Vox Romanica
vox
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
10.2357/VOX-2017-009
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2017
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Kristol De StefaniRudolf Hallig und der Atlas linguistique de la Lozère
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2017
Sandra Hajek
Guido Mensching
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207 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Rudolf Hallig und der Atlas linguistique de la Lozère Rudolf Hallig und der Atlas linguistique de la Lozère Sandra Hajek/ Guido Mensching (Göttingen) Résumé: Le but du présent article est de rappeler à la mémoire et d’analyser l’Atlas linguistique de la Lozère (ALLo) de Rudolf Hallig (1902-64). Cette œuvre, qui se base sur des enquêtes de terrain réalisées de 1932 à 1934 et qui forma la thèse d’habilitation de son auteur en 1948 à Göttingen, est restée inédite. Il n’en existe qu’un seul exemplaire, conservé au laboratoire Analyse et traitement informatique de la langue française (ATILF) à Nancy. Après avoir présenté les données biographiques de Rudolf Hallig et la conception de son atlas, nous procédons à une analyse comparée de l’ALLo et du Petit atlas linguistique discursif du Gévaudan (1970) de Charles Camproux, qui inclut lui aussi le territoire de la Lozère. Notre analyse montre que l’atlas synthétique et interprétatif de Camproux et celui de Hallig, qui consiste en cartes individuelles suivant la méthodologie gilliéronienne, sont des œuvres complémentaires qui présentent chacune ses avantages. Cependant nous mettrons en relief l’importance de la contribution de Hallig aussi bien en phonétique historique-diatopique qu’en lexicologie occitanes ainsi que la grande expertise de ce philologue-géographe, dont l’ouvrage comporte, entre autres, un réseau de localités d’enquête équidistantes et l’indication de toutes les formes recueillies sur 2485 cartes. Keywords: Rudolf Hallig (1902-1964), Charles Camproux (1908-1994), Lozère, Occitan, Linguistic atlases, Geolinguistics, Dialectology 1. Einleitung Rudolf Hallig (1902-1964) ist in der Romanistik aufgrund seiner Mitarbeit am Französischen Etymologischen Wörterbuch (FEW) und insbesondere durch das zusammen mit Walther von Wartburg entwickelte Begriffssystem als Grundlage für die Lexikographie (H allig / W artburg 1952, 2 1963) wohlbekannt. Weitestgehend unbemerkt geblieben bzw. in Vergessenheit geraten sind hingegen seine Arbeiten zu den okzitanischen (genauer: languedokischen) Dialekten der Lozère. Es handelt sich um den Sprachatlas des Departements Lozère und der angrenzenden Kantone der Departemente Gard und Ardèche (ALLo), der seine Habilitationsschrift von 1948 darstellt und bis heute unveröffentlicht geblieben ist. Die einzige erhaltene Kopie des Atlasses ist gemeinsam mit dem FEW im Jahr 1993 von Basel nach Nancy transferiert worden, Sandra Hajek/ Guido Mensching 208 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 wo sie sich in den Beständen des Forschungszentrums Analyse et traitement informatique de la langue française (ATILF) befindet 1 . Mit der Person Halligs hat sich unserer Kenntnis nach zuletzt Frank-Rutger H aus mann 1994 beschäftigt; die letzte Durchsicht des Atlasses stammt wohl von Jean- Pierre C Hambon 2003. Eine genauere Darstellung und Analyse des Atlasses liegt bis heute nicht vor und soll - soweit dies in dem begrenzten Umfang eines Zeitschriftenartikels möglich ist - hier vorgenommen werden. Hierbei bietet es sich an, Halligs Atlas mit dem Petit atlas linguistique discursif du Gévaudan von Charles C amproux 1970 zu vergleichen, welcher das Gebiet der Lozère mit einschließt und ebenfalls kartographisch erfasst, worauf bereits C Hambon 2003 hingewiesen hat. Ziel dieses Beitrags ist es also, Halligs Sprachatlas etwas detaillierter als bisher darzustellen und zu würdigen, auch im Hinblick auf die Frage, ob sich die Publikation des Atlasses (bzw. in der heutigen Zeit dessen Digitalisierung) heute noch lohnt - ein Plädoyer hierfür hielt zuletzt Helmut Peter Schwake 1967 auf dem 5 e Congrès international de langue et littérature d’oc et d’études franco-provençales (publiziert als s CHWake 1974). Im Folgenden werden wir zunächst in Abschnitt 2 kurz in das Leben und Werk Rudolf Halligs einführen und uns unter 3 dann mit dem wissenschaftsgeschichtlichen Kontext, dem Ortsnetz und der Erhebungsmethode sowie der Rezeption des Hallig’schen Sprachatlasses beschäftigen. In Abschnitt 4 folgen dann ein allgemeiner Vergleich mit dem Atlas von Camproux, eine konkrete vergleichende Analyse der Behandlung der dialektalen Resultate von lateinisch nŏcte in beiden Werken sowie einige Überlegungen zum lexikologischen Ertrag der beiden Atlanten. In einem kurzen Fazit fassen wir die Ergebnisse zusammen und erwägen die Frage nach der Publikationswürdigkeit von Halligs Lozère-Atlas. Es darf bereits an dieser Stelle verraten werden, dass wir hierbei nach der Analyse zu einem positiven Ergebnis kommen. 2. Leben und Werk Rudolf Halligs Rudolf Hallig wurde am 12. April 1902 in Löbau (Sachsen) geboren 2 . Nach seiner Schulausbildung besuchte er das Lehrerseminar zu Annaberg im Erzgebirge und über- 1 Wir danken Hans Goebl, der die Geschichte des Atlasses kannte und uns auf dessen Verbleib aufmerksam machte. Ihm gilt auch unser Dank für die Beschaffung einiger Materialien und die Durchsicht einer Vorversion dieses Artikels. Weiterhin danken wir Éva Buchi und Yan Greub vom ATILF , die uns Einsicht in den Atlas gewährten. Unser wissenschaftliches Interesse an diesem Thema weckte eine Anfrage von Jean-Claude Bouyard (Aix-en-Provence), der uns auf Halligs Sprachatlas hinwies und die Frage nach einer Publikation bzw. Digitalisierung aufwarf und dem an dieser Stelle ebenfalls gedankt sei. Schließlich sei noch zwei anonymen Gutachtern gedankt, aufgrund deren wertvoller Hinweise der Artikel in einigen Punkten verbessert werden konnte. 2 Die folgende Darstellung stützt sich im Wesentlichen auf die Beiträge von k uHn 1965 und H ausmann 1994 sowie den Eintrag zu Rudolf Hallig im Stammbaum der Freiburger Romanistik- 209 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Rudolf Hallig und der Atlas linguistique de la Lozère nahm eine kurze Tätigkeit als Volksschullehrer. Im Anschluss begann er sein Studium der Fächer Englisch, Französisch und Geographie in Leipzig mit Studienaufenthalt in Paris und schloss es im Jahr 1930 mit der Staatsprüfung ab. 1931 wurde er wissenschaftlicher Assistent und Lektor für die französische Sprache am Romanischen Seminar der Universität Leipzig. Dort arbeitete er unter anderem am FEW unter der Leitung Walther v. Wartburgs (1888-1971), zu dessen treuesten Schülern (H ausmann 1994: 609) er zeitlebens zählte 3 . 1933 promovierte er bei Wartburg mit seiner Arbeit über Die Benennungen der Bachstelze in den romanischen Sprachen und Mundarten. In den Jahren 1932 bis 1934 erhob Hallig Dialektdaten im französischen Departement Lozère zur Erstellung eines Sprachatlas des Departements Lozère und der angrenzenden Kantone der Departemente Gard und Ardèche (frz. Atlas Linguistique de la Lozère, ALLo) 4 . 1936 übernahm er auf Vermittlung durch Walther v. Wartburg eine Gastdozentur an der Universität Chicago 5 . 1939 trat er in den Kriegsdienst ein und kehrte nach Gefangenschaft als Schwerkriegsbeschädigter zurück. Von Oktober 1947 bis März 1959 war Rudolf Hallig planmäßiger Lektor für Französisch an der Universität Göttingen, wo er sich - nunmehr 14 Jahre nach Beendigung seiner sprachgeographischen Feldforschung - im Jahr 1948 mit einem Teil der Materialien des ALLo unter der Ägide von Wilhelm Kellermann (1907-1980) habilitierte (seine Dialektaufnahmen aus den Jahren 1932 und 1933 hatte er eigenhändig auf insgesamt 2485 Karten übertragen und auf 10 Bände verteilt, von denen jeweils zwei Kopien erstellt wurden) 6 . Die für den ALLo erhobenen Dialektdaten verarbeitete er zudem in seinem «Beitrag zur Kenntnis des Departements Lozère und seiner Mundarten» (H allig 1952). Daneben publizierte er weitere Aufsätze zu Themen der französischen Sprachgeographie und der Toponomastik (cf. H allig 1970a, posthum von seinem Freiburger Assistenten H. P. Schwake herausgegeben). Neben seinen sprachprofessoren (http: / / www.romanistik.uni-freiburg.de/ geschichte/ Hallig.html). In einigen Fällen (cf. infra) weichen die Angaben H ausmanns 1994 von den anderen beiden Quellen ab. 3 Hallig zeichnete unter anderem die Karten zu Wartburgs Die Ausgliederung der romanischen Sprachräume (1950 [1936]) sowie die stummen Karten zum FEW und stellte Wartburg für dieses zudem seine Daten zu den Dialekten des Departements Lozère zur Verfügung (cf. H allig 1952: 243). 4 Die Sigle ALL o (als Abkürzung für Atlas linguistique de la Lozère et des cantons limitrophes du Gard et de l’Ardèche) hatte W. v. Wartburg bereits seit 1936 im FEW für die Belege verwendet, die aus Halligs Dialektaufnahmen stammen (cf. H allig 1952: 243). Unter dem Kurztitel Atlas linguistique de la Lozère bespricht S. p op den Atlas in einem eigenen Kapitel seiner Dialectologie romane (1950: 332-36). 5 H ausmann 1994: 610 zufolge wurde diese «Gastprofessur» - wie auch die ihm von Wartburg dringend empfohlene Übernahme einer leitenden Funktion im ebenfalls mit dem FEW befassten, neu gegründeten Institut für romanische Sprachforschung in Berlin - «nicht realisiert». 6 Aus dem in H ausmann 1994: 613s. abgedruckten Brief W. v. Wartburgs an R. Hallig lässt sich schließen, dass zumindest ein Exemplar des ALL o gemeinsam mit dem FEW von Leipzig nach Basel zu Wartburg umgezogen war und von dort in Teilen und auf dem Umweg über die Berliner Akademie der Wissenschaften zu Hallig nach Göttingen geschafft wurde. Sandra Hajek/ Guido Mensching 210 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 geographischen Studien hatte sich Hallig bereits seit seiner Leipziger Zeit gemeinsam mit W. v. Wartburg mit dem - an die im Zusammenhang mit der Erstellung des FEW auftretenden methodologischen Fragen anknüpfenden - Problem der systematischen Erfassung des gesamten Wortschatzes einer Sprache beschäftigt. Aus dieser Arbeit ging 1952 die gemeinsam mit Wartburg verfasste Abhandlung zum Begriffssystem als Grundlage für die Lexikographie: Versuch eines Ordnungsschemas hervor, die 1963 in zweiter Auflage erschien und in Fachkreisen intensiv rezipiert wurde (cf. u.a. b aldinger 1952, g linz 1954, r unkeWitz 1959) 7 . Parallel zu seiner wissenschaftlichen Tätigkeit wirkte Hallig in seiner Göttinger Zeit auch in der akademischen Selbstverwaltung mit: Lange Zeit war er Mitglied des Senats der Universität Göttingen, Mitglied im Ausschuss für Nichtordinarienfragen des Hochschulverbands sowie einige Jahre stellvertretender Vorsitzender im Prüfungsausschuss für das Höhere Lehramt in Niedersachsen. 1959 wurde er zum außerplanmäßigen Professor ernannt, verließ Göttingen jedoch, als er zum Wintersemester 1963/ 1964 auf Betreiben von Hugo Friedrich (1904-1978) als außerordentlicher Professor für Romanische Philologie an die Universität Freiburg berufen wurde. Am 29. Oktober 1964 verstarb Rudolf Hallig nach nur zwei Semestern Lehrtätigkeit in Freiburg. 3. Der Atlas linguistique de la Lozère (ALLo) 3.1. Wissenschaftsgeschichtlicher Kontext Mit seiner linguistischen und zugleich geographischen Ausbildung (cf. 1) verfügte Hallig in allen für die Erstellung eines Sprachatlasses relevanten Bereichen über die notwendigen fachlichen Kenntnisse. Im Herbst 1930 nahm er an einer von W. v. Wartburg geleiteten und in Kooperation mit A. Duraffour von der Universität Grenoble durchgeführten Exkursion der Teilnehmer des Leipziger Hauptseminars teil, in deren Zuge in der an der Grenze zwischen dem provenzalischen und dem frankoprovenzalischen Sprachbzw. Dialektgebiet liegenden Landschaft Trièves (Dauphiné) Dialektaufnahmen getätigt wurden (cf. k uHn 1965: 609) 8 . Im Anschluss an diese Erfahrung beschloss er, sich eingehender der sprachgeographischen «Regionalforschung» (H al lig 1970b: 19) zu widmen, um durch die Sammlung neuen Datenmaterials einen eigenen Beitrag zur Kenntnis der sprachlichen Besonderheiten der «Mundarten kleinerer Räume» (ibid.) zu leisten, die der Atlas linguistique de la France (ALF, 1902-10) aufgrund seines weitmaschigen Ortsnetzes «nicht im entferntesten» darzustellen in der Lage sei (H allig 1970b: 18-19). 7 «Schon 1930 war aus der Zusammenarbeit von R. Hallig und W. v. Wartburg im Selbstverlag des Romanischen Seminars zu Leipzig ein solches ‹Begriffsschema› als Grundlage zur Wortforschung erschienen» (k uHn 1965: 611). 8 Zu der Exkursion selbst cf. t ausCH 1936. 211 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Rudolf Hallig und der Atlas linguistique de la Lozère Unter den Gebieten, zu denen Anfang der 1930er Jahre noch keine Dialektaufnahmen außerhalb des ALF vorlagen, erschien Hallig das Departement Lozère für seine Erhebungen insofern besonders geeignet, als es über mehrere Jahrhunderte eine politische Einheit - das Gévaudan - gebildet hatte und somit angenommen werden durfte, dass «hier die Mundart noch Umgangssprache der Bewohner ist und sich rein erhalten hat» (H allig 1936: 238). Aus dem insgesamt beobachtbaren Rückgang der Bevölkerung 9 schloss er zudem, dass historisch sehr wahrscheinlich wenig Zuwanderung stattgefunden und «die Mundart also verhältnismäßig rein sich erhalten hatte» (ibid.). Vor dem Hintergrund des anhaltenden Bevölkerungsschwunds und der durch den Einfluss der Nationalsprache bedingten sprachlichen Nivellierungstendenzen (s CHWake 1974: 229) befürchtete Hallig Anfang der 1930er Jahre jedoch, «daß die Mundart rasch außer Kurs kommen würde» (H allig 1970b: 19), sodass ihre Dokumentation einige Dringlichkeit besaß. Mit dem ALLo reiht Hallig sich als erster nicht-französischsprachiger Romanist in die Riege derer ein, die bereits in den ersten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts Erhebungen von (galloromanischen) Dialektdaten in regionalem Umfang durchgeführt hatten und die durch das grobmaschige Ortsnetz des ALF fallenden sprachlichen Besonderheiten der «parlers» einer bestimmten Region möglichst detailliert erfassen wollten: Guerlin de G uer 1903 in der Normandie, Georges M illardet 1910 in den Landes, Jean-Marie M eunier 1912-26 im Nivernais, Charles B runeau 1914-26 in den Ardennen, Auguste T erraCHer 1912-14 im Angoumois, Oscar B loCH 1917 in den (Süd-)Vogesen und André D evaux in den Terres Froides (1935 als Atlas Linguistique des Terres Froides veröffentlicht von A. D uraffour und P. G ardette ) 10 . Wissenschaftshistorisch steht der ALLo mithin zwischen diesen frühen sprachgeographischen «Einzel-Unternehmungen» 11 und den regionalen Sprachatlanten, die als Teil des 1939 von A. Dauzat initiierten Großprojekts des Nouvel Atlas Linguistique de la France (NALF) in einer neuen, zwar nicht ab ovo, aber doch de facto 12 von den gilliéronschen Prinzipien abgekehrten sprachgeographischen Konzeption stehen. 9 s CHWake 1974: 229 spricht von einem Rückgang von 122000 im Jahr 1912 auf 100000, nennt hier jedoch keine Jahreszahl. Wahrscheinlich ist der Zeitpunkt kurz vor Halligs Dialektaufnahmen gemeint, also der Anfang der 1930er Jahre. 10 Cf. b aldinger / W olf 1968: 288. 11 Da viele der innerhalb dieser Projekte erhobenen Datensätze nicht in Form eines Sprachatlasses veröffentlicht wurden, spricht H allig 1970b: 19 - «um einen von der Art der Veröffentlichung unabhängigen Ausdruck zu verwenden» - hier von «Regional-Sammlungen». 12 Das Konzept Dauzats sah zwar vor, dass ein Teil des Questionnaires allen Regionalatlanten des NALF gemeinsam sein sollte (cf. d auzat 1944: 29), während der andere Teil an die jeweiligen geographischen, ökonomischen und kulturellen Besonderheiten der verschiedenen Regionen angepasst sein und so den ALF vor allem im Bereich des Lexikons ergänzen sollte. Die nach dem Tode Dauzats im Jahr 1955 größtenteils ohne Abstimmung agierenden einzelnen Verantwortlichen folgten in ihrer empirischen Arbeit jedoch vor allem ihrem individuellen Interesse an lokalen bzw. regionalen Formen, sodass die Questionnaires aller NALF -Atlanten letztendlich nicht einmal 10 gemeinsame Fragen aufweisen (cf. g oebl 2013: 71). Sandra Hajek/ Guido Mensching 212 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Zu den seiner sprachgeographischen Arbeit zugrunde liegenden und damit auch die Richtlinien seiner Feldforschung bestimmenden Zielen äußert sich Hallig folgendermaßen: Es kann nie unsere Absicht sein, ein Dialektwörterbuch zu schreiben, d.h. eine, nach Möglichkeit vollständige Sammlung des gesamten Wortmaterials einer «langue» zu geben … Uns kommt es darauf an, ein möglichst getreues Bild einer Mundart zu bekommen in bezug auf Wortschatz, Lautlehre, Formen und vielleicht Satzbau, so daß es uns möglich wird, die innerhalb einer solchen Mundart wirkenden Kräfte zu erkennen, zu beschreiben, zu ordnen, … um aus dem So-Sein einen Einblick zu gewinnen in die Dynamik dieser Mundart oder Mundarten (H allig 1970b: 18). Die methodischen Implikationen, die diese Leitziele für die sprachgeographische Arbeit Rudolf Halligs hatten, sollen im Folgenden in ihren Grundzügen vorgestellt werden. 3.2. Ortsnetz und Erhebungsmethode Die Konstitution des Ortsnetzes des ALLo folgt dem Bestreben nach einer «Auffüllung der weiten Maschen» (H allig 1970b: 19) des ALF, der im Departement Lozère nicht mehr als fünf Ortspunkte (Saint-Chély-d’Apcher [810], Marvéjols [729], Florac [830], Langogne [821] und Villefort [822]) verzeichnet. Die Auswahl der für die Lozère festzusetzenden Aufnahmeorte aus den zu jener Zeit insgesamt 198 Ortschaften des Departements war nicht von «Erwartungen in bezug auf Reinheit der Sprache und Seltenheit des Materials», sondern allein von dem Bestreben einer gleichmäßigen Verteilung der Punkte über das ausgewählte Gebiet geleitet (H allig 1970b: 20). Die Wahl fiel somit auf die jeweiligen Kantonszentren (damals 24) 13 , unter denen jedoch jene fünf ausgeschlossen wurden, die bereits im ALF vertreten waren. Im Zeitraum von August bis September 1932 und von Oktober 1933 bis März 1934 bereiste Hallig 16 der verbliebenen Hauptorte sowie sechs weitere Orte - Verrières (Gemeinde Saint-Symphorien), Chambon-le-Château, Rieutort-de-Randon, Prades (Gemeinde Sainte-Enimie), Hures-la-Parade, Vialas - und führte damit Aufnahmen in insgesamt 22 Ortschaften der Lozère durch. Ebenfalls in den ALLo aufgenommen wurden zusätzlich insgesamt 13 Orte in den angrenzenden Gebieten der Departements Gard und Ardèche, in denen - nach den Anweisungen Halligs - die Aufnahmen von zwei seiner Kollegen am Romanischen Seminar der Universität Leipzig getätigt wurden: Anfang des Jahres 1934 erhob Rudolf Böhne sieben Orte (alle Kantonszentren) im Departement Gard (Trèves, Alzon, Valleraugue, Saint-André-de-Valborgne, Lasalle, Saint-Jean-du-Gard, Génolhac) und Herbert Brendel sechs Orte (fünf davon Kantonszentren) im Departement Ardèche (Saint-Laurent-les-Bains, Valgorge, Largentière, 13 Im Jahr 1982 wurde der Kanton Mende in zwei Kantone (Mende-Nord und Mende-Sud) geteilt, sodass das Departement Lozère nunmehr 25 Kantone umfasste. Mit der kantonalen Neuordnung Frankreichs im Jahr 2014 wurde die Anzahl der Kantone im Departement Lozère auf 13 reduziert (cf. https: / / fr.wikipedia.org/ wiki/ Liste_des_cantons_de_la_Lozère, https: / / www. legifrance.gouv.fr/ affichTexte.do? cidTexte=JORFTEXT000028661432). 213 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Rudolf Hallig und der Atlas linguistique de la Lozère Joyeuse, Les Vans, Vallon-Pont-d’Arc). Das Ortsnetz des ALLo besteht damit aus 35 größtenteils 14 gleichmäßig über das Untersuchungsgebiet verteilten Aufnahmeorten (cf. Karte 1); in zwei Orten wurde nur ein reduzierter Questionnaire abgefragt. Karte 1. Aufnahmeorte des ALLo, nach H allig 1952: 280b. 15 14 Allein im Nordosten und im Nordwesten des Departements Lozère bestehen Lücken (cf. Karte 1). 15 Bei den unterstrichenen Orten handelt es sich um jene, die bis zur Reform im Jahr 2015 als Kantonszentren ausgewiesen waren. Da Hallig keine Nummerierung der Aufnahmeorte vorgenommen hat, eine solche jedoch zur schnellen und eindeutigen Referenz auf einzelne Orte einen methodischen Standard in der Sprachgeographie darstellt, haben wir die Orte mit Nummern versehen. Hierzu wurde die Hauptstadt Mende als Mittelpunkt eines Kreises gewählt, der in vier Teile gegliedert wurde ( no , so , sW , nW ). Beginnend mit dem nordöstlichen Teil wurden die Punkte jedes Viertels in jeweils verschiedenen Hunderterräumen aufsteigend nummeriert. Sandra Hajek/ Guido Mensching 214 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Die Methode, mit der die Dialektdaten für den ALLo erhoben wurden, bezeichnet Hallig als «gebundene» Form des «Abfrageverfahrens» 16 : Im Gegensatz zum «freien Abfrageverfahren» 17 erfolgt beim «gebundenen Abfrageverfahren» die Aufnahme auf der Basis eines im Vorfeld erstellten (hier: französischsprachigen) Questionnaires, dessen Begriffe von der Gewährsperson in den jeweiligen Ortsdialekt übersetzt werden (H allig 1970b: 29). Hallig wählt dieses Verfahren nicht nur aus pragmatischen Gründen (Maximierung des Umfangs des erhobenen Materials in der zur Verfügung stehenden Zeit), sondern in erster Linie, um die Vergleichbarkeit des Materials zu gewährleisten (H allig 1970b: 22). Nach einer kritischen Prüfung der von J aberg / J ud 1928 aufgestellten Forderungen - von denen er besonders jene verwirft, nach der das Fragebuch «eine möglichst reiche und charakteristische Auswahl der sprachlichen Eigentümlichkeiten des zu erforschenden Mundartgebietes erfassen» soll, da ihr ein «außersprachliches Kriterium nach dem wissenschaftlichen Wert und nach den momentanen Bedürfnissen der Wissenschaft zugrunde liegt» (H allig 1970b: 22) - formuliert Hallig für die Struktur des sprachgeographischen Fragebuchs eigene Richtlinien: 1. Das Fragebuch muß eine rasche Anpassung an die kulturellen Verhältnisse des zu erforschenden Gebietes erlauben. 2. Es ist so abzufassen, daß es ein möglichst natürliches Verfahren 18 gestattet. 16 Eine weitere gute Aufnahmemethode ist für Hallig jene, die er als «Abwarte- und Zuhörverfahren» (H allig 1970b: 21) bezeichnet und für die sich heute der Begriff der «teilnehmenden Beobachtung» etabliert hat: «Wir müssen also zum Menschen gehen, uns mitten hineinstellen in die Sprechwirklichkeit, uns jemandem, wie d uraffour einmal sagte, ‹an die Fersen heften› und all seine Äußerungen notieren. … Kein Zweifel, daß diese Möglichkeit sich bietet, kein Zweifel auch, daß sie glänzende Resultate liefert … Aber es fehlt uns an dem Nötigsten, dessen man zu einer solchen Arbeit bedarf: an der Zeit. … Will man in kurzer Zeit eine möglichst große Ernte einbringen, muß man einen anderen Weg einschlagen» (H allig 1970b: 20-21). 17 Demgegenüber handelt es sich bei dem «freien Abfrageverfahren» um «ein Vorgehen, bei dem man wahllos, geleitet von den augenblicklichen Eindrücken, jemand, den man gerade zur Hand hat, nach der Benennung der Gegenstände fragt, um die es sich handelt: etwa um Haus, Hof, ein Ackergerät, die Henne, die über den Weg läuft, die Tür, die zum Stall führt usf.» (H al lig 1970b: 21). Der Vorteil, den dieses ebenfalls situationsgebundene Verfahren gegenüber dem «Zuhörverfahren» aufweist, liegt Hallig zufolge darin, dass durch das Verfolgen von Assoziationsprozessen semantische Felder vervollständigt werden können. Von Nachteil für diese Methode ist u.a., dass sie den Forscher dazu verleitet, «in kurzer Zeit möglichst viel erfassen zu wollen», ihn dadurch «ins Hasten» bringt und dazu führt, dass er «eine Menge von Dingen, die in diesem Zusammenhang wichtig wären» vergisst und «sich so um einen Teil des Materials» bringt (H allig 1970b: 22). Der entscheidende Nachteil besteht jedoch darin, dass die Art des erhobenen Materials abhängig von den lokalen Gegebenheiten ist und damit von Ort zu Ort differiert, sodass die Voraussetzungen für eine vergleichende Studie hier nicht gegeben sind (cf. ibid.). N.B.: Dieses trifft natürlich auch auf das «Zuhörverfahren» zu. 18 «Natürlich» bedeutet hier, dass das Verfahren «eine große Annäherung an das freie Abfrageverfahren erlaubt, also den Assoziationen von Frager und Befragtem möglichst viel Spielraum lässt» (H allig 1970b: 23). 215 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Rudolf Hallig und der Atlas linguistique de la Lozère 3. Es ist in seiner Länge einzuschränken etwa auf den Wortschatz des einfachen Mannes. (H allig 1970b: 23). Die anzustrebende «Vergleichbarkeit des Materials» (H allig 1970b: 22), auf die Hallig eigener Aussage zufolge «großen Wert» (ibid.) legt, findet sich in dieser Gruppe der Richtlinien zwar nicht, wird jedoch in seinen Überlegungen zur Struktur des Fragebogens insofern als zentraler Punkt berücksichtigt, als er die Verwendung von regional verschiedenen Sonderfragebüchern ausschließt. Der auf den ersten Blick auftretende Widerspruch zwischen der Vergleichbarkeit des Materials und einem regional angepassten Fragebuch wird Hallig zufolge dadurch obsolet, dass «der verschiedenen Regionen gemeinsame Begriffsschatz … selbstverständlich größer [ist] als alles, was eine regionale Besonderheit darstellt» (H allig 1970b: 23). Das Begriffsmaterial müsse lediglich so geordnet sein, «daß man Kapitel, die in einem Gebiet abzufragen keinen Sinn hat … leicht überschlagen, andererseits Dinge natürlich und erschöpfend einschalten kann, die in ihrer Ausdehnung nicht vorauszusehen waren» (ibid.). Die thematische Ordnung der Begriffe und die lexikalische Fruchtbarkeit des ALLo werden wir in Abschnitt 4.3 genauer beleuchten. Nach dem Vorbild des AIS integriert das insgesamt ca. 3000 Fragen 19 umfassende Fragebuch den ethnographischen bzw. sachkundlichen Aspekt (einigen Kartenblättern des ALLo sind Skizzen der erfragten Gegenstände beigegeben), der Fokus liegt jedoch klar auf dem sprachlichen Bereich (H allig s. a.: 16, zitiert in P op 1950: 333). Hallig hat sich nicht zuletzt mit der Frage nach dem sprachlichen Hintergrund des Explorators bzw. der Exploratoren eines Sprachatlas auseinandergesetzt. Wenn Dialektaufnahmen - wie im Falle des ALLo - durch «Sprachfremde», also Personen, die die Interviewsprache nicht als Erstsprache erlernt haben, vorgenommen werden, so besteht ihm zufolge der größte Nachteil darin, dass «die unbewußten Anklänge» der Wörter, d.h. deren Konnotationen nicht vorhanden sind und somit «die Möglichkeit von Assoziationen» verringert ist (H allig 1970b: 27). Auf der «technischen Seite» sieht er - unter Berufung auf s CHädel 1910 - hingegen keine Unterschiede zwischen muttersprachlichen und nicht-muttersprachlichen Exploratoren: Hier komme es auf die «Schärfe des Aufnahmeinstruments …, des Gehörs» an sowie auf eine «gründliche phonetische Schulung» (H allig 1970b: 27). Im Hinblick auf die Auswahl der Informanten oder Gewährspersonen, die er in romanistischer Tradition sujets nennt, gibt H allig 1970b: 27 an, es sei «aus phonetischen Gründen» - damit sind wohl interindividuelle Ausspracheunterschiede gemeint - «üblich, ja erforderlich», die Sprachaufnahme mit einer einzigen Gewährsperson 19 Das Fragebuch erschien «unter dem Titel Questionnaire ohne Nennung des Verfassers im Jahre 1934 im Selbstverlag des Romanischen Seminars der Universität Leipzig» (H allig s. a.: 15). Da das Institut während der Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, ist davon auszugehen, dass zumindest die in den Archiven des Seminars befindliche Version nicht mehr existiert. Sandra Hajek/ Guido Mensching 216 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 durchzuführen 20 . Für die Auswahl der Informanten, in der H allig 1970b: 28 «die verantwortungsvollste Aufgabe des Explorators» sieht, ist es - neben dem Vorliegen weiterer Voraussetzungen (klare Sprechweise, gutes Gehör, «durchschnittliche Intelligenz», Engagement für die Aufnahme, Ehrlichkeit in Bezug auf die Kenntnis der dialektalen Ausdrücke, cf. H allig 1970b: 27, 32) - von höchster Wichtigkeit, dass dieser aus einer seit mehreren Generationen ortsansässigen Familie stammt, «mit seinesgleichen in täglichem Gebrauch der Mundart» steht und «aus dem Milieu stammt, das den jeweiligen kulturellen Bedingungen am meisten entspricht, auf dem Lande also dem Bauernstande» (H allig 1970b: 28). Frauen sind für Hallig oft «die besten Vertreterinnen der Mundart, weil sie am Alten zäher festhalten als der Mann, auch fester an ihre Heimat gebunden bleiben als er» (ibid.). Die Gefahr, dass die «Suggestion durch die hochsprachliche Frage» ein «nach der Hochsprache gemodeltes Wort» (H allig 1970b: 30) als Antwort hervorruft, versucht Hallig zu minimieren, indem er anstelle der Nennung des hochsprachlichen Wortes gestisch auf den entsprechenden Gegenstand hinweist und, sofern dieses - etwa bei Nicht-Vorhandensein des Gegenstands, bei Abstrakta und nicht-substantivischen Wörtern - nicht möglich ist, «kurze Fragen, die mit dem Wort, das man sucht, beantwortet werden müssen» formuliert (H allig 1970b: 31). Wo auch dieses nicht möglich oder zielführend ist, versucht er aus der Gestik und Mimik der Gewährsperson auf ihre «Sicherheit in Bezug auf das Verstehen des hochsprachlichen Wortes» zu schließen und stellt im Zweifel absichernde Rückfragen (ibid.) oder erkundigt sich im Nachhinein bei anderen Dialektsprechern. Zur Transkription der Antworten verwendet Hallig das im FEW eingesetzte System (cf. FEW 3: vi ): Nach dem Vorbild der bei den Erhebungen zum ALF von Edmont verwendeten Technik werden die Antworten in impressionistischer Weise, d.h. auf dem konkreten Höreindruck des Enquêteurs basierend notiert. Um die Richtigkeit der Transkription zu prüfen, wird die Antwort unter Beobachtung der - zustimmenden oder ablehnenden - Reaktion des Informanten wiederholt und im Falle einer Ablehnung korrigiert 21 . Die kartographische Darstellung der erhobenen Daten erfolgt im ALLo mit der in der romanistischen Sprachgeographie etablierten Technik der Volltextkarten (cf. Anhang, Karte 3). 20 Zweitinformanten registriert Hallig nur, wenn der Hauptinformant nicht in der Lage ist, eine Antwort zu geben oder wenn die Antwort des Hauptinformanten zweifelhaft erscheint (cf. infra). 21 Die gesteigerte Verantwortung, die Hallig damit seinen Informanten im Hinblick auf die Richtigkeit der Aussprache überträgt, rechtfertigt er mit Verweis auf seine empirischen Beobachtungen: «Ich habe während meines Aufenthaltes im Gelände immer wieder bemerkt, wie stark das Lautbewußtsein bei allen Dialektsprechenden ist. Bis zum Kinde hinunter sind bei ihnen die Laute der Mundart, trotz der Schule, fester Besitz. Alles, was nicht genau nachgesprochen wird, wird abgelehnt. Meist ruhen die Leute nicht eher, als bis man einen Laut genau erfaßt hat und richtig nachsprechen kann.» (H allig 1970b: 31). 217 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Rudolf Hallig und der Atlas linguistique de la Lozère 3.3. Rezeption und «Schicksal» des ALLo Eine Publikation seines Atlasses aus eigenen finanziellen Mitteln war Hallig zeitlebens nicht möglich, und auch die Bemühungen W. von Wartburgs um eine Fremdfinanzierung (cf. H allig 1952: 243) brachten keinen Erfolg. In den auf Halligs Habilitation (1948) folgenden Jahren wiesen einerseits Sever P op 1950: 336 und andererseits Pierre N auton 1963 (ALMC 4: 72) auf die Dringlichkeit einer Publikation in Kartenform hin. Letzterer tat dies im Rahmen einer Analyse des Verhältnisses zwischen dem ALLo und dem ALMC (cf. ALMC 4: 52s., 72), die er aufgrund der territorialen Überschneidungen beider Atlanten anstrengte - das durch den ALLo abgedeckte geographische Gebiet liegt größtenteils innerhalb des Gebietes, das Nautons ALMC umfasst. Nauton vergleicht die beiden Sprachatlanten sowohl im Hinblick auf das Questionnaire als auch in Bezug auf das Ortsnetz. Hinsichtlich des Questionnaire finden sich Übereinstimmungen zwischen ALLo und ALMC größtenteils nur in den semantischen Bereichen «Natur» und «Mensch». In allen anderen Bereichen bestehen teilweise große Unterschiede, die auf die dahinter liegenden unterschiedlichen Konzeptionen zurückgehen: Während das dem «questionnaire idéologique» des ALLo zugrunde liegende «Ordnungsschema» von Hallig und Wartburg die geographischen, ökonomischen und kulturellen Besonderheiten der Region nicht detailliert erfassen konnte (cf. ALMC 4: 53), ist der ALMC als atlas régional sui generis an eben diese angepasst («taillé sur mesure» [ibid.], nach J aberg 1953/ 54: 382). Bei der Auswahl der Aufnahmeorte für den ALMC im Departement Lozère und den angrenzenden Zonen der Departements Ardèche und Gard nimmt Nauton vor dem Hintergrund des Umfangs der Erhebungen und des «hohen wissenschaftlichen Wertes» (ALMC 4: 72) der Arbeit Halligs Rücksicht auf das Ortsnetz des ALLo: «je n’ai pris aucun point dans la région ardéchoise explorée par l’ALLo et, dans la Lozère même, je me suis limité au minimum de points indispensables pour faire le lien avec les secteurs circonvoisins de mon domaine» (ibid.). In dem Gebiet, in dem sich ALLo und ALMC überschneiden (Departements Lozère und Ardèche), finden sich im ALLo somit mehr als doppelt so viele Aufnahmeorte (28) wie im ALMC (11), «dont seulement 5 touchent une des communes enquêtées par M. Hallig (le Malzieu, le Chambonle-Château, Mende, Meyrueis, Saint-Germain-du-Teil)» (ibid.) 22 . Resümierend betont Nauton die Komplementarität von ALMC und ALLo und befürwortet stark die Publikation des Letzteren: Ainsi l’ALMC et l’ALLo, dont on ne peut que souhaiter la parution prochaine sous forme d’atlas, ne sauraient se concurrencer, ni faire double emploi. Ils ne peuvent que se compléter, apportant 22 Dass der ALMC -Informant in Saint-Germain-du-Teil zu den Gewährspersonen gehört, die Hallig bereits befragt hatte, begründet n auton (ibid.) folgendermaßen: «Je n’avais pas recherché un tel témoin, mais on ne peut plus faire une prospection approfondie en Lozère sans rencontrer, parmi les personnes disponibles et compétentes (une fraction minime de ses 82000 habitants), des témoins déjà interrogés par M. Hallig ou M. Camproux.» ( ALMC 4: 72). Sandra Hajek/ Guido Mensching 218 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 chacun un questionnaire, une méthode, des notations et un réseau aussi différents que le sont les enquêteurs eux-mêmes par leur origine et leur formation. ( ALMC 4: 72). L. W olf , der einen Teil der Materialien des ALLo für seine Sprachgeographische[n] Untersuchungen zu den Bezeichnungen für Haustiere im Massif Central (1968) verwendet, hält die Publikation des ALLo aufgrund der «Fülle der Materialien» sowie seiner «konzeptionelle[n] Sonderstellung» für «dringend notwendig» (ibid.: 5). Auch H.-E. Keller betont, dass l’ALLo ne sera pas superflu, notamment du point de vue lexicologique, comme une longue pratique et une comparaison avec d’autres travaux s’occupant de la région nous l’ont enseigné: … les matériaux sont si riches qu’il (sic) ne font double emploi avec les autres entreprises lexicologiques que fort rarement. (Diskussionsbeitrag von H.-E. Keller, in s CHWake 1974: 236). Der von Keller somit unterstützte Versuch Schwakes, Mittel für eine (zur Minimierung der Druckkosten auf die ergiebigsten und wissenschaftlich wertvollsten Karten beschränkte) Publikation zu beschaffen, scheiterte jedoch ebenso wie v. Wartburgs Bemühungen. Der ALLo verblieb also in Form eines Manuskripts, das Hallig im Jahr 1948 als Habilitationsschrift an der Universität Göttingen einreichte und das nach der damals geübten Praxis nach Beendigung des Verfahrens wieder in seinen Privatbesitz überging 23 , dessen Verbleib nicht bekannt ist. Von den zwei Kopien, die Hallig ebenfalls handschriftlich angefertigt hatte (cf. 2), verbrachte man eine in die Bestände des FEW in Basel, von wo sie nach dem Tode Wartburgs mitsamt den übrigen Materialien nach Nancy in die Obhut des ATILF überführt wurde. Der Verbleib der zweiten Kopie ist zum heutigen Stand unbekannt. 4. Der ALLo und der Petit atlas linguistique discursif du Gévaudan (1970) 4.1. Methodische und kartographische Konzeption Der Petit atlas linguistique discursif du Gévaudan (fortan: PALG) ist das Werk des französischen Romanisten und insbesondere Okzitanisten Charles Camproux (1908- 1994). Er wurde vermutlich im Jahr 1970 24 als Komplement zu Camproux’ 1962 erschienenem sprachgeographischem Hauptwerk, dem Essai de géographie linguistique du Gévaudan, veröffentlicht. Von Halligs ALLo unterscheidet sich der PALG grundsätzlich in seiner Konzeption, in der Technik der Datenerhebung und eo ipso auch in der Qualität der Daten (cf. 23 Schriftliche Mitteilung aus dem Göttinger Universitätsarchiv. 24 Der uns vorliegende Druck enthält keine Jahresangabe. Da sich in den Katalogen unterschiedliche Angaben finden, die von 1960 bis 1976 reichen, wird hier jene gewählt, die als «Nationale Regierungsveröffentlichung» gekennzeichnet wird (cf. http: / / www.worldcat.org/ title/ petit-atlaslinguistique-discursif-du-gevaudan/ oclc/ 729232634/ editions? referer=di&editionsView=true). 219 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Rudolf Hallig und der Atlas linguistique de la Lozère C Hambon 2003: 17) 25 . Während es sich bei dem ALLo um einen nach gilliéronschem Muster konzipierten und realisierten Sprachatlas handelt (cf. 3.2), bringt die Konzeption des PALG als empirische Basis und kartographische Ergänzung der umfangreichen Dialektmonographie von der klassischen Sprachgeographie abweichende, teilweise «eigenwillige» 26 Methoden der Datenerhebung und -präsentation mit sich. Bereits bei den den Spracherhebungen zugrunde liegenden und diese motivierenden «Ausgangshypothesen» zum Stand und zu der Entwicklung der Dialekte im Gebiet des Departements Lozère zeigen sich diametrale Unterschiede zwischen den beiden Dialektologen. Während das Movens von Halligs sprachgeographischer Datenerhebung - die Konservierung der dialekten Eigentümlichkeiten des Departements Lozère und seiner südlichen und östlichen Umgebung - zu einem nicht geringen Teil der Überzeugung entsprang, der Einfluss der französischen Nationalsprache bedrohe die «Reinheit» der ihr kulturell untergeordneten Dialekte (cf. 3.1), glaubte Camproux an die ungebrochene Vitalität und Stabilität der Dialekte («parlers») 27 des Gévaudan. Während das Französische früher langsam, aber stetig in die «patois» (sic) eingedrungen sei, wirke die rasche und flächendeckende Durchsetzung des Französischen in Sprechergemeinschaften mit einem «parler local bien vivant et suffisamment caractérisé en face du français» (C amproux 1962/ 1: 6 [14]) 28 in Richtung eines gesteigerten Dialektbewusstseins und einer strikten Trennung beider Sprachsysteme voneinander (C amproux 1962/ 1: 10). Diese sprachliche Situation hat für Camproux direkte Folgen für das bei den Dialektaufnahmen zu verwendende Transkriptionsprinzip: Sie schließt eine transcription impressioniste/ instantanée nach dem Vorbild der Datenerhebungen Edmonts für die «parlers toujours vivants» des Gévaudan aus: Tout particulièrement une telle méthode sera radicalement incapable de faire le départ entre les faits de contamination de l’idiome local par le français, faits entrés dans le patois à l’époque de sa «vie inconsciente» et qui font réellement partie du «patois», et les résultats trompeurs d’une 25 Chambon hatte laut eigener Aussage (ibid.) des Öfteren die Gelegenheit, beide Werke zu vergleichen, nimmt jedoch keinen expliziten Vergleich vor. 26 Camproux’ methodische «Verstöße» gegen die Lehren der «klassischen» romanischen Sprachgeographie - etwa in Bezug auf die «non-superposabilité des isoglosses, et en particulier l’indépendance des isoglosses lexicales» (C Hambon 2003: 24) - sind für Chambon deutlich genug, um die Frage aufzuwerfen, ob es sich bei Camproux um einen «dialectologue rebelle» (ibid. im Titel) handelt. 27 Mit Blick auf die Situation in anderen Gebieten Frankreichs unterscheidet C amproux 1962 grundsätzlich zwischen den insbesondere im domaine d’oïl beobachtbaren, von «Zersetzung» durch das Französische bedrohten «patois semi-inconscients» (C amproux 1962: 4 [12]), in denen keine (impliziten) Normen (mehr) vorhanden sind und den «parlers», wie sie im Gévaudan vorkommen, «dont les normes conscientes existent toujours» (ibid.). Camproux zufolge erzwingen diese diatopischen Differenzen geradezu die methodischen Unterschiede zwischen seiner Studie der «parlers gévaudanais» und «certaines études faites sur des patois de langue d’oïl» (ibid.). 28 Da die Beschriftung der Seiten im Original bis Seite 9 fehlerhaft ist, erscheint die vorzufindende Seitenzahl hier und im Folgenden in eckigen Klammern hinter der tatsächlichen Seitenzahl. Sandra Hajek/ Guido Mensching 220 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 enquête mal menée qui présenterait comme «patois» des formes ou des mots consciemment sentis par l’indigène comme n’étant pas du «patois». (C amproux 1962/ 1: 6s. [14s.]). Für adäquat hält Camproux stattdessen eine Transkriptionstechnik, die sich an der «conscience du vrai patois» der Sprecher orientiert, weist jedoch gleichzeitig darauf hin, dass man als «bon enquêteur» vor einem «faux parler local enjolivé dans le sens du meilleur parler d’Oc» ebenso auf der Hut sein müsse wie vor einem «faux patois francisé» (C amproux 1962/ 1: 11) 29 . Die Registrierung der Belege wird so zu einem selektiven Verfahren, das neben der metasprachlichen Kompetenz der Gewährspersonen auch von der Beurteilung der Antworten durch den sprachlich kundigen Enquêteur abhängt, und unterscheidet sich damit grundsätzlich von der «automatischen», nicht durch linguistisches Wissen beeinflussten Transkription Rudolf Halligs. Aus der Ablehnung der transcription instantanée ergibt sich für Camproux als Erhebungsmethode automatisch die «enquête permanente, non passagère» (C amproux 1962/ 1: 16). Während Hallig seine Aufnahmen in gilliéronscher Tradition meist mit nur einem Informanten je Ort durchführte («enquêtes individuelles»), befragte Camproux bis zu zehn Informanten je Ort, unter denen meist zwei bis drei als Haupt- und die übrigen als Nebenbzw. Kontrollinformanten fungierten. Die Befragungen fanden oft innerhalb langer, in Alltagssituationen eingebetteter Gespräche im Familienkreis statt («enquêtes familiales», cf. C amproux 1962/ 1: 16). Dass zumindest für einen Teil dieser Aufnahmen ein Questionnaire verwendet wurde, ist anzunehmen 30 ; dieser ist jedoch nicht direkt zugänglich 31 und aufgrund der interpretativen Form der Datenpräsentation (cf. infra) schwer rekonstruierbar. Selbstverständlich ließe sich auch die aus der gilliéronschen Tradition übernommene Methodik Halligs auf den Prüfstand stellen. Die Befragung einer Gewährsperson je Aufnahmepunkt wird seit einiger Zeit von vielen Sprachwissenschaftlern (und insbesondere von soziolinguistischer Seite) kritisiert. Und selbstverständlich arbeitete Hallig - wie im Übrigen auch Camproux - ohne Aufnahmegerät, so dass die einmal angefertigten Transkripte nicht repliziert werden konnten 32 . Dennoch zeigen Halligs Formen zumindest im phonetischen Bereich weitgehende Übereinstimmung mit Camprouxʼ Ergebnissen (cf. 4.2), was darauf hindeutet, dass er (bzw. beide) in den meisten Fällen richtig gehört und transkribiert haben muss (bzw. müssen). Und letztendlich 29 Dass es sich bei der Tatsache, dass die von ihm befragten Kinder im Allgemeinen eine deutlich «bessere», also konservativere Aussprache aufweisen als ihre Eltern (C amproux 1962: 15), möglicherweise auch um eine Auswirkung des Einflusses der okzitanischen «Hypernorm» (C Ham bon 2003: 20) handelt, scheint Camproux nicht in Betracht zu ziehen. 30 Dies ergibt sich indirekt aus Camproux’ Aussage, er sei in Zweifelsfällen und bei der Kontrolle wichtiger Daten nicht «par questions et réponses» vorgegangen (C amproux 1962: 9). 31 Die Materialien befinden sich aller Wahrscheinlichkeit nach im Besitz von Camproux’ Schwiegersohn Jean-Marie Petit (Clapiers), mit welchem sich die Kooperation bezüglich einer Einsichtnahme in den Nachlass seines Schwiegervaters im Allgemeinen schwierig gestaltet. 32 Wohin dieses Vorgehen im Extremfall führen kann, zeigt die Arbeit von l erond 1970. Wir danken einem anonymen Gutachter für diesen Hinweis. 221 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Rudolf Hallig und der Atlas linguistique de la Lozère sind die konkreten Einzelbelege allein im ALLo zu finden, so dass - trotz möglicher Mängel - keine andere zugängliche Quelle für den historischen Sprachstand der diatopischen Varietäten (der 1930er Jahre) aus der Lozère existiert 33 . Bei der Festlegung der Größe des Untersuchungsgebietes sowie der Anzahl der Aufnahmeorte richtete sich Camproux nach dem Desiderat Millardets, bei der Erstellung eines Sprachatlasses ein möglichst großes Gebiet und in diesem alle «wichtigen» Siedlungen, wie z.B. alle Gemeindeverbünde, zu berücksichtigen 34 . Das Gévaudan erschien Camproux nicht nur groß genug, um hinreichend allgemeine Schlussfolgerungen zu ziehen (C amproux 1962/ 1: 29), sondern bot zudem die auch Halligs Entscheidung zugrunde liegenden Vorteile einer historisch-politischen Einheit sowie der Vitalität der Dialekte. Als Aufnahmeorte fungierten nicht nur die (häufig) eine sprachliche Einheit bildenden communes, sondern auch «toutes les agglomérations importantes qui ne se confondent pas obligatoirement avec la commune» (ibid.). Das Ergebnis ist eine gemessen an der Größe des Gebietes sehr hohe Anzahl von Aufnahmeorten (198), die damit diejenige des ALLo um mehr als das Fünffache übersteigt. Die Richtlinie der sprachgeographischen Tradition Gilliérons, den Dialektaufnahmen ein möglichst äquidistantes Ortsnetz zugrunde zu legen, scheint für Camproux hingegen vollkommen unbedeutend zu sein: Die Verteilung der Aufnahmeorte (cf. Anhang, Karte 4) über das Gebiet ist trotz deren großer Anzahl sehr ungleichmäßig, was sich insbesondere darin äußert, dass das Ortsnetz an mehreren Stellen eine überaus große Dichte, an anderen wiederum große Lücken aufweist. Inwieweit diese ungleichmäßige Verteilung der Aufnahmeorte der ungleichmäßigen Besiedelung des Gebietes geschuldet ist, kann hier nicht geprüft werden. Relevant ist hier, dass eine äquidistante Verteilung der Aufnahmeorte (die etwa durch Reduktion der Anzahl der Orte in den dichter besiedelten Gebieten hätte erreicht werden können) bei Camproux nicht unternommen wurde. Da für Camproux die Zusammenstellung des Atlasses nicht Zweck an sich ist, sondern der Illustration der im Essai thematisierten sprachlichen Sachverhalte dient, erfolgt die Präsentation der Daten nicht wie im Falle des ALLo auf Volltextkarten, sondern in bereits typisierter Form auf (synthetischen) Isoglossenkarten (cf. Anhang, Karte 4), die teilweise auch Flächenschraffuren beinhalten, zu phonetischen, morphologischen und lexikalischen Merkmalen (entsprechend den drei Teilen Phonétique, 33 Was die Methode der Übersetzung hochsprachlicher Wörter in den Dialekt betrifft (cf. 3.2), ist sich Hallig übrigens durchaus bewusst, dass das auf diese Weise - d.h. durch die bewusste Elizitation bestimmter Teile der Dialektkompetenz - erhobene Material «naturgemäß den Charakter des Intellektuellen an sich» trägt und die «affektivische Seite der Sprache» auf diesem Wege nicht erfasst werden kann (H allig 1970b: 32). Für Letzteres schlägt er die Ergänzung des Materials durch andere Erhebungstechniken vor (H allig 1970b: 32s.). 34 «La documentation idéale serait un atlas où l’on aurait consigné les résultats d’une enquête menée sur un territoire très vaste et au cours de laquelle toutes les agglomérations humaines un peu importantes, toutes les communes, par exemple, auraient été visitées» (m illardet 1923: 53). Sandra Hajek/ Guido Mensching 222 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Morphologie und Étude lexicologique des Essai) 35 . Für einzelne Orte, die sich von dem durch die Isoglossen für das jeweils umgebende Gebiet indizierten Typ unterscheiden, werden die dort vorhandenen Typen explizit angegeben. Die Darstellung der verschiedenen Typen erfolgt teilweise isoliert - d.h. in Form einzelner Phoneme, Morpheme etc. - teilweise werden die vollständigen Belege angegeben 36 . Camproux verwendet dabei das Transkriptionssystem, das im Zuge der Entwicklung des NALF- Projektes entstand. 37 Das sprachgeographische Wirken Camproux’ weist also auf methodischer Ebene einen zentralen inneren Widerspruch auf. Einerseits unterscheidet sich das im PALG realisierte Atlaskonzept deutlich von jenem der klassischen Sprachatlanten wie dem ALF, andererseits geht Camproux jedoch in einer Art «rémanence gilliéroniste» (C Hambon 2003: 26) nicht über eine Dialektologie im Dienste der Sprachgeographie hinaus (C Hambon 2003: 28), etwa in Richtung einer «conception de l’atlas comme ‹dictionnaire qui est aussi une géographie›» (C Hambon 2003: 27, nach G. Guillaume 38 ) oder umgekehrt einer «conception du dictionnaire génétique et diatopique» (ibid.) nach W. von Wartburgs FEW. Camproux’Arbeit ist gekennzeichnet durch «une nette tentative de s’affranchir de plusieurs dogmes de la dialectologie classique … de manière plus ou moins consciente d’elle-même et plus ou moins radicale …, sans plan d’ensemble ni même esprit de suite …» (C Hambon 2003: 28). Die grundlegenden methodischen und kartographischen Unterschiede zwischen dem ALLo auf der einen und dem PALG auf der anderen Seite ergeben sich also aus nichts weniger als den unterschiedlichen wissenschaftstheoretischen Orientierungen ihrer Autoren: Hier der programmatisch zwar leicht abweichende, de facto aber treue Nachfolger Gilliérons, dort ein dialektologischer Eigenbrötler mit «widersprüchlichen Orientierungen» (C Hambon 2003: 28), der jedoch gerade dadurch eine fruchtbare Komplementarität beider Werke schafft. 35 Vor dem Hintergrund der Bindung der Atlaskarten an die in der Monographie thematisierten sprachlichen Phänomene ist nach C Hambon 2003: 23 das Adjektiv discursif im Titel des Atlaswerkes zu verstehen. 36 Diese Darstellungsform ist jedoch nicht konsequent. Betrachtet man z.B. das Gebiet um die Isoglosse [ è] / [yè] auf der PALG -Karte 115 (cf. Anhang, Karte 4), so fällt auf, dass für Punkt 198 der Typ [yè] explizit angegeben ist, obwohl der betreffende Ort in dem durch die Isoglosse indizierten Gebiet von [yè] liegt. Die explizite Angabe eines Typs kann somit zumindest nicht in allen Fällen in einer Abweichung vom Typ des umliegenden Gebietes begründet sein. Nicht nur in diesem Kontext drängt sich somit die Frage auf, wie es um die Güte der für die übrigen Orte über die Isoglossen indirekt angegebenen Daten bestellt ist. Hat Camproux wirklich in jedem seiner Orte Aufnahmen getätigt oder verallgemeinert er auf der Karte einfach bestimmte Typen, bei denen er sich sicher ist, dass sie so in den übrigen Orten auftreten (müssten)? Da Camproux’ «carnets» mit den Erhebungsnotizen nicht ohne Weiteres einsehbar sind (cf. N31), muss diese Frage hier offen bleiben. 37 Dargestellt wird dieses z.B. auf den ersten Seiten von Band 1 des ALMC . 38 Für das Zitat Guillaumes nennt Chambon keine literarische Quelle; es scheint sich somit um eine persönliche Mitteilung o.ä. zu handeln. 223 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Rudolf Hallig und der Atlas linguistique de la Lozère Die folgende Tabelle fasst die wesentlichen methodischen und kartographischen Unterschiede zwischen Halligs ALLo und Camproux’ PALG zusammen. ALLo (Hallig) PALG (Camproux) Erhebungsmethode «enquêtes passagères» «enquêtes permanentes» Anzahl der Informanten meist ein Hauptinformant je Ort («enquêtes individuelles» nach ALF, AIS …) bis zu zehn Informanten je Ort, meist zwei bis drei Hauptinformanten («enquêtes familiales») Aufnahmebzw. Transkriptionstechnik impressionistisch/ «automatisch» selektiv/ evaluativ Anzahl der Fragen im Questionnaire ca. 3000 nicht bekannt Anzahl der Karten im Atlas 2485 558 Anzahl der Aufnahmeorte 35 198 Form der Datenpräsentation vollständige Rohdaten (Volltextkarten) größtenteils interpretativ (Isoglossenbzw. Flächenkarten), sporadisch vollständige Rohdaten Transkriptionssystem FEW NALF Tabelle 1. Übersicht zu den methodischen Unterschieden zwischen ALLo und PALG. 4.2. Exemplarischer Vergleich zweier Karten Um die heuristischen Unterschiede zwischen ALLo und PALG zu illustrieren, soll im Folgenden ein exemplarischer Vergleich zweier Karten durchgeführt werden 39 . Es handelt sich dabei einerseits um die Karte 20 (nuit) des ALLo (cf. Anhang, Karte 3) und andererseits um die Karte 115 (ŏ de nŏcte) des PALG (cf. Anhang, Karte 4), die im Hinblick auf die jeweils verzeichneten Resultate von lat. ŏ in nŏcte 40 sowie deren Verbreitungsgebiete einander gegenübergestellt werden. Auf Karte 20 des ALLo lassen sich als Nachfolger von lat. ŏ sieben verschiedene phonetische Typen ermitteln (cf. Anhang, Karte 3): 39 Der ALMC wird in diesen Vergleich nicht mit einbezogen, da er im Departement Lozère nur 11 Aufnahmeorte enthält (cf. 3.3) und auch von seiner Konzeption her im Gegensatz zu PALG und ALLo nicht auf das Gebiet der Lozère zugeschnitten ist. 40 Vergleiche hinsichtlich weiterer Phänomene sind nicht möglich, da die Karte des PALG keine kompletten Antwortbelege enthält. Sandra Hajek/ Guido Mensching 224 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 i) [ ] 41 (in den Formen [ ntś ] 42 , [ nt ], [ n ] und [ nͭ ]), ii) [ e ] (in den Formen [ net ] 43 und [ neͭ ]) iii) [ ] (in der Form [ n ]), iv) [ ę ] (in den Formen [ ntś ] und [ nͥ ]), v) [ y ] (in der Form [ ny ]), vi) [ ] (in der Form [ ny ]), vii) [ y ] (in der Form [ nyt ]). Ausgangspunkt der Entwicklung aller Varianten ist nach H allig 1952: 262 der Diphthong [w ] (< vlat. [ ]), der zunächst überall zu [ ] wird und dann unterschiedliche Entwicklungen zeigt 44 . Einerseits ergibt sich durch Entrundung des ersten Elementes die Variante [y ] - und das vermutlich durch Schließung entstandene, auf der Karte (P 210) dokumentierte [y ] (Variante vii), das Hallig jedoch in seiner Darstellung nicht erwähnt. Verändert sich hingegen das zweite Element des Diphthongs, so entsteht aus [ ] durch Palatalisierung [ ] - auf der Karte als geschlossene Variante [ ] (Variante iii, P 404) vertreten 45 - und schließlich [ ] (Variante i), das der weitaus größte Teil der Ortspunkte aufweist und das sporadisch (in P 204 und P 206) in der geschlosseneren Form [ e] (Variante ii) vorkommt. Hallig verweist darauf, dass b ourCiez (1930: 294) diese Stufe für das gesamte okzitanische Gebiet im 12./ 13. Jh. ansetzt, merkt jedoch an, dass historische Urkunden diese Variante in der Lozère erst ab dem 14. Jh. verzeichnen 46 , «so daß man wohl sagen darf, daß die Mundarten der Lozere um ein bis zwei Jahrhunderte hinter der allgemeinen Entwicklung (oder besser: hinter der gleichen Entwicklung in anderen Gebieten) zurück sind» (H allig 1952: 262) 47 . 41 Das Zeichen [ ] steht im FEW-System für den palatalen gerundeten Halbkonsonanten (IPA: [ ɥ ]), wie er etwa in franz. huit vorkommt. 42 Das Zeichen [ ś ] symbolisiert im FEW-System einen Laut zwischen [ š ] und [ s ]. 43 Das Zeichen [e] steht im FEW-System für einen Vokal zwischen [ ] und [ ]. 44 Mit seinen sprachhistorischen Filiationen der Resultate von lat. ŏ in nŏcte in den Dialekten der Lozère befindet sich Hallig im Einklang mit r onJat 1930: 184, der für die «provenzalischen» (= okzitanischen) Dialekte als gemeinsame älteste Entwicklungsstufe [uo] annimmt, «d’où, par des procès d’accomodations, de différenciations et de consonantisations, sortent les traitements ω [ o < üo < uo], α [yo < o < üo < uo], β [ e < üe < üo < uo], ε [we < ue < uo]». Die Dialekte des Gévaudan - d.h. der historisch-geographischen Einheit, die in etwa mit der Fläche des Departements kongruiert (cf. 3.1) - zeigen r onJat 1930: 172 zufolge größtenteils die unter β angegebene Entwicklung, die hier meist in der offenen diphthongischen Variante [ ] endet (cf. r onJat 1930: 390) und teilweise eine anschließende Reduktion von [ ] ([ e]) zu [ ] ([e]) mit sporadischer Weiterentwicklung zu [œ] zeigt (cf. r onJat 1930: 172). 45 Kurioserweise gibt H allig (1952) für denselben Ort (Saint-Alban-sur-Limagnole, 404), für den er auf der Karte die Form [n ] verzeichnet, im Text (p. 261) die Form ñtś (= [n tś ]) an. 46 Als urkundliche Belege führt H allig 1952: 261 nuech (1309), nueg (1361) und nuech (1499) an. 47 m eyer -l übke 1890: 178 zufolge ist im «Provenzalischen» (gemeint ist wieder «im Okzitanischen») [ ] die älteste Variante, da diese in Dokumenten aus Montpellier bis Mitte 14. Jh. als 225 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Rudolf Hallig und der Atlas linguistique de la Lozère Der Typ [ ] (Variante vi, belegt in P 403) ist nach H allig 1952: 261 durch Reduktion aus [ ] entstanden. Die letzte Etappe dieser Entwicklung ist die Entrundung von [ ] zu [ ] (Variante iv, belegt in P 100, P 101 und P 401). Für die Entwicklung des Typs [ y ] (Variante v, belegt in P 200) liefert Hallig keine Erklärung; am wahrscheinlichsten (und sprachgeographisch plausibel) ist wohl eine zur Entstehung von [ y ] (cf. supra) analoge Entwicklung durch Entrundung des ersten Elementes von [ ]. Vergleicht man nun die im ALLo (cf. Anhang, Karte 3) dokumentierten Resultate von lat. ŏ in nŏcte mit jenen, die auf der entsprechenden PALG-Karte (cf. Anhang, Karte 4) angegeben sind (cf. Tab. 2), fällt auf, dass die Anzahl der auf der PALG -Karte verzeichneten phonetischen Typen deutlich kleiner ist, mit anderen Worten, dass die in der Lozère bezüglich dieses Merkmals anzutreffende phonetische Variation hier deutlich weniger differenziert dargestellt wird als im ALLo. Resultate von lat. ŏ (vlat. [ ]) in nŏcte y yœ e œ 48 y ALLo-Karte 20 - - PALG-Karte 115 - - - - Tabelle 2. Im ALLo (Karte 20) und im PALG (Karte 115) registrierte Resultate von lat. ŏ in nŏcte49 . Um die aus den jeweiligen Karten abzulesenden Verbreitungsgebiete der verschiedenen phonetischen Typen miteinander vergleichen zu können, haben wir eine synthetische Karte erstellt, auf der einerseits die auf der Karte nuit des ALLo zu den jeweiligen Ortspunkten registrierten Belege und andererseits die auf der Karte ŏ de nŏcte des PALG verzeichneten Isoglossen dargestellt sind (cf. Karte 2) 50 . einzige Variante belegt sei, während sich [ ] erst ab Mitte des 14. Jh. finde. Später (m eyer l übke 1916: 352) nimmt jedoch auch er die Variante [ ] als Grundlage der östlichen «provenzalischen» (= okzitanischen) Dialekte an. 48 Auch wenn das «œ moyen» im Transkriptionssystem des NALF mit [ ] gekennzeichnet wird (cf. ALMC , vol. 1), ist davon auszugehen, dass es sich bei dem von Camproux verwendeten [œ] um eben diesen mittleren Vokal handelt, da Camproux (dem NALF -System entsprechend) zur Markierung von Offenheit bzw. Geschlossenheit Akzente verwendet . 49 In Bezug auf die in den beiden berücksichtigten Karten enthaltenen Zeichen entspricht das von Camproux verwendete Transkriptionssystem des NALF weitgehend dem im ALL o verwendeten FEW-System. Im einzigen Fall, in dem sich eine Abweichung findet - der Darstellung des offenen e bei Camproux durch [è] - wurde die Transkription des PALG jener des ALL o ([ ]) angepasst. 50 Die Typen, die im PALG nur als Einzelbelege auftauchen, werden der Übersichtlichkeit halber nicht angegeben. Sandra Hajek/ Guido Mensching 226 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Karte 2. Synthetische Karte: Belege zu nuit (ALLo-Karte 20) und Isoglossen nach Camproux (PALG-Karte 115). Ein erster Blick auf die Karte zeigt, dass die Aussagen von ALLo und PALG hinsichtlich der Verbreitungsareale der verschiedenen phonetischen Typen für einen Großteil des Gebietes übereinstimmen - beide verzeichnen im Zentrum einen homogenen Großraum, der die Variante [ ] aufweist. Übereinstimmende oder zumindest einander nicht widersprechende Angaben 51 finden sich darüber hinaus auch bezüglich des nordöstlichen Teils des Departements Lozère (P 100 und P 101), der laut PALG einheitlich [ ] zeigt. Westlich davon verzeichnet der PALG ein kleines Gebiet, das 51 Der Fall, dass Angaben zwar nicht übereinstimmen, einander jedoch nicht widersprechen, liegt immer dann vor, wenn für den betreffenden Ort bzw. Raum auf einer der Karten keine Belege vorliegen. 227 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Rudolf Hallig und der Atlas linguistique de la Lozère [yœ] aufweist 52 und zu dem der ALLo keine Aussage macht. In Übereinstimmung mit dem PALG, der im Nordwesten der Lozère ein Gebiet mit der Variante [œ] ausweist, findet sich im ALLo in Le Malzieu-Ville (403) die Variante [ ]. Der Westen des Departements Ardèche ist laut ALLo Teil des Großraums der Variante [ ], was mangels entsprechender Punkte durch den PALG weder bestätigt noch widerlegt wird. Der Ort Vallon-Pont-d’Arc (200), der an der östlichen Peripherie des ALLo-Ortsnetzes liegt und im Gegensatz zu den umgebenden Punkten die Variante [ y ] aufweist, könnte theoretisch zu dem südlichen Randgebiet gehören, das laut PALG [ y ] aufweist, da hier der weitere Verlauf der dieses Gebiet umgrenzenden Isoglosse im Osten mangels Aufnahmeorten nicht angegeben wird. Neben den genannten Übereinstimmungen lassen sich jedoch bezüglich der geographischen Verteilung der Resultate von lat. ŏ in nŏcte in der Lozère auch Gebiete bzw. einzelne Ortspunkte identifizieren, für die ALLo und PALG widersprüchliche Daten liefern. Dies betrifft einerseits den Ort Fournels (401) im äußersten Nordwesten der Lozère, der laut ALLo die Variante [ ] aufweist, laut PALG jedoch im Gebiet der Variante [œ] liegt. Eine mögliche Erklärung für diese Abweichung bietet die Annahme, dass die im PALG verzeichnete Isoglosse [œ]/ [ ] zu weit südlich verläuft. Durch eine Verschiebung nach Norden käme Fournels (401) noch im Gebiet der Variante [ ] zu liegen, und die Diskrepanz zwischen den Aussagen der beiden Karten wäre aufgelöst. Komplizierter liegen die Verhältnisse in einem kleinen Gebiet im Süden der Region (Cévennen), das laut PALG südlich der Isoglosse [ ]/ [ y ] liegt, d.h. die Variante [ y ] aufweist. Der ALLo verzeichnet hier drei Aufnahmeorte, unter denen Saint-Germain-de-Calberte (208) und Saint-Jean-du-Gard (209) die Variante [ ] aufweisen und damit zum zentralen Großraum gehören, während der in der Peripherie des Untersuchungsnetzes liegende Ort Lasalle (210) eine gänzlich andere Variante, nämlich [ y ] zeigt. Lässt man diesen Beleg aufgrund seiner geographischen Randstellung unberücksichtigt, ließe sich im Hinblick auf die offensichtliche Diskordanz der Daten als einfachste Erklärung zunächst annehmen, dass die Isoglosse [ ]/ [ y ] im PALG zu weit im Norden verzeichnet ist. Im Hinblick auf die Präsenz der Variante [ y ] in Vallon-Pont-d’Arc (200) ist eine solche Annahme jedoch sprachgeographisch nicht ohne Weiteres plausibel, denn würde die Isoglosse lediglich weiter südlich, ansonsten aber so verlaufen wie im PALG angegeben, würde sie Vallon-Pont-d’Arc (200) mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr in das Gebiet von [ y ] einschließen können. Es würde sich bei diesem Ort mithin um eine Exklave handeln, was jedoch anhand der Konsultation weiterer Karten bestätigt werden müsste. Ein dritter Fall, in dem ALLo und PALG widersprüchliche Daten präsentieren, findet sich im Ort St.-Alban-sur-Limagnole (404), der laut PALG im großflächigen Gebiet von [ ] liegt, laut ALLo jedoch die Variante [ ] aufweist. Es scheint sich hierbei um eine Enklave zu handeln, die der PALG nicht verzeichnet, obwohl der Ort zum 52 Diese Angabe stützt sich jedoch nur auf den Beleg in einem einzelnen Punkt (P 30), cf. Anhang, Karte 4. Sandra Hajek/ Guido Mensching 228 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Netz seiner Aufnahmepunkte gehört (P 31, cf. Anhang, Karte 4) 53 . Um zu einer sprachlichen Sonderstellung des Ortes eine abschließende Aussage zu treffen, ist es jedoch auch hier vonnöten, die Daten weiterer Karten zu konsultieren. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich die Abweichungen in den Verbreitungsgebieten der verschiedenen Typen vor allem in der Peripherie des Gebietes finden lassen, während das großräumige Gebiet von [ ] im Zentrum sowie das kompakte Gebiet von [ ] im Nordosten sowohl durch den ALLo als auch durch den PALG ausgewiesen werden. Dies bestätigt die Aussage Halligs (cf. 3.1) über die aus der historischen und politischen Einheit des Gévaudan folgende sprachliche Homogenität des Gebietes, an dessen Peripherie die Übergänge zu anderen - möglicherweise weniger homogenen - Dialektgebieten stattfinden. Die zwischen den Daten des ALLo und jenen des PALG bestehenden Diskordanzen können durchaus aus dem Umstand resultieren, dass sich die Verbreitungsgebiete sprachlicher Typen in dialektalen Übergangszonen häufig überlappen, sodass in diesen Gebieten verschiedene Formen nebeneinander existieren, von denen möglicherweise nur jeweils eine in den Atlanten registriert wurde. Dadurch, dass die Daten des PALG auf interpretativen Karten präsentiert werden, deren empirischer Hintergrund zudem unklar ist, werden valide Aussagen zu den Verhältnissen an den Rändern des Dialektgebietes der Lozère jedoch erheblich erschwert. 4.3. Zum lexikologischen Ertrag von ALLo und PALG Ein Vergleich des lexikologischen Ertrags der beiden hier besprochenen Sprachatlanten bedarf einer detaillierten Analyse. An dieser Stelle seien dazu einige erste Überlegungen kurz dargestellt. Hallig hat sich - nicht zuletzt als Mitverfasser des Begriffssystem[s] als Grundlage für die Lexikographie - intensiv mit der Frage der onomasiologischen Ordnung von Lexika beschäftigt. Die thematische Ordnung der Begriffe im ALLo folgt (auch wenn es sich hier nicht um ein Lexikon, aber eben doch um eine Form der Datensammlung zu Begriffen handelt) eben diesem System, dessen Kennzeichen Hallig folgendermaßen wiedergibt: 1) Es sucht alle Gebiete zu erfassen von dem, was in uns ist und von dem, was außer uns ist. Es soll in viel stärkerem Maße, als es bisher geschehen ist, auch das Geistig-Seelische zur Geltung kommen. So erklären sich die drei Hauptgruppen: L’Univers. L’Homme. L’Homme et l’Univers. 2) Alle diese Gegenstände sollen an ihrem «locus intellectualis» stehen. 3) Was assoziativ mit irgend einem (sic) Gegenstand sich verbindet, soll an dieser Stelle erwähnt werden. (H allig 1970b: 25). 53 Vor dem Hintergrund der bereits festgestellten Intransparenz des methodischen und kartographischen Vorgehens Camproux’ (cf. N36) erhärtet dies unsere schon weiter oben vorgebrachte Vermutung, dass dieser tatsächlich nicht in allen Orten, die auf der Karte verzeichnet sind, Aufnahmen getätigt hat. 229 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Rudolf Hallig und der Atlas linguistique de la Lozère Entsprechend der Forderung, alle Begriffe sollten an ihrem «locus intellectualis» stehen, sind die Begriffe nach «Sachgruppen» geordnet 54 . So soll ein möglichst «natürliches Verfahren» (cf. N18) ermöglicht, d.h. den Assoziationen 55 bei Fragendem und Befragtem freier Spielraum gelassen werden (H allig 1970b: 24). Die dabei unvermeidlichen Wiederholungen 56 verschiedener Begriffe werden in Kauf genommen bzw. sogar als sinnvoll betrachtet, denn im Grunde genommen ordnet man ja nicht Wörter, sondern das, was sie bezeichnen. Und da kommt es vor, daß ein hochsprachliches Wort drei, vier Dinge bezeichnet, während das entsprechende Mundartwort nur zwei dieser Dinge bezeichnet, man sich im übrigen anderer Namen bedient. (H allig 1970b: 26). Die insgesamt 2485 Karten des ALLo bilden also ebenso viele Begriffe ab, während der Großteil der Karten des PALG phonetischer oder morphologischer Natur (und damit häufig lexikologisch unvollständig) ist. Die 132 spezifisch lexikologischen Karten des PALG (Karte 425 bis Karte 557) sind in jedem Fall dadurch von besonderem ethnographischem Wert, dass sie speziell den ländlichen, regionsspezifischen Wortschatz betreffen. Sie sind dadurch gleichzeitig über weite Strecken komplementär zu den Karten des ALLo, die neben regionsspezifischen Begriffen auch solche des Standardwortschatzes abbilden (cf. 3.2). Auf den lexikographischen Karten des PALG sind (wie auch auf den phonetischen Karten, cf. 4.2) die ortsspezifischen Daten bereits zu Typen zusammengefasst, wobei einige Karten ausschließlich okzitanische (cf. Anhang, Karte 5), andere ausschließlich (vulgär-)lateinische Lexeme (cf. Anhang, Karte 6) und wieder andere sowohl okzitanische als auch (vulgär-)lateinische (z.B. Karte 451 «orage») oder okzitanische und französische Lexeme enthalten (z.B. Karte 509 «charrue»). Im ALLo ist der gesamte lexikologische Reichtum eines Begriffs in Form von Einzelbelegen erhalten. Eine 54 Als besonders schwierig erwies sich Hallig zufolge die «logische Ordnung» der Begriffe im Bereich des «Seelischen». Auch sei hier die «Spontaneität und Sicherheit der Antworten» weniger gewährleistet «als bei anderen, dem Leben des einfachen Mannes näherliegenden Dingen» (H allig 1970b: 26). Die Erfahrung habe jedoch gezeigt, dass «ein kluger und in der Hochsprache gut bewanderter Einheimischer auch in diesen Kapiteln etwas Rechtes zu leisten vermag» (ibid.). n auton 1963: 52, meint jedoch, neben den Teilen des Begriffssystems, wenig dialektale Begriffe enthalten (z.B. der Teil über Belletristik, die schönen Künste, Wissenschaft und Technik) seien auch die Termini, die sich auf das Wortfeld «âme et intellect» bezögen (wie z.B. esprit, sujet, sympathie, honorer, conduite, attitude), als «étant hors du champ de la pensée populaire» aus dem Fragebuch herausgenommen worden. 55 Mit «Assoziation» ist bei Hallig nicht die «persönliche», d.h. die auf den individuellen Lebensumständen und Erlebnissen beruhende, sondern die «Assoziation unter dem Zwang der Begriffe» gemeint, die sich aus der «logischen Verknüpftheit», d.h. den Beziehungen zwischen den Begriffen eines semantischen Feldes ergibt (cf. H allig 1970b: 24). 56 Wiederholungen bestimmter Begriffe haben daneben laut H allig 1970b: 26 den praktischen Vorteil, dass sie dem Enquêteur durch den Vergleich seiner Notationen an den verschiedenen Stellen eine Selbstkontrolle ermöglichen. Sandra Hajek/ Guido Mensching 230 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Typisierung muss der Benutzer freilich selbst vornehmen. Tut er dies, so ergeben sich aus den einzelnen Formen sehr wertvolle Erkenntnisse. Als Beispiel seien hier die Karten 16 «après-midi» (cf. Anhang, Karte 7) und 19 «soir/ soirée» (cf. Anhang, Karte 8) genannt, deren lexikologischer Ertrag sich beispielhaft anhand der Einzelbelege wie folgt systematisieren lässt: Für soir sind drei Typen zu erkennen, nämlich vespre 57 , ser 58 und sera (m.) 59 . Für soirée ergeben sich mindestens 60 die beiden davon abgeleiteten Typen vesprada 61 und serada 62 sowie velhada 63 . Hingegen zeigt sich für après midi eine sehr vielfältige Typologie: Am häufigsten ist der Typ aprè(s)miejour 64 , gefolgt von aprè(s)-dinar 65 . Daneben gibt es - hiervon abgeleitet - aprè(s)dinada 66 sowie die Verwendung von Entsprechungen für soir oder soirée (s.o.): vespre 67 , serada 68 , vesprada 69 - anders betrachtet machen diese Sprecher offenbar keinen Unterschied zwischen «Abend» und «Nachmittag». Vereinzelt sind noch - mit jeweils einem Beleg - tantost 70 und prangèra 71 zu finden. Eine weiterführende Analyse ist nicht Ziel dieses Aufsatzes. Es sollte lediglich gezeigt werden, wie wertvoll der ALLo auch in lexikologischer Hinsicht ist 72 . Dies zeigt 57 Einzelbelege: lu bsp ʀ e , lu bsp ʀ e , lu bsp ʀ e , lu βsp ʀ ẹ , lu βsp ʀ ẹ , lu vsp ʀ , lu vsp ʀ . 58 (lu) sw ʀ , lu sw ʀ , lu sw ʀ , lu swr , lu sw ʀ , lu sw ʀ , lu s ʀ . Hier und im Folgenden steht die Determinante bei Formen, die sowohl mit als auch ohne Determinante vorkommen, in Klammern. 59 lu s ʀ , lu s ʀ , lu s ʀ o . Zu diesem maskulinem Typ im Gegensatz zum gleichlautenden femininen (beide < spätlat. sera ) siehe FEW 11: 518a, 2a, dort für die Lozère auch s ro (wahrscheinlich aus dem ALLo) sowie 11: 518b. Hingegen gehören die Belege in N58 zu lat. sērō ( FEW 11: 516). 60 An zwei Orten ist für soir und soirée jeweils nur ein Lexem verzeichnet ( lu bsp ʀ e , lu s ʀ ), sodass unklar ist, ob es sich nur um die dialektale Entsprechung von frz. soir handelt (und für frz. soirée keine Antwort vorliegt oder erfragt wurde) oder ob der Beleg sowohl in der Bedeutung ‘soir’ als auch in der Bedeutung ‘soirée’ verwendet wird. Wahrscheinlich wurden die jeweiligen Lexeme von den Informanten für beide Konzepte verwendet. 61 la bsp ʀ d , la bsp ʀ ᵈdo , la/ l bsp ʀ do , la βsp ʀ d , la bsp ʀ ádº , la βsp ʀ ᵈdº , la vsp ʀ ᵈd . 62 la swa ʀ ádọ , la swa ʀ do , la swa ʀ δ , la sw ʀ ádọ , l sw ʀ dọ , la swarádº , la swaráᵈdº , (l/ la) sw ʀ ádº , (la) sw ʀ ád , l sw ʀ ạ́ᵈd , l s ʀ ád , l s ʀ d , la serd , la seráᵈdº. 63 la vyádo , l beɫdo , l bɫd. Zu velhar (< vĭgĭlare ) cf. aokz. velada ‘action de veiller, la nuit’ ( FEW 14: 436b). 64 laprmydu ʀ , laprmyd ʀ , laprmyędú ʀ , lap ʀ zmytśu ʀ , lap ʀ zmyd ʀ , lap ʀ mytśú ʀ , lap ʀ smytśú ʀ , lap ʀ smytśu ʀ , lp ʀ mytś ʀ , låp ʀ myętśu ʀ , låp ʀ zmyd ʀ , p ʀ smydú ʀ , p ʀ ˢmidú ʀ . 65 p ʀ sdiná , ap ʀ sdiná , lap ʀ zdin , lap ʀ zdiná , lp ʀ ezdiná , lap ʀ diná. 66 lap ʀ zdinádo , lap ʀ zdind , lap ʀ dináᵈdo . 67 lu bsp ʀ e , lu bsp ʀ e , lu vsp ʀ e. 68 la swarádo , lǫ s ʀ d. 69 lǫ bsp ʀ d. 70 lu tantsͭ. Cf. FEW 13/ 2: 119a. 71 la p ʀ anźͥ ʀ . Zu lat. prandium ‘Mittagessen’, cf. FEW 9: 328a, αβ. 72 Cf. hierzu auch das Zitat von H.-E. Keller in 3.3. 231 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Rudolf Hallig und der Atlas linguistique de la Lozère sich nicht zuletzt darin, dass nicht nur Wartburg in seinem FEW, sondern auch W olf 1968 eine große Anzahl der von Hallig erhobenen Daten auswerten. 5. Fazit Rudolf Halligs Sprachatlas des Departements Lozère und der angrenzenden Kantone der Departemente Gard und Ardèche/ Atlas linguistique de la Lozère (ALLo) enthält eine große Fülle an Datenmaterial zu den okzitanischen Dialekten der Lozère, das Hallig selbst in den Jahren 1932-33 erhoben und im Anschluss auf die beeindruckende Zahl von 2485 Karten übertragen hat. Dieser Atlas ist bis heute unveröffentlicht geblieben und existiert noch in einem Exemplar beim ATILF in Nancy. Halligs Aussagen in diversen Schriften (cf. insbesondere H allig 1952), aber auch die Analyse einer Karte, die wir in Abschnitt 4.2 des vorliegenden Aufsatzes vorgenommen haben, zeugen von einem äußerst gewissenhaften Vorgehen des Verfassers bei der Enquête, der Transkription der Einzelformen und ihrer kartographischen Erfassung. Der von uns vorgenommene Vergleich eines einzelnen lautlichen Phänomens (der Entwicklung von lat. ŏ in nŏcte ) mit der entsprechenden Karte aus Camproux’ Petit atlas linguistique discursif du Gévaudan (PALG) lässt sich - im Hinblick auf die weitgehende Übereinstimmung - auch dahingehend interpretieren, dass Halligs Formen die Antworten der von ihm befragten Sprecher korrekt wiedergeben. Gerade vor diesem Hintergrund kann man sich jedoch auch fragen, ob der 1970 erschienene PALG Halligs Werk nicht obsolet gemacht hat. Hierauf lässt sich entgegnen, dass Camproux’ Atlas, wie wir gezeigt haben, kein klassischer Sprachatlas ist und somit auch in aller Regel keine empirisch erhobenen bzw. im Feld transkribierten Einzelformen enthält. Und trotz der auf den ersten Blick ins Auge fallenden Übereinstimmungen lassen sich teilweise auch widersprüchliche Daten ausmachen, die auf großen qualitativen, methodischen und kartographischen Unterschieden zwischen ALLo und PALG beruhen. Hallig stand methodisch und kartographisch in der Tradition Gilliérons (Angabe kompletter Belege, sprachgeographisch ausreichendes, über weite Strecken äquidistantes Ortsnetz), während Camproux eine eigenwillige Mischung aus Monographie und Sprachatlas präsentiert. Alles in allem stehen beide Werke nicht in Konkurrenz zueinander, sondern müssen als komplementär angesehen werden. Die eingangs gestellte Frage, ob sich eine Publikation des ALLo (wie in der Vergangenheit von Pop, Nauton, Wolf und Schwake gefordert) heute noch lohnt, ergibt somit ein eindeutiges Ja. Die Ergebnisse des vorliegenden Beitrags haben uns darin bestärkt, eine Veröffentlichung im Laufe der nächsten Jahre ins Auge zu fassen. Selbstverständlich wird eine solche in der heutigen Zeit digital erfolgen - etwa nach dem Vorbild des ALD. Rudolf Halligs Atlas linguistique de la Lozère ist auf jeden Fall ein für die okzitanische und (gallo-)romanische Sprachgeographie, Dialektologie und Sprachgeschichte grundlegendes Werk, das es zu erhalten und für moderne Analysemethoden zu erschließen gilt. Sandra Hajek/ Guido Mensching 232 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Bibliographie ALD = g oebl , H. 1998-2012: Sprachatlas des Dolomitenladinischen und angrenzender Dialekte 1+2. http: / / ald.sbg.ac.at/ ald/ ALLo = H allig , r., Sprachatlas des Departements Lozère und der angrenzenden Kantone der Departemente Gard und Ardèche/ Atlas linguistique de la Lozère. Unveröffentlichtes Manuskript ALMC = n auton , p. 1957-63: Atlas linguistique et ethnographique du Massif Central, 4 vol., Paris b aldinger , k. 1952: «Die Gestaltung des wissenschaftlichen Wörterbuches. 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Nuit: Karte 20 aus dem Atlas linguistique de la Lozère. 235 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Rudolf Hallig und der Atlas linguistique de la Lozère Karte 4. ŏ de nŏcte: Karte 115 aus dem Petit atlas linguistique discursif du Gévaudan. Bei den unterstrichenen Orten handelt es sich um die Kantonszentren zum Zeitpunkt der Publikation (1970). Sandra Hajek/ Guido Mensching 236 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Karte 5. Serrure: Karte 546 aus dem Petit atlas linguistique discursif du Gévaudan. 237 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Rudolf Hallig und der Atlas linguistique de la Lozère Karte 6. Joue: Karte 450 aus dem Petit atlas linguistique discursif du Gévaudan. Sandra Hajek/ Guido Mensching 238 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Karte 7. L’après-midi: Karte 16 aus dem Atlas linguistique de la Lozère. 239 Vox Romanica 76 (2017): 207-239 DOI 10.2357/ VOX-2017-009 Rudolf Hallig und der Atlas linguistique de la Lozère Karte 8. Le soir/ la soirée: Karte 19 aus dem Atlas linguistique de la Lozère (abgebildet in p op (850: 334).