eJournals Vox Romanica 77/1

Vox Romanica
vox
0042-899X
2941-0916
Francke Verlag Tübingen
10.2357/VOX-2018-004
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
2018
771 Kristol De Stefani

Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft

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2018
Wolfgang  Eichenhofer
vox7710073
Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 73 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft Wolfgang Eichenhofer (Berlin) Riassunto: Il presente articolo prova a illustrare la piccola parte dei toponimi glaronesi di origine preromanza e romanza e - se possibile - le loro etimologie. Queste intendono descrivere diversi sviluppi fonetici dal latino a un retoromancio antico, verosimilmente affine del soprasilvano, che era esistito nel cantone di Glarona fino al secolo XI circa. Quegli sviluppi variano essendo basati su tre fasi dell’evoluzione della lingua tedesca fra il secolo V e il secolo XIII, cioè la fase del tedesco antico, del medio alto-tedesco e, più tardi, del dialetto walser. Il seguente testo permette di accertare le epoche durante le quali i nomi (pre)romanzi trattati sono stati integrati nell’alemanno glaronese. Keywords: Toponomastics, Preroman toponyms, Canton Glarus, Etymology, (Proto-)Rhaeto- Romance (5 th -11 th centuries), Romansh-German language contact 1. Einführung Dieser Artikel entstand aus dem Bedürfnis, wenigstens das (vor)romanische Namengut, das im Kanton Glarus vorliegt, zu besprechen und damit den Versuch zu wagen, die dortige ehemalige Romanität - soweit möglich - zu beschreiben. Das Romanische, ein wohl mit dem «Alträtoromanischen» vergleichbares Idiom, mag im Kanton Glarus zwischen dem 1. und dem 11. Jh. und ab dem 7. Jh. neben dem Althochdeutschen der eindringenden alemannischen Siedler gelebt haben (cf. Zopfi 2 1984: 71-75). Ab Ende des 13. Jhs. begannen die Walser, aus dem Vorderrheintal vor allem in die obere Stufe des Sernftals im Südosten des Kantons einzuwandern. Diese Volksgruppe importierte wiederum besonders surselvisches Wortgut, das in einigen glarnerischen Namen bis heute fortlebt (Zopfi 1982a: 14). Lautliche Charakteristika der ziemlich früh von der Germanisierung erfassten Glarner Namenformen sind bisher nicht systematisch dargestellt worden. Jene sollen hier eingebettet werden in die Erkenntnisse, die uns aus den Namenbüchern für die Kantone Graubünden, Uri und Schwyz (Rätisches Namenbuch, Urner Namenbuch, Schwyzer Namenbuch) bekannt sind. Auch die nicht wenigen Publikationen zum Namengut einzelner Gemeinden insbesondere des Kantons St. Gallen sowie das nunmehr vorliegende Werdenberger Namenbuch wurden berücksichtigt. Die Namensammlungen von G. Walch 1996 befinden sich im Archiv des Kantons Glarus und sind jetzt über www.ortsnamen.ch zugänglich. Das Glarner Archiv stellte mir eine dort verfügbare Excel-Datei mit diesen Materialien zur Verfügung. Es handelt 73 128 004 Wolfgang Eichenhofer 74 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 sich um detaillierte Auskünfte zu knapp 11’000 Glarner Namen. Hierfür und für das Einverständnis, aus dieser Datei für den vorliegenden Artikel schöpfen zu dürfen, danke ich den Herren Dr. F. Rigendinger und B. Mahler sowie Frau Dr. Walch. Zu Dank verpflichtet bin ich auch Herrn Dr. V. Weibel für verschiedene Auskünfte insbesondere zu Namen im Ostteil des Kantons Schwyz. Ähnlich wie in Eichenhofer 2007 behandelt das nachstehende Kapitel 2 einige lauthistorisch relevante Beobachtungen, die den Übergang vom «Alträtoromanischen» im Glarnerland zum Alt- und Mittelhochdeutschen aufzuzeigen versuchen und es erlauben, die Epochen der Entlehnung romanischer Formen durch alemannische Siedler annäherungsweise festzulegen. Kapitel 3 verzeichnet normalerweise Orts- und Flurnamen (vor)romanischer Herkunft. Es handelt sich um etwas über 335 Namen, zu denen sich gut 120 Etymologien haben aufstellen lassen; zu wenigen Stichwörtern (ca. 20) werden in einigen Fällen etymologische Vorschläge unterbreitet. Gewässernamen sind nur aufgenommen, wenn ihre Herkunft geklärt und sie lautlich interessant sind. Dieser Teil ist folgendermaßen strukturiert: Prinzipiell werden Determinata («Grundwörter») aufgeführt und etymologisiert. Determinantia («Bestimmungswörter») kommen als Stichwörter nur vor, wenn hierzu Determinata fehlen: Walenfesis wird entsprechend bei Fesis, Bifertengletscher und Bifertenstock jedoch an eigener Stelle besprochen. Die alphabetische Ordnung der Stichwörter richtet sich im Prinzip - die Buchstaben T und K ausgenommen - nach Schatz 1955s.: B wird zusammen mit P, D mit T, F mit V, G mit K, hingegen KCH, TSCH und Z wie alle anderen Vokale oder Konsonanten dem Alphabet folgend abgehandelt. Nach den Stichwörtern steht normalerweise eine Genusangabe; ausgenommen sind Gemeindenamen wie Glarus usf. Danach befinden sich, sofern greifbar, Angaben zur Aussprache des Namens 1 . Den phonetischen Formen folgen die Angaben der Gemeinde, in welcher der Name zu finden ist 2 , Informationen zu Beschaffenheit der Flur oder Nutzungsart, zur Höhenlage, zur Namengattung und die üblichen Koordinaten. Den halbfett gesetzten Stichwörtern folgt hiernach meist eine Angabe im Stil («B1», «b1», «b»), über die man die Flur oder den Ort auf der beiliegenden Karte finden kann. «B1» bezeichnet vorromanische (cf. Bergeten), «b1» romanische (Pantenbrugg) und «b 3 » walserische (Balm) Herkunft des Namens. Sofern dem Stichwort urkundliche Belege zugeordnet sind - sie stammen, wenn keine andere wissenschaftliche Quelle angegeben ist, aus www.ortsnamen.ch -, werden diese in Auswahl aufgeführt: Der älteste Beleg steht vor dem jüngsten. Stichwör- 1 Aus technischen und rechtlichen Gründen werden die unter ortsnamen publizierten phonetischen Zeichen hier mit Hilfe des Internationalen Phonetischen Alphabets wiedergegeben. Damit wird unter anderem ein Anschluss an Kristol et al. 2005 (LSG) erreicht. 2 Die Namenbeispiele sind nach dem Grundsatz Südvor Nord-, Westvor Ostlage der Gemeinden sortiert: Rufi (Diesbach) steht vor Rufi (Schwanden), dieses vor Rufi (Glarus) usf. 3 Kursiv gesetzte Verweise beziehen sich auf unterstrichene Aufgaben auf der beiliegenden Karte. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 75 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 Kanton Glarus Wolfgang Eichenhofer 76 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 ter ohne urkundliche Formen werden normalerweise in Fußnoten nachgetragen, sofern homographische Stichwörter mit solchen Belegen bestehen. Die Angaben zur Etymologie (bei denen klassischlateinische Wörter normalerweise im Akkusativ stehen) enthalten außerdem, falls möglich, drei Rubriken: a) Zitate aus den oben erwähnten Namenbüchern, b) Angaben zu etymologischen Wörterbüchern, in denen die Etyma eingesehen werden können (z. B. REW, FEW, DRG usf.) und c) Hinweise auf einzelne Studien über die entsprechende Namenform. Publikationen über romanisches Material gehen grundsätzlich denen über germanisches oder deutsches voran. Namen mit lat. oder got. Etyma sind als Reflexe aus dem einstigen Glarner Romanischen zu verstehen. Am Ende des etymolgischen Abschnitts befinden sich, wenn möglich, in Klammern Angaben wie «I.», «II.» usf. Die Ziffern sollen diesen 3. Teil mit den in Kapitel 2 beschriebenen lauthistorisch relevanten Beobachtungen verknüpfen. Mit Hilfe jener Angaben lässt sich ermitteln, dass z. B. der Name Filetsch nach dem 11. Jh., Chärpf jedoch vor dem 8. Jh. im Kt. Glarus heimisch war. Die beiliegende Karte enthält 98 Angaben zu vorrom. (14), roman. (77) und wals. (7) Namen. Obwohl bei den Zitaten der Namen die Präferenz auf deren Vorkommen in eher südlich und westlich gelegenen Gemeinden des Kt. Glarus lag, zeigt die Karte doch eine ziemlich gleichmäßige Streuung des roman. Namenguts. Das im Südosten und -westen vermehrte Auftreten von Formen, die durch Walser vermittelt sind, verwundert nicht weiter 4 . 2. Lauthistorisch relevante Beobachtungen Folgender Abschnitt enthält 17 Beobachtungen, die es erlauben, die Übergänge der in Kapitel 3 aufgelisteten Formen des Vorromanischen, Lateinischen und Gotischen ins Alemannische ungefähr zu datieren. Akzentrückzug und Änderungen bei den Tonvokalen, die sich datieren lassen (ā, ă, ō, ŭ, ū und [-aw-]) werden hier vor sich wandelnden Konsonanten abgehandelt; dabei sind anlautende wie inlautende, einfache wie doppelte, stimmlose vor stimmhaften, orale vor nasalen, bilabiale vor (labio) dentalen, palatalen und velaren Konsonanten dargestellt. Konsonantenverbindungen werden unter den jeweils gewandelten Konsonanten aufgeführt, ältere Entlehnungen vor jüngeren besprochen. 4 Abkürzungen: () = ohne Ortsangabe, (! ) = ohne Akzentangabe, [-] = ohne phonet. Formen, < (vor Zahlen) = vor angegebenem Jahr, > (vor Zahlen) = nach angegebenem Jahr, ~ (vor Zahlen) = ungefähr, ~ = Stichwort, (a) = linke Spalte, (b) = rechte Spalte, Betschw. = Betschwanden (GL), Braunw. = Braunwald (GL), DB. = Deutschbünden, Diesb. = Diesbach (GL), Dis. = Disentis/ Mustér (GR), Filzb. = Filzbach (GL), GL = Glarus, GR = Graubünden, Hätz. = Hätzingen (GL), IB. = Italienischbünden, Kt. = Kanton, Leugg. = Leuggelbach (GL), Luchs. = Luchsingen (GL), Mühl. = Mühlehorn (GL), N.urnen = Niederurnen (GL), O.urnen = Oberurnen (GL), Obst. = Obstalden (GL), Tuj. = Tujetsch (GR), wals. = walserisch. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 77 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 I. Der lateinische oder romanische bei Mehrsilblern normalerweise nicht auf der ersten Silbe liegende Hauptakzent bleibt im Alem. ab Anfang des 12. Jh. erhalten; bis ins 11. Jh. wird er auf die Anfangssilbe verlagert (Sonderegger 1979a: 329). Man vergleiche zum Beispiel → Fesis mit Akzent auf der ersten Silbe < lat. vicīnum ‘Nachbar’ vs. auf der zweiten Silbe betontes → Faleggen < lat. *filĭctam ‘Farn’. II. Lat. ā, ă, das im Alem. den Hauptakzent erhält, liegt in der Regel als [ɑ -] vor; alem. [ɛ -] beruht auf Umlaut, der in mhd. Zeit (ab dem 12. Jh.) erfolgt, cf. → Fäner. III. Lat. ā, ă, das im Alem. betont wird und vor [tʃ -] oder [ʃ -] steht, wird wohl wegen Nr. XVII. ab dem 12. Jh. zu [ɛ -] palatalisiert, cf. → Prätsch 5 . IV. Lat. ŏ, ō, ŭ tritt im Alem. normalerweise als [ʊ -] oder [-u-] auf; im Fall von Umlaut in mhd. Zeit liegt [-œ-] oder [-y-] vor, cf. → Mörtel, Bütz. V. Lat. ū, das im älteren Brom. entweder noch [-u-] lautete oder schon zu [-y-] palatalisiert war, hat im Alem. normalerweise den Reflex [ʊ -]; dessen Umlautung in mhd. Zeit generiert [-y-], cf. → Friteren, Fruttberge. VI. Vorrom. [-aw-] lautet [-o-] im Beispiel → Tros < *draus ‘Alpenerle’. Diese Monophthongierung ist nach Moser 1981: 52 in ahd. Zeit (7./ 8. Jh.) erfolgt 6 . VII. Lat. p wird nach Schwerdt 2000: 256s. ab dem 7. Jh. im Zusammenhang mit der zweiten oder ahd. Lautverschiebung zu [(p)f-], [-(p)f-] assibiliert, cf. → Chärpf. Später eingedeutschte Namenformen weisen [b̥ -], [-b̥ -] auf, cf. → Guppen. VIII. Während inlautendes lat. -bim Ahd. erhalten geblieben ist wie in → Zuben < lat. tŭbum ‘Röhre’, wird jenes im Altromanischen nach Lausberg 1967: §373 ab dem 2. Jh. zu [-v-] spirantisiert. Dieses besteht wegen Nr. X. spätestens im 8. Jh., cf. → Tafleten mit desonorisiertem [-v-]. IX. Lat. t wird ab dem 7. Jh. (zweite oder ahd. Lautverschiebung) zu [ts-], [-ts-] assibiliert (Schwerdt 2000: 256s.), cf. → Zuben. Nach dieser Zeit eingedeutschte Namenformen weisen [d̥ -], [-d̥ -] auf, cf. → Mörtel. 5 Sonderfall ist die Kombination von roman. ăqu-, das sich vor [ l - ] über *[aw - ] und *[ow - ] zu *[ub - ] entwickelt und in mhd. Zeit zu [yb - ] umgelautet wird, cf. → Übli. - Lat. ĕ, das im Alem. den Hauptakzent be - oder erhält, ist konserviert oder lautet im Alem. [ e - ], cf. → Betlis. - Lat. ē, ĭ, das im Alem. den Hauptakzent trägt, lautet normalerweise [ e - ] oder [ i - ], → Biferten. - (Vor)roman. [ i - ] bzw. lat. ī ergaben unter dem alem. Hauptakzent normalerweise [ i - ], → Filzbach. - Lat. ŏ hat im Alem. die Resultate [ ɑ - ], [ o - ] oder [ u - ], → Dossen. 6 Derselbe Diphthong [ aw] in surs. furau, phonet. [ fʊˈraw ], lautet [ ab̥ ] in Glarner Wörtern mit auslautendem altem *[ aw]: So erklärt sich wohl die Form → Vorab. - Die lat. Vokale ā, ĕ, ĭ, ŏ und ŭ in ālia, āria, āriu, āta, āticu, ĕllu, ĕntu, ĭtta, ŏla und ŭlu, ŭla fallen im Alem. allesamt zu [ ɐ - ] zusammen, da sie hier gemäß Nr. I. seit dem 12. Jh. nachtonig stehen, cf. → Bergeten, phonet. [ˈb̥ æ rg̊ ɐ d̥ æ ], < roman. *[ bɐrˈgetɐ ] < vorrom. *barica ‘Hütte’ + -ĭtta, → Näflete usf. Wolfgang Eichenhofer 78 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 X. Die ahd. Lenesverschiebung an- und inlautender [b] > [p], [d] > [t], [g] > [k], die nach Sonderegger 1979a: 127s. im 8./ 9. Jh. vor sich geht, kann bei den hier auftretenden Namenformen nur für [-d-] beobachtet werden: Demnach wurde lat. tabulātum ‘Bretterwerk’ bzw. altromanisches *[ tɐvˈlaːdɐ ] vor dem 8./ 9. Jh. alemannisiert (cf. → Tafleten), nicht aber der Name → Clariden, dessen Endung -iden mit Sicherheit auf -ētu, -ēta beruht. XI. Lat. c vor nicht palatalen Vokalen (ă, ā, ŏ, ō, ŭ, ū) wird durch die zweite oder ahd. Lautverschiebung wohl ab dem 8. Jh. zu [kx-], [-kx-] assibiliert, cf. → Chästlisbächli. XII. Roman. [k] vor [a] und [u] < lat. c + -a-, -uwurde gemäß Nr. XI. nach dem 8. Jh. als [g̊ -], [-g̊ -] adaptiert, cf. → Nügger < *nucārium ‘Nussbaum’, → Guppen < cŭppam ‘Becher’. Dies betrifft auch roman. [k] zwischen [-i-] und [-u-], cf. → Seggen < sĭccum ‘trocken’. Die Verbindung cr verhält sich analog: [kxr-] in → Chrinen besteht wohl ab dem 8. Jh., [g̊ r-] in → Grapplen danach. Für sekundäres lat. -c’l-, -g’l- > [-g̊ l-] gilt dasselbe, cf. → Alpegligen, Figleren. XIII. Lat. c vor palatalen Vokalen (ĕ, ē, ĭ, ī) ist ins Germanische als [k] übernommen und in ahd. Zeit wohl ab dem 8. Jh. zu [kx] assibiliert, cf. → Kerenzen < *circinātio ‘Umrundung’. XIV. Bereits zu roman. [ts] verschobenes lat. c vor e, i hat im Glarnerland meist den Reflex [s], cf. → Fesis 7 . XV. Lat. ct muss aus dem Roman. als [-k-] übernommen und gegebenenfalls depalatalisiert worden sein. Dieses [-k-] hatte sich im Roman. - wie in Nr. XII. beschrieben - nach dem 8. Jh. vielleicht schon zu mediopalatalem *[-c-] entwickelt, cf. → Faleggen < *filĭctam ‘Farn’ 8 . XVI. Alem. -wil in → Niderwil wurde in gemeingermanischer Zeit (bis ins 3. oder 4. Jh.) von lat. villāre ‘Gehöft’ übernommen. Daher lautet lat. v in dieser Form [-v-] 9 . 7 Für lat. g + e liegt in hiesigem Material nur der Fall → Arznet < lat. argĕntum ‘Silber’ vor, dessen [ ts - ] demjenigen von lat. c + e, i im urnerischen Namentyp Zingel < cĭngulum ‘Gürtel’ entspricht und aus roman. *[ dz - ] desonorisiert ist. Namen wie → Tschingel mit anlautendem [ tʃ - ] sind direkt aus dem Roman. entlehnt. 8 Lat. ct + s verhält sich wie im Brom. eigenwillig: Der Reflex dieser Kombination lautet [ ts], cf. → Totzweg < lat. dŭctum ‘Leitung’ + s. - Jüngere Entlehnungen, die auf den lat. Kombinationen ct oder ci beruhen und im Brom. den Mediopalatal [ c - ] oder den Palatal [ tʃ - ] ergaben, sind durch Walser tradiert und lauten im Glarnerland [ tʃ - ] und [ ts - ], cf. → Filetsch < surs. faletga < lat. *filĭctam ‘Farnkraut’ oder → Jetz < wals. Jatz zu lat. *jăcium ‘Lagerstätte’. - Anlautendes vorrom. g vor á liegt im Alem. als [g̊ - ] vor, cf. → Gand. - Anlautendes lat. v lautet im Alem. in der Regel [f - ], cf. → Figleren. 9 Sonderfall ist roman. [ v - ] nach [ l - ] wie in sĭlvam oder roman. [ w - ] vor [ l - ] wie in aquālem: Dieses hat im Glarnerland [ b̥ - ] als Ergebnis, cf. → Seeblen, urk. Selblen < sĭlvam ‘Wald’ oder → Übli - < aquālem ‘Wassergraben’. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 79 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 XVII. Vorrom. sk oder lat. sc ist nach Sonderegger 1979a: 137 beim Übergang des Ahd. ins Mhd. (im 12. Jh.) zu [ʃ -] palatalisiert, cf. → Brüsch; wann diese Palatalisierung zum Abschluss gekommen ist, lässt sich kaum sagen 10 . 3. Namen Abläsch f. [d̥ ˈɑ b̥ læ ːʃ, ɪ d̥ ( ɐ r) ˈɑ b̥ læ ːʃ ] Glarus. Wohnquartier. 480 m. HausN 723990 210860 1334 Ablesca Zopfi 1984: 10 • Unklare Herkunft. - Das Suffix ist -ăsca. Zopfi 1984: 10 schlägt als Etymon *abilăsca vor; cf. außerdem Huber 1941s.: 234, Zopfi 1950s., Schmid 1980: 170, Goy 2000: 55s.; zur unklaren Herkunft des Namens Biasca mit demselben Suffix cf. LSG 151. (Siehe auch Kapitel 2: III., XVII.) 11 Alp f. [alb̥ ] ‘Alpe’. • Vorrom. *alp. - Appellativum. Cf. RN 2: 13s. sowie → Fesis, Guppen(alp) usf. Alpegligen, Alp Begli(n)gen [ts ɑlˈ b̥ e g̊ lɪ g̊ ɐ, ʊf ɑlˈ b̥ e g̊ lɪ g̊ ɐ ] Ennenda. Stall mit Hütte, Mähwiese. Man schreibt meist «Alp Begligen». 2160 m. HausN, FlurN 728100 211400 (a1) 1865 Alp Beglingen Walch 1996: 177 N196 • Lat. alpĭculam ‘kleine Alp’. - RN 2: 14 Arpiglia (Zuoz), Arpiglias (Susch); FEW 24: 348, DRG 1: 201; Zopfi 1984: 64, Nyffenegger 1968: 20, 22, Zinsli 1971: 63s., Jud 1973: 365s., Boesch 1981: 192s., Walch 1996: 311. (I., XII.) 12 Alt f. [d̥ ɑl d̥ , ɪ d̥ ɐr ɑːl d̥ ˈʊsɐ ] Bilten. Wohnquartier. 420 m. RaumN, OrtsN 720330 223280 (a2) Alt Chrauchtal [-] Elm und Matt. 830-2100 m. (Ohne Koordinaten) 10 Verbindungen mit lat. j: Inlautendes gj ist normalerweise als [-j-] erhalten, cf. → Dejen < attĕgiam ‘Hütte’. - Inlautendes tj wurde im Roman. wohl im 2./ 3. Jh. zu [-ts-] assibliliert (Väänänen 1982: §99) und ist im Glarnerland erhalten, cf. → Gaze < vlat. căttia ‘Becher’. - scj wurde im Roman. zu [ʃ- ] palatalisiert, wofür das Alem. [tʃ- ] aufweist, cf. → Fätsch < făsciam ‘Band, Binde’. - Die lat. Kombinationen sj, lj und nj, die im Brom. [ʒ- ], [ʎ- ] bzw. [ɲ- ] ergeben haben, sind im Alem. sämtlich depalatalisiert und lauten [-s-], [-l-], [-n-], cf. hierzu Faslen ‘Farnkraut’ < lat. phaseŏlum ‘Bohne’ (N zu → Färtschen), → Gästeluu < castĕllum ‘Schloss’ + -iōne und → Schanen < *scămnium ‘Bank’. 11 Hierzu: Abläsch f. [ ts ˈɑ b̥ læʃ ] Hätz. Dorfteil. 580 m. OrtsN 721770 202460; Abläsch f. [ ɪ d̥ (ɐr) ɑˈ b̥ læːʃ ] Schwanden. Dorfteil zwischen Weibelplatz und Stalden. 520 m. OrtsN 724410 206290; Abläsch f. [ ɪ d̥ (ɐr) ˈɑ b̥ læːʃ] Schwändi. Fünf Häuser südlich der Niderrütistr. 690 m. HausN 723860 207250; Abläsch f. [ ɪ d̥ (ɐr) ˈɑ b̥ læʃ] Ennenda. Wohnhausreihe, Kirche, Straße von Ennenda neben dem Dorfbach. 480 m. OrtsN 724640 210510. 12 Weiter Alpegli n. [ts ɑlˈ b̥ æ g̊ lɪ ] Elm. Wiese mit Ställen. 1080 m. FlurN 732950 197930. Wolfgang Eichenhofer 80 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 • Lat. ăltum ‘hoch’. - RN 2: 15 allg. surs. ault ‘hoch’, URNB 1: 926 Piz Elt (Silenen); REW 387, FEW 24: 375s., LEI 2: 418s., HWR 75; Schmid 1980: 130. Altenoren → Oren Alw → Platt Alw Arsch(wald) m. [ ɪm ˈɑːrʃvɑl d̥ , ɪ ɑːrʃ ] Näfels. Wald. 1000 m. FlurN 721500 217400 (a3) 1802 Arsch StAGL, Kat. • Lat. ārsum ‘verbrannt’. - RN 2: 22 allg. surs. ars ‘verbrannt’, SZNB 1: 104 †Rattlis Arsch (Tuggen), SZNB 4: 211 Arschrüti (Galgenen), WNB 7: 19 †Arsch (Buchs); REW 620, FEW 25: 145, DRG 1: 418, LEI 3/ 1: 1460; Schmid 1980: 125, 127s., Vincenz 1993: 131 N2 Lafadarsch, Walch 1996: 319, Kuhn 2002: 26 Faldarsch. Zur Palatalisierung von [-s-] zu [ʃ -] nach [-r-] im Alem. cf. Jutz 1931: 199s. 13 Arschplangge → Planggen Arznet m. [ ɪ(m) ˈɑːrtsnɐ d̥ , ˈʊfɐm ˈɑːrtsnɐ d̥ ] Schwanden. Wald an der Gemeindegrenze Schwanden/ Nidfurn. 1310 m. FlurN 722240 205930 (a4) 1529 Artzetgufel RQGL 2, 2, Pr. 1547 Artzentguffel RQGL 2, 2, Pr. 1932 Arznet Goy 2000: 75 1998 Im Aarznet ibid. • Lat. argĕntum ‘Silber’. - RN 2: 24s. Argien (Tersnaus), Sacs d’Argien (Trin); Goy 2000: 75s. Die Form entstand aus *[ ɐrˈdzɛnt ], das zu *[ ɐrˈtsɛnt ] desonorisiert wurde. Die Verlagerung des Akzents auf die erste Silbe im Alem. generierte *[ ˈɐrtsɛnt ]; *[ ˈɐrtsɛnɐt ] mit Sprossvokal ist zu [ ˈɑːrtsnɐ d̥ ] verkürzt. Zum Lautlichen ist dt. Pelz zu vergleichen, das auf pellĭceam ‘aus Fell bestehend’ basiert (EWDt. 538). Die Flur liegt unweit der → Guppen(alp), wozu folgende urk. Belege vorliegen: 1525 Silbererz z  Ghuppen wird gesucht (RQGL 1, 1, Pr.), 1527 offnung aund f  rderung des bergwerks Guppen … (RQGL 1, 1, Pr.); bei Goy 2000: 76 finden sich folgende Belege zu Arznetbrunnen: 1680 in den arzet brunen, 1693 angefangen by dem Arzetbrunen, 1722 1. Lag ist der Arzet Brunnen, 1797 bis an den arzet Brunen. Aus sachlichen Gründen ist wohl die Herleitung aus ahd. arze ‘Erz(klumpen)’ (Goy 2000: 75s.) nicht anzunehmen. (XIV. N) 14 . Balm: Auf der ~ f. [d̥ b̥ ɑ lm, ʊ f d̥ ɐ r b̥ ɑ lm] Linthal. Wald zwischen Friteren und Räblochrus. 1500 m. FlurN 716750 197300 (b) • Wals. Balm(e n ) < vorrom. *balma ‘Höhle’. - RN 2: 31 Gold la Balma (Ferrera), Balma (Vals), SZNB 1: 264s. Balm (Gersau und anderswo); REW 912, FEW 1: 223s., 13 Vergleiche außerdem: Arsch m. [d̥ ɐr ɑːrʃ ] Elm. Waldweide entlang der Blabrus und dem Bischofbach. 1310 m. FlurN 729100 196600; Arsch m. [ ˈʊfɐm ɑrʃ, ɪm ɑrʃ ˈusɐ ] Netstal. Drei Wildheuparzellen. 1530 m. FlurN 720950 213050. 14 Hierzu gehört: Arznet m. [ ɪ(m) ˈɑːrtsnɐ d̥ ] Nidfurn.Wald. Ca. 1300 m. FlurN 721030 205880. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 81 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 LEI 4/ 1: 912s., SchwId 4: 1215; Hubschmid 1951: 15, Zinsli 1946: Index, Jud 1973: 360 15 . Panixerpass → Pass Pantenbrugg f. [ts ʊ r ˈ b̥ ɑ nt ɐˌ b̥ r ʊ g̊ , ˈ yb̥ ɐ r d̥ ˈ b̥ ɑ nt ɐˌ b̥ r ʊ g̊ ] Linthal. Alte und neue Steinbrücke. 990 m. VerkehrsN 717660 192000 (b1) 1518 die brugk zum Bunten Zopfi 1984: 19 1556 Bonttenbruch Walch 1996: 270 1700 Bandterbruck ibid. • Lat. pŏntem ‘Brücke’. Tautologie. - RN 2: 261s. Pun (Breil), cf. auch Puntstäg (Obersaxen), WNB 7: 444 Pont (Sevelen); REW 6649, FEW 9: 171s., HWR 627 punt; Zinsli 1976: 86s. Pass m. [d̥ ɐ r b̥ ɑ s] ‘Bergübergang’ • Fr. pas < lat. păssum ‘Schritt, Gang’. - Appellativum. Cf. SZNB 4: 44s. über das Stichwort Pragelpass 16 . Panixerpass m. [d̥ ɐ r b̥ ɑˈ niks ɐ r ˌ b̥ ɑ s], Pass m. dil Veptga [pas di ʎ ˈ v ɛ pc ɐ ] Elm. Übergang von Elm nach Panix (Pigniu), 2407 m. VerkehrsN 726980 190760 • Panix ist dt. Form zu surs. Pigniu; dieses entstammt der lat. Ableitung pīneum ‘zur Fichte gehörig’ + -ētu, cf. HWR 570 s. pégn ‘Fichte’, RN 2: 243. Zu Veptga unklarer Herkunft cf. RN 2: 890. Bättelgräpp → Grapplen Bergeten n. [ ɪ ˈ b̥ ærg̊ ɐ d̥ æ] Braunw. Ziemlich ebene Weide. 1620 m. FlurN, RaumN 716150 199750 (B1) 1802 Bergende StAGL, Kat. • Vorrom. *barica ‘Hütte’ + -ĭtta. - RN 2: 34 Barietta (Prez), 1533 Ayr bargett (Donat); DRG 2: 189, LEI 4/ 2: 1637s. Die Endung entspricht derjenigen von Isleten (Bauen), urk. 1407 Iselton (URNB 2: 324), welches auf ī(n)sula ‘Insel’ + -ĭtta zurückgeht wie → Isitli. Bei ~ fällt [ ˈæ-] statt [ ˈ-ɑ- ] auf; es dürfte wohl [b ɛː rg], [bæ ː rg] ‘Berg’ eingekreuzt sein, cf. [ ˈ fr ʊ b̥ b̥ ɛː rg̊ ] bei → Fruttberge. (XII.) Betlis [ ɪ ˈ b̥ ed̥ l ɪ s] Filzb. Weide am Spanneggsee. 1490 m. FlurN 728400 215200 (b2) • Lat. betŭllam ‘Birke’. - RN 2: 41 Er/ Motta della Bédolen (Soazza); REW 1069 2. afr. betole, DRG 2: 35, LEI 5/ 2: 1393s.; gemäß Schmid 1980: 172 ist die Form wohl über pluralisches betŭllas entstanden. (X.) Péz → Dado, Durschin, Grisch, Mellen, Russein, Sardona, Segnes, Urlaun 15 Vergleiche weiter: Palmen, Balmen n. [ ɪ m ˈ b̥ ɑ lm ɐ , ɪ ts ˈ b̥ ɑ lm ɐ ] Bilten. Weide. 1140 m. FlurN 718150 222300. 16 Cf. auch: Foopass m. [d̥ ɐ r ˈ fo ː b̥ ɑ s] Elm. Übergang von der Raminalp in die Alp Foo (Kt. St. Gallen), 2223 m. VerkehrsN 737000 200640. Wolfgang Eichenhofer 82 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 Biäsche f. [æ d̥ ɐ r b̥ e ˈ æ ːʃɐ , ɪ d̥ b̥ e ˈ æ ːʃɐ ] Mollis. Heimwesen, Wirtschaft, Gewerbebetrieb. 430 m. HofN, HausN 725100 221270 1690 das Piäschen haus RQGL 3, 3, Pr. 1735 aus der Biäschen/ in der Beyäschen RQGL 1, 1, Pr. 1736 an der Ziegelbruckh, Byäschen RQGL 3, 3, Pr. 1758 für Beyäschen RQGL 3, 3, Pr. 1765 in, an der Beyäschen RQGL 3, 3, Pr. 1777 zu Bejäschen RQGL 3, 3, Pr. • Unklare Herkunft. - Zopfi 1948: 202 setzt für ~ mit der Funktion «ehemalige Zollstelle und Sust, an der Brücke von Weesen ins Glarnerland» fr. péage ‘Passierrecht’, sekundär ‘Mautstelle’ an, das nach FEW 8: 301 im Nfr. erst seit 1694 als ‘lieu où l’on paye le péage’ belegt ist. Fraglich bleibt, ob die fr. Silbe [ ˈa ːʃ ] im Alem. bis gegen das 17. Jh. noch zu [ ˈ-ɛːʃ ] palatalisiert wurde. Cf. hierzu SchwId 1: 1138 Fueteraschi ‘Nahrung’, SchwId 2: 409 Guraschi ‘Mut’, SchwId 4: 296 Menaschi ‘Wirtschaft’, SchwId 4: 357 Mariasch ‘Heirat’, schließlich SchwId 4: 1052 Bagaschi ‘Gepäck’ mit Reflexen, die nie auf *[ ˈ-ɛːʃ ] auslauten. Dem Stichwort liegt wegen dem Beleg von 1690 wohl ein PersonenN, etwa Tobias mit der Variante Beies (Appenzell, SchwId 4: 900), Bischi (Graubünden, SchwId 4: 1762) zu Grunde, der sich in der Zusammensetzung mit -sche + Hu: s aus *[ ˈ b̥ i ɐ s ʃɐ hu ː s] ‘(To)biassche Haus’ entwickelte, womit die obige Lautung [b̥ e ˈ æ ːʃɐ ] sekundär wäre. Man vergleiche RN 2: 539 s. Bircher Birchersch Hus (Conters im Prättigau), RN 2: 566 s. Johannes e) Janischhus (Furna) zur Variante Jan. Bifertengletscher m. [ ˈʊ f ɐ ˈ b̥ if ɐ rd̥ ɐˌ g̊ let ʃɐ r] Linthal. Gletscher. Ca. 2100-3400 m. GeländeN 714300 185250 (b3); Bifertenstock m. [ ˈʊ f ɐ ˈ b̥ if ɐ rd̥ ɐˌʃ tog̊ ], surs. Péz → Durschin m. Linthal. 3423 m. GeländeN 715920 184820 • Lat. *biberatōrium ‘Tränke’. - RN 2: 41s. Bavradoirs (Mulegns), Bravaduoir (Bravuogn), Barbadur (Dis., mit Suffixwechsel < -ōrum); REW 1074, DRG 2: 268, LEI 1: 79 *abbiberāre mit siz. abbiviraturi ‘canaletto di irrigazione’. ~ konnte aus brom. *[ ˌ bevr ɐˈ d ʊ j(r)] über *[ ˈ befr ɐ d̥ ɐ ] und metathetisches [ ˈ bef ɐ rd̥ ɐ ] entstehen. (VIII., X.) Gletscher ([ ˈ g̊ l ɛ t ʃɐ r]) ist Appellativum und Entlehnung aus brom. glatscher < lat. *glaciārium ‘Gletscher’, cf. RN 2: 164 (3.) Glatschès da Maighels, Glatschè da Val Giuv (Tuj.), Sut Glitschè (Sumvitg); REW 3771, FEW 4: 139 altfrpr. glacier seit 1332, 142 N1 dt. Gletscher, DRG 7: 393s., SchwId 2: 655. Bilten [ts ˈ b̥ ild̥ ɐ , ʊ f ˈ b̥ ild̥ ɐ ] Bilten. Tagwen, Orts- und Wahlgemeinde. 446 m. OrtsN 720140 222960 (B2) 1026 von Bilten SGUBST, Kat. 1091 ze Billitun [das ist Billten] GLUB, 1, Pr. 1178 In Villitun GLUB, 1, Pr. 1241 in uilla quae dicitur Billitun GLUB, 1, Pr. 1283 Homines … in Biliten GLUB, 1, Pr. <1308 ze Billiton Habsburger Urbar, Pr. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 83 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 1405 von Vyl(l)atten GLUB, 1, Pr. 1412 ze Billiten … von Billiten GLUB, 1, Pr. 1444 in Urnen et Bilten GLUB, 3, Kat. • Vorrom. *bilin der Bedeutung ‘Baum’, ‘Sumpf’ oder als PersonenN + *-dūnum. - LSG 157, Walch 1996: 88s. Zopfi 1984: 30s. erwägt Ableitung aus vĭlla ‘Landgut’ + -ĭtta, das wegen des anlautenden [b̥ -] statt *[v-] > *[f-] nicht anzunehmen ist. Der Ansatz von Boesch 1963: 255 (bilitio) ist nicht plausibel, weil der Name [ ˈ b̥ ild̥ ɐ ], nicht *[ ˈ b̥ ilts ɐ ] lautet. Schmid 1980: 162, 172 schlägt unwahrscheinliches betŭllas ‘Birken’ vor. Dabei müsste die Metathese von -t’lzu [-lt-] erklärt werden, die in → Betlis (< betŭllas) statt *Beltis unterblieben ist. (X.) Plangg(e) → Planggen Planggen f. pl. [ ɪ d̥ æ ˈ b̥ l ɑŋ g̊ ɐ ] Linthal. Weidegebiet an Geröllhang. 1400 m. GeländeN, FlurN 715000 188550 (b4) 1802 Blanckenberg StAGL, Kat. Planggen f. pl. [ ɪ d̥ ɐ ˈ b̥ l ɑŋ g̊ ɐ ] Schwanden. Sechs Wiesen mit Ställen. 730 m. FlurN 723200 206680 1696 ob den Blangen Goy 2000: 420 1802 Blan(c)ken StAGL, Kat. Planggen f. pl. [ ɪ d̥ æ ˈ b̥ l ɑŋ g̊ ɐ ] Glarus. Wiesland mit zwei Ställen. 580 m. FlurN 723680 210170 bzw. «723570 210280» 1682 Blanken Staatsarchiv Luzern 1723 Blanken Einsiedeln 1950 • Lat. plăncam ‘steil abfallende Grasfläche’. - RN 2: 248s. allg. surs. plaunca ‘Abhang’, URNB 2: 904s. Planggen (Andermatt), SZNB 4: 9s. Plangg (Altendorf u. a.); REW 6455, FEW 8: 356-58, HWR 601, SchwId 5: 11s.; Zopfi 1984: 14 N, Hubschmid 1951: 18, Zinsli 1946: 142, Boesch 1981: 216, Nyffenegger 1968: 25, Schmid 1980: 125. (XII.) 17 Glärnischplangge f. [ ɪ d̥ ɐ r ˈ g̊ læ: rn ɪʃˌ b̥ l ɑŋ g̊ ɐ ] Mitlödi. Altes Wildheugebiet südlich vom Tschingel, mit Jungwuchs durchsetzt. 1070 m. FlurN 722875 208670 1614 im Glärnist RQGL 3, 3, Pr. 17 Weitere Beispiele sind: Plangg n. [ ɪ m b̥ l ɑŋ g̊ ˈ ob̥ ɐ ] Elm. Wiese. 2000-2100 m. FlurN 727820 198350; Plangge f. [d̥ ˈ b̥ l ɑŋ g̊ ɐ ] Obst. Wiesland mit Stall. 780 m. FlurN 729400 219800; Plangge: Tros~ f. [d̥ ˈ b̥ l ɑŋ g̊ ɐ ] Obst. Schafweide. 1750 m. FlurN 729450 216600; Arschplangge f. [d̥ ˈɑː r ʃ b̥ l ɑŋ g̊ ɐ ] Linthal. Weidegebiet. 1660 m. FlurN 720580 196420; bei der hierzu gehörigen Variante Füdlenplangge ist das Determinans Arsch mit der vermeintlichen Bedeutung ‘Hintern’ durch synonymes Füdleersetzt; Planggen f. pl. [d̥ ˈ b̥ l ɑŋ g̊ ɐ ] Mollis. Heuteile, die zu den Mullerenbergen gehören. 1400 m. FlurN 727150 216550; Planggen f. pl. [ ɪ d̥ æ ˈ b̥ l ɑŋ g̊ ɐ ] O.urnen. Alpweide. 1520 m. FlurN 719550 219500; Planggen f. pl. [ ɪ d̥ æ ˈ b̥ l ɑŋ g̊ ɐ n ˈ ob̥ ɐ , ɑ d̥ æ ˈ b̥ l ɑŋ g̊ ɐ n ˈ ob̥ ɐ ] Obst. Altes Wildheugebiet. 1460 m. FlurN 729350 217800; Fruttplanggen f. pl. [t ˈ fru(d̥ )b̥ l ɑŋ g̊ ɐ ] Elm. Weide mit Felsen. FlurN 726500 196000. Wolfgang Eichenhofer 84 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 1679 der Glärnisch RQGL 2, 2, Pr. 1796 Glernisch Brg. Walch 1996: 185 Glärnischplangge f. [ ɪ d̥ ɐ r ˈ g̊ læ: rn ɪʃˌ b̥ l ɑŋ g̊ ɐ ] Glarus. Schafweide. 1940 m. FlurN 721300 208850 1274 juxta pedem montis Glarneschen GLUB, 1, Pr. 1538 Glärnisthc mons Schweizer Landesbibliothek Bern 1634 Glärnisch M Einsiedeln 1950 1657 Glarnisch M Einsiedeln 1950 • Zum Determinans cf. → Glärnisch. Planggli n. [ ɪ ts ˈ b̥ l ɑŋ g̊ l ɪ , ɪ m ˈ b̥ l ɑŋ g̊ l ɪ ] N.urnen. Vier Liegenschaften, Wiesland mit Ställen und Villa. 480 m. FlurN, HausN 722030 220700 1802 Blangli StAGL, Kat. 1802 Blangly StAGL, Kat. • Diminutivum zu → Planggen. Zum Sekundärumlaut [-a-] > [ɛ- ] in unten stehendem [ ˈ b̥ læ ŋ g̊ l ɪ ] cf. Streiff 1915: §28 18 . Planura f. [d̥ b̥ l ɑˈ nu ː ra] Linthal. Kleine Felsenterrasse. 2870 m. HausN, GeländeN 710000 186400 • Lat. *planūram ‘Ebene’. Latinismus. - RN 2: 256 (b) Planiras (Sagogn), Planoiras (Vaz); FEW 9: 30 mfr. plenure ‘plaine, pays plat’, aprov. plainura usf., HWR 598 planira ‘Ebene’. Walch 1996: 362 deutet ~ als Zusammensetzung aus brom. plan ‘Ebene’ + ora oder ura (< *ŏrum ‘Rand’, cf. → Oren) mit der Bedeutung ‘Rand der Ebene’. Jene Komposition ist auf Rätoromanisch nicht möglich: Im Surselvischen etwa hätte dt. ‘Rand der Ebene’ ur dil plaun oder ur dalla planira zu lauten. Platt Alw m. [fom b̥ l ɑ d̥ ɑ lf, b̥ l ɑ d̥ ɑ lv ɑ (! )], surs. Plattas Alvas f. pl. [ ˈ plat ɐ s ˈ alv ɐ s] Linthal. Gletscher zwischen dem Hinter Selbsanft und Limmerensee. 2770 m. GeländeN 718150 188050 • Surs. platta alva < lat. plăttam ‘Platte’ + ălbam ‘weiß’. - RN 2: 258 Platt’alva (Tuj., Riom), Plattas alvas (Ferrera), RN 2: 11 allg. surs. alv ‘weiß’, WNB 7: 432 Plattis (Wartau); REW 6586 plattus, REW 331 albus, FEW 9: 51s. plattus, FEW 24: 309s. albus, DRG 1: 164 albus, LEI 2: 16s. albus, HWR 600 platta. Platten n. [ ɪ m ˈ b̥ l ɑ d̥ ɐ , ɪ ts ˈ b̥ l ɑ d̥ ɐ ˈ fyr ɐ ] Mollis. Wohnhäuser und Wiesland mit Stall. 570 m. HausN, HofN 724360 218000 1802 Gut Blatten StAGL, Kat. 18 Vergleiche noch: Planggli n. [ ɪ m ˈ b̥ l ɑŋ g̊ l ɪ ] Bilten. Waldparzelle mit kleiner Hütte. 680 m. FlurN 717900 223920; Planggli n. [ts ˈ b̥ l ɑŋ g̊ l ɪ ] Bilten. Wiesland mit Stall. 490 m. FlurN 717960 224210; Plänggli n. [ts ˈ b̥ læ ŋ g̊ l ɪ , ɪ m ˈ b̥ læ ŋ g̊ l ɪ ] Linthal. Waldstreifen mit ehemaliger Plängglihütte. 1220 m. FlurN 718060 198600; Plänggli n. [ ɪ ts ˈ b̥ læ ŋ g̊ l ɪ ] Linthal. Wildheugebiet, auch Geißweide. 1620 m. FlurN 722050 197070; Plänggli n. [ts ˈ b̥ læ ŋ g̊ li] Braunw. Weide. 1540 m. FlurN 717140 199920. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 85 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 Platten f. [ ʊ f d̥ æ ˈ b̥ l ɑ d̥ ɐ , ʊ f d̥ ˈ b̥ l ɑ d̥ ɐ ] Näfels. Drei Bergliegenschaften über dem Plattenwald. 1110 m. FlurN, HausN 722050 218350 1802 Blatten StAGL, Kat. Platten [ts ˈ b̥ l ɑ d̥ ɐ ˈ hind̥ ɐ ] Filzb. Weide. 1650-1700 m. RaumN, FlurN 727850 214000 1723 Platten Einsiedeln 1950 Platten f. pl. [ ʊ f d̥ æ ˈ b̥ l ɑ d̥ æ] Elm. Schiefergebiet. 1480 m. GeländeN 734700 198800 • Cf. → Platt Alw 19 . Pleuss n. [ ɪ m b̥ læ ɥ s ˈ in ɪ , ɪ ts b̥ læ ɥ s, d ʊ rts b̥ læ ɥ s ˈʊ s ɐ ] Elm. Weidekessel zwischen Schabell, Gelbem Chopf und Blistöck. 1900 m. FlurN 729070 198870 (b5) • Vorrom. *blese ‘steile Grashalde’. - RN 2: 44s. allg. surs. bleisa(s) ‘steiler grasbewachsener Hang’, Pleiss, Pleise, Plaissen, Plaisa (DB.), WNB 7: 55 Bleis (Wartau); REW 1166, DRG 2: 373s., LEI 6/ 1: 290s., SchwId 5: 155 Bleiss ii; Huber 1941s.: 234, Zinsli 1946: 139 Blais, Zopfi 1952: 304, 308. [b̥ læ ɥ s] ist jüngere Lautung, die sich nach der surs. Variante von Breil/ Brigels richtet, cf. dort [tr ɔ js] für allgemein surs. [tr ɐ js, tr ɛ js] < trēs ‘drei’ (HLB §82). Breil ist von Elm aus über den Panixerpass ( → Pass) zu erreichen. Blistöck m. pl. [d̥ ˈ b̥ li ːʃ tøg̊ , ʊ f d̥ æ ˈ b̥ li ːʃ tøg̊ ] Elm. Gipfel: Vorderer, Mittlerer und Hinterer Blistock (2405 m., 2447 m. und 2446 m.). GeländeN 728000 199150 (B3) • Blis ist derselben Herkunft wie der vorige Eintrag, weist aber die ältere, typisch alemannische Lautung auf: Brom. [-e-] in [blejs] ist zu alem. [-i-] geschlossen wie in → Falzüber, urk. Valzifer, < dt. Wald + sēpem ‘Hecke’. Cf. Zopfi 1984: 12, Zopfi 1982b: 257s. Prätsch [ ɪ m b̥ ræt ʃ , ɪ d̥ b̥ ræt ʃ ] Braunw. Weide und etwas Wald. 1600-1690 m. FlurN 716650 199650 (b6) 1802 Präch StAGL, Kat. • Lat. pĭlleum ‘Filz’ + -āceu. - Cf. brom. paratscha ‘Hülle der Nuss’ (HWR 555). Die Ableitung entwickelte sich semantisch aus ‘Filz-Hut’ zu ‘grüne Schale der Nuss’ und besteht in dieser Bedeutung auch als schwdt. Bílletsch, Bratschen ii, Brätschen (SchwId 4: 1170, SchwId 5: 1017), Bratsche ‘Hülle der Nuss’ (Jud 1973: 368s., 387), als tir. Brätsche ‘grüne Schale der Nüsse’ (Schöpf 1866: 55, Schatz 1955s.: 104 mit Bratschen als Geländeform); cf. auch RN 2: 794 mit den Namen Prätsch, Prätschli und Prätschwald (DB.), weiter REW 6504 schweiz. peille ‘grüne Schale der Nuss’ zu pĭlleu ‘Filz’, FEW 8: 501-03. Zur Palatalisierung des romanischen [-a-] zu [ɛ- ] vor 19 Cf. auch: Platte f. [d̥ ˈ b̥ l ɑ d̥ æ] Elm. Gestein mit Gras durchsetzt. 1660 m. GeländeN 730650 199800. Wolfgang Eichenhofer 86 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 [-t ʃ- ] im Alem. cf. auch Streiff 1915: §25 mit der Verbform [ ˈ b̥ ræt ʃɐ ] ‘von den Nüssen die grüne Schale entfernen’. (III.) 20 Brüschbüchel m. [ ˈʊ f ɐ m ˈ b̥ ry ːʃˌ b̥ xɐ l] Glarus. Weide auf Hügel. 1817 m. FlurN 711140 210040 (b7) 1682 Brüschbüchl Staatsarchiv Luzern • Mlat. brūscum ‘Heidekraut’. - URNB 1: 673 Brüsch neben Brisch (-), SZNB 5: 328 †Brüschweid (Illgau); SchwId 5: 827 Brüsch i ‘Mäusedorn’. Der Umlaut im dt. Wort ist wohl in einer vermeintlichen Pluralform entstanden oder es handelt sich um Palatalisierung des alem. *[-u-] vor [ʃ- ], cf. hierzu SchwId 4: 836 mit alem. Nüesch < ahd. nuosk ‘Rinne’. (V., XVII.) 21 Bunigel m. [d̥ ɐ r ˈ b̥ u ː n ɪ g̊ ɐ l] Luchs. Weidegebiet mit Bäumen. 1490 m. FlurN 719500 202750 (B4); Bunigel m. [d̥ ɐ r ˈ b̥ u ː nig̊ ɐ l] Haslen. Trosgebiet zwischen den Halaueren und dem Matzlenstock. 1760 m. FlurN 725650 201400; Bunigel m. [d̥ ɐ r ˈ b̥ ʊː n ɪ g̊ ɐ l] Elm. Erhöhung unter dem Schabell. 1920 m. GeländeN 729740 199230 • Vorrom. *buña ‘Baumstrunk’ + -ĭculu. - Cf. DRG 2: 592s. mit engad. bügna ‘Beule’. Die von Zopfi 1984: 20, Zopfi 1950s. und Huber 1941s.: 234 erwogenen Ableitungen aus gall. bunda ‘Boden’ sind problematisch, weil [-nd-] nach alem. Tonvokal normalerweise intakt ist wie bei → Gand < vorrom. *ganda ‘Geröllhalde’. Die Depalatalisierung von romanischem [ɲ -] zu alem. [-n-] ist normal, cf. → Schanen, phonet. [ ˈʃɑː n ɐ ], < brom. *[ ʃ ka ɲ ] < *scămnium ‘Bank’ und dort aufgeführtes Schänis < *scamnīnum im Kt. St. Gallen. (XII., XVII. N) Bützi f. [ ɪ d̥ ɐ r ˈ b̥ øts ɪ , ɪ d̥ ˈ b̥ øts ɪ ] Riedern. Wiesland mit Stall. 630 m. FlurN 721160 211980 (b8) 1802 Bitzen StAGL, Kat. • Lat. pŭteum ‘Ziehbrunnen’. - RN 2: 275s. Pozs (Tuj.), Puozs (Sumvitg), Puoz (Trun), URNB 1: 741 Butzen (Andermatt), SZNB 2: 89 Bützi (Muotathal), WNB 7: 445 †Puz (Wartau); REW 6877, FEW 9: 631s., HWR 628 puoz, SchwId 4: 2027 Butz, Bützli usf., SchwId 4: 2029 Bützen, Bützi; Schmid 1980: 130. Der urk. Beleg ist wohl verschrieben: Im Glarnerland ist alem. [-y-] normalerweise erhalten und wird nicht zu [-i-] entrundet, was unten stehende Beispiele veranschaulichen. (IV.) 22 20 Außerdem Brätsch m. [ ɪ (m) b̥ ræt ʃ , d̥ ɐ r b̥ ræt ʃ ] Linthal. Wald. 1300 m. FlurN 716600 196990. 21 Dazu weiter: Brüschegg n. [s ˈ b̥ ry ːʃɛ g̊ ] Elm. Wiese. 1900-2300 m. FlurN 734950 196250; Brüschegg f. [d̥ ˈ b̥ ry ːʃ eg̊ ] Glarus. Felsenecke mit Gestrüpp. 1480 m. GeländeN 717250 208550; Brüschrain m. [d̥ ɐ r ˈ b̥ ry ːʃ r ɛ j, ɪ ˈ b̥ ry ːʃ r ɛ j] Elm. Weide. 1900-2000 m. FlurN 728900 198900. 22 Cf. Bütz f. [ ɪ d̥ ɐ r b̥ yts] Mühl. Aufgeforstete Heuwiese. 1100 m. FlurN 732240 217980; Butzi f. [ ɪ d̥ ɐ r ˈ b̥ ʊ ts ɪ ] Netstal. Wald und Allmende. 530 m. FlurN 722050 212950; Bützi n. [ts ˈ b̥ øts ɪ ] Braunw. Verwildertes Gebiet, früher Weide. 2140 m. FlurN 716100 201350; Bützi n. [ts ˈ b̥ yts ɪ ] Rüti. Flache Mulde mit Steinen, ehedem Rinder-, Kuh- und Pferdeweide. «Hier auch als Appellativum [æ ˈ b̥ ytsæ] ‘eine Pfütze’». 2120 m. GeländeN 722600 197840; Bützi n. [ts ˈ b̥ yts ɪ ] Engi. Heualp. 2080 m. FlurN 731880 209450; Bützi n. [ ˈʊ f ɐ m ˈ b̥ yts ɪ ] Linthal. Weide. 1740 m. FlurN 716670 198820; Bützi n. [ ɪ m Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 87 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 Dado m. [ ɪ d̥ ɐ r d̥ ɐˈ d̥ o ː ], surs. Péz Dado m. [pets d ɐˈ d ɔː ] Linthal. Felsgrat. 3432 m. GeländeN 712640 184640 • Surs. dado ‘äußere(r, -s)’ < lat. dē + ăd + ŏra(s) ‘draußen’ (HLB §294a); zu péz ‘Gipfel’ < vorrom. *pitscf. HWR 586. Tafleten n. [ ɪ ts ˈ d̥ ɑ fl ɐ d̥ ɐ ] Braunw. Wiese. 1275 m. FlurN 717660 199600 (d1) 1518 zer taflaten Kath. Pfarrarchiv Linthal, Kat. • Lat. tabulātum ‘Bretterwerk’. - RN 2: 335 urk. 14. Jh. Talauaw (Flond), 1380 Talauav (Zizers), SZNB 5: 48s. Tafleten (Reichenburg), WNB 7: 595 Flat (Sevelen, Buchs); REW 8515, FEW 13/ 1: 25 N12 mit brom. Formen, FEW 13/ 1: 18 (b) aprov. taulat ‘loge de porc’, HWR 183 clavau ‘Scheune’; Bruckner 1945: 41, Schmid 1980: 175. (VIII., X.) Dejen [ ʊ f d̥ ɛ j ɐ ] Glarus. Alp mit vier Stäfeln: Unter-, Oberherberig, Looch, Oberer Stafel. 1540 m. RaumN, FlurN 717850 211650 (d2) 1547 Deygen RQGL 2, 2, Pr. 1682 Deyen Staatsarchiv Luzern • Lat. attĕgiam ‘Hütte’. - RN 2: 27s. Tegia (Medel Lucmagn), Tegia dado (Surcuolm), RN 2: 13 (b) s. alpis Tieja (Langwies); SchwId 12: 31s. Teie, FEW 25: 697-99, LEI 3/ 2: 2050s., HLB §581, 677a. (XVII. N) 23 Diggen, Dicken n. [ ɪ m, ɪ ts ˈ d̥ ig̊ ɐ ] Mollis. Wohnbauten. 530 m. HausN 724820 217080 (d3) 1802 Diggen StAGL, Kat. • Lat. tēctum ‘Dach’. - RN 2: 338 IB. Tec ‘Stall, Scheune’ in Verdabbio, Leggia usf. Zum Lautlichen cf. → Falleggen, Seggen. (XV.) Tiislis, Dislis n. [ts ˈ d̥ i ː sl ɪ s] Linthal. Wiesland mit Stall. 815 m. FlurN 717880 193900 (d4) 1802 Tisslis StAGL, Kat. • ăd ‘zu’ oder der bestimmte alem. Artikel [d̥ ] + lat. ī(n)sulam ‘Insel’. - RN 2: 175s. mit Zusammensetzungen aus ăd ‘zu’ und ī(n)sulam wie Disla (Peiden, Tersnaus, Dis.), Dislas (Sagogn), andererseits Isla in DB. und weitere Formen bei → Isel. Dossen m. [mit ɐ m ˈ d̥ os ɐ ] Haslen. Ebene Weide. 1380 m. FlurN 724580 203580 (d5); Dossen m. [d̥ ɐ r ˈ d̥ os ɐ ] Haslen. Höchste Erhebung im Salengrat, 1435 m. GeländeN 724700 203640 • Lat. *dŏssum (zu dŏrsum) ‘Rücken’. - RN 2: 129 Dies (Siat), URNB 3: 724 Tossen (Realp), SZNB 5: 122 Tossen (Arth-Goldau), WNB 7: 615 Tossen (Buchs), Tussen (Sevelen); REW 2755, FEW 3: 147s., DRG 5: 367, SchwId 13: 1808 Tossen i ‘Felsblock’; Hubschmid 1951: 14, Zinsli 1946: 45s., Walch 1996: 331. (X.) ˈ b̥ øts ɪ , ɪ ts ˈ b̥ øts ɪ ˈɑ b̥ ɐ ] Näfels. Langgezogene Mulde unter der Ahornerrisi. 1340 m. GeländeN 716250 216800; Bützi n. [ts ˈ b̥ ytsi] Matt. Mit Bütziband und Schwarzbändli. «Wegen der Bodenform kann es Pfützen geben; die Flur ist mit Rinnsalen durchsetzt.» 2200 m. FlurN 736720 202500. 23 Dazu auch Deijen f. [ ɪ d̥ ( ɐ r) d̥ ɛ j ɐ ] Filzb. Wald. 1000-1100 m. FlurN 728350 218910. Wolfgang Eichenhofer 88 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 Totzweg m. [ ɪ m ˈ d̥ otsve ː g̊ ] Obst. Zwei Bauernhäuser mit Wiesland und einem Stall an der Landstraße. 630 m. HofN 730320 219850 (d6) 1802 Totzweg StAGL, Kat. • Lat. dŭctum ‘Leitung’ + -s. - RN 2: 131 Dotg gron (Tuj.), 1838 *Doitg (Sumvitg), 1406 Duytg (Lags), 1514 Dotg (Luzein); REW 2789, DRG 5: 530s.; Kuhn 2002: 187 Duz. Der Ansatz ist lautlich plausibel, cf. RN 2: 298 Salez (Dis.), Eichenhofer 2007: §72 Salez (Gams), Saletz (Schiers), WNB 7: 487 Salez (Sennwald) < salĭctum + -s, zum Vergleich außerdem WNB 7: 169s. urk. 1400 fliets < filĭctum + -s ‘Farn’. (X., XV. N) 24 Tretschen n. [ ɪ m ˈ tret ʃɐ , ɪ ts ˈ tret ʃɐ ] Riedern. Wiesland. 520 m. FlurN 722770 212090 (d) • Wals. Tretsche n < vlat. *trĭccia ‘Zopf’. - RN 2: 347 Crap la Tretscha (Lantsch); REW 8893, HWR 933, SchwId 14: 1559. Cf. hierzu dt. Pendants als FlurN wie Zopf (Bilten), Zöpf (Netstal, Näfels, Filzbach). Driangel m. [d̥ ɐ r ˈ d̥ ri ɑŋɐ l] Linthal. Altes Bannheugebiet, das verwaldet. 1580 m. FlurN 719850 196410; Triangel, Driangel m. [ ɪ m ˈ d̥ ria ŋɐ l] Engi. Fichtenwald. 1350 m. FlurN 729650 206550; Driangel m. [ ɪ m ˈ d̥ ri ːɑŋɐ l, ɪ ˈ d̥ ri ːɑŋɐ l] Mitlödi. Wald. 730 m. FlurN 725710 208040 • Lat. triăngulum. - RN 2: 347 Trianghel (Flem; wegen betontem [-a ŋ- ] statt *[ɛ w ŋ- ] nicht erbwörtlich entwickelt, HLB §49), RN 2: 400 Dreiangel (Untervaz), URNB 1: 805 Driangel (Attinghausen), SZNB 2: 140 Driangel (Alpthal u. a.); FEW 13/ 2: 250s., SchwId 1: 329 Triangel ‘dreieckförmiger Riss im Kleid’. Tros n. [ ɪ m tro ː s, ɪ ts tro ː s] Obst. Heute Schaf-, früher Rinderalp. 1300-1700 m. FlurN 729250 216750 (D1) 1682 Trooss Staatsarchiv Luzern 1714 Tros St[öss] Karte von 1714 1723 Tross Einsiedeln 1950 1802 Tros StAGL, Kat. • Vorrom. *draus ‘Alpenerle’. - RN 2: 130s. allg. surs. draus ‘id.’, URNB 3: 748s. Tros (Andermatt), WNB 7: 619 Tros (Wartau u. a.); REW 2767a, FEW 3: 157, DRG 5: 430, SchwId 14: 1318s.; Boesch 1981: 216. (VI.) 25 Tüberen f. [ ɪ d̥ ɐ r ˈ d̥ yb̥ ɐ r ɐ , ɪ d̥ ˈ d̥  b̥ ɐ r ɐ ˈ d̥ ʊ r ɪ ] Obst. Wohnhaus und Wiesland mit Stall. 700 m. HofN 730200 219600 1802 Tüberen StAGL, Kat. 24 Cf. weiter Totzritt m. [ ɪ m ˈ totsr ɪ t] Näfels. Holzritt, der zum Teil über Felsen führt. 500-800 m. GeländeN 722600 217260. 25 Zudem: Tros n. [ ɪ m tro: s] Glarus. Alpenerlen. 1450 m. FlurN 715150 205940; Tros, Grappli~ n. [ts ˈ g̊ r ɑ b̥ l ɪ tro: s, ɪ m tro: s] Näfels. Rinderweide mit Erlenstauden. 1500-1700 m. FlurN 720200 215150. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 89 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 • Unklare Herkunft. - Cf. → Zuben < lat. tŭbum ‘Röhre’, was hierfür als Etymon nicht in Frage zu kommen scheint, da Wiederentlehnung dieses lat. Worts, das nach DWB 22: 1448 im Dt. seit dem 18. Jh. als Tubus auftritt, für ~ kaum anzunehmen ist. Tüberli n. [ts ˈ d̥ yb̥ ɐ rl ɪ , ɪ m ˈ d̥ yb̥ ɐ rl ɪ ] Obst. Wiesland mit Stall. 730 m. FlurN 730200 219500 1802 Tuberli StAGL, Kat. • Diminutivum zum Vorigen. Turbenwies f. [d̥ ˈ d̥ ʊː rb̥ ɐˌ v ɪː s] Bilten. Wiesland. 415 m. FlurN 719170 224800 • Fr. tourbe ‘Torf’. - SchwId 13: 1437; cf. RN 2: 352 mit Plaun da la turba (Silvaplauna), das wohl aus it. torba ‘id.’ übernommen ist. Durnachtal n. [ ɪ ts ˈ d̥ urn ɑ x ˌ d̥ ɑː l] Linthal. Tal vom Soolsteg bis und mit Hintersulz. Ca. 1400 m. RaumN, GeländeN 721850 195550 1353 in Durnachtal [Kopie] GLUB, 1, Pr. 1518 jm, jn turnachtal, in durnachtall Kath. Pfarrarchiv Linthal, Kat. <1650 in Durnachttal Kath. Pfarrarchiv Linthal, Kat. 1714 Dürnachtal Karte von 1714 1802 Durnachthall StAGL, Kat. • Lat. *turnĭculum ‘Wirbel’ × ahd. aha ‘Fluss’. - Cf. Zopfi 1984: 16s. Durnagel m. [ ɪ m ˈ d̥ urnag̊ ɐ l] Linthal. Wiesland mit Stall. 650 m. FlurN 719220 198630 (d7) ~1350 Von Turnagel GLA Karlsruhe, Kat. 1518 turnagel Kath. Pfarrarchiv Linthal, Kat. 1518 dass durnagel holz Kath. Pfarrarchiv Linthal, Kat. 1518 das turnagelholtz/ turnagel holtz Kath. Pfarrarchiv Linthal, Kat. 1796 Durnagel Thal ohne Quelle Durnagel, Durnägel m. [i d̥ æ ˈ d̥ urnæg̊ læ, im ˈ d̥ urnag̊ ɐ l] Rüti. Häuser und Wiesen zwischen Söli und Schüttenrus. 635 m. FlurN, HausN 719950 198960 ~1350 von Turnagel GLA Karlsruhe, Kat. 1802 Durnagel StAGL, Kat. • Lat. *turnĭculum ‘Wirbel’. - RN 2: 344 s. *turnare + -iculu mit Val Turnighel (Flem), Turnigla (Trin); HWR 961 turnighel ‘Wirbel’; Zopfi 1984: 16. Die Annahme von turnaculu bei Huber 1941s.: 234 kann entfallen, da -ĭculu lautgerecht alem. [ ˈ-ɛ g̊ ɐ l] ergeben kann, das als vermeintlicher Plural zu [ ˈag̊ ɐ l] rückgebildet worden sein dürfte. Man vergleiche zum Lautlichen → Alpegligen, phonet. [ ɑ l ˈ b̥ eg̊ l ɪ g̊ ɐ ] < alpĭculam. (XII.) Durschin: Péz ~ m. [pets d ʊ r ˈʃ i ː n] Linthal. 3423 m. GeländeN 715920 184820 • Unklare Herkunft. - Cf. RN 2: 679. Lautlich plausibel wäre es, eine Ableitung von vorrom. *draus ‘Alpenerle’ mit -īnu und deren surs. Entwicklung über *[drauw ˈ si ː n] zu *[dro ˈ si ː n] und mit Palatalisierung des *[-s-] vor -īzu *[dru ˈʃ i ː n] (HLB §412b) und Wolfgang Eichenhofer 90 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 metathetischem [d ʊ r ˈʃ i ː n] anzunehmen. Zu diesem Ableitungstyp vergleiche man → Naserii < ĭn ‘in’ + acerīnum ‘Ahornwald’. ~ ist surs. Äquivalent zu → Bifertenstock. Efeler m. [d̥ ɐ r ˈ e ː f ɐ l ɐ r] Glarus. Wiese. 500 m. FlurN 723320 211510 (e) • Lat. ĕbulum ‘Attich’. - RN 2: 132 Ebgia (Soazza). Der Attich wächst bis auf eine Höhe von 1500 m. Zum Lautlichen vergleiche man → Gufel < *cŭbulum und die Materialien zu → Näfels. (VIII.) Enzianen, Änziunen f. pl. [ ɪ d̥ æn ɛ nts ɪˈʊː n ɐ n ˈ ob̥ ɐ , ʊ f ɪ ɛ nts ɪˈʊː n ɐ ] Näfels. Unterstafel mit Alphütte und Stall. 1115 m. FlurN, HausN 718650 216600 • It. genziana < lat. gentiānam ‘Enzian’. - Die Formen auf [ ˈ-ʊː n ɐ ] sind nach Walch 1996: 351 über [ ˈo ː n ɐ ] aus [ ˈ-ɑː n ɐ ] bzw. [ ˈa ː n ɐ ] entstanden. Faleggen n. pl. [t f ɑːˈ leg̊ ɐ , ɪ d̥ æ fa ːˈ leg̊ ɐ ] Elm. Felsiger Steilhang. 1920 m. GeländeN 735100 199700 (f1); Villäggen n. [ ɪ m ˈ filæ ː g̊ ɐ , ɪ ts ˈ filæ ː g̊ ɐ ] Näfels. Wohnquartier. 440 m. HausN, RaumN 723430 217400 • Lat. *filĭctam ‘Farn’. - RN 2: 141 Plaunca Faletga (Dis.), WNB 7: 170 mit dem Typus Flegg (Sevelen); REW 3300, FEW 3: 515s., DRG 6: 42. Cf. → Felessen < lat. fĭlicem ‘Farnkraut’. SZNB 2: 258 nimmt für die Form Fäletschen (Innerthal) Herkunft aus demselben lat. *filĭctam an. Dies würde bedeuten, dass lat. ct über brom. [-c-] im Alem. zu [-t ʃ- ] gelangte, was aber in älterer Zeit wohl nur über das Walserdt. möglich ist. Cf. → Filetsch und Titschal ‘Dachpfette/ hohes Dach’ bei → Tschermannen, das als [d̥ i ˈ t ʃɑ l] ausgesprochen wird und aus surs. [te ˈ cal] entlehnt ist. (I., XV.) Falzüber [ts f ɑ ltsyb̥ ɐ r (! )] Elm. Ätzalp. 1940-2000 m. FlurN, RaumN, HofN, GeländeN 735150 197600 (f2) ~1310 vffen Valzifer Säckinger Teilrödel, Kat. 1428 in Valzüber GLUB 1, 1, Pr. 1529 Valzüber RQGL 2, 2, Pr. 1547 Valtzübel RQGL 2, 2, Pr. 1682 Faltzüber Staatsarchiv Luzern 1723 Fal Züber Einsiedeln 1950 • Dt. Wald + sēpem ‘Hecke’. - RN 2: 296 Uaul sur Seivs (Schlans), Uaul davos seiv (Lumbrein). Zu sēpem cf. REW 7496, FEW 11: 47, HWR 762s. seiv. Zopfi 1950s. nimmt eine Kreuzung mit Züber ‘Tröge’ an; der mhd. Plural züber kann aber im Glarnerischen nicht zifer lauten, weil dieser Dialekt keine Entrundung von [-y-] zu [-i-] kennt. ~ könnte durch Walser importiert worden sein, denn der brom. Typus uaul, god usf. < ahd. bzw. dt. Wald (DRG 7: 637s.) mit der alem. Lautung *[f ɑ ld̥ ] scheint ansonsten im Kt. Glarus zu fehlen. Cf. jedoch Faldarsch < Wald + ārsum ‘verbrannt’ in Walenstadt (Kuhn 2002: 26). Zu lat. sĭlvam ‘Wald’ vergleiche man → Seeblen. (Cf. VIII.) Fäner m. [ ˈ uf ɐ ˈ fæn ɐ r, im ˈ fæn ɐ r] Engi. 1250 m. Weide. FlurN 731360 206430 • Got. fani. - RN 2: 137 Feun (Pitasch, Luven), Feuns (Vuorz, Camuns, Falera); FEW 15/ 2: 110s. Zum Sekundärumlaut in ~ cf. ahd. faneri > mhd. venrich ‘Fähnrich’. (II.) Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 91 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 Färtschen n. [ ˈʊ f ɐ m ˈ fæ ː rt ʃɐ , ɪ ts ˈ fæ ː rt ʃɐ ] Schwanden. 600 m. Grasstreifen zwischen zwei Felsbändern unter der Härtwand; ehemalige Geißweide. FlurN 721400 201450 1951 Fätschen Goy 2000: 183 Färtschen n. [ ɪ m ˈ fæ ː rt ʃɐ n ˈ ob̥ ɐ , ɪ ts ˈ fæ ː rt ʃɐ n ˈʊ f ɐ ] Riedern. Fels und Grasbänder. 970 m. GeländeN 720600 212500 1802 Fenscheren StAGL, Kat. • Cf. die Angaben zu → Fätsch 26 . Fätsch f. [fæt ʃ ] (~bach m. [d̥ ɐ r ˈ fæt ʃ b̥ ɑ x]) Linthal. Bach aus dem Claridenstock, der durch den Urnerboden fließt, bei Linthal in die Linth mündet und die Grenze von Tagwen Dorf und Tagwen Ennetlinth bildet. 1300-720 m. GewässerN 716000 196260 (f3) 1196 flumen nomine Ferscha GLUB, 1, Pr. 1435 wasser … dem man spricht Fersha RQGL 1, 1, Pr. 1435 wasser … das da heisset Färscha GLUB 1, 1, Pr. 1483 wasser heisset Ferscha RQGL 1, 1, Pr. 1700 enethalb der Fätsch GLUB 1, 1, Pr. Fätschen n. pl. [ ɪ d̥ æ ˈ fæ ː t ʃɐ ] Linthal. Schafweidebänder. Ca. 1950 m. FlurN 720000 194120 1518 im fätschberg Kath. Pfarrarchiv Linthal, Kat. • Lat. făsciam ‘Band, Binde’. - RN 2: 137s. Faschas (Breil), Fatschas (Lags), URNB 1: 994 Fätsch (Bürglen), WNB 7: 174 Fäsch (Sevelen); REW 3208, FEW 3: 426, DRG 6: 140; Zopfi 1984: 17, Huber 1941s.: 234, Walch 1996: 93s. (III., XVII. N) 27 Fätschisegg f. [ ɪ d̥ ɐ r ˌ fæ ː t ʃɪˈ seg̊ , ɪ t ˌ fæ ː t ʃɪˈ seg̊ ] Linthal. Beweidete Egg mit Stall und Fernsehumsetzer für Linthal und Umgebung. 1550 m. FlurN 717060 198500. Fätschli n. [ ɪ ts ˈ fæ ː t ʃ l ɪ ] Linthal. Pfadfinderheim. 750 m. HausN 717640 196100 1802 Fäschli StAGL, Kat. • Diminutivum zu → Fätsch. 26 Hierzu gehört: Färtschen n. [ ɪ ts ˈ fæ ː rt ʃɐ ] Haslen. Steiles Weidegebiet. 1800 m. FlurN 724800 199800. - Glarnerisches Faslen ‘Farnkraut’, das nach Jud 1973: 400 ein «absterbender isolierter Romanismus» ist und gemäß SchwId 1: 1063 semantisch sicher zu fĭlices ‘id.’ passt, muss aus lautl. Gründen wohl zu lat. phaseŏlum ‘Bohne’ gestellt werden. Zwar besteht im Münstertal die Form faischel aus metathetischem *fícile zu lat. fĭlicem ‘Farn’ (DRG 6: 42). Diese kann aber nicht als Parallele gelten, da lat. -ĭim Glarnerischen kein *[-aj-] wie im Münstertal ergibt, das zu [-a-] reduziert wäre und zu Faslen führte. Man kann dies am Reflex → Felessen ersehen, cf. außerdem III. N über konserviertes lat. ē, ĭ. Auf phaseŏlum basierendes Faslen wäre immerhin ein anschauliches Beispiel für die alem. Desonorisierung und Depalatalisierung des intervokalischen roman. [ʒ- ] < lat. -sj-. Zu -eŏlum vergleiche man → Matzlen < mateŏlam ‘Keule’. 27 Weiter: Fätsch: Im ~ n. [ ɪ m fæ ː t ʃ , ɪ ts fæ ː t ʃ ] Glarus. Unproduktives Gebiet. 1600 m. GeländeN 715230 205770; Fätschen, Färtschen n. [ts ˈ fæ ː t ʃ æ, ɪ ts ˈ fæ ː t ʃ æ ˈʊ f ɪ ] Elm. Weide. 1700-1800 m. FlurN 726500 193750; Fätschen, Färtschen n. [ts ˈ fæ ː t ʃ æ] Elm. Heuwiese. 1900-2000 m. FlurN 727700 197500. Wolfgang Eichenhofer 92 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 Felessen f. [t ˈ feles ɐ ] Linthal. Weide. Ca. 1540 m. FlurN 715750 197150 (f4) 1518 vom gut jn velessin Kath. Pfarrarchiv Linthal, Kat. • Lat. fĭlicem ‘Farnkraut’. - RN 2: 140s. Plonca da Felischs (Panaduz), Plön dils Felischs (Prez). SZNB 2: 258 Fäletschen (Innerthal) < fĭlicem ist - wie filĭctam - problematisch, weil im Kt. Schwyz weder lat. -cnoch -ctein alem. [-t ʃ- ] ergeben können. Das Wort müsste durch Walser importiert worden sein, cf. surs. tetgal ‘Dachpfette’ (oder tetg ault ‘hohes Dach’) mit der wals. Form Titschal bei → Tschermannen; REW 3300, FEW 3: 515s., DRG 6: 42. Cf. → Falleggen zu *filĭctam und jüngeres, durch Walser vermitteltes → Filetsch. (XIV.) 28 Fesis: (Alp) ~ [ ʊ f ˈ fesi ʃ ] Sool. Alp mit drei Stäfeln: Achsel, Chüewald, Oberstafel. 2000-2200 m. RaumN, FlurN 727950 209200 (f5) 1350 in dem Tan dictam Fesselingen GLUB, 1, Pr. ~1350 Ab Vessens GLA Karlsruhe, Kat. 1547 Fessis RQGL 2, 2, Pr. • Lat. vicīnum ‘Nachbar’. - RN 2: 365 Caglia de Vischins (Sevgein); REW 9312, FEW 14: 416s., HWR 1001 vischin. (XIV., cf. VIII.) Walenfesis [ ʊ f ˌ v ɑ l ɐˈ fesis] Sool. Rinderweide zwischen Serniftplatten und Kalk. 2100- 2200 m. FlurN 729690 209950 • Walengehört zu walch ‘welsch’ < ahd. wal(a)hisc ‘romanisch’ (EWDt. 851). Bei → Guflen findet sich Walenguflen. Figleren m. pl. [ ɪ d̥ æ ˈ f ɪ g̊ l ɐ r ɐ ] Luchs. Schafweide mit Mauerüberresten von Schweinepferchen. 1840 m. FlurN 717600 204100 (f6) • Lat. *vigilārium ‘Wachhaus’. - WNB 7: 183 Figgler (Grabs); DRG 6: 452 s. föcler, HWR 314 surs. fecler < schwdt. Figler, SchwId 1: 689 Figler, Fügler ‘Schutzhütte’. Aus dt. Sicht sprechen lautliche Erwägungen für das in SchwId 1 angenommene Etymon *vigilārium. Die semantischen Argumente hierfür hat Schorta in DRG 6: 452 vorgetragen. Ein von WNB 7: 183 unnötigerweise zusätzlich erwogenes foculārem ‘Feuerstelle’ ließe alem. *[ ˈ f ʊ g̊ l ɐ r ɐ ] erwarten, cf. hierzu SchwId 1: 699 mit berndt. Fogleren ‘Vertiefung in der Erde für das Feuer unter dem Käsekessel, Feuerherd in der Sennhütte’ als Lehnwort aus it. focolare ‘Feuerstelle’. (XII., cf. VIII.) Filetsch n. [ ɪ m f ɪˈ let ʃ , ɪ ts f ɪˈ let ʃ ] Elm. Alpweide. 1930 m. FlurN 727700 196600 (f) • Wals. ~ < surs. faletga < lat. *filĭctam ‘Farnkraut’. - RN 2: 141. Das Wort mit erhaltenem romanischem Akzent ist durch Walser vermittelt, was besonders auch am Ersatz des Mediopalatals [-c-] in surs. [f ɐˈ lec ɐ ] durch den alem. Palatal [-t ʃ -] ersichtlich ist. Obiges → Faleggen derselben Etymologie ist ältere Übernahme. Cf. außerdem → Felessen < filĭcem. (I.) Villäggen → Faleggen 28 Hierzu besteht als Parallele Felessen f. [t fe ˈ les ɐ , ɪ d̥ ɐ r fe ˈ les ɐ ] Linthal. Steiler Weidhang. 1730 m. FlurN 716900 198600. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 93 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 Filzbach [ts ˈ filtsb̥ ɑ x, ʊ f ˈ filtsb̥ ɑ x] Ennenda. Tagwen- und Ortsgemeinde. 690 m. OrtsN 728260 220100 (F1) 1394 die von Vilentspach GLUB, 1, Pr. 1405 die von Vilentzbach GLUB, 1, Pr. 1412 die von Vilentspach GLUB, 1, Pr. 1480 dero ab Villentzbach RQGL 1, 1, Pr. 1579 uff Filetzbach, zu … Filtzbach RQGL 1, 1, Pr. Filzbach m. [b̥ ɪ m ˈ filtsb̥ ɑ x] Filzb. Bach aus dem Rietloch in der Alp Nüen, der in den Walensee mündet. 1400-420 m. GewässerN 728000 219420 1708 1750 Filzbach Einsiedeln 1950 • Vorrom. *vilantia. - LSG 356; Zopfi 1984: 24, 74, Zopfi 1982b: 242s., Walch 1996: 246. (XVII. N, cf. VIII.) Fisentenbach m. [d̥ ɐ r ˌ fis ɐ d̥ ɐˈ b̥ ɑ x] Linthal. Bach vom Gemsfairen durch die Fisetenalp (Uri) bis zur Kraftwerk Linth-Limmern-Wasserfassung des Fisetenbaches. 2700-800 m. GewässerN 716000 193300 (f7) 1196 Uisinbach Zopfi 1984: 76, URNB 1: 1045s., Walch 1996: 97 1483 ein bach (…) Ursynbach … RQGL 1, 1, Pr., Walch 1996: 97 1483 nider bis zu dem Vysibach … ibid. 1529 Fisentenbach RQGL 2, 2, Pr. • Lat. *vicināticum ‘Nachbarschaft’. - RN 2: 366 (a) 14. Jh. Wisinat (Chur), URNB 1: 1045s. Fiseten, 1609 Fisiteralp (Urner Boden). *vicināticum erklärt die Urner Formen mit [-d̥ -], was das seit Zopfi 1984: 76 angenommene lat. vicīnum ‘Nachbar’ nicht vermag. Cf. HWR 1001 surs. vischinadi ‘Nachbarschaft’, phonet. [ ˌ vi ʒ i ˈ na ː di], als Ableitung von vischin ‘Nachbar’; erbwörtlich entwickeltes *vicināticum hätte im Bündner Oberland *[vi ˈʃ na ː di] zu lauten. (XIV., cf. VIII.) Foo f. [ ɪ d̥ ɐ r fo, ɪ p fo ː ˈ hind̥ ɐ r ɐ ] Mollis. Wald neben Fooplangge, Adamsloch und Dürren. 1200-1400 m. FlurN 726200 218390 • Unklare Herkunft. - Lautlich wäre eine Annahme von lat. fāgum ‘Buche’ möglich, cf. RN 2: 136 mit Fau (Sumvitg), dessen Diphthong [-aw-] der glarnerische Monophthong [-o-] entspricht, wie das bei → Tros < *draus ‘Alpenerle’ ersichtlich ist. RN 2: 673s. vermutet für den OrtsN Davos u. A. eine Ableitung aus roman. *tovu < tŭbum ‘Röhre’ mit -ānu. Auch diese könnte für ~ gelten. Dann wäre die lautliche Entwicklung von tŭbum + -ānu über roman. *[tov ˈ an], *[t ɐˈ van] zu alem. *[t ɐˈ f ɑ n], *[t ɐˈ f  ], *[t ɐˈ fõ] und glarnerisch *[t ɐˈ fo] verlaufen, eine Form, in welcher der vermeintliche bestimmte Artikel [t ɐ ] ‘der’ abgetrennt wurde. 1,3 Kilometer südlich der ~ liegt der Tobelwald (725300 217100). Das dt. Tobel geht auf eine Ableitung aus dem genannten roman. *tovu mittels -āle zurück, cf. SchwId 12: 636 über Tūff, Töuf ‘Hohlweg’ in DB. Tobel wäre damit wohl Übersetzungsname zu *[t ɐˈ fõ] < tŭbum + -ānu. Foopass → Pass Wolfgang Eichenhofer 94 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 Vorab m. [d̥ ɐ (r) fo ˈ r ɑː b̥ , ˈ ufæm fo ˈ ra ː b̥ ] Elm. Gebirgsmassiv mit dem Glarner- und Bündner Vorab, 3018 bzw. 3028 m., und dem Vorabfirn. «Vorabgletscher (K 1: 10’000) wird nicht gesagt.» RaumN, GeländeN 730640 193500 bzw. «730960 192860» • Wohl surs. furau < lat. forātum ‘durchlöchert’. - RN 2: 146 urk. 1669 Furauss (Breil), Crap furau (Dis., Trin), Munt furau (Domat). Cf. REW 3430, FEW 3: 700, DRG 6: 516. Das surs. Wort, gesprochen [f ʊˈ raw], konnte unter Beibehaltung des romanischen Akzents in Glarner Aussprache ~ ergeben, cf. Streiff 1915: §116 mit [b̥ la ː b̥ ] für ‘blau’, [g̊ ra ː b̥ ] ‘grau’. Dass im Glarnerischen die Lautung [-a ː b̥ -] für [-aw-] bei nicht auf der ersten Silbe betonten Mehrsilblern auftreten kann, zeigt das Beispiel es ist g’gr  bet ‘der Boden ist leicht mit Schnee bestreut’ (SchwId 2: 833 s. grawen). Die in RN 2: 515 angenommene Basis einer Komposition von dt. «vor + ab» ist kaum plausibel: Namen enthalten normalerweise mindestens ein Determinatum oder Determinans, nicht aber ausschließlich Adverbien oder Präpositionen, die weder als Determinata noch Determinantia auftreten. ~ mag ursprünglich adjektivisches Determinans gewesen sein, cf. obige brom. Crap furau, Munt furau mit den Determinata Crap ‘Stein’ und Munt ‘Berg’ vs. Furauss ‘die Durchlöcherten’. Friteren [ ʊ f ˈ fri ː d̥ ɐ r ɐ , ts ˈ fri ː d̥ ɐ r ɐ ] Linthal. Alp mit zwei Sennten. 1580 m. RaumN, FlurN 715600 197050 ~1350 Von Friter GLA Karlsruhe, Kat. 1376 von Frittal Albe GLUB, 1, Pr. 1518 alp ze frit(t)eren Kath. Pfarrarchiv Linthal, Kat. 1547 Frytteren RQGL 2, 2, Pr. 1625 alp F(e)ritheren RQGL 1, 1, Pr. 1682 Friterstock Staatsarchiv Luzern 1692 die Freiteren alp RQGL 3, 3, Pr. • Urnerisch [frit-] < vorrom. *fruta ‘Bach’. - Cf. Huber 1941s.: 238; RN 2: 154 Froda (Medel Lucmagn), URNB 1: 1114s. Friter (Erstfeld); DRG 6: 618; Zopfi 1984: 77 schlägt lat. fractūra vor, das aber als *[ ˈ frag̊ ɐ r ɐ ], *[ ˈ fr ɛ g̊ ɐ r ɐ ] oder älter als *[ ˈ fraxt ɐ r ɐ ], *[ ˈ fr ɛ xt ɐ r ɐ ] zu erscheinen hätte, cf. Walch 1996: 102; Schmid 1980: 169 steht dem Ansatz von *fructuāria etwa mit der Bedeutung ‘Alpnutzen’ (URNB 1: 1114) zu Recht skeptisch gegenüber. Der Tonvokal des vorrom. *fruta wurde im Alem. zu [-y-] palatalisiert und im Urnerischen zu [-i-] entrundet. Da das Glarnerische keine Entrundung von alem. [-y-] zu [-i-] kennt, muss ~ als Entlehnung aus der südwestlichen Nachbarschaft gewertet werden. Cf. anders Fruttenen (Morschach, Weibel 1973: 167) und → Fruttberge. (IV., X.) 29 29 Vergleiche noch: Friter Ort [ ʊ f ˈ fri ː d̥ ɐ r o ː rt] Linthal. Steiniger Oberstafel mit Sennhütte und Stall unter dem Ortstock. 1800-1900 m. FlurN, HofN, GeländeN 715150 197350. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 95 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 Fruttberge m. pl. [ ɪ p ˈ fr ʊ b̥ b̥ ɛː rg̊ , ɪ d̥ æ ˈ fr ʊ b̥ b̥ ɛː rg̊ ] Linthal. Landwirtschaftliche Betriebe an der Klausenstraße zwischen Fätsch und Lauirus. 850 m. HausN 717600 196800 (F2) 1518 ze frutt … ze frut … in frut Kath. Pfarrarchiv Linthal, Kat. <1650 zu frutt … zu frut Kath. Pfarrarchiv Linthal, Kat. • Vorrom. *fruta. - RN 2: 154, URNB 1: 1119 Frutt (Bürglen), SZNB 2: 343s. Frutt (Gersau u. a.); DRG 6: 618; Zopfi 1984: 11 N1, Zinsli 1946: 89, Jud 1973: 374s. (X.) Früttlen f. pl. [t ˈ fryd̥ l ɐ , ɪ d̥ æ ˈ fryd̥ l ɐ ] Linthal. Trosstauden und etwas Wald. GeländeN 715950 192950 1558 die Frütlen RQGL 1, 1, Pr. • Diminutivum zum vorigen Wort. Zum Sekundärumlaut von [-u-] zu [-y-] cf. Streiff 1915: §35. Fruttplanggen → Planggen Fruttwald m. [ ˈʊ s ɐ m ˈ fr ʊ d̥ v ɑ ld̥ ] Linthal. Wald unterhalb der Klausenstraße zwischen Fätschbach und Fruttbach. 900 m. FlurN 717400 196525 • Cf. → Fruttberge. Furggeli n. [ ʊ f ts ˈ forg̊ æl ɪ ] Schwanden. Übergang vom Mittleren in den Oberen Stafel der Guppenalp. Ca. 1570 m. VerkehrsN, GeländeN 721780 206600 (f8) 1802 Furckeli Gut StAL, Kat. 1846 Furkeli Goy 2000: 204 • Lat. fŭrculam ‘kleine Gabel’. - RN 2: 156 allg. brom. fuorcla ‘id.’, URNB 1: 1142s. Furggeli (Attinghausen), SZNB 2: 353 Furggelen (Alpthal), WNB 7: 202s. Forggla (Wartau); REW 3593, FEW 3: 895, DRG 6: 745, SchwId 1: 1013; Zinsli 1946: 108, 208, Nyffenegger 1968: 25, Weibel 1976: 301, Kuhn 2002: 43 bzw. 45 Furggelen, Furggels. (XII.) 30 Setherfurggle f. [t ˈ sed̥ ɐ r ˌ furg̊ læ] Elm. Geländeeinschnitt zwischen Elm und Siat. 2587 m. GeländeN 728660 190800. map «Setherfurka». 30 Derselben Herkunft sind: Furggele f. [t ˈ f ʊ rg̊ ɐ l ɐ , ɪ d̥ ɐ r ˈ f ʊ rg̊ ɐ l ɐ ] Obst. Wiesland mit Stall und Wohnhaus. 900 m. HofN 729650 218950; Furggeli, Steinstoss~ n. [ts ˈ f ʊ rg̊ ɑ l ɪ ] Diesb. Geländeeinschnitt. 1800 m. FlurN, GeländeN 724580 200000; Furggeli n. [ts ˈ furg̊ ɐ l ɪ ] Haslen. Übergang von der Kärpfhütte zum Chamm. 2034 m. VerkehrsN 726100 199940; Furggeli n. [ts ˈ f ʊ rg̊ ɛ l ɪ ] Glarus. Übergang vom Schwandergrat ins Vrenelisgärtli. 2799 m. VerkehrsN 719660 207300; Furggeli n. [ts ˈ f ʊ rg̊ æl ɪ , ˈ yb̥ ɐ r ts ˈ forg̊ ɐ l ɪ ] Mollis. Übergang von Mollis in die Talalp (Filzb.). 1778 m. VerkehrsN 727320 214720; Furggeli n. [ts ˈ f ʊ rg̊ ɐ l ɪ , ˈ yb̥ ɐ r ts ˈ f ʊ rg̊ ɐ l ɪ ] Näfels. Übergang vom Wiggis ins Oberseetal. 1590 m. VerkehrsN 721400 215500; Furggeli n. [d̥ ʊ r ts ˈ f ʊ rg̊ æl ɪ ˈɑ b̥ ɐ ] O.urnen. Einschnitt. 1630 m. GeländeN 720500 219160; Furggeli n. [ts ˈ f ʊ rg̊ ɐ l ɪ ] Obst. Liegenschaft, Wohnhaus und Stall. 910 m. HofN 729780 218760; Furggle f. [ ˈ b̥ ɐ r p ˈ f ʊ rg̊ l ɐ ] Glarus. Übergang vom Gleiter, Vorderglärnisch nach Schwändi. 2074 m. VerkehrsN 721440 208500. Wolfgang Eichenhofer 96 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 • Der dt. Name Seth für surs. Siat beruht auf lat. saeptum ‘Zaun’. - RN 2: 296 Siat, 9. Jh. in Septe; REW 7497. Gampelbrugg f. [( ˈ b̥ ɐ r) d̥ ˌ g̊ ɑ mb̥ ɐ l ˈ b̥ rug̊ ] Glarus. Brücke über die Richisauer Klö an der Kantonsgrenze Glarus/ Schwyz. 1130 m. VerkehrsN 711180 208800 (g0) • Lat. cămpum + -ĕllu ‘kleines Feld’. - Cf. RN 2: 68 (b, 8.) 1410 Praw capielg (Urmein), URNB 1: 1201 Gampelen (Schattdorf), SZNB 2: 370 Gampel (Muotathal). (XII.) Camperdun, Gamperdun f. [ ˌ g̊ ɑ mb̥ ɐ r ˈ d̥ un] Elm. Alp mit zwei Sennten. 1800- 1900 m. FlurN, HofN, RaumN, GeländeN 734150 199750 (g1) 14. Jh. Gampradund Zopfi 1952: 290 1547 Gamperdon RQGL 2, 2, Pr. 1682 Campertung Staatsarchiv Luzern 1714 Camperdon Karte von 1714 • Lat. cămpum rotŭndum ‘rundes Feld’. - RN 2: 67 (a, 4.) Camparduns (Seglias), Chomp radond (Valchava), WNB 7: 103 Gamperdun (Wartau); Zopfi 1952: 290. (I.) Gams, ~stafel [ts g̊ ɑ ms, d̥ ær ˈ g̊ ɑ ms ˌʃ ta ː f ɐ l] Engi. Ganzer Mittler Stafel der Mühlibachalp. 1940 m. FlurN 733050 204950 (g2) • Lat. camōcem ‘Gemse’ oder cămpum ‘Feld’ + -s bzw. cămpos ‘Felder’. - RN 2: 412 Gams (Felsberg u. a.) bzw. RN 2: 66 urk. 15., 16. Jh. Camps (Tuj., Vella, Prez), URNB 1: 1202 Gams (Hospental) zu cămpum + -s, SZNB 2: 371 Gämsch (Alpthal) zu camōcem, WNB 7: 101s. Gams (Sevelen) zu cămpum; REW 1555 bzw. 1563, FEW 2: 149 bzw. 162, DRG 3: 249s. bzw. 241, SchwId 2: 321; Hubschmid 1951: 19. (XII., eventuell XIV.) Gand n. [ ɪ m g̊ ɑ nd̥ ] Elm. Zwei Wohnhäuser am Rande des Gandwaldes. 1000 m. HausN 731820 197880 (G1) 1802 an das Gand StAGL, Kat. • Vorrom. *ganda ‘Geröllhalde’. - RN 2: 159s. Gionda (Tuj.), allg. surs. gonda ‘id.’, URNB 1: 1202s. Gand (Andermatt), SZNB 2: 371s. Gand (Muotathal u. a.), WNB 7: 211 Ganda (Montafon); REW 3670, DRG 7: 642, SchwId 2: 336s.; Hubschmid 1951: 17, Zinsli 1946: 157, 207, Nyffenegger 1968: 25, Jud 1973: 379, Kuhn 2002: 202 31 . Gändi n. [ts ˈ g̊ ænd̥ ɪ ] Glarus. Mit Felsblöcken durchsetzte Weide. 1820 m. FlurN 718300 212300. map «Gändli». • Diminutivum zum vorigen Eintrag. Cf. URNB 1: 1210s. Gendli, Gändli. 31 Hierzu gehören: Gand n. [ts g̊ ɑ nd̥ , ɪ m g̊ ɑ nd̥ , ɪ ts g̊ ɑ nd̥ ] Sool. Wohnhaus mit Umschwung, an Felsrücken angrenzend. 600 m. HausN 725400 206610; Gand n. [ ɪ m g̊ ɑ nd̥ , ɪ ts g̊ ɑ nd̥ ] Sool. Wald, Wiese und ein Haus. 620 m. HausN, FlurN 725430 206820; Gand n. [ ɪ m g̊ ɑ nd̥ , ɪ ts g̊ ɑ nd̥ ] Ennenda. Wiesland. 500 m. FlurN 725270 210190; Gand n. [ts g̊ ɑ nd̥ ] O.urnen. Allmende. 500 m. FlurN 722400 219500; Gand n. [ts g̊ ɑ nd̥ ] Mühl. Wiesland mit Stall. 510 m. FlurN 732270 219110. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 97 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 Gästeluu, Gästelun [ ʊ f d̥ ( ɐ r) ˌ g̊ æ ʃ t ɐˈ l ʊː ] Mühl. Wiesland. 650 m. FlurN 732040 219310 (g3) 1802 Gästelun StAGL, Kat. • Lat. castĕllum ‘Schloss’ + -iōne. - RN 2: 85 (b, 8.) Chischliun (Dis., Sumvitg), 1580 Caschlun (Trun), Caschliung (Vargistagn); Streiff 1915: §100 [kæ ʃ t ɐˈ lu ː ], Schmid 1956: 60 N2, Walch 1996: 306. (III., XII., XVII. N) Cazarauls m. [ ˈʊ f ɐ ˌ g̊ ɑ ts ɑˈ r ɑ wlts] Linthal. Kleiner Felsaufbau. 3063 m. GeländeN 709760 185640 • Unklare Herkunft. Gaze, Gatze f. [ ɪ ˈ g̊ ɑ ts ɐ , ɪ ˈ g̊ ɑ ts ɐ ˈɑ b̥ ɐ ] Mitlödi. Wohnhaus an Bächlein, das aus der Wiese entspringt, Brunnen. 500 m. HausN 724800 207750 (g4) • Vlat. căttia ‘Becher’. - RN 2: 86 urk. 1512 Gatzes (Luven), 1513 Catz, Gatz (Churwalden), URNB 1: 1276 †Gätzi (Bürglen), SZNB 2: 413 Gätzli (Ingenbohl); DRG 3: 531s., SchwId 2: 572 Gatze. (XII., XVII. N) Ginzen n. [ ɪ m ˈ g̊ ints ɐ , ɪ ts ˈ g̊ ints ɐ ] Schwanden. Wiese. 600 m. FlurN 727170 206540 • Unklare Herkunft. - Cf. die Angaben zu → Chinzen. Clariden m. [ ˈʊ f ɐ g̊ l ɑˈ ri ː d̥ ɐ , d̥ ɐ r g̊ l ɑˈ ri ː d̥ ɐ ] Linthal. Felsgipfel. 3268 m. GeländeN 709280 188880 1796 Glariden B[e]rg ohne Quelle • Unklare Herkunft. - Schmid 1987: 45 und 47 setzt die Kreuzung aus *glarētu ‘kiesiger Ort’ mit schwdt. chlar ‘kahl’ an; Walch 1996: 78 stellt ~ außerdem zu *clarēta ‘helle Stellen’. Bisher nicht vermutet wurde Ableitung von *cŏlurum ‘Haselstaude’ + -ēta, die prinzipiell über roman. [k(o)l ɐˈ red ɐ ] ein alem. [g̊ l ɑˈ ri ː d̥ ɐ ] ergeben kann. Der Name könnte etwa von Sand (714750 189000) aus westwärts hinauf gewandert sein. Hierzu seien folgende Formen erwähnt: RN 2: 110 s. corylus (a, 5.) Collarai, Plaun Collarai (Müst.), Olivieri 1931: 200 Colaredo (Veneto), Pellegrini 1990: 375 Colloreto (Lucca) usf. Bei diesem Ansatz fiele unter Umständen die Synkope in anlautendem cŏlzu > [kl-] auf, die jedoch im lat. oder roman. Vor- oder Nachnebenton eintreten kann: Man vergleiche hierzu lat. cerĕsia > *krēsia > alem. Chriesi ‘Kirsche’ (EWDt. 371), weiter surs. Fletg (Andiast, Ladir) zu *filĭctum ‘Farn’ (RN 2: 141) oder den brom. Namen Clau, Clà, Clo < nìcoláus, der auch die Basis für den Namen Klausenpass bildet, cf. urk. «1518 g ů t z ů sant niclausen» (Zopfi 1984: 18 N1). Glärnisch: Vorder~ m. [ ˈ uf ɐ ˈ ford ɐ r ˈ g̊ lærni ʃ ] Glarus. Gipfel. 2327 m. GeländeN 721820 209120 1538 Glærnisthc mons Walch 1996: 185 1560 im Glärnischt ibid. 1569 der Glärnisch ibid. 1655 der Glernisch ibid. 1682 Glärnist Staatsarchiv Luzern Wolfgang Eichenhofer 98 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 1698 Glärnisch M. Walch 1996: 185 • Zu *glaron ( → Glarus) + -isch (< ahd. -isk wie in deutsch < ahd. diutisc). - Bruckner 1945: 212 32 . Glärnischplangge → Planggen Glarus [ts ˈ g̊ l ɑ r ɪ s] Glarus. Kantonshauptort. Tagwen- und Ortsgemeinde. 481 m. OrtsN 723640 211200 Ende 8. Jh., Mitte 9. Jh. Clarona Walch 1996: 70 2. Hälfte 9. Jh. clarona ibid. 1003 ab incolis provinciarum uranie et clarone GLUB, 1, Pr. 1026 im land Glarus SGUBST, Kat. 1029 cum tota valle Clarona GLUB, 1, Pr. 1045, 1103 Claronae Walch 1996: 70 1128 Hermannus de Glarona GLUB, 1, Pr. 1178 Clarona Walch 1996: 70 1220 in valle Claronae GLUB, 1, Pr. 1220 R. de Clarona UBZH, Kat. 1252 Johannes de Klarona SGUBST, Kat. 1254 R. de Glarus UBZH, Kat. 1254 von Glaros UBZH, Kat. 1255 Heinricus de Clarus UBZH, Kat. 1268 Rudolfus de Clarôna UBZH, Kat. 1273 in Clarona GLUB, 1, Pr. 1290 Johans von Clarus, Glarus UBZH, Kat. ~1300 Officium vallis Klarone Habsburger Urbar, Pr. 1315 durch Glaruß RQGL 1, 1, Pr. 1335 ze Glaris GLUB, 1, Pr. 1336 zu Chlarus RQGL 1, 1, Pr. 1337 Rvdolf von Glarvs SGUBST, Kat. 1340 ze Klarus RQGL 1, 1, Pr. 1351 ze/ von/ gen glaris GLUB, 1, Pr. 1352 von Glaruss GLUB, 1, Pr. 1415 Hans Ingänt von Glarus [Glarass] UBASG, Kat. 1416 Nuntii Vallium Vranie … et Glarone GLUB, 2, Pr. 1429 Jos Schudi, amman zuͦ Glariss UBASG, Kat. 1444 einer von Glaryss … Glaris GLUB, 3, Kat. 1538 Clarona, Glarüs Schweizer Landesbibliothek Bern 32 Zudem: Glärnisch: Chli ~ m. [d̥ ɐ r xli ː ˈ g̊ læ ː rn ɪʃ ] Glarus. Felsbrocken. 640 m. GeländeN 721890 211200. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 99 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 • Unklare Herkunft. - Die lat. Tonsilbe beruht auf -ōna (mit kollektivem -a für -e in augmentativem -ōne). Für die Stammsilbe werden clārus ‘hell’ (LSG 392 nach Walch 1996: 75s.) und vielleicht glārea ‘Kies’ (Schmid 1987: 59) erwogen. Die ältesten urk. Belege scheinen für Herkunft von lat. clārus zu sprechen. Dennoch ist die Möglichkeit, ein vorrom. Etymon anzunehmen, das einen Flussnamen bezeichnet habe (cf. Bruckner 1945: 80), nicht von der Hand zu weisen. Ein bisher nicht diskutierter möglicher Ansatz von *cŏlurum ‘Haselstaude’ + -ōne wäre morphologisch möglich: Augmentatives -ōne lässt sich an Namen von Gewächsen anbinden, cf. RN 2: 285 (a, 4.) Raulon (Brusio) < rōbur ‘Eiche’ + -ōne und zum auslautenden kollektivem -a brom. badugna ‘Birken’ < *betŭlneu + -a (DRG 2: 34). Auch sachlich wäre die Annahme plausibel: Gut sechs Kilometer linthaufwärts von Glarus liegt die Gemeinde Haslen, deren Name als Appellativum ‘Haselstaude’ bedeutet (SchwId 2: 1675 Haslen iii) und lat. *cŏlurum entspricht. Problematisch bliebe hierbei aber die Begründung der Synkope in anlautendem cŏl- > [kl-], die vor dem 8. Jh. hätte stattfinden müssen, cf. die ältesten urk. Formen Clarona, clarona usf. Gletscher → Bifertengletscher Glimspforte f. [ts ʊ r ˈ g̊ lims ˌ pfort ɐ ], surs. Porta f. da Gliems [ ˈ p ɔ rt ɐ d ɐ ʎɪ ms] Linthal. Kleiner Sattel zwischen Porphyr und Stoc Grond. 3254 m. GeländeN 712960 184120 • Surs. *gli(e)m < lat. līmen ‘Schwelle’. - RN 2: 188 Pez Gliems (Sumvitg), Fuortga de Glems (Trun), WNB 7: 229 Lims (Grabs); REW 5047, FEW 5: 343s., DRG 7: 427s. Das surs. *gli(e)m hat seine Funktion als Appellativum verloren, cf. hierfür sava ‘Schwelle’, das ins Glarnerische als Sab ‘Balkenwerk’ entlehnt ist (SchwId 7: 34). Engad. glim ‘Türschwelle’ dagegen ist appellativisch geblieben (DRG 7: 428). Grapplen f. [d̥ ˈ g̊ r ɑ b̥ l ɐ ] Braunw. Weide in Mulden. 2060 m. FlurN 717800 201700 (G2) 1003 usque ad montem qui grapelinon vocatur GLUB, 1, Pr. • Vorrom. *krapp- ‘Stein’. - RN 2: 111 allg. surs. crap ‘Stein’, URNB 2: 40s. Grappelen (Wassen) vielleicht < *krapp-, URNB 3: 597 †Grappertal (Gurtnellen) ist ebenso unsicher zu deuten wie Grappelen; REW 4759, DRG 4: 202, Hubschmid 1951: 46 N14, Boesch 1981: 214s., Nyffenegger 1968: 28. Gemäß Walch 1996: 117 N151 ist die zitierte Urkunde unecht 33 . Bättelgräpp, Bättelgreppt n. pl. [d̥ ˈ b̥ æd̥ ɐ l ˌ g̊ ræb̥ , ɪ m ˈ b̥ æd̥ ɐ l ˌ g̊ reb̥ ˈ und̥ ɐ ] Näfels. Wiesland südlich Grütli an der Oberurner Grenze. 430 m. FlurN 723400 218900; Bettelgrept, -grebt n. pl. [d̥ ˈ b̥ ed̥ ɐ l ˌ g̊ reb̥ d̥ ] O.urnen. Wiesland. 430 m. FlurN 723210 218980 • Vorrom. *krapp- ‘Stein’ mit Sekundärumlaut oder *kripp- ‘Fels’. - RN 2: 166 Grep (Flond), Gribs (Nufenen), Greppas (Tuj.); REW 3863 grepp-, DRG 7: 819 grip i. Cf. 33 Man vergleiche weiter: Grappli n. [its ˈ g̊ rab̥ li] Leugg. Früher bewohntes Wiesland. 1160 m. FlurN 721000 204300; Grappli [ ʊ f ˈ g̊ r ɑ b̥ l ɪ ] Näfels. Alp mit zwei Sennten, einer Sennhütte und Stall. 1400-1600 m. HofN, FlurN 718600 215050. Wolfgang Eichenhofer 100 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 RN 2: 499 (b, 3 g) mit der rein deutschen Komposition Bättelstei in Obersaxen. (Cf. VII., XII.) Grisch: Péz ~ m. [ ˈʊ f ɐ pits g̊ ri ːʃ ] Elm. Gipfel. 2898 m. GeländeN 734560 193960 • Surs. grisch < germ. grisi ‘grau’. - RN 2: 167; REW 3873, FEW 16: 83s. *gris, DRG 7: 828; zu péz ‘Gipfel’ < vorrom. *pitscf. HWR 586. Grond: Stoc ~ m. [d̥ ɐ r ʃ tog̊ g̊ ron] Linthal. Felsgrat, 3422 m. GeländeN 712660 184300 • Surs. grond, phonet. [gr ɔ n], < lat. grăndem ‘groß’. - RN 2: 164s.; REW 3842, FEW 4: 223s., DRG 7: 717. Grunritt m. [d̥ ɐ r g̊ ru ːɐˈ rit] Näfels. Holzritt von der First zur Oberseestraße. 700 m. GeländeN 722500 216980 (g5) • Lat. grŭnium ‘Rüssel’. - RN 2: 168 Grugns (Medel Lucmagn), Sort dals Grugns dadains (Tuj.), URNB 2: 69 urk. 1445 Grun (Andermatt). Die Glarner Form [g̊ ru ːɐ ] entstand aus *[g̊ ru ː n] < brom. [gr ʊɲ ], cf. Streiff 1915: §108 mit [ ʃ pa ː ] ‘Span’, [vi ː ] ‘Wein’, [ba ː ] ‘Bann’, < *[ ʃ pa ː n] usf. (XVII. N) Grüschwald m. [d̥ ɐ r ˈ g̊ ry ʃ v ɑ ld̥ , ɪ ˈ g̊ ry ʃ v ɑ ld̥ ] Linthal. Wald. 1420-1540 m. FlurN 714950 196700 (g1) • Wals. Grüsch < vorrom. *kruska ‘Kleie’. - RN 2: 421 im Grüsch (Versam), URNB 2: 116s. Gurschen (Andermatt); REW 4788, FEW 2: 1371, DRG 4: 294 crüscha, SchwId 2: 817 Grüsch ‘id.’ desselben Ursprungs wie brom. crestga. Walserische Herkunft dieses Worts erkennt man am Tonvokal [-y-] anstatt *[-u-], cf. abgesehen von Grüsch (Versam) auch RN 2: 98 s. clusu ‘geschlossen’ Formen wie Clüs (Vals, Tschiertschen), Glüs (Avers), Calüs (Medels im Rheinwald, Splügen, Sufers), in Glarus andererseits → Chlosen, Chlusen < clūsum. (V., XVII.) Gubel m. [d̥ ɐ r ˈ g̊ ob̥ ɐ l] Linthal. Waldbewachsener Hügel auf der rechten Seite der Fätsch. 1375 m. FlurN 714580 195880 • Lat. *cŭbulum ‘Höhle’. - RN 2: 666 Küblis, URNB 2: 97s. Gubel (Urner Boden), SZNB 2: 488s. Gublen (Freienbach), WNB 7: 116 Chobel (Sennwald); REW 2355a, DRG 4: 640, SchwId 2: 98s. Gubel ‘Hügel’; Zopfi 1984: 28, Nyffenegger 1968: 28, Walch 1996: 308: Die Flur liegt an der Grenze zum Kt. Uri, wo lat. -bnicht über *[-v-] zu [-f-] verschoben ist. Jedoch fällt anlautendes [g̊ -] statt *[x-] auf, was für Übernahme des Worts aus dem Romanischen spricht. Es dürfte sich um eine Mischform handeln, die mit später entlehntem → Gufel gekreuzt ist. Ähnliches ist bei → Gumen vs. → Chumis(wald) zu beobachten. (XII.) Gufel m. [ ɪ m ˈ g̊ ʊ f ɐ l] Elm. Wildheugebiet mit Wald, früher Ätzalp und Heualp. 1400- 1500 m. FlurN, GeländeN 732750 200000 (g6) 1802 Gufel StAGL, Kat. Gufel m. [d̥ ɐ r ˈ g̊ uf ɐ l] Engi. Bergliegenschaft. 1070 m. FlurN 730300 205820 1723 Gufel Einsiedeln 1950 Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 101 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 Gufel m. [ ɪ m ˈ g̊ ʊ f ɐ l, d̥ ʊ r æ ˈ g̊ ʊ f ɐ l ˈ d̥ ʊ r ɐ ] Mitlödi. Hügel. 500 m. GeländeN 724450 209970 1802 Gufel StAGL, Kat. Gufel n. [ ɪ m ˈ g̊ ʊ f ɐ l, ɪ ts ˈ g̊ ʊ f ɐ l] Filzb. Zwei Liegenschaften mit zwei Ställen. 850 m. FlurN, HofN 727350 220000 1802 Gufell Gut StAGL, Kat. • Lat. *cŭbulum ‘Höhle’. - RN 2: 119 cuvel ‘Höhle’, RN 2: 421 Gufel, URNB 2: 99 Gufel (Urner Boden), SZNB 2: 488s. †Gufle (Illgau), WNB 7: 131 Gufel (Wartau); REW 2355a, DRG 4: 640, SchwId 2: 132 Gufel ‘Höhlung’; Hubschmid 1951: 16, Bruckner 1945: 36s., Zinsli 1946: 73, Nyffenegger 1968: 28, Schmid 1980: 173s., Zopfi 1982b: 259s., Walch 1996: 307s., Kuhn 2002: 215 Gufel. Cf. hingegen die Mischform → Gubel, die wegen anlautendem [g̊ -] statt *[x-] mit ~ gekreuzt sein muss. (VIII., XII.) 34 Gufeli n. [ ɪ m ˈ g̊ ʊ fæl ɪ , fom ˈ g̊ ʊ fæl ɪ ] Engi. Schafalp. 1900-2000 m. FlurN 730225 208500 1529 Artzetgufel RQGL 2, 2, Pr. 1547 Artzentguffel RQGL 2, 2, Pr. 1713 Gufel Einsiedeln 1950 Gufeli n. [ts ˈ g̊ ʊ f ɐ l ɪ ] Mollis. Wiesland mit Stall und Hütte. 870 m. FlurN 724980 215700 1802 Berg Gufeli StAGL, Kat. Guflen n. [ts ˈ g̊ uflæ] Braunw. Wiese. 1270 m. FlurN 717580 199740 1518 uf das gut gufflen Kath. Pfarrarchiv Linthal, Kat. 1802 Guflen StAGL, Kat. Guflen n. [ts ˈ g̊ ufl ɐ ] Nidfurn. Wohnhäuser und Wiese. 550 m. HausN, FlurN 723130 205120 1802 Guflen StAGL, Kat. Walenguflen [ts ˌ v ɑ l ɐˈ g̊ ʊ fl ɐ ˈ d̥ ʊ r ɪ ] Obst. Weiler. 670 m. OrtsN 730950 219500 1802 Wallenguflen, Wahlenguflen StAGL, Kat. • Walengehört zu walch ‘welsch’, cf. → Walenfesis und RN 2: 518 s. Wal(l)e die Zusammensetzungen Wallagrind (Tschiertschen), Wallawang (Safien, Tschappina); Zopfi 1984: 26s. 35 34 Weitere Belege: Gufel m. [d̥ ɐ r ˈ g̊ of ɐ l] Linthal. Überhängender Felsen in der Fruttlauiwand. 1280 m. GeländeN 716840 196980; Gufel m. [ ɪ g̊ ofl] Nidfurn. Wald. 700-800 m. FlurN 722200 204860; Gufel m. [ ɪ (m) ˈ g̊ of ɐ l] Glarus. Unproduktives Gebiet. 1590 m. GeländeN 712600 210300; Gufel m. [ ɪ (m) ˈ g̊ ʊ f ɐ l] Bilten. Wald. 540 m. FlurN 719900 222750. 35 Außerdem Guflen n. [ ɪ ts ˈ g̊ ʊ flæ] Rüti. Hügeliges Wiesland. 720 m. FlurN 720290 199130; Guflen n. [ts ˈ g̊ ʊ fl ɐ , ɪ m ˈ g̊ ʊ fl ɐ ] N.urnen. Wald, Rutschgebiet. 750 m. FlurN 720820 220670. Wolfgang Eichenhofer 102 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 Gulmen m. [ ˈʊ f ɐ ˈ g̊ ʊː lm ɐ ] Mühl. Aussichtspunkt. 1829 m. GeländeN 732920 216160 (g7) • Lat. cŭlmen ‘Gipfel’. - RN 2: 120s. allg. surs. cuolm ‘Bergübergang’, URNB 2: 102s. Gulmen (Silenen), SZNB 3: 235 Kulm (Arth-Goldau), WNB 7: 127 Gulms (Grabs); REW 2376, FEW 2: 1496, DRG 4: 514s., SchwId 2: 233s.; Jud 1973: 406, Walch 1996: 308, Kuhn 2002: 216 Gulmen. (XII.) Gumen m. [d̥ ɐ r ˈ g̊ u ː m ɐ ] Braunw. Weide. 1610 m. FlurN 717850 201100 (g8); Gumen m. [ ˈ uf ɐ ˈ g̊ u ː m ɐ ] Luchs. Felsgrat. 2070 m. GeländeN 717800 202150; Gumen n. [ ɪ m ˈ g̊ u ː m ɐ , ɪ ts ˈ g̊ u ː m ɐ ] Netstal. Wiesland mit Stall. 450 m. FlurN 722480 214450; Gumen m. [d̥ ɐ r ˈ g̊ o ː m ɐ , ˈʊ f ɐ m ˈ g̊ o ː m ɐ ] Näfels. Weide. 2000 m. FlurN 719740 214440; Gumen m. [d̥ ɐ r ˈ g̊ ʊ m ɐ ] Näfels. Weidepartie in Mulden, über dem Stäfeli gelegen. 1560 m. FlurN 715600 212690 • Mlat. *cŭmbam ‘Tal, Schlucht’. - RN 2: 122 Cumma (Siat), URNB 2: 104 Gumen (Isenthal); REW 2386, FEW 2: 1526, Zopfi 1984: 74, Huber 1941s.: 234, Zinsli 1946: 52, Zinsli 1962s.: 276s., Zinsli 1971: 73, Walch 1996: 308s., wonach [ ˈ g̊ u ː m ɐ ] besonders im Westen des Kt. Glarus vorkommt. ~ wurde über das Romanische hierher entlehnnt im Gegensatz zu → Chumis(wald). (XII.) Guppen(alp) f. [ts ˈ g̊ ʊ b̥ ɐ , ʊ f ˈ g̊ ʊ b̥ ɐ ] Schwanden. Alp mit drei Stäfeln. 860 m. FlurN, RaumN 721900 206700 (g9) ~1350 von Guppen Goy 2000: 249 1523 bärg … zguppen ibid. 1525 Silbererz z  Ghuppen RQGL 1, 1, Pr. 1527 offnung aund f  rderung des bergwerks Guppen RQGL 1, 1, Pr. 1529 von Guppen GLA Karlsruhe, Kat. 1796 Gupen Alp ohne Quelle • Lat. cŭppam ‘Becher’. - RN 2: 123 Cuppa (Dis.), WNB 7: 128 †Guppa (Wartau); REW 2409, FEW 2: 1556, DRG 4: 124s.; Zopfi 1938: xxiv, Zopfi 1984: 74, Zinsli 1946: 40, Zopfi 1950s., Walch 1996: 311. Cf. über das Wals. entlehnte → Chupferen mit typisch ahd. Verschiebung von lat. c- und -pzu [x-], [-pf-]. (XII.) Gurglen, Gurgel f. [d̥ ˈ g̊ urg̊ l ɐ ] Elm. Enges Wegstück beim Ringgenchopf zwischen Walenboden und Hexenseeli. 2160 m. VerkehrsN 728300 191500 (g2) • Wals. Gurgel < lat. gŭrgulam ‘Gurgel, Rinne’. - RN 2: 422 Gurgel (Safien, Davos); SchwId 2: 418; Walch 1996: 331. Isel m. [ ɪ m ˈɪ s ɐ l, d̥ ɐ r ˈɪ s ɐ l] N.urnen. Liegenschaft mit Wohnhaus und Stall. 420 m. HofN 721080 222250 (i1) 1345 matten die man nempt Isle GLUB, 1, Pr. 1345 In der Isla ibid. 1456 uss der Isel RQGL 1, 1, Pr. 1464 in/ uss Isler rechtung … uss der Isel RQGL 1, 1, Pr. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 103 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 • Lat. ī(n)sulam ‘Insel’. - RN 2: 175s. allg. surs. isla ‘Auwiese’, URNB 2: 321 †Isel (Schattdorf), WNB 7: 299 *Isla (Sennwald); REW 4475, FEW 4: 729s., DRG 10: 130s.; cf. → Tiislis mit Agglutination der Präposition ăd ‘zu’ oder des Artikels 36 . Isitli n. [ts ˈ i: s ɪ : tl ɪ ] Obst. Weide. Ca. 1570 m. FlurN 731310 214300 (i2) • Lat. ī(n)sulam ‘Insel’ + -ĭtta. - RN 2: 176 (b) Iselti (Vals, Splügen), urk. 1556 Asletta (Grüsch), URNB 2: 324 Isleten (Bauen), urk. 1407 Iselton; auch in Quarten (Kt. St. Gallen, Koordinaten gemäß map 734490 221700) findet sich der Name Isitli, der in Kuhn 2002 fehlt. Jetz, ~alp f. [ ʊ f jets, d̥ ˈ jets ɑ lb̥ ] Elm. Ätzalp mit drei Stäfeln: Unterstafel, Jetzloch und Oberstafel. 1200-1300 m. FlurN 727950 193850 (j) 1344 von der Jätz Stegen … in Jätz GLUB, 1, Pr. 1388 durch vnser Ietz GLUB, 1, Pr. 1581 z ů Jäz Zinsli 1971: 96 N63 1723 Jatz Einsiedeln 1950 • Wals. Jatz < lomb. *[d ʒ ats] < lat. *jăcium ‘Lager, Lagerstätte’. - RN 2: 437 Jaz (Davos), urk. 1380 in monte dicto Jatz (Langwies); REW 4566, FEW 5: 7s. iacium alomb. giaçço ‘giaciglio’; Zinsli 1946: 114, Zinsli 1963: 314s., Zinsli 1971: 60s., Zopfi 1982a: 12s. [jets] ist pluralische Umlautform zu [jats]. Kaffistein m. [d̥ ɐ r ˈ kx ɑ f ɪˌʃ t ɛ j] Mühl. Großer Stein. 910 m. GeländeN 732620 218000 • Wohl zu lat. căvam ‘Grube’. - RN 2: 88 Gafia (Fideris, Schiers); FEW 2: 554, DRG 3: 480s. chava; Vincenz 1993: 65 Gaffi eventuell < căveam ‘Höhlung’. (VIII., XI.) Chänel, Chängelalp [ ɪ (m) ˈ xæn ɐ l] Mollis. Alp mit einem Sennten, einer Alphütte und einem Stall. «Das [-g-] in Chängelalp (K 1: 10’000) wird nicht ausgesprochen». 1100- 1200 m. FlurN, HofN, RaumN 725850 215860 (k1) ~1350 Vs dem Kenel GLA Karlsruhe, Kat. 1802 Ber Kenel StAGL, Kat. • Lat. canālem ‘Röhre, Rinne’. - RN 2: 69 allg. surs. canal ‘Rinne’, RN 2: 439 Chändlen (Conters im Prättigau), WNB 7: 113 Chengel (Grabs); REW 1568, FEW 2: 170s., DRG 3: 259, LEI 10: 601s., SchwId 3: 210, 362 Chännel, Chängel. (II., XI.) Chärpf, Kärpf m. [d̥ ɐ r (k)xærpf, ˈʊ f ɐ m (k)xærpf] Elm, Diesb. Bergstock mit Schnee- und Geröllfeldern, 2794 m. Höchster Punkt des Freibergs zwischen Klein- und Großtal. GeländeN 726870 197680 bzw. 726020 197500 (K1) 1682 Kerpfstock Staatsarchiv Luzern 1796 Kaerpf Stok ohne Quelle • Vorrom. *kripp- ‘Fels’. - RN 2: 166 Grep aut (Tuj.), Grep aul (Dis., Sumvitg, Trun); REW 3863 grepp-, FEW 2: 1323 *krepp- ‘Felsen’, DRG 7: 819 grip i; Hubschmied 1938: 80 N2; Zopfi 1984: 72, Hubschmid 1951: 46 N14, Huber 1941s.: 234, Schmid 1980: 173s. 36 Hierzu auch Isel m. [ ɪ (m) ˈ is ɐ l] Bilten. Wiesland. 420 m. FlurN 721900 222160. Wolfgang Eichenhofer 104 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 Der Ansatz *krippo bei Hubschmied 1938 entbindet uns von der Erklärung der Palatalisierung des Tonvokals in dem von Zopfi angenommenen Etymon *k(a)rapzu *[xr ɛ p-] und [x ɛ rp-]: Man vergleiche auf *krapreimendes germ. tappon- > dt. Zapfen (EWDt. 874), das nicht zu *[ts ɛ pf-] palatalisiert ist, oder SchwId 3: 407 mit singularischem Chapf < ahd. chapf ‘Ort, von dem man ausschaut’ mit der Aussprache [x ɑ pf], nicht *[x ɛ pf]. Auch → Bättelgräpp beruht eventuell auf vorrom. *kripp- ‘Fels’. (VII., XII.) Chästlisbächli n. [ts ˈ xæ ʃ tlis ˌ b̥ æxl ɪ ] Mühl. Bach im unteren Teil der Brunnenrus, der in den Meerenbach mündet. 800-500 m. GewässerN 731400 219400 (k2) • Lat. castĕllum ‘Schloss’. - RN 2: 84 Casti (Tuj. u. a.), URNB 2: 409s. Chastel, Chaschli (Wassen). ~ hat Sekundärumlaut vor dem Diminutivsuffix [-l ɪ ], cf. Streiff 1915: §28. (II., XI.) Kerenzen, Kerenzer Berg m. [d̥ ɐ r ˈ xir ɐ ts ɐ , ˈ xir ɐ ts ɐ r b̥ ɛː rg̊ ] Region mit den drei Tagwen- und Ortsgemeinden Filzbach, Obstalden, Mühlehorn. RaumN, ohne Koordinaten (k3) 1457 uff Kirchenzen … ab Kirchenzen RQGL 4, 4, Pr. 1480 ab Kirchentzen RQGL 1, 1, Pr. 1532 uff Kirchentzen RQGL 2, 2, Pr. 1547 uff Kirentzen RQGL 2, 2, Pr. 1567 von … Kirenzen RQGL 2, 2, Pr. 1568 Kirhentzen RQGL 2, 2, Pr. 1581 ab Kirhetzen … uff Kirchetzen RQGL 1, 1, Pr. 1603 Kiretzen RQGL 2, 2, Pr. 1670 auf Kerentzen … ab Kerenzen RQGL 1, 1, Pr 1721 Kirchzen RQGL 3, 3, Pr. 1761 gemeind Kerezen RQGL 4, 4, Pr. • Lat. circinātio (zu circināre ‘umrunden’). - Cf. Georges 1: 1141 circinātio ‘Kreis, Umkreis’, circināre ‘runden’, REW 1941 span. cercenar ‘abrunden’, ‘roden’, FEW 2: 700 und LEI 14: 570 s. circināre. Der Rectus circinātio bedeutete sicher ‘Umrundung, Umgehung (der damals versumpften Route am südlichen Ufer des Walensees von Niederurnen aus ostwärts gegen Murg)’. Die Alemannen übernahmen wohl *[kirki ˈ nats ɐ ], dessen [k] im Zuge der ahd. Lautverschiebung ab dem 8. Jh. zu [x] assibiliert wurde, cf. XIII. So entstand [ ˈ xir ɐ n ts ɐ ] aus [ ˈ xirx ɐ nts ɐ ] (cf. die urk. Belege von 1457) < *[xirx ɐˈ nats ɐ ]. Der Anlaut von → Chinzen ist analog entwickelt. Alle bisherigen Deutungen (Hubschmied 1938: 77, Zopfi 1984: 22s., Zopfi 1952: 287, Boesch 1963: 255, Nyffenegger 1968: 19, Jud 1973: 405, Zopfi 1982b: 241, die den Namen auf *circatiōne bzw. *circĭnta zurückführen oder Sonderegger 1979b: 237 und in Folge Walch 1996: 194s., die «(vĭa) *circināta oder *circatiōnes ‘Kehren’» ansetzen) sind aus lautlichen und morphologischen Gründen nicht zu akzeptieren. (XIII., XVII. N) Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 105 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 Chinzen n. [ts ˈ xints ɐ ] Linthal. Eine Außenweide von der Wange. Ca. 1360 m. FlurN 717100 192000 1705 Kinzenhoren Walch 1996: 359 1750 Kintzenhoren Einsiedeln 1950 1756 Kintzenhoren Walch 1996: 359 1768 Kinzenhoren Einsiedeln 1950 • Unklare Herkunft. - Möglicherweise stammt das Wort aus lat. quīntum ‘der Fünfte’, das nach REW 6966 und FEW 2: 1482s. im Bearn. als quinte, quinde ‘Bergkante’ bzw. quintaa ‘Bodenvertiefung’ und im Piem. als kintaŋa ‘stinkende Gasse’ belegt ist. Eine Entwicklung von lat. [kwint-] zu *[kint-] und ahd., alem. [kxints-] ist lautlich unproblematisch (IX., XIII.). Sie könnte den Ansatz eines vorrom. *qwentica ‘Tal, Einschnitt’ (Walch 1996: 359s., Goy 2000: 228) erübrigen. Cf. URNB 2: 430 Chinzin Chinzerberg, Chinzertal (Bürglen). Die Form → Ginzen ist wegen anlautendem [g̊ -] lautlich unklar. Chlön • Vorrom. *kleu(ni). - SZNB 2: 107 Chlön (Muotathal); Sonderegger 1966s: 263, Weibel 1973: 89, Walch 1996: 261s. Chlöntal. Zum Lautlichen cf. → Leuggelen. Chlosen, Chlusen n. [ ɪ m ˈ xlos ɐ ˈɛ n ɐ , ɪ ts ˈ xlos ɐ ] Ennenda. Schluchtartiges Gelände mit Erlengebüsch. «Man sagt nicht Chlusen». 1760 m. GeländeN 726330 213650 (k4) 1333 die klosen GLUB, 1, Pr. 1340 die klos … in die klos(e) GLUB, 1, Pr. • Lat. clūsum ‘eingezäunte Wiese’. - RN 2: 98 sutselvisch clis ‘Einfang, Einfriedigung’, urk. 1514 Clusa (Klosters), 1475 Clusa (Maienfeld), URNB 2: 448s. Chloserli (Göschenen), URNB 2: 451 Chlus (Erstfeld) und SZNB 2: 108 Chlos (Altendorf) < mhd. klūs(e), WNB 7: 115 Klus (Balzers u. a.); REW 1973, FEW 2: 756 N4, DRG 3: 743s. clüs ii, clüsa, LEI 14: 1238 s. claudere, SchwId 3: 699 Chlus. (XII.) Koretmeuer, Koretmäuer → Mäur Chrinden → Chrinen Chrinen m. pl. [ ɪ d̥ æ ˈ xrin ɐ ] Mollis. Mit Steinen durchsetztes Weidegebiet. 1400- 1500 m. FlurN 726950 215000 (K2) • Vorrom. *krin(n)a ‘Rinne’. - RN 2: 446 Chrinna (Avers, Davos, St. Antönien u. a.), URNB 2: 473 Chrinne (Realp); REW 2311, DRG 4: 225, SchwId 3: 827 Chrinnen ‘Einschnitt’, daneben Chrinden ‘Kerbe’, das vielleicht aus brom. crenna stamme; cf. hierzu Chrinden f. [ ɪ d̥ ær ˈ xrind̥ ɐ ] Obst. Mit Stauden durchsetztes Weidegebiet. 1700-1900 m. FlurN 731550 216150. (XII.) Chumis(wald) m. [d̥ ɐ r ˈ xumis] Braunw. Wald. 1650 m. FlurN 716100 200100 (K3) • Vorrom. *kumba ‘Mulde’. - RN 2: 447 uf da Chuma (Avers), Chumma (Obersaxen u. a.), SZNB 2: 494 Chumen (Altendorf); REW 2386, FEW 2: 1526, SchwId 3: 290 Chum(m)a, Chumen, fr. combe ‘kleines Tal’; Zopfi 1984: 74, Zinsli 1962s.: 276s. ~ mit anlautendem [x-] ist anders als → Gumen über das Ahd. entlehnt. (XI.) Wolfgang Eichenhofer 106 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 Chupferen f. [ ɪ d̥ ɐ r ˈ xopf ɐ r ɐ , ɪ t ˈ xopf ɐ r ɐ ] O.urnen. Wohnhaus, Stall und Wiese mit Chupferenchrumm. 420 m. HofN, FlurN 724490 219770 (k) 1802 Kupferen StAGL, Kat. • Wals. Chupfe n < lat. cŭppam ‘Becher’. - RN 2: 123 Cuppa (Dis.), RN 2: 447 Chüpfe ‘Bergkuppe’ und Chüpfen, Chüpfaflua (Langwies, Davos), URNB 2: 115 Gupf, Gipfli (Realp; mit Sekundärumlaut von [-u-] zu [-y-] und dessen Entrundung); SchwId 2: 390 Gupfe n ‘Kuppe’. Cf. über das Romanische entlehnte → Guppen(alp). Zum Suffix [ ˈ--ɐ r ɐ ], das offenbar auch nach Wörtern vorkommt, die Bodennutzung oder -beschaffenheit bezeichnen, cf. Acheren (Luchs., Mitlödi, O.urnen) oder Aueren (Haslen, Netstal). Mit Walch 1996: 360 Herleitung von ~ aus dt. Kupfer anzunehmen ist nicht plausibel: Kupfervorkommen finden sich im Kt. Glarus nur auf der Mürtschenalp und am Nordwestfuß des Gandstocks (Bächtiger 1960: 279). Die offenbar erst seit dem 19. Jh. bekannten Kupferlagerstätten sind auch von ihrer Situierung her mit ~ nicht identisch. (VII., XI.) Läu n. [ ɪ ts læ  ] Haslen. Wiese mit Stall. 575 m. FlurN 722560 203450 1713 Leüw Einsiedeln 1950 Läu n. [ ɪ ts læ ɥ ] Haslen. Wohnhäuser. 600 m. HausN 722890 204050. map «Leu». 1469 ab em Löuw RQGL 1, 1, Pr. 1658 am Löüw RQGL 1, 1, Pr. 1670 Leuw RQGL 1, 1, Pr. 1686 am Läöüw RQGL 4, 4, Pr. 1686 Läöüw RQGL 4, 4, Pr. • Cf. → Laui. Laueli n. [ ɪ m ˈ l ɑ w ɐ l ɪ ] Linthal. Liegenschaft mit Wohnhaus und Stall. 830 m. HofN 717750 195390 1793 Lauweli RQGL 3, 3, Pr. Laueli n. [ts ˈ l ɑ wæli] Engi. «Die Lauelialp wird als Rinderalp genutzt». 1700-2000 m. FlurN 728500 203500 1802 Lauely StAGL, Kat. Laueli n. [ ɪ m ˈ l ɑ w ɐ li, ɪ ts ˈ l ɑ w ɐ l ɪ ] Schwanden. Liegenschaft mit Wiese. 860 m. FlurN 722840 206310 1771 Lauweli Goy 2000: 357 1802 Lauweli StAGL, Kat. • Diminutivum zum folgenden Wort. Laui f. [ ɪ d̥ ɐ r ˈ l ɑ w ɪ ] Linthal. Weidegebiet der Alp Präch. 1200-1400 m. FlurN 717100 199150 (l) 1802 Lauy StAGL, Kat. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 107 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 Laui f. [ ɪ d̥ ɐ r ˈ l ɑː w ɪ ] Luchs. Weidegebiet mit Ferienhaus und Stall. 980 m. FlurN 720660 202680 1802 Lauey StAGL, Kat. Laui f. [ ɪ d̥ ɐ r ˈ l ɑ w ɪ ] Schwanden. Weide neben einem Steinschlag- und Lawinenzug. 960-1100 m. FlurN 725950 203600 1697 Lauwe Goy 2000: 358 Laui f. [ ɪ d̥ ɐ r ˈ l ɑ w ɪ ] Schwanden. Wiese. 760 m. FlurN 722920 206310 1672 In der Lauw Goy 2000: 356 1697 Lauwe ibid. 1798 Lauwy ibid. Laui f. [ ʊ f d̥ ˈ l ɑ w ɪ ˈʊ f ɐ ] Schwändi. Bergwiese. 1010 m. FlurN 722800 208170 1737 im Lauiswald RQGL 4, 4, Pr. Laui f. [d̥ ˈ l ɑ w ɪ ] Netstal. Wildheugebiet. 1220 m. FlurN 721080 212750 1740 vor dem Lauwi zaun RQGL 4, 4, Pr. • Lat. labīnam ‘Erdsturz, Lawine’. - RN 2: 181 Lavina (Trun), RN 2: 450 s. Lauwele Laubaschluocht (Davos), Laubalazug (Safien), Läui (Tamins), Leui (Haldenstein), URNB 2: 509s. Lauwi (Attinghausen, Bürglen u. a.), SZNB 2: 262s. Laui (Gersau u. a.); REW 4807, FEW 5: 101-03, DRG 10: 649, SchwId 3: 1539 Lauwelen, Laui; Zinsli 1946: 151, 164 (Lauwele). Lat. -bist in diesem Wort sehr früh zu [-w-] abgeschwächt, cf. EWDt. 428 mit altem Lau(w)ine; so konnte, anders als bei → Rufi, kein intervokalisches alem. [-f-] entstehen, cf. XVI. 37 Leuggelen n. [ ɪ ts ˈ læ ɥ g̊ ɐ l ɐ ] Nidfurn. Sommerweide, früher Wiese und Berggüter. 940 m. FlurN 722300 205460 1350 Uffen Loegellen (m.) Walch 1996: 216 • Vorrom. *leuk- ‘weiß’. - Hubschmied 1938: 87, Walch 1996: 216. *leuk ist wie ahd. -e(u)wentwickelt, das in Glarus [-æ ɥ- ] ergab, cf. Streiff 1915: §46, mhd. höu(we) > [hæ ɥ ] ‘Heu’ sowie www.ortsnamen.ch mit Heuberg in Schwanden. Lautlich kaum zu rechtfertigen ist deshalb für den GewässerN Leuggelbach, phonet. [ ˈ læ ɥ g̊ æl ˌ b̥ ɑ x], die Herleitung aus lat. lŏcum ‘Ort’ + alem. Diminutivsuffix [ ˈ--ɐ l ɐ ] (LSG 529s.). lŏcum führte zu altromanischem *[lyøk], dessen [-y-] glarnerisches [-u-] ergäbe. Für *[lyøk] wäre damit *[lu ɐ g̊ ] zu erwarten, cf. → Chlosen, Chlusen zu *[klys] < clūsum. Sekundär umgelautet hätte das Glarner [-u-] als [-y-] aufzutreten, cf. → Nügger. Malor → Oren Mätz f. [tsur mæts, ɪ d̥ mæts ˈ uf ɐ , ɪ d̥ ɐ r mæts] Haslen. Weide. 1340 m. FlurN 723810 202620 (m1) • Lat. mĕdium ‘in der Mitte befindlich’. - RN 2: 202 (b) Alp Miez (Andiast); REW 5462 bzw. 5425, FEW 6/ 1: 627s. bzw. 512s., HWR 483 miez ‘halb’; Zopfi 1950s. Zu den 37 Hierzu gehört Laui f. [d̥ ˈ l ɑ w ɪ ] Betschw. Weide, die jedes Frühjahr von einer Lawine verschüttet wird. 1170 m. FlurN 722400 199500. Wolfgang Eichenhofer 108 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 beiden Reflexen [ɟ- ] und [ts] von lat. -djim Brom. cf. HLB §576. Bei Annahme des mhd. Sekundärumlautes [ɛ- ] < [-a-] wäre auch *măttea ‘Keule’ als Deutung vertretbar, cf. RN 2: 201 Crap Mats (Trin), Mazzaspitz (Avers) usf. Matzlen [ ɪ ˈ m ɑ tsl ɐ , uf ˈ m ɑ tsl ɐ , tsur ˈ m ɑ tsl ɐ ] Haslen. Einer der drei Mittelstäfel der Ennetseebenalp mit einer Alphütte. 1870 m. FlurN 725870 200700 (m2) • Lat. mateŏlam ‘Keule’. - RN 2: 201 Mazö (Braggio); REW 5425a, FEW 6/ 1: 512s., DRG 13: 760, HWR 473 mazzöl ‘id.’; Zopfi 1984: 79, Zopfi 1950s., Kuhn 2002: 166, urk. 1495 an mattzolen. Das belegte Etymon ist EWDlad. 4: 345 s. mazòra entnommen. (XVII. N) Mäur f. [ ɪ d̥ ɐ r mæ  r] Elm. Ehemaliges Gut mit Restaurant zwischen Zünli, Wisli und Untertal. 1030 m. HausN 732850 197750 (m3) 1545 Meür(en) Zopfi 1952: 295 1802 Mäur StAGL, Kat. Meuren, Mäueren f. pl. [d̥ ˈ mæ ɥɐ r ɐ ] Mollis. Streue- und Magerwiesen mit Scheunen, wozu Unter-, Ober- und Koretmäuer gehören. 780-860 m. FlurN, HausN 725200 218800 1548 in der meür RQGL 2, 2, Pr. 1549 in meüren, in der meür RQGL 2, 2, Pr. 1802 Meüer StAGL, Kat. • Lat. majōrem ‘größer’. - RN 2: 193s. urk. 1448 Ager maior (Zizers), 14. Jh. Campp maiorr (Degen), 1640 Cromaiore (Soazza), 1084 Pradu maiore (Lüen), Prau Migiur (Breil, Falera, Lags); REW 5247, FEW 6/ 1: 59s., DRG 14: 241; Zopfi 1952: 291, 295, 308. Cf. weiter Bolliger-Ruiz 1990s.: 199 †Gammajur, Kuhn 2002: 14, 179 †Brämenyur. Diese beiden Formen sind Zusammensetzungen aus majōrem mit cămpum ‘Feld’ bzw. prātum ‘Wiese’. Die Annahme einer Basis *marja mit der Bedeutung ‘Grenze’ als Berührungspunkt zwischen Alemannen und Romanen (Zopfi 1952: 314) für ~ dürfte sich wohl erübrigen 38 . Koretmeuer, Koretmäuer f. [t ˈ kxor ɐ d̥ ˌ mæ ɥɐ r] Mollis. Streue- und Magerwiese. 800- 850 m. FlurN 725200 218700 (m4) • Lat. cohōrtem + majōrem ‘Meierhof’. - RN 2: 101 cohors mit Cuort, dem das dt. Meierhof (Obersaxen) entspricht und auf Surs. eigentlich Cuort mer lauten sollte, RN 2: 194 major 2. mit Mer (Pigniu) und Meierhofer Älpli (St. Antönien), RN 2: 193 Cromaio, urk. 1640 Cromaiore (Soazza), WNB 7: 128 Gurt (Wartau) < cohōrtem. Cf. auch URNB 2: 118s. Gúrtnellen < cohortīnum + -ĕllu, SZNB 2: 392 Gartis (Gersau) eventuell < cohortīnum; FEW 2: 852s., DRG 4: 584. Alem. [ ˈ kxor ɐ d̥ ] entwickelte Sprossvokal in älterem *[kxord̥ ], das dem surs. [ku ɐ rt] ‘Hof’ entstammt. (XI.) Meeren: (Alp) ~ [ts ˈ me ː r ɐ , g̊ o ː ˈ me ː r ɐ ] Obst. Alp mit drei Stäfeln: Alt Stafel, Meeren, Bärenboden. 1700-1800 m. FlurN, RaumN 731030 215840. map «Meerenalp». 38 Vergleiche auch Mäür f. [ ɪ d̥ ɐ r mæ ɥ r, ɪ d̥ mæ ɥ r ˈ hind̥ ɐ r ɐ ] Schwändi. Wiese mit Ferienhaus. 690 m. FlurN, HausN 723920 208750. map «Mäuer». Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 109 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 1665 die alpgnossen der Mehren RQGL 4, 4, Pr. 1682 Mähren Staatsarchiv Luzern 1695 alb Mer RQGL 4, 4, Pr. Meeren [ts ˈ me ː r ɐ , ʊ f ˈ me ː r ɐ ] Obst. Mittelstafel mit Hütten und Ställen. 1810 m. FlurN 730250 216000 1802 Meeren StAGL, Kat. • Unklare Herkunft. - Lautlich könnte *marjana (Hubschmied 1938: 153) mit Primärumlaut von [-a-] zu [-e-] und einer möglichen Bedeutung ‘Rain, Grenze’ überzeugen. SZNB 3: 350 leitet die Form Mären (Muotathal), eine Karstlandschaft mit Schründen, Scharten, Spalten aus vorrom. *marra ‘Geröll’ her. Cf. hierzu REW 5369 mit zlad. mar(a) ‘Schutt’ und FEW 6/ 1: 372 *marr ‘Stein, Fels’, Formen, die aber im Alem. kaum einen palatalen Tonvokal ([-e-] oder [ɛ- ]) ergeben: Man vergleiche lat. cărrum ‘Wagen’ mit dem alem. Reflex [ ˈ xar ɐ ]. Wäre ~ roman. Herkunft, müsste wie bei Alp Mer im bündnerischen Pigniu wohl lat. mājor ‘größer’ angesetzt werden, cf. RN 2: 194 s. maior 2. Aua dil mer, Tegia dil mer. Mellen: Péz ~ m. [d̥ ɐ r b̥ its ˈ mel ɐ ] Linthal. Gipfel als südlicher Ausläufer des Péz Russein. Ca. 3400 m. GeländeN 712580 184500 • Surs. mellen < lat. mēlinum ‘gelb’. - RN 2: 203 Crap mellen (Breil); REW 5478a, FEW 6/ 1: 663s., DRG 14: 140s. Merggeli, Ergeli(n) n. [ ɪ m ˌɛ rg̊ ɐˈ l ɪ , ɪ ts ˌ merg̊ ɐˈ l ɪ ˈ in ɪ ] (Mühl.). Mehrere Liegenschaften mit Wohnhaus. 600-700 m. FlurN, HausN 732600 219030 1682 Ergely Staatsarchiv Luzern 1713 Erggeli Einsiedeln 1950 1780 das Tobel vor dem Erggelin RQGL 4, 4, Pr. • Unklare Herkunft. - Walch 1996: 277 vermutet lat. arcĕllam + -īnam mit der Bedeutung ‘kleiner Kasten’, was aber angesichts der Entwicklung von lat. -ce-, -cizu glarnerischem [-ts-] oder [-s-] nicht möglich ist, cf. → Naserii mit der Aussprache [ ˌ n ɑ s ɐˈ ri ː ] < ĭn ‘in’ + acerīnum ‘Ahornwald’. Sollte ~ roman. Herkunft sein, müsste daher wohl an Übernahme aus surs. arclina ‘Reitgras’ gedacht werden, das nach DRG 1: 377 vorrom. Wurzeln habe: Surs. [ ɐ r ˈ klin ɐ ] hätte sich in diesem Fall über *[ ˌɐ rg̊ ( ɐ ) ˈ lin ɐ ], *[ ˌɐ rg̊ ( ɐ ) ˈ li] und mit agglutinierter Präposition [ ɪ m] zu [ ˌ merg̊ ɐˈ l ɪ ] entwickelt. Meuren, Mäueren → Mäur Mitlisor, Mittliso(h)r → Oren Modlirus f. [d̥ mod̥ l ɪ r ʊː s] Obst. Weide. 1130-1170 m. FlurN 730550 217300 (m5) • Brom. muot ‘stumpf’ < vorrom. *mutt (HWR 503). Cf. SchwId 4: 572 Muttli, Mudli ‘Tier ohne Hörner’. Cf. zum vorrom. Wort → Mutte. Mollis [ts ˈ mul ɪ s, ʊ f ˈ m ʊ l ɪ s] Mollis. Tagwen-, Orts- und Wahlgemeinde. 448 m. OrtsN 724300 217150 (m6) Wolfgang Eichenhofer 110 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 1283 lantlüt von Mullis RQGL 1, 1, Pr. 1288 Sanctae Mariae in Mollis [Kopie] GLUB, 1, Pr. ~1300 ze Mollis Habsburger Urbar, Pr. 1319 beatae Mariae in Mollis [Kopie] GLUB, 1, Pr. 1320 Ruodolf Mullis der junger GLUB, 1, Pr. 1608 zu Mulliß RQGL 4, 4, Pr. 1636 zu Mulis RQGL 4, 4, Pr. • Vlat. *mŏllu ‘weich’ + -ānu. - Gemäß RN 2: 208 s. mollis besteht diese Ableitung im Tuj. als appellativisches mulaun ‘wasserzügig’, eine Bildung, die lautlich sehr gut zum Bewohnernamen «Mulliner» (Zopfi 1984: 34 und Walch 1996: 152 mit dem urk. Beleg von ~1350 Mulliner huob) passt. Zu *mŏllu ‘weich’ cf. REW 5649, FEW 6/ 3: 58s. sowie HWR 492 s. mögl mit metter a ~ ‘Wäsche einweichen’. Die Annahme in LSG 603, ~ entstamme einer Form *mŏlliānu ‘sumpfiger Boden’, ist plausibel, aber wohl nicht nötig, da lat. -llwie -ljim verdeutschten Glarus als [-l-] erscheint (XVII. N). Grundsätzlich ist auch gegen eine Herleitung des Namens aus lat. *molīnu ‘Mühle’ nichts einzuwenden, cf. Weibel 2011: 280 und SZNB 3: 537 †Mullis (Galgenen) gemäß Walch 1996: 152s., sofern der Bewohnername vom Typus Mulliner gesichert ist. Cf. zu *molīnu ‘Mühle’ RN 2: 206 Mulin (Dis.) usf. Die Bewohner werden gemäß Nyffenegger 1968: 20 außerdem «Muller» genannt, was die Materialien aus www.ortsnamen.ch bestätigen. Hier finden sich bei den Angaben zu Utschen: 1690 holtz ob der Böh zweuschend der Mullerronß und dem holtz reyth, so ab Mullern gath under den Steutz oder Meutschen (RQGL 4, 4, Pr). Andererseits ist Molliser heute gängig (freundliche Mitteilung von Herrn Martin Jenny am Archiv des Kt. Glarus) und in www.ortsnamen.ch ebenfalls belegt bei den Angaben zu Kerenzen/ Mollis: 1547 [Molliser huben] (RQGL 2, 2, Pr.), 1758 der Molliser harchier … (RQGL 3, 3, Pr.), 1770 [an] dem Molliser … (RQGL 3, 3, Pr). Mörtel m. [ts ˈ mø: rd̥ ɐ l] Linthal. Steile, mit Gras durchsetzte sonnige Mulde, Schafweide zwischen Limmerenboden und Mutten. 2300 m. GeländeN, FlurN 720600 190150 (m7) • Lat. mortārium ‘Mörser’. - RN 2: 212 Murtè (Vuorz); REW 5693, FEW 6/ 3: 150, HWR 506 murter; Zopfi 1982b: 259s. ~ hat die Assibilierung von lat. -tzu ahd. [-ts-] nicht erfahren und ist demnach über das Romanische nach Glarus gelangt. Cf. das etymologisch identische, über das Ahd., Alem. eingedrungene → Mürtschen. (IV., cf. IX.) 39 †Munprecha [-] Linthal. Weidegebiet der Alp Präch. (Ohne Koordinaten) 1196 rivus … qui … dicitur Munprecha GLUB, 1, Pr. 1483 … inn einem berg heisset Mumprätha RQGL 1, 1, Pr. • Lat. mŏntem ‘Berg’ + fragliches Determinans. - Cf. RN 2: 210 (a, 4.) mit Muntschep (Mathon) als eventuelle syntaktische Parallele aus mŏntem + cĭppum ‘Pfahl’; Zopfi 39 Cf. hierzu: Mörder m. [d̥ ɐ r ˈ mœrd̥ ɐ r] Elm. Bergspitze zwischen Tschinglen und Falzüber. 2396 m. GeländeN 735180 196680. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 111 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 1984: 78 stellt -precha zu ahd. brëcha ‘brechen’; ähnlich argumentiert Walch 1996: 118, wonach ~ Zusammensetzung mit frăctu ‘abgebrochen’ sei, das durch dt. *(gi-) brahhi ‘das Abgehauene’ ersetzt wurde; die Form -prätha vom Jahre 1483 wäre angesichts → Prätsch (Braunw.) mit dem Beleg Präch von 1802 unter Umständen zu pĭlleum ‘Filz’ + -āceu zu stellen. Mürtschen [ ʊ f ˈ my ː rt ʃɐ ] Obst. Alp mit Unter- und Oberstafel. 1680 m. FlurN 730300 213150 (m8) 1634 Müntschen Mons Einsiedeln 1950 1680 alp Mürttschen … zue Mürtschen RQGL 1, 1, Pr. 1680 ärzwärckh zue Mürttschen RQGL 1, 1, Pr. 1796 Mörtschen Bg ohne Quelle • Alem. mürtsch ‘mürbe’ zu mhd. mürsen ‘zerstoßen’ bzw. morsære ‘Mörser’ (Huber 1941s.: 235, SchwId 4: 429, EWDt. 488s., Lexer 1992: 143). - Mhd. morsære beruht auf lat. mortārium, das als Entlehnung über das Romanische ohne Verschiebung von lat. -rtzu ahd. [-rts-] in den Namen → Mörtel, Mörder fortlebt. Semantisch passt diese Herleitung auch gut zu Namen wie Fulabärg ‘fauler Berg’ (Valendas, Tenna usf.) in RN 2: 405. Zum Beginn der Palatalisierung von ahd., mhd. [-rs-] zu [-r ʃ- ] während der Zeit des Frühneuhd. cf. EWDt. 306 dt. herrschen < ahd. hērisōn, EWDt. 310 Hirsch < ahd., mhd. hirʒ. Dazu ist auch die Form [ ˈ mør ʃɐ l] ‘Mörser’ (Streiff 1915: §114) zu vergleichen. Hubschmieds (1938: 144) Annahme eines roman. Etymons *morgia < vorrom. *morga, *murga ‘Grenze’ ist angesichts der bei → Arznet verzeichneten Entwicklung des roman. *[-rdz-] zu alem. [-rts-] unplausibel; siehe dort auch dt. Pelz < lat. pellĭceam, das im Alem. nicht zu *[pelt ʃ ] gelangte. (IV., IX.) Mutte, Multen f. [d̥ ˈ mutæ] Matt. Weide. 1040 m. FlurN 732600 202130. map «Mutten» (M1) • Vorrom. *mutt ‘Erdhaufen’. - RN 2: 213s. allg. surs. muot(a) ‘Kuppe, Hügel’, URNB 2: 830 Mutten (Realp), SZNB 5: 238 Muettiwald (Vorderthal), WNB 7: 395 *Mueta (Grabs); REW 5793, FEW 6/ 3: 298s., HWR 503; Hubschmid 1951: 24, Vincenz 1993: 154 Muttis, Kuhn 2002: 90 Mutta. Näfels [ts ˈ næf ɐ ls, ʊ f ˈ næf ɐ ls] Näfels. Tagwen-, Orts- und Wahlgemeinde. 450 m. OrtsN 732400 217900 (n1) 1240 fratres e Nevels GLUB, 1, Pr. 1260 a Friderico de Nevels … UBZH, Kat. 1274 Fridericus de Nevers UBZH, Kat. 1283 lantlüt … von Nefels RQGL 1, 1, Pr. ~1300 ze Nevels Habsburger Urbar, Pr. 1351 die burg Nävels GLUB, 2, Pr. 1388 gan Näffels GLUB 1, 1, Pr. 1388 gan Neffels GLUB 1, 1, Pr. Wolfgang Eichenhofer 112 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 1413 kapell ze Näfels GLUB, 3, Kat. 1555 Naevels Geographische Gesellschaft St. Gallen 1565 N  uels Einsiedeln 1950 1592 Nefel Einsiedeln 1950 1661 von Näffel … von Neffels RQGL 4, 4, Pr. 1681 zuo Näffels RQGL 4, 4, Pr. 1692 aussert Nääfels, züo Näffels RQGL 3, 3, Pr. • Lat. ĭn ‘in’ + ĕbulum ‘Attich’. - RN 2: 767 stellt diese Etymologie für den Churer Namen Nebula auf. Sie dürfte auch für ~ zutreffen. Man vergleiche weiter RN 2: 132 Ebgia (Soazza) und hier → Efeler. Die bisherigen Herleitungen des OrtsN sind aus lautlichen Gründen unhaltbar 40 : Seit dem 13. Jh. wird der Tonvokal des Namens als <e> oder <ä> geschrieben. Dennoch erwägen die bisherigen Untersuchungen als Etymon von ~ mehrheitlich den Stamm novāle ‘Neubruch’, der sich angeblich zu einem *[n ɐˈ val] entwickelt habe und nach dem Akzentrückzug *[ ˈ n ɐ v ɐ l], *[ ˈ n ɐ f ɐ l] lautete. In letzter Form soll dann der Umlaut zu *[ ˈ n ɛ f ɐ l], der Grundlage des heutigen Namens, eingetreten sein. Dem widerspricht die Entwicklung des auf novāle reimenden *bovāle ‘Weide’: Dieses hat im Brom. [bu ˈ a ː l] ergeben (DRG 2: 558) und hierzu bestehen nach SchwId 4: 1043 und DRG 2: 562 seit dem 14. Jh. Schreibungen wie singularisches boval (1368/ 76) und pluralisches böfeln (1491). LSG 652 steuert für die Gemeinde Noflen (Kt. Bern) die Formen Novelon (1250) und Noflon (1260) bei, die beweisen, dass zu jener Zeit keine Graphien wie *<Nevel>, *<Nefel> für die lat. Form novāle entstehen konnten. Zu appellativischen Reflexen von ĕbulum cf. nebbio (Siena), nébi (Bologna), umbr. níbbi(o) mit agglutiniertem unbest. Artikel und schweiz. ibllo ‘Attich’ (FEW 3: 202) und bei Pellegrini 1990: 335s. die OrtsN Lebbio, Nebbio, Nibbio, Èghen. Hierzu ist außerdem Näfleren (Kt. St. Gallen, [i d̥ ɐ ˈ næfl ɐ r ɐ ], 600-700 m) zu vergleichen, das wohl ebenfalls auf ĭn ‘in’ + ĕbulum ‘Attich’ beruht. Zum Suffix [ ˈ--ɐ r ɐ ], das vielfach mit Bezeichnungen von Pflanzen oder Bodennutzungen kombiniert wird, cf. Zopfi 1948: 202 mit Namen wie Stöckeren, Nessleren, Hanferen, Brüscheren, 40 Zopfi 1984: 33, Huber 1941s.: 234, Hubschmid 1952: 357, Walch 1996: 160s., LSG 636. Das Argument bei Hubschmid 1952: 359, die beiden Labiallaute [b-] und [-v-] in *bovāle ermöglichten die Labialisierung des -ozu [-u-], die bei novāle mit anlautendem Dental und inlautendem Labial unterbleiben könne und weshalb aus *[no ˈ val] die Stufe *[n ɐˈ val] entstehe, kann nicht gelten: Auch *cŭbulum mit Velar im An- und Labial im Inlaut entwickelt sich nicht über roman. [ ˈ k ʊ v ɐ l] zu alem. *[ ˈ g̊ ɐ f ɐ l], sondern verbleibt bei [ ˈ g̊ ʊ b̥ ɐ l], [ ˈ g̊ ʊ f ɐ l], cf. → Gubel; wie novāle verhält sich auch ĭn + ōvile ‘Schafstall’ bezüglich des Vokals in der Anlautsilbe: Das Wort lautet im Surs. [nu ˈ e ʎ ], nicht *[n ɐˈ ve ʎ ] (HWR 533). Walch 1996: 162 (N146) führt die Form Bafel in Wartau auf, die jedoch kein Argument für die bisherige Deutung von Näfels aus novāle > *[n ɐˈ val] ist: Bafel steht für [ ˈ b̥ ɔ f ɐ l] ebenso wie Stofel (Tamins) für Stafel (RN 2: 496, wozu nach WNB 7: 576 Stofel in Wartau u. a. besteht). Cf. zu betontem alem. [-o-] weiter URNB 2: 846 Nofli (Erstfeld), das sich aus novāle ‘Neubruch’ bzw. novĕllus ‘id.’ herleiten lässt, weiter Sonderegger 1979b: 237 N65 nach Zopfi 1984: 33 über Nofels bei Feldkirch (Vorarlberg) < novālias. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 113 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 Fäncheren, Weibel 1973: 133 mit Baumeren, Weibel 1995: 71 mit Pflanzeren usf., außerdem → Chupferen mit Acheren und Aueren. (VIII.) Näflete f. [ ʊ f d̥ ɐ r ˈ næfl ɐ d̥ ɐ , ɪ d̥ ˈ næfl ɐ d̥ ɐ ] Näfels. Bergheimet mit zwei Ställen. 1140 m. OrtsN, HofN 720700 217500 (n2) • Lat. ĭn ‘in’ + ĕbulum ‘Attich’ + lat. Suffix -ātu, -ētu oder -ĭttu. - Die genannten Suffixe fallen im alem. Nachton in der Stufe [ˈ-ɐ d̥ ɐ ] zusammen. Man vergleiche zu -ātu → Tafleten < tabulātum ‘Bretterwerk’, zu -ētu Buchsiten, Chersiten < bŭxum ‘Buchsbaum’ + -ētu, cerĕsiam ‘Kirsche’ + -ētu (Schmid 1987: 49), zu -ĭttu → Bergeten < *barica ‘Hütte’ + -ĭtta. (VIII., eventuell X.) Naserii, Naseri, Nasery f. [ ɪ d̥ ær ˌ n ɑ s ɐˈ ri ː ] Matt. Teilbezirk der Trosgialp, Kuhweide. 1440 m. FlurN 734700 202300 (n3) • Lat. ĭn ‘in’ + acerīnum ‘Ahornwald’. - RN 2: 4 Nischarinas (Vuorz), WNB 7: 20 Nescharina (Tschagguns), Nescherina (Silbertal). Cf. auch Nasserein (St. Anton am Arlberg, Tirol); REW 91. (I., XIV.) Niderwil [ ɪ m ˈ nid̥ ɐ r ˌ vi ː l, ts ˈ nid̥ ɐ r ˌ vi ː l] Mollis. Wohnquartier. 440 m. HausN, RaumN 724070 216900 (n4) (ohne Jahr) ze Niderwile Zopfi 1984: 34s. • Alem. Wil < lat. villāre ‘Gehöft’ + dt. nieder. - Cf. REW 9332 mit afr. vilier ‘Gehöft’. -wil wurde in der Zeit des Gemeingermanischen, also bis ins 3./ 4. Jh. übernommen (Moser 1981: 25) und weist daher anlautendes [v-] auf wie die Formen Wall, Weiher, Wein < lat. văllum, vivārium, vīnum, wozu engl. wall, wine zu vergleichen ist. ~ ist einziger -wil-Name im Kt. Glarus. Zu jüngeren, aus dem Frühromanischen übernommenen Namen mit lat. vim Anlaut cf. → Fesis, Figleren, Fisentenbach. (XVI.) Niederurnen [ts nid̥ ɐ ru ː rn ɐ , ʊ f nid̥ ɐ ru ː rn ɐ (! )] N.urnen. Tagwen-, Orts- und Wahlgemeinde. 437 m. OrtsN 722500 220660 (n5) 801-850 In Ranne LSG 650 <1034 denen von Nidervrnen SGUBST, Kat. 1077 zu Vrnen GLUB, 1, Pr. 1178 In Vranun GLUB, 1, Pr. ~1300 ze Urunnen Habsburger Urbar, Pr. 1321 ze Niderun Vrannun [Kopie] GLUB, 1, Pr. 1394 die von Vrannan GLUB, 1, Pr. 1395 ze Vranen GLUB, 1, Pr. 1395 von Uranen GLUB, 3, Kat. 1412 von Vrinen GLUB, 1, Pr. 1413 von Nidervrnan GLUB, 3, Kat. 1414 von nidern Vrannen … GLUB, 1, Pr. 1415 in Vrannen GLUB, 1, Pr. 1451 ze Urnen RQGL 1, 1, Pr. 1464 von Nider Urenen RQGL 1, 1, Pr. Wolfgang Eichenhofer 114 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 1471 ze Nider Urinen RQGL 1, 1, Pr. 1556 Ober und Nider Urnnen … RQGL 1, 1, Pr. 1556 Nider Urnen/ Urneren RQGL 1, 1, Pr. 1637 z  Niderornen RQGL 4, 4, Pr. 1681 und Niderurnen RQGL 2, 2, Pr. 1683 Nideruhrnen RQGL 3, 3, Pr. 1728 Nider Ohrnen … RQGL 4, 4, Pr. • Lat. *ŏrana zu *ŏrum ‘Rand’. - LSG 650, Boesch 1963: 254s., Nyffenegger 1968: 19; cf. Zinsli 1971: 14 und LSG 904 Urnäsch, urk. 9. Jh. Urnasca, 1255 Urnäschen < *(ălpem) ŏranam ‘am Rande gelegene Alp’ + -ăsca. Nügger m. [ ɪ (m) ˈ n  g̊ ɐ r] Ennenda. Wiesland, Wohnhaus und zwei Ställe. 1220 m. HofN 725120 212800 (n6) 1802 Nügger StAGL, Kat. • Lat. *nucārium ‘Nussbaum’. - RN 2: 223 urk. 16. Jh. Nugair (Cumbel), *1358 Nugair de Putz (Ruschein), Acla dils Nughès (Trun), WNB 7: 408 urk. 15. Jh. nugerß (Ludesch); REW 5978, FEW 7: 257, HLB §392b. Zum Sekundärumlaut von *[-u-] zu [- - ] vor auslautendem [ɐ l] cf. glarnerisch Büggel ‘Geschwulst, Anschwellung’ für alem. Buggel ii ‘id.’ (SchwId 4: 1090 bzw. 1087). (IV., XII.) Nüschen(alp) f. [d̥ ˈ ny ʃɐ n ˌɑ lb̥ ] Linthal. Schafalp. 1390 m. FlurN 719455 191400 • Unklare Herkunft. - Zopfi 1984: 19 setzt, Hubschmied 1938: 96 folgend, ein vorrom. *ouksoan. Es könnte sich jedoch möglicherweise um durch Walser importiertes Nüesch ‘Rinne, in der man den Schafen auf den Alpen das Salz gibt’ handeln; das aus ahd. nuosk stammende Wort lebt gemäß SchwId 4: 836 vor allem in Uri und im Wallis und wäre alem. Pendant zu vorrom. *krin(n)a bzw. lat. canālem und tŭbum, alle mit der Bedeutung ‘Rinne’ oder ‘Röhre’, die den Stichwörtern → Chrinen, Chänel und → Zuben zu Grunde liegen. ~ mit einer älteren Bedeutung *‘Tränke’ wäre dt. Pendant zu lat. *biberatōrium ‘id.’, worauf → Bifertenzurückgeht. Oberurnen [ts ob̥ ɐ ru ː rn ɐ , ʊ f ob̥ ɐ ru ː rn ɐ (! )] O.urnen. Tagwen-, Orts- und Wahlgemeinde. 437 m. OrtsN 722940 219440 (o1) 1283 von Obern Urnen RQGL 1, 1, Pr. ~1340 ze Obern Uran[n]en Säckinger Teilrödel, Kat. 1390 ze obern Vranen GLUB, 1, Pr. 1395 ze Obren Uranen RQGL 1, 1, Pr. 1414 ze obern Vrannen GLUB, 1, Pr. 1464 von Ober Urenen RQGL 1, 1, Pr. 1532 zu … Ober Urnen RQGL 1, 1, Pr. 1556 Ober und Nider Urnnen RQGL 1, 1, Pr. 1657 Ober Vrnen Einsiedeln 1950 • Cf. → Niederurnen. Or → Oren Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 115 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 Oren n. [uf ts ˈ o ː r ɐ ] Luchs. Weideland an Halde. 1500 m. FlurN 719150 203730 (o2) 1802 Ohren StAGL, Kat. • Lat. *ŏrum ‘Rand’. - RN 2: 226 s. orum (4. b) die lomb. Form ör, URNB 3: 780s. eventuell hierzu Uri (-); Schmid 1980: 171s., Walch 1996: 361s. 41 Altenoren [ ʊ f ɑ ld̥ ɐ no ː r ɐ , ts ɑ ld̥ ɐ no ː r ɐ (! )] Linthal. Zwei Alpen mit mehreren Stäfeln. Ca. 1800 m. RaumN, GeländeN, FlurN 715850 192650 1518 ze alten oren Kath. Pfarrarchiv Linthal, Kat. 1547 Alten Oren RQGL 2, 2, Pr. 1682 Altenohren Staatsarchiv Luzern 1713 Altenohren Einsiedeln 1950 1714 Altenohren Karte von 1714 1765 die Altenohren alp … RQGL 4, 4, Pr. • Kaum lat. ăltum ‘hoch’ + *ŏrum ‘Rand’. - Cf. zwar Bruckner 1945: 70 betreffend Syntax dt. Altenryf zu fr. Hauterive oder dt. Altenfüllen zu fr. Hauteville mit latinisierendem dt. Alten für *Hohen, welches fr. Haute entspräche. Diese Bildungen setzen aber lang anhaltende Zweisprachigkeit voraus, die im Kt. Glarus nicht anzunehmen ist. Das Rätoromanische wurde dort zügig zum Substrat, blieb also kein Adstrat; Schmid 1980: 128 und hiernach Walch 1996: 363 setzen ăltum + *ŏrum an: Die Basis müsste jedoch im Brom. *ŏrum + ăltum lauten und hätte im glarnerischen Gebiet wohl eine Form *[ ˈ o ː r ɐ ld̥ ɐ ] ergeben, cf. RN 2: 226 s. orum (3.) Böc dell Ör grand (Castaneda) mit dem nachgestellten lomb. Adjektiv grand ‘groß’. Weiteres Beispiel mit konservierter roman. Syntax ist → Camperdun < cămpum ‘Feld’ + rotŭndum ‘rund’. Orlen n. [ ɪ m ˈ o ː rl ɐ , ɪ ts ˈ o ː rl ɐ ] Schwändi. Wohnhäuser, Wiesland. 710 m. FlurN, HausN 723960 207320 (o3) • Lat. *ŏrum ‘Rand’ + -ula. - SZNB 3: 569 Orlen (Tuggen); Zopfi 1984: 33, Walch 1996: 362. Orneli n. [ts ˈ o ː rnæl ɪ ] Betschw. Heugebiet, 1524 m. FlurN 721760 199560 1802 Ohren StAGL, Kat. 1802 Ohrnen StAGL, Kat. • Zu → Oren + dt. -eli (Walch 1996: 362) 42 . 41 Cf. weiter: Malor m. [fom m ɑˈ lo ː r, ɪ m m ɑˈ lo ː r ɐ ] Linthal. Grat mit magerer Außenweide zum Oberstafel Burg sowie Tannen. 1900-2000 m. GeländeN 715700 192700; Mitlisor, Mittliso(h)r n. [ ɪ m mid̥ l ɪ so ː r, ɪ ts m ɪ d̥ l ɪ so ː r (! )] Obst. Zwei Bauernhäuser mit Wiesland und Stall. 790 m. FlurN, HausN 730810 219150; Wildor n. [ts vild̥ o ː r, ɑ m vildo ː r (! )] Obst. Altes Wildheugebiet. FlurN 729380 217350; O(h)r, Oren n. [fom ˈ o ː r ɐ , ts o ː r, ˈʊ f ɐ m o ː r] Obst. Aufgeforstete Waldwiese. 1020 m. FlurN 729200 219500; Oren n. [ ɪ ts ˈ o ː ræ] Diesb. Bergliegenschaft mit Ferienhäuschen. 1470 m. HausN, FlurN 720100 201800; Oren n. [ ɪ m ˈ o ː r ɐ , ɪ ts ˈ o ː r ɐ ] Netstal. Wald. 980 m. FlurN 721500 212600. 42 Außerdem Orneli n. [ ɪ m ˈ o ː rn ɐ l ɪ ] Linthal. Platz im Aubruch der Geisserus mit Ornenplangge. 1340 m. GeländeN 719470 196610. Wolfgang Eichenhofer 116 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 Ornen n. [ ɪ m ˈ o: rn ɐ , ɪ ts ˈ o: rn ɐ ] Linthal. Ehemaliges Wildheugebiet an der Ornenrus. 1360 m. FlurN 716430 189970 • Zu → Oren + dt. -en (Walch 1996: 362). Ramin, Ramineralp f. [r ɑˈ mi ː n, d̥ r ɑˈ mi ː n ɐ r ˌɑ lb̥ ] Elm. Privatalp mit drei Stäfeln. 1900-2000 m. FlurN, HofN, GeländeN, RaumN 735750 200300 ~1350 Von Rammine GLA Karlsruhe, Kat. 14. Jh. Ramminne Zopfi 1952: 290 1547 Ramin RQGL 2, 2, Pr. 1682 Raming Staatsarchiv Luzern 1713 Ramin Einsiedeln 1950 • Unklare Herkunft. - Das Stichwort gehört etymologisch wohl zum Weilernamen Rumein (Lumnezia), cf. RN 2: 816 urk. 9. Jh. Ramnene, Ramnenis, 1325 Ramins. Zopfi 1952: 290 führt den Namen auf *ruvīnam ‘Erdrutsch’ zurück, was lautlich nicht plausibel ist: Intervokalisches lat. oder roman. [-v-] wird in Glarus als [-f-] übernommen (VIII.) und dieses wandelt sich nicht zu nasalem [-m-], cf. Reflexe wie [ ˈ r ʊ fi] usf. < *ruvīnam bei → Rufi. Ranggelen f. pl. [ ɪ d̥ ɐ ˈ r ɑŋ g̊ ɐ l ɐ ] Schwanden. Vier Wiesen mit Ställen an Abhang. 680 m. FlurN 723180 206270 (r1) 1350 Ronggellun Zopfi 1938: xxiv 1523 ranggelen, 1784 Ranggelen Goy 2000: 434 • Lat. rŭncum ‘Rodung’ + -ālia. - RN 2: 294 (b, 7.) urk. 1320 Runcelia (Chur), SZNB 4: 180 Runggli (Tuggen) mit dt. -li, WNB 7: 477 Reggella (Wartau); REW 7444; Walch 1996: 311; Walch 1996: 320 erwägt für ~ zusätzlich brom. trunc ‘Stamm’, ‘Rumpf’: Das Wort lebt aber nur im Engadin und zwar nicht als Erb-, sondern als Lehnwort < it. tronco < lat. trŭncum ‘id.’ (HWR 937). Außerdem ist die Annahme auch sachlich wohl wenig plausibel. (XII., XVII. N) Rüfel → Rufi Rufi f. [d̥ ˈ r ʊ f ɪ ] Diesb. Große Wiese. 590 m. FlurN 721200 201700 (r2) 1496 an die Ruffi RQGL 1, 1, Pr. Rufi n. [ts ˈ ruf ɪ , ob̥ ɐ m ˈ ruf ɪ ] Schwanden. Wohnquartier. 590 m. HausN, RaumN 723900 206370 1523 vom gut zruffy Goy 2000: 451 1802 Ruf(el)i StAGL, Kat. Rufi f. [ ɪ d̥ ɐ r ˈ r ʊ f ɪ ] Glarus. Bleiche, Werkschopf, E-Werk und Stall. 560 m. HausN 722500 210930 1802 Rufy StAGL, Kat. Rufi, Rüfi f. [d̥ ˈ r ʊ f ɪ , d̥ ˈ r  f ɪ ] Netstal. Wiesland, Wohnhaus und Stall. 500 m. HofN 722200 213140 1802 Rüfi StAGL, Kat. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 117 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 Rufi f. [ ɪ d̥ ɐ r ˈ r ʊ f ɪ ] Bilten. Mit Felsen und Rutschpartien durchsetzter Wald. 970 m. FlurN 719000 222500 1802 Ruf(el)i StAGL, Kat. Rufi f. [d̥ ˈ rof ɪ ] Bilten. Wohnquartier und Wiesland. 450 m. OrtsN, RaumN 720000 223160 1802 Rufi StAGL, Kat. Rüfi f. [d̥ ˈ ryfi] Elm. Zwei Häuser mit Wiesland. 1100 m. HausN, FlurN 730390 196300 1802 Rüfinweid StAGL, Kat. Rüfi f. [d̥ ˈ ryf ɪ ] O.urnen. Wohnquartier. 430 m. OrtsN 722770 219350. map ohne «Rüfi». 1802 Rüfi StAGL, Kat. • Lat. *ruvīnam ‘Erdrutsch’. - RN 2: 475 Rufi, Rüfi, Rufena, Rufeli, Rüfeli (DB.), URNB 2: 1136s. Rofeien (Bürglen, Silenen), WNB 7: 476 Rüfi (Wartau); REW 7431, FEW 10: 554, HWR 680 ruina, SchwId 6: 673; Zinsli 1946: 163 Rufine(n), Vincenz 1993: 176 †Rofa, Kuhn 2002: 271s. Rüfi. Alem. [-y-] ist Sekundärumlaut, cf. Streiff 1915: §35. (VIII.) 43 Russein: Péz ~ m. [d̥ ɐ r b̥ its rus ɛ jn, ˈʊ f ɐ b̥ its rus ɛ jn (! )] Linthal. Höchster Gipfel im Tödimassiv, 3614 m. GeländeN 712660 185500 • Unklare Herkunft. - Cf. RN 2: 818. Sardona: Péz ~ m. [d̥ ɐ r b̥ its s ɑ r ˈ d̥ ɑː n ɑ ] Elm. Berggipfel. 3055 m. GeländeN 738060 198460 1346 Sardan (Flem) RN 2: 334 1398 Sardanen (Flem) ibid. • Unklare Herkunft. - Cf. RN 2: 333s. surdum ‘taub’ mit der Ableitung auf -āna, womit obige urk. Belege erklärt werden. Surs. munt sura ‘oberer Berg’ (Zopfi 1984: 13 N) ist kaum anzunehmen, weil surs. sura ‘obere(r, -s)’ keine Basis für den alem. Nexus [-rd̥ -] sein kann. Cf. → Suren. Schabell m. [d̥ ɐ r ʃɑˈ b̥ el] Elm. Pyramidenartiger Gipfel. 2127 m. GeländeN 729480 199080 (s1) • It. scabello < lat. scabĕllum ‘Schemel’. - RN 2: 305 urk. 1550 scabello (Poschiavo); REW 7633, FEW 11: 26. Cf. HWR 704 das aus dem Oberit. übernommene scabella, SchwId 8: 24 Schabëllen, SchwId 10: 1 Skabëllen ‘id.’; Zopfi 1952: 303s.; Walch 1996: 297 N52. Entlehnung des Worts aus it. scabello wird durch dessen romanische Betonung (nicht auf der ersten Silbe) und den als [-b̥ -] erhaltenen inlautenden it. Bilabial statt labiodentales [-f-] erwiesen. Das Wort ist ab dem 12. Jh. entlehnt. Übernahme direkt aus der benachbarten Surselva kann nicht angenommen 43 Hierzu: Rüfel m. [ ɪ m ˈ ryf ɐ l, d̥ ɐ r ˈ ryf ɐ l] Sool. Wald. 740 m. FlurN 725570 207050. map «Rüteli». Wolfgang Eichenhofer 118 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 werden: Lat. scabĕllum, das über *[ ʃ k ɐˈ vi ɐ l] ein surs. *[ ʃ k ɐˈ vi ː ] ergeben hätte, wäre ins Glarnerische als *[ ʃ k ɐˈ fi ː ], *[ ˈʃ k ɑ fi] oder *[ ʃɐˈ fi ː ], *[ ˈʃɑ fi] gedrungen. (I., XVII.) Schanen m. [d̥ ɐ r ˈʃɑː n ɐ , ɪ m ˈʃɑː n ɐ , ɪ ˈʃɑː n ɐ ˈʊ f ɐ ] Glarus. Stadtteil. 490 m. OrtsN 723310 211260 (s2) • Lat. *scămnium ‘Bank’. - RN 2: 306 mit der Ableitung Scagnin (Poschiavo), WNB 7: 496 Schan (Wartau); REW 7648; Zopfi 1984: 31 N3. Cf. in LSG 804s. auch das mit Scagnin etymologisch identische Schänis < *scamnīnum im Kt. St. Gallen. Der Eintrag «scan (artr.)» in WNB 7: 496 kann entfallen, da *scămnium oberit., zlad. scagn ‘Stuhl’ und ~ abdeckt. Zur Depalatalisierung des roman. [ɲ- ] zu alem. [-n-] cf. → Grunritt. (XVII. und N) Schorz m. [ ɪ (m) ʃɔ rts] Mitlödi. Wiese mit Stall. 620 m. FlurN 725310 207430 (s3) • Brom. scorsa < lat. scŏrteam ‘Baumrinde’. - RN 2: 307 mit aus dem Roman. übernommenen bdt. Skorz ‘id.’; REW 7742, FEW 11: 329s., HWR 744, SchwId 10: 14 Schörz ‘kleiner Zigerbehälter aus Rinde’ (Glarus). Die Übernahme muss vor dem 12. Jh. erfolgt sein, da roman. *[sk-] oder [ ʃ k-] als alem. [ ʃ- ] erscheint, cf. → Schanen < *scămnium. Zopfi 1984: 45, Huber 1941s.: 241. (XVII.) Seeblen f. [ ɪ m ˈ se ː b̥ l ɐ , d̥ ʊ r t ˈ se ː b̥ l ɐ ˈ d̥ ur ɐ ] Braunw. Wald über dem Mattwald. 1600-1700 m. FlurN 718650 201700 (s4) 1780 das so genannte Selblen RQGL 4, 4, Pr. Seebli n. [ ɪ m ˈ se ː b̥ l ɪ , ɪ ts ˈ se ː b̥ l ɪ ] Obst. Bauernhaus, Wohnhaus und zwei Ställe. 920 m. HausN, FlurN 730600 218770 1802 Seebli Gut StAGL, Kat. • Lat. sĭlvam ‘Wald’. - RN 2: 314 (a) Selfli (Breil), Selvli (Obersaxen), 1515 an Selflen (Vals), 1543 Selfla (Fideris). Wohl von Walsern als diminutives Selvli importiert. Cf. URNB 3: 8s. Salbiten (Göschenen) < sĭlvam + -ĭtta; REW 7920, FEW 11: 615. (XVI. N) 44 Seggen n. [ ɪ m ˈ seg̊ ɐ , ɪ ts ˈ eg̊ ɐ ] Linthal. Wohnhäuser. 650 m. HausN 719090 198300 (s5) 1518 das … gut jm secken Kath. Pfarrarchiv Linthal, Kat. Seggen m. [d̥ ɐ r ˈ seg̊ ɐ ] Bilten. Liegenschaft mit Wohnhaus und Stall. 420 m. HofN 720550 223030 1802 Secken StAGL, Kat. • Lat. sĭccum ‘trocken’. - RN 2: 312 mit allg. surs. sekundärem sec < *setg ‘id.’, dagegen metga ‘Schildbrot’ < *mĭccam (HWR 480), welches zeigt, dass lat. -ccnach palatalem Tonvokal im Surs. bei lautgerechter Entwicklung denselben Reflex wie lat. 44 Derselben Herkunft ist Seeblen m. [ ˈ uf ɐ (m) ˈ se ː b̥ l ɐ ] Luchs. Grenzgrat zwischen der (Bös-) bächialp und der Braunwaldalp bzw. die daruntergelegene Weide. Ca. 1880 m. GeländeN 718500 202200. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 119 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 -ct-, nämlich [-c-] entwickelt hat. Das glarnerische Pendant hierzu lautet [-g̊ -] wie in ~ und → Faleggen < *filĭctam ‘Farn’. (XII.) Segnes, Segnas: Péz ~ m. [d̥ ɐ r b̥ its ˈ sæg̊ nes] Elm. Gebirgsmassiv. 3099 m. GeländeN 737200 196780 • Unklare Herkunft. - Cf. RN 2: 842. Selbsanft m. [ ˈʊ f ɐ (m) selb̥ s ɑ mft (! )] Linthal. Felsmassiv zwischen der Sandalp und dem Limmerensee und Limmerentobel. 2904 m. GeländeN (ohne Koordinaten) 1682 Selbsafft Staatsarchiv Luzern 1708 Selbsanft Einsiedeln 1950 1712 Selb Sanft Einsiedeln 1950 1750 Selb-Sanft Mons Einsiedeln 1950 • Unklare Herkunft. - Walch 1996: 297s. erklärt den Namen nach Sonderegger als «euphemistischen Namen», in dem das ziemlich steile Felsmassiv als ‘sanft’ bezeichnet worden sei. Problematisch bei diesem Ansatz ist Syntax und Wortgeschichte: sa(n)ft steht in diesem Stichwort nach romanischer Manier an zweiter Stelle und die Form sanft als Adjektiv ist dialektal unecht, cf. SchwId 7: 1168s., wonach sanft «Lehnform» ist. Das Erbwort hätte nach SchwId 7: 1173 und EWDt. 624 *senft zu lauten. Bei Annahme einer Zusammensetzung aus Pronominaladjektiv und nominalisiertem Adjektiv, nämlich *(der) selbige Sanfte, gälte dasselbe: Man hätte *(der) selbige Senfte zu erwarten. Es liegt also nahe, für ~ lat. sĭlvas ‘Wälder’ + abbātem ‘Abt’ anzunehmen. Hierzu kann nach RN 2: 1 Frust Avat, Péz Avat (Dis.) und Pleunca digl Avat (Sumvitg) gestellt werden. Zu lat. oder brom. [-lv-] in sĭlvas, das in Glarus als [-lb̥ -] auftritt, ist → Seeblen, urk. 1780 Selblen, und → Üblis mit glarnerischem [-b̥ l-] aus *[-wl-] zu vergleichen. Surs. [ ɐˈ vat] ‘Abt’ kann sich ohne Weiteres zu alem. *[ ˈ av ɐ t] > *[ ˈ af ɐ t] > [aft], [ ɑ ft] entwickeln. Das <n> in obigen urk. Schreibungen seit 1708 wäre demnach rein graphisch. Setherfurggle → Furggeli Spescha: Porta da ~ f. [ ˈ b̥ ord̥ ɑ d̥ i ˈʃ p ɛːʃɑ ] Linthal. Übergang vom Bifertenzum Sandgletscher in einem steilen Couloir. 3352 m. VerkehrsN 712620 184380 • Surs. spescha < lat. *spĭssiam ‘Dichte’. - RN 2: 321 Speschas (Vuorz, Rueun), Spescha (Flond); REW 8951, FEW 12: 198. Stafel m. [i ˈʃ t ɑː f ɐ l] Haslen. Oberstafel der Auenalp. 1320 m. FlurN 724480 203300 (s6); Stafel m. [d̥ ɐ r ˈʃ t ɑː f ɐ l] Elm. Unterstafel, Weide. 1700 m. FlurN 726300 214220; Stafel m. [d̥ ɐ r ˈʃ t ɑː f ɐ l] Elm. Weide. 1460 m. FlurN 730900 198250. map «Ämpächli»; Stafel m. [ ɪ (m) ˈʃ t ɑː f ɐ l] Elm. Mit Felsen durchsetztes Weideland. 1780 m. FlurN 733850 199450; Stafel m. [ ɪ (m) ˈʃ t ɑː f ɐ l] Ennenda. Weide. 1460 m. FlurN 725900 213100; Stafel m. [ ɪ (m) ˈʃ t ɑː f ɐ l] Ennenda. Weide um den mittleren Stafel, Wald. 1850 m. FlurN 726650 212650; Stafel m. [ ɪ m ˈʃ t ɑː f ɐ l] Mollis. Weide. 1530 m. FlurN 727180 217660 Wolfgang Eichenhofer 120 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 • Lat. stăbulum ‘Stall’. - RN 2: 322s. allg. surs. stavel ‘Alpstafel’, RN 2: 496 Stafel (DB.), URNB 3: 272s. Stafel (Andermatt u. a.), SZNB 4: 462s. Stafel (Alpthal u. a.), WNB 7: 576 Stofel (Wartau u. a.); REW 8209, FEW 12: 224s., HWR 839; Zinsli 1946: 114, Kuhn 2002: 3 Alt Stofel. (VIII.) Stäfeli n. [ ɪ ts ˈʃ tæ ː f ɐ l ɪ ] Linthal. Unterstafel mit Alphütte, Stall und Chäsgaden. 1420 m. FlurN, HofN, HausN 720000 195600; Stäfeli n. [ts ˈʃ tæ ː f ɐ l ɪ ] Hätz. Kleine Wiese. 1450 m. FlurN 723420 202320; Stäfeli n. [ts ˈʃ tæ ː f ɐ l ɪ ] Elm. Heuwiese. 1400 m. FlurN 729920 197300; Stäfeli: (Camperduner) ~ n. [ ɑ m ˈʃ tæ ː f ɐ l ɪ , ts ˈ g̊ ɑ mb̥ ɐ r ˌ d̥ ʊ n ɐ r ˈʃ tæ ː f ɐ l ɪ ] Elm. Unterstafel mit zwei Alphütten und zwei Ställen. 1330 m. HofN, FlurN 733250 198550; Stäfeli n. [ ɪ m ˈʃ tæ ː f ɐ l ɪ ] Engi. Ganzer Mittelstafel der Ochsenfitteren-Alp. 1700-1800 m. FlurN, RaumN 733150 204325 • Diminutivum zum vorigen Wort. Zum Sekundärumlaut [-a-] > [ɛ -] in [ ˈʃ tæ ː f ɐ l ɪ ] cf. Streiff 1915: §28. Stoc Grond → Grond Suren m. [ ˈʊ f ɐ m ˈ su ː ræ, d̥ ɐ r ˈ su ː ræ] Elm. Westwand des Surenstocks (Péz Sardona). 2300-3000 m. GeländeN 737500 198200 • Unklare Herkunft. - Cf. → Sardona, dessen vortoniges <a> wohl als <o> zu lesen ist: Damit wird die von RN 2: 333s. vorgeschlagene Etymologie sŭrdum ‘taub’ + -āna für Sardona plausibel. Cf. für Flem auch die Graphie <Fontana freida> (fontāna frĭgida ‘kalte Quelle’) aus dem 13. Jh.; <Fontana> reimt auf <Sardan(en)> (nach RN 2: 334 in den Jahren 1346 und 1398 für Flem): sŭrdum + -āna müsste als *[s ʊ r ˈ da: n ɐ ] übernommen worden sein und sich in alem. Munde über *[ ˈ s ʊ r ˌ d ɐ n ɐ ], *[ ˈ s ʊ r ˌ d ɐ ] und mit Epenthese zu *[ ˈ s ʊ r ˌɐ (d ɐ )] entwickelt haben; vielleicht ist alem. Sūr ii ‘Sauerampfer’ (SchwId 7: 1282) eingekreuzt, cf. Zopfi 1984: 13 N, wo für ~ die Graphie Saurenstock aufgeführt ist. Sust m. [t s ʊʃ t] N.urnen. Garage. 420 m. HausN 723100 221640 (s7) 1802 d Sust StAGL, Kat. • Lat. *sŭbstam ‘Unterstand’. - RN 2: 328s., RN 2: 505 Sust(a) (Vals, Avers, Splügen), URNB 3: 556 Susten, Hörainsusten (Wassen), WNB 7: 593 Sust (Wartau); REW 8394, FEW 12: 359, HWR 874 suost, SchwId 7: 1415 45 . Süstli, Züstli n. [ ɪ m ˈ s ʃ tl ɪ , ɪ ts ˈ s ʃ tl ɪ ] Filzb. Weide am Escherkanal. 420 m. FlurN 727000 220500 1802 Zust StAGL, Kat. • Diminutivum zum vorigen Eintrag. Tschermannen f. [ ɪ (d̥ ɐ r) ˈ t ʃɛ rm ɑ n ɐ ] Obst. Rinderweide mit Hütte und Stall zwischen dem Großen Walenchegel und der Gemeinde-/ Kantonsgrenze. 1800-2000 m. FlurN 731700 213450 45 Man vergleiche noch Zust [ ɪ m ts ʊʃ t] Mollis. Alte Scheune. 430 m. FlurN 725020 221580. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 121 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 • Wohl < surs. tgamon (Tuj.), phonet. [c ɐˈ m ɔ n], ‘Stadel’, ‘Verschlag im Stall’ (DRG 2: 239). - Das <r> im Stichwort wäre als rein graphisch zu deuten. Eine Übernahme des surs. Mediopalatals [c] als alem. [t ʃ ] ist normal, cf. → Filetsch und RN 2: 338 s. tectum surs. tetgal ‘Dachpfette’ (oder tetg ault ‘hohes Dach’) mit der wals. Form Titschal, die als [d̥ i ˈ t ʃɑ l] zu lesen ist. Die Annahme in Zopfi 1984: 45, ~ sei aus cĕrvu ‘Hirsch’ + -īnu herzuleiten, kann aus lautlichen Gründen nicht befriedigen: Anlautendes lat. ctritt in ~ weder als altes alem. [x-] noch jüngeres [ts-] und inlautendes lat. -vnicht als [-m-] auf, cf. [k-] oder [ts-] in → Kerenzen < circinātio bzw. ahd., urnerisch Zingel < cĭngulum beim nächsten Stichwort sowie → Rufi < *ruvīnam usf. 46 Tschingel m. [d̥ ɐ r ˈ t ʃ i ŋɐ l] Linthal. Felswand. 960 m. GeländeN 717480 197220 (t) 1518 uf dem tschingel Kath. Pfarrarchiv Linthal, Kat. Tschingel m. [d̥ ær ˈ t ʃ i ŋ l] Matt. Zwei Gräte in einem Felsband. 1060 m. GeländeN 732770 202520 1802 Tschingel StAGL, Kat. Tschingel m. [ ɪ (m) ˈ t ʃ i ŋɐ l] Ennenda. Wiesland. 600 m. FlurN 724250 211820 1802 Tschingel StAGL, Kat. Tschingel m. [d̥ ɐ r ˈ t ʃ i ŋɐ l] Mollis. Wiesland und etwas Wald mit Ferienhaus. 480 m. FlurN, HausN 724150 218450 1802 Tschingel StAGL, Kat. Tschingel m. [ ɪ m ˈ t ʃ i ŋɐ l, ɪ ˈ t ʃ i ŋɐ l ˈʊ f ɐ ] O.urnen. Restaurant, Liegenschaft und Ställe. 870 m. HausN, FlurN 721450 219700 1802 Guoth Tschingel StAGL, Kat. • Brom. tschinghel, tschenghel < lat. cĭngulum ‘Gürtel’. - RN 2: 93 (a) Tschenghel (Trin), Schengiels (Cumbel), URNB 3: 1050s. Zingel (Flüelen, Isenthal u. a.), SZNB 5: 569 Zingel (Arth-Goldau u. a.), SZNB 5: 574 Schingel (Innerthal), WNB 7: 624 Tschingel (Sennwald); REW 1928, FEW 2: 683s., LEI 14: 361s., HWR 944, SchwId 14: 1746; Zopfi 1984: 18, Zinsli 1946: 126, 146 Zingel, Boesch 1963: 243, Boesch 1981: 216, Nyffenegger 1968: 25, 27, Weibel 1976: 301s., Schmid 1980: 157, Pfister 1987: 182, Vincenz 1993: 213 Tschingel, Kuhn 2002: 145, 288 Tschingel. ~ zeigt anschaulich, dass wohl bei Beginn des Mhd. bzw. der Einwanderung der Walser im Kt. Glarus lat. cvor -e und -i bei der roman. Stufe [t ʃ- ] angelangt war. 46 Im Zusammenhang mit der Entwicklung von lat. cvor e, i wird der Name Giplen (n. mit den phonet. Formen [ ɪ m ˈ g̊ ɪ pl ɐ , ɪ ts ˈ g̊ ɪ pl ɐ ], Mitlödi, 725120 207530, urk. 1802 Giplen gemäß StAGL, Kat.) ebenfalls nicht richtig gedeutet: Er basiert weder auf lat. cĭppum ‘Pfahl’ noch cŭppam ‘Kuppe’ (cf. Walch 1996: 321 nach Zopfi 1950s. und Huber 1941s.: 238), sondern beruht auf ahd. gëbal mit dessen archaischen Bedeutungen ‘Kopf’ und ‘Schädel(dach)’ (EWDt. 257, SchwId 2: 97 mit der Bedeutung ‘Name von kuppelförmigen Anhöhen’ für den Eintrag Gibel). Das hieraus entstandene moderne dt. Giebel hat verengte Bedeutung. Zu lat. cĭppum mit dem dt. Reflex Kipf, Kipfel cf. EWDt. 370 und zu cŭppam → Guppen(alp), andererseits → Chupferen. Wolfgang Eichenhofer 122 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 Auch Gletscher ( → Biferten-) mit übernommenem roman. [-t ʃ- ] und dem im 11. Jh. auf die erste Silbe verlagerten Akzent (I.) ist ein Indiz hierfür. Cf. weiter durch Walser vermitteltes → Tretschen < *trĭccia ‘Zopf’ vs. dem Roman. entnommenes → Felessen < fĭlicem ‘Farnkraut’ oder aus dem Ahd. stammendes *[ ˈ tsing ɐ l] < cĭngulum mit dem Reflex Zingel in Uri und Schwyz, wo lat. c- + Palatal analoge Reflexe hat. (XIV. und N) 47 Tschingeln: Auf den ~ m. pl. [uf d̥ æ ˈ t ʃ i ŋ læ] Braunw. Weide auf Felsköpfchen. 2080 m. FlurN 716850 201900 1529 Tschingeln RQGL 2, 2, Pr. Tschinglen, ~alp f. [ ɪ ˈ t ʃ i ŋ læ] Elm. Heualp. 1900-2100 m. FlurN, HofN 734580 195630 ~1350 Schingelen I GLA Karlsruhe, Kat. 1428 in Schinglen GLUB 1, 1, Pr. 1547 Tschinglen RQGL 2, 2, Pr. • Plural zu → Tschingel. Tschoggen, Tschocken m. [ ɪ m ˈ t ʃ og̊ ɐ ˈɔ b̥ ɐ , ɪ ˈ t ʃ og̊ ɐ ] Bilten. Liegenschaft mit Stall. 415 m. FlurN 719520 224900 (t) 1802 Tschogen StAGL, Kat. • Wals. Tschugge n < vorrom. *kiukk ‘Stein’ oder ‘Wurzelstock’. - Cf. RN 2: 95 Tschetgas (Vargistagn), Schitgas (Riom), WNB 7: 625s. nicht †Tschigga (Grabs), weil in Werdenberg keine Entrundung von *[-y-] zu [-i-] stattfindet, cf. Eichenhofer 2007: §20 mit vorrom. *mutt ‘Erdhaufen’ und Reflexen wie Motta, Mutt und hier → Mutte mit *Mueta in Grabs. Tschogglen n. [im ˈ t ʃ og̊ læ] Matt. Wiesland. 830 m. FlurN 731820 202650 1802 Tschoglen StAGL, Kat. • Diminutivum zum Vorigen. Üblis [im ˈ yb̥ lis ɐ r, i ˈ yb̥ lis] Engi. Weide, früher Heualp. «~ soll nach Gewährsperson der Oberbegriff dieser Alpheugebiete gewesen sein.» Ca. 1860 m. FlurN, RaumN 733000 208700 (u1) • Wohl lat. aquālem ‘Wassergraben’ + -īceu. - RN 2: 21 (a, 7.) Uletsch, urk. 1516 Awuliesch gannps, 1386 Valetz (Lags), 1375 Nuvalitsch (Schiers); DRG 1: 529 engad. 47 Weitere Beispiele sind: Tschingel m. [d̥ ɐ r ˈ t ʃ i ŋɐ l] Linthal. Felsband. 890 m. GeländeN 717860 192750; Tschingel m. [ ɪ m ˈ t ʃ i ŋɐ l] Luchs. Weide und Wald. 1260 m. FlurN 719850 203600; Tschingel m. [ ɪ (m) ˈ t ʃ i ŋɐ l] Luchs. Wiese in einem Band. 1080 m. FlurN 720980 203670; Tschingel m. [d̥ ɐ r ˈ t ʃ i ŋɐ l] Haslen. Wald. 800-1000 m. FlurN 723750 203870; Tschingel m. [ ˈ yb̥ ɐ ræ ˈ t ʃ i ŋɐ l] Matt. Felsband, über das der Wissberger Chilchweg führt. 950-1100 m. VerkehrsN, GeländeN 732660 202460; Tschingel m. [d̥ ɐ r ˈ t ʃɪŋɐ l] Elm. Weideplangge zwischen Felsbändern. 2000 m. FlurN 728850 198300; Tschingel m. [ ɪ m ˈ t ʃ i ŋɐ l ˈ ob̥ ɐ , ɪ ˈ t ʃ i ŋɐ l] Mitlödi. 900-1100 m. Wald. FlurN 722950 208800; Tschingel m. [ ɪ m ˈ t ʃɪŋɐ l] Mitlödi. Wald. 700-1000 m. FlurN 725800 207850; Tschingel m. [ ɪ ˈ t ʃ i ŋɐ l, d̥ ɐ r ˈ t ʃ i ŋɐ l ˌ v ɑ ld̥ ] Glarus. Wald oberhalb der Tschingelwand bis zum Vorderschlattalpli. 1100-1200 m. FlurN 719450 209510. Glarner Namengut (vor)romanischer Herkunft 123 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.2357/ VOX-2018-004 aualitsch ‘Bächlein’. Zopfi 1950s. und Schmid 1980: 130, 173s. erwägen ovīle ‘Schafstall’, was wohl wegen [-b̥ l-] statt *[-fl-] nicht plausibel ist, man vergleiche → Gufel < *cŭbulum ‘Höhle’, → Stafel < stăbulum ‘Stall’; RN 2: 226s. nennt überdies zu ovīle keine Ableitungen auf -iceu. Walch 1996: 333 denkt an Ableitung von lat. ŏvis ‘Schaf’. Dieses Wort ist aber gemäß REW 6127 nur im Rumän. erhalten, für das Brom. cf. nuorsa ‘id.’ (HWR 535) möglicherweise vorrom. Herkunft. (III. N, IV., XVI. N) Üblital n. [ ɪ m ˈ yb̥ li ˌ d̥ ɑː l] Engi. Ganzer Unterstafel der Mülibachalp. 1200-1500 m. RaumN 731300 207400 (u2) 1450 sin gutt … stost an ubelbach Seelmessbuch Matt, Kat. • Lat. aquālem ‘Wassergraben’. - RN 2: 20 allg. surs. ual ‘Bach’. Der Ansatz ist sachlich plausibel wegen dem nahen Zusammenfluss eines Baches aus WNW vom Spitzhorn herunter mit dem Mühlebach und dem im O fließenden Widersteinerbach, der unweit ebenfalls in den Mühlebach mündet; obiger Beleg ubelbach vom Jahre 1450 ist Tautologie wie → Pantenbrugg. (III. N, IV., XVI. N) Urlaun: Péz ~ m. [ ˈʊ f ɛ b̥ its ur ˈ l ɑ wn] Linthal. Steile Felswand mit Schneeplateau, 3359 m. GeländeN 713700 183900 • Surs. urlaun < lat. *albulānam ‘Schneehuhn’. - RN 2: 11 Pez Urleun (Trun, Sumvitg); DRG 1: 231. Walenfesis → Fesis Walenguflen → Guflen -wil → Niderwil Wildor → Oren Zigerchnütsch m. [d̥ ɐ r ˌ tsig̊ ɐ r ˈ xnyt ʃ ] N.urnen. Felszacken. 1637 m. GeländeN 718420 220060 (Z) 1802 Zigerspeicher StAGL, Kat. • Vorrom. *tsigro(no)s ‘Ziger’. - RN 2: 350 Tschigruns (Ferrera), SZNB 2: 523 †Zigergütsch (Arth-Goldau); HWR 939 tschagrun ‘id.’. SZNB 2: 515 nimmt für -gütsch Herkunft aus lat. cucŭtio ‘Haube’ an, was Schmid 1980: 140 N57 zu Recht anzweifelt, denn lat. -tihat als brom. Reflex [-ts-] und dieser bleibt auch im Alem. normalerweise erhalten bzw. wird nicht zu *[-t ʃ -] verschoben, cf. → Gaze < vlat. căttia ‘Becher’. Zu ähnlichen Zusammensetzungen mit Ziger cf. WNB 7: 690 Zigerloch (Grabs, Sennwald). -chnütsch ist unklar. Zu Gütsch im Kt. Schwyz, das im Glarnerischen als Gŭtsch mit der Bedeutung ‘kleiner rundlicher Hügel’ belegt ist, cf. SchwId 2: 563 s. Gŭtsch iii. Dieses Wort mag wie bdt. Guscha (Maienfeld, Langwies, RN 2: 100) vielleicht auf lat. cōdicem ‘Klotz’ zurückgehen, cf. DRG 4: 595 über cusch ‘Holzklotz’ und zu alem. [tʃ -] vs. roman. [ʃ -] → Fätsch gegenüber brom. fasch ‘Bündel’ (DRG 6: 139) < făsciam ‘Band, Binde’. Wolfgang Eichenhofer 124 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 Zuben f. ([it ˈ tsub̥ ɐ ] Haslen. Häuser. 600 m. HausN 722910 204190 (z) 1518 die zuben Kath. Pfarrarchiv Linthal, Kat. • Lat. tŭbum ‘Röhre’. - RN 2: 351 Tuff (St. Peter, Pagig) hat unassibiliertes lat. t- und [-f] aus der roman. Zwischenstufe *tovu. ~ und SZNB 5: 582 Zuben (Arth-Goldau) weisen mit [ts-] und konserviertem lat. -btypisch ahd. Lautung auf. (IX., cf. VIII.) Zust → Sust 4. Fazit - Vorromanische und romanische Namen in Glarus zeigen den üblichen Akzentrückzug, der im Ahd. bis etwa ins 11. Jh. wirksam ist. Von Walsern ab dem 13. Jh. importierte Romanismen kennen jenen nicht. - Glarus ist ein Gebiet, in dem lat. -ū-, das altroman. [-y-] ergibt, nicht zu [-i-] entrundet wird. Lat. -auist monophthongiert. - Die ahd. Lautverschiebung kam hier vollständig zum Zuge. Ebenso kann man die für das Alem. typische Desonorisierung und Depalatalisierung roman. stimmhafter bzw. palataler Konsonanten beobachten. - Es lassen sich außerdem wenige konsonantische Lautwandelphänomene vom Lat. zum Glarner «Alträtromanischen» feststellen: So etwa lat. -cc-, -ct-, die sich hier beide über *[-k-] oder *[-c-] zu [-g̊ -] entwickelt haben; weiter -cvor -e- und -i-, das vor dem 10. Jh. als [-ts-] bestand und wohl noch im 11. Jh. die Stufe [-t ʃ- ] erreichte. - Dieser Artikel zeigt, dass es angesichts der ziemlich früh erloschenen Romanität im Glarnerland nicht einfach ist, dessen einstiges «Alträtromanische» zu beschreiben. Bibliographie Bächtiger, K. 1960: «Ein neues inframagmatisches Kupfervorkommen in den Keratophyrlaven des Gandstockes (Kt. Glarus, Schweiz)», Schweizerische mineralogische und petrographische Mitteilungen 40: 279-88 Boesch, B. 1963: «Das Ortsnamenbild zwischen Zürich und Walensee als Zeugnis für die Sprachgrenze im 7. und 8. 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Mda. bzw. das Wals. ăd/ [d̥ ] + ī(n)sulam → Tiislis, Dislis alpĭculam → Alpegligen ăltum → Alt aquālem → Üblital aquālem + -īceu → Üblis argĕntum → Arznet ārsum → Arsch(wald) -ăsca → Abläsch attĕgiam → Dejen *balma (w) → Balm *barica + -ĭtta → Bergeten betŭllam → Betlis *biberatōrium → Biferten- *bil + *-dūnum → Bilten *blese → Blistöck *blese (r) → Pleuss brūscum → Brüschbüchel *buña + -ĭculu → Bunigel camōcem → Gams cămp-s → Gams cămpum + -ĕllu → Gampelbrugg cămpum rotŭndum → Camperdun canālem → Chänel castĕllum → Chästlisbächli castĕllum + -iōne → Gästeluu căttia → Gaze căvam? → Kaffistein cĭngulum (r) → Tschingel circinātio → Kerenzen clūsum → Chlosen cohōrtem + majōrem → Koretmeuer *cŭbulum (r) → Gufel *cŭbulum ((r)) → Gubel cŭlmen → Gulmen *cŭmbam → Gumen cŭppam (r) → Guppen(alp) cŭppam (w) → Chupferen *dŏssum → Dossen *draus → Tros *draus + -īnu? → Durschin dŭctum + -s → Totzweg ĕbulum → Efeler fani (got.) → Fäner făsciam → Fätsch fĭlicem → Felessen *filĭctam → Faleggen *filĭctam (w) → Filetsch *fruta → Fruttberge *fruta (w) → Friteren fŭrculam → Furggeli *ganda → Gand gentiānam (r) → Enzianen grŭnium → Grunritt gŭrgulam (w) → Gurglen ĭn + acerīnum → Naserii ĭn + ĕbulum → Näfels, (Näfleren) ĭn + ĕbulum + -ātu … → Näflete ī(n)sulam → Isel ī(n)sulam + -ĭtta → Isitli *jăcium (w) → Jetz *kiukk- (w) → Tschoggen *krapp- → Grapplen *krin(n)a → Chrinen *kripp- → Chärpf *kripp-? (r) → Bättelgräpp *kruska (w) → Grüschwald *kumba → Chumis(wald) labīnam → Laui majōrem → Mäur mateŏlam → Matzlen *măttea → Mätz mĕdium → Mätz *mŏllu + -ānu → Mollis mortārium (a) → Mürtschen mortārium (r) → Mörtel *mutt- → Mutte *mutt- (r) → Modlirus nicoláus Klausen- → Clariden *nucārium → Nügger Index Wolfgang Eichenhofer 128 Vox Romanica 77 (2018): 73-128 DOI 10.8357/ VOX-2018-004 *ŏrana → Niederurnen, Oberurnen *ŏrum → Oren *ŏrum + -ula → Orlen phaseŏlum? N zu → Färtschen pĭlleum + -āceu → Prätsch plăncam → Planggen pŏntem → Pantenbrugg pŭteum → Bützi rŭncum + -ālia → Ranggelen *ruvīnam → Rufi scabĕllum (r) → Schabell *scămnium → Schanen *scamnīnum Schänis → Schanen scŏrteam (r) → Schorz sĭccum → Seggen sĭlvam (w? ) → Seeblen stăbulum → Stafel *sŭbstam → Sust tabulātum → Tafleten tēctum → Diggen, Dicken tourbe (fr.) → Turbenwies triăngulum (r) → Driangel trĭccia (w) → Tretschen *tsigro(no)s → Zigerchnütsch tŭbum → Zuben *turnĭculum → Durnagel *turnĭculum × aha (ahd.) → Durnachtal *vicināticum → Fisentenbach vicīnum → Fesis *vigilārium → Figleren *vilantia → Filzbach villāre (a) → Niderwil Wald (dt.) + sēpem → Falzüber