eBooks

Leopardis Dichten und Denken der Natur

Pensiero e poesia della natura in Leopardi

0617
2024
978-3-3811-0222-8
978-3-3811-0221-1
Gunter Narr Verlag 
Barbara Kuhn
Giulia Agostini
10.24053/9783381102228

Die Natur fordert den Menschen seit jeher heraus. Doch seit der Romantik gewinnt die Beschäftigung mit der Natur zunehmend an Bedeutung, und gerade heute ist sie von immenser Aktualität. Leopardis Werk reflektiert die vielfältigen Momente des Natur-Begriffs in Vers und Prosa. Denn den Ausgangspunkt seines skeptischen Denkens bildet die Ergrundung des Wesens der Dinge und der Existenz des Menschen im Wissen um Kontingenz und Grundlosigkeit. Dieser Gestus, der Natur des Zufalls wie auch der Zufälligkeit der Natur entgegenzutreten, bedingt die Originalität und Aktualität seines Werks, denen der vorliegende Band nachgeht, um die bis heute verbluffende und immer neue Fragen aufwerfende <Lebendigkeit> von Leopardis Dichten und Denken zu erforschen.

<?page no="0"?> ISBN 978-3-381-10221-1 Die Natur fordert den Menschen seit jeher heraus. Doch seit der Romantik gewinnt die Beschäftigung mit der Natur zunehmend an Bedeutung, und gerade heute ist sie von immenser Aktualität. Leopardis Werk reflektiert die vielfältigen Momente des Natur-Begriffs in Vers und Prosa. Denn den Ausgangspunkt seines skeptischen Denkens bildet die Ergründung des Wesens der Dinge und der Existenz des Menschen im Wissen um Kontingenz und Grundlosigkeit. Dieser Gestus, der Natur des Zufalls wie auch der Zufälligkeit der Natur entgegenzutreten, bedingt die Originalität und Aktualität seines Werks, denen der vorliegende Band nachgeht, um die bis heute verblüffende und immer neue Fragen aufwerfende ‹Lebendigkeit› von Leopardis Dichten und Denken zu erforschen. Kuhn / Agostini (Hrsg.) Leopardis Dichten und Denken der Natur 31 / 32 Barbara Kuhn Giulia Agostini (Hrsg.) Leopardis Dichten und Denken der Natur Pensiero e poesia della natura in Leopardi <?page no="1"?> Leopardis Dichten und Denken der Natur <?page no="2"?> Periodikum der Deutschen Leopardi-Gesellschaft 31/ 32 <?page no="3"?> Barbara Kuhn, Giulia Agostini (Hrsg.) Leopardis Dichten und Denken der Natur Pensiero e poesia della natura in Leopardi <?page no="4"?> DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783381102228 � DR SPECK �-- LITERATUR E STIFTUNG � Gedruckt mit Unterstützung der Dr. Speck-Literaturstiftung, Köln. © 2024 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Überset‐ zungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISSN 1436-2260 ISBN 978-3-381-10221-1 (Print) ISBN 978-3-381-10222-8 (ePDF) ISBN 978-3-381-10223-5 (ePub) Umschlagabbildung: August Strindberg, Seglare, 1873, Öl auf Leinwand, Nordic Museum Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> I N M E M O R IAM S E B A S T IAN N E U M E I S T E R (5.4.1938---10.8.2023) <?page no="7"?> 7 Inhalt Barbara Kuhn Quella natura - la natura nostra - un’altra natura: die vielgestaltige Natur als offene Frage im Werk Leopardis. Einführende Überlegungen . . . . . . . . . . 9 Quella natura - la natura nostra - un’altra natura: la natura pluriforme come questione aperta nell’opera di Leopardi. Riflessioni introduttive Antonio Prete Della natura (per frammenti) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Über die Natur (in Fragmenten) I NATURBILDER LEOPARDIS: ÖKOPOETISCHE PERSPEKTIVEN Franco D’Intino Gli avvenimenti non umani. Leopardi, le foreste e la manipolazione della natura . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Nicht-menschliche Ereignisse. Leopardi, die Wälder und die Manipulation der Natur Susanne Koopmann Der Trost der Wüstenblume im Anthropozän . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 La consolazione del fiore del deserto nell’antropocene Patrizia Landi Le voci/ i silenzi della Natura, tra piacere e souffrance . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 Die Stimmen/ die Stille der Natur, zwischen Vergnügen und souffrance II VIELFÄLTIGE NATURBEGRIFFE: INTERTEXTUELLE DIALOGE IM WERK LEOPARDIS Giovanni Vito Distefano «I’ mi son un che quando Natura parla». Una prospettiva intertestuale sul rapporto tra poesia e natura in Leopardi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 «I’ mi son un che quando Natura parla». Das Verhältnis zwischen Dichtung und Natur bei Leopardi aus einer intertextuellen Perspektive Franca Janowski La materia della vita: natura e simbolo nel percorso leopardiano. Il mito della fenice . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Die Materie des Lebens: Natur und Symbol im Werk Leopardis. Der Mythos vom Phönix <?page no="8"?> Angela Oster ‹Veriloquium nominis›? Name und Natur in Leopardis A Silvia (und «all’antica» bei Statius, Petrarca, Dante) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 ‹Veriloquium nominis›? Nome e natura in A Silvia di Leopardi (e «all’antica» in Stazio, Petrarca, Dante) Michael Schulz Dynamiken der Natur. Unamuno liest Leopardi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 Dinamismi della natura. Unamuno legge Leopardi III DIE NATUR DES MENSCHEN IN DER NATUR: WIDERSTREIT UND AMBIVALENZ Novella Bellucci Il Fanciullo e la Natura . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 Das Kind und die Natur Thomas Klinkert Die Ambivalenz der Natur und des Todes in Leopardis Sopra un bassorilievo antico sepolcrale und Sopra il ritratto di una bella donna . . . . . . . . . . . . . . . 269 L’ambivalenza della natura e della morte in Sopra un bassorilievo antico sepolcrale e Sopra il ritratto di una bella donna di Leopardi Cornelia Klettke Leopardi und die Kommunikation mit dem Leser. Zu den ersten Einträgen des Zibaldone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 Leopardi e la comunicazione con il lettore. Considerazioni sugli appunti iniziali dello Zibaldone 253 269 293 III DIE NATUR DES MENSCHEN IN DER NATUR: WIDERSTREIT UND AMBIVALENZ Novella Bellucci Il Fanciullo e la Natura . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Thomas Klinkert Die Ambivalenz der Natur und des Todes in Leopardis Sopra un bassorilievo antico sepolcrale und Sopra il ritratto di una bella donna . . . . . . . . . . . . . . . . Cornelia Klettke Leopardi und die Kommunikation mit dem Leser. Zu den ersten Einträgen des Zibaldone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Inhalt <?page no="9"?> 1 Giacomo Leopardi: Operette morali, in: id.: Poesie e prose. Vol. II. Prose. A cura di Rolando Damiani. Milano: Mondadori 1988, 203. Die deutsche Übersetzung der Passage findet sich in: Giacomo Leopardi: Opuscula moralia. Oder: Vom Lernen, über unsere Leiden zu lachen. Operette morali. Ausgesucht und übersetzt von Burkhart Kroeber auf der Basis der Erstübersetzung von Paul Heyse. Berlin: Die Andere Bibliothek 2017, 257. Die Operette morali werden im folgenden nach diesen beiden Ausgaben zitiert. Quella natura - la natura nostra - un’altra natura: la natura pluriforme come questione aperta nell’opera di Leopardi Riflessioni introduttive Quella natura - la natura nostra - un’altra natura: die vielgestaltige Natur als offene Frage im Werk Leopardis Einführende Überlegungen Barbara Kuhn La Nature […] parfois […] de confuses paroles. B A U D E L A I R E , C O R R E S P O N D A N C E S O natura, o natura […] L E O P A R D I , A S I L V I A I. Jene Natur, unsere Natur, eine andere Natur - die Zitatfragmente, die über diesen einführenden Überlegungen stehen, entstammen sämtlich einem einzigen Satz im Dialogo di Plotino e di Porfirio, dem im selben Absatz sogleich weitere Varianten wie die zweite, die neue oder die ursprüngliche Natur, die «seconda natura», die «natura nuova» oder die «natura primitiva» folgen 1 , und in ihrer <?page no="10"?> 2 «Nella natura, uno dei temi centrali, o meglio, tema centrale dell’universo leopardiano, si riassumono e si risolvono tutte le apparenti contraddizioni del pensiero di Leopardi: un’ambivalenza che è insita in ogni momento di riflessione del pensiero umano: desiderio-repulsione, condanna e riconoscimento della necessità di fare i conti con la vita, malgrado i limiti imposti dalla natura.» Sergio Sconocchia: «Mito della natura, del cielo, della luna: dalla Storia dell’astronomia all’ultimo Leopardi», in: Vincenzo Placella (a cura di): Leopardi e lo spettacolo della natura. Atti del Convegno internazionale (Napoli 17-19-dicembre 1998). Napoli: L’Orientale 2000, 369. 3 «Pensare la ‹natura› di Leopardi, si sa, è un sostare ai bordi di una mancata risposta: è dimorare nella zona d’ombra che circonda l’interrogazione ‹attorno alle cose ultime›. […] Nulla ancora possiamo dire conclusivamente su ciò che questa ‹figura›, così essen‐ ziale e centrale nell’asistematico ‹sistema› filosofico di Leopardi, dice. E ciò, nonostante migliaia di pagine critiche sul tema.» Alberto Folin: Pensare per affetti. Leopardi, la natura, l’immagine. Venezia: Marsilio 1996, 17. Vielzahl und Vielfalt deuten sie es an: Es gibt schon in diesem einen Text und desto mehr im Gesamtwerk Leopardis nicht die eine Natur, den einen Naturbegriff, das eine Bild der Natur, das sich mit seinem Namen und Werk verbinden ließe. Vielmehr faltet sein Werk eine ungemein große Bandbreite von unterschiedlichen Spielarten und heterogenen Kontexten, von umfassenden Bedeutungsräumen und subtilen Bedeutungsnuancen auseinander, so daß sich die Thematik der Natur nicht nur in allen von Leopardi praktizierten Textsorten findet, sondern ebenso mit nahezu allen anderen Themen korreliert ist: Mit Natur ist, wie sich weiter unten und vor allem in den folgenden Beiträgen differenzierter zeigen wird, unter anderem sowohl die immer in Frage stehende Natur des Menschen als auch die den Menschen umgebende Natur gemeint, und schon diese beiden sehr unterschiedlichen semantischen Felder interagieren zudem zwangsläufig und ununterbrochen. Wenn demnach die Natur nicht nur ein zentrales, für manche gar das zentrale Thema in Leopardis ‹Universum›, in seinem gesamten Werk und Schaffen ist, in dem sich alle scheinbaren Widersprüche seines Denkens bündeln 2 , sondern zugleich ein Thema, über das bereits tausende von Seiten geschrieben wurden 3 , kann ein weiterer Band, der einzelne Beiträge zu dieser großen Frage versammelt, gewiß nicht den Anspruch erheben, diese Frage letztgültig zu beantworten oder gar das Thema zu erschöpfen: Weder das eine noch das andere ist das Ziel der hier vorgelegten Akten der Tagung der Deutschen Leopardi-Gesellschaft und der Heidelberger Romanistik, die unter dem Titel «O natura, o natura» - Leopardis Dichten und Denken der Natur im Sommer 2022 an der Universität Heidelberg stattfand. Fast ließe sich sagen: im Gegenteil, denn das Ziel liegt vielmehr darin, auf besagte große Frage zurückzukommen, ohne sie zu erschöpfen, um das Nachdenken über Leopardis komplexe Konzepte und Konzeption der Natur fortzuführen, sind diese doch nicht nur für nahezu alle 10 Barbara Kuhn <?page no="11"?> 4 So neben vielen anderen z.B. Sconocchia: «Mito della natura», 365: «Una delle mani‐ festazioni più evidenti della bipolarità leopardiana è quella relativa al concetto di natura, che, come è noto, dal giugno 1824 […] è, per così dire, ‹investita› da una connotazione negativa intensa e radicale, in aperto contrasto con la forte connotazione degli anni precedenti, sia nel Discorso di un italiano intorno alla poesia romantica, sia in altre opere, sia nello Zibaldone». Auch Ferrucci geht von zwei Phasen aus, die sich durch die Entstehung der Operette morali trennen ließen: «Siamo ormai nella seconda fase dello Zibaldone, ed è già intervenuta la revisione attuata nelle Operette morali che ha tramutato la Natura benefica in Natura maligna». Franco Ferrucci: «Il moto, la quiete: Leopardi e il principio di contraddizione», in: Lettere italiane 44 (1992), 582. 5 Ähnlich argumentiert Biancu, wenn er sich gegen Lektüren wendet, die «una svolta radicale nell’indagine leopardiana sulla natura» postulieren, und zum Schluß kommt: «Sarebbe forse meglio parlare di una radicalizzazione di istanze già ben presenti […], piuttosto che di un salto o di una netta cesura […; ] l’oscillazione tra natura benigna e matrigna dipende […] dalla prospettiva dalla quale si osserva. È, come sempre in Leopardi, un problema di sguardi.» Stefano Biancu: La poesia e le cose. Su Leopardi. Milano: Mimesis 2006, 160sq. Texte des Autors relevant; sie erzeugen zudem seit dem Ottocento bis in die Gegenwart immer wieder konträre Positionen und Positionierungen und deuten so auf die Unabschließbarkeit des Themas gleichsam selbst hin. Exemplarisch mögen wenige Beispiele solcher Gegensätzlichkeit illustrieren, wie vielfältig die Texte in ihrem Blick auf die Natur selbst sind und wie produktiv dieses Nachdenken darüber, der Dialog über unterschiedliche Lesarten der Texte, gerade auch in den vergangenen Jahrzehnten war und bis heute bleibt. So kann als eine der immer wieder diskutierten Fragen insbesondere die Debatte darüber gelten, ob in Leopardis Denken der Natur ein klarer Bruch auszumachen ist - näherhin der Bruch zwischen der Überzeugung von einer gütigen, dem Menschen wohlgesonnenen Natur und der entgegengesetzten These einer dem Menschen feindlich oder zumindest völlig gleichgültig gegenüberstehenden Natur 4 - oder ob sich beide Seiten durch sein Schaffen hindurchziehen und die meist als Scheidelinie betrachteten Operette morali, vor allem der Dialogo della Natura e di un Islandese, die beiden gegensätzlichen Tendenzen allenfalls zuspitzen 5 , ohne daß eine lineare Entwicklung von der einen zur anderen Sichtweise postuliert werden könnte: «non c’è, nel meditare leopardiano sulla natura e sull’esistenza, quel salto, quella svolta che alcuni hanno visto prender forma attorno alla composizione del Dialogo della Natura e di un Islandese Die vielgestaltige Natur als offene Frage im Werk Leopardis 11 <?page no="12"?> 6 Antonio Prete: Il deserto e il fiore. Leggendo Leopardi. Roma: Donzelli 2004, 90. Cf. hier auch: «Questo teatro filosofico, con le figure del pensiero affidate a ritorni, riprese, riapparizioni, smentisce quanti hanno voluto scolasticamente raggelare l’irrisolta interrogazione leopardiana in fasi, salti, fratture. La prima vittima di questo affanno storiografico distintivo è stata la leopardiana teoria della natura: sottratta alla sua mobilità appunto drammaturgica, al ventaglio amplissimo delle posizioni, all’intrico dei nessi, al turbamento stesso di un domandare privo di risposte», ibid., 86. 7 Emanuele Severino: In viaggio con Leopardi. La partita sul destino dell’uomo. Milano: Rizzoli 2015, 158sq. Die Zitate aus dem Zibaldone folgen der Ausgabe: Giacomo Leopardi: Zibaldone di pensieri. Ed. critica e annotata a cura di Giuseppe Pacella. 3 vol. Milano: Garzanti 1991. Deutsche Übersetzung, wo nicht anders angegeben, nach: Giacomo Leopardi: Das Gedankenbuch. Auswahl, Übersetzung und Nachwort von Hanno Helbling. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1992. Die mit der Sigle Zib. jeweils angegebene Seitenzahl verweist auf die Seiten des Autographs. 8 Salvatore Natoli: «Natura», in: id. / Antonio Prete: Dialogo su Leopardi. Natura, poesia, filosofia. Milano: Mondadori 1998, 145. 9 Cf. die Zitate in den Fußnoten-2 und 5. 10 Cf. vor allem Rigonis Beiträge «Romanticismo leopardiano», «Leopardi, Schelling, Madame de Staël e la concezione romantica della natura» und «Contro l’analisi», in: Mario Andrea Rigoni: Il pensiero di Leopardi. Nuova ed. accresciuta e rivista. Prefazione di E.M. Cioran. Nota di Raoul Bruni. Napoli: La scuola di Pitagora editrice 2020, 171-215. Teilweise stellt sich Rigoni damit auch gegen Leopardis eigene Positionierung gegen‐ über den Zeitgenossen: Erinnert sei nur an den Discorso di un italiano intorno alla poesia romantica und die Polemik gegenüber Autoren wie Di Breme. Mit dem Abstand von 150 (maggio del 1824). C’è semmai una dislocazione dello sguardo che dalla vita in quanto tale si sposta sui viventi» 6 . Eng verbunden mit dieser Setzung eines Bruchs hier, der Überzeugung von einer nicht auf eine chronologische Linie zu reduzierenden Gedankenvielfalt dort ist zum einen die Frage, ob Leopardi die Natur selbst als widersprüchlich konzipiert oder nicht: Während etwa Severino explizit auf Leopardis eigene Formulierungen hinweist - «questa contraddizione in natura» (Zib. 4087), «le contraddizioni palpabili che sono in natura» (Zib. 4099) 7 -, zögert Natoli vor einem voreiligen Schluß: «La contraddizione è dunque in natura? Non è detto» 8 . Zum anderen verbindet sich damit die in den Zitaten bereits anklingende Frage, ob in dem so umfassenden Thema die vermeintlichen Widersprüche sich auflösen, «si risolvono», oder ob die «irrisolta interrogazione leopardiana» 9 nicht eben aus solchem Nicht-Auflösen ihre Besonderheit, ihre Beweglichkeit und nicht zuletzt ihre Faszination gewinnt. Und auch Leopardis Verhältnis zur Romantik, seine Distanz oder seine Zuge‐ hörigkeit, sind mit der ‹romantischen› oder anderweitig konnotierten Konzep‐ tion der Natur aufs engste verknüpft und bringen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu entgegengesetzten Konsequenzen, wenn Rigoni den Autor doch primär als Romantiker sieht 10 , während Mengaldo eindeutig für 12 Barbara Kuhn <?page no="13"?> bis 200 Jahren und in Kenntnis anderer ‹Romantiker› als jener, von denen Leopardi sich so dezidiert distanziert, mag sich der Blick auf ‹classici› und ‹romantici› freilich anders ausnehmen als in der Gegenwart des frühen 19. Jahrhunderts, und auch in Leopardis Werk bleiben keineswegs alle Oppositionen bis zum Ende so klar stehen, wie sie 1818 im Discorso scheinbar unwiderruflich formuliert worden waren. 11 Pier Vincenzo Mengaldo: «Leopardi antiromantico», in: id.: Leopardi antiromantico. E altri saggi sui «Canti». Milano: Il Mulino 2012, 16. Der Autor beruft sich in seiner Argumentation einmal mehr auf die - für ihn offenbar nicht in Frage stehende - «svolta decisiva», die mit dem Dialogo della Natura e di un Islandese eingetreten sei (cf. ibid., 20-27). 12 Novella Bellucci: «Leopardi: un romantisme anti-romantique», in: Critique 6.745-746 (2009), 585. 13 Im Sinne dieser «einführenden Überlegungen» konzentriert sich die hier vorgeschla‐ gene Lektüre freilich im wesentlichen auf die mit dem Thema der Natur in seinen unterschiedlichen, hier anklingenden Facetten verbundenen Aspekte des Gedichts. Für eine umfassendere Lektüre, die diesen canto in Verbindung mit La sera del dì di festa und Il sabato del villaggio betrachtet und den Akzent insbesondere auf die Rolle von Imagination und Illusion sowie auf die spezifische Form der Erkenntnis, wie sie allein die Kunst zu verschaffen vermag, legt, sei auf die Interpretation Sebastian Neumeisters verwiesen, dem dieser ganze Ginestra-Band gewidmet ist: Sebastian Neumeister: «La quiete dopo la tempesta. Lettura», in: Lectura leopardiana. I quarantuno Canti e I nuovi credenti. A cura di Armando Magliani. Venezia: Marsilio 2003, 451- 463. Neumeister weist auch darauf hin, daß dieser canto «sinora troppo negletto dalla critica» bislang vergleichsweise selten Gegenstand einer ausgedehnteren wissen‐ schaftlichen Auseinandersetzung wurde. Auch der 2009 von Pier Vincenzo Mengaldo einen «Leopardi antiromantico» votiert und dafür seinerseits neben anderen Argumenten auch die romantische «visione della natura» heranzieht, die sich grundlegend von Leopardis Perspektive unterscheide 11 . Die salomonische Lö‐ sung - nicht als billiger Kompromiß, sondern notwendigerweise, eben aufgrund der Komplexität der Leopardischen Positionen - mag jene von Novella Bellucci sein, die vom «romantisme anti-romantique» Leopardis spricht und ihre Argu‐ mentation wiederum essentiell an der - eigenen und fremden - Konzeption der Natur festmacht: «Sa haine et son déni du moderne, et en ce sens son anti-romantisme, vont de pair avec une passion sans bornes pour l’Antiquité, avec une infinie et romantique nostalgie de la nature en tant que terre perdue et lieu originel (de la poésie, au premier chef)» 12 . Mit anderen Worten, Leopardis vielfältiges Denken und Dichten der Natur fordert geradezu die immer neue Auseinandersetzung damit heraus, weil keine Lektüre seiner Texte, gleich ob Canti, Operette morali oder Zibaldone, ob frühe Abhandlungen und Discorsi, ob Übersetzungen antiker Werke, eigene Projekte oder Briefe, um diese Frage der Natur herumkommt, so virulent ist sie in ihren unterschiedlichen Facetten und Bedeutungen allenthalben. Wiederum exemplarisch soll dies zunächst durch die Lektüre 13 eines scheinbar so klaren, Die vielgestaltige Natur als offene Frage im Werk Leopardis 13 <?page no="14"?> signifikanterweise «Per un commento alla Quiete dopo la tempesta» (in: Strumenti critici 24 (2009), 329-351) überschriebene Aufsatz schließt diese Lücke nicht wirklich, weil er eher Vers für Vers Material ‹für einen Kommentar› liefert, aber, anders als Neumeisters Beitrag, keine kohärente Auslegung des Gedichts, die allenfalls mit den «Conclusioni provvisorie» angedeutet oder versprochen wird (347-351). Als wenig plausibel und ergiebig erweist sich die stark psychologisierend und weitgehend biographistisch argumentierende, zugleich mit poststrukturalistischen Einsprengseln versehene Lesart des Gedichts, die Anne Urbancic vorgelegt hat («Reflecting on a moment of calm: Leopardi’s ‹La Quiete dopo la tempesta›», in: Rivista di studi italiani 16 (1998), 519-536. 14 Die Gedichte Leopardis werden nach folgender Ausgabe zitiert: Giacomo Leopardi: Canti, in: id.: Poesie e prose. Vol. I. Poesie. A cura di Mario Andrea Rigoni con un saggio di Cesare Galimberti. Milano: Mondadori 3 1990, 89s. Die deutsche Übersetzung findet sich in: Giacomo Leopardi: Canti e Frammenti. Gesänge und Fragmente. Italienisch / Deutsch. Übers. von Helmut Endrulat. Hg. von Helmut Endrulat / Gero Alfred Schwalb. Stuttgart: Reclam 1990, 166-171 (geringfügig modifiziert, um einige Rekurrenzen beizubehalten). unmittelbar eingängigen Gedichts wie La quiete dopo la tempesta unterstrichen werden, bevor abschließend - und an das erste der beiden Motti anschließend - in knapper Form gewisse Affinitäten Leopardis und Baudelaires, dieser beiden so unterschiedlichen und doch in manchem so nahen Begründer moderner Lyrik, im Blick auf beider Einschätzung der Natur im Fokus der Betrachtung stehen. 14 II. La quiete dopo la tempesta -----Passata è la tempesta: Odo augelli far festa, e la gallina, Tornata in su la via, Che ripete il suo verso. Ecco il sereno 5 Rompe là da ponente, alla montagna; Sgombrasi la campagna, E chiaro nella valle il fiume appare. Ogni cor si rallegra, in ogni lato Risorge il romorio 10 Torna il lavoro usato. L’artigiano a mirar l’umido cielo, Con l’opra in man, cantando, Fassi in su l’uscio; a prova Vien fuor la femminetta a còr dell’acqua 14 Barbara Kuhn <?page no="15"?> 15 Della novella piova; E l’erbaiuol rinnova Di sentiero in sentiero Il grido giornaliero. Ecco il sol che ritorna, ecco sorride 20 Per li poggi e le ville. Apre i balconi, Apre terrazzi e logge la famiglia: E, dalla via corrente, odi lontano Tintinnio di sonagli; il carro stride Del passeggier che il suo cammin ripiglia. 25 -----Si rallegra ogni core. Sì dolce, sì gradita Quand’è, com’or, la vita? Quando con tanto amore L’uomo a’ suoi studi intende? 30 O torna all’opre? o cosa nova imprende? Quando de’ mali suoi men si ricorda? Piacer figlio d’affanno; Gioia vana, ch’è frutto Del passato timore, onde si scosse 35 E paventò la morte Chi la vita abborria; Onde in lungo tormento, Fredde, tacite, smorte, Sudàr le genti e palpitàr, vedendo 40 Mossi alle nostre offese Folgori, nembi e vento. -----O natura cortese, Son questi i doni tuoi, Questi i diletti sono 45 Che tu porgi ai mortali. Uscir di pena È diletto fra noi. Pene tu spargi a larga mano; il duolo Spontaneo sorge: e di piacer, quel tanto Che per mostro e miracolo talvolta Die vielgestaltige Natur als offene Frage im Werk Leopardis 15 <?page no="16"?> 15 So Neumeister: «La quiete dopo la tempesta», 463 (das Zitat findet sich oben in Anm.-13). 50 Nasce d’affanno, è gran guadagno. Umana Prole cara agli eterni! assai felice Se respirar ti lice D’alcun dolor: beata Se te d’ogni dolor morte risana. [Die Ruhe nach dem Sturm Vorüber ist das Gewitter. | Vögel höre ich jubeln. Die kleine Henne | kehrt auf die Gasse zurück | und gackert erneut ihren Vers. Und siehe, der Himmel | über den Bergen im Westen klart wieder auf. | Lichter dehnt sich das Land, | und silberschimmernd zeigt sich der Fluß im Tal. | Ein jedes Herz freut sich, und überall | regt sich’s geräuschvoll. Das Tagwerk | nimmt seinen gewohnten Lauf. | Der Handwerker tritt in die Tür, sein Werkstück in Händen | den wolkigen Himmel betrachtend, | und singt. Und prüfend schaut | das Hausmütterchen und kommt auf den Hof, das frische | Regenwasser zu schöpfen. | Von Gasse zu Gasse laut | preist der Gemüsemann | wieder die Ware an. Siehe, die Sonne kehrt wieder, siehe, sie lacht | über Hügel und Haus, das Gesinde macht | die Fenster weit auf zu Terrasse, Loggia, Balkon. | Fern von der Hauptstraße hörst du den hellen Ton | klingender Schellen, hörst dumpf die Räder knarren, | wenn weiterzieht der Fuhrmann mit seinem Karren. Es freut sich jedes Herz. | Wann sind im Leben wie heut | so beglückt und erfreut | die Menschen? Und wann sonst ginge | jeder mit solcher Wonne | ans Werk, an die Studien oder an neue Dinge? | Wann denkt man weniger an die eigenen Plagen? | Des Kummers Kind ist die Freude, | das eitle Vergnügen die Frucht | überstandener Angst, die selbst den, dem das Leben | verächtlich dünkte, erbeben | läßt und fürchten den Tod, | die Angst, die kalt, stumm und bleich | die Völker in langer Not | schwitzen und zittern ließ, wenn sie sahen, daß nur | um uns zu quälen, losgelassen sind | Blitze, Wolken und Wind. Freigebige, reiche Natur, | das also sind deine Gaben, | das sind die Wonnen, die Freuden, | die du den Sterblichen gönnst! Freude für uns ist’s, | zu entrinnen den Leiden. | Leiden verteilst du reichlich. Ohne dein Zutun | stellt sich der Schmerz ein. Und großer Gewinn ist für uns schon | jene Freude, die wie ein Wunder manchmal | aus dem Kummer entspringt. | Menschengeschlecht, du Liebling der Götter, entzückt, | wenn du aufatmen darfst | nach einem Schmerz, und beglückt, | wenn der Tod dir von allen Schmerzen Erlösung bringt.] Ohne an dieser Stelle detailliert auf den Reichtum dieses von der Forschung eher unberücksichtigt gelassenen Gedichts 15 eingehen zu können, in dem zahlreiche 16 Barbara Kuhn <?page no="17"?> 16 Barbara De Miro D’Aieta: «Il teatro mentale di Leopardi e il paesaggio dei Grandi Idilli», in: Vincenzo Placella (a cura di): Leopardi e lo spettacolo della natura. Atti del Convegno internazionale (Napoli 17-19 dicembre 1998). Napoli: L’Orientale 2000, 354. 17 «Potrebbe rimanere, di secoli di noia, un verso: il più bello, il più inutile, il più melanconico, il più perfetto che sia mai stato scritto: E chiaro nella valle il fiume appare.» Umberto Saba: Scorciatoie e raccontini [1946]. Genova: Il melangolo 1993, 182. Den Hinweis auf Saba verdanke ich Mengaldo: «Per un commento», 338. 18 Fabiana Cacciapuoti: «Considerazioni sul ‹sistema della natura› nello Zibaldone», in: Vincenzo Placella (a cura di): Leopardi e lo spettacolo della natura. Atti del Convegno internazionale (Napoli 17-19-dicembre 1998). Napoli: L’Orientale 2000, 316 und 323. auch andernorts im Werk Leopardis zentrale Themen anklingen, sei hier insbesondere die Vielfalt der Naturbegriffe und die Reflexion über diese unter‐ schiedlichen Arten, ‹Natur› zu verstehen, hervorgehoben. Das nicht strophisch gebaute, sondern in drei ungleich lange lasse oder Versabschnitte gegliederte Gedicht, das nicht nur als «composizione lirica perfetta» 16 gewertet wird, sondern, Umberto Saba zufolge, mit «e chiaro nella valle il fiume appare» (v.-7) gar den schönsten je geschriebenen Vers überhaupt enthalte 17 , evoziert in diesen drei Teilen, gekoppelt mit drei je unterschiedlichen Sprechweisen, eben jene drei unterschiedlichen Bedeutungsebenen des Wortes ‹Natur›, die, wie Fabiana Cacciapuoti gezeigt hat, das «sistema della natura» im Zibaldone ausmachen: la lettura del testo zibaldonico […] offre due linee interpretative della natura: la natura degli uomini […], e la natura come entità, un’astrazione che domina tutto il pensiero leopardiano e che non conosce i termini di madre e matrigna altrove usati. Tuttavia, un terzo aspetto della natura - aspetto non secondario - va considerato: ed è quello della natura fisica, della terra con i suoi alberi, fiori, frutti […]. L’intreccio di questi tre aspetti non comporta alcuna contraddizione […]. L’attenzione alla natura come sistema comprende allora, ed è questo il punto centrale di tutto il discorso, la natura dell’uomo come parte integrante e non separata della natura intesa quale ambiente e quale astrazione, cioè ordine delle cose. 18 Dieselbe Trias läßt sich in dem Gedicht ausmachen, auch wenn das lyrische Ich in allen drei Teilen präsent ist und sie so zusammen‐ schließt: im ersten zunächst als wahrnehmendes Ich in «odo» (v. 2) und in «odi» (v. 22) im von ihm angesprochenen Du - das freilich auch das Ich selbst meinen kann, wie es den noch fernen Schellen‐ klängen lauscht und auf den mit seinem Wagen aufbrechenden «passeggier» schließt. Im zweiten Teil manifestiert sich die Sprechinstanz hingegen - außer durch das temporaldeiktische «com’or» (v. 27), das den unmittelbaren Bezug zur im ersten Teil geschilderten Situation, der geschäftigen Ruhe nach dem Sturm, herstellt, in der sich, der Fiktion nach, dieses Ich befinde und die Die vielgestaltige Natur als offene Frage im Werk Leopardis 17 <?page no="18"?> 19 Wie Campana in seiner Ausgabe der Canti anmerkt, verweisen diese Verse zurück auf die erste Seite des Zibaldone, wo in den bereits 1817 entstandenen Versen das‐ selbe Motiv des «passegger» mit seinem «carro» auf der «maestra via» vorkommt und ebenfalls «Il tintinnio de’ mobili sonagli» zu hören ist. Selbstverständlich handelt es sich bei diesen «sonagli» in beiden Fällen einfach um am Wagen angebrachte Schellen, wie es in früheren Zeiten der Brauch war, und nicht, wie in einem der folgenden Beiträge, bezogen auf den Beginn des Zibaldone, zu lesen, um eine Anspielung auf die Narrenkappe (berretto a sonagli) oder gar auf eine Klapperschlange (serpente a sonagli): «I versi del canto, come già gli appunti, alludono all’uso antico di appendere sonagli ai carri per renderne evidente l’arrivo, il passaggio o gli spostamenti». Andrea Campana: [Commento], in: Giacomo Leopardi: Canti. Introduzione e commento di An‐ drea Campana. Roma: Carrocci 2014, 359. Im Kontext des canto wirken die «sonagli» in erster Linie mit am fröhlichen, vielstimmigen Konzert der gesamten Natur nach der «tempesta» und signalisieren so einmal mehr das - buchstäblich - harmonische Miteinander von Mensch und (restlicher) Natur in diesem ersten Versabschnitt. 20 So Urbancic: «Reflecting on a moment of calm», 525, die sich mit «verismo» auf Sa‐ pegno bezieht, gleichzeitig aber, mit Bezug auf Russo, von deskriptiv-idyllischen Versen spricht und vor allem, wie auch De Miro D’Aieta, alles hier Gedichtete unmittelbar es hörend und sehend beobachte - primär in «alle nostre offese» (v. 40), mit dem zugleich die Verkettung mit dem dritten Teil und hier dem «fra noi» (v. 47) entsteht, so daß alle drei Abschnitte durch die Sprechsituation und über die Unterschiede hinweg durch das sprechende Ich eng verbunden sind, auch wenn das angesprochene Du, das im zweiten Teil ganz fehlt, vom ersten bis zum dritten ein völlig anderes geworden ist, weil hier ein anderer der drei Aspekte, die das von Cacciapuoti erwähnte «sistema della natura» im Zibaldone ausmachen, im Vordergrund steht. Der erste, von «odo» und «odi» quasi umrahmte Versabschnitt (vv. 1-24) evoziert, wie das vom Polyptoton unterstrichene Wahrnehmungsverb hervor‐ hebt, vor allem die den Menschen umgebende Natur, die «natura intesa quale ambiente», und den Menschen in dieser Natur als Teil der Natur: Wie im Elogio degli uccelli geschildert, singen auch hier die Vögel nach dem Gewitter wieder, das Huhn ist erneut auf dem Weg zu sehen und mit seinem «verso» zu hören, der Himmel reißt auf, die Berge oben und unten im Tal der Fluß enthüllen sich von neuem dem Blick, die Sonne lacht über den Hügeln und Häusern, und in diesem Ambiente nehmen auch die Menschen, in voller Übereinstimmung mit der Natur um sie herum, ihre verschiedenen Tätigkeiten wieder auf. Die Fülle der akustischen und visuellen Eindrücke von «Odo augelli far festa» (v. 2) bis «odi lontano | Tintinnio di sonagli» (vv. 22s.) 19 unterstreichen den Aspekt der sinnlichen Wahrnehmung dieser physischen Natur, wenngleich es sich, wie wiederum die fröhlich singenden Vögel, der heitere Himmel, Fluß und Berge etc. deutlich machen, weniger um eine ‹rea‐ listische› oder gar ‹veristische› Darstellung 20 handelt, sondern um ein fröh‐ 18 Barbara Kuhn <?page no="19"?> auf die historische Figur des Conte Giacomo Leopardi und die Villa der Familie in Recanati münzt. Daß es sich um viel mehr als um einen biographischen Bezug und um das nachträgliche Bedichten der kindlichen Angst vor dem Gewitter (cf. Zib. 3518sq.), auf die auch gern hingewiesen wird, geht, macht Blasucci deutlich: Zwar handle es sich um eine «realtà familiare al poeta», die allerdings - selbstverständlich - «filtrata dalla memoria» sei, doch mehr noch liege ein «vero e proprio topos interno alla fantasia leopardiana» vor, den zugleich diverse «suggestioni ‹esterne›» bereicherten, so daß die «memoria letteraria (anche […] autoletteraria)» für die Genese auch dieses Gedichts einmal mehr nicht zu unterschätzen ist. Luigi Blasucci: «I tre momenti della ‹Quiete›», in: id.: I tempi dei «Canti». Nuovi studi leopardiani. Torino: Einaudi 1996, 129 und 127sq. 21 Auch wenn das Verb «allegrare» laut Zingarelli durchaus noch existiert, ist doch «ral‐ legrare» die heute üblichere Form, während ersteres fast ausschließlich zum ge‐ hobenen oder ‹literarischen› Register gezählt wird, wohingegen das Adjektiv «al‐ legro» ebenso wie die Substantive «allegria», «allegrezza» und, als musikalische Satzbezeichnung, «allegro» gängig geblieben sind. Entsprechend annotiert Campana in seiner Ausgabe der Canti (226) zu «la gioventù del loco […] in cor s’allegra» (vv. 33- 35 des Passero solitario) einfach «si rallegra» als Synonym zur ungebräuchlich ge‐ wordenen Variante, ohne damit ein ‹wieder› zu konnotieren. Anders im Kontext einer ‹tempesta passata›, wo die Anziehungskraft des «ri-» auf «si rallegra» ausstrahlt - zumal Leopardi im anderen Canto ja diese Form verwendet und sich dazu gewiß nicht allein durch metrische Gründe gezwungen sah. 22 Hierauf weist auch Mengaldo hin, der aber vor allem das zahlenmäßige Verhältnis der beiden Versformen, die größere Zahl von endecasillabi am Ende (vv. 19-24), die als «segnale di chiusa» fungiere und durch die ein «slargo finale» in der Art einer «coda» entstehe, sowie die, abgesehen vom letzten Vers des Abschnitts, durch‐ gängige Gestalt erwähnt: «gli endecasillabi hanno il ritmo arioso e rapido, così caro a Leopardi, di x-6a-10a (eventualmente 6a-7a), dunque ripetendo al loro interno la forma del settenario, e spesso, a confermarla, all’interno di versi con pause più o meno marcate dopo la settima sillaba» (Mengaldo: «Per un commento», 334). lich-friedliches ‹Bild› oder ‹Idyll› des ländlichen Lebens nach einem Gewitter, wenn die Natur nach «Folgori, nembi e vento» (v. 41) gleichsam aufatmet und Mensch und Tier sich an der momentanen ‹Idylle› erfreuen. In eben diesem Augenblick setzt, nach der ängstlichen Angespanntheit und erzwun‐ genen Pause, das ‹lebendige Leben› wieder ein, wie viele der Verben von «ri‐ pete», «risorge» und «(ri)torna» bis «rinnova» und «ripiglia» unterstreichen, die durch eine Art semantischer Anziehungskraft selbst in «rallegra» das «Von neuem» und «Wieder» mitschwingen lassen 21 . Nicht zuletzt die metrische Gestalt dieses canto trägt ihrerseits zu seiner Klanglichkeit, seiner Musikalität bei. Denn nicht nur wechseln endecasillabi und settenari wie häufig in Leopardis canzoni und canzoni libere unregelmäßig ab und überwiegen in diesem ersten Versabschnitt unter den Elfsilbern klar die endecasillabi a maiore  22 ; unterstützt durch die Reime und Assonanzen klingt der canto hier fast durchgängig, als sei er aus Kurzversen zusammengesetzt, und erinnert so einmal mehr an ein fröhliches Lied oder gar einen Tanz, wie er im fol‐ Die vielgestaltige Natur als offene Frage im Werk Leopardis 19 <?page no="20"?> 23 Wie in vielen Gedichten Hölderlins, in denen beim bloßen Hören die Versgrenze nicht immer eindeutig ist, und wie auch häufig bei Leopardi zu beobachten (selbst dort, wo, wie in L’infinito, ausschließlich endecasillabi vorliegen, aber sich über diese eine andere Struktur legt, wie Costanzo Di Girolamo in «Gli endecasillabi dell’‹Infinito›» mit den endecasillabi interlineari (cf. ibid., 180) gezeigt hat), könnte auch dieses Gedicht seinem Klang, den Zäsuren und der Reimstruktur gemäß anders gedruckt werden, als sei es aus settenari und quinari zusammengesetzt (die Zählung verändert sich, weil aus vielen Sinalöphen dann Dialöphen werden, was die rein rechnerische Verlängerung von elf zu zwölf Silben bewirkt; der Klang ist derselbe, wie auch Mengaldo mit seinem Hinweis auf die «pause più o meno marcate dopo la settima sillaba» suggeriert: ‹Passata è la tempesta: | odo augelli far festa, | e la gallina, | tornata in su la via, | che ripete il suo verso. | Ecco il sereno | rompe là da ponente, | alla montagna; | sgombrasi la campagna, | e chiaro nella valle | il fiume appare›. In solcher Kleinschrittigkeit würde das angesprochene ‹Volkstanzmotiv› akzentuiert, das aber natürlich nur die eine Seite des komplexen canto aufgreift. Um wieviel vielfältiger (und offener, beweglicher im variablen Wechselspiel von endecasillabi und settenari) er ist, zeigt schon der stilistische Zusammenprall im zweiten Vers, in dem ‹hohes› und ‹niedriges› Register auf engstem Raum nebeneinander stehen, die poetischen «augelli» neben der alltäg‐ lich-prosaischen «gallina» (trotz oder gerade dank ihres ironischen «verso» in v. 3), und in dieser Verdichtung von Anfang an auf das subtile Spiel des gesamten canto deuten. Auf den Gegensatz von «voce letteraria» und «parola familiare» weist auch Mengaldo hin, der zudem den Unterschied von «gallina» hier und «gallinella» («assai meno ‹realistico›, più settecentesco o arcadico») in der Vita solitaria hervorhebt. Mengaldo: «Per un commento», 336 und 331. 24 «Daher denn der Aufruhr der Elemente und anderes, was dem Naturmenschen oder dem Zivilisierten und nicht minder den Tieren usw. Furcht und Schrecken verur‐ sacht»; «weil man […] nach dem Sturm die Ruhe [doppelt genießt]» (7.-August 1822). genden Sabato del villaggio in der Erinnerung der «vecchierella» evoziert wird 23 . Mit dem vom letzten Vers gesetzten Schlußpunkt, der Umkehr des Rhythmus durch einen endecasillabo a minore oder auch, nicht dem Schriftbild, aber dem Klang nach, durch einen quinario tronco und einen settenario, könnte der von der «vecchierella» dort und hier vom sprechenden, ‹singenden› Ich samt seinem (Lese-)Publikum imaginierte Reigen nach «ripiglia» als dem letzten Wort der lassa wieder beginnen: «Passata è la tempesta, | Odo augelli far festa» etc. Doch dieses friedliche Bild der ‹Ruhe nach dem Sturm›, in dem «Ogni cor si rallegra» (v. 8), weil, wie die vielzitierte Zibaldone-Passage vom 7. August 1822 formuliert, die beängstigenden «convulsioni degli elementi e altri tali cose che cagionano l’affanno e il male del timore all’uomo naturale e civile, e parimente agli animali», vorüber sind und die «calma dopo la tempesta» (Zib. 2601) 24 genossen werden kann, hat keine Dauer; es währt nur den einen Augenblick des Jetzt, auf das der Beginn des zweiten Abschnitts mit dem bereits erwähnten «com’or» hinweist. Was zunächst - eben im Sinne des Rundtanzes, 20 Barbara Kuhn <?page no="21"?> 25 Unter anderem, zusätzlich zu Reimen und Assonanzen, die Wiederholungen tor‐ nata-torna, ogni-ogni, novella-rinnova, sentiero-sentiero, ecco-ecco, apre-apre. Cf hierzu auch Mengaldo: «Per un commento», 332, und Blasucci: «I tre momenti», 130- 132, der, bezogen auf die prima lassa, seinerseits von «una sorta di ‹allegretto›» spricht und so ebenfalls den besonderen musikalischen Charakter dieses ersten Teils hervor‐ hebt. 26 Interessanterweise klingt die deutsche Übersetzung trotz ihrer großen Nähe zum Original noch deutlich positiver als der italienische Text; hier mutet erst der dritte Versabschnitt mit der ironischen Anrufung der Natur deutlicher negativ konnotiert an. In diesem Sinn vermag die Übersetzung den schwebenden Charakter des zweiten Teils zwischen dem ersten und dem dritten zu unterstreichen, auch wenn sie so den Ton des Originals nicht ganz zu treffen scheint. auf den auch die vielen Rekurrenzen 25 im ersten Teil anzuspielen scheinen - wie eine Art Refrain klingt - «Ogni cor si rallegra, […] Si rallegra ogni core» (vv.-8 und 25) -, erweist sich beim Weiterlesen doch als das, was der Chiasmus schon angedeutet hatte: als Verkehrung des friedlichen Bilds, als Wechsel in der Be‐ trachtungswie in der Sprechweise, als ‹buchstäbliches› (χ Durchkreuzen der Illusion, der fröhliche Tanz lasse sich fortsetzen. Nur der zweite Vers des zweiten Abschnitts vermag die Illusion noch einen kleinen Moment lang festzuhalten - «Si rallegra ogni core. | Sì dolce, sì gradita» (vv. 25sq.) -, doch mit einem er‐ neuten Chiasmus setzt unmittelbar danach mit dem ersten «Quando» als nach‐ geschobenem Fragepronomen die Serie der durch die Anapher «Quando» und die polysyndetische «o»-Enumeratio zusätzlich betonten rhetorischen Fragen ein, die dem Gedicht plötzlich einen völlig anderen Ton geben und den canto eher als nach einem fröhlichen Ritornello nun trotz der positiv konnotierten Lexeme und trotz der vorherrschenden settenari nach einer klagenden Elegie klingen lassen: «Sì dolce, sì gradita | Quand’è, com’or, la vita? | Quando con tanto amore | L’uomo a’ suoi studi intende? | O torna all’opre? o cosa nova imprende? | Quando de’ mali suoi men si ricorda? » (vv.-25-31). Durchkreuzt wird damit auch die Freude, die bis hierher «augelli» und «gal‐ lina», «artigiano», «femminetta», «erbaiuol», «famiglia», «passeggier» und gemeinsam mit «ogni cor» scheinbar auch das singende Ich empfanden. Dessen bohrendes Fragen, das es nur an sich selbst zu richten scheint - es gibt kein Du in diesem mittleren Abschnitt -, verkehrt «piacere» und «gioia» oder verwandelt sie geradezu in Nichts, erweist sich ersteres in der Reflexion doch als bloßer «figlio d’affanno» und letztere als eitel, weil lediglich «frutto | del passato timore» [«des Kummers Kind» und «Frucht überstandener Angst»]. 26 Im Nachdenken des Ich über die in all den aufgezählten Wahrnehmungen des ersten Versabschnitts gemachte Erfahrung, in der wörtlich zu nehmenden Re-flexion als einem ‹Zurückbiegen› des einen Ereignisses der ‹tempesta pas‐ Die vielgestaltige Natur als offene Frage im Werk Leopardis 21 <?page no="22"?> 27 Gegenüber dem neutraleren, gleichsam ‹meteorologischeren› Lexem «calma», das Leopardi im Zibaldone für die ‹Ruhe nach dem Sturm› gewählt hatte, wirkt die «quiete» wiederum poetischer und anspielungsreicher, zumal sie gleichzeitig di‐ verse intertextuelle Bezüge herstellt, vor allen anderen jenen zur «profondissima quiete» des Infinito. sata› und ihrer Folgen auf «la vita» und «l’uomo» generell, auf das Mensch‐ sein, erscheint auch die Natur in einem anderen Licht als zuvor und wie‐ derum geradezu auf den Kopf gestellt: War vorher die «tempesta» - eben wie das abgezogene Gewitter - nur noch im ersten Vers als vom ersten Wort an vergangene, «passata», präsent und damit nur mehr der Ausgangspunkt aller Freuden und allen Aufbruchs, aller Heiterkeit, in der sich Mensch, Tier und restliche Natur bis hin zur lächelnden Sonne in der meteorolo‐ gischen «calma» oder «quiete» 27 vereinten, wird sie, nun aber aufgefächert in «Folgori, nembi e vento» (v. 41) [«Blitze, Wolken und Wind»], zum Zielpunkt des ganzen Versabschnitts. Diese Gewitter-Trias, die sich nicht mehr auf «festa» reimt, sondern hier den «vento» über den Gleichklang mit dem «tormento» verknüpft, verwandelt sich so zum Bild aller Übel, die den Menschen heimsuchen und, wie die einzigen Vergangenheitsformen des ganzen Gedichts andeuten, dies schon immer taten, wenn sich die Erfahrung des einen Ereignisses, die Wirkung des plötzlich nachlassenden Schreckens oder Übels, verallgemeinern läßt und selbst auf den ausweiten, der eigentlich das Leben verachtete und den Tod herbeisehnte, oder auf die seit jeher «kalt, stumm und bleich […] in langer Not» leidenden Menschen. War der eigentlich Kippunkt bereits an der Stelle erreicht, an der jedes vermeintlich empfundene Glück erkannt wurde als bloßes Nachlassen der zuvor verspürten Qual, jede Freude als nur die Frucht überstandener Angst, er‐ reicht diese andere Sicht auf das ‹vergangene Gewitter› hier ihren Höhepunkt, insofern die Naturphänomene direkt auf den Menschen bezogen und daher als «offese», als eine Art Freudscher Kränkungen avant la lettre, betrachtet werden: Blitze, Wolken und Wind erscheinen dem Ich, das sich in dieser ersten Person Plural ausdrücklich als Teil der grundsätzlich leidenden Menschheit begreift, als «mossi alle nostre offese» [‹in Bewegung versetzt, um uns zu demütigen›], und sie werden als eine Art pars pro toto zum Bild für all das, was den Menschen kränkt und leiden läßt, so wie das abziehende Gewitter, ganz anders als im ersten Abschnitt, hier zum Bild dafür wird, daß alles Glück, 22 Barbara Kuhn <?page no="23"?> 28 Von daher unterscheidet sich die hier vorgeschlagene Lesart grundlegend von jener Gioanolas, der zwar auch die «figura della quiete dopo la tempesta» als Bild (er spricht mehrfach von «simboleggiare») für die «persuasione che il piacer sia figlio d’affanno» sieht, aber doch die «insistenza marcata, fino ai limiti dell’esagerazione, sui termini dello spavento procurato dall’evento m[e]tereologico» verblüffend findet und letztlich auf eine Überdeterminiertheit der Figur der «tempesta» schließt. Entspre‐ chend deutet er sie in seiner psychologisch-psychoanalytischen Lektüre im Kontext eines Schuld-und-Strafe-Komplexes und, wenn nicht eines Verfolgungswahns, so doch einer «opinione persecutiva», wie sie etwa «le nostre offese» suggerierten: cf. Elio Gioanola: «Il topos della tempesta nell’opera leopardiana», in: Vincenzo Placella (a cura di): Leopardi e lo spettacolo della natura. Atti del Convegno internazionale (Napoli 17-19-dicembre 1998). Napoli: L’Orientale 2000, 463. 29 Cacciapuoti: «Considerazioni sul ‹sistema della natura›», 323. alle Freude und alle Lust im menschlichen Leben sich nur dem Nachlassen von Schmerz und Qual verdankt und folglich ebenso eitel wie illusionär ist. 28 In diesem Sinn wird dieser zweite Versabschnitt, auch wenn das Gewitter in seinem letzten Vers noch einmal anklingt, primär zu einer Reflexion über die Natur des Menschen, über die gesamte conditio humana, so wie schon die erwähnte Zibaldone-Passage, die bereits die «calma dopo la tempesta» the‐ matisiert, vor allem eine Reflexion über die aus der Eintönigkeit resultie‐ rende «noia» ist, über die Notwendigkeit der Übel, um noch das Glück zu empfinden, weil andauernde Freuden, die eigentlich glücklich machen müßten, allein durch die Gewöhnung diese Freuden selbst zerstören und das Glücklich‐ sein verhindern (cf. Zib. 2599-2602). Nach der Betrachtung der physischen Natur - Menschen, Tiere und Landschaft - im ersten Versabschnitt, die durch die visuellen und akustischen Sinneseindrücke, mithin die menschliche Physis, skandiert wird, folgt demnach im zweiten Abschnitt die Reflexion über die menschliche Natur, gleichsam die ‹psychische Natur› des Menschen, die jedoch nicht losgelöst von der physischen zu betrachten ist, wie auch in der oben zitierten Passage von Fabiana Cacciapuoti anklang: «la natura dell’uomo come parte integrante e non separata della natura intesa quale ambiente e quale astrazione, cioè ordine delle cose» 29 . Während der zweite Teil mit dem ersten unmittelbar über den beinahe wörtlich, aber chiastisch verkehrt wiederholten Vers verbunden ist, schließt er sich mit dem dritten nicht nur, wie angedeutet, über das in diesen beiden Versabschnitten vorkommende Wir zusammen - «alle nostre offese» (v. 40) und «fra noi» (v. 46) -, sondern zudem über den Reim, der die «offese» eng mit der «natura cortese» verknüpft, sowie über das zweimalige «questi» (vv. 43 und 44) zu Beginn des dritten Teils, das auf den Schlußvers des vorigen Abschnitts, besagte «Blitze, Wolken und Wind», zurückverweist. Die vielgestaltige Natur als offene Frage im Werk Leopardis 23 <?page no="24"?> 30 Die Frage bleibt, wie sehr auch die sieben Jahre früher verfaßte Zibaldone-Passage über die Natur, die in jeder Hinsicht für die «felicità degli animali» sorge und ihnen daher die «continuità dei piaceri» habe untersagen müssen, ironisch zu lesen wäre, wenn es schon dort, unmittelbar vor der Stelle über die «convulsioni degli elementi» und die «calma dopo la tempesta», heißt: «Ecco come i mali vengono ad esser necessarii alla stessa felicità, e pigliano vera e reale essenza di beni nell’ordine generale della natura: massimamente che le cose indifferenti, cioè non beni e non mali, sono cagioni di noia per se, […] e di più non interrompono il piacere, e quindi non distruggono l’uniformità, così vivamente e pienamente come fanno, e soli possono fare, i mali.» (Zib. 2600sq., 7 agosto 1822) [«Die Natur hat den Lebewesen alle Arten von Glück bereitet. Dauernde Freuden hat sie ihnen daher verwehren, verbieten müssen. […] So aber wird das Unerfreuliche dem Glücke selbst notwendig und nimmt in der allgemeinen Naturordnung den wahren und wirklichen Sinn des Erfreulichen an; zumal das Gleich‐ gültige, das weder Erfreuliche noch Unerfreuliche, Langeweile hervorbringt […] und außerdem das Vergnügen nicht unterbricht, also die Einförmigkeit nicht ganz und entschieden zerstört, wie dies allein das Unerfreuliche tut und kann.», 7. August 1822]. Zumindest wird schon hier der anthropozentrische Blick ironisiert, indem die Opposition von «beni» und «mali» buchstäblich dekonstruiert wird und letztere zu ersteren umdefiniert werden, um die These von der Sorge der Natur um das Glück auch des Menschen aufrechterhalten zu können und alles Schlechte zu legitimieren, weil es zu verhindern helfe, daß sich die «noia» beim Menschen einstelle. Noch einen Schritt weiter geht - in anderem Kontext - D’Intino in seiner Lektüre der Passage, die so freilich auch bei ihm nicht im Sinne der These einer hier noch waltenden ‹Natura madre benigna› als Antithese zur späteren ‹matrigna maligna› vereindeutigt wird, im Gegenteil: «Leopardi mette qui a fuoco l’essenza del moderno consumismo seduc‐ ente, un insoddisfatto edonismo che si arroga il ‹diritto alla felicità› con l’artificiale produzione di piaceri […]. E immagina invece un mondo continuamente interrotto, imprevedibile, anche se l’interruzione potrebbe portare dolore. La natura è valorizzata paradossalmente proprio per la sua capacità di produrre mali […]. Il vero male, insomma è l’indifferenza, l’acquiescenza a una condizione statica in cui tutto è già noto, previsto, calcolabile.» Franco D’Intino: «Uno snaturamento senza limiti. Il destino dell’umano secondo Leopardi», in: «Eco-Leopardi». Visioni apocalittiche e critica dell’umano nel poeta della Natura. A cura di Patrizio Ceccagnoli / Franco D’Intino. Costellazioni 10 (2019), 118. Wiederum grundlegend anders aber ist auch hier die Sprechhaltung, die erneut eine andere Seite der Natur in den Fokus rückt: Nach dem die ‹na‐ türliche› Umgebung wahrnehmenden und beschreibenden Ich des ersten Ab‐ schnitts und nach dem reflektierenden und aus den konkreten Beobachtungen allgemeine Schlüsse über die Natur des Menschen ziehenden Ich des zweiten setzt der dritte Versabschnitt mit einer versfüllenden Apostrophe ein, die in Anbetracht der «offese» und der «Folgori, nembi e vento» zuvor nicht anders als antiphrastisch gelesen werden kann: «O natura cortese» (v. 42). 30 Diese so generöse Natur teilt freigebig Gaben und Freuden an die Sterblichen aus, doch ihre «doni» und «diletti» werden nicht nur durch die Deiktika mit dem Hinweis auf das Zuletztgenannte spezifiziert, sondern im folgenden durch 24 Barbara Kuhn <?page no="25"?> Definition und Erläuterung fast syllogistisch verallgemeinert: (a) Du verschaffst den Sterblichen Freuden. (b) Eine Freude ist für uns schon, dem Leiden zu entkommen. (c) Leiden verteilst du reichlich, und jene Lust, die wie durch ein Wunder manches Mal aus dem Kummer hervorgeht, ist ein großer Gewinn. Dieser ‹Gewinn› expliziert die zuerst genannten «doni» und schließt so den Kreis der kurzen Beweisführung, der unmittelbar eine weitere Apostrophe folgt, die nach dieser Erläuterung gleichermaßen antiphrastisch erscheint wie die erste: «Umana | Prole cara agli eterni! » (vv.-50sq.). Zwar zerschneidet das Enjambement hier das ‹Menschengeschlecht›, doch zugleich wird es auf diese Weise unter allen «Sterblichen» (v. 45) oder Lebe‐ wesen (den «animali» in Zib. 2600) herausgehoben und steht «Umana» so, durch die Versendstellung betont, in einer Reihe mit «felice», «beata», «ti lice» und «risana»: durchweg positiv konnotierten Adjektiven und Verben, denn der abschließend an die gesamte Menschheit gerichtete Ausruf mündet in eine Klimax von Seligpreisungen: Nicht nur ist sie den Ewigen lieb und teuer; nicht nur darf sie sich glücklich schätzen, wenn sie nach einem Schmerz aufatmen kann; überglücklich, geradezu selig ist sie, wenn sie, die zuvor schon in den «mortali» (v. 45) mit angesprochen war, dank der ‹Heilung› durch den Tod endlich nicht mehr ist: «beata | se te d’ogni dolor morte risana» (vv.-53sq.). Mit dieser doppelten Apostrophe, durch die das lyrische Ich in der textinternen Pragmatik hier die «natura cortese» auf der einen Seite, die «umana prole» auf der anderen nicht nur anspricht, sondern auch einander gegenüber‐ stellt, ist eindeutig, daß in diesem Abschnitt der Mensch nicht mehr als Teil der als Ambiente verstandenen Natur erscheint, wie im ersten Abschnitt, wo das Ich zwar als Beobachter der ganzen Szenerie agiert und gleichsam an deren Rand verharrt, aber sich doch durch «odo» - «odi» nicht außerhalb des in seinen Worten entworfenen Bildes stellt, sondern die Natur nur so wahrnehmen kann, weil es in ihr ist. Demgegenüber erscheint die Natur im dritten Versabschnitt als jene ‹Entität› und ‹Abstraktion›, die Cacciapuoti im oben zitierten Aufsatz als eine der interpretativen Linien bezeichnet, die das ‹System der Natur› im Zibaldone konstituieren. Die Natur tritt hier zwar nicht als Sprechende oder anderweitig Handelnde auf, ist aber in ihrer Funktion als direkt Angesprochene und durch das wieder‐ holte Du (con variazioni in vv. 43, 45, 47) zusätzlich als Prosopopöie markierte Gestalt dennoch jenen Inszenierungen in den Operette morali an die Seite zu stellen, in denen sie als Figur auftritt: dem Dialogo della Natura e di un’Anima und dem Dialogo della Natura e di un Islandese. Doch während dort jeweils unterschiedliche Aspekte wie etwa die Kritik am Anthropozentrismus ins Zentrum der Dialoge rücken - ebenso wie in weiteren Operette, die ihrerseits die Die vielgestaltige Natur als offene Frage im Werk Leopardis 25 <?page no="26"?> Natur thematisieren, wie der eingangs erwähnte Dialogo di Plotino e di Porfirio, aber auch die Storia del genere umano oder der Cantico del gallo silvestre und eigentlich alle Texten der Sammlung in der ein oder anderen Weise -, finden sich in La quiete dopo la tempesta auf dem engen Raum von 54 Versen alle drei Aspekte, die besagtes ‹System der Natur› vereint. Ebenso wie im Zibaldone die Verknüpfung, der «intreccio di questi tre aspetti», keinerlei Widerspruch impliziert, ist auch der canto mit seinen ver‐ schiedenen Naturbildern nicht widersprüchlich, eben weil Leopardis Reflexion über die Natur sich gerade durch diese komplexe Konzeption auszeichnet, die durch das Miteinander sich scheinbar ausschließender Konzepte und nicht durch die Isolierung eines einzelnen Aspekts entsteht: ein Miteinander, das sogar das vermeintlich unumstößliche Prinzip des tertium non datur explizit in ein tertium datur verwandelt: Del resto e in generale è certissimo che nella natura delle cose si scuoprono mille contraddizioni in mille generi e di mille qualità, non delle apparenti, ma delle dimostrate con tutti i lumi e l’esattezza la più geometrica della metafisica e della logica, e tanto evidenti per noi quanto lo è la verità della proposizione Non può una cosa a un tempo essere e non essere. Onde ci bisogna rinunciare alla credenza di questa o di quelle. E in ambo i modi rinunzieremo alla nostra ragione. (Zib. 4100, 2 giugno 1824) [Im übrigen und im allgemeinen ist ganz gewiß, daß in der Natur der Dinge sich tausend Widersprüche tausendfacher Art und Bedeutung finden, keine [nur schein‐ baren, sondern] solche, die mit aller Klarheit und mit der höchsten Genauigkeit der Metaphysik und der Logik erwiesen sind; für uns so erwiesen wie die Wahrheit des Grundsatzes - daß etwas nicht zugleich sein und auch nichtsein kann. Wir müssen also den Glauben an das eine oder das andere aufgeben. Und in beiden Fällen geben wir unsere Vernunft auf. (2.-Juni 1824)] Was aber im Zibaldone sich auf über 4.500 Seiten und viele einzelne Beobach‐ tungen, Anmerkungen, Reflexionen erstreckt, so daß gelegentlich der Eindruck von Widersprüchlichkeit oder Brüchen entstehen mag, macht das Gedicht auf seinem ungleich begrenzteren Raum und in großer Dichte unmittelbar nachvollziehbar: die Tatsache, daß, um erneut Cacciapuoti zu zitieren, die Auffassung und Betrachtung der ‹Natur als System› «la natura dell’uomo come parte integrante e non separata della natura intesa quale ambiente e quale astrazione, cioè ordine delle cose» umfaßt. In diesem Sinn ist auch das in wenigen Tagen im September 1829 entstandene Gedicht ebensowenig ‹widersprüchlich› (sofern ein solches Epitheton bezogen auf Lyrik überhaupt als sinnvoll erachtet werden kann) wie der Zibaldone, das in langen Jahren geführte Gedankentagebuch oder ‹Gedanken-Sammelsurium›. 26 Barbara Kuhn <?page no="27"?> 31 So gesehen besteht zwar ein dem ‹System› inhärenter Widerspruch zwischen dem ‹Sinn des Lebens› für den einen Aspekt der Natur, die Natur des Menschen (das Streben nach Glück), und dem ganz anderen ‹Sinn› für den anderen, für die universale Natur (die Erhaltung des Lebenszyklus durch «produzione e distruzione», unabhängig von «felicità» und «infelicità» einzelner Lebewesen, gemäß dem genannten Dialogo aus den Operette morali, 81sq.), aber widersprüchlich wird deshalb nicht der Text, der beides integriert, im Gegenteil: Der ‹Widerspruch› ist Teil seiner Komplexität. Sehr deutlich und klar herausgearbeitet sind diese beiden inkompatiblen Logiken in Cacciapuoti: «Considerazioni sul ‹sistema della natura›», 324sq. Vielmehr kann die Meditation über die Natur des Menschen, wie sie der zweite Versabschnitt und mithin das Zentrum des Gedichts, ausgehend von der konkreten Situation in der Natur und mündend in die Anklage der abstrakten Entität Natur, nicht anders als in Paradoxa erfolgen: eben weil - erstens - alles mit allem zusammenhängt, weil es - zweitens - in solchem grenzen-losen Imaginieren keine einsinnige, lineare Entwicklung geben kann, sondern statt dessen die Komplexität eines Systems, das eher der Logik des Rhizoms als jener des Baums gehorcht, und weil - drittens - innerhalb des komplexen und umfassenden Systems die menschliche Natur in ihrem Streben nach Glück einer anderen Ausrichtung folgt als die universelle Natur, die, wie die Figur im Dialogo della Natura e di un Islandese sagt, im Zyklus von Werden und Vergehen nur auf die Erhaltung der Welt gerichtet ist, auf die «conservazione del mondo» und nicht auf Glück oder Unglück des einzelnen Menschen 31 . Anders als in der Zibaldone-Passage von 1822, wo mit der noia argumentiert wird, spielt diese in La quiete dopo la tempesta kaum eine Rolle, weil hier der Gegensatz und die Quasi-Gleichzeitigkeit von «piacer» und «affanno» ins Zentrum gestellt sind, das unauflösliche Miteinander von «gioia» und «ti‐ more» wie auch von «pena» und «diletto», «duolo› und «piacer», von ‹feli‐ cità› oder ‹beatitudine› und «dolor». Wie im Bild der umgebenden Natur auf die «tempesta» «il sereno», mithin auf Düsternis die Heiterkeit folgt, so folgt analog auf Kälte, Totenstille und Leblosigkeit («Fredde, tacite, smorte», v. 38) der von ri- und nuovo in zahlreichen Variationen unterstrichene Neu‐ beginn, den der erste Abschnitt in viele Einzelbilder faßt und der zweite mit den Metaphern «figlio» und «frutto» aufnimmt - im Wissen darum, daß er «com’or» eben nur im Jetzt gelingt, ohne Dauer, wie sie den «eterni» oder der personifizierten Natur des dritten Abschnitts (noch) gewährt sein mag. Indem der canto in diesem letzten Versabschnitt mit der Figura etymologica «mor‐ tali» - «morte» ein Memento mori einfügt, ohne das das Carpe diem des mitt‐ leren - «Quand’è, com’or, la vita? » - unvollständig bleibt, erinnert auch La quiete dopo la tempesta, wie nahezu alle Texte Leopardis, an die grundsätzliche finitudine, das Bewußtsein um die Endlichkeit, das, ungeachtet der «eterni» und Die vielgestaltige Natur als offene Frage im Werk Leopardis 27 <?page no="28"?> 32 Charles Baudelaire: «O Mort, vieux capitaine, il est temps, levons l’ancre» (v. 1), in: id.: Œuvres complètes. Texte établi et annoté par Y-G. Le Dantec. Éd. révisée, complétée et présentée par Claude Pichois. Paris: Gallimard 1961, 127. 33 Cf. den sehr interessanten Bezug zwischen La ginestra und Le voyage, die beide als eine summa des ‹Dichtens und Denkens› dieser beiden Autoren gelesen werden können, den Raimondi herstellt: «Forse solo Le voyage che fa da epilogo a Les Fleurs du Mal di Baudelaire giunge alla stessa altezza di sintesi, di rappresentazione esistenziale, dell’ultimo ‹canto› leopardiano.» Ezio Raimondi: I sentieri del lettore. Vol. II. Dal Seicento all’Ottocento. A cura di Andrea Battistini. Bologna: Il Mulino 1994, 494. Doch auch weiter gefaßt, nicht nur auf die beiden letzten Gedichte bezogen, postuliert Raimondi schon kurz vor dieser Annäherung zweier Texte: «non si può negare che dal libro dei Canti esca una delle grandi voci della lirica moderna, da porre vicino, senza timore d’abbaglio, a Hölderlin e a Baudelaire» (ibid., 490). 34 Cf. vor allem den kurzen Aufsatz von Michel Orcel: «Baudelaire avant la lettre», in: Mario Andrea Rigoni (a cura di): Leopardi e l’età romantica. Venezia: Marsilio 1999, 421-432. Hier auch weitere Literaturangaben zur Frage «Baudelaire a-t-il lu Leopardi? », wenngleich nicht diese, sondern poetologische und thematische Fragen im Zentrum des Beitrags stehen, so wie es auch im folgenden nicht um die Frage von möglichen ‹Quellen› des späteren Autors oder eventuellen ‹Einfluß› des früheren auf den späteren geht, sondern um Affinitäten zwischen den beiden Werken im Sinne einer dialogischen Wechselbeziehung. losgelöst von jeglicher Transzendenz, am Ende als das zentrale Element der Natur des Menschen stehenbleibt: das Wissen um den eigenen Tod. III. «O Mort, vieux capitaine» 32 , beginnt auch das letzte Gedicht der Fleurs du Mal, der abschließende achte, zwei Vierzeiler umfassende Teil von Le voyage, der seinerseits den ennui (cf. v. 2) und das Streben nach «du nouveau» (v. 8) verknüpft 33 ; und auch hier verdichten sich Gegensätze und Paradoxa wie das tröstende Gift - «Verse-nous ton poison pour qu’il nous réconforte! » (v. 5) -, das, eingedenk aller Unterschiede, doch - auch - an den heilenden Tod im letzten Vers von La quiete dopo la tempesta erinnern mag. Ohne diese Unterschiede, nicht zuletzt im Blick auf die Frage von Transzen‐ denz und Immanenz, hier einebnen und undifferenziert auf die Parallelität im Werk der beiden ‹Begründer moderner Lyrik› pochen zu wollen 34 , sollen nur einige wenige Aspekte der jeweiligen Poetologie herausgegriffen werden, die im Kontext der Frage nach der Natur die in manchem doch verblüffende Nähe in den ästhetischen Schriften beider Autoren offenlegen, so etwa, wenn Leopardi mit seiner bekannten Anverwandlung des Zitats aus Dantes Commedia formuliert: «Il poeta non imita la natura: ben è vero che la natura parla dentro di lui e per la sua bocca. I’ mi son un che quando Natura parla, ec. vera definiz[ione] 28 Barbara Kuhn <?page no="29"?> 35 Hier nach der Übersetzung von Sigrid Siemund. 36 Baudelaire: Œuvres complètes, 1036sq. Den Bezug zu diesem Text Baudelaires im Kontext der Frage von Imitation und Imagination stellt auch Prete her: cf. Antonio Prete: La poesia del vivente. Leopardi con noi. Torino: Bollati Boringhieri 2019, 77sq. 37 Zur Dichtung als «parola del possibile» cf. Stefano Biancu: «L’ontologia poetica di Giacomo Leopardi», in: Rivista di filosofia neo-scolastica 95.2 (2003), 254. del poeta. Così il poeta non è imitatore se non di se stesso» (Zib. 4372sq., 10 settembre 1828) [Der Dichter ahmt die Natur nicht nach: wahr ist wohl, daß die Natur in ihm und aus seinem Munde spricht. I’ mi son un che quando Natura parla, usw., wahre Definition des Dichters. So gibt der Dichter niemand wieder als sich selbst. (10.-September 1828) 35 ] Denn ganz ähnlich sollte sich Baudelaire äußern, wo er sich gegen die «doctrine, ennemie de l’art», des «Copiez la nature, ne copiez que la nature» wendet, die, auch wenn sich die Auseinandersetzung mit der herrschenden Doktrin im Salon de 1859 findet, von ihren Verfechtern auf «tous les arts, même au roman, même à la poésie» ausgedehnt werde. Als «homme imaginatif» antwortet er den «doctrinaires si satisfaits de la nature» nicht nur, daß er seine Phantasie der häßlichen Natur vorziehe, sondern vor allem: «L’artiste, le vrai artiste, le vrai poète ne doit peindre que selon qu’il voit et qu’il sent. Il doit être réellement fidèle à sa propre nature» 36 , mit anderen Worten, auch dieser «vrai poète» entspricht der «vera definizione del poeta», wie Leopardi sie 1828 festgehalten hatte. Zu dieser «wahre[n] Definition des Dichters», der seiner eigenen Natur folgt, gehört demnach für beide Autoren die Ablehnung sklavischer imitatio, wie Le‐ opardi dies wenige Tage vor der oben zitierten Passage mit dem programmatisch abgewandelten Dante-Zitat nachdrücklich formuliert: L’imitaz[ione] tien sempre molto del servile. Falsiss[ima] idea considerare e definir la poesia p[er] arte imitativa, metterla colla pittura ec. Il poeta immagina: l’imma‐ ginaz[ione] vede il mondo come non è, si fabbrica un mondo che non è, finge, inventa, non imita, non imita (dico) di proposito suo: creatore, inventore, non imitatore: ecco il caratt[ere] essenziale del poeta. (Zib. 4358, 29 agosto 1828) [Die Nachahmung tendiert immer sehr zum Unterwürfigen. Völlig falsche Vorstel‐ lung, Dichtung als nachahmende Kunst zu betrachten und zu definieren, sie mit der Malerei in eins zu setzen usw. Der Dichter imaginiert: Die Imagination sieht die Welt, wie sie nicht ist, schafft sich eine Welt, die nicht ist, fingiert, erfindet, sie ahmt nicht nach, sie ahmt (sage ich) nicht gezielt nach: Schöpfer, Erfinder, nicht Nachahmer: Das ist das eigentliche Wesen des Dichters. (29. August 1828; Übersetzung B.K.)] Gegenstand der Dichtung, verstanden als Werk der Imagination, nicht der Imitation, ist mithin das Mögliche 37 , das, was gerade nicht ist, aber durch die Die vielgestaltige Natur als offene Frage im Werk Leopardis 29 <?page no="30"?> 38 Baudelaire: Œuvres complètes, 1037sq. 39 Zumindest möglich, wenn nicht sogar wahrscheinlich ist, wie auch Orcel festhält (cf. «Baudelaire avant la lettre», 424), daß Baudelaire das ausführliche ‹Porträt› Leo‐ pardis kannte, das Sainte-Beuve 1844 in der Revue des Deux Mondes publizierte (wieder in: Charles-Augustin Sainte-Beuve: «Leopardi», in: id.: Portraits contemporains. T. IV. C-L. Paris: Calmann Lévy 1889, 363-422). Der Beitrag, der nach Sainte-Beuves eigenen Angaben auf offenbar sehr viel von De Sinner zur Verfügung gestelltem Material beruht, enthält außer einer Biographie auch zahlreiche Zitate vor allem aus Briefen, aber auch aus Canti und Operette morali; außerdem mehrere vollständig wiedergegebene Ge‐ dichte, jeweils in französischer Übersetzung. In der Buchausgabe verweist Sainte-Beuve in einer hinzugefügten Notiz auf die 1845 in Florenz erschienene Ausgabe der Werke Leopardis sowie auf die Unterstützung durch Giordani und Pellegrini, die ihn und seine Arbeit in dem von ihnen herausgegebenen dritten Band «avec indulgence» erwähnt hätten (ibid., 422). 40 Aus Notizen Baudelaires für eine letztlich nicht veröffentlichte Replik auf einen Artikel über Heinrich Heine, zitiert nach Orcel: «Baudelaire avant la lettre», 423. Dichtung wahr wird: «vede il mondo come non è, si fabbrica un mondo che non è». Auch bei Baudelaire erwidert der «homme imaginatif» jenen, die ihn auf die sklavische Nachahmung verpflichten wollen: «Je trouve inutile et fastidieux de représenter ce qui est, parce que rien de ce qui est ne me satisfait.» Und statt auf die imitatio setzt auch der spätere Dichter auf die Imagination, «cette reine des facultés» und «reine du vrai», die alle anderen Fähigkeiten umfasse oder doch berühre: Elle est l’analyse, elle est la synthèse; et cependant des hommes habiles dans l’analyse et suffisamment aptes à faire un résumé peuvent être privés d’imagination. Elle est cela, et elle n’est pas tout à fait cela. Elle est la sensibilité, et pourtant il y a des personnes très-sensibles, trop sensibles peut-être, qui en sont privées. C’est l’imagination qui a enseigné à l’homme le sens moral de la couleur, du contour, du son et du parfum. Elle a créé, au commencement du monde, l’analogie et la métaphore. Elle décompose toute la création, et, avec les matériaux amassés et disposés suivant des règles dont on ne peut trouver l’origine que dans le plus profond de l’âme, elle crée un monde nouveau, elle produit la sensation du neuf. […] L’imagination est la reine du vrai, et le possible est une des provinces du vrai. Elle est positivement apparentée avec l’infini. 38 Auch wenn Baudelaire - möglicherweise durch einen Text von Sainte-Beuve 39 - von Leopardi wußte und ihn offensichtlich zu den «Étoiles de première grandeur» am «Ciel mélancolique de la poésie moderne» zählte 40 , kann er doch den 1898 erstmals veröffentlichten Zibaldone nicht gekannt haben. Desto inter‐ essanter und sprechender ist die Nähe in der Argumentation der beiden Dichter und Denker, gerade was das Verständnis der Imagination, ihr Verhältnis zur 30 Barbara Kuhn <?page no="31"?> 41 Leopardi zufolge gehen vor allem deutsche, z.T. auch englische Philosophen so vor; in Frankreich und Italien seien solche «filosofi, metafisici, politici-matematici, ed aridi» weniger häufig anzutreffen (cf. ibid.). 42 Cf. die vorige Anmerkung. Natur, zur imitatio und zum schreibenden Ich anbelangt, mit anderen Worten: die aus der Stellung der Imagination resultierende Poetik, die auch die gesamte Auffassung der Natur bestimmt. So könnte man etwa annehmen, die zitierte Passage über «imagina‐ tion» und «sensibilité», «analyse» und «synthèse» klinge an folgenden Passus aus dem Zibaldone an, wenn dies denn möglich wäre: Chiunque esamina la natura delle cose colla pura ragione, senz’aiutarsi dell’immagi‐ nazione nè del sentimento, nè dar loro alcun luogo […], potrà ben quello che suona il vocabolo analizzare, cioè risolvere e disfar la natura, ma e’ non potrà mai ricomporla, voglio dire e’ non potrà mai dalle sue osservazioni e dalla sua analisi tirare una grande e generale conseguenza, nè stringere e condurre le dette osservazioni in un gran risultato […]. Io voglio anche supporre ch’egli 41 arrivino colla loro analisi fino a scomporre e risolvere la natura ne’ suoi menomi ed ultimi elementi, e ch’egli ottengano di conoscere ciascuna da se tutte le parti della natura. Ma il tutto di essa, il fine e il rapporto scambievole di esse parti tra loro, e di ciascuna verso il tutto, e l’intenzion vera e profonda della natura, quel ch’ella ha destinato, […] la cagion finale del suo essere e del suo esser tale, il perchè ella abbia così disposto e così formato le sue parti […], queste cose, dico, è impossibile il ritrovarle e l’intenderle a chiunque colla sola ragione analizza ed esamina la natura. (Zib. 3237-3239, 22 agosto 1823) [Wer immer die Natur der Dinge mit der reinen Vernunft untersucht, ohne die Einbildungskraft oder die Empfindung zu Hilfe zu nehmen oder denselben doch einen Platz einzuräumen […], der wird wohl vermögend sein, wie das Wort es sagt, zu «analysieren», das heißt die Natur zu zerlegen und aufzulösen, doch niemals wird er sie wieder zusammensetzen, und damit meine ich: aus seinen Feststellungen und aus seiner Analyse eine große, allgemeine Konsequenz ziehen, nie jene Feststellungen zu einem großen Ergebnis zusammenführen, verbinden können […]. Ich will ferner voraussetzen, daß sie 42 mit ihrer Analyse dahin gelangen, die Natur bis in ihre kleinsten und letzten Elemente zu zergliedern und aufzulösen, und daß sie alle Teile der Natur, einen jeden für sich, zu erkennen vermögen. Ihr Ganzes aber, dessen Zweck und den Wechselbezug jener Teile unter sich und jedes einzelnen zu dem ganzen und den Sinn dieses Ganzen und die wahre und tiefe Absicht der Natur, was sie festgelegt hat, […] die letzte Ursache ihres Daseins und ihres Soseins, der Grund, weshalb sie ihre Teile so geordnet und gestaltet hat, […] diese Dinge wird niemand entdecken Die vielgestaltige Natur als offene Frage im Werk Leopardis 31 <?page no="32"?> 43 «Si può con certezza affermare che la natura, e vogliamo dire l’università delle cose, è composta, conformata e ordinata ad un effetto poetico […]. Nulla di poetico si scorge nelle sue parti, separandole l’una dall’altra ed esaminandole ad una ad una col semplice lume della ragione esatta e geometrica. […] Nulla di poetico poteronno nè potranno mai scoprire la pura e semplice ragione e la matematica. Perocchè tutto ciò ch’è poetico si sente piuttosto che si conosca e s’intenda, o vogliamo anzi dire, sentendolo si conosce e s’intende, nè altrimenti può esser conosciuto, scoperto ed inteso, che col sentirlo. Ma la pura ragione e la matematica non hanno sensorio alcuno. Spetta all’immaginazione e alla sensibilità lo scoprire e l’intendere tutte le sopraddette cose; ed elle il possono, perocchè noi ne’ quali risiedono esse facoltà, siamo pur parte di questa natura e di questa università ch’esaminiamo […]. E siccome alla sola immaginazione ed al cuore spetta il sentire e quindi conoscere ciò ch’è poetico, però ad essi soli è possibile ed appartiene l’entrare e il penetrare addentro ne’ grandi misteri della vita, dei destini, delle intenzioni sì generali, sì anche particolari, della natura.» (Zib. 3241-3243, 22 agosto 1823) [«Mit Sicherheit kann man erklären, daß die Natur, die Gesamtheit der Dinge, auf eine poetische Wirkung hin komponiert, geformt und geordnet […] ist […]. Keinerlei Poesie gewahrt man in ihren Teilen, wenn man dieselben voneinander trennt und sie nacheinander nur eben im Licht der exakten und geometrischen Vernunft untersucht […]. Keinerlei Poesie hat die reine und bloße Vernunft, hat und wird die Mathematik je entdecken können. Wird doch alles Poetische eher empfunden als erkannt und begriffen und kann nicht auf andere Weise erkannt und entdeckt und begriffen werden als durch Empfindung. Die reine Vernunft aber, und die Mathematik, wissen nichts von Empfindung. All die genannten Dinge zu entdecken und zu begreifen ist Sache der Einbildungskraft und der Empfindsamkeit; und darum steht ihnen dies zu, weil wir selbst, denen diese Fähigkeiten innewohnen, Teil der Natur und Teil der Gesamtheit sind, die wir untersuchen […]. Und da es ausschließlich Sache der Einbildungskraft und des Herzens ist, das Poetische zu empfinden und dadurch zu erkennen, ist es auch ihnen allein vorbehalten und möglich, in die großen Geheimnisse des Lebens, der Bestimmungen und der allgemeinen sowohl wie der besonderen Absichten der Natur einzudringen.» (22.-August 1823)]. und verstehen, der mit der Vernunft allein die Natur untersucht und zergliedert. (22.-August 1823)] Über mehrere Seiten führt Leopardi aus, warum die bloße Analyse, das bloße Zerlegen nicht zu einem umfassenden und vertieften Verständnis der Natur führen kann, warum sie sich mit rein geometrischem oder chemischem Wissen nicht erklären lasse 43 , und er gelangt zu einem Schluß, der vorauszudeuten scheint auf den oben zitierten über die Imagination als «reine du vrai», die die Provinzen des Möglichen erkundet, statt sich mit dem Seienden oder ‹Vorfabri‐ zierten› zu begnügen: Finalmente la sola immaginazione ed il cuore, e le passioni stesse; o la ragione non altrimenti che colla loro efficace intervenzione, hanno scoperto e insegnato e confermato le più grandi, più generali, più sublimi, profonde, fondamentali, e più importanti verità filosofiche che si posseggano, e rivelato o dichiarato i più grandi, 32 Barbara Kuhn <?page no="33"?> 44 Baudelaire: Œuvres complètes, 11. alti, intimi misteri che si conoscano, della natura e delle cose […]. (Zib. 3244sq., 22 agosto 1823) [Endlich haben nur die Einbildungskraft und das Herz und selbst auch die Leiden‐ schaften - oder die Vernunft nicht ohne deren wirksame Hilfe - die größten, umfas‐ sendsten, erhabensten, tiefsten, grundlegendsten und bedeutendsten philosophischen Wahrheiten entdeckt und gelehrt, die wir haben, und die größten, höchsten, innersten Geheimnisse der Natur und der Dinge enthüllt oder angezeigt, die wir kennen […]. (22.-August 1823)] Beide Autoren verweisen auf die Notwendigkeit, Analyse und Synthese zu verbinden, sich nicht mit einem von beiden zufriedenzugeben, und bei beiden ist dies, wie das Insistieren auf dem Nicht-Seienden, dem Möglichen unter‐ streicht, nicht im Sinne einer die Widersprüche auflösenden, die Gegensätze befriedenden Dialektik zu verstehen, sondern als beunruhigende, als unruhig bleibende Öffnung auf das unendliche Meer des immer wieder neu zu ent‐ deckenden Neuen, und sei es um den Preis des Todes wie in Le voyage oder des naufragar […] dolce wie in L’infinito. Insofern kann auch die ‹Rede› der Natur selbst keine eindeutige mehr sein, nicht einmal dann, wenn sie im Dichter «und aus seinem Munde» spricht - «la natura parla dentro di lui e per la sua bocca» -; sie äußert sich überhaupt nur ‹manchmal› und dann uneindeutig, wie das Motto aus Baudelaires so oft harmonisierend vereindeutigten Correspondances hervorhebt: «La Nature est un temple où de vivants piliers | Laissent parfois sortir de confuses paroles» 44 . Erst die «immaginazione», im Verein mit Herz, Leidenschaft und Vernunft, vermag ihr ihre «größten, höchsten, innersten Geheimnisse» zu entlocken. So gesehen, ließe sich die Apostrophe «O natura, o natura» aus Leopardis Gedicht A Silvia, die auch hier klagend und anklagend anmutet, dem Kontext entrissen und gegen den Strich gelesen, auch als eine Art Stoßseufzer des Dichters und Denkers hören, der - vor dem Hintergrund des komplexen «sistema della natura», in dem die «natura dell’uomo» nur eine unter anderen ‹Naturen› ist - sich mit den «confuses paroles» sogar der in ihm selbst sprechenden Natur begnügen muß. Den einen Sinn und die letzte Bedeutung ‹der Natur› findet er nicht, aber dank der Imagination stets «du nouveau». Die im folgenden versammelten Beiträge greifen viele der in diesen «Einfüh‐ renden Überlegungen» angesprochenen und noch zahlreiche weitere Aspekte auf und vertiefen sie, etwa wenn die im und durch den Dichter sprechende Natur in ihrem intertextuellen Spiel genauer betrachtet wird, wie im Beitrag Die vielgestaltige Natur als offene Frage im Werk Leopardis 33 <?page no="34"?> 45 «Antonio Prete: Il suono delle cose e la lingua dell’immaginazione». Einleitung und Übersetzungen von Barbara Kuhn und Katharina List, https: / / horizonte-zeitschrift.de / de/ ausgaben/ ausgabe-8/ il-suono-delle-cose-e-la-lingua-dell-immaginazione [3. März 2024]. von Giovanni Vito Distefano, wenn Angela Oster das erwähnte Gedicht A Silvia im Blick auf ‹Name und Natur› analysiert oder wenn die oben nur kurz angedeutete ökopoetische und ökokritische Perspektive ausgelotet wird, wie dies in je unterschiedlicher Weise in den Aufsätzen von Franco D’Intino, Patrizia Landi und Susanne Koopmann geschieht. Doch auch einzelne Bilder wie der Vogel Phönix in Franca Janowskis Beitrag oder die Bezüge zu Unamuno, denen Michael Schulz nachgeht, erweitern und vertiefen das komplexe Bild der Natur im Werk Leopardis. Und nicht zuletzt die Natur des Menschen von der Kindheit bis zum Tod wird Gegenstand der Beiträge, sei es in der Betrachtung der engen Verknüpfung von Kindheit und Natur, der Novella Bellucci nachgeht, sei es in der ambivalenten Relation von Natur und Tod, die Thomas Klinkert, bezogen auf die beiden Sepolcrali Leopardis, untersucht. Die Herausgeberinnen danken allen Beiträgerinnen und Beiträgern herzlich dafür, daß sie ihre bei der Heidelberger Tagung der Deutschen Leopardi-Gesellschaft gehaltenen Vorträge zu diesen Aufsätzen ausgearbeitet haben. Ein besonderer Höhepunkt der Tagung bestand in der Lesung Antonio Pretes aus seinen Gedichten an einem der Abende. Die dort gelesenen Texte samt Übersetzung sind in der Zwischenzeit in der Zeitschrift Horizonte erschienen 45 und werden daher hier nicht erneut abgedruckt. Statt dessen enthält der vorliegende Band einen weiteren, wunderschönen und reichen Text Antonio Pretes, Della natura (per frammenti), der einer vor langer Zeit erschienenen, seither nicht wieder aufgelegten Sammlung entstammt und zu dem der Autor hier einen neuen, dankenswerterweise von Katharina List übersetzten Vorspann verfaßt hat. Auch ihm gilt unser großer und herzlicher Dank. Nicht unerwähnt soll aber auch die Dr. Speck-Literaturstiftung bleiben, die die Drucklegung dieses neuen Ginestra-Bands so großzügig gefördert hat und der wir ebenfalls von Herzen danken, ebenso wie - wieder einmal - Kathrin Heyng und dem Narr-Verlag, deren Unterstützung dieses Mal noch nötiger und hilfreicher war, als sie es ohnehin immer ist. 34 Barbara Kuhn <?page no="35"?> Literatur Baudelaire, Charles: Œuvres complètes. Texte établi et annoté par Y-G. Le Dantec. Éd. révisée, complétée et présentée par Claude Pichois. Paris: Gallimard 1961. Leopardi, Giacomo: Canti, in: id.: Poesie e prose. Vol.-I. Poesie. A cura di Mario Andrea Rigoni con un saggio di Cesare Galimberti. Milano: Mondadori 3 1990, 3-144. —: Canti. Introduzione e commento di Andrea Campana. Roma: Carrocci 2014. —: Canti e Frammenti. Gesänge und Fragmente. Italienisch / Deutsch. Übers. von Helmut Endrulat. Hg. von Helmut Endrulat / Gero Alfred Schwalb. Stuttgart: Reclam 1990. —: Das Gedankenbuch. Auswahl, Übersetzung und Nachwort von Hanno Helbling. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1992. —: Operette morali, in: id.: Prose. A cura di Rolando Damiani. Milano: Mondadori 1988, 3-227. —: Opuscula moralia. Oder: Vom Lernen, über unsere Leiden zu lachen. Operette morali. Ausgesucht und übersetzt von Burkhart Kroeber auf der Basis der Erstübersetzung von Paul Heyse. Berlin: Die Andere Bibliothek 2017. —: Pensieri. A cura di Antonio Prete. Milano: Feltrinelli 4 2014. —: Zibaldone di pensieri. Ed. critica e annotata a cura di Giuseppe Pacella. 3-vol. Milano: Garzanti 1991. —: «Zibaldone: Gedanken zur Literatur». Deutsch von Sigrid Siemund, in: id.: Ich bin ein Seher. Gedichte. Italienisch-deutsch. Kleine moralische Werke. Zibaldone: Gedanken zur Literatur. Hg. von Sigrid Siemund. Leipzig: Reclam 1991, 345-497. Saba, Umberto: Scorciatoie e raccontini [1946]. Genova: Il melangolo 1993. Sainte-Beuve, Charles-Augustin: «Leopardi» [1844], in: id.: Portraits contemporains. T. IV. C-L. Paris: Calmann Lévy 1889, 363-422. Bellucci, Novella: «Leopardi: un romantisme anti-romantique», in: Critique 6.745-746 (2009), 584-591. Biancu, Stefano: «L’ontologia poetica di Giacomo Leopardi», in: Rivista di Studi di filosofia neo-scolastica 95.2 (2003), 233-258. —: La poesia e le cose. Su Leopardi. Milano: Mimesis 2006. Blasucci, Luigi: «I tre momenti della ‹Quiete›», in: id.: I tempi dei «Canti». Nuovi studi leopardiani. Torino: Einaudi 1996, 123-140. Cacciapuoti, Fabiana: «Considerazioni sul ‹sistema della natura› nello Zibaldone», in: Vincenzo Placella (a cura di): Leopardi e lo spettacolo della natura. Atti del Convegno internazionale (Napoli 17-19-dicembre 1998). Napoli: L’Orientale 2000, 313-325. De Miro D’Aieta, Barbara: «Il teatro mentale di Leopardi e il paesaggio dei Grandi Idilli», in: Vincenzo Placella (a cura di): Leopardi e lo spettacolo della natura. Atti del Convegno internazionale (Napoli 17-19-dicembre 1998). Napoli: L’Orientale 2000, 345-362. Die vielgestaltige Natur als offene Frage im Werk Leopardis 35 <?page no="36"?> Di Girolamo, Costanzo: «Gli endecasillabi dell’‹Infinito›», in: id.: Teoria e prassi della versificazione. Bologna: Il Mulino 1976, 169-181. D’Intino, Franco: «Uno snaturamento senza limiti. Il destino dell’umano secondo Leo‐ pardi», in: «Eco-Leopardi». Visioni apocalittiche e critica dell’umano nel poeta della Natura. A cura di Patrizio Ceccagnoli / Franco D’Intino. Costellazioni 10 (2019), 109- 124. Ferrucci, Franco: «Il moto, la quiete: Leopardi e il principio di contraddizione», in: Lettere italiane 44 (1992), 579-597. Folin, Alberto: Pensare per affetti. Leopardi, la natura, l’immagine. Venezia: Marsilio 1996. Gioanola, Elio: «Il topos della tempesta nell’opera leopardiana», in: Vincenzo Placella (a cura di): Leopardi e lo spettacolo della natura. Atti del Convegno internazionale (Napoli 17-19-dicembre 1998). Napoli: L’Orientale 2000, 463-472. Mengaldo, Pier Vincenzo: «Leopardi antiromantico», in: id.: Leopardi antiromantico. E altri saggi sui «Canti». Milano: Il Mulino 2012, 13-31. —: «Per un commento alla Quiete dopo la tempesta», in: Strumenti critici 24 (2009), 329-351. Natoli, Salvatore: «Natura», in: id. / Antonio Prete: Dialogo su Leopardi. Natura, poesia, filosofia. Milano: Mondadori 1998, 117-149. Neumeister, Sebastian: «La quiete dopo la tempesta. Lettura», in: Lectura leopardiana. I quarantuno Canti e I nuovi credenti. A cura di Armando Magliani. Venezia: Marsilio 2003, 451-463. Orcel, Michel: «Baudelaire avant la lettre», in: Mario Andrea Rigoni (a cura di): Leopardi e l’età romantica. Venezia: Marsilio 1999, 421-432. Prete, Antonio: Il deserto e il fiore. Leggendo Leopardi. Roma: Donzelli 2004. —: La poesia del vivente. Leopardi con noi. Torino: Bollati Boringhieri 2019. Raimondi, Ezio: I sentieri del lettore. Vol.-II. Dal Seicento all’Ottocento. A cura di Andrea Battistini. Bologna: Il Mulino 1994. Rigoni, Mario Andrea: Il pensiero di Leopardi. Nuova ed. accresciuta e rivista. Prefazione di E.M. Cioran. Nota di Raoul Bruni. Napoli: La scuola di Pitagora editrice 2020. Sconocchia, Sergio: «Mito della natura, del cielo, della luna: dalla Storia dell’astronomia all’ultimo Leopardi», in: Vincenzo Placella (a cura di): Leopardi e lo spettacolo della natura. Atti del Convegno internazionale (Napoli 17-19-dicembre 1998). Napoli: L’Orientale 2000, 363-443. Severino, Emanuele: In viaggio con Leopardi. La partita sul destino dell’uomo. Milano: Rizzoli 2015. Urbancic, Anne: «Reflecting on a moment of calm: Leopardi’s ‹La Quiete dopo la tempesta›», in: Rivista di studi italiani 16 (1998), 519-536. 36 Barbara Kuhn <?page no="37"?> Über die Natur (in Fragmenten) Della natura (per frammenti) Antonio Prete Leopardi e la natura: un dialogo costante che è respiro di un pensiero, tessitura animatissima di un meditare e di un interrogare. Negli anni successivi alla pubblicazione del saggio Il pensiero poetante (1980) m’è accaduto di tornare più volte su questo cuore del pensare leopardiano che è il domandarsi sulla natura, sulla sua presenza e lontananza, sul suo «sis‐ tema», sulle forme del suo apparire e del suo agire, sulla raggiera insieme luminosa e oscura delle sue manifestazioni, sulla sua sovrapposizione alla physis greca. Lungo questi intrattenimenti una convinzione prendeva via via forma: della natura, per come appare negli scritti del poeta, non si può dire se non per frammenti. E stando, di volta in volta, all’ombra della scrittura leopardiana, sia essa affidata alla forma della teoresi, o all’affabulazione narrativa, o alla poesia. Abbandonando, insomma, la pretesa di accogliere in una definizione, e tanto meno in una formula, un cammino fatto di indugi, di riprese, di una ricerca sempre aperta e inter‐ rogativa. Proprio per questa ostinazione a restare nel respiro della pagina leopardiana, evitando di rifugiarmi nella rassicurazione di uno schema interpretativo, mi è sempre sembrata approssimativa la vulgatissima ridu‐ zione del pensiero leopardiano a un movimento che dalla concezione di una natura ‹benigna› passa a quella di una natura ‹matrigna›. Passaggio, o salto, o rottura, o conversione - il 1824 e il Dialogo della Natura e di un Islandese come spartiacque fatidico - che ha permesso ai manuali scolastici di situare in un comprensibile schema il tumultuante ricercare leopardiano. Analoga funzione aveva avuto il quieto e per molto tempo indisturbato riporto del pensare leopardiano nell’alveo del pessimismo. A queste due facili e ingannevoli e, in fondo, ideologiche riduzioni, ho <?page no="38"?> cercato, per come potevo, di opporre un’esegesi del pensiero leopardiano che restasse il più possibile nel cono d’ombra della scrittura: per il poeta, sia nella forma della prosa sia nella forma del verso, assidua è l’interrogazione della natura in rapporto al vivente, alla sua relazione con il limite e con l’oltre, con la finitudine e con il desiderio. E sempre presente sottotraccia è la giovanile domanda su ‹come abitare in un mondo snaturato la natura›. C’è inoltre da dire che, via che il pensare leopardiano si dispiegava nei suoi particolari, appariva meravigliosamente e avventurosamente in dialogo con il nostro tempo. Quando, lungo gli anni Novanta, lavoravo alla composizione di un saggio che intendeva trascorrere lungo alcune grandi aree del leopardiano ‹pensiero poetante›, le pagine sulla natura le ho raccolte sotto il titolo Della natura, per frammenti (le altre aree erano il mito, l’amore, l’infinito nel nesso con la finitudine, il riso o la leggerezza, il notturno, la traduzione). Tutti attraversamenti e indugi che fecero parte del libro Finitudine e Infinito (Feltrinelli, 1998), libro che dopo una prima ristampa, avvenuta nello stesso anno, non ha visto altre riedizioni. Rileggendo oggi di quel libro le pagine sulla natura, dopo un frattempo fatto di altre escursioni, sento che non modificherei nulla. Al contrario di quel che consuetamente mi accade quando rileggo altri miei studi e altre scritture narrative o poetiche. Antonio Prete Leopardi und die Natur: ein ständiger Dialog, der Atem eines Denkens ist, überaus lebendiges Gewebe des Nachsinnens und Befragens. Mehrfach bin ich in den Jahren nach der Veröffentlichung des Essays Il pensiero poetante (1980) zurückgekehrt zu diesem Kern des leopardischen Denkens, zu seiner Reflexion über die Natur, über ihre Präsenz und Ferne, über ihr «System», über die Formen ihres Auftretens und ihres Agierens, über den zugleich leuchtenden und dunklen Strahlenkranz ihrer Erscheinungen, über ihre Analogien zur griechischen physis. Im Laufe dieser Beschäftigungen ge‐ wann nach und nach eine Überzeugung Gestalt: Über die Natur, wie sie in den Schriften des Dichters erscheint, kann man nur in Fragmenten sprechen. Jedes Mal im Schatten des leopardischen Schreibens, gleich, ob es einer theoretischen Form, dem erzählerischen Erdichten oder der Lyrik anvertraut ist. Ohne den Anspruch also, das, was ein Weg des Innehaltens, des Neuansetzens, einer stets offenen und fragenden Suche ist, in eine Definition oder gar eine Formel zu fassen. Gerade weil ich unentwegt bestrebt war, im Atem der leopardischen Seite zu bleiben und mich nicht 38 Antonio Prete <?page no="39"?> in ein Sicherheit vermittelndes interpretatorisches Schema zu flüchten, erschien mir die allzu geläufige Reduzierung des leopardischen Denkens auf eine Bewegung von der Vorstellung einer ‹gütigen› hin zur Vorstellung einer ‹stiefmütterlichen› Natur immer ungenau. Ob als Übergang oder als Sprung, als Bruch oder als Umkehr - mit dem Jahr 1824 und dem Dialogo della Natura e di un Islandese als schicksalhaftem Wendepunkt -, diese Vorstellung ermöglichte es den Schulbüchern, Leopardis turbulente Erkundungen in ein verständliches Schema zu bringen. Eine ähnliche Funktion hatte auch die friedliche und lange Zeit unbehelligte Einordnung von Leopardis Denken in die Gefilde des Pessimismus. Diesen beiden einfa‐ chen und trügerischen, im Grunde ideologischen Reduzierungen habe ich versucht, eine Auslegung des leopardischen Denkens gegenüberzustellen, die so weit wie möglich im Schattenkegel des Schreibens blieb: Sowohl in Prosaform als auch in Versform befragt der Dichter unablässig die Natur in Bezug auf das Lebende, auf ihr Verhältnis zur Begrenzung und zum Dar‐ über-Hinaus, zur Endlichkeit und zum Begehren. Und untergründig immer präsent ist die Frage aus Jugendjahren, ‹wie man in einer denaturierten Welt die Natur bewohnen kann›. Zudem ist zu sagen, dass Leopardis Denken, wie es sich allmählich in seinen Einzelheiten entfaltete, in wunderbarer und abenteuerlicher Weise im Dialog mit unserer Zeit zu stehen schien. Als ich in den 1990er Jahren an der Abfassung eines Essays arbeitete, der einige große Bereiche von Leopardis ‹dichtendem Denken› nachzeichnen sollte, habe ich die Seiten zur Natur unter dem Titel Della natura, per frammenti - Über die Natur, in Fragmenten - versammelt (die anderen Bereiche waren der Mythos, die Liebe, das Unendliche in Zusammenhang mit der Endlichkeit, das Lachen oder die Leichtigkeit, die Nacht, die Übersetzung). All diese meine Passagen und mein Innehalten wurden Teil des Buches Finitudine e Infinito - Endlichkeit und Unendlichkeit - (Feltrinelli, 1998), das nach einer ersten Neuauflage im selben Jahr nicht wieder aufgelegt wurde. Wenn ich heute die Seiten über die Natur aus diesem Buch wiederlese, nach einer Zwischenzeit mit anderen Ausflügen, spüre ich, dass ich nichts ändern würde - ganz anders, als es mir gewöhnlich geschieht, wenn ich andere meiner Studien und andere narrative oder poetische Texte wiederlese. Übersetzt von Katharina List La natura, la sua lingua, le sue raffigurazioni antiche. Le sue immagini indefinite, che la ricordanza fa salire da lontananze prive di confini e che nel teatro Della natura (per frammenti) 39 <?page no="40"?> dell’interiorità l’individuo può ritrovare, disseppellire, ascoltare, anche se, fuori, il mondo è ormai «snaturato». La costellazione delle sue forme invisibili: il fato, la necessità, il principio di conservazione, il circuito di produzione e distruzione. Il vivente, con la sua singolarità che l’astrazione o «spiritualizzazione» - in cui consiste la civiltà - appanna o cancella o degrada nell’anonimia delle masse («questa leggiadrissima parola moderna», come dirà Tristano). Il vivente tra i viventi: pulsazione di un corpo in un universo di corpi terrestri e celesti. L’anteriorità quieta, solare, fanciullesca: fantasticante cognizione delle cose, passioni vive che l’amor proprio non ha ancora vincolato all’esercizio della sopraffazione e la ragione non ha ancora inaridito nel calcolo. La physis che mostra, nell’arcobaleno delle apparenze, il suono delle stagioni, il ritmo del nascere e morire, il respiro del desiderio in accordo con il movimento di tutto ciò che è vivente e in accordo col suo stesso declino, con l’oblio. L’esistenza, ovvero la vita che ama la vita, la vita che genera la vita: naturale fiorire delle cose sensitive e non sensitive. La violenza che annienta individui, popoli, epoche: cancellazione della storia, di ogni sua escatologia o memoria. La protezione del vivente e la sua insidia, la cura e la corrosione, la maternità dolce e perversa, la crudeltà cieca. La creaturalità che si riconosce nel breve respiro e nella fragilità perplessa che unisce gli uomini e le cose, i sogni e il paesaggio. L’orizzonte di una suprema sparizione che attrae verso i suoi abissi - o verso una rinascita? - la terra, i corpi celesti, le galassie. La leopardiana meditazione sulla natura trascorre lungo tutte queste imma‐ gini, sfoglia tutti i fogli dell’enigmatico libro: la teoresi e il verso, le indagini sul «sistema della natura» e sulle sue frammentarie e talvolta opposte manifes‐ tazioni, invitano il lettore di Leopardi a non sovrapporre un paradigma, a non rassicurarsi con una formula, tantomeno con uno svolgimento che dal bianco muova verso il nero, dalla maternità premurosa a quella crudele, dalla vita alla morte. Stare nel frammento, all’ombra, di volta in volta, di un foglio del liber naturalis leopardiano, è uno dei modi per seguire i passaggi, i salti, i silenzi, le polarità, i ritorni, di un pensiero che è insieme narrazione, analisi, canto. Natura, ovvero nascita. Un movimento che dispiega le sue forme meravigliose nell’apparenza, nello splendore dell’apparenza, nel desiderio, nella spina del desiderio, nell’illusione, nell’inganno dell’illusione, nella creazione, nella souff‐ rance che è respiro della creazione. Leopardi vede disegnarsi, in ogni passaggio, il profilo della morte: «Forse in qual forma, in quale | Stato che sia, dentro covile 40 Antonio Prete <?page no="41"?> o cuna, | È funesto a chi nasce il dì natale». La natura è l’unità di vita e morte. Un canto notturno chiede alla luna il segreto di questa unità. Il silenzio del paesaggio è la risposta. Le illusioni appartengono al «composto ed ordine delle cose». Esse sono «in‐ gredienti essenziali del sistema della natura umana» (Zib. 51). Necessità delle illusioni: ferite di luce che attraversano l’opacità del vero. Rappresentazioni fanciullesche che portano la leggerezza delle passioni. Trama impalpabile sia delle parvenze che salgono sull’onda della ricordanza sia delle speranze che pure appaiono strette al loro vanire. Leopardi non ha mai smesso di pensare alle illusioni: le «creature [quasi] d’altra specie» di cui parlerà nei Pensieri, per la loro estraneità alla «verità» del mondo, hanno ancora un legame con le illusioni. Ma sono così rare, queste creature, che la loro «natura» non è quasi più «umana». A una vita «naturale» si addice la «felicità» (Zib. 56). Per una vita lontana dalla natura, ragionevole, affannata dal pensiero («tout homme qui pense est un être corrompu» è la frase di Rousseau più volte citata da Leopardi), quella felicità è solo un desiderio, un desiderio che resterà sempre vuoto. Il «naturale» per Leopardi non sempre coincide con l’antico o con l’anteriorità. C’è una permanenza del naturale nel cuore della stessa civiltà: il silenzio animale, l’universo immaginoso del fanciullo, l’«ignoranza» come difesa dagli assalti distruttivi del «vero». Una vichiana fisica poetica accompagna Leopardi traduttore dei poeti greci. Uno stesso primaverile vento soffia sulla natura e sul corpo del poeta: l’incon‐ taminato risplende, non ancora offuscato dal sapere, la bellezza è l’unità dello sguardo e del paesaggio. Poiesis che dà lingua a quel che appare intatto, e dispiegato nella sua purezza. Mimesis che non deve cercare la tecnica al di fuori di sé, perché quel che ritrae si lascia modellare dalla regola naturalmente. Elogio del primitivo. Ma, soprattutto, elogio della poesia che il primitivo ha custodito. Il canto aveva a che fare, ancora, con il «divino» e con un tempo non insidiato dall’effimero. Una «freschezza della natura or sempre avvizzita». Ci rimane, di quella natura, un’ombra: da scrutare nei versi dei poeti. Traducendo i versi dei poeti: Leggiadro tempo quando il poeta nella natura, fresca vergine intatta, vedendo tutto cogli occhi propri, non s’affannando a cercare novità, che tutto era nuovo, creando, senza pensarselo, le regole dell’arte, con quella negligenza di cui ora tutta la forza Della natura (per frammenti) 41 <?page no="42"?> dell’ingegno e dello studio appena ci sa dare la sembianza, cantava cose divine ed eternamente durature! (Premessa alla traduzione della Titanomachia di Esiodo). È possibile attingere alla natura, nel cuore di un «mondo snaturato»? Può la conoscenza agire non per un ritorno, ma per una «rigenerazione»? È possibile, ad una condizione: «[…] la nostra rigenerazione dipende da una, per così dire, ultrafilosofia, che conoscendo l’intiero e l’intimo delle cose, ci ravvicini alla natura. E questo dovrebb’essere il frutto dei lumi straordinari di questo secolo» (Zib.-115, 7 giugno 1820). La leopardiana «ultrafilosofia» non condivide con la filosofia moderna lo sguardo sulle cose che, «notomizzando», giunge a vedere il nulla come fon‐ damento. L’«ultrafilosofia» è conoscenza che coglie «l’intiero e l’intimo». Nell’«intiero» c’è la non-separazione tra superficie e profondità, tra essenza e risonanza, tra natura e forma, tra physis e morphé, potremmo dire. Nell’«in‐ timo» c’è il sogno delle cose, la relazione profonda di una cosa con le altre cose: una corrispondenza, forse un silenzioso pensiero, un’anima. Dalle «cor‐ respondances» di Baudelaire al «demone dell’analogia» di Mallarmé alla «leg‐ genda bretone» di cui dirà Proust, la narrazione e la poesia sono in ascolto di questa «intimità»: del resto proprio in questa capacità di ascolto, in questa «fa‐ coltà di scoprire i rapporti delle cose, anche i menomi, e più lontani, anche delle cose che paiono le meno analoghe» sta per Leopardi la prossimità e addirittura coincidenza tra il filosofo e il poeta (Zib.-1650sq., 7 settembre 1821). L’«ultrafilosofia» (Zib. 115) è il leopardiano pensiero poetante. Filosofia che la poesia scompone nei suoi statuti, nei suoi metodi, aprendola a un’interrogazione incessante, a un pensare che corteggia la leggerezza, che sogna la spensieratezza, e ha un ritmo, questo pensare, ha una forma, ha una lingua: con tutta l’energia e tutta l’impotenza che appartengono alla lingua. Poesia abitata da un pensiero che si sporge sull’estremo, e frequenta i confini, e s’avventura nella conoscenza fino al naufragio - alla «dolcezza» nel naufragio -, s’avventura nel silenzio fino a sentire la vanità del tutto insieme con il distacco dalla stessa vanità. Gli effetti naturali bisogna ricercarli nelle persone naturali, e non ancora, o poco, o quanto meno si possa, alterate. Tali sono i fanciulli: quasi l’unico soggetto dove si possano esplorare, notare, e notomizzare oggidì, le qualità, le inclinazioni, gli affetti veramente naturali. (Zib.-644, 11-febbraio 1821) Un’osservazione portata dal vento di un ricordo: lo stato di timore provocato da un addio, l’orrore per il mai più, l’ombra del tempo irreversibile che accompagnava, agli occhi del fanciullo, ogni partenza. Il fanciullo percepisce il distacco come irreparabile cancellazione: il non-vedere-mai-più è la frantumazione di un mondo per il quale il visibile è conoscenza, la presenza è comunione. Il tempo, 42 Antonio Prete <?page no="43"?> per l’essere «naturale», non ha fratture, sospensioni, rovine: quando queste accadono, si spalanca il vuoto di una mancanza che non ha rimedi. Si spalanca il lutto, e il deserto, di un addio privo di ogni promessa. Leggere la natura nelle sensazioni del fanciullo: nelle immagini temporali e spaziali, nei timori, nelle attese del fanciullo. Le passioni vive sono fanciullesche. Il leopardiano «trattato delle passioni» poggia in gran parte sull’esperienza di un fanciullo. Morte e vita: due tempi dello stesso respiro: «un cerchio di distruzione, e riproduzione» è l’ordine della natura (Zib. 1530sq., 20 agosto 1821). Molti uccelli muoiono nella campagna innevata, privi di alimenti: una «distruzione» che la natura non ignora, ma che ha già disposto, ha già compreso nell’ordine dei suoi fini. «La natura è madre benignissima del tutto, ed anche de’ particolari generi e specie che in esso si contengono, ma non degl’individui», scrive nello stesso passo Leopardi. Una maternità che separa, una maternità che esclude? L’individuo, il vivente, se osservato nella sua singolarità - di esistenza, di desiderio, di sapere - appare escluso dal raggio di attenzione e di cura della benevola madre. Il sapere dell’infelicità è la sua condizione, la privazione d’infinito il suo limite, la coscienza della mortalità il suo più vero sentire. Una doppia, lacerante, appartenenza. Chi non ascolta la natura, il suono della sua lingua, chi non riconosce il vivente che in essa respira, non può dire di voler imitare la natura. Questo ascolto ora è negato: la lontananza dalla natura è irreversibile. Chi pretende di imitare la natura in questa condizione di distanza, e di nascondimento, non può che vivere nell’artificio. E avere, dell’imitazione, un’idea gelida, priva appunto di vita. Senza contiguità con la creazione che è in atto nella natura, non ci può essere creazione nell’arte. Questa pretesa di una imitazione privata ormai del suo oggetto è l’obiettivo della polemica leopardiana nelle prime pagine dello Zibaldone e nel Discorso di un italiano intorno alla poesia romantica. Polemica in sintonia con la critica che Schelling rivolge a quella «filosofia menzognera» che ha spazzato via la natura e pretende ora che i poeti continuino ad imitare la natura. La natura che più non c’è. Come imitare la natura in un’epoca che più non sa vedere la natura, in un’epoca che anzi ne ha sotterrato le immagini, ne ha spento il suono? Alla necessità di uno scavo quasi archeologico - di un’archeologia tutta interiore - pensa Leopardi: Della natura (per frammenti) 43 <?page no="44"?> […] non basta ora al poeta che sappia imitar la natura; bisogna che la sappia trovare […] rimuovendo gli oggetti che la occultano, e scoprendola, e disseppellendo e spastando e nettando dalla mota dell’incivilimento e della corruzione umana quei celesti esemplari che si assume di ritrarre. Come poter abitare «nel mondo snaturato la natura»: questo è il problema estetico del giovane Leopardi. Un problema soltanto estetico? La domanda leopardiana è già oltre la polemica con i romantici milanesi, balza oltre i confini delle questioni letterarie, giunge nel cuore della nostra epoca, delle domande che per essa più contano. Quanto alla poesia, Leopardi nel Discorso propone un cammino verso la parola «naturale». Un cammino che può avere come guida «l’uso e la familia‐ rità degli antichi». Poiché solo presso gli antichi l’imitazione della natura - vivente e prossima - era sorgente della poesia, la quale, fondata sul «com‐ mercio coi sensi», era «materiale e fantastica e corporale» (i romantici milanesi vogliono invece «strascinarla», la poesia, «dal visibile all’invisibile», «trasmu‐ tarla» in «metafisica e ragionevole e spirituale»). L’imitazione di cui dice Leopardi non ridà la presenza della natura. Nel lutto di un nascondimento e di una privazione, nella tristezza di una lontananza, l’imitazione opera come un’alchimia: trasmuta il corpo vivente della natura nella lingua vivente della poesia. Imitare è ritrovare, reinventare. Attraverso la mediazione degli antichi. Oppure - come si potrà leggere nello Zibaldone in un passo del settembre1828 - cercando dentro di sé, nella propria nascosta intimità, il suono e la voce della natura: anzi della Natura che, come lo stilnovistico Amor, ditta nell’animo del poeta. Una vichiana attenzione al vivente della natura - per l’antico e per il fanciullo sorgente di una conoscenza fantasticante, di una percezione animata - trascorre, senza mai attenuarsi, nell’intero arco della teoresi leopardiana. Una fisica poetica: sia la ricordanza - le immagini e le parvenze che il suo vento riporta - sia il senso della finitudine e il sapere della morte muovono da un rapporto con la physis vivente, con la sua irreversibile lontananza dall’orizzonte della civiltà. Il «deserto della vita», figura sulla quale indugia «intrepidamente» lo sguardo di Tristano, e l’altro estremo deserto, sul quale si leva per un istante la fragilità splendente e quieta di un fiore, nominano l’energia di una mancanza. Il deserto e la vita, congiungendosi nel violento ossimoro, dicono la sconfinata cancellazione di un tumulto di suoni, di sensi, che, aboliti, continuano a mostrare le orme della loro assenza. Del resto, la poesia stessa, il suo esilissimo profumo, è in questa mancanza che si fa suono, musica, desiderio: un desiderio insieme 44 Antonio Prete <?page no="45"?> vuoto e luminoso. Una premessa - o un margine - per quei luoghi della scrittura leopardiana dove la fisica poetica mostra la sua fascinazione e la sua irrimediabile distanza. Tra questi luoghi, il passo che comincia: Che bel tempo era quello nel quale ogni cosa era viva secondo l’immaginazione umana e viva umanamente cioè abitata o formata di esseri uguali a noi, quando nei boschi desertissimi si giudicava che abitassero le belle Amadriadi e i fauni e i silvani […] e stringendoti un albero al seno te lo sentivi quasi palpitare fra le mani credendolo un uomo o donna come Ciparisso […]. (Zib.-63sq.). O il passo del Discorso di un italiano intorno alla poesia romantica che comincia: Imperocchè quello che furono gli antichi, siamo stati noi tutti, e quello che fu il mondo per qualche secolo, siamo stati noi per qualche anno, dico fanciulli e partecipi di quella ignoranza e di quei timori e di quei diletti e di quelle credenze e di quella sterminata operazione della fantasia; quando il tuono e il vento e il sole e gli astri e gli animali e le piante e le mura de’ nostri alberghi, ogni cosa ci appariva o amica o nemica nostra, indifferente nessuna, insensata nessuna; quando ciascun oggetto che vedevamo ci pareva che in certo modo accennando, quasi mostrasse di volerci favellare […]. Un’ignoranza che s’apre nel ventaglio di un sentire tumultuoso e insieme dilettevole. Un pathos che lega il soggetto dello sguardo e la natura in uno scambio di fremiti, di percezioni viventi: riverberi, o residui, di una originaria perduta unità. E poi, di fronte allo sguardo dell’antico, come del fanciullo, il dispiegarsi di una creaturalità che dal suono muove verso la luce, dalla luce verso il vivente, dal vivente verso il rifugio, verso il luogo dell’attesa: tuono, vento, sole, astri, animali, piante, mura. Una declinazione della natura come cerchio armonioso che unisce gli elementi fisici con gli oggetti, lo scorrere delle stagioni con le costruzioni umane («le mura de’ nostri alberghi»). È l’energia immaginativa del sentire la sostanza di questa unità. Natura e ragione nel teatro della teoria leopardiana. Quando il punto d’osser‐ vazione è la ragione - la sua opera che ha inaridito le passioni, disvelato il nulla, diffuso l’indifferenza - allora la natura appare come un paese di luce: lo sguardo si posa sull’armonia che correva tra le cose e i viventi, sui corpi vigorosi degli antichi, sull’immaginazione, sull’intensità di vita. Un’anteriorità splendente, forse mai posseduta. Un miraggio. Invisibile trama - fatta di leggerezza e di illusioni - che trascorre sotto la «società stretta», vincolata in rapporti di potere, nella quale le passioni sono figlie, tutte, dell’egoismo. Fare di un miraggio una critica, del «naturale» non un sogno ma un dubbio. Vivere la lontananza che è nell’alterità non come il prima perduto né come Della natura (per frammenti) 45 <?page no="46"?> il progetto, ma soltanto come una luminosa, attiva, inesistenza. La natura leopardiana è anche questa trasognata mancanza. Tu dormi: io questo ciel, che sì benigno Appare in vista, a salutar m’affaccio, E l’antica natura onnipossente, Che mi fece all’affanno. A te la speme Nego, mi disse, anche la speme; e d’altro Non brillin gli occhi tuoi se non di pianto. Nella dolcezza della notte, nella sua chiarità lunare, la natura mostra una quieta bellezza, una serenità che svela profili lontani di monti, un cielo che è volta di protezione, profondità in ascolto. Ma lo sguardo presto volge l’esplorazione in affanno, il silenzio di una contemplazione nell’evocazione di un grido: «A te la speme | Nego, mi disse, anche la speme». La lingua della natura è lingua di privazione, di negazione. Lingua d’offesa. Della frattura che nella notte è pronunciata la luna è silenziosa testimone: da una parte, «l’antica natura onnipossente», con il suo fine imperturbato che comprende nel proprio ordine la sofferenza del vivente; dall’altra parte, il poeta spogliato non del desiderio ma del legame tra desiderio e attesa: una privazione che è già annuncio di quel «deserto della vita» di cui dirà Tristano. L’«antica natura onnipossente»: physis che gli antichi poeti hanno scrutato, necessità che non solo ha avvolto il vivente nella mortalità, ma ha fatto della mortalità una condizione scritta in ogni istante della vita, e tuttavia in contrasto, in ogni istante, con un sentire che tende invece a porsi oltre ogni limite; un sentire che si affida a quelle parvenze, come la speranza e l’amore, che allucinano il limite e aboliscono la soglia. Il «pianto» - la lingua, cioè, dello scacco, una lingua che è priva di parole, abitata dalla fragilità e dall’impotenza - è il dono più frequente di quella antica natura. Ma la poesia, infine, ha ridato una parola a questa lingua priva di parole, un ritmo a questo vuoto di senso, e di speranza. «Che cosa è dunque il mondo fuorchè NAT U R A ? » (Zib. 1693sq., 13 settembre 1821). Le virtù, i sentimenti, l’immaginazione, tutto appartiene al cerchio della natura. Così la lingua, lo stile, il discorso. La natura per Leopardi è, qui, la materia stessa: un universo in cui l’uomo ha poi separato spirito da corpo, visibile da invisibile. La leopardiana critica dello spiritualismo ha, come premessa, l’immagine di una natura che tutto riempie e tutto anima: lingua delle cose e degli uomini. Terrestrità che costituisce il sensibile. Questa immagine è contigua all’immagine del «tronco che sente e pena». 46 Antonio Prete <?page no="47"?> Nel canto Alla Primavera gli annunci - lucreziani - della rinascita che scuote le piante e gli animali aprono il sipario sulla scena dell’origine: la «bella età» è sospinta in un tempo-senza tempo, la «primavera odorata» è l’ora immobile di un cominciamento favoloso. Sentiamo, all’inizio della seconda strofa, la prossimità con Hölderlin (An die Natur, An den Aether): «Vivi tu, vivi, o santa | Natura? Vivi e il dissueto orecchio | Della materna voce il suono accoglie? ». Lingua materna della natura. La nostalgia - o solitudine o aridità - del poeta ha origine dal distacco dalla natura come madre, ma la poesia, «parlar materno», è il ritrovamento di quella perduta lingua. Ritrovamento di una lingua nella quale il poeta modula tuttavia il dolore di una separazione, il lutto per la lonta‐ nanza dalla «bella età». Il rapporto col mito, con la «favola» è, vichianamente, rapporto con una «favilla» ed una «favella», cioè con una lingua che precede la lingua degli uomini. A quella lingua il poeta consegna allo stesso tempo il senso del sacro («santa Natura») e della sua perdita, lo stupore dell’infanzia e la sua cancellazione («Aber hin ist meines Lebens Morgen, | Meines Herzens Frühling ist verblüht», canta Hölderlin: «è già dileguata l’alba della vita | la primavera del cuore è sfiorita»). Nella «favola» si mostra l’essere vivente della natura: un empedocleo «pen‐ siero delle cose». In quell’universo di foreste viventi e di nubi consapevoli la luce lunare è protezione e cura. La luna è guida pensosa dei mortali, «compagna alla via». Tempo della «sapienza poetica». Dafne ed Eco vissero davvero la loro sofferenza, la metamorfosi fu la reificazione del loro pianto, del loro grido. L’usignolo che saluta col canto il «rinascente anno» appartiene a quell’altro tempo - tempo senza storia, senza colpa, senza dolore - al quale appartiene anche l’usignolo di Keats. Al di qua del canto dell’usignolo - nel rumore della storia - c’è la sofferenza dell’uomo, la vicenda del suo patire. Ora che son vuote «le stanze d’Olimpo» (Keats), la vita è uno stato di esilio. Esilio dalla felicità. Lontananza dalla lingua delle cose, dal loro pensiero, dalla loro vita. Nel gelo di questa privazione, la poesia può attingere, ancora, alla «favola antica»? Tu le cure infelici, e i fati indegni Tu de’ mortali ascolta , Vaga natura, e la favilla antica Rendi allo spirto mio; se tu pur vivi, E se de’ nostri affanni Cosa veruna in ciel, se nell’aprica terra s’alberga o nell’equoreo seno, Pietosa no, ma spettatrice almeno. Della natura (per frammenti) 47 <?page no="48"?> Una preghiera, o il solco di un desiderio tracciato nell’aria: «se tu pur vivi» ha la stessa leggerezza vestita di impossibilità che apre l’ultima strofa del Canto notturno: «Forse s’avess’io l’ale». Solitudine di un affanno traversata dal brivido di una trasparenza sognata e subito dissolta. Lo sguardo di una «spettatrice» degli affanni umani testimonierebbe, almeno, di una presenza. Sebbene priva di pietà, chiusa nell’enigma dell’indifferenza, quella presenza potrebbe essere in ascolto. Poesia è trattenere, nella verità della finzione e nella solitudine della lingua, quella presenza e quell’ascolto. Dal 25 al 30 ottobre del 1823 (Zib. 3773-3810) il ragionare leopardiano sulla «società stretta», sulla sua trama di poteri e di sopraffazioni, è intento a separare la natura - la sua «intenzione», il suo progetto - dalla condizione dell’uomo come s’è costituita in società: da una parte l’«essere naturale», dall’altra il sistema dell’odio e delle diseguaglianze che è sostanza dei rapporti in società; da una parte le passioni vive e innocue delle «società scarse» o «larghe», dall’altra le passioni distruttive - «specie e nuances dell’odio verso gli altri» - proprie delle società moderne, le quali sono sempre più vincolate in rapporti di potere. «La natura» - scrive Leopardi in quelle pagine - «non ha posto nel vivente l’odio verso gli altri, ma esso da se medesimo è nato dall’amor proprio per natura di questo». L’amor proprio, che è un principio vitale, diviene dannoso per gli individui quando questi si trovano al di fuori di quella «società scarsa» che la natura aveva per loro disposto. La natura aveva infatti stabilito che quell’odio, «naturale» in ogni individuo, fosse reso inefficace, perché «privo di occasione e di stimolo e di circostanza ove potesse operare». Questa inefficacia è invece abolita nei rapporti e nei vincoli costanti che costituiscono l’essenza della «società stretta»: Una società stretta pone necessariamente in contrasto gl’interessi degl’individui, rende necessario alla soddisfazione dei desiderii degli uni, il male degli altri; alla superiorità, ai vantaggi, alla felicità degli uni, l’inferiorità, gli svantaggi, l’infelicità degli altri; desta il desiderio di beni che non si possono conseguire senza il male degli altri, di beni che consistono nel male altrui, che corrispondono per lor natura ad altrettanti mali degli altri individui, ed altrettali, anzi, per lo più, maggiori che quei beni non sono. Dunque una società stretta nuoce necessariamente a grandissima parte (e la maggiore, perchè i più deboli sono sempre i più) de’ suoi individui: dunque il suo effetto è il contrario del fin proprio ed essenziale della società, ch’è il bene comune de’ suoi individui, o almeno dei più: dunque ella è il contrario di società, e ripugna per essenza non pure alla natura in genere, ma alla natura e alla nozione stessa di società. (Zib.-3785sq.) 48 Antonio Prete <?page no="49"?> Smarrita, in società, «l’impronta della natura» (Zib.-3809), gli uomini approfon‐ discono fino alla dissimiglianza la loro diversità naturale: Onde anche per questo argomento si conchiude che l’essenza e natura della società, massime umana, contiene contraddizione in se stessa; perocchè la società umana naturalmente distrugge il più necessario elemento, mezzo, nodo, vincolo della società, ch’è l’uguaglianza e parità scambievole degl’individui che l’hanno a comporre; o vogliamo dire accresce per proprietà sua la naturale disparità de’ suoi subbietti, e l’accresce tanto che li rende affatto incapaci di società scambievole, di quella medesima società che li ha così diversificati, anzi d’ogni società, anche di quella che per natura sarebbe stata loro e possibile e destinata e propria […]. La riflessione leopardiana si conclude con una nota sferzante e amara: quando l’uomo chiama gli individui della sua specie «suoi simili», questa espressione suona ironica, persino antifrastica. La terra della «scarsissima e larghissima società» destinata dalla natura agli uomini ha in queste pagine leopardiane il riverbero di un arcobaleno, ma anche il patto con la sparizione che un arcobaleno intrattiene. La leopardiana «società naturale» appare piuttosto come un paesaggio interiore, evocato quale linea d’orizzonte dalla quale muovere per la critica della «società stretta»: fragile e iridescente lontananza che permette, per la sua fantasticata trasparenza, di leggere la rete fittissima dei rapporti di potere, fondamento e ragione della società diseguale. Di ogni società nella quale l’«amor proprio» si accresce, in intensità e vigore, e fa fruttificare l’albero dell’odio, già di per sé rigoglioso. C’è, alla radice di questa rappresentazione leopardiana del «naturale», il rifiuto, almeno per ora, di mettere in questione un principio di ragione che am‐ metta nella natura una contraddizione e un’imperfezione: privarsi del «proprio fine e complemento», e cioè perseguire la conservazione della vita nell’universo e volere allo stesso tempo che una specie perisca e sia «infelicitata» per le sue stesse mani. «La natura è vita. Ella è esistenza. Ella stessa ama la vita, e proccura in tutti i modi la vita, e tende ogni sua operazione alla vita» (Zib. 3814sq., 31 ottobre 1823). Le maschere della natura per un momento si dileguano, abbandonano il teatro dell’interrogazione affannosa. Sul palcoscenico piove una luce non artificiale: è la luce del giorno e della notte. In quella luce l’esistenza appare nella sua semplice verità, nel suo esserci, qui, con il respiro delle cose e degli uomini, dei corpi celesti e delle stagioni. La natura è la vita: la sua pulsazione, il suo tumulto di sensazioni. Anche la caducità è un passaggio di questa vita. Mai Leopardi ha Della natura (per frammenti) 49 <?page no="50"?> privilegiato così da vicino il fiorire, spostando il deserto sullo sfondo: il deserto come orizzonte del fiorire. «Quello che noi chiamiamo natura non è principalmente altro che l’esistenza, l’essere, la vita, sensitiva o non sensitiva, delle cose». La vita delle cose, la vita sensitiva o non sensitiva, è la nostra stessa vita. Ad essa apparteniamo: come il volo all’aria, come l’acqua al mare. La natura è l’esistenza stessa. Essere naturale è stare in questo amore dell’esistenza per se stessa. L’antica drammaturgia - gnostica e manichea - del bene e del male non mostra ancora la sua ombra. Il corpo - il corpo del poeta - si tiene stretto alle «sensazioni vive»: il loro attenuarsi è diminuzione di vita, perdita di legame con l’esistenza delle cose. Quando il pensiero, opponendo alla soddisfatta filosofia del Tout est bien la gelida mistica del Tutto è male, esplorerà l’universale souffrance, queste «sensazioni vive» continueranno a mostrare la loro necessità, ma la mostreranno dall’interno del verso, nel ritmo e nelle domande del verso. Diranno il patto della poesia con il respiro delle cose, e dell’uomo. La Natura come messaggera del fato, del destino: una messaggera pacata, affabulatrice, e tuttavia inflessibile nell’esecuzione degli ordini. È la Natura che dialoga con l’Anima. Il varco tra il desiderio di felicità e l’esperienza dell’infelicità è la condizione dell’uomo: la «intensione [di] vita», proprio perché più forte nell’uomo che negli altri animali, con maggior sofferenza fa avvertire la spina di questo varco, di questa inconciliabile distanza. Lo sguardo della Natura è uno sguardo dall’alto: sotto di esso il mondo dei viventi appare colpito da un’unica opaca condanna. Per questo lei, la sovrana sorridente e protettiva, può indicare all’anima l’«universale miseria della condizione umana» come il solo orizzonte: al desiderio di felicità in stato di costante scacco può sovrapporsi, come ombrosa sospirata quiete, il desiderio di morte. Tristano sarà l’artefice, e il teorico, di questa sostituzione: la sua alleanza con la sparizione è la critica più aspra nei confronti dell’untuosa eloquenza dell’immortalità. Ma quel grido di cancellazione insegue, ancora, intrepidamente, una «intensione [di] vita». Contro il rumore di un mondo fondato sulla «profonda filosofia dei giornali» e dedito alla soddisfatta pubblica coltivazione dello spirito. Nel cuore dell’Africa un improvviso incontro. Da lontano sembra un busto di pietra, grandissimo, un colosso, simile a quelli che si scorgono alti nell’isola di Pasqua, da vicino è una donna di «forma smisurata» e «di volto mezzo tra bello e terribile, di occhi e di capelli nerissimi»: è seduta in terra, la schiena poggiata sulla parete della montagna. L’Islandese è di fronte alla Natura: dal cerchio della 50 Antonio Prete <?page no="51"?> sua crudeltà egli ha tentato in mille modi di fuggire, cercando ogni volta il luogo della non-offesa, e del non-godimento. L’esistenza dell’Islandese si è svolta come un’odissea che ha sperimentato in ogni mutamento di luogo la persistenza del patire, in ogni mutamento di clima la costanza del disagio. La Natura è in ascolto, imperturbata, impenetrabile, chiusa nel gelo del suo enigma. L’Islandese narra della iniziale saggezza che lo ha consigliato a separarsi dalla società degli uomini, narra della solitudine costellata di fastidi, del viaggio di terra in terra trasformatosi presto in una sequenza di patimenti. L’ordine visibile della natura - le stagioni, i climi, la luce, l’aria, la temperatura, l’umidità, i fiumi, le piogge, i terremoti - è tutto dispiegato nella sua incontrastata violenza. Il regno animale collabora a questa opera persecutoria: il «giardino della sofferenza» è già qui, prima che nelle pagine dello Zibaldone, con tutta la sua creaturalità ribaltata. Così dinanzi alla Natura-sfinge - apparizione che dà un corpo alla necessità - si squaderna il catalogo delle crudeltà. Se la Natura ha una sua lingua propria, questa è l’inospitalità: nell’accoglimento il massimo di estraneità, nella prossimità il massimo di distanza, anzi di offesa. Per esercitare il suo minuzioso accanimento, la Natura assume ogni possibile maschera. Quando finalmente rompe il suo abissale silenzio, è per mimare un’ulteriore metamorfosi, la meta‐ morfosi della sua lingua nella lingua della filosofia: «la vita di quest’universo è un perpetuo circuito di produzione e distruzione, collegate ambedue tra se di maniera, che ciascheduna serve continuamente all’altra, ed alla conservazione del mondo». Passaggio al dire come interruzione dell’enigma, ma nello stesso tempo come avvaloramento di una legge enigmatica: la legge della Natura, che alla cosmografia del patire oppone una cosmologia della necessità. All’esistenza individuale come privazione della felicità oppone l’essenza dell’universo come indifferente macchina che produce e distrugge quel che produce: ed è questa la sola difesa dal suo stesso annientamento. Inimicizia della Natura contro le sue stesse opere. Inimicizia della madre contro i suoi figli, cioè contro tutti i viventi. Ma questa materna inimicizia è soltanto una metafora «umana»: non c’è inimicizia dove c’è indifferenza, non c’è maternità, né benevola né crudele, dove c’è disumana suprema affermazione di una legge. La narrazione leopardiana mette sulla stessa scena il racconto dell’Islandese e lo sguardo della Natura, la lingua del patire e il ragionare dis-umano della bella e terribile donna: una tanatografia sigillerà lo spettacolo. Ma prima che la morte del dialogante confermi ancora una volta la gelida vertiginosa distanza tra il pathos dell’esistenza e l’ordine della physis, una domanda trapassa come una freccia la rappresentazione, mostrando il vuoto di senso su cui poggia la legge della produzione-distruzione: «[…] a chi piace o a chi giova cotesta vita infelicissima dell’universo, conservata con danno e con morte di tutte le cose Della natura (per frammenti) 51 <?page no="52"?> che lo compongono? ». Ma la domanda ha l’effimera consistenza e l’involontaria futilità di una frase pronunciata sull’abisso: l’arrivo dei due leoni - «così rifiniti e maceri dall’inedia, che appena ebbero forza di mangiarsi quell’Islandese» - dichiara il carattere tutto umano, cioè strettamente ragionevole e insieme sensibile, della domanda, una domanda che, proprio per questo, ha come sola risposta la sua cancellazione. Nessuna ironia dimostrativa negli occhi immobili della donna. L’ironia è nella sorte stessa, e nella scrittura che la racconta: la fuga dell’Islandese dalla Natura s’è rovesciata nell’incontro della Natura, il ragionare sulla infelicità e sulla morte si è spezzato in una scena di morte. Gli stessi leoni sono insieme esecutori e vittime di un’unica sconfinata crudeltà. Una variante narrativa oppone al corpo divorato un corpo mummificato: il personaggio che ha interrogato la Natura e ha ragionato con lei sull’infelicità dei viventi e dell’universo, osando persino affacciarsi sull’assenza di senso e di fondamento, diventa un oggetto museale, un esemplare: documento di un’antropologia negativa. Chissà se i visitatori del museo, compresi delle magnifiche sorti della propria specie, saranno sfiorati, dinanzi al corpo mummificato, da quel vuoto di senso su cui si spalancava la domanda estrema dell’Islandese? Dalla narrazione al frammento teorico. Il dialogo dell’Islandese si rifrange nello Zibaldone: un’onda di pensieri accerchia teoreticamente l’indifferenza della Natura. Ma è la condizione infelice dell’individuo e dei viventi, di tutti i viventi, l’oggetto primo della meditazione leopardiana. L’orizzonte della natura, dell’esistenza universale, è teatro sconfinato di questa infelicità, insieme suo fondamento ed enigma. Essere per la felicità, non poter essere felici, «e ciò per impotenza innata e inseparabile dall’esistenza» (Zib. 4099sq., 3 giugno 1824). Una contraddizione inspiegabile, a meno che non si metta in questione il principio stesso di non-contraddizione, il quale dice che una cosa non può allo stesso tempo essere e non essere. Circa un anno dopo torna a imporsi la distinzione tra il fine dell’«esistenza universale» e il fine dell’«esistenza individuale»: in questo varco Leopardi dissemina domande, mentre allinea esempi della condizione infelice, fino a pensare che «vivente e infelice sieno quasi sinonimi» (Zib. 4127, 3 maggio 1825). La vita dell’universo è il fine proprio della natura: a questo fine sono piegate la vita e la morte dei viventi, di tutte le specie viventi, la loro sofferenza, la loro sparizione. Così i viventi, che pure hanno per loro natura, per l’amor proprio che li costituisce, il desiderio del piacere come innata «tendenza» e la felicità come fine, sono imprigionati nel recinto di quell’altro fine che è la vita dell’universo. Ecco, ancora, la contraddizione che è anima dell’esistenza: da una parte l’esistenza che non ha per fine la felicità dei viventi, ma soltanto la 52 Antonio Prete <?page no="53"?> vita dell’universo, dall’altra l’esistenza del vivente che ha «di sua natura per necessario, perpetuo e solo fine il suo piacere, e la sua felicità» (Zib.-4127-4133, 5-6 aprile 1825). La sensibilità: lingua del sentire che è, nello stesso tempo, lingua del patire. La relazione del vivente con l’universo muove da questa lingua: «Gli enti sensibili sono per natura enti souffrants, una parte essenzialmente souffrante dell’universo» (Zib. 4133, 9 aprile 1825). Una sofferenza che, allargandosi dall’individuo a tutte le specie viventi, parrebbe comprendere l’intera natura: e invece questo sconfinato soffrire non è che «un menomo neo» osservato in rapporto all’«esistenza del gran tutto». Solitudine del vivente: un patire che si spegne nel silenzio dell’universo, un sentire che confronta, in ogni momento, il suo desiderio d’infinito con l’insensibilità dell’infinito - dell’inimmaginabile infinito -, la sua finitudine con l’oltretempo che è ritmo dell’universo. Declino di ogni vivente: il patto del vivente con la morte è essenza stessa della sua vita. Caducità che sembra non contagiare il tempo - senza tempo dell’universo: le stagioni scorrono su quell’immobile schermo, si consumano, si perdono. Ma questa è un’illusione - un’anamorfosi - della nostra risibile parzialità. Di fatto anche l’universo «continuamente invecchia». Il gallo silvestre - questa cosmogonica figura dell’origine, e della fine, che ha la cresta tra le stelle e i piedi sulla terra - lo ricorda nel suo mattutino Scir, nel suo canto d’oriente: «Tempo verrà che esso universo, e la natura medesima, sarà spenta». L’infinito sarà vuoto di vita, di respiro, di materia stessa: «un silenzio nudo, e una quiete altissima, empieranno lo spazio immenso». Tornano le tre figure che nell’idillio L’Infinito declinavano la finzione «nel pensier», prima dello spaurimento: i silenzi, la quiete, gli spazi. Tornano, con la stessa sconfinata profondità, ma separate dal pensiero, dalla finzione nel pensiero. Non c’è il movimento affettivo di una ripetizione («Sempre caro mi fu») a sostenere la rappresentazione, né un resto di corporea dolcezza nel naufragio della stessa rappresentazione. Una sterminata assenza: di storia, di natura, di forme, di respiro. Ma anche questo spalancarsi assoluto del nulla ha una lingua, persino uno stile: quello «stile interrotto, e forse qualche volta gonfio» che il volgarizzatore del Cantico ha scelto di mantenere per fedeltà mimetica nei confronti del testo originale, per prossimità con gli usi dei poeti d’Oriente. Il Frammento apocrifo di Stratone da Lampsaco : una fisica poetica che sembra annunciare le teorie cosmologiche dell’implosione: ritorno al punto d’infinita Della natura (per frammenti) 53 <?page no="54"?> densità. In questo caso, l’origine è la meta. Questa congiunzione del principio e della fine è anche il punto dell’infinita possibilità: rinascita, ripetizione, nuove avventure della materia, sono chiuse in questo tempo-spazio che è al di qua del tempo e dello spazio. Il Frammento, che il volgarizzatore dice si trovasse nella biblioteca del monte Athos, così si conclude: Venuti meno i pianeti, la terra, il sole e le stelle, ma non la materia loro, si formeranno di questa nuove creature, distinte in nuovi generi e nuove specie, e nasceranno per le forze eterne della materia nuovi ordini delle cose ed un nuovo mondo. La conclusione del Cantico del gallo silvestre disegna invece un’altra fantasma‐ goria del nulla, un’altra variante cosmologica della fine. Una variante che pare prossima alla teoria dell’espansione dell’universo, alla fuga dei mondi negli spazi infiniti: «Così questo arcano mirabile e spaventoso dell’esistenza universale, innanzi di essere dichiarato nè inteso, si dileguerà e perderassi». L’esistenza: la vita degli individui, e delle specie. Nel suo mare si può naufra‐ gare. La vita dell’individuo non è dell’individuo, ma appartiene all’esistenza. Appartiene alla vita, alla vita non sua. Ontologia dell’esistenza: «Gli esistenti esistono perché si esista, l’individuo esistente nasce ed esiste perchè si continui ad esistere e l’esistenza si conservi in lui e dopo di lui» (Zib. 4169, 11 marzo 1826). Un pulsare che è oltre il pulsare dei corpi. Un respiro che insieme è proprio ed estraneo. Intimo ed assoluto, allo stesso tempo. La singolarità del vivente affonda nell’universo dei viventi. E l’universo dei viventi è un battito, un passaggio, che si perde nell’universo. I silenzi che nello Zibaldone separano un frammento dall’altro: solchi di parole non scritte, isole di conoscenza sommerse. Oppure esercizio di attesa che non lascia alcun segno, alcun brivido. Attesa di un balzo. Nascita di un’idea. Quali pensieri separano, nella stessa pagina 4174, un’annotazione filologica sull’uso del greco οὐκ ἐθέλειν dalla frase che annuncia Tutto è male? Il male è il rintocco d’un tempo scandito dal nulla. Un rintocco che cade, grave, insistente, sulle cose, sull’esistenza, sul fine dell’universo, sull’ordine e le leggi dell’universo. Una disposizione crudelmente, paradossalmente, creaturale, che, nominando via via le cose, le immerge nella sola luce esistente, quella del male. E allargandosi la rappresentazione agli innumerevoli possibili mondi, tutto si mostra privo di grandezza e di senso dinanzi alla vera infinità, che è quella del nulla. Orizzonte, anima, ritmo del male è il nulla. 54 Antonio Prete <?page no="55"?> Nella pagina 4175 i pensieri si raccolgono attorno ad una finzione appena accennata, chiedono a un ipotetico punto di osservazione, e di sapienza, una rassicurazione, forse uno schermo: «Si potrebbe esporre e sviluppare questo sistema in qualche frammento che si supponesse di un filosofo antico, indiano ec.». Sotto lo sguardo del «filosofo antico, indiano ec.», passa sullo sfondo la metafisica del male, per prendere campo - e accrescersi fin oltre i confini del dicibile, del rappresentabile - quella necessità che fa dell’esistenza un male: il patire. Una cosmologia dell’infelicità spalanca il suo infinito. Un’onda che travolge tutti i viventi, tutti i mondi: Non gli uomini solamente, ma il genere umano fu e sarà sempre infelice di necessità. Non il genere umano solamente ma tutti gli animali. Non gli animali soltanto ma tutti gli altri esseri al loro modo. Non gl’individui, ma le specie, i generi, i regni, i globi, i sistemi, i mondi. È ancora lo sguardo del filosofo antico, del filosofo indiano che, tornando dai mondi dell’infelicità, si ferma sulla soglia di un giardino? O è lo sguardo del poeta-filosofo occidentale che, dopo la gelida avventura di una teoresi del male assoluto, dopo la declinazione di una fisica dell’infelicità senza confini, esplora l’«infinitamente piccolo», cioè un giardino, e segue minuziosamente tutti i movimenti di vita, che sono anche movimenti di morte, tutti i gesti di attenzione e di cura, che sono anche gesti di crudeltà e di offesa? Il paradeison, il giardino delle delizie, è rovesciato: l’eden mostra non la sua cancellazione, o la sua dislocazione in un altrove - utopia, vita anteriore perduta, messianica attesa, sogno di rigenerazione e di riscatto, compimento della peregrinatio o risarcimento della sofferenza -; l’eden mostra la sua terrestre dolente allegoria: Entrate in un giardino di piante, d’erbe, di fiori. Sia pur quanto volete ridente. Sia nella più mite stagione dell’anno. Voi non potete volger lo sguardo in nessuna parte che voi non vi troviate del patimento. Tutta quella famiglia di vegetali è in stato di souffrance, qual individuo più, qual meno. Là quella rosa è offesa dal sole, che gli ha dato la vita; si corruga, langue, appassisce. Là quel giglio è succhiato crudelmente da un’ape, nelle sue parti più sensibili, più vitali. […] Il dolce mele non si fabbrica dalle industriose, pazienti, buone, virtuose api senza indicibili tormenti di quelle fibre delicatissime, senza strage spietata di teneri fiorellini. Quell’albero è infestato da un formicaio, quell’altro da bruchi, da mosche, da lumache, da zanzare; questo è ferito nella scorza e cruciato dall’aria e dal sole che penetra nella piaga; quello è offeso nel Della natura (per frammenti) 55 <?page no="56"?> tronco, o nelle radici; quell’altro ha più foglie secche; quest’altro è roso, morsicato nei fiori; quello trafitto, punzecchiato nei frutti. Quella pianta ha troppo caldo, questa troppo fresco; troppa luce, troppa ombra; troppo umido, troppo secco […]. Il Cantico delle creature trova la sua cruda esegesi, il suo controcanto aspro e doloroso: ancora è il vivente che è prossimo al vivente, ancora il respiro e la lingua delle cose riempiono la scena, ma uniti da una fraternità che ha il patire, l’insensato patire come segno di un un’unica ateologica appartenenza. La «laus Deo» implode in un coro straziato. La preghiera si rovescia non nella bestemmia, ma nell’unica lingua che il patire conosce: il silenzio. Il silenzio del declino, della ferita, della morte. Nella pagina leopardiana la poesia dei fiori si spoglia di ogni incantata ingenuità: la rosa che «si corruga, langue, appassisce» non ha né la fragranza femminile dell’animazione romantica (la rosa byroniana della giovanile pole‐ mica con i romantici lombardi) né la malinconia allegorica dello sfogliarsi delle stagioni, delle stagioni della vita. Non hanno, questi fiori, né il profumo delle baudelairiane «fleurs maladives» né la letteraria dissacrante ironia del lessico floreale di Rimbaud («Ce qu’on dit au poète à propos de fleurs»). Il giglio succhiato dalle api industriose fa deflagrare ogni sapiente georgica e ogni provvidenziale «théologie des insectes». La «strage spietata di teneri fiorellini» fa apparire come colpevole stravaganza ogni verso di poesia bucolica. Gli alberi si sfrondano di ogni mitologica ascendenza, perdono anche la proprietà del nome: questa anonimia che sottrae le piante alle loro differenze è già un esito della sofferenza. Lo sguardo, che va scrutando tutte le forme del patire, annulla le forme del fogliame e dei tronchi: la forma e il nome, la bellezza e il suono, nascondono il patto biologico con la suprema indifferenza che è la morte. I giardini della poesia d’amore sono irrisi: i loro incantesimi sono dissipati in una sequenza di malsane difficoltà, di fastidiosi ostacoli, di costrizioni e malattie: Qua un ramicello è rotto o dal vento o dal suo proprio peso; là un zeffiretto va stracciando un fiore, vola con un brano, un filamento, una foglia, una parte viva di questa o quella pianta, staccata e strappata via. Intanto tu strazi le erbe co’ tuoi passi; le stritoli, le ammacchi, ne spremi il sangue, le rompi, le uccidi. Quella donzelletta sensibile e gentile, va dolcemente sterpando e infrangendo steli. Il giardiniere va saggiamente troncando, tagliando membra sensibili. Colle unghie, col ferro. Il locus amoenus non è ribaltato nel grottesco e nell’orrido, ma è negato, semplicemente: attraverso l’ironica inserzione dei suoi elementi in una ekphrasis che ha un solo centro del paesaggio: la souffrance. Il soggetto dello sguardo, in questa descriptio, si fa anch’egli portatore di crudeltà: un «tu» forte, improvviso, chiama ad una partecipazione che strazia, mostra un passo che, dove si posa, 56 Antonio Prete <?page no="57"?> distrugge. Il vento («un zeffiretto») che «va stracciando un fiore» non annuncia nessuna primavera: se viene, come viene, dalle regioni della poesia, qui, nel giardino della sofferenza, partecipa anch’egli al lavoro corale di distruzione. Come il giardiniere con la sua operosa sapienza tecnica. Come la «donzelletta sensibile e gentile», anch’essa giunta qui dai giardini incantati della poesia d’amore. In questo altro giardino la «copia di vita» mostra il suo fondamento, il clima la sua perversa azione. Il giardino come soggiorno di gioia (che nel canto Il pensiero dominante sarà ascetica meta di un cammino interiore: «Quasi in lieto giardino, a te ritorno | E ristora i miei sensi il tuo soggiono») mostra qui la sua vera natura: «ogni giardino è quasi un vasto ospitale». La conclusione, distogliendo lo sguardo dal giardino e ritrovando il filo di un ragionare che muoveva dalla fantasmagoria del nulla, allontana la meditazione nella finzione, nella verità della finzione: «e se questi esseri sentono, o vogliamo dire sentissero, certo è che il non essere sarebbe per loro assai meglio che l’essere.» (Zib.-5176sq., Bologna, 22-aprile 1826). Ancora a Bologna, un’annotazione del 25 settembre del 1826 (Zib. 4204sq.). La natura dà, insieme, mali e rimedi, offese e difese: «il nibbio o il ragno non è meno sagace di quel che la gallina o la mosca sia amorosa o avveduta». Osservando l’anatomia dei «corpi organizzati» sia i «naturalisti» che gli «ascetici» sono in «estasi di ammirazione» per una natura tanto sapiente. Se non si crede, come accade a Leopardi, a un ordine provvidenziale, a quella che Buffon chiamava, detestandola, «théologie des insectes», non resta che ammettere l’esistenza in natura di «contraddizioni innumerabili, evidenti e continue». Perché la natura ha voluto che «il tal frutto sia mangiato dagli animali» e nello stesso tempo ha difeso quel frutto «con sì dura crosta e con tanta cura? ». Una domanda ragionevole. Ma poiché la filosofia leopardiana conosce bene l’astuzia della ragione e nello stesso tempo vede nell’estatica ammirazione della provvidenza un occultamento del sapere - del sapere del male - possiamo leggere questa do‐ manda come un’apertura sull’enigma. L’enigma della natura è, di fatto, l’oggetto permanente dell’indagine leopardiana. E il passaggio dall’enigma al visibile, o al figurabile - la luce lunare, le forme del tempo, della sua irreversibilità, le parvenze di infinito - è sostanza della teoresi poetica. Re delle cose, autor del mondo, arcana Malvagità, sommo potere e somma Intelligenza, eterno Dator de’ mali e reggitore del moto […] Della natura (per frammenti) 57 <?page no="58"?> Nell’abbozzo dell’inno ad Arimane il ventaglio multicolore della natura - il caleidoscopio dei suoi volti - sembra fissarsi nell’onnipotente e terribile immagine del male, principio del mondo, ragione e meta dei viventi, ispiratore implacabile di ogni azione, e desiderio, e preghiera. Alle linee fondamentali di un pensiero che precede un canto mai scritto non si addice certo l’esegesi. Il pensiero leopardiano del male qui è al di qua della forma, della musica del verso; per questo resta sospeso nella perplessità dell’inizio: il non-compimento è, insieme, dubbio e rifiuto, zona intermedia tra la cancellazione e il testo a venire. Dunque, l’offerta tematica dei versi iniziali, seguita dagli appunti, non può suggerire che qualche provvisoria congettura. Si tratta di una teologia monoteista rovesciata: non compresenza dei due principi del bene e del male, non drammaturgia di una lotta incessante tra le due forze, e neppure collaborazione del «satanico» - dell’Angelus Satanas della Kabbala - alla finale redenzione. Soltanto, un’unica onnivora presenza, una sola incessante opera di «produzione e distruzione». Nell’appunto torna l’ipostasi della natura, la quale «è come un bambino che disfa subito il fatto». La stessa immagine è nella Palinodia: «La natura crudel, fanciullo invitto, | Il suo capriccio adempie, e senza posa | Distruggendo e formando si trastulla». Il mondo come gioco, i viventi come elementi di un effimero puzzle, subito scomposto. Deflagrano, in questa mitologica raffigurazione del fanciullo, sia le immagini di quell’altro immortale fanciullo che ha il nome di Amore - la sua azione era di dolce lenimento degli affanni - sia il meraviglioso dialogo con le illusioni e con la natura vivente che il non-sapere della fanciullezza comporta. Nel capriccio di questa unica divinità la vita degli individui e dei mondi è solo l’occasione di un lusus perverso, annientante. Il sentire dei viventi, l’affanno del desiderio e della ricordanza - apparenze del piacere - sono gli strumenti di un patire senza limite. Altri due movimenti trascorrono tra i frammenti incompiuti dell’inno: la maledizione del nome del dio, la preghiera di una ricompensa per i tanti servigi prestati da un «apostolo» del male, come per tanto tempo è stato l’autore dell’inno. La promessa, da parte del poeta, di non far parte del coro di lodi rivolto al dio nella forma del pianto; la richiesta (ma chi ha maledetto come può ancora supplicare? ) la richiesta di un solo paradossale «bene»: la cessazione della vita, la sottrazione, cioè, all’universalità del male, l’affermazione di quel solo bene, che è il non essere: «Non v’è altro bene che il non essere» (Zib. 4174, 22 aprile 1826). Come definire la natura, come descrivere il suo potere? «Ma che epiteto dare a quella ragione e potenza che include il male nell’ordine, che fonda 58 Antonio Prete <?page no="59"?> l’ordine nel male? » (Zib. 4511, 17 maggio 1829). Ogni nome è creaturale, ogni lingua è un’approssimazione all’indicibile fondamento. Anche se qui è l’epiteto a mancare, sentiamo ugualmente l’affanno e il vuoto di una religiosa ricerca del Nome assente, assente perché è sopra tutti i nomi. La domanda leopardiana appartiene, pur rovesciata, alla religiosa via del nome. Ma si tratta di una via che ad ogni tratto mostra le orme del male. Una via che si snoda lungo i cigli - o gli abissi - del nulla. «Il poeta non imita la natura: ben è vero che la natura parla dentro di lui e per la sua bocca. I’ mi son un che quando Natura parla, ec. Vera definizione del poeta. Così il poeta non è imitatore se non di se stesso» (Zib. 4372sq., 10 settembre 1828). L’annotazione, con il riferimento ai versi del Purgatorio dantesco ( XXIV , 50-52), sopravviene nel corso della riflessione sulla poesia lirica, sulla sua priorità temporale nei confronti dell’epica e della drammatica. La natura qui è dislocata nel linguaggio, per così dire nell’intimità del linguaggio. Da quel luogo essa è sorgente del dire, necessità che muove la parola, ispirazione. Ad Amor - lo stilnovistico e dantesco Amor - è sostituita la Natura: una sovversione della mimesis classica. Perché si tratta, ora, di un’imitazione che si sottrae al modello da cui muoveva. Un’imitazione che abolisce lo sguardo sul paesaggio e il cammino che dal paesaggio portava verso il nome, dal visibile verso la parola. La poesia stessa, ora, è questa parola («quando Natura parla»), una parola divenuta corpo del poeta, sua voce, suo sguardo, principio della sua identità («I’ mi son un»). La natura non si rappresenta, non parla dal luogo del visibile; non parla neppure come voce oscura dell’enigma, del geroglifico (le baudelairiane «confuses paroles»), ma parla come voce di un’interiorità che ha fatto del vedere un’esplorazione dell’invisibile («Siamo le api dell’invisibile», dirà Rilke nella lettera da Muzot del 13 novembre 1925, continuando: «Nous butinons éperdument le miel du visible, pour l’accumuler dans la grande ruche d’or de l’Invisible»). Questa esplorazione è insieme conoscenza e ritmo, cioè poesia. La natura nella poesia è linguaggio: identità del sé e del dire. Leopardi continua, con questo passaggio dello Zibaldone, la replica ai romantici milanesi cominciata dieci anni prima: non si tratta soltanto di ritrovare la natura dentro di sé, disseppellirla, ascoltarla; occorre disporre il proprio corpo, i propri sensi, perché la natura possa parlare attraverso di essi. Non c’è più la mediazione della poesia degli antichi, la loro prossimità fanciullesca e fantasticante alla physis vivente. C’è l’ascolto di una intimità nella quale la natura è passaggio alla lingua. La poesia, «facoltà divina», secondo il Leopardi di questo frammento, è tutta in questa intimità che lascia scaturire una parola «naturale». La leopardiana replica al concetto di imitazione del Cavalier Di Breme aggiunge un altro Della natura (per frammenti) 59 <?page no="60"?> passaggio sulla via di quel ritrovamento della natura «in un mondo snaturato»: l’ispirazione non è più il soffio di un vento, ma la voce che sale dal paese sconfinato di una silenziosa intimità. Non misantropia, né malumore, e neppure odio: l’attenzione ai viventi, alla condizione infelice che rende gli uomini prossimi gli uni con gli altri, allontana la natura nella solitudine della sua, per così dire, originaria responsabilità, nel silenzio di un’oscura radice: «La mia filosofia fa rea d’ogni cosa la natura, e discolpando gli uomini totalmente, rivolge l’odio, o se non altro il lamento, a principio più alto, all’origine vera de’ mali de’ viventi» (Zib. 4428, 2 gennaio 1829). Nella Ginestra il linguaggio della natura dispiega tutte le sue forme. Poema del grido e del silenzio, della distruzione e del profumo: il pensiero leopardiano della natura - nel deserto di ogni memoria e di ogni speranza, nel gelo delle rovine - si raccoglie attorno al sapere della mortalità. La finitudine ha la lingua, fragile e tuttavia luminosa, di un fiore estremo che, affidando il suo profumo al vento della morte, nell’istante stesso di questa esposizione, mostra il riverbero di un’onda di vita. Nella Ginestra c’è una natura che si mostra come vortice di un tempo distruttivo: un tempo che cancella città e culture, magnificenza e piaceri. Un tempo che ha le sue fossili reliquie, segnali inerti dell’irreversibile - le «ceneri infeconde», la «impietrata lava» - ed ha, nella serpe che «si contorce al sole» e nel coniglio che torna al «cavernoso covil», le sue viventi testimonianze. C’è una natura che si manifesta come vita nel deserto, profumo nelle rovine («odorata ginestra»): leggerezza di una sopravvivenza che attraversa la distruzione senza vincerla e tuttavia mostrando l’esile legame con un’alterità consapevole della sua finzione e del suo stesso declino. Servendosi del suo profumo la ginestra dialoga con due presenze: il cielo e il deserto («[…] al cielo | Di dolcissimo odor mandi un profumo, | Che il deserto consola»). Il cielo sopra il deserto: un vento porta il profumo di un fiore che muore. Un profumo che è figura della poesia? Una natura che l’antifrasi chiama «amante», a indicare il vuoto di ogni forma d’amore, e la recisione violenta dell’antico legame che univa physis ed eros: quel legame faceva dell’eros il vento di ogni rinascente primavera. La luc‐ reziana «alma mater» è stravolta nella «dura nutrice» che ha l’annientamento («annichilare in tutto») come sua produttiva attività. 60 Antonio Prete <?page no="61"?> Una natura che «sta», anzi che «sembra star»: parvenza di immobile sfinge ai cui piedi scorre il tempo di una storia implosa, vertigine del «già stato», teatro di ogni caduta: «Caggiono i regni intanto, | Passan genti e linguaggi: ella nol vede». Cecità di un tempo che divora il tempo. Nella cecità della physis, un’altra visibile (e invisibile) natura: notturno stellare, odissea dell’immaginazione che si perde nelle lontananze di nebulose e galassie, nella vertigine di un oltretempo dai cui abissi la vanitas stessa appare vana. Finitudine che guarda dalla sua soglia («su la mesta landa») le parvenze di infinito, e torna su stessa, avendo guadagnato, in questo notturno spaurimento dinanzi alle fiammeggianti lontananze, un nuovo sguardo. Uno sguardo che, rivolto alla «mortal prole infelice», è preso da una perversa esitazione: «Non so se il riso o la pietà prevale». Una natura la cui indifferenza costringe tutti i viventi nello stesso implaca‐ bile destino: la stessa strage colpisce il seme dell’uomo e la formica. Contro l’«empia natura» potrà il sapere della morte non dissiparsi e non smarrirsi nelle «fole» del secolo, e della civiltà, ma farsi radice di una comunità di viventi-mortali? In quella comunità la giustizia e la pietà non sarebbero più celesti fantasmi ma figure necessarie di un’etica della convivenza. Una natura - natura umana - che si leva contro l’altra natura: «nobil na‐ tura» che solleva gli occhi contro il fato. Umano e divino, fragilità e «possanza», lingua dell’uomo e lingua della necessità si fronteggiano. Due personaggi dello stesso teatro. È il sapere della morte che permette all’uomo di sollevare gli occhi: Nobil natura è quella Che a sollevar s’ardisce Gli occhi mortali incontra Al comun fato, e che con franca lingua, Nulla al ver detraendo, Confessa il mal che ci fu dato in sorte, E il basso stato e frale; […] Il lucreziano «mortalis tollere contra | est oculos ausus» ha qui fondamento proprio nella finitudine, nella dignità di chi è in armonia con il breve cerchio della finitudine. Nella notte che la civiltà «spirituale» ha fatto cadere sui sensi corporali, c’è il gesto ‹naturale› di un fiore. E in quel gesto - il gesto privo di asservimento, privo di orgoglio, con cui la ginestra piegherà il suo «capo innocente» - c’è il riflesso di quella «luce» che la storia degli uomini ha allontanato e offuscato. Una luce, lontanissima e perduta, che nel deserto della Della natura (per frammenti) 61 <?page no="62"?> vita, nelle rovine di un tempo che annienta se stesso, ha l’esilità di un profumo. Ha la levità di un suono nel quale si può distinguere il ritmo di un verso. Madre temuta e pianta Dal nascer già dell’animal famiglia, Natura, illaudabil maraviglia, Che per uccider partorisci e nutri, Se danno è del mortale Immaturo perir, come il consenti In quei capi innocenti? La natura, apparendo in questo teatro (Sopra un bassorilievo antico sepolcrale […]) genera uno stupore silenzioso, una meraviglia che è, nello stesso tempo, amara osservazione della crudeltà, della crudeltà come legge del vivere. L’innocenza nel vortice del morire, il dolore di «chi rimane in vita» nello stagno di un tempo privo di «consolazione». Natura come nascita che nega se stessa: si nasce alla morte, si vive nella morte. Maternità perversa: una madre che, dando la vita, cancella se stessa come madre. I figli nel suo volto riconoscono la loro «antica | e capital […] nemica» (Paralipomeni, IV ,12). Nelle raffigurazioni leopardiane della madre - insistenti, crude - c’è forse l’invisibile ordito di quel che è negato, cioè il disegno - o immemoriale pallida sinopia - di un filiale rapporto con una maternità premurosa, dolce. Essere esposti al mondo, al capriccio della natura, significa coltivare - certo, come effimeri miraggi - il sogno di una protezione, di una cura? Un bassorilievo antico sepolcrale. Un addio: la giovinetta abbandona i suoi, e la terra. Una figura di giovinezza e di morte: tempo che è di pietra, lingua dell’addio, suono della assoluta lontananza. Uno stesso vento lambisce la scena del canto leopardiano, la musica di pietra dell’urna greca di Keats, il corpo d’ombra dell’Euridice di Rilke. Sullo sfondo, la cadenza di antichi versi bizantini. Natura umana, or come, Se frale in tutto e vile, Se polve ed ombra sei, tant’alto senti? Nel vuoto che separa finitudine e infinito si posa la domanda sull’enigma: la vertigine del sentire come può abitare un corpo-polvere, un corpo-ombra, un essere che è «pulvis et umbra»? La fragilità e l’insignificanza come possono alimentare il desiderio di infinito? Quale nodo avvince nello stesso ombroso abbraccio il tempo e l’oltretempo, la vita e la morte, il «tronco che sente e pena» e il giardino invisibile - e impossibile - dell’altrove? L’interrogazione 62 Antonio Prete <?page no="63"?> leopardiana della natura si apre su un’ulteriore estrema interrogazione: nel varco che essa apre - varco tra la finitudine e l’infinito, tra il limite e l’impossibile -, si posa, leggera, la lingua della poesia. Che dà un ritmo a questo domandare. Un «filo» che si aggiunge alla «tela brevissima» della vita. (da Finitudine e Infinito. Su Leopardi, Milano: Feltrinelli 1998) Della natura (per frammenti) 63 <?page no="65"?> I N aturbilder l eopardis Ö kopoetische p erspektiveN <?page no="67"?> Nicht-menschliche Ereignisse Leopardi, die Wälder und die Manipulation der Natur Gli avvenimenti non umani Leopardi, le foreste e la manipolazione della natura Franco D’Intino Il saggio mette a fuoco, nell’opera leopardiana, una serie di testi in cui è elaborato il tema della manipolazione della natura da parte della specie umana. Al centro è un disegno letterario, mai realizzato, in cui Leopardi prende spunto da un articolo della Gazzetta di Milano sullo sfruttamento economico delle foreste svizzere, accumulando materiali letterari per un poema sulle foreste; tema di capitale importanza in tutti gli scrittori che, tra la fine del Settecento e l’inizio dell’Ottocento, registrano gli effetti della modernizzazione (si fanno gli esempi di Wordsworth, Stendhal, Mary Shelley). Il saggio analizza poi altri luoghi della sua opera in cui Leopardi da un lato mette a fuoco la violenza insita nel rapporto tra la specie umana e la natura, in forma di addomesticamento, coltivazione e sfruttamento di risorse (per es. negli incompiuti Dialoghi tra due bestie); dall’altro immagina una natura non osservata da uno sguardo umano (Cantico del gallo silvestre, La vita solitaria). Der Beitrag konzentriert sich auf eine Reihe von Texten in Leopardis Werk, in denen das Thema der Manipulation der Natur durch die menschliche Spezies behandelt wird. Im Zentrum steht eine nie realisierte literarische Skizze, in der Leopardi einen Artikel in der Gazzetta di Milano über die wirtschaftliche Ausbeutung der Schweizer Wälder aufgreift und literari‐ sches Material für ein «poema» über die Wälder sammelt; ein Thema, das bei allen Schriftstellern, die im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert die Auswirkungen der Modernisierung aufzeichneten (z.B. Wordsworth, Stendhal, Mary Shelley), von größter Bedeutung ist. Der Beitrag analysiert <?page no="68"?> 1 The Excursion, Preface, v. 1 (William Wordsworth: The Excursion. Ed. by Sally Bushell / James A. Butler / Michael C. Jaye, with the assistance of David García. Ithaca / London: Cornell University Press 2007, 39). 2 Robert P. Harrison: Foreste. L’ombra della civiltà. Milano: Garzanti 1992, 181-184. Nella sua poesia ‒ un «intreccio di senso di appartenenza e di senso di estraniazione» ‒ si esprime, osserva Robert Harrison, l’«ineluttabilità storica di questo esilio sia personale weitere Stellen in Leopardis Werk, an denen er einerseits die Gewalt in der Beziehung zwischen der menschlichen Spezies und der Natur in Form von Domestizierung, Kultivierung und Ausbeutung der Ressourcen thematisiert (z.B. in den unvollendeten Dialoghi tra due bestie [«Dialoge zwischen zwei Tieren»]); andererseits stellt er sich eine Natur vor, die vom menschlichen Blick unbeobachtet ist (Cantico del gallo silvestre, La vita solitaria). Parole chiave: Leopardi, natura, foreste, modernità Schlagwörter: Leopardi, Natur, Wälder, Moderne Humanity appears upon the scene, hand in hand with trouble. (Thomas Hardy) Il n’y a que l’homme de laid. (Gustave Flaubert) 1 L’industria, il turismo e la scoperta delle foreste Le generazioni romantiche ‒ ve n’è più di una ‒ hanno avuto, tra gli altri meriti, quello di registrare quali sensibilissimi sismografi il diagramma dell’antropiz‐ zazione del territorio, in altre parole i mutamenti nei rapporti tra uomo e natura, particolarmente rapidi e violenti a cavallo tra Sette e Ottocento. Da questo punto di vista, Rousseau apre davvero ‒ è superfluo ricordarlo ‒ una ferita mai più sanata. Tra i tanti che mettono a frutto le sue idee è William Wordsworth, il cui poema in tre parti, The Recluse, progettato e mai compiuto, avrebbe dovuto vertere appunto «On Man, on Nature, and on Human Life» 1 . Wordsworth è stato in grado di recepire così intensamente il messaggio rousseauiano perché, tra i poeti, è stato uno dei pochi a sperimentare condizioni di autentica solitudine nella natura. Negli anni e nei luoghi della sua infanzia e giovinezza ‒ la Cumbria dei decenni ’70 e ’80 del Settecento ‒ ciò era ancora possibile 2 , ma in un rapidissimo 68 Franco D’Intino <?page no="69"?> sia storico dalla spontaneità», e l’«impossibilità di conoscere davvero la natura dall’in‐ terno». 3 Cf. Paul Bairoch: «Urbanizzazione e disurbanizzazione», in: Enrico Castelnuovo / Va‐ lerio Castronovo (a cura di): Europa moderna. La disgregazione dell’Ancien Régime. Milano: Electa 1987, 249-259: Liverpool (variazione percentuale: 1283 %), Leeds (960 %), Manchester (950 %), Birmingham (914 %), Portsmouth (560 %), Nottingham (480 %), Glasgow (438-%), Hull (400-%), Sunderland (380-%). 4 The letters of William and Dorothy Wordsworth. The early years 1787-1805. Ed. by Ernest de Selincourt, second revised ed. by Chester L. Shaver. Oxford: Clarendon Press 1967, 312-315 (lettera del 14-gennaio 1801 a Charles James Fox). lasso di tempo non lo sarebbe stato più. L’Inghilterra era, da questo punto di vista, il paese più adatto a far proprio il messaggio rousseauiano, perché più rapidamente travolto dall’urbanizzazione e da quella che, pensando al Faust di Goethe, potremmo chiamare ‹operosità› umana. Qualche dato. Dal 1750 al 1800 il tasso di urbanizzazione europea regredisce di 0,3 punti percentuali, mentre il tasso inglese aumenta di 4,4 punti. Nello stesso periodo la popolazione assoluta urbana europea passa, con lieve incremento, da 17,8 milioni a 22,8 milioni, mentre quella inglese quasi raddoppia (da 1,8 a 3,4). Ultimo dato: nella classifica delle città europee a più forte crescita dal 1700 al 1800 le prime nove sono tutte inglesi 3 ; e le prime tre (Liverpool, Leeds, Manchester) si allargano a macchia d’olio a non più di un centinaio di miglia da dove William Wordsworth, nella più beata solitudine, dice di aver trascorso la sua infanzia a cacciar nidi nei boschi. Il contrasto era troppo forte per non produrre scintille, e nutrire l’immaginazione del primo grande poeta che affrontasse frontalmente, in condizioni finora mai sperimentate dall’uomo, il ‹problema› della natura. Nel 1801, appena insediatosi a Grasmere, Wordsworth sintetizzò in una lettera-manifesto a Charles James Fox una specie di anti-modernismo alla Burke: la tenace resistenza delle comunità contadine ai nuovi ritmi dell’industria, la continuità organica e sacra di vita e morte opposta all’avanzare violento e meccanico delle manifatture e del commercio. 4 Sette anni dopo, una testimonianza di Thomas De Quincey mette in luce un altro aspetto della modernizzazione che fa il paio con la manipolazione della natura inerente alla rivoluzione industriale: l’uso del tempo libero e il turismo. Alla figura nuova e moderna del turista Wordsworth aveva dedicato, al principio del nuovo secolo (tra il dicembre 1799 e il marzo 1800) l’incipit di una poesia dialogata, The brothers, in cui abbozzava un sarcastico quadro dei turisti colti, oziosi e distratti che non vivono lo spazio naturale ma invece se ne appropriano con la vista e con la parola, facendolo diventare ‹paesaggio›, Gli avvenimenti non umani 69 <?page no="70"?> 5 The Poems of William Wordsworth. Collected reading texts from the Cornell Wordsworth. Ed. by Jared Curtis. Vol.-I. Tirrill / Penrith: Humanities-Ebooks 2009, 384. 6 Thomas De Quincey: Reminiscences of the English Lake Poets. London: Dent 1961, 120. A quell’epoca, ma già nei decenni precedenti, il Lake District era diventato una meta popolare, grazie ad alcune fortunate guide di viaggio: A Guide to the Lakes di Thomas West (1778) e Observations relative chiefly to Picturesque Beauty, made in the year 1772, on several parts of England; especially the Mountains and Lakes di William Gilpin (1786). 7 Ippolito Pindemonte: «La solitudine», in: Bruno Maier (a cura di): Lirici del Settecento. Milano / Napoli: Ricciardi 1959, 910-916. 8 Stendhal: Voyages en Italie. Textes établis, présentés et annotés par Victor Del Litto. Paris: Gallimard 1973 (Bibliothèque de la Pléiade, 249), 555. oggetto di disegno e di scrittura. 5 De Quincey, nato in un sobborgo di Manchester nel 1785 e figlio di un commerciante, si trasferì nel 1808 nel Lake District, dove conobbe Wordsworth, più anziano di quindici anni. Nei racconti e nei versi dell’amico e maestro si respirava una comunione con la natura ormai divenuta impossibile, contaminata dal rapidissimo sviluppo economico e dal turismo: costruzione di strade, alberghi e locande, invasione del territorio da parte di viaggiatori in cerca di divertimento. 6 Sia nella lettera e nei versi di Wordsworth sia nel testo di De Quincey l’analisi è precisa. Non si tratta più di vagheggiare un’Arcadia, una «romita villa» contrapposta a un’altrettanto generica «città» 7 , ma di riflettere meditatamente su mutamenti strutturali (sociali, tecnologici, urbanistici) in tutti gli ambiti della vita. Alcune regioni diventano il simbolo della naturalezza perduta, e appunto per questo attirano viaggiatori in cerca di emozioni forti e primitive. Il Lake District è per De Quincey una «domestic Calabria»; quella Calabria che sarà anche per Stendhal (e poi ancora a lungo, fino a Norman Douglas) una mitica terra vergine di autentica sauvagerie. Stendhal, grande viaggiatore ma anche fantasioso inventore di racconti di viaggio, ne descrisse, non avendoci mai messo piede, non tanto i paesaggi quanto i costumi arcaici, quell’«enfantillage passionné» di chi asseconda i desideri senza curarsi del dovere. 8 I luoghi appena meno selvaggi in cui invece è stato per gustare i piaceri della natura incontaminata li racconta, sì, ma con un occhio assai diverso da quello di chi, come Wordsworth, li ha vissuti dall’interno. Negli anni ’10 e ’20 dell’Ottocento lo sguardo di Stendhal, ‹milanese› di mondo, è proprio quello del turista, per il quale la foresta è un divertimento, il paesaggio un quadro ritagliato alla finestra, il naturale qualcosa di ‹pittoresco›: De ma fenêtre, je pourrais jeter une pierre dans le lac de Castel Gandolfo; et, de l’autre côté, à travers les arbres, nous voyons la mer. La forêt qui s’étend d’ici à Frascati 70 Franco D’Intino <?page no="71"?> 9 Ibid., 627. 10 Cf. Giacomo Leopardi: Zibaldone di pensieri. Ed. critica e annotata a cura di Giuseppe Pacella. Milano: Garzanti 1991, p. ms. 85sq. (si dà la pagina del manoscritto preceduta dalla sigla Zib.): «Quando le sensazioni d’entusiasmo ec. che noi proviamo non sono molto profonde, allora cerchiamo di avere un compagno con cui comunicarle, e ci piace il poterne discorrere in quel momento, (secondo quella osservazione di Marmontel che vedendo una bella campagna non siamo contenti se non abbiamo con chi dire: la belle campagne! ) perchè in certo modo speriamo di accrescere il diletto di quel sentimento e il sentimento medesimo con quello degli altri.» Quando invece l’emozione è «profonda», prosegue Leopardi, «accade tutto l’opposto», perché vorremmo trattenerla con noi senza «scemarla e svaporarla», e ci riempie a tal punto che non abbiamo modo di «esprimerla». Analogo pensiero in Stendhal: quando non vive la natura da turista, ma invece in solitudine, ha il timore di guastare le proprie sensazioni scrivendone: «Je serais obligé de faire du style pour donner une idée de ce que nous éprouvions, malgré nous, en revenant, à une heure du matin, à travers les bois, de la villa Aldobrandini à Grottaferrata. Je gâterai, en essayant de le peindre, ce divin mélange de volupté et d’ivresse morale» (Stendhal: Voyages en Italie, 641). nous offre une promenade pittoresque, et toute la journée nous y avons trouvé une fraîcheur délicieuse. 9 Le impressioni profonde non sono, per Stendhal, narrabili, e si rassegna dunque a raccontare un rapporto con la natura più superficiale, che può, anzi deve diventare oggetto di conversazione, come dice Leopardi (citando una frase di Marmontel) a proposito dei facili entusiasmi che si sente il bisogno di comunicare immediatamente agli altri. 10 Un atteggiamento simile a questo, oggi caratteristico del ‹turista›, lo troviamo, negli stessi anni, tra i romantici inglesi che scorazzano per le montagne e le valli svizzere. Altrettanto selvatica della Calabria, ma più raffinata e vicina, la Svizzera, patria di Rousseau, è tra gli scrittori mèta comune di escursioni esotiche. Nel 1816, annata eccezionalmente fredda, e celebre per le serate in cui nacque Frankenstein al caminetto di villa Diodati, ecco un frammento di Mary Shelley, ove vediamo all’opera la mente pianificatrice e prevaricatrice del turista che organizza gite: la parola scritta invade la quiete antica della foresta e la popola di altri spettatori, di presenze lontane: We have not yet made any excursion in the environs of the town, but we have planned several, when you shall again hear of us; and we will endeavour, by the magic of words, to transport the ethereal part of you to the neighbourhood of the Alps, and Gli avvenimenti non umani 71 <?page no="72"?> 11 Selected Letters of Mary Wollestonecraft Shelley. Ed. by Betty T. Bennett. Balti‐ more / London: Johns Hopkins University Press 1995, 17 («Non abbiamo ancora fatto gite nei dintorni della città, ma ne abbiamo pianificate diverse, per quando avrai di nuovo nostre notizie: e cercheremo con la magia delle parole, di portare la tua parte eterea in mezzo alle Alpi e ai torrenti di montagna, e alle foreste che coprono le prime e oscurano i secondi con la loro vasta ombra», trad. it. in: Mary Shelley / Percy Bysshe Shelley: Villa Diodati files. Il primo Frankenstein (1816-17). A cura di Fabio Camilletti. Roma: Nova Delphi 2018, 366). Il passo è tratto probabilmente da una lettera alla sorellastra Fanny Imlay. 12 Giacomo Leopardi: Disegni letterari. A cura di Franco D’Intino / Davide Pettinicchio / Lucia Abate. Macerata: Quodlibet 2021, 57sq. mountain streams, and forests, which, while they clothe the former, darken the latter with their vast shadows. 11 Tecnologie ancora di là da venire realizzeranno questo sogno. 2 Un’opera non scritta sulle foreste Leopardi è di una generazione più giovane di Wordsworth, fratello cadetto di Stendhal, e coetaneo, più o meno, di Mary Shelley. Non ha vissuto in un luogo isolato come la Cumbria pre-moderna dell’infanzia di Wordsworth, ma non è certo un cittadino: nato in una marca periferica di uno stato economicamente arretrato, nella sua infanzia adolescenza e giovinezza ha fatto in tempo ad avere una lunga e concreta esperienza pre-moderna della natura, e si comprende come la consapevolezza di un cambiamento radicale degli equilibri eco-antropologici sia diventato il tema centrale della sua opera. Il suo primo disegno letterario noto, risalente al 1809, o forse 1810, è l’indice di un libro organizzato scolasticamente per opposizioni, un libro che ha per titolo «Dell’amore della solitudine» 12 . Le principali ragioni a favore della società, e contro la solitudine, sono l’assioma aristotelico «L’uomo è nato per la società» e «Inutilità delle ricchezze senza la società e il commercio». Su questo versante ci avviciniamo concettualmente al tema dell’operosità faustiana, il motore che in quegli stessi anni dava impulso alla produzione di merci, allo sviluppo delle città e all’industria del divertimento nell’Inghilterra del nord. A sostegno della vita solitaria militano invece tre paragrafetti. Due sono motivazioni tipiche del mondo classico: «Conoscer se stesso» e «Attendere con maggior libertà d’animo agli studj». L’ultima motivazione, inconcepibile per un antico, è tutta cristiana, e al tempo stesso moderna: «Contemplazione di Dio della natura etc.». Come vedremo tra poco, lascerà il segno nella riflessione leopardiana questa dicotomia, che diventa aporia, tra operosità (commercio, 72 Franco D’Intino <?page no="73"?> 13 Ibid., 98sq. 14 Ibid., 99. Questa la frase intera: «far uso di quello che ho detto ne’ miei pensieri intorno alla vita degli animali e delle cose indipendente dall’uomo, e da quelli che noi chiamiamo avvenimenti, e che non lo sono se non per la nostra schiatta, e non già pel mondo, che non se n’avvede». ricchezze) e contemplazione della natura da un punto di vista non umano, ma non necessariamente divino. A una decina di anni dopo risale un altro disegno, uno dei moltissimi progetti irrealizzati da Leopardi, cui è stata data finora scarsa attenzione, benché vi si trovi, come vedremo tra poco, la prima formulazione di un nodo di problemi che daranno sostanza a molte opere successive. Si tratta del progetto di un «Poema di forma didascalica sulle selve e le foreste» 13 . Non è facile stabilirne la datazione, ma verso la fine Leopardi esprime il proposito di far uso di quello che ha «detto ne’ suoi pensieri intorno alla vita degli animali e delle cose indipendente dall’uomo» 14 . Si riferisce certamente a una nota zibaldoniana del 1819 (Zib.-55), che è dunque probabile sia coeva al disegno. Eccola: Vita tranquilla delle bestie nelle foreste, paesi deserti e sconosciuti ec. dove il corso della loro vita non si compie meno interamente colle sue vicende, operazioni, morte, successione di generazioni ec. perchè nessun uomo ne sia spettatore o disturbatore nè sanno nulla de’ casi del mondo perchè quello che noi crediamo del mondo è solamente degli uomini. (Zib.-55; corsivi miei) Torneremo su questa visione quasi irreale di una vita nel profondo delle foreste, lontano dagli sguardi umani, che sembra un quadro di Rousseau il Doganiere. Intanto mettiamo a fuoco, già in questo pensiero dello Zibaldone, l’habitat primordiale, la fonte della materia originaria, la hyle, o sylva, il luogo in cui gli uomini primitivi si sono riparati e hanno trovato sostentamento raccogliendo erbe o cacciando. In questo quadro pacifico e silenzioso la foresta è il rifugio di una vita tranquilla che resiste all’azione di quel particolare animale, l’uomo, che è per natura, dice Leopardi, e lo vedremo meglio tra poco, spettatore e disturbatore. La cosa interessante, e che forse non ci saremmo aspettati, è che il primo tema che a Leopardi viene in mente di fissare nel suo disegno riguardo alle «foreste mai penetrate dall’uomo» è proprio l’umanizzazione di questi luoghi a scopo di utilità produttiva, ovvero di sfruttamento economico: Poema di forma didascalica sulle selve e le foreste, la loro utilità, l’uso per navi, edifizi, ogni genere di costruzione, il modo di tenerle e tutti gli altri oggetti reali ed economici e fisici che le riguardano trattati da parecchi autori anche recentissimi in libri a parte. Gli avvenimenti non umani 73 <?page no="74"?> 15 Gazzetta di Milano 314 (mercoledì 10 novembre 1819), 1114sq. (nell’«Appendice cri‐ tico-letteraria»). Una materia ‹moderna› che difficilmente incontriamo nello Zibaldone o altrove, e che gli viene dall’appendice della Gazzetta di Milano del 10 novembre 1819, citata qualche rigo più avanti. In questo articolo si racconta la presa di possesso, da parte di una società di imprenditori, del bosco circostante la vetta del monte Pilatus in Svizzera, e di come gli alberi venissero poi sfruttati per produrre legname da costruzione, carbone e cenere. L’articolo, che si riferisce a fatti avvenuti nel 1810, è assai efficace nel mettere a contrasto da un lato la secolare intangibilità all’umano delle «selve impenetrabili» del cantone sviz‐ zero di Unterwalden, «accessibili appena alle orme di ardito cacciatore», e i cui «antichi altissimi abeti» sono stati nei secoli «sottratti all’umana industria da innumerevoli precipizj»; dall’altro il momento in cui l’incanto si rompe, allorché «uno straniero chiamò l’attenzione degli Svizzeri su questo tesoro inutile», dando il via alla catena di distruzione e produzione. Nei termini della nota zibaldoniana coeva al disegno, lo straniero diventa dapprima spettatore (scopre nella foresta gli abeti secolari); e poi disturbatore: fa sì che essi vengano segati, e la pace del luogo distrutta. Nell’articolo segue infatti un entusiastico e dettagliato resoconto di come gli abeti secolari venissero, dopo il taglio, fatti precipitare nel percorso a valle che li porta al luogo del loro sfruttamento differenziato come materiale da costruzione o come carbone combustibile: Quel legname non solo è molto lungo, ma singolarmente duro, di fibra fina e drittis‐ simo, per cui riesce ottimamente alle costruzioni navali. Il più minuto è convertito in carbone o in cenere, e nell’inverno quando la carriera è coperta di neve, si trasporta sopra certe specie di slitte. 15 Secondo l’estensore del testo, l’utilità è il valore essenziale degli alberi; lo sfruttamento della sylva, la materia originaria, è un’opera meritoria dell’uomo, capace di plasmare grazie alla moderna tecnologia il mondo circostante. Per chi, come Leopardi, viveva confinato in una delle regioni economicamente più arretrate d’Europa, è forse questo il massimo punto di contatto documentabile con l’ideologia del progresso tecnologico che accompagna a inizio secolo lo sviluppo poderoso delle forze produttive. Negli stessi anni, dicevo, Goethe stava facendo di questo impulso alla conquista del territorio il fulcro dello spirito faustiano; da un simile punto di vista, ma complementare, i romantici prendevano atto, lo si è visto, dell’erosione, da parte del consumismo turistico, di ogni spazio naturale rimasto ancora intoccato. È di sommo rilievo, dunque, che Leopardi sia stato colpito da questo fatto di cronaca, e che ne abbia compreso 74 Franco D’Intino <?page no="75"?> 16 Leopardi: Disegni letterari, 98. 17 Giacomo Leopardi: Operette morali. Ed. critica di Ottavio Besomi. Milano: Fondazione Arnoldo e Alberto Mondadori 1979, 168. immediatamente le potenzialità, al punto da volerne comporre un’opera; ma è forse ancor più interessante vedere il modo in cui, a questa altezza, egli progetti di elaborare il tema moderno dello sfruttamento del territorio, intrecciando una grande quantità di motivi e di fonti eterogenee, antiche e moderne. Il primo orizzonte che gli viene spontaneo evocare è quello antico del mito, che aveva già esplorato nel Saggio sopra gli errori popolari degli antichi. Le «fo‐ reste e le selve» «somministrano» «infinita materia poetica», e si dovranno dunque, dice nel disegno, toccare le antiche ninfe driadi amadriadi napee, le molte superstizioni degli antichi intorno alle selve, gli alberi consacrati agli dei, gli uomini mutati in piante, le querce fatidiche, le selve sacre (siccome quella di cui Callimaco nell’inno a Cerere) i timori panici degli antichi riguardo alle foreste, i fauni i satiri i silvani i centauri i tanti mostri de’ quali le popolavano di cui ho parlato nel Saggio sui loro errori popolari. 16 Questo materiale sarà utilizzato qualche anno più tardi, in forma poetica, nella sua canzone più hölderliniana, Alla primavera, o delle favole antiche (1822), in cui rievoca il tempo mitico in cui la Natura era popolata di presenze divine in dialogo con gli uomini, che vi trovavano consolazione ai loro dolori. Dal 1819 al 1822 la prospettiva è però mutata; il mito dell’antico si è sgretolato; la canzone si chiude dubitando che la natura sia ancora viva per gli uomini moderni: da quando son «vote» «le stanze d’Olimpo», e il sapere scientifico ha distrutto il mito, è caduta l’illusione che l’uomo possa comprendere il linguaggio della natura, ed esserne a sua volta compreso. Oggi, nella modernità, essa non è più neanche «spettatrice» «de’ nostri affanni». Ecco di nuovo, ma in direzione contraria - lo sguardo rivolto dalla natura in direzione dell’uomo - quel termine, spettatrice, che abbiamo notato poco fa nella ‹visione› zibaldoniana del 1819, la scena di «Vita tranquilla delle bestie nelle foreste», in cui non compare alcuno spettatore e disturbatore umano. Trascorsi ancora appena due anni, il problema sarà di nuovo affrontato nel Dialogo della Natura e di un Islandese, in cui, come Leopardi si era auspicato nel finale di Alla primavera, la Natura sarà sì spettatrice delle miserie dell’Islandese (essa, scrive Leopardi, «guardavalo fissamente») 17 , ma non per commiserarlo, bensì per impartirgli una lezione di metafisica dell’indifferenza. Sia nella canzone sia nell’operetta l’uomo rimane al centro del quadro, attendendo inutilmente di essere guardato con simpatia. Nel «poema» mai scritto le cose sarebbero, forse, andate diversamente. Gli avvenimenti non umani 75 <?page no="76"?> 18 François-René de Chateaubriand: Génie du Christianisme. Vol. I. Paris: Migneret 1802, 155-159 (parte I, libro IV, cap. 6), nell’ed. posseduta dalla Biblioteca Leopardi, che non è la princeps ma una nouvelle édition in quattro volumi stampata nello stesso anno. 19 «Que la mythologie rapetissoit la nature…» (parte II, libro V, cap. 1, il capitolo successivo a quello in cui è René), Chateaubriand: Génie du Christianisme, Vol.-II, 223. 20 Chateaubriand: Génie du Christianisme, Vol.-II, 225. 21 In questo stesso capitolo, oltretutto, è ricordato, come nel disegno, il luogo di Lucano citato poco sopra: «l’on trouve dans la Pharsale la peinture d’une forêt et d’un désert qui rappelle les couleurs modernes» (Chateaubriand: Génie du Christianisme, Vol. II, 222). 22 Chateaubriand: Génie du Christianisme, Vol.-II, 225. Continuando a leggere il disegno, incontriamo un’altra fonte, questa volta moderna e cristiana: il Génie du Christianisme (1802): l’immensità delle foreste di questo o quel paese come quelle che descrive lo Chateau‐ briand parlando se ben mi ricorda del Diluvio nel Genio del Cristianesimo circa il principio. Nel 1819 Chateaubriand era una lettura fresca. Il capitolo del Génie cui Leopardi allude è «Histoire naturelle. Déluge» 18 ; ma l’espressione «se ben mi ricorda» fa pensare a un’incertezza: Leopardi potrebbe aver sovrapposto a questo capitolo (che accenna alle foreste solo assai rapidamente verso la fine) un altro, in cui la mitologia pagana è contrapposta a un modo di sentire moderno e cris‐ tiano che non immagina più la natura come animata da divinità, «faunes», «sa‐ tyres», «nymphes», ma invece come luogo silenzioso, ispiratore di solitarie e profonde rêveries. 19 Questa pagina deve aver prodotto una forte impressione su Leopardi, in particolare il passo «Pénétrez dans ces forêts americaines aussi vieilles que le monde: quel profond silence dans ces retraites, quand les vents reposent! » 20 , che lascia nel disegno una visibile traccia: «le foreste d’America non mai penetrate da uomo» 21 . Leggendo il Génie Leopardi si riallaccia a quel filone di meditazioni di matrice cristiana già presenti, come si è visto, nel disegno infantile del 1809: l’esperienza della solitudine nella natura («Le voyageur […] est seul au fond des forêts») 22 si arricchisce di ricordi della vita eremitica evocati da Chateaubriand nel libro terzo della quarta parte. Assai comprensibile, dunque, il passaggio all’appunto successivo sui «padri antichi solitari»: Si potrebbe anche far uso di quello che somministrano le vite p. es. de’ padri antichi solitari, e le diverse storie sì profane sì massimamente sacre sia ebrea sia cristiana, come anche tutta la nostra Religione. 76 Franco D’Intino <?page no="77"?> 23 Giovanni Getto: Saggi leopardiani. Firenze: Vallecchi 1966, 253. 24 Cf. Luca Maccioni: Il marchio di Qajin. I Dialoghi tra due bestie nell’opera di Leopardi. Macerata: Quodlibet 2021, 119-123, imprescindibile ora, in generale, sui Dialoghi. È probabile che vi sia un nesso tra questo disegno e l’abbozzo degli Inni cristiani del 1819, che prevedeva, tra gli altri, anche un Inno ai solitari  23 ; ma importa soprattutto che l’antica attitudine contemplativa di matrice cristiana abbia avuto, proprio in merito alla questione del contrasto tra vita primitiva e civiliz‐ zazione, insospettabili sviluppi nell’altra canzone del 1822, l’Inno ai patriarchi, che porta appunto il sottotitolo o de’ principi del genere umano. Come la canzone gemella ‹pagana› del 1822, Alla primavera, anche questa ‹cristiana› ha come punto di fuga le foreste, le «vaste californie selve», e quella parte di umanità che non ha ancora conosciuto la civiltà. Il modo in cui Leopardi vi descrive la violazione delle selve californie rielabora, in uno scenario diverso, la scena che avrebbe voluto dipingere nel 1819 sulla base dell’articolo della Gazzetta di Milano, prendendo come spunto non la California bensì quella terra selvaggia e incontaminata che, come si è visto, nell’immaginario romantico europeo era la Svizzera: Potrebbe somministrare un bell’episodio fantastico la selva abbattuta anzi penetrata per la prima volta forse dopo la creazione, in Isvizzera questi ultimi anni, di cui V. la Gazzetta di Milano 10 novembre 1819. nell’append. fingervi qualche famiglia umana non mai fatta partecipe del consorzio del mondo. Penetrando «per la prima volta forse dopo la creazione» nella selva svizzera si sarebbe potuto, chissà, incontrare una popolazione primitiva ancora ignara di usi civili; un’esperienza simile a quella che di lì a qualche anno si verificò davvero non troppo lontano dalla Svizzera il 26 maggio 1828, quando sulla piazza di Norimberga comparve Kaspar Hauser, il ragazzo selvaggio divenuto poi oggetto di infiniti studi antropologici. Se nel disegno sulle foreste viene immaginata dunque per la prima volta un’umanità primitiva che resiste alla modernità rifugiandosi nel profondo delle selve, nella canzone se ne specificherà meglio la natura, così diversa da quella corrotta moderna: i Californii sono più sani e più forti, si nutrono di ciò che offre loro il bosco, non soffrono di malattie né di ciò che Leopardi descrive altrove come «previdenza del futuro» 24 , chiamata qui, con parola cruciale del Faust goethiano, «cura» (Sorge). Il finale della canzone è una requisitoria contro lo «scellerato ardimento», «l’invitto | nostro furor» che «apre» i «lidi e gli antri | e le quiete selve», educando (ma Leopardi intende ironicamente: diseducando) queste «violate genti» a coltivare desideri prima ignorati, che porteranno loro solo affanni e infelicità. Ancor più articolata e complessa è la descrizione Gli avvenimenti non umani 77 <?page no="78"?> 25 Giacomo Leopardi: Poesie. A cura di Mario Andrea Rigoni. Milano: Mondadori 8 1998, 677. Sulla matrice scritturale del passo, cfr. Maccioni: Il marchio di Qajin, 79sq. 26 Leopardi: Poesie, 679. 27 Leopardi: Poesie, 677. 28 Leopardi: Poesie, 679sq. 29 Zib. 399sq. 30 In una pagina zibaldoniana più tarda, del 1823, Leopardi mostra la natura potenzialmente aggressiva e predatoria dello sguardo, identificato con quello dello «spetta‐ tore» di un oggetto del desiderio. Chi percepisce la bellezza, annota il 16 settembre 1823, è colto da «spavento». Perché? «lo spavento viene da questo, che allo spettatore o spettatrice, in quel momento, pare impossibile di star mai più senza quel tale oggetto, e nel tempo stesso gli pare impossibile di possederlo com’ei vorrebbe; perchè neppure il possedimento carnale, che in quel punto non gli si offre affatto al pensiero, anzi questo n’è propriamente alieno; ma neppur questo possedimento gli parrebbe poter soddisfare e riempiere il desiderio ch’egli concepisce di quel tale oggetto» (Zib. 3444). La natura è qui descritta come fosse un corpo che si sottrae al desiderio di chi lo guarda. Una dinamica del desiderio analoga è già in passo della Vita abbozzata di Silvio Sarno (1819) dove Leopardi spiega come la vista della natura, della «campagna», lo inducesse a volersene appropriare: «scontentezza nel provar le sensazioni destatemi dalla vista della campagna ec. come per non poter andar più addentro e gustar più non parendomi mai quello il fondo oltre al non saperle esprimere ec.» (Giacomo Leopardi: Scritti e frammenti autobiografici. A cura di Franco D’Intino. Roma: Salerno Editrice 1995, 67sq.; e cf. Zib.-75). di questo confronto tra due stadi diversi, uno primitivo l’altro civilizzato, nell’abbozzo della canzone, ove è esplicitata la causa della mutazione che ha innescato l’intero processo: il peccato originale, simbolicamente intestato a Caino, colui che si allontana dalla natura per costruire la città: «Caino. Ingresso della morte nel mondo. La società figlia del peccato, e della violazione delle leggi naturali» 25 . Da allora in poi «Il nostro globo s’empie tutto di sventure e di delitti» giacché la civiltà, al contrario della pacifica società delle foreste, non solo si fonda sul delitto e l’oppressione («Perchè invidiamo noi loro la felicità di cui godono, che non hanno conquistata coi delitti, non mantengono coll’infelicità e oppressione dei loro simili […]? ») 26 , ma è violentemente espansiva, mossa da un impulso colonizzatore («Noi le insegnamo [sventure e delitti] a terre vergini, le quali per la prima volta sentono l’influenza dell’uomo») 27 ; da un desiderio ansioso di distruzione di tutto ciò che fa resistenza. Torna qui la cura: «E qual cura, qual erinni ci spinge e ci sollecita a scacciare la felicità da tutto il genere umano, a snidarla dagli ultimi suoi recessi, da quei piccoli avanzi del nostro seme, ai quali ell’è ancora concessa […]? » 28 . È dunque il peccato originale che porta il male e la morte nel mondo; peccato che consiste, dice Leopardi nello Zibaldone commentando il Genesi, nell’aprire gli occhi: «Dunque l’aprir gli occhi, dunque il conoscere fu lo stesso che decadere o corrompersi» 29 . Pecca dunque chi vede. 30 Non appena una specie 78 Franco D’Intino <?page no="79"?> 31 Zib. 220. cade sotto lo sguardo umano, essa diventa subito preda, oggetto di desiderio e sfruttamento; lo spettatore non può fare a meno di agire, diventando disturbatore. È ciò che accade alla foresta svizzera di Unterwalden, stando alla Gazzetta di Milano: «uno straniero chiamò l’attenzione degli Svizzeri su questo tesoro inutile», ed ecco intere popolazioni di alberi distrutte per farne beni di consumo. Per quanto riguarda l’uomo, c’è poi una aggravante: anche chi sa di essere guardato agisce in funzione dello sguardo altrui. Le «operazioni» «dell’uomo in natura», infatti, «non avevano in vista gli spettatori e i circostanti, ma erano reali e vere» 31 . La corruzione dello sguardo è contagiosa. Non si può essere visti senza diventarne consapevoli. Per questo, come sanno bene i popoli tormentati dall’occhio indiscreto del turista, è bene proteggersi dallo sguardo umano. 3 La violenza utile della civiltà Forse queste o simili considerazioni sulla funzione distruttiva dello sguardo umano devono aver attraversato la mente di Leopardi; fatto sta che il disegno sulle foreste si chiude, lo si è visto, con un pensiero alquanto straniante che ricalca la ‹visione› di Zib. 55sq., in cui Leopardi immagina una natura inosservata, «indipendente dall’uomo». Leggiamolo per intero: ovvero far uso di quello che ho detto ne’ miei pensieri intorno alla vita degli animali e delle cose indipendente dall’uomo, e da quelli che noi chiamiamo avvenimenti, e che non lo sono se non per la nostra schiatta, e non già pel mondo, che non se n’avvede. La «vita degli animali e delle cose» è «indipendente» da quella dell’uomo, e «non se n’avvede». Finché, si capisce, non arriva un elemento disturbatore, come accade in una delle tele del ciclo «Storie dell’umanità primitiva» di Piero di Cosimo, l’«Incendio nella foresta», in cui gli animali fuggono quando irrompono nella solitudine naturale il fuoco e una minacciosa presenza umana. È da notare il contrasto tra la frase d’apertura e quella di chiusura: Leopardi esordisce con l’«utilità» dei boschi e delle foreste per le attività umane, e chiude constatando la sostanziale indifferenza del mondo e delle altre specie per tutti gli aspetti pratici ed economici delle foreste («navi, edifizi, ogni genere di costruzione, il modo di tenerle e tutti gli altri oggetti reali ed economici e fisici»); cose credute importanti soltanto per una presunzione tutta umana: «quelli che noi chiamiamo avvenimenti, e che non lo sono se non per la nostra schiatta, e non già pel mondo, che non se n’avvede». Più che il Dialogo della Natura e di un Islandese, in cui la Natura spiega al viaggiatore, in termini filosofici, la propria Gli avvenimenti non umani 79 <?page no="80"?> 32 Leopardi: Operette morali, 78. 33 Leopardi: Operette morali, 79sq. 34 Leopardi: Operette morali, 78. 35 Leopardi: Operette morali, 78sq. 36 Leopardi: Operette morali, 461sq. indifferenza, questa prospettiva richiama l’invenzione poetica del Dialogo di un folletto e di uno gnomo, in cui gli uomini, che «le loro proprie vicende le chiamavano rivoluzioni del mondo, e le storie delle loro genti, storie del mondo» 32 , essendosi estinti, si trovano ad essere ormai solo una vaga memoria in un mondo a loro estraneo popolato da «infinite specie di animali» (e non solo: il riferimento è anche «al genere delle piante, e a mille altri») che «non sono state mai viste nè conosciute dagli uomini loro padroni; o perché elle vivono in luoghi dove coloro non misero mai piede, o per essere tanto minute che in qualsivoglia modo non le arrivavano a scoprire» 33 . Nel racconto di due di queste specie, i folletti e gli gnomi, è diventata leggenda la «presunzione» (la hybris greca, la superbia cristiana) di quei protervi e rapaci animali che «s’inabissavano le mille braccia sotterra e ci rapivano per forza la roba nostra, dicendo che ella apparteneva al genere umano» 34 . A sentir loro, tutti gli altri animali e le altre specie viventi «erano fatti espressamente per coloro uso», cioè «per benefizio degli uomini» 35 . L’idea che al genere umano sia connaturato un violento impulso predatorio è, in questo dialogo, attenuata rispetto all’orchestrazione ben più vasta che Leopardi ne aveva dato in una delle prosette satiriche che costituiscono la preistoria delle Operette morali, e cioè i due abbozzi (varianti di una stessa idea) noti con il titolo Dialogo tra due bestie p.e. un cavallo e un toro, e Dialogo di un cavallo e un bue, nei quali, come in Folletto e Gnomo, la specie umana si finge scomparsa, e si ritrovano a parlarne animali d’altra specie. Nel secondo abbozzo ritroviamo ancora una volta l’idea cioè che esista una storia del mondo ignota agli uomini, che prescinde dal loro sguardo: Ora se sapessero che il mondo resta tal quale senza di loro, essi che credevano che tutto il mondo consistesse nella loro razza, e se succedeva qualche alterazione […] li chiamavano rivoluzioni del mondo, e i racconti delle loro faccende li chiamavano le storie del mondo […]. E di queste rivoluzioni e queste vicende e casi del mondo ch’essi dicevano, non s’accorgeva altri che loro, e tutto il resto delle cose tirava innanzi collo stess’ordine e badava ai fatti suoi, e noi altri [cavalli] per le selve e per li prati e anche in mezzo agli uomini non sapevamo niente che il mondo fosse mutato. 36 80 Franco D’Intino <?page no="81"?> 37 Se abbiamo perduto la possibilità di essere felici e ci siamo addirittura estinti, è «per esserci allontanati dalla natura» (ibid., 460; in Folletto e Gnomo: «studiando tutte le vie di far contro la propria natura», ibid., 76; ma aveva già specificato che la «razza umana» non «viveva già naturalmente, e come tutti gli altri, ma in mille modi loro propri», ibid., 459). Inoltre, in una ipotesi di dialogo un po’ diverso i cui protagonisti avrebbero dovuto essere un uomo moderno e l’«ombra gigantesca» di un uomo ancora naturale, quest’ultimo si sarebbe dovuto meravigliare «nel sentire appoco appoco il gran cangiamento e snaturamento delle cose umane» (ibid., 460). Alla mutazione fisica, rimpicciolimento, indebolimento, Leopardi dedicherà alcuni passi del secondo abbozzo (ibid., 462: «s’indebolirono e impiccolirono»), ma soprattutto molte delle ricerche erudite confluite poi nell’appendice «Al dialogo» (su cui cf. Maccioni: Il marchio di Qajin, 105-117). 38 Leopardi: Operette morali, 461. 39 Anche per possibili fonti, cf. Maccioni: Il marchio di Qajin, 100sq. 40 Il resoconto della prima analisi anatomica finalizzata allo studio dei rapporti tra la specie umana e i suoi antenati è in Edward Tyson: Orang-Outang, sive Homo Sylvestris. Or, Così dice il cavallo al bue, anticipando la prospettiva che sarà qualche decennio dopo di Tolstoj, nel cui racconto Cholstomér (1863-1864) a narrare le vicende è proprio un cavallo. Dando per scontato che l’estinzione degli umani è il frutto avvelenato del loro snaturamento, fenomeno unico fra tutte le specie viventi 37 , la vera novità filoso‐ fico-antropologica di questi abbozzi rispetto a Folletto e Gnomo sta nel precisare, di tale snaturamento, l’origine, che sarebbe una peculiare conformazione fisica degli umani. Essi erano infatti, dice Cavallo, «una sorta di bestie da quattro zampe come siamo noi altri, ma stavano ritti e camminavano con due sole zampe come fanno gli uccelli, e coll’altre due s’aiutavano a strapazzare la gente» 38 . In anticipo sugli sviluppi futuri della scienza (Leroi-Gourhan), Leopardi ipotizza che sia stata la conquista della posizione eretta a permettere alla specie umana di utilizzare in modo più efficace le due zampe anteriori; ma aggiunge poi, in un fulmineo cortocircuito, che questa maggiore funzionalità è subito servita a sopraffare l’altro, a «strapazzare la gente». Appena acquisita una superiorità tecnologica - l’uso delle mani - essa è istantaneamente piegata al desiderio di dominio. 39 Nei dettagli di violenze da parte degli umani, su se stessi certo, ma soprattutto sulle altre specie viventi animali e vegetali, è la ineguagliata originalità dei Dialoghi tra due bestie, la cui traccia rimane nelle Operette morali, ma un po’ sbiadita, forse per una sorta di istintivo pudore, o per riguardo alla censura, o magari ancora per difendersi da una dolorosa memoria personale. Nell’invenzione più bizzarra di questo inferno alla Hieronymus Bosch, Leopardi rovescia ironicamente quello che sarà l’albero darwiniano, ipotizzando che all’uomo, animale primitivo selvaggio e violento, sia succeduta la scimmia, che ora è in una posizione di dominio sulle altre specie. 40 Anzi proprio questa Gli avvenimenti non umani 81 <?page no="82"?> the Anatomy of a Pygmie Compared with that of a Monkey, an Ape, and a Man. London: Bennett & Brown 1699. 41 Leopardi: Operette morali, 460. 42 Leopardi: Operette morali, 459. 43 Zib. 106. La sovrapposizione è stata notata da Maccioni: Il marchio di Qaijn, 98sq. 44 Leopardi: Operette morali, 461. 45 Leopardi: Operette morali, 462. Maccioni: Il marchio di Qajin, 80sq., rimanda a un passo dello Zibaldone: «la nosologia cresce di volume, e la salute umana decresce, in proporzione della civiltà. Questo si vede anche nelle razze de’ cavalli, de’ tori ec. che passati dalle selve alle nostre stalle, e ad una vita meno incivile, indeboliscono e degenerano appoco appoco. Lo stesso dico delle piante coltivate con cura ec. Esse acquisteranno in delicatezza ec. ec. ma perderanno sempre in forza, e se per quella delicatezza saranno meglio adattate a’ nostri usi (massime nel nostro stato presente, sì invenzione dà l’innesco al secondo abbozzo, il cui esordio è il racconto di Cavallo: «Hai veduto quell’animale che mi saltò a cavalcione sulla groppa, e mi tenea forte per li crini […]? B. Che sorta d’animale era? C. Mia nonna disse ch’era una scimia» 41 . È dalla memoria della nonna di Cavallo che scaturisce il discorso sugli antichi abitatori e padroni della terra, gli uomini, che frustavano i cavalli così come - ora che essi sono estinti - fanno le scimmie, «che qualche volta ci saltano indosso, e con qualche ramuscello ci frustano e ci costringono a portarle ec.» 42 . Ma noi sappiamo che così si comportava anche Giacomo con i fratelli. Lo ricorda lui stesso in una pagina dello Zibaldone: «Quando io era fanciullo, diceva talvolta a qualcuno de’ miei fratellini, tu mi farai da cavallo. E legatolo a una cordicella, lo venia conducendo come per la briglia e toccandolo con una frusta» 43 . Vedremo tra poco come il discorso sulla civilizzazione imposta con la violenza alle foreste tocchi un altro punto sensibile nell’immaginario leopardiano. Diamo intanto per assodato questo: che gli inediti (e poco noti) Dialoghi tra due bestie rappresentano come nessun altro testo la tendenza al dominio violento che è la caratteristica specifica della specie umana, allontanatasi dalla natura nella misura in cui (le due cose vanno di pari passo) è incline a disturbare il resto dell’ecosistema per asservirlo a necessità e desideri che nello stato naturale non esistevano. Più in particolare, ci interessano due esempi del dialogo che hanno come scena la foresta. Il primo riguarda la necessità di illuminare di notte, al quale scopo serve procurarsi «certa roba» (il legname, o il carbone): «gli uomini dormivano il giorno e vegliavano la notte e si facevano lume accendendo certa roba che la venivano acconciando tratto tratto perchè ardesse» 44 . Il secondo riguarda le razze degli animali domestici e da lavoro (i cavalli, i buoi), che «s’indebolivano e imbastardivano tra le loro mani, e per averne delle belle e forti le andavano a pigliar nelle selve ec. ec. e così le piante» (241) 45 . 82 Franco D’Intino <?page no="83"?> diverso dal naturale), ciò non prova che non sieno degenerate» (Zib.-1601sq.; cf. anche Zib.-3502). 46 Gazzetta di Milano 314 (mercoledì 10-novembre anno 1819), 1515. Ragioniamo prima su questo secondo esempio. Gli uomini penetrano «nelle selve» per andarvi a cercare una forza lavoro animale non ancora corrotta dal loro dominio, e un terreno più fertile non ancora esaurito dalla coltivazione. Ecco il disboscamento, la distruzione degli alberi, per farne campi fertili da semina o da pascolo. Leggendo le gazzette, Leopardi ha colto subito, anticipando addirittura teorie scientifiche di là da venire, le aporie di una civilizzazione umana fondata su violenza e sfruttamento, e votata al male, ma non per questo meno gloriosa, e forse irrinunciabile. Ce lo rivela un indizio contenuto in una pagina dello Zibaldone apparentemente molto lontana da questi argo‐ menti. Vi si ritrae, con uno stravagante paragone, qualcuno che assomiglia ai campi strappati alle foreste, oppure a quei cavalli indomiti e selvaggi che gli uomini-scimmia andavano a prendere «nelle selve» per sfruttarne la fertilità e la potenza. Ebbene, questo qualcuno è il padre dei poeti, Omero. Sentiamo cosa ne dice Leopardi in questa pagina del 1823 (ben dopo aver scritto i Dialoghi tra due bestie): Par che l’immaginazione al tempo di Omero fosse come quei campi fertilissimi per natura, ma non mai lavorati, i quali, sottoposti che sono all’industria umana, rendono ne’ primi anni due e tre volte più, e producono messi molto più rigogliose e vivide che non fanno negli anni susseguenti malgrado di qualsivoglia studio, diligenza ed efficacia di coltura. O come quei cavalli indomiti, lungamente ritenuti nelle stalle, che abbandonati al corso, si trovano molto più freschi e gagliardi de’ cavalli esercitati e addestrati, dopo aver fatto un doppio spazio. (Zib.-2982). Omero è il più grande dei poeti perché ha la forza della natura selvaggia appena addomesticata, e sottoposta all’industria umana; che sia la forza dei campi non mai lavorati, che producono di più, o quella dei cavalli indomiti, che corrono più veloci. Produzione, velocità, industria: è il linguaggio dell’articolo della Gazzetta di Milano («sottratti all’umana industria», «tale è la velocità della discesa»). Sono i nuovi miti di una società faustiana in espansione che non vuole lasciar dormire nelle selve un «inutile tesoro» 46 . Ma non è stata forse una civilizzazione più matura e compiuta, quella che ha inventato la scrittura ma anche più sofisticate armi da guerra, a tramandarci, proprio grazie alla nuova tecnologia, la parola di Omero, che altrimenti sarebbe andata perduta per sempre? L’oro poetico di Omero sarebbe rimasto «fluttuante sulle bocche del popolo» (Zib. 1268), e dunque, dal punto di vista della Gazzetta di Milano, ma anche di Leopardi, un «tesoro inutile»; ma invece è stato, per così dire, lavorato Gli avvenimenti non umani 83 <?page no="84"?> 47 Zib. 4322. In Dante è lo stesso movimento dall’oralità dialettale alla fissazione della lingua comune scritta; egli ha innalzato «quella linguaccia greggia ed informe dalle bocche plebee […] fin dove si può mai giungere» (Zib. 1995). Cf. Franco D’Intino: «La fecondazione della grazia. Il dantismo trascendentale di Leopardi», in: Critica del testo XXIV.3 (2021), 27-48. 48 Giacomo Leopardi: «Discorso di un italiano intorno alla poesia romantica», in: id.: Prose. A cura di Rolando Damiani. Milano: Mondadori 6 1997, 395. 49 Antonio Ranieri: Sette anni di sodalizio con Giacomo Leopardi. Napoli: Berisio 1965, 35. e messo in produzione, e poi in circolazione, dai diaschevasti, capaci di ridurre la forza vitale primigenia e irregolare dei canti degli aedi alla potenza comunicativa di un testo fissato per sempre in «greco comune» (Zib. 4480). Analogo spreco avremmo avuto se il ritmo potente e irregolare, selvatico di Dante, omologo moderno di Omero, non fosse stato ridotto alla «regolata e costante misura» del metro. 47 L’addomesticamento è la morte della natura selvatica; la riduzione delle foreste a pascolo e legname è un’intrusione mortifera e disturbatrice nella vita naturale; e altrettanto lo è l’educazione di una mente fanciullesca alla regola e allo studio. Leopardi sa bene quanta violenza sia necessaria affinché una sensibilità ingenua e naturale «produca cose che durano», «degne di durare nella memoria degli uomini» 48 . Ma non avrebbe rinunciato al dono che la civiltà gli aveva fatto snaturando la sua originaria spontaneità. Persino da un punto di vista meramente materiale - e qui torniamo al primo esempio dei Dialoghi tra due bestie sull’utilità delle foreste - la sua formazione sarebbe stata impossibile se non si fosse avvalso di quella «certa roba» che permette di riscaldarsi o di leggere al buio, sacrificando gli alberi delle foreste. Tra gli uomini che «dormivano il giorno e vegliavano la notte» di cui parla l’articolo della Gazzetta di Milano c’era anche lui, che ‒ testimonia Ranieri ‒ «[d]urante tutta la sua vita, […] fece, appresso a poco, della notte giorno, e viceversa» 49 . E così si ritrae nei versi de Le ricordanze: «spesso all’ore tarde, assiso | sul conscio letto, dolorosamente | alla fioca lucerna poetando» (vv.-113-115). 4 Dire l’oblio Questa è la civiltà: insopportabile la sua violenza, ma indispensabile. V’è però in Leopardi come la memoria di quella vita anteriore silenziosa, inavvertita e indisturbata dagli uomini, uno spazio che rimane intatto, vergine, da cui evapora, quasi, un linguaggio smaterializzato, che si accende in luminose epifanie. Una prima traccia ce la fornisce quel progetto di libro infantile di cui si è detto, risalente al 1809, «Dell’amore della solitudine», ove abbiamo trovato, tra le ragioni che inducono a una vita solitaria, l’attitudine contemplativa: «Contem‐ 84 Franco D’Intino <?page no="85"?> plazione di Dio della natura etc.». Questa sensibilità ha in Leopardi una sua vita sotterranea, e riemerge, una decina di anni dopo (1819), in una breve nota isolata al principio dello Zibaldone, ancora pervasa da uno spirito religioso alla Chateaubriand: «Voce e canto dell’erbe rugiadose in sul mattino ringrazianti e lodanti Iddio, e così delle piante ec.» (Zib. 55). È un’immagine dell’Arcadia di Sannazaro, simile, aggiunge Leopardi, «a quella dei rabbini dell’inno mattutino del sole, ec.». Simile, ma diversa, perché non vi si percepisce la voce umana dei rabbini, ma solo quella delle piante. È uno squarcio di vita della natura che non ha testimoni; una vita che nessun linguaggio umano dice, perché a parlare e a cantare è la natura stessa, le «erbe rugiadose». Nel 1819, nello stesso giro di anni in cui Faust svolacchiava sulle ali di Mefistofele a esplorare e conquistare terre; e gli scrittori romantici, Mary Shelley, Stendhal e altri, sciamavano per l’Europa en touriste in cerca di una solitudine da popolare di presenze, di una ‹natura› da stilizzare in quaderni di viaggio, Leopardi, forse suggestionato dalla fresca lettura del Génie du Christianisme, è ancora sensibile a una dimensione contemplativa, ad una autentica percezione di una vita della natura «indipendente dall’uomo». Non è più questione, qui, di dialogo; non si cerca di dare un volto alla Natura, di chiamarla a riconoscere gli uomini, e addirittura a consolarli. La Natura è vertiginosamente disumanata, ma non nel senso in cui lo è nel Dialogo della Natura e di un Islandese, in cui il punto di vista è ancora, nonostante tutto, umano; e ancora tutto intimo e personale il lamento di chi si sente vittima della propria illusione. Il confine è sottile, ma c’è. Nell’operetta, l’Islandese ha nei confronti della Natura-meccanismo il risentito orgoglio di chi si aspettava un conforto e non l’ha avuto; vi sentiamo il disincanto dell’amante tradito: la sua querela, le sue domande tengono quasi tutta la scena. In Folletto e Gnomo e nei Dialoghi tra due bestie è dominante invece l’acre sapore della vendetta. Del tutto diversa è la prospettiva che emerge nell’appunto su quella «Voce» e quel «canto» «dell’erbe rugiadose in sul mattino ringrazianti e lodanti Iddio, e così delle piante ec.». V’è piuttosto, qui, la fascinazione e il rispetto, uno stupore ammirato per un ordine di cose superiore misterioso e incomprensibile, che non è riconducibile ad alcuna idea umana, e men che mai al concetto di sofferenza o di utilità. Lo stesso rispetto, lo stesso stupore è nell’altro appunto, che conosciamo già, e che precede quasi immediatamente, ora ce ne rendiamo conto, la citazione da Sannazaro. Rileggiamolo, dunque, ancora una volta, giacché se i temi sono gli stessi elaborati poi nei dialoghetti satirici, v’è un altro colore; è, lo si è detto, una visione assorta, la meditazione di un io smaterializzato, disumanato, che vorrebbe entrare in silenziosa comunicazione con animali e piante, con i «paesi deserti e sconosciuti ec.»: Gli avvenimenti non umani 85 <?page no="86"?> 50 Friedrich Nietzsche: La filosofia nell’epoca tragica dei Greci e scritti 1870-1873. Trad. di Giorgio Colli. Milano: Adelphi 5 2006, 227. 51 Nietzsche: La filosofia nell’epoca tragica dei Greci, 231. 52 Nietzsche: La filosofia nell’epoca tragica dei Greci, 236. Vita tranquilla delle bestie nelle foreste, paesi deserti e sconosciuti ec. dove il corso della loro vita non si compie meno interamente colle sue vicende, operazioni morte, successione di generazioni ec. perchè nessun uomo ne sia spettatore o disturbatore nè sanno nulla de’ casi del mondo perchè quello che noi crediamo del mondo è solamente degli uomini. (Zib.-55) In un anno difficile e cruciale come il 1819, questo appunto incrocia, senza sovrapporvisi perfettamente, vari territori della cultura dell’epoca: è sogno arcadico, esotismo romantico, storia antropologica della civiltà, afflato religioso, speculazione metafisica. O niente di tutto questo. La visione leopardiana prefi‐ gura l’ipotesi radicale di una vita naturale non osservata da uno sguardo umano, dallo sguardo di uno spettatore che sarebbe ipso facto, cioè per il semplice gesto di guardare, un disturbatore di un ordine di cose misterioso e incomparabilmente più vasto, ma non necessariamente divino. La domanda che questa visione presuppone è: come dire la vita della natura in sé? Come dire ciò che avviene al di fuori e al di là dell’umano, e dunque del linguaggio? Come dire, e prima ancora pensare, ciò che non ha rapporto con il mondo che «è solamente degli uomini»? Tale prospettiva implica la scomparsa del genere umano e dei suoi schemi di pensiero, della sua intelligenza, e dunque anche la possibilità del racconto. Da questa stessa situazione, eccezionale e impensabile, partirà mezzo secolo dopo Nietzsche in un breve saggio, mai da lui incluso tra le sue opere, intitolato Su verità e menzogna in senso extramorale (1873). L’esordio raffigura un universo scintillante in cui, a un certo punto, alcuni esseri scoprono la conoscenza, «il minuto più tracotante e menzognero della ‹storia del mondo›» 50 . Ma dopo pochi respiri della natura, la stella si irrigidì, e gli animali dovettero morire. Prima e dopo questo istante, l’intelletto umano non esiste, e quando tutto sarà finito, non sarà avvenuto nulla di notevole. «La ‹cosa in sé›», scrive ancora Nietzsche, «è […] del tutto inafferrabile per colui che costruisce il linguaggio. […] Egli designa soltanto le relazioni delle cose con gli uomini» 51 . E ancora: «un tale indagatore considera il mondo intero come connesso con l’uomo, come l’eco infinitamente ripercossa di un suono originario, cioè dell’uomo, come il riflesso moltiplicato di un’immagine primordiale, cioè dell’uomo» 52 . Il ritornello di Nietzsche, forse con una punta di sarcasmo, ricorda che tutto ciò che è «originario» e «primordiale» è un rifrangersi e ripercuotersi 86 Franco D’Intino <?page no="87"?> 53 Leopardi: Operette morali, 327. prismatico di una infinita catena di relazioni che ha però la sua radice in un fatto esclusivamente umano ‒ pensiero e linguaggio ‒, e che la ‹cosa in sé›, la «natura delle cose», è inattingibile. È difficile, per gli esseri umani, fare i conti con questo sentimento di irrilevanza, di mancanza di una missione ulteriore. Tutto ciò Leopardi l’ha pensato, l’ha ragionato e discusso, l’ha, come si è visto, rappresentato e messo in scena; ma in alcuni luoghi è riuscito ad avvicinarsi al vuoto della cosa in sé con la potenza al tempo stesso astratta e concreta di un linguaggio di sublime sobrietà, dilavato da secoli di inappartenenza e indifferenza, privo di ogni colore umano, di ogni calore animale, di ogni alito - persino - di vita; ma risplendente di misteriosa bellezza. Uno di questi luoghi è il Cantico del gallo silvestre: Se il sonno dei mortali fosse perpetuo, ed una cosa medesima colla vita; se sotto l’astro diurno, languendo per la terra in profondissima quiete tutti i viventi, non apparisse opera alcuna; non muggito di buoi per li prati, nè strepito di fiere per le foreste, nè canto di uccelli per l’aria, nè sussurro d’api o di farfalle scorresse per la campagna; non voce, non moto alcuno, se non delle acque, del vento e delle tempeste, sorgesse in alcuna banda; certo l’universo sarebbe inutile; ma forse che vi si troverebbe o copia minore di felicità, o più di miseria, che oggi non vi si trova? 53 Nel secolo faustiano, torna qui, quasi un riflesso dell’incompiuto «poema» sulle foreste concepito leggendo la «Gazzetta di Milano», il tema dell’utilità della hyle, la materia di cui è fatto il mondo. Ma torna con una vertiginosa radicalità, giacché la domanda sullo scopo ultimo delle cose non riguarda solo l’operosità umana, e cioè la manipolazione disturbatrice di tutti gli esseri viventi, il marchio di Caino di ogni civiltà e di ogni linguaggio, l’origine di ogni violenza e sofferenza; ma riguarda invece ogni opera, ovvero il puro e semplice movimento del vivere animale; non solo il linguaggio umano, ma anche il muggito, lo strepito, il canto, il sussurro di buoi, fiere, uccelli, api e farfalle: non c’è, in questo paesaggio disumanato e disanimato, nè voce nè moto alcuno, se non degli elementi primordiali, le acque, il vento, le tempeste. È il principio del mondo, prima che inizi la vita. Vivere animale, si diceva. Da questo sradicamento della vita nel paesaggio del Cantico sembrano salvarsi gli esseri vegetali. Così non è in altro universo negativo, un’altra epifania della vita naturale impercepita, che occupa la seconda strofa dell’idillio intitolato, appunto, La vita solitaria: Talor m’assido in solitaria parte, Sovra un rialto, al margine d’un lago Gli avvenimenti non umani 87 <?page no="88"?> Di taciturne piante incoronato. Ivi, quando il meriggio in ciel si volve, La sua tranquilla imago il Sol dipinge, Ed erba o foglia non si crolla al vento, E non onda incresparsi, e non cicala Strider, nè batter penna augello in ramo, Nè farfalla ronzar, nè voce o moto Da presso nè da lunge odi né vedi. Tien quelle rive altissima quiete; Ond’io quasi me stesso e il mondo obblio Sedendo immoto; e già mi par che sciolte Giaccian le membra mie, nè spirto o senso Più le commova, e lor quiete antica Co’ silenzi del loco si confonda.--------(La vita solitaria, vv.-13-38) È il tema del primo disegno infantile, rimasto incompiuto. Nell’«altissima quiete» di un paesaggio lacustre, in «solitaria parte», tutto è tacito, anche le piante; nulla si muove: non la cicala, né l’augello, né la farfalla; e non l’erba o la foglia; e nemmeno l’onda: qui, di entità animate o inanimate, non si ode e non si vede «nè voce o moto» (nel Cantico: «non voce, non moto alcuno»); eppure ci sono, ma come se vivessero di una vita propria, indicibile: non sono visti né disturbati dall’io, che se ne sta «sedendo immoto», con le membra sciolte, dissolte nella natura circostante; e non può dire altro di sé che il proprio desiderio di dimenticarsi, di non esserci. Leopardi rinnega così, nell’ultimo idillio del ciclo, quel movimento del pensiero che lo aveva spinto, nel primo, ad esplorare lo spazio e il tempo oltre l’ultimo orizzonte. Tutto è cominciato dallo sguardo (sedendo e mirando); tutto finisce in un immobile oblio che non vede. Bibliografia Chateaubriand, François-René de: Génie du Christianisme. 4-vol. Paris: Migneret 1802. De Quincey, Thomas: Reminiscences of the English Lake Poets. London: Dent 1961. Gazzetta di Milano 314 (mercoledì 10-novembre 1819). Leopardi, Giacomo: «Discorso di un italiano intorno alla poesia romantica», in: id.: Prose. A cura di Rolando Damiani. Milano: Mondadori 6 1997, 347-426. —: Disegni letterari. A cura di Franco D’Intino / Davide Pettinicchio / Lucia Abate. Macerata: Quodlibet 2021. —: Operette morali. Ed. critica di Ottavio Besomi. Milano: Fondazione Arnoldo e Alberto Mondadori 1979. —: Poesie. A cura di Mario Andrea Rigoni. Milano: Mondadori 8 1998. 88 Franco D’Intino <?page no="89"?> —: Scritti e frammenti autobiografici. A cura di Franco D’Intino. Roma: Salerno Editrice 1995. —: Zibaldone di pensieri. Ed. critica e annotata a cura di Giuseppe Pacella. Milano: Garzanti 1991. Nietzsche, Friedrich: La filosofia nell’epoca tragica dei Greci e scritti 1870-1873. Trad. di Giorgio Colli. Milano: Adelphi 5 2006. Pindemonte, Ippolito: «La solitudine», in: Bruno Maier (a cura di): Lirici del Settecento. Milano / Napoli: Ricciardi 1959, 910-916. Ranieri, Antonio: Sette anni di sodalizio con Giacomo Leopardi. Napoli: Berisio 1965. Shelley, Mary Wollstonecraft: Selected Letters. Ed. by Betty T. Bennett. Baltimore / London: Johns Hopkins University Press 1995. — / Shelley, Percy Bysshe: Villa Diodati files. Il primo Frankenstein (1816-17). A cura di Fabio Camilletti. Roma: Nova Delphi 2018. Stendhal: Voyages en Italie. Textes établis, présentés et annotés par Victor Del Litto. Paris: Gallimard 1973 (Bibliothèque de la Pléiade, 249). Tyson, Edward: Orang-Outang, sive Homo Sylvestris. Or, the Anatomy of a Pygmie Compared with that of a Monkey, an Ape, and a Man. London: Bennett & Brown 1699. Wordsworth, William: The Excursion. Ed. by Sally Bushell / James A. Butler / Michael C. Jaye, with the assistance of David García. Ithaca / London: Cornell University Press 2007. — / Wordsworth, Dorothy: The letters. The early years 1787-1805. Ed. by Ernest de Selincourt, second revised ed. by Chester L. Shaver. Oxford: Clarendon Press 1967. —: The Poems. Collected reading texts from the Cornell Wordsworth. Ed. by Jared Curtis. Vol.-I. Tirrill / Penrith: Humanities-Ebooks 2009. Bairoch, Paul: «Urbanizzazione e disurbanizzazione», in: Enrico Castelnuovo / Valerio Castronovo (a cura di): Europa moderna. La disgregazione dell’Ancien Régime. Milano: Electa 1987, 249-259. D’Intino, Franco: «La fecondazione della grazia. Il dantismo trascendentale di Leopardi», in: Critica del testo XXIV.3 (2021), 27-48. Getto, Giovanni: Saggi leopardiani. Firenze: Vallecchi 1966. Harrison, Robert P.: Foreste. L’ombra della civiltà. Milano: Garzanti 1992. Maccioni, Luca: Il marchio di Qajin. I Dialoghi tra due bestie nell’opera di Leopardi. Macerata: Quodlibet 2021. Gli avvenimenti non umani 89 <?page no="91"?> La consolazione del fiore del deserto nell’antropocene Der Trost der Wüstenblume im Anthropozän Susanne Koopmann Die textnahe Interpretation des Ginestra-Gedichts bezeugt Leopardis Vermächtnis an die Nachwelt, sich im rasant schwindenden Schöpfungs‐ reichtum der souffrance zum Trotz und dem tout est mal entgegen resilient zu behaupten: Er liest an der Wüstenblume, die sich unter widrigsten Lebensumständen zu behaupten vermag, eine Überlebensstrategie für das Anthropozän ab. Der Verlust der natürlichen Geborgenheit wird von Leopardi an den Spuren der Verwüstung durch Vulkanausbruch und Erd‐ beben abgelesen und auf der Folie eines reichen Bildungsguts am Disput von Voltaire und Rousseau philosophisch diskutiert. Leopardi lehrt, dass genaues Hinsehen auf Umweltphänomene und einfühlsames Hinhören auf die Sprache derer, die dichten statt zu räsonieren, weltanschauliches Fehlverhalten korrigieren kann. Mit ihm bahnt sich die linguistisch-öko‐ nomische Praxis der Biopoetik und des Ecocriticism an. L’interpretazione della poesia La ginestra - che rimane prossima al testo - attesta l’eredità lasciata da Leopardi alle generazioni future: quella di resistere e di rimanere resiliente, nonostante la souffrance e in opposizione al tout est mal, in un mondo in cui la ricchezza del creato si riduce rapidamente. Nel fiore del deserto, che riesce a sopravvivere nelle più avverse condizioni di vita, il poeta vede una strategia di sopravvivenza per l’antropocene. Le tracce della distruzione causata da eruzioni vulca‐ niche e terremoti sono per Leopardi i segni della perdita di un naturale senso di sicurezza e vengono discusse filosoficamente, sullo sfondo di una vastissima cultura, partendo dal dibattito tra Voltaire e Rousseau. Leopardi insegna che un’osservazione attenta dei fenomeni ambientali e <?page no="92"?> 1 Cf. «Problemi proposti al 20 o secolo. Lettera a un giovane del 20 o secolo». Giacomo Leopardi: Disegni letterari IX, in: id.: Poesie e Prose. Vol. II. Prose. A cura di Rolando Damiani. Milano: Mondadori 6 1997, 1215 (im Folgenden als PP), aktualisiert in: Giacomo Leopardi: Zibaldone di Pensieri. Edizione critica e annotata a cura di Giuseppe Pacella. 3 vol. Milano: Garzanti 1991, 4280 (gemäß der Seitenzählung des Autographs; im Folgenden als Zib.); Übersetzung nach der Ausgabe: Giacomo Leopardi: Das Gedanken‐ buch. Auswahl, Übersetzung und Nachwort von Hanno Helbling. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1992; Enrico Ghidetti: «Introduzione», in: Giacomo Leopardi: Canti. A cura di Enrico Ghidetti. Firenze: Sansoni 1988, I X : «un contemporaneo piuttosto che un precursore che guardi con inquietante lungimiranza, attraverso la lente scura del suo nihilismo attivo, al nostro secolo anziche al suo tempo». 2 Friedrich Hölderlin: «Stutgard» v. 53, in: id.: Sämtliche Gedichte. Hg. von Jochen Schmidt. Frankfurt a.M.: Deutscher Klassiker Verlag 2005, 283. un ascolto empatico della voce di coloro che si esprimono attraverso la poesia, anziché attraverso il discorso ragionante, può portarci a correggere comportamenti ideologicamente sbagliati. Con lui si prepara la strada alla pratica linguistico-economica della biopoetica e dell’ecocriticism. Schlagwörter: Natur, Literaturtradition, Zeitkritik, Moderne, Biopoetik Parole chiave: Natura, tradizione letteraria, critica sociale, epoca moderna, biopoetica Der Titel will auf eine lectio difficilior neugierig machen, die Leopardis Gedicht La Ginestra o il Fiore del deserto über alle Zeitdifferenz hinweg einen brisant-ak‐ tuellen Beziehungshorizont eröffnet. Sein Verfasser, zeitlebens als malpensante diskreditiert, scheint ihn hellseherisch vor Augen gehabt zu haben. Im Zuge des leopardismo wird man auf seinen beängstigenden Weitblick aufmerksam, mit dem er unser Jahrhundert mustert und die Nachwelt zur Verantwortung ruft. 1 Mit ihm sind aus den verpönten Schwarzsehern inzwischen die umsich‐ tigsten Friedhofswärter auf dem bemerkenswert wenig besuchten, dafür umso erschreckender anwachsenden Gräberfeld der Natur geworden. Leopardis nulla nimmt als Nicht-Mehr, als Schwund des Schöpfungsreichtums, von Tag zu Tag konkretere Gestalt an. In sieben blockweise gegeneinander abgesetzten Strophen verfolgt er dazu im Gedicht immer neue Gedankengänge. Mit dem literarischen Vorleben seiner Wüstenblume war er nur zu vertraut; aber er sah sich gezwungen, dazu aus Überzeugung ein Kontrastporträt zu entwerfen. Er hat es aus dem kulturellen Gedächtnis gespeist, um die Zukunft an der Vergangenheit gesunden zu lassen - etwa im Sinne von Hölderlins «Vergangenes ist, wie Künftiges heilig den Sängern» 2 . Die «lenta ginestra» (v.-297) hat nachweislich berühmte Vorfahren. 92 Susanne Koopmann <?page no="93"?> 3 Publius Vergilius Maro: Georgica. Hg., übersetzt und kommentiert von Manfred Erren. Vol. I. Heidelberg: Winter 1985, Georgicon II,12, II,34 und II,47-49; Giacomo Leopardi: Poesie e Prose. Vol. I. Poesie. A cura di Mario Andrea Rigoni con un saggio di Cesare Galimberti. Milano: Mondadori 7 1998, 994. Übersetzungen der Gedichte Leopardis nach der Ausgabe: Giacomo Leopardi: Canti e Frammenti. Gesänge und Fragmente. Italienisch / Deutsch. Übers. von Helmut Endrulat. Hg. von Helmut Endrulat / Gero Alfred Schwalb. Stuttgart: Reclam 2011 [1990]. 4 Rea schließt v.-304-306 an Aeneis XI, 829sq. an: «lentaque colla | et captum leto posuit caput» («den geschmeidigen Hals und das Haupt vom Tod gepackt» zu senken wie die Heldin Camilla). Vergil: Aeneis. Lateinisch-Deutsch. Hg. und übers. von Johannes Götte. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 6 1983, 500; cf. Roberto Rea: «‹Le frali tue stirpi›. Ecologia della souffrance nei Canti di Leopardi», in: id. (a cura di): Dal paesaggio all’ambiente. Sentimento della natura nella tradizione poetica italiana. Roma: Edizioni di storia e letteratura 2020, 121. 5 Cf. Madame de Staël: Corinne ou l’Italie. Éd. présentée, établie et annotée par Simone Balayé. Paris: Gallimard 1985, Buch XIII, Kap. IV, 349-355. «[C]ette terre de souve‐ nirs» beeindruckt auch für Leopardi die Einbildungskraft (cf. Giacomo Leopardi: «A Charles Lebreton, [s.d., ma Napoli, giugno 1836]», in: id.: Epistolario. A cura di Franco Brioschi / Patrizia Landi. Vol. II. Torino: Bollati Boringhieri 1998, 2072sq.). 6 Am 5. September 1834 im Anschluss an seine Begegnung mit Leopardi und Ranieri (mit Echo in La Ginestra v. 248-257), in: Die Tagebücher des Grafen August von Platen. Aus der Handschrift des Dichters. Hg. von Georg von Laubmann / Ludwig von Scheffler. Vol. II. Stuttgart: Cotta 1900, 962-965. 7 Cf. Zib. 2291, in Zib. 1537 mit der teoria del piacere begründet. Dazu: Giacomo Leopardi: Detti Memorabili di Filippo Ottonieri, PP II, 127: «E paragonava universalmente i piaceri Vergil stuft sie unter agrarischem Aspekt als «lentae genistae» bzw. «humi‐ lesque genistae» ein und charakterisiert ihr Wachstum: «Sponte sua quae se tollunt in luminis oras, | infecunda quidem, sed laeta et fortia surgunt; | quippe solo natura subest» 3 . Auch in Bezug auf die Form des Lehrgedichts und sogar für das am Schluss vorausgesehene Sterben der Wüstenblume greift Leopardi auf das klassische Modell Vergils zurück. 4 Sein im pensando poetare als Artefakt überformter Ginster eröffnet ihm den Freiraum für kühne Spaziergänge in einer Gegend des Universums, die Madame de Staëls Corinne der Vulkane, der Geschichte und der Dichtung wegen als besonders erinnerungsträchtig preist, aber auch von schrecklichem Schmerz gezeichnet sieht. 5 Es ist jene Gegend, die Ende August 1834 wieder ungeheure Entladungen des Vesuvs erlebt hat, über die etwa August von Platen als Augenzeuge berichtet. 6 Leopardi nimmt das Gewächs als einsames Einzelwesen in «molli fo‐ reste» (v. 304 [«die zarten Büsche»]), «selve odorate» (v. 298 [«mit duftenden Wäldern»]) ausschließlich olfaktorisch (als ‹odorata› statt ‹odorosa›) wahr, weil der Geruchssinn die Einbildungskraft angeblich stärker stimuliert als das Sehvermögen. 7 Rousseau rühmt dagegen die Farbenpracht des Ginsters, die in seinen Augen sogar Salomonis Seide übertrifft. Das ist im Vorfeld unserer Der Trost der Wüstenblume im Anthropozän 93 <?page no="94"?> umani agli odori» und Zib. 158sq.: «un finiss. magistero della natura […] ha posto i fiori per diletto dellʼodorato». Düfte wecken die Einbildungskraft in Aspasia vv.-10-16. 8 Cf. auch Zib. 2710, von Folin auf das Nichts bezogen: «Questo nulla non è un mero niente, ma è l’infinita possibilità d’essere», Alberto Folin: Pensare per affetti. Leopardi, la natura, l’immagine. Venezia: Marsilio 1996, 127 (mit Rousseau-Kommentar; cf. Jean- Jacques Rousseau: Œuvres complètes. Éd. publiée sous la dir. de Bernard Gag‐ nebin / Marcel Raymond. Vol. I. Paris: Gallimard 1959, Notes et variantes, 1852 [im Folgenden als OC]: «Les ‹doux souvenirs› ne sont pas rejetés, ils viennent renforcer et nourrir l’imagination du possible»). Folin, in Konsequenz seiner These, 68: «Il solido nulla di Leopardi non è la mera negazione delle cose, ma è un quasi niente che, negando l’ente, ne mantiene la congiunzione con l’essere aprendosi così alla vanità del mondo»; 69: «Accenna nella direzione di un assoluto impensato»; 155: «un accoglimento del nulla che […] dà voce a una qualche speranza del pensiero»; 158: «della cosa presente, del suo pervenire del Nulla alla luce rischiarante del Tutto». 9 Cf. Rousseau: «A M. De Malesherbes», in: OC I,1138-1147; I,1140 mit 1851sq. Als Erinnerung an das «Paradis terrestre» in: Confessions X, OC I,521. 10 Cf. Rousseau: «Lettre de J. J. Rousseau A Monsieur De Voltaire» vom 18.-August 1756, in: OC IV,1059-1075, 1060, 1063/ 1070; 1068 realistisch kompromissbereit: «dans le système de l’univers, il est nécessaire à la conservation du genre humain qu’il y ait une circulation de substance entre les hommes, les animaux et les végétaux, alors le mal particulier d’un individu contribue au bien général». 11 Cf. Zib. 4174-4177. Im Vorjahr hatte er die «gran catena degli esseri» im Gegensinn von Popes «chain of beings» bereits im Status der souffrance befunden (cf. Zib.-4133sq.); cf. Rousseau: Émile ou De L’Éducation, in: OC IV,245. Interpretation insofern bemerkenswert, als das Naturphänomen bei beiden Dichtern im Kontext von Voltaires Poème sur le désastre de Lisbonne existenzphi‐ losophisch beleuchtet wird. Am Dissens über die Einschätzung des tutto è male ist abzulesen, inwiefern Leopardi zehn Jahre später damit umgeht. Schon 1826 schließt er eine Flucht nach vorn im Sinne der Ultima Ratio des «i più semplici più sanno» nicht aus: «Chi può conoscere i limiti della possibilità? » (Zib. 4174 [«Wer vermag die Grenzen des Möglichen zu erkennen? »]) 8 . Für Rousseau hat der August 1756 - wohl auch unter dem Eindruck des Lissaboner Erdbebens vom 1. November 1755 - im Park von Montmorency Sommerglück beschert, von dem er noch am 26. Januar 1762 schwärmt. 9 «Le doux sentiment de l’existence» veranlasst ihn, das soeben biographisch bestä‐ tigte tout est bien umgehend vor Voltaires tout est mal und dessen «Souffre à jamais, malheureux» in Schutz zu nehmen. 10 Ebenso apodiktisch wie Rousseau auch seinen Émile mit «Tout est bien» eröffnet, leitet Leopardi hingegen als Parteigänger Voltaires seine Zibaldone-Überlegungen vom 22. April 1826 mit einem «Tutto è male» ein, um das universale Leidwesen anschließend im Gar‐ tenhospital der souffrance auszustellen. 11 Obwohl er das spoeticizzare der kalten 94 Susanne Koopmann <?page no="95"?> 12 Cf. Zib. 1833-1840; Zib. 3237-3245 als Plädoyer für Herz, Feingefühl und Phantasie: «coʼ propri occhi, e colle proprie mani […] indovinar la natura». 13 Franca Janowski: «Figure del negativo nello Zibaldone leopardiano: la tristezza della natura», in: Lo Zibaldone cento anni dopo. Atti del X-Convegno Internazionale di Studi Leopardiani (Recanati-Portorecanati, 14-19 settembre 1998). Vol. II. Firenze: Olschki 2001, 550sq. Unter dem Eindruck dankenswert reich belegter Rousseau-Einflüsse beurteilt sie den kranken Garten vorbehaltlos als «un Elisio moderno, paradiso ed inferno insieme» einer negativen Theologie bzw. Antitheodizee. 14 PP II, 276 [aus dem Frammento sul suicidio, das wohl bereits um 1820 entstand, aber nicht in die Operette morali aufgenommen wurde. Anm. d. Hg.]. 15 Zib. 4176sq. ersetzt «l’etonnante varieté des herbes et des fleurs que je foulois sous mes pieds» im Umfeld des Ginsters, OC I,1140; cf. Staël: Corinne ou l’Italie, Buch II, Kap. III, 64 als «sous les pas de l’homme […] une abondance de fleurs et de plantes inutiles qui, destinées à plaire, ne s’abaissent point à servir». 16 Johann Wolfgang von Goethe: Die Leiden des jungen Werthers, in: Goethes Werke. Hg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen. Weimar: Böhlau 1899, I,19, 75sq. (im Folgenden als WA). Cf. Zib. 4176. 17 Cf. Leopardi: La ginestra, v. 230; id.: Il pensiero dominante, vv. 66-68: «il vario volgo […] calpesto»; id.: Dialogo di Tristano e di un amico, PP II, 213: «calpesto la vigliaccheria degli uomini». Vernunftanalyse am 4. Oktober 1821 pro domo verbannt hatte, 12 gelingt ihm damit «un sublime esempio di quel pensare altro, capace di cogliere il vero me‐ taforicamente» 13 . Er verwandelt Rousseaus «Paradis terrestre» in «un serraglio di disperati, e forse anche un deserto» [‹einen Käfig von Verzweifelten, und vielleicht auch eine Wüste›] 14 , in dem dessen besagtes quasi mystisch erlebtes Asyl der Natur jeglichen Sinnenreiz eingebüßt hat und nur noch als Zerrbild im besonders wortreich variierten Zertreten der Pflanzen wiederzuerkennen ist. 15 Leopardis Widerspruch zu Rousseau verrät zwar noch nicht, warum Voltaires Candide seinen Garten pflegen soll, warum Montaigne über der Bestellung seines Kohls vom Tod überrascht werden will. Im Hinblick auf unser Thema ist die Ästhetisierung der souffrance aber bereits als Hilferuf zu verstehen, Schritt für Schritt rücksichtsvoll Fuß zu fassen und allerorten auf Heilung bedacht zu sein. Das Zertreten der Pflanzen hat eine berühmte literarische Parallele in Werthers «zerrüttendem Fußtritt», den Leopardi mit «va dolcemente», «va saggiamente» zwar abfedert, ohne jedoch Prinzipien der Vergilschen Agrikultur gelten zu lassen. 16 Wohl wissend, dass die Füße entsprechend lat. ‹pede temp‐ tare› (‹mit dem Fuß tasten›) verborgenes Naturpotential aufspüren können, verschärft er den Gegensinn und benutzt ‹calpestare› für das Wüten des Vesuvs und für das Anprangern sozialen Fehlverhaltens. 17 Entsprechend höhnisch bemerkt er, dass für die Nuovi Credenti ohne Sternenhimmel das Glück auf der Eselsfährte den Fuß allerwege leitet, und das gewiss nicht «alipede» oder Der Trost der Wüstenblume im Anthropozän 95 <?page no="96"?> 18 Francesco Petrarca: Canzoniere. Introduzione e note di Piero Cudini. Milano: Garzanti 1992, 188: «A ciascun passo nasce un penser novo» (CXXIX,17); Friedrich Nietzsche: Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe in 15 Bänden. Hg. von Giorgio Colli / Maz‐ zino Montinari. Berlin / New York / München: Deutscher Taschenbuch Verlag / de Gruyter 2 1988, 3,450 (im Folgenden als KSA), Die fröhliche Wissenschaft, Buch 2, § 95. 19 Cf. Leopardi: La ginestra, v. 20: «Che sotto i passi al peregrin risona» und v. 187: «di cui fa segno | Il suol chʼio premo»; ähnlich schon in Bruto minore, vv. 89sq.: «Sotto barbaro piede | Rintronerà quella solinga sede», sowie in Alla primavera , vv. 25-27: «Arcane danze | D’immortal piede i ruinosi gioghi | Scossero». 20 In den «Annotazioni alle dieci Canzoni» als Kleie-Esser verspottet, die mit Mägen eigener Art den Vocabolario della Crusca normieren (cf. PP I, 165sq., 175, 179, 182sq., 190, 197, 200). 21 Michel de Montaigne: Œuvres complètes. Textes établis par Albert Thibaudet / Maurice Rat. Paris: Gallimard 1962, Buch II, Kap. XII, 519 zitiert; Cicero ähnlich Zib.-1086. geflügelt (cf. vv. 83-85). Schon Petrarca weiß erdverbunden zu schätzen, dass ihn beim Durchstreifen der freien Natur als paysagiste und passagiste jeder Schritt (‹pede-tentim›) auf einen neuen Gedanken bringt, weil er - wie Stendhal für Nietzsche - «die gedankenreichsten Augen und Ohren gehabt hat» 18 . Dagegen beklagt Hölderlin, dass er «wie die Gänse mit platten Füßen im modernen Wasser stehe und unmächtig zum griechischen Himmel emporflügle» (7. Januar 1799; Fortsetzung des Briefs an Carl Gock). Das «sous mes pieds» findet aber auch ausdrücklich Widerhall, 19 wenn aus dem Lavaboden des Vesuvs herauszu‐ hören ist, wie es um die Lebensbedingungen des Ginsters, wie es um unser Erdendasein bestellt ist. Ihrer klassischen Bildung verdanken die Dichter, auch mit der Sprache pedissequo, vorsichtig, behutsam, bedächtig umgehen zu können. Ihr Agens ‹per pedes› ist über ‹prosaisch, nüchtern› zu ‹pedantisch› und ‹pedest‐ rian› verkommen und bedeutet heute nur noch ‹schulsteif phantasielos›, ‹pin‐ gelig genau› zu formulieren. Die Pedanten werden vom Sprachreformer Leo‐ pardi ausdrücklich als Wegversteller gegeißelt. 20 Rechtzeitiges down-to-earth verhindert, je beschränkter, desto großmäuliger ins Bodenlose zu ge‐ raten. «Quod est ante pedes, nemo spectat; coeli scrutantur plagas» 21 . Dem‐ entsprechend geißelt Leopardi das Vernichtungswerk der Moderne als Perver‐ sion der Agrikultur wie im kranken Garten: beseitigen (togliere), ausreißen (strappare), abholzen (atterrare), abtragen (sterrare) (cf. Zib. 2705-2711). Er schlägt mit den gleichen Waffen zurück, um auf allen Gebieten lebens- und zugleich sprachreformerisch ein weites Feld zu rekultivieren, und befolgt im Geben (porre), Anbauen (piantare), Ersetzen (sostituire) die praktische Weisheit Vergils, sich am vegetativen Leben der Pflanzen zu orientieren, alles Lebendige aus Mutter Erde hervorwachsen zu sehen, das Pflanzenreich (vegetabilia) zur Belebung (vegetatio) zu nutzen. Auf die Sprache bezogen rehabilitiert er 96 Susanne Koopmann <?page no="97"?> 22 Cf. Zib. 739: «si mantenne sempre come fertile e prolifica e viva e vegeta e copiosa», um zu erfahren: «tante risorse ha la natura in se stessa, s’ella fosse ubbidita e seguita» («Ab‐ bozzo, Inno ai Patriarchi o deʼ principii del genere umano», PP-I, 679). 23 Goethe: WA I,37, 197; Leopardi: Il pensiero dominante, vv. 33-36: «Tal io dal secco ed aspro | Mondano conversar vogliosamente, | Quasi in lieto giardino, a te ritorno, | E ristora i miei sensi il tuo soggiorno.» «Réactions authentiques d’un homme blessé par la vie sociale». Bernard Guyon (zu La Nouvelle Héloïse. Première Partie. Lettre XXIII, OC II,76-79), OC, II,1389. 24 Cf. Zib.-4185-4188: «Lo stato selvaggio» im Vegetabilen, «l’esistenza animale» «come la miglior condizione possibile per la felicità umana»; Guyon, OC II, 1389: «l’apologie de la vie simple» als «l’essentiel du ‹rousseauisme›»; Johann Gottfried Seume: «Der Wilde», in: id.: Werke in zwei Bänden. Hg. von Jörg Drews. Bd. 2. Frankfurt a.M.: Deutscher Klassiker Verlag 1993, 481, v.-19. 25 Cf. Zib. 3239-3245; um z.B. Vergils «Sunt lacrimae rerum: et mentem mortalia tan‐ gunt» (Aeneis I,462) nachzuempfinden, die heutzutage so reichlich fließen (cf. Zib. 1337 und Zib. 2289): «Le lingue termometro dei costumi, delle opinioni, delle nozioni e dei tempi». 26 Cf. Zib. 735-783. «È lʼamore della parola antica che in Giacomo Leopardi diviene pensiero e poesia» (Marcello Gigante: «Leopardi poeta e pensatore», in: Leopardi e lo spettacolo della natura. Atti del Convegno Internazionale (Napoli, 17-19 dicembre 1998). A cura di Vincenzo Placella. Napoli: L’Orientale 2000, 12). 27 Cf. Zib. 758: «arricchire la lingua del prodotto delle sue proprie sostanze, e dalla greca e latina» sowie Zib. 1263: «lo studio dellʼetimologie fatto coi lumi profondi dell’archeologia […] e della filosofia». unser pejorativ verkommenes ‹vegetieren› als lebensreformerischen Beitrag zur Aufwertung der Biosphäre. 22 So frustrierend der Umgang mit den Menschen, so heilsam die einsam geführte Zwiesprache mit der Natur. Mittlerweile kann ein sinnerfrischender Garten sogar als Seelenlandschaft evoziert werden. Auch Goethe hat auf «eine Leitung und Verfeinerung des Gefühls durch Blumenpfade einer lachenden Landschaft» 23 vertraut. Im Rahmen der teoria del piacere gilt das einfache Leben in der Wildnis als Antidot für Zivilisationsschäden. Leopardis Zeitgenosse Johann Gottfried Seume folgert entsprechend: «Seht, wir Wilden sind doch beßre Menschen» 24 . Wie das Hinsehen sich einfühlsam an das Ambiente herantastet, um più sensibile più vitale Verschüttetes wiederzufinden, erschließt das Hinhören auf den Wortlaut verloren geglaubte Schätze des kulturellen Gedächtnisses. 25 Be‐ sonders um 1821 diszipliniert und bereichert Leopardi sein Sprachgefühl für das pensando poetare. 26 Die lectio difficilior des Interpreten setzt seine lectio difficilis einzelner Wörter voraus. Er hat sie sich im Zibaldone immer wieder vorgenommen, um ihr Ausdruckspotential altphilologisch zu reaktivieren. 27 Dazu ist er aufgrund seines frühen siebenjährigen Selbststudiums von Latein, Griechisch und Hebräisch und als Übersetzer von Homer, Hesiod, Vergil und Horaz ungewöhnlich prädestiniert. Die Sprachkultur der Antike, die er im Der Trost der Wüstenblume im Anthropozän 97 <?page no="98"?> 28 Cf. Zib. 753: «una riforma […] deve consistere nel mondar la lingua dalle brutture, distoglierla dal cattivo cammino, e rimetterla sul buono»; La ginestra vv. 150-152: «Fia ricondotto in parte | Da verace saper, lʼonesto e il retto | Conversar cittadino». 29 Cf. PP II,277: «[…] non ci sono altri mezzi che quegli antichi per tornare ad amare e a sentir la vita». «l’eredità classica di cui egli intendeva conservarsi alumno fedele e custode»; cf. Goethe: West-östlicher Divan, in: WA I,6, 110: «Wer nicht von dreitausend Jahren | Sich weiß Rechenschaft zu geben, | Bleibʼ im Dunkeln unerfahren, | Mag von Tag zu Tage leben». 30 Giuseppe Pacella: «Introduzione», in Zib., vol. I, X X X I I I ; Aufgrund der Einfachheit des griechischen Stils ist Leopardi für Nietzsche «vielleicht der grösste Stilist des Jahrhunderts» (cf. Nietzsche: «Nachgelassene Fragmente», 3,71, in: KSA 8,35); über sein Verhältnis zu Leopardi im Brief vom 2. Januar 1875 an Hans von Bülow (cf. Friedrich Nietzsche: Sämtliche Briefe. Kritische Studienausgabe in 8 Bänden. Hg. von Giorgio Colli / Mazzino Montinari. Bd. 5. München / Berlin / New York: Deutscher Taschenbuch Verlag / de Gruyter 1986, 3). 31 Cf. Puerili, XXXIII, PP-I 887; von Ghidetti in seiner Ausgabe der Canti zitiert (cf. 315). Sinne der Agrikultur in Vergils Georgica charakterisiert (cf. Zib. 952sq.), legt ihm nahe, den im weltanschaulichen Räsonieren depravierten Sprachgebrauch, die malversazione seiner Zeitgenossen, ebenso kritisch wie sprachheilkundig zu reformieren. 28 Er assoziiert sich thesaurierend der Sprachgemeinschaft der Alten Welt (insbesondere Vergil) aber auch, um sie im Sinne Goethes für sein Leben, Denken und Dichten zu nutzen. 29 Zurückgerufene Gaben bereichern bei Mangel an äußerem Geschehen die Introspektion, um in Briefen entlang an seinen Versen sich seiner selbst bewusst zu werden. Das Ergebnis würdigt Giuseppe Pacella als Spezialist für alle Facetten des Zustandekommens der Zibaldone-Ausführungen: «È una prosa moderna che però è nutrita consape‐ volmente della sostanza più nobile della nostra tradizione letteraria, e in cui sentiamo la presenza di una nuova lingua italiana che Leopardi ha letteral‐ mente inventato» 30 . Leopardis vermeintliche Wortklauberei verpflichtet dazu, im Vorfeld der Gedichtinterpretation aufschlußreiche Formulierungen über die Sprachgrenzen hinweg bewusst pedestrian unter die Lupe zu nehmen. * Das bisher über Vergil, Rousseau und Voltaire vermittelte Sinnbild des Ginsters wird im Gedicht zum Naturerlebnis. Einleitendes «Qui», «Hier», eröffnet ihm den Schauplatz des Vesuvs wie das «Ecco il Vesuvio» in Martials Vesuv-Epi‐ gramm, das er als Dreizehnjähriger kongenial übersetzt hat. 31 Am Lebensende überlagert er dieses Zeitzeugnis für das Geschehen von 79 n. Chr. mit dem Schreckbild der souffrance aus dem Philosophendisput um das Erdbeben von Lis‐ sabon. Wenn er sich jetzt wie früher schon einmal aufmacht, um die Topologie des Vulkans per pedes zu erkunden, setzt er unter dem Eindruck des Sterminator Vesevo (v. 3 [«des schrecklichen Vesuv, | der alles zu Asche zermalmt»]), deshalb 98 Susanne Koopmann <?page no="99"?> 32 Cf. Il pensiero dominante, vv.-95-97, PP II, 213 und 276 triste et acute quasi testamenta‐ risch beglaubigt: «ho il coraggio di sostenere la privazione di ogni speranza, mirare intrepidamente il deserto della vita». «O dell’arida vita unico fiore» (Le ricordanze, v.-49), biographisch Vorläufer der «Odorata ginestra, | Contenta dei deserti» (vv.-6sq.). 33 PP II, 1293sq. Georgicon II,155-157 und II,173-175. Cf. Nietzsche: «Menschliches, All‐ zumenschliches» I, §-221, KSA 2,184. zwangsläufig den bisherigen Leidensweg, den calvario indeterminato durch die Lebenswüste fort, die im Sand auf Schlangenbisse gefasst macht. 32 Mit den letzten Atemzügen seines leidgeprüften Lebens fokussiert er dichterisch den geschichtsphilosophischen Fluchtpunkt im universalen Untergangsszenario. Es erlaubt, die Gedächtnislandschaft des Vesuvs mit der Problematik von 1836, ja sogar mit der des Anthropozäns zu befrachten. Das durch Erdbeben und Vulkanausbruch vernichtete Kulturgut vor Augen verschärft seine singolare sensibilità sentimentale für das Leiden, das er im ‹giardino mentale› vorerst rein spekulativ vorgeführt hatte. In seinem Sujet ist die Spannung von negativ und positiv angelegt: Der «Sterminator» ist als Vernichter, Ausrotter zugleich ‹ster‐ minato›, unermesslich, grenzenlos und erlaubt, die souffrance anteilnehmend widerhallen zu lassen - ‹risonare› -, statt zu raisonieren, und die Spekulation in der Wahrnehmung des unscheinbar Vegetabilen zu Füßen zu erden und zu befrieden. Im Anschluss an Voltaires Auslegung des Lissaboner Erdbebens nimmt er jetzt die vergleichbare, wenn auch historisch entlegene Naturkatastrophe von 79 n. Chr. in Dienst, um die Natur in negativer Kosmologie als universo carcerario ein für allemal für die Verkehrung allen Seins in Nichtsein verantwortlich zu machen. Er beleuchtet die Szenerie in krassem Gegenlicht zu Vergils Lobpreis der Mutter Erde und der italischen Stadtkultur am Fuß des Vesuvs und verdüstert den euphorischen Auftakt: Salve, magna parens frugum, Saturnia tellus, magna virum: tibi res antiquae laudis et artis ingredior, sanctos ausus recludere fontes. Sei gegrüßt, große Mutter der Früchte, Saturnische Erde, Männermutter: Dir zu Ehren beginne ich ein Werk uralten Lobes und Könnens, wage heilige Quellen zu erschließen. Nietzsche stellt fest, dass Goethe dagegen, erst recht Hölderlin «das tiefste Verlangen empfand, […] den stehen gebliebenen Trümmern und Säulengängen des Tempels mit der Phantasie des Auges wenigstens die alte Vollkommen‐ heit und Ganzheit anzudichten» 33 . Die «magna parens frugum» hat die zer‐ störerische «dura nutrice» (v. 44 [«grausame Amme»], die feindselige «ma- Der Trost der Wüstenblume im Anthropozän 99 <?page no="100"?> 34 Cf. Nietzsche: «Nachgelassene Fragmente» 11,16, KSA 9,447: «Leopardi hat die böse Stiefmutter Natur, Schopenhauer den ‹Willen›». 35 Uta Degner: «‹Paradoxe Praktiker›. Zur Poetik des Offenen bei Hölderlin und Leo‐ pardi», in: Hölderlin und Leopardi. Hg. von Sabine Doering / Sebastian Neumeister. Eggingen: Edition Isele 2011, 125, 128. 36 Cf. Aeneis II,312 in Ghidettis Ausgabe der Canti zu vv.-255-257. trigna» (v. 125 [«Stiefmutter»]), «lʼempia natura» (v. 148 [«die rohe Natur»]) 34 im Gefolge und endet im Lamento angesichts der Verwüstung von Pompeji, Herculaneum und Stabia. Ein Beispiel mehr für Leopardis Verfahren, ein Spie‐ gelbild durch sein Kontrastporträt zu widerlegen (contrastare), im Gegenschritt (contrappasso) zum Gegenschlag (contraccolpo) auszuholen. «Die Aufnahme ästhetischer Widerparte in den poetischen Text» wird von Uta Degner als «eine dementierende Gegenstimme» poetologisch aufgewertet 35 . Das Vesuvgeschehen ist wie das Lissaboner Erdbeben dem kulturellen Ge‐ dächtnis, der «memoria collettiva di tutta la civiltà occidentale» verpflichtet. Der Blick vom Forum in Pompeji auf den zweigipfeligen Vesuv (vv. 274-279) ist seit eh und je Touristenkonvention und die Landschaftsschilderung bei Nacht recht eigenwillig. Aber nicht der Tourist, sondern der im Dunkel von fern aufleuchtende Feuerschein der todbringenden Lava durcheilt in schreckerfüllter Nacht - wie ihn zuvor schon der Weinbauer argwöhnisch verfolgt (vv. 248-257) - die leeren Theater, die deformierten Tempel und die eingestürzten Häuser voller Fledermäuse, spukt als Todesfackel in leeren Palästen und färbt die Umgebung rötlich ein (vv. 280-288). Das vielgerühmte Panorama des Golfs von Neapel wird lediglich als Widerschein seiner drei Anlieger Capri, Neapel und Mergellina mit Vergils ‹relucere› wahrgenommen. 36 Für die Komposition des Gedichts ist besonders aufschlussreich, wie Leopardi die Vulkan-Szenerie im Einzelnen einbaut. Er benutzt sie eingangs als Movens für seine Apostrophe sowohl an die «Odorata ginestra» (vv. 5-37), den «duf‐ tende[n] Ginster» (v. 6), wie an sein Jahrhundert (vv. 37-86). Seine Landschafts‐ schilderung gilt zweckfrei dem unzerstörten Urbild der Gegend (vv. 24-29), später ihrem heutigen rekultivierten Aussehen (vv. 226-229, vv. 240-242). Den sachkundig und facettenreich beschriebenen historischen Vulkanausbruch vergleicht er mit der Zerstörung eines Ameisenhaufens (vv. 202-226). Das Vulkangeschehen selbst beschreibt er als anhaltende Bedrohung (vv. 243-268, vv. 277-288, vv. 300-304). Wie der Lavastrom sorgsam gehegtes Kulturgut vernichtet, schleift militanter Nihilismus die Bastionen liebgewonnener Über‐ zeugungen. Der Italiener folgert: Mit Manzoni in die Kirche, mit Leopardi in den Krieg! * 100 Susanne Koopmann <?page no="101"?> 37 Cf. PP-II, 414. 38 Cf. Friedrich Hölderlin: Patmos, vv. 3sq., in: id.: Sämtliche Gedichte, 350: «Wo aber Gefahr ist, wächst | Das Rettende auch.» Cf. ferner Cesare Galimberti: «Leopardi: meditazione e canto», in: PP I, X X I I : «interrogando più che gli altri se stesso sulla possibilità di un respiro di vita totale in una età dissacrata». 39 Friedrich Schiller: Maria Stuart, II,3, v. 1377, in: Schillers Werke. Nationalausgabe. Hg. von Benno von Wiese / Lieselotte Blumenthal. Bd. 9. Weimar: Böhlau 1948, 52; Vergil: Georgicon I,500 und 505: «everso […] succurrere saeclo […] quippe ubi fas versum atque nefas»; Aeneis I,630: «non ignara mali miseris succurrere disco»; Goethe: Wilhelm Meisters Wanderjahre, II,7, in: WA I,24, 378: «nicht nur unsre Nächsten fördern, sondern zugleich die ganze Menschheit mitnehmen». 40 Cf. Zib. 3241-3245: «indovinar la natura […] alla sola immaginazione ed al cuore spetta il sentire e quindi conoscere ciò ch’è poetico»; «introdotta nel fornello chimico di un metafisico». Vor diesem Hintergrund entdeckt Leopardi am Wegrand seine Wüstenblume als hilfreichen Ansprechpartner in der Einsamkeit. De Sanctis hat ihm gerade dazu die Fähigkeit abgesprochen: «il suo stile [quella scarna prosa] è come il suo mondo, un deserto inamabile dove invano cerchi un fiore». Er personifiziert sie gemäß dem Discorso di un italiano intorno alla poesia romantica  37 überaus liebevoll und macht sich sogar zu eigen, was sie ihm nahelegt, nämlich in der Gefahr das Rettende à la végéter wachsen zu sehen, sich weder in feigem Flehen zu beugen noch hochmütig besessen aufzurecken und sich nicht schicksalhaft oder eigenmächtig für unsterblich zu halten (vv. 307-317). Eine ausdrücklich tellurische Erfahrung inspiriert den Nomaden, Wohl und Wehe als Wachsen und Vergehen von Mutter Erde hinzunehmen, philanthropisch für die kreatürliche Genügsamkeit des abstinentia viget zu plädieren, die mit den magersten Exis‐ tenzbedingungen entsprechend dem Parvum parva decent vorliebnimmt. Ihn hat nicht nur seine scharfe Gesellschaftskritik enerviert; es hat ihn auch Lebenskraft gekostet, bei allem Defätismus Verantwortungsgefühl zu bewahren, um den angeprangerten Verhältnissen im Inferno der Vernunft bei aller Unduldsamkeit Lebenswert abzugewinnen. 38 Wie für Schiller ist ihm «das Unglück eine strenge Schule», in der schon Vergil gelernt hat, seinen unglücklichen Mitmenschen, für die sich Gutes in Böses verkehrt hat, zu Hilfe zu kommen. 39 Das Verfahren, sich in einem ganz speziellen Naturphänomen zu spiegeln, setzt voraus, dass die Natur intuitiv erahnt wird, statt im «Öfchen» der Meta‐ physik ausgekocht zu werden. 40 Nur so ist weltanschauliches Fehlverhalten zu korrigieren: vv. 158-198, um den Planeten, vv. 202-236, um die Menschheit gebührend einzuschätzen. Den Zeitgenossen seines wahnwitzig verblendeten Jahrhunderts gibt er durch die Blume gleich eingangs zu verstehen (vv. 37-63), womit sie im Sinn des Johannes-Mottos III,19 dummdreist verspielt haben, was der Aufklärung an befreiendem Gedankengut zu verdanken war. Er macht Der Trost der Wüstenblume im Anthropozän 101 <?page no="102"?> 41 Cf. Ghidetti: «Introduzione», I X : «la lente scura del suo nihilismo attivo» per «[…] il vero | Dell’aspra sorte e del depresso loco ⁄ Che natura ci diè» (vv.-78sq.). 42 Cf. vv.-87-157; vv.-126-135; vv.-146-154. Dazu im Folgenden mit FN 62. 43 Paul Valéry: «Dialogue de l’arbre», in: id.: Œuvres. Vol. II. Éd. établie et annotée par Jean Hytier. Paris: Gallimard 1960, 192sq. Cf. Leopardi: Epistolario. Vol. II, 1913. 44 Renata Gambino / Grazia Pulvirenti: «‹What is it like to be a tree? › Metaphorische und diegetische Bäume anhand einiger Beispiele aus der deutschen Gegenwartslyrik», in: Michael Braun / Amelia Valtolina (Hg.): Bäume lesen. Europäische ökologische Lyrik seit den 1970er Jahren. Würzburg: Königshausen & Neumann 2021, 131. aus seiner grenzenlosen Verachtung keinen Hehl, um das sprichwörtliche ‹Wie haben wir’s so herrlich weit gebracht› zu ironisieren, um den Fortschritts‐ glauben als Wurzel allen Übels wiederholt mit Hohn und Spott zu bedenken. Er empfiehlt, sich seiner Brille 41 für die lupenrein realistische Anschauung der Welt zu bedienen, um im Spiegelbild der Naturkatastrophe ihren wahren Zustand zu erkennen. Bei aller Verachtung schon eher verbindlich gibt er anschließend sein eigenes Selbstverständnis zu bedenken und nimmt die Utopie vorweg, sie könnten sich daraufhin womöglich solidarisch korrigieren. 42 Er charakterisiert sich als armselige Randerscheinung der Gesellschaft nach Art der vorbildlich resilienten Wüstenblume als groß und stark im Leiden und verwandelt in ein poetisches Rarum, wozu er sich auf französisch im Brief an Louis De Sinner vom 24.-Mai 1832 bekannt hatte: sich immer wieder mannhaft zu ermutigen, an der eigenen Existenznot, am noch so traurigen Zufallsgeschick nicht zu verzweifeln. Seine «odorata ginestra» verkörpert das Lebensprinzip des kreatürlichen Sich-Bescheidens als fabula docet des gesamten Gedichts. Leopardi nimmt vorweg, was Paul Valéry im Anschluss an Vergil als Mission der (Ur-)Pflanze verherrlicht: La plante présente aux yeux spirituels non point un simple objet de vie humble et passive, mais un étrange vœu de trame universelle. [… U]ne plante est un chant dont le rythme déploie une forme certaine, et dans l’espace expose un mystère du temps. 43 [‹Die Pflanze bietet den geistigen Augen nicht einen einfachen Gegenstand demütigen und passiven Lebens, sondern ein eigenartiges Gelübde eines universalen Geflechts. […] Eine Pflanze ist ein Gesang, deren Rhythmus eine bestimmte Form entfaltet und im Raum ein Mysterium der Zeit darlegt.›] Das ist an Hellsicht umso bemerkenswerter, als erst neuerdings Merkmale intel‐ ligenten Verhaltens der Pflanzen entdeckt werden, die ihren Überlebenswillen in Reizrichtungsreaktionen bezeugen. 44 102 Susanne Koopmann <?page no="103"?> 45 Rea: Dal paesaggio all’ambiente, X I I . 46 Francesco Maria Guadagno: «La Ginestra, il Vesuvio e Leopardi», in: Leopardi e lo spettacolo della natura. Atti del Convegno Internazionale (Napoli, 17-19 dicembre 1998). A cura di Vincenzo Placella. Napoli: L’Orientale 2000, 542. Anders als der «poeta della natura dallo sguardo naïf sulle piccole cose» 45 Pascoli wertet er gleichwohl das kleinstmöglich Solide in der Außenwelt auf und kompensiert damit all das, was er an moralischem Rüstzeug für entbehr‐ lich, sogar für kontraproduktiv hält. Das bewusste Verdunkeln altbewährter Lichtquellen macht ihn besonders hellsichtig für Ersatz und erspart ihm das Abyssus invocat abyssum, auf Negatives lediglich negativ zu reagieren, nicht ausschließlich den Tod als «Abisso orrido, immenso, | Ov’ei precipitando, il tutto obblia» (Canto notturno, vv. 35sq. [«die schreckliche, klaffende Tiefe, | in die [er] stürzen [wird] und alles vergessen»]) vor Augen zu haben. Sein Missgeschick bewältigt er «come unʼispirazione della calamità» (PP II, 269) im Gegenteil in Projektionen seiner tragischen Biographie mit so vorbildlicher Widerstandskraft, dass seine Wüstenblume die Nachwelt, erst recht das Anthropozän, zu trösten vermag: «le ginestre, ‹compagne di rovinate grandezze› e piene di pietà per la condizione umana, ancora dimonstrando la loro immortale caparbia pretesa di sopravvivenza» 46 . * Der Nomade in der Lebenswüste hat seinesgleichen im Isländer und im Kirgisen mit vergleichbarem Blick auf ihre Existenz als Fragesteller, die keine Antwort bekommen: Der eine ubiquitär beliebig haltlos, der andere in kosmischem Pathos in metaphysischer Spekulation verloren, immerhin aber doch schon - mit Anklang an Hiob 5,7 «Homo nascitur ad laborem, Et avis ad volatum» - mit einem imaginären Hoffnungsstrahl aus der Natur beschieden. Sie alle arbeiten auf scheinbar verlorenem Posten der rettenden Perspektive in Gegenrichtung vor, die auf dem gärenden Untergrund Fuß fassen lässt. Als Hüter einer Fülle eigener Gedanken wie Pessoas Hirte Alberto Caeiro gesellt sich ihnen Valérys Tityrus mit seiner positiven Biopoetik zu. Sein imaginärer Dialogpartner Lukrez vergleicht das Weiden der Herde mit dem einer Herde von Gestirnen, die die Zeit abzuweiden und, wie Schritt für Schritt eine Herde ihren Weg ergrast, pausenlos die Zukunft abzugrasen scheint. Mit dieser genialen Symbiose des Der Trost der Wüstenblume im Anthropozän 103 <?page no="104"?> 47 Cf. Fernando Pessoa: Alberto Caeiro. Poesia - Poesie. Hg. von Fernando Cabral Mar‐ tins / Richard Zenith. Frankfurt a.M.: Fischer Taschenbuch Verlag 2008, 39sq. und 13: «Von einem Hügel | Auf meine Herde schauen und meine Gedanken sehen, | Oder auf meine Gedanken schauen und meine Herde sehen»; cf. Valéry: Œuvres II, 184, 177: Tityre, «un pâtre, un homme oubliant un troupeau» veut «être instrument de la faveur générale des choses». 48 In Bruto minore, vv. 61-64, bereits in einem Satz charakterisiert: «Di colpa ignare e deʼ lor proprii danni | Le fortunate belve | Serena adduce al non previsto passo | La tarda età». 49 Rea: «‹Le frali tue stirpi›», 115. 50 Cf. Nietzsche: «Nachgelassene Fragmente» 29,98, KSA 7,676sq. und KSA 1,248sq. Von Rigoni (PP I, 968) in Zusammenhang mit der aus dem Zibaldone nicht belegten Unter‐ scheidung zwischen esistenza come pura esteriorità und vita come interiorità senziente erinnert. 51 Rea: «‹Le frali tue stirpi›», 115. Unten und Oben überhöht Valéry den Canto notturno und ersetzt das beneidete Tierschicksal überdies durch die vorbildliche Lebensweise der Pflanzen. 47 «Che cosa è la vita? » [«Was ist das Leben? »], hatte Leopardi schon in Zib. 4162sq. gefragt, wohlgemerkt im Anschluss an das Notat «Boves, bovi - buoi». Es vermittelt, den Leidensweg des Menschen (Canto notturno, vv. 21- 38) mit dem Schicksal der Tiere zu vergleichen. 48 Alle nach dem Sinn des Lebens Befragten bleiben natürlich stumm, bezeugen dafür umso beredter ihre beneidenswert paradiesische Lebensweise, die dem Menschen versagt ist. Der Canto notturno besingt sie und erreicht damit «il punto più avanzato della speculazione lirica leopardiana» 49 . Nietzsche hat begeistert darauf reagiert und hat die Herde «kurz angebunden mit ihrer Lust und Unlust, nämlich an den Pflock des Augenblicks» sogar mit Leopardis Ich (Canto notturno, vv.-107-112) auf deutsch angeredet. Die fabelartige Begegnung zwischen dem vergesslichen, unhistorisch lebenden und deshalb glücklichen Tier und dem sich erinnernden, historisch empfindenden und deshalb unglücklichen Menschen eröffnet seine Unzeitgemäße Betrachtung II,1. 50 Leopardi hingegen erntet als Dichter die Früchte anhaltenden Theoretisierens in seinem diario esistenziale Zibaldone, wenn die Verve des «poeta lirico di elevatissima ispirazione» das Gedankengut transportiert. «The writing had developed the writer», den sense of place und den sense of planet erneut zu bedenken: «nel travagliato passaggio dallʼantropocentrismo negativo allʼin‐ tuizione di una dimensione ecocentrica dellʼesistenza» 51 . Kurz vor dem Tod verliert er sich selbst als einsamer Seher in der Nacht in Himmelsfernen, um abermals zu fragen: «che vuol dir questa | Solitudine immensa? ed io che sono? » (Canto notturno, vv. 88sq. [«Diese unmeßbaren Einsamkeiten, | was bedeuten sie uns? Und ich, was bin ich? »]). Er verlegt seinen bevorzugten 104 Susanne Koopmann <?page no="105"?> 52 Cf. Vergil: Georgicon I,471-473 lat. und it. zitiert von Ghidetti in seiner Ausgabe der Canti zu v.-160. «Il flutto indurato» und «il flutto rovente», v.-266, haben Ufer: «rive», v.-49 und v.-158 (in AllʼItalia «sponda», v.-71, und «l’aspro lito», v.-99). 53 «La profondità che vuol tornare apparenza»; «Guardando lʼetra e la marina e il suolo» (All’Italia, vv. 77-80). Als Parallele von Ghidetti diskutiert: «Sopra una vetta […] | salia tutto raccolto in suo pensiero | lʼirto poeta […]» (Vincenzo Monti: Il bardo della Selva Nera. Parma: Bodoni 1806, I,19-21) und «Souvent sur la montagne […] tristement je m’assieds» (Alphonse de Lamartine: L’Isolement, vv. 1sq., in: id.: L’Isolement, Le soir, Le désespoir, L’automne. Publié avec une introduction, des notices et des notes par Léopold Mabilleau. Paris: Hachette et Cie 1899). 54 «Io credo che le piante e i sassi e l’onda | E le montagne vostre al passeggere | Con indistinta voce | Narrin siccome tutta quella sponda», All’Italia, vv. 68-73, von Ghidetti gewürdigt; Cicero: Tusculanae disputationes 1,101, in Schillers Gedicht Der Spaziergang, vv. 97sq. zitiert (Schillers Werke. Nationalausgabe, Bd. 2, I. Hg. von Norbert Oellers. Weimar: Böhlau 1983, 311). 55 Cf. Rousseau, OC I,1141. 56 Cf. PP II, 182 und 184: La Terra «un pugno di fango», «un granellino di sabbia». «Ter‐ minologia riduttiva e spregiativa»; mit Hans Blumenberg als «cosmologia metaforiz‐ zata» aufgewertet, in: Giacomo Leopardi: Operette Morali. A cura di Cesare Galimberti. Napoli: Guida 2 1986, 364sq.; La ginestra, vv.-158-183, vv.-202-236. Aussichtspunkt unter dem Eindruck von Vergils Ätna-Beschreibung an die Ufer des petrifizierten, gleichwohl wellenförmig flutenden Lavastroms, 52 um die unterirdisch gärende Tiefe zu erahnen und auf den Höhen den Blick schweifen zu lassen wie sein Simonides. 53 Das selbstbewusste jugendliche Ich von 1818 hatte auf seinem Schauplatz in der Natur sogar vermeintlich stumme Augenzeugen aufgespürt: In kühnem Zugriff auf Ciceros Simonides-Grabepi‐ gramm übernimmt das Umfeld die dem «hospes» / «passeggere» zugedachte Rolle, vom Thermopylen-Geschehen zu erzählen. 54 Mit Il Copernico. Dialogo von 1827 erzwingt die Kosmographie, die Erde auch schon als verlorenes Sandkorn, auf dem der Mensch ohne metaphysischen Rückhalt eine Ameise ist, im Universum verschwinden zu sehen. Wiederum ist darin ein Kontrastporträt zu erkennen: Rousseau erlebt als Ekstase, sich im Unendlichen zu verlieren, 55 während unser Sterngucker in seiner Existenznot der Selbstverneinung nahe ist. Das Erlebnis vor Ort wird wie im Canto notturno mit einem metaphysischen Fragenkatalog bedacht. Den bissigen Wortkarikaturen in Il Copernico. Dialogo folgt ein Klagelied im Sinne der Simonides-Elegie. 56 Er ist am Ende trotz, eher aber wohl wegen seiner ins Nichts ausgreifenden Optik sensibilisiert, einem unscheinbaren Naturphänomen zu Füßen seine Aufmerksamkeit zu widmen. Feinfühlig subjektivistischen Sinneswahrnehmungen über Auge, Ohr und Nase (! ) verdankt er seinen durchaus originalen Zugang zur Natur. Von Kind an hat er sich dafür an der klassischen Bukolik im Gefolge Vergils und Petrarcas geschult. Ebenso frühzeitig hat er es aber auch aufgrund weltanschaulicher Problematik Der Trost der Wüstenblume im Anthropozän 105 <?page no="106"?> 57 Valéry: Œuvres II, 190sq. 58 Friedrich Hölderlin: Hyperion oder der Eremit in Griechenland, I,1, in: id.: Sämtliche Werke und Briefe. Bd. 2. Hyperion, Empedokles, Aufsätze, Übersetzungen. Hg. von Jochen Schmidt in Zusammenarbeit mit Katharina Grätz. Frankfurt a.M.: Deutscher Klassiker Verlag 2008, 48. 59 In vv.-21sq.; vv.-22sq. nach Vergil, Georgicon II,214-216; vv.-202-212. 60 Seit den 1950er Jahren untersucht die Resilienzforschung, wie Menschen mit stei‐ gendem Leistungsdruck und Leidensdruck angesichts der ökonomischen und ökologi‐ schen Krisen des 21.-Jahrhunderts fertig werden. 61 Durs Grünbein: Pinus, Strophe 4, in: Zündkerzen. Berlin: Suhrkamp 2017, 81. mit ihr verdorben. In diesem Konflikt übernimmt seine Wüstenblume hier bereits die Vermittlerrolle, die unser Anthropozän erst recht von ihr erwartet. Das inzwischen noch viel qualvollere Missverhältnis von Mensch und Natur ist längst nicht mehr existenzphilosophischem, sondern realpolitischem Fehlver‐ halten der Gesellschaft anzulasten. Die Fronten haben dramatisch gewechselt, seit die von Leopardi inkriminierte Natur alarmierend existenzbedroht ist - die Tiere vor den Menschen geschützt werden müssen - und inzwischen jedermann in den gähnenden Abgrund des definiten Nichts zu stürzen droht, wohingegen die Natur einst - «en cet âge héroïque de la vigueur du végétal» 57 - dem Mythos und der dichterischen Phantasie das Infinito zu eröffnen vermocht hat. Es bleibt vorerst abzuwarten, was ein Genie der Vorwegnahme auszurichten vermag, das uns die tägliche sorgfältige Pflege für jeden Flecken der veruntreuten Erde ans Herz legt. «Neide die Leidensfreien nicht, die Götzen von Holz, denen nichts mangelt, weil ihre Seele so arm ist, die nichts fragen nach Regen und Sonnenschein, weil sie nichts haben, was der Pflege bedürfte» 58 - so schon Hölderlin. * In Bezug auf das Ginestra-Gedicht sieht Rea von der Person des Dichters ab, bezieht dafür aber außer der Wüstenblume auch die Tiere 59 - Schlange, Kaninchen und Ameisen - nicht als bloßes Dekor, sondern als Muster für die objektiv diagnostizierte Strategie aller Lebewesen mit ein, die souffrance mit zäher Widerstandskraft ante nominem Resilienz 60 im Sinne des lat. ‹sufferre (plagas)› durchzustehen. An Staub gewöhnt, Trockenheit - Sie gedeiht In der Dürre, Hüterin Einer nie vergangenen Vergangenheit 61 106 Susanne Koopmann <?page no="107"?> 62 Cf. vv. 126-135. Cf. Giulio Ferroni: «Rimediare alla civiltà: antropologia ed ecologia» in: La prospettiva antropologica nel pensiero e nella poesia di Giacomo Leopardi. Atti del XII Convegno Internazionale di Studi Leopardiani (Recanati, 23-26 settembre 2008). A cura di Chiara Gaiardoni. Firenze: Olschki 2010, 135-166 zu Leopardis «filosofia del rimedio». 63 «Nulla al ver detraendo» (La ginestra, v. 115) gemäß Juvenal und Rousseau, OC I,1850,4 u.ö.; Baron Paul Henri Thiry d’Holbach: Système de la nature ou des loix du monde physique & du monde moral. Réimpr. de l’éd. de Londres 1770. Genève: Slatkine 1973, Teil II, 184: «Ramenons donc les mortels égarés aux autels de la nature» gemäß Discours preliminaire, 1-16; die Préface de l’auteur spiegelt Leopardis Selbstverständnis. - so Durs Grünbein. Eine grüne Botschaft, die wie Valérys Verherrlichung der Pflanze das Vertrauen in die Kreatur stärkt. Für den Tiefenökologen behält jedes Ökosystem seinen Wert unabhängig von der Einschätzung des Menschen bzw. verliert ihn zwangsläufig unter Einwirkung des Anthropozentrismus. Hatte Leopardi unter dem Eindruck der souffrance früher das Nichts ver‐ absolutiert, stimmt diese ihn zu Lebensende versöhnlicher und wird sogar zum Schlüsselbegriff einer Utopie solidarischen Verantwortungsgefühls. 62 Wie erklärt sich, dass er damit sogar unser Umweltbewusstsein zu schärfen vermag? Auf dem Weg über die einzelnen Stationen seines intellektuellen Spaziergangs sind wir vom Schluss her munitioniert, diese Frage zu beantworten und damit auf den Ausgangspunkt für unsere Interpretation des Ginestra-Gedichts zurück‐ zukommen. Das Maß an gewonnener Einsicht verdankt Leopardi dem «vitam impendere vero», wie der ihm wahlverwandte Baron d’Holbach, der als erklärter Partisan der Wahrheit 1770 gleichfalls im Alleingang bemüht ist, seinen Mit‐ menschen aus der Unglücksschmiede herauszuhelfen. 63 Resiliente Personen widersetzen sich weltanschaulichen Kerkermeistern, nehmen im Vertrauen auf die vires animi die Dinge selbst in die Hand und schätzen sie wie sich selbst in kompromisslosem Zugriff auf nackte Fakten realistisch ein. Ihr wach‐ samer Zugang zur Wirklichkeit aktiviert, was Mutter Erde und die ganze Welt auf der Schwundstufe Umwelt eingebüßt haben. Routinierte Environtologen diagnostizieren universale Missstände mit Monitoren, ohne sich selbst in Na‐ turphänomene einzufühlen. Tatsächlich ist der Notstand der Gesinnung in einer korrupt gottlos korrumpierten Gesellschaft - «immonda Plebe» (Ad Angelo Mai, vv. 39sq.) - aber mindestens so alarmierend wie die Einbuße an Lebens‐ qualität draußen. Seit das Diesseits in akuter Lebensgefahr ist, hat das Jenseits von selbst an Interesse verloren, hat unsere Alltagserfahrung zwangsläufig auch den Bildungshorizont der Kultur aus den Augen verloren, verlangt kein Gedankenaustausch mehr, kommuniziert zu werden. Mit der memoria verborum (z.B. der Pflanzennamen) ist auch die memoria rerum verloren gegangen - und umgekehrt. Der Trost der Wüstenblume im Anthropozän 107 <?page no="108"?> 64 «Pense pour l’univers […] mais ne dédaigne pas le simple qui t’écoute. Ouvre-lui les trésors des ténébres du vrai»; «je te dirais, te chanterais ce que me chante, et dit, et m’impose dans l’âme ma contemplation intérieure de l’Idée de la Plante» motiviert den Trost der Wüstenblume und begründet die Apotheose des Arbre infini zu l’Arbre Dieu. Valéry: Œuvres II, 180, 185, 189, 191. 65 «‹innumerabile famiglia› [Canto notturno, v. 92], definizione che accomuna indistin‐ tamente uomini, animali e vegetali», Rea: «‹Le frali tue stirpi›», 119. Für Leopardi nährt Vergils Bienenstaat (Vergil: Georgicon IV,212) die Hoffnung auf gesellschaftliche Harmonie und verwirklichten Gemeingeist. 66 Vergil: Georgicon IV,566 im Rückblick auf die erste Ekloge; Peter Handke verkennt das zweitausendjährige Gedicht, «das zwar nicht mit Altern und Tod, aber mit Hei‐ matlosigkeit, dem Vertriebensein an die Ränder, anhebt», und benutzt es gewissenlos als Stichwortgeber für den Titel seiner Schrift Langsam im Schatten. Gesammelte Verzettelungen 1980-1992. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1992, 30sq. 67 Nachfolgend den Artikeln «Leopardi» und «Leopardismo» im von Ettore Bonora her‐ ausgegebenen Dizionario della letteratura italiana. Milano: Rizzoli 1977 ebenso ver‐ pflichtet wie dem Katalog zu einer dreiteiligen Ausstellung: Bernd Klüser (Hg.): Der gefrorene Leopard. The frozen Leopard. 2-Bde. München: Galerie Bernd Klüser 1992. Um zu retten, was anthropozentrisch gefährdet ist, besinnen sich seit den neunziger Jahren die Tiefenökologen abseits vom Mainstream auf das altbewährte biozentrische Anschauen der Welt zurück, die Naturdinge als Gesprächspartner aus dem Objektstatus zu erlösen, sie ihre eigene Sprache sprechen zu lassen, sich ihr clandestinum consilium einflüstern zu lassen. 64 Indem sie sehenden Auges das down-to-earth in Bezug auf eine bewusste Schicksalsgemeinschaft mit Mitmensch, Tier und Pflanze praktizieren, eröffnen sie der geschändeten Natur eine rettende Zukunftsperspektive. 65 Die linguis‐ tisch-ökonomische Praxis der Biopoetik macht sich mehr und mehr zunutze, dass hochempfindliche Naturbeobachter ihr in der Dichtung vorgearbeitet haben. Valéry lässt Vergils Tityrus («unter breitem Geäst der Buche gelagert in jugendlichem Übermut besungen») und Lukrez sprechen und knüpft mit bioethischem Verantwortungsgefühl an die Bukolik an. 66 Was Literatur und Umwelt miteinander zu tun haben, wird seit 1996 systematisch im sogenannten Ecocriticism, aus der ‹ökologischen Revolution› der 1970/ 80er Jahre hervorge‐ gangen, als mittlerweile produktivstem Zweig der internationalen Literaturwis‐ senschaft erforscht. Unter den elf Dichtern, die Roberto Rea als Kronzeugen für bioethisches Bewusstsein Beweis führen lässt, wie Valéry es für uns tut, gebührt Giacomo Leopardi außergewöhnliches Interesse. Unverhofft kommt doch noch zu Ehren, wem von vornherein schmerzlich kontraproduktiv bewusst war, als Stimme in der Wüste niemals Gehör zu finden. Erst seit der Moderne wird das Vermächtnis seiner Kunst in Gestalt des Leopardismo gewürdigt. 67 Fabio Pusterla versteht Leopardis Ginster-Gedicht «als eine extreme Art gesellschaftlichen Widerstands gegen das Vordringen von Negativität und Gewalt […,] das infolge 108 Susanne Koopmann <?page no="109"?> 68 Alessandro Baldacci: «Die Pädagogik der Landschaft. Die Stlanik-Dichtung von Fabio Pusterla», in: Michael Braun / Amelia Valtolina (Hg.): Bäume lesen. Europäische ökolo‐ gische Lyrik seit den 1970er Jahren. Würzburg: Königshausen & Neumann 2021, 16 und 18sq. 69 «dalle realtà singole si apre in una totalità onnicomprensiva»; «emerge con prepotenza la pietas, non verso l’uomo, non verso gli enti, ma verso la loro ontologica fragilità». Alberto Folin: «Pensare il margine: il ‹non so che› e il ‹quasi niente› nelle pagine dello Zibaldone leopardiano», in: Lo Zibaldone cento anni dopo. Atti del X Convegno Internazionale di Studi Leopardiani (Recanati-Portorecanati, 14-19 settembre 1998). A cura di Rolando Garbuglia. Vol.-II. Firenze: Olschki 2001, 785-800. 70 Giacomo Leopardi: «Agli amici suoi di Toscana», 15. Dezember 1830, in: id.: Epistolario. Vol.-II, 2118sq. (Dedicatoria dell’edizione fiorentina dei Canti), und PP-I, 1001. 71 Cf. Rousseau: La Nouvelle Héloïse I, X X V , OC, II,87sq.: «Que sert, hélas, dʼarroser le feuillage quand lʼarbre est coupé par le pied? ». 72 Hiob 14,7-9, von Galimberti lateinisch zitiert als Leopardi vertraut in: Giacomo Leo‐ pardi: Operette Morali. A cura di Cesare Galimberti. Napoli: Guida 2 1986, 319sq. eines neuen Bundes zwischen Mensch und Umwelt eine neue Lesart erfährt». Sein eigener Hoffnungsträger, die Pilotpflanze, teilt das Schicksal der Ginestra - sie «entsteht ganz spontan unter widerwärtigen, feindlichen Bedingungen […,] hält bescheiden und wehrlos durch» 68 . In kämpferischem Pessimismus, in stoischem Entsagen hat Leopardi ohne feige Kompromisse an die Optimisten auf die eigene Innerlichkeit vertraut, um die souffrance zu bewältigen. Der Tiefenökologe Rea hat den Aspekt der menschlichen Anteilnahme an dem Phänomen souffrance zu Unrecht außer Acht gelassen. Leopardi sympathi‐ siert nämlich nicht nur aus existenzphilosophischem Interesse, sondern vor allem voll Empathie 69 mit der ars vivendi der «odorata ginestra» als Überlebens‐ strategie für das Anthropozän. In seiner Tragik verdient gewürdigt zu werden, dass eben diese ars vivendi seinem eigenen Lebensgefühl versagt war: «Ho perduto tutto: sono un tronco che sente e pena». 70 Das ist biologisch empfunden und mit ebensolcher Resilienz ertragen - «ce ne sont point des actions héroïques que le devoir nous demande, mais une résistance plus héroïque encore à des peines sans relâche» - wie von Rousseaus verzweifelter Julie. 71 Beide verkennen den Hoffnungsträger für ihr Schicksal: Ein Baum hat Hoffnung, wenn er schon abgehauen ist, daß er sich wieder erneue, und seine Schößlinge hören nicht auf. Ob seine Wurzel in der Erde veraltet und sein Stamm in dem Staub erstirbt, so grünt er doch wieder vom Geruch des Wassers und wächst daher, als wäre er erst gepflanzt. 72 * Fühlt Leopardi sich als Dichterphilosoph lebenslang unerbittlich auch der Etymologie seines Familiennamens verpflichtet? Manches spricht dafür; wir Der Trost der Wüstenblume im Anthropozän 109 <?page no="110"?> 73 Cf. Ginestra 3 (1999), 11. 74 Wie Bonora (a cura di): Dizionario della letteratura italiana. Vol. I, 58 und Vol. II, 14sq. und 58. 75 Friedrich Nietzsche: «Aus hohen Bergen. Nachgesang», vv.-14sq., KSA 5,241. haben soeben ja seine memoria verborum im Zibaldone bewundert. Lässt er doch auch eine Pflanze stellvertretend für sich selbst die Ethik der Tapferkeit auf einem Vulkangipfel vorleben. Warum korrespondierend nun erst recht nicht auch ein Tier, das nach Il Passero Solitario als der G R O S S E WÄC HT E R L E O P A R D zu entdecken ist, weil die Flecken in seinem Fell Augen gleichen; dessen Angriffslust und Furchtlosigkeit vom Mythos geadelt ist, Dionysos als Schöpfer und Zerstörer zu evozieren. 1810 hat Leopardi ein Löwenfell mit der Moral seiner Fabel Der Esel und das Lamm bedichtet 73 . Unerwartet konkret wird 1992 D E R G E F R O R E N E L E O P A R D - 1926 in Gipfelnähe des Kilimandscharo aufgefunden und seines ungewöhnlichen Verhaltens wegen bereits von Hemingway umrätselt - mit Charakterzügen beschworen, die ihn der Wüstenblume vergleichbar befähigt haben, visionär in Würde, Einsamkeit und Leiden der Wahrheit zu dienen. Bernd Klüser hat mit einem Zibaldone-Zitat zu erkennen gegeben, dass er sich unter anderem an Leopardi erinnert gefühlt hat. Auch er ist für Klüser 74 offenkundig «der Mensch auf der Höhe seines Bewußtseins». Vom «acerbo vigore» seiner geistigen Disziplin erzwungen, stellt er sich in der Einsamkeit der ungeschönten Wahrheit seiner Existenz, «trasformando in canto la sofferenza dell’universo». Das Kunstwerk scheint die Wirklichkeit mehr zu inspirieren, als sich ihr unterzuordnen. «So nahe an den Gipfel gekommen wie der Leopard? » «Wer wohnt den Sternen | So nahe, wer des Abgrunds grausten Fernen? » 75 Literatur Goethe, Johann Wolfgang von: Goethes Werke. Hg. im Auftrage der Großherzogin Sophie von Sachsen. Weimar: Hermann Böhlau / Hermann Böhlaus Nachfolger 1887-1919. Darin im einzelnen: —: Abth. I, Bd. 6. West-östlicher Divan. 1888. —: Abth. I, Bd. 19. Die Leiden des jungen Werther. Briefe aus der Schweiz. 1899. —: Abth. I, Bd. 24. Wilhelm Meisters Wanderjahre. 1894. —: Abth. I, Bd. 37. Frankfurter gelehrte Anzeigen. 1896. Grünbein, Durs: Zündkerzen. Berlin: Suhrkamp 2017. Handke, Peter: Langsam im Schatten. Gesammelte Verzettelungen 1980-1992. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1992. 110 Susanne Koopmann <?page no="111"?> Hölderlin, Friedrich: Sämtliche Werke und Briefe. Bd.-2. Hyperion, Empedokles, Aufsätze, Übersetzungen. Hg. von Jochen Schmidt in Zusammenarbeit mit Katharina Grätz. Frankfurt a.M.: Deutscher Klassiker Verlag 2008. —: Sämtliche Gedichte. Hg. von Jochen Schmidt. Frankfurt a.M.: Deutscher Klassiker Verlag 2005. Holbach, Paul Henri Thiry de: Système de la nature ou des loix du monde physique & du monde moral. Réimpr. de l’éd. de Londres 1770. Genève: Slatkine 1973. Lamartine, Alphonse de: L’isolement, Le soir, Le désespoir, L’automne. Publié avec une introduction, des notices et des notes par Léopold Mabilleau. Paris: Hachette et Cie 1899. Leopardi, Giacomo: Canti. A cura di Enrico Ghidetti. Firenze: Sansoni 1988. —: Canti e Frammenti. Gesänge und Fragmente. Italienisch / Deutsch. Übers. von Helmut Endrulat. Hg. von Helmut Endrulat / Gero Alfred Schwalb. Stuttgart: Reclam 2011 [1990]. —: Epistolario. A cura di Franco Brioschi / Patrizia Landi. 2 vol. Torino: Bollati Boringhieri 1998. —: Das Gedankenbuch. Auswahl, Übersetzung und Nachwort von Hanno Helbling. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1992. —: Operette Morali. A cura di Cesare Galimberti. Napoli: Guida 2 1986. —: Poesie e Prose. Vol.-I. Poesie. A cura di Mario Andrea Rigoni con un saggio di Cesare Galimberti. Milano: Mondadori 7 1998. —: Poesie e Prose. Vol.-II. Prose. A cura di Rolando Damiani. Milano: Mondadori 6 1997. —: Zibaldone di pensieri. Edizione critica e annotata a cura di Giuseppe Pacella. 3-vol. Milano: Garzanti 1991. Montaigne, Michel de: Œuvres complètes. Textes établis par Albert Thibaudet / Maurice Rat. Paris: Gallimard 1962. Monti, Vincenzo: Il bardo della Selva Nera. Parma: Bodoni 1806. Nietzsche, Friedrich: Sämtliche Briefe. Kritische Studienausgabe in 8 Bd. Hg. von Giorgio Colli / Mazzino Montinari. München / Berlin / New York: Deutscher Taschenbuch Verlag / de Gruyter 1986. —: Sämtliche Werke. Kritische Studienausgabe in 15 Bd. Hg. von Giorgio Colli / Mazzino Montinari. Berlin / New York / München: Deutscher Taschenbuch Verlag / de Gruyter 2 1988, Neuausgabe München 1999. Pessoa, Fernando: Alberto Caeiro. Poesia - Poesie. Hg. von Fernando Cabral Martins / Ri‐ chard Zenith. Frankfurt a.M.: Fischer Taschenbuch Verlag 2008. Petrarca, Francesco: Canzoniere. Introduzione e note di Piero Cudini. Milano: Garzanti 1992. Der Trost der Wüstenblume im Anthropozän 111 <?page no="112"?> Platen, August von: Die Tagebücher des Grafen August von Platen. Aus der Handschrift des Dichters. 2 Bd. Hg. von Georg von Laubmann / Ludwig von Scheffler. Stuttgart: Cotta 1900. Rousseau, Jean-Jacques: Œuvres complètes. Éd. publiée sous la direction de Bernard Gagnebin / Marcel Raymond. 5-vol. Paris: Gallimard 1959-1995. Schiller, Friedrich: Schillers Werke. Nationalausgabe. Weimar: Böhlau 1943-2023. Darin im einzelnen: —: Bd.-2,1. Gedichte. Hg. von Norbert Oellers. 1983. —: Bd.-9. Maria Stuart. Die Jungfrau von Orleans. Hg. von Benno von Wiese / Lieselotte Blumenthal. 1948. Seume, Johann Gottfried: «Der Wilde», in: id.: Werke in zwei Bänden. Hg. von Jörg Drews. Bd.-II. Frankfurt a.M.: Deutscher Klassiker Verlag 1993, 478-481. Staël, Madame de: Corinne ou l’Italie. Éd. présentée, établie et annotée par Simone Balayé. Paris: Gallimard 1985. Valéry, Paul: «Dialogue de l’arbre», in: id.: Œuvres. Vol. II. Édition établie et annotée par Jean Hytier. Paris: Gallimard 1960, 177-194. Vergilius Maro, Publius: Aeneis. Lateinisch-Deutsch. Hg. und übers. von Johannes Götte. Darmstadt: Wissenschaftl. Buchgesellschaft 6 1983. —: Georgica. Hg., übers. und kommentiert von Manfred Erren. Heidelberg: Winter 1985. Baldacci, Alessandro: «Die Pädagogik der Landschaft. Die Stlanik-Dichtung von Fabio Pusterla», in: Michael Braun / Amelia Valtolina (Hg.): Bäume lesen. Europäische ökologische Lyrik seit den 1970er Jahren. Würzburg: Königshausen & Neumann 2021, 15-29. Bonora, Ettore (a cura di): Dizionario della letteratura italiana. 2 vol. Milano: Rizzoli 1977. Degner, Uta: «‹Paradoxe Praktiker›. Zur Poetik des Offenen bei Hölderlin und Leopardi», in: Hölderlin und Leopardi. Hg. von Sabine Doering / Sebastian Neumeister. Eggingen: Edition Isele 2011, 117-142. Ferroni, Giulio: «Rimediare alla civiltà: antropologia ed ecologia» in: La prospettiva antropologica nel pensiero e nella poesia di Giacomo Leopardi. Atti del XII Convegno Internazionale di Studi Leopardiani (Recanati, 23-26 settembre 2008). A cura di Chiara Gaiardoni. Firenze: Olschki 2010, 135-166. Folin, Alberto: Pensare per affetti. Leopardi, la natura, l’immagine. Venezia: Marsilio 1996. —: «Pensare il margine: il ‹non so che› e il ‹quasi niente› nelle pagine dello Zibaldone leopardiano», in: Lo Zibaldone cento anni dopo. Atti del X Convegno Internazionale di Studi Leopardiani (Recanati-Portorecanati, 14-19 settembre 1998). A cura di Rolando Garbuglia. Vol.-II. Firenze: Olschki 2001, 785-800. 112 Susanne Koopmann <?page no="113"?> Galimberti, Cesare: «Leopardi: meditazione e canto», in: Giacomo Leopardi: Poesie e Prose. Vol. I. Poesie. A cura di Mario Andrea Rigoni con un saggio di Cesare Galimberti. Milano: Mondadori 7 1998, V I I - L X X I X . Gambino, Renata / Pulvirenti, Grazia: «‹What is it like to be a tree? › Metaphorische und diegetische Bäume anhand einiger Beispiele aus der deutschen Gegenwartslyrik», in: Michael Braun / Amelia Valtolina (Hg.): Bäume lesen. Europäische ökologische Lyrik seit den 1970er Jahren. Würzburg: Königshausen & Neumann 2021, 119-137. Gigante, Marcello: «Leopardi poeta e pensatore», in: Leopardi e lo spettacolo della natura. Atti del Convegno Internazionale (Napoli, 17-19 dicembre 1998). A cura di Vincenzo Placella. Napoli: L’Orientale 2000, 1-12. Ghidetti, Enrico: «Introduzione», in: Giacomo Leopardi: Canti. A cura di Enrico Ghidetti. Firenze: Sansoni 1988, V - L X V I I . Guadagno, Francesco Maria: «La Ginestra, il Vesuvio e Leopardi», in: Leopardi e lo spettacolo della natura. Atti del Convegno Internazionale (Napoli, 17-19 dicembre 1998). A cura di Vincenzo Placella. Napoli: L’Orientale 2000, 535-542. Guyon, Bernard: «Notes et variantes» [La Nouvelle Héloïse], in: Jean-Jacques Rousseau: Œuvres complètes. Éd. publiée sous la direction de Bernard Gagnebin / Marcel Ray‐ mond. Vol-II. Paris: Gallimard 1964, 1335-1825. Janowski, Franca: «Figure del negativo nello Zibaldone leopardiano: la tristezza della natura», in: Lo Zibaldone cento anni dopo. Atti del X Convegno Internazionale di Studi Leopardiani (Recanati-Portorecanati, 14-19 settembre 1998). A cura di Rolando Garbuglia. Vol.-II. Firenze: Olschki 2001, 525-552. Klüser, Bernd (Hg.): Der gefrorene Leopard. The frozen Leopard. 2-Bde. München: Galerie Bernd Klüser 1992. Pacella, Giuseppe: «Introduzione», in: Giacomo Leopardi: Zibaldone di pensieri. Edizione critica e annotata a cura di Giuseppe Pacella. Vol.-I. Milano: Garzanti 1991, I X - X X X I V . Rea, Roberto (a cura di): Dal paesaggio all’ambiente. Sentimento della natura nella tradizione poetica italiana. Roma: Edizioni di storia e letteratura 2020. —: «‹Le frali tue stirpi›. Ecologia della souffrance nei Canti di Leopardi», in: id. (a cura di): Dal paesaggio all’ambiente. Sentimento della natura nella tradizione poetica italiana. Roma: Edizioni di storia e letteratura 2020, 107-122. Der Trost der Wüstenblume im Anthropozän 113 <?page no="115"?> Die Stimmen/ die Stille der Natur, zwischen Vergnügen und souffrance Le voci/ i silenzi della Natura, tra piacere e souffrance Patrizia Landi Come è possibile parlare di silenzio in un poeta che ha intitolato la raccolta definitiva dei suoi versi Canti? E come è possibile parlare di silenzio in relazione alla Natura? In verità, in Leopardi la Natura dimostra di possedere una duplice voce, da un lato amabilissima e dall’altro souffrante, capace di creare un vero e proprio linguaggio in cui ‹silenzi› e ‹suoni› - ma si potrebbe quasi definirli ‹parole› - si avvicendano e si contaminano tra loro. Ma è proprio il silenzio che permette di comprendere meglio la com‐ plessità ermeneutica e gnoseologica di un concetto, quello di Natura, tanto consustanziale nella poetica e nella filosofia di Leopardi; e di attribuire un significato nuovo e originale all’ultima immagine poetica leopardiana, la ginestra. Questo fiore, proprio nella sua totale assenza di voce, non solo rappresenta la forma più alta e testamentaria del pensiero leopardiano, ma diventa ‹figura› di una nuova ontologia basata sul definitivo declino dell’umanesimo e di una ben determinata concezione dell’uomo che pensa di poter dominare e controllare la natura. In sostanza, Leopardi proprio grazie alla forza iconica della ginestra «contenta» del deserto, luogo per eccellenza del silenzio, mettendoci di fronte a una inattesa e ultramoderna riflessione sulla condizione degli uomini, i quali non devono credere insensatamente all’avanzamento e al miglioramento illimitati derivati dalle «macchine», ha saputo indicare e insieme rappresentare cosa si debba fare per essere, o per continuare ad essere, ‹umani›. Wie kann man bei einem Dichter, der die Sammlung seiner Verse in ihrer letzten Fassung Canti genannt hat, von Stille sprechen? Und wie <?page no="116"?> ist es möglich, von Stille in Bezug auf die Natur zu sprechen? In der Tat beweist die Natur bei Leopardi, dass sie eine doppelte Stimme besitzt, einerseits liebenswürdig und andererseits aufbrausend, fähig, eine wahre Sprache zu schaffen, in der sich ‹Stille› und ‹Töne› - man könnte sie fast ‹Worte› nennen - abwechseln und gegenseitig kontaminieren. Aber gerade das Schweigen erlaubt es uns, die hermeneutische und gnoseolo‐ gische Komplexität eines in der Poetik und Philosophie Leopardis so wesentlichen Begriffs, nämlich des Begriffs der Natur, besser zu verstehen und dem letzten poetischen Bild Leopardis, dem Ginster, eine neue und originelle Bedeutung zuzuschreiben. Gerade in ihrer völligen Sprachlosig‐ keit stellt diese Blume nicht nur die höchste und testamentarischste Form des Denkens Leopardis dar, sondern wird auch zur ‹Figur› einer neuen Ontologie, die auf dem endgültigen Niedergang des Humanismus und eines klar definierten Menschenbildes beruht, das meint, die Natur beherr‐ schen und kontrollieren zu können. Im Wesentlichen vermochte Leopardi, dank der ikonischen Kraft des ‹zufriedenen› Ginsters in der Wüste, einem Ort der Stille schlechthin, und indem er uns mit einem unerwarteten und hochmodernen Umdenken über den Zustand der Menschheit konfron‐ tierte, die nicht an den unbegrenzten Fortschritt und die Verbesserung durch ‹Maschinen› glauben darf, aufzeigen und gleichzeitig darzustellen, was wir tun müssen, um ‹menschlich› zu sein oder es zu bleiben. Parole chiave: silenzio, canto, linguaggio, natura, post-umano Schlagwörter: Stille, Gesang, Sprache, Natur, Posthumanismus Oggi, come poche altre volte, la poesia sente la tentazione del silenzio. (George Steiner) Dall’indeterminatezza, dalla vaghezza senza limiti e dalla lontana preistoricità del silenzio scaturisce la chiara, precisa e in tutto e per tutto presente parola. Il silenzio si manifesta in migliaia di forme indescrivibili, nel muto sorgere dell’alba, nel tacito protendersi degli alberi verso il cielo, nel furtivo calar della notte, nel silente alternarsi delle stagioni, nel delicato tocco dei raggi di luna che stillano nella notte come pioggia del silenzio, ma soprattutto nel silenzio interiore. […] Non vi è mondo naturale più grande del mondo naturale del silenzio, né vi è mondo spirituale più grande del mondo spirituale della lingua che si plasma dal mondo naturale del silenzio. 116 Patrizia Landi <?page no="117"?> 1 Max Picard: Il mondo del silenzio. Nuova ed. a cura di J.L. Egger. Milano: Servitium editrice 2018, 27 («La nascita della parola dal silenzio»). 2 Mi sono già occupata del silenzio in Leopardi anche se con implicazioni diverse e non specificatamente dedicate alla natura: cf. Patrizia Landi: Gli infiniti silenzi di Giacomo Leopardi. Milano: Mimesis 2019. 3 Anche a leggere i dizionari risulta evidente la difficoltà di dare una definizione unitaria del lemma «Natura». Il termine deriva dal latino nasci e indica «ciò che scaturisce, che genera»; anzi, per essere più precisi, è composto di natus, participio passato di nasci, e urus, suffisso del participio futuro: indica quindi ciò che nasce e anche ciò che nascerà. In sostanza l’etimo di ‹natura› rimanda a quel che emerge e che si svilupperà dall’ordine attuale delle cose, in senso sia statico (l’ordine, l’organizzazione) sia dinamico. Indica, dunque, ciò che non è creato dall’uomo; il concetto comprende la natura animata e quella inanimata, così come i fenomeni naturali che si sottraggono all’influsso dell’uomo. Essendo autonoma rispetto alla creazione umana, la natura si contrappone alla Kulturlandschaft, al paesaggio culturale, marcato in modo inconfondibile e spesso duraturo dalla mano dell’uomo; e certo si oppone alla cultura in genere. Ad essa si dedicano tanto le scienze naturali, come la fisica, la biologia, la chimica, la geologia e l’anatomia, quanto la filosofia della natura, la metafisica e l’antropologia, ma anche la filosofia morale e molto altro ancora. Il silenzio esiste come mondo e da questa concretezza globale del silenzio la parola impara a plasmarsi essa stessa come mondo, e così il mondo del silenzio e il mondo della parola stanno l’uno di fronte all’altro. 1 Questa intensa citazione tratta da Il mondo del silenzio di Max Picard (1948) racchiude in sé alcune delle questioni alla base del mio intervento: il legame profondo tra silenzio/ parola, e in un certo senso, la centralità del silenzio nella genesi della parola/ della lingua, e la imprescindibile presenza del silenzio nella natura. Mi si potrebbe obiettare che parlare di silenzio/ silenzi nell’opera di un poeta che ha intitolato la sua definitiva raccolta di versi Canti sia una sorta di ossimoro e di contraddizione in termini, ma - ed è questa la tesi che vorrei dimostrare - nel multiforme e composito mondo della Natura così come viene rappresentata da Leopardi, a livello tanto figurativo quanto gnoseologico, il silenzio occupa un posto rilevante, se non addirittura fondativo, e certamente non meno importante del suono, delle voci, del canto. 2 Tuttavia, prima di entrare nel vivo della discussione, è necessario delimitare i confini del discorso su natura, termine/ nozione/ immagine così vari e articolati da non trovare una loro definizione univoca e tanto meno generale 3 : del resto, e solo per fare due esempi cari a Leopardi, il filosofo francese Pierre Bayle, citato in una delle pagine più dense dello Zibaldone (4288sq. [18 settembre 1827]) sul Le voci/ i silenzi della Natura, tra piacere e souffrance 117 <?page no="118"?> 4 Tutte le citazioni dello Zibaldone (d’ora in poi indicato solo Zib.) sono tratte dall’edi‐ zione: Giacomo Leopardi: Zibaldone. Ed. critica e annotata da Giuseppe Pacella. 3 vol. Milano: Garzanti 1991. 5 Pierre Bayle: Réponse aux questions d’un provincial. Rotterdam: Chez Reinier Leers 1706, t.-II, 391 (traduzione personale). 6 «Nature S. f. (Philos.) est un terme dont on fait différens usages. […] Nature signifie quelquefois le système du monde, la machine de l’univers, ou l’assemblage de toutes les choses créées. Voyez S Y S T E M E . […] Nature s’applique dans un sens moins étendu à chacune des différentes choses créées ou non créées, spirituelles & corporelles. Voyez Ê T R E », in: Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des Arts et des Métiers. Par une Société de Gens de Lettres. Mis en ordre & publié par M. Diderot; & quant à la Partie Mathématique, par M. D’Alembert. Nouvelle Éd. T. II. Genève: Chez Pellet 1777, sub vocem (traduzione personale). 7 Ricordo a tale proposito che recentemente è stato pubblicato Giacomo Leopardi: Compendio di storia naturale. Con l’aggiunta del Saggio di chimica e storia naturale del 1812. A cura di Gaspare Polizzi / Valentina Sordoni. Milano: Mimesis 2021. paradosso o meno della «materia pensante» 4 , osservava che «non c’è quasi altro termine che sia usato in maniera più vaga di natura; esso entra in ogni genere di discorso, ora in un senso, ora nell’altro, e non corrisponde quasi mai a un’idea precisa», aggiungendo che non era neanche possibile affermare con sicurezza la bontà e la giustezza della natura visto che nella specie umana si osservavano molte cose malvagie senza dubbio opera proprio della natura medesima. 5 E persino Diderot, alla voce da lui stilata per l’Encyclopédie, evitava di darne un significato unitario: Natura è un termine di cui si fanno differenti usi. […] Natura talvolta significa il sistema del mondo, la macchina dell’universo, o l’assemblaggio di tutte le cose create. Si veda S I S T E M A . […] Natura si applica in senso meno esteso a ciascuna delle varie cose create o non create, spirituali e corporee. Si veda E S S E R E . 6 E così anche in Leopardi, senza nessuna pretesa di essere esaustiva, si può parlare di natura come rappresentazione fenomenica (il paesaggio); come insieme degli esseri organici (uomini, animali, piante) e inorganici (pietre e minerali, per esempio); come struttura e strumento dell’analisi scientifica (con un’evidente ripresa di prassi, espressioni, regole, immagini da Aristotele a Galileo sino a Newton e oltre); come catalogo botanico e fisico (si pensi all’interesse per la storia naturale e alla lettura di autori quali Linneo, Pluche e Buffon, solo per citarne alcuni) 7 ; come ente generatore e quindi come materia; come ordine/ compagine dell’universo. Una poliedricità di aspetti - «la varietà della natura solamente in questa terra è infinita; che diremo poi degli altri infiniti mondi? », scriveva Leopardi nello Zibaldone - che è a sua volta caratte‐ rizzata da una «moltiplicità incalcolabile di cause e di effetti» e da «infinite 118 Patrizia Landi <?page no="119"?> 8 In ordine: Zib. 249 [18 settembre 1820] e 3977 [12 dicembre 1823]. Cf. anche Zib.-3927 [12-novembre 1823] e 3990 [17-dicembre 1823]. 9 A questo proposito mi permetto di rimandare ai miei studi: «Il sistema del mondo. Appunti su Leopardi e Newton», in: Antonella Del Gatto / Patrizia Landi (a cura di): Declinazioni dello spazio nell’opera di Giacomo Leopardi. Tra letteratura e scienza. Milano: LED 2021, 219-236, DOI: https: / / dx.doi.org/ 10.7359/ 971-2021-land; e «Lo spazio della scienza e della poesia. Il ‹sistema› di Giacomo Leopardi», in: Peter Kuon / Marina Pagano (a cura di): Letteratura e Fisica. Firenze: Cesati 2022, 41-49. 10 Cf. anche Zib. 1655 [8 settembre 1821]. diversità ed anche contrarietà che per differenze, sovente impercettibili, di combinazioni» hanno luogo nella varietà degli elementi che compongono il sistema stesso della natura. 8 Tale poliedricità è contrassegnata, a sua volta, da un’ondivaga e ininterrotta riflessione sulla bontà/ malvagità della natura che trova soltanto nella Ginestra la sua definitiva e completa risoluzione. A questo poi si aggiunga che l’altale‐ nante visione della natura tra elementi positivi e negativi bene comprova il procedimento ermeneutico-speculativo leopardiano che ha come principale e sostanziale obiettivo quello di trovare «le ragioni delle verità», per quanto siano inesorabili e dure da accettare. Questo procedimento di tipo induttivo-deduttivo alla Newton (più che alla Galileo) 9 , contribuisce inoltre a conferire un primato assoluto all’osservazione e all’esperienza empirico-fenomenica, utile ai fini della conoscenza umana per spiegare e illustrare gli elementi della natura medesima: «il mondo umano è divenuto come il naturale, bisogna studiare gli avvenimenti come si studiano i fenomeni, e immaginare le forze motrici andando tastoni come i fisici» (Zib. 120), annotava Leopardi il 10 giugno 1820. 10 A tutto ciò si deve poi aggiungere il valore incondizionato attribuito alla contraddizione e al dubbio: la ragione, infatti, non «può assolutamente trovare il vero se non dubitando», perché «non solo il dubbio giova a scoprire il vero», ma «il vero consiste essenzialmente nel dubbio, e chi dubita, sa, e sa il più che si possa sapere». È lo «scetticismo ragionato» leopardiano che non stima le cose «assolutamente e indipendentemente» buone o cattive e che, proprio per questo, non «distrugge l’assoluto, ma lo moltiplica; cioè distrugge ciò che si ha per assoluto e rende assoluto ciò che si chiama relativo» (Zib. 1791sq. [25 settembre 1821]). Questa visione antinomica della natura percorre l’intera produzione lette‐ raria leopardiana a riprova della complessa articolazione del pensiero, della filosofia, che sottendono alla produzione più strettamente poetica. Si pensi, solo per offrire qualche spunto di riflessione sicuramente non conclusivo vista la complessità dell’argomentazione, che la prima concezione della natura, per quanto «grande», portatrice di bellezza, capace di donare agli uomini le Le voci/ i silenzi della Natura, tra piacere e souffrance 119 <?page no="120"?> 11 In ordine: Zib. 15; 49; 51; 158 [8 luglio 1820]; e 358 [27 novembre 1820]. 12 Sergio Solmi: «Le due ‹ideologie› di Leopardi», in: id.: Studi leopardiani. Note su autori classici italiani e stranieri. A cura di Giovanni Pacchiano. Milano: Adelphi 1987, 106. 13 Sebastiano Timpanaro: «Natura, dèi, fato nel Leopardi», in: id.: Classicismo e illumi‐ nismo nell’Ottocento italiano. Seconda ed. accresciuta. Pisa: Nistri-Lischi 1969, 387. illusioni «senza cui la vita nostra sarebbe la più misera e barbara cosa» e di con‐ cedere «i suoi piaceri a tutti i sensi» e per quanto avesse «congegnata e ordinata ogni cosa alla più felice condizione dell’uomo» 11 , non sembra affatto coincidere con la totalità dell’ordine cosmico, nonostante sia capace di esprimere «in pari tempo lo sviluppo vitale nella sua spontaneità, l’armonia originaria del vivente» seppure «contrastata dalle deviazioni e corruzioni apportate dalla ragione e dalla civiltà». 12 Tuttavia anche prima della «perturbazione prodotta dalla civiltà» la natura «era pur sempre impotente a dare ai viventi uno stato di felicità reale: la sua ‹saggezza› si dimostrava appunto nel celare ai viventi la loro oggettiva infelicità». 13 È un’idea questa che peraltro fa la sua apparizione già in alcuni componimenti giovanili, per non dire infantili, di Leopardi. Basterebbe infatti leggere la serie delle canzonette oraziano-arcadiche La campagna (tutte composte nel 1809, a solo undici anni) per rendersi conto che la natura viene descritta con toni decisamente benevoli e con tratti lessicali-immaginativi che preannunciano in maniera evidente e innegabile la futura stagione degli idilli e dei canti pisano-recanatesi, e persino di alcune pagine dello Zibaldone (quelle «erbe, e i frutti, e i fior» non possono non richiamare il giardino «di piante, d’erbe, di fiori» della pagina 4175): Dolce campagna florida, Che lieta rendi l’alma, e dai la dolce calma All’affannato cuor; Ah sì ti miro gli alberi Veggio, e le verdi fronde, Le terre tue feconde, E l’erbe, e i frutti, e i fior. Miro le selve ombrifere, E i prati tuoi fioriti. I pascoli graditi Cercando il gregge và. […] Spira l’alato zeffiro, E al soffio suo gentile Prende la turba umile 120 Patrizia Landi <?page no="121"?> 14 Giacomo Leopardi: «Entro dipinta Gabbia». Tutti gli scritti inediti, rari e editi 1809-1810 di Giacomo Leopardi. A cura di Maria Corti. Milano: Bompiani 1972, 47-54. Frugale refezion. […] Sul prato i buoi si stendono, E sopra gli arboscelli Mandan gli alati augelli Un grato suon, e dolce suon’. […] (Canzonetta II, vv. 1-12, 25-28 e 33-36) Di Giugno il mese fertile È giunto; abbonda il grano, E nitido biondeggia, Ed offrono al villano Le spieche coleme e spesse Un abbondante messe. Rosseggia il sol; sollecita Sorge la turba e lieta, Ed all’oprar accingesi Industre, e irrequieta; Recide già il frumento Il contadino attento. […] (Canzonetta IV, vv. 1-12) Coronata di papaveri Dalle opache, oscure grotte, E dagli antri soporiferi Esce la notte placida. Già d’un chiaro lume roseo Si colora l’orizzonte, E di opache, e folte tenebre, Già si adombra ogni alto monte. […] I pastori già rivolgono All’albergo stanchi il piede, Ed allegri già ritornano Alla tacita lor sede. […] Oh soave sonno placido, Notte tacita, e gioconda, Fra le tue tranquille tenebre Gode l’uom quiete profonda. […] (Canzonetta V, vv. 1-8, 21-24 e 37-40) 14 . Oppure sarebbe sufficiente leggere la canzone La tempesta (sempre del 1809) per scorgere espressioni e timbri così dolorosamente negativi da richiamare la Le voci/ i silenzi della Natura, tra piacere e souffrance 121 <?page no="122"?> 15 Leopardi: «Entro dipinta Gabbia», 66sq. I testi delle canzonette La Campagna e della canzone La tempesta ora anche in: Giacomo Leopardi: Tutte le poesie e tutte le prose. A cura di Lucio Felici / Emanuele Trevi. Roma: Newton Compton 2013, 315-318. successiva scrittura del Dialogo della Natura e di un Islandese e in particolare della già nominata Ginestra (si pensi alle innumerevoli somiglianze a livello sia immaginativo sia linguistico tra il pastore di questa canzone e il villanello dell’ultimo componimento leopardiano): Mugghiano tuoni orribili Striscia nell’aere il lampo, Cadon veloci folgori, e sembra acceso il campo. Protervi venti soffiano, Tutto è terrore, e tremito, Le fiere si rintanano, Muggisce il mar con fremito. In fuga il Pastor misero Si pone, e la sua greggia Lascia in balìa del turbine Del cielo, che dardeggia. […] Dai fori del tugurio Rimira l’aere oscuro, E trema, e ancor non sembragli Di star quivi sicuro. Alfine i nembi cessano, S’accheta la tempesta: Se n’esce allora il misero Pastor con faccia mesta. Mira spezzati gli alberi, Mira il suo gregge ucciso, Vede per sempre il giubilo Andar da se diviso. […] Tanto è la speme instabile, Che dileguar si suole Come la nebbia al turbine, Come la neve al sole (vv. 1-28, 33-44 e 49-52) 15 . La visione antinomica della natura, del resto, risulta evidente pure in compo‐ nimenti dalla forte connotazione autobiografica e contingente, come da una parte L’infinito con quel suo «dolce» naufragio finale, e dall’altra La sera del 122 Patrizia Landi <?page no="123"?> 16 Tutte le citazioni dai Canti leopardiani sono tratte dall’edizione: Giacomo Leopardi: Canti. A cura di Luigi Blasucci. 2 vol. Milano: Fondazione Pietro Bembo / Guanda 2019-2021). 17 Come sottolinea anche Gaspare Polizzi, le Opere di Federico II, lette nel settembre 1823, «possono aver fornito a Leopardi due importanti indicazioni: la conferma della validità del genere letterario del ‹dialogo filosofico› (già sperimentato, ma che diventerà cruciale per la composizione delle Operette) e il rafforzamento della convinzione filosofica sull’indifferenza della natura alle vicende umane e alla felicità degli individui e sulla necessità di ricercare la fratellanza degli uomini dinanzi alla sofferenza». Gaspare Polizzi: Leopardi e le «ragioni della verità». Scienze e filosofia della natura negli scritti leopardiani. Prefazione di Remo Bodei. Roma: Carocci 2003, 169. dì di festa sebbene, a mio modesto parere, quest’ultima presenti al suo interno un’apertura che va ben oltre al puro dato personale e soggettivo: comunque sia, in quell’aggettivo «onnipossente» del v. 13 io leggo, invero, una già chiara anticipazione dell’idea di una Natura che può, sente, vede tutto, ma che non guarda alle creature che ha generato lasciandole in balia di una infelicità che, nonostante sia connaturata all’esistenza, per il momento risulta evidente al solo Leopardi nel ‹deserto› - parola non usata a caso e su cui ritornerò in chiusura - di Recanati. E quel grido verso i popoli antichi, troppo spesso letto come un momento separato dal resto del componimento, sta proprio lì a rappresentare tanto la potenza negativa ma ancora incompresa della natura, quanto il destino comune di tutti gli esseri umani: se non siamo neppure in grado di ricordare la storia e la grandezza dei popoli che ci hanno preceduto e che sono alla base della nostra vicenda presente, come potremmo noi miseri mortali sentire/ vedere l’infelicità che ci attanaglia durante la nostra vita mortale oltre ogni ragionevole dubbio? Neppure la dolcezza del paesaggio («Dolce e chiara è la notte e senza vento, | E queta sovra i tetti e in mezzo agli orti | Posa la luna, e di lontan rivela | Serena ogni montagna», vv. 1-4) e il canto che si sente «lontanando morire a poco a poco» (v. 45) possono in realtà modificare la percezione inesorabilmente dolorosa avvertita dal poeta a nome dell’intera umanità. 16 Rimane il fatto che il dualismo tra una natura benevola e benefica e una natura malevole e malefica, che peraltro affonda le sue radice su letture dalle implicazioni speculative contrastanti tra loro - solo per citarne alcuni perché l’elenco sarebbe davvero troppo lungo, Rousseau e Bernardin de Saint-Pierre da un lato, Voltaire (Poème sur le desastre de Lisbonne), d’Holbach e le opere di Federico II 17 dall’altro -, su ben precise esperienze di vita, su una sempre maggiore aderenza al materialismo sei-settecentesco di stampo ‹stratonico› e sulla sempre più ferma convinzione che le contemporanee filosofie spiritualiste non siano affatto in grado di spiegare la sofferenza umana, rimane attivo sino al Dialogo della Natura e di un’Anima (9-14 aprile 1824) in cui la Natura appare Le voci/ i silenzi della Natura, tra piacere e souffrance 123 <?page no="124"?> 18 Giacomo Leopardi: «Dialogo di Plotino e di Porfirio», in: id.: Operette morali. Ed. critica a cura di Ottavio Besomi. Milano: Fondazione Arnoldo e Alberto Mondadori 1979, 390 e 397. ancora materna e pietosa verso le sue creature, benché incapace di eliminare l’infelicità tra i suoi viventi essendo anche lei soggetta al fato e agli dei (siamo per il momento all’interno di un mondo antico se non addirittura ‹mitico›). Nel giro però di poco più di un mese la visione della natura sembra ormai destinata ad assumere il ruolo di ente generatore indifferente e insensibile ai bisogni delle proprie creature, genere umano in testa: il Dialogo della Natura e di un Islandese (21-30 maggio 1824) è solo il punto di partenza di una serie di riflessioni dello Zibaldone che dalle pagine 4133sq. (9 aprile 1825) condurranno alle terribili e insieme poetiche pagine 4174-4177 del 26 aprile 1826 in cui per i viventi (uomini e piante, in questo specifico caso) la morte (il «cemeterio») è persino meglio dell’esistenza stessa (l’«ospitale»). La Natura è ormai diventata, grazie anche alle parole del Gallo Silvestre (10-16 novembre 1824) e al Frammento apocrifo di Stratone da Lampsaco (1825), peraltro messe in sequenza nell’edizione definitiva delle Operette morali, nemica degli uomini e di tutti gli esseri sentiendi la cui «esistenza è un danno per loro, essendo essenzialmente una souffrance»: l’acerbo vero, come Leopardi indicherà pure a Carlo Pepoli, non è altro che la presa di coscienza, sconsolata ma potente, dell’innato dolore nelle cose umane, e non solo - la natura, come Porfirio dichiara a Plotino, non ha «volontà o potere» di fare l’uomo «nè felice nè libero da miseria» perché in fondo non ha mai «mostrato di amarci» 18 . La Natura, quella che appare senza più la trasfigurazione dell’immaginazione e della giovinezza ancora contraddistinta dalle illusioni - e sono lì a testimoniarlo, oltre lo Zibaldone, componimenti come il Canto notturno, la prima Sepolcrale, i Paralipomeni, la Ginestra e persino Il tramonto della luna pur nell’incanto del suo stupefacente paesaggio -, è ormai diventata l’«origine vera de’ mali de’ viventi» (Zib. 4428 [2 gennaio 1829]), ossia un meccanismo non provvidenziale il cui intento primario è quel ciclo continuo e incessante di produzione-conservazione-distruzione in cui non c’è alcuno spazio per il piacere della felicità (e scusate il gioco di parole): Bisogna distinguere tra il fine della natura generale e quello della umana, il fine dell’esistenza universale, e quello della esistenza umana, o per meglio dire, il fine naturale dell’uomo, e quello della sua esistenza. Il fine naturale dell’uomo e di ogni vivente, in ogni momento della sua esistenza sentita, non è nè può essere altro che la felicità, e quindi il piacere, suo proprio; e questo è anche il fine unico del vivente in quanto a tutta la somma della sua vita, azione, pensiero. Ma il fine della sua esistenza, o vogliamo dire il fine della natura nel dargliela e nel modificargliela, come anche 124 Patrizia Landi <?page no="125"?> 19 Tuttavia non si può fare a meno di ricordare che non molte pagine dopo Leopardi avrebbe scritto: «La natura non è vita, ma esistenza, e a questa tende, non a quella. Perocchè ella è materia, non spirito» (Zib.-3936 [29-novembre 1823]). 20 Sulla concezione filosofico-estetica del paesaggio rimando in modo particolare, tra i moltissimi volumi che si potrebbero citare, a Rosario Assunto: Il paesaggio e l’estetica. Palermo: Edizioni Novecento 2 2005; Paolo D’Angelo: Filosofia del paesaggio. Macerata: nel modificare l’esistenza degli altri enti, e in somma il fine dell’esistenza generale, e di quell’ordine e modo di essere che hanno le cose e per se, e nel loro rapporto alle altre, non è certamente in niun modo la felicità nè il piacere dei viventi, non solo perchè questa felicità è impossibile (Teoria del piacere), ma anche perchè sebbene la natura nella modificazione di ciascuno animale e delle altre cose per rapporto a loro, ha provveduto e forse avuto la mira ad alcuni piaceri di essi animali, queste cose sono un nulla rispetto a quelle nelle quali il modo di essere di ciascun vivente, e delle altre cose rispetto a loro, risultano necessariamente e costantemente in loro dispiacere; sicchè e la somma e la intensità del dispiacere nella vita intera di ogni animale, passa senza comparazione la somma e intensità del suo piacere. Dunque la natura, la esistenza non ha in niun modo per fine il piacere nè la felicità degli animali; piuttosto al contrario; ma ciò non toglie che ogni animale abbia di sua natura per necessario, perpetuo e solo suo fine il suo piacere, e la sua felicità, e così ciascuna specie presa insieme, e così la università dei viventi. Contraddizione evidente e innegabile nell’ordine delle cose e nel modo della esistenza, contraddizione spaventevole; ma non perciò men vera. (Zib.-4128-4130 [5-6-aprile 1825]) Lodasi senza fine il gran magisterio della natura, l’ordine incomparabile dell’universo. Non si hanno parole sufficienti a commendarlo. Or che ha egli, perch’ei possa dirsi lodevole? Almen tanti mali, quanti beni; almen tanto di cattivo, quanto di buono; tante cose che vanno male, quante che camminan bene. Dico così per non offender le orecchie, e non urtar troppo le opinioni: per altro, io son persuaso, e si potrebbe mostrare, che il male v’è di gran lunga più che il bene. (Zib.-4257sq. [21-marzo 1827]) La natura, per la necessità della legge di distruzione e riproduzione, e per conservare lo stato naturale dell’universo, è essenzialmente regolarmente e perpetuamente persecutrice e nemica mortale di tutti gl’individui d’ogni genere e specie, ch’ella dà in luce; e comincia a perseguitarli dal punto medesimo in cui gli ha prodotti. (Zib.-4486 [11-aprile 1829]) Detto questo, non si può certo negare che in Leopardi la natura è anche «vita. Ella è esistenza. Ella stessa ama la vita, e procura in tutti i modi la vita, e tende in ogni sua operazione alla vita. Perciocch’ella esiste e vive. Se la natura fosse morte, ella non sarebbe» (Zib. 3813 [31 ottobre 1823]). 19 Come tale circonda e anima il mondo dell’uomo: è paesaggio 20 , è natura materialiter spectata per Le voci/ i silenzi della Natura, tra piacere e souffrance 125 <?page no="126"?> Quodlibet 2014; Michael Jacob: Paesaggio e letteratura. Ristampa. Firenze: Olschki 2017; e Roberto Bondì / Antonello La Vergata: Natura. Bologna: il Mulino 2021. 21 Leopardi: Operette morali, 311sq. usare un’espressione di Kant, è lo spazio entro cui si distribuisce l’intera attività antropica e in cui si svolge l’esistenza sensibile e mortale degli esseri viventi, organici o inorganici che siano - a dire il vero e stando alle parole di Amelio, autore dell’Elogio degli uccelli ma anche uno dei tanti alter ego di Leopardi - «una grandissima parte di quello che noi chiamiamo naturale, non è; anzi è piuttosto artificiale: come a dire, i campi lavorati, gli alberi e le altre piante educate e disposte in ordine, i fiumi stretti infra certi termini e indirizzati a certo corso, e cose simili, non hanno quello stato né quella sembianza che avrebbero naturalmente. In modo che la vista di ogni paese abitato da qualunque generazione di uomini civili, eziandio non considerando le città, e gli altri luoghi dove gli uomini si riducono a stare insieme; è cosa artificiata, e diversa molto da quella che sarebbe in natura»). 21 Ora, questo mondo naturale reale o artificiale che sia, questo spettacolo del vedere e del sentire, altrettanto complesso e variegato quanto il concetto di Natura come ente generatore e come sistema ontologico, potrebbe trovare una sua particolare e originale interpretazione proprio dall’analisi del rapporto voci/ silenzi, soprattutto dei silenzi secondo la mia personale visione. Per prima cosa qualche breve precisazione. Il paesaggio per Leopardi è chia‐ ramente quello entro cui vive o si ritrova a vivere (da Recanati a Napoli), talora rappresentato attraverso la forza dell’immaginazione: ogni paesaggio - reale o modificato dalla immaginazione stessa o manipolato dall’uomo - da un lato è sempre uno spazio capace di contenere non solo elementi naturalistici (piante, fiori, animali, colline, deserti, selve,…) ma anche umani (strade, case, campanili, torri,…), frequentemente illuminati dalla luce di una luna ‹tacita› e ‹silenziosa›; e dall’altro è sempre un pensiero, una riflessione sulle cose del mondo. Può essere uno spazio aperto o circoscritto, ma in entrambi i casi il paesaggio rappresenta il modo in cui rendere sensibile/ visibile/ udibile anche ciò che sensibile/ visibile/ udibile non è: si pensi all’Infinito (1819) in cui la presenza di elementi concreti legati al mondo della natura e dell’ambiente recanatese (il colle, la siepe, le piante tra cui si ode stormire il vento) servono proprio per definire e delimitare e perciò rendere osservabile/ ascoltabile/ tangibile, la vastità estrema e incontenibile dell’infinito (i sovrumani silenzi, la profondissima quiete, l’immensità degli spazi). Oppure si pensi alle numerose pagine dello Zibaldone in cui proprio grazie a scene naturalistiche o di vita vissuta, animate spesso da suoni, canti e voci, Leopardi rappresenta non tanto dati materiali e corporei quanto le sensazioni e le emozioni dilettevoli derivate dal vago e 126 Patrizia Landi <?page no="127"?> dall’indeterminato, aspetti non secondari della più ampia e articolata teoria del piacere: Come un filare d’alberi dove la vista si perda, così per la stessa ragione è piacevole una fuga di camere, o di case, cioè una strada lunghissima e drittissima, e composta anche di case uguali, perchè allora il piacere è prodotto dall’ampiezza della sensazione; laddove se le case sono di diversa forma, altezza ec. il piacere della varietà sminuzzando la sensazione, e trattenendola sui particolari, ne distrugge la vastità. Quantunque anche della moltiplice varietà si può fare una sensazione vasta e indefinita, quand’ella fa che l’animo non possa abbracciar tutta la sensazione delle grandi e numerose diversità che vede, sente, ec. in un medesimo tempo. (Zib.-1826sq. [3-ottobre 1821]) Quello che altrove ho detto sugli effetti della luce, o degli oggetti visibili, in riguardo all’idea dell’infinito, si deve applicare parimente al suono, al canto, a tutto ciò che spetta all’udito. È piacevole per se stesso, cioè non per altro, se non per un’idea vaga ed indefinita che desta, un canto (il più spregevole) udito da lungi, o che paia lontano senza esserlo, o che si vada appoco appoco allontanando, e divenendo insensibile; o anche viceversa (ma meno), o che sia così lontano, in apparenza o in verità, che l’orecchio e l’idea quasi lo perda nella vastità degli spazi; un suono qualunque confuso, massime se ciò è per la lontananza; un canto udito in modo che non si veda il luogo da cui parte; un canto che risuoni per le volte di una stanza ec. dove voi non vi troviate però dentro; il canto degli agricoltori che nella campagna s’ode suonare per le valli, senza però vederli, e così il muggito degli armenti ec. (Zib. 1927-1929 [16 ottobre 1821]) Una voce o un suono lontano, o decrescente e allontanantesi appoco appoco, o eccheggiante con un’apparenza di vastità ec. ec. è piacevole per il vago dell’idea ec. Però è piacevole il tuono, un colpo di cannone, e simili, udito in piena campagna, in una gran valle ec. il canto degli agricoltori, degli uccelli, il muggito de’ buoi ec. nelle medesime circostanze. (Zib.-4293 [21-settembre 1827]) Il paesaggio in Leopardi non è quindi mai pura descrizione e raffigurazione pittorica: ogni paesaggio e ogni ambiente non sono avulsi o staccati dal resto delle cose rappresentate, non sono un semplice palcoscenico su cui mettere in scena una storia, ma sono strettamente connessi all’esperienza che portano con loro e alla riflessione che scaturisce da tale esperienza (il vedere e il sentire, soprattutto): l’io poetico e l’io speculativo trovano, in verità, nella pittura paesaggistico-naturalistica la loro espressione più compiuta come se la natura, qui ovviamente intesa come realtà fenomenica, fosse essenziale per meglio osservare le cose del mondo e per meglio trovare e attribuire un senso alla severa ma inequivocabile durezza del vero. Forse è il motivo per cui la quasi Le voci/ i silenzi della Natura, tra piacere e souffrance 127 <?page no="128"?> 22 Picard: «Il mondo del silenzio», 17 («L’aspetto del silenzio») e 28sq. («La nascita della parola dal silenzio»). totalità dei Canti contenga al suo interno un paesaggio, una descrizione natural‐ istica, un’ambientazione rurale, urbana, marina…: la concretezza del reale/ dello spettacolo della natura, e l’esperienza del sensibile ad essa intrinsecamente connessa, per quanto sfumata dal potere dell’immaginazione e talora persino dal potere della ricordanza, è in sostanza imprescindibile all’attività speculativa, confermando una volta di più il legame profondo che in Leopardi esiste tra poesia e filosofia. Oltre a ciò, il paesaggio in Leopardi è anche il modo per rappresentare il tempo umano nel suo divenire stagionale, non perpetuo (il ciclo delle età dell’uomo dalla nascita alla vecchiaia che si conclude inesorabilmente con la morte), rispetto a quello della natura come ente generatore che è invece il tempo immutabile e a suo modo irreversibile della durata assoluta, della successione che non distrugge e non si annienta, della coestensività di presente, passato e futuro (il processo di creazione, produzione, distruzione che caratterizza anche tutta la materia). Ma come si può inserire all’interno di queste osservazioni il discorso su voci e silenzi? Se la parola è lo strumento tipico del poeta, e di un poeta come Leopardi che ha fatto della ricerca lessicale e linguistica uno dei centri della sua riflessione, come è possibile parlare di silenzio? E ancora, il silenzio appartiene al poeta o a quanto descrive? E perché nelle ultime poesie leopardiane sembra prevalere il silenzio sulla voce/ sui rumori del mondo naturale? Come prima osservazione, il silenzio, dal momento che «appartiene alla struttura fondamentale dell’uomo», può «esistere senza la parola, ma non la parola senza il silenzio. Se le mancasse lo sfondo del silenzio, la parola sarebbe priva di profondità» 22 . È come dire, prendendo spunto da una nota pagina dello Zibaldone, troppo spesso citata soltanto nelle due righe conclusive, che la parola spesso risulta meno espressiva ed eloquente rispetto al silenzio soprattutto laddove quest’ultimo serve a illustrare e dipingere i sentimenti - sentimenti che vanno intesi nel significato loro attribuito da Leopardi: ciò che si avverte attraverso i sensi/ la sensibilità, qualcosa di più profondo delle emozioni, vicino ma non del tutto simile alle passioni; ma anche la capacità/ la coscienza di percepire e conoscere attraverso i cinque sensi la propria vita biologica e spirituale: La parola è un’arte imparata dagli uomini. Lo prova la varietà delle lingue. Il gesto è cosa naturale e insegnata dalla natura. Un’arte 1. non può mai uguagliar la natura, 2. per quanto sia familiare agli uomini, si danno certi momenti in cui questi non la sanno adoperare. Perciò negli accessi delle grandi passioni, 1. come la forza della natura è 128 Patrizia Landi <?page no="129"?> 23 Zib.-641 [10 febbraio 1821]; 1201 [22 giugno 1821]; e 2938 [10 luglio 1823]. 24 George Steiner: Il linguaggio e il silenzio. Saggi sul linguaggio, la letteratura e l’inumano. Tr. di R. Bianchi. Garzanti: Milano 2014 [Prima Ed. Digitale] («La fuga dalla parola»). straordinaria, quella della parola non arriva ad esprimerla, 2. l’uomo è così occupato, che l’uso di un’arte per quanto familiarissima, gli è impossibile. Ma il gesto essendo naturale, lo vedrete facilmente dar segno di quello che prova con gesti e moti spesso vivissimi, o con grida inarticolate, fremiti, muggiti ec. che non hanno che fare colla parola, e si possono considerare come gesti. Eccetto se quella passione non produrrà in lui l’immobilità che suol essere effetto delle grandi passioni ne’ primi momenti in cui egli non è buono a nessun’azione. Nei momenti successivi non essendo buono all’uso della parola cioè dell’arte, pur è capace degli atti e del movimento. Del resto lo vedrete sempre in silenzio. Il silenzio è il linguaggio di tutte le forti passioni, dell’amore (anche nei momenti dolci) dell’ira, della maraviglia, del timore ec. (Zib. 141sq. [27 giugno 1820]) Se dunque il silenzio è il linguaggio che sa esprimere le «forti passioni» spin‐ gendo più avanti il ragionamento, e tenendo bene a mente che le parole esistono per rappresentare «le cose» e sono «segni delle idee», si potrebbe sostenere che il silenzio, forse ancora più della parola medesima, sia l’unico linguaggio capace di esprimere e raffigurare l’«immensurabile e arcano spetta‐ colo dell’esistenza» 23 e, conseguentemente, della natura. In effetti, l’«atra» notte illuminata soltanto dalla placida luna in cui Bruto chiude la propria esistenza, la riva muta che accoglie l’«ultimo canto» di Saffo, la notte altrettanto «ta‐ cita», «sola» e «bruna» dell’avvio del Risorgimento, Ercole e Atlante che sco‐ prono la terra ormai disabitata e quindi priva di «ogni moto e ogni romore sensibile» da non emettere più quel «certo rombo continuo, che pareva un vespaio», la quiete lunare del deserto su cui si muove il pastore errante o le disabitate e desolate pendici del Vesuvio sono soltanto alcune delle espressioni più eloquenti del linguaggio silenzioso della natura leopardiana, intesa nel duplice ruolo di ente generatore e di realtà fenomenica. È comunque innegabile che questa straordinaria e feconda «vitalità del silenzio» - rubo l’espressione a George Steiner 24 - faccia da perfetto contraltare alle numerose voci e suoni con cui la natura stessa, sempre nella sua duplice funzione, anima la scrittura leopardiana. Se è vero, infatti, che la natura creatrice, a cominciare da quella incontrata dall’Islandese, sembra del tutto disinteressata all’esistenza degli uomini, alla loro felicità e ancor più alla loro infelicità, e sembra per tale motivo per lo più silenziosa, è altrettanto vero che dimostra di avere una voce spaventosa capace di dimostrare la sua potenza suprema - si pensi al rumore sordo della lava, mista «di ceneri, e di pomici Le voci/ i silenzi della Natura, tra piacere e souffrance 129 <?page no="130"?> 25 Per le strane ‹affinità elettive› che si creano tra autori e opere anche molto distanti tra loro è davvero molto interessante quello che scrive Max Picard riguardo agli uccelli: «Le voci degli uccelli non sono disperate come quelle degli altri animali. È come se le note del canto degli uccelli fossero palle lanciate per gioco contro il silenzio, per poi raccoglierle nuovamente in volo dopo il rimbalzo sulla superficie del silenzio. […]. Gli uccelli iniziano a cantare: è come se le ali degli uccelli graffiassero il silenzio dell’aria, e da qui nasca il e di sassi» scagliata «al ciel profondo» dall’«utero tonante» dello «sterminator Vesevo» e poi calpestata dai «passi del peregrin» - e soprattutto capace di dichiarare la sua completa indifferenza sulle cose del mondo e di tutti gli esseri sensibili, come nel Dialogo della Natura e di un Islandese: Immaginavi tu forse che il mondo fosse fatto per causa vostra? Ora sappi che nelle fatture, negli ordini e nelle operazioni mie, trattone pochissime, sempre ebbi ed ho l’intenzione a tutt’altro, che alla felicità degli uomini o all’infelicità. Quando io vi offendo in qualunque modo e con qual si sia mezzo, io non me n’avveggo, se non rarissime volte: come, ordinariamente, se io vi diletto o vi benefico, io non lo so; e non ho fatto, come credete voi, quelle tali cose, o non fo quelle tali azioni, per dilettarvi o giovarvi. E finalmente, se anche mi avvenisse di estinguere tutta la vostra specie, io non me ne avvedrei. (Leopardi: Operette morali, 176) Se è vero, poi, che persino la materia sente, si duole e si dispera, dimostrando di possedere una personalissima forma di comunicazione in grado di percepire e insieme trasmettere «la nullità di tutte le cose sensibili e materiali» (Zib.-106sq. [15 aprile 1820]), è pur vero che la natura nel suo insieme di animali e piante si esprime attraverso una duplice voce e un duplice linguaggio. Da una parte soavissimi: come non pensare, per fare un paio di esempi assolutamente emblematici, agli «augelli» che riprendono a «far festa» e a quella «gallina, | Tornata in su la via, | Che ripete il suo verso» della Quiete dopo la tempesta (vv. 2-4); o alla soavità con cui cantano gli uccelli osservati e ascoltati dal già citato Amelio in una delle più poetiche Operette morali, nell’Elogio degli uccelli: Per ogni diletto e ogni contentezza che hanno, cantano; e quanto è maggiore il diletto o la contentezza, tanto più lena e più studio pongono nel cantare. E cantando buona parte del tempo, s’inferisce che ordinariamente stanno di buona voglia e godono. E se bene è notato che mentre sono in amore, cantano meglio, e più spesso, e più lungamente che mai; non è da credere però, che a cantare non li muovano altri diletti e altre contentezze fuori di queste dell’amore. Imperocché si vede palesemente che al dì sereno e placido, cantano più che all’oscuro e inquieto: e nella tempesta si tacciono, come anche fanno in ciascuno altro timore che provano; e passata quella, tornano fuori cantando e giocolando gli uni cogli altri. (Leopardi: Operette morali, 310) 25 130 Patrizia Landi <?page no="131"?> canto» (Picard: Il mondo del silenzio, 101 («L’animale e il silenzio») e 112 («Il contadino e il silenzio»). 26 Cf. Hannah Arendt: La vita della mente. Bologna: il Mulino 2009. 27 «Un corpo, essendo composto, dimostra l’esistenza di altre cose che lo compongano. Ma siccome tutte le parti o sostanze materiali componenti la materia, sono altresì composti, però bisogna necessariamente salire ad esseri che non sieno materia. Così discorrono i Leibniziani […]. Or dico io. Arrivate fino alla menoma parte o sostanza materiale, e ditemi se potete, le parti o sostanze di cui questa si compone, non sono più materia, ma spirito. Arrivate anche se potete, agli atomi o particelle indivisibili e senza parti. Saranno sempre materia. Al di là non troverete mica lo spirito ma il nulla. Affinate quanto volete l’idea della materia, non oltrepasserete mai la materia. Componete quanto vi piace l’idea dello spirito, non ne farete mai nè estensione, nè lunghezza ec. non ne farete mai della materia. Come si può compor la materia di ciò che non è materia? Il corpo non si può comporre di non corpi, come ciò che è di ciò che non è: nè da questo si può progredire a quello, o viceversa. - Ma finchè la materia è materia, ell’è divisibile e composta. - Trovatemi dunque quel punto in cui ella si compone di cose che non sono composte, cioè non sono materia. Non v’è scala, gradazione, nè progressione che dal materiale porti all’immateriale (come non v’è dall’esistenza al nulla). Fra questo e quello v’è uno spazio immenso, ed a varcarlo v’abbisogna il salto (che da’ Leibniziani giustamente si nega in natura). Queste due nature sono affatto separate e dissimili come il nulla da ciò che è; non hanno alcuna relazione fra loro; il materiale non può comporsi dell’immateriale più di quello che l’immateriale del materiale; e dall’esistenza della materia (contro ciò che pensa Leibnizio) non si può argomentare quella dello spirito più di quello che dall’esistenza dello spirito si potesse argomentare quella della materia» (Zib.-1635sq. [5-settembre 1821]). Dall’altra parte totalmente souffrante, e in questo caso è davvero sufficiente citare quel meraviglioso se pur dolentissimo «giardino di piante, d’erbe, di fiori» delle pagine 4176sq. dello Zibaldone del 22 aprile 1826, in cui ciascun gesto diventa espressione e parola del patimento di ogni vegetale dotato di vita tanto che «il non essere sarebbe per loro assai meglio che l’essere»: quel giardino interamente in «istato di souffrance» ha infatti la funzione, per usare espressioni di Hannah Arendt, di rendere visibile/ udibile l’invisibile/ l’inudibile ed effabile l’ineffabile 26 , cioè di trasformare un pensiero e un linguaggio filo‐ sofici in una raffigurazione che non è semplicemente mentale ma realmente osservabile e realmente ascoltabile, e perciò fortemente iconica. Attraverso immagini e rumori (per lo più prodotti dalla presenza antropica: la donzelletta, il giardiniere e persino tutti noi che possiamo entrarvi e camminarvi), questo giardino che ‹sente e pena›, come la materia poco sopra evocata - in fondo in Leopardi tutto è materia 27 -, testimonia le inesauribili sofferenze e gli «indicibili tormenti», dovuti al solo fatto di vivere, degli esseri sensibili che lo animano: il giardino diviene così la manifestazione concreta, visuale, uditiva - una Le voci/ i silenzi della Natura, tra piacere e souffrance 131 <?page no="132"?> 28 Paul Ricœur: La metafora viva. Dalla retorica alla poetica: per un linguaggio di rivelazione. Milano: Jaca Book 1976, 337-417 («Ottavo studio. Metafora e discorso filosofico»). 29 Sulla rappresentazione e il significato delle pagine 4174-4177 dello Zibaldone, mi permetto di rimandare al cap. III, «Il male, il nulla e un giardino», in: Patrizia Landi: La parola e le immagini. Saggio su Giacomo Leopardi. Bologna: CLUEB 2017, 129-169. metafora «viva» per usare l’espressione di Paul Ricœur 28 - del male, del dolore, della totale assenza di piacere e della caducità dell’esistere, e della conseguente impossibilità per l’uomo e per tutte le altre creature organiche di essere felici. E in questa rappresentazione visivo-uditiva il lessico leopardiano raggiunge vette altissime perché grazie a forme onomatopeiche e così precise da risultare quasi tecniche sa rendere perfettamente la voce e il suono di quella «famiglia di vegetali» offesi, succhiati, tormentati, infestati, feriti, cruciati, rosi, morsicati, trafitti, punzecchiati, rotti, stracciati, staccati, strappati via, straziati, stritolati, ammaccati, spremuti, infranti, troncati e tagliati, emblema tangibile della sof‐ ferenza di tutti gli esseri generati dalla Natura nessuno escluso, Natura il cui «ordine eterno» del resto non è in alcun modo diretto alla felicità degli esseri generati: Spaventevole, ma vera proposizione e conchiusione di tutta la metafisica. L’esistenza non è per l’esistente, non ha per suo fine l’esistente, né il bene dell’esistente; se anche egli vi prova alcun bene, ciò è per puro caso: l’esistente è per l’esistente, tutto per l’esistenza, questo è il suo puro fine reale. Gli esistenti esistono perchè si esista, l’individuo esistente nasce ed esiste perchè si continui ad esistere e l’esistenza si conservi in lui e dopo di lui. (Zib.-4169 [11-marzo 1826]) La natura, per necessità della legge di distruzione e riproduzione, e per conservare lo stato attuale dell’universo, è essenzialmente regolarmente e perpetuamente perse‐ cutrice e nemica mortale di tutti gl’individui d’ogni genere e specie, ch’ella dà in luce. (Zib. 4485sq. [11 aprile 1829]) 29 Oppure come non ricordare che nel Tramonto della luna tornano, forse per l’ultima volta, i suoni (il vento che aleggia, la «mesta melodia» del carrettiere): la Natura torna a parlare e la sua voce, pur nella meraviglia e nell’incanto della descrizione di quello scolorare della luce lunare sulle cose del mondo, racconta una storia a suo modo crudele e senza possibilità di conforto, nonostante, lo ripeto, la straordinaria bellezza di quel notturno che sa racchiudere in sé tutti i precedenti notturni della poesia leopardiana: è la storia dell’eternità della vita della Natura di contro all’effimero dell’esistenza mortale di tutti gli esseri sensibili, è la storia della caduta definitiva delle illusioni e dell’amara presa di coscienza che 132 Patrizia Landi <?page no="133"?> 30 Picard: Il mondo del silenzio, 73 («Le cose e il silenzio») e 131 («Poesia e silenzio»). 31 Picard: Il mondo del silenzio, 100. la vita mortal, poi che la bella Giovinezza sparì, non si colora D’altra luce giammai, né d’altra aurora. Vedova è insino al fine; ed alla notte Che l’altre etadi oscura, Segno poser gli Dei la sepoltura. (Tramonto della luna, vv.-64-68) Una duplice voce, capace di creare una vera e propria forma di comunicazione in cui silenzio e parola si avvicendano e si contaminano tra loro, dimostrando che in Leopardi l’uno e l’altra sono equivalenti scelte espressive: tuttavia, laddove prevale il silenzio non è perché non esiste la parola o perché è impossibile trovare la parola più idonea per rappresentare quell’immagine, quel pensiero, quel determinato sentimento o quella determinata sensazione, ma perché è l’assenza della voce, del suono, a diventare l’unico linguaggio possibile per la rappresentazione del pensiero e dei sentimenti medesimi. Del resto, il vero poeta non rinuncia mai al dire, non abdica mai alla parola, o forse meglio al parlare, neppure quando utilizza tutti gli strumenti retorici del silenzio, benché in alcuni casi Leopardi sembri, a mio avviso, suggerire che il silenzio sia capace di offrire la risposta ultima e allo stesso tempo più eloquente della mente e del linguaggio umani di fronte alla domanda sul significato e sull’essenza della vita: del resto, come sosterrà Picard, «essere e silenzio s’implicano reciprocamente» e la «grande» poesia «nasce dal silenzio e del silenzio ha nostalgia» ed «è mo‐ saico intarsiato nel silenzio» 30 . Il movimento tra poetare e pensare, quindi il movimento nella raffigurazione della natura sia come realtà fenomenica sia come ente generatore, passa perciò attraverso la «grammatica del silenzio» - uso di nuovo termini di Steiner -, una grammatica del silenzio che in Leopardi diventa sempre più espressione della sofferenza, del patimento, della souffrance di fronte al crudele destino imposto dalla Natura stessa agli uomini e a tutti gli altri esseri viventi: Un intero mondo, quello della natura e degli animali, è ricolmo di silenzio. La natura e gli animali sembrano essere soltanto escrescenze del silenzio. Del resto, il silenzio degli animali e della natura non avrebbe la stessa grandezza e la nobiltà che dimostra se fosse soltanto una parola fallita. Il silenzio è stato affidato agli animali e alla natura come qualcosa creato appositamente per loro. 31 È il motivo per cui l’«odorata», «gentile», «lenta» e «innocente» ginestra in‐ canta con la sua fragilità e spande il suo profumo tutto attorno a sé riempiendo Le voci/ i silenzi della Natura, tra piacere e souffrance 133 <?page no="134"?> 32 Questa citazione e tutte le considerazioni successive in: Martin Heidegger: In cammino verso il linguaggio. A cura di Alberto Caracciolo. Milano: Mursia 1973, 6 2011, 169sq. 33 Sto ovviamente facendo riferimento ai due capitoli «Leggerezza» ed «Esattezza» di: Italo Calvino: Lezioni americane. Sei proposte per il prossimo millennio. Milano: Mondadori 2007. Mi permetto anche di rimandare al cap. V, «La ‹leggerezza› della penso‐ sità» del mio già citato volume La parola e le immagini, 239-288. e consolando i deserti ma non emette verbo, suono, neppure un lieve fruscio all’ondeggiare del vento: il suo silenzio assurge a simbolo, ovviamente ossimo‐ rico, della potenza della parola del poeta, diventa l’immagine muta, ovviamente contrastiva, del blaterare inutile di quella parte del genere umano che crede invano alle «magnifiche sorti e progressive», che vanamente esalta la propria condizione e che ancora più stoltamente, pur essendo nato a perir, nutrito in pene, Dice, a goder son fatto, E di fetido orgoglio Empie le carte, eccelsi fati e nove Felicità, quali il ciel tutto ignora (Ginestra, vv.-100-104). Il silenzio della ginestra è la voce estrema del poeta che sta cercando di insegnare agli uomini che l’unico comportamento accettabile e tale da poter sostenere i colpi dell’«empia» Natura «madre di parto e di voler matrigna» deve essere simile a quello della ginestra stessa, metafora viva di quella umanità, oserei dire di quella intera famiglia di esseri organici (e persino inorganici), che è ben consapevole che la Natura, in qualità di ente generatore, è l’unica vera nemica dell’uomo e di tutti gli esseri che ha generato (cf. Zib. 4428 [2 gennaio 1829]). Il silenzio della ginestra, pertanto, esprime, meglio di mille parole e di mille suoni, l’inesprimibile della condizione umana, è ineffabile, per usare un termine che sarebbe piaciuto anche a Dante, perché è capace di «far apparire, dispiegare allo sguardo un mondo rischiarando-occultando-liberando», come avrebbe scritto Heidegger. Se il linguaggio è il «rapporto di tutti i rapporti», il silenzio, sempre prendendo spunto da considerazioni heideggeriane, è il linguaggio dell’essenza: «Un ‹è› appare proprio là dove la parola viene meno» 32 . Del resto, la parola trae la sua origine, la sua sostanza, la sua forza dal silenzio medesimo. Se il silenzio è l’origine della parola e se la parola che deriva dal silenzio è al centro del pensare e del poetare (sto sempre utilizzando l’armen‐ tario filosofico e terminologico di Heidegger), allora il silenzio della ginestra, ‹leggerissima› ed ‹esattissima› immagine testamentaria - come avrebbe potuto definirla Italo Calvino 33 -, rappresenta la forma più alta della parola e del poetare, e quindi della gnoseologia leopardiana: la possibilità stessa del dire, di ogni dire, 134 Patrizia Landi <?page no="135"?> 34 Roberto Rea: «‹Le frali tue stirpi›. Ecologia della souffrance nei Canti di Leopardi», in: id. (a cura di): Dal paesaggio all’ambiente. Sentimento della natura nella tradizione poetica italiana. Roma: Edizioni di Storia e Letteratura 2020, 121. viene custodita entro il silenzio perché solo quest’ultimo, parafrasando sempre il pensiero heideggeriano, può rivelare l’essenza del linguaggio, nonché il suo stesso essere, dal momento che il silenzio non è soltanto una delle possibilità del parlare umano, di quel parlare che, nominando, dona l’essere alle cose; non è soltanto la possibilità che il mondo intero sia; il silenzio è la possibilità che l’uomo stesso sia; è la possibilità per l’uomo e per tutto ciò che è, di essere; il silenzio, innanzitutto, è. Sulla landa deserta e maligna del Vesuvio, rappresentazione concretamente pittorica e visivo-uditiva della terribilità della Natura, s’incurva la sinfonia più incisiva del silenzio leopardiano: in effetti, la ginestra, intesa come fiore e come elemento biologico-botanico (nella sua circostanziata per quanto poetica descrizione è una pianta nel vero senso della parola tanto da avere steli cespi petali profumo…), è la summa di tutte le varietà comprese nella natura. Nella sua alterità biologica rispetto a quella umana, secondo la bella espressione di Roberto Rea 34 , la ginestra è capace di rappresentare meglio di altre immagini non solo la realtà fenomenica/ organica di quella distesa desolata e solitaria, ma anche il modello di umanità che Leopardi vorrebbe prevalente: capace di adattarsi alla propria fragilità e al proprio innato destino di morte, non resistente ai colpi avversi inflitti dal mondo circostante e all’inevitabile sofferenza che la vita amaramente dona a tutti gli esseri sensibili (memorabile la descrizione delle formiche che vedono distrutti i loro «dolci alberghi» (v. 205), esplicitamente paragonate alle costruzioni umane distrutte dalla furia infuocata del vulcano). Quel silenzio rotto solo dal rumore sordo ma terrifico del Vesuvio diventa, a mio parere, l’emblema della necessità, peraltro indilazionabile, che l’uomo prenda coscienza senza sprecare inutili parole della propria piccolezza, dell’essere solo un «neo», un «bruscolo», nell’immensità dell’universo - del resto quel «vóto seren» del v. 166 è sinonimo dell’infinito in cui l’uomo può sprofondare dal momento che qui ormai il naufragio dell’omonimo idillio è diventato una vera e propria caduta nell’abisso. Il silenzio diventa in questo modo la più alta espressione del personalissimo linguaggio della ginestra che si manifesta attraverso gli atti più che attraverso le parole: quel susseguirsi di aggettivi, che ho già evocato e che Leopardi usa per dipingerla, sono in sostanza la migliore espressione della sua ‹natura› nel senso di indole e di carattere, un’indole e un carattere che dovrebbe essere insito anche negli uomini, di tutti i tempi e di tutti le latitudini possibili, e che comunica, proprio nell’assenza di parola e nel Le voci/ i silenzi della Natura, tra piacere e souffrance 135 <?page no="136"?> 35 Steiner: Il linguaggio del silenzio, 79. 36 Antonella Del Gatto: «Premessa», in: ead.: Uno specchio d’acqua diaccia. Sulla struttura dialogico-umoristica del testo leopardiano. Dalle Operette morali ai Canti pisano-recana‐ tesi. Firenze: Cesati 2001, 57. 37 Del Gatto: Uno specchio d’acqua diaccia, 97 (ma cf. l’intero capitolo «Il Dialogo della Terra e della Luna», 91-111). silenzio, la «logica finale» e più stringente della parola e del «discorso poetico» 35 di Leopardi. Un’ultima osservazione prima di avviarmi alla conclusione. Per quanto non appartenga agli esseri animati, sensibili e organici di cui ho parlato sinora è impensabile non soffermarsi, se pur brevemente, sulla luna, forse l’immagine più emblematica della scrittura leopardiana. Sin dalla sua apparizione la luna è silenziosa, taciturna ascoltatrice della voce più o meno sconsolata se non addirittura disperata del poeta o di altri personaggi, da Bruto a Saffo al pastore errante - in verità molto spesso specchio e faccia dello stesso poeta - e delle riflessioni sempre più stringenti intorno alla ‹naturale› sofferenza e alla ‹natu‐ rale› presenza del male nell’esistenza di ogni essere vivente, uomo animale o vegetale che sia. Non senza dimenticare che nella parabola immaginativa che dall’idillio Alla luna giunge sino al Tramonto della luna, la rappresentazione leopardiana della luna, unico satellite della terra, perde progressivamente la sua corporeità di oggetto celeste per «recuperare la primitiva essenza univer‐ sale» 36 . È silente perché «detentrice» dell’«originaria ‹favella› polifonica e po‐ lisemica»; essa «conosce» tutte le cose del mondo ma ha deciso volontariamente di non proferir verbo: «sarà infatti muta l’impassibile testimone del Canto notturno, che rispecchia il fallimento del retorico interrogare umano». Soltanto nel Dialogo della Terra e della Luna (24-28 aprile 1824) la luna, peraltro presen‐ tata come «amica del silenzio», è costretta quasi per capriccio a discorrere: essendo ritratta come una «persona» deve necessariamente «possedere una voce e poter articolare parole» 37 . La sua voce, ironicamente leggera e peraltro desiderosa di tornare al più presto possibile al silenzio abituale, in opposizione alla terra che con le sue innumerevoli e sciocche domande dimostra di non possedere il lume della ragione e della ragionevolezza, finisce per esprimere senza mezzi termini l’inferiorità delle cose umane rispetto a quelle del cosmo e, come diretta conseguenza, la visione anti-antropocentrica, o per meglio dire post-antropocentrica, di Leopardi: L U N A . Perdona, monna Terra, se io ti rispondo un poco più liberamente che forse non converrebbe a una tua suddita o fantesca, come io sono. Ma in vero che tu mi riesci peggio che vanerella a pensare che tutte le cose di qualunque parte del mondo sieno conformi alle tue; come se la natura non avesse avuto altra intenzione che di copiarti 136 Patrizia Landi <?page no="137"?> puntualmente da per tutto. Io dico di essere abitata, e tu da questo conchiudi che gli abitatori miei debbono essere uomini. Ti avverto che non sono; e tu consentendo che sieno altre creature, non dubiti che non abbiano le stesse qualità e gli stessi casi de’ tuoi popoli: e mi alleghi i cannocchiali di non so che fisico. Ma se cotesti cannocchiali non veggono meglio in altre cose, io crederò che abbiano la buona vista de’ tuoi fanciulli; che scuoprono in me gli occhi, la bocca, il naso, che io non so dove me gli abbia. […] L U N A . Va pure avanti; che mentre seguiti così, non ho cagione di risponderti, e di mancare al silenzio mio solito. Se hai caro d’intrattenerti in ciance, e non trovi altre materie che queste; in cambio di voltarti a me, che non ti posso intendere, sarà meglio che ti facci fabbricare dagli uomini un altro pianeta da girartisi intorno, che sia composto e abitato alla tua maniera. Tu non sai parlare altro che d’uomini e di cani e di cose simili, delle quali ho tanta notizia, quanta di quel sole grande grande, intorno al quale odo che giri il nostro sole. (Leopardi: Operette morali, 108sq. e 111sq.) Una visione post-antropocentrica che risulta ancora più decisa e corposa con la Ginestra. E allora il silenzio della ginestra diventa, oltre a quanto già affermato, il simbolo del post-umanesimo, o meglio del postumano leopardiano. Leopardi, capace di anticipare tendenze e riflessioni speculative in quella sua personalis‐ sima attitudine ad essere più contemporaneo dei contemporanei, sceglie un semplice fiore, peraltro muto e silente, per rappresentare in maniera inedita e assolutamente innovativa la realtà materiale e mortale che contraddistingue l’umano e per presentare una nuova filosofia ‹morale› in grado di ridefinire i concetti di morte, di specie e di individuo offrendo nuovi modi di articolare l’etica e la vita alla luce di un approccio antropodecentrato e per questo postumano (l’esistenza, ricordiamo, non è appannaggio solo degli uomini ma di tutti gli esseri sensibili). Con la ginestra, e il suo silenzio così assordante e così altrettanto pieno di significati, Leopardi porta a compimento quell’etica post-antropocentrica messa meravigliosamente in scena in alcune Operette morali: oltre all’appena citato Dialogo della Terra e della Luna si pensi al Dialogo di Ercole e Atlante (10-13 febbraio 1824) in cui la terra appare così «alleggerita» e priva d’ogni «fiato» da sembrare una semplice palla con cui giocare; o al Dialogo di un folletto e di uno gnomo (2-6 marzo 1824) in cui si dichiara non solo la morte di tutti gli umani ma anche la loro totale inutilità visto che, dopo la loro scomparsa: F O L L E T T O . […] la terra non sente che le manchi nulla, e i fiumi non sono stanchi di correre, e il mare, ancorché non abbia più da servire alla navigazione e al traffico, non si vede che si rasciughi. G N O M O . E le stelle e i pianeti non mancano di nascere e di tramontare, e non hanno preso le gramaglie. Le voci/ i silenzi della Natura, tra piacere e souffrance 137 <?page no="138"?> 38 Uso questo vocabolo nell’identico significato usato da Erich Auerbach nei suoi fonda‐ mentali Studi su Dante. Milano: Feltrinelli 2005 ( 1 1964). 39 «La mia filosofia, non solo non è conducente alla misantropia, come può parere a chi la guarda superficialmente, e come molti l’accusano; ma di sua natura esclude la misantropia, di sua natura tende a sanare, a spegnere quel mal umore, quell’odio, non sistematico, ma pur vero odio, che tanti e tanti, i quali non sono filosofi, e non vorrebbono esser chiamati nè creduti misantropi, portano però cordialmente a’ loro simili, sia abitualmente, sia in occasioni particolari, a causa del male che, giustamente o ingiustamente, essi, come tutti gli altri, ricevono dagli altri uomini. La mia filosofia fa rea d’ogni cosa la natura, e discolpando gli uomini totalmente, rivolge l’odio, o se non altro il lamento, a principio più alto, all’origine vera de’ mali de’ viventi. ec. ec.» (Zib.-4428 [2 gennaio 1829]). F O L L E T T O . E il sole non s’ha intonacato il viso di ruggine. (Leopardi: Operette morali, 80sq.) Oppure si pensi alla Scommessa di Prometeo (30 aprile-8 maggio 1824) in cui Prometeo non riesce mai a dimostrare a Momo la perfezione del genere umano tanto da accettare la sconfitta «senza curarsi di vedere le due parti del mondo che rimanevano»; e infine al Copernico (1827) in cui il tema della pluralità dei mondi e la teoria eliocentrica sono soltanto l’occasione per meditare sopra quel «granellino di sabbia» che è la terra insieme alla nullità della «famiglia umana» (Leopardi: Operette morali, 133, 365 e 367). Ma è la ginestra a costituire l’ultima stupefacente incarnazione di questo post-umanesimo, di questo post-antropocentrismo leopardiano. Anche grazie al suo consustanziale silenzio, rappresenta la sintesi, la metafora, della transi‐ torietà dei processi umani e non-umani, organici e inorganici, persino politici e sociali; rappresenta l’emblema della necessità di considerare su uno stesso identico piano tutti gli esseri e tutte le specie viventi, senza distinzioni e senza privilegi, e dell’inutilità dell’individualismo a vantaggio dell’agglomerato dei soggetti umani e delle relazioni che tra questi soggetti dovrebbero esistere per contrastare un nemico comune: forse in questa chiave si potrebbe leggere la «social catena» del v. 149, anche se io, pensando all’importanza rivestita dalla scienza in Leopardi, sono sempre stata portata a credere che quella parola «catena» faccia riferimento alla terminologia tecnica, in particolare della chimica, intesa proprio come successione di elementi collegati e coordinati tra loro. La ginestra diventa così ‹figura› 38 di una nuova ontologia, basata sul defini‐ tivo declino dell’umanesimo e di una ben determinata concezione dell’uomo che pensa di poter dominare e controllare la natura, e che è proprio per questo motivo l’esatto contrario della misantropia e del nichilismo 39 : una nuova ontologia che dimostra di essere in grado di prospettare, pur con tutte le 138 Patrizia Landi <?page no="139"?> 40 Rosi Braidotti: Il postumano. La vita oltre l’individuo, oltre la specie, oltre la morte. Roma: DeriveApprodi 2014, 94. 41 Braidotti: Il postumano, 108. 42 Ho naturalmente ripreso il termine, usato più volte da Leopardi, pensando soprattutto alla Proposta di premi fatta dall’Accademia dei Sillografi (22-25 febbraio 1824) e alla Palinodia al Marchese Gino Capponi (1834). difficoltà e le antinomie presenti nel mondo naturale - lo stesso Leopardi, del resto, ricordava nello Zibaldone, le «contraddizioni innumerabili, evidenti e continue» che si trovano «nella natura considerata non solo metafisicamente e razionalmente, ma anche materialmente» (Zib. 4201 [25 settembre 1826]) - e pur nella complessità dei paradossi del presente, un diverso concetto trasversale di esistenza non più riducibile o riconducibile al solo essere umano, al solo soggetto razionale, il quale deve trovare finalmente il coraggio di confrontarsi e relazio‐ narsi con altri agenti umani e non umani su scala planetaria e di tenere «sotto controllo la tecno-euforia tramite un’etica sostenibile delle trasformazioni» 40 . Se è vero, come sostiene Rosi Braidotti in maniera assolutamente convincente, che la «condizione postumana, sia nel significato postumanista che in quello postantropocentrico del termine, ci spinge ad affermare che bisogna sperimentare altre forme di attività di pensiero, che bisogna essere persino trasgressivi nel combinare critica e creatività» 41 , allora Leopardi proprio grazie alla forza iconica di quel fiore gentile e innocente, di quella ginestra «contenta dei deserti» - e qui il deserto rappresenta, persino a livello etimologico, il luogo dell’assenza e dell’abbandono dei suoni e della parola, e di conseguenza la potenza e la pregnanza del silenzio -, mettendoci di fronte a una inattesa e ultramoderna riflessione sulla condizione degli esseri viventi i quali non devono, e non possono, credere insensatamente all’avanzamento e al miglioramento illimitati derivati dalle «macchine» 42 , ha saputo indicare e insieme raffigurare cosa si debba fare per essere, o per continuare ad essere, ‹umani›. Bibliografia Leopardi, Giacomo: Canti. A cura di Luigi Blasucci. 2-vol. Milano: Fondazione Pietro Bembo / Guanda 2019-2021. —: Compendio di storia naturale. Con l’aggiunta del Saggio di chimica e storia naturale del 1812. A cura di Gaspare Polizzi / Valentina Sordoni. Milano: Mimesis 2021. —: «Entro dipinta Gabbia». Tutti gli scritti inediti, rari e editi 1809-1810 di Giacomo Leopardi. A cura di Maria Corti. Milano: Bompiani 1972. —: Operette morali. Edizione critica a cura di Ottavio Besomi. Milano: Fondazione Arnoldo e Alberto Mondadori 1979. Le voci/ i silenzi della Natura, tra piacere e souffrance 139 <?page no="140"?> —: Tutte le poesie e tutte le prose. A cura di Lucio Felici / Emanuele Trevi. Roma: Newton Compton 2013. —: Zibaldone. Edizione critica e annotata da Giuseppe Pacella. 3-vol. Milano: Garzanti 1991. Arendt, Hannah: La vita della mente. Bologna: il Mulino 2009 [The Life of the Mind, 1978]. Assunto, Rosario: Il paesaggio e l’estetica. Palermo: Edizioni Novecento 2 2005. Auerbach, Erich: Studi su Dante. Milano: Feltrinelli 2005 [ 1 1964]. Bondì, Roberto / La Vergata, Antonello: Natura. Bologna: il Mulino 2021. Braidotti, Rosi: Il postumano. La vita oltre l’individuo, oltre la specie, oltre la morte. [Traduzione dall’inglese di Angela Balzano.] Roma: DeriveApprodi 2014. Calvino, Italo: Lezioni americane. Sei proposte per il prossimo millennio. Milano: Mondadori 2007 [ 1 1988]. D’Angelo, Paolo: Filosofia del paesaggio. Macerata: Quodlibet 2014. Del Gatto, Antonella: Uno specchio d’acqua diaccia. Sulla struttura dialogico-umoristica del testo leopardiano: dalle Operette morali ai Canti pisano-recanatesi. Firenze: Cesati 2001. Encyclopédie ou Dictionnaire raisonné des Arts et des Métiers. Par une Société de Gens de Lettres. Mis en ordre & publié par M. Diderot; & quant à la Partie Mathématique, par M.-D’Alembert. Nouvelle Éd. T.-II. Genève: Chez Pellet 1777. Heidegger, Martin: In cammino verso il linguaggio. A cura di Alberto Caracciolo. Milano: Mursia 2011 [ 1 1973] [Unterwegs zur Sprache, 1959]. Jacob, Michael: Paesaggio e letteratura. Firenze: Olschki 2017 [2005]. Landi, Patrizia: Gli infiniti silenzi di Giacomo Leopardi. Milano: Mimesis 2019. —: «Il male, il nulla e un giardino», in: ead: La parola e le immagini. Saggio su Giacomo Leopardi. Bologna: CLUEB 2017, 129-169. —: «Il sistema del mondo. Appunti su Leopardi e Newton», in: Del Gatto, Antonella / Landi, Patrizia (a cura di): Declinazioni dello spazio nell’opera di Giacomo Leopardi. Tra letteratura e scienza. Milano: LED 2021, 219-236, DOI: https: / / dx.doi.org/ 10.7359/ 971 -2021-land. —: «Lo spazio della scienza e della poesia. Il ‹sistema› di Giacomo Leopardi», in: Kuon, Peter / Pagano, Marina (a cura di): Letteratura e Fisica. Firenze: Cesati 2022, 41-49. Picard, Max: Il mondo del silenzio. Nuova ed. a cura di Jean-Luc Egger. Milano: Servitium editrice 2018. Polizzi, Gaspare: Leopardi e le «ragioni della verità». Scienze e filosofia della natura negli scritti leopardiani. Prefazione di Remo Bodei. Roma: Carocci 2003. Rea, Roberto (a cura di): Dal paesaggio all’ambiente. Sentimento della natura nella tradizione poetica italiana. Roma: Edizioni di Storia e Letteratura 2020. 140 Patrizia Landi <?page no="141"?> Ricœur, Paul: La metafora viva. Dalla retorica alla poetica: per un linguaggio di rivelazione. Milano: Jaca Book 1976 [La métaphore vive, 1975]. Solmi, Sergio: «Le due ‹ideologie› di Leopardi» [1967], in: id.: Studi leopardiani. Note su autori classici italiani e stranieri. A cura di Giovanni Pacchiano. Milano: Adelphi 1987, 99-110. Steiner, George: Il linguaggio e il silenzio. Saggi sul linguaggio, la letteratura e l’inumano. Traduzione di R. Bianchi. Garzanti: Milano 2014, Prima Ed. Digitale [Language and Silence: Essays on Language, Literature, and the Inhuman, 1967]. Timpanaro, Sebastiano: «Natura, dèi, fato nel Leopardi», in: id.: Classicismo e illuminismo nell’Ottocento italiano. Seconda ed. accresciuta. Pisa: Nistri-Lischi 1969, 379-407. Le voci/ i silenzi della Natura, tra piacere e souffrance 141 <?page no="143"?> II V ielfältige N aturbegriffe i Ntertextuelle D ialoge im W erk l eoparDis <?page no="145"?> «I’ mi son un che quando Natura parla» Das Verhältnis zwischen Dichtung und Natur bei Leopardi aus einer intertextuellen Perspektive «I’ mi son un che quando Natura parla» Una prospettiva intertestuale sul rapporto tra poesia e natura in Leopardi Giovanni Vito Distefano «I’ mi son un che quando Natura parla»: il passo, alla pagina 4372 dello Zibaldone, è uno dei luoghi testuali più ampiamente presi in considerazione dalla critica per la ricostruzione del pensiero di Leopardi sulla poesia. E a ragione, naturalmente, giacché esso esprime con lucida forza icastica approdi leopardiani di assoluta rilevanza, quali l’essenziale liricità della poesia e il superamento del principio di imitazione. Il contributo affronta tali nodi concettuali prestando però particolare attenzione alla dimensione intertestuale della riflessione leopardiana e in particolare al fatto che si tratti di una citazione illustre e ‹infedele›: nel punto cruciale della per‐ sonificazione della natura, «Natura parla» sostituisce la formula «Amor mi spira» che ricorre in Purgatorio XXIV. Il rapporto intertestuale con l’opera di Dante viene ripercorso non con l’obiettivo di perseguire una ricostruzione ‹erudita› delle fonti, ma con quello di valorizzare l’intensa dialogicità che caratterizza il pensiero leopardiano. Si mostrerà in partico‐ lare come, tramite il dispositivo della citazione ‹sbagliata› o modificata, Leopardi sappia, con una sola mossa, associare e al tempo stesso distanziare la sua posizione da quella di Dante, nell’ambito di una linea di sviluppo del pensiero sul rapporto tra poesia e natura che risale alle origini dell’estetica occidentale. «I’ mi son un che quando Natura parla»: Die Passage auf Seite 4372 des Zibaldone gehört zu den am meisten beachteten Textstellen für die <?page no="146"?> 1 Cf. Aristotele: Fisica II 2, 194a-2122 («ἡ τέχνη μιμεῖται τὴν φύσιν») e Meteorologica IV 3, 381b6 («μιμεῖται γὰρ ἡ τέχνη τὴν φύσιν»). Rekonstruktion von Leopardis Auffassung der Dichtung. Und das frei‐ lich zu Recht, denn sie bringt zentrale Ansichten Leopardis, wie den wesentlich lyrischen Charakter der Dichtung und die Überwindung des Prinzips der Nachahmung, bildhaft und prägnant zum Ausdruck. Bei der Auseinandersetzung mit diesen Schlüsselbegriffen schenkt der vorlie‐ gende Beitrag der intertextuellen Dimension von Leopardis Überlegungen besondere Aufmerksamkeit. Bemerkenswert dabei ist, dass es sich um ein berühmtes und ‹untreues› Zitat handelt: An der entscheidenden Stelle der Personifizierung der Natur ersetzt Leopardi «Amor mi spira» aus Purgatorio XXIV durch die Formulierung «Natura parla». Die Berücksich‐ tigung der intertextuellen Beziehungen zu Dantes Werk hat nicht bloß eine ‹gelehrte› Rekonstruktion der Quellen zum Ziel, sondern beabsichtigt vielmehr, die intensive Dialogizität, die das Denken Leopardis prägt, hervorzuheben. Insbesondere soll gezeigt werden, wie Leopardi anhand des ‹falschen› bzw. veränderten Zitats seine Perspektive mit der von Dante verbindet und sich zugleich von ihr unterscheidet, und zwar innerhalb einer Entwicklungslinie des Denkens über das Verhältnis zwischen Dich‐ tung und Natur, die bis auf die Ursprünge der abendländischen Ästhetik zurückgeht. Parole chiave: Natura; Imitazione; Lirica; Ispirazione; Sublime. Schlagwörter: Natur; Nachahmung; Lyrik; Inspiration; Erhabenheit. 0. Apriamo lo Zibaldone alla pagina 4372. Tra le brevi annotazioni presenti, testimonianza di una giornata di rilettura e di aggiunte a pensieri precedente‐ mente annotati nel libro, si trova il brano su cui questo contributo verterà pressoché interamente: Alla p. 4358. Il poeta non imita la natura: ben è vero che la natura parla dentro di lui e per la sua bocca. I’ mi son un che quando Natura parla, ec. vera definizione del poeta. Così il poeta non è imitatore se non di se stesso. (Zib.-4372 [10 settembre 1828]) In poche righe, il passo mette in gioco i più importanti principi di poetica dell’intera estetica occidentale. Il primo, oggetto di una recisa negazione, è il principio di derivazione aristotelica secondo cui l’arte è essenzialmente - pur nelle svariate accezioni del termine - un’imitazione della natura. 1 La mossa 146 Giovanni Vito Distefano <?page no="147"?> 2 Hans Blumenberg: «‹Nachahmung der Natur›. Zur Vorgeschichte des schöpferischen Menschen», in: Grundlagentexte Kulturphilosophie. Hg. von Ralf Konersmann. Ham‐ burg: Meiner 2009, 201-232 (prima edizione in: Studium Generale 10 (1957), 266-283). 3 Cf. ibid., 208sq.: «Vielleicht hat sich vor dem Leser unsere These nun so weit präzisiert, daß ohne Zumutung eines Gedankensprunges formuliert werden kann, das neuzeitliche Pathos der authentisch menschlichen Hervorbringung in Kunst und Technik entspringe der Widersetzlichkeit gegen die metaphysische Tradition der Identität von Sein und subito successiva, introdotta dalla locuzione «ben è vero che», a metà tra il concessivo e il dichiarativo, ristabilisce invece in termini figurati la persistenza di un rapporto fondativo che lega la poesia alla natura: essa, scrive, «parla dentro [al poeta] e per la sua bocca». Qui il pensiero leopardiano trova un punto di approdo, enfatizzato da un commento asseverativo marcato ancora una volta dall’aggettivo vero («vera definizione del poeta»), nella citazione modificata della formula di autodefinizione coniata da Dante in Purgatorio XXIV: Ed io a lui: «I’ mi son un che, quando Amor mi spira, noto, e a quel modo ch’e’ ditta dentro vo significando». La formula dantesca diviene nello Zibaldone «I’ mi son un che quando Natura parla ec.», con abbassamento stilistico e soprattutto con lo scambio delle rispettive parole chiave di «Amore» e «Natura». Il brano si conclude, infine, con una consecutiva che, al tempo stesso, funge da parafrasi del passo dantesco e riformula, in modo circolare, il punto di partenza del ragionamento: se la poesia può ancora essere definita imitazione è solo in quanto imitazione di se stessi. Il pensiero leopardiano procede per precisazioni e aggiunte successive, che approssimano progressivamente il risultato speculativo finale. La posta in palio di questo rapido ma al tempo stesso articolato movimento di pensiero è la precisazione, o meglio una ridefinizione, del rapporto tra poesia e natura. 1. Partiamo dunque, con Leopardi, dalla confutazione del principio di imitazione. Il manifestarsi nella storia del pensiero occidentale di una concezione della poesia e dell’arte come pratiche eminentemente creative e non imitative è un fatto sul quale naturalmente esiste un’ampia bibliografia critica. Hans Blumenberg 2 , in particolare, ha mostrato come il fatto di concepire l’attività produttiva dell’uomo come propriamente creativa emerga nella storia - sia nell’ambito estetico sia in quello tecnologico - man mano che sul piano filosofico viene eroso il rapporto di congruenza tra natura ed essere, che era invece costitutivo della metafisica antica e su cui si reggeva in estetica il paradigma mimetico. 3 In breve, finché la natura venne pensata come la manifestazione fenomenica compiuta e coerente di tutto l’Essere, esaustiva di qualunque sua «I’ mi son un che quando Natura parla» 147 <?page no="148"?> Natur und die Bestimmung des Menschenwerkes als ‹Nachahmung der Natur› sei die genaue Konsequenz dieser Identität gewesen». 4 Al contrario, possiamo dire con Blumenberg: «alles hergestellte ‹Neue› geht auf schon Daseiendes zurück. Die Idee der vollständigen Entsprechung von Möglichkeit und Wirklichkeit läßt nicht zu, daß der Mensch geistig originär wirken kann. Ontologisch bedeutet das: durch das Menschenwerk kann das Seiende nicht ‹bereichert› werden, oder anders ausgedrückt: im Werk des Menschen geschieht essentiell nichts» (ibid., 213). 5 Cf. ibid., 224: «Mir geht es darum, etwas über das Anwachsen der Inkongruenz von Sein und Natur und damit über die Relevanz des Spielraumes der schöpferischen Ur‐ sprünglichkeit auszumachen»; ibid., 229: «Welche Rechtfertigung gibt es noch für das Möglichbleiben des Möglichen? Die Natur wird zum faktischen Resultat mechanischer Konstellationen - was kann sie noch der Mimesis durch das Menschenwerk verbindlich machen und empfehlen? Der Zufälligkeit der natürlichen Formationen tritt nun das Menschenwerk - als ästhetisches wie als technisches - mit seiner Notwendigkeit entgegen»; ibid., 231: «Nun erst läßt sich die positive Bedeutung ermessen, die der Auflösung der Identität von Sein und Natur zukommt. Der Entwertungsprozeß der Natur ist nur deshalb nicht schlechthin ein nihilistischer Vorgang, weil der Glaube möglich geworden ist, daß das Sichtbare im Verhältnis zum Weltganzen nur isoliertes Beispiel ist, und daß andere Wahrheiten latent in der Überzahl sind, und daß diese Welt nicht die einzige aller Welten ist. So deutet die Kunst nicht mehr auf ein anderes exemplarisches Sein hin, sondern sie ist selbst dieses für die Möglichkeiten des Menschen exemplarische Sein: das Kunstwerk will nicht mehr nur etwas bedeuten, sondern es will etwas sein». possibilità, il solo modo nel quale l’attività produttiva dell’uomo - nell’arte come nella tecnologia - poteva essere concettualizzata è stato di tipo imitativo. Nella metafisica antica non c’è spazio per un vero atto creativo dell’uomo: con tutti i suoi sforzi egli non può che derivare, completare, simulare, ripetere, in una parola, appunto, ‹imitare› la natura - nelle molteplici declinazioni e sfumature in cui il principio di imitazione è stato formulato nel corso dei secoli - una natura la quale è già, in se stessa, la manifestazione integrale dell’Essere 4 . Solo con la modernità, man mano che si diffonde la visione della natura come di un’entità fattuale, ampiamente determinata dal caso e tale da non coincidere più con la totalità dell’Essere, può trovare spazio, fino ad assumere la rilevanza ‹ovvia› che oggi gli riconosciamo, l’idea che sia possibile concepire e produrre qualcosa di radicalmente nuovo. E può dunque affermarsi l’idea che l’attività produttiva dell’uomo, in primis quella poetica e artistica, possa avere un carattere propriamente creativo 5 , capace di dare origine a oggetti estranei all’originario ordine naturale delle cose, non deducibili da esso, e dotati invece di un proprio irripetibile valore ontologico e di una specifica, singolare, verità intrinseca. Leopardi si colloca nettamente nel solco di questa svolta dell’estetica moderna - sebbene, come vedremo, con una sua peculiare curvatura. Lo attesta intanto 148 Giovanni Vito Distefano <?page no="149"?> 6 Il passo si riferisce in generale a un uso espressivo, la personificazione appunto, tutt’altro che raro nello Zibaldone e nelle altre opere leopardiane. Tuttavia alcuni indizi consentono di ipotizzare che esso possa essere stato scritto proprio in relazione al pensiero di pagina 4372. Il primo indizio è che gli altri due pensieri appuntati lo stesso giorno fanno entrambi diretto riferimento, tramite gli usuali rimandi interlineari, alla medesima riflessione sulla poesia alla quale anche il passo di pagina 4372 partecipa. Il secondo è che la notazione appena precedente a quella che stiamo per leggere rimanda proprio a questa stessa pagina, anche se a un altro appunto. Con ogni probabilità dunque anche la terza e ultima annotazione del 20 ottobre 1828 è stata formulata nel corso della stessa rilettura di quei pensieri e, per così dire, con lo Zibaldone aperto alla pagina del passo che stiamo indagando. la secca negazione del principio aristotelico da cui siamo partiti così come, in modo persino più esplicito, alcuni passaggi di una sua indiavolata riflessione sulla poesia, appuntata nello Zibaldone poche settimane prima, e alla quale, secondo l’usus scribendi dello scartafaccio, il pensiero con la citazione dantesca si aggancia direttamente, come segnala il rimando reciproco posto in testa al brano («Alla p. 4358»). Il carattere creativo e non imitativo della poesia è sancito in quelle pagine con grande assertività e quasi con foga: il poeta immagina: l’immaginazione vede il mondo come non è, si fabbrica un mondo che non è, finge, inventa, non imita, non imita (dico) di proposito suo: creatore, inventore, non imitatore; ecco il carattere essenziale del poeta. (Zib. 4358 [29 agosto 1828]) Non solo la sua poetica, anche la riflessione leopardiana sulla natura è in linea con la concezione delineata da Blumenberg di un’entità non chiusa, non compiuta, non definita per sempre, ma aperta a sviluppi indefiniti, non prevedibili, ampiamente determinati dal caso. Ed è a questa idea di natura, che ci apprestiamo a precisare meglio, che Leopardi non smette di agganciare la poesia, in un senso che esula ormai nettamente dal paradigma imitativo. Nel pensiero a pagina 4372, come già abbiamo mostrato nella ricognizione iniziale, il rapporto tra poesia e natura viene descritto nella forma di un evento, il quale ha luogo nell’interiorità del soggetto e ne determina l’agire poetico: «la natura parla dentro di lui e per la sua bocca». È un’immagine che occorre decifrare con attenzione per poter delineare, seguendone la traccia, la riconfigurazione del rapporto tra poesia e natura su cui Leopardi si assesta. Un chiarimento essenziale è contenuto in un pensiero di poche settimane successivo, che tratta del significato da attribuire all’uso leopardiano di riferirsi alla natura in forma personificata. 6 Scrive Leopardi: Quando io dico: la natura ha voluto, non ha voluto, ha avuto intenzione ec., intendo per natura quella qualunque sia intelligenza o forza o necessità o fortuna, che ha «I’ mi son un che quando Natura parla» 149 <?page no="150"?> 7 Cf. Zib. 1791sq. (25 settembre 1821): «Si può dire (ma è quistione di nomi) che il mio sistema non distrugge l’assoluto, ma lo moltiplica; cioè distrugge ciò che si ha per assoluto, e rende assoluto ciò che si chiama relativo». 8 Cf. Franco Brioschi: «Forza dell’assuefazione», in: Lo Zibaldone cento anni dopo. Composizione, edizione, temi. Atti del X Convegno internazionale di studi leopardiani (Recanati-Portorecanati 14-19 settembre 1998). Firenze: Olschki 2001, 749sq.: «Nel regno di Arimane, nessun correlativo oggettivo farà riscontro all’esile filigrana di speranze, sogni, memorie che trama il nostro rapporto con il mondo. Né la poesia, che le dà voce, troverà mai più alcun fondamento ontologico […; ] a priori per Leopardi non possono essere altro che formazioni sedimentarie dell’esperienza pregressa, e perciò relative, contingenti, inseparabili dalla storia individuale del soggetto o, più indietro, dalla storia culturale e biologica della specie, mai universali, necessarie, assolute». 9 L’assuefazione è il processo attraverso il quale i dati semplici, disaggregati dell’espe‐ rienza - l’amorfo - si strutturano in formazioni psichiche, culturali, conoscitive, immaginative coerenti e complesse: «abiti, categorie, disposizioni, attese, non sono solo impedimenti, bensì anche condizioni di intelligibilità, che integrano i processi conformato l’occhio a vedere, l’orecchio a udire; che ha coordinati gli effetti alle cause finali parziali che nel mondo sono evidenti. (Zib.-4413 [20 ottobre 1828]) Questa articolata spiegazione prende le distanze da una concezione aprioristica di natura e si attesta invece su una concettualizzazione priva di una precisa ca‐ tegorizzazione - come segnala l’accumulo di denominazioni: «quella qualunque sia intelligenza o forza o necessità o fortuna» - il cui contenuto effettivo consta di due aspetti, come un prisma a due facce. La prima è la certezza autoriflessiva, da parte del soggetto, della propria sensibilità, il fatto che in qualche modo e per qualche motivo egli veda e senta, e sia consapevole, a posteriori, di vedere e di sentire, come in una sorta di ‹cogito› empirista. La seconda faccia è costituita dagli schemi basilari di interpretazione della realtà che il soggetto produce interpretando le evidenze che emergono nel corso della sua esperienza del mondo e sistematizzandole nella forma di rapporti di causa-effetto. Sono queste costruzioni mentali plausibili e però sempre «parziali», aperte a nuove comprensioni e nuove riformulazioni («effetti e cause parziali che nel mondo sono evidenti»). La natura, come manifestazione fenomenica dell’essere, ovvero come totalità di ciò che il soggetto effettivamente percepisce del mondo, coincide con il filo esile e cangiante di tali rappresentazioni, persuasioni, convincimenti, attese, immaginazioni, sentimenti. Una costruzione del mondo aperta al succe‐ dersi delle esperienze individuali, costitutivamente soggettiva e relativistica 7 , al di fuori della quale l’essere non è che un campo di potenzialità indefinite, un campo indeterminato e perciò inesprimibile. 8 Il passaggio dalla potenzialità indefinita dell’essere all’attualità fattuale dei fenomeni - ovvero la natura - è spiegato da Leopardi, sia sul piano gnoseologico delle rappresentazioni che su quello ontologico, con la teoria dell’assuefazione 9 . 150 Giovanni Vito Distefano <?page no="151"?> d’interazione con gli oggetti in un disegno riconoscibile […]. Sta di fatto che, da forza d’inerzia, l’assuefazione si rivela facoltà plastica, proiettiva, costruttrice. È la capacità del soggetto di scandire l’amorfo secondo connessioni e rapporti» (Brioschi: «Forza dell’assuefazione», 745). Sono poco meno di cinquecento le occorrenze del lemma censite da Andrea Malagamba nella voce «Assuefazione/ assuefabilità», in: Novella Bellucci / Franco D’Intino / Stefano Gensini (a cura di): Lessico Leopardiano 2014. Roma: Sapienza Università Editrice 2014, 29-36 (http: / / digilab2.let.uniroma1.it/ ojs/ index.php / Philologica/ article/ view/ 219/ 208 [28/ 2/ 2015]). Contributi imprescindibili sulla teoria leopardiana dell’assuefazione sono quelli di Alessandra Aloisi: Desiderio e assuefazione. Studio sul pensiero di Leopardi. Pisa: ETS 2014; Franco Brioschi: «Forza dell’assuefa‐ zione»; e la terza parte, intitolata «Corpo, linguaggio, civiltà» di Antonio Prete: Il pensiero poetante. Saggio su Leopardi. Milano: Feltrinelli 2006 [1980], 103-177. 10 Zib.-1452 (4-agosto 1821). 11 Ciò vale in generale, ma in modo ancor più spiccato per l’uomo, l’essere fra tutti più conformabile, e ancor di più per l’uomo di talento, il quale secondo la defini‐ zione leopardiana è colui in grado di assumere più facilmente e rapidamente nuove assuefazioni: «Ecco le differenze de’ talenti; maggiore o minor facilità d’assuefarsi e dissuefarsi» (Zib. 1553 [23 agosto 1821]); «il grande ingegno non si forma se non mediante l’uso dell’esercizio e delle assuefazioni, il qual uso gli facilita poi l’abito di assuefarsi, che è quanto dire, gli produce il talento (Zib. 1452 [4 agosto 1821]); cf. Zib. 2017 e 3882. 12 Impossibile dare conto in breve dei numerosissimi luoghi zibaldoniani che documen‐ tano la gamma amplissima degli effetti dell’assuefazione, rimando per un censimento essenziale e completo a Malagamba: «Assuefazione/ assuefabilità». In virtù della conformabilità che le è propria, la materia di cui è fatto l’uni‐ verso, come «una pasta molle» 10 , assume determinate forme per effetto delle circostanze, ampiamente determinate dal caso, in cui gli esistenti si trovano a esistere 11 . Per assuefazione, in particolare, l’uomo acquisisce, perde, trasforma, tutte le sue facoltà, a cominciare dalla sensibilità, sia in senso culturale, nella relatività dei gusti e dei giudizi estetici, sia in senso biologico, relativamente alla conformazione del proprio organismo e degli organi di senso menzionati nell’ultimo passo dello Zibaldone citato 12 . Nel quadro generale della teoria dell’assuefazione Leopardi formula anche un’efficace ridefinizione del concetto di imitazione poetica: La facoltà d’imitazione non è che facoltà di assuefazione; perocché chi facilmente si avvezza, vedendo o sentendo o con qualunque senso apprendendo, o finalmente leggendo, facilmente, ed anche in poco tempo, riducesi ad abito quelle tali sensazioni o apprensioni, di modo che presto, e ancor dopo una volta sola, e più o manco perfettamente, gli divengono come proprie; il che fa ch’egli possa benissimo e facil‐ mente rappresentarle ed al naturale, esprimendole piuttosto che imitandole, poiché il buono imitatore deve aver come raccolto e immedesimato in se stesso quello che imita, sicché la vera imitazione non sia propriamente imitazione, facendosi d’appresso «I’ mi son un che quando Natura parla» 151 <?page no="152"?> 13 Cf. Zib. 21, non datato ma del 1818: «Non solamente bisogna che il poeta imiti e dipinga a perfezione la natura, ma anche che la imiti e dipinga con naturalezza, anzi non imita la natura chi non la imita con naturalezza». 14 In un’aggiunta scritta lo stesso giorno - l’indicazione doppia della data prova che la scrittura è avvenuta in due momenti differenti - Leopardi opera precisamente sulla base di questo criterio una distinzione esplicita di ciò che «propriamente» è la poesia. Solo imitare se stessi, ovvero esprimere spontaneamente la propria interiorità, è vera poesia. Al contrario, prosegue Leopardi, quando «colla imitazione [il poeta] esce veramente da se medesimo, […] quella è un’arte umana [a differenza della poesia che nello stesso passo è detta «facoltà divina»]; è prosa, malgrado il verso e il linguaggio». Confutata ogni concezione formalistica della poesia e dell’arte, il soggettivismo espressivo su cui si fonda l’idea leopardiana di lirica è l’unico fondamentale criterio distintivo della poesia, cf. anche Zib. 1695sq. (14 settembre 1821): «Forza dell’assuefazione sull’idea della se medesimo, ma espressione. Giacché l’espressione de’ propri affetti o pensieri o sentimenti o immaginazioni ec. comunque fatta, io non la chiamo imitazione, ma espressione. (Zib. 3941sq. [6-dicembre 1823]) Ripensato entro il paradigma della teoria dell’assuefazione, il procedimento dell’imitazione viene a consistere in una dinamica a due fasi, di interiorizzazione e di espressione, che nella sua essenzialità esclude dal novero di ciò che è determinante qualsiasi altro requisito, sia la perizia nell’uso di una tecnica oppure la capacità di cogliere una supposta essenza originaria degli oggetti imitati. In primo luogo, un’imitazione efficace e naturale 13 («ch’egli possa benissimo e facilmente rappresentarle ed al naturale») dipende invece dal grado («più o manco perfettamente») in cui il soggetto ha potuto apprendere e interiorizzare gli aspetti specifici di una data realtà esterna, conformando su di essa («riducesi ad abito») la sua sensibilità e la sua capacità mentale, fino a fare di quella realtà una parte della propria (seconda) natura («gli divengono come proprie»). Dare poi espressione a questa porzione di natura introiettata per effetto dell’assuefazione, viene così in pratica a coincidere con l’atto di esprimere soggettivisticamente e spontaneamente la propria interiorità. L’andamento sintattico vagamente antitetico del passo esprime tale slittamento semantico, che porta a equalizzare imitazione ed espressione: «la vera imitazione non [è] propriamente imitazione […] ma espressione». La vera imitazione è quella che si fa «d’appresso se medesimo», ovvero dando voce «ai propri affetti o pensieri o sentimenti o immaginazioni»; solo che essa, conclude appunto Leopardi, non va chiamata «imitazione» ma appunto «espressione». È questa la stessa conclusione ripresa successivamente, in sintesi e però persino con la stessa sintassi litotica e antitetica, nella conclusione del pensiero a pagina 4372, subito dopo la citazione dantesca modificata: «Così il poeta non è imitatore se non di se stesso» 14 . La poesia, «la vera imitazione», è 152 Giovanni Vito Distefano <?page no="153"?> convenienza. L’uso ha introdotto che il poeta scriva in verso. Ciò non è della sostanza né della poesia, né del suo linguaggio, e modo di esprimer le cose […; ] in sostanza, e per se stessa, la poesia non è legata al verso […; ] il poetico, in tutta l’estensione del termine, non includ[e] punto l’idea né la necessità del verso, né di veruna melodia». 15 Cf. Zib. 4354-4358, sulla reductio ad unum della poesia alla lirica e Zib. 4234-4236, sulla riconfigurazione del tradizionale sistema dei generi poetici. dunque per Leopardi strettamente compresa entro i confini del soggettivismo poetico, ovvero è essenzialmente lirica - come già si concludeva nella riflessione zibaldoniana su cui il pensiero di pagina 4372 si innesta e che abbiamo già considerato in riferimento al carattere creativo della poesia 15 . Tali confini, però, sono ormai espansi indefinitamente perché il soggetto individuale è il fulcro, attivo e insostituibile, di ogni determinata costituzione del mondo - o meglio di un mondo - nel vuoto delle indefinite possibilità dell’essere. Il poeta che ‹imita se stesso›, esprime liricamente la propria interiorità, dà espressione a quel tanto di realtà che nel corso dell’esperienza del mondo ha introiettato e interiorizzato, nella consapevolezza che l’interiorità è il solo luogo nel quale propriamente la natura può prendere forma e manifestarsi, in forme costitutivamente singolari e contingenti a ciascun individuo. Questa natura parla dentro il poeta e per la sua bocca. 2. La stessa immagine si presta ancora a una disamina della sua dimensione intertestuale, funzionale a muovere, come anticipato, in direzione della citazione dantesca. Ciò permetterà inoltre di agevolare l’individuazione di un altro pilastro essenziale, oltre al soggettivismo lirico e al ruolo dell’immaginazione, della costellazione concettuale che sostiene questo luogo cruciale della riflessione le‐ opardiana sulla poesia: l’ispirazione. La ridefinizione, alternativa alla concezione mimetica, del rapporto fra poesia e natura si compie pienamente entro l’ambito paradigmatico di una poetica dell’ispirazione. L’immagine della «natura che parla dentro il poeta e per la sua bocca» occorre in un passo piuttosto celebre della Prefazione di Alexander Pope alla sua edizione delle opere di Shakespeare (1725), passo che è opportuno affiancare a quello leopardiano in considerazione non solo di questo riscontro puntuale ma in quanto presenta quasi integralmente la stessa struttura argomentativa, fin dal punto di partenza del rifiuto del principio di imitazione. Nel delineare la fisionomia essenziale del poeta per eccellenza, Pope si colloca esplicitamente nell’alveo della tradizione di pensiero che individua nell’ispirazione il tratto distintivo della poesia: «I’ mi son un che quando Natura parla» 153 <?page no="154"?> 16 Alexander Pope: «The Preface of the Editor», in: The Works of Shakespeare. London: Jakob Tonson 1725, ii (corsivo mio). 17 La sintesi dei principali aspetti dell’ispirazione è tratta da Meyer H. Abrams: The Mirror and the Lamp. Romantic Theory and the Critical Tradition. London: Oxford University Press 1971 [1953], 189. 18 Nella sua sintetica ricostruzione sull’argomento, Abrams considera a titolo esemplifi‐ cativo la psicologia meccanicista di Alexander Gerard, per il quale l’esaltazione dell’en‐ tusiasmo è un effetto della velocità dei processi mentali attivati dall’immaginazione, al punto che «the fire of genius, like a divine impulse, raises the mind above itself, and by the natural influence of imagination actuates it as if it were supernaturally inspired» (Abrams: The Mirror and the Lamp, 191; si noti come i termini sovrannaturali sono qui ridotti a semplici amplificazioni retoriche), e l’ipotesi di Percy Bysshe Shelley (1792-1822), secondo il quale il potere creativo della mente ispirata «arises from within, like the colour of a flower which fades and changes as it is developed, and the conscious portions of our natures are unprophetic either of its approach or its departure» (ibid., 192). The poetry of Shakespeare was inspiration indeed: he is not so much an Imitator, as an Instrument of Nature: and ’tis not so just to say that he speaks from her, as that she speaks thro’ him. 16 L’idea che la poesia abbia origine da un processo differente dalla normale elaborazione mentale - un processo caratterizzato da imprevedibilità, immediatezza e perdita di consapevolezza, nel quale l’autore percepisce di prendere involontariamente parte a un’esperienza automatica di intenso eccitamento e rapita elevazione, al punto che la sua stessa opera poetica gli possa alla fine risultare quasi estranea e come scritta da ben altre forze che le proprie - è forse la teoria estetica più antica, nonché quella più capace di svilupparsi e articolarsi in molteplici varianti, articolazioni, derivazioni, senza mai disperdere del tutto il proprio nucleo essenziale. 17 La versione più antica di questo topos, testimoniata nello Ione e nel Fedro platonici così come nella Bibbia, spiega il fenomeno con l’intervento diretto di un’entità sovrannaturale - il demone, la divinità - capace per un certo tempo di visitare e possedere spiritualmente il poeta. Nella modernità, invece, emerge l’idea che l’esperienza dell’ispirazione sia determinata da fattori immanenti, non più sovrannaturali, e inerenti alle proprietà psicologiche della mente umana e all’interiorità dell’individuo. 18 Entro questo sommario diagramma dello sviluppo storico del concetto di ispirazione poetica, una posizione peculiare è quella occupata da Dante, il quale fa coesistere insieme elementi propri dell’idea più antica di un’ispirazione eteronoma e trascendente, con altri che anticipano invece l’idea di un’ispira‐ zione determinata da un insopprimibile impulso interiore. Ed è proprio il passo di Purgatorio XXIV ripreso da Leopardi in questo punto dello Zibaldone a offrire la più efficace sintesi di questa doppia valenza della concezione dantesca 154 Giovanni Vito Distefano <?page no="155"?> 19 Nel dialogo tra Dante e Bonagiunta, le due accezioni possono coesistere, senza con‐ trapporsi, nelle differenti prospettive interpretative dei due personaggi. Bonagiunta è in grado di cogliere la concezione erotico-psicologica, e di riferirla alla poetica storia dello stilnovo, laddove Dante-personaggio intende il sovrasenso dell’ispirazione trascendente, riferito al presente della Commedia. Cf. Angelo Jacomuzzi: «Ond’io son fatto scriba», in: id.: L’Imago al Cerchio e altri studi sulla Divina Commedia. Milano: Franco Angeli 1995, 49-52. 20 Jacomuzzi: «Ond’io son fatto scriba», 51. 21 Cf. Inf. II, 7: «O muse, o alto ingegno or m’aiutte»; Purg.-XVII, 13-18: «O immaginativa […] | chi move te se ’l senso non ti porge? | Moveti lume che nel ciel s’informa, | per sé o per voler che giù lo scorge»; Par.-I, 19-24: «Entra nel petto mio e spira tue […] | O divina virtù se mi ti presti | tanto che l’ombra del beato regno | segnata nel mio capo io manifesti»: Par. II, 8sq.: «L’acqua ch’io prendo già mai non si corse | Minerva spira, e conducemi Apollo, | e nove Muse mi dimostrano l’Orse»; Par. X, 26sq.: «ché a se torce tutta la mia cura | quella materia ond’io son fatto scriba»; Par. XVIII, 82-87: «O diva Pegasea […] | illustrami di te, sì ch’io rilevi | le lor figure com’io le concette: | paia tua possa in questi versi brevi! »; Par. XXXIII, 67-72: «O somma luce che tanto ti levi | da’ concetti mortali, alla mia mente | ripresa un poco di quel che parevi, | e fa la lingua mia tanto possente, | ch’una favilla sol de la tua gloria | possa lasciare alla futura gente». 22 Riprendo la sintesi, con modifiche, da Mario Casella: «F. Figurelli, Il dolce stil novo (Napoli 1933)» [recensione], in: Studi danteschi 18 (1934), 105-126. dell’ispirazione. 19 In virtù di tale peculiarità è possibile dar conto della pregnanza della citazione leopardiana. Nel sistema dantesco, la convergenza di posizioni metapoetiche differenti è un riflesso della latitudine vertiginosa della sua concezione dell’amore. Da un lato, nella prospettiva del poema sacro, Amore è «in sostanza, uno dei nomi di Dio» 20 , cosicché affermare di subordinare la scrittura al suo dettare significa in pratica rivendicare per la propria poesia la qualità di parola divinamente ispirata, e per se stesso la dignità di profeta e di scriba divino, capace di trascendere i limiti dell’esperienza umana e della conoscenza terrena - rivendi‐ cazioni che difatti occorrono ripetutamente nel poema 21 . Dall’altro, l’autoritratto del poeta che «va significando» al «modo» in cui Amore ispiratore gli «ditta dentro» delinea l’idea di una poesia che scaturisce dal sentimento che il poeta si sente «dentro», nel profondo della propria interiorità, e che ascolta attento, par‐ tecipe, commosso, per poi esprimere ‹fuori› ciò che sente, in parole ‹esteriori› il più possibile corrispondenti a quelle ‹interiori›. Una poesia, cioè, che persegue la spontaneità e vuole vibrare della stessa vitalità del sentimento che l’ha ispirata 22 : alla luce di queste determinazioni racchiuse nella formula dell’I’ mi son un emerge la potenziale consonanza con il soggettivismo lirico leopardiano. L’ipotesi che Leopardi possa aver interpretato la dichiarazione di poetica dell’I’ mi son un come un’attestazione storica di quello stesso soggettivismo espressivo che nello Zibaldone ha concluso essere il fondamento essenziale della «I’ mi son un che quando Natura parla» 155 <?page no="156"?> 23 Si confronti il giudizio di Auerbach - «poteva penetrare mille figure senza cessare di essere Dante, poteva parlare le loro mille lingue, ed era pur sempre la lingua di Dante» (Erich Auerbach: Dante als Dichter der irdischen Welt. Berlin / Leipzig: De Gruyter 1929, trad. it. «Dante poeta del mondo terreno», in: id.: Studi su Dante. Milano: Feltrinelli 1963, 84) - con le considerazioni di Leopardi circa la liricità di fondo dei pezzi di «buona» poesia drammatica: «L’imitazione drammatica non può essere spontanea e veramente secondo natura, se non in quanto a un solo personaggio, o 2 al più, e solo in alcune scene, cioè in quelle che corrispondano alla situazione attuale dell’animo del poeta. Ma qui è sempre il poeta egli stesso che si dipinge, o piuttosto parla, sotto altro nome; e quella non è veramente imitazione, ma quasi un travestimento. In tutti gli altri personaggi ed in altre scene, la poesia è necessariamente sofistica. Del resto, tali scene, dove il poeta esprimesse i suoi sentimenti, passioni ec. attuali sotto nome di qualche personaggio storico, se si componessero staccate, potrebbero esser buona poesia: il poeta può aver buone ragioni per nascondersi sotto nome altrui; può trovarvisi, se non altro, più a suo agio; ed è anche poetico in qualche modo quel rapporto trovato ed espresso fra la propria situazione attuale, e quella d’alcun personaggio storico ec.» (Zib. 4398sq. [28 settembre 1828]). 24 Cf. Enrico Ghidetti: «Mito e culto di Dante fra Settecento illuminista e Ottocento romantico-risorgimentale», in: La rassegna della letteratura italiana CXVI.2 (2012), 405sq.: «Leopardi riconosce il personaggio-poeta Dante al centro della Commedia e, proprio sulla base dell’opera dantesca, arriva alla formulazione di una verità fondamen‐ tale per la storia della poesia: l’identificazione della poesia con la lirica, che, cancellando i generi letterari codificati dalla tradizione, chiude in epoca moderna il circolo della storia universale della poesia». vera poesia trova conferma in un giudizio sulla Divina commedia appuntato poco tempo dopo il pensiero con la citazione modificata. È un giudizio, piuttosto noto, che si discosta nettamente dagli altri passi dello Zibaldone riferiti a Dante, focalizzati per lo più sulla forza icastica e immaginifica del suo stile poetico. Scrive Leopardi: La Divina Commedia non è che una lunga Lirica, dov’è sempre in campo il poeta e i suoi propri affetti. (Zib.-4417 [3-novembre 1828]) In accordo con i presupposti teorici della riflessione leopardiana sulla poesia, la Commedia è qui apprezzata per l’intensa, costante centralità del soggetto autoriale che permea la creazione poetica. L’io di Dante, intende Leopardi, anima ogni dettaglio della Commedia, le sue parole risuonano in ogni voce che compare sulla scena del racconto 23 , la verità del poema è la sua verità soggettiva, l’espressione delle sue persuasioni e dei suoi giudizi intimi, la manifestazione delle sue personali esperienze intellettuali, morali, poetiche. 24 La Commedia è perciò a buon titolo definibile una lirica e, viceversa, la formula con cui Dante ha riassunto la sua poetica può ben essere associata a una moderna poetica dell’ispirazione interiore. 156 Giovanni Vito Distefano <?page no="157"?> 25 Precisare la concezione dantesca dell’amore è un compito non facile, come dimostra l’ampia e variegata bibliografia critica sull’argomento e, per non fare che un esempio, le ventiquattro accezioni censite alla voce Amore dell’Enciclopedia dantesca. Si vedano almeno Enrico Malato: «Amor cortese e amor cristiano da Andrea Cappellano a Dante», in: id.: Lo fedele consiglio de la ragione. Studi e ricerche di letteratura italiana. Roma: Salerno 1989, 126-227; Bruno Nardi: «Filosofia dell’amore nei rimatori italiani del Duecento e in Dante», in: id.: Dante e la cultura medievale. Nuovi saggi di filosofia dantesca. Bari: Laterza 1949 [1941], 1-92; Guido Favati: «La concezione filosofica e poe‐ tica dell’amore in Dante», in Enciclopedia dantesca. Vol I. Roma: Treccani 1970, 230-236 (http: / / www.treccani.it/ enciclopedia/ amore_(Enciclopedia-Dantesca)/ [29/ 7/ 2023]). 26 «L’animo, ch’è creato ad amar presto, | ad ogne cosa è mobile che piace, | tosto che dal piacere in atto è desto. | Vostra apprensiva da esser verace | tragge intenzione, e dentro a voi la spiega, | sì che l’animo ad essa volger face; | e se, rivolto, inver’ di lei si piega, | quel piegare è amor, quell’è natura | che per piacer di novo in voi si lega.» (Pg. XVIII, 19-27). 27 Cf. Pg. XVII, 106-139. L’amore è il fondamento dinamico di ogni scelta e di ogni azione dell’uomo, il quale nel Purgatorio «si rivela ormai veramente quale il principio, indifferenziato in sé, della salvezza e della dannazione, a seconda dell’oggetto che assume, ma prima ancora si pone come la fondamentale forza motrice dell’attività umana» (Favati: «La concezione filosofica e poetica dell’amore in Dante», 234). Cf. anche Malato: «Amor cortese e amor cristiano da Andrea Cappellano a Dante», 203sq. Ulteriori elementi di affinità tra la concezione dantesca di lirica ispirata da amore e il soggettivismo poetico leopardiano emergono se si approfondisce la teoria dantesca dell’amore. 25 Una compiuta fisiologia di amore, inteso come fondamentale pulsione interiore, è esposta in Pg. XVIII, nel punto calcolatissimo in cui coincidono la metà del viaggio attraverso i tre regni, la quarta cornice del Purgatorio, e del poema, l’inizio del cinquantunesimo canto. 26 Amore, spiega Dante per bocca di Virgilio, è il «piegarsi» dell’animo umano verso un oggetto per il quale prova piacere. In questo modo l’animo si determina, cioè attualizza in una forma specifica, nell’amare in un dato modo un oggetto definito, la sua ingenita potenzialità di amare, originariamente indeterminata quanto all’oggetto, all’intensità e in generale alla forma specifica dell’amore. In questo senso, chiosa Dante, amore è «natura che per piacer di novo in voi si lega», cioè una nuova natura che il soggetto contrae in seguito alla sua interazione con il mondo esterno. Ciascun uomo è essenzialmente il risultato di tali successive determinazioni, come dimostra il fatto che la sua destinazione post-mortem, rivelatrice dell’esatta natura morale di ogni individuo, è stabilita nel Purgatorio in funzione della direzione e del grado assunti in vita dal suo amore - così spiega Virgilio nella descrizione della struttura del secondo regno che, simmetricamente alla trattazione sull’amore, occupa la seconda metà del XVII canto. 27 «I’ mi son un che quando Natura parla» 157 <?page no="158"?> 28 Al punto che può suonare inaspettatamente leopardiano il commento a questo brano del Purgatorio di un dantista come Michele Barbi, il quale spiega: «quel piegare è amore, quel piegare è natura che per il piacere va a farsi abito, che è come una seconda natura» (Michele Barbi: «Per una più precisa interpretazione della Divina Commedia», in: id.: Problemi di critica dantesca (1893-1918). Firenze: Sansoni 1934, 227). Abito, seconda natura, piegare: tutti i termini di questa breve parafrasi sono virtualmente parte del lessico leopardiano. Nella loro dinamica generale, in quanto fenomeni di interiorizzazione degli elementi della realtà esterna e di conseguente determinazione di una natura individuale originariamente indeterminata, la fisiologia dantesca dell’amore e la teoria leopardiana di una natura modellata dall’assuefazione rivelano una sorprendente affinità. 28 Da questa corrispondenza fra amore, in Dante, e natura, in Leopardi, discende la possibilità di interpretare in modo pregnante lo scambio dei due termini nella citazione zibaldoniana del verso dantesco. Il dispositivo testuale della citazione modificata esprime un’affinità e segnala simultaneamente gli elementi di differenza, poiché associa le due poetiche scambiando però le rispettive parole chiave. Dettato di Amore o parola di Natura, la poesia è per entrambi essenzialmente un’espressione diretta, vibrante, dell’interiorità dell’io. La sua efficacia, la sua capacità di destare interesse, la sua forza persuasiva, la sua verità, discendono dalla stretta adesione a ciò che l’io effettivamente è - ovvero, leopardianamente, che è diventato per effetto dell’assuefazione - e sono conseguenti al proseguirsi ininterrotto nella poesia dell’impulso che muove l’io in tutte le manifestazioni del suo essere - ovvero, dantescamente, l’amore. Per entrambi la poesia non imita la natura, eppure il filo che lega poesia e natura non è del tutto reciso, perché l’io che nella vera poesia si esprime è il prodotto incarnato della sua interazione con l’esistente che lo circonda. 3. Nella Divina Commedia, si è detto, la formula dell’I’ mi son un allude simultaneamente sia a un’ispirazione trascendente, suscitata dalla divinità, sia, ed è su questa seconda accezione che ci siamo fin qui soffermati, a un’ispirazione originata da un impulso interiore all’animo del poeta (non necessariamente meno irresistibile). È il caso, prima di concludere, di vagliare la citazione anche in riferimento alla prima e più antica concezione dell’ispirazione poetica. Naturalmente, una volta esclusa una concezione dualistica del mondo, non è più possibile per i moderni concepire l’idea di una poesia in grado di trascendere propriamente l’ambito terreno e fenomenico, nell’esperienza extra-ordinaria 158 Giovanni Vito Distefano <?page no="159"?> 29 Si tratti dell’intuizione degli intelligibili, come nella divina mania del poeta tratteggiata da Platone nel Fedro, oppure della visione mistico-profetica del poeta-scriba di Amore nella Commedia. 30 Gianni Carchia: «Dal sublime della poesia alla poesia del sublime. Per una rilettura dello pseudo-Longino», in: id.: Retorica del sublime. Roma / Bari: Laterza 1990, 110sq. di un contatto diretto con il piano trascendente e sovraordinato del reale 29 . Nella citazione modificata, lo scambio delle due parole-chiave potrebbe allora leggersi come il rifiuto di un concetto, Amore, compromesso con un’ontologia che ammette la trascendenza, a vantaggio di uno, Natura, che pur con tutta la sua complessa polisemia è saldamente radicato nell’immanenza. Allo stesso tempo, però, e pur con questa sostanziale alterazione, si può cogliere nella citazione dell’I’mi so un una traccia del proseguirsi in Leopardi di un’idea di poesia memore delle sue antiche prerogative. La «vera» poesia, non a caso definita «facoltà divina» appena poche righe dopo la citazione, è allora quella che, pur senza trascenderlo propriamente, sporge oltre l’orizzonte della condizione materiale dell’esistenza e si costituisce nello slancio con cui cerca di superare il limite insuperabile delle capacità cognitive ed espressive dell’uomo. Questa dimensione paradossale è precisamente la dimensione costitutiva del sublime, come ha magistralmente spiegato Gianni Carchia: Lo hypsos è, in certo modo, la rammemorazione dello stesso spazio originario della poesia: idea di uno slancio in direzione della radice oltreumana e oltrerazionale della parola. Il modello è qui, ancora una volta, il Fedro di Platone. 30 Nella direzione di un’estetica del sublime rinnovata e però insieme memore della sua antica tradizione, la citazione dantesca modificata che impreziosisce questa pagina dello Zibaldone apre a ulteriori impegnativi raffronti. Bibliografia Dante Alighieri: Commedia. A cura di Anna Maria Chiavacci Leonardi. Milano: Mondadori 2004 [1997]. Leopardi, Giacomo: Zibaldone di pensieri. A cura di Rolando Damiani. 3 vol. Milano: Mondadori 2011 [1997]. Abrams, Meyer H.: The Mirror and the Lamp. Romantic Theory and the Critical Tradition. London: Oxford University Press 1971 [1953]. Aloisi, Alessandra: Desiderio e assuefazione. Studio sul pensiero di Leopardi. Pisa: ETS 2014. Aristotele: Aristotelis physica. A cura di W.D. Ross. Oxford: Clarendon Press, 1966 [1960]. «I’ mi son un che quando Natura parla» 159 <?page no="160"?> —: Aristotelis meteorologicorum libri quattuor. A cura di F.H. Fobes. Cambridge (Mass.): Harvard University Press 1967 [1919]. Auerbach, Erich: Dante als Dichter der irdischen Welt. Berlin / Leipzig: De Gruyter 1929, trad. it. «Dante poeta del mondo terreno», in: id.: Studi su Dante. Milano: Feltrinelli 1966, 1-161. Barbi, Michele: «Per una più precisa interpretazione della Divina Commedia», in: id.: Problemi di critica dantesca (1893-1918). Firenze: Sansoni 1934, 197-303. Blumenberg, Hans: «‹Nachahmung der Natur›. Zur Vorgeschichte des schöpferischen Menschen», in: Grundlagentexte Kulturphilosophie. Hg. von Ralf Konersmann. Ham‐ burg: Meiner 2009, 201-232 (prima edizione in: Studium Generale 10 (1957), 266-283). Brioschi, Franco: «Forza dell’assuefazione», in: Lo Zibaldone cento anni dopo. Compo‐ sizione, edizione, temi. Atti del X Convegno internazionale di studi leopardiani (Recanati-Portorecanati 14-19 settembre 1998). Firenze: Olschki 2001, 737-750. Carchia, Gianni: «Dal sublime della poesia alla poesia del sublime. Per una rilettura dello pseudo-Longino», in: id.: Retorica del sublime. Roma / Bari: Laterza 1990, 105-115. Casella, Mario: «F. Figurelli, Il dolce stil novo (Napoli 1933)» [recensione], in: Studi danteschi 18 (1934), 105-126. Favati, Guido: «La concezione filosofica e poetica dell’amore in Dante», in: Enciclopedia dantesca. Vol-I. Roma: Treccani 1970, 230-236 (http: / / www.treccani.it/ enciclopedia/ a more_(Enciclopedia-Dantesca)/ [29/ 7/ 2023]). Ghidetti, Enrico: «Mito e culto di Dante fra Settecento illuminista e Ottocento roman‐ tico-risorgimentale», in: La rassegna della letteratura italiana CXVI.2 (2012), 379-408. Jacomuzzi, Angelo: «Ond’io son fatto scriba», in: id.: L’Imago al Cerchio e altri studi sulla Divina Commedia. Milano: Franco Angeli 1995. Malagamba, Andrea: «Assuefazione/ assuefabilità», in: Novella Bellucci / Franco D’In‐ tino / Stefano Gensini (a cura di): Lessico Leopardiano 2014. Roma: Sapienza Università Editrice 2014, 29-36 (http: / / digilab2.let.uniroma1.it/ ojs/ index.php/ Philologica/ article / view/ 219/ 208 [28/ 2/ 2015]). Malato, Enrico: «Amor cortese e amor cristiano da Andrea Cappellano a Dante», in: id.: Lo fedele consiglio de la ragione. Studi e ricerche di letteratura italiana. Roma: Salerno 1989, 126-227. Nardi, Bruno: «Filosofia dell’amore nei rimatori italiani del Duecento e in Dante», in: id.: Dante e la cultura medievale. Nuovi saggi di filosofia dantesca. Bari: Laterza 1949 [1941], 1-92. Pope, Alexander: «The Preface of the Editor», in: [Shakespeare, William: ] The Works of Shakespeare. London: Jakob Tonson 1725, i-xxiv. Prete, Antonio: Il pensiero poetante. Saggio su Leopardi. Milano: Feltrinelli 2006 [1980]. 160 Giovanni Vito Distefano <?page no="161"?> Die Materie des Lebens: Natur und Symbol im Werk Leopardis Der Mythos vom Phönix La materia della vita: natura e simbolo nel percorso leopardiano Il mito della fenice Franca Janowski Al di fuori della scienza, nella letteratura, la natura vive come metafora dell’immaginario. Pertanto il concetto medievale di ‹libro della natura› può essere reinterpretato oggi come scrittura della nostra immaginazione, leggibile in immagini poetiche e in intuizioni filosofiche. I testi leopardiani aventi come oggetto la natura offrono un esempio di questo percorso. Nella figura della metafora il depotenziamento moderno del mito assume concrezione figurativa. Il ricorso alla fenice, mitema che Leopardi analizza nel suo scritto giovanile Sopra gli errori popolari degli antichi, inserisce Leopardi in una tradizione in cui Michelangelo e Tasso hanno lasciato un’orma profonda. Frammenti del mito raccolti da Leopardi invitano ad una rivisitazione delle sue componenti esistenziali, in particolare nel con‐ testo della riflessione sulla sofferenza. Nel grandioso scenario metaforico della Ginestra leopardiana incontriamo una fenice moderna, un’immagine di fragilità e di resistenza a cui la forza rigeneratrice della natura par tuttavia concedere un’ombra di immortalità. In der Literatur abseits der Wissenschaft lebt die Natur als Metapher des Imaginären. Denn das mittelalterliche Konzept vom ‹Buch der Natur› kann heute neu interpretiert werden als eine durch unsere Einbil‐ dungskraft geschaffene und in poetischen Bildern und philosophischen Intuitionen wahrnehmbare écriture. Die Texte Leopardis, welche die Natur als Gegenstand ergreifen, veranschaulichen diesen Prozess. In der Figur der <?page no="162"?> 1 Cf. Ernst Robert Curtius: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter. Tübingen: Francke 1993. Trad. it.: Letteratura europea e Medio Evo latino. Firenze: La Nuova Italia 1992. 2 Johann Wolfgang von Goethe: «Sendschreiben», in: id.: Poetische Werke. Bd. I. Berlin: Aufbau-Verlag 1966, 405-407. 3 Nel seguito lo Zibaldone sarà citato secondo l’edizione di Giuseppe Pacella: Giacomo Leopardi: Zibaldone di pensieri. Ed. critica e annotata a cura di Giuseppe Pacella. 3-vol. Milano: Garzanti 1991. 4 Ich hasse die Natur! Mensch, Natur, Zukunft. Ausstellung, Schiller-Museum Weimar, Juni-August 2021. Su questa mostra Thomas Steinfeld in: Süddeutsche Zeitung, 1.6.2021. Steinfeld ha ragione quando afferma: «Was landläufig als Natur bezeichnet wird, erscheint als Hypostase, als gedankliche Verselbständigung». Metapher erhält die moderne Dekonstruktion des Mythos konkrete Ge‐ stalt. Die Erzählung vom Phönix, die Leopardi in seiner Jugendschrift Sopra gli errori popolari degli antichi analysiert hat, verbindet den Dichter mit einer Tradition, in der Michelangelo und Tasso eine tiefe Spur hinterlassen haben. Die Fragmente des Mythos, die Leopardi aufgelesen hat, laden zu einer Neuauslegung seiner existentiellen Komponenten, insbesondere in der Reflexion über das Leiden, ein. Im mächtigen Szenario der Ginestra begegnen wir einem modernen Phönix, einem Bild von Fragilität und Widerstand, dem dennoch die regenerierende Kraft der Natur einen Schein von Unsterblichkeit zu gewähren vermag. Parole chiave: natura, mito, metafora, vita, esistenza, temporalità, soffe‐ renza Schlagwörter: Natur; Mythos, Metapher, Leben, Existenz, Zeit, souffrance Natura: per secoli ci siamo serviti della metafora del libro della natura, un’imma‐ gine simbolica che risale al linguaggio liturgico e alla speculazione mistico-filo‐ sofica del Medio Evo 1 , entrata poi nell’uso comune: «Sieh, so ist Natur ein Buch lebendig» 2 poteva ancora esclamare, seppur ironicamente, Goethe. Oggi i libri sono minacciati, la loro sorte, citando Leopardi, «è quella degli insetti chiamati effimiri (éphemères); alcune specie vivono poche ore, alcune una notte, altre 3 o 4 giorni» (Zib. 4270sq.). 3 Anche il destino della natura, nonostante l’apparente successo dell’ecologia, sembra segnato. Una recente esposizione a Weimar dal titolo provocatorio «Ich hasse die Natur» 4 documentava come noi oggi non sappiamo realmente che cosa sia la natura e dove si trovino i suoi confini. Che cosa ha dunque da dirci oggi il libro della natura? Esiste ancora una via per esprimerla, per scriverla o forse «lo spazio vuoto di Dio», la «res amissa», per 162 Franca Janowski <?page no="163"?> 5 Un suggerimento ci viene da Giorgio Caproni e dalla sua breve poesia Il libro della natura, in: Giorgio Caproni: Tutte le poesie. Milano: Garzanti 2020, 917: «‹Il libro della natura…› | Certo. A chiunque esprime | quanto né letteratura, | né scienza, né teologia | possono con la parola | spiegare a chicchessia». 6 Hans Blumenberg: Die Lesbarkeit der Welt. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1999, 175sq. usare l’espressione di Giorgio Caproni, che non si raggiunge con i sensi, è solo un’idea, uno schema mentale al di là dei segni che le cose lasciano dietro di loro? 5 Al di fuori della realtà scientifica, nella letteratura la natura vive ancora come metafora dell’immaginario. Con le parole di Hans Blumenberg: Dies ist der neue Sinn der Metapher vom Buch der Natur; denn, sofern sie überhaupt Buch ist, haben wir dieses in unserer Sprache geschrieben, weniger durch unsere Erkenntnis als durch unsere Einbildungskraft. 6 È questa la traccia che si seguirà analizzando la metaforicità in testi leopardiani legati alla natura. In particolare un mitema, quello della fenice, servirà come guida ipotetica alla ricerca della dinamica nascosta in immagini poetiche e in intuizioni filosofiche. Nella metafora il depotenziamento moderno del mito assume concrezione figurativa. Il ricorso ad una figura favolosa e dimenticata, quella fenice, cara da Petrarca a D’Annunzio alla poesia italiana, può apparire arbitrario, se si tiene conto che i predicati tradizionali della fenice sono solo un’eco nascosta nella poesia leopardiana, una metaphora abscondita, leggibile spesso via negationis, e che l’avis compare in maniera esplicita solo criticamente in un scritto giovanile. La ragione di questo insolito riferimento è da ricercarsi nel motivo della sofferenza come cifra della vita. Interpretando la fenice come simbolo della passione e risurrezione di Cristo, il Cristianesimo ha introdotto nel mito l’elemento della sofferenza cantato poi in Petrarca e nella la tradizione romanza come fuoco della passione amorosa. I frammenti del mito raccolti da Leopardi prescindono da questo elemento simbolico ma costituiscono a mio parere una originale rivisitazione delle sue componenti esistenziali. Presupposto del discorso è l’equazione più volte tematizzata nello Zibaldone tra natura e vita: «Quello che noi chiamiamo natura non è principalmente altro che l’esistenza, l’essere, la vita, sensitiva o non sensitiva, delle cose» (Zib. 3814). Il libro della vita non si legge con la ragione matematica mediante teorie e ipotesi, ma sillabando l’alfabeto della poesia. Questo significa sentire la natura materialmente nella concretezza della nostra esistenza, farne cioè la materia della nostra vita. Infatti per Leopardi La materia della vita: natura e simbolo nel percorso leopardiano 163 <?page no="164"?> 7 Mario Andrea Rigoni: Il pensiero di Leopardi. Milano: Bompiani 1997, 23sq. 8 Nella ricerca c’è consenso nel sottoporre il dibattito tra le due concezioni della na‐ tura ‹provvida madre› o ‹malvagia matrigna› ad un esame nel quadro di una problema‐ tica strutturale della filosofia leopardiana. Più che di fasi di pensiero sembra opportuno, a partire dagli studi di Timpanaro e Solmi e D’Intino, individuare due linee speculative che coesistono nell’intero percorso. Il pessimismo leopardiano è stato sottoposto ad una revisione critica, sino a considerarlo uno stereotipo (Antonio Prete). La problematica è stata al centro del convegno di Bonn della Deutsche Leopardi-Gesellschaft; cf. Milan Herold / Barbara Kuhn (Hg.): Lebenskunst nach Leopardi. Anti-pessimistische Strategien im Werk Giacomo Leopardis. Tübingen: Narr 2020 (Ginestra, 29/ 30). 9 Uno fra i tanti pensieri leopardiani sul tema del rapporto fra piacere e felicità: «Non è forse cosa che tanto consumi ed abbrevi o renda nel futuro infelice la vita, quanto i piaceri. E d’altra parte la vita non è fatta che per il piacere, poiché non è fatta se non per la felicità, la quale consiste nel piacere, e senza di esso è imperfetta la vita, perché manca del suo fine, ed è una continua pena perch’ella è naturalmente e necessariamente un continuo e mai interrotto desiderio e bisogno di felicità cioè di piacere» (Zib.-4087). 10 L’espressione è rousseauiana. La profonda influenza di Rousseau è stata studiata a fondo dalla critica, in aerea tedesca ci si limita qui a rimandare al volume di Susanne Koopmann: Studien zur verborgenen Präsenz Rousseaus im Werk Giacomo Leopardis. Tübingen: Stauffenburg 1998. Trad. it.: Studi sulla recondita presenza di Rousseau nell’opera di Giacomo Leopardi. Cosenza: Memoria 2003. l’unico organo omologo alla natura e tale da penetrarne l’essenza, la struttura e i fini è rappresentato non dalla «pura e semplice ragione» e dalla matematica, che non hanno sensorio alcuno (Zib. 3242: 22 agosto 1823) ma dall’immaginazione e dalla sensibilità, «sorta di prolungamento o di tentacolo della corporeità stessa». 7 Il concetto di vita leopardiano è complesso e presenta le stesse oscillazioni tra positività e negatività del concetto di natura a cui è indissolubilmente legato 8 ; la vita infatti porta il marchio della «stridente contraddizione della natura» e cioè il segno del conflitto tra il suo fine che è il piacere e la pena del suo impossibile raggiungimento. 9 Nell’ottobre del 1823 il rapporto tra vita e natura è euforico: La natura è vita. Ella è esistenza. Ella stessa ama la vita, e procura in tutti i modi la vita, e tende in ogni sua operazione alla vita. […] Quindi la natura, ch’è vita, è anche felicità. (Zib.-3813sq.) Già poco più tardi nel tempo della composizione delle Operette Morali un ben altro sentire prevale: «La natura è esistenza e tende all’esistenza e non alla vita perché essa è materia» (Zib. 3936). La vita è considerata ora il sentimento dell’esistenza 10 , qualche cosa di interiore rispetto all’esistenza che è vita nel suo aspetto esterno. Non solo la materia tende alla vita, ma è vita essa stessa, infatti 164 Franca Janowski <?page no="165"?> 11 Precedentemente Leopardi aveva affermato: «Che cosa è dunque il mondo fuorché Na‐ tura? Ho detto che l’intelletto umano è materiale in tutte le sue operazioni e concezioni. La teoria stessa dell’intelletto si deve applicare al cuore e alla fantasia» (Zib.-1694sq.). 12 Cf. Antonio Prete: Il pensiero poetante. Saggio su Leopardi. Milano: Feltrinelli 1996, 166. 13 Cf. Franca Janowski: «L’animale infelice: la differenza antropologica nel pensiero leopardiano», in: La prospettiva antropologica nel pensiero e nella poesia di Giacomo Leopardi. Atti del XII Convegno internazionale di Studi Leopardiani (Recanati, 23- 26 settembre 2008). A cura di Chiara Gaiardoni. Firenze: Olschki 2010, 541-560. Cf. nello stesso volume anche: Alessandro Ottaviani: «Homo duplex o ‹uomo a quattro gambe›? La questione delle bestie nel pensiero antropologico di Leopardi», ibid., 573-583. leggiamo: «la materia pensa e sente; perché tu vedi al mondo cose che pensano e sentono, e tu non conosci cose che non sieno materia» (Zib.-4253). 11 Se la vita è il sentimento dell’esistenza, è possibile definire la materia della vita prescindendo dall’elemento della sofferenza che ne sembra essere la carat‐ teristica essenziale? La contraddizione rappresentata dall’inspiegabile infelicità dell’uomo paragonato «alle bestie che sono felici o quasi felici» (Zib.-40), come afferma in una precoce osservazione dello Zibaldone, formulata ancora in una prospettica teleologica (cf. Zib. 40-44), è un motivo chiave nella dinamica della speculazione leopardiana, essendo riconducibile alla teoria del piacere. Infatti, come è stato osservato 12 , è qui e non in una gerarchia naturalistica che Leopardi riconduce lo scarto tra l’uomo e l’animale. 13 Riflettiamo sul famoso passo dell’11 aprile 1829 in cui è descritta l’azione distruttrice della natura che non si cura della vita degli individui: La natura, per necessità della legge di distruzione e riproduzione, e per conservare lo stato attuale dell’universo, è essenzialmente regolarmente e perpetuamente perse‐ cutrice e nemica mortale di tutti gl’individui d’ogni genere e specie, ch’ella dà in luce; e comincia a perseguitarli dal punto medesimo in cui gli ha prodotti. (Zib.-4485sq.) Eppure questo ‹pessimismo naturalistico›, così spesso affermato in teoria, può offrire altri sbocchi. L’analisi del concetto di materia e la speculazione sulla concezione ciclica dell’universo rappresentano un fertile terreno di riflessione. Mario Andrea Rigoni suggerisce che proprio il materialismo di Leopardi può dar adito ad una visione non negativa della relazione natura / vita: La teoria leopardiana della felicità tende infatti alla riduzione della differenza fra l’uomo e l’animale, come fra la storia e la natura, lo spirito e la materia, la vita (interna) e l’esistenza (la vita esterna). Allora, sia detto qui per inciso: se l’infelicità è nella vita intesa come ‹spirito› e se la natura è invece esistenza ‹materiale›, si deve dedurre che la natura - per tutta una sua parte o per tutto un suo aspetto - resta per Leopardi La materia della vita: natura e simbolo nel percorso leopardiano 165 <?page no="166"?> 14 Rigoni: Il pensiero di Leopardi, 39. 15 Cesare Galimberti [nota 63], in: Giacomo Leopardi: Operette morali. A cura di Cesare Galimberti. Napoli: Guida 1998, 228. 16 Curtius: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter, 18. All’inizio del processo della civiltà si trova la fantasia creatrice. Essa è all’origine di miti e religioni: «Wie Herodot sagt, Homer und Hesiod haben den Griechen ihre Götter geschaffen. Die schöpferische Phantasie, die Mythen, Geschichten, Gedichte bildet, ist eine Urfunktion der Menschen» (ibid.). 17 «Poeta filologo e sommo cultore degli antichi, Leopardi fece dei miti un uso piuttosto raro e del tutto personale», così Lucio Felici: L’Olimpo abbandonato. Leopardi tra «favole antiche» e «disperati affetti». Venezia: Marsilio 2005, 17. Nel suo discorso Felici intende comunque «prescindere da eventuali mitologemi ‹nascosti› che possono costituire interessanti chiavi di interpretazione per alcune poesie», 27. un’entità, anzi l’unica, supremamente positiva, anche se essa, per un altro aspetto, agisce come forza maligna. 14 Un approfondimento del concetto di mito, fonte profonda e imperscrutabile della filosofia leopardiana, mette in luce lo sfondo metafisico della problematica. Su questo punto mi sembra illuminante la traccia di Cesare Galimberti che parla di un tentativo di superamento della concezione negativa operato attraverso la con‐ templazione distaccata di un eterno ritorno, e destinato a prevalere sempre più decisamente nel pensiero e nel linguaggio di Leopardi, fino a raggiungere punte anche più alte (nel Coro del Ruysch, nel Cantico del gallo silvestre; o, nei Canti, nella Ginestra stessa). 15 1 Poesia e mito: la fenice Del rapporto tra poesia e mito Leopardi si è occupato fin dal suo giovanile Discorso intorno alla poesia romantica. Egli è convinto che la poesia intesa come lirica, «prodotto della natura vergine e pura» (Zib. 4236), abbia preceduto il genere epico. La fantasia creatrice, che vichianamente aveva in origine una funzione psicologica, dopo aver creato le religioni, aveva finito per staccarsi da esse, divenendo libero gioco di immaginazione. La mitologia sarebbe dunque uno «Spätprodukt» 16 , una tarda elaborazione di contenuti poetici. Come è noto, Leopardi non amava l’uso retorico della mitologia che trionfava nella poesia e nell’arte del neoclassicismo 17 e ne condannava l’«abuso intollerabile» (Zib. 3466) fondato sull’imitazione (cf. Zib. 3461-3466). Intuendo la profonda valenza cognitiva dei miti antichi, deplorava il loro snaturamento nella modernità. Il processo iniziato con Platone, rafforzato dal Cristianesimo e dal simbolismo ri‐ nascimentale ne avrebbe invertito il significato originale. Con mirabile chiarezza Leopardi mette in luce questo cambio di paradigmi per cui mentre gli inventori 166 Franca Janowski <?page no="167"?> 18 Lo scavo etimologico fu una passione del Leopardi e alla elaborazione di ipotesi di etimologia è dato gran peso nello Zibaldone. 19 Giacomo Leopardi: Saggio sopra gli errori popolari degli antichi, 879 (capo IV, Della magia). Cito il saggio dall’edizione: Giacomo Leopardi: Tutte le poesie e tutte le prose. A cura di Lucio Felici / Emmanuele E. Trevi. Roma: Newton Compton 2007. Mi attengo a questa edizione anche per i Canti. Leopardi era stato un precoce osservatore della natura fin dalla prima dissertazione filosofica del 1811, Sopra l’anima delle bestie, e dal Compendio di storia naturale del 1812. Documento del suo interesse per l’animalitas sono anche il Discorso sulla Batracomiomachia tradotto dal greco lo stesso anno della composizione del Discorso sopra gli errori, e la grandiosa satira dei Paralipomeni della Batracomiomachia conclusa l’anno della morte. delle prime mitologie cercavano il chiaro nell’oscuro gli inventori delle ultime mitologie (Platonici e Cristiani) avrebbero preferito cercare l’oscuro nel chiaro: Gl’inventori delle prime mitologie (individui o popoli) non cercavano l’oscuro per tutto, eziandio nel chiaro; anzi cercavano il chiaro nell’oscuro; volevano spiegare e non mistificare e scoprire; tendevano a dichiarar colle cose sensibili quelle che non cadono sotto i sensi, a render ragione a lor modo e meglio che potevano, di quelle cose che l’uomo non può comprendere, o che essi non comprendevano ancora. Gl’inventori delle ultime mitologie, i platonici, e massime gli uomini dei primi secoli della nostra era, decisamente cercavano l’oscuro nel chiaro, volevano spiegare le cose sensibili e intellegibili, con le non intellegibili e non sensibili, si compiacevano delle tenebre; rendevano ragione delle cose chiare e manifeste, con dei misteri e dei secreti. (Zib.-4238sq.) Lo studio etimologico restituendo alle parole il loro significato originario illumina il percorso storico della civiltà. 18 Un esempio paradigmatico è il les‐ sema «mito» di cui Leopardi chiarisce il passaggio da un significato originario di discorso a quello posteriore di «favola»: Appunto come il greco [mythos]; nel suo significato proprio, valeva lo stesso che [logos]; verbum dictum oratio sermo colloquium, e da Omero non si trova, cred’io, adoperato se non in questa o simili significazioni, così esso come i suoi derivati. Poi fu trasferito alla significazione di favola. (Zib. 498) Il mito leopardiano, passato attraverso il filtro implacabile della ragione illumi‐ nistica, è come un’ombra che accompagna ogni passo dell’esistenza e che diventa reale solo nella rappresentazione figurativa. La sua «demitizzazione» apre spazi ad un discorso metaforico che, se da una parte ne rappresenta un depotenzia‐ mento, rimane dall’altra linfa vitale della poesia: «Ogni arcano è una sorgente di illusioni, e un effetto meraviglioso ne fa immaginare mille altri assai più sorprendenti». 19 La materia della vita: natura e simbolo nel percorso leopardiano 167 <?page no="168"?> 20 Prete: Il pensiero poetante, 174. 21 Prete: Il pensiero poetante, 174. 22 Francesco Zambon: L’alfabeto simbolico degli animali. I bestiari del medioevo. Roma: Carocci 2003, 213. 23 «L’indole culta della mente di Leopardi, il suo convincimento che verità un tempo palesi siano state oscurate e si possa ricercarne la traccia, il suo senso della novità espressiva come riscoperta nelle voci antiche di primitivi significati perduti consigliano di affinare l’ascolto di ogni possibile risonanza e vibrazione anche in assenza di note e rinvii». Galimberti: «Un libro metafisico», 36. 24 Leopardi: Saggio sopra gli errori popolari degli antichi, capo XVII. Un estratto dell’opera è riportato da: Bruno Basile (a cura di): La Fenice. Da Claudiano a Tasso. Roma: Carocci 2004, 179-195. Il paragrafo sulla fenice è il capo XVII (926-929, ed. Felici). Dopo il capitolo sulla Fenice il Leopardi ne scrive uno sulla lince e una conclusione. Uno degli aspetti più stimolanti del pensiero del Recanatese è l’affiorare di nuclei mitici che urgono sotto la crosta di temi satirici, moralistici o esistenziali e che vengono alla luce differenziandosi in una fitta, spesso sfuggente, rete di metafore. Un interessante punto di partenza al fine di chiarire questo complesso processo è offerto dal Discorso sopra gli errori popolari degli antichi del 1815. Come afferma Antonio Prete: «In questo lavoro la biblioteca reale è compulsata per figurare il fantastico» 20 . Parlando della fenice, egli aggiunge che, a differenza della lince, essa «è interamente sospinta nel regno d’un’inquietante allegoria» 21 . Colgo il suggerimento per riconsiderare questa figura favolosa, la cui lunga tradizione ha arricchito da Dante a D’Annunzio la poesia italiana, e che presenta alcune caratteristiche legate a quello che credo essere il nocciolo esistenziale della poesia leopardiana. Vorrei pertanto seguire questa traccia poco frequentata che si dipana dal testo giovanile, dove la fenice compare manifestamente, per poi coglierla in riferimenti metaforici nelle Operette Morali e nella Ginestra. Infatti, malgrado le trasformazioni subite, il mito feniceo può forse gettare un ponte fra concezioni lontanissime nel tempo e nello spazio, ma tutte incentrate intorno a un nucleo profondo: il nesso misterioso e necessario fra nascita e morte, inizio e fine, creazione e distruzione. 22 Va sottolineato tuttavia che si tratta spesso di significati sfuggenti, più suggeriti che documentati nelle opere. 23 La fenice leopardiana fa dunque la sua prima e unica manifesta comparsa in quello straordinario capitoletto con cui il diciasettenne concludeva il suo Saggio sopra gli errori popolari degli antichi, libro che in seguito dirà scritto per diletto (cf. Zib. 4484). 24 Nello scritto la fenice viene annoverata nel campo degli errori naturali. Questo animale favoloso che con impareggiabile ironia 168 Franca Janowski <?page no="169"?> 25 Thomas Browne: Pseudodoxia epidemica [ 6 1672], III, XII (144-149), http: / / penelope.uch icago.edu/ pseudodoxia/ pseudo312.html [30.7.2023]. 26 Torquato Tasso: Aminta; Il re Torrismondo; Il Mondo creato. A cura di Bruno Basile. Roma: Salerno Editrice 1999. L’episodio della fenice si trova nella quinta giornata del Genesi, vv. 1278-1591. Con esso Tasso chiude la sezione descrittiva dedicata alla creazione degli uccelli. Nel testo uso la versione di Bruno Basile, in: id. (a cura di): La Fenice. Da Claudiano a Tasso. Si veda: Torquato Tasso: Il mondo creato. Testo critico a cura di Paolo Luparia. Alessandria: Edizioni dell’Orso 2006 (Edizione nazionale delle opere di Torquato Tasso, 6). 27 Felici: L’Olimpo abbandonato, 23. Thomas Browne aveva trattato nel suo Pseudodoxia epidemica or Vulgar Errors  25 , che Leopardi possedeva in versione italiana, non si trova naturalmente tra i tanti uccelli reali, passeri, rondini, usignoli, che popolano gli Idilli o i Canti, né il vocabolo fenice compare più dopo il Saggio. Probabilmente inoltre le punte irriverenti contro la Sacra Scrittura, di cui il medico inglese aveva fatto uso nel suo testo, dovevano aver imbarazzato il giovane autore ancora ligio ad una linea di pensiero cattolico-illuminato. Tuttavia la conoscenza della fonte, citata di sfuggita nell’intento di differenziarsene, è palese. Browne afferma di prescindere nella sua esposizione da autori che abbiano scritto: in forma poetica (Ovidio, Lattanzio, Claudiano e altri), in forma mistica come Paracelso e filosofi ermetici, in forma retorica come molti teologi («holy men») o in forma emblematica o geroglifica come gli Egizi. Parla da uomo di scienza a cui l’argomento dell’unicità della fenice e della sua generazione paiono assurdi poiché non possono essere confermati dall’unico criterio di verità valido e cioè i sensi dell’uomo. Leopardi argomenta da filologo mostrando con grande erudizione le contraddizioni in cui sono caduti sia i «Gentili», sia i Padri della chiesa che li hanno seguiti, soprattutto riguardo al luogo di origine e durata della vita della fenice. È interessante constatare come egli si soffermi solo brevemente su testi poetici o sul tema così ampiamente sfruttato anche nella tradizione iconologica della fenice come simbolo cristiano della Resurrezione. Per usare la terminologia di Browne, non affronta cioè scritti di carattere letterario o retorico. È probabile che il giovanissimo Leopardi avesse già familiarità con le rime del Petrarca o del Tasso. Tuttavia non si riscontrano accenni né al mito di Laura-Fenice, né all’«intarsio letterario» sulla fenice nel Mondo creato. 26 Ma la fenice, l’«immortal, rinascente, unico augello», è veramente scomparsa per sempre dal suo imma‐ ginario? La mia ipotesi è che sia possibile mettere in rilievo alcuni successivi affioramenti del mito, sia a livello linguistico che semantico, anche facendo riferimento, come vedremo, al testo tassiano. Presupposto è «quell’operazione sterminata della fantasia» che è propria «sia dei fanciulli, sia degli antichi, sia dei poeti» e che unisce in un circolo vitale esseri animati e inanimati. 27 Grazie La materia della vita: natura e simbolo nel percorso leopardiano 169 <?page no="170"?> 28 Leopardi: Operette morali, 404 (corsivi miei). 29 Leopardi: Operette morali, 416sq. alla vis immaginativa gli «errori popolari» perdono la loro connotazione storica e negativa e si trasformano in immagini, i simboli in metafore. Nella versione cosmologica antica il mitema feniceo era legato al mito del Grande Anno come indice universale dell’eterno ritorno delle cose (Platone, Cicerone, Tacito), ed era pertanto in stretto rapporto con l’idea della renovatio. La concezione originaria dell’eterno ritorno fu trasformata dal Cristianesimo in un simbolo di risurrezione, spezzandone così il vettore temporale. Mentre il mito originario inoltre ignorava l’elemento della colpa e della sofferenza, il motivo divenne centrale nella narrazione cristiana. Certamente la verità di fede dell’espiazione cristologica come esperienza religiosa del dolore vicario contribuì alla lunga vita iconologica e letteraria del mito. La visione del mo‐ vimento circolare di un tempo che non conosce il divenire ma torna su se stesso, come è delineato nella Storia del genere umano che apre le Operette morali di Leopardi, è certamente di derivazione classica. Ma è soprattutto nel Cantico del Gallo Silvestre e nel Frammento apocrifico di Stratone di Lampsaco che la speculazione leopardiana manifesta la sua radice mitica. Le descrizioni cosmologiche della fine dell’universo con cui si chiudono le due Operette, nella apparente contraddittorietà degli scenari apocalittici, danno voce all’irrisolvibile interrogativo sul senso dell’universo. Nel Gallo Silvestre è presente il motivo del fuoco come forza cosmica il cui spegnersi decreta la terribile presenza del nulla: Tempo verrà che esso universo e la natura medesima sarà spenta. E nel modo che di grandissimi regni ed imperi umani, e loro meravigliosi moti, che furono famosissimi in altre età, non resta oggi segno né fama alcuna; parimenti del mondo intero, e delle infinite vicende e calamità delle cose create non rimarrà pure un vestigio; ma un silenzio nudo, e una quiete altissima, empieranno lo spazio immenso. Così questo arcano mirabile e spaventoso dell’esistenza universale, innanzi di essere dichiarato né inteso, si dileguerà e perderassi. 28 Nel Frammento si afferma: In tal guisa adunque il moto circolare delle sfere mondane, il quale è principalissima parte dei presenti ordini naturali, e quasi principio e fonte della conservazione di questo universo, sarà causa altresì della distruzione di esso universo e dei detti ordini. Venuti meno i pianeti, la terra, il sole e le stelle ma non la materia loro, si formeranno di queste nuove creature, distinte in nuovi generi e nuove specie, e nasceranno per le forze eterne della materia nuovi ordini delle cose ed un nuovo mondo […]. 29 170 Franca Janowski <?page no="171"?> 30 Pierre Brunel (a cura di): Dizionario dei miti letterari. Milano: Bompiani 1996, 290. 31 Leopardi sottolinea ripetutamente che la metafora è un prodotto dell’immagina‐ zione. «Immaginazione continuamente fresca ed operante si richiede a poter saisir i rapporti, le affinità le somiglianze ec. ec. vere, o apparenti, poetiche ec. degli oggetti e delle cose tra loro, o a scoprire questi rapporti, o ad inventarli ec. cose che bisogna continuamente fare volendo parlar metaforico e figurato, e che queste metafore e figure e questo parlare abbiano del nuovo e originale e del proprio dell’autore. Lascio le similitudini: una metafora nuova che si contenga pure in una parola sola, ha bisogno dell’immaginazione dell’invenzione che ho detto» (Zib.-3717sq.). La tradizione che riguarda la fenice è ricchissima ed è stata esaurientemente studiata. Per ciò che riguarda il suo mitema essenziale, e cioè quello della morte e della rinascita periodica, i testi presentano due versioni. La sua rinascita avviene a partire dai resti decomposti del predecessore (Tacito, Clemente Romano), o a partire dalle sue ceneri. Lattanzio e altri autori fondono le due versioni: tra le ceneri e la nuova fenice un verme svolge un ruolo intermediario. 30 Si tratta, come accennato, di un mito positivo da cui è assente del tutto la componente della colpa e del castigo, sia in tradizione mitologica, come nei miti di Tantalo, Issione ecc., sia in senso gnostico o cristiano come peccato della conoscenza. Fin dai tempi di Esiodo, la fenice sarebbe stata inoltre associata a un tempo ciclico e a un’idea di ritorno dell’età dell’oro. 2 Metafora, la «picciola favoletta» Si tratta ora di chiarire con quali mezzi stilistici un mito originario, respinto dalla ragione e dall’esperienza basata sui sensi, possa in qualche modo filtrare nella sottile trama del tessuto poetico leopardiano. Il linguaggio è il momento di congiunzione tra la materia della mente e quella della natura. In esso convergono le esperienze psicofisiche dell’uomo. Per Leopardi il linguaggio è essenzialmente metafora (cf. Zib. 1703), le sue immagini provengono dal materiale sensibile. La metafora ha dunque una funzione antropologica legata alla corporeità. «Nelle annotazioni alle mie Canzoni», sostiene Leopardi, ho detto e mostrato che la metafora raddoppia o moltiplica l’idea rappresentata dal vocabolo. Questa è una delle principali cagioni per cui la metafora è una figura così bella e poetica […]. (Zib. 2468) 31 La concezione della metafora come facoltà creatrice dello spirito è di chiara ispirazione vichiana. Nel secondo libro della Scienza Nuova Vico definisce mirabilmente la metafora come espressione di una logica poetica e la chiama la più luminosa fra i tropi, espressione di un «sentire metafisico»: La materia della vita: natura e simbolo nel percorso leopardiano 171 <?page no="172"?> 32 Giambattista Vico: La Scienza Nuova secondo l’edizione del MDCCXLIV, in: id.: Tutte le opere di Giambattista Vico. Vol.-I. La Scienza Nuova. Milano: Mondadori 1957, 172sq. 33 Vico: La Scienza Nuova, 172sq. 34 Cf. Vico: La Scienza Nuova, 172sq. 35 Cf. Hans Blumenberg: Paradigmen zu einer Metaphorologie. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1998, 10sq. Di questa logica poetica sono corollari tutti i primi tropi, de’ quali la più luminosa e, perché più luminosa, più necessaria e più spessa è la metafora, ch’allora è vieppiù lodata quando alle cose insensate ella dà senso e passione, per la metafisica qui ragionata: ch’i primi poeti dieder a’ corpi l’essere di sostanze animate, sol di tanto capaci di quanto essi potevano, cioè di senso e di passione, e sì ne fecero le favole; talché ogni metafora sì fatta viene ad essere una picciola favoletta. 32 Combattendo la metafisica tradizionale Vico afferma tuttavia la superiorità del «sentire metafisico». Infatti mentre «la metafisica ragionata insegna che homo intelligendo fit omnia, così questa metafisica fantasticata dimostra che homo non intelligendo fit omnia» 33 . Attraverso la fantasia cioè l’uomo riesce a trasformarsi nelle cose stesse. Vico spiega come nella maggior parte delle lingue le espressioni usate per le parti del corpo (come ad es. capo, occhi, bocca ecc.) siano state traslate in cose inanimate, esempio dell’ingenuo antropomorfismo dell’uomo che si fa regola dell’universo. 34 La storia della metafora è una sorta di specchio in cui si riflette l’ambiguo rapporto tra l’uomo e la natura: il mito si conserva in immagini metaforiche. Rivivendo e ricomponendo i frammenti del mito secondo la cifra della contem‐ poraneità, Leopardi ha assorbito e trasformato la lezione vichiana. Infatti, come ha osservato Blumenberg, Vico avrebbe compiuto l’errore di limitare l’uso creativo del linguaggio metaforico come lingua della fantasia solo per un’epoca, quella poetica, dell’umanità. 35 Il significato veicolato dalla metafora abbraccia l’identità e la differenza perché significa se stessa e l’altro da sé. Come è stato più volte affermato, la metafora significa cioè l’identico del differente e il differente dell’identico. In questa sua caratteristica è legata a diversi campi semantici. La «picciola favoletta» della fenice, il cui significato è di essere sempre identica a se stessa pur rinnovandosi in eterno può assurgere ad espressione di una metamorfosi che, non cancellando l’identità, aspiri nel suo ‹stirb und werde› a superare il marchio del dolore legato alla morte. La ‹metafisica della fantasia› evocata da Vico suggerisce la ricerca nella poesia leopardiana di campi metaforici in cui sembra vivere la memoria del mito della fenice: 172 Franca Janowski <?page no="173"?> 36 Marcel Detienne: Die Adonis-Gärten. Gewürze und Düfte in der griechischen Mythologie. Darmstadt: Wissenschaftl. Buchgesellschaft 2000, 44: «Dieses Spiel mit Gegensätzen und Mediationen zwischen antithetischen Punkten findet sich im Mythos vom Phoenix wieder, jenem wundersamen Vogel, dessen relevante Merkmale eine zirkuläre Struktur bilden, die eine Synthese des gesamten Komplexes der Gewürzmythen darstellt». 37 È nota l’ammirazione di Leopardi per Magalotti, il secentesco filosofo degli odori. Cf. Franca Janowski: «Il piacere dell’immaginazione: visioni del sentire in Giacomo Leopardi e Lorenzo Magalotti», in: Sebastian Neumeister (ed.): Die ästhetische Wahr‐ nehmung der Welt: Giacomo Leopardi. Giacomo Leopardi e la percezione estetica del mondo. Frankfurt a.M.: Peter Lang 2009, 153-183. 38 Leopardi: Operette morali, 323. campo metaforico del tempo: aroma, fuoco (l’odorato rogo) campo metaforico della natura (giardino edenico, deserto) campo metaforico dell’esistenza: solitudine 2.1 Tempo 2.1.1 Aroma ll campo metaforico della temporalità ha uno stretto rapporto con il motivo degli aromi considerato dagli antropologi alla radice del mito feniceo. Il grande antropologo francese Marcel Detienne ha messo in luce come il mito della fenice abbia una natura dialettica basata su una struttura circolare e offra una sintesi dell’intero complesso dei miti legati agli aromi. 36 Di particolare rilevanza è la mitica morte della fenice in un nido colmo di aromi odorosi. L’odorato è un senso che ha esercitato una forte suggestione sull’immaginario leopardiano. 37 Esso è il senso dell’emozione a cui è affidato il compito di mobili‐ tare l’intima potenzialità percettiva del pensiero, di qui la sua funzione essenziale all’interno dell’aisthesis. Ma anche a livello metaforico, come immagine del bello nelle sue caratteristiche di precarietà, di finitezza, instabilità il mondo degli odori è fortemente presente. Il suo valore e senso sono da rapportarsi alla teoria del piacere e dunque al significato profondo della temporalità. Nei Detti memorabili di Filippo Ottonieri si legge: E paragonava universalmente i piaceri umani agli odori: perché giudicava che questi sogliano lasciare maggior desiderio di se, che qualunque altra sensazione parlando proporzionalmente al diletto; e di tutti i sensi dell’uomo, il più lontano da potere essere fatto pago dai propri piaceri, stimava che fosse l’odorato. 38 La metafora del profumo come desiderio inappagato è espressa anche nella finissima descrizione delle rose e dei gelsomini dell’agosto del 1823; l’odore di La materia della vita: natura e simbolo nel percorso leopardiano 173 <?page no="174"?> 39 Biblia Sacra: iuxta Vulgatam versionem. Adiuvantibus Bonifatius Fischer / Robert Gryson. Recensuit et brevi apparatu critico instruxit Robert Weber. 5., verb. Aufl. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 2007 e: Die Bibel. Nach der Übersetzung Martin Luthers. Mit Apokryphen. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 2006. 40 http: / / audiolatinproverbs.blogspot.com/ 2008/ 11/ homo-ad-laborem-natus-est-et-avis-a d.html [30.7.2023]. Ibid. un riassunto della problematica a cui si rimanda. questi fiori assomiglia, quasi presagio dell’«odorata ginestra» (La Ginestra, v. 6) a uno spiro di vento che vi reca una fragranza improvvisa, la quale sparisce appena ne avete il tempo di sentirla, e vi lascia con desiderio, ma vano, di tornarla a sentire, e lungamente, e saziarvene. (Zib.-3179) 2.1.2 Fuoco L’altro elemento essenziale del mito feniceo è il fuoco. La fenice infatti è un uccello solare, anche se va osservato che la sua morte per fuoco non compare nella tradizione occidentale prima dell’era cristiana. Il campo semantico del fuoco è presente in Leopardi come ambivalente simbolo eracliteo del divenire. E’ una metafora della vita ma anche del «flutto rovente» distruttore nella Ginestra (v. 266). Non troviamo invece nella sua poesia il topos dell’amore come fuoco che divora. Indubitabilmente l’eco della fenice come nucleo mitico originario trova nel Cantico del Gallo silvestre la sua più evidente espressione. È viva nel testo la tradizione delle filosofie persiane e gnostiche e l’influsso dei testi sacri della Bibbia. Nel Cantico viene espresso il contrasto, già tematico nell’Elogio degli uccelli, tra la sorte degli uomini e quello degli altri esseri. Si tratta, come è noto, di un motivo che risale al Vecchio Testamento. Un’analisi del celebre verso di Giobbe 5, 6sq. 39 evidenzia come il motivo del fuoco possa agire in profondo e sviluppare una grande potenza metaforica. 40 Nella Vulgata, certo familiare al Leopardi, esso suona: homo ad laborem nascitur et avis ad volatum. Nella versione di Lutero però leggiamo: «Denn Unheil geht nicht aus der Erde heraus, und Mühsal wächst nicht aus dem Acker, sondern der Mensch wird zu Mühsal geboren, wie die Funken des Feuers emporfliegen». Similmente nella King James Bibel: «Yet man is born unto trouble, as the sparks fly upward». Nella versione greca della Septuaginta l’immagine è quella dell’avvoltoio che cerca la luce mentre nella versione ebraica si alludeva a creature del fuoco, concetto reso nella Vulgata semplicemente con avis. È questo un esempio che conferma l’osservazione del Leopardi sulla ricchezza metaforica delle lingue orientali in cui «quasi ciascuna parola ha una selva di significati sovente lontanissimi e disparatissimi» (Zib. 2006sq.). Si può ipotizzare che al Leopardi non fosse sfug‐ 174 Franca Janowski <?page no="175"?> 41 Galimberti [nota-29], in: Leopardi: Operette morali, 399. 42 Wellek, René / Warren, Austin: Theorie der Literatur. Berlin: Ullstein 1968, 270. 43 Leopardi: Operette Morali, 399 (Cantico del Gallo silvestre). 44 Cf. Basile (a cura di): La Fenice. Da Claudiano a Tasso, 163. Si cita il testo tassiano secondo questa edizione. I versi citati sopra sono i vv. 1278-1283 del Mondo creato, Quinto giorno. gita la problematicità della traduzione, ma la presenza dell’immagine metaforica del fuoco connessa con quella di un uccello suggerisce un’allusione alla fenice anche in questo contesto. Va sottolineato che il metasimbolo igneo è presente nell’opera leopardiana soprattutto nella sua connotazione negativa e cioè nel motivo dello spegnersi. Nei Grandi Idilli «il lessico è punteggiato da voci che indicano il dileguare delle cose». 41 Di regola la metafora è però associata allo sparire della luce o al dileguarsi del suono nella notte. Di grande significanza nel nostro contesto è il legame tra fuoco e vita come è espresso nella splendida metafora già ricordata del Cantico: «tempo verrà che l’intero universo e la natura medesima sarà spenta». Si tratta di una metafora elementare derivata dall’idea del fuoco come forza vitale. Lo spegnersi è un esempio di metafora inorganica (il fuoco) associata ad una organica (la natura) che concentra l’attenzione sulla vitalità di questa. Il finissimo gioco tra metafora organica ed inorganica 42 mette ancora una volta in luce il ‹pensiero dominante› di Leopardi, quella connessione fra vita e morte che è anche la cifra della fenice. Tuttavia, se ‹spegnersi› è legato al fuoco e alla vita, all’altra metafora organica dell’‹appassire› non è estraneo il motivo antitetico della sofferenza dell’esistente: In qualunque genere di creature mortali, la massima parte del vivere è un appassire. Tanto in ogni opera sua la natura è intenta e indirizzata alla morte. 43 2.2 Natura Nel suo poema sul Genesi, Il mondo creato, Torquato Tasso ha voluto inserire nel quinto giorno della creazione (vv. 1278-1591) l’episodio della fenice. Come spiega Bruno Basile 44 , non si tratta di un testo originale ma di una sapiente traduzione soprattutto da Claudiano, Lattanzio e Ovidio. È in ogni caso un canto di grande poesia in cui abbondano i vocaboli così cari al Leopardi (rinascente, unico, odorato, si rinnovi, ali, spanda) come può dimostrare lo straordinario inizio. Il sintagma tassiano «odorato rogo» concentra i predicati di natura e temporalità che le tante metafore fanno affiorare nei testi. La materia della vita: natura e simbolo nel percorso leopardiano 175 <?page no="176"?> 45 Per Leopardi «tutto quello che è vivo è positivo e piacevole» (Zib.-2018). Or a te mi rivolgo, e tu supremo fra gli altri onore avrai ne gli alti carmi, immortal, rinascente, unico augello. E questo fia quasi odorato rogo di chiare laudi, in cui la fama antica si rinovi nel mondo, e l’ali spanda […]. (Tasso: La Fenice, vv.-1-6) La lettura della Ginestra leopardiana suggerisce la conoscenza del testo tassiano, infatti, a mio parere, la presenza della «picciola favoletta» affiora in una scelta lessicale e connotativa. Per Tasso la fenice è simbolo della presenza del sacro nell’universo: la straordinaria continuità del mito in epoche e continenti diversi lo fa apparire ai suoi occhi uno strumento dell’attuazione del divino piano di redenzione. Nella tassiana esegesi poetica del mito cristiano l’uccello, mortale ma rinascente, è figura dell’«immortal e rinato unico Figlio» (Tasso: La Fenice, v.-18 [v.-1295]). Il messaggio di Leopardi è radicalmente altro: la terribile eruzione del Vesuvio, come già il terremoto di Lisbona per Voltaire, assurge a simbolo della malignità della natura. Ne consegue una proclamazione dell’insignificanza della specie umana e dell’assurdità del concetto di provvidenza. Eppure la dolcezza di tante immagini nel poema e la dominanza del tema della ginestra, che apre e chiude lo scenario di morte, richiamano alla memoria un mitologema recondito. Le tematiche del fuoco, della morte e della rinascita, dell’aroma, dell’ambivalenza del luogo, insieme ameno e orrido, suggeriscono di ravvisare nell’umile fiore del deserto, un’immagine moderna della fenice, metafora della poesia che china il capo ma non soccombe alla morte. La kenosis di una storia che non è più sacra. Tasso si rivolge alla fenice, la creatura «di rinascer vaga» (La Fenice, v. 116 [v. 1393]), con l’appellativo di «sacerdote solinga a cui son conti | i segreti del ciel e di natura» (La Fenice, vv. 106sq. [vv. 1383sq.]) e le attribuisce alcune caratteristiche di rilievo: - la vitalità: con il suo eterno splendore la fenice è pari alle stelle 45 - l’atemporalità: vince il tempo nullificandone l’azione e non conoscendo il dolore non necessita della sua azione consolatrice - la socialità: la fenice è unica e solitaria, ma tutti gli uccelli seguono la sacra creatura nel suo volo verso Eliopoli - la asessualità: la fenice non è soggetta alla legge della generazione e pertanto non è vittima della sua morte ma quasi la gestisce: 176 Franca Janowski <?page no="177"?> Quinci il nido si fa, sia nido o tomba quello in cui pere, onde rinasca e viva l’augel, che di se stesso è padre e figlio, e se medesmo egli produce e cria. (Tasso: La Fenice, vv. 138-141 [vv.-1415-1418]) - il loco tra ameno e terribile: la fenice abita una selva orrida e opaca ma conosce anche l’amenità della fonte e la palma che si può considerare un suo senhal - la natura amica: il più significativo dei predicati della fenice del Tasso è quello di essere prediletta dalla natura. Con grande delicatezza il poeta accenna alla trepidazione e al coinvolgimento cosmico nel grande momento della sua metamorfosi: Splende quasi di stelle ardenti il rogo, e consuma il già lasso e pigro veglio. La luna il corso suo raffrena e tarda, e par che tema in quel mirabil parto natura, faticosa e stanca madre, che non si perda l’immortale augello […]. (Tasso: La Fenice, vv. 176-181 [vv. 1453- 1458]) In questi versi fa la sua comparsa il tema della ‹stanchezza della natura›: il mitico uccello, che cede alla sua legge e quando si sente vecchio prepara le condizioni della sua morte-rinascita, è pur esso un «lasso e pigro veglio». Nel suo esorcizzare la morte la fenice diventa cifra di una immortalità pur sempre legata alla natura. Nella Ginestra leopardiana il mito delle origini, espressione del desiderio di felicità dell’età dell’oro, è impallidito, lasciando il posto a uno scenario di desolazione. Il male, sconosciuto alla fenice, è ora legge dell’universo. Ne diviene un simbolo il Vesuvio. Già a partire dalla antropomorfica metafora iniziale «arida schiena», il vulcano mortifero domina la scena quasi personaggio di una fiaba cosmica. Le cifre simboliche dell’aridità e della rinascita compaiono potenti nel prologo: Qui su l’arida schiena del formidabil monte sterminator Vesevo, la qual null’altro allegra arbor né fiore, tuoi cespi solitari intorno spargi odorata ginestra, contenta dei deserti. (La Ginestra, vv. 1-7) La materia della vita: natura e simbolo nel percorso leopardiano 177 <?page no="178"?> 46 In una famosa conferenza del 1937 Massimo Bontempelli ha individuato nel motivo della solitudine il canone interpretativo centrale per Leopardi, mettendo in luce come il poeta si avverta solo tra gli uomini, di fronte al mondo, alla natura e alla storia. Vincenzo Gueglio ricorda la conferenza di Bontempelli nel suo libro su Carlo Bo (Carlo Bo, agonista. Sestri Levante: Gammarò 2020) come già in: Vincenzo Gueglio / Emanuela Gueglio: Giacomo l’immoralista. Sull’orlo del nulla. Leopardi e la mezza filosofia. Sestri Levante: Gammarò 2019. È interessante notare come i sintagmi che si riferiscono all’attività distruttrice del vulcano siano immagini femminili, legate alla generazione: utero sonante, ignea forza, inesausto grembo. Le ceneri sono infeconde. Ma è analizzando la concezione della natura nel carme che ci si rende conto di come la condanna gnostica della generazione abbia lasciato il suo segno nel testo. Un deluso amore per la vita trasformato in odio sviluppa tutta la sua potenza nell’immaginario del poeta. Si ricordino le pesanti accuse alla natura, che, «dura nutrice» (v. 44) condanna gli uomini a una sorte infelice: «quell’orror che primo contro l’empia natura | strinse i mortali in social catena» (vv. 148sq.) oppure: «rea, che de’ mortali | madre è di parto e di voler matrigna» vv.-124sq.). Assistiamo ad una metamorfosi della metaforicità della fenice legata alla sfera ignea da positiva in negativa? Senza dubbio ha luogo un cambio di segno: le connotazioni che ad esempio nel testo di Tasso si relazionano al sole come calore benefico, a cui si alza una canzone adorante di lode al mattino ecc., lasciano spazio ad una isotopia di rigidità, di pietrificazione, di aggressione e di morte. In un’atmosfera da inferno dantesco incontriamo sin‐ tagmi come «flutto rovente» (v. 266), «baglior della funerea lava» (v. 286), «l’in‐ focata arena» (v. 221), «orror de la secreta notte» (v. 280), «sepolto | sche‐ letro» (vv.-271sq.) ecc. 2.3 Solitudine L’unicità della fenice è un attributo fondamentale del mito. La singolarità di quest’uccello è connessa al motivo della solitudine. La fenice vive ai margini del mondo e, anche se appare periodicamente in luoghi sacri, almeno nella versione egizia, passa la vita nell’isolamento delle foreste. La solitudine, motivo topico nella tradizione lirica, è uno dei temi più cari a Leopardi 46 , un’immagine poetica per l’infinità e vastità dell’idea (cf. Zib. 2628-2630) mirabilmente tematizzata nella Vita solitaria. Come la fenice che rinasce da se stessa, il recanatese trova nella propria anima la forza per affrontare la nullità dell’esistenza. Un secolo più tardi Apollinaire, con una straordinaria intuizione, farà della fenice il simbolo della creazione poetica, vedendo in questo mito 178 Franca Janowski <?page no="179"?> 47 Brunel (a cura di): Dizionario dei miti letterari, 298. 48 «L’uomo disingannato, stanco, esperto, esaurito di tutti i desideri, nella solitudine appoco appoco si rifà, ricupera se stesso, ripiglia quasi carne e lena, più o meno vivamente, a ogni modo risorge, ancorchè penetrantissimo d’ingegno e sventuratis‐ simo» (Zib. 681sq.). Nel Dialogo di Torquato Tasso e del suo genio familiare ritroviamo lo stesso concetto: «Di modo che la solitudine fa quasi l’ufficio della gioventù; o certo ringiovanisce l’animo, riavvalora e rimette in moto l’immaginazione» (Leopardi: Operette morali, 229). Occorre tuttavia osservare che la luce che improvvisamente illumina l’animo del solitario, riaccendendogli gli entusiasmi giovanili, è un momento destinato ad esaurirsi, soggetto com’è ad un periodico scomparire e rinascere. il privilegio divino che ha il poeta di generarsi da sè con la propria scrittura. Celebrando «la fenice, questo rogo che genera se stesso», egli getta alle sue spalle il passato biografico di figlio senza padre per risorgere padre di se stesso. 47 Sulla solitudine Leopardi ha meditato in molte pagine dello Zibaldone. Eco di immagini naturali, legata a figure utopiche o distopiche, cosmologiche o esistenziali è una categoria di profondo significato simbolico e di grande forza metaforica. Pur conscio del dissidio esistente tra la sua seduzione e la coscienza del suo disvalore, Leopardi la celebra come stato in cui l’uomo ritrova se stesso. Spezzando la ferrea legge naturale che lo condanna all’aridità della vecchiaia 48 , il singolo può compiere il miracolo del rinnovamento e della rinascita. Ma è forse il Passero solitario a offrirci la similitudine più suggestiva tra la fenice e un testo poetico. Già il titolo vagamente biblico del canto, tratto forse dal Salmo CI, 8 che nella versione della Vulgata suona: «Vigilavi, et factus sum sicut passer solitarius in tecto»), desta associazioni con l’antico. Il paragone tra il cantare dell’uccello e il morire del giorno, l’alternanza di ritmi che collegano gli aspetti naturali con la vicenda umana fanno risorgere l’immagine del mitico uccello e del suo adorante saluto al sole nel primo mattino. Solo che ora il segno è negativo: il passero canta «finché non muore il giorno» (Il passero solitario, v. 3) e l’astro infuocato è «il sol che […] | cadendo si dilegua» (Il passero solitario, vv.-41-43). 3. La stanchezza della natura La metafora della natura-vita nelle sue varie metamorfosi traduce metafisica‐ mente la parabola di morte legata alla temporalità. Il motivo della morte per fuoco della fenice che, come si è detto, nella tradizione classica prescindeva dal motivo della sofferenza, lo vede comparire in quella lirica medievale, intimamente connesso con la tematica amorosa. Incontriamo la figura del mitico uccello in una ricchissima, ininterrotta fioritura da Petrarca a Giordano Bruno. La materia della vita: natura e simbolo nel percorso leopardiano 179 <?page no="180"?> 49 Alessandro Parronchi ha dedicato studi di grande interesse su Michelangelo e Leopardi e sul loro rapporto. Si considerino in particolare: Alessandro Parronchi: Opere giovanili di Michelangelo. Firenze: Olschki 1996 e id.: «ll computar» e altri studi leopardiani. Firenze: Le lettere 1998. 50 I testi di Michelangelo sono citati secondo l’edizione: Michelangelo Buonarroti: Rime. Introduzione di Giovanni Testori. Milano: Biblioteca Universale Rizzoli 2003, che segue il testo e la numerazione stabiliti dal Girardi. L’edizione di Paola Mastrocola (Michel‐ angelo: Rime e lettere. A cura di Paola Mastrocola. Torino: UTET 1992) non presenta nei testi riportati varianti sostanziali. Un’eccezione è l’ultimo verso del sonetto 94 che suona per la Mastrocola: «ch’i’ pur ne porterei du’ oncie almeno». ‹Oncie› ha il significato di ‹piccola parte›. Cf. ibid., 155, nota 14. Sul complesso problema della datazione e delle varianti nelle Rime resta fondamentale l’edizione di Karl Frey: [Michelangelo Buonarroti: ] Die Dichtungen des Michelagniolo Buonarroti. Hg. und mit kritischem Apparate versehen von Dr. Carl Frey. Berlin: G. Grotesche Verlagsbuchhandlung 1897 [Nachdruck Hanse 2021]. 51 In un denso saggio dedicato al tema della temporalità e dell’amore nella lirica del 500, Barbara Kuhn osserva che in Michelangelo, più che nei suoi contemporanei, il mitico uccello è strettamente legato alla problematica conflittualità del suo spesso incomprensibile io. Nell’artista passione amorosa ed estetica sono momenti inseparabili. l’amore viene visto come «Kraft der Erneuerung» nella lotta contro l’avanzare del tempo e nel superamento di una concezione ciclica. Barbara Kuhn: «Dichten im Zeichen des Phönix: Zeitvorstellung und Liebeskonzeption in der Lyrik des Cinquecento», in: Germanisch-Romanische Monatsschrift N.F. 62 (2012), 3-34. 52 Per l’arte di Michelangelo è fondamentale l’opera di Horst Bredekamp: Michelangelo. Berlin: Wagenbach 2021, a cui si rimanda. 53 Raphael Rosenberg: Beschreibungen und Nachzeichnungen der Skulpturen Michelangelos. Eine Geschichte der Kunstbetrachtungen. München: Deutscher Kunst Verlag 2000. Uno straordinario esempio ci è fornito da Michelangelo nelle cui Rime il mitema della fenice, raro motivo mitologico, compare ripetutamente. 49 Immagine dell’io, consunto dal fuoco amoroso, il suo significato è di essere connessa con la tematica della forza divoratrice della passione che la speranza della resurrezione non rende meno tormentata: né l’unica fenice sé riprende se non prim’arsa; ond’io s’ardendo moro spero più chiar resurger tra coloro che morte accresce e l’tempo non offende. (Michelangelo: Rime, 62, vv.-5-8) 50 Nel discorso lirico è dominante la meditazione 51 sulla morte come interruzione di un percorso temporale che mina l’identità dell’io. 52 Come Raphael Rosenberg 53 ha illustrato studiando la storia delle riproduzioni e descrizioni delle sculture di Michelangelo nella Sacrestia Nuova di San Lorenzo a Firenze, le metafore hanno la funzione di esprimere attraverso forme mediali e linguaggi differenti l’effetto di un’opera d’arte sullo spettatore. A differenza di 180 Franca Janowski <?page no="181"?> 54 Cf. il saggio di Mary D. Garrand: «Michelangelo in Love: Decoding the Children’s Baccanal», in: The Art Bulletin 96.1 (2014), 24-49 (https: / / www.jstor.org/ stable/ 439477 05 [30.7.2023]). altri modi espressivi, infatti, la metafora è caratterizzata nella sua straordinaria ricchezza semantica da una predominanza dell’elemento soggettivo. Nel grande repertorio metaforico michelangiolesco le rappresentazioni naturali, soprattutto le telluriche (vulcano) e ignee, sono le più incisive. L’intimo legame esistente fra le opere pittoriche e scultoree dell’artista e le Rime consente di mettere in rilievo e di isolare alcuni temi metaforici ricorrenti. Fra questi spicca un motivo che Leopardi, nella sua complessa e tutt’altro che univoca rappresentazione della natura, sembra riprendere, e cioè la «stanchezza della natura». La natura, si pensi alla raffigurazione della Notte nella cappella medicea, ma anche alla figura che si può osservare in basso nel disegno del Baccanale dei bambini  54 , appare sfinita, segnata dal marchio della maternità. Nell’ambiguo ritratto della natura a cui è rivolta la Klage della prima Sepolcrale leopardiana l’immagine sembra in qualche modo rivivere: Madre temuta e pianta dal nascer già dell’animal famiglia, natura, illaudabil maraviglia che per uccider partorisci e nutri […]. (Sopra un basso rilievo antico sepolcrale, vv.-44- 47) Nel madrigale michelangiolesco 241, forse dedicato a Vittoria Colonna, la natura, che tanta bellezza ha creato, simile a un artista che arriva tardi al suo capolavoro e logorata dalla sua erranza in un infinito percorso, è ormai stanca e deve morire: Similmente natura, di tempo in tempo, d’uno in altro volto, s’al sommo, errando, di bellezza è giunta nel tuo divino, è vecchia e de’ perire […]. (Michelangelo: Rime, 241, vv.-7-10) Nella morte la forza creativa della sofferenza trova la sua più alta espressione, essendo essa il solo significato dell’esistenza: «che sol per morte si può dir ben nato» come espresso nello stupendo sonetto 94 in cui la metafora a cui Michelangelo ricorre per esprimere questo pensiero è quella del baco da seta. Il motivo della trasformazione del corpo del baco, sostituto del verme, sarà interpretata naturalisticamente da Montaigne che nella Apologie de Raymond Sebond parlando della leggenda per cui dalle ceneri della fenice nascerebbe un La materia della vita: natura e simbolo nel percorso leopardiano 181 <?page no="182"?> 55 Michel de Montaigne: Essais. Nouvelle éd. conforme au texte de l’exemplaire de Bor‐ deaux avec les additions de l’éd. posthume, les principales variantes, une introduction, des notes et un index par Maurice Rat. Vol.-II. Paris: Garnier 1958, 213 (II, X I I ). 56 Condivido l’interpretazione riportata da Berthold Hub secondo cui nell’ultimo verso del componimento «nevi» vanno intese come «nei», dunque marchi e non banalmente come inverni. Cf. Berthold Hub: «… e fa dolce la morte: Love, Death, and Salvation in Michelangelo’s Last Judgment», in: Artibus et Historiae 26.52 (2005), 114 e nota 54 (https: / / www.jstor.org/ stable/ 1483778 [30.7.2023]). verme e poi un’altra fenice commenta tristemente: «Ce qui a cessé une fois d’estre, n’est plus». 55 Il testo del sonetto suona: D’altrui pietoso e sol di sé spietato nasce un vil bruto, che con pena e doglia l’altrui man veste la sua scorza spoglia e sol per morte si può dir ben nato. Così volesse al mie signor mie fato vestir suo viva di mie morta spoglia, che, come serpe al sasso si discoglia, pur per morte potria cangiar mie stato. O fussi sol la mie l’irsuta pelle che, del suo pel contesta, fa tal gonna che con ventura stringe sì bel seno, ch’i’ l’are’ pure il giorno; o le pianelle che fanno a quel di lor basa e colonna, ch’i’ pur ne porterei duo nevi almeno. (Michelangelo: Rime, 94, vv.-1-14) Amore e sofferenza si intrecciano nel disperato gesto del soggetto poetante che, nuovo Marsia, brama di spogliarsi della propria pelle per rivestire il corpo dell’amato. Nella toccante immagine di identificazione con la materia, guanti, gonna e pianelle sono l’involucro sotto il quale si nasconde e sboccia la nuova vita. L’io poetante ne porta tuttavia per sempre un marchio («e pur ne porterei due nevi almeno»). 56 La sofferenza non è qui espiazione di una colpa, ma è legge della vita come trasformazione e metamorfosi, vivere e perire. Nel sonetto 230 Michelangelo esprime un pensiero che lo avvicina in modo straordinario a Leopardi. Vi si esprime un concetto di natura infaticabile nella sua opera di trasformazione e distruzione della vita, eppure legata alla bellezza. A questa natura Michelangelo rivolge una preghiera, quella di riprendersi, ora che la 182 Franca Janowski <?page no="183"?> 57 Carl Frey nella sua edizione delle Dichtungen des Michelagniolo Buonarroti, 153, fa iniziare il componimento con «Sol». Il testo presenta lievi varianti e viene interpretato in senso tradizionale. 58 Barbara Kuhn / Michael Schwarze: «Von Erde, Mond und anderen Bildern. Einleitende Überlegungen zur Frage von Bild, Bildlichkeit und Einbildungskraft im Werk Giacomo Leopardis», in: Barbara Kuhn / Michael Schwarze (Hg.): Leopardis Bilder. Immagini sua vaghezza vien meno per opera del tempo, le grazie della sua donna per concederle ad una più gentile: 57 [Sol] Perché tuo gran bellezze al mondo sieno in donna più cortese e manco dura, prego se ne ripigli la natura tutte quelle c’ognor ti vengon meno […]. (Michelangelo: Rime, 230, vv.-1-4) Insieme alla beltà della sua donna, tuttavia, la prega di serbare anche il dolore e le lacrime dell’amante. Infatti la rinascita della bellezza sarebbe inutile se insieme a lei non sopravvivesse anche il dolore che l’ha accompagnata e il travaglio a cui deve la vita la poesia. La solidarietà trascende la sfera del singolo aprendosi agli altri amanti in una «social catena» di sofferenza. E serbi poi i mie sospiri ancora, e le lacrime sparte insieme accoglia e doni a chi quella ami un’altra volta. (Michelangelo: Rime, 230, vv.-9-11) Concludendo e ritornando alla ginestra leopardiana, essa è una fenice moderna, un’immagine di debolezza e fragilità, né simile alle stelle né adorante creatura amica della natura, essa possiede tuttavia, grazie al dolcissimo profumo che sa spargere ovunque, e alla sua vitale resistenza quel dono di comunicare e di congiungere che sembra mancare alla sterile fenice classica. Non certo immagine della risurrezione, ma pur tuttavia anch’essa sempre rinascente, è cifra della poesia e del suo inestinguibile messaggio di fratellanza. Nella Ginestra scomparsa ogni traccia di trascendenza e in assenza di riferimenti ad una passione amorosa distruggitrice, assistiamo ad una metamorfosi in tono minore. La «lenta ginestra» (v. 297), simbolo di sopravvivenza nell’aridità del deserto, è in simbiosi con la materia della vita, sia questa pure la lava impietosa del Vesuvio. Nella contemporaneità il mito impallidito a metafora floreale è solo una appena percettibile traccia odorosa nel libro della natura. È impossibile ricomporre tutti i frammenti in una favola moderna a lieto fine. I grandi interrogativi leopardiani restano senza risposta. Non ci resta dunque che ancorarci al messaggio: «Das Glück, das der Seele nicht genommen werden kann, ist eben das imaginierte» 58 . La materia della vita: natura e simbolo nel percorso leopardiano 183 <?page no="184"?> e immaginazione oder: Reflexionen von Bild und Bildlichkeit. Tübingen: Narr 2019 (Ginestra, 27/ 28), 15. Bibliografia Basile, Bruno (a cura di): La Fenice. Da Claudiano a Tasso. Roma: Carocci 2004. Die Bibel. Nach der Übersetzung Martin Luthers. Mit Apokryphen. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 2006. Biblia Sacra: iuxta Vulgatam versionem. Adiuvantibus Bonifatius Fischer / Robert Gryson. Recensuit et brevi apparatu critico instruxit Robert Weber. 5., verb. Aufl. Stuttgart: Deutsche Bibelgesellschaft 2007. Buonarroti, Michelangelo: Die Dichtungen des Michelagniolo Buonarroti. Hg. und mit kritischem Apparate versehen von Carl Frey. Berlin: G. Grotesche Verlagsbuchhand‐ lung 1897 [Nachdruck Hanse 2021]. —: Rime. Introduzione di Giovanni Testori. Milano: Rizzoli 2003. —: Rime e lettere. A cura di Paola Mastrocola. Torino: UTET 1992. Caproni, Giorgio: Tutte le poesie. Milano: Garzanti 2020. Goethe, Johannes Wolfgang von: Poetische Werke. Bd.-I. Berlin: Aufbau Verlag 1966. Leopardi, Giacomo: Tutte le poesie e tutte le prose. A cura di Lucio Felici / Emmanuele Trevi. Roma: Newton Compton 2007. —: Operette Morali. A cura di Cesare Galimberti. Napoli: Guida 1998. —: Poesie. A cura di Mario Andrea Rigoni. Milano: Mondadori 8 1998. —: Zibaldone di pensieri. A cura di Giuseppe Pacella. 3-vol. Milano: Garzanti 1991. Montaigne, Michel de: Essais. Nouvelle éd. conforme au texte de l’exemplaire de Bordeaux avec les additions de l’éd. posthume, les principales variantes, une introduction, des notes et un index par Maurice Rat. Vol.-II. Paris: Garnier 1958. Tasso, Torquato: Il mondo creato. Testo critico a cura di Paolo Luparia. Alessandria: Edizioni dell’Orso 2006 (Edizione nazionale delle opere di Torquato Tasso, 6). Vico, Giambattista: Tutte le opere. Vol.-I. La Scienza Nuova. Milano: Mondadori 1957. Blumenberg, Hans: Die Lesbarkeit der Welt. Frankfurt a.M.: Surhrkamp 1999. —: Paradigmen zu einer Metaphorologie. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1998. Bredekamp, Horst: Michelangelo. Berlin: Wagenbach 2021. Browne, Thomas: Pseudodoxia epidemica. Or Enquiries into Very many received Tenents and commonly received Truths. Based on The Sixth and Last Edition of 1672. http: / / penelope.uchicago.edu/ pseudodoxia/ pseudodoxia.html [30.7.2023]. Brunel, Pierre (a cura di): Dizionario dei miti letterari. Milano: Bompiani 1996. Curtius, Ernst Robert: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter. Tübingen: Francke 1993. Trad. it.: Letteratura europea e Medio Evo latino. Firenze: La Nuova Italia 1992. 184 Franca Janowski <?page no="185"?> Detienne, Marcel: Die Adonis-Gärten. Gewürze und Düfte in der griechischen Mythologie. Darmstadt: Wissenschaftl. Buchgesellschaft 2000. Felici, Lucio: L’Olimpo abbandonato. Leopardi tra «favole antiche» e «disperati affetti». Venezia: Marsilio 2005. Galimberti, Cesare: «Un libro metafisico», in: Giacomo Leopardi: Operette Morali. A cura di Cesare Galimberti. Napoli: Guida 5 1998, 5-47. Garrand, Mary D.: «Michelangelo in Love: Decoding the Children’s Baccanal», in: The Art Bulletin 96.1 (2014), 24-49. https: / / www.jstor.org/ stable/ 43947705 [30.7.2023]. Gueglio, Vincenzo: Carlo Bo, agonista. Sestri Levante: Gammarò 2020. Gueglio, Vincenzo / Gueglio, Emanuela: Giacomo l’immoralista. Sull’orlo del nulla. Leo‐ pardi e la mezza filosofia. Sestri Levante: Gammarò 2019. Herold, Milan / Kuhn, Barbara (Hg.): Lebenskunst nach Leopardi. Anti-pessimistische Strategien im Werk Giacomo Leopardis. Tübingen: Narr 2020 (Ginestra, 29/ 30). Hub, Berthold: «… e fa dolce la morte: Love, Death, and Salvation in Michelangelo’s Last Judgment», in: Artibus et Historiae 26.52 (2005), 103-130. https: / / www.jstor.org/ stabl e/ 1483778 [30.7.2023]. Janowski, Franca: «L’animale infelice: la differenza antropologica nel pensiero leopar‐ diano», in: La prospettiva antropologica nel pensiero e nella poesia di Giacomo Leopardi. Atti del XII Convegno internazionale di Studi Leopardiani (Recanati, 23-26 settembre 2008). A cura di Chiara Gaiardoni. Firenze: Olschki 2010, 541-560. —: «Il piacere dell’immaginazione: visioni del sentire in Giacomo Leopardi e Lorenzo Magalotti», in: Sebastian Neumeister (Hg.): Die ästhetische Wahrnehmung der Welt: Giacomo Leopardi. Giacomo Leopardi e la percezione estetica del mondo. Frankfurt a.M.: Peter Lang 2009, 153-183. Koopmann, Susanne: Studien zur verborgenen Präsenz Rousseaus im Werk Giacomo Leopardis. Tübingen: Stauffenburg 1998. Trad. it.: Studi sulla recondita presenza di Rousseau nell’opera di Giacomo Leopardi. Cosenza: Memoria 2003. Kuhn, Barbara: «Dichten im Zeichen des Phönix. Zeitvorstellung und Liebeskonzeption in der Lyrik des Cinquecento», in: Germanisch-Romanische Monatsschrift N.F. 62 (2012), 3-34. Kuhn, Barbara / Schwarze, Michael: «Von Erde, Mond und anderen Bildern. Einleitende Überlegungen zur Frage von Bild, Bildlichkeit und Einbildungskraft im Werk Giacomo Leopardis», in: Barbara Kuhn / Michael Schwarze (Hg.): Leopardis Bilder. Immagini e immaginazione oder: Reflexionen von Bild und Bildlichkeit. Tübingen: Narr 2019 (Ginestra, 27/ 28), 7-19. Ottaviani, Alessandro: «Homo duplex o ‹uomo a quattro gambe›? La questione delle bestie nel pensiero antropologico di Leopardi», in: La prospettiva antropologica nel pensiero e nella poesia di Giacomo Leopardi. Atti del XII-Convegno internazionale La materia della vita: natura e simbolo nel percorso leopardiano 185 <?page no="186"?> di Studi Leopardiani (Recanati, 23-26-settembre 2008). A cura di Chiara Gaiardoni. Firenze: Olschki 2010, 573-583. Parronchi, Alessandro: Opere giovanili di Michelangelo. 6 vol. Firenze: Olschki 1968-2003. —: «ll computar» e altri studi leopardiani. Firenze: Le lettere 1998. Prete, Antonio: Il pensiero poetante. Saggio su Leopardi. Milano: Feltrinelli 1996. Rigoni, Mario Andrea: Il pensiero di Leopardi. Milano: Bompiani 1997. Rosenberg, Raphael: Beschreibungen und Nachzeichnungen der Skulpturen Michelangelos. München: Deutscher Kunstverlag 2000. Wellek, René / Warren, Austin: Theorie der Literatur. Berlin: Ullstein 1968. Zambon, Francesco: L’alfabeto simbolico degli animali. I bestiari nel medioevo. Roma: Carocci 2003. http: / / audiolatinproverbs.blogspot.com/ 2008/ 11/ homo-ad-laborem-natus-est-et-avis-ad .html [30.7.2023]. 186 Franca Janowski <?page no="187"?> ‹Veriloquium nominis›? Nome e natura in A Silvia di Leopardi (e «all’antica» in Stazio, Petrarca, Dante) ‹Veriloquium nominis›? Name und Natur in Leopardis A Silvia (und «all’antica» bei Statius, Petrarca, Dante) Angela Oster Leopardis Gedicht A Silvia wird in der Forschung hartnäckig als autobio‐ graphisches Zeugnis gelesen. Eine genauere Analyse des Textes erweist, dass er mit Verschiebungen und Maskierungen von realistischen und fiktiven Ebenen arbeitet, die sich als Formel des ‹Veriloquium nominis› be‐ schreiben lassen. Mit A Silvia ist eine Apostrophe der Silvae Statius’ evo‐ ziert, die Leopardi als funktionsäquivalente Gattungsmatrix instrumenta‐ lisiert, welche mit Bezügen zu Dante und vor allem Petrarca ausgestattet wird. Es handelt sich nicht um eine intertextuelle Imitatio, sondern um ein raffiniertes Spiel der ‹anima sensitiva› mit den Topoi des Todes und der Memoria, ausgehend von der statianischen Gelegenheitsdichtung. Mit Bezug auf den Decknamen «Silvia» als ‹senhal› avanciert die dichte‐ rische ‹Hand› zu derjenigen Instanz, die den «sudate carte» und der «fa‐ ticosa tela» den Tod überdauernde Zeugnisse entlockt. Dabei dienen die intertextuellen Quellen als Funktionsäquivalente einer Schreibweise, die Grenzbereiche zwischen Realität und Imagination auslotet. Il componimento A Silvia di Leopardi è persistentemente interpretato nella ricerca come testimonianza autobiografica. Un’analisi più approfondita del testo dimostra che esso opera con spostamenti e mascheramenti di livelli realistici e fittizi, i quali possono essere riassunti nella formula ‹veriloquium nominis›. Con A Silvia si evoca un’apostrofe delle Silvae di Stazio, che Leopardi riutilizza come matrice di genere funzionalmente <?page no="188"?> 1 Benedetto Croce: Poesia e non poesia. Bari: Laterza 1923, 118. 2 Dabei haben überzogene autobiographische Interpretationen oftmals sentimentalisie‐ rende Hypothesen beflügelt. Cf. exemplarisch für die diesbezüglichen Aussagen Do‐ menico Consoli: «Per una lettura di ‹A Silvia›», in: Italianistica. Rivista di Letteratura Italiana 9 (1980), 94: «La strofa successiva, sostanzialmente uno sviluppo dei vv.-26sq., è la più mossa della poesia. Già la sua articolazione esterna con due proposizioni esclamative, due interrogative e quella invocazione ripetuta (‹O natura, o natura›), lascia trasparire l’interna tensione che nasce dall’ansia di riarmonizzare in un piano di più alta coscienza le dissonanze introdotte nella via dal dolore o dal disinganno». equivalente, arricchita da riferimenti a Dante e soprattutto a Petrarca. Non si tratta di imitatio intertestuale, bensì di un raffinato gioco dell’‹anima sensitiva› con i topoi della morte e della memoria, a partire dalla poesia d’occasione di Stazio. Con riferimento al nome in codice «Silvia» come un ‹senhal›, la «mano» poetica diventa quell’istanza che strappa alle «sudate carte» e alla «faticosa tela» testimonianze che sopravvivono alla morte. In questo contesto, le fonti intertestuali fungono da equivalenti funzionali per una scrittura che esplora le aree di confine tra realtà e immaginazione. Schlagwörter: A Silvia, Realismus, Nominalismus, Dante, Petrarca, Statius Parole chiave: A Silvia, realismo, nominalismo, Dante, Petrarca, Stazio 1 «O natura, o natura» Wenn von Giacomo Leopardis Naturkonzept die Rede ist, gehören folgende Verse aus dem Gedicht A Silvia (zu welchem Croce anmerkt, «che forse è il capolavoro [di Leopardi]») 1 zu den einschlägigen, am häufigsten zitierten Textstellen: «O natura, o natura, | Perché non rendi poi | Quel che prometti allor? perché di tanto | Inganni i figli tuoi? ». 2 A Silvia gehört zu den ‹grandi idilli› des Gedichtzyklus der Canti. Bereits der Name unterliegt keiner zufälligen Wahl. Etymologisch indiziert er im Italienischen (abgeleitet aus dem Lateinischen) mit ‹selvaggio› / ‹selva› das Wilde, auch und gerade im Kontext der Natur, nämlich eine Landschaft mit Waldcharakter, die ‹wild› im Sinne von ‹unbe‐ rührt› (auch von Menschen) ist. Dies steht zunächst einmal im Kontrast oder gar im Widerspruch dazu, mit dem Namen «Silvia» eine anthropologische Kategorie im Gedicht zu positionieren. Zu den Fragen, die in der Forschung zu A Silvia am beständigsten auftauchen, gehört diejenige nach der Realreferenz der apostrophierten Figur im Titel. Mit dieser Frage setzen auch die vorliegenden 188 Angela Oster <?page no="189"?> 3 Stellvertretend für die unzähligen autobiographischen Interpretationen sei des Weiteren Raffaele Urraro angeführt, dessen Buchtitel Giacomo Leopardi. Le donne, gli amori (Firenze: Olschki 2008) bereits Fragwürdiges erahnen lässt, das sich insbesondere in Bezug auf A Silvia in Kap.-9 dann auch manifestiert: «fece di Teresa-Silvia il simbolo della dolorosa condizione umana proiettando su uno sfondo di universale destino quello che era stato il destino di una povera ragazza uccisa da una malattia» (97). Überlegungen zum Naturbegriff in A Silvia ein. Es lassen sich zwei Positionen in der Fülle an Publikationen ausmachen. 2 Historische «Teresa» und fiktive «Silvia» Zum einen wird als «Silvia» Teresa Fattorini ausgemacht, die Tochter eines Angestellten im Hause Leopardi in Recanati, welche bereits als junges Mädchen 1818 verstarb und tatsächlich als Folie für Leopardis Gedicht gedient haben mag. 3 Unterstützt wird diese Lesart durch die genaue Datierung des Autographs Leopardis (Abb. 1) auf den 19./ 20. April 1828 (wobei der Beginn der Arbeit an dem Gedicht wahrscheinlich bis auf den Februar des gleichen Jahres zurückgeht). Abb.-1: Autograph von A Silvia, Wiki‐ media Commons. Abb. 2: Giacomo Leopardi: Canti. Firenze: Piatti 1831. Wikisource. - ‹Veriloquium nominis›? Leopardis A Silvia (Statius, Petrarca, Dante) 189 <?page no="190"?> 4 Die Zitate aus dem Zibaldone (jeweils mit der Sigle Zib. und der Seitenzahl des Autographs angegeben) nach der folgenden Ausgabe: Giacomo Leopardi: Zibaldone di pensieri. 2 vol. Scelta a cura di Anna Maria Moroni. Milano: Mondadori 2006 (Hervorhebung im Original). Übersetzung nach der Ausgabe: Giacomo Leopardi: Das Gedankenbuch. Auswahl, Übersetzung und Nachwort von Hanno Helbling. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1992. Bevor zur zweiten Position übergegangen wird, sei betont, dass - wenn man denn autobiographisch argumentieren möchte - der Name «Teresa» für Leo‐ pardi mindestens ambivalent besetzt ist, was die soeben skizzierte Auslegungs‐ weise von vornherein relativiert. Im Zibaldone schreibt Leopardi: Io da fanciullo ho conosciuto familiarmente una Teresa vecchia, e secondo che mi pareva, odiosa. Ed allora e oggi che son grande provo una certa ripugnanza a persuadermi che il nome di Teresa possa appartenere ad una giovane, o bella, o amabile: o che quella che porta questo nome, possa aver questa qualità: e insomma sentendo questo nome, provo sempre un’impressione e prevenzione sfavorevole alla persona che lo porta. E ordinariamente l’idea che noi abbiamo dell’eleganza, grazia, dolcezza, amabilità di un nome, non deriva dal suono materiale di esso nome, né dalle sue qualità proprie e assolute, ma da quelle delle prime persone chiamate con quel nome, conosciute o trattate da noi nella prima età. Anche però viceversa potrà accadere che noi da fanciulli concepiamo idea della persona, dal nome che porta, massime se si tratta di persone lontane, o da noi conosciute solamente per nome: e giudichiamo della persona, secondo l’effetto che ci produce il nome, col suono materiale, o col significato che può avere, o con certe relazioni con altre idee. E questo ci avviene ancora da grandi, sia per conseguenza dell’idea concepita nella fanciullezza, sia anche assolutamente: perchè è certo che noi non ascoltiamo il nome, ovvero il cognome di persona a noi tanto ignota, che sopra quella denominazione non ci formiamo una tal quale idea sì dell’esterno che dell’interno di quella persona. Idea più o meno confusa, più o meno viva, secondo le circostanze; ma ordinariamente chiarissima e vivissima ne’ fanciulli, sebbene per lo più falsissima. E massimamente i fanciulli (sempre lontani dall’indifferenza), secondo questa idea, si determinano all’odio o all’amore, a un certo genio o contraggenio verso quelle tali persone, non conosciute se non per nome. (Zib.-482-484; 10-Gennaio 1821). 4 [Ich habe als Knabe eine Teresa gekannt, eine alte und, wie mir vorkam, abstoßende Frau. Und noch heute, da ich erwachsen bin, sehe ich nur mit Mühe ein, daß der Name Teresa einem jungen, schönen und liebenswürdigen Mädchen gehören, daß seine Trägerin diese Vorzüge haben könnte; höre ich den Namen, so habe ich stets einen ungünstigen Eindruck oder Vorgeschmack von der Person, die ihn trägt. Und in der Regel rührt die Idee des Feinen, Anmutigen, Zarten, Gewinnenden, die wir mit 190 Angela Oster <?page no="191"?> 5 Die vorliegenden Ausführungen verdanken sich, ungeachtet ihrer autobiographischen Kritik, nicht zuletzt dem Insistieren von Studierenden der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt in meinem dort im Sommersemester 2019 gehaltenen Seminar «Zwischen Aufklärung und Romantik: Manzoni und Leopardi», die meine damalige textzentrierte Auslegung des Gedichts A Silvia zwar nicht als obsolet einstuften, sich dessen unge‐ achtet aber nicht von dem Eindruck lösen wollten, dass dem Gedicht eine eminent lebensweltliche Erfahrung zugrunde liegen müsse. Diese Position wurde mit einer Vehemenz verteidigt, die mich beeindruckt hat und die ich auch in diesem Aufsatz mehr als nur ernst nehme. Es seien hier Flavio Angeloni, Nicole Gradnitzer und Christian Oberlercher genannt, mit denen ich sowohl produktive als auch amüsante ‹Streitge‐ spräche› zu A Silvia geführt habe und die den Ausgang dafür darstellten, die (schein‐ bare) Alternative historische ‹Teresa› vs. fiktive ‹Silvia› genauer zu hinterfragen. Die Tagung «O Natura, o natura. Leopardis Dichten und Denken der Natur. Pensiero e poesia della natura in Leopardi» der Deutschen Leopardi-Gesellschaft 2022 bot den will‐ kommenen Rahmen, um die seinerzeit in Klagenfurt initiierten Gedanken zu A Silvia fortzuführen. Die Ausführungen rücken weiterhin vom autobiographischen Befund ab, wobei die Dinge vielleicht nicht ganz so kategorisch geschieden werden müssen, wie oftmals suggeriert wird: «Man werde, so Gadamer, einem Kunstwerk immer anmerken, ob es aus einer bestimmten Gelegenheit heraus entstanden sei oder nicht. Als Beispiele nennt er Porträts oder Widmungsgedichte. Die spezielle Gegenwart, die das Kunstwerk zur Zeit seiner Entstehung bewußt abbildete, werde transferiert. Natürlich gingen Details des situativen Kontextes verloren, es entstünden ‹Leerstellen› dadurch, daß der Rezipient von dem Ereignis räumlich und zeitlich entfernt sei und die Einzelheiten des einem Namen verbinden, nicht vom Klang dieses Namens her oder von seinen eigenen, unabhängigen Vorzügen, sondern von denen der ersten Personen dieses Namens, die wir im Kindesalter gekannt haben oder die uns begegnet sind. Umgekehrt kommt es auch vor, daß wir uns als Kinder von jemandem eine Idee machen auf Grund seines Namens; besonders wenn er weit entfernt lebt oder uns nur vom Hörensagen bekannt ist. Wir beurteilen dann die Person je nach dem Eindruck, den uns ihr Name macht, durch seinen Klang, durch die Bedeutung, die er haben mag, oder durch irgendwelche Verbindungen mit anderen Ideen. Und wir erleben dies noch als Erwachsene, sei es anschließend an eine Idee, die wir uns in der Kindheit gemacht, sei es unabhängig davon: [D]enn sicherlich hören wir keinen Namen, auch nicht den Familiennamen einer uns unbekannten Person, ohne uns von ihrem Äußeren oder ihrem Charakter eine bestimmte Idee zu machen. Eine mehr oder minder verschwommene, mehr oder weniger lebhafte Idee, nach den Umständen; bei Kindern gewöhnlich eine ganz klare, lebhafte, wenn auch zumeist völlig falsche. Und die Kinder (denen nichts fremder ist als Gleichgültigkeit) lassen sich dann von dieser Idee zu Haß oder Liebe bestimmen, zu Hinneigung oder Widerwillen gegen solche Personen, die sie allein dem Namen nach kennen. (10.-Januar 1821).] Nun mögen autobiographisch versierte - und diese halten sich in der Leo‐ pardi-Forschung hartnäckig 5 - Auslegungen gegen diesen Hinweis einwenden, ‹Veriloquium nominis›? Leopardis A Silvia (Statius, Petrarca, Dante) 191 <?page no="192"?> Ereignisses, auf das Bezug genommen wird, nicht kenne, sie allenfalls rekonstruieren könne. Doch die Okkasionalität als solche bleibe bestehen, und gerade das, was nicht ‹einlösbar› sei, das ‹Gelegenheitliche›, sei das besondere Wesensmerkmal jener Art von Kunstwerken. Dabei sei es nicht wichtig, diesen Gegenwartsbezug genau bestimmen zu können, es genüge allein zu wissen, daß er vorhanden sei.» (Meike Rühl: Literatur gewordener Augenblick. Die Silven des Statius im Kontext literarischer und sozialer Bedingungen von Dichtung. Berlin [et al.]: de Gruyter 2006, 85). Cf. außerdem Wolfgang Adam: Poetische und Kritische Wälder. Untersuchungen zu Geschichte und Formen des Schreibens ‹bei Gelegenheit›. Heidelberg: Winter 1988. Zum ‹Gelegentli‐ chen› und zu Realreferenzen im Folgenden mehr. dass der Eintrag vom 10. Januar 1821 stamme und dass der Dichter bis zum Entstehungsjahr 1828 von A Silvia offensichtlich seine Aversionen abgelegt habe: eventuell, weil er, während er in Pisa weilte, dort oder anderweitig eine andere «Teresa» kennengelernt habe (u.a. geistert eine «Teresa Brini» durch die Leopardi-Literatur) und nunmehr in der Summierung ‹positiver› Teresa-Er‐ fahrungen diese überwogen hätten. Außerdem habe Leopardi ja den Namen ‹Te‐ resa› in seinen Canti - aus Gründen der (wiederum: lebensweltlichen) Dezenz - vermieden und in «Silvia» verwandelt. Und aus folgendem Eintrag - aus dem Zibaldone und dieses Mal in zeitlicher Nähe zur Entstehung von A Silvia - spreche die «Erinnerung» an die historische Teresa «nella primissima gio‐ ventù», die der Dichter zu Beginn des Gedichts in seiner eloquenten Ansprache zwischen Diesseits und Jenseits unter einem Decknamen kontaktiere («Silvia, rimembri»): Una donna di venti, venticinque o trenta anni ha forse più d’attraits, più d’illecebre, ed è più atta a ispirare, e maggiormente a mantenere, una passione. Così almeno è paruto a me sempre, anche nella primissima gioventù: così anche ad altri che se ne intendono (M. Merle). Ma veramente una giovane dai sedici ai diciotto anni ha nel suo viso, ne’ suoi moti, nelle sue voci, salti ec. un non so che di divino, che niente può agguagliare. Qualunque sia il suo carattere, il suo gusto; allegra o malinconica, capricciosa o grave, vivace o modesta; quel fiore purissimo, intatto, freschissimo di gioventù, quella speranza vergine, incolume che gli si legge nel viso e negli atti, o che voi nel guardarla concepite in lei e per lei; quell’aria d’innocenza, d’ignoranza completa del male, delle sventure, de’ patimenti; quel fiore insomma, quel primissimo fior della vita; tutte queste cose, anche senza innamorarvi, anche senza interessarvi, fanno in voi un’impressione così viva, così profonda, così ineffabile, che voi non vi saziate di guardar quel viso, ed io non conosco cosa che più di questa sia capace di elevarci l’anima, di trasportarci in un altro mondo, di darci un’idea d’angeli, di paradiso, di divinità, di felicità. Tutto questo, ripeto, senza innamorarci, cioè senza muoverci desiderio di posseder quell’oggetto. La stessa divinità che noi vi scorgiamo, 192 Angela Oster <?page no="193"?> 6 Zur Funktion des Decknamens im Folgenden mehr. ce ne rende in certo modo alieni, ce lo fa riguardar come di una sfera diversa e superiore alla nostra, a cui non possiamo aspirare. Laddove in quelle altre donne troviamo più umanità, più somiglianza con noi; quindi più inclinazione in noi verso loro, e più ardire di desiderare una corrispondenza seco. Del resto se a quel che ho detto, nel vedere e contemplare una giovane di sedici o diciotto anni, si aggiunga il pensiero dei patimenti che l’aspettano, delle sventure che vanno ad oscurare e a spegner ben tosto quella pura gioia, della vanità di quelle care speranze, della indicibile fugacità di quel fiore, di quello stato, di quelle bellezze; si aggiunga il ritorno sopra noi medesimi; e quindi un sentimento di compassione per quell’angelo di felicità, per noi medesimi, per la sorte umana, per la vita, (tutte cose che non possono mancar di venire alla mente), ne segue un affetto il più vago e il più sublime che possa immaginarsi. (Zib.-4310sq.; Firenze, 30.-Giugno 1828 [Hervorhebungen im Original]). 6 [Eine Frau von zwanzig, fünfundzwanzig oder dreißig Jahren hat vielleicht mehr attraits, höhere Anmut und eher die Eignung, eine Leidenschaft zu erwecken und vielleicht auch wachzuhalten. So ist es mir wenigstens immer erschienen, und schon in frühester Jugend; und so auch anderen, die sich darauf verstehen. Aber ein junges Mädchen zwischen sechzehn und achtzehn Jahren hat in seinem Antlitz, seinem Auftreten, in seinen Rufen und raschen Wendungen usw. etwas irgendwie Göttliches, dem nichts gleichkommt. Welches auch ihr Charakter oder Geschmack sei; ob sie froh oder schwermütig, launisch oder ernst, lebhaft oder zurückhaltend sei - jene reinste, unberührte, noch ganz frische Jugendblüte, jene jungfräuliche, ungetrübte Hoffnung, die aus ihrem Antlitz und ihren Gebärden spricht oder die wir bei ihrem Anblick in ihr und für sie verspüren; jener Ausdruck von Unschuld, von völliger Unkenntnis des Bösen, des Unglücks, des Leidens; kurz, jenes Blühen, das allererste Erblühen des Lebens; all dies macht auf uns, auch ohne daß wir uns verliebten, oder eigentlich teilnähmen, einen so lebhaften tiefen, unaussprechlichen Eindruck, daß wir’s nicht satt werden, dieses Gesicht zu betrachten, und ich kenne nichts, das uns ebenso sehr zu erheben, in eine andere Welt zu versetzen, und eine Vorstellung von den Engeln, vom Paradies, vom Göttlichen, von der Glückseligkeit zu erschließen vermöchte. All dies, noch einmal, ohne daß wir uns verliebten, ohne daß wir zu besitzen wünschten. Gerade das Göttliche, das wir wahrnehmen, macht uns ihm zugleich fremd und läßt es uns als ein anderes, höheres Element erkennen, auf das wir kein Recht haben. In jenen Frauen finden wir dagegen mehr Menschlichkeit, mehr Ähnlichkeit mit uns selbst; daher auch in uns die stärkere Neigung zu ihnen, und das heftigere Verlangen, diese Neigung erwidert zu sehen. Nimmt man zu dem, was ich über den Anblick und die Betrachtung eines Mädchens von sechzehn oder achtzehn Jahren gesagt habe, noch den Gedanken an die Leiden hinzu, welche sie ‹Veriloquium nominis›? Leopardis A Silvia (Statius, Petrarca, Dante) 193 <?page no="194"?> 7 Stil- und sonstige Blüten u.a. Leopardis werden von mir vielmehr in dem Projekt «Zwi‐ schen Florilegium und Matrimonium. Orangenduft, Hyazinthen und das Treiben weiterer literarischer Stilblüten im 19.-Jahrhundert» verfolgt. 8 Cf. dazu die entsprechenden Einträge und Artikel (mit Querverweisen) in Angela Oster (Hg.): Roland Barthes Handbuch. Leben - Werk - Wirkung. Berlin: Metzler, erscheint 2024. 9 Die Stilisierung zur Geliebten wird außerdem durch folgenden (historischen) Hinweis Leopardis relativiert: «storia di Teresa da me poco conosciuta e interesse ch’io ne prendeva come di tutti i morti giovani in quello aspettar la morte per me» (Giacomo Leopardi: «Ricordi d’infanzia e di adolescenza», in: id.: Opere. A cura di Sergio Solmi. Vol.-I. Milano / Napoli: Ricciardi 1956, 905). erwarten, an die Schläge des Schicksals, welche nicht säumen werden, jene lautere Freude zu verdunkeln und alsbald zum Erlöschen zu bringen, und an die Eitelkeit all jener teuren Hoffnungen, an das unsagbar Flüchtige jenes Blühens, jenes Zustandes, jener Schönheit: und nimmt man noch den Gedanken an unser eigenes Dasein hinzu, und so insgesamt ein Gefühl des Erbarmens für jenen glückseligen Engel, für uns selbst, für des Menschen Geschick, für das Leben (und all dies muß uns ja durch den Sinn gehen), so entsteht daraus das erhabenste, holdeste Mitgefühl, das man sich vorstellen kann. (Florenz, 30.-Juni 1828).] Die Isotopien des ‹Primären› oder des ‹Aufsteigens› und andere mehr sind in der Tat auch in A Silvia vorhanden, dessen zentrales Thema außerdem vorder‐ gründig eine junge Frau ist. Darüber hinaus ist das kantische ‹interesselose Wohlgefallen› evident. Man könnte das vorstehende Zitat außerdem nicht zuletzt sowohl genderkritisch als auch metaphorologisch-poetologisch zum Topos des jungfräulichen «fiore» ausgiebig kommentieren, wofür an dieser Stelle allerdings kein Raum ist und was in Hinblick auf die in diesem Aufsatz interessierenden Fragen letztlich auch nicht zielführend wäre. 7 Immerhin muss zugegeben werden, dass Leopardi sich innertextuell in A Silvia tatsächlich für lebensalterliche Blüten interessiert. Allerdings eben nicht für die ungebrochene jugendliche ‹Blüte des Lebens› im Sinne des Zibaldone-Zitats, sondern gegen‐ läufig dazu von den ersten Gedichtzeilen an für eine ‹Natur im Niedergang›, zu deren vergänglichem Verlauf es in Vers 42 heißt: «E non vedevi il fior degli anni tuoi». In diesem Zusammenhang muss darauf insistiert werden, dass Leopardi - und hier sei an den Zibaldone-Eintrag vom 10. Januar 1821 angeknüpft - der Zuständigkeit halber sprachlich versiert ist und sich für den «suono materiale di esso nome» interessiert. Es geht um das, was Roland Barthes den «Realitäts‐ effekt» 8 genannt hat und was auch Leopardi meint, wenn er im Eintrag vom 10.-Januar 1821 vom «effetto che ci produce il nome» schreibt. 9 Leopardis eben dort geäußerte Gedanken zur «denominazione» oszillieren zwischen Realismus 194 Angela Oster <?page no="195"?> 10 Giovanni Getto: «Per un’interpretazione di ‹A Silvia›», in: Lettere Italiane 16 (1964), 280. 11 Cf. dazu Stefano Giovannuzzi: «Per ‹A Silvia› di Leopardi», in: Studi italiani. Semestrale di Letteratura Italiana 7 (1995), 135. Weniger zwingend erscheint hingegen Giovan‐ nuzzis Vergleich mit Tassos Gedicht «Sposa regal» (Giovannuzzi: «Per ‹A Silvia› di Leopardi», 143-145; cf. dazu das Gedicht Sposa regal in Torquato Tasso: Poesie. A cura di Francesco Flora. Milano / Napoli: Ricciardi 1952, 844). 12 Andrea Lanzola: «‹Scorrendo via le pagine›: In merito ad una possibile ispirazione di ‹A Silvia›», in: La Rassegna della Letteratura Italiana 116 (2012), 40. Lanzolas Einschätzung ist ungeachtet einzelner skeptischer Einlassungen Leopardis zur Arcadia (cf. dazu An‐ gela Oster: «Petrarkistische Götterdämmerung. Eugenio Manfredi, Giambattista Zappi und die Lyrik und Poetik der Accademia degli Arcadi im 18. Jahrhundert», in: Michael Bernsen / Bernhard Huss (Hg.): Der Petrarkismus. Ein europäischer Gründungsmythos. Göttingen: V&R unipress 2011, 312) durchaus zutreffend. Lanzola untersucht intertex‐ tuelle Bezüge Leopardis, neben der Arcadia u.a. zu Anakreon oder Antonfrancesco Grazzini (il Lasca). Insbesondere einzelne Parallelen zu Frugonis A Silvia, nel giorno di sue nozze sind nicht von der Hand zu weisen (so die verwandten ersten Zeilen), ohne dass es Lanzola aber gelingt, über die punktuellen Bezüge hinaus eine überzeugende poetologische Grundstruktur im Vergleich zu identifizieren. Cf. außerdem zu Paolo Antonio Rolli und Leopardi Gianmarco Gaspari: «Giacomo Leopardi, A Silvia, 1-6», in: Carlo Caruso / William Spaggiari (a cura di): Filologia e storia letteraria. Studi per Roberto Tissoni. Roma: Ed. di Storia e Letteratura 2008, 435-445, sowie Nino Borsellino: «A Silvia, variazioni su un sonetto pastorale», in: Paragone 28 (1977), 45-55. Cf. außerdem zur These «[c]he l’Aminta possa essere mediatrice fra l’idillio greco e quello leopardiano» Marco Santagata: Quella celeste naturalezza. Le canzoni e gli idilli di Leopardi. Bologna: Il Mulino 1994, 80. 13 Cf. nach wie vor Hans-Ludwig Scheel: Leopardi und die Antike. Die Jahre der Vorberei‐ tung (1809-1818) in ihrer Bedeutung für das Gesamtwerk. München: Hueber 1959. und Nominalismus, wobei die überkommene Dichotomie einer moderneren Sprachbetrachtung weicht. Eben dies beherzigen die Interpreten des zweiten Lagers, die abweichend von der historisch-faktizistischen Position die Fiktivität von A Silvia betonen. Hier wird «Silvia» als Emblem oder Symbol angesehen. Plausibel ist die An‐ bindung der «sfumata dolcezza del vocativo» an das idealtypische Genre des idyllischen Schäferspiels und an den «umile ambiente rustico» eines bukoli‐ schen Settings nicht zuletzt deshalb, 10 weil «Silvia» der Name einer der Figuren (einer Nymphe) in Tassos Aminta ist. 11 Leopardis Wertschätzung der «matrice arcadico-preromantica» ist gut belegt. 12 Es sei ergänzend zur vorliegenden Forschung in Erwägung gezogen, dass angesichts von Leopardis Vorliebe für die Antike 13 und deren Stilistik der ‹semplicità› der Name «Silvia» auch eine offensichtlichere Lesart ermöglicht, die von der genrespezifischen Etymologie des Namens «Silvia» ausgeht. ‹Veriloquium nominis›? Leopardis A Silvia (Statius, Petrarca, Dante) 195 <?page no="196"?> 14 Giacomo Leopardi: Lettere. A cura e con un saggio introduttivo di Rolando Damiani. Milano: Mondadori 2006, 814. 15 Der gelehrte Poet Leopardi fand sowohl in literarisch-stilistisch als auch belesen-philo‐ sophisch beschlagenen Autoren wie Bracciolini oder Poliziano geschätzte Vorbilder für das eigene Schreiben. Cf. Augusto Guida: «Poliziano e Leopardi: un incontro non rico‐ nosciuto», in: Paolo Viti (a cura di): Cultura e Filologia di Angelo Poliziano. Traduzioni e Commenti. Atti del Convegno di studi (Firenze, 27-29 novembre 2014). Firenze: Olschki 2016, 241-250; Rühl: Literatur gewordener Augenblick, 1: «Angelo Poliziano war ein weiterer Wegbereiter des Erfolges, denn er kommentierte die Silven nicht nur, sondern dichtete auch selbst Sylvae nach dem Vorbild des Statius. Vor allem aber versuchte er, in seiner Oratio super Fabio Quintiliano et Statii Sylvis seinen Zeitgenossen Statius neben Quintilian als Schulautor schmackhaft zu machen»; Poliziano hat selbst Ende des 15. Jahrhunderts Silven produziert, cf. Angelo Poliziano: Sylvae. A cura di Francesco Bausi. Firenze: Olschki 1997. 16 Eine gedichtübergreifende Analyse von A Silvia, speziell unter Einbezug von Il Risor‐ gimento (welches zeitlich in unmittelbarer Nachbarschaft entstanden ist), aber auch im Vergleich zu den weiteren Gedichten der Canti in Hinblick auf die dort präsenten ‹ri‐ membranze›, ‹selve›, Naturelemente oder die arkadische Bukolik wäre reizvoll, würde jedoch den Umfang einer Monographie erfordern. Es sei stellvertretend für die später erörterten Petrarca- / Dante-Bezüge auf die Verse 9sq. in Il Risorgimento hingewiesen, in denen in den «lacrime | sparsi nel novo stato» der Canzoniere und die Vita Nova zueinander auf engstem Raum in Beziehung gesetzt werden. 17 Rühl: Literatur gewordener Augenblick, 2; cf. hier außerdem 211. 3 Statius’ «Silvae» als Gelegenheit zum Dichten Wenn Leopardi in einem Brief vom 2. Mai 1828 an seine Schwester mit offensichtlichem Bezug auf A Silvia (und auf Il Risorgimento) schreibt, «e dopo due anni, ho fatto dei versi quest’aprile; ma versi veramente all’antica» 14 , dann legt der Titel des Gedichts in Hinblick auf Antikes eine gattungstypologische Zuordnung nahe, nämlich die Anbindung an Statius’ Silvae. Diese waren Leopardi als erduditem (Alt-)Philologen bekannt, umso mehr, als der Fund der Silven des Statius niemand Geringerem als Poggio Bracciolini zu verdanken ist, der im Kontext des Konstanzer Konzils die Bibliotheken von Klöstern im Umfeld sichtete und 1417 eine Abschrift von Statius’ Text fand. Auch Angelo Poliziano gehört zu den illustren Exegeten des Textes in der Folge. 15 Die Merkmale der Silven, die Meike Rühl in ihrer einschlägigen Arbeit ausführt, seien hier in Hinblick auf Leopardis Canti  16 und insbesondere auf A Silvia stichpunktartig zusammengefasst: 1. Es handelt sich um Gelegenheitsdichtungen. 2. «[S]ie [sind] nicht nur mit den Anlässen verknüpft, sondern auch mit den Personen, die in diese Ereignisse involviert waren. Jede Silve hat ihren einen, besonderen Adressaten» 17 . 196 Angela Oster <?page no="197"?> 18 Rühl: Literatur gewordener Augenblick, 2 und 8: «Diese Plastizität (Poliziano vergleicht Statius kurz darauf mit Phidias und Apelles) und Ausdruckskraft, verbunden mit der ausdrücklichen Verankerung ihrer Sujets in der realen Welt»; «fast nirgendwo ist der Realitätsbezug bei lateinischer Dichtung so evident wie hier». 19 Rühl: Literatur gewordener Augenblick, 6: «Silven stellten eine neue Art Bukolik dar, die sie unter anderem aus ihrem Titel Silvae ableiten». 20 Rühl: Literatur gewordener Augenblick, 87. 21 Es kann hier nur am Rande auf Dantes Purgatorio XXI verwiesen werden, wo Statius eine Rolle spielt, allerdings nicht als Autor der Silvae, sondern der Thebais. 22 Cf. Rühl: Literatur gewordener Augenblick, 143sq. und 389 sowie 384: «Schließlich und endlich muß noch ein Element angeführt werden, das eigentlich dasjenige ist, das am meisten zum Charakter der Silve beiträgt, da es neben seinem Adressaten ihr wichtigster Bestandteil ist: die Gelegenheit selbst. Bei der Besprechung der Gelegen‐ heiten der Silven war bereits zu sehen, daß es Anlässe gibt, die häufiger auftreten als andere. Dazu gehören ganz offensichtlich Trauerfälle. Denn sie ermöglichen eine be‐ sonders persönliche Zuwendung des Dichters, verbunden mit einem lobenden Nachruf auf den Verstorbenen (resp. den Hinterbliebenen), vereinen mithin zwei wichtige Strategien der Silven miteinander: die Erzeugung von Nähe und die panegyrische Überhöhung des Adressaten.» Leopardis Canti borden vor lauter Toten- und Trauer‐ gedichten geradezu über, bspw. Sopra un bassorilievo antico sepolcrale und Sopra il ritratto di una bella donna scolpita nel monumento sepolcrale. Mit anderem Schwerpunkt (Epitaphicum-Dichtung) als der vorliegende Aufsatz verfolgt das Thema des Todes Marc Föcking: «Friedhofsdichtung. Leopardis Totenbilder», in: Barbara Kuhn / Michael Schwarze (Hg.): Leopardis Bilder. Immagini e immaginazione oder: Reflexionen von Bild und Bildlichkeit. Tübingen: Narr 2019, 103-124. 23 Cf. Rühl: Literatur gewordener Augenblick, 146. 3. Es besteht eine etwaige Realreferenz der aufgerufenen Namen. 18 4. Evident sind insbesondere bukolische Anbindungen. 19 5. «Die griechische Lyrik (und hier ist vor allem von der Dichtung des 7. bis 5. Jh. v. Chr. die Rede) ist ausgesprochene Festdichtung und deswegen an sich bereits okkasionell» 20 . In den Canti trifft dies auf La sera del dì di festa und ähnliche Gedichte zu. 6. Anlässe sind oftmals Standbilder (cf. Leopardis Sopra il monumento di Dante che si preparava in Firenze), die mittels einer Ekphrasis beschrieben werden. 21 7. Die häufigsten Gelegenheiten sind Todesfälle, zu denen sogenannte Epi‐ kedien (Statius selbst nennt sie ‹epicedia›) geschrieben werden, oftmals in Form von Trost- und Kondolenzgedichten. Damit verbunden ist «die panegyrische Überhöhung des Adressaten» 22 . 8. Das Epikedion weist keine feste metrische Versform auf. 23 Des Wei‐ teren: «Da nun aber das Epikedion, anders als die Grabinschrift, keine festgeschriebene Form aufgrund bestimmter orts- und situationsgebun‐ dener Vorgaben (wie die Plazierung auf einem Grab und dem zur Verfügung ‹Veriloquium nominis›? Leopardis A Silvia (Statius, Petrarca, Dante) 197 <?page no="198"?> 24 Rühl: Literatur gewordener Augenblick, 148. 25 Cf. Rühl: Literatur gewordener Augenblick, 146. Ein derartiger Aufbau kennzeichnet auch A Silvia: Strophe 1: ‹exordium›; Strophen 2 und 3: ‹laudatio›; Strophen 4 und 5: ‹lamentatio›; Strophe 6: ‹descriptio morbi ac funeris›. Inwiefern das Element ‹con‐ sola› bei Leopardi fehlt oder evtl. doch integriert ist, wird im Folgenden zu diskutieren sein. 26 Cf. Rühl: Literatur gewordener Augenblick, 150. 27 Rühl: Literatur gewordener Augenblick, 368; cf. hier außerdem 152: «Sein Epikedion hat als Vers gewordene Klage keine angenehmen Eigenschaften aufzuweisen: es ist ein lamentabile carmen, tristia carmina oder nil dulce, nil placidum». 28 Rühl: Literatur gewordener Augenblick, 382: «Diese narrativen Einschübe haben die Funktion, dem Leser Kenntnis von den Vorgängen - auch wenn sie vielleicht erdacht sind - zu vermitteln und so eine Atmosphäre emphatischer Unmittelbarkeit aufzu‐ bauen. Wie in den genannten Beispielen ist meistens der Dichter als Person in die Erzählhandlung involviert». 29 Bspw. ist der Beginn von A Silvia ähnlich einem Proömium gestaltet, was an die Praefationes der Epikedien anschließt, in denen eine «Kommunikationssituation» des (fingierten) Austauschs kreiert wird, wozu in der Folge auch die «inklusiven Possessiv‐ pronomina» beitragen (Rühl: Literatur gewordener Augenblick, 223), die sich gleichfalls - «o Silvia mia» (v.-29) - bei Leopardi finden. stehenden Raum) besitzt, fällt seine Gestaltung je nach Anliegen des Dichters dementsprechend frei aus» 24 . 9. Das Epikedion hat folgenden rhetorischen Aufbau: ‹exordium› - ‹lau‐ datio› - ‹lamentatio› - ‹descriptio morbi ac funeris› - ‹consola›. 25 10. Der Trost der Epikedien zielt auf fortdauerndes Angedenken, u.a. in Form eines Mittrauerns. 26 11. Der ‹lamentierende› Charakter der Dichtung: «Das Ergebnis ist eine poe‐ tologische Lamentatio. Denn der Verlust der Inspiration äußert sich nicht in einem ästhetisch minderwertigen Gedicht, sondern in der Freude an dem vorgeblich unkontrollierten Lied des Dichters, am wenig gefälligen Ausbreiten des eigenen Schmerzes. Das Paradoxe dieser Dichtungsart tritt in der Zusammenstellung eigentlich positiver, jedoch durch die Vorsilbe innegierter Begriffe (incertam, inlaudabile, incompte) hervor, ferner in der durch die Negatives bezeichnende Interjektion heu getrennten Geminatio des iuvat und wird darum um so ausdrucksstärker» 27 . 12. Es finden sich narrative Einschübe im Gedichtfluss. 28 Dass alle genannten Kriterien auf Leopardis A Silvia zutreffen, ist derart evident, 29 dass sich ein nahtloser Abgleich erübrigt, der auf eine Tautologie hinauslaufen würde. Der Befund an sich ist vielleicht bemerkenswert, befriedigt aber unge‐ achtet seines innovativen Zugangs für sich besehen nicht wirklich, da er lediglich eine genrespezifische Mimesis konstatiert, die allein schon deshalb fragwürdig 198 Angela Oster <?page no="199"?> 30 Worauf Leopardi zählt, ist, dass seine antiken Allusionen und Anbindungen den zeitge‐ nössischen Lesenden - anders als im 21. Jahrhundert - weitgehend bekannt sind; cf. Giacomo Leopardi: Rede eines Italieners über die romantische Poesie. Discorso di un italiano intorno alla poesia romantica. Übers. und eingeleitet von Franca Janowski. Tübingen: Narr 1991, 116: «perchè gli stessi poeti greci e latini sono conosciuti letti studiati usati maneggiati da tutto quanto il mondo». Mit dieser Einstellung der Antike gegenüber, bewegt sich Leopardi auf den Spuren Petrarcas, hingegen nicht auf denen Dantes, cf. dazu Angela Oster: «Ruinen und Reliquien bei Francesco Petrarca», in: Giulia Lombardi [et al.] (Hg.): Ästhetik und Poetik der Ruinen. Rekonstruktion - Imagination - Gedächtnis. Berlin: de Gruyter 2022, 31: «Zwischen der vergangenen Pracht Roms und der eigenen ruinösen Gegenwart gibt es keine Kontinuität im Sinne einer geschichtlichen Legitimität, wie sie vor Petrarca noch Dante vertreten hat. Beide Welten sind radikal voneinander geschieden.» Dies hat mit den verschiedenen Translatio-Konzepten beider Dichter zu tun, cf. dazu Angela Oster: «‹Fundamente› der translatio bei Dante und Petrarca», in: Variations 16 (2008), 43-55. 31 Georges Güntert: «Leopardi und die Poetik der ‹ricordanza›: Entstehung - Anwendungs‐ formen - Aufhebung», in: Sebastian Neumeister (Hg.): Die ästhetische Wahrnehmung der Welt: Giacomo Leopardi. Giacomo Leopardi e la percezione estetica del mondo. Frankfurt a.M. [et al.]: Peter Lang 2009, 263sq. 32 Rühl: Literatur gewordener Augenblick, 113. 33 Rühl: Literatur gewordener Augenblick, 180. wäre, da Leopardi eine umstandslose Anbindung der zeitgenössischen Poesie an die Antike für unmöglich erachtet. 30 Die gattungstypologische Referenz Leopardis sollte nicht dazu verleiten, in A Silvia auch eine stilistisch-poetische und poetolo‐ gisch-schlüssige Umsetzung der Silven-Matrix zu vermuten. Diesbezüglich ist die im Verlauf des Gedichts apostrophierte Natur in Leopardis sonstigen Schriften in Bezug auf die Antike eindeutig als Vorbild in Hinblick auf eine analoge Behandlung in der Kunst gezeichnet. Weder die Antike noch die Natur sind Messlatten, die es mittels einer aemulatio oder gar superatio zu übertreffen gilt. Güntert weist treffend darauf hin, dass sich bereits ab 1819 «Leopardis Traum, den Geist der Antike in der Gegenwart wieder aufleben zu lassen, allmählich verflüchtigt» 31 . Es ist vielmehr die Dynamik der Natur, ihr steter Wandel, an dem sich die Poesie und damit auch A Silvia orientieren soll. Leopardi dürfte an den statianischen Silvae nicht zuletzt deren funktionale Okkasion als poetologisches Prinzip interessiert haben. Es verhält sich des Weiteren so, dass bereits die Gedichte Statius’ «verschiedene Traditionsstränge miteinander [verbinden]» (u.a. frühgriechische und Horazische Lyrik) 32 : «Der unterschiedlichen Intention bei der Abfassung entspricht die flexible Handhabung des vorgegebenen Dichtungs‐ schemas» 33 . Was die Silvae angeht, so handelt es sich weniger um wörtliche Anspielungen und Übernahmen als um die Evozierung literarischer Situationen, Motive und Muster. Die Deutlichkeit der Inan‐ spruchnahme an sich ist ebenfalls ein Mittel, um die Umsetzung des Augenblicks in ‹Veriloquium nominis›? Leopardis A Silvia (Statius, Petrarca, Dante) 199 <?page no="200"?> 34 Rühl: Literatur gewordener Augenblick, 378sq. 35 Giulia Agostini: «Geneaologie des Unendlichen - Leopardis Ergründung einer poesia senza nome», in: Germanisch-Romanische Monatsschrift 67 (2017), 384; Hervorhebungen im Original. 36 Cf. dazu in anderen Zusammenhängen Angela Oster: «Italienisches Maskenquartett. Inszenierte Texturen der Differenzerfahrung in Leopardis Briefen», in: Cornelia Klettke / Sebastian Neumeister (Hg.): Giacomo Leopardi. Dichtung als inszenierte Selbst‐ täuschung in der Krise des Bewusstseins. Berlin: Frank & Timme 2017, 227-246. eine literarische Tradition zu stellen und ihr somit größeren Wert zu verleihen. Es ist ein hauptsächliches Transportmittel kulturellen Kapitals, denn das Wiedererkennen der Allusion in den Silven erweckt beim Leser den Eindruck eines Ausschnittes aus dem im Adressatenkreis geführten literarischen Diskurs und weist damit die Adressaten als literarisch höchst versiert aus. 34 Auch im Kontext der Gedichtgattung des ‹idillio› hat die Forschung wiederholt darauf hingewiesen, dass Leopardi keine Nachahmung des Moschos oder Theo‐ krits intendiert und «gar nicht die Gattung als solche [meint], sondern vielmehr - und zwar ganz im Wortsinne - die genuine neue ‹Form› einer Dichtung ohne Namen» 35 . Ausgehend von diesen Befunden scheint es ratsam zu sein, Leopardis (inter)textuelle Maskenspiele nicht zu unterschätzen, die er virtuos in Szene setzt. 36 A Silvia soll auf dem Hintergrund des bislang Erörterten einer erneuten Lektüre unterzogen werden, wozu vorab ein Abdruck des Gedichtes als Ganzes zur Orientierung dienen soll. 4 Zur Poetik der ‹rimembranza› Leopardis, auf den Spuren Petrarcas und Dantes XXI A Silvia Silvia, rimembri ancora Quel tempo della tua vita mortale, Quando beltà splendea Negli occhi tuoi ridenti e fuggitivi, 5 E tu, lieta e pensosa, il limitare Di gioventù salivi? Sonavan le quiete Stanze, e le vie dintorno, Al tuo perpetuo canto, 10 Allor che all’opre femminili intenta Sedevi, assai contenta 200 Angela Oster <?page no="201"?> Di quel vago avvenir che in mente avevi. Era il maggio odoroso: e tu solevi Così menare il giorno. 15 Io gli studi leggiadri Talor lasciando e le sudate carte, Ove il tempo mio primo E di me si spendea la miglior parte, D’in su i veroni del paterno ostello 20 Porgea gli orecchi al suon della tua voce, Ed alla man veloce Che percorrea la faticosa tela. Mirava il ciel sereno, Le vie dorate e gli orti, 25 E quinci il mar da lungi, e quindi il monte. Lingua mortal non dice Quel ch’io sentiva in seno. Che pensieri soavi, Che speranze, che cori, o Silvia mia! 30 Quale allor ci apparia La vita umana e il fato! Quando sovviemmi di cotanta speme, Un affetto mi preme Acerbo e sconsolato, 35 E tornami a doler di mia sventura. O natura, o natura, Perchè non rendi poi Quel che prometti allor? perchè di tanto Inganni i figli tuoi? 40 Tu pria che l’erbe inaridisse il verno, Da chiuso morbo combattuta e vinta, Perivi, o tenerella. E non vedevi Il fior degli anni tuoi; Non ti molceva il core 45 La dolce lode or delle negre chiome, Or degli sguardi innamorati e schivi; Nè teco le compagne ai dì festivi Ragionavan d’amore. ‹Veriloquium nominis›? Leopardis A Silvia (Statius, Petrarca, Dante) 201 <?page no="202"?> 37 Giacomo Leopardi: Poesie e Prose. Vol. I. Poesie. A cura di Mario Andrea Rigoni con un saggio di Cesare Galimberti. Milano: Mondadori 2005, 77sq. Übersetzungen der Gedichte nach der Ausgabe: Giacomo Leopardi: Canti e Frammenti. Gesänge und Fragmente. Italienisch / Deutsch. Übers. von Helmut Endrulat. Hg. von Helmut Endrulat / Gero Alfred Schwalb. Stuttgart: Reclam 2011 [1990]. Anche pería fra poco 50 La speranza mia dolce: agli anni miei Anche negaro i fati La giovanezza. Ahi come, Come passata sei, Cara compagna dell’età mia nova, 55 Mia lacrimata speme! Questo è quel mondo? questi I diletti, l’amor, l’opre, gli eventi Onde cotanto ragionammo insieme? Questa la sorte dell’umane genti? 60 All’apparir del vero Tu, misera, cadesti: e con la mano La fredda morte ed una tomba ignuda Mostravi di lontano. 37 [XXI An Silvia Silvia, denkst Du noch | an jene Zeit in deinem sterblichen Leben, | als der Schimmer der Schönheit | in deinen Augen glänzte, lachend und scheu, | und du die Schwelle der Jugendzeit betratest, | versonnen und fröhlich dabei? Die stillen Räume erfüllte | und die Wege ringsum | ständig dein süßer Gesang, | als du, mit weiblicher Arbeit beschäftigt, so | zufrieden und herzensfroh | damals der nahen, lockenden Zukunft gedachtest. | Es war im duftenden Mai, und du verbrachtest | gewöhnlich die Tage so. Die reizvollen Studien ließ ich | bisweilen liegen und die verschwitzten Hefte, | bei denen ich meine Kindheit | verbrauchte und meiner Jugend beste Kräfte, | und lauschte vom Balkon des Vaterhauses | dem Glockenklang deiner Stimme | und deiner Hand, die flink | über die Mühe heischende Leinwand ging, | sah des Himmels heitere Lust, | die goldenen Wege, die Gärten | und hier von ferne das Meer und drüben die Berge. | Sterbliche Sprache erfaßt nicht, | was ich empfand in der Brust. Welche süßen Gedanken, | meine Silvia, Hoffnungen, Melodien! | Wie wunderbar erschien | das Schicksal uns und das Leben! | Denk ich an jene unendliche Hoffnung zurück, | macht mich im Innersten beben | ein trostloses bittres Empfinden | und läßt 202 Angela Oster <?page no="203"?> 38 Francesco Petrarca: Secretum meum. Mein Geheimnis. Lateinisch - Deutsch. Hg., übers. und mit einem Nachwort von Gerhard Regn / Bernhard Huss. Mainz: Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung 2004, 398. 39 Der Canzoniere wird zitiert nach der Ausgabe: Francesco Petrarca: Canzoniere. A cura di Paola Vecchi Galli. Annotazioni di Paola Vecchi Galli / Stefano Cremonini. Milano: BUR Classici 7 2019. mich leiden an meinem üblen Geschick. O Natur, o Natur, | warum hältst du nicht ein, | was du versprachst, und täuschst mit betörendem Schein | die eigenen Kinder nur? Bevor der Winter die Kräuter verdorren ließ, | von unbegreiflicher Krankheit gequält und bezwungen, | starbst du, du Zarte, und du erlebtest nie | die Blüte deiner Jahre. | Nie schmeichelte deinem Herzen | das süße Lob, daß schön deine schwarzen Haare, | daß schön deine Augen glänzen, verliebt und zage. | Nie konnten Freundinnen mit dir am Feiertage | über die Liebe scherzen. Auch meine süße Hoffnung | währte nur kurze Weile, und das Geschick | versagte auch meinen Jahren | der blühenden Jugend Glück. | Wie schnell entschwandst du, wie schnell, | du meiner Kindheit teurer und lieber Gesell, | Hoffnung, bitter beweint! | Ist so jene Welt? Sind dies | die Freuden, die Liebe, die Werke und das Erleben, | alles, was uns so oft im Gespräch vereint? | Ist dies das Los der Menschen? | Die Wahrheit ans Licht zu bringen, | bist du gestorben, du Arme, und es wies | von ferne deine Hand auf den kalten Tod | und auf sein dunkles Verlies.] A Silvia ist eine sogenannte ‹canzone libera› in sechs Strophen, die sowohl ‹en‐ decasillabi› (insgesamt 29) als auch ‹settenari› (insgesamt 34) aufweist. Das Gedicht greift mit seiner Zweiteilung auf der Ebene des einzelnen Gedichts den ‹bifrontismo› des petrarkischen Canzoniere auf, der in Teil eins der le‐ benden und in Teil zwei der toten Laura gewidmet ist. Nimmt man hinzu, dass Petrarca zum einen in seinem Secretum auf den ursprünglichen Titel Rerum vulgarium fragmenta Bezug nimmt und ankündigt, die verstreuten Bruchstücke seiner Seele aufsammeln zu wollen («sparsa anime fragmenta recolligam» 38 ), und er zum anderen das Auftaktgedicht des Canzoniere mit den Worten: «Voi ch’ascoltate in rime sparse il suono | di quei sospiri ond’io nudriva ’l core | in sul mio primo giovenile errore» (RVF 1, vv. 1-3) 39 beginnen lässt, dann wird vor diesem Hintergrund die individuelle Akzentsetzung Leopardis deutlich. Anders als Laura in Petrarcas Canzoniere ist die leopardische «Silvia» von Anfang an dem Tod anheimgegeben: «tua vita mortale» (v. 2). Und die Aufforderung zur Erinnerung, die sich in Vers 1 in «rimembri» manifestiert, evoziert zwar den Topos der Memoria, stellt semantisch darüber hinaus aber nicht zuletzt eine Variante des petrarkischen ‹re-colligere› dar. Es handelt sich um eine wohlüberlegte Wortvariante Leopardis von letzter Hand (vorgenommen in seinem persönlichen Exemplar der Starita-Ausgabe, ‹Veriloquium nominis›? Leopardis A Silvia (Statius, Petrarca, Dante) 203 <?page no="204"?> 40 Giacomo Leopardi: A Silvia, in: id.: Canti. Napoli: Saverio Starita 1835, 98. Neapel 1835, cf. Abb. 4), welche in der Folge in den weiteren Auflagen und Drucklegungen nach seinem Tod so übernommen worden ist. Bereits die Ausgabe von 1835 hatte eine Korrektur im Vergleich zur Ausgabe Piatti (Firenze 1831, cf. Abb. 2; erstellt auf der Basis des Autographs von 1828: cf. Abb. 1) vorgenommen: In der Version von 1831 heißt es noch «sovvienti», was Leopardi für die Starita-Ausgabe in «rammenti» änderte (Abb. 3), um anschließend den Terminus für künftige Drucklegungen zu «rimembri» zu korrigieren. 40 Leopardi hat sich also jahrelang Gedanken zur Passgenauigkeit des Begriffs gemacht. Abb.-3: Giacomo Leopardi: Canti. Napoli: Starita 1835. - Abb.-4: Giacomo Leopardi: Canti. Napoli: Starita 1835. Persönliches Exemplar von Leopardi, mit Anstreichungen für eine Revision der Canti. Wikisource. - 204 Angela Oster <?page no="205"?> 41 Die Behauptung einer rein stilistischen Korrektur, welche die Wiederholung zu vermeiden versuche, ist in der Forschung Konsens. Die prominenteste Stimme ist Gianfranco Contini, in: Varianti e altra linguistica. Torino: Einaudi, 1979, 45. Berech‐ tigte Zweifel an dieser Lesart meldet Peruzzi an, dessen Alternative aber ebenfalls nicht überzeugend ist, nämlich, die Varianten und Änderungen lediglich als «natura essenzialmente fonica» auszuweisen (Emilio Peruzzi: «Saggio di lettura leopardiana», in: Vox Romanica 15.2 [1956], 113). Bei Peruzzi finden sich des Weiteren gedichtüber‐ greifende Isotopien der ‹rimembranza› und des ‹sovvenir› (cf. 113-119), die vor allem linguistisch für die langue Leopardis interessant sind, aber in Hinblick auf die parole in A Silvia poetologisch nicht weiterhelfen. - Wer Zweifel daran hegt, dass Leopardi einzelnen Worten eine zeitintensive Aufmerksamkeit und Abwägung zukommen ließ, möge den diesbezüglich aufschlussreichen Eintrag im Zibaldone vom 15. September 1821 lesen, in dem der Dichter penibelst Varianten und Bedeutungen des Wortes ‹costringere› abklopft. Auf der Suche nach den «parole anche le più proprie» ist sich Leopardi der «infinite idee ricordanze ec. annesse a dette parole, derivanti dal loro uso giornaliero» bewusst, die «si penetra in tutte le minuzie e le piccole parti e idee contenute nelle parole»: «Così accade in tutte le parole derivate dal greco, delle quali abbondano le nostre lingue, e massime le nostre nomenclature» (Zib. 1701-1706). Es kann praktisch ausgeschlossen werden, dass der aus dem Lateinischen stammende Name «Silvia» Leopardi nicht in sämtlichen Verästelungen, Abstammungen und Im‐ plikationen bekannt gewesen ist. 42 In der Hinsicht steht die vorliegende Analyse konträr zur Meinung Fubinis: «Una lirica del Leopardi non narra, non descrive: è l’effusione di un cuore» etc. (Mario Fubini: «Introduzione», in: Giacomo Leopardi: Opere. A cura di Mario Fubini. Torino: UTET 1977, 61). 43 Diesbezüglich sind Peruzzis Auflistungen verdienstvoll, der zwar weiterhin nicht an poetologischen Entsprechungen zwischen «Silvia» und «io» interessiert ist, aber zu‐ treffend und mit vielen Beispielen auf die «perfetta simmetria» hinweist, «con cui sono distribuiti i soggetti nelle prime tre strofe del canto, contrapponendo Silvia ed io come nel disegno si collocherebbero, l’una a fronte dell’altra, su due pinai diversi, le figure di due diverse scene di un’unica composizione, e in ciascuna strofa sistematicamente alternando il soggetto principale di essa (Silvia, io) con altri soggetti» (Peruzzi: «Saggio di lettura leopardiana», 120; Hervorhebungen im Original). Bei einem akribisch arbeitenden Dichter wie dem Recanaten ist es mehr als nur unwahrscheinlich, dass es sich lediglich um eine stilistische Korrek‐ turnotwendigkeit handelt, die ihm demnach erst später aufgefallen wäre - nämlich um eine (unschöne) Wortwiederholung von «sovviemmi» (v. 32) zu vermeiden. 41 Vielmehr ist die Änderung ein Indiz für die soeben vorgeschlagene Lesart: mit dem petrarkisch konnotierten, iterativ-narrativen «rimembri» poin‐ tiert Leopardi das poetologische Zentrum seines Gedichts eingangs mit einem Signalwort, 42 während das Vokabular der Erinnerung im Wortfeld des ‹sovve‐ nire› sehr viel punktueller und situationsbezogener agiert, als etwas, was «‹zu›bzw. ‹ein›fallen» kann, oder auch - als von außen Kommendes - eben nicht. 43 Güntert weist «auf die hohe Bedeutung der akustischen Kompenente der ‹ri‐ ‹Veriloquium nominis›? Leopardis A Silvia (Statius, Petrarca, Dante) 205 <?page no="206"?> 44 Güntert: «Leopardi und die Poetik der ‹ricordanza›», 267. 45 Cf. Zib. 1860-1862: «Onde non è dubbio che le immagini della vita degli antichi, non riescano più dilettevoli a noi per cui sono rimembranze lontanissime, che agli stessi antichi per cui erano o presenze, o ricordanze poco lontane. Del resto la rimembranza quanto più è lontana, e meno abituale, tanto più innalza, stringe, addolora dolcemente, diletta l’anima, e fa più viva, energica, profonda, sensibile, e fruttuosa impressione, perch’essendo più lontana, è più sottoposta all’illusione; e non essendo abituale nè essa individualmente, nè nel suo genere, va esente dall’influenza dell’assuefazione che indebolisce ogni sensazione. Ciò che dico dell’immaginativa, si può applicare alla sensibilità. Certo è però che tali lontane rimembranze, quanto dolci, tanto separate dalla nostra vita presente, e di genere contrario a quello delle nostre sensazioni abituali, ispirando della poesia ec. non ponno ispirare che poesia malinconica, come è naturale, trattandosi di ciò che si è perduto; all’opposto degli antichi a cui tali immagini, poteano ben far minore effetto a causa dell’abitudine, ma erano sempre proprie, presenti, si rinnovavano tuttogiorno, nè mai si consideravano come cose perdute, o riconosciute per vane; quindi la loro poesia dovea esser lieta, come quella che verteva sopra dei beni e delle dolcezze da loro ancor possedute, e senza timore» (Hervorhebung im Original: «fruttuosa», andere Hervorhebungen: AO). membranza›» in Leopardis Zibaldone hin. 44 Dieser Befund ist um die Beobach‐ tung zu ergänzen, dass der Terminus in Leopardis intellektuellem Tagebuch fast immer im Zusammenhang mit weit Entferntem, ja unwiederbringlich Verlorenem (sogar im Superlativ: «rimembranze lontanissime») steht - was die erinnerten «immagini» nur umso reizvoller mache. 45 Besonders markant ist der Begriff in einem Eintrag gezeichnet, der parallel zu A Silvia entstanden ist, nämlich zwischen Mitte Februar und Mitte April 1828: Uno de’ maggiori frutti che io mi propongo e spero da’ miei versi, è che essi riscaldino la mia vecchiezza col calore della mia gioventù; è di assaporarli in quella età, e provar qualche reliquia de’ miei sentimenti passati, messa quivi entro, per conservarla e darle durata, quasi in deposito; è di commuover me stesso in rileggerli, come spesso mi accade, e meglio che in leggere poesie d’altri: (Pisa, 15 Aprile 1828); oltre la rimembranza, il riflettere sopra quello ch’io fui, e paragonarmi meco medesimo; e in fine il piacere che si prova in gustare e apprezzare i propri lavori, e contemplare da se compiacendosene, le bellezze e i pregi di un figliuolo proprio, non con altra soddisfazione, che di aver fatta una cosa bella al mondo; sia essa o non sia conosciuta per tale da altrui. (Zib. 4302; Pisa, 15 Febbraio, ultimo Venerdì di Carnevale, 1828 [Hervorherbungen AO]). [Eine der wichtigsten Früchte, die ich mir von meinen Versen erhoffe und verspreche, ist, daß sie mein Alter mit dem Feuer meiner Jugend erwärmen; daß ich sie dann genießen und einen Nachklang meiner frühern Gefühle vernehmen kann, die ich in sie gelegt, um sie gleichsam aufzubewahren und ihnen Dauer zu geben; daß es mich rühren wird, sie zu lesen, wie mir öfters geschieht und eher, als wenn ich Gedichte 206 Angela Oster <?page no="207"?> 46 Zeitnah zu A Silvia hat sich Leopardi intensiv mit der Sprache Petrarcas beschäf‐ tigt, cf. seine Rime Di Francesco Petrarca Colla Interpretazione Composta Dal Conte Giacomo Leopardi. Milano: Stella 1826. Cf. mit zahlreichen Beispielen zur minu‐ tiösen Petrarca-Philologie Leopardis im Überblick Brigitte Hamann: «Leopardi und die Petrarca-Philologie», in: Marc Föcking / Volker Steinkamp (Hg.): Giacomo Leopardi. Dichtung und Wissenschaft im frühen 19. Jahrhundert. Münster: LIT 2004, 227-239 und vor allem die Studie von Sebastiano Timpanaro: La filologia di Giacomo Leopardi. Roma: Laterza 1997 sowie Pamela Williams: «Leopardi and Petrarch», in: Martin McLaughlin [et al.] (eds.): Petrarch in Britain. Interpreters, Imitators, and Translators over 700 years. London: British Academy 2007, 276-299. In der genannten Forschung spielt A Silvia eigenartigerweise keine Rolle. Cf. zu Leopardis volkssprachlicher Versiertheit außerdem seine Crestomazia italiana cioè scelta di luoghi insigni o per sentimento o per locuzione raccolti dagli scritti italiani di prosa di autori eccellenti d’ogni secolo per cura del Conte Giacomo Leopardi. Mailand: Stella 1827 und vor allem ein Jahr später, im Jahr der Entstehung von A Silvia, die dem Prosa-Band folgende ‹raccolta di poesie›: Crestomazia italiana poetica, cioè scelta di luoghi in verso italiano insigni o per sentimento o per locuzione, raccolti, e distribuiti secondo i tempi degli autori dal conte Giacomo Leopardi. Mailand: Stella 1828. 47 Cf. Oster: «Ruinen und Reliquien bei Francesco Petrarca». Anderer lese. (Pisa, 15. April 1828). Dazu die Erinnerung, die Betrachtung dessen, was ich einst war, der Vergleich zwischen mir und mir selbst; und schließlich die Freude, die man empfindet, wenn man die eigene Arbeit nachprüft, gutheißt und mit Behagen die Schönheiten und die Vorzüge eines Kindes betrachtet, mit keiner andern Genugtuung, als etwas Schönes auf Erden gemacht zu haben; ob es von andern als solches erkannt worden sei oder nicht. (Pisa, 15. Februar, letzter Tag des Karnevals, 1828).] Es handelt sich also um ein Lexem, das nicht erst in der Korrektur der Drucklegung von 1835 bei Leopardi virulent wurde, sondern ihm genau zur Entstehungszeit von A Silvia und interessanterweise in Nähe zu einem weiteren Begriff, der ebenfalls eine petrarkische Prägung aufweist, nämlich «reliquia», beschäftigte. Als intensiver Leser und Kommentator der Rime Petrarcas ist Leopardi mit dem petrarkischen Vokabular und der petrarkischen Poetologie bestens vertraut. 46 Ich habe an anderer Stelle nachgewiesen, wie bei Petrarca fragmentarisches beziehungsweise ‹ruinenhaftes› Schreiben in enger Verbin‐ dung zur Reliquie stehen, 47 und auch bei Leopardi ist die Verbindung nicht ohne Bedeutung und ebenso wie bei Petrarca untrennbar als Wertschätzung der Antike im Modus der Memoria verankert. In der Spirto gentil-Kanzone 53 des Canzoniere heißt es in den Versen 29-32: «L’antiche mura ch’ancor teme ed ama, | e trema ’l mondo, quando si rimembra | del tempo andato, e ’ndietro si rivolve; | e i sassi dove fur chiuse le membra». «[R]imembra» und «membra» stellen bei Petrarca wie bei Leopardi Teile in den (potentiell einheitsstiftenden) Horizont ‹Veriloquium nominis›? Leopardis A Silvia (Statius, Petrarca, Dante) 207 <?page no="208"?> 48 Cf. dazu Oster: «‹Fundamente› der translatio bei Dante und Petrarca». 49 Auf den Hiat des «splende(v)a» ist viel analoge Tinte und digitale Schrift verwendet worden; cf. stellvertretend - mit Verweis auf Contini («l’iato che la desinenza in -ea contiene a fin di verso fissa la durarata della contemplazione») - Getto: «Per un’interpretazione di ‹A Silvia›», 282. einer fragmentierten Erinnerung, wobei Wortfelder der Reliquie ausgehend von der Translatio imperii als «Reliquiae antiquae urbis Romae» proliferieren. 48 Die Realpräsenz von Ruinen und Reliquien fungiert in Petrarcas Schreiben als Katalysator seiner sowohl politisch als auch poetologisch brisanten Restauratio, wobei Leopardi in A Silvia an den christlichen Implikationen Petrarcas ebenso wenig interessiert ist wie an realpolitischen Vorstößen. Es scheint ihm mit seinen petrarkistischen Bezügen um anderes zu gehen, dem im Folgenden weiter nachgegangen wird. Ebenso wie die Präfixe «re»- und «ri»- [‹wieder›, ‹zurück›] kor‐ respondieren, entsprechen einander ‹colligere› und ‹(s)membrare›: ‹Gesam‐ melt› und ‹zusammengefügt› werden (einzelne) Glieder. Die Erinnerung und das zeitlich und räumlich auf Fernes verweisende Demonstrativpro‐ nomen «Quel» in Vers 2 werden durch «mortale» in eine Endgültigkeit ver‐ wiesen, die im gleichen Atemzug relativiert wird: durch die Worte «vita» - dem Gegenteil des Todes - und das Adverb «ancora», welches eine Fortdauer suggeriert (wobei das ‹noch› ein absehbares Ende impliziert). Dieser Zwiespalt setzt sich im Folgenden fort, nachdem zunächst ein scheinbar eindeutiges Positivum in Vers 3 buchstäblich die vorangegangenen Zeilen zu überstrahlen scheint: «Quando beltà splendea» [«als der Schimmer der Schönheit | […] glänzte»]. Das «Quando» markiert eine neu einsetzende Handlung in der Vergangenheit, und seine Zäsur kündigt den Inbegriff des Ästhetischen an: die Schönheit («beltà»), wobei das «splende(v)a» die Punktualität des Ereig‐ nisses mittels des ‹imperfetto durativo e replicativo› mit einer zeitenthobenen Dimension konterkariert. 49 Die Zeitebenen des Gedichts sind von Anfang an ebenso wenig greifbar wie die ‹flüchtenden› bzw. ‹flüchtigen›, doch dabei ‹hei‐ teren› Augen ‹Silvias›: «Negli occhi tuoi ridenti e fuggitivi» (v. 4 [«in deinen Augen […], lachend und scheu»]). Die folgenden beiden Verse weisen eine genuin petrarkistische Matrix auf: «E tu, lieta e pensosa, il limitare | Di gioventù salivi? » [«und du die Schwelle der Jugendzeit betratest | versonnen und fröh‐ lich dabei»]. Sie schließen an die ersten Zeilen von RVF 1 an, den «primo giovenile» (der bei Petrarca als «errore» gekennzeichnet ist) und an die kruziale Kanzone RVF 264 Io vo pensando, mit der der zweite Teil des Canzoniere ‹in morte di Laura› beginnt - wobei dem eruditen Leopardi bekannt war, dass Petrarca in der autobiographisch unterfütterten Epistola posteritati den Tod der Geliebten 208 Angela Oster <?page no="209"?> 50 Pier Vincenzo Mengaldo: Leopardi antiromantico e altri saggi sui «Canti». Bologna: Il Mulino 2012, 174; Hervorhebungen im Original. 51 Mengaldo: Leopardi antiromantico, 174. als zuträglich ausgewiesen hat: nämlich für die ‹laurea› des Ruhmes in einer Form des Dichtens, welches vom Irdischen (vorgeblich) Abstand gewinnt. Bei Leopardi ist es allerdings nicht die Dichterstimme, sondern die Geliebte, welche die Grenzen (v. 5: «il limitare») nicht nur überwindet, sondern im vertikalen Aufstieg eine christologische bzw. marienhafte Erlösung suggeriert. Diese Wirkung ist umso intensiver, als «salivi» in Vers 6 ein Anagramm von «Silvia» darstellt. Diese Überhöhung ist gleichwohl mit Vorbehalt zu sehen, denn die Dynamik wird in der Gesamtbetrachtung des Gedichts sowohl durch eine zirkuläre Struktur als auch eine semantische Invertierung gebrochen. Das «salivi» in Vers 6 initiiert keinen ungebrochenen Aufschwung: Erstens stellt seine Endposition in der ersten Strophe bereits seine Endlichkeit in Aus‐ sicht, zweitens ist das Lexem mit einem Fragezeichen ausgestattet, und drittens steht am Ende des Gedichts zu ihm antonymisch in Vers 61 das «cadesti». Die grundlegende Doppelstruktur (‹Aufsteigen zu Beginn des Gedichts› vs. ‹Ab‐ steigen am Ende des Gedichts›) findet sich auch in den beiden gegenstrebigen Isotopien des Vitalen (u.a. «vita», «gioventù», «sereno») und des Moribunden (bspw. «mortale», «faticosa», «chiuso morbo combattuta e vinta»), wobei die kontroversen Felder stellenweise oxymoral überblendet werden (v. 2 und v. 13: «vita mortale», «maggio odoroso»). Das verbindende Element findet sich - darauf weist Mengaldo hin - auch «nel settore fonomorfologico […: ] core […] e nova, opre, le prime persone dell’imperfetto in -a, le terze delle altre coniugazioni in -ea, -ia» 50 . In diesen und ähnlichen Merkmalen identifiziert Mengaldo Leopardis «veste antica o per dirla tutta greca. […] Ma grecità vuol dire prima di tutto castità espressiva, capacità di dir molto e moltissimo con poco» 51 . Diese Beobachtung ist zweifelsohne zutreffend und ist auch im vorliegenden Aufsatz textübergreifend mit entsprechenden Auslassungen Leopardis u. a. im Zibaldone oder den Lettere belegt worden. Gleichwohl ist Skepsis angebracht, dass die Pointe von A Silvia sich allein in dieser «formula» erschöpft, so verdienstvoll und prinzipiell überzeugend Mengaldos Interpretation auch ist. Und auch weitere Kunstgriffe Leopardis sind in der Forschung bewundernswert akribisch resümiert worden, ohne dass den einzelnen Aufzählungen allerdings eine schlüssige Interpretation gefolgt wäre. Auffällig sind die Anaphern («Che pensieri soavi, | Che speranze, che cori» [vv. 28sq.]; «perché non rendi poi […] | perché di tanto» [vv. 38sq.]; «questo è quel mondo? Questi | i diletti […] | Questa la sorte» [vv. 56-59]); die massierten Enjambements; der Hang zum Hyper‐ ‹Veriloquium nominis›? Leopardis A Silvia (Statius, Petrarca, Dante) 209 <?page no="210"?> 52 Es sei am Rande angemerkt, dass mit «in su i veroni del paterno ostello» (v. 19) vielleicht auch, aber keineswegs allein das Vaterhaus in Recanati gemeint sein kann, sondern der «Hort» der literarischen Tradition, der «studi leggiadri» (v. 15) der lyri‐ schen ‹Väter› - wobei in Bezug auf «Silvia» der exquisite bzw. exklusive Terminus «ve‐ roni» für ‹Balkon› dezent den Liebesdiskurs anklingen lässt: denn in ‹Verona›, nä‐ herhin auf einem dortigen Balkon, entspinnt sich zwischen Shakespeares ‹Romeo und Julia› ihr ‹erster› längerer Liebesdialog. Und von ‹Primärem› ist in Leopardis Gedicht kurz zuvor ebenfalls die Rede gewesen: «il tempo mio primo» (v. 17). Dessen ungeachtet handelt es sich um eine lediglich diskrete Allusion auf den Liebesdiskurs, die seine Randständigkeit - so kunstvoll sie auch in die Textur ‹eingewoben› ist - betont. 53 Damit steht die vorliegende Analyse konträr zu derjenigen Fubinis, der einen A-Pet‐ rarkismus in A Silvia behauptet, cf. Mario Fubini: Metrica e poesia. Lezioni sulle forme metriche italiane. Vol.-I. Dal Duecento al Petrarca. Milano: Feltrinelli 1975, 266-279. 54 So steht der bereits genannte «fior degli anni tuoi» (v.-43) zu Petrarcas Blütenkanzone (RVF 126) konträr, in der sich ebenfalls das «rimembra» in Vers 5 als Vergleichsmoment aufdrängt, aber Silvias «negre chiome» (v. 45) die petrarkischen «treccie bionde» in der 4.-Strophe von RVF-126 konterkarieren - u.a.m. baton (bspw. vv. 17sq. oder 51sq.) oder die Dominanz der Silbe «vi» («vita» «se‐ devi», «avevi» «soavi» «festivi», «mostravi» u.v.a.m.). Die Liste rhetorischer und metrischer Raffinessen ließe sich noch viele Seiten lang fortsetzen. Statt‐ dessen sei im Folgenden noch einmal die Frage der historischen und fiktiven Dimensionen in A Silvia aufgegriffen, die sich aus der Retrospektive heraus artikuliert. «Silvia», so viel ist aus dem Vorangegangenen deutlich geworden, ist ein Kunstname, wofür es in der traditionellen Lyrik genügend Vorbilder gibt, 52 nicht zuletzt die sogenannten ‹senhals›, die in der provenzalischen Lyrik als Deckname der Dame fungieren und dies auch bewusst ausstellen, da es ihr nicht um die Faktizität einer konkreten singulären Angebeteten zu tun ist, sondern um literarische Typologien. Es geht im Spiegel der Auseinandersetzung zur Semantisierung der Befindlichkeit des lyrischen Ichs um die Bezugnahme auf die literarischen Vorgaben und kulturellen Rahmungen der Zeit. Vor allem auf dieser Ebene sind die entsprechenden lyrischen Elaborate historisch zu lesen. Und Leopardi ruft, wie gesehen, nicht zuletzt den petrarkischen Canzoniere auf, 53 allerdings mit mindestens genauso vielen Abgrenzungen wie Passgenauig‐ keiten. 54 Vergleichbar ist, dass sowohl Petrarcas als auch Leopardis Lyrik Introspektion betreibt und deshalb ohne nennenswerte Verweise auf die äußere Wirklichkeit auskommt. Dies ist deshalb so, weil sich die […] Lyrik ihrer Tendenz nach 210 Angela Oster <?page no="211"?> 55 Gerhard Regn: Poetik des Aufschubs. Augustinus, Dante und die antiken Klassiker in Petrarcas Canzoniere. Heidelberg: Winter 2022, 185. Die Fundierung meiner Petrarca-Kenntnisse verdankt sich der Tätigkeit als Wissenschaftliche Assistentin bei Gerhard Regn am Institut für Italienische Philologie der Ludwig-Maximilians-Univer‐ sität München. 56 Cf. Joachim Küpper: «(H)ER(E)OS. Petrarcas Canzoniere und der medizinische Diskurs seiner Zeit. (Mit einer Nachbemerkung zur Kontingenz des Entstehens von Texten epochalen Rangs)», in: Romanische Forschungen 111 (1999), 178-224. 57 Giacomo Leopardi: Canzoni. A cura di Marco Santagata. Milano: Mondadori 1998, 9. als sprachliche Repräsentation der cogitatio amoris des Liebenden charakterisieren lässt. 55 Außerdem sind, verkürzt gesagt, sowohl der Liebende Petrarcas als auch jener Leopardis Melancholiker - allerdings geriert sich die Melancholie in den mit‐ telalterlichen Gedichten als eine Liebeskrankheit, die eine Erfüllung zumindest anstrebt und aufgrund der Nichterfüllung im Modus der Schmerzliebe leidet. 56 Leopardi hingegen nimmt explizit immer wieder von der Liebeslyrik Abstand. So heißt es besonders pointiert im «Preambolo» zu der Canzoni-Ausgabe von 1824: «Dieci Canzoni né pur una amorosa» [‹Zehn Kanzonen und nicht eine davon ein Liebeslied›] 57 . Was bei Petrarca noch zentral ist, nämlich, dass die männlichen Liebeswirren eine Folge der jugendlichen Natur seien (cf. RVF 1, vv. 3sq.: «in sul mio primo giovenile errore | quand’era in parte altr’uom da quel ch’i’ sono»), setzt Leopardi in Hinblick auf den Zeitindex absolut: Die Natur zeitigt nicht nur einen «primo giovenile errore», was eine Entlastung in der Zukunft in Aussicht stellt, sondern ihre (Ent-)Täuschung manifestiert sich zeitübergreifend und grausam gegenüber den ihr ausgelieferten ‹Kindern›: «O natura, o natura, | Perchè non rendi poi | Quel che prometti allor? perchè di tanto | Inganni i figli tuoi? » (vv.-36-38 [«O Natur, o Natur, | warum hältst du nicht ein, | was du ver‐ sprachst, und täuschst mit betörendem Schein | die eigenen Kinder nur? »]). Was wiederum den Werkcharakter der Gedichtsammlungen angeht, so gerieren sich Petrarcas Gedichte, wie bereits erwähnt, zwar als ‹fragmentierte Sächelchen›, wobei sich die Gesamtkomposition tatsächlich jedoch als Ergebnis kalkulierter Kunstgriffe erweist, welche die vorgebliche Vorläufigkeit der Gedichtsammlung als rhetorische Abwiegelung erweisen. Auch Leopardi scheint diesen Weg zu ‹Veriloquium nominis›? Leopardis A Silvia (Statius, Petrarca, Dante) 211 <?page no="212"?> 58 Regn: Poetik des Aufschubs, 105: «Die nugae sind gefällig und der Tendenz nach leichtgewichtig, juvenilia also, die als Sächelchen oder Bagatellen eingestuft werden. Wir erinnern uns, dass Petrarca im Brief an Pandolfo Malatesta (Sen. XIII,11,9) in exakt diesem Sinn die Lyrik des Canzoniere als «nugellas meas vulgares» bezeichnet; dort weist er zudem auf ihre Herkunft aus der Jugendzeit hin (Sen. XIII,11,11), bringt sie in Opposition zu den seria […]. Dies wird deutlich, sobald man das intertextuelle Verweispotential von nugae gattungspoetologisch sortiert. Unter den potentiellen Referenzpunkten von nugae ist derjenige von besonderer Bedeutsamkeit, der gattungs‐ poetologisch die größte Nähe zum Lyrikbuch Petrarcas aufweist […; ] es sind die nugae des Neoterikers Catull. […] Der von seinem Autor selbst so genannte libellus besteht aus vermischten Gedichten». 59 Regn: Poetik des Aufschubs, 106. 60 Regn: Poetik des Aufschubs, 147. 61 Mengaldo: Leopardi antiromantico, 172. beschreiten, indem er wie Petrarca seine Gedichte auf den Spuren Catulls als «nugae» ausgibt. 58 Während aber Petrarca und Catull - der eine verdeckt, der andere offen ausgestellt - ein einheitliches Buch («libellum») offerieren, strebt Leopardi dies im 19. Jahrhundert gar nicht erst an, sondern wählt zur Kennzeichnung seiner Elaborate metonymische Formen ‹im Schweiße seines Angesichts› - «studi leggiadri» (v. 15), «sudate carte» (v. 16), «faticosa tela» (v.-22), «lingua mortal» (v.-26) -, die jene «urbanitas, die wir heute ‹welt‐ läufige Lässigkeit› nennen würden» 59 , nicht mehr als Zielmarge anvisieren. Und mehr noch: Petrarcas «ausgefeilte[r] Beglaubigungsapparat, um den Fik‐ tionsverdacht (also die Mutmaßung, Laura und die Liebe zu ihr seien bloß erfunden) ohne Wenn und Aber aus der Welt zu schaffen» 60 , wird von Leopardi suspendiert. Zwar beansprucht auch A Silvia, ein Testimonium zu sein - aber wofür genau? Dies gilt es im Folgenden zu klären. 5 ‹Veriloquium nominis›. Handhabungen von Name und Natur Die Realreferenz wird von Leopardi nicht zur Gänze verabschiedet, jedoch findet eine Verschiebung statt, die bereits der Titel Silvia in seiner Bezugnahme auf die antiken Silvae indiziert. Nicht mehr die Gegenwärtigkeit eines Liebesaugen‐ blicks steht bei Leopardi im Zentrum, sondern das Gedicht «appartiene a tutta una tradizione poetica […], risale al rito arcaico dell’evocazione dei morti» 61 . Und weil die Dame nicht nur sterblich, sondern längst gestorben ist, evozieren ihre Augen anders als bei Petrarca keine Bindung des Herzens (RVF III, vv. 4 und 10: «i be’ vostr’occhi, donna, mi legaro»; «ed aperta la via per gli occhi al core»), sondern sind als todgeweihte Augen-Blicke (vv. 52sq.: «Ahi come, | Come 212 Angela Oster <?page no="213"?> 62 Regn: Poetik des Aufschubs, 198. 63 Regn: Poetik des Aufschubs, 201. 64 Regn: Poetik des Aufschubs, 203. 65 Regn: Poetik des Aufschubs, 203. passata sei» [«Wie schnell entschwandst du, wie schnell»]) als ‹flüchtig› kon‐ turiert: «occhi […] fuggitivi» (v. 4). Es ist eben diese (post)mortale Perspektive, die (anders als bei Petrarca) autobiographische und fiktionalisierte Dimensionen nicht als einander ausschließende Optionen ausweist. Gerhard Regn hat darauf hingewiesen, dass mit ‹fictio› bei Petrarca zuallererst die Dimension des rhetorisch-metrischen ‹Machens› des poetischen Textes gemeint ist. Nicht zu vergessen ist allerdings, dass ‹fictio› im Verstehen von ‹Herstellen› bzw. ‹Formen› nicht nur eine Sache der ars ist, und damit eine bloß ‹technische› Angelegenheit, sondern auch der Einbildungskraft - die vis imagi‐ nativa ist mithin für die Verfertigung der rhetorischen fictiones unverzichtbar. 62 In diesen Zusammenhängen und Fragen ist der Einbezug Dantes unverzichtbar: Dabei lässt die Darstellung, die auf rhetorische Fiktionen zurückgreift, den Wahrheits‐ wert des Dargestellten unberührt. [… S]ie hat auch eine historische Stütze in der metapoetischen Reflexion, die Dante in seine Vita nova eingearbeitet hat. In der Vita nova erzählt Dante in den Prosateilen die als wahr, d.h. als nicht-fiktiv postulierte Liebe zu Beatrice aus der Erinnerung. Dabei berichtet er, dass er die relevanten Momente des Geschehens jeweils nachträglich in poetischer Form niedergeschrieben hat. 63 Ähnlich wie Dante und Petrarca «verwischt» Leopardi «die Grenzen zwischen präsupponiertem Erlebnissubstrat, cogitatio amoris und rhetorisch-poetischer Ausgestaltung» 64 . Während jedoch bei Petrarca die «Poetik der Unbestimmt‐ heit […] in der Personalunion von Liebendem und Dichter besteht» 65 (und die Dame letztlich eine Projektionsfläche des Strebens nach der ‹gloria› dar‐ stellt, deren ‹Realität› bzw. ‹Realisierung› das eigentliche Ziel des petrarki‐ schen Schreibens darstellt), verschieben sich bei Leopardi die Koordinaten signifikant. Ungeachtet aller fiktionalisierenden Strukturen ist der Vokativ in A Silvia nachhaltig: Nicht nur der Titel, auch das erste Wort des einsetzenden Gedichtes lautet «Silvia», und der Vokativ wird im Folgenden nicht einfach nur wiederholt (v. 29: «o Silvia mia! »), sondern infolge der possessiven Vari‐ ante mit zusätzlichem Ausrufezeichen insgesamt mit dreifach bekräftigender Wirkung ausgestattet. Wenn außerdem noch die Evokation der antiken Silvae hinzugenommen wird, dann impliziert die Anrufung ‹Silvias› eine weitere Po‐ ‹Veriloquium nominis›? Leopardis A Silvia (Statius, Petrarca, Dante) 213 <?page no="214"?> 66 Cf. Albert W. Halsall: «Apostrophe», in: Gert Ueding (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd.-I. Tübingen: Niemeyer 1992, 830-836. 67 Die in den deutschen Übersetzungen zumeist gewählte Übertragung «deine Hand» ist von daher unzutreffend. 68 Dies impliziert eine dantische Referenz insofern, als sich in der Vita Nova ebenfalls ein «Wechsel von der mündlichen zur schriftlichen Kommunikation» manifestiert; cf. dazu Barbara Kuhn: «Körperzeichen, Zeichenschrift, Schriftkörper: die Liebe der Schrift in Dantes Vita Nuova», in: Mireille Schnyder (Hg.): Schrift und Liebe in der Kultur des Mittelalters. Berlin / New York: de Gruyter 2008, 178. 69 Cf. ähnlich «che pensieri soavi, | Che speranze, che cori» (vv.-28sq.). tenzierung des fiktiven Status, da sich die Apostrophe in der (antiken) Rhetorik an imaginäre Figuren wendet. 66 In den Versen 20-22 findet sich eine hybride Überblendung des Manuellen, die besonders auffällig ist: «Porgea gli orecchi al suon della tua voce, | Ed alla man veloce | Che percorrea la faticosa tela» [«[ich] lauschte vom Balkon des Vaterhauses | dem Glockenklang deiner Stimme | und deiner Hand, die flink | über die Mühe heischende Leinwand ging»]. Zuvor hat sich das schreibende Ich von seiner Arbeit gelöst - «Io gli studi leggiadri | Talor lasciando e le sudate carte» (vv.-15sq. [«Die reizvollen Studien ließ ich | bisweilen liegen und die verschwitzten Hefte»]) -, um die Aufmerksamkeit der Sinne vom Auge auf das Ohr zu verlagern: wobei nicht klar unterschieden wird, ob der Klang der ‹flinken Hand› derjenige des weiblichen Webstuhls oder des männlichen Schreibtisches ist. 67 Vielmehr wird eine Verschmelzung beider Tätigkeiten suggeriert, deren Lebendigkeit sich postmortal als von der gewöhnlichen Sprache abweichende Formulierung ausdrückt: «Lingua mortal non dice» (v. 26 [«Sterbliche Sprache erfaßt nicht»]). 68 Die ‹mundane Welt› ist ein Produkt der buchstäblich ‹gleich-gültigen› (nämlich sich in Serie bzw. als Anapher manifestierenden) Natur: «Questo è quel mondo? Questi | I diletti, l’amor, l’opre, gli eventi | Onde cotanto ragionammo insieme? | Questa la sorte dell’u‐ mane genti? » (vv.-56-59). 69 ‹Erreichen› kann das lyrische Ich «Silvia» lediglich im und durch das Schreiben, in der dichterischen Ausgestaltung einer wie auch immer gearteten Wirklichkeitsreferenz. Die metapoetologische Matrix des Gedichts stellt dem Wirklichen oder Wahren jedoch abschließend kein lebensförderndes Zeugnis aus: «All’apparir del vero | Tu, misera, cadesti: e con la mano | La fredda morte ed una tomba ignuda | Mostravi di lontano» (vv. 60-63 [«Die Wahrheit ans Licht zu bringen, | bist du gestorben, du Arme, und es wies | von ferne deine Hand auf den kalten Tod | und auf sein dunkles Verlies»]). Eine ‹consolatio doloris› im Sinne der statianischen Epikedien lässt sich in diesen Zeilen (und auch in den vorherigen Klagen über die Hinfälligkeit alles Irdischen und den Trug der Welt) kaum ausmachen, wobei es in den Epikedien 214 Angela Oster <?page no="215"?> 70 Rühl: Literatur gewordener Augenblick, 152. 71 Die vorliegende Interpretation kann nicht alle Parallelen zu Petrarca ausführen, aber es sei zumindest darauf hingewiesen, dass das Hand-Motiv auch im Canzoniere tragende Rollen übernommen hat (so in RVF 342 oder RVF 302), die Leopardi nicht unbekannt waren. auch folgende Variante gibt: «Sein Epikedion hat als Vers gewordene Klage keine angenehmen Eigenschaften aufzuweisen: es ist ein lamentabile carmen, tristia carmina oder nil dulce, nil placidum» 70 . In Vers 35 heißt es bei Leopardi: «E tornami a doler di mia sventura» [«und läßt mich leiden an meinem üblen Geschick»]. Gleichwohl erhebt sich aus dem daraus resultierenden Fall heraus noch die Hand, die zwar gedämpft - «von ferne» -, aber insistierend auf das Fatum alles Menschlichen hinweist: den Tod. Es wäre voreilig, dies lediglich als Ausweis der vielbeschworenen negativen Anthropologie Leopardis zu lesen. Denn die Hand ist im Verlauf des Gedichtes, wie gesehen, deutlich positiv konnotiert, und zwar als ‹Poiesis› im Sinne einer Herstellung von Gewebe und Textur - was sie in deutliche Analogie zur Natur setzt, deren Ableitung von «nasci» die produktive Hervorbringung als generatives Vermögen bein‐ haltet. 71 Um es noch einmal zu betonen: Damit ist keine Nachahmung im gängigen Sinne gemeint, sondern imitiert wird der ‹modus operandi› der Natur, die Dynamik ihrer unermüdlichen Tätigkeit. In diesem Zusammenhang weist der Chiasmus der «fredda morte» / »tomba ignuda» als rhetorische Figur eine Verklammerung mit dem vorherigen Chiasmus der «studi leggiadri» / «sudate carte» auf, deren Implikationen zu analysieren sind. Die zu Beginn von A Silvia evozierte petrarkische Erinnerung der oxymo‐ ralen «vita mortale» mündet auch am Ende nicht in das reine Nichts. Denn die Wirklichkeit ist bereits von Anfang an eine vergangene und damit ungreif‐ bare gewesen, die sich allerdings - was der für Leopardi typischen positiven Evaluierung der Imagination entspricht - von Realreferenzen abgelöst hat. Dies hebt die Wirkkraft der ‹rimembranza› nicht auf, im Gegenteil. Denn die Natur des Geschehens ist im Imaginären transformiert und gesteigert, und die Teile der vagen (v. 12: «vago») Erinnerungsversuche werden nicht nur lose aufge‐ sammelt, sondern im Zeichen des Todes mit einer demonstrativen Haltbarkeit verfestigt. Das Gedicht schaltet als Elaborat der Dauer die Realreferenz nicht aus, aber konserviert sie in den Strukturen der Sprache gleichsam als ‹Reliquie›, als die die «tomba ignuda» ebenfalls gelesen werden kann. Die forcierte Literarisierung des Namens in Leopardis Gedicht entspricht der maximierten Semantisierung des traditionellen ‹senhal›. Fundiert ist diese Entpragmatisierung in dem offensichtlichen Bezug auf die antiken Selve als Gelegenheitsgedichte mit einer vergleichsweise freien Form der Gestal‐ ‹Veriloquium nominis›? Leopardis A Silvia (Statius, Petrarca, Dante) 215 <?page no="216"?> 72 Es kann hier nicht der Ort sein zu diskutieren, inwiefern der ‹Namensrea‐ lismus› bei Petrarca und Dante die mittelalterliche Alternative zwischen Nomina‐ lismus und Realismus findig umgeht; diese Frage bleibt in den Namenserörterungen zu «Laura» und «Beatrice» in der Studie von Regn offen, wird aber angerissen (cf. Regn: Poetik des Aufschubs, 354, 368). 73 Regn: Poetik des Aufschubs, 348. tung. «Silvia» oszilliert zwischen Realem und Imaginärem, wobei auch Dante, was das ‹veriloquium nominis› angeht, letztlich mehr in Abhebung denn in Anlehnung zum Tragen kommt. 72 Dass sowohl Petrarca als auch Dante in Bezug auf «Silvia» von Leopardi instrumentalisiert werden, dafür spricht bereits das numerologische Indiz, dass im Gedicht des Recanaten (abgesehen vom Titel) der Name genau zwei Mal fällt: was auch bei den ‹due corone› der Fall ist, wenn auch auf der Makroebene der Gesamttexte des Canzoniere und der Vita Nova. Und auch die Vita Nova beginnt als Text der Erinnerung; das Incipit setzt ein mit dem «libro del la mia memoria». Während die antike Gelegenheitsdichtung vergleichsweise zeitlich nahe zum Anlass des Dichtens steht und Leopardi lediglich als funktionsäquivalente Gattungsfolie dient, entlehnt er von der ita‐ lienischen Minnedichtung stilistische und poetologische Rahmenbedingungen - die er aber ebenfalls mit widerständigem Potential ausstattet. Während bei Dante die Semantik des ‹Primären› in der Vita Nova «die temporale Dimension […] des Namens ‹Primavera›, […] in ‹etymologischer› Lesart primaverrà» 73 , intendiert, ist bei Leopardi nicht nur die figurale biblische Dimension getilgt, welche eine optimistische Ankündigung des Eigentlichen inauguriert. Die externe Erwartung des Heils weicht in A Silvia einer introspektiven, endgültigen Hoffnungslosigkeit: «Ove il tempo mio primo | E di me si spendea la miglior parte» (vv. 17sq. [«bei denen ich meine Kindheit | verbrauchte und meiner Ju‐ gend beste Kräfte»]). Und während die dantische «selva oscura» der Commedia immerhin einen Ausweg aus der Sündhaftigkeit perspektiviert und die antiken Silvae (und auch die Bukolik in Tassos Aminta) eine ludische Versatilität aus‐ stellen, scheint Leopardi eher Petrarcas augustinisch unterfütterte Einschätzung eines ‹Waldes› voller Irrtümer und Schatten zu teilen (Sen.-IV,5,25: «Sylva vero vita haec, umbris atque erroribus plena»). Anders als bei Petrarca liegt der Schwerpunkt in A Silvia aber nicht in der selbstverschuldeten Selbsttäuschung eines verblendet Liebenden, sondern es ist die objektive Instanz der Natur, die das Subjekt täuscht: «O natura, o natura, | […] perchè di tanto | Inganni i figli tuoi? » (vv. 36 und 38sq. [«O Natur, o Natur, | warum […] täuschst [du] mit betörendem Schein | die eigenen Kinder nur? »]). Von einer etwaigen realhistorischen «Silvia» wird gar nicht erst mit Appel‐ lativen eine Lösung des umfassenden Unheils erwartet, sondern in ihr wird 216 Angela Oster <?page no="217"?> 74 Es kann hier nur kurz darauf verwiesen werden, dass das ‹Zu-Boden-Fallen› auch augustinische Konnotationen aufweist (in Conf. VIII,2 wirft sich Augustinus verzweifelt unter dem berühmten Feigenbaum-Motiv zu Boden), aber im prekären Vergleich dazu als Kontraindikator den bukolischen Topos der lagernden Hirten aufruft - auch hier könnte der Spagat der Gattungen kaum größer sein, was aber ja gerade der diesbezüglich bevorzugt kontrastiv verfahrenden Elastizität der statianischen Silvae entspricht und somit zum weiteren Konvergenz-Indikator taugt. Cf. zum von ihm so genannten bukolischen Lagerungsmotiv im ‹genus humile› Ernst Robert Curtius: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter. Bern / München: Francke 8 1973, 198. eher eine Gefährtin im Unglück denn ein Liebesobjekt gesehen. Mit den sprachlichen Verweiszusammenhängen verhält es sich hingegen anders. Wenn sich die ‹anima sensitiva› von der ersten Gedichtzeile an, ja bereits vorher im Titel und damit insgesamt an prominentesten Positionen ‹an Silvia› wendet, dann ist die ‹evocatio› ambivalent und richtet sich auch an die Silvendichtung. Da das antike Zeitschema als Zirkularität funktioniert, verweist der Beginn des Gedichtes so besehen sogleich auf sein Ende. Mit «Tu, misera» wäre dann die vorbildhafte Antike gemeint, die einerseits als etwas Verlorenes («cadesti»), 74 gar Totes («fredda morte ed una tomba» [«kalten Tod», «sein dunkles Verlies»]) empfunden wird. Andererseits ist die Antike nicht gänzlich verloren: «e con la mano […] | Mostravi di lontano» [«es wies | von ferne deine Hand»]. Das Bild der erhobenen Hand, die sich aus der - räumlichen und zeitlichen - Entfernung bemerkbar (‹mostrare›) macht, ist (wie bereits beschrieben) im Verlauf des Gedichts deutlich als poetische Hand(habung) skizziert. Der fiktionale Status der aus der Hand resultierenden Werke wird durch das ‹mostrare di› zusätzlich unterstrichen, das für sich genommen als ‹so tun, als ob› übersetzt werden müsste - was das Vorgetäuschte oder Erfundene und damit die fiktionale Ausrichtung des Gedichtes nachhaltig untermauern würde. Diese Tendenz wird durch das nachgeschobene «lontano» zum einen auf der Ebene der rein semantischen Bedeutung relativiert, zum anderen auf der poetologischen Ebene aber sogar weiter verstärkt. Denn das ‹lontananza›-Motiv (das Leopardi auch in dem zuvor zitierten Zibaldone-Eintrag vom 10. Januar 1821 aufgerufen hat) ist ein minnelyrischer Topos, der unter anderem die Unerreichbarkeit der (realen) Dame aufruft, deren Spur gleichwohl und gera‐ dezu physisch im Schweiß der «sudate carte» (v. 16) eingeschrieben ist. Das Papier benötigt sogar diese realhistorischen Impulse, auch wenn diese nur flüchtig, vergänglich und peripher sein mögen, wenn es denn nicht im Status der «faticosa tela» (v. 22) verharren will. Dies indiziert das attributive Verb in der Wendung der «man veloce» (v. 21), gesteigert noch durch das unmittelbar folgende «percorrea» (vv. 21sq.). Was in der Folge aufgezählt wird (vv. 23-25), nämlich Objekte der Natur - «ciel», «orti», «mar», «monte» -, kann in der ‹Veriloquium nominis›? Leopardis A Silvia (Statius, Petrarca, Dante) 217 <?page no="218"?> 75 Cf. dazu Andreas Kablitz: «Die Herrin des Canzoniere und ihre Homonyme. Zu Petrarcas Umgang mit der Laura-Symbolik» in: Romanische Forschungen 101 (1989), 14-41. 76 Colaiacomo hingegen hält die beiden Positionen, auch über die Silvia-Auslegung hinaus, für unvereinbar: «Ciò che però mi sembra particolarmente meritevole di attenzione è il fatto che fra il piano realistico e quello mitologico della letteratura non è possibile trovare, pur nella compresenza, un punto di equilibrio o di intesi» (Claudio Colaiacomo: Camera obscura. Studio di due canti leopardiani. Napoli: Liguori 1992, 145). 77 Dass ich diese gängige Lesart in ihrer Ausschließlichkeit für unzutreffend halte, habe ich bereits in einer ‹optimistischen› Lesart Leopardis zum Ausdruck gebracht, in Angela Oster: «‹più de’ carmi, il computar s’ascolta›. Giacomo Leopardis Nullpunkt der Literatur», in: Ginestra 22 (2012), 7-22. realreferentiellen «Lingua mortal» (v. 26) nicht zu seiner ‹wahren› (v. 60: «All’apparir del vero») Bedeutung gelangen, sondern kann allein im Resonanzraum der vorzüglichen Dichtersprache Relevanz beanspruchen. Denn diese ist ge‐ meint, wenn in Vers 24 von den «vie dorate e gli orti» die Rede ist, und damit von nichts anderem als vom ‹laureanischen Dichterlorbeer›: stehen doch in den petrarkischen Paronomasien ‹Lauras› das Gold des ‹dorate› und die ‹orti› der botanischen Gärten für die Auszeichnung zum ‹poeta laureatus›, und darüber hinaus für immergrüne Zweige, 75 deren ‹Glanz und Gloria› auch der Tod am Ende von A Silvia nichts anhaben kann. 6 Fazit: Wiederbelebung der «faticosa tela» durch die ‹silvestris musa› Abschließend kann festgehalten werden: Der zu Beginn des Gedichts evozierte Grenzcharakter (v. 5: «limitare») der Figur «Silvia» wird ausgehend von der Einlassung in die Gattungsmatrix von Statius’ Silvae einem elastischen, gleich‐ wohl kalkulierten Experimentieren mit der lyrischen Tradition unterzogen. Dabei dienen die Gattungen, Stile und Poetologien vor allem als Funktionsäqui‐ valente und avancieren zum Generator einer Schreibweise, die eigene Akzente setzen möchte und bewusst zwischen Realität und Imagination oszilliert und die klare Identifikation der Felder als getrennte Bereiche verweigert. 76 Die artistischen Gestaltungsverfahren in A Silvia, die im Vorstehenden nur zum Teil ausgelotet werden konnten, mögen vordergründig eine negative Anthropologie zum Ausdruck bringen. 77 Daneben setzen sie Weiteres und mindestens ebenso Wichtiges ins Schriftbild. Auf den Spuren Statius’ ergreift Leopardi die Mög‐ lichkeit, eine verloren gegangene Antike im modernen Design der ‹silvestris musa› von Weitem in Aussicht zu stellen («Mostravi di lontano»), wobei die Weite sowohl vergangenheitsbezogen als auch zukunftsorientiert dekodiert 218 Angela Oster <?page no="219"?> 78 Die bukolische Formel findet sich bei Vergil, Bucol.-I,2: «silvestrem tenui Musam». werden kann. 78 Es geht nicht um die Unterscheidung oder gar Entscheidung zwischen einer historischen oder einer fiktiven ‹Silvia›, sondern - ungeachtet der negativen Isotopien - um eine spielerische ‹Handhabung› der «faticosa tela» und der «sudate carte», mittels derer sich die lyrische Stimme um eine wahrhafte Darlegung ihrer seelischen Verfasstheit bemüht. In diesem Sinne wird auch der bereits zitierte Passus im Zibaldone vom 15. Februar 1828 zur «rimem‐ branza» verständlicher, genauer, jene Stelle, in der Leopardi «il riflettere sopra quello ch’io fui» anspricht, welches als «paragonarmi meco medesimo» vor sich gehe. Der vergleichende Spiegel von «meco» und «medesimo» führt in nuce vor Augen, dass autobiographische Dimensionen des Selbst nicht in bruchlosen Darstellungen zugänglich sind, sondern allein in einer nomenklatorischen mise en abyme mittels eines ‹rimembrare›, in dem sich einzelne Bruchstücke zu einem in sich kohärenten Text zusammenfügen. Literatur Leopardi, Giacomo: Canti. Napoli: Saverio Starita 1835. —: Canti e Frammenti. Gesänge und Fragmente. Italienisch / Deutsch. Übers. von Helmut Endrulat. Hg. von Helmut Endrulat / Gero Alfred Schwalb. Stuttgart: Reclam 2011 [1990]. —: Canzoni. A cura di Marco Santagata. Milano: Mondadori 1998. —: Crestomazia italiana cioè scelta di luoghi insigni o per sentimento o per locuzione raccolti dagli scritti italiani di prosa di autori eccellenti d’ogni secolo per cura del Conte Giacomo Leopardi. Mailand: Stella 1827. —: Crestomazia italiana poetica, cioè scelta di luoghi in verso italiano insigni o per sentimento o per locuzione, raccolti, e distribuiti secondo i tempi degli autori dal conte Giacomo Leopardi. Mailand: Stella 1828. —: Das Gedankenbuch. Auswahl, Übersetzung und Nachwort von Hanno Helbling. München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1992. —: Lettere. A cura e con un saggio introduttivo di Rolando Damiani. Milano: Mondadori 2006. —: Rede eines Italieners über die romantische Poesie. Discorso di un italiano intorno alla poesia romantica. Übers. und eingel. von Franca Janowski. Tübingen: Narr 1991. —: «Ricordi d’infanzia e di adolescenza», in: id.: Opere. Tomo I. A cura di Sergio Solmi. Milano / Napoli: Ricciardi 1956, 899-912. —: Poesie e Prose. Vol.-I. Poesie. A cura di Mario Andrea Rigoni con un sagio di Cesare Galimberti. Milano: Mondadori 2005. ‹Veriloquium nominis›? Leopardis A Silvia (Statius, Petrarca, Dante) 219 <?page no="220"?> —: Zibaldone di pensieri. 2-vol. Scelta a cura di Anna Maria Moroni. Milano: Mondadori 2006. Petrarca, Francesco: Canzoniere. A cura di Paola Vecchi Galli. Annotazioni di Paola Vecchi Galli e Stefano Cremonini. Milano: BUR Classici 7 2019. —: Rime Di Francesco Petrarca Colla Interpretazione Composta Dal Conte Giacomo Leopardi. Milano: Stella 1826. —: Secretum meum. Mein Geheimnis. Lateinisch / Deutsch. Hg., übers. und mit einem Nachwort von Gerhard Regn / Bernhard Huss. Mainz: Dieterich’sche Verlagsbuch‐ handlung 2004. Poliziano, Angelo: Sylvae. A cura di Francesco Bausi. Firenze: Olschki 1997. Tasso, Torquato: Poesie. A cura di Francesco Flora. Milano / Napoli: Ricciardi 1952. Adam, Wolfgang: Poetische und Kritische Wälder. Untersuchungen zu Geschichte und Formen des Schreibens ‹bei Gelegenheit›. Heidelberg: Winter 1988. Agostini, Giulia: «Geneaologie des Unendlichen - Leopardis Ergründung einer poesia senza nome», in: Germanisch-Romanische Monatsschrift 67 (2017), 377-394. Borsellino, Nino: «A Silvia, variazioni su un sonetto pastorale», in: Paragone 28 (1977), 45-55. Colaiacomo, Claudio: Camera obscura. Studio di due canti leopardiani. Napoli: Liguori 1992. Consoli, Domenico: «Per una lettura di ‹A Silvia›», in: Italianistica. Rivista di Letteratura Italiana 9 (1980), 74-101. Contini, Gianfranco: Varianti e altra linguistica. Torino: Einaudi 1979. Croce, Benedetto: Poesia e non poesia. Bari: Laterza 1923. Curtius, Ernst Robert: Europäische Literatur und latenisches Mittelalter. Bern / München: Francke 8 1973. Föcking, Marc: «Friedhofsdichtung. Leopardis Totenbilder», in: Barbara Kuhn / Michael Schwarze (Hg.): Leopardis Bilder. Immagini e immaginazione oder: Reflexionen von Bild und Bildlichkeit. Tübingen: Narr 2019, 103-124. Fubini, Mario: «Introduzione», in: Giacomo Leopardi: Opere. A cura di Mario Fubini. Torino: UTET 1977, 49-73. —: Metrica e poesia. Lezioni sulle forme metriche italiane. Vol.-I. Dal Duecento al Petrarca. Milano: Feltrinelli 1975 Gaspari, Gianmarco: «Giacomo Leopardi, A Silvia, 1-6», in: Carlo Caruso / William Spaggiari (a cura di): Filologia e storia letteraria. Studi per Roberto Tissoni. Roma: Ed. di Storia e Letteratura 2008, 435-445. Getto, Giovanni: «Per un’interpretazione di ‹A Silvia›», in: Lettere Italiane 16 (1964), 280-297. 220 Angela Oster <?page no="221"?> Giovannuzzi, Stefano: «Per ‹A Silvia› di Leopardi», in: Studi italiani. Semestrale di Lette‐ ratura Italiana 7 (1995), 135-149. Guida, Augusto: «Poliziano e Leopardi: un incontro non riconosciuto», in: Paolo Viti (a cura di): Cultura e Filologia di Angelo Poliziano. Traduzioni e Commenti. Atti del Convegno di studi (Firenze, 27-29 novembre 2014). Firenze: Olschki 2016, 241-250. Güntert, Georges: «Leopardi und die Poetik der ‹ricordanza›: Entstehung - Anwen‐ dungsformen - Aufhebung», in: Sebastian Neumeister (Hg.): Die ästhetische Wahr‐ nehmung der Welt: Giacomo Leopardi. Giacomo Leopardi e la percezione estetica del mondo. Frankfurt a.M. [et al.]: Peter Lang 2009, 263-284. Halsall, Albert W.: «Apostrophe», in: Gert Ueding (Hg.): Historisches Wörterbuch der Rhetorik. Bd.-I. Tübingen: Niemeyer 1992, 830-836. Hamann, Brigitte: «Leopardi und die Petrarca-Philologie», in: Marc Föcking / Volker Steinkamp (Hg.): Giacomo Leopardi. Dichtung und Wissenschaft im frühen 19.-Jahr‐ hundert. Münster: LIT 2004, 227-239. Kablitz, Andreas: «Die Herrin des Canzoniere und ihre Homonyme. Zu Petrarcas Umgang mit der Laura-Symbolik» in: Romanische Forschungen 101 (1989), 14-41. Kuhn, Barbara: «Körperzeichen, Zeichenschrift, Schriftkörper: die Liebe der Schrift in Dantes Vita Nuova», in: Mireille Schnyder (Hg.): Schrift und Liebe in der Kultur des Mittelalters. Berlin / New York: de Gruyter 2008, 165-189. Küpper, Joachim: «(H)ER(E)OS. Petrarcas Canzoniere und der medizinische Diskurs seiner Zeit. (Mit einer Nachbemerkung zur Kontingenz des Entstehens von Texten epochalen Rangs)», in: Romanische Forschungen 111 (1999), 178-224. Lanzola, Andrea: «‹Scorrendo via le pagine›: In merito ad una possibile ispirazione di ‹A Silvia›», in: La Rassegna della Letteratura Italiana 116 (2012), 37-47. Oster, Angela (Hg.): «‹Fundamente› der translatio bei Dante und Petrarca», in: Variations 16 (2008), 43-55. —: «Italienisches Maskenquartett. Inszenierte Texturen der Differenzerfahrung in Leo‐ pardis Briefen», in: Cornelia Klettke / Sebastian Neumeister (Hg.): Giacomo Leopardi. Dichtung als inszenierte Selbsttäuschung in der Krise des Bewusstseins. Berlin: Frank & Timme 2017, 227-246. —: «Petrarkistische Götterdämmerung. Eugenio Manfredi, Giambattista Zappi und die Lyrik und Poetik der Accademia degli Arcadi im 18.-Jahrhundert», in: Michael Bernsen / Bernhard Huss (Hg.): Der Petrarkismus. Ein europäischer Gründungsmythos. Göttingen: V&R unipress 2011, 311-339. —: «‹più de’ carmi, il computar s’ascolta›. Giacomo Leopardis Nullpunkt der Literatur», in: Ginestra 22 (2012), 7-22. —: Roland Barthes Handbuch. Leben - Werk - Wirkung. Berlin: Metzler, erscheint 2024. ‹Veriloquium nominis›? Leopardis A Silvia (Statius, Petrarca, Dante) 221 <?page no="222"?> —: «Ruinen und Reliquien bei Francesco Petrarca», in: Giulia Lombardi [et al.] (Hg.): Ästhetik und Poetik der Ruinen. Rekonstruktion - Imagination - Gedächtnis. Berlin: de Gruyter 2022, 25-63. Peruzzi, Emilio: «Saggio di lettura leopardiana», in: Vox Romanica 15.2 (1956), 94-163. Regn, Gerhard: Poetik des Aufschubs. Augustinus, Dante und die antiken Klassiker in Petrarcas Canzoniere. Heidelberg: Winter 2022. Rühl, Meike: Literatur gewordener Augenblick. Die Silven des Statius im Kontext literari‐ scher und sozialer Bedingungen von Dichtung. Berlin [et al.]: de Gruyter 2006. Santagata, Marco: Quella celeste naturalezza. Le canzoni e gli idilli di Leopardi. Bologna: Il Mulino 1994. Scheel, Hans-Ludwig: Leopardi und die Antike. Die Jahre der Vorbereitung (1809-1818) in ihrer Bedeutung für das Gesamtwerk. München: Hueber 1959. Timpanaro, Sebastiano: La filologia di Giacomo Leopardi. Roma: Laterza 1997. Urraro, Raffaele: Giacomo Leopardi. Le donne, gli amori. Firenze: Olschki 2008. Williams, Pamela: «Leopardi and Petrarch», in: Martin McLaughlin [et al.] (eds.): Petrarch in Britain. Interpreters, Imitators, and Translators over 700 years. London: British Academy 2007, 276-299. 222 Angela Oster <?page no="223"?> Dinamismi della natura Unamuno legge Leopardi Dynamiken der Natur Unamuno liest Leopardi Michael Schulz Die These dieses Beitrags lautet: Unamuno liest und übersetzt Leopardi, weil der Spanier im Werk des Italieners eine Vision von Mensch und Natur entdeckt, die er - einerseits - innerlich nachvollziehen und zu seiner eigenen machen kann: Paradigmatisch stehen dafür die Übersetzung von Leopardis Canto La ginestra, die 1907 unter dem Titel La Retama erschien, oder auch Unamunos Gedicht Aldebarán, das man als Echo des Canto notturno di un pastore errante dell’Asia von Leopardi verstehen kann. Andererseits insistiert Unamuno darauf, dass die menschliche Natur über die von Leopardi ganz zu Recht ins Wort gebrachte Endlichkeit und Kontingenz menschlichen Daseins («l’uomo è nulla») hinausweist auf eine postmortale Existenz - auf eine von Gott ermöglichte Unsterblichkeit. In Leopardis Versen über die Liebe entdeckt Unamuno Spuren dieser auf das Ewige drängenden Naturdynamik: Die Liebe will alles oder nichts, sie will immer sein oder nie - wie das Leben. In seinem philosophischen Werk Del sentimiento trágico de la vida, in dem Unamuno immer wieder Leopardi zi‐ tiert, entwickelt Unamuno seine Philosophie der Unsterblichkeit, weshalb es im Mittelpunkt dieses Beitrags steht. La tesi di questo articolo è che Unamuno legge e traduce Leopardi perché lo spagnolo scopre nell’opera dell’italiano una visione dell’uomo e della natura che - da un lato - può comprendere interiormente e fare propria: Paradigmatiche a questo proposito sono la traduzione del Canto La ginestra di Leopardi, pubblicata nel 1907 con il titolo La Retama, o la poesia Aldebarán di Unamuno, che può essere intesa come un’eco del Canto <?page no="224"?> 1 Gabriele Haug-Schnabel / Joachim Bensel: Grundlagen der Entwicklungspsychologie. Die ersten 10 Lebensjahre. Freiburg / Basel / Wien: Herder 2017, 108-110. notturno di un pastore errante dell’Asia di Leopardi. D’altra parte, Unamuno insiste sul fatto che la natura umana punta al di là della finitudine e della contingenza dell’esistenza umana («l’uomo è nulla»), giustamente espressa da Leopardi, a un’esistenza post-mortale - a un’immortalità resa possibile da Dio. Nei versi di Leopardi sull’amore, Unamuno scopre tracce di questa dinamica naturale che spinge verso l’eterno: l’amore vuole tutto o niente, vuole essere sempre o non essere mai - come la vita. Nella sua opera filosofica Del sentimiento trágico de la vida, in cui Unamuno cita ripetutamente Leopardi, Unamuno sviluppa la sua filosofia dell’immortalità, che è al centro di questo articolo. Schlagwörter: Leopardi, Unamuno, Unsterblichkeit, Ewigkeit, La ginestra, La Retama, Aldebarán, Canto notturno Parole chiave: Leopardi, immortalità, eternità, La ginestra, La Retama, Aldebarán, Canto notturno 1 Gespräche mit Mutter Natur Als meine Frau und ich vor vielen Jahren mit unseren beiden Söhnen eine Woche der Sommerferien in Dresden verbrachten, überraschte uns der ältere, Lukas, damit, sich abends bei den Straßenlaternen für das Licht zu bedanken, das sie uns auf dem Heimweg schenkten. Wir empfanden das als sehr anrührend, liebevoll und schön. Eher eine beunruhigende Überraschung war es, dass er zuhause beim Blick durch das Fenster des Kinderzimmers meinte, im Wäldchen vor dem Garten ein grünes Monster zu erblicken. Wir fragten irgendwann den Kinderarzt, was von diesem Phänomen zu halten sei. Er klärte uns über die magische Phase 1 auf, die Kinder mehr oder weniger intensiv in ihrer Entwicklung durchlaufen. Darum sprechen Kinder mit den Dingen, die sie als Akteure erleben, als gute Geister und Feen, wie die Straßenlaterne, oder als beängstigende Ungeheuer im dunklen Wald. Im Fall des grünen Monsters sei entscheidend, dass es immer draußen bleibe und nicht ins Zimmer eindringe, in den inneren Bereich des Lebens, in die Psyche. Soweit wir wissen, ist das grüne Monster auch immer brav draußen bei den Bäumen geblieben - bis es schließlich verschwand. 224 Michael Schulz <?page no="225"?> 2 Die italienischsprachigen Zitate aus den Werken Giacomo Leopardis stammen aus Giacomo Leopardi: Gesänge. Dialoge und andere Lehrstücke. Zibaldone. Aus dem Italie‐ nischen von Hanno Helbling (Gesänge, Zibaldone) / Alice Vollenweider (Dialoge und andere Lehrstücke). Zweisprachige Wiedergabe der Gesänge. Auswahl der Texte aus dem Zibaldone von Karlheinz Stierle. Düsseldorf / Zürich: Artemis & Winkler 1998, 246. Bei Gedichten wird jeweils die Verszahl in Klammern genannt, bei Zitaten aus dem Zibaldone die Seitenzahl des Manuskripts. Die Übersetzungen ins Deutsche stammen (außer in Anm. 3) von mir, M.S. 3 «Die Natur verfolgt, gehorsam dem Gesetz der Zerstörung und der Wiedererschaffung […] als eigentliche, beständige, pünktliche Todfeindin alle Lebewesen jeder Gattung und Art, die sie zur Welt bringt; und sie beginnt die Verfolgung in eben dem Augenblick, da sie dieselben hervorgebracht hat» (Zib.-4485sq., 11.-April 1829). Es mag das Privileg von Dichtern sein, länger oder permanent in dieser magischen Phase zu verweilen; sie können mit den Dingen sprechen und sie sprechen lassen. Als eine bevorzugte Gesprächspartnerin stellt sich ihnen die Natur in ihren unterschiedlichen kosmischen, geologischen und vitalen Erscheinungen vor. Weil sie Licht und Leben spendet, sich um uns sorgt, dankt man ihr, wie unser Sohn der Straßenlaterne. Giacomo Leopardi (1798-1837) spricht bekanntlich gerne mit dem Mond oder der Natur in ihrer Gesamtheit. Er kann sie als fürsorgende, liebende Mutter bezeichnen: «è il gener nostro in cura | all’amante natura» (vv. 40sq. [«unser Geschlecht wird von der liebevollen Natur umsorgt»]) 2 , dichtet er - ironisch - in La ginestra [Der Ginster]: Unser Geschlecht befindet sich - für manche - in der liebevollen Obhut der Natur. Oder aber man erkennt in ihr, der Mutter des Lebens, doch nur die «mat‐ rigna» (v. 125), die «Stiefmutter», das Monster, ja den Killer. Denn die Natur trampelt bei der Evolution der Lebensformen über die Leichen ausgestorbener, ihr nicht angepasster Spezies. 3 Schmerz und Tod machen deutlich, dass dieses Monster Natur nicht brav vor dem Fenster der Innerlichkeit draußen im Wald verharrt, sondern uns physisch und psychisch zu schaffen macht. 2 Unamunos und Leopardis existentielle Ansätze Mit großer Vorliebe hat der baskische Dichter und Denker Miguel de Unamuno (1864-1936) Giacomo Leopardi gelesen und übersetzt. Die Fragen Leopardis nach der Wahrheit und den Dynamiken der Natur erkannte er als die eigenen, obgleich er sie anders beantwortete. Darum scheint mir ein Vergleich interessant und spannend. Ziel dieses Beitrags ist es, die Rezeption der Gedankenwelt Leopardis bei Unamuno exemplarisch nachzuzeichnen. Die Frage stellt sich, inwieweit Unamunos relecture und Rezeption Aspekte im Werk Leopardis zum Leuchten bringt, die bei der ersten Lektüre nicht ins Auge springen oder die Dynamiken der Natur 225 <?page no="226"?> 4 Vicente González Martín: «Miguel de Unamuno y Giacomo Leopardi», in: Cuadernos de la Catedra Miguel de Unamuno 24 (1976), 29. Die spanischsprachigen Texte werden entweder von mir übersetzt oder paraphrasierend, wie an dieser Stelle, wiedergegeben. 5 González Martín: «Miguel de Unamuno y Giacomo Leopardi», 40-44, listet alle Zitate Leopardis im Werk Unamunos auf. Cf. auch die Liste bei María de la Nieves Muñiz Muñiz: «Il leopardismo di Unamuno e la prima ricezione dello Zibaldone in Spagna», in: ‹Lo Zibaldone› di Leopardi como ipertesto. Atti del Convegno internazionale (Barcel‐ lona, Universitat de Barcelona, 26-27 ottobre 2012). A cura di María de la Nieves Muñiz Muñiz. Firenze: Olschki 2013, 393sq. Wir beschränken uns im Wesentlichen auf die Rezeption Leopardis in Unamunos philosophischer Abhandlung Del sentimiento trágico de la vida, da die sachliche Auseinandersetzung explizit in diesem Traktat geführt wird. 6 Miguel de Unamuno: Obras Completas [Abk. OC]. Tomo VIII. Poesia. I. Ed. Manuel García Bianco. Barcelona: Vergara 1958, 484. man gar nicht in seinen Texten vermutet. Inwieweit ich dabei etwas Neues sage, mögen andere entscheiden. Der spanische Philologe für Italienische Sprache an der Universität von Sa‐ lamanca, Vicente González Martín, gelangt zu der Einschätzung, dass Unamuno vor allem angezogen wurde von dem «aspecto existencial de su poesía íntima y humana. Su quehacer poético sugestivo y preocupado constantemente en el análisis introspectivo del yo es lo que, sobre todo, le agrada del escritor de Recanati». 4 Leopardis existentielle Poesie von suggestiver, intim-menschlicher Qualität, die die Innenwelt des Menschen - d.h. die Natur des Menschen - erkundet, ziehe also nach dem Urteil von González Martín den Spanier Unamuno besonders an. Deshalb übersetzt er beispielweise im Jahr 1899 Leo‐ pardis Gedicht La ginestra o il fiore del deserto, in dem der Italiener das Geschick des Menschen mit einem Ginsterstrauch in der wüst-wilden Landschaft am Abhang des Vesuvs vergleicht 5 : Der Mensch blüht auf wie eine Blume in der Ödnis, die von der Naturgewalt des Vulkanausbruchs geschaffen wurde und die bereits sein eigenes Ende signalisiert; wie Lava und Asche Menschen, Häuser (Pompeji, Herculaneum) und Pflanzen unter sich begruben, so wird auch der Ginster vernichtet werden - wird der Mensch von der Natur getötet, die ihm das Leben schenkte. Gegenüber dieser Natur kann sich der Mensch bzw. «la ginestra» nicht als «signora e fine» (v. 188 [«als Herrin und Ziel/ Zweck»]) aufspielen. Mehr noch, sagt Leopardi dem Menschen: Du fabelst und fabulierst («favoleggiar», v. 190), wenn du davon erzählst, «per tua cagion, dell’universe cose | scender gli autori» (vv. 192sq.) - dass «wegen dir die Urheber des Universums» zur Erde, zu diesem «oscuro | granel di sabbia» (vv. 190sq.), zu diesem «dunklen Sandkorn herabsteigen», um mit dir zu sprechen. Nur «derisi | sogni» (vv.-194sq. [«verlachte Träume»]), «ensueños ridículos» 6 («lächerliche Träume»), übersetzt Unamuno seien diese Vorstellungen von einer Ankunft der Götter beim Menschen oder der im Christentum geglaubten Menschwer‐ 226 Michael Schulz <?page no="227"?> 7 Miguel de Unamuno: Del sentimiento trágico de la vida en los hombres y en los pueblos. Madrid: Alianza Editorial 1995, 222. 8 González Martín: «Miguel de Unamuno y Giacomo Leopardi», 41. 9 Cf. Armand F. Baker: «Unamuno and the Religion of Uncertainty», in: Hispanic Review 58 (1990), 38-40. 10 Unamuno: OC VIII. Poesia I, 479-488. Zur Diskussion über den Zeitpunkt, an dem Unamuno La ginestra zum ersten Mal las, cf. González Martín: «Miguel de Unamuno y Giacomo Leopardi», 27-29. 11 Cf. Luis S. Granjel: Miguel de Unamuno. Ein Lebensbild [org. Retrato de Unamuno. Madrid 1957]. Übers. von Curt Meyer-Clason. Stuttgart: Klett 1962, 56-70. 12 Übersetzung: Miguel de Unamuno: Das tragische Lebensgefühl. Übers. von Robert Friese, Einl. von Ernst Robert Curtius. München: Meyer & Jessen 1925. 13 Unamuno: Sentimiento, 127. dung. Einen «ateo cristiano» [«christlichen Atheisten»] 7 nennt Unamuno Le‐ opardi, was aber den Basken nicht daran hindert, ein «sentirse hermano de Leopardi» zu empfinden, wie Gónzales Martín konstatiert, «sich als Bruder Leopardis zu fühlen». 8 Spricht diese gedankliche Nähe zu Leopardi nicht sogar für einen verzweifelten Atheismus bei Unamuno, wie mancher zu erkennen glaubt? 9 Unamunos Übertragung des Gedichts erschien 1907 unter dem Titel La Retama [Der Ginster]. 10 In der Zeit vor der Übersetzung durchlitt Unamuno eine religiöse Krise, in der sein katholischer Glaube zur Disposition stand; in seiner Jugendzeit liebäugelte er noch mit dem Gedanken, Priester zu werden. 11 Jetzt erschien ihm der Mensch unbehaust, der unberechenbaren Natur ausgesetzt, auf sich zurückgeworfen. Ausgelöst wurde diese Krise offenbar durch die Geburt seines dritten Sohnes, der 1896 mit Behinderungen zur Welt kam und bereits 1902 verstarb. Darum konnte sich Unamuno in der Anthropologie von La ginestra wiederfinden und in einen inneren Dialog mit Leopardi treten. Auch nach Überwindung dieser Krise gab Unamuno Leopardis Anthropologie Recht - vorausgesetzt, man betrachtet den Menschen ausschließlich mit den Augen der rationalen Vernunft. In seiner 1912 publi‐ zierten philosophischen Abhandlung Del sentimiento trágico de la vida en los hombres y en los pueblos [Das tragische Lebensgefühl  12 ] vertritt Unamuno die Auffassung, dass die Vernunft die Einsicht in die Kontingenz des mensch‐ lichen Daseins erzwingt; nichts weise über die empirische Existenz hinaus; die Vernunft diskreditiere jede Hoffnung über den Tod hinaus als Wahn. Unamuno bezeichnet Leopardi als «victima de la razón» [«Opfer der Ver‐ nunft»], weshalb dieser nicht zum Glauben gekommen sei, 13 den Unamuno in der Krise neu entdeckte. Für einen spanischen Katholiken der damaligen Zeit eher ungewöhnlich inspirierten ihn dabei evangelische Philosophen und Theologen wie Immanuel Kant, Friedrich Schleiermacher und Søren Dynamiken der Natur 227 <?page no="228"?> 14 Unamuno: Sentimiento, 204. Unamuno problematisiert sogar die klassische Definition des Menschen als eines animal rationale; vielmehr meint er, in der Gefühlswelt des Menschen dessen Alleinstellungsmerkmal zu erkennen (ibid., 22). 15 Baker: «Unamuno and the Religion of Uncertainty», 37. 16 Unamuno: Sentimiento, 22sq. 17 Wenn man so will, argumentiert Unamuno im Sinn des jüdischen Autors Franz Werfel (1890-1945). In seinem 1939 erschienen Werk Der veruntreute Himmel. Die Geschichte einer Magd. Amsterdam: Bermann-Fischer 1948, 359, findet sich die Sentenz: «Der Durst beweist die sichere Existenz von Wasser». Wie es Durst ohne Wasser nicht gibt, wie die Existenz von Wasser die notwendige Voraussetzung des Durstes ist, so sollte es die Naturdynamik des Menschen, die auf das Ewige und Unsterbliche zielt, auch nicht geben ohne die tatsächliche Existenz Gottes, der dem Menschen ewiges Leben schenken kann. Unamuno folgt dem scholastischen Grundsatz: «Desiderium naturae non potest esse inane» [«Das Verlangen der Natur kann nicht vergeblich sein»] (Thomas von Aquin: Summa Theologiae. Roma: Editiones Paulinae 1962, I, q. 75 a. 6c). Die Realität des Verlangens (Durstes) soll die reale Möglichkeit des Verlangten garantieren. 18 Unamuno: Sentimiento, 22. Mit Kierkegaard weiß Unamuno darum, dass die Kreuzigung der Vernunft verlangt ist, «el martirio de la fe» (ibid., 237). 19 Miguel de Unamuno: «Sobre la filosofía española», in: id.: OC III. Ensayo I, 743. Cf. ibid., 124, 727, 735. Kierkegaard. Von Schleiermacher übernimmt er die Vorstellung, dass der Glaube im menschlichen Gefühl unbedingter Abhängigkeit gründe, nicht in der Vernunft, weder in klassischen Gottesbeweisen noch im Nachweis von gottgewirkten Wundern. 14 Wegen der theoretischen Unbeweisbarkeit der Existenz Gottes diskutierte man, wie vorausgeschickt, einen Atheismus bei Unamuno. 15 Glaubwürdigkeit gewinnt der von Unamuno anvisierte Glaube nur als Implikat menschlicher Lebenspraxis. Epistemologisch begreift ihn Unamuno als Postulat, das man, wie er mit Immanuel Kant 16 formuliert, theore‐ tisch nicht beweisen kann, aber praktisch voraussetzen und annehmen muss, soll man verstehen, warum Menschen immer schon, unwillkürlich, den Dynamiken der menschlichen Natur folgen und dabei faktisch die Sinnhaftigkeit ihres Tuns in Anspruch nehmen. Diese Sinnhaftigkeit schließt für Unamuno den Glauben an die persönliche Unsterblichkeit und, in Folge, den Glauben an Gott ein, der diese Unsterblichkeit und Ewigkeit des Menschen garantiert. 17 Dennoch bleibt der Glaube ein «Sprung», «salto» 18 , wie Unamuno mit Ver‐ weis auf Søren Kierkegaard erläutert, denn er folgt nicht auf eine gelungene theoretische Ableitung. Deshalb kann Unamuno sogar provokant und missver‐ ständlich in einem 1904 verfassten Dialog Sobre la filosofía española [Über die spanische Philosophie] sagen: «Der Glaube schafft sein Objekt» […«la fe crea su objeto»] 19 , weil er nicht der Vernunft, sondern dem Willen entspringt: dem Willen, grenzenlos, ewig zu leben. 228 Michael Schulz <?page no="229"?> 20 Nach buddhistischer Vorstellung liegt im Verlangen des Menschen nach Perpetuierung seines Selbst (im Sinn eines conatus essendi, wie Unamuno: Sentimiento, 25, mit Baruch de Spinoza sagt) der Ursprung seines leidvollen, erlösungsbedürftigen Lebens, nämlich seine fatale Ichverhaftung, deren Überwindung allein auf dem achtfachen Pfad aus dem Leiden herausführt. Die metaphysische Frage, die Unamuno umtreibt, ob seine Seele unsterblich ist oder nicht, erklärt Buddha als irrelevant für die Erlösung des Menschen und als ohnehin argumentativ unlösbare Frage. Wer auf die Beantwortung dieser Frage warten würde, könnte keine Erlösung finden. Cf. Die Reden des Buddha. Lehre, Verse, Erzählungen. Übers. u. eingel. von Hermann Oldenberg. Mit e. Einführung hg. von Heinz Bechert. Freiburg / Basel / Wien: Herder 2000, 162-169. Diese These kann man freilich diskutieren: Kann die endliche Realität des Verlangens und Wollens nach unbegrenztem Leben die unendliche Realität des Verlangten und Gewollten garantieren? Es wundert selbstverständlich nicht, wenn dies bestritten wird und daher Glaube als Sprung vom Endlichen ins Unendliche erscheint. Das Argument setzt zudem eine harmonische Gesamt‐ wirklichkeit voraus, in der es selbstverständlich erscheint, dass dem natürlichen Verlangen (Durst, ewiges Leben) die Existenz des Verlangten (Wasser, Unsterb‐ lichkeit) entspricht. Wer jedoch die Natur als Mutter und Stiefmutter, als Quelle und Ende des Lebens zugleich wahrnimmt, dem fällt es schwer, harmonische Zuordnungen anzunehmen, zumal im metaphysischen Kontext - für den ist nicht ausgeschlossen, dass die dynamische Bezogenheit auf das Ewige ins Leere läuft oder auch anders verstanden werden könnte (wie z.B. im Buddhismus 20 ). Unamuno setzt zwar alles daran, aussagekräftige Indizien zusammenzu‐ tragen, die für die Annahme sprechen, dass der Mensch in seinem Lebensvollzug auf das Ewige abzielt. Aber selbst dieser Indizienbeweis, dem vernünftige Rationalität nicht abzusprechen ist, kann weder die Realität der Ewigkeit erzwingen noch die Notwendigkeit, dass Gott sich seinerseits dem Menschen im Tod rettend zuwendet. Alles könnte sich auch anders verhalten, Gefühle können täuschen und wahnhafte Vorstellungen hervorrufen. Nichtsdestotrotz traut Unamuno dem Traum und Träumen des Menschen von der Unsterblichkeit und Ewigkeit mehr als der Realität der Fakten, die sich mittels der wissenschaftlichen Vernunft erfassen lassen. Miguel de Cervantes’ Romanfigur Don Quijote versinnbildlicht für Unamuno den Sinn der (spani‐ schen) Philosophie, die sich weniger im deduktiven System (z.B. Hegel), sondern literarisch Ausdruck verschafft. 1905 veröffentlichte Unamuno sein Werk über Miguel de Cervantes’ Vida de Don Quijote y Sancho, auf das er auch in Del sentimiento trágico de la vida wegen der gemeinsamen Thematik Bezug nimmt: Der Ritter träumt vom Heldentum, um unsterblichen Ruhm zu gewinnen - um sich im Gedächtnis des Menschen zu verewigen. In diesem Traum manifestiert sich für Unamuno die Sehnsucht nach dem ewigen Leben. Der sprichwörtlich Dynamiken der Natur 229 <?page no="230"?> 21 Unamuno: Sentimiento, 276. In den Windmühlen erkennt Unamuno die Segnungen der modernen Technik und des Konsums, gegen die er den Kampf des Herzens empfiehlt, selbst wenn man dabei wie Don Quijote unterliegt, der von den Windmühlen auf den Boden geschleudert wird. Cf. Miguel de Unamuno, «Vida de Don Quijote y Sancho», in: id.: OC X. Ed. Ricardo Senabre. Madrid: Fundación José Antonio de Castro 2009, 48-52. 22 Cf. Francisco Ugarte: «Unamuno y el Quijotismo», in: The Modern Language Journal 35 (1951), 18: «La esencia del quijotismo es la locura, pero esta locura, en el mundo espiri‐ tual, no es más que el heroísmo y la bondad suprema» [«Das Wesen des Quijotismus ist Wahnsinn, aber dieser Wahnsinn ist in der geistigen Welt nichts anderes als Heldentum und höchste Güte»]. Guillermo Ferrer / Niklas Schmich / Sergio Pérez-Gatica (Hg.): Phänomenologie in Spanien und Hispanoamerika. Ein Lesebuch. Aus dem Spanischen übers. von Niklas Schmich / Guillermo Ferrer. Baden-Baden: Alber 2022, 27-31. 23 Unamuno: Sentimiento, 31. Ähnlich wie Blaise Pascal («Le cœur a ses raisons, que la raison ne connaît point», Pensées IV, 277) unterscheidet Unamuno Vernunftgründe von den Gründen des Herzens (zitiert nach der Ausgabe: Blaise Pascal: Pensées. Texte de gewordene Kampf gegen die Windmühlen, die Don Quijote für schreckliche Riesen hält und die besiegt werden müssen, um den erhofften Ruhm zu ernten, wird Unamuno zufolge von diesem Drang nach Unsterblichkeit angetrieben. Dieser Drang ist so stark, dass er in der menschlichen Wahrnehmung die Realität verändert, sie seinen Bedürfnissen anpasst und eine wahnhafte Vorstellung produziert, die lächerlich erscheinen mag und verspottet wird. Aber gerade dank dieser Lächerlichkeit, argumentiert Unamuno, erlangte Don Quijote Un‐ sterblichkeit. 21 Natürlich will Unamuno mit diesem Quijotismo  22 nicht andeuten, das ewige Leben sei lächerliche Einbildung und nur erträumt. Ihm geht es um die Realität und ungeheure Macht dieses Drangs, unsterblich zu werden, der, wie gesagt, den Willen zum Glauben an die Ewigkeit hervorruft. Man muss sich diesem Drang stellen, mit ihm rechnen. Seine Intensität ist ein wichtiges Indiz für die anzunehmende Realität des ewigen Lebens. Seine praktische Glaubensanthropologie setzt Unamuno nun nicht Leopardis Vision vom Menschen entgegen. Er widerlegt Leopardi nicht, wenngleich er dessen Vernunftfixierung mit einem Fragezeichen versieht. Unamuno bestätigt, dass die Vernunft, die auch Leopardis Maßstab darstellt, die radikale Endlich‐ keit und Kontingenz menschlichen Lebens vor Augen führt. Aber Unamuno verlangt, dabei nicht stehenzubleiben. Über die Vernunfteinsicht führt der prak‐ tisch-postulatorische Glaube hinaus; dieser Glaube entspringt dem Gefühl, dem Herzen. Die Konsequenz ist das Leben in einem unauflösbaren Widerspruch. Als einem ‹Kopfwesen› muss dem Menschen die Annahme einer postmortalen Existenz als Wahn erscheinen («mi cabeza, que dice no» [«mein Kopf, der Nein sagt»]), als Wesen mit Herz glaubt er die eigene Unsterblichkeit («mi corazón, que dice sí» [«mein Herz, das Ja sagt»]) 23 . Wegen dieser Widersprüchlichkeit 230 Michael Schulz <?page no="231"?> l’éd. Brunschvicg. Éd. précédée de la vie de Pascal par M me Périer, sa sœur. Introduction et notes par Ch.-M. des Granges. Paris: Garnier Frères 1964, 146). 24 Zur Einsamkeit und natürlichen Ungeborgenheit des Menschen in der Dichtung Leopardis cf. Divo Barsotti: La religione di Giacomo Leopardi. Brescia: Morcellina 1975, 193. 25 Unamuno: Sentimiento, 222sq. 26 Nach Auffassung von John Alcorn und Dario Del Puppo sei «the cognitive exhor‐ tation to solidarity against Nature» eine der Hauptaussagen von La ginestra. John Alcorn / Dario Del Puppo: «Giacomo Leopardi’s ‹La ginestra› as Social Art», in: The Modern Language Review 89.4 (1994), 870. 27 Unamuno: Sentimiento, 222. des menschlichen Daseins spricht Unamuno vom tragischen Lebensgefühl, das sich in weiteren Widersprüchen fortsetzt und bestätigt. Diese Charakterisierung des Lebensgefühls als widersprüchlich-tragisch spricht für die bleibende Ver‐ bindung von Unamunos Philosophie mit dem Denken und Dichten Leopardis. Aber, so sieht es für mich aus, Unamuno beansprucht, noch einen Schritt weitergehen zu können. Mir scheint es, dass er davon überzeugt ist, in Leopardis Erfahrung der Liebe eine Dynamik entdeckt zu haben, die seinem Indizienbe‐ weis für die Ewigkeit entspricht. Auch weitere Texte Leopardis, die Unamuno in Del sentimiento trágico de la vida nicht zitiert, liefern entsprechende Indizien. 3 Soziale Verkettung Ein markantes Beispiel dafür, wie Unamuno Leopardi liest und interpretiert, bietet der Baske im schon erwähnten Werk Del sentimiento trágico de la vida. Er zitiert Leopardis Worte aus La ginestra über die janusköpfige Natur als Mutter und Stiefmutter, um auf die von Leopardi erkannte Strategie hinzuweisen, mit deren Hilfe der Mensch, der primär als isoliertes Individuum verstanden wird 24 , mit dieser ambigen Natur zurechtkommt. 25 Unamuno rezipiert Leopardis Gedanken von der menschlichen Solidarität und Konföderation, kraft deren es gelingt, «contro l’empia natura» (v. 148 [«gegen die ruchlose Natur»]) Widerstand zu leisten. Das Überleben gegen die grausame Natur erfordert den gegenseitigen Beistand, den Leopardi mit dem Bildwort von einer «social catena» (v. 149 [«sozialen Kette»]) illustriert. 26 Dieses Bildwort von der «cadena social» 27 greift Unamuno auf, um weitere Implikate der sozialen Verkettung des Menschen zu explizieren. An der Stelle des Zitates erkennt Unamuno in dieser sozialen Natur des Menschen nicht nur eine Strategie des Überlebens‐ kampfs; er argumentiert hier, dass sowohl das menschliche Bewusstsein als auch das Verlangen nach Unsterblichkeit der sozialen Verkettung des Menschen Dynamiken der Natur 231 <?page no="232"?> 28 Unamuno: Sentimiento, 222, 281. 29 Unamuno: Sentimiento, 223. 30 Unamuno: Sentimiento, 222. 31 Unamuno: Sentimiento, 36-51. 32 Unamuno: Sentimiento, 38. entspringt. 28 Den Bewusstwerdungsprozess verknüpft Unamuno mit der kon‐ stitutiven Bedeutung der Mitmenschen: Diese verleihen dem Ich erst Sein; sie fordern es heraus, geben dem Ich zu denken, ermuntern es zu sprechen, evozieren sein Handeln. Die cadena social konstituiert erst die vollständige Natur des Menschen, die folglich immer schon Kultur ist. An der Stelle, an der Unamuno Leopardi zitiert, kommt mit dieser sozialen Verkettung und Vernetzung des Menschen eine weitere Dimension ins Spiel, die über das endliche Dasein hinausgehen soll. Denn der Mensch würde die Natur «sobrenaturaliza» 29 , sie also übernatürlich machen. Angesprochen ist damit «el estado de gracia sobre el de Naturaleza» [«der Stand der Gnade, der über den der Natur [hinausgeht]»] 30 . Mit den Stichworten Übernatur und Gnade bringt Unamuno das Hauptthema seines philosophischen Traktates Del sentimiento trágico de la vida ins Spiel der Gedanken: die Unsterblichkeit. Es sei die soziale menschliche Natur, die nicht nur das Bewusstsein erweckt, sondern das ganze Leben des Menschen auf das Übernatürliche und die Unsterblichkeit hin finalisiert. An der Stelle im zehnten Kapitel, an der Unamuno Leopardis La ginestra zitiert, könnte man den Eindruck gewinnen, dass der Canto nur ein wichtiges Stichwort liefert, das Bildwort von der sozialen Kette, um mit dessen Hilfe die soziale Genese des Bewusstseins und das Verlangen nach Unsterblichkeit zu erklären. Aber Unamuno weiß sich dennoch mit Leopardis Intuition verbunden, dass der Zusammenhalt der Menschen wesentlich mit ihrem Überlebenskampf zu tun hat. Zwar positioniert Unamuno den Menschen und sein gesellschaftli‐ ches Zusammenleben nicht primär in Opposition zur unberechenbaren Natur. Aber für Unamuno gibt es keinen Zweifel daran, dass der gemeinsam ausge‐ fochtene Überlebenskampf gerade in der Natur geführt werden muss; die Natur lässt ihm keine andere Wahl. Im zweiten Kapitel seines philosophischen Traktats Del sentimiento trágico de la vida präsentiert Unamuno ausführlich seine Epistemologie und Sozialthe‐ orie. 31 Er zitiert zwar zustimmend die programmatische Sentenz, mit der Aris‐ toteles seine Metaphysik einleitet, der zufolge alle Menschen von Natur aus nach Wissen streben 32 , doch bezieht er diesen natürlichen Wissensdrang nicht auf me‐ taphysische Einsichten, sondern mit geradezu desillusionierendem Pathos auf den Selbsterhaltungstrieb des Menschen. Das Gehirn des Menschen gehorcht 232 Michael Schulz <?page no="233"?> 33 Unamuno: Sentimiento, 39. 34 Unamuno: Sentimiento, 39. 35 Unamuno: Sentimiento, 41. zuerst dem Diktat des Magens: «el cerebro, en cuanto a su función, depende del estómago» [«das Gehirn hängt in seiner Funktion vom Magen ab»] 33 . Jedem hochfliegenden philosophischen Gedanken stellt Unamuno mit akzentuierter Nüchternheit die Naturnotwendigkeit des Wissens entgegen, das zuerst dem Nahrungserwerb dient. Die Suche nach Erkenntnissen um ihrer selbst willen deutet Unamuno als «conocimiento de lujo o de exceso» 34 ; dieses «exzessive Luxus-Wissen» könne sich die Menschheit ab einem bestimmten zivilisatori‐ schen Niveau leisten. Aber auch in dieser Suche der Erkenntnis um ihrer selbst willen dechiffriert er die ursprüngliche Naturdynamik: das Leben, das sich erhalten und weiterleben will und das sich darum zu Gedanken über seine postmortale Existenz aufschwingt. Im Unterschied zu Leopardi begreift Unamuno den Selbsterhaltungstrieb und Überlebenskampf als eine Dynamik, die sich selbst vom Tod nicht ausbremsen lässt. Die Vorstellung jedoch, dass das menschliche Leben Kampf ist in einer Natur, die diese Auseinandersetzung erzwingt, verbindet Unamuno mit Leopardi, genauso wie die Theorie von der Vergesellschaftung des Menschen zum Zweck des Überlebens. Unamuno geht (in Anlehnung an kommunistisch-sozialistische Vorstel‐ lungen) so weit zu behaupten, Sprache, Denken, Vernunft seien ein Produkt der Gesellschaft («producto social» 35 ), die zum Zweck des Überlebens konstituiert wird. Selbst die in der Philosophie betonte Allgemeinheit der Vernunft versteht Unamuno als Produkt des gesellschaftlich organisierten Überlebenskampfes, dessen Erfolg von einer möglichst universellen Verständigung abhängt. Die erwähnte soziale Konstitution des Bewusstseins - das Erwecktwerden des Ich durch das Du und Wir - steht bei Unamuno also nicht im Rahmen einer phänomenologisch ansetzenden Dialogphilosophie oder personalistischen Philosophie der Liebe; vielmehr wird das Ich schlichtweg gebraucht und zu Bewusstsein gebracht, um zusammen mit den Mitmenschen die nackte Existenz zu erhalten. Aber auch an dieser gedanklichen Stelle, die Unamuno mit Leopardis Bildwort von der sozialen Kette verbindet, zeigt sich wieder, wie angedeutet, ein mar‐ kanter Unterschied: Die Gemeinschaft ist nicht nur eine strategische, kontraktualistische Reaktion des Menschen auf die Unabwägbarkeiten der Natur (was an Rousseau erinnert) und des von ihr auferlegten Kampfes ums Überleben; sie ist für Unamuno auch der Ort, an dem spezifische Gefühle und Tugenden erzeugt werden, wie Ehrgefühl und Ethik; sie ist für ihn aber vor allem der Raum, in dem Vorstellungen des postmortalen Weiterlebens in unterschiedlichen Formen Dynamiken der Natur 233 <?page no="234"?> 36 Unamuno: Sentimiento, 43. 37 Unamuno: Sentimiento, 52-68. generiert werden, die sich schließlich in Kultur, Religion und Glaube Ausdruck verschaffen. 36 Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Unamuno bestätigt einerseits Leo‐ pardis anthropologische Einsicht, um sie aber zugleich über sich hinauszu‐ führen: Wer sich in der Natur erhalten will, obwohl er um sein Ende durch dieselbe Natur weiß; wer sich vergemeinschaftet, um erfolgreich gegen die Natur eine möglichst lange Selbsterhaltung zu erreichen, der folgt nach Auffas‐ sung Unamunos faktisch einer natürlichen Lebensdynamik, die auch vor dem physischen Ende nicht Halt macht, welches die Natur dem Menschen setzt. Leben sucht Leben und nicht den Tod. Das tragische Lebensgefühl des Menschen ist durch eine Natur begründet, die ihm das Leben schenkt, es beendet und ihn zugleich über den Tod hinaus hoffen lässt. Der Mensch kämpft in tragischer Weise um sein Überleben, selbst angesichts des Todes, obgleich er diesen Kampf gegen den Tod verlieren muss. Gleichzeigt präsentiert die soziale Natur des Menschen viele Indizien, die Unamuno zufolge für das Unsterblichkeitspostulat und das Recht der Gründe des Herzens sprechen. 4 Die soziale Natur des Menschen und seine postmortale Existenz Folgende Indizien trägt Unamuno zusammen 37 : Die soziale Verkettung oder Vernetzung der Menschen zeigt sich zuerst in der Familie. In der familiären Lebensweitergabe verwirklicht sich die Verkettung von Eltern und Kindern, und zwar in einer tragischen Weise, wie Unamuno zu verstehen geben will. Wer Kinder zeugt, affirmiert das Leben; zugleich bestätigt er seinen eigenen Tod, durch den er Platz schafft für das neue Leben. Doch besiegelt die Lebens‐ weitergabe nicht nur die eigene Endlichkeit; sie ist für Unamuno auch die erste Form des eigenen Fortlebens im Leben der Kinder und Kindeskinder. Im Alten Testament gilt der Mann als von Gott gesegnet, dessen Name noch über Generationen hinweg von seinen zahlreichen Nachkommen genannt und geehrt wird. Die soziale Natur des Menschen ermöglicht diese Art des Weiterlebens nach dem Tod. Ein weiteres Indiz für die soziale Natur des Menschen, die den Wunsch nach Unsterblichkeit generiert, sind Unamuno zufolge Denkmäler. Man meißelt sie aus witterungsbeständigem Stein, damit sich der eigene Name in das Ge‐ dächtnis der Nachfahren eingraviert. Hütten und Häuser hingegen, beobachtet 234 Michael Schulz <?page no="235"?> 38 Auf die Frage hin, ob er, Miguel de Unamuno, ein homme de lettres sei, antwortete er am 8. März 1929: «¿Hombre de letras? No, que no soy tabla ni humanista, ni literato; hombre de humanidad; soy soplo en barro, soy hombre de habla; no escribo por pasar el rato sino la eternidad.» [«Ein Gelehrter? Nein, ich bin weder ein Experte noch ein Humanist, auch kein Literat; ich bin ein Mann des Menschseins; ich bin ein Hauch in Lehm, ich bin ein Mann der Sprache; ich schreibe nicht, um die Zeit zu vertreiben, sondern für die Ewigkeit.»] Miguel de Unamuno: OC V. Cancionero. Poesías sueltas. Traducciones. Ed. Ricardo Senabre. Madrid: Fundación José Antonio de Castro 2002, 461 (n° 827). 39 Cf. Miguel de Unamuno: Niebla. Edición Juan Herrero Senés. Doral (Florida): Stockcero 2010, 6sq., 191-199. 40 Cf. Unamuno: Niebla, 199-207. 41 Cf. Unamuno: Niebla, 211-216. Unamuno, baut man oft aus weniger resistenten Baustoffen, wie Holz und Stroh, die Steine reserviert man für das Denkmal. Wichtiger scheint die zukünftige Erinnerung durch Andere zu sein als eine komfortable und widerstandsfähige Behausung in der Gegenwart. Der Baske erwähnt die Heldentaten, die vollbracht werden, um nicht in Vergessenheit zu geraten. Die eigentliche Todesstrafe im Römischen Reich war die damnatio memoriae bzw. abolitio nominis [Verdammung der Natur bzw. Tilgung des Namens]. Tot ist erst der Vergessene. Selbst durch Grausamkeiten und Verbrechen gräbt man sich ins Langzeitgedächtnis der Menschheit ein. Künstlerisches Schaffen, das Signieren des Bildwerkes und selbst sein eigenes schriftstellerisches Tun entschlüsselt Unamuno als Bemühungen, bei anderen die Spur des eigenen Geistes zu hinterlassen - all das seien Arbeiten an der eigenen Verewigung. 38 In seinem Roman Niebla [Nebel] diskutieren Unamuno und seine Romanfigur Augusto Pérez darüber, wer nun eigentlich wem unsterblichen Ruhm in der Nachwelt garantiere: der brillante Autor seiner Romanfigur oder die erfundene Romanfigur ihrem Autor? 39 Im Roman erkennt Augusto Pérez den Vorteil, Produkt einer literarischen Fiktion zu sein. Denn als Fiktion und Gedanke gleiche er platonischen Ideen, die unsterblich sind. Aber diese Fluchtmöglichkeit aus dem Todesgeschick wird der Romanfigur durch die Tatsache versperrt, dass sie ihr Erfinder großen Hunger spüren lässt. Augusto Pérez isst deshalb, was ihn zur cartesischen Erkenntnis führt: edo ergo sum. Essend weiß er nun um seine Existenz, aber deshalb auch um seine Sterblichkeit. Am Ende des Romans lässt Unamuno seine Figur Augusto Pérez tatsächlich sterben. 40 Eine fingierte Grabrede verschafft ihr ein erstes Überleben. 41 Zugleich lebt Unamuno in der Erinnerung der Leserinnen und Lesern fort als derjenige Autor, der in seinem Roman selbst auftaucht und ein Gespräch mit seiner Romanfigur über Dynamiken der Natur 235 <?page no="236"?> 42 Cf. Unamuno: Sentimiento, 53. 43 Cf. Unamuno: Sentimiento, 55. 44 Cf. Unamuno: Sentimiento, 44. 45 Unamuno: Sentimiento, 58sq. die Unsterblichkeit führt. Und diese Zeilen sind ein weiteres Indiz für seine These … Ein weiteres Indiz für das Verlangen nach der Permanenz des eigenen Daseins zeigt sich Unamuno zufolge in der Liebe: Der Liebende will sich im Geliebten verewigen. 42 Die Bedeutung der Erinnerung begründet Unamuno zufolge viele Religionen: sie seien wesentlich Ahnenkult. 43 Die Toten werden sozial erinnert und sind für die Lebenden wichtige Akteure. Ja, Gott selber, der das postmortale Leben garantieren soll, ist «un producto social», wie die Religion. 44 Für Unamuno spricht das nicht gegen, sondern für die Existenz Gottes, deren Erkenntnis sich aus dem Selbsterhaltungstrieb, der selbst dem Tod die Stirn bietet, ergibt. Mit dem Gottesgedanken kommt Unamuno zur entscheidenden Frage nach der persönlichen Unsterblichkeit, die qualitativ mehr und anderes ist als das Fortleben in der Erinnerung oder im Kult der Lebenden. Aber die bislang genannten Indizien bereiten diesen Gedanken der individuellen Unsterblichkeit vor. 5 Persönliche Unsterblichkeit Der kollektiv-gesellschaftlich organisierte Selbsterhaltungstrieb des Menschen ist nicht zu stoppen, auch nicht durch den Tod - so könnte man Unamunos Argument für die individuelle Unsterblichkeit zusammenfassen. Und Gottes Existenz muss um der Unsterblichkeit des Menschen willen angenommen werden. Das Gottespostulat folgt aus dem Unsterblichkeitspostulat. Wir wissen schon: Unamuno bietet keine rationalen Beweise für die Unsterblichkeit der Seele auf; er weiß um die Gegenargumente, die die Absurdität des Glaubens an die Unsterblichkeit vor Augen führen. Aber sie beeindrucken ihn nicht. Denn er setzt auf die im Gefühl und Herz wahrnehmbare Dynamik der menschlichen Natur, auf den Hunger nach Sein, nach Leben, nach unsterblichem Leben, nach Gott. Die Sinnhaftigkeit des Unsterblichkeitspostulats gewinnt Evidenz durch die Intensität des Nicht-Sterben-Wollens: No quiero morirme, no; […] quiero vivir siempre, siempre, siempre, y vivir yo, este pobre yo que me soy y me siento ser ahora y aquí. 45 236 Michael Schulz <?page no="237"?> 46 Unamuno: Sentimiento, 58. 47 Cf. Muñiz Muñiz: «Il leopardismo di Unamuno», 399-401. 48 Unamuno: Sentimiento, 134. [Ich will nicht sterben, nein; […] ich will immer leben, immer, immer, und leben ich, dieses arme Ich, das ich mir bin, und ich fühle mich, jetzt und hier zu sein.] Deshalb würde ihn, Unamuno, das Problem der Unsterblichkeit seiner persön‐ lichen Seele quälen. Diese Qual ist nur verständlich, wenn aus der Sinnhaftigkeit und anthropologischen Angemessenheit des Unsterblichkeitspostulats nicht eo ipso die Erkenntnis der eschatologischen Realität des ewigen Lebens folgt - es bleiben Zweifel. Das gut begründete Postulat der Unsterblichkeit und bleibende Zweifel signalisieren erneut die Tragik menschlicher Existenz, die Unamuno quält. Kann Leopardi der Qual Unamunos Linderung verschaffen? 6 Liebe will unbegrenzte Dauer Zur Beantwortung dieser Frage schauen wir auf weitere Leopardi-Zitate in Unamunos Abhandlung Über das tragische Lebensgefühl. Aus Leopardis Canto A se stesso [An sich selbst] zitiert Unamuno im dritten Kapitel wortwörtlich: «Perì l’inganno estremo, | ch’eterno io mi credei» (vv. 2sq. [«Es verging die letzte Täuschung [dessen], was mir ewig schien»]). 46 Dieses Zitat bestätigt offenbar nochmals, wie sehr Leopardi einen metaphysischen Kontrapunkt zu Unamuno einnimmt: Der Glaube an die eigene Ewigkeit erscheint Leopardi als extremer, letzter Bluff, als Betrug und Täuschung, der verging. Aber mir scheint mit diesem letzten Betrug gerade nicht ein Täuschungsmanöver der Liebe gemeint zu sein, das Leopardi schließlich doch durchschaute, wie Muñiz Muñiz zu bedenken geben möchte: dass die Liebe fälschlicherweise diesen Glauben an die eigene Ewigkeit evoziert. 47 Eine Täuschung scheint mir nur in der Vorstellung zu liegen, dass man durch die Liebe eine Garantie für die eigene Unsterblichkeit in die Hand zu bekommen meint. Dagegen sprechen die Unverfügbarkeit und tödliche Gefährlichkeit der Liebe. Im siebten Kapitel paraphrasiert Unamuno nämlich aus dem Canto Amore e Morte [Liebe und Tod] Leopardis Aussagen vom Schicksal, das Liebe und Tod als «Fratelli» (v. 1 [«Geschwister»]) schuf. 48 Offenbar beabsichtigt Unamuno, die Radikalität des Todes mit Leopardis Hin‐ weis auf das Ende der Illusion von jedem Danach zu unterstreichen, um auf diese Weise die Radikalität der Liebe, die der des Todes entsprechen soll, her‐ vorzuheben: Wie der Tod ist wahre Liebe ein Aufgehen, Untergehen, Vergehen. In diesem Sinn formuliert Leopardi in Amore e Morte: Dynamiken der Natur 237 <?page no="238"?> 49 Unamuno: Sentimiento, 58. 50 Unamuno: Sentimiento, 58. 51 Den Hinweis auf Kohelet gibt zu Recht auch González Martín: «Miguel de Unamuno y Giacomo Leopardi», 42. 52 Unamuno: Sentimiento, 53. un desiderio di morir si sente: come, non so: ma tale d’amor vero e possente è il primo effetto. (Amore e Morte, vv.-31-33) Ein Verlangen zu sterben, fühlt man: | Wie, weiß ich nicht: Aber ein solches [Ver‐ langen] | ist die erste Wirkung wahrer und mächtiger Liebe. Doch nicht nur die Hingabe des eigenen Lebens in der Liebe verweist Unamuno zufolge auf den Tod. Die Liebe gefährde auch das Leben: Der «stärkste Lebens‐ drang», «el ansia suprema de la vida» 49 , die Liebe eben, führe zum Selbstmord, sobald jemandem aufgehe, dass bei ihm das Verlangen nach Liebe keine Erfül‐ lung finde und sich als unsinnig erweise. Wenn man sich also nicht in Liebe hingeben und sozusagen sterben kann, dann möchte man gar nicht mehr leben. Diese fundamentale Einsicht in den Lebensdrang der Liebe, der in zweifacher Weise auf den Tod verweist - Liebe als Hingabe, unerfüllbare Liebe als Selbst‐ mordmotiv - bestätigt einmal mehr Unamunos Deutung der menschlichen Natur als tragische, ja aporetische Kombination widersprüchlicher Dynamiken. Wir können festhalten, dass Unamuno diese fundamentale Einsicht in der von Leopardi besungenen «geschwisterlichen Beziehung zwischen Liebe und Tod» («hermandad que hay entre el amor y la muerte» 50 ) rezipiert. Leopardi steht also in der Mitte von Unamunos Anthropologie. Er sympathisiert mit Leopardis Erkenntnis von der «infinita vanità del tutto» (A se stesso, v. 16 [«unendlichen Eitelkeit von allem»]), die an das Dictum des alttestamentlichen Kohelet לֵבֲה םיִלָבֲה (havél havalím) erinnert, was die Vulgata mit vanitas vani‐ tatum (Kohelet / Ecclesiastes 1: 2) übersetzt. 51 Wer die Eitelkeit und Vergeblich‐ keit von allem erkannt hat, wer einmal durch diese Katharsis gegangen ist, dem traut Unamuno wesentliche Einsicht zu. Wie aber, bleibt zu fragen, wird aus der von Leopardi konstatierten Geschwis‐ terlichkeit von Liebe und Tod eine Einsicht, die zu Unamunos Unsterblichkeits‐ philosophie passt? Die Spur einer Antwort müssen wir in der Einsicht in die tödliche Radikalität der Liebe suchen. Die Liebe will «alles oder nichts»: «¡O todo o nada! » 52 Sie verweist deshalb alles andere auf den zweiten Platz. Weil die Liebe nur sich selber mit Unbedingtheit will und auf diese Weise ihren eigenen Fortbestand 238 Michael Schulz <?page no="239"?> 53 Gabriel Marcel: Der Tote von morgen. Schauspiel von Gabriel Marcel aus dem Jahr 1919. Aus dem Französischen übertr. und mit e. Nachwort versehen von Matthias Reck (Originaltitel: Le mort de demain). St. Ottilien: Eos 2001, 94. sucht, will sie folglich fortdauerndes Leben. Die Liebe zieht die Spur der Unsterblichkeit in Leopardis Versen über Liebe und Tod. Zieht man weitere Texte Leopardis heran, die Unamuno nicht in Del senti‐ miento trágico de la vida zitiert, so wird diese Spur noch breiter und deutlicher. Leopardi erinnert sich in seinem Canto Il primo amore an seine erste Liebe. Diese Liebe ließ die Liebe zum eigenen Ruhm verstummen, die des Dichters Brust für gewöhnlich so erhitzte und sich nun in ihrer Schönheit darin aufhielt: Anche di gloria amor taceami allora nel petto, cui scaldar tanto solea, che di beltade amor vi fea dimora. Né gli occhi ai noti studi io rivolgea, e quelli m’apparian vani per cui vano ogni altro desir creduto avea. (Il primo amore, vv.-73-78; kursiv MS) [Auch schwieg mir damals die Liebe zum Ruhm | in der Brust, die mich gewöhnlich so sehr erwärmte, | weil dort nun die Liebe mit ihrer Schönheit weilte. | Auch wandte ich meine Augen nicht auf die bekannten Studien, | und sie schienen mir [jetzt] eitel zu sein, für die | ich [zuvor] jedes andere Verlangen für eitel hielt.] Des Dichters Augen wenden sich nicht den vertrauten Studien zu; diese er‐ scheinen ihm sogar als vanitas, obwohl sie ihn zuvor jedes andere Verlangen als eitel (vano) glauben ließen. Diese Umwertung der Werteordnung vermag nur die Liebe zu bewirken. Sie überbietet das, was nach Auffassung Unamunos den Sinn der Existenz des Dichters ausmacht, nämlich schreibend immerwährende Erinnerung an sein Werk und sich zu schaffen; die Liebe überflügelt dieses Vorhaben kraft ihres noch größeren Drangs nach Dauer und Bestand. Dieses Verständnis der Liebe rezipiert Unamuno; sie zielt auf Alles oder Nichts, will bedingungslos leben oder gar nicht sein - auch angesichts des Todes. Wer liebt und geliebt wird, will nicht sterben, will nicht, wie es der französische Philosoph Gabriel Marcel (1889-1973) formuliert, dass der andere stirbt: «Einen Menschen lieben, das heißt, ihm sagen: Du, du wirst nicht sterben! » 53 . 7 Naufragium [Schiffbruch] In Leopardis Versen über L’infinito [Das Unendliche] kann man für Unamunos Spurensuche eine weitere Bestätigung finden: Die Natur, ein einsamer Hügel, Dynamiken der Natur 239 <?page no="240"?> 54 Venantius Fortunatus: Pange, lingua, gloriosi, zitiert nach: Alex Stock (Hg.): Lateinische Hymnen. Berlin: Insel 2012, 147. 55 Cf. Roland Faber: «‹Gottesmeer› - Versuch über die Ununterschiedenheit Gottes», in: Thomas Dienberg / Michael Plattig (Hg.): Leben in Fülle. Skizzen zur christlichen Spiritualität. Münster: Aschendorff 2001, 66-68. eine Hecke werden Leopardi zum Ausgangspunkt, um «interminati | spazi di là da quella» (vv. 4sq. [«grenzenlose Räume jenseits von ihr [der Hecke]»]) wahrzunehmen und «sovrumani | silenzi» (vv. 5sq. [«übermenschlicher Stille»]) zu lauschen. Diese grenzenlosen Räume und die übermenschliche Stille lassen dem Dichter «die Ewigkeit in den Sinn kommen»: «mi sovvien l’eterno» (v. 11). In dieser Ewigkeit und Unermesslichkeit, in diesem Meer, «ist es ihm süß, Schiffbruch zu leiden»: «il naufragar m’è dolce in questo mare» (v.-15). Die Metapher vom Schiffbruch erinnert an den im 6. Jahrhundert von Venantius Fortunatus komponierten Karfreitagshymnus Pange, lingua [Besinge, Zunge], der in seiner letzten Strophe das Kreuz Christi als «nauta», als Steuer‐ mann, anspricht: Sola digna tu fuisti ferre pretium saeculi atque portum praeparare nauta mundo naufrago. 54 [Du allein warst würdig, den Lösepreis der Welt (Menschheit) zu tragen, und als Steuermann der schiffbrüchigen Welt einen Hafen zu bereiten / die schiffbrüchige Welt in den Hafen zu geleiten.] Auch das Meer ist eine traditionelle Metapher für Gottes Unendlichkeit. 55 Offenbar stellt sich Leopardi mit seinem Canto L’infinito in diese Tradition. Der Schiffbruch des endlichen Daseins geht auf im göttlichen Meer, die menschliche Natur kommt zu Gott. Bekanntlich ist das nicht Leopardis letztes Wort, aber es ist doch auch sein Wort. Unamuno jedenfalls ist davon überzeugt, erkannt zu haben, dass Leopardi in der Liebe eine Lebenskraft und Naturdynamik entdeckt, die - alles relativierend - von sich aus ins Unermessliche weist, auf das Meer ohne Grenzen, in dem die schiffbrüchige Endlichkeit ihre Unsterblichkeit findet. Das Ewige erscheint demnach nicht als Grenze oder als das bloße Andere der Zeit, schon gar nicht als Negation der Zeit, sondern als Realität, die im Endlichen - in einer Dynamik der menschlichen Natur - heranreift und darum die menschliche Existenz über den Tod hinausträgt und in sich vollendet. 240 Michael Schulz <?page no="241"?> 56 Cf. Gino Zaccaria: «Das Nichts denken (Leopardi)», in: Heidegger Studies 19 (2003), 159- 178. Mit Hinweisen auf Heideggers Verständnis des Nichts beabsichtigt Zaccaria, die von Leopardi zum Ausdruck gebrachte Nichtigkeit des Menschen vor einem banalen Ver‐ ständnis zu bewahren. Es geht nicht nur um die Wahrnehmung der eigenen Endlichkeit, sondern um ein Nichts, das den Horizont für die Wahrnehmung des Seienden bildet. Mit dem ‹späten› Heidegger deutet Zaccaria das Nichts als Ausdruck für die Andersartigkeit des Seins im Verhältnis und Unterschied zum Seienden - d.h. als Wahrnehmung einer positiven Unendlichkeit, die allerdings, zumindest bei Heidegger, nicht mit dem christli‐ chen Gott gleichgesetzt werden kann, aber, so frage ich, von Leopardi? -, vorausgesetzt freilich, dieser Gott wird nicht ‹sachlich-gegenständlich› als höchstes Seiendes, sondern als Abgrund unendlicher Freiheit verstanden, so wie von Unamuno. 57 Unamuno: Sentimiento, 127. 58 Winfried Wehle: «Iconomachia. Über Leopardis Modernität wider Willen (Imitazione)», in: Comelia Klettke / Sebastian Neumeister (Hg.): Giacomo Leopardi. Dichtung als inszenierte Selbsttäuschung in der Krise des Bewusstseins. Akten des Deutschen Leo‐ pardi-Tages 2015. Berlin: Frank & Timme 2017, 26-33. 8 Non piegato [Nicht gebeugt] Aber bevor man wagt, sich zu dieser Hoffnung aufzuschwingen, gilt es den Abgründen standzuhalten - gilt es alles in Frage zu stellen, auch das christliche Dogma. Der Mensch muss, wie Leopardi in La ginestra sagt, die unendliche Leere des Alls aushalten, in dem Erde und Mensch nichts sind: «l’uomo è nulla» (v. 173 [«der Mensch ist nichts»]) 56 . Unamuno feiert Leopardis Verse über den Menschen unter dem leeren Himmel sowie den Aufstand gegen diejenige Natur, die Leben verspricht, doch nur den Tod bereithält: «Al gener nostro il fato | non donò che il morire» (A se stesso, vv. 12sq. [«Unserem Geschlecht bescherte das Schicksal nichts als den Tod»]). Er zitiert zustimmend den Cantico del gallo silvestre, in dem Leopardi das Verlöschen und Vergessen allen Lebens, ja des Universums meditiert, um ein oberflächliches pseudowissenschaftliches Verständnis von Entropie lächerlich zu machen, das von den Abgründen der Endlichkeit nichts weiß. 57 Diese Kritik an einer falsch verstandenen Aufklärung verbindet Unamuno mit analogen Äußerungen Leopardis in Zibaldone. 58 Wie aber verhält man sich, wenn die Endlichkeit allen Seins nicht ober‐ flächlich, sondern mit jeder Faser des eigenen Lebens erfasst wird? Unamuno sympathisiert mit der Verachtung, die Leopardi in seinem Gedicht A se stesso der eigenen Sterblichkeit entgegenbringt, sowie der Natur und der Gewalt, die verborgen herrscht zum Schaden aller: Omai disprezza Te, la natura, il brutto Poter che, ascoso, a comun danno impera […]. (A se stesso, vv.-13-15) Dynamiken der Natur 241 <?page no="242"?> [Nun verachte | dich [selbst], die Natur, die hässliche | Gewalt, die im Verborgenen zum allgemeinen Schaden regiert […].] Das ist auch die Weisung des Ginsters in der lebensfeindlichen Ödnis am Hang des Vesuvs. Bis der Vulkan wieder zuschlägt und ihn vernichtet, soll er «nicht gebeugt und vergebens, feige vor dem zukünftigen Unterdrücker flehen»: non piegato insino allora indarno codardamente supplicando innanzi al futuro oppressor […]. (La ginestra, vv.-307-309) Aber genauso wenig soll er in «wahnhaft-wildem Stolz» («forsennato or‐ goglio», La ginestra, v.-310) nach den Sternen greifen. Diese Lebensklugheit weist Unamuno nicht zurück. Unamuno beabsichtigt nicht, mit Hilfe des Postulats der Unsterblichkeit die Grenzen des Endlichen zu überspringen und nach den Sternen zu greifen. Aber er traut den Dynamiken der menschlichen Natur, die einen Anfang des Ewigen im Zeitlichen in den Sinn kommen lassen und auf die Unsterblichkeit verweisen. Doch mit dieser Dynamik verhält es sich wie mit dem Wunsch nach bindungsloser Liebe: Man kann auf sie hoffen, man kann in ihr allein das erkennen, was über den Tod hinausträgt; aber weder die Einsicht in das Wesen der Liebe noch die Sehnsucht nach ihr garantieren, dass sie Wirklichkeit wird. Sie ist dem Menschen nur als freies Ereignis notwendig. So bezieht sich auch die Natur des Menschen auf eine immer freie Gnade (Übernatur) jenseits jeder Notwendigkeit. Während bei Leopardi das Endliche im Horizont des Nichts steht, ja der Mensch nichts ist, richtet sich Unamuno zufolge der Mensch auf das Nicht-Machbare, Nicht-Verfügbare aus - auf den Abgrund unbedingter Freiheit. Meiner Auffas‐ sung nach fügt Unamuno Leopardis Poesie des Endlichen im Horizont des Nichts in den Rahmen seines Postulats der Unsterblichkeit im Horizont des Unverfügbaren ein. Das scheint legitim, weil sich nicht theoretisch ausschließen lässt, dass sich das Unverfügbare doch nur als leeres Nichts und Wahn entpuppt, auch wenn lebenspraktisch gesehen die Dynamiken der menschlichen Natur dagegensprechen. 9 Canto notturno Wie sehr Unamuno Leopardis Weltsicht in die seine zu integrieren vermag, zeigt sein Gedicht über den Stern Aldebarán, das er 1908 verfasst, also in einer Zeit, in der er sein Werk über das tragische Lebensgefühl und die Unsterblichkeit 242 Michael Schulz <?page no="243"?> 59 Unamuno: OC VIII. Poesia I, 882-886. 60 Diego Catalán Menéndez-Pidal: «‹Aldebarán›, de Unamuno: de la noche serena a la noche oscura», in: Cuadernos de la Cátedra Miguel de Unamuno 4 (1953), 46-49. 61 Miguel de Unamuno: Guerra, vida y pensamiento, paz, muerte é idea. Madrid: Fondo Miguel de Unamuno 1920, ein Blatt: https: / / gredos.usal.es/ bitstream/ handle/ 10366/ 81140/ CMU_6261.pdf? sequence=1&; isAl‐ lowed=y [31.7.2023]. 62 Unamuno: Guerra, vida y pensamiento. konzipiert. Man geht davon aus, dass Aldebarán  59 von Leopardis Canto notturno di un pastore errante dell’Asia [Nachtgesang eines Hirten, der in Asien umherirrt] beeinflusst ist und darauf antwortet. 60 In einem Interview, das Unamuno 1920 gibt, wird deutlich, dass Unamuno den Canto notturno zu übersetzen gedachte. In diesem Interview zitiert er folgende Zeilen in spanischer Übersetzung: «Nace el hombre al cansancio - y es peligro de muerte el nacimiento» 61 . «Geboren wird der Mensch zur Mühsal (Erschöpfung, Fatigue)», «a fatica» (v. 39 [zur Ermüdung]), schreibt Leopardi. Pein und Qual erfährt er als erstes: «padre y madre se ponen a consolarle del haber nacido» 62 . «Vater und Mutter müssen sofort auf den Plan treten, um den Neugeborenen über seinen Eintritt ins Dasein hinwegzutrösten». Die Vergeblichkeit des Lebens wird mit diesen Zeilen vorgezeichnet. «A me la vita è male» (v. 104 [«Für mich ist das Leben schlecht/ übel»]), lautet Leopardis Resümee, das Unamuno nicht mehr zitiert. Bleiben wir zunächst weiter bei Leopardi. In seinem Canto notturno klingt es zuerst so, als ob der Dichter diese negative Lebensbilanz nur auf sich bezieht. Aber was er über das menschliche Leben sagt, beansprucht, eine allgemeine Wahrheit zu enthüllen. Er kontrastiert sein Leben mit dem eines Hirten. Dieser lebt sein Hirtendasein in Unmittelbarkeit, ohne Grübeleien und große Sorgen. Die Natur ist gut zu ihm, er passt gut in die Natur hinein. Der Mond ist Gleichnis des Hirten. Sein von kosmischen Kräften fixierter Lauf entspricht dem Leben des Hirten, das in festen Bahnen und Rhythmen verläuft. Anders das dichterische Ich, das gepeinigt ist von innerer Unruhe, die nicht schlafen lässt. Was das dichterische Ich beunruhigt ist das wahre Geschick des Menschen, das dem Hirten noch verborgen bleibt. Wenn der Mond mit seinem kosmischen Gleichmaß so gut zum Leben des Hirten passt, stellt sich die Frage, ob Luna genauso dem Dichter die verständnisvolle, allwissende Gesprächspartnerin sein kann. Er hegt Zweifel, denn Luna ist doch nicht sterblich und vielleicht erwärmt (calere) sie deshalb wenig, wie der Dichter mutmaßt: Ma tu mortal non sei, e forse del mio dir poco ti cale. (Canto notturno, vv.-59sq.) Dynamiken der Natur 243 <?page no="244"?> 63 Unamuno: OC VIII. Poesia I, 884. 64 Unamuno: OC VIII. Poesia I, 883. 65 Unamuno: OC VIII. Poesia I, 885. [Aber du bist nicht sterblich, | und vielleicht erwärmt/ kümmert dich meine Rede wenig.] Mit seinen Klagen bleibt der Dichter offenbar allein. Passend dazu endet der Canto mit einem weiteren «forse»: Vielleicht ist es gleich, ob man in der Höhle oder in der Wiege geboren wird, in jedem Fall «unheilvoll» und verloren, «fu‐ nesto» (v. 143), ist der Tag der Geburt. Verloren und trostlos von Geburt an ist also das Leben des Menschen. 10 Aldebarán Kommen wir zurück zu Unamunos Gedicht Aldebarán. Der Baske richtet seine Gedanken und Worte nicht an den Mond, der uns Menschen an sich nähersteht als jeder Stern, sondern an den rötlich schimmernden Aldebaran, der, anders als der Mond, (aus 67 Lichtjahren Entfernung) einen größeren Überblick über den Kosmos haben müsste. Er sollte deshalb besser wissen, wie es um den ganzen Kosmos mit dem Menschen darin bestellt ist. Er steht im Sternbild Stier und folgt den Plejaden, was sein arabischer Name andeutet: der Folgende. «¡Tú sigues a las Pléyades! », «Du folgst den Plejaden! », formuliert Unamuno. 63 Damit ist ein erstes Thema angedeutet: Das dichtende Ich will von dem Folgenden wissen, ob die Sterne einsame Einzelgänger sind oder einander folgen und ihrerseits in einem sozialen Netzwerk leben - wie die Menschen. Er scheut selbst vor indiskreten Fragen nicht zurück: Ob der Folgende, ob Aldebaran «eine Sehnsucht nach dem Sirius verspüre, ihn auf die Stirn zu küssen? » («¿No anhelas, dí, juntarte tú con Sirio y besarle en la frente? » 64 ). Küssende Sterne, der Kosmos als cadena social - das wäre wohl eine fantastische Heimat für den Menschen und seine sozialen Netzwerke. Die Natur wäre in jedem Fall Mutter, ja ein umfassendes Familienunternehmen liebender Zuwendung. Dennoch lösen sich nicht alle Fragen mit diesem ersten Blick in die Sterne. Vielmehr gibt das stellare Netzwerk Rätsel auf. Es gleicht Hieroglyphen, die Gottes Hand in den Himmel zeichnet und «en que el enigma universal se encierra» 65 , «in denen das Geheimnis von allem eingeschlossen ist». Wer kann es entschlüsseln? Weder dem ersten Menschen noch den Höhlenmenschen, ebenso wenig dem homo sapiens, gelang es, konstatiert Unamuno. Oder hast du, 244 Michael Schulz <?page no="245"?> 66 Unamuno: OC VIII. Poesia I, 884. 67 Unamuno: OC VIII. Poesia I, 886. 68 Unamuno: OC VIII. Poesia I, 886. 69 Unamuno: OC VIII. Poesia I, 886. Aldebaran, Angst, vorlaut etwas auszuplaudern vor dem «tenebroso Dios» 66 ? , vor dem «dunklen Gott», fragt der Dichter. Die Sterne scheinen also nicht heller als Leopardis Mond, geben nicht mehr zu erkennen. Selbst wenn Unamuno in wahnhaftem Stolz nach den Sternen greifen wollte, was Leopardis Ginster untersagt - selbst dieser Versuch müsste scheitern. Die Sterne geben keine Antwort - weil sie endlich sind? In der Tat bedenkt der Dichter den Tag, an dem Aldebaran stirbt. Landet er am Ende auch, wie andere Sterne und Sternensysteme, auf dem «muladar de mundos» 67 , auf der «Müllkippe der Welten»? Unamuno formuliert in großer Nähe zum entropischen Cantico del gallo silvestre. Aber weil Aldebaran sterblich ist, verlangt Unamuno vom Stern Solidarität mit ihm, dem sterblichen Menschen. Aldebaran soll über das Grab Unamunos sein «blutrotes Licht», seine «luz de sangre» 68 vergießen. Zu dieser Empathie ist die «candida luna» (v. 138 [«der unschuldige/ reine Mond»]) Leopardis nicht bereit. Aber was ändern die roten Licht-Tränen des Sterns am Schicksal des Menschen? Rätselhaft spricht der Baske von einem Tag, an dem er, bzw. sein dichtendes Pendant, aus dem Grab auf die Erde zurückkehrt, was Leopardi wohl niemals annehmen könnte. Aber selbst dieser merkwürdige irdische Auferstehungstag schenkt keine Antwort. Zwar wäre ein erneutes Zusammentreffen mit Alde‐ baran möglich. Aber es bleibt auch in diesem Fall dabei: Aldebaran verschweigt das Wort des ewigen Geheimnisses. Eine Antwort auf die Frage des Menschen nach sich selbst wird nicht erteilt. Der folgende Satz verdichtet das Geheimnis nochmals: «¡Si la Verdad Su‐ prema nos ciñese volveríamos todos a la nada! » 69 [«Selbst wenn die höchste Wahrheit uns umgeben, umgürten würde, dann würden wir alle ins Nichts zurückkehren»]. Was meint Unamuno damit? Mit der höchsten Wahrheit kann nur Gott gemeint sein, nicht Aldebaran. Mit dieser Wahrheit, so sagt es der Epheserbrief (6: 14), soll sich der Christ umgürten. Dadurch versinkt er nicht ins Nichts, sondern ist gewappnet, sein Leben als Christ in dieser Welt zu bestehen. Will Unamuno dieser neutestamentlichen Aussage widersprechen? Denkt er an die alttestamentliche Überzeugung, nach der ein Mensch stirbt, wenn er Gott, die höchste Wahrheit, sieht (Exodus 33: 20)? Oder ist gemeint, dass die höchste Wahrheit lediglich die Nichtigkeit des Menschen enthüllt - dann nämlich, wenn sie nur den Menschen umgibt, sich aber nicht als Dynamiken der Natur 245 <?page no="246"?> 70 Unamuno: Guerra, vida y pensamiento. 71 Unamuno: Guerra, vida y pensamiento. heilvolle Offenbarung zuwendet? An sich glaubt Unamuno an die heilvolle Zuwendung der höchsten Wahrheit in Christus, der sich nach den Worten des Johannesevangeliums als die Unverborgenheit / Wahrheit Gottes offenbart ( Johannes 14: 6). Aber offensichtlich ist für Unamuno damit das Geheimnis des Menschen nicht im banalen Sinn eines Rätsels gelöst, sondern vielmehr erst in seiner ganzen Abgründigkeit und Unermesslichkeit offenbar geworden. Der letzte Satz des Gedichts gibt nämlich zu erkennen, dass die Stille bzw. das Schweigen des Aldebaran keine falsche Verschwiegenheit oder Geheimniskrä‐ merei bedeutet, sondern gerade Unterpfand der Ewigkeit ist: «¡De eternidad es tu silencio prenda, Aldebarán! » [«Dein Schweigen ist Unterpfand der Ewigkeit, Aldebaran! »] Auf die Unermesslichkeit der Ewigkeit ist der Mensch bezogen, nicht auf ein Rätsel, das in den Sternen steht und mit geübter Vernunft zu lösen ist. Ein derartiges Rätsel wäre eine endliche Größe. Aldebaran schweigt deshalb, er könnte nur eine endliche Wahrheit anbieten. Positiv gewendet, verheißt sein Schweigen ein Mehr, nämlich nicht weniger als die Ewigkeit selbst. Und Leopardi? Unamuno liest Leopardi als denjenigen, der die endliche schmerzende Wirklichkeit der menschlichen Natur nicht überspringt. Er bringt ihre abgründigen Dynamiken dichtend ins Wort, schreit sie mit ihren Ab‐ gründen und Qualen aus sich heraus und Mond und Himmel entgegen - was Unamuno zufolge gerade auf eine Antwort hoffen lässt, ohne dass dieser Schrei oder diese Hoffnung eine Antwort erzwingen könnten; andernfalls wäre sie nicht unbedingt, sondern bedingt und endlich. 11 «Se consoló cantando su desconsuelo» In dem erwähnten Interview, in dem Unamuno von seiner Übersetzung des Canto notturno Leopardis berichtet, sagt er über den italienischen Dichter: «llenó de ineffables esperanzas su alma cantando su desesperación» 70 [«Er erfüllte seine Seele mit unaussprechlichen Hoffnungen von seiner Ver‐ zweiflung singend»]. Der Interviewer versteht diese Aussage nicht. Statt pessi‐ mistischer Perspektiven erwartet er aufbauende Worte. Unamuno erwidert ihm: Nada reconforta, vigoriza ni anima más que eso que llamáis neciamente pesimismo. La lucha por la derrota inmerecida es la que exalta. Vae victoribus! Ay, de los vencedores! Y ay de ellos, porque se engañan. 71 246 Michael Schulz <?page no="247"?> 72 Unamuno: Guerra, vida y pensamiento. [Nichts tröstet, stärkt oder ermutigt mehr als das, was Sie törichterweise Pessimismus nennen. Der Kampf um die unverdiente Niederlage ist das, was uns erhebt. Vae victoribus! Wehe den Siegern! Und wehe ihnen, denn sie täuschen sich.] Der Denkweg Leopardis ist also ein Ausweg aus der Selbsttäuschung, aus dem Traum von falschen, vermeintlichen Siegen durch schnelle Antworten auf die Misere des Menschen. Das Vae Victis [Wehe den Besiegten] der Sieger kehrt sich in ein «Vae victoribus! » [«Wehe den Siegern! »], Leopardi gehört nicht zu diesen falschen Siegern der Illusionen. «Er erfüllte seine Seele mit unaussprechlichen Hoffnungen von seiner Ver‐ zweiflung singend.» Das ist sicherlich die stärkste Aussage Unamunos über Leopardi. Sie stellt einen entscheidenden Aspekt des Vollzugs von Leopardis Dichtung heraus, der auf der bloßen Textebene nicht ins Auge springen mag. Solange jemand seine Verzweiflung in Worte fasst, im Gedicht aus sich heraus‐ singt und nicht in sich hineinschweigt, hofft er noch auf eine Antwort. In der Performanz des Canto liegt die Antwort: Wer singt, dichtet, schreibt - der atmet, lebt, hofft inmitten der Verzweiflung. Um diese Hoffnung nicht zu gefährden, nimmt Unamuno nichts von den dunklen Aussagen Leopardis zurück, was sein Gedicht Aldebarán - was so‐ zusagen Unamunos Canto notturno von einem Dios tenebroso und einem ver‐ schwiegenen Stern besonders deutlich macht. Aber die Hoffnung, die aus dem Schrei der Verzweiflung in den Himmel erwächst, ist da. Diese Hoffnung hört er aus dem Akt der Dichtung Leopardis heraus. Diese Hoffnung ist Trost. «Se consoló cantando su desconsuelo» 72 [«Er tröstete sich seine Trostlosigkeit besingend»]. 12 Unamuno liest Leopardi Die Natur erscheint uns als janusköpfig, als Mutter und Stiefmutter, Quelle und Ende des Lebens. Dualistische Metaphysiken bauen auf dieser Erfahrung auf. Unamuno entwickelt einen anthropologischen Dualismus zwischen Vernunft und Glaube: Die Vernunft findet keinen Sinn in der widersprüchlichen Natur, erfasst im Menschen nur ein endliches, todgeweihtes Wesen. Der Glaube geht darüber hinaus. In Gott und Gottes Ewigkeit sollen die Widersprüche ihre Auflösung finden, soll die Sehnsucht des Menschen nach Harmonie, Sinn, Liebe und Leben gestillt werden. Doch die Berechtigung zu dieser Hoffnung hat nur derjenige, der mit Leopardi die Endlichkeit und Vergeblichkeit des Lebens ohne jede Illusion in sich einlässt und durchleidet - der erkennt, dass weder Natur Dynamiken der Natur 247 <?page no="248"?> noch Mensch eine Antwort auf die Frage geben, die der Mensch sich selber ist. Mond und Sterne schweigen. Aber bereits der Versuch, dieses Leiden an der Endlichkeit und Vergeblichkeit des Daseins ins dichtende Wort zu heben, ist für Unamuno ein mächtiges Lebens- und Hoffnungszeichen - ist eine Art Gebet, ein Gebetsschrei, ist Protest und Klage. Freilich erzwingen Gebetsschrei, Klage und Protest keine Antwort. Aber der Sinn der Klage hängt davon ab, dass sie zumindest gehört werden könnte. Ein Schrei ertönt, damit ihn jemand hört. Wem bekennt man: Der Mensch ist nichts? Der Akt der Rede und Dichtung präsupponiert den kommunikativen Sinn von Rede und Dichtung. Das ist für Unamuno entscheidend: Jemand soll die Dichtung lesen, weil sie etwas zu sagen hat; jemand soll der zukünftige Geist sein, in dem die Worte des Dichters ihr Echo finden und weiterleben. Dichtend setzt Leopardi zumindest ein Weiterleben seiner Gedanken im Denken anderer voraus. Er setzt damit voraus, dass vielleicht zukünftige Leser eine Antwort auf seine Fragen finden. Aber mit den Antworten leben auch immer seine Fragen weiter. Unamuno möchte Leopardi diese Art des Weiterlebens garantieren. Der Baske ist zugleich davon überzeugt, eine Antwort auf die Fragen Leopardis gefunden zu haben, die dessen Fragen nicht neutralisiert. Er kennt die Antwort auf folgende Frage Leopardis: O natura, o natura, perché non rendi poi quel che prometti allor? (A Silvia, vv.-36-38) [O Natur, o Natur, | warum hältst du später nicht ein, | was du versprochen hast? ] Die Antwort lautet: Sie kann es nicht. Ihre Aufgabe ist es, nur Versprechen zu sein, das sie in ihrer Widersprüchlichkeit als Mutter und Stiefmutter nicht zu erfüllen vermag, weshalb sie auch als Ursprung von Täuschungen wahrge‐ nommen werden kann («perché di tanto | inganni i figli tuoi? », A Silvia, vv. 38sq. [«warum täuschst du deine Kinder so sehr? »]). Mit ihren Dynamiken aber, die sich im Dichten eines Leopardi manifestieren oder in den Unendlichkeiten des Kosmos ansichtig werden, verweist die Natur über sich hinaus auf ein unermessliches Mehr: auf die Möglichkeit einer frei gewährten Antwort auf die Frage des Menschen nach sich selbst. Literatur [Buddha: ] Die Reden des Buddha. Lehre, Verse, Erzählungen. Übers. und eingel. v. Hermann Oldenberg. Mit e. Einführung hg. von Heinz Bechert. Freiburg / Basel / Wien: Herder 2000. 248 Michael Schulz <?page no="249"?> Leopardi, Giacomo: Gesänge / Dialoge und andere Lehrstücke / Zibaldone. Aus dem Italie‐ nischen von Hanno Helbling (Gesänge, Zibaldone) / Alice Vollenweider (Dialoge und andere Lehrstücke). Zweisprachige Wiedergabe der Gesänge. Auswahl der Texte aus dem Zibaldone von Karlheinz Stierle. Düsseldorf / Zürich: Artemis & Winkler 1998. Marcel, Gabriel: Der Tote von morgen. Schauspiel von Gabriel Marcel aus dem Jahr 1919. Aus dem Franz. übertr. und mit e. Nachwort versehen von Matthias Reck. St. Ottilien: Eos 2001 [Originaltitel: Le mort de demain]. Pascal, Blaise: Pensées. Texte de l’éd. Brunschvicg. Éd. précédée de la vie de Pascal par M me Périer, sa sœur. Introduction et notes par Ch.-M. des Granges. Paris: Garnier Frères 1964. Stock, Alex (Hg.): Lateinische Hymnen. Berlin: Insel 2012. Thomas von Aquin: Summa Theologiae. Roma: Editiones Paulinae 1962. Unamuno, Miguel de: Del sentimiento trágico de la vida en los hombres y en los pueblos. Madrid: Alianza Editorial 1995 [deutsche Übersetzung: Das tragische Lebensgefühl. Übers. von Robert Friese, Einl. von Ernst Robert Curtius. München: Meyer & Jessen 1925]. —: Guerra, vida y pensamiento, paz, muerte é idea. Madrid: Fondo Miguel de Unamuno 1920, ein Blatt: https: / / gredos.usal.es/ bitstream/ handle/ 10366/ 81140/ CMU_6261.pdf ? sequence=1&isAllowed=y [31.7.2023]. —: Niebla. Edición Juan Herrero Senés. Doral (Florida): Stockcero 2010. —: Obras Completas. Tomo-V. Cancionero. Poesías sueltas. Traducciones. Ed. Ricardo Senabre. Madrid: Fundación José Antonio de Castro 2002. —: Obras Completas. Tomo VIII. Poesia. I. Ed. Manuel García Blanco. Barcelona: Vergara 1958. —: «Sobre la filosofía español», in: id.: Obras Completas Tomo-III. Ensayo. I. Ed. Manuel García Blanco. Barcelona: Vergara 1958, 737-752. —: «Vida de Don Quijote y Sancho», in: id.: Obras Completas. Tomo-X. Ed. Ricardo Senabre. Madrid: Fundación José Antonio de Castro 2009, 1-272. Werfel, Franz: Der veruntreute Himmel. Die Geschichte einer Magd. Amsterdam: Ber‐ mann-Fischer 1948. Alcorn, John / Del Puppo, Dario: «Giacomo Leopardi’s ‹La ginestra› as Social Art», in: The Modern Language Review 89.4 (1994), 865-888. Baker, Armand F.: «Unamuno and the Religion of Uncertainty», in: Hispanic Review 58 (1990), 37-56. Barsotti, Divo: La religione di Giacomo Leopardi. Brescia: Morcellina 1975. Faber, Roland: «‹Gottesmeer› - Versuch über die Ununterschiedenheit Gottes», in: Thomas Dienberg / Michael Plattig (Hg.): Leben in Fülle. Skizzen zur christlichen Spiritualität. Münster: Aschendorff 2001, 64-95. Dynamiken der Natur 249 <?page no="250"?> Ferrer, Guillermo / Schmich, Niklas / Pérez-Gatica, Sergio (Hg.): Phänomenologie in Spa‐ nien und Hispanoamerika. Ein Lesebuch. Aus dem Spanischen übers. von Niklas Schmich / Guillermo Ferrer. Baden-Baden: Alber 2022. González Martín, Vicente: «Miguel de Unamuno y Giacomo Leopardi», in: Cuadernos de la Catedra Miguel de Unamuno 24 (1976), 27-52. Granjel, Luis S.: Miguel de Unamuno. Ein Lebensbild. Übers. von Curt Meyer-Clason. Stuttgart: Klett 1962 [Originaltitel: Retrato de Unamuno. Madrid 1957]. Haug-Schnabel, Gabriele / Bensel, Joachim: Grundlagen der Entwicklungspsychologie. Die ersten 10 Lebensjahre. Freiburg / Basel / Wien: Herder 2017. Menéndez-Pidal, Diego Catalán: «‹Aldebarán›, de Unamuno: de la noche serena a la noche oscura», in: Cuadernos de la Cátedra Miguel de Unamuno 4 (1953), 43-70. Muñiz Muñiz, María de la Nieves: «Il leopardismo di Unamuno e la prima ricezione dello Zibaldone in Spagna», in: ‹Lo Zibaldone› di Leopardi como ipertesto. Atti del Convegno internazionale (Barcellona, Universitat de Barcelona, 26-27 ottobre 2012). A cura di María de la Nieves Muñiz Muñiz. Firenze: Olschki 2013, 387-412. Ugarte, Francisco: «Unamuno y el Quijotismo», in: The Modern Language Journal 35 (1951), 18-23. Wehle, Winfried: «Iconomachia. Über Leopardis Modernität wider Willen (Imitazione)», in: Comelia Klettke / Sebastian Neumeister (Hg.): Giacomo Leopardi. Dichtung als inszenierte Selbsttäuschung in der Krise des Bewusstseins. Akten des Deutschen Leo‐ pardi-Tages 2015. Berlin: Frank & Timme 2017, 25-57. Zaccaria, Gino: «Das Nichts denken (Leopardi)», in: Heidegger Studies 19 (2003), 159-178. 250 Michael Schulz <?page no="251"?> III d ie N atur des m eNscheN iN der N atur W iderstreit uNd a mbivaleNz <?page no="253"?> Das Kind und die Natur Il Fanciullo e la Natura Novella Bellucci Nel pensiero leopardiano, ‹Fanciullezza› e ‹Natura› sono concetti intrin‐ secamente uniti. Intorno alle declinazioni molteplici di Fanciullo/ Fanciullezza si concentrano una serie di lemmi connessi a caratteristiche della Natura; tra gli altri, il lemma ‹Antico› (come la fanciullezza è l’età prima di ogni uomo e la più naturale, così l’Antico è l’era primitiva della storia umana, la più vicina alla Natura) e il lemma ‹Immaginazione›, il quale si fa portatore di un concetto fondamentale che Leopardi eredita dalla riflessione estetica settecentesca, rimodulandolo originalmente quale car‐ dine della sua visione estetica, filosofica, antropologica. Partendo dai nessi che uniscono i lemmi Fanciullo/ Natura, il saggio offre una ricognizione di alcune tra le opere leopardiane più emblematiche in questa ottica (il Discorso di un italiano intorno alla poesia romantica, la Storia del genere umano, l’Elogio degli uccelli) mettendo in luce alcuni passaggi significativi del pensiero (e della poesia) di Giacomo Leopardi, che tengono anche conto delle ‹mutazioni› cui sono irreversibilmente soggette le categorie espresse dai lemmi sopra indicati e che coinvolgono in profondità alcuni aspetti centrali della sua polimorfa concezione della Natura. Im Leopardischen Denken sind die Konzepte der ‹Kindheit› und der ‹Natur› aufs engste miteinander verflochten. Um die vielfältigen Vari‐ anten von Kind/ Kindheit gruppiert sich eine Reihe von Begriffen, die mit Eigenschaften der Natur verbunden sind; dazu gehören unter anderem der Begriff des ‹Antiken› (so, wie die Kindheit das erste - und das natürlichste - Lebensalter eines jeden Menschen ist, ist die Antike das ursprüngliche Zeitalter der Menschheitsgeschichte, der Natur am nächsten) und der Begriff ‹Imagination›, der zu einem grundlegenden Konzept wird, das <?page no="254"?> 1 [ Johann Wolfgang von Geothe: ] Gli anni del noviziato di Alfredo Meister, del sig. Goethe, autore di Werther. Traduzione dal tedesco [attribuita a Giovanni Berchet]. Milano: tipografia di G.G. Destefanis 1809. Leopardi aus der ästhetischen Reflexion des 18. Jahrhunderts übernimmt und als Kernstück seiner ästhetischen, philosophischen und anthropologi‐ schen Vorstellung auf originelle Weise neu gestaltet. Ausgehend von den Verbindungen zwischen den Begriffen Kindheit/ Natur bietet der Beitrag eine Betrachtung einiger der emblematischsten Werke Leopardis aus dieser Perspektive (Discorso di un italiano intorno alla poesia romantica, Storia del genere umano, Elogio degli uccelli), wobei einige bedeutende Momente des Denkens (und der Dichtung) von Giacomo Leopardi hervorgehoben werden, die auch die ‹Mutationen› berücksichtigen, denen die durch die erwähnten Begriffe benannten Kategorien unwiderruflich unterworfen sind und die wesentlich mit einigen zentralen Aspekten seiner vielgestal‐ tigen Naturkonzeption zusammenhängen. Parole chiave: Fanciullo, Natura, Antico, Poesia, Immaginazione, Ricor‐ danza Schlagwörter: Kind, Natur, Antik, Dichtung, Imagination, Erinnerung Dove si puo’ ritrovare l’incanto dell’infanzia? (Elémire Zolla) Alla fine del diciottesimo secolo (durante il quale l’infanzia ha trovato uno spazio d’interesse progressivamente crescente nella cultura e nelle rappresentazioni ar‐ tistiche, come attestano i tanti studi storici, antropologici, medici, filosofici), una creatura bambina irrompe con impeto nell’immaginario europeo, inaugurando la presenza di fanciulli nelle rappresentazioni letterarie, presenza destinata a divenire sempre più folta. È la Mignon di Goethe che, nella complessità degli elementi che la compongono (a interrogare la quale esiste una sterminata bibliografia), si fa simbolo di una naturalità originaria, di una infanzia archeti‐ pica, non priva di elementi perturbanti: il suo carattere androgino rimanda all’indifferenziato dell’origine; è incarnazione della poesia pura, in quanto la creatura conosce solo il silenzio e la potenza emotiva della musica. Non sappiamo se Leopardi avesse conosciuto il libro di Mignon, il primo Wilhelm Meister, comparso in una traduzione italiana attribuita a Berchet nel 1809 1 . Stabilirlo non è poi così importante ai fini della mia lettura; nell’immagi‐ 254 Novella Bellucci <?page no="255"?> 2 La fanciullezza viene collegata alla ignoranza delle cose e dunque all’innocenza. Solo qualche esempio, tra i numerosi (le citazioni sono dall’edizione presente nella Biblioteca di casa Leopardi, che riporta la traduzione a opera di Michiel Salom, pubblicata nel 1788 a Venezia e ristampata nel 1796 con il titolo Verter. Lettere tradotte dal tedesco); dalla lettera VII: «Ti confesso peraltro […] che i più felici son quelli i quali a guisa di fanciulli vivono alla giornata»; si veda, inoltre, l’intera lettera IX, dedicata al racconto dell’incontro con due fanciulli; e ancora: «Si, Guglielmo, su questa terra, i fanciulli sono gli esseri che mi toccano il cuore più da vicino. Quand’osservo nelle più piccole cose loro, il germe di tutte le virtù, e scopro tutte le qualità che diverranno ad essi un giorno d’un uso necessario; […] e che tutto è così intatto, così incorrotto». 3 Giacomo Leopardi: Zibaldone di pensieri. Ed. critica e annotata a cura di Giuseppe Pacella. 3 vol. Milano: Garzanti 1991. Le citazioni dallo Zibaldone sono sempre indicate nel testo con Zib. seguito dal numero della pagina dell’autografo. nario leopardiano, Goethe occupa complessivamente una centralità indiscussa e, per l’argomento in questione, più che i personaggi fanciulli del Werther, opera capitale tra le letture di Giacomo 2 , contano le suggestioni della «verissima osservazione di Verter sul finire della lettera 50», relative alla comparazione tra «le immaginazioni dei fanciulli» e la «poesia degli antichi» (Zib. 57 3 ). Il fanciullo rappresentato da Leopardi, una delle più significative figure, in senso auerbachiano, del suo pensiero, ha caratteri molto differenti dalla acrobata bambina di Goethe. Eppure, se una creatura letteraria si può accompagnare al fanciullo leopardiano, mi piace pensare che essa possa essere proprio la Mignon del poeta tedesco. E questo per la forza del valore simbolico che entrambe le figure veicolano, per il loro farsi emblemi di una transizione epocale, indipendentemente da quei rapporti diretti, intertestuali, che si collocano sotto l’etichetta di fonti. Mignon e il fanciullo di Leopardi sono tessere del complesso coacervo di elementi culturali denominato Romanticismo; entrambi richiamano, pure se in forme diversissime e con percorsi dissimili, l’aspirazione a uno stato primigenio, a un’età non contaminata dalla conoscenza e dalla civiltà. Questo rimando goethiano non vuole essere un omaggio di circostanza alla terra che ospita il nostro simposio, alla sua lingua, alla sua letteratura. È basato su qualcosa che è assai più di una suggestione e riguarda la percezione di incontri virtuali fra opere letterarie appartenenti a una medesima atmosfera storico-culturale che non necessariamente sono entrate in contatto diretto, per le quali non è necessario riconoscere filiazioni o interconnessioni. Del resto, sul tema del rapporto leopardiano fanciullo/ natura, nessi più evidenti potrebbero essere individuati con altri autori, a partire da Rousseau. Non è qui il caso di affrontare la questione delle corrispondenze fra il pensiero dei due autori; molti studiosi lo hanno fatto, ma forse si può ancora ripetere quanto una di loro, tra le più autorevoli, Maria de Las Nieves Muñiz Muñiz, scriveva una decina d’anni fa all’inizio di un suo saggio sul tema: Il Fanciullo e la Natura 255 <?page no="256"?> 4 Maria de Las Nieves Muñiz Muñiz: «Il Rousseau di Leopardi: tracce di lettura», in: Giacomo dei libri. La biblioteca Leopardi come spazio delle idee. A cura di Fabiana Cacciapuoti. Milano: Electa 2012, 127-149. 5 Rimando, fra i tanti contributi, a Raffaele Ruggiero: «Le ragioni favoleggiate da fan‐ tasia», in: Italies 24 (2020), 77-90. 6 Giambattista Vico: Principi di Scienza nuova d’intorno alla comune natura delle nazioni (1744), in: id.: Opere. A cura di Andrea Battistini. Vol. I. Milano: Mondadori 1990, 515 (Degnità LII). 7 Vico: Principi di Scienza nuova, 513sq. (Degnità XLIX). 8 Aggiungo quest’ultima poiché ha una indubbia pertinenza con la riflessione leopardiana relativa al «mondo fanciullo»: «Ne’ fanciulli è vigorosissima la memoria; quindi vivida all’eccesso la fantasia, ch’altro non è che memoria o dilatata o composta. Questa Degnità è il principio dell’evidenza dell’immagini poetiche che dovette formare il primo mondo fanciullo», Vico: Principi di Scienza nuova, 514 (Degnità L). 9 Rimando soprattutto ai contributi di Martina Piperno, in particolare: «La poesia inat‐ tuale. Materiali per Leopardi e Vico», in: Il velo scolpito. Dialoghi tra filosofia e letteratura. A cura di Danilo Manca. Pisa: ETS 2013, 41-53. Per una pressoché completa bibliografia su Vico-Leopardi, cf. Roberto Lauro: «Sulle lingue: premesse per un confronto tra Vico Fra il pensiero di Leopardi e quello di Rousseau sono state avvertite delle coincidenze molto presto: eppure si è ancora lontani dall’aver raggiunto un consenso sulla loro portata nonché sul carattere delle citazioni che il poeta-pensatore riservò al filosofo 4 . Sicuramente, il grande tema leopardiano dell’antitesi Natura-civiltà è uno dei più vicini alle teorie rousseauviane, pure con sostanziali differenze, destinate ad approfondirsi progressivamente nel pensiero del recanatese con lo scorrere degli anni. D’altra parte, mentre non possono riscontrarsi consonanze esplicite con l’Émile, echi rousseauviani sono evidenti nel Discorso di un italiano intorno alla poesia romantica, dove prende forma la più coinvolgente rappresentazione del fanciullo leopardiano. Molteplici, nell’opera del nostro poeta, i riferimenti ai fanciulli e alla fanciullezza, ma è nel Discorso che il fanciullo si fa figura del pensiero o, più precisamente, si fa figura della natura quale forza vitale primigenia. Più di Rousseau, il fanciullo del Discorso potrebbe evocare alcune idee vichiane, ispirate allo stesso tema. Nella Scienza Nuova si rintracciano numerose riflessioni che collegano fanciulli / primi uomini / caratteri poetici, in relazione al ruolo fondante svolto dalla fantasia nel processo di conoscenza. 5 «I fanciulli vagliono potentemente nell’imitare […]. Questa degnità dimostra che il fanciullo fu di nazioni poetiche, non essendo altro la poesia che imitazione» 6 ; «I primi uomini, come fanciulli del gener umano, non essendo capaci di formare i generi intelligibili delle cose, ebbero naturale necessità di fingersi i caratteri poetici, che sono generi o universali fantastici» 7 . Non mi dilungo in altre citazioni 8 ; negli ultimi anni gli studi su Vico e Leopardi si sono moltiplicati 9 , giungendo 256 Novella Bellucci <?page no="257"?> e Leopardi», in: Itinerari di ricerca intorno a Vico e Leopardi. Potenza e limitatezza dell’umana conoscenza. A cura di Maurizio Martirano e Manuela Sanna. [Numero monografico di] I quaderni del Lab 5 (2017), 89sq. 10 Mutuo il concetto di prossimità da Antonio Prete che, in una conferenza tenuta in occasione del IV Certame vichiano, («Appunti su Vico e Leopardi», in: La Z di Zibaldoni. https: / / www.zibaldoni.it/ 2013/ 03/ 27/ appunti-su-vico-e-leopardi/ [27.7.2023]) rifletteva sul rapporto fra i due pensatori, rifiutando l’individuazione di parallelismi e intercon‐ nessioni e sviluppando invece l’analisi di alcuni nodi di pensiero comuni a entrambi. 11 Per la mediazione esercitata da Melchiorre Cesarotti sul rapporto Vico-Leopardi, cf. Andrea Battistini: «Il Vico ‹vesuviano› di Melchiorre Cesarotti», in: id.: Vico tra antichi e moderni. Bologna: Il Mulino 2004. 12 Vico: Principi di Scienza nuova, 509 (Degnità XXXVII). a individuare, più che paralleli, prossimità di pensiero su alcune questioni estetiche cruciali 10 ; utilissimi i contributi che hanno sondato i passaggi del pen‐ siero vichiano nella cultura italiana, in particolare postrivoluzionaria, attraverso pensatori e letterati operanti tra Sette e primo Ottocento; un solo esempio: Melchiorre Cesarotti, autore molto presente a Leopardi, che, riflettendo sulle caratteristiche che accomunano gli uomini nello stato primitivo e i fanciulli, fa esplicito riferimento Vico. 11 E per introdurre l’analisi della rappresentazione del fanciullo che si legge nel Discorso, mi piace partire proprio da un brano vichiano che mostra stupefacenti analogie con alcuni passaggi leopardiani: «ll più sublime lavoro della poesia è alle cose insensate dare senso e passione, ed è proprietà de’ fanciulli di prender cose inanimate tra mani e, trastullandosi, favellarvi come se fussero, quelle, persone vive. Questa degnità filologica-filosofica ne appruova che gli uomini del mondo fanciullo, per natura, furono sublimi poeti» 12 . Osserviamo allora come viene rappresentato dal ventenne scrittore di Reca‐ nati questo mondo fanciullo. Credo di poter affermare che la prima grande pagina leopardiana di vera poesia è la pagina del Discorso intorno alla poesia romantica nella quale il giovane autore si abbandona alla descrizione di una sorta di fenomenologia della fanciullezza; tale descrizione irrompe con toni appassionati nell’argomentazione polemica contro le posizioni romantiche, che fa perno sul rischio del prevedibile snaturamento prodotto dal «sapere dell’età nostra», responsabile della «condi‐ zione artificiata» della modernità; la natura è la sorgente della poesia a patto che essa venga guardata con occhi da «spettatori naturali» («Ma il cielo e il mare e la terra e tutta la faccia del mondo e lo spettacolo della natura e le sue stupende bellezze furono da principio conformate alle proprietà di spettatori Il Fanciullo e la Natura 257 <?page no="258"?> 13 Giacomo Leopardi: Discorso di un italiano intorno alla poesia romantica. Ed. critica a cura di Ottavio Besomi [et al.]. Bellinzona: Edizioni Casagrande 1988, 50. Tutte le citazioni dal Discorso, accompagnate dall’indicazione della pagina, sono tratte da questa edizione. naturali» 13 ); che sono gli occhi di coloro che si giovano dell’ignoranza, «con‐ dizione naturale» e «primitiva» degli uomini; a patto, dunque, di riprodurre questa condizione che ormai è perduta, ma può essere riattivata qualora si sarà in grado di «rimetterci coll’immaginazione come meglio possiamo nello stato primitivo de’ nostri maggiori, la qual cosa ci fa fare senza nostra fatica il poeta padrone delle fantasie» (16). Nelle prime pagine del Discorso, sono ben delineati i protagonisti di questo appassionato trattato di estetica: la Natura (accompagnata da una aggettivazione dal forte richiamo simbolico (incorrotta, illibata, vergine, primitiva, intatta, schietta, inviolata), gli Antichi (o primitivi) nella loro qualità di «spettatori naturali», capaci di esprimere con «la candida semplicità» le sensazioni derivate dal rapporto diretto con la natura e, dunque, di farla parlare poeticamente; la Poesia, espressione della immaginativa naturale e autentica voce della natura. Di contro, a indossare i panni degli antagonisti, i Romantici, distruttori delle illusioni e quindi della poesia stessa. In questo scenario, a dare corpo e concretezza alle figure degli antichi, a illustrare le loro prerogative «naturali», vengono convocati i fanciulli. Negli appunti affidati alle prime pagine (Zib. 15-21) di quella sorta di brogliaccio che si avviava a divenire il suo Zibaldone di pensieri, Leopardi aveva tracciato un’anticipa‐ zione del ben più articolato Discorso. Se non vi comparivano i fanciulli, vi si leggeva tuttavia di una assai più generica «puerizia» entro la quale venivano a concentrarsi, in pochissime righe, alcuni motivi che l’autore avrebbe poi svolto ampiamente nelle pagine del Discorso: «quella puerizia, in cui tutto è singolare e maraviglioso, in cui l’immaginazione par che non abbia confini, […] quella puerizia che così era propria del mondo a tempo degli antichi» (Zib.-17). Il nesso Natura / Antichi / Fanciullezza accompagnava tutta l’argomentazione contenuta nell’annotazione, la quale, non è un caso, faceva seguito al pensiero (cf. Zib. 14sq.) in cui per la prima volta Leopardi aveva dichiarato, in termini inequivocabili, l’antitesi tra natura e ragione («la ragione è spesso nemica della natura») e la indiscussa superiorità della natura: «la natura è grande, la ragione è piccola» (Zib.-15). «Imperocchè quello che furono gli antichi, siamo stati noi tutti, e quello che fu il mondo per qualche secolo, siamo stati noi per qualche anno, dico fanciulli» (18sq.): con questa notissima asserzione prende inizio l’apologia della condizione fanciulla che dà forma a una figura destinata, come ho già rilevato, a rimanere centrale nella scrittura leopardiana. Il fanciullo è depositario di una impronta originaria, archetipica, l’impronta della natura «invariata e 258 Novella Bellucci <?page no="259"?> 14 «Imperocché dal genio che tutti abbiamo alla natura invariata e primitiva, la quale è né più né meno quella natura che si palesa e regna ne’ putti» (20). 15 Elémire Zolla: Lo stupore infantile. A cura di Grazia Marchianò. Venezia: Marsilio 2014, 30. primitiva», che lo rende «partecipe di quella ignoranza e di quei timori e di quei diletti e di quelle credenze e di quella sterminata operazione della fantasia» (19), grazie alla quale la natura gli si manifesta senza filtri, gli si offre nella sua pluralità di forme e di suoni («quando il tuono e il vento e il sole e gli astri e gli animali e le piante e le mura de’ nostri alberghi, ogni cosa ci appariva o amica o nemica nostra, indifferente nessuna, insensata nessuna», 19), gli si apre e gli parla. Il fanciullo è il vero modello dello ‹spettatore naturale› che guarda alle manifestazioni della natura con occhio innocente, non corrotto dalla riflessione: «Né sapevamo il perché di nessuna cosa»: alla condizione fanciulla manca la consapevolezza che esista una ragione delle cose (quanto diversa situazione rispetto a quella del pastore dell’Asia, il quale, nel suo dialogare con la luna / natura, esprime la tragica certezza che essa conosca quel «perché delle cose» che a lui viene negato). Il fanciullo guarda alle manifestazioni della natura con occhio puro, posseduto dalla «maraviglia» e può dunque animarle a suo «talento», con «fantasia libera e senza freno», «impetuosa e instancabile», metamorfizzandone le forme, le dimensioni, i colori, inventandole con l’immagi‐ nazione: «come ingrandiva le cose piccole, e ornava le disadorne, e illuminava le oscure, che simulacri vivi e spiranti che sogni beati che vaneggiamenti ineffabili che magie che portenti che paesi ameni che trovati romanzeschi, quanta materia di poesia» (19sq.). In quel contatto diretto con la natura che, patrimonio di un indeterminato uomo antico, non ha tuttavia abbandonato l’uomo moderno dal momento che si ripropone in ogni tempo «per qualche anno» nel fanciullo (‹si palesa in lui e vi regna› 14 ), trova la propria dimora la poesia: sembra di poter applicare alla interpretazione del fanciullo leopardiano quanto Elémire Zolla ha scritto nel saggio Lo stupore infantile, a proposito del mistero dell’infanzia: «È nella prima infanzia che si ebbe esperienza dell’uno […,] si era allora quasi uno […]. Si giunge infine all’assoluta unità di quando non ci si distingueva dalla madre. Di lei si era fatto parte intima e stretta» 15 . Il fanciullo leopardiano è di fatto parte intima e stretta della natura, l’inesorabile distacco dalla quale si traduce in una lacerazione irredimibile nella vita di ciascuno e nella storia dell’umanità, mettendo in pericolo l’esistenza della poesia e dell’uomo stesso. La pagina del Discorso qui analizzata dice anche molto altro: dice, in primo luogo, della qualità alta e originale della scrittura, che si muove, talora tumul‐ tuosamente, a ondate progressive, alimentate da una concitata, efficacissima, Il Fanciullo e la Natura 259 <?page no="260"?> 16 Negli Abbozzi (cf. Discorso, 111-134) si legge «Ma noi non siamo più fanciulli. - Non siamo per nostra mala sorte e dico così perchè questo vero ec. è pure una brutta cosa e la gioja consiste nell’illusione e nella distrazione ec. Non siamo ma desideriamo di creder che sì e perché la poesia deve ingannare perciò ella sceglie quest’inganno che ci è tanto caro, ec.» (122). 17 O, per far tesoro dell’analisi di D’Intino, dalla perdita dell’oralità a favore della scrittura (cf. Franco D’Intino: L’immagine della voce. Leopardi, Platone e il libro morale. Venezia: Marsilio 2009, 55sq.). elencazione lessicale; ma poi esibisce un coinvolgimento esplicito, da parte dell’autore, nella rappresentazione del fanciullo: la formula elocutiva dialogante, tipica del Discorso, che continuamente chiama in causa il lettore e dà voce all’autore sia nella forma singolare («Ma che io vo cercando cose o minute o scure o poco note», 18), sia in una forma più corale, affidata alla prima persona plurale, in questo brano rivela una partecipazione personale quasi ostentata. A dare forma alla figura del fanciullo, il futuro poeta non nasconde di utilizzare materiali estratti da se stesso, dal fanciullo, ora idealizzato, che lo ha abitato (o che egli ha desiderato lo abbia abitato) in un’epoca non tanto remota, ma irrimediabilmente perduta («non siamo più fanciulli: e purtroppo non siamo», 21 16 ); nonché da materiali provenienti dalle sensazioni che di quella maniera fanciulla di guardare al mondo (maniera naturale, precedente alla mutazione prodotta dalla scomparsa dell’ignoranza 17 ), gli sono rimaste deposi‐ tate nella memoria e, al momento della elaborazione di un testo che coniuga riflessioni estetiche e storico-filosofiche, riaffiorano potentemente e vengono amplificate e sublimate. Gli accenti particolarmente coinvolti, che dominano la prima parte del Discorso, sottolineano come la figura del fanciullo abbia preso forma entro le esperienze personali vissute nella realtà o nutrite nella fervida immaginazione. Si legga, dagli abbozzi preparatori del Discorso, conservati tra le carte napoletane, il brano che descrive i processi di umanizzazione di alcuni fenomeni naturali: «Io da fanciullo sentendo nominare Aurora e temporale e primavera ec. cioè le stagioni e tempo e anni e vento e i vari mesi: e ozio p.e. cioè i vizi ec. attribuiva a tutto forme umane e li concepiva in sembianze veram[ente] umane» (122); e nel Discorso: «Io stesso mi ricordo di avere nella fanciullezza appreso coll’immaginativa la sensazione d’un suono così dolce che tale non s’ode in questo mondo» (20), ed io mi ricordo ch’essendo piccino, costumava non solamente spassarmi ad avvivare, e guardare e mostrare altrui per maniera come se vivessero, ma eziandio cercare e trovare alcuni vestigi di sembianza umana, secondo ch’allora mi pareano, evidenti, negli alberi ch’erano lungo le strade per cui mi menavano (83), 260 Novella Bellucci <?page no="261"?> 18 «buoi del Sole quanto ben fanciullesco nel princip. dell’Odissea come anche tutto il poema in modo speciale, che gli antichi continuassero veramente mercé la loro ignoranza a provare quei diletti che noi proviamo solo fanciulli? oh sarebbero pur da invidiare e si vedrebbe bene che quello è lo stato naturale ec.», in: Giacomo Leopardi: Scritti e frammenti autobiografici. A cura di Franco D’Intino. Roma: Salerno Editrice 1995, 86. 19 Si veda, in particolare, la pagina 84 del Discorso. e mi fermo qui. La memoria delle sensazioni fanciullesche riporta a un mondo na‐ turale archetipico, apparentato a quello degli antichi (e del loro poeta, Omero) 18 , destinato a permanere come cosa cara e preziosa, rivelatrice di immagini che «sono appunto quelle che ci ridesta l’imitazione della natura schietta e inviolata, quelle che ci può e secondo noi ci deve ridestare il poeta» (21). E all’ufficio proprio del poeta di imitare la natura, più avanti si affiancherà anche quello, maggiormente incisivo, di manifestarla; dunque, di darle volto, corpo, suono. 19 La predisposizione innata alle «memorie della puerizia» è potente come quella verso la «natura invariata e primitiva»: «Imperocché dal genio che tutti abbiamo alle memorie della puerizia si deve stimare quanto sia quello che tutti abbiamo alla natura invariata e primitiva» (20); affermazioni che nascono, prima ancora che da riflessioni teoriche, da convinzioni, se non vissuti, personali. Tracce autobiografiche, queste, che non possono non essere messe in relazione con le riflessioni disseminate negli appunti e abbozzi stilati da Giacomo intorno ai suoi vent’anni. «Piacevolissime e poeticissime per la gran copia di rimembranze che pro‐ ducono, sono le immagini associate alla fanciullezza, anche se dolorose e spaventose» (Zib. 1987sq.). Il ritorno alla fanciullezza, tramite il ricordo, è, di fatto, ritorno all’illusione del rapporto diretto con la natura, illusione destinata a perdurare nella esperienza immaginativa e riflessiva leopardiana. Certe idee, certe immagini di cose supremamente vaghe, fantastiche, chimeriche, impossibili, ci dilettano sommamente, o nella poesia o nel nostro proprio immaginare, perché ci richiamano le rimembranze più remote, quelle della nostra fanciullezza, nella quale siffatte idee ed immagini e credenze ci erano familiari e ordinarie. […] Analizzate bene le vostre sensazioni ed immaginazioni più poetiche, quelle che più vi sublimano, vi traggon fuori di voi stesso e del mondo reale; troverete che esse e il piacer che ne nasce, (almen dopo la fanciullezza), consistono totalmente o principalmente in rimembranza. (Zib.-4513) «[D]opo la fanciullezza», avverte il poeta, evidenziando tale avvertenza con il segno grafico delle parentesi; ritornare, seppure non totalmente, non innocente‐ mente, allo stato fanciullo, e dunque al contatto diretto con la natura, è possibile Il Fanciullo e la Natura 261 <?page no="262"?> 20 Faccio riferimento al saggio di Franco D’Intino: La caduta e il ritorno. Cinque movimenti dell’immaginario romantico leopardiano. Macerata: Quodlibet 2019. 21 Rimando all’analisi di Luca Bani: «Riflessioni sul fanciullo nello Zibaldone leopar‐ diano», in: Italies 21 (2017), 275-293. Trabattoni nota giustamente che la parola «fan‐ ciulli» è «onnipresente nello Zibaldone, soprattutto nella sua prima parte, ed è usata con diversi usi e intenzioni» (Franco Trabattoni: «Leopardi e la ‹schedina› misteriosa. Esercizi di memoria o versi incomprensibili? », in: Quaderni di prassi ecdotiche e modernità letterarie 5.2 (2020), 41). soltanto attraverso la rimembranza. Per utilizzare due categorie interpretative proposte da Franco D’Intino in un suo recente saggio leopardiano, nel continuo alternarsi di cadute e ritorni 20 , la rimembranza offre la possibilità di tornare, almeno parzialmente, all’età fanciulla e di riattivare nel ricordo, e solo nel ricordo, meccanismi sensoriali perduti (caduti) con il venir meno di quella età favolosa: Anzi osservate che forse la massima parte delle immagini e sensazioni indefinite che noi proviamo pure dopo la fanciullezza e nel resto della vita, non sono altro che una rimembranza della fanciullezza, si riferiscono a lei, dipendono e derivano da lei, sono come un influsso o una conseguenza di lei […]. (Zib.-515) È un brano tratto dal pensiero del 16 gennaio 1821, nel quale troviamo ribadito lo stretto collegamento fra fanciullezza (e dunque stato naturale), sensazioni indefinite, rimembranza: «Se non fossimo stati fanciulli, tali quali siamo ora, saremmo privi della massima parte di quelle poche sensazioni indefinite che ci restano, giacché le proviamo se non rispetto e in virtù della fanciul‐ lezza» (Zib. 516). E ancora: «un certo risorgimento dell’immaginazione» (si noti la formula attenuativa) può verificarsi anche in una condizione di rappacifica‐ zione con la natura che si determina «nella solitudine, in mezzo alle delizie della campagna», quando l’uomo, «stanco» di «quel mondo umano» «[s]parito dagli occhi umani», «può tornare in qualche modo fanciullo» (Zib. 1550sq.): solo la solitudine campestre può riattivare, almeno in parte, lo sguardo, altrimenti definitivamente scomparso, di «spettatori naturali». Dei molti luoghi dello Zibaldone in cui Leopardi torna a riflettere sul fanciullo, non faccio qui alcun cenno. Non sarebbe del resto argomento congruente con il tema di questo intervento. 21 Prendo in esame, invece, un altro luogo, di alta fattura letteraria, in cui il fanciullo si riconferma figura del pensiero dell’autore, ribadendo la propria funzione simbolica. Mi riferisco all’incipit della Storia del genere umano, dove i fanciulli sono i protagonisti del periodo iniziale di una genesi del tutto singolare. La narrazione li presenta come risultato della prima fase di un anonimo atto creativo, venuti al mondo tutti a un medesimo tempo, in una terra di minime 262 Novella Bellucci <?page no="263"?> 22 Il testo di riferimento per le citazioni dalle Operette è Giacomo Leopardi: Operette morali. Ed. critica a cura di Ottavio Besomi. Milano: Fondazione Arnoldo e Alberto Mondadori 1979. dimensioni, piatta, senza ornamenti di alcun genere, priva di qualunque varietà (cielo senza stelle, assenza di mare). In tale scenario monotono e uniforme, le creature fanciulle trascorrono «dolcissimamente» il tempo, perché riescono a meravigliarsi di ogni cosa, a dare senso all’insensato, a moltiplicare con l’immaginazione gli spazi angusti e a ‹ornare i luoghi disadorni› 22 . Questi primi uomini fanciulli, godendo del privilegio dell’ignoranza (non conoscono «il perché delle cose»), hanno le medesime prerogative degli «spettatori naturali». Tuttavia, mentre nel Discorso del 1818 veniva continuamente esplicitato il rapporto tra fanciulli e natura, nell’operetta in questione la natura compare soltanto come entità primordiale, depositaria delle leggi universali, che, tra l’altro, non consentono quanto gli uomini, divenuti adulti, chiedono per poter continuare a vivere «di essere tornati nella fanciullezza e in quella perseverare tutta la loro vita». Il fanciullo rappresentato nella parabola con cui si apre il testo che fa da proemio al libro morale leopardiano, contiene le prerogative che gli erano state riconosciute nelle pagine del Discorso: è intrinsecamente unito alle manifestazioni primitive della natura, è posseduto dall’immaginazione tramite la quale riesce a creare quanto manca alla realtà, è portatore di innocenza, di ignoranza, di propensione alla meraviglia; ma contiene, e manifesta, anche la precarietà della sua condizione: emblema degli inizi (inizi della vita individuale e collettiva), è destinato a soccombere sotto l’incedere inarrestabile del tempo, e, cioè, sotto le leggi universali della natura. L’esaltazione della condizione fanciulla espressa nel Discorso, percepita come condizione perduta ma capace di rinnovarsi nell’esperienza di ogni individuo, anche se per pochi anni («quello che furono gli antichi, siamo stati noi tutti, e quello che fu il mondo per qualche secolo, siamo stati noi per qualche anno, dico fanciulli»), nella Storia del genere umano si perde, poiché la fanciullezza risulta essere appartenuta soltanto agli «uomini che da principio popolarono la terra» e che sono ormai scomparsi. Eppure, entro lo scenario tragico della Storia, narrativamente orchestrato tra cadute e riprese fino alla catastrofe finale con la discesa della Verità, assistiamo a un ritorno inatteso, e forse anche inaudito, delle prerogative più vitali, positive, naturali del fanciullo: nelle battute finali dell’operetta, la figura salvifica di Amore celeste, che scende sulla terra per posarsi presso gli uomini più gentili e teneri, è dotata di un’eterna fanciullezza che può essere riversata sulle creature magnanime, da lui elette: «esso […] adempie per qualche modo quel primo voto degli uomini, che fu di essere tornati alla condizione della puerizia». Ecco allora che il tipo del magnanimo leopardiano, abbozzato dall’autore con Il Fanciullo e la Natura 263 <?page no="264"?> 23 La tenerezza è elemento del tutto moderno rispetto alle prerogative del magnanimo an‐ tico (rimando al mio saggio «Il magnanimo felice. La inaudita conclusione della ‹Storia del genere umano›», in: Novella Bellucci: Il «gener frale». Saggi leopardiani. Venezia: Marsilio 2010, 115-130). 24 Cf. D’Intino: L’immagine della voce, 19-76. tratti sicuri, alla fine di un testo che nelle battute conclusive capovolge (o almeno attenua) le tinte cupe dell’intero svolgimento precedente, presenta anche le caratteristiche più positive, naturali, del fanciullo: l’infinita speranza, le belle e care immaginazioni degli anni teneri 23 , la mansuetudine: pur essendo, dunque, uomo della modernità, abitante della terra dopo la discesa della Verità, il magnanimo che si staglia sulle rovine della Storia, conserva, tramite il tocco della fanciullezza eterna, trasfusagli da Amore celeste, un rapporto vivo e creativo con la natura, una possibilità di attingere a una riserva di leggerezza immaginativa che ne fa una creatura «meglio atta alla felicità». Quest’ultima citazione proviene da un’altra operetta, l’Elogio degli uccelli, dove s’incontra di nuovo, verso le battute finali, la figura del fanciullo, convocato tramite un’esplicita similitudine: «Perocché nel modo che l’uccello quanto alla vispezza e alla mobilità di fuori, ha col fanciullo una manifesta similitudine, così nelle qualità dell’animo dentro, ragionevolmente è da credere che lo somigli». Franco D’Intino ha scritto pagine fondamentali su questo passo dell’Elogio, che vanno collegate alla sua interpretazione del rapporto Leopardi / Platone e al grande tema della corruzione, connesso al processo moderno di alfabetizzazione. Non ho nulla da aggiungere alla sua lettura la cui portata supera l’esegesi del‐ l’operetta in questione per affermarsi quale proposta interpretativa dell’intero libro delle Operette. 24 Mi soffermo su alcune prerogative degli uccelli che vengono descritte nell’Elogio: gli uccelli hanno l’udito acutissimo, e la vista efficace e perfetta in modo, che l’animo nostro a fatica se ne può fare una immagine proporzionata; per la qual potenza godono tutto giorno immensi spettacoli e variatissimi, e dall’alto scuoprono, a un tempo solo, tanto spazio di terra, e distintamente scorgono tanti paesi coll’occhio, quanti pur colla mente, appena si possono comprendere dall’uomo in un tratto […]. (Leopardi: Operette morali, 318) Gli uccelli, attraverso la vista acutissima, scoprono, dunque, territori sconfinati, ma questo loro vedere dall’alto non favorisce la comprensione delle cose né permette di analizzare i «rapporti scambievoli» che le collegano tra loro, rivelando le «verità generali» (Zib. 3269sq.). Dunque, il guardare dall’alto, nel 264 Novella Bellucci <?page no="265"?> 25 «Il poeta lirico nell’ispirazione, il filosofo nella sublimità della speculazione […] vede e guarda le cose come da un luogo alto e superiore a quello in che la mente degli uomini vuole ordinariamente consistere […]. Quindi è che scoprendo in un sol tratto molte più cose ch’egli non è usato di scorgere a un tempo, […] egli è in grado di scorger con essi i loro rapporti scambievoli» (Zib.-3269sq.). 26 Cf. «E in questa parte l’effetto della calamità si rassomiglia al furore dei poeti lirici, che d’un’occhiata (perocché si vengono a trovare quasi in grandissima altezza) scuoprono tanto paese quanto non ne sanno scoprire i filosofi nel tratto di molti secoli» («Com‐ parazione delle sentenze di Bruto e Teofrasto vicini a morte», in: Giacomo Leopardi: Tutte le poesie, tutte le prose e lo Zibaldone. A cura di Lucio Felici / Emanuele Trevi. Roma: Newton Compton 2010, 620). caso degli uccelli, non favorisce la conoscenza, come accade ai poeti, ai filosofi 25 , a coloro che sperimentano l’effetto di una sventura. 26 Nel caso degli uccelli, lo sguardo dall’alto non è messo in relazione con l’atto conoscitivo ma piuttosto con una caratteristica fisica, l’energia e il movimento («grandissima forza e vivacità») e con il «grandissimo uso di immaginativa»; si tratta dell’immaginativa «varia leggera instabile e fanciullesca», non di quella profonda e tempestosa propria dei grandi poeti, Dante o Tasso, che ben hanno conosciuto il «perché delle cose» e, dunque, sono del tutto lontani dalla legge‐ rezza. Gli uccelli vengono descritti, anch’essi, come «spettatori naturali», simili ai fanciulli, e godono di quella immaginativa che costituisce una «larghissima fonte di pensieri ameni e lieti, di errori dolci, di vari diletti e conforti; e il più fruttuoso dono di cui la natura sia cortese ad anime vive». Le creature animali, appartenenti alla privilegiata razza dei volatili, simili agli uomini fanciulli, godono della benevolenza della natura che concede loro il beneficio della facoltà più generosa di stratagemmi atti a rendere tollerabile la vita. Pochi mesi prima dell’Elogio, Leopardi aveva scritto il Dialogo della Natura e di un Islandese. Se la rappresentazione della natura quale entità primordiale, le cui leggi universali prescindono totalmente dalla cura dei viventi, proposta in questo Dialogo, aveva contato nella struttura del libro tanto da produrvi una sorta di torsione filosofica, non si era peraltro cancellata dall’immaginario poetico leopardiano l’idea di una Natura dispensatrice di facoltà benefiche, potenzialmente generatrice di poesia, di sogni, di visioni. Gli uccelli dell’Elogio e i loro simili umani, i fanciulli, sono qui a dimostrarlo. Le categorie leopardiane sono mobili e la natura, categoria centrale del suo sistema di pensiero, non si sottrae a tale mobilità né se ne sottrae la figura del fanciullo, a lei legato da un rapporto simbiotico. Perché il fanciullo leopardiano non è soltanto figura degli inizi, simbolo del tempo in cui la natura parla e si svela agli uomini, personificazione della beatitudine della prima età della creazione; non è soltanto icona delle prerogative Il Fanciullo e la Natura 265 <?page no="266"?> 27 «La Natura è come un fanciullo: con grandissima cura ella si affatica a produrre, e a condurre il prodotto alla sua perfezione; ma non appena ve l’ha condotto, ch’ella pensa e comincia a distruggerlo, a travagliare alla sua dissoluzione» (Zib.-4421). che distolgono dall’infelicità: immaginazione, speranza, distrazione. Il fanciullo può avere in comune con la natura un’altra caratteristica costitutiva di lei, quella di creare e distruggere, anzi di creare per distruggere. Ecco così uscire dai versi della Palinodia al Marchese Gino Capponi un altro tipo di fanciullo, il quale già aveva fatto capolino dalle pagine dello Zibaldone  27 : è una creatura del tutto estranea al mondo della poesia, una creatura che gioca, come fanno tutti i fanciulli, con una ispirazione sadica, molto simile a quella della Natura: Quale un fanciullo, con assidua cura, di fogliolini e di fuscelli, in forma o di tempio o di torre o di palazzo, un edificio innalza; e come prima fornito il mira, ad atterrarlo è volto, perché gli stessi a lui fuscelli e fogli per novo lavorio son di mestieri; così natura ogni opra sua, quantunque d’alto artificio a contemplar, non prima vede perfetta, ch’a disfarla imprende, le parti sciolte dispensando altrove.--------(Palinodia, vv.-154-164) Nella forte efficacia di questa similitudine, si svela l’altra faccia, la faccia in ombra, del rapporto tra fanciullo e natura: la creatività fanciullesca, senza regole e senza finalità, si apparenta all’operato infaticabile della natura le cui norme sono volte alla perpetua creazione e distruzione: entrambi, natura e fanciullo, condividono anche il gioco, apparentemente insensato, che si fa metafora delle leggi universali cui i viventi non possono che sottostare. Bibliografia [Goethe, Johann Wolfgang von: ] Gli anni del noviziato di Alfredo Meister, del sig. Goethe, autore di Werther. Traduzione dal tedesco [attribuita a Giovanni Berchet]. Milano: tipografia di G.G. Destefanis 1809. [Goethe, Johann Wolfgang von: ] Verter. Opera originale tedesca del celebre Signor Goethe, trasportata in italiano dal D.M.S. (Michiel Salom). Venezia: Giuseppe Rosa 1788-1796. Leopardi, Giacomo: Discorso di un italiano intorno alla poesia romantica. Ed. critica a cura di Ottavio Besomi [et al.]. Bellinzona: Edizioni Casagrande 1988. 266 Novella Bellucci <?page no="267"?> —: Operette morali. Ed. critica a cura di Ottavio Besomi. Milano: Fondazione Arnaldo e Alberto Mondadori 1979. —: Scritti e frammenti autobiografici. A cura di Franco D’Intino. Roma: Salerno editrice 1995. —: Tutte le poesie, tutte le prose e lo Zibaldone. A cura di Lucio Felici / Emanuele Trevi. Roma: Newton Compton 2010. —: Zibaldone di pensieri. Ed. critica e annotata a cura di Giuseppe Pacella. 3-vol. Milano: Garzanti 1991. Vico, Giambattista: Principi di Scienza nuova d’intorno alla comune natura delle nazioni (1744), in: id.: Opere. A cura di Andrea Battistini. 2 vol. Milano: Mondadori 1990, vol. I, 411-971. Bani, Luca: «Riflessioni sul fanciullo nello Zibaldone leopardiano», in: Italies 21 (2017), 275-293. Battistini, Andrea: Vico tra antichi e moderni. Bologna: Il Mulino 2004. Bellucci, Novella: Il «gener frale». Saggi leopardiani. Venezia: Marsilio 2010. D’Intino, Franco: L’immagine della voce. Leopardi, Platone e il libro morale. Venezia: Marsilio 2009. —: La caduta e il ritorno. Cinque movimenti dell’immaginario romantico leopardiano. Macerata: Quodlibet 2019. Lauro, Roberto: «Sulle lingue: premesse per un confronto fra Vico e Leopardi», in: Itine‐ rari di ricerca intorno a Vico e Leopardi. Potenza e limitatezza dell’umana conoscenza. A cura di Maurizio Martirano / Manuela Sanna. Numero monografico. I quaderni del Lab 5 (2017), 89-110. Muñiz Muñiz, Maria de Las Nieves: «Il Rousseau di Leopardi. Tracce di lettura», in: Giacomo dei libri. La biblioteca Leopardi come spazio delle idee. A cura di Fabiana Cacciapuoti. Milano: Electa 2012, 127-149. Piperno, Martina: «La poesia inattuale. Materiali per Leopardi e Vico», in: Il velo scolpito. Dialoghi tra filosofia e letteratura. A cura di Danilo Manca. Pisa: ETS 2013, 41-53. Prete, Antonio: «Appunti su Vico e Leopardi», in: La Z di Zibaldoni, 27.3.2013, https: / / www.zibaldoni.it/ 2013/ 03/ 27/ appunti-su-vico-e-leopardi/ [27.7.2023]. Ruggiero, Raffaele: «Le ragioni favoleggiate da fantasia», in: Italies 24 (2020), 77-90. Trabattoni, Franco: «Leopardi e la ‹schedina› misteriosa. Esercizi di memoria o versi incomprensibili? », in: Quaderni di prassi ecdotiche e modernità letterarie 5.2 (2020), 31-59. Zolla, Elémire: Lo stupore infantile. A cura di Grazia Marchianò. Venezia: Marsilio 2014. Il Fanciullo e la Natura 267 <?page no="269"?> L’ambivalenza della natura e della morte in Sopra un bassorilievo antico sepolcrale e Sopra il ritratto di una bella donna di Leopardi Die Ambivalenz der Natur und des Todes in Leopardis Sopra un bassorilievo antico sepolcrale und Sopra il ritratto di una bella donna Thomas Klinkert Bei der Betrachtung eines antiken Grabbildes entfaltet Leopardi in Sopra un bassorilievo antico sepolcrale, dem ersten der beiden sepolcrale-Gedichte, konträre Perspektiven auf den Tod. Von der Natur, welche ‹um zu töten gebiert und nährt› (v. 47), als unausweichliches Telos des Lebens vorge‐ geben, ist der Tod einerseits eine Erlösung vom irdischen Leid («Mai non veder la luce | era, credo, il miglior», vv. 27sq.) und müsste folgerichtig bejaht werden. Andererseits erscheint er jenen als «sventura» (v. 75), die den Verlust eines geliebten Angehörigen zu betrauern haben. Angesichts dieser Ambivalenz befragt der Sprecher des Gedichts die Natur in einer insistierenden Apostrophe nach dem Warum ihres Handelns, welches darin besteht, Freunde, Verwandte, Liebende durch den Tod zu trennen. Die Antwort auf diese Frage gibt nicht die Natur, sondern der Sprecher selbst, indem er feststellt, dass die Natur gegenüber Wohl und Wehe des Menschen indifferent sei. Diese von Leopardi auch an anderen Stellen, am prominentesten im Dialogo della Natura e di un Islandese, vertretene Überzeugung steht in einem Spannungsverhältnis zu der Haltung des Sprechers, die von Einfühlung und Mitleid angesichts des Todes der auf dem Grabrelief dargestellten «giovane morta» geprägt ist. Dies lässt sich auf Leopardis Dichtungskonzeption insgesamt beziehen, die bekanntlich geprägt ist von der engen Verknüpfung von poesia und pensiero, wobei diese beiden Dimensionen nicht zur Deckungsgleichheit kommen. Die po‐ <?page no="270"?> esia gewinnt dem, was durch den pensiero abstrakt bereits gelöst erscheint, schmerzhaft-schöne Empfindungen und Argumente ab und erhebt damit Einspruch gegen die schonungslose Erkenntnis der Wahrheit. Insofern lässt sich das hier betrachtete Gedicht auch als metapoetisch lesen. Die metapoetische Lesart wird durch eine ergänzende Analyse des zweiten sepolcrale-Gedichts mit dem Titel Sopra il ritratto di una bella donna überprüft und bestätigt. In Sopra un bassorilievo antico sepolcrale, la prima delle due poesie sepol‐ crali, Leopardi dispiega prospettive contrastanti sulla morte contemplando un’antica immagine funeraria. Prevista dalla natura, «che per uccider partorisc[e] e nutr[e]» (v. 47), come telos ineludibile della vita, la morte è da un lato un riscatto dalla sofferenza terrena («Mai non veder la luce | era, credo, il miglior», vv. 27sq.) e dovrebbe dunque esser affermata. Dall’altro lato, appare come una «sventura» (v. 75) per coloro che devono piangere la perdita di una persona cara. Alla luce di questa ambivalenza, il locutore della poesia chiede alla natura, con un’insistente apostrofe, perché agisca in modo tale da separare amici, parenti e amanti attraverso la morte. La risposta a questa domanda non è data dalla natura, ma dal locutore stesso, che afferma che la natura è indifferente rispetto al bene e al male dell’uomo. Questa convinzione, che Leopardi esprime anche in altri testi, soprattutto nel Dialogo della Natura e di un Islandese, è in tensione con l’atteggiamento di empatia e compassione del locutore di fronte alla morte della «giovane morta» raffigurata sul bassorilievo sepolcrale. Ciò può essere messo in relazione con la concezione leopardiana della poesia nel suo complesso, che, come è noto, è caratterizzata dallo stretto legame tra poesia e pensiero, anche se queste due dimensioni non coincidono. La poesia estrae sensazioni e argomentazioni dolorosamente belle da ciò che sembra già risolto astrattamente dal pensiero e solleva così un’obiezione alla conoscenza implacabile della verità. In questo senso, la poesia qui considerata può essere letta anche come metapoetica. La lettura metapoetica è verificata e confermata da un’analisi supplementare della seconda poesia sepolcrale intitolata Sopra il ritratto di una bella donna. Parole chiave: natura, morte, dimensione metapoetica, Sopra un bassori‐ lievo antico sepolcrale, Sopra il ritratto di una bella donna Schlagwörter: Natur, Tod, metapoetische Dimension, Sopra un bassorilievo antico sepolcrale, Sopra il ritratto di una bella donna 270 Thomas Klinkert <?page no="271"?> 1 Zu den Nachweisen im Einzelnen siehe den analytischen Index in Giacomo Leopardi: Zibaldone di pensieri. Ed. critica e annotata a cura di Giuseppe Pacella. Vol.-III. Milano: Garzanti 1991, 1408-1413. 2 Giacomo Leopardi: Canti. Introduzione, commenti e note di Fernando Bandini. Milano: Garzanti 1988. Das Lexem «natura» kommt an folgenden Stellen vor: III Ad Angelo Mai (vv. 25, 53, 84), V A un vincitore nel pallone (v. 36), VI Bruto Minore (v. 60), VII Alla primavera (vv. 21, 90), VIII Inno ai patriarchi (vv. 18, 100, 112), IX Ultimo canto di Saffo (v. 24), XI Il passero solitario (v. 48), XIII La sera del dì di festa (v. 13), XV Il sogno (v.-34), XVI La vita solitaria (vv. 16, 20), XVII Consalvo (v. 113), XVIII Alla sua donna (v. 6), XIX Al conte Carlo Pepoli (vv. 25, 31, 62, 83, 108, 117, 134, 145), XX Il risorgimento (vv.-109, 119, 155), XXI A Silvia (v. 36, zweimal), XXIV La quiete dopo la tempesta (v. 41), XXVI Il pensiero dominante (vv. 7, 111), XXVIII A se stesso (v. 14), XXIX Aspasia (v. 58), XXX Sopra un bassorilievo antico sepolcrale (vv. 46, 98, 107), XXXI Sopra il ritratto di una bella donna (vv.-27, 50), XXXII Palinodia al marchese Gino Capponi (vv. 74, 81, 102, 161, 170), XXXIII Il tramonto della luna (v. 26), XXXIV La ginestra (vv. 41, 80, 111, 148, 231, 292). Von den 36 Gedichten der Canti (in der Ausgabe von 1845) enthalten also 24 mindestens je einmal das Lexem «natura», was ein klares Indiz für die zentrale Bedeutung der Natur in Leopardis Denken ist. Zu den möglichen Bedeutungen des Lexems in seiner Verwendung bei Leopardi siehe Domenico Consoli: Leopardi. Natura e società. Roma: Edizioni Studium 1977, 60: Natura kann bedeuten: 1. «natura naturans», 2. «natura naturata», 3. «natura ex parte subiecti (natura di qualche cosa, intesa come tendenza alla vita, come istinto a perpetuarsi)» und 4. «[natura] ex parte obiecti (complesso di tutto ciò che esiste, che per la sua conservazione sacrifica gli elementi di cui è costituito)». 3 Cf. Anna Clara Bova: Illaudabil maraviglia. La contraddizione della natura in Giacomo Leopardi. Napoli: Liguori 2001, die Leopardis Philosophie als Gegenentwurf zum westeuropäischen Empirismus und zum deutschen Idealismus (soweit Leopardi diesen aus Sekundärquellen kennen konnte) analysiert und insbesondere auf den Grundwi‐ derspruch der Natur hinweist, der sich Leopardi zufolge darin manifestiert, «che in natura la massima perfezione coincide con la massima imperfezione» (140), d.h. dass der Mensch als das vollkommenste Geschöpf der Natur zugleich das unglücklichste Geschöpf ist. Einleitung Einen zentralen Stellenwert in Leopardis Werk nimmt die Natur ein. Der gesamte Zibaldone ist durchzogen von Reflexionen zur Natur, von den frühesten bis zu den letzten Einträgen. 1 In zwei Dialogen der Operette morali ist die Natur eine der titelgebenden Dialogpartnerinnen: im Dialogo della Natura e di un’Anima sowie im Dialogo della Natura e di un Islandese; und in einigen anderen Texten des Buches wird die Natur vielfach thematisiert, insbesondere in den Detti memorabili di Filippo Ottonieri und dem Dialogo di Plotino e di Porfirio. In den Canti kommt das Lexem «natura» insgesamt 53-mal vor. 2 Es ist in der Forschung bemerkt worden, dass Leopardis Haltung zur Natur ambivalent ist. 3 So weist Salvatore Natoli darauf hin, dass Leopardi die Natur Die Ambivalenz der Natur und des Todes in Leopardis sepolcrali 271 <?page no="272"?> 4 Salvatore Natoli: «Natura», in: id. / Antonio Prete: Dialogo su Leopardi. Natura, poesia, filosofia. Milano: Mondadori 1998, 130 und 132. Natoli bezieht sich auf folgende Stelle im Zibaldone: «La natura è madre benignissima del tutto, ed anche de’ particolari generi e specie che in esso si contengono, ma non degli individui.» (Zib. 1531, 20. August 1821) Die Unterscheidung zwischen Gattung und Individuum ist hier von höchster Relevanz, da sie den Perspektivwechsel zwischen der Bewertung «benignis‐ sima» und «matrigna» erklärt. Die Bezeichnung der Natur als «matrigna» findet sich z.B. an prominenter Stelle in La ginestra (v.-125). 5 Natoli: «Natura», 132. 6 Natoli: «Natura», 133. sowohl als «matrigna» als auch als «madre benignissima» bezeichnet hat. 4 Die Natur als Prinzip des Werdens und Vergehens, der unablässigen Entstehung und des Zerfalls ist das Grundprinzip des Lebens und als solches positiv. Für den Menschen indes ist die Natur etwas Negatives, da sie seinen Leiden gegenüber gleichgültig ist: La natura è indifferente rispetto a ciò che genera. Ancor più lo è rispetto alla felicità/ infelicità degli uomini. È a questo titolo che Leopardi la può definire matrigna nel momento stesso in cui la dice benignissima. Natura bella e terribile. Soprattutto fredda nei confronti dell’uomo. 5 Das Grundproblem des Menschen in Bezug auf die Gesetze der Natur ist aus Leopardis Sicht, dass er seine eigene Sterblichkeit erkennt und diese gleichwohl nicht akzeptiert: «Sentirsi natura equivale a riconoscersi mortali. Chi si sente natura comprende davvero il lavoro della morte. L’uomo non è un fine. Leopardi questo lo constata ma insieme lo rifiuta.» 6 Vor dem hier skizzierten Hintergrund möchte ich im Folgenden zwei Gedichte der Canti näher betrachten und an ihnen den Zusammenhang zwischen der Natur und dem Tod herausarbeiten. Dabei wird sich zeigen, dass dieser Zusam‐ menhang auch Auswirkungen auf den Stellenwert der Dichtung hat. Leopardis poetisch-philosophische Reflexion über das Verhältnis von Natur und Tod ist, 272 Thomas Klinkert <?page no="273"?> 7 Zum Stellenwert der Poesie in Leopardis philosophischem Denkgebäude siehe z.B. Giorgio Stabile: «Scienza e disincantamento del mondo: poesia, verità, nulla in Leo‐ pardi» [2001], in: id.: L’esperienza della natura. Pensiero scientifico e disincantamento del mondo da Aristotele a Leopardi. A cura di Franco D’Intino [et al.]. Firenze: Sismel - Edizioni del Galluzzo 2023, 413-435. Vor dem Hintergrund der ‹Entzauberung der Welt› (Max Weber) durch Kopernikus, Galilei, Newton und Descartes situiert der Verfasser Leopardis Auffassung von der Poesie als Gegengewicht zu den Verlusten der fortschreitenden Rationalisierung: «Quello di Leopardi, come dicevo, è un processo di restauro e non di mera falsificazione letteraria tanto che, tutto teso al recupero della mentalità primitiva, egli attinge agli antichi ancora viventi, cioè ai fanciulli, anzi l’io fanciullo. La sua analisi della poesia come commercio coi sensi è una vera e propria analitica della sensibilità infantile, che approda a una deduzione delle forme della mentalità primitiva. Il sensismo leopardiano non appare una scelta ideologica precostituita e dottrinaria, ma sembra nascere spontaneo dalla deduzione dei caratteri propri della poesia, come prima forma di appropriazione sensibile del reale. Speculare a questo è la sua ricerca filologica, né pedante né antiquaria, ma febbrile risalita verso le idee primitive dell’umanità, attraverso i segni dei linguaggi, considerati anzitutto come contrassegni di sensazioni sonore, squisitamente foniche, segni di reazioni primitive alle circostanze, e strettamente connesse ai caratteri, ai costumi, ai climi. […] Materiale primario e non artefatto è sia il ricordo, il genio per le memorie della puerizia, sia la natura che si palesa e regna nei putti. Alla notazione del di Breme che ormai smagata, cioè disincantata, è di questa immaginazione favolosa la mente dell’uomo, Leopardi sembra implicitamente rispondere che il ricupero della primitiva esperienza della poesia si pone ormai come terapia dell’esperienza della verità e del nulla» (433; Kursivierungen im Text). Wenn die Funktion der Dichtung ex negativo auf den naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinn und die damit verbundene ‹Entzauberung der Welt› beziehbar ist, dann ist eine Thematisierung der Natur und ihrer Gesetze potentiell ein (zumindest indirekter) metapoetischer Kommentar. 8 Übersetzungen der Canti werden zitiert nach der Ausgabe: Giacomo Leopardi: Canti e Frammenti. Gesänge und Fragmente. Italienisch / Deutsch. Übers. von Helmut Endrulat. Hg. von Helmut Endrulat / Gero Alfred Schwalb. Stuttgart: Reclam [1990/ 1999] 2011. wie zu zeigen sein wird, zugleich eine Reflexion über die Funktion der Dichtung und besitzt somit eine metapoetische Dimension. 7 Das Gedicht, an dem ich meine Überlegungen zum komplexen Bild der Natur bei Leopardi zunächst entwickeln möchte, trägt den Titel Sopra un bassorilievo antico sepolcrale, dove una giovane morta è rappresentata in atto di partire, accommiatandosi dai suoi [Auf ein schlichtes altes Grabrelief, das eine junge Verstorbene zeigt, wie sie beim Fortgehen Abschied nimmt von den Ihren  8 ]. Es wurde zwischen 1831 und 1835 verfasst und erschien 1835 zum ersten Mal in den Canti. In der Ausgabe von 1845 hat es die Nummer XXX. Es steht in einem engen thematischen Zusammenhang mit dem darauf folgenden Gedicht XXXI Sopra il ritratto di una bella donna scolpito nel monumento sepolcrale della medesima [Auf das Bildnis einer schönen Frau, in Stein gehauen auf ihrem Grabmal], Die Ambivalenz der Natur und des Todes in Leopardis sepolcrali 273 <?page no="274"?> 9 Ugo Dotti schreibt zum Verhältnis der beiden «sepolcrali» im Kommentar seiner Ausgabe: «Ambedue per la tematica, il titolo, la struttura metrica, ma soprattutto per il funereo argomento, sono state tradizionalmente considerate come delle canzoni gemelle», auch wenn die Ähnlichkeit der beiden Canzonen in der Forschung mit guten Gründen teilweise in Frage gestellt worden sei; cf. Giacomo Leopardi: Canti. A cura di Ugo Dotti. Milano: Feltrinelli 1993, 124. welches vermutlich zur selben Zeit entstanden ist. 9 Ich werde zunächst Sopra un bassorilievo antico sepolcrale ausführlich analysieren und später ergänzend auf Sopra il ritratto di una bella donna eingehen. 1 Analyse des Gedichts Sopra un bassorilievo antico sepolcrale Der ungewöhnlich lange Titel von Sopra un bassorilievo antico sepolcrale macht deutlich, was im Zentrum des Gedichtes steht, nämlich der Tod - er ist durch die Lexeme «sepolcrale» und «morta» markiert - sowie der mit dem Tod verbundene Abschied von den Nahestehenden, der sich in Gestalt der Verben «partire» und «accommiatar[si]» manifestiert. Damit verbunden ist der künstlerische Akt der Darstellung («rappresentata»), welcher dem antiken Grabrelief zugrunde liegt. Die bildliche Darstellung eines Prozesses der Tren‐ nung, verursacht durch die irreversible Überschreitung der Grenze zwischen Leben und Tod, impliziert einen fundamentalen Gegensatz auf der Ebene der Zeitlichkeit. Der Zusammenhang zwischen Abschiednehmen und Totsein verweist auf die Endlichkeit des menschlichen Lebens und steht somit in Opposition zu der durch das Kunstwerk garantierten langanhaltenden Dauer. Diese semantische Opposition wird in Form einer sich im Kunstwerk manifes‐ tierenden Paradoxie zum Ausdruck gebracht, indem die Tote auf dem Grabbild noch als Lebende dargestellt ist. Die zeitüberwindende Funktion der Kunst wird im Übrigen durch das Adjektiv «antico» unterstrichen, welches einen zeitlichen Abstand zwischen dem poetischen Sprechakt (im Hier und Jetzt des 274 Thomas Klinkert <?page no="275"?> 10 Bezüglich der Frage, ob Leopardi sich auf ein reales Kunstwerk beziehe, besteht keine Einigkeit. So schreibt Fernando Bandini in seinem Kommentar: «Non si conosce l’opera d’arte in questione» (Giacomo Leopardi: Canti. Introduzione, commenti e note di Fernando Bandini. Milano: Garzanti 1988, 263). Enrico Ghidetti verweist auf zwei Kunstwerke, von welchen man vermutet hat, dass Leopardi sich auf sie bezogen haben könnte, nämlich ein Basrelief von Lorenzo Bartolini (1777-1850) in der Kirche San Lorenzo in Florenz und das Grabbild für Clelia Severini von Pietro Tenerani (1789-1869), welches Leopardi in Rom gesehen hat. Ghidetti zufolge ist es wahrscheinlich, dass Leopardi sich auf dieses Grabbild bezieht (Giacomo Leopardi: Canti. A cura di Enrico Ghidetti. Firenze: Sansoni 1988, 274). Die Identifikation des Grabbildes, von dem das Gedicht spricht, mit einem Kunstwerk aus Leopardis Gegenwart wurde von einigen Au‐ toren u.a. deshalb in Abrede gestellt, weil Leopardi das Adjektiv «antico» verwendet; darauf verweist Andrea Campana in seinem Kommentar (Giacomo Leopardi: Canti. Introduzione e commento di Andrea Campana. Roma: Carocci 2014, 421), versucht allerdings den Einwand durch den Hinweis zu entkräften, dass «antico» auch bedeuten könne: «scolpito alla maniera antica» (422). Für die Bedeutung des Gedichtes ist es meiner Einschätzung nach indes irrelevant, auf welches konkrete Kunstwerk Leopardi sich bezieht. Entscheidend ist, dass, selbst wenn das Gedicht durch die Betrachtung eines konkreten Werkes angeregt oder ausgelöst worden sein sollte, die Spuren dieses Realitätsbezugs gelöscht werden, indem das Kunstwerk ‹anonymisiert› wird. Das Adjektiv «antico» impliziert auf jeden Fall eine zeitliche Distanz zwischen dem Sprechzeitpunkt und dem Dargestellten und damit auch die Tatsache, dass das Grabbild diese Distanz (zumindest scheinhaft) zu überwinden vermag, was für die Interpretation des Textes von zentraler Bedeutung ist. Ghidetti (274) verweist auf einen Eintrag im Zibaldone, in dem Leopardi das Adjektiv «antico» als höchst poetisch bezeichnet, da es «idee vaste, e indefinite, e non determinabili e confuse» (Zib. 1789) erwecke. Auch dies spricht dafür, das Gedicht nicht auf ein reales Kunstwerk aus Leopardis Gegenwart zu beziehen. 19. Jahrhunderts) und dem Gegenstand desselben (einem antiken Kunstwerk) markiert. 10 Das Gedicht beginnt unmittelbar mit einer Apostrophe an die auf dem Grabbild dargestellte «bellissima donzella» (v. 3 [«wunderschönes Mädchen»]). Dass es sich hierbei um eine Tote handelt, ist allerdings zunächst am Text selbst gar nicht erkennbar. Man muss als Leser den Zusammenhang zwischen der «giovane morta» des Titels und der «bellissima donzella» per Inferenz herstellen. Erst in v. 18, zu Beginn der dritten Strophe, wird explizit auf den Tod hingewiesen: «Morte ti chiama» [«Dich ruft der Tod»]. Bis dahin aber wird der Tod durch indirektes Sprechen euphemistisch abgeschwächt. Der Sprecher fragt die Tote, wohin sie denn gehe, wer sie fortrufe von ihren Angehörigen, ob sie denn tatsächlich ganz allein das väterliche Haus verlassen wolle und ob sie dorthin eines Tages zurückkehren und dadurch die um sie Trauernden wieder fröhlich stimmen werde. In dieser ersten Strophe (vv. 1-7), die aus lauter Fragen besteht, wird also das Faktum des Todes nicht beim Namen genannt, sondern als Die Ambivalenz der Natur und des Todes in Leopardis sepolcrali 275 <?page no="276"?> Weggang aus dem väterlichen Haus metaphorisiert, wodurch sich die Illusion der Reversibilität des Abschieds einstellt. In der zweiten Strophe (vv. 8-17) wird der Gesichtsausdruck der «don‐ zella» beschrieben, in dem sich widersprüchliche Gemütsverfassungen zu manifestieren scheinen: «animosa» (v. 8 [«entschlossen»]) vs. «mesta» (v. 9 [«traurig»]). Der Sprecher sagt, dass an der Erscheinung des Mädchens nicht genau abzulesen sei, ob sie ihre Wanderung mit einer positiven oder einer negativen Haltung antrete. Diese Unentscheidbarkeit bezieht der Sprecher im dritten Satz dieser zweiten Strophe auf sich selbst. Ihm sei es nicht möglich zu sagen, ob diese junge Frau als glücklich oder unglücklich zu bezeichnen sei. Diese Unschlüssigkeit gilt nicht nur für den Sprecher, sondern sie wird verallgemeinert; es handle sich um ein auf der Welt bislang noch nicht gelöstes Rätsel («né forse al mondo | s’intese ancor», vv. 14sq. [«und auf Erden will man’s vielleicht auch nicht wissen»]). Geradezu schockartig wird zu Beginn der dritten Strophe (vv. 18-26) dann das bisherige Verschweigen des Todes, um den es von Beginn an ja geht, beendet, und zwar mit dem in Anfangsposition stehenden Substantiv «Morte». Der Satz «Morte ti chiama» (v. 18) antwortet auf die in v. 1 gestellte Frage «chi ti chiama» [«Wer ruft dich»], und es wird sodann die besonders grausame und schmerzvolle Natur dieses Todes hervorgehoben, indem der ungebührliche Zu‐ sammenfall von Beginn und Ende des Lebens bei dem jung verstorbenen Mäd‐ chen benannt wird: «al cominciar del giorno | l’ultimo istante» (vv. 18sq. [«beim ersten Tagesschimmer | das letzte Lebwohl»]). Diese dritte Strophe beantwortet alle in der ersten Strophe gestellten Fragen mit unerbittlicher Eindeutigkeit und zerstört damit die zu Beginn noch scheinbar offengehaltene Möglichkeit einer Rückkehr. Das Mädchen wird nie wieder nach Hause zurückkehren, ihre Angehörigen sind für immer von ihr verlassen worden, der Ort, an den sie sich begeben muss, wird fortan ihr ewiger Aufenthaltsort sein. Diese unabweisbaren, harten Fakten werden sodann erneut auf ihre Bewertbarkeit befragt, wobei sich eine doppelte Perspektive eröffnet, nämlich die des Mädchens selbst - vielleicht, so der Sprecher, sei sie ja glücklich - und die des Betrachters, der, wenn er darüber nachdenke, was er da erblicke, seufzen müsse, also emotional ergriffen sei und Mitleid mit dem Schicksal dieser jungen Toten empfinde. In der vierten Strophe (vv. 27-43) vertieft der Sprecher die von ihm gestellte Frage nach der Bewertung des Todes, indem er eine These aufstellt, die da lautet: Es wäre wohl besser, man wäre niemals geboren («Mai non veder la luce | era, credo, il miglior.», vv. 27sq. [«Niemals das Licht zu schauen | wär wohl das beste»]). Diese These wird nun allerdings - gewissermaßen in Form eines poetischen Einspruchs - durch eine weit ausgreifende syntaktische Kon‐ 276 Thomas Klinkert <?page no="277"?> 11 Cf. etwa die programmatisch am Beginn der Operette morali platzierte Storia del genere umano und dazu die Analyse in Thomas Klinkert: Literarische Selbstreflexion im Medium der Liebe. Untersuchungen zur Liebessemantik bei Rousseau und in der europäischen Romantik. Freiburg i.Br.: Rombach 2002, 233-237. struktion (vv. 28-43) relativiert. Wenn man nun schon einmal geboren sei und dann aber in der Zeit der Jugend, in der die Schönheit sich in einem Menschen entfalte und Bewunderung erwecke, sich so wie der Dampf in den Wolken auflösen müsse, als wäre man kaum dagewesen, und die einem eigentlich zugedachten künftigen Tage seines Lebens gegen das dunkle Schweigen des Grabes eintauschen müsse, dann, so der Sprecher, ergebe sich ein Widerspruch zwischen Verstand und Gefühl: Dem Verstand («intelletto», v. 41) möge dieser frühe Tod als ein glückliches Ereignis erscheinen, dem Gefühl («il petto», v. 43 - im den semantischen Gegensatz durch lautliche Ähnlichkeit markierenden Reim zu «intelletto») dagegen als etwas Mitleiderweckendes. Der Grund, weshalb die Bewertung des Todes durch den Verstand positiv erscheint, hängt mit der für Leopardi charakteristischen Auffassung zusammen, dass der Mensch Glück nur in Form von illusionärer Hoffnung empfinden kann und dass Hoffnung der Lebensphase der Kindheit zugewiesen ist, welche im Gegensatz steht zur Des‐ illusionierung im Erwachsenenalter, durch Erkennen der bitteren Wahrheit. 11 Rational betrachtet ist der Tod positiv, weil er den Menschen von seinen konstitutiv unheilbaren Leiden befreit. Diese Wahrheit wird nun in der fünften Strophe (vv. 44-54) erstmals deutlich thematisiert und programmatisch mit der Natur in Verbindung gebracht. Erneut verwendet der Text hier die Redeform der Apostrophe, wie schon in den Strophen-1 und 2, wobei der Adressat der Apostrophe jetzt die Natur selbst ist, die als eine grausame Mutter bezeichnet wird, die gebiert und nährt, um zu töten: «che per uccider partorisci e nutri» (v.-47 [«die uns gebiert und ernährt, um uns zu töten»]). Textstrukturell besteht somit ein Äquivalenzverhältnis zwischen der toten «donzella» und der Natur, also zwischen Natur und Tod; beide werden vom Sprecher des Textes apostrophiert. Das Äquivalenzverhältnis wird verbunden mit einer metonymischen Relation: Die Natur ist die Urheberin des Todes. Die bislang ungeklärte Frage, ob der Tod ein Schaden («danno», v. 48) oder etwas Gutes («ben», v. 51) sei, wird hier erneut aufgegriffen und in ihrer Widersprüchlichkeit an die Natur direkt zurückverwiesen. Der Sprecher fragt diese vorwurfsvoll, warum sie denn, wenn der Tod schädlich sei, zulasse, dass er Unschuldige treffe und umgekehrt, wenn er etwas Gutes sei, warum dann eine so schmerzvolle Trennung zwischen den Sterbenden und den Zurückbleibenden erfolgen müsse. Mit anderen Worten: Der Tod wird als Die Ambivalenz der Natur und des Todes in Leopardis sepolcrali 277 <?page no="278"?> ein aporetisches Phänomen beschrieben, für das die Natur als letzte Urheberin verantwortlich gemacht wird. Daraus leitet sich dann der in der sechsten Strophe (vv. 55-74) entwickelte Gedanke ab, wonach das Menschengeschlecht dem Elend ausgesetzt sei, wo auch immer man hinschaue («Misera ovunque miri», v. 55 [«Elend, wohin du schaust»]). Wiederaufgegriffen wird hier der in v. 33 schon angeklungene Gedanke der illusionierenden Hoffnung, die im Gegensatz zum unheilvollen Blitz der Wahrheit steht («i lúgubri suoi lampi il ver baleni», v. 35 [«die düsteren Blitze aufleuchten läßt die Wahrheit»]). Auch hier ist es die Natur, welche dafür verantwortlich gemacht wird, dass die jugendliche Hoffnung enttäuscht werden müsse. Diese Enttäuschung ist dem zeitlichen Ablauf des Lebens als ein grundlegendes Gesetz eingeschrieben. Das Durchlaufen der Jahre bringe unausweichlich Leiderfahrungen mit sich. Auffällig ist der Binnenreim zwischen «affanni» (v.-60 [«Ängste»]) und «anni» (v.-61 [«Jahre»]), der diesen Zusammenhang auch auf der Lautebene hervorhebt. Der Tod nun sei der einzige Schutzschild gegen die Übel. Dies sei ein von der Natur dem menschlichen Leben vorgegebenes «unwandelbares Gesetz» («immutata legge», v.-63). Daran schließt der Sprecher nun wieder eine kummervolle Frage an, die er an die Natur richtet: Warum habe sie denn nicht dafür gesorgt, dass, wenn schon das Leben ein mühevoller Weg sein müsse, nicht wenigstens das Ziel dieses Weges als ein freudiges Ereignis erlebt werden könne? Anders gesagt: Wenn der Tod die einzige Erlösung von den Leiden des Lebens ist, warum muss er dann in schwarze Kleider gehüllt sein und den Menschen als Bedrohung vor Augen stehen? Hier kommt es zu einer zeitlichen Verdichtung von Gegenwart und Zukunft, einer Überlagerung von Weg und Ziel, denn der Tod als mit Sicherheit vorgegebenes, in der Zukunft liegendes Ereignis ist in der Gegenwart des Lebens immer schon da: «colei | che per certo futura | portiam sempre, vivendo, innanzi all’alma» (vv. 66-68 [«dieses, | das mit Gewißheit naht | und das wir im Leben immer im Herzen tragen»]). Dies bedeutet also, dass die Menschen die Gegenwart ihres Lebens als von der Zukunft des Todes beherrscht wahrnehmen und, weil der Tod selbst als eine leidvolle Erfahrung erlebt wird, dieses stets vor Augen stehende Ende nicht als Befreiung oder Erlösung von den Mühen und Kümmernissen des Lebens freudig erwarten können. Eine solche Haltung steht christlichen Erlösungshoffnungen diametral entgegen. Leopardis Welt ist eine Welt ohne Gott und ohne Jenseitshoffnung, eine Welt, in der einzig die unerbittlichen Gesetze der Natur gelten, welche indifferent gegenüber 278 Thomas Klinkert <?page no="279"?> 12 Zur Frage nach dem Stellenwert Gottes in Leopardis Denken cf. Natoli: «Natura», der einerseits vom ‹Tod Gottes› spricht («Quando Leopardi scrive si è già entrati nel clima della morte di Dio», 122), andererseits auf Stellen verweist, aus denen man ableiten könne, dass für Leopardi Gott als Potentialität und Kontingenz existiere, die jedoch in letzter Konsequenz mit dem Nichts koinzidiere: «Dacché nulla si può affermare con necessità, per la medesima ragione nulla si può negare. Proprio per questo Dio resta, nonostante tutto, possibile. Il divino sboccia dall’imponderabilità del mondo. Da questo punto di vista Dio è lo spazio dell’assoluta contingenza, esiste come il nulla della provenienza. Ma il nulla della provenienza non è che la cifra della precarietà dell’essere. Se così è, Dio e il nulla sono paradossalmente il medesimo» (128; Kursivierung im Text). menschlichem Leid sind. 12 Auf diese Überzeugung läuft auch das vorliegende Gedicht hinaus, wie nun weiter zu demonstrieren sein wird. In der siebten und letzten Strophe - es ist mit 35 Versen die längste des gesamten Gedichts (vv. 75-109) - wird die Unterscheidung zweier Perspektiven in Bezug auf den Tod wieder aufgegriffen: der Perspektive der Sterbenden und der der Hinterbliebenen. Die entscheidende Differenz dieser beiden Perspek‐ tiven besteht darin, dass die Hinterbliebenen die Verstorbenen um ihr Schicksal beneiden: «certo ha chi more invidiabil sorte | a colui che la morte | sente de’ cari suoi» (vv. 79-81 [«so wird doch das Schicksal des Sterbenden noch beneiden | jener, der das Scheiden | seiner Liebsten beweint»]). Dies erklärt sich dadurch, dass der Tod den Vorteil bietet, dass man nicht mehr leiden muss. Das gilt jedoch nur für die Verstorbenen, nicht aber für diejenigen, die mit den Verstorbenen in enger persönlicher Verbindung standen. Diese Gegensätzlichkeit wird vom Sprecher weiter ausgeführt: In einem erneut sehr langen syntaktischen Gefüge (vv. 81-97) stellt er seiner persönlichen Überzeugung, wonach ‹das Leben ein Unglück, das Sterben eine Gnade› sei («il vivere è sventura, | grazia il morir», vv. 83sq.), die Überlegung entgegen, dass es für die Menschen keine sinnvolle Option sein könne, den ihnen Nahestehenden den Tod zu wünschen, weil dieser bedeute, dass man als Hinterbliebener ‹einen Teil seiner selbst verliere› («scemo | rimaner di se stesso», vv. 87sq.). Hier wird die Perspektive enger zwischenmenschlicher Beziehungen eingenommen. Es geht um geliebte Personen, mit denen man viele Jahre zusammengelebt hat und die zu verlieren den Charakter des Unwiederbringlichen besitzt, weil es ja keine Hoffnung auf ein Wiedersehen gibt («e dire a quella addio senz’altra speme | di riscontrarla ancora | per la mondana via», vv. 92-94 [«de[m] Menschen […] | Lebwohl sagen, ohne daß man Hoffnung sich machte, | ihm wiederzubegegnen | auf dornigem Lebenspfade»]). Infolgedessen sieht sich der Hinterbliebene als «solitario ab‐ bandonato in terra» (v. 95 [«vereinsamt, verlassen auf Erden verbleiben»]), der allenthalben durch die Erinnerung auf den erlittenen Verlust verwiesen wird. Diese Situation ist für Menschen schwer zu ertragen, weshalb der Sprecher auch Die Ambivalenz der Natur und des Todes in Leopardis sepolcrali 279 <?page no="280"?> an die von ihm apostrophierte Natur seine Klage richtet, indem er sie fragt, wie sie es nur übers Herz bringen könne, Freunde, Geschwister, Eltern und Kinder sowie Liebende voneinander zu trennen. Diese Frage wird zweimal gestellt und dabei variiert: Einmal geht es um die konkrete Trennung, die ins Bild gesetzt wird durch das Syntagma «strappar dalle braccia» (v. 99 [«aus den Armen zu reißen»]), also das Bild einer physischen Trennung, eines Auseinanderreißens von Menschen, die einander sehr nahe stehen. Sodann wird diese Trennung auf ein höheres Abstraktionsniveau gebracht, indem der Sprecher die Natur fragt, warum sie es denn notwendig gemacht habe, dass die Menschen den Schmerz ertragen müssten, länger zu leben als Menschen, die sie geliebt haben. Obwohl es in beiden Fällen jeweils um den Schmerz des Überlebenden geht, der den Verlust eines geliebten Menschen zu beklagen hat, zeigt sich doch eine Komplementarität der Perspektiven in diesen beiden Fragen an die Natur, insofern es in der ersten Frage um den Gestus des Entreißens geht («strappar dalle braccia») und damit der Akzent auf den Verlust gelegt wird, während in der zweiten Frage der Fokus auf dem Überleben liegt: «che sopravviva amando | al mortale il mortal» (vv. 106sq. [«daß den Menschen der Mensch mit Liebe im Herzen | überlebt»]). Verlust und Überleben gehören zusammen wie zwei Seiten einer Medaille und sind Grundlagen des Schmerzes. Dies gilt aber nur für die Perspektive der Menschen. Obwohl weite Teile des Textes angelegt sind als ein Dialog des Sprechers mit der Natur, erweist es sich am Ende, dass die Natur an diesem Dialog gar nicht teilnimmt, weil sie gegenüber den Kümmernissen der Menschen indifferent ist: «Ma da natura | altro negli atti suoi | che nostro male o nostro ben si cura» (vv. 107-109 [«Doch Natur | ist beschäftigt mit anderen Dingen. | Unser Wehe und Wohl langweilt sie nur»]). 2 Der philosophisch-epistemische Gehalt Mit diesem Schlusssatz des Gedichts wird eine philosophische Grundüberzeu‐ gung Leopardis zum Ausdruck gebracht, die er auch in anderen Texten formu‐ liert hat. Dies gilt insbesondere für den Dialogo della Natura e di un Islandese aus den Operette morali. In diesem 1824 verfassten Dialog fragt die Natur den Isländer, der eigentlich auf der Flucht vor ihr ist, ihr aber unversehens begegnet und ihr gegenüber den Vorwurf erhebt, sie sei die Feindin der Menschen, der anderen Lebewesen und aller ihrer Geschöpfe: «Immaginavi tu forse che il mondo fosse fatto per causa vostra? » [«Hast du dir etwa eingebildet, die Welt 280 Thomas Klinkert <?page no="281"?> 13 Giacomo Leopardi: Operette morali. Introduzione, note e commenti di Paolo Ruffilli. Milano: Garzanti 1984, 127. Übersetzungen aus den Operette werden zitiert nach der Ausgabe: Giacomo Leopardi: Opuscula moralia oder Vom Lernen, über unsere Leiden zu lachen. Operette morali. Ausgesucht und übers. von Burkhart Kroeber auf Basis der Erstübersetzung von Paul Heyse. Berlin: Die Andere Bibliothek 2017, 138. 14 Zu Leopardis Kenntnis der modernen Naturwissenschaften cf. Gaspare Polizzi: Leopardi e «le ragioni della verità». Scienze e filosofia della natura negli scritti leopardiani. Roma: Carocci 2003. sei für euch geschaffen worden? »] 13 Sie erklärt dem Isländer, dass sie bei ihren Handlungen überhaupt nicht in Betracht ziehe, ob diese den Menschen glücklich oder unglücklich machten. Hier wird also ein Naturbild entworfen, welches völlig abgetrennt ist von den Wünschen und Bedürfnissen der Menschen. Es ist sicherlich kein Zufall, dass in den 1820er und 1830er Jahren die neu‐ esten Erkenntnisse der Naturwissenschaften, wie sie sich besonders prominent 1830 in Paris im öffentlich geführten Disput zwischen Cuvier und Geoffroy Saint-Hilaire über die Funktion der Kiemendeckel der Fische äußerten, eine herkömmliche Auffassung vom Menschen als dem höchsten vom Schöpfer nach seinem Bild geschaffenen Lebewesen zunehmend als Ausdruck eines kindlichen Wunschdenkens erscheinen ließen. Es ist bemerkenswert, dass Leopardi, der sich auch für die wissenschaftlichen Entwicklungen seiner Zeit interessierte, dabei aber einen wichtigen Unterschied zwischen wissenschaftlicher und poeti‐ scher Erkenntnis machte, in seiner Analyse des Verhältnisses zwischen Mensch und Natur zu Schlussfolgerungen kommt, die mit den Erkenntnissen der Wis‐ senschaft zumindest nicht inkompatibel sind. 14 In einem Eintrag des Zibaldone vom 9.-Dezember 1826 schreibt er, dass es natürlich für den Menschen sei, sich in seiner Schwäche und Verletzbarkeit eine ihm selbst überlegene Intelligenz und Autorität vorzustellen, ja diese zu fingieren und sie in eine Person, wie zum Beispiel den eigenen Vater oder einen Heerführer, zu projizieren. Ebenso projiziere der Mensch das Bild eines allmächtigen und gütigen Gottes, der sich um alle unsere Angelegenheiten kümmere und auf dessen Providenz wir uns verlassen könnten. Diese Vorstellung sei aber Ausdruck eines blinden Glaubens an die höhere Autorität, die höhere Weisheit und die höhere Fürsorglichkeit von anderen (cf. Zib. 4229-4231). An einer anderen Stelle des Zibaldone proble‐ matisiert Leopardi die Auffassung, wonach man aus der Beobachtung, dass viele Erscheinungen der Natur gut funktionierten, schlussfolgern könne, die Natur sei von einer höheren Intelligenz - also einem Gott - geschaffen worden. Dem stellt Leopardi die Beobachtung entgegen, dass zahllose Erscheinungen der Natur nicht gut funktionierten, und zwar zum Schaden aller Geschöpfe. Während man aber aus der ersten Beobachtung ohne Umstände auf die Existenz eines guten Gottes schließen zu können glaube, blockiere man die gegenteilige Die Ambivalenz der Natur und des Todes in Leopardis sepolcrali 281 <?page no="282"?> 15 Zu Leopardi und Rousseau cf. Susanne Koopmann: Studien zur verborgenen Präsenz Rousseaus im Werk Giacomo Leopardis. Tübingen: Stauffenburg 1998, sowie Bova: Illaudabil maraviglia, 31-59, und Tommaso Tarani: Il velo e la morte. Saggio su Leo‐ pardi. Firenze: Società editrice fiorentina 2011, 137-218 (Kap. «Leopardi, Rousseau e la ‹doppia semantica›»). Schlussfolgerung, die sich aus der zweiten Beobachtung mit gleicher Logik ergebe, indem man die schlecht funktionierenden Dinge als unergründliche Rätsel bezeichne. Dabei sei es aber genauso gerechtfertigt zu postulieren, dass das vermeintlich Gute ebenfalls rätselhaft sei, und somit daran zu zweifeln, dass man daraus auf die Existenz eines guten und gütigen Gottes schließen dürfe (cf. Zib. 4248, 18. Februar 1827). Der christliche Gottesglaube wird also von Leopardi einer fundamentalen Kritik unterzogen, er erscheint als Kinderglaube und als auf einer widersprüchlichen Logik beruhende Hypothese. Hatte der junge Leopardi im Jahr 1820 noch die Auffassung vertreten, Gott sei identisch mit der Natur, und eine Äquivalenz zwischen Gott und Natur im Hinblick auf Perfektion postuliert, die er der Anmaßung der Menschen gegenüberstellte, welche das Werk des Schöpfers verbessern wollten, und dies mit dem rousseauistischen Argument 15 untermauert, wonach jede Veränderung, die der Mensch an Gottes Werk vornehme, nichts anderes sein könne als eine «corruzione» (cf. Zib. 393sq., 9.-15. Dezember 1820), so rückt er später von dieser traditionellen Vorstellung einer guten Natur und eines gütigen Schöpfergottes vollkommen ab. Ein Zeugnis dieser Abkehr ist das hier behandelte Gedicht aus den Canti. Die bisherige Analyse des Gedichtes hat gezeigt, dass der Text auf pro‐ positionaler Ebene eine Grundfrage der menschlichen Existenz diskutiert, nämlich die Frage nach dem Sinn des Todes. Diese Frage lässt sich gegensätz‐ lich beantworten, je nachdem ob man die Perspektive der Toten oder die der Hinterbliebenen einnimmt. Man kann den Tod auf der Grundlage der Auffassung, wonach das Leben etwas fundamental Negatives sei, als etwas Positives interpretieren, weil es der Negativität des Lebens Einhalt gebietet. Diese Auffassung wird im Gedicht deutlich markiert: «Mai non veder la luce | era, credo, il miglior» (vv. 27sq. [«Niemals das Licht zu schauen | wär wohl das beste»]), und sie wird als eine rationale, mit dem «intelletto» zusammen‐ hängende Auffassung für zulässig erklärt. Allerdings steht dieser Auffassung eine gegenteilige, aus dem Gefühl der zwischenmenschlichen Verbundenheit entsprungene entgegen, die den Tod als einen unerträglichen, schmerzvollen Eingriff der Natur in das menschliche Leben betrachtet. Der Tod ist somit einer grundlegend ambivalenten Perspektive unterworfen. Auf der pragmatischen Ebene des Gedichts manifestiert sich die zweite Position in den insistierenden Apostrophen an die Natur als Ausdruck der Ver‐ 282 Thomas Klinkert <?page no="283"?> zweiflung des Sprechers angesichts der durch den Tod verursachten schmerz‐ vollen Erfahrungen. Wiederholt artikuliert dieser Sprecher seine emotionale Betroffenheit und sein Unverständnis gegenüber der Unerbittlichkeit der Natur. Diese Apostrophen besitzen einen starken Appell-Charakter, so als wollten sie die Natur zu einer Stellungnahme, wenn nicht sogar einer Verhaltensänderung, bewegen. Mit dem letzten Satz des Gedichts allerdings wird klar, dass das Problem des Todes aus der Sicht des Menschen unlösbar bleibt, weil die Natur entgegen der überkommenen Vorstellung einer Providenz überhaupt kein Interesse am Menschen hat - Mensch und Natur sind vollkommen getrennt, so wie auch die Lebenden von den Toten getrennt sind. 3 Die metapoetische Dimension Nun ist in Betracht zu ziehen, dass Leopardi die philosophischen Argumente im Medium der Poesie formuliert. Das Gedicht hat zwar einen propositionalen Gehalt, den man auch in die Form eines philosophischen Traktats bringen könnte. Dass Leopardi dies aber gerade nicht tut, sondern die Gedichtform wählt, soll nun in die Interpretation mit einbezogen werden. Um dies zu tun, möchte ich noch einmal an den Ausgangspunkt des Textes zurückkehren, näm‐ lich die Tatsache, dass es sich um eine von der Betrachtung eines Kunstwerks ausgelöste Sprechsituation handelt. Ein poetischer Sprechakt situiert sich hier also gegenüber einem Werk der bildenden Kunst, welches den Abschied der Hinterbliebenen von einer Verstorbenen darstellt und somit dieses Abschieds, also des Todes und der dadurch ausgelösten Trauer, gedenkt. Es geht funda‐ mental also um Totengedächtnis. Niemand wüsste mehr von der Verstorbenen und der Trauer ihrer Angehörigen, wenn es nicht das Kunstwerk gäbe, das als Gedächtniszeichen sowohl an das verlorene Leben als auch an die Trauer der Hinterbliebenen erinnert. Kunst kann also die Gesetze der Zeit und der Endlichkeit des menschlichen Lebens überwinden, und sie bietet Möglichkeiten für Anschlusskommunikationen, auch zwischen den Künsten. Indem Leopardi in seinem Gedicht nicht einfach direkt den Tod thematisiert, sondern ein schon vorhandenes, wenngleich im Text nicht näher identifiziertes Kunstwerk betrachtet und von diesem ausgehend seine Überlegungen über den Tod und die Natur formuliert, lässt er dieses Gedicht auch zu einem metapoetischen Text werden. Nun ist wichtig hervorzuheben, dass diese metapoetische Dimension des Textes als Kunstwerk über ein Kunstwerk nur dadurch erkennbar ist, dass der Text einen Titel aufweist. Nichts weist im Gedicht selbst darauf hin, dass hier ein «bassorilievo antico sepolcrale» betrachtet wird. Allein der Titel Die Ambivalenz der Natur und des Todes in Leopardis sepolcrali 283 <?page no="284"?> 16 Cf. hierzu Niklas Luhmann: Die Kunst der Gesellschaft. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1995, 94, wo Beobachtung zweiter Ordnung verstanden wird als «Beobachtung von Beobachtungen». Übertragen auf Leopardis Gedicht bedeutet das, dass der Leser beobachtet, wie der Sprecher des Gedichtes ein Kunstwerk beobachtet. erzeugt somit jenen Rahmen, innerhalb dessen erkennbar wird, dass es sich um einen metapoetischen Text handelt. Liest man den Text ohne Berücksichtigung des Titels, so hat man den Eindruck, er würde direkt auf die beschriebenen Sachverhalte referieren; bezieht man ihn dagegen auf den Titel, so wird deutlich, dass er ein Kunstwerk bespricht, welches seinerseits auf den Sachverhalt des Todes und seine widersprüchliche Bewertung verweist. Durch den Titel entsteht somit eine Beobachtung zweiter Ordnung. 16 Daraus ergibt sich, dass Leopardis Gedicht nicht nur als philosophische Aussage über das Verhältnis von Mensch, Tod und Natur zu lesen ist, sondern dass es auch implizite Aussagen über die Funktion der Kunst bzw. der Poesie enthält. Die metapoetische Reflexion erfolgt einerseits durch die genannte Be‐ obachtung zweiter Ordnung, andererseits durch die Performativität des poetischen Sprechakts und seine formale Gestaltung. Der Sprechakt, wel‐ cher, wie beschrieben wurde, aus Apostrophen besteht und dadurch in sich ebenfalls gedoppelt ist - adressiert werden einerseits die «giovane morta» [«junge Verstorbene»] und die Natur, andererseits das anonyme Lese‐ publikum -, erzeugt den Eindruck von Präsenz und Unmittelbarkeit. Vom ersten Vers an wird die Adressatin direkt angesprochen, so als wäre sie im Wahrnehmungsbereich des Sprechers anwesend und als vollzöge sich der Abschied im Hier und Jetzt. Dies wird markiert durch das Präsens («vai», «chiama», «abbandoni» [«gehst», «rufst», «verläßt»]), durch die Be‐ zeichnung der Angesprochenen als «bellissima donzella» [«wunderschönes Mädchen»] ebenso wie durch die Verwendung von deiktischen Elementen («queste», «oggi» [«dieser», «heute»]). In einem für poetische Texte charakte‐ ristischen performativen Gestus erzeugt der Text den Eindruck einer sinnlich wahrnehmbaren Präsenz des dargestellten Gegenstandes. Diese Präsenz ist Effekt der durch den Sprechakt suggerierten Kopräsenz von Sprecher und besprochener Welt. Diese Strategie steht im Gegensatz zu der tatsächlichen Abwesenheit der Toten, die im Text einerseits durch die Thematisierung des Todes ab v. 18 in den Vordergrund rückt und andererseits durch die im Titel vorgegebene Rahmung deutlich markiert wird. Wenn man allgemein sagen kann, dass Sprechakte die Potenz besitzen, Abwesendes oder gar Nichtexistentes anwesend zu machen, und dass poetische Sprechakte durch ihren fiktionalen Charakter dieses Prinzip auf die Spitze treiben, dann kann man erkennen, dass Leopardi in seinem Gedicht diese grundlegende Eigenschaft poetischer 284 Thomas Klinkert <?page no="285"?> Sprechakte bloßlegt. Er benennt zunächst den Gegenstand seines Gedichts als etwas unwiederbringlich Abwesendes, ein verstorbenes Mädchen, um sodann diese tatsächliche Abwesenheit durch die Präsenzsimulation des poetischen Sprechakts spektakulär zu widerrufen. Der künstlerische Text kann also in besonders suggestiver Art und Weise Abwesendes anwesend machen. Damit steht er in einem Gegensatz zur bitteren Realität des Todes, von der Leopardis Gedicht handelt und gegen die es Einspruch erhebt. Diese Diskrepanz zwischen dem poetischen Text und seinem Gegenstand kommt auch an anderer Stelle zum Tragen, wie ich kurz verdeutlichen möchte. In der vierten Strophe (vv. 27-43) wird zunächst in sehr knapper Form eine äußerst pessimistische, ja geradezu nihilistische Überzeugung zum Ausdruck gebracht: Es wäre besser, niemals geboren zu sein. Dieser Aussage wird dann allerdings im restlichen Teil dieser Strophe auf eindrucksvolle Art und Weise widersprochen. Dabei zieht Leopardi verschiedene Register der poetischen Rede. Er verwendet Personifikationen und Metaphern, indem er von der «reina bellezza» (v. 29) spricht, der Königin Schönheit, die sich in den Gliedern und im Antlitz eines jungen Menschen entfaltet und bewirkt, dass die ganze Welt, «il mondo» (v. 31), sich vor ihr aus der Ferne verbeugt. Die Verbindung von Schönheit und Jugend wird hier transformiert in das Bild einer Majestät, die über die ganze Welt die Herrschaft besitzt. Sodann verwendet Leopardi die Metaphern des Blitzes der Wahrheit (v. 35), der die jugendlichen Illusionen zerstört, und der Auflösung des Dampfes in den Wolken (vv. 36-38), welche für den Tod steht. Diese Metaphern sind eingebettet in eine komplexe hypotak‐ tische Satzkonstruktion, innerhalb derer sie verschiedene, relativ autonome Sinninseln bilden, deren Zusammenhang man erst a posteriori begreift, weil die Partizipial- und Infinitivkonstruktionen erst in v. 41 durch das rückver‐ weisende «questo» resümierend erfasst werden und ihnen eine doppelte und gegensätzliche Bewertung zugeschrieben wird. Gesagt wird, dass der Verlust des Lebens im Moment des jugendlichen Aufblühens der Schönheit zwar rational begrüßt, emotional aber bedauert werden müsse. Die Metaphern, durch die dieses jugendliche Aufblühen der Schönheit und ihr plötzlicher Verlust durch den Tod bezeichnet werden, verlangsamen in ihrer Heterogenität und syntaktischen Komplexität den Rezeptionsprozess und lenken damit den Blick auf die metaphorisch evozierten Sachverhalte, machen diese also sinnlich wahrnehmbar und unterstreichen somit performativ die am Schluss der Strophe getroffene Aussage, wonach der Verlust jugendlicher Schönheit durch den Tod auf der emotionalen Ebene Mitleid erwecken müsse. Die Ambivalenz der Natur und des Todes in Leopardis sepolcrali 285 <?page no="286"?> 4 Ergänzende Betrachtung von Sopra il ritratto di una bella donna Unmittelbar nach Sopra un bassorilievo antico sepolcrale folgt das Gedicht Sopra il ritratto di una bella donna scolpito nel monumento sepolcrale della medesima. Dieses greift die Thematik des ersten Gedichts erneut auf und entwickelt eine komplementäre Perspektive darauf. Im Gegensatz zu dem ersten Gedicht wird in diesem das Faktum des Todes sofort explizit genannt: «Tal fosti: or qui sotterra | polve e scheletro sei» (vv. 1sq. [«So warst du. Hier unter der Erde | bist du nun Staub und Gebein»]). Das initiale deiktische «Tal» verweist auf das im Titel des Gedichtes genannte Porträt der verstorbenen Frau, welches sich auf ihrem Grabmal befindet. Im Gegensatz zu Sopra un bassorilievo sepolcrale wird hier also mittels der Deixis von Beginn an ein klar erkennbarer Bezug zwischen dem Text des Gedichtes und dessen Titel hergestellt. Der Text entwirft einen deutlichen Gegensatz zwischen der auf dem Bild dargestellten vergangenen Schönheit («scorsa beltà», v. 7) und der jetzigen Materialität des Todes, welche sich durch «ossa» und «fango» (v. 2 [«Knochen und Moder»]) manifestiert. Das Bild wird bezeichnet als «simulacro» (v. 6), d.h. es besitzt scheinhaften Charakter, es ist ein Trugbild, welches eine Wirklichkeit vor Augen stellt, die es längst nicht mehr gibt. Betont wird die Vergeblichkeit des durch das Bild unternommenen Versuches, die «scorsa beltà» der Verstorbenen festzuhalten: «Su l’ossa e il fango | immobilmente collocato invano» (vv.-2 sq. [«Über Knochen und Moder | steht regungslos, vergeblich in Stein gehauen»]). Diese Vergeblichkeit wird allerdings relativiert durch die dem «simu‐ lacro» zugeschriebene Funktion, Wächterin der Erinnerung und des Schmerzes zu sein («di memoria solo | e di dolor custode», vv. 5sq. [«die Erinnerung zu achten | und den Kummer»]). Damit greift das Gedicht Sopra il ritratto di una bella donna konzeptuell den Gegensatz zwischen objektiver Materialität des Todes als eines unhintergehbaren, von den Gesetzen der Natur vorgegebenen Faktums und der subjektiven Perspektive der trostbedürftigen Menschen wieder auf. Dieser Gegensatz wird sodann asymmetrisch weiter entfaltet, indem von vv. 7-17 die einstige sinnliche Schönheit der Verstorbenen, wie das Grabbild sie vor Augen stellt, situativ ausgemalt wird, indem topische Elemente weiblicher Schönheit (der «dolce sguardo» [«süße Blick»], die Lippen, der Hals, die Hand und die Brust) benannt und mit Wirkungen verbunden werden, welche sie, wie der Sprecher vermutet, typischerweise gehabt haben. Der Blick lässt den Angeblickten erzittern, aus den Lippen scheint die Lust hervorzuquellen, der Hals ist «cinto | già di desio» (vv. 11sq.), die Hand lässt Hände, die sie berührt, erkalten und die Brust lässt denjenigen, der sie anblickt, erblassen. Dieser Aufzählung von Topoi der Liebesdichtung stellt das Gedicht am Ende der ersten 286 Thomas Klinkert <?page no="287"?> Strophe zwei lapidare Sätze entgegen, welche mit «fango» und «ossa» den Beginn des Textes lexikalisch wieder aufgreifen: «or fango | ed ossa sei: la vista | vituperosa e trista un sasso asconde» (vv. 17-19 [«Nun bist du | Moder und Gebein. Den Anblick, | schmachvoll und traurig, verdeckt ein Stein»]). Damit wird die ausgehend von der Betrachtung des Grabbildes durch den Sprecher entworfene Evokation der sinnlich erotischen Schönheit der auf diesem Bild dargestellten «bella donna» [«schönen Dame»] schlagartig annulliert. Und dennoch ist dabei auch zu bedenken, dass diese Schönheit durch den Text des Gedichts im Präsens beschrieben wird und damit als auf der sprachlichen Ebene ebenso real und manifest erscheint wie die konstatierte Endgültigkeit des Todes. Es zeigt sich somit, dass zwischen dem propositionalen Gehalt des Textes und der durch diesen in Gang gesetzten, sprachlich induzierten Wahrnehmung ein fundamentaler Gegensatz besteht. Das Gedicht beruht insgesamt auf der klar markierten semantischen Oppo‐ sition zwischen Leben, Schönheit, sinnlicher Lust auf der einen Seite und Zerfall, Knochen und Erde auf der anderen Seite. Dieser Gegensatz wird vermittelt durch die Präsenz des Grabbildes, welches ja überhaupt erst die Möglichkeit bietet, über den Gegensatz nachzudenken. Die binäre Opposition zwischen Leben und Tod wird durch das Grabbild zu einer ternären Relation ausgebaut. Die künst‐ lerische Gestaltung der Schönheit der Verstorbenen auf dem Grabmal vermittelt zwischen Leben und Tod und zwischen Gegenwart und Vergangenheit. Die zeitliche Dimension der Opposition zwischen Leben und Tod wird schon in der ersten Zeile des Gedichts deutlich hervorgehoben, indem der Sprecher die auf dem Bild dargestellte Schönheit der Vergangenheit zuweist («Tal fosti» [«So warst du»]) und sie kontrastiert mit der im Hier und Jetzt vorhandenen Spur des Todes («or qui sotterra | polve e scheletro sei» [«Hier unter der Erde | bist du nun Staub und Gebein»]). Dass diese Opposition als solche wahrgenommen werden kann, setzt voraus, dass sie von einem Zeichen markiert wird. Dieses Zeichen ist das Grabmal, welches von dem Sprecher des Gedichts als Beobachter wahrgenommen und interpretiert wird. Expliziter noch als in dem ersten Gedicht wird in diesem Text die Beobach‐ tung als semiotischer Prozess inszeniert und reflektiert. Damit erhält auch Sopra il ritratto di una bella donna eine metapoetische Dimension. Diese manifestiert sich wie schon erwähnt in der Bezeichnung des Grabbildes als einer Wächterin der Erinnerung und als eines Simulakrums, welches zwar einerseits angesichts der materialistischen Auffassung Leopardis sinnlos ist, weil es den Tod nicht verhindern kann (dafür steht die Aussage «collocato invano», v. 3 [«vergeblich in Stein gehauen»]), aber andererseits, wie das Gedicht performativ vorführt, menschliche Grundbedürfnisse bedient (Suche nach Tröstung, Wunsch nach Die Ambivalenz der Natur und des Todes in Leopardis sepolcrali 287 <?page no="288"?> Erinnerung), welche den Tod als weniger schmerzhaft erscheinen lassen. Indem das Gedicht durch seine Evokation vergangener Schönheit und Sinnlichkeit auf den durch das Grabbild zeichenhaft markierten Appell reagiert, macht es die Funktion eines solchen Grabbildes als Zeichen des Trostes und der Erinnerung sichtbar und koppelt zugleich seine eigene Funktion als Gedicht an die des Grabbildes. Performativ erzeugt das Gedicht somit eine Äquivalenz zwischen sich selbst und dem Grabbild. Der semantische Gegensatz zwischen Leben und Tod wird im weiteren Verlauf des Gedichtes mehrfach wieder aufgegriffen. Zu Beginn der zweiten Strophe (vv. 20-38) finden sich zwei lapidare Aussagen, welche das bisher Gesagte bilanzieren: «Così riduce il fato | qual sembianza fra noi parve più viva | immagine del ciel. Misterio eterno | dell’esser nostro» (vv. 20-23 [«So wandeln des Schicksals Mächte | eine Gestalt, die uns als ein lebensvolleres | Bild des Himmels erschien. Ach, ewiges Geheimnis | unseres Daseins»]). Die Wirklichkeit des Todes wird somit also der Scheinhaftigkeit der mensch‐ lichen Überzeugung, ein Abbild der Göttlichen zu sein, entgegengestellt; die Tatsache, dass der Tod die Wirkung hat, diese Scheinhaftigkeit als solche bloßzulegen, wird als ewiges Rätsel des Seins bezeichnet. Sodann wird in dieser Strophe in einem insgesamt 16 Verse umfassenden, komplexen Satzgebilde der Gegensatz zwischen der Schönheit des Lebens und der Hässlichkeit des Todes weiterentwickelt. Was in der ersten Strophe partikulär auf die auf dem Grabbild dargestellte «bella donna» bezogen war, wird nun verallgemeinert. Auffällig ist, dass der Gegensatz erneut als zeitlicher Gegensatz konzipiert ist, dass dabei allerdings nicht mehr Gegenwart und Vergangenheit, sondern Gegenwart und Zukunft kontrastiert werden. «Heute» («Oggi», v. 23) ist die Schönheit der Lebenden sichtbar und erscheint deutbar als Zeichen einer göttlichen Natur des Menschen («di sovrumani fati, | di fortunati regni e d’aurei mondi | segno e sicura spene», vv. 28-30 [«zum Zeichen hoher Geschicke | und glückseliger Reiche und goldener Welten | und schenkte Hoffnung für immer»]); «morgen» («diman», v. 32) dagegen wird die Auffassung einer göttlichen Natur des Menschen («quasi angelico aspetto», v. 35 [«ein himmlisches Bild»]) durch die Wirkung des Todes («sozzo a vedere, abominoso, abietto», v. 33 [«widerwärtig, grauenerregend, gemein | […] | anzuschauen»]) als nichtig aufgezeigt. Diese die menschlichen Hoffnungen zerstörende Wirkung des Todes bedarf zudem nur einer sehr geringen Anstrengung («per lieve forza», v. 32 [«allzuleicht»]). Mit anderen Worten: Der Tod, und mit ihm die Natur mit ihren unerbittlichen Gesetzen, hat leichtes Spiel, um die menschlichen Illusionen zu entlarven. Dieser Gedanke wird in der dritten Strophe des Gedichts variiert. Leopardi wählt hier als Vergleichsgegenstand eine andere Kunst, nämlich die Musik. Er 288 Thomas Klinkert <?page no="289"?> beschreibt die Wirkungen einer musikalischen Aufführung («dotto concento», v. 42 [«kunstreiche Harmonie»]): Diese erzeugt bei den Hörern «Desiderii infiniti | e visioni altere» (vv. 39sq. [«Unendliche Sehnsucht und hehre, | erhebende Bilder»]), welche auf den in der zweiten Strophe benannten Glauben der Menschen zurückverweisen, dass sie etwas Höheres als das rein Materi‐ elle verkörperten, mit anderen Worten, dass sie von göttlicher Natur seien. Diese «visioni altere» jedoch werden schlagartig zerstört, «se un discorde ac‐ cento | fere l’orecchio» (vv. 47sq. [«wenn ein Mißton gellt | und kränkt unser Ohr»]). Die Folge einer solchen Dissonanz ist, dass das vom Menschen erhoffte und imaginierte Paradies sich in ein Nichts verwandelt: «in nulla | torna quel paradiso in un momento» (vv. 48sq. [«sogleich | versinkt in Nichts dieses paradiesische Reich»]). Dem schließt sich eine kurze vierte Strophe an, in der der Sprecher sich in einer Apostrophe fragend an die menschliche Natur («Natura umana», v. 50) wendet und von ihr wissen möchte, warum sie, obwohl sie zerbrechlich und hinfällig, Staub und Schatten sei, zu solchen Gefühlshöhenflügen fähig sei und warum, umgekehrt, die «più degni […] moti e pensieri» (v. 54 [«würdigsten Gedanken»]) der Menschen durch so niedrige Anlässe wie den todbedingten materiellen Zerfall des Körpers so leicht erschüttert werden können. Schluss Wir finden also auch in diesem Gedicht einen Ausdruck der Ambivalenz von Natur und Tod, welcher, wie schon in dem vorhergehenden Gedicht, einerseits auf der thematisch-propositionalen Ebene abgehandelt und andererseits durch die diskursive Struktur des Gedichts als eines poetischen Textes inszeniert wird. Dadurch entsteht eine für Leopardis Dichtung charakteristische Doppelstruktur. Der propositionale Gehalt dieser Texte greift philosophische Reflexionen auf, welche Leopardi auch in anderen Texten entwickelt hat, insbesondere in den Operette morali und im Zibaldone. Im Unterschied jedoch zu den Prosatexten, in denen die argumentative Logik im Vordergrund steht (die allerdings auch in den Operette morali durch eine poetische Logik überlagert wird, weil in diesen Texten ja Fabeln und Mythen sowie Dialoge in Szene gesetzt werden), kommt es in den Canti zu einer Wechselwirkung zwischen der propositionalen Ebene und der Ebene des poetischen Sprechakts, dergestalt, dass der Sprechakt bestimmte Schlüsselkonzepte der philosophischen Reflexion mit den Verfahren der poetischen Strukturierung auf den unterschiedlichen, miteinander inter‐ agierenden Textkonstitutionsebenen gestaltet und somit das Abstrakte mit dem Konkreten einer poetischen Sinnlichkeit (Bildlichkeit, Rhythmus, syntaktische Die Ambivalenz der Natur und des Todes in Leopardis sepolcrali 289 <?page no="290"?> 17 Stabile bezeichnet Leopardis Poesie als «una poesia non conciliata, ma che vive di un’occulta tensione col vero, e perfettamente consapevole di esso» (Stabile: «Scienza e disincantamento», 434). 18 Was hier auf dem Spiel steht, ist also die Frage nach der besonderen Erkenntnisleistung der Poesie. Diesbezüglich ergibt sich eine interessante Konvergenz zwischen Leopardi und der deutschen Romantik, wie Rigoni gezeigt hat (cf. Mario Andrea Rigoni: «Leo‐ pardi, Schelling, Madame de Staël e la concezione romantica della natura» [2001], in: id.: Il pensiero di Leopardi. Nuova ed. accresciuta. Torino: Aragno 2010, 135-145). Obwohl Leopardi mangels Deutschkenntnissen nur indirekte Kenntnis von den Schriften der deutschen Romantiker hatte, gelangte er zu Auffassungen (u.a. von der Natur), die denen der deutschen Romantik sehr nahekommen: «Leopardi […] giunge inconsape‐ volmente ma non per questo meno sicuramente a una sintonia ideale col Romanticismo tedesco su molte e capitali questioni, compresa quella della rappresentazione della natura» (137). Zentral hierfür sei Leopardis Überzeugung von der Unvereinbarkeit zwischen Natur und Mathematik / Geometrie. Dies bringe ihn in die Nähe der im deutschen Idealismus und der Romantik vertretenen organologischen Naturauffassung, die der mechanistischen der frühen Neuzeit und der Aufklärung entgegensteht. Diese organologische Auffassung korreliere mit der Überzeugung, dass die wahre Kenntnis der Natur nicht durch die Naturwissenschaft, sondern nur durch die Poesie und die damit verbundene Imagination möglich sei. «E siccome alla sola immaginazione ed al cuore spetta il sentire e quindi conoscere ciò ch’è poetico, però ad essi soli è possibile ed appartiene l’entrare e il penetrare addentro ne’ grandi misteri della vita, dei destini, delle intenzioni sì generali, sì anche particolari, della natura» (Zib.-3242sq., 22. August 1823, zit. bei Rigoni, 141). Expansion, lexikalische Verdichtung usw.) in Verbindung bringt. Der poetische Text führt auf diese Weise nicht nur vor und stellt vor Augen, was auf der argumentativ-philosophischen Ebene zur Sprache kommt, sondern erweist sich dem philosophischen Gehalt gegenüber auch als widerständig. 17 Es ergibt sich ein spannungsvoller Gegensatz zwischen dem materialistisch fundierten Nihilismus und den durch die Gedichte entworfenen Welten mit den damit verbundenen Dimensionen der Sinnlichkeit und der Emotionalität. 18 Die Poesie ist somit bei Leopardi das Medium des Einspruchs gegen die auf der Basis rationaler Analyse gewonnenen Einsichten. Sie lässt die sinnlich wahrnehmbare Schönheit der Welt vor Augen treten und stellt diese gegen die pessimistischen Auffassungen des Dichters, wonach das Leben grundsätzlich leidvoll ist und der Mensch keinen Platz in der Ordnung der Natur hat. Man kann also sagen, dass Poesie für Leopardi zwar einerseits die pessimistischen und für den Menschen schmerzhaften philosophischen Auffassungen zur Sprache bringt, dass sie aber zugleich durch die kreative Arbeit am sprachlichen Material Perspektiven entwirft, die die negativen Grundauffassungen des Dichters wenn nicht auslöschen, so doch relativieren. 290 Thomas Klinkert <?page no="291"?> Literatur Leopardi, Giacomo: Canti. Introduzione, commenti e note di Fernando Bandini. Milano: Garzanti 1988. —: Canti. A cura di Enrico Ghidetti. Firenze: Sansoni 1988. —: Canti. A cura di Ugo Dotti. Milano: Feltrinelli 1993. —: Canti. Introduzione e commento di Andrea Campana. Roma: Carocci 2014. —: Canti e Frammenti. Gesänge und Fragmente. Italienisch / Deutsch. Übers. von Helmut Endrulat. Hg. von Helmut Endrulat / Gero Alfred Schwalb. Stuttgart: Reclam 2011 [1990]. —: Operette morali. Introduzione, note e commenti di Paolo Ruffilli. Milano: Garzanti 1984. —: Opuscula moralia oder Vom Lernen, über unsere Leiden zu lachen. Operette morali. Ausgesucht und übers. von Burkhart Kroeber auf Basis der Erstübersetzung von Paul Heyse. Berlin: Die Andere Bibliothek 2017. —: Zibaldone di pensieri. Ed. critica e annotata a cura di Giuseppe Pacella. 3-vol. Milano: Garzanti 1991. Bova, Anna Clara: Illaudabil maraviglia. La contraddizione della natura in Giacomo Leopardi. Napoli: Liguori 2001. Consoli, Domenico: Leopardi. Natura e società. Roma: Edizioni Studium 1977. Klinkert, Thomas: Literarische Selbstreflexion im Medium der Liebe. Untersuchungen zur Liebessemantik bei Rousseau und in der europäischen Romantik. Freiburg i.Br.: Rombach 2002. Koopmann, Susanne: Studien zur verborgenen Präsenz Rousseaus im Werk Giacomo Leopardis. Tübingen: Stauffenburg 1998. Luhmann, Niklas: Die Kunst der Gesellschaft. Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1995. Natoli, Salvatore: «Natura», in: id. / Antonio Prete: Dialogo su Leopardi. Natura, poesia, filosofia. Milano: Mondadori 1998, 117-149. Polizzi, Gaspare: Leopardi e «le ragioni della verità». Scienze e filosofia della natura negli scritti leopardiani. Roma: Carocci 2003. Rigoni, Mario Andrea: «Leopardi, Schelling, Madame de Staël e la concezione romantica della natura» [2001], in: id.: Il pensiero di Leopardi. Nuova ed. accresciuta. Torino: Aragno 2010, 135-145. Stabile, Giorgio: «Scienza e disincantamento del mondo: poesia, verità, nulla in Leo‐ pardi» [2001], in: id.: L’esperienza della natura. Pensiero scientifico e disincantamento del mondo da Aristotele a Leopardi. A cura di Franco D’Intino [et al.]. Firenze: Sismel - Edizioni del Galluzzo 2023, 413-435. Tarani, Tommaso: Il velo e la morte. Saggio su Leopardi. Firenze: Società editrice fiorentina 2011. Die Ambivalenz der Natur und des Todes in Leopardis sepolcrali 291 <?page no="293"?> Leopardi e la comunicazione con il lettore Considerazioni sugli appunti iniziali dello Zibaldone Leopardi und die Kommunikation mit dem Leser Zu den ersten Einträgen des Zibaldone Cornelia Klettke Es lässt sich in der Dialogizität der Struktur der ersten drei Fragmente des Zibaldone ein System von Störungen beobachten, das auf einer man‐ gelnden direkten Kommunikation beruht. Der Autor begnügt sich mit einem distanzierten Blick oder einer Täuschung der Sinnesorgane. Er steht allein inmitten einer bewegten und bewegenden, belebten und unbe‐ lebten Umgebung und delegiert an den Leser die Aufgabe, kontextuelle Verbindungen herzustellen und sich aus der Offenheit des Textes selbst Bilder zu (re)konstruieren. Im Universum gedanklicher Möglichkeiten und potentieller Erfahrungen schafft der Autor keine unumstößlichen Gebäude, sondern er beschränkt sich auf Entwürfe, passagere Impulse und Denkanstöße in Form von Trugbildern, die in verschiedenste Kombina‐ tionen integrierbar sind. Auf dem Grund des Textes lauert die Einsamkeit des Autors, der sich in Doppelgänger verzweigt. Der Leser wird selbst schöpferisch, indem er sich aufgrund der im Text vorhandenen enargeia Anschaulichkeit schafft bzw. vorhandene vage Suggestionen zu vollständigen Bildern ergänzt. Leopardis «teoria del pia‐ cere» lässt sich metapoetisch auch auf die Lust am Text beziehen, wobei der Leser als Ko-Autor eine wichtige Rolle spielt. Zur Dissemination der Bilder tritt die Dissemination von Klängen. Der Rezipient schafft sich selbst eine polyphone Klangkulisse. Die ästhetische Qualität des Textes liegt in der Vagheit als Impuls für die Autosuggestion des Lesers und damit für Selbsttäuschung und Illusion. <?page no="294"?> Nella struttura dialogica che contraddistingue i primi tre frammenti dello Zibaldone si può osservare un sistema di elementi di disturbo, basato sulla mancanza di una comunicazione diretta. L’autore si accontenta di uno sguardo distanziato o di un inganno degli organi di senso. Egli sta da solo in mezzo a un ambiente in movimento e che crea movimento, animato e inanimato, e delega al lettore il compito di stabilire connessioni contestuali e (ri)costruirsi per conto proprio delle immagini a partire dal carattere aperto del testo. Nell’universo delle possibilità di pensiero e delle esperienze potenziali, l’autore non costruisce alcun edificio inoppugnabile, ma si limita a bozze, impulsi temporanei e spunti di pensiero in forma di simulacri che possono essere organizzati nelle più diverse combinazioni. Alla base del testo si nasconde la solitudine dell’autore, che si ramifica in suoi doppi. Il lettore assume una parte creativa, procurandosi da sé una vividezza d’immagini sulla base dell’enargeia presente nel testo, o anche integrando le vaghe suggestioni in esso contenute in quadri completi. La «teoria del piacere» di Leopardi si può anche collegare, da un punto di vista metapoetico, al piacere del testo; il lettore svolge infatti un ruolo impor‐ tante come co-autore. Alla disseminazione delle immagini si aggiunge la disseminazione di suoni: il destinatario si crea da sé un paesaggio sonoro polifonico. La qualità estetica del testo risiede nel suo carattere vago, in quanto impulso all’autosuggestione del lettore e, quindi, anche ad autoinganno e illusione. Schlagwörter: Poetologisches Programm des Zibaldone, Suggestivkraft des Textes, Autosuggestion des Lesers, der Leser als Ko-Autor, das Unheim‐ liche, die Selbsttäuschung, Präzision und Vagheit, musikalische Dimen‐ sion, Multimedialität Parole chiave: Programma poetologico dello Zibaldone, Potenza sugge‐ stiva del testo, Autosuggestione del lettore, Il lettore come co-autore, Inquietante, Autoillusione, Il doppio gesto della precisione e del vago, Dimensione musicale, Multimedialità I Die ersten drei Fragmente als Programm des Zibaldone: Absicht oder Zufall? Der Anfang des Zibaldone hat bis heute viel Stoff zu problematischen Überle‐ gungen gegeben und kontroverse Sichtweisen, besonders auch im Hinblick auf die Absicht des Autors, hervorgebracht. Die Widersprüche sind aber nach wie 294 Cornelia Klettke <?page no="295"?> 1 Mit der Bezeichnung «appunto» und «abbozzo poetico» folgen wir hier der an den Indice von Giuseppe Pacella anschließenden Einordnung von Lucio Felici: La luna nel cortile. Capitoli leopardiani. Soveria Mannelli: Rubbettino 2007, 18. 2 Wir zitieren im Folgenden nach: Giacomo Leopardi: Zibaldone. 3 vol. A cura di Rolando Damiani. Milano: Mondadori [ 1 1997] 2015. Vol.-I, 3. 3 Dies ist der erste der drei Einwände von Felici für die Einbeziehung des «Onde»-Frag‐ ments. Cf. Felici: La luna nel cortile, 25. 4 So Neuro Bonifazi: Leopardi. L’immagine antica. Torino: Einaudi 1991, insb. 62-66 (Kap.-III: «La ‹camera oscura›»), allerdings von einem rein psychoanalytischen Stand‐ punkt aus. Für eine Einheit der drei Fragmente spricht sich auch Camilletti aus: cf. Fabio Camilletti: Leopardi’s Nymphs. Grace, Melancholy, and the Uncanny. London: Taylor & Francis 2017, 131-134 (im Kap. «Urszenen», 131-151). Er sieht diese «isolated fragments» als «the embryo of the Zibaldone» (131) und erkennt ihr Substrat in einer Traumlogik nach dem Modell der Freudschen Traumdeutung (cf. 134). Sie folgt den Operationstypen der Verdichtung, Verschiebung und Verdrängung (cf. 137sq.). 5 Bonifazi beruft sich auf die Konjunktion «Onde», mit der der dritte Teil (die Dro‐ hung der Amme mit dem Verschlungenwerden des Kindes durch den Wolf) mit dem ersten und zweiten (das Hundegebell und das zermalmende Geräusch des Wagens) in Beziehung gesetzt werde. Dieser Deutung wurde von Felici (La luna nel cortile, 24-26) widersprochen, der im Gefolge von Pacella nur die ersten beiden Fragmente als Einheit sieht: «essi formano inequivocabilmente una sequenza ininterrotta» (24). Auch wir distanzieren uns von der psychoanalytischen Lesart von Bonifazi, die uns zu konkret erscheint und die auf die Suggestionskraft des Autors hereinfällt. Anderer‐ vor nicht aufgelöst. Angesichts der formalen und inhaltlichen Disparatheit und Heterogenität der drei ersten Fragmente - der Kurznotiz («appunto») «Palazzo bello», der poetischen Skizze («abbozzo poetico» 1 ) des Mondgedichts und der auf das Nötigste reduzierten Zusammenfassung der Fabel Rustica et lupus von Avianus - stellt sich die Frage nach einem überzeugenden übergeordneten Blickpunkt, aus dem sich ein zwingender Zusammenhang ergeben könnte. Man kann die drei ersten Einträge der ersten Seite des Zibaldone, die nachträglich (vermutlich im Januar 1820) durch die Datumsangabe «Luglio o Agosto 1817» 2 zusammengeordnet wurden, auch in ihrer Funktion als Bausteine auffassen, die vom Autor gleichsam wie bricolage-Elemente oder Versatzstücke behandelt und ganz oder teilweise anderweitig wiederverwendet wurden. Diese Mehrfachverwendung insbesondere des dritten Teils, der Inhaltsangabe der Fabel, die nach einem Brief Leopardis an Pietro Giordani vom 5. Dezember 1817 für eine überarbeitete Fassung des Saggio sopra gli errori popolari degli antichi (1815, posthum veröffentlicht) geplant war 3 , spricht nicht dagegen, dass das Textstück hier in einem spezifischen Kontext unter anderen Gesichtspunkten eine Wirkung entfaltet und eine Bedeutung für die Argumentation gewinnt. So werden die drei ersten Fragmente aus einer psychoanalytischen Sicht als ‹Pro‐ ömium› des Zibaldone zusammengeordnet und als eine Einheit verstanden 4 , worüber aber kein Konsens herzustellen ist. 5 Aus den Meinungsverschieden‐ Leopardi und die Kommunikation mit dem Leser 295 <?page no="296"?> seits überzeugen uns jedoch Felicis Einwände und Argumente für den Ausschluss des «Onde»-Fragments ebensowenig. Cf. auch Franco D’Intino, der eine unterschwel‐ lige Verbindung von Hund (erstes Fragment) und Wolf (drittes Fragment) nicht aus‐ schließt: «non si può […] escludere che, a un livello profondo - per una di quelle associazioni mentali di cui la scrittura frammentaria leopardiana è così ricca - il lupo di Aviano sia stato evocato dal cane». In diesem Zusammenhang weist D’Intino darauf hin, dass Hekate, die Göttin der Schwellen und Übergänge, aber auch der Geburt, Herrin der ihr heiligen Hunde, in enger Verwandtschaft zu Selene, der Göttin des Mondes, steht (cf. Franco D’Intino: L’immagine della voce. Leopardi, Platone e il libro morale. Venezia: Marsilio [2009] 2 2021, 204), womit auch eine Beziehung zur poetischen Skizze des Mondgedichts hergestellt ist. 6 Die Übersetzung des Textstücks und auch des Gedichts ist meine eigene. Cf. die deutschsprachige Gesamtausgabe von Leopardis Zibaldone von Franco D’Intino / Cor‐ nelia Klettke (Hg.): Zibaldone. Übers. von Daniel Creutz. Bd. I. Berlin: Matthes & Seitz, erscheint 2024. heiten in der Forschung ergibt sich der Eindruck, dass gerade die Diskonti‐ nuität und Kontiguität des scheinbar nicht zu Vereinbarenden die Struktur des ‹Sammelsuriums› der Gedanken vorgeben. So gesehen, konstituieren die drei Fragmente bereits das poetologische Programm des Zibaldone im Kern und im Embryonalzustand, indem sie Standorte andeuten und Textverfahren vorskizzieren und indem sie die Vernetzungen von intratextuellen Bezügen innerhalb des Gesamtwerks von Leopardi ermöglichen. Aus dieser Sicht bilden die drei Fragmente Dispositive für die gedankliche Standortbestimmung. II Die Suggestivkraft des Textes und der Leser als Ko-Autor Einen Schlüssel für das Verständnis der drei Fragmente finden wir in dem Phänomen der suggestiven Potenz der Texte, das den Leser in eine Atmosphäre von autosuggestiven Vorstellungen taucht. So wird z.B. mit der eröffnenden Notiz «Palazzo bello» von vielen Rezipienten wie selbstverständlich ein Hun‐ degebell assoziiert, das im Text aber gar nicht explizit erwähnt ist: Palazzo bello. Cane di notte dal casolare, al passar del viandante (Zib.-1). [Schöner Palazzo. Hund bei Nacht vom einsamen Gehöft, beim Vorüberziehen des Wanderers. 6 ] Der «appunto» besteht aus drei Elementen (dem Landsitz bei Nacht, dem Hund und dem Wanderer). Die elliptische Struktur dieses Kurztextes spart eine Kon‐ kretisierung der Handlung aus und lässt damit mehrere Deutungsmöglichkeiten im Sinne eines jeu des différences zu (der Hund kann bellen, heulen, knurren, jaulen, winseln etc. etc.). Man macht die Beobachtung, dass dieser Fall der Aus‐ 296 Cornelia Klettke <?page no="297"?> 7 Allgemein zur faustischen Erfahrung der Verführung im Zibaldone cf. Franco D’In‐ tino: «Il monaco indiavolato. Lo Zibaldone e la tentazione faustiana di Leopardi», in: Rolando Garbuglia (a cura di): Lo Zibaldone cento anni dopo. Composizione, edizioni, temi. Atti del X Convegno internazionale di studi leopardiani (Recanati-Portorecanati, 14-19 settembre 1998). Vol. II. Firenze: Olschki 2001, 467-512. sparung nicht der einzige ist, sondern dass sich in den zwei anderen Fragmenten, besonders in der réécriture der Fabel, die Vorkommnisse des Elliptischen häufen, so dass man diesbezüglich von einem Textverfahren sprechen kann. Der Text der drei Eintragungen besteht, wie sich herausstellt, aus Sugges‐ tionen, die durch die Diskontinuität der fragmentarischen Struktur, durch Brüche, Lücken und Ellipsen, aber auch durch Kontiguitäten, provoziert werden. Die Faszination des Textes beruht nicht zuletzt auf der Magie dieser Lücken, die den Leser bis zu zaubertrickartigen Vorstellungen verleiten. Diese stehen, wie es das Beispiel des ‹bellenden› Hundes zeigt, gar nicht explizit im Text, sondern entspringen der Imagination des Lesers. Ein anderes Beispiel für einen solchen Zaubertrick könnte die Verwandlung des Hundes (erstes Fragment) in den Wolf (drittes Fragment) darstellen, die an die faustische Erfahrung der Metamorphose des Pudels in Mephisto erinnert. 7 Leopardis Texte fordern den Leser durch eine Reihe von einschlägigen Praktiken heraus. Es lässt sich in der Dialogizität der Struktur ein System von Störungen beobachten, das auf einer mangelnden direkten Kommunikation beruht. Es gibt keine unmittelbaren Gespräche oder Handlungsverknüpfungen zwischen dem Menschen (dem Autor) und dem Mond, auch keine direkte Kommunikation zwischen dem Menschen und den Tieren (Mensch und Hund oder Mensch und Wolf) bzw. Mensch und Teufel. Der Autor begnügt sich mit einem distanzierten Blick oder einer Täuschung der Sinnesorgane (z.B. im Mondgedicht und in der Wolfsfabel). Er steht allein inmitten einer bewegten und bewegenden, belebten und unbelebten Umgebung und delegiert an den Leser die Aufgabe, kontextuelle Verbindungen herzustellen und sich aus der Offenheit des Textes selbst Bilder zu (re)konstruieren. Der Schriftsteller erscheint wie ein Proteus unter zahlreichen Masken. Im Mondgedicht suggeriert die Andeutung der «sonagli» sogar die mit Schellen besetzte Narrenkappe des Dichters («berretto a sonagli»). Im Universum gedanklicher Möglichkeiten und potentieller Erfahrungen schafft der Autor keine unumstößlichen Gebäude, sondern er begnügt sich mit Entwürfen, passageren Impulsen und Denkanstößen in Form von Trugbildern, die in verschiedenste Kombinationen integrierbar sind. So kann ein und dieselbe Figur, z.B. der Hund, zahm sein. In Leopardis Welt der Metamorphosen kann er aber auch in der Parodie als lächerlicher desillusionierter Wolf aufgefasst werden. Er kann sogar auf einen Wolfsmann und einen Werwolf, auf eine Leopardi und die Kommunikation mit dem Leser 297 <?page no="298"?> 8 Camilletti erinnert an Freuds Analyse des sogenannten «Wolfsmanns», dessen Kind‐ heitstraum einer Bedrohung durch weiße Wölfe von den Bildern des Märchens Der Wolf und die sieben Geißlein inspiriert sei (cf. Camilletti: Leopardi’s Nymphs, 139). Cf. auch den Hinweis auf den Roman Io venìa pien d’angoscia a rimirarti (1990) von Michele Mari, der in freilich ironisch-parodistischer Brechung von der bei Vollmond stattfindenden magischen Verwandlung des jungen Leopardi in einen Werwolf handelt (cf. Camilletti: Leopardi’s Nymphs, 140, Anm.-186). 9 Cf. Zib. 165-183 (12.-23. Juli 1820). 10 Cf. Franco D’Intino: La caduta e il ritorno. Cinque movimenti dell’immaginario romantico leopardiano. Macerata: Quodlibet 2019, 264sq. Zur Angst des nächtlichen Wanderers Wolfsphobie oder eine Lykanthropie Leopardis verweisen. 8 Der Autor erscheint auch in der Maske des schlafenden Kindes, dem das Unheimliche und das Gefährliche nichts anhaben können. Er kann wie ein Reisender sein, der sich in seiner Kutsche in rasender Geschwindigkeit durch die Welt bewegt, er kann ein Sesshafter und Nachdenkender sein. Auf dem Grund des Textes lauert die Einsamkeit des Autors, der sich in Doppelgänger ‹verzweigt›. Der Leser sieht im Text etwas, das seiner Imagination entspricht, er wird selber schöpferisch, indem er sich aufgrund der im Text vorhandenen enargeia (der Bilder erzeugenden Kraft) Anschaulichkeit schafft bzw. vorhandene vage Suggestionen zu vollständigen Bildern ergänzt. Auf diese Weise wird der Leser zum Mit-Autor, der für die Dissemination der vielfältigen, in der écriture angelegten Bilder verantwortlich ist. Die ästhetische Erfahrung des suggestiv beeinflussten Lesers provoziert eine Lust am Text, aus der eine wechselseitige Beziehung zwischen Autor und Leser erwächst. Leopardis «teoria del piacere» 9 lässt sich, so gesehen, metapoetisch auch auf die Lust am Text beziehen, wobei der Leser als Ko-Autor eine wichtige Rolle spielt. Zur Dissemination der Bilder tritt die Dissemination von Klängen. Der Rezipient schafft sich selber eine Geräuschkulisse, wie bereits die Ellipse des Hundegebells zeigt. III Die dialogische Struktur des Textes Leopardi scheint dem Leser am Anfang des Zibaldone Autosuggestionen zu geben, die eine unterschwellige Strömung des Unheimlichen schaffen. Nicht nur die Tiere, sondern auch die Landschaft werden mit Intensitäten aufgeladen, die der Suggestivkraft des Lesers Vexierbilder vorspiegeln. So verwandelt sich die vom Mond beschienene Idylle in eine nächtliche, von Hekate und ihren Hunden, von Lamien und anderen Vampiren bevölkerte Höllenlandschaft, wodurch eine Atmosphäre der Angst erzeugt wird, wie sie das Kapitel VIII über die «Terrori notturni» des Saggio sopra gli errori popolari degli antichi evoziert. 10 Daran 298 Cornelia Klettke <?page no="299"?> und zur Beschwörung von Hekate und ihren Hunden cf. auch Camilletti: Leopardi’s Nymphs, 135. 11 Cf. Cornelia Klettke: «Aspekte einer ‹Kunst› des Sehens. Zu Paul Valérys Philosophie des Blicks», in: Jürgen Schmidt-Radefeldt (Hg.): Paul Valéry. Philosophie der Politik, Wissenschaft und Kultur. Tübingen: Stauffenburg 1999, 123-126. haben, wie wir noch zeigen werden, auch die akustischen Assoziationen ihren Anteil. Die Autosuggestion des Lesers wird im Grunde durch eine mangelnde Kommunikation provoziert. Dem Text ist eine dialogische Struktur inhärent, die sich aber tendenziell als eine Folge von Selbstgesprächen entlarven lässt. So ist die Kommunikation zwischen dem Menschen und dem Mond auf rudimentäre Teilbereiche eingeschränkt: Era la luna nel cortile, un lato Tutto ne illuminava, e discendea Sopra il contiguo lato obliquo un raggio… (Zib.-1, vv.-1-3) [Der Mond stand im Hof, eine Seite war voll erleuchtet, und auf die angrenzende Seite fiel ein schräger Strahl…] Im Rahmen der dialogischen Struktur des Textes nimmt der Dichter seine irdische Standortbestimmung in der Relation zu dem Himmelskörper vor. Das angedeutete Wortgemälde ist jedoch keine Naturdarstellung, sondern entpuppt sich als Widerschein der dichterischen Imagination. Das Mondgedicht ergibt erst auf einer autoreflexiven Ebene einen Sinn als poetologische Standortbe‐ stimmung des Dichters. Der schräg einfallende Strahl beleuchtet den Horizont des Schriftstellers. Er entspricht nicht der normalen Naturerfahrung, sondern ist eine poetische Erfindung. Der Dichter kodiert in einer autoreflexiven Meta‐ pher sein eigenes transversales Denken, das keine wirklichkeitsmimetischen Abbilder schafft, sondern originelle Relationen, gleichsam Korrespondenzen, herstellt, die die trugbildhaften Vorstellungen und trügerischen Eindrücke seines Geistes wiedergeben. Der Strahl des Mondes auf den Wänden des Gebäudes steht für die Schlaglichter, die der Dichter wirft, indem er mit seinen Gedanken Dinge beleuchtet und erhellt und andere im Dunkeln lässt. Licht und Dunkelheit bilden ein Metaphernpaar für die Struktur des Zibaldone und zugleich für die Funktionsweise des Gehirns. Valéry wird später das Gehirn mit einer Leinwand vergleichen, auf der das Vorbeiziehen der Gedanken wie ein Bewusstseinsfilm erscheint. 11 Leopardi nimmt diese Ideen bereits vorweg. Die Bilderfolge der Textfragmente kann mit ihrem ständigen Standpunktwechsel als Leopardi und die Kommunikation mit dem Leser 299 <?page no="300"?> 12 Cf. Cornelia Klettke: Simulakrum Schrift. Untersuchungen zu einer Ästhetik der Simula‐ tion bei Valéry, Pessoa, Borges, Klossowski, Tabucchi, Del Giudice, De Carlo. München: Fink 2001, 174-178. eine Vorform filmischen Schreibens betrachtet werden. In der kontinuierlichen Verschiebung der Perspektive lässt sich bereits der Kamerablick erahnen. Die partiellen Lichteffekte des Mondes werden zur Metapher für die Bewe‐ gungen des Geistes. In «La luna nel cortile» holt der Dichter den Mond quasi für sich auf die Erde, der Mond wird zum Partner oder Begleiter des Dichters, oder, wie Leopardi es in einem anderen Zibaldone-Eintrag formuliert: «Vedendo meco viaggiar la luna» (Zib. 23 [«Beim Anblick des Mondes, der mit mir reist»]). Die ständige Verschiebung der Beleuchtung der Dinge durch das Mondlicht bildet eine autoreflexive Metapher für das Fortschreiten der Gedanken. Der Mond, gleichsam das Alter Ego des Dichters, wird zur Metapher für die Schrift im Sinne des Theut: Als Gott des Mondes und Erfinder der Schrift repräsentiert er nach dem Platonischen Mythos die Täuschung, die Illusion, die Trugbildhaf‐ tigkeit und die ewige Wiederholung jenseits der Wahrheit. 12 «La luna nel cortile» besteht zum einen aus dem statischen Bild der Mondbe‐ leuchtung (Ruhe und scheinbare Bewegungslosigkeit) (cf. vv. 1-3). Im Kontrast dazu steht der zweite Teil (cf. vv. 4-7) des Gedichts mit der - zumindest in der Suggestion des Lesers - rasanten Geschwindigkeit des Pferdefuhrwerks, das durch diese Fortbewegung die Vorstellung und Illusion von energetischer Kraft erzeugt: Nella (dalla) maestra via s’udiva il carro Del passegger, che stritolando i sassi, Mandava un suon, cui precedea da lungi Il tintinnìo de’ mobili sonagli. (Zib.-1, vv.-4-7) [In der (von der) Hauptstraße (her) war der Wagen des Reisenden zu hören, der die Steine zermalmend einen Ton von sich gab, dem von ferne das Geklingel der tanzenden Schellen vorauseilte.] Die Metapher des «carro» mit dem Reisenden verweist auf eine grundlegende rezeptionsästhetische Sichtweise Leopardis, die er in einem späteren Abschnitt des Zibaldone näher erläutert: La bellezza e il diletto dello stile d’Orazio, e d’altri tali stili energici e rapidi, massime poetici, giacchè alla poesia spettano le qualità che son per dire, e soprattutto lirici, deriva anche sommamente da questo, ch’esso tiene l’anima in continuo e vivissimo 300 Cornelia Klettke <?page no="301"?> 13 Cf. Ps. Long.: De sublimitate 15. 4, 14, 17 (Bezug auf die Ausgabe: ‹Longinus›: On the Sublime. Ed. with Introduction and Commentary by David A. Russell. Oxford: Oxford Clarendon Press 1964). Es handelt sich um einen Passus, in dem ‹Longinos› ein Zitat aus dem Phaëthon des Euripides kommentiert. Diese heute nur fragmentarisch überlieferte Tragödie wurde zur Entstehungszeit von De sublimitate viel gelesen, was daraus resultiert, dass die Darstellung des gescheiterten Versuchs von Phaëthon, seinem moto ed azione, col trasportarla a ogni tratto, e spesso bruscamente, da un pensiero, da un’immagine, da un’idea, da una cosa ad un’altra, e talora assai lontana, e diversissima: onde il pensiero ha da far molto a raggiungerle tutte, è sbalzato qua e là di continuo, prova quella sensazione di vigore (v. p. 2017. capoverso ult.) che si prova nel fare un rapido cammino, o nell’esser trasportato da veloci cavalli, o nel trovarsi in una energica azione, ed in un punto di attività (v. p. 1999.); è sopraffatto dalla moltiplicità, e dalla differenza delle cose, (v. la mia teoria del piacere) ec. ec. ec. (Zib. 2049sq., 4. Nov. 1821) [Die Schönheit und das Ergötzen des Stils von Horaz und von anderen solchen energiegeladenen und schwungvollen Stilarten, insbesondere den poetischen (zumal der Dichtung die Qualitäten zugehören, die ich in Kürze nennen werde) und vor allem den lyrischen, rührt auch in höchstem Maße daher, dass er die Seele in einer dauerhaften und sehr lebhaften Bewegung und Aktion hält, indem er sie mit jedem Zug und oft jäh von einem Gedanken, von einem Bild, von einer Vorstellung, von einem Ding zu einem anderen und zuweilen ziemlich entfernten und verschiedenen transportiert: Von daher hat das Denken viel zu tun, sie alle zu erreichen, es wird beständig hierhin und dorthin geschleudert, empfindet jenes Gefühl der Kraft (s. S. 2017, letzter Absatz), das man beim Zurücklegen eines raschen Weges empfindet, oder beim Transport durch schnelle Pferde oder beim Ausführen einer kraftvollen Handlung und in einem Augenblick der Aktivität (s. S. 1999); es [das Denken] ist überwältigt von der Vielfalt und Differenz der Dinge (s. meine Theorie der Lust) usw. usw. usw. (Zib. 2049sq., 4.-Nov. 1821)] Die mit der Geschwindigkeit zunehmende Kraft als Gesetz der Mechanik wird auf das Denken übertragen. Im Sinne einer Intensivierung der Gehirntätigkeit werden die Gedankengänge beschleunigt. Die von der Seele erzeugten Bilder vermehren sich mit gauklerischer Leichtigkeit. Leopardi bezieht sich auf den platonischen Vergleich der Seele mit einem Wagen und seinem Kutscher. Schreiben im Sinne von Dichten wird als eine rasante Kutschfahrt imaginiert und inszeniert, auf die der Dichter den Rezipienten gleichsam mitnimmt. Leopardi aktiviert die auf ‹Longinos› zurückgehende Metapher des Pferdefuhr‐ werks für die Bewegungen der Gedanken. 13 Am Beispiel von Euripides’ Phaëthon scheint ‹Longinos› die Fähigkeit des Dichters zu betonen, kraft seiner phantasia Leopardi und die Kommunikation mit dem Leser 301 <?page no="302"?> Vater Helios nachzueifern, die Zeitgenossen an das Thema der kaiserlichen Nachfolge erinnerte. 14 Näheres zum hypsos cf. Pseudo-Longinos: Vom Erhabenen. Griechisch und Deutsch. Hg. von Reinhard Brandt. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft [ 1 1966] 1983, Zitat 9,2 und «Einleitung», 13 und 15. 15 Das Gedicht wurde für die Ausgabe von Goethe’s Schriften. Achter Band. Leipzig: Bei Georg Joachim Göschen 1789, 113, leicht überarbeitet. Näheres cf. A.E. Wright: «Goe‐ the’s An Schwager Kronos», in: The German Quarterly 65.2 (1992), 168-176. 16 Wir zitieren nach: Johann Wolfgang von Goethe: Werke. Bd. I. Frankfurt a.M.: Insel 1965, 48. Goethe verwendet hier das niederdeutsche «spuden» (für «sputen»); «hau‐ dern» («als Lohnkutscher fahren») meint hier «langsam fahren». Cf. Kommentar, 460. Dieses Gedicht Goethes wurde 1816 von Franz Schubert vertont, die musikalische Version als Lied erschien bei Anton Diabelli & Compagnie in Wien, allerdings erst 1825. den Flug Phaëthons mit einer solchen Einfühlung zu beschreiben, als sei er selbst auf dem Sonnenwagen. Dadurch gelingt es ihm, den gedichteten Text zum Erlebnis der Ekstase werden zu lassen, seine Seelenhaltung auf den Zuhörer zu übertragen und diesen zu verzaubern. Die Größe des Dichters zeigt sich mithin in seiner Fähigkeit, die Leidenschaften in seiner Seele plötzlich und erhellend zum Ausdruck zu bringen im Sinne des hypsos (des Erhabenen), das als «Widerhall einer großen Seele» in einem Augenblick das Genie des Dichters zum Vorschein bringt, jeden Zuhörer sofort überwältigt und ihn zusammen mit dem Sprecher verzaubert. 14 Das von Pseudo-Longinos an Euripides ergangene Lob lässt sich jedoch zugleich ironisch lesen, indem es den Absturz, d.h. die Katastrophe, zu implizieren scheint. In diesem Kontext drängt sich auch eine Reminiszenz an Goethes Sichtweise auf, der in dem in seiner ersten Fassung aus seiner Sturm-und-Drang-Phase stammenden Gedicht An Schwager Kronos (1774 entstanden) 15 die Symbolik der halsbrecherischen Kutschfahrt für den vorwärtsdrängenden Ansturm der Gedanken thematisiert hat: Spude dich, Kronos! Fort den rasselnden Trott! Bergab gleitet der Weg; Ekles Schwindeln zögert Mir vor die Stirne dein Haudern. Frisch, holpert es gleich, Über Stock und Steine den Trott Rasch ins Leben hinein! (Goethe, An Schwager Kronos, vv.-1-8) 16 Die Metapher der waghalsigen Kutschfahrt führt mit der Eskalation der Ge‐ schwindigkeit das Risiko des Absturzes und damit des Scheiterns vor Augen, das als Komponente der Selbstironie mit inbegriffen ist. Auch Leopardi denkt die 302 Cornelia Klettke <?page no="303"?> Gefahr mit. Bei ihm wird das Bild der Kutschfahrt zum Spiegel der Konzeption des Zibaldone. Die durch die rasante Geschwindigkeit provozierte Krafterfahrung wird im Mondgedicht Leopardis akustisch wahrnehmbar durch die Zerstörung von Material, die zermalmten Steine. Der Gegensatz zwischen dem Klang der gewaltsamen Zertrümmerung von Material («stritolando i sassi») und dem vom Rezipienten suggestiv als harmonischer Wohlklang dechiffrierten Schel‐ lengeläut («Il tintinnìo de’ mobili sonagli») erweist sich bei einer vertiefenden Analyse wiederum als eine tendenzielle Selbsttäuschung, die dem Begehren des Lesers nach einer heilen Welt entgegenkommt. Schon der Begriff «suon» für das Zermalmen der Steine bildet als Vernebelung eines ätzenden dissonanti‐ schen Misslauts oder Missgeräuschs die Neutralisierung eines unterschwelligen Schreckens. Dieser Eindruck verstärkt sich auf eine überraschende Weise, wenn man «sonagli» mit einem Begriff aus der zoologischen Nomenklatur assoziiert: «serpente a sonagli» (Klapperschlange) aufgrund des klappernden Geräuschs, das ihre beweglichen Hornringe am Schwanz als Reste früherer Häutungen beim Schütteln verursachen. Die verbreitete autosuggestive Lesart eines harmonischen Idylls am Ende dieses Gedichts entpuppt sich mithin als Irrtum oder Wunschdenken. Sie weicht bei näherem Hinsehen einer subver‐ siven Unterminierung, die den Binarismus in eine Ambiguität verwandelt. Die Assoziation der Klapperschlange erinnert an die Austreibung des Menschen aus dem Paradies in die Einsamkeit der ewigen Wanderschaft, die auch die Verzweigung und Offenheit der Gedankenwege impliziert. So gesehen, entpuppt sich das Mondgedicht als Eintritt in den Text als Chaosmos. Das Gedicht offenbart in seiner Multimedialität eine musikalische Dimension. Der Leser stolpert über den écart des «stritolando i sassi», der eine wirklichkeits‐ mimetische Vorstellung konterkariert (ein einfaches Pferdefuhrwerk zermalmt keine Pflasterung), indem er symbolisch auf einen Gewaltakt verweist. Der Autor schweift ab auf die symbolische Ebene, welche gleichzeitig das Gehörte in die Vorstellungswelt einbezieht. Die Dramatik des Gedichts resultiert aus dem Gegensatz zwischen dem gleichsam mephistophelischen Dröhnen der Materie und dem verführerischen, scheinbar himmlischen Klang tanzender Schellen, die leichte Schwingungen in der Luft hervorrufen. Der Ton des erdgebundenen Vorgangs des Zermalmens in seiner dumpfen Schwere verschmilzt mit der Leichtigkeit der hellen Schellenklänge zu einer polyphonen Klangkulisse. Die Imagination dieses Zusammenspiels suggeriert musikalisch das Urtrauma des Sturzes von Luzifer und der Vertreibung aus dem Paradies (cf. die Beziehung der Schellen zur Schlange) sowie des Menschen als unbehaustem ewigen Wanderer. Der Mensch steht als gespaltenes Wesen zwischen den Polen von Luzifer und Leopardi und die Kommunikation mit dem Leser 303 <?page no="304"?> 17 Cf. Kapitel-VIII, «Dei terrori notturni», in: Giacomo Leopardi: «Saggio sopra gli errori popolari degli antichi», in: id.: Poesie e prose. A cura di Rolando Damiani / Mario Andrea Rigoni. Vol. II. Prose. A cura di Rolando Damiani. Milano: Mondadori [ 1 1988] 1996, insb. 712-714, 719, 726sq., hier 727 mit Bezug auf Avians Fabel I: «Si minacciava pure ai bambini di farli divorare da qualche mostro, o da qualche fiera». den Engeln. Hinzu tritt das Motiv der Technik, die die Erde zerstört. Die aktive Beteiligung des Menschen mit der durch seine technische Erfindung des Rades evozierten Mitschuld an dem Chaos wirkt hier als unterschwellige, mehr oder weniger bewusste Kritik fast beiläufig und bleibt unbeachtet. IV Die Befreiung des Lesers von dem Unheimlichen als Selbsttäuschung Was das dritte Fragment, die schnöde entpoetisierte Inhaltsangabe der Wolfs‐ fabel angeht, so deutet sich hier die bereits im 8. Kapitel des Saggio sopra gli errori popolari degli antichi («Dei terrori notturni») thematisierte Vorurteilskritik gegenüber dem Volksglauben seit der Antike an. Damit einher geht eine Kritik Leopardis an einer bestimmten Art der Kindererziehung, die mit Drohungen des Verschlungenwerdens durch Ungeheuer und wilde Tiere operiert. 17 Die Zusammenfassung der Fabel erweist sich bei näherer Betrachtung in ihrer Reduktion auf ein Handlungsgerüst als parodistisch. Leopardi macht aus dem Dialog bei Avianus eine Zusammenfassung in indirekter Rede, verändert damit die Textsorte und letztlich auch den Charakter des Wolfs, indem er die Aura des Unberechenbaren und des Unheimlichen zerstört und die Konnotation des Wolfs mit dem Bösen dekonstruiert. Der Wolf wird parodistisch auf die Ebene des Bemitleidenswerten gestuft. In der verkürzten Darstellung bei Leopardi wird der Wolf zu einem Beispiel für eines der Leitthemen des Zibaldone, die Selbsttäuschung und Illusion. Leopardi akzentuiert das große Missverständnis des Wolfes gegenüber der Drohung der Amme. Daraus resultieren die Vergeblichkeit und der Irrtum in der Beurteilung der Dinge. Der Wolf hat mit dem Warten einen ganzen Tag für nichts und wieder nichts verloren. Durch das Einschlafen des Kindes ist dieses ‹geschützt› und der Vorwand für die Amme entfallen. Der Wolf scheitert an der Passivität des unschuldig schlafenden Kindes. Die Vergeblichkeit der Erwartung des Wolfes ist ein Echo auf den Hund, der den Mond anbellt, ohne dass der Mond darauf reagiert, es überhaupt bemerkt. Der Wolf hat den ganzen Tag mit Warten verschwendet, sich falsche Hoffnungen gemacht und von einer Illusion gelebt. Auch hier zeigt sich der Kommunikationsmangel in der Unverbundenheit der Sphären von Amme 304 Cornelia Klettke <?page no="305"?> 18 Leopardi erhebt explizit und leitmotivisch diesen Vorwurf im Kapitel VIII des Saggio, z.B. 713. Die misogyne Intention der Fabel I von Avianus wird dagegen als gezielte Beeinflussung der Knaben auf den erzieherischen Ratschlag bezogen, dem weiblichen Geschlecht nicht zu vertrauen. Dieser Rat wird am enttäuschten und gedemütigten Wolf festgemacht, der sich von der Amme um seine Beute betrogen fühlt. Cf. Francisca del Mar Plaza Picón: «Caracterización de la mujer en la fábula de Aviano De nutrice et infanti», in: Fortunatae 28 (2017/ 2018), 302. 19 Cf. das Kapitel «Esattezza», in: Italo Calvino: Lezioni americane. Sei proposte per il prossimo millennio, in, id: Saggi 1945-1985. A cura di Mario Barenghi. Vol. I. Milano: Mondadori [ 1 1995] 2007, 679, 681. 20 Calvino: Lezioni americane, 686. und Wolf. Entgegen seiner im Märchen dargestellten Rolle ist hier der Wolf der Dumme, der arme Hund, der Verfolgte, der Verführte, der Reingefallene. Leopardi verstößt damit gegen die Rezeptionsgewohnheit sowohl der Fabel als auch des Märchens. Wolf und Hund repräsentieren seit der Antike im Volksglauben und auch in der Fabel- und Märchenliteratur als fest verankerte Deutungsgewohnheit das Wilde und das Gezähmte, die freie Natur und die Häuslichkeit, sie wiederholen den Gegensatz von Behaustem und Unbehaustem. Leopardi lässt den Wolf in seiner wichtigsten Eigenschaft, der Gier, lächerlich erscheinen: Der Gierige, der nicht abwarten kann, harrt geduldig vor der Tür aus. Dieses parodistische Zerrbild des Wolfes erscheint bereits bei Avianus angelegt. Seine Fabel enthält Ansätze für eine Dekonstruktion des Wolfes als angsteinflößendes Monstrum auf der Folie des misogynen Vorwurfs einer negativen Beeinflussung der Kinder durch die falsche Erziehung der Ammen. 18 Leopardi denunziert die Ammenmärchen und dekonstruiert den Wolf im Sinne der Aufklärung von den Mythen des Volksglaubens und damit der Befreiung des Lesers von dem Unheimlichen und Dunklen als Selbsttäuschung. V Die doppelte Geste von Präzision und Vagheit Auf der Basis von Calvinos Diskurs über die «Esattezza» lässt sich das Zusam‐ menspiel von Präzision und Vagheit als ein zentrales Merkmal des Zibaldone er‐ kennen. 19 Zur Präzision gehören auch die «forme geometriche», für die Calvino eine «predilezione» hegt. 20 Das Incipit des Zibaldone scheint mit dem Begriffs‐ paar «Palazzo bello» diese Sichtweise einer Verschwisterung von Geometrie (hier die Geometrie der Architektur) und Vagheit (die ästhetische Erfahrung) zu bestätigen. Auch die Evokation der durch das Mondlicht beleuchteten Teile des Gebäudes in der poetischen Skizze «Era la luna nel cortile» spiegelt in eigen‐ tümlicher Weise diese doppelte Geste der écriture. In dem Begriffspaar «Palazzo bello» repräsentiert das Adjektiv «bello» die Öffnung auf ein unbestimmtes, Leopardi und die Kommunikation mit dem Leser 305 <?page no="306"?> 21 Cf. Calvino: Lezioni americane, 680: «la bellezza dell’indeterminato e del vago». potentiell unendliches Bedeutungsspektrum. Damit ist schon die Vagheit als Programm vorgegeben. 21 Der Begriff «bello» als Prädikat für die Schönheit suggeriert von Anfang an die Idee des Unvergleichlichen, Einmaligen und Besonderen. Die ästhetische Qualität des Textes liegt in der Vagheit («quel vago e quell’incerto», Zib. 26) als Impuls für die Autosuggestion des Lesers und damit für Selbsttäuschung und Illusion. Das Begriffspaar «Palazzo bello» bildet gleichsam ein initiales Dispositiv, das zugleich autoreflexiv als Metapher für den Zibaldone gelesen werden kann. Literatur Calvino, Italo: Lezioni americane. Sei proposte per il prossimo millennio, in: id.: Saggi 1945-1985. A cura di Mario Barenghi. Vol. I. Milano: Mondadori [ 1 1995] 2007 («I Meridiani»). Goethe, Johann Wolfgang von: Goethe’s Schriften. Achter Band. Leipzig: Georg Joachim Göschen 1789. Goethe, Johann Wolfgang von: Werke. Bd. I. Frankfurt a.M.: Insel-Verlag 1965. Leopardi, Giacomo: «Saggio sopra gli errori popolari degli antichi», in: id.: Poesie e prose. Vol.-II. Prose. A cura di Rolando Damiani. Milano: Mondadori [ 1 1988] 1996, 634-879. —: «Principio di un rifacimento del saggio sopra gli errori popolari degli antichi», in: id.: Poesie e prose. Vol.-II. Prose. A cura di Rolando Damiani. Milano: Mondadori [ 1 1988] 1996, 880-889. —: Zibaldone. Vol.-I. A cura di Rolando Damiani. Milano: Mondadori [ 1 1997] 2015. —: Zibaldone. Gesamtausgabe. Hg. von Franco D’Intino / Cornelia Klettke. Übers. von Daniel Creutz. Bd. I. Berlin: Matthes & Seitz, erscheint 2024. ‹Longinus›: On the Sublime. Ed. with Introduction and Commentary by David A. Russell. Oxford: Oxford Clarendon Press 1964. —[Pseudo-Longinos]: Vom Erhabenen. Griechisch und Deutsch. Hg. von Reinhard Brandt. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft [ 1 1966] 1983. Mari, Michele: Io venìa pien d’angoscia a rimirarti. Torino: Einaudi [ 1 1990] 2016. Bonifazi, Neuro: Leopardi. L’immagine antica. Torino: Einaudi 1991. Camilletti, Fabio: Leopardi’s Nymphs. Grace, Melancholy, and the Uncanny. London: Taylor & Francis 2017. Del Mar Plaza Picón, Francisca: «Caracterización de la mujer en la fábula de Aviano De nutrice et infanti», in: Fortunatae 28 (2017-2018), 299-313. D’Intino, Franco: «Il monaco indiavolato. Lo Zibaldone e la tentazione faustiana di Leopardi», in: Rolando Garbuglia (a cura di): Lo Zibaldone cento anni dopo. Com‐ 306 Cornelia Klettke <?page no="307"?> posizione, edizioni, temi. Atti del X Convegno internazionale di studi leopardiani (Recanati-Portorecanati, 14-19 settembre 1998). Vol.-II. Firenze: Olschki 2001, 467- 512. —: L’immagine della voce. Leopardi, Platone e il libro morale. Venezia: Marsilio [2009] 2 2021. —: La caduta e il ritorno. Cinque movimenti dell’immaginario romantico leopardiano. Macerata: Quodlibet 2019. Felici, Lucio: La luna nel cortile. Capitoli leopardiani. Soveria Mannelli: Rubbettino 2007. Klettke, Cornelia: «Aspekte einer ‹Kunst› des Sehens. Zu Paul Valérys Philosophie des Blicks», in: Jürgen Schmidt-Radefeldt (Hg.): Paul Valéry. Philosophie der Politik, Wissenschaft und Kultur. Tübingen: Stauffenburg 1999, 101-127. —: Simulakrum Schrift. Untersuchungen zu einer Ästhetik der Simulation bei Valéry, Pessoa, Borges, Klossowski, Tabucchi, Del Giudice, De Carlo. München: Fink 2001. Wright, A.E.: «Goethe’s An Schwager Kronos», in: The German Quarterly 65.2 (1992), 168-176. Leopardi und die Kommunikation mit dem Leser 307 <?page no="308"?> ISBN 978-3-381-10221-1 Die Natur fordert den Menschen seit jeher heraus. Doch seit der Romantik gewinnt die Beschäftigung mit der Natur zunehmend an Bedeutung, und gerade heute ist sie von immenser Aktualität. Leopardis Werk reflektiert die vielfältigen Momente des Natur-Begriffs in Vers und Prosa. Denn den Ausgangspunkt seines skeptischen Denkens bildet die Ergründung des Wesens der Dinge und der Existenz des Menschen im Wissen um Kontingenz und Grundlosigkeit. Dieser Gestus, der Natur des Zufalls wie auch der Zufälligkeit der Natur entgegenzutreten, bedingt die Originalität und Aktualität seines Werks, denen der vorliegende Band nachgeht, um die bis heute verblüffende und immer neue Fragen aufwerfende ‹Lebendigkeit› von Leopardis Dichten und Denken zu erforschen. Kuhn / Agostini (Hrsg.) Leopardis Dichten und Denken der Natur 31 / 32 Barbara Kuhn Giulia Agostini (Hrsg.) Leopardis Dichten und Denken der Natur Pensiero e poesia della natura in Leopardi