eJournals lendemains 45/180

lendemains
ldm
0170-3803
2941-0843
Narr Verlag Tübingen
10.2357/ldm-2020-0045
Es handelt sich um einen Open-Access-Artikel, der unter den Bedingungen der Lizenz CC by 4.0 veröffentlicht wurde.http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/121
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Didier Eribon im Kontext des Buchmesseschwerpunkts Francfort en français auf der Frankfurter Buchmesse 2017

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Jan Rhein
ldm451800038
38 DOI 10.2357/ ldm-2020-0045 Dossier Jan Rhein Didier Eribon im Kontext des Buchmesseschwerpunkts Francfort en français auf der Frankfurter Buchmesse 2017 Im Rahmen eines Gastlandauftritts auf der Frankfurter Buchmesse überschneiden sich verschiedene Felder der Repräsentation 1 und der Rezeption: Kultur, Politik, Kulturpolitik, Marketing, Außen- und Fremdwahrnehmung eines Landes fallen im Länderpavillon der Messe in eins, goutiert und kommentiert von einem informierten, internationalen Fachpublikum ebenso wie von der allgemeinen Öffentlichkeit. 2017 war Frankreich - und die französische Sprache - als Ehrengast auf der Frankfurter Buchmesse präsent. Der Platz Didier Eribons in diesem Umfeld ist spannungsreich: Einerseits kann er seit dem Erfolg von Retour à Reims als wichtiger, wenn auch „nicht-intentionaler“, Mittler (zu diesem Konzept cf. Colin/ Umlauf 2013) im deutsch-französischen Feld beschrieben werden, zugleich aber ist er ein vehementer Kritiker Emmanuel Macrons. Mit Macron, dem Schirmherrn des Gastlandauftritts, wurde die Hoffnung auf einen Neubeginn in den deutsch-französischen Beziehungen verbunden, nachdem es um diese in den vergangenen Jahren nicht zum Besten gestanden hatte (cf. etwa Flügge 2014). Zwischen der Funktion, die Eribon als Repräsentant des Literaturlands Frankreichs einnimmt, und seinem der offiziellen Repräsentation gegenlaufenden Standpunkt ergibt sich also ein Spannungsverhältnis, das im Folgenden näher beleuchtet werden soll. 2 1. Frankreichs ‚Retour à Francfort‘ Nach 1989 war Frankreich 2017 zum zweiten Mal Ehrengastland auf der Frankfurter Buchmesse - nach einer schon zu Zeiten Sarkozys ausgesprochenen Einladung, der eine lange Phase des Zögerns von französischer Seite gefolgt war. Stand der Wert der Buchmesse für die Verlagsbranche außer Frage, so hatte die französische Politik gezögert, das Budget dafür bereit zu stellen. Erst Manuel Valls verkündete während eines Berlin-Besuchs im Jahr 2014, dass Frankreich die Einladung für 2017 annehmen werde. 3 Wie schon 1989, im ersten Frankreich-Jahr der Buchmesse, als man den 200. Jahrestag der französischen Revolution feierte und in Deutschland die Mauer fiel (cf. Rütten 1999: 144-145, Hertwig 2018a), waren auch 2017 die Messe im Ganzen und der Frankreichauftritt im Besonderen von politischer Aktualität und Wertedebatten geprägt. Aus der Vorberichterstattung zur Messe lässt sich herauslesen, wie präsent die terroristischen Anschläge in Paris noch waren (cf. Kegel 2017a), wie nah ein möglicher Wahlsieg Marine Le Pens manchen Kommentatoren galt. „Ob Marine Le Pen […] die Eröffnungsrede halten wird? “, fragte Sandra Kegel (ibid.) in der FAZ, „Hoffen wir, dass [die Messe] nicht von Le Pen eröffnet wird“, hieß es in der DOI 10.2357/ ldm-2020-0045 39 Dossier Süddeutschen Zeitung (Breidecker 2016), während auch in Deutschland der Bundestagswahlkampf an Fahrt gewann und sich gleichzeitig ein drohender Erfolg der AfD abzeichnete. Und nicht zuletzt warf auch der ‚Brexit‘ seine Schatten voraus. „Die Krise der Demokratie, die Krise Europas, die Krise der Kultur, die Krise der Heimat, die Flüchtlingskrise“ (Bethke 2017: 11) also prägten das Jahr und die Messe. Dieser politisch aufgeladene Kontext, der auch eine Erklärung dafür bieten mag, dass Didier Eribon seit der Übersetzung von Retour à Reims in der deutschen Presse und Öffentlichkeit auf besonderes Interesse stieß, erklärt auch die im Umfeld der Messe und des Gastlandauftritts 2017 zu verzeichnenden Diskurse. Schon früh betonte die französische Seite, der Messe-Auftritt solle im Zeichen von Europäischer Kohäsion, Meinungsfreiheit, „sprachlicher Gastfreundschaft“ stehen (cf. Göpfert 2017: D7). Er war für Frankreich von hoher Priorität (cf. Breidecker 2017): Die Aufmerksamkeit, die ihm von offizieller Seite zuteil wurde, lässt sich auch daran ablesen, dass er ab Januar 2017 nicht nur als ein kulturpolitisches Ereignis, sondern im Zentrum der deutsch-französischen Agenda situiert wurde: So waren etwa Buchmesseleiter Juergen Boos und Gastlandkoordinator Paul de Sinety als Teil der Delegation anlässlich der Verleihung der Ehrendoktorwürde an Joachim Gauck an der Sorbonne (24.1.2017) zugegen (Börsenblatt 24. Januar 2017: 77). Schon ab Februar und bis Oktober 2017 wurden in ganz Deutschland Literaturveranstaltungen unter dem Label „Frankfurt auf Französisch“ organisiert und auf der dafür eingerichteten Internetseite publiziert (www.francfort2017.com). Das Programm wurde durch das Institut français in Paris zentral koordiniert, unter Leitung des commissaire général Paul de Sinety (cf. Hertwig 2018a: 10; 2018b: 130) und unter Einbeziehung des Netzwerks der französischen Kulturvertretungen in Deutschland durchgeführt. So wurden insgesamt, auf der Buchmesse und deutschlandweit, rund 1500 Veranstaltungen organisiert (cf. Hertwig 2018b: 131). Frankreich nutzte „La grande Bühne“, so der Name der zentralen Aufführungsfläche des Pavillons, um Werte zu vermitteln, die de Sinety folgendermaßen zusammenfasste: Es sei darum gegangen, „de repenser notre relation“, „de travailler [sur] la perception réciproque que peuvent avoir la France de l’Allemagne et l’Allemagne de la France“ (ibid.), ein Verlagswesen zu zeigen, das „extrêmement dynamique“ sei, und schließlich v. a. eine Öffnung zum gesamten französischen Sprachraum in Szene zu setzen: Nous souhaitons interroger cette langue française à partir des questions d’hospitalité et d’accueil, et promouvoir l’extraordinaire richesse éditoriale qui existe aujourd’hui dans le domaine de l’édition […] pour faire découvrir […] l’exceptionnelle diversité éditoriale francophone d’aujourd’hui. (ibid.: 131) Kurz: Man wollte kein „festival de Saint-Germain-des-Prés“ organisieren, mithin nicht nur die alteingesessenen Pariser Verlage in den Mittelpunkt stellen, sondern eine Dezentralisierung betreiben - sowohl was die geographische Herkunft, als auch was die Vielfalt der präsentierten Gattungen, Genres und literarischen Medien betraf. Dynamik, Innovation, Diversität, Entdeckerfreude sollten auch über den Gastlandpavillon vermittelt werden, eine „Bücherstadt“ (Breidecker 2017: 12) aus luftigen 40 DOI 10.2357/ ldm-2020-0045 Dossier Holz-Regalen, die eine gewisse Provisorik signalisierten (cf. Anastasio 2018) und somit Ideen im Werden evozierten. Als symbolischer Irritationsmoment stellte sich eine leicht zu übersehende Schwelle im Eingangsbereich heraus - also dort, wo man quasi Frankfurt verließ und Frankreich betrat -, die immer wieder BesucherInnen zu Fall brachte. Auch wenn die TAZ darin eine „unfreiwillige Performance“ (Graton 2017: 10) erkannte, muss man diesen kleinen Fehler im System nicht überbewerten. Er steht jedoch dafür, dass die Repräsentation durchaus Brüche aufwies, für die unter anderem Eribon eine Rolle spielte, wie zu zeigen sein wird. 2. Houellebecq, Macron und Eribon Eribon wurde früh als offizieller Gast der Buchmesse geführt. Nach und nach wurde die Liste der 130 AutorInnen veröffentlicht, die im Rahmen des Ehrengastprogramms offiziell eingeladen waren. Auf dem Salon du Livre in Paris wurde am 23. März 2017 die zweite Tranche dieser Liste veröffentlicht, auf der auch Eribons Teilnahme verkündet wurde (cf. Börsenblatt, „Die Autorenliste“, 23. März 2017). Schon diese Liste wurde in den deutschen Medien kommentiert, die erwartungsgemäß v. a. die bereits prominenten Namen erwähnten: Und mit wem darf sonst gerechnet werden? Michel Houellebecq, diese gewaltige Lokomotive, die nach langen Jahren des Dahindümpelns der französischen Gegenwartsliteratur wieder Dampf macht, ist natürlich angefragt, hat sich aber noch nicht erklärt. Didier Eribon wiederum, der mit seinem Ego-Dokument „Rückkehr nach Reims“ der französische Überraschungsstar des letzten Jahres war, ist gesetzt. (Krause 2017) Dass Houellebecq und Eribon in einem Zug genannt werden, ist durchaus bezeichnend - beide Autoren stehen wie Labels für das wiedererstarkte Interesse Deutschlands an der französischen Literatur. Sie vertreten dabei auch in der französischen Öffentlichkeit antagonistische Positionen, insbesondere auch bezüglich ihrer Haltung zu Macron. 4 In o. g. Zitat wird der Antagonismus zwar nicht thematisiert; gleichwohl werden beide Autoren („wiederum“) in Opposition zueinander gestellt - ein Verfahren, das sich noch an anderer Stelle findet; so heißt es etwa im Tagesspiegel, Eribon wirke „auch durch seine Erscheinung“ „wie ein Gegenmodell zu Houellebecq“; Annie Ernaux, Edouard Louis und er bildeten ein „neues glamouröses Kraftzentrum der französischen Literatur. […] Und was war nochmal mit Houellebecq? “ (Bartels 2017). Im Buchmessejahr fiel das deutsche Interesse für französische Literatur zusammen mit dem Interesse am neugewählten Präsidenten Macron. Auch das Verhältnis Macrons und seines Kabinetts zur Literatur war immer wieder Thema: Dass Macron die Verlegerin von Actes Sud, dem Verlag Daniel Kehlmanns, mithin der „französische[n] Heimat deutscher Literatur“ (Altwegg 2017a), zur Ministerin ernannte, wurde gemeinhin positiv kommentiert (cf. Hanimann 2017a, Fuhrig 2017). Auch die Memoiren Bruno Le Maires und die Krimis Edouard Philippes nahm man wahr (cf. Minkmar DOI 10.2357/ ldm-2020-0045 41 Dossier 2017b, Sandberg/ Heyer/ Brinkbäumer 2017: 20). Ein langes Interview in der während der Buchmesse erscheinenden Ausgabe des Spiegel (Sandberg/ Heyer/ Brinkbäumer 2017) zeigt die allgemeine Faszination für die Figur Macron. Neben einigem Privaten werden auch die Lesegewohnheiten des Präsidenten thematisiert - aus Frankreich schätze er u. a. Houellebecq und Slimani, aus Deutschland Goethe, Grass und Süskind (ibid.: 18-19). In derselben Spiegel-Ausgabe werden in einem weiteren Artikel abermals Houellebecq, Macron und Eribon zusammengeführt: In Europa ließe sich eine Dynamik erzeugen [so Macron], die die Nationalstaaten herausfordert auf der Höhe ihrer Möglichkeiten zu bleiben und nicht zum „Bordell für asiatische Touristen“ zu verkommen, wie es der französische Schriftsteller Michel Houellebecq prophezeite. Macron beschwört ein Europa der Universitäten, der Bibliotheken und Cafés. (Minkmar 2017a: 23) Nicht nur wird hier Houellebecq als Gewährsmann für eine zu verhindernde Horrorvision angeführt, auch wird Macron als Mann des Geisteslebens gezeigt. Im selben Artikel wird abermals eine Opposition zwischen Macron und Houellebecq einerseits und Eribon andererseits aufgemacht: „Stellvertretend für die klassische Linke sieht der Soziologe Didier Eribon […] in der Wirtschaftspolitik Macrons eine ernste Gefahr“ (Minkmar 2017a: 23). Hier zeigt sich, wie Eribon als oberster Antipode des Präsidenten, aber auch als Gegenpart zu dem in Deutschland wohl prominentesten französischen Literaten in dessen mediales Fahrwasser gerät - was gleichzeitig seine Sichtbarkeit steigert. Dieser Mechanismus wird am Beispiel des Eröffnungsabends der Messe besonders sichtbar. 3. Eröffnungsabend (10.10.2017) und begleitende Debatten Gemäß dem oben dargestellten kulturpolitischen Kontext wurden auch am Eröffnungsabend die Werte von Demokratie und Meinungsfreiheit betont (cf. Schulte 2017): In den verschiedenen Reden wurde u. a. an den seinerzeit im Gefängnis sitzenden Journalisten Dennis Yücel und an den Saudi-Arabischen Blogger Raif Badawi erinnert, die kurz zuvor aus türkischer Haft freigekommene Autorin Aslı Erdoğan war persönlich anwesend. Heinrich Riethmüller, der Vorsteher des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, verwies auf den Wert des Buchs für die offene Gesellschaft: „Die Gesellschaft braucht uns - und zwar genau jetzt! “ (Riethmüller 2017). Mit Macron und Angela Merkel wurde die Messe besonders prominent eröffnet - es war erst das zweite Mal, dass die deutsche Bundeskanzlerin aus diesem Anlass nach Frankfurt gereist war (cf. Bosshard 2018: 27). Buchmessen sind Gelegenheiten für Politiker, nicht wie gewöhnlich als Akteure aufzutreten, die medienpolitische Rahmenbedingungen gestalten, sondern sich der Kulturszene zur „Repräsentation und Imagepflege“ (Niemeier 2001: 102) zu zeigen. Man darf vermuten, dass besonders dem französischen Präsidenten sein Auftritt zur eigenen Zufriedenheit gelungen ist - die oben festgestellte Sympathie des deutschen Feuilletons für Macron setzte sich 42 DOI 10.2357/ ldm-2020-0045 Dossier in der Presseberichterstattung fort. So zeigt sich Jürgen Kaube in der FAZ zwar bewusst, dass „Staatspräsidenten […] nicht als Leser gewählt“ würden, aber dennoch lobt er, Macron habe nicht „das Offensichtliche“ zur deutsch-französischen Freundschaft gesagt, sondern stattdessen die Literatur in den Vordergrund gestellt: „Was er über Baudelaire wisse, so Macron, wisse er dank Walter Benjamin. Ist die Frage zulässig, welcher deutsche Politiker imstande wäre, auch nur zu sagen, was Macron damit meinte? “ (Kaube 2017: 11). Dem Repräsentationscharakter der Veranstaltung entgegenlaufend, dem Selbstverständnis der Messe aber entsprechend, erhielten beide Politiker im Rahmen ihrer Auftritte auch Kritik: Merkel gleich auf offener Bühne, indem Riethmüller Kritik am deutschen Urheberrechts-Wissensgesellschaftsgesetz formulierte, und außerdem an die Kanzlerin appellierte, sich mehr für Menschenrechte einzusetzen (Riethmüller 2017). Macron hingegen erhielt Gegenwind von Eribon: am gleichen Abend auf einer anderen Veranstaltung, sowie in einer entschiedenen Gegenrede, die ebenfalls an diesem Tag in der Süddeutschen Zeitung erschien (Eribon 2017). 4. „Not my President“ Macron proklamiert im Sinne des gesamten Frankreich-Auftritts eine grenzüberschreitende, die europäische Kohäsion stärkende Literatur, die durch Literaturtransfers zusammengehalten wird - sei es Benjamins Baudelaire-Lektüre, André Gides Nietzsche-Rezeption oder Peter Handkes Übertragungen von René Char (Présidence de la République 2017). Ob sich Eribon vom Macronschen Literaturbegriff mitgemeint fühlt, bleibt in seiner Gegenrede offen, die am Tag der Messeeröffnung erscheint und die er auch in französischer Fassung auf seiner Internetseite und auf Facebook veröffentlicht. 5 In ihr erklärt er, warum er die Einladung zur Eröffnungsveranstaltung nicht angenommen habe. Sein Text ist frei von Zwischentönen: Er lehnt Macron rundheraus ab, „jede seiner Reformen“ bedrohe „alles“, „was zum Fundament einer europäischen Kultur gehört“. Die Grundlage für Eribons Wutrede ist seine schon oft geäußerte Kritik einer „ökonomisch neoliberalen Ideologie“ - „eine auf den Kopf gestellte Umverteilung“, von der nur „die Reichsten im großen Stil profitieren“ würden: „Welch ekelhafter Hohn! “ Er kommt weiter auf die Polizeigewalt gegen Migranten zu sprechen, die im Gegensatz zu Macrons „schönen Parolen“ stünden, „als er vor den Vereinten Nationen für einen würdevollen Umgang mit Migranten appellierte“: „Genau besehen ist das, was er tut, das exakte Gegenteil von dem, was er sagt.“ Bezüglich des französischen Bildungssystems fällt Eribons Urteil ebenso vernichtend aus, die grandes écoles würden zu Ungunsten der öffentlichen Hochschulen bevorzugt, was Klassenunterschiede verstärke: „via Kulturkapital kehrt Kapital zum Kapital zurück.“ Auf die Kulturpolitik Macrons kommt er interessanterweise eher allgemein zu sprechen: „Die Kultur ist kein autonomer Bereich. Man kann nicht gleichzeitig ihm angehören und DOI 10.2357/ ldm-2020-0045 43 Dossier gleichgültig bleiben gegenüber ökonomischen, politischen und sozialen Rückschritten.“ Eribon sieht für Frankreichs Zukunft, was er als Griechenlands Gegenwart erkennt: Ein großer Teil der griechischen Bevölkerung wurde in Armut gestürzt, die Jüngeren ins Exil gezwungen und die Älteren in Verzweiflung und manchmal bis in den Selbstmord getrieben. In Griechenland und in vielen anderen europäischen Ländern sind die Verlagshäuser in ihrer Existenz bedroht. Die Buchhandlungen schließen, da sich die Leser keine Bücher mehr leisten können. Macrons Politik sei „eine große Bedrohung für Kultur, Freiheit und die Zivilisation“. Er wünscht sich ein Europa, das mehr ist. Ein soziales Europa […], das solidarisch ist, mit einer sozialen Rechtsprechung […]; ein kulturelles Europa, das intellektuell, literarisch und künstlerisch ist. Ein offenes Europa. Also nicht das Europa, das Macron für uns im Sinn hat: eines der Prekarisierung und der Schwächung der Arbeitswelt; eines, das die Kultur in Gefahr bringt; eines der Polizeigewalt gegen Migranten. Kurzum, sozial wie wirtschaftlich: ein Europa der Gewalt. Die Erklärung schließt mit einer Attacke auf die Person Macrons, er nennt ihn einen „größenwahnsinnige[n] und narzisstische[n] Präsident[en], als ein Präsident, der andere Menschen beleidigt und verachtet, liebt es Macron, in schönen Gesprächsrunden zu großen, mystisch-lyrischen Höhenflügen anzusetzen“. Eribon schließt mit den Worten: „Nein. - Not my president“. Es lohnt sich, Eribons Kritik so ausführlich zu zitieren, da sie zu dieser Zeit und in dieser Deutlichkeit und Sichtbarkeit in der deutschen Presse nahezu singulär dasteht. 6 Eribon kritisiert die Figur Macron in ihrer Gesamtheit - nicht den Politiker oder einzelne seiner Entscheidungen. Indem er den „Geistesmenschen“ Macron insgesamt demystifizieren will, zeichnet er einen Gegenentwurf zu dem Bild, das etwa im Spiegel-Interview generiert wird. Es mag zunächst überraschen, dass Eribon, was den Kulturbereich betrifft, eine Schleife über Griechenland dreht, und insgesamt wenig konkret wird. Deutlich prononcierter ist die Kritik an Macrons Wirtschafts-, Flüchtlings-, Sozial- und Europapolitik formuliert. Wie gezeigt wurde, steht dies jedoch in Verbindung mit gesetzten Diskursen der Messe und bezieht sich auf die politische Agenda Macrons, mit der dieser nach Frankfurt gereist war. Dass der französische Präsident und Eribon - auf gegensätzliche Weise - die europäische Kohäsion beschworen, ist auch einer politischen Aktualität geschuldet. Macron wartete zu dieser Zeit vergeblich auf eine Antwort der deutschen Bundesregierung auf seine Vorschläge, die er zwei Wochen zuvor in seiner Sorbonne-Rede unterbreitet und auch am Messeeröffnungstag vor Frankfurter Studierenden erneut diskutierte (Wiegel 2017: 183). Nicht zuletzt, weil er dabei von Daniel Cohn-Bendit sekundiert wurde, wurde diese auch in Deutschland stark wahrgenommen. Die deutsche Bundesregierung hatte sich bis dahin zu diesen Vorschlägen noch nicht geäußert, weshalb Macrons Vorschläge wie ein Elefant im Raum standen. Dies wurde teilweise auch auf der Messe thematisiert, etwa von dem Politikwissenschaftler Claus Leggewie, 44 DOI 10.2357/ ldm-2020-0045 Dossier der mit Robert Menasse über dessen Europa-Roman Die Hauptstadt diskutierte: „Es ist zum vierten Mal der Versuch von Macron, die deutsche Politik aufzuwecken und zu sagen: Könnt ihr bitte mal antworten auf das, was ich die ganze Zeit vorschlage? “ (Herberg 2017: L5). Dass Menasse mit Die Hauptstadt - ebenfalls am Eröffnungstag - mit dem deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde, machte das Europathema auch im Feuilleton noch präsenter. 7 Der Europadiskurs - ob von der Literatur, der Buchmesse oder der Politik gesetzt -, und die kritische Stimme Eribons fallen im Messealltag und in der begleitenden Berichterstattung demnach mehrfach ineinander. 5. Eribons Sichtbarkeit auf der Messe und in der Presse Trotz - und gerade wegen - seiner Absage war Eribon auf der Messe präsent: 8 Noch am Eröffnungsabend trat er - wiederum neben Robert Menasse - auf der Bühne der im Schauspiel Frankfurt stattfindenden Open Books-Eröffnung auf (cf. Hladek 2017: 26). 9 Das Begleitprogramm listet weitere Auftritte auf, so etwa am 11.10. ein Gespräch auf dem ‚Blauen Sofa‘ (cf. Aguigah 2017), am 12.10. ein Auftritt an der im Gastpavillon ausgestellten Gutenbergdruckpresse - also eine durchaus ‚offizielle‘, wenn auch nicht politisch konnotierte Veranstaltung -, sowie am selben Tag ein Gespräch mit Annie Ernaux in der Evangelischen Akademie Frankfurt. In der Presse konnte Eribon nicht nur von diesen thematischen Zusammenhängen für seine Sichtbarkeit profitieren, sondern insbesondere von einer medialen Zuspitzung auf wenige Autorinnen und Autoren. Mehr als 5000 Presseartikel widmeten sich der Frankfurter Buchmesse - Paul de Sinety erklärt sich diesen Presseerfolg wiederum auch mit den französischen Präsidentschaftswahlen, die dem deutschen Frankreichinteresse einen zusätzlichen Schub verliehen hätten (Hertwig 2018b: 132); so erklärt sich auch Sandra Kegel im Frankreichspecial der FAZ die „wiedererwachte Neugier“ (Kegel 2017b: L1; cf. Hethey/ Struve 2018: 76) am Nachbarland. Die Sammeldarstellungen in den Literaturbeilagen der Zeitungen wollen die Vielfalt der französischen littérature-monde - aber dann doch wieder: v. a. der Literatur aus Frankreich - zeigen. Allgemein wird dieser eine große Lebendigkeit und Vielfalt bescheinigt - vorbei seien die Zeiten, in denen man in Deutschland eine „gewisse Dürftigkeit der französischen Gegenwartsliteratur beklagte“ (Altwegg 2017b: 11). Wie Hethey/ Struve festhalten (2018: 75), behandelt die Presse sowohl die Messe als Ganzes wie einzelne Autoren. Beide Themenfelder fallen naturgemäß ineinander, jedoch nicht völlig: Besonders die Ambition der Buchmesse, Vielfalt und Diversität zu bewerben, wird zwar abgebildet, indem AutorInnen unterschiedlicher Strömungen, Länder und Genres vorgestellt werden - allerdings sind es immer dieselben. Es fällt auf, dass von den 130 offiziell eingeladen Autorinnen und Autoren (nicht zu reden von den unzähligen anderen, die im Buchmessejahr übersetzt worden waren) nur ein geringer Anteil in der überregionalen Presse Erwähnung fanden. Einige Beispiele mögen dies verdeutlichen: Die Kulturbeilage des Spiegel (40/ 2017) widmete sich Virginie Despentes, Didier Eribon und Leïla Slimani. In der Taz DOI 10.2357/ ldm-2020-0045 45 Dossier (10.12.2017) wurden Gaël Faye, Eribon, Annie Ernaux und Houellebecq besprochen; In der ZEIT-Literaturbeilage (05.10.2017) ging es im einführenden Artikel um Houellebecq, Emmanuel Carrère, Despentes, Ernaux, Eribon, Édouard Louis (Radisch 2017: 16-21), außerdem Tristan Garcia, Catherine Millet und Hélène Cixous. Das Buchmesse-Special der FAS (08.10.2017) beginnt mit einem Interview mit Daniel Cohn-Bendit, gefolgt von Besprechungen und Interviews mit Houellebecq, Faye - unter dem Eribon entliehenen Titel „Rückkehr nach Burundi“ (Encke 2017: 43) -, Louis, schließlich Jean-Philippe Toussaint, Millet, Yasmina Reza, Slimani und schließlich Eribon, dessen Buch La Société comme verdict (Gesellschaft als Urteil) wiederum unter der Eribon-Anspielung „Rückkehr zur Rückkehr“ (Riechelmann 2017: 56) besprochen wird. 10 In der Süddeutschen Zeitung schließlich finden sich in einem Sonderteil zur Buchmesse (10.10.2017): Faye, Roman Gary, Ernaux, „Asterix“, und Eribons o. g. Erklärung. Man kann den Literaturbeilagen demnach durchaus bescheinigen, die von den Gastlandorganisatoren angestrebte diversité abzubilden, dies jedoch mit einem sehr begrenzten Inventar bekannter Namen, die als Vertreter einer oder mehrerer Strömungen der frankophonen Gegenwartsliteratur angeführt werden: Eribon dient dabei mal als Beispiel für ein Schreiben zwischen Autobiographie und Theorie - als Repräsentant „einer neuen Aufrichtigkeit“ (Radisch 2017: 16-21; cf. Hethey/ Struve 2018: 80-81). In der Süddeutschen Zeitung heißt es, die Bücher von Eribon und Louis seien „Beispiele einer persönlich gefärbten literarischen Gesellschaftskritik“ (Hanimann 2017b). In dieser Lesart gilt Eribon eher als Autor einer „große[n] literarische[n] Überraschung“ (Rapp 2017: 3). Auf der anderen Seite steht Eribon stellvertretend für ein „klassisches linkes Großprojekt: Kritik und Veränderung der gesellschaftlichen Machtverhältnisse“ (2017: 36), wie es in der Zeit heißt, wo auch die Verbindungen zwischen Eribon, Geoffroy de Lagasnerie (die sich ihre Bücher gegenseitig widmen) und Édouard Louis thematisiert wird (Cammann 2017: 37). 11 Gerade die drei letztgenannten bildeten - gegen den mit Macron milden Houellebecq - auf der Messe „fast schon ein eigenes Einsatzkommando“ gegen den Präsidenten, wie Julia Encke festhält (2017: 42). Die meisten Erwähnungen Eribons sind einführenden, kursorischen Charakters; es geht mehr um eine allgemeine Haltung als um eine Detailanalyse. Die Relevanz Eribons wird mit seinem bereits bewiesenen Erfolg begründet. Abseits der Überblicksdarstellungen aus Anlass der Buchmesse wird auch Eribons gerade in deutscher Übersetzung erschienenes Buch La Société comme verdict vorgestellt, und dies in der Regel im regulären Feuilleton und deutlich ausführlicher, was zu einer noch gesteigerten Sichtbarkeit des Autors in dieser Woche beiträgt: Als Repräsentant gleich mehrerer literarischer Tendenzen und als Autor einer Neuerscheinung. Die Rezensionen des Buchs sind durchaus durchwachsen - kritisiert wird u. a. sein Umfang, eine geringe empirische Grundlage (cf. Nachtwey 2017) sowie der grundsätzliche Widerspruch des Erfolgs Eribons in einem System, das er als undurchlässig kritisiert: 46 DOI 10.2357/ ldm-2020-0045 Dossier Und die Kultur? Wird von Eribon als „Faschismus der Eliten“ abgefertigt. Mit dem Einwand seiner Kritiker, seine eigene berufliche Karriere ließe sich Eribons Analysen widersprechend doch gerade als Beleg sozialer Mobilität selbst in Frankreich deuten, setzt sich Eribon auch hier nicht auseinander. […]. Dabei kann auch Eribon seinen Stolz nicht verbergen über sein Dazugehören zur kulturellen Elite - „ich begriff, ich verstand, ich schrieb, ich kannte, war befreundet mit“ - so geht es Seite um Seite. (Wagner 2017: 10) Der Rezensent unterschlägt, dass Eribon sich dieses Widerspruchs sehr wohl bewusst zeigt und ihn in La Société comme verdict mehrfach thematisiert (cf. Eribon 2014: 62). Gleichwohl lässt er sich auch auf Eribons Präsenz auf der Buchmesse beziehen: Die prominente Teilnahme am Gastlandauftritt als einer Institution der Repräsentation (auch von Staatsmacht, von kulturellem Kapital) führt in gewisser Weise in den Kern des grundsätzlichen Dilemmas, das er in La Société comme verdict benennt: Entrer dans une „profession“, dans un milieu, c’est inévitablement adapter son corps et son esprit aux réquisits explicites ou tacites d’un univers qui a existé avant qu’on ne cherche à s’y faire une place et qui ne nous l’accorde qu’à cette condition […]. (Eribon 2014: 113) An dieses Zitat anknüpfend, kann man festhalten, dass Eribon die Bedingungen des ihm durch die Buchmesse „angebotenen Raums“ zu nutzen gewusst hat. Es spricht für den Frankreichauftritt sowie die Buchmesse in ihrer Gesamtheit, dass auf ihr auch gegenläufige Diskurse einen Platz finden und Sichtbarkeit erlangen. 12 6. Fazit Eine Buchmesse ist ein Repräsentationsort (cf. Niemeier 2001: 102): für die Politik, die Kulturwirtschaft, die Autoren - Akteure mit naturgemäß nicht deckungsgleichen Interessen. Sie ist demnach auch „Anlass und Ort politischer Reflexion und Diskussion“ (Hethey/ Struve 2018: 80). Anhand von Didier Eribons Platz auf der Messe und insbesondere in seiner Konfrontation mit Macron lässt sich ein solcher - auf besonders großer Bühne ausgetragener - Repräsentationskonflikt illustrieren. Die mit der Messe und ihren Mechanismen verbundene Sichtbarkeit hat er auf seine Weise zu nutzen gewusst: Gerade wegen seiner Abwesenheit am Eröffnungsabend war Eribon einer der präsentesten Autoren. Als „nicht-intentionaler Mittler“ im deutsch-französischen Feld, der eine Gegenposition zur offiziellen Repräsentanz des Gastlandes (in Gestalt des Präsidenten) vertritt, findet er seinen Platz im Programm. Vom Zusammenfallen einer auf der Messe geführten Werte- und Europadebatte sowie von medialen Zuspitzungen konnte Eribon nur profitieren, da er stellvertretend als einer der obersten Vertreter einer ganzen politischen, aber auch literarischen Tendenz geführt wurde. Als Schwelle, über die man stolpert. DOI 10.2357/ ldm-2020-0045 47 Dossier Aguigah, René, „Paradoxien der Scham. Didier Eribon: ‚Gesellschaft als Urteil‘“, www. deutschlandfunkkultur.de/ didier-eribon-gesellschaft-als-urteil-paradoxien-der-scham.1270. de.html? dram: article_id=398613 (publiziert im Oktober 2017, letzter Aufruf am 19.12.2020). Altwegg, Jürgen, „Eine Verlegerin für den Élysée-Palast“, www.faz.net/ aktuell/ feuilleton/ debatten/ francoise-nyssen-wird-kulturministerin-15022404.html (publiziert im Mai 2017, letzter Aufruf am 19.12.2020) (2017a). —, „Diese Schriftsteller machen gewaltig Eindruck“, in: FAZ, 239, 14.10.2017 (b), 11. Anastasio, Matteo, „Neue Sprachen der Literatur ‚auf Französisch‘. 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Benyahia-Kouider/ Leménager (2014) sowie Bosshard (2018: 26). 4 So hatte Houellebecq im Frühjahr in der „Émission politique“ gesagt, dass er - wäre er kein Nicht-Wähler - Macron wählen würde, denn er sei zu reich für Marine Le Pen oder Jean- Luc Mélenchon (cf. Encke 2017). 5 https: / / didiereribon.blogspot.com/ 2017/ 10/ pourquoi-je-nassisterai-pas.html? q=pr%C3% A9sident&fbclid=IwAR1IQdqa8sb39Zx0gHsL7AJAvwd_H_pgd-egfPke0i0pJnoTNT700CqtZFI (publiziert am 11.10.2017, letzter Zugriff am 14.05.2021). 6 So wird etwa Virginie Despentes, die sich später vehement gegen Maron wendet (Heyer 2018), in zeitlicher Nähe zur Buchmesse noch zitiert, sie sehe in Macron die Verkörperung einer „neuen Männlichkeit“ (cf. Martini 2017). Lediglich Barthels (2017) spricht von „den Intellektuellen“ gegen Macron, bezieht sich inhaltlich dann aber doch wieder nur auf Eribon. 7 Auch Mathias Énard ist zu nennen, der auf der Leipziger Buchmesse den Buchpreis zur Europäischen Verständigung erhielt (Kegel 2017). Cf. weiter zu den Europadiskursen auf der Messe Hethey/ Struve (2018: 78). 50 DOI 10.2357/ ldm-2020-0045 Dossier 8 Die Liste seiner offiziellen Termine hat er auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht: www.facebook.com/ permalink.php? story_fbid=1068516416585463&id=221260801311033 (letzter Zugriff: 14.05.2021). 9 Auch in der Berichterstattung über diesen Abend wird Eribon als Antipode Macrons herausgestellt: So habe „Kulturdezernentin Ina Hartwig wie beschwipst von ihrer Begegnung vor drei Stunden mit Macron“ geschwärmt, notiert ein Redakteur, der Eribon dazu in Opposition stellt, allerdings auch bemerkt, dessen Auftritt sei „nicht frei von teils sozialromantischen Schicksalsnoten“ gewesen (Hladek 2017: 26). 10 Mit ebendiesem Titel - Rückkehr zur Rückkehr - ist im Übrigen auch die Eribon- Kurzbesprechung in der Spiegel-Kulturbeilage überschrieben (Rapp 2017: 3). 11 Auch Hethey/ Struve (2018: 81) situieren Eribon in ihrer Auswertung des Pressespiegels in einer Reihe mit personenbezogenen Artikeln zu Tristan Garcia, Geoffroy de Lagasnerie und Édouard Louis. 12 In diesem Zusammenhang ist auch auf weitere Diskussionen zu verweisen. So wurde auch die kritische Frage, ob es sich bei der Einladung einer Reihe subsaharischer Verlage zu einem Gemeinschaftsstand nicht um einen gönnerhaften Kulturimperialismus Frankreichs handele, auf der Messe selbst mitthematisiert (cf. Rhein 2018).