervorgingen 1991 begann er für die Frankfurter Allgemeine Zeitung Neuerscheinungen und Übersetzungen aus dem Französischen und Italienischen zu rezensieren - eine Tätigkeit, die er bis 2013 fortführte Wer die 2012 erschienene Sammlung ausgewählter Rezensionen (Wann bin ich schon ich: ein Album literarischer Nahaufnahmen des 20 Jahrhunderts 3 ) liest, merkt sofort, dass Wehle selbst ein begnadeter Sprachkünstler ist, der den von ihm besprochenen Autor*innen in Wortgewandtheit und Sprachwitz in nichts nachsteht Stets darum bemüht, die Fabulierkunst und Originalität der rezensierten Werke durch sprachliche Äquivalente nachzuschaffen, weiß er hier zugleich seine Kritik an Formelhaftigkeit und Klischeehaftigkeit spitz zu formulieren («Lebensabschnittlust»; «Die Natur denkt links») «Wer liest, lebt mehr», schreibt Wehle, dessen größtes Anliegen es seit jeher ist, zu zeigen, dass Literatur immer mit den großen Fragen des Menschlichen zu tun hat: selbst und umso mehr in einer Zeit, in der der Begriff des Menschen als Individuum, als einheitliches ‘Ich’ ins Wanken geraten ist Das anthropologische Grunddilemma, wie sich die Bedürfnisse der Emotionen mit jenen des Verstandes in Übereinstimmung bringen lassen, wird in der 1 Französischer Roman der Gegenwart Erzählstruktur und Wirklichkeit im Nouveau Roman, Berlin: Erich Schmidt Verlag 1972 2 Novellenerzählen Französische Renaissancenovellistik als Diskurs, München: Fink 1981 3 Würzburg: Königshausen und Neumann . DOI 10. 23 57/ Ital-2020 - 0 016 83_Italienisch_Inhalt.indb 120 19.06.20 16: 36 121 Mitteilungen Literatur, wie Wehle zeigt, immer wieder neu und anders zur Sprache gebracht Einer, der literarische Nahaufnahmen schreibt, will auch im Universitätsbetrieb nicht im Elfenbeinturm sitzen Dass die Anliegen der Literatur auch interdisziplinär und vor einer nicht nur akademischen Öffentlichkeit besprochen werden können, zeigte Wehle mit seinem Literaturtag, den er seit 1987 jährlich veranstaltete Da ging es um das Meer, um Literarische Bergbesteigungen, um Geschichten und Bilder; um Boccaccio, Leopardi und um Verdi Das Modell des Literaturtages wurde an vielen anderen Universitäten übernommen Als Forscher widmete sich Wehle zunächst der französischen Literatur Sein Buch zum Nouveau roman machte Furore, 4 weil es einen damals hochaktuellen literarischen Trend besprach Sein Buch zum Novellenerzählen bespricht Klassiker der französischen Renaissance (und denkt Boccaccio natürlich immer mit) und erscheint uns heute aktueller denn je, da er als erster den Habermas’schen Diskursbegriff auf die Novellistik anwendete Mit seinem Buch zu Dantes Vita Nuova (Dichtung über Dichtung Dantes «Vita Nuova»: die Aufhebung des Minnesang im Epos 5 ) legte Wehle dann 1986 ein Buch vor, das die metapoetischen Aspekte von Dantes Prosimetrum erstmals systematisch untersuchte Vor allem im Kontext der vorwiegend philologisch ausgerichteten italienischen Dantistik wurde damit ein ganz neuer Ton angeschlagen, ging es doch hier um die Frage, zu welchem Zweck ein junger Dichter die Frechheit hat, seine eigenen Dichtungen zu kommentieren, als handle es sich um einen Klassiker Lange vor Albert Russell Ascoli zeigt Wehle die Selbstautorisierungsstrategien auf, mit denen Dante sich an die Spitze einer neuen poetischen Bewegung setzt, und entschlüsselt die chiffrierte Sprache seiner Metapoesie Unter dem Titel Poesia sulla poesia: «La Vita Nova», una scuola d’amore «novissimo» erschien das Buch 2014 auch auf Italienisch . 6 Einen weiteren wichtigen Forschungsschwerpunkt stellt für Wehle das ‘Wunschland Arkadien’ dar: Hierhin kehrte er zwischen 1987 und 2008 immer wieder zurück Nicht umsonst, denn die Konflikte jener Schäfer, die hier ihr emotionales Leid dichtend zu bewältigen suchen, waren der beste Beweis für seinen anthropologischen und metapoetischen Ansatz In der Renaissance geriet die bukolische Traumwelt zum utopischen Entwurf eines alternativen Lebens fernab der höfischen Kultur mit ihren Geboten von rationaler Kontrolle, Simulation und Dissimulation Wehle zeigt, auf welche 4 Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1980 5 München: Fink 1986 6 Firenze: Franco Cesati Editore 83_Italienisch_Inhalt.indb 121 19.06.20 16: 36 122 Mitteilungen Weise die Literatur und das Nachdenken über ihre Bedingungen mit einer anthropologischen Reflexion über den Konflikt zwischen dem (höfischgesellschaftlichen) Vernunftprinzip und dem Begehrensprinzip einhergehen In Italien und Frankreich wird Wehle insbesondere als Spezialist für die Literatur der Avantgarden geschätzt; davon zeugen auch seine zahlreichen in italienischer und französischer Sprache publizierten Artikel Aber auch zu Leopardis Infinito, zu Vicos Scienza nuova und zu Boccacios Decameron liegen italienische Publikationen vor Die historische und thematische Bandbreite seiner Veröffentlichungen zeigt, dass er immer die gesamte italienische Literaturgeschichte im Blick hat Sein eigentliches Zuhause sei die Sprache gewesen, schreibt Wehle über Torquato Tasso in einem 1997 erschienenen Essay: Torquato Tasso, Sprachritter, herausgegeben von der Frankfurter Stiftung für deutsch-italienische Studien Was auf den Autor der Gerusalemme liberata und des Aminta zutrifft, ist auch für seinen Interpreten Wehle wahr In seinen Forschungen geht es immer wieder um die kreative und befreiende Leistung der literarischen Sprache, ihren Kampf gegen überkommene diskursive Verkrustungen Dabei meidet Wehles eigene Prosa die Plastikwörter der Drittmittelrhetorik ebenso wie die neuesten Zauberworte des Wissenschaftsbetriebs Seine Sprache ist jargonfrei, zugleich aber höchst anspruchsvoll Als Mitherausgeber der Zeitschrift Italienisch setzte Wehle neue Akzente, indem er 1995 ein Heft mit einem thematischen Schwerpunkt herausgab und diesen Italienischen Bestsellern der neunziger Jahre widmete . 7 Das war ein deutliches Bekenntnis zu einer Ausweitung des literarischen Kanons - die freilich perfekt zu der programmatisch weiten Ausrichtung der Zeitschrift passte In seinem Beitrag zu Luciano De Crescenzos Bestseller Croce e delizia zeigt Wehle, wie auch ein Unterhaltungsroman zum Medium der Reflexion über das Verhältnis von Fiktion und Wirklichkeit werden und wie der selbstreflexive Trend der Gegenwartsliteratur auch etwas über die Problematiken der ‘hohen’ Literatur aussagen kann Dass es ihm keineswegs nur um die italienische Literatur, sondern auch um eine literatur-, kultur- und sprachwissenschaftliche Perspektive auf die italienische Gesellschaft und die Verflechtungen von Kultur und Politik geht, zeigt auch das Thema des von Wehle 1999 in Eichstätt veranstalteten Italianistentages: Italianità Die in Italienisch von Beginn der Zeitschrift an geleistete Integrationsarbeit, die fachwissenschaftliche, fachdidaktische und landeskundliche Aspekte vereint, wurde von Winfried Wehle überzeugt mitgetragen Unter Reinhold R Grimms und seiner Ägide - Wehle war von 1997 bis 2001 Vorsitzender 7 Nr 34/ November 1995 83_Italienisch_Inhalt.indb 122 19.06.20 16: 36 123 Mitteilungen des Deutschen Italianistenverbandes - wurde der Italianistenverband gegen teilweise heftigen Widerstand mit dem Fachverband Italienisch in Wissenschaft und Unterricht vereinigt Auch dadurch wurde das Gesicht der Zeitschrift nachhaltig geprägt Als Vorsitzender der Deutschen Dante-Gesellschaft (2005-2013) schließlich führte Wehle den Brauch ein, die Jahrestagungen immer einem festen Thema zu widmen und erfand dafür so schöne Titel wie Das Maß der Schönheit, Dante und die Dantezeit oder Die poetische Wissenschaft von der Liebe Seit 2006 lehrt Wehle als assoziierter Professor an der Universität Bonn und wirkt mit in der Trinationalen Doktorandenschule «Italianistica» der Universitäten Bonn, Florenz und Paris-Sorbonne . Für sein Wirken wurde Winfried Wehle vielfach ausgezeichnet . 2008 verlieh ihm die Stadt Florenz den Fiorino d’Oro; seit 2010 ist er Ehrenmitglied der- Società Dantesca Italiana und seit 2018- Ehrenmitglied der Société d’Histoire Littéraire de la France (Paris) Winfried Wehles bleibendes Verdienst ist es, in Forschung, Lehre und Wissenschaftsorganisation den Facettenreichtum der italienischen Literatur und Kultur in Deutschland zur lebendigen Präsenz gebracht, aber auch in Italien Gehör gefunden zu haben als deutsche Stimme Italiens Paul Geyer/ Christine Ott Call for Papers Convegno internazionale di studi: Buzzati e il confine, Accademia di studi italo-tedeschi di Merano (BZ), 15-16 gennaio 2021 In occasione del cinquantesimo anniversario della scomparsa di Dino Buzzati (Belluno 1906 - Milano 1972), l’Associazione Internazionale Dino Buzzati si fa promotrice di una serie di iniziative scientifiche in programma tra il 2021 e il 2022 Per i giorni 15-16 gennaio 2021 l’Associazione promuove presso la sede dell’Accademia di studi italo-tedeschi di Merano il convegno internazionale di studi Buzzati e il confine Il convegno prevede la partecipazione di dodici relatori Gli interventi riguarderanno in primo luogo i rapporti di Buzzati con il confine e in particolare con il mondo e la cultura di lingua tedesca Scopo dell’iniziativa sarà da una parte lo studio di come Buzzati si sia confrontato con la realtà tedescofona, così vicina, al di là del confine settentrionale, con la letteratura, con il patrimonio culturale e con le vicende storiche della Germania, dell’Austria e della Svizzera e, dall’altra parte, un’indagine parallela sulla maniera in cui DOI 10. 23 57/ Ital-2020 - 0 017 83_Italienisch_Inhalt.indb 123 19.06.20 16: 36