Die Dativalternation in der Geschichte des Neuhochdeutschen
Eine historische und korpusbasierte Untersuchung
0714
2025
978-3-3811-0662-2
978-3-3811-0661-5
Gunter Narr Verlag
Evi Van Damme
10.24053/9783381106622
Diese Monographie bietet einen einzigartigen Einblick in ein für das Deutsche bisher kaum erforschtes Phänomen: die Entwicklung der Dativalternation seit 1650. Dabei wird zwischen der Dativobjektkonstruktion (z. B. Er verkauft dem Kloster sein Haus) und der Präpositionalobjektkonstruktion (z. B. Er verkauft sein Haus an das Kloster) unterschieden. Ausführliche quantitative und qualitative Analysen historischer Korpusbelege legen für eine Auswahl von 28 Verben die relativen Verhältnisse zwischen beiden Alternanten bloß, und es werden verschiedene Faktoren identifiziert, die mit ihnen korrelieren. Außerdem zeigt die Durchsicht historischer Grammatiken, Lehrbücher und Wörterbücher, dass die Dativalternation bei bestimmten Verben wie geben, verkaufen und senden bereits ab dem 18. Jahrhundert nicht nur erwähnt, sondern mitunter auch beurteilt und kommentiert wird. Die Kombination dieser beiden Perspektiven liefert wertvolle Erkenntnisse für Forschende und Studierende der historischen Sprachwissenschaft und für alle, die sich für die deutsche Sprache und ihre Entwicklung interessieren.
<?page no="0"?> Volume CLIP Band Band Corpus Linguistics and Interdisciplinary Perspectives on Language Korpuslinguistik und interdisziplinäre Perspektiven auf Sprache ISBN 978-3-381-10661-5 Diese Monographie bietet einen einzigartigen Einblick in ein für das Deutsche bisher kaum erforschtes Phänomen: die Entwicklung der Dativalternation seit 1650. Dabei wird zwischen der Dativobjektkonstruktion (z. B. Er verkauft dem Kloster sein Haus) und der Präpositionalobjektkonstruktion (z. B. Er verkauft sein Haus an das Kloster) unterschieden. Ausführliche quantitative und qualitative Analysen historischer Korpusbelege legen für eine Auswahl von 28 Verben die relativen Verhältnisse zwischen beiden Alternanten bloß, und es werden verschiedene Faktoren identifiziert, die mit ihnen korrelieren. Außerdem zeigt die Durchsicht historischer Grammatiken, Lehrbücher und Wörterbücher, dass die Dativalternation bei bestimmten Verben wie geben, verkaufen und senden bereits ab dem 18. Jahrhundert nicht nur erwähnt, sondern mitunter auch beurteilt und kommentiert wird. Die Kombination dieser beiden Perspektiven liefert wertvolle Erkenntnisse für Forschende und Studierende der historischen Sprachwissenschaft und für alle, die sich für die deutsche Sprache und ihre Entwicklung interessieren. 12 Evi Van Damme Die Dativalternation in der Geschichte des Neuhochdeutschen 12 Evi Van Damme Die Dativalternation in der Geschichte des Neuhochdeutschen Eine historische und korpusbasierte Untersuchung 12 <?page no="1"?> CLIP 12 <?page no="2"?> Korpuslinguistik und interdisziplinäre Perspektiven auf Sprache Corpus Linguistics and Interdisciplinary Perspectives on Language Bd. / Vol. 12 Herausgeber / Editorial Board: Marc Kupietz, Harald Lüngen, Christian Mair Gutachter / Advisory Board: Heike Behrens, Mark Davies, Martin Hilpert, Reinhard Köhler, Ramesh Krishnamurthy, Ralph Ludwig, Michaela Mahlberg, Tony McEnery, Anton Näf, Michael Stubbs, Elke Teich, Heike Zinsmeister Die Bände der Reihe werden einem Peer-Review- Verfahren unterzogen. / The volumes of this series are peer reviewed. <?page no="3"?> Evi Van Damme Die Dativalternation in der Geschichte des Neuhochdeutschen Eine historische und korpusbasierte Untersuchung <?page no="4"?> Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. Die Publikationsreihe „Korpuslinguistik und interdisziplinäre Perspektiven auf Sprache“ folgt den Regelungen des Rats für deutsche Rechtschreibung. Etwaige Abweichungen davon - insbesondere hinsichtlich der geschlechtsspezifischen Kennzeichnung von Personen - erfolgen auf ausdrücklichen Wunsch des Autors bzw. der Autorin. DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783381106622 © 2025 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Redaktion: Melanie Kraus Layout: Annett Patzschewitz Druck: Elanders Waiblingen GmbH ISSN 2191-9577 ISBN 978-3-381-10661-5 (Print) ISBN 978-3-381-10662-2 (ePDF) <?page no="5"?> meinen Eltern Didier Van Damme und Ann Tack gewidmet <?page no="7"?> Dankeswort Dieses Buch ist das Ergebnis einer mehr als vierjährigen Forschungsarbeit über die historische Entwicklung der Dativalternation im Neuhochdeutschen. Hiermit ist auch mein Forschungsprojekt, das ich im November 2017 an der Universität Gent begonnen habe, abgeschlossen. Gerne bedanke ich mich ganz herzlich bei all denjenigen Personen, die mich in den letzten Jahren begleitet, unterstützt und motiviert haben, und somit zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. An erster Stelle danke ich Klaas Willems für das mir entgegengebrachte Vertrauen, die spannenden Diskussionen, die zahlreichen Ratschläge, die aufmerksame Durchsicht der Arbeit und natürlich auch für das regelmäßige Gießen unserer Büropflanzen Suzy und Linda, die ohne ihn den Corona-Lockdown nicht überlebt hätten. Seine unermüdliche Unterstützung hat mir die ersten Schritte in der historischen Sprachwissenschaft erleichtert und mir viele graue Haare erspart. Auch ohne Ludovic De Cuypere wäre dieses Buch nicht zustande gekommen. Ihm danke ich für die methodologische und statistische Unterstützung, die wertvollen Anregungen und die Geduld, wenn ich wieder einmal eine Frage über R hatte. Außerdem möchte ich mich bei all meinen lieben Kolleginnen und Kollegen aus dem Büro im Jubileumlaan bedanken: Kristof, Saartje, Thomas, Aaricia, Hilde, Andreas und Jan, danke für die Herzlichkeit, das wunderbare Arbeitsklima, die positive Energie und die vielen tollen Unterhaltungen. Insbesondere bedanke ich mich bei Hilde, die sich mit der Dativalternation im Gegenwartsdeutschen beschäftigt hat, und mir in Bezug auf die Erhebung der Korpusdaten und die Datenannotation mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat. Es war mir eine große Freude, mit ihr ein Arbeitszimmer zu teilen. Einen ganz lieben Dank möchte ich auch an meine Kolleginnen und Kollegen aus dem Blandijn richten. Insbesondere mit Arne, Margot und Steffie erlebte ich viele schöne Momente, sowohl innerhalb der Fakultät als auch darüber hinaus. Danke für die erholsamen Mittags- und Kaffeepausen, für das offene Ohr und für die unterstützenden Worte, vor allem in der heißen Endphase meiner Arbeit. Mentale Unterstützung leisteten auch meine Freundinnen und Freunde außerhalb der Universität. Danke, Lore, für die angenehmen Online-Mittagspausen während des Corona-Lockdowns und das Interesse an meiner Arbeit. Danke, Marjolein, für die gemütlichen Kaffeekränzchen und die vielen spontanen Nachrichten. Danke, Jonas, für die tollen Gespräche, und Laura, Buddy, danke für deinen Humor. Du bist meine Lieblingsdeutsche! <?page no="8"?> 8 DANKESWORT Unendlich dankbar bin ich schließlich meinen lieben Eltern Ann Tack und Didier Van Damme und meiner Oma Rita De Vis. Sie haben immer an mich geglaubt und haben mir jeweils alle Chancen gegeben. Ich weiß, dass sie als meine größten Fans stets hinter mir stehen und mich immer unterstützen werden. Danke für alles, was ihr für mich tut. Ich liebe euch! Evi Van Damme Gent, im Mai 2025 <?page no="9"?> Inhalt Einführung ............................................................................................................................ 13 Abgrenzung des Forschungsgegenstandes ...................................................................... 15 I. Doppelobjektkonstruktion ......................................................................... 15 II. be-Verben ........................................................................................................ 18 III. Benefaktiv-Konstruktion ......................................................................... 20 IV. Präpositionale Dativmarkierung .............................................................. 22 Vorherige Forschung ............................................................................................................. 24 Die vorliegende Studie .......................................................................................................... 25 1. Forschungsfragen, vorherige Forschung und der-probabilistische-Ansatz ............................................................................... 29 1.1 Forschungsfragen ...................................................................................................... 29 1.1.1 Vorkommenshäufigkeit: DOK vs. POK ................................................... 30 1.1.2 Historische Grammatiken, Lehrbücher und Wörterbücher ............... 34 1.1.3 Motivierende Faktoren ................................................................................ 46 1.1.4 Wortfolge von thema und rezipient ..................................................... 48 1.1.5 Unterschiede zwischen den Verben ......................................................... 57 1.2 Vorherige Forschung zur Dativalternation ......................................................... 62 1.2.1 Die Dativalternation im Englischen und im Niederländischen ......... 62 1.2.2 Die Dativalternation im Gegenwartsdeutschen .................................... 81 1.3 Probabilistischer Ansatz und der Begriff „Norm“ .............................................. 92 2. Historische Grammatiken, Lehrbücher und Wörterbücher ................ 97 2.1 Historische Grammatiken und Lehrbücher ........................................................ 97 2.1.1 Kasus vs. präpositionaler Ausdruck ......................................................... 98 2.1.2 Transferverben ............................................................................................ 104 2.2 Historische Wörterbücher ..................................................................................... 110 2.2.1 Auswahl und Übersicht der (Valenz-)Wörterbücher ......................... 110 2.2.2 Ergebnisse der lexikographischen Untersuchung .............................. 113 <?page no="10"?> 10 INHALT 3. Methodologie der diachronen Korpusuntersuchung ........................... 141 3.1 Datenerhebung ........................................................................................................ 141 3.1.1 Historische Online-Korpora ..................................................................... 141 3.1.2 Aufbau der Datensätze .............................................................................. 143 3.2 Datenannotation ...................................................................................................... 154 3.2.1 Auswahl der Verben .................................................................................. 154 3.2.2 Faktoren ........................................................................................................ 163 3.3 Datenanalyse ............................................................................................................ 172 4. Ergebnisse der Korpusuntersuchung .......................................................... 173 4.1 Die Verben verkaufen, senden und schicken ...................................................... 173 4.1.1 Das Verb verkaufen .................................................................................... 173 4.1.2 Das Verb senden .......................................................................................... 182 4.1.3 Das Verb schicken ....................................................................................... 197 4.2 Die Verben übergeben, zurückgeben, verleihen, übersenden und-einsenden ........................................................................................................... 210 4.2.1 Das Verb übergeben .................................................................................... 211 4.2.2 Das Verb zurückgeben ................................................................................ 224 4.2.3 Das Verb verleihen ...................................................................................... 234 4.2.4 Das Verb übersenden .................................................................................. 247 4.2.5 Das Verb einsenden ..................................................................................... 254 4.3 Qualitative Untersuchung: die übrigen Verben ................................................ 261 4.3.1 Das Verb geben und die komplexen geben-Verben ............................. 262 4.3.2 Das Verb leihen und die komplexen leihen-Verben ............................ 271 4.3.3 Die komplexen schicken-Verben ............................................................. 275 4.3.4 Die komplexen senden-Verben ................................................................ 283 5. Diskussion .............................................................................................................. 293 5.1 Vorkommen und Verwendungsbereich der an-PP/ zu-PP .............................. 294 5.1.1 an-PP/ zu-PP in der historischen und diachronen Untersuchung .............................................................................................. 294 5.1.2 an-PP beim Verb geben .............................................................................. 297 5.1.3 an-PP/ zu-PP bei den Verben schicken und senden .............................. 298 <?page no="11"?> 11 INHALT 5.2 Unterschiede zwischen den beiden Alternanten ............................................. 301 5.2.1 Semantische und stilistische Unterschiede .......................................... 301 5.2.2 Wortfolge von thema und rezipient ................................................... 304 5.2.3 Motivierende Faktoren .............................................................................. 309 6. Schlussfolgerungen und Ausblick ................................................................ 315 6.1 Schlussfolgerungen ................................................................................................. 315 6.2 Ausblick ..................................................................................................................... 322 Literatur ................................................................................................................................ 325 Liste der Abkürzungen ................................................................................................... 341 Anhang .................................................................................................................................. 345 Anhang A-- Das Verb verkaufen ...................................................................................... 345 A.1 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie ............................................................................................... 345 A.2 Logistische Regressionsanalyse .............................................................. 346 Anhang B-- Das Verb senden ............................................................................................ 350 B.1 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie ............................................................................................... 350 B.2 Logistische Regressionsanalyse .............................................................. 351 Anhang C-- Das Verb schicken ......................................................................................... 355 C.1 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie ............................................................................................... 355 C.2 Logistische Regressionsanalyse .............................................................. 356 Anhang D-- Das Verb übergeben ...................................................................................... 360 Cluster-1-- 1650-1950 .............................................................................................. 360 D.1 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie ............................................................................................... 360 D.2 Logistische Regressionsanalyse .............................................................. 361 Cluster-2-- 1951-1999 .............................................................................................. 363 D.3 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie ............................................................................................... 363 D.4 Logistische Regressionsanalyse .............................................................. 364 <?page no="12"?> 12 INHALT Anhang E-- Das Verb zurückgeben .................................................................................. 366 Cluster-1-- 165-1900 ................................................................................................ 366 E.1 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie ............................................................................................... 366 E.2 Logistische Regressionsanalyse .............................................................. 367 Cluster-2-- 1901-1999 .............................................................................................. 369 E.3 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie ............................................................................................... 369 E.4 Logistische Regressionsanalyse .............................................................. 370 Anhang F-- Das Verb verleihen ......................................................................................... 372 Cluster-1-- 1650-1950 .............................................................................................. 372 F.1 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie ............................................................................................... 372 F.2 Logistische Regressionsanalyse .............................................................. 373 Cluster-2-- 1951-1999 .............................................................................................. 375 F.3 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie ............................................................................................... 375 F.4 Logistische Regressionsanalyse .............................................................. 376 Anhang-G-- Das Verb übersenden .................................................................................... 378 G.1 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie ............................................................................................... 378 G.2 Logistische Regressionsanalyse .............................................................. 379 Anhang-H-- Das Verb einsenden ...................................................................................... 381 H.1 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie ............................................................................................... 381 H.2 Logistische Regressionsanalyse .............................................................. 382 <?page no="13"?> Einführung Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der historischen Entwicklung der Dativalternation in der Geschichte des Neuhochdeutschen, d. h. ab dem Jahr 1650, das traditionell als Anfang dieser Sprachstufe betrachtet wird. Die Dativalternation betrifft die Art und Weise, wie bei dreiwertigen Transferverben (geben, leihen, schicken, übersenden, verkaufen,-…) der Transfer eines themas von einem agens zu einem rezipienten morphosyntaktisch ausgedrückt wird. Unterschieden wird in dieser Studie zwischen einer Dativobjektkonstruktion (DOK) , in der der rezipient im- Dativ realisiert wird, und einer generell als jünger betrachteten Präpositionalobjektkonstruktion (POK) , in der der rezipient durch eine Präposition markiert wird. Bei manchen Verben, wie geben, leihen und verkaufen wird zur Markierung des rezipienten nur die Präposition an (+- Akk-NP) benutzt, während zum Beispiel für senden, schicken und ihre entsprechenden komplexen Verben neben an auch zu (+-Dat-NP) möglich ist. Die Beispielsätze in (1) bis (7) illustrieren die Dativalternation für die Verben geben, zurückgeben, verleihen, verkaufen, schicken, senden und einsenden. Die a-Sätze stellen jeweils die Dativobjektkonstruktion dar, die b- und c-Sätze die Präpositionalobjektkonstruktion mit der Präposition an bzw. zu. In den in der vorliegenden Studie angeführten Beispielsätzen wird das thema jeweils mittels eckiger Klammern und der rezipient mittels spitzer Klammern kenntlich gemacht, das Vollverb ist immer fettgedruckt. Alle Sätze wurden unverändert dem HIST-Archiv (HIST), dem Deutschen Textarchiv (DTA) oder dem DWDS-Kernkorpus (KK20) entnommen: (1a) „Weine nicht, mein guter Mensch, wir lieben uns ja immer wieder,“ sagte Linda und die zarte schöne Lippe- gab - <ihm> [den ersten innigen Kuß]. (DTA, 1803) (1b) Landsmann, Sie haben [Ihr ganzes Geld] <an Ihren Vetter>- gegeben , und Sie müssen für die Farm bezahlen, und Sie sind dann in Schwierigkeit. (KK20, 1926) (2a) Mitlerweile- gab -mein Herr <dem Cavalier> [folgende Antworts-Zeilen]- zurück : […]. (DTA, 1739) (2b) Sie gaben - jedoch [das Pistol] sogleich <an einen Bürgerwehrmann>,- zurück , indem sie behaupteten, ein Hauptmann dürfe nur sein vorschriftsmäßiges Seitengewehr bei sich führen. (DTA, 1848) <?page no="14"?> EINfüHRuNg 14 (3a) Sehet jhr nicht/ meine Freunde/ daß die Götter <den Kirchenräubern> [gut Wetter zur Schifffahrt]- verleihen . (DTA, 1650) (3b) so läßet sich eigentlich zu reden eine Herrschaft nicht in subjectivische Theile zerstücken, und folglich ist zu vermuthen, daß ein Volck nur unter der Bedingung [die Herrschaft] <an jemand>- verliehen habe, daß sie nicht subjectivisch vertheilet werden solle. (DTA, 1754) (4a) Die Eingeborenen- verkauften - <uns> [Hühner, Honig und erquickendes, Durst löschendes Bier]. (KK20, 1902) (4b) Las ihm Komanditchen vor, es werde bald eine Hochzeit vornehmer Leute sein, so kaufte er alle alten Töpfe zusammen, um [sie] wieder <an die Hofkavaliere> zu verkaufen, <<welche sie bei der Hochzeit nach altem Gebrauch zu zerschmettern pflegen>>. (HIST, 1805-1811) (5a) Darauf- schickte - Hardenberg <dem Geschäftsträger in Petersburg, Oberst von Schöler>, [ein ostensibles Ministerialschreiben und einen Brief des Königs an den Czaren]. (DTA, 1879) (5b) So bald ich meinen Brief abgeschrieben hatte,- schickte -ich [ihn] durch Elisabeth <an meinen Bruder>. (DTA, 1748) (5c) Da du nun so nahe bist: so will ich [meinen Bedienten] <zu dir>- schicken , wenn es die Noth erfordert. (DTA, 1751) (6a) Die Einwohner von Uliettea sandten <dem Herrn Cook> [ein Mädchen und ein Schwein] zum Zeichen der Freundschaft. (HIST, 1800-1806) (6b) Fannius und Triarius- sandten -in ihrer bedrängten Lage [die dringendsten Bitten um Hülfeleistung] <an den Oberfeldherrn>. (DTA, 1856) (6c) Das nichtswürdige Weib hat mich bitten lassen, zu ihr zu kommen: und damit ich es nicht abschlagen möchte, wenn sie mir einen gemeinen Bothen schickte, [ihre schändliche Gehülfinn Sarah Martin] <zu mir> - gesandt . (DTA, 1751) (7a) Sollten Sie, Leser und Werbebriefschreiber, hierzu im Stande sein, so- senden - Sie <uns> [diesen Brief]- ein , damit wir ihn gegen ein angemessenes Honorar erwerben und hier in unseren Spalten zum Abdruck bringen. (KK20, 1925) (7b) Wer von diesem Vortheil profitiren will, beliebe [das Geld] <an Friederich Köhl, Buchdruckern zu Leipzig unterm Rathhause>, des nechsten franco- einzusenden , und die Lieferung zu erwarten. (DTA, 1751) (7c) Nach Schluß jedes Prüfungstermins ist [das Prüfungsprotokoll] <zur Kreisdirektion>- einzusenden , <<welche dasselbe, wenn sich nichts dabei zu erin- <?page no="15"?> AbgRENzuNg DES fORScHuNgSgEgENSTANDES 15 nern findet, nach genommener Einsicht kürzesten Wegs an die Kommission zurückgelangen lassen wird>>. (DTA, 1847) Neben der unterschiedlichen Realisierung des rezipienten betrifft ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Alternanten die Konstituentenfolge von thema und rezipient: In DOK-Sätzen mit normaler Wortfolge geht der rezipient dem thema voran, während in POK-Sätzen der rezipient in der Regel dem thema folgt, vgl. u. a. Matzel (1976, S.-148 f.), Rauth (2016, S.-184 f.) und De Vaere/ De Cuypere/ Willems (2021a, S.-87). Die rezipient-thema-Wortfolge in den DOK-Sätzen bezieht sich aber generell auf nominale NPs. Pronominale NPs dagegen weisen im Prinzip die Wortfolge thema-rezipient auf, wie in Ich verkaufe es ihm oder Wir schicken sie ihr (siehe Abschn.-1.1.4). Abgrenzung des Forschungsgegenstandes Im Hinblick auf eine genaue Abgrenzung des Forschungsgegenstandes ist es wichtig, zwischen den Dativobjekt- und Präpositionalobjektkonstruktionen aus (1) bis (7) einerseits und einigen anderen Konstruktionen andererseits zu unterscheiden, die DOK und POK in einigen Hinsichten ähneln: Insbesondere betrifft es (i)-die Doppelobjektkonstruktion, (ii)-ein Muster mit einigen sog. be-Verben, (iii)-die benefaktiv- Konstruktion und (iv)-die präpositionale Dativmarkierung, die in manchen Dialekten vorkommt. Im Folgenden gehe ich kurz auf jede dieser Konstruktionen ein. I. Doppelobjektkonstruktion Mit dem Begriff „Doppelobjektkonstruktion“ (Eng. Double Object Construction) bezeichnet man im Hinblick auf Sprachen wie das Englische oder Niederländische diejenige Konstruktion, in der der rezipient ohne Präposition ausgedrückt wird, vgl. (8) aus Broccias/ Torre (2020, S.-170) bzw. (9) aus Colleman (2020, S.-139): (8) You gave <Jason> [that book] because you wanted to be a magician. ‚Du hast Jason das Buch gegeben, weil du ein Magier sein wolltest.‘ (9) De boer heeft <de soldaat> [een boek] gegeven / verkocht / geleend . ‚Der Bauer hat dem Soldaten ein Buch gegeben/ verkauft/ geliehen.‘ Weder das thema noch der rezipient ist in den Sätzen in (8) und (9) morphologisch markiert. Darin unterscheiden sich die a-Sätze in (1) bis (7): Deutsch ist, anders als das Englische und das Niederländische, eine Sprache mit einem vollständigen Kasussystem, das das thema und den rezipienten in zwei verschiedenen Kasus, nämlich Akkusativ und Dativ, ausdrückt. Die Doppelobjektkonstruktion existiert zwar im Deutschen, ist aber ausschließlich mit einigen Verben belegt, die zwei Akkusa- <?page no="16"?> EINfüHRuNg 16 tivergänzungen verlangen, wie (ab-)fragen, kosten, lehren, abhören und unterrichten, vgl. (10) bis (12) aus Duden (2016, § 537, § 1487 bzw. § 1488): (10) Müssen Sie wirklich täglich <das arme Kind> [das Einmaleins] abfragen ? (11) Die Untersuchungskommission hat <den Bürgermeister> [schwierige Dinge] gefragt . (12) Der Artist lehrte <ihn> [den Seiltrick]. Laut Hentschel/ Vogel (Hg.) (2009, S.-197) ist diese Kasuskombination „so ungewöhnlich, dass auch Muttersprachler [sie] häufig durch die zwar normabweichende, aber offensichtlich ‚natürlichere‘ Kombination von Dativ und Akkusativ ersetzen“. Das sei-zum Beispiel der Fall bei den Verben lehren, abfragen und kosten. Bei fragen könne der Inhalt der Frage anhand einer Präpositionalphrase ausgedrückt werden, wie in Die Touristen haben die Bauern nach dem Weg gefragt, vgl. Duden (2016, § 537, § 1485-1489). Auch andere Grammatiken und Lehrbücher weisen, wenngleich auf eine unterschiedliche Art und Weise, auf diesen Ersatz hin. Neutral sind die diesbezüglichen Umschreibungen bei u. a. Dal (1952, S.-41 f.-- „Auch bei Verben, die mit zwei Akkusativen verbunden werden, zeigen sich vielfach Ansätze dazu, die Personenbezeichnung in den Dat[iv] zu setzen“), Götze (1979, S.- 189-191), Jude (1980, S.- 97) und Heidolph/ Flämig/ Motsch (1984, S.- 590- - „Allerdings scheint das Muster ‚Dativ der Person, Akkusativ der Sache‘ den doppelten Akkusativ insofern zu beeinflussen, als der personenbezogene Akkusativ verschiedentlich durch den Dativ ersetzt wird“). Einen Satz wie Man lehrt ihm den Tanz hält Erben (1972, S.-82) gegenüber dem gleichen Satz mit dem Akkusativ ihn für die „geläufigere Variante“. Auch bei (ab)fragen, abhören und kosten neigt, so Erben (ebd., S.-145), das Sprachgefühl dazu, den Akkusativ der Person durch den Dativ zu ersetzen. In ähnlicher Weise bemerkt Engelen (1975, Bd.- II, S.- 64), dass lehren mit doppeltem Akkusativ „offensichtlich als wenig systemangemessen“ betrachtet und „normalerweise gemieden“ wird. Obwohl man bei diesem Verb „hie und da“ die Tendenz erkenne, den personenbezogenen Akkusativ durch einen Dativ zu ersetzen, klinge das für die meisten Sprachbenutzer „so unüblich“, dass man normalerweise „das Ausweichen auf andere Konstruktionen“ vorziehe, wie beispielsweise auf eine Konstruktion mit dem inhaltlich gleichwertigen Verb beibringen. Die Tendenz zum Ersatz des Akkusativs der Person durch einen Dativ, zeigt sich laut Engelen (1975, Bd.-II, S.-64 f.) ebenfalls „hie und da“ beim Verb kosten und „oft“ beim Verb abfragen, wobei im letzteren Fall auch ein Ersatz durch eine „lokale Größe“, wie in der fünften Klasse, möglich sei. <?page no="17"?> AbgRENzuNg DES fORScHuNgSgEgENSTANDES 17 Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997, S.- 1312) und Ten Cate/ Lodder/ Kootte (2004, S.-145 f.) dagegen scheinen dieses Phänomen ausschließlich in der Umgangssprache zu beobachten: „In der Tat wird umgangssprachlich zunehmend das ‚anomale‘ K akk durch ein K dat ersetzt“ (Zifonun/ Hoffmann/ Strecker 1997, S.-1312). Götze/ Hess-Lüttich (2002, S.- 444) ihrerseits bezeichnen den Ersatz als grammatikalisch falsch. Sie schreiben dazu Folgendes: Da die Struktur: Verb-+ Subjekt-+ doppelter Akkusativ selten ist, treten oft Fehler auf. Besonders trifft dies auf lehren zu (Sie lehrt die Kinder das Schreiben.). Immer wieder ist zu hören: *Ich lehre ihm die deutsche Sprache. Diese Form ist sowohl in der gesprochenen wie in der geschriebenen Sprache falsch. Dass dieser Ersatz aber nicht neu ist, zeigen verschiedene Grammatiken und Lehrbücher aus dem 18. und 19.-Jahrhundert: Unter anderem Gottsched (1748), Hempel (1754), Aichinger (1754), Adelung (1781), Heinsius (1814), Schmitthenner (1822) und Heyse/ Heyse (1849) weisen alle bereits auf die Neigung, das Muster mit einem doppelten Akkusativ in eine Konstruktion mit einem Dativ- und Akkusativobjekt überzuführen, hin. Hinsichtlich des Verbs lehren zum Beispiel behauptet Gottsched (1748, S.-391), dass „der gemeine Mann […] durch eine Unbeständigkeit, die ihm natürlich ist, die dritte Endung zu gebrauchen angefangen“ habe. In der Bibel dagegen komme das Verb „recht mit der vierten Endung“ vor. Eine ähnliche Aussage findet sich in Hempel (1754, S.-908), der für dieses Verb ebenfalls die Verwendung eines Dativs der Person ablehnt. Aichinger (1754, S.- 413) dagegen erwähnt, ohne jedes Werturteil, dass kosten und lehren „auch gern einen datiuum der Person“ haben und, dass man bei fragen die Präposition um oder nach verwendet, wenn der Akkusativ der Sache kein pronomen neutrius („etwas“) sei. Adelung (1781, S.-473 f.) erkennt zwar an, dass lehren „nach dem herrschenden Gebrauche“ mit zwei Akkusativobjekten kombiniert werde (Er lehret mich die Mathematik), findet allerdings den Dativ der Person „analogischer“, weil der entsprechende Passiv-Satz Mir wird die Mathematik gelehret laute. Auch das Verb kosten erfordere „richtiger den Dativ der Person, wenn der Accusativ der Sache dabey stehet“. Laut Heinsius (1814, S.-175) wird lehren nur dann mit dem Akkusativ der Person verbunden, „wenn die Sache, worin man Unterricht erhält, durch den Infinitiv ausgedrückt wird“, wie in Er lehrt mich reiten. Stehe der Gegenstand des Lehrens allerdings im Akkusativ, so erfordere lehren „nothwendig“ den Dativ der Person, z. B. Er lehrt mir die Deutsche Sprache. Schmitthenner (1822, S.-260) macht die gleiche Unterscheidung, fügt aber hinzu, dass lehren selbst im ersten Fall „bei guten Schriftstellern oft den Accusativ bei sich“ habe. Heyse/ Heyse (1849, S.-117 f.) zufolge komme lehren „durch alle Perioden unserer Sprache“ mit einem doppelten Akkusativ vor: Die Regel, die auf dem Unterschied zwischen lehren-+ Infinitiv und lehren-+ Akkusativobjekt basiert, sei eine „willkürliche Neuerung“, die „in Widerspruch mit dem Sprachgebrauche“ aufgestellt werde und „besonders in <?page no="18"?> EINfüHRuNg 18 Norddeutschland“ Eingang gefunden habe. In Bezug auf das Verb kosten dagegen sind Heyse/ Heyse (1849, S.- 156 f.) ganz anderer Meinung: „Die betheiligte Person […], welcher eine Sache Kosten oder Aufwand verursacht, steht bei kosten richtig im Dativ“. Dass die „ältere und die heutige oberdeutsche Sprache, wie auch manche neuere Schriftsteller […] hier freilich den Accusativ“ verwenden, könne „nur aus einer Verirrung des Sprachgefühls erklärt werden, da die Natur des Verhältnisses hier durchaus den Dativ erfordert“. II. be-Verben Ein zweites Muster, das von der Dativ- und Präpositionalobjektkonstruktion unterschieden werden muss, ist dasjenige, das mit einer relativ begrenzten Anzahl sog. be-Verben (bedienen, beleihen, beliefern, beschenken usw.) ebenfalls die Übertragung eines themas von einem agens zu einem rezipienten ausdrückt: Der rezipient erscheint dabei aber nicht im Dativ, sondern im Akkusativ und das thema wird durch die Präposition mit markiert, vgl. (13)-(14): (13) Es war bekannt, daß Fritz, weil er <seine Einheit in Eichstätt> [mit Schnaps] belieferte , schnell Gefreiter geworden war. (KK20, 1998) (14) Man beschenkt <den immer seltener werdenden Liftboy> [mit einer kleinen Münze], <<der sich somit bald Ihren Namen merken wird>>. (KK20, 1991) Solche be-Verben illustrieren die Tendenz der Akkusativierung, auf die in den letzten Jahrzehnten u. a. Erben (1972, S.- 144, 147), Wegener (1985, S.- 97), Sommerfeldt (Hg.) (1988, S.-200 f.) und von Polenz (1994, S.-294) hingewiesen haben. Mit diesem Begriff bezeichne man die „Möglichkeit zur Variation des Valenz-Rahmens“, wodurch Genitiv-, Dativ- und Präpositionalobjekte durch Akkusativobjekte ersetzt werden können (Bußmann (Hg.) 2008, S.-17). Weisgerber (1958, S.-11 f.) spricht von einer Vermehrung der Möglichkeiten von Akkusativfügungen allgemein und insbesondere einer Zunahme der Fälle personaler Akkusativobjekte. Diese Zunahme hänge „vor allem zusammen mit dem Anwachsen des Bestandes von transitiven Verben mit der Möglichkeit personaler Objekte“, vgl. jemandem etwas schenken vs. jemanden (mit etwas) beschenken oder etwas auf etwas malen vs. etwas (mit etwas) bemalen: Mit der Modifikation des regierenden Verbs (be-schenken, be-malen-…) gehe nämlich ein entsprechender Wechsel der Rektion einher (Glück/ Rödel (Hg.) 2016, S.-22). Solche transitiven Verben ermöglichen „einen klaren, einfachen und elastischen Satzbau“ und sie werden im „Streben nach ökonomischem Einsatz der Sprachmittel […] immer mehr bevorzugt“ (Sommerfeldt (Hg.) 1988, S.- 201, zitiert nach Schmidt 1973, S.- 167). Auch Duden (2016, § 1047) erwähnt bei diesen Verben, dass sie „ökonomische Verdichtungen komplexerer Phrasen“ darstellen. Allerdings ist die Verwendung der transitiven be-Verben auch kritisiert worden, d. h. „[m]an warf solchen <?page no="19"?> AbgRENzuNg DES fORScHuNgSgEgENSTANDES 19 Bildungen, wenn durch den Akkusativ der Mensch bezeichnet wurde, die inhumane Verdinglichung des Menschen vor“ (Admoni 1985, S.-1547, vgl. dazu auch von Polenz 1994, S.-293 f.). Vergleicht man das Satzmuster der be-Verben aus (13) und (14) (‚K sub -> K akk -> K prp ‘) mit dem der entsprechenden Basisverben liefern bzw. schenken (‚K sub -> K dat -> K akk ‘), so lässt sich nach Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997, S.-1308-1310, 1315-1317) ein „Unterschied in der Zentralität der Beteiligtenrollen“ feststellen. 1 Während bei den Basisverben die ausgetauschte, ‚dynamische‘ Entität im Akkusativ als zentral gesehenes objekt und die nicht-ausgetauschte, ‚statische‘ Entität im Dativ als weniger zentraler rezipient erscheine, trete bei den entsprechenden be-Verben die nichtausgetauschte Entität im Akkusativ als zentrales, ‚affiziertes‘ objekt und die ausgetauschte Entität in der mit-PP als weniger zentrale Beigabe (ornativ) auf. Es handle sich also um einen „Wechsel [in der] Perspektivierung von Gegenständen nach der Art und dem Grad ihrer Involvierung in das Geschehen“. Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997, S.-1316 f.) unterscheiden somit zwischen einem Rahmen der Transaktion (liefern, schenken, leihen-…) und einem der Affizierung (beliefern, beschenken, beleihen-…). Heidolph/ Flämig/ Motsch (1984, S.- 362 f.) stellen in einer graphischen Darstellung die Dativobjektkonstruktion dem Muster mit den be-Verben und der Präpositionalobjektkonstruktion gegenüber, vgl. Abbildung-1. Abb.-1: Vergleichende Darstellung der Dativobjektkonstruktion gegenüber der Präpositionalobjektkonstruktion und dem Muster mit den be-Verben nach Heidolph/ flämig/ Motsch (1984, S.-362 f.) Das Muster mit den be-Verben und die Dativobjektkonstruktion-- im Schema durch den beschickenbzw. (zu)schicken-Satz dargestellt-- weisen Parallelen auf, d. h. das Verhältnis von Akkusativobjekt und Präpositionalobjekt entspreche genau dem von Dativobjekt und Akkusativobjekt, nur mit dem Unterschied, dass „die syntaktischen Plätze, auf denen die entsprechenden semantischen Rollen realisiert werden, um eine Stelle näher an das Verb gerückt sind“. Bei der durch den verschicken- 1 Abkürzungen: K sub - = Subjekt, K akk - = Akkusativkomplement, K prp - = Präpositivkomplement, K dat - = Dativkomplement. <?page no="20"?> EINfüHRuNg 20 Satz illustrierten Präpositionalobjektkonstruktion dagegen handle es sich der Dativobjektkonstruktion gegenüber um eine Konverse: Das Akkusativobjekt behalte seine Rolle, das Dativobjekt gebe jedoch seine Rolle an das Präpositionalobjekt ab, vgl. dazu auch Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997, S.-1321 f.). Wie verschicken verhalten sich, so Heidolph/ Flämig/ Motsch (1984, S.-363), u. a. auch die Verben senden und verkaufen. III. Benefaktiv-Konstruktion Eine dritte Konstruktion betrifft die sog. benefaktiv-Konstruktion (Eng. benefactive construction), in der die Dativ-NP den Nutznießer oder den Geschädigten der Handlung darstellt, vgl. (15) bzw. (16). Man spricht von einem Dativus commodi bzw. einem Dativus incommodi: (15a) Ich setze uns jetzt erst mal einen Tee auf. (Hentschel/ Vogel (Hg.) 2009, S.-63) (15b) Er trägt seiner Mutter die Tasche. (Helbig/ Buscha 2000, S.-130) (15c) Er hat mir das Auto gewaschen. (Dürscheid 2012, S.-41) (16a) Der Schlüssel fiel dem Jungen ins Wasser. (Fleischer/ Helbig/ Lerchner (Hg.) 2001, S.-282) (16b) Er hat mir den ganzen Weinkeller leer getrunken. (Hentschel/ Vogel (Hg.) 2009, S.-200) (16c) Er hat ihr das Auto zu Schrott gefahren. (Hentschel/ Weydt 2013, S.-164) In der Regel lässt sich der Dativus commodi durch eine präpositionale Umschreibung mit für ersetzen, vgl. Er trägt für seine Mutter die Tasche. Die Ersetzbarkeit des Dativus incommodi dagegen ist problematischer: Hentschel/ Vogel (Hg.) (2009, S.-64, 200) und Hentschel/ Weydt (2013, S.-166) schlagen die-- zwar eher unidiomatische-- Paraphrase zum Nachteil von oder zum Schaden von vor, vgl. Er hat zu ihrem Nachteil/ Schaden das Auto zu Schrott gefahren. Solche Ersatzkonstruktionen können angewendet werden, um die sog. freien Dative, zu denen der Dativus commodi und Dativus incommodi gehören, von den Dativobjekten zu unterscheiden. Mit dem Begriff „freier Dativ“ bezeichnet man „[d]ativisch markierte Nicht-Objekte“. Anders als Dativobjekte sind sie valenzunabhängig, d. h. der Kasus wird nicht vom Verb regiert (Dürscheid 2012, S.-41 f.). Traditionell werden außer dem Dativus commodi und dem Dativus incommodi noch einige weitere semantische Typen freier Dative unterschieden, vgl. u. a. Dal (1952, S.- 50-52), Engelen (1975, Bd.- I, S.- 116-122), Götze (1979, S.- 196-200), Heidolph/ Flämig/ Motsch (1984, S.- 368 f., 585), Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997, S.- 1336- <?page no="21"?> AbgRENzuNg DES fORScHuNgSgEgENSTANDES 21 1346), Helbig/ Buscha (2000, S.- 130 f., 227-229), Fleischer/ Helbig/ Lerchner (Hg.) (2001, S.-282), Götze/ Hess-Lüttich (2002, S.-145-147, 446-449), Engel (2004, S.-99 f.), Ten Cate/ Lodder/ Kootte (2004, S.- 26 f.), Hentschel/ Vogel (Hg.) (2009, S.- 63-68, 199 f.), Dürscheid (2012, S.- 41 f.), Eisenberg (2013, S.- 294-296), Hentschel/ Weydt (2013, S.- 164-171) und IDS Mannheim (2018). Der Vollständigkeit halber gehe ich kurz auf sie ein. 2 Ein erster Typ ist der Dativus possessivus oder der Pertinenzdativ, der ein Besitzverhältnis anzeigt. Im Gegenwartsdeutschen kommt er „fast nur noch im Zusammenhang mit der Bezeichnung von Körperteilen oder Kleidungsstücken“ vor (Hentschel/ Vogel (Hg.) 2009, S.-65), vgl. (17). (17a) Der Wind riss ihm den Hut vom Kopf. (Engel 2004, S.-100) (17b) Der Arzt operierte dem Kranken den Magen. (Helbig/ Buscha 2000, S.-229) Ein zweiter Typ betrifft den Dativus ethicus oder den ethischen Dativ, der ausschließlich als Pronomen- - meist der 1. oder 2. Person- - realisiert wird: Er kennzeichnet eine Person, die emotional am Geschehen teilhat, selber aber kein Handlungsbeteiligter ist, vgl. (18). (18a) Komm mir ja nicht zu spät! (Hentschel/ Weydt 2013, S.-168) (18b) Falle mir nicht! (Fleischer/ Helbig/ Lerchner (Hg.) 2001, S.-282) Der Dativus iudicantis schließlich ist der sog. Standpunkt-Dativ, d. h. er bezeichnet den Beurteiler des dargestellten Sachverhaltens, vgl. (19): 3 (19a) Ist es dir nicht interessant genug? (Hentschel/ Vogel (Hg.) 2009, S.-200) (19b) Die Zeit vergeht mir viel zu schnell. (Dürscheid 2012, S.-41) Keiner der oben angeführten Typen freier Dative kann mit einer an- oder zu-PP alternieren. Aus diesem Grund werden sie in der vorliegenden Untersuchung außer Betracht gelassen. Eine Ausnahme bilden allerdings diejenigen Sätze, in denen sich 2 Einige Autoren moderner Grammatiken stellen die Existenz freier Dative (teilweise) in Frage. Sie weisen verschiedenen Typen freier Dative einen unterschiedlichen syntaktischen Status zu, vgl. Hentschel/ Weydt (2013, S.-171) für eine Kurzübersicht. 3 Götze/ Hess-Lüttich (2002, S.- 147), Hentschel/ Vogel (Hg.) (2009, S.- 68) und Hentschel/ Weydt (2013, S.- 169) erwähnen außerdem die Gruppe der sog. „finalen Dative“ oder „Dative des Zweckes“. Laut Götze/ Hess-Lüttich (2002, S.-147) erscheinen solche Dative-- wie z. B. in Sie lebte nur ihren Kindern-- nur in der geschriebenen Sprache, in der gesprochenen Sprache werden sie durch eine für-PP ersetzt. Hentschel/ Vogel (Hg.) (2009, S.-68) und Hentschel/ Weydt (2013, S.-169) zufolge kommen finale Dative im Gegenwartsdeutschen nur noch mit nachgestellten Präpositionalphrasen vor, wie in jemandem zu Ehren, zum Gefallen, zum Trotz. In den modernen Grammatiken wird dieser Typ kaum noch gesondert behandelt. <?page no="22"?> EINfüHRuNg 22 die Dativ-NP zwar als benefaktiv, zugleich aber auch als rezipient interpretieren lässt, vgl. Willems (2020, S.- 160-171) und De Vaere/ De Cuypere/ Willems (2021b, S.-14 f.). Man denke zum Beispiel an einen Satz wie Er schreibt seinem Bruder einen Brief, der beide Lesarten ermöglicht, d. h. für seinen Bruder (benefaktiv, freier Dativ) bzw. an seinen Bruder (rezipient, Dativobjekt), vgl. Starke (1969, S.-32), Engelen (1975, Bd.- I, S.- 122 f.), Matzel (1976, S.- 152 f.), Götze (1979, S.- 179, 197) und Götze/ Hess-Lüttich (2002, S.- 448). Nur solche Sätze werden in die Korpusuntersuchung einbezogen (siehe Abschn.-3.1.2). Dass die einzelnen Dativrollen-- d. h. rezipient, adressat, experiens, benefaktiv und possessiv, die in Abhängigkeit von der Verbbedeutung aus der abstrakten- Rolle dativ herausdifferenziert werden- - häufig nicht streng voneinander geschieden werden können, erkennen auch Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997, S.-1337-1339) an. Zum Verhältnis von rezipienten- und benefaktiv-Rolle schreiben sie Folgendes: Zweistellige Verben wie helfen, nützen, schaden weisen prototypischerweise die Benefaktivrolle zu, dreistellige Verben im prototypischen Fall der Transaktions- und Mitteilungsverben die Rezipientenrolle bzw. die mit ihr verwandte Adressatenrolle. Im Fall der dreistelligen Verben kann nun aber außerdem der Empfänger […] als Nutznießer der Transaktion oder der Informationsvermittlung gesehen werden, derjenige, dem etwas weggenommen wird […], als Geschädigter. Das heißt, die Verben des Gebens und Nehmens (im weiteren Sinne) lassen eine Implikatur von der Rezipientenauf die Benefaktivrolle zu. […] Wenn nun eine Implikatur von REZ auf BEN möglich ist, so gilt dies umgekehrt nicht. […] Eine sekundäre Rezipientenrolle ist nur dann konstituierbar, wenn die Verbbedeutung einen Besitzwechsel mit umfaßt oder eine solche Interpretation auf sie, z. B. durch die Anbindung eines Direktivkomplementes, „draufgesattelt“ werden kann […]: Ich werde dir den Brief in den Briefkasten stecken. (ebd., S.-1339) Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Bezeichnung rezipient in der vorliegenden Arbeit grundsätzlich weit gefasst wird, so dass es z. B. auch möglich ist, von belebten und unbelebten rezipienten zu sprechen (für Diskussionen des Verhältnisses zwischen der thematischen (bzw. semantischen) Rolle rezipient und der (unterdeterminierten) Rolle ziel (Eng. goal), siehe insbesondere Willems (2020, S.-155- 157) und De Vaere/ De Cuypere/ Willems (2021b)). IV. Präpositionale Dativmarkierung Schließlich ist die Dativalternation auch von dem Phänomen der präpositionalen Dativmarkierung (kurz: PDM) in manchen Dialekten zu unterscheiden. Seiler (2003, S.-15, 254 f.), der die oberdeutschen Dialekte untersucht, stellt fest, dass sowohl im Bairischen (vgl. (20)) als auch im Alemannischen (vgl. (21)) die Dativ-NP durch ein <?page no="23"?> AbgRENzuNg DES fORScHuNgSgEgENSTANDES 23 präpositionales Element eingeleitet und auf diese Weise verstärkt werde, vgl. dazu auch Dal (1971 [1962], S.- 169, [1955/ 56], S.- 175, [1960], S.- 189-192). Diese präpositionalen Marker-- in den Beispielsätzen fettgedruckt-- lauten gleich wie die Präpositionen an oder in: (20a) du muasst es a deinà frau vaschraibn lássn ‚Du musst es deiner Frau verschreiben lassen‘ (20b) sàg’s in der frau ‚Sag’s der Frau‘ (21a) er git dr Öpfel a mir, statt a dir ‚Er gibt den Apfel mir statt dir‘ (21b) Di isch uf də altə Eedəmburg ufpauə, di wòòrschinlich i də Edlə vo Jeeschtetə khöört hät ‚Die ist auf der alten Edemburg aufgebaut, die wahrscheinlich den Edlen von Jestetten gehört hat‘ Der Einsatz der Marker a(n) und i(n), deren Verteilung „areal gesteuert“ sei, sei im Großteil der PDM-Dialekte optional. Auf der Grundlage von einigen, wenn auch vereinzelten und isolierten, Belegen in älteren schriftlichen Quellen lässt sich laut Seiler (2003, S.- 229-234) schließen, dass die Tendenz der präpositionalen Dativmarkierung (mindestens) im 15./ 16.- Jahrhundert bereits vorhanden war. Dal (1971 [1962], S.-169, [1955/ 56], S.-175, [1960], S.-189) betont, dass die vorangestellten Elemente nicht mit der Präposition an bzw. in identisch sind und als echte Kasusmorpheme betrachtet werden müssen. Auch einige historische Quellen gehen näher auf das Phänomen der präpositionalen Dativmarkierung ein. Bereits im 19.- Jahrhundert bemerkt Müller (1838, S.- 13) in seiner Abhandlung über niederrheinische Provinzialismen, dass in der dortigen Mundart der Dativ ebenfalls häufig durch eine Präposition markiert wird, wie in der Knecht hat es an ihm selbst gesagt, gegeben oder das gehört an dem Bruder, an mir usw. Welter (1933, S.-123 f.), der sich mit den niederfränkischen Mundarten im Nordosten der belgischen Provinz Lüttich befasst, stellt für die Mundart von Montzen ein ähnliches Phänomen fest: Die Mundarten des Gebiets seien „von niederdeutschniederländischer Grundstruktur“, die die casus obliqui durch präpositionale Umschreibungen ersetzt. Zur Bezeichnung des Dativs lasse sich allerdings „nur gelegentliche präpositionale Umschreibung“ beobachten. Will man das Dativobjekt „begrifflich und syntaktisch besonders [auszeichnen]“, so wird es „vereinzelt“ durch die Präposition an oder nach an Verben, wie geben, sagen, bringen und tragen gefügt, wie z. B. i.x zā: x ət an hɸ˙m˙ (‚ich sage es ihm, nicht etwa einem andern‘). Im „normale[n], farblosere[n] Sprachgebrauch“ dagegen, der „für ruhige Aussagen“ <?page no="24"?> EINfüHRuNg 24 verwendet werde, fehle eine solche Präposition und liege der Akzent mehr auf dem regierenden Verb, z. B. i.x zā: x ət əm. In der vorliegenden Studie wird der Doppelobjektkonstruktion, dem Muster mit den be-Verben, der benefaktiv-Konstruktion und der präpositionalen Dativmarkierung keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt. Der Fokus liegt ausschließlich auf der Dativalternation. Vorherige Forschung In einigen anderen germanischen Sprachen, wie dem Englischen und dem Niederländischen, liegt eine ähnliche Alternation vor. Sie betrifft die Realisierung des rezipienten als eine morphologisch unmarkierte NP (vgl. (8) bzw. (9)) oder als eine tobzw. aan-PP, vgl. (22) aus Broccias/ Torre (2020, S.-170) bzw. (23) aus Colleman (2020, S.-139): (22) He gave [that gun] <to Raoul>, on the third of April. ‚Er gab die Waffe an Raoul, am 3. April.‘ (23) De boer heeft [een boek] <aan de soldaat> gegeven / verkocht / geleend . ‚Der Bauer hat ein Buch an den Soldaten gegeben/ verkauft/ geliehen.‘ Die englische und niederländische Doppelobjektkonstruktion, wie in (8) und (9), weisen ein sog. „neutral alignment“ auf, d. h. sowohl das thema als auch der rezipient werden wie das monotransitive patiens kodiert. In den entsprechenden Präpositionalobjektkonstruktionen lässt sich ein sog. „indirective alignment“ feststellen: Nur das thema ist wie das monotransitive patiens kodiert (that gun, een boek), der rezipient ist anders kodiert, und zwar durch eine Präposition (to Raoul, aan de soldaat), vgl. (22)-(23). Im Deutschen dagegen haben sowohl die Dativobjektkonstruktion als auch die Präpositionalobjektkonstruktion „indirective alignment“: In beiden Fällen ist der rezipient nämlich anders kodiert als das thema, entweder durch einen Dativ oder durch eine Präposition (an oder zu), vgl. Haspelmath (2013, Kap.-105). Insbesondere die englische Dativalternation und ihre historische Entwicklung waren in den letzten Jahrzehnten schon öfter Gegenstand ausführlicher empirischer Studien. Da dabei verschiedene Sprachstufen-- vom Altenglischen bis zum Gegenwartsenglischen-- unter die Lupe genommen wurden, ist sie inzwischen bereits gut dokumentiert, vgl. u. a. Visser (1963), Mitchell (1985), Allen (1995), McFadden (2002), Polo (2002), Fischer/ Van der Wurff (2006), Bresnan et al. (2007), Bresnan/ Ford (2010), Wolk et al. (2013), De Cuypere (2015a, 2015b) und Zehentner (2017, 2019, 2022). Auch die entsprechende niederländische Alternation wurde in den vergangenen <?page no="25"?> DIE VORLIEgENDE STuDIE 25 Jahren detaillierten Korpusuntersuchungen unterzogen. Die Anzahl der Studien ist im Vergleich zum Englischen aber geringer, vgl. Colleman (2006) als Beispiel für eine synchrone Untersuchung und Geleyn (2016, 2017) und Colleman (2020) für historische Untersuchungen. Zur letzteren Kategorie gehört auch die zwar bescheidenere, explorative Studie von Weijnen/ Gordijn (1970) in Bezug auf die Entstehung der aan- PP: Ihr Korpus besteht aus einer Anzahl Farcen ab dem Mittelniederländischen bis zum 18.-Jahrhundert. Die deutsche Dativalternation wurde erst in jüngster Zeit von einem synchronen, empirischen Standpunkt aus betrachtet, vgl. u. a. Du (2009), Proost (2014), De Vaere/ De Cuypere/ Willems (2021a, 2021b) und De Vaere (2023). Ihre diachrone Entwicklung ist bisher allerdings weitgehend unerforscht geblieben. Ausnahmen sind Rauth (2016), der sich jedoch auf deutsche Dialekte konzentriert, und Van Damme/ De Cuypere/ Willems (2020, 2022), die im Rahmen der vorliegenden Arbeit Fallstudien zu den Verben verkaufen und senden darstellen. Die vorliegende Studie Die Erstellung und der Ausbau verschiedener deutschsprachiger historischer Online-Korpora ermöglichen es uns mittlerweile, die Geschichte der Dativalternation auch im Deutschen empirisch zu untersuchen. In dieser Studie werden insgesamt 28 dreiwertige Verben unter die Lupe genommen. Die Auswahl der Verben basiert weitgehend auf De Vaere (2023, S.- 5), die dafür die folgenden drei Kriterien angewendet hat: (i)-Die Verben sind dreiwertig, (ii)-sie gehören entweder zu der Klasse der sog. ‚geben‘-Verben oder der ‚senden‘-Verben (vgl. Levin 1993) und (iii)-sie kommen im Hinblick auf einer quantitativen Analyse mit ausreichender Häufigkeit in beiden Konstruktionen vor. Aufgrund dieses dritten Kriteriums musste De Vaere (2023, S.-98-100) verschiedene Verben von der Untersuchung ausschließen, d. h. für sie waren im Deutschen Referenzkorpus (DeReKo) nicht genügend (alternierende) Belege vorhanden. 4 4 Die Entscheidung, ein bestimmtes Verb in die Untersuchung einzubeziehen bzw. von der Untersuchung auszuschließen, basiert auf den Ergebnissen einer Zufallsstichprobe von 100 Belegen pro Verb. Für das Verb vergeben, für das letztendlich 200 Belege untersucht wurden, sowie für die Verben absenden, aussenden, verschicken, versenden und weitersenden ließen sich in den entsprechenden DeReKo- Stichproben nur POK-Belege finden, für die Verben vorausschicken, zuschicken und zusenden nur DOK-Belege. Für entsenden gab es keinen einzigen ditransitiven Beleg. Das Verb nachsenden weist zwar eine Alternation zwischen DOK (87%) und POK (13%) auf, wurde aber wegen der vielen Belege mit einem Reflexivpronomen, einem lassen- oder bekommen-Passiv nicht weiter berücksichtigt. Anhand einer einfachen Google-Suche stellt De Vaere (2023, S.-98 f.) fest, dass manche der Verben, die in der DeReKo-Stichprobe nur in einer der beiden Konstruktionen vorkommen, trotzdem gelegentlich alternieren (z. B. versenden- - Liebherr versendet dem Kunden zunächst eine Bestellbestätigung). Eine quantitative Untersuchung war hier allerdings unmöglich. <?page no="26"?> EINfüHRuNg 26 In der vorliegenden Studie übernehme ich nur die ersten beiden Kriterien, und zwar aus zwei Gründen. Erstens wäre es durch die Kombination von drei verschiedenen historischen Korpora- - nämlich das HIST-Archiv, das Deutsche Textarchiv und das DWDS-Kernkorpus- - und durch die relativ große Zeitspanne von ca. 350 Jahren möglich, dass für jedes Verb immer genügend Korpusmaterial gesammelt werden kann. Zweitens ist es denkbar, dass im Laufe der Zeit die Dativalternation bei bestimmten Verben verlorengegangen ist, d. h. für Verben, die heutzutage nicht oder kaum alternieren, könnte diese Alternation in der Vergangenheit festzustellen sein (vgl. Wolk et al. 2013, S.-386-- „Cases that may have alternated then need not do so now, and vice versa“). 5 Verben, für die letztlich nicht genug (alternierende) DOK- und POK-Belege zur Verfügung stehen, werden in dieser Studie ausschließlich qualitativ untersucht. Tabelle- 1 bietet eine Übersicht über die überprüften einfachen und komplexen Transferverben: simplex komplex geben preisgeben, übergeben, vergeben, weitergeben, zurückgeben leihen ausleihen, verleihen, weiterleihen schicken einschicken, verschicken, vorausschicken, weiterschicken, zurückschicken, zuschicken senden absenden, aussenden, einsenden, nachsenden, übersenden, versenden, weitersenden, zurücksenden, zusenden - verkaufen Tab.-1: übersicht über die überprüften einfachen und komplexen Transferverben Die quantitative Analyse erfolgt innerhalb des Rahmens der probabilistischen Grammatik (Eng. probabilistic grammar). Generell ermöglicht es ein solcher probabilistischer Ansatz, die Wahrscheinlichkeit der beiden Alternanten-- DOK vs. POK-- zu bestimmen („vorherzusagen“, Eng. predict), indem die verschiedenen Faktoren, die mit der Alternation assoziiert werden, anhand einer statistischen Analyse untersucht werden. In synchronen Untersuchungen zur Sprachvariation, wie in Bresnan/ Ford (2010), Theijssen (2012), De Cuypere/ Verbeke (2013) und De Vaere (2023), wurde die multivariate Analyse bereits mehrfach angewendet. In Anlehnung an u. a. Wolk et al. (2013) und Szmrecsanyi (2013) wird diese Methode hier auf historische Daten übertragen. Die vorliegende Studie stellt demnach einen Beleg dafür dar, dass 5 Das sei beispielsweise beim niederländischen Verb besteden (‚ausgeben‘, ‚aufwenden‘) der Fall: In der ersten Hälfte des 17.-Jahrhunderts komme es noch gelegentlich in der Doppelobjektkonstruktion vor, im heutigen Niederländisch aber alterniere es nicht mehr (Geleyn 2016, S.-154 f.). <?page no="27"?> DIE VORLIEgENDE STuDIE 27 sich diese Methode nicht nur für synchrone, sondern auch für diachrone Untersuchungen eignet. Aus den exportierten Korpusbelegen geht hervor, dass die Dativalternation keine Erscheinung aus den letzten Jahrzehnten ist, sondern für verschiedene Verben schon seit mehreren- Jahrhunderten in der deutschen (Schrift-)Sprache vorhanden ist. Es erscheint somit interessant, auch in einigen historischen Grammatiken, Lehrbüchern und Wörterbüchern nachzuschlagen, ob die Autoren solcher Nachschlagewerke bereits auf die Existenz und etwaige Gebrauchsbedingungen der Dativalternation hinweisen. Wenn ja: Ab wann ist dies der Fall? Nehmen die Autoren diesbezüglich einen klaren Standpunkt ein, d. h. neutral, ablehnend oder zustimmend? Deuten sie auf auffallende Unterschiede zwischen Verben hin? Lassen sich für bestimmte Verben gewisse Tendenzen erkennen? usw. Die wichtigsten Feststellungen aus dieser historischen Literaturdurchsicht werden daraufhin den Ergebnissen der Korpusuntersuchung gegenübergestellt. Im Untertitel der vorliegenden Arbeit ist von einer „historischen“ und einer „korpusbasierten“ Untersuchung die Rede. Dabei bezieht sich der Begriff „historisch“ sowohl auf die diachrone, empirische Untersuchung der Korpusbelege als auch auf die historiographische Komponente, d. h. die Durchsicht der historischen Grammatiken, Lehrbücher und Wörterbücher. Der Begriff „korpusbasiert“ macht klar, dass ein weiterer Fokus der Arbeit auf der quantitativen und qualitativen Analyse eines repräsentativen Datensatzes historischer Belege liegt, so dass sich die Studie somit in zwei große Teiluntersuchungen gliedert. Das Buch ist folgendermaßen aufgebaut: Kapitel-1 stellt zunächst die Forschungsfragen dar und bietet eine Übersicht über relevante vorherige Forschung bezüglich der englischen und niederländischen Dativalternation, beide hauptsächlich aus einer diachronen Perspektive, und bezüglich der Dativalternation im Gegenwartsdeutschen. Außerdem wird in diesem Kapitel- näher auf das Konzept der probabilistischen Grammatik und den Begriff „Norm“ eingegangen. Kapitel- 2 setzt sich anschließend mit den wichtigsten Ergebnissen aus den untersuchten historischen Grammatiken, Lehrbüchern und Wörterbüchern auseinander. In Kapitel- 3 werden die methodologischen Schritte der diachronen Korpusuntersuchung erläutert, d. h. die Datenerhebung, die Datenannotation und die Datenanalyse, deren Ergebnisse in Kapitel- 4 zusammengefasst werden. Kapitel- 5 diskutiert dann die Ergebnisse im Lichte der Erkenntnisse aus der vorherigen Forschung sowie der Feststellungen aus den überprüften historischen Quellen. In Kapitel-6 schließlich werden die wichtigsten Schlussfolgerungen der Studie zusammengefasst. <?page no="29"?> 1. Forschungsfragen, vorherige Forschung und der-probabilistische Ansatz Dieses Kapitel- besteht aus drei Abschnitten. Abschnitt- 1.1 widmet sich den verschiedenen Forschungsfragen der vorliegenden Studie. Sie betreffen den relativen DOK- und POK-Anteil im Neuhochdeutschen (1.1.1), die Erwähnung und Beschreibung der Dativalternation in historischen Grammatiken, Lehrbüchern und Wörterbüchern (1.1.2), die Faktoren, die mit dieser Alternation korrelieren (1.1.3), die Wortfolge von thema und rezipient in den beiden Konstruktionen (1.1.4) sowie die Unterschiede zwischen den untersuchten Verben (1.1.5). Abschnitt- 1.2 bietet eine Übersicht über die bestehende Forschung zur Dativalternation im Englischen und im Niederländischen (1.2.1) sowie im Gegenwartsdeutschen (1.2.2). In Abschnitt-1.3 schließlich wird näher auf den probabilistischen Ansatz und den Begriff „Norm“ eingegangen. 1.1 Forschungsfragen Das Ziel der vorliegenden Studie ist, die Entwicklung der Dativalternation in der Geschichte des Neuhochdeutschen, d. h. ab dem Jahr 1650, aufzuzeigen. Zu diesem Zweck wird eine Gruppe von 28 dreiwertigen Verben einer historischen und einer korpusbasierten Untersuchung unterzogen. Die folgenden Forschungsfragen stehen dabei im Mittelpunkt: 1) Welche Änderungen gibt es in der Vorkommenshäufigkeit der beiden Alternanten zwischen 1650 und 2000 bzw. in aufeinander folgenden Abschnitten von jeweils 50 Jahren? Gibt es eine spezifische Periode, in der die präpositionale Alternante, die generell als die jüngere der beiden Alternanten betrachtet wird, wesentlich häufiger wird? 2) Was schreiben historische sprachwissenschaftliche Quellen, d. h. Grammatiken, Lehrbücher und (Valenz-)Wörterbücher, zur Verwendung der präpositionalen Alternante? Stimmen die Bemerkungen in diesen Quellen mit den historischen Befunden überein? 3) Welche linguistisch relevanten Faktoren korrelieren mit der Dativalternation im untersuchten Zeitraum? 4) Gibt es im Laufe der Zeit Änderungen in der internen Abfolge von thema und rezipient in beiden Alternanten? 5) Gibt es im Hinblick auf die Dativalternation bemerkenswerte historische Unterschiede zwischen den überprüften Verben? <?page no="30"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 30 1.1.1 Vorkommenshäufigkeit: DOK vs. POK Die erste Forschungsfrage betrifft die Vorkommenshäufigkeit von DOK und POK (AN) bzw. von DOK, POK AN und POK ZU im neuhochdeutschen Zeitraum, d. h. für alle 28 ausgewählten Transferverben wird untersucht, ob sich das relative Verhältnis zwischen den Konstruktionen im Laufe der Jahre verändert hat. Um eventuelle Entwicklungen zu ermitteln, wird die gesamte Zeitspanne in sieben Teilperioden von jeweils ca. 50- Jahren aufgeteilt, nämlich 1650-1700, 1701-1750, 1751-1800, 1801- 1850, 1851-1900, 1901-1950 und 1951-1999. Auf diese Art und Weise können für jedes Verb die Ergebnisse der verschiedenen Teilperioden einfach miteinander verglichen werden. Die Hypothese ist, dass sich im Laufe der Zeit eine Zunahme von POK feststellen lässt. Sie basiert auf verschiedenen sprachwissenschaftlichen Quellen, die auf einen allgemeinen, tendenziellen Übergang von einem synthetischen zu einem analytischeren Sprachbau hinweisen, vgl. u. a. Moser (1967, S.-22), Langner (1980, S.-675 f.), Fleischer et al. (Hg.) (1983, S.- 677 f.), Sommerfeldt (Hg.) (1988, S.- 193 f.), Fleischer/ Helbig/ Lerchner (Hg.) (2001, S.-526), Elspaß (2005, S.-317), Stedje (2007, S.-21 f.) und Fleischer/ Schallert (2011, S.-133). Elspaß (2005, S.-317) zufolge gilt diese typologische Umstrukturierung als „eine der auffälligsten morphosyntaktischen Merkmale der deutschen Sprachgeschichte“. Gelegentlich wird der Wandel zu einem analytischeren Sprachbau mit einem Streben nach Konkretheit, Verdeutlichung und Transparenz verknüpft. Fleischer et al. (Hg.) (1983, S.-677 f.) zum Beispiel beschreiben diese Tendenz wie folgt: Aus dem Bemühen um Deutlichkeit und Klarheit ist offenbar auch die Tendenz der Zunahme präpositionaler Fügungen neben den reinen Kasus, die infolge des Endungsverfalls oft nicht mehr eindeutig markiert waren, zu erklären. […] [M]it ihrer Hilfe konnten die syntaktischen Abhängigkeiten deutlicher gemacht werden. Damit verstärkte sich auch im substantivischen Bereich die Entwicklung zum analytischen Sprachbau hin […]: ich erinnere mich des Geschehens vs. ich erinnere mich an das Geschehen; Th. Manns Romane vs. die Romane von Th. Mann; er schreibt seinem Freund vs. er schreibt an seinen Freund. Sommerfeldt (Hg.) (1988, S.-194, 201) weist ebenfalls ausdrücklich auf die „größere Konkretheit“ präpositionaler Kasus hin: Das zunehmende Ersetzen von reinen Kasus durch präpositionale führe „zu einer Bereicherung der deutschen Sprache“, in dem Sinne, dass „einer sehr beschränkten Zahl von reinen Kasus […] eine bedeutend größere Zahl von Präpositionen gegenüber[steht]“. Diese vielen Präpositionen ermöglichen laut Sommerfeldt (ebd., S.-194) eine präzisere Bezeichnung der Erscheinungen als die wenigen reinen Kasus. In Bezug auf die Satzmuster nehme der Gebrauch der Muster mit Akkusativ- und Präpositionalobjekt zu, während Satzmuster <?page no="31"?> fORScHuNgSfRAgEN 31 mit einem Genitiv- und Dativobjekt immer seltener vorkommen. Man spricht von Tendenzen der Akkusativierung (siehe Einführung) und der Präpositionalisierung (Sommerfeldt (Hg.) 1988, S.-218). Darauf weisen auch Voyles/ Barrack (2014, S.-350) hin: „The acc[usative] is clearly a default case. That is […] whenever the gen[itive] or dat[ive] cases have been lost, they have generally been replaced by the acc[usative] or by a preposition plus its respective case“. In seiner Beschreibung des Gegenwartsdeutschen, d. h. das Deutsche seit 1950, erwähnt schließlich auch Bauer (1986, S.- 195 f.), dass das Hauptprinzip aller Veränderungen „das Streben nach Vereinfachung“ sei. Dieses Prinzip wirke über alle Sprachregelungsbemühungen hinaus. 6 Matzel (1976, S.-172-174) seinerseits erkennt für das Deutsche zwar den sprachgeschichtlichen Prozess an, in dem synthetische Kasusformen durch analytische Präpositionalkasus abgelöst worden sind, betont aber, dass die Tendenz zum Ersatz des Dativobjekts durch eine Präpositionalphrase keinesfalls allgemein gelte. Erstens sei es bei zahlreichen dreiwertigen Verben nicht möglich, das vom Verb regierte Dativobjekt durch ein Präpositionalobjekt, oder umgekehrt, das Präpositionalobjekt durch ein Dativobjekt zu ersetzen. Zweitens halte man in der Regel an dem „sprachgeschichtlich älteren Gebrauch des Dativs“ fest, wenn das Verb in übertragener Bedeutung benutzt werde und/ oder in festen Wendungen vorkomme. Dies sei beispielsweise bei dem Gegner ein Gefecht liefern (aber nicht: *ein Gefecht an den Gegner liefern) und den Mutlosen Kraft verleihen (aber nicht: *Kraft an die Mutlosen verleihen) der Fall. Im Gegensatz dazu ist laut Matzel (ebd., S.-157-159) bei u. a. folgenden Verben, die auch in die vorliegende Studie aufgenommen werden, das Dativobjekt mit einer an- PP kommutierbar: absenden (z. B. Baumaterial der/ an die Firma), ausleihen (z. B. die Geräte den/ an die Benutzer[n]), einschicken (z. B. das Manuskript dem/ an den Verlag), einsenden (z. B. das Bewerbungsschreiben der/ an die Behörde), nachsenden (z. B. Waren dem/ an den Kunden), schicken/ senden (z. B. den Antrag der/ an die Behörde), übergeben (z. B. die Ware dem/ an den Kunden), übersenden (z. B. die Nachricht dem/ an den Empfänger), vergeben (z. B. den Auftrag der/ an die Firma), verkaufen (z. B. das Fahrrad einem/ an einen Interessenten), verleihen (z. B. das Fahrrad dem/ an den Freund), verschicken/ versenden (z. B. den Katalog den/ an die Interessenten), weitergeben/ weitersenden (z. B. das Buch einem/ an einen Interessenten) und zurückgeben/ zurückschicken/ zurücksenden (z. B. die Summe dem/ an den Empfangsberechtigten). In diesen sog. „konkurrierenden Konstruktionen“ sind, so Matzel (ebd., S.- 149, 179), das Dativobjekt und die an-PP in semantischer und syntaktischer Hinsicht austauschbar, wenn auch mit einem Unterschied in der Serialisierung, d. h. in der linearen Anordnung der Satzglieder. 6 Anders als in der vorliegenden Studie begrenzt Bauer (1986, S.-179) den neuhochdeutschen Zeitraum auf die Periode 1750-1950. <?page no="32"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 32 Hinsichtlich der Alternation zwischen einer Dativ-NP und einer zu-PP nimmt Matzel (1976, S.- 153) allerdings keinen solchen eindeutigen Standpunkt ein. Er weist zwar darauf hin, dass sich die zu-PP in einem Satz wie Otto bringt die Mappe zu dem Freund hinauf als rezipient interpretieren lasse, fügt aber hinzu, dass eine solche Interpretation nicht zwingend sei, d. h. für Sprachbenutzer, die „feine Unterscheidungen beachte[n]“ wäre der Freund nicht der eigentliche Empfänger der Mappe, sondern eine Art Mittelsmann, der sie vorübergehend aufbewahre. Und während im Satzpaar Otto sendet dem Freund eine Nachricht vs. Otto sendet eine Nachricht an den Freund das Dativobjekt und die entsprechende an-PP „bedeutungsgleich“ seien, sei dies in Bezug auf dem Stationsvorsteher und zum Stationsvorsteher in den Sätzen Otto sendet dem Stationsvorsteher eine Nachricht bzw. Otto sendet eine Nachricht zum Stationsvorsteher „nicht notwendig der Fall“ (ebd., S.-178). Die Verben, die die Alternation zwischen einer Dativ-NP und einer zu-PP zulassen, sind Matzel (ebd., S.- 153 f.) zufolge „sehr zahlreich“ und betreffen u. a. bringen, sagen, schicken und senden. Das Aufkommen von Präpositionalphrasen anstelle des Dativs lässt sich Matzel (ebd., S.-176 f., 182 f.) zufolge nicht durch ein „Streben nach Verdeutlichung“ erklären, denn „das Gemeinte ist bei Verwendung des Dativs nicht minder deutlich“. Der Gebrauch von Präpositionalphrasen sei nur in denjenigen Fällen, in denen sie die Mehrdeutigkeit des Dativs beseitigen, „informationsökonomischer“, z. B. dem Bruder-> an den Bruder (rezipient) oder für den Bruder (benefaktiv). Hier liege allerdings „Verdeutlichung im Dienste der sprachwissenschaftlichen Analyse“ vor. Der Standpunkt Matzels (ebd., S.- 176) unterscheidet sich somit von dem Hugo Mosers, weil Moser auch in „den Fällen, in denen dem Dativ nur eine Präpositionalphrase gegenübersteht, dieser einen höheren Informationswert zuspricht“. Dass „im Laufe der deutschen Sprachentwicklung in zunehmendem Umfange Präpositionalphrasen an die Stelle des Dativs in solchen Satzmustern treten, die neben dem Dativobjekt ein Akkusativobjekt aufweisen“, und dass damit „Serialisierungsveränderungen“ verbunden sind, verknüpft Matzel (ebd., S.-186) mit „eine[r] allmähliche[n] Veränderung des Sprachtyps“, d. h. von einer SOVzu einer SVO-Sprache. Was die Entwicklung von einem synthetischen zu einem analytisch(er)en Sprachbau betrifft, nimmt das Hochdeutsche gegenüber den modernen (west-)germanischen Nachbarsprachen eine auffallende Sonderstellung ein, denn anders als z. B. das Englische, das Niederländische und die skandinavischen Sprachen habe das Hochdeutsche das altgermanische Kasussystem intakt bewahrt (vgl. Dal 1971 [1962], S.-158, 163; [1960], S.-193). Dieser strukturelle Unterschied sei nicht nur auf eine Verschiedenheit im Tempo der Entwicklung in analytischer Richtung zurückzuführen, sondern es hat laut Dal (1971 [1962], S.- 160) in der deutschen Sprachgeschichte auch eine entgegengesetzt gerichtete Tendenz gewirkt, „die auf Bewahrung und morphologische Wiederherstellung des altererbten Kasussystems <?page no="33"?> fORScHuNgSfRAgEN 33 hinzielt“. In der Geschichte der deutschen Kasusmorphologie lassen sich also neben auflösenden auch systemerhaltende Tendenzen finden. Dal (1971 [1955/ 56], S.-171) fasst es wie folgt zusammen: Während also in den übrigen germanischen Sprachen die formnivellierenden Kräfte freie Bahn gehabt haben und zu mehr oder weniger weitgehender Flexionslosigkeit geführt haben, ist im Hochdeutschen von Anfang an eine entgegengerichtete Tendenz wirksam gewesen, die die ursprüngliche germanische (und indogerm.) „synthetische“ Sprachstruktur bewahrt hat. Es handelt sich also für das Hochdeutsche nicht einfach um eine langsamere Entwicklung in derselben Richtung auf flexionslosen Sprachbau hin wie in den übrigen germanischen Sprachen, sondern die Entwicklung ist im Hochdeutschen eine prinzipiell andere. Auch Härd (2003, S.- 2569) weist ausdrücklich auf den Unterschied zwischen dem Englischen, das sich „konsequent und geradlinig auf ein ausgeprägt analytisches Sprachmodell hin entwickelt“ habe, und dem Deutschen, das „weder in das analytische noch in das synthetische Fach“ passe, hin. Die synthetische Tendenz im Hochdeutschen zeigt sich, so Härd (ebd., S.- 2572) in Anlehnung an Dal (1971 [1962], S.- 163-167), im Ausbau des Adjektiv- und des Artikelkasus: Seit althochdeutscher Zeit werden die alten endungslosen Nominativformen des stark flektierten Adjektivs in attributiver Funktion zunehmend durch nach pronominalem Muster neugebildete Formen ersetzt (z. B. blint- > Mask. blintêr, Fem. blintiu, Neutr. blintaz) und das Demonstrativpronomen, das sich um diese Zeit zum bestimmten Artikel entwickelt, wird im Nom. Sg. Mask. mit einem Endungs-r ausgestattet (dē-> der). An diesen Entwicklungen nehmen die benachbarten westgermanischen Sprachen nicht teil. Von Polenz (1994, S.-251-253) schließlich, der sich im zweiten Band-seiner Deutschen Sprachgeschichte mit dem 17. und 18.-Jahrhundert beschäftigt, stellt für diese Periode-- ebenfalls im Bereich der Flexion-- retardierende Eingriffe in die sprachtypologische Entwicklung fest. Konservative Flexionstendenzen zeigen sich in dem Bemühen, „sprechsprachlich längst geschwundene Flexionsendungen“ in der Schreib- und Drucksprache wiederherzustellen. Daneben haben auch der „Prestigewert des vom Latein her gewohnten Flexionsprinzips“ sowie die Poesie, die im Hinblick auf den Versrhythmus ein „flexibles Arsenal [von] Flexionsendungen“ erforderte (z. B. Lieb/ Liebe, baut/ bauet, stehn/ stehen-…), „zur relativ starken Erhaltung des Flexionsprinzips im Deutschen beigetragen“. Von Polenz (ebd., S.- 254) kommt zum folgenden Schluss: So liegt es nahe, anzunehmen, daß die deutsche Sprache als Standardsprache heute sicher ähnlich flexionsarm, also mehr nach dem analytischen Sprachbau wäre wie etwa das Niederländische oder Englische, wenn die deutsche Sprachentwicklung in <?page no="34"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 34 der Zeit des bildungsbürgerlich kultivierten deutschen Absolutismus nicht so stark schreibsprachlich, akademisch, lateinorientiert, flexionsfreundlich und sprachideologisch gesteuert verlaufen wäre. Die Ergebnisse bezüglich der DOK/ POK-Verhältnisse bei den ausgewählten Transferverben werden schon teilweise in Abschnitt-3.2.1 dargestellt, d. h. die Tabellen-12 bis 23 bieten eine Übersicht über den jeweiligen Umfang der DOK- und POK-Datensätze pro Zeitabschnitt in absoluten und relativen Zahlen. In Kapitel-4 werden diese Ergebnisse ausführlicher diskutiert. 1.1.2 Historische Grammatiken, Lehrbücher und Wörterbücher Die zweite Forschungsfrage beschäftigt sich mit der Erwähnung der Dativalternation in historischen Grammatiken, Lehrbüchern und (Valenz-)Wörterbüchern. In verschiedenen Gegenwartsgrammatiken und Lehrbüchern wird näher auf die Dativalternation und auf Unterschiede zwischen einem Dativobjekt und seiner entsprechenden an- und zu-PP eingegangen. Die dargebotenen Informationen sind entweder explizit- - d. h. einige Autoren weisen ausdrücklich auf die Möglichkeit, den Dativ durch eine präpositionale Umschreibung zu ersetzen, hin-- oder weitgehend implizit, wobei zum Beispiel Satzbaupläne über die (unterschiedliche) Valenz von Verben und ihre Kombinationsmöglichkeiten Auskunft geben. Wie im vorigen Abschnitt-bereits angesprochen, sind laut Matzel (1976, S.-178 f.) das Dativobjekt und die an-PP in Sätzen wie Otto sendet dem Freund eine Nachricht bzw. Otto sendet eine Nachricht an den Freund „bedeutungsgleich“. Verschiedene andere Autoren weisen allerdings auf semantische Unterschiede zwischen beiden Konstituenten hin. Brinkmann (1971, S.-152 f.) zum Beispiel schreibt dazu Folgendes: Mit an wird eine Beziehung bezeichnet, die als „Kontakt“ aufgefaßt ist. […] Die Zuwendung besagt bei an nur, daß eine Bewegung bis an das genannte Ziel geht, ohne daß dabei über die Erreichung des Zieles etwas ausgemacht wäre (Ich habe gestern das Paket an ihn abgesandt). Dabei setzt sich an mit Substantiv gegen den Dativ ab (Ich habe ihm gestern das Paket gesandt), der den Übergang in den Besitz eines anderen ausdrückt (Dativ der sinngebenden Person). Mit dem Terminus ‚Dativ der sinngebenden Person‘ bezeichnet Brinkmann (1971, S.-435, 442) die im Dativ genannte Person, „der der verbale Prozeß gilt“. Generell sei der Dativ „heute entschieden dem Menschen vorbehalten“. Andere Gebrauchsweisen seien somit „im wesentlichen ausgeschieden“. Dass von den vier Kasus ein Kasus „allein für Persönliches“ verwendet werde, ist laut Brinkmann (ebd., S.-442) „ein bezeichnendes Merkmal unseres gegenwärtigen Systems“. <?page no="35"?> fORScHuNgSfRAgEN 35 Ausgehend von den Sätzen Ich schreibe dem Freund einen Brief und Ich schreibe an den Freund einen Brief geht Brinkmann (ebd., S.-527 f.) ein paar hundert Seiten später noch einmal ausführlicher auf die Unterschiede zwischen einem Dativ und einer an- PP ein. Die Sätze sind ihm zufolge nicht äquivalent. Beim „fallbestimmten“ Substantiv, das einen unmittelbaren Kontakt darstelle, trete „die durch den Kasus angegebene allgemeine Relation“ ein, d. h. im Fall eines Dativs eine „Finalität“: Der Empfänger des Briefes (dem Freund) werde durch den Dativ final bestimmt, ihm gelte die Handlung. Der verbale Prozess werde als Mitteilung verstanden. Dabei sei schreibe … einen Brief als Einheit gefasst. An die Stelle des Dativobjekts könne jeder Personenbegriff (dem Vater, dem Kollegen-…) treten, an die Stelle von schreiben jedes Verb der Mitteilung (mitteilen, antworten-…). Bei einer Präpositionalphrase, die generell einen mittelbaren Kontakt darstelle, trete jeweils die „spezielle Relation“ ein, die die Präposition mit sich bringe. Der Empfänger des Briefes (an den Freund) sei somit „eine Stelle, mit der Kontakt gesucht wird“. Das Verb schreiben werde als eine Übermittlung verstanden, für die andere Verben der Übermittlung (schicken, senden-…) verwendet werden können. Der Empfänger werde als eine Stelle betrachtet, „die auch durch Sachbegriffe besetzt werden kann“, wie an die Tafel, die Tür, die Wand-… Außerdem beleuchtet Brinkmann (ebd., S.-437 f.) anhand der Beispielsätze unter (24) die semantischen Unterschiede zwischen dem Dativ, einer zu- und einer für-PP. Im Gegensatz zum Dativ bieten die Präpositionalphrasen nur Teilperspektiven. Die zu- PP gebe das Ziel an, vgl. dazu auch Brinkmann (ebd., S.- 162-164, 192). Sie drücke aus, zu wem die Geschenke gebracht werden, ohne dass sie unbedingt für diese Person bestimmt seien, d. h. es könnte sein, dass sie zu jemand gebracht werden, der sie vorläufig aufbewahren soll. Die für-PP gebe an, für wen die Geschenke bestimmt sind, sagt aber nicht, ob sie diese Person auch erreichen. Der Dativ vereine beide Teilperspektiven, d. h. die Person im Dativ empfange selber die Geschenke (Ziel- - zu), die für sie bestimmt seien (Bestimmung-- für): (24a) Ich habe die Geschenke zu ihm gebracht. (24b) Ich habe die Geschenke für ihn gebracht. (24c) Ich habe ihm die Geschenke gebracht. Mit dem Dativobjekt, seinen präpositionalen Entsprechungen und den Unterschieden zwischen beiden befasst sich auch Erben (1972, S.-146-148). Dabei stützt er sich z. T. auf Brinkmann (1971), indem er ebenfalls von einem menschlich belebten Dativ („der adverbale Dativ [nennt] gemeinhin eine Person (oder Persönlich-Gedachtes)“) ausgeht. Innerhalb der sog. ‚Richtungsverben‘ bezeichne das Dativobjekt die „Bezugsrichtung des Geschehens oder Seins“. Die Klasse der Richtungsverben ist bei Erben (1972, S.- 146) sehr umfangreich, mit u. a. „Verben des Sich-Zuwendens, Zuneigens, Zustrebens sowie des Zusagens, Zugehörens, Zukommens, Zuteilwerdens <?page no="36"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 36 oder Zuteilens, Zufügens, Mitteilens [und] Nehmens“. Im Allgemeinen stellt Erben (ebd., S.-147), in Anlehnung an Wilmanns (1909, Bd.-III, S.-660), zwischen dem Dativobjekt (wie in Er schickt dem Vater sein Zeugnis) und der entsprechenden Präpositionalphrase (wie in Er schickt sein Zeugnis an den Vater) einen semantischen Unterschied fest: Während die Präpositionalphrase „zunächst nur eine lokale Bestimmung“ gebe, bezeichne der Dativ „ein engeres, persönliches Verhältnis“, d. h. „den wirklichen Empfänger und nicht nur den Adressaten“. Eine solche, allgemein durchführbare Unterscheidung zwischen Empfänger und Adressat, ist Matzel (1976, S.-177) zufolge für die Verben, bei denen sich das Dativobjekt durch eine an-PP ersetzen lässt, jedoch nicht möglich, denn auch der Dativ könne, wenn das die Verbbedeutung zulasse, den Adressaten bezeichnen. Allerdings weist Erben (1972, S.-148) nur eine Seite später darauf hin, dass Präpositionalphrasen oft als eine „Ausdrucksvariante eines einfachen ‚Objektkasus‘“ auftreten. Dies sei besonders beim Dativ (z. B. jemandem/ an jemanden schreiben, jemandem/ zu jemandem etwas sagen, den Kindern/ für die Kinder etwas kaufen-…) und beim Genitiv (z. B. des Befreiers/ auf den Befreier harren, des Tölpels/ über den Tölpel spotten-…) der Fall. Mit solchen präpositionalen Fügungen seien gegenüber dem reinen ‚Objektkasus‘ „kaum […] wesentliche Inhaltsunterschiede“ verbunden, und wenn, so seien sie eher stilistischer als semantischer Art. Auch Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997, S.-1320-1322, 2121) erwähnen im Hinblick auf die Dativalternation, dass „[v]iele Transaktionsverben“ sowohl nach dem Muster ‚K sub -> K dat -> K akk ‘ als auch nach dem Muster ‚K sub -> K akk -> K ADV ‘ konstruiert werden. 7 Eine „Konkurrenz beider Konstruktionen“, die es beispielsweise bei den Verben schicken, verkaufen und weitergeben in jemandem etwas schicken/ verkaufen/ weitergeben vs. etwas an jemanden schicken/ verkaufen/ weitergeben gebe, liege allerdings nur dann vor, „wenn das Ziel der Transaktion/ des Transfers eine Person ist“, d. h. „nur bei personaler Belegung“ von K dat bzw. K ADV gelten die beiden Muster als Alternativen. Zwischen ihnen lasse sich aber ein „Perspektivierungsunterschied“ feststellen, d. h. im Muster ‚K sub - > K dat - > K akk ‘ stehe der rezipient im Vordergrund, im Muster ‚K sub - > K akk - > K ADV ‘ das agens: „Das als K dat kodierte Argument wird jeweils als (kognitiv) zentrales Argument betrachtet, das als K ADV kodierte als weniger zentral“. In dieser Hinsicht werde zwischen einem Rahmen der Transaktion (jemandem etwas schicken) und einem des Transfers (etwas an jemanden schicken) kontrastiert. Das Verb geben selbst, das „wichtigste Verb der ganzen Gruppe“, lasse allerdings „nur die Konstruktion mit Dativ“ zu und also „nur eine Perspektivierung des rezipienten“. Ein Dativkomplement bezeichnet, so Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997, S.- 1346), 7 Abkürzungen: K sub - = Subjekt, K dat - = Dativkomplement, K akk - = Akkusativkomplement, K ADV - = Adverbialkomplement. <?page no="37"?> fORScHuNgSfRAgEN 37 prototypischerweise einen „nicht-aktiven, belebten und verhältnismäßig weniger stark involvierten Ereignisbeteiligten“. Mit dem Merkmal ‚Belebtheit‘ des Dativobjekts setzt sich auch Götze (1979, S.-200- 204) auseinander. In seiner Darstellung der ‚Verben des Gebens und Nehmens‘ (geben, schenken, schicken, überreichen, nehmen-…), die er unter dem Satzbauplan ‚Subjekt- + Akkusativergänzung- + Dativergänzung‘ behandelt, geht er näher auf die Merkmale beider Ergänzungen ein: Die Akkusativergänzung könne ‚belebt‘ (Er gibt ihr das Kind), ‚unbelebt-materiell‘ (Wir haben ihnen ein Buch geschenkt) oder ‚abstrakt‘ (Sie gaben ihm noch eine Chance) sein, die-- für die meisten dieser Verben fakultative- - Dativergänzung trage das Merkmal ‚menschlich belebt‘. Zwei weitere Gruppen von Verben, die diesen Satzbauplan aufweisen, seien ‚Verben des Sagens/ Mitteilens und Verschweigens‘ (antworten, erzählen, schreiben, vorschlagen-…) und ‚Verben des Erklärens‘ (erklären, klarmachen, veranschaulichen, zeigen). Auch für sie gelte, dass das Dativobjekt belebt sein muss („Dativ der Person“). 8 In seiner Darstellung des Satzbauplans ‚Subjekt-+ Akkusativergänzung-+ Richtungsergänzung‘ unterscheidet Götze (1979, S.- 255-259)-- neben Bewegungsverben wie bringen, setzen, stellen und werfen-- „eine Reihe weiterer Verben, die diesen Satzbauplan realisieren, ohne daß durch das Verb unmittelbar ein Richtungsbezug erkennbar ist“. Bei Verben wie (aus)liefern, schicken, übergeben, verkaufen, verschenken, verteilen, (weiter)reichen und zahlen sei die Richtungsergänzung in eine Dativergänzung umwandelbar. Mit dieser Transformation gehe allerdings ein „Wechsel der Satzgliedfolge“ einher. Als Grundmuster gelte: Verb-+ Akkusativergänzung-+ an-+ Richtungsergänzung (Person/ Institution) (z. B. Er verkauft Autos an Ausländer / an die Türkei) ↓ Verb-+ Akkusativergänzung-+ Dativergänzung (z. B. Er verkauft Ausländern / der Türkei Autos) Dieses Muster wird von Götze/ Hess-Lüttich (2002, S.- 464), wenn auch mit einigen Anpassungen, übernommen. Dabei widerspiegelt das neue Muster, wie unten dargestellt, den Wechsel der Satzgliedfolge, die Präposition an ist nicht mehr als separates Element enthalten, das Subjekt ist hinzugefügt und bei der Richtungsergänzung wird nicht mehr auf die Bezeichnung einer Person oder Institution hingewiesen. 8 Diejenigen ‚Verben des Sagens/ Mitteilens und Verschweigens‘, die „die Art des Sprechens charakterisieren“ (brüllen, fluchen, meckern, stammeln-…) (Götze 1979, S.-202 f.), lassen keine Dativergänzung zu. Obligatorisch sei der Dativ allerdings bei den präfigierten Verben einprägen, einreden, vorlügen, vorsagen, zuflüstern, zuschreien- … In der Mehrzahl der Fälle (empfehlen, raten, schwören, vorschlagen- …) sowie bei den oben erwähnten ‚Verben des Erklärens‘ sei der Dativ fakultativ. <?page no="38"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 38 Allerdings steht bei Götze/ Hess-Lüttich (2002, S.- 464) im zweiten Teil des Grundmusters fälschlicherweise ‚Richtungsergänzung‘ statt ‚Akkusativergänzung‘, was ich hier korrigiert habe: Verb-+ Subjekt-+ Akkusativergänzung-+ Richtungsergänzung (an) ↓ Verb-+ Subjekt-+ Dativergänzung-+ [Akkusativergänzung] Sowohl Götze (1979, S.-287-301) als auch Götze/ Hess-Lüttich (S.-2002, S.-75-88) bieten ein alphabetisches Verbregister, in dem für jedes Einzelverb der entsprechende Satzbauplan bzw. die entsprechenden Satzbaupläne dargestellt werden. Von den für die vorliegende Untersuchung ausgewählten Verben sind in diesem Register sechs verzeichnet, und zwar geben, leihen, schicken, senden, übergeben und verkaufen. Götze (1979, S.-293-299) listet für diese Verben die folgenden Satzbaupläne auf; fakultative Teile stehen dabei zwischen Klammern: 9 geben V-+ S-+ A-+ D/ -+ P/ an V-+ S-+ A-+ P/ auf V-+ S-+ A-+ P/ für senden V-+ S-+ A (+ D/ P/ an) V-+ S-+ A (+ R) leihen V-+ S-+ A-+ D übergeben V-+ S-+ A (+ D/ R/ an) schicken V-+ S-+ A (+ D) (+ R/ an) V-+ S-+ A-+ R V-+ S-+ P/ nach verkaufen V-+ S-+ A (+ D) (+ R/ an) V-+ S-+ A (+ R) Aus den Satzbauplänen geht hervor, dass die fakultative Dativergänzung bei schicken, senden, übergeben und verkaufen den Autoren zufolge durch eine an-PP ersetzt werden kann. Auch das Verb geben, in dessen Satzbauplan die Dativergänzung obligatorisch sei, ermögliche einen solchen Ersatz. Die an-PP wird dabei entweder als Präpositionalergänzung (geben und senden) oder als Richtungsergänzung (schicken, übergeben und verkaufen) betrachtet. Das Verb leihen dagegen lasse keine präpositionale Umschreibung der (obligatorischen) Dativergänzung zu. Götze/ Hess-Lüttich (2002, S.- 81-87) schlagen für diese Verben größtenteils die gleichen Satzbaupläne vor, wenn auch jeweils ohne Erwähnung des Verbs (V). Der einzige inhaltliche Unterschied findet sich beim Verb verkaufen, indem der Satzbauplan „S-+ A (+ D/ Pan)“ an die Stelle des oben dargestellten „V-+ S-+ A (+ D) (+ R/ an)“ tritt, d. h. die an-PP wird nicht mehr als Richtungsergänzung, sondern als Präpositionalergänzung klassifiziert. 9 Abkürzungen: V-= Verb/ Verbalkomplex, S-= Subjekt, A-= Akkusativergänzung, D-= Dativergänzung, P-= Präpositionalergänzung, R-= Richtungsergänzung. <?page no="39"?> fORScHuNgSfRAgEN 39 Eine Übersicht über die Satzbaupläne der deutschen Gegenwartssprache bietet auch Engelen (1975). Innerhalb der Verben mit Dativ- und Akkusativobjekt, bei denen „kein konstitutives Satzglied die Form eines Gliedsatzes haben kann“, unterscheidet Engelen (ebd., Bd.-II, S.-106-117) nicht weniger als 25 Teilgruppen, von denen für die vorliegende Untersuchung nur die ersten beiden von Interesse sind. Zur ersten Teilgruppe gehören u. a. die Verben geben, leihen, schicken und senden. Sie haben ein belebtes Subjekt, das Akkusativobjekt sei „meistens konkret, aber auch abstrakt“ und das Dativobjekt sei „meistens belebt“. Außer mit dem sog. Satzbauplan 13 (Grundform: Man gibt Emil eine Aufgabe) können die Verben geben, schicken und senden auch mit dem sog. Satzbauplan 16 (Grundform: Man schickt Emil nach Köln) konstruiert werden, vgl. Engelen (ebd., Bd.-I, S.-201) für eine Übersicht der Grundformen. Eine Kombination von beiden Satzbauplänen sei ebenfalls möglich, wie in Schick mir das Paket ins Büro oder Gib ihn mir auf den Schoß (ebd., Bd.-I, S.-202; Bd.-II, S.-109, 260). In der zweiten Teilgruppe listet Engelen (ebd., Bd.-II, S.-108 f.) u. a. die Verben übergeben, verkaufen, verleihen und weitergeben auf. Sie haben ebenfalls ein belebtes Subjekt und das Akkusativobjekt sei „unbelebt“ und „abstrakt“. Das Dativobjekt sei „belebt“ und „gegen ein Direktionale mit der Präposition an kommutierbar“, z. B. Er hat ihr sein altes Haus verkauft-- Er hat sein altes Haus an sie verkauft. Dieses Direktionale könne, wie Engelen (ebd., Bd.-II, S.-109) hervorhebt, „weder um Elemente wie weit, hoch, tief noch um einen Akkusativus spatii noch um ein Richtungsadverb erweitert werden“. Anders als das mögliche Direktionale bei geben, schicken und senden sei die Präposition hier „nur innerhalb sehr enger Grenzen austauschbar“. Um welche Grenzen es sich genau handelt, wird aber nicht erläutert. Auch möglichen Bedeutungsunterschieden zwischen dem Dativobjekt und der entsprechenden an- PP schenkt Engelen (ebd., Bd.-II, S.-109) keine Aufmerksamkeit („Auf mögliche Bedeutungsunterschiede zwischen den beiden Möglichkeiten soll hier nicht eingegangen werden“). In seiner Darstellung der „Verben mit Direktionale und Akkusativobjekt“ geht Engelen (ebd., Bd.-II, S.-259 f.) noch einmal auf die Dativalternation ein. Als eine der insgesamt sechs Teilgruppen bei diesem Satzbauplan unterscheidet er eine Gruppe von Verben, bei denen das Direktionale der Form ‚an- + Institution, Person‘ gegen ein Dativobjekt „kommutierbar“ sei, wie z. B. Er verkaufte dem Staat ein Grundstück-- Er verkaufte ein Grundstück an den Staat. Die Verben geben, schicken, senden, übergeben, verkaufen, verleihen und weitergeben, die in der Darstellung von Satzbauplan 13 noch in zwei verschiedene Gruppen eingeteilt wurden (siehe oben), sind hier zusammen in einer Liste verzeichnet. Engelen (ebd., Bd.- II, S.- 232, 244, 260) zufolge lässt sich diese Teilgruppe als Untergruppe der „Verben, bei denen bereits das Stamm- Morphem eine Standortveränderung beinhaltet“, auffassen, d. h. transitive BewefORScHuNgSfRAgEN, <?page no="40"?> VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 40 gungsverben, die eine „Standortveränderung des Referenten des Akkusativobjekts“ implizieren. Auch Ten Cate/ Lodder/ Kootte (2004, S.-146 f.) gehen in ihrer Deutschen Grammatik, die sich in erster Linie an niederländischsprachige Deutschlerner richtet, ausdrücklich auf die Dativalternation ein. Ähnlich wie Götze (1979, S.- 200 f.) unterscheiden sie bei den Verben mit Akkusativ- und Dativobjekt ‚Verben des Gebens oder Nehmens‘ (geben, leihen, liefern, schenken, schicken, verkaufen, (weg)nehmen, rauben, stehlen-…) und ‚Verben des Mitteilens‘ (befehlen, melden, sagen, schreiben, verbieten- …). Bei „manchen Verben“ dieser Gruppen kann, so Ten Cate/ Lodder/ Kootte (2004, S.-147), „das Dativobjekt durch eine Konstruktion mit an-+ Akkusativ ersetzt werden“. Das sei beispielsweise der Fall bei schicken (Sie hatten mir/ an mich ein Telegramm geschickt) und schreiben (Ich habe ihr/ an sie einen langen Brief geschrieben). Außer diesen beiden Verben werden aber keine weiteren Beispiele genannt. Laut Lodder (2007, S.-77), der in seiner Basisgrammatica Duits die gleichen schicken- und schreiben-Beispielsätze verwendet, handelt es sich bei solchen an-PPs um eine Richtungsergänzung („bepaling van richting“), wie auch bei verkaufen an. Ten Cate/ Lodder/ Kootte (2004, S.-163 f.) listen allerdings schreiben an (Ich habe einen Brief an alle Kollegen geschrieben), verkaufen an (Der Verteidigungsminister verkaufte die alten Flugzeuge an die Griechen) und zurückgeben an (Nach dem Krieg sollten die Kostbarkeiten an die ursprünglichen Besitzer zurückgegeben werden) unter den ‚Verben mit einem Präpositionalobjekt‘ auf. Sie werden somit zwischen Verben wie anknüpfen an, denken an, (sich) erinnern an, sich gewöhnen an, grenzen an und sich wenden an angeführt. In Helbig/ Buschas (2000, S.-33) Übersicht hinsichtlich der Rektion von Verben ist das Verb verkaufen ebenfalls in die Kategorie „Verben, die den Akkusativ und einen Präpositionalkasus regieren“ eingestuft. Die Verben geben, leihen, schicken, senden und übergeben sind dagegen unter „Verben, die den Akkusativ und Dativ regieren“ zu finden. Im Kontrast dazu stehen die Verben liefern und schreiben, die in den beiden Kategorien untergebracht sind. Zwischen den reinen Kasus (Er schreibt seinem Vater einen Brief) und den präpositionalen Kasus (Er schreibt an seinen Vater einen Brief) ist Helbig/ Buscha (2000, S.- 129) zufolge „ein syntaktischer und semantischer Unterschied […] kaum festzustellen“. Bei den reinen Kasus bestehe ein unmittelbarer Kontakt zwischen einem Substantiv in einem bestimmten Kasus und dem übergeordneten Wort (Verb, Adjektiv oder Substantiv), d. h. der Kasus des Substantivs hänge direkt vom übergeordneten Wort ab. Bei den präpositionalen Kasus bestehe zwischen ihnen ein „durch die Präposition vermittelter“, mittelbarer Kontakt, d. h. die Präposition lege den Kasus des Substantivs fest, vgl. Abbildung-2: <?page no="41"?> fORScHuNgSfRAgEN 41 Abb.-2: Helbig/ buschas (2000, S.- 129) schematische Darstellung des unmittelbaren Kontakts bei reinen Kasus bzw. des mittelbaren Kontakts bei präpositionalen Kasus Die Informationen, die sich in Bezug auf die Dativalternation bei Engel (2004) finden, sind weitgehend implizit, d. h. generelle Aussagen über den Ersatz reiner Kasus bzw. des Dativobjekts durch eine Präpositionalphrase fehlen. Ähnlich wie Helbig/ Buscha (2000, S.- 33) listet Engel (2004, S.- 104-117) allerdings verschiedene Verben nach ihren entsprechenden Satzmustern auf. So werden geben und leihen mit Gib mir bitte die Pumpe bzw. Leihst du mir mal dein Fahrrad? ausschließlich dem Satzmuster ‚<sub akk dat>‚ 10 zugeordnet. Das Verb schicken wird mit Können Sie mir den Brief schicken? ebenfalls mit diesem Satzmuster verbunden, daneben aber auch mit ‚<sub akk dat dir>‚ (Darf ich Ihnen die Kopien nach Hause schicken? ), ‚<sub akk prp>‚ (Schicken Sie diesen Brief an meine Schwester) und ‚<sub akk dir>‚ (Schicken Sie die Fotos nach Kairo). Das Verb verkaufen wird sogar unter fünf Satzmustern aufgelistet: ‚sub akk dat‘ (Am Besten verkaufen Sie ihm das ganze Grundstück), ‚sub akk dat prp‘ (Das Haus würde ich Ihnen nicht für viel Geld verkaufen), ‚sub akk prp‘ (An wen wollt ihr das Haus verkaufen? ), ‚sub akk prp prp‘ (Diese Aktien hatte Gruhl für wenig Geld an einen kleinen Anleger verkauft) und ‚sub akk dir‘ (Möchtest du wirklich die Röhren in den Nahen Osten verkaufen? ). Anders als geben und leihen, für die ausschließlich Sätze mit einem rezipienten im Dativ verzeichnet sind, gibt es für schicken und verkaufen auch Beispielsätze mit einem präpositionalen rezipienten, nämlich an meine Schwester, an wen und an einen kleinen Anleger, die alle als „Präpositivergänzungen“ aufgefasst werden. Mit der Deutschen Grammatik von Wilmanns (1909), aus der Erben (1972) zitiert, ist hier bereits eine historische Quelle genannt, die der Alternation zwischen reinen und präpositionalen Kasus Aufmerksamkeit schenkt. Die Frage stellt sich, ob auch andere, ältere Grammatiken und Lehrbücher Informationen über die Alternation im Allgemeinen (Kasus vs. präpositionale Umschreibung) und über die Dativalternation (Dativ vs. an- und zu-PP) enthalten und, wenn ja, ob in diesen Quellen auch auf Unterschiede zwischen beiden Konstruktionen und/ oder zwischen bestimmten Verben (z. B. geben vs. verkaufen) hingewiesen wird. 10 Abkürzungen: sub- = Subjekt, akk- = Akkusativergänzung, dat- = Dativergänzung, dir- = Direktivergänzung, prp-= Präpositivergänzung. <?page no="42"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 42 Als eine in diesem Zusammenhang hochinteressante Periode erweist sich das 18.-Jahrhundert, das-- so Semenjuk (1972, S.-79)-- „die entscheidende Etappe in der Entstehungsgeschichte der deutschen Literatursprache“ bildet. Gegen Ende dieses-Jahrhunderts hat sich im deutschen Sprachgebiet „eine weitgehend einheitliche […] Literatursprache entwickelt […], die eine glatte und störungsfreie Verständigung zwischen den verschiedenen Teilen des Sprachgebietes ermöglichte“ (Nerius 1967, S.-76 f.). 11 Der Prozess der sprachlichen Vereinheitlichung im deutschen Sprachgebiet war ein „besonders langwierige[r] und komplizierte[r] Vorgang“, auf den im Laufe der Geschichte verschiedene Faktoren hemmend und schädlich eingewirkt haben, so die politisch-ökonomische Zersplitterung des Reiches, der Gebrauch des Lateins als die Sprache der Wissenschaft und der Schule sowie die Vorherrschaft des Französischen in Adelskreisen, wo das Deutsche als „Bauern- und Dienstbotensprache verachtet“ wurde (ebd., S.- 27-34). Die Kultivierung und Standardisierung der deutschen Sprache war somit im Wesentlichen die Leistung „der sehr kleinen Bevölkerungsschicht des werdenden Bildungsbürgertums“, wie u. a. Lehrer, Sekretäre, Gelehrte, Schriftsteller, Grammatiker und Lexikographen sowie „kulturpatriotisch gesinnte Sprachgesellschaften“ (von Polenz 1994, S.-1 f.). Die Literatursprache wurde so „aus einem ursprünglich nur eng begrenzten Kreisen von Gebildeten zur Verfügung stehenden Sprachinstrument zu einem von großen Teilen des Volkes beherrschten und […] die ganze Nation umfassenden Verständigungsmittel“ (Nerius 1967, S.-17). Für das 17.- Jahrhundert sind nach Nerius (ebd., S.- 31) im deutschen Sprachgebiet zwei große sprachliche Blöcke zu unterscheiden: Während die süddeutschen Gebiete (vor allem Bayern, Österreich, Schwaben und die Schweiz) „weitgehend auf den eigenen traditionell gewachsenen Sprachformen [beharren]“, beginnen Ostmitteldeutschland und Niederdeutschland „zu relativer sprachlicher Einheitlichkeit zusammenzuwachsen“. Die Grundlage dieser einheitlichen Sprache bilde die ostmitteldeutsche Variante der Literatursprache, d. h. das Meißnische oder das Obersächsische. Sie wurde aufgrund der führenden ökonomischen und kulturellen Stellung Obersachsens „als die beste und zierlichste Form des Deutschen“ hervorgehoben (ebd., S.-32). 11 Den Terminus „(nationale) Literatursprache“ definiert Nerius (1967, S.-16) als „das allseitig entwickelte und verwendbare, zum Ausdruck aller Inhalte geeignete Kommunikationsmittel, das durch eine für die ganze Sprachgemeinschaft einheitliche Norm auf lautlichem, grammatischem und lexikalischem Gebiet gekennzeichnet ist und das in einer geschriebenen und einer gesprochenen Variante mit jeweils spezifischen Besonderheiten auftritt“. In der einschlägigen linguistischen Literatur verwendet man zur Bezeichnung dieses einheitlichen Kommunikationsmittels eine Vielfalt an Termini, wie zum Beispiel (neben „Literatursprache“) auch „Hochsprache“, „Schriftsprache“ und „Standardsprache“. Diese Begriffe werden bei verschiedenen Autoren manchmal unterschiedlich definiert, vgl. Nerius (1967, S.-14 f.), Semenjuk (1985, S.-1451 f.) und Konopka (1996, S.-15). <?page no="43"?> fORScHuNgSfRAgEN 43 Das 17.-Jahrhundert bedeutet „einen Fortschritt in Richtung auf die sprachliche Vereinheitlichung“ in dem Sinne, dass es-- nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648), als Gegenbewegung gegen den völligen Zerfall-- einen „großen Aufschwung nationaler Bestrebungen [brachte], der besonders auch in den Bemühungen um die deutsche Sprache seinen Ausdruck fand“, d. h. zum ersten Mal kam es „zu umfassenden-Anstrengungen um die Schaffung bzw. Festsetzung einer einheitlichen Norm“ (Nerius 1967, S.- 31 f.). Semenjuk (1985, S.- 1455) zum Beispiel nennt- - neben den Sprachgesellschaften- - u. a. Rhetoriken, Briefsteller, Leitfäden der Orthographie, Grammatiken und Wörterbücher als Quellen, die im Laufe des 17.- Jahrhunderts „zur Kodifizierung der Literaturnormen“ beigetragen haben. Das Bemühen um die Sprachvereinheitlichung setzt sich im 18.-Jahrhundert weiter durch. Zwar ist die ostmitteldeutsche Variante der Literatursprache in den ersten Jahrzehnten dieses- Jahrhunderts bereits weit verbreitet, im deutschen Sprachraum gibt es aber immer noch Gebiete, die überwiegend ihre eigenen literatursprachlichen Formen benutzen. Trotzdem wird man sich im ganzen deutschen Sprachgebiet der Notwendigkeit einer nationalen Literatursprache immer mehr bewusst (Nerius 1967, S.-34 f.): Das 18.-Jahrhundert brachte […] im ganzen deutschen Sprachraum einen großen Aufschwung der Bemühungen um die Sprachvereinheitlichung, und immer stärker setzte sich allerorts die Erkenntnis von der Notwendigkeit einer nationalen Sprache durch. […] Die Aufklärung führte im Verlaufe des 18.- Jahrhunderts zu einer bedeutenden Intensivierung des kulturellen und wissenschaftlichen Lebens in allen Teilen des Landes und ließ damit auch deutlicher als zuvor die Ausbildung einer nationalen Literatursprache zur allgemein bewußten und anerkannten Notwendigkeit werden. Intensiver, umfassender und häufiger als bisher waren in dieser Zeit die Bemühungen um die Festsetzung und Verbreitung einer einheitlichen Sprache. Es ist vor diesem Hintergrund, dass insbesondere um die Mitte und in der zweiten Hälfte des 18.- Jahrhunderts eine ganze Reihe von „zumeist normativ-vorschreibend[en]“ Grammatiken und Sprachdarstellungen erscheinen. Sie haben zum Ziel, die sprachliche Uneinheitlichkeit zu überwinden und eine allgemeingültige literatursprachliche Norm festzusetzen, d. h. die formulierten Regeln und Vorschriften geben den Lesern eine Richtschnur für den „richtigen“ Sprachgebrauch (Nerius 1967, S.- 36 f.). Welche Variante dann genau als „richtig“ gilt, darüber sind sich die Sprachgelehrten offensichtlich nicht immer einig. Bestimmte grammatische Phänomene werden, so Schmidt-Wilpert (1985, S.- 1562), in verschiedenen Grammatiken unterschiedlich beurteilt: [Grundsätzlich] zeigen sich […] bei den Grammatikern verschiedene Bewertungsmöglichkeiten des Sprachgebrauchs und ganz unterschiedliche Einschätzungen der Sprachrichtigkeit einzelner Varianten. Für bestimmte grammatische Phänomene <?page no="44"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 44 kommen einzelne Grammatiker dabei durchaus zu progressiven Normfixierungen, in anderen Fällen bleiben sie- - möglicherweise aus Systematisierungs- oder Analogiezwängen- - in ihren Forderungen hinter einem in der Sprachrealität bereits eingebürgerten Usus zurück, oder ihre Entscheidungen lassen erkennen, daß sie die Grundtendenzen der Entwicklung ablehnen. Normative Kodifizierung und tatsächliche Sprachverwendung sind in dieser Periode weder kongruent, noch verlaufen sie zeitlich parallel. Einer der bedeutendsten Grammatiker seiner Zeit ist Johann Christoph Gottsched. Konopka (1996, S.- 15) nennt ihn den „populärste[n] Sprachlehrer der Mitte des 18.-Jahrhunderts“. Seine Deutsche Sprachkunst, in der er sich auf den Sprachgebrauch der „besten Schriftsteller“ und der „besten Mundart“, d. h. des Obersächsischen, stützt, erreichte im ganzen deutschen Sprachgebiet-- auch in Süddeutschland-- eine weite Verbreitung. Sein Ziel war „die Schaffung einer nationalen deutschen Literatursprache, ihre Vervollkommnung und ihre allgemeine Verbreitung“ (Nerius 1967, S.- 38-45). Gottscheds einseitige Auffassung von der Literatursprache stellt Nerius (ebd., S.-44) anhand der folgenden metaphorischen Umschreibung treffend dar: „Die Literatursprache sollte nach Gottscheds Vorstellungen zu einer gradlinigen, überall von Verbotsschildern umsäumte Straße werden, die man nur in bestimmter, ganz genau festgesetzter Weise zu benutzen hatte und von der man nicht abweichen durfte.“ Neben Grammatiken und Lehrbüchern werden in der vorliegenden Studie auch historische und gegenwärtige (Valenz-)Wörterbücher unter die Lupe genommen. Laut von Polenz (1994, S.-181) gilt für das Schreiben und Publizieren von Wörterbüchern das 17. und 18.-Jahrhundert als „die Epoche zunehmend systematischer, kontinuierlicher und für die Entwicklung der deutschen Sprachkultur einflußreicher Aktivitäten“. Diese historischen Wörterbücher dienen mehreren Zwecken. In erster Linie sind sie beschreibend („primär deskriptiv“), aber ähnlich wie in den Grammatiken, spielen auch hier „die Ideen der Sprachrichtigkeit und der sozialstilistischen Bewertungen […] eine bedeutende Rolle“. Die präskriptiven Zwecke seien allerdings „meist nur implizit“ (ebd.). Im Hinblick auf die sprachideologischen Ziele der deutschen Lexikographie des 17. und 18.- Jahrhunderts unterscheidet von Polenz (ebd., S.- 181-194) zwei große Phasen.-Zur sog. „kulturpatriotischen“ Phase gehören die nach Stammwörtern geordneten Wörterbücher von Georg Henisch, Kaspar Stieler, Matthias Kramer und Christoph Ernst Steinbach. Diesen Wörterbüchern sei gemeinsam, dass sie den „‚Reichtum‘ der deutschen Sprache als Hauptsprache“, d. h. ihre „Vorzüge“ und „Überlegenheit“ gegenüber anderen Sprachen wie dem Lateinischen, Italienischen und Französischen, nachweisen, „teilweise mit Wortbildungsfreudigkeit über das Übliche hinaus“. Die zweite Phase sei die sog. „gesamtsprachlich dokumentierende aufklärerifORScHuNgSfRAgEN <?page no="45"?> 45 sche“. Als die drei bedeutendsten Lexikographen dieser Aufklärungsphase werden Johann Leonhard Frisch, Johann Christoph Adelung und Joachim Heinrich Campe genannt. Ihre Wörterbücher sind nach von Polenz (1994, S.- 186-188) unter dem Prinzip der ‚Sprachdeutlichkeit‘ durch eine umfassende und systematische Darstellung von Wortbedeutungen gekennzeichnet. Man bemühe sich, die Darstellung auch für gemeinsprachliche Wörter nicht mehr nur auf Synonyme, Antonyme und Verwendungsbeispiele zu beschränken, sondern auch Definitionen, Oberbegriffe und unterscheidende Merkmale zu geben. Es gehe darum, „die Einheit des kollektiven Wissens einer […] Gesellschaft möglichst präzise und differenziert zu dokumentieren“. Dabei werde auch Wortschatz aus Fachsprachen, Mundarten, historischen Quellen usw. herangezogen. Während Frisch die Wörterbuchartikel noch nach dem Stammwortprinzip gliedert, findet sich bei Adelung zum ersten Mal eine alphabetische Anordnung aller Einzelwörter. In Bezug auf die Dativalternation liegt es nahe, anzunehmen, dass die Textstellen in den historischen Grammatiken und Lehrbüchern vorwiegend präskriptiver Natur sind und dass sich dazu bei verschiedenen Autoren unterschiedliche Meinungen finden. Die wichtigsten Ergebnisse werden in Abschnitt-2.1 dargestellt. Die (Valenz-) Wörterbücher ihrerseits bieten vornehmlich implizite Informationen, d. h. aufgrund der verzeichneten Beispielsätze lässt sich ableiten, ob ein bestimmtes Verb mit einem Dativobjekt und/ oder mit einer an- oder zu-PP kombiniert werden kann. Die Ergebnisse dieser historischen Untersuchung werden-- sowohl für die historischen als auch für die gegenwärtigen (Valenz-)Wörterbücher-- in Abschnitt-2.2 diskutiert: Tabelle-7, Tabelle-8 und Tabelle-9 visualisieren für jedes einzelne Verb das eventuelle Vorkommen eines DOKbzw. POK-Satzes im entsprechenden Wörterbucheintrag und ermöglichen auf diese Art und Weise den Vergleich zwischen den verschiedenen (Valenz-)Wörterbüchern. Mit diesem Kapitel-ist keine kritische Analyse historischer sprachwissenschaftlicher Quellen beabsichtigt. Vielmehr ist es die Absicht, anhand der Aussagen aus den verschiedenen Grammatiken und Lehrbüchern bzw. der Beispielsätze aus den Wörterbüchern die zeitgenössischen Stimmen zur Dativalternation darzustellen, d. h. die Quellen dienen als Datengrundlage, zur Auflistung der z. T. unterschiedlichen Sichtweisen und Behauptungen bezüglich der Dativalternation im Laufe der untersuchten Zeitspanne. Eine historiographische Analyse zu Themen wie Norm, Standardsprache/ Dialekt, Analogie und Anomalie usw. würde eine ganz neue Untersuchung erfordern und ist nicht Gegenstand der vorliegenden Studie. In Kapitel-4 und Kapitel-5 werden die wichtigsten Ergebnisse aus Kapitel-2 den Ergebnissen der korpusbasierten Untersuchung gegenübergestellt. Es wird-- soweit möglich- - überprüft, ob die in den Grammatiken und Lehrbüchern vertretenen Auffassungen hinsichtlich der Dativalternation und die in den Wörterbüchern verfORScHuNgSfRAgEN, <?page no="46"?> VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 46 zeichneten DOK/ POK-Beispielsätze tatsächlich die in der Korpusuntersuchung festgestellten Tendenzen widerspiegeln. Mit anderen Worten: Was wird in den verschiedenen neuhochdeutschen Quellen behauptet? Weisen historische Grammatiker und Lehrbuchautoren bereits auf etwaige Unterschiede zwischen bestimmten Verben hin bzw. lassen sich aufgrund der Beispielsätze in den Wörterbüchern Unterschiede zwischen Verben ableiten? Stimmen ihre Behauptungen bzw. die Beispielsätze aus den Wörterbüchern tatsächlich mit den Tendenzen im damaligen, geschriebenen Sprachgebrauch überein? In diesem Zusammenhang wirft sich außerdem die interessante Frage auf, ob die Behauptungen der historischen Grammatiker und Lehrbuchautoren auf eine bestimmte historische Sprachkompetenz oder auf eine gesellschaftliche Norm hindeuten, die sich von derjenigen der heutigen Sprecher (zum Teil) unterscheidet. Letztere Frage ist allerdings ziemlich kompliziert und lässt sich nur schwer objektiv beantworten. 1.1.3 Motivierende Faktoren Die dritte Forschungsfrage befasst sich mit morphosyntaktischen, semantischen und pragmatischen Faktoren, die die Dativalternation potenziell motivieren. Diese Faktoren sollen in der vorliegenden Studie anhand von repräsentativen Datensätzen untersucht werden. In den Korpusexporten der überprüften Verben finden sich verschiedene Belege, die beide Konstruktionen enthalten, entweder innerhalb eines einzigen Satzes oder in zwei aufeinanderfolgenden Sätzen. Solche Beispiele werfen auf besonders prägnante Weise die Frage auf, welche Faktoren in der Dativalternation eine Rolle spielen. Es betrifft: - Belege, in denen das gleiche Verb wiederholt wird, vgl. (25): (25a) Als die Lochows aussterben, schenkt der Große Kurfürst 1685 den Besitz an den General du Hamel. Der General- verkauft -[es] sofort <an den Hofrat de Beville>, der Oberstleutnant Heinrich von Beville verkauft [Rheinsberg] dann <Friedrich Wilhelm dem Ersten>, <<der es dem Kronprinzen schenkt>>. (KK20, 1934) (25b) Ein gewisser de Wett, Besitzer des gedachten Hofes, ist der erste gewesen, der dieses Harz hier im Lande zu bereiten angefangen hat, daher er auch das ausschließende Recht hatte, [es] gegen einen festgesetzten Preis <an die Compagnie> zu verkaufen . Nachher haben mehrere Landbewohner die Kunst, es zu bereiten, gelernt, die [es] auch jetzt <den Fremden zu Cap> um mehr als die Hälfte wohlfeiler verkaufen . (DTA, 1792) <?page no="47"?> fORScHuNgSfRAgEN 47 - Belege mit zwei verschiedenen einfachen Verben, vgl. (26): (26a) […] morgen darf ich mit den D.‚s und ihrer Mutter in die Stadt, da kann ich heimlich einen Brief einstecken und- schicke - [ihn] <an Jens Ketelsen>, der [ihn] <Dir> in der Schule geben soll. (KK20, 1903) (26b) Käyser Anastasius schicket [Gesandten] <an König Clodoveum>, und/ um eines so grossen Potentaten Freundschafft zu gewinnen/ - sendet - er <ihm> zugleich [einen Bürgemeister-Rock samt einen Käyserlichen Diadem, und dem Titul eines Römischen Patricii]. (DTA, 1703) - Belege mit einem einfachen und einem entsprechenden komplexen Verb, vgl. (27): (27) Lindner sandte [diese Kompos.] heimlich nach Sondershausen <an H. Riemann>, <<der Regers ungewöhnliche Begabung erkannte und <ihm> zunächst [einige seiner Lehrbücher] übersandte >>. (KK20, 1963) - Belege mit einem einfachen und einem anderen komplexen Verb, vgl. (28): (28a) Der Abt von Livry hat, wie er auf dem Wege nach Franckreich begriffen war, einen Expressen von seinem Hofe mit einem anderweitigen Schreiben seines Königs und Herrn an Se. Catholische Majestät erhalten, [welches Schreiben] gedachter Minister so gleich <an den Marquis von Grimaldo> gesandt , um [es] <Sr. Majest.> zu übergeben . (DTA, 1725) (28b) [Den Film der Miniatur-Kamera] gibt man <keinem fremden Labor> zum Entwickeln preis , sondern tut es entweder selbst oder- sendet -[ihn] nur <an erprobte Firmen>. (KK20, 1957) - Belege mit zwei komplexen Verben, die die gleiche Simplexbasis haben, vgl. (29): (29) […]; so wie Constanze ließ auch die Witwe des Königs Albert von Habsburg 1439 die Krone durch eine Hofdame aus der Veste Visegrad stehlen und übergab [sie] <Kaiser Friedrich III.>, <<der [sie] erst 1463 <an Matthias Corvinus> zurückgab und diesen dadurch als ungarischen König anerkannte>>. (KK20, 1978) - Belege mit zwei komplexen Verben, die die gleiche Vorsilbe haben, vgl. (30): (30) Uebergiebt aber gleichwol der Traßirer <dem Remittenten> [den Advisbrief]: so ist dieser alsdenn schuldig, [selbigen] [[zugleich mit dem Wechsel]] <an den Trassaten> zu übersenden . (DTA, 1756) Insbesondere die Belege unter (25) weisen darauf hin, dass das Auftreten der einen oder der anderen Konstruktion nicht einfach auf bestimmte Präferenzen des jeweiligen finiten Verbs zurückzuführen ist. Aus vorheriger Forschung der Dativalternation im Englischen, im Niederländischen und im Gegenwartsdeutschen geht hervor, <?page no="48"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 48 dass es tatsächlich verschiedene Faktoren gibt, die bei der Alternation eine Rolle spielen. Eine ausführlichere Darstellung einiger einschlägiger Studien und ihrer wichtigsten Befunde erfolgt in Abschnitt-1.2. In Anlehnung an diese Studien wird im Folgenden überprüft, ob diejenigen Faktoren, die sich im Englischen, im Niederländischen und im Gegenwartsdeutschen als signifikant erwiesen haben, auch auf die historischen deutschen Daten zutreffen, und ob der Effekt der signifikanten Faktoren historisch stabil ist oder sich im Laufe der Jahre ändert. Von den insgesamt 28 ausgewählten dreiwertigen Verben (siehe Tab.- 1) sind nur acht für eine quantitative Untersuchung geeignet, nämlich schicken, senden, einsenden, übersenden, übergeben, zurückgeben, verkaufen und verleihen (siehe Abschn.- 3.2.1). Jeder Beleg aus den endgültigen Datensätzen wird für eine Reihe von Faktoren, wie Belebtheit, Definitheit, Konkretheit, Pronominalität, Erscheinungsjahr, Diathese, Textsorte usw., annotiert (siehe Abschn.- 3.2.2 für die Gesamtliste der annotierten Variablen). Logistische Regressionsanalysen ermitteln für jedes Verb die gleichzeitige Wirkung der annotierten Faktoren im Hinblick auf die Alternation zwischen DOK und POK. Für schicken und senden wird außerdem ein bedingter Inferenzbaum mit den drei Zielvariablen DOK, POK AN und POK ZU erstellt. Kapitel- 4 stellt für jedes Verb, jeweils nach der Beschreibung der Vorgehensweise, die Ergebnisse der statistischen Untersuchung gesondert dar. Die logistischen Regressionsmodelle können in den entsprechenden Anhängen eingesehen werden. 1.1.4 Wortfolge von thema und rezipient Die vierte Forschungsfrage betrifft die Abfolge von thema und rezipient in den beiden Alternanten. Verschiedene gegenwärtige Grammatiken und sonstige Nachschlagewerke gehen mehr oder weniger ausführlich auf die generellen Abfolgeregularitäten in einem Satz und/ oder auf die Abfolge von Dativ- und Akkusativobjekten ein, vgl. u. a. Brinkmann (1971, S.- 495 f.), Erben (1972, S.- 149), Lenerz (1977), Götze (1979, S.-200 f.), Jude (1980, S.-241), Liebsch/ Döring (Hg.) (1980, S.-164-166), Hoberg (1981), Heidolph/ Flämig/ Motsch (1984, S.- 702-764), Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997, S.- 1300-1326), Helbig/ Buscha (2000, S.- 230-241), Fleischer/ Helbig/ Lerchner (Hg.) (2001, S.-282-285), Götze/ Hess-Lüttich (2002, S.-475-489), Engel (2004, S.-165- 169), Hentschel/ Vogel (Hg.) ( 2009, S.- 49), Dürscheid (2012, S.- 99-102), Eisenberg- (2013, S.- 381-386), Hentschel/ Weydt (2013, S.- 393-395) und Duden (2016, § 1353-1367). Im Wesentlichen wird auf die gleichen Prinzipien und Tendenzen hingewiesen. Laut Fleischer/ Helbig/ Lerchner (Hg.) (2001, S.- 282) gilt die Satzgliedstellung im Deutschen als „besonders kompliziert, da sie von Bedingungen verschiedener Ebenen bestimmt ist“. Helbig/ Buscha (2000, S.- 230-236) unterscheiden mit syntakfORScHuNgSfRAgEN <?page no="49"?> 49 tischen, morphologischen und kommunikativen Bedingungen drei Ebenen, vgl. Abbildung-3: Abb.-3: Schematische Darstellung der von Helbig/ buscha (2000, S.- 230-236) unterschiedenen bedingungsebenen für die Satzgliedstellung Zu den syntaktischen Bedingungen gehören der Stellungstyp und das Prinzip der syntaktischen Verbnähe. Der Stellungstyp fixiert die Stellung des finiten Verbs und der übrigen Prädikatsteile. Die drei zu unterscheidenden Typen sind die Zweitstellung (V2, z. B. Er liest ein Buch), die Erststellung (V1, z. B. Liest er das Buch? ) und die Letztstellung (VL, z. B. Ich denke, dass er das Buch noch liest). Mit dem Prinzip der syntaktischen Verbnähe ist gemeint, dass „im Hauptsatz (Aussagesatz) die dem finiten Verb enger verbundenen, in syntaktischer Hinsicht näher stehenden Glieder sich stellungsmäßig weiter entfernt vom Verb befinden“. So stehen valenzgebundene Adverbialbestimmungen in der Regel nach freien Adverbialbestimmungen (z. B. Er fährt in diesem Sommer an die Ostsee). Auch innerhalb der valenzgebundenen Glieder werden die Stellungsmöglichkeiten eingeschränkt, und zwar durch die Satzgliedart: In Sätzen mit einem Subjekt und verschiedenen Objekten zum Beispiel steht das Subjekt gewöhnlich an erster, das Dativobjekt an zweiter und das Akkusativobjekt an letzter Stelle. Die morphologischen Bedingungen „engen die von den syntaktischen Bedingungen her gegebenen Wahlmöglichkeiten weiter ein“. Die Repräsentation der Satzglieder durch unterschiedliche Wortklassen und Formen sowie der Artikelgebrauch bei Substantiven beeinflussen die Satzgliedstellung. In Bezug auf die Wortklassen gilt, dass sich die Stellung eines Satzgliedes verändern kann, je nachdem es ein Nomen oder ein Pronomen ist, vgl. (31). Die Form des Satzgliedes spielt ebenfalls eine Rolle: In der Regel stehen Satzglieder im Präpositionalkasus nach Satzgliedern in reinem Kasus, vgl. (32). Bei substantivischen Satzgliedern kann der Artikelgebrauch die Stellung der Glieder verändern: Substantive mit einem definiten Artikel gehen Substantiven mit einem indefiniten Artikel oder einem Nullartikel voran, vgl. (33). Wie Fleischer/ Helbig/ Lerchner (Hg.) (2001, S.-284) bemerken, können sich die Regeln „gegenseitig auch außer Kraft setzen“, vgl. (33b) und (33d), in denen die <?page no="50"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 50 Indefinitheit des Dativobjekts mit der umgekehrten Abfolge Akkusativ- > Dativ einhergeht: (31a) Der Vater schenkte <den Kindern> [die Bücher]. (Fleischer/ Helbig/ Lerchner (Hg.) 2001, S.-284) (31b) Der Vater schenkte [sie] <ihnen>. (Fleischer/ Helbig/ Lerchner (Hg.) 2001, S.-284) (32a) Er schreibt <dem Freund> [den Brief]. (Helbig/ Buscha 2000, S.-235) (32b) Er schreibt [den Brief] <an den Freund>. (Helbig/ Buscha 2000, S.-235) (33a) Ich schenke <dem Kind> [ein Buch]. (Fleischer/ Helbig/ Lerchner (Hg.) 2001, S.-284) (33b) Ich schenke [das Buch] <einem Kind>. (Fleischer/ Helbig/ Lerchner (Hg.) 2001, S.-284) (33c) Er borgt <den Freunden> [Bücher]. (Fleischer/ Helbig/ Lerchner (Hg.) 2001, S.-284) (33d) Er borgt [die Bücher] <Freunden>. (Fleischer/ Helbig/ Lerchner (Hg.) 2001, S.-284) Die syntaktischen und morphologischen Bedingungen der Satzgliedstellung werden in der sprachlichen Kommunikation „teils eingehalten“ (neutrale Satzgliedstellung), „teils aber auch modifiziert“ (hervorhebende Satzgliedstellung) (Helbig/ Buscha 2000, S.-235). Innerhalb der neutralen Satzgliedstellung haben die kommunikativen Regularitäten zwei Funktionen. Die erste ist die Funktion der Satzverflechtung, d. h. „am Satzanfang bzw. im vorderen Teil des Satzes [stehen] die Glieder, die den Anschluss an den vorhergehenden Satz herzustellen haben“, wie z. B. das (pronominale) Subjekt, Konjunktionen oder Adverbialbestimmungen, vgl. (34). Die zweite Funktion betrifft die Differenzierung des Mitteilungswerts der Satzglieder: Das Satzglied mit dem geringsten Mitteilungswert-- das Bekannte oder das sog. ‚Thema‘-- steht am weitesten vorn, während das Satzglied mit dem höchsten Mitteilungswert-- das Neue oder das sog. ‚Rhema‘-- möglichst weit am Ende steht. (34) Peter war im Urlaub in Spanien. Dort hat er sich gut erholt. (Fleischer/ Helbig/ Lerchner (Hg.) 2001, S.-284) Ein Einzelsprecher kann die von der Sprechergemeinschaft allgemein akzeptierten Stellungsregularitäten aber modifizieren. Die Betonung (Hervorhebung) und die Intonation übernehmen dann die Funktionen, die normalerweise der Satzgliedstellung zukommen. Die Hervorhebung kann beispielsweise die Regularitäten der StelfORScHuNgSfRAgEN <?page no="51"?> 51 lungstypen aufheben, vgl. die Aussagesätze in (35), in denen der Infinitiv schreiben aus der Letztstellung in die Erstposition rückt. Eine besondere Intonation hebt die Funktionen der Satzgliedstellung auf: Die Sätze in (36) illustrieren, dass man eine Entscheidungsfrage nicht nur anhand eines V1-Satzes, sondern auch anhand eines Aussagesatzes (V2) mit einer interrogativen Intonation ausdrücken kann. (35) Morgen wird er den Brief schreiben. → Schreiben wird er den Brief morgen. (Helbig/ Buscha 2000, S.-236) (36) Haben die Schüler ein Diktat geschrieben? → Die Schüler haben ein Diktat geschrieben? (Helbig/ Buscha 2000, S.-236) Es gibt also verschiedene Faktoren, die die Reihenfolge der Satzglieder (potenziell) beeinflussen. Viele der von Helbig/ Buscha (2000, S.-230-236) beschriebenen Tendenzen werden auch in anderen Grammatiken genannt: Heidolph/ Flämig/ Motsch (1984, S.-702-764), Götze/ Hess-Lüttich (2002, S.-475-489), Dürscheid (2012, S.-99-102), Eisenberg (2013, S.-381 f.) und Duden (2016, § 1356, § 1363, § 1365) zum Beispiel weisen ebenfalls auf die Rolle von Pronominalität, Definitheit und Informationsverteilung im Satz, d. h. in der Thema-Rhema-Gliederung, hin. Was Helbig/ Buscha (2000, S.- 230-236) nicht explizit erwähnen, sind die Tendenzen bezüglich der Belebtheit (vgl. u. a. Hoberg 1981, S.- 62; Eisenberg 2013, S.- 382; Duden 2016, § 1362) und der Länge der Satzglieder (vgl. u. a. Götze/ Hess-Lüttich 2002, S.- 486; Dürscheid 2012, S.-100; Eisenberg 2013, S.-382). In der Regel werden belebte vor unbelebte Satzglieder (vgl. (37)) und- - in Übereinstimmung mit Behaghels sog. „Gesetz der wachsenden Glieder“-- kürzere vor längere Satzglieder gestellt. Außer syntaktischen, morphologischen und kommunikativen Bedingungen spielen also auch semantische Bedingungen eine Rolle. Laut Hentschel/ Weydt (2013, S.-395) treten verschiedene Grundregeln „mit Ausnahme derer für Pronomina […] hinter der inhaltlichen Gliederung des Satzes [zurück], da das Deutsche nicht primär syntaktisch, sondern semantisch gliedert“. (37a) Hilft dem Kind das Medikament? (Eisenberg 2013, S.-382) (37b) Hilft das Medikament dem Kind? (Eisenberg 2013, S.-382) In einem Satz ohne besondere Informationsverteilung bzw. Betonung ist für die nominalen Ergänzungen die folgende Grundreihenfolge festzustellen (Duden 2016, § 1353): Subjekt-> Dativobjekt-> Akkusativobjekt-> übrige Ergänzungen Zu den sog. „übrigen Ergänzungen“ gehören Genitivobjekte (z. B. den Raser des eventualvorsätzlichen Totschlags bezichtigen), Präpositionalobjekte (z. B. die Bürgermeisterin an die Verkehrsprobleme erinnern), adverbiale Ergänzungen (z. B. die Kiste <?page no="52"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 52 in den Hof tragen) und prädikative Ergänzungen (z. B. Sparmaßnahmen für verantwortungslos halten). In Bezug auf die Dativalternation gilt für DOK also die Abfolge rezipient-thema und für POK die Abfolge thema-rezipient als die normale Reihenfolge (vgl. Lenerz 1977, S.-70). Im Vergleich zu den Reihenfolgen ‚Akkusativobjekt vor Genitivobjekt‘ und ‚Kasusobjekt vor Präpositionalobjekt‘ gilt die Reihenfolge ‚Dativobjekt vor Akkusativobjekt‘ als „am wenigsten festgelegt“, d. h. die Objekte können leichter vertauscht werden, vgl. Hentschel/ Weydt (2013, S.-394 f.) und Duden (2016, § 1353). Diese Vertauschbarkeit des Dativ- und Akkusativobjekts stellt auch Jude (1980, S.- 241) fest: „ein Dativ (der Person) steht vor einem Akkusativ (der Sache), doch kommt auch umgekehrte Stellung vor“, z. B. Wir haben deinen Eltern den Geldbetrag (aber auch: den Geldbetrag deinen Eltern) zurückerstattet und Er überließ seinem Bruder die Fabrik (aber auch: die Fabrik seinem Bruder). In ähnlicher Weise erwähnt Hoberg (1981, S.- 59): „Für die Dativ-Akkusativ-Kombination D +bel , A -bel soll also die Grundfolge D +bel -- A -bel gelten; sie ist allerdings […] umkehrbar.“ Ausnahmen seien aber diejenigen Fälle, in denen das Akkusativobjekt in einer besonders engen Beziehung zum Verb stehe und somit den Status eines Funktionsnomens habe, wie z. B. in einer Frau das Leben retten, Pferden die Sporen geben, jemandem die Möglichkeit schaffen usw. Die Abfolge Dativ- > Akkusativ sei hier nicht permutierbar. Helbig/ Buscha (2000, S.-241) weisen ebenfalls darauf hin, dass ein „substantivisches Akkusativobjekt vor oder nach [einem] substantivische[n] Dativobjekt steht“. Meist habe das zuletzt stehende Objekt dabei den höheren Mitteilungswert. Dies bemerkt auch Erben (1972, S.-149), der die Sätze Er schreibt dem Vater einen Brief und Er schreibt den Brief seinem Váter nebeneinanderstellt: „[E]in sinn- und tonstärkerer Redeteil mit größerem Mitteilungswert [beansprucht] die ‚Eindrucksstellung‘.“ Einige Verben wie angleichen, aussetzen, unterwerfen, unterziehen, vorstellen und vorziehen weisen „im unmarkierten Fall“ die Reihenfolge Akkusativobjekt-> Dativobjekt auf (z. B. die Kopie dem Original angleichen, jemanden der Kälte/ der Gefahr aussetzen und jemanden einer Prüfung unterziehen), vgl. Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997, S.- 1312 f.) und Dürscheid (2012, S.- 100). Besondere Erwähnung verdient die Wortstellung bei den Präfixverben ausliefern, übergeben und überlassen, die Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997, S.-1313) zufolge von der personalen bzw. nicht-personalen Belegung des Akkusativkomplements abhängt: Ist das Akkusativobjekt nicht-personal belegt, so gelte durchaus die Abfolge Dativ- > Akkusativ, vgl. (38a). Bei personaler Belegung des Akkusativobjekts dagegen lasse sich die Abfolge Akkusativ-> Dativ feststellen, wobei es gleichgültig sei, ob das Dativkomplement personal (vgl. (38b)) oder mit einem Abstraktum (vgl. (38c)) belegt sei. (38a) …, dass er <dem Freund> [seinen Wagen] nicht überließ . (Zifonun/ Hoffmann/ Strecker 1997, S.-1313) <?page no="53"?> fORScHuNgSfRAgEN 53 (38b) …, dass er [den Freund] nicht <seinen Feinden> überließ . (Zifonun/ Hoffmann/ Strecker 1997, S.-1313) (38c) …, dass er [den Freund] nicht <seinen Depressionen> überließ . (Zifonun/ Hoffmann/ Strecker 1997, S.-1313) Liegen in einem normalbetonten Satz statt nominaler Ergänzungen mehrere schwach betonte Pronomina vor, so weist die Standardsprache die folgende Abfolge auf (Duden 2016, § 1357), vgl. (31b): Subjekt-> Akkusativobjekt-> Dativobjekt In regionalen Varietäten des Deutschen dagegen gelte z. T. die umgekehrte Reihenfolge Dativ-> Akkusativ. Ein Sonderfall sei das stets unbetonte Pronomen es (auch s oder ’s), das „auch standardsprachlich nach einem Dativ-Pronomen stehen [kann]“, vgl. (39) aus Duden (2016, § 1357). Auch Hoberg (1981, S.-61) ist der Meinung, dass die Abfolge Dativ- > Akkusativ hier „noch als grammatisch anerkannt werden [kann]“. Dürscheid (2012, S.-101) hingegen hält, so lässt sich aus (40) schließen, nur die Abfolge Akkusativ- > Dativ für grammatikalisch korrekt. Im Gegensatz zu schwach betonten Pronomina können stark betonte Pronomina an denselben Stellen stehen wie entsprechende nominale Satzglieder, vgl. (41) aus Duden (2016, § 364). (39a) …, weil Otto <seinem Kollegen> [das korrekte Vorgehen] gezeigt hat. (39b) …, weil Otto [es] <ihm> gezeigt hat. (39c) …, weil Otto <ihm> [es/ ’s] gezeigt hat. (40) Du weißt, dass ich [es] <ihm> gegeben habe. *dass ich <ihm> [es] gegeben habe. (41a) Ich will <den Gästen> [auch Anna] noch vorstellen . (41b) Ich will <den Gästen> [auch sie] noch vorstellen . (41c) Ich will [sie] <den Gästen> noch vorstellen . Bei der Kombination von nominalen und pronominalen Satzgliedern steht das pronominale Satzglied in der Regel vor dem nominalen Satzglied, unabhängig davon, ob es sich um ein Akkusativ- (vgl. (42)) oder ein Dativobjekt handelt (vgl. (43)). Pronominale Satzglieder sind durchaus kürzer und einfacher strukturiert als Nominalphrasen (Gesetz der wachsenden Glieder), sie drücken Bekanntes aus (Mitteilungswert) und sie stellen den Anschluss zum vorhergehenden Satz her (Satzverflechtung), vgl. Dürscheid (2012, S.-101) und Helbig/ Buscha (2000, S.-236). (42) Er zeigt [es] <dem Freund>. (Helbig/ Buscha 2000, S.-241) <?page no="54"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 54 (43) Er zeigt <ihm> [das Bild]. (Helbig/ Buscha 2000, S.-241) Die Behauptung, dass für pronominale Ergänzungen „eine Standardfolge Subjekt-- Akkusativergänzung- - Dativergänzung“ gelte, hält Engel (2004, S.- 165) „in dieser pauschalen Formulierung“ für „falsch“. Er fasst die Regularitäten bezüglich der Grundreihenfolge im Mittelfeld eines Satzes, d. h. dem Bereich innerhalb der Satzklammer, in einem Gesamtschema zusammen, vgl. Engel (2004, S.-168). Abbildung-4 gibt dieses Schema in vereinfachter Form wieder, d. h. es enthält nur die Ergänzungen und nicht die verschiedenen Arten von Angaben: 12 Abb.-4: grundreihenfolge im Mittelfeld eines Satzes nach Engel (2004, S.- 168) mit der unterscheidung zwischen unbetonten Pronomina, definiten Ergänzungen und indefiniten Ergänzungen Wie das Schema zeigt, unterscheidet Engel (2004, S.-166 f.) bei den Kasusergänzungen drei Subklassen, nämlich unbetonte Pronomina (akk, dat, prd, sub), definite Ergänzungen (Akk, Dat, Gen, Prd, Sub) und indefinite Ergänzungen (AKK, DAT, GEN, SUB). Zur ersten Subklasse gehören die Personalpronomina und die Prädikativergänzungen es und so. Die zweite Subklasse umfasst Nomina/ Nominalphrasen und Pronomina/ Pronominalphrasen mit definitem Charakter, wie einen Eigennamen, eine Nominalphrase mit einem definiten Determinierer und die pronominale Genitivergänzung dessen/ deren. Zur dritten Subklasse sind Nomina/ Nominalphrasen und Pronomina/ Pronominalphrasen mit indefinitem Charakter zu rechnen, wie eine Nominalphrase mit einem indefiniten Determinierer oder Nullartikel. Werden Ergänzungen aus diesen verschiedenen Subklassen miteinander kombiniert, so gelte im Groben die Reihenfolge Subklasse-1-> Subklasse-2-> Subklasse-3. Die Kategorie „SON“ schließlich stellt die sonstigen Ergänzungen, darunter u. a. die Direktivergänzung und die Präpositivergänzung, dar. Diese „nicht primär kasuell bestimmten-Ergänzungen“ haben eine Position am Ende des Mittelfeldes. Einige aus Engel (2004, S.-166 f.) entnommene Beispielsätze unter (44) illustrieren die beschriebene Reihenfolge: 12 Abkürzungen: sub- = pronominales unbetontes Subjekt, akk- = pronominale unbetonte Akkusativergänzung, prd-= pronominale unbetonte Prädikativergänzung, dat-= pronominale unbetonte Dativergänzung, SUB- = indefinites Subjekt, Sub- = definites Subjekt, Dat- = definite Dativergänzung, Prd- = definite Prädikativergänzung, Akk-= definite Akkusativergänzung, Gen-= definite Genitivergänzung, DAT-= indefinite Dativergänzung, AKK-= indefinite Akkusativergänzung, GEN-= indefinite Genitivergänzung, SON-= sonstige Ergänzungen. <?page no="55"?> fORScHuNgSfRAgEN 55 (44a) Trotzdem habe ich es ihr nicht gegeben. (sub-> akk-> dat) (44b) Warum hast du ihn so genannt? (sub-> akk-> prd) (44c) Damals hatte man den Kollegen dessen verdächtigt. (SUB-> Akk-> Gen) (44d) Gestern hat jemand einem Bahnkunden falsche Auskünfte gegeben. (SUB-> DAT-> AKK) (44e) Norbert hat sein Haus an seinen Schwager veräußert. (Akk-> SON) (44f) Also solltest du den Brief direkt nach Mannheim schicken. (sub- > Akk- > SON) Die Tatsache, dass die Wortstellung in einem Satz durch mehrere Faktoren bestimmt wird, erkannte schon Michael Adam Köl (1791, S.- 279-285). Bereits am Ende des 18.- Jahrhunderts setzt er sich in seiner Teutschen Sprachlehre ausführlich mit der „gewöhnlichen Folge oder Ordnung der Wörter in einzelnen Sätzen“ auseinander. In Abschnitt- 234 beschreibt Köl (ebd., S.- 284 f.) die Abfolgeregularitäten von Akkusativ- und Dativobjekten bei dreiwertigen Verben. Dabei geht er näher auf die Rolle von Pronominalität („persönliche Bestimmungswörter“ vs. „Hauptwörter“), Definitheit („schärfer bestimmte“ vs. „minder bestimmte“ Hauptwörter) und Belebtheit („Personenwörter“ vs. „übrige persönliche Bestimmungswörter“) der Objekte ein. Sind beide Objekte pronominal, so stehe in der Regel das Akkusativobjekt an erster Stelle. Zugleich stehen aber auch Personalpronomina „am liebsten“ vor den übrigen „persönlichen Bestimmungswörtern“, wie zum Beispiel Demonstrativpronomina: 13 Wenn nach einem Zeitworte ein Dativ und Accusativ ohne Fügewörter beysammen stehen; so 1) sind es entweder zwey persönliche Bestimmungswörter, und dann ist es fast gleichgültig, welcher Biegungsfall voran stehet, aber man setzet gewöhnlich den Accusativ voran: gib es mir, schicke es uns, ich will ihn euch schicken. Doch treten die Personenwörter im engsten Verstande den übrigen persönlichen Bestimmungswörtern am liebsten vor: gib mir das, schicke uns denselben, ich will ihm diesen schicken. (ebd., S.-284) Handelt es sich um eine Kombination von einem pronominalen und einem nominalen Objekt, so gehe das pronominale Satzglied immer („allezeit“) dem nominalen voran: 13 Mit dem Begriff „persönliches Bestimmungswort“ werden die folgenden fünf Arten von Pronomina bezeichnet: Personalpronomina („Personenwörter im engsten Verstande“), Possessivpronomina („Besitzwörter“), Demonstrativpronomina („Zeig- oder Deutwörter“), Relativpronomina („Beziehungswörter im engsten Verstande“) und Interrogativpronomina („Fragewörter“). Weitere sog. „Bestimmungswörter des Hauptwortes“ sind Artikel, Adjektive („Eigenschaftswort“) und (biegungsfähige) Zahlwörter (Köl 1791, S.-134-149, 251). <?page no="56"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 56 2) oder einer der beyden Biegungsfälle ist ein persönliches Bestimmungswort, der andere aber ein Hauptwort; hier wird das letztere allezeit nach dem ersteren gesetzet: gewähre ihm die Bitte, ich will dir die Sorge gern überlassen, gib es deinem Bruder, gib uns einen guten Rath; er vermachte mir sein Haus, ich schicke es meiner Mutter. (ebd., S.-284) Bei zwei nominalen Objekten schließlich hänge die Abfolge von deren Definitheit ab, d. h. das definite Objekt stehe vor dem indefiniten Objekt. Wenn die Objekte beide definit oder indefinit sind und keines der Objekte hervorgehoben wird, so gelte gewöhnlich die Abfolge Dativ-> Akkusativ: 3) Sind es zwey Hauptwörter, welche neben einander im Dative stehen; so gehet das schärfer bestimmte dem minder bestimmten vor. Also a) das Hauptwort mit dem bestimmten Artikel stehet vor dem Hauptworte, welches nur den unbestimmten hat: gib dem Elenden einen Groschen; gib den Groschen einem Elenden. b) das Hauptwort mit einem persönlichen Bestimmungsworte hat den Vorrang vor dem Hauptworte mit andern Bestimmungswörtern: er erzeigt diese Wohlthat keinem undankbaren Menschen; offenbare deine Geheimnisse niemanden; er hat sein Vermögen fremden Personen vermacht; gib meinem Vater einen guten Rath. c) Sind beyde Hauptwörter gleich scharf bestimmet; so ist es gleichgültig, welcher Biegungsfall dem andern vorgesetzet wird, aber gewöhnlich stehet der Dativ voran: er vermachte seinen Brüdern sein ganzes Vermögen, oder er vermachte sein ganzes Vermögen seinen Brüdern. Doch wird er häufig nachgesetzet, wenn er durch eigentliche Umstandswörter genauer bestimmt wird: offenbare deine Geheimnisse nur allein deinem Freunde. (ebd., S.-284 f.) Außerdem befasst sich Köl (1791, S.- 288-297) im nächsten Kapitel-mit „der abweichenden Wortfolge“ in einem Satz. Dabei bemerkt er unter anderem, dass Satzglieder „um des Nachdruckes willen“ versetzt werden können: „Es ist erlaubt, jedes beliebige Wort aus seinem Platze heraus zu heben, und an die Stelle des Subjectes zu setzen, um auf dasselbe den meisten Nachdruck zu legen, und es vorzüglich der Aufmerksamkeit des Zuhörers zu empfehlen“. Am häufigsten sei dies bei „den Bestimmungswörtern des Prädicates“ der Fall, wie z. B. bei Mich hat er beleidiget, Ihm sollte ich ungehorsam seyn? und Ich gebe meine Stimme dir, in denen das Akkusativbzw. Dativobjekt umgestellt ist (ebd., S.-294 f.). Mit den generellen Stellungsregularitäten der Satzglieder in einem Satz beschäftigen sich bereits einige Jahrzehnte zuvor Aichinger (1754) und Hempel (1754). Beide gehen in ihren Sprachlehren näher auf die Abfolge eines Akkusativobjekts und eines zweiten „Casus“ (Dativ, Genitiv, Akkusativ und einem präpositionalen Kasus) ein. Die Darstellung Hempels (1754, S.-1261 f.) ist wie folgt (nahezu die gleiche Beschreibung findet sich-- wenn auch verkürzt-- bei Aichinger 1754, S.-528): Wenn ein Verbum zween Casus regieret, darunter nur einer der Accusativus ist: so stehet dieser zuletzt. Z. E. Des Vaters Seegen bauet den Kindern Häuser. […] Der König <?page no="57"?> fORScHuNgSfRAgEN 57 hatt mir ein Privilegium gegeben; nicht ein Privilegium mir gegeben. Der Accusativus eines persönlichen Pronominis gehet jedoch, sowohl einem Dativo als Genitivo lieber vor. Z. E. Ich will mich dir ergeben. […] Wenn das Verbum zween Accusativos regieret: so hatt der vornehmste, nehmlich das Appellativum und der Accusativus Personae, den Rang. Z. E. Er hatt den Philosophen einen Atheisten gescholten. Dieser hatt deinen Sohn das Decliniren gelehret; nicht dieser hatt das Decliniren deinen Sohn gelehret. Wenn aber der eine Casus von einer Präposition regieret wird: so stehet diese, mit ihrem Casu, hinter dem Casu, welchen das Verbum unmittelbar zu sich nimt. Z. E. Gott hatt unsere Herzen mit Freuden erfüllet; nicht Gott hat mit Freuden unsere Herzen erfüllet. In einer andern Ordnung kann gleichwohl auch die Praeposition mit ihrem Casu vor dem Casu Verbi stehen. Z. E. […] Wollet ihr nicht mit uns Thee trinken? Besonders stehet der Accusativus auch gerne vor dem Dativo, wenn jener ein Pronomen Possessivum bey sich hatt. Z. E. […] Hast du deinen Zustand dem Arzte offenbahret? (Hempel 1754, S.-1261 f.) Sowohl Aichinger (1754, S.- 553-555) als auch Hempel (1754, S.- 1264-1266) weisen schließlich ebenfalls auf die mögliche Umstellung von Satzgliedern hin. Wiederum ist ihre diesbezügliche Darstellung sehr ähnlich. Aichinger (1754, S.- 553) schreibt dazu: Endlich findet man offt eine teutsche Rede, welche sich zu keiner der bisher erzehlten Ordnungen zu schicken scheinet. Davon ist aber nur diese Regel zu merken: Fast als (sic) aduerbia, praepositiones mit ihren casibus, andre casus obliqui, infinitiui, supina, gerundia, und was sonst zum uerbo gehöret, können voran gesetzet werden, wenn sie vor andern einen Nachdruck haben. Solcherley Nachdruck ist vorhanden in Gegensätzen, Distributionen, Wiederholungen der vorher gegegangen Rede, mit einer Verwunderung, u. d. g. Die vorliegende Studie untersucht für die Verben schicken, senden, einsenden, übersenden, übergeben, zurückgeben, verkaufen und verleihen auch die historische Entwicklung der Reihenfolge von thema und rezipient in DOK und POK. Wegen der Vielfalt der Prinzipien, die in der Satzgliedfolge eine Rolle spielen können, ist es nicht möglich, sie alle zu berücksichtigen. Stattdessen wird jeweils nur die Pronominalität beider Konstituenten in Betracht gezogen, die allerdings in allen historischen Quellen als wichtiger Faktor hervorgehoben wird. Die Ergebnisse werden in Kapitel-4 dargestellt. 1.1.5 Unterschiede zwischen den Verben Die fünfte und letzte Forschungsfrage befasst sich mit den Unterschieden zwischen den überprüften Verben. Obwohl sie alle zu der semantischen Kategorie der sog. Transaktionsverben oder Transferverben, d. h. zu den ‚Verben des Gebens‘, gehören, scheinen sie sich in Bezug auf die Dativalternation nicht ganz ähnlich zu verhalten. Dass sich zwischen ihnen Unterschiede feststellen lassen, ist nicht nur aus den DarfORScHuNgSfRAgEN, <?page no="58"?> VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 58 stellungen verschiedener gegenwärtiger Grammatiken und Lehrbücher abzuleiten (siehe Abschn.- 1.1.2), auch andere Quellen gehen mehr oder weniger explizit auf Unterschiede zwischen einzelnen Verben ein. Umstritten in der linguistischen Literatur ist die Alternation beim prototypischen Transferverb geben. Für dieses Verb ist häufig behauptet worden, dass in der gegenwärtigen Standardsprache der rezipient ausschließlich anhand des Dativs und nicht anhand einer an-PP ausgedrückt werden könne, vgl. u. a. Sprouse (1990, S.-233), Kunze (1991, S.- 70), Sabel (2002, S.- 231) und Hentschel/ Vogel (Hg.) (2009, S.- 60 f.). Laut Sprouse (1990, S.-233 f.), der innerhalb des Rahmens der Generativen Grammatik die Double Object Construction 14 in verschiedenen germanischen Sprachen untersucht, ist ein Satz wie Ich habe dieses Buch an meinen Bruder gegeben „illformed“. Wegeners (1985, S.-220) Beispiel Er gibt an die Presse eine Nachricht, das sie als Alternante für Er gibt der Presse eine Nachricht anführt, hält Sprouse (1990, S.-206, 234) für „something of an isolate“, denn geben komme in der Regel nämlich nicht in der sog. obliquen Konstruktion vor: an NP Akk eine Nachricht geben habe den Status eines verbalen Idioms („V‘ idiom“). Auch das Verb leihen nimmt Sprouse (1990, S.- 206 f., 233-238)-- neben u. a. zeigen, erklären, schenken, anbieten, erzählen, sagen und vorschlagen- - in seine Liste der nicht-alternierenden Verben auf: Sie können ihm zufolge alle ausschließlich mit einem rezipienten im Dativ kombiniert werden. Der Satz Ich habe die Schreibmaschine an meinen Bruder geliehen sei also ebenfalls „illformed“. Das entsprechende komplexe Verb verleihen dagegen alterniere, wenn auch mit Einschränkungen semantischer Art: Bezeichne das Verb ‚jemanden auszeichnen‘, wie beispielsweise einen Orden verleihen, so könne es sowohl in DOK als auch in POK vorkommen; in der Bezeichnung ‚jemandem etwas leihen, etwas verborgen‘ sei allerdings nur POK möglich, d. h. Ich habe die Schreibmaschine an meinen Bruder verliehen, aber nicht Ich habe meinem Bruder die Schreibmaschine verliehen (ebd., S.-213 f.). Für die Verben schicken und senden konstatiert Sprouse (1990, S.- 215 f., 218, 238 f.) einen semantischen Unterschied zwischen beiden Konstruktionen. Der Satz Ich habe meinem Bruder das Paket geschickt/ gesandt impliziere, dass der rezipient der eigentliche Empfänger des Pakets sei. Der entsprechende POK-Satz Ich habe das Paket an meinen Bruder geschickt/ gesandt dagegen impliziere nur eine Bewegung zu einem mit dem rezipienten assoziierten Ort, d. h. man könne den Satz so interpretieren, dass das Paket einfach an die Adresse des rezipienten geschickt werde, damit dieser es an jemand anderen weiterleite. In dieser Hinsicht sei DOK ausschließlich auf 14 Auch für das Deutsche bezeichnet Sprouse (1990) mit dem Begriff „Double Object Construction“ diejenige Konstruktion, die in der vorliegenden Arbeit als Dativobjektkonstruktion bezeichnet wird. <?page no="59"?> fORScHuNgSfRAgEN 59 belebte rezipienten beschränkt, während in POK auch unbelebte rezipienten vorkommen können. Für das Verb verkaufen schließlich, das ebenfalls zu den alternierenden Verben gehöre, lassen sich laut Sprouse (1990, S.-217, 239 f.) keine offensichtlichen Bedeutungsunterschiede feststellen, vgl. Ich habe meinem Bruder den alten Wagen verkauft vs. Ich habe den alten Wagen an meinen Bruder verkauft. Eine solche Alternation ohne irgendwelchen Bedeutungsunterschied liege u. a. auch beim Verb schreiben sowie bei einigen weiteren Verben mit dem Präfix ver-, nämlich vererben, vermieten, verpachten und verraten, vor. Zurück zum Verb geben. Genau wie Sprouse (1990, S.- 223) ist auch Sabel (2002, S.- 231) der Meinung, dass geben nicht in POK vorkomme; schicken und verkaufen betrachtet er als alternierende, geben, erklären und anbieten dagegen als nicht-alternierende Verben: Man findet z. B. im Deutschen die oblique Konstruktion (Hans hat ein Paket an Maria geschickt) mit Verben wie schicken, vererben, verkaufen, vermieten, verraten, schreiben, auszahlen aber- - im Gegensatz z. B. zum Englischen- - nicht mit Verben wie geben, erklären, anbieten. Laut Hentschel/ Vogel (Hg.) (2009, S.- 60 f.), die das Deutsche dem Englischen und Französischen gegenüberstellen, beschränkt sich die präpositionale Umschreibung des rezipienten bei geben ausschließlich auf den dialektalen Sprachgebrauch. Dabei weisen sie in einer Fußnote auf die Arbeit Seilers (2003) über die präpositionale Dativmarkierung im Bairischen und Alemannischen hin (siehe Einführung). Bemerkenswert ist der von ihnen gemachte Zusammenhang zwischen Kasusabbau und dem Auftreten von Präpositionen: So wird der Dativ im modernen Englischen und Französischen durch ursprünglich allative Präpositionen (to/ à ‚zu‘) markiert, die sich nach dem Abbau der alten Kasusendungen zu Dativ-Präpositionen grammatikalisiert haben: I gave the nut to the parrot; Je donne la noix au perroquet. […] Im Deutschen hingegen sind noch Kasusendungen vorhanden, und eine Ersatzkonstruktion mit Präposition ist nur vereinzelt in Dialekten zu beobachten. (Hentschel/ Vogel (Hg.) 2009, S.-60 f.) Schließlich meint auch Kunze (1991, S.-70), dass geben nicht mit einer an-PP kombiniert werden könne: „Das Verb weggeben unterscheidet sich von geben dadurch, daß statt des (obligatorischen) Dativs eine fakultative an-Phrase möglich ist“, vgl. Er gibt ihr das Buch vs. *Er gibt das Buch an sie vs. Er gibt das Buch (an sie) weg. Die Unterschiede, die sich z. B. zwischen den Verben abschicken und zuschicken feststellen lassen (Er schickte ihr/ *an sie den Brief zu vs. Er schickte *ihr/ an sie den Brief ab), ist Kunze zufolge (ebd., S.-10-12) „eine reine Emphaseangelegenheit“. <?page no="60"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 60 Der Begriff „semantische Emphase“ muss im Lichte des von Kunze (1991) entwickelten Mechanismus gesehen werden, der sog. semantische Grundformen als Ausgangspunkt hat und konkrete Oberflächenmuster ergibt. Dabei ist eine semantische Grundform, wie sie in Abbildung-5 für Verben vom „geben“-Typ dargestellt wird, eine Proposition ohne interne Wichtung oder Präferenz ihrer Teile. Die dargestellte Grundform ist so zu interpretieren, dass der Erstbesitzer, der Referent von p-- kurz ref(p)-- handelt, wodurch ref(u) am Ende im Besitz von ref(q) ist. Erst mit der Auswahl eines Verbsemems, das zur entsprechenden Grundform gehört, komme die semantische Emphase ins Spiel, d. h. bestimmte Teilpropositionen der Grundform rücken in den Vordergrund, während andere mehr zurücktreten (ebd., S.-9, 69, 91). Abb.-5: Schematische Darstellung der von Kunze (1991) unterschiedenen ‚ab‘- und ‚an‘- Klasse innerhalb der besitzwechselverben des „geben“-Typs aufgrund ihrer Präfixe und Verbzusätze Ein verlässlicher Indikator für die Emphase seien gewisse Präfixe und Verbzusätze. Im Hinblick auf die Besitzwechselverben unterscheidet Kunze (ebd., S.-92-94) zwei Klassen, die die semantische Emphase „eindeutig festnageln“, und zwar: die ‚ab‘- Klasse (mit den Verbzusätzen ab, aus, fort, los und weg sowie den Präfixen ent- und ver-) und die ‚an‘-Klasse (mit den Verbzusätzen an, ein, entgegen und zu sowie dem Präfix er-). Gehört ein Besitzwechselverb zur ‚ab‘-Klasse, so liege die semantische Emphase auf der Teilproposition BEC(NOT(HAVE(p,u))). Für aktive Sätze mit einem Verb vom „geben“-Typ ergebe sich damit p N V u A (an q) als die „einzig mögliche (oder wenigstens stark präferierte) Oberflächenform“, d. h. der goal werde anhand einer an-PP ausgedrückt. Gehört das Besitzwechselverb aber zur ‚an‘-Klasse, so liege die semantische Emphase auf der Teilproposition BEC(HAVE(q,u)) und die entsprechende Oberflächenform sei dann p N V q D u A , mit dem goal im Dativ. Verben, „die bei den Mustern nicht so recht mitspielen“, haben- - so Kunze (ebd., S.- 144)- - „immer eine spezielle Nebenbedeutung“. In dieser Hinsicht seien die Sätze Er verleiht ein Fahrrad an Karl und Die Firma liefert die Waren an die Kunden aus „mustergültig“, die Sätze Er verleiht Karl einen Orden und Die Polizei lieferte den Täter den <?page no="61"?> fORScHuNgSfRAgEN 61 ausländischen Behörden aus allerdings nicht, d. h. verleihen bezeichnet hier ‚jemanden mit etwas auszeichnen‘, ausliefern bezeichnet ‚jemanden in jemandes Gewalt übergeben‘. Besitzwechselverben mit den Verbzusätzen mit, weiter und zurück sowie den Präfixen be- und überliegen laut Kunze (ebd., S.- 93) außerhalb der ‚ab‘- und ‚an‘-Klassen. Die von Kunze (ebd., S.- 92-94) dargestellten semantischen Unterschiede zwischen Besitzwechselverben mit unterschiedlichen Präfixen bzw. Verbzusätzen finden sich z. T. auch bei Brinkmann (1971, S.-166, 430, 433 f.). Verben mit dem Präfix ver- und den Verbzusätzen ab und aus weisen auf das Entfernen eines Objektes aus einem Ausgangsort hin. Dabei bezeichnen Verben mit dem Präfix verwie verkaufen, verleihen, verschicken und versenden nur die Entlassung eines Objektes aus dem Besitz des Subjekts, ohne dass dabei der neue Ort genannt zu werden brauche. Verben mit ab (z. B. absenden) und aus (z. B. aussenden) implizieren auch einen Ausgangspunkt bzw. einen Ausgangsbereich, von dem das Objekt entfernt werde. Die Verbzusätze ein und zu beziehen sich dagegen auf den Zielort des Objektes. Verben mit ein wie einschicken und einsenden setzen einen Bereich voraus, in den jemand oder etwas eintrete. Bildungen mit dem Verbzusatz zu seien „nur auf den neuen Standort des Objekts […] gerichtet“ (ebd., S.-433). Das Objekt bei Verben wie zuschicken und zusenden bezeichne einen Gegenstand, „der so oder so zum Standort des anderen gebracht wird“ (ebd.). Verben mit über (z. B. übergeben, übersenden) weisen auf den Wechsel des Standorts hin, auf den Übergang vom bisherigen zum neuen. Anders als Kunze (1991) verknüpft Brinkmann (1971) diese semantischen Unterschiede jedoch nicht mit dem Auftreten von POK und DOK. Die Feststellungen von u. a. Sprouse (1990) und Kunze (1991) werfen die Frage auf, ob sich die angedeuteten Unterschiede zwischen den verschiedenen Verben und Verbtypen auch empirisch nachweisen lassen, d. h. (i)-zwischen den einfachen Verben (z. B. leihen vs. schicken), (ii)-zwischen den einfachen und ihren entsprechenden komplexen Verben (z. B. geben vs. übergeben) und (iii)-zwischen den komplexen Verben (z. B. nachsenden vs. zurücksenden). Zur Beantwortung dieser Frage werden die Ergebnisse der vier vorherigen Forschungsfragen in Betracht gezogen. Ob in Bezug auf die relativen DOK/ POK-Verhältnisse, die Konstituentenfolge von thema und rezipient sowie die motivierenden Faktoren, die mit der Dativalternation assoziiert werden, bemerkenswerte Unterschiede zwischen den untersuchten Verben festzustellen sind, ist Gegenstand der korpusbasierten Untersuchung. Inwiefern (historische) Grammatiker und Lehrbuchautoren auf etwaige Unterschiede zwischen bestimmten Verben hinweisen bzw. inwiefern sich aus den DOK/ POK-Beispielsätzen in den (Valenz-)Wörterbüchern Unterschiede zwischen Verben ableiten lassen, soll- - wie in Abschnitt- 1.1.2 bereits erläutert wurde- - aufgrund der historischen Untersuchung geklärt werden. <?page no="62"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 62 1.2 Vorherige Forschung zur Dativalternation Die im vorigen Abschnitt- dargestellten Forschungsfragen basieren weitgehend auf- einigen bestehenden Studien zur Dativalternation. Insbesondere die englische Dativalternation hat sich inzwischen als ein beliebter Untersuchungsgegenstand etabliert (u. a. Bresnan et al. 2007; Bresnan/ Ford 2010; Wolk et al. 2013; De Cuypere 2015a, 2015b; Zehentner 2017, 2019, 2022; Broccias/ Torre 2020), aber auch für andere Sprachen gibt es verschiedene synchrone und/ oder diachrone Studien, wie z. B. für das Niederländische (u. a. Colleman 2006, 2009, 2020; Geleyn 2016, 2017), Deutsche (u. a. De Vaere/ De Cuypere/ Willems 2021a, 2021b; De Vaere 2023), Dänische (u. a. Kizach/ Winther Balling 2013), Schwedische (u. a. Valdeson 2016, 2017, 2021), Kroatische (u. a. Velnić 2019), Italienische (u. a. Napoli 2020), Lateinische (u. a. Fedriani 2020), (Nord-)Germanische (u. a. Barðdal 2007) und das Chinesische (u. a. Du 2009; Li/ Szmrecsanyi/ Zhang 2023). Es ist nicht meine Absicht, all diese Studien im Folgenden zu besprechen. Stattdessen stelle ich die Ergebnisse einiger empirisch orientierter Studien dar, die sich mit der historischen Entwicklung der englischen und der niederländischen Dativalternation (1.2.1) sowie mit der Dativalternation im Gegenwartsdeutschen (1.2.2) auseinandersetzen. 1.2.1 Die Dativalternation im Englischen und im Niederländischen In Bezug auf die englische Dativalternation, ihre Entstehung und ihre Entwicklung wurden in den letzten Jahren einige ausführliche empirische Studien vorgenommen, die sich mit verschiedenen historischen Sprachstufen befassen: mit dem Altenglischen (ca. 500-1100; De Cuypere 2015a, 2015b), dem Mittelenglischen (ca. 1100- 1500; Zehentner 2017, 2019, 2022) und dem Neuenglischen (ab ca. 1650; Wolk et al. 2013). Zur gleichen Zeit entstanden auch für die niederländische Dativalternation eine Anzahl historischer Untersuchungen. Sie beschäftigen sich hauptsächlich mit der aan-Konstruktion im 16. und im 17.-Jahrhundert (Geleyn/ Colleman 2015; Geleyn 2016, 2017; Rens 2017; Colleman 2020). In diesen Korpusuntersuchungen sind einige gemeinsame Forschungsschwerpunkte zu erkennen: (i)- die Entstehung der englischen und niederländischen Dativalternation, (ii)- der relative Anteil der tobzw. aan-Konstruktion gegenüber der sog. Double Object Construction (‚Doppelobjektkonstruktion‘), (iii)-die Wortfolge von thema und rezipient in beiden Konstruktionen sowie (iv)-die Faktoren, die die Wortfolge der beiden Objekte bzw. die Dativalternation potenziell motivieren. Die folgenden Teilabschnitte bieten jeweils eine Kurzübersicht über die wichtigsten Ergebnisse und Tendenzen. Die ersten zwei genannten Forschungsschwerpunkte werden dabei zusammen behandelt. <?page no="63"?> VORHERIgE fORScHuNg zuR DATIVALTERNATION 63 1.2.1.1 Entstehung der Dativalternation und Vorkommenshäufigkeit der tobzw. aan-Konstruktion Aus De Cuyperes (2015b) altenglischem Korpusmaterial geht hervor, dass die sog. to-dative-Konstruktion schon damals nicht ungebräuchlich war. Die ditransitive Konstruktion mit zwei kasusmarkierten Objekten (die spätere Double Object Construction, kurz: DOC) ist die häufigere Variante und kommt mit verschiedenen Kasuskombinationen vor (siehe 1.2.1.2); die to-POK erreicht im altenglischen Korpusmaterial aber bereits einen relativen Anteil von 15%. 15 Sie ist u. a. belegt mit Kommunikationsverben und ‚Caused-Motion‘-Verben, vgl. (45) bzw. (46). Manche Verben wie beispielsweise cweðan ‚sagen, sprechen‘, sendan ‚senden‘, asendan ‚aussenden‘, lædan ‚führen‘ und beran ‚tragen‘ erscheinen sogar häufiger in der to-dative-Konstruktion als in der Variante ohne Präposition und mit zwei kasusmarkierten Objekten (IOC) (De Cuypere 2015a, S.-233; 2015b, S.-4-6). (45) God cwæð <to Moysen> [ðæt he wolde cumin] ‚Gott sagte zu Moses, dass er kommen würde‘ (De Cuypere 2015b, S.-18) (46) & sende [his gewrit] <to þam wælhreowan casere> ‚und schickte seinen Brief an den grausamen Kaiser‘ (De Cuypere 2015b, S.-17) Außerdem finden sich in den altenglischen Urkunden, die in der Regel Spenden an eine Kirche oder an eine Stadt dokumentieren, verschiedene Belege mit dem Transferverb sellan ‚geben‘ und einer to-PP, die einen Ort bezeichnet, wie z. B. to cantuarabyrg ‚an Canterbury‘ in (47). Da sich diese to-PP aber nicht so sehr auf den Ort Canterbury, sondern vielmehr auf die dortige Kirchengemeinschaft beziehe, erscheine es angesichts des Kontexts angemessen, to cantuarabyrg hier als rezipient zu interpretieren. Aufgrund dieses und einiger weiterer Beispiele kommt De Cuypere (2015b, S.-22) zu dem Schluss, dass die Verwendung der Präposition to zur Bezeichnung eines rezipienten im Altenglischen bereits keimhaft vorhanden war. (47) Ic oswulf ond Beornðryð min gemecca sellað <to cantuarabyrg to cristes cirican> [ðæt land æt stanhamstede] ‚Ich, Oswulf und meine Frau Beornthryth schenken der Kirche Christi in Canterbury das Land in Stanstead‘ (De Cuypere 2015b, S.-20) 15 Vor allem in der englischsprachigen Literatur hat sich der Begriff Double Object Constructio mittlerweile auch zur Bezeichnung der ditransitiven Konstruktion in älteren Sprachstufen etabliert, in denen die beiden Objekte noch durch Kasus markiert werden. Um keine Konfusion entstehen zu lassen, empfiehlt es sich, die ditransitive Konstruktion mit kasusmarkierten Objekten im Anschluss an die gängigen Definitionen in der Sprachtypologie (u. a. Haspelmath 2013) weiterhin als Indirect Object Construction (kurz: IOC) zu bezeichnen. <?page no="64"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 64 Eine Kombination eines ‚Transfer-of-Possession‘-Verbs (z. B. agifan, gifan, sellan ‚geben‘, offrian ‚bieten‘) mit einem personal belegten to-rezipienten komme im Altenglischen allerdings noch nicht vor. Solche Belege seien erst ab dem 13.-Jahrhundert vorhanden. Der Beispielsatz in (48) aus dem Jahr 1225 gelte als einer der frühesten give-Belege mit einem belebten to-rezipienten (De Cuypere 2015b, S.-16). (48) þu […] ƺ eue <to ioseph> […] [hap]. ‚Du gibst Joseph Glück‘ (De Cuypere 2015b, S.-16) Als die Entstehungszeit der englischen Dativalternation wird traditionell das Mittelenglische angenommen, d. h. im Laufe dieser Periode soll die funktionale Überschneidung zwischen der Konstruktion mit ursprünglich zwei rein kasusmarkierten Objekten (der IOC, später DOC) und der to-POK so groß geworden sein, dass zwischen beiden Konstruktionen eine enge, paradigmatische Verbindung, oder ein sog. horizontal link, entstanden sei. Wie Zehentners (2017) Korpusergebnisse zeigen, werden im Mittelenglischen-- auf Kosten der DOC-- häufiger präpositionale Alternanten benutzt und auch in neuen Kontexten angewendet (z. B. die Ausdehnung der to-POK auf prototypische Transferverben wie give, siehe oben). Unter diesen präpositionalen Alternanten nehme die to-POK (mit unto und onto als neue, komplexe Präpositionen ab dem 14.-Jahrhundert) eine immer zentralere Rolle ein, bis sie sich gegenüber der DOC letztendlich als die präpositionale Alternante schlechthin etabliere. Die relativen (un/ on)to-Anteile innerhalb der Gruppe der alternierenden Verben liegen im Mittelenglischen bei 15% (1150-1250), 53% (1250- 1350), 59% (1350-1420) und 41% (1420-1500) (Zehentner 2017, S.- 158-162; 2019, S.-153). Zehentner (2017, S.-155) weist darauf hin, dass etwa gleichzeitig mit der Entstehung der Dativalternation in Bezug auf die DOC noch eine weitere Entwicklung stattfindet, und zwar eine semantische Verengung: „[T]he English DOC moved from denoting a more general sense of indirect affectedness to being used with a rather limited set of verb classes expressing possessional transfer and events related to this“ (die Kursivierungen stammen von mir, EVD). Daraus folgt, dass bestimmte Verbklassen, wie Verben des Nehmens, sowie reine benefaktive oder malefaktive, die ursprünglich in der DOC vorkommen, aus dieser Konstruktion ausgeschlossen und stattdessen mit einer Präposition kombiniert werden. Die in (49) angeführten Sätze aus Zehentner (2017, S.- 155) sind Beispiele für solche „älteren“ Belege. Zehentner (ebd., S.-171) zufolge besteht zwischen den beiden Phänomenen, d. h. der Entstehung der Dativalternation und der semantischen Verengung der DOC, eine enge Wechselbeziehung (siehe Zehentner (2017) für eine ausführliche Diskussion). (49a) For dronkenesse bireveth hym the discrecioun of his wit. ‚Denn Trunkenheit raubt ihm die Besonnenheit seines Verstandes‘ <?page no="65"?> VORHERIgE fORScHuNg zuR DATIVALTERNATION 65 (49b) softe me mi sar. ‚Lindere mir meinen Schmerz‘ (49c) Ich habbe iblend men & ibroken ham þe schuldren. 16 ‚Ich habe die Menschen geblendet und ihnen die Schultern gebrochen‘ Die relativen Anteile, die Wolk et al. (2013, S.-392 f.) aufgrund des ARCHER 3.1-Korpus (A Representative Corpus of Historical English Registers) für den Zeitraum 1650- 1999 finden, zeigen, dass sich die Verhältnisse zwischen DOC und POK nach dem Mittelenglischen nur wenig geändert haben. Für die gesamte untersuchte Periode liegen die relativen POK-Anteile zwischen 30% (1900-1949) und 39% (1800-1849). Die Verhältnisse für das heutige Englisch schließlich seien sehr ähnlich, variieren jedoch je nach dem verwendeten Korpus bzw. dem in ihm vorhandenen Sprachmaterial. Tabelle-2 stellt die relativen DOCbzw. POK-Anteile dar, jeweils mit Angabe des entsprechenden Korpus (vgl. die Übersichtstabelle in De Cuypere 2015b, S.- 5). Unterschieden wird zwischen geschriebener und gesprochener Sprache und zwischen britischem (BE) und amerikanischem Englisch (AE). DOC to -POK Korpus Quelle geschriebene Sprache BE 71% 29% ICE-GB Theijssen (2012) AE 62% 38% Wall Street Journal Bresnan et al. (2007) gesprochene Sprache BE 73% 27% ICE-GB Theijssen (2012) AE 79% 21% Switchboard Bresnan et al. (2007) Tab.-2: übersicht über die verschiedenen DOc/ POK-Verhältnisse im heutigen Englisch Im Vergleich zum Englischen entsteht die niederländische Dativalternation erst später. Während sich in Textmaterial aus dem 13.-Jahrhundert schon Belege finden, in denen eine aan-PP die Quelle eines Besitzwechsels bezeichnet (vgl. 50 aus Colleman 2010, S.- 294 f.), dauert es noch einige- Jahrhunderte, bevor die Präposition aan als rezipient-Marker verwendet wird. (50) dit ghelt sal de meester gheuen stappants alse de leerlinc beghint int ambacht te leerne, ende de meester salt vort an den leerlinc nehmen ‚Der Meister zahlt diesen Betrag sofort, wenn der Lehrling mit dem Erlernen des Handwerks beginnt, und der Meister zieht ihn dann beim Lehrling ein‘ 16 Broccias/ Torre (2020, S.- 180) bemerken, dass ham (‚them‘) hier auch als Pertinenzdativ analysiert werden kann. <?page no="66"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 66 Im 16.-Jahrhundert, so lässt sich aus Rens’ (2017) Datensatz schließen, kommt das [V NP aan-NP]-Muster mit semantisch verschiedenartigen Verben vor, wie u. a. begeren ‚begehren‘, bewijzen ‚beweisen‘, brengen ‚bringen‘, doen ‚tun, machen‘, nemen ‚nehmen‘, schrijven ‚schreiben‘, verhalen ‚erzählen‘, verzoeken ‚bitten‘, werpen ‚werfen‘, zenden ‚senden‘ und zweren ‚schwören‘, vgl. (51) aus Colleman (2020, S.-149-151). Bei all diesen Verben bezeichne der Referent der aan-PP einen (typischerweise) menschlichen Teilnehmer, der in irgendeiner Weise von der Handlung des Subjektreferenten betroffen sei. Da die semantischen Rollen der aan-PPs in den Beispielen in (51) eine gewisse Ähnlichkeit aufweisen mit den möglichen Rollen des Indirekten Objekts in der DOC, sei zwischen beiden Konstruktionen bereits eine geringe funktionale Überschneidung zu erkennen: „[I]n (early) century Dutch, some clusters of [V NP aan-NP] uses are found that encode ‚human target person‘ events similar to the types of events encoded by the DOC, so that there are small pockets of functional overlap with the DOC“ (ebd., S.-151). (51a) den xxv augusti sandt ich myn water aen meester Jan Ballen ‚Am 25.-August habe ich mein Wasser (d. h. eine Probe meines Wassers) an Meister Jan Ballen geschickt‘ (51b) ick zwere dat ick niet en zal doen ‚tgheen Anaximenes an my zal begheren ‚Ich schwöre, dass ich nicht das tun werde, was Anaximenes von mir verlangen wird‘ (51c) […] ten ware dan dat hy zyn vriends weldaden an hem bewezen nemmermeer, maar de zyne anden vriend ghedaan terstont verghete ‚Es sei denn, er würde die Wohltaten, die sein Freund ihm erwiesen hat, nie, aber die, die er seinem Freund erwiesen hat, sofort vergessen‘ Erst im Laufe des 16.- Jahrhunderts finden sich Belege mit einem ‚geben‘-Verb und einer aan-PP, die den rezipienten eines prototypischen Besitzübertragungsereignisses, d. h. der Übergabe eines konkreten Objekts an einen belebten Empfänger, bezeichnet, vgl. (52) aus Colleman (2020, S.-148). Generell zählt Rens (2017, S.-7 f.) für geven ‚geben‘ 119 DOC-Belege gegenüber nur einem POK-Beleg in der Periode 1526-1550. 17 In seinem Korpusmaterial aus dem letzten Viertel des 16.-Jahrhunderts sind für dieses Verb 179 DOC-Belege (97%) und 6 POK-Belege (3%) verzeichnet. Innerhalb der 291 aan-Tokens aus der Periode 1576-1600 beträgt der relative Anteil von geven also 2%. 17 Colleman (2020, S.- 147) zufolge bezeichnet die aan-PP hier keinen rezipienten, sondern vielmehr einen Ort. <?page no="67"?> VORHERIgE fORScHuNg zuR DATIVALTERNATION 67 (52a) […] de croone van Vranckrijcke, de welcke voor dees tijdt heeft [de Croone van Castilien] <aen eenen bastaard> ghegheven […]. ‚Die Krone von Frankreich, die vor dieser Zeit die Krone von Kastilien an einen Bastard vergeben hat‘ (52b) Item, datmen voortaen […] sal betalen <aen den drossaert ende schepenen> [vier stuijvers] ‚Auch, dass man von nun an vier Pfennige an den Gerichtsvollzieher und die Ratsherren zahlen soll‘ In der ersten Hälfte des 17.-Jahrhunderts nehmen diese relativen geven-Zahlen weiter zu: Geleyn (2016, S.-33 f., 167) findet für dieses Verb 408 (72%) DOC-Belege gegenüber 159 (28%) POK-Belegen und außerdem weist es mit 159 von den insgesamt 1.525 aan-Tokens die höchste Tokenfrequenz auf. Bezüglich der alternierenden Verben im Allgemeinen liegt der relative POK-Anteil in der Periode 1600-1650 bei ca. 13,5% (ebd., S.-95). Dieser Anteil ist signifikant weniger als der im heutigen Niederländisch, nämlich ca. 21% in Geleyns (ebd., S.- 168) Sammlung von Prosatexten aus der Periode 1985-2015 und ca. 31% in Collemans (2009, S.-602) Zeitungsmaterial aus dem Jahr 1998. Für die Perioden 1700-1750 und 1800-1850 betragen die relativen POK-Anteile ca. 15% bzw. ca. 24% (ebd., S.-177). Das häufigere Vorkommen der aan- POK seit dem 17.-Jahrhundert entspreche einer generellen Tendenz im Niederländischen, häufiger analytische Formen („omschreven vormen“) zu verwenden (ebd., S.-179). Ausgehend von Rens’ (2017) und Geleyns (2016) Korpusergebnissen für das 16. bzw. das 17.-Jahrhundert betrachtet Colleman (2020, S.-152) die zweite Hälfte des 16.-Jahrhunderts als die entscheidende Periode in der Entstehungsgeschichte der niederländischen Dativalternation: „[I]t is in this stage of the language that aan must have been gradually extended to additional ‚transfer‘ meanings, thus further encroaching on the semantic territory covered by the DOC“. Diese zunehmende funktionale Überschneidung zwischen der aan-POK und der DOC führe auch im Niederländischen letztendlich dazu, dass zwischen beiden Konstruktionen ein sog. horizontal link hergestellt werde. In Bezug auf die historischen Prozesse, die der Entstehung der englischen und niederländischen Dativalternation zugrunde liegen, seien zwischen beiden Sprachen aber auch Unterschiede festzustellen, vgl. Colleman (2020, S.-164) für eine ausführlichere Diskussion: [I]n both Dutch and English, the functional overlap between the aan-dative/ to-dative and the DOC became prominent enough for a connection between the constructions to be established, but the exact inroads taken by to and aan into the semantic domain of the respective DOCs were partially language-specific. <?page no="68"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 68 Außerdem ist bisher unklar, ob die Entstehung der niederländischen Dativalternation ebenfalls mit einer semantischen Verengung der DOC verknüpft sei. Dazu soll untersucht werden, in welchem Maße eine solche Verengung-- ein Phänomen, das sich im Niederländischen tatsächlich feststellen lasse- - schon im 16. und im 17.-Jahrhundert vorhanden sei (Colleman 2020, S.-165). Die enge Verbindung zwischen der aan-POK und der DOC sei gegen die Mitte des 17.-Jahrhunderts etabliert. Dies lasse sich sowohl aus dem historischen Korpusmaterial ableiten-- Geleyn/ Colleman (2015) finden für die Periode 1600-1650 eine Vielfalt alternierender Verben- - als auch aus historischen Grammatiken bzw. Lehrbüchern. In seiner Grammatik Waernemingen op de Hollandsche Tael (1635-1638) erwähnt P.-C. Hooft die präpositionale Umschreibung mit aan als eine Alternative zum Indirekten Objekt im Dativ. Auch verschiedene weitere Grammatiken aus dem 18.-Jahrhundert, wie beispielsweise Lambert ten Kates Aenleiding tot de kennisse van het verhevene deel der Nederduitsche Sprake I (1723), gehen näher auf die alternative Umschreibung mit aan ein. Dies steht im Gegensatz zur Twe-spraack vande Nederduitsche Letterkunst aus dem Jahr 1584, in der sich keine diesbezüglichen Aussagen auffinden lassen (Weijnen/ Gordijn 1970, S.-128 f.). Was das Aufkommen bzw. die Verbreitung der präpositionalen Alternanten im Englischen und im Niederländischen genau verursacht hat, ist immer noch unklar und sollte in Zukunft weiter untersucht werden, vgl. Zehentner (2017, S.-153 f.): As is well known, a connection is often made between the loss of case marking, the fixation of word order and the rise of prepositional (more analytic) means of expression as alternatives to the resident (more synthetic) constructions; whether there really was a causal influence between these changes- - and if so, which direction it took-- is still debated […]. 1.2.1.2 Wortfolge von thema und rezipient Außer mit der Entstehung der Dativalternation und mit den relativen Anteilen der tobzw. aan-POK haben sich Sprachwissenschaftler auch mit der Abfolge von thema und rezipient beschäftigt. Sowohl für das Englische als auch für das Niederländische gilt, dass die Wortfolge beider Objekte-- in beiden Konstruktionen-- im Laufe der Zeit fester wird. Wie bereits angesprochen, kommt die ditransitive Konstruktion (IOC), die sich später zur Double Object Construction entwickeln sollte, im Altenglischen mit verschiedenen Kasuskombinationen vor, d. h. der rezipient erscheint entweder im Akkusativ oder im Dativ und das thema wird entweder durch den Akkusativ, den Genitiv oder den Dativ markiert. Insgesamt sind fünf Kasusmuster zu unterscheiden, nämlich: [DAT rez - + AKK th ], [DAT rez - + GEN th ], [AKK rez - + GEN th ], [AKK rez - + AKK th ] und <?page no="69"?> VORHERIgE fORScHuNg zuR DATIVALTERNATION 69 [AKK rez -+ DAT th ]. Das Muster [DAT rez -+ AKK th ] mit dem rezipienten im Dativ und dem thema im Akkusativ ist am häufigsten belegt (De Cuypere 2015a, S.-230-233). Es kommt sowohl mit der Abfolge DAT-AKK, d. h. rezipient-thema, als auch mit der Abfolge AKK-DAT, d. h. thema-rezipient, vor. Die Beispielsätze in (53) bis (56) illustrieren diese Wortfolgevarianten für nominale (vgl. (53)-(54)) und pronominale (vgl. (55)-(56)) Objekte: (53) hwi God wolde forgifan <þam yfelum mannum> [agenne freodom] ‚warum Gott bösen Menschen ihre eigene Freiheit geben wollte‘ (De Cuypere 2015a, S.-228) (54) þæt he sealde [sum þing] <þearfendum mannum> ‚dass er armen Menschen etwas gegeben hat‘ (De Cuypere 2015a, S.-238) (55) Sele <him> eac neahtnestigum [þis] ‚Gib ihm dies nach einer Nacht des Fastens‘ (De Cuypere 2015a, S.-228) (56) and þu [hit] <him> of þinum handum sealdest ‚und du hast es ihm aus deinen Händen gegeben‘ (De Cuypere 2015a, S.-247) In seinem Gesamtdatensatz von N- = 2.409 Belegen der ditransitiven Konstruktion mit Dativobjekt aus dem York-Toronto-Helsinki Parsed Corpus of Old English Prose findet De Cuypere (2015a, S.-250) N-= 1.451 Belege (60%) mit der Abfolge DAT-AKK und N-= 958 Belege (40%) mit der Abfolge AKK-DAT. In seinem endgültigen Datensatz (n-= 1.832), d. h. dem Gesamtdatensatz ohne alle sog. missing values, liegen diese relativen Anteile bei 62% bzw. 38% (De Cuypere 2015a, S.-243). Die n-= 87 Belege mit zwei pronominalen Objekten weisen mit n-= 38 DAT-AKK-Belegen (44%) und n-=-49 AKK-DAT-Belegen (56%) ebenfalls beide Wortfolgen auf. Dabei spielt, so ergibt sich aus De Cuyperes (ebd., S.-247) Korpusdaten, die Art des pronominalen Akkusativobjektes eine Rolle: Während that ‚das‘ und this ‚dies‘ die Abfolge DAT-AKK bevorzugen, ist die Abfolge mit dem Akkusativobjekt it ‚es‘ immer AKK-DAT. Die altenglische to-POK ihrerseits kommt vorwiegend mit dem Kasusmuster [to-DAT rez -+ AKK th ] vor. Auch hier sind beide Wortfolgevarianten möglich, vgl. (45) für to-DAT-AKK und (46) für AKK-to-DAT. Anders als die Alternante ohne Präposition, bei der die Abfolge DAT-AKK generell häufiger belegt ist, zeigt die to-POK eine Präferenz für die Abfolge AKK-to-DAT (De Cuypere 2015b, S.-13). Das geht aus De Cuyperes (ebd., S.-10) Korpusuntersuchung von N-= 468 to-POK-Belegen mit einem ditransitiven Verb und einem belebten to-DAT hervor: Der relative Anteil von AKKto-DAT gegenüber to-DAT-AKK beträgt 73%. <?page no="70"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 70 Im Spätaltenglischen bzw. im Frühmittelenglischen wird das Flexionssystem weitgehend abgebaut. In Bezug auf die IOC/ DOC verschmelzen die verschiedenen altenglischen Kasusmuster zu einem abstrakten Muster der Form [V NP NP], für die to-POK entstehe das Muster [V NP to-NP] (Zehentner 2017, S.-153, 167 f.). Die Abfolgetendenzen der beiden Objekte innerhalb dieser Konstruktionen prägen sich im Laufe des Mittelenglischen stärker aus, d. h. für die DOC etabliere sich rezipientthema, für die to-POK hingegen thema-rezipient als die normalen Abfolgen (ebd., S.-153-- „While the DOC became primarily associated with [REC-TH] order, the to- POC showed a growing restriction to [TH-toREC] ordering“). Für die DOC mit zwei nominalen Objekten sei diese Abfolge gegen das Ende des 14.-Jahrhunderts festgelegt (Wolk et al. 2013, S.-385). Bei einem pronominalen thema kam die DOC dagegen möglicherweise noch bis ins 15.-Jahrhundert mit der umgekehrten Abfolge themarezipient vor (Zehentner 2019, S.-111). Eine wichtige Entwicklung im Spätmittelenglischen sei der Verlust der Wortfolge thema-rezipient in der DOC, wie in give the book John (De Cuypere 2015b, S.-15; Zehentner 2019, S.-111). Diese Abfolge, die in der heutigen englischen Standardsprache als ungrammatisch betrachtet wird und in der Regel durch eine to-POK ersetzt wird (give the book to John), findet sich aber immer noch in bestimmten britischen Dialekten: Sätze wie She gave it the man, She gave a book the man oder She gave a book him werden im Norden Englands durchaus akzeptiert (De Cuypere 2015a, S.-228). Die umgekehrte to-POK-Abfolge rezipient-thema ist nach 1500 allmählich verschwunden (Zehentner 2019, S.- 112). Man findet sie im heutigen Englisch nur noch sehr selten, und wenn, dann vor allem in formalen Textgattungen und in Sätzen mit langen NPs („Heavy noun phrase shift“) (De Cuypere 2015b, S.-10). Die Dativalternation in der heutigen englischen Standardsprache stellt demnach also in erster Linie eine Wortfolgealternation dar, d. h. die Wahl für die lineare Abfolge rezipient-thema führe zur Verwendung der DOC, die Wahl für die lineare Abfolge thema-rezipient führe zur Verwendung der to-POK (Geleyn 2016, S.-136, 143). Für die niederländische Dativalternation, die durch eine vergleichsweise größere Wortstellungsfreiheit gekennzeichnet wird, lässt sich kein solcher enger Zusammenhang erkennen, d. h. die Wahl für diese oder jene lineare Abfolge (rezipientthema oder thema-rezipient) erscheint nicht notwendigerweise mit der Verwendung einer bestimmten Konstruktion (DOC oder aan-POK) verbunden. Insbesondere die aan-POK und in gewissem Maße auch die DOC können mit beiden Abfolgen vorkommen, vgl. (57) bzw. (58). Die a-Sätze stellen jeweils die normale Wortfolge dar (Geleyn 2016, S.-9, 22, 91). (57a) De man heeft [een boeket] <aan zijn vrouw> gegeven . ‚Der Mann hat seiner Frau einen Blumenstrauß geschenkt‘ <?page no="71"?> VORHERIgE fORScHuNg zuR DATIVALTERNATION 71 (57b) De man heeft <aan zijn vrouw> [een boeket] gegeven . ‚Der Mann hat seiner Frau einen Blumenstrauß geschenkt‘ (58a) De man geeft <zijn vrouw> [bloemen]. ‚Der Mann gibt seiner Frau Blumen‘ (58b) Je geeft [ze] <hem>. ‚Du gibst sie ihm‘ Wie (58b) illustriert, ist die umgekehrte DOC-Wortfolge in der Regel auf Sätze mit einem pronominalen thema beschränkt. Das heißt jedoch nicht, dass solche DOC- Sätze nicht mit einem nominalen thema vorkommen können-- vgl. (59) aus Schermer-Vermeer (1991, S.-276) für ein Gegenbeispiel--, aber sie sind im Korpusmaterial offenbar kaum belegt: Das einzige Beispiel, das Colleman (2002, S.- 91) in N-= 1.170 DOC-Belegen findet, ist Satz (60). Der Beleg stammt aus dem belgisch-niederländischen Usenet-Material des CONDIV-Korpus. Van der Beeks (2004) Datensatz von N-= 388 DOC-Belegen enthält kein solches Beispiel: Die 40 DOC-Sätze (10,3%) mit der Wortfolge thema-rezipient haben alle ein pronominales thema, meistens het ‚es‘ (Geleyn 2016, S.- 92). Die aan-POKs dagegen kommen vergleichsweise häufiger mit der umgekehrten Abfolge vor. Von den insgesamt N-= 124 aan-POKs in van der Beeks (2004) Datensatz weisen 18 Belege (14,5%) die Wortfolge rezipient-thema auf. (59) En nu wil ik [deze boeken] <Jan> graag overhandigen . ‚Und nun möchte ich diese Bücher Jan übergeben‘ (60) Sorry bart, maar ik denk niet dat iemand [zo een kaart] <U> ooit zal kunnen geven . ‚Tut mir Leid, Bart, aber ich glaube nicht, dass dir je jemand eine solche Karte geben kann‘ Weijnen/ Gordijn (1970, S.-129 f.) stellen aufgrund ihres Korpusmaterials aus dem 17. und 18.-Jahrhundert fest, dass die damaligen Stellungsregularitäten in Bezug auf den rezipienten im Satz die gleichen seien wie im heutigen Niederländisch. Die einzige Ausnahme bilde der Beleg in (61) aus dem Spel van Tiisken vander Schilden (1613). Die NP mijn Vrou wird im folgenden Vers allerdings als aan-NP (aen mijn Vrou) wiederholt. (61) Kom gaen wy voort/ en brenghen [tyding]/ <mijn Vrou>: <Aen mijn Vrou vander Schilden>/ die met groote rou Dese bootschap ontfanghen sal/ ghelijck het wel re’en/ / is. ‚Kommt, gehen wir weiter und bringen wir meiner Frau eine Nachricht, meiner Frau vander Schilden, die diese Botschaft mit großer Trauer empfangen wird, und dafür gibt es allen Grund‘ <?page no="72"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 72 In Geleyns (2016, S.-144 f., 176) Korpusmaterial aus der ersten Hälfte des 17.- Jahrhunderts weisen 19% der DOC-Belege und 28% der POK-Belege die umgekehrte Wortfolge auf. In einigen dieser DOC-Belege wäre die Doppelobjektkonstruktion heutzutage nicht mehr möglich, oder doch zumindest sehr ungewöhnlich. Es handelt sich zum Beispiel um Sätze mit einem nominalen thema und Sätze, deren Wortfolge durch das Reimschema beeinflusst wird, wie dies auch in (61) mit Vrou und rou der Fall ist. In seiner Belegsammlung von Prosatexten aus der Periode 1985-2015 findet Geleyn (ebd., S.-167, 176) 8% DOC- und 5% POK-Belege mit einer umgekehrten Wortfolge. Diese Anteile seien signifikant weniger als die im Zeitraum 1600-1650. 1.2.1.3 Motivierende Faktoren Der vierte Forschungsschwerpunkt schließlich betrifft die Faktoren, die die Dativalternation bzw. die Abfolge von thema und rezipient motivieren. Für verschiedene historische Sprachstufen des Englischen und Niederländischen wurde anhand gemischter logistischer Regressionsmodelle überprüft, ob und-- wenn ja-- in welchem Maße Faktoren wie Belebtheit, Definitheit und Pronominalität, die nachweislich in der heutigen englischen und niederländischen Dativalternation eine Rolle spielen, bereits damals mit der Alternation bzw. Wortstellung zusammenhingen. Tatsächlich stellt sich heraus, dass die gleichen Faktoren, die mit der heutigen englischen und niederländischen Dativalternation assoziiert werden, schon weitgehend in den historischen Sprachstufen wirksam waren. Tabelle- 3 (für Englisch) und Tabelle- 4 (für Niederländisch) bieten eine schematische Übersicht über die Korpusergebnisse von De Cuypere (2015a, 2015b), Zehentner (2022), Wolk et al. (2013) und Geleyn (2016). Die darin benutzten Abkürzungen bezeichnen: NAN Der Faktor ist nicht annotiert; NEINB Der Faktor ist annotiert, ist aber nicht in das (endgültige) statistische Modell einbezogen; ZF Der Faktor ist als sog. Zufallsfaktor (Eng. random factor) in das statistische Modell einbezogen; NSIG Der Faktor erweist sich als nicht-signifikant; SIG Der Faktor bildet einen signifikanten Haupteffekt; SIG-I Der Faktor bildet einen signifikanten Interaktionseffekt. Zu beachten ist, dass beide Tabellen nur der Darstellung der verschiedenen Korpusuntersuchungen und ihrer Ergebnisse dienen. Durch die unterschiedlichen Vorgehensweisen der Untersuchungen können die dargestellten Ergebnisse nicht einfach miteinander verglichen werden. <?page no="73"?> VORHERIgE fORScHuNg zuR DATIVALTERNATION 73 De Cuypere (2015a) De Cuypere (2015b) Zehentner (2022) Wolk et al. (2013) Altenglisch, N-= 1.832 Altenglisch, N-= 468 1150-1500, N-= 1.606 1650-1999, N-= 3.093 motivierende Faktoren DAT-AKK vs. AKK-DAT to-DAT-AKK vs. AKKto -DAT DOC vs. to -POK DOC vs. to -POK Textdatei NAN NAN ZF ZF Textgattung NAN NAN ZF ZF thema (Lemma) NAN NAN NAN ZF Verb (Lemma) ZF ZF ZF ZF Dialekt / Varietät NSIG NEINB NAN → Interaktionseffekt Entstehungszeit (Beleg) SIG (FrühAE: -< 950) SIG (unbekannt) → Interaktionseffekt → Interaktionseffekt Entstehungszeit (Manuskript) NSIG NEINB NAN NAN Übersetzung NSIG NSIG NAN NAN Verb (Herkunft) NAN NAN SIG (germanisch) NAN th Belebtheit NSIG NSIG NEINB SIG (belebt) th Definitheit SIG (indefinit) SIG (definit) NEINB SIG th Konkretheit SIG (abstrakt) NSIG NEINB NAN th Numerus NEINB NSIG NEINB NAN th Person NEINB NEINB NEINB NAN th Pronominalität SIG (nominal) SIG (pronominal) NEINB NAN rez Belebtheit NEINB NAN NEINB SIG-I ~ Entstehungszeit rez Definitheit NSIG NSIG NEINB SIG rez Numerus NEINB SIG (singular) NEINB NAN rez Person NEINB NEINB NEINB NAN rez Pronominalität SIG (pronominal) SIG (nominal) NEINB NAN Länge von rez und th / Längendifferenz SIG (rez kürzer als th) SIG (rez länger als th) SIG (rez länger als th) SIG-I ~ Regio Wortstellungstyp NAN NAN SIG-I ~ Entstehungszeit NAN Ambiguität: Subjekt-Verb-Kongruenz NAN NAN NSIG NAN Ambiguität ag-rez NAN NAN SIG (ambig) NAN Ambiguität th-rez NAN NAN SIG (ambig) NAN Tab.-3: übersicht über die Ergebnisse der Korpusuntersuchungen von De cuypere (2015a, 2015b), zehentner (2022) und Wolk et al. (2013) <?page no="74"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 74 De Cuypere (2015a) untersucht für das Altenglische, welche Faktoren die Wortfolge des themas im Akkusativ und des rezipienten im Dativ motivieren. Von den siebzehn annotierten Faktoren sind fünf aus der Analyse ausgeschlossen: Die unterschiedenen Kategorien innerhalb der Faktoren Person des themas und des rezipienten und Belebtheit des rezipienten lassen keinen quantitativ ausgewogenen Vergleich zu, und in Bezug auf den Faktor Numerus des themas und des rezipienten gebe es insgesamt 995 sog. missing values. Bei einem Signifikanzniveau von 5% (p-Wert- < 0.05) erweisen sich sieben Faktoren als statistisch signifikant. Die Abfolge DAT-AKK korreliere mit einem nominalen, indefiniten und abstrakten thema und mit einem pronominalen rezipienten, der kürzer ist als das thema. In Bezug auf die Entstehungszeit des Belegs gelte, dass die Abfolge DAT-AKK signifikant wahrscheinlicher sei im Frühaltenglischen, d. h. vor dem Jahr 950, als im Spätaltenglischen. Die Variable Verblemma, die als Zufallsfaktor in das Modell einbezogen ist, spiele eine nur bescheidene Rolle: Drei Verben weisen eine deutliche Präferenz für eine der beiden Abfolgen auf (agifan und bringan für DAT-AKK, dælan für AKK-DAT), aber zwischen den übrigen Verben seien diesbezüglich keine großen Unterschiede festzustellen. Auch für die altenglische to-POK überprüft De Cuypere (2015b), welche die Faktoren sind, die die Wortfolge des themas im Akkusativ und des präpositionalen rezipienten im Dativ beeinflussen. Die N-= 468 POK-Belege in seinem Datensatz enthalten alle (i)- ein ditransitives Verb, d. h. das Verb kann auch mit der ditransitiven Konstruktion mit reinen kasusmarkierten Objekten (IOC) kombiniert werden, und (ii)-einen belebten, durch die Präposition to markierten rezipienten. Auch hier sind einige annotierte Variablen nicht in das statistische Modell einbezogen, nämlich: Person des themas und des rezipienten, Dialekt und Entstehungszeit des Manuskripts. Insgesamt stellen sich bei einem Signifikanzniveau von 5% sechs Faktoren als signifikant heraus. Die Abfolge AKK-to-DAT korreliere mit einem pronominalen, definiten thema und einem nominalen rezipienten im Singular, der länger ist als das thema. In Bezug auf den Faktor Entstehungszeit des Belegs sei nur die Kategorie ‚unbekannt‘ statistisch signifikant, was bedeutet, dass im Altenglischen keine Änderungen in der Abfolgepräferenzen stattgefunden haben. De Cuyperes (2015b, S.-10) Hypothese, dass die Probabilität der Abfolge to-DAT-AKK im Spätaltenglischen abnehme, werde durch die Datenanalyse also nicht bestätigt. Hinsichtlich der Variable Verblemma finde sich kein Hinweis darauf, dass die verschiedenen Verben eine der beiden Abfolgen bevorzugen. Im Vergleich zu den übrigen dargestellten Korpusuntersuchungen enthält Zehentners (2022) logistisches Regressionsmodell für das Mittelenglische vorwiegend andere Faktoren: Sie überprüft in erster Linie den möglichen Zusammenhang zwischen der Vermeidung von Ambiguität zwischen den Argumenten im Satz einerseits <?page no="75"?> VORHERIgE fORScHuNg zuR DATIVALTERNATION 75 und der Verbreitung der to-POK bzw. der Entstehung der Dativalternation andererseits. Ihrer logistischen Regressionsanalyse gehen eine sog. behavioural profile analysis und eine multiple correspondence analysis der drei Argumente voraus. Anhand dieser Analysen wird untersucht, in welchem Maße sich das agens, das thema und der rezipient semantisch-funktional überschneiden. In die Analysen werden u. a. die Variablen Belebtheit, Definitheit, Konkretheit, Numerus, Person und Pronominalität einbezogen. Es stellt sich heraus, dass das agens- und das rezipient-Profil eine nahezu vollständige Überschneidung aufweisen: Ihre Referenten seien hauptsächlich belebt, konkret, definit, pronominal und lokal (d. h. erste oder zweite Person). Das thema- und das rezipient-Profil dagegen überschneiden sich nur teilweise. Die Referenten des themas seien vornehmlich unbelebt, abstrakt, indefinit, nominal und nicht-lokal (d. h. dritte Person). Diese Ergebnisse weisen Zehentner (2022, S.-18) zufolge auf signifikante Ähnlichkeiten zwischen prototypischen agens und rezipienten bzw. auf deutliche Unterschiede zu prototypischen themata hin. Da sich zwischen dem thema- und dem rezipient-Profil noch eine teilweise Überschneidung feststellen lasse, sei Ambiguität zwischen diesen beiden Argumenten nicht völlig auszuschließen. Im Hinblick auf ihre logistische Regressionsanalyse unterscheidet Zehentner (ebd., S.-15) drei Kontexte, in denen jeweils zwei Argumente potenziell ambig seien, nämlich: (i) Ambiguität hinsichtlich Subjekt-Verb-Kongruenz : Belege werden als ‚ambig‘ betrachtet, wenn es aufgrund der Verbform unmöglich sei, zu bestimmen, welches das agens (und welcher der rezipient) sei. Ein Satz wie He gave the student a book, 18 in dem das Verb keine Person- und Numerusmarkierung aufweist, und He gives the student cake mit sowohl dem agens als auch dem rezipienten in der dritten Person Singular seien also ‚ambig‘. Der Satz He gives the students cake dagegen sei ‚nicht-ambig‘, denn aufgrund der Verbform gives sei the students als agens ausgeschlossen; (ii) Ambiguität hinsichtlich der Morphologie von agens und rezipient : Belege, in denen das agens und der rezipient morphologisch nicht zu unterscheiden seien, werden als ‚ambig‘ kategorisiert, wie z. B. NP-agens-+ NP-rezipient, NP-+ you, NP-+ it und you-+ it. Sätze, die mindestens ein pronominales Argument (außer you und it) enthalten, gelten als ‚nicht-ambig‘, z. B. Paul gives him a book, I give her cake; (iii) Ambiguität hinsichtlich der Belebtheit von rezipient und thema : Ausgehend von den oben beschriebenen Merkmalen prototypischer themata 18 Zehentner (2022, S.- 15) führt in diesem Zusammenhang den Beispielsatz He gave me a book an, der aber aufgrund der obliquen Form des Pronomens me weniger geeignet ist. <?page no="76"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 76 und rezipienten werden alle Belege mit einem belebten thema und/ oder mit einem unbelebten rezipienten als ‚ambig‘ eingestuft. In Kontexten mit einer höheren Ambiguität ist laut Zehentner (2022, S.-18) eine höhere POK-Probabilität zu erwarten. Diese Tendenz sei vermutlich auch in Belegen mit einem anderen Wortstellungstyp als SVO festzustellen, denn sie lassen keine Unterscheidung zwischen agens und rezipienten aufgrund ihrer Stellung im Satz zu. Zehentner (ebd., S.-13) fasst ihre Hypothese wie folgt zusammen: I argue that the shared features of prototypical agents and recipients in terms of prominence (e. g., animacy) may have increased ambiguity in a system which featured fewer and fewer reliable morphological cues (at least with nominal arguments). This in turn may have given an advantage to transparency-increasing strategies such as the PC [=-Prepositional Construction involving to]; likewise, SVO with ditransitives may have been boosted as agents and recipients can be clearly distinguished based on position in this order. Ultimately, the present day English dative alternation in its current distribution can then be explained as a complex interplay of prepositional marking, constituent order and remnants of morphological distinctions. Tatsächlich erweisen sich bei einem Signifikanzniveau von 5% Ambiguitätskontexte (ii)- und (iii)- als statistisch signifikant, d. h. ambige Belege bzw. Belege mit einem atypischen, belebten thema und/ oder mit einem unbelebten rezipienten weisen jeweils eine höhere POK-Wahrscheinlichkeit auf. Weitere Haupteffekte betreffen die Herkunft des Verbs und die Längendifferenz zwischen rezipient und thema: Während Belege mit einem ursprünglichen „germanischen“ Verb und einem längeren rezipienten bevorzugt mit der to-POK auftreten, korrelieren Belege mit einem Verb französischer Herkunft und einem längeren thema mit der DOC. Einen Interaktionseffekt bilden die Faktoren Wortstellungstyp und Entstehungszeit des Belegs, d. h. im Laufe des Mittelenglischen weisen die nicht-SVO-Kontexte eine größere POK- Probabilität auf als die SVO-Kontexte. Die Variablen Textdatei, Textgattung und Verblemma, die als Zufallsfaktoren in das statistische Modell einbezogen sind, erreichen einen Varianzanteil von 1.51, 1.00 bzw. 1.74. Betrachten wir schließlich noch die Ergebnisse der logistischen Regressionsanalyse von Wolk et al. (2013) für die Periode 1650-1999. Wie Tabelle-3 zeigt, erweisen sich bei einem Signifikanzniveau von 5% drei Haupteffekte als statistisch signifikant. Sie betreffen die Faktoren Belebtheit des themas, Definitheit des themas und Definitheit des rezipienten. In Bezug auf den Faktor Belebtheit stellt sich heraus, dass belebte themata mit der to-POK korrelieren. Hinsichtlich der Definitheit von thema und rezipient unterscheiden Wolk et al. (ebd., S.- 396 f.) jeweils vier Kategorien: ‚Pronomen‘, ‚Eigenname‘, ‚definit‘ und ‚indefinit‘. Stellt man für den Faktor Definitheit des themas die Kategorie ‚definit‘ den drei anderen Katego- <?page no="77"?> VORHERIgE fORScHuNg zuR DATIVALTERNATION 77 rien gegenüber, dann weisen Pronomina eine signifikant höhere POK-Probabilität und indefinite themata eine signifikant höhere DOC-Probabilität auf. Für den Faktor Definitheit des rezipienten gelte, dass Eigennamen, definite und indefinite rezipienten eine signifikant höhere POK-Wahrscheinlichkeit aufweisen als pronominale rezipienten. Darüber hinaus erweisen sich auch zwei Interaktionseffekte als statistisch signifikant. Der erste Effekt betreffe die Interaktion zwischen der Belebtheit des rezipienten und der Entstehungszeit des Belegs. Dabei stellen Wolk et al. (2013) eine Abschwächung der animacy constraint fest, d. h. signifikant häufiger als in früheren Zeitabschnitten kommen ab 1900 unbelebte rezipienten in der DOC vor. Die Faktoren Länge des themas und Varietät des Englischen (amerikanisch vs. britisch) bilden den zweiten Interaktionseffekt: Sowohl im amerikanischen als auch im britischen Englisch sei die Wahrscheinlichkeit der Realisierung als DOC für längere themata größer als für kürzere, aber dieser Unterschied sei im amerikanischen Englisch stärker ausgeprägt, d. h. nehme die Länge des themas zu, dann steige die DOC-Wahrscheinlichkeit schneller als im britischen Englisch an. Die Variablen Textdatei, Textgattung, Lemma des themas und Verblemma sind als Zufallsfaktoren in das statistische Modell einbezogen. Unter ihnen erreicht der Faktor Verblemma mit 4.86 den höchsten Varianzanteil. Während bestimmte Verben (z. B. cost, tell, allow-…) eine starke Präferenz für die DOC zeigen, bevorzugen andere Verben (z. B. take, present, extend-…) die to-POK. Auch in Bezug auf den Faktor Textgattung, der mit 0.14 den niedrigsten Varianzanteil aufweist, stellen Wolk et al. (2013, S.-404 f.) Unterschiede fest. Im Allgemeinen bevorzugen Texte, die dem mündlichen Sprachgebrauch näherstehen (z. B. Drama oder Briefe), die DOC, während Texte, die eher dem schriftlichen Sprachgebrauch entsprechen (z. B. wissenschaftliche Artikel), bevorzugt mit der to-POK auftreten. Die Varianzanteile der Faktoren Textdatei und Lemma des themas liegen bei 0.38 bzw. 1.27. Da Wolk et al. (ebd., S.- 400) davon ausgehen, dass jede Textdatei einen anderen Autor hat, sei 0.38 zugleich die Varianz zwischen den verschiedenen Schriftstellern. Für die niederländische Dativalternation beschränke ich mich auf die Korpusuntersuchungen von Geleyn (2016). Tabelle-4 fasst die wichtigsten Ergebnisse drei seiner Teiluntersuchungen zusammen. Die Auswahl des besten logistischen Regressionsmodells erfolgt jeweils schrittweise, d. h. aus dem maximalen Modell mit allen annotierten Faktoren werden stufenweise diejenigen Faktoren entfernt, die nicht-signifikant sind. Die durch ‚NEINB‘ markierten Faktoren in Tabelle- 4 sind also aus dem finalen Modell ausgeschlossen, weil sie sich während der sog. stepwise model selection procedure als nicht-signifikant erwiesen haben. <?page no="78"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 78 1600-1650 N-= 2.738 1985-2015 N-= 1.764 1600-1650 & 1985-2015 N-= 4.502 motivierende Faktoren DOC vs. aan -POK DOC vs. aan -POK DOC vs. aan -POK Autor ZF NEINB ZF Verb_Semantik ZF ZF ZF Geburtsjahr des Autors SIG (später als °1595) NEINB NEINB Periode NAN NAN → Interaktionseffekte Satzsemantik SIG (Besitzübertragung) SIG SIG (Besitzübertragung) Textgattung SIG (Prosa, Tragödie) → Interaktionseffekte NEINB th Belebtheit SIG (belebt) NEINB SIG (belebt) th Definitheit SIG (definit) SIG-I ~ Textgattung SIG (definit) th Givenness NEINB SIG (bekannt) SIG (bekannt) th Konkretheit NEINB SIG (konkret) SIG-I ~ Periode th Numerus NEINB NEINB NEINB th Person NEINB NEINB NEINB th Pronominalität SIG (nominal) NEINB SIG-I ~ Periode rez Belebtheit SIG (unbelebt) SIG-I ~ Textgattung SIG-I ~ Periode rez Definitheit SIG (indefinit) SIG (indefinit) SIG (indefinit) rez Givenness NEINB SIG (neu) SIG-I ~ Periode rez Numerus NEINB NEINB NEINB rez Person NEINB SIG (nicht-lokal) SIG-I ~ Periode rez Pronominalität SIG (nominal) SIG-I ~ Textgattung SIG (nominal) Längendifferenz rez-th SIG (rez länger als th) SIG (rez länger als th) SIG (rez länger als th) Tab.-4: übersicht über die Ergebnisse der Korpusuntersuchungen von geleyn (2016) <?page no="79"?> VORHERIgE fORScHuNg zuR DATIVALTERNATION 79 Für die erste Hälfte des 17.- Jahrhunderts untersucht Geleyn (2016) insgesamt N- = 2.738 ditransitive Belege. 19 Das Endmodell enthält zwölf Variablen, von denen zwei als Zufallsfaktoren einbezogen wurden. Die aan-POK korreliere mit einem nominalen, definiten und belebten thema sowie mit einem nominalen, indefiniten und unbelebten rezipienten, der länger ist als das thema. Sätze, die eine konkrete Besitzübertragung bezeichnen (z. B. iemand een boek geven ‚jmdm. ein Buch geben‘), weisen ebenfalls eine signifikant höhere POK-Wahrscheinlichkeit auf als Sätze, in denen von einem abstrakten Transfer (z. B. iemand aandacht geven ‚jmdm. Aufmerksamkeit schenken‘) die Rede ist. Genau die umgekehrte Tendenz sei bei Sätzen der semantischen Klassen „Verhalten gegenüber Transfer“ (z. B. gunnen ‚gönnen‘) und „Verhinderung des Besitzes“ (z. B. weigeren ‚verweigern‘, ontnemen ‚entnehmen‘) zu erkennen: Sätze, die zu diesen beiden Klassen gehören, weisen im Vergleich zu Sätzen, die einen abstrakten Transfer bezeichnen, eine höhere DOC-Wahrscheinlichkeit auf. In Bezug auf die Textgattung und das Geburtsjahr des Autors gelte, dass die aan-POK signifikant wahrscheinlicher sei in Prosatexten, Tragödien und in Texten von jüngeren Autoren; Komödien und Texte von Autoren, die vor dem Jahr 1595 geboren wurden, korrelieren dagegen mit der DOC. Außerdem spielen die Faktoren Verb_Semantik (Varianz: 1.87) und Autor (Varianz: 0.35) eine Rolle: Sowohl Verben als auch Schriftsteller unterscheiden sich in der Regel in ihrer Präferenz für eine der beiden Konstruktionen. In Bezug auf die zweite Hälfte des 16.- Jahrhunderts stellt Colleman (2020) ebenfalls Unterschiede zwischen individuellen Autoren fest: Im Vergleich zu Wouter Jacobsz und Gerrit De Veer sei Marcus van Vaernewijck in seiner Verwendung des [V NP aan-NP]-Musters schon weiter fortgeschritten, vgl. Colleman (2020) für eine ausführliche Diskussion. Geleyns (2016) zweite Teiluntersuchung betrifft die Analyse von N-= 1.764 Belegen aus der Periode 1985-2015. Insgesamt seien bei einem Signifikanzniveau von 5% sieben Haupteffekte statistisch signifikant. Hinsichtlich der beiden Objekte im Satz stellt Geleyn fest, dass ein bekanntes (d. h. im Präkontext bereits erwähntes) und ein konkretes thema sowie ein indefiniter, neuer und nicht-lokaler rezipient, der länger ist als das thema, mit der aan-POK korrelieren. Ähnlich wie in der ersten Analyse weisen Sätze, die eine Verhinderung des Besitzes bezeichnen, gegenüber Sätzen, die einen abstrakten Transfer ausdrücken, eine signifikant höhere DOC-Probabilität 19 Das Mittelniederländische (ca. 1200-1500) kannte durchaus noch Kasus, d. h. das Indirekte Objekt wurde durch den Dativ markiert, das Direkte Objekt durch den Akkusativ (Geleyn 2016, S.-9 f.). Gegen Ende der mittelniederländischen Periode aber waren die Kasusunterscheidungen praktisch vollständig aus dem alltäglichen Sprachgebrauch verschwunden. Spätere Bemühungen, das Kasussystem wiederherzustellen, wirkten sich nur auf die formellsten Register der Schriftsprache aus. Man kann also davon ausgehen, dass-- im Gegensatz zur hochstilisierten Sprache formaler literarischer Texte-- in der Alltagssprache des späten 16. und des frühen 17.- Jahrhunderts nicht mehr zwischen Dativ- und Akkusativ-NPs unterschieden wurde (Colleman 2020, S.-140). <?page no="80"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 80 auf. Die Faktoren Definitheit des themas, Belebtheit des rezipienten und Pronominalität des rezipienten bilden mit dem Faktor Textgattung je einen Interaktionseffekt. Der Effekt, dass ein unbelebter rezipient eine höhere POK-Wahrscheinlichkeit aufweise als ein belebter rezipient, sei stärker in fiktionalen als in nicht-fiktionalen Texten. Umgekehrt sei der Effekt, dass ein nominaler rezipient eine höhere POK- Wahrscheinlichkeit aufweise als ein pronominaler rezipient, etwas stärker in nicht-fiktionalen als in fiktionalen Texten. In Bezug auf die Definitheit des themas lasse sich der Effekt, dass definite themata bevorzugt mit der aan-POK auftreten, nur für fiktionale Texte feststellen, d. h. in nicht-fiktionalen Texten gebe es hinsichtlich der POK-Probabilität keinen signifikanten Unterschied zwischen definiten und indefiniten themata. Der Varianzanteil des einzigen Zufallsfaktors im Endmodell, der Variable Verb_Semantik, beträgt 3.67. Wiederum stellt sich also heraus, dass sich die verschiedenen Verben im Datensatz in ihrer Präferenz für eine der beiden Konstruktionen unterscheiden. Die insgesamt N-= 4.502 ditransitiven Belege aus den Perioden 1600-1650 und 1985- 2015 werden schließlich einer gemeinsamen logistischen Regressionsanalyse unterzogen. Von den dreizehn festen Faktoren im Endmodell bilden bei einem Signifikanzniveau von 5% sieben Faktoren einen signifikanten Haupteffekt: Ein bekanntes, definites und belebtes thema sowie ein nominaler und indefiniter rezipient, der länger ist als das thema, weisen eine positive Korrelation mit der aan-POK auf. Bezüglich der Variable Satzsemantik lassen sich die gleichen Tendenzen feststellen wie in der Analyse der Periode 1600-1650: Gegenüber Belegen, die einen abstrakten Transfer bezeichnen, weisen Belege mit einer konkreten Besitzübertragung eine signifikant höhere POK-Probabilität auf, während Sätze, die in die semantischen Klassen „Haltung gegenüber Transfer“ und „Verhinderung des Besitzes“ eingestuft sind, mit der Alternante ohne Präposition (DOC) korrelieren. Außerdem weist das Endmodell fünf Interaktionseffekte mit der Variable Periode (1600-1650 vs. 1985-2015) auf. Die Faktoren Konkretheit des themas, Givenness des rezipienten und Person des rezipienten bilden erst in der Periode 1985-2015 einen signifikanten Effekt: Die Feststellung, dass konkrete themata und neue, nichtlokale rezipienten eine signifikant höhere POK-Probabilität aufweisen als abstrakte themata bzw. bekannte, lokale rezipienten, gilt für den Zeitabschnitt 1985-2015. In der Periode 1600-1650 lässt sich diese Korrelation noch nicht beobachten. Die Faktoren Pronominalität des themas und Belebtheit des rezipienten erweisen sich dagegen in beiden Zeitabschnitten als signifikant. Für den letztgenannten Faktor seien es jeweils unbelebte rezipienten, die mit der aan-POK korrelieren, aber der Effekt ist in der Periode 1985-2015 stärker als in 1600-1650. Im Gegensatz zum Englischen lässt sich hier also keine Abschwächung der animacy constraint erkennen. Vergleicht man die Effekte der Variable Pronominalität des themas in den beiden <?page no="81"?> VORHERIgE fORScHuNg zuR DATIVALTERNATION 81 Perioden, dann könne man einen entgegengesetzten Trend feststellen: In der Periode 1600-1650 korreliere die aan-POK mit nominalen themata, in der Periode 1985- 2015 aber mit pronominalen themata. Die Variablen Verb_Semantik und Autor schließlich, die wiederum als Zufallsfaktoren in das Endmodell einbezogen wurden, erreichen einen Varianzanteil von 1.70 bzw. 0.35. Eine vierte Teiluntersuchung von Geleyn (2016), in der er Belege aus den Perioden 1600-1650, 1700-1750, 1800-1850 und 1985-2015 zusammenfügt, wird hier nicht weiter berücksichtigt. Die Ergebnisse dieser vierten Analyse stimmen im Großen und Ganzen mit denen der dritten Teiluntersuchung überein. Sowohl für die englische als auch für die niederländische Dativalternation lassen sich verschiedene Effekte mit dem Prinzip des sog. harmonic alignment with syntactic position verknüpfen, d. h. in der Regel stehen pronominale, definite, belebte, bekannte und kürzere Konstituenten vor nicht-pronominalen, indefiniten, unbelebten, neuen und längeren Konstituenten (Bresnan/ Ford 2010, S.-181). 1.2.2 Die Dativalternation im Gegenwartsdeutschen Im Gegensatz zur heutigen englischen und niederländischen Dativalternation wird die deutsche Dativalternation immer noch durch Kasus gekennzeichnet, d. h. das thema erscheint jeweils im Akkusativ und der rezipient wird entweder durch einen Dativ oder durch eine Präposition (an-+ Akkusativ oder zu-+ Dativ) markiert. 20 Im Laufe der letzten Jahre war die deutsche Dativalternation bereits mehrfach Gegenstand empirisch orientierter Studien. Du (2009) zum Beispiel führte-- aufgrund verschiedener Werke von Thomas Mann und Günter Grass und der entsprechenden chinesischen Übersetzungen-- eine kontrastive Untersuchung zur deutschen und chinesischen Dativalternation bei sechzehn Besitzwechselverben (z. B. bezahlen, erzählen, geben, leihen, liefern, schenken, schicken, schreiben, senden, übergeben, verkaufen-…) durch. Dabei stellt Du (ebd., S.-146) für das Verb verkaufen ein ausgewogenes relatives Verhältnis fest: Insgesamt findet sie in ihrem Korpusmaterial sechs DOK- Belege (55%) gegenüber fünf POK-Belegen (45%). Das Verb geben dagegen weise keine solche gleichmäßige Verteilung auf: Die ersten 500 geben-Belege enthalten 29- DOK-Belege (91%) gegenüber nur drei POK-Belegen (9%), vgl. (62). Du (ebd., S.- 132-134) zufolge bestätigen die angeführten POK-Beispiele Wegeners (1985, S.- 245 f.) Behauptung, dass diese Konstruktion besonders zum Ausdruck von „Geschäftsvorgänge[n]“ verwendet werde. (62a) einerseits: Sie geben [33335] <an Gotthold> und [15000] <an die in Frankfurt>, und das macht 48335 in Summa. (Th. Mann-- Buddenbrooks, 1901) 20 Für ausführliche Informationen zum Kasus bzw. zum Kasussystem im Deutschen, siehe u. a. Helbig (1973, 1992), Wegener (1985), Willems (1997), Willems/ van Pottelberge (1998) und Dürscheid (1999). <?page no="82"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 82 (62b) andererseits: Sie geben nur [25000] <an die in Frankfurt>, und das bedeutet für die Firma einen Gewinn von 23335. (Th. Mann-- Buddenbrooks, 1901) (62c) er hielt Ankunft in Kopenhagen, gab [Trinkgeld] <an jeden>, <<der sich die Miene gab>>, als hätte er Anspruch darauf, […]. (Th. Mann-- Tonio Kröger, 1903) Mit der relativen DOK/ POK-Vorkommenshäufigkeit des Verbs geben hat sich auch Proost (2014, S.-43; 2015, S.-158) beschäftigt. Aufgrund einer Zufallsauswahl von 100 geben-Belegen aus dem Deutschen Referenzkorpus (DeReKo) stellt sie fest, dass geben nur selten mit dem Muster [NP nom V NP akk PP an ] vorkomme, d. h. gegenüber 99-Belegen mit dem rezipienten im Dativ finde sich nur ein einziges Beispiel, in dem der rezipient anhand einer an-PP ausgedrückt wird. Generell weisen mehrere ‚geben‘- Verben, wie beispielsweise abtreten, aushändigen, austeilen, spenden, übereignen, übergeben und überreichen, eine Alternation zwischen den Argumentstrukturmustern [X NP-nom V Y NP-dat Z NP-acc ] (jemandem/ etwas etwas geben) und [X NP-nom V Z NP-acc Y PPan ] (etwas an jemanden übergeben) auf. Beide Muster drücken einen „tatsächliche[n] momentane[n] Besitzwechsel“ aus und können somit mit ‚X bewirkt, dass Y Z in der durch V ausgedrückten Weise bekommt‘ paraphrasiert werden (Proost 2014, S.-36-47, 70; 2015, S.-157). Ausschließlich für das Verb geben gelte, dass der rezipient im Dativ auch eine belebte, nicht-menschliche Entität, wie z. B. ein Tier, sein könne. Alle anderen Verben in diesem Muster dagegen erfordern, so Proost (2014, S.-36), einen menschlichen rezipienten. Auch das Muster mit der an-PP sei nicht mit einem nicht-menschlichen rezipienten zu kombinieren. Für die Verben liefern, schicken, senden, übermachen, überschreiben, vererben, verkaufen, vermachen und vermieten stellt Proost (2014) eine ähnliche Alternation fest: Das Argumentstrukturmuster [X NP-nom V Y NP-dat Z NP-acc ] (jemandem/ etwas etwas besorgen) alterniere ebenfalls mit dem Muster [X NP-nom V Z NP-acc Y PPan ] (etwas an jemanden/ etwas schicken). Da es sich hier um einen „intendierte[n] zukünftige[n] Besitzwechsel“ handle, sei die Paraphrase für beide Muster ‚X versucht, durch Ausführen der Handlung V zu bewirken, dass Y Z zu einem späteren Zeitpunkt bekommt‘ (Proost 2014, S.-62-66, 70; 2015, S.-157). Präfigierte ‚senden‘- Verben wie abschicken, absenden und versenden kommen Proost (2014, S.- 45, 63) zufolge nur mit einem präpositionalen rezipienten vor. Damit folgt sie Wegener (1985, S.-224), die davon ausgeht, dass dem Satz Otto hat das Paket an Anna abgeschickt keine Variante mit einem rezipienten im Dativ (*Otto hat Anna das Paket abgeschickt) gegenüberstehe. Das NP-NP-Muster hat laut Proost (2015, S.-170) nur die Bedeutung ‚Caused Possession‘ (vgl. Goldberg 1995, S.- 6 f.). Für die NP-PP-Muster mit den Präpositionen- an, in, nach oder zu dagegen nimmt sie zwei Bedeutungen an, und zwar ‚Caused Motion‘ (‚X bewirkt, dass Z zu Y hin bewegt wird‘) und ‚Caused Posses- <?page no="83"?> VORHERIgE fORScHuNg zuR DATIVALTERNATION 83 sion‘. 21 Welche Bedeutung im Einzelfall vorliege, hänge sowohl von der Bedeutung des entsprechenden Verbs als auch von der Belebtheit bzw. Unbelebtheit des Referenten der in der PP eingebetteten NP ab. Die Beispielsätze in (63)-(65) mit dem medialen Kommunikationsverb faxen, dem Transportverb schicken bzw. den ‚geben‘-Verben übergeben und verschenken haben alle eine ‚Caused Possession‘- Bedeutung (Proost 2015, S.-175 f.). Anders als in den a-Sätzen, in denen der Referent der in der PP- eingebetteten NP eine belebte, menschliche Entität darstellt, wird in der PP der b-Sätze jeweils ein Ort genannt. Paris und die Schweiz lassen sich hier allerdings problemlos als die intendierten Empfänger der Nachricht, des Pakets bzw. des Autos interpretieren, d. h. sie bezeichnen eine Gruppe von Personen, die sich am genannten Ort befinden. (63a) Er faxte die Nachricht an seinen Kollegen/ zu seinem Kollegen. (63b) Er faxt die Nachricht nach Paris/ in die Schweiz. (64a) Er schickt das Paket an seinen Kollegen/ zu seinem Kollegen. (64b) Er schickt ein Paket in die Schweiz. (65a) Der Hausmeister übergab den Schlüssel an die Sanitäter. (65b) Die Firma verschenkte ein neues Auto nach Paris/ in die Schweiz. Im Gegensatz dazu weisen die Beispielsätze in (66) alle eine ‚Caused Motion‘-Bedeutung auf (Proost 2015, S.- 175 f.), d. h. sie drücken nur einen Ortswechsel aus. Die Bedeutung des Satzes in (67) schließlich sei ambig. St. Petersburg lasse sowohl eine Interpretation als zukünftiger Empfänger des Kriegsschiffes (‚Caused Possession‘) als auch als rein räumliches Ziel (‚Caused Motion‘) zu, wobei freilich anzumerken ist, dass die ‚Caused Possession‘-Interpretation auf der ‚Caused Motion‘-Interpretation aufbaut (und nicht umgekehrt). (66a) Er faxte die Nachricht an die falsche Adresse/ zur falschen Adresse. (66b) Er schickt das Paket an die falsche Adresse/ zur falschen Adresse. (66c) Er fährt die Kinder nach Paris/ in die Schweiz. (67) Paris schickt ein Kriegsschiff nach St. Petersburg. 21 Das NP-PP-Muster mit der Präposition auf habe aber nur die Bedeutung ‚Caused Possession‘. Das liege daran, dass nur Verben wie vererben das rezipient-Argument anhand einer auf-PP realisieren (z. B. Der Baron vererbte den Adelstitel auf seinen Neffen). Diese Verben haben kein ziel-Argument „im Sinn eines räumlichen Ziels“ (Proost 2015, S.-171). <?page no="84"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 84 Im Hinblick auf die Dativalternation weist Proost (2015, S.-170) explizit auf die Rolle der Belebtheit des rezipient-Arguments hin. Anders als in Proost (2014) erwähnt sie neben der an-PP auch die zu-PP als mögliche Alternante für den rezipienten im Dativ: Wenn der Referent der in der PP eingebetteten NP eine belebte Entität ist (vgl. Er faxt die Nachricht an seinen/ zu seinem Kollegen), kann das NP-PP-Muster mit einem NP- NP-Muster alternieren (vgl. Er faxt seinem Kollegen die Nachricht vs. *Er faxt der Postadresse die Nachricht). (Proost 2015, S.-170) Von speziellem Interesse für die vorliegende Studie ist die Korpusuntersuchung von De Vaere (2023) zur Dativalternation bei einer Auswahl von Transferverben. In Anlehnung an vorherige Forschung zur englischen und niederländischen Dativalternation beschäftigt sich De Vaere (ebd.) mit der relativen Vorkommenshäufigkeit der beiden Alternanten im Gegenwartsdeutschen, mit der Wortfolge von thema und rezipient sowie mit den Faktoren, die die Dativalternation potenziell motivieren. Tabelle-5 fasst De Vaeres (ebd.) Ergebnisse der ersten beiden Forschungsfragen zusammen. Außer für das Verb leihen, für das ein Korpusexport von mehreren tausend leihen-Belegen verwendet wurde, basieren die dargestellten DOK/ POK- Anteile alle auf DeReKo-Stichproben von N-= 100, N-= 200 oder N-= 400 Belegen des jeweiligen Verbs. 22 Die ‚ditr.‘-Spalte gibt an, wie viele ditransitive Belege die entsprechende Stichprobe enthält. Nur für diejenigen Verben, für die genügend alternierende Belege gefunden wurden, hat De Vaere (ebd.) auch die Wortfolge von thema und rezipient untersucht. Im Folgenden beleuchte ich einige generelle Tendenzen. Wie bereits in der Einführung angesprochen, enthalten die Zufallsstichproben einiger Verben nur Belege mit einer der beiden Alternanten. Für vergeben, verschicken, absenden, aussenden, versenden und weitersenden finden sich in den entsprechenden Stichproben nur POK-Belege, für vorausschicken, zuschicken und zusenden dagegen nur DOK-Belege. Das heißt jedoch nicht, dass diese Verben nicht alternationsfähig sind. Eine einfache Google-Suche zeigt, dass manche Verben, die in den DeReKo- Stichproben ausschließlich in POK bzw. in DOK vorkommen, tatsächlich auch mit der anderen Konstruktion auftreten, wenn auch nur vereinzelt. Das gelte zum Beispiel für das Verb versenden, für das De Vaere (2023, S.-98 f.) den DOK-Satz Liebherr versendet dem Kunden zunächst eine Bestellbestätigung findet. 22 De Vaere (2023, S.-99) berichtet auch über das Verb entsenden. Da ihre Zufallsstichprobe von N-= 100 Belegen keinen einzigen ditransitiven Beleg enthält, habe ich dieses Verb nicht in die Übersichtstabelle aufgenommen. Auch weiterleihen fehlt in der Tabelle, denn für dieses Verb stellt De Vaere (ebd.) keine Ergebnisse dar. <?page no="85"?> VORHERIgE fORScHuNg zuR DATIVALTERNATION 85 Weitere Verben, die in Bezug auf die DOK/ POK-Vorkommenshäufigkeit eine klare Tendenz aufweisen, sind geben, preisgeben, leihen, verleihen und nachsenden. Sie kommen bevorzugt mit einer Dativ-NP vor. Ihre relativen POK-Anteile betragen 1% (leihen), 5% (geben, preisgeben), 12% (verleihen) und 13% (nachsenden). Umgekehrt weisen die Verben weitergeben, weiterschicken, senden, einsenden und zurücksenden eine deutliche Präferenz für die präpositionale Konstruktion auf. Ihre relativen DOK-Anteile liegen bei 3% (weiterschicken), 9% (weitergeben), 16% (senden), 17% (einsenden) und 18% (zurücksenden). Die Tendenzen, die sich bei den übrigen Verben feststellen lassen, sind vergleichsweise weniger ausgesprochen. Die Verben zurückgeben und übersenden treten am häufigsten mit einer Dativ-NP auf, abgeben, verkaufen, einschicken und zurückschicken kommen am häufigsten in der präpositionalen Variante vor. Die DOK/ POK- Anteile der Verben übergeben und ausleihen sind mit 55%-45% bzw. 47%-53% nahezu gleichmäßig über die beiden Alternanten verteilt. Für schicken beträgt das DOK/ POK-Verhältnis 40%-60%. Damit unterscheidet es sich von senden, das nur in 16% der ditransitiven Belege mit einer Dativ-NP kombiniert wird. Für insgesamt siebzehn Transferverben lassen sich in DeReKo genügend alternierende Belege sammeln. Wie Tabelle-5 zeigt, hat De Vaere (2023) für geben, abgeben, preisgeben, übergeben, weitergeben, zurückgeben, ausleihen, verleihen, verkaufen, schicken, einschicken, weiterschicken, zurückschicken, senden, einsenden, übersenden und zurücksenden je einen Datensatz zusammengestellt, der für eine Reihe von Faktoren annotiert wurde. Einer dieser Faktoren betrifft die Wortfolge der Objekte in den beiden Konstruktionen. Die vier zu unterscheidenden Kategorien sind DOK(rezipient-thema), DOK(thema-rezipient), POK(rezipientthema) und POK(thema-rezipient), oder kurz: DOK(r-t), DOK(t-r), POK(r-t) bzw. POK(t-r). Im Allgemeinen stellt sich heraus, dass die präpositionale Alternante relativ selten mit der Wortfolge rezipient-thema vorkommt, d. h. für die meisten Verben enthält die Kategorie POK(r-t) keine oder nur eine Handvoll Belege. Die schicken- und senden-Datensätze bilden nur auf den ersten Blick eine Ausnahme: Sie enthalten zwar 37 bzw. 31 solcher Belege, ihre entsprechenden POK(r-t)-Anteile bleiben mit 3% bzw. 4% aber eher gering. Im Gegensatz dazu weisen die DOK-Belege keine solche deutliche Präferenz für eine der beiden Wortfolgevarianten auf. Die meisten Verben aus dem Datensatz kommen in der Dativobjektkonstruktion am häufigsten in der Wortfolge rezipient-thema vor. Das ist der Fall bei geben, zurückgeben, ausleihen, verleihen, verkaufen, schicken, zurückschicken, senden, einsenden, übersenden und zurücksenden. Gerade die umgekehrte Tendenz lässt sich in den Datensätzen der Verben preisgeben, übergeben, weitergeben und weiterschicken feststellen, d. h. in den meisten ihrer DOK-Belege geht das thema dem rezipienten im Dativ voran. Die DOKfORScHuNgSfRAgEN, <?page no="86"?> VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 86 DOK/ POK-Vorkommenshäufigkeit Wortfolge von thema und rezipient im entsprechenden Datensatz Verb N = ditr. DOK POK AN POK ZU N = DOK(r-t) DOK(t-r) POK(r-t) POK(t-r) geben 400 84 80 (95%) 4 (5%) − − 1.336 690 (52%) 33 (2%) 2 (0,1%) 611 (46%) abgeben 200 20 4 (20%) 16 (80%) − − 76 8 (11%) 7 (9%) 3 (4%) 58 (76%) preisgeben 200 40 38 (95%) 2 (5%) − − 87 9 (10%) 74 (85%) − (0%) 4 (5%) übergeben 200 135 74 (55%) 61 (45%) − − 258 55 (21%) 87 (34%) 3 (1%) 113 (44%) vergeben 200 22 − (0%) 22 (100%) − − − − − − − − − − − weitergeben 200 108 10 (9%) 98 (91%) − − 191 6 (3%) 11 (6%) 1 (1%) 173 (91%) zurückgeben 200 99 67 (68%) 32 (32%) − − 184 86 (47%) 39 (21%) 1 (1%) 58 (32%) leihen − 424 419 (99%) 5 (1%) − − − − − − − − − − − ausleihen 200 53 25 (47%) 28 (53%) − − 172 65 (38%) 16 (9%) − (0%) 91 (53%) verleihen 200 144 127 (88%) 17 (12%) − − 331 269 (81%) 22 (7%) 2 (1%) 38 (11%) verkaufen 200 30 7 (23%) 23 (77%) − − 376 55 (15%) 32 (9%) 6 (2%) 283 (75%) schicken 400 94 38 (40%) 48 (51%) 8 (9%) 1.128 382 (34%) 69 (6%) 37 (3%) 640 (57%) einschicken 200 18 4 (22%) 11 (61%) 3 (17%) 181 20 (11%) 20 (11%) 4 (2%) 137 (76%) verschicken 100 28 − (0%) 28 (100%) − (0%) − − − − − − − − − vorausschicken 100 10 10 (100%) − (0%) − (0%) − − − − − − − − − weiterschicken 200 65 2 (3%) 49 (75%) 14 (22%) 186 − (0%) 6 (3%) 1 (1%) 179 (96%) zurückschicken 200 26 7 (27%) 16 (62%) 3 (12%) 178 36 (20%) 12 (7%) 1 (1%) 129 (72%) zuschicken 100 81 81 (81%) − (0%) − (0%) − − − − − − − − − senden 400 143 23 (16%) 117 (82%) 3 (2%) 817 119 (15%) 12 (1%) 31 (4%) 655 (80%) absenden 100 7 − (0%) 7 (100%) − (0%) − − − − − − − − − aussenden 100 3 − (0%) 3 (100%) − (0%) − − − − − − − − − einsenden 200 30 5 (17%) 25 (83%) − (0%) 131 14 (11%) 8 (6%) 1 (1%) 108 (82%) nachsenden 100 54 47 (87%) 5 (9%) 2 (4%) − − − − − − − − − übersenden 200 136 88 (65%) 45 (33%) 3 (2%) 154 58 (38%) 42 (27%) 2 (1%) 52 (34%) versenden 100 14 − (0%) 14 (100%) − (0%) − − − − − − − − − weitersenden 100 18 − (0%) 17 (94%) 1 (6%) − − − − − − − − − zurücksenden 200 56 10 (18%) 45 (80%) 1 (2%) 239 25 (10%) 18 (8%) 1 (0%) 195 (82%) zusenden 100 71 71 (100%) − (0%) − (0%) − − − − − − − − − Tab.-5: übersicht über die Ergebnisse der Korpusuntersuchung von De Vaere (2023) in bezug auf die DOK/ POK-Vorkommenshäufigkeit und die Wortfolge von thema und rezipient im entsprechenden Datensatz <?page no="87"?> VORHERIgE fORScHuNg zuR DATIVALTERNATION 87 Belege der Verben abgeben und einschicken sind gleichmäßig über die beiden Wortfolgevarianten rezipient-thema und thema-rezipient verteilt. Inwiefern die Verhältnisse zwischen diesen beiden Wortfolgevarianten auf beispielsweise die Pronominalität der Objekte und/ oder auf das Vorkommen von Passivsätzen und topikalisierten Strukturen zurückzuführen ist, ist allerdings unklar. Starke (1969, S.-32; 1970, S.-244) zum Beispiel wies bereits darauf hin, dass Sätze, in denen eine indefinite Akkusativ-NP einer Dativ-NP vorangeht, bei den „meisten Verben des Gebens und des Mitteilens“ unmöglich seien. In solchen Fällen könne der adressat nur anhand einer PP ausgedrückt werden: „Der reine Dativ wird bei den entsprechenden Verben in dieser Stellung heute nicht mehr gebraucht“. Diese Einschränkung gelte auch für Sätze mit einem nominalen Akkusativobjekt und einem pronominalen Dativobjekt. Im Hinblick auf die dritte Forschungsfrage gruppiert De Vaere (2023) die Datensätze der siebzehn Transferverben in die folgenden fünf Cluster: (i)-geben, (ii)-abgeben, preisgeben, übergeben, weitergeben und zurückgeben, (iii)-schicken und senden, (iv)-einschicken, weiterschicken, zurückschicken, einsenden, übersenden und zurücksenden und (v)-ausleihen, verleihen und verkaufen. Anders als in den oben erwähnten Korpusuntersuchungen zur englischen und niederländischen Dativalternation, in denen alle Verben in einen gemeinsamen Datensatz aufgenommen werden, führt De Vaere (2023) für jeden der fünf Datensätze eine separate logistische Regressionsanalyse durch. Tabelle-6 bietet eine Übersicht über die Ergebnisse dieser Analysen. Die benutzten Abkürzungen sind die gleichen wie in Tabelle-3 und Tabelle-4 (siehe Abschn.-1.2.1). Der geben-Datensatz (N-= 1.301) beschränkt sich aufgrund der sehr ungleich verteilten Vorkommenshäufigkeit der vier potenziellen Varianten für die statistische Analyse auf die DOK-Belege mit der Wortfolge rezipient-thema und die POK-Belege mit der Wortfolge thema-rezipient. Von den zwanzig in das Modell einbezogenen Faktoren erweisen sich dreizehn als statistisch signifikant (p- < 0.05). Passivsätze, Sätze aus einer deutschen Zeitung, Sätze, die einen konkreten Transfer ausdrücken, sowie Sätze mit einem Kollektivum (z. B. Bund, Partei, Publikum, Union-…) als agens weisen eine höhere POK(t-r)-Probabilität auf. Das gelte auch für pronominale, konkrete und propositionale themata, die im unmittelbaren vorhergehenden Kontext bereits gegeben (given) sind oder aus diesem hergeleitet werden können (accessible). In Bezug auf den rezipienten korrelieren nominale und lokale rezipienten, die länger sind als das thema und neu (new) oder im vorhergehenden Kontext accessible sind, mit POK(t-r). Auch Gattungsnamen und rezipienten, die ein Kollektivum bezeichnen oder der Kategorie ‚unbestimmt‘ 23 zugeordnet werden, werden mit der 23 Die Kategorie ‚unbestimmt‘ umfasst rezipienten wie Bank, Ministerium, Polizei und Stadt. Diese NPs bezeichnen sowohl einen Ort als auch eine Gruppe von Personen, die dort arbeiten, wohnen oder leben, vgl. dazu Faktor [7] in Abschnitt-3.2.2. <?page no="88"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 88 geben N-= 1.301 -geben N-= 796 schicken/ senden N-= 1.945 -schicken/ -senden N-= 1.069 ausleihen, verleihen, verkaufen N-= 879 motivierende Faktoren DOK(r-t) vs. POK(t-r) DOK vs. POK DOK vs. POK DOK vs. POK DOK vs. POK Diathese SIG (passiv) NSIG SIG (passiv) NSIG NSIG Metapher NEINB NEINB NEINB NEINB NEINB Verb NAN SIG (ab-, weiter-) SIG (senden) SIG (ein-, weiter-, zurück-) SIG (verkaufen) Denotativ-semantische Klasse SIG (konkret) NSIG NSIG NSIG NSIG Sense NAN ZF SIG („Information“) NEINB NEINB Quelle SIG (D) SIG (A, D) NSIG SIG (A, D) SIG (A, D) ag Belebtheit SIG (Kollektivum) NSIG NSIG NSIG SIG (Kollektivum) th Belebtheit NSIG NSIG NSIG NSIG SIG (belebt) th Definitheit NSIG NSIG NSIG NSIG NSIG th Givenness SIG (given, accessible) SIG (given, accessible) NSIG NSIG SIG (given) th Idiomatizität NEINB NEINB NEINB NEINB NEINB th Konkretheit SIG (konkret, prop) NSIG NSIG NSIG NSIG th LogDice NSIG NSIG NSIG NSIG NSIG th Pronominalität SIG (pronominal) SIG (nominal) NSIG NSIG NSIG rez Belebtheit SIG (Koll, unbest) NSIG SIG (Koll, unbest, unbel) NSIG SIG (unbestimmt) rez Definitheit NSIG NSIG NSIG NSIG SIG (indefinit) rez Givenness SIG (new, accessible) SIG (new) SIG (new) NSIG SIG (new) rez Konkretheit NSIG NSIG NEINB NEINB NSIG rez Numerus NSIG NSIG NSIG SIG (plural) SIG (plural) rez Person SIG (lokal) NSIG NSIG NSIG SIG (lokal) rez Pronominalität SIG (nominal) SIG (nominal) SIG (nominal) SIG (nominal) NSIG rez Proprialität SIG (Gattungsname) SIG (Eigenname) SIG (Eigenname) SIG (Eigenname) SIG (Eigenname) rez Synkretismus NSIG NSIG SIG (nicht-explizit) SIG (explizit) SIG (explizit) Längendifferenz rez-th SIG (rez länger als th) NSIG SIG (rez länger als th) NSIG NSIG Tab.-6: übersicht über De Vaeres (2023) Ergebnisse der logistischen Regressionsanalysen für die verschiedenen Datensätze <?page no="89"?> VORHERIgE fORScHuNg zuR DATIVALTERNATION 89 präpositionalen Variante assoziiert. Umgekehrt korreliere DOK(r-t) mit aktiven Sätzen, Sätzen aus österreichischen oder schweizerischen Zeitungen, Sätzen, die einen abstrakten Transfer bezeichnen, und Sätzen mit einem Individuum als agens. Nominale, abstrakte und neue themata weisen ebenfalls eine höhere DOK(r-t)-Probabilität auf. Auch pronominale, nicht-lokale, individuelle oder unbelebte rezipienten, die im vorhergehenden Kontext bereits gegeben sind, durch einen Eigennamen bezeichnet werden und kürzer sind als das thema, werden mit DOK(r-t) assoziiert. Im Hinblick auf den Faktor Belebtheit des rezipienten widersprechen De Vaeres (2023) Ergebnisse also der in der Literatur mehrfach wiederholten Behauptung, dass die Dativ-NP immer eine belebte Entität bezeichne. In Bezug auf den Datensatz mit den komplexen -geben-Verben (N- = 796) erweisen sich sieben Faktoren als statistisch signifikant (p-< 0.05). Für diese Gruppe von Verben weisen nominale themata, die im vorhergehenden Kontext bereits gegeben oder sich aus diesem herleiten lassen, sowie nominale, neue rezipienten, die durch einen Eigennamen bezeichnet werden, eine Korrelation mit POK auf. Die Quelle der Belege spiele auch in diesem Datensatz eine Rolle: Während Sätze aus schweizerischen Zeitungen bevorzugt mit einer Dativ-NP vorkommen, korrelieren Sätze aus österreichischen und deutschen Zeitungen mit der präpositionalen Alternante. Außerdem stellt De Vaere (2023, S.- 159) bemerkenswerte Unterschiede in der DOK/ POK-Probabilität der verschiedenen -geben-Verben fest („[T]he factor Verb has a bearing on the realisation of either variant, indicating that certain verbs preferably occur in one alternant“), d. h. abgeben und weitergeben korrelieren mit POK, preisgeben, übergeben und zurückgeben dagegen mit DOK. Auffallend sind auch die Ergebnisse des Faktors Sense (d. i. konventionalisierte Lesart), der als Zufallsfaktor in das statistische Modell einbezogen wurde. Das Verb übergeben zum Beispiel komme in seiner Bezeichnung „anvertrauen“ (z. B. an jemanden sein Amt übergeben) bevorzugt mit einer an-PP vor, in den Bezeichnungen „ausliefern“ (z. B. jemanden den zuständigen Stellen übergeben) und „freigeben“ (z. B. den Bau seiner Bestimmung übergeben) werde es dagegen bevorzugt mit einer Dativ-NP kombiniert. Hinsichtlich der Bezeichnungen des Verbs preisgeben korrelieren „aufgeben“ (z. B. die Führung eines Unternehmens an jemanden preisgeben) und „verraten“ (z. B. Details an jemanden preisgeben) mit der präpositionalen Variante, „überlassen“ (z. B. jemanden der Lächerlichkeit preisgeben) dagegen werde mit der Dativobjektkonstruktion assoziiert. Die 62 „überlassen“-Belege aus dem preisgeben-Datensatz enthalten alle eine abstrakte Dativ-NP, wie z. B. Hungertod, Lächerlichkeit, Vandalismus, Verelendung, Verfall, Vergessen und Verrottung. Konkrete rezipienten (z. B. niemandem, den Barbaren, den römischen Richtern, an die Attentäter, an die Konkurrenz, an die Behörden, an China-…) kommen in De Vaeres (2023, S.- 165-167) preisgeben- Datensatz ausschließlich in Belegen mit der Bezeichnung „aufgeben“ oder „verrafORScHuNgSfRAgEN, <?page no="90"?> VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 90 ten“ vor. Während also die Dativobjektkonstruktion sowohl mit abstrakten als auch mit konkreten Dativ-NPs kombiniert werden könne, scheint sich die präpositionale Alternante nur auf konkrete rezipienten zu beschränken. Der dritte in Tabelle-6 dargestellte Datensatz (N-= 1.945) betrifft die einfachen Verben schicken und senden. Aus der logistischen Regressionsanalyse ergeben sich insgesamt neun signifikante Faktoren (p- < 0.05). Sechs davon beziehen sich auf den rezipienten, d. h. nominale, neue, nicht-explizite 24 rezipienten, die länger sind als das thema, durch einen Eigennamen bezeichnet werden und deren Referent eine kollektive, eine unbelebte oder eine ‚unbestimmte‘ Entität ist, korrelieren mit der präpositionalen Variante. Auch Passivsätze und senden-Belege weisen im Vergleich zu Aktivsätzen und Belegen mit dem Verb schicken eine höhere POK-Probabilität auf. Die Sense-Klasse mit der stärksten POK-Korrelation sei „Information: Inhalt- Form“. Sie umfasst Belege mit themata wie Prospekt, Rechnung und Zettel, die sowohl auf den Inhalt als auch auf die materielle Form der Information hindeuten. Die Klassen „Finanzen“, „Meteorologie“ und „Religion“ werden dagegen mit der Dativobjektkonstruktion assoziiert. In diesen Belegen handelt es sich um die Übersendung von Geld, um Wetterphänomene bzw. um eine Sendung in einem religiösen Kontext, wobei z. B. Gott seinen Sohn aussendet. Um etwaige Unterschiede zwischen den beiden präpositionalen Varianten zu ermitteln, stellt De Vaere (2023, S.-149-152) einen unbedingten Inferenzbaum mit den drei Zielvariablen DOK, POK AN und POK ZU her. Einen bemerkenswerten Unterschied zwischen POK AN und POK ZU weisen die Belege der Sense-Klasse „Person“ auf: In Belegen, die ausdrücken, dass eine belebte Entität zu einer anderen belebten Entität geschickt oder gesandt wird, erscheine der rezipient entweder im Dativ oder in einer zu-PP, nicht aber in einer an-PP (ebd., S.-151, 229). De Vaeres Korpusuntersuchung nuanciert somit Starkes (1969, S.- 55) Behauptung, dass schicken zu immer personal belegte themata betreffe, während schicken an nur für nicht-personal belegte themata gelte: „[I]t is only when both the theme and the addressee are persons that zu-POC is the only possible prepositional alternant“ (De Vaere 2023, S.- 223). Korpusbelege, wie Gregor sandte einen fragenden Blick zu Daniel und Das Bezirksamt Berlin-Charlottenburg hat die Asche auf dem Postweg zu Aebischer geschickt mit den unbelebten themata einen fragenden Blick bzw. die Asche widersprechen Starkes Annahme, dass POK ZU stets mit einem belebten thema vorkomme (ebd., S.-230-232, 235 f.). 24 In Bezug auf den Faktor Synkretismus des rezipienten werden die Korpusbelege den Kategorien ‚explizit‘ oder ‚nicht-explizit‘ zugeordnet. Morphologisch nicht-explizite Belege sind z. B. die Personalpronomen uns und euch (ohne zusätzliche Präposition) oder Eigennamen, wie Charles Darwin und Lufthansa. Alle nicht-synkretistischen Formen dagegen werden in die Kategorie ‚explizit‘ eingestuft (De Vaere 2023, S.-123). <?page no="91"?> VORHERIgE fORScHuNg zuR DATIVALTERNATION 91 Der vierte Datensatz (N-= 1.069) umfasst die komplexen -schicken/ -senden-Verben einschicken, weiterschicken, zurückschicken, einsenden, übersenden und zurücksenden. Sechs Faktoren seien statistisch signifikant (p-< 0.05). In Bezug auf den rezipienten gelte, dass nominale und explizite rezipienten im Plural, die durch einen Eigennamen bezeichnet werden, mit den präpositionalen Alternanten korrelieren. Daneben erweise sich auch die Herkunft der Belege als ein signifikanter Faktor, d. h. Belege aus österreichischen und deutschen Zeitungen weisen im Vergleich zu Belegen aus schweizerischen Zeitungen eine höhere POK-Wahrscheinlichkeit auf. Ähnlich wie im Datensatz mit den -geben-Verben lassen sich auch Unterschiede in der DOK/ POK-Probabilität der -schicken/ -senden-Verben erkennen: Während die Verben mit den Verbzusätzen ein-, weiter- und zurückmit POK korrelieren, wird das Verb übersenden mit DOK assoziiert. Der fünfte Datensatz (N- = 879) schließlich enthält die Verben ausleihen, verleihen und verkaufen. Insgesamt erweisen sich zwölf Faktoren als statistisch signifikant (p- < 0.05). Belege, in denen das agens ein Kollektivum darstellt, sowie Belege mit einem belebten, im vorhergehenden Kontext bereits erwähnten thema, weisen eine Korrelation mit der präpositionalen Variante auf. Neue, indefinite, lokale und explizite rezipienten im Plural, die durch einen Eigennamen bezeichnet werden und zur Belebtheitskategorie ‚unbestimmt‘ gehören, werden ebenfalls mit dieser Alternante assoziiert. Außerdem spielen die Faktoren Verb und Quelle eine signifikante Rolle: Belege mit dem Verb verkaufen und Belege aus österreichischen und deutschen Zeitungen korrelieren mit POK, ausleihen- und verleihen-Belege bzw. Belege aus schweizerischen Zeitungen weisen dagegen eine Korrelation mit DOK auf. Wie Abbildung- 6 zeigt, verortet De Vaere (2023) die deutsche Dativalternation an der Schnittstelle von Semantik und Pragmatik. Innerhalb ihres theoretischen Rahmens, der Prinzipien aus der Konstruktionsgrammatik und der Valenztheorie miteinander kombiniert, unterscheidet sie in Anlehnung an den sog. Three-Layer Approach drei Bedeutungsebenen. Die abstrakteste Ebene bilde der Bereich der sprachspezifischen Bedeutung und stimme mit Coserius „System“ überein. Sie betreffe das Schema agens- - v- - thema- - ziel, dessen unspezifizierte ‚Transfer‘- Bedeutung in der deutschen Sprache kodiert sei. Die allgemeine Rollenbezeichnung ziel (Eng. goal) soll die Tatsache erfassen, dass die Dativ-NP in DOK bzw. die präpositionale NP in POK in der deutschen Sprache selbst semantisch unbestimmt („underspecified“) sei und noch keine Differenzierung zwischen ‚belebt‘ und ‚unbelebt‘ einschließe. Von dem allgemeinen Schema auf der abstrakten Systemebene, das De Vaere (2023) als die eigentliche, denn kodierte „Konstruktion“ bezeichnet, hängen die Dativobjektkonstruktion und die Präpositionalobjektkonstruktion (an/ zu) ab: Die Alternanten befinden sich als sog. Allostruktionen (Eng. Allostructions) auf der mittleren Ebene des normalen, „traditionellen“, Sprachgebrauchs. Auf dieser Ebene, <?page no="92"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 92 die De Vaere (ebd.) zufolge bereits zum Bereich der Pragmatik gehöre und Coserius „Norm“ entspreche, werde die kodierte ‚Transfer‘-Bedeutung der oberen Ebene pragmatisch bereichert („enrichment“). Man sollte daher auf dieser Ebene nicht länger von kodierten Bedeutungen, sondern von konventionalisierten Senses sprechen („the default interpretations of the code in ‚normal language use‘“, ebd., S.-94). Dabei gelte, dass bestimmte Senses nur oder bevorzugt mit der einen oder der anderen Konstruktion vorkommen und also eine stärkere Präferenz für eine der beiden Alternanten oder Allostruktionen aufweisen. Die unterste Ebene schließlich entspreche Coserius „Rede“. Sie stelle die konkrete Realisierung einer der beiden Alternanten im tatsächlichen Sprachgebrauch dar. Die Bezeichnung dieser individuellen Äußerungen sei kontextbezogen („the one-off realisations of the code in specific settings“, De Vaere 2023, S.-94) und gehe somit nochmals sowohl über die systematische kodierte Bedeutung der Konstruktion als auch über die konventionalisierten Senses der beiden Allostruktionen hinaus. Abb.-6: Schematische Darstellung der von De Vaere (2023) unterschiedenen inhaltlichen Ebenen (Semantik und Pragmatik) in bezug auf die deutsche Dativalternation 1.3 Probabilistischer Ansatz und der Begriff „Norm“ In Anlehnung an verschiedene Studien zur englischen, niederländischen und deutschen Dativalternation fußt die vorliegende Korpusuntersuchung ebenfalls auf einem probabilistischen Ansatz: Aufgrund einer statistischen Analyse verschiedener potenziell motivierender Faktoren lässt sich die Probabilität der beiden Alternanten, d. h. die DOK/ POK-Wahrscheinlichkeit der Korpusbelege, bestimmen. Dass die Ergebnisse einer solchen korpusbasierten, multivariaten Analyse in hohem Maße mit <?page no="93"?> PRObAbILISTIScHER ANSATz uND DER bEgRIff „NORM“ 93 Sprecherbewertungen zur Natürlichkeit der Alternanten in einem gegebenen Kontext übereinstimmen, stellt Bresnan et al. (2007) in ihrer synchronen Untersuchung zur englischen Dativalternation fest. Die Bewertungen ergeben sich aus einer sog. 100-Split Task. Dabei werden die Teilnehmer gebeten, für Satzpaare, wie z. B. because he brought the pony to my children vs. because he brought my children the pony, jeweils 100 Punkte auf die beiden Alternanten zu verteilen (ebd., S.-79 f.). Die Ergebnisse dieses Experiments, das von der Intuition der Sprachbenutzer ausgeht, und die DOC/ POK-Probabilität, die sich aus der Korpusanalyse ergibt, weisen-- so Bresnan et al. (ebd., S.-84)-- eine starke Korrelation auf: „[S]ubjects‘ scores of the naturalness of the alternative syntactic structures correlate very well with the corpus model probabilities and can be substantially explained as a function of the same predictors as the original corpus model.“ Mit anderen Worten: Sprachliches Wissen von Sprechern enthalte prädiktives Wissen über die Probabilität grammatischer Varianten (siehe auch Wolk et al. 2013, S.- 413). Es sei dieser kognitive Mechanismus, der Sprachbenutzer dazu veranlasse, in einem bestimmten Kontext die eine Alternante der anderen vorzuziehen (vgl. De Vaere 2023, S.-44-46). In Bezug auf historische Daten sind Sprecherbefragungen allerdings nicht mehr möglich: Für ältere Perioden, wie beispielsweise das 17. und 18.-Jahrhundert, verfügen wir ausschließlich über geschriebene Quellen, die den Sprachgebrauch individueller Sprecher in schriftlicher Form darstellen. Wolk et al. (2013, S.- 419) und Szmrecsanyi (2013) gehen allerdings auch für historische Korpusuntersuchungen zu Alternationen davon aus, dass „die vorgestellten Modelle das sprachliche Wissen historischer Sprecher zu diesen Alternationen abbilden“ können. Szmrecsanyi (ebd.) fasst dies wie folgt zusammen: [W]e can still apply the uniformitarian principle, and assume that the cognitive mechanisms underlying present-day probabilistic patterns also underlie past variation […]: if present-day language users‘ linguistic knowledge includes knowledge about probabilities, so did past language users‘ linguistic knowledge; if present-day language users have powerful predictive abilities, so did 17 th century language users. Die Übertragung der probabilistischen Methode auf historische Daten stellt Szmrecsanyi (2013) als Diachrone Probabilistische Grammatik (Eng. Diachronic Probabilistic Grammar, DPG) dar. Das Ziel der DPG sei es, zu identifizieren, welche Effekte der ausgewählten Faktoren historisch stabil seien, und was im Laufe der Zeit variiere (Wolk et al. 2013, S.-419). Zu diesem Zweck wird anhand einer logistischen Regressionsanalyse überprüft, ob die in das Modell einbezogenen Prädiktoren signifikante Interaktionseffekte mit der Variable „Entstehungszeit“ aufweisen. Ist dies der Fall, dann spricht man von einer probabilistischen Veränderung (Eng. probabilistic change). Die Durchführung einer Regressionsanalyse ist Szmrecsanyi <?page no="94"?> fORScHuNgSfRAgEN, VORHERIgE fORScHuNg uND DER-PRObAbILISTIScHE ANSATz 94 (2013) zufolge „the closest historical linguists can come to conducting a controlled experiment“. Wie De Vaere (2023, S.- 94) erläutert, lässt sich der probabilistische Ansatz mit Gewinn verknüpfen mit einem Fokus auf den normalen Sprachgebrauch im Sinne von Coserius Theorie der Sprachnorm (siehe Coseriu 1975, 1979). Während sich der probabilistische Ansatz dazu eignet, die historisch etablierten „Präferenzen“-für die beiden Alternanten auf breiter empirischer Grundlage herauszuarbeiten, sofern sich solche Präferenzen in den Daten widerspiegeln, kann man auf der Grundlage der Variation im historischen Korpusmaterial zugleich ermitteln, was in bestimmten Zeitabschnitten oder in bestimmten Textsorten als „normaler“ Sprachgebrauch gilt. Die beiden Konzepte „Probabilität“ und „Norm“ sind auf der Ebene der Beschreibung der Daten und der Darstellung der empirischen Beobachtungen somit miteinander vereinbar. Wie bereits in Abbildung-6 schematisch dargestellt wurde, bezeichnet Coseriu (1975, S.-84-93; 1979, S.-54) mit dem Begriff „Norm“ die intermediäre Ebene zwischen dem „funktionelle[n] System“ der Sprache und der „konkrete[n] Verwirklichung“ in den Redeakten individueller Sprecher. Die Normebene betrifft laut Coseriu (1979, S.-57) die in einer Sprachgemeinschaft normalen und konstanten Realisierungen, d. h. dasjenige, „[w]as […] dem Individuum auferlegt wird, seine Freiheit des Ausdrucks einschränkt und die vom System her gebotenen Möglichkeiten innerhalb der fixierten Grenzen der traditionellen Realisierungen begrenzt“. Was die Norm genau beinhalte, hänge von den „Traditionen des Sprachgebrauchs“ in der jeweiligen Sprachgemeinschaft ab. Daraus folgt, dass die Norm-- entsprechend den Grenzen dieser Gemeinschaft-- veränderlich sei, und dass sich für jeden Sprachzustand ein einziges System und eine oder mehrere Normen unterscheiden lassen (ebd., S.-56-58). Vorteilhaft sei die Unterscheidung zwischen System und Norm u. a. auch für eine gründlichere Erklärung des Sprachwandelmechanismus, der Coseriu zufolge in manchen Fällen als eine vom System erlaubte „Auflehnung“ gegen die Norm verstanden werden kann. Sprachwandel betreffe die Ausdrucksfreiheit eines individuellen Sprachbenutzers „gegen die Auflagen der gesellschaftlichen und der kulturellen Norm, jedoch in völliger Übereinstimmung mit den vom System gebotenen Möglichkeiten“ (ebd., S.-59). Für eine ausführlichere Beschreibung der Coseriu’schen Normtheorie siehe Kabatek (2020). Außer Coseriu (1975, 1979) haben sich mit dem Konzept der Norm auch verschiedene andere Sprachwissenschaftler beschäftigt, u. a. Nerius (1967), Bartsch (1985), Gloy (1993) und Hanks (2013). Es ist nicht meine Absicht, die unterschiedlichen Perspektiven, die diese Autoren auf die Norm entwickeln, miteinander zu vergleichen. Wichtig aber ist, dass in Bezug auf die unterschiedlichen Definitionsversuche des „Norm“-Begriffs in der wissenschaftlichen Literatur Nerius (1967, S.- 10) drei große Kategorien unterscheidet, und zwar: (i)-die „Norm als ein dem Sprecher oder <?page no="95"?> PRObAbILISTIScHER ANSATz uND DER bEgRIff „NORM“ 95 Schreiber vorschwebendes und von ihm anzustrebendes Sprachideal“, (ii)-die „Norm als die Gesamtheit der sprachlichen Regeln und ihre Geltung bzw. ihr Gültigkeitsanspruch“ sowie (iii)- die „Norm als […] eine Angabe des sprachlichen Durchschnitts bzw. des Häufigkeitswertes der einzelnen sprachlichen Erscheinungen“. Nerius (ebd.) selbst betrachtet die Norm als einen deskriptiven Begriff, den er als „die statistisch zu ermittelnde Invariante im Sprachgebrauch der Sprecher oder Schreiber einer Sprache“ definiert. Dabei gelte, dass die Norm im formal-grammatischen Bereich viel deutlicher ausgeprägt sei als etwa in der Aussprache, die durch „eine außerordentlich große Variationsbreite“ gekennzeichnet werde (ebd., S.-11). Außerdem muss man, so Nerius (ebd., S.-10), einen strengen Unterschied machen zwischen der Norm, die im Sprachgebrauch tatsächlich vorhanden sei, und den in Grammatiken aufgezeichneten, präskriptiven Regeln und Vorschriften: Die deskriptive Norm „stellt nicht ein über der Sprache schwebendes, mehr oder weniger subjektives normatives Ideal dar, sondern eine tatsächlich vorhandene, sich im Kommunikationsprozeß realisierende Größe“. Die vorliegende Studie geht auf die beiden von Nerius (1967) unterschiedenen Aspekte in der Diskussion um die Norm ein: Einerseits ermöglicht es die diachrone Korpusuntersuchung, sich auf probabilistischer Basis ein Bild der historischen Normen im deskriptiven Sinn zu machen und zu ermitteln, welche Tendenzen sich in der deutschen Sprache seit der Mitte des 17.-Jahrhunderts im Hinblick auf die Dativalternation durchgesetzt haben. Andererseits wird überprüft, in welchem Maße sich historische Grammatiken, Lehrbücher und Wörterbücher bereits mit der Alternation zwischen einer Dativ-NP und einer an-PP bzw. zu-PP auseinandersetzen und bestimmte Tendenzen erfassen, beurteilen und/ oder kommentieren. Kapitel- 2 fasst die wichtigsten Ergebnisse dieser Literaturdurchsicht zusammen. <?page no="97"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN uND LEHRbücHER 97 2. Historische Grammatiken, Lehrbücher und Wörterbücher Im Fokus des vorliegenden Kapitels steht die Frage, ob und-- wenn ja-- inwieweit der Dativalternation in historischen Grammatiken, Lehrbüchern und Wörterbüchern bereits Aufmerksamkeit geschenkt wird. Abschnitt-2.1 fasst die wichtigsten Passagen aus den überprüften Grammatiken und Lehrbüchern zusammen. Dabei werden in 2.1.1 zuerst Aussagen über die Verwendung von Kasus gegenüber präpositionalen Umschreibungen im Allgemeinen beleuchtet; in 2.1.2 wird dann näher auf verschiedene bemerkenswerte Textstellen bezüglich einiger spezifischer Transferverben eingegangen. Abschnitt-2.2 widmet sich den historischen Wörterbüchern: Nach einer Beschreibung der Auswahl dieser (Valenz-)Wörterbücher und einer chronologischen Übersicht in 2.2.1, werden in 2.2.2 schließlich die Ergebnisse der lexikographischen Untersuchung zusammengefasst. Wie bereits in Abschnitt-1.1.2 erwähnt wurde, ist es die Absicht des vorliegenden Kapitels, einige-wichtige zeitgenössische Stimmen zur Dativalternation darzustellen. Auf eine kritische historiographische Analyse der historischen sprachwissenschaftlichen Quellen wird verzichtet. 2.1 Historische Grammatiken und Lehrbücher Hauptsächlich über Google Books wurden insgesamt mehrere Dutzend deutsche Grammatiken und Lehrbücher aus der zweiten Hälfte des 17. bis zur ersten Hälfte des 20.- Jahrhunderts überprüft. Dabei wurden jeweils spezifische Suchbegriffe benutzt, wie analytisch, synthetisch, Kasus/ Casus, Dativ, Akkusativ/ Accusativ/ Ackusativ, Endung, Präposition/ praepositio/ Verhältniswort/ Vorwort, an, Verb/ Zeitwort-… sowie die Verben geben, leihen, schicken, senden und verkaufen. Aus dieser Suche ergab sich eine Reihe interessanter Passagen, die sowohl die Verwendung von Kasus versus Präpositionen im Allgemeinen als auch konkrete Aussagen über bestimmte Transferverben betreffen. In verschiedenen der ältesten untersuchten Grammatiken und Lehrbücher finden sich zwar Informationen bezüglich der Präposition an, aber die Autoren beschränken sich nahezu ausschließlich darauf, zu erklären, wann diese Präposition mit dem Akkusativ und wann sie mit dem Dativ kombiniert wird, vgl. u. a. Bellin (1661, S.-102-117), Bödiker (1690, S.-402-405) und Wahn (1723, S.-94-97). Für die vorliegende Untersuchung erweisen sich solche Grammatiken und Lehrbücher somit als nicht relevant. Erst ab der Mitte des 18.- Jahrhunderts wird, mehr <?page no="98"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 98 oder weniger explizit, auf die Alternation zwischen einem Kasus und einer Präpositionalphrase hingewiesen. 25 2.1.1 Kasus vs. präpositionaler Ausdruck Vorwiegend in den überprüften Grammatiken und Lehrbüchern aus dem 19.- Jahrhundert finden sich verschiedene Aussagen über die Verwendung von Kasus gegenüber präpositionalen Ausdrücken im Allgemeinen. Thematisch lassen sich diese Aussagen in drei Gruppen gliedern. Sie behandeln: (i)-die Entwicklung von synthetischen zu analytischeren Formen in der deutschen Sprache und somit die generelle Zunahme von Präpositionen (2.1.1.1), (ii)- die Fähigkeit von Präpositionen, um im Vergleich zu Kasus Bedeutungen präziser auszudrücken (2.1.1.2) sowie (iii)-den stilistischen Unterschied zwischen Kasus und der entsprechenden präpositionalen Umschreibung (2.1.1.3). 2.1.1.1 Vom synthetischen zum analytische(re)n Sprachbau Der Übergang von synthetischen zu analytischeren Formen in der Sprachentwicklung wird nicht nur in der zeitgenössischen Literatur (vgl. u. a. Moser 1967, S.- 22; Matzel 1976, S.- 173; Langner 1980, S.- 675 f.; Sommerfeldt (Hg.) 1988, S.- 193 f.; Fleischer/ Helbig/ Lerchner (Hg.) 2001, S.- 526; Elspaß 2005, S.- 317; Stedje 2007, S.- 21 f.; Fleischer/ Schallert 2011, S.-133) beschrieben, auch verschiedene historische Quellen gehen bereits, mehr oder weniger explizit, auf den Wandel vom synthetischen zum analytischen Sprachbau ein. Laut Grimm (1837, S.-708) hat „die ältere, zumal goth. und altn. sprache den vortheil, noch häufig bloßer dativformen sich zu bedienen, wo schon die ahd. und mhd. präpositionen verwenden müssen“. Außerdem scheint Grimm (ebd., S.-684) bereits auf die Tendenzen der Akkusativierung und der Präpositionalisierung (vgl. Sommerfeldt (Hg.) 1988, S.-218) hinzudeuten. Er schreibt: wo sich acc. und dat. in einzelnen structuren berühren und vertreten scheint der dative ausdruck immer frischer, lebendiger und in der sprache älter […]. Auch dem gen. zieht in einigen fällen die frühere sprache den dat. vor […]. Dies verhältnis möchte ich sogar mit gebrauchen, um in der formlehre das progressive erlöschen der dativen und genitiven flexion zu erklären. Die praxis des acc. greift in den neueren sprachen 26 25 Die Liste der überprüften historischen Quellen ist nicht exhaustiv. Es ist daher denkbar, dass es durchaus Grammatiken und Lehrbücher aus der zweiten Hälfte des 17. bzw. der ersten Hälfte des 18.- Jahrhunderts gibt, die sich mit der Verwendung eines Kasus gegenüber einer präpositionalen Umschreibung im Allgemeinen und/ oder mit der Dativalternation auseinandersetzen. Aufgrund der vorliegenden Untersuchung finde ich solche Informationen allerdings erst in späteren Grammatiken und Lehrbüchern. 26 Die deiktischen Elemente aus den Zitaten müssen immer im Licht des jeweiligen historischen Kontexts gesehen werden, d. h. mit „der jetzigen Sprache“ zum Beispiel ist selbstverständlich der Sprach- <?page no="99"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN uND LEHRbücHER 99 immer um sich, und was von dativen und genitiven begriffen übrig ist muß sich im präpositionalen ausdruck halb entsinnlichen und halb verfeinern lassen. Dass „die kraft verlorne casus zu ersetzen in präpositionen [beruht]“ (Grimm 1837, S.-367), erkennt u. a. auch Beilhack (1832, S.-129) an: Eine Präposition (oder: praepositio, Vorwort) „leistet der Sprache den nämlichen Dienst, den ihr die Ausgänge der Casus leisten“. Dabei gelte, dass „[j]e mehr eine Sprache Casus hat, desto weniger oft ist sie gezwungen, zu einer Präposition ihre Zuflucht zu nehmen“. Im Vergleich zum Lateinischen, das einen Ablativ mit eigener Form hat und daher eine Präposition „erspart“, bedient sich das Neuhochdeutsche weniger Kasus: Wo die deutschen Kasus „nicht mehr zureichen, die auszudrückenden Verhältnisse zu bezeichnen“, da verwende man eine Präposition. Horn (1837, S.-254) stellt in allen „neueren Sprachen“ eine häufigere Anwendung der Präpositionen fest, die er hauptsächlich mit dem Verfall des Endungssystems verknüpft, d. h. dadurch, dass „die unterscheidenden Endungen der Casus allmälig abgeschliffen sind, [müssen] die Casus durch Präpositionen umschrieben werden“. Diese häufigere Verwendung stehe in scharfem Kontrast zu den „alten Sprachen“, die die Präpositionen „in vielen Fällen gar nicht anwenden, in welchen sie uns nothwendig [sind]“. In ähnlicher Weise erwähnt auch Koch (1862, S.-111 f.), dass die „Casuszeichen“ im Deutschen „geschwächt oder verschwunden“ sind und, dass sie „durch Präpositionen ersetz[t]“ werden. Die „Casuszeichen“ müssen laut Koch (1862) „ursprünglich Präpositionen gewesen sein, d. h. Partikeln, die dem Substantiv beigefügt wurden (Postpositionen)“. Blatz (1900, S.-603-605) bemerkt ebenfalls, dass Präpositionen oder „Vorwörter“ benutzt werden, um einen Flexionskasus zu ersetzen. Genau wie Horn (1837, S.-254) weist er außerdem auf die zunehmende Verwendung von Präpositionen in den jüngeren Sprachstufen hin: In den älteren Sprachen des indogermanischen Stammes, die noch eine größere Anzahl von Kasus besaßen, als die deutsche, war der Gebrauch der Präpositionen minder ausgedehnt, da viele Beziehungen des Nomens, die jetzt vermittelst der Präpositionen ausgedrückt werden müssen, durch einfache Kasus bezeichnet werden konnten. Auch im Altdeutschen war dies noch häufig der Fall, z. B. sich loubes nern (sich mit Laub ernähren). […] Je mehr die Kraft der Kasus sich abschwächte, desto notwendiger wurden die Präpositionen. 27 Schmitthenner (1822, S.-56) zufolge werden, um die Beziehungen oder Verhältnisse der Begriffe auszudrücken, „die Vorwörter zu Hülfe genommen, wo jene Bezeichnung durch die Fallformen mangelhaft ist“. Allerdings könne man „oft beliebig die gebrauch zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der bestimmten Grammatik bzw. des Lehrbuchs gemeint. Das Gleiche gilt für Umschreibungen, wie „neuere Sprachen“. 27 Die Kursivierungen in den im vorliegenden Kapitel-angeführten Zitaten stammen von mir, EVD. <?page no="100"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 100 Fallform oder das Vorwort“ verwenden, d. h. man könnte zum Beispiel sowohl die Sünde ist dem Thäter verderblich als auch die Sünde ist für den Thäter verderblich sagen. Das Gleiche gelte für den Genitiv und die entsprechende Präpositionalphrase mit von, wie Cicero’s Reden und die Reden von Cicero. Vernaleken (1863, S.-151) führt mit sich erinnern eines dinges/ an etwas und einer sache froh werden/ über etwas ähnliche Beispiele an. Dabei bemerkt er, dass Kasus durch präpositionale Umschreibungen vertreten werden können, wodurch das Gebiet der Kasus „immer mehr verringert“ werde. Blatz (1900, S.- 604 f.) deutet am Ende des 19.- Jahrhunderts ebenfalls darauf hin, dass „noch jetzt in manchen Verbindungen Vorwortkasus neben Flexionskasus zulässig ist“, wie z. B. in Ich schrieb meinem Bruder oder an meinen Bruder und Spotte nicht des Bildes oder über das Bild. Behaghel (1923, S.-596) erwähnt nach einer Reihe von Beispielen mit einem Genitivobjekt, wie der Secretarius mußte meiner lachen und daß sie sich schämen seiner Missetaten, dass „im späteren Nhd. Ersatz durch präpositionale Ausdrücke eingetreten“ sei. In einigen historischen Quellen werden explizit die Begriffe „synthetisch“ und „analytisch“ verwendet. Becker (1827, S.-113) zum Beispiel geht, basierend auf von Schlegels 1818 veröffentlichten Observations sur la langue et la littérature provençales, näher auf den Unterschied zwischen synthetischen und analytischen Sprachen ein. 28 Dass generell jede Sprache in ihrer Entwicklung analytischer werde, ist Becker (ebd.) zufolge u. a. auf Sprachkontakt bzw. -konflikt zurückzuführen: A.-W. von Schlegel nennt diejenigen Sprachen, in welchen die Flexion noch durch eigentliche Endungen verrichtet wird, synthetische, und diejenigen, in welchen Hülfsverben, Artikel, Präpositionen u. s. f. an die Stelle der ursprünglichen Endungen getreten sind, analytische Sprachen. Er bezeichnet das geschichtliche Verhältniß derselben, indem er sagt: L’origine des langues synthétiques se perd dans la nuit des temps: les langues analytiques au contraire sont de création moderne: toutes celles, que nous connaissons, sont nées de la décomposition des langues synthétiques. 29 Es scheint aber, daß jede Sprache, sobald sie in dem Gange ihrer Entwickelung über eine gewisse Gränze hinausschreitet, nothwendig mehr oder weniger analytisch werden muß. Und da jede Entwickelung vorzüglich durch Kampf nach Außen beschleunigt wird; so sehen wir Sprachen besonders alsdann den analytischen Charakter annehmen, wenn sie durch Eroberungen oder Völkerwanderungen mit andern Sprachen in Konflikt gerathen. In ähnlicher Weise bemerken auch Ersch/ Gruber (Hg.) (1847, S.-208), dass „alle synthetischen Sprachen die Neigung [haben,] mit der Zeit analytisch zu werden“. Diese 28 Es ist bekanntlich von Schlegel (1818), der das Begriffspaar „synthetisch“-- „analytisch“ in die Linguistik einführt, vgl. u. a. Hentschel/ Weydt (2013, S.-83). 29 Übersetzung des französischen Zitats: Der Ursprung der synthetischen Sprachen verliert sich im Laufe der Zeit: Die analytischen Sprachen dagegen sind moderner Entstehung: Alle diejenigen, die wir kennen, sind aus dem Abbau der synthetischen Sprachen entstanden. <?page no="101"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN uND LEHRbücHER 101 Tendenz gelte ebenfalls für „das Teutsche“, das „im Gothischen des Ulfilas und selbst noch im ältesten Fränkischen fast ganz synthetisch zu nennen ist“, im Laufe der Zeit aber „viel analytischer geworden [ist], als es war“. Genau wie Becker (1827, S.-113) heben auch Ersch/ Gruber (Hg.) (1847, S.-208) hervor, dass der Umstrukturierung von einem synthetischen zu einem analytischen Sprachbau „ein Kampf mit fremden, eingedrungenen Sprachen“ vorangehe, der diese Verwandlung „wenn auch nicht allein herbeiführt, doch ganz offenbar beschleunigt“. Das Englische beispielsweise sei „im Conflicte germanischer Idiome mit einer schon romanisch gewordenen Sprache“ entstanden. Eine Ausnahme bilde allerdings das Deutsche, für das kein solcher Kampf stattgefunden habe. Auch Heyse/ Heyse (1849, S.-78 f.) erwähnen, dass im Allgemeinen die Kasus im Laufe der Sprachentwicklung „immer mehr durch Verbindungen mit Präpositionen verdrängt“ werden, bis in analytischen Sprachen „die Casus-Flexion völlig abfällt“. Obwohl die deutsche Sprache nicht „bis zu dieser gänzlichen Auflösung des formellen Casus-Systems fortgeschritten“ sei, nehme sie „in ihrem heutigen Zustande“ in vielen Fällen auch Präpositionen zur Hilfe, während „ihr in früheren Perioden ein freierer und reicherer Gebrauch der reinen Casus zu Gebote stand“. In der zweiten Hälfte des 19.-Jahrhunderts geht auch Schleicher (1860, S.-69) explizit auf die generelle Tendenz zu analytischen Varianten ein, indem er bemerkt, dass „die älteren Formen unseres Sprachstammes synthetische Sprachen, die späteren analytische Sprachen genannt“ werden. Dabei werden Präpositionen zuerst angewendet, um die geschwächten Kasusformen in ihrer Funktion zu „unterstützen“, später mussten sie die geschwundenen Kasus „ersetzen“. Laut Schleicher (ebd.) sei „[d]as Schwinden der Casus und ihr Ersatz durch Präpositionen in unsrer jetzigen deutschen Sprache recht deutlich [zu] beobachten“. 2.1.1.2 Verdeutlichung Die Verwendung einer Präpositionalphrase statt eines reinen Kasus passt also in der generellen Tendenz, dass in der Sprachentwicklung synthetische Formen durch analytischere ersetzt werden. Daneben habe eine Präpositionalphrase den Vorteil, dass man mit ihrer Hilfe Bedeutungen präziser ausdrücken könne als mit einem bloßen Kasus, vgl. u. a. Fleischer et al. (Hg.) (1983, S.- 677 f.) und Sommerfeldt (Hg.) (1988, S.-200 f., 207). Diese Auffassung ist bereits in verschiedenen Grammatiken und Lehrbüchern aus dem 19.- Jahrhundert anzutreffen. In seiner Deutschen Sprachlehre für Schulen geht Götzinger (1830, S.-196) explizit und recht ausführlich auf dieses Thema ein. Unter anderem beleuchtet er dabei den Dativ, der sich durch einen präpositionalen Ausdruck mit den Präpositionen aus, an, zu oder für bestimmter umschreiben lässt: <?page no="102"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 102 Aus der Darstellung der Fallverhältnisse ergab sich, daß jede Fallform ein sehr weit umfassendes darstellt. Der Dativ z. B. stellt die bei einem Thun betheiligte Person dar. Dies kann aber die Person seyn, von welcher das Thun kommt, für welche es geschieht, wo es verweilt u. s. w. Soll dieses bestimmter dargestellt werden, so kann es nur durch die Präpositionen aus, an, zu, für geschehen. Der Schreiber schreibt dem Advokaten Berichte; die Briefe können an ihn gerichtet, oder bloß für ihn geschrieben seyn. […] Ich verkaufe dir ein Haus; entweder an dich oder für dich. Die angeführten Beispiele implizieren, dass die Konstituente im Dativ generell nur das Ziel (Eng. goal) der Handlung darstelle, ohne jegliche Spezifizierung: Sie könne als rezipient oder als benefaktiv aufgefasst werden. Auch Grimm (1837, S.-765 f.) setzt sich mit den Vorteilen der Verwendung von Präpositionen und Kasus auseinander. Einerseits ist er der Meinung, dass Flexionen der Rede „kürze und gedrungenheit“ brachten, d. h. in der Zeit, als die Flexionen des Nomens „voller“ waren und das Verb „eine menge seiner beziehungen auf das nomen allein durch die casus“ erreichte, war ein Ausdruck mit einem Kasus „der unmittelbarste und wirksamste“. Eine Präposition dagegen erweitere den Ausdruck und schleppe ihn oft. Andererseits erkennt er auch explizit die Vorteile der Verwendung von Präpositionen an: von der anderen seite soll gestanden werden, daß der vielfachen wendung des gedankens die vortheile der flexion doch nicht hinreichen, daß sie zweideutigkeit veranlassen können, weil die gewohnheit des beholfensten ausdrucks noch hinter der mannigfaltigkeit des sinns und der auslegung stehn bleibt und das streben des sprachgeistes nach klarheit und sicherung des verständnisses immer zunimmt. schon in der ältesten zeit haben daher präpositionen zu bezeichnen, ergänzen und erweitern gesucht, was die flexionen entweder gar nicht oder nur unvollständig ausdrücken. In der zweiten Hälfte des 19.- Jahrhunderts bemerkt schließlich auch Vernaleken (1863, S.-187), dass eine präpositionale Umschreibung-- im Vergleich zu einem reinen Kasus-- das Verb oder Nomen „theils genauer bestimmt, theils de[n] ausdruck erweitert“. Genau wie Grimm (1837, S.-765 f.) betont auch er: „Was der kasus allein nicht auszudrücken vermag, das sucht die präposition, verbunden mit ihrem kasus, zu erreichen“. 2.1.1.3 Stilistischer Unterschied Daneben wird in den überprüften Grammatiken gelegentlich auf einen stilistischen Unterschied zwischen einem Kasus und der entsprechenden präpositionalen Umschreibung hingewiesen. Je nach der Art des Verhältnisses, das man ausdrücken will, halten Heyse/ Heyse (1849, S.- 79 f.) bald den Kasus, bald den präpositionalen Ausdruck für poetischer. Wo die Sprache sowohl den Gebrauch eines Kasus, als auch <?page no="103"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN uND LEHRbücHER 103 eine präpositionale Umschreibung erlaubt, sei der reine Kasus-- als „die ältere, einfachere Redeform“-- generell „edler und der Sprache des Dichters und Redners angemessener“. Er sei besonders geeignet, ein sog. „innerliches Verhältnis“ auszudrücken. In dieser Hinsicht seien ich freue mich Deiner, ich denke Dein und ich vertraue Dir poetischer als ich freue mich über Dich, denke an Dich und vertraue auf Dich. Die Verwendung einer Präposition dagegen würde das innerliche Verhältnis „auf plumpere Weise“ zu einem äußerlichen machen. Obwohl laut Heyse/ Heyse (1849, S.-79 f.) „die heutige Sprache“ mit der Verwendung von Präpositionen „allzu verschwenderisch“ umgehe, könne auch die präpositionale Umschreibung poetischer sein. Vielmehr als reine Kasus, die zu formell-grammatischer Bedeutung erstarrt seien, eigne sie sich für lebendige Beschreibungen, d. h. die „anschaulichere Bedeutung einer hinzutretenden Präposition“ stelle den aus den abstrakten Kasus größtenteils verschwundenen „Ausdruck der lebendigen Anschauung“ wieder her. Will man „ein äußerliches Anschauungsverhältniß“ ausdrücken, dann sei ein präpositionaler Ausdruck „lebendiger und somit poetischer“: Etwas an Jemand hingeben und eine Last von Jemand nehmen zum Beispiel seien also poetischer als einem etwas geben bzw. ihm eine Last nehmen. In seiner Kurzgefaßten Deutschen Stilistik verknüpft Lyon (1893, S.-82 f.) die Verwendung von Kasus gegenüber präpositionalen Umschreibungen mit unterschiedlichen Textsorten: Wo in Prosa ein präpositionaler Ausdruck verwendet werde, stehe in „dichterischer Sprache“ oft der Dativ, wie z. B. in Nie hab ich dem Tod gezittert statt vor dem Tod. Außerdem hebe der Dativ „immer die unmittelbare persönliche Beziehung“ hervor, während der präpositionale Ausdruck „nur ein Richtungsverhältnis“ angebe und „eine entferntere, bloß mittelbare Beziehung“ andeute. Manchmal bezeichnen die beiden Alternanten noch weiter gehende Bedeutungsunterschiede. Ein Satz, in dem das Verb verraten mit einer an-PP vorkommt, wie z. B. in Er hat mich an meine Feinde verraten, schließe „immer die bewußte Absicht des Auslieferns oder Überlieferns“ mit ein. In Kombination mit einem Dativobjekt sei dies dagegen nicht der Fall: Ein Ausdruck, wie z. B. Durch seine Unbedachtsamkeit hat er meinen Feinden alles verraten, könne auch dann benutzt werden, wenn das Verraten „unabsichtlich“ geschehe. Paul (1919, S.-414) schließlich assoziiert die Verwendung des Dativs mit Lyrik und Prosa: „Dichter, zuweilen auch prosaische Schriftsteller, gestatten sich vielfach den bloßen Dat[iv] zu verwenden, wo in der gewöhnlichen Sprache Anknüpfung mit einer Präp[osition] üblich ist.“ Umgekehrt aber komme in diesen beiden Textsorten „zuweilen präpositionelle Fügung statt des normalen Dativs“ vor, wie z. B. in Der Dichter schenkte sie an den Herrn L.-D. (Lessing), Hierüber gab ich mein Mißfallen an Frau von Stael zu erkennen (Goethe) und auf alles freywillig entsagen (La Roche). Paul (ebd., S.-417) zufolge dürfte in solchen Fällen „wohl französischer Einfluß wirksam“ sein. <?page no="104"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 104 2.1.2 Transferverben Neben den soeben diskutierten Aussagen über die Verwendung von Kasus und präpositionalen Ausdrücken im Allgemeinen finden sich in den überprüften Grammatiken und Lehrbüchern auch verschiedene Textstellen, die sich explizit mit der Dativalternation bei bestimmten Verben, die einen Transfer ausdrücken, auseinandersetzen-- und das bereits ab der Mitte des 18.-Jahrhunderts. Eine der markantesten und ausführlichsten Passagen bezüglich geben an ist Beitrag 51 „geben, an jemand“ in Stoschs Kleinen Beiträgen zur nähern Kenntniß der Deutschen Sprache (1780, S.-109 f.). Laut Stosch ist die Verbindung von geben mit der Präposition an gerechtfertigt, wenn man das „Abgeben an jemand“ ausdrücken will. Benutze man geben aber in einer anderen Bedeutung, wie ‚darreichen‘, ‚mitteilen‘ oder ‚schenken‘, so sei die Verwendung einer an-PP „dem guten Gebrauche zuwider“. Im Vergleich zu Gottsched, der die Verwendung von geben mit einer an-PP völlig ablehne, und zu Adelung, der geben an als „ungewöhnlich“ betrachte, gibt Stosch zu diesem Thema eine mildere Stellungnahme ab, wobei er bezeichnenderweise die Präposition als „durch den Gebrauch gerechtfertiget“ begründet: Gottsched hält es überhaupt für einen Misbrauch, wenn man das Vorwort an zu einem Zeitworte setzet, welches eigentlich die dritte Endung fodert. […] Herr Adelung sagt richtiger: „Man muß sich hüten das Vorwort an, nicht in solchen Redensarten zu gebrauchen, wo der Sprachgebrauch es nicht eingeführet hat. Etwas an einen geben ist ungewöhnlich.“ Mich dünkt aber, daß gewiße Fälle sind, in welchen dieses Vorwort, nicht unrecht mit dem Zeitworte geben verbunden, und solche Verbindung durch den Gebrauch gerechtfertiget wird. Nehmlich wenn geben in der Bedeutung des Abgebens an jemand gebraucht wird. So sagt man Z. B. Jedes Feld-Regiment, hat sechs Mann an die Garnison-Regimenter geben müßen. Von dem Gelde, was in der Lotterie gewonnen wird, müßen fünf vom Hundert an das Waisenhaus gegeben werden. Und wenn man sagt: Ich habe das Buch deinem Bruder gegeben, so kann dieses auch so viel heißen, ich habe es ihm geschenket; hingegen, ich habe es an deinen Bruder gegeben, würde mehr das bloße Abgeben ausdrücken. Es ist wahr, man könnte in solchen Fällen, das Wort abgeben dafür gebrauchen. […] Allein die angeführten Redensarten, sind doch sehr gewöhnlich, und wir sagen auf eine ähnliche Weise, an jemand schreiben, etwas an den Hof, an die Kammer berichten, daher möchte man sie wol nicht, so ganz für unrecht oder Sprachwidrig erklären können. Sonst aber, wenn geben so viel heißt, als darreichen, mittheilen, schenken, u. s. w. muß es nicht mit dem Vorworte an verbunden werden, wenigstens ist solches dem guten Gebrauche zuwider. Man sagt nicht: Die Hand an jemand geben, ein neues Kleid an jemand geben, und dergl. Bereits 1748, in seiner Grammatik Grundlegung einer Deutschen Sprachkunst, nennt Gottsched es einen „Misbrauch“, bei Verben, die den Dativ regieren, das Dativobjekt durch eine an-PP zu ersetzen. Dabei weist er insbesondere auf regionale Variation hin. In „einigen Landschaften“ sage man also fälschlich: „Er gab es an mich, statt mir; <?page no="105"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN uND LEHRbücHER 105 ich habe es an ihn gegeben, statt ihm; man hat es an den Hof berichtet, anstatt, dem Hofe, oder nach Hofe berichtet; er meldet es an mich, anstatt mir, ohne an“. Laut Gottsched (1748, S.-435 f.) ist dies eine „niedersächsische Art zu reden“, die außerdem „in dem Munde der alten Franken, die übern Rhein gegangen, zu der französischen Fügungsart Gelegenheit gegeben“ habe, d. h. das französische à, wie in dites-le à la Reine und donner à quelqu’un, sei aus dem deutschen an entstanden („aus unserm an entsprungen“). In der dritten, „merklich vermehret[en]“ Auflage seiner Sprachkunst erwähnt Gottsched (1752, S.- 433) neben Niedersachsen noch drei weitere Regionen, deren Einwohner ein Präpositionalobjekt statt eines Dativobjektes benutzen: Mecklenburg, Pommern und die Mark. Dies ist eine auffallende Ergänzung zu den vorherigen Auflagen, die zwar die gleiche Textstelle enthalten (1748, S.-380; 1749, S.-417), ohne aber die entsprechenden „Landschaften“ zu präzisieren: Die Frage wem? erfodert die dritte Endung, vor oder nach dem Zeitworte. […] Doch viele Landschaften fragen auch wohl falsch, und manche verkehren das Deutsche wem? in das Französische an wen? […] Z. E. ein Niedersachs, Meklenburger, Märker und Pommer, wird wohl fragen: An wen hast du das gesaget, gegeben, u. d. gl.? Wo er wem hätte fragen sollen. Eine ähnliche Textstelle gibt es auch in Gottscheds verkürzter Bearbeitung Kern der deutschen Sprachkunst (1753, S.-200 f.). Hier ist jedoch wieder nur explizit von Niedersachsen die Rede. Mit der Aussage, dass die Verwendung einer an-PP (statt einer Dativ-NP) in „hochdeutschen Ländern“ sofort auffalle, behauptet Gottsched, dass dies im dortigen Sprachgebrauch recht ungewöhnlich sei: Die Frage wem? erfodert die dritte Endung, vor oder nach dem Zeitworte. Z. E. […] Wem giebst du das? Antw. Uns, Euch, Ihnen, u. s. f. […] [E]inige Niedersachsen fragen hier, anstatt wem, an wen? (gleichsam französich à qui? ) Allein das sind Fehler, die in hochdeutschen Ländern gleich ins Ohr fallen. Stosch (1780, S.-109) berichtet, neben Gottsched, auch über Adelungs Stellungnahme zur Verwendung von geben an im deutschen Sprachgebrauch. Tatsächlich bezeichnet Adelung im ersten Band- seines Versuchs eines vollständigen grammatisch-kritischen Wörterbuches Der Hochdeutschen Mundart (1774-1786, Bd.-I, S.-231) etwas an einen geben und etwas an einen melden für einem etwas geben bzw. einem etwas melden als „ungewöhnlich“. Allerdings, in seinem Grammatisch-kritischen Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, das zwischen 1793 und 1801 in vier Bänden veröffentlicht wurde, präzisiert er diese Aussage, indem er zwischen Klammern folgende Nuancierung hinzufügt: „außer wenn es für abgeben stehet, ich habe es an ihn gegeben, d. i. abgegeben“ (Adelung 1793-1801, Bd.- I, S.- 263). Somit schließt sich Adelung (ebd.) letztendlich Stoschs Standpunkt (1780, S.-109 f.) an, der darin besteht, dass die <?page no="106"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 106 präpositionale Variante mit einer spezifischen semantischen Verwendung des Verbs geben einhergeht. Auch im 19.-Jahrhundert setzen sich verschiedene Grammatiker und Lehrbuchautoren mit der Verwendung von geben an auseinander. Bemerkenswert ist die entsprechende Textstelle in Matthias’ (1892, S.- 210) Sprachführer Sprachleben und Sprachschäden, in der er ausdrücklich auf einen semantischen Unterschied zwischen dem Dativobjekt und der an-PP hinweist. Generell bezeichne man mit einem Kasusobjekt, das in der Regel dem älteren, höheren und gewählteren Sprachgebrauch angehöre, die „innerliche Teilnahme“. Die präpositionale Ausdrucksweise dagegen sei jünger, gehöre dem gewöhnlicheren und alltäglichen Sprachgebrauch an und werde in der Regel zur Bezeichnung „äußerlicher Teilnahme“ benutzt. In Bezug auf das Verb geben schreibt Matthias (ebd.): Ein Fehler wird die Vertauschung des Kasus- und des präpositionalen Objektes erst dann, wenn sich für beide eine verschiedene Bedeutung festgesetzt hat. So verbinden wir geben mit: an jemand, wenn es sich um ein bloßes, uns kalt lassendes Befördern handelt: ich habe das Buch an ihn (weiter) gegeben; aber wenn wir Rat erteilen, wobei wir innerlich beteiligt sind, ist dieses äußerliche an falsch, und die N. Fr. Pr. mußte schreiben: Wir geben Österreich keine Ratschläge, statt: Wir geben an Österreich keine Ratschläge. Etwas kürzere Textstellen bezüglich dieses Verbs finden sich in Bauer (1847), Koch (1862) und Lyon (1893). In seinem Lehrbuch der neuhochdeutschen Sprache betont Bauer (1847, S.-293 f.), dass man „die Präposition an [natürlich] gar nicht nehmen [muß], wenn eine andere, oder überhaupt eine andere Wortverbindung den anzugebenden Sinn deutlicher ausdrückt“. Diese Aussage illustriert er anhand folgender Beispiele: Man sage z. B. nicht: der Brief gehört an mich, sondern: mir; für gewöhnlich selbst nicht: bring, gieb ihn, erzähl, sag es an mich, ob man gleich zuweilen wohl sagt: etwas an jemanden bringen, geben, sagen, erzählen, wie man sagen muß: etwas an einen Ort, an (, auf) die Seite bringen, legen, und sagen kann: etwas an jemanden abgeben. Auffällig ist die Unterscheidung zwischen der Konstruktion gieb ihn an mich, die „für gewöhnlich selbst nicht“, und der Konstruktion etwas an jemanden geben, die „gleich zuweilen“ verwendet werde. Eine weitere Erklärung für diesen Unterschied gibt Bauer (1847) allerdings nicht. Auch in Kochs Deutscher Grammatik (1862, S.-155) wird in einer ausführlichen Beschreibung der Verben mit dem Dativ explizit erwähnt, dass „bei einigen Verben“ auch Präpositionen stehen können. Die Präposition an zum Beispiel könne mit den Verben geben, schenken und schreiben vorkommen, wie in Er schenkte Land und Leut’ an die Soldaten und Er schreibt an mich. Eine sehr ähnliche Textstelle schließlich bietet Lyon (1893, S.- 82), der- - neben zwei Beispielsätzen mit geben- - auch einen Beispielsatz mit dem Verb leihen anführt: <?page no="107"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN uND LEHRbücHER 107 Zuweilen kann das Dativobjekt auch durch eine präpositionale Wendung umschrieben werden, z. B.: ich schreibe dir oder an dich, ich gebe dieser Familie oder an diese Familie Geld, ich zahle, schenke, gebe dieser Gesellschaft oder an diese Gesellschaft eine Summe, ich habe ihm oder an ihn Geld geliehen u. s. w. Nicht nur für geben und leihen, sondern auch für verschiedene weitere für die vorliegende Korpusuntersuchung ausgewählte Verben sind in historischen Grammatiken und Lehrbüchern interessante Textstellen über die Dativalternation zu finden. In Heynatz’ Lehrbuch Deutsche Sprachlehre zum Gebrauch der Schulen (1777, S.-248 f.) zum Beispiel wird zu diesem Thema u. a. das Verb verkaufen beleuchtet: Einige Gegenden gebrauchen anstatt des Dativs oft falsch an mit dem Ackusativ, z. E. dieses Buch gehört an mich, ich sage es an den Vater; bei einigen Wörtern aber ist beides in ganz Deutschland, wiewol mit einigem Unterschiede der Bedeutung gebräuchlich, z. E. ich verkaufe ihm (an ihn) dieses Haus, ich schreibe ihm morgen (morgen an ihn). Anders als Gottsched (1748, S.-435 f.; 1752, S.-433) betrachtet Heynatz (1777, S.-248 f.) die Verwendung einer an-PP bei Dativverben nicht nur als ein regionales („einige Gegenden“), sondern auch als ein nationales Phänomen („in ganz Deutschland“), Letzteres jedoch nur mit bestimmten Verben, wie verkaufen und schreiben. 30 Um welche Gegenden es sich laut Heynatz (1777) genau handelt, wird nicht erläutert. Außerdem fehlen weitere Informationen zum angeblichen Bedeutungsunterschied zwischen dem Dativobjekt und dem entsprechenden Präpositionalobjekt. Ebenfalls im 18.- Jahrhundert, in seiner Erleichterten Hoch-Teutschen Sprach-Lehre, bietet Hempel (1754, S.-822-834) in einem alphabetischen Verzeichnis eine Übersicht über „die einfachen Zeit-Wörter, so ordentlich den Dativum erfordern“. Während für die Verben geben, leihen und schicken ausschließlich Beispielsätze mit einem Dativobjekt verzeichnet sind (er giebt ihm einen Thaler zum Trinkgelde, [g]ieb mir dieß Buch her, leihe mir doch 10. Rthlr, [e]r hatt ihm Nichts geliehen und schicke mir doch das Pappier), wird für das Verb senden (sende mir doch deinen Diener) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass „man auch [sagt]: sende deinen Diener an mich“. Daneben bietet Hempel (1754, S.-835-839) auch ein „Verzeichniß derjenigen zusammengesetz- 30 In der ersten (1748, S.- 435) und zweiten Auflage (1749, S.- 476) seiner Deutschen Sprachkunst nennt Gottsched geben, melden und berichten zusammen als Beispiele für diejenigen Verben, die im richtigen Sprachgebrauch nicht mit einer an-PP kombiniert werden dürfen. In der dritten Auflage (1752, S.-490) erwähnt er im entsprechenden Absatz anfänglich nur noch geben und melden, das Verb berichten fügt er erst am Ende dieses Absatzes hinzu: „Doch saget man auch: an den Hof, an den König oder Fürsten, an den Rath, an die Universität etwas berichten; für, dem Könige, Fürsten, Hofe“. Dies ist auch in der vierten (1757, S.-514) und fünften Auflage (1762, S.-517) der Fall, allerdings mit dem Unterschied, dass „auch“ hier durch „noch“ ersetzt wird: „Doch saget man noch: […]“. Ob die getrennte Behandlung des Verbs berichten bedeutet, dass Gottsched seine Meinung bezüglich der Kombination mit einer an-PP geändert hat, ist unklar. <?page no="108"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 108 ten Zeit-Wörter, welche den Dativum der Person regieren“, in dem u. a. übergeben, übersenden, vergeben und verleihen verzeichnet sind. Die unterschiedlichen Bedeutungen des Verbs vergeben erwähnt Hempel (1754, S.-837) in einer Fußnote. Zu beachten ist, dass nur die Beispielsätze mit der Bedeutung ‚jemandem etwas verzeihen‘ sowie ‚jemanden vergiften‘ ein Dativobjekt enthalten: Z. E. Vergieb mir, was ich dir zu Leide gethan. Vergieb uns unsere Schuld, wie wir vergeben unsern Schuldigern. Man saget aber auch mit dem Accusativo: Sein Recht, sein Amt, seine Tochter vergeben. Ein anders ist: das Pulver, womit man Mäuse vergiebt. Sich selbst vergeben, d. i. mit Gifte ums Leben bringen. Generell nehmen laut Hempel (ebd., S.- 834 f.) „alle diejenigen Zeit-Wörter, welche mit den Vorwörtern, ab, an, auf, ein, ent, miß, mit, nach, über, ver, vor, unter, wider und zu, verknüpfet sind, einen Dativum zu sich“, da „die Präpositionen auch in der Composition ihre Kraft [behalten], einen Casum zu regieren“. Auch Aichingers Versuch einer teutschen Sprachlehre (1754, S.- 405-407) enthält ein solches Verzeichnis der „Zeitwörter, welche einen datiuum der Person erfodern“. In dieser Liste sind, von den für die vorliegende Korpusuntersuchung ausgewählten Verben, geben, leihen, schicken, senden, übergeben, übersenden, vergeben und verleihen verzeichnet. Ähnlich wie Hempel (1754, S.-834 f.) macht auch Aichinger (1754, S.-408) darauf aufmerksam, dass „die composita den datiuum meistentheils von ihrer Präposition, auch von der inseparabilient [haben]“. Außerdem gelte für einen großen Teil dieser Verben, dass das Dativobjekt auch anhand einer PP auszudrücken sei: „Viele dieser uerborum umschreiben den datiuum auch durch praepositiones. Z. B. Er hat sich freundlich gegen mich erwiesen; schreibe an mich; Sende deinen Bedienten zu mir; […]“. In ähnlicher Weise bemerkt Koch in seiner Deutschen Elementargrammatik für höhere Lehranstalten, Gymnasien, Lyceen und Realschulen (1868, S.-44), dass sich neben den Dativ Präpositionen gestellt haben, wie an bei schreiben, senden und verschenken. Somit werden sowohl senden- + an-PP (vgl. Hempel 1754, S.- 832; Koch 1868, S.- 44), als auch senden- + zu-PP (vgl. Aichinger 1754, S.- 408) als Alternante für senden-+ Dativobjekt anerkannt. Die an-PP bei dem Verb schicken dagegen wird in verschiedenen Grammatiken und Lehrbüchern als reine Richtungs- oder Zielangabe kategorisiert. Im 18.-Jahrhundert ist dies beispielsweise der Fall in Adelungs Deutscher Sprachlehre (1781, S.-484 f.). Er schreibt: Der Ort, welcher das Ziel einer Bewegung ist, wird im Deutschen mit verschiedenen Präpositionen ausgedruckt […]. Mit an, welches nur die Richtung nach der äußern Fläche eines Dinges bezeichnet: an seine arbeit gehen, sich an einen Ort begeben, an den Galgen führen, an den Hof gehen, etwas an den Hof melden, berichten, schicken, an das Ufer fahren, einen Bothen an jemanden schicken, an einen Freund schreiben. <?page no="109"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN uND LEHRbücHER 109 Auch Aichinger (1754, S.- 475) bemerkt, dass man die Präposition an „bey Wörtern [findet], die […] einen Ort bedeuten“. Sie werde als Antwort auf die Frage wohin? benutzt, wie z. B. in an die Stelle setzen, an einen schreiben, einen Boten an einen schicken, ich wende mich an dich usw. Eine ähnliche Aussage ist in der Kleinen theoretisch-praktischen Deutschen Sprachlehre für Schulen und Gymnasien (1814) zu finden: In seiner Auseinandersetzung der Präpositionen mit dem Dativ und Akkusativ betont Heinsius (1814, S.-193 f.), dass der Gegenstand nur dann in dem Akkusativ steht, „wenn die Bewegung zugleich eine Richtung nach einem Orte oder ein Hinstreben nach einem Ziele bezeichnet“, kurz, „wenn man fragen kann: wohin oder an wen? “, wie z. B. in Er hat an mich geschrieben und An wen wollen Sie das schicken? . Bei einer solchen Erklärung drängt sich freilich die Frage auf, ob an wen? in jedem Fall anhand von „wohin“ paraphrasiert werden soll. Kann man bei einem Verb wie schicken noch davon ausgehen, dass es aufgrund seiner lexikalischen Bedeutung ein Richtungsverhältnis zum Ausdruck bringt, da lässt sich das von einem Verb wie schreiben so nicht behaupten. Die lexikalische Bedeutung von schreiben enthält kein Bedeutungsmerkmal, das sich auf ein Richtungsverhältnis bezieht. Dadurch aber, dass Verben wie schreiben ebenfalls mit dem Präpositionalanschluss an-PP vorkommen, rückt auch die Verbindung von Verben wie schicken mit an-PP in ein neues Licht: Die Paraphrase anhand von „wohin“ erscheint auch bei solchen Verben weniger zwingend als vorerst angenommen. Das geht, teils indirekt, auch aus der Beschreibung der Präposition an in anderen Quellen hervor. In Bauers Vollständiger Grammatik der neuhochdeutschen Sprache (1830, S.-516 f.) heißt es beispielsweise, mit einer Akkusativergänzung benutze man die Präposition an u. a. „zur Angabe des Gegenstandes, auf welchen eine körperliche Richtung im eigentlichen oder figürlichen Verstande gerichtet ist“, wie z. B. in an (den) Bort gehen, an das Ufer fahren und er schickt einen Boten, es ist da ein Bote an mich („ich bin das Ziel der Richtung oder Bewegung des Boten“). Auffallend ist, dass in dieser Kategorie auch die Verben leihen, verleihen und verkaufen („er leihet, verleihet, verdinget, verhandelt, verkaufet etwas an mich“) genannt werden. In Krebs’ Anleitung zum Lateinisch schreiben (1830) dagegen wird die an-PP bei schicken nicht als eine reine Richtungs- oder Zielangabe betrachtet: Genau wie im Lateinischen könne auch im Deutschen ein Dativobjekt gelegentlich durch eine an-PP ersetzt werden. Krebs (ebd., S.-160) beschreibt es in seinem Abschnitt-über Verben, die den Dativ regieren, wie folgt: Hier giebt es zuerst hundert ähnliche Fälle, in welchen die deutschen und lateinischen Verben einerlei Casus, den Dativ, bei sich haben. So heißt: […] einem schreiben, alicui scribere; einem geben, alicui dare; einem schicken, alicui mittere; […], und so viele andere. Auch nehmen die Deutschen bisweilen außer dem Dativ auch eine Präposition, welche Abänderung ebenfalls im Lateinischen oft Statt findet. Wir sagen: an einen, und einem schreiben; einem, und an einen schicken, und so auch die Lateiner, alicui und ad aliquem scribere, mittere. <?page no="110"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 110 2.2 Historische Wörterbücher 2.2.1 Auswahl und Übersicht der (Valenz-)Wörterbücher Neben den verschiedenen Grammatiken und Lehrbüchern wurde auch eine Reihe von (historischen) Wörterbüchern und Valenzwörterbüchern unter die Lupe genommen. Insgesamt handelt es sich um 18 Wörterbücher, die zwischen 1691 und 2015 veröffentlicht wurden, und 9 Valenzwörterbücher aus der Periode von 1899 bis 2019. Abbildung-7 und Abbildung-8 bieten eine chronologische Übersicht der ausgewählten Wörterbücher bzw. Valenzwörterbücher, jeweils mit Angabe des entsprechenden Erscheinungsjahrs und des Verfassers. 31 Die Auswahl der gewöhnlichen Wörterbücher basiert weitgehend auf Kühn/ Püschel (1990a, 1990b), war aber auch von ihrer Verfügbarkeit, entweder in gedruckter Form oder online, abhängig. 32 Außerdem wurde versucht, eine zeitlich ausgewogene Auswahl herzustellen, was in der Gruppe der Valenzwörterbücher allerdings nicht erreicht werden konnte. Für jedes Verb aus der vorliegenden Korpusuntersuchung wurde nachgeschlagen, ob es als Stichwort in die (Valenz-)Wörterbücher eingetragen ist, und wenn ja, ob die entsprechenden Wörterbuchartikel einen oder mehrere Beispielsätze mit einem rezipienten im Dativ und/ oder mit einem präpositionalen rezipienten enthalten. Wenn sich für keines der vorliegenden Verben DOK- oder POK-Beispiele auffinden ließen, wie in Mackensens Deutschem Wörterbuch in 3 Bänden (1979), dann wurde das Wörterbuch aus der endgültigen Auswahl ausgeschlossen. Auf diese Art und Weise ist es möglich, Informationen über die Dativalternation abzuleiten: Dem Vorhandensein eines DOK/ POK-Beispielsatzes lässt sich nämlich generell entnehmen, dass beide Konstruktionen zur Zeit der Erstellung des betreffenden Wörterbuchs bekannt waren und dass der Verfasser sie-- sofern nicht anders angegeben-- zum damaligen Sprachgebrauch gezählt hat. Anders als die oben diskutierten Grammatiken und Lehrbücher bieten die meisten der vorliegenden (Valenz-)Wörterbücher nur implizite Informationen über die Dativalternation der einzelnen Verben. Allerdings enthalten manche Wörterbücher auch explizite Aussagen bezüglich des rezipienten im Dativ und der entsprechenden präpositionalen Umschreibung. 31 Weitere Informationen über die Lexikographen Stieler, Kramer, Steinbach, Frisch, Adelung, Campe und ihre Wörterbücher bieten u. a. Henne (1975), Schröter (1985, S.-1522-1525) und von Polenz (1994, S.-184-191). 32 Die beiden Artikel von Kühn/ Püschel (1990a, 1990b), in denen sie die wichtigsten historischen Wörterbücher darstellen, sind als eine Einheit aufzufassen, d. h. die Darstellung der Hauptlinien ist chronologisch auf die Artikel verteilt. Ich danke an dieser Stelle Herrn Professor Luc De Grauwe für seine Vorschläge bezüglich der Auswahl einiger jüngerer Wörterbücher. <?page no="111"?> HISTORIScHE WöRTERbücHER 111 Abb.-7: chronologische übersicht der 18 überprüften Wörterbücher aus der Periode von 1691 bis 2015 mit Angabe des Erscheinungsjahrs und des Verfasser <?page no="112"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 112 Abb.-8: chronologische übersicht der 9 überprüften Valenzwörterbücher aus der Periode von 1899 bis 2019 mit Angabe des Erscheinungsjahrs und des Verfassers <?page no="113"?> HISTORIScHE WöRTERbücHER 113 2.2.2 Ergebnisse der lexikographischen Untersuchung Die Ergebnisse der gewöhnlichen Wörterbücher stellen Tabelle- 7 (für die Verben geben, leihen, ihre entsprechenden komplexen Verben und verkaufen) und Tabelle-8 (für die Verben schicken, senden und ihre komplexen Verben) dar. Tabelle-9 zeigt, für alle Verben, die Ergebnisse der Valenzwörterbücher. In diesen drei Tabellen werden jeweils vier Symbole benutzt. Sie bezeichnen: 0 Das Verb ist nicht als Stichwort im Wörterbuch verzeichnet; ● Das Verb ist zwar als Stichwort im Wörterbuch verzeichnet, aber Informationen zur Dativalternation fehlen, d. h. es gibt kein einziges DOK- oder POK-Beispiel; ✔ Das Verb ist als Stichwort im Wörterbuch verzeichnet und enthält (mindestens) einen Beispielsatz mit der entsprechenden Alternante; - Das Verb ist als Stichwort im Wörterbuch verzeichnet, aber die entsprechende Alternante fehlt, d. h. nur für die andere Alternante wird ein Beispielsatz angeführt. An dieser Stelle sind noch einige wichtige Bemerkungen hinzuzufügen. Erstens sind in den vorliegenden Tabellen mit dem Begriff „POK“ ausschließlich diejenigen Sätze gemeint, in denen sich die an-PP oder zu-PP als rezipient interpretieren lässt: Präpositionalphrasen mit anderen Präpositionen als an und zu, wie nach Mannheim oder in die Stadt, oder Beispielsätze, in denen die an- oder zu-PP eine reine Richtungsangabe ist, werden systematisch außer Betracht gelassen. Finden sich im Wörterbuchartikel eines bestimmten Verbs nur solche, für die vorliegende Untersuchung nicht relevanten Beispielsätze, dann gibt es in der Tabelle unter „POK“ entweder ein „●“-Zeichen (wenn auch ein DOK-Satz fehlt) oder ein Minuszeichen (wenn ein DOK-Satz vorhanden ist). In diesem Zusammenhang implizieren Aussagen, dass bei einem Verb „ausschließlich“ oder „nur“ DOK/ POK-Beispiele aufzufinden sind, also nicht, dass gar keine weiteren Beispielsätze aufgenommen wurden, wie Sätze mit einer nach-PP oder Sätze mit einer an/ zu-PP als reiner Richtungsbestimmung. Der Fokus liegt hier allein auf der Alternation zwischen dativisch markierten rezipienten und präpositionalen rezipienten. Eventuelle andere angeführte Beispielsätze wurden nicht in die Untersuchung einbezogen. Zweitens beschränken sich die Ergebnisse in den Tabellen ausschließlich auf Informationen aus den Wörterbuchartikeln der Verben selbst. Wenn beispielsweise bei dem Lemma leihen zwar ein DOK-, aber kein POK-Satz vorhanden ist, wird POK in der Tabelle durch ein Minuszeichen markiert, auch wenn in der Bedeutungserklärung eines anderen Verbs leihen möglicherweise mit der Präposition an vorkommt. Ohne eine solche Beschränkung müssten in jedem (Valenz-)Wörterbuch und für je- <?page no="114"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 114 des Verb auch jeweils verschiedene weitere, bedeutungsähnliche Verben überprüft werden: Dies wäre allerdings aus praktischen Gründen kaum durchführbar und die Ergebnisse der verschiedenen Wörterbücher wären außerdem nur schwer miteinander zu vergleichen. Drittens wird bei Verben mit mehreren Bedeutungen nur die für die vorliegende Untersuchung relevante Bedeutung berücksichtigt. Für vergeben zum Beispiel handelt es sich somit ausschließlich um ‚weggeben, verteilen‘; die übrigen Bedeutungen ‚verzeihen‘, ‚vergiften‘, usw. werden außer Betracht gelassen. Auch für das Verb geben gilt, dass geben an in der spezifischen Bedeutung ‚während des Kochens hinzufügen‘, wie z. B. in an das Essen Salz geben und Muskat an den Rosenkohl geben, aus der Untersuchung ausgeschlossen wird (siehe Abschn.-3.1.2.2). 33 Ist ein solcher geben-Satz der einzige mit einer an-PP neben verschiedenen DOK- Beispielsätzen, dann wird POK in der Tabelle ebenfalls durch ein Minuszeichen markiert. Die Beschreibung der Ergebnisse in den folgenden Abschnitten folgt nicht der Struktur der vorliegenden Tabellen, sondern die untersuchten Verben werden auf der Grundlage eines oder mehrerer gemeinsamer Merkmale in verschiedene Untergruppen eingeteilt, nämlich: I. DOK/ POK-Beispielsätze in maximal sechs Wörterbüchern 2.2.2.1 Verben, für die sich keine Informationen über die Dativalternation ableiten lassen; 2.2.2.2 Verben, für die sich sehr selten Informationen über die Dativalternation ableiten lassen; 2.2.2.3 Verben, für die sich selten Informationen über die Dativalternation ableiten lassen. II. DOK/ POK-Beispielsätze in mindestens sechs Wörterbüchern 2.2.2.4 Verben, für die ausschließlich DOK-Beispielsätze gegeben werden; 2.2.2.5 Verben, für die nahezu ausschließlich DOK-Beispielsätze gegeben werden; 33 In Duden (1999, Bd.-III, S.-1390 f.; 2015, S.-676) findet sich unter dem Stichwort geben der Beispielsatz Zucker an/ über die Mehlspeise geben. Der Hinweis auf die Austauschbarkeit der Präpositionen an und über in dieser Art von Sätzen zeigt, dass solche Sätze von einem Satz wie Geld an die Armen geben unterschieden werden müssen. <?page no="115"?> HISTORIScHE WöRTERbücHER 115 2.2.2.6 Verben, für die nahezu ausschließlich POK-Beispielsätze gegeben werden; 2.2.2.7 Verben, für die in den jüngeren Wörterbüchern nahezu ausschließlich DOK-Beispielsätze gegeben werden, in einigen älteren Wörterbüchern allerdings bereits beide Varianten vorkommen; 2.2.2.8 Verben, für die in den jüngeren Wörterbüchern sowohl DOKals auch POK-Beispielsätze gegeben werden, während in den älteren Wörterbüchern nur eine der beiden Alternanten erwähnt wird; 2.2.2.9 Verben, für die in den jüngeren Wörterbüchern beide Varianten gegeben werden, während die meisten älteren nur DOK-Beispielsätze enthalten; 2.2.2.10 Verben, für die nahezu alle Wörterbücher sowohl DOKals auch POK-Beispielsätze enthalten. Der Einheitlichkeit halber wurden in den angeführten Beispielsätzen eventuelle Abkürzungen aufgelöst, wie beispielsweise „ausleihen“ statt „a.“ oder „~“. 2.2.2.1 weiterleihen und weitersenden Für zwei der untersuchten Verben, nämlich weiterleihen und weitersenden, sind keine Informationen über die Dativalternation verfügbar. In allen überprüften Wörterbüchern fehlt weiterleihen als Stichwort. Das Verb weitersenden lässt sich zwar in Kramer (1700-1702, Bd.-II, S.-770), Grimm/ Grimm (1854-1960, Bd.-XXVIII, S.-1289) und Wahrig/ Krämer/ Zimmermann (1980-1984, Bd.- VI, S.- 704) auffinden, aber die entsprechenden Wörterbuchartikel enthalten keinen einzigen DOK- oder POK- Beispielsatz. 2.2.2.2 absenden, aussenden, verschicken, versenden, zurücksenden, weitergeben und weiterschicken Die zwei weiteren Verben mit dem Präfix weiter-, weitergeben und weiterschicken, sind ebenfalls nur selten als Lemma eingetragen. Das Verb weiterschicken findet man in sechs der überprüften Wörterbücher, aber nur Wahrig/ Krämer/ Zimmermann (1980-1984, Bd.-VI, S.-704) enthält für dieses Verb einen POK-Beispielsatz mit der Präposition an, vgl. (68): (68) [S]ollten während meines Urlaubs Briefe kommen, schicke [sie] bitte gleich <an mich> weiter . <?page no="116"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 116 Verfasser S t i e l e r K r a m e r S t e i n b a c h F r i s c h A d e l u n g C a m p e H e y s e / H e y s e G r i m m / G r i m m S a n d e r s H e y n e H e y n e P a u l G ö t z e / M i t z k a / B r o d f ü h r e r K l a p p e n b a c h / S t e i n i t z ( H g . ) W a h r i g / K r ä m e r / Z i m m e r m a n n D u d e n D u d e n D u d e n Jahr 1691 1700 1702 1734 1741 1793 1801 1807 1811 1833 1849 1854 1960 1876 1896 1905 1906 1908 1939 1957 1977 1978 1980 1984 1999 2001 2015 DOK/ POK D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K geben ✔ - ✔ - ✔ - ● ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ - ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - preisgeben 0 ✔ - 0 ✔ - 0 ✔ - ✔ - ● ✔ ✔ ● ✔ - ● 0 ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - übergeben ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ ✔ ✔ - ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ - ✔ - ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ vergeben ● ● ● ● - ✔ - ✔ ● ✔ ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ ● - ✔ - ✔ - ✔ weitergeben 0 0 0 0 0 0 0 ● ● 0 0 0 0 ● - ✔ - ✔ 0 - ✔ zurückgeben ● ● ✔ - ● 0 ✔ - ● ✔ ✔ ✔ - 0 0 0 0 ✔ - ✔ - ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ leihen ● ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ausleihen ● ● ● ● ● ● ● ● ● - ✔ - ✔ 0 0 ✔ - ✔ - ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ verleihen ✔ - ✔ - ✔ - ● ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ ✔ ✔ - ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ weiterleihen 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 verkaufen ● ✔ - ✔ - ● ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ - ✔ - ● ✔ - - ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ Tab.-7: Schematische Darstellung des Vorhandenseins von DOK- und POK-beispielsätzen in einer Auswahl von Wörterbüchern (1691- 2015) für die Verben geben, leihen, ihre komplexen Verben und verkaufen <?page no="117"?> HISTORIScHE WöRTERbücHER 117 Verfasser S t i e l e r K r a m e r S t e i n b a c h F r i s c h A d e l u n g C a m p e H e y s e / H e y s e G r i m m / G r i m m S a n d e r s H e y n e H e y n e P a u l G ö t z e / M i t z k a / B r o d f ü h r e r K l a p p e n b a c h / S t e i n i t z ( H g . ) W a h r i g / K r ä m e r / Z i m m e r m a n n D u d e n D u d e n D u d e n Jahr 1691 1700 1702 1734 1741 1793 1801 1807 1811 1833 1849 1854 1960 1876 1896 1905 1906 1908 1939 1957 1977 1978 1980 1984 1999 2001 2015 DOK/ POK D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K D O K P O K schicken ✔ - ✔ - ✔ ✔ - ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ● ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ einschicken ● ● ● ● ✔ - ● ● ● ● ✔ - ● ● 0 ✔ - ✔ - ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ verschicken ● ● ● ● ● ● ● ✔ ✔ ● ● - ✔ ● ✔ - ● ● ● ● ● vorausschicken ● ● 0 0 0 ● ● ✔ - ✔ - 0 0 ● 0 ✔ ✔ ✔ - ✔ - ✔ ✔ ● weiterschicken ● ● 0 0 0 0 0 ● 0 0 0 0 0 0 - ✔ ● 0 ● zurückschicken ● ● ✔ - 0 0 ● ● ● ● 0 0 0 0 0 ✔ ✔ - ✔ 0 - ✔ zuschicken ● ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - 0 ● ● 0 ✔ - ✔ - ✔ - 0 ✔ - senden ✔ - ✔ ✔ ✔ ✔ ● ✔ - ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ - ✔ ✔ ● ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ - ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ absenden ● ● - ✔ ● ● ● ● ● ● ● ● ● - ✔ ● ● ● ● ● aussenden ● ● 0 ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● ● - ✔ ● ● ● einsenden ● ● 0 - ✔ ✔ - ● ● ● ● ● ● ● 0 ✔ - ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ nachsenden ● ● 0 0 ✔ - ● ● ✔ - ● ✔ - ✔ - ● 0 ● ● ● ✔ - ● übersenden ● ✔ - ● ● ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ - ✔ ✔ ✔ - ✔ - ✔ ✔ ● 0 ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - versenden ● - ✔ ● ● ● ● ● - ✔ ● ● ● ● 0 ● ● ● ● ● weitersenden 0 ● 0 0 0 0 0 ● 0 0 0 0 0 0 ● 0 0 0 zurücksenden ● ● ✔ - 0 0 ✔ - ● ● ● 0 0 0 0 0 ✔ - ● 0 ● zusenden ● ✔ - ✔ - ● ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - 0 ● ● 0 ✔ - ● ● 0 ● Tab.-8: Schematische Darstellung des Vorhandenseins von DOK- und POK-beispielsätzen in einer Auswahl von Wörterbüchern (1691- 2015) für die Verben schicken, senden und ihre komplexen Verben <?page no="118"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 118 Verfasser Schwarz Helbig/ Schenkel Engel/ Schumacher Schumacher (Hg.) Helbig/ Schenkel Sommerfeldt/ Schreiber Schumacher et al. Müller IDS Mannheim Jahr 1899 1969 1976 1986 1991 1996 2004 2013 2019 DOK/ POK DOK POK DOK POK DOK POK DOK POK DOK POK DOK POK DOK POK DOK POK DOK POK geben ✔ ✔ ✔ - ✔ - ✔ - ✔ - ✔ ✔ ✔ - ✔ ✔ ✔ ✔ preisgeben 0 0 0 0 0 0 0 0 0 übergeben ✔ - 0 0 0 0 ✔ ✔ 0 ✔ ✔ 0 vergeben - ✔ 0 0 0 0 0 0 - ✔ 0 weitergeben 0 0 0 ● 0 0 0 ✔ ✔ 0 zurückgeben 0 0 0 ● 0 ✔ ✔ 0 ✔ ✔ 0 leihen ✔ - 0 ✔ - ✔ - 0 ✔ - ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ausleihen ● 0 0 ● 0 ✔ - 0 0 0 verleihen ✔ - 0 0 ● 0 ✔ ✔ 0 ✔ ✔ 0 weiterleihen 0 0 0 0 0 0 0 0 0 schicken ✔ - ✔ ✔ ✔ ✔ 0 ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ einschicken 0 0 0 0 0 0 0 0 0 verschicken ● 0 0 0 0 0 0 - ✔ 0 vorausschicken ● 0 0 0 0 0 0 0 0 weiterschicken 0 0 0 0 0 0 0 0 0 zurückschicken 0 0 0 0 0 ✔ ✔ 0 ✔ ✔ 0 zuschicken ● 0 0 0 0 ✔ - 0 0 0 senden ✔ - ✔ ✔ ✔ ✔ 0 ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ absenden 0 0 0 0 0 - ✔ 0 0 0 aussenden 0 0 0 0 0 0 0 0 0 einsenden 0 0 0 0 0 0 0 0 0 nachsenden ✔ - 0 0 0 0 ✔ - 0 0 0 übersenden 0 0 0 0 0 ✔ ✔ 0 0 0 versenden ● 0 0 0 0 0 0 0 0 weitersenden 0 0 0 0 0 0 0 0 0 zurücksenden 0 0 0 0 0 0 0 0 0 zusenden ✔ - 0 0 0 0 0 0 0 0 verkaufen ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ ✔ Tab.-9: Schematische Darstellung des Vorhandenseins von DOK- und POK-beispielsätzen in einer Auswahl von Valenzwörterbüchern (1899-2019) <?page no="119"?> HISTORIScHE WöRTERbücHER 119 Das Verb weitergeben ist in sechs Wörterbücher und in ein Valenzwörterbuch eingetragen. Die entsprechenden Artikel in Wahrig/ Krämer/ Zimmermann (1980-1984, Bd.-VI, S.-703), Duden (1999, Bd.-X, S.-4473) und Duden (2015, S.-2003) enthalten alle mindestens einen POK-Beispielsatz, vgl. (69)-(71). Müller (2013, Bd.- III, S.- 2831- 2833) führt für dieses Verb sowohl POKals auch DOK-Beispielsätze an, vgl. (72) für eine Auswahl: 34 (69a) Der Einzelhandel hat die [Erhöhung der Mehrwertsteuer] voll <an den Verbraucher> weitergegeben . (69b) Er hat [seine Erfahrungen] <an seine Schüler> weitergegeben . (70a) Sie (die Bank) gibt [den Wechsel] sofort <an die Reichsbank> weiter . (70b) Ich habe es (das Geschäft) von meinem Vater geerbt und muss [es] <an meinen Sohn> weitergeben . (71a) [eine Information, sein Wissen, eine Erbanlage, einen Vorschlag, eine Anregung, eine Beschwerde] <an jmdn.> weitergeben . (71b) [eine Kostensenkung] <an den Verbraucher> weitergeben . (72a) Mit diesen Aufzeichnungen wollen todgeweihte Eltern <ihren Kindern> [ihre Erinnerungen] als Familienerbe und Erziehungshilfe weitergeben . (72b) Nikola kann <mir> [sehr viel von ihrer Erfahrung] weitergeben . (72c) Faule Fische, das sind die Jury-Mitglieder, die [die DVDs] <an Raubkopierer> weitergeben . (72d) [Musik] möchte ich nun <an unsere Zukunft>, <<unsere Kinder>> weitergeben . Auch für absenden, aussenden, verschicken, versenden und zurücksenden gilt, dass sich aus den überprüften Wörterbüchern nur selten Informationen über die Realisierung des rezipienten ableiten lassen. Für das Verb absenden, das in allen Wörterbüchern und in einem Valenzwörterbuch als Stichwort verzeichnet ist, finden- sich nur in drei Wörterbüchern ditransitive Beispielsätze. Steinbach (1734, Bd.- II, S.- 344 f.) erwähnt zwei POK-Beispiele, sowohl mit der Präposition an als auch mit der Präposition zu, und jeweils mit einer lateinischen Übersetzung, vgl. 34 Müller (2013) ist kein Valenzwörterbuch im eigentlichen Sinne, da es nicht alle möglichen Konstruktionen enthält, in denen das betreffende Verb vorkommen kann. Das Wörterbuch beschränkt sich auf einen Überblick über die möglichen Präpositionen, die mit den Verben geben, leihen, verkaufen- … kombiniert werden können. Für die meisten dieser Verben gibt es unter den verzeichneten Beispielsätzen jedoch auch DOK-Beispiele. Diese Sätze sind in Tabelle-9 als solche kategorisiert. <?page no="120"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 120 (73). 35 In Götze/ Mitzka/ Brodführer (1939-1957, Bd.-I, S.-34) findet sich die Bedeutungserklärung dieses Verbs nicht unter dem Lemma absenden, sondern unter abschicken (1939-1957, Bd.-I, S.-28). Sie enthält-- neben der Bemerkung, dass absenden „als Heereswort“ beginne-- einen POK-Beispielsatz mit der Präposition zu, der einem Werk aus dem Jahr 1575 entnommen ist, vgl. (74). Auch Sommerfeldt/ Schreiber (1996, S.- 78 f.) weisen mit „b- -- V: absenden: Sp (an)“ ausschließlich auf POK mit der Präposition an hin, vgl. (75). 36 Außerdem wird hervorgehoben, dass bei diesem Verb „der Ausgangspunkt im Vordergrund“ stehe und dass „die Bezeichnung des Nichtbesitzer (sic) kaum realisiert“ werde: (73a) [einen] <an seine Freunde> ab senden , aliquem ad amicos mittere (73b) er sandte [einen] <zum Feinde> ab , missum aliquem faciebat ad hostem (74) Wie [Ulrich] <zu dem König Picrocholo> abgesant ward. (75a) Der Klempner sendet [die Rechnung] <an den Kunden> ab . (75b) Der Mieter sendet [die Kündigung] rechtzeitig <an den Hausbesitzer> ab . (75c) Die Mutter sendet [das Paket] <an den Sohn> ab . Für das Verb aussenden, das in 17 der Wörterbücher als Stichwort eingetragen ist, gibt es nur in Wahrig/ Krämer/ Zimmermann (1980-1984, Bd.- I, S.- 453) einen POK- Beispielsatz mit der Präposition zu, vgl. (76). In den Valenzwörterbüchern ist aussenden nicht verzeichnet: (76) [D]ie katholische Kirche hat [Missionare] <zu den heidnischen Stämmen> ausgesandt / ausgesendet . Obwohl verschicken, genau wie absenden, in alle überprüften Wörterbücher eingetragen und darüber hinaus ein Lemma in zwei der Valenzwörterbücher ist, enthalten insgesamt nur vier Wörterbücher DOK/ POK-Beispiele. Grimm/ Grimm (1854-1960, 35 Steinbach (1734) benutzt für die eingetragenen Verben das Partizip Perfekt als Ausgangslemma, das er nach der Stammsilbe alphabetisch ordnet (z. B. -liehfür leihen). Die entsprechenden komplexen Verben sind dabei jeweils als Sublemmata verzeichnet. Das Verb senden zum Beispiel findet sich unter dem Hauptlemma gesandt, bei dem u. a. abgesandt, uebersandt, versandt und zugesandt die Sublemmata bilden. Eine ähnliche Anordnung mit Haupt- und Sublemmata für die einfachen bzw. die komplexen Verben gibt es außerdem bei Stieler (1691), Kramer (1700-1702) und Frisch (1741). 36 Generell kennzeichnen in den Mustersätzen die Buchstaben (a), (b), (c) und (d) die Aktanten des Verbs. Für die Verben aus dem „Feld des Besitzwechsels“ stimmt (a) mit dem „Besitzer“, (b) mit dem „Nichtbesitzer“ und (c) mit dem „Gegenstand“ überein (Sommerfeldt/ Schreiber 1996, S.- 61). Die schematische Darstellung „b---V: absenden: Sp (an)“ zeigt, dass für das Verb (v)-absenden der Nichtbesitzer (b), d. i. der rezipient, durch ein Substantiv mit der Präposition an (Sp (an)) ausgedrückt wird. Die Variante „Sd“ („Substantiv im Dativ“) wird hier nicht erwähnt. <?page no="121"?> HISTORIScHE WöRTERbücHER 121 Bd.- XXV, S.- 1070 f.) führen, neben einem POK-Beispielsatz mit der Präposition zu, auch einen DOK-Satz aus dem Mittelhochdeutschen an, vgl. (77). Den gleichen DOK-Satz gibt es auch in Götze/ Mitzka/ Brodführer (1939-1957, Bd.-VII, S.-546). Anders als Heyne (1905-1906, Bd.-III, S.-1238), der nur einen POK-Beispielsatz mit der Präposition zu erwähnt (vgl. (78)), enthält Müller (2013, Bd.-III, S.-2576) verschiedene Beispielsätze mit der Präposition an; die Präposition zu ist für dieses Verb nicht einmal aufgelistet, vgl. (79) für eine Auswahl: 37 (77a) [solche gesellen] (Spanier) wolt ich <zu dem Bodin in Franckreich> verschicken , der wird sie fressen lehren oder nur gen Mittelburg inn Seeland, da sie ölkuchen fressen lernten, aber wegen unschmacksamkeit es bald auffgaben. (77b) verschicke <mir> [diʒ frouwelîn], [[die man durg gamen hie verbarg]]. (78) [ich] werd ausz der erde <zun göttern> verschickt . (79a) Der Magistrat der Stadt wird künftig [individuelle Benachrichtigungen] <an Hinterbliebene> verschicken , wenn […]. (79b) Nach der Selbstmordserie bei France Telécom hat die Konzernführung <an über 10 000 Mitarbeiter> [einen umfangreichen Fragebogen] verschickt . Götze/ Mitzka/ Brodführer (1939-1957, Bd.-VII, S.-546) bemerken, dass dieses Verb im Hinblick auf die Unterscheidung zwischen Personen und Sachen einen „eigentümlichen Wandel“ durchgemacht habe: Während verschicken seit seinem Auftreten bis zum 18.-Jahrhundert „mit Vorliebe von Personen“ verwendet werde-- zuerst generell, danach verenge sich die Bedeutung „auf bestimmte Personenkreise“, d. h. verschicken- = ‚verbannen‘, ferner zur Universität schicken--, werde es im 19. und am Anfang des 20.-Jahrhunderts in erster Linie für Gegenstände, Waren oder Briefe benutzt. Durch die beiden Weltkriege habe das Verb jedoch wieder „die alte Beziehung auf Menschen“ erhalten. Auch Paul (1908, S.-607) weist auf diese Entwicklung hin: Am Anfang des 20.- Jahrhunderts werde verschicken „in der Regel nur inbezug auf Waren“ gebraucht, es sei aber „früher auch anders“ gewesen. Das illustriert er anhand von zwei Beispielsätzen aus Schillers Dramen Kabale und Liebe (1784) und Wallensteins Tod (1799): ich erschrak gleich, als Sie meinen Vater verschickten bzw. ist’s wahr, daß du den Alten willst verschicken. Außerdem werden laut Götze/ Mitzka/ Brodführer (1939-1957, Bd.-VII, S.-546) verschicken und versenden in unterschiedlichen Kontexten bzw. Textsorten verwendet. Das Verb verschicken gehöre zum Handelsjargon und werde hauptsächlich in Prosatexten benutzt, versenden dagegen komme eher in Dramen und Lyrik vor: 37 Für das Verb verschicken unterscheidet Müller (2013, Bd.- III, S.- 2576 f.) die Präpositionen an, auf, in, mit, nach, per, über und via. <?page no="122"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 122 Verschicken und versenden decken sich in ihrer Verwendung ebensowenig wie die einfachen Ztw.; man verschickt Anzeigen und Kataloge, man versendet sie nicht. Viel mehr als versenden ist verschicken als Fachausdruck des Handels und Verkehrs ein rechtes Prosawort: Schillers Tell könnte nicht sagen: Ich habe keinen zweiten (Pfeil) zu verschicken, und die Sonne in der „Bürgerschaft“ (sic) desselben Dichters versendet glühende Strahlen, sie verschickt sie nicht. Auch für versenden sind, trotz Einträgen in insgesamt 18 der überprüften Wörterbücher, nur aus Kramer (1700-1702, Bd.-II, S.-769) und dem Grimmschen Wörterbuch (1854-1960, Bd.-XXV, S.-1273 f.) Informationen über die Dativalternation abzuleiten. Beide führen nahezu den gleichen POK-Beispielsatz mit der Präposition an an, vgl. (80) bzw. (81): 38 (80) [einen] <an die Ketzer und die Unglaubigen> versenden . (81) [einen deputirten, anwald, einen courrier, einen] <an die ketzer und die unglaubigen> versenden . Ähnlich wie Götze/ Mitzka/ Brodführer (1939-1957, Bd.- VII, S.- 546) für verschicken, gehen auch Grimm/ Grimm (1854-1960, Bd.-XXV, S.-1273) näher auf die Bedeutung von versenden bzw. auf den Unterschied zwischen versenden und verschicken ein. Die Bedeutung von versenden, die sich „im verlauf der nächsten zeit als charakteristisch“ erweise und bis ins ältere Neuhochdeutsche nachwirke, sei: „wegschicken ins elend, in verschlimmerte lage, verbannen“. Daneben komme allerdings „schon ziemlich früh eine neutrale anwendung“ des Verbs auf, nämlich: „aussenden, wegschicken, auf personen bezogen“. Im älteren Neuhochdeutschen komme das Verb versenden zwar „nur selten vor“, aber wenn es sich wieder zu verbreiten beginne, werde „jene alte ungünstige bedeutung nicht wieder aufgenommen“; sie bleibe dem Verb verschicken vorbehalten. Anders als Adelung und Campe, die versenden-- im Kontrast zu verschicken-- dem „edleren“ Sprachgebrauch zuordnen, betrachten es Grimm/ Grimm (1854-1960, Bd.- XXV, S.- 1273) als das „geschäftsmäszigere“ Wort, das die Bedeutung des Wegschickens hervorhebe. Sie sind sich allerdings darin einig, dass versenden hauptsächlich für Sachen benutzt werde. Der freiere, übertragene Gebrauch von versenden sei ein recht junges Phänomen: Adelung sagt, dasz versenden ‚in der edleren schreibart für das gemeinere verschicken‘ gebraucht werde, ‚am häufigsten von sachen‘; von personen sei es nicht so üb- 38 Grimm/ Grimm (1854-1960, Bd.- XXV, S.- 1274) erwähnen ausdrücklich, dass der POK-Satz Kramer (1700-1702, S.-769) entnommen wurde. In Letzterem finden sich unter dem Lemma versenden nämlich auch einen Deputirten/ Anwald versenden und einen Courrier versenden/ absenden, zwar ohne Angabe eines rezipienten. <?page no="123"?> HISTORIScHE WöRTERbücHER 123 lich, obgleich auch da verschicken gebraucht werde. Campe will bei personen das einfache senden anwenden; bei sachen bedeute versenden ‚in die ferne, an einen entfernten ort, so dasz es dort längere oder kürzere zeit, wenn nicht immer bleibt, senden; das edlere wort, wofür im gemeinen leben oder in gemeinen fällen verschicken gebraucht wird‘. versenden ist im allgemeinen sprachgebrauch gegenüber verschicken nicht das edlere, sondern das geschäftsmäszigere wort […]; es ist ein wort des handels, des privaten und öffentlichen verkehrs, gewöhnlich nur auf sachen bezogen; die bedeutung des weg-schickens tritt scharf hervor, man sagt: er versendet täglich eine unzahl briefe, aber nicht: ich habe ihm (an ihn) gestern einen brief versendet; vgl.: ich habe gestern an ihn eine anzahl warenproben versendet, dabei liegt der ton darauf, dasz ich sie gestern expediert habe; jemehr versenden so in geschäftsmäszigem sinne von sachen gebraucht wird, desto mehr wird es bei personen gemieden, weil dabei das versandte leicht als willenlos erscheint (truppen versenden) […]. der freiere gebrauch von versenden in gehobener rede (blicke, pfeile versenden u. ä.) ist jung. (ebd., S.-1273) Für das Verb zurücksenden schließlich, das in zehn Wörterbücher eingetragen ist, lassen sich nur in Steinbach (1734, Bd.-II, S.-344), Campe (1807-1811, Bd.-V, S.-923) und Wahrig/ Krämer/ Zimmermann (1980-1984, Bd.- VI, S.- 880) Informationen zur Realisierung des rezipienten auffinden. Die beiden ältesten Wörterbücher enthalten je einen expliziten Beispielsatz mit einem rezipienten im Dativ, vgl. (82) bzw. (83); Wahrig/ Krämer/ Zimmermann (1980-1984, Bd.- VI, S.- 880) dagegen erwähnen nur generell „(jmdm.) etwas ~“. Auch für zurücksenden bemerkt Campe (1807-1811, Bd.-V, S.-923), dass es „das edlere Wort für zurückschicken“ sei: (82) <einem> [ein Buch] zurücke senden , alicui librum remittere (83) Deine Wonne sendet [sie] / Mit dem Engelsblicke / Schwesterlicher Sympathie (-ches Mitgefühls) / Wuchernd <dir> zurücke . 2.2.2.3 vorausschicken und zurückschicken Im Vergleich zu zurücksenden lassen sich für das Verb zurückschicken, das insgesamt in 12 Wörterbüchern verzeichnet ist, häufiger ditransitive Beispielsätze auffinden. Steinbach (1734, Bd.-II, S.-402) führt, genau wie bei zurücksenden, wieder ausschließlich einen DOK-Beispielsatz an, vgl. (84). Duden (1999, Bd.- X, S.- 4680) und Duden (2015, S.- 2096) dagegen enthalten nur POK-Beispielsätze mit den Präpositionen an und zu, vgl. (85). Anders als für zurücksenden geben Wahrig/ Krämer/ Zimmermann (1980-1984, Bd.-VI, S.-879) neben einem DOKjetzt auch einen POK-Beispielsatz mit der Präposition an, vgl. (86). In Müller (2013, Bd.-III, S.-3067 f.), der für zurückschicken die Präpositionen an, auf, in, mit, nach, per, von und zu unterscheidet, lassen sich sogar die drei Varianten auffinden, vgl. (87) für eine Auswahl. Sommerfeldt/ Schreiber (1996, S.- 77 f.) schließlich erkennen zwar an, dass der rezipient mittels eines <?page no="124"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 124 Dativs oder einer an-PP ausgedrückt werden kann („b- - V: zurückschicken: Sd/ Sp (an)“), führen aber nur DOK-Sätze an, vgl. (88) für eine Auswahl: (84) <einem> [die Bücher] zurücke schicken , alicui libros remittere (85a) [einen Brief] <an den Empfänger> zurückschicken . (85b) er schickte [den Boten] mit einer Nachricht wieder <zu ihr> zurück . (86a) ich kann <dir> [das Buch] erst nächste Woche zurückschicken . (86b) [die Sendung] soll <an den Absender> zurückgeschickt werden. (87a) Der Betroffene hingegen versichert, [alle Schlüssel und Karten] <dem Betrieb> per Einschreiben zurückgeschickt zu haben. (87b) [Diese Tests] sollten <an die Praxis> zurückgeschickt werden […]. (87c) Frauenrechtlerinnen haben zudem beobachtet, dass die Polizei häufig viel Verständnis für die Männer haben und [die Frauen] nach einer Beschwerde <zu ihren Familien> zurückschickt , wo sie dann erst recht misshandelt werden. (88a) Der Bewerber schickt <der Kursleitung> [die Teilnahmeerklärung] zurück . (88b) Der Bürger hat <der Behörde> [einen Brief] zurückgeschickt . Auch für das Verb vorausschicken lassen sich aus sechs Wörterbüchern Informationen bezüglich der Realisierung des rezipienten ableiten. Das Grimmsche Wörterbuch (1864-1960, Bd.- XXVI, S.- 843), Wahrig/ Krämer/ Zimmermann (1980-1984, Bd.- VI, S.-600) und Duden (1999, Bd.-X, S.-4355) enthalten alle nur jeweils einen DOK-Beispielsatz, vgl. (89)-(91). Auch Sanders (1876, Bd.- II-2, S.- 915) weist mit dem allgemeinen „Jemand (oder Etwas), Einem (oder einer Sache) v.“ ausschließlich auf dativisch markierte rezipienten hin. Klappenbach/ Steinitz (Hg.) (1977-1978, Bd.-VI, S.-4185) und Duden (2001, S.-889) dagegen führen neben einem DOKje auch einen POK-Beispielsatz mit der Präposition an bzw. mit der Präposition zu an, vgl. (92) bzw. (93): (89) erlauben sie, dasz ich <ihren gründen> [einen von meiner façon] vorausschicke . (90) ich muß <meinem Vortrag> [folgendes] vorausschicken . (91) Professor Whitaker wird Sie anhören, wenn Sie <ihm> [meinen Brief] vorausschicken . (92a) er schickte <seinem Vortrag> zunächst [eine kurze Bemerkung] voraus . (92b) ehe er die Heimreise antrat, hatte er <an seine Mutter> [einen Brief] vorausgeschickt . <?page no="125"?> HISTORIScHE WöRTERbücHER 125 (93a) <der Diskussion> wird [eine kurze Einführung] vorausgeschickt . (93b) er hat [die Kinder] <zu den Großeltern> vorausgeschickt . 2.2.2.4 nachsenden, zuschicken und zusenden Für die Verben nachsenden, zuschicken und zusenden sind in den (Valenz-)Wörterbüchern ausschließlich Beispiele mit einem rezipienten im Dativ anzutreffen. Dabei handelt es sich für nachsenden insgesamt um sieben, für zuschicken um dreizehn und für zusenden um neun unterschiedliche Wörterbücher. 2.2.2.5 leihen und preisgeben Eine sehr ähnliche Tendenz zeigt das Verb preisgeben: Nur in Sanders (1876, Bd.- I, S.-552) wird, neben einigen DOK-Beispielsätzen, auch ein POK-Beispiel gegeben, das allerdings das Label „Seltner“ bekommt, vgl. (94). 39 In den übrigen zehn Wörterbüchern, die für dieses Verb ditransitive Beispiele enthalten, werden ausschließlich Beispielsätze mit einer Dativ-NP angeführt. (94) [Den Namen] öffentlich <an Zweideuteleien> preisgeben . Auch für das Verb leihen finden sich in insgesamt 21 der überprüften Wörterbücher ausschließlich DOK-Beispielsätze. Nur die drei jüngsten Valenzwörterbücher nehmen sowohl Beispiele mit einem rezipienten im Dativ als auch Beispiele mit einem präpositionalen rezipienten auf. Schumacher et al. (2004, S.-524 f.) und IDS Mannheim (2019) enthalten die gleichen drei POK-Beispiele (vgl. (95a)-(95c)), denen IDS Mannheim (2019) noch ein Viertes hinzufügt (vgl. (95d)). Außerdem wird in beiden Valenzwörterbüchern darauf hingewiesen, dass in leihen-Sätzen, in denen das Akkusativkomplement fehlt, kein Dativkomplement vorkommen könne und stattdessen die Präpositivergänzung verwendet werden könne. Daneben sind laut Schumacher (Hg.) (1986, S.- 743 f.), der zwar ausschließlich DOK-Beispielsätze anführt, bei dem Akkusativobjekt „Immobilien ausgeschlossen“, d. h. ein Satz wie *Er hat mir seinen See geliehen sei ungrammatisch. Müller (2013, Bd.- I, S.- 996 f.) unterscheidet neben an auch die Präpositionen bei, für und von sowie von-…- für / für-…- von. Die Sätze unter (96) stellen eine Auswahl der Beispielsätze mit einer an-PP dar: (95a) Die meisten Menschen leihen nicht gerne [Geld] <an Leute>, <<die sie nicht kennen>>. 39 Dieses Beispiel ist Henriette von Paalzows Roman Thomas Thyrnau (1843) entnommen. Der vollständige Satz lautet: „Wenn man eine deutsche Prinzessin ist, aus so edlem Hause, wie Ihr, sollte man wenigstens den Namen, den einem Gott gegeben, nicht öffentlich an Zweideuteleien Preis geben […]“. <?page no="126"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 126 (95b) Die Banken leihen [kein Geld] <an Firmen>, <<die in geschäftlichen Schwierigkeiten sind>>. (95c) Es gibt Firmen, die [ausländische Arbeiter] <an Bauunternehmer> leihen . (95d) Für die Banken ist es kein Risiko, [Geld] <an das verschuldete Berlin> zu leihen . (96a) [Fast ein Viertel des Vermögens] leihen Sie <an die Stadt>, <<die über ihre Verhältnisse lebt>>. (96b) Er lieh <an Friedfertig Söhne> [größere Summen]. (96c) Er sagte, dass wir [über 10 Milliarden] <an Deutschland> geliehen hatten. 2.2.2.6 vergeben Genau die umgekehrte Tendenz lässt sich bei dem Verb vergeben beobachten. In seiner Bedeutung ‚weggeben, verteilen‘ kommt vergeben in den überprüften Wörterbüchern nur ein einziges Mal in DOK-Beispielsätzen vor, und zwar im Grimmschen Wörterbuch (1854-1960, Bd.- XXV, S.- 381-388), vgl. (97)-(99) für eine Auswahl. 40 Der Beispielsatz in (97) aus der Feder von Martin Luther, der neben vergeben noch sechs weitere Infinitive enthält, und der Satz in (98) sind in die Kategorie „ursprüngliche bedeutung fortgeben, hinweggeben“ eingestuft. Der DOK-Satz in (99) gehört zu einer Subkategorie, die das „verheiraten der töchter oder mädchen, die im hause leben“ bezeichnet. Generell bemerken Grimm/ Grimm (1854-1960, Bd.- XXV, S.-381), dass vergeben eine „zusammensetzung mit geben [ist], dessen bedeutung ver entweder verstärkt oder ins böse umkehrt“: (97) aber die heilige munchtauffe ist so heilig .. das ein widerteuffer .. [alle seine folgende werck und leben] .. als einen uberflüssigen schatz seiner himlischen güter mitteilen, verkeuffen, vergeben , schencken, leihen, fürstrecken und darthun mag <allen armen elenden christen> […]. (98) ein umstand macht, dasz Veit sein weib nicht völlig liebt / und dasz er, [was der frau gehört], <der magd> vergiebt . (99) sie hörten .. der edelmann vergäbe [seine zofe] <dem verwalter>. 40 Daneben findet sich beispielsweise das althochdeutsche cot almahtîco, dû himil enti erda gauuorahtôs enti dû mannun sô manac coot forgâpi, forgip <mir> in dînô ganâdâ [rehta galaupa], das aus dem Wessobrunner Gebet stammt. Auch wann wi [ich] <gott> vergeben bin, / so stät doch in die welt mein sinn ist als Beispiel aufgenommen. Grimm/ Grimm (1854-1960, Bd.-XXV, S.-381) bemerken allerdings, dass letzteres vergeben sein „heute“ mit dem Verb ergeben sein ausgedrückt wird. <?page no="127"?> HISTORIScHE WöRTERbücHER 127 Paul (1908, S.-596) betont, dass sich (seiner Ehre, Würde) etwas vergeben „einen besondern Sinn“ angenommen habe, d. h. der Dativ bezeichne hier etwas, „was beeinträchtigt wird“, und sei somit „anderer Art als sonst neben geben“. 2.2.2.7 geben und übersenden Bemerkenswert für geben und übersenden ist, dass viele der jüngeren Wörterbücher nur Beispiele mit einem rezipienten im Dativ enthalten. In der sprachwissenschaftlichen Literatur wird im Hinblick auf geben sogar bis heute behauptet, das Verb komme in der deutschen Standardsprache nicht mit einem präpositionalen rezipienten vor (vgl. u. a. Zifonun/ Hoffmann/ Strecker 1997, S.- 1320-1322; Sabel 2002, S.-231; Hentschel/ Vogel (Hg.) 2009, S.-60 f.; Adler 2011, S.-18). In verschiedenen älteren Wörterbüchern kann man aber sowohl für geben als auch für übersenden auch POK-Beispiele antreffen. Das älteste Wörterbuch, das für das Verb geben auf die Existenz von POK hinweist, ist Adelung (1793-1801, Bd.-II, S.-446-449). In Anlehnung an Stosch (1780, S.-109 f.) erwähnt er ausdrücklich: „Wenn geben für abgeben stehet, so wird statt des Datives der Person die Präposition an gebraucht“. Es scheint außerdem so, dass die beiden POK-Beispiele (vgl. (100)) ebenfalls auf Stosch (1780, S.- 109 f.) basieren (siehe Abschn.-2.1.2). Auch Campe (1807-1811, Bd.-II, S.-238-240) nennt, zwar ohne weitere Erklärung, zwei POK-Beispielsätze, vgl. (101): (100a) Von dem Gewinste [fünf von Hundert] <an das Waisenhaus> geben . (100b) Ich habe [den Brief] <an deinen Bruder> gegeben . (101a) [Den Brief] <an die Behörde> geben . (101b) [Sein Vermögen] <an die Armen, an die Kirche> geben . Neben ein paar hundert DOK-Beispielen führen auch Grimm/ Grimm (1854-1960, Bd.- IV, S.- 1665-1725) einige POK-Beispielsätze an, u. a. sogar aus dem 13. und 14.-Jahrhundert. Der Beispielsatz in (102) stammt aus dem Stadtbuch von Augsburg. Insbesondere betrifft es „das Stadtrecht vom Jahre 1276“, in dem sich der betreffende Satz unter „Hochzeit ordnung“ findet (Meyer (Hg.) 1872, S.-243). Die an-PP besteht aus dem Nomen baw ‚Bau‘, dem der Genitiv dieser stat ‚dieser Stadt‘ vorangestellt ist. Der Satz in (103) ist dem Alten Stadtrecht von Meran entnommen. Eine genaue Datierung dieses Schriftstücks fehlt, aber vermutlich ist es während des 14.-Jahrhunderts entstanden. 41 Grimm/ Grimm (1854-1960, Bd.-IV, S.-1680) scheinen hier außer- 41 Das Deutsche Rechtswörterbuch (DRW) datiert das Meraner Stadtrecht („MeranStR“) entweder nicht oder mit „14. Jh.“, z. B. unter dem Lemma Gesetzde. Außerdem wird in Kapitel- VII das Jahr 1337 er- <?page no="128"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 128 dem die Dativalternation zu erkennen, indem sie bemerken: „der zins dem lehenherrn, das geschosz dem rate. für an die stat in Meran […] hiesz es auch dem rate geben“: (102) swer diu gesetzt .. brichet .. der sol geben hie <an diser stat baw> [zehen pfunt pfenning] […]. (103) eʒ sol ouch nieman in der stat wîn schenken denn aleine der waht und stiure gît (bürger ist). wolte aber ander ieman schenken in der stat .. der sol geben <an die stat> von ieglichem fuoder [ein pfunt Berner]. Daneben werden auch ein paar jüngere POK-Beispielsätze angeführt, vgl. (104)- (105). Sie finden sich beide unter der Bedeutung „sich selber hingeben, ergeben, übergeben“ (Grimm/ Grimm 1854-1960, Bd.-IV, S.-1719 f.), wobei sich die Heroli „als unterthanen“ geben bzw. sich die sie-Figur „als braut“ gibt. 42 Der Beispielsatz in (104) stammt aus Sigmund Meisterlins Chronik der Reichsstadt Nürnberg, die um das Jahr 1488 abgefasst wurde (Hegel 1864, Bd.-III, S.-53). Der Satz in (105) ist Lessings Drama Damon, oder die wahre Freundschaft aus dem Jahr 1747 entnommen: (104) die Heroli warden von iren landen vertriben, gaben [sich] <an den kaiser>. (105) sie wird [sich] <an Leandern> nun ohne schwierigkeit geben . Auch in Sanders (1876, Bd.- I, S.- 548-550) finden sich unter dem Stichwort geben zwei Beispiele mit einem präpositionalen rezipienten, vgl. (106)-(107). Auffallend ist der von ihm gemachte Unterschied zwischen einem Dativ der Person, der den „[u]nmittelbare[n]“ Empfänger bezeichne, und einer an-PP, womit man den „mittelbare[n] Empfänger“ bezeichne. Sanders (1876) verdeutlicht diesen Unterschied, indem er den DOK-Satz Er gab dem Bettler Geld dem POK-Satz in (106) gegenüberstellt: Während die Armen das Geld über eine Mittelsperson erhalten, bekommt der Bettler es direkt aus der Hand des Subjekts. Auch der Beispielsatz in wähnt: „Nâch Kristî gebürte tûsent unde driu hundert jâr unde darnâch in dem siben unde drîzigesten jâr (1337)“ (Pfeiffer 1848, S.- 419). Somit kann dieses Jahr als Terminus post quem interpretiert werden (Speer 2018). 42 Weitere POK-Sätze, in denen sich die an-PP aber nicht wirklich als rezipient interpretieren lässt, sind z. B.: (i) solt ich mich selber also an die axt geben , und sagen was ich gethon hab? (1721, Bd.-IV) : in der Bedeutung ‚sich ans Messer liefern‘, ‚sich in den Tod geben‘; (ii) ich hatte gehofft, man sollt sich hinfurt an die heilige schrift selb geben (1723-1724, Bd.-IV) : übertragen, ‚auf allerlei thun, auf das man sich einläszt, in das man eingeht, das man vornimmt, eigentlich indem man sich dazu hin oder hinein bewegt‘; (iii) den fünften nachmittag gab er sich an den bräutigam (1724, Bd.-IV) : in der Bedeutung ‚begann ihn zu malen‘. <?page no="129"?> HISTORIScHE WöRTERbücHER 129 (107) illustriert diesen Unterschied, d. h. der Verwalter fungiert als Vermittler- - oder unmittelbarer rezipient- - in der jährlichen Zahlung an den Gutsherrn, der der mittelbare rezipient ist: (106) Er giebt [viel Geld] <an die Armen>, [[das er unter sie vertheilen lässt]]. (107) Er gab <dem Verwalter> [den Zehnten], [den] er jährlich <an den Gutsherrn> zu geben hat. Schließlich enthalten auch einige der Valenzwörterbücher Beispielsätze mit einer an-PP, und zwar Schwarz (1899, S.-85-87, vgl. (108)), Müller (2013, Bd.-I, S.-577 f., vgl. (109)) und IDS Mannheim (2019, vgl. (110) für eine Auswahl). 43 IDS Mannheim (2019) erwähnt außerdem ausdrücklich, dass statt eines Dativkomplements („K dat “) „gelegentlich“ ein Präpositivkomplement mit der Präposition an („K prp [an +Akk]“) verwendet werde. Ähnlich wie bei dem Verb zurückschicken bilden Sommerfeldt/ Schreiber (1996, S.-69 f.) auch hier einen Sonderfall: Obwohl sie explizit darauf hinweisen, dass der rezipient entweder anhand eines Dativs oder einer an-PP ausgedrückt werden könne („b- - V: geben: Sd/ Sp (an)“), geben sie wiederum nur DOK- Beispielsätze, vgl. (111) für eine Auswahl: (108) [Sein Vermögen] <an die Armen> geben . (109) Prodi gibt [EU-Schlüsselresorts] <an Schreyer und Verheugen>. (110a) Die Polizeibeamten haben [ihr Material] <an die Redaktion> gegeben . (110b) [S]ie hätten [die Milch] lieber kostenlos <an Kindergärten, Schulen, Altenheime und an die Tafel> geben sollen. (111a) Die Verkäuferin gibt <dem Kunden> [die bezahlte Ware]. (111b) Sie gibt <den Schülern> [die Aufsatzhefte]. Für das Verb übersenden lässt sich eine ähnliche Tendenz feststellen: Obwohl in einer Reihe von jüngeren Wörterbüchern nur DOK-Beispiele zu finden sind, enthalten verschiedene ältere Wörterbücher daneben auch Beispielsätze mit einem präpositionalen rezipienten. Das ist der Fall bei Adelung (1793-1801, Bd.-IV, S.-775)-- nach dem übersenden „in der edlern Schreibart für das gemeinere überschicken“ gebraucht werde- -, Campe (1807-1811, Bd.- V, S.- 45), Grimm/ Grimm (1854-1960, Bd.- XXIII, S.-543 f.) und Heyne (1905-1906, Bd.-III, S.-1107). Für die POK-Beispiele mit der Präposition zu handelt es sich jedoch jeweils um die gleichen zwei Sätze: Pilatus über- 43 Das von Schwarz (1899, S.-86) angeführte POK-Beispiel ist einem der beiden Beispielsätze von Campe (1807-1811, Bd.-II, S.-238) sehr ähnlich, vgl. (101). <?page no="130"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 130 sandte Jesum zu Herodes (in Adelung und Campe) und übersandte er in zu Herodes (in Grimm/ Grimm und Heyne), wobei in ebenfalls Jesum betrifft. Im Grimmschen Wörterbuch (1854-1960, Bd.- XXIII, S.- 544) gibt es außerdem ein POK-Beispiel mit der Präposition an, in dem übersenden als eine „trennbare verbindung“ vorkommt, vgl. (112). Das Beispiel ist allerdings syntaktisch ambig, weil nicht klar ist, ob an einige als separates Präpositionalkomplement oder als ein an das Nomen briefe angebundenes Präpositionalattribut zu interpretieren ist: (112) dasz ein manderin … [drey briefe] <an einige> … übergesandt hätte. Innerhalb der Gruppe der Valenzwörterbücher ist das Verb übersenden ausschließlich in Sommerfeldt/ Schreiber (1996, S.-78 f.) verzeichnet. Anhand der schematischen Darstellung „b---V: übersenden: Sd/ Sp (an)“ wird die Dativalternation explizit anerkannt und mit dem Beispielsatz in (113) illustriert: (113) Das Bauamt übersendet <dem Bürger> / <an den Bürger> [die Baugenehmigung]. 2.2.2.8 ausleihen, einschicken und einsenden Anders als für geben und übersenden sind für das Verb einschicken in den drei Duden- Wörterbüchern sowohl DOKals auch POK-Beispiele mit der Präposition an aufzufinden. Duden (1999, Bd.-III, S.-973) enthält neben zwei DOK-Beispielen (vgl. (114)) auch einen Beispielsatz, mit dem-- dadurch, dass der Dativ und die entsprechende an-PP nebeneinander gestellt werden-- explizit auf die Dativalternation hingewiesen wird, vgl. (115). Letzterer Beispielsatz findet sich auch in den beiden anderen Duden-Wörterbüchern. 44 Daneben enthält Duden (2001, S.-259 f.) noch ein weiteres POK-Beispiel, das als Alternante des ersten hier gegebenen DOK-Beispielsatzes fungiert, vgl. (116): (114a) <der Versicherung> [eine Rechnung] einschicken . (114b) Wenn Sie Interesse an dieser Tätigkeit haben, schicken Sie <uns> bitte [Ihre Bewerbung] ein . (115) Er hat [die Probe] <einem Institut>, <an ein Institut> eingeschickt . (116) [eine Rechnung] <an die Versicherung> einschicken . Die übrigen Wörterbücher, in denen ditransitive einschicken-Beispielsätze verzeichnet sind (Adelung 1793-1801, Bd.-I, S.-1736; Heyne 1896, S.-317; Klappenbach/ Stei- 44 In Duden (2015, S.-492) ist das Subjekt des Satzes nicht er, sondern sie. <?page no="131"?> HISTORIScHE WöRTERbücHER 131 nitz (Hg.) 1977-1978, Bd.-II, S.-979; Wahrig/ Krämer/ Zimmermann 1980-1984, Bd.-II, S.-418), enthalten dagegen alle ausschließlich Beispiele mit einem dativisch markierten rezipienten, vgl. (117) bis (120): (117) Man hat <mir> [die Briefe], [die Waaren] noch nicht eingeschickt . (118) <einem> [eine summe geldes], [eine bittschrift] einschicken . (119) Er hatte <der Steuerbehörde> [den Geldbetrag], <dem Amt> [seine Beschwerde], <dem Institut> [eine Gesteinsprobe], <der Jury> [sein Stück] eingeschickt . (120a) <dem Herstellungswerk> [einen Apparat] zur Reparatur einschicken . (120b) <einer Zeitung> [einen Artikel], [ein Manuskript] einschicken . Eine ähnliche Tendenz lässt sich auch beim Verb einsenden beobachten. Die drei ältesten Wörterbücher, aus denen Informationen bezüglich der Realisierung des rezipienten abzuleiten sind, erwähnen für dieses Verb jeweils nur eine der beiden Alternanten: Frisch (1741, Bd.-II, S.-264) weist im betreffenden Wörterbuchartikel nur auf POK mit der Präposition an hin, vgl. (121); in Adelung (1793-1801, Bd.-I, S.-1745) und Klappenbach/ Steinitz (Hg.) (1977-1978, Bd.-II, S.-987) finden sich dagegen ausschließlich DOK-Beispiele, vgl. (122) bzw. (123): (121) einsenden , mittere ad aliquem, sonderlich <an gewisse Collegia>, als [einen Bericht], und [andere Sachen], schrifftlich (122) Man hat <uns> [den Bericht] noch nicht eingesandt . (123a) <der Krankenkasse> [die Rechnung], [Quittung] einsenden . (123b) [ein Theaterstück] <der Zensur>, <Jury> einsenden . Die vier jüngsten Wörterbücher dagegen weisen auf die beiden Alternanten hin: Wahrig/ Krämer/ Zimmermann (1980-1984, Bd.- II, S.- 423) führt einen separaten DOK- und POK-Satz (vgl. (124)) an, die Duden-Wörterbücher stellen die Alternanten in einem Satz nebeneinander, vgl. (125) für Duden (1999, Bd.-III, S.-979; 2015, S.-494) und (126) für Duden (2001, S.-262): (124a) [Anfragen], [Artikel], [Manuskripte] <einem Verlag>, <einer Zeitung> einsenden . (124b) [die Lösung] ist <an den Hessischen Rundfunk> einzusenden . (125) Er sandte [das Gedicht] <einer Zeitung>, <an eine Zeitung> ein . <?page no="132"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 132 (126) Sie sandte [das Gedicht] <einer Zeitung> ein , hat [es] <an eine Zeitung> eingesandt . Für das Verb ausleihen gilt ebenfalls, dass die drei Duden-Wörterbücher (1999, Bd.-I, S.-397; 2001, S.-129; 2015, S.-229) sowohl Beispiele mit einem rezipienten im Dativ als auch Beispiele mit einer an-PP enthalten, vgl. (127) bis (129) für eine Auswahl: (127a) Sie leihen <mir> auf eine Stunde [Ihre Maschine] aus . (127b) Heute sollen sogar [40 BVG-Busfahrer] <an die Stadtreinigung> ausgeliehen werden. (128a) Ich habe <ihm> [den Plattenspieler], [meine Luftmatratze] ausgeliehen . (128b) Er lieh [seine Platten] <an seine Freunde> aus . (129) Ich habe <ihm>/ <an ihn> [ein Buch] ausgeliehen . Im Gegensatz dazu findet sich in den übrigen Wörterbüchern wieder jeweils nur eine der beiden Varianten: Während Heyne (1896, S.- 109; 1905 -1906, Bd.- I, S.- 231) nur einen Satz mit einem präpositionalen rezipienten anführt (vgl. (130)), gibt es in Klappenbach/ Steinitz (Hg.) (1977-1978, Bd.-I, S.-342) und Wahrig/ Krämer/ Zimmermann (1980-1984, Bd.- I, S.- 433) ausschließlich DOK-Sätze, vgl. (131) bzw. (132) für eine Auswahl. Auch Sommerfeldt/ Schreiber (1996, S.-71) weisen mit „b-- V: ausleihen: Sd“ nur auf einen rezipienten im Dativ hin, vgl. (133) für eine Auswahl: (130) [geld], [bücher] <an einen> ausleihen . (131a) <jmdm.> [eine Summe] kurz-, langfristig, gegen Deckung ausleihen . (131b) Ich habe <ihm> [ein Buch] ausgeliehen . (132a) Ich habe <ihm> [mein Fahrrad] ausgeliehen . (132b) <Ihm> werde ich nie [etwas] ausleihen . (133a) Der Kaufmann leiht <seinem Geschäftsfreund> kurzfristig [einen größeren Geldbetrag] aus . (133b) Der Wissenschaftler leiht <seinem Kollegen> [die Neuerscheinung] aus . 2.2.2.9 übergeben, verleihen und zurückgeben Die vorletzte Gruppe, die sich unterscheiden lässt, besteht aus übergeben, verleihen und zurückgeben. Diese Verben haben gemeinsam, dass die jüngsten (Valenz-)Wörterbücher sowohl DOKals auch POK-Beispiele enthalten, während in den meisten <?page no="133"?> HISTORIScHE WöRTERbücHER 133 älteren Wörterbüchern ausschließlich auf dativisch markierte rezipienten hingewiesen wird. Allerdings gibt es für jedes dieser Verben auch einige historische Wörterbücher, die bereits für beide Varianten Beispielsätze anführen. Die ältesten Wörterbücher, in denen sich für übergeben beide Alternanten finden, sind Grimm/ Grimm (1854-1960, Bd.-XXIII, S.-251-256; vgl. (134)) und Heyne (1896, S.-1179; 1905-1906, Bd.-III, S.-1095), vgl. (135) bzw. (136). Heyne erkennt dabei explizit die Dativalternation an, indem er die beiden Alternanten nebeneinander stellt: (134a) [den geologischen aufsatz] <an den buchdrucker> übergeben . (134b) dieser übergab … <an Hiob>, [[was er von schriftlichen ausweisen erhalten]]. (134c) ich übergebe [mich] aufs neue, / o du mein herr und gott <an dich>. (135) [etwas] <einem>, <an einen> übergeben . (136) [briefchen], [auftrag] <einem>, <an einen> übergeben . Für das Verb zurückgeben weisen sowohl die drei Duden-Wörterbücher (1999, Bd.-X, S.- 4677; 2001, S.- 967 f., 2015, S.- 2095) als auch die beiden Valenzwörterbücher, in denen das Verb verzeichnet ist (Sommerfeldt/ Schreiber 1996, S.- 69 f.; Müller 2013, Bd.- III, S.- 3048), auf beide Alternanten hin. Unter den Wörterbüchern, die vor den 1990er Jahren veröffentlicht wurden, enthält aber nur das Grimmsche Wörterbuch (1854-1960, Bd.- XXXII, S.- 691 f.) ein Beispiel mit einem präpositionalen rezipienten, vgl. (137). Dabei ist das thema Friesland topikalisiert, der rezipient ist ein Eigenname ohne Determinierer: (137) [Friesland] hatte er indessen schon <an Östreich> zurückgegeben . Im Vergleich zu übergeben und zurückgeben finden sich für das Verb verleihen POK- Beispiele in noch älteren Wörterbüchern, und zwar in Adelung (1793-1801, Bd.-IV, S.- 1082), Campe (1807-1811, Bd.- V, S.- 326) und Heyse/ Heyse (1833-1849, Bd.- III, S.-1570 f.). Es handelt sich um sehr ähnliche Beispielsätze, wobei jeweils-- entweder im Satz selbst oder im unmittelbaren Kontext- - auf die entsprechende Alternante mit einem rezipienten im Dativ hingewiesen wird, vgl. (138) bis (140): (138) [Ein Gut] <an jemanden> verleihen , <ihm> [ein Gut] verleihen , daß er den Tempel zu seinem jährlichen Nutz brauchen wollt. (139) [Ein Gut] <an jemand> verleihen . <Einem> [ein Gut] verleihen . (140) <einem> od. <an einen> [ein Gut] verleihen . <?page no="134"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 134 2.2.2.10 schicken, senden und verkaufen Die letzte zu unterscheidende Gruppe umfasst die Verben schicken, senden und verkaufen, die (nahezu) in allen (Valenz-)Wörterbüchern verzeichnet sind. Die einzige Ausnahme ist Schumacher (Hg.) (1986), in dem die Stichwörter schicken und senden beide fehlen. Von den 24 (Valenz-)Wörterbüchern, die für das Verb verkaufen ditransitive Sätze aufweisen, enthalten insgesamt 18 Wörterbücher die beiden Alternanten: Kramer (1700-1702, Bd.- I, S.- 759-762), Steinbach (1734, Bd.- I, S.- 838), Heyne (1896, S.-1209; 1905-1906, Bd.-III, S.-1208) und Götze/ Mitzka/ Brodführer (1939-1957, Bd.-VII, S.-469) führen dagegen nur DOK-Beispielsätze an, während sich in Klappenbach/ Steinitz (Hg.) (1977-1978, Bd.-VI, S.-4063) nur POK-Beispiele ausfindig machen lassen. 45 Genau wie für leihen wird auch für verkaufen darauf aufmerksam gemacht, dass in einem Satz ohne Akkusativkomplement das Dativkomplement ebenfalls wegfalle. Stattdessen könne jedoch eine Präpositivergänzung realisiert werden (vgl. Schumacher (Hg.) 1986, S.- 741 f.; Schumacher et al. 2004, S.- 782 f.; IDS Mannheim 2019). Das älteste Wörterbuch, das auf beide Alternanten hinweist, ist Adelung (1793-1801, Bd.-IV, S.-1067), vgl. (141): (141a) Cartesius verkaufte <uns> [Träume] für Wahrheiten. (141b) [Etwas] <an einen>, oder <einem> [etwas] verkaufen . Auch für die Verben schicken und senden weist der weitaus größte Teil der überprüften (Valenz-)Wörterbücher sowohl DOKals auch POK-Beispielsätze auf. Für schicken betrifft es insgesamt 21 der 25 Wörterbücher. Stieler (1691, Bd.- II, S.- 1773 f.), Kramer (1700-1702, Bd.-II, S.-509 f.) und Schwarz (1899, S.-151) enthalten ausschließlich DOK-Sätze, Frisch (1741, Bd.- II, S.- 176 f.) weist nur auf POK hin. Auffällig bei Frisch (1741) ist der Unterschied zwischen etwas an einem (sic) (mittere aliquid ad aliquem) schicken und einen zu einem (legare aliquem ad aliquem) schicken, wobei angeblich ein unbelebtes Akkusativobjekt (etwas/ aliquid) mit einer an-PP und ein belebtes Akkusativobjekt (einen/ aliquem) mit einer zu-PP verknüpft wird. Dass sich Sätze mit einer (belebten) an-PP aber keineswegs ausschließlich auf unbelebte Akkusativobjekte beschränken, zeigen verschiedene schicken-Beispielsätze aus u. a. Campe (1807-1811, Bd.- VI, S.- 120 f.), Grimm/ Grimm (1854-1960, Bd.- XIV, S.-2644-2657), Sanders (1876, Bd.-II-2, S.-914 f.) und Heyne (1896, S.-990 f.; 1905-1906, Bd.-III, S.-320-322), vgl. (142) bis (145). All diese Sätze enthalten sowohl ein belebtes thema als auch einen belebten rezipienten: 45 In Kramer (1700-1702, Bd.- I, S.- 759-762) findet sich neben dem DOK-Beispiel dem Feind eine Stadt verkaufen auch der Satz das Landgut eines Schuldigers ans Obrigkeitlichen Befehl verkauffen lassen. Vermutlich handelt es sich hier allerdings um einen Druckfehler und ist statt ans die Präposition auf gemeint (auf Obrigkeitlichen Befehl kommt in den älteren Quellen öfter vor). Der Satz wurde deshalb nicht als ein POK-Beispiel betrachtet. <?page no="135"?> HISTORIScHE WöRTERbücHER 135 (142) [Einen] mit Aufträgen, in eigenen Angelegenheiten <an jemand> schicken . (143) wir schiken [einen expressen] <an ihn>. (144) <Einem> oder <an Einen> Etwas, z. B. einen Brief, ein Packet, [einen Boten] schicken . (145) [boten] zu, nach einem, <an einen> schicken . Umgekehrt kommen Sätze mit einer (belebten) zu-PP auch mit unbelebten Akkusativobjekten vor, wie einige Beispiele aus dem Grimmschen Wörterbuch (1854-1960, Bd.- XIV, S.- 2644-2657) zeigen, vgl. (146). Diese Beispielsätze widerlegen somit die folgende von Helbig/ Schenkel (1969, S.-300) erwähnte Anmerkung für sowohl schicken als auch senden: „Wenn bei V1 p-= zu, bleibt Sa beschränkt auf +Anim“: 46 (146a) item so schick ich <zu den Cartheusern> [mein pests buch]. (146b) würde er dann [so viel klag-episteln] <zu den curatoren der Leydensischen academi> geschickt haben? Ähnlich wie Aichinger (1754, siehe Abschn.-2.1.2) für das Verb senden scheint auch Adelung (1793-1801, Bd.-III, S.-1437-1439) für schicken ausdrücklich die Alternation zwischen einem Dativ (mir) und der entsprechenden zu-PP (zu mir) anzuerkennen: Personen werden geschickt, wenn man ihnen Befehl oder Auftrag ertheilet, sich an einen Ort zu begeben. Der Ort, wohin man schickt, bekommt die Vorwörter zu, in, nach, an u. s. f. Einen Bothen nach der Stadt, in die Stadt schicken. Schicke deinen Bedienten zu mir. […] Zuweilen stehet auch die dritte Endung der Person. Schicke mir deinen Bruder, oder schicke ihn zu mir. Ein sehr ähnliches Beispiel findet sich außerdem in Campe (1807-1811, Bd.- IV, S.-120 f.), der somit ebenfalls POK ZU als Alternative zu einem DOK-Satz anführt: Man schickt Personen nach, an, in einen Ort, zu einer Person, wenn man ihr Befehl, Auftrag ertheilt, sich an einen Ort, zu einer Person zu begeben. Zuweilen auch mit dem dritten Falle der Person. Schicke mir einmahl den Bedienten, für, schicke ihn zu mir. In ähnlicher Weise betrachten auch Helbig/ Schenkel (1969, S.-299 f.) die Präpositionen („p“) an, in und zu als „Richtungspräpositionen“. In einer späteren Version dieses Valenzwörterbuchs (ebd., S.-436 f.) wird jedoch ausdrücklich zwischen der Präposition an („p 1 “) einerseits und den Präpositionen in, nach- … („p 2 “) andererseits 46 Abkürzungen: V1-= Variante 1 des Verbs schicken (d. i. ‚senden‘), p-= Präposition, Sa-= Substantiv im Akkusativ, +Anim- = ‚animate‘ (belebtes Wesen). In Helbig/ Schenkel (1991, S.- 438) gibt es diese Anmerkung dagegen bei keinem der beiden Verben. <?page no="136"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 136 unterschieden: Während die an-PP entweder ein menschliches Wesen („Hum“, an seinen Vater) oder eine Institution („Abstr (als Hum)“, an das Institut) bezeichne, drückten in, nach- … nur eine Richtung („Dir“, in das Zeltlager) aus. Dementsprechend wird auch die schematische Darstellung der Verbvalenz umgestaltet: Die allgemeinere, ursprüngliche Darstellung „schicken → Sn, Sa, (Sd/ pS)“ (1969, S.-299), in der alle Präpositionen als eine einheitliche Gruppe von Richtungspräpositionen („p“) präsentiert werden, wird nämlich „schicken → Sn, Sa, (Sd/ p 1 S), (p 2 S)“ (1991, S.-436). In dieser neueren Darstellung wird ausschließlich die an-PP („p 1 S“) als Variante des Dativobjekts betrachtet; PPs mit einer anderen Präposition als an werden separat behandelt („p 2 S“). 47 Über den genauen Stellenwert der Präpositionen an und zu beim Verb schicken scheint es also keine völlige Klarheit zu geben. Dieselbe Beobachtung trifft auf die Erläuterungen über die beiden Präpositionen beim Verb senden zu. Auch für das Verb senden („senden → Sn, Sa, (Sd/ p 1 S), (p 2 S)“) behandeln Helbig/ Schenkel (1991, S.-439 f.) die Präposition an getrennt von den sog. Richtungspräpositionen in, nach-… In der älteren Version (Helbig/ Schenkel 1969, S.-302 f.) wird ausschließlich zwischen an und zu unterschieden; andere Präpositionen werden nicht genannt. Sowohl an als auch zu lassen sich den Autoren zufolge mit einem Substantiv kombinieren, das ein menschliches Wesen („Hum“, an den/ zum Vater) oder eine Institution („Abstr (als Hum)“, an das/ zum Institut) bezeichnet. Laut Schumacher et al. (2004, S.- 663) drücken eine an-PP und eine zu-PP an erster Stelle den Zielort aus, aber indirekt würden sie auch auf eine Person, Institution oder Veranstaltung Bezug nehmen. 48 In Helbig/ Schenkel (1991, S.-436-440) wird die Präposition zu nicht mehr explizit genannt-- weder für schicken, noch für senden. Für das Verb senden enthalten insgesamt 19 der 24 Wörterbücher Beispielsätze für beide Alternanten. Das ist nicht der Fall bei Stieler (1691, Bd.- II, S.- 2009), Adelung (1793-1801, Bd.- IV, S.- 55), Heyne (1896, S.- 1065), Wahrig/ Krämer/ Zimmermann (1980-1984, Bd.- V, S.- 736) und Schwarz (1899, S.- 166), da sie alle nur Beispiele mit einem rezipienten im Dativ anführen. Auffallend bei Stieler (1691, Bd.-II, S.-2009), das als ältestes Wörterbuch für keines der untersuchten Verben POK-Beispiele enthält, ist die lateinische Übersetzung epistolam dare ad aliquem für einem Briefe sen- 47 Abkürzungen: Sn-= Substantiv im Nominativ, Sa-= Substantiv im Akkusativ, Sd-= Substantiv im Dativ, pS-= präpositionales Substantiv, p 1 S-= präpositionales Substantiv mit der Präposition an, p 2 S-= präpositionales Substantiv mit einer Richtungspräposition (in, nach-…). Sn und Sa sind jeweils die obligatorischen, die Elemente zwischen Klammern die fakultativen Mitspieler. 48 Für das Verb senden werden die Präpositionen an und zu zusammen behandelt („an- + A/ zu- + D/ …: Zielort/ [indirekt Person/ Institution/ Veranstaltung]“). Für schicken dagegen finden sich „an-+ A: Zielort [indirekt Person]“ und „zu-+ D: Zielort [indirekt Person/ Ereignis/ Handlung]“ (Schumacher et al. 2004, S.-624). <?page no="137"?> HISTORIScHE WöRTERbücHER 137 den: Anders als im Deutschen wird der rezipient hier nicht anhand eines Dativs (aliquo), sondern anhand einer ad-PP-+ Akkusativ ausgedrückt. Genau wie für schicken, lassen sich auch für senden verschiedene Beispiele auffinden, in denen sowohl die an-PP als auch das Akkusativobjekt belebt sind, vgl. Kramer (1700-1702, Bd.-II, S.-768-770), Steinbach (1734, Bd.-II, S.-344 f.), Grimm/ Grimm (1854-1960, Bd.-XVI, S.-573-576), Sanders (1876, Bd.-II-2, S.-1078) und Götze/ Mitzka/ Brodführer (1939-1957, Bd.-VI, S.-334-336) in (147) bis (151). Im Grimmschen Wörterbuch (1854-1960, Bd.- XVI, S.- 573-576) gibt es auch für die Präposition zu ein Beispiel, in dem ein belebter rezipient mit einem unbelebten thema kombiniert wird, vgl. (152): (147) [der Engel Gabriel] ward gesandt <an Maria>. (148a) [Freunde] <an einen> senden . (148b) [einen Bothen] <an seinen Freund> senden . (149) <an diesen gröszeren> bin [ich] gesendet . (150) [Ich] bin <an euch> gesandt . (151) <An Alexis> send‘ ich [dich], / Er wird, Rose, dich nun pflegen. (152) die botten namen das haupt und den leib des heiden, und sandten [den] <zu jrem herren dem künig>. In vielen Wörterbüchern wird außerdem auf den stilistischen Unterschied zwischen schicken und senden eingegangen. Bereits in der ersten Hälfte des 18.-Jahrhunderts bemerkt Frisch (1741, Bd.-II, S.-264), dass das Verb senden für „höher[e] Persohn[en]“ benutzt werde, „von geringen sagt man lieber schicken“. Auch Adelung (1793-1801, Bd.-III, S.-1437 f.) beschreibt unter dem Stichwort schicken: Da dieses Zeitwort, wenn es von Personen gebraucht wird, einen Befehl, oder doch einen vertraulichen Auftrag voraus setzt, so verstehet es sich von selbst, daß man dieses Wort nicht gebrauchen kann, wenn man nur zu bitten hat, und sich mit Anstand und Behutsamkeit ausdrucken will. Einen Höhern schickt man nicht. […] [D] ieses Wort [ist], wie schon Stosch bemerket, im gemeinen Leben und der vertraulichen Sprechart am üblichsten; in der höhern gebraucht man dafür senden, besonders wenn von wichtigen Dingen und Personen die Rede ist. Eben dieses gilt auch von den Zusammensetzungen abschicken, verschicken, einschicken, wegschicken u. s. f. Dass schicken mehr „im gemeinen Leben“, senden aber „nur in der anständigern und höhern Schreibart“ benutzt werde (Adelung 1793-1801, Bd.-IV, S.-55), wird auch regelmäßig in jüngeren Wörterbüchern bemerkt. Campe (1807-1811, Bd.- IV, S.- 120) <?page no="138"?> HISTORIScHE gRAMMATIKEN, LEHRbücHER uND WöRTERbücHER 138 beispielsweise betont, dass schicken „nur von Höhern gegen Niedere oder von Personen, die sich gleich sind“ gebraucht werde; senden dagegen verwende man, „wenn von höhern Personen und von wichtigen Dingen die Rede ist und überhaupt in der höhern Schreibart“. Dem sinnverwandten schicken gegenüber ist das Verb senden laut Heyse/ Heyse (1833-1849, Bd.-II, S.- 905) „edler“ und es werde „bes[onders] bei wichtigen Aufträgen und Geschäften“ benutzt. Außerdem bemerkt Sanders (1876, Bd.- II-2, S.- 1078), dass das Verb senden- - als der „edlere Ausdr[uck] der gehobnen Sprache“-- „ungemein oft in der Bibel“ vorkomme. In verschiedenen anderen Wörterbüchern wird senden mit dem Adjektiv „gewählter“ umschrieben. Laut Grimm/ Grimm (1854-1960, Bd.-XVI, S.-573) und Götze/ Mitzka/ Brodführer (1939-1957, Bd.- VI, S.- 64, 335) gelte senden gegenüber schicken „als der gewähltere ausdruck“. Beide erwähnen außerdem, dass senden nicht „volkstümlich“ sei. In ähnlicher Weise betrachtet auch Paul (1908, S.-492) das Verb senden als „das gewähltere Wort“, das aber „in der Umgangsform durch schicken zurückgedrängt“ sei. Grimm/ Grimm (1854-1960, Bd.- XVI, S.- 574) scheinen allerdings zwischen einem „sächliche[n]“ und einem persönlichen Akkusativobjekt zu unterscheiden, wobei Letzteres „nur in gehobener Sprache“ verwendet werde: wir sagen: jemanden an den hof von St. James senden, bei sächlichem object: warenproben, einen brief, einen grusz an einen senden, aber nur in gehobener sprache einen an jemanden senden: an diesen gröszeren bin ich gesendet. Gelegentlich wird darüber hinaus auf weitere Unterschiede zwischen beiden Verben hingewiesen. Campe (1807-1811, Bd.-IV, S.-120) zum Beispiel bemerkt, dass schicken „oft nur ein Entfernen von sich“, senden aber „eine Entfernung an einen andern Ort in einer bestimmten Absicht“ bezeichne. Außerdem stellen Helbig/ Schenkel (1991, S.- 440) fest, dass senden und schicken- - trotz starker Berührungen- - nicht immer auszutauschen seien: Im Gegensatz zu schicken sei senden mit einem unbelebten Akkusativobjekt auf „postalische Gegenstände“ beschränkt, z. B. Er schickt/ sendet einen Brief. Ebenfalls im Unterschied zu schicken bedeute senden „postalisch verschicken“ (mit entweder einem belebten, aber nicht menschlichen (z. B. Hühner) oder einem unbelebten Akkusativobjekt (z. B. Pakete)) oder „als Sendbote entsenden“ (mit einem menschlichen Akkusativobjekt, z. B. Vertreter). Schließlich gehen Götze/ Mitzka/ Brodführer (1939-1957, S.-335) für das Verb senden näher auf den semantischen Wandel des Akkusativobjekts ein: Während „zunächst Menschen“ als Akkusativobjekt erscheinen, wie in Swer guoten boten sendet, „[erhob] [d]ie nächste Entwicklung zum Objekt die Sache, die der Bote überbringen sollte“, wie z. B. einen Brief, Geld, einen Gruß, Waren oder eine Nachricht. Wann diese Entwicklung genau stattgefunden hat, wird allerdings nicht spezifiziert. <?page no="139"?> HISTORIScHE WöRTERbücHER 139 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Dativalternation in verschiedenen der überprüften Grammatiken, Lehrbüchern und (Valenz-)Wörterbüchern mehr oder weniger explizit Aufmerksamkeit geschenkt wird. Bereits in der zweiten Hälfte des 18.-Jahrhunderts wird in einigen untersuchten Quellen näher auf die (Un-)Möglichkeit, das Dativobjekt bei Verben, wie geben und verkaufen, durch eine an-PP zu ersetzen, eingegangen. Die Verwendung einer präpositionalen Umschreibung einem Dativobjekt gegenüber führen viele Autoren u. a. auf regionale und semantische Unterschiede zurück: Für das Verb geben zum Beispiel gelte, dass es nur in bestimmten-Gegenden-- wie in Niedersachsen, nicht in den „hochdeutschen Ländern“-- mit einer an-PP kombiniert werde. Außerdem bezeichne der Dativ den unmittelbaren,-die an-PP aber den mittelbaren Empfänger und man drücke anhand einer an-PP kein gewöhnliches Geben, sondern ein ‚Abgeben‘ aus. In der lexikographischen Untersuchung zeigen verschiedene Verben eine klare Tendenz: Für absenden, aussenden, versenden und weiterschicken gibt es in den überprüften Wörterbüchern ausschließlich POK-, für nachsenden, zurücksenden, zuschicken und zusenden dagegen nur DOK-Beispiele. Darüber hinaus finden sich verschiedene Aussagen bezüglich der Verwendung reiner Kasus und präpositionaler Ausdrücke im Allgemeinen. Bereits in Grammatiken und Lehrbüchern aus dem 19.-Jahrhundert wird generell auf den Übergang von synthetischen zu analytischeren Formen in der deutschen Sprachentwicklung und die damit verbundene zunehmende Verwendung von Präpositionen eingegangen. Außerdem könne man anhand einer präpositionalen Umschreibung Bedeutungen präziser ausdrücken als mit einem reinen Kasus, der manchmal Zweideutigkeit verursache. Als präpositionale Alternanten für einen rezipienten im Dativ werden sowohl an-PPs als auch zu-PPs genannt. Aus den angeführten Beispielsätzen in verschiedenen historischen Quellen geht hervor, dass sich belebte an- und zu-PPs beide mit belebten und unbelebten themata kombinieren lassen. Schließlich wird gelegentlich auch auf stilistische Unterschiede zwischen beiden Alternanten hingewiesen, indem sie mit unterschiedlichen Textsorten verknüpft werden (z. B. Lyrik vs. Prosa oder Lyrik/ Prosa vs. Alltagssprache) oder unterschiedliche Verhältnisse ausdrücken: Während der reine Kasus eher dazu geeignet sei, ein „inneres Verhältnis“ darzustellen, bringe man mit einer präpositionalen Umschreibung „ein äußerliches Anschauungsverhältniß“ zum Ausdruck. Die Präposition führe in letzterem Fall zu einer lebendigen Umschreibung der Ereignisse und sei insofern poetischer als der bloße Kasus. In Kapitel- 4 und Kapitel- 5 werden die wichtigsten Ergebnisse der historischen Untersuchung mit den Ergebnissen der diachronen Korpusuntersuchung verglichen. <?page no="141"?> DATENERHEbuNg 141 3. Methodologie der diachronen Korpusuntersuchung Im vorliegenden Kapitel- werden die verschiedenen methodologischen Schritte der diachronen Korpusuntersuchung erläutert, d. h. die Datenerhebung (3.1), die Datenannotation (3.2) und die Datenanalyse (3.3). In Abschnitt-3.1 wird nach einer kurzen Beschreibung der historischen Online-Korpora (3.1.1) näher auf die Vorgehensweise im Aufbau der Datensätze eingegangen (3.1.2), d. h. auf den Korpusexport und die Belegauswahl. In Abschnitt- 3.2 wird zunächst zwischen den Verben, die nur einer qualitativen, und denjenigen Verben, die auch einer quantitativen Analyse unterzogen werden, unterschieden (3.2.1). Danach wird die Liste der annotierten Faktoren erläutert (3.2.2). Abschnitt-3.3 schließlich setzt sich mit der eigentlichen Datenanalyse auseinander. 3.1 Datenerhebung 3.1.1 Historische Online-Korpora Um für die verschiedenen untersuchten Verben so viele Korpusbelege wie möglich sammeln zu können, wurden insgesamt drei historische Online-Korpora verwendet: das HIST-Archiv-- als Teil des Deutschen Referenzkorpus (DeReKo)--, das Deutsche Textarchiv (1650-1899) und das DWDS-Kernkorpus (1900-1999). Das HIST -Archiv (HIST) umfasst insgesamt fast 70 Millionen laufende Wortformen (5.653 Texte), aus denen nach erforderlicher Online-Registrierung etwa 67 Millionen laufende Wortformen (5.245 Texte)-- von der zweiten Hälfte des 17.-Jahrhunderts bis zur zweiten Hälfte des 20.- Jahrhunderts-- öffentlich zugänglich sind (Cosmas II 2021). Das aus mehreren Subkorpora zusammengestellte HIST enthält gattungsübergreifende Texte aus u. a. historischen Zeitungen und Zeitschriften sowie aus literarischen und philosophischen Werken. Tabelle-10 bietet eine Übersicht über die elf verschiedenen Subkorpora, ihre Größe (in Anzahl der Texte und Wörter) und den jeweiligen Zeitraum, den sie umfassen: 49 49 Eine solche Korpuspräsentation kann man für jedes der öffentlichen Korpora über die Applikation COSMAS- IIweb aufstellen (https: / / cosmas2.ids-mannheim.de/ cosmas2-web/ faces/ investigation/ corpus.xhtml). Dort kann man ein beliebiges Korpus anklicken, für das man über das Anzeige-Symbol, d. h. die Lupe, alle Informationen über die Größe und den Zeitraum des entsprechenden Korpus bekommt. <?page no="142"?> METHODOLOgIE DER DIAcHRONEN KORPuSuNTERSucHuNg 142 Abk. Korpus Texte Wörter Zeitraum GMC GerManC Korpus 336 676.508 1654-1799 GOE Goethe-Korpus 29 1.414.095 1772-1828 GRI Brüder Grimm: Sagen, Kinder- und Hausmärchen, Kinderlegenden 795 426.236 1816-1819 HK3 Historisches Korpus/ Digitale Bibliothek: Deutsche Literatur von Lessing bis Kafka 1.663 30.298.776 1745-1927 HK4 Historisches Korpus/ Digitale Bibliothek: Deutsche Literatur von Frauen 396 14.351.045 1650-1927 HK5 Historisches Korpus/ Digitale Bibliothek: Philosophie von Platon bis Nietzsche 224 12.837.251 1713-1979 KHM Mannheimer Korpus Historischer Zeitschriften 243 1.649.049 1834-1905 KHZ Mannheimer Korpus Historischer Zeitungen 409 2.444.587 1737-1877 meg Korpus Marx-Engels-Gesamtausgabe (ausgewählte Texte) 680 1.491.167 1833-1871 mew Korpus Marx-Engels-Werke (ausgewählte Texte) 462 825.950 1808-1882 mwa Korpus Herausgeber-Anmerkungstexte zum Korpus Marx-Engels-Werke 8 168.277 1957-1962 5.245 66.582.941 1650-1979 Tab.-10: Liste der verschiedenen Teilkorpora des HIST-Archivs mit Angabe der absoluten Anzahl der Texte bzw. der Wörter sowie des jeweiligen zeitraums Das Deutsche Textarchiv (DTA) stellte während der Datensammlung-- d. h. Ende 2017, Anfang 2018-- Korpusdaten von 1473 bis 1927 bereit, wurde in der vorliegenden Untersuchung aber, um zeitliche Überschneidung mit dem DWDS-Kernkorpus zu vermeiden, auf die Zeitspanne 1650-1899 begrenzt. 50 Insgesamt besteht dieses Korpus aus einem DTA-Kernkorpus, das 1.473 Werke mit ca. 152 Millionen Tokens umfasst, und DTA-Erweiterungen, die 3.950 Werke mit ca. 95 Millionen Tokens enthalten. 51 Von den insgesamt 5.423 Werken stehen mittlerweile 4.448 Werke online 50 In der Zwischenzeit wurde das Deutsche Textarchiv umgestaltet bzw. zeitlich und inhaltlich erweitert. Generell umfasst das gesamte Korpus, d. h. das DTA-Kernkorpus und die DTA-Erweiterungen, den Zeitraum 1465-1987. Es enthält Belege aus den Textklassen Belletristik, Gebrauchsliteratur, Wissenschaft und Zeitung. Diese beiden Teilkorpora können aber auch separat durchsucht werden. Die DTA-Erweiterungen umfassen Belege aus dem gleichen Zeitraum und aus den vier genannten Textklassen; das DTA-Kernkorpus beschränkt sich allerdings auf die Periode 1598-1913 und umfasst keine Zeitungsbelege. 51 Statistiken über die Korpora des DWDS bietet die Webseite www.dwds.de/ r/ stat (Stand: 23.9.2024). <?page no="143"?> DATENERHEbuNg 143 zur Verfügung, d. h. einige Texte aus den DTA-Erweiterungen befinden sich noch in der sog. „DTA-Qualitätssicherungsumgebung (DTAQ)“ und können daher vorläufig nicht abgerufen werden. Generell ist das gesamte Korpus relativ gleichmäßig über die unterschiedlichen Textsorten verteilt: Die verfügbaren Werke bestehen zu 17% aus Belletristik, zu 32% aus Gebrauchsliteratur, zu 21% aus Wissenschaft und zu 30% aus Zeitungen. In den frühesten Perioden jedoch überwiegt der relative Anteil der Gebrauchsliteratur (DTA 2020). Das DWDS-Kernkorpus (KK20) schließlich umfasst mit fast 80.000 Dokumenten mehr als 100 Millionen Textwörter aus dem Zeitraum 1900-1999. Die Gesamtzahl der Tokens-- d. h. inkl. Satz- und Sonderzeichen, Nichtwörter und Zahlen-- beträgt mehr als 121 Millionen. Genau wie das Deutsche Textarchiv stellt auch dieses „nach Textsorten und zeitlich über das gesamte- Jahrhundert ausgewogene“ DWDS-Kernkorpus Texte aus den Bereichen Belletristik (26%), Gebrauchsliteratur (22%), Wissenschaft (25%) und Zeitung (27%) bereit. Die Daten und Metadaten werden in XML nach den TEI-Richtlinien annotiert (KK20 2020). Sowohl das Deutsche Textarchiv als auch das DWDS-Kernkorpus sind ohne Anmeldung kostenfrei recherchierbar. 3.1.2 Aufbau der Datensätze 3.1.2.1 Korpusexport Die Suchanfragen „geben“, „schicken“, „übergeben“, „verkaufen“, „verleihen“-… (in DTA und KK20) bzw. „&geben“, „&schicken“, „&übergeben“, „&verkaufen“, „&verleihen“- … (in HIST) durchsuchen die Korpora nach allen möglichen konjugierten Formen des jeweiligen Verbs. Für die trennbaren Verben, wie z. B. absenden, ausleihen, preisgeben und zuschicken, wurde daneben jeweils eine weitere Suchanfrage durchgeführt: In DTA und KK20 wurde beispielsweise für das Verb absenden die Sucheingabe „ “senden #15 ab with $p=PTKVZ” “ benutzt. Diese Eingabe sucht alle Belege mit dem Verb absenden in allen möglichen konjugierten Formen („senden“), in denen das Grundverb senden und der abgetrennte Verbzusatz ab („ab with $p=PTKVZ“) 52 im Abstand von höchstens fünfzehn Wörtern („#15“) voneinander vorkommen. Diese Formel, in der ab explizit als abgetrennter Verbzusatz von absenden erkannt wird, führt zu einem zwar geringeren, aber der vorliegenden Untersuchung angemesseneren Korpusexport als etwa die Sucheingabe „senden && ab“, in der die Et-Zeichen als die logische Konjunktion ‚UND‘ fungieren. In HIST dagegen ist-- nach meinem besten Wissen-- keine solche spezifische Formel vorhanden, sodass hier die allgemeinere Sucheingabe „&senden / s0 ab“ benutzt werden musste. 52 Die Abkürzung „PTK“ steht für „Partikel“, „VZ“ steht für „Verbzusatz“. <?page no="144"?> METHODOLOgIE DER DIAcHRONEN KORPuSuNTERSucHuNg 144 Anhand dieser Sucheingabe werden alle Belege gesammelt, in denen Formen von senden und ab innerhalb eines Satzes („/ s0“) zusammen vorkommen. Für jedes Verb wurden jeweils alle Belege heruntergeladen, die zur Zeit der Datensammlung öffentlich zur Verfügung standen. Die einzigen Ausnahmen dazu sind die Verben geben und schicken, deren (damaligen) Korpusexporte mit mehr als 412.000 bzw. 42.000 Belegen zu umfangreich waren. Stattdessen wurden für beide Verben jeweils 10.500 randomisierte Belege aus DTA und aus KK20, d. h. 1.500 Belege pro Zeitabschnitt von ca. 50 Jahren (1650-1700, 1701-1750, 1751-1800, 1801-1850, 1851-1900, 1901-1950, 1951-1999), heruntergeladen. 53 Letztendlich ergab sich, für alle Verben insgesamt, ein Korpusexport von 140.073 Belegen. Tabelle-11 bietet eine schematische Übersicht über den Umfang der verschiedenen Korpusexporte, gegliedert nach Verb und Korpus. In diesen Korpusexporten wurden alle DOK- und POK-Belege manuell markiert. In- einem nächsten Schritt wurden, für jedes einzelne Verb, die aufgefundenen DOK- und POK-Belege in unterschiedlichen Dateien gesammelt bzw. in einen der folgenden Zeitabschnitte eingestuft: 1650-1700, 1701-1750, 1751-1800, 1801- 1850, 1851-1900, 1901-1950 und 1951-1999. Diese Zuordnung erfolgt aufgrund des Erscheinungsjahrs der jeweiligen Quelle, das für jeden Beleg automatisch generiert wird. Einen Sonderfall bilden allerdings eine relativ große Anzahl DTA- Belege des Autors Jean Paul: Diese Belege stammen- - trotz der Begrenzung des Korpus auf die Zeitspanne 1650-1899-- aus der dritten Abteilung von Jean Pauls Sämtliche Werke: Historisch-kritische Ausgabe, die zwischen 1952 und 1964 in neun Bänden veröffentlicht wurde. 54 Das eigentliche historische Briefmaterial wurde in den Datensätzen entweder der Periode 1751-1800 (Bd.- I-IV) oder 1801-1850 (Bd.- IV-VIII) zugeordnet, die Herausgeberkommentare wurden in die Periode 1951-1999 eingestuft. 53 In HIST ist es unmöglich, selber eine Suchanfrage auf bestimmte Zeitabschnitte zu beschränken. Dieses Korpus bleibt hier somit unberücksichtigt. Da aber eine beträchtliche Anzahl der HIST-Belege auch in DTA aufgenommen ist, lässt sich der gesamte Korpusexport der Verben geben und senden problemlos mit demjenigen der anderen Verben vergleichen. 54 Die dritte Abteilung befasst sich mit den Briefen Jean Pauls. Band-I (1956) enthält Briefe aus der Periode 1780-1793, Band-II (1958) aus 1794-1797, Band-III (1959) aus 1797-1800, Band-IV (1960) aus 1800- 1804, Band-V (1961) aus 1804-1808, Band-VI (1952) aus 1809-1814, Band-VII (1954) aus 1815-1819 und Band- VIII (1955) aus 1820-1825. Band- IX (1964) schließlich enthält einige Nachträge (Berichtigungen,-Ergänzungen, Register). Für jeden historischen Beleg aus Band-IV wurde die genaue Jahreszahl des entsprechenden Briefes ermittelt, aufgrund dessen dann die korrekte Einstufung erfolgte: Briefe aus dem Jahr 1800 wurden der Periode 1751-1800 zugeordnet, alle weiteren Briefe der Periode 1801-1850. <?page no="145"?> DATENERHEbuNg 145 Schließlich wurden auch alle Doppelbelege manuell entfernt. Darunter fallen neben den Belegen, die sowohl im HISTals auch im entsprechenden DTA/ KK20- Export vorhanden sind, auch diejenigen Belege, die innerhalb desselben Korpusexports mehrfach vorkommen, wie eine Zeitungsanzeige, die an verschiedenen Tagen erschienen ist, oder ein bestimmtes Werk, das in mehreren Auflagen veröffentlicht wurde (z. B. die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm). Eventuelle Unterschiede in Rechtschreibung und/ oder Zeichensetzung wurden dabei stets außer Betracht gelassen. In der Regel wurde jeweils der älteste Beleg gewählt. Aus praktischen Gründen wurden die Gesamtdatensätze der Verben, die einer quantitativen Untersuchung unterzogen werden, zur weiteren Annotation reduziert (siehe Abschn.-3.2.1). Verb HIST DTA (1650-1899) KK20 (1900-1999) Gesamtzahl geben - 7.500 3.000 10.500 preisgeben 1.394 973 1.290 3.657 übergeben 2.619 7.237 3.135 12.991 vergeben 2.821 5.168 1.394 9.383 weitergeben 1.123 125 960 2.208 zurückgeben 2.143 1.902 1.710 5.755 leihen 1.420 2.457 987 4.864 ausleihen 235 212 182 629 verleihen 2.466 6.712 4.545 13.723 weiterleihen 9 3 2 14 schicken - 7.500 3.000 10.500 einschicken 1.841 387 66 2.294 verschicken 75 631 312 1.018 vorausschicken 257 471 294 1.022 weiterschicken 108 8 25 141 zurückschicken 418 538 362 1.318 zuschicken 4.561 1.786 230 6.577 senden 4.251 10.622 2.985 17.858 absenden 278 831 221 1.330 aussenden 594 744 300 1.638 einsenden 816 687 165 1.668 nachsenden 836 148 49 1.033 übersenden 232 1198 421 1.851 versenden 273 944 320 1.537 weitersenden 31 5 9 45 zurücksenden 192 340 126 658 zusenden 1.804 1.100 198 3.102 verkaufen 4.028 13.621 5.110 22.759 34.825 (25%) 73.850 (53%) 31.398 (22%) 140.073 (100%) Tab.-11: umfang der verschiedenen Korpusexporte (in Anzahl belege) pro Verb und pro Korpus <?page no="146"?> METHODOLOgIE DER DIAcHRONEN KORPuSuNTERSucHuNg 146 3.1.2.2 Datenauswahl Die Datenauswahl der historischen Belege erfolgte für alle Verben aus einer maximalistischen Perspektive, d. h. immer wurden möglichst viele Belege in die Datensätze aufgenommen. Dazu gehören auch die (halb-)idiomatischen Konstruktionen, in denen zumindest die Ausdrucksweise des rezipienten potenziell variabel ist. Wenn man das historische Korpusmaterial von einem synchronen Standpunkt aus betrachten und schon von vornherein etwa alle (halb-)idiomatischen Belege aus den Datensätzen ausschließen würde, bestünde die Gefahr, dass sich bestimmte diachrone Tendenzen und Entwicklungen nicht mehr feststellen ließen. Man denke zum Beispiel an eine mögliche Zunahme der relativen Anzahl (halb-)idiomatischer Konstruktionen, wie z. B. einer Sache Nachdruck/ Ausdruck verleihen, im Laufe des Neuhochdeutschen. Darüber hinaus ist es denkbar, dass für bestimmte Konstruktionen, die im Gegenwartsdeutschen nicht mehr alternieren, im historischen Korpusmaterial trotzdem Gegenbeispiele zu finden sind. Außerdem führte eine solche durch das Gegenwartsdeutsche geprägte Einschränkung der Datensätze zu einer verzerrten Darstellung der jeweiligen DOK/ POK-Verhältnisse. Schließlich wird im Rahmen der Annotation bzw. Analyse auch genügend Vergleichsmaterial benötigt: Ein systematischer Ausschluss bestimmter Belege würde die Anzahl potenziell annotierbarer Sätze in größerem oder geringerem Maße einschränken. Generell wurden alle Sätze mit (i)- dem Verb aus der entsprechenden Suchanfrage, (ii)-einem thema und (iii)-einem als rezipient interpretierbaren Argument-- entweder im Dativ oder mit der Präposition an (+ Akk-NP) oder zu (+ Dat-NP)-- markiert. Im Folgenden werden anhand von Beispielsätzen aus den Korpusexporten einige auffällige Arten von Belegen hervorgehoben. Aufgenommen wurden: I. Belege, die bezüglich des themas (vgl. (153)) oder des rezipienten (vgl. (154)-(155)) morphosyntaktische Abweichungen bzw. Fehler aufweisen. Diese sind entweder schon im historischen Originaltext vorhanden oder sie sind Scanfehlern im Digitalisierungsprozess zuzuschreiben. Das thema der Beispielsätze in (153) steht, statt im Akkusativ, im Dativ. Genau das Umgekehrte ist der Fall bei den rezipienten der DOK-Beispielsätze in (154). Auch in POK-Sätzen werden die Präpositionen an und zu manchmal irrtümlicherweise mit einer Dativ-NP bzw. mit einer Akkusativ-NP kombiniert, vgl. (155). (153a) Bellisarius, […]/ hat einen Uber äuffer und verrätherischen Soldaten/ der zu ihm aus des Feindes Lager kahm/ die Nase und beyde ohren abschneiden lassen/ und [ihm] also <dem Feinde> wieder zugeschicket . (DTA, 1693) <?page no="147"?> DATENERHEbuNg 147 (153b) […], so übergab [ihm] seine Mutter im 12. Jahr seines Alters […] <der privat Information Tit. Herrn M. Melchior Gotthelff Gerlachen> […]. (DTA, 1749) (154a) [Die Stücker vom Colossen zu Rhodis] verkaufft er <einen Juden> […]. (DTA, 1650) (154b) Am Ende dieser Sammlung ließt man so wohl lateinische, als teutsche Jubelgedichte, [welche] <viele auswärtige Gelehrte und berühmte Männer von Dreßden, Borne, Freyberg, Wittenberg, Altenburg, Wurtzen, Torgau, Halle und andern Orten> eingeschicket worden sind. (DTA, 1741) (155a) So kömmt nun unser stamm von einem ahnen her/ Hierauff verlassend mich und keinem andern mehr Hab ich [gesandten] nicht <an dir> verschicken wollen; […]. (DTA, 1668) (155b) […] als ist nicht weniger nöthig erachtet worden/ in einigen derer vornehmsten Städten in Europa etliche Personen zu ernennen/ <an welchen> [diese Banco-Verfaß-Ordnung] in einer glaubwürdigen Form übersendet würde […]. (DTA, 1717) (155c) Als der Decanus Facultatis Theologicae D. Moebius damahlen auf seinem Gute über Land gewesen, hat D. Carpzovius und D. Pfeiffer [einen absonderlichen Boten] <zu ihn> gesendet , […]. (DTA, 1724) II. Elliptische Sätze, die nur das Verb und den rezipienten enthalten; das entsprechende thema lässt sich allerdings aus dem Hauptsatz bzw. dem unmittelbaren Kontext herleiten. Außerdem lassen sich solche elliptischen Sätze einfach in Relativ- oder Hauptsätze umformen. 55 Der rezipient kann sowohl im Dativ (vgl. (156)) als auch in einer Präpositionalphrase (vgl. (157)) vorkommen: (156a) Seitdem das Staatsruder der festen Hand der Doctrinäre entglitten, wankt das französische Staatsschiff, <jedem Windstoß> preisgegeben , hin und her […]. (DTA, 1840) (156b) Breisgau, Landschaft in Baden, die Kreise Freiburg und Lörrach umfassend, erst den Herzögen von Zähringen gehörig, 1368 österr., 1801 <dem Herzog von Modena> verliehen , seit 1810 badisch. (KK20, 1906) (156c) <Der Natur> zurückgegeben , ruhen hier zwei mehr als Achtzigjährige, die Freud und Leid des Lebens miteinander geteilt haben. (KK20, 1913) 55 Der Satz aus (156b) beispielsweise lässt sich wie folgt umformen: Breisgau […], das 1801 dem Herzog von Modena verliehen wurde- … (Relativsatz) oder Breisgau […] wurde 1801 dem Herzog von Modena verliehen (Hauptsatz). <?page no="148"?> METHODOLOgIE DER DIAcHRONEN KORPuSuNTERSucHuNg 148 (157a) Hauptinhalt die Voltaire-Friedrichstudie. Ganz durchcorrigiert armer Setzer! - Gestern an Neuendorff abgeschickt, von ihm <an den Akademieverlag> weiterzugeben […]. (KK20, 1958) (157b) Auszeichnungen/ Preise: ‚Cothenius-Medaille‚, verliehen <an Forscher> für ihr bedeutendes Lebenswerk. (KK20, 1994) III. Belege, in denen davon oder eine Präpositionalphrase mit der Präposition von- - in der Bedeutung ‚bestimmter, abgesonderter Teil von etwas Zusammengehörigem‘-- das thema bildet, vgl. (158). Eine solche Konstituente wird ebenfalls als eine Art Ellipse betrachtet, die sich durch etwas, einige, welche- … vervollständigen lässt. In Analogie dazu werden auch Belege mit einem freien Relativsatz in die Datensätze aufgenommen. In den Beispielsätzen in (159) und (160) hat der freie Relativsatz die Funktion eines themas bzw. eines rezipienten: (158a) Wie wolte aber mein Krahm euer Gn. nicht dienen? ich habe <mannichem Adel und Unadel> [davon] verkauft […]. (DTA, 1660) (158b) Und wenn sie morgen früh wird von dem Schlaff auffstehn Soll <mir> Aurora selbst [von ihren Rosen] leihen / Daß ich das Hochzeit-Bett anmuthig kan bestreuen […]. (DTA, 1686) (159) Sie müssen dafür sorgen, daß Deutschland lediglich die Erlaubnis bekommt, <ihnen> zu verkaufen , [was sie von ihm verlangen]. (KK20, 1916) (160) Und daher muß er auch befugt seyn, [jene Vermehrungen] zu verschenken, zu verleihen , zu verkaufen, <an wen er will>. (DTA, 1823) IV. Belege, in denen ein Reflexivpronomen der rezipient ist. Unterschieden wird allerdings zwischen echten (sich (aus)leihen, vgl. (161)) und unechten (z. B. sich senden, vgl. (162)) reflexiven Verben, d. h. in den Datensätzen der echten reflexiven Verben werden solche Belege separat gezählt. In manchen Belegen hat sich aber eine reziproke Bedeutung, wie der Beispielsatz in (163) zeigt: 56 (161) Gewiß kann <sich> die Hausfrau ausnahmsweise bei der Nachbarin [etwas Essig oder Mehl] leihen , wenn sie es beim Einkauf vergessen hat. (KK20, 1957) 56 Insgesamt gibt es in den DOK-Datensätzen nur eine handvoll Belege, in denen sich eine reziproke Bedeutung hat. Sie werden in die Datensätze aufgenommen, da es nicht undenkbar ist, dass sich auch-- analog zu einander und aneinander-- entsprechende POK-Belege mit an sich auffinden lassen. Aus einer Google-Suche ergibt sich beispielsweise der folgende Satz: […], da Mitglieder derselben Gruppe Nachrichten an sich senden können, auch wenn sie nicht direkt verbunden sind. <?page no="149"?> DATENERHEbuNg 149 (162a) Das mitgenommene Ultramarin reichte nicht aus und ich mußte <mir> [frischen Vorrat] nachsenden lassen. (KK20, 1927) (162b) Vors.: Deshalb sandten Sie [eine Depesche] <an sich> nach London? Angekl.: Jawohl, ich konnte doch meiner Frau nicht sagen, daß ich nach dem Kontinent bzw. nach Baden- Baden reisen wolle, um noch einmal mit meiner Schwägerin Olga zu sprechen. (KK20, 1910) (163) Die süddeutschen oder Reichsbuchhändler dagegen standen in unmittelbarer Verbindung, expedierten also ihren Verlag von Hause, und sandten <sich> [alles] unfrankiert zu . (KK20, 1913) V. Belege, die neben dem Verb, dem thema und dem rezipienten auch eine Richtungsangabe enthalten. Solche Belege kommen sowohl in DOK (vgl. (164)) als auch in POK vor, vgl. (165) mit der Präposition an und (166) mit der Präposition zu: (164a) Wie offt schickt ein Haußvater den Sohn auff die hohe Schul/ und entziecht bißweilen zu Hauß/ ihme/ dem Weib und Kindern/ [was] er <diesem verschwenderischen Sohn> in die Academi schickt ? (DTA, 1663) (164b) Die Bücher des Vaters machten mich auf die Sache, die sie behandelten, mehr aufmerksam, ich bat ihn, daß er [sie] <mir> in meine Wohnung leihe , und begann sie durchzugehen. (HIST, 1847-1857) (164c) Angelo Poliziano mahnt (1491) den König Johann von Portugal in Betreff der Entdeckungen in Africa ernstlich daran, bei Zeiten für Ruhm und Unsterblichkeit zu sorgen und <ihm> [das Material „zum Stylisiren“] (operosius excolenda) nach Florenz zu übersenden ; […]. (DTA, 1860) (165a) In dieser Noth, da die Stadt bereits auf das Aeußerste gebracht war, fangen die Polen an, ihr Verfahren zu bereuen, und schicken [Gesandten] <an den Chan der Tatarn> in das Lager. (DTA, 1745) (165b) […]; so wollen wir alle diejenigen, welche solches schöne Vorhaben zu befördern gedenken, hiemit aufs ergebenste ersuchen, [die bey ihnen vorrätigen und hier nicht namhaft gemachten Münzen] <an uns> nach Riga einzusenden […]. (DTA, 1753) (166a) Dieser aber blieb auff seinem Sinn/ und als der Käyser Berengarn zu Monte Feretro belagerte/ schickte er unter dem Schein aller Liebe [zwey Cardinäle]/ [[Leonem und Johannem]]/ <zu ihm> in das Lager. (DTA, 1705) (166b) Harald Schönhaar von Norwegen soll [seinen Sohn Hakin] <zu König Aethelstan> nach England zur Erziehung in englischer Sitte und Kunst gesandt haben. (DTA, 1863) <?page no="150"?> METHODOLOgIE DER DIAcHRONEN KORPuSuNTERSucHuNg 150 Im Hinblick auf Präpositionalphrasen ist allerdings nicht immer klar, ob sie als ein an ein Nomen angebundenes Präpositionalattribut (einen Brief an Sie) oder als ein separates Präpositionalkomplement (an Sie) aufzufassen sind, vgl. (167). Solche syntaktisch ambigen Sätze wurden, immer wenn eine rezipient-Interpretation plausibel war, in die Datensätze aufgenommen: (167) Auf Befehl meiner Mutter schreibe ich schon wieder, ohngeachtet ich heute schon [einen Brief] <an Sie>- übersandt -habe. (DTA, 1748) VI. Belege mit (halb-)idiomatischen Konstruktionen und sog. „chunks“, in denen im Prinzip eine gewisse Variation in der Ausdrucksweise des rezipienten möglich wäre, wie: jmdm. etw. an die Hand, zu eigen, zum Besten, zur Antwort, zur Kenntnis geben; jmdm. Anlass, Bescheid, Gelegenheit, Rechenschaft, Recht, Schuld geben; etw. Ansehen, Ausdruck, Gewicht, Nachdruck verleihen; jmdm. sein Ohr leihen, usw. Eine solche potenzielle Variation gibt es weder in sich Mühe geben, das ohnehin ein Reflexivpronomen verlangt, noch in bestimmten Wendungen, in denen die Präposition an/ zu ein fester Teil des dritten Arguments ist, wie etwa jmdn. von Pontius zu Pilatus, zum Teufel schicken; etw. von Generation zu Generation weitergeben; etw. an den Tag, ans Licht geben-… Solche Wendungen werden deshalb nicht in die Datensätze aufgenommen. Analog dazu wird auch geben an in der spezifischen Bedeutung ‚während des Kochens hinzufügen‘ als ein Verb mit festem Präpositionalanschluss (Eng. phrasal verb) betrachtet; die betreffenden Belege wurden ebenfalls aus dem POK- Datensatz ausgeschlossen, vgl. (168): (168) Nach Belieben können auch vorbereitete Sultaninen an den Teig gegeben werden. (KK20, 1963) Trotz des maximalistischen Ausgangspunktes wurden noch einige weitere Arten von Belegen systematisch aus den Datensätzen entfernt, und zwar: I. Belege, in denen das Verb aus der Suchanfrage als Substantiv (vgl. (169)) oder als attributives Adjektiv (vgl. (170)) vorkommt: (169a) Allein der leiherr ist im solchen falle meistens mit einer geld-buse zufriden, bevorab wenn die leihe an einen dritten noch nicht vergeben ist […]. (HIST, 1758) (169b) Er hielt es für besser Sicilien zu beruhigen, als zu erobern; besser es zu einer Art von freiwilliger Übergabe an Syracus zu bewegen, als es den Gefahren <?page no="151"?> DATENERHEbuNg 151 und verderblichen Folgen eines Kriegs ausgesetzt zu lassen […]. (HIST, 1766-1767) (170a) Hericart de Thury untersuchte gleichfalls verschiedene, ihm von Degrand in Marseille übergebene Proben von orientalischem Damaststahl […]. (DTA, 1899) (170b) Oesterreich verlangt nicht zurück die älteren Civilmedaillen und silbernen Civil-Ehrenkreuze, das metallene Armeekreuz, die goldene und silberne Tapferkeitsmedaille, sowie alle an Inländer verliehenen Orden. (KK20, 1901) II. Belege, in denen sich das thema- - anders als in den Beispielsätzen in (156) und (157)- - nicht explizit aus dem vorangehenden Satz bzw. dem unmittelbaren Kontext herleiten lässt. Der rezipient kann in solchen Belegen sowohl im Dativ (vgl. (171)) als auch anhand einer Präpositionalphrase (vgl. (172)) ausgedrückt werden. Auch alle Belege ohne expliziten rezipienten (vgl. (173)) wurden systematisch aus den Datensätzen ausgeschlossen: (171a) Nein, betteln thut sie nie; wer sie kennt, giebt ihr. (DTA, 1804) (171b) Der Gleichförmigkeit halber muß sich dann auch der Staat in zwei Personen spalten lassen, von denen die eine der anderen verleiht . (DTA, 1896) (172a) Der Oheim pflegte sonst an Verschwender, deren Güter bereits über die Hälfte des Werts andren gehören, nicht zu leihen . (HIST, 1836) (172b) Hawa übergab an Anne-Catherine, die damit zum erstenmal und sozusagen offiziell in die Funktion ihres Vaters trat, hervorragend übrigens, wie selbst Jochen zugestand, der ihr an schließend noch gratulierte: […]. (KK20, 1999) (173a) Sie ließen auch heute halten und stiegen aus dem Wagen, welchen sie jetzt zurücksendeten . (HIST, 1865-1867) (173b) Dein Paket kam am Donnerstag hier an und ich habe es umgehend weitergeschickt . (KK20, 1938) Manche Belege, in denen ein expliziter rezipient fehlt, enthalten außer dem thema eine Richtungsangabe. Vor allem die Verben schicken und senden kommen mit vielen unterschiedlichen Präpositionen vor, wie: (jmdn.) auf den Acker, aus dem Zimmer, außer Landes, durch das ganze Land, die Hauptstraßen entlang, gegen die Aufrührer, in die Welt, jenseits der Neustadt, nach Schweden, über das Meer, um die halbe Welt, unter das <?page no="152"?> METHODOLOgIE DER DIAcHRONEN KORPuSuNTERSucHuNg 152 Volk, vor das Lager, wider die Götzendiener-… schicken/ senden. Auch für die Verben geben, leihen und verkaufen sind in den Korpusdaten gelegentlich Belege mit einer Richtungsangabe zu finden, wie beispielsweise: Fleisch auf den Tisch, Trost in ein betrübtes Herz, das Wunderkind nach Erfurt, um das Eigelb herum Tomatencatchup, sich unter einen Elephanten geben; Staatsgelder nach Griechenland, Soldaten in die Niederland‘ leihen und Tochter und Sohn auf die Galeeren, Volkswagen ins Ausland, Sklavinnen nach Amerika verkaufen. Solche Belege wurden alle aus den Datensätzen ausgeschlossen. III. Belege mit direkter (vgl. (174)) und indirekter (vgl. (175)) Rede, in denen das entsprechende Verb als verbum dicendi funktioniert. Auch alle weiteren Belege, in denen ein anderer untergeordneter Nebensatz als ein freier Relativsatz das thema bildet, wurden ausgelassen, vgl. (176). Manchmal kommt ein Verb-- wie z. B. geben oder übergeben-- in einer bestimmten Konstruktion mit der Bedeutung ‚jemandem als Anlage, natürliche Fähigkeit mitgegeben sein, jemandem liegen‘ vor, vgl. (177): (174a) „Fege vor Deiner eignen Thür,“ gab der Hagestolz dem Sohne des Krösus zurück . (DTA, 1864) (174b) „Es geht ihr ausgezeichnet! “ gebe ich an ihn weiter . (KK20, 1954) (175a) Gnotke hätte ihm nun übergeben müssen, daß auf Posten alles in Ordnung sei, oder er hätte sagen müssen, was nicht in Ordnung war. (KK20, 1946) (175b) Natürlich könnte Gerda zu Sibylla gehen und ihr preisgeben , daß sie ein Kind von Peter erwarte. (KK20, 1950) (176a) Gott der Allmächtige verleihe vns auß Gnaden/ daß wir seine Gaben also anlegen vnd gebrauchen mögen/ daß seine Göttliche Ehre vnd die Liebe gegen den Nechsten dadurch vermehret vnd befördert werde. (DTA, 1658) (176b) So hat die Natur dem Menschen in der heissen Zone verliehen , ohne seine Heimath zu verlassen, alle Pflanzengestalten der Erde zu sehen. (DTA, 1806) (177a) […]; ihm ist übergeben , die Menschen ins Leben zu führen, für ihre geistige Erziehung zu sorgen, sie bey allen Hauptepochen ihres Daseyns zu segnen, sie zu belehren, zu kräftigen, zu trösten, und, wenn der Trost für die Gegenwart nicht ausreicht, die Hoffnung einer glücklicheren Zukunft heranzurufen und zu verbürgen. (DTA, 1812) (177b) Es ist ihm nicht gegeben , zu entsagen wie ein Apostel. (KK20, 1977) <?page no="153"?> DATENERHEbuNg 153 IV. Belege, in denen die Präpositionalphrase mit an oder zu nicht als rezipient eingestuft werden kann, sondern ausschließlich als reine Richtungsangabe zu interpretieren ist (vgl. (178)-(179)) oder eine Interpretation als Vorgang (Eng. event) verlangt (vgl. (180)). In beiden Fällen ist eine Alternation mit DOK unmöglich. Daneben ist auch die Dativ-NP nicht immer als rezipient aufzufassen: Angesichts des Kontexts müssen in (181) die Objekte mir und Euch eindeutig als Dativus incommodi analysiert werden; in (182) dagegen lässt sich mir ausschließlich als Dativus commodi interpretieren: 57 (178a) Jnzwischen stehet es ihnen frey, ein Paar Leute an Boord der Kauffardeyschiffe zu senden […]. (HIST, 1740) (178b) Dennoch überwältigten die Sorgen seinen unbesiegbaren Muth nicht, sondern die ganze Nacht blieb er unablässig auf der Ausschau und schickte Reiter an die Flussmündung voraus […]. (DTA, 1883) (179a) Wenn man Kinder und Narren zu Marckte schickt , lösen die Kramer Geld. (DTA, 1718) (179b) Ich war in England, Hadem, in dem Lande, das die Söhne der Teutschen von ihren Fürsten erkauft, um sie über das Meer zur Schlachtbank zu senden . (HIST, 1798) (179c) Es ist bemerkenswerth, dass verschiedene Wurzelbündel zu denselben Muskeln Zweige absenden . (DTA, 1852) (180a) […]; er stellte daher den Tod des Fremden dem Zufall heim, indem er ihn zu den gefahrvollsten Unternehmungen sandte , wobei sein Untergang unvermeidlich schien. (DTA, 1791) (180b) Viele deutsche Fürstenhäuser haben zu dieser Ausstellung wertvolle Stücke eingesandt , namentlich der König von Württemberg und der großherzoglich badische Hof. (KK20, 1912) (180c) Zu der Feier schickte der japanische Aussenminister ein prachtvolles Blumenarrangement. (KK20, 1928) (181a) Meine Kinder verkaufen mir das Dach über dem Kopf, zum Dank dafür, daß ich es ihnen geschenkt habe. (HIST, 1876) 57 Die Dativobjekte aus den Beispielsätzen in (164) lassen sich dagegen sowohl als rezipient als auch als Dativus commodi analysieren. Aufgrund dieser Mehrdeutigkeit der semantischen Rolle werden solche Belege nicht aus den Datensätzen ausgeschlossen. <?page no="154"?> METHODOLOgIE DER DIAcHRONEN KORPuSuNTERSucHuNg 154 (181b) „Zürnet mir nicht, werte Demoiselle, wenn ich Euch den Bruder auf ein oder zwei Wochen versende . Er reitet mit einem Auftrage nach Thüringen.“ Die Schwester trat schnell zum Bruder und flehte: „Nehmt mich mit.“ (HIST, 1872-1880) (182) Weißt du nicht/ wer ich bin/ weißt du nicht/ daß ich Macht habe diß und das zu thun/ ich kan dir auch noch da oder dort ein gutes Wort- verleihen / oder bey dem und dem einen Stein stossen. (DTA, 1681) Generell wurden die POK-Datensätze der Verben schicken und senden (und der entsprechenden komplexen Verben) aufgrund strengerer Kriterien zusammengestellt als die der Verben geben, leihen und verkaufen: Belege wie etw. an einen Ort geben/ leihen/ verkaufen wurden in die Datensätze aufgenommen, da die Präpositionalphrase als rezipient aufgefasst werden kann; die PP in etw. an einen Ort schicken/ senden dagegen lässt sich nur als Richtungsangabe interpretieren. Solche Belege werden somit systematisch aus den schicken/ senden-Datensätzen ausgeschlossen. 3.2 Datenannotation 3.2.1 Auswahl der Verben Nur Verben, für die im historischen Korpusmaterial genügend (alternierende) DOK- und POK-Belege zur Verfügung stehen, können einer quantitativen Analyse unterzogen werden, denn nur ausreichende Belegzahlen ermöglichen es, die Daten statistisch zuverlässig auszuwerten. Die Analyse aller weiteren Verben dagegen beschränkt sich notgedrungen auf die qualitative Ebene. Dies ist der Fall bei den Simplizia geben und leihen sowie bei den komplexen Verben preisgeben, vergeben, weitergeben, ausleihen, weiterleihen, einschicken, verschicken, vorausschicken, weiterschicken, zurückschicken, zuschicken, absenden, aussenden, nachsenden, versenden, weitersenden, zurücksenden und zusenden. Tabelle-12, Tabelle-13, Tabelle-14 und Tabelle-15 bieten eine schematische Übersicht über die DOK- und POK-Gesamtdatensätze dieser Verben pro Zeitabschnitt. Jeweils sind sowohl die absoluten als auch die relativen Zahlen gegeben. Eine weitere Diskussion dieser Verben erfolgt in Abschnitt-4.3, d. h. für jedes Verb werden die wichtigsten Tendenzen und einige bemerkenswerte Belege beleuchtet. <?page no="155"?> DATENANNOTATION 155 1650-1700 1701-1750 1751-1800 1801-1850 1851-1900 1901-1950 1951-1999 Gesamtzahl geben DOK 647 (100%) 633 (100%) 600 (100%) 528 (99%) 410 (99%) 368 (98%) 249 (100%) 3.435 N-= 3.455 POK − (0%) 1 (0%) 1 (0%) 6 (1%) 3 (1%) 9 (2%) − (0%) 20 preisgeben DOK 2 (100%) 10 (100%) 167 (100%) 590 (99%) 595 (100%) 374 (98%) 111 (99%) 1.849 N-= 1.864 POK − (0%) − (0%) − (0%) 4 (1%) 3 (0%) 7 (2%) 1 (1%) 15 vergeben DOK 4 (80%) 6 (43%) 10 (30%) 5 (28%) 2 (8%) 7 (9%) − (0%) 34 N-= 298 POK 1 (20%) 8 (57%) 23 (70%) 13 (72%) 23 (92%) 70 (91) 126 (100%) 264 weitergeben DOK − − − − 3 (100%) 1 (50%) 6 (29%) 33 (17%) 14 (6%) 57 N-= 448 POK − − − − − − 1 (50%) 15 (71%) 164 (83%) 211 (94%) 391 Tab.-12: umfang der DOK- und POK-gesamtdatensätze pro zeitabschnitt für die Verben geben, preisgeben, vergeben und weitergeben <?page no="156"?> METHODOLOgIE DER DIAcHRONEN KORPuSuNTERSucHuNg 156 1650-1700 1701-1750 1751-1800 1801-1850 1851-1900 1901-1950 1951-1999 Gesamtzahl ( sich ) leihen DOK 169 (100%) 160 (100%) 557 (100%) 866 (100%) 596 (99%) 586 (99%) 102 (98%) 3.036 N-= 3.053 POK − (0%) − (0%) 2 (0%) 1 (0%) 9 (1%) 3 (1%) 2 (2%) 17 leihen DOK 168 (100%) 160 (100%) 541 (100%) 855 (100%) 575 (98%) 509 (99%) 79 (98%) 2.887 N-= 2.904 POK − (0%) − (0%) 2 (0%) 1 (0%) 9 (2%) 3 (1%) 2 (2%) 17 ( sich ) ausleihen DOK 2 (67%) 3 (50%) 1 (100%) − (0%) 9 (75%) 30 (79%) 27 (64%) 72 N-= 108 POK 1 (33%) 3 (50%) − (0%) 6 (100%) 3 (25%) 8 (21%) 15 (36%) 36 ausleihen DOK 2 (67%) 3 (50%) − − − (0%) 2 (40%) 6 (43%) 4 (21%) 17 N-= 53 POK 1 (33%) 3 (50%) − − 6 (100%) 3 (60%) 8 (57%) 15 (79%) 36 weiterleihen DOK − − − − − − − (0%) − − 1 (50%) − − 1 N-= 3 POK − − − − − − 1 (100%) − − 1 (50%) − − 2 Tab.-13: umfang der DOK- und POK-gesamtdatensätze pro zeitabschnitt für die Verben (sich) leihen, (sich) ausleihen und weiterleihen <?page no="157"?> DATENANNOTATION 157 1650-1700 1701-1750 1751-1800 1801-1850 1851-1900 1901-1950 1951-1999 Gesamtzahl einschicken DOK 7 (37%) 19 (68%) 15 (43%) 22 (51%) 14 (82%) 3 (23%) 1 (100%) 81 N-= 156 POK AN 1 (5%) 5 (18%) 18 (51%) 21 (49%) 3 (18%) 10 (77%) − (0%) 58 POK ZU 11 (58%) 4 (14%) 2 (6%) − (0%) − (0%) − (0%) − (0%) 17 verschicken DOK 1 (4%) 1 (4%) − (0%) − (0%) − (0%) − (0%) − (0%) 2 N-= 120 POK AN 10 (40%) 20 (83%) 7 (100%) 8 (73%) 7 (100%) 20 (95%) 25 (100%) 97 POK ZU 14 (56%) 3 (13%) − (0%) 3 (27%) − (0%) 1 (5%) − (0%) 21 vorausschicken DOK − (0%) − − 16 (100%) 45 (96%) 69 (100%) 67 (98%) 16 (94%) 213 N-= 219 POK AN − (0%) − − − (0%) 2 (4%) − (0%) 1 (1%) − (0%) 3 POK ZU 1 (100%) − − − (0%) − (0%) − (0%) 1 (1%) 1 (6%) 3 weiterschicken DOK − − − − − − − − − (0%) 1 (20%) − (0%) 1 N-= 9 POK AN − − − − − − − − 1 (100%) 4 (80%) 3 (100%) 8 POK ZU − − − − − − − − − (0%) − (0%) − (0%) − zurückschicken DOK 5 (71%) 17 (61%) 46 (85%) 51 (72%) 21 (64%) 36 (54%) 20 (51%) 196 N-= 298 POK AN 2 (29%) 9 (32%) 5 (9%) 15 (21%) 5 (15%) 19 (29%) 12 (31%) 67 POK ZU − (0%) 2 (7%) 3 (6%) 5 (7%) 7 (21%) 11 (17%) 7 (18%) 35 zuschicken DOK 449 (100%) 428 (100%) 337 (100%) 348 (99%) 135 (100%) 140 (100%) 41 (100%) 1.878 N-= 1.884 POK AN 1 (0%) 2 (0%) − (0%) 2 (1%) − (0%) − (0%) − (0%) 5 POK ZU 1 (0%) − (0%) − (0%) − (0%) − (0%) − (0%) − (0%) 1 Tab.-14: umfang der DOK- und POK-gesamtdatensätze pro zeitabschnitt für die Verben einschicken, verschicken, vorausschicken, weiterschicken, zurückschicken und zuschicken <?page no="158"?> METHODOLOgIE DER DIAcHRONEN KORPuSuNTERSucHuNg 158 1650-1700 1701-1750 1751-1800 1801-1850 1851-1900 1901-1950 1951-1999 Gesamtzahl absenden DOK − (0%) − (0%) − (0%) 2 (2%) 1 (3%) − (0%) − (0%) 3 N-= 311 POK AN 16 (70%) 39 (87%) 20 (80%) 110 (89%) 29 (91%) 50 (98%) 12 (100%) 276 POK ZU 7 (30%) 6 (13%) 5 (20%) 11 (9%) 2 (6%) 1 (2%) − (0%) 32 aussenden DOK − (0%) 1 (50%) − (0%) − (0%) − (0%) 1 (100%) − − 2 N-= 12 POK AN − (0%) − (0%) − (0%) 2 (67%) 1 (100%) − (0%) − − 3 POK ZU 4 (100%) 1 (50%) 1 (100%) 1 (33%) − (0%) − (0%) − − 7 nachsenden DOK 5 (100%) 5 (83%) 23 (100%) 82 (100%) 65 (100%) 40 (100%) 8 (100%) 228 N-= 229 POK AN − (0%) 1 (17%) − (0%) − (0%) − (0%) − (0%) − (0%) 1 POK ZU − (0%) − (0%) − (0%) − (0%) − (0%) − (0%) − (0%) − versenden DOK − (0%) − (0%) − (0%) − (0%) 1 (5%) − (0%) − (0%) 1 N-= 211 POK AN 2 (50%) 9 (90%) 19 (90%) 81 (100%) 21 (95%) 51 (100%) 22 (100%) 205 POK ZU 2 (50%) 1 (10%) 2 (10%) − (0%) − (0%) − (0%) − (0%) 5 weitersenden DOK − − − − − − − − − − − (0%) − (0%) − N-= 5 POK AN − − − − − − − − − − 3 (100%) 2 (100%) 5 POK ZU − − − − − − − − − − − (0%) − (0%) − zurücksenden DOK 1 (100%) 3 (60%) 20 (77%) 53 (81%) 23 (86%) 13 (54%) 3 (21%) 116 N-= 162 POK AN − (0%) 2 (40%) 4 (15%) 9 (14%) 2 (7%) 8 (33%) 10 (72%) 35 POK ZU − (0%) − (0%) 2 (8%) 3 (5%) 2 (7%) 3 (13%) 1 (7%) 11 zusenden DOK 162 (100%) 215 (100%) 180 (100%) 342 (99%) 193 (100%) 124 (100%) 30 (100%) 1.246 N-= 1.248 POK AN − (0%) − (0%) − (0%) 2 (1%) − (0%) − (0%) − (0%) 2 POK ZU − (0%) − (0%) − (0%) − (0%) − (0%) − (0%) − (0%) − Tab.-15: umfang der DOK- und POK-gesamtdatensätze pro zeitabschnitt für die Verben absenden, aussenden, nachsenden, versenden, weitersenden, zurücksenden und zusenden <?page no="159"?> DATENANNOTATION 159 Für die Simplizia schicken und senden sowie für die komplexen Verben einsenden, übergeben, übersenden, verkaufen, verleihen und zurückgeben konnten genügend DOK- und POK-Belege gesammelt werden für eine quantitative Analyse. Im Hinblick auf die Annotation wurden die Gesamtdatensätze aus praktischen Gründen weiter eingeschränkt: Für die Verben schicken, senden und verkaufen wurden pro Zeitabschnitt zufällige Stichproben gezogen, jeweils unter Berücksichtigung der relativen DOK/ POK-Verhältnisse in den entsprechenden Gesamtdatensätzen. Diese Einschränkung führte zu endgültigen Datensäten von insgesamt n-= 1.113 Belegen (für schicken), n-= 1.352 Belegen (für senden) und n-= 1.441 Belegen (für verkaufen). Tabelle-16, Tabelle-17 und Tabelle-18 bieten für jede Konstruktion der Verben schicken, senden bzw. verkaufen eine schematische Übersicht über die Belegzahlen der Gesamtdatensätze und der Stichproben pro Zeitabschnitt: Gesamtdatensatz schicken endgültiger Datensatz schicken Zeitabschnitt DOK POK AN POK ZU DOK POK AN POK ZU 1650-1700 173 (66%) 38 (15%) 51 (19%) 100 22 29 1701-1750 94 (44%) 75 (35%) 44 (21%) 100 80 47 1751-1800 204 (66%) 74 (24%) 30 (10%) 100 36 15 1801-1850 312 (72%) 72 (17%) 47 (11%) 100 23 15 1851-1900 215 (71%) 59 (20%) 27 (9%) 100 27 13 1901-1950 356 (72%) 79 (16%) 59 (12%) 100 22 17 1951-1999 238 (60%) 102 (26%) 56 (14%) 100 43 24 Insgesamt 1.592 499 314 700 253 160 Tab.-16: umfang der endgültigen DOK- und POK-Datensätze pro zeitabschnitt im Hinblick auf das jeweilige relative DOK/ POK-Verhältnis in den gesamtdatensätzen des Verbs schicken <?page no="160"?> METHODOLOgIE DER DIAcHRONEN KORPuSuNTERSucHuNg 160 Gesamtdatensatz senden endgültiger Datensatz senden Zeitabschnitt DOK POK AN POK ZU DOK POK AN POK ZU 1650-1700 235 (48%) 65 (13%) 191 (39%) 100 28 82 1701-1750 224 (42%) 209 (39%) 105 (19%) 100 94 46 1751-1800 449 (70%) 113 (17%) 82 (13%) 100 25 19 1801-1850 992 (66%) 338 (22%) 173 (12%) 100 35 17 1851-1900 630 (62%) 247 (25%) 132 (13%) 100 39 21 1901-1950 548 (52%) 412 (39%) 96 (9%) 100 75 18 1951-1999 126 (40%) 175 (55%) 17 (5%) 100 140 13 Insgesamt 3.204 1.559 796 700 436 216 Tab.-17: umfang der endgültigen DOK- und POK-Datensätze pro zeitabschnitt im Hinblick auf das jeweilige relative DOK/ POK-Verhältnis in den gesamtdatensätzen des Verbs senden Gesamtdatensatz verkaufen endgültiger Datensatz verkaufen Zeitabschnitt DOK POK AN DOK POK AN 1650-1700 291 (87%) 43 (13%) 100 15 1701-1750 293 (59%) 205 (41%) 100 70 1751-1800 356 (52%) 329 (48%) 100 95 1801-1850 393 (50%) 400 (50%) 100 100 1851-1900 267 (38%) 427 (62%) 100 161 1901-1950 240 (40%) 366 (60%) 100 153 1951-1999 194 (40%) 286 (60%) 100 147 Insgesamt 2.034 2.056 700 741 Tab.-18: umfang der endgültigen DOK- und POK-Datensätze pro zeitabschnitt im Hinblick auf das jeweilige relative DOK/ POK-Verhältnis in den gesamtdatensätzen des Verbs verkaufen Nicht alle Belege aus den Gesamtdatensätzen sind für die Datenannotation geeignet. Die elliptischen Sätze beispielsweise (vgl. (156)-(157)) sind dadurch, dass das thema kein Teil des eigentlichen Satzes ist, nicht annotierbar. Auch Relativsätze, in denen das Relativpronomen das thema oder den rezipienten darstellt, wurden aus den <?page no="161"?> DATENANNOTATION 161 endgültigen Datensätzen ausgeschlossen, da sie es nicht ermöglichen, die Wortfolgevariation zwischen den beiden Objektkonstituenten zu untersuchen. Relativsätze mit anderen Relativpronomina als thema oder rezipient wurden dagegen in die endgültigen Datensätze aufgenommen. Im Vergleich zu schicken, senden und verkaufen war die Vorgehensweise für die Verben einsenden, übergeben, übersenden, verleihen und zurückgeben ein wenig anders. Aufgrund der relativ geringen Anzahl POK-Belege in den meisten Perioden war es bei der Zusammenstellung der endgültigen Datensätze unmöglich, die relativen DOK/ POK-Verhältnisse der entsprechenden Gesamtdatensätze in Betracht zu ziehen. Außerdem wurden verschiedene Zeitabschnitte zu drei größeren Clustern zusammengefasst, und zwar zu: 1650-1800, 1801-1900 und 1901-1999. In Bezug auf die Verben übergeben, übersenden, verleihen und zurückgeben wurden für jeden Cluster jeweils so viele POK-Belege wie möglich und 200 DOK-Belege, d. h. zufällige Stichproben aus den entsprechenden Gesamtdatensätzen, annotiert. Da für einsenden weniger als 200 DOK-Sätze pro Cluster vorhanden sind, wurden für dieses Verb einfach so viele DOK- und so viele POK-Belege wie möglich annotiert. Auf diese Art und Weise gab es in jedem Cluster genügend Belege, um die Dativalternation auch statistisch untersuchen zu können. Tabelle-19 bis Tabelle-23 zeigen die Belegzahlen der gesamten DOK- und POK-Datensätze (pro Zeitabschnitt) sowie der endgültigen Datensätze (pro Cluster) für die ‚geben‘-Verben verleihen, übergeben und zurückgeben bzw. für die ‚senden‘-Verben übersenden und einsenden: Gesamtdatensatz verleihen endgültiger Datensatz verleihen Zeitabschnitt DOK POK AN DOK POK AN 1650-1700 662 (100%) 2 (0%) 66 2 1701-1750 534 (99%) 6 (1%) 67 5 1751-1800 622 (96%) 28 (4%) 67 25 1801-1850 1.583 (99%) 24 (1%) 100 17 1851-1900 2.538 (98%) 53 (2%) 100 44 1901-1950 1.819 (96%) 70 (4%) 100 58 1951-1999 1.556 (92%) 137 (8%) 100 122 Insgesamt 9.314 320 600 273 Tab.-19: umfang der gesamtdatensätze (pro zeitabschnitt) bzw. der endgültigen DOK- und POK-Datensätze (pro cluster) für das Verb verleihen <?page no="162"?> METHODOLOgIE DER DIAcHRONEN KORPuSuNTERSucHuNg 162 Gesamtdatensatz übergeben endgültiger Datensatz übergeben Zeitabschnitt DOK POK AN DOK POK AN 1650-1700 998 (97%) 33 (3%) 66 27 1701-1750 1.029 (94%) 66 (6%) 67 63 1751-1800 1.134 (97%) 41 (3%) 67 38 1801-1850 1.906 (97%) 64 (3%) 100 62 1851-1900 1.332 (98%) 33 (2%) 100 30 1901-1950 1.553 (96%) 58 (4%) 100 57 1951-1999 888 (87%) 134 (13%) 100 121 Insgesamt 8.840 429 600 398 Tab.-20: umfang der gesamtdatensätze (pro zeitabschnitt) bzw. der endgültigen DOK- und POK-Datensätze (pro cluster) für das Verb übergeben Gesamtdatensatz zurückgeben endgültiger Datensatz zurückgeben Zeitabschnitt DOK POK AN DOK POK AN 1650-1700 3 (100%) − (0%) 3 − 1701-1750 42 (95%) 2 (5%) 40 2 1751-1800 269 (98%) 5 (2%) 157 4 1801-1850 630 (93%) 47 (7%) 100 44 1851-1900 568 (93%) 40 (7%) 100 38 1901-1950 490 (85%) 84 (15%) 100 78 1951-1999 296 (79%) 81 (21%) 100 77 Insgesamt 2.298 259 600 243 Tab.-21: umfang der gesamtdatensätze (pro zeitabschnitt) bzw. der endgültigen DOK- und POK-Datensätze (pro cluster) für das Verb zurückgeben <?page no="163"?> DATENANNOTATION 163 Gesamtdatensatz übersenden endgültiger Datensatz übersenden Zeitabschnitt DOK POK AN POK ZU DOK POK AN POK ZU 1650-1700 96 (89%) 9 (8%) 3 (3%) 66 4 3 1701-1750 154 (81%) 35 (18%) 1 (1%) 67 26 − 1751-1800 91 (86%) 15 (14%) − (0%) 67 13 − 1801-1850 184 (90%) 21 (10%) − (0%) 100 19 − 1851-1900 136 (92%) 12 (8%) − (0%) 100 7 − 1901-1950 174 (92%) 15 (8%) − (0%) 100 14 − 1951-1999 130 (90%) 15 (10%) − (0%) 100 14 − Insgesamt 965 122 4 600 97 3 Tab.-22: umfang der gesamtdatensätze (pro zeitabschnitt) bzw. der endgültigen DOK- und POK-Datensätze (pro cluster) für das Verb übersenden Gesamtdatensatz einsenden endgültiger Datensatz einsenden Zeitabschnitt DOK POK AN POK ZU DOK POK AN POK ZU 1650-1700 2 (22%) 1 (11%) 6 (67%) 2 1 6 1701-1750 17 (53%) 9 (28%) 6 (19%) 15 9 6 1751-1800 16 (32%) 33 (66%) 1 (2%) 15 32 1 1801-1850 62 (39%) 97 (60%) 2 (1%) 57 91 2 1851-1900 50 (56%) 39 (44%) − (0%) 31 31 − 1901-1950 39 (60%) 26 (40%) − (0%) 33 23 − 1951-1999 4 (29%) 9 (64%) 1 (7%) 4 8 1 Insgesamt 190 214 16 157 195 16 Tab.-23: umfang der gesamtdatensätze (pro zeitabschnitt) bzw. der endgültigen DOK- und POK-Datensätze (pro cluster) für das Verb einsenden 3.2.2 Faktoren Jeder Beleg aus den endgültigen Datensätzen wurde im Hinblick auf eine Reihe von morphosyntaktischen, semantischen und pragmatischen Faktoren annotiert, die in der Literatur als potenziell motivierende Faktoren der Dativalternation herangezogen werden. Die Liste der Variablen basiert hauptsächlich auf der Arbeit von De Vaere (2023): Sie hat zur Untersuchung der Alternation im Gegenwartsdeutschen <?page no="164"?> METHODOLOgIE DER DIAcHRONEN KORPuSuNTERSucHuNg 164 den bereits existierenden Variablensatz aus bisheriger Forschung der englischen Dativalternation (vgl. u. a. Bresnan/ Ford 2010; Wolk et al. 2013) aufs Deutsche übertragen, erweitert und an das Deutsche angepasst. In der vorliegenden diachronen Studie wurden die folgenden Variablen annotiert: [1] Erscheinungsjahr HIST, DTA und KK20 stellen für jeden Korpusbeleg automatisch einige Metadaten, u. a. Informationen zum Erscheinungsjahr, zur Verfügung. Wenn in HIST statt einer einzigen Jahresangabe ein kurzer Zeitabschnitt (z. B. 1847-1857, 1800-1803-…) angeführt wird, wird für die Analyse jeweils die erste Jahreszahl gewählt. Aufgrund des Erscheinungsjahrs werden alle Belege aus den endgültigen Datensätzen einer der folgenden Perioden zugeordnet: 1650-1700, 1701-1750, 1751-1800, 1801-1850, 1851-1900, 1901-1950 oder 1951-1999. Die Belege der Verben einsenden, übersenden, übergeben, verleihen und zurückgeben werden in drei größere Cluster gruppiert, nämlich 1650-1800, 1801-1900 und 1901-1999. Auf diese Art und Weise enthält jeder Cluster genügend POK-Belege, um die Faktoren hinter der Dativalternation quantitativ untersuchen zu können. [2] Korpus Unterschieden wurde zwischen DTA, KK20 und den Teilkorpora des HIST: GMC, GOE, GRI, HK3, HK4, HK5, KHM, KHZ, meg, mew und mwa (siehe Tab.-10). [3] Verb Für jeden Beleg wurde die Infinitivform des jeweiligen Verbs annotiert: übergeben, zurückgeben, schicken, senden, einsenden, übersenden, verkaufen oder verleihen. [4] Konstruktion (DOK vs. POK) DOK ist die ‚Dativobjektkonstruktion‘ mit dem rezipienten im Dativ; POK ist die ‚Präpositionalobjektkonstruktion‘, in der der rezipient durch die Präposition an oder zu markiert wird. Für die Verben schicken und senden und ihre entsprechenden komplexen Verben wird in der Annotation zwischen den Kategorien DOK, POK AN und POK ZU unterschieden, für alle weiteren Verben werden nur die Kategorien DOK und POK (=-POK AN) verwendet. [5] Konstituentenfolge (thema-rezipient vs. rezipient-thema) DOK und POK kommen im Gegenwartsdeutschen mit beiden Konstituentenfolgen vor, wenn auch in unterschiedlichen Verhältnissen. In Kombination mit dem Faktor Konstruktion gibt es somit vier Möglichkeiten: DOK(rezipient-thema), DOK(thema-rezipient), POK (rezipient-thema) und POK(thema-rezipient). Die Variable Konstituentenfolge wurde in Bezug auf die Forschungsfrage zur Ab- <?page no="165"?> DATENANNOTATION 165 folge von thema und rezipient annotiert. Sie wurde nicht als Prädiktor in das statistische Modell einbezogen: Im Hinblick auf die Dativalternation ziehe ich es vor, sie als eine mögliche abhängige Variable an sich zu betrachten oder als eine Zwischenebene zwischen den aufgenommenen Prädiktoren einerseits und dem Ergebnis DOK vs. POK andererseits zu interpretieren. [6] Längendifferenz zwischen rezipient und thema Dieser Faktor wurde operationalisiert, indem die Wortzahl des themas von der Wortzahl des rezipienten subtrahiert wird. Die Präpositionen an und zu in den POK-Belegen wurden dabei systematisch außer Betracht gelassen und also nicht mitgezählt. In manchen Belegen zerfallen das thema und/ oder der rezipient in zwei Teile, weil sie durch eine andere Konstituente im Satz unterbrochen werden. In Sätzen wie (183) und (184), in denen das thema durch das Partizip II verliehen bzw. der rezipient durch die Adverbialbestimmung nach Kopenhagen unterbrochen wird, wird die Wortzahl der beiden Teile mitgezählt: (183) Die österreichische Regierung hat <dem Bauer in Galizien> [viele wichtige Rechte] verliehen , [[welche die früheren Rechtsansprüche der Edelleute sehr beschränken]]. (DTA, 1840-- Längendifferenz: -7) (184) Da sie an Bord zu kommen strebte, ließ er ein Boot herab, fing sie und sandte [sie] <an Eschricht> nach Kopenhagen, <<welcher sie bestimmte>>. (DTA, 1869-- Längendifferenz: 3) Wird das thema durch den rezipienten, oder umgekehrt, der rezipient durch das thema unterbrochen, so zählt allerdings nur die Wortzahl des ersten Teiles, vgl. (185) bzw. (186): (185) […]; so schickten sie [Abgeordnete] <an den König von Kreta>, [[die ihn in flehender Gestalt um Frieden baten]]. (DTA, 1791-- Längendifferenz: 3) (186) Diese verpachten hernach wieder an andre das Recht im kleinen damit zu handeln, oder vielmehr, sie verkaufen <andern> [das Opium] im großen zu sehr hohem Preise, <<die es an die Indier in kleinen Quantitäten wieder verkaufen>>. (DTA, 1792-- Längendifferenz: -1) [7] Belebtheit des themas , des rezipienten und des agens [7a] Belebtheit des themas (belebt vs. unbelebt / belebt, Objekt, Ort. Objekt) Die Kategorie ‚belebt‘ bezieht sich auf Individuen, d. h. Menschen und andere Lebewesen sowie dem Menschen ähnliche Wesen, wie Arnold, Boten, Braut, Diener, Engel, Erzbischof, Freund, Gefangene, Götter, Haushälterin, Heiliger Geist, Jüngling, Kind, <?page no="166"?> METHODOLOgIE DER DIAcHRONEN KORPuSuNTERSucHuNg 166 Pferd, Propheten, Raubvogel und Tochter. Zu dieser Kategorie gehören auch Kollektiva, d. h. Substantive im Singular, die eine Gruppe von Personen bzw. Lebewesen bezeichnen, wie Armee, Delegation, Deputation, Familie, Gesandtschaft, Kolonne, Mannschaft, Truppe und Volk. In die Kategorie ‚unbelebt‘ dagegen werden Objekte eingestuft, wie beispielsweise Beistand, Blumen, Brief, Freiheit, Geld, Geschenk, Hilfe, Krone, Kutsche, Öl, Ring, Schutz, Trost, Unglück und Zigaretten. In der Annotation der Verben verkaufen, verleihen, übergeben und zurückgeben wird, neben den belebten themata und den einfachen Objekten, noch eine dritte Kategorie unterschieden: ‚Ort.Objekt‘ umfasst alle themata, die Liegenschaften, Gebäude und Orte bezeichnen, wie Abtei, Apotheke, Avignon, Bauernhof, Betrieb, Botschaftsgebäude, Burg, Druckerei, Fabrik, Feld, Festung, Garten, Grafschaft, Grundstück, Herzogtum, Hof, Insel, Kontrollpunkt, Kunsthalle, Opernhaus, Provinz, Schloss, Sommersitz, Stadt, Vaterland, Warschau und Zitadelle. [7b] Belebtheit des rezipienten (belebt, unbelebt, unbestimmt) In Bezug auf den rezipienten wird für alle annotierten Verben zwischen den Kategorien ‚belebt‘, ‚unbelebt‘ und ‚unbestimmt‘ unterschieden. Analog zum thema umfasst die Kategorie ‚belebt‘ alle Individuen (z. B. Königin, Papst, Ritter, Samuel und Tante) und Kollektiva (z. B. Adel, Kollegium, Kundschaft, Menschheit, Nation, Obrigkeit, Pöbel, Publikum und Regierung). Ist die Belegzahl für diese beiden Teilkategorien allerdings genügend groß, so werden sie separat in die logistische Regressionsanalyse aufgenommen. Die Kategorie ‚unbelebt‘ bezieht sich auf die einfachen Objekte (z. B. Atmosphäre, Baum, Bestimmung, Leben, Mond, Schönheit, Sternen und Vergessenheit) und die sog. Ort.Objekte (z. B. Acker, Elbe, Gebäude, Gegend, Meer, Rhone, Sandwegen und Wald). Da Ort.Objekt jeweils nur sehr wenige Belege enthält, wird sie in der Analyse nicht als separate Kategorie behandelt. Zur Kategorie ‚unbestimmt‘ gehören die Nominalphrasen, die sowohl einen Ort als auch eine Gruppe von Personen, die dort arbeiten, wohnen oder leben, bezeichnen, wie z. B. Ägypten, Akademie, England, Fabrik, Fakultät, Firma, Hauptstadt, Hof, Institut, Kaffeehaus, Kirche, Kloster, Ministerium, Polizei, Präsidium, Redaktion, Reichstag, Schloss, Senat, Staat, Universität, Verlag und Volksrepublik. Auch das Wort Zeitung zum Beispiel wird in diese Kategorie eingestuft, da es sich auf die Zeitung als Objekt, die Redaktion und/ oder den Sitz der Redaktion beziehen kann. 58 58 Was ich hier als „unbestimmt“ bezeichne, kann man auch als „komplexen Typ“ bezeichnen. Der Pustejovksy (1995, S.-93, 149-151) entlehnte Begriff „komplexer Typ“ (Eng. complex type) bezieht sich auf die Idee, dass die Multifunktionalität eines lexikalischen Gegenstandes kategoriale Grenzen überschreiten kann, z. B. eine Tür kann sich entweder auf einen Gegenstand oder eine Öffnung beziehen, ein Buch auf einen Gegenstand oder die darin enthaltene Information, usw. <?page no="167"?> DATENANNOTATION 167 Es gilt zu beachten, dass bestimmte Konstituenten, je nach ihrer semantischen Rolle im Satz, manchmal unterschiedlichen Kategorien zugeordnet werden. Vergleicht man in (187) und (188) die a-Sätze mit den b-Sätzen, so stellt sich heraus, dass Druckerei und Stadt in ihrer thema-Rolle vielmehr das Gebäude mit der Infrastruktur bzw. den Ort an sich bezeichnen, während sie sich als rezipient auch auf die Arbeiter in der Druckerei bzw. auf die Einwohner der Stadt beziehen, die das Manuskript bzw. den Silberschrein in Empfang nehmen: (187a) Endlich rufte ihn sein Herr Vater zurück und übergab <ihm> [die Druckerey]. (DTA, 1741-- die Druckerey-= Ort.Objekt) (187b) […], habe ich nothgedrungen auch bei diesem Bande den frühern Weg eingeschlagen, [das Manuscript] stückweis <der Druckerei> zu übergeben , […]. (DTA, 1865-- der Druckerei-= unbestimmt) (188a) Dann eroberten die Böoter unter Ismenias, […], Heraklea Trachinia, machten die hier stationierten Spartaner nieder, verjagten die Ansiedler aus dem- Peloponnes und gaben [die Stadt] <den alten Bewohnern> zurück . (KK20, 1902-- die Stadt-= Ort.Objekt) (188b) […], daß gelegentlich der Kaisermanöver in Westfalen der Kaiser die Ausstellung besuchen würde, und daß er dabei vom Landrat mit der Bitte überrumpelt werden solle, [den Silberschrein] wieder <an die Stadt Soest> zurückzugeben . (KK20, 1930-- an die Stadt Soest-= unbestimmt) [7c] Belebtheit des agens (belebt, unbelebt, unbestimmt, nicht ausgedrückt) Das agens folgt im Hinblick auf den Faktor Belebtheit der gleichen Kategorisierung wie der rezipient, d. h. es wird ebenfalls zwischen den Klassen ‚belebt‘ (z. B. Komitee, Bürger, die Herrschaft von Venedig, ich, Gregor XIV, Mütter und Sohn), ‚unbelebt‘ (z. B. Computer, die Loisach, Phantasie, Schicksal, Sonne und Wollust) und ‚unbestimmt‘ (z. B. Australien, Akademie, Museum, Parlament und Staat) unterschieden. 59 Eine zusätzliche Kategorie ist ‚nicht ausgedrückt‘: Wenn das agens nicht explizit erwähnt wird oder nicht aus dem Kontext hergeleitet werden kann, wurde es dieser Kategorie zugeordnet. Das ist beispielsweise der Fall in verschiedenen Passiv-, Imperativ- und Infinitivsätzen. 59 Ein unbelebtes agens könnte man, da es streng genommen kein agens ist, passender als causer bezeichnen. Der Einfachheit halber wird der Begriff agens hier jedoch als übergreifende Bezeichnung beibehalten, unabhängig von der Unterscheidung zwischen Belebtheit und Unbelebtheit. <?page no="168"?> METHODOLOgIE DER DIAcHRONEN KORPuSuNTERSucHuNg 168 [8] Diathese (aktiv vs. passiv) Unterschieden wird zwischen aktiven und passiven Sätzen. 60 [9] Definitheit des themas und des rezipienten (definit vs. indefinit) Zur Kategorie ‚definit‘ gehören-- der Klassifizierung in Duden (2015, 2016) entsprechend-- Konstituenten mit einem bestimmten Artikel (z. B. den Gruß, die Freiheit, an das Volk, dem Prinzen), einem Possessivpronomen (z. B. ihre Kinder, seinen Beichtvater, an meine liebe Mutter, deinen Gläubigern), einem Demonstrativpronomen (z. B. dasselbe, denjenigen Anteil, jene Rosen, diesem Meister) und einem Zahlwort (z. B. hundert Dukaten, 48 Kanonen) sowie definite Personalpronomina (z. B. dich, an uns, zu ihr) und Eigennamen (z. B. Viktor, an Artabanus). Die Kategorie ‚indefinit‘ umfasst Gattungsnamen ohne Determinierer (z. B. Abgeordnete, angewürzte Suppen, Blumen, guten Freunden, zu Bekannten), Konstituenten mit einem indefiniten Artikel (z. B. ein Ambassadeur, an ein pariser Museum, einer Hausfrau) sowie indefinite Pronomina (z. B. einem, etwas, jemandem, solchen, wem). [10] Pronominalität des themas und des rezipienten (nominal vs. pronominal) Die Einstufung in die Kategorien ‚nominal‘ und ‚pronominal‘ erfolgte ebenfalls in Anlehnung an die Duden-Klassifizierung (2015, 2016). Nominale Konstituenten sind somit: Speise, mein Leben, ein Pferd, solches Bild, dem Ritter, an die Regierung, zu Vera-… Zur Kategorie der Pronomina dagegen gehören u. a. alles, beide, denselben, dich, einander, einem, es, etliche, (et)was, euch, ihm, jedem, jemandem, keine, mir, nichts, solches und wen. [11] Konkretheit des themas und des rezipienten (konkret, abstrakt, propositional) Die Kategorie ‚konkret‘ umfasst die themata und rezipienten, die etwas sinnlich Erfassbares bezeichnen, wie z. B. das Garn, die Druckerei, einen Stubenschlüssel, Rosen, den Sternen, den meisten Weibern, der Stadt Verona und dem Antlitz. Im Hinblick auf den Faktor Belebtheit (siehe [7]) sind alle belebten themata und rezipienten sowie alle themata und rezipienten, die der Kategorie ‚Ort.Objekt‘ bzw. ‚unbestimmt‘ zugeordnet wurden, auch ‚konkret‘. Zu der Kategorie ‚abstrakt‘ dagegen gehören diejenigen themata und rezipienten, die etwas bezeichnen, was nicht mit einem der fünf Sinne wahrnehmbar ist, wie das Bürgerrecht, die Erziehung der Kinder, sein Vertrauen, meinen letzten Willen, an die unreinen Begierden des Herzens, einer höheren Bestimmung, ihrer Entschlossenheit, der Hoffnung, dem Schicksal und der Ver- 60 Im Gegensatz zu lassen-Passiven wurden während der Datensammlung alle bekommen-, erhalten- und kriegen-Passive außer Betracht gelassen, da das Subjekt solcher Sätze keine Alternation ermöglicht. <?page no="169"?> DATENANNOTATION 169 gessenheit. Die themata und rezipienten, die mit der Übertragung sprachlicher Information zu tun haben, werden in die Kategorie ‚propositional‘ eingestuft, wie z. B. Abschiedskarte, Akte, Antwort, Artikel, Befehl, Bittschrift, Brief, Bücher, Dankadresse, Danksagung, Einladung, Gedicht, Glückwunsch, Grüße, Hilferufe, Instruktionen, Manuskript, Manifest, Memorandum, Nachricht, Predigt, Rechnung, Schreiben, Schrift, Telegramm, Text, Wort und Zettel. Anders als für Belebtheit werden für den Faktor Konkretheit nur die themata und rezipienten annotiert. [12] Numerus des rezipienten (singular vs. plural) Hinsichtlich des rezipienten wird zwischen rezipienten im Singular und rezipienten im Plural unterschieden. ‚Singular‘ sind zum Beispiel an das Volk, der Wäscherin, dir, einem ehrlichen Menschen, ihm, König Ludovico XI in Frankreich und zum Pharao. ‚Plural‘ dagegen sind u. a. allen Kongressteilnehmern, an deutsche Redaktionen, euch, uns, zu den Römern, usw. [13] Person des rezipienten (erste, zweite, dritte-- lokal vs. nicht-lokal) Die erste Person ist (zu) mir/ an mich und (zu) uns/ an uns, die zweite Person ist (zu) dir/ an dich und (zu) euch/ an euch. Die dritte Person erweist sich mit (zu) ihr/ an sie, (zu) ihm/ an ihn, (zu) Ihnen/ an Sie und (zu) ihnen/ an sie sowie allen nominalen Konstituenten als die größte Kategorie. In Anlehnung an Bresnan/ Ford (2010, S.- 176) wurde diese Klassifizierung in der Analyse vereinfacht, d. h. es wird zwischen den typologischen Kategorien ‚lokal‘ (d. h. Belege in der ersten und zweiten Person) und ‚nicht-lokal‘ (d. h. Belege in der dritten Person) unterschieden. [14] Proprialität des rezipienten (Eigenname vs. Gattungsname) Im Hinblick auf den rezipienten wird zwischen ‚Eigennamen‘ und ‚Gattungsnamen‘ unterschieden. Zu der ersten Kategorie gehören rezipienten, wie dem Dr. August Voigt, Napoleon, dem englischen König Heinrich II., an Hermann Hesse und zum Anton. Neben allen Pronomina enthält die Kategorie der Gattungsnamen zum Beispiel die rezipienten meiner Geliebten, der Milch, anderen Privatpersonen, meinem Wunsch, an den Kaiser, an die Arbeiter, zu einem Schneider und zum alten Harfenspieler. [15] Grammatisches Genus des rezipienten (feminin, nicht-feminin, irrelevant) Aufgrund der formalen Ähnlichkeit des (in)definiten Artikels im Dativ und Genitiv Femininum Singular könnte man eine höhere POK-Probabilität für die Kategorie ‚feminin‘ erwarten. Anhand einer an-PP oder zu-PP würde die Ambiguität Dativ- Genitiv aufgehoben und ließe sich der rezipient unzweideutig als Indirektes Objekt interpretieren. Die Unterscheidung zwischen den Kategorien ‚feminin‘ und ‚nicht- <?page no="170"?> METHODOLOgIE DER DIAcHRONEN KORPuSuNTERSucHuNg 170 feminin‘ ist aber nur sinnvoll für nominale rezipienten im Singular mit einem Determinierer (vgl. (189)) sowie für pronominale rezipienten, die eindeutig entweder feminin oder maskulin/ sächlich sind (vgl. (190)). Nicht relevant für diese Variable sind (i)-rezipienten, die nur aus einem Eigennamen oder einem Titel bestehen und keinen Determinierer haben, (ii)-Pronomina wie (zu) mir/ an mich, (zu) dir/ an dich, (zu) euch und (zu) uns sowie (iii)-alle weiteren rezipienten im Plural. Solche rezipienten werden im Hinblick auf die Variable Grammatisches Genus demnach alle in die Kategorie ‚irrelevant‘ eingestuft, vgl. (191): (189a) <Der Stadt Ninive> hat Er [den Propheten Jonam]- gesendet . (DTA, 1666-- feminin) (189b) Jedwedem Schuhmacher wird verboten, [Schuhwerk] <an eine Frau> zu verkaufen . (HIST, 1874-- feminin) (189c) Da kamen sie denn zuletzt in ihrer Angst auf den Gedanken, <dem Admiral> [einen Lammsbraten] zu schicken […]. (DTA, 1840-- nicht-feminin) (190a) […]; jeden Morgen sandte er <ihr> [einen prächtigen Blumenstrauß] als ersten Gruß. (HIST, 1868-- feminin) (190b) […]: als aber das Frühstück fertig war, so schickte ich endlich [die Dorcas] <zu ihr>, und bat mir ihre Gesellschaft aus. (DTA, 1749-- feminin) (190c) […]; wenn ich <ihm> [ein altes Taschentuch] verkaufen will, er muß es kaufen, es ist seine Natur […]. (HIST, 1855-- nicht-feminin) (191a) Albrecht der Unartige hatte nämlich [das ganze Land Thüringen] für 160,000 Thlr. <an Kaiser Adolf> verkauft […]. (HIST, 1855-- irrelevant) (191b) Banquier Haber wird <dir> [das Geld] schicken . (DTA, 1834-- irrelevant) (191c) Die Brautführer- senden -<ihren Damen> ebenfalls [Buketts] am Hochzeitsmorgen. (KK20, 1932-- irrelevant) [16] Textsorte (allgemein) (Belletristik, Gebrauchsliteratur, Medien, Wissenschaft) Sowohl DTA als auch KK20 bieten für jeden Beleg Informationen zur Textsorte. Dabei werden vier große Klassen unterschieden: ‚Belletristik‘, ‚Gebrauchsliteratur‘, ‚Wissenschaft‘ und ‚Zeitung‘. Da sich unter der Kategorie ‚Zeitung‘ auch einige Belege aus Zeitschriften finden, wird sie in der Annotation als die Klasse ‚Medien‘ betrachtet. Für Belege aus HIST, das keine solchen Metadaten enthält, wurde die Textsorte anhand der beiden anderen Korpora bestimmt oder-- wenn der entsprechende Text dort nicht aufgefunden wurde-- über http: / / www.zeno.org, die größte deutschsprachige Volltextbibliothek, ermittelt. <?page no="171"?> DATENANNOTATION 171 [17] Textsorte (spezifisch) Neben den vier allgemeinen Textklassen bieten DTA und KK20 für jeden Beleg auch Informationen zur spezifischen Textsorte. Zu ‚Belletristik‘ gehören u. a. die Unterkategorien Autobiographie, Briefe, Drama, Erzählung, Kinderliteratur, Lyrik, Märchen, Novelle, Prosa und Roman. Die Textsorte ‚Gebrauchsliteratur‘ enthält Belege, die u. a. in die Unterkategorien Andachtsbuch, Anstandsliteratur, Kochbuch, Leichenpredigt, Pflanzenbuch, Umgangsformen und Schulbuch eingestuft sind. Die Kategorie ‚Wissenschaft‘ umfasst u. a. Belege aus den Bereichen Architektur, Astronomie, Biologie, Jura, Kunstgeschichte, Musikwissenschaft, Philosophie, Politik, Psychologie und Wirtschaft. Für die Textklasse ‚Medien‘ schließlich ist immer der Name der betreffenden Zeitschrift bzw. Zeitung gegeben: Bravo, Brigitte, Die Landfrau, Archiv der Gegenwart, Der Arbeitgeber, Berliner Tageblatt, Die Bayerische Presse, Neue Rheinische Zeitung, Völkischer Beobachter, Vossische Zeitung, Die Zeit- … Aufgrund der enormen Vielfalt der spezifischen Textsorten wurde dieser Faktor aber nicht in das statistische Modell einbezogen. Anders als in De Vaere (2023-- für Deutsch), Bresnan et al. (2007-- für Englisch) und Geleyn (2016, 2017- - für Niederländisch) wurde der Faktor Givenness des themas und des rezipienten in der vorliegenden Studie nicht annotiert. Viele Belege enthalten nämlich entweder nur einen sehr geringen oder gar keinen vorhergehenden Kontext und sind damit nicht geeignet, diese Variable zu untersuchen. Ebenfalls wegen des oft geringen oder fehlenden Kontexts wurde kein Faktor Syntaktisches Priming annotiert. Diese Variable, die auch als Syntaktische Persistenz oder Struktureller Parallelismus bezeichnet wird, gibt an, ob die gleiche Konstruktion bereits im vorhergehenden Kontext verwendet wurde oder nicht (vgl. De Vaere 2023, S.-46, 126 f., die diesen Faktor ebenfalls nicht einbezieht). Schließlich wurde-- obwohl in manchen historischen Grammatiken darauf hingedeutet wird, dass POK, beispielsweise für das Verb geben, eine regionale Variante sei, die im Sprachgebrauch bestimmter Landschaften vorkomme (siehe Abschn.-2.1.2)-- auch kein Faktor Regio in die Analyse einbezogen. Erstens wäre eine solche Annotation aufgrund der großen Zahl unterschiedlicher Autoren praktisch nicht durchführbar. Zweitens erscheint es unmöglich, ausgehend von Informationen über den Geburts- oder Wohnort einer Person Schlussfolgerungen über ihren Sprachgebrauch zu ziehen. Drittens fehlt bei allen Zeitungsbelegen der Name des Autors. Im Gegensatz dazu hat De Vaere (2023), wie bereits in Abschnitt-1.2.2 dargestellt wurde, den Faktor Quelle in ihre Analysen einbezogen. Dabei unterscheidet sie insgesamt vier Kategorien, und zwar: Belege aus deutschen Zeitungen, Belege aus österreichischen Zeitungen, Belege aus schweizerischen Zeitungen und Wikipedia-Belege. Da es üblich sei, dass deutschsprachige Zeitungen Nachrichten und Meldungen von Nachrichtenagenturen aus dem gesamten deutschen Sprachraum übernehmen, müssen die Ergebnisse dieser Variable, so De Vaere (2023, S.-126), jedoch mit Vorsicht interpretiert werden. <?page no="172"?> METHODOLOgIE DER DIAcHRONEN KORPuSuNTERSucHuNg 172 3.3 Datenanalyse Die eigentliche Datenanalyse besteht aus drei Schritten. Um die historischen Veränderungen in den relativen DOK/ POK-Verhältnissen und in der Konstituentenfolge zu ermitteln, wurde(n) in einem ersten Schritt die Gesamtzahl der DOK/ POK-Belege bzw. ihre Stichproben bivariat quantifiziert. Dabei wurde zunächst die Dativalternation an sich betrachtet. Danach wurde die Alternation mit den beiden möglichen Konstituentenfolgen (thema-rezipient und rezipient-thema) kombiniert. In einem zweiten Schritt wurde anhand der von Gries/ Hilpert (2012) entwickelten Variability-based Neighbour Clustering-Methode (VNC) überprüft, ob sich diachron identifizierbare Cluster unterscheiden lassen, d. h. ob es möglich ist, angrenzende Zeitabschnitte aufgrund gegenseitiger Ähnlichkeit in größere Zeiträume zu gruppieren. 61 Statt die zeitlich veränderlichen DOK/ POK-Verhältnisse einfach in einer Grafik zu visualisieren, stellt die VNC-Methode eine statistisch zuverlässige Vorgehensweise dar, um diachrone Cluster zu ermitteln. Die Methode berücksichtigt allerdings ausschließlich die Verhältnisse der verschiedenen Zeitabschnitte und lässt die annotierten Variablen außer Betracht. Um die gleichzeitige Wirkung der annotierten Faktoren auf die Alternation zwischen DOK und POK zu ermitteln, wurde in einem dritten und letzten Schritt ein logistisches Regressionsmodell berechnet. Anstatt des Faktors Periode wurde die Variable Erscheinungsjahr angewendet, um signifikante Entwicklungstendenzen in den Daten zu bewerten. Diese Variable und der Faktor Längendifferenz wurden mittels eingeschränkter kubischer Splines (Eng. restricted cubic splines) modelliert, was nicht-lineare Effekte ermöglicht. Zur Bewertung der historischen Stabilität der Effekte im gesamten Zeitraum wurden alle wechselseitigen Interaktionen mit dem Faktor Erscheinungsjahr einbezogen. Aufgrund von Datenmangel konnten einige wechselseitige Interaktionen allerdings nicht erstellt werden. Das Modell wurde nicht vereinfacht, d. h. nur die auf dem Alpha-Niveau von 5% signifikanten Variablen wurden einbezogen. Für die Verben schicken und senden wurde zusätzlich ein sog. bedingter Inferenzbaum (Eng. conditional inference tree) erstellt, der die Ergebnisse der drei Zielvariablen, d. h. DOK vs. POK AN vs. POK ZU, darstellt. Alle statistischen Analysen wurden in R durchgeführt (R Core Team 2020). Dabei wurden die folgenden Pakete verwendet: dplyr (Wickham et al. 2019), Hmisc (Harrell 2020), partykit (Hothorn/ Hornik/ Zeileis 2006; Hothorn/ Zeileis 2015), rms (Harrell 2021), ggplot2 (Wickham 2016) und ggthemes (Arnold 2021). Die Ausführung der statististischen Analysen erfolgte in enger Zusammenarbeit mit Ludovic De Cuypere. 61 Der Code und die Anleitung zur Durchführung der VNC-Analyse in R sind auf dieser Webseite zu finden: https: / / global.oup.com/ us/ companion.websites/ fdscontent/ uscompanion/ us/ static/ companion .websites/ nevalainen/ Gries-Hilpert_web_final/ vnc.individual.html (Stand: 23.9.2024). <?page no="173"?> 4. Ergebnisse der Korpusuntersuchung Dieses Kapitel- befasst sich mit den Ergebnissen der diachronen Korpusuntersuchung. Im Fokus der ersten beiden Abschnitte stehen diejenigen Verben, die sich für eine quantitative Untersuchung eignen: Abschnitt-4.1 stellt die Ergebnisse der Verben verkaufen (4.1.1), senden (4.1.2) und schicken (4.1.3) dar; in Abschnitt-4.2 werden die Ergebnisse der Verben übergeben (4.2.1), zurückgeben (4.2.2), verleihen (4.2.3), übersenden (4.2.4) und einsenden (4.2.5) beschrieben. Abschnitt- 4.3 schließlich widmet sich den Verben, die aufgrund der kleineren Datensätze nur einer qualitativen Untersuchung unterzogen werden konnten: Es betrifft das Verb geben und einige komplexe geben-Verben (4.3.1), leihen und einige komplexe leihen-Verben (4.3.2), alle komplexen schicken-Verben (4.3.3) und einige komplexe senden-Verben (4.3.4). 4.1 Die Verben verkaufen, senden und schicken Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt für jedes der vorliegenden Verben in drei Teilen. Zunächst wird die historische Entwicklung der relativen DOK/ POK-Verhältnisse erörtert und visualisiert. Die Befunde werden sodann dem Dendrogramm, das sich mittels der VNC-Methode ergibt, gegenübergestellt. Danach wird die Entwicklung der Konstituentenfolge (thema-rezipient vs. rezipient-thema) in den beiden Konstruktionen erläutert. Der dritte Teil schließlich befasst sich mit den Ergebnissen der logistischen Regressionsanalyse. Für die Verben schicken und senden wird außerdem ein bedingter Inferenzbaum erstellt. 4.1.1 Das Verb verkaufen Relative DOK/ POK-Verhältnisse und VNC-Dendrogramm Abbildung-9 visualisiert die Entwicklung der DOK/ POK-Vorkommenshäufigkeit für das Verb verkaufen im Neuhochdeutschen: <?page no="174"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 174 Abb.-9: Relative DOK/ POK-Verhältnisse für verkaufen im Neuhochdeutschen Generell zeigt das gestapelte Säulendiagramm eine graduelle Zunahme der relativen POK-Frequenz im Laufe der Zeit. Der älteste POK-Beleg im Gesamtdatensatz stammt aus der 1653 erschienenen Monographie Biblische Policey von Dietrich Reinkingk, vgl. (192): (192) […] es praesentirte sich da die beste occasion von der Welt/ per Rationem Status diesem jungen gedraumbten Könige den bunden Rock außzuziehen/ jhme den Halß zubrechen/ vnd dardurch jhren Statum für deß Traumers Herrschafft zu assecuriren, vnd als Juda vnd Ruben solches widerrathen/ sind sie doch darin einig gewesen/ daß sie [jhn] <an frembde durchreysende Kauffleuthe> verkauffet / vnd darfür gehalten er würde wol nimmer wider zu Lande kommen/ vnnd jhr Status auch auff diese Weise gesichert bleiben. (DTA, 1653) Schaut man sich die generelle Tendenz in Abbildung- 9 genauer an, so lassen sich darin verschiedene Stufen beobachten. Hauptsächlich zwischen 1650-1700 und 1701-1750 findet eine bemerkenswerte Änderung statt: Die erste Hälfte des 18.-Jahrhunderts erweist sich als die Periode, in der der relative POK-Anteil am meisten zunimmt. In den Abschnitten 1751-1800 und 1801-1850 bleibt das DOK/ POK-Verhältnis weitgehend stabil. Zwischen 1801-1850 und 1851-1900 ist eine weitere Zunahme der POK-Frequenz festzustellen, die aber im Zeitabschnitt 1901-1950 um 2% zurückgeht. Im 20.-Jahrhundert erreicht POK einen relativen Anteil von 60%. Der Eindruck, dass sich in der Periodisierung des Verbs verkaufen vier größere Phasen bzw. Gruppen unterscheiden lassen, bestätigt die VNC-Analyse. Das VNC-Dendrogramm und den zugehörigen Scree-Plot stellt Abbildung-10 dar: <?page no="175"?> 175 DIE VERbEN VERKAUFEN, SENDEN uND SCHICKEN Abb.-10: VNc-Dendrogramm und zugehöriger Scree-Plot für verkaufen Die Variability-based Neighbour Clustering-Methode ist ein Bottom-up-Ansatz, der in der vorliegenden Untersuchung auf den relativen DOK/ POK-Verhältnissen im Gesamtdatensatz basiert und angrenzende Perioden aufgrund ihrer gegenseitigen Ähnlichkeit gruppiert, vgl. Abschnitt-3.3. Das VNC-Dendrogramm in Abbildung-10 ist folgendermaßen zu interpretieren: Zunächst werden die Perioden 1901-1950 und 1951-1999 gruppiert, d. h. von den sieben unterschiedenen Perioden sind diese beiden einander am ähnlichsten. In einem nächsten Schritt wird dieser Cluster mit der Periode 1851-1900 gruppiert, welche sich als die zweitähnlichste Periode herausstellt. Anschließend werden die Perioden 1751-1800 und 1801-1850 zusammengeführt und mit der Periode 1701-1750 geclustert. Die Periode 1650-1700 wird schließlich als letzte gruppiert, was bedeutet, dass sie sich am meisten von allen anderen Perioden unterscheidet. Im zugehörigen Scree-Plot zeichnet sich an Stelle 4 ein sog. ‚Ellenbogen‘ ab. Daraus geht hervor, dass sich die meiste Variation hinsichtlich der DOK/ POK-Verhältnisse in vier Clustern erfassen lässt. Anhand des VNC-Dendrogramms sind die vier folgenden Gruppen zu unterscheiden: (i)-1650-1700, (ii)-1701-1750, (iii)-1751- 1850 (d. h. 1751-1800- + 1801-1850) und (iv)- 1851-1999 (d. h. 1851-1900- + 1901- 1950-+ 1951-1999). Dieses Clustering stimmt weitgehend mit den in Abbildung-9 festgestellten Phasen, d. h. der schrittweisen Zunahme der relativen POK-Frequenz, überein. Andere Einteilungen sind aufgrund der Knickstelle im Scree-Plot ausgeschlossen. <?page no="176"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 176 Konstituentenfolge Abbildung-11 stellt die relativen Verhältnisse der Wortfolgen thema-rezipient und rezipient-thema in DOK und POK dar. Die Ergebnisse basieren auf dem annotierten, endgültigen verkaufen-Datensatz: Abb.-11: Relative Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient in DOK und POK für verkaufen Abbildung-11 lässt sich entnehmen, dass sich die POK-Wortfolge als historisch relativ stabil erweist. Fast alle POK-Belege weisen die heutzutage übliche Wortfolge thema-rezipient auf; die Wortfolge rezipient-thema kommt im gesamten untersuchten Zeitraum bei POK nur sehr selten vor. Die Konstituentenfolge innerhalb DOK hat allerdings eine andere Entwicklung durchgemacht: Stellt man die beiden Wortfolgen einander gegenüber, so zeigt Abbildung- 11, dass sich DOK(r-t) erst ab dem Anfang des 20.-Jahrhunderts als die heutzutage übliche DOK-Wortfolge manifestiert. In der Periode 1650-1700 erreicht die umgekehrte DOK-Wortfolge themarezipient noch einen relativen Anteil von 52%, aber dieser nimmt im Laufe der Jahre tendenziell ab, bis 23% in der Periode 1751-1800 und 8% in der zweiten Hälfte des 20.-Jahrhunderts. Man könnte vermuten, dass das Vorhandensein von Belegen, in denen entweder das thema oder der rezipient oder sogar beide Konstituenten pronominal sind, die Ergebnisse aus Abbildung- 11 mehr oder weniger stark beeinflusst hat, vgl. Abschnitt- 1.1.4. Deswegen werden, in Anlehnung an Rauth (2016), diejenigen Belege mit sowohl einem nominalen thema als auch einem nominalen rezipienten noch einmal separat unter die Lupe genommen. Insgesamt betrifft es n-= 842 Belege. Die Ergebnisse werden in Abbildung-12 dargestellt. Im Vergleich zu den Ergebnissen aus Abbildung-11 sind allerdings nur einige wenige Unterschiede zu beobachten: <?page no="177"?> 177 DIE VERbEN VERKAUFEN, SENDEN uND SCHICKEN Abb.-12: Relative Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient in DOK und POK für verkaufen mit ausschließlich nominalen Konstituenten Erwähnenswert in Bezug auf die Wortfolge sind die verkaufen-Belege unter (193) aus der von Karl Philipp Moritz herausgegebenen Zeitschrift Gnothi sauton oder Magazin zur Erfahrungsseelenkunde als ein Lesebuch für Gelehrte und Ungelehrte. Es handelt sich um nahezu die gleichen Sätze, die sich allerdings in der Realisierung des rezipienten unterscheiden: Der rezipient aus (193a), der im 1784 veröffentlichten Band-II im Dativ erscheint, wird fünf Jahre später-- in Band-VII-- anhand einer an- PP ausgedrückt, vgl. (193b). Beide Belege weisen die Wortfolge thema-rezipient auf: (193a) Er entschloß sich also, in die Stadt zu der gedachten Verwandtin zu ziehen, ward Bürger und verkaufte [sein Haus in seinem Geburtsorte] <seinem Schwager Schmidt>. (DTA, 1784) (193b) Er entschloß sich, in die Stadt zu der gedachten Verwandtin zu ziehen, ward Bürger und verkaufte [sein Haus an seinem Geburtsorte] <an seinen Schwager Schmidt>. (DTA, 1789) Logistische Regressionsanalyse Anhang A.1 bietet eine Übersicht über die Belegzahl des endgültigen verkaufen- Datensatzes pro annotierter Kategorie und ihre entsprechende POK-Wahrscheinlichkeit. Der Faktor Konkretheit des rezipienten (RezKonkr) wird aus der statistischen Analyse ausgeschlossen, weil die unterschiedenen Kategorien keinen quantitativ ausgewogenen Vergleich zulassen: Mit u. a. an die Autonomie Kataloniens und an den Bolschewismus umfasst der Datensatz nämlich nur zehn abstrakte-- gegenüber 1.431 konkreten-- rezipienten. Außerdem wird in der Analyse nicht der <?page no="178"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 178 Faktor Periode, sondern der Faktor Erscheinungsjahr angewendet. Alle weiteren im Anhang A.1 dargestellten Variablen werden in die Analyse einbezogen. Zur Bewertung der historischen Stabilität der Effekte werden auch alle möglichen wechsel seitigen Interaktionen mit dem Faktor Erscheinungsjahr untersucht, d. h. die Interaktionen, für die bei der Erstellung des Modells eine Fehlermeldung angezeigt wird, werden aus dem Modell entfernt. Anhang A.2.1 stellt das logistische Regressionsmodell dar. Zur Bewertung der Modellgüte wird eine Bootstrap-Validierung-- basierend auf N-= 2.000 Bootstrap-Stichproben- - durchgeführt, vgl. A.2.2. Daraus ergibt sich ein Somers D xy -Wert von 0.6591, der einem Konkordanzindex C von 83% entspricht. Diese hohen Maße deuten auf eine sehr gute Vorhersagegenauigkeit des Modells hin. Anhang A.2.3 schließlich bietet eine Übersicht über die sog. Varianzinflationsfaktoren oder VIFs (Eng. Variance Inflation Factors), anhand deren sich überprüfen lässt, ob und inwiefern Multikollinearität vorliegt, d. h. überschreitet der VIF den Wert von 10, so ist Kollinearität anzunehmen. Die vielen hohen Werte in Anhang A.2.3 sind allerdings hauptsächlich auf die Interaktionen im Modell zurückzuführen. Abb.-13: Reihenfolge der nach Wichtigkeit geordneten Prädiktoren für verkaufen (ANOVA von geschachtelten Modellen) 62 62 Abkürzungen: AgBel- = Belebtheit des agens, ThKonkr- = Konkretheit des themas, Jahr- = Erscheinungsjahr, ThPron-= Pronominalität des themas, ThBel-= Belebtheit des themas, RezDef-= Definit- <?page no="179"?> 179 DIE VERbEN VERKAUFEN, SENDEN uND SCHICKEN Bei einem Signifikanzniveau von 5% (p-Wert-< 0.05) erweisen sich zehn Haupteffekte als statistisch signifikant, und zwar: (i)-Erscheinungsjahr, (ii)-Pronominalität des rezipienten, (iii)-Definitheit des rezipienten, (iv)-Grammatisches Genus des rezipienten, (v)-Belebtheit des themas, (vi)-Längendifferenz (zwischen rezipient und thema), (vii)-Numerus des rezipienten, (viii)-Person des rezipienten, (ix)-Definitheit des themas und (x)- Diathese. Abbildung- 13 bietet eine Übersicht der nach Wichtigkeit geordneten Variablen. Die entsprechenden Effektplots werden in Abbildung- 14 dargestellt. Sie visualisieren für jeden im Modell enthaltenen Faktor die vorhergesagte POK-Wahrscheinlichkeit. Die x-Achsen zeigen jeweils die verschiedenen möglichen Kategorien innerhalb jedes Faktors; auf den y-Achsen ist die POK-Probabilität angegeben. Je höher der Punkt in den Effektplots angesiedelt ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich im (endgültigen) Datensatz die POK-Variante beobachten lässt. Acht der zehn statistisch signifikanten Haupteffekte beziehen sich auf das thema und/ oder den rezipienten. Aus den Effektplots in Abbildung-14 geht hervor, dass definite themata und themata, die zur Kategorie ‚Ort.Objekt‘ gehören, eine höhere POK-Probabilität aufweisen. Auch indefinite und nominale rezipienten, nichtlokale rezipienten, rezipienten im Singular und rezipienten, deren grammatisches Genus als ‚irrelevant‘ eingestuft wird, korrelieren alle mit POK. In Bezug auf den Faktor Längendifferenz zwischen rezipient und thema sind es positive Längendifferenzen, d. h. der rezipient ist länger als das thema, die eine positive Korrelation mit POK aufweisen. Die zwei übrigen Haupteffekte betreffen die Variablen Erscheinungsjahr, das den stärksten Effekt aufweist, und Diathese. Für den Faktor Erscheinungsjahr lässt sich zwischen 1650 und 1850 eine beträchtliche, allmähliche Zunahme der POK-Probabilität feststellen, die jedoch ab dann zu stagnieren scheint. Angesichts der Streuung ab dem Jahr 1900-- im Effektplot durch das breite, graue Band-dargestellt-- ist es für das 20.- Jahrhundert nicht möglich, eindeutige Schlussfolgerungen bezüglich der POK-Probabilität zu schließen. Hinsichtlich des Faktors Diathese schließlich weisen passive Sätze eine höhere POK-Wahrscheinlichkeit auf. Umgekehrt ist DOK mit aktiven Sätzen, mit negativen Längendifferenzen, d. h. das thema ist länger als der rezipient, mit indefiniten themata und mit themata, die Individuen, Kollektiva oder Objekte bezeichnen, assoziiert. Für die rezipienten gilt, heit des rezipienten, RezNum- = Numerus des rezipienten, RezBel- = Belebtheit des rezipienten, RezPropr-= Proprialität des rezipienten, RezPron-= Pronominalität des rezipienten, ThDef-= Definitheit des themas, RezPerson- = Person des rezipienten, LängDiff- = Längendifferenz (zwischen rezipient und thema), RezGramGen-= Grammatisches Genus des rezipienten. <?page no="180"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 180 dass pronominale, definite und lokale rezipienten, rezipienten im Plural sowie rezipienten, deren grammatisches Genus den Kategorien ‚feminin‘ oder ‚nicht-feminin‘ zugeordnet wird, eine höhere DOK-Probabilität aufweisen. Aufgrund der Ergebnisse der statistischen Analyse können die folgenden Beispielsätze in (194) und (195) als typische POKbzw. DOK-Sätze betrachtet werden. Jeder Satz kombiniert die Ergebnisse von sieben oder mehr verschiedenen signifikanten Haupteffekten, die-- neben der jeweiligen vorhergesagten POKbzw. DOK-Probabilität-- zwischen Klammern aufgelistet werden: (194a) [Die Kirchengüter selbst] wurden grossentheils an raubsüchtige königliche Günstlinge verschenkt oder zu einem Spottpreis <an spekulirende Pächter und Stadtbürger>- verkauft , <<welche die alten erblichen Untersassen massenhaft verjagten und ihre Wirthschaften zusammenwarfen>>. (DTA, 1867) (Erscheinungsjahr; Längendifferenz: 12; passiv; thema: definit, Ort.Objekt; rezipient: indefinit, nominal, nicht-lokal, irrelevant-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 99%) (194b) [Das Kohlengeschäft] wurde <an Paul Schütt>- verkauft . (KK20, 1957) (Längendifferenz: 0; passiv; thema: definit, Ort.Objekt; rezipient: nominal, nicht-lokal, singular, irrelevant- - vorhergesagte POK-Probabilität- = 99%) (194c) […]; inzwischen- verkaufte -Frankreich [die Inseln] <an Spanien>, <<das sie aber unter Kriegsdrohung 1771 den Briten überließ>>. (KK20, 1976) (Längendifferenz: 8; thema: definit, Ort.Objekt; rezipient: nominal, nicht-lokal, singular, irrelevant-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 99%) (195a) Dann ich weiß mich zuerinnern/ daß ich euch mehr gesehen/ nemlich vor ungefehr 20. Jahren/ als ich mit einer Carawan aus Arabia auff hieherwerts bey Sichem vorbey reisete/ da ihr <uns> [einen schönen Jüngling] verkaufft . (DTA, 1667) (Erscheinungsjahr; Längendifferenz: -2; aktiv; thema: indefinit, belebt; rezipient: definit, pronominal, lokal, plural-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 100%) (195b) Unter andern- verkauften -sie <uns> [eine Knie-Schürze], [[die aus dichtgeflochtnen Zeuge verfertigt, mit rothen Federn besetzt, an den Seiten mit weißen Hundefell verbrämt und mit Stücken von See-Ohr-Muscheln geziert war]]. (DTA, 1778) (Längendifferenz: -24; aktiv; thema: indefinit, Objekt; rezipient: definit, pronominal, lokal, plural-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 99%) <?page no="181"?> 181 DIE VERbEN VERKAUFEN, SENDEN uND SCHICKEN Abb.-14: Effektplots für das Verb verkaufen 63 63 Abkürzungen: abstr- = abstrakt, konkr- = konkret, prop- = propositional, fem- = feminin, irrel- = irrevelant, nfem- = nicht-feminin, nlokal- = nicht-lokal, Bell- = Belletristik, Gebrauch-= Gebrauchsliteratur, Wiss-= Wissenschaft, naus-= nicht ausgedrückt, unbest-= unbestimmt, Indiv-= Individuum, Koll-= Kollektivum. <?page no="182"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 182 (195c) Danach sitzen sie, scheinbar versöhnt, mit den anderen zusammen beim Wein, als Panurge ihn bittet, <ihm> doch [einen seiner Hammel] zu verkaufen . (KK20, 1946) (Längendifferenz: -2; aktiv; thema: indefinit, belebt; rezipient: definit, pronominal, nicht-feminin-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 97%) Manche Belege aus dem verkaufen-Datensatz stimmen allerdings nicht mit den Ergebnissen der statistischen Analyse und/ oder mit der vorhergesagten DOK/ POK- Wahrscheinlichkeit überein, d. h. bestimmte Sätze erscheinen in POK bzw. DOK, während man aufgrund der verschiedenen Eigenschaften, die sie in Bezug auf die signifikanten Haupteffekte aufweisen, sowie aufgrund einer sehr niedrigen POKbzw. DOK-Probabilität die andere Konstruktion erwarten würde. Beispiele für solche Belege sind die Sätze in (196) und (197). In der Regel korrelieren die aufgelisteten Eigenschaften zwischen Klammern mit der anderen Konstruktion: (196) Von den Aerzten, die zu mir kamen, verfielen drei diesem Lose, und ein Buchhändler, der [Bücher] <an mich> verkaufte , ein alter, sehr fetter Mann, fiel in ihre Netze und kam nur mit knapper Not davon. (DTA, 1860) (aktiv; thema: indefinit, Objekt; rezipient: definit, pronominal, lokal- - vorhergesagte POK-Probabilität-= 6%) (197) Landwirte, die [ihr Land] <anderen landwirtschaftlichen Betrieben> verkaufen oder auf mindestens 12 Jahre verpachten, können Investitionskredite zur Schaffung einer außerlandwirtschaftlichen Existenz erhalten, […]. (KK20, 1971) (Längendifferenz: 1; thema: definit, Ort.Objekt; rezipient: indefinit, nominal, nicht-lokal, irrelevant-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 4%) 4.1.2 Das Verb senden Relative DOK/ POK-Verhältnisse und VNC-Dendrogramm Abbildung-15 stellt die historische Entwicklung der relativen DOK/ POK-Verhältnisse für das Verb senden dar. Es wird zwischen DOK, POK mit der Präposition an (POK AN) und POK mit der Präposition zu (POK ZU) unterschieden: <?page no="183"?> 183 DIE VERbEN VERKAUFEN, SENDEN uND SCHICKEN Abb.-15: Relative DOK/ POK-Verhältnisse für senden im Neuhochdeutschen Stellt man DOK den beiden POK-Varianten gegenüber, so lässt sich generell eine Wellenbewegung erkennen: Der DOK-Anteil, der in den Perioden 1650-1700 und 1701-1750 bei 48% bzw. 42% liegt, erreicht im Zeitabschnitt 1751-1800 mit fast 70% seinen Höchststand. Dieser Anteil nimmt im Laufe der Zeit allerdings wieder allmählich ab, bis auf 40% in der Periode 1951-1999. Für POK AN erhöht sich zwischen 1650-1700 und 1701-1750 der relative Anteil um fast 26%, nämlich von 13% auf 39%. Danach nimmt dieser POK AN-Anteil zwar ab-- in der Periode 1751-1800 beträgt er 18%--, aber in den folgenden Zeitabschnitten steigt er wieder tendenziell, bis 55% in der Periode 1951-1999. Genau die umgekehrte Tendenz lässt sich bei POK ZU feststellen: In der Periode 1650-1700 erreicht der relative POK ZU-Anteil noch 39%, aber nach einem allmählichen Rückgang im Laufe der Jahre liegt er im Zeitabschnitt 1951-1999 nur noch bei 5%. Erklären lässt sich der auffällige Unterschied zwischen POK AN und POK ZU z. T. dadurch, dass im endgültigen Datensatz die Anzahl der belebten themata, d. h. die Individuen und die Kollektiva, generell abnimmt, während die Anzahl der unbelebten themata, d. h. die Objekte, vor allem im 20.- Jahrhundert stark ansteigt, vgl. Abbildung-16: <?page no="184"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 184 Abb.-16: Absolute Anzahl der Kollektiva, Individuen und Objekte pro Periode aufgrund des faktors belebtheit des themaS im endgültigen senden-Datensatz Aus Abbildung-16 geht hervor, dass in den Perioden 1650-1700 und 1701-1750 58% bzw. 45% der annotierten senden-Sätze ein belebtes thema enthalten. Dieser Anteil sinkt aber tendenziell bis auf 6% im Zeitabschnitt 1951-1999. Im Gegensatz dazu erhöht sich der relative Anteil der unbelebten themata von 42% (1650-1700) bis auf 94% (1951-1999). Inwieweit der kontinuierliche Rückgang der Kategorie Individuum auf gesellschaftliche Veränderungen zurückzuführen ist, müsste eigens geklärt werden. Aufgrund der sich ständig weiterentwickelnden Technologie dürfte es aber seltener geworden sein, Personen auszusenden, um z. B. einen Brief oder eine Nachricht zu übermitteln, vgl. (198). Es ist möglich, dass sich diese Entwicklung in den Daten widerspiegelt. Darüber hinaus finden sich in den beiden ältesten Perioden des annotierten Datensatzes bestimmte Textsorten, die in den späteren Perioden kaum noch bzw. gar nicht mehr vorkommen und deren senden-Belege bedeutend häufiger ein belebtes als ein unbelebtes thema enthalten. Es handelt sich zum Beispiel um Belege aus Anstandsliteratur (belebt: 21 vs. unbelebt: 2), Erbauungsliteratur (belebt: 26 vs. unbelebt: 14) und Theologie (belebt: 51 vs. unbelebt: 31). (198a) Wie ich endlich meine Studien vollendet hatte, und nun Dienste des Staats suchen wollte, auch würklich schon gegründete Hofnung dazu hatte, da sandte <mir> meine Mutter [einen Eilboten], und befahl mir, so schnell als möglich aufs väterliche Schloß rückzukehren, […]. (DTA, 1796) (198b) Am vergangenen Montage Morgens sandte der Printz von Conty [einen seiner Pagen] <an die Printzeßin seine Gemahlin>, um zu vernehmen den Zustand ihrer Gesundheit. (DTA, 1725) (198c) Als der Decanus Facultatis Theologicae D. Moebius damahlen auf seinem Gute über Land gewesen, hat D. Carpzovius und D. Pfeiffer [einen absonder- <?page no="185"?> 185 DIE VERbEN VERKAUFEN, SENDEN uND SCHICKEN lichen Boten] <zu ihn> gesendet , daß er bey Nacht nach Leipzig herein kommen, und die Supplic unterzeichnen müssen, […]. (DTA, 1724) Verknüpft man die Faktoren Belebtheit des themas und Belebtheit des rezipienten, so ergeben sich im endgültigen senden-Datensatz insgesamt n-= 398 Belege, die sowohl ein belebtes thema als auch einen belebten rezipienten enthalten: Es handelt sich um n-= 132 DOK-, n-= 93 POK AN- und n-= 173 POK ZU-Belege. Abbildung-17 gibt für alle Zeitabschnitte Auskunft über die absolute Anzahl solcher Sätze pro Konstruktion. Abb.-17: Absolute Anzahl der DOK-, POK AN- und POK zu-belege im endgültigen senden- Datensatz mit einem belebten thema und einem belebten rezipienten pro zeitabschnitt Für alle Konstruktionen geht die Anzahl der Sätze, in denen ausgedrückt wird, dass ein Individuum oder ein Kollektivum zu einem anderen Individuum oder Kollektivum geschickt wird, im Laufe der Zeit kontinuierlich zurück. Außerdem stellt sich-- den Beispielen in den historischen Quellen entsprechend (siehe Kap.- 2)- - heraus, dass POK AN in diesem Kontext ebenfalls grammatisch möglich war und tatsächlich auch so verwendet wurde: Während der ersten Hälfte des 18.-Jahrhunderts kommt POK AN darin sogar häufiger vor als POK ZU. Im Laufe des Neuhochdeutschen wird POK AN allerdings immer weniger oft in Sätzen mit einem belebten thema und einem belebten rezipienten verwendet, bis diese Konstruktion in solchen Sätzen fast völlig außer Gebrauch gerät. Im endgültigen Datensatz findet sich in der Periode 1951-1999 nur noch ein einziger solcher POK AN-Beleg, vgl. (199). Das thema und der rezipient sind beide Kollektiva: (199) Die Abteilungsparteiorganisation des Preßwerkes sandte von ihrer Mitgliederversammlung aus [eine Kontrollstafette] <an alle Parteiorganisationen des Kombinats>. (KK20, 1960) <?page no="186"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 186 Abbildung-18 schließlich stellt das sich mittels der VNC-Methode ergebene Dendrogramm und den zugehörigen Scree-Plot des Verbs senden dar. Auch für senden weist der Scree-Plot einen Knick an Stelle 4 auf. Die meiste Variation hinsichtlich der DOK/ POK-Verhältnisse lässt sich somit wiederum in vier Gruppen erfassen, und zwar: (i)-1650-1750 (d. h. 1650-1700-+ 1701-1750), (ii)-1751-1900 (d. h. 1751-1800-+ 1801-1850-+ 1851-1900), (iii)-1901-1950 und (iv)-1951-1999. Im Großen und Ganzen entspricht diese Aufteilung den in Abbildung-15 dargestellten Tendenzen: Der relative DOK-Anteil beträgt zwischen 1650 und 1750 weniger als 50%, schwankt im Zeitabschnitt 1751-1900 zwischen 62% und 70% und sinkt in den letzten beiden Zeitabschnitten wieder bis auf 52% (1901-1950) bzw. 40% (1951-1999). Abb.-18: VNc-Dendrogramm und zugehöriger Scree-Plot für senden Konstituentenfolge Abbildung-19 zeigt für senden die historische Entwicklung der relativen Verhältnisse der Wortfolgen thema-rezipient und rezipient-thema in DOK, POK AN und POK ZU. Die Ergebnisse basieren auf dem endgültigen senden-Datensatz: <?page no="187"?> 187 DIE VERbEN VERKAUFEN, SENDEN uND SCHICKEN Abb.-19: Relative Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient in DOK, POK AN und POK zu für senden Anders als beim Verb verkaufen erweist sich die Wortfolge von thema und rezipient für die beiden Konstruktionen im gesamten untersuchten Zeitraum als historisch relativ stabil, d. h. DOK, POK AN und POK ZU zeigen eine klare Präferenz für die auch heutzutage noch bevorzugten Wortfolgen: DOK weist meist die Wortfolge rezipient-thema auf, während POK AN und POK ZU in der Regel mit der Wortfolge thema-rezipient vorkommen. Abb.-20: Relative Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient in DOK, POK AN und POK zu für senden mit ausschließlich nominalen Konstituenten Zur Vervollständigung und zur Überprüfung der gerade dargestellten Ergebnisse werden die Belege mit einem nominalen thema und einem nominalen rezipienten auch hier noch einmal separat untersucht, vgl. Abbildung-20. Insgesamt handelt es <?page no="188"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 188 sich um n-= 638 Belege, d. h. n-= 193 DOK-, n-= 355 POK AN- und n-= 90 POK ZU- Belege. Im Vergleich zu Abbildung-19 lassen sich zwar einige Unterschiede feststellen, aber in der ganzen neuhochdeutschen Periode bleiben DOK(r-t), POK AN(t-r) und POK ZU(t-r)- - gegenüber DOK(t-r), POK AN(r-t) bzw. POK ZU(r-t)- - die am häufigsten vorkommenden Wortfolgen. Logistische Regressionsanalyse Anhang B.1 bietet eine Übersicht über die Belegzahl des endgültigen senden-Datensatzes pro annotierter Kategorie und ihre entsprechende POK-Probabilität. Die statistische Analyse folgt der gleichen Vorgehensweise, wie sie bereits für das Verb verkaufen beschrieben wurde: Der Faktor Konkretheit des rezipienten wird mit nur vier abstrakten rezipienten (z. B. der Hoffnung, der Tugend) aus der Analyse ausgeschlossen, das Modell enthält statt des Faktors Periode die Variable Erscheinungsjahr, und auch alle möglichen wechselseitigen Interaktionen mit dem Faktor Erscheinungsjahr werden untersucht. Außer den Variablen Konkretheit des rezipienten und Periode werden alle weiteren im Anhang B.1 dargestellten Faktoren in die Analyse einbezogen. Anhang B.2.1 zeigt das logistische Regressionsmodell für senden. Als Modellgüte- Kriterien werden wieder der Somers D xy -Wert und der Konkordanzindex C herangezogen. Die Ergebnisse der Bootstrap-Validierung mit N-= 2.000 Bootstrap-Stichproben, aus der sich ein D xy -Wert von 0.7327 und ein entsprechender C-Index von 87% ergeben, deuten auf eine sehr hohe Vorhersagegenauigkeit des Modells hin, vgl. B.2.2. Die vielen hohen Werte hinsichtlich der Varianzinflationsfaktoren (VIFs), die in Anhang B.2.3 gegeben werden, lassen sich wiederum großenteils auf die Interaktionen im Modell zurückführen. Wie Abbildung- 21 zeigt, erweisen sich bei einem Signifikanzniveau von 5% (p-Wert-< 0.05) zwei Interaktionseffekte und fünf Haupteffekte als statistisch signifikant. Die Interaktionseffekte betreffen die Interaktion zwischen dem Faktor Erscheinungsjahr einerseits und den Faktoren Textsorte bzw. Pronominalität des rezipienten andererseits. Die Haupteffekte sind (i)-Belebtheit des themas, (ii)-Längendifferenz (zwischen rezipient und thema), (iii)- Konkretheit des themas, (iv)-Grammatisches Genus des rezipienten und (v)-Diathese. Abbildung- 22 stellt die Effektplots der statistisch signifikanten Interaktionseffekte dar. Der Effektplot links zeigt den Interaktionseffekt zwischen dem Faktor Erscheinungsjahr ( Jahr) und dem Faktor Textsorte, der Effektplot rechts visualisiert den Interaktionseffekt zwischen den Variablen Erscheinungsjahr ( Jahr) und Pronominalität des rezipienten (RezPron). <?page no="189"?> 189 DIE VERbEN VERKAUFEN, SENDEN uND SCHICKEN Abb.-21: Reihenfolge der nach Wichtigkeit geordneten Prädiktoren für senden (ANOVA von geschachtelten Modellen) 64 Abb.-22: Effektplots der statistisch signifikanten Interaktionseffekte (Jahr*Textsorte bzw. Jahr*RezPron) für senden 64 Abkürzungen: AgBel-= Belebtheit des agens, Jahr-= Erscheinungsjahr, RezDef-= Definitheit des rezipienten, RezBel- = Belebtheit des rezipienten, ThPron- = Pronominalität des themas, RezPerson- = Person des rezipienten, ThDef-= Definitheit des themas, RezPropr-= Proprialität des rezipienten, ThBel-= Belebtheit des themas, RezNum-= Numerus des rezipienten, RezPron-= Pronominalität des rezipienten, RezGramGen- = Grammatisches Genus des rezipienten, ThKonkr- = Konkretheit des themas, LängDiff-= Längendifferenz (zwischen rezipient und thema). <?page no="190"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 190 Der Faktor Textsorte umfasst mit Belletristik (Bell), Gebrauchsliteratur (Gebrauch), Medien und Wissenschaft (Wiss) vier Kategorien. Zwei dieser Kategorien-- so zeigt der entsprechende Effektplot- - weisen eine sehr ähnliche Entwicklung auf: Die POK-Probabilität von Belegen, die zu den Kategorien Medien und Wissenschaft gehören, geht zwischen 1650 und 1875 allmählich zurück. Trotz der leichten Zunahme danach, lässt sich über die gesamte Zeitspanne eine generelle Abnahme feststellen. Auch für Belege aus der Gebrauchsliteratur nimmt die POK-Probabilität bis 1850 zuerst ab, um dann wieder anzusteigen: Am Ende des 20.-Jahrhunderts erreicht sie einen etwas höheren Wert als um 1650. Die Kategorie der Belletristik-Belege schließlich ist die einzige, für die sich- - allerdings nach einem Rückgang bis 1825- - eine sehr starke Zunahme der POK-Probabilität abzeichnet. Die Ergebnisse dieses Interaktionseffekts sind jedoch z. T. mit Vorsicht zu betrachten, denn innerhalb des endgültigen Datensatzes haben bestimmte Textsortenkategorien in manchen Zeitabschnitten einen nur sehr geringen Anteil: Die Perioden 1650-1700 und 1751-1800 zum Beispiel enthalten nur einen bzw. drei Medien-Belege und auch die Kategorie Gebrauchsliteratur umfasst in der Periode 1801-1850 nur drei Belege. Der Vollständigkeit halber stellt Tabelle-24 die Verteilung der vier Textklassen über die verschiedenen Teilperioden in absoluten und relativen Zahlen dar. Der zweite in Abbildung- 22 dargestellte Interaktionseffekt zeigt, dass der Unterschied bezüglich der POK-Probabilität zwischen nominalen und pronominalen rezipienten um das Ende des 20.- Jahrhunderts etwas größer ist als um 1650. Generell gilt, dass nominale rezipienten eine höhere POK-Wahrscheinlichkeit aufweisen als Belletristik Gebrauchsliteratur Medien Wissenschaft Gesamtzahl 1650-1700 60 (29%) 90 (43%) 1 (0%) 59 (28%) 210 (100%) 1701-1750 66 (27%) 81 (34%) 16 (7%) 77 (32%) 240 (100%) 1751-1800 91 (63%) 16 (11%) 3 (2%) 34 (24%) 144 (100%) 1801-1850 98 (64%) 3 (2%) 30 (20%) 21 (14%) 152 (100%) 1851-1900 74 (46%) 12 (8%) 10 (6%) 64 (40%) 160 (100%) 1901-1950 74 (38%) 42 (22%) 56 (29%) 21 (11%) 193 (100%) 1951-1999 58 (23%) 39 (15%) 80 (32%) 76 (30%) 253 (100%) Total 521 (39%) 283 (21%) 196 (14%) 352 (26%) 1.352 (100%) Tab.-24: Verteilung der Textsortenkategorien (belletristik, gebrauchsliteratur, Medien und Wissenschaft) über die verschiedenen Teilperioden in absoluten und relativen zahlen für das Verb senden <?page no="191"?> 191 DIE VERbEN VERKAUFEN, SENDEN uND SCHICKEN pronominale rezipienten. Vergleicht man die POK-Probabilität um 1650 mit derjenigen um 1999, so lässt sich für beide Gruppen eine Zunahme beobachten. Für die nominalen rezipienten zeichnet sich bis 1825 zunächst ein Rückgang der POK- Probabilität ab, für die pronominalen rezipienten deutet der leichte Abwärtstrend bis 1850 auf eine etwas höhere DOK-Probabilität hin. Danach nimmt die POK-Probabilität wieder gleichmäßig zu. Neben diesen beiden Interaktionseffekten sind auch fünf Haupteffekte statistisch signifikant. Abbildung- 23 visualisiert für jeden im Modell enthaltenen Faktor die vorhergesagte POK-Probabilität. Den entsprechenden Effektplots lässt sich entnehmen, dass belebte und propositionale themata mit POK korrelieren. Dies gilt ebenfalls für rezipienten, die im Hinblick auf ihr grammatisches Genus in die Kategorie ‚irrelevant‘ eingestuft werden. Auch positive Längendifferenzen, d. h. der rezipient ist länger als das thema, und passive Sätze weisen eine höhere POK-Probabilität auf. DOK dagegen korreliert mit unbelebten, abstrakten und konkreten themata, mit femininen oder nicht-femininen rezipienten, mit negativen Längendifferenzen, d. h. der rezipient ist kürzer als das thema, und mit aktiven Sätzen. Ausgehend von den Ergebnissen der logistischen Regressionsanalyse gelten die Beispiele in (200) und (201) als typische POKbzw. DOK-Sätze. Jeder Satz enthält Eigenschaften von drei bis fünf Faktoren, die sich als statistisch signifikante Haupteffekte erwiesen haben: (200a) Es hielte sich damals der Bruder des vorigen Fürsten Serban Kantakuzenus, Georg, zu Wien auf, als [der] von demselben in gewissen Geschäfften <an den Kaiser Leopold> war- gesendet -worden. (DTA, 1745) (Längendifferenz: 2; passiv; thema: belebt-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 98%) (200b) [Dieses Wort] wird zugleich <an die Gemeinden des Bundes Evangelisch- Freikirche Gemeinden in der DDR und der Evangelisch-Methodistischen Kirche>- gesandt , <<deren Vertreter an den Beratungen der Konferenz beteiligt waren>>. (KK20, 1978) (Längendifferenz: 20; passiv; thema: propositional; rezipient: irrelevant--vorhergesagte POK-Probabilität-= 99%) (200c) [Ubaldo] wird <zu einem alten und heiligen Beschwerer> gesandt , <<der ihn bis in den Mittelpunct der Erden bringt>>, wo er mit seinem Gefehrten an einem Strome gantz voller Edelgesteine spazieren geht. (DTA, 1730) (Längendifferenz: 13; passiv; thema: belebt-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 96%) <?page no="192"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 192 (200d) [Er] wurde <zu verschiedenen Khans> gesandt , um Verbindungen mit ihnen anzuknüpfen. (DTA, 1840) (Längendifferenz: 1; passiv; thema: belebt; rezipient: irrelevant- - vorhergesagte POK-Probabilität-= 99%) (201a) Da merkte der König, daß ihn sein Schatzmeister betrogen hatte, und sandte <ihm>, wie es im Morgenland gebräuchlich ist, [eine seidene Schnur], damit er sich selbst erdroßle. (HIST, 1826) (Längendifferenz: -2; aktiv; thema: unbelebt, konkret; rezipient: nichtfeminin-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 98%) (201b) So sandte er <ihr> [ein kleines Etui mit 50000 Talern und sein mit den schönsten Brillanten besetztes Porträt]. (HIST, 1859) (Längendifferenz: -13; aktiv; thema: unbelebt, konkret; rezipient: feminin-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 99%) (201c) Hoffentlich sendet -<uns> der liebe Gott bald [den lang ersehnten Frieden]. (KK20, 1914) (Längendifferenz: -3; aktiv; thema: unbelebt, abstrakt- - vorhergesagte DOK-Probabilität-= 99%) Genau wie für verkaufen gibt es auch im senden-Datensatz einige Belege, die trotz verschiedener typischer DOK- oder POK-Eigenschaften und einer entsprechend hohen DOKbzw. POK-Probabilität, in der anderen Konstruktion erscheinen, vgl. (202) bis (204). Die aufgelisteten Eigenschaften unter den POK-Sätzen korrelieren in der Regel mit DOK, die Eigenschaften unter dem DOK-Satz sind dagegen normalerweise mit POK assoziiert: (202) Ich habe in dem letzten Jahr, nachdem ich endlich wieder eine Stellung bekam, viel gespart und werden nun in den nächsten Tagen [den Teil der gestohlenen Sachen] <an Sie> senden , [[der sich noch in seinem ursprünglichen Zustand befindet]]. (KK20, 1953) (Längendifferenz: -4; aktiv; thema: unbelebt, konkret- - vorhergesagte POK-Probabilität-= 5%) (203) Im Lande Tyrus und Sidon erwuchs die Jungfrau Europa […]. <Zu dieser> ward nachmitternächtlicher Weile, wo untrügliche Träume die Sterblichen besuchen, [ein seltsames Traumbild] vom Himmel gesendet . (DTA, 1838) (Längendifferenz: -2; thema: unbelebt, konkret; rezipient: feminin- - vorhergesagte POK-Probabilität-= 5%) <?page no="193"?> 193 DIE VERbEN VERKAUFEN, SENDEN uND SCHICKEN Abb.-23: Effektplots für das Verb senden 65 65 Abkürzungen: abstr- = abstrakt, konkr- = konkret, prop- = propositional, fem- = feminin, irrel- = irrelevant, nfem- = nicht-feminin, nlokal- = nicht-lokal, Bell- = Belletristik, Gebrauch-= Gebrauchsliteratur, Wiss-= Wissenschaft, naus-= nicht ausgedrückt, unbest-= unbestimmt, Indiv-= Individuum, Koll-= Kollektivum. <?page no="194"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 194 (204) An Mitglieder der Linken in der würtembergischen, badischen und hessischen Kammer haben wir die Aufforderung gestellt, in ihren betreffenden Kammern dahin mit aller Kraft zu wirken, daß <der Pfalz> im Falle der Noth zur Unterstützung ihrer Erhebung [Truppen] gesendet werden. (DTA, 1849) (Längendifferenz: 1; passiv; thema: belebt-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 4%) Die logistische Regressionsanalyse unterscheidet nur zwischen den Zielvariablen DOK und POK. Um auch einen Einblick in die Tendenzen innerhalb POK und die eventuellen Unterschiede zwischen den Belegen mit einer an-PP und den Belegen mit einer zu-PP zu bekommen, wird ein bedingter Inferenzbaum (Eng. conditional inference tree) verwendet. Abbildung-24 zeigt den bedingten Inferenzbaum für senden, mit den Kategorien DOK, POK AN und POK ZU als den drei Zielvariablen. vorhergesagter Wert tatsächlicher Wert DOK POK AN POK ZU DOK 526 32 82 POK AN 147 364 33 POK ZU 27 40 101 Tab.-25: Wahrheitsmatrix für das Verb senden Die in Tabelle- 25 dargestellte Wahrheitsmatrix- - auch als Konfusionsmatrix oder Klassifikationstabelle bezeichnet-- ermöglicht es, die Ergebnisse des Modells zu interpretieren. Die Achsen dieser Matrix vergleichen die tatsächlich beobachteten Werte mit den vom Modell vorhergesagten Werten. Aus Tabelle- 25 ist ersichtlich, dass das Modell von den insgesamt 700 DOK-Belegen aus dem endgültigen Datensatz 526 Belege richtig als DOK klassifiziert. Allerdings klassifiziert es 147 DOK- Belege irrtümlich als POK AN und 27 als POK ZU. In Bezug auf POK AN gilt, dass 364 der POK AN-Belege aus dem Datensatz richtig klassifiziert werden, für insgesamt 72 POK AN-Belege macht das Modell aber eine falsche Vorhersage: Sie werden fälschlicherweise den Kategorien DOK (32 Belege) oder POK ZU (40 Belege) zugeordnet. Für POK ZU schließlich liegt für 101 Belege eine richtige Klassifikation vor; die übrigen 115 Belege werden entweder als DOK (82 Belege) oder als POK AN (33 Belege) fehlklassifiziert. Insgesamt weist das Modell eine Korrektklassifikationsrate von 73% auf. Diese Prozentzahl erhält man, indem man die Gesamtzahl der richtigen Vorhersagen durch die gesamte Belegzahl teilt, d. h. (526-+ 364-+ 101)/ 1.352-= 0.7330 (73%). Alle in Anhang B.1 aufgelisteten Faktoren werden in das statistische Modell <?page no="195"?> 195 DIE VERbEN VERKAUFEN, SENDEN uND SCHICKEN Abb.-24: bedingter Inferenzbaum für das Verb senden 66 66 Abkürzungen: 1-= 1650-1700, 2-= 1701-1750, 3-= 1751-1800, 4-= 1801-1850, 5-= 1851-1900, 6-= 1901-1950, 7-= 1951-1999, unbest-= unbestimmt, naus-= nicht ausgedrückt, an-= POK AN, zu-= POK ZU. <?page no="196"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 196 einbezogen, einschließlich des Faktors Konkretheit des rezipienten (RezKonkr) und des Faktors Periode, der hier statt der Variable Erscheinungsjahr angewendet wird. Wie der bedingte Inferenzbaum in Abbildung-24 zeigt, erweist sich DOK in insgesamt sechs der dreizehn Endknoten als die bevorzugte Variante, und zwar in Knoten-8 (n-= 57), 16 (n-= 80), 17 (n-= 92), 21 (n-= 294), 22 (n-= 87) und 25 (n-= 16). Insbesondere in den drei letztgenannten Knoten lässt sich kaum eine Alternation mit POK AN und POK ZU feststellen. Der bedingte Inferenzbaum zeigt somit einen sehr starken Zusammenhang zwischen DOK und pronominalen rezipienten, die mit unbelebten, nominalen themata kombiniert werden (Knoten 21 und 22, vgl. (205)), und pronominalen rezipienten im Singular mit unbelebten, pronominalen themata (Knoten 25, vgl. (206)): (205) Du sendest <mir> [eine Haarlocke], [[mit einem rosaseidenen Bande geziert]]. (DTA, 1832) (thema: unbelebt, nominal; rezipient: pronominal-- Knoten 21/ 22) (206) Wenn Sie sonderlich ein Buch finden, welches die Geschichte der Schaubühne nach Karl II. bis hieher beschreibt, so senden Sie [es] <mir> […]. (HIST, 1756-1757) (thema: unbelebt, pronominal; rezipient: pronominal, singular- - Knoten-25) In Knoten-5 (n-= 92), 9 (n-= 78), 11 (n-= 17) und 12 (n-= 357) ist POK AN die bevorzugte Alternante. Diese Konstruktion hängt hauptsächlich mit Belegen ab dem 18.- Jahrhundert, die einen nominalen rezipienten und ein unbelebtes, propositionales thema enthalten, zusammen (Knoten 12, vgl. (207)). Auch Sätze mit einem nominalen rezipienten und einem belebten, indefiniten thema weisen einen positiven Zusammenhang mit der POK AN-Alternante auf (Knoten 5, vgl. (208)): (207) […]; und er selbst begab sich nach Linz, oberhalb Wien an der Donau gelegen, und sendete von da aus [Schreiben] <an alle benachbarten Fürsten>, [[darinnen er dieselben um Beystand anrief]]. (DTA, 1745) (Periode: 1701-1750; thema: unbelebt, propositional; rezipient: nominal-- Knoten 12) (208) Aber den letzteren September sendete der Cardinal [einen Edelmann] <an den Marschall de Grammont> […]. (DTA, 1715) (thema: belebt, indefinit; rezipient: nominal-- Knoten 5) <?page no="197"?> 197 DIE VERbEN VERKAUFEN, SENDEN uND SCHICKEN POK ZU schließlich stellt sich in nur zwei Endknoten, d. h. in Knoten 4 (n-= 147) und-18 (n-= 21), als die am häufigsten vorkommende Variante heraus. Man findet sie vorwiegend in Belegen mit einem nominalen rezipienten und einem belebten, definiten thema (vgl. (209)) sowie in passiven Sätzen mit einem pronominalen rezipienten und einem belebten thema, vgl. (210): (209) Der König war im Stillen sehr besorgt und sendete sofort [seinen Sohn] [[den Prinzen Wilhelm]] <zu dem neuen Kaiser> […]. (DTA, 1889) (thema: belebt, definit; rezipient: nominal-- Knoten 4) (210) [Der Herr von Greifenklau] wird jetzt <zu dir> gesendet […]. (DTA, 1738) (passiv; thema: belebt; rezipient: pronominal-- Knoten 18) Vergleicht man schließlich Knoten 4 (n- = 147) mit Knoten 5 (n- = 92), so zeigt sich zwischen POK AN und POK ZU ein auffallender Unterschied, der auf die Definitheit des themas zurückzuführen ist: Ist in einem Satz mit sowohl einem nominalen rezipienten als auch einem belebten thema, das thema definit, dann ist POK ZU wahrscheinlicher als POK AN; mit einem indefiniten thema dagegen ist POK AN wahrscheinlicher als POK ZU. 4.1.3 Das Verb schicken Relative DOK/ POK-Verhältnisse und VNC-Dendrogramm Abbildung- 25 zeigt die historische Entwicklung der Vorkommenshäufigkeit von DOK, POK AN und POK ZU für das Verb schicken im Neuhochdeutschen: Abb.-25: Relative DOK/ POK-Verhältnisse für schicken im Neuhochdeutschen <?page no="198"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 198 Anders als die Verben verkaufen und senden weist das gestapelte Säulendiagramm in Abbildung- 25 keine tendenzielle POK-Zunahme bzw. keine Wellenbewegung auf: Mit Ausnahme von der Periode 1701-1750 bleiben die relativen DOK-, POK AN- und POK ZU-Anteile über die gesamte untersuchte Zeitspanne mehr oder weniger gleich, d. h. der relative DOK-Anteil liegt zwischen 60% und 72%, der POK AN-Anteil zwischen 15% und 26% und der POK ZU-Anteil zwischen 9% und 19%. Ähnlich ist immerhin, dass die erste Hälfte des 18.-Jahrhunderts wiederum als die Periode gilt, in der der relative POK AN-Anteil am beträchtlichsten zunimmt: Für schicken handelt es sich um einen Anstieg von 20%, d. h. von 15% (1650-1700) auf 35% (1701- 1750). Genau wie bei senden ist 1650-1700 der einzige Zeitabschnitt, in dem POK ZU einen größeren relativen Anteil hat als POK AN. Allerdings geht es hier um einen eher geringen Unterschied, d. h. 19% (POK ZU) vs. 15% (POK AN). Entsprechend der Analyse des Verbs senden wird auch für schicken der Faktor Belebtheit des themas unter die Lupe genommen. Abbildung-26 bietet eine Übersicht über die schicken-Belege mit einem belebten thema, d. h. ein Kollektivum oder ein Individuum, und einem unbelebten thema, d. h. ein Objekt. Die Belegzahl pro Periode wird in absoluten Zahlen angezeigt: Abb.-26: Absolute Anzahl der Kollektiva, Individuen und Objekte pro Periode aufgrund des faktors belebtheit des themaS im endgültigen schicken-Datensatz Der endgültige schicken-Datensatz enthält in allen Perioden mehr Belege mit einem unbelebten als mit einem belebten thema. In den zwei ältesten Zeitabschnitten liegt der relative Anteil der Belege mit einem belebten thema noch bei 40% bzw. 49%, aber die fünf folgenden Perioden weisen mit 28%, 25%, 24%, 16% bzw. 22% einen deutlich geringeren Anteil auf. <?page no="199"?> 199 DIE VERbEN VERKAUFEN, SENDEN uND SCHICKEN Zieht man zusätzlich auch den Faktor Belebtheit des rezipienten in Betracht, so finden sich im endgültigen schicken-Datensatz insgesamt n-= 323 Belege, in denen sowohl das thema als auch der rezipient ein Individuum oder ein Kollektivum bezeichnen. Es geht um n-= 91 DOK-, n-= 96 POK AN- und n-= 136 POK ZU-Belege. Abbildung-27 stellt die absolute Zahl solcher DOK-, POK AN- und POK ZU-Belege pro Periode dar: Abb.-27: Absolute Anzahl der DOK-, POK AN- und POK zu-belege im endgültigen schicken-Datensatz mit einem belebten thema und einem belebten rezipienten pro zeitabschnitt Im Allgemeinen nimmt die (absolute) Anzahl der Belege, in denen das thema und- der rezipient beide belebt sind, ab. Von den unterschiedenen Konstruktionen-weist besonders POK AN eine bemerkenswerte Entwicklung auf: In den Perioden 1701-1750 und 1751-1800 kommen die Belege mit einem belebten thema und rezipienten am häufigsten in POK AN vor, aber die vergleichsweise niedrigen POK-AN-Belegzahlen ab der zweiten Hälfte des 19.-Jahrhunderts zeigen, dass diese Konstruktion für solche Belege bereits dann ungebräuchlich geworden ist. Abbildung- 27 zeigt, dass die Zeitabschnitte 1851-1900 und 1951-1999 nur zwei solcher POK AN-Belege enthalten, vgl. (211) bzw. (213). Die Periode 1901-1950 enthält nur einen POK AN-Beleg, vgl. (212): (211a) Die Reichsstände und andere Fürsten und deren Landesbehörden schickten [ihre Canzleiboten und Amtsdiener] mit den Briefen <an den Magistrat ihres Ortes oder der nächsten Stadt>, <<welcher die weitere Beförderung durch seine Stadtboten besorgen ließ>>. (DTA, 1868) (211b) So dürfte wohl auch, wenn es in derselben Chronik (l. c. 52) heisst, dass Inti Capac, Herrscher von Cuzco, <an den Caziken Huitara>, <<der einen Sonnentempel errichten wollte>>, [geeignete Arbeiter] schickte , [[und ausser <?page no="200"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 200 den nötigen Werkzeugen auch „von dem was erforderlich war, um sie anzufertigen“]], nur an Eisen oder Stahl gedacht werden können. (DTA, 1884) (212) Dieser Alte ist ehrlich, Don Hernando, wie die meisten Maya. Und die Nachricht, die er überbringt, wird große Freude hervorrufen! Ein Mann, den wir als tot und vermißt beklagt haben, schickt [ihn] <an Euch>! (KK20, 1919) (213a) [Seinen Leibarzt Philippus], [[einen guten Orientkenner]], schickte er als Sondergesandten <an den Priesterkönig Johannes>, <<den Herrn Indiens, den-Herrn eines Reichs>>, das, wie die Botschaft sagte, das irdische Paradies umschloß. (KK20, 1955) (213b) Sie zogen zur alten Festung der Bastille und schickten [eine Abordnung] <an den Kommandanten>, <<den liebenswürdigen Marquis de Launy>>, mit der Bitte nicht zu schießen. Der Marquis versprach es und lud die Delegation zum Essen ein. (KK20, 1999) Abbildung-28 schließlich stellt das VNC-Dendrogramm und den zugehörigen Scree- Plot für schicken dar. An Stelle 5 im Scree-Plot zeichnet sich ein Ellenbogen ab. Im Hinblick auf das VNC-Dendrogramm sind die folgenden fünf Cluster zu unterscheiden: (i)-1650-1700, (ii)-1701-1750, (iii)-1751-1800, (iv)-1801-1950 (d. h. 1801-1850-+ 1851-1900-+ 1901-1950) und (v)-1951-1999. Diese Aufteilung entspricht weitgehend den in Abbildung-25 dargestellten DOK/ POK-Verhältnissen. Abb.-28: VNc-Dendrogramm und zugehöriger Scree-Plot für schicken <?page no="201"?> 201 DIE VERbEN VERKAUFEN, SENDEN uND SCHICKEN Konstituentenfolge Abbildung-29 gibt Auskunft über die relativen Verhältnisse der Wortfolgen themarezipient und rezipient-thema in DOK, POK AN und POK ZU. Sie zeigt für DOK, POK AN und POK ZU eine historisch relativ stabile Wortfolge von thema und rezipient: Stellt man DOK(r-t) gegenüber DOK(t-r), POK AN(r-t) gegenüber POK AN(t-r) und POK ZU(r-t) gegenüber POK ZU(t-r), so erweisen sich im gesamten untersuchten Zeitraum DOK(r-t), POK AN(t-r) und POK ZU(t-r) als die bevorzugten Wortfolgevarianten. Abb.-29: Relative Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient in DOK, POK AN und POK zu für schicken Auch für dieses Verb werden die Belege mit sowohl einem nominalen thema als auch einem nominalen rezipienten noch einmal genauer betrachtet. Im endgültigen Datensatz handelt es sich insgesamt um n- = 421 schicken-Sätze, d. h. n- = 165 DOK-, n- = 180 POK AN- und n- = 76 POK ZU-Belege. Abbildung- 30 weist im Vergleich zu Abbildung- 29 nur einige geringfügige Unterschiede auf; die in Abbildung-29 beobachteten Tendenzen bleiben erhalten. <?page no="202"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 202 Abb.-30: Relative Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient in DOK, POK AN und POK zu für schicken mit ausschließlich nominalen Konstituenten Logistische Regressionsanalyse Anhang C.1 stellt die Belegzahl des endgültigen schicken-Datensatzes pro Kategorie und die jeweilige POK-Wahrscheinlichkeit dar. Da der Datensatz ausschließlich konkrete rezipienten enthält, ist es auch bei diesem Verb nicht sinnvoll, den Faktor Konkretheit des rezipienten (RezKonkr) in die Analyse einzubeziehen. Mit Ausnahme von diesem Faktor sowie vom Faktor Periode, der im Modell wiederum durch die Variable Erscheinungsjahr ersetzt wird, werden alle weiteren in Anhang C.1 aufgelisteten Faktoren in die statistische Analyse einbezogen. Auch alle möglichen wechselseitigen Interaktionen mit dem Faktor Erscheinungsjahr werden untersucht. Anhang C.2.1 zeigt das entsprechende logistische Regressionsmodell, dessen Güte mittels einer Bootstrap-Validierung überprüft wird, vgl. C.2.2. Mit einem Somers D xy -Wert von 0.8211 und einem Konkordanzindex C von 91% weist das Modell eine ausgezeichnete Vorhersagegenauigkeit auf. Viele der in Anhang C.2.3. dargestellten Varianzinflationsfaktoren (VIFs) weisen hohe Werte auf. Ähnlich wie für verkaufen und senden lassen sie sich allerdings hauptsächlich durch die Interaktionen im Modell erklären. Aus der Analyse geht hervor, dass es neben einem Interaktionseffekt-- nämlich zwischen den Faktoren Erscheinungsjahr und Pronominalität des rezipienten ( Jahr*RezPron)-- fünf Haupteffekte gibt, vgl. Abbildung-31: Bei einem Signifikanzniveau von 5% (p-Wert-< 0.05) erweisen sich die Faktoren (i)-Belebtheit des themas, (ii)-Konkretheit des themas, (iii)-Längendifferenz (zwischen rezipient und thema), (iv)- Belebtheit des rezipienten sowie (v)- Grammatisches Genus des rezipienten alle als statistisch signifikant. <?page no="203"?> 203 DIE VERbEN VERKAUFEN, SENDEN uND SCHICKEN Abb.-31: Reihenfolge der nach Wichtigkeit geordneten Prädiktoren für schicken (ANOVA von geschachtelten Modellen) 67 Abbildung- 32 stellt den Effektplot des statistisch signifikanten Interaktionseffekts zwischen den Faktoren Erscheinungsjahr und Pronominalität des rezipienten dar. Dem Effektplot lässt sich entnehmen, dass nominale rezipienten eine Präferenz für POK und pronominale rezipienten eine Präferenz für DOK haben. Der Begriff ‚Präferenz‘ soll hier in einem streng quantitativen Sinn interpretiert werden, d. h. es handelt sich aufgrund der Analysemethode um eine rein datenbasierte Kategorie, womit keine unmittelbare Aussage über Gründe und Motive für die eine oder andere Variante getroffen wird. Die POKbzw. DOK-Wahrscheinlichkeit nimmt im Laufe der Jahre-- wenn auch ziemlich gering-- zu. Für die nominalen rezipienten findet die Zunahme der POK-Probabilität zwischen 1650 und 1775 statt, um während des 19. Und 20.-Jahrhunderts wieder leicht abzunehmen. In Bezug auf die pronominalen 67 Abkürzungen: Jahr-= Erscheinungsjahr, AgBel-= Belebtheit des agens, ThPron-= Pronominalität des themas, RezPerson-= Person des rezipienten, RezDef-= Definitheit des rezipienten, RezNum-= Numerus des rezipienten, ThDef-= Definitheit des themas, RezPropr-= Proprialität des rezipienten, RezGramGen-= Grammatisches Genus des rezipienten, RezBel-= Belebtheit des rezipienten, Läng- Diff-= Längendifferenz (zwischen rezipient und thema), RezPron-= Pronominalität des rezipienten, ThKonkr-= Konkretheit des themas, ThBel-= Belebtheit des themas. <?page no="204"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 204 rezipienten nimmt die DOK-Wahrscheinlichkeit, die bis 1750 mehr oder weniger stabil bleibt, zwischen 1750 und 1900 gleichmäßig zu; das gesamte 20.-Jahrhundert weist dann wieder eine Stagnierung auf. Abb.-32: Effektplot des statistisch signifikanten Interaktionseffekts (Jahr*RezPron) für schicken Abbildung-33 zeigt die Effektplots aller im schicken-Modell enthaltenen Faktoren. Es stellt sich heraus, dass ein belebtes und ein propositionales thema eine höhere POK- Probabilität aufweisen. Für die rezipienten sind es hinsichtlich der Variablen Belebtheit und Grammatisches Genus die Kategorien ‚unbestimmt‘ bzw. ‚irrelevant‘, die mit POK korrelieren. Ein fünfter Haupteffekt betrifft die Längendifferenz zwischen rezipient und thema: Die Kurve im entsprechenden Effektplot zeigt, dass positive Längendifferenzen, d. h. der rezipient ist länger als das thema, eine Korrelation mit POK aufweisen. Umgekehrt korreliert DOK mit unbelebten, abstrakten und konkreten themata, mit belebten, femininen und nicht-femininen rezipienten sowie mit negativen Längendifferenzen, d. h. das thema ist länger als der rezipient. Die Beispielsätze in (214) und (215) gelten somit als typische POKbzw. DOK-Sätze. Jeder Satz umfasst mehrere Eigenschaften, die ausgehend von den Ergebnissen der statistischen Analyse mit POK bzw. DOK assoziiert werden: (214a) Als [derselbe] in Gesandschaft <an den osmanischen Hof> geschickt wurde, und bey dem obersten Weßire Gehör hatte: so befahl er, wie man saget, seinem Diener, er sollte ihm seine Schuhe in den Gehörsal nachtragen. (DTA, 1745) (Längendifferenz: 2; thema: belebt; rezipient: unbestimmt- - vorhergesagte POK-Probabilität-= 99%) <?page no="205"?> 205 DIE VERbEN VERKAUFEN, SENDEN uND SCHICKEN (214b) Wir schrieben zurück, sie möchten [die beiden Ganter], wenn möglich, fangen und per Bahnexpreß <an das Institut in Seewiesen> schicken , <<von wo wir sie dann bei Gelegenheit holen wollten>>. (KK20, 1979) (Längendifferenz: 10; thema: belebt; rezipient: unbestimmt-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 98%) (214c) Feuerbach hielt dies für leeres Geschwätz und entledigte sich des Mannes, indem er [ihn] mit einem Auftrag <zu Herrn von Tucher> schickte . (KK20, 1908) (Längendifferenz: 2; thema: belebt; rezipient: irrelevant-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 98%) (214d) Noch ehe der Landtag sein Werk beginnen kann, schickt die Augsburger Arbeiterschaft, müde der revolutionären Resolutionen, [Delegierte] <zum Ministerium> nach München. (KK20, 1933) (Längendifferenz: 0; thema: belebt; rezipient: unbestimmt- - vorhergesagte POK-Probabilität-= 95%) (215a) Herr Bispink hatte <mir> zugleich [eine ansehnliche Summe Geld] geschickt , [[wovon ich meine Bedürfnisse bestreiten, und mir bey der allgemeinen Theurung der Lebensmittel, viel Erleichterung schaffen konnte]]. (DTA, 1797) (Längendifferenz: -20; thema: unbelebt, konkret; rezipient: belebt-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 100%) (215b) Dies Papier sagt: daß [der abgeschnittene Kopf des Anführers] <dem König Montezuma> geschickt wurde. (KK20, 1919) (Längendifferenz: -2; thema: unbelebt, konkret; rezipient: belebt, nichtfeminin-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 99%) (215c) Später schickte <ihm> ein Photograph [mehr als 200 Bilder von dem Schriftsteller]. (KK20, 1996) (Längendifferenz: -6; thema: unbelebt, konkret; rezipient: belebt, nichtfeminin-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 99%) <?page no="206"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 206 Abb.-33: Effektplots für das Verb schicken 68 68 Abkürzungen: abstr- = abstrakt, konkr- = konkret, prop- = propositional, fem- = feminin, irrel- = irrelevant, nfem- = nicht-feminin, nlokal- = nicht-lokal, Bell- = Belletristik, Gebrauch-= Gebrauchsliteratur, Wiss-= Wissenschaft, naus-= nicht ausgedrückt, unbest-= unbestimmt. <?page no="207"?> 207 DIE VERbEN VERKAUFEN, SENDEN uND SCHICKEN Auch im schicken-Datensatz sind einige Belege aufzufinden, die- - anders als man aufgrund der Ergebnisse der statistischen Analyse und/ oder der DOK/ POK-Probabilität erwarten würde-- in POK statt in DOK, oder umgekehrt, in DOK statt in POK, erscheinen, vgl. (216) bis (218). Zwischen Klammern stehen diejenigen Eigenschaften aus dem entsprechenden Satz, die in der Regel die andere Konstruktion kennzeichnen: (216) […]: der Correspondent ist entweder überhaupt ein Bevollmächtigter dessen, der [das Gut] <an ihn> schicket ; oder sein eigener Herr, der das Eigenthum der Ladung erhält. (DTA, 1756) (Längendifferenz: -1; thema: unbelebt, konkret; rezipient: belebt, nichtfeminin-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 5%) (217) […], daß die mehresten Donnerwetter und elektrischen Phänomene im Sommer am häufigsten sind, wenn die Sonne [die mehresten Stralen] <zu uns> schickt , […]. (DTA, 1799) (Längendifferenz: -2; thema: unbelebt, konkret; rezipient: belebt-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 9%) (218) Iulianus belagerte sie daselbst, und als sie, nach einer Belagerung von 54. Tagen, sich ergeben müssen, schickte er [sie] alle zusammen <dem Kaiser Constantio>, <<der sie unter die Truppen stecken ließ>>, bey welchen sie aller Augen, wegen ihrer Grösse und Stärcke, auf sich zogen. (DTA, 1726) (Längendifferenz: 9; thema: belebt- - vorhergesagte DOK-Probabilität- = 4%) Wie Abbildung- 34 zeigt, wurde auch für schicken ein bedingter Inferenzbaum erstellt: Anders als das binäre logistische Regressionsmodell ermöglicht er die Wiedergabe der drei Zielvariablen, d. h. DOK, POK AN und POK ZU. Aus der in Tabelle-26 dargestellten Wahrheitsmatrix geht hervor, dass das statistische Modell 661 DOK-, 106 POK AN- und 85 POK ZU-Belege richtig klassifiziert. Für insgesamt 40 DOK-, 147 POK AN- und 75 POK ZU-Belege lässt sich dagegen eine Fehlklassifikation feststellen, d. h. das Modell stuft sie irrtümlich in eine andere Kategorie ein. Im Allgemeinen ergibt sich eine Korrektklassifikationsrate von 77%. Alle in Anhang C.1 aufgelisteten Faktoren werden in das Modell aufgenommen. <?page no="208"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 208 Abb.-34: bedingter Inferenzbaum für das Verb schicken 69 69 Abkürzungen: 1-= 1650-1700, 2-= 1701-1750, 3-= 1751-1800, 4-= 1801-1850, 5-= 1851-1900, 6-= 1901-1950, 7-= 1951-1999, unbest-= unbestimmt, naus-= nicht ausgedrückt, an-= POK AN, zu-= POK ZU. <?page no="209"?> 209 DIE VERbEN VERKAUFEN, SENDEN uND SCHICKEN vorhergesagter Wert tatsächlicher Wert DOK POK AN POK ZU DOK 661 106 61 POK AN 26 106 14 POK ZU 13 41 85 Tab.-26: Wahrheitsmatrix für das Verb schicken Der bedingte Inferenzbaum in Abbildung-34 hat elf Endknoten. In fünf dieser Knoten, nämlich in 8 (n-= 135), 12 (n-= 141), 19 (n-= 421), 20 (n-= 13) und 21 (n-= 17), stellt sich DOK als die bevorzugte Alternante heraus. Hauptsächlich Knoten 19 und 20 weisen kaum eine Alternation mit POK AN und POK ZU auf. DOK hängt vorwiegend mit Belegen, die ein unbelebtes thema und einen pronominalen rezipienten enthalten, zusammen. Diese Belege sind entweder aktiv (Knoten- 19 und 20, vgl. (219)) oder passiv (Knoten 21, vgl. (220)): (219) Mein Onkel aus Merseburg schickt <mir> seit Jahr und Tag [einen Zwanzig-Mark-Geschenkgutschein] zum Geburtstag. (KK20, 1991) (aktiv; thema: unbelebt; rezipient: pronominal-- Knoten 19/ 20) (220) Als <mir> [das Essen] geschickt ward, gab ich einen Brief mit, in welchem ich mich an ihn wandte […]. (DTA, 1748) (passiv; thema: unbelebt; rezipient: pronominal-- Knoten 21) POK AN erweist sich in insgesamt drei Endknoten als die am häufigsten vorkommende Variante, und zwar in Knoten 6 (n-= 68), 13 (n-= 15) und 16 (n-= 63). Es besteht ein starker Zusammenhang zwischen POK AN und unbelebten, propositionalen themata, die mit nominalen und im Hinblick auf das grammatische Genus als ‚irrelevant‘ eingestuften rezipienten kombiniert werden (Knoten 16, vgl. (221)). Darüber hinaus hängen auch Belege aus der Zeitspanne 1650-1800, die ein belebtes, indefinites thema und einen nominalen rezipienten enthalten, mit POK AN zusammen (Knoten 6, vgl. (222)): (221) Und nun will ich’s Ihnen sagen, habe [Ihre Dissertation] <an Herrn Niebuhr> geschickt . (DTA, 1852) (thema: unbelebt, propositional; rezipient: nominal, irrelevant- - Knoten-16) <?page no="210"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 210 (222) Der Sultan schickt [einen Abgesandten] <an die Aufrührer>. (DTA, 1745) (Periode: 1650-1800; thema: belebt, indefinit; rezipient: nominal-- Knoten-6) In Knoten- 5 (n- = 76) und 7 (n- = 63) ist POK ZU die bevorzugte Alternante. Diese Konstruktion hängt hauptsächlich mit Belegen aus dem 19. und 20.-Jahrhundert, die sowohl ein belebtes thema als auch einen nominalen rezipienten enthalten, zusammen (Knoten 7, vgl. (223)). Außerdem zeigt der bedingte Inferenzbaum einen positiven Zusammenhang zwischen POK ZU und Belegen aus der Periode 1650- 1800 mit einem belebten, definiten thema und einem nominalen rezipienten (Knoten-5, vgl. (224)): (223) Ich ging zu ihm und -schickte nach einer halben Stunde [einen Boten] <zu meiner Frau> mit der Benachrichtigung, daß sie mich nicht zum Abendthee zu erwarten habe. (DTA, 1896) (Periode: 1801-1999; thema: belebt; rezipient: nominal-- Knoten 7) (224) Ich schickte [die beyde Männer] auch <zum Herrn Grafen>. (DTA, 1748) (Periode: 1650-1800; thema: belebt, definit; rezipient: nominal- - Knoten-5) Ein Vergleich zwischen Knoten 5 (n-= 76) und Knoten 6 (n-= 68) deckt auf, dass sich der Unterschied zwischen POK AN und POK ZU wiederum z. T. durch den Faktor Definitheit des themas erklären lässt. Anders als für senden gilt dies allerdings nur für Belege aus der Zeitspanne 1650-1800 und nicht für den gesamten Datensatz, vgl. Knoten 5 und 6 vs. Knoten 7. 4.2 Die Verben übergeben, zurückgeben, verleihen, übersenden und-einsenden Die Verben übergeben, zurückgeben, verleihen, übersenden und einsenden werden ebenfalls anhand einer logistischen Regressionsanalyse statistisch ausgewertet. Für übergeben, zurückgeben, verleihen und übersenden ist der relative POK-Anteil im Gesamtdatensatz zu gering, um die DOK/ POK-Verhältnisse im endgültigen Datensatz behalten zu können, d. h. die endgültigen Datensätze umfassen verhältnismäßig viel mehr POK-Belege als die entsprechenden Gesamtdatensätze. Auch für den eher geringen endgültigen einsenden-Datensatz gilt, dass die DOK/ POK-Verhältnisse nicht völlig mit denjenigen im Gesamtdatensatz übereinstimmen. Wegen dieser unterschiedlichen Verhältnisse werden in die statistischen Modelle keine Interaktionen mit dem Faktor Erscheinungsjahr einbezogen. Die endgültigen Datensätze werden in Cluster aufgeteilt. Die Unterscheidung der Cluster erfolgt für jedes Verb anhand des sich mittels der VNC-Analyse ergebenen Dendrogramms und des zugehörigen <?page no="211"?> 211 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN Scree-Plots. Bevor die Ergebnisse der logistischen Regressionsanalyse diskutiert werden, wird jeweils zuerst näher auf die historische Entwicklung der relativen DOK/ POK-Verhältnisse und die Ergebnisse der VNC-Analyse sowie auf die Entwicklung der Wortfolge von thema und rezipient in den beiden Konstruktionen eingegangen. 4.2.1 Das Verb übergeben Relative DOK/ POK-Verhältnisse und VNC-Dendrogramm Abbildung-35 gibt Auskunft über die DOK/ POK-Verhältnisse für das Verb übergeben im Neuhochdeutschen: Abb.-35: Relative DOK/ POK-Verhältnisse für übergeben im Neuhochdeutschen Wie das Säulendiagramm in Abbildung-35 zeigt, bleibt der relative POK-Anteil für etwa drei- Jahrhunderte gering, d. h. in der Periode 1650-1950 liegt er zwischen 2% (1851-1900) und 6% (1701-1750). Erst im Zeitabschnitt 1951-1999 erreicht er 13%. Diese Aufteilung in zwei Gruppen lässt sich auch im entsprechenden VNC-Dendrogramm und dem zugehörigen Scree-Plot erkennen, vgl. Abbildung- 36. Die Knickstelle im Scree-Plot ist aber nicht eindeutig und man könnte sich eventuell auch dafür entscheiden, erst an Stelle 4 einen Ellenbogen anzunehmen. Im Hinblick auf die in Abbildung-35 dargestellten DOK/ POK-Verhältnisse sowie den vergleichsweise größeren Abstand zwischen Stelle 1 und Stelle 2 als zwischen Stelle 3 und Stelle 4 liegt es allerdings nahe, den Ellenbogen an Stelle 2 als den relevantesten zu betrachten und somit zwei Cluster zu unterscheiden. <?page no="212"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 212 Abb.-36: VNc-Dendrogramm und zugehöriger Scree-Plot für übergeben Konstituentenfolge Abbildung- 37 visualisiert die relativen Verhältnisse der Wortfolgen rezipientthema und thema-rezipient in DOK und POK. Die vorliegende Darstellungsweise unterscheidet sich von derjenigen der Verben verkaufen, senden und schicken, und zwar in doppelter Hinsicht. Erstens werden die Verhältnisse hier nicht pro Zeitabschnitt von 50 Jahren, sondern-- aufgrund der Ergebnisse der VNC-Analyse-- pro Cluster wiedergegeben. Zweitens soll man, da die DOK/ POK-Verhältnisse im endgültigen Datensatz nicht die tatsächlichen Verhältnisse aus dem Gesamtdatensatz repräsentieren, nur die beiden Wortfolgevarianten innerhalb einer Konstruktion miteinander vergleichen. Während in Abbildung- 11 (für verkaufen), Abbildung- 19 (für senden) und Abbildung- 29 (für schicken) die Varianten DOK(t-r), DOK(r-t), POK(t-r) und POK(r-t) zusammen 100% darstellen, stellen in der vorliegenden Abbildung- 37 die beiden Varianten innerhalb DOK und die beiden Varianten innerhalb POK der Übersichtlichkeit halber jeweils 100% dar. In Bezug auf die POK-Belege erweist sich die Wortfolge thema-rezipient in beiden Clustern als die bevorzugte Variante. Sie erreicht einen relativen Anteil von 94% (1650-1950) bzw. 97% (1951-1999). Die DOK-Belege dagegen scheinen keine klare Präferenz für eine der beiden Wortfolgen zu haben: Der Cluster-1650-1950 enthält 43% DOK(r-t)-Belege gegenüber 57% DOK(t-r)-Belegen und im Cluster- 1951-1999 sind die DOK-Belege mit 52% DOK(r-t) und 48% DOK(t-r) nahezu gleichmäßig über die beiden Wortfolgevarianten verteilt. <?page no="213"?> 213 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN Abb.-37: Relative Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient in DOK und POK für übergeben (links: cluster-1650-1950, rechts: cluster-1951-1999) Der endgültige Datensatz umfasst insgesamt n-= 711 Belege mit sowohl einem nominalen thema als auch einem nominalen rezipienten. Es handelt sich um n-= 524 Belege aus dem Cluster- 1650-1950 und um n- = 187 Belege aus dem Cluster- 1951- 1999. Abbildung-38 stellt für diese Belege die relativen Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient in DOK und POK dar: Abb.-38: Relative Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient in DOK und POK für übergeben mit ausschließlich nominalen Konstituenten (links: cluster-1650- 1950, rechts: cluster-1951-1999) Im Vergleich zu Abbildung-37 weist Abbildung-38 sehr ähnliche Tendenzen auf. Die POK-Belege zeigen mit einem relativen Anteil von 93% (1650-1950) bzw. 96% (1951- 1999) immer noch eine klare Präferenz für die Wortfolge thema-rezipient und die DOK-Belege im Cluster-1951-1999 sind wiederum fast gleichmäßig über die beiden Wortfolgevarianten verteilt. Stellt man DOK(t-r) gegenüber DOK(r-t), so bildet <?page no="214"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 214 DOK(r-t), die generell jedoch als die normale DOK-Wortfolge gilt, in den beiden Clustern die kleinste Gruppe: Ihr relativer Anteil beträgt 38% (1650-1950) bzw. 48% (1951-1999). Schließlich wird an dieser Stelle überprüft, ob die Korpusergebnisse die Aussage von Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997, S.-1313) in Bezug auf die Wortstellung des Verbs übergeben bestätigen oder nicht: Mit nicht-personalem Akkusativobjekt sei die Abfolge in der Regel Dativ-> Akkusativ, mit personalem Akkusativobjekt Akkusativ-> Dativ (siehe Abschn.-1.1.4). In Anlehnung an die Beispielsätze in (38), zwar mit dem Verb überlassen, werden hier ausschließlich aktive DOK-Belege mit einem nominalen thema und einem nominalen rezipienten berücksichtigt. Insgesamt handelt es sich um n- = 276 übergeben-Belege, von denen n- = 224 aus dem Cluster- 1650-1950 und n-= 52 aus dem Cluster-1951-1999. Die Akkusativobjekte, die zu den Kategorien ‚Objekt‘ und ‚Ort.Objekt‘ gehören, werden unter ‚unbelebt‘ zusammengefasst, Individua und Kollektiva unter ‚belebt‘. Da sich die Kategorien ‚Individuum‘ und ‚Kollektivum‘ nicht nur auf Menschen, sondern auch auf Tiere beziehen, stimmt die vorliegende Kategorisierung ‚unbelebt‘/ ‚belebt‘ nicht völlig mit der von Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997, S.-1313) gemachten Einteilung ‚nicht-personal‘/ ‚personal‘ überein. Allerdings gibt es im annotierten übergeben-Datensatz relativ wenige Belege, in denen das Akkusativobjekt ein Tier bezeichnet, sodass sich die Kategorisierung ‚unbelebt‘/ ‚belebt‘ dennoch gut zur Überprüfung der dargestellten Wortfolgetendenzen eignet. Abbildung-39 zeigt für die eingeschränkte Gruppe von DOK-Belegen die relativen Verhältnisse der Wortfolgen rezipient-thema und thema-rezipient mit unbelebtem und belebtem Akkusativobjekt: Abb.-39: Relative Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient für eine gruppe von übergeben-belegen in DOK mit einer unterscheidung zwischen unbelebten- und belebten Akkusativobjekten (links: cluster- 1650-1950, rechts: cluster 1951-1999) <?page no="215"?> 215 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN In der Tat weisen die drei DOK-Belege mit belebtem Akkusativobjekt im Cluster-1951-1999 die Wortfolge thema-rezipient auf, d. h. Durruti den Ärzten, das Kind dem Krankenhaus und die Nordkoreaner dem südkoreanischen Kommando übergeben. Die entsprechende Kategorie im Cluster-1650-1950 zeigt ebenfalls eine Präferenz für diese Abfolge. Sieben Belege erscheinen in der (umgekehrten) Wortfolge rezipientthema. Diese Zahl muss im Hinblick auf den Begriff ‚personal‘ jedoch nuanciert werden: In fünf der Belege handelt es sich um ein oder mehrere Pferde bzw. um Schnepfen, die übergeben werden, und im sechsten Beleg-- mit personalem Akkusativobjekt-- ist der rezipient topikalisiert. Somit ist nur ein Beleg als echtes Gegenbeispiel aufzufassen, vgl. (225): (225) Ich fragte nach allen Umständen, und erkannte in einer genauen Bezeichnung der Person, welche <diesen Leuten> [das Kind] übergeben, die alte Hofmeisterin, welche um dich war. (HIST, seit 1793) Bei den unbelebten Akkusativobjekten lässt sich eine vergleichsweise größere Variation in der Wortfolge feststellen. Der relative Anteil der Wortfolgevariante themarezipient erreicht im Cluster-1650-1950 51%, im Cluster-1951-1999 beträgt er fast ein Drittel. Die Beispielsätze unter (226) sind nur einige der vielen (historischen) Belege aus dem übergeben-Datensatz, deren Wortstellung nicht der von Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997, S.-1313) gegebenen Wortfolgetendenz in Bezug auf unbelebte Akkusativobjekte entspricht: (226a) Ich übergebe teils mit Zutrauen, teils mit Ängstlichkeit [diese Blätter] <dem Publikum>. (HIST, 1799) (226b) Winfried trat zum Tisch, löste die Riemen des Leders, nahm eine Holzkapsel heraus und übergab [den Sack] feierlich <dem Priester>. (HIST, 1872-1880) (226c) […], dahin habe er es endlich gebracht, und könne [das Reich] <seinem Sohne> in weit besserem Zustande- übergeben , als er es zu seiner Zeit übernommen hätte. (KK20, 1914) (226d) Sie verschlang die wenigen Zeilen, las sie wieder und wieder: »Haben Sie die Güte, [beigehende Schatulle] <der Königin> zu übergeben ; sie enthält ihre und der Prinzessin Briefe an den Kronprinzen.« (KK20, 1937) (226e) Im weiteren Vollzug der Auflösung übergab man [die Aktenbestände des Verbandes] <der ‚Akademie der Künste‚> als Depositum. (KK20, 1994) <?page no="216"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 216 Logistische Regressionsanalyse Die Cluster aus der VNC-Analyse werden auch für die logistische Regressionsanalyse angewendet. Insgesamt enthält der endgültige übergeben-Datensatz n-= 998 Belege, mit n-= 777 Belegen in Cluster-1 (1650-1950) und n-= 221 Belegen in Cluster-2 (1951-1999). Cluster-1-- 1650-1950 Anhang D.1 bietet für Cluster-1 (1650-1950) des endgültigen übergeben-Datensatzes eine Übersicht über die Belegzahl pro annotierter Kategorie und die jeweilige POK-Wahrscheinlichkeit. Die Kategorie ‚propositional‘ des Faktors Konkretheit des rezipienten (RezKonkr) umfasst nur zwei Belege und wird für die Analyse mit der Kategorie ‚abstrakt‘ kombiniert. Wie Anhang D.2.1 zeigt, werden alle in D.1 dargestellten Variablen in das statistische Modell aufgenommen. Aus der Bootstrap-Validierung ergibt sich ein D xy -Wert von 0.5679 und somit ein Konkordanzindex C von 78%, vgl. D.2.2. Das logistische Regressionsmodell weist also eine gute Vorhersagegenauigkeit auf. Die Werte der in Anhang D.2.3 angegebenen Varianzinflationsfaktoren (VIFs) liegen fast alle zwischen 1.09 und 5.58. Die einzige Ausnahme bildet der Faktor Längendifferenz, der als nicht-linearer Effekt modelliert wird: Mit 189.48 (LängDiff ’), 1618.74 (LängDiff ’’) bzw. 921.94 (LängDiff ’’’) weist er extrem hohe Werte auf. Insgesamt sind bei einem Signifikanzniveau von 5% (p-Wert- < 0.05) sieben Faktoren statistisch signifikant. Es handelt sich um: (i)- Grammatisches Genus des rezipienten, (ii)-Belebtheit des themas, (iii)-Numerus des rezipienten, (iv)-Person des rezipienten, (v)- Belebtheit des rezipienten, (vi)- Pronominalität des rezipienten und (vii)- Konkretheit des rezipienten. Abbildung- 40 zeigt die Reihenfolge der nach Wichtigkeit geordneten Prädiktoren. <?page no="217"?> 217 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN Abb.-40: Reihenfolge der nach Wichtigkeit geordneten Prädiktoren für cluster- 1 (1650- 1950) des übergeben-Datensatzes (ANOVA von geschachtelten Modellen) 70 Aus den entsprechenden Effektplots in Abbildung-41 geht hervor, dass themata, die zur Kategorie ‚Ort.Objekt‘ gehören, stark mit POK korrelieren. In Bezug auf den rezipienten sind es nominale, abstrakte und nicht-lokale rezipienten sowie rezipienten im Singular, die eine höhere POK-Wahrscheinlichkeit aufweisen. Dies gilt ebenfalls für rezipienten, die hinsichtlich des Faktors Belebtheit in die Kategorien ‚Individuum‘, ‚Kollektivum‘ oder ‚unbestimmt‘ und hinsichtlich des Faktors Grammatisches Genus in die Kategorie ‚irrelevant‘ eingeordnet werden. Umgekehrt korreliert DOK mit pronominalen, konkreten, lokalen und unbelebten rezipienten im Plural, die im Hinblick auf ihr grammatisches Genus als ‚feminin‘ oder ‚nicht-feminin‘ kategorisiert werden, und mit themata, die ein Individuum, ein Kollektivum oder ein Objekt bezeichnen. 70 Abkürzungen: RezPropr- = Proprialität des rezipienten, ThPron- = Pronominalität des themas, RezDef- = Definitheit des rezipienten, ThDef- = Definitheit des themas, ThKonkr- = Konkretheit des- themas, LängDiff- = Längendifferenz (zwischen rezpient und thema), AgBel- = Belebtheit des- agens, RezKonkr- = Konkretheit des rezipienten, RezPron- = Pronominalität des rezipienten, RezBel- = Belebtheit des rezipienten, RezPerson- = Person des rezipienten, RezNum- = Numerus des- rezipienten, ThBel- = Belebtheit des themas, RezGramGen- = Grammatisches Genus des rezipienten. <?page no="218"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 218 Abb.-41: Effektplots für cluster-1 (1650-1950) des übergeben-Datensatzes 71 71 Abkürzungen: abstr -= abstrakt, konkr -= konkret, prop -= propositional, nlokal -= nicht-lokal, Bell -= Belletristik, Gebrauch -= Gebrauchsliteratur, Wiss -= Wissenschaft, naus - = nicht ausgedrückt, unbest - = unbestimmt, Indiv - = Individuum, Koll - = Kollektivum, fem - = feminin, irrel- = irrelevant, nfem - = nicht-feminin. <?page no="219"?> 219 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN Die in (227) und (228) angeführten Sätze sind somit als typische POKbzw. DOK- Beispiele zu betrachten. Sie enthalten Eigenschaften von vier bis sechs Faktoren, die sich als statistisch signifikant erwiesen haben: (227a) Daß die alten Fürsten oder Graffen von Dauphine dem Reiche annoch verwand gewesen/ wie der letzte davon [diese Provintz] <an Franckreich> übergeben , […]. (DTA, 1712) (thema: Ort.Objekt; rezipient: nominal, nicht-lokal, singular, unbestimmt, irrelevant-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 94%) (227b) […]: endlig übergab Odoaker [die Stadt und sich selbst] <an Ditrichen> <<der ihn wieder Versprechen ermordete mit Beschuldigung vorgehabter Nachstellungen>>. (DTA, 1776) (thema: Ort.Objekt; rezipient: nominal, nicht-lokal, singular, Individuum, irrelevant-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 93%) (227c) Dessen Sohn Aldus-II. M., geb. 1547, gelehrter Philolog, ward 1590 Leiter der päpstl. Buchdruckerei in Rom, übergab [das Venediger Geschäft] <an Nikolaus Manassi>, <<gest. 1597>>. (KK20, 1906) (thema: Ort.Objekt; rezipient: nominal, nicht-lokal, singular, Individuum, irrelevant-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 93%) (228a) Heute nachmittag, zwischen fünf und sechs Uhr, sollte [der Zinnsarg mit den sterblichen Ueberresten der schönen Lila] <der Erde> feierlich übergeben werden. (HIST, 1866) (thema: Objekt; rezipient: konkret, unbelebt, feminin- - vorhergesage DOK-Probabilität-= 99%) (228b) Da, heißt es, hab‚ um eines Thalers Werth Er [einen Dieb] <dem Galgen> übergeben . (DTA, 1860) (thema: belebt; rezipient: konkret, unbelebt, nicht-feminin-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 99%) (228c) Wir bitten Sie, <uns> [diese Zeiteinteilung] entweder jetzt schriftlich zu übergeben , oder wir werden Sie, jeden einzelnen von Ihnen, bitten, uns anzugeben, wieviel Zeit er für sein Plädoyer in Anspruch zu nehmen gedenkt. (KK20, 1946) (thema: Objekt; rezipient: konkret, pronominal, lokal, plural-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 93%) Die Beispiele in (229) und (230) zeigen, dass auch der übergeben-Datensatz einige Belege enthält, die nicht mit den Ergebnissen der statistischen Analyse und/ oder mit der vorhergesagten DOK/ POK-Probabilität übereinstimmen. Die Eigenschaften zwischen Klammern werden in der Regel mit der anderen Konstruktion assoziiert: <?page no="220"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 220 (229) Nun fragt euch selbst/ ob man dergleichen mann/ Der [sich] so gar <an euch> hat übergeben / Der keine stund ohn euch begehrt zu leben/ Auch wie ihr schreibt/ zu heftig lieben kan? (DTA, 1703) (thema: belebt; rezipient: konkret, pronominal, lokal, plural-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 2%) (230) Mitlerweile übergab Georg Farensbach <König Gustavo Adolso in Schweden> [verschiedene Plätze in Liefland]; aber wie man dafür hält/ suchte er damit den König durch Hinder-List zu fangen: […]. (DTA, 1682) (thema: Ort.Objekt; rezipient: nominal, nicht-lokal, singular, Individuum, irrelevant-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 5%) Cluster-2-- 1951-1999 Auch für Cluster- 2 (1951-1999) wird eine logistische Regressionsanalyse durchgeführt. Anhang D.3 stellt die Belegzahl pro Kategorie und die jeweilige POK- Wahrscheinlichkeit dar. Die 16 aufgelisteten Faktoren werden alle in das statistische Modell einbezogen, vgl. D.4.1. Anhang D.4.2. zeigt die Ergebnisse der Bootstrap-Validierung, die auf N- = 2.000 Bootstrap-Stichproben basiert: Der D xy - Wert von 0.5411 und der entsprechende Konkordanzindex C von 77% deuten auf eine gute Vorhersagegenauigkeit des Modells hin. Mit Ausnahme der Variable Längendifferenz weisen alle der in Anhang D.4.3 angeführten Varianzinflationsfaktoren (VIFs) Werte zwischen 1.02 und 2.76 auf. Die Längendifferenz-Werte betragen 6.14 (LängDiff ‘), 5.79 (LängDiff ‘‘) bzw. 5.59 (LängDiff ‘‘‘) und sind also viel niedriger als die entsprechenden Werte aus der Analyse von Cluster-1. Wie Abbildung-42 zeigt, sind bei einem Signifikanzniveau von 5% (p-Wert-< 0.05) die Faktoren (i)- Proprialität des rezipienten, (ii)- Definitheit des rezipienten und (iii)-Konkretheit des themas statistisch signifikant. Den entsprechenden Effektplots in Abbildung-43 lässt sich entnehmen, dass abstrakte themata, indefinite rezipienten und rezipienten, die der Kategorie der Eigennamen zugeordnet sind, eine höhere POK-Probabilität aufweisen. Umgekehrt wird DOK mit propositionalen themata, definiten rezipienten und rezipienten, die zur Kategorie der Gattungsnamen gehören, assoziiert. <?page no="221"?> 221 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN Abb.-42: Reihenfolge der nach Wichtigkeit geordneten Prädiktoren für cluster- 2 (1951- 1999) des übergeben-Datensatzes (ANOVA von geschachtelten Modellen) 72 Die Sätze in (231) und (232) gelten, ausgehend von den Ergebnissen der quantitativen Untersuchung, als typische POKbzw. DOK-Beispiele. Zwischen Klammern stehen die Eigenschaften der signifikanten Faktoren, die mit POK bzw. DOK korrelieren, sowie die POKbzw. DOK-Probabilität des Belegs: (231a) Da Saud aber weder zu einer echten Aussöhnung mit Nasser kam, noch auch mit den wirtschaftlichen und innenpolitischen Problemen fertig zu werden vermochte, mußte er 1962 [die tatsächliche Macht] wieder <an Faisal> übergeben . (KK20, 1964) (thema: abstrakt; rezipient: Eigenname-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 83%) 72 Abkürzungen: LängDiff- = Längendifferenz (zwischen rezipient und thema), ThPron- = Pronominalität des themas, ThBel-= Belebtheit des themas, RezKonkr-= Konkretheit des rezipienten, RezPerson- = Person des rezipienten, RezNum- = Numerus des rezipienten, ThDef- = Definitheit des themas, RezBel-= Belebtheit des rezipienten, AgBel-= Belebtheit des agens, RezGramGen-= Grammatisches Genus des rezipienten, RezPron- = Pronominalität des rezipienten, ThKonkr- = Konkretheit des themas, RezDef- = Definitheit des rezipienten, RezPropr- = Proprialität des rezipienten. <?page no="222"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 222 (231b) Der Revolutionsrat setzt die Verfassung für die Dritte Republik in Kraft und- übergibt [die Regierungsgewalt] <an den gewählten Präsidenten Hilla LIMANN>. (KK20, 1979) (thema: abstrakt; rezipient: Eigenname-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 81%) (231c) Dies ist meine letzte Rede als Staatspräsident vor dem Kongreß, bevor ich [mein Amt] <an einen vom Volk zu wählenden Nachfolger> übergebe . (KK20, 1989) (thema: abstrakt; rezipient: indefinit- - vorhergesagte POK-Probabilität-= 82%) (232a) Entsprechend übergeben sie <dem Generalsekretär der Vereinten Nationen> am 29. September 1948 [ein Schriftstück], [[das die Anklage gegen die Sowjetunion wegen der Berliner Blockade enthält]]. (KK20, 1986) (thema: propositional; rezipient: definit, Gattungsname-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 89%) (232b) Trotz vier Stunden Streit über Verfahrensfragen übergeben wir zum Schluß <der Presse> [unser gemeinsames Wort]. (KK20, 1988) (thema: propositional; rezipient: definit, Gattungsname-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 83%) (232c) Der Anrufer behauptete, der persönliche Sekretär des südkoreanischen Präsidenten Park zu sein; er wolle <ihm> [einen Brief von diesem] übergeben . (KK20, 1998) (thema: propositional; rezipient: definit, Gattungsname-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 93%) <?page no="223"?> 223 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN Abb.-43: Effektplots für cluster-2 (1951-1999) des übergeben-Datensatzes 73 73 Abkürzungen: abstr-= abstrakt, konkr-= konkret, prop-= propositional, nlokal-= nicht-lokal, Bell-= Belletristik, Gebrauch-= Gebrauchsliteratur, Wiss-= Wissenschaft, naus-= nicht ausgedrückt, unbest-= unbestimmt, Indiv-= Individuum, Koll-= Kollektivum, fem-= feminin, irrel-= irrelevant, nfem-= nicht-feminin. <?page no="224"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 224 Schließlich enthält auch dieser Cluster Belege, die, anders als man erwarten würde, in der anderen Konstruktion vorkommen. Die aufgelisteten Eigenschaften unter dem POK-Beispielsatz in (233) kennzeichnen in der Regel DOK, die Eigenschaften unter dem DOK-Satz in (234) sind normalerweise mit POK assoziiert: (233) Die Vorsitzende des Deutschen Frauenrates, Irmgard von Meibom, hat dabei [einen Aufruf des Rates] <an die Frauen> übergeben , [[in dem sie zur aktiven Teilnahme am politischen Geschehen von derr kommunalen bis zur Bundesebene aufgefordert werden]]. (KK20, 1979) (thema: propositional; rezipient: definit, Gattungsname-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 19%) (234) Präsident NYERERE erklärt laut Radio Dar es-Salaam/ mdw, die Frontstaaten seien einmütig der Ansicht, daß SMITH in keiner Weise beabsichtige, <NKOMO> [die Macht] zu übergeben . (KK20, 1980) (thema: abstrakt; rezipient: Eigenname-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 16%) 4.2.2 Das Verb zurückgeben Relative DOK/ POK-Verhältnisse und VNC-Dendrogramm Abbildung-44 zeigt die historische Entwicklung der DOK/ POK-Verhältnisse für das Verb zurückgeben: Abb.-44: Relative DOK/ POK-Verhältnisse für zurückgeben im Neuhochdeutschen <?page no="225"?> 225 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN Der relative DOK-Anteil liegt in der ältesten Periode zwar bei 100%, aber es handelt sich insgesamt nur um drei Belege. Die ersten POK-Belege tauchen im Korpusmaterial aus dem 18.-Jahrhundert auf: In der Periode 1701-1750 erreicht POK mit zwei Belegen einen Anteil von 5%, in der Periode 1751-1800 beträgt der relative POK-Anteil mit fünf Belegen 2%. Im gesamten 19.- Jahrhundert liegt dieser Anteil bei 7%, aber ein deutlicher Anstieg ist erst im 20.-Jahrhundert zu verzeichnen: Die Perioden 1901-1950 und 1951-1999 weisen nämlich einen relativen POK-Anteil von 15% bzw. 21% auf. Wie Abbildung- 45 zeigt, ist im VNC-Dendrogramm eine ähnliche Gruppierung zu beobachten. Ausgehend vom Ellenbogen an Stelle 2 im zugehörigen Scree-Plot lässt sich der Gesamtdatensatz in zwei Cluster teilen, und zwar: 1650-1900 und 1901- 1999. Auch für dieses Verb könnte man im Scree-Plot eventuell einen anderen Ellenbogen, wie z. B. an Stelle 3 oder 4, annehmen. Allerdings stellt sich Stelle 2, aufgrund der in Abbildung- 44 dargestellten DOK/ POK-Verhältnisse einerseits und des vergleichsweise größeren Abstands zwischen Stelle 1 und 2 andererseits, wiederum als die relevanteste Knickstelle heraus: Abb.-45: VNc-Dendrogramm und zugehöriger Scree-Plot für zurückgeben Konstituentenfolge Abbildung-46 gibt Auskunft über die relativen Verhältnisse der Wortfolgen themarezipient und rezipient-thema in DOK und POK. Die Darstellungsweise ist die gleiche wie beim Verb übergeben, d. h. die Verhältnisse werden pro Cluster visualisiert und die beiden Wortfolgevarianten innerhalb einer Konstruktion bilden zusammen 100%. Dadurch, dass die DOK/ POK-Verhältnisse im endgültigen Datensatz nicht den eigentlichen Verhältnissen aus dem Gesamtdatensatz entsprechen, sind nicht DOK und POK, sondern nur die Wortfolgevarianten innerhalb einer Konstruktion miteinander zu vergleichen. <?page no="226"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 226 Abb.-46: Relative Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient in DOK und POK für zurückgeben (links: cluster-1650-1900, rechts: cluster-1901-1999) Auch für das Verb zurückgeben gilt, dass die POK-Belege am häufigsten in der Wortfolge thema-rezipient vorkommen: Im Cluster-1650-1900 liegt der relative POK(t-r)-Anteil bei 92%, im Cluster-1901-1999 beträgt er sogar 96%. Für die DOK- Belege erweist sich die Wortfolge rezipient-thema als die bevorzugte Variante: Sie erreicht einen relativen Anteil von 68% (1650-1900) bzw. 64% (1901-1999). Zur Überprüfung dieser Tendenzen werden diejenigen Belege mit einem nominalen thema und einem nominalen rezipienten noch einmal separat untersucht. Insgesamt betrifft es n-= 434 Belege, d. h. n-= 202 aus dem Cluster-1650-1900 und n-= 232 aus dem Cluster-1901-1999. Die entsprechenden relativen Verhältnisse der Wortfolgevarianten in DOK und POK werden in Abbildung-47 dargestellt: Abb.-47: Relative Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient in DOK und POK für zurückgeben mit ausschließlich nominalen Konstituenten (links: cluster-1650-1900, rechts: cluster-1901-1999) <?page no="227"?> 227 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN Vergleicht man die Ergebnisse aus Abbildung-47 mit denjenigen aus Abbildung-46, so lassen sich kaum Unterschiede feststellen: POK(t-r) erreicht als die bevorzugte POK-Variante immer noch einen relativen Anteil von 92% (1650-1900) bzw. 95% (1901-1999) und auch DOK(r-t) kommt mit einem Anteil von 62% (1650-1900) bzw. 61% (1901-1999) wiederum häufiger vor als DOK(t-r). Logistische Regressionsanalyse Die logistische Regressionsanalyse des endgültigen zurückgeben-Datensatzes, der aus n-= 843 Belegen besteht, wird ebenfalls für jeden Cluster separat durchgeführt. Cluster-1 (1650-1900) enthält n-= 488 Belege, Cluster-2 (1901-1999) umfasst n-= 355 Belege. Cluster-1-- 1650-1900 Anhang E.1 zeigt für Cluster-1 (1650-1900) die Belegzahl pro annotierter Kategorie und die jeweilige POK-Probabilität. Das in Anhang E.2.1 dargestellte statistische Modell hat eine ausgezeichnete Vorhersagegenauigkeit: Aus der Bootstrap-Validierung, die auf N- = 2.000 Stichproben basiert, ergeben sich nämlich ein D xy -Wert von 0.7714 und ein entsprechender Konkordanzindex C von 89%, vgl. E.2.2. Die Werte der Varianzinflationsfaktoren (VIFs) in Anhang E.2.3 liegen fast alle zwischen 1.09 und 3.17. Nur der Faktor Längendifferenz weist mit 4.52 (LängDiff ), 16.68 (LängDiff ‘), 22.32 (LängDiff ‘‘) bzw. 18.88 (LängDiff ‘‘‘) höhere Werte auf. Aus Abbildung- 48 geht hervor, dass sich bei einem Signifikanzniveau von 5% (p-Wert-< 0.05) fünf Faktoren als statistisch signifikant erweisen, und zwar: (i)-Pronominalität des rezipienten, (ii)-Grammatisches Genus des rezipienten, (iii)-Numerus des rezipienten, (iv)-Textsorte und (v)-Konkretheit des themas. Die Effektplots in Abbildung-49 stellen für jeden Faktor die POK-Probabilität dar. In Bezug auf die signifikanten Variablen gilt, dass konkrete themata, nominale rezipienten, rezipienten im Singular, rezipienten, die hinsichtlich ihres grammatischen Genus der Kategorie ‚irrelevant‘ zugeordnet sind, sowie Belege aus Zeitungen, Zeitschriften und aus wissenschaftlicher Literatur eine Korrelation mit POK aufweisen. DOK dagegen korreliert mit abstrakten themata, pronominalen rezipienten, rezipienten im Plural, rezipienten, die bezüglich ihres grammatischen Genus zu den Kategorien ‚feminin‘ und ‚nicht-feminin‘ gehören, und Belegen aus der Belletristik. <?page no="228"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 228 Abb.-48: Reihenfolge der nach Wichtigkeit geordneten Prädiktoren für cluster- 1 (1650- 1900) des zurückgeben-Datensatzes (ANOVA von geschachtelten Modellen) 74 Den Ergebnissen der statistischen Analyse zufolge lassen sich die in (235) und (236) angeführten Sätze als typische POKbzw. DOK-Beispiele betrachten: (235a) Er war auf die Frage eingegangen, ob es gut sey, Mailand zu theilen, oder [es] in seiner Integrität <an Sforza> zurückzugeben , […]. (DTA, 1840) (Textsorte: Wissenschaft (Historiographie); thema: konkret; rezipient: nominal, singular, irrelevant-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 88%) (235b) Oesterreich verfährt beinahe so schlau, wie England im Jahre 1840, als letzteres <an Frankreich> [die Leiche Napoleon’s] zurückgab , um unter dem Vorwande der Freundschaft Saint-Jean-d’Acre bombardiren zu können. (DTA, 1849) (Textsorte: Medien (Neue Rheinische Zeitung); thema: konkret; rezipient: nominal, singular, irrelevant- - vorhergesagte POK-Probabilität- = 93%) 74 Abkürzungen: LängDiff-= Längendifferenz (zwischen rezipient und thema), ThDef-= Definitheit des-themas, RezBel-= Belebtheit des rezipienten, ThPron-= Pronominalität des themas, RezDef-= Definitheit des rezipienten, AgBel-= Belebtheit des agens, RezPropr-= Proprialität des rezipienten, RezKonkr- = Konkretheit des rezipienten, RezPerson- = Person des rezipienten, ThBel- = Belebtheit-des themas, ThKonkr-= Konkretheit des themas, RezNum-= Numerus des rezipienten, RezGramGen- = Grammatisches Genus des rezipienten, RezPron- = Pronominalität des rezipienten. <?page no="229"?> 229 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN Abb.-49: Effektplots für cluster-1 (1650-1900) des zurückgeben-Datensatzes 75 75 Abkürzungen: abstr-= abstrakt, konkr-= konkret, prop-= propositional, nlokal-= nicht-lokal, Bell-= Belletristik, Gebrauch-= Gebrauchsliteratur, Wiss-= Wissenschaft, naus-= nicht ausgedrückt, unbest-= unbestimmt, Indiv-= Individuum, Koll-= Kollektivum, fem-= feminin, irrel-= irrelevant, nfem-= nicht-feminin. <?page no="230"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 230 (235c) Nach Jahren noch tauchte immer wieder das Gerücht auf, der König denke [die Provinz] freiwillig <an Polen> zurückzugeben . (DTA, 1882) (Textsorte: Wissenschaft (Historiographie); thema: konkret; rezipient: nominal, singular, irrelevant-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 87%) (236a) Endlich erkannte er Alicen, deren Anblick <ihm> [die ganze Erinnerung über das], [[was mit ihm vorgegangen war]], zurückgab . (HIST, 1849) (Textsorte: Belletristik (Roman); thema: abstrakt; rezipient: pronominal, nicht-feminin-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 99%) (236b) Die Nähe der Gefahr hatte <ihr> [einen Teil ihrer natürlichen Entschlossenheit] zurückgegeben . (HIST, 1878-1882) (Textsorte: Belletristik (Roman); thema: abstrakt; rezipient: pronominal, feminin-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 98%) (236c) Diese Wahrnehmung gab <uns> [unsere ganze Energie] zurück . (DTA, 1880) (Textsorte: Belletristik (Autobiographie); thema: abstrakt; rezipient: pronominal, plural-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 100%) Im Gegensatz dazu gibt es wieder einige Belege, die statt in DOK in POK und, umgekehrt, statt in POK in DOK erscheinen, wie z. B. die Sätze in (237) bzw. (238). Die zwischen Klammern aufgelisteten Tendenzen unter jedem Satz korrelieren in der Regel mit der anderen Konstruktion: (237) Ich hänge dir den Purpurmantel um Und reiche dir den Zepter und das Schwert, Halts fest und gib [es] nur <an mich> zurück ! (HIST, 1850) (Textsorte: Belletristik (Drama); rezipient: pronominal- - vorhergesagte POK-Probabilität-= 3%) (238) Für kurze Zeit (1596) bemächtigten sich die Spanier der Stadt, bis der Friede von Verviers [dieselbe] <Heinrich IV.> zurückgab . (DTA, 1891) (Textsorte: Wissenschaft (Ökonomie); thema: konkret; rezipient: nominal, singular, irrelevant-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 15%) Cluster-2-- 1901-1999 Cluster- 2 (1901-1999) des zurückgeben-Datensatzes umfasst alle Belege aus dem 20.-Jahrhundert. Anhang E.3 bietet eine Übersicht über die Belegzahl und die POK- Probabilität pro annotierter Kategorie. Wie Anhang E.4.1 zeigt, werden alle Variablen aus E.3 in das logistische Regressionsmodell einbezogen. Mit einem D xy -Wert von 0.6132 und einem entsprechenden Konkordanzindex C von 81% weist das Modell-eine sehr gute Vorhersagegenauigkeit auf, vgl. E.4.2. Nahezu alle Werte der <?page no="231"?> 231 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN in Anhang E.4.3. dargestellten Varianzinflationsfaktoren (VIFs) liegen zwischen 1.07- und 2.72. Die einzige Ausnahme ist wiederum der Faktor Längendifferenz, für- den die VIF-Werte 9.45 (LängDiff ‘), 15.31 (LängDiff ‘‘) bzw. 13.61 (LängDiff ‘‘‘) betragen. Abb.-50: Reihenfolge der nach Wichtigkeit geordneten Prädiktoren für cluster- 2 (1901- 1999) des zurückgeben-Datensatzes (ANOVA von geschachtelten Modellen) 76 Von den sechzehn Faktoren, die im Modell enthalten sind, erweisen sich bei einem Signifikanzniveau von 5% (p-Wert- < 0.05) vier als statistisch signifikant. Es handelt sich um: (i)-Pronominalität des rezipienten, (ii)-Belebtheit des rezipienten, (iii)-Konkretheit des themas und (iv)-Definitheit des rezipienten, vgl. Abbildung-50. Die Effekte aller Faktoren werden in Abbildung-51 dargestellt. Aus den Effektplots geht hervor, dass propositionale themata und nominale, indefinite rezipienten eine Korrelation mit POK aufweisen. Auch bei rezipienten, die ein Kollektivum bezeichnen oder der Kategorie ‚unbestimmt‘ zugeordnet werden, lässt sich eine höhere POK-Probabilität feststellen. Umgekehrt korreliert DOK mit abstrakten themata sowie mit pronominalen, definiten rezipienten, die ein Individuum bezeichnen. 76 Abkürzungen: LängDiff- = Längendifferenz (zwischen rezipient und thema), RezKonkr- = Konkretheit des rezipienten, ThDef-= Definitheit des themas, ThPron-= Pronominalität des themas, RezPropr-= Proprialität des rezipienten, ThBel-= Belebtheit des themas, RezNum-= Numerus des rezipienten, RezPerson-= Person des rezipienten, AgBel-= Belebtheit des agens, RezGramGen-= Grammatisches Genus des rezipienten, RezDef- = Definitheit des rezipienten, ThKonkr- = Konkretheit des themas, RezBel- = Belebtheit des rezipienten, RezPron- = Pronominalität des rezipienten. <?page no="232"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 232 Die POK- und DOK-Belege in (239) bzw. (240) illustrieren diese Tendenzen: Die POK-Beispiele enthalten die Eigenschaften von zwei oder drei signifikanten Faktoren, in den DOK-Beispielen werden die Eigenschaften der vier signifikanten Faktoren miteinander kombiniert. Für jeden Satz wird die entsprechende POKbzw. DOK- Probabilität gegeben: (239a) Der Beschluß des Ausschusses, den Magistrat aufzufordern, in dem Entwurf, die Turnhalle vor das Schulgebäude zu verlegen, war in einer früheren Sitzung bemängelt und [die Vorlage] aus diesem Grunde noch einmal <an den Ausschuß> zurückgegeben worden. (KK20, 1903) (thema: propositional; rezipient: nominal, Kollektivum-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 75%) (239b) [Die von Israel seit 1967 besetzte Region um den Berg Sinai und um das Katharinenkloster] soll bis Mitte November <an Ägypten> zurückgegeben werden. (KK20, 1979) (rezipient: nominal, unbestimmt- - vorhergesagte POK-Probabilität- = 88%) (239c) Die Bremer Bürgerschaft beschließt, [die sog. 50 »Sankt Gallener Traditionsurkunden«], [[die sich seit 1635 im Besitz der Stadt Bremen befinden]], <an den Kanton Sankt Gallen der schweizerischen Eidgenossenschaft> zurückzugeben . (KK20, 1986) (thema: propositional; rezipient: nominal, unbestimmt-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 74%) (240a) Was ich damals nicht gekonnt, vielleicht versuche ich’s heute, sobald <mir> [die freie Selbstbestimmung] zurückgegeben ist. (KK20, 1913) (thema: abstrakt; rezipient: pronominal, definit, Individuum- - vorhergesagte DOK-Probabilität-= 96%) (240b) Der Chef fordert von seinem Reisenden 317 Mark für zuviel gezahlte Vorschüsse und will <ihm> [die Freiheit] nur zurückgeben , wenn er ihm die Ueber-Vorschüsse zurückzahlt. (KK20, 1927) (thema: abstrakt; rezipient: pronominal, definit, Individuum- - vorhergesagte DOK-Probabilität-= 92%) (240c) Die Mutterschaft gab <ihr> [die Achtung vor sich] zurück , sie fühlte sich nicht mehr ausgestoßen, […]. (KK20, 1964) (thema: abstrakt; rezipient: pronominal, definit, Individuum- - vorhergesagte DOK-Probabilität-= 98%) <?page no="233"?> 233 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN Abb.-51: Effektplots für cluster-2 (1901-1999) des zurückgeben-Datensatzes 77 77 Abkürzungen: abstr-= abstrakt, konkr-= konkret, prop-= propositional, nlokal-= nicht-lokal, Bell-= Belletristik, Gebrauch-= Gebrauchsliteratur, Wiss-= Wissenschaft, naus-= nicht ausgedrückt, unbest-= unbestimmt, Indiv-= Individuum, Koll-= Kollektivum, fem-= feminin, irrel-= irrelevant, nfem-= nicht-feminin. <?page no="234"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 234 Der POK-Satz in (241) und der DOK-Satz in (242) schließlich weisen im Hinblick auf die Ergebnisse der statistischen Analyse gerade die umgekehrten Tendenzen auf. Die Eigenschaften zwischen Klammern korrelieren mit der anderen Konstruktion: (241) […], nicht bedenkend, daß sogar die perfekteste Konservierungsmedizin am Ende doch [die ganze Verantwortung und den unteilbaren Schmerz in unserem hilflosesten Augenblick] <an uns selbst> zurückgibt . (KK20, 1983) (thema: abstrakt; rezipient: pronominal, definit, Individuum- - vorhergesagte POK-Probabilität-= 1%) (242) Die Regierungen der Vereinigten Staaten von Amerika und Großbritanniens stimmen dahin völlig überein, daß [Madagaskar] <Frankreich> nach dem Krieg oder zu jedem Zeitpunkt, in dem seine Besetzung nicht mehr für die Kriegführung der „Vereinigten Nationen“ erforderlich ist, zurückgegeben werden soll. (KK20, 1942) (rezipient: nominal, unbestimmt- - vorhergesagte DOK-Probabilität- = 17%) 4.2.3 Das Verb verleihen Relative DOK/ POK-Verhältnisse und VNC-Dendrogramm Abbildung- 52 stellt die Entwicklung der relativen DOK/ POK-Vorkommenshäufigkeit für verleihen im Neuhochdeutschen dar: Abb.-52: Relative DOK/ POK-Verhältnisse für verleihen im Neuhochdeutschen <?page no="235"?> 235 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN Ähnlich wie beim Verb übergeben ist auch für verleihen der relative POK-Anteil in den ersten 300 Jahren äußerst gering, d. h. er liegt zwischen 0% (1650-1700) und 4% (1751-1800 und 1901-1950). Die früheste Periode enthält nur zwei POK-Belege (vgl. (243)) gegenüber 662 DOK-Belegen. Der größte POK-Anteil ist in der Periode 1951- 1999 festzustellen. In diesem Zeitabschnitt erreicht er 8%. (243a) Die Quantitet deß Zols/ Der vor daß Geleid gegeben wird/ ist gar vnter schiedlich an einem orte höher/ am andern geringer/ vnnd richtet man sich darin nach dem alten herkommen/ sintemal durch die Reichs satzungen alle neue Zoll vnd auffschläge/ als dadurch die handlungen mercklich beschwert vnd gesperret werden/ verbotten/ also gar/ daß <an die Käysl. Mayst.> ohne sonderbahren Rathschlag vnd anwilligung der Chur-Fürsten des Reichs/ keine newe Zölle [einigen Stand] verleyhet : […]. (DTA, 1656) (243b) Man hatte bey der ersten Reformation der Religion in Schottland die Geistlichen Beneficia simplicia an die Cron reduciret/ worvon aber die Cron nicht grossen Nutzen hatte/ weil [sie] meists <an die Cadette von Adelichen Häusern> verliehen wurden. (DTA, 1682) Ausgehend von den in Abbildung-52 dargestellten Verhältnissen und von der Knickstelle im Scree-Plot in Abbildung- 53, lässt sich im entsprechenden VNC-Dendrogramm wiederum eine Aufteilung in zwei Gruppen, d. h. 1650-1950 und 1951-1999, erkennen. Eventuell könnte man im Scree-Plot auch eine andere Knickstelle annehmen, aber der Ellenbogen an Stelle 2 erweist sich, ähnlich wie für übergeben und zurückgeben, als der relevanteste: Abb.-53: VNc-Dendrogramm und zugehöriger Scree-Plot für verleihen <?page no="236"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 236 Die gegenwärtige Dativalternation des Verbs verleihen unterliegt Sprouse (1990, S.- 213 f.) zufolge Einschränkungen semantischer Art: In der Bezeichnung ‚jemanden auszeichnen‘ könne der rezipient sowohl als Dativ-NP als auch als an-PP realisiert werden, in der Bezeichnung ‚etwas leihen, etwas verborgen‘ sei aber nur die präpositionale Alternante möglich. Auf diese Einschränkung scheint auch das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS) hinzuweisen. Es unterscheidet die drei verleihen-Bedeutungen (i)- ‚jmdn. mit etw. auszeichnen, jmdm. etw. (feierlich) zuerkennen‘, (ii)-‚jmdm. etw. (gewerbsmäßig, gegen eine Gebühr) leihen, etw. verborgen‘ und (iii)-(gehoben) ‚jmdm., einer Sache etw. geben, verschaffen‘, wobei für die zweite Bedeutung ausschließlich ein Beispiel mit einem präpositionalen rezipienten (Er weiß nicht, an wen er das Buch verliehen hat) verzeichnet ist. Für die beiden anderen Bedeutungen sind dagegen nur Beispielsätze mit einem rezipienten im Dativ eingetragen, wie Die Stadt verlieh ihnen das Recht, Bier zu brauen für (i)- und Die allgemeine Anerkennung verlieh ihm neue Impulse, Der Hopfen verleiht dem Bier den bitteren Geschmack und Diese Drohung verlieh seiner Forderung Nachdruck für (iii). Sprouses (1990, S.-213 f.) Behauptung, dass das Verb verleihen in seiner Bezeichnung ‚etwas leihen, etwas verborgen‘ nur mit einem präpositionalen rezipienten kombiniert werden könne, trifft aber nicht auf den historischen Datensatz zu. Die fünf Belege unter (244) stellen einige Gegenbeispiele dar. In den meisten angeführten Belegen bezeichnet das thema unbeweglichen Besitz, wie z. B. ein Stück Land, eine Wohnung oder ein Lehn. (244a) Daß zwar auff dem angestellten Reichs Tag zu Augspurg die Hertzogen auß Bäyrn/ gesampt erschienen/ vnd begehret/ <Jhnen> [die Oesterreichische Lande] zu Lehen zu verleyhen / etc. (DTA, 1650) (244b) Und also/ wo mir einer dieses zugestehet/ daß ich um mein geld ein hauß/ garten oder anderes kauffen/ [es] <meinem nechsten> um gewisse miethe verleihen / und diese davon empfangen darff/ […]. (DTA, 1701) (244c) DJese Art Leihen/ Dingen und Miethens/ zu Latein Locatio & Conductio, da der Eigenthums-Herr oder Verleiher/ Locator, <dem> aber [etwas] verliehen und das Geld oder Lohn vor die Leihe ausgiebt/ Conductor genannt wird/ ist fast weitläufftig/ und erstreckt sich nicht allein auff beweg- und unbewegliche Güter und Gerechtigkeiten/ sondern auch auff allerley Werck und Arbeit/ so einer vom andern um ein gewisses Lohn oder Geld dinget oder miethet/ denn also kan einer [sein Pferd/ Kühe/ Heerde Schaafe/ Hauß/ Hoff/ Acker/ Wiesen und Garten]/ deßgleichen ein Usufructuarius oder Leibzüchter [seine Leibzucht]/ ein Werckmeister/ Künstler/ Fuhrmann/ Schiffer/ in Summa, ein ieder Arbeiter [seiner Kunst Arbeit]/ <einem andern> lociren und verleihen / […]. (DTA, 1703) <?page no="237"?> 237 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN (244d) Er erwähnt aus dem ersten Bergbuche, daß 1516 ein gewisser Castel Schreiner in der Conradsgrün <einem Bergmann>, <<Hensel Creutzing>>, [ein Lehn] verliehen , […]. (DTA, 1782) (244e) Ein landflüchtiges Weib, das für Geld sich ein Städtchen gegründet hat, <der> ich in meinem Gebiete [das Ufer] zum Pflügen, [das Land] zum Beherrschen verliehen habe, ein solches Weib hat trotzig meine Hand verschmäht, […]. (DTA, 1840) Dass andererseits verleihen in der Bezeichnung ‚jmdm., einer Sache etw. geben, verschaffen‘ nicht nur mit einem rezipienten im Dativ vorkommt, zeigen die Beispiele unter (245). Der Beleg in (245b) enthält sogar beide Varianten. Belege mit einem thema wie Ansehen, Ausdruck/ Nachdruck, Kraft, Mut oder Selbstbewusstsein erscheinen aber ausschließlich mit einer Dativ-NP. (245a) […]; er kehrte mit Verdruß auf seine Felsenzinne zurück, überschauete von da die lachenden Gefilde, welche die menschliche Industrie verschönert hatte; und wunderte sich, daß die Mutter Natur [ihre Spenden] <an solche Bastardbrut> verlieh . (HIST, 1782-1786) (245b) Er findet, Gott habe [die weltliche Gewalt] <an Niemand besonders> verliehen : daraus folge, daß er [sie] <der Menge> verliehen habe. (DTA, 1836) (245c) Um allen diesen Pflichten zu genügen, bedarf es, meines Erachtens, eines Maßes natürlicher Gaben, wie [sie] Mutter Natur in weiser Oekonomie nur selten <an ein Jndividuum> zu verleihen pflegt, […]. (DTA, 1873) (245d) Das christliche Mittelalter will den Dualismus von Kirche und Stat, aber es glaubt, dasz beide Schwerter, das geistliche und das weltliche, von Gott verliehen werden, [das erste] <an den Papst>, [das zweite] <an den Kaiser>. (DTA, 1875) Konstituentenfolge Abbildung- 54 bietet eine Übersicht über die relativen Verhältnisse der Wortfolgen rezipient-thema und thema-rezipient in DOK und POK: <?page no="238"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 238 Abb.-54: Relative Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient in DOK und POK für verleihen (links: cluster-1650-1950; rechts: cluster-1951-1999) Sowohl POK als auch DOK zeigen in den zwei Clustern eine klare Präferenz für eine der beiden Wortfolgevarianten. Für POK erweist sich die Wortfolge thema-rezipient als die bevorzugte Variante: Im Cluster-1650-1950 beträgt der relative POK(t-r)- Anteil 87%, im Cluster-1951-1999 93%. Die DOK-Belege dagegen kommen am häufigsten mit der Wortfolge rezipient-thema vor: DOK(r-t) hat einen relativen Anteil von 87% (1650-1950) bzw. 96% (1951-1999). Abb.-55: Relative Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient in DOK und POK für verleihen mit ausschließlich nominalen Konstituenten (links: cluster- 1650- 1950; rechts: cluster-1951-1999) In Abbildung- 55, die die relativen Verhältnisse der Wortfolgevarianten für Belege mit einem nominalen thema und einem nominalen rezipienten visualisiert, lassen sich im Vergleich zu Abbildung- 54 sehr ähnliche Tendenzen feststellen: POK(t-r) <?page no="239"?> 239 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN erreicht einen relativen Anteil von 84% (1650-1950) bzw. 92% (1951-1999), der DOK(r-t)-Anteil liegt bei 88% (1650-1950) bzw. 96% (1951-1999). Insgesamt geht es hier um n-= 616 Belege, d. h. n-= 421 Belege aus dem Cluster-1650-1950 und n-= 195 Belege aus dem Cluster-1951-1999. Logistische Regressionsanalyse Die logistische Regressionsanalyse erfolgt ebenfalls für die beiden Cluster separat. Von den insgesamt n- = 873 Belegen im endgültigen verleihen-Datensatz gehören n- = 651 Belege zu Cluster- 1 (1650-1950) und n- = 222 Belege zu Cluster- 2 (1951-1999). Cluster-1-- 1650-1950 In Anhang F.1 wird für Cluster-1 (1650-1950) die Belegzahl und die POK-Probabilität pro annotierter Kategorie dargestellt. Das logistische Regressionsmodell in Anhang F.2.1, das alle sechzehn Faktoren enthält, weist eine ausgezeichnete Vorhersagegenauigkeit auf: Aus der Bootstrap-Validierung, die auf N- = 2.000 Stichproben basiert, ergibt sich ein D xy -Wert von 0.9123 und somit ein Konkordanzindex C von 96%, vgl. F.2.2. Die meisten Werte der Varianzinflationsfaktoren (VIFs) in Anhang F.2.3 liegen zwischen 1.13 und 3.96. Die VIFs der Kategorien RezGramGen-= irrel, ThBel-= Objekt und ThBel-= Ort.Objekt weisen mit 5.83, 11.16 bzw. 11.27 höhere Werte auf. Wiederum erweisen sich die Werte des Faktors Längendifferenz als die höchsten, d. h. 11.43 für LängDiff, 106.51 für LängDiff ‘, 177.19 für LängDiff ‘‘ und 142.72 für LängDiff ‘‘‘. Wie Abbildung- 56 zeigt, sind bei einem Signifikanzniveau von 5% (p-Wert- < 0.05) zehn Faktoren statistisch signifikant, und zwar: (i)-Grammatisches Genus des rezipienten, (ii)-Definitheit des rezipienten, (iii)-Konkretheit des themas, (iv)-Belebtheit des agens, (v)-Numerus des rezipienten, (vi)-Pronominalität des rezipienten, (vii)- Pronominalität des themas, (viii)- Textsorte, (ix)- Definitheit des themas und (x)-Person des rezipienten. Fünf der signifikanten Faktoren beziehen sich auf den rezipienten. Den entsprechenden Effektplots in Abbildung- 57 lässt sich entnehmen, dass nominale, nichtlokale und indefinite rezipienten sowie rezipienten im Singular und rezipienten, die hinsichtlich ihres grammatischen Genus in die Kategorie ‚irrelevant‘ eingeordnet werden, mit POK korrelieren. In Bezug auf das thema sind es pronominale, definite und konkrete oder propositionale themata, die eine höhere POK- Probabilität haben. Schließlich weisen auch agens, die belebt oder ‚unbestimmt‘ sind, sowie Belege aus wissenschaftlicher Literatur eine Korrelation mit POK auf. Umgekehrt korreliert DOK mit pronominalen, lokalen und definiten rezipienten <?page no="240"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 240 im Plural, deren grammatisches Genus den Kategorien ‚feminin‘ oder ‚nicht-feminin‘ zugeordnet wird, sowie mit nominalen, abstrakten und indefiniten themata, unbelebten agens und Belegen aus der Belletristik. Abb.-56: Reihenfolge der nach Wichtigkeit geordneten Prädiktoren für cluster- 1 (1650- 1950) des verleihen-Datensatzes (ANOVA von geschachtelten Modellen) 78 Die unter (246) und (247) angeführten Belege kombinieren die Ergebnisse von sieben bis neun verschiedenen signifikanten Faktoren aus der Analyse und sind somit als typische POKbzw. DOK-Beispiele zu betrachten: (246a) […], z. e. der Schenk zu Rülberode hat zu Harhausen 2 freie güter; in ermangelung der eigenen häuser daselbst, hat er [sie] <an dasige bauern> verlihen . (DTA, 1767) (Textsorte: Wissenschaft (Recht); agens: belebt; thema: pronominal, definit, konkret; rezipient: nominal, indefinit, nicht-lokal, irrelevant-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 98%) 78 Abkürzungen: LängDiff- = Längendifferenz (zwischen rezipient und thema), RezKonkr- = Konkretheit des rezipienten, ThBel-= Belebtheit des themas, RezPropr-= Proprialität des rezipienten, RezPerson-= Person des rezipienten, RezBel-= Belebtheit des rezipienten, ThDef-= Definitheit des themas, ThPron- = Pronominalität des themas, RezPron- = Pronominalität des rezipienten, RezNum- =-Numerus des rezipienten, AgBel- = Belebtheit des agens, ThKonkr- = Konkretheit des themas, RezDef- = Definitheit des rezipienten, RezGramGen- = Grammatisches Genus des rezipienten. <?page no="241"?> 241 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN Abb.-57: Effektplots für cluster-1 (1650-1950) des verleihen-Datensatzes 79 79 Abkürzungen: abstr-= abstrakt, konkr-= konkret, prop-= propositional, nlokal-= nicht-lokal, Bell-= Belletristik, Gebrauch-= Gebrauchsliteratur, Wiss-= Wissenschaft, naus-= nicht ausgedrückt, unbest-= unbestimmt, Indiv-= Individuum, Koll-= Kollektivum, fem-= feminin, irrel-= irrelevant, nfem-= nicht-feminin. <?page no="242"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 242 (246b) Montesquieu verlieh in seinem Geiste der Gesetze <an England>, <<den Erbfeind seines Vaterlandes>>, [den Preis der besten Verfassung], […]. (DTA, 1845) (Textsorte: Wissenschaft (Historiographie); agens: belebt; thema: definit, konkret; rezipient: nominal, nicht-lokal, singular, irrelevant-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 98%) (246c) Er beugte sich über seine Tischlade, zog sie auf, holte ein Eisernes Kreuz Erster Klasse hervor in besonderen Fällen kann [es] der Divisionskommandeur <an Angehörige seines Stabes> verleihen - und heftete es seinem Adjutanten an den Waffenrock. (KK20, 1946) (agens: belebt; thema: pronominal, definit, konkret; rezipient: nominal, indefinit, nicht-lokal, irrelevant-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 97%) (247a) Sein Todt verleih’t <uns> [Ruh]/ sein Leben Ungemach. (DTA, 1661) (Textsorte: Belletristik (Drama); agens: unbelebt; thema: nominal, indefinit, abstrakt; rezipient: pronominal, definit, lokal, plural- - vorhergesagte DOK-Probabilität-= 100%) (247b) Doch die Furcht war ihm dienlich; sie hielt ihn in Maaß und Gewicht; sie verlieh <ihm> [den milden Ernst], [[welcher einen jungen Mann so trefflich kleidet]]. (DTA, 1852) (Textsorte: Belletristik (Roman); agens: unbelebt; thema: nominal, abstrakt; rezipient: pronominal, definit, nicht-feminin- - vorhergesagte DOK-Probabilität-= 100%) (247c) Sie läßt manches Wort an mein Ohr klingen, das vielleicht nicht genauso gesprochen wurde, wie ich es jetzt vernehme; läßt mich Menschen und Begebenheiten in einem Lichte sehen, das <ihnen> [eine an sich vielleicht zu große, vielleicht zu geringe Bedeutung] verleiht . (HIST, 1904-1905) (Textsorte: Belletristik (Autobiographie); agens: unbelebt; thema: nominal, indefinit, abstrakt; rezipient: pronominal, definit, plural-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 100%) Der POK-Beleg in (248) und der DOK-Beleg in (249) dagegen haben eine sehr niedrige POKbzw. DOK-Probabilität. Die Sätze enthalten Eigenschaften von fünf bzw. acht signifikanten Faktoren, die den Ergebnissen der statistischen Analyse zufolge mit der anderen Konstruktion assoziiert werden: (248) Von der Aristokratie geschieht der Übergang zur Oligarchie durch die Verderbtheit derer, die an der Gewalt sind, wenn sie das, was des Staates ist, ohne Rücksicht auf Würdigkeit verteilen und die Vorteile alle oder doch die <?page no="243"?> 243 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN meisten für sich vorwegnehmen, [die Ämter] immer wieder <an dieselben> verleihen und den größten Wert auf die eigene Bereicherung legen. (HIST, 1909) (thema: nominal, abstrakt; rezipient: definit, pronominal, plural-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 4%) (249) Das älteste Beyspiel von einer Gewerkschaft im Würtembergischen findet sich in der Geschichte des Grafen Ulrich im Jahre 1456, welcher <einigen Bürgern in Gemünd> [das Bergwerk zu Wart bey Nagold] verleihet , nach Gold, Silber, Gestein, oder nach andern Metallen zu graben, […]. (DTA, 1782) (Textsorte: Wissenschaft (Politik); agens: belebt; thema: definit, konkret; rezipient: nominal, indefinit, nicht-lokal, irrelevant- - vorhergesagte DOK-Probabilität-= 9%) Cluster-2-- 1951-1999 Anhang F.3 bietet für Cluster-2 (1951-1999) eine Übersicht über die Belegzahl und die POK-Probabilität pro annotierter Kategorie. Anders als für Cluster- 1 werden nicht alle Faktoren in das logistische Regressionsmodell aufgenommen: Die Variable Person des rezipienten (RezPerson) enthält nämlich ausschließlich rezipienten in der dritten Person und auch der Faktor Textsorte, der während der Durchführung des Modells eine Fehlermeldung verursacht, wird aus der Analyse ausgeschlossen, vgl. F.4.1. Die Ergebnisse der Bootstrap-Validierung, die auf N- = 2.000 Bootstrap- Stichproben basiert, deuten mit einem D xy -Wert von 0.9695 und einem entsprechenden Konkordanzindex C von 98% auf eine ausgezeichnete Vorhersagegenauigkeit des Modells hin, vgl. F.4.2. Die in Anhang F.4.3 dargestellten Varianzinflationsfaktoren (VIFs) schließlich haben fast alle Werte zwischen 1.12 und 4.72. Nur die Werte der Variable Grammatisches Genus des rezipienten sind mit 6.73 (RezGramGen-= nfem) und 8.16 (RezGramGen-= irrel) etwas höher. Zwei Faktoren erweisen sich bei einem Signifikanzniveau von 5% (p-Wert-< 0.05) als statistisch signifikant. Es handelt sich um (i)-Konkretheit des themas und (ii)-Pronominalität des rezipienten. Abbildung- 58 zeigt die Rangliste der nach Wichtigkeit geordneten Variablen. Aus den Effektplots in Abbildung- 59 geht hervor, dass konkrete themata und nominale rezipienten mit POK korrelieren, während abstrakte themata und pronominale rezipienten eine höhere DOK-Wahrscheinlichkeit aufweisen. <?page no="244"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 244 Abb.-58: Reihenfolge der nach Wichtigkeit geordneten Prädiktoren für cluster- 2 (1951- 1999) des verleihen-Datensatzes (ANOVA von geschachtelten Modellen) 80 Ausgehend von den Ergebnissen der statistischen Analyse und der entsprechenden POK- und DOK-Probabilität der Belege gelten die Sätze unter (250) und (251) als typische POKbzw. DOK-Beispiele: (250a) Im Jahre 1453 verlieh der portugiesische König [die Insel Corvo] <an den Herzog von Braganza>, <<einen Bastardsohn Johanns I>>. (KK20, 1964) (thema: konkret; rezipient: nominal- - vorhergesagte POK-Probabilität-= 97%) (250b) Die Schwedische Akademie verleiht [den Nobelpreis 1946 für Literatur] <an Hermann Hesse>, <<der seit 1912 in der Schweiz lebt und inzwischen auch die schweizerische Staatsbürgerschaft erhalten hat>>. (KK20, 1986) (thema: konkret; rezipient: nominal- - vorhergesagte POK-Probabilität-= 100%) 80 Abkürzungen: RezKonkr- = Konkretheit des rezipienten, RezBel- = Belebtheit des rezipienten, RezPropr-= Proprialität des rezipienten, RezNum-= Numerus des rezipienten, ThBel-= Belebtheit des themas, ThPron-= Pronominalität des themas, LängDiff-= Längendifferenz (zwischen rezipient und thema), ThDef-= Definitheit des themas, RezGramGen-= Grammatisches Genus des rezipienten, RezDef-= Definitheit des rezipienten, AgBel-= Belebtheit des agens, RezPron-= Pronominalität des rezipienten, ThKonkr-= Konkretheit des themas. <?page no="245"?> 245 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN Abb.-59: Effektplots für cluster-2 (1951-1999) des verleihen-Datensatzes 81 81 Abkürzungen: abstr-= abstrakt, konkr-= konkret, prop-= propositional, nlokal-= nicht-lokal, Bell-= Belletristik, Gebrauch-= Gebrauchsliteratur, Wiss-= Wissenschaft, naus-= nicht ausgedrückt, unbest-= unbestimmt, Indiv-= Individuum, Koll-= Kollektivum, fem-= feminin, irrel-= irrelevant, nfem-= nicht-feminin. <?page no="246"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 246 (250c) [Der Zivil- und Militärorden] kann auch <an Ausländer> verliehen werden. (KK20, 1998) 6 (thema: konkret; rezipient: nominal- - vorhergesagte POK-Probabilität-= 100%) (251a) Dagegen ist der Radschlepper RS 14/ 30 mit seinem 33-PS-Motor besonders für viele Erntearbeiten im Gemüsebau sowie für Transportzwecke geeignet. Ein Schnellgang für Transportarbeiten verleiht <ihm> [die notwendige Beweglichkeit]. (KK20, 1962) (thema: abstrakt; rezipient: pronominal-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 100%) (251b) In Zeiten kapitalistischer Ausbeutung sangen und singen die Arbeiter ihre Lieder, war und ist das Lied eine Möglichkeit, <ihrem Kampfgeist> [Ausdruck] zu verleihen . (KK20, 1967) (thema: abstrakt-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 100%) (251c) Die Staatssekretariate, von denen einige bis 1989 bestanden, hatten Rechte und Pflichten wie die Ministerien; einige von ihnen wurden im Laufe der Geschichte der DDR zu Ministerien umgebildet, was vornehmlich dann geschah, wenn man es für angebracht hielt, <ihnen> [eine sichtbar höhere staatspolitische Bedeutung] zu verleihen . (thema: abstrakt; rezipient: pronominal-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 100%) Schließlich finden sich in Cluster- 2 (1951-1999) des verleihen-Datensatzes zwei DOK-Belege mit einer sehr niedrigen vorhergesagten DOK-Probabilität, vgl. (252). Beide Sätze weisen diejenigen Eigenschaften auf, die in der Regel mit POK korrelieren. Einen entsprechenden POK-Beleg mit einer ebenso niedrigen POK-Probabilität gibt es nicht: (252a) Er hat ferner <dem Generaldelegierten für Algerien und Oberkommandierenden in Algerien>, <<General Raoul Salan>>, [die Militärmedaille] verliehen . (KK20, 1958) (thema: konkret; rezipent: nominal-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 9%) (252b) [Die vom Reichspräsidenten gestiftete Goethe-Medaille] wird <dem Prof. für Architektur, Geheimrat Dr. Theodor Fischer (München), und Dr. Ludwig Fulda> verliehen . (KK20, 1982) (thema: konkret; rezipient: nominal- - vorhergesagte DOK-Probabilität-= 7%) <?page no="247"?> 247 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN 4.2.4 Das Verb übersenden Relative DOK/ POK-Verhältnisse und VNC-Dendrogramm Abbildung-60 gibt Auskunft über die DOK/ POK-Verhältnisse für das Verb übersenden im Neuhochdeutschen: Abb.-60: Relative DOK/ POK-Verhältnisse für übersenden im Neuhochdeutschen Im gesamten untersuchten Zeitraum lassen sich nur geringe Änderungen feststellen: Mit Ausnahme von der Periode 1701-1750, in der der relative POK-Anteil fast ein Fünftel erreicht, liegt der POK-Anteil generell zwischen 8% (1851-1900 und 1901-1950) und 14% (1751-1800). Auffällig ist, dass in nur vier Belegen des Gesamtdatensatzes der rezipient durch die Präposition zu markiert wird. Es geht um ältere Belege aus den Zeitabschnitten 1650-1700 und 1701-1750, vgl. (253): (253a) […]: Vnsere Besatzung vnd dero Officirer (insonderheit auch den Hauptmann unsers Fürstl. Hauses/ vnd vnser Leibquardi) soll er in seinem befehl haben/ die Thore/ Ballwercke/ Pasteyen/ Thürne/ wo und wie es nötig besetzen/ zu gebührlicher Zeit/ vnnd nach Kriegsgebrauch ab und auffziehen/ Visitiren vnd besehen/ die Thore öffnen vnd schlienssen/ auch ohn befragt niemand vnbekandts in vnsere Residentz Stadt oder Festung kommen lassen/ in den Thoren die Personen welche zu Pferd oder wagen ankommen/ so wol alle Bothen/ vnd andere Leute die von frembden weiten Oertern auch zu Fusse ziehen/ auffzeichnen/ [solche Thorzettel] ihme täglich Mittags vnd Abends zuschicken/ auch da es vns also gefiele/ <zu vnsere Hoffstadt> übersenden lassen/ damit man […]. (DTA, 1656) <?page no="248"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 248 (253b) Zum Vierzehenden/ soll der Pfleger längest alle 14. Tage der Obrigkeit auf ein halb-brüchig Papier/ alle Fürfälle und Beschaffenheiten überschreiben/ und punctatim eines nach den andern in guter Ordnung berichten/ darauf ihn ad marginem [der Bescheid] beygezeichnet/ wieder geschickt/ und von Monat zu Monat wieder <zu der Herrschafft>/ samt der Relation, ob eines oder das andere geschehen/ übersendet werden solle. (DTA, 1682) (253c) Heinrich Bernhard Cöster / Daniel Falck / Joh. Kelpius, und M. Petrus Schäffer/ samt anderen/ die nach Pensylvanien gezogen/ [brieffe und schrifften] aus America <zu uns> übergesandt / samt ihrem tapfern glaubens-kampff/ wie sie sich durch alle secten herdurchgeschlagen um die freyheit in CHristo zu erhalten. (DTA, 1700) (253d) Die Neunaugen sind gar bekandte Fische, sie werden in der Oder gefangen, insgemein sind sie einen Fuß lang, und einen Daum dicke; die Elbe aber, sonderlich bey Hamburg, giebt viel grössere, [welche] daselbst eingebraten, in Eßig gelegt, und <zu uns> unter dem Titul eingelegter Bricken in Fäßlein übersendet werden. (DTA, 1724) Die beobachtete Entwicklung in Abbildung- 60 spiegelt sich im entsprechenden VNC-Dendrogramm und im zugehörigen Scree-Plot wider. Wie Abbildung-61 zeigt, ist im Scree-Plot keine eindeutige Knickstelle auszumachen. Aufgrund der Ergebnisse der VNC-Analyse ist es also schwer, wenn nicht unmöglich, die sieben Perioden in mehrere größere Cluster zu gruppieren. Abb.-61: VNc-Dendrogramm und zugehöriger Scree-Plot für übersenden <?page no="249"?> 249 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN Konstituentenfolge Abbildung- 62 visualisiert die relativen Verhältnisse der Wortfolgen rezipientthema und thema-rezipient für DOK, POK AN und POK ZU. Damit eventuelle Entwicklungen nicht unberücksichtigt bleiben, werden die Ergebnisse in drei Clustern (1650-1800, 1801-1900 und 1901-1999) dargestellt. Genau wie bei den Verben übergeben, zurückgeben und verleihen können nur die beiden Wortfolgevarianten innerhalb einer Konstruktion miteinander verglichen werden. Alle POK ZU-Belege weisen die Wortfolge thema-rezipient auf und auch die meisten POK AN-Belege kommen in dieser Wortfolge vor: Die relativen Anteile von POK AN(t-r) liegen bei 91% (1650-1800), 73% (1801-1900) und 93% (1901-1999). Für die DOK-Belege stellt sich die Wortfolge rezipient-thema als die bevorzugte Variante heraus. Sie erreicht relative Anteile von 74% (1650-1800), 68% (1801-1900) und 66% (1901-1999). Abb.-62: Relative Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient in DOK, POK AN und POK zu für übersenden Die Gruppe von Belegen, die sowohl ein nominales thema als auch einen nominalen rezipienten enthalten, zeigt ähnliche Verhältnisse. Sie werden in Abbildung-63 dargestellt. Insgesamt handelt es sich um n-= 374 solcher Belege, von denen n-= 86 aus dem Zeitabschnitt 1650-1800, n-= 123 aus dem 19.-Jahrhundert und n-= 165 aus dem 20.-Jahrhundert stammen. Für diese Gruppe betragen die relativen Anteile von POK AN(t-r) 86% (1650-1800), 68% (1801-1900) und 92% (1901-1999) und auch DOK(r-t) erweist sich mit Anteilen von 65% (1650-1800), 59% (1801-1900) und 54% (1901-1999) wiederum als die bevorzugte Variante: <?page no="250"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 250 Abb.-63: Relative Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient in DOK, POK AN und POK zu für übersenden mit ausschließlich nominalen Konstituenten Logistische Regressionsanalyse Anders als bei den Verben übergeben, zurückgeben und verleihen, deren Datensätze sich aufgrund der VNC-Analyse jeweils in zwei größere Cluster aufteilen lassen, erfolgt die logistische Regressionsanalyse für übersenden für den gesamten endgültigen Datensatz. Anhang G.1 zeigt die Belegzahl des übersenden-Datensatzes pro annotierter Kategorie und die jeweilige POK-Probabilität. Da der Datensatz ausschließlich Belege mit einem konkreten rezipienten enthält, wird der Faktor Konkretheit des rezipienten (RezKonkr) aus der Analyse ausgeschlossen. Das in Anhang G.2.1 dargestellte logistische Regressionsmodell berücksichtigt somit fünfzehn Faktoren. Die Ergebnisse der Bootstrap-Validierung deuten mit einem D xy -Wert von 0.5679 und einem entsprechenden Konkordanzindex C von 78% auf eine gute Vorhersagegenauigkeit des Modells hin, vgl. G.2.2. Anhang G.2.3 schließlich bietet eine Übersicht über die Varianzinflationsfaktoren (VIFs), für die die meisten Werte zwischen 1.05 und 3.55 liegen. Die Kategorien ThKonkr-= prop und ThKonkr-= konkr haben mit 9.96 bzw. 10.04 etwas höhere Werte. Die VIFs des Faktors Längendifferenz weisen wiederum die allerhöchsten Werte auf, d. h. 25.07 für LängDiff ‘, 44.09 für LängDiff ‘‘ und 27.82 für LängDiff ‘‘‘. <?page no="251"?> 251 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN Abb.-64: Reihenfolge der nach Wichtigkeit geordneten Prädiktoren für übersenden (ANOVA von geschachtelten Modellen) 82 Insgesamt sind bei einem Signifikanzniveau von 5% (p-Wert- < 0.05) vier Faktoren statistisch signifikant, und zwar: (i)-Grammatisches Genus des rezipienten, (ii)-Pronominalität des rezipienten, (iii)-Pronominalität des themas und (iv)-Numerus des rezipienten. Abbildung- 64 stellt die Rangliste der nach Wichtigkeit geordneten Prädiktoren dar. Den entsprechenden Effektplots in Abbildung-65 lässt sich entnehmen, dass pronominale themata, nominale rezipienten, rezipienten im Singular und rezipienten, die hinsichtlich ihres grammatischen Genus in die Kategorie ‚irrelevant‘ eingeordnet werden, mit POK korrelieren. Nominale themata, pronominale rezipienten, rezipienten im Plural sowie feminine oder nicht-feminine rezipienten weisen eine höhere DOK-Probabilität auf. 82 Abkürzungen: AgBel-= Belebtheit des agens, ThKonkr-= Konkretheit des themas, ThDef-= Definitheit des themas, ThBel-= Belebtheit des themas, RezBel-= Belebtheit des rezipienten, RezPropr-= Proprialität des rezipienten, RezPerson- = Person des rezipienten, LängDiff- = Längendifferenz (zwischen rezipient und thema), RezDef-= Definitheit des rezipienten, RezNum-= Numerus des rezipienten, ThPron- = Pronominalität des themas, RezPron- = Pronominalität des rezipienten, RezGramGen-= Grammatisches Genus des rezipienten. <?page no="252"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 252 Die unter (254) und (255) angeführten POKbzw. DOK-Belege illustrieren diese Tendenzen. Jeder Beleg enthält drei bis vier Eigenschaften, die- - den Ergebnissen der statistischen Analyse zufolge-- mit POK bzw. DOK korrelieren: (254a) Der Pabst hat ein Edict publiciren, und [solches] <an alle Nuntios und Ministres des Römischen Stuhls, sogar an denen entlegensten Oertern in der Welt>, übersenden lassen, […]. (DTA, 1725) (thema: pronominal; rezipient: nominal, irrelevant- - vorhergesagte POK-Probabilität-= 73%) (254b) Die dabei liegende Instruktion ersucht die Behörden: 1) so schleunig als möglich die Magisträte in den Städten, so wie die Ortsvorsteher in den ländlichen Ortschaften zusammenberufen, das kön. Manifest, so wie die Antwortsadresse vorlegen, und letztere unterzeichnen zu lassen, [dieselben] sodann aber <an Se. Maj. den König> unter der Adresse des Hrn. G. L. und G. A. v. Rauch Exc. zu Potsdam mit der Bitte um Vorlegung an Se. Maj. zu übersenden ; […]. (DTA, 1848) (thema: pronominal; rezipient: nominal, singular, irrelevant-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 83%) (254c) Schrieb er ein politisches Memoire, so wurde [es] in allen Salons seiner Hauptstadt bewundert und von dem Gemahl der geistreichen Frau, die ihn protegirte, <an alle Legationen> gleichfalls zur Bewunderung übersandt . (HIST, 1850-1851) (thema: pronominal; rezipient: nominal, irrelevant- - vorhergesagte POK-Probabilität-= 83%) (255a) […]; worzu Fabius nicht sonderlich liebe wahr/ und doch begehrete/ daß sie ihm die Frucht/ wann sie etwas würde erwachsen seyn/ zuschicken solte/ welches sie nach Verlauff zehn Jahr geträulich leistete/ da sie <ihm> [einen wolgeschaffenen Sohn] übersendete / [[welcher nachgehends bey Herkuladisla/ Herkules Sohn grosse Träue sehen ließ/ und durch einen willigen Tod dessen Leben rettete]]. (DTA, 1660) (thema: nominal; rezipient: pronominal, nicht-feminin-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 100%) (255b) Von dort aus hat eine unbekandte Hand <uns> [drey Stücke einer Schrift], [[die wöchentlich alle Donnerstag daselbst ausgegeben wird]], übersandt . (DTA, 1739) (thema: nominal; rezipient: pronominal, plural- - vorhergesagte DOK- Probabilität-= 99%) <?page no="253"?> 253 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN Abb.-65: Effektplots für das Verb übersenden 83 83 Abkürzungen: Bell-= Belletristik, Gebrauch-= Gebrauchsliteratur, Wiss-= Wissenschaft, abstr-= abstrakt, konkr-= konkret, prop-= propositional, fem-= feminin, irrel-= irrelevant, nfem-= nicht-feminin, nlokal-= nicht-lokal, naus-= nicht ausgedrückt, unbest-= unbestimmt, Indiv-= Individuum, Koll-= Kollektivum. <?page no="254"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 254 (255c) Als 1572 auf dem Zellerfelde ein neues Eisenbergwerk entdeckt war, meldete Herzog Julius dies hocherfreut seiner Stiefmutter, der Herzogin Sophie, übersendet <ihr> [einen aus dem Erträgnis desselben gefertigten eisernen Stuhl] und spricht die Hoffnung aus, ihr bald einen silbernen schicken zu können, da auch Rotgültigerz gefunden sei. (DTA, 1895) (thema: nominal; rezipient: pronominal, feminin-- vorhergesagte DOK- Probabilität-= 99%) Der POK-Satz in (256) dagegen enthält drei Eigenschaften, die in der Regel mit DOK assoziiert werden. Außerdem weist der Beleg mit nur 1% eine sehr niedrige POK- Probabilität auf. Ein DOK-Satz mit einer entsprechend niedrigen DOK-Probabilität lässt sich im Datensatz nicht auffinden: (256) Jede Woche wird ein Bogen mit Anhang in groß Octav gut gedruckt erscheinen, und der Pränumerationspreis ist fürs halbe Jahr 1 Rthlr. Conv. Münze, um vorzüglich Predigern und Schulleuten den Ankauf zu erleichtern. [Die Gelder, Namen und Charakter] müssen um die Mitte des Julii postfrey (so wie alle Briefe) <an uns> übersendet werden. (DTA, 1789) (thema: nominal; rezipient: pronominal, plural- - vorhergesagte POK- Probabilität-= 1%) 4.2.5 Das Verb einsenden Relative DOK/ POK-Verhältnisse und VNC-Dendrogramm Abbildung- 66 zeigt die relativen DOK/ POK-Verhältnisse für das Verb einsenden im Neuhochdeutschen: Abb.-66: Relative DOK/ POK-Verhältnisse für einsenden im Neuhochdeutschen <?page no="255"?> 255 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN Aufgrund der verschiedenen Wellenbewegungen im Säulendiagramm könnte man schließen, dass die DOK/ POK-Verhältnisse des Verbs einsenden eine beachtliche Entwicklung durchgemacht haben. Die beobachteten Tendenzen sind jedoch sehr mit Vorsicht zu betrachten, denn in einigen Zeitabschnitten ist die gesamte absolute Belegzahl sehr gering: Die Perioden 1650-1700 und 1951-1999 zum Beispiel enthalten insgesamt nur neun bzw. vierzehn Belege. Auffallend in Abbildung-66 ist der Rückgang der POK ZU-Belege, die in der Periode 1650-1700 sogar häufiger vorkommen als die DOK- und POK AN-Belege. Die rezipienten, die in den zwei ältesten Perioden durch die Präposition zu markiert werden, sind alle sehr ähnlich. Es handelt sich um zu der Fürstl. Cammer, zu vnsere Cammer, zur Rent-Cammer, zur Cammer, zu Unser Fürstl. Cammer, zu Unserer Geheimden Raths-Stube und zu dem Hoch-Fürstlichen Creiß-Ausschreib-Amt, zu denen u. a. Abrechnungen, Berichte, Protokolle, Rechnungen und Verzeichnisse eingesandt werden. Dass solche rezipienten nicht nur mit der Präposition zu, sondern auch mit der Präposition an und/ oder im Dativ vorkommen können, illustrieren die Beispielsätze in (257) bzw. (258): (257) So wollen Wir daß so gleich nach publicirung dieser Kirchen-Ordnung von Unsern Consistorio wegen solcher unvermögenden Kirchen und Pfarren [ein umbständtlicher Bericht] <an Unsere geheimbte Raht-Stube> fürderlich eingesandt und daselbst mit Fleiß consultiret werden soll / wie solche Vorschläge / Mittel und Wege auszufinden / […]. (DTA, 1709) (258a) […]/ auch sollen sich die Bereiter vnd Hoffschmiede auff die Roß-Artzney verstehen/ vnd müssen alle Mängel dem Stallmeister eröffnet/ durch ihn mit den Handwerckern gedinget/ [die Zettel] vnterschrieben/ vnd <der Fürstl. Cammer> zur Bezahlung eingesendet werden. (DTA, 1656) (258b) […] und/ wo und auf was Weise sie solche Pässe bekommen/ wol examiniret werden/ massen auch alsdan [dergleichen Paß] ihnen wegzunehmen/ und [[nebst einem ausführlichen Berichte]] <Uns oder Unser Fürstl. Geheimten Raht Stube> zu ferner Verordnung einzusenden ist. (DTA, 1680) Abbildung- 67 stellt das entsprechende VNC-Dendrogramm und den zugehörigen Scree-Plot dar. Ähnlich wie für übersenden lässt sich im Scree-Plot kein deutlicher Ellenbogen erkennen, wodurch eine Gruppierung der verschiedenen Perioden zu größeren Clustern nur schwer zu erstellen ist. Das Fehlen einer Knickstelle ist hier vermutlich z. T. auf den relativ kleinen Gesamtdatensatz von N- = 420 Belegen zurückzuführen. <?page no="256"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 256 Abb.-67: VNc-Dendrogramm und zugehöriger Scree-Plot für einsenden Konstituentenfolge Abbildung-68 bietet Auskunft über die relativen Verhältnisse der Wortfolgen rezipient-thema und thema-rezipient in DOK, POK AN und POK ZU. Zur Darstellung der Ergebnisse werden wiederum die drei Cluster-1650-1800, 1801-1900 und 1901- 1999 angewendet. Abb.-68: Relative Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient in DOK, POK AN und POK zu für einsenden Alle POK ZU-Belege im endgültigen einsenden-Datensatz kommen in der Wortfolge thema-rezipient vor. Für die POK AN-Belege stellt sich diese Wortfolge ebenfalls als die bevorzugte Variante heraus, d. h. der relative POK AN(t-r)-Anteil beträgt 86% in 1650-1800, 95% in 1801-1900 und 87% in 1901-1999. Bei den DOK-Belegen aber <?page no="257"?> 257 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN ist keine so starke Präferenz für die eine oder andere Wortfolgevariante festzustellen. Mit 53% für die Wortfolge rezipient-thema gegenüber 47% für die Wortfolge thema-rezipient sind im Cluster-1650-1800 die Anteile der beiden DOK-Varianten fast gleich. Im 19.-Jahrhundert steigt der relative DOK(r-t)-Anteil zwar bis auf 57%, aber im 20.-Jahrhundert bildet gerade die umgekehrte Wortfolge thema-rezipient mit 59% die größte Gruppe. Abbildung- 69, die die Wortfolgevariation der Belege mit sowohl einem nominalen thema als auch einem nominalen rezipienten visualisiert, weist für die POK ZU- und die POK AN-Belege nahezu die gleichen Verhältnisse auf. Auffällig sind die Ergebnisse der DOK-Belege. In den drei unterschiedenen Clustern kommt DOK(t-r) am häufigsten vor, d. h. der relative DOK(t-r)-Anteil liegt in 1650-1800 bei 58%, in 1801-1900 beträgt er 53% und in 1901-1999 erreicht er sogar 71%. Der endgültige Datensatz umfasst insgesamt n-= 251 einsenden-Belege mit einem nominalen thema und rezipienten, d. h. n- = 52 in 1650-1800, n- = 153 in 1801-1900 und n- = 46 in 1901-1999. Abb.-69: Relative Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient in DOK, POK AN und POK zu für einsenden mit ausschließlich nominalen Konstituenten Logistische Regressionsanalyse Auch für das Verb einsenden wird die statistische Analyse für den gesamten endgültigen Datensatz durchgeführt. Anhang H.1 stellt die Belegzahl dieses Datensatzes pro annotierter Kategorie und die jeweilige POK-Probabilität dar. In das logistische Regressionsmodell (vgl. H.2.1) werden insgesamt fünfzehn Faktoren einbezogen, d. h. die Variable Belebtheit des rezipienten (RezBel) verursacht während der Durchführung der Analyse eine Fehlermeldung und wird somit ausgeschlossen. Wie Anhang H.2.2 zeigt, ergibt sich aus der Bootstrap-Validierung ein D xy -Wert von <?page no="258"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 258 0.5664, der einem Konkordanzindex C von 78% entspricht. Das Modell weist also eine gute Vorhersagegenauigkeit auf. Die Werte der in Anhang H.2.3 angegebenen Varianzinflationsfaktoren (VIFs) schließlich liegen alle zwischen 1.01 und 2.99. Abb.-70: Reihenfolge der nach Wichtigkeit geordneten Prädiktoren für einsenden (ANOVA von geschachtelten Modellen) 84 Aus Abbildung- 70 geht hervor, dass bei einem Signifikanzniveau von 5% (p-Wert-< 0.05) zwei Faktoren statistisch signifikant sind. Es handelt sich um die Variablen (i)- Pronominalität des rezipienten und (ii)- Grammatisches Genus des rezipienten. Die Effektplots in Abbildung- 71 zeigen, dass nominale rezipienten eine positive Korrelation mit POK und pronominale rezipienten eine positive Korrelation mit DOK aufweisen. Bemerkenswert ist die Tendenz in Bezug auf den Faktor Grammatisches Genus des rezipienten. Im Gegensatz zu allen anderen untersuchten Verben, bei denen sich dieser Faktor als statistisch signifikant erweist, korreliert bei einsenden nicht nur die Kategorie ‚irrelevant‘, sondern auch die Kategorie ‚feminin‘ mit POK. Vermutlich lässt sich dieses abweichende Ergebnis z. T. durch die beobach- 84 Abkürzungen: RezPropr- = Proprialität des rezipienten, RezDef- = Definitheit des rezipienten, ThBel-= Belebtheit des themas, RezKonkr-= Konkretheit des rezipienten, ThPron-= Pronominalität des themas, ThDef-= Definitheit des themas, RezPerson-= Person des rezipienten, RezNum-= Numerus des rezipienten, AgBel-= Belebtheit des agens, ThKonkr-= Konkretheit des themas, Läng- Diff- = Längendifferenz (zwischen rezipient und thema), RezGramGen- = Grammatisches Genus des rezipienten, RezPron-= Pronominalität des rezipienten. <?page no="259"?> 259 DIE VERbEN ÜBERGEBEN, ZURÜCKGEBEN, VERLEIHEN, ÜBERSENDEN uND-EINSENDEN tete Wortfolgevariation erklären: In DOK-Sätzen mit der Wortfolge thema-rezipient-- für einsenden die bevorzugte DOK-Variante (vgl. Abb.-69)-- lassen sich feminine rezipienten im Singular gelegentlich auch als Nominalphrase im Genitiv interpretieren, vgl. (259). Diese Zweideutigkeit wird durch die Hinzufügung einer Präposition (an/ zu) aufgelöst. (259) Aus einem bestimmten Fonds, der dem Herzog zu dem Zweck zur Verfügung gestellt wurde, schickt die Deutsche Kolonialgesellschaft Frauen und Bräute der in Südwest weilenden Deutschen dorthin, und aus denselben Mitteln sollte nun auch die Überfahrt der weiblichen Hülfskräfte erfolgen, nachdem [die Papiere der Mädchen] <der Kolonialgesellschaft> eingesandt waren. (KK20, 1912) In Übereinstimmung mit den Ergebnissen der statistischen Analyse sind die Sätze in (260) und (261) als typische POKbzw. DOK-Beispiele zu betrachten: (260a) Wer von diesem Vortheil profitiren will, beliebe [das Geld] <an Friederich Köhl>, <<Buchdruckern zu Leipzig unterm Rathhause>>, des nechsten franco einzusenden , und die Lieferung zu erwarten. (DTA, 1751) (rezipient: nominal, irrelevant-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 88%) (260b) Nur solche belieben sich zu melden, welche ihrer Sache vollkommen sicher sind und schon andern Werkstätten mit gutem Erfolge vorgestanden sind. [Auskunft, Referenzen und Bedingungen] <an die Expedition dieses Blattes> einzusenden . (HIST, 1870) (rezipient: nominal, feminin-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 84%) (260c) Nach Schluß jedes Prüfungstermins ist [das Prüfungsprotokoll] <zur Kreisdirektion>- einzusenden , <<welche dasselbe, wenn sich nichts dabei zu erinnern findet, nach genommener Einsicht kürzesten Wegs an die Kommission zurückgelangen lassen wird>>. (DTA, 1847) (rezipient: nominal, feminin-- vorhergesagte POK-Probabilität-= 99%) (261a) Wir hoffen daß ihn dieses veranlassen werde, auch an seinem Orte die Fehler dieses Werckes zu bemercken, und <uns> [seine Anmerkungen] mit der Zeit einzusenden . (DTA, 1743) (rezipient: pronominal-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 92%) (261b) Zwischendurch erließ er Aufrufe, [alle seltenen Tiere] <ihm> einzusenden . (KK20, 1922) (rezipient: pronominal, nicht-feminin- - vorhergesagte DOK-Probabilität-= 77%) <?page no="260"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 260 Abb.-71: Effektplots für das Verb einsenden 85 85 Abkürzungen: Bell- = Belletristik, Gebrauch- = Gebrauchsliteratur, Wiss- = Wissenschaft, konkr- = konkret, prop- = propositional, nlokal- = nicht-lokal, naus- = nicht ausgedrückt, unbest-= unbestimmt, fem-= feminin, irrel-= irrelevant, nfem-= nicht-feminin. <?page no="261"?> QuALITATIVE uNTERSucHuNg: DIE übRIgEN VERbEN 261 (261c) Enge Verbindung bestand auch zwischen Goethe und Kayser, seitdem ihn Goethe auf seinen Schweizerreisen von 1775 und 1779 aufgesucht und <ihm> [das Singspiel Jery und Bäteli] 1779 zur Kompos. eingesandt hatte. (KK20, 1958) (rezipient: pronominal, nicht-feminin- - vorhergesagte DOK-Probabilität-= 82%) Die Sätze in (262) und (263) dagegen weisen gerade die umgekehrten Tendenzen auf, d. h. die aufgelisteten Eigenschaften unter dem POK-Beleg bzw. dem DOK-Beleg sind in der Regel mit der anderen Konstruktion assoziiert: (262) Er rieth mir also, vor dem Gericht im Texel zu erscheinen und, sammt meiner Mannschaft, eine eidliche Erklärung über den ganzen Hergang abzulegen; [diese] aber <an ihn> einzusenden , damit jenen Ansprüchen gehörig begegnet würde. (DTA, 1821) (rezipient: pronominal, nicht-feminin- - vorhergesagte POK-Probabilität-= 15%) (263) Es gibt Fälle, wo ich mich mit dieser scheinbar unabänderlichen Tatsache abfinde und der Einfachheit halber doch <einer Mehrzahl von Zeitungen>, <<in denen dieselben Inserate erscheinen sollen>>, [bloße Satzvorlagen] einsende . (KK20, 1928) (rezipient: nominal, feminin-- vorhergesagte DOK-Probabilität-= 16%) 4.3 Qualitative Untersuchung: die übrigen Verben Die übrigen zwanzig Verben aus dem Datensatz können nur qualitativ untersucht werden. Im Folgenden werden für jedes dieser Verben die auffälligsten Tendenzen und einige auffallende Belege beleuchtet. In den Abschnitten 4.3.1 und 4.3.2 werden das Verb geben und die komplexen geben-Verben preisgeben, vergeben und weitergeben bzw. das Verb leihen und die komplexen leihen-Verben ausleihen und weiterleihen diskutiert. Abschnitte 4.3.3 und 4.3.4 setzen sich mit den komplexen schicken- Verben einschicken, verschicken, vorausschicken, weiterschicken, zurückschicken und zuschicken bzw. mit den komplexen senden-Verben absenden, aussenden, nachsenden, versenden, weitersenden, zurücksenden und zusenden auseinander. <?page no="262"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 262 4.3.1 Das Verb geben und die komplexen geben-Verben Das Verb geben Wie bereits in Abschnitt-3.1.2.1 erläutert, wurde für das Verb geben eine Zufallsauswahl von insgesamt 10.500 Belegen aus dem Deutschen Textarchiv und dem DWDS- Kernkorpus heruntergeladen, d. h. für jeden Zeitabschnitt von ca. 50 Jahren wurden jeweils 1.500 geben-Belege untersucht. Im Korpusexport finden sich-- so zeigt Tabelle-12 (siehe S.-155) -- 3.435 Belege mit einer Dativ-NP gegenüber 20 Belegen, in denen der rezipient anhand einer an-PP ausgedrückt wird. Der Vollständigkeit halber werden die Belege mit einem präpositionalen rezipienten unter (264) in chronologischer Reihenfolge dargestellt. Im Beleg (264f) kommt geben zusammen mit dem Verb fordern vor. (264a) Die abgehenden Ministri, Ambassadeurs, Envoyes u. s. w. geben [die erste Abschieds-Visite] <an die bleibenden>, ungeachtet die abgehenden höher sind, und empfangen hernach von den bleibenden die Gegen-Visite. (DTA, 1729) (264b) Es müssen daher allemal zwei ganz gleiche Pakete von unsern Briefen gemacht werden, von denen sie das eine behalten, [das andre] <an die abgehende Junke> geben . (DTA, 1779) (264c) Endlich ward auch, in dem Zeitraum des rheinischen Bundes, in etlichen Bundesstaaten [Standesherrlichkeit] <an ansehnliche Grundherrschaften> durch Privilegium gegeben . (DTA, 1817) (264d) Die drey Hauptäste dieses Knotens geben [Zweige] <an die Stirnmuskeln, an die Muskeln der Augenlieder, an die Lippenmuskeln, an die Zunge, kurz an Theile>, <<die sowohl zur willkührlichen Bewegung, als zur Empfindung dienen>>. (DTA, 1818) (264e) Die Nabelvene verläuft an der unteren Fläche der Bauchwand nach vorn, giebt später [einen Ast] <an jede Hälfte der Leber>, […]. (DTA, 1835) (264f) Es kommen daher Rechnungen vor für jeden Verbündeten und für jeden Theil der Wirthschaft, für welche Ausgaben und Einnahmen Statt finden und <an welche> der ganze Capitalstock der Wirthschaft [etwas] zu fordern und zu geben hat. (DTA, 1835) (264g) Wie erwähnt, giebt die Pflanze in dem Assimilationsproceß der Holzfaser [eine Quantität Sauerstoff] <an die Atmosphäre>, [[welche unter allen Umständen die nemliche ist]], gleichgültig, ob seine Abscheidung in einer Zersetzung des Wassers ihre Ursache hat. (DTA, 1840) <?page no="263"?> QuALITATIVE uNTERSucHuNg: DIE übRIgEN VERbEN 263 (264h) So wäre er auch mit vielen hinzugetreten dieweil der Obrist alsofort [Befehlig] <an den Feldscheerer> gegeben , das Roß aufzuschneiden, umb zu sehen, wie es innerlich mit ihm stünde. (DTA, 1843) (264i) Doch das katholische Jurassiervolk wird die Sache nicht so leicht hinnehmen und schon [die rechte Antwort] in einer Massenprotestation <an die Bundesversammlung> geben . (DTA, 1885) (264j) führt diese prüfung zur annahme der beschwerde, so vermerkt er seine κατάγνωσις und gibt [die privatsachen] <an die seiner phyle angehörigen mitglieder der demenrichter>, <<die sie dann den ordnungsmässigen weg gehen lassen>>, so dass […]. (DTA, 1893) (264k) Mich konnte sie nicht recht leiden, weil ich [die besten Bratenstücke] mitunter <an Peter und Petrine> gab , weißt Du noch? (DTA, 1894) (264l) Die Lieferanten geben von jedem Einkauf [einen bestimmten Prozentsatz] <an die Einhandelnden>, <<für die damit natürlich die Versuchung wächst>>, viel und teuer einzukaufen. (KK20, 1901) (264m)Wir haben [die Arbeiten] <an zwei Unternehmer> gegeben , <<die sie in bester Weise in Angriff genommen und durchgeführt haben>>. (KK20, 1903) (264n) Es geschah dies derart, daß die Direktion ohne Genehmigung des Verwaltungsrates <an Privatleute> [persönliche Darlehen] gab , […]. (KK20, 1906) (264o) Landsmann, Sie haben [Ihr ganzes Geld] <an Ihren Vetter> gegeben , und Sie müssen für die Farm bezahlen, und […]. (KK20, 1926) (264p) Nicht einmal, nicht zweimal, sondern elfmal wurden [die klarsten Zusicherungen] <an Belgien, Holland und Luxemburg> gegeben . (KK20, 1945) (264q) Eine genauere Prüfung zeigt, daß es sich um ein Vorgehen des Steierischen Heimatbundes handelt, der [Mitteilungen] <an seine Ortsgruppen> gibt . (KK20, 1946) (264r) Und da hat Schacht auch einen Brief geschrieben, und zwar einen Brief an Göring, am 5. August, von dem er [eine Kopie] <an Hitler> gegeben hat. (KK20, 1946) (264s) Hitler gab [schärfste Weisung über OKW] <an die Militärbefehlshaber>, den Forderungen Sauckels mit allen Mitteln nachzukommen. (KK20, 1946) (264t) Der Chef meines Generalstabes durfte ebenfalls <an die Oberbefehlshaber der Luftflotte, Kommandierende Generale der Luftkorps oder Divisionen>, [keine direkten Befehle] geben . (KK20, 1946) Aus den Ergebnissen der historischen Untersuchung ließ sich bereits schließen, dass das Vorhandensein von geben mit einem präpositionalen rezipienten kein Phänomen ausschließlich der letzten Jahrzehnte ist. Verschiedene Grammatiker und Lehr- <?page no="264"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 264 buchautoren aus dem 18. und dem 19.-Jahrhundert, wie beispielsweise Stosch (1780, S.-109 f.), Gottsched (1748, S.-435 f., 1752, S.-433), Bauer (1847, S.-293 f.), Koch (1862, S.- 155), Matthias (1892, S.- 210) und Lyon (1893, S.- 82), weisen bereits ausdrücklich auf das Vorkommen von geben mit einer an-PP hin, und auch Adelung (1793-1801, Bd.- II, S.- 446-449), Campe (1807-1811, Bd.- II, S.- 238-240), Grimm/ Grimm (1854- 1960, Bd.- IV, S.- 1665-1725), Sanders (1876, Bd.- I, S.- 548-550) und Schwarz (1899, S.- 85-87) führen in ihren Wörterbüchern jeweils einige geben an-Beispielsätze an. Die Korpusuntersuchung bestätigt, dass die Kombination von geben mit einem präpositionalen rezipienten tatsächlich schon seit einigen-Jahrhunderten im schriftlichen deutschen Sprachgebrauch vorhanden ist, wenn auch in ziemlich geringem Umfang. Der generelle POK-Anteil im geben-Datensatz beträgt 1%, was mit den relativen Anteilen, die Proost (2014, S.-43) und De Vaere (2023, S.-129) für dieses Verb finden, übereinstimmt. Der älteste POK-Beleg im Korpusexport stammt aus dem Jahr 1729. Einige der im Grimmschen Wörterbuch verzeichneten Beispielsätze deuten allerdings darauf hin, dass geben bereits ein paar-Jahrhunderte zuvor mit einer an-PP vorkommt (siehe Abschn.-2.2.2.7). Was in den verschiedenen Grammatiken, Lehrbüchern und (Valenz-)Wörterbüchern über dieses Verb geschrieben wurde, lässt sich anhand des historischen Datensatzes nicht immer einfach überprüfen. Die Behauptung Gottscheds (1748, S.- 435 f.), dass die Verwendung von geben an ein niedersächsisches Phänomen sei, kann in Ermangelung ausreichender POK-Belege aus dem entsprechenden Zeitabschnitt weder bestätigt noch widerlegt werden. Der einzige geben-Beleg mit einem präpositionalen rezipienten aus der ersten Hälfte des 18.- Jahrhunderts stammt aus der Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der großen Herren, vgl. (264a). Der Autor dieses zur Anstandsliteratur gehörenden Werkes ist Julius Bernhard von Rohr, ein gebürtiger Brandenburger. Außerdem ist nicht für jeden Beleg aus dem Datensatz eindeutig zu bestimmen, ob die präpositionale Umschreibung tatsächlich ein ‚Abgeben‘ darstellt (vgl. Stosch 1780, S.- 109 f.; Adelung 1793-1801, Bd.- II, S.- 446-449), ob der Referent der in der an-PP eingebetteten NP einen mittelbaren Empfänger bezeichnet (vgl. Sanders 1876, Bd.- I, S.- 548-550) bzw. ob es sich um eine äußerliche Teilnahme am Geschehen handelt (vgl. Matthias 1892, S.-210). Im Gegensatz dazu lässt sich die in der Sprachwissenschaft weitverbreitete Annahme, dass der rezipient im Dativ immer eine Person bzw. eine belebte Entität bezeichne, leicht widerlegen. In Anlehnung an eine Feststellung von De Vaere (2023, S.- 203) zur Gegenwartssprache finden sich auch im historischen Korpusmaterial verschiedene Belege, in denen die Dativ-NP einen unbelebten rezipienten darstellt, vgl. (265) für eine Auswahl. Wie die Beispielsätze zeigen, sind diese Dativ-NPs sowohl konkret (diesem Kraut, der Birke, seinen Uhren und dem Bier) als auch abstrakt (dem Entschluß zum Sterben). <?page no="265"?> QuALITATIVE uNTERSucHuNg: DIE übRIgEN VERbEN 265 (265a) Etliche geben <diesem Kraut> [grosses Lob wider das Podagra oder Zipperlein]/ so man es in weissen Wein siedet/ und morgens nüchter/ sechtzig tag nach einander/ einen warmen trunck darvon thut. (DTA, 1690) (265b) Stirb! -vor dem schrecklichen Worte schaudert seine Menschheit -aber bald erhält die Verzweiflung wieder die Oberhand, und giebt <dem Entschluß zum Sterben> [unerschütterliche Festigkeit]. (DTA, 1791) (265c) Die weiße Rinde und die so charakteristische Kronengestalt giebt <der Birke> [einen großen landschaftlichen Werth] und hat sie zu einem Lieblingsbaum Aller gemacht. (DTA, 1863) (265d) Er pflegte <seinen Uhren> [Namen] zu geben , diese hieß Klara. (KK20, 1930) (265e) Während bei der Hauptgärung das Kohlendioxyd entweicht, soll es sich bei der stillen Nachgärung mit dem Bier binden, um <ihm> [die erforderliche Frische] zu geben . (KK20, 1956) Ebenfalls bemerkenswert in Bezug auf die Dativobjektkonstruktion ist der allmähliche Rückgang des ditransitiven Gebrauchs von geben, d. h. aus dem Datensatz ergibt sich, dass geben im Laufe der Zeit verhältnismäßig immer weniger häufig mit einem Akkusativ- und Dativobjekt kombiniert wird. Im Zeitabschnitt 1650-1700 lassen sich unter den 1.500 exportierten geben-Belegen noch 647 DOK-Belege auffinden, in der zweiten Hälfte des 20.-Jahrhunderts sind es nur noch 249. Das Verb preisgeben Auch der preisgeben-Datensatz enthält mit N-= 15 POK-Belegen gegenüber N-= 1.849 DOK-Belegen nur sehr wenige Belege mit einem präpositionalen rezipienten. Diese niedrige Zahl ist angesichts der Ergebnisse der historischen Untersuchung und des für das Gegenwartsdeutsche festgestellten DOK/ POK-Verhältnisses jedoch nicht erstaunlich: Sanders’ Wörterbuch (1876, Bd.- I, S.- 552) ist das einzige, das einen- - zwar durch das Label „Seltner“ markierten- - Beispielsatz mit einer an-PP anführt und der relative POK-Anteil, den De Vaere (2023, S.-101) aufgrund einer Zufallsstichprobe von N- = 200 preisgeben-Belegen im DeReKo findet, liegt bei 5%. Die Sätze unter (266) listen die fünfzehn POK-Belege aus dem historischen Korpusmaterial in chronologischer Reihenfolge auf. Der älteste Beleg mit einem präpositionalen rezipienten stammt aus dem Jahr 1835. Belege mit einer Dativ-NP dagegen finden sich bereits in Texten aus dem 17.-Jahrhundert, vgl. (267). (266a) […]; ja der Fluch der Politik, daß man immer draußen seyn muß auf dem lärmenden Markt, und [sich] immer preisgeben <an die tägliche Neugier des Speculanten oder Kannengießers>, zieht auch eine solche Erscheinung, <?page no="266"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 266 wie die O’Connells, in die spöttische Beurtheilung herab, und […]. (DTA, 1835) (266b) Sie stellt sich dem Papst unter dem Vorwande, daß er [die italienischen Jnteressen] <an Oesterreich> preiszugeben beabsichtige, bei jeder Gelegenheit auf ’s schroffste gegenüber, und […]. (HIST, 1848) (266c) Ich kann [mich] nicht mehr <an diese vorübergehenden Irrthümer, an die eitlen Naivetäten, an die sentimentalen Koketterieen> preisgeben oder ich wähle ein Weib und Sie haben Recht, […]. (HIST, 1850-1851) (266d) Ich glaube nicht, daß dieser kluge Mann irgendwie [sich] <an untergeordnete Emissaire> preisgibt , aber ich weiß, daß […]. (HIST, 1850-1851) (266e) […]; er zürnt auf den Wiener Hof, der [Lothringen] <an Frankreich> preisgegeben . (DTA, 1879) (266f) Diesen Platz, [welchen] Kaiser Franz selber im Jahre 1797 gegen Venedig <an-die Franzosen> preisgegeben , erklärte Metternich jetzt für die einzige Festung, die einen Marsch gegen die untere Donau verhindere, […]. (DTA, 1879) (266g) Die ernestinischen Höfe, Nassau und Hessen erklärten am 25. October, [diese wichtige Festung] dürfe <an keinen der größeren Staaten>, <<weder an Baiern noch an Preußen>>, preisgegeben werden; […]. (DTA, 1879) (266h) [Die alte deutsche Stadt und Provinz] dürften damit <an Polen> preisgegeben sein. (KK20, 1919) (266i) Herr St. ruinierte das Schauspielertheater, als er [es] verrotterte und <an ein Theater> preisgab , <<das unter entgegengesetzten Bedingungen lebte>>, wie das Deutsche. (KK20, 1924) (266j) Dagegen schwanke ich noch, ob »wie das Deutsche« bedeuten soll, daß es sich um ein Theater handelt, welches unter anderen (entgegengesetzten) Bedingungen lebte als das Deutsche, oder ob das Theater so wie das Deutsche unter Bedingungen lebte, die denen des Schauspielertheaters entgegengesetzt sind, oder ob er [es] <sowohl an dieses Theater wie an das Deutsche> preisgab ; oder ob dieses Theater eben das Deutsche ist. (KK20, 1924) (266k) Frau und Sohn und Tochter hatten [die Wärme und Nähe des einen Saals, der Kammern, der Höfe und Winkel Wusterhausens] preisgegeben <an die große, wirre Welt>. (KK20, 1937) (266l) Wenn Frau und Sohn in ihren Zimmern Briefe schrieben, die [den Gatten und Vater] <an England> preisgaben ? (KK20, 1937) (266m) Da kam nun dem Mann, der Finnland, das Baltikum, Polen den gesamten Balkan, das heißt also [die ganze traditionelle englische Europapolitik] <an <?page no="267"?> QuALITATIVE uNTERSucHuNg: DIE übRIgEN VERbEN 267 Stalin> preisgegeben hat, diese Erklärung Molotows recht gelegen. (KK20, 1944) (266n) Jedoch das Bild der Mutter ist ohnmächtig, blind und sprachlos, ein Wahngebild gleichwie die epische Erzählung in den Momenten, in denen sie [die Sprache] <ans Bild> preisgibt . (KK20, 1944) (266o) Die freie Welt könne es sich nicht erlauben, [das hohe ideale Gut der demokratischen Freiheit] in einem kleinen Land <an eine parteigebundene Regierungsgewalt> preiszugeben . (KK20, 1955) (267a) Da aber die Elteren nit wolten einwilligen/ brauchte er gewalt und schwächete die tochter gabe [sie] noch <anderen> darüber preis / und spottete sich ihren an dem tisch: […]. (DTA, 1665) (267b) Nachdem der letzte Römische König/ Tarquinius Superbus, wegen der Lucretiae zugefügten Unehre/ aus der Stadt Rom gejagt wurde; gab der Rath [all dessen Güter] <dem gemeinem Mann> preis ; […]. (DTA, 1679) Es stellt sich die Frage, ob sich das preisgeben-Kontinuum, das De Vaere (2023, S.-165-167) für das Gegenwartsdeutsche entwickelt hat, auf den historischen Datensatz übertragen lässt. Nach diesem Kontinuum komme die Dativobjektkonstruktion sowohl mit konkreten als auch mit abstrakten rezipienten vor, während sich die Präpositionalobjektkonstruktion auf rezipienten, die ein Individuum, ein Kollektivum oder eine unbestimmte Entität bezeichnen, beschränke. Tatsächlich handelt es sich bei der Mehrheit der präpositionalen Belege um einen konkreten rezipienten, wie z. B. an untergeordnete Emissaire in (266d) und an England in (266l). Daneben gibt es aber auch einige POK-Belege mit einem abstrakten rezipienten. Beispiele dafür sind an die tägliche Neugier des Speculanten oder Kannengießers in (266a) und an diese vorübergehenden Irrthümer, an die eitlen Naivetäten, an die sentimentalen Koketterieen in (266c). In beiden Fällen ist das thema ein Reflexivpronomen. Das für das Gegenwartsdeutsche aufgestellte preisgeben-Kontinuum ist für das historische Korpusmaterial also nicht bzw. nur mit Abstrichen geeignet. Das Verb vergeben Für vergeben sind im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS) fünf Bedeutungen verzeichnet, und zwar: (i)-‚etw. (an jmdn.) weggeben, verteilen‘, (ii)-‚jmdm. (etw.) verzeihen‘, (iii)- <sich [Dativ] etw. vergeben> ‚seinem Ansehen schaden‘, (iv)-‚etw. nicht zum eigenen Vorteil nutzen, ausnutzen‘ und (v)-<sich, etw. vergeben> ‚sich beim Austeilen, besonders der Spielkarten, irren, die Karten falsch geben‘. Außerdem kommt das Verb in den historischen Daten gelegentlich in der Bedeutung ‚vergiften‘ vor, sowohl mit als auch ohne Dativobjekt, vgl. (268). <?page no="268"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 268 (268a) Wann nun einer vermeint/ es sey ihm vergeben worden/ oder habe Gifft gessen und getruncken/ dem solle man ein halb Loht von diesem Pulver/ mit dem besten Wein eingeben/ so schadet ihm das Gifft nicht. (DTA, 1658) (268b) Eben dieser hatte auch, kurz vor seinem Tod, seinen Nachbar heimlich mit Gift vergeben , dieses wurde auf folgende Weise entdeckt; […]. (DTA, 1776) Die vorliegende Studie beschränkt sich auf diejenigen vergeben-Belege, die der ersten Bedeutung entsprechen, d. h. die eine Übertragung eines themas von einem agens zu einem rezipienten ausdrücken. Belege, in denen es sich um eine Verzeihung oder um eine Vergiftung handelt, wurden aus dem Datensatz ausgeschlossen. Sätze mit sich nichts/ etwas vergeben oder seiner Ehre, Würde, Reinheit, … nichts/ etwas vergeben wurden ebenfalls nicht weiter berücksichtigt, vgl. (269) bzw. (270). (269a) man soll vielmehr nur alles vermeiden, was unwürdig, was gemein ist, man soll sich nie vergessen, immer auf sich und andere achthaben, sich nichts vergeben , andern nicht zu viel, nicht zu wenig tun, […]. (HIST, 1795-1796) (269b) Gegen ein paar Mark Eintritt konnte sich nun die beste Gesellschaft, ohne sich etwas zu vergeben , die berüchtigte Sozialdemokratin ansehen,- - mit dem Opernglas sogar. (HIST, 1911) (270a) Zu wenig thun dieienigen, welche dencken, sie vergeben ihrer hoheit etwas, wann sie andere leute höflich tractiren, sich gehorsame diener nennen, oder sonst einen bauer-stoltz affectiren wollen. (DTA, 1724) (270b) An den Nachruhm pfleg‚ ich nicht zu denken, der ist für andere, nicht für mich; aber im Augenblick recht zu thun, meine Pflicht nicht zu versäumen, meiner Ehre nichts zu vergeben , das ist meine Sorge. (DTA, 1811) (270c) Ich habe der Würde von Stein und Sohn nichts vergeben . (DTA, 1853) (270d) Ich fragte, ob ich (ohne der Wahrheit etwas zu vergeben ) der Erlaubnis vielleicht näherkäme mit dem Titel: So lesen wir alle Tage. (KK20, 1917) In diesen idiomatischen Wendungen mit der spezifischen Bedeutung ‚seinem Ansehen, seiner Ehre, seiner Würde- … (nicht) schaden‘ sei die Dativ-NP nicht als rezipient zu interpretieren, sondern sie stellt-- so Paul (1908, S.-596)-- eine Entität dar, die beeinträchtigt wird. Das direkte Objekt ist in der überwiegenden Mehrheit dieser Fälle nichts oder alles, manchmal aber auch eine Variante davon, wie z. B. nicht so viel, zu viel, so wenig als möglich, nicht das Mindeste, nicht ein Jota, etwas Bedeutendes und nur das Geringste. In der Regel lässt sich das Dativobjekt hier nicht durch eine an-PP ersetzen. Das einzige Gegenbeispiel mit einer präpositionalen Variante betrifft einen Beleg mit einem vorangestellten Genitiv aus dem Jahr 1682, vgl. (271). <?page no="269"?> QuALITATIVE uNTERSucHuNg: DIE übRIgEN VERbEN 269 (271) […] wanns in Oesterreich ein auswendiges Lehen/ und kein Lehen-Probst (wie es seyn solle) im Land ist/ sich zu hüten/ daß man an der Stände Privilegien nichts vergebe . (DTA, 1682) In Bezug auf die vergeben-Belege, die ‚etw. (an jmdn.) weggeben, verteilen‘ bezeichnen, findet De Vaere (2023, S.- 99) in ihrer Zufallsstichprobe von N- = 200 DeReKo- Belegen nur die präpositionale Alternante. Auch in den überprüften (Valenz-)Wörterbüchern sind jeweils nur Beispielsätze mit einer an-PP verzeichnet. Die einzige Ausnahme ist das Grimmsche Wörterbuch (1854-1960, Bd.- XXV, S.- 381-388), das einige historische Beispielsätze mit einem rezipienten im Dativ enthält. Trotz dieser angeblichen Präferenz für einen präpositionalen rezipienten erwähnt Matzel (1976, S.-158) vergeben ausdrücklich in seiner Liste von Verben, die sowohl mit einem Dativobjekt (z. B. den Auftrag der Firma vergeben) als auch mit einer an-PP (z. B. den Auftrag an die Firma vergeben) kombiniert werden können. Betrachten wir für dieses Verb die DOK/ POK-Verhältnisse im historischen Datensatz, so erweist sich, dass vergeben bis zur Mitte des 19.-Jahrhunderts noch relativ häufig mit einer Dativ-NP vorkommt. Dieser Anteil geht im Laufe der Zeit aber allmählich zurück: Während sich für den Zeitabschnitt 1650-1700 noch vier DOK-Belege (80%) gegenüber einem POK-Beleg (20%) finden, gibt es für die Periode 1951-1999 nur noch POK-Belege. Die sechs Beispielsätze unter (272) stellen einige historische DOK-Belege dar. (272a) Lieber Priester, ich habe gesündiget, meine Sünde ist mir leid, vergib <mir> doch [dieselbe Krafft deines heiligen Amtes]. (DTA, 1721) (272b) Ludewig von Baiern hatte zwar als Kaiser Gelegenheit gefunden, [die Mark Brandenburg] 1322. als ein durch den damaligen Abgang des Ascanisch- Brandenburgischen Stamms erledigtes Reichslehn einzuziehen, und <einem seiner Söhne> zu vergeben , <<der jetzt als Marggraf von Brandenburg im Besitz der Churwürde war>>. (DTA, 1786) (272c) Daß er [die Rente] <seinen Nachfolgern> nicht vergeben kann, ist eine ganz ähnliche Beschränkung, wie die des Legatars, der das legirte Haus bey seinem Tode einem Fideicommissar restituiren soll; […]. (DTA, 1840) (272d) Der junge Leutnant aber - Joseph Ritter von Trotta war sein Name bekam die höchste Auszeichnung, [die] unser Vaterland <seinen Heldensöhnen> zu vergeben hat: den Maria-Theresia-Orden. (KK20, 1932) (272e) Alles ist nur ein Hindernis, Qual und Angst für den, der bloß die Frage kennt: Komme ich noch rechtzeitig hinüber? Wird [die Arbeit] nicht schon <einem anderen> vergeben sein? (KK20, 1937) (272f) [Die Feldmark] wurde nach ganz bestimmten Gesetzen <den Dorfbewohnern> vergeben und bewirtschaftet. (KK20, 1938) <?page no="270"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 270 Das Verb weitergeben Das Verb weitergeben scheint im Vergleich zu den übrigen untersuchten geben-Verben preisgeben, übergeben, vergeben und zurückgeben erst später entstanden zu sein. Die im DWDS generierte weitergeben-Verlaufskurve von 1600 bis 1999, die aufgrund des Deutschen Textarchivs und des DWDS-Kernkorpus die absolute und relative Frequenz dieses Verbs pro eine Million Tokens darstellt, zeigt, dass weitergeben erst am Ende des 18.- Jahrhunderts zum ersten Mal vorkommt. Eine allmähliche Zunahme der relativen Frequenz zeichnet sich erst ab 1850 ab. Dass weitergeben ein verhältnismäßig junges Verb ist, ergibt sich auch aus den Ergebnissen der historischen Untersuchung. Bis zur Mitte des 19.-Jahrhunderts fehlt weitergeben als Stichwort in allen überprüften Wörterbüchern. Die ersten weitergeben-Einträge finden sich im Grimmschen Wörterbuch (1854-1960, Bd.- XXVIII, S.- 1283) und in Sanders (1876, Bd.- I, S.-553), zwar ohne ditransitive Beispielsätze. Solche Sätze sind erst in den jüngsten Wörterbüchern verzeichnet: In Müllers (2013, Bd.- III, S.- 2831-2833) Wörterbuch deutscher Präpositionen gibt es neben verschiedenen Beispielen mit einer an-PP auch einige Beispiele mit einem Dativobjekt, Wahrig/ Krämer/ Zimmermann (1980-1984, Bd.-IV, S.-703) und Duden (1999, Bd.-X, S.-4473; 2015, S.-2003) enthalten aber nur die präpositionale Variante. Auch De Vaere (2023, S.-101) stellt in ihrer Zufallsstichprobe von N-= 200 DeReKo-Belegen eine klare Präferenz für diese Alternante fest. Es ist somit zu erwarten, dass es für dieses Verb keine Korpusbelege aus dem 17. und dem frühen 18.-Jahrhundert gibt, und dass es häufiger mit einer an-PP als mit einem Dativobjekt vorkommt. Die vorliegende Korpusuntersuchung bestätigt dies teilweise. Der älteste weitergeben-Beleg stammt aus dem Jahr 1778 und die präpositionale Alternante wird im gesamten 20.-Jahrhundert deutlich bevorzugt. Dass dies jedoch nicht immer der Fall war, zeigt die historische Entwicklung der DOK/ POK-Vorkommenshäufigkeit bzw. der allmähliche Rückgang der relativen DOK-Frequenz im Laufe der Zeit. Die drei ältesten Belege haben alle einen pronominalen rezipienten im Dativ, vgl. (273). Der älteste Beleg mit einem präpositionalen rezipienten stammt aus dem 1837 veröffentlichten Lehrgedicht Die Weisheit des Brahmanen von Friedrich Rückert, vgl. (274). (273a) Des andern Morgens früh gab Molitor das Manuscript an Stillingen ab, doch mit dem Beding, daß ers abschreiben, und ihm das Original wieder zustellen sollte; dagegen gelobte Molitor mit einem theuren Eid, daß er[s] <niemand> weiter geben , sondern es so verbergen wollte, daß es niemahlen jemand wieder finden könnte. (HIST, 1778) (273b) Der Fürst holte sein eigenhändiges Konzept herbei, um zu beweisen, daß er der Verfasser davon sei, ließ im Notenschranke nach dem abgeschriebenen Exemplare suchen, das man auch richtig und unversehrt fand, weil Dormer auf seiner Frau Befehl heimlich eine Abschrift davon hatte nehmen müssen; <?page no="271"?> QuALITATIVE uNTERSucHuNg: DIE übRIgEN VERbEN 271 tat sehr unwillig, daß Leute, auf die er sein Vertrauen setzte, seine unvollkommnen Arbeiten in die Welt ausschickten, und bat Arnolden inständig, [das Andante] ja <niemanden> weiterzugeben , welches dieser auch mit einem tiefen Reverenze angelobte. 86 (HIST, 1780) (273c) […]: so könnt‚ ich dann anrücken und mein Herz herausbringen und es ihr hinlangen und sagen: es ist des armen Bastians seines, behalt es nur.“ Mir ist, als hört‚ ich ihn leise dazu denken: „<Wem> will ich[s] weiter geben ? “ (HIST, 1795) (274) Was schiltst du ihn? Er ist ein guter Wärmeleiter; [Was er von dir empfieng], gibt er <an andre> weiter . 4.3.2 Das Verb leihen und die komplexen leihen-Verben Das Verb leihen Für das Verb leihen sind in den meisten untersuchten Wörterbüchern ausschließlich DOK-Beispiele verzeichnet. Beispielsätze mit einem präpositionalen rezipienten gibt es erst in Valenzwörterbüchern aus dem 21.- Jahrhundert, nämlich in Schumacher et al. (2004, S.- 524 f.), Müller (2013, Bd.- I, S.- 996 f.) und IDS Mannheim (2019). Dass leihen aber schon viel länger mit einer an-PP vorkommt, beweisen sowohl Lyon (1893, S.- 82), der in seiner Kurzgefaßten Deutschen Stilistik das Beispiel „ich habe ihm oder an ihn Geld geliehen“ anführt, als auch die Ergebnisse der vorliegenden Korpusuntersuchung. Insgesamt enthält der leihen-Datensatz siebzehn POK- Belege (vgl. (275)), von denen der älteste im Jahr 1758 veröffentlicht wurde. Die fünf Belege aus dem Jahr 1894 stammen alle aus Das Kapital von Karl Marx. Alle rezipienten in den POK-Belegen sind nominal. Bei den meisten unter ihnen handelt es sich entweder um einen Eigennamen (z. B. an Gutfried, an Friedfertig & Söhne, an Deutschland, …) oder um einen indefiniten Gattungsnamen (z. B. an einen sichern Mann, an Industrielle und Kaufleute, an Studenten, …). (275a) Das pfand-buch wird also eingerichtet: No. I 1757 den 2 jänner laut tagebuches s. 1 sind ausgetan auf 6 monate für N. N.- - […]- - No. II den 3ten jänner, laut des tage-buches s. 1 sind <an N. N.> gelihen auf 3 monate [2 rtl.] […]. (DTA, 1758) (275b) Sie lasen mit einander Lessings Sara, [die] ein junger Herr von Dahlmund <an Gutfried> geliehen hatte. (DTA, 1776) 86 Dem Grimmschen Wörterbuch (1854-1960, Bd.- VII, S.- 825 f.) zufolge ist das Indefinitpronomen niemand im Dativ „gewöhnlich unflectiert […] oder flectiert nach der nominalen declination niemande […] oder nach der pronominalen niemandem und niemanden“. Dabei stelle niemanden, wie keinen, „eigentlich wol“ die Pluralform da. <?page no="272"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 272 (275c) Hat er [das Geld] nicht gerade verschwendet, sondern <an einen unvermögenden Schuldner> geliehen , so wird er […]. (DTA, 1848) (275d) […]; er lieh [sein Geld] <an einen sichern Mann>, <<den er seit vielen Jahren als wohlhabend und pünktlich kannte>>, […]. (HIST, 1855) (275e) Es verdient bemerkt zu werden, daß Franklin selbst mit größter Bereitwilligkeit <an Symmer> [Instrumente und Apparate] lieh , [[die dieser zur Bewahrheitung seiner Theorie zu bedürfen glaubte]]. (DTA, 1885) (275f) Z. B. A leiht <an W> [1000 £], [[womit W sofort von B für 1000 £ Waaren kauft]]. (DTA, 1894) (275g) Da B. selbst keine Verwendung für das Geld hat, leiht er [die identischen Geldstücke] <an X>, [[womit X sogleich von C wieder für 1000 £ Waaren kauft]]. (DTA, 1894) (275h) Hätte A [das Geld] <an B>, und B [es] <an C> geliehen , ohne die Vermittlung der Einkäufe, so würde […]. (DTA, 1894) (275i) Wenn aber B das von A in Zahlung erhaltne Geld bei seinem Bankier deponirt und dieser es ausgibt in Wechseldiskont an C, dieser von D kauft, D es bei seinem Bankier deponirt und dieser [es] <an E> leiht , <<der von F kauft>>, so ist selbst […]. (DTA, 1894) (275j) Sie lieh <an Industrielle und Kaufleute> auf Sicherheit deponirter Waaren [3/ 4 des Werths derselben] in Wechseln. (DTA, 1894) (275k) Der gotts. Verwalter lieh [512 Fl. Ehrendarleihen] (? ) <an Josef Bochdan>, […]. (KK20, 1900) (275l) […], er lieh <an Friedfertig & Söhne> [grössere Summen] und noch vielen anderen […]. (KK20, 1900) (275m) Es sei noch niemals vorgekommen, daß eine Bank von 48 Millionen Aktienkapital [91 Millionen] <an eine Industriegesellschaft> ohne erforderliche Deckung geliehen habe. (KK20, 1903) (275n) Mir hat jemand gesagt, Ihre Frau hätte gegen Sicherheit mitunter [kleine Beträge] <an Studenten> geliehen . (KK20, 1911) (275o) […], <an jede solche Regierung> [Verteidigungsmittel] zu verkaufen, zu übertragen, auszutauschen, zu verpachten, zu leihen oder in anderer Weise zu verfügen. (KK20, 1943) (275p) Er sagte, daß wir [über 10 Milliarden] <an Deutschland> geliehen hatten und unseren früheren Fehler nicht wiederholen wollten. (KK20, 1955) (275q) In seinem Handkalender für 1815 hat Jean Paul hinten notiert, daß er [Schlemihl] <an Emanuel> geliehen habe. (DTA, 1952) <?page no="273"?> QuALITATIVE uNTERSucHuNg: DIE übRIgEN VERbEN 273 Schumacher et al. (2004, S.-525) und IDS Mannheim (2019) behaupten, dass in leihen- Sätzen ohne Akkusativobjekt kein Dativobjekt vorkommen könne. Im historischen Korpusmaterial gibt es allerdings mehrere Dutzend Beispiele solcher Belege. Die Sätze unter (276) stellen nur eine Auswahl dar. Auch die Behauptung Schumachers (Hg.) (1986, S.-743), dass bei dem Akkusativobjekt „Immobilien ausgeschlossen“ seien, trifft im Hinblick auf den historischen Datensatz nicht zu. Wie die Beispielsätze unter (277) zeigen, gibt es einige historische Belege, die ausdrücken, dass auch unbeweglicher Besitz, wie ein Grundstück, Land oder Boden, geliehen wird. (276a) Dann selbige Pfandhäuser/ oder Montes pietatis, leihen <den Armen> nicht vergebens/ sondern sie müeßen/ alle Monat/ auch wegen einer kleinen Summ/ etwas/ über das Capital/ und noch darzue ein Pfand/ geben/ welches stracks verkauft wird/ wann in der gesetzten Zeit man nicht bezahlet. (DTA, 1659) (276b) Er hat zehen tausend Thaler auf Hypotheken, und noch überdieß so viel baares Geld, daß er <der halben Stadt> auf Pfänder- leiht .-(DTA, 1755) (276c) Nur darum eben leiht er <keinem>, Damit er stets zu geben habe. (DTA, 1779) (276d) Eine alte Frau, <der> ich zum Hauszins leihe , sagte mir, es stände an der Post etc. angeschlagen: Carl Fried. Rex. (DTA, 1809) (276e) Newman drückt die Sache fad aus, wenn er sagt, dass der Bankier angesehn ist, während der Wucherer verhasst und verachtet ist, weil jener <den Reichen> leiht , dieser <den Armen>. (DTA, 1894) (276f) […]; und wenn einer Geld nötig hatte, dann lieh Edzart <ihm> ohne Umstände, ohne zu fragen, mit vollen Händen. (KK20, 1912) (276g) Und dann machte sich Mutter erst noch auf den Bittweg. Zuerst zu einer alten wohlhabenden Sanitätsrätin, von der die Sage ging, daß sie <Bedürftigen> auf hohe Zinsen lieh . (KK20, 1922) (276h) Ich konnte meinen Geldnachweis vorlegen von meinem Schatz in Portugal. Vielleicht lieh <mir> jemand. (KK20, 1943) (277a) […], so haben obgemeldete Churfürsten und Fürsten Ihr. Käyserl. Maj. vor der Belehnung ersuchet, <dem Bischoffe zu Würtzburg>, aus angeregten Ursachen, [das Hertzogthum zu Francken] nicht zu leihen , massen er auch kein Hertzog zu Francken, und ihme derselbe Titul von seiner Käyserl. Maj. Vorfahren nicht geschrieben sey. (DTA, 1712) (277b) Dergleichen finden sich in dem fürstentume Hersfeld, immasen der herr landgraf Carl im jare 1679 <Caspar Königen, seinem eheweibe und allen iren <?page no="274"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 274 kindern> zu aller irer leibe und lebetag und iren ieglichen nach todt des andern [ein virtel leibhof zu Fridlos] gelihen hat, […]. (DTA, 1757) (277c) „Ihr aber seid mir nötiger als sie beide zusammen“, sprach der Abt, „ich darf Euch nicht von diesem Zug entbinden oder ich leihe [Euer Land] <andern>, <<die es besser zu verdienen wissen>>.“ (HIST, 1816) (277d) Der Umstand, dass der Pächter sein Kapital zum gewöhnlichen Profit verwerthen könnte, wenn er keine Rente zahlt, ist durchaus kein Grund für den Grundeigenthümer, dass er [seinen Boden] <dem Pächter> umsonst leiht , und diesem Geschäftsfreund gegenüber so philanthropisch ist, den credit gratuit einzuführen. (DTA, 1894) (277e) Bakkalaureus, früher Bakkalarius, seit 9.-Jahrh. s. v. w. Hintersasse, Inhaber einer baccalaria, d. h. eines ländlichen Grundstücks, [das] <ihm> der Grundherr gegen Zins geliehen hatte. (KK20, 1906) Das Verb ausleihen Mit insgesamt N- = 53 Belegen ist der ausleihen-Datensatz nicht besonders groß. Generell weist dieses Verb eine Präferenz für präpositionale rezipienten auf. Nur in der Periode 1650-1700 kommt ausleihen häufiger mit einem rezipienten im Dativ als mit einer an-PP vor. Der älteste POK-Beleg im Datensatz stammt aus einem wissenschaftlichen Werk über Bergbau, das 1693 veröffentlicht wurde, vgl. (278). (278) Knapschaffts-Aelteste. […] Sollen über der Büchsenpfennige Einnahmen und Ausgaben denen Ober- und Berg-Ambtleuten jährlich klare Rechnung thun/ und mit Fleiß dahin trachten helffen/ daß die Büchsen-Gelder qvartaliter richtig eingebracht/ wohl zusammen gehalten/ nützlich und gebührend/ und zu nichts anders/ als Austheilung der Allmosen unter arme preßhaffte und beschädigte Bergleute und Brüderschafft/ auch zu deren Beerdigung/ und Erhaltung ihrer nachgebliebenen armen Wittiben und Kinder/ auch anderer unvermeydlichen Nothdurfft/ wie es iedesmahl das Berg-Ambt/ und Zechmeister schliessen werden/ redlich angewendet/ treulich verrechnet/ [der Uberrest] entweder <an gewisse Orte>/ gegen Landüblicher Verzinsung/ ausgeliehen / oder in den Berg-Knapschaffts-Kasten/ worzu der Bergmeister und die Zechmeister ieder einen sonderlichen Schlüssel haben sollen/ verwahrlich beygeleget werde. (DTA, 1693) Vergleicht man die Belegzahlen von ausleihen mit den Belegzahlen von (sich) ausleihen in Tabelle-13, so zeigt sich, dass ausleihen ab der zweiten Hälfte des 19.-Jahrhunderts relativ häufig mit einem Reflexivpronomen kombiniert wird, d. h. von den neun Dativ-NPs in der Periode 1851-1900 stellen sieben ein Reflexivpronomen dar. Für das 20.-Jahrhundert handelt es sich sogar um 47 der 57 Dativ-NPs. Solche hohen <?page no="275"?> QuALITATIVE uNTERSucHuNg: DIE übRIgEN VERbEN 275 Anteile von Belegen mit einem reflexiven rezipienten gegenüber Belegen mit einem nicht-reflexiven rezipienten sind im Datensatz des einfachen Verbs (sich) leihen nicht festzustellen. Das Verb weiterleihen Das Verb weiterleihen schließlich ist in keinem der überprüften (Valenz-)Wörterbücher als Stichwort verzeichnet und auch der entsprechende Korpusexport ist mit N-= 14 Belegen sehr klein. Insgesamt finden sich nur ein DOK-Beleg und zwei POK- Belege, vgl. (279) bzw. (280). Der DOK-Beleg, der sowohl ein pronominales thema als auch einen pronominalen rezipienten enthält, weist die Wortfolge themarezipient auf. Die gleiche Abfolge findet sich in den beiden POK-Belegen, die aber jeweils zwei nominale Objekte enthalten. (279) […], das Stück fand sich nicht. Da ging ich einmal selber zu ihm und bat, doch einmal gründlich nachzusehen, ich hatte keine Abschrift, er hatte [es] <niemandem> weitergeliehen , es müsse sich finden. (KK20, 1922) (280a) Mit Vergnügen leih‚ ich [diese Wundsalbe unserer politischen Wunden] <an Ihren Freund> weiter . (DTA, 1808) (280b) Im vorigen Jahr war ich erbittert gegen Gusti Wieghardt, weil sie [ein Buch aus meinem Seminar]- - so ist es also doch schon länger her- - <an einen kommunistischen Freund> weiterlieh und […]. (KK20, 1937) Aufgrund der Jahresangaben könnte man davon ausgehen, dass weiterleihen-- ähnlich wie weitergeben-- ein relativ junges Verb ist; der älteste ditransitive weiterleihen- Beleg stammt aus dem Beginn des 19.- Jahrhunderts. Für eine weiterleihen-Verlaufskurve, die auf den Korpusdaten des Deutschen Textarchivs und des DWDS-Kernkorpus basiert, sind aber nicht genügend Daten vorhanden. 4.3.3 Die komplexen schicken-Verben Das Verb einschicken Der einschicken-Datensatz enthält N- = 81 Belege mit einem rezipienten im Dativ und N-= 75 Belege mit einem präpositionalen rezipienten, d. h. N-= 58 Belege mit einer an-PP und N- = 17 Belege mit einer zu-PP. Ähnlich wie beim Verb einsenden finden sich für die Periode 1650-1700 überwiegend POK ZU-Belege. Neun der elf POK ZU-Belege aus dieser Periode stammen aus Veit Ludwig von Seckendorffs wissenschaftlichem Werk Teutscher Fürsten Stat (1656). Generell handelt es sich bei den meisten POK ZU-Belegen im einschicken-Datensatz um Sätze, die den Versand offi- <?page no="276"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 276 zieller Schriftstücke, wie Berichte, Protokolle, Rechnungen und Verzeichnisse, an eine amtliche Stelle bezeichnen. Beispiele dafür sind zur Fürstl. Cammer, zu vnser Cammer, zur Rent-Cammer, zu vnser Rent Cammer, zu Landsherrn Regierung, zu Unser geheimen Cantzeley, zur Churfürstl. Mayntzischen Cantzeley und zum Hoch-Fürstlichen Creiß-Ausschreib-Amt. Die unter (281) angeführten Sätze stellen einige Beispiele dar. Der Beleg in (281a) enthält neben der zu-PP auch einen dativisch markierten rezipienten. Der Satz in (281c) ist der jüngste POK ZU-Beleg im Datensatz, d. h. in allen einschicken-Belegen aus dem 19. und dem 20.-Jahrhundert wird der rezipient entweder anhand einer Dativ-NP oder anhand einer an-PP ausgedrückt. (281a) Wann nun eine Stewer bewilligt/ oder sonst eine Reichsanlage durch den Landsherrn außzuschreiben vnd einzubringen ist/ vnd der Termin zur Zahlung herzu nahet/ wird in des Landsherrn Nahmen an die Stände deß Landes oder Cantzeleysassen vnd zwar einen Jeden insonderheit ein besiegelter verschlossener Befehl geschicket/ vnd an Jhn begehret die gewilligte Summa/ so wol für sich selbst/ seinem Anschlage nach zu erlegen/ alß auch bey seinen hintersassen vnd Vnterthanen ein zu bringen/ vnd darüber [ein richtiges Verzeichnuß] nach Jnhalt der Stewerbücher unter seinem Siegel entweder <zu den Ober Einnehmern> selbsten/ oder nach Gelegenheit der Oerter <dem Jenigen>/ <<der dazu befehlicht>>/ einzuschicken / […]. (DTA, 1656) (281b) Wie dann [die deßfalls erstattende Berichte] Unser Forst- und Jägermeister/ wie bißher/ <zu Unser geheimen Cantzeley> einschicken / und daraus Unsere gnädigste Verordnung gewärtig seyn soll. (DTA, 1703) (281c) Nach einigen landes-gesäzen müssen die unterrichter und beamten [einen auszug daraus], [[benebst einem berichte]], iedes virtel jar <zur rent-kammer, oder regirung> einschicken . (DTA, 1758) Außer dem allmählichen Rückgang der POK ZU-Belege im Laufe des 18.- Jahrhunderts zeichnen sich in Bezug auf die relativen DOK/ POK-Anteile keine klaren Tendenzen ab. Bald erweist sich die Präpositionalobjektkonstruktion, bald die Dativobjektkonstruktion als die am häufigsten vorkommende Alternante. Für den Zeitabschnitt 1951-1999 findet sich im Korpusexport nur noch ein ditransitiver einschicken-Beleg, vgl. (282). Der rezipient steht dabei im Dativ. (282) Der Wähler muß <dem Kreiswahlleiter> im verschlossenen Umschlag [den ausgefüllten Wahlschein und den Stimmzettel] einschicken . (KK20, 1976) Das Verb verschicken Der Datensatz des Verbs verschicken besteht insgesamt aus N-= 120 Belegen. Im gesamten untersuchten Zeitraum wird es fast ausschließlich mit einem präpositionalen rezipienten kombiniert. Außer für die Periode 1650-1700, für die es mehr <?page no="277"?> QuALITATIVE uNTERSucHuNg: DIE übRIgEN VERbEN 277 POK ZUals POK AN-Belege gibt, enthält jeder Zeitabschnitt mehr Belege mit einer an-PP als Belege, in denen der rezipient durch die Präposition zu markiert wird. Für die Perioden 1751-1800, 1851-1900 und 1951-1999 finden sich im Korpusexport-sogar nur POK AN-Belege. Zwei Belege im verschicken-Datensatz haben einen rezipienten im Dativ, vgl. (283). Der Beleg in (283a) stammt aus dem Werk Geistliche Sonnette, Lieder und Gedichte (1662) der österreichischen Dichterin Catharina Regina von Greiffenberg, der Belege in (283b) aus Friedrich Gladovs Sorgfältiger Negotiant und Wechßler (1706), einem wissenschaftlichen Werk über Ökonomie. Das Grimmsche Wörterbuch (1854-1960, Bd.- XXV, S.- 1070 f.) und Götze/ Mitzka/ Brodführer (1939-1957, Bd.- VII, S.- 546) führen mit verschicke mir diʒ frouwelîn nur ein DOK-Beispiel aus dem Mittelhochdeutschen an. (283a) […]. ja in während-gröster Qual läst er Liebes-flammen blinken / und das Noht-verschmähte Herz aus dem Gnaden Abgrund trinken: Er ergetzt es und versetzt es in seim Erzerbarmung seyn. Da verschickt es wunderlich [eine Eusserkeit] <der andern>. (HIST, 1662) (283b) Zum dritten/ soll und will ietzt erwehnten meinem Herrn ich von aller und ieder meiner in Einkauff und wieder Verkauffen wie auch wegen Einnahm und Ausgab/ und allen andern mir anbefohlenen Sachen beschehene Handelung und Verrichtung zu jederzeit und so offt ers von mir begehren wird/ richtig und beständige Rechnung thun/ <niemand> <<wer der auch sein möge>>/ ohne meines Herrn Vorwissen und Willen [etwas] verborgen oder leihen oder verschicken / und […]. (DTA, 1706) Wie in Abschnitt- 2.2.2.2 bereits angesprochen, geben Götze/ Mitzka/ Brodführer (1939-1957, Bd.-VII, S.-546) auch an, welches Akkusativobjekt das Verb verschicken im Laufe der Zeit bevorzugt: „[E]s wird seit seinem Auftreten bis zum 18. Jh. mit Vorliebe von Personen gesagt, bezieht sich im 19. und bis zum ersten Weltkrieg nur auf Dinge, seitdem wird die Bedeutung wieder wie zu Beginn auf Personen ausgedehnt“. Diese generellen Tendenzen treffen auf die ditransitiven verschicken-Belege im Datensatz nur teilweise zu. Sowohl die beiden DOK-Belege als auch die meisten POK AN-Belege aus dem 17. und dem 18.-Jahrhundert haben ein unbelebtes thema, wie z. B. Akten, Ordern und Rechnungen. In 14 der 37 POK AN-Belege aus dieser Periode handelt es sich um die Sendung einer Person, vgl. (284) für eine Auswahl. In den Belegen aus dem 19. und dem 20.- Jahrhundert werden ausschließlich Sachen verschickt. Dabei geht es in den meisten Fällen um geschriebene Texte, wie z. B. Anfragen, Artikel, Aufrufe, Briefe, Bücher, Denkschriften, Druckschriften, Einladungen, Flugblätter, Fragebögen, Grußkarten, Kataloge, Kopien, Listen, Papiere, Rundschreiben, Unterlagen, Verzeichnisse, Zeitschriften und Zirkulare. Manchmal werden aber auch konkrete Objekte, wie Bilder, Geld, Kekse und Taschentücher, verschickt. Die Belege unter (285) stellen einige Beispiele dar. <?page no="278"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 278 (284a) Coulom-Cha, also nennet man in Persien diejenigen Edelleute, [welche] der König <an die Vice-Könige, Stadthalter der Provintzen, und andere Standes- Personen> verschicket . (DTA, 1704) (284b) Warum Ludovicus XIV. nicht leicht, [Ambassadeurs vom ersten Range], <an andere Höfe> verschicket ? (DTA, 1732) (284c) […], folglich macht ein Gesandter nach dem Naturgesetz gleichsam einerley moralische Person mit dem, der ihn abschickt hat, aus, so daß es eben so viel ist, als wenn dieser selbst gegenwärtig wäre, und derienige, <an welchen> [er] verschickt wird, ihn als eine ihm gleiche Person ansehen muß. (DTA, 1754) (285a) […] das beweist ein amtliches Circular des hiesigen Magistrats, [das] jetzt <an alle Hauptbesitzer> verschickt wird. (DTA, 1849) (285b) Gut, antworte ich, wir wollen gleich morgen [tausend Werbebriefe] <an die besseren Kunden> verschicken . (KK20, 1926) (285c) Das Evangelische Hilfswerk für Kriegsgefangene und Internierte hat im vergangenen Jahr [mehr als 210000 Briefe, Pakete und Bahnsendungen] <an deutsche Kriegsgefangene in aller Welt> verschickt . (KK20, 1986) Die POK ZU-Belege ihrerseits weisen im Allgemeinen eine klare Präferenz für personal belegte themata auf. Wie das Beispiel in (286) illustriert, ist das auch für das 19.-Jahrhundert der Fall. Das Verb verschicken beschränkt sich für diese Periode also nicht nur auf Sachen. (286) […] man habe meinen Schrank gewaltsam geöffnet und alle deine Briefe gefunden, [ich] werde nach wenigen Stunden <zu einer Tante> fern in eine traurige Landschaft hinein verschickt werden. (HIST, 1839) Das Verb vorausschicken Für das Verb vorausschicken finden sich im historischen Korpusmaterial sechs Belege mit einem präpositionalen rezipienten, d. h. drei Belege mit einer an-PP und drei Belege mit einer zu-PP, vgl. (287) bzw. (288). Die drei POK ZU-Belege sowie der älteste POK AN-Beleg drücken aus, dass ein Individuum zu einem anderen Individuum geschickt wird. In den beiden übrigen POK AN-Belegen dagegen ist das thema ein propositionales Objekt. (287a) Suleiman, Pascha von Marasch, hatte [einen Boten] <an den Aga des Stammes Sinimini> vorausgeschickt , um ihn zu benachrichtigen, daß […]. (DTA, 1841) <?page no="279"?> QuALITATIVE uNTERSucHuNg: DIE übRIgEN VERbEN 279 (287b) Mit der bestimmten Erklärung, sich den Antritt seines überschuldeten Vermögens noch vorzubehalten, einer Erklärung, [die] er <an die Curatoren der Masse> vorausschickte , ist er nun zurückgekehrt. (HIST, 1850-1851) (287c) Heute schickte ich <an die Bremer Agentur> [ein großes Packet Reiselectüre] voraus : […]. (KK20, 1929) (288a) Als die Holländische Caffila, welche nicht ferne hinter vns/ solch schiessen gehöret/ schickten sie alsbald [10. Pionen von jhrer Convoi] voraus <zu vns>/ vnd eileten selbst hernach. (HIST, 1658) (288b) Es war beinahe zehn Uhr, der Zensor war hochgradig nervös und schickte [Frau und Töchter] voraus <zum Oberpräsidenten>, während er […]. (KK20, 1914) (288c) Ich wußte fünf Tage lang nicht, wo meine Frau und das Kind sind. Er hatte [sie] vorausgeschickt nach Ostberlin <zu seiner Kusine>. (KK20, 1961) Bedeutend häufiger aber wird vorausschicken mit einer Dativ-NP kombiniert. Dabei berichten viele der N-= 213 DOK-Belege im Datensatz über die Abfolge der verschiedenen Teile eines Textes bzw. einer Rede, wie beispielsweise seinem Werk eine Einleitung, der Kritik einige allgemeine Bemerkungen, der Rede folgende Worte, der Beschreibung einige Überlegungen, einer Erklärung folgende Sätze, dem Programm eine Vorrede, seinem Aufsatz eine historische Übersicht und dem Kapitel-ein Kapitel-vorausschicken. Wie die Beispielsätze in (289) zeigen, kann die Dativ-NP aber auch den belebten Empfänger eines ihm vorausgeschickten Objektes darstellen. Der Beleg in (289b) ist auch in Duden (1999, Bd.-X, S.-4355) eingetragen (siehe Abschn.-2.2.2.3). (289a) Nachdem wir [alle unsre Notwendigkeiten] <unsrer guten Witwe> vorausgeschickt hatten, folgten wir an einen heiterm Dezembermittag nach, und ich setzte meine Kinder auf einen guten Bauerwagen […]. (HIST, 1778) (289b) Ich denke nach, was ich für Sie tun kann. Professor Whitaker wird Sie anhören, wenn Sie <ihm> [meinen Brief] vorausschicken . (KK20, 1943) (289c) Er mochte es nicht, einen Menschen zu duzen, von dem er bisher nicht mehr kannte als den Namen, einen von ihm gezeichneten Artikel und den Fetzen Lob, [den] <ihm> die Bezirksleitung vorausgeschickt hatte. (KK20, 1964) Das Verb weiterschicken Der weiterschicken-Datensatz ist mit insgesamt N- = 9 Belegen zwar sehr klein, es lässt sich aber eine deutliche Präferenz für präpositionale rezipienten erkennen. Nur einmal kommt das Verb mit einem rezipienten im Dativ vor, in den übrigen acht Belegen wird der rezipient anhand einer an-PP ausgedrückt, vgl. (290) bzw. (291). Diese POK-Belege weisen alle die Wortfolge thema-rezipient auf. Das je- <?page no="280"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 280 weils definite thema betrifft entweder ein propositionales Objekt (Bericht, Brief, Denkschrift, Neuerscheinungen), ein konkretes Objekt (Reif, Westsachen) oder ein Individuum (Frauen, die eine Abtreibung wünschten). Außer den zwei Belegen mit den pronominalen rezipienten an dich und an uns, ist der rezipient jeweils nominal. Es handelt sich entweder um einen Eigennamen, wie Malte und Bismarck, oder um einen indefiniten rezipienten im Plural, wie an Kliniken und an potenzielle Käufer. (290) Heute schrieb Alfred und schickte die Bilder, [welche] ich <Dir> weiterschicken soll. (KK20, 1939) (291a) […], um den Reif aufzufangen, den Bruno, ihr Nachbar, mit nie fehlender Sicherheit stets so schleuderte, daß er in einem Halbbogen unmittelbar auf ihren Stock herabschwebte, oder [den eben aufgefangenen Reif] weiter zu schicken <an Malte>, <<der ihn ein jedes zweite Mal fallen ließ und sich bitter beklagte>>, Helene werfe so schlecht, […]. (HIST, 1861) (291b) Nikolai antwortete, er habe [den Brief] schon <an Oxenstierna> weitergeschickt , sonst würde er ihn vorlesen. (KK20, 1914) (291c) Boysen […] veröffentlicht eine Denkschrift eines Bruders von Moltke, [die] dieser <an Bismarck> weiterschickte . (KK20, 1936) (291d) Die müßten doch [die Briefe], [[worauf die alte Nummer steht]], <an Dich> weiterschicken . (KK20, 1939) (291e) War das der Bericht, [den] Sie <an Brandt> weitergeschickt haben? (KK20, 1946) (291f) Die Sowjetregierung hatte Kommissionen eingesetzt, bei denen sich alle Frauen, die eine Abtreibung wünschten, zu melden hatten. [Sie] wurden registriert, belehrt und später <an Kliniken> weitergeschickt . (KK20, 1972) (291g) […]- - der Sortimenter schickte [die von den Verlegern unverlangt zugesandten Neuerscheinungen] seinerseits umgehend als Ansichtsexemplare <an potentielle Käufer> weiter . (KK20, 1991) (291h) Deshalb müssen die Pakete den Umweg über Erfurt machen, und die Erfurtomi schickt [die Westsachen] dann in Ostkartons <an uns> weiter . (KK20, 1994) Mit Ausnahme des HIST-Belegs aus dem Jahr 1861 stammen alle Belege im weiterschicken-Datensatz aus dem 20.-Jahrhundert. Auch die weiterschicken-Verlaufskurve, die aufgrund der Korpusdaten des Deutschen Textarchivs und des DWDS-Kernkorpus die absolute und die relative Frequenz dieses Verbs pro eine Million Tokens darstellt, verortet den ersten Treffer erst um die Mitte des 19.-Jahrhunderts. Ähnlich wie weitergeben und weiterleihen scheint also auch weiterschicken ein verhältnismäßig junges Verb zu sein. Allerdings unterscheidet sich weiterschicken von diesen beiden <?page no="281"?> QuALITATIVE uNTERSucHuNg: DIE übRIgEN VERbEN 281 Verben darin, dass es bereits als Stichwort in den Wörterbüchern Stielers (1691, Bd.- II, S.- 1777) und Kramers (1700-1702, Bd.- II, S.- 511) verzeichnet ist, wenn auch ohne ditransitive Beispielsätze. Dabei lauten Stielers lateinische und Kramers italienische Übersetzung wie folgt: „longius ablegare, ulterius mittere“ bzw. „Mandare, Spedire oltre, Oltre spedire, Oltre-mandare“. Aufgrund dieser beiden Wörterbucheinträge kann man schließen, dass weiterschicken schon viel länger im deutschen Sprachgebrauch vorhanden ist, als es die Ergebnisse der vorliegenden Korpusuntersuchung vermuten lassen. Das Verb zurückschicken Der Datensatz des Verbs zurückschicken besteht insgesamt aus N-= 298 Belegen. Es gibt N-= 196 Belege mit einem rezipienten im Dativ, N-= 67 Belege, in denen der rezipient durch die Präposition an markiert wird, und N-= 35 Belege, in denen der rezipient anhand einer zu-PP ausgedrückt wird. Anders als De Vaere (2023, S.-101), die in ihrer Zufallsstichprobe von N- = 200 zurückschicken-Belegen im DeReKo hauptsächlich präpositionale rezipienten findet, ist es in der vorliegenden Korpusuntersuchung die Dativobjektkonstruktion, die in jedem Zeitabschnitt die am häufigsten vorkommende Alternante ist. Diese Präferenz für dativisch markierte rezipienten ist im 20.-Jahrhundert allerdings weniger ausgesprochen als im 17., 18. und 19.- Jahrhundert. Für die Perioden 1901-1950 und 1951-1999 liegen die relativen DOK-Anteile bei 54% bzw. 51%. Die in (292) bis (294) angeführten Sätze stellen jeweils die zwei ältesten Belege jeder Alternante dar. (292a) Als er aber mit Cleopatra mehr / als andere / Gespräche hielt / auch von ihr hoch geehret ward / kam er in verdacht beim Antonio. Dieser ließ ihn stäupen/ und schickt [ihn] <dem Keiser> zurücke / […]. (DTA, 1661) (292b) Der höchste Leopold/ für dem nichts höhers hat Der weite Kreiß der Welt/ schickt [seine Sonnen-Blicke] Hier <diesem Lorberbaum> auffs mildeste zurücke . (DTA, 1686) (293a) Ptolomeus schickte alsofort [eine prächtige Botschafft] <an sie> zurücke / [[welche ihr seine Macht/ nachdem er den Antigonus aus Macedonien vertrieben/ durch Verheyrathung seiner Tochter Antigone aber den mächtigen König Pyrrhus in Epirus ihm verknürfft hätte/ noch vielmehr aber seine zu ihr tragende Liebe scheinbar heraus striech/ und also ihre Bluts-Freundschafft noch durch ein engeres Band-der Ehe zu befestigen antrug]]. (DTA, 1689) (293b) Er hebet auch alle die Steuren und Anlagen auf / so Zeit der Bürgerlichen Kriege gegeben worden: lässet die ausländische Müntze verruffen. Schicket [das Geld] wieder <an die Städte in Jtalien> zurück / so sie nach Gewohn- <?page no="282"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 282 heit dahin gesendet/ Kronen vor die Uberwinder verfertigen zu lassen/ und dancket vor ihren guten Willen. (DTA, 1696) (294a) Caesar schickte [Fabium] in sein Winter-Quartier <zu den Morinis> zurücke , und entschloß selbst mit drey Legionen zu Samarobriua den Winter zu bleiben, weil ausser den Aeduis, und Rhemis, so den Römern zugethan blieben, gantz Gallien misvergnügt war, und nur auf eine neue Gelegenheit wartete. (DTA, 1726) (294b) Ich schickte [den Galgenvogel] mit dem Briefe wieder <zu dem alten Grimes> zurück , und befahl ihm nicht tiefer in die Krüge zu kucken. (DTA, 1750) Das Verb zuschicken Betrachtet man die Ergebnisse der historischen Untersuchung und die für das Gegenwartsdeutsche ermittelten DOK/ POK-Verhältnisse, so ist für das Verb zuschicken keine Alternation festzustellen, d. h. die überprüften (Valenz-)Wörterbücher enthalten keinen einzigen Beispielsatz mit einem präpositionalen rezipienten und auch De Vaere (2023, S.-99) findet in ihrer Zufallsstichprobe von N-= 100 DeReKo-Belegen nur Belege mit einem dativisch markierten rezipienten. Dass auch der historische zuschicken-Datensatz fast ausschließlich aus DOK-Belegen besteht, ist also wenig verwunderlich. Jedoch lassen sich im historischen Korpusmaterial einige Belege finden, in denen der rezipient durch eine Präposition markiert wird. Es handelt sich um fünf Belege mit einer an-PP und um einen Beleg mit einer zu-PP, vgl. (295) bzw. (296). Diese präpositionalen Belege enthalten alle ein indefinites thema. Dabei stellt das thema des ältesten POK AN-Belegs ein konkretes Objekt dar. In den vier übrigen POK AN-Belegen geht es jeweils um den Versand eines Textes, wie z. B. einer Petition oder einer Kopie. Der POK ZU-Beleg seinerseits enthält ein belebtes thema. Es betrifft eine Gruppe von Personen, die in einen bestimmten Ort (nacher Candi) zu einer anderen Person (zu den (sic) Käiser) geschickt werden. Solche Belege mit einem präpositionalen rezipienten kommen ab der zweiten Hälfte des 19.-Jahrhunderts aber nicht mehr vor. (295a) Diesen weissen/ wie Butter-schmierigen Vitriol/ solvirte ich einen Theil in distillirten Wasser/ und wolte es anschiessen lassen/ welches schwer hergieng; doch weil die Kälte ziemlich einfiel/ schoß er sehr schön und gantz weiß/ durchsichtig wie Crystall an; von welchen ich also fort [eine Proba] <an meinen wehrten Freunde/ den Hochgelahrten/ und in der Chymie wohler fahrnen Herrn D. Langelothen> zuschickte / <<der sich über dieser Reinigung/ sonderlich weil solche durch die Lufft geschehen/ sehr verwunderte>>. (DTA, 1679) <?page no="283"?> QuALITATIVE uNTERSucHuNg: DIE übRIgEN VERbEN 283 (295b) […], und habt durch den Cramer-Bothen <an etliche Innungs-Verwandte>, <<die in denen praestandis, so sie der Innung schuldig, säumig gewesen>>, [etliche mit den Kramer-Innungs-Siegel versiegelte Erinnerungen] zugeschicket , [[worinnen ihr Sie in Nahmen der sämtlichen Kramermeister und Innung ihrer Schuldigkeit erinnert, und Ihnen praestanda zu praestiren auferleget, auch darbey gewisse Warnungs-Clausulen angehenget]], daß […]. (DTA, 1723) (295c) Im Julio 1716. wurde <an unsere Facultät> [folgende Frage] [[nebst denen zum voraus colligirten rationibus dubitandi & decidendi]] zugeschickt . (DTA, 1724) (295d) Er hatte <an die Kammer> vor ihrem Votum über die Journalkautionen [eine Petition] zugeschickt , [[worin es hieß]]: […] (DTA, 1848) (295e) […] bei seiner Ankunft im Ort der Einschiffung hat der Auswanderer ein Protokoll zu unterschreiben und zu bescheinigen, daß alle in seinem Contracte übernommenen Pflichten erfüllt worden sind, und hat er etwaige Klagen, so muß er sie auch im Protokoll aufnehmen lassen; [Copie von diesem Protokoll] wird <an jede Agentur> zugeschickt , <<wo jeder Berechtigte davon Einsicht nehmen kann>>; […]. (DTA, 1848) (296) IN diesem Jahr/ den 5. Febr. wurde [ein Capitain, mit Namen Burckhard Koch]/ von Wesel/ der Mir auch endlich meinen ehrlichen Abschied gegeben/ im Namen der Compagnia, [[mit zwantzig Personen]]/ als Volontaires, wieder <zu den Käiser> nacher Candi zugeschickt / [[welche auch den 15. Dito glücklich daselbst arriviret]], und da es am Hof erfahren/ must Er bald erscheinen/ […]. (DTA, 1672) 4.3.4 Die komplexen senden-Verben Das Verb absenden Für das Verb absenden finden sich in den überprüften (Valenz-)Wörterbüchern ausschließlich Belege mit einem präpositionalen rezipienten, der entweder als an-PP oder als zu-PP auftritt. Die einzige Alternante, die De Vaere (2023, S.- 99) in ihrer Zufallsstichprobe von N-= 100 DeReKo-Belegen findet, ist die Präpositionalobjektkonstruktion mit der Präposition an. Genau diese Konstruktion erweist sich auch im historischen absenden-Datensatz als die am häufigsten vorkommende Alternante, d. h. von den insgesamt N- = 311 Belegen im Datensatz gibt es N- = 276 Belege, in denen der rezipient anhand einer an-PP ausgedrückt wird. In N-= 32 Belegen wird der rezipient durch die Präposition zu markiert. Im Gegensatz zur Feststellung von-Proost (2014, S.-45, 63)-- in Anlehnung an Wegener (1985, S.-224)-- im Hinblick auf das Gegenwartsdeutsche, beschränkt sich dieses Verb nicht auf präpositionale <?page no="284"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 284 rezipienten. Im historischen Datensatz finden sich drei absenden-Belege mit einem rezipienten im Dativ, vgl. (297). Sie stammen alle aus belletristischen Werken aus dem 19.- Jahrhundert, und zwar aus Heinrich von Kleists Trauerspiel Penthesilea (a-Satz), Adalbert Stifters Studien (b-Satz) und Louise von François’ Roman Stufenjahre eines Glücklichen (c-Satz). In zwei dieser DOK-Belege handelt es sich um das Absenden einer Person zu einer anderen. (297a) Agamemnon will, Daß wir sogleich ins Griechenlager kehren; [Den Antiloch] sandt er, wenn du ihn siehst, Mit diesem Schluß des Feldherrnrats <uns> ab . (HIST, 1806-1807) (297b) Dort, wie oft die Nadeln bei Kristallbildungen, schoß ein Gewimmel mächtiger Joche und Rücken gegen einander, und schob einen derben Gebirgsstock empor, der nun von drei Landen weithin sein Waldesblau zeigt und <ihnen> allerseits [wogiges Hügelland und strömende Bäche] absendet . (HIST, 1844-1850) (297c) […], worauf der Alte jedoch mit Eifer entgegnete: Beileibe nicht! Beileibe nicht höre sagen zu einem, [der] <einem> zum geistlichen Troste abgesandt ist und einem die letzte Ehre erweisen darf. (HIST, 1877) Das Verb aussenden Mit insgesamt N-= 12 Belegen ist der Datensatz des Verbs aussenden relativ klein. Ein rezipient im Dativ kommt nur in zwei aussenden-Belegen vor, vgl. (298). Möglicherweise hängt die Dativ-NP den Türken in (298a) nicht unmittelbar vom Verb aussenden, sondern von der PP zur Hülfe aussenden ab, vgl. dazu Geleyn (2016, S.-140 f.). 87 Der Satz in (298b) weist die umgekehrte Abfolge thema-rezipient auf. Dieser Beleg stammt aus einer deutschen Übersetzung des Lehrgedichts De rerum natura (d. Über die Natur der Dinge) des römischen Dichters und Philosophen Lukrez. (298a) [Der Nureddin (welches Wort in der tatarischen Sprache den Willen bedeutet)] ist in der Würde der nächste nach demselben, und wird mit einer gewissen Anzahl Truppen, als mit zehen oder zwanzig tausend Tatarn, <den Türken> zur Hülfe ausgesendet . (DTA, 1745) 87 In P.-C. Hoofts Nederlandsche Historien (1642-1647) findet sich der Satz Alva dan […] zond zynen zoone ‚t regement van Polwyler, en vier vendelen van dat van Siçilie, te hulpe. Mit dem Verb zenden (‚senden‘), einem belebten thema und einem nominalen rezipienten weist dieser Beleg im statistischen Modell Geleyns (2016) eine sehr hohe POK-Probabilität auf. Dass es hier trotzdem eine Doppelobjektkonstruktion betrifft, lässt sich Geleyn (ebd., S.-140 f.) zufolge möglicherweise durch die Hinzufügung von te hulpe erklären. <?page no="285"?> QuALITATIVE uNTERSucHuNg: DIE übRIgEN VERbEN 285 (298b) Dies auch soll dich nicht wundern, wie [soviel Licht] <uns> die Sonne Auszusenden vermag, die selbst doch so winzig und klein ist. (HIST, 1924) Die weiteren Belege im aussenden-Datensatz haben einen präpositionalen rezipienten. In drei Belegen wird der rezipient anhand einer an-PP ausgedrückt, vgl. (299). Diese Sätze mit der Abfolge thema-rezipient enthalten alle ein belebtes thema und einen nominalen rezipienten, der entweder ‚belebt‘ oder ‚unbestimmt‘ ist. Den Begriff Club (vgl. (299b)) definiert das Grimmsche Wörterbuch (1854-1960, Bd.- II, S.-629) als „conciliabulum, geschloszne gesellschaft“. (299a) Sofort wurden einige leichte Truppen ausgesandt, die Spur der Geflüchteten zu verfolgen; es gelang ihnen, Einige einzufangen; sie wurden vor den König gebracht, der sie mit unerwarteter Milde empfing, und [sie] <an ihre Landsleute> aussandte , mit der Aufforderung, […]. (DTA, 1833) (299b) In Paris ist der Verein in der Rue Grenelle St. Honore, von den ich Ihnen neulich schrieb, der bedeutendste; ein neuer in Wauxhalle (Faubourg St. Denis) hat sich bereits mit ihm in Rapport gesetzt, und [Emissäre] sind <an alle größeren Clubs der Hauptdepartementalstädte> ausgesandt . (DTA, 1848) (299c) Wißt, ich habe [Boten] <an Rynhild> ausgesandt , An Rynhild, Blaatands Tochter. (HIST, 1898) In sieben Belegen wird der rezipient durch die Präposition zu markiert, vgl. (300). Mit Ausnahme des d-Satzes handelt es sich in jedem dieser Belege um die Sendung einer Person bzw. einer Gruppe von Personen zu einer anderen Person bzw. Gruppe, oft in einem religiösen Kontext. Der jüngste POK ZU-Beleg im aussenden-Datensatz stammt aus dem Jahr 1816, vgl. (300g). Dies entspricht den Ergebnissen von De Vaere (2023, S.-99), die in ihrer Zufallsstichprobe von N-= 100 DeReKo-Belegen nur POK AN-Belege findet. (300a) Sihe / [derselbe grosse Gott] ist außgesandt <zu vns> in vnser Elend / das mag vns noch wol ein rechtschaffener Erlöser seyn; […]. (DTA, 1652) (300b) Die Mord-Lust habe sie auch endlich so verblendet: Daß sie [den Agerin] <zum Käyser> außgesendet / [[Der/ als er Stich und Todt ihm wollen bringen bey/ Mit einem gift‚ gen Dolch ergriffen worden sey]]. (DTA, 1665) (300c) Alle die/ <zu welchen> ich [euch]/ als universales Legatos, und allgemeine Welt-Botten/ außsende / zu predigen […]. (DTA, 1673) (300d) […] weil GOtt wieder an seinen ersten bund gedencken/ und [sein wort]/ [[das die falsche Christen verachten]] wieder <zu allen Heiden und völckern in der gantzen welt> aussenden will/ daß also endlich […]. (DTA, 1700) <?page no="286"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 286 (300e) Gehe hin, dann ich will [dich] ferne <zu den Heyden> aussenden , […]. (DTA, 1736) (300f) Daß diejenigen Geister, [welche] von Geister-Gesellschaften ausgesandt werden <zu andern Gesellschaften, wie auch zu, einzelnen Geistern>, Unterhändler (Subjecta) genennet werden, […]. (DTA, 1776) (300g) […]; da bestellte der Landgraf heimlich mit seinen Schreibern und Dienern, daß man von Stund an [Boten] zu Roß aussandte <zu allen Grafen und Herren in Thüringen> und ihnen meldete, daß […]. (HIST, 1816) Das Verb nachsenden Für das Verb nachsenden sind in die überprüften (Valenz-)Wörterbücher ausschließlich Beispielsätze mit einem dativisch markierten rezipienten eingetragen. Der nachsenden-Datensatz spiegelt diese Tendenz wider. Mit Ausnahme eines einzelnen Belegs, in dem der rezipient anhand einer an-PP ausgedrückt wird, haben die übrigen N- = 228 Belege alle einen rezipienten im Dativ. Der präpositionale Beleg stammt aus Michael Bernhard Valentinis wissenschaftlichem Werk Museum Museorum, Oder Vollständige Schau-Bühne Aller Materialien und Specereyen aus dem Jahr 1704, vgl. (301). In Bezug auf diesen Beleg ist allerdings zu beachten, dass sich an dieselbe im Prinzip auch als Präpositionalattribut zu meine Brieffe auffassen ließe und dass nachsenden zusammen mit dem Verb befördern auftritt. Es ist also möglich, dass nachzusenden im Satz nur mit dem direkten Objekt meine Brieffe kombiniert gedacht ist und kein weiteres indirektes Objekt regiert. (301) So befinde ich mich in meiner Hoffnung und Propos nochmahlen betrogen / indem ich einige Zweiglein von denjenigen Gewächsen/ welche sie verlangt hatten/ zusammen gebracht hatte/ umb selbige meinen hochgeehrten Herrn zuzusenden/ welches nun wohl fruchtloß seyn dörffte/ weilen indessen obgemeldter Monsieur de Vicq mich berrichtet hat/ daß er Ordre von M. H. Herrn empfangen hät/ [meine Brieffe] <an dieselbe> zu befördern und nachzusenden / so hab zum wenigsten deren doppelten Brief zu beantworten/ folgendes zu Papier bringen wollen. (DTA, 1704) Das Verb versenden Von den insgesamt N-= 211 Belegen im versenden-Datensatz gibt es N-= 205 Belege, in denen der rezipient anhand einer an-PP ausgedrückt wird. In fünf Belegen wird der rezipient durch die Präposition zu markiert, vgl. (302). Diese POK ZU-Belege, alle aus dem 17. und dem 18.- Jahrhundert, enthalten ein definites thema, das sich entweder auf eine Person (a- und d-Satz) oder auf eine Sache (b-, c- und e-Satz) bezieht. Der rezipient stellt jeweils einen individuellen Empfänger dar. <?page no="287"?> QuALITATIVE uNTERSucHuNg: DIE übRIgEN VERbEN 287 (302a) Der Pfaltzgraff wolwissend/ was gelehrte vnd hochansehnliche Leute vermögen/ versendet [den Reuchlin] nach Rom/ <zu dem Bapst>/ daß […]. (DTA, 1650) (302b) Ach daß [dis Hertzeleyd] man könte <zu den Mauren> versenden ! (DTA, 1672) (302c) Jhr rechter Fang ist bey Schottland und Norwegen, daselbst [sie] gerissen, eingepöckelt, und also <zu uns> unter dem Titul Laberdan versendet werden. (DTA, 1724) (302d) […] denn Gott wird oft die Hütten der Menschen, Wird die Wohnungen oft von seinen Gerechten besuchen, Die er liebt; und [seine beflügelten himmlischen Bothen] Jn Gesandschaft von oberster Gnade <zu ihnen> versenden . (DTA, 1763) (302e) Man hat dieselben in Versen und Prosa bis zum Ekel beschrieben, [ihre Gipsabgüsse] wie Apostel <zu Türken und Heiden> versandt . (HIST, 1787) In nur einem Beleg kommt versenden mit einem rezipienten im Dativ vor, vgl. (303). Es betrifft einen Satz aus dem 1860 erschienenen Werk Herr Vogt von Karl Marx. Dieser thema-rezipient-Beleg mit zwei nominalen, definiten Objekten im Singular wäre ohne vorhergehenden Kontext zweideutig, d. h. durch die umgekehrte Abfolge von thema und rezipient ließe sich das Dativobjekt der Allgemeinen Zeitung auch als Genitivattribut zu das verläumderische Flugblatt interpretieren. Der unmittelbar vorhergehende übersenden-Satz weist die normale Wortfolge rezipient-thema auf. (303) […] eben so wenig fällt dem Vogt ein zu sagen, ich habe der Allgemeinen Zeitung das Flugblatt „zur Warnung“ übersandt. er sagt vielmehr ausdrücklich: „Herr Liebknecht … ist es, der [das verläumderische Flugblatt] <der Allgemeinen Zeitung> versendet hat.“ (HIST, 1860) Wie in Abschnitt-2.2.2.2 bereits erläutert wurde, haben verschiedene Wörterbuchautoren auf einige semantische Unterschiede zwischen verschicken und versenden hingewiesen. Den Brüdern Grimm (1854-1960, Bd.-XXV, S.-1273 f.) zufolge stellt versenden gegenüber verschicken das „geschäftsmäszigere“ Wort dar, das hauptsächlich für Sachen verwendet wird. Bei Personen werde es gemieden, weil sie so „leicht als willenlos“ erschienen. Der Gebrauch von versenden in gehobener Rede, wie zum Beispiel in Blicke oder Pfeile versenden, sei „jung“. Laut Götze/ Mitzka/ Brodführer (1939-1957, Bd.-VII, S.-546) dagegen ist es nicht versenden, das zum Handelsjargon gehöre, sondern verschicken („man verschickt Anzeigen und Kataloge, man versendet sie nicht“). Das Verb versenden komme eher in Dramen und Lyrik vor. <?page no="288"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 288 Es stellt sich also die Frage, ob sich der Verwendungsbereich von versenden im Laufe der Zeit ändert, d. h. von einem Wort des Handels zu einem Wort wird, das zur dichterischen Sprache gehört. Dies scheint in Anbetracht des vorliegenden versenden- Datensatzes nicht der Fall zu sein. Innerhalb der POK AN-Belege stellen die meisten themata propositionale Objekte dar, wie z. B. Akten, Anzeigen, Artikel, Berichte, Briefe, Broschüren, Bücher, Denkschriften, Eingaben, Episteln, Erklärungen, Fragebögen, Karten, Kopien, Listen, Manifeste, Mitteilungen, Nachrichten, Proklamationen, Reden, Rundschreiben, Schriften, Schuld-Verschreibungen, Übersichten und Zirkulare. In dieser Hinsicht weisen die Verben verschicken und versenden sehr ähnliche Ergebnisse auf. Auffallend für die erste Hälfte des 19.- Jahrhunderts sind die vielen versenden-Belege aus der Allgemeinen Zeitung, die über verschiedene Neuerscheinungen und ihren Versand an Buchhandlungen bzw. Subskribenten berichten. Die Belege unter (304) stellen nur einige Beispiele dar. (304a) In der Unterzeichneten ist erschienen und <an alle Buchhandlungen> versandt worden: [Vorhalle zur griechischen Geschichte und Mythologie]. (DTA, 1840) (304b) So eben hat die Presse verlassen und wird demnächst <an die verehrlichen Sortimentshandlungen> versandt werden: [Das erste Heft für 1840 der Deutschen Vierteljahrs-Schrift]. (DTA, 1840) (304c) Im Commissions-Verlage der K. Kollmann’schen Buchhandlung in Augsburg ist nun so eben erschienen und <an alle guten Buchhandlungen Deutschlands, Oesterreichs und der Schweiz> versandt : [Gottesgabe. Eine Sammlung zeitgemäßer Schriften und Berichte für Religion und Kirche]. (DTA, 1840) (304d) Bei uns sind erschienen, und <an die Subscribenten> versandt : [Tobias Smollets humoristische Romane]. (DTA, 1840) Neben den vielen Belegen, in denen es sich um den Versand allerlei geschriebener Dokumente handelt, gibt es auch verschiedene Belege mit einem konkreten thema, wie z. B. Backwaren, Eisen, Fische, Geld, Güter, Okapis, Propangas, Steine, Strümpfe, Waren, Wolle und Wurst. In nur wenigen Belegen ist das thema personal belegt, vgl. (305) für eine Auswahl. (305a) [Cabinetscourire] werden von regenten selbst, oder doch mit derselben vorwissen, zur überbringung der geheimen brife, auch nachrichten <an auswärtige höfe, gesandten> etc. versendet , und wohl des endes in eigenen sold,- auch besondere pflichten genommen, und gehalten werden. (DTA, 1767) (305b) Vor einigen Jahren wurde [Bouverot] in Kapitel-Streitigkeiten vom haarhaarschen Hofe nach Rom <an den Papst> versandt . (HIST, 1800-1803) <?page no="289"?> QuALITATIVE uNTERSucHuNg: DIE übRIgEN VERbEN 289 (305c) Die Wale werden deshalb botweise vertheilt. Sobald Grindabud erschallt, werden [Boten] <an alle Dörfer> versandt , <<welche bei der Vertheilung in Frage kommen>>, und diese müssen dann sogleich ihre Bote abschicken, um ihren Antheil zu holen. (DTA, 1865) Das Verb weitersenden Der Datensatz des Verbs weitersenden enthält insgesamt nur N- = 5 Belege. In all diesen Belegen wird der rezipient durch die Präposition an markiert, vgl. (306). Genau wie im weiterschicken-Datensatz sind auch hier alle themata definit. Dabei handelt es sich entweder um geschriebene Texte, wie Akten, einen Brief oder ein Dokument, oder um ein konkretes Objekt, vgl. (306b). Den rezipienten ist gemeinsam, dass sie nominal, definit und singularisch sind. Sie stellen ein Individuum (an den zweiten Spediteur, an Emanuel, an Richter), ein Kollektivum (an die Britische Regierung) oder eine unbestimmte Entität (an das Kommandanturgericht) dar. (306a) […]: von dort wanderten die Akten an die Staatsanwaltschaft, die [sie] <an das Kommandanturgericht> weitersandte . (KK20, 1921) (306b) Oft geht das Gut auf seinem Wege abwechselnd durch die Hand von Frachtführern, Verfrachtern und Spediteuren. Der Versender schickt es […] dem ersten Spediteur. Der erste Spediteur sendet [es] mit der Eisenbahn <an den zweiten Spediteur> weiter . (KK20, 1924) (306c) [Dieses Dokument] wurde dann von der Kommission der Vereinten Nationen zur Untersuchung von Kriegsverbrechen <an die Britische Regierung> weitergesandt […]. (KK20, 1946) (306d) Otto sendet [diesen Brief] mit andern am 6. Okt. 1822 in J. P.s Auftrag <an Emanuel> weiter […]. (DTA, 1955) (306e) Karoline Herder hatte diesen Sachverhalt in einem Brief an Knebel dargelegt, [den] dieser auf ihren Wunsch <an Richter> weitersandte . (DTA, 1960) Da alle Belege im Datensatz aus dem 20.-Jahrhundert stammen, liegt es nahe anzunehmen, dass auch weitersenden ein relativ junges Verb ist. Der Wörterbucheintrag dieses Verbs in Kramers Teusch-Italienischem Dictionarium (1700-1702, Bd.-II, S.-770) mit der italienischen Übersetzung „Inviare &c. più oltre, Oltrespedire, Oltremandare, Inoltrare“ beweist aber, dass weitersenden schon viel länger in der deutschen Sprache verwendet wird. Die im DWDS generierte Wortverlaufskurve verortet den ältesten weitersenden-Beleg am Anfang des 19.-Jahrhunderts. <?page no="290"?> ERgEbNISSE DER KORPuSuNTERSucHuNg 290 Das Verb zurücksenden In Bezug auf das Verb zurücksenden sind in die überprüften Wörterbücher ausschließlich Beispielsätze mit einem rezipienten im Dativ eingetragen. Das heißt jedoch nicht, dass dieses Verb nicht alternationsfähig wäre: Wie die Ergebnisse der vorliegenden Korpusuntersuchung zeigen, kann zurücksenden auch mit einem präpositionalen rezipienten kombiniert werden. Insgesamt enthält der zurücksenden- Datensatz N-= 116 Belege mit einem rezipienten im Dativ, N-= 35 Belege mit einem durch die Präposition an markierten rezipienten und N-= 11 Belege, in denen der rezipient anhand einer zu-PP ausgedrückt wird. Bis zur ersten Hälfte des 20.-Jahrhunderts erweist sich die Dativobjektkonstruktion als die am häufigsten vorkommende Alternante. Nur für den Zeitabschnitt 1951-1999 finden sich mehr Belege mit einem präpositionalen als mit einem dativisch markierten rezipienten. Die relativen DOK/ POK-Anteile dieser Periode stehen in guter Übereinstimmung mit den Verhältnissen, die De Vaere (2023, S.-101) für das Gegenwartsdeutsche feststellt. Genau wie beim Verb zurückschicken stellen die Sätze unter (307) bis (309) jeweils die zwei ältesten Belege jeder Alternante dar. (307a) Er sandte aber <dem Agostino> [seinen Edelmann] wieder zurück / und bestellete seinen eigenen Sohn dem Printzen zum Hofmeister/ […]. (DTA, 1690) (307b) Seyn Sie so gütig, und senden Sie <mir> [meines Onckles Brief] gleich zurück . (DTA, 1748) (308a) Und, nachdem er den Brieff zweybiß dreymal überlesen hatte, sandte er [folgende Antwort] <an sie> zurücke : […]. (DTA, 1721) (308b) Als aber der Fürst nach geschehener Trauungsfeierlichkeit in sein Schlafzimmer kommt, und siehet, daß seine Braut sehr häßlich ist und das eine Auge verloren hat: so schicket er sie unberühret auf der Stelle, oder, wie andere sagen, zweene Tage hernach, aus dem Palaste wieder in ihre alte Einkehre, und sendet [sie] mit einer Begleitung in allen Ehren <an ihren Vater> zurück ; [[nebst ihrer ganzen Mitgabe und nebst den Hochzeitgeschenken, die sich auf hundert und funfzig Beutel sollen belaufen haben]]. (DTA, 1745) (309a) Und des väterlichen Verbrechens wegen, sandten die Unsterblichen [den Pelops] <zum schnellhinwandelnden Volke der Menschen> wieder zurück . (HIST, 1759-1765) (309b) Nur <zu den Meinen> sende [mich] zurück . (HIST, 1799-1803) <?page no="291"?> QuALITATIVE uNTERSucHuNg: DIE übRIgEN VERbEN 291 Das Verb zusenden Was die Ergebnisse der historischen Untersuchung und die für das Gegenwartsdeutsche ermittelten DOK/ POK-Verhältnisse betrifft, lässt sich für das Verb zusenden keine Alternation feststellen: Genau wie für zuschicken finden sich in den untersuchten Wörterbüchern sowie in De Vaeres (2023, S.-99) Zufallsstichprobe von N-= 100 DeReKo-Belegen nur DOK-Sätze. Obwohl auch der historische zusenden-Datensatz eine deutliche Präferenz für dativisch markierte rezipienten aufweist, enthält er aber auch zwei Belege, in denen der rezipient anhand einer an-PP ausgedrückt wird, vgl. (310). Diese Passivsätze, beide aus der Neuen Rheinischen Zeitung, drücken aus, dass ein geschriebener Text, d. h. ein Bericht bzw. eine Zuschrift, an einen unbestimmten bzw. einen belebten Empfänger geschickt wird. (310a) Jacoby stellt den Antrag, daß [der Bericht der Kommisiion über die täglich eingehenden Adressen], <an das Ministerium Brandenburg> auf offiziellem Wege zugesandt werde. (DTA, 1848) (310b) <An eine Anzahl Abgeordneter> ist [folgende Zuschrift] heute Nachmittag-per Post zugesandt und auch in der Kammer vertheilt worden. (DTA, 1849) <?page no="293"?> QuALITATIVE uNTERSucHuNg: DIE übRIgEN VERbEN 293 5. Diskussion In Kapitel-4 hat sich bereits für einige Verben gezeigt, dass sich bestimmte Aussagen und Behauptungen aus gegenwärtigen sprachwissenschaftlichen Quellen nicht einfach auf die historischen Korpusdaten übertragen lassen. Der historische Datensatz des Verbs übergeben zum Beispiel enthält viele DOK-Belege, deren Wortstellung nicht mit der von Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997, S.-1313) gegebenen Wortfolgetendenz in Bezug auf nicht-personal belegte Akkusativobjekte übereinstimmt. Dass übergeben-Sätze mit einem solchen Akkusativobjekt in der Regel die Abfolge rezipient-thema aufweisen, mag zwar für das Gegenwartsdeutsche stimmen, im historischen Datensatz gibt es aber eine Menge Gegenbeispiele. Auch die Feststellung von De Vaere (2023, S.-165-167), dass sich die an-PP in preisgeben-Sätzen auf konkrete rezipienten beschränkt, trifft nicht auf den historischen preisgeben-Datensatz zu, in zwei Belegen stellt der präpositionale rezipient nämlich eine abstrakte Entität dar. Belege wie Dann lieh Edzart ihm ohne Umstände und Vielleicht lieh mir jemand ihrerseits zeigen, dass historische leihen-Sätze ohne thema tatsächlich auch einen rezipienten im Dativ zu sich nehmen können, und nicht nur-- wie dies Schumacher et al. (2004, S.-525) und IDS Mannheim (2019) für das Gegenwartsdeutsche behaupten-- einen präpositionalen rezipienten. Außerdem steht die Feststellung, dass auch unbeweglicher Besitz, wie z. B. ein Herzogtum, ein Grundstück, Land und Boden, geliehen wird, im Gegensatz zur Behauptung Schumachers (Hg.) ( 1986, S.-743), das thema könne sich in gegenwärtigen leihen-Sätzen nicht auf Immobilien beziehen. Aus dem historischen verleihen-Datensatz schließlich geht hervor, dass dieses Verb in seiner Bezeichnung ‚etwas leihen, etwas verborgen‘ sowohl mit einer an-PP als auch mit einem rezipienten im Dativ kombiniert werden konnte. Im Gegenwartsdeutschen lasse sich diese Alternation aber nicht mehr feststellen: Sprouse (1990, S.- 213 f.) zufolge kommt verleihen in dieser Bezeichnung ausschließlich mit einem präpositionalen rezipienten vor. Das vorliegende Kapitel-geht auf einige bemerkenswerte Befunde ein, die auch über die Ebene der einzelnen Verben hinausgehen. Es diskutiert die wichtigsten Ergebnisse der diachronen Korpusuntersuchung im Lichte der Erkenntnisse aus vorheriger Forschung zur Dativalternation sowie der Feststellungen und Behauptungen in den überprüften Grammatiken, Lehrbüchern und Wörterbüchern. In Abschnitt- 5.1 liegt der Fokus auf dem Vorkommen der präpositionalen Alternante in der historischen und diachronen Untersuchung und ihrem Verwendungsbereich. Nach der Darstellung einiger genereller Tendenzen in 5.1.1, wobei die Ergebnisse der beiden Teiluntersuchungen einander gegenübergestellt werden, setzen sich 5.1.2 und 5.1.3 mit dem prototypischen Transferverb geben bzw. mit den Verben schicken und sen- <?page no="294"?> DISKuSSION 294 den auseinander. Abschnitt-5.2 widmet sich den Unterschieden zwischen der Präpositionalobjektkonstruktion und der Dativobjektkonstruktion. Dabei wird näher auf die (vermeintlichen) semantischen Unterschiede zwischen beiden Konstruktionen (5.2.1), die Wortfolge von thema und rezipient (5.2.2) sowie die Faktoren, die mit der Dativalternation korrelieren (5.2.3), eingegangen. 5.1 Vorkommen und Verwendungsbereich der an-PP/ zu-PP 5.1.1 an-PP/ zu-PP in der historischen und diachronen Untersuchung Eine der Forschungsfragen der vorliegenden Untersuchung betrifft die relativen Verhältnisse der beiden Alternanten im Laufe der Zeit. Ausgehend von verschiedenen historischen und gegenwärtigen Quellen, die über einen tendenziellen Übergang von synthetischen zu analytischeren Formen in der deutschen Sprachentwicklung berichten, liegt es nahe, auch für die Dativalternation eine generelle Zunahme der präpositionalen Alternante anzunehmen. Diese Hypothese trifft allerdings nicht auf alle untersuchten Verben gleichermaßen zu. Während beispielsweise die Verben verkaufen, vergeben, weitergeben und zurückgeben in zunehmendem Maße mit einer an-PP kombiniert werden, kommen Verben wie zuschicken, nachsenden und zusenden nur ausnahmsweise mit einem präpositionalen rezipienten vor. Auch für geben, preisgeben und leihen wird der rezipient im gesamten untersuchten Zeitraum nur selten als an-PP realisiert. In dieser Hinsicht hat Matzel (1976, S.-171-174) also Recht, wenn er schreibt, dass die Tendenz zum Ersatz eines Dativobjekts durch ein Präpositionalobjekt, oder umgekehrt, nicht allgemein gilt, sondern vom jeweiligen dreiwertigen Verb und seiner Verwendungsweise abhängt, d. h. bei vielen Verben seien die beiden Objekte nicht einfach austauschbar, und in übertragener Bedeutung und/ oder in festen Wendungen werde in der Regel der Dativ verwendet, wie z. B. in den Mutlosen Kraft verleihen. Tatsächlich enthält der historische verleihen-Datensatz keinen einzigen Beleg, in dem Kraft verleihen mit einem präpositionalen rezipienten kombiniert wird (siehe Abschn.-4.2.3). Auffällig in Matzels (1976, S.-157-159) Liste der alternierenden Verben sind absenden, nachsenden, verschicken und versenden, denn sie weisen im entsprechenden Korpusmaterial kaum eine Alternation auf. In Bezug auf die Vorkommenshäufigkeit der präpositionalen Alternante sind zwischen den verschiedenen untersuchten Verben also deutliche Unterschiede festzustellen, d. h. bestimmte Verben zeigen eine starke Präferenz für einen rezipienten im Dativ, während andere Verben nahezu ausschließlich mit einem präpositionalen rezipienten kombiniert werden. Erklären lassen sich diese auffälligen Unterschiede laut Kunze (1991) anhand der „semantischen Emphase“ des jeweiligen ditransitiven Verbs. Im Hinblick auf die komplexen Verben hänge die semantische Emphase mit <?page no="295"?> 295 VORKOMMEN uND VERWENDuNgSbEREIcH DER AN-PP/ ZU-PP dem entsprechenden Präfix bzw. Verbzusatz zusammen. Dabei seien, wie bereits in Abbildung-5 dargestellt, zwei Klassen zu unterscheiden. Für Verben der ‚ab‘-Klasse, wozu z. B. absenden, ausleihen, aussenden, vergeben, verkaufen, verleihen, verschicken und versenden gehören, werde der rezipient in der Regel mittels einer an-PP ausgedrückt: p N V u A (an q) sei hier die „einzig mögliche (oder wenigstens stark präferierte) Oberflächenform“. Für die Verben der ‚an‘-Klasse, wie z. B. einschicken, einsenden, zuschicken und zusenden, ergebe sich dagegen die Oberflächenform p N V q D u A mit einem rezipienten im Dativ. Belege, die von diesen Tendenzen abweichen, haben, so Kunze (1991, S.-144), immer eine „spezielle Nebenbedeutung“. Die von Kunze (1991, S.- 92 f.) vorgenommene strikte Einteilung in eine ‚ab‘- und ‚an‘-Klasse lässt sich nicht einfach auf die vorliegenden historischen Korpusdaten übertragen. Problematisch ist vor allem die Tatsache, dass die Besitzwechselverben mit dem gleichen Präfix bzw. Verbzusatz alle auf einen Nenner gebracht werden. Die Verben mit dem Präfix ver- (‚ab‘-Klasse) zum Beispiel weisen jedoch ganz unterschiedliche Ergebnisse auf, denn anders als verschicken und versenden, die tatsächlich fast ausschließlich mit einem präpositionalen rezipienten vorkommen, werden verkaufen und verleihen häufig mit einem rezipienten im Dativ kombiniert. In der zweiten Hälfte des 20.- Jahrhunderts beträgt das relative DOK/ POK-Verhältnis für verkaufen 40%-60%, für verleihen sogar 92%-8%. Diese vielen DOK-Belege sind schwerlich alle als Belege mit einer „speziellen Nebenbedeutung“ einzustufen. Eine ähnliche Überlegung lässt sich für die Verben aussenden (‚ab‘-Klasse‘) und einschicken und einsenden (‚an‘-Klasse) anstellen. Sie kommen in den Korpusdaten alle sowohl mit einem präpositionalen rezipienten als auch mit einem rezipienten im Dativ vor. Für das Verb ausleihen zum Beispiel erscheint der rezipient in etwa einem Drittel der ditransitiven Belege in einer Dativ-NP, und für einschicken gibt es, anders als in Kunzes (1991) Darstellung, mehr Belege mit einem präpositionalen rezipienten als mit einem rezipienten im Dativ. Auch für diese Verben ist es sehr unwahrscheinlich, dass alle Belege, in denen die Realisierung des rezipienten nicht mit derjenigen in der dargestellten Oberflächenform übereinstimmt, immer eine spezielle Nebenbedeutung haben. Eine solche Nebenbedeutung lässt sich auch nicht den Daten entnehmen. Bei den Verben zuschicken und zusenden dagegen, die wegen des Verbzusatzes zu zur ‚an‘-Klasse gehören, ist es tatsächlich die Dativobjektkonstruktion, die sich als die bei weitem bevorzugte Alternante erweist. In nur einigen Belegen wird der rezipient anhand einer an-PP oder zu-PP ausgedrückt. Damit weisen sie dennoch eine größere Variation auf als im Gegenwartsdeutschen, vgl. De Vaere (2023, S.-99). Für manche Verben spiegeln sich die in den Korpusdaten festgestellten Tendenzen bezüglich der DOK/ POK-Verhältnisse in der historischen Teiluntersuchung wider, d. h. für Verben wie leihen, preisgeben, zuschicken, nachsenden und zusenden, die äu- <?page no="296"?> DISKuSSION 296 ßerst selten mit einem präpositionalen rezipienten kombiniert werden, sind in den untersuchten Wörterbüchern (nahezu) ausschließlich DOK-Beispiele verzeichnet, und für Verben wie absenden, aussenden und versenden, die nur ausnahmsweise mit einem rezipienten im Dativ vorkommen, finden sich in den Wörterbüchern nur POK-Beispiele. Solch eine große Übereinstimmung in den Ergebnissen beider Teiluntersuchungen gibt es aber nicht für alle Verben im Datensatz. Geht man ausschließlich vom Vorhandensein von DOK- und POK-Beispielsätzen in den Wörterbüchern aus, so scheint beispielsweise zurücksenden nur mit einem rezipienten im Dativ kombinierbar. Der entsprechende Datensatz enthält jedoch verschiedene Belege mit einer an-PP und zu-PP. Auch für einschicken zum Beispiel könnte man aufgrund der verzeichneten Beispielsätze fälschlicherweise schließen, dass dieses Verb erst gegen das Ende des 20.- Jahrhunderts mit einem präpositionalen rezipienten vorkommt. Das ist aber nicht der Fall, d. h. der älteste einschicken-Beleg mit einer an-PP im Datensatz stammt bereits aus dem Jahr 1660, vgl. (311). Umgekehrt könnten die geben an-Einträge in acht der untersuchten (Valenz-)Wörterbücher bzw. die Textstellen bezüglich geben-+ an-PP in verschiedenen historischen Grammatiken und Lehrbüchern den Eindruck erwecken, dass geben nicht selten mit einem präpositionalen rezipienten kombiniert wurde. Die Korpusdaten zeigen jedoch eine völlig andere Tendenz. (311) […]; dem Vater stellete sie die übergebrachten Gelder zu/ als ein Geschenk von ihrem Bräutigam/ [welche] er des folgenden Tages <an etliche benachbarte vom Adel> einschickete / und damit seine verpfändete Güter einlösete/ […]. (DTA, 1660) Um sich über die Vorkommenshäufigkeit der beiden Alternanten im Laufe der Zeit ein genaues Bild machen zu können, sind die Ergebnisse der historischen Literaturdurchsicht an sich somit kein verlässlicher Indikator, oder zumindest nicht für alle Verben im Datensatz. Die in den Wörterbüchern verzeichneten Beispielsätze stammen gelegentlich aus älteren Quellen, wie die vielen Zitate im Grimmschen Wörterbuch, oder sie scheinen aus anderen Wörterbüchern übernommen, d. h. manche Wörterbuchautoren führen die gleichen Beispielsätze an. Die Durchsicht der historischen sprachwissenschaftlichen Quellen bietet jedoch in mehrfacher Hinsicht einen Mehrwert. Aufgrund der eingetragenen Beispiele lässt sich ermitteln, ob ein bestimmtes Verb mit einem rezipienten im Dativ und/ oder mit einem präpositionalen rezipienten vorkommen konnte, d. h. das Vorhandensein solcher Beispielsätze in Wörterbüchern bzw. die Erwähnung der Konstruktionen in Grammatiken und Lehrbüchern deutet darauf hin, dass die Alternanten bei den Verfassern-- und damit vermutlich auch bei einer größeren Gruppe von Menschen-- bekannt waren. Außerdem ermöglichen ältere Beispielsätze einen Einblick in frühere Sprachstufen des Deutschen. Die von den Brüdern Grimm angeführten geben an-Belege aus dem 13. <?page no="297"?> 297 VORKOMMEN uND VERWENDuNgSbEREIcH DER AN-PP/ ZU-PP und dem 14.- Jahrhundert zum Beispiel zeigen, dass geben längst mit einer an-PP vorkommt. Aufgrund der festgestellten Unterschiede zwischen den verschiedenen untersuchten Verben erscheinen hinlänglich verbspezifische Analysen erforderlich. Würde man die Verben einer gemeinsamen Analyse unterziehen, bestünde die Gefahr, dass sich wichtige historische Unterschiede zwischen den Verben in der Analyse auflösen. Um das weiter zu verdeutlichen, wird in den folgenden zwei Abschnitten exemplarisch auf die Verben geben bzw. schicken und senden näher eingegangen. 5.1.2 an-PP beim Verb geben In der einschlägigen sprachwissenschaftlichen Literatur ist vor allem über das Verb geben und sein Vorkommen mit einem präpositionalen rezipienten bereits viel geschrieben worden. Anders als im Englischen und im Niederländischen, in denen die Verwendung von give bzw. geven mit einer to-PP bzw. aan-PP längst eingebürgert ist, bleibt die Kombination vom Verb geben mit einer an-PP nach wie vor umstritten. Verschiedene Sprachwissenschaftler, Grammatiker, Lehrbuch- und Wörterbuchautoren vertreten dabei ganz unterschiedliche Standpunkte. Während zum Beispiel Sprouse (1990, S.- 233), Kunze (1991, S.- 70), Zifonun/ Hoffmann/ Strecker (1997, S.-1320-1322), Sabel (2002, S.-231) und Hentschel/ Vogel (Hg.) ( 2009, S.-60 f.) behaupten, dass geben in der gegenwärtigen Standardsprache ausschließlich die Konstruktion mit Dativ zulasse, weisen die Satzbaupläne in Götze (1979, S.-293), Götze/ Hess- Lüttich (2002, S.- 81) und IDS Mannheim (2019) sowie die Beispielsätze in Müller (2013, S.-577 f.) auf die Möglichkeit hin, geben mit einer an-PP zu kombinieren. Außerdem fügt IDS Mannheim (2019) die explizite Bemerkung hinzu, dass statt des Dativkomplements („K dat “) „gelegentlich“ ein Präpositivkomplement („K prp [an- + Akk]“) verwendet wird. Unterschiedliche Meinungen über die Kombination von geben mit einer an-PP gibt es bereits seit mehreren- Jahrhunderten. Einige Sprachwissenschaftler aus dem 18. und dem 19.-Jahrhundert setzen sich in ihren Grammatiken, Lehrbüchern und Wörterbüchern ausdrücklich mit dem Verwendungsbereich der an-PP bzw. mit angeblichen Bedeutungsunterschieden zum entsprechenden Dativobjekt auseinander. Laut Gottsched (1748, S.- 435 f., 1753, S.- 200 f.), der die Verwendung der präpositionalen Alternante bei geben völlig ablehnt, ist der Gebrauch von geben mit einer an-PP ein „Fehler“ im niedersächsischen Sprachgebrauch, der „in hochdeutschen Ländern gleich ins Ohr [fällt]“. Andere Sprachwissenschaftler argumentieren diesbezüglich nuancierter in dem Sinne, dass ihnen zufolge die Verwendung eines präpositionalen rezipienten in gewissen Fällen gerechtfertigt sei. Laut Stosch (1780, S.- 109 f.), der dem Gebrauch von geben mit einer an-PP sogar einen ganzen Absatz widmet, drückt die präpositionale Alternante das ‚Abgeben‘ an jemanden aus. Die gleiche Auffas- <?page no="298"?> DISKuSSION 298 sung wird später auch in Adelungs (1793-1801, Bd.- II, S.- 446-449) Grammatisch- Kritischem Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart vertreten. Sanders (1876, Bd.- I, S.- 548-550) seinerseits verknüpft das Vorkommen der an-PP mit der Darstellung eines mittelbaren Empfängers und laut Matthias (1892, S.-210) benutzt man den präpositionalen rezipienten, wenn es sich um eine äußerliche Beteiligung am Geschehen, d. h. um „ein bloßes, uns kalt lassendes Befördern“ handle. Die verschiedenen mehr oder weniger ausführlichen Beschreibungen zum Gebrauch von geben- + an-PP in sprachwissenschaftlichen Quellen ab der Mitte des 18.- Jahrhunderts stehen auf den ersten Blick in scharfem Gegensatz zu den nur wenigen präpositionalen Belegen im vorliegenden geben-Datensatz. Zugleich deuten sie jedoch darauf hin, dass die Verwendung von geben mit einem präpositionalen rezipienten keine Randerscheinung gewesen sein kann, die den Sprachgebrauch nur einer begrenzten Gruppe von Menschen kennzeichnete. Die geringe Anzahl präpositionaler Korpusbelege ließe sich dann wenigstens zum Teil dadurch erklären, dass geben nicht so sehr in geschriebener, sondern vielmehr in gesprochener Sprache mit einer an-PP kombiniert wurde. In dieser Hinsicht scheint es also einen deutlichen Unterschied zu geben zwischen der präskriptiven Norm, wie sie beispielsweise von Gottsched (1748, S.-435 f.; 1749, S.-476; 1752, S.-490) in seiner Grundlegung einer Deutschen Sprachkunst dargestellt wird, und dem tatsächlichen Sprachgebrauch, der immer auch bestimmte Gebrauchsnormen im deskriptiven Sinne (vgl. Coseriu 1975, 1979) aufweist. 5.1.3 an-PP/ zu-PP bei den Verben schicken und senden Einer der auffälligsten und wesentlichsten Unterschiede zwischen den Ergebnissen der vorliegenden diachronen Studie und De Vaeres (2023) Korpusergebnissen für das Gegenwartsdeutsche betrifft den Verwendungsbereich der an-PP bei schicken und senden und den entsprechenden komplexen Verben. Für diese Verben betrachtet De Vaere (2023) sowohl an-PPs als auch zu-PPs als Alternanten für den rezipienten im Dativ. Anders als die Präposition zu, die in erster Linie eine direktionale Präposition sei, sei an innerhalb der Dativalternation vielmehr eine „leere“ Präposition mit einer abstrakten, rein funktionalen Rolle: Ihre Hauptfunktion bestehe darin, eine präpositionale Alternante zum dativisch markierten rezipienten darzustellen (ebd., S.-233, 275). Die direktionale Semantik der Präposition zu sei anhand einer Implikatur aber einfach zu bereichern, d. h. „an implicature of animacy or of recipienthood can sometimes be added to its directional semantics, so that the zu-POC cases can rightfully be said to instantiate addressees rather than pure destinations“ (ebd., S.-223). <?page no="299"?> 299 VORKOMMEN uND VERWENDuNgSbEREIcH DER AN-PP/ ZU-PP Beide präpositionale Varianten werden bereits in verschiedenen sprachwissenschaftlichen Quellen aus dem 18. und dem 19.-Jahrhundert als mögliche Alternanten für das Dativobjekt in einem schicken- oder senden-Satz dargestellt. Hempel (1754, S.-832) und Krebs (1830, S.-160) zum Beispiel weisen ausdrücklich auf die an-PP-Alternante hin, während Aichinger (1754, S.-408), Adelung (1793-1801, Bd.-III, S.-1437) und Campe (1807-1811, Bd.-IV, S.-120 f.) jeweils die zu-PP-Alternante erwähnen. In jedem der in diesem Zusammenhang angeführten Beispielsätze handelt es sich um die Sendung einer Person zu einer anderen Person, vgl. Sende deinen Diener an mich (Hempel), Sende deinen Bedienten zu mir (Aichinger), Schicke mir deinen Bruder, oder schicke ihn zu mir (Adelung) und Schicke mir einmahl den Bedienten, für, schicke ihn zu mir (Campe). Auch aus dem historischen Korpusmaterial der Verben schicken und senden geht hervor, dass der rezipient in Sätzen mit sowohl einem belebten thema als auch einem belebten rezipienten entweder als Dativobjekt erscheint oder durch die Präpositionen an oder zu markiert wird, vgl. die schicken- und senden-Beispiele in (312) bzw. (313). Im schicken-Beleg in (314) aus Henricus Lettus’ historiographischem Werk Der Liefländischen Chronik kommen sogar eine zu-PP und zwei an-PPs nebeneinander vor. (312a) Wenn ich nur <Marien> [einen Boten] schicken könnte. (DTA, 1773) (312b) Guido schickte heimlich [einen Eilboten] <an Ottona>, […]. (DTA, 1810) (312c) <Zu der andern Braut> aber schickte er [einen Boten], […]. (DTA, 1840) (313a) Iring blieb im Lager der Franken und sandte <seinem Herrn> [einen Boten], um die Stadt zu beruhigen; […]. (HIST, 1816-1818) (313b) Da gerieth nun der Graf in eine solche Wuth über Johannes, daß er sogleich [einen expressen Boten] <an den Vogt> sandte , mit dem Befehl: […]. (DTA, 1849) (313c) Nachdem der Aufschub mit Mühe erlangt worden war, wurde [ein Expresser] nach Eoluma <zu dem Todtenbeschauer> gesandt . (HIST, 1851) (314) Es schickten auch unsere Ritter [ihre Boten] <zu dem Erzbischof, dem Hochwürdigen Herrn Andreas, und an andre Bischöfe der Dänen, und an die Männer des Königs, so auf dem Revelschen Schlosse waren>. (DTA, 1747) Wie bereits in Abbildung- 17 und Abbildung- 27 für den annotierten sendenbzw. schicken-Datensatz dargestellt wurde, geht die absolute Anzahl der Belege, in denen das thema und der rezipient beide belebt sind, für alle Konstruktionen im Laufe der Zeit zurück. Auffallend ist die Entwicklung der Präpositionalobjektkonstruktion mit der Präposition an, denn sie kommt in der zweiten Hälfte des 20.-Jahrhunderts nur noch selten in Belegen mit sowohl einem belebten thema als auch einem beleb- <?page no="300"?> DISKuSSION 300 ten rezipienten vor. Heutzutage ist diese Konstruktion bei solchen Belegen sogar völlig ungebräuchlich geworden, d. h. in den n- = 261 Belegen mit einem belebten thema in De Vaeres (2023, S.- 230-232, 235 f.) schicken/ senden-Datensatz wird der belebte bzw. ‚unbestimmte‘ rezipient jeweils entweder als Dativobjekt (n-= 84; z. B. Gott hat uns Slobodan gesandt, Diese Abteilungen schicken der Tagesklinik die meisten Patienten) oder als zu-PP (n- = 177; z. B. Bill Clinton sandte Kundschafter zu Norber Blüm, In Brandenburg wurden sofort Kontrolleure zu dem Betrieb geschickt) realisiert. Im Gegensatz zum historischen Korpusmaterial ist eine Realisierung als an-PP hier ausgeschlossen, vgl. De Vaere (ebd., S.-229): [I]n combination with animate themes, an-POC does not alternate with IOC if the addressee is also animate. Only zu-POC is then the possible alternant. In these cases, an-POC and zu-POC are in complementary distribution. The IOC/ an-POC alternation is restricted to inanimate themes in combination with animate or underspecified addressees. Tabelle-27 bietet für den endgültigen schicken- und senden-Datensatz (N-= 2.465) der vorliegenden Korpusuntersuchung eine Übersicht über die absolute und relative Anzahl Belege mit einem belebten thema und einem belebten bzw. unbestimmten rezipienten. Für jede Alternante stellt die erste Spalte die absolute Gesamtzahl der annotierten schicken- und senden-Belege pro Zeitabschnitt dar. Die zweite Spalte gibt an, in wie vielen dieser Belege ein belebtes thema mit einem belebten bzw. unbestimmten rezipienten vorkommt. Die dritte Spalte zeigt das jeweilige relative Verhältnis. Die Zahlen für das Gegenwartsdeutsche sind De Vaeres (2023, S.- 230- 232, 235 f.) schicken/ senden-Datensatz entnommen. Zeitabschnitt DOK POK AN POK ZU 1650-1700 200 52 (26%) 50 36 (72%) 111 94 (85%) 1701-1750 200 42 (21%) 174 99 (57%) 93 76 (82%) 1751-1800 200 37 (19%) 61 27 (44%) 34 31 (91%) 1801-1850 200 32 (16%) 58 19 (33%) 32 27 (79%) 1851-1900 200 38 (19%) 66 18 (27%) 34 34 (100%) 1901-1950 200 16 (8%) 97 10 (10%) 35 31 (89%) 1951-1999 200 17 (9%) 183 4 (2%) 37 32 (86%) Gegenwartsdeutsch 1.326 84 (6%) 1.092 0 (0%) 272 177 (65%) Tab.-27: übersicht über die absolute und relative Anzahl DOK-, POK AN- und POK zubelege mit einem belebten thema und einem belebten bzw. unbestimmten rezipienten im endgültigen schicken- und senden-Datensatz pro zeitabschnitt <?page no="301"?> uNTERScHIEDE zWIScHEN DEN bEIDEN ALTERNANTEN 301 In Bezug auf die schicken- und senden-Belege mit einem belebten thema und einem belebten bzw. unbestimmten rezipienten hat sich die Anzahl der Ausdrucksmöglichkeiten des rezipient-Arguments im Laufe der Zeit also verringert, d. h. von zwei präpositionalen Alternanten im historischen Korpusmaterial (an und zu) zu einer einzigen präpositionalen Alternante im Gegenwartsdeutschen (zu). Innerhalb der heutigen Dativalternation beschränkt sich der Verwendungsbereich der an-PP angeblich auf Belege mit einem unbelebten thema, in Sätzen mit einem belebten thema erscheint der rezipient entweder als Dativobjekt oder als zu-PP. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Norm, der „normale“ Sprachgebrauch, in der gegenwärtigen Sprachgesellschaft also deutlich von der Norm in den vergangenen- Jahrhunderten. Es lässt sich sogar die These aufstellen, dass sich hier allmählich ein echter Sprachwandel vollzieht, denn sollte die an-PP als Alternante für die Kombination eines belebten themas mit einem belebten bzw. unbestimmten rezipienten in Zukunft völlig ausscheiden, dann würde das bedeuten, dass sich nicht nur die Norm verändert hat, sondern dass sich auch im Sprachsystem ein entsprechender Wandel vollzogen hat. Um das festzustellen, wäre allerdings eine umfassendere Untersuchung erforderlich, die insbesondere auch den mündlichen Sprachgebrauch im letzten halben-Jahrhundert sowie diatopische und diastratische Variation im Sprachgebrauch mit einbezieht. 5.2 Unterschiede zwischen den beiden Alternanten 5.2.1 Semantische und stilistische Unterschiede Sowohl in historischen als auch in einigen gegenwärtigen sprachwissenschaftlichen Quellen wird auf semantische und stilistische Unterschiede zwischen Dativobjekten und ihren entsprechenden Präpositionalobjekten hingewiesen. Im Hinblick auf die Dativalternation bei ditransitiven Verben stellt Tabelle- 28 die in der einschlägigen Literatur genannten Unterschiede zwischen einem rezipienten im Dativ und einem präpositionalen rezipienten dar. Dativobjekt Präpositionalobjekt am Ereignis beteiligte Person größere Konkretheit, präzisere Bezeichnung Besitzbeziehung Bewegung zum Zielort unmittelbarer Kontakt/ Empfänger mittelbarer Kontakt/ Empfänger enges, persönliches, innerliches Verhältnis äußerliches Verhältnis Tab.-28: übersicht über die in der Literatur erwähnten semantischen und stilistischen unterschiede zwischen einem Dativ- und Präpositionalobjekt in Sätzen mit einem Transferverb <?page no="302"?> DISKuSSION 302 Generell bezeichne das Dativobjekt eine menschlich belebte Entität, die in irgendeiner Weise am Ereignis beteiligt sei. Manchmal ermögliche die Dativ-NP verschiedene Lesarten, d. h. in Sätzen wie Ich verkaufe dir ein Haus oder Ich schreibe dir einen Brief lasse sich dir sowohl als rezipient als auch als benefaktiv auffassen. Liege eine Lesart als rezipient vor, so gelte das Dativobjekt als der eigentliche, unmittelbare Empfänger. In der Regel stelle das Dativobjekt ein enges, persönliches und innerliches Verhältnis dar. Präpositionalobjekte ihrerseits würden es ermöglichen, Bezeichnungen präziser und konkreter auszudrücken als reine Kasus. Ersetzt man beispielsweise in den obenstehenden Sätzen die Dativ-NP dir durch eine an-PP (rezipient) bzw. für-PP (benefaktiv), so wird die Zweideutigkeit aufgehoben. In Bezug auf die an- und zu-PPs, die in der vorliegenden Studie als Alternanten des rezipienten im Dativ betrachtet werden, wird häufig behauptet, dass sie anders als das Dativobjekt keine Besitzbeziehung darstellen würden, sondern nur bzw. an erster Stelle eine Bewegung zu einem mit dem rezipienten assoziierten Ort. In verschiedenen Grammatiken und Lehrbüchern werden solche an-PPs unterschiedlich klassifiziert, d. h. entweder als Präpositionalergänzung, wie z. B. in Engel (2004, S.- 110) und Ten Cate/ Lodder/ Kootte (2004, S.- 163 f.) oder als Richtungsergänzung, wie z. B. in Engelen (1975, Bd.-II, S.-108 f., 259 f.) und Lodder (2007, S.-77). Der Referent der in der PP eingebetteten NP bezeichne den mittelbaren Empfänger. Außerdem drücke ein Präpositionalobjekt ein äußerliches Verhältnis aus. Die in der Literatur angenommenen Unterschiede zwischen rezipienten im Dativ und den entsprechenden präpositionalen Alternanten spiegeln sich so in den historischen Korpusdaten nicht wider. Die weitverbreitete Annahme, dass sich das Dativobjekt stets auf eine Person bzw. auf eine belebte Entität beziehe, wurde bereits von De Vaere (2023) widerlegt und auch das historische Korpusmaterial enthält verschiedene Belege, in denen der rezipient nicht-personal belegt ist. Dass dies nicht nur bei geben (siehe Abschn.- 4.3.1) der Fall ist, zeigen die unter (315) bis-(319) angeführten Beispiele mit den Verben übergeben, zurückgeben, verleihen, verkaufen und senden. Die Dativobjekte sind entweder konkret, wie dem Meer, dem- Boden, der darüber gebreiteten Erde und dem blaugeschnäbelten Schiffe, oder abstrakt, wie dieser Erziehung, seinem früheren Wohlstande, der untreuen Freundschafft und der hoffnung. (315a) […]/ und als ihm gegen die Mitternacht etwas eingefallen/ schlug er seine Augen zu/ übergab [seinen Leib] <dem Schlaff>/ und ruhete biß an den liechten Morgen. (DTA, 1690) (315b) Die verständigen Eltern unter den ausgenommenen werden freiwillig [ihre Kinder] <dieser Erziehung> übergeben . (HIST, 1808) (315c) Heute nachmittag, […], sollte [der Zinnsarg mit den sterblichen Ueberresten der schönen Lila] <der Erde> feierlich übergeben werden. (HIST, 1866) <?page no="303"?> uNTERScHIEDE zWIScHEN DEN bEIDEN ALTERNANTEN 303 (315d) [Die geladenen Waren] sind teilweise verfault und <dem Meer> übergeben worden. (KK20, 1913) (316a) Der Staat müsste eilends einige Hände den letzteren Zweigen entziehen, und [sie] <dem Ackerbaue> zurückgeben . (HIST, 1800) (316b) Es war offenbar, daß alle Pflanzen <dem Boden> in verschiedenen Verhältnissen [gewisse Materien] zurückgeben mußten, [[die zur Nahrung einer folgenden Generation verwendet werden konnten]]. (DTA, 1840) (316c) Tiefe Wunden sind geschlagen worden. Sie zu lindern und zu heilen, so weit dies möglich, [Wien], [[das Herz des Reichs]], <seinem früheren Wohlstande> zurückzugeben und dafür zu sorgen, daß […]. (DTA, 1848) (317a) So war er im Innersten seines Gemüths von einem Feuer erwärmt, das, gleich dem eines Vulkans, der für verheerenden Ausbruch zu tief liegt, nur <der darüber gebreiteten Erde> [größere Fruchtbarkeit] verleiht , […]. (DTA, 1830) (317b) […] und der Minister, der ihn ins Leben ruft, wird auf alle Zeiten das Verdienst behalten, <dem Gebäude der Rechtswissenschaft, der Lehre des Rechts> [ihren Grund- und ihren Schlußstein] verliehen zu haben. (DTA, 1840) (317c) […], wenn ihnen Nitritpökelsalz zugesetzt worden ist. Dieses Salz verleiht <Fleischprodukten> [eine gleichbleibend frische rote Farbe]. (KK20, 1976) (318a) […]/ so lange werde [ich] <der untreuen Freundschafft> zu keinen ewigen Sclaven verkaufft . (DTA, 1679) (318b) […], wodurch ich für eine namhafte Summe [meine literarische Tätigkeit] <den gouvernementalen Bedürfnissen des Ministeriums Guizot> verkauft hätte. (HIST, 1840) (319a) Himmel/ Dir/ der <unsern Gränzen> [Glanz und Lenzen] von den milden Händen sendet / […] / Dir/ ist unser Dank verpfändet. (DTA, 1680) (319b) Kurtz: schickung muß <der hoffnung> [hülffe] senden / Sonst wird zuletzt auch hoffnung zum verdruß. (DTA, 1703) (319c) Jene sandte vom Ufer <dem blaugeschnäbelten Schiffe>, [Günstigen segelschwellenden Wind], zum guten Begleiter, Kirkä die schöngelockte, die hehre melodische Göttin. (DTA, 1781) Im Hinblick auf die präpositionale Variante ist es wichtig, zwischen einerseits Belegen mit einer reinen Richtungs- oder Zielangabe und andererseits Belegen, in denen die an-PP oder zu-PP eine Lesart als rezipient ermöglicht, zu unterscheiden. Nur <?page no="304"?> DISKuSSION 304 bei den Belegen der letzteren Gruppe kann es sich um Beispiele der Dativalternation handeln. Zwischen den beiden Alternanten besteht verschiedenen Sprachwissenschaftlern zufolge ein semantischer Unterschied in dem Sinne, dass die Dativobjektkonstruktion eine Besitzbeziehung darstelle, während die Präpositionalobjektkonstruktion eine Bewegung zum Zielort ausdrücke. Diese strenge semantische Unterscheidung ist zwar bei bestimmten Verben oder auch in manchen Fällen möglich, sie darf aber keineswegs verallgemeinert werden: Geht man von der lexikalischen Bedeutung der ditransitiven Verben aus, so könnten Verben wie schicken und senden tatsächlich ein Richtungsverhältnis angeben, nicht jedoch Verben wie vergeben, verkaufen oder verleihen, denn ihre lexikalische Bedeutung enthält kein Bedeutungsmerkmal, das sich auf ein Richtungsverhältnis bezieht. Die Tatsache, dass solche Verben mit einer an-PP vorkommen können, dürfte ein Hinweis darauf sein, dass auch bei der Verbindung von schicken/ senden mit einer an-PP nicht notwendigerweise eine Richtungsbezeichnung vorliegt. 5.2.2 Wortfolge von thema und rezipient Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Alternanten betrifft die interne Abfolge von thema und rezipient. Im Gegenwartsdeutschen gelten für Belege mit sowohl einem nominalen thema als auch einem nominalen rezipienten DOK(r-t) und POK(t-r) als die normalen Wortfolgen, d. h. rezipienten im Dativ gehen in der Regel dem thema im Akkusativ voran, während präpositionale rezipienten in der an-PP oder zu-PP in der Regel dem thema folgen. Die Ergebnisse der vorliegenden diachronen Korpusuntersuchung, die die Wortfolgevariation der Verben verkaufen, senden, schicken, übergeben, zurückgeben, verleihen, übersenden und einsenden überprüft hat, stimmen weitgehend mit diesen beiden Tendenzen überein. Hauptsächlich für die präpositionalen Belege dieser Verben erweist sich die Wortfolge darüber hinaus als historisch relativ stabil, d. h. im gesamten untersuchten Zeitraum weist die überwiegende Mehrheit der Belege die Wortfolge thema-rezipient auf. Belege, in denen der präpositionale rezipient dem thema vorangeht, wie in den Beispielen unter (320), kommen bedeutend weniger häufig vor. Warum solche Belege genau von der normalen Wortfolge abweichen, muss von Fall zu Fall überprüft werden. Wie bereits in Abschnitt- 1.1.4 dargestellt wurde, ist die Konstituentenfolge jedes individuellen Satzes auf ein komplexes Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren wie die Belebtheit, Definitheit und Pronominalität der Objekte und die Thema-Rhema-Gliederung zurückzuführen. (320a) Als David <zu der klugen Abigail> [Botschaften] sendet / umb sie zu werben / fiel sie in tieffer Demuht zur Erden / und sprach: […]. (DTA, 1652) (320b) […]: so erblicket er das ganze Heer der Türken und Tatarn, und sendet davon durch einen reitenden Boten <an den Zar> [Bericht] ein . (DTA, 1745) <?page no="305"?> uNTERScHIEDE zWIScHEN DEN bEIDEN ALTERNANTEN 305 (320c) D’Abbadie übersandte <an Arago> [die Resultate einiger auf Reisen angestellten Beobachtungen]. (DTA, 1840) (320d) Im Mittelalter verliehen die Städte <an Ritter und Herren> [das Bürgerrecht], und das war eine große Ehre, […]. (HIST, 1840) (320e) Denselben Strafen verfallen die Detailhändler, wenn sie <an Kinder unter 16 Jahren> [Wein oder sonstige geistige Getränke] verkaufen . (DTA, 1855) (320f) Er fand noch alles wach und übergab <an Graf Adam> [einen Zettel], [[den Egon geschrieben hatte]]. (HIST, 1881-1883) (320g) Und nun erst begrüßten sich die jungen Mädchen, und Asta gab <an Elisabeth> [die Notenmappe] zurück und […]. (HIST, 1887-1890) (320h) Sie kann <an Herren> [Karten] schicken zu Neujahr, bei Ordensverleihung, Beförderung und Kondolenzen. (KK20, 1918) In Bezug auf die Belege mit einem rezipienten im Dativ dagegen weist nicht jedes Verb aus dem Datensatz solch eine starke Präferenz für eine der beiden Wortfolgevarianten auf: Bei den meisten untersuchten Verben ist DOK(r-t) zwar die bevorzugte Variante, aber die relativen Verhältnisse zwischen beiden Abfolgen sind von Verb zu Verb sehr unterschiedlich. Betrachtet man innerhalb der Dativobjektkonstruktion wiederum nur diejenigen Belege mit einem nominalen thema und einem nominalen rezipienten, so liegen die relativen DOK(r-t)-Anteile für verleihen insgesamt bei 90% (343/ 381), für senden bei 87% (168/ 193) und für schicken bei 84% (139/ 165). Auch die Verben zurückgeben und übersenden kommen in der Dativobjektkonstruktion am häufigsten mit der Abfolge rezipient-thema vor, aber ihre relativen DOK(r-t)-Anteile sind mit insgesamt 61% (139/ 229) bzw. 58% (175/ 303) bedeutend- geringer. Für übergeben und einsenden dagegen erweist sich die umgekehrte Wortfolge DOK(t-r) als die am häufigsten vorkommende Variante: Die relativen DOK(r-t)-Anteile betragen insgesamt 40% (152/ 383) bzw. 42% (30/ 72). Die Dativobjektkonstruktion des Verbs verkaufen schließlich stellt bezüglich ihrer Wortfolge eine bemerkenswerte Entwicklung dar: Erst ab dem Anfang des 20.-Jahrhunderts etabliert sich DOK(r-t) als die in der Gegenwartssprache normale DOK-Wortfolge. Bis zur Mitte des 19.- Jahrhunderts kommen die DOK-Belege mit zwei nominalen Objekten noch häufiger mit der umgekehrten Abfolge thema-rezipient vor, vgl. Abbildung-72. Auch für die Wortfolge lohnt es sich also, jedes Verb separat zu analysieren, um die Unterschiede und Gemeinsamkeiten, die es zwischen ihnen gibt, aufzudecken. Pauschale Schlussfolgerungen werden der Realität der festgestellten Variation unter den untersuchten Verben nicht gerecht. <?page no="306"?> DISKuSSION 306 Abb.-72: Relative Verhältnisse der Wortfolgen von thema und rezipient in DOK für verkaufen mit ausschließlich nominalen Konstituenten Im Allgemeinen weist auch Starke (1969, S.-32; 1970, S.-244) auf eine festere Wortfolge im Laufe der Zeit bzw. auf eine Einschränkung der Stellungsmöglichkeiten des rezipienten im Dativ hin. Ihm zufolge können in der Gegenwartssprache bei „den meisten Verben des Gebens und des Mitteilens“ keine Dativobjekte mehr auf nominale, indefinite Akkusativobjekte folgen. Diese Einschränkung gelte auch für Sätze mit einem „substantivischen Akkusativobjekt“ und einem „pronominale[n] Dativobjekt“. In beiden Fällen trete statt des reinen Dativs eine Präpositionalphrase auf. Das historische Korpusmaterial enthält jedoch Belege, die genau diese Wortfolgen aufweisen, vgl. (321) bzw. (322) für eine Auswahl. (321a) Schick’t Masanissa nicht [ein Gift-Glas] <Sophonißben>. (DTA, 1661) (321b) Mehr ist dem verzweiffelten Judae nachgefolgt ein Gewissen-loser Catholischer Priester/ welcher aus lauter Geld-Gier/ in allen fast ähnlich dem Iscarioth/ [eine consecrirte Hostien] <den Hebräern> verkaufft um 60. Guden. (DTA, 1692) (321c) […], wenn unsere Brüder jederzeit [Trost] <den Bedrängten>, [Hilfe] <den Nothleidenden> verliehen , wenn sie Muth in Gefahren zeigten, […]. (HIST, 1793) (321d) Als er Hans kommen sah, erkannte er den Ruf zum schweren Gange, schürzte sein Gewand und sandte [Botschaft] <seinem läutenden Sigrist>, daß er sich ablösen lasse am Glockenstrang und […]. (HIST, 1842) (321e) […], in derselben Weise, wie, wenn ein sensorischer Nerv gereizt wird, derselbe einen Eindruck einem Ganglion zusendet, welches dann [einen bestimmuNTERScHIEDE <?page no="307"?> zWIScHEN DEN bEIDEN ALTERNANTEN 307 ten Einflusz] <einem Muskel oder einer Drüse> zurückgibt , [[welcher Bewegung oder vermehrte Absonderung verursacht]]. (DTA, 1876) (321f) […], gestatte ich mir, [Kopien dieses Briefes] <Herrn Eden und Herrn Faure> zu übersenden , und hoffe, daß Sie dies richtig verstehen. (KK20, 1955) (321g) Wir verkaufen [Waffen] <jenen Ländern>, <<die uns darum ersuchen, die mit uns in Freundschaft leben wollen>>. (KK20, 1964) (321h) Die Geschäftsstelle des Amtsgerichts übersendet [eine Ausfertigung aller rechtskräftigen Entscheidungen] <dem Standesbeamten des Standesamts I in-Berlin>. (KK20, 1998) Mit Ausnahme des l-Satzes aus der Gebrauchsliteratur stammen alle Belege unter (322) aus belletristischen Werken. Zwischen Klammern ist jeweils die spezifische Textsorte angegeben. (322a) Dein wohlthätiger Schooß, […], verleiht [nützendes Eisen] <uns>, [[Das den Acker durchschneidet Und das Erbe der Väter schüzt]]. (DTA, 1779- - Lyrik) (322b) Leb‚ wohl! O wende dich zu uns und gib [Ein holdes Wort des Abschieds] <mir> zurück ! (HIST, 1779-- Drama) (322c) Siehe dann will ich sofort es allen Menschen verkünden, Daß ein waltender Gott [den hohen Gesang] <dir> verliehn hat. (DTA, 1781-- Epos) (322d) Sey treu, du Geliebte, sey treu bis ans Ende, Bis dass ich [den rufenden Bothen] <dir> sende . (DTA, 1798-- Lyrik) (322e) Die Edelleute liefern nichts, wie ich höre, sondern verkaufen [ihre Produkte] <denen>, <<welche liefern müssen>>; […]! (HIST, 1806-1807- - Aphorismus) (322f) Du hast [deine Bemerkungen auf dieser Wanderung] einst <uns> eingesandt . (HIST, 1823-- Roman) (322g) Und ich verkannte sie nicht, ergriff die Eilende, lieblich Gab sie [Umarmung und Kuß] bald <mir> gelehrig zurück . O wie war ich beglückt! (HIST, 1827-- Lyrik) (322h) Ich schicke [die Zeitungen] für die Brüder <dir>, des Porto wegen: du kannst sie mit einem Kourier schicken. (DTA, 1834-- Prosa) (322i) Sie schwieg. Dem Gott, der niemals sie erhörte, Sie sandte [kein Gebet] <ihm> himmelwärts. (HIST, 1845-- Lyrik) (322j) Allerdings hatten die Schlosser [Karls Kleid] <ihr> verkauft und damit eine gewisse Gemeinsamkeit erwiesen. (HIST, 1911-- Roman) <?page no="308"?> DISKuSSION 308 (322k) Zwischendurch erließ er Aufrufe, [alle seltenen Tiere] <ihm> einzusenden . Da passierte es, daß ein Bäuerlein in Angelmodde einen merkwürdigen Vogel mit langem Schnabel fing. (KK20, 1922-- Roman) (322l) Weil aber der Herr Professor nie antwortet, so mach ich Sie zum Chef der Firma und schicke [das Geschreibsel] <Ihnen>. (KK20, 1957) Im Vergleich zur Präpositionalobjektkonstruktion, die für die gesamte neuhochdeutsche Periode eine starke Präferenz für die Wortfolge thema-rezipient aufweist, lässt sich bei der Dativobjektkonstruktion eine größere Variation in der Wortstellung beobachten. Belege wie in (321) sowie die festgestellte Entwicklung der DOK(r-t)/ DOK(t-r)-Verhältnisse des Verbs verkaufen deuten jedoch auf eine sich im- Laufe der Zeit allmählich verfestigende Konstituentenfolge hin. Die deutsche Dativalternation wird allerdings immer noch durch eine viel größere Wortstellungsfreiheit gekennzeichnet als die entsprechende Alternation im Englischen, die in erster Linie eine Wortfolgealternation zwischen DOC(r-t) und POK(t-r) darstellt, d. h. die umgekehrten Abfolgen kommen im heutigen Englisch nur noch sehr selten vor: DOC(t-r) wird noch in einigen britischen Dialekten verwendet und der Gebrauch von POK(r-t) beschränkt sich vor allem auf formale Textgattungen und Sätze mit langen NPs (De Cuypere 2015a, S.-228; 2015b, S.-10). Auch bei der niederländischen Doppelobjektkonstruktion lässt sich eine Einschränkung feststellen: Während DOC(t-r) im 17.-Jahrhundert noch mit nominalen themata kombiniert wird, ist sie heutzutage fast ausschließlich auf pronominale themata beschränkt (Geleyn 2016, S.-92). Die deutsche Dativalternation unterliegt keinen solchen Einschränkungen. Wie die Beispielsätze unter (323) zeigen, kommen verschiedene DOK-Belege mit einem nominalen thema auch in den 1990er Jahren noch mit der Wortfolge thema-rezipient vor. Außerdem ist die Präpositionalobjektkonstruktion am Ende des 20.- Jahrhunderts immer noch mit der umgekehrten Wortfolge rezipient-thema belegt, vgl. (324) für eine Auswahl. (323a) […], worauf das Volk den Tyrannen vertreibt und [Dorliska] <ihrem Gatten> zurückgibt . (KK20, 1998) (323b) In diesem Falle hat der Arzt [eine Abschrift des Zeugnisses] unverzüglich <dem zuständigen Gesundheitsamt> zu übersenden . (KK20, 1998) (323c) Tristan schickte [das abgeschlagene Haupt des Gegners] <seiner Braut Isolde>. Doch auch Tristan war schwer verwundet […]. (KK20, 1998) (324a) Zum Jahrestag der Machtübernahme […] hält Goebbels eine Rundfunkrede an die deutsche Jugend. Hitler verleiht <an verdiente Parteigenossen> [das goldene Ehrenzeichen]. (KK20, 1982) <?page no="309"?> uNTERScHIEDE zWIScHEN DEN bEIDEN ALTERNANTEN 309 (324b) Brecht selbst schickt <an Walter Ulbricht> [einen Brief], [[der mit den anderntags vom ND genüßlich zitierten Worten endet]]: […]. (KK20, 1986) (324c) Botschafter Kwizinskij habe <an das Deutsche Rote Kreuz> [eine Liste von eineinhalbtausend Fällen] übergeben . (KK20, 1989) (324d) Es kann auch passieren, daß Knoten A <an Knoten B> [eine Nachricht] schicken will und vorher von Knoten B ein Lebenszeichen verlangt, […]. (KK20, 1991) (324e) Dazu wurden vornehmlich <an Reisende aus dem »kapitalistischen Ausland«> [Waren aus ausländischer, meist westlicher Produktion] gegen Bezahlung in frei konventierbarer Währung verkauft . (KK20, 1994) 5.2.3 Motivierende Faktoren In Anlehnung an bisherige Korpusuntersuchungen zur Dativalternation im Englischen, Niederländischen und Gegenwartsdeutschen wurden auch in der vorliegenden Studie logistische Regressionsanalysen durchgeführt. Sie bieten eine Antwort auf die Frage, welche der annotierten Faktoren mit der Dativalternation korrelieren. Eine ausführliche Darstellung der Analysen und deren Ergebnisse erfolgte bereits in Kapitel-4. Im Folgenden beleuchte ich aufgrund der Übersicht in Tabelle-29 und Tabelle-30 noch einige allgemeine Tendenzen. Dabei ist zu beachten, dass die Tabellen ausschließlich der Zusammenfassung der Ergebnisse dienen, denn die Ergebnisse der verschiedenen Verben lassen sich aufgrund der unterschiedlichen Zusammenstellung der Datensätze und der unterschiedlichen Vorgehensweisen nicht einfach miteinander vergleichen. Was die in den Tabellen benutzten Abkürzungen bezeichnen, wird in Abschnitt-1.2.1.3 erläutert. Neben den signifikanten Faktoren steht jeweils zwischen Klammern, welche die Kategorien sind, die eine positive Korrelation mit der Präpositionalobjektkonstruktion aufweisen. Insgesamt lassen sich zwei allgemeine Tendenzen erkennen. Erstens gibt es für jedes Verb bzw. für jeden Cluster jeweils mehrere signifikante Faktoren, die mit der Dativalternation korrelieren. Trotz der vielen auffälligen Unterschiede (i)- in der Anzahl der signifikanten Faktoren, (ii)- in dem Maße, in dem eine bestimmte Variable signifikant ist, und/ oder (iii)-in der Art der Effekte (Haupt- oder Interaktionseffekt) sind es für eine Anzahl Faktoren oft die gleichen Kategorien, die mit der präpositionalen Alternante assoziiert werden können. Das ist der Fall für Diathese, Textsorte, Definitheit des themas, Pronominalität des themas, Belebtheit des rezipienten, Definitheit des rezipienten, Pronominalität des rezipienten, Numerus des rezipienten, Person des rezipienten, Grammatisches Genus des rezipienten und Längendifferenz zwischen rezipient und thema. Immer wenn diese Variablen signifikante Haupteffekte bilden, sind es jeweils die folgenden <?page no="310"?> DISKuSSION 310 verkaufen N-= 1.441 senden N-= 1.352 schicken N-= 1.113 übergeben (1650-1950) N-= 777 übergeben (1951-1999) N-= 221 Erscheinungsjahr SIG → Interaktionseffekt → Interaktionseffekt NSIG NSIG Diathese SIG (passiv) SIG (passiv) NSIG NSIG NSIG Textsorte NSIG SIG-I ~ Erscheinungsjahr NSIG NSIG NSIG ag Belebtheit NSIG NSIG NSIG NSIG NSIG th Belebtheit SIG (Ort.Objekt) SIG (belebt) SIG (belebt) SIG (Ort.Objekt) NSIG th Definitheit SIG (definit) NSIG NSIG NSIG NSIG th Pronominalität NSIG NSIG NSIG NSIG NSIG th Konkretheit NSIG SIG (prop) SIG (prop) NSIG SIG (abstrakt) rez Belebtheit NSIG NSIG SIG (unbest) SIG (Indiv, Koll, unbest) NSIG rez Definitheit SIG (indefinit) NSIG NSIG NSIG SIG (indefinit) rez Pronominalität SIG (nominal) SIG-I ~ Erscheinungsjahr SIG-I ~ Erscheinungsjahr SIG (nominal) NSIG rez Konkretheit NEINB NEINB NEINB SIG (abstrakt) NSIG rez Numerus SIG (Singular) NSIG NSIG SIG (Singular) NSIG rez Person SIG (nicht-lokal) NSIG NSIG SIG (nicht-lokal) NSIG rez Proprialität NSIG NSIG NSIG NSIG SIG (Eigenname) rez Gramm. Genus SIG (irrelevant) SIG (irrelevant) SIG (irrelevant) SIG (irrelevant) NSIG Längendifferenz rez-th SIG (rez länger als th) SIG (rez länger als th) SIG (rez länger als th) NSIG NSIG Tab.-29: Schematische übersicht über die Ergebnisse der statistischen Analysen der Verben verkaufen, senden, schicken und übergeben <?page no="311"?> uNTERScHIEDE zWIScHEN DEN bEIDEN ALTERNANTEN 311 zurückgeben (1650-1900) N-= 488 zurückgeben (1901-1999) N-= 355 verleihen (1650-1950) N-= 651 verleihen (1951-1999) N-= 222 übersenden N-= 700 einsenden N-= 368 Erscheinungsjahr NSIG NSIG NSIG NSIG NSIG NSIG Diathese NSIG NSIG NSIG NSIG NSIG NSIG Textsorte SIG (Medien, Wiss) NSIG SIG (Wissenschaft) NEINB NSIG NSIG ag Belebtheit NSIG NSIG SIG (belebt, unbest) NSIG NSIG NSIG th Belebtheit NSIG NSIG NSIG NSIG NSIG NSIG th Definitheit NSIG NSIG SIG (definit) NSIG NSIG NSIG th Pronominalität NSIG NSIG SIG (pronominal) NSIG SIG (pronominal) NSIG th Konkretheit SIG (konkret) SIG (prop) SIG (konkret, prop) SIG (konkret) NSIG NSIG rez Belebtheit NSIG SIG (Koll, unbest) NSIG NSIG NSIG NEINB rez Definitheit NSIG SIG (indefinit) SIG (indefinit) NSIG NSIG NSIG rez Pronominalität SIG (nominal) SIG (nominal) SIG (nominal) SIG (nominal) SIG (nominal) SIG (nominal) rez Konkretheit NSIG NSIG NSIG NSIG NEINB NSIG rez Numerus SIG (Singular) NSIG SIG (Singular) NSIG SIG (Singular) NSIG rez Person NSIG NSIG SIG (nicht-lokal) NEINB NSIG NSIG rez Proprialität NSIG NSIG NSIG NSIG NSIG NSIG rez Gramm. Genus SIG (irrelevant) NSIG SIG (irrelevant) NSIG SIG (irrelevant) SIG (irrel, feminin) Längendifferenz rez-th NSIG NSIG NSIG NSIG NSIG NSIG Tab.-30: Schematische übersicht über die Ergebnisse der statistischen Analysen der Verben zurückgeben, verleihen, übersenden und einsenden <?page no="312"?> DISKuSSION 312 Kategorien, die eine Korrelation mit der präpositionalen Alternante aufweisen: Passivsätze, wissenschaftliche Belege, definite und pronominale themata sowie indefinite, nominale, nicht-lokale und längere rezipienten im Singular, die zu den Kategorien ‚unbestimmt‘ und ‚irrelevant‘ gehören. 88 Solche übereinstimmenden Tendenzen finden sich aber nicht für jeden Faktor, wie zum Beispiel für Belebtheit des themas und Konkretheit des themas. Diese Feststellung weist abermals darauf hin, dass verbspezifische Analysen unerlässlich sind. Außerdem ist es wichtig, jeweils die einzelnen historischen Sätze im Auge zu behalten: Es hat sich herausgestellt, dass jeder Datensatz mindestens einige Belege enthält, die nicht mit den Ergebnissen der Gesamtanalyse übereinstimmen und gerade die umgekehrten Tendenzen aufweisen. Zweitens konnten in Bezug auf verkaufen, senden und schicken kaum probabilistische Veränderungen ermittelt werden. Im Rahmen der Diachronen Probabilistischen Grammatik (DPG, siehe Abschn.-1.3) lässt sich anhand logistischer Regressionsanalysen überprüfen, ob die in die Analyse einbezogenen Variablen signifikante Interaktionseffekte mit dem Faktor Erscheinungsjahr aufweisen. Auf diese Art und Weise kann man die historische Stabilität der Effekte bewerten, d. h. welche Effekte sind stabil, und was variiert im Laufe der Zeit. Wie bereits angesprochen, ermöglicht es- die diachrone Korpusuntersuchung, sich ein Bild der historischen Normen im deskriptiven Sinn zu machen und zu ermitteln, welche Tendenzen sich in der geschriebenen deutschen Sprache seit 1650 im Hinblick auf die Dativalternation durchgesetzt haben. Für verkaufen gibt es nur Haupteffekte, d. h. alle Effekte sind im gesamten neuhochdeutschen Zeitraum stabil. Für schicken und senden gibt es einen signifikanten Interaktionseffekt zwischen den Faktoren Pronominalität des rezipienten und Erscheinungsjahr. Außerdem ist für senden die Interaktion zwischen den Faktoren Textsorte und Erscheinungsjahr statistisch signifikant. Die übrigen Effekte sind aber alle Haupteffekte. Für übergeben, zurückgeben, verleihen, übersenden und einsenden ist es aufgrund der durchgeführten Korpusanalysen nicht möglich, Aussagen über die historische Stabilität der Effekte zu machen. Da die endgültigen Datensätze nicht die tatsächlichen DOK/ POK-Verhältnisse aus den entsprechenden Gesamtdatensätzen darstellen, wurden sie, wenn möglich, aufgrund der VNC-Analyse in Cluster aufgeteilt. In die logistischen Regressionsmodelle dieser Verben wurden also keine Interaktionen mit dem Faktor Erscheinungsjahr einbezogen. Ähnlich wie in den dargestellten Korpusuntersuchungen zur historischen Dativalternation im Englischen und Niederländischen erweist sich der probabilistische Ansatz auch für 88 In Bezug auf die Faktoren Textsorte, Belebtheit des rezipienten und Grammatisches Genus des rezipienten gibt es für manche Verben oder Cluster mehrere Kategorien, die mit der präpositionalen Variante korrelieren. Diesen Verben bzw. Clustern gemeinsam sind aber jeweils die Kategorien ‚Wissenschaft‘, ‚unbestimmt‘ bzw. ‚irrelevant‘. <?page no="313"?> uNTERScHIEDE zWIScHEN DEN bEIDEN ALTERNANTEN 313 das Deutsche als eine geeignete Methode, offenzulegen, welche Faktoren seit 1650 mit der Dativalternation in der geschriebenen deutschen Sprache korrelieren. Aufgrund der Ergebnisse der diachronen Korpusuntersuchung kann man sich auf diese Weise ein genaues, empirisch fundiertes Bild der historischen Normen im deskriptiven Sinn, d. h. des „normalen“ Sprachgebrauchs der Sprecher einer Sprachgemeinschaft, machen. <?page no="315"?> ScHLuSSfOLgERuNgEN 315 6. Schlussfolgerungen und Ausblick Das Ziel dieser in erster Linie empirisch orientierten Studie war es, einen Einblick in die Entwicklung der Dativalternation in der geschriebenen deutschen Sprache ab dem Jahr 1650 zu verschaffen. Die Dativalternation betrifft die Art und Weise, wie bei dreiwertigen Transferverben wie schicken, senden, geben, leihen, übergeben und verkaufen der Transfer eines themas von einem agens zu einem rezipienten morphosyntaktisch ausgedrückt wird. Die zwei unterschiedenen Alternanten sind die Dativobjektkonstruktion (DOK) und die historisch gemeinhin als jünger betrachtete- Präpositionalobjektkonstruktion (POK). In der Dativobjektkonstruktion wird der-rezipient im Dativ realisiert, wobei er in Sätzen mit sowohl einem nominalen thema als auch einem nominalen rezipienten in der Regel dem thema vorangeht. In der Präpositionalobjektkonstruktion dagegen erscheint der rezipient als eine an-PP oder (bei bestimmten Verben) als eine zu-PP und der rezipient folgt in der Regel dem thema. Es ist wichtig, diese Alternanten von der Doppelobjektkonstruktion (z. B. Anna lehrt ihren Bruder das Klavierspiel), dem Muster mit den sogenannten be-Verben (z. B. Er beliefert Haushalte mit Lebensmitteln), der benefaktiv- Konstruktion (z. B. Peter hat uns den Garten aufgeräumt) und der präpositionalen Dativmarkierung in bestimmten Dialekten (z. B. Er git dr Öpfel a mir, statt a dir) abzugrenzen. Aufgrund einer historischen und korpusbasierten Untersuchung wurde für eine Reihe von Transferverben überprüft, (i)-welche die relativen Verhältnisse sind zwischen den beiden Alternanten im Laufe der Zeit, (ii)-inwieweit der Dativalternation in historischen sprachwissenschaftlichen Quellen bereits Aufmerksamkeit geschenkt wird, (iii)-welche die Faktoren sind, die im untersuchten Zeitraum mit der Dativalternation korrelieren, (iv)-ob sich Änderungen in der internen Abfolge von thema und rezipient feststellen lassen, und (v)- ob es zwischen den verschiedenen überprüften Verben wesentliche Unterschiede hinsichtlich der Alternation gibt. Für jede dieser Forschungsfragen werden in Abschnitt-6.1 die wichtigsten Erkenntnisse der vorliegenden Studie zusammengefasst. In Abschnitt-6.2 schließlich erfolgt ein Ausblick auf weitere Forschungsfragen, die sich im Anschluss an diese Untersuchung ergeben. 6.1 Schlussfolgerungen Die erste Forschungsfrage betrifft die Vorkommenshäufigkeit der beiden Alternanten zwischen 1650 und 2000 bzw. in aufeinander folgenden Abschnitten von jeweils 50 Jahren. Für eine Auswahl von 28 dreiwertigen Verben wurde überprüft, ob <?page no="316"?> ScHLuSSfOLgERuNgEN uND AuSbLIcK 316 sich die relativen Verhältnisse zwischen beiden Alternanten im untersuchten Zeitraum ändern, und ob sich eine spezifische Periode feststellen lässt, in der die präpositionale Alternante wesentlich häufiger wird. Zur Beantwortung dieser Fragen wurde anhand der historischen Online-Korpora Deutsches Textarchiv (1650-1899), DWDS-Kernkorpus (1900-1999) und HIST-Archiv eine korpusbasierte Untersuchung durchgeführt. Suchanfragen wie „senden“ oder „leihen“ (für das Deutsche Textarchiv und das DWDS-Kernkorpus) und „&senden“ oder „&leihen“ (für das HIST-Archiv) durchsuchten die Korpora nach allen möglichen konjugierten Formen dieser Verben. Für jedes Verb aus dem Datensatz wurden alle Belege heruntergeladen, die zur Zeit der Datensammlung vorhanden waren. Für geben und schicken, deren Korpusexporte sich als zu umfangreich herausstellten, wurden jeweils 10.500 randomisierte Belege aus dem Deutschen Textarchiv und dem DWDS-Kernkorpus heruntergeladen. Insgesamt ergab sich ein Korpusexport von etwas mehr als 140.000 Belegen. Für jedes einzelne Verb wurden alle ditransitiven Belege händisch ausgewählt und aufgrund des Erscheinungsjahrs der Quelle in den entsprechenden Zeitabschnitt, d. h. 1650-1700, 1701-1750, 1751-1800, 1801-1850, 1851-1900, 1901-1950 oder 1951- 1999, eingestuft. In einem letzten Schritt wurden auch alle Doppelbelege manuell entfernt. Ausgehend von einer Reihe historischer und gegenwärtiger sprachwissenschaftlicher Quellen, die auf einen allgemeinen, tendenziellen Übergang von einem synthetischen zu einem analytischeren Sprachbau hinweisen, würde man auch für die Dativalternation eine Zunahme der präpositionalen Variante erwarten. Solch eine Zunahme lässt sich zwar für die Verben verkaufen (mit der beträchtlichsten Zunahme in der ersten Hälfte des 18.-Jahrhunderts), vergeben, weitergeben und zurückgeben feststellen, sie ist aber keineswegs eine generelle Tendenz. Die in der vorliegenden Studie untersuchten Verben weisen bezüglich der DOK/ POK-Vorkommenshäufigkeit auffällige Unterschiede auf: Während bestimmte Verben, wie z. B. geben, leihen, preisgeben, nachsenden, zuschicken und zusenden, nahezu ausschließlich mit einer Dativ-NP kombiniert werden, kommen andere Verben wie absenden, verschicken und versenden fast nur mit einem präpositionalen rezipienten vor. Allerdings ist auch für diejenigen Verben, die eine starke Präferenz für eine der beiden Alternanten aufweisen, die andere Alternante jeweils wenigstens einmal belegt. Die einzige Ausnahme ist das Verb weitersenden, für das das historische Korpusmaterial ausschließlich Belege mit einer an-PP enthält. Besondere Aufmerksamkeit kommt außerdem den Ergebnissen des Verbs geben sowie der Entwicklung von schicken und senden zu. Aus der diachronen Korpusuntersuchung hat sich ergeben, dass die Kombination von geben mit einem präpositionalen rezipienten kein Phänomen ausschließlich der letzten Jahrzehnte ist, sondern bereits seit mehreren- Jahrhunderten in der deutschen Schriftsprache vorkommt, <?page no="317"?> ScHLuSSfOLgERuNgEN 317 wenn auch nur vereinzelt. Für die Verben schicken und senden gilt, dass sich in Bezug auf Belege mit sowohl einem belebten thema als auch einem belebten bzw. unbestimmten rezipienten die Anzahl der Ausdrucksmöglichkeiten des rezipient- Arguments im Laufe der Zeit verringert hat. Im historischen Korpusmaterial erscheint der rezipient in solchen Belegen als Dativ-NP, als an-PP oder als zu-PP, im Gegenwartsdeutschen dagegen wird er entweder als Dativ-NP oder als zu-PP ausgedrückt. Die an-PP wird in der heutigen Dativalternation nur noch in Belegen mit einem unbelebten thema verwendet. Die Norm in der gegenwärtigen Sprachgesellschaft unterscheidet sich in dieser Hinsicht also deutlich von der Norm in den vergangenen-Jahrhunderten. Die zweite Forschungsfrage gehört zur historischen Teiluntersuchung, die sich mit historischen Grammatiken, Lehrbüchern und (Valenz-)Wörterbüchern befasst. Anhand dieser Quellen lässt sich ermitteln, inwiefern sich Grammatiker, Lehrbuch- und Wörterbuchautoren aus dem 17., 18. und 19.-Jahrhundert bereits mit der Dativalternation bzw. mit der Verwendung der präpositionalen Alternante auseinandersetzen, und ob die Ausführungen und Kommentare in diesen Quellen den Korpusbefunden entsprechen. Insgesamt wurden dazu 18 Wörterbücher aus der Periode von 1691 bis 2015, 9 Valenzwörterbücher aus der Periode von 1899 bis 2019 und mehrere Dutzend Grammatiken und Lehrbücher aus der zweiten Hälfte des 17. bis zur ersten Hälfte des 20.-Jahrhunderts durchgesehen. Die meisten Wörterbücher enthalten vorwiegend implizite Informationen zur Dativalternation, d. h. anhand der verzeichneten DOK/ POK-Beispiele kann man sich ein gutes Bild von den verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten der einzelnen Verben machen: Das Vorhandensein eines DOKbzw. POK-Beispielsatzes in einem Wörterbuchartikel impliziert, dass diese Variante zur Zeit der Erstellung des Wörterbuchs bei den Verfassern-- und vermutlich auch bei einer größeren Gruppe von Sprechern-- bekannt war. Grammatiker und Lehrbuchautoren bieten diesbezüglich in der Regel explizitere Informationen. Sie befassen sich nicht nur mit der Verwendung reiner Kasus und präpositionaler Umschreibungen im Allgemeinen, wie zum Beispiel dem Wandel von synthetischen zu analytischeren Formen in der deutschen Sprache, den „Vorteilen“ präpositionaler Ausdrücke im Vergleich zu reinen Kasus und den angeblichen semantischen und stilistischen Unterschieden zwischen beiden Varianten, sondern sie erwähnen, beurteilen und kommentieren auch ausdrücklich die Dativalternation bei bestimmten Transferverben wie geben, verkaufen, schicken und senden. Solche Textstellen, die sich explizit mit der Alternation zwischen einem dativisch markierten rezipienten und einem präpositionalen rezipienten auseinandersetzen, finden sich bereits ab der zweiten Hälfte des 18.-Jahrhunderts. Für Verben wie schicken und senden werden in den historischen Quellen sowohl an-PPs als auch zu-PPs als Alternanten für die Dativ-NP anerkannt. <?page no="318"?> ScHLuSSfOLgERuNgEN uND AuSbLIcK 318 Die historischen Grammatiken und Lehrbücher enthalten sehr unterschiedliche Meinungen darüber, was bezüglich der Dativalternation grammatikalisch korrekt ist. Das Verb, das in den überprüften Quellen am ausführlichsten erörtert wird, ist geben. Während beispielsweise Johann Christoph Gottsched die Verwendung von geben mit einer an-PP völlig ablehnt und als niedersächsischen Sprachgebrauch betrachtet, wird die präpositionale Alternante bei diesem Verb von anderen Sprachwissenschaftlern in gewissen Fällen durchaus akzeptiert. Gerechtfertigt sei sie zum Beispiel zur Darstellung eines ‚Abgebens‘ an jemanden oder zur Bezeichnung eines mittelbaren Empfängers bzw. einer äußerlichen Teilnahme am Geschehen. Die Autoren bringen dabei offensichtlich auch Intuitionen zum Ausdruck, auf die man in jüngeren Studien zur Dativalternation im Deutschen nach wie vor stoßen kann. Aufgrund der vielen, mehr oder weniger ausführlichen Beschreibungen zur Verwendung von geben mit einer an-PP liegt es nahe, anzunehmen, dass die präpositionale Alternante auch in älteren Sprachstufen keine Randerscheinung gewesen ist, die zum Sprachgebrauch nur einer kleinen Gruppe von Menschen gehörte. Außerdem deuten die im Grimmschen Wörterbuch verzeichneten geben an-Zitate aus dem 13. und dem 14.-Jahrhundert darauf hin, dass geben bereits viel länger mit einer an-PP kombiniert wurde. Das Vorhandensein solcher älteren Zitate vermittelt einen interessanten Einblick in frühere Sprachstufen des Deutschen. Die Durchsicht historischer Grammatiken, Lehrbücher und (Valenz-)Wörterbücher ist darüber hinaus in dem Sinne wertvoll, dass sie eine andere, ergänzende Perspektive auf das Forschungsthema bieten und damit die diachrone Korpusuntersuchung bereichern. Manche Verben weisen eine große Übereinstimmung in den Ergebnissen beider Teiluntersuchungen auf, d. h. die in den Korpusdaten festgestellten Präferenzen der Verben leihen, preisgeben, nachsenden, zuschicken und zusenden für rezipienten im Dativ bzw. der Verben absenden, aussenden und versenden für präpositionale rezipienten sind auch in den überprüften Wörterbüchern zu erkennen. Das ist aber nicht für alle Verben im Datensatz der Fall. Interessant ist außerdem die Durchsicht gegenwärtiger sprachwissenschaftlicher Quellen. Die in ihnen vorfindbaren Behauptungen über verschiedene dreiwertige Verben im Gegenwartsdeutschen lassen es zu, Unterschiede zu den historischen Korpusdaten aufzudecken. Im Hinblick auf das Verb leihen zum Beispiel hat sich ergeben, dass historische leihen-Sätze ohne thema tatsächlich einen rezipienten im Dativ zu sich nehmen können, und dass auch unbeweglicher Besitz, wie Land oder Boden, ‚geliehen‘ wird. Für gegenwärtige leihen-Sätze dagegen wird behauptet, dass sie ohne thema ausschließlich mit einem präpositionalen rezipienten kombiniert werden können bzw. dass sich das thema nicht auf Immobilien beziehen könne. Unter der Annahme, dass diese Aussagen stimmen, lässt sich in Bezug auf das <?page no="319"?> ScHLuSSfOLgERuNgEN 319 Verb leihen somit eine Einschränkung seiner Kombinationsmöglichkeiten im Laufe der Zeit beobachten. Die dritte Forschungsfrage beschäftigt sich mit den linguistisch relevanten Faktoren, die mit der Dativalternation im untersuchten Zeitraum korrelieren. Anders als in den meisten korpusbasierten Untersuchungen zur englischen und niederländischen Dativalternation wurden in der vorliegenden Studie verbspezifische Analysen durchgeführt. Nicht alle Verben aus dem Datensatz eigneten sich aber für eine logistische Regressionsanalyse: Nur für verkaufen, senden, schicken, übergeben, zurückgeben, verleihen, übersenden und einsenden waren im historischen Korpusmaterial genügend alternierende DOK- und POK-Belege vorhanden. Für jedes dieser Verben wurde der Gesamtdatensatz eingeschränkt und für eine Reihe von Faktoren, wie Erscheinungsjahr, Verb, Diathese, Textsorte, Belebtheit, Definitheit, Konkretheit, Pronominalität und Längendifferenz zwischen rezipient und thema, annotiert. Für die Verben verkaufen, senden und schicken stimmen die relativen DOK/ POK-Verhältnisse im endgültigen Datensatz mit den tatsächlichen Verhältnissen im entsprechenden Gesamtdatensatz überein. In die logistischen Regressionsmodelle wurden alle möglichen wechselseitigen Interaktionen mit dem Faktor Erscheinungsjahr einbezogen. Auf diese Art und Weise konnte die historische Stabilität der Effekte im gesamten Zeitraum ermittelt werden, d. h. es lässt sich überprüfen, welche Effekte historisch stabil sind, und was im Laufe der Zeit variiert. Für schicken und senden wurden darüber hinaus bedingte Inferenzbäume erstellt, anhand derer sich Unterschiede zwischen beiden präpositionalen Varianten ermitteln lassen. Für übergeben, zurückgeben, verleihen und übersenden dagegen war der relative Anteil der präpositionalen Belege im Gesamtdatensatz zu gering, um die DOK/ POK- Verhältnisse im endgültigen Datensatz behalten zu können. Stattdessen wurden für jedes Verb insgesamt 600 zufällig ausgewählte DOK-Belege und so viele POK-Belege wie möglich annotiert. Auch für einsenden gilt, dass die Verhältnisse im endgültigen Datensatz nicht völlig den Verhältnissen im Gesamtdatensatz entsprechen. Da es wegen dieser unterschiedlichen Verhältnisse statistisch nicht möglich war, die verschiedenen Interaktionseffekte mit dem Faktor Erscheinungsjahr zu untersuchen, wurden die endgültigen Datensätze aufgrund der Ergebnisse der VNC-Analyse, wenn möglich, in Cluster aufgeteilt und separat analysiert. In dieser Studie basiert die Variability-based Neighbour Clustering-Methode auf den relativen DOK/ POK- Verhältnissen in den Gesamtdatensätzen, wobei sie angrenzende Perioden aufgrund ihrer gegenseitigen Ähnlichkeit in größere Cluster gruppiert. Insgesamt wurden in der vorliegenden Korpusuntersuchung N-= 7.688 ditransitive Belege annotiert und anhand logistischer Regressionsmodelle statistisch ausgewertet. Dabei hat sich herausgestellt, dass es für jedes analysierte Verb bzw. für jeden analysierten Cluster jeweils verschiedene signifikante Faktoren gibt, die mit der Da- <?page no="320"?> ScHLuSSfOLgERuNgEN uND AuSbLIcK 320 tivalternation korrelieren. Außer den vielen bemerkenswerten Unterschieden in Bezug auf (i)-die Anzahl der signifikanten Faktoren, (ii)-das Maß, in dem ein bestimmter Faktor signifikant ist, und/ oder (iii)- die Art der Effekte, d. h. Haupt- oder Interaktionseffekte, lassen sich auch Gemeinsamkeiten zwischen den Verben feststellen. Für eine Anzahl von Faktoren sind es oft die gleichen Kategorien, die mit der präpositionalen Alternante korrelieren. Immer wenn sich die Faktoren Diathese, Textsorte, Definitheit des themas, Pronominalität des themas, Belebtheit des rezipienten, Definitheit des rezipienten, Pronominalität des rezipienten, Numerus des rezipienten, Person des rezipienten, Grammatisches Genus des rezipienten und Längendifferenz zwischen rezipient und thema als statistisch signifikante Haupteffekte erweisen, sind es Passivsätze, wissenschaftliche Belege, definite und pronominale themata sowie indefinite, nominale, nicht-lokale und längere rezipienten im Singular, die in die Kategorien ‚unbestimmt‘ und ‚irrelevant‘ eingestuft sind, die mit der präpositionalen Alternante assoziiert werden. Außerdem konnten in Bezug auf die Verben verkaufen, senden und schicken kaum probabilistische Änderungen festgestellt werden, d. h. die überwiegende Mehrheit der Faktoren erweist sich als historisch stabil. Die einzigen Ausnahmen sind die Variablen Textsorte (für senden) und Pronominalität des rezipienten (für schicken und senden). Die vorliegende Studie zeigt, dass sich der probabilistische Ansatz auch für das Deutsche mit Gewinn auf historische Daten anwenden lässt. Innerhalb der Diachronen Probabilistischen Grammatik (DPG) erweist sich dieser Ansatz als eine geeignete Methode, die Tendenzen aufzudecken, die seit der Mitte des 17.- Jahrhunderts in Bezug auf die Dativalternation in der geschriebenen deutschen Sprache eine Rolle spielen, und somit Einblicke in den „normalen“ oder „traditonellen“ Sprachgebrauch der damaligen Sprachgemeinschaften zu gewähren. Auf der Ebene der Beschreibung der Daten und der Darstellung der empirischen Beobachtungen sind die beiden Begriffe „Probabilität“ und „Norm“ miteinander vereinbar: Während sich logistische Regressionsanalysen dazu eignen, die historisch etablierten „Präferenzen“ für die beiden Alternanten empirisch herauszuarbeiten, kann man aufgrund der Variation in den historischen Korpusdaten ermitteln, was in bestimmten Perioden oder beispielsweise auch in bestimmten Textsorten als „normaler‘ Sprachgebrauch galt. Diese Präferenzen ließen sich in der vorliegenden Studie aber nur für acht Verben aus dem Datensatz untersuchen. Die Analyse aller weiteren Verben beschränkte sich notgedrungen auf die qualitative Ebene. Die vierte Forschungsfrage befasst sich mit der internen Abfolge von thema und rezipient in den beiden Alternanten. Bezüglich der Dativalternation im Gegenwartsdeutschen nimmt man für Belege mit sowohl einem nominalen thema als auch einem nominalen rezipienten DOK(r-t) und POK(t-r) als die normalen Abfolgen an, d. h. ein rezipient im Dativ geht in der Regel dem thema im Akku- <?page no="321"?> ScHLuSSfOLgERuNgEN 321 sativ voran, während ein rezipient in einer an- oder zu-PP in der Regel dem thema im Akkusativ folgt. Ausgehend von der Frage, in welchem Maße die historischen Belege bereits die gleichen Abfolgetendenzen wie im Gegenwartsdeutschen aufweisen bzw. wann sich die Präferenz für diese oder jene Konstituentenfolge entwickelt hat, wurde in der vorliegenden Studie die Wortfolgevariation der Verben verkaufen, senden, schicken, übergeben, zurückgeben, verleihen, übersenden und einsenden untersucht. Wie in verschiedenen gegenwärtigen und historischen sprachwissenschaftlichen Quellen erläutert wurde, hängt die Satzgliedstellung in jedem einzelnen Satz mit einer Vielzahl von Faktoren zusammen, wie der Thema- Rhema-Gliederung und der Belebtheit, Definitheit und Pronominalität der beiden Objekte. Da es unmöglich war, alle Aspekte, die auf die Konstituentenfolge einen Einfluss haben können, in der Korpusuntersuchung in Betracht zu ziehen, wurde stattdessen nur die Pronominalität der Objekte berücksichtigt, d. h. für jedes Verb gibt die Studie sowohl Auskunft über die Wortfolgetendenzen im gesamten endgültigen Datensatz bzw. Cluster als auch über die Tendenzen in den Belegen mit zwei nominalen Objekten. Im Allgemeinen stimmen die Wortfolgetendenzen in den historischen Korpusbelegen weitgehend mit den für das Gegenwartsdeutsche festgestellten Tendenzen überein. Vor allem bezüglich der Präpositionalobjektkonstruktion erweist sich die interne Abfolge von thema und rezipient als historisch relativ stabil, d. h. im gesamten untersuchten Zeitraum kommen die meisten präpositionalen Belege mit der Abfolge thema-rezipient vor, die umgekehrte Abfolge rezipient-thema ist bedeutend weniger häufig belegt. Bei der Dativobjektkonstruktion dagegen lässt sich eine vergleichsweise größere Variation in der Wortstellung erkennen: Bei den meisten überprüften Verben ist es tatsächlich die Abfolge rezipient-thema, die sich als die bevorzugte Wortfolgevariante erweist, aber die relativen Verhältnisse zwischen den beiden Varianten sind von Verb zu Verb sehr unterschiedlich. Insbesondere die Entwicklung des Verbs verkaufen ist in dieser Hinsicht auffällig, denn bis zur Mitte des 19.-Jahrhunderts kommen die DOK-Belege mit zwei nominalen Objekten noch häufiger mit der umgekehrten Abfolge thema-rezipient vor. Es ist erst ab dem Anfang des 20.-Jahrhunderts, dass sich rezipient-thema als die in der Gegenwartssprache normale DOK-Wortfolge etabliert. Was diese Änderungen in der Wortfolge genau ausgelöst haben könnte, ist vorerst aber unklar. Nicht nur in Bezug auf das Verb verkaufen, sondern auch im Allgemeinen scheinen die historischen Korpusbelege auf eine sich im Laufe der Zeit allmählich verfestigende Wortfolge hinzudeuten. Während laut Starke (1969, 1970) die meisten Verben des Gebens und Mitteilens jetzt nicht mehr mit den Abfolgen ‚nominales, indefinites Akkusativobjekt- - Dativobjekt‘ oder ‚nominales Akkusativobjekt- - pronominales Dativobjekt‘ vorkommen können, finden sich im historischen Korpusmaterial noch <?page no="322"?> ScHLuSSfOLgERuNgEN uND AuSbLIcK 322 verschiedene Beispiele für diese Abfolgen. Im Vergleich zur englischen und niederländischen Dativalternation, die im Laufe der Zeit einigen wichtigen, weitreichenden Einschränkungen in der Abfolge von thema und rezipient unterliegen, weist die deutsche Dativalternation aber immer noch eine viel größere Wortstellungsfreiheit auf. Die fünfte Forschungsfrage schließlich betrifft die Unterschiede zwischen den in der vorliegenden Studie überprüften einzelnen Verben. Diese Frage ist relativ einfach zu beantworten: Trotz der Tatsache, dass sich die Studie auf dreiwertige Verben der semantischen Klasse der Transferverben beschränkt, weisen sowohl die historische als auch die korpuslinguistische Untersuchung bemerkenswerte Unterschiede zwischen den Verben auf. Die festgestellte Variation weist darauf hin, dass verbspezifische Analysen unerlässlich sind, um die Unterschiede und Gemeinsamkeiten, die es im Hinblick auf die Dativalternation zwischen den verschiedenen Verben gibt, aufzudecken. 6.2 Ausblick In der vorliegenden Studie wurden aufgrund einer historischen und korpusbasierten Untersuchung Antworten auf fünf Forschungsfragen zur Entwicklung der Dativalternation im Neuhochdeutschen formuliert. Im Verlauf des Forschungsprozesses sind zu diesem Thema einige Forschungsfragen aufgeworfen worden, die hier nicht beantwortet werden konnten, die aber den Gegenstand weiterer Untersuchungen bilden können. In Bezug auf die Sammlung historischer Korpusdaten wäre es erstens sinnvoll, auch andere dreiwertige Verben, wie zum Beispiel liefern, unter die Lupe zu nehmen. Basierend auf De Vaeres (2023) Datensatz für das Gegenwartsdeutsche, befasst sich die vorliegende Studie mit einer Auswahl von 28 Transferverben. Die Frage stellt sich, inwieweit die beobachteten Tendenzen im Hinblick auf die Dativalternation auch auf andere Verben zutreffen. Zweitens wäre es wünschenswert, auch ältere Korpusdaten aus dem 16. oder sogar dem 15.-Jahrhundert genauer zu betrachten und somit die diachrone Analyse weiter in die Vergangenheit auszudehnen. Dies wäre möglich anhand des Deutschen Textarchivs, das mit dem DWDS-Kernkorpus und den DWDS-Erweiterungen Belege ab dem Jahr 1465 zur Verfügung stellt. Allerdings ist dabei mit Problemen aufgrund mangelnder Daten zu rechnen, die zumindest quantitative Analysen erschweren dürften. In Bezug auf die Datenannotation wäre es interessant, neben den Variablen, die in der vorliegenden Studie untersucht wurden, einige weitere potenzielle Faktoren zu annotieren und, wenn möglich, in die logistische Regressionsanalyse einzubeziehen. Man denke zum Beispiel an die Rolle der Negation (z. B. nicht (an/ zu) X), der Fokus- <?page no="323"?> AuSbLIcK 323 partikel (z. B. nur (an/ zu) X), der Kontrastierung von zwei oder mehreren rezipienten (z. B. nicht (an/ zu) X, sondern (an/ zu) Y) und der Koordination (z. B. Ich verkaufe es (an) X und/ oder (an) Y). Um die festgestellten Tendenzen umfassend erklären zu können, sind darüber hinaus weitere Analysen erforderlich. Für das Verb verkaufen zum Beispiel stehen die Fragen im Raum, was zu der starken Zunahme der präpositionalen Alternante in der ersten Hälfte des 18.-Jahrhunderts geführt hat, und was in der Dativobjektkonstruktion die Änderungen in der Abfolge von thema und rezipient ausgelöst (und wenn nicht ausgelöst, so doch gefördert) haben könnte. Auch für die schicken- und senden-Belege mit einem belebten thema und einem belebten bzw. unbestimmten rezipienten ist vorerst unklar, wie sich die Verringerung der Anzahl präpositionaler Alternanten erklären lässt. Schließlich wäre es, in Anlehnung an Collemans (2020) Fallstudien, interessant, den Gebrauch der Dativalternation bei einigen Schriftstellern aus unterschiedlichen Regionen Deutschlands bzw. aus unterschiedlichen deutschsprachigen Ländern näher zu betrachten. Ohne Zweifel spielt der Faktor Regionalität ebenfalls eine Rolle bei der Variation, aber historische Korpusuntersuchungen stoßen auf die Schwierigkeit, dass die Belegzahlen oft niedrig sind. Die Erforschung der Entwicklung der deutschen Dativalternation ist auf jeden Fall noch lange nicht abgeschlossen. <?page no="325"?> 325 LITERATuR Literatur Adelung, Johann C. (1774-1786): Versuch eines vollständigen grammatisch-kritischen Wörterbuches Der Hochdeutschen Mundart, mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der Oberdeutschen. Bde.-I-V. Leipzig: Breitkopf. Adelung, Johann C. (1781): Deutsche Sprachlehre: zum Gebrauche der Schulen in den königlichen preußischen Landen. Berlin: Voß und Sohn. 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Präpositiv- und Direktivergänzung) sub (1) pronominales unbetontes Subjekt sub (2) Subjekt <?page no="343"?> 343 LISTE DER AbKüRzuNgEN Sub definites Subjekt SUB indefinites Subjekt T ThBel Belebtheit des themas ThDef Definitheit des themas ThKonkr Konkretheit des themas ThPron Pronominalität des themas U unbest unbestimmt V V Verb/ Verbalkomplex W Wiss Wissenschaft XYZ zu Präpositionalobjektkonstruktion mit der Präposition zu 1 (im bedingten Inferenzbaum) 1650-1700 2 (im bedingten Inferenzbaum) 1701-1750 3 (im bedingten Inferenzbaum) 1751-1800 4 (im bedingten Inferenzbaum) 1801-1850 5 (im bedingten Inferenzbaum) 1851-1900 6 (im bedingten Inferenzbaum) 1901-1950 7 (im bedingten Inferenzbaum) 1951-1999 <?page no="345"?> 345 ANHANg Anhang Anhang A-- Das Verb verkaufen A.1 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie <?page no="346"?> ANHANg 346 A.2 Logistische Regressionsanalyse A.2.1 Logistisches Regressionsmodell lrm(formula = Konstruktion ~ rcs(Jahr, 4) + rcs(Jahr, 4) * Textsorte + rcs(Jahr, 4) * Diathese + rcs(LängDiff, 4) + rcs(Jahr, 4) * AgBel + rcs(Jahr, 4) * ThPron + rcs(Jahr, 4) * ThBel + rcs(Jahr, 4) * ThKonkr + rcs(Jahr, 4) * ThDef + rcs(Jahr, 4) * RezPron + RezBel + rcs(Jahr, 4) * RezDef + RezPerson + rcs(Jahr, 4) * RezNum + RezPropr + RezGramGen, data = verkaufen, x = TRUE, y = TRUE, penalty = p$penalty) Penalty factors Model Likelihood Discrimination Rank Discrim. Ratio Test Indexes Indexes Obs 1441 LR chi2 644.13 R2 0.470 C 0.854 DOK 700 d.f. 50.443 g 2.106 Dxy 0.708 POK 741 Pr(> chi2)<0.0001 gr 8.212 gamma 0.708 max |deriv| 5e-08 Penalty 18.25 gp 0.345 tau-a 0.354 Brier 0.156 Coef S.E. Wald Z Pr(>|Z|) Penalty Scale Intercept -31.0592 5.0442 -6.16 <0.0001 0.0000 Jahr 0.0165 0.0028 5.84 <0.0001 125.7759 Jahr‘ -0.0082 0.0057 -1.44 0.1501 122.2942 Jahr‘‘ -0.0140 0.0337 -0.42 0.6770 19.1693 Textsorte=Gebrauch -0.0237 0.8936 -0.03 0.9788 1.1424 Textsorte=Medien 0.1806 0.8796 0.21 0.8373 1.1424 Textsorte=Wiss -0.0954 0.8472 -0.11 0.9103 1.1424 Diathese=passiv -0.0025 0.9336 0.00 0.9979 0.9327 LängDiff 0.0283 0.0217 1.30 0.1919 7.6698 LängDiff‘ 0.0875 0.0762 1.15 0.2511 6.8018 LängDiff‘‘ -0.5277 0.6121 -0.86 0.3887 0.7378 AgBel=naus 0.0689 0.9203 0.07 0.9403 1.1424 AgBel=unbest 0.0259 0.9717 0.03 0.9787 1.1424 AgBel=unbelebt 0.0662 1.0164 0.07 0.9481 1.1424 ThPron=pronominal -0.0201 0.9062 -0.02 0.9823 0.9327 ThBel=Objekt -0.1610 0.8617 -0.19 0.8518 1.0770 ThBel=Ort.Objekt -0.0559 0.8992 -0.06 0.9505 1.0770 ThKonkr=konkr -0.0600 0.9338 -0.06 0.9488 1.0770 ThKonkr=prop 0.0031 0.9817 0.00 0.9975 1.0770 ThDef=indefinit 0.0346 0.8759 0.04 0.9684 0.9327 <?page no="347"?> 347 ANHANg RezPron=pronominal -0.5215 0.9243 -0.56 0.5726 0.9327 RezBel=Koll 0.0877 0.2851 0.31 0.7583 1.1424 RezBel=unbest 0.3347 0.2318 1.44 0.1488 1.1424 RezBel=unbelebt 0.6086 0.6011 1.01 0.3113 1.1424 RezDef=indefinit 0.2025 0.8939 0.23 0.8208 0.9327 RezPerson=lokal -1.6398 0.4866 -3.37 0.0008 0.9327 RezNum=singular 0.2592 0.8647 0.30 0.7643 0.9327 RezPropr=Gattungsname -0.2213 0.2270 -0.97 0.3296 0.9327 RezGramGen=irrel 1.1219 0.3225 3.48 0.0005 1.0770 RezGramGen=nfem -0.3635 0.2468 -1.47 0.1408 1.0770 Jahr * Textsorte=Gebrauch -0.0002 0.0005 -0.36 0.7171 900.3319 Jahr‘ * Textsorte=Gebrauch 0.0021 0.0066 0.32 0.7461 78.4702 Jahr‘‘ * Textsorte=Gebrauch -0.0029 0.0435 -0.07 0.9459 11.0835 Jahr * Textsorte=Medien 0.0004 0.0005 0.81 0.4180 1029.3068 Jahr‘ * Textsorte=Medien -0.0042 0.0065 -0.64 0.5214 98.4728 Jahr‘‘ * Textsorte=Medien -0.0101 0.0373 -0.27 0.7861 14.2153 Jahr * Textsorte=Wiss 0.0002 0.0005 0.35 0.7238 1147.1952 Jahr‘ * Textsorte=Wiss 0.0004 0.0057 0.08 0.9390 69.0290 Jahr‘‘ * Textsorte=Wiss -0.0172 0.0385 -0.45 0.6556 8.9447 Jahr * Diathese=passiv 0.0004 0.0006 0.66 0.5118 925.0151 Jahr‘ * Diathese=passiv 0.0005 0.0075 0.07 0.9468 70.8157 Jahr‘‘ * Diathese=passiv 0.0222 0.0484 0.46 0.6460 9.9388 Jahr * AgBel=naus 0.0003 0.0005 0.52 0.6020 937.5737 Jahr‘ * AgBel=naus -0.0055 0.0073 -0.76 0.4495 72.9857 Jahr‘‘ * AgBel=naus 0.0182 0.0458 0.40 0.6910 10.2203 Jahr * AgBel=unbest 0.0002 0.0006 0.27 0.7845 648.1571 Jahr‘ * AgBel=unbest 0.0085 0.0084 1.01 0.3142 72.9833 Jahr‘‘ * AgBel=unbest -0.0645 0.0490 -1.32 0.1878 10.8130 Jahr * AgBel=unbelebt 0.0012 0.0010 1.14 0.2528 236.0784 Jahr‘ * AgBel=unbelebt -0.0269 0.0285 -0.94 0.3466 19.2798 Jahr‘‘ * AgBel=unbelebt 0.1117 0.1675 0.67 0.5050 2.6597 Jahr * ThPron=pronominal 0.0002 0.0005 0.29 0.7721 1018.8941 Jahr‘ * ThPron=pronominal -0.0051 0.0061 -0.84 0.3990 60.2723 Jahr‘‘ * ThPron=pronominal 0.0220 0.0408 0.54 0.5899 7.7050 Jahr * ThBel=Objekt 0.0001 0.0005 0.16 0.8740 1159.4124 Jahr‘ * ThBel=Objekt 0.0008 0.0047 0.17 0.8619 117.3562 Jahr‘‘ * ThBel=Objekt -0.0017 0.0310 -0.06 0.9558 17.1254 <?page no="348"?> ANHANg 348 A.2.2 Bootstrap-Validierung (N-= 2.000 Stichproben) index.orig training test optimism index.corrected n Dxy 0.7076 0.7336 0.6851 0.0485 0.6591 2000 R2 0.4699 0.4977 0.4524 0.0453 0.4246 2000 Intercept 0.0000 0.0000 0.0091 -0.0091 0.0091 2000 Slope 1.0000 1.0000 0.9227 0.0773 0.9227 2000 Emax 0.0000 0.0000 0.0194 0.0194 0.0194 2000 D 0.4463 0.4666 0.4137 0.0529 0.3934 2000 U -0.0014 -0.0014 0.0016 -0.0030 0.0016 2000 Q 0.4477 0.4680 0.4120 0.0559 0.3918 2000 B 0.1555 0.1484 0.1616 -0.0133 0.1688 2000 g 2.1056 2.2642 2.0844 0.1798 1.9258 2000 gp 0.3452 0.3553 0.3427 0.0126 0.3326 2000 A.2.3 Varianzinflationsfaktoren Jahr Jahr‘ Jahr‘‘ 15.542325 60.688722 52.026410 Textsorte=Gebrauch Textsorte=Medien Textsorte=Wiss 23.307639 30.924114 39.923187 Diathese=passiv LängDiff LängDiff‘ 26.120795 3.375399 35.015872 LängDiff‘‘ AgBel=naus AgBel=unbest 26.626158 26.644645 15.387270 AgBel=unbelebt ThPron=pronominal ThBel=Objekt 3.490236 36.013403 37.003322 ThBel=Ort.Objekt ThKonkr=konkr ThKonkr=prop 25.110883 27.891849 15.391399 ThDef=indefinit RezPron=pronominal RezBel=Koll 38.426960 18.337604 1.286012 RezBel=unbest RezBel=unbelebt RezDef=indefinit 1.548745 1.109184 36.218214 RezPerson=lokal RezNum=singular RezPropr=Gattungsname 1.333682 41.550449 1.591942 RezGramGen=irrel RezGramGen=nfem Jahr * Textsorte=Gebrauch 6.100666 3.438634 26.530582 Jahr‘ * Textsorte=Gebrauch Jahr‘‘ * Textsorte=Gebrauch Jahr * Textsorte=Medien 26.752899 21.534135 37.144917 Jahr‘ * Textsorte=Medien Jahr‘‘ * Textsorte=Medien Jahr * Textsorte=Wiss 56.592196 39.553807 42.889752 Jahr‘ * Textsorte=Wiss Jahr‘‘ * Textsorte=Wiss Jahr * Diathese=passiv <?page no="349"?> 349 ANHANg 19.184808 13.585200 30.109626 Jahr‘ * Diathese=passiv Jahr‘‘ * Diathese=passiv Jahr * AgBel=naus 18.330595 13.730700 30.729286 Jahr‘ * AgBel=naus Jahr‘‘ * AgBel=naus Jahr * AgBel=unbest 23.021752 16.581313 21.428930 Jahr‘ * AgBel=unbest Jahr‘‘ * AgBel=unbest Jahr * AgBel=unbelebt 51.652307 38.749958 8.009089 Jahr‘ * AgBel=unbelebt Jahr‘‘ * AgBel=unbelebt Jahr * ThPron=pronominal 34.653063 20.208564 40.399715 Jahr‘ * ThPron=pronominal Jahr‘‘ * ThPron=pronominal Jahr * ThBel=Objekt 18.237865 13.857009 41.325511 Jahr‘ * ThBel=Objekt Jahr‘‘ * ThBel=Objekt Jahr * ThBel=Ort.Objekt 41.706438 38.886928 27.648632 Jahr‘ * ThBel=Ort.Objekt Jahr‘‘ * ThBel=Ort.Objekt Jahr * ThKonkr=konkr 16.930407 13.449884 31.462010 Jahr‘ * ThKonkr=konkr Jahr‘‘ * ThKonkr=konkr Jahr * ThKonkr=prop 43.038950 38.401138 20.828999 Jahr‘ * ThKonkr=prop Jahr‘‘ * ThKonkr=prop Jahr * ThDef=indefinit 38.579972 25.129658 44.343625 Jahr‘ * ThDef=indefinit Jahr‘‘ * ThDef=indefinit Jahr * RezPron=pronominal 30.147692 23.303041 20.819555 Jahr‘ * RezPron=pronominal Jahr‘‘ * RezPron=pronominal Jahr * RezDef=indefinit 13.646452 9.605770 40.879505 Jahr‘ * RezDef=indefinit Jahr‘‘ * RezDef=indefinit Jahr * RezNum=singular 23.649845 18.678237 47.863436 Jahr‘ * RezNum=singular Jahr‘‘ * RezNum=singular 29.555294 24.166825 <?page no="350"?> ANHANg 350 Anhang B-- Das Verb senden B.1 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie <?page no="351"?> 351 ANHANg B.2 Logistische Regressionsanalyse B.2.1 Logistisches Regressionsmodell lrm(formula = Konstruktion ~ rcs(Jahr, 4) + rcs(Jahr, 4) * Textsorte + rcs(Jahr, 4) * Diathese + rcs(LängDiff, 4) + rcs(Jahr, 4) * AgBel + rcs(Jahr, 4) * ThPron + rcs(Jahr, 4) * ThBel + ThKonkr + rcs(Jahr, 4) * ThDef + rcs(Jahr, 4) * RezPron + RezBel + rcs(Jahr, 4) * RezDef + rcs(Jahr, 4) * RezPerson + RezNum + RezPropr + RezGramGen, data = senden, x = TRUE, y = TRUE, penalty = p$penalty) Penalty factors Model Likelihood Discrimination Rank Discrim. Ratio Test Indexes Indexes Obs 1352 LR chi2 720.67 R2 0.541 C 0.884 DOK 700 d.f. 40.087 g 2.345 Dxy 0.767 POK 652 Pr(> chi2)<0.0001 gr 10.434 gamma 0.767 max |deriv| 5e-09 Penalty 18.06 gp 0.376 tau-a 0.383 Brier 0.137 Coef S.E. Wald Z Pr(>|Z|) Penalty Scale Intercept 3.7392 3.9390 0.95 0.3425 0.0000 Jahr -0.0023 0.0022 -1.02 0.3084 182.5532 Jahr‚ 0.0008 0.0042 0.20 0.8438 179.7656 Jahr‚‚ 0.0250 0.0139 1.80 0.0723 49.1351 Textsorte=Gebrauch 0.2913 0.6809 0.43 0.6688 1.4824 Textsorte=Medien 0.4328 0.6998 0.62 0.5363 1.4824 Textsorte=Wiss 0.3339 0.6686 0.50 0.6175 1.4824 Diathese=passiv 0.1570 0.7524 0.21 0.8347 1.2104 LängDiff 0.0334 0.0254 1.32 0.1882 10.0606 LängDiff‚ 0.0944 0.0521 1.81 0.0703 10.8255 LängDiff‚‚ -1.1379 0.7102 -1.60 0.1091 0.6516 AgBel=naus -0.2083 0.7481 -0.28 0.7806 1.4824 AgBel=unbest -0.1157 0.7808 -0.15 0.8822 1.4824 AgBel=unbelebt -0.1850 0.7790 -0.24 0.8122 1.4824 ThPron=pronominal -0.0295 0.7384 -0.04 0.9682 1.2104 ThBel=unbelebt -0.6084 0.6746 -0.90 0.3671 1.2104 ThKonkr=konkr 0.6493 0.3635 1.79 0.0740 1.3976 ThKonkr=prop 1.4094 0.3499 4.03 <0.0001 1.3976 ThDef=indefinit -0.1787 0.6603 -0.27 0.7866 1.2104 RezPron=pronominal -0.3125 0.6691 -0.47 0.6405 1.2104 <?page no="352"?> ANHANg 352 RezBel=Koll 0.1733 0.3032 0.57 0.5676 1.4824 RezBel=unbest 0.3048 0.2745 1.11 0.2669 1.4824 RezBel=unbelebt 0.3511 0.5050 0.70 0.4869 1.4824 RezDef=indefinit 0.0263 0.7855 0.03 0.9733 1.2104 RezPerson=lokal -0.1155 0.7014 -0.16 0.8692 1.2104 RezNum=singular 0.3996 0.2347 1.70 0.0887 1.2104 RezPropr=Gattungsname -0.3246 0.2238 -1.45 0.1470 1.2104 RezGramGen=irrel 0.9719 0.2875 3.38 0.0007 1.3976 RezGramGen=nfem 0.1749 0.2375 0.74 0.4613 1.3976 Jahr * Textsorte=Gebrauch 0.0001 0.0004 0.28 0.7810 1243.2730 Jahr‚ * Textsorte=Gebrauch -0.0032 0.0065 -0.49 0.6261 95.2714 Jahr‚‚ * Textsorte=Gebrauch -0.0096 0.0247 -0.39 0.6960 24.1914 Jahr * Textsorte=Medien 0.0005 0.0004 1.24 0.2150 1152.2796 Jahr‚ * Textsorte=Medien -0.0054 0.0056 -0.95 0.3419 127.9069 Jahr‚‚ * Textsorte=Medien -0.0118 0.0188 -0.63 0.5291 33.2524 Jahr * Textsorte=Wiss 0.0003 0.0004 0.89 0.3751 1371.8772 Jahr‚ * Textsorte=Wiss -0.0028 0.0050 -0.56 0.5742 120.5552 Jahr‚‚ * Textsorte=Wiss -0.0173 0.0183 -0.94 0.3449 31.4323 Jahr * Diathese=passiv 0.0005 0.0005 1.02 0.3075 968.8499 Jahr‚ * Diathese=passiv 0.0029 0.0095 0.30 0.7634 68.2869 Jahr‚‚ * Diathese=passiv 0.0116 0.0379 0.31 0.7601 17.3354 Jahr * AgBel=naus -0.0003 0.0005 -0.54 0.5923 936.4352 Jahr‚ * AgBel=naus 0.0059 0.0090 0.65 0.5135 72.2692 Jahr‚‚ * AgBel=naus -0.0208 0.0341 -0.61 0.5432 18.3115 Jahr * AgBel=unbest 0.0001 0.0006 0.14 0.8905 565.7327 Jahr‚ * AgBel=unbest -0.0009 0.0120 -0.07 0.9423 59.9373 Jahr‚‚ * AgBel=unbest 0.0120 0.0391 0.31 0.7591 15.4706 Jahr * AgBel=unbelebt -0.0006 0.0006 -0.98 0.3290 567.0027 Jahr‚ * AgBel=unbelebt 0.0052 0.0151 0.35 0.7288 44.9838 Jahr‚‚ * AgBel=unbelebt -0.0033 0.0511 -0.06 0.9485 11.9430 Jahr * ThPron=pronominal 0.0001 0.0004 0.25 0.8000 1051.5347 Jahr‚ * ThPron=pronominal 0.0101 0.0086 1.18 0.2386 65.7727 Jahr‚‚ * ThPron=pronominal -0.0291 0.0322 -0.90 0.3664 16.0851 Jahr * ThBel=unbelebt -0.0007 0.0004 -1.65 0.0982 1485.8760 Jahr‚ * ThBel=unbelebt -0.0027 0.0036 -0.74 0.4595 182.8215 Jahr‚‚ * ThBel=unbelebt 0.0042 0.0137 0.31 0.7589 48.8288 Jahr * ThDef=indefinit -0.0002 0.0004 -0.56 0.5778 1581.2672 Jahr‚ * ThDef=indefinit -0.0002 0.0039 -0.04 0.9673 160.9979 Jahr‚‚ * ThDef=indefinit 0.0110 0.0144 0.77 0.4439 42.0390 Jahr * RezPron=pronominal -0.0006 0.0004 -1.60 0.1090 1535.2204 Jahr‚ * RezPron=pronominal -0.0112 0.0057 -1.98 0.0481 109.6079 <?page no="353"?> 353 ANHANg Jahr‚‚ * RezPron=pronominal 0.0301 0.0215 1.39 0.1630 26.7210 Jahr * RezDef=indefinit 0.0001 0.0005 0.23 0.8194 689.4806 Jahr‚ * RezDef=indefinit 0.0011 0.0108 0.10 0.9212 59.2978 Jahr‚‚ * RezDef=indefinit -0.0030 0.0395 -0.08 0.9399 15.2383 Jahr * RezPerson=lokal -0.0002 0.0004 -0.54 0.5862 1315.7970 Jahr‚ * RezPerson=lokal -0.0056 0.0080 -0.70 0.4835 72.8534 Jahr‚‚ * RezPerson=lokal 0.0055 0.0328 0.17 0.8664 16.8676 B.2.2 Bootstrap-Validierung (N-= 2.000 Stichproben) index.orig training test optimism index.corrected n Dxy 0.7673 0.7868 0.7521 0.0346 0.7327 2000 R2 0.5406 0.5637 0.5279 0.0358 0.5049 2000 Intercept 0.0000 0.0000 0.0029 -0.0029 0.0029 2000 Slope 1.0000 1.0000 0.9465 0.0535 0.9465 2000 Emax 0.0000 0.0000 0.0127 0.0127 0.0127 2000 D 0.5323 0.5487 0.5031 0.0456 0.4867 2000 U -0.0015 -0.0015 0.0009 -0.0024 0.0009 2000 Q 0.5338 0.5502 0.5022 0.0480 0.4858 2000 B 0.1367 0.1308 0.1416 -0.0107 0.1475 2000 g 2.3451 2.5064 2.3718 0.1346 2.2104 2000 gp 0.3762 0.3834 0.3753 0.0081 0.3681 2000 B.2.3 Varianzinflationsfaktoren Jahr Jahr‚ Jahr‚‚ 11.992888 41.357633 33.526708 Textsorte=Gebrauch Textsorte=Medien Textsorte=Wiss 16.531244 13.611985 18.475885 Diathese=passiv LängDiff LängDiff‚ 9.663089 3.561178 14.496005 LängDiff‚‚ AgBel=naus AgBel=unbest 8.477925 9.910352 4.897965 AgBel=unbelebt ThPron=pronominal ThBel=unbelebt 3.500179 12.428491 20.114201 ThKonkr=konkr ThKonkr=prop ThDef=indefinit 6.600366 6.048239 21.569527 RezPron=pronominal RezBel=Koll RezBel=unbest 20.828632 1.315138 1.310133 RezBel=unbelebt RezDef=indefinit RezPerson=lokal 1.250466 6.388602 15.601401 RezNum=singular RezPropr=Gattungsname RezGramGen=irrel <?page no="354"?> ANHANg 354 2.065868 1.644384 4.126534 RezGramGen=nfem Jahr * Textsorte=Gebrauch Jahr‚ * Textsorte=Gebrauch 2.669070 17.763867 26.080669 Jahr‚‚ * Textsorte=Gebrauch Jahr * Textsorte=Medien Jahr‚ * Textsorte=Medien 24.712844 18.217492 40.947109 Jahr‚‚ * Textsorte=Medien Jahr * Textsorte=Wiss Jahr‚ * Textsorte=Wiss 31.071024 20.591482 27.345246 Jahr‚‚ * Textsorte=Wiss Jahr * Diathese=passiv Jahr‚ * Diathese=passiv 24.590960 12.466100 13.719444 Jahr‚‚ * Diathese=passiv Jahr * AgBel=naus Jahr‚ * AgBel=naus 13.019550 12.916041 17.896438 Jahr‚‚ * AgBel=naus Jahr * AgBel=unbest Jahr‚ * AgBel=unbest 15.820776 8.670516 36.849775 Jahr‚‚ * AgBel=unbest Jahr * AgBel=unbelebt Jahr‚ * AgBel=unbelebt 26.094786 4.905358 37.731455 Jahr‚‚ * AgBel=unbelebt Jahr * ThPron=pronominal Jahr‚ * ThPron=pronominal 33.203013 14.044656 16.879143 Jahr‚‚ * ThPron=pronominal Jahr * ThBel=unbelebt Jahr‚ * ThBel=unbelebt 14.183711 23.742969 31.721744 Jahr‚‚ * ThBel=unbelebt Jahr * ThDef=indefinit Jahr‚ * ThDef=indefinit 32.459971 24.840583 29.689024 Jahr‚‚ * ThDef=indefinit Jahr * RezPron=pronominal Jahr‚ * RezPron=pronominal 27.278827 22.662040 16.692400 Jahr‚‚ * RezPron=pronominal Jahr * RezDef=indefinit Jahr‚ * RezDef=indefinit 13.959114 8.144862 28.256812 Jahr‚‚ * RezDef=indefinit Jahr * RezPerson=lokal Jahr‚ * RezPerson=lokal 25.000028 17.357855 11.833770 Jahr‚‚ * RezPerson=lokal 9.882789 <?page no="355"?> 355 ANHANg Anhang C-- Das Verb schicken C.1 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie <?page no="356"?> ANHANg 356 C.2 Logistische Regressionsanalyse C.2.1 Logistisches Regressionsmodell lrm(formula = Konstruktion ~ rcs(Jahr, 4) + rcs(Jahr, 4) * Textsorte + rcs(Jahr, 4) * Diathese + rcs(Jahr, 4) * AgBel + rcs(Jahr, 4) * ThPron + ThBel + ThKonkr + rcs(Jahr, 4) * ThDef + rcs(Jahr, 4) * RezPron + RezDef + RezPerson + RezNum + RezPropr + RezGramGen + RezBel + rcs(LängDiff, 4), data = schicken, x = TRUE, y = TRUE, penalty = p$penalty) Penalty factors Model Likelihood Discrimination Rank Discrim. Ratio Test Indexes Indexes Obs 1113 LR chi2 732.92 R2 0.652 C 0.928 DOK 700 d.f. 40.988 g 3.052 Dxy 0.856 POK 413 Pr(> chi2)<0.0001 gr 21.159 gamma 0.856 max |deriv| 0.3 Penalty 10.22 gp 0.395 tau-a 0.400 Brier 0.104 Coef S.E. Wald Z Pr(>|Z|) Penalty Scale Intercept -10.9416 6.9776 -1.57 0.1169 0.0000 Jahr 0.0067 0.0040 1.68 0.0929 55.7096 Jahr‚ -0.0170 0.0124 -1.37 0.1701 51.5669 Jahr‚‚ 0.0416 0.0310 1.34 0.1790 17.3457 Textsorte=Gebrauch -0.1733 2.0778 -0.08 0.9335 0.4743 Textsorte=Medien -0.3433 2.2383 -0.15 0.8781 0.4743 Textsorte=Wiss -0.2400 2.1109 -0.11 0.9095 0.4743 Diathese=passiv -0.3028 2.3983 -0.13 0.8995 0.3873 AgBel=naus 0.1270 2.3597 0.05 0.9571 0.4743 AgBel=unbest 0.0521 2.4688 0.02 0.9832 0.4743 AgBel=unbelebt 0.0725 2.4814 0.03 0.9767 0.4743 ThPron=pronominal -0.1096 2.2568 -0.05 0.9613 0.3873 ThBel=unbelebt -3.5218 0.2685 -13.11 <0.0001 0.3873 ThKonkr=konkr 1.1866 0.7657 1.55 0.1212 0.4472 ThKonkr=prop 2.4276 0.7686 3.16 0.0016 0.4472 ThDef=indefinit -0.4666 2.0256 -0.23 0.8178 0.3873 RezPron=pronominal -0.1621 2.0263 -0.08 0.9362 0.3873 RezDef=indefinit 0.4517 0.4340 1.04 0.2979 0.3873 RezPerson=lokal -0.3937 0.3880 -1.01 0.3102 0.3873 RezNum=singular 0.4205 0.3364 1.25 0.2114 0.3873 RezPropr=Gattungsname -0.3946 0.2904 -1.36 0.1743 0.3873 <?page no="357"?> 357 ANHANg RezGramGen=irrel 0.9179 0.3870 2.37 0.0177 0.4472 RezGramGen=nfem 0.2555 0.2978 0.86 0.3909 0.4472 RezBel=unbest 1.3152 0.4317 3.05 0.0023 0.4472 RezBel=unbelebt -0.0480 1.7508 -0.03 0.9781 0.4472 LängDiff 0.1187 0.0513 2.31 0.0207 2.9786 LängDiff‚ -0.0464 0.0943 -0.49 0.6225 3.0947 LängDiff‚‚ 0.0372 1.1877 0.03 0.9750 0.1778 Jahr * Textsorte=Gebrauch 0.0004 0.0012 0.35 0.7230 422.0394 Jahr‚ * Textsorte=Gebrauch 0.0028 0.0144 0.19 0.8481 38.6624 Jahr‚‚ * Textsorte=Gebrauch -0.0100 0.0428 -0.23 0.8160 12.4350 Jahr * Textsorte=Medien -0.0002 0.0013 -0.18 0.8559 294.2903 Jahr‚ * Textsorte=Medien 0.0181 0.0217 0.84 0.4035 26.1345 Jahr‚‚ * Textsorte=Medien -0.0391 0.0583 -0.67 0.5026 8.3158 Jahr * Textsorte=Wiss 0.0004 0.0012 0.32 0.7512 398.5866 Jahr‚ * Textsorte=Wiss 0.0065 0.0163 0.40 0.6899 19.1419 Jahr‚‚ * Textsorte=Wiss -0.0295 0.0521 -0.57 0.5709 5.8072 Jahr * Diathese=passiv 0.0005 0.0014 0.33 0.7429 256.6908 Jahr‚ * Diathese=passiv 0.0127 0.0349 0.36 0.7162 12.8589 Jahr‚‚ * Diathese=passiv -0.0079 0.1087 -0.07 0.9418 3.9439 Jahr * AgBel=naus 0.0003 0.0014 0.23 0.8177 273.1089 Jahr‚ * AgBel=naus -0.0386 0.0312 -1.24 0.2163 17.4308 Jahr‚‚ * AgBel=naus 0.0840 0.0910 0.92 0.3561 5.5008 Jahr * AgBel=unbest -0.0002 0.0015 -0.14 0.8893 135.6665 Jahr‚ * AgBel=unbest 0.0207 0.0405 0.51 0.6095 9.5531 Jahr‚‚ * AgBel=unbest -0.0650 0.1182 -0.55 0.5826 3.0227 Jahr * AgBel=unbelebt 0.0008 0.0016 0.54 0.5916 115.4590 Jahr‚ * AgBel=unbelebt 0.0096 0.0505 0.19 0.8497 10.4333 Jahr‚‚ * AgBel=unbelebt 0.0090 0.1611 0.06 0.9553 3.5091 Jahr * ThPron=pronominal 0.0001 0.0013 0.11 0.9108 358.3044 Jahr‚ * ThPron=pronominal 0.0074 0.0172 0.43 0.6663 22.3190 Jahr‚‚ * ThPron=pronominal -0.0172 0.0516 -0.33 0.7385 6.9691 Jahr * ThDef=indefinit 0.0002 0.0012 0.20 0.8422 500.3611 Jahr‚ * ThDef=indefinit -0.0055 0.0109 -0.50 0.6159 45.9700 Jahr‚‚ * ThDef=indefinit 0.0034 0.0318 0.11 0.9158 14.9036 Jahr * RezPron=pronominal -0.0009 0.0012 -0.73 0.4629 501.0366 Jahr‚ * RezPron=pronominal -0.0342 0.0115 -2.99 0.0028 42.5028 Jahr‚‚ * RezPron=pronominal 0.0910 0.0334 2.72 0.0065 13.5674 <?page no="358"?> ANHANg 358 C.2.2 Bootstrap-Validierung (N-= 2.000 Stichproben) index.orig training test optimism index.corrected n Dxy 0.8561 0.8726 0.8376 0.0350 0.8211 2000 R2 0.6519 0.6762 0.6266 0.0496 0.6023 2000 Intercept 0.0000 0.0000 -0.0270 0.0270 -0.0270 2000 Slope 1.0000 1.0000 0.8926 0.1074 0.8926 2000 Emax 0.0000 0.0000 0.0297 0.0297 0.0297 2000 D 0.6576 0.6831 0.6137 0.0694 0.5882 2000 U -0.0018 -0.0018 0.0042 -0.0060 0.0042 2000 Q 0.6594 0.6849 0.6095 0.0754 0.5840 2000 B 0.1044 0.0975 0.1106 -0.0131 0.1175 2000 g 3.0521 3.3821 3.0158 0.3663 2.6858 2000 gp 0.3947 0.4009 0.3888 0.0121 0.3826 2000 C.2.3 Varianzinflationsfaktoren Jahr Jahr‚ Jahr‚‚ 20.031604 160.586145 112.504293 Textsorte=Gebrauch Textsorte=Medien Textsorte=Wiss 89.832900 60.313867 92.520056 Diathese=passiv AgBel=naus AgBel=unbest 39.984302 45.505326 19.062779 AgBel=unbelebt ThPron=pronominal ThBel=unbelebt 9.811302 84.678831 1.972916 ThKonkr=konkr ThKonkr=prop ThDef=indefinit 16.508428 16.344050 122.142883 RezPron=pronominal RezDef=indefinit RezPerson=lokal 115.332020 1.242610 2.914806 RezNum=singular RezPropr=Gattungsname RezGramGen=irrel 2.052705 1.856493 4.468919 RezGramGen=nfem RezBel=unbest RezBel=unbelebt 2.469991 1.287083 1.102326 LängDiff LängDiff‚ LängDiff‚‚ 6.188245 35.533531 19.267156 Jahr * Textsorte=Gebrauch Jahr‚ * Textsorte=Gebrauch Jahr‚‚ * Textsorte=Gebrauch 102.438068 119.179245 109.856510 Jahr * Textsorte=Medien Jahr‚ * Textsorte=Medien Jahr‚‚ * Textsorte=Medien 73.577729 156.449171 116.533943 Jahr * Textsorte=Wiss Jahr‚ * Textsorte=Wiss Jahr‚‚ * Textsorte=Wiss 99.402794 29.913392 24.082673 Jahr * Diathese=passiv Jahr‚ * Diathese=passiv Jahr‚‚ * Diathese=passiv <?page no="359"?> 359 ANHANg 44.358918 47.346283 39.511547 Jahr * AgBel=naus Jahr‚ * AgBel=naus Jahr‚‚ * AgBel=naus 50.363245 74.446389 61.486915 Jahr * AgBel=unbest Jahr‚ * AgBel=unbest Jahr‚‚ * AgBel=unbest 21.993224 77.841803 68.820259 Jahr * AgBel=unbelebt Jahr‚ * AgBel=unbelebt Jahr‚‚ * AgBel=unbelebt 10.142562 6.658663 5.850104 Jahr * ThPron=pronominal Jahr‚ * ThPron=pronominal Jahr‚‚ * ThPron=pronominal 93.948798 53.301638 44.914459 Jahr * ThDef=indefinit Jahr‚ * ThDef=indefinit Jahr‚‚ * ThDef=indefinit 136.397154 94.372678 84.383722 Jahr * RezPron=pronominal Jahr‚ * RezPron=pronominal Jahr‚‚ * RezPron=pronominal 127.060445 63.744808 55.593006 <?page no="360"?> ANHANg 360 Anhang D-- Das Verb übergeben Cluster-1-- 1650-1950 D.1 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie <?page no="361"?> 361 ANHANg D.2 Logistische Regressionsanalyse D.2.1 Logistisches Regressionsmodell lrm(formula = Konstruktion ~ Textsorte + Diathese + rcs(LängDiff) + AgBel + ThPron + ThKonkr + ThDef + ThBel + RezPron + RezDef + RezPerson + RezNum + RezPropr + RezKonkr + RezBel + RezGramGen, data = ubergeben_cluster1, x = TRUE, y = TRUE, penalty = p$penalty) Penalty factors Model Likelihood Discrimination Rank Discrim. Ratio Test Indexes Indexes Obs 777 LR chi2 245.98 R2 0.371 C 0.816 DOK 500 d.f. 27.472 g 1.597 Dxy 0.632 POK 277 Pr(> chi2)<0.0001 gr 4.940 gamma 0.632 max |deriv| 7e-06 Penalty 1.33 gp 0.287 tau-a 0.290 Brier 0.160 Coef S.E. Wald Z Pr(>|Z|) Penalty Scale Intercept -1.3670 1.3624 -1.00 0.3157 0.0000 Textsorte=Gebrauch 0.4707 0.2772 1.70 0.0895 0.1225 Textsorte=Medien 0.5354 0.2822 1.90 0.0578 0.1225 Textsorte=Wiss 0.3348 0.2424 1.38 0.1673 0.1225 Diathese=passiv -0.6507 0.3879 -1.68 0.0934 0.1000 LängDiff -0.0594 0.0350 -1.70 0.0893 0.8576 LängDiff‚ 0.5473 0.2239 2.44 0.0145 0.7962 LängDiff‚‚ -5.7710 3.8927 -1.48 0.1382 0.1340 LängDiff‚‚‚ 10.7316 11.0758 0.97 0.3326 0.0356 AgBel=naus 0.8520 0.3874 2.20 0.0279 0.1225 AgBel=unbest -0.1517 0.4899 -0.31 0.7568 0.1225 AgBel=unbelebt 1.1248 0.9058 1.24 0.2143 0.1225 ThPron=pronominal -0.0912 0.2621 -0.35 0.7278 0.1000 ThKonkr=konkr -0.6298 0.3271 -1.93 0.0542 0.1155 ThKonkr=prop -0.5601 0.3098 -1.81 0.0706 0.1155 ThDef=indefinit 0.3471 0.2317 1.50 0.1340 0.1000 ThBel=Objekt 0.1629 0.3197 0.51 0.6105 0.1155 ThBel=Ort.Objekt 1.3671 0.3177 4.30 <0.0001 0.1155 RezPron=pronominal -0.7721 0.3583 -2.15 0.0312 0.1000 RezDef=indefinit 0.1669 0.2954 0.57 0.5720 0.1000 RezPerson=lokal -1.8907 0.6128 -3.09 0.0020 0.1000 RezNum=singular 1.6392 0.3644 4.50 <0.0001 0.1000 RezPropr=Gattungsname 0.0445 0.2883 0.15 0.8773 0.1000 <?page no="362"?> ANHANg 362 RezKonkr=konkr -2.3936 1.1211 -2.14 0.0328 0.1000 RezBel=Koll 0.2057 0.3253 0.63 0.5271 0.1225 RezBel=unbest 0.6181 0.3005 2.06 0.0397 0.1225 RezBel=unbelebt -2.4809 1.0295 -2.41 0.0160 0.1225 RezGramGen=irrel 2.3948 0.3955 6.05 <0.0001 0.1155 RezGramGen=nfem -0.3709 0.2900 -1.28 0.2008 0.1155 D.2.2 Bootstrap-Validierung (N-= 2.000 Stichproben) index.orig training test optimism index.corrected n Dxy 0.6316 0.6672 0.6034 0.0637 0.5679 2000 R2 0.3709 0.4079 0.3369 0.0709 0.3000 2000 Intercept 0.0000 0.0000 -0.0704 0.0704 -0.0704 2000 Slope 1.0000 1.0000 0.8478 0.1522 0.8478 2000 Emax 0.0000 0.0000 0.0489 0.0489 0.0489 2000 D 0.3153 0.3516 0.2803 0.0713 0.2440 2000 U -0.0026 -0.0026 0.0067 -0.0093 0.0067 2000 Q 0.3179 0.3542 0.2736 0.0806 0.2373 2000 B 0.1597 0.1523 0.1662 -0.0139 0.1736 2000 g 1.5974 1.8062 1.5261 0.2801 1.3172 2000 gp 0.2873 0.3019 0.2742 0.0277 0.2597 2000 D.2.3 Varianzinflationsfaktoren Textsorte=Gebrauch Textsorte=Medien Textsorte=Wiss Diathese=passiv 1.436902 1.727416 1.596655 3.173860 LängDiff LängDiff‚ LängDiff‚‚ LängDiff‚‚‚ 5.530492 189.478025 1618.743480 921.944226 AgBel=naus AgBel=unbest AgBel=unbelebt ThPron=pronominal 3.126687 1.085517 1.136648 1.325379 ThKonkr=konkr ThKonkr=prop ThDef=indefinit ThBel=Objekt 3.343450 2.560955 1.189868 3.011945 ThBel=Ort.Objekt RezPron=pronominal RezDef=indefinit RezPerson=lokal 2.057488 1.650160 1.152253 1.790879 RezNum=singular RezPropr=Gattungsname RezKonkr=konkr RezBel=Koll 2.917221 1.833375 5.457390 1.432077 RezBel=unbest RezBel=unbelebt RezGramGen=irrel RezGramGen=nfem 1.256756 5.580484 4.774709 2.602480 <?page no="363"?> 363 ANHANg Cluster-2-- 1951-1999 D.3 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie <?page no="364"?> ANHANg 364 D.4 Logistische Regressionsanalyse D.4.1 Logistisches Regressionsmodell lrm(formula = Konstruktion ~ Textsorte + Diathese + rcs(LängDiff) + AgBel + ThPron + ThKonkr + ThDef + ThBel + RezPron + RezDef + RezPerson + RezNum + RezPropr + RezBel + RezKonkr + RezGramGen, data = ubergeben_cluster2, x = TRUE, y = TRUE, penalty = p$penalty) Penalty factors Model Likelihood Discrimination Rank Discrim. Ratio Test Indexes Indexes Obs 221 LR chi2 79.72 R2 0.342 C 0.833 DOK 100 d.f. 15.9 g 1.288 Dxy 0.665 POK 121 Pr(> chi2)<0.0001 gr 3.625 gamma 0.666 max |deriv| 1e-06 Penalty 14.38 gp 0.264 tau-a 0.331 Brier 0.169 Coef S.E. Wald Z Pr(>|Z|) Penalty Scale Intercept -0.0114 1.1508 -0.01 0.9921 0.0000 Textsorte=Gebrauch 0.0324 0.4644 0.07 0.9443 1.6837 Textsorte=Medien 0.4947 0.4390 1.13 0.2598 1.6837 Textsorte=Wiss -0.2901 0.4912 -0.59 0.5548 1.6837 Diathese=passiv 0.0360 0.4353 0.08 0.9340 1.3748 LängDiff 0.0361 0.0360 1.00 0.3161 13.0820 LängDiff‚ -0.0127 0.0580 -0.22 0.8271 13.9811 LängDiff‚‚ 0.0657 0.4846 0.14 0.8922 1.6726 LängDiff‚‚‚ 0.1757 0.8047 0.22 0.8271 0.9934 AgBel=naus 0.3478 0.4455 0.78 0.4349 1.6837 AgBel=unbest 0.8184 0.4482 1.83 0.0679 1.6837 AgBel=unbelebt 0.4391 0.6032 0.73 0.4666 1.6837 ThPron=pronominal -0.0079 0.4621 -0.02 0.9864 1.3748 ThKonkr=konkr -0.5630 0.4080 -1.38 0.1677 1.5875 ThKonkr=prop -1.1015 0.4091 -2.69 0.0071 1.5875 ThDef=indefinit -0.2989 0.3321 -0.90 0.3682 1.3748 ThBel=Objekt 0.3341 0.4920 0.68 0.4971 1.5875 ThBel=Ort.Objekt 0.5032 0.5028 1.00 0.3169 1.5875 RezPron=pronominal -1.0134 0.5299 -1.91 0.0558 1.3748 RezDef=indefinit 1.0877 0.4042 2.69 0.0071 1.3748 RezPerson=lokal -0.1977 0.6806 -0.29 0.7715 1.3748 RezNum=singular 0.1544 0.4316 0.36 0.7205 1.3748 RezPropr=Gattungsname -1.0405 0.3389 -3.07 0.0021 1.3748 <?page no="365"?> 365 ANHANg RezBel=Koll 0.2199 0.4053 0.54 0.5874 1.6837 RezBel=unbest 0.5941 0.3815 1.56 0.1195 1.6837 RezBel=unbelebt -0.1051 0.5293 -0.20 0.8425 1.6837 RezKonkr=konkret -0.0737 0.6017 -0.12 0.9025 1.3748 RezGramGen=irrel 0.7926 0.4248 1.87 0.0621 1.5875 RezGramGen=nfem 0.4889 0.3938 1.24 0.2144 1.5875 D.4.2 Bootstrap-Validierung (N-= 2.000 Stichproben) index.orig training test optimism index.corrected n Dxy 0.6654 0.7382 0.6140 0.1242 0.5411 2000 R2 0.3423 0.3986 0.3667 0.0319 0.3104 2000 Intercept 0.0000 0.0000 -0.0248 0.0248 -0.0248 2000 Slope 1.0000 1.0000 1.1595 -0.1595 1.1595 2000 Emax 0.0000 0.0000 0.0365 0.0365 0.0365 2000 D 0.3562 0.3499 0.3163 0.0337 0.3225 2000 U -0.0090 -0.0090 0.0011 -0.0101 0.0011 2000 Q 0.3652 0.3590 0.3152 0.0438 0.3214 2000 B 0.1686 0.1511 0.1790 -0.0279 0.1965 2000 g 1.2880 1.4395 1.6419 -0.2024 1.4904 2000 gp 0.2637 0.2815 0.3069 -0.0254 0.2891 2000 D.4.3 Varianzinflationsfaktoren Textsorte=Gebrauch Textsorte=Medien Textsorte=Wiss Diathese=passiv 2.536770 2.613498 1.966319 2.088376 LängDiff LängDiff‚ LängDiff‚‚ LängDiff‚‚‚ 2.337181 6.136994 5.792506 5.585467 AgBel=naus AgBel=unbest AgBel=unbelebt ThPron=pronominal 2.449967 1.327033 1.182306 1.112778 ThKonkr=konkr ThKonkr=prop ThDef=indefinit ThBel=Objekt 2.198069 1.868478 1.170078 2.759412 ThBel=Ort.Objekt RezPron=pronominal RezDef=indefinit RezPerson=lokal 2.532931 1.086671 1.138230 1.019030 RezNum=singular RezPropr=Gattungsname RezBel=Koll RezBel=unbest 1.556704 1.386655 1.669879 1.598594 RezBel=unbelebt RezKonkr=konkret RezGramGen=irrel RezGramGen=nfem 1.438135 1.123092 2.332362 1.896627 <?page no="366"?> ANHANg 366 Anhang E-- Das Verb zurückgeben Cluster-1-- 1650-1900 E.1 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie <?page no="367"?> 367 ANHANg E.2 Logistische Regressionsanalyse E.2.1 Logistisches Regressionsmodell lrm(formula = Konstruktion ~ Textsorte + Diathese + rcs(LängDiff) + AgBel + ThPron + ThKonkr + ThDef + ThBel + RezPron + RezDef + RezPerson + RezNum + RezPropr + RezKonkr + RezBel + RezGramGen, data = zuruckgeben_cluster1, x = TRUE, y = TRUE, penalty = p$penalty) Penalty factors Model Likelihood Discrimination Rank Discrim. Ratio Test Indexes Indexes Obs 488 LR chi2 194.58 R2 0.506 C 0.915 DOK 400 d.f. 21.187 g 2.183 Dxy 0.830 POK 88 Pr(> chi2)<0.0001 gr 8.877 gamma 0.831 max |deriv| 2e-09 Penalty 14.35 gp 0.230 tau-a 0.246 Brier 0.083 Coef S.E. Wald Z Pr(>|Z|) Penalty Scale Intercept -5.3307 1.4071 -3.79 0.0002 0.0000 Textsorte=Gebrauch -0.2317 0.6429 -0.36 0.7186 1.0283 Textsorte=Medien 1.1648 0.4755 2.45 0.0143 1.0283 Textsorte=Wiss 0.7470 0.3630 2.06 0.0396 1.0283 Diathese=passiv -0.0144 0.5016 -0.03 0.9771 0.8396 LängDiff 0.0551 0.0806 0.68 0.4940 4.4783 LängDiff‚ -0.0220 0.1264 -0.17 0.8618 5.2115 LängDiff‚‚ -0.4215 1.9998 -0.21 0.8331 0.3851 LängDiff‚‚‚ 0.1946 4.8019 0.04 0.9677 0.1479 AgBel=naus 0.7158 0.5074 1.41 0.1584 1.0283 AgBel=unbest 0.3168 0.5872 0.54 0.5895 1.0283 AgBel=unbelebt 0.4716 0.5246 0.90 0.3686 1.0283 ThPron=pronominal -0.1709 0.4269 -0.40 0.6890 0.8396 ThKonkr=konkr 1.1718 0.4689 2.50 0.0125 0.9695 ThKonkr=prop 0.3946 0.5575 0.71 0.4790 0.9695 ThDef=indefinit -0.0236 0.4254 -0.06 0.9557 0.8396 ThBel=Objekt 1.0746 0.4957 2.17 0.0302 0.9695 ThBel=Ort.Objekt 1.2047 0.5612 2.15 0.0318 0.9695 RezPron=pronominal -2.0430 0.5101 -4.01 <0.0001 0.8396 RezDef=indefinit -0.3349 0.6278 -0.53 0.5937 0.8396 RezPerson=lokal -1.2753 0.7646 -1.67 0.0953 0.8396 RezNum=singular 1.8111 0.5533 3.27 0.0011 0.8396 RezPropr=Gattungsname -0.5040 0.4928 -1.02 0.3064 0.8396 <?page no="368"?> ANHANg 368 RezKonkr=konkr 0.8320 0.7130 1.17 0.2432 0.8396 RezBel=Koll 0.6484 0.5164 1.26 0.2092 1.0283 RezBel=unbest 0.5030 0.4622 1.09 0.2764 1.0283 RezBel=unbelebt 0.3168 0.5305 0.60 0.5505 1.0283 RezGramGen=irrel 1.1412 0.5253 2.17 0.0298 0.9695 RezGramGen=nfem -0.6634 0.3907 -1.70 0.0895 0.9695 E.2.2 Bootstrap-Validierung (N-= 2.000 Stichproben) index.orig training test optimism index.corrected n Dxy 0.8300 0.8582 0.7996 0.0586 0.7714 2000 R2 0.5055 0.5467 0.5018 0.0449 0.4607 2000 Intercept 0.0000 0.0000 -0.0018 0.0018 -0.0018 2000 Slope 1.0000 1.0000 0.9985 0.0015 0.9985 2000 Emax 0.0000 0.0000 0.0007 0.0007 0.0007 2000 D 0.3967 0.4046 0.3641 0.0406 0.3561 2000 U -0.0041 -0.0041 -0.0005 -0.0036 -0.0005 2000 Q 0.4008 0.4087 0.3646 0.0441 0.3566 2000 B 0.0832 0.0750 0.0890 -0.0139 0.0971 2000 g 2.1834 2.3787 2.3673 0.0114 2.1721 2000 gp 0.2298 0.2358 0.2359 -0.0001 0.2299 2000 E.2.3 Varianzinflationsfaktoren Textsorte=Gebrauch Textsorte=Medien Textsorte=Wiss Diathese=passiv 1.186708 1.615199 1.638551 2.265443 LängDiff LängDiff‚ LängDiff‚‚ LängDiff‚‚‚ 4.524874 16.683358 22.318093 18.879874 AgBel=naus AgBel=unbest AgBel=unbelebt ThPron=pronominal 2.534125 1.156823 1.541600 1.224043 ThKonkr=konkr ThKonkr=prop ThDef=indefinit ThBel=Objekt 2.096607 1.889946 1.132041 2.520144 ThBel=Ort.Objekt RezPron=pronominal RezDef=indefinit RezPerson=lokal 2.541410 1.388965 1.088379 1.443469 RezNum=singular RezPropr=Gattungsname RezKonkr=konkr RezBel=Koll 2.061666 1.799624 1.371512 1.329442 RezBel=unbest RezBel=unbelebt RezGramGen=irrel RezGramGen=nfem 1.540273 1.936400 3.171428 1.764345 <?page no="369"?> 369 ANHANg Cluster-2-- 1901-1999 E.3 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie <?page no="370"?> ANHANg 370 E.4 Logistische Regressionsanalyse E.4.1 Logistisches Regressionsmodell lrm(formula = Konstruktion ~ Textsorte + Diathese + rcs(LängDiff) + AgBel + ThPron + ThKonkr + ThDef + ThBel + RezPron + RezDef + RezPerson + RezNum + RezPropr + RezBel + RezKonkr + RezGramGen, data = zuruckgeben_cluster2, x = TRUE, y = TRUE, penalty = p$penalty) Penalty factors Model Likelihood Discrimination Rank Discrim. Ratio Test Indexes Indexes Obs 355 LR chi2 143.48 R2 0.407 C 0.849 DOK 200 d.f. 19.396 g 1.657 Dxy 0.697 POK 155 Pr(> chi2)<0.0001 gr 5.242 gamma 0.698 max |deriv| 2e-08 Penalty 15.21 gp 0.304 tau-a 0.344 Brier 0.158 Coef S.E. Wald Z Pr(>|Z|) Penalty Scale Intercept -2.1823 1.1185 -1.95 0.0510 0.0000 Textsorte=Gebrauch 0.5698 0.3668 1.55 0.1203 1.5588 Textsorte=Medien 0.0054 0.3530 0.02 0.9878 1.5588 Textsorte=Wiss -0.0370 0.3984 -0.09 0.9261 1.5588 Diathese=passiv -0.0633 0.3605 -0.18 0.8607 1.2728 LängDiff -0.0265 0.0376 -0.70 0.4809 9.2784 LängDiff‚ 0.0750 0.0647 1.16 0.2466 9.5674 LängDiff‚‚ -0.2737 1.7475 -0.16 0.8755 0.4373 LängDiff‚‚‚ -1.8839 4.2707 -0.44 0.6591 0.1681 AgBel=naus 0.3578 0.3668 0.98 0.3294 1.5588 AgBel=unbest 0.5437 0.4288 1.27 0.2049 1.5588 AgBel=unbelebt -0.4637 0.4662 -0.99 0.3199 1.5588 ThPron=pronominal -0.2999 0.3764 -0.80 0.4256 1.2728 ThKonkr=konkr 0.6220 0.3585 1.74 0.0827 1.4697 ThKonkr=prop 0.9993 0.3963 2.52 0.0117 1.4697 ThDef=indefinit 0.1517 0.3408 0.45 0.6562 1.2728 ThBel=Objekt -0.4303 0.4029 -1.07 0.2856 1.4697 ThBel=Ort.Objekt -0.0206 0.4584 -0.04 0.9642 1.4697 RezPron=pronominal -1.3368 0.3895 -3.43 0.0006 1.2728 RezDef=indefinit 1.1321 0.5721 1.98 0.0478 1.2728 RezPerson=lokal -0.7153 0.5788 -1.24 0.2165 1.2728 RezNum=singular 0.4807 0.4154 1.16 0.2472 1.2728 RezPropr=Gattungsname -0.3072 0.3604 -0.85 0.3939 1.2728 <?page no="371"?> 371 ANHANg RezBel=Koll 0.9020 0.4027 2.24 0.0251 1.5588 RezBel=unbest 1.1372 0.3416 3.33 0.0009 1.5588 RezBel=unbelebt 0.4958 0.4687 1.06 0.2902 1.5588 RezKonkr=konkr 0.2145 0.5675 0.38 0.7054 1.2728 RezGramGen=irrel 0.5412 0.3808 1.42 0.1553 1.4697 RezGramGen=nfem 0.6243 0.3476 1.80 0.0725 1.4697 E.4.2 Bootstrap-Validierung (N-= 2.000 Stichproben) index.orig training test optimism index.corrected n Dxy 0.6971 0.7435 0.6596 0.0839 0.6132 2000 R2 0.4065 0.4501 0.4094 0.0407 0.3658 2000 Intercept 0.0000 0.0000 0.0061 -0.0061 0.0061 2000 Slope 1.0000 1.0000 1.0348 -0.0348 1.0348 2000 Emax 0.0000 0.0000 0.0086 0.0086 0.0086 2000 D 0.4013 0.4069 0.3618 0.0451 0.3562 2000 U -0.0056 -0.0056 -0.0008 -0.0049 -0.0008 2000 Q 0.4070 0.4125 0.3625 0.0500 0.3570 2000 B 0.1581 0.1455 0.1672 -0.0217 0.1798 2000 g 1.6566 1.7901 1.8360 -0.0459 1.7025 2000 gp 0.3042 0.3184 0.3238 -0.0054 0.3096 2000 E.4.3 Varianzinflationsfaktoren Textsorte=Gebrauch Textsorte=Medien Textsorte=Wiss Diathese=passiv 1.655060 2.209883 1.742292 1.857189 LängDiff LängDiff‚ LängDiff‚‚ LängDiff‚‚‚ 2.725546 9.454348 15.310817 13.612719 AgBel=naus AgBel=unbest AgBel=unbelebt ThPron=pronominal 2.274809 1.315861 1.256086 1.218896 ThKonkr=konkr ThKonkr=prop ThDef=indefinit ThBel=Objekt 2.128838 1.789518 1.143890 2.576995 ThBel=Ort.Objekt RezPron=pronominal RezDef=indefinit RezPerson=lokal 2.712814 1.279595 1.073837 1.186913 RezNum=singular RezPropr=Gattungsname RezBel=Koll RezBel=unbest 2.237706 1.970178 1.590451 1.770483 RezBel=unbelebt RezKonkr=konkr RezGramGen=irrel RezGramGen=nfem 1.632514 1.328070 2.584644 1.725922 <?page no="372"?> ANHANg 372 Anhang F-- Das Verb verleihen Cluster-1-- 1650-1950 F.1 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie <?page no="373"?> 373 ANHANg F.2 Logistische Regressionsanalyse F.2.1 Logistisches Regressionsmodell lrm(formula = Konstruktion ~ Textsorte + Diathese + rcs(LängDiff) + AgBel + ThPron + ThKonkr + ThDef + ThBel + RezPron + RezDef + RezPerson + RezNum + RezPropr + RezKonkr + RezBel + RezGramGen, data = verleihen_cluster1, x = TRUE, y = TRUE, penalty = p$penalty) Penalty factors Model Likelihood Discrimination Rank Discrim. Ratio Test Indexes Indexes Obs 651 LR chi2 455.57 R2 0.750 C 0.968 DOK 500 d.f. 24.988 g 4.419 Dxy 0.937 POK 151 Pr(> chi2)<0.0001 gr 83.031 gamma 0.937 max |deriv| 5e-06 Penalty 9.68 gp 0.330 tau-a 0.334 Brier 0.059 Coef S.E. Wald Z Pr(>|Z|) Penalty Scale Intercept -5.0953 2.3906 -2.13 0.0331 0.0000 Textsorte=Gebrauch 0.4462 0.6501 0.69 0.4925 0.4062 Textsorte=Medien 1.5612 0.6714 2.33 0.0201 0.4062 Textsorte=Wiss 1.2799 0.5732 2.23 0.0256 0.4062 Diathese=passiv -0.0352 0.5405 -0.07 0.9480 0.3317 LängDiff -0.0464 0.0919 -0.50 0.6136 2.4716 LängDiff‚ 0.1461 0.2257 0.65 0.5174 2.7155 LängDiff‚‚ -0.2127 1.6867 -0.13 0.8997 0.4595 LängDiff‚‚‚ -0.6150 2.5750 -0.24 0.8112 0.2693 AgBel=naus 0.1871 0.5360 0.35 0.7271 0.4062 AgBel=unbest 1.8052 0.7351 2.46 0.0141 0.4062 AgBel=unbelebt -2.0795 0.6712 -3.10 0.0019 0.4062 ThPron=pronominal 1.6871 0.5322 3.17 0.0015 0.3317 ThKonkr=konkr 2.0010 0.4242 4.72 <0.0001 0.3830 ThKonkr=prop 1.5940 0.5969 2.67 0.0076 0.3830 ThDef=indefinit -0.9536 0.3712 -2.57 0.0102 0.3317 ThBel=Objekt 0.2008 1.2928 0.16 0.8765 0.3830 ThBel=Ort.Objekt -0.3014 1.3313 -0.23 0.8209 0.3830 RezPron=pronominal -1.9351 0.5579 -3.47 0.0005 0.3317 RezDef=indefinit 2.0253 0.3880 5.22 <0.0001 0.3317 RezPerson=lokal -3.3954 1.5564 -2.18 0.0291 0.3317 RezNum=singular 2.2148 0.6160 3.60 0.0003 0.3317 RezPropr=Gattungsname 0.5347 0.5558 0.96 0.3360 0.3317 <?page no="374"?> ANHANg 374 RezKonkr=konkr -1.3587 1.5020 -0.90 0.3657 0.3830 RezKonkr=prop -1.1900 2.2731 -0.52 0.6006 0.3830 RezBel=Koll 0.1768 0.6739 0.26 0.7931 0.4062 RezBel=unbest -0.5802 0.7316 -0.79 0.4277 0.4062 RezBel=unbelebt -3.0289 1.1455 -2.64 0.0082 0.4062 RezGramGen=irrel 2.9428 0.7917 3.72 0.0002 0.3830 RezGramGen=nfem -1.3583 0.6862 -1.98 0.0478 0.3830 F.2.2 Bootstrap-Validierung (N-= 2.000 Stichproben) index.orig training test optimism index.corrected n Dxy 0.9370 0.9481 0.9234 0.0247 0.9123 2000 R2 0.7496 0.7743 0.7341 0.0402 0.7094 2000 Intercept 0.0000 0.0000 -0.0176 0.0176 -0.0176 2000 Slope 1.0000 1.0000 0.9111 0.0889 0.9111 2000 Emax 0.0000 0.0000 0.0236 0.0236 0.0236 2000 D 0.6983 0.7157 0.6633 0.0524 0.6458 2000 U -0.0031 -0.0031 0.0023 -0.0054 0.0023 2000 Q 0.7013 0.7188 0.6610 0.0578 0.6435 2000 B 0.0586 0.0520 0.0642 -0.0122 0.0708 2000 g 4.4192 4.8888 4.4300 0.4588 3.9604 2000 gp 0.3302 0.3328 0.3294 0.0034 0.3269 2000 F.2.3 Varianzinflationsfaktoren Textsorte=Gebrauch Textsorte=Medien Textsorte=Wiss Diathese=passiv 2.412889 3.071784 3.425672 2.951406 LängDiff LängDiff‚ LängDiff‚‚ LängDiff‚‚‚ 11.432074 106.510815 177.187443 142.719952 AgBel=naus AgBel=unbest AgBel=unbelebt ThPron=pronominal 2.812011 1.149669 1.128022 1.305329 ThKonkr=konkr ThKonkr=prop ThDef=indefinit ThBel=Objekt 1.888495 1.268139 1.176604 11.159073 ThBel=Ort.Objekt RezPron=pronominal RezDef=indefinit RezPerson=lokal 11.272871 1.297833 1.494645 1.142981 RezNum=singular RezPropr=Gattungsname RezKonkr=konkr RezKonkr=prop 3.956066 2.265277 2.054296 1.141520 RezBel=Koll RezBel=unbest RezBel=unbelebt RezGramGen=irrel 1.179012 1.158800 1.892445 5.832044 RezGramGen=nfem 3.755286 <?page no="375"?> 375 ANHANg Cluster-2-- 1951-1999 F.3 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie <?page no="376"?> ANHANg 376 F.4 Logistische Regressionsanalyse F.4.1 Logistisches Regressionsmodell lrm(formula = Konstruktion ~ Diathese + rcs(LängDiff) + AgBel + ThPron + ThKonkr + ThDef + ThBel + RezPron + RezDef + RezNum + RezPropr + RezKonkr + RezBel + RezGramGen, data = verleihen_cluster2, x = TRUE, y = TRUE, penalty = p$penalty) Penalty factors Model Likelihood Discrimination Rank Discrim. Ratio Test Indexes Indexes Obs 222 LR chi2 260.75 R2 0.911 C 0.994 DOK 100 d.f. 16.173 g 7.784 Dxy 0.987 POK 122 Pr(> chi2)<0.0001 gr 2402.255 gamma 0.987 max |deriv| 0.0008 Penalty 7.11 gp 0.485 tau-a 0.491 Brier 0.029 Coef S.E. Wald Z Pr(>|Z|) Penalty Scale Intercept -5.7890 4.0795 -1.42 0.1559 0.0000 Diathese=passiv 1.5166 1.3412 1.13 0.2582 0.2646 LängDiff 0.1257 0.0919 1.37 0.1716 5.1337 LängDiff‘ 0.0520 0.1856 0.28 0.7792 4.8152 LängDiff‘‘ 0.0428 0.4390 0.10 0.9224 2.0593 LängDiff‘‘‘ 0.0532 0.6741 0.08 0.9371 1.3444 AgBel=naus -1.1008 1.4454 -0.76 0.4463 0.3240 AgBel=unbest 1.8540 1.1463 1.62 0.1058 0.3240 AgBel=unbelebt -2.7857 2.1579 -1.29 0.1967 0.3240 ThPron=pronominal -1.4207 1.5225 -0.93 0.3507 0.2646 ThKonkr=konkr 4.3635 1.0527 4.14 <0.0001 0.3055 ThKonkr=prop 3.0845 1.2363 2.49 0.0126 0.3055 ThDef=indefinit -1.6028 1.4269 -1.12 0.2613 0.2646 ThBel=Ort.Objekt 1.7871 2.4699 0.72 0.4694 0.2646 RezPron=pronominal -3.9467 1.7982 -2.19 0.0282 0.2646 RezDef=indefinit 2.1496 1.1785 1.82 0.0682 0.2646 RezNum=singular -0.9330 1.4716 -0.63 0.5261 0.2646 RezPropr=Gattungsname 0.4076 1.3358 0.31 0.7603 0.2646 RezKonkr=konkr 0.8116 3.0287 0.27 0.7887 0.3055 RezKonkr=prop 0.0809 3.3797 0.02 0.9809 0.3055 RezBel=Koll 1.1939 2.0877 0.57 0.5674 0.3240 RezBel=unbest 0.8689 2.3963 0.36 0.7169 0.3240 RezBel=unbelebt -1.3010 1.5732 -0.83 0.4082 0.3240 <?page no="377"?> 377 ANHANg RezGramGen=irrel 3.3493 1.9129 1.75 0.0800 0.3055 RezGramGen=nfem 2.4540 1.7380 1.41 0.1580 0.3055 F.4.2 Bootstrap-Validierung (N-= 2.000 Stichproben) index.orig training test optimism index.corrected n Dxy 0.9874 0.9933 0.9755 0.0179 0.9695 2000 R2 0.9110 0.9296 0.8985 0.0310 0.8800 2000 Intercept 0.0000 0.0000 0.0260 -0.0260 0.0260 2000 Slope 1.0000 1.0000 0.9343 0.0657 0.9343 2000 Emax 0.0000 0.0000 0.0194 0.0194 0.0194 2000 D 1.1700 1.1796 1.1097 0.0699 1.1001 2000 U -0.0090 -0.0090 0.0018 -0.0108 0.0018 2000 Q 1.1791 1.1886 1.1079 0.0807 1.0984 2000 B 0.0294 0.0199 0.0379 -0.0179 0.0474 2000 g 7.7842 8.5620 7.9621 0.6000 7.1842 2000 gp 0.4851 0.4855 0.4854 0.0001 0.4850 2000 F.4.3 Varianzinflationsfaktoren Diathese=passiv LängDiff LängDiff‚ LängDiff‚‚ 3.999820 1.839921 1.763229 1.453925 LängDiff‚‚‚ AgBel=naus AgBel=unbest AgBel=unbelebt 1.371325 4.718524 1.673886 1.553164 ThPron=pronominal ThKonkr=konkr ThKonkr=prop ThDef=indefinit 1.383069 2.427955 2.047715 1.719901 ThBel=Ort.Objekt RezPron=pronominal RezDef=indefinit RezNum=singular 1.121449 2.223866 2.073430 3.796560 RezPropr=Gattungsname RezKonkr=konkr RezKonkr=prop RezBel=Koll 3.962084 1.505577 1.407801 2.258100 RezBel=unbest RezBel=unbelebt RezGramGen=irrel RezGramGen=nfem 1.294774 2.050014 8.158770 6.729319 <?page no="378"?> ANHANg 378 Anhang-G-- Das Verb übersenden G.1 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie <?page no="379"?> 379 ANHANg G.2 Logistische Regressionsanalyse G.2.1 Logistisches Regressionsmodell lrm(formula = Konstruktion ~ Textsorte + Diathese + rcs(LängDiff) + AgBel + ThPron + ThKonkr + ThDef + ThBel + RezPron + RezDef + RezPerson + RezNum + RezPropr + RezBel + RezGramGen, data = ubersenden, x = TRUE, y = TRUE, penalty = p$penalty) Penalty factors Model Likelihood Discrimination Rank Discrim. Ratio Test Indexes Indexes Obs 700 LR chi2 129.74 R2 0.280 C 0.822 DOK 600 d.f. 19.357 g 1.559 Dxy 0.644 POK 100 Pr(> chi2)<0.0001 gr 4.754 gamma 0.645 max |deriv| 7e-06 Penalty 10.66 gp 0.148 tau-a 0.158 Brier 0.096 Coef S.E. Wald Z Pr(>|Z|) Penalty Scale Intercept -3.6962 1.4609 -2.53 0.0114 0.0000 Textsorte=Gebrauch -0.0754 0.3664 -0.21 0.8369 1.0642 Textsorte=Medien 0.1117 0.3406 0.33 0.7429 1.0642 Textsorte=Wiss 0.0171 0.3399 0.05 0.9598 1.0642 Diathese=passiv 0.3713 0.3923 0.95 0.3440 0.8689 LängDiff 0.0952 0.0500 1.90 0.0570 8.9656 LängDiff‚ -0.0580 0.0643 -0.90 0.3675 9.8103 LängDiff‚‚ -0.1628 0.9313 -0.17 0.8613 0.8018 LängDiff‚‚‚ 3.9040 6.4202 0.61 0.5431 0.0898 AgBel=naus -0.4779 0.4019 -1.19 0.2345 1.0642 AgBel=unbest -0.1401 0.4650 -0.30 0.7632 1.0642 AgBel=unbelebt -0.3182 0.9262 -0.34 0.7312 1.0642 ThPron=pronominal 0.8264 0.3332 2.48 0.0131 0.8689 ThKonkr=konkr 0.3827 0.8606 0.44 0.6566 1.0033 ThKonkr=prop 0.6492 0.8496 0.76 0.4448 1.0033 ThDef=indefinit -0.2035 0.2469 -0.82 0.4098 0.8689 ThBel=unbelebt 0.6159 0.7352 0.84 0.4022 0.8689 RezPron=pronominal -1.9462 0.4647 -4.19 <0.0001 0.8689 RezDef=indefinit 0.7272 0.3884 1.87 0.0612 0.8689 RezPerson=lokal -0.9777 0.6636 -1.47 0.1407 0.8689 RezNum=singular 0.9356 0.4038 2.32 0.0205 0.8689 RezPropr=Gattungsname 0.4409 0.3426 1.29 0.1981 0.8689 RezBel=Koll 0.7140 0.4191 1.70 0.0885 1.0642 <?page no="380"?> ANHANg 380 RezBel=unbest 0.3452 0.3455 1.00 0.3178 1.0642 RezBel=unbelebt 0.1837 0.9070 0.20 0.8395 1.0642 RezGramGen=irrel 1.5869 0.4342 3.66 0.0003 1.0033 RezGramGen=nfem -0.1426 0.3752 -0.38 0.7038 1.0033 G.2.2 Bootstrap-Validierung (N-= 2.000 Stichproben) index.orig training test optimism index.corrected n Dxy 0.6442 0.6880 0.6117 0.0762 0.5679 2000 R2 0.2795 0.3170 0.2684 0.0487 0.2308 2000 Intercept 0.0000 0.0000 -0.0618 0.0618 -0.0618 2000 Slope 1.0000 1.0000 0.9504 0.0496 0.9504 2000 Emax 0.0000 0.0000 0.0224 0.0224 0.0224 2000 D 0.1839 0.1940 0.1614 0.0327 0.1513 2000 U -0.0029 -0.0029 0.0001 -0.0030 0.0001 2000 Q 0.1868 0.1969 0.1613 0.0356 0.1512 2000 B 0.0964 0.0918 0.1003 -0.0085 0.1049 2000 g 1.5589 1.6943 1.6001 0.0942 1.4647 2000 gp 0.1483 0.1555 0.1510 0.0045 0.1438 2000 G.2.3 Varianzinflationsfaktoren Textsorte=Gebrauch Textsorte=Medien Textsorte=Wiss Diathese=passiv 1.692704 1.887094 1.737953 1.722201 LängDiff LängDiff‚ LängDiff‚‚ LängDiff‚‚‚ 6.931109 25.074102 44.093704 27.816197 AgBel=naus AgBel=unbest AgBel=unbelebt ThPron=pronominal 1.834990 1.170881 1.068491 1.247580 ThKonkr=konkr ThKonkr=prop ThDef=indefinit ThBel=unbelebt 10.042844 9.959547 1.100302 1.048625 RezPron=pronominal RezDef=indefinit RezPerson=lokal RezNum=singular 1.556634 1.201239 1.445573 2.465245 RezPropr=Gattungsname RezBel=Koll RezBel=unbest RezBel=unbelebt 1.711575 1.490854 1.347687 1.073149 RezGramGen=irrel RezGramGen=nfem 3.551324 2.276742 <?page no="381"?> 381 ANHANg Anhang-H-- Das Verb einsenden H.1 Endgültiger Datensatz: Belegzahl und POK-Probabilität pro-Kategorie <?page no="382"?> ANHANg 382 H.2 Logistische Regressionsanalyse H.2.1 Logistisches Regressionsmodell lrm(formula = Konstruktion ~ Textsorte + Diathese + rcs(LängDiff) + AgBel + ThPron + ThKonkr + ThDef + ThBel + RezPron + RezDef + RezPerson + RezNum + RezPropr + RezKonkr + RezGramGen, data = einsenden, x = TRUE, y = TRUE, penalty = p$penalty) Penalty factors Model Likelihood Discrimination Rank Discrim. Ratio Test Indexes Indexes Obs 368 LR chi2 120.43 R2 0.341 C 0.817 DOK 157 d.f. 14.423 g 1.502 Dxy 0.635 POK 211 Pr(> chi2)<0.0001 gr 4.489 gamma 0.635 max |deriv| 8e-09 Penalty 12.55 gp 0.270 tau-a 0.311 Brier 0.173 Coef S.E. Wald Z Pr(>|Z|) Penalty Scale Intercept -0.5416 0.9146 -0.59 0.5537 0.0000 Textsorte=Gebrauch 0.1984 0.3941 0.50 0.6148 1.7277 Textsorte=Medien 0.7489 0.3256 2.30 0.0214 1.7277 Textsorte=Wiss 0.7137 0.3433 2.08 0.0376 1.7277 Diathese=passiv -0.1051 0.3297 -0.32 0.7499 1.4107 LängDiff 0.0083 0.0219 0.38 0.7033 16.7143 LängDiff‚ 0.0094 0.0442 0.21 0.8313 16.6162 LängDiff‚‚ 0.4299 0.4978 0.86 0.3877 1.6600 LängDiff‚‚‚ 1.0921 1.2199 0.90 0.3706 0.6732 AgBel=naus 0.6177 0.3137 1.97 0.0490 1.7277 AgBel=unbest 0.3142 0.4070 0.77 0.4401 1.7277 AgBel=unbelebt 0.2488 0.5945 0.42 0.6756 1.7277 ThPron=pronominal -0.3821 0.3374 -1.13 0.2574 1.4107 ThKonkr=prop -0.4468 0.2923 -1.53 0.1264 1.4107 ThDef=indefinit 0.2760 0.2404 1.15 0.2509 1.4107 ThBel=unbelebt 0.3565 0.5925 0.60 0.5473 1.4107 RezPron=pronominal -1.5782 0.3564 -4.43 <0.0001 1.4107 RezDef=indefinit -0.1060 0.4741 -0.22 0.8231 1.4107 RezPerson=lokal -0.5763 0.4385 -1.31 0.1888 1.4107 RezNum=singular 0.5205 0.3937 1.32 0.1861 1.4107 RezPropr=Gattungsname 0.0640 0.3330 0.19 0.8475 1.4107 RezKonkr=prop 0.4086 0.6447 0.63 0.5262 1.4107 RezGramGen=irrel 0.2230 0.3645 0.61 0.5407 1.6289 RezGramGen=nfem -0.5837 0.2712 -2.15 0.0314 1.6289 <?page no="383"?> 383 ANHANg H.2.2 Bootstrap-Validierung (N-= 2.000 Stichproben) index.orig training test optimism index.corrected n Dxy 0.6349 0.6702 0.6018 0.0684 0.5664 2000 R2 0.3413 0.3744 0.3502 0.0242 0.3171 2000 Intercept 0.0000 0.0000 -0.0200 0.0200 -0.0200 2000 Slope 1.0000 1.0000 1.0646 -0.0646 1.0646 2000 Emax 0.0000 0.0000 0.0170 0.0170 0.0170 2000 D 0.3245 0.3245 0.2995 0.0251 0.2994 2000 U -0.0054 -0.0054 -0.0002 -0.0052 -0.0002 2000 Q 0.3300 0.3300 0.2997 0.0303 0.2997 2000 B 0.1731 0.1637 0.1791 -0.0154 0.1885 2000 g 1.5017 1.6180 1.7060 -0.0880 1.5897 2000 gp 0.2704 0.2816 0.2915 -0.0099 0.2803 2000 H.2.3 Varianzinflationsfaktoren Textsorte=Gebrauch Textsorte=Medien Textsorte=Wiss Diathese=passiv 1.685952 2.090281 2.079777 1.502375 LängDiff LängDiff‚ LängDiff‚‚ LängDiff‚‚‚ 1.809646 2.991103 2.328549 2.111837 AgBel=naus AgBel=unbest AgBel=unbelebt ThPron=pronominal 1.616981 1.148674 1.108049 1.046110 ThKonkr=prop ThDef=indefinit ThBel=unbelebt RezPron=pronominal 1.066822 1.067128 1.052083 1.664002 RezDef=indefinit RezPerson=lokal RezNum=singular RezPropr=Gattungsname 1.056008 1.675160 1.399607 1.200826 RezKonkr=prop RezGramGen=irrel RezGramGen=nfem 1.007016 2.162666 1.448895 <?page no="384"?> Volume CLIP Band Band Corpus Linguistics and Interdisciplinary Perspectives on Language Korpuslinguistik und interdisziplinäre Perspektiven auf Sprache ISBN 978-3-381-10661-5 Diese Monographie bietet einen einzigartigen Einblick in ein für das Deutsche bisher kaum erforschtes Phänomen: die Entwicklung der Dativalternation seit 1650. Dabei wird zwischen der Dativobjektkonstruktion (z. B. Er verkauft dem Kloster sein Haus) und der Präpositionalobjektkonstruktion (z. B. Er verkauft sein Haus an das Kloster) unterschieden. Ausführliche quantitative und qualitative Analysen historischer Korpusbelege legen für eine Auswahl von 28 Verben die relativen Verhältnisse zwischen beiden Alternanten bloß, und es werden verschiedene Faktoren identifiziert, die mit ihnen korrelieren. Außerdem zeigt die Durchsicht historischer Grammatiken, Lehrbücher und Wörterbücher, dass die Dativalternation bei bestimmten Verben wie geben, verkaufen und senden bereits ab dem 18. Jahrhundert nicht nur erwähnt, sondern mitunter auch beurteilt und kommentiert wird. Die Kombination dieser beiden Perspektiven liefert wertvolle Erkenntnisse für Forschende und Studierende der historischen Sprachwissenschaft und für alle, die sich für die deutsche Sprache und ihre Entwicklung interessieren. 12 Evi Van Damme Die Dativalternation in der Geschichte des Neuhochdeutschen 12 Evi Van Damme Die Dativalternation in der Geschichte des Neuhochdeutschen Eine historische und korpusbasierte Untersuchung 12
