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Technologische Innovationen

Steuerung und Vermarktung

0115
2024
978-3-3811-1292-0
978-3-3811-1291-3
UVK Verlag 
Reinhard Hünerberg
Matthias Hartmann
10.24053/9783381112920

Die Marktdynamik hat in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen. Technologische Entwicklungen erfolgen in immer kürzeren Abschnitten. Gleichzeitig wirkt ein stetig größer werdender Anteil dieser Innovationen disruptiv. Daraus ergeben sich Notwendigkeiten, stets und frühzeitig auch die Vermarktung innovativer Technologien im Blick zu haben, um den ökonomischen Erfolg zu gewährleisten. Dieses Buch zeigt diese Möglichkeiten prägnant und gut strukturiert auf. Gleichzeitig bieten die Autoren viele Lernfragen, Antworten und Beispiele mit Aufgaben.

<?page no="0"?> ISBN 978-3-381-11291-3 Die Marktdynamik hat in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen. Technologische Entwicklungen erfolgen in immer kürzeren Abschnitten. Gleichzeitig wirkt ein stetig größer werdender Anteil dieser Innovationen disruptiv. Daraus ergeben sich Notwendigkeiten, stets und frühzeitig auch die Vermarktung innovativer Technologien im Blick zu haben, um den ökonomischen Erfolg zu gewährleisten. Dieses Buch zeigt diese Möglichkeiten prägnant und gut strukturiert auf. Gleichzeitig bieten die Autoren viele Lernfragen, Antworten und Beispiele mit Aufgaben. Hünerberg / Hartmann Technologische Innovationen Reinhard Hünerberg / Matthias Hartmann Technologische Innovationen Steuerung und Vermarktung <?page no="1"?> Technologische Innovationen <?page no="2"?> In der Lehre immer am Zahn der Zeit zu sein, wird in unserer schnelllebigen Zeit immer mehr zur Herausforderung. Mit unserer neuen fachübergreifenden Reihe nuggets präsentie‐ ren wir Ihnen die aktuellen Trends, die Forschung, Lehre und Gesellschaft beschäftigen - wissenschaftlich fundiert und kompakt dargestellt. Ein besonderes Augenmerk legt die Reihe auf den didaktischen Anspruch, denn die Bände sind vor allem konzipiert als kleine Bausteine, die Sie für Ihre Lehrveranstaltung ganz unkompliziert einsetzen können. Mit unseren nuggets bekommen Sie prägnante und kompakt dar‐ gestellte Themen im handlichen Buchformat, verfasst von Expert: innen, die gezielte Information mit fundierter Analyse verbinden und damit aktuelles Wissen vermitteln, ohne den Fokus auf das Wesentliche zu verlieren. Damit sind sie für Lehre und Studium vor allem eines: Gold wert! So gezielt die Themen in den Bänden bearbeitet werden, so breit ist auch das Fachspektrum, das die nuggets abdecken: von den Wirtschaftswissenschaf‐ ten über die Geisteswissenschaften und die Naturwissenschaften bis hin zur Sozialwissenschaft - Leser: innen aller Fachbereiche können in dieser Reihe fündig werden. Die Reihe NUGGETS behandelt anspruchsvolle Themen und Trends, die nicht nur Studierende beschäftigen. Expert: innen erklären und vertiefen kompakt und gleichzeitig tiefgehend Zusammenhänge und Wissenswertes zu brandneuen und speziellen Themen. Dabei spielt die richtige Balance zwi‐ schen gezielter Information und fundierter Analyse die wichtigste Rolle. Das Besondere an dieser Reihe ist, dass sie fachgebiets- und verlagsübergreifend konzipiert ist. Sowohl der Narr-Verlag als auch expert- und UVK-Autor: in‐ nen bereichern NUGGETS. <?page no="3"?> Reinhard Hünerberg / Matthias Hartmann Technologische Innovationen Steuerung und Vermarktung <?page no="4"?> © UVK Verlag 2024 ‒ ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro‐ verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Heraus‐ geber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Einbandgestaltung: siegel konzeption | gestaltung CPI books GmbH, Leck ISSN 2941-2730 ISBN 978-3-381-10311-9 (Print) ISBN 978-3-381-11292-0 (ePDF) ISBN 978-3-381-11293-7 (ePub) Umschlagabbildung: Oselote iStockphoto Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbib‐ liografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> 1 11 1.1 11 1.2 13 1.2.1 13 1.2.2 14 1.2.3 19 1.2.4 20 1.3 22 1.3.1 22 1.3.2 24 1.3.3 25 1.3.4 27 1.4 31 1.4.1 31 1.4.2 32 1.4.3 35 1.4.4 39 2 43 2.1 43 2.1.1 43 2.1.2 44 2.2 47 2.2.1 47 2.2.2 48 3 51 3.1 51 3.1.1 51 3.1.2 52 3.1.3 53 Inhalt Technologiemanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Effektivität und Effizienz im Technologiemanagement . . . Strategisches Technologiemanagement . . . . . . . . . . . . . . . . Funktional-abstraktes Denken als Voraussetzung . . . . . . . . Prinzip der S-Kurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Voraussage neuer Technologien - Technological Foresight Technologie-Indikatoren und Technologie-Trends . . . . . . . Operatives Technologiemanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . Denken in Zeiten und Zyklen als Voraussetzung . . . . . . . . Prinzip der Erfahrungskurven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wissensmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Standardisierung in Konstruktion und Produktion . . . . . . . Taktisches Technologiemanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systematisches Denken als Voraussetzung . . . . . . . . . . . . . Prinzip des Technologieportfolios . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Management der Koexistenz alter und neuer Technologien Digitale Innovations- und Technologieplanung . . . . . . . . . Gegenstandsbereich des Innovationsmarketing . . . . . . . . . . . . . . . Innovationsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konstitutive Begriffsmerkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Arten der Innovation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marketingbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Innovation und Marketing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Situationsanalyse für Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Externe Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Makro-Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marktverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Technologiesituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . <?page no="6"?> 3.2 54 3.3 55 4 59 4.1 59 4.2 60 5 65 5.1 65 5.1.1 65 5.1.2 67 5.1.3 68 5.2 70 5.2.1 71 5.2.2 72 5.3 75 5.3.1 75 5.3.2 77 5.3.3 78 6 81 6.1 81 6.1.1 81 6.1.2 84 6.1.3 87 6.2 90 6.2.1 91 6.2.2 94 6.2.3 96 6.3 99 6.3.1 99 6.3.2 104 6.3.3 107 6.4 111 6.4.1 111 Interne Situation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Innovationsspezifische SWOT-Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . Marktziele für Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ökonomische Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vor-ökonomische Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marktstrategien für Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marktfestlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geographische Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zielpersonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Angebotsausrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marktzutritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eigene Ressourcen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kooperation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marktverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhaltliche Schwerpunkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitliche Gestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Art des Marktauftritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marketinginstrumente für Innovationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leistungspolitische Innovationsinstrumente . . . . . . . . . . . . Ausdifferenzierung der Kerninnovation und Kundenausrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Qualität von Kerninnovation und Zusatzleistungen . . . . . Innovationsmarkierung und -schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entgelt- und vertragspolitische Innovationsinstrumente . . Preiskontext und Preisniveau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Dynamische Preispolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kontraktgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommunikationspolitische Innovationsinstrumente . . . . . Kommunikationsziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommunikationsformen und -inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . Medienselektion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Distributionspolitische Innovationsinstrumente . . . . . . . . . Absatzwegekonfiguration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Inhalt <?page no="7"?> 6.4.2 115 6.4.3 117 123 139 147 151 Auswahl und Management der Vertriebsorgane . . . . . . . . . Gestaltung der Vertriebslogistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Antworten auf die Fragen an den Kapitelenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt 7 <?page no="8"?> Vorwort Die vorliegende Publikation führt zwei zuvor im Handbuch Innovationsma‐ nagement, herausgegeben von W. Schmeisser u. a. (UVK Verlagsgesellschaft Konstanz und München 2013), veröffentlichte Beiträge zusammen: Techno‐ logiemanagement des 2020 verstorbenen Matthias Hartmann und eine Ende 2023 aktualisierte Fassung meines Teils zum Innovationsmarketing. Kapitel 1 - Technologiemanagement - beleuchtet die aus Unternehmens‐ sicht internen Planungs- und Kontrollaspekte, wie sie sich aus strategischer, operativer und taktischer Sicht ergeben, wenn ein Unternehmen technolo‐ gisch Neuland betritt. Die darauffolgenden Kapitel zum Innovationsmarke‐ ting beschäftigen sich mit den zentralen Fragen des Marketings, wie sie sich bei der Vermarktung von technologischen Innovationen im Industrie- und Konsumgüterbereich im Hinblick auf Erfolg in relevanten Märkten ergeben. Ausgehend vom Konzept des Marketings und von Inhalt und Umfang des Innovationsbegriffes sowie möglichen Rahmenbedingungen werden dabei Ziele, Strategien und Instrumente des Marketings im Innovationskontext erläutert. Die Zweiteilung der Thematik technologischer Innovationen durch die beiden Autoren und die daraus folgende Behandlung aus ganz unterschied‐ licher Sicht trägt vordergründig den in der Realität immer noch festzu‐ stellenden Gegenpolen von intern-technischem gegenüber extern-markt‐ bezogenem Fokus Rechnung. Es gilt, einerseits Effektivität und Effizienz des Technologieeinsatzes zu gewährleisten, andererseits Kaufinteresse und Kundenzufriedenheit sowie weitere marktorientierte Zielsetzungen wie Vertrauen, Loyalität, Weiterempfehlung durch innovative Angebote zu realisieren. Der Leser soll jedoch angeleitet werden, beide Sichtweisen als notwendig zu verstehen und deren Integration für eine erfolgreiche Unternehmensführung nachzuvollziehen. Dabei sei dahingestellt, wie das von der Marketingwissenschaft postu‐ lierte Postulat eines Primats der Marktausrichtung verwirklicht wird; auf jeden Fall sind stets sowohl interne als auch externe Aspekte zu berücksich‐ tigen: Im Technologiemanagement muss bei der Beurteilung von Identifika‐ tion und Gestaltung der richtigen Technologie ihr potenzieller Markterfolg berücksichtigt werden, bei der Wahl des Vorgehens zur Vermarktung von Innovationen spielen interne Gegebenheiten als Stärken oder Schwächen <?page no="9"?> eine entscheidende Rolle. Somit ist, beispielsweise über entsprechende Restriktionen, der jeweils andere Bereich bei Optimierungsbemühungen einzubeziehen. Das bedeutet aber eben auch, dass Entscheidungsträger - sei es im B-to-B-, sei es im B-to-C- Sektor - technologische Innovationen als gleich‐ zeitig technik- und marktbezogenes Problemfeld verstehen und dieses kom‐ petent analysieren sowie angemessene Lösungsansätze entwickeln können. Dazu möchte diese Publikation beitragen. Reinhard Hünerberg Kassel, im Januar 2024 Vorwort 9 <?page no="11"?> 1 Dieser Beitrag basiert auf der Denkschule von Prof. Dr. Werner Pfeiffer; vgl. https: / / de .wikipedia. org/ wiki/ Werner_Pfeiffer_(Wirtschaftswissenschaftler) 1 Technologiemanagement Lernziele In diesem Beitrag wird Innovation aus der Perspektive des Tech‐ nologiemanagements behandelt. Dabei wird die Sicht auf ein Un‐ ternehmen eingenommen. Sie sollen verstehen: Technologien sind wesentliche Innovations- und Wettbewerbstreiber für Unternehmen und müssen daher effektiv ausgewählt und effizient gesteuert wer‐ den. / Technologiemanagement erfordert strategisch die Identifikation neuer Problemlösungen. / Technologiemanagement erfordert operativ die Beherrschung von Technologien zur Konstruktion von Produkten und Senkung der Stückkosten. / Technologiemanagement erfordert taktisch die Transparenz in der Steuerung von Technologien. 1.1 Effektivität und Effizienz im Technologiemanagement Innovation wird in diesem Beitrag aus einer subjektivistischen Sichtweise betrachtet. Relevant ist die Sichtweise eines Unternehmens. Es geht nicht um grundsätzliche, objektive Innovationen und erstmals in der Welt auftretende Technologien. Innovationen bzw. Technologien können auf dem Markt bereits existieren. Wenn nun ein Unternehmen eine solche Technologie erstmals einsetzt, so ist dies - subjektiv gesehen - eine Innovation, die die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens verbessern soll. 1 Innovation bedeutet aus der Perspektive des Technologiemanagements, die richtige Technologie zu identifizieren (Effektivität) und diese produktiv und wirtschaftlich einzusetzen (Effizienz). Als Technologie wird das Wissen über ein Lösungsprinzip bezeichnet, das in Produkten und Prozessen ent‐ halten ist (vgl. Hartmann, 1997, S.-48ff.). Der Begriff „Technologie“ wird vielfach als die Wissenschaft von der Technik verstanden. Diese Unterscheidung der Begriffe Technologie und Technik wird im angelsächsischen Sprachraum nicht getroffen, wenn von „technology“ die Rede ist. Der Begriff Technologie ist mithin unterschiedlich <?page no="12"?> weit auslegbar. Einerseits wird in der engeren Fassung von Technologie als Ausdruck von Wissen(schaft) gesprochen, andererseits wird Technologie in der weiteren Fassung nicht nur als Wissen von der Technik, sondern auch als Ausprägung des technischen Wissens in materiellen und immateriellen Objekten bezeichnet. Während Technologiemanagement sich mit technischen Lösungsprin‐ zipien beschäftigt, erweitert Innovationsmanagement die Technologieper‐ spektive um Fragen zu Personal, Organisation, Sachmitteln, Zulieferer und Produkte. Die Übergänge sind fließend (vgl. Schuh/ Klappert/ Moll, 2011, S.-11ff.). Technologien sind die zentralen Überlebensdeterminanten eines Un‐ ternehmens. Veraltete Technologien in Sachmitteln bzw. Prozessen und Produkten bei gleichzeitig guten Mitarbeitern, guter Organisation und guten Zuliefern führen zum Niedergang eines Unternehmens (siehe of‐ fensichtliche Beispiele in der Halbleiterindustrie und Mobilfunkbranche). Technologien dominieren direkt (Produkt) oder indirekt (Prozess) den Wertschöpfungsprozess und sind das gestaltungsbedürftigste Element der strategischen Planung. Technologien sind gleichermaßen die Basis für Produkte und Prozesse. Dabei definieren „Ablösetechnologien“ die Richtung des Geschäfts. Akzeptiert man diese Thesen, dann sind Technologien die gestaltungsfähigste Unternehmensvariable, denn technologische Ressour‐ cen sind steuerbar. Allerdings bedürfen technologische Innovationen einer langfristigen Planung. Technologien sind zudem die zentralen Überlebensdeterminanten ganzer Industrien, wenn sie auch objektiv neu sind. Denn neue Technologien substi‐ tuieren bestehende Lösungen und Marktstandards (Dominant Designs) und damit auch diejenigen Unternehmen, die an alten Technologien, Standards und Strukturen festhalten. Mithin verändert sich die industrielle Logik (Dominant Industry Logic) im Kontext der technologischen Entwicklung (vgl. Henderson/ Clark, 2009, S. 499-ff.). Im Folgenden wird Technologiemanagement aus strategischer, operativer und taktischer Perspektive betrachtet. Strategisches Technologiemanage‐ ment sucht nach grundsätzlichen Problemlösungen. Die operative Perspek‐ tive sucht nach den besten Einsatz- und Durchsetzungsmöglichkeiten im Betrieb (Operations). Die taktische Perspektive sucht nach dem bestmögli‐ chen Management der Vielfalt von Technologien. Strategie ist die subjektive Erkenntnis über das Wesen einer grundsätzli‐ chen Lösung. Das Ergebnis einer Strategie ist ein Finalbild, im militärischen 12 1 Technologiemanagement <?page no="13"?> Sinne ein zu erreichender Endzustand (vgl. Clausewitz, 1963, S. 77) bzw. im technischen Sinne eine Prinzipkonstruktion in der Zukunft. Operationen sind zeitlich und sachlich zusammenhängende Aktivitäten einer Organi‐ sation zur Erreichung eines gemeinsamen Zieles. Eine Operation kann strategischer oder taktischer Natur sein. Eine strategische Operation ist eine abgeschlossene, selbständige Aktivität zur Erreichung eines weitergesteck‐ ten, strategischen Zieles. Im Sinne der Betriebswirtschaftslehre kann dies ein strategisch initiiertes Projektprogramm sein. Eine strategische Operation zielt immer auf einen Schwerpunkt unternehmerischen Handelns (Center of Gravity), um Handlungshoheit zu erhalten. Eine taktische Operation ist demzufolge ein einzelnes Projekt oder eine einzelne betriebliche Aktivität. Der Begriff Operations Mangement bedeutet in diesem Sinne das Durchset‐ zen von Unternehmenszielen. Operation ist nicht - wie oft behauptet - operationalisierte Taktik oder etwas hierarchisch-Kleinteiligeres als Taktik. Taktik ist die Lehre von der Führung bzw. die Kunst der Führung von Mitarbeitern und Unternehmensressourcen zur Erreichung eines Zieles. Strategie und Taktik bilden ein Begriffspaar, während Operation deren Durchsetzung bedeutet (vgl. Teßmer, 2002, S. 12f. und Hartmann, 2004, S.-42ff.). 1.2 Strategisches Technologiemanagement Strategisches Technologiemanagement umfasst die Identifikation, Analyse und Bewertung neuer Lösungsprinzipien und infolge die Erstellung neuer Produktund/ oder Prozessinnovationen in einem Unternehmen. 1.2.1 Funktional-abstraktes Denken als Voraussetzung Zur Identifikation der richtigen Technologien ist funktional-abstraktes Denken notwendig. Es wird nach dem grundsätzlichen Zweck einer Lösung gefragt (vgl. Burgelman/ Christensen/ Wheelwright, 2009, S.-4ff.). Beispiel: Ein Schlüssel für die Haustür hat die Funktion der Informationsspei‐ cherung, denn in die Struktur eines Metallschlüssels ist ein Code gefräst. Zu einem Schlüssel sind nun andere Gegenstände funktio‐ nal-äquivalent, die die gleiche Funktion haben. So speichert auch der 1.2 Strategisches Technologiemanagement 13 <?page no="14"?> Augenhintergrund eines Menschen oder ein Transponder Informatio‐ nen. Industriell bedeutsam ist nun die Erkenntnis, dass konventionelle Metallschlüssel von anderen Produkten zunehmend substituiert wer‐ den. Ein Hersteller konventioneller Metallschlüssel wird damit rechnen müssen, dass sein Produkt zunehmend an Marktattraktivität verliert. Die Funktion eines Produktes kann identifiziert werden in einer 9-Fel‐ der-Matrix, in der vertikal die Klassen Materie, Energie und Information sowie horizontal die Transformationsarten Transport, Wandlung und Spei‐ cherung abgetragen werden. In dieser Matrix können alle technischen Objekte einsortiert und damit deren funktional-abstrakte Lösungsprinzipien identifiziert werden (vgl. Ropohl, 2009, S.-131). Produkte und Prozesse unterliegen gleichermaßen der Notwendigkeit funktional-abstrakten Denkens. Die Gefahr und Chance der Substitution der technologischen Basis eines Produktes oder Prozesses durch innovativere Technologien ist ständig gegeben. Die DIN 8580 gibt für die Fertigungstechnik gute Hinweise auf die funk‐ tionale Äquivalenz von Technologien. Technologien können den Haupt‐ gruppen der Fertigungstechnik (Urformen, Umformen, Trennen, Fügen, Stoffeigenschaft ändern und Beschichten) zugeordnet werden. Dabei gibt es mehrere Technologien je Hauptgruppe, die sich wechselseitig ersetzen können. Darüber hinaus können die Hauptgruppen der Fertigungstechnik dieselbe Funktion erfüllen. So repräsentiert Fräsen eine Trenntechnologie und Sintermetallurgie eine Urformtechnik. In der Industrie hat z. B. die Sintermetallurgie die Frästechnik für bestimmte Anwendungen ersetzt. Für die Verfahrenstechnik und andere Disziplinen gibt es analoge Syste‐ matiken. 1.2.2 Prinzip der S-Kurven Anhand der S-Kurve kann das Prinzip des strategischen Technologiema‐ nagements dargestellt werden. S-Kurven zeigen, dass - aus strategischer Perspektive - nicht die Entwicklung einer Technologie erfolgskritisch ist, sondern das Management der Technologiebrüche in der Entwicklung (vgl. Christensen, 2009, S. 259ff.). Es geht um das Management von Diskontinui‐ täten. Die Entwicklung einer Technologie erfolgt in den Phasen Schrittmacher-, Schlüssel- und Basistechnologie und kann anhand einer S-Kurve beschrie‐ 14 1 Technologiemanagement <?page no="15"?> ben werden (Abb. 1). Eine Schrittmachertechnologie ist in einem frühen Entwicklungsstadium und kann potenziell ein großes Wettbewerbspotential bedeuten. Es gibt erste Anwendungen in Produkten oder Prozessen. Eine Schlüsseltechnologie hat einen deutlichen Einfluss auf die Wettbewerbs‐ fähigkeit eines Unternehmens, da sie noch von wenigen Konkurrenten beherrscht wird. Die Technologie wird bereits vermehrt in Produkten oder Prozessen eingesetzt. Eine Basistechnologie wird von nahezu allen Wettbewerbern beherrscht und hat daher nur noch eine geringe Ertragsbzw. Kostenhebelwirkung. Die Technologie ist in den meisten Produkten und Prozesse integriert. Eine S-Kurve bildet die aktuelle Technologie ab. Eine zweite S-Kurve bildet eine neue, noch nicht eingesetzte Technologie ab. Im Modellfall ist die S-Kurve der neuen Technologie nach oben und nach rechts versetzt: nach oben, weil eine neue Technologie im Modellfall eine höhere Leistungsfähig‐ keit hat; nach rechts, weil die neue Technologie im Zeitablauf erst später entdeckt wird. 1.2 Strategisches Technologiemanagement 15 <?page no="16"?> Abbildung 1: S-Kurve, FuE-Produktivität und Erfahrungskurve Mit Hilfe der S-Kurve können Technologien verglichen werden. Man spricht daher auch von einem komparativen Messen. Das Messen erfolgt auf der Basis von technischen Gesetzmäßigkeiten. Wie noch zu zeigen sein wird, hat eine Technologie immer absolute Grenzen, die einen Anhalt 16 1 Technologiemanagement <?page no="17"?> zur Abschätzung von unterer und oberer Grenze der korrespondierenden S-Kurve dienen kann. Mithin lässt sich eine S-Kurve pragmatisch bemessen und damit für strategische Entscheidungen nutzbar machen. Am Beispiel des Übergangs von Segelschiffe auf Dampfschiffe kann die Bedeutung des Technologiewechsels anschaulich gezeigt werden. Am Freitag, den 13. Dezember 1907 sank das Segelschiff Thomas W. Lawson. Alle Besatzungsmitglieder bis auf den Kapitän und einen Matrosen verloren ihr Leben. Die Thomas E. Lawson war mit sieben Masten gebaut worden, um der zunehmenden Konkurrenz durch Dampfschiffe entgegentreten zu können. Die Segeltechnologie war jedoch an ihre Grenzen (oberer Rand der S-Kurve) gestoßen (schwer lenkbar, instabil) und eine Weiterentwicklung war nicht möglich. Die neue Dampfmaschinentechnologie begründete eine neue S-Kurve und war grundsätzlich leistungsfähiger (vgl. Foster, 1986, S.-23ff.). Anhand der S-Kurve sind drei Fehler unternehmerischen Handelns auf‐ zeigbar: Bei einer Schrittmachertechnologie unterschätzt das Management die Bedeutung dieser Technologie. Es wird zu wenig in Forschung und Entwicklung investiert und das Unternehmen verliert darüber einen zukünf‐ tigen Wettbewerbsvorteil. In der Phase der Schlüsseltechnologie wird die Bedeutung der Komplementärtechnologien unterschätzt. Es wird in die Ent‐ wicklung der Schlüsseltechnologie investiert, jedoch z. B. die Notwendigkeit zum Simultaneous Engineering (parallele Anpassung von Produkt- und Produktionstechnologie) unterschätzt. Bei Basistechnologien überschätzt das Management die Attraktivität des bisherigen, eigenen technologischen Wissens, das bereits durch neue Technologien entwertet wird. Dieses Phänomen wird auch als Sailing-Ship-Effekt bezeichnet (siehe Segelschiff Thomas W. Lawson). Der Sailing-ship-Effekt beschreibt das Phänomen, dass Unternehmen weiterhin auf alte Technologien setzen und versuchen, durch zusätzliche Investitionen in eine alte Technologie deren Leistungsfähigkeit noch zu ver‐ bessern. Dies kann jedoch nur geringen Erfolg haben, denn es widerspricht dem Prinzip der S-Kurven. Das S-Kurven-Konzept ist ein heuristisches Mittel, um Klarheit über die Entwicklung einer Technologie in Phasen und die diskontinuierlichen Übergänge von einer Technologie auf eine andere Technologie zu erhalten. Das Konzept der S-Kurven wird ergänzt durch sogenannte Hüllkurven oder Trend Curves, die eine Vielzahl von S-Kurven umhüllen bzw. beinhalten. 1.2 Strategisches Technologiemanagement 17 <?page no="18"?> Solche Mega-S-Kurven haben ebenfalls das Potenzial zur Substitution von alt zu neu (z.-B. Digitalisierungstrend; vgl. Modis, 1994, S.-167ff.). Abbildung 2: Bewertung von Technologien Am Beispiel der S-Kurve kann auch ein Messkonzept für technologischen Fortschritt vorgeschlagen werden, das im weiteren Verlauf dieses Beitrages wieder aufgegriffen wird. Beim klassifikatorischen Messen werden Techno‐ logien in Klassen eingeteilt. Eine Technologieklasse enthält Technologien aus ähnlichen Wissenschaftsdisziplinen. Solche Technologieklassen finden sich in der Literatur in sogenannten Technologielisten wieder, die den Charakter von Aufzählungen haben. Beim komparativen Messen werden Technologien miteinander verglichen. Mit Hilfe der S-Kurve kann prinzipiell verdeutlicht werden, dass eine Technologie leistungsfähiger als eine andere Technologie ist. Beim metrisierenden Messen wird der aktuelle Status einer Technologie in eine bestimmte Phase - Schrittmacher-, Schlüssel- und Basistechnologie - eingeordnet, und dieser Phase wird ein Wert zugemessen (z. B. 1, 2 oder 3). Wie später zu zeigen sein wird, kann mit diesen Werten eine technologische Unternehmensbewertung erfolgen. 18 1 Technologiemanagement <?page no="19"?> 1.2.3 Voraussage neuer Technologien - Technological Foresight Anhand des S-Kurven-Prinzips wird deutlich, dass eine Technologie immer durch eine neue Technologie bedroht wird. Diese Erkenntnis verhilft dazu, Trendbrüche in der technologischen Entwicklung vorauszusagen (die Über‐ gänge von einer S-Kurve auf eine nächste S-Kurve). Damit wird ebenfalls deutlich, dass für die Zukunft nach einer Ablösetechnologie gesucht werden muss. Die noch nicht bekannte Ablösetechnologie definiert die Forschungs‐ richtung. Das mag zunächst wie ein Widerspruch klingen. Dies ist jedoch nicht der Fall. Wissen schaffen - also Forschen - ist ein Prozess, der nach Popper von Hypothesen getrieben wird (vgl. Popper, 1973). Die Hypothese der Existenz einer Ablösetechnologie macht handlungsfähig, da nach der Ablösetechnologie gesucht werden muss. Pfeiffer formulierte dazu pointiert, dass Erfindungen nur vorausgesagt werden, indem man sie selbst macht (vgl. Pfeiffer, 1971, S. 113). Voraussagen über neue Technologien erfolgen über die Konstruktion von Prinziplösungen bzw. technologischen Referenzsystemen (im Sinne einer Ablösetechnologie auf einer neuen S-Kurve). Im Sinne der Allgemeinen Theorie der technischen Entwicklung (vgl. Pfeiffer, 1971) ist die technische Entwicklung ein Stufenreaktionsprozess kreativer und diskursiver Natur mit Zufallscharakter. Dieser Prozess wird entweder durch einen (Markt-)Bedarf ausgelöst (Technology-Pull) oder durch Forschung in Gang gesetzt (Technology-Push). Der Prozess selbst ist zum einen ein Informationsgewinnungsprozess und zum anderen ein sozialer Prozess. Für den Informationsgewinnungsprozess kommt die Technologie-Früh‐ aufklärung (Technology Foresight) zum Einsatz. Technologie-Frühaufklä‐ rung setzt sich systematisch mit der Zukunft auseinander, indem technolo‐ gierelevante Signale aufgenommen, eingeordnet und interpretiert werden (vgl. u. a. Gerpott, 2005). Dazu gibt es eine Reihe von unterstützenden Me‐ thoden: Szenariotechnik, Patentanalyse, Technology-Roadmapping, Delphi, Technology-Scouting u.-a. Zur Strukturierung des Informationsgewinnungsprozesses in Unterneh‐ men werden FuE-Handbücher u.ä. eingesetzt. Letztlich ist der Forschungs- und Entwicklungsprozess eine stetige Ab‐ folge von Versuch und Irrtumserkennung. Popper spricht im Kritischen Rationalismus von der Notwendigkeit Theorien zu falsifizieren, um auf ein neues Erkenntnisniveau zu kommen (vgl. Popper, 1985, S.-XV). 1.2 Strategisches Technologiemanagement 19 <?page no="20"?> Technische Entwicklung als sozialer Prozess bedeutet die Notwendigkeit zur Kommunikation in den Unternehmen (vgl. Müller/ Müller-Stewens, 2010, insb. S. 28ff.) und zwischen den Unternehmen (Kooperationen) bis hin zu gemeinschaftlicher Forschung in Joint Ventures (vgl. z. B. Spur/ Eßer 2012) oder der Akquisition von Start-ups. Und letztlich erfolgt Kommunikation mit Hochschulen, die mit Forschungsaufträgen betraut werden. Entschei‐ dend ist die Fähigkeit zum Aufbau von Innovations- und Technologienet‐ zwerken (vgl. Strebel/ Hasler, 2007, S.-346ff.). 1.2.4 Technologie-Indikatoren und Technologie-Trends Ein Produkt oder ein Prozess besteht aus Technologien. Nun kann man an ein Produkt oder einen Prozess technologische Trends anlegen, um ein Finalbild zu erhalten, wie das Produkt oder der Prozess in der Zukunft aussehen könnte. Technologische Trends hinterfragen technische Funktio‐ nen im Gegensatz zu technischen Trends, die technische Strukturen fort‐ schreiben (vgl. zu Trends in der Produktionstechnik u. a. Abele/ Reinhard, 2011, S. 72ff.). Die oben bereits genannten Hüllkurve (Trend Curves), die mehrere S-Kurven zusammenfassen, basieren auf den technischen Trends, da technische Trends physikalische Grenzen haben. Mit Hilfe eines Indikatorensystems zur Bewertung des Leistungspotenzi‐ als einer Technologie können technologische Trends gebildet werden, mit denen die gegenwärtige Struktur eines Produktes oder Prozesses hinterfragt wird (vgl. Hartmann, 1997, S. 173ff. sowie Wyk, 1985, S. 219). Durch Hypothesenbildung entstehen Suchfelder für Technologien, die zunächst zu abstrakten Ideen, dann weiter zu Forschungsprojekten und schließlich zur Konstruktionsarbeit führen. Beispiel Man bildet die Hypothese, dass die Know-how-Intensität eines Produk‐ tes immer mehr zunimmt, d. h. Gegenstände werden immer kleiner (dematerialisieren) und es wird immer mehr Wissen integriert. Also ergibt sich die Frage, mit welcher Technologie könnte der Gegenstand weiter verkleinert werden. Mobiltelefone oder die Virtualisierung von Servern sind ein anschauliches Beispiel für einen solchen Trend (siehe Hartmann/ Venhofen, 2011, S.-231ff.). 20 1 Technologiemanagement <?page no="21"?> Abbildung 3: Indikatorensystem zur Bewertung des Leistungspotenzials einer Technologie Der Trend zur Leistungssteigerung meint Verbesserung der Effizienz durch eine Technologie zur Erfüllung einer definierten Funktion. Dieser Trend kann weiter operationalisiert werden durch den Trend zur steigenden (quantitativen und qualitativen) Kapazität und den Trend zur steigenden (statischen und dynamischen) Elastizität. Der Trend zur Impulsreduktion betrifft zum einen die quantitative Im‐ pulsreduktion und zum anderen die qualitative Impulsreduktion. Während die quantitative Impulsreduktion sich auf die Zahl der notwendigen Impulse bezüglich eines Prozesses bezieht, betrifft die qualitative Impulsreduktion die Verringerung der Stärke von Impulsen bezüglich eines Prozesses. Es geht um die Einsparung von Energie, um das Streben nach einem immer höheren Wirkungsbzw. Nutzungsgrads. Der Trend zur Systemintegration bezeichnet den Weg von der Element- oder Teileebene über die Modulebene hin zur Systemlösung und beschreibt zum einen den Trend zur Funktionsintegration und zum anderen den Trend zur Strukturintegration. Beim Trend zur Funktionsintegration werden un‐ terschiedliche - bis dato nicht kombinierte - Funktionen in einem System kombiniert (z. B. Smartphones). Der Trend zur Strukturintegration subsu‐ miert u. a. den Trend zur Standardisierung im Sinne einer Vereinheitlichung der Systembestandteile, den Trend zur Modularisierung sowie den Trend zur Integralteilfertigung. Der Trend von der Materialzur Know-how-Intensität unterscheidet in einer analytischen Sichtweise den Trend zur Dematerialisierung vom Trend zur Know-how-Intensität. Der Trend zur Know-how-Intensität zeugt von einem ansteigenden Wert des Wissens in Produkten. Das in den Techniken 1.2 Strategisches Technologiemanagement 21 <?page no="22"?> inhärente Know-how wird damit zum zentralen Schlüssel für die Entwick‐ lung neuer Produkte und Prozesse. Dematerialisierung bedeutet, dass der Materialeinsatz zur Lösung technische Probleme kontinuierlich zurückgeht. Der Trend zu extremen Eigenschaften unterscheidet einen Trend zu ex‐ tremer Präzision und einen Trend zu extremen Dimensionen. Der Trend zur Präzision beschreibt produkttechnisch eine extrem ausgeprägte Eigenschaft bzw. prozesstechnisch die Genauigkeit, mit der ein System (be-)arbeitet. Der Trend zu extremen Dimensionen hat zwei gegenläufige Ausprägungen, denn es ist zu beobachten, dass technische Objekte einerseits immer größer werden und andererseits immer weiter miniaturisiert werden. Technologische Trends fungieren mithin als Informationssystem zur technologischen Voraussage und ermöglichen eine Konstruktion von Prin‐ ziplösungen bzw. technologischen Referenzsystemen. 1.3 Operatives Technologiemanagement Operatives Technologiemanagement sichert die Effizienz betriebswirt‐ schaftlichen Handelns (Operations) im Sinne des Betriebs eines Unterneh‐ men. Es geht darum, das Wissen vorhandener und neuer Technologien im Betrieb zu bündeln, um ein oder das gemeinsame Unternehmensziel zu erreichen. 1.3.1 Denken in Zeiten und Zyklen als Voraussetzung Zeit ist die wesentliche operative Unternehmensressource. Zwar berück‐ sichtigt eine strategische Erkenntnis oder ein strategischer Plan immer die zeitliche Dimension. Während jedoch Strategie die Einsicht in grundlegende Zusammenhänge ist, hat eine Operation zwingend einen zeitlichen Ablauf. Eine Strategie ist ein Konzept, während eine Operation in der zeitlichen Realisierung einen Erfolg oder Misserfolg zeitigt. Entsprechend ist im operativen Technologiemanagement das Denken in Lebenszyklen wichtig. Allerdings ist oft ein punktuelles Denken in Markt‐ zyklen festzustellen. So wird z. B. ein Marktportfolio zur Vorbereitung von Produktentscheidungen eingesetzt. Ein Marktportfolio bildet aber immer nur eine Momentaufnahme der Marktsituation ab. In der Entwicklung befindlichen Technologien und deren Dynamik (S-Kurven) werden nicht betrachtet. So steht z. B. infrage, ob aus einem Star im Falle eines Technolo‐ 22 1 Technologiemanagement <?page no="23"?> giebruches überhaupt (noch) eine Cashcow werden kann (vgl. Pfeiffer, W. u.-a., 1991, S.-64ff.). Im Technologiemanagement muss vielmehr über den gesamten Lebens‐ zyklus hinweg gedacht werden. Einem marktfähigen Produkt oder Prozess ist immer ein Entwicklungszyklus vorgeschaltet. Und auf einen Marktzyklus folgt der Entsorgungszyklus. Der Beobachtungszyklus ist allen drei vorge‐ nannten Zyklen überlagert und kennzeichnet einen abnehmenden Grad der Ungewissheit und eine zunehmende Intensität der (Re-)Aktion. Abbildung 4: Integrierter Technologielebenszyklus Der Beobachtungszyklus nutzt die Möglichkeiten der technologischen Vor‐ aussage, um (neue) Technologien zu identifizieren, die dann in Produkten und Prozessen zur Marktreife entwickelt werden. Und bei der Entwicklung von Produkten und Prozessen muss bereits deren Entsorgung vorgedacht werden (Technologiefolgen-Abschätzung bzw. Technology Assessment). So fällt im Marktzyklus prozessinduzierter Rückstand an, und nach Verwen‐ dung des Produktes ist der produktinduzierte Rückstand zu entsorgen. Aufgrund der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Zyklen wird auch von einem integrierten Technologie-Lebenszyklus gesprochen. Im operativen Handeln können nun drei zeitliche Ansätze unterschieden werden. Erstens: Vermeiden von Aktivitäten (ohne Wertzuwachs) bedeutet auch Vermeiden von Zeitverbräuchen. Zweitens: Planen von Aktivitäten zur optimalen Wahl eines Zeitpunktes (z. B. zur Festlegung des Markteintritts als First oder Followers bzw. zur Vermeidung eines Pioneers Burnout). Drittens: Gestalten von Aktivitäten zur Reduktion von Zeitverbräuchen. 1.3 Operatives Technologiemanagement 23 <?page no="24"?> Letzteres unterscheidet wiederum die Beschleunigung, die Parallelisierung, die Integration und die Synchronisation von Aktivitäten. Mit Parallelisierung kann z. B. ein Simultaneous Engineering gemeint sein, bei dem ein Produkt konstruiert und parallel dessen Produktionspro‐ zess vorbereitet wird. Mit Integration kann ein Resident Engineering oder auch eine Earlierst Supplier Integration gemeint sein, bei dem ein Zulieferer möglichst frühzeitig in den Konstruktions- oder Fertigungsprozess mit einbezogen wird. Synchronisierung kann die zeitliche Abstimmung zweier Technologien zur Funktionserfüllung in einem Produkt oder die zeitliche Abstimmung zweier Technologien in einem Produktionsprozess meinen. 1.3.2 Prinzip der Erfahrungskurven Die Erfahrungskurve besagt: Eine Verdopplung der kumulierten Produkti‐ onsmenge führt potenziell zu einer Verringerung der Stückkosten um 20 bis 30 Prozent. Dabei ist das Wort „potenziell“ wichtig, denn die Reduktion erfolgt nicht automatisch, sondern muss erarbeitet werden. Die Erfahrungskurve hat strategische Bedeutung beim Streben nach Marktanteilen mittels der Penetrationspreissetzung (vgl. Grant/ Nippa, 2006, S. 319ff.). Die Erfahrungskurve hat operative Bedeutung, wenn es um den zeitgenauen Einstieg in eine neue Technologie und das Sammeln von Erfahrungswissen geht. So kann es sein, dass eine Technologie (strategisch) bereits bekannt ist, das Unternehmen mit dem Einsatz in Produkten oder Prozessen noch abwartet, um das Überraschungsmoment im Marktauftritt richtig terminieren zu können. Anhand von S-Kurve und Erfahrungskurve kann hier das Pessimis‐ mus-/ Optimismus-Phänomen im unternehmerischen Handeln gezeigt wer‐ den. In Abbildung 1 ist zu sehen, dass in der Phase des Auftretens einer neuen Technologie deren Erfahrungskurve noch höhere Stückkosten zeitigt, während die Erfahrungskurve der alten Technologie noch niedrigere Stück‐ kosten hat. Ein traditionell denkender Unternehmer ist bezüglich der alten Technologie optimistisch und pessimistisch bezüglich der neuen Technolo‐ gie. In Kenntnis der Erfahrungskurve argumentiert der Unternehmer sogar, die Stückkostenpotenziale der alten Technologie auszunutzen. Somit kann es dazu kommen, dass dieser Unternehmer die neue Technologie ignoriert (vgl. Christensen/ Matzler/ Eichen, 2011). Ein innovativer Unternehmer hingegen weiß, dass die Erfahrungskurve der neuen Technologie die Erfahrungskurve zu einem bestimmten Zeitpunkt 24 1 Technologiemanagement <?page no="25"?> schneiden wird. Das ergibt sich aus der Tatsache, dass nach dem Prinzip der S-Kurven die neue Technologie eine prinzipiell höhere Leistungsfähigkeit erreichen wird und damit eine prinzipiell niedrigere Kostenbasis schaffen wird. Aus dieser Kenntnis heraus wird der innovative Unternehmer sich zumindest für die neue Technologie interessieren und diese gegebenenfalls in Versuchsanordnungen testen, um Erfahrungen zu sammeln. Damit fährt der innovative Unternehmer die Erfahrungskurve der neuen Technologie bereits ab und kann zum Zeitpunkt eines realen Einsatzes des Produktes oder Prozesses auf einem niedrigeren Kostenniveau im Markt starten. Der traditionell denkende Unternehmer wird erst bei Marktrelevanz der neuen Technologie eine neue Erfahrungskurve begründen und startet damit aller‐ dings auf einem höheren Kostenniveau am Anfang der Erfahrungskurve. Die Differenz zwischen den Erfahrungskurven von alter und neuer Technologie wird auch als Kostenhöcker bezeichnet. Dieser Kostenhöcker ist für den traditionell denkenden Unternehmer der Grund pessimistisch zu sein. Ein innovativer Unternehmer ist jedoch optimistisch bezüglich der neuen Technologie, denn er kennt das Prinzip der S-Kurven und der korrespondierenden Erfahrungskurven und versteht die dahinter liegende Kostenmechanik. Somit ist einerseits der Zeitpunkt für den Start einer neuen Erfahrungs‐ kurve operativ relevant. Andererseits ist die Geschwindigkeit relevant, mit der ein Unternehmer die Stückkosten reduziert. Da sich die Stückkosten nicht automatisch um 20-30% reduzieren, ist die Fähigkeit zu lernen wichtig. Denn Stückkosten reduzieren sich nur potenziell, also in Abhängigkeit vom Lernaufwand und dem Zugewinn an Erfahrungswissen. Einflussfaktoren hierzu können sein: Komplexität des Produktes (z. B. Variantenvielfalt) oder Prozesses (z. B. Vielfalt neuer Werkzeuge und Maschinen), Planungsqualität der Produktion, Produktionsgeschwindigkeit, Qualifikation der Mitarbeiter und Unterbrechungen beim Einüben/ Lernen neuer Prozesse. 1.3.3 Wissensmanagement Lernen bedeutet Aneignung von Wissen. Technologiemanagement setzt damit Wissensmanagement voraus. Wissen lässt sich in drei Wissenskom‐ ponenten untergliedern: Erstens kann ein Unternehmen über Gesetzeswissen verfügen, d. h. mittels einer Theorie sind wissenschaftliche Erklärungen über eine Techno‐ logie möglich. Zweitens kann ein Unternehmen über Beobachtungswissen 1.3 Operatives Technologiemanagement 25 <?page no="26"?> verfügen. Beobachtungswissen ist Ursache-Wirkungswissen, d. h. über Versuchsbzw. Probierverhalten werden Erkenntnisse gewonnen. Drittens kann ein Unternehmen Fertigkeitsbzw. Geschicklichkeitswissen besitzen, das man auch als technisches Können bezeichnen kann. Verfügt ein Unter‐ nehmen über alle drei vorgenannten Wissenskomponenten und vermag die einzelnen Wissenskomponenten lösungsbezogen zu kombinieren, hat das Unternehmen ein sogenanntes Systemprinzip-Wissen (vgl. Pfeiffer, 1980). Wissen kann implizit oder explizit in einem Unternehmen vorliegen. Implizites Wissen ist für das Management von Technologien nur schwer zu steuern. Explizites Wissen ist notwendig, um explizit entscheidungsfähig zu werden. Dies erfordert zunächst eine Inventur des Wissens über Technolo‐ gien, die - nach kaufmännischen Regeln - die Grundlage für eine Wissensbzw. Technologie-Bilanz sein kann (vgl. Hartmann, 1997). Für das Technologiemanagement mit S-Kurve und Erfahrungskurve ist der jeweilige Vorbereitungsgrad eines Unternehmens wichtig. Es sei daran erinnert, dass dieser Beitrag Innovationsmanagement aus einer subjektivis‐ tischen Perspektive eines Unternehmens sieht. Eine bestimmte Technologie kann im Markt grundsätzlich bereits bekannt sein. Wenn das Unternehmen diese Technologie noch nicht kennt, dann ist die Einführung dieser Techno‐ logie für das Unternehmen ein Lernprozess und damit eine Innovation. Lernen wird einerseits determiniert durch die Wissensbasis und durch die Geschwindigkeit des Lernens. Bei der Wissensbasis wird wiederum unterschieden, ob die Wissensbasis allgemeiner Natur ist oder (nur) speziell auf eine Anwendung ausgerichtet ist. Eine allgemeine Wissensbasis bietet einen besseren Vorbereitungsgrad für neue Technologien. Konzentriert sich ein Unternehmen beim Übergang auf neue Technologien (nur) auf den Erwerb des speziell dafür notwendigen Wissens, so entgehen ihm eventuelle technologische Erkenntnisse und damit eventuell Marktchancen. Damit ergeben sich für das Wissensmanagement über Technologien drei Optionen: Wie bereits bei der Erfahrungskurve ausgeführt, ist erstens der Startzeitpunkt des Lernens relevant. Zweitens ist die Wissensbasis entscheidend, von der aus das Lernen gestartet wird. Und drittens ist die Lerngeschwindigkeit ausschlaggebend. Wurde im strategischen Technolo‐ giemanagement eine attraktive Technologie identifiziert, so stellt sich im operativen Technologiemanagement die Frage, wann mit der Anwendung begonnen werden soll, ob schon Vorkenntnisse vorhanden sind, und wie die Erfahrung im Einsatz dieser Technologie möglichst beschleunigt werden 26 1 Technologiemanagement <?page no="27"?> kann. Allerdings ist mit Zeitkonstanten der Vorbereitung zu rechnen. Lernen lässt sich nicht beliebig beschleunigen. Die Differenz zwischen aktueller Wissensbasis und zukünftig notwendi‐ ger Wissensbasis ist zu definieren. Auch hier kommt es nicht auf Scheinge‐ nauigkeiten, sondern auf eine Schätzung an. Bricht man diese Erkenntnis auf die vorgenannten Wissenskomponenten herunter, so entsteht ein konkretes Handlungsprogramm. Die Durchsetzung solcher Handlungsprogramme muss organisiert wer‐ den. Dazu sind Promotoren in einem Unternehmen notwendig. Der Fach‐ promotor verfügt über das fachlich-inhaltliche Wissen. Der Machtpromotor verfügt über die zur Durchsetzung notwendigen Ressourcen. Der Prozess‐ promotor verfügt über die systematische Kenntnis der Abhängigkeiten in einem Unternehmen und unterstützt bei der Durchsetzung des Handlungs‐ programms. Ergänzt wird dieses Rollenkonzept durch den Technological Gatekeeper, der über ein übergreifendes Wissen zum betreffenden Techno‐ logiebzw. Wissensbereich verfügt (vgl. Gelbmann/ Vorbach, 2007, S.-97ff.). In Anlehnung an die bilanzielle Unternehmensbewertung kann man bei der Wissensbasis auch von der Substanzqualität bzw. den technologischen Kernkompetenzen eines Unternehmens sprechen, die in der konventionel‐ len Unternehmensbewertung vielfach unbzw. unterbewertet bleiben (vgl. Hartmann, 1997, S.-50). Die explizite Bewertung der Substanzqualität, mithin die rechtliche Dokumentation des Wissens spielt insbesondere bei Patentstreitigkeiten eine große Rolle. Man spricht dabei vom Schutz der Intellectual Property Rights (IPR) (vgl. Chesbrough, 2006, S. 82ff.). Diese haben insbesondere bei länderübergreifenden Patentstreitigkeiten eine große Bedeutung, bei denen die Rechtssysteme unterschiedlich intensiven Schutz des Wissens garantieren. Für die operative Umsetzung von Patenten gibt es allerdings ebenso Grenzen, denn Patente sind rechtliches Dürfen, nicht aber faktisches Können. Denn Gesetzeswissen ist theoretisches Wissen und muss durch Beobachtungswissen und insbesondere durch Fertigkeitsbzw. Geschick‐ lichkeitswissen ergänzt werden. 1.3.4 Standardisierung in Konstruktion und Produktion Ein Prinzip zur Gestaltung von Produkten und Prozessen ist der Konstrukti‐ onshebel, der den Zusammenhang von Kostenfestlegung und Kostenverur‐ 1.3 Operatives Technologiemanagement 27 <?page no="28"?> sachung darstellt. Der Kostenhebel besagt, dass die Konstruktion nur ca. 10 % der Gesamtkosten eines neuen Produktes verursacht, dafür aber ca. 70 % der Herstellkosten festlegt. Überspitzt formuliert macht es weniger Sinn, in der Produktion und in der Logistik nach Kosteneinsparpotenzialen zu suchen, bevor nicht die Optimierungspotenziale in der Konstruktion ausgeschöpft wurden. Ebenso ist der Gestaltungsspielraum des Einkaufs bereits festgelegt durch die Konstruktion. Bei der heutzutage niedrigen Fertigungstiefe ist die Bedeutung des Einkaufs geradezu diametral zur Konstruktion zu sehen: Der Einkauf verursacht die meisten Kosten, legt jedoch nur wenig Kosten für Produktion und Produkte fest. In Kenntnis des Prinzips des Konstruktionshebels kann nun versucht werden, die festgelegten Kosten durch Vereinheitlichung zu senken. Dies kann durch fünf Standardisierungsansätze erfolgen: Die Teilefamilienfertigung ist zwar keine Standardisierung im engeren Sinne, dennoch können damit die Fertigungskosten gesenkt werden. Durch Teilefamilienfertigung werden form- und maßähnliche Teile oder Teile mit fertigungstechnischer Ähnlichkeit zusammengefasst. Durch Vermerke in den Stücklisten und Arbeitsplänen wird der Produktion aufgezeigt, wo größere Fertigungslose möglich sind. Die Wiederholteileverwendung zielt darauf ab, ein für ein bestimmtes Produkt entwickeltes Bauteil an verschiedenen Orten des gleichen Produk‐ tes oder in verschiedenen Produkten wieder zu verwenden. Die Wiederhol‐ teile werden ebenso in den Stücklisten markiert. Normierung ist die Vereinheitlichung von Eigenschaften. Diese kann zum einen überbetrieblich erfolgen durch die Verwendung von Normen aus ISO (International Standardization Organization), DIN (Deutsche In‐ dustrienorm), VDI (Verband der Automobilindustrie). Zum anderen können Werksnormen festgelegt werden. Ein Baukasten enthält Teile oder Teilsysteme, aus denen sich wiederum Produkte oder Produktteile zusammensetzen lassen. Volkswagen hat dieses Prinzip erweitert zum modularen Querbaukasten (MQB), der die Einzelkos‐ ten um 20-% sinken ließ. Bei der Typisierung wird das gesamte Produkt durch die Standardisierung von Eigenschaften vereinheitlicht. Die vorgenannten Standardisierungsansätze helfen die Kostenposition eines Produktes grundsätzlich niedriger anzusetzen. Ein Widerspruch zwi‐ schen Innovation und Standardisierung besteht dann nicht, wenn die Stan‐ dardisierung zum Zwecke der Innovation genutzt wird. So wird der neue 28 1 Technologiemanagement <?page no="29"?> Golf VII trotz des Einsatzes aller vorgenannten Standardisierungsansätze als ein technisch vollkommen neues Fahrzeug bezeichnet (vgl. Ritter, 2012, S.-17). Grundlage einer Standardisierung von Produkten und Prozessen sind Stücklisten und Arbeitspläne. Da Stücklisten und Arbeitspläne nicht nur in der Konstruktionsabteilung entstehen, sondern auch bei der Angebotserstel‐ lung, der Teilebeschaffung, der Kalkulation, im Kundendienst usf. genutzt werden, sind Stücklisten und Arbeitspläne eine sinnvolle gemeinsame Sprachbasis zwischen Techniker und Kaufmann. Stücklisten und Arbeitspläne sind auch die Grundlage für das Target Costing. In Anlehnung an Target Costing ist eine Technologiekostenanalyse möglich. Eine Technologiekostenanalyse (TKA) zeigt, wie die Kosten von Technologien im Verhältnis zu ihren zukunftsbezogenen Leistungspoten‐ tialen bewertet werden können. Ziel der Technologiekostenanalyse ist es, Relationen zwischen Technologiewerten und Kostenwerten herzustellen, um letztlich das Kostenniveau und die Kostenstruktur eines Produktes oder Prozesses beeinflussen zu können. 1.3 Operatives Technologiemanagement 29 <?page no="30"?> Abbildung 5: Technologiekostenanalyse (TKA) Man kann die Technologiekostenanalyse dabei als eine potentialseitige Ergänzung des Target Costing bezeichnen, da sie durch die kostenmäßige Bewertung zukunftsbezogener Leistungspotentiale über den zeitlichen Be‐ trachtungshorizont des Target Costing weit hinausgeht. Dadurch gelingt es, dem Nutzen einer Technologie einen Kostenwert zuzuordnen, der zwar zunächst nur heuristischen Charakter hat, jedoch eine direkte Verbindung von Technologiewert und Kostenwert schafft. Ziel der Technologiekostenanalyse ist es, Relationen zwischen Technolo‐ giewerten und Kostenwerten herzustellen, um das Kostenniveau und die 30 1 Technologiemanagement <?page no="31"?> Kostenstruktur eines Produktes oder Prozesses aus Technologie-Perspektive bewerten zu können. Durch daraus ableitbare Handlungsempfehlungen sollen letztlich Produkte bzw. Prozesse sowohl hinsichtlich ihrer technolo‐ gischen Leistungsfähigkeit als auch der jeweiligen Wirkungen auf Kosten‐ niveau und Kostenstruktur aktiv beeinflusst werden (vgl. Hartmann, 2008, S.-291ff.). 1.4 Taktisches Technologiemanagement Taktik ist die Lehre von der Führung. Taktisches Technologiemanagement bedeutet die Einbeziehung aller notwendigen Mitarbeiter und Unterneh‐ mensressourcen in den Führungs- und Entscheidungsprozess. Dies setzt systematisches Denken voraus. 1.4.1 Systematisches Denken als Voraussetzung Jedes technische Objekt kann als System definiert werden, das eine Funktion besitzt (siehe funktionale Definition weiter oben). Diese Funktion kommt in einer Struktur zum Ausdruck (vgl. Ropohl, 2012). Diese Struktur besteht aus fünf Faktoren: Input, Personal, Organisation, Sachmittel und Output. Das technische Objekt unterliegt einem Prozess, der in Raum und Zeit abläuft. Und letztlich wird das System gelenkt, indem es gesteuert und geregelt wird. Systematisches Denken erfordert eine ganzheitliche, interdisziplinäre und integrierte Herangehensweise. Ganzheitlichkeit bedeutet, ein techni‐ sches Objekt in all seinen systematischen Komponenten zu erfassen, d. h. in Funktion, Struktur (alle fünf Faktoren), Prozess und Lenkung. Interdiszipli‐ narität bedeutet, ein technisches Objekt aus verschiedenen Wissenschafts‐ disziplinen zu betrachten. Integriertheit bedeutet, ein technisches Objekt in seinen Abhängigkeiten zu erfassen. In einem Entscheidungsprozess sind alle Einflussfaktoren (Ganzheitlichkeit) interdisziplinär und in allen Abhängigkeiten (Integriertheit) zu erfassen. 1.4 Taktisches Technologiemanagement 31 <?page no="32"?> Beispiel: Bei der Einführung einer für einen Automobilzulieferer neuen Urform‐ technologie (Presse für Pulvermetallurgie) wurde der Kauf der neuen Presse nicht systematisch betrachtet. Es war u. a. nicht transparent, dass auch der Prozess und die Teamverantwortung (Regelung) in der Fertigung neu definiert werden mußte. Die neue Technologie wurde nicht interdisziplinär geprüft, sodass Experten in den folgen‐ den Fertigungsschritten Sintern und Kalibrieren nicht rechtzeitig zur Verfügung standen. Und der Einsatz der neuen Technologie wurde nicht integriert im Unternehmensgeschehen betrachtet. So erforderte die neue Technologie z. B. neue Prüftechniken (Output), besondere Presswerkzeuge (Sachmittel) eine andere Qualifikation der Bediener (Personal), eine Veränderung des Fertigungslayouts (Organisation) und neue Materialien (Metallpulver) (Input). Eine durchgeführte Systemwirtschaftlichkeitsrechnung listete alle Konse‐ quenzen der Technologieentscheidung auf. Die zunächst nur qualitativen Sachgrößen wurden schrittweise quantifiziert und monetarisiert. Dabei geht es um Größenordnungen und nicht um Scheingenauigkeiten. So ergaben sich für das Controlling laufende Kosten in Höhe von 552.159 € für die Presse (ohne Materialien). Die Systemwirtschaftlichkeitsrechnung ergab zusätzliche 601.080 € an verborgenen Kosten. Die realen Kosten waren also mehr als doppelt so hoch wie vom Controlling angenommen. Die Anwendung des 5-Faktoren-Modells für die unternehmensinterne Systemanalyse wird unternehmensextern ergänzt durch das System-Um‐ welt-Modell. Zunächst ist die Unterscheidung Umwelt/ Umfeld notwendig. Die Umwelt enthält alle Tatbestände außerhalb eines Systems. Das Umfeld ist ein Teil der Umwelt und enthält nur die entscheidungsrelevanten Tatbe‐ stände für ein System. Mit Hilfe des System-Umwelt-Modells wird geprüft, welche Auswirkungen die Kunden, die Zulieferer, die Konkurrenz, die Na‐ turwissenschaften und die Gesellschaft auf eine Technologieentscheidung haben könnten. 1.4.2 Prinzip des Technologieportfolios Das Technologieportfolio dient dem Management strategischer Zukunfts‐ geschäftsfelder, indem Technologien auf der Basis von deren Attraktivität und der verfügbaren Unternehmensressourcen verglichen werden. So wer‐ 32 1 Technologiemanagement <?page no="33"?> den Technologieentscheidungen vorbereitet und Parallelentwicklungen in größeren Unternehmen vermieden. Die Methodik ist wie folgt: Eine Technologie wird in eine unabhängige und eine abhängige Dimension eingeordnet. In der unternehmensunab‐ hängigen Dimension (Technologie-Attraktivität) wird der Gedanken der S-Kurve wieder aufgenommen. Die S-Kurve wird als Indikator fürs das Weiterentwicklungspotenzial einer Technologie genutzt und um die Markt‐ größen Anwendungsbreite und Kompatibilität ergänzt. Die Anwendungs‐ breite zielt auf das potenzielle Marktvolumen ab. Die Kompatibilität fragt nach der Anschlussfähigkeit an andere Technologien. So war die Glühlampe zur Zeit der Erfindung durch Thomas Edison nicht kompatibel zu den Gebäudeinfrastrukturen. Die Leitungen wurden zunächst über Putz gelegt. Allerdings waren die Weiterentwickelbarkeit und die Anwendungsbreite aus der damaligen Sicht enorm hoch. In der unternehmensabhängigen Dimension wird nach der Ressourcen‐ stärke eines Unternehmens bezüglich einer Technologie gefragt. Dabei wird die Erfahrungskurve als Indikator für den Beherrschungsgrad einer Technologie genutzt und um die Unternehmensgrößen Reaktionsfähigkeit und Potenziale, insbesondere Finanzkraft ergänzt. Nach der Positionierung von Technologien in einem Technologieport‐ folio können Handlungsempfehlungen abgeleitet werden. (1) Im rechten oberen Bereich des Portfolios befindliche Technologien sollten im eigenen Unternehmen weiterentwickelt werden, um den Wettbewerbsvorsprung zu halten. Hier sollte auch der Schwerpunkt der Investitionstätigkeit liegen. (2) Technologien im linken unteren Bereich sollten desinvestiert werden, da die Investitionen in solche Technologen keine prinzipielle Verbesserung der Leistungsfähigkeit (siehe S-Kurve) erwarten lassen. (3) Schlussendlich gibt es noch die Selektionsfelder auf einer Linie von links oben nach rechts unten. Eine Technologie im linken oberen Bereich erfordert entweder hohe Investitionen oder einen konsequenten Rückzug aus dieser Technologie. Für eine Technologie in der Mitte des Portfolios sind alle Handlungsoptionen denkbar. Eine Technologie im unteren rechten Bereich sollte überprüft wer‐ den, ob geringe Investitionen zum Halten des technologischen Vorsprungs sinnvoll sind, oder ob gleich desinvestiert werden sollte (vgl. Pfeiffer u. a., 1991). 1.4 Taktisches Technologiemanagement 33 <?page no="34"?> Abbildung 6: Technologieportfolio Zum Technologieportfolio darf noch angemerkt werden, dass nach der erstmaligen Publikation des Technologieportfolios durch Pfeiffer im Jahre 1982 eine Vielzahl von ähnlichen Portfolien generiert wurden, so z. B. ein Technologie-Markt-Portfolio oder ein Innovationsportfolio. Diese Derivate zeichnen sich dadurch aus, dass sie das Grundprinzip des Technologieport‐ folios nicht verstanden haben, denn die Technologie-Attraktivität berück‐ sichtigt bereits das Marktpotenzial in der Anwendungsbreite. 34 1 Technologiemanagement <?page no="35"?> 1.4.3 Management der Koexistenz alter und neuer Technologien Technologieportfolien werden entscheidungsbezogen erstellt, d. h. es wer‐ den nicht alle in einem Unternehmen eingesetzten Technologien sowie deren potenzielle Ablösetechnologien abgebildet. Die Vielfalt eingesetzter Technologien erfordert jedoch Transparenz über alle Technologien. Denn alte Technologien werden nicht immer radikal substituiert, sondern werden teilweise parallel zu neuen Technologien eingesetzt. So weisen Specherbän‐ der längst nicht die Leistungsfähigkeit neuer Speichermedien auf, dennoch werden Speicherbänder zur langfristigen Archivierung in Rechenzentren genutzt. Damit lösen innovative Technologien alte Technologien gegebe‐ nenfalls nur in einer Teilmenge von Anwendungsfällen ab. Es kommt mithin auf die präzise Definition der zu erfüllenden Funktion an, wenn über Ablösetechnologien diskutiert wird. 1.4 Taktisches Technologiemanagement 35 <?page no="36"?> Abbildung 7: Technologiebilanz eines Chipkartenunternehmens 36 1 Technologiemanagement <?page no="37"?> Für das Management stellt die Koexistenz alter und neuer Technologien eine enorme Herausforderung dar, die gerne mit dem Begriff Komplexi‐ tätsmanagement überschrieben wird. Wenn also in Rechenzentren und Fabriken sowie in Produkten nicht nur eine große Anzahl von Technologien zu Einsatz kommen, sondern auch funktional-äquivalente Technologien unterschiedlicher Entwicklungsstufen koordiniert werden müssen, so sind zuallererst systematische Übersichten notwendig. Mithin besteht der Bedarf an einer Inventur der Technologien eines Unternehmens. Kaufmännisch entsteht aus einer Inventur die Bilanz. Daher ist eine Technologiebilanz erforderlich. In einer Technologiebilanz werden die zuvor inventarisierten Technologien mit den dazugehörigen Produkten und Prozessen in einem systematischen Bilanzschema abgebildet werden. Als Bewertungseinheit wird die Technologieattraktivität genutzt (vgl. Hart‐ mann, 1998, S.-1009ff.). Die Bewertung eines Produktes bzw. Prozesses ergibt sich durch die Summe der darin enthaltenen Technologien. Die Berechnungsmethodik lässt sich folgendem Bild entnehmen. Abbildung 8: Verrechnungsmethodik einer Technologiebilanz Das Zusammenwirken aller Technologien im Betrieb kann visuell anhand von Technologiearchitekturen dargestellt werden. Zum ersten können Tech‐ nologiearchitekturen für Produkte erstellt werden. Ausgangspunkt kann ein Digital Mock-Up (Digitales Versuchsmodell) sein, in dem das Produkt und 1.4 Taktisches Technologiemanagement 37 <?page no="38"?> die dahinter liegenden Technologien digital und vollständig beschrieben sind. Abbildung 9: Unternehmensarchitektur Zweitens können Technologie-Architekturen die in einem Fertigungsbzw. Betriebsprozess enthaltenen Technologien abbilden (Digitale Fabrik). Hierzu wird z. B. die Infrastruktur der Fertigung bzw. eines Rechenzentrums 38 1 Technologiemanagement <?page no="39"?> aufgenommen und in einem Modell dargestellt. Je nach Systemdefinition (was umfasst der Prozess? ) werden mehr oder weniger Infrastrukturele‐ mente miteinbezogen. Technologiearchitekturen sind hervorragende Diskussionsobjekte. Es empfiehlt sich, solche Darstellungen bzw. Ausschnitte davon auf DIN-A0 auszudrucken und gut sichtbar aufzuhängen. So wird systematisches Den‐ ken von Grund auf geschult, und tayloristisches Verhalten bei Management und Mitarbeitern verringert. Technologiearchitekturen sollten sinnvollerweise mit der Unternehmens‐ architektur verknüpft sein (vgl. Hartmann, 2004, S. 50ff.). Eine Unterneh‐ mensarchitektur besteht aus den fünf Ebenen Geschäftsprozessarchitektur, Organisationsaufbau, Informationsarchitektur, Informationssystemarchi‐ tektur und Infrastrukturarchitektur. Technologien sind in Informationssys‐ temen (Applikationen) und in Infrastrukturen (Rechenzentren und Fabri‐ ken) enthalten. In digitalen Modellen solcher Unternehmensarchitekturen werden Verknüpfungen hergestellt, sodass die Auswirkungen von Technolo‐ gieänderungen auf Geschäftsprozesse, Aufbauorganisation (Zuordnung, Verantwortung, …), Informationen (Datenbankmodelle, Entity-Relation‐ ship-Modelle, semantische Netze, …), Informationssysteme (CAD, ERP, …) und Infrastrukturen (Server, CNC-Maschinen, Gebäude, …) transparent dargestellt werden können. 1.4.4 Digitale Innovations- und Technologieplanung Die Herausforderung bei immer komplexer werdenden Forschungs- und Innovationsprozessen ist die Fähigkeit, den Informationsmangel im Daten‐ überfluss bekämpfen zu können. Es geht um die digitale Unterstützung der Kreativ- und Konstruktionssprozesse. Laut der inpro-Innovationsakademie sind unzureichende Spezifikationen das mit Abstand größte Problem bei der Umsetzungsplanung von Produktionsinnovationen (bei insgesamt zwölf vorgegebenen Problemen). Das zweitgrößte Problem sind Kommunikations- und Abstimmungsprobleme. Digitale Innovations- und Technologieplanung als computerbasierte Unterstützung der Versuchs- und Konstruktionsarbeit ist ein wesentliches Mittel, um hier Abhilfe zu schaffen (vgl. Spur/ Eßer 2012, S.-7). Zu den Werkzeugen, die eine verbesserte Spezifikationen ermöglichen, zählen Digital Mock-Up-Modelle für Produkte als auch Digitale Fabriken für 1.4 Taktisches Technologiemanagement 39 <?page no="40"?> die Prozesse. Ein PDM (Product Data Management) soll dafür sorgen, dass die Datengrundlagen für die Spezifikationen über den gesamten Lebenszy‐ klus eines Produktes (PLM = Product Lifecyle Management) zur Verfügung stehen. Unter dem Stichwort Electronic Collaboration werden Werkzeuge subsu‐ miert, die eine verbesserte Kommunikation und Abstimmung ermöglichen. E-Collaboration-Werkzeuge haben drei Komponenten: Erstens gibt es ei‐ nen virtueller Projektraum mit einem Single Point of Entry sowie den klassischen Funktionalitäten wie Unified Messaging und Möglichkeiten für Präsentationen sowie Audio- und Videokonferenzen. Zweitens wird inhaltlich eine Programm- und Projektsteuerung ermög‐ licht, ein Dokumenten-Management-System (DMS) und eine Erfahrungsda‐ tenbank bereitgestellt. Bei der Programm- und Projektsteuerung erfolgt mit Hilfe von Project-Cockpits die Projektfortschrittskontrolle, das Kosten-Con‐ trolling, die Prüfung von Unregelmäßigkeiten und gegebenenfalls deren automatische Eskalation. Die DMS ermöglichen einen Zugriff auf standardi‐ sierte und gleichzeitig anwenderspezifische Dokumentenformate, verteilen automatisch Änderungsmeldungen an vordefinierte Teams oder Kollegen und kontrollieren die Zugriffsrechte sowie das Ein- und Auschecken von Dokumenten. Drittens wird kontinuierlich eine Erfahrungsdatenbank aufgebaut, die neues Wissen (automatisch) sammelt und an die Teams und Kollegen meldet, die eine verbesserte Entscheidungsfähigkeit ermöglicht und die rele‐ vante Daten/ Informationen/ Wissen möglichst konsolidiert und klassifiziert. Hierbei wird zunehmend unternehmensübergreifend (Open Innovation; vgl. Chesbrough, 2003) gearbeitet und global zur Verfügung gestellt. Es kommt somit immer mehr darauf an, bereits vorhandene Informationen zweckorientiert im weltweiten Netz zu recherchieren (Enterprise Analytics for Big Data; vgl. Davenport, 2013). Stichwörter hierzu sind semantische Netze (z. B. der Knowledge Graph von Google), Thesauri und Taxonomie sowie konkreter Enterprise Data Management (EDM), Electronic Records Management (ERM) und Enterprise Content Management (ECM). Digitale Innovations- und Technologieplanung ist eine Antwort auf die zunehmende Komplexität und den permanenten Zeitdruck im Technolo‐ giemanagement. Denn die wachsende Komplexität im Zusammenwirken unterschiedlicher Technologien, die Koexistenz alter und neuer Technolo‐ gien sowie sich verkürzenden Marktzyklen erfordern zunehmend virtuelle Entwicklungen und Tests am Computer. 40 1 Technologiemanagement <?page no="41"?> Abschließend sei betont: Die grundlegende Herausforderung unserer Zeit ist die Systematisierung von Wissen, Informationen und Daten. Die darauf aufbauende Bewirtschaftung von Wissen, Informationen und Daten ermög‐ licht Effektivität und Effizienz im Technologiemanagement (vgl. Hartmann, 2011, S.-1ff.). Fragen 1. Was ist eine Technologie? 2. Welche Bedeutung haben Technologien im Wettbewerb von Unterneh‐ men? 3. Warum ist funktional-abstraktes Denken im strategischen Technologie‐ management notwendig? 4. Welche Aussagen können anhand von S-Kurven getroffen werden? 5. Kann die technische Entwicklung vorausgesagt werden? 6. Wie können Technologietrends für die Entwicklung neuer Produkte genutzt werden? 7. Welche Bedeutung hat Zeit im operativen Technologiemanagement? 8. Welcher Zusammenhang besteht zwischen S-Kurven und Erfahrungs‐ kurven? 9. Wie kann Wissen aus Sicht des Technologiemanagements systematisiert werden? 10. Was ist das Prinzip des Konstruktionshebels? 11. Was bedeutet systematisches Denken im taktischen Technologiema‐ nagement? 12. Wie ist ein Technologieportfolio strukturiert, und welche Entscheidun‐ gen können anhand eines Technologieportfolios vorbereitet werden? 13. Wie kann es zu einer Koexistenz alter und neuer Technologien in einem Unternehmen kommen? 14. Welche Probleme adressiert eine digitale Innovations- und Technologie‐ planung? 1.4 Taktisches Technologiemanagement 41 <?page no="43"?> 2 Gegenstandsbereich des Innovationsmarketing Lernziele Im ersten Kapitel wird die konzeptionelle Basis des Innovationsmarke‐ ting erläutert. Dazu sind Inhalt und Umfang der Begriffe Innovation und Marketing und ihre wechselseitige Verbindung im nachfolgend verwendeten Sinne festzulegen. Daraus ergibt sich das Verständnis für das Konzept des Innovationsmarketing. 2.1 Innovationsbegriff Innovation ist von vielen Autoren ausführlich und teilweise in kontroverser Weise definitorisch behandelt worden. Dazu wurden zahlreiche Kriterien herangezogen, die im Zusammenhang mit Innovationen eine Rolle spielen können (vgl. u. a. Hauschildt u. a., 2023, S. 3ff.). Hier wird Innovation ebenfalls nach einer Reihe ausgewählter konstitutiver Begriffsmerkmale beschrieben. Aus ihnen ergeben sich verschiedene Arten der Innovation, die unterschiedliche marketingrelevante Herausforderungen und Aufgaben mit sich bringen. Es wird allerdings von der wissenschaftstheoretischen Auffassung ausgegangen, dass Definitionen kein Wahrheitsgehalt - wie explanatorischen Aussagen - zukommt, sondern lediglich Zweckmäßigkeit, zum Beispiel im Sinne der eindeutigen Begriffsverwendung gemäß dem praktischen oder wissenschaftlichen Sprachgebrauch. 2.1.1 Konstitutive Begriffsmerkmale Der Terminus Innovation ist unmittelbar abgeleitet aus dem lateinischen innovare, innovatio = erneuern, Erneuerung. Daher kann der Neuheitsgrad von Bezugsobjekten als zentraler konstitutiver Begriffsbestandteil postuliert werden. Allerdings lässt sich ‚neu’ in unterschiedlicher Weise interpretieren, so dass sich daraus ein durchaus weiter Begriffsumfang mit zahlreichen Innovationsarten ableiten lässt. Weiterhin ergibt sich aus dem lateinischen Ursprung des Wortes, dass Innovation das Ergebnis geplanter Aktivität eines Handelnden/ mehrerer Handelnder ist. Als weiteres konstitutives Begriffsmerkmal wird daher die Existenz von Innovatoren und deren geplantem Handeln festgelegt. <?page no="44"?> Wenn es um eine geplante Handlung von Menschen geht, findet der Vorgang über einen Zeitraum in mehreren Stufen statt, es liegt also ein Prozess vor. Daraus folgt das Verständnis von Innovation als einem Pro‐ zessablauf. Schließlich impliziert ‚innovare‘ aber auch die Realisierung von etwas Neuem, der Prozess muss zu einem realen Ergebnis führen. Innovation kann daher zum einen als Prozessablauf, zum anderen als Prozessergebnis verstanden werden. Eine andere Frage ist allerdings, inwieweit sich Letzte‐ res auch als erfolgreich erweist. Innovation kann nach dem Wortursprung als die Schaffung von etwas konkret Neuem durch bewusstes Handeln von Menschen im Rahmen eines Prozesses verstanden werden. 2.1.2 Arten der Innovation Aus dem festgelegten Begriffsinhalt ergeben sich zahlreiche Arten der Inno‐ vation. Die meisten der den Innovationsausprägungen zugrunde liegenden Dimensionen sind kontinuierlicher Natur, sind also mehr oder weniger stark vorhanden, wie Abbildung 10 zeigt. Es wird die dort verwendete Profildarstellung vorgeschlagen, da die Dimensionen zur Ableitung der Innovationsarten weitgehend kombinierbar sind und in ihrer Gesamtheit spezifische Innovationstypen abbilden. Im Folgenden sei zunächst auf wesentliche Dimensionen verwiesen, die explizit oder implizit aus dem Begriffsinhalt folgen und als Grundlage für die Ableitung von Innovationsarten dienen, (vgl. hierzu u. a. Tromms‐ dorff/ Steinhoff, 2013, S.-24ff.) Der Neuheitsgrad bzw. die Innovationshöhe (z. B. bahnbrechende bzw. disruptive Neuheit, radikale Neuheit, Verbesserungs-Neuheit u.ä.) ergibt sich aus dem Vergleich mit bestehenden Problemlösungen. Das Ergebnis eines Innovationsprozesses kann grundlegend neuartig sein und beispiels‐ weise einen völlig neuen technischen Ansatz darstellen (z. B. Elektroantrieb anstelle Verbrennungsmotor) oder in Verbesserungen mehr oder minder zahlreicher Objektelemente bestehen (z. B. Weiterentwicklung einer Mo‐ dellreihe). Der Neuheitsgrad einer Innovation entzieht sich selbst aus Ex‐ pertensicht einer objektiven quantitativen Beurteilung. Der Neuheitsbezugsrahmen determiniert den Geltungsbereich (z. B. für alle Märkte, für spezifische Märkte, für bestimmte - z. B. das eigene - 44 2 Gegenstandsbereich des Innovationsmarketing <?page no="45"?> Unternehmen u.ä.). Der Neuheitscharakter hängt wesentlich von der Wahr‐ nehmung durch betroffene Personen ab. Diese beurteilen Neuheit nach ih‐ ren Kenntnissen und Erfahrungen. Für die Feststellung des Neuheitsgrades ist daher auf interne Gruppen (Innovatoren, insbesondere Unternehmen) und externe Subjekte (insbesondere Zielgruppen bzw. Märkte) abzustellen. Hieraus resultiert die übliche Unterscheidung in Unternehmens- und Markt‐ neuheit. Es ist jedoch gerade im Falle der Marktneuheit der Markt genauer abzugrenzen. Es kann sich um eine Weltneuheit handeln (globaler Markt), um eine nationale Neuheit (nationaler Markt) oder um Personengruppen in geographisch Märkten wie etwa späte Folger, die Innovationen nicht sofort nach Markteinführung übernehmen. Der Unterschied zu dem vorgenannten Neuheitsgrad ist fließend; denn dieser hängt in den jeweiligen Zielgruppen ebenfalls von deren - subjektiver - Einschätzung ab. Innovationen können mehr oder minder auf physische Gegebenheiten ausgerichtet sein (Materialitätsgrad der Innovation, z. B. physisches Pro‐ dukt, Dienstleistung). Sie umfassen das Geschäft mit Konsumgütern (B-to-C) sowie den Austausch von Industriegütern und Transaktionen mit sonstigen gewerblichen Abnehmern (B-to-B); aber neben physischen Gütern sind auch Dienstleistungen im B-to-C und B-to-B Bereich zu nennen. Das Kriterium des physischen Anteils einer Innovation ist ebenfalls abgestuft und insgesamt schwer bestimmbar, weil in der Regel eine enge Verknüpfung zwischen materiellen und immateriellen Angebotsbestandteilen vorliegt. So sind rein physische Leistungen selten, da in der Regel schon durch den Verkaufsprozess Dienstleistungselemente einfließen. Innovationen sind mehr oder minder direkt mit einem möglichen Markt‐ angebot verknüpft (Marktrelevanz, z. B. direkte Marktrelevanz, indirekte Marktrelevanz u.ä.). Die vorgenannten Produkt- und Dienstleistungsinno‐ vationen müssen Potenzial für eine Vermarktung besitzen. Zudem lassen sich auch (interne) Prozessabläufe verändern, die der internen Leistungs‐ erstellung dienen. Diese Prozessinnovationen können dem Marktangebot, zum Beispiel durch besseres Qualitätsniveau, niedrigeren Preis, neue Stand‐ orte, zugutekommen. Zusätzlich kann Kundenausrichtung (z. B. kundenfern, kundennah u.ä.) genannt werden. Innovationen entsprechen mehr oder weniger manifes‐ ten oder latenten Bedürfnissen von Kunden. Eine solche Kompatibilität zwischen Angebot und Nachfrage ist häufig Voraussetzung für Marktrele‐ vanz. Sie lässt sich im Vorhinein schwer prognostizieren und ist zudem durch Marketingbemühungen veränderbar. Letztere Möglichkeit wird als 2.1 Innovationsbegriff 45 <?page no="46"?> Kernaufgabe des Innovationsmarketing im weiteren Verlauf dieses Beitrags thematisiert. Abbildung 10: Profil von zwei Innovationssituationen auf Basis von sechs Innovationsdi‐ mensionen Die Innovation kann mehr oder minder weit von einem praktischen Einsatz entfernt sein (Realisierungsgrad, z. B. manifeste Idee, Pilotprojekt, neu auf einem Markt eingeführtes Angebot). Zwar ist im Zusammenhang mit dem Begriffsinhalt die Realisierung genannt worden, doch kann diese verschieden weit vorangeschritten sein. Eine bloße Idee ist nach dem hier dargelegten Verständnis noch keine Innovation, sondern nur eine Invention. Sobald aber die Idee zu konkreten Realisierungsschritten von Marktforschung, Finanzierung, konkreter Planung über Versuche und Tests bis zur Markteinführung weiterentwickelt wird, lässt sich von Stufen einer Innovationsrealisierung sprechen. 46 2 Gegenstandsbereich des Innovationsmarketing <?page no="47"?> 2.2 Marketingbegriff Der Marketingbegriff gehört zu den am häufigsten diskutierten Manage‐ menttermini (vgl. z. B. Homburg, 2020, S. 6ff.). Je nach Begriffsinhalt bauen darauf verschieden weite Konzepte auf, die dann auch für den Innovations‐ kontext von Bedeutung sind. 2.2.1 Inhalt Die Vielzahl der Marketingauffassungen lässt sich grob drei Kategorien zuordnen. Ursprünglich bezog sich Marketing auf die letzte Stufe der Wert‐ schöpfungskette, den Absatz bzw. Verkauf/ Vertrieb. In Deutschland wurde bis in die 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts von Absatzwirtschaft gespro‐ chen, ehe sich die anglo-amerikanische Bezeichnung Marketing durchsetzte. Dieses funktionale Verständnis von Marketing ist auch heute durchaus noch verbreitet. Eine andere, eher technische Abgrenzung bezieht sich auf alle unterneh‐ merischen Maßnahmen, die zur Beeinflussung von Märkten herangezogen werden, insbesondere solche kommunikativer Natur. Zudem entwickelte sich das Konzept der marktorientierten Unterneh‐ mensführung, das für jegliches unternehmerische Handeln Marktüberle‐ gungen postuliert, sobald der Markt - wie in den meisten Fällen - als Eng‐ pass anzusehen ist. Diese unternehmensphilosophische Sicht ging mit einer gewissen Dominanz des Marketing einher, die zahlreiche Unternehmensauf‐ gaben zu Marketingproblemen machte. Beispiele sind Beschaffungsmarke‐ ting und internes Marketing bis hin zur Erweiterung des Marketingkonzepts auf alle Austauschprozesse. Im Hintergrund aller drei Ausrichtungen und in diesem Beitrag im Vordergrund stehen explizit oder implizit die passive Anpassung an Markt‐ gegebenheiten, speziell an vorhandene und potenzielle Kunden mit ihren Wünschen, sowie die aktive Marktveränderung, insbesondere durch Trans‐ formation latenter in reale Kundenbedürfnisse. Den Abnehmern kommt zwar dominierende Bedeutung zu, aber auch die weiteren Marktbeteiligten wie Konkurrenten, Lieferanten, Distributionsmittler und sonstige Beeinflus‐ ser von Marktbedingungen determinieren die Handlungsmöglichkeiten. 2.2 Marketingbegriff 47 <?page no="48"?> Marketing kann als die Beeinflussung von Kunden und anderen Markt‐ beteiligten durch eine marktorientierte Unternehmensführung, die sich letztlich in Absatzerfolgen niederschlagen soll, verstanden werden. 2.2.2 Innovation und Marketing Die Verknüpfung von Innovation und Marketing zum Innovationsmarketing kann zum einen als die Entwicklung von Innovationen für das Marketing im Sinne neuer Marketingansätze, beispielsweise E-Commerce vor etwa 30 Jahren, verstanden werden (vgl. u. a. Belz/ Schögel/ Tomczak, 2007, S. 3ff.). Zum anderen lässt sich Innovationsmarketing auf den Einsatz von (bekann‐ ten oder neuen) Marketingkonzepten für innovative Angebote - etwa Werbung für neuartige Technologieprodukte im Industriegüterbereich - beziehen. Im Vordergrund des Interesses steht der letztere Fall, wobei jedoch innovative Marketingansätze nicht außer Acht gelassen werden sollten, zumal Innovationsobjekte neuartige Marketingtechniken zur Realisierung erfordern können. Die verschiedenen zuvor aufgezeigten Innovationsarten können unter‐ schiedliches Marketing notwendig machen. So sind kundenferne Innova‐ tionen auf viel weitreichendere Erklärung und Überzeugungsarbeit, also Kommunikationsunterstützung, angewiesen als kundennahe und selbster‐ klärende oder bereits woanders bzw. schon in vergleichbarer Form vermark‐ tete Innovationen. Daher weist das Innovationsmarketing eine gewisse situationsabhängige Variabilität auf. Christensen/ Matzler/ Eichen (2011, S. 125 ff.) postulieren für disruptive Innovationen sogar die Notwendigkeit völlig neuartiger - „revolutionärer“ - Vorgehensweisen. 48 2 Gegenstandsbereich des Innovationsmarketing <?page no="49"?> Abbildung 11: Der generelle Marketingprozess als Basis für Innovationsmarketing Innovationsorientiertes Marketing selbst ist über das Bezugsobjekt - die genannten verschiedenen Typen von Innovationen - hinaus zunächst keine spezielle Marketinglehre, sondern greift auf die Aufgaben und Lösungsan‐ sätze zurück, die bei allen Marktproblemen betrachtet werden. Allerdings sind die zu lösenden Probleme durch spezifische Bedingungen, teilweise besondere Komplexität, geprägt, so dass innovationsorientierte Marketing‐ konzepte spezielle situationsbezogene Einzelfalllösungen sind, die durch die aufgezeigten konstitutiven Begriffsmerkmale von Innovationen eine gemeinsame Prägung aufweisen. Im weiteren Verlauf werden daher die typischen Aufgabenstellungen des Marketingmanagement aus Innovationssicht untersucht und für ver‐ schiedene Innovationstypen grundsätzliche Lösungsvorschläge abgeleitet. Dabei handelt es sich um die Situationsanalyse bzw. -prognose, die Setzung 2.2 Marketingbegriff 49 <?page no="50"?> von Marktzielen, die Formulierung von Marktstrategien, den Einsatz von Marketinginstrumenten, jeweils auf Basis von Informations-, Planungs- und Kontrolltechniken (vgl. Abbildung 11). Da es sich bei Letzteren um eingeführte betriebswirtschaftliche Methoden handelt, wird auf diese im vorliegenden Beitrag - anders als bei vielen Autoren, die sich mit Innovati‐ onsmarketing beschäftigen (vgl. z. B. Trommsdorff/ Steinmann, 2013) - nicht im Detail eingegangen. Innovationen enthalten mehr oder minder zahlreiche objektive und/ oder subjektive Neuheitselemente. Die Spannbreite der Ausprägun‐ gen ist weit und kann insbesondere durch Neuheitsgrad, Neuheits‐ bezugsrahmen, Materialitätsgrad, Marktrelevanz, Kundenausrichtung, Realisierungsgrad gekennzeichnet werden. Marketing wird in weiter Abgrenzung als marktorientierte Unternehmensführung verstanden; Innovationsmarketing ist auf die Spezifika der einzelnen Innovationssi‐ tuationen angewandtes Marketing. Fragen 1. Was folgt aus dem etymologischen Ursprung des Terminus Innovation? 2. Warum ist der Innovationsbegriff wenig präzise? 3. Wie lässt sich Marketing definieren? 4. Warum ist die Dimension Kundenausrichtung von besonderer Bedeu‐ tung für das Innovationsmarketing? 5. Worauf beruht die Besonderheit einer Fachrichtung Innovationsmarke‐ ting? 50 2 Gegenstandsbereich des Innovationsmarketing <?page no="51"?> 3 Situationsanalyse für Innovationen Lernziel Die Situationsanalyse/ Situationsprognose bezieht sich in vereinfachter Form regelmäßig auf die Situation am Markt (externe Marktfakto‐ ren: Opportunities and Threats bzw. Chancen und Risiken) sowie die Situation des eigenen Unternehmens (interne Unternehmensfakto‐ ren: Strengths and Weaknesses bzw. Stärken und Schwächen). Die SWOT-Analyse verbindet diese vier Grundausprägungen miteinander (vgl. u. a. Paul/ Wollny, 2020, S. 65ff.). Für Innovationszwecke ergeben sich dabei besondere Herausforderungen. 3.1 Externe Situation Die externe Marktsituation mit ihren Chancen und Risiken ist geprägt durch eine Reihe von Einflussgrößen, welche Erfolgsfaktorenbzw. Misserfolgs‐ faktoren von Innovationen darstellen. Hier wird von drei großen Kategorien ausgegangen, aus denen Innovationstreiber oder Innovationsblockaden resultieren: Makro-Umfeld, Marktverhältnisse, Technologiesituation (vgl. aus internationaler Perspektive u.-a. Wright/ Hünerberg, 2011, S.-24ff.). 3.1.1 Makro-Umfeld Das Makro-Umfeld beinhaltet generelle, von einzelnen Unternehmen kaum beeinflussbare Rahmenbedingungen politischer, rechtlicher, soziographi‐ scher und demographischer, makroökonomischer, kultureller und anderer Art, welche den weiteren Rahmen für wirtschaftliches Handeln auf Märk‐ ten aufspannen. Beispiele für entsprechende Sachverhalte sind politische Entscheidungsstrukturen, gesetzliche Wettbewerbsregelungen, Bedeutung sozialer Gruppen, Bevölkerungsentwicklung, Bruttoinlandsprodukt. Im Zusammenhang mit Innovationen geht es dabei insbesondere um die Frage, inwieweit die Existenz eines bestimmten Umfeldes Entstehung und Realisierung von Innovationen eher fördert oder hindert. Dabei handelt es sich zum einen um die generelle „Innovationsatmosphäre“, zum anderen um konkrete Einzeleinflüsse. <?page no="52"?> So dürfte die Chance, dass Innovationsideen überhaupt generiert und weiterentwickelt werden, in einem günstigen wirtschaftlichen Umfeld mit entsprechenden Belohnungsanreizen für Innovatoren höher sein. Positiv werden sich das Vorhandensein staatlicher Förderprogramme, eine entspre‐ chende Ausbildung und kulturelle Prägung der Bevölkerung mit Blick auf Innovationsinitiativen und Innovationsakzeptanz sowie freiheitliche Gesellschaftsstrukturen auswirken. Der Schutz von Ideen bzw. ihrer Reali‐ sierung durch gewerbliche Schutzrechte ist ein weiterer genereller Anreiz für innovatives Handeln. Konkrete politische, wirtschaftliche und sonstige nationale bzw. supra‐ nationale Entscheidungen können nicht nur die generelle Atmosphäre für Innovationen prägen, sondern auch direkte Felder der Innovation erschlie‐ ßen oder blockieren. Beispielhaft sei auf die politische Entscheidung zur sogenannten Energiewende in Deutschland verwiesen, die Innovationen in bestimmten Bereichen wie nachhaltiger Energieerzeugung positiv beein‐ flusst und negative Auswirkungen für andere, speziell die fossile Energieer‐ zeugung, hat. Das Montrealer Abkommen zum Schutz der Ozonschicht (u. a. Verbot der FCKW) von 1989 ist ein Beispiel für ein multilaterales Abkommen mit entsprechenden Auswirkungen auf die Innovationstätigkeit. 3.1.2 Marktverhältnisse Marktverhältnisse beschreiben die durch Unternehmen grundsätzlich be‐ einflussbare Nachfrage-, Konkurrenz- und Partnersituation auf Märkten. Hierzu gehören insbesondere Zahl, Art und Verhalten der auf Märkten befindlichen und potenziell hinzutretenden Akteure. Gerade Informationen über mögliche Kunden stellen die besondere Herausforderung für die Marktforschung dar, denn es gilt herauszufinden, in welche Richtung sich Bedürfnisse bewegen bzw. leiten lassen. Aus der Innovationsperspektive ist nicht nur abzuschätzen, für welche Kunden/ Kundengruppen geplante bzw. mögliche Innovationen relevant sein können, sondern wie Reaktionen bei infrage kommenden Kunden, aber auch bei Wettbewerbern und bei Partnern, etwa dem Handel, im Einzelnen aussehen werden. Die Nachfrageseite ist insbesondere auch auf ihre Innovations(akzep‐ tanz)neigung zu überprüfen. Es gibt mehr oder minder innovationsfreudige Nachfrager. In diesem Zusammenhang spielt der (idealtypische) Verlauf der Innovationsadoption eine Rolle, der in klassischer aggregierter Betrachtung z. B. zu den Gruppen der Frühadopter, frühen Mehrheit, späten Mehrheit, 52 3 Situationsanalyse für Innovationen <?page no="53"?> Nachzügler führt (vgl. Rogers, 2003, S. 282ff.). In diesem Beitrag wird allerdings nur zwischen frühen und späten Adoptern differenziert. Selbst Einzelpersonen können - gerade als besonders frühe Adopter („Innovati‐ onsführer“) - eine zentrale Rolle spielen, speziell im Zusammenhang mit der Kommunikation. Bei der Konkurrenz ist zwischen genereller Konkurrenz durch Wett‐ bewerber der gleichen oder verwandter Branchen und spezieller Innova‐ tionskonkurrenz zu unterscheiden. Branchenwettbewerber können auf Innovationen mit Marketingmaßnahmen für eingeführte Produkte wie Preisreduktionen, Kommunikationsmaßnahmen usw. reagieren. Es ist aber auch spezieller Innovationswettbewerb denkbar, wenn eine Reaktion durch Gegeninnovationen oder Imitationen erfolgt. Hierbei spielt der Reaktions‐ zeitraum der Konkurrenten eine ausschlaggebende Rolle, der zu einem mehr oder minder ausreichenden zeitlichen Innovationsvorsprung für den ursprünglichen Innovator führen kann. Der globale Wettbewerb zwischen Apple und Samsung bei Smart Mobile Phones und Tablet PCs ist ein Beispiel hierfür, das gleichzeitig die Bedeutung des Rechtsrahmens und der Rechtsprechung aufzeigt. Häufig kann die mangelnde Akzeptanz von Innovationen durch Partner den Markterfolg verhindern, besonders wenn die Abhängigkeit von diesen hoch ist. Daher ist die (potenzielle) Partnersituation ein wesentliches Ana‐ lysefeld. Der Markt ist rechtzeitig mit Blick auf die notwendige Mitwirkung von Partnern an der Innovationsvermarktung zu untersuchen. So kann ein grundlegendes Spannungsfeld zwischen eigener Innovationspolitik und der von Partnern vorliegen. Beispielsweise stoßen die Herstellerbemühungen um die Vermarktung von Lebensmittel-Innovationen an Grenzen der In‐ novationsakzeptanz des Lebensmittelhandels. Andererseits können markt‐ mächtige Innovatoren auf Distributionsmittler u. U. erheblichen Einfluss nehmen. 3.1.3 Technologiesituation Die Technologiesituation bezieht sich auf den Grad des technologischen Fortschritts, die Verfügbarkeit von Technologie und die daraus resultie‐ rende technologische Infrastruktur in einem definierten Markt. Sie ist eine wesentliche Rahmenbedingung speziell für stark technologisch geprägte Innovationen. Je höher entwickelt ein Markt in dieser Hinsicht ist, umso mehr sind Innovationen mit hohem absolutem Neuheitsgrad für einen Wett‐ 3.1 Externe Situation 53 <?page no="54"?> bewerbsvorsprung erforderlich. Weniger entwickelte Märkte können dage‐ gen durch Übernahme von Technologien, die bereits in anderen Märkten existieren, innovativen Fortschritt bedeuten. Allerdings ist die Erwartung potenzieller Kunden zu berücksichtigen, die sich wegen internationaler oder sogar globaler Vernetzung an der Technologiesituation in führenden Technologiemärkten orientieren können. So lassen sich Mode- und Tech‐ nikinnovationen heute häufig nicht auf Teilmärkte eingrenzen und von anderen abkoppeln. In Schwellenländern etwa ist der Übernahmedruck für bestimmte Innovationen, die zu Statussymbolen geworden sind wie die neueste Smartphone-Generation, besonders hoch. Es ist schwierig, die Technologiesituation in Märkten zu messen. Am ehesten möglich ist das in geographisch abgegrenzten Märkten, insbeson‐ dere in Staaten. Zu unterscheiden ist zwischen der aktiven Technologie‐ stärke im Sinne des Erfindungsreichtums der in einem Lande lebenden Bevölkerung (z. B. auf Basis des Kriteriums der Zahl an Patentanmeldun‐ gen) und der passiven Technologiestärke im Sinne der zuvor erwähnten Übernahme von Technologien (z. B. als Nutzung für die Infrastruktur oder als Ausstattungsgrad der Gesamtbevölkerung mit bestimmten Technologie‐ produkten). Auch die Zahl der in der (angewandten) Forschung Beschäftig‐ ten, die Anzahl an Forschungsinstitutionen, der zur Verfügung gestellten Forschungsgelder und weiterer Kriterien des Makro-Umfeldes prägen die Technologiesituation und die daraus resultierende aktive Innovationskraft. 3.2 Interne Situation Die interne Situation bezieht sich auf das eigene Unternehmen, das als Innovator auftritt bzw. auftreten will. Es sind alle Faktoren, die Innovationen generell bzw. spezifische Innovationsvorhaben betreffen, zu berücksichti‐ gen. Als wesentliche interne Einflusskategorien sind finanzielle Faktoren, organisatorisch-personelle Struktur, spezifische Marketing- und Innovati‐ onskompetenz zu nennen. Eine besondere Rolle spielen Widerstände gegen Innovationen (vgl. u.-a. Hauschildt u.-a., 2023, S.-20ff.). Die finanzielle Eigen- und Fremdkapitalbasis ist häufig eine Restriktion für Innovationsprojekte. Die Einwerbung von Risikokapital kann eine zen‐ trale Voraussetzung für umfangreiche Innovationsvorhaben sein. Nicht nur die Innovationen als solche, sondern auch die Möglichkeiten des Innovati‐ onsmarketing werden durch die finanziellen Ressourcen determiniert, da 54 3 Situationsanalyse für Innovationen <?page no="55"?> hier Marketingmaßnahmen regelmäßig mit investitionsartigen Ausgaben, z. B. für größere Werbekampagnen oder Distributionswegeerschließung, erforderlich sind. Die organisatorisch-personelle Struktur im Innovationskontext betrifft die Innovationskultur des Unternehmens und deren Förderung durch ent‐ sprechende Aufbau- und Ablaufstrukturen. Entscheidend für den Innovati‐ onsdruck im Unternehmen und den Innovationserfolg ist die personelle Ausstattung. Innovationsorientierung von der Leitungsbis zur Ausfüh‐ rungsebene und die Existenz entsprechender Anreize ist daher eine zentrale interne Stärke. Marketing- und Innovationskompetenz beruht wesentlich auf Erfahrun‐ gen mit generellen Marketingaktivitäten und speziell mit der Vermarktung von Innovationen. Diese Kompetenzeigenschaft ist eng verbunden mit der erwähnten organisatorisch-personellen Unternehmensstruktur. Hinzu kommen die interne Verfügbarkeit über Marktdaten, z. B. zu den Markt‐ verhältnissen, und deren intelligente Nutzung sowie die Einbindung in innovationsorientierte Netzwerke, z. B. an Hochschulen. Schließlich ist eine entsprechende Reputation für Innovatoren von Bedeutung, denn ein beste‐ hendes Image als innovationsfreudiges und -erfolgreiches Unternehmen vermag Akzeptanzbarrieren in Märkten abzubauen. Insbesondere sei hier auch auf Kapitel 1 - Technologiemanagement - verwiesen. 3.3 Innovationsspezifische SWOT-Analyse Die SWOT-Analyse für Zwecke des Innovationsmarketing besteht in einem ersten Schritt in der Zusammenstellung der externen und der internen innovationsrelevanten Rahmenbedingungen positiver und negativer Art. Es ist dabei besonders zu beachten, dass es sich um eine zukunftsorientierte Analyse handeln muss, also die Gegenwartsbzw. Vergangenheitssituation, welche die Basis darstellt, in die Zukunft überführt wird. Aus der Verknüpfung dieser prognostizierten Stärken/ Schwächen und Chancen/ Risiken ergeben sich Grundsatzaufgaben, die unmittelbar einen Rahmen für spezifische Marketingzielsetzungen bilden. Abbildung 12 gibt einen Überblick hierzu. 3.3 Innovationsspezifische SWOT-Analyse 55 <?page no="56"?> Abbildung 12: Rahmenschema für innovationsspezifische SWOT-Analyse Die Schwierigkeit liegt darin, dass in der Regel im Unternehmen nicht durch‐ gängig Stärken oder Schwächen, auf Märkten nicht durchgängig Chancen oder Risiken vorliegen, sondern gemischte Situationen vorherrschen, die insgesamt zu einer jeweils eher positiven oder negativen Lage führen. Daher ist eine Detailanalyse für jede Variablenkombination vorzusehen. Beispielhaft ist für jedes der vier Felder ein möglicher Fall genannt. Der erste Fall stellt die günstigste Situation dar. Beispielsweise kann die Erfahrung des Unternehmens mit der Vermarktung vergleichbarer Innova‐ tionen (Stärke) eingesetzt werden, um eine latente Akzeptanz für einen weiteren Innovationsschritt (Chance) in Verkaufserfolge zu überführen. An‐ führen ließe sich die Einführung einer neuen Generation von Mobiltelefonen durch einen der Global Player auf diesem Gebiet. Der zweite und der dritte Fall enthalten eine positive und eine negative Komponente. Im zweiten Fall könnte etwa eine erkennbare Akzeptanz bei der Zielgruppe (Chance) dazu dienen, erstmals als Innovator aufzutreten und mangelnde Erfahrung mit der Einführung von Innovationen (Schwäche) auszugleichen. Anführen ließe sich ein neu gegründetes Unternehmen, das mit einer vom Markt begrüßten, innovativen Idee in den Markt eintritt. Im dritten Fall seien Größe und überlegene Finanzkraft (Stärken), die starke Innovationskonkurrenz (Risiko) überwinden hilft, als Beispiel ge‐ nannt. Hier sind Großunternehmen anzuführen, die sich als späte Folger einem Trend anschließen. 56 3 Situationsanalyse für Innovationen <?page no="57"?> Der vierte Fall repräsentiert die ungünstigste Ausgangssituation, die häufig zur Aufgabe der Innovationsidee führen wird. Gibt es jedoch auch positive Variablenausprägungen, kann dennoch eine erfolgreiche Innova‐ tionsvermarktung möglich werden. Liegen beispielsweise Kapazitätseng‐ pässe in der Produktion vor (Schwäche) und uneinheitliche gesetzliche Restriktionen auf den verschiedenen Ländermärkten (Risiko), so können einerseits Reorganisation und Outsourcing, andererseits die (vorläufige) Begrenzung auf einige Länder in Betracht kommen. Dieser Fall kann etwa beim Eintritt von KMU (Klein- und Mittelunternehmen) in den globalen Markt gegeben sein. Die Innovationssituation ist geprägt durch externe und interne Bedin‐ gungen. Externe Bedingungen ergeben sich einerseits aus der allge‐ meinen, kaum beeinflussbare Makro-Situation politischer, gesetzlicher, wirtschaftlicher, kultureller und sonstiger Art. Andererseits sind die Marktverhältnisse, die aus dem Verhalten aller Marktteilnehmer resul‐ tieren und unternehmerischer Veränderung bedingt zugänglich sind, zu beachten. Für Innovationen spielt zudem das Technologieumfeld eine besondere Rolle. Auch intern können Unternehmen unterschied‐ lich gut für Innovationen aufgestellt sein. Innovatoren müssen durch Marktforschung alle sie betreffenden innovationsrelevanten Vor- und Nachteile als Basis von Marketingentscheidungen analysieren. Dabei ist insbesondere die SWOT-Klassifikation hilfreich. Fragen 1. Welche Elemente des Makroumfeldes können das Innovationsgeschäft beeinflussen? 2. Welche (potenziellen) Marktpartner sind zu berücksichtigen? 3. Für welche Innovationssituationen spielt das Technologieumfeld eine besondere Rolle? 4. Wie beeinflussen interne Bedingungen das Innovationsmarketing? 5. Wie geht die SWOT-Analyse vor? 3.3 Innovationsspezifische SWOT-Analyse 57 <?page no="59"?> 4 Marktziele für Innovationen Lernziel Marktziele für Innovationen sind wie alle Marktziele entweder direkt auf ökonomische Größen bezogen - Gewinn, Kosten, Umsatz, Markt‐ anteil usw. - oder auf Variable, die diese beeinflussen und damit Marktrelevanz besitzen, beispielsweise Kundenvertrauen, Kundenzu‐ friedenheit, Kundenloyalität, Markenbekanntheit, Image. Letztere las‐ sen sich auch als vor-ökonomisch bezeichnen. Im Folgenden werden beide Marktziel-Kategorien mit Blick auf Innovationen beschrieben. 4.1 Ökonomische Ziele Unternehmerische Innovationen dienen dazu, Unternehmenserfolg zu errei‐ chen, sicherzustellen, auszubauen; diese Ziele sind als Markt-Output-Ziele anzusehen (vgl. zu Innovationszielen u. a. Wentz, 2008, S. 5ff., 53 ff.). Innovationen können einerseits als eine wesentliche Möglichkeit angesehen werden, in den Markt einzutreten und dort Umsätze und Gewinne zu generieren. Andererseits bedeutet es für bereits am Markt agierende Unter‐ nehmen die Chance, eine wahrgenommene Umsatz- oder Wachstumslücke, die bereits besteht oder für die Zukunft prognostiziert wird, zu schließen. Derartige Lücken ergeben sich insbesondere dadurch, dass Produkt- und Technologielebenszyklen regelmäßig endlich sind und zudem Konkurrenz‐ angebote das Absatzpotenzial verringern oder ihrerseits durch Innovationen den Markt verändern. Die Alternative einer Intensivierung des Absatzes bestehender Angebote, um Umsatzbzw. Gewinnniveau aufrechtzuerhalten oder sogar zu steigern, z. B. durch Eintritt in weitere Märkte oder Einsatz von Marketinginstrumenten, ist häufig nicht realisierbar oder bringt zu hohe Kosten mit sich. Daher gibt es zum einen den Zwang zur Innovation, zum anderen aber steht jede Innovation unter dem Primat der Erreichung ökonomischer Marktziele. Im Einzelnen lassen sich durch das neuartige Angebot Neukunden gewin‐ nen, die bislang vergleichbare Angebote, falls vorhanden, überhaupt nicht genutzt haben; es kann die Nutzungsintensität bestehender Kunden gestei‐ gert werden, indem diese (vorzeitig) zum neuen Angebot wechseln bzw. <?page no="60"?> dieses zusätzlich kaufen, oder es lassen sich Nutzer vergleichbarer Angebote wegen des höheren Innovationsnutzens von Konkurrenten abwerben. Innovationen sind allerdings in verschiedener Weise mit dem Unterneh‐ menserfolg auf Märkten verbunden. Ein Sonderfall sind auf das eigene Unternehmen gerichtete Innovationen, durch die sich interne Abläufe im Unternehmen, beispielsweise in Produktion oder Verwaltung, effizienter gestalten lassen, so dass Kosteneinsparungen größere Preisspielräume und damit ökonomisch erfolgreicheres Agieren am Markt ermöglichen. Selbst bei gleichbleibendem Absatz führt die Zielsetzung der Kosteneinsparung zur Gewinnsteigerung, also zur Realisierung verbesserten Unternehmenserfol‐ ges. Besonderer Erwähnung darf die häufige Verwendung des Marktanteils als Zielsetzung. Der Marktanteil wird durch die Abgrenzung des relevanten Marktes determiniert. Wenn nur die Innovation eines Unternehmens in einem Markt zur Marktdefinition herangezogen wird, ist die Verwendung dieses Zielkriteriums ohne Bedeutung, da der Marktanteil 100 % beträgt. Daher spielt der Marktanteil im Innovationskontext nur dann eine Rolle als ökonomische Zielsetzung, wenn der Markt weiter festgelegt wird, so dass er auch andere Produkte - von Wettbewerbern - einschließt. 4.2 Vor-ökonomische Ziele Die vorgenannten ökonomischen Marktziele bilden also den generellen marktorientierten Zielrahmen für jegliche Innovationsaktivitäten. Diese sind allerdings durch die Erfüllung vorgelagerter, überwiegend nicht-öko‐ nomischer Ziele zu bewirken; denn eine direkte Erfüllung ökonomischer Ziele, etwa im Rahmen von Zielvorgaben für bestimmte Abteilungen im Unternehmen, ist häufig nicht operational. So muss jede Innovation einen USP (unique selling proposition) generie‐ ren, der von den potenziellen Kunden als solcher auch wahrzunehmen ist. Er stellt sicher, dass das Angebot insgesamt aus Kundensicht etwas Besonderes ist, einen Konkurrenzvorteil aufweist. Trommsdorff/ Steinhoff (2013, S. 77ff.) bezeichnen ihn daher auch als CIA (competitive innovation advantage) und sehen ihn auf Basis zahlreicher Untersuchungen als zentralen Innova‐ tionserfolgsfaktor an. Nur bei Vorliegen eines USP ist eine nachhaltige Kun‐ denpräferenz mit daraus folgender potenzieller Kundenzufriedenheit und 60 4 Marktziele für Innovationen <?page no="61"?> Kundenbindung zu erreichen, er ist als vorgeordnetes vor-ökonomisches Marktziel anzusehen. Da es entscheidend ist, dass der USP durch Kunden subjektiv wahrgenom‐ men wird, ist zunächst einmal ein gewisser Bekanntheitsgrad der Innovation erforderlich. Um das zu erreichen, ist wiederum die Aktivierung von Perso‐ nen, das heißt eine entsprechende innovationsbezogene Aufmerksamkeit bei möglichst vielen Gelegenheiten anzustreben. Dieses Ziel bezieht sich auf die Überwindung einer schwerwiegenden Restriktion. Insbesondere im Konsumgütersektor ist eine extreme Informationsüberflutung zu konstatie‐ ren, welche den Beachtungserfolg von Marktneuheiten zu einer besonderen Herausforderung macht (vgl. hierzu und zu verhaltenswissenschaftlichen Zielsetzungen u. a. Kroeber-Riel/ Gröppel-Klein, 2019, S. 54ff.) Zudem müs‐ sen die Beachtung der Innovation und das Wissen über die Innovation emotional und kognitiv positiv geprägt werden. Hilfreich hierbei sind ein positives Image des innovierenden Unternehmens sowie die Beeinflussung wesentlicher Informationsquellen, welche die potenziellen Käufer nutzen, beispielsweise entsprechende Referenzgruppen und Meinungsführer. Aus diesen Zusammenhängen ergeben sich die wesentlichen vor-ökonomischen und primär zu erreichenden Zielsetzungen, die in vereinfachter Form und in ihrer Rolle im Verbund mit ökonomischen Zielsetzungen in Abbildung 13 dargestellt sind. Dabei sind Innovationsakzeptanz und (grundsätzliche) Kaufbereitschaft auf Basis eines wahrgenommenen USP die zentralen As‐ pekte positiver Einstellung. Im Allgemeinen stellen sie die Voraussetzung für einen Kauf dar und sind somit die entscheidenden vor-ökonomischen Marktziele (vgl. zur Akzeptanzforschung bei technologischen Innovationen, z.-B. Königstorfer, 2008, S.-19ff.). 4.2 Vor-ökonomische Ziele 61 <?page no="62"?> Abbildung 13: Zielsetzungen im Innovationsmarketing Die angeführten vor-ökonomischen Zielsetzungen können auch als kom‐ munikative Ziele bezeichnet werden, denn sie betreffen im Wesentlichen Ergebnisse der Interaktion mit potenziellen Nachfragern. Da hierfür in erster Linie explizite Kommunikationsaktivitäten einzusetzen sind, wird im Rahmen des Marketinginstruments Kommunikation auf diese Ziele im Einzelnen eingegangen. Alle genannten ökonomischen und vor-ökonomischen Ziele beziehen sich auf Wirkungen am Markt, und ihre Erfüllung determiniert den Markt‐ erfolg. Es gibt aber auch eher vordergründige, direkt mit der Innovations‐ aktivität verbundene Ziele, etwa die Markteinführung einer bestimmten Anzahl neuer Produkte, ein Ziel, das sich z. B. manchmal pharmazeutische Unternehmen vorgeben. Derartige Zielsetzungen sind auf das gesamte Innovationsportfolio bezogen, für die einzelnen Produkte sind aber auch hier ökonomische und vor-ökonomische Ziele zu verfolgen. 62 4 Marktziele für Innovationen <?page no="63"?> Der Innovationsprozess ist an Markt-Output-Zielen auszurichten. Das sind letztlich immer ökonomische Ziele wie Umsätze und Gewinne. Dazu gehören auch interne Effizienzziele mit indirekter Marktwirkung. Ökonomischen Zielen vorgelagert sind vor-ökonomische Ziele, die als Unterziele der Sicherstellung verhaltenswissenschaftlicher Wirkungen dienen (u. a. Erreichung von Aufmerksamkeit, Bekanntheit, positiver Einstellung, Akzeptanz und Kaufbereitschaft). Zentral ist dabei ein von Kunden wahrzunehmender Konkurrenzvorteil (USP). Fragen 1. Welche Bedeutung haben ökonomische Zielsetzungen im Innovations‐ kontext? 2. Welche Rolle spielen wahrgenommene Alleinstellungsmerkmale? 3. Warum ist die Aufmerksamkeitswirkung eine entscheidende Zielset‐ zung? 4. Welche weiteren vor-ökonomischen Ziele müssen verfolgt werden? 5. Wie stehen ökonomische und vor-ökonomische Zielsetzungen im Ver‐ hältnis zueinander? 4.2 Vor-ökonomische Ziele 63 <?page no="65"?> 5 Marktstrategien für Innovationen Lernziel Zahlreiche Unternehmensstrategien - als langfristige und das Ge‐ samtunternehmen betreffende Festlegungen - beziehen sich auf die externe Umwelt, das heißt den Markt und sein Umfeld, speziell die Marktteilnehmer. Zu den grundsätzlichen Marktstrategien gehören die Entscheidung über die Definition des Zielmarktes, die Entscheidung, wie der Zugang in diesen festgelegten Markt erfolgen soll bzw. wie ein bereits bearbeiteter Markt zu verteidigen ist, sowie die Entschei‐ dung, wie das Wettbewerbsverhalten auf diesem Markt grundsätzlich gestaltet werden soll. Der daraus resultierende Mix von Marktstrate‐ gievarianten ist eine Basisfestlegung auf dem Wege zur Erreichung der Marktziele. Auch das Innovationsmarketing erfordert Entscheidungen über derartige Marktstrategien; diese sind durch die Besonderheiten der jeweiligen Innovationsvorhaben sowie der Innovationssituation geprägt. 5.1 Marktfestlegung Die Marktfestlegung bezieht sich auf die drei Dimensionen der geogra‐ phischen Abgrenzung, der Zielpersonenabgrenzung und der Abgrenzung der Angebotsausrichtung. Über diese drei Festlegungen ist möglichst si‐ multan zu entscheiden (vgl. Hünerberg, 1994, S. 97ff.). Es ergeben sich daraus mehr oder minder zahlreiche und mehr oder minder umfangreiche Marktsegmente, wie Abbildung 14 symbolisiert. Aus diesen sind die für Innovationszwecke geeigneten Märkte auszuwählen. 5.1.1 Geographische Abgrenzung Die geographische Abgrenzung reicht von der Identifizierung lokaler Märkte bis zu globaler Abdeckung. Es hängt von der Art der Innovation und des dahinterstehenden Unternehmens ab, wie die entsprechende Defi‐ nition und nachfolgende Selektion von Märkten vorgenommen werden. Grundlegend hierfür sind neben den internen Unternehmensstärken und -schwächen insbesondere die Einschätzung von Chancen und Risiken der <?page no="66"?> Innovationsvermarktung in sich ergebenden bzw. ausgewählten Marktge‐ bieten. Abbildung 14: Dimensionen und Beispiele für Ergebnisse der Marktfestlegung Grundsätzlich sind ein einziges geographisches Gebiet bzw. einige wenige und/ oder kleine geographische Segmente mit Blick auf Innovationen leich‐ ter handhabbar als zahlreiche und/ oder große Märkte, beispielsweise mit Blick auf den Einsatz von Marketinginstrumenten. Hinzu tritt eine tendenzi‐ ell geringere Zahl von potenziellen Konkurrenten und einfacherer (patent‐ rechtlicher) Schutz. Andererseits ist das Erfolgspotenzial in großen Märkten höher, bei zahlreichen voneinander abgegrenzten geographischen Gebieten (Staaten) bestehen die Chancen eines Risikoausgleichs und von Ausweich‐ möglichkeiten auf jeweils andere Gebiete bei auftretenden Schwierigkeiten. Aus patentrechtlicher Sicht ist im Falle nationaler Regelungen die geogra‐ phische Abgrenzung des Zielgebiets auf Basis von Staatsgrenzen notwendig; Subgebiete innerhalb eines Staates oder die Addition mehrerer solcher Gebiete zu transnationalen Segmenten (z. B. Großstädte mehrerer Länder) sind zwar für die faktische Vermarktung vorstellbar, bedeuten aber unter Umständen eine komplexe Herausforderung für die patentrechtliche Absi‐ cherung. 66 5 Marktstrategien für Innovationen <?page no="67"?> Die geographische Marktsegmentierungsdimension kann zum einen als eigenständige Determinante der Marktfestlegung verstanden werden. So können bestimmte Eigenschaften eines Gebietes ursächlich dafür sein, dass die Innovationsvermarktung gerade dort stattfinden soll. Das ist der Fall, wenn sich Innovationsinhalte auf derartige Gebietseigenschaften be‐ ziehen, beispielsweise auf die Überwindung von Herausforderungen durch Verhältnisse klimatischer, geologischer, demografischer, technologischer, wirtschaftlicher Art usw. So gibt es zahlreiche innovative Lösungen für un‐ terentwickelte Länder bezüglich Wasser-, Energie-, Informationsversorgung u.ä. Nokia etwa entwickelte einst neuartige Mobiltelefone für die wirtschaft‐ liche Situation und extreme Gebrauchsumstände in „Dritte-Welt-Ländern“ (vgl. z.-B. Rohwetter 2012). Zum anderen ist die geographische Marktabgrenzung Folge der Entschei‐ dung für zu erreichende Zielgruppen, sofern sich diese in bestimmten Gebieten befinden. In diesem Fall sind die Zielpersonen die determinierende Dimension der Marktfestlegung, wenngleich sich aus der daraus resultie‐ renden Länderwahl besondere Anforderungen und Risiken, eventuell sogar Ausschlussnotwendigkeiten, etwa wegen der politischen Instabilität von Staaten, für die Innovationsvermarktung ergeben können. Falls die Ziel‐ personen in vielen oder allen geographischen Marktsegmenten auftreten, sind die geographische und die Zielpersonendimension relativ unabhängig voneinander festlegbar. 5.1.2 Zielpersonen Die Bestimmung von Zielpersonen bzw. -unternehmen ist die zentrale Ent‐ scheidung im Rahmen der Marktfestlegung; denn diese sind als potenzielle Kunden für einen angestrebten zukünftigen Erfolg der Innovation primär verantwortlich. Die Definition der Zielpersonen erfolgt über Kriterien de‐ mographischer, soziographischer, psychographischer, wirtschaftlicher und sonstiger Art. Auf dieser Basis wird der Gesamtmarkt, der bereits durch geographische Festlegungen eingegrenzt sein kann, in mehrere zielgrup‐ penspezifische Teilmärkte zerlegt. Eines oder mehrere dieser Segmente sind dann als Zielmärkte auszuwählen. Für die Vermarktung von Innovationen spielt deren Anwendbarkeit/ Ein‐ setzbarkeit durch bestimmte Zielgruppen als übergeordnetes Kriterium eine entscheidende Rolle. Für Innovationen, die Sehhilfen betreffen, kommen z. B. nur Personen mit Augenproblemen in Betracht. Diese lassen sich u. U. 5.1 Marktfestlegung 67 <?page no="68"?> durch weitere Kriterien, etwa demographischer Art wie Alter, beschreiben. Infrage kommende Zielgruppen können dann Berufsgruppen, Personen mit bestimmten Hobbys, Menschen in spezifischen Lebenssituationen, Ein‐ kommensschichten, Unternehmen bestimmter Branchen oder mit speziellen Fertigungsverfahren/ Produktangeboten usw. sein. Diese Zielgruppen sind mehr oder weniger umfangreich, im Extremfall handelt es sich um die Allgemeinheit einerseits und um einzelne Nachfrager wie ein spezifisches Unternehmen andererseits. Schon bei diesem Segmentierungsschritt ist eine Abschätzung des sich potenziell ergebenden Umsatzes sowie potenzieller Abhängigkeiten von einzelnen Abnehmern wichtig, um wirtschaftlich un‐ ergiebige bzw. risikoreiche Segmente rechtzeitig auszuschließen oder die Notwendigkeit der Segmenterweiterung oder -ergänzung durch andere Teilmärkte vorzusehen. Der Anwendbarkeit/ Einsetzbarkeit nachgeordnet sind weitere Zielgrup‐ penmerkmale, insbesondere wenn es um Entscheidungen über den späteren Einsatz von Marketinginstrumenten geht. Zu nennen ist speziell die zu erwartende Akzeptanz von Innovationen; denn aus grundsätzlich gegebener Relevanz einer Innovation für bestimmte Personen bzw. Unternehmen folgt noch nicht die Bereitschaft, diese auch tatsächlich zu übernehmen. Zumindest zu Beginn der Vermarktung sollten die bereits im Rahmen der Si‐ tuationsanalyse erwähnten innovationsaffinen Gruppen (Trendsetter, Lead User) identifiziert und bevorzugt angesprochen werden. Meinungsbildende „Innovationsführer“ sind von Bedeutung, weil sie ihrerseits auch Einfluss auf weniger innovationsorientierte Gruppen haben. Je nach Art der Innova‐ tion kann es sich hierbei um bestimmte Altersgruppen, Bildungsschichten, Berufsgruppen, Branchen, Unternehmen usw. handeln. Auf jeden Fall sind bereits in der frühen Planungsphase der generellen Marktsegmentierung Märkte auch nach der Existenz von solchen potenziell innovationsbereiten Zielgruppen auszuwählen. In einem späteren Stadium der Vermarktung bzw. des Lebenszyklus können dann andere Zielgruppen in den Fokus der Aktivitäten rücken. 5.1.3 Angebotsausrichtung Das tatsächliche Angebot setzt sich aus der eigentlichen lnnovation (Hauptleistung) und zusätzlichen Angeboten (Neben- oder Zusatzleistun‐ gen), etwa Services, zusammen. Die Entscheidung, was den Zielgrup‐ pen in geographischen Teilmärkten angeboten wird, ist zumindest im 68 5 Marktstrategien für Innovationen <?page no="69"?> Sinne einer grundsätzlichen Ausrichtung simultan mit den beiden zuvor erläuterten Segmentierungsentscheidungen zu treffen, so dass sich Pro‐ dukt-Markt-Kombinationen ergeben. So ist über die grundsätzliche Notwendigkeit von (klassischen oder ebenfalls innovativen) Zusatzleistungen, beispielsweise Mitarbeitertraining in Unternehmen, zu entscheiden. Auch die Zahl von Innovationen spielt eine Rolle; es können Einzelinnovationen oder gleichzeitig mehrere Innovatio‐ nen in den Markt gebracht und so Zielgruppen durch ein breiteres Angebot oder mehrere Zielgruppen durch jeweils unterschiedliche Angebote ange‐ sprochen werden. Auch die Vorhaltung von Innovationen in verschiedenen Entwicklungsbzw. Marktphasen zur Sicherstellung eines kontinuierlichen Innovationsflusses ist ein wichtiger Aspekt. Ein Beispiel ist ein adäquates Innovationsportfolio im langwierigen Innovationsprozess der forschenden Pharmaindustrie (vgl. u.-a. Wentz, 2008, S.-163ff.) Wesentlich ist insbesondere die Entscheidung über die Spezifität der In‐ novation. Je nach Spezialisierungsgrad des Angebots ergibt sich ein größeres oder eher kleines Segment; es werden damit gleichzeitig Einsatzbereiche und auch Zielgruppen des Produkts bestimmt. Der Ausgangspunkt für die viel diskutierten Nischenangebote beruht in der Regel auf hochspezialisierten Innovationsangeboten, für die sich dann (nur) eine kleine Zielgruppe ergibt. Wegen der dadurch eingeschränkten Absatzmöglichkeit ist neben einem eventuellen Wachstumspotential der Nische eine Ausweitung auf größere geographische Gebiete bis hin zu einem weltweiten Angebot fast zwangs‐ läufig, so dass globale Nischen entstehen. Globale Nischenanbieter sind weit verbreitet; und diese „Hidden Champions“ sind als (etablierte) Innovatoren par excellence anzusehen (vgl. insbesondere Simon, 2022, S. 31ff.). Ein Beispiel ist die Firma Igus, die als Marktführer weltweit Innovationen im Bereich schmierstofffreier Kunststoffe wie Gleitlagertechnik und Energie‐ ketten vermarktet (vgl. Igus 2023). Wenn die Vermarktung eines spezialisierten innovativen Produkts im Rahmen einer Unternehmensneugründung erfolgt, handelt es sich in der Regel um den schwierigsten Fall, der besonderer Sorgfalt bei der Marktde‐ finition bedarf (vgl. u. a. Baumgarth, 2015, S. 393ff.). Sofern es nicht um eine Ausgründung aus einem größeren Unternehmen mit der Möglichkeit des Zugriffs auf dessen Ressourcen geht, ist ein neu gegründetes Unternehmen mit der Vermarktung seiner Innovation aus Mangel an Erfahrung und wegen beschränkter Ressourcen oft überfordert. Nicht nur allein wegen der hohen Spezifizität des Angebots, sondern wegen der anfangs oft gegebenen Über‐ 5.1 Marktfestlegung 69 <?page no="70"?> schaubarkeit des Marktes sind gerade derartige Unternehmen zumindest zu Beginn Nischenanbieter. Ein notwendig werdendes Wachstum durch wei‐ tere Innovationen, Internationalisierung oder sonstige Marktausweitung stellt sie dann allerdings vor große Herausforderungen. Die besonderen Probleme bei der Vermarktung von Innovationen durch neu gegründete Unternehmen treten im Übrigen nicht nur im Zusammen‐ hang mit der Marktsegmentierung, sondern auch bei allen anderen strate‐ gischen und operativen Marketingentscheidungen auf. Aus den spezifischen Herausforderungen an neu gegründete Unternehmen hat sich ein eigen‐ ständiger Bereich der Betriebswirtschaftslehre entwickelt, der wegen der regelmäßigen Verbindung mit innovativen Angeboten daher für spezifische Innovationssituationen von hoher Relevanz ist (vgl. u. a. den Überblick bei Freiling/ Kollmann, 2015, S.-6ff.). 5.2 Marktzutritt Wenn ein Markt im zuvor erläuterten Sinne definiert ist, stellt sich die Frage, wie man mit der Innovation Zugang zu diesem Markt erlangt. Grundsätzlich bieten sich zwei Vorgehensweisen an, die Nutzung eigener Ressourcen oder das Eingehen einer Kooperation (vgl. zum Konzept der Marktimplantation generell u. a. Hünerberg, 1994, S. 113ff.). Abbildung 15 gibt einen Überblick zu den Entscheidungsmöglichkeiten. 70 5 Marktstrategien für Innovationen <?page no="71"?> Abbildung 15: Markteintrittsvarianten 5.2.1 Eigene Ressourcen Der Marktzutritt mittels eigener Ressourcen ist am einfachsten, wenn das Unternehmen in dem für die Innovation ausgewählten Markt bereits mit anderen Angeboten präsent ist. Dann können existierende Informationen, Erfahrungen, Vertriebswege usw. herangezogen werden, und es lassen sich beispielsweise vorhandene eigene Niederlassungen oder etablierte Export‐ beziehungen für das neue Angebot nutzen bzw. ausbauen. Dennoch kann auch hier ein einseitiges Beharren auf ausschließlich eigenen Ressourcen zu einer schwierigen Situation führen, wie das Beispiel von Sony in der Vergangenheit gezeigt hat (vgl. Wentz, 2008, S.-45ff.). Handelt es ich um einen bisher nicht bearbeiteten Markt, ist der Markt‐ eintritt schwieriger, da gerade Erfahrungen, insbesondere zu Zielgruppen und geographischem Gebiet mit seinen Rahmenbedingungen, fehlen. Bei hinreichenden Ressourcen und/ oder geringen Zutrittshindernissen kann dennoch ein Marktzugang aus eigener Kraft in Betracht kommen, wie eigener Vertrieb bzw. Export oder sogar die Errichtung von Repräsentanzen und anderen Niederlassungen (Fall 1 in Abbildung 15). 5.2 Marktzutritt 71 <?page no="72"?> Der Marktzutritt für neu gegründete Unternehmen ist - analog zu den Hinweisen im Zusammenhang mit der Marktsegmentierung - mit eigenen Ressourcen besonders schwer; denn es sind nicht nur finanzielle Mittel, die häufig fehlen, sondern auch (marktgerichtete) Mitarbeiterkompetenz und generell Erfahrungen mit und auf den definierten Märkten, zumal wenn nicht allein der Heimatmarkt bearbeitet werden soll. Ein Engpass sind häufig fehlende Kontakte zu staatlichen Stellen, Distributionsmittlern, Zulieferern, so dass der Marktzugang schon im Vorfeld scheitern kann. Daher bieten sich statt eines eigenständigen Vorgehens gerade in diesem Fall Kooperationslösungen verschiedener Art an. Für größere Unternehmen kommen Mergers & Acquisitions, also die Übernahme eines anderen Unternehmens oder die Fusion mit einem sol‐ chen, in Betracht (Fall 2 in Abbildung 15). Gründe für diese beliebte, wenn auch häufig nicht erfolgreiche Marktstrategie sind vielfältig; Schnelligkeit des Marktzutritts, sofortige Marktanteilsausweitung, erhoffte und vielleicht realisierbare Synergien, Einschränkung des Wettbewerbs sind einige von ihnen. Im Kontext der Innovationsvermarktung kann es um Innovationssy‐ nergien, d. h. die Zusammenführung vergleichbarer Innovationen, gehen oder generell um die Beschaffung von Know-how. Nach Wentz manifestiert sich hier das neue Paradigma der offenen Innovation, bei der Akquisitionen und alle sonstigen externen Möglichkeiten (Lizenznahme etc.) auf dem Weg zum Innovationsführer genutzt werden; als Beispiel nennt er Procter & Gamble (Wentz, 2008, S. 73ff.). Weitere Motive können die Vermeidung potentieller Auseinandersetzungen um Innovationen und ihre Patentierung, die Schaffung von Vertriebskompetenz für die Innovation in ausgewählten Märkten, Rohstoffsicherung, Zugang zu Informationen und Kontakten, Umgehung von politischen und anderen Markteintrittsbarrieren sein. 5.2.2 Kooperation Immer wenn das innovierende Unternehmen keine ausreichenden eigenen Ressourcen besitzt, Kompetenz- oder Zugangsdefizite aufweist, Mergers & Acquisitions nicht möglich sind, kommen kooperative Formen des Markt‐ eintritts in Betracht. Als Kooperationstypen bieten sich eine Reihe von Möglichkeiten an (vgl. allgemein zur Kooperation im Innovationskontext Hauschildt u.-a., 2023, S.-201ff.). Eine für die Innovationsvermarktung grundlegende Möglichkeit besteht in der Lizenzvergabe an Lizenznehmer gegen Lizenzgebühren oder Über‐ 72 5 Marktstrategien für Innovationen <?page no="73"?> tragung sonstiger Werte. Lizensierung bedeutet den teilweisen oder voll‐ ständigen Verzicht auf eigene Vermarktung durch - im weitesten Sinne - Technologietransfer. Lizenzgegenstand kann die Innovation in verschiede‐ nen Stadien der Erfindung sein, etwa als spezifisches rechtlich (noch) nicht geschütztes Know-how zu Beginn des Innovationsprozesses, als angemel‐ detes oder als erteiltes Patent, Gebrauchsmuster oder Geschmacksmuster. Die Übertragung der Lizenz auf den Lizenznehmer kann sich auf alle oder einzelne mit der Innovationsnutzung verbundene Aktivitäten beziehen. Insbesondere kommen die Herstellung von Produkten, die sonstige interne Nutzung der Innovation, der Vertrieb in Betracht. Beschränkungen, bei‐ spielsweise räumlicher, zeitlicher und mengenmäßiger Natur, sind möglich. Die Lizenzvergabe kann damit ein weitreichender Verzicht auf eigene Nutzung sein, insbesondere wenn ein Exklusivvertrag mit einem einzigen Lizenznehmer abgeschlossen wird, der die Nutzung durch den Lizenzgeber selbst ausschließt, so dass kurz- oder längerfristig ein Verzicht auf eigene Marktbearbeitung vorliegt (Fall 3/ 3a in Abbildung 15). So hat die Kalp GmbH 2012 einen exklusiven Lizenzvertrag mit der finnischen Cargotec Group ab‐ geschlossen, der die Produktion und Vermarktung von Laschplattformen zur vollautomatischen Durchführung von Ladeprozessen in Containerterminals an diesen Lizenznehmer überträgt (vgl. Kalp 2012). Weniger weitreichend ist der Verzicht, wenn zwar nur ein einziger Partner lizensiert wird, aber der Lizenzgeber Verwertungsrechte behält oder wenn mehrere Lizenznehmer vorgesehen werden (Fall 4 in Abbildung 15). Eine weitreichende Form der Lizensierung ist das verbreitete Franchising, das die Weitergabe von Ausstattungen, Marken und ganzen Marketingkonzeptionen umfasst. Betrachtet man die Lizenzvergabe als Markteintrittsstrategie eines In‐ novators, so sind insbesondere Kapazitäts- und Kompetenzrestriktionen und als unzureichend wahrgenommene Ertrags- und Gewinnaussichten sowie Risikoüberlegungen als Entscheidungshintergründe denkbar (vgl. die SWOT-Analyse lt. Abbildung 12). Anders als bei einer Veräußerung der Innovation oder gar des Unternehmens bedeutet die Lizenzvergabe je nach Art der Lizenzvereinbarung allerdings eine mehr oder minder weitreichende Partizipation des Lizenzgebers an der Innovation. So erhält er Lizenzgebühren, unter Umständen stehen ihm auch anderweitige Verwer‐ tungsmöglichkeiten offen. Bei Eigenverwertung wären die Erträge jedoch potenziell höher. Zudem ist die Abhängigkeit von Motivation und kaufmän‐ nischem Erfolg des Lizenznehmers beträchtlich, und es können sich sogar Konkurrenzbeziehungen entwickeln. Ein negativ wahrgenommener Markt‐ 5.2 Marktzutritt 73 <?page no="74"?> auftritt des Lizenznehmers ist für den Lizenzgeber und seine zukünftigen Innovationsaktivitäten unter Umständen imageschädigend. Neben der Lizensierung gibt es zahlreiche andere Formen eines koope‐ rativen Markteintritts, die für Innovatoren in Betracht kommen (Fall 5 in Abbildung 15). Eine bekannte Kooperationsform ist das Joint Venture. Im engeren Sinne eines Equity Joint Venture geht es hierbei um die Part‐ nerschaft zwischen zwei oder mehr Unternehmen, die ein (zusätzliches) Unternehmen gründen, das der Innovationsnutzung dient. Der zugrunde liegende Vertrag wird unterschiedliche Regelungen hinsichtlich der Rechte und Pflichten der Vertragspartner treffen, die weit über die häufig disku‐ tierte Frage der jeweiligen Kapitalbeteiligungen hinausreichen. So kann der Joint-Venture-Partner des Innovators für die Vermarktung - generell oder in bestimmten Gebieten - zuständig sein, für Weiterentwicklungen der Innovation, für die Patentierung, für Produktionsprozesse, Beschaffung, Logistikdienste usw. Vorteile liegen in der gezielten Nutzung von Kompe‐ tenzen des Partners, insbesondere mit Blick auf die Überwindung von Marktrestriktionen. Gerade im internationalen Geschäft spielen derartige Überlegungen eine besondere Rolle; in manchen Ländern sind andere Formen des Markteintritts, etwa eigene Niederlassungen, aus rechtlichen Gründen unter Umständen gar nicht möglich. Aber auch Arbeitsteilungs‐ effekte und Synergien mit Blick auf die internen Ressourcen sind von Bedeutung. Auf der anderen Seite sind beim Joint Venture die Risiken der Partnerwahl besonders hoch. Sie reichen von Motivationsdefiziten und Inkompetenzen über nachlässige Vertragserfüllung, wirtschaftliche Probleme und schädliches Konkurrenzverhalten bis zu direkter Schädigung, beispielsweise durch Missbrauch von Know-how-Transfer und Aneignung von materiellen und immateriellen Werten. Derartige Risiken sind durch sorgfältige Partnerwahl und Vertragsgestaltung zwar teilweise, aber nicht vollständig auszuschließen. Neben Equity Joint Ventures gibt es zahlreiche weitere Formen der Zusammenarbeit mit Partnern, die häufig ebenfalls als Joint Ventures oder Contractual Joint Ventures bezeichnet werden. Bei einer weitreichenden Form von Zusammenarbeit lässt sich auch von strategischen Allianzen sprechen. Es geht ähnlich wie bei Equity Joint Ventures immer um eine Form der Arbeitsteilung bei der Marktbearbeitung bzw. dem Markteintritt, ohne dass allerdings eigenständige Unternehmen gegründet werden. So können Partner Beschaffungs-, Produktions-, Entwicklungs-, Vertriebsauf‐ gaben oder andere Funktionen im Rahmen der Innovationsrealisierung und 74 5 Marktstrategien für Innovationen <?page no="75"?> Innovationsvermarktung ganz oder teilweise übernehmen. Auch bestimmte Marktgebiete können Partnern überlassen werden, um so eine weite Ab‐ deckung zu realisieren. Beispiele sind die strategischen Allianzen der Luft‐ fahrtgesellschaften, die entsprechende globale Netzwerke aufbauen. Auch gibt es weitreichende Allianzen in der Spitzentechnologie, die Unternehmen und Forschungseinrichtungen umfassen. Ein Beispiel ist ASML aus den Niederlanden, die in einem globalen Verbund mit über 1000 Partnern u. a. Trumpf und Zeiss aus Deutschland, als dominierender Anbieter Lithogra‐ phiesysteme für die Halbleiterindustrie herstellen (vgl. u. a. Rudzio, 2023, S.-21, und Hecking, 2022, S.-62). Allerdings ist es ein dominierendes Kennzeichen der erfolgreichen „Hid‐ den Champions“, auf derartige Kooperationen zu verzichten (vgl. Simon, 2022, S. 179ff.). Grundsätzlich lassen sich so jedoch eigene Schwächen ausgleichen und es kann dennoch eine erfolgreiche Marktpräsenz realisiert werden. Die Gefahren aus der Partnerwahl, wie sie für das Equity Joint Venture erwähnt wurden, sind hier analog, wenngleich in schwächerer Form, vorhanden. Letztlich ist es immer eine Frage der Marktmacht, die über die Abhängigkeit einer Seite entscheidet, und hier spielt dann die Bedeutung der Innovation für die Gegenseite eine ausschlaggebende Rolle. 5.3 Marktverhalten Wenn der Eintritt auf ausgewählte Märkte erfolgt ist, stellt sich die strate‐ gische Frage, wie sich das Unternehmen dort grundsätzlich verhalten soll, insbesondere im Hinblick auf die verschiedenen Marktteilnehmer. Dabei spielen die inhaltlichen Schwerpunkte der Innovations-Marktbearbeitung, zeitliche Vorgehensweisen und der Umgang mit Wettbewerbern eine beson‐ dere Rolle (vgl. u.-a. Hünerberg, 1994, S.-132ff.) 5.3.1 Inhaltliche Schwerpunkte In Anlehnung an Porter soll ein Unternehmen zwischen einer Kostenführer‐ schaftsstrategie, die Preisspielräume eröffnet und Massenmärkte erschlie‐ ßen kann, und einer Qualitätsführerschaftstrategie, die bei Abnehmern Prä‐ ferenzen für Angebote mit bestimmten Qualitätsdimensionen zu generieren vermag, entscheiden; die gleichzeitige Verfolgung beider Alternativen, ein Outpacing, scheint nicht möglich und soll dazu führen, dass sich ein 5.3 Marktverhalten 75 <?page no="76"?> Unternehmen „zwischen allen Stühlen“ wiederfindet (vgl. u. a. Porter, 2013, S.-81ff.). Im Innovationskontext wird man diese Möglichkeiten wie folgt beurtei‐ len: Die Tatsache, dass etwas Neuartiges eingeführt wird, hat eine qualitative Veränderung der bestehenden Situation zur Folge, die nur dann Akzep‐ tanz erlangt, wenn sie als Verbesserung wahrgenommen wird. Insofern kann als primäre Innovationsstrategie eine Qualitätsorientierung postuliert werden. Anders als beim Marktverhalten mit etablierten Produkten und Dienstleistungen stehen bei Innovationen manchmal auch Sekundärfunkti‐ onen mit Blick auf eingeführte Angebote im Vordergrund, wenn es sich beim Unternehmen, das die Innovation nutzt, um ein bereits am Markt aktives Unternehmen handelt. So können Innovationen der Verbesserung der Angebotsqualität dienen, indem sie bereits vorhandene Angebote auf‐ werten oder die Angebotspalette durch neuartige Bestandteile ergänzen. Bezieht man interne Innovationen, speziell solche mit Prozesscharakter, in die Betrachtung mit ein, können diese die eigene Kostensituation positiv beeinflussen und so auch zur Erreichung einer Kostenführerschaftsstrategie beitragen. Im Übrigen ist festzuhalten, dass die Kostenführerschaftsdimension eine eher eindimensionale Handlungsmöglichkeit eröffnet, die auf die Nutzung der sich dadurch ergebenden Preisspielräume beschränkt ist, während Qualitätsorientierung eine große Zahl von Gestaltungsvariablen beinhaltet. Selbst eine Kombination von Elementen der Kosten- und der Qualitäts‐ führerschaft ist denkbar, etwa die Nutzung einer Prozessinnovation zur Kostensenkung, um eine qualitativ hochwertige Innovation preisgünstiger anbieten zu können. Neben der Festlegung von Produkt-Markt-Kombinationen ist die grund‐ sätzliche Entscheidung zur inhaltlichen Ausrichtung des Marktverhaltens ein wesentlicher Positionierungsaspekt, der darüber entscheidet, wie das In‐ novationsangebot in der Grundwahrnehmung potenzieller Kunden gegen‐ über anderen Angeboten auf dem Markt verankert wird (vgl. im Einzelnen u. a. Trommsdorff/ Steinhoff, 2013, S. 129ff.). Gleichzeitig beeinflusst der in‐ haltliche Schwerpunkt des Marktverhaltens das Image des dahinterstehen‐ den Unternehmens, was wiederum auf die Wahrnehmung der Innovation zurückwirkt (vgl. Abbildung 16). 76 5 Marktstrategien für Innovationen <?page no="77"?> 5.3.2 Zeitliche Gestaltung Die zeitliche Dimension des Innovationsmarketingprozesses betrifft die Frage, wann, in welcher Reihenfolge und wie schnell Innovationen auf welche Märkte gebracht werden und wie die einzelnen Teilschritte dabei zeitlich abgestimmt werden. Eine Innovation bedeutet zwar definitionsgemäß, dass sie als erstes Angebot seiner Art auf einen Markt gebracht wird, allerdings ist eine frühe, das heißt gleich nach der Erfindung stattfindende Vermarktung oder eine aufgeschobene Markteinführung, z. B. nach Patenterteilung, denkbar. Erstere Strategie führt potenziell zu frühen Einnahmen mit den Risiken einer unausgereiften oder unzureichenden Produktgestaltung bzw. Markteinfüh‐ rung sowie einer frühen Konkurrenzreaktion. Ein später Vermarktungsbe‐ ginn gibt dagegen Zeit für Vervollkommnung und Vorbereitung, verschiebt jedoch potenzielle Einkünfte und beinhaltet die Gefahr einer Vorwegnahme von Innovationsinhalten durch andere Marktteilnehmer. Abbildung 16: Positionierung im Innovationsmarketing 5.3 Marktverhalten 77 <?page no="78"?> Die Frage der Reihenfolge des Eintritts auf verschiedene, z. B. geographische Märkte ist das klassische Problem der Entscheidung zwischen simultaner und sukzessiver Marktbearbeitung (Sprinkler- oder Wasserfallstrategie) bzw. einer Kombination aus beiden. Im Zusammenhang mit Innovationen sind hierbei besonders der internationale/ globale Charakter der Innova‐ tion, deren Lebenszyklus, die Schutzfähigkeit in unterschiedlichen Märkten sowie die Finanzierungsaspekte dieser Markteintrittsformen zu beachten. Ein gleichzeitiger Eintritt in alle relevanten Märkte (Sprinklerstrategie) liegt nahe bzw. wird erforderlich, wenn wegen der globalen Natur der Innovation eine Anwendbarkeit auf vielen Märkten in Betracht kommt, der Lebenszyklus eher kurz ist, sich die Schutzfähigkeit nicht auf einzelne Märkte beschränkt und die Finanzierung keine unüberwindliche Hürde darstellt. Beispielsweise vermarkten internationale Großunternehmen auf diese Weise Standardsoftware- oder Kommunikationshardware. Ein anderes Beispiel sind Modeprodukte mit ihrem kurzen Lebenszyklus. Für Innovato‐ ren mit beschränkten Ressourcen ist ein schrittweises Vorgehen (Wasser‐ fallstrategie, eventuell kombiniert mit partieller Sprinklerstrategie für einige wenige Märkte) dagegen eher angezeigt, da so Erfahrungen in einem Markt gesammelt und dort Einnahmen generiert werden können, ehe ein weiterer Markt in Angriff genommen wird. Auch der Innovationsvermarktungsprozess selbst kann zeitlich unter‐ schiedlich ablaufen. Er findet entweder kompakt mit einer Konzentration aller Maßnahmen, speziell der Kommunikation, innerhalb einer kurzen Zeitspanne statt, oder er ist ausgedehnt über längere Zeit, etwa mit Vor‐ ankündigungen, Testverkäufen und Sammlung von Kundenerfahrungen. Bestimmend hierfür sind Machbarkeitsinklusive Finanzierungsüberlegun‐ gen, aber auch Marktreaktionsgeschwindigkeiten von Kunden und von Konkurrenten. So wird der Zeitraum, in der ein Innovationsvorteil existiert, durch den Wettlauf von Wettbewerbern um Markteinführungszeitpunkte, wie z. B. häufig in der Waschmittelindustrie, reduziert und eine Verkürzung auch des Vermarktungsprozesses erzwungen (vgl. Wentz, 2008, S. 5ff. und 68 ff.). 5.3.3 Art des Marktauftritts Die Art des Marktauftritts bezieht sich auf formale Aspekte der Beeinflus‐ sung von Marktteilnehmern. So bedingt in der Regel jeder Marktauftritt eine Konfrontation mit Wettbewerbern, das Drängen potenzieller Kunden 78 5 Marktstrategien für Innovationen <?page no="79"?> zu einem Kaufabschluss und häufig auch eine Beeinflussung potentieller Partner, z.-B. der Distributionsmittler. Das innovierende Unternehmen muss also zum einen grundsätzlich entscheiden, wie es mit potenziellen Nachahmern und Unternehmen, die ähnliche bzw. substitutive Produkte anbieten, umgehen will. Es kommen mehr oder minder aggressive bzw. defensive Verhaltensweisen in Betracht, die von der Art der Innovation und der Stellung des Innovators am Markt abhängen. So kann ein zurückhaltender Marktauftritt, etwa mit rational ausgerichteter Kommunikation und weniger starkem Druck oder geringer Dominanz des Preises, erfolgen; auch mag die Marktabdeckung beschränkt sein. Demgegenüber stehen (wettbewerbs)aggressive Kommunikation, z. B. mit vergleichender Werbung oder besonderer Herausstellung von Preisvor‐ teilen, intensive Reaktion auf Konkurrenzmaßnahmen bis hin zu rechtlichen Auseinandersetzungen, Abdeckung zahlreicher Märkte oder sogar globale Innovationspräsenz. Tendenziell kommt der zuvor genannten Sprinklerstra‐ tegie aus dieser Sicht ein höherer Aggressivitätsgrad zu als einer Wasser‐ fallstrategie mit Markteinführungen über einen längeren Zeitraum. Zum anderen ist über den grundsätzlichen Umgang mit Abnehmern zu entscheiden. Es geht hier um den Aufbau von mehr oder minder starkem Verkaufsdruck. So kann auch das Verhalten gegenüber potenziellen Kunden eher bedächtig als drängend sein, etwa durch vorsichtige Überzeugungsar‐ beit. Man würde dann zum Beispiel auf hohen Werbedruck wie häufig bei der Einführung von Konsumgüterneuheiten durch große Unternehmen verzichten. Die Gestaltung der Marketinginstrumente, neben der Kommu‐ nikationsinsbesondere die Preispolitik, ist also auch hier wieder entschei‐ dend. Gleiches gilt für zu gewinnende Partner und die dabei einzusetzenden Maßnahmen wie die Attraktivität bzw. Vorteilhaftigkeit von Verträgen. Es gibt einige grundlegende Marktstrategien die als Ausgangspunkt für den Einsatz von Marketinginstrumenten einen groben Handlungsrah‐ men auch für das Innovationsmarketing aufspannen. Hierzu gehören die Marktfestlegung, die Art des Marktzutritts, Prinzipien des Markt‐ verhaltens. Die Marktfestlegung beruht auf der Segmentierung von Märkten entlang der Dimensionen Gebiete, Zielgruppen, Angebote. Durch Heranziehung verschiedener Kriterien ergibt sich eine große Zahl von Auswahlmöglichkeiten, die entsprechend der Situation des In‐ novators als Märkte für innovative Angebote definiert werden können. 5.3 Marktverhalten 79 <?page no="80"?> Der Marktzutritt kann aus eigener Kraft einschließlich der Möglichkeit von Akquisitionen und Fusionen erfolgen oder durch verschiedene Formen der Lizenzvergabe und anderer Kooperationsformen wie der Gründung von Joint Ventures. Das Verhalten am Markt ist durch die Wahl der Angebotsausrichtung auf Kosten/ Preise oder Qualität und die daraus folgende Positionierung der Innovation und des Innovators geprägt. Außerdem spielen Fragen des zeitlichen Markteintritts und der Aggressivität des Marktauftritts eine Rolle. Fragen 1. Welche Vor- und Nachteile haben wenige/ kleine geographische Seg‐ mente für Innovatoren? 2. Welche Kriterien spielen für die weitere Segmentierung von Zielgrup‐ pen im Innovationskontext eine Rolle? 3. Warum sollte das Angebot bei der Marktfestlegung simultan berück‐ sichtigt werden? 4. Was sind Hidden Champions und globale Nischen? 5. Welche Innovationssituationen sprechen für eigenständigen bzw. ko‐ operativen Markteintritt? 6. Welche Rolle spielen Formen der Lizenzvergabe für das Innovations‐ marketing? 7. Was sind Joint Ventures und welche Überlegungen sind anzustellen, wenn sie von Innovatoren für den Markteintritt erwogen werden? 8. Welche grundlegenden Entscheidungen bestimmen die Produkt- und Unternehmenspositionierung? 9. Welches sind innovationsrelevante Vor- und Nachteile von Wasserfall- und Sprinklerstrategie? 10. Woran kann man defensives Marktverhalten von Innovatoren erken‐ nen? 80 5 Marktstrategien für Innovationen <?page no="81"?> 6 Marketinginstrumente für Innovationen Lernziel Die klassischen Marketinginstrumente gehen auf McCarthy’s viel diskutierte Einteilung von Marketingaktivitäten in die „vier P’s“, Pro‐ duct (Leistungspolitik), Price (Entgelt- und Vertragspolitik), Promotion (Kommunikationspolitik) und Place (Distributionspolitik), zurück (vgl. u. a. Waterschoot/ Van den Bulte, 1992, S. 83ff.). Zwar können andere Instrumente formuliert und die Abgrenzungen verschoben werden, dennoch lässt sich diese Klassifikation auch als Grundlage für die Darstellung der Instrumente des Innovationsmarketing heranziehen. 6.1 Leistungspolitische Innovationsinstrumente Die Leistungspolitik umfasst eine größere Zahl von Entscheidungen zur Marktbearbeitung und kann als zentrales Instrument, das besonders eng mit strategischen Marktentscheidungen verbunden ist, angesehen werden. Einige Fragen mit spezieller Innovationsrelevanz werden im Folgenden aus‐ gewählt: Ausdifferenzierung der Kerninnovation und Kundenausrichtung, Qualität von Kerninnovationen und Zusatzleistungen, Innovationsmarkie‐ rung und -schutz. 6.1.1 Ausdifferenzierung der Kerninnovation und Kundenausrichtung Jede Innovation besteht in einer innovativen Idee oder auch aus mehre‐ ren Inventionen. Diese können bereits mehr oder minder konkret und anwendungsnah sein. Allerdings erfordert die Innovationsvermarktung in der Regel ein ausdifferenziertes Angebot, das die Kernneuerung(en) in ein marktfähiges Produkt-Dienstleistungs-Programm einbindet. Die hierzu notwendigen weiteren Angebotsbestandteile können ebenfalls innovativ oder aber bereits bekannt bzw. erprobt sein. So lässt sich eine innovative Antriebstechnik, etwa neuartiger Elektro‐ antrieb beim Auto, mit eingeführten klassischen Fahrzeugbestandteilen, im Falle des Autos beispielsweise sonstige Technikausstattung, Aufbau, Innenausstattung, zu einem insgesamt neuartigen Fahrzeugangebot kombi‐ <?page no="82"?> nieren. Die Ausdifferenzierung kann sogar weitergehen, wenn im Beispiel zahlreiche Modelle mit der neuen Antriebstechnik ausgerüstet werden, so dass sich eine ganze Modellpalette, ein Sortiment mit jeweils dem gleichen innovativen Element in jedem Sortimentsbestandteil ergibt. Des Weiteren sind (leichte) Abwandlungen der Innovation möglich, die ebenfalls zu einem Sortiment führen, im Beispiel also etwa Autos mit unterschiedlicher Motorleistung des neuen Antriebs. Die Ausdifferenzierung der Kerninnovation besteht daher entweder in der Anreicherung durch zusätzliche Elemente und/ oder in der Variation zur Erzielung einer Variantenvielfalt. Sie ist notwendig, um überhaupt ein vermarktbares, ein besser vermarktbares oder ein für unterschiedliche Zielgruppen vermarktbares Angebot zu konzipieren. Die Bedeutung dieser Aufgabe ist umso größer, je weiter die Innovation von einem vollständigen Marktangebot entfernt ist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn es bei der Innovation nur um einen Bestandteil eines Produktes geht. Das hängt allerdings von den definierten Kunden bzw. der Distributionsstruktur ab. So ist bei gewerblichen Kunden, im zuvor angeführten Beispiel beim Absatz der Antriebsaggregate an die Industrie, anders als beim Endabsatz an Konsumenten manchmal nur eine geringe Anreicherung der Kerninno‐ vation notwendig. Dennoch spielen auch hier zunehmend (innovative) industrielle Dienstleistungen als Zusatzleistungen oder gleichberechtigte Hauptleistungen eine wichtige Rolle (vgl. u. a. Müller/ Posselt, 2007, S. 127ff.). Im Hintergrund der Ausdifferenzierung mit dem Ergebnis eines ver‐ marktbaren Angebots müssen Nutzung und Nutzenkriterien bei potenziel‐ len Kunden stehen. Das gilt selbst dann, wenn andere Marktgesichtspunkte wie Änderungen des Makro-Umfeldes oder Konkurrenzaktivitäten die In‐ novation veranlasst haben. Die innovativen Angebotsbestandteile können sich auf erkennbare Marktbedürfnisse beziehen. Unternehmen versuchen in diesem Fall, Kundenwünsche durch Innovationen zu erfüllen; das Nutzen‐ potential ist also vorgegeben. Allerdings können die vorhandenen Bedürf‐ nisse mehr oder weniger konkret ausgeprägt sein; eventuell sind sie nur unbewusst, also latent vorhanden. Daher können die innovativen Bestand‐ teile und ihre Einbettung in ein Gesamtangebot durchaus den wirklichen Bedarf verfehlen. Zudem besteht das Risiko, dass die Bedarfsfeststellung nicht repräsentativ erfolgt ist und die tatsächliche Nachfrage gering bleibt. Insbesondere aber können sich Markt und Kundenbedürfnisse während der Entwicklung des Innovationsvorhabens bis zur Marktreife verändert 82 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="83"?> haben, etwa durch Konkurrenzaktivitäten oder sonstige Variable, welche die Nachfrage beeinflussen. Den beschriebenen marktinduzierten Innovationen (market pull) stehen die technologiegetriebenen Innovationen (technology push) gegenüber, de‐ ren Entstehungsgrund weniger die Marktsituation, sondern der technische Fortschritt sowie unternehmerische Forschung und Entwicklung sind (vgl. u. a. Trommsdorff/ Steinhoff, 2013, S. 25ff.). Das gilt besonders für bahnbre‐ chende Neuerungen. In diesem Fall sind ex-post Kundenprobleme, die durch die Innovation gelöst werden sollen, und entsprechend Nutzendimensionen zu definieren. Je einfacher zugänglich, offensichtlicher und leichter kom‐ munizierbar der neue Nutzen ist, desto eher ist ein Vermarktungserfolg zu erwarten. Als Beispiel sei die Einführung von Digitalkameras genannt, deren Vorteile für „Normal“-Konsumenten evident waren. Wenn neue Kundenwünsche erst nach der Erfindung eines Produkts generiert werden, widerspricht dieses Vorgehen im Grunde dem Marketing‐ prinzip der marktorientierten Ausrichtung aller Unternehmensaktivitäten; dennoch ist der Technologiepush üblich, schon weil durchaus auch zufällig oder begleitend Erfindungen zustande kommen. Es ist aber umso sorgfälti‐ ger und rechtzeitig zu prüfen, ob tatsächlich eine Vermarktungsmöglichkeit besteht, die Innovation also wirklich auf von Kunden wahrgenommene Nutzendimensionen trifft oder solche durch Einsatz von Marketinginstru‐ menten hervorgerufen werden können. Im Zweifel kann die Vermarktung noch abgebrochen werden, ehe hohe Weiterentwicklungs- und Vermark‐ tungsinvestitionen getätigt werden. Eine Integration von Kunden bereits in frühe Phasen des Innovations‐ prozesses ist das Mittel der Wahl, um Möglichkeiten der Anpassung an Bedürfnisse bzw. der Schaffung bewusster Bedürfnisse zu erkennen und die Kerninnovation und ihre zusätzlichen Elemente daran auszurichten (vgl. z. B. Reichwald u. a., 2007, S. 13ff.). Zur realistischen Heranführung potenzieller Kunden an die Innnovation, um also eine Vorstellung von dieser zu vermitteln und erste Kundenbeurteilungen ableiten zu können, spielen Modelle und Prototypen eine große Rolle (vgl. z. B. Stamm 2008, S. 183ff.), etwa Konzeptfahrzeuge oder virtuelle Modelle in der Automobil‐ industrie. Kunden können zu möglichen Neuerungen befragt werden, um Einschätzungen über die grundsätzliche Markteignung zu gewinnen und in einem späteren Stadium des Innovationsprozesses die besten Realisie‐ rungsvarianten für ein ausdifferenziertes Angebot festzustellen. Im Übrigen ist selbst für die Ideengenerierung, also den ersten Innovationsschritt, die 6.1 Leistungspolitische Innovationsinstrumente 83 <?page no="84"?> Kundenintegration hilfreich, etwa zur Beurteilung bestehender Angebote und ihrer von Nutzern wahrgenommenen Mängel. So setzte Henkel bei Konsumgütern auf Hausbesuche in aller Welt, um Innovationspotenziale zu entdecken (vgl. Müller-Kirschbaum/ Wuhrmann/ Burkhart, 2009, S. 24ff.). In der letzten Phase vor der generellen Markteinführung sind weitergehende Untersuchungen wie Pilotverkäufe und Testmärkte angezeigt. Neben den Kunden sind auch andere Informationsquellen für die Innovationsvermark‐ tung von Bedeutung, speziell Experten, Konkurrenz, Marktpartner und zahlreiche Sekundärstatistiken. 6.1.2 Qualität von Kerninnovation und Zusatzleistungen Qualität kann als die Gesamtheit aller Eigenschaften (Ausprägungen auf relevanten Kriterien) von physischen Produkten und Dienstleistungen und damit als Kern jeden Angebots verstanden werden. Eine besondere Rolle spielt sie in der Qualitätsführerschaftsstrategie. Sie kann aus mehreren Blickrichtungen erfasst bzw. beurteilt werden, im Marketing ist die Wahr‐ nehmung durch (potenzielle) Kunden ausschlaggebend. Diese wird regelmä‐ ßig von den Einschätzungen der Anbieter oder der Experten wie Ingenieuren abweichen. Innovationen können von Kunden, sofern sie keine Experten sind, noch weniger eindeutig hinsichtlich ihrer Qualitätsdimensionen beurteilt werden als andere Angebote. Das ergibt sich aus dem Confirmation-Disconfirmation (C-D) Paradigma der Kundenzufriedenheit, nach dem Erwartungen an eine Leistung mit Erfahrungen mit einer Leistung verglichen werden, und ers‐ tere erfüllt (Zufriedenheit), untererfüllt (Unzufriedenheit) oder übererfüllt werden (Begeisterung). Dieser Vergleich kann sich auf die Qualität der Gesamtleistung, etwa ein Produkt, oder Qualitäts-Teilaspekte, etwa Halt‐ barkeit, beziehen und ist in zweifacher Weise eindeutig subjektiver Natur. Sowohl die Erwartungen als auch die Erfahrungen beruhen auf individueller Interpretation von Informationen und Wahrnehmungen (vgl. hierzu und zum Folgenden Abbildung 17). 84 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="85"?> Abbildung 17: Qualitätswahrnehmung und -zufriedenheit von (potenziellen) Innovations‐ kunden Die Informationen, die zur Erwartungsbildung beitragen, ergeben sich aus der Informationssuche (Screening), die gezielt oder mehr zufälliger Art ist. Dazu gehören neutrale Quellen, Konkurrenzangebote, aber auch Hinweise des Anbieters, insbesondere solche, die bestimmte quasi-objektive Qualitäts‐ aspekte herausstellen (Signalling). Auch die wahrgenommenen - eigenen und/ oder fremden - Qualitätserfahrungen werden durch derartige Signale beeinflusst, speziell wenn sie das Anspruchsniveau und den individuellen Beurteilungsprozess verändern. Wenn es um Qualitätseigenschaften geht, die sich schwer oder gar nicht in ihrer Wirkung einschätzen lassen, muss Erfahrung durch Vertrauen ersetzt werden (Vertrauenseigenschaften, etwa ökologische Qualität eines Konsumguts). Bei Innovationen fallen gegenüber eingeführten Angeboten für den Kunden zahlreiche Informationsmöglichkeiten weg; er kann beispielsweise nicht oder nur in geringerem Umfang auf Informationen aus seinem sozialen Umfeld zurückgreifen, hat keine eigenen Erfahrungen mit der Innovation selbst, verfügt u. U. nicht über relevante Beurteilungskriterien, hat vielleicht sogar Anwendungs- oder Handhabungsprobleme. Das gilt insbesondere dann, wenn er in einem frühen Stadium der Marktverfügbarkeit der Inno‐ 6.1 Leistungspolitische Innovationsinstrumente 85 <?page no="86"?> vation kauft. Andererseits sind noch keine eingefahrenen Denk- und Beur‐ teilungsmuster ausgeprägt, und im besten Fall ist eine generelle Offenheit für die Neuerung vorhanden. Aus allen diesen Punkten folgt die Bedeutung des Einsatzes von Qualitätssignalen durch den Anbieter. So vermag er sowohl Erwartungen als auch die spätere tatsächliche Qualitätserfahrung zu steuern. Das gilt in abgeschwächter Form und analog selbst gegenüber gewerblichen Abnehmern. Als innovationsspezifische Qualitätssignale kommen je nach Angebotsinhalt zahlreiche Möglichkeiten in Betracht. So sind Verweise auf Einsatz‐ stoffe, Technologien, Verfahrensschritte und andere technisch orientierte Besonderheiten möglich. Insbesondere ist aber die Herausstellung von neuartigen Nutzendimensionen wie Problemlösungen, Einsatzfelder, Halt‐ barkeit, Handhabbarkeit, Verträglichkeit usw. wichtig. Während alle der‐ artige Aussagen jedoch als werbliche Übertreibungen und unbewiesene Werbeaussagen verstanden werden können, gibt es auch noch stärker objektivierte Qualitätssignale. Hierzu gehören im Innovationskontext ins‐ besondere Referenzen. Das setzt jedoch voraus, dass es erste Anwender gibt, die zur Abgabe solcher Referenzen bereit sind und die auf Vertrauen bei potenziellen Kunden stoßen. Daher sehen sich hier gerade Unternehmens‐ gründer vor einer hohen Barriere; denn der Erfolg des Markteintritts hängt gerade für unbekannte Innovatoren von solchen Qualitätssignalen ab. Ein weiteres Qualitätssignal, das für viele Angebote sogar eine Voraussetzung für den Marktzugang ist, sind Prüfsiegel, Atteste, Akkreditierungen, Zerti‐ fizierungen usw. Patente bzw. Patentanmeldungen sind ebenfalls zu nennen, da durch sie speziell der Innovationscharakter bestätigt wird. Etablierte Unternehmen haben es mit der Innovationsvermarktung einfacher, da sie ihren renommierten Namen bzw. eingeführte Marken als Qualitätssignale verwenden können. Auch Auszeichnungen, die Unternehmen erhalten haben, zum Beispiel bei Innovations- und Gründungswettbewerben, können hilfreich sein. Im Marketing wird in diesem Kontext auch die Relevanz von Herkunfts‐ bezeichnungen, speziell „made in …“ diskutiert (vgl. z. B. Hünerberg 2017, S. 58ff.). Trotz globalisierter Produktion und länderübergreifender Tech‐ nologieverfügbarkeit erfüllen sie bei manchen Produkten, in bestimmten Kaufsituationen und für gewisse Zielgruppen/ Länder die Funktion eines Qualitätsmerkmals. Obwohl in einer frühen Vermarktungsphase von Inno‐ vationen die Neuerung als solche im Vordergrund steht und oft auch noch nicht an eine internationale Vermarktung gedacht wird, kann der Verweis 86 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="87"?> auf die (deutsche) Herkunft (z. B. „das Ergebnis deutscher Ingenieurskunst“) image- und vertrauensfördernd sein. Das spielt selbst im Inland eine Rolle, da es durchaus ein „Not-invented-here-Syndrom“ und damit eine Gering‐ schätzung von Innovationen aus anderen Ländern durch manche Kunden geben kann. Hier ergibt sich eine Analogie zur Ablehnung externen Wissens aus anderen Ländern/ Unternehmen/ Abteilungen durch Innovatoren selbst. Zusatzleistungen, die in der Regel als Kundendienstleistungen vor und nach dem Kauf in Betracht kommen, können für Innovationen ebenfalls als Qualitätsdimensionen eine Rolle spielen, unabhängig davon, ob es sich um innovative Formen oder klassische Angebote im Rahmen der Ausdif‐ ferenzierung der Kernleistung handelt. Bestimmte Zusatzleistungen sind obligatorisch, da aus technischen oder gesetzlichen Gründen unabdingbar, etwa Gewährleistungspflichten. Andere Leistungen sind branchenüblich und daher zwar nicht obligatorisch, aber kaum zu umgehen, möglicherweise bestimmte Lieferungs- und Zahlungsbedingungen. Am interessantesten dürften für Innovatoren daher innovative oder zumindest normalerweise nicht gebotene Zusatzleistungen sein, die unter Umständen sogar ein Haupt‐ motiv für Kunden sein können, die Kerninnovation zu nutzen. Das sind etwa besondere Finanzierungs- oder andere Kontraktangebote für den Kunden. Auch spezielle Rücknahme- oder Garantieangebote, Wartungsverpflichtun‐ gen, umfassende testweise Nutzung usw. können das Kaufrisiko vermin‐ dern und zum Vertrauensaufbau beitragen. Denn innovative Angebote, insbesondere von neuen Anbietern, sind zwangsläufig mit höherem wahrge‐ nommenem Risiko seitens potenzieller Kunden verbunden, so dass sowohl Qualitätssignale im Sinne der Bereitschaft zur Gewährung ungewöhnlicher Zusatzleistungen als auch Zusatzleistungen, die direkt zur Verminderung des Kaufrisikos beitragen, zentrale Bestandteile der Innovationsvermark‐ tung sein sollten. 6.1.3 Innovationsmarkierung und -schutz Die Markierung von Angeboten dient der Individualisierung von Produkten und Dienstleistungen, um sie von anderen, insbesondere konkurrierenden Angeboten abzuheben. Auf diese Weise prägen sie sich Nachfragern auch besser ein, und Unternehmen können mit ihnen als Kommunikationsobjekte arbeiten. Die Markierung besteht primär in der Namensgebung für das Angebot und/ oder Teilangebote. Infrage kommen Wortmarke, Abkürzung, Logo u. a., aber auch Farbgebung, Design, Verpackung etc. können Produkte 6.1 Leistungspolitische Innovationsinstrumente 87 <?page no="88"?> von anderen abgrenzen (vgl. allgemein zu Marke und Markenführung u. a. Hünerberg, 2017, S.-11ff., 101ff.). Bei Innovationen treten Markenüberlegungen in frühen Phasen häufig in den Hintergrund, weil es zunächst um die Durchsetzung der technologi‐ schen oder sonstigen Besonderheiten geht. Zudem birgt eine Verwendung von eingeführten Namen (Unternehmensname oder Dach-/ Familienmarke) das Risiko negativen Imagetransfers in sich, falls die Markteinführung nicht erfolgreich ist. Andererseits bedeutet ein frühzeitiger Hinweis auf eingeführte Namen auch ein Qualitätssignal durch ein bereits aufgebautes positives Image und damit eine eventuelle Erleichterung der Markteinfüh‐ rung. Ein Beispiel war die Kampagne „Volkswagen - Das Auto“ für die Einführung neuer Modelle. Auf jeden Fall sollte von Anfang an daran gedacht werden, wie eine Innovation im Marktauftritt unverwechselbar und wiedererkennbar wird, und dazu gehören nicht allein die Innovationsinhalte, sondern wesentlich formale Aspekte rund um die Markierung. Besondere Bedeutung erlangt diese Perspektive bei großen Märkten, anonymen Zielgruppen und hoher Konkurrenzintensität. Die formale Innovations-Individualisierung ist bei Nutzung von Formbzw. Designelementen bereits bei der Entwicklung zu berücksichtigen, wobei der Übergang zu Kern-Innovationsinhalten durch‐ aus fließend sein kann. Ein Beispiel hierfür sind die abgerundeten Ecken und andere Designelemente bei elektronischen Konsumgütern, die im Mit‐ telpunkt von rechtlichen Auseinandersetzungen standen (Apple versus Samsung). Eine besondere Problematik ergibt sich, wenn die Innovation als Bestand‐ teil in ein anderes Produkt eingeht und nicht als selbständiges Angebot vom Endnutzer wahrgenommen wird. In diesen Fällen ist zu prüfen, ob ein Ingredient Branding erreicht werden kann, bei dem am Endprodukt auf die innovative Komponente verwiesen wird, damit die Innovation eine allgemeine Sichtbarkeit behält. Das Standardbeispiel hierfür ist „Intel Inside“ (vgl. u.-a. Pförtsch/ Müller, 2006, S.-15ff.). Markierung steht schon im Zusammenhang mit gewerblichen Schutz‐ rechten. Die Marke ist schutzfähig, und dieses Recht hat den Vorteil der Verlängerbarkeit und damit im Prinzip zeitlich unbefristeten Geltung. Die Etablierung eines Markenrechtsschutzes, zumal im internationalen Kontext, kann durchaus komplex sein und führt manchmal zu Rechtsstreitigkeiten. Auch verhindert sie nicht Markenpiraterie, fordert sie im Zweifel bei besonders erfolgreichen Marken erst heraus. Dennoch ist dieses Schutzrecht 88 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="89"?> wie das Copyright geeignet, Innovationen bei ihrem Marktauftritt bis zu einem gewissen Grade vor Ausbeutung durch andere zu schützen. Das im Zusammenhang mit Innovationen am häufigsten diskutierte gewerbliche Schutzrecht ist das Patentrecht (vgl. u. a. Trommsdorff/ Stein‐ hoff, 20013, S. 176ff.). Hierdurch werden speziell technologische Wettbe‐ werbsvorteile, also Kernaspekte von Innovationen, geschützt. Die Zahl der Patentanmeldungen wird sogar häufig als Indikator für die Innovationskraft eines Landes herangezogen. Allerdings ist gerade das Patentrecht ein kom‐ plexes Rechtsgebiet, speziell wenn es im internationalen Rahmen betrachtet wird. Das reicht von der Frage der Patentierfähigkeit über Langwierigkeit und Kosten des Patenterteilungsverfahrens bis hin zur Verfolgung von Patentrechtsverletzungen und die zeitliche Limitierung des Patentschutzes. Das Patent verschafft dem Innovator prinzipiell eine begrenzte Monopol‐ situation, die ihn vor direkter Konkurrenz in Form von Nachahmung schützt und ihm den Aufbau eines eigenen Kundenstammes ermöglicht. Im besten Falle lässt sich sogar eine Technologieführerschaft durch Setzung von Indus‐ trie-/ Branchenstandards etablieren. Darüber hinaus bedeutet es eine Ver‐ trauen schaffende offizielle Anerkennung des echten Innovationscharakters eines Marktangebots. Der letztgenannte Aspekt hat daher eine vergleichbare Reputationswirkung wie die Nutzung einer eingeführten Marke. Zudem eröffnen sich die zuvor genannten Möglichkeiten des Patentverkaufs und der patentbasierten Lizenzierung. In manchen Branchen wie der Telekom‐ munikation mit einer großen Zahl von Patenten auf Komponenten eines Produkts hat sich der Konkurrenzkampf zu großen Teilen auf die Ebene des Aufbaus von Patentportfolios verlagert. Das innovierende Unternehmen muss daher im Hinblick auf gewerbliche Schutzrechte, speziell Patentanmeldungen, Vor- und Nachteile der Schutz‐ rechtsanmeldung abwägen und außerdem den Zeitpunkt der Anmeldung sowie die geographische Erstreckung festlegen. Zunächst ist zu entschei‐ den, ob das Schutzrecht überhaupt erlangt werden kann. So fordert das deutsche Patent- und Gebrauchsmusterrecht als materielle Voraussetzun‐ gen Neuheitseigenschaft, ausreichende Erfindungshöhe und gewerbliche Anwendbarkeit. Ist kein Schutz möglich, ist zu klären, durch welche sonstige Maßnahmen (Geheimhaltungsvereinbarungen, Erhöhung der Innovations‐ komplexität, Nutzung von eigenen wettbewerblichen Einflussmöglichkei‐ ten usw.) unternehmensindividuelle Schutzvorkehrungen aufgebaut wer‐ den können. Ist Schutzfähigkeit gegeben, kann eine Inanspruchnahme der gesetzlichen Möglichkeiten erfolgen oder nicht, wobei diese Entscheidung 6.1 Leistungspolitische Innovationsinstrumente 89 <?page no="90"?> für verschiedene geographische Gebiete unterschiedlich getroffen werden kann. Grundlage muss eine Abwägung der jeweiligen Vor- und Nachteile im Lichte der Marktstrategien (beispielsweise Stützung auf eigene Ressourcen oder Aufbau von Kooperationen) und der angestrebten Ziele sein. Im Einzel‐ nen ist insbesondere die zeitliche Vorgehensweise zu determinieren. Da die Patentanmeldung mit der Offenlegung entsprechenden Wissens verbunden ist, kann eine Anmeldung in frühem Stadium, das heißt vor Beginn erster Maßnahmen zum Markteintritt, unter Umständen Konkurrenten zu Gegen‐ aktivitäten motivieren. Dadurch wird die spätere Ausdifferenzierung der Angebotsleistung eingeschränkt und vielleicht sogar eine Marktbearbeitung ohne ausreichende Vorlaufzeit erzwungen. Andererseits kann eine schnelle Anmeldung eine Gegenmaßnahme zur Blockierung von Konkurrenten sein und Patentwettläufe vermeiden helfen. Letztlich werden die bestehende oder erreichbare Marktmacht des innovierenden Unternehmens und seine Ressourcen ausschlaggebende Bestimmungsgründe für eher aggressive oder defensive Patentpolitik sein. 6.2 Entgelt- und vertragspolitische Innovationsinstrumente Preispolitik ist innerhalb der vier Marketinginstrumentalbereiche insofern abweichender Natur, weil Preisentscheidungen auf jeden Fall unmittelbare Auswirkungen auf den Unternehmensgewinn haben, da die Preiskompo‐ nente Teil der Gewinndefinition ist (Gewinn = Preis mal Absatzmenge minus Kosten), während die anderen Marketinginstrumente nur indirekt über die Absatzmenge (und die Einsatzkosten) den Gewinn beeinflussen (vgl. zu den Grundlagen der Preispolitik u. a. Homburg 2020, S. 721ff.). Preispolitik wird häufig zusammen mit vertragspolitischen Überlegungen abgehandelt, weil letztere unmittelbare preispolitische Auswirkungen haben. Da ihnen auch im Innovationskontext große Bedeutung zukommt, wird auf sie hier ebenfalls eingegangen. Zuvor wird aber erläutert, in welchem Kontext Preispolitik für das Innovationsmarketing überhaupt eine Rolle spielt und welche grundsätzlichen Preisniveauentscheidungen dabei zu treffen sind. Auf die Dynamik der Preispolitik wird ebenfalls in einem gesonderten Unterpunkt eingegangen. 90 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="91"?> 6.2.1 Preiskontext und Preisniveau Preispolitik spielt im Innovationsmarketing in mehrfacher Hinsicht eine Rolle. Eine zentrale Frage, die im Folgenden im Mittelpunkt steht, betrifft die Preisfestsetzung für innovative Angebote in mehr oder weniger fort‐ geschrittenem Vermarktungsstadium. Eine andere preispolitische Problem‐ stellung sind Preisfindung und Preisentscheidungen bei Verkäufen von Innovationen an andere Unternehmen sowie Preisvereinbarungen bei der Lizenzvergabe. Im Einzelnen gibt es im Rahmen dieser preispolitischen Entscheidungs‐ anlässe unterschiedliche Preissachverhalte. Dazu gehören Ober- und Unter‐ grenzen von Preisen, Fixierung exakter Preise, Gewährung von Preisnach‐ lässen, sonstige preisrelevante Vertragsbedingungen, Preisdifferenzierung und Preisbündelung, Preisverhandlungskonzepte, Preisbeurteilungen durch die Marktpartner sowie deren Preisreaktionskurven usw. Ein wesentlicher Tatbestand ist die Festlegung des Preisniveaus. Dabei geht es um die Entscheidung, welche Preiskategorie angezielt wird, bei‐ spielsweise niedrig-, mittel- oder hochpreisig. Sie wird u. a. durch die stra‐ tegischen Überlegungen zu Inhalt und Art des Marktauftritts determiniert. Für eine Zuordnung zu Preisniveaus bedarf es bestimmter Referenzange‐ bote, und diese sind mit steigender Innovationshöhe immer weniger verfüg‐ bar. Daher müssen unter Umständen auch weniger oder nicht verwandte Leistungen, die vergleichbare allgemeine Nutzenversprechen erfüllen, zur Preisjustierung herangezogen werden. So kann für ein neuartiges Compu‐ terspiel die Preisspanne aller Computerspiele betrachtet werden oder für Bekleidung aus neuen Textilfasern, etwa Outdoor-Winteroberbekleidung, die Preisspanne existierender Bekleidungsangebote derselben Kategorie. Auf einer solchen Basis ist dann ein „Normalpreis“ als Referenzpunkt festzulegen. Da auch Kunden innovative Angebote nicht oder nicht ohne Weiteres mit anderen Marktangeboten vergleichen können und neue Nutzenwahrneh‐ mungen hervorgerufen werden, sind innovationsbedingt sowohl Preisauf‐ schläge als auch Preisabschläge im Vergleich zu einem fiktiven (mittleren) Normalpreis, der von den Abnehmern als Referenzmaßstab herangezogenen wird, denkbar (vgl. auch Abbildung 18). Preisaufschläge lassen sich dann durchsetzen, wenn die zusätzlichen Nutzenwahrnehmungen sachlicher und/ oder emotionaler Art zu entsprechender Preisakzeptanz und Kaufbe‐ reitschaft führen. Der hohe Preis an sich kann dabei als Qualitätsindikator 6.2 Entgelt- und vertragspolitische Innovationsinstrumente 91 <?page no="92"?> oder als gesellschaftliches Statussymbol dienen. Beides dürfte z. B. bei der Hochpreispolitik von Apple-Produkten eine Rolle spielen. Preisabschläge sind notwendig, wenn die Nutzenwahrnehmung (noch) nicht ausreichend ausgeprägt ist bzw. die mit der Innovation verbundenen finanziellen, sozia‐ len, Anwendungs- und sonstigen Risiken als hoch eingeschätzt werden. Häufig werden positive und negative Einflüsse gleichzeitig auftreten, so dass im Rahmen einer Preissetzungsspanne zwischen fiktivem Höchst- und Niedrigpreis ein realistischer Kompromiss-Einführungspreis zu finden ist, der einen adäquaten Absatz verspricht. Es kommt also darauf an, eine Preis-Reaktionskurve für die in Frage stehende Innovation zu schätzen. Diese ist allerdings noch schwerer als bei eingeführten Produkten zu ermitteln, da der Innovator auf keine oder keine direkt vergleichbaren Erfahrungswerte zurückgreifen kann und es noch stärker auf die eingesetzten bzw. einzusetzenden Marketingmaßnah‐ men zur Nutzenpropagierung und Kundenüberzeugung ankommt. Darum spielen bei innovativen Produkten, speziell im Konsumgüterbereich, neben Expertenurteilen Testverkäufe eine besondere Rolle für die Preissetzung (vgl. u. a. Simon/ Fassnacht, 2019, S. 108ff.). Die zentrale Herausforderung bei der Erhebung solcher Preisreaktionsinformationen ist eine adäquate Vermittlung der Innovation in Verbindung mit einer realistischen Kaufsi‐ tuation. Bloße Fragen nach der Kaufbereitschaft bei bestimmten Preisen werden Käufer regelmäßig überfordern, da sie nicht nur von der realen Kaufsituation losgelöst sind, sondern bei Innovationen eine Darstellung des Angebots ohne tatsächliche Nutzung kaum zu verlässlichen Aussagen führt. Im Industriegüterbereich ist die Situation insofern einfacher als bestimmte technische Kennzahlen dem Fachmann die neuartige Leistung eindeutiger vermitteln können. Häufig ermöglichen allerdings auch hier erst tatsächlicher Einsatz, Belastungsvergleiche, Dauernutzung usw. eine vollständige Einschätzung der Innovation. Eine spezifische Komplexität der Preisniveauentscheidung ergibt sich bei der Einführung der Innovation in mehrere Märkte, insbesondere mehrere geographische Regionen. Da die ökonomisch-kulturellen Voraussetzungen unter Umständen stark differieren, kann es nötig werden, unterschiedliche Preisniveaus für einige oder alle Märkte festzulegen. So können sich z. B. Kaufkraft, Wettbewerbsverhältnisse, soziale Strukturen unterscheiden. Ins‐ besondere ist auf innovationsbezogene Unterschiede zu achten, etwa Ein‐ setzbarkeit der Innovation, Innovationsakzeptanz, Innovationsniveau des Landes, Innovationsförderung. Durch eine Differenzierung der Preise für 92 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="93"?> dieselbe Innovation in verschiedenen Ländern lässt sich eine bessere Aus‐ schöpfung des vorhandenen Kaufpotentials für die Innovation erreichen, denn das Preisniveau, das in dem einen Markt zu zahlreichen Verkäufen führt, kann in einem anderen Markt für einen Großteil potenzieller Kunden inakzeptabel hoch sein. Die Preisdifferenzierung gelingt auf längere Sicht allerdings nur, wenn zwischen den preisniveaumäßig unterschiedlich behandelten Märkten Bar‐ rieren existieren, die den Austausch zwischen diesen in Form von „Arbit‐ rage-Geschäften“ weitgehend verhindern. Anderenfalls würde es für Dritte lohnen, die Innovationen aus Niedrigpreismärkten in Hochpreismärkte, etwa in Form von Re-Exporten, zu transferieren. Dieses Problem tritt z. B. im Automobilmarkt wegen differierender Fabrikabgabepreise an die nationalen Händler auf. Um das zu verhindern, müssen die notwendigen Transaktionskosten für derartige Aktivitäten (Steuern, Zölle, Transport, Versicherung, staatliche Produktvorschriften usw.) bekannt sein, denn diese stellen natürliche Hemmnisse für solche Arbitrage-Geschäfte dar. Weitere darüberhinausgehende Barrieren können Vorkehrungen des innovierenden Unternehmens sein, z. B. eine entsprechende geschützte Distribution oder eine zur Preisdifferenzierung parallele (geringfügige) Produktdifferenzie‐ rung wie Designvarianten, die nur für einen Markt besondere Bedeutung haben. So sind viele Automodelle nicht global verfügbar. Eine ähnliche Problematik ergibt sich im Falle der Lizenzerteilung für mehrere Lizenznehmer, die unterschiedliche Märkte, z. B. auch wieder verschiedene geographische Regionen, abdecken. Wenn unterschiedliche preispolitische Vereinbarungen für die Lizenznehmer getroffen werden, müssen diese aus der Marktsituation begründet sein. So können bei der Bestimmung von Lizenzgebühren und sonstigen Preisfestlegungen die ab‐ solute Marktgröße, die Entwicklung des Marktes, das Marktpotential, die notwendigen Marktbearbeitungskosten usw. berücksichtigt werden. Dabei ist aus der Sicht der Lizenznehmer wie bei der Preisdifferenzierung im Falle der Eigenvermarktung die Trennung bzw. Abgrenzbarkeit der einzelnen Märkte von Bedeutung, da anderenfalls arbitrageähnliche Geschäftsprakti‐ ken zu ihren Lasten stattfinden können. Der Lizenzgeber sollte sich allerdings der Tatsache bewusst sein, dass er auf die Preis- (niveau)gestaltung seiner Lizenznehmer nur bedingt Einfluss hat. Im Allgemeinen gilt das Verbot der Preisbindung der zweiten Hand, wonach ein Unternehmer nur mit seinen direkten Kunden Preisvereinba‐ rungen treffen kann, diese aber nicht in ihrer Preispolitik gegenüber ihren 6.2 Entgelt- und vertragspolitische Innovationsinstrumente 93 <?page no="94"?> Kunden, häufig also den Endverbrauchern, binden darf. Damit gibt der Innovator die Preispolitik und deren Wirkpotential, beispielsweise auf das Image der Innovation, auf die Attraktivität des neuartigen Angebots, auf das eigene Gewinnpotential zugunsten risikoreduzierter Lizenzeinkünfte aus der Hand. Eine ganz andere Fragestellung ist die Preisforderung bei Veräußerung der Innovation bzw. des gesamten Unternehmens. Letztlich ist der subjektive Wert der Innovation für den Erwerber ausschlaggebend, den sich dieser beim Kauf der Innovation erhofft. Dabei spielen u. a. Synergie-, Wachstums-, Wissenszuwachs- und Konkurrenzverringerungseffekte eine Rolle. 6.2.2 Dynamische Preispolitik Preisfestlegungen sind wie alle anderen operativen Marketingentscheidun‐ gen nicht statisch, sondern erfordern laufende Anpassungen. Selbst für Preisniveaus können über die Zeit Veränderungen notwendig werden; bei einzelnen konkreten Preissetzungen ist das fast zwangsläufig der Fall. Grundsätzlich kann eine möglichst lange bzw. eine unbegrenzte Preis‐ konstanz angestrebt werden. Das gilt speziell für Hochpreise (Premiumstra‐ tegie) und für Niedrigpreise (Discountstrategie). Demgegenüber steht ein Vorgehen mit geplanter Preissenkung von einem hohen Einführungspreis aus (Skimmingstrategie) oder mit geplanter Preiserhöhung von einem niedrigen Einführungspreis aus (Penetrationsstrategie). Schließlich sind Sonderangebote mit temporären Preissenkungen denkbar (Promotionss‐ strategie). Mischformen zwischen den fünf genannten dynamischen Preis‐ konzepten sind möglich (vgl. zur dynamischen Preispolitik im Einzelnen u. a. Simon/ Fassnacht, 2019, S. 272ff.; zu besonderen Formen im E-Commerce des Konsumgütersektors u. a. Priester, 2022, S. 10ff, zur Preisbildung in Auktionen für Industriegüter Simon/ Fassnacht, 2019, S.-426ff.). 94 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="95"?> Abbildung 18: Innovations-Preispolitik Im Innovationskontext spielen insbesondere Skimmingstrategie und Penetrationsstrategie eine Rolle. Diese können sogar als spezifische Innovations‐ preisstrategien verstanden werden. Ausgehend von dem im vorangehenden Punkt diskutierten Einführungspreis, der eher einem hohen oder einem niedrigen Preisniveau entspricht, ist dieser zu variieren, und zwar im erstgenannten Fall im Zeitablauf tendenziell nach unten, im zweiten Fall tendenziell nach oben. Bei beiden Ausgangslagen ist anzunehmen, dass bei erfolgreicher Markteinführung eine Annäherung an den „Normalpreis“ oder zumindest ein Einpendeln in die am Markt gegebene Preisspanne für vergleichbare Angebote erfolgt (vgl. Abbildung 18). Offensichtlich verfolgt Microsoft bei der Einführung neuer Betriebssysteme von Windows mit teilweise eher niedrigen Einführungspreisen eine Penetrationsstrategie. Die Abschmelzung des innovationsbedingten Preisaufschlages bzw. Preisabschlages über die Zeit hängt insbesondere davon ab, ob das Angebot von den Nachfragern noch als innovativ angesehen wird oder ob es bereits zu einem „normalen“ Angebot geworden ist, das keine preislichen Beson‐ derheiten rechtfertigt bzw. erfordert. Der Zeitraum, in dem das Angebot als Innovation wahrgenommen wird, hängt also primär von den Nachfragern 6.2 Entgelt- und vertragspolitische Innovationsinstrumente 95 <?page no="96"?> ab, wird aber insgesamt von allen Marktbeteiligten determiniert, so von Wettbewerbern und ihren Nachahmerprodukten. Auch das innovierende Unternehmen selbst kann versuchen, den von Nachfragern wahrgenomme‐ nen Innovationszeitraum zu verlängern, z. B. durch Modifikationen der Kerninnovation, Zusatzleistungen, Aufbau eines Innovationsimages. Die Anpassung an mittlere Marktpreise wird bei Preissenkungen leichter sein als bei Preiserhöhungen, da die kommunikativen Begründungen im letzteren Fall schwieriger sein dürften und mit Kundenenttäuschung und -reaktanz gerechnet werden muss. Da gleichzeitig auch der Innovations‐ vorteil schwindet, ist zu prüfen, ob dieser Negativeffekt beim Kunden durch abnehmende Kaufrisiken, weitergehende zusätzliche Innovationsele‐ mente/ produktpolitische Maßnahmen und Kontraktgestaltung zu kompen‐ sieren ist. Der Innovator sieht sich bei den Preisentscheidungen im Zeitablauf einer Situation gegenüber, die in besonderer Weise durch schwer zu prognostizie‐ rende Subjektivität auf der Marktgegenseite geprägt ist. Nicht nur die Fest‐ setzung der Preisfestlegungsspanne und konkreter Einführungspreise sowie die Verfolgung einer Skimming- oder Penetrationsstrategie stehen einer schwer zu ermittelnden Preisbereitschaft der Abnehmer gegenüber. Auch Innovationswahrnehmungszeitraum, sich anschließender „Normal“lebens‐ zyklus, herangezogene Preis-Referenzobjekte sowie Änderungen von Preis‐ erwartung und Preisakzeptanz im Zeitverlauf sind je nach (potenziellem) Kunden individuell unterschiedlich. Die in Abbildung 18 verwendeten Kur‐ ven sind daher auch nur idealisierte Beispiele; die progressive Preisreduk‐ tion vom Hochpreisniveau und die degressive Erhöhung vom Niedrigpreis‐ niveau aus sind genauso fiktiv wie der konstante Normalpreis/ die konstante Normalpreisspanne. Realiter werden die Zusammenhänge komplexer sein, insbesondere stufenförmig bzw. irregulär verlaufen. Aus wirtschaftlicher Perspektive muss der Innovator auf Basis der Schät‐ zung der Kundenreaktionen für ins Auge gefasste Preise die erzielbaren Deckungsbeiträge von Innovationen errechnen. Hierfür muss insbesondere eine genaue Kostenkalkulation herangezogen werden und eine Vorstellung zu Fixkostendeckung und Gewinnbeitrag im Zeitablauf vorhanden sein. 6.2.3 Kontraktgestaltung Oben ist bereits auf die Bedeutung von Zusatzleistungen in Form spezieller Kontraktgestaltung verwiesen worden. Diese kann ihrerseits innovativen 96 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="97"?> Charakter aufweisen. Eine besondere Rolle spielt die Kontraktgestaltung zum einen für den Kauf von Innovationen mit Blick auf die Reduzierung von Unsicherheit. Diese Risiken sind finanzieller Natur, aber auch soziale Risiken wie unerwarteter Eintritt geänderter Lebensbedingungen oder An‐ erkennung durch soziale Klasse und Referenzgruppen, welche für den Käufer wichtig sind, können zum anderen bei der Kontraktgestaltung berücksichtigt werden. Zentrale Bedeutung haben in dieser Hinsicht alle Vertragsbedingungen, die ein Ausprobieren, eine Rückgabe, eine Rückvergütung, lange Garantief‐ risten beinhalten. Auf diese Weise ist der Kunde zumindest partiell gegen nicht antizipierte Probleme gesichert und kann auch noch nachträglich Mei‐ nungsänderungen vollziehen. Gerade bei unbekannten, ausländischen, klei‐ nen Innovationsanbietern und Angeboten mit hohem Neuheitsgrad werden diese vertraglich vorgesehenen Möglichkeiten eine besondere Rolle spielen. Allerdings wird eine derartige vertragliche Rückversicherung schwieriger, wenn es um langfristige Nutzung geht und möglicherweise Probleme mit der Innovation erst spät sichtbar werden. Eine weitere wesentliche Gruppe von Vertragsvereinbarungen sind Fi‐ nanzierungshilfen in Form von Zahlungs- und Finanzierungsbedingungen, welche für die Liquiditätssituation des Käufers entlastend sind; denn gerade bei neuen und dem oberen Preissegment zugeordneten Innovationen, die vielleicht auch noch zusätzlich zu einem Bestand gekauft werden sollen oder eine vorzeitige Ersetzung anderer Produkte bedeuten, sind häufig Finanzierungsprobleme auf der Kundenseite zu erwarten. Hier sind auch Besonderheiten bestimmter Märkte zu berücksichtigen, etwa im Industrie‐ gütergeschäft auf ausländischen Märkten, in denen günstige Konditionen oft Kaufentscheidungen wesentlich beeinflussen. Es wird dann schnell notwendig werden, mit spezialisierten Finanzdienstleistern zusammenzuar‐ beiten. Es kommt also ganz wesentlich darauf an, durch kreative Kontraktgestal‐ tung, welche die beiden vorgenannten Aspekte berücksichtigt, Innovationen erfolgreich auf Märkte zu bringen und insbesondere Pilotanwender zu gewinnen. Dabei muss allerdings jeweils ein Ausgleich von Risiko und Fi‐ nanzierungskosten zwischen den Marktpartnern erfolgen. Gerade kleinere und neue Unternehmen müssen bei der Vermarktung einer Innovation für sich selbst eine genaue Risikoabwägung vornehmen; denn eine Risikover‐ meidung für den Kunden bedeutet in der Regel eine Risikoverschiebung auf den Anbieter. Entsprechendes gilt für Finanzierungsangebote. 6.2 Entgelt- und vertragspolitische Innovationsinstrumente 97 <?page no="98"?> Ein Beispiel einer für beide Seiten vorteilhaften Lösung können ver‐ schiedene Formen von „Betreiberkonzepten“ sein, bei denen der Kunde statt eines Kaufpreises unterschiedlich definierte leistungsabhängige Nut‐ zungsentgelte zahlt, wie es auch beim Leasing der Fall ist. Beispielsweise bietet das Liechtensteiner Unternehmen Hilti (u. a. Werkzeugmaschinen, Befestigungstechnik) im Rahmen des Hilti Fleetmanagement statt Kauf die Nutzung gegen Gebühren an (vgl. hierzu und zu Betreibermodellen generell Wünsche, 2007, S.-308ff. und Hilti, 2023). Eine spezifische Problemlösung ist die leistungsorientierte Preissetzung bei Anlagegütern (vgl. u. a. Hünerberg/ Hüttmann (2003), S. 717ff.). Bei einer solchen Kontraktgestaltung wird die Bezahlung der Leistung erst im Laufe der Zeit wirksam und durch Teilung von Zusatz-Erlösen, Zusatz-Gewinnen, Kosteneinsparungen, Effizienzsteigerungen, die sich beim Kunden durch den Einsatz des innovativen Gutes ergeben, erbracht. Im Einzelnen kann die Gestaltung eines solchen Konzepts vielgestaltig sein, nämlich mit Blick auf die verwendete Bezugsbasis und ihre Berechnung, auf den Anteil/ den Pro‐ zentsatz von dieser Bezugsbasis, der als Entgelt dient, die zu vereinbarende Dauer der Vertragslaufzeit, die Pflichten der beiden Vertragsseiten, etwa bezüglich Wartung und Reparaturen etc. Betreiberkonzepte und speziell leistungsorientierte Bezahlung weisen für die Innovationsvermarktung große Attraktivität auf. Der Verkäufer signalisiert hohe Qualität und reduziert das Kaufrisiko in erheblichem Maße, da er für längere Zeit die Gefahr von Ausfall und Inadäquanz der Anlage übernimmt. Gleichzeitig tritt für den Kunden kein liquiditätsbelastender Finanzierungsbedarf auf, da die Bezahlung in die Zukunft verschoben ist und aus sonst nicht verfügbaren Erträgen dank der innovativen Verbesse‐ rung erfolgt. Es ist sogar eine Übertragung dieses Prinzips auf bestimmte höherwertige Konsum-Gebrauchsgüter wie Heizungsanlagen, Automobile oder Wärmedämmung von Häusern vorstellbar. Allerdings ist leistungsorientierte Bezahlung für Innovationen sowohl für die Anbieterals auch für die Nachfragerseite durchaus kein einfaches Kontraktmodell; es erfordert eine Reihe von Vorkehrungen, damit es funk‐ tioniert. Der Innovator muss davon ausgehen können, dass sein Produkt dauerhaft funktioniert und existierenden Lösungen überlegen ist. Außerdem muss es für den infrage stehenden Anwendungsfall ausgelegt und adäquat sein. Die Verbesserungen sollten sich konkret und eindeutig ermitteln lassen und nur von der Produktanwendung abhängen. Die Einwirkungsmöglich‐ keit des Nutzers auf das erzielte Ergebnis darf nicht zu hoch sein; er muss 98 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="99"?> willens und in der Lage sein, die Innovation sachgerecht einzusetzen und bis zum Ende der Vertragslaufzeit seine Verpflichtungen erfüllen können. Der Anwender bindet sich auf längere Zeit und verzichtet bis zu einem gewissen Grade auf zukünftige überlegene Innovationen. Zudem muss er auf die Leistungsfähigkeit des Anbieters vertrauen, was Wartung, Weiterentwick‐ lungen, notwendige Anpassungen angeht. Gerade im Falle von noch wenig erprobten Neuerungen und kleinen Unternehmen als Innovationsanbietern ergeben sich aus diesen Blickwinkeln Probleme für beide Seiten. 6.3 Kommunikationspolitische Innovationsinstrumente Im Innovationsmarketing kommt Kommunikationspolitik als Marketingin‐ strument der Bekanntmachung und Überzeugung eine zentrale Rolle zu. Ihr richtiger Einsatz ist eine Voraussetzung für den Vermarktungserfolg. Kommunikationspolitik beinhaltet zahlreiche Entscheidungsprobleme von der Festlegung eines Kommunikationsbudgets über die Definition von Kom‐ munikationszielgruppen bis zur Gestaltung von Kommunikationsmitteln (vgl. allgemein u. a. Meffert/ Burmann/ Kirchgeorg, 2019, S. 633ff., sowie die spezifischen Hinweise für Innovationen bei Hofbauer u. a., 2009, S. 141ff.) Im Innovationskontext soll im Folgenden insbesondere auf die Fragen der Verfolgung von Kommunikationszielen, der heranziehbaren Kommunika‐ tionsformen und -inhalte sowie des Einsatzes von Medien eingegangen werden. 6.3.1 Kommunikationsziele Im Zweifel trägt zwar der gemeinsame Einsatz aller Marketinginstrumente zur Erreichung der oben in Kapitel 4 genannten Marktziele für Innovatio‐ nen bei, die Kommunikationspolitik dominiert jedoch die Realisierung der vor-ökonomischen Zielsetzungen. Im Einzelnen sollen Kommunikations‐ maßnahmen - in Abstimmung mit den anderen Marketinginstrumenten - spezifische Kommunikationszielsetzungen erfüllen, die als Unterziele der genannten generellen Marktzielsetzungen zu verstehen sind. Diese sind insbesondere auf die zu erreichenden Zielgruppen auszurichten (vgl. u. a. Plankert, 2010, S. 112ff.). Es geht nicht nur um die Erreichung von potenziellen Kunden, sondern auch um die Beeinflussung von Individuen, 6.3 Kommunikationspolitische Innovationsinstrumente 99 <?page no="100"?> Personengruppen und Institutionen, die für die Entwicklung und Durchset‐ zung der Innovation von Bedeutung sind, zum Beispiel Lieferanten, Partner, Kapitalgeber, Meinungsführer im öffentlichen Raum. Mit diesen kann als Beteiligten bei der Innovationserstellung kommuniziert werden, aber auch im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Innovationsvermarktung, etwa als Referenzgeber oder Partner bei kooperativen Kommunikationsformen. Da es im Innovationsmarketing um die externe Vermarktung geht, wird nicht auf die durchaus schwierigen unternehmensinternen Kommunikationsnot‐ wendigkeiten zwischen den Beteiligten (Einzelpersonen, Abteilungen) bei Initiierung und Entwicklung der Innovation eingegangen. Bei der Betrachtung von Kommunikationszielsetzungen sind - ähnlich wie bei der Preispolitik - verschiedene Phasen des Innovationsprozesses zu unterscheiden (vgl. Abbildung 19). Abbildung 19: Kommunikationsphasen der Innovationsvermarktung In der Zeit vor der tatsächlichen Markteinführung, das heißt vor der Ver‐ fügbarkeit der Innovation am Markt (Vor-Innovationsphase), können vor‐ bereitende Kommunikationsmaßnahmen zur Aufmerksamkeitsschaffung sinnvoll sein bzw. eine gezielte Information von wichtigen Einzelpersonen und Gruppen wie Meinungsführern, um eine positive Erwartungshaltung zu wecken und frühzeitige Beschäftigung mit der Innovation anzuregen 100 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="101"?> (vgl. zum Konzept und den theoretischen Grundlagen z. B. Bornemann, 2010, S. 6ff.). Das ist von besonderer Bedeutung bei bahnbrechenden und anderen radikalen Innovationen. Auf diese Weise kann auch der Zeitraum zwischen Markteinführung und Kaufentscheidung verkürzt werden, ein Effekt, der insbesondere dann von Bedeutung ist, wenn sich Kaufentschei‐ dungsprozesse über längere Zeit hinziehen, wie es bei hochwertigen Gütern oft der Fall ist. Es kann sogar gelingen, einen Spannungsbogen durch zahlreiche kommunikative Maßnahmen aufzubauen, der so lange andauert und zu einem Höhepunkt führt, bis das Produkt dann verfügbar ist und von frühen Adoptern in größerer Zahl gekauft wird. Beispiele hierfür sind entsprechende Ankündigungen zu neuen Automobilmodellen oder Kommunikationsgeräten, etwa der „Hype“ um neue Smartphone-Modelle und Tablet Computer (vgl. u.-a. Trommsdorff/ Steinhoff, 2013, S.-125ff.). Wenn man allerdings diese Kommunikationszielsetzung in der Phase vor der Markteinführung verfolgt, wird - wie bei früher Patentanmeldung - auch die Aufmerksamkeit potenzieller Konkurrenten auf die bevorstehende Innovation gelenkt, möglicherweise mit entsprechenden konkurrierenden Gegenaktivitäten, so dass eine besonders sorgfältige Abwägung der Infor‐ mationsfrei- und -weitergabe in dieser Phase erfolgen muss. Zudem kann die Erwartung der Nachfrager zu hoch und unerfüllbar werden, so dass letztlich Unzufriedenheit generiert wird. Falls bereits andere Produkte des Innovationsanbieters am Markt sind, besteht auch die Gefahr, dass das existierende Angebot auf wenig Nachfrage trifft, weil diese auf das erwartete neue Produkt verschoben wird. Als zweite Kommunikationsphase für Innovationen lässt sich die unmit‐ telbare Einführung, der Verkaufsstart, ansehen. Die Dauer ist typischerweise relativ eng begrenzt, durch die Wahrnehmung der Nachfrager determiniert und durch den Innovator selbst beeinflussbar. So kann die Produkteinfüh‐ rungsphase zum Beispiel durch unterschiedliche Einführungszeitpunkte in verschiedenen Märkten, Distributionskanälen, Zielgruppen ausgeweitet werden. Wie schon bei der Preispolitik gezeigt, kommt es letztlich immer auf die Kunden an, wie lange sie von einem aktuellen Produktneustart ausgehen, und es kann ein Ziel der Kommunikation sein, diese Phase in der subjektiven Wahrnehmung möglichst lange auszudehnen. Primäre Kommunikationszielsetzung muss in dieser Phase die Aufmerk‐ samkeitsschaffung sein. Die oben angesprochene generelle Informations‐ überflutung des Menschen erfordert - zumindest bei Nichtexperten - eine starke Aktivierung, damit eine Wahrnehmung von Angeboten oder gar 6.3 Kommunikationspolitische Innovationsinstrumente 101 <?page no="102"?> eine nähere Beschäftigung mit diesen überhaupt stattfindet. Die Vielzahl neuer oder pseudo-neuer Produkte erschwert die Wahrnehmbarkeit von Innovationen, und ohne Aufbau eines Informationsdrucks wird sie häufig in der Fülle von Neuigkeiten untergehen. Zwar ist die Wahrnehmung von Innovationen von deren Inhalt abhängig; wenn Innovationen tatsächlich einen konkreten Bedarf besser decken als andere Produkte bzw. neuartige Nutzendimensionen erschließen und zudem noch auf spezifische interes‐ sierte Zielgruppen stoßen, mögen sie aber manchmal zu Selbstläufern werden bzw. weniger Kommunikationsanstrengungen bedürfen. Das gilt auch für Angebote, die vom Markt erwartet werden, weil es gelungen ist, bereits in der Vorankündigungsphase oder durch eine überragende Unter‐ nehmensattraktivität Bedarf zu schaffen. Als Beispiel kann wieder Apple genannt werden. In der Regel dürfte jedoch davon auszugehen sein, dass die Aufmerksamkeitsschaffung eine notwendige, schwer zu erreichende Voraussetzung ist, die erhebliche Kommunikationsanstrengungen erfordert. Mit der Aufmerksamkeitswirkung eng verbunden ist die weitergehende Kommunikationszielsetzung der Schaffung eines überzeugenden Eindrucks von der Innovation im Sinne des zuvor thematisierten von den potenziellen Kunden wahrzunehmenden USP. Gerade bei Innovationen gehört hierzu das Verständnis des neuartigen Nutzens, also eine rationale Überzeugung des Individuums. Da gerade bei komplexen technischen Innovationen dieser Nutzen schwer erklärbar sein kann, stellt sich der Kommunikation die Aufgabe diesen selbst bei kürzestem Kommunikationskontakt prägnant zu erläutern. Doch selbst bei Innovationen besteht die Zielsetzung, einen über‐ zeugenden Eindruck zu vermitteln, insbesondere auch in der Vermittlung eines Gefühls, in dem sich ein positives Bild, eine sympathische Anmutung, schließlich eine Wünschbarkeit niederschlagen. Die Kommunikation muss daher eine optimale Verbindung von rationalen und emotionalen Aspekten realisieren helfen, um die o. g. als zentrale Marktziele bezeichnete Akzeptanz und Kaufbereitschaft zu erreichen. Die auf die Einführungsphase folgende Zeit des verbleibenden, subjektiv von Kunden (späten Adoptern) wahrgenommenen Innovationszeitraums sollte sich auf zwei Zielsetzungen konzentrieren, die Verfestigung eines po‐ sitiven Eindrucks bei der Zielgruppe in Richtung auf entsprechende Einstel‐ lungen sowie weiterhin Aufmerksamkeitswirkung und kognitiv-emotionale Beeindruckung für die jetzt noch neu hinzukommenden potenziellen Kun‐ den. So kann versucht werden, eine klare Positionierung des innovierenden Unternehmens und des innovativen Produkts im Wettbewerbsumfeld zu 102 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="103"?> erreichen. Diese Zielsetzung ist für neu an den Markt gehende Unternehmen und für Unternehmen ohne eindeutiges entsprechendes Image besonders herausfordernd. Eingeführte Unternehmen, die über ein in dieser Hinsicht adäquates Image verfügen, brauchen diese Positionierungsaufgabe weni‐ ger zu bedenken, können aber eine Verstärkung oder eine Modifikation anstreben. Weiterhin ist eine kommunikative Begleitung der anderen zum Einsatz gelangenden Marketinginstrumente wichtig, insbesondere für die oben angesprochene dynamische Preispolitik. Dem Innovationszeitraum folgt die Vermarktung der Innovation als „Normalprodukt“. Sie besteht mit Blick auf kommunikative Zielsetzungen in der Aufrechterhaltung des Bekanntheitsgrades, der Unterstützung der Leis‐ tungs- und Preispolitik, der Konsolidierung des Images, der Vorbereitung und Begleitung von Relaunches, die bereits als partielle Folge-Innovationen konzipiert werden können, und des Übergangs zu neuen Produkten, welche die ehemalige Innovation ablösen. Neben diesen eher allgemeinen phasenspezifischen Kommunikationsauf‐ gaben kann für Innovationen aber auch die Begleitung tatsächlicher Kunden in der Nutzungsphase eine wichtige Kommunikationszielsetzung sein. Das gilt insbesondere für technologische Innovationen im Industriegüterbereich. Je radikaler und hochwertiger die Innovation und je komplexer der Anwen‐ dungskontext sind, desto mehr muss der Innovator darauf achten, dass ein angemessener Innovationseinsatz erfolgt. Anderenfalls können Kunden‐ probleme auftreten. Die präventive Kommunikation zur Vermeidung von Unzufriedenheit, Verärgerung, Kundenabwanderung und Imagebeeinträch‐ tigungen muss im Zusammenhang mit Innovationen wegen der speziellen Risikosituation des Kunden also besonders gepflegt und mit weiteren Mar‐ ketingmaßnahmen wie unerwarteten Zusatzleistungen abgestimmt werden. Auch die generelle Kontaktpflege über die spezielle Risikoabwehr hinaus ist gerade mit Blick auf spätere Innovationen ein wichtiges Kommunikations‐ ziel. Darüber hinaus ist ein gewisses Bekanntheitsniveau des Innovators und der (ehemaligen) Innovation aufrecht zu erhalten, ebenfalls mit Blick auf zukünftige Marktaktivitäten. Zu diesem Zweck ist festzustellen, wann ein bestimmtes Bekanntheitsniveau in relevanten Zielgruppen unterschritten ist; denn es ist davon auszugehen, dass entsprechende Innovationskennt‐ nisse im Zeitablauf abnehmen. 6.3 Kommunikationspolitische Innovationsinstrumente 103 <?page no="104"?> 6.3.2 Kommunikationsformen und -inhalte Die Kommunikationsziele sollen mit entsprechender Kommunikationsge‐ staltung erreicht werden. Hierzu tragen zahlreiche Entscheidungen bei. Im Mittelpunkt stehen Formen der Kommunikation und die Umsetzung durch Inhalte und Gestaltung von jeweils infrage kommenden Kommunikations‐ mitteln. Aus der Vielzahl von Kommunikationsformen bietet sich für technologi‐ sche Innovationen mit Unternehmen als Kundenzielgruppe besonders die Teilnahme an Veranstaltungen, speziell Messen und Ausstellungen an (vgl. u. a. Stoeck/ Schraudy, 2017, S. 166ff.). Die Präsentation von Neuheiten lässt sich so relativ zielgruppenspezifisch bewerkstelligen und mit persönlicher Kommunikation verbinden. Diese Form eignet sich für die Vorankündi‐ gungs- und Einführungsphase und dient sowohl der Aufmerksamkeitswe‐ ckung als auch der Vermittlung von Informationen zur Innovation bis hin zu individueller Kontaktaufnahme und letztlich auch Geschäftsabschluss. Selbst in einem späteren Stadium des Innovationsprozesses kann die Präsenz bei derartigen Veranstaltungen Imageaufbau und Kontaktpflege ermögli‐ chen. In geringerem Maße erfüllen trotz der Dominanz von Online-Medien auch entsprechende Veranstaltungen für Endverbraucher ähnliche Zielset‐ zungen. Neben Messen und Ausstellungen ist besonders auf Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations) zu verweisen. Insbesondere redak‐ tionelle Beiträge und Mitteilungen durch Dritte, speziell von solchen mit wahrgenommener Fachkompetenz, eignen sich für die Bekanntmachung von Neuheiten. Das gilt für die Zeit vor und nach der Markteinführung der Innovation. Da ihnen regelmäßig eine höhere Glaubwürdigkeit als unternehmerischer Kommunikation zugebilligt wird, lassen sich positive Wahrnehmungen und letztlich Akzeptanz und Kaufbereitschaft erreichen. Über die Innovation sollte also so viel wie möglich berichtet werden, ein Vorgang, der vom innovierenden Unternehmen beeinflusst werden kann. Hierzu dienen u. a. Pressemitteilungen, Verfassen von Fachartikeln, Teilnahme an Kongressen, insbesondere aber Schaffung von „Events“ (Tag der offenen Tür, Firmenpräsentationen, Ausrichtung von Veranstaltungen, Unterstützung von Aktivitäten im öffentlichen Raum usw.). Diese sollten dann Gegenstand von Veröffentlichungen in öffentlichen und privaten Medien sein. Die Ausrichtung auf bestimmte Zielgruppen wie Fachleute lässt sich dabei gut steuern. 104 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="105"?> Als besondere Formen der Öffentlichkeitsarbeit lassen sich Sponsoring und Product Placement ansehen. Sponsoring beruht auf der Unterstützung bestimmter, meist publikumswirksamer Aktivitäten gegen angemessene Herausstellung des Sponsors; Product Placement ist der bezahlte Einsatz von Produkten in Filmen, Fernsehsendungen etc. Für Innovationen bieten sich derartige Vorgehensweisen dann an, wenn bereits ein gewisser Bekannt‐ heitsgrad, zumindest des Unternehmens, besteht und dieser weiter gefestigt werden soll, wobei die Verbindung zu einer Produktneuheit in entsprechend knapper Form möglich ist. Die dritte Form der Kommunikation, die sich für Innovationen besonders anbietet und teilweise bereits Bestandteil der vorgenannten Messen und Ausstellungen sowie der Öffentlichkeitsarbeit ist, stellt die persönliche Kommunikation dar, mit Blick auf die Endzielsetzung Verkauf auch als persönlicher Verkauf bezeichnet. Der Einsatz von Personen mit Kommuni‐ kations- und Verkaufsfunktion in weitestem Sinne, seien es Unternehmens‐ inhaber, Entwickler, Vertriebsmitarbeiter, selbständige Distributionsorgane, bietet sich in allen Phasen und für verschiedene Kommunikationsziele an. So sind in der Vorbereitungsphase Kontakte mit möglichen Pilotan‐ wendern, Experten, Referenzkunden, Früh-Adoptern sinnvoll, um diese über die bevorstehende Innovationseinführung zu informieren und einen Word-of-mouth-Prozess in den relevanten Zielgruppen in Gang zu bringen. Auf diese Weise werden Aufmerksamkeit und Bekanntheit initiiert sowie grundlegende Kenntnisse und auch Emotionen verbreitet. Die Phase der Markteinführung und die Zeiten danach werden ebenfalls durch persönliche Kommunikation gefördert, insbesondere wenn sie aktiv und systematisch durchgeführt wird. Im Industriegütergeschäft ist die Rolle des Vertriebs von besonderer Bedeutung und die wohl wichtigste Form der Innovations‐ kommunikation. Aufmerksamkeit wird hier durch persönlichen Kontakt erzwungen, und die Informationsaufnahme kann gesteuert werden. Das Problem der Erklärungsbedürftigkeit vieler Innovationen lässt sich auf diese Weise, unterstützt durch entsprechendes Informationsmaterial, wohl am besten lösen. Zudem ist eine Überführung vor-ökonomischer Erfolge in ökonomische besser beeinflussbar. Allerdings ist der Einsatz im Konsumgü‐ terbereich eingeschränkter; hier könnten spezielle Innovations-Promotion als Sonderform der Sales Promotion oder die Vorstellung auf Märkten, Veranstaltungen, in Haushalten und insbesondere Online-Präsentationen in Betracht kommen. Insgesamt ist die Wirksamkeit persönlichen Verkaufs durch geschulte Experten, also Face-to-Face-Kommunikation, höher einzu‐ 6.3 Kommunikationspolitische Innovationsinstrumente 105 <?page no="106"?> schätzen als viele andere, weniger gezielt und intensiv einsetzbare Kommu‐ nikationsmaßnahmen. Neben den hier als primäre Kommunikationsformen für Innovationszwe‐ cke angesehenen drei vorgenannten Kategorien ist aber auch auf klassi‐ sche Werbung zu verweisen. So werden viele Neuprodukteinführungen wie neue Automobilmodelle durch massive Werbekampagnen begleitet. Diese können mehr oder minder zielgruppenspezifisch erfolgen und auch individualisiert werden, beispielsweise im Falle von adressierter Werbung. Gerade letztere ist daher auch für Innovationen gut geeignet. Zwar ist die Ausschöpfungsquote der Zielgruppe genau wie der kommunikative Erfolg eingeschränkt, aber grundsätzlich ist ein Aufmerksamkeits- und In‐ teresseweckungspotenzial gegeben. Wichtige Informationen zur Innovation lassen sich übermitteln, wenngleich deren Aufnahme und das Verständnis weniger als bei Face-to-Face-Kommunikation gesteuert werden können. Massenwerbung durch diverse Medien ist ungezielter gestreut, kann aber bei entsprechendem Werbedruck zu Bekanntheit führen und zum Aufbau eines Images, d. h. zur Positionierung des Produktes über alle Phasen des Innovationsprozesses beitragen. Gerade bei genereller Werbung, aber auch bei Einsatz von schriftlichen Unterlagen, selbst beim Verlauf von Gesprächen kommt es auf die Beachtung einer Reihe von grundlegenden Prinzipien an. Je nach eingesetztem Medium ist es bei einem ersten Kontakt entscheidend, in kurzer Zeit den Kern der Innovation zu vermitteln. Daraus resultiert zum einen die Notwendigkeit radikaler Informationsverkürzung, die viel Kreativität verlangt, um nicht in Belanglosigkeit oder Informationsverzerrung zu verfallen. Zum anderen muss die Darstellung so prägnant sein, dass sie im Gedächtnis bleibt, zugleich interessant und angenehm ist. Das erfordert kurze eindringliche Botschaften, Bilder bzw. bildreiche Sprache, wenig Text, unübersehbare Positionierung wichtiger Elemente wie Marke bzw. Name. Allerdings spielen dabei die Zielgruppe und die Innovationsphase eine große Rolle; Fachleute und Experten gerade im Industriegütergeschäft werden bereits bei ersten Kontakten mehr Informationen erwarten. In späteren Phasen des Innovationsprozesses und des individuellen Adaptionsprozesses von potenziellen Kunden sind sowieso weitergehende Erläuterungen wichtig. Daraus folgt die Aufgabe für das Unternehmen, nicht nur zwischen verschie‐ denen Kundentypen zu unterscheiden, sondern auch deren innovationsre‐ levanten Informationsstatus zu erfassen und dann jeweils kommunikativ in adäquater Weise vorzugehen. Es ist einleuchtend, dass individualisierte 106 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="107"?> Kommunikationsformen für derartige Zielsetzungen besser geeignet sind als Massenkommunikation. 6.3.3 Medienselektion Die Übermittlung von Kommunikationsinhalten an die Zielgruppen erfolgt mittels Medien. Bei manchen der vorstehend erwähnten Kommunikations‐ formen ist das Medium zwangsläufig und vom Prinzip her festgelegt. So ist die persönliche Kommunikation auf Personen und damit Face-to-Face-Über‐ mittlung angewiesen und die adressierte Werbung auf Postdienste. Im Einzelnen ist aber auch hier zu entscheiden, welche spezifischen Medien zum Einsatz kommen, welche Personen also mit dem persönlichen Verkauf oder welche Postdienste/ Logistikunternehmen mit der Zustellung adres‐ sierter Werbung betraut sind. Bei vielen Kommunikationsformen, etwa Öffentlichkeitsarbeit und genereller Werbung, kann dagegen zwischen mehreren Medienkategorien wie Print- oder elektronischen Medien mit jeweils zahlreichen Möglichkeiten im Einzelnen (Zeitschriftentitel, TV-Sen‐ der, Social-Media-Kanäle usw.) gewählt werden. Die Fülle der Einsatzmög‐ lichkeiten und ihrer Kombinationen in Verbindung mit Entscheidungen über die zeitliche und intensitätsmäßige Verwendung macht die Mediaselektion zu einem besonders komplexen Marketingsachverhalt. Entscheidungen sind sowohl auf Basis von Media-Inputfaktoren wie Kosten und Verfügbarkeit als auch von Media-Outputfaktoren in Form von Wirkungsgrößen wie Ziel‐ gruppenabdeckung zu treffen (vgl. z. B. Unger/ Fuchs/ Michel, 2013, S. 23ff.; zur Online-Mediaplanung für BtoC und BtoB siehe u. a. Ivanova/ Gawenda, 2021, S.-37ff., 295ff.). Für die Kommunikation von Innovationen bieten sich grundsätzlich alle Medien an. Entscheidend sind die Kommunikationszielgruppe, die erreicht werden soll, und die zu transportierende Botschaft sowie das Kommunika‐ tionsziel. Im Zusammenhang mit den Kommunikationsformen ist bereits darauf verwiesen worden, dass es bei der Kommunikation von Innovatio‐ nen in vielen Fällen auf zielgruppengerichtete oder sogar individualisierte Kommunikation ankommt. Das gilt in besonderem Maße für technologische, hochpreisige, radikale, anwendungsspezifische Neuheiten, bei kleinen und neu gegründeten Unternehmen auf der Anbieterseite sowie für Aufmerk‐ samkeitsweckung, Kenntnisvermittlung und Gewinnung von Pilotanwen‐ dern in kleinen Zielgruppen. Individualisierte Kommunikation lässt sich zwar am besten persönlich vermitteln, aber auch andere Medien bieten 6.3 Kommunikationspolitische Innovationsinstrumente 107 <?page no="108"?> sich an. Hierzu gehören neben Postzustellung alle anderen an konkrete Adressaten gerichtete Medien wie Telefon, Telefax, E-Mail. Das Problem liegt bei diesen Medien besonders in der Beschaffung aktueller Adressdaten auf Basis der festzulegenden Zielgruppen. Die angesprochenen Personen können ähnlich wie bei einer Face-to-Face-Beziehung bis zu einem gewissen Grade reagieren und ihrerseits zu Sendern werden, so dass gerade für Innovationen wichtige interaktive Kommunikationsbeziehungen zwischen Anbieter und Nachfrager aufgebaut werden können. Wenn größere Zielgruppen oder sogar die Allgemeinheit erreicht werden sollen, bieten sich für Innovationen auch Massenmedien des Printsektors, elektronische und Online-Medien sowie Außenmedien an. Diese sind aber im Wesentlichen ein-direktional gerichtete Medien, die sich eignen, einen Kommunikationsdruck aufzubauen, ohne dass die Informationsempfänger Möglichkeiten zur Rückkoppelung haben. Daher können Innovatoren we‐ niger in einen Informationsaustausch mit ihren potenziellen Kunden ein‐ treten, selbst wenn einige interaktiv ausgerichtete Maßnahmen denkbar sind (Antwortkarten, Angabe von Adressen, Ausdruck von Bereitschaft zu Auskünften, Online-Reaktion usw.). Massenmedien eignen sich aus diesem Grunde, auch wegen der in der Regel hohen Schaltkosten, eher für große Unternehmen mit etabliertem Image, die ihre Marktmacht nutzen, um Innovationen durch dominierende Medienpräsenz möglichst weit gestreut bekannt zu machen. Es gibt jedoch Printmedien, Online-Kanäle und potenziell auch Fern‐ seh-Spartenkanäle, die weniger auf die Allgemeinheit als vielmehr auf kleinere und spezialisierte Zielgruppen ausgerichtet sind. So sind z. B. Fachzeitschriften besonders geeignet, auf bestimmte Anwendungsfelder ge‐ richtete Innovationen an die relevanten, durch die Leserschaft abgebildeten Zielgruppen zu tragen. Derartige Medien eignen sich für Öffentlichkeitsar‐ beit und für Werbung und können in den Phasen des Innovationsprozesses, die hierfür eine Rolle spielen, sinnvoll eingesetzt werden. An dieser Stelle sei auf die ständig zunehmende Bedeutung des Internet sowohl für BtoC als auch für BtoB hingewiesen. Ein ansprechender und informativer Internetauftritt, der mit den anderen Kommunikationsformen abgestimmt ist, hat sich zu einer Voraussetzung für jegliche Geschäftstä‐ tigkeit entwickelt. Das Potenzial für die Innovationskommunikation ist hoch. Die Internetpräsenz bietet die Möglichkeit, Innovationen näher zu erläutern und durch entsprechende hinterlegte WWW-Seiten, durch Newsletter, E-Mail-Benachrichtigungen und Verknüpfungen mit anderen 108 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="109"?> Websites auf divergierende Informationsinteressen potenzieller Kunden einzugehen. Zugleich kann durch umfangreiche Links bei den hinterlegten Seiten zumindest eine Pseudo-Individualisierung erreicht werden. Klassi‐ sche Werbung zur Schaffung von Aufmerksamkeit mit ihrem notwendi‐ gerweise reduzierten Informationsgehalt lässt sich so zumindest teilweise kompensieren. Gleichzeitig kann die Webpräsenz als geeignetes Medium der Öffentlichkeitsarbeit genutzt werden. Allerdings ergibt sich als Voraussetzung für die Nutzung des WWW die Notwendigkeit, potenzielle Kunden auf die Website zu leiten. Vor Auf‐ merksamkeitsschaffung für die Innovation und weitergehenden Kommuni‐ kationseffekten ist also zunächst Aufmerksamkeit für das unternehmens‐ spezifische Kommunikationsmedium zu wecken, das im Informationschaos des WWW verborgen ist. Auffällige Angabe der WWW-Adresse auf allen eingesetzten Kommunikationsmitteln ist dabei ein wesentliches Erfordernis. Hilfreich ist auch die Verlinkung mit anderen Seiten, damit die Aufrufchan‐ cen eigener Seiten gesteigert werden und eine Verbindung zu anderen Institutionen mit möglichst guter Reputation hergestellt wird. Damit die Aufmerksamkeit anhält und weitere Kommunikationsziele erreicht werden, ist eine inhaltlich und formal einfach zu handhabende und emotional-kogni‐ tiv ansprechende sowie aktuelle Gestaltung des Webauftritts zu realisieren. Dabei sollte auch wieder auf die Integration anderer Medien geachtet wer‐ den, z.-B. durch Hinweise auf Möglichkeiten persönlicher Kommunikation, auf Kataloge, Ausstellungen usw. Häufig wird von WWW-Nutzern nach Problemfeldern und nicht nach konkreten Anbietern gesucht, und dieser Suchanlass lässt sich als eine besondere Chance für innovative Angebote ansehen. In diesen Fällen sind Suchmaschinen zum dominierenden Eintrittsinstrument in das WWW ge‐ worden, so dass dieses „Sekundärmedium“ besondere Beachtung verdient. Die Aufmerksamkeit für die angezeigten Fundstellen hängen extrem von vorderen Positionen auf der angezeigten Liste ab, daher ist eine entspre‐ chende Optimierung anzustreben (Search Engine Optimization/ SEO; vgl. z. B. Alpar/ Koczy/ Metzen, 2015, S. 101ff.). Das kann durch einen Webauftritt gelingen, der den Suchalgorithmen der Suchmaschine Rechnung trägt. Neben den „natürlichen“ Suchergebnissen, die vom Innovator nicht eindeu‐ tig zu steuern sind, lässt sich Werbung schalten, die - als Anzeige etc. gekennzeichnet - an heruasgehobener Position steht. Die Weiterentwicklungen des Web 2.0 haben zur Etablierung einer Reihe von neuen Medienmöglichkeiten für das Innovationsmarketing geführt, 6.3 Kommunikationspolitische Innovationsinstrumente 109 <?page no="110"?> insbesondere im Rahmen von Social Media (vgl. u. a. Pahrmann/ Kupka, 2022, S. 50ff.). Die Existenz sozialer Beziehungen, die im Marketing durch den Effekt der Mundpropaganda schon lange als ein wichtiges Medium thematisiert worden war und für die Diffusion von Innovationen als beson‐ ders wichtig angesehen wird (vgl. u. a. Mazzarol, 2011, S. 117ff.), bekam durch die technologischen Möglichkeiten des interaktiven Internet eine neue Dimension, und zwar mit Blick auf Reichweite, Geschwindigkeit und Gestaltungsmöglichkeiten. Die Besonderheit im Vergleich zu klassischen Medien und auch zu traditioneller Online-Nutzung besteht in der Eigen‐ dynamik eines nutzerbasierten Mediums ohne oder mit eingeschränkten Steuerungsmöglichkeiten durch Güteranbieter. Es stellt sich daher die Frage, wie insbesondere Networking-Plattformen für das Innovationsmarketing als Medien für Öffentlichkeitsarbeit und Werbung genutzt werden können. Bei Innovationen für gewerbliche Ab‐ nehmer kommen Business Networking Plattformen in Betracht, zu denen der Innovator Zugang erlangt und so eine Basis für Aufmerksamkeits- und Bekanntheitsgenerierung schaffen kann (vgl. z. B. Bensmann, 2018, S. 83ff.). Die Mitgliedschaft in relevanten Communities ist gerade für Innovatoren mit neuartigen Lösungen, die andere Mitglieder gewinnbringend einsetzen können, ein vielversprechender Kommunikationsweg. Bei innovativen Angeboten für Konsumenten ist die potenzielle Zahl der Kommunikationssubjekte um ein Vielfaches größer. Die Initiierung eines Ausgangspunkts für die virale Verbreitung, etwa eine originelle Geschichte um die Innovation, z. B. verbunden mit einem Video auf der Website, oder die Zurverfügungstellung einer Community-Plattform, ist eine erste Hürde für den Erfolg. Zudem bleibt die Kontrollierbarkeit gering und die erhoffte positive Vermittlung kann durch entsprechende Kommentare in das Gegenteil umschlagen. Eine in Gang gekommene negative Kommunikation lässt sich nicht anhalten, bestenfalls durch intelligente eigene Kommunika‐ tionskommentare einschränken. Trotz anzunehmender Verfälschung von Meinungen über die verdeckte Mitwirkung parteiischer Kommunikatoren wie Wettbewerbern ist die Kritik in Chatrooms, Blogs, Foren auch eine kos‐ tenlose Quelle der Marktforschung, die Verbesserungen der Innovation und weitere Innovationen anregen kann. Die sonst eher latente nicht erkennbare Kundenunzufriedenheit, die sich nur ab und an in Reklamationen äußert, wird durch Web-Kommentare viel eher transparent. Insgesamt stellt das Internet eine bedeutende Chance für Innovatoren dar, mit relativ wenig Geld ins Gespräch wichtiger Zielgruppen zu kommen, 110 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="111"?> Empfehlungen zu generieren, emotional und kognitiv geprägte Images aufzubauen und unter Umständen die Innovation zu einem Geschäftserfolg zu führen. Da es sich bei Innovationen häufig um die Phantasie anregende Erfindungen bzw. Neuigkeiten handelt, besteht eine grundsätzliche Nähe zu diesem Medium, das in besonderem Maße nach aktuellen und pseudo-ak‐ tuellen, neuen, diskussionsfähigen, überaschenden und kontroversen Sach‐ verhalten sucht. Wie viele andere Unternehmen nutzt auch Volkswagen diese Möglichkeiten intensiv, beispielsweise schon 2010 bei der Einführung des Polo GTI in Europa über facebook („fast lane - driven by fun“) oder durch die Videos zur „Fun Theory“, die bei YouTube fast schon Kultstatus erreicht haben (siehe zu aktuellen YouTube VW-Videos VW 2023). 6.4 Distributionspolitische Innovationsinstrumente In der Distributionspolitik, heute auch manchmal unter der Bezeichnung Vertriebspolitik abgehandelt, werden in der Regel die beiden großen Berei‐ che des Absatzkanal- und des Logistik-Managements unterschieden (vgl. u. a. Meffert/ Burmann/ Kirchgeorg, 2019, S. 577ff.). Im Folgenden wird auf Logistikfragen nur kurz im letzten Unterpunkt eingegangen. Im Vorder‐ grund stehen die Fragen, welche Absatzwege genutzt und welche Vertriebs‐ organe sowie sonstigen Intermediäre auf welcher Grundlage eingesetzt werden sollen. 6.4.1 Absatzwegekonfiguration Bei der Absatzwegekonfiguration geht es um die Länge der Absatzwege im Sinne der Zahl eingeschalteter selbständiger Distributionsmittler sowie die Frage der Zahl der gleichzeitig genutzten Distributionswege (vgl. Abbildung 20). Ein langer Distributionsweg liegt vor, wenn die Distribution über viele Stufen, insbesondere Groß- und Einzelhandel, verläuft, die kürzeste Mög‐ lichkeit ist der Direktvertrieb ohne Einschaltung von anderen Unternehmen. Werden mehrere Distributionswege gleichzeitig verfolgt, handelt es sich um ein Mehrkanal-System (Multi-Channel-Absatz). Von Multichanneling wird bereits auch dann gesprochen, wenn aus Perspektive der Hersteller, aber auch bei Betrachtung einzelner Handelsebenen verschiedene Betriebs‐ formen/ Formate (z. B. Onlineverkauf und stationärer Verkauf) gleichzeitig zum Einsatz gelangen. Eine verwandte Frage betrifft die Breite von Absatz‐ 6.4 Distributionspolitische Innovationsinstrumente 111 <?page no="112"?> kanälen, die durch die Anzahl (gleichartiger) Distributionsmittler auf einer Absatzstufe, z. B. belieferte und miteinander konkurrierende Einzelhändler, festgelegt ist. Abb. 11: Absatzwege und -formen im Innovationsmarketing Innovierendes Unternehmen Vertriebsorgane: Geschäftsführung, Außendienst, Callcenter, Verkaufsabteilung, sonstige Mitarbeiter Absatzhelfer Handelsvertreter, Makler, Kommissionäre, IT-Unternehmen, sonstige Intermediäre Absatzhelfer Absatzhelfer Großhandelsstufen Einzelhandel verschiedene Betriebsformen / Formate Direktvertrieb über verschiedene Formate Direktvertrieb über verschiedene Formate Endabnehmer der Innovation Unternehmen oder Konsumenten bei gleichzeitiger Nutzung: Beispiel für (Hersteller) Multichanneling Abbildung 20: Absatzwege und -formen im Innovationsmarketing Es hängt von Art des Angebots und Märkten/ Zielgruppen ab, welche Ab‐ satzwegekonfiguration im Falle von Innovationen am meisten Sinn macht. Speziell bei kleinen und spezialisierten Zielgruppen, wie es gerade im Industriegütergeschäft die Regel ist, sowie bei Innovationen mit hohem Neuheitsgrad sind kurze Vertriebswege, tendenziell Formen des direkten Vertriebs, sinnvoll. Dadurch ist der Innovator selbst nahe am Kunden und kann ganz gezielt auf entscheidende Kundensegmente wie frühe Adopter, potenzielle Empfehler, Referenzgeber einwirken und direkt Anregungen für Weiterentwicklungen und Zusatzleistungen aufnehmen. Auf diese Weise lässt sich der generelle Adoptionsprozess am besten in Gang bringen. Die besonders in frühen Phasen des Innovationsprozesses wichtige persön‐ liche Interaktion mit Endkunden, welche die Innovation einsetzen bzw. verwenden können, lässt sich bei Einschaltung von Distributionsmittlern 112 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="113"?> nicht oder bestenfalls indirekt und eingeschränkt realisieren. Bei vielen großen Kunden ist die Beschaffung allerdings standardisiert, z. B. über eigene oder in Kooperation aufgebaute Online-Lieferantenplattformen, so dass für Innovationen spezielle Anstrengungen zur Kontaktanbahnung zu unternehmen sind. So propagiert z. B. Bosch die „Vernetzung vom Kunden zum Lieferanten“ (siehe u.-a. Bosch 2023). Im Fall von Konsumgüterinnovationen und bei etablierten Beziehungen mit Distributionsmittlern, speziell auf der Einzelhandelsstufe, ist eine di‐ rekte persönliche Kontaktaufnahme mit Endkunden schwierig, da für diese der Handel der natürliche Ansprechpartner ist. Daher ist der Kontakt zu den Handelsunternehmen für den Innovationsvertrieb ausschlaggebend, und es kommt darauf an, ihn von der Innovation und dem potenziellen Geschäftserfolg zu überzeugen. Da in vielen Branchen wie dem Lebens‐ mittelsektor jedoch ein Überangebot von Neuprodukten bei gleichzeitiger Regalknappheit besteht, ist der Handel dort - auch wegen des Konzentrati‐ onsgrades - in einer überlegenen Marktposition. Das Innovationsangebot kann dann auf eingefahrene Vermarktungsmechanismen mit üblichen, insbesondere finanziellen Restriktionen für Lieferanten (Zuschüsse, Regal‐ pflege, „Eintrittsgelder“) treffen. Daher sind neben dem Versuch individu‐ eller Überzeugung beim Handel auch Kommunikationsanstrengungen bei den Endkunden, etwa in Form genereller Werbung wichtig, die zu einem zusätzlichen Druck seitens der Konsumenten auf den Handel führt. Die letztgenannte „Pullstrategie“ ergänzt dann die auf den Handel angewandte „Pushstrategie“. Die Frage, ob eine Innovation über mehrere Kanäle gleichzeitig an die Kunden vertrieben werden soll, ist differenziert zu beantworten (vgl. u. a. Wirtz, 2022, S. 75ff.). Natürlich wird ein Multi-Channel-Vertrieb die Zahl der Kunden erweitern helfen und ihren speziellen Bedürfnissen besser entgegenkommen, es bedarf jedoch genauerer Analyse, in welchem Umfang das tatsächlich der Fall sein wird; denn Kunden können auch einfach nur auf neue Kanäle ausweichen, statt bestehende zu nutzen (Kannibalisierung). Handelt es sich um den gleichzeitigen Einsatz verschiedener Distributions‐ systeme, also beispielsweise Direktvertrieb und Vertrieb über Einzelhändler, dürfte ein solches Vorgehen für Innovationen wohl am ehesten infrage kommen, wenn es in der Vergangenheit bereits eine solche Mehrgleisigkeit gegeben und diese funktioniert hat. Bei der Einschaltung unterschiedlich langer Absatzwege wie Direktvertrieb und Einschaltung des Einzelhandels treten regelmäßig Konflikte zwischen den verschiedenen Systemen auf, 6.4 Distributionspolitische Innovationsinstrumente 113 <?page no="114"?> zudem ist der Vertrieb von Innovationen, insbesondere solcher mit großer Innovationshöhe, mit Risiken für den Distributionsmittler verbunden und erfordert ausgeprägtes gegenseitiges Vertrauen. Eine gleichzeitige Bewälti‐ gung beider Problembereiche wird die Akteure häufig überfordern. Die Sachlage ist oft anders, wenn der Multichannel-Ansatz lediglich in der Nutzung von unterschiedlichen Formaten innerhalb eines Distribu‐ tionssystems besteht. Das gilt insbesondere für verschiedene Formen des Direktvertriebs, etwa Angebot der Innovation sowohl über das Internet (e-commerce), über gedruckte Kataloge, über (Verkaufs-) Messen, über eigene Verkaufsstellen usw. Da bei dieser internen Distributionskonkur‐ renz immer nur der Anbieter involviert ist, kann er eine Abstimmung über die verschiedenen Kanäle sicherstellen und insgesamt ein - auf alle Marketinginstrumente bezogenes - abgestimmtes Vermarktungskonzept realisieren, oft auch als Omnichanneling bezeichnet. Die Vermarktung von Innovationen ist wegen der Notwendigkeit, schnell und auf möglichst viel‐ fältige Weise eine Diffusion in den relevanten Zielgruppen zu initiieren, um kritische Absatzmengen zu erreichen, häufig darauf angewiesen, mehrere Vertriebswege anzubieten. Bestimmte (zusätzliche) Bezugsmöglichkeiten, etwa über das Internet, werden gerade bei innovativen Produkten von Kunden sogar erwartet. Bei der gleichzeitigen Einschaltung mehrerer konkurrierender Einzel‐ händler ergibt sich dagegen aus Herstellersicht eine andere Situation als bei Nutzung verschiedener Formen des Direktvertriebs. Hier ist wieder genau zu analysieren, welchen Grad an externer Distributionskonkurrenz der Innovationsvertrieb verträgt. Grundsätzlich wird aus den schon zuvor genannten Gründen eine Beschränkung auf wenige oder einen einzigen Distributionsmittler angezeigt sein. Eine derartige selektive oder sogar exklusive Distribution ist eine gute Voraussetzung für den Aufbau einer längerfristigen Beziehung, auch mit Blick auf zukünftige Innovationen. Gleichzeitig wird eine Partizipation am Image des Distributionspartners möglich. So vertreibt die Division Vichy des Kosmetikherstellers L’Oréal ihre Innovationen und die gesamte Produktpalette fast ausschließlich über Apotheken. Es ist jedoch andererseits zu prüfen, ob das Absatzpotential der eingeschalteten Distributionsmittler mit Blick auf die anvisierten End‐ kunden-Zielgruppen hoch genug ist und inwieweit sie den besonderen Anforderungen durch spezifische Innovationen (Beratung, Kundendienst usw.) gerecht werden. 114 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="115"?> Die Fragen der Absatzwegekonfiguration zeigen genau wie viele Pro‐ blemstellungen in der Kommunikation, etwa beim persönlichen Verkauf als Kommunikationsform, dass von einem immer stärkeren Zusammenwach‐ sen zwischen den Marketinginstrumenten Kommunikation und Distribu‐ tion auszugehen ist. Das gilt umso mehr für die Innovationsvermarktung, da gerade hier Kaufvorbereitung, Kaufrealisierung und Nachkaufkontakte eng miteinander verwoben sind, teilweise in den gleichen Kanälen stattfinden und daher häufig nicht eindeutig voneinander zu trennen sind (vgl. Hüner‐ berg, 2009, S. 165ff.). Diese Tendenz zu einem einheitlichen Marketingin‐ strument „Kommunikation und Vertrieb“ wird durch das Internet verstärkt, das sich in besonderer Weise zu einem simultanen Kommunikations- und Vertriebskanal entwickelt hat. 6.4.2 Auswahl und Management der Vertriebsorgane Die Überlegungen oben zeigten bereits, dass die Absatzwegekonfiguration für Innovationen eng verbunden ist mit der Entscheidung für konkrete Individuen bzw. Organisationen, die im Rahmen des gewählten Distributi‐ onssystems beim Vertrieb mitwirken. Diese Frage wird im Folgenden etwas weitergehender und differenzierter betrachtet, da sie für das Innovations‐ marketing große Bedeutung hat (vgl. nochmals Abbildung 20 und u. a. das historische Fallbeispiel eines neuen Softwareproduktes bei Meier, 2007, S.-104ff.). Zunächst ist zwischen eigenen und fremden Vertriebsorganen zu unter‐ scheiden (vgl. hierzu z. B. Homburg, 2020, S. 942ff.). Außendienst, Reisende, Verkäufer, sonstige Mitarbeiter mit Verkaufsfunktion und unterschiedliche Organisationsformen (Innen- und Außendienst, Callcenter, Verkaufsabtei‐ lungen, eigene Läden usw.) kommen als betriebseigene Möglichkeiten in Betracht. Wegen der Abweichung vom alltäglichen Geschäft und der da‐ mit verbundenen speziellen Herausforderungen des Innovationsvertriebs spielen zumindest in frühen Phasen der Innovation, bei höherwertigen Inno‐ vationen und wichtigen Kunden hochrangige Unternehmensvertreter/ Ge‐ schäftsführer für den Vertrieb eine große Rolle. Auch hier ist wieder die enge Verknüpfung zwischen Kommunikations- und Vertriebsaufgaben zu konstatieren. Fremde Vertriebsorgane sind zum einen die bei der Absatzwegekonfigu‐ ration erwähnten selbständigen Distributionsmittler (Großhandel, Einzel‐ handel), die Eigentum an den abzusetzenden Produkten erlangen. Zum 6.4 Distributionspolitische Innovationsinstrumente 115 <?page no="116"?> anderen gibt es aber auch verschiedene Distributionshelfer, die zwar eben‐ falls rechtlich selbständig sind, aber kein Eigentum im Vertriebsprozess erwerben; das sind u. a. Handelsvertreter, Makler, Kommissionäre. Die Einschaltung derartiger Absatzhelfer kann ein Mittel der Wahl für den Innovationsvertrieb sein, wenn sie ausreichend dazu motiviert werden können, das Innovationsprodukt im Markt aktiv voranzubringen. Da Ab‐ satzhelfer gut steuerbar und oft spezialisiert und erfahren sind, individuell agieren können und in der Regel keine dominierende Marktmacht ausüben, kann gerade ein Innovator ohne große Ressourcen von deren Einschaltung häufig profitieren. Es kann so gelingen, ohne große Investitionen eine Durchdringung relevanter Kundengruppen zu erreichen. Eine Reihe weiterer Absatzhelfer ist weniger direkt in den Vertriebs‐ prozess eingeschaltet, sie nehmen aber als unterstützende Organe in der Abwicklung von Verkaufsprozessen wesentliche Funktionen wahr. Hierzu zählen Logistikdienstleister, IT-Dienstleister, externe Callcenter, Kunden‐ dienstleister etc. Wenn der Innovationsanbieter nur über geringe eigene Ressourcen bzw. Erfahrungen verfügt, wird eine derartige externe Unter‐ stützung im Sinne eines Outsourcing in vielen Bereichen unabdingbar sein. Auch wenn selbständige Absatzmittler eingesetzt werden, können diese durch spezielle vertragliche Ausgestaltung in ein Kooperations- oder sogar Abhängigkeitsverhältnis eingebunden werden. Das gilt u. a. für Franchise- und Vertragshändlersysteme. Diese Möglichkeit eröffnet sich Innovatoren allerdings nur, wenn sie bereits eine wesentliche Marktstellung erreicht haben. Ist das der Fall, können sie die Präsenz des Innovationsproduktes am Markt leicht durchsetzen. Es gibt zudem die Möglichkeit, längerfristige Verträge mit Distributions‐ mittlern oder -helfern abzuschließen, die besondere Verpflichtungen der einen und/ oder anderen Vertragspartei beinhalten (vgl. zum Kontraktkon‐ zept generell u. a. den Überblick bei Meffert/ Burmann/ Kirchgeorg 2019, S. 600ff.). Auf diese Weise werden wie bei Franchise- oder Vertragshänd‐ lersystemen zumindest ansatzweise vertikale Kooperationen begründet. Solche Verpflichtungen sind zum einen Mitwirkungsvereinbarungen von Vertragspartnern, aus der Sicht des Innovators also einerseits seine Eigen‐ bindung (z. B. Dokumentationsüberlassung und Anwendungstraining beim Partner), anderseits die Fremdbindung des Absatzmittlers/ -helfers (z. B. dessen Mitwirkung bei der Werbung und anderen Kommunikationsmaß‐ nahmen). Es gibt zum anderen aber auch Unterlassensvereinbarungen (z. B. Gebietsschutz des Absatzmittlers durch den Innovator als Eigenbindung, 116 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="117"?> kein Weiterverkauf an Wiederverkäufer durch den Absatzmittler/ -helfer als Fremdbindung). Derartige Vereinbarungen lassen sich im Innovations‐ kontext für die hier besonders wichtige gegenseitige Risikoreduktion und Vertrauensbildung einsetzen. Für den Innovator können entsprechende Vertriebsbindungen insbesondere einen Schutz gegen Missbrauch und unkontrollierte Weiterverbreitung darstellen und gewährleisten, dass ein indirekter Vertrieb kompetent abgewickelt wird. Vertriebspartnerschaften können zu weiterreichenden und dauerhaften Kooperationsbeziehungen führen. Beispiele sind ECR (Efficient Consumer Response)-Partnerschaften zwischen Industrie und Handel, die auch für die effiziente Neuentwicklung und Vermarktung von Innovationen - allerdings eher in geringerem Umfang - Anwendung finden (vgl. u. a. Homburg, 2020, S.-963ff.) Hinzuweisen ist an diese Stelle auf die teilweise dominierende Rolle von (externen) Internet-Plattformen, primär im BtoC-, zunehmend aber auch im BtoB-Geschäft (vgl. hierzu grundsätzlich Schneider, 2022, S.-6ff.). 6.4.3 Gestaltung der Vertriebslogistik In der Vertriebslogistik geht es um die Lösung aller Aufgaben, die sich aus der räumlichen und zeitlichen Entfernung zwischen Anbieter und Nachfrager ergeben. Ziel ist die Bereitstellung der richtigen Menge zur richtigen Zeit am richtigen Ort unter Beachtung von Effizienz und Effektivität. Zu entscheiden ist aus dieser Blickrichtung u.-a. über Standorte, Lagerhaltung, Lieferzeiten und sonstigen Lieferservice, Transport und den damit verbundenen Einsatz von physischen Kapazitäten und Humanressourcen. In erweiterter Perspek‐ tive geht es um unternehmerisches Operations Management mit dem Ziel einer finalen Realisierung der Marketingaufgabe (vgl. Wright/ Hünerberg, 2011, S.-1ff., 145 ff., 191 ff.). Für Innovatoren ergibt sich die Frage, welche Rolle Logistikentscheidun‐ gen für die Innovationsvermarktung spielen bzw. welche Besonderheiten zu beachten sind. Im B-to-B-Geschäft und bei Innovationen mit hohem Wert und Neuheitsgrad werden Logistikfragen eher in den Hintergrund treten. Das gilt gerade auch dann, wenn die Akzeptanz der Kunden hoch ist und es wenig Alternativen zu dem neuen und spezialisierten Angebot gibt. Allerdings können Lieferkonditionen mit einer gewissen Logistikrelevanz wie Installation und Inbetriebnahme dennoch wichtig sein und gerade in ausländischen Märkten den Geschäftsabschluss determinieren. 6.4 Distributionspolitische Innovationsinstrumente 117 <?page no="118"?> Bei Konsumgütern, speziell häufiger beschafften, spielen Logistikfra‐ gen eine größere Rolle. Hier kann insbesondere für Distributionsmittler die verlässliche und zeitgenaue Belieferung eine Voraussetzung für die Annahme des Innovationsangebots sein. Auch bei direktem Vertrieb an den Endkunden spielen Logistikvorkehrungen (u. a. für Zustellung und Retouren) eine unter Umständen kaufentscheidende Rolle und können bei ansonsten einfach zu handhabenden Vertriebskanälen wie dem Internet den entscheidenden Engpass darstellen. Die Anreicherung der Innovation mit Zusatzleistungen kann in einigen Fällen sogar auf eine überlegene Vertriebslogistik zurückzuführen oder mit dieser verbunden sein, beispielsweise permanente Beratung und Erreich‐ barkeit, persönliche Unterstützung bei der Nutzung; im Extremfall ist der Innovationscharakter des gesamten Angebots wesentlich darin begründet. In diesen Fällen muss die Erfüllung der Logistikversprechen natürlich in den Vordergrund treten. Für die Durchführung der meisten logistischen Aufgaben kommt die Übertragung auf spezialisierte Distributionshelfer in Betracht. Die reibungs‐ lose Abwicklung der anfallenden Aufgaben hängt von deren Kompetenz ab. Im E-Commerce spielen Angebote von Plattformen wie FBA (Fulfillment by Amazon) eine dominierende Rolle. Da der Markterfolg von Innovationen zumindest immer in einem gewissen Umfang auch von dem Niveau des Lieferservice mitbestimmt wird, ist eine sorgfältige Auswahl einzusetzen‐ der Logistikdienstleister vonnöten. Diese Outsourcing-Entscheidung wird komplizierter, wenn es um relativ unbekannte Auslandsmärkte geht. Letzt‐ lich sind eigene Abwicklung, Outsourcing auf alternative Dienstleister, kooperative Lösungen mit anderen Anbietern gegeneinander abzuwägen, um Kosten und innovationsrelevante Serviceniveaus für Lagerhaltung, Verpackung, Transport usw. zu optimieren. Die Realisierung der Vermarktung von Innovationen erfolgt durch den Einsatz von Marketinginstrumenten (Leistungspolitik, Entgelt- und Vertragspolitik, Kommunikationspolitik, Distributionspolitik). Die Marktsituation und generelle Marktziele und -strategien bilden hierfür Basis und Rahmen. Die Leistungspolitik ist der Ausgangspunkt aller Maßnahmen. Die Innovationsvermarktung erfordert in der Regel die Entwicklung ei‐ nes marktfähigen Produkt-Dienstleistungsprogramms im Hinblick 118 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="119"?> auf wesentliche Abnehmer-Nutzendimensionen. Die dahinterstehen‐ den Bedürfnisse sind entweder manifest bzw. latent oder überhaupt nicht vorhanden; Erstere führen zu marktgetriebenen, Letztere zu technologiegetriebenen Innovationen. Für beide ist eine frühzeitige Kundenintegration angezeigt. Die Qualitätsdimensionen der Innovation sind hinsichtlich Inhalt, Erwartungen, Erfahrungen subjektiv geprägt und durch Signalling des Innovators beeinflussbar. Im Innovationskontext ist der Abnehmer mangels Erfahrungen besonders darauf angewiesen. Neben objekti‐ vierten Hinweisen wie Zertifizierungen spielt hier auch das Angebot ungewöhnlicher Zusatzleistungen wie Einräumung längerfristiger Garantien eine Rolle. Ein wesentlicher Aspekt der Leistungspolitik ist bei Innovationen de‐ ren Schutz, beispielsweise im internationalen Umfeld. Eine Möglich‐ keit besteht in der Patentierung. Hier sind zahleiche Gesichtspunkte, insbesondere zur zeitlichen Vorgehensweise zu beachten. Die Preispolitik hat die Frage der Preishöhe, speziell des Preisniveaus in den verschiedenen Phasen der Innovationsvermarktung und für die jeweilige Marktstrategie, zu lösen. Es ist auch zu klären, ob unterschiedliche Märkte differierende Preise für die Innovation er‐ fordern. Im Zeitablauf ist zu entscheiden, ob Preissenkungen oder Preiserhöhungen vorzusehen sind und in welchen Zeitfenstern diese stattfinden sollen. Eng verbunden mit Preisentscheidungen ist die Politik der Kontrakt‐ gestaltung. Bei Innovationen spielen hier neben Finanzierungsunter‐ stützung Vertrauensaufbau und Risikoreduktion eine zentrale Rolle; diese können durch kreative Vertragsbedingungen, z. B. leistungsori‐ entierte Bezahlung, berücksichtigt werden. Kommunikationspolitik steht im Fokus der Innovationsvermarktung. Die Ziele der Kommunikation lassen sich unmittelbar aus den allge‐ meinen Marktzielen ableiten und determinieren die verschiedenen Kommunikationsphasen vor, bei und nach der Markteinführung der Kommunikation. Im Wesentlichen geht es um Aufmerksamkeits- und Bekanntheitsschaffung, kognitive und emotionale Überzeugung, Aufbau von Akzeptanz und Kaufbereitschaft sowie positiver Images. Als einzusetzende Kommunikationsformen sind für Innovationen primär Messen und Ausstellungen, Öffentlichkeitsarbeit und sonstige persönliche Kommunikation, unter Umständen aber auch allgemeine 6.4 Distributionspolitische Innovationsinstrumente 119 <?page no="120"?> Werbekampagnen geeignet. Für die Gestaltung gelten insbesondere die Prinzipien der Kürze, Einprägsamkeit und bildhaften Darstellung. Es lassen sich grundsätzliche alle Medien für den „Transport“ von Kommunikationsbotschaften heranziehen. Individualisierte Medien, speziell solche der Direktkommunikation wie Face-to-Face-Vermitt‐ lung, sind für Innovationen das Mittel der Wahl. Web und Internet lassen sich in mannigfacher Form nutzen, führen aber zu spezifischen Herausforderungen. Bei der Distributionspolitik geht es um die Fragen der Länge und Breite von Distributionskanälen, des gleichzeitigen Einsatzes ver‐ schiedener Absatzwege, die Auswahl spezifischer Distributionsorgane und die vertraglichen Regelungen mit ihnen. Ein zweiter großer Bereich sind Entscheidungen zur Vertriebslogistik. Je nach Art der Innovation und den jeweiligen Marktumständen sind im Innovationskontext alle gängigen Formen der Distributionsgestal‐ tung vorstellbar. Besondere Bedeutung erlangen wegen der Nähe zu Kunden und der Motivation von Absatzmittlern tendenziell eher kurze Distributions‐ wege, speziell der Direktvertrieb eincshließlich Online-Vertrieb, und eine genaue Selektion der eingeschalteten Distributionsstufen. Die Unterstützung kompetenter und spezialisierter Intermediäre, etwa in der Vertriebslogistik, ist in der Regel hilfreich. So ist gerade der Ver‐ trieb von Innovationen auf eine funktionierende Logistik angewiesen. Fragen 1. Warum ist eine Kern-Innovation häufig durch zusätzliche Angebotsele‐ mente anzureichern? 2. Warum ist die Qualitätseinschätzung einer Innovation durch Kunden subjektiv geprägt? 3. Welche Rolle spielen Screening und bestimmte Formen des Signalling bei Innovationen? 4. Wie lassen sich Innovationen schützen? 5. Warum ist die Preissetzung bei Innovationen ein besonders schwieriges Problem? 120 6 Marketinginstrumente für Innovationen <?page no="121"?> 6. Inwiefern können bei der Innovationsvermarktung preispolitisch be‐ dingte Arbitrageprobleme auftreten? 7. Welche Innovationsdeterminanten erfordern eher eine Skimming-, wel‐ che eher eine Penetrationsstrategie? 8. Was ist leistungsabhängige Bezahlung und warum spielt diese Form der Kontraktgestaltung eine besondere Rolle für das Innovationsmarketing? 9. Wie hängen Phasen des Innovationsprozesses und Kommunikations‐ ziele zusammen? 10. Warum sind bereits vor der Markteinführung von Innovationen Kom‐ munikationsaktivitäten bedeutsam? 11. In welcher Form ist eine individualisierte Kommunikation für Innova‐ tionen möglich? 12. Wie lassen sich das Internet und soziale Netzwerke für die Kommuni‐ kation von Innovationen einsetzen? 13. Wie können Innovationen an große und marktmächtige Abnehmer vertrieben werden? 14. Was bedeuten eine Push- und eine Pullstrategie im Vertrieb von Inno‐ vation? 15. Wann können Multi-Channel-Strategien beim Absatz von Innovationen Sinn machen? 16. Welche Absatzhelfer lassen sich beim Vertrieb von Innovationen sinn‐ voll einsetzen? 6.4 Distributionspolitische Innovationsinstrumente 121 <?page no="123"?> Antworten auf die Fragen an den Kapitelenden Antworten zu Kapitel 1 Frage 1: Was ist eine Technologie? Als Technologie wird das Wissen über ein Lösungsprinzip bezeichnet, das in Produkten und Prozessen enthalten ist. Frage 2: Welche Bedeutung haben Technologien im Wettbewerb von Unternehmen? Technologien sind die zentralen Überlebensdeterminanten eines Unterneh‐ mens. Technologien dominieren direkt (Produkt) oder indirekt (Prozess) den Wertschöpfungsprozess und sind das gestaltungsbedürftigste Element der strategischen Planung. Technologien sind gleichermaßen die Basis für Produkte und Prozesse. Frage 3: Warum ist funktional-abstraktes Denken im strategischen Technologiemanagement notwendig? Es wird nach dem grundsätzlichen Zweck einer Lösung gefragt. Die Gefahr und Chance der Substitution der technologischen Basis eines Produktes oder Prozesses durch funktional-äquivalente Technologien ist ständig gegeben. Frage 4: Welche Aussagen können anhand von S-Kurven getroffen werden? Das S-Kurven-Konzept ist ein heuristisches Mittel, um Klarheit über die Entwicklung einer Technologie in Phasen und die diskontinuierlichen Über‐ gänge von einer Technologie auf eine andere Technologie zu erhalten. <?page no="124"?> Frage 5: Kann die technische Entwicklung vorausgesagt werden? Erfindungen können nur vorausgesagt werden, indem man sie selbst macht. Voraussagen über neue Technologien erfolgen über die Konstruktion von Prinziplösungen bzw. technologischen Referenzsystemen (im Sinne einer Hypothese über eine Ablösetechnologie auf einer neuen S-Kurve) Frage 6: Wie können Technologietrends für die Entwicklung neuer Produkte genutzt werden? Man kann an ein Produkt oder einen Prozess technologische Trends anlegen, um ein Finalbild zu erhalten, wie das Produkt oder der Prozess in der Zukunft aussehen könnte. Durch Hypothesenbildung entstehen Suchfelder für Technologien, die zunächst zu abstrakten Ideen, dann weiter zu For‐ schungsprojekten und schließlich zur Konstruktionsarbeit führen. Frage 7: Welche Bedeutung hat Zeit im operativen Technologiemanage‐ ment? Es muss über den gesamten integrierten Technologielebenszyklus hinweg gedacht werden. Einem marktfähigen Produkt oder Prozess ist immer ein Entwicklungszyklus vorgeschaltet. Und auf einen Marktzyklus folgt der Entsorgungszyklus. Der Beobachtungszyklus ist allen drei vorgenannten Zyklen überlagert und kennzeichnet einen abnehmenden Grad der Unge‐ wissheit und eine zunehmende Intensität der (Re-)Aktion. Frage 8: Welcher Zusammenhang besteht zwischen S-Kurven und Er‐ fahrungskurven? Anhand von S-Kurve und Erfahrungskurve kann das Pessimismus-/ Opti‐ mismus-Phänomen im unternehmerischen Handeln gezeigt werden. In der Phase des Auftretens einer neuen Technologie zeitigt deren Erfahrungs‐ kurve noch höhere Stückkosten, während die Erfahrungskurve der alten Technologie noch niedrigere Stückkosten hat. Ein traditionell denkender Unternehmer ist bezüglich der alten Technologie optimistisch und pessimis‐ tisch bezüglich der neuen Technologie. In Kenntnis der Erfahrungskurve 124 Antworten auf die Fragen an den Kapitelenden <?page no="125"?> argumentiert der Unternehmer sogar, die Stückkostenpotenziale der alten Technologie auszunutzen. Somit kann es dazu kommen, dass dieser Unter‐ nehmer die neue Technologie ignoriert. Frage 9: Wie kann Wissen aus Sicht des Technologiemanagements systematisiert werden? Erstens kann ein Unternehmen über Gesetzeswissen verfügen, d.-h. mittels einer Theorie sind wissenschaftliche Erklärungen über eine Technologie möglich. Zweitens kann ein Unternehmen über Beobachtungswissen verfü‐ gen. Beobachtungswissen ist Ursache-Wirkungswissen, d. h. über Versuchsbzw. Probierverhalten werden Erkenntnisse gewonnen. Drittens kann ein Unternehmen Fertigkeitsbzw. Geschicklichkeitswissen besitzen, das man auch als technisches Können bezeichnen kann. Verfügt ein Unternehmen über alle drei vorgenannten Wissenskomponenten und vermag die einzel‐ nen Wissenskomponenten lösungsbezogen zu kombinieren, hat das Unter‐ nehmen ein sogenanntes Systemprinzip-Wissen. Frage 10: Was ist das Prinzip des Konstruktionshebels? Der Konstruktionshebel stellt den Zusammenhang von Kostenfestlegung und Kostenverursachung dar. Der Kostenhebel besagt, dass die Konstruktion nur ca. 10 % der Gesamtkosten eines neuen Produktes verursacht, dafür aber ca. 70-% der Herstellkosten festlegt. Frage 11: Was bedeutet systematisches Denken im taktischen Techno‐ logiemanagement? Jedes technische Objekt kann als System definiert werden, das eine Funktion besitzt. Diese Funktion kommt in einer Struktur zum Ausdruck. Diese Struk‐ tur besteht aus fünf Faktoren: Input, Personal, Organisation, Sachmittel und Output. Das technische Objekt unterliegt einem Prozess, der in Raum und Zeit abläuft. Und letztlich wird das System gelenkt, indem es gesteuert und geregelt wird. Antworten auf die Fragen an den Kapitelenden 125 <?page no="126"?> Frage 12: Wie ist ein Technologieportfolio strukturiert, und welche Ent‐ scheidungen können anhand eines Technologieportfolios vorbereitet werden? In der unternehmensunabhängigen Dimension (Technologie-Attraktivität) wird der Gedanken der S-Kurve wieder aufgenommen. Die S-Kurve wird als Indikator fürs das Weiterentwicklungspotenzial einer Technologie genutzt und um die Marktgrößen Anwendungsbreite und Kompatibilität ergänzt. In der unternehmensabhängigen Dimension wird nach der Ressourcenstärke eines Unternehmens bezüglich einer Technologie gefragt. Dabei wird die Erfahrungskurve als Indikator für den Beherrschungsgrad einer Techno‐ logie genutzt und um die Unternehmensgrößen Reaktionsfähigkeit und Potenziale, insbesondere Finanzkraft ergänzt. Es werden Investitions- und Desinvestitionsempfehlungen ermittelt sowie Selektionsentscheidungen vorbereitet. Frage 13: Wie kann es zu einer Koexistenz alter und neuer Technologien in einem Unternehmen kommen? Alte Technologien werden nicht immer radikal substituiert, sondern werden teilweise parallel zu neuen Technologien eingesetzt. Damit lösen innovative Technologien alte Technologien gegebenenfalls nur in einer Teilmenge von Anwendungsfällen ab. Frage 14: Welche Probleme adressiert eine digitale Innovations- und Technologieplanung? Digitale Innovations- und Technologieplanung ist eine Antwort auf die zunehmende Komplexität und den permanenten Zeitdruck im Technolo‐ giemanagement. Denn die wachsende Komplexität im Zusammenwirken unterschiedlicher Technologien, die Koexistenz alter und neuer Technolo‐ gien sowie sich verkürzenden Marktzyklen erfordern zunehmend virtuelle Entwicklungen und Tests am Computer. 126 Antworten auf die Fragen an den Kapitelenden <?page no="127"?> Antworten zu Kapitel 2 Frage 1: Was folgt aus dem etymologischen Ursprung des Terminus Innovation? Der Terminus beinhaltet die Kriterien Neuheit, geplantes Handeln, Prozess und bezieht sich auf entsprechende Aktivitäten, insbesondere von Unter‐ nehmen. Frage 2: Warum ist der Innovationsbegriff wenig präzise? Der Begriffsinhalt von Innovation ist wenig präzise, da er zahlreiche Ar‐ ten von Innovationen umfasst, die aus der Kombination von mehr oder minder stark vorhandenen Dimensionsausprägungen resultieren. In diesem Beitrag werden die Dimensionen Neuheitsgrad, Neuheitsbezugsrahmen, Materialitätsgrad, Marktrelevanz, Kundenausrichtung, Realisierungsgrad herangezogen. Zur Präzisierung bedarf der Innovationsbegriff daher einer genaueren Kennzeichnung des konkreten Falles. Frage 3: Wie lässt sich Marketing definieren? Marketing kann funktional als Absatz / Vertrieb, technisch als Maßnahmen‐ bündel zur Marktbeeinflussung oder ganzheitlich als Konzept der marktori‐ entierten Unternehmensführung verstanden werden. Frage 4: Warum ist die Dimension Kundenausrichtung von besonderer Bedeutung für das Innovationsmarketing? Der Erfolg der Innovation und damit deren nachhaltige Realisierung ent‐ scheiden sich über die Akzeptanz von Kunden und deren Bereitschaft, die Innovation anzuwenden. Durch entsprechende Kundenausrichtung auf der Anbieterseite können diese positiv beeinflusst werden. Antworten auf die Fragen an den Kapitelenden 127 <?page no="128"?> Frage 5: Worauf beruht die Besonderheit einer Fachrichtung Innovati‐ onsmarketing? Das spezielle Bezugsobjekt Innovation in seinen verschiedenen Ausprägun‐ gen ist durch die jeweiligen Marktbedingungen geprägt, die einen in der Regel hohen Komplexitätsgrad aufweisen. Dadurch können spezifische Ausgestaltungen klassischer Marketinglösungen erforderlich werden. Antworten zu Kapitel 3 Frage 1: Welche Elemente des Makroumfeldes können das Innovations‐ geschäft beeinflussen? Hierzu gehören die generelle Innovationsatmosphäre, etwa bewirkt durch Innovationsförderprogramme, Innovationsakzeptanz, Innovationsschutz, und konkrete Einzelentscheidungen, zum Beispiel politischer Natur, die Innovationen bestimmter Art erfordern oder fördern. Frage 2: Welche (potenziellen) Marktpartner sind zu berücksichtigen? Neben potenziellen Kunden sind Wettbewerber und notwendige Partner für Markteintritt und -bearbeitung zu berücksichtigen. Frage 3: Für welche Innovationssituationen spielt das Technologieum‐ feld eine besondere Rolle? Stark technologisch geprägte Märkte und Technik-, speziell Hochtechnolo‐ gieinnovationen, aber auch globale Technologieerwartungen erfordern eine besondere Berücksichtigung des Technologieumfeldes. Frage 4: Wie beeinflussen interne Bedingungen das Innovationsmarke‐ ting? 128 Antworten auf die Fragen an den Kapitelenden <?page no="129"?> Insbesondere finanzielle Restriktionen, fehlende Erfahrung, Defizite in der organisatorischen und personellen Struktur, Unterschätzung der Marketin‐ gerfordernisse können den Innovationserfolg negativ beeinflussen. Frage 5: Wie geht die SWOT-Analyse vor? Die SWOT-Analyse stellt die internen Stärken und Schwächen eines Un‐ ternehmens und die externen Chancen und Risiken am relevanten Markt zusammen. Die Verknüpfung beider Perspektiven verdeutlicht bestimmte Grundsatzaufgaben des Unternehmens. Antworten zu Kapitel 4 Frage 1: Welche Bedeutung haben ökonomische Zielsetzungen im Inno‐ vationskontext? Ökonomische Ziele mit Blick auf Kostensenkung und/ oder Absatz-/ Umsatz‐ generierung sind als Oberziele jeglicher Innovationen anzusehen; denn nur der ökonomische Erfolg rechtfertigt Innovationsanstrengungen im unter‐ nehmerischen Kontext und stellt Motivation und Treiber für Innovationen dar. Frage 2: Welche Rolle spielen wahrgenommene Alleinstellungsmerk‐ male? Ein durch Abnehmer wahrgenommener USP (unique selling proposition) bzw. CIA (competitive innovation advantage) ist als zentraler Erfolgsfaktor von Innovationen anzusehen; denn er konstituiert die Besonderheit / Über‐ legenheit eines innovativen Angebots aus Kundensicht. Frage 3: Warum ist die Aufmerksamkeitswirkung eine entscheidende Zielsetzung? Ohne Wahrnehmung der Innovation durch potenzielle Kunden bzw. die Sicherstellung der Aufmerksamkeitswirkung im Sinne einer subjektiven Antworten auf die Fragen an den Kapitelenden 129 <?page no="130"?> USP-Erfahrung-ist keine weitere Wirkung in Richtung auf ökonomischen Unternehmenserfolg denkbar. Dieser Schritt ist wegen der Informations‐ überflutung in der Regel als besonders kritisch einzuschätzen. Frage 4: Welche weiteren vor-ökonomischen Ziele müssen verfolgt werden? Neben der Aufmerksamkeitswirkung sind kognitive und emotionale Pro‐ zesse beim potenziellen Abnehmer zu bewirken, die Innovationsakzeptanz, Kaufbereitschaft und letztlich Kauf bewirken. Frage 5: Wie stehen ökonomische und vor-ökonomische Zielsetzungen im Verhältnis zueinander? Die Erfüllung vor-ökonomischer Zielsetzungen ist stets darauf auszurichten, dass sie im Sinne eines Stufensystems auch zur Erfüllung ökonomischer Zielsetzungen führt. Da die Wirkungskette bei vor-ökonomischen Tatbe‐ ständen beginnt, sind diese allerdings im Allgemeinen der Startpunkt für den Aufbau einer Zielhierarchie. Antworten zu Kapitel 5 Frage 1: Welche Vor- und Nachteile haben wenige / kleine geographi‐ sche Segmente für Innovatoren? Wenige / kleine geographische Segmente sind einfacher zu managen, wei‐ sen weniger Konkurrenten auf und lassen sich leichter patentrechtlich schützen. Allerdings ist das Absatzpotential eingeschränkt, und Chancen zum Risikoausgleich und Ausweichmöglichkeiten sind verringert. Frage 2: Welche Kriterien spielen für die weitere Segmentierung von Zielgruppen im Innovationskontext eine Rolle? Auf Basis der grundsätzlichen Relevanz von Innovationen für bestimmte Zielgruppen bietet sich besonders in frühen Phasen der Innovationsver‐ 130 Antworten auf die Fragen an den Kapitelenden <?page no="131"?> marktung die Identifikation innovationsaffiner Personen an (z. B. nach den Kriterien Innovationsakzeptanz und Innovationsführerschaft). Alle sich ergebenden Zielpersonen lassen sich in der Regel durch weitere Merkmale (demografische, ökonomische, psycho-soziale, kulturelle usw.) beschreiben. Frage 3: Warum sollte das Angebot bei der Marktfestlegung simultan berücksichtigt werden? Das Angebot in Form von Haupt- und Nebenleistungen ist mit den Ent‐ scheidungen zu den übrigen Segmentierungsdimensionen (geographische Abgrenzung und Zielpersonen) unmittelbar und interdependent verknüpft. Dieser Sachverhalt findet seinen Ausdruck u. a. in der strategischen Bedeu‐ tung von Produkt-Markt-Kombinationen und in den zentralen Fragen zu Innovationsportfolios und Innovationsspezifizität. Frage 4: Was sind Hidden Champions und globale Nischen? Hidden Champions sind globale Nischenanbieter. Diese zeichnen sich durch hoch spezialisierte Angebote (Innovationen) für spezifische Zielgruppen aus, die sie weltweit anbieten und sie zu globalen Marktführern in ihrem Segment machen. Frage 5: Welche Innovationssituationen sprechen für eigenständigen bzw. kooperativen Markteintritt? Eigenständiges Vorgehen bietet sich insbesondere bei Vorliegen von Erfah‐ rungen (z. B. durch frühere Aktivitäten im angezielten Markt) an und wird erleichtert durch weitere unternehmensinterne Stärken wie Finanzkraft, organisatorische und personelle Ressourcen. Bei entsprechenden Defiziten kommt eine kooperative Markteintrittsstrategie zu deren Ausgleich in Betracht. Frage 6: Welche Rolle spielen Formen der Lizenzvergabe für das Inno‐ vationsmarketing? Antworten auf die Fragen an den Kapitelenden 131 <?page no="132"?> Die Lizenzvergabe ist eine zentrale Form der Kooperation und lässt sich wegen ihrer Variabilität in der Ausgestaltung für vielfältige Innovationssi‐ tuationen heranziehen. Sie bedeutet einen Verzicht auf vollständige eigene Nutzung der Innovation und damit auf die eigenständige Ausschöpfung des Erfolgspotentials, gleichzeitig aber die Übertragung bestimmter Risiken auf den Lizenznehmer. Die Lizenzvergabe selbst kann aber auch neue Risiken mit sich bringen. Frage 7: Was sind Joint Ventures und welche Überlegungen sind an‐ zustellen, wenn sie von Innovatoren für den Markteintritt erwogen werden? Joint Ventures im engeren Sinne sind Partnerschaften zwischen zwei oder mehr Unternehmen, die gemeinsam ein weiteres Unternehmen gründen. Im Innovationskontext spielt insbesondere die richtige Partnerwahl eine Rolle, die Synergien bei der Aufgabenteilung garantiert und eine missbräuchliche Innovationsnutzung durch den Partner ausschließt. Frage 8: Welche grundlegenden Entscheidungen bestimmen die Pro‐ dukt- und Unternehmenspositionierung? Qualitätsverbesserungen oder Qualitätssprünge stehen im Vordergrund der Positionierung von Innovationen und den dahinterstehenden Unternehmen. Im Einzelnen sind zahlreiche Qualitätsaspekte denkbar. Kostensenkungen und daraus resultierendes Preissenkungspotential kann ebenfalls Resultat einer Innovation sein und der Positionierung dienen. Frage 9: Welches sind innovationsrelevante Vor- und Nachteile von Wasserfall- und Sprinklerstrategie? Sukzessiver Markteintritt (Wasserfallstrategie) reduziert den Ressourcen‐ bedarf, insbesondere die finanziellen Aufwendungen der Innovationsver‐ marktung, und erlaubt eine Sammlung von Erfahrungen. Für Produkte mit kurzem Lebenszyklus ist diese Vorgehensweise kaum möglich, zudem gibt sie Konkurrenten wertvolle Informationen. Ein simultaner Markteintritt 132 Antworten auf die Fragen an den Kapitelenden <?page no="133"?> (Sprinklerstrategie) verhindert diese Nachteile, bedeutet aber den Verzicht auf die Vorteile der Wasserfallstrategie. Frage 10: Woran kann man defensives Marktverhalten von Innovatoren erkennen? Beispiele sind zurückhaltende Kommunikation, eingeschränkte Marktabde‐ ckung, geringer Verkaufsdruck, vorsichtige Partnerakquisition, defensive Preispolitik. Antworten zu Kapitel 6 Frage 1: Warum ist eine Kern-Innovation häufig durch zusätzliche Angebotselemente anzureichern? Das Innovationsmarketing erfordert häufig die Entwicklung eines marktfä‐ higen Produkt-Dienstleistungs-Programms, das die eigentliche Innovation in ein Marktangebot überführt, z.-B. durch Variantenvielfalt oder Angebot‐ sanreicherung. Frage 2: Warum ist die Qualitätseinschätzung einer Innovation durch Kunden subjektiv geprägt? Die Qualitätseinschätzung von Kunden beruht auf subjektiven Erwartun‐ gen auf Basis von Vor-Erfahrungen, Informationen, Einstellungen und auf subjektiv durch Nutzungsart und -dauer geprägten Erfahrungen mit der Innovation sowie bestimmten Vorlieben des Nutzers. Frage 3: Welche Rolle spielen Screening und bestimmte Formen des Signalling bei Innovationen? Der Innovationsnutzer kann im Vorfeld und während der Nutzung aktiv Informationen suchen und für seine Qualitätseinschätzung heranziehen (Screening), während der Innovationsanbieter bestimmte quasi-objektive Antworten auf die Fragen an den Kapitelenden 133 <?page no="134"?> Qualitätsaspekte herausstellen kann, um den Nutzer in seiner Qualitätsein‐ schätzung zu beeinflussen (Signalling). Frage 4: Wie lassen sich Innovationen schützen? Markierung von Angeboten und entsprechender Markenschutz, insbeson‐ dere aber die Patentierung bieten einen gewissen Innovationsschutz. Frage 5: Warum ist die Preissetzung bei Innovationen ein besonders schwieriges Problem? Häufig fehlen vergleichbare Produkte und entsprechende Vergleichspreise. Hinzu kommt die besondere Ungewissheit bezüglich der Innovationsakzep‐ tanz, die teilweise vom Preis determiniert ist, so dass sowohl Preisaufschläge als auch -abschläge in Betracht kommen können. Beides erschwert die Schätzung einer Preis-Reaktionskurve und eine realistische Preisfindung in besonderer Weise. Frage 6: Inwiefern können bei der Innovationsvermarktung preispoli‐ tisch bedingte Arbitrageprobleme auftreten? Eine Strategie der Preisdifferenzierung wegen unterschiedlicher Preisbereit‐ schaften von Kunden in verschiedenen Märkten kann zu Arbitrageaktivitä‐ ten führen, wenn es nicht gelingt, zwischen den jeweiligen Märkten Barrie‐ ren aufzubauen, die Austauschbeziehungen zwischen ihnen ausschließen oder zumindest erschweren. Frage 7: Welche Innovationsdeterminanten erfordern eher eine Skim‐ ming-, welche eher eine Penetrationsstrategie? Das hohe Preis-Einführungsniveau beim Skimming ist nur durchsetzbar, wenn eine positive Erwartungshaltung bei den Kunden, z. B. durch ein bestehendes Image, vorherige positive Innovationen, überlegene Nutzen‐ erwartungen, aufgebaut worden ist. Die nötige Preisverringerung hängt von Produktlebenszyklus und Konkurrenzaktivitäten ab. Niedrige Penetra‐ tionspreise sind die Konsequenz aus fehlender Marktpräsenz, unzureichen‐ 134 Antworten auf die Fragen an den Kapitelenden <?page no="135"?> dem Image, nicht gefestigter Kundenüberzeugung. Eine spätere Preiserhö‐ hungsmöglichkeit hängt von einem überragenden Einführungserfolg und Absetzung von der Konkurrenz ab. Frage 8: Was ist leistungsabhängige Bezahlung und warum spielt diese Form der Kontraktgestaltung eine besondere Rolle für das Innovations‐ marketing? Leistungsabhängige Bezahlung ist eine Form eines Betreiberkonzepts, bei dem der Kunde unterschiedlich definierte Nutzungsentgelte zahlt, z. B. einen Prozentsatz der durch die Innovationsnutzung erzielten Kostenersparnis. Durch Verlagerung des Nutzungsrisikos auf den Anbieter in Verbindung mit einer zeitlichen Streckung der Zahlungsverpflichtungen ist diese Form der Vertragsgestaltung gerade für die Beschaffung größerer und risikoreicher Innovationen attraktiv. Frage 9: Wie hängen Phasen des Innovationsprozesses und Kommuni‐ kationsziele zusammen? In jeder Phase des Innovationsprozesses spielen bestimmte Kommunikati‐ onsziele eine Rolle, so Aufmerksamkeitsschaffung und USP-Vermittlung in der Vor-Innovationsphase und bei Verkaufsstart, Verfestigung eines positi‐ ven Eindrucks, Einstellungs- und Imageschaffung in späteren Innovations‐ phasen, Aufrechterhaltung von Bekanntheitsgrad und positivem Wissen in der Normalproduktphase. Frage 10: Warum sind bereits vor der Markteinführung von Innovatio‐ nen Kommunikationsaktivitäten bedeutsam? Es ist eine positive Erwartungshaltung bei potenziellen Kunden aufzubauen, um bei Markteinführung sofort auf Aufmerksamkeit und Interesse zu sto‐ ßen. Dadurch lässt sich auch die kritische Phase zwischen Markteinführung und Kaufentscheidung verkürzen. Antworten auf die Fragen an den Kapitelenden 135 <?page no="136"?> Frage 11: In welcher Form ist eine individualisierte Kommunikation für Innovationen möglich? Individualisierte Kommunikation findet insbesondere als Face-to-Face-Kommunikation statt. Diese lässt sich bei Messen und Aus‐ stellungen, bei kleinen Zielgruppen, speziell im Industriegütergeschäft, und in der Kommunikation mit speziellen Personen wie Meinungsführern, Experten oder Referenzkunden realisieren, alles Gelegenheiten, die im Innovationskontext eine Rolle spielen können. Frage 12: Wie lassen sich das Internet und soziale Netzwerke für die Kommunikation von Innovationen einsetzen? Internetmedien wie Websites, Newsletter, Foren usw. bieten viele Möglich‐ keiten, Innovationen zu erläutern und bekannt zu machen; teilweise sind sie interaktiv und können so fruchtbare Diskussionen fördern. Verlinkungen, Suchmaschinenpolitik und integrierte Kommunikation sind dabei wesent‐ lich. Soziale Netzwerke können eine schnelle Verbreitung von Innovations‐ angeboten und Akzeptanz bewirken, sofern sie geschickt eingesetzt werden; auf jeden Fall sind sie ein Gradmesser von Beliebtheit. Frage 13: Wie können Innovationen an große und marktmächtige Abnehmer vertrieben werden? Bei großen und marktmächtigen Abnehmern bietet sich einerseits die Kontaktanbahnung zu ausgewählten Repräsentanten des Unternehmens bei entsprechenden Kommunikationsgelegenheiten (z. B. Messen) an, um so Direktvertrieb zu etablieren. Auch die Nutzung von Ausschreibungen und Onlineplattformen von Industrieunternehmen kommt in Betracht. Andererseits kann der Einsatz von spezialisierten Absatzhelfern sinnvoll sein. Frage 14: Was bedeuten eine Push- und eine Pullstrategie im Vertrieb von Innovation? 136 Antworten auf die Fragen an den Kapitelenden <?page no="137"?> Bei einer Push-Strategie wird der unmittelbare Abnehmer in einem Distribu‐ tionskanal beeinflusst, beispielsweise der Einzelhandel, bei einer Pull-Stra‐ tegie ein darauffolgender Abnehmer, insbesondere der Endabnehmer, der dann seinerseits beim Handel nachfragt. Für Innovationen kommt es primär auf die Überzeugung des direkten Abnehmers an (Push), aber bei ausrei‐ chenden eigenen Ressourcen und Marktmacht des Handels kann sich auch der Pull-Ansatz, u.-U. zusätzlich, anbieten. Frage 15: Wann können Multi-Channel-Strategien beim Absatz von Innovationen Sinn machen? Multichannel-Vertrieb bietet sich für Innovationen an, wenn so die Kunden‐ basis erweitert wird und sich die Kannibalisierung in Grenzen hält. Konkur‐ renz bzw. Konflikte zwischen verschiedenen Distributionsmittlern / Distri‐ butionssystemen können mit Blick auf das Engagement für Innovationen jedoch besonders nachteilig sein. Frage 16: Welche Absatzhelfer lassen sich beim Vertrieb von Innovatio‐ nen sinnvoll einsetzen? Absatzbzw. Distributionshelfer spielen für den Innovationsvertrieb eine wichtige Rolle, weil sie den Innovator von zahlreichen Aufgaben entlasten. Die eigentliche Vermarktungsaufgabe kann vom teilweise marktmächtigen Groß- und Einzelhandel auf Handelsvertreter, Makler, Kommissionäre ver‐ lagert werden. Für weitere Aufgaben stehen Dienstleister verschiedener Art zur Verfügung, etwa in den Bereichen Logistik, IT, Kommunikation. Antworten auf die Fragen an den Kapitelenden 137 <?page no="139"?> Glossar Begriff Erläuterung Aggressivitätsgrad Der Aggressivitätsgrad des Marktverhaltens ergibt sich aus der Art des Einsatzes von Marketinginstru‐ menten, insbesondere Preis und Werbung, gegenüber potenziellen Kunden und Konkurrenten. (Kleinere) Innovatoren wählen häufig eine eher defensive Vor‐ gehensweise. Betreiberkonzepte Diese Konzepte stellen spezifische Vertragsbedingun‐ gen dar, durch die der Anbieter, z. B. einer Innovation, bis zu einem gewissen Grade sein (Industrie-)Produkt zugunsten des Abnehmers betreibt. CIA Der CIA (competitve innovation advantage) ist der allein auf den Fall von Innovationen bezogene USP. Direktvertrieb Direktvertrieb ist der Vertrieb von Herstellern an End‐ abnehmer ohne Einschaltung von Distributionsmitt‐ lerstufen, eine häufige Form des Innovationsvertriebs. Distributionsmittler und Distributionshel‐ fer Beide sind unternehmensfremde Organe, Mittler er‐ werben Eigentum, Helfer (Handelsvertreter, Kommis‐ sionäre etc.) nicht. Zu den Helfern gehören zahlreiche vertriebsunterstützende Intermediäre. Distributions‐ helfer jeder Art sind für das Innovationsmarketing von besonderer Bedeutung. ECR ECR (Efficient Consumer Reponse) ist eine System der Abstimmung zwischen Industrie und Handel zur Opti‐ mierung von Logistik- und Verkaufsprozessen und zur Erhöhung der Konsumentenzufriedenheit, z.-B. auch hinsichtlich abgestimmter Produktneueinführung. Erfindung - Eine Erfindung ist die Kreierung eines qualitativ neu‐ artigen, technischen Sachsystems, auf der Grundlage der Naturwissenschaften, das idealweise die techni‐ sche Entwicklung im Sinne der technischen Ontoge‐ nese voranbringt. Die Basis der Erfindung ist das wissensbasierte Humankapital des Erfinders. Erfin‐ dungen können patentfähig sein und zu einer Innova‐ tion in einem Unternehmen führen. Erfindungshöhe Ausmaß des innovativen Gehaltes der Neuerung. Von Bedeutung speziell im Patent- und Gebrauchsmuster‐ <?page no="140"?> recht. Das Urheberrecht kennt parallel zu dem Begriff der Erfindungshöhe den der Schöpfungshöhe. Gewerbliche Schutz‐ rechte Gewerbliche Schutzrechte sind Immaterialgüter‐ rechte, die geistig-gewerbliche Leistungen schützen wie das Markenrecht, Patentrecht, Gebrauchsmuster- und Geschmacksmustergesetz u. a. Im weiteren Sinne ist auch das Urheberrecht zu nennen. Für das Recht an der Erfindung sind insbesondere Patent, Gebrauchs- und Geschmacksmustergesetz sowie das Markenrecht von Bedeutung. Ingredient Branding Viele Produkte gehen in andere als Bestandteile ein und verlieren dadurch ihre Wiedererkennbarkeit. Wenn auf sie beim Endprodukt hingewiesen wird, spricht man von Ingredient Branding. Es kann so gelingen, auch für Teile usw. und entsprechende Inno‐ vationen ein Image aufzubauen. Innovationsmanage‐ ment - Innovationsmanagement umfasst alle Planungs-, Ent‐ scheidungs-, Organisations- und Personal- und Con‐ trolling-Aufgaben im Hinblick auf die Generierung vom wissensbasierten Humankapital, die Umsetzung von neuen Ideen in Erfindungen, Prototypen, evtl. Patente, insbesondere Prozessinnovationen in techno‐ logieorientiertes Humankapital sowie wettbewerbsfä‐ hige und marktadäquate Innovationen, überprüfbar durch Innovationserfolgsrechnungen, und die Beglei‐ tung des Diffusionsprozesses der Innovationen durch ein strategiekonformes Innovationsmarketing. Innovationsmarketing Innovationsmarketing ist zum einen die Entwicklung von neuartigen Ansätzen der Marktbeeinflussung, zum anderen die Anwendung von (klassischen) Mar‐ ketingansätzen auf Innovationen. Das letztgenannte Verständnis von Innovationsmarketing ist das domi‐ nierende; allerdings sind auch neuartige Marketingan‐ sätze für neuartige Dienstleistungen und Produkte von Bedeutung. Innovationsportfolio Ein Innovationsportfolio besteht aus mehreren Inno‐ vationen, unter Umständen unterschiedlichen Reali‐ sierungsgrades. Es kann gleiche oder unterschiedliche Marktsegmente anzielen und nach verschiedenen Kri‐ terien (z.-B. Erfolgsträchtigkeit) klassifiziert werden. Invention Eine Invention wird als eine Erfindung verstanden, die sich im Ideenstadium befindet und für die es noch keine ersten Vermarktungsschritte gibt. Joint Venture Equity Joint Ventures sind von zwei oder mehr Part‐ nern gegründete Unternehmen, die z.-B. für die Inno‐ 140 Glossar <?page no="141"?> vationsvermarktung in bestimmten Ländern zustän‐ dig sind. Die Partner halten Kapitalanteile am Joint Venture Unternehmen. Von Contractual Joint Ven‐ tures wird bereits gesprochen, wenn eine Kooperati‐ onsvereinbarung mit Partnern abgeschlossen wird. Joint Ventures spielen insbesondere beim Eintritt in fremde Märkte und bei innovierenden Unternehmen eine Rolle. Kommunikationsziel‐ setzungen Kommunikationszielsetzungen sind Sub-Ziele allge‐ meiner Marktziele und vor-ökonomischer Natur. Sie bauen aufeinander als Stufenkonzept auf, wie es schon das klassische AIDA-Modell postuliert, das auch den Übergang zu ökonomischem Erfolg beinhaltet (atten‐ tion, interest, desire, action). Kostenführerschaft Kostenführerschaft ist eine Form des Marktverhal‐ tens, das sich auf Kosteneinsparungen bei allen Akti‐ vitäten richtet, um so einen möglichst weiten Preis‐ spielraum zu gewinnen. Für Innovationen ist diese Marktausrichtung von geringerer Bedeutung. Kundenintegration Kundenintegration bedeutet den Einbezug von (po‐ tenziellen) Kunden in einige oder alle Phasen des Innovationsentwicklungsprozesses, z. B. in die Ideen‐ generierung oder in die Vorbereitung der Marktein‐ führung. Lebenszyklus Der Lebenszyklus von Produkten (Unternehmen etc.) umfasst die Zeit von Markteinführung bis Marktaus‐ tritt. Er kann extrem kurz sein („Flop“) oder sehr lang (insbesondere durch zahlreich Relaunches). Der ideal‐ typische Produktlebenszyklus weist typische Phasen auf (Einführung, Wachstum, Reife, Sättigung, Dege‐ neration u.ä.). Innovationen müssen auf einen ange‐ messenen Lebenszyklus aus Innovationsphase und „Normal“produktphase abzielen. Leistungsorientierte Preissetzung Dabei handelt es sich um eine spezielle Entgeltrege‐ lung, bei welcher der Kunde einen Teil seiner durch das Produkt / die Innovation erzielten Einsparungen, Gewinne etc. an den Verkäufer als Entgelt für das Produkt abtritt. Lizenzvergabe Die Lizenzvergabe ist eine kooperative Form der Inno‐ vationsvermarktung, bei der ein Innovator als Lizenz‐ geber gegen Lizenzgebühren bestimmte Rechte an der Innovation (z.-B. Herstellung, Vertrieb, Markenrecht) an einen Lizenznehmer übergibt. Je nach Gestaltung des Lizenzvertrages kann die Lizenzvergabe bis zu ei‐ nem Verzicht auf eigenständige Marktpräsenz führen. Glossar 141 <?page no="142"?> Market Pull Innovatio‐ nen Market Pull Innovationen sind vom Markt induzierte Innovationen und beruhen auf einer Anpassung an manifeste bzw. latente Kundenbedürfnisse. Marktanteil Der Marktanteil ist ein spezifisches ökonomisches Marktziel in Form einer Kennziffer mit dem eigenen Umsatz bzw. Absatz im Zähler und dem Gesamtum‐ satz bzw. Gesamtabsatz des relevanten Marktes im Nenner. Der relevante Markt ist u.-U. nicht eindeutig zu bestimmen; außerdem ist der Marktanteil als obers‐ tes Ziel wenig geeignet, da er nicht unbedingt Gewinn garantiert. Gerade Innovatoren sollten daher dieses Ziel mit Vorsicht verwenden. Marktfestlegung Die Marktfestlegung ist der Ausgangspunkt jeder Ver‐ marktungsstrategie und für Innovationen eine zen‐ trale Erfolgsvoraussetzung. Sie beinhaltet eine genaue Definition des angezielten Marktes mit Blick auf geo‐ graphische, Zielgruppen- und Angebotsabgrenzung Marktimplantation Unter Marktimplantation werden Formen des Markt‐ zutritts und der Marktverteidigung von Innovatoren und anderen Unternehmen verstanden. Marktsegment Ein Marktsegment ist ein Teilmarkt des Gesamt‐ markts, der sich aus der Anwendung von Segmen‐ tierungskriterien für die drei Dimensionen geogra‐ phische Erstreckung, Zielpersonen, Angebot ergibt. Marktsegmente sind die Basis für die Marktfestlegung von Innovationen. Mediaselektion Medien dienen der Weiterleitung von Kommunikati‐ onsmitteln und deren Botschaften an Zielgruppen. Ihre Auswahl, verbunden mit Entscheidungen zur Häufigkeit ihres Einsatzes über die Zeit, ist Gegen‐ stand der Mediaselektion und führt wegen der großen Zahl von Medien und Medienkombinationen zu einem komplexen Auswahlproblem. Multi-Channel-Absatz Beim Multichannel-Absatz werden gleichzeitig meh‐ rere Distributionswege von Herstellern genutzt. Mul‐ tichanneling des Einzelhandels ist der gleichzeitige Vertrieb über verschiedene Einzelhandelsformate. Neue Medien Neue Medien sind ein eher vager Sammelbegriff, der für jeweils technologische Innovationen in der Medi‐ enverfügbarkeit verwendet wird. Heutzutage geht es im Wesentlichen um digitale Medien. Im Mittelpunkt stehen Internetanwendungen. Offene Innovation Open Innovation bezieht sich auf die Offenheit des Innovationsprozesses. Es werden interne und externe 142 Glossar <?page no="143"?> Ressourcen und Kompetenzen genützt, um Innovatio‐ nen zu generieren und durchzusetzen. Die Optimie‐ rung des Innovationsprozesses übersteigt zunehmend die Möglichkeiten eines einzelnen Unternehmens, so dass Kooperationen mannigfacher Art einzugehen sind. Öffentlichkeitsarbeit (PR) Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations) dient der all‐ gemeinen Unterrichtung über das Unternehmen und deren Innovationen ohne Herausstellung direkter Ver‐ kaufsabsichten. Im Wesentlichen sollen Vertrauen und ein positives Image aufgebaut werden. Dabei können neben potenziellen Kunden auch alle anderen relevan‐ ten Einflussgruppen angesprochen werden. Persönliche Kommu‐ nikation Persönliche Kommunikation kann in engerem Sinne als Face-to-Face Kommunikation verstanden werden, also als Kommunikation unter Anwesenden. Durch technische Möglichkeiten ist auch eine Face-to-Face Simulation von räumlich getrennten Personen mög‐ lich (z.-B. durch Videokonferenz). Persönliche Kom‐ munikation hat einen besonderen Stellenwert für die Innovationskommunikation. Positionierung Positionierung ist die zentrale Festlegung des Un‐ ternehmens auf bestimmte herausragende Angebots‐ merkmale. Die Qualitätsführerschaft liefert hierfür zahlreiche Ansatzpunkte aus der Vielzahl möglicher Qualitätsaspekte; die Kostenführerschaft ist eindi‐ mensional auf niedrige Preise ausgerichtet. Die recht‐ zeitige Positionierung von Innovationen ist eine zen‐ trale Herausaforderung im Innovationsmarketing. Preisdifferenzierung Werden für den Absatz der gleichen Produkte bzw. Innovationen unterschiedliche Preise in unterschied‐ lichen Märkten festgelegt (z.-B. für Länder, Käufer‐ gruppen, Käufermengen, Kaufzeiten), handelt es sich um Preisdifferenzierung (Preisdiskriminierung). Preis-Reaktionskurve Die Reaktion von Kunden in Form von Kaufmen‐ gen bei bestimmten Preissetzungen für Innovationen und andere Produkte wird in aggregierter Form durch die Preis-Reaktionskurve (Preis-Absatz-Funk‐ tion) wiedergegeben. Produkt-Markt-Kom‐ bination Eine Produkt-Markt-Kombination ist die Zusammen‐ führung von ausgewählten Marktsegmenten nach geographischen und Zielgruppengesichtspunkten mit konkreten Angeboten, im Innovationsmarketing mit dem innovativen Angebot. Glossar 143 <?page no="144"?> Push- und Pull-Strate‐ gie Bei der Push-Strategie wird die Innovation vom Her‐ steller in den Handel „gedrückt“, bei einer Pull-Stra‐ tegie wird durch Herstellerkommunikation mit den Endabnehmern der Einzelhandel in den Vertrieb „hin‐ eingezogen“. Qualitätsführerschaft Beim Marktverhalten auf Basis einer Qualitätsführer‐ schaft steht hohe Qualität an erster Stelle aller Überle‐ gungen. Auf diese Weise sollen, wie typischerweise bei Innovationen, Präferenzen bei potenziellen Kunden für das Angebot generiert werden. S-Kurven-Konzept Das S-Kurven-Konzept ist ein heuristisches Mittel, um Klarheit über die Entwicklung einer Technologie in Phasen und die diskontinuierlichen Übergänge von einer Technologie auf eine andere Technologie zu erhalten. Das Konzept der S-Kurven wird ergänzt durch sogenannte Hüllkurven oder Trend Curves, die eine Vielzahl von S-Kurven umhüllen bzw. beinhalten. Solche Mega-S-Kurven haben ebenfalls das Potenzial zur Substitution von alt zu neu (z. B. Digitalisierungs‐ trend). Sprinklerstrategie Die Sprinklerstrategie ist eine zeitliche Vorgehens‐ weise bei der Vermarktung von Innovationen in verschiedenen Märkten. Es werden gleichzeitig alle Märkte bearbeitet. Manche Produkte, speziell solche mit kurzem Lebenszyklus, erfordern eine solche Vor‐ gehensweise. Technische Entwick‐ lung Im Sinne der Allgemeinen Theorie der technischen Entwicklung ist die technische Entwicklung ein Stufenreaktionsprozess kreativer und diskursiver Natur mit Zufallscharakter. Dieser Prozess wird entweder durch einen (Markt-)Bedarf ausgelöst (Tech‐ nology-Pull) oder durch Forschung in Gang gesetzt (Technology-Push). Der Prozess selbst ist zum einen ein Informationsgewinnungsprozess und zum ande‐ ren ein sozialer Prozess. Technology Push In‐ novationen Technology Push Innovationen sind Innovationen, die zunächst ohne Marktausrichtung auf Basis techni‐ scher Möglichkeiten entstanden sind, etwa als disrup‐ tive Neuerungen. Für sie ist durch Marketingaktivitä‐ ten ein Bedarf zu schaffen. USP Der USP (unique selling proposition) wird als zentrale Zielsetzung im Vermarktungsprozess, speziell von In‐ novationen, angesehen. Es handelt sich um zumindest eine relevante Besonderheit, durch die sich das Ange‐ bot von konkurrierenden Angeboten unterscheidet. 144 Glossar <?page no="145"?> Diese Besonderheit muss vom potenziellen Käufer als solche wahrgenommen werden. Vertriebsorgane, ei‐ gene und fremde Der Innovator kann unternehmenseigene Perso‐ nen / Abteilungen mit dem Vertrieb beauftragen oder unternehmensfremde Distributionsmittler und -helfer einsetzen. Wasserfallstrategie Die Wasserfallstrategie ist eine zeitliche Vorgehens‐ weise bei der Vermarktung von Innovationen in verschiedenen Märkten. Es erfolgt eine schrittweise Bearbeitung von Märkten, so dass die Präsenz von Innovationen über alle Märkte eine längere Zeit in Anspruch nimmt. Glossar 145 <?page no="147"?> Literatur Abele, E./ Reinhard, G., Zukunft der Produktion, München 2011 Alpar, A./ Koczy, M./ Metzen, M., SEO-Strategie, Taktik und Technik, Wiesbaden 2015 Baumgarth, C., Marktsegmentierung für Gründungsunternehmen (Entrepreneurial Segmenting), in: Entrepreneurial Marketing, 2. Aufl., hrsg. v. Freiling, J./ Koll‐ mann, T., Wiesbaden 2015 Belz, C./ Schögel, M./ Tomczak, T., Innovation Driven Marketing, in: Innovation Driven Marketing, hrsg. v. Belz, C./ Schögel, M./ Tomczak, T., Wiesbaden 2007 Bensmann, D., Netzwerke, Freiburg usw. 2018 Bornemann, T., Neuproduktvorankündigungen, Wiesbaden 2010 Burgelman, R.A./ Christensen, C.M./ Wheelwright, S.C., Strategic Management of Technology and Innovation, 5. Aufl., New York 2009 Chesbrough, H., Open Business Models, Boston 2006 Christensen, C.M., Exploring the Limits of the Technology S-Curve, in: Strategic Management of Technology and Innovation, hrsg. v. 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Positionierung-33, 77, 80, 102, 106 Preisbindung der zweiten Hand-93 Preisdifferenzierung-91, 93 Preis-Reaktionskurve-92 Produkt-Markt-Kombination-69, 76 Qualitätsführerschaft-76 Referenzgruppen-61, 97 Screening-85 Signalling-85, 119 S-Kurven-Konzept-17 Social Media-110 Sprinklerstrategie-78f. Strategische Allianz-74 SWOT-Analyse-51, 55f., 73 Taktik-13, 31 Technische Entwicklung-20 Technologie-11, 19f., 22, 35, 53 Technologiebilanz-36f. Technologieportfolio-32, 34 Technologiestärke-54 Technologische Trends-20, 22 USP-60f., 63 Vertriebsorgane-115 Wasserfallstrategie-78f. 152 Register <?page no="153"?> Bisher sind erschienen: Ulrich Sailer Digitalisierung im Controlling Transformation der Unternehmenssteuerung durch die Digitalisierung 2023, 104 Seiten €[D] 17,90 ISBN 978-3-381-10301-0 Michael von Hauff Wald und Klima Aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung 2023, 85 Seiten €[D] 17,90 ISBN 978-3-381-10311-9 Ralf Hafner Unternehmensbewertung 2024, 133 Seiten €[D] 19,90 ISBN 978-3-381-11351-4 Irene E. Rath / Wilhelm Schmeisser Internationale Unternehmenstätigkeit Grundlagen, Führung, Organisation 2024, 175 Seiten €[D] 19,90 ISBN 978-3-381-11231-9 Reinhard Hünerberg / Matthias Hartmann Technologische Innovationen Steuerung und Vermarktung 2024, 152 Seiten €[D] 19,90 ISBN 978-3-381-11291-3 nuggets Die Reihe nuggets behandelt anspruchsvolle Themen und Trends, die nicht nur Studierende beschäftigen. Expert: innen erklären und vertiefen kompakt und gleichzeitig tiefgehend Zusammenhänge und Wissenswertes zu brandneuen und speziellen Themen. Dabei spielt die richtige Balance zwischen gezielter Information und fundierter Analyse die wichtigste Rolle. Das Besondere an dieser Reihe ist, dass sie fachgebiets- und verlagsübergreifend konzipiert ist. Sowohl der Narr-Verlag als auch expert- und UVK-Autor: innen bereichern nuggets. <?page no="155"?> ISBN 978-3-381-11291-3 Die Marktdynamik hat in den vergangenen Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen. Technologische Entwicklungen erfolgen in immer kürzeren Abschnitten. Gleichzeitig wirkt ein stetig größer werdender Anteil dieser Innovationen disruptiv. Daraus ergeben sich Notwendigkeiten, stets und frühzeitig auch die Vermarktung innovativer Technologien im Blick zu haben, um den ökonomischen Erfolg zu gewährleisten. Dieses Buch zeigt diese Möglichkeiten prägnant und gut strukturiert auf. Gleichzeitig bieten die Autoren viele Lernfragen, Antworten und Beispiele mit Aufgaben. Hünerberg / Hartmann Technologische Innovationen Reinhard Hünerberg / Matthias Hartmann Technologische Innovationen Steuerung und Vermarktung