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Klimaneutrale Unternehmen

Management, Steuerung, Technologien

0318
2024
978-3-3811-1342-2
978-3-3811-1341-5
UVK Verlag 
Ulrich Sailer
10.24053/9783381113422

Der Klimawandel ist in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit, der Geschäftspartner:innen und der Politik aktuell von zentraler Bedeutung. Zahlreiche Unternehmen versuchen, das Pariser Klimaziel in das Nachhaltigkeitsmanagement bzw. in die Unternehmenssteuerung zu integrieren. Dies wird dadurch motiviert, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral sein möchte. Der steigende Preis für CO2-Zertifikate, die EU-Regulatorien CSRD und die EU-Taxonomie sorgen dafür, dass zukünftig eine sehr hohe Transparenz darüber besteht, wie die Unternehmen ihre CO2-Emissionen managen und wie erfolgreich sie dabei sind. Dieses Buch ist eine kompakte, übersichtliche und einführende Darstellung, wie Unternehmen strategisch und operativ den Weg zur Klimaneutralität gehen sollen. Es fällt Praktiker:innen und auch Studierenden der Betriebswirtschaft und der Nachhaltigkeitswissenschaften schwer, dies sowohl konzeptionell als auch operativ zu erfassen. Dieser nuggets-Band wird hierbei Abhilfe leisten.

<?page no="0"?> ISBN 978-3-381-11341-5 Prof. Dr. Ulrich Sailer ist Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. Er leitet den Masterstudiengang Controlling und beschäftigt sich insbesondere mit dem Nachhaltigkeitscontrolling. Der Klimawandel ist in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit, der Geschäftspartner und der Politik aktuell von zentraler Bedeutung. Zahlreiche Unternehmen versuchen, das Pariser Klimaziel in das Nachhaltigkeitsmanagement bzw. in die Unternehmenssteuerung zu integrieren. Dies wird dadurch motiviert, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral sein möchte. Der steigende Preis für CO 2 -Zertifikate, die EU-Regulatorien CSRD und die EU-Taxonomie sorgen dafür, dass zukünftig eine sehr hohe Transparenz darüber besteht, wie die Unternehmen ihre CO 2 -Emissionen managen und wie erfolgreich sie dabei sind. Dieses Buch ist eine kompakte, übersichtliche und einführende Darstellung, wie Unternehmen strategisch und operativ den Weg zur Klimaneutralität gehen sollen. Es fällt Praktikern und auch Studierenden der Betriebswirtschaft und der Nachhaltigkeitswissenschaften schwer, dies sowohl konzeptionell als auch operativ zu erfassen. Dieser nuggets-Band wird hierbei Abhilfe leisten. Sailer Klimaneutrale Unternehmen Ulrich Sailer Klimaneutrale Unternehmen Management, Steuerung, Technologien <?page no="1"?> Klimaneutrale Unternehmen <?page no="2"?> Prof. Dr. Ulrich Sailer ist Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. Er leitet den Masterstudiengang Controlling und beschäftigt sich insbesondere mit dem Nachhaltigkeitscontrolling. In der Lehre immer am Zahn der Zeit zu sein, wird in unserer schnelllebigen Zeit immer mehr zur Herausforderung. Mit unserer neuen fachübergreifenden Reihe nuggets präsentieren wir Ihnen die aktuellen Trends, die Forschung, Lehre und Gesellschaft beschäftigen - wissenschaftlich fundiert und kompakt dargestellt. Ein besonderes Augenmerk legt die Reihe auf den didaktischen Anspruch, denn die Bände sind vor allem konzipiert als kleine Bausteine, die Sie für Ihre Lehrveranstaltung ganz unkompliziert einsetzen können. Mit unseren nuggets bekommen Sie prägnante und kompakt dar‐ gestellte Themen im handlichen Buchformat, verfasst von Expert: innen, die gezielte Information mit fundierter Analyse verbinden und damit aktuelles Wissen vermitteln, ohne den Fokus auf das Wesentliche zu verlieren. Damit sind sie für Lehre und Studium vor allem eines: Gold wert! So gezielt die Themen in den Bänden bearbeitet werden, so breit ist auch das Fachspektrum, das die nuggets abdecken: von den Wirtschaftswissenschaf‐ ten über die Geisteswissenschaften und die Naturwissenschaften bis hin zur Sozialwissenschaft - Leser: innen aller Fachbereiche können in dieser Reihe fündig werden. <?page no="3"?> Ulrich Sailer Klimaneutrale Unternehmen Management, Steuerung, Technologien <?page no="4"?> DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783381113422 © UVK Verlag 2024 ‒ ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro‐ verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Heraus‐ geber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISSN 2941-2730 ISBN 978-3-381-11341-5 (Print) ISBN 978-3-381-11342-2 (ePDF) ISBN 978-3-381-11343-9 (ePub) Umschlagabbildung: © shansekala iStockphoto Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbib‐ liografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="5"?> 7 9 11 1 13 2 17 2.1 17 2.1.1 17 2.1.2 22 2.1.3 24 2.1.4 27 2.2 29 2.3 31 2.3.1 31 2.3.2 33 2.3.3 39 2.3.4 41 2.4 45 3 47 3.1 47 3.2 49 3.3 54 3.4 58 4 59 4.1 59 4.1.1 59 Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kompakt vorab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verstehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen der globalen Klimaproblematik . . . . . . . . . . . . Sachstandsberichte des Weltklimarats . . . . . . . . . . . . . . . . . Klimapolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klimafreundlich, klimaneutral und klimapositiv . . . . . . . . . Sustainable Development Goals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stand des Klimamanagements in den Unternehmen . . . . . Regulatorische Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Herausforderungen der Regulatorik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . CSRD und EU-Taxonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Task Force on Climate-related Financial Disclosures . . . . . IFRS Sustainability Disclosure Standards . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klimabezogene Messgrößen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Greenhouse Gas Protocol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Messung von Klimarisiken und -chancen . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Steuern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klimaziele abstecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Von der Regulatorik zur Steuerung wesentlicher Inhalte . . <?page no="6"?> 4.1.2 61 4.1.3 62 4.2 67 4.2.1 67 4.2.2 69 4.2.3 70 4.2.4 73 4.3 74 4.3.1 75 4.3.2 77 4.3.3 81 4.4 83 4.4.1 84 4.4.2 86 4.4.3 88 4.5 93 4.5.1 93 4.5.2 100 4.5.3 103 4.5.4 106 4.6 107 4.6.1 107 4.6.2 110 4.7 113 5 115 5.1 115 5.2 118 121 125 127 130 Bottom-up vs. Top-down . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Science Based Targets . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klimastrategie entwickeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reduzieren, substituieren, kompensieren . . . . . . . . . . . . . . . Unternehmens-, Nachhaltigkeits- und Klimastrategie . . . . Wertschöpfungskette und Geschäftsmodelle . . . . . . . . . . . . Investitionsmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unternehmensübergreifende Emissionssteuerung . . . . . . . Identifikation der Emissionstreiber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Emissionstreiberbaum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maßnahmenplan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Operative Steuerung durch interne CO 2 -Preise . . . . . . . . . . Methodik der internen CO 2 -Bepreisung . . . . . . . . . . . . . . . . Festsetzung des CO 2 -Preises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bestimmung des Steuerungskonzepts . . . . . . . . . . . . . . . . . . Software und Technologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Softwarelösungen im Klima-Performance-Management . . Datenmanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Digitalisierung und KI im Klimamanagement . . . . . . . . . . . Stand der Softwarenutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Organisatorische Umsetzung des Klimamanagements . . . . Organisation des Klimamanagements in der Praxis . . . . . . Akteure im betrieblichen Klimamanagement . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Externe Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Interne Berichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tabellenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Inhalt <?page no="7"?> Vorwort Die Begrenzung des Klimawandels ist eine der größten Herausforderungen für die Menschheit. Wetterextreme, Dürren, Überschwemmungen, der An‐ stieg des Meeresspiegels, der Verlust von Biodiversität, die Ausbreitung von Krankheiten, geopolitische Konflikte und Migration sind Folgen des Klimawandels. Unternehmen tragen aufgrund ihrer hohen Treibhausgas‐ emissionen eine besondere Verantwortung. Sie sind jedoch nicht nur Ver‐ ursacher, sondern auch von den Folgen betroffen. Klimarisiken können Unternehmenswerte und ganze Existenzen vernichten. Viele Länder haben Maßnahmen ergriffen, um die Emissionen von Unter‐ nehmen drastisch zu reduzieren. In der Europäischen Union wurden mit der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und der EU-Taxono‐ mie Regelwerke erlassen, die zu einer Reduktion der Treibhausgasemissio‐ nen führen sollen. Gemäß dem Pariser Klimaabkommen sollen alle Länder und Unternehmen bis 2050 klimaneutral sein, um den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf unter 2°C zu begrenzen. Der Weg zum klimaneutralen Unternehmen ist mit zahlreichen Heraus‐ forderungen verbunden. Dieses Buch bietet eine kompakte Anleitung, wie Unternehmen diesen Weg gehen können. Ich danke dem UVK-Verlag und insbesondere Herrn Dr. Jürgen Schechler für die seit Jahren gewohnt freundliche und sehr gute Zusammenarbeit. Über Fragen, Kritik und Anregungen zu meinem Buch freue ich mich. Schreiben Sie mir: ulrich.sailer@hfwu.de Prof. Dr. Ulrich Sailer Professor für Controlling und Nachhaltigkeit Leiter Masterstudiengang Controlling Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen Sigmaringer Str. 25 72622 Nürtingen www.hfwu.de <?page no="8"?> Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Buch bei Perso‐ nenbezeichnungen und personenbezogenen Hauptwörtern die männ‐ liche Form verwendet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für alle Geschlechter. 8 Vorwort <?page no="9"?> Abkürzungsverzeichnis BARC Business Application Research Center BI Business Intelligence CCS Carbon Capture and Storage = CO 2 -Abscheidung und Speicherung CDP Carbon Disclosure Project CFO Chief Financial Officer CO 2 Kohlendioxid CO 2 e Kohlendioxid Äquivalente, Maßeinheit zur Messung von Klimawir‐ kungen unterschiedlicher Treibhausgase CSRD Corporate Sustainability Reporting Directive GHG Greenhouse Gas = Treibhausgas GRI Global Reporting Initiative EFRAG European Financial Reporting Advisory Group ESG Environmental, Social, Governance ESRS European Sustainability Reporting Standards ESRS E European Sustainability Reporting Standards Environment ESRS S European Sustainability Reporting Standards Social ESRS G European Sustainability Reporting Standards Governance EU Europäische Union IASB International Accounting Standards Board ICP Internal Carbon Pricing ICV Internationaler Controller Verein IFRS International Financial Reporting Standards IFRS S International Financial Reporting Standards Sustainability IFRS SDS International Financial Reporting Standards, Sustainability Disclo‐ sure Standards IPCC Intergovernmental Panel on Climate Change = Weltklimarat <?page no="10"?> ISSB International Sustainability Standards Board KI Künstliche Intelligenz NFRD Non-Financial Reporting Directive ppm Parts per Million SASB Sustainability Accounting Standards Board SBT Science Based Targets SBTi Science Based Targets Initiative SDG Sustainable Development Goals SFDR Sustainable Finance Disclosure Regulation TCFD Tas Force on Climate Related Financial Disclosures THG Treibhausgas = Greenhouse Gas TÜV Technischer Überwachungsverein 10 Abkürzungsverzeichnis <?page no="11"?> Kompakt vorab Verstehen Messen Steuern Berichten In diesem Buch werden folgende Handlungsempfehlungen für den Wandel hin zu einem klimaneutralen Unternehmen erarbeitet. Verstehen: ● Die Herausforderungen der globalen Klimaproblematik, die relevanten politischen und gesellschaftlichen Akteure und die wichtigsten Begriffe des Klimamanagements sind bekannt. ● Es ist zu klären, ob die regulatorischen Anforderungen, insbesondere die CSRD und die EU-Taxonomie, für ein Unternehmen relevant sind. Wenn dies der Fall ist, sollten die konkreten Inhalte der EU-Taxonomie, die ESRS-Querschnittsstandards ESRS 1 und 2 und der Standard für den Klimawandel, ESRS E1, bekannt sein. ● Der Klimawandel ist für ein Unternehmen wesentlich, wenn eigene Emissionen die Umwelt belasten oder wenn der finanzielle Erfolg durch den Klimawandel beeinflusst wird. Messen: ● Die Treibhausgasemissionen müssen gemessen werden, damit sie ge‐ steuert werden können. ● Berichtspflichtige Unternehmen müssen die Metriken und Ziele aus dem Standard ESRS E1-4 bis ESRS E1-9 erfassen und umsetzen. ● Die Messung der THG-Emissionen ist nach dem Greenhouse Gas Pro‐ tocol für Scope 1 und 2 und soweit möglich für Scope 3 durchzuführen. ● Klimabedingte Übergangsrisiken und physische Risiken müssen erfasst und mit Hilfe von Szenarioanalysen bewertet werden. Steuern: ● Identifikation der wesentlichen Themen für das Klimamanagement auf Basis der doppelten Wesentlichkeit. <?page no="12"?> ● Die Reduktionsziele der Emissionen sollten top-down geplant werden. Zur Bestimmung des Umfangs sollte die Methodik der Science Based Targets verwendet werden. ● Die Klimastrategie sollte mit folgender Priorisierung erstellt werden: erst reduzieren, dann substituieren und erst zuletzt kompensieren. ● Entwicklung eines mehrjährigen, unternehmensweiten und treiberba‐ sierten Reduktionspfads. ● Konzeption einer dezentralen, operativen Emissionssteuerung durch interne CO 2 -Bepreisung. Neben der Festlegung des CO 2 -Preises ist das Steuerungskonzept zu bestimmen. ● Einsatz von Softwaretools für das Performance Management, das Daten‐ management und das Reporting. Die Potenziale der KI sind zu bewerten. ● Die Aufbauorganisation des Klimamanagements soll unter Einbindung der Nachhaltigkeitsabteilung, des Controllings und der Umweltabtei‐ lung erstellt werden. Berichten: ● Externe Klimaberichte sind unter Berücksichtigung der regulatorischen Anforderungen CSRD und EU-Taxonomie, gegebenenfalls freiwilliger Standards wie der TCFD und der Interessen der Stakeholder zu erstellen. ● Es ist ein internes Klimaberichtswesen aufzubauen, das in das Manage‐ mentreporting integriert wird. Die Nutzung moderner Self-Service-Re‐ portingtools erweist sich als hilfreich. 12 Kompakt vorab <?page no="13"?> 1 Einführung Die Europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden und bis 2030 die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um 55 % zu reduzieren. Deutschland strebt die Klimaneutralität bis 2045 an und möchte seine Emissionen bis 2030 um 65 % gegenüber 1990 reduzieren. Der 2019 von der Europäischen Union verabschiedete Green Deal soll nachhaltige Investitionen erleichtern, um die Transformation zu ermögli‐ chen. Öffentliche und private Investitionen sollen in nachhaltige Sektoren und Unternehmen gelenkt werden. Der Green Deal misst der Sustainable Finance, der nachhaltigen Finanzierung, eine große Bedeutung bei. Die Nachhaltigkeit soll entscheidungsrelevant für Investitionen werden. Das bedeutet, dass kapitalsuchende Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsleistung glaubhaft darstellen müssen. Mit dem Sustainable Finance Framework hat die EU verschiedene Regelungen entwickelt, um die Transparenz von Unternehmen zu erhöhen. Investoren, Geschäftspartner und die Öffentlichkeit sollen verlässliche In‐ formationen darüber erhalten, wie nachhaltig Unternehmen tatsächlich wirtschaften. Davon können sie ihre Entscheidung abhängig machen, ob sie in das Unternehmen investieren, ihm einen Kredit gewähren oder bei ihm einkaufen. Die wichtigsten Regelwerke für Unternehmen sind die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und die EU-Ta‐ xonomie. Für den Finanzdienstleistungssektor ist die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) von Bedeutung. Die Regelungen umfassen eine Vielzahl von Umwelt-, Sozial- und Go‐ vernance-Themen. Die Klimaproblematik wird dabei sowohl von der Öffentlichkeit als auch von den Unternehmen als eine der wichtigsten Her‐ ausforderungen wahrgenommen. Dazu beigetragen haben die seit Jahren gemessenen Temperaturrekorde, die zunehmenden Wetteranomalien und der wissenschaftlich belegte Zusammenhang zwischen den enorm gestiege‐ nen Treibhausgasemissionen, der zunehmenden CO 2 -Konzentration in der Atmosphäre und dem Temperaturanstieg. Auch in vielen Unternehmen spielt der Klimawandel eine wichtige Rolle. In der Nachhaltigkeitsstudie des TÜV-Verbandes aus dem Jahr 2022, bei der 208 deutsche Unternehmen befragt wurden, streben 77 % die <?page no="14"?> 1 Vgl. TÜV 2022, S.-23. Klimaneutralität an und 5 % sind bereits klimaneutral. 1 Die wichtigsten ökologischen Ziele sind die Einsparung von Energie und die Reduktion von CO 2 -Emissionen, wie die folgende Abbildung zeigt: Abb. 1.1: Die bedeutsamsten ESG-Themen in Unternehmen (Quelle: Papenfuss 2022, S. 3) 62% 63% 63% 64% 68% 82% 84% 92% weniger Rohstoffe verbrauchen Wasserverbrauch verringern umweltverträgliche alternative Stoffe Verpackungsmaterial reduzieren Recyclingquote erhöhen weniger Abfälle CO2-Emissionen reduzieren weniger Energie verbrauchen Abb. 1.1: Bedeutung ökologischer Nachhaltigkeitsziele in den Unternehmen (Quelle: TÜV 2022, S.-22) Der Begriff Nachhaltigkeit wird in den Unternehmen zunehmend durch das Akronym ESG (Environmental, Social, Governance) ersetzt. Die Begriffe sind jedoch nicht identisch: Nachhaltigkeit ESG Nachhaltigkeit ist das Handlungsprin‐ zip, mit endlichen Ressourcen so um‐ zugehen, dass heutige und künftige Generationen ihre Bedürfnisse befrie‐ digen können. Dies umfasst ökono‐ mische, ökologische und soziale As‐ pekte. ESG bezieht sich auf die Verantwor‐ tung und Leistung von Unternehmen in Bezug auf ihre Auswirkungen auf die Umwelt, ihren Umgang mit sozia‐ len Aspekten und die Art und Weise der Unternehmensführung wie Trans‐ parenz und Einhaltung von Standards. Dieses Buch behandelt den durch Treibhausgasemissionen verursachten Klimawandel und den Beitrag der Unternehmen, diesen zu begrenzen. Es bietet einen praktischen Leitfaden für ein professionelles Klimamanagement in Unternehmen. Der Aufbau des Buches folgt einem vierstufigen Ansatz: 14 1 Einführung <?page no="15"?> Verstehen Messen Steuern Berichten ● Verstehen: Es werden die Grundlagen der globalen Klimaproblema‐ tik dargestellt und es wird der Stand des Klimamanagements in den Unternehmen beschrieben. Die regulatorischen Anforderungen haben in den letzten Jahren massiv an Bedeutung gewonnen. Über diese wird ein Überblick gegeben. ● Messen: Die Reduktion von Treibhausgasemissionen setzt voraus, dass diese im Unternehmen bekannt sind. Sie müssen daher gemessen werden, wofür das Greenhouse Gas Protocol der Standard ist. Neben den Emissionen müssen auch die Risiken, die durch die Emissionen verursacht werden, gemessen werden. ● Steuern: Ausgangspunkt der Steuerung sind Ziele. Es wird aufgezeigt, wie Klimaziele wissenschaftlich fundiert festgelegt werden. Darauf aufbauend kann die strategische und operative Steuerung der Treibhausgasemissionen erfolgen. Für die operative Steuerung ist eine softwaretechnische Unterstützung notwendig. ● Berichten: Die operative Steuerung erfordert eine transparente in‐ terne Berichterstattung. Externe Berichte richten sich an den regu‐ latorischen Anforderungen und an den Informationsbedürfnissen der Stakeholder aus. Von der Senkung der THG-Emissionen werden eine Reihe von Vorteilen erwartet. Eine internationale Studie der Boston Consulting Group aus dem Jahr 2023, in der weltweit 1.850 Unternehmen zu ihrer Klimapolitik befragt wurden, hebt die Bedeutung von Reputation und die Kosteneinsparungen als wichtigste Motive für die Emissionsreduktion hervor, wie die folgende Abbildung zeigt. 1 Einführung 15 <?page no="16"?> Abb. 1.2: Vorteile durch die Emissionsreduktion (Quelle: BCG 2023) 34% 38% 41% 44% 46% 50% 51% Steuervorteile Attraktivität für Mitarbeiter Umsatzsteigerung Steigerung Unternehmenswert regulatorische Anforderungen erfüllen Kostensenkung Reputation steigern Abb. 1.2: Vorteile durch die Emissionsreduktion (Quelle: Boston Consulting Group 2023) 16 1 Einführung <?page no="17"?> 2 Verstehen Verstehen Messen Steuern Berichten Voraussetzung für ein Klimamanagement ist die grundlegende Kenntnis der Zusammenhänge zwischen Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen), der steigenden CO 2 -Konzentration in der Atmosphäre und der daraus resultierenden Klimaerwärmung. Die Klimaproblematik wird kompakt dar‐ gestellt, bevor der aktuelle Stand des Klimamanagements in den Unterneh‐ men aufgezeigt wird. Abschließend werden die aktuellen regulatorischen Anforderungen, insbesondere seitens der Europäischen Union, beleuchtet. 2.1 Grundlagen der globalen Klimaproblematik 2.1.1 Sachstandsberichte des Weltklimarats Eine bedeutende Wissensgrundlage zur Klimaerwärmung stellen die Sach‐ standsberichte des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) dar. Auf diesem Wissensstand basiert die Klimapolitik sowohl auf internationaler Ebene der Vereinten Nationen, der Europäischen Union, wie auch auf nationaler Ebene. Dieser Wissensstand ist maßgeblich für die regulatorischen Anforderungen an Unternehmen. Info: Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) Der aktuelle wissenschaftliche Kenntnisstand zum Klimawandel wird vom IPCC mit Sitz in Genf zusammengetragen. Im Deutschen ist der IPCC auch als Weltklimarat bekannt. Seine Aufgabe ist es, die Risiken der globalen Erwärmung abzuschätzen und Vermei‐ dungsstrategien aufzuzeigen. Der IPCC wurde 1988 vom Umwelt‐ programm der Vereinten Nationen und von der Weltorganisation der Meteorologie gegründet. <?page no="18"?> In seinen Sachstandsberichten, die alle fünf bis sechs Jahre erschei‐ nen, werden die wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Klimaerwär‐ mung von einer großen Anzahl an Wissenschaftlern aus aller Welt zu‐ sammengetragen. Der IPCC betreibt keine eigene Forschung, sondern stellt den Stand der weltweiten Forschungsleistungen dar. Er versteht sich nicht als Politikberatung und gibt daher keine Handlungsemp‐ fehlungen. Vielmehr geht es darum, Politikern und Organisationen den aktuellen Wissensstand zur Klimaerwärmung zu vermitteln, über den in der Wissenschaft Konsens besteht. Der 6. Sachstandsbericht ist in drei Bänden in den Jahren 2021 und 2022 erschienen. Ein abschließender Synthesereport erschien am 20. März 2023. Die Berichte stehen auf der Homepage des IPCC zum Download zur Verfügung. Link: https: / / www.ipcc.ch/ reports/ “Menschliche Aktivitäten, vor allem durch die Emission von Treibhausgasen, haben die globale Erwärmung eindeutig verursacht. Die globale Oberflächentem‐ peratur liegt im Zeitraum 2011-2020 um 1,1°C über dem Wert von 1850-1900. Die globalen Treibhausgasemissionen haben weiter zugenommen, wobei die Beiträge aus nicht nachhaltiger Energienutzung, Flächennutzung und Flächennutzungs‐ änderungen, Konsum- und Produktionsmuster in verschiedenen Regionen und Ländern und zwischen den einzelnen Menschen ungleich verteilt sind und bleiben.“ Quelle: IPCC 2023, S.-4, eigene Übersetzung. Um die Veränderung der globalen Temperatur aufzuzeigen, werden aktuelle Temperaturen mit der Durchschnittstemperatur einer vergangenen Periode verglichen. In folgender Abbildung dient der Zeitraum von 1951 bis 1980 als Vergleich. Beim Vergleich mit noch früheren Perioden, wie etwa vor der Industrialisierung im 19. Jahrhundert, liegen die Temperaturen bereits deutlich über 1°C. Dabei ist in der nördlichen Hemisphäre der Tempera‐ turanstieg etwa doppelt so hoch wie im Süden. 18 2 Verstehen <?page no="19"?> Abb. 2.1: Weltweite Temperaturschwankungen (Quelle: Our World in Data, 2023) Abb. 2.1: Monatliche weltweite Temperaturschwankungen im Vergleich zum Durchschnitt von 1951 bis 1980 (Quelle: Our World in Data 2023https: / / ourworldindata.org/ explo‐ rers/ climate-change, Abruf 13.01.2024) Info: Treibhauseffekt „Die Erdatmosphäre enthält Gase, die kurzwellige Sonnenstrahlung zum großen Teil passieren lassen, (langwellige) Wärmestrahlung jedoch absorbieren und damit das System erwärmen. In Analogie zu einem Treibhaus - das Sonnenstrahlung durchlässt und Wärme‐ strahlung „festhält” - werden diese Gase auch als Treibhausgase bezeichnet. Vor allem Wasserdampf und Kohlendioxid absorbieren einen Teil der von der Erdoberfläche abgegebenen Wärmestrahlung und verringern deshalb den Anteil der in den Weltraum abgegebenen Wärmestrahlung. Ohne diesen natürlichen Treibhauseffekt wäre die Erde vereist.“ Quelle: Umweltbundesamt, https: / / www.umweltbundesamt.de/ servic e/ uba-fragen/ wie-funktioniert-der-treibhauseffekt, Abruf: 13.01.2024. Die natürliche Konzentration von Treibhausgasen schwankte in den letzten mehreren hunderttausend Jahren meist zwischen 200 und 250 ppm 2.1 Grundlagen der globalen Klimaproblematik 19 <?page no="20"?> (parts per million). Seit der Industrialisierung ist die Konzentration durch den Anstieg der Emissionen auf deutlich über 400 ppm angestiegen. Abb. 2.2: Entwicklung der CO2-Konzentration (Quelle: Our World in Data, 2023) Abb. 2.2: Entwicklung der globalen CO 2 -Konzentration in der Atmosphäre seit über 800.000 Jahren (Quelle: Our World in Data 2023, https: / / ourworldindata.org/ explorers/ climate-change, Abruf: 24.01.2024) Die folgende Abbildung zeigt den Anstieg der globalen Treibhausgasemis‐ sionen seit der Industrialisierung, der zu einer Erhöhung der Treibhausgas‐ konzentration in der Atmosphäre geführt hat. 20 2 Verstehen <?page no="21"?> Abb. 2.3: Treibhausgasemissionen weltweit (Quelle: Our World in Data, 2023) Abb. 2.3: Treibhausgasemissionen weltweit seit 1850 (Quelle: Our World in Data 2023, ht tps: / / ourworldindata.org/ greenhouse-gas-emissions, Abruf: 24.01.2024) Info: Treibhausgase Treibhausgase ist ein Sammelbegriff für verschiedene Gase, die zum Treibhauseffekt beitragen. Dazu gehören Kohlendioxid (CO 2 ), Me‐ than (CH 4 ), Lachgas (N 2 O) sowie verschiedene fluorierte Treibhaus‐ gase (F-Gase). Das Maß für die Treibhausgasemissionen sind die CO 2 -Äquivalente (CO 2 e). CO 2 ist mit einem Anteil von knapp 75 % das wichtigste Treibhausgas. Die ausgestoßene Menge an Methan ist zwar deutlich geringer, wirkt sich aber 25-mal stärker auf die Klimaerwärmung aus als CO 2 . Insgesamt trägt Methan mit über 17 % zur Klimaerwärmung bei. Andere, viel seltenere Gase haben einen noch stärkeren Effekt. Schwefelhexafluorid (SF 6 ) hat eine um 23.500-mal stärkere Wirkung als CO 2 . Aufgrund der sehr geringen Emissionsmengen der F-Gase liegt ihr Gesamteffekt auf die globale Erwärmung bei etwa 2 %. Darüber hinaus unterscheiden sich die Treibhausgase in ihrer Verweildauer in der Atmosphäre. Während CO 2 bis zu hundert Jahre in der Atmosphäre bestehen kann, lösen sich andere Gase bereits nach wenigen Jahren wieder auf. Die einheitliche Maßeinheit CO 2 e berücksichtigt die Stärke der Wirkung und die unterschiedliche Verweildauer in der Atmosphäre. 2.1 Grundlagen der globalen Klimaproblematik 21 <?page no="22"?> 2 Die Werte gelten näherungsweise gemäß der vom IPCC erstellten Szenarien, vgl. IPCC 2022, S.-22. Reduktionsbedarf Um die globale Erwärmung auf 1,5°C oder auf 2°C zu begrenzen, darf weltweit nur noch eine begrenzte Menge an THG ausgestoßen werden. Dieses globale Emissionsbudget, das noch verbraucht werden darf, muss gerecht auf alle Länder, Menschen und Unternehmen verteilt werden. Ausgehend vom heutigen Niveau müssen jährlich Reduktionen erreicht werden, um das Budget einzuhalten. Ohne Reduktionen wäre das Budget für das 1,5°C-Ziel nach Berechnungen des IPCC bis 2030 aufgebraucht. Das Ziel zur Begrenzung der Erderwärmung würde verfehlt. Das 1,5°C-Ziel erfordert, dass die globalen Emissionen bis 2050 auf Netto-Null sinken. Zwar können nicht alle Emissionen vermeiden werden, wie etwa aus der Landwirtschaft, aber die unvermeidbaren Emissionen müssen durch natürliche oder künstliche THG-Entnahmen wieder gebun‐ den werden. Ein erster notwendiger Zwischenschritt zur Erreichung des 1,5°C-Ziels ist die Reduktion der globalen Emissionen bis 2030 um rund 43 % gegenüber 2019, was einer jährlichen Reduktion von über 7 % entspricht. Für das 2°C-Ziel ist eine Reduktion von rund 27 % bis 2030 und eine jährliche Reduktion von über 4 % erforderlich. 2 Da die historischen und aktuellen Emissionen wie auch der Wohlstand in den einzelnen Ländern unterschiedlich sind, ist eine einheitliche Reduktion, die diese Unterschiede nicht berücksichtigt, kaum zu rechtfertigen. Für Industrieländer mit ei‐ nem historisch hohen Anteil an THG-Emissionen und mit einem hohen Pro-Kopf-Ausstoß an THG-Emissionen sollten die Ziele ehrgeiziger sein als der globale Durchschnitt. Dies gilt für die Ziele der Europäischen Union und Deutschlands. Die Ziele eines Landes gelten auch für die Unternehmen in diesem Land. 2.1.2 Klimapolitik Die Klimapolitik umfasst geeignete Maßnahmen, um das Klimaziel zu erreichen. Seit Jahren werden zahlreiche Politikfelder hierdurch geprägt und politische Diskussionen teils kontrovers geführt. Neben dem Beitrag zur Senkung der Emissionen werden Fragen der Energiesicherheit, des wirtschaftlichen Wohlstands oder der sozialen Gerechtigkeit thematisiert. 22 2 Verstehen <?page no="23"?> Verschiedene Ansichten und Bewertungen sind typisch für einen demokra‐ tischen Willensbildungsprozess. Voraussetzung ist aber die Kenntnis und die Akzeptanz wissenschaftsbasierter Grundlagen zur Klimaproble‐ matik. Dies ist sowohl in der Politik wie auch in den (sozialen) Medien nicht immer gegeben. Von der Wissenschaft, aber auch von Aktivisten wie Fridays for Future, werden wissenschaftsbasierte Bewertungen und Maßnahmen eingefordert. Durch die Komplexität des Themas und durch eine politische Instrumen‐ talisierung der Klimapolitik besteht Unsicherheit über Eignung und Ange‐ messenheit klimapolitischer Maßnahmen. Neben der Bewusstmachung wis‐ senschaftsbasierter Grundlagen, über die weitgehender Konsens herrscht, darf die Komplexität der Klimaerwärmung keinesfalls reduziert oder ignoriert werden. Beispielsweise besteht mit dem Simulationsmodell EN-ROADS ein Werkzeug, welches das komplexe Klimasystem und die Wirkungen verschiedener Maßnahmen samt den direkten und indirekten Abhängigkeiten auch für Laien anschaulich darstellt. Link: https: / / en-roads.climateinteractive.org/ scenario.html? v=23.12.0 Das von Climate Interactive und dem Massachusetts Institute for Techno‐ logy entwickelte Simulationstool basiert auf den aktuellen wissenschaft‐ lichen Erkenntnissen und stellt systemtheoretisch die wechselseitigen Abhängigkeiten dar. Teilweise führen bereits einfache Simulationen zu beeindruckenden Erkenntnissen, die emotionale Diskussionen überflüssig machen. Wie in einem Flugzeugsimulator werden die Auswirkungen von Maßnahmen sichtbar. So zeigt sich beispielsweise, dass eine Erhöhung des CO 2 -Preises insgesamt starke Effekte hat, während die Effekte einer Subventionierung der Kernenergie oder von Aufforstungsmaßnahmen we‐ sentlich schwächer und langwieriger sind. Einige Maßnahmen behindern sich gegenseitig, andere sind substituierbar und bringen bei gleichzeitigem Einsatz keinen zusätzlichen Nutzen. Die folgende Abbildung zeigt beispielhaft einen Screenshot eines mit EN-ROADS erstellten Szenarios. In diesem Szenario wurden verschiedene klimapolitische Maßnahmen ergriffen, um den Temperaturanstieg bis 2100 auf 1,6°C zu begrenzen. Die Maßnahmen sind an den Schiebereglern unter‐ halb der Diagramme zu erkennen. Eine Variation der Maßnahmen zeigt, wie stark sie in Abhängigkeit von anderen Maßnahmen wirken. Die Durchfüh‐ 2.1 Grundlagen der globalen Klimaproblematik 23 <?page no="24"?> rung verschiedener Simulationen verschafft dem Anwender einen guten Einblick in das Klimasystem und in die Auswirkungen der Klimapolitik. Abb. 2.4: Klimasimulation in EN-ROADS (Quelle: EN-ROADS, Sreenshot) Abb. 2.4: Screenshot einer Klimasimulation in EN-ROADS (Quelle: eigene EN-ROADS-Simu‐ lation, dieses ist unter folgendem Link aufrufbar und kann weiter verändert werden: https : / / en-roads.climateinteractive.org/ scenario.html? v=23.12.0&p1=54&p7=35&p10=1.4&p 16=-0.05&p23=5&p35=1&p39=189&p47=2.4&p50=2.9&p373=30&p375=35&p57=-5. 8&p59=-65&p65=57&p67=24&g0=2&g1=62&lang=de, Abruf: 24.01.2024) 2.1.3 Klimafreundlich, klimaneutral und klimapositiv In der Werbung und in Publikationen von Unternehmen finden sich Aus‐ sagen zum Klimamanagement, die teils missverständlich, teils irreführend sind. Unternehmen und Produkte werden als klimafreundlich, klima‐ neutral oder klimapositiv bezeichnet. Für diese Bezeichnungen gibt es keine verbindlichen Mindeststandards und keine unabhängigen Prüfverfah‐ ren. Die von privaten Organisationen vergebenen Labels sind uneinheitlich und nicht immer verlässlich. Klimaneutralität, Netto-Null-Emissionen und Klimakompensation Die Europäische Union strebt bis 2050 Klimaneutralität an und definiert diese wie folgt: 24 2 Verstehen <?page no="25"?> Definition: Klimaneutralität „Klimaneutralität bedeutet, ein Gleichgewicht zwischen Kohlen‐ stoffemissionen und der Aufnahme von Kohlenstoff aus der Atmo‐ sphäre in Kohlenstoffsenken herzustellen. Um Netto-Null-Emissio‐ nen zu erreichen, müssen alle Treibhausgasemissionen weltweit durch Kohlenstoffbindung ausgeglichen werden…. Als Kohlenstoff‐ senke wird ein System bezeichnet, das mehr Kohlenstoff aufnimmt als es abgibt. Die wichtigsten natürlichen Kohlenstoffsenken sind Böden, Wälder und Ozeane.“ Quelle: Europäisches Parlament 2023, https: / / www.europarl.europ a.eu/ news/ de/ headlines/ society/ 20190926STO62270/ was-versteht-ma n-unter-klimaneutralitat, Abruf: 28.01.2024. Da jedes Unternehmen, jede Lieferkette und jede Herstellung eines Pro‐ duktes Treibhausgase verursacht, kann eine so definierte Klimaneutralität nur erreicht werden, wenn ein Unternehmen zugleich in diesem Umfang Kohlenstoffsenken schafft, wie es Emissionen verursacht. Möglichkeiten der Kompensation sind Aufforstungsmaßnahmen. Durch Investitionen in erneuerbare Energien, in Energieeffizienz und CO 2 -arme Technologien an anderer Stelle, können Emissionen eingespart werden, so dass in Summe keine Treibhausgase emittiert werden. Klimaneutralität oder Netto-Null-Emissionen bedeutet nicht, dass ein Unternehmen oder ein Produkt keine Emissionen verursacht, also CO 2 -frei ist, sondern dass diese anderweitig kompensiert werden. Fraglich bleibt, ob eine Kompensation tatsächlich stattfindet und ob diese langfris‐ tig zuverlässig ist. Der Kauf von Emissionsgutschriften führt nicht immer zu einer garantierten Reduktion von Emissionen. In der Vergangenheit gab es verschiedentlich Berichte über unseriöse Kompensationsprojekte, bei denen geplante Aufforstungen nicht durchgeführt wurden, bei denen aufgeforstete Flächen wenige Jahre später wieder gerodet wurden oder bei denen Zertifikate mehrfach vergeben wurden. Kompensationen können zu‐ dem bewirken, dass klimaschädliche Produkte weiterhin angeboten werden und auf Investitionen in klimafreundliche Technologien verzichtet wird. Kompensationsmaßnahmen sind grundsätzlich zwar zu begrüßen, doch sollten sie nur für tatsächlich nicht vermeidbare Emissionen temporär genutzt werden. Die Emissionen der Unternehmen müssen Jahr für Jahr 2.1 Grundlagen der globalen Klimaproblematik 25 <?page no="26"?> deutlich abnehmen, womit zugleich der Kompensationsumfang laufend abnimmt. Letztlich sollten Kompensationen nur für den Sockel tatsächlich nicht vermeidbarer Emissionen genutzt werden. Beispiel: Rossmann „Wir haben uns bewusst gegen die weitere Verwendung des „Klima‐ neutral“- Labels auf unseren ROSSMANN-Marken entschieden, da es nun schon seit einiger Zeit in der Kritik steht und mehr Verbraucher‐ unsicherheit als Klarheit mit sich bringt. Das heißt im Umkehrschluss jedoch nicht, dass wir Klimaschutzprojekte und die CO 2 -Reduktion, insbesondere in Zusammenhang mit unseren ROSSMANN-Marken, zukünftig hintenanstellen - ganz im Gegenteil: Wir setzen auf eigene Klimaschutzprojekte.“ Quelle: Rossmann 2023, https: / / www.rossmann.de/ de/ neu/ nachhaltigk eit/ klimaneutral, Abruf: 14.01.2024. Klimapositiv Übersteigen die Kompensationen die Emissionen, bezeichnen Unternehmen ihre Produkte oder das gesamte Unternehmen als klimapositiv. Auch hier gilt, dass Kompensationen nur für aktuell unvermeidbare Emissionen erfol‐ gen sollten. Ist dies der Fall und übersteigen die tatsächlichen und wirksa‐ men Kompensationen die Emissionen, ist die Bezeichnung „klimapositiv“ grundsätzlich gerechtfertigt. Beispiel: Henkel „Wir suchen stetig nach Wegen, Klimaneutralität schneller zu errei‐ chen. Auf Basis unseres Fortschritts und den Erfahrungen, die wir gewinnen konnten, haben wir uns vorgenommen unsere Ambition für 2040 zehn Jahre vorzuziehen: Bis 2030 wollen wir eine klimapositive CO 2 -Bilanz für unsere Produktionsstandorte erreichen (Scope 1 und 2). Entsprechend unserer Ambition werden die Standorte hinsichtlich ihrer CO 2 -Bilanz klimapositiv, wenn sie über den Eigenbedarf hinaus auch Dritte mit CO 2 -freien Energien versorgen.“ Quelle: Henkel 2024, https: / / www.henkel.de/ nachhaltigkeit/ positione n/ klimapositiv, Abruf: 24.01.2024. 26 2 Verstehen <?page no="27"?> Klimafreundlich Die Bezeichnung von Produkten oder von Unternehmen als klimafreundlich ist kritisch. Hier besteht der Verdacht des Greenwashing. Bei Greenwa‐ shing werden Informationen über ein Unternehmen oder Produkte verbrei‐ tet, die sie umweltfreundlicher erscheinen lassen, als sie tatsächlich sind. Ein Unternehmen kann seine Emissionen zwar reduziert haben, aber es ist nicht sicher, ob tatsächlich alle möglichen Maßnahmen zur Emissionsminderung ergriffen wurden. Bei klimafreundlichen Produkten kann zudem nicht davon ausgegangen werden, dass die Emissionen vollständig kompensiert wurden. Reduzierte Emissionen sind nicht klimafreundlich, sondern weni‐ ger klimaschädlich. Der Begriff klimafreundlich wird häufig im Vergleich zu alternativen Produkten verwendet. Ein Produkt, das weniger Emissionen verursacht, gilt dann im Vergleich als klimafreundlich. 2.1.4 Sustainable Development Goals Die Sustainable Development Goals (SDGs) wurden 2015 von den Vereinten Nationen als ein globaler Aufruf zur Nachhaltigkeit verabschiedet. Die SDGs lösen die Millenniumsentwicklungsziele ab, die für den Zeitraum von 2000 bis 2015 die globalen Nachhaltigkeitsziele waren. In den SDGs sind 17 Handlungsfelder der Nachhaltigkeit beschrieben, die bis 2030 erreicht werden sollen. Obwohl die Vereinten Nationen als zwischenstaatlicher Zusammenschluss von 193 Staaten die Handlungsfelder und Ziele an Staaten richten, werden sie auch von zahlreichen Unternehmen aufgegriffen. Link: https: / / sdgs.un.org/ goals Beispiel: Mercedes-Benz „Im Jahr 2015 haben die Vereinten Nationen ein zentrales Leitbild für eine weltweite nachhaltige Entwicklung verabschiedet. In seinem Mittelpunkt stehen 17 Nachhaltigkeitsziele. Um sie erreichen zu kön‐ nen, spielt die Wirtschaft mit ihrer Innovations- und Investitionskraft eine entscheidende Rolle. Die Mercedes-Benz Group nimmt diese Rolle bewusst an. Um unsere Unternehmensleistung im Hinblick auf die 17 SDGs zu bewerten, haben wir zusammen mit den Analysespezialisten von TruC‐ 2.1 Grundlagen der globalen Klimaproblematik 27 <?page no="28"?> 3 Vgl. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 2023. 4 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 2023. ost eine SDG-Impact-Analyse durchgeführt. Den Rahmen bildete die Wesentlichkeitsanalyse des Jahres 2020. Dabei haben wir untersucht, welche positiven und potenziell negativen Auswirkungen unser Un‐ ternehmen auf die verschiedenen Ziele hat. Zudem haben wir jene Nachhaltigkeitsziele identifiziert, die für uns die größten Chancen und Risiken mit sich bringen.“ Quelle: Mercedes-Benz Group: Nachhaltigkeitsbericht 2021, https: / / na chhaltigkeitsbericht.mercedes-benz.com/ 2021/ esg-reporting.html, Ab‐ ruf: 24.01.2024. SDG 13 beinhaltet Maßnahmen zum Klimaschutz. Hierbei sollen unter anderem folgende Ziele erreicht werden: 3 ● Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf 1,5°C, globale Treib‐ hausgasneutralität bis 2050 ● Verbesserung der politischen Rahmenbedingungen für Klimaschutz in Schwellen- und Entwicklungsländern ● die internationalen Finanzinstitutionen und der Privatsektor sollen zu den Pariser Klimazielen kompatibel sein ● bis 2025 sollen 50 Schwellen- und Entwicklungsländer bei der Formu‐ lierung und Umsetzung ehrgeiziger Klimaziele unterstützt werden ● 500 Millionen arme und verwundbare Menschen sollen bis 2025 gegen Klimarisiken abgesichert werden Im SDG-Fortschrittsbericht vom Mai 2023 zeigen sich die Vereinten Nationen sehr kritisch, ob die Ziele erreicht werden können. „Die Welt steht am Rande einer Klimakatastrophe und die derzeitigen Maßnahmen und Pläne zur Bewältigung der Krise sind unzureichend.“ 4 Literaturempfehlungen PwC: Net Zero Economy Index 2022, https: / / www.pwc.de/ de/ nachhaltigkeit/ pwc-n et-zero-economy-index-2022.pdf, Abruf: 23.10.2023. Deutsches Klima-Konsortium u.-a. (Hrsg.): Was wir heute übers Klima wissen. Ba‐ sisfakten zum Klimawandel, die in der Wissenschaft unumstritten sind, 2022, htt 28 2 Verstehen <?page no="29"?> 5 Vgl. Göhler et al. 2023, S.-64. ps: / / www.deutsches-klima-konsortium.de/ fileadmin/ user_upload/ pdfs/ Publikati onen_DKK/ basisfakten-klimawandel.pdf, Abruf: 19.12.2023. 2.2 Stand des Klimamanagements in den Unternehmen Die „Stiftung Familienunternehmen“ hat im Jahr 2023 eine branchenüber‐ greifende Studie mit 600 deutschen Unternehmen durchgeführt, von denen die Hälfte Familienunternehmen sind. 75 % der befragten Unternehmen sind den KMU zuzurechnen, der Rest verteilt sich etwa gleichmäßig auf Kleinst- und Großunternehmen. Knapp 20 % der befragten Unternehmen haben eigene Klimaziele definiert und bei 30 % sind diese derzeit in Arbeit. Etwa die Hälfte der Unternehmen hat bisher keine Klimaziele definiert, wie folgende Abbildung zeigt. 5 Abb. 2.5: Unternehmen mit individuell definierten Klimazielen (Quelle: Göhler 2023, S. 64) 4% 30% 47% 19% unbekannt derzeit in Arbeit nein ja Abb. 2.5: Unternehmen mit individuell definierten Klimazielen (Quelle: Göhler et al. 2023, S.-64.) Aufgrund der hohen Aktualität des Klimaschutzes erarbeiten derzeit 30 % der Unternehmen eigene Klimaziele. Bei großen Unternehmen ist der Anteil höher, bei kleinen Unternehmen entsprechend niedriger. Die Hälfte der Un‐ ternehmen, die bereits ein Klimaziel definiert haben, strebt Klimaneutralität an. Die meisten dieser Unternehmen wollen dieses Ziel bis 2030 erreichen. Klimaneutralität beziehen die Unternehmen mehrheitlich auf Scope 1 und 2 und nur knapp ein Drittel bezieht dies auf Scope 1 bis 3. Auch die „Green Controlling Studie 2022“ des Internationalen Controller Vereins (ICV), bei der 216 Mitglieder befragt wurden, bestätigt die unter‐ schiedliche Abgrenzung des THG-Managements. Knapp 57 % berechnen die Emissionen in Scope 1 und 2, also die des eigenen Unternehmens und 2.2 Stand des Klimamanagements in den Unternehmen 29 <?page no="30"?> 6 Vgl. Internationaler Controller Verein 2022, S.-23. der eingekauften Energie. Die vor- und nachgelagerten Emissionen werden dagegen nur von rund einem Drittel der Unternehmen berechnet. 6 Die von PwC im Jahr 2023 weltweit durchgeführte Befragung von 4.400 CEOs großer Unternehmen zeigt, dass zwei Drittel aller Unternehmen Maßnahmen zur Emissionsreduktion ergriffen haben oder dabei sind, diese umzusetzen. Die Ergebnisse der Umfrage sind in der folgenden Abbildung dargestellt. Abb. 2.6: Von Unternehmen ergriffene Maßnahmen gegen den Klimawandel (Quelle: PwC 2023, S. 6) 27% 25% 23% 11% 39% 36% 35% 13% 16% 17% 19% 17% 17% 19% 20% 54% Implementierung von Maßnahmen zur Emissionsreduktion Entwicklung klimafreundlicher Produkte und Prozesse Entwicklung einer datengetriebenen Strategie zur Emissionsreduktion Nutzung interner CO2-Preise für Entscheidungen abgeschlossen wird aktuell entwickelt geplant nicht geplant Abb. 2.6: Von Unternehmen ergriffene Maßnahmen in Bezug auf den Klimawandel (Quelle: PwC 2023, S.-6.) Ein Viertel der Unternehmen hat bereits emissionsärmere Produkte und Prozesse entwickelt. Mehr als die Hälfte der Unternehmen plant nicht, die Treibhausgasemissionen über interne CO 2 -Preise zu steuern, 24 % haben dies bereits umgesetzt oder sind dabei, dies zu tun. Literaturempfehlungen Göhler, G. et al. (2023): Auf dem Weg zur Klimaneutralität: Wie weit sind deutsche Familienunternehmen? , Stiftung Familienunternehmen, München, http: / / hdl.ha ndle.net/ 10419/ 273575, Abruf: 24.01.2024 Internationaler Controller Verein (2022): Green Controlling-Studie 2022, Wörth‐ see, https: / / www.icv-controlling.com/ fileadmin/ Wissen/ Frei_für_alle__Control 30 2 Verstehen <?page no="31"?> 7 Vgl. Sailer 2022b, S.-34ff. ler_Magazin_Statement__White_Paper__Schriftenreihe__Dream_Car_Bericht/ I CV_Green_Controlling_Studie_2022_Auszug.pdf, Abruf: 24.01.2024. PwC (2023): PwC´s 26th Annual Global CEO Survey. Winning today´s race while running tomorrow´s, https: / / www.pwc.de/ de/ ceosurvey/ 2023/ pwc-26th-global-c eo-survey.pdf, Abruf: 24.01.2024. 2.3 Regulatorische Anforderungen 2.3.1 Herausforderungen der Regulatorik Regulatorische Anforderungen haben einen erheblichen Einfluss auf den Umfang und die Ausgestaltung der ESG-Berichterstattung und der ESG-Steuerung. Die Zahl der regulatorischen Anforderungen hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Ein wichtiger Akteur ist dabei die Euro‐ päische Union. Zu nennen sind die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG), die durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) rechtlich umgesetzt werden. Ein zweites Rahmenwerk der Euro‐ päischen Union ist die EU-Taxonomie, die ein Klassifizierungssystem für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten zur Verfügung stellt. Diese Regelwerke tragen zur Standardisierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung innerhalb der Europäischen Union und zu einer Klärung nachhaltiger Tätigkeiten bei. Sowohl die CSRD als auch die EU-Taxonomie umfassen verschiedene Nachhaltigkeitsthemen, darunter den Klimawandel. Für die Berichterstat‐ tung und das Management der THG-Emissionen sowie den Schutz des Unternehmens vor den Auswirkungen des Klimawandels gibt es zahlreiche Vorgaben. Die EU-Taxonomie ist seit dem Jahr 2023 umfassend gültig. Die CSRD wird ab 2024 schrittweise für verschiedene Unternehmensgrößenk‐ lassen eingeführt. 7 Neben den von der Europäischen Union initiierten Nachhaltigkeitsstan‐ dards entwickelt auch das 2021 gegründete International Sustainability Standards Board (ISSB) mit Sitz in Frankfurt am Main internationale Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung, die IFRS S. Die beiden wichtigsten Nachhaltigkeitsregelwerke IRFS S und ESRS sollen möglichst aufeinander abgestimmt sein. So gibt es zwischen den klimabezogenen 2.3 Regulatorische Anforderungen 31 <?page no="32"?> Regelungen IFRS S2 und den ESRS E1 eine Überleitungstabelle, um die Kompatibilität der beiden Regelwerke sicherzustellen. Die ESRS und die IFRS S sind noch nicht vollständig entwickelt und stellen für viele Unternehmen neue Anforderungen dar. Wesentlich älter ist der Berichtsstandard der Global Reporting Initiative (GRI), bei dem der erste Standard aus 2002 stammt. Die GRI-Richtlinien stellen eine Me‐ thodik zur Messung und Steuerung von Nachhaltigkeitsleistungen und ein Set an Indikatoren zur Verfügung. Der Standard wurde kontinuierlich weiterentwickelt und wurde zu einem weltweiten Quasi-Standard der Nach‐ haltigkeitsberichterstattung, ohne jedoch gesetzlich verpflichtend zu sein. Durch die neuen Standards ESRS und IFRS S wird sich die Bedeutung des GRI in Zukunft verändern. Die folgende Abbildung zeigt eine von BARC durchgeführte Befragung von über 260 überwiegend großen Unternehmen in Europa und Nordamerika im Jahr 2023. Sie verdeutlicht die erwartete zukünftige Bedeutung der Standards und den Unterschied zwischen Europa und Nordamerika. Abb. 2.7: Berichtsstandards in Europa und Nordamerika (Quelle: BARC 2023a, S. 19) 50% 24% 25% 4% 15% 51% 26% 21% CSRD GRI IFRS S TCFD Europa Nordamerika Abb. 2.7: Zukünftig verwendeter ESG-Berichtsstandard in Europa und Nordamerika (Quelle: BARC 2023a, S.-19) 32 2 Verstehen <?page no="33"?> Die Herausforderungen bei der Erfüllung der regulatorischen Berichts‐ pflichten liegen nicht nur in den Berichtsinhalten, sondern sind zum Teil grundsätzlicher Natur. Dazu zählen die mangelnde Datenqualität und vielfältige Datenquellen ebenso wie fehlende personelle Ressourcen und mangelndes Bewusstsein in den betroffenen Abteilungen. Die folgende Abbildung aus der BARC-Studie zeigt die Bedeutung der wichtigsten Her‐ ausforderungen: Abb. 2.8: Herausforderungen bei der ESG-Berichterstattung (Quelle: BARC 2023a, S. 32) 20% 21% 22% 23% 27% 29% 32% 36% 42% unklare Definition von KPIs unzureichende Software-Unterstützung unklare Definition der Anforderungen Zeitdruck mangelndes Interesse in den Abteilungen zu viele manuelle Aufgaben Mangel an Ressourcen zu viele verschiedene Datenquellen mangelnde Datenqualität sowie Zuverlässigkeit Abb. 2.8: Herausforderungen bei der ESG-Berichterstattung (Quelle: BARC 2023a, S.-32) 2.3.2 CSRD und EU-Taxonomie Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und die EU-Taxo‐ nomie sind die wichtigsten ESG-Regelwerke auf europäischer Ebene. Sie enthalten zahlreiche Vorgaben für das Klimamanagement. Diese werden im Folgenden vorgestellt und hinsichtlich ihrer klimapolitischen Implikationen bewertet. Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) Die CSRD sieht eine Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Basis der Euro‐ pean Sustainability Reporting Standards (ESRS) vor. Die ESRS wurden im Juli 2023 von der Europäischen Kommission verabschiedet. Die Offen‐ legungspflichten und inhaltlichen Anforderungen gehen weit über die bisherige ESG-Berichterstattung der meisten Unternehmen hinaus. Neben klimarelevanten Aspekten muss auch über Umweltverschmutzung, Wasser- und Meeresressourcen, Biodiversität und Ökosysteme, Ressourcennutzung 2.3 Regulatorische Anforderungen 33 <?page no="34"?> und Kreislaufwirtschaft berichtet werden. Neben Kennzahlen sind beispiels‐ weise auch folgende Aspekte relevant: ● Wie wirkt sich Nachhaltigkeit auf das Geschäftsmodell aus? Welche Chancen und Risiken ergeben sich hierdurch? ● Wie lässt sich das Geschäftsmodell mit dem Pariser Klimaabkommen vereinbaren? ● Welche Nachhaltigkeitsziele hat sich das Unternehmen gesetzt, welche Maßnahmen wurden ergriffen, und welche Ergebnisse wurden erzielt? Die CSRD ist die Rechtsgrundlage für die Umsetzung der ESRS. In Deutsch‐ land sind ca. 15.000 Unternehmen von der Berichtspflicht betroffen. Die CSRD tritt in drei Stufen zwischen 2025 und 2027 in Kraft: 2025 (Bericht über das Geschäftsjahr 2024) große kapitalmarktorientierte Unternehmen sowie bestimmte Banken und Versicherungen, die bisher auch unter der NFRD berichtspflichtig waren 2026 (Bericht über das Geschäftsjahr 2025) große Unternehmen, bei denen zwei der drei Kriterien erfüllt sein müssen: mindestens 250 Mitarbeiter, Um‐ satz > 40 Mio. €, Bilanzsumme > 20 Mio. € 2027 (Bericht über das Geschäftsjahr 2026) kapitalmarktorientierte kleine und mittlere Unterneh‐ men, bei denen zwei der drei Kriterien erfüllt sein müssen: mindestens 10 Mitarbeiter, Umsatz > 700.000. €, Bilanzsumme > 350.000 € Die Berichterstattung erfolgt im Lagebericht, so dass die Nachhaltigkeitsin‐ formationen zeitgleich mit den Finanzinformationen veröffentlicht werden. Damit werden auch die Termine, zu denen die berichtspflichtigen Daten vorliegen müssen, an die Termine der Finanzberichterstattung angeglichen. Schließlich wird eine Prüfungspflicht durch externe Sachverständige oder Wirtschaftsprüfer eingeführt. Doppelte Wesentlichkeit Die inhaltlichen Anforderungen der CSRD gehen deutlich über die seit 2017 für große kapitalmarktorientierte Unternehmen geltende Non-Financial Reporting Directive (NFRD) hinaus. Die CSRD ersetzt die NFRD und führt zugleich das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit ein. Bisher musste über das berichtet werden, was für das Verständnis des Geschäftsverlaufs 34 2 Verstehen <?page no="35"?> und des Geschäftserfolgs von Bedeutung ist (Outside-in) und zugleich Auswirkungen auf Umwelt- und Sozialaspekte hat (Inside-out). Mit der CSRD sind Themen berichtspflichtig, die bereits für eines der beiden Felder relevant sind. Die folgende Abbildung verdeutlicht die doppelte Wesentlich‐ keit: Abb. 2.9: Doppelte Wesentlichkeit der CSRD Auswirkungen auf den Unternehmenswert Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Umwelt Interessenten sind vorrangig die Stakeholder und die Gesellschaft Interessenten sind vorrangig Investoren und Kreditgeber Abb. 2.9: Doppelte Wesentlichkeit der CSRD (Quelle: eigene Darstellung) Neben den Themen, über die bei Wesentlichkeit berichtet werden muss, ist der Standard ESRS 2 generell zu berichten. 2.3 Regulatorische Anforderungen 35 <?page no="36"?> ESRS-Standards Die ESRS beinhalten 12 Standards: zwei Querschnittsstandards, fünf Um‐ weltstandards, vier Sozialstandards und einen Standard zur Governance. Die einzelnen Standards sind in folgender Abbildung dargestellt: Abb. 2.10: Bestandteile der ESRS Querschnittsstandards Themenspezifische Standards ESRS 1 Allgemeine Grundsätze (Konzepte/ Grundsätze für Nachhaltigkeitsberichte) ESRS 2 Allgemeine Angaben (Pflicht) (Unternehmensführung, Offenlegungspflichten, Wesentlichkeit) Umwelt Governance Soziales ESRS E1 Klimawandel ESRS E2 Umweltverschmutzung ESRS E3 Wasser und marine Ressourcen ESRS E4 Biodiversität und Ökosysteme ESRS E5 Ressourcennutzung, Kreislaufwirtschaft ESRS S1 Eigene Belegschaft ESRS S2 Beschäftigte in der Wertschöpfungskette ESRS S3 Betroffenes Gemeinwesen ESRS S4 Konsumenten und Endverbraucher ESRS G1 Unternehmensführung, Risikomanagement und interne Kontrollen Abb. 2.10: Bestandteile der ESRS (Quelle: eigene Abbildung) Der themenspezifische Standard ESRS E1 enthält den Klimawandel betref‐ fende Vorgaben. Entsprechend seiner hohen Bedeutung ist dieser Standard grundsätzlich von allen Unternehmen verpflichtend zu erfüllen. Ein Verzicht ist nur möglich, wenn der Klimawandel nachweislich nicht wesentlich für das Unternehmen ist, was ausführlich begründet werden muss und wohl nur selten der Fall sein wird. Sämtliche Standards sind in drei Bereiche unterteilt: ● Allgemeine Angaben (gemäß ESRS 2) ● Auswirkungen sowie Risiken und Chancen ● Metriken und Ziele Dies gilt auch für ESRS E1. Er enthält neun Offenlegungspflichten, ESRS E1-1 bis ESRS E1-9. Darüber hinaus enthält ESRS 2 verschiedene Offenle‐ gungspflichten, die für alle themenspezifischen Standards gelten. In der 36 2 Verstehen <?page no="37"?> folgenden Abbildung sind die Offenlegungspflichten den drei Bereichen zugeordnet: Abb. 2.11: 9 Offenlegungspflichten der ESRS E1 ESRS 2 GOV-3 (Governance): Integration nachhaltigkeitsbezogener Leistungen in Anreizsysteme E1-1: Übergangsplan zur Eindämmung des Klimawandels ESRS 2 SBM-3 (Strategy and Business Model): Wesentliche Auswirkungen, Risiken und Chancen und ihre Wechselwirkungen mit Strategie und Geschäftsmodell ESRS 2 IRO-1 (Impact, risk and opportunity management): Beschreibung der Verfahren zur Ermittlung und Bewertung wesentlicher Auswirkungen, Risiken und Chancen E1-4: Ziele in Bezug auf die Eindämmung des und die Anpassung an den Klimawandel E1-5: Energieverbrauch und Energiemix E1-6: THG-Emissionen nach Scope 1, 2 und 3 und gesamt E1-7: Durch Emissionszertifikate finanzierter THG-Abbau und THG- Minderungsprojekte E1-8: Interne CO 2 -Bepreisung E1-9: Potenzielle finanzielle Auswirkungen von wesentlichen physischen Risiken und Übergangsrisiken sowie klimabezogene Chancen E1-2: Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels und zur Anpassung an den Klimawandel E1-3: Maßnahmen und Ressourcen im Zusammenhang mit klimabezogenen unternehmensinternen Richtlinien Allgemeine Angaben Metriken und Ziele Auswirkungen, Chancen und Risiken Abb. 2.11: Offenlegungspflichten des ESRS E1 Klimawandel und die zugehörigen allge‐ meinen Angaben des ESRS 2 (Quelle: in Anlehnung an EFRAG, ESRS E1, S. 3, https: / / www .efrag.org/ lab6, Abruf: 21.01.2024) Nach ESRS E1 ist über folgende klimarelevante Themen zu berichten: ● negative und positive Auswirkungen des Unternehmens auf den Klima‐ wandel ● Maßnahmen zur Begrenzung der globalen Klimaerwärmung auf 1,5°C ● Pläne zur Anpassung des Geschäftsmodells auf das 1,5°C-Ziel (Transi‐ tion Plan) ● Risiken und Chancen, die durch den Klimawandel entstehen und auf verschiedenen klimatischen Szenarien beruhen ● kurz-, mittel- und langfristige finanzielle Auswirkungen, die sich aus den Risiken und Chancen durch den Klimawandel ergeben 2.3 Regulatorische Anforderungen 37 <?page no="38"?> EU-Taxonomie Die EU-Taxonomie ist ein Rahmenwerk, das wirtschaftliche Aktivitäten danach kategorisiert, ob sie ökologisch nachhaltig sind. Der Begriff „Taxo‐ nomie“ beinhaltet ein Klassifikationssystem, durch das eine geordnete Struktur geschaffen wird, um Dinge zu organisieren, zu benennen und zu verstehen. Durch die EU-Taxonomie liegt eine detaillierte Definition für Nachhaltigkeit vor, wodurch für einen bisher schwammigen Begriff Klarheit verschafft wird. Unternehmen müssen angeben, welche ihrer Tätig‐ keiten unter die Vorgaben der EU-Taxonomie fallen und ob sie als nachhaltig kategorisiert sind. Diese Angaben sind zu tätigen für: ● Umsatz ● Investitionen (CapEx) ● Betriebsausgaben (OpEx) Hierüber ist in der nichtfinanziellen Erklärung extern zu berichten und zukünftig im Rahmen der CSRD-Berichterstattung im Lagebericht. Sowohl die Berechnung als auch die Darstellung der Kennzahlen ist detailliert vorgegeben. Durch die klare Begriffsbestimmung wissen Investoren, ob ein Unternehmen ökologisch nachhaltig ist. Hierdurch können, gemäß des Green Deals der EU, Kapitalströme zu nachhaltigen Unternehmen gelenkt werden. Die EU-Taxonomie gilt seit 2022 für große, kapitalmarktorientierte Un‐ ternehmen und Finanzmarktteilnehmer. Die Berichtspflicht deckt sich mit der CSRD. Über die klimabezogenen Umweltziele ist seit 2023 vollständig zu berichten. Wirtschaftstätigkeiten, zu denen die EU-Taxonomie Bewertungskriterien vorsieht, gelten als taxonomiefähig (Eligibility). Sie sind zugleich taxo‐ nomiekonform (Alignment), wenn sie soziale Mindestkriterien einhalten und mindestens eines der folgenden sechs Umweltziele erfüllen, ohne andere erheblich zu beeinträchtigen („do not significant harm“): ● Klimaschutz ● Anpassung an den Klimawandel ● Schutz der Wasser- und Meeresressourcen ● Stärkung der Kreislaufwirtschaft ● Verringerung der Umweltverschmutzung ● Schutz der biologischen Vielfalt 38 2 Verstehen <?page no="39"?> Die klimabezogene Umweltziele betreffen den Klimaschutz und die Anpas‐ sung an den Klimawandel. Die folgenden klimabezogenen Anforderungen müssen erfüllt sein, um taxonomiekonform zu sein: ● Es muss ein nachweisbarer und erheblicher Beitrag zur Reduzierung von THG-Emissionen im Sinne des Pariser Klimaabkommens geleistet werden. ● Es müssen strenge Kriterien definiert werden, um eine Verminderung der Emissionen zu erreichen. ● Erhebliche negative Auswirkungen auf das Klima müssen vermieden werden. ● Unternehmen müssen transparent über ihre Umweltauswirkungen und über die Einhaltung der EU-Taxonomie-Kriterien berichten. „Vor allem die großen institutionellen Investoren schätzen die Idee eines leicht quantifizierbaren ESG-Berichtssystems, erkennen aber auch die bestehenden „Kinderkrankheiten“. Gleichwohl scheint sich die Taxonomie zu einem grünen Standard zu entwickeln, der als gemeinsame Sprache zwischen Unternehmen und Investoren dienen kann.“ Quelle: Jonathan Townend, Senior Vice President Group Reporting & Taxes BMW, in: KPMG 2023a, S.-39. 2.3.3 Task Force on Climate-related Financial Disclosures Die Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) wurde 2015 vom Financial Stability Board (FSB) ins Leben gerufen, um die Stabilität des internationalen Finanzsystems zu fördern. Das FSB wurde nach der Finanzkrise im Jahr 2009 gegründet, um die globale Finanzstabilität zu gewährleisten. Unzureichende Regelungen zur Corporate Governance und zum Risikomanagement hatten die Auswirkungen der Finanzkrise dras‐ tisch verstärkt. Dies sollte zukünftig verhindert werden. Dazu gehören die Zusammenarbeit mit Aufsichtsbehörden im Finanzsektor, die Entwicklung von Standards für die Aufsicht und Regulation sowie die Überwachung des globalen Finanzsystems. Auch der Klimawandel führt bei Unternehmen zu Risiken und Chan‐ cen, die für Investoren, für Kreditgeber und für Versicherungen relevant sind. Durch eine standardisierte klimabezogene Berichterstattung sollen die Risiken begrenzt werden. Der TCFD ist das weltweit dominierende Rahmenwerk, um klimabezogene finanzielle Risiken offenzulegen 2.3 Regulatorische Anforderungen 39 <?page no="40"?> 8 Vgl. Sustainserv 2021, https: / / sustainserv.com/ de/ insights/ was-ist-tcfd-und-warum-ist -das-wichtig/ , Abruf: 13.01.2024. und in der Finanzberichterstattung zu integrieren. Rund 60 % der weltweit größten börsennotierten Unternehmen berichten auf Basis der Empfehlungen des TCFD. 8 „Die Empfehlungen der Task Force tragen dazu bei, die Auswirkungen des Klima‐ wandels in routinemäßige Geschäfts- und Finanzentscheidungen einzubeziehen. Dies kann Unternehmen helfen, Verantwortung und Weitsicht zu demonstrieren. Eine bessere Offenlegung wird zu einer fundierteren und effizienteren Kapitalal‐ lokation führen und den Übergang zu einer nachhaltigeren, kohlenstoffärmeren Wirtschaft erleichtern.“ Quelle: Michael R. Bloomberg, US-amerikanischer Unternehmer und Politiker, Vorwort zum Status Report 2020 des TCFD Die TCFD empfiehlt, über vier Bereiche zu berichten: ● Governance: Rolle des Aufsichtsrats, des Vorstands und des Top-Ma‐ nagements bei der Bewertung und dem Umgang mit klimabezogenen Risiken und Chancen. ● Strategie: Offenlegung der Auswirkungen klimabezogener Risiken und Chancen auf die Strategie, die Geschäftstätigkeit und die Finanzen. Test der Belastbarkeit der Strategie durch unterschiedliche Klimaszenarien. ● Risikomanagement: Prozess zur Ermittlung, Bewertung und Hand‐ habung klimabezogener Risiken und Integration in das Risikomanage‐ ment. ● Kennzahlen und Ziele: Kennzahlen zur Bewertung klimabezogener Risiken und Chancen, Ermittlung der THG-Emissionen nach Scope 1, 2 und 3 sowie Definition und Messung von Klimazielen. Unterschiede von TCFD und CSRD Zur Anwendung der TCFD gibt es in der Europäischen Union zwar keine gesetzliche Pflicht, doch decken sich die Vorgaben zum Teil mit der CSRD. Es muss sowohl bei CSRD als auch bei TCFD über die klimabezogene Gover‐ nance berichtet werden. Dies umfasst die Rolle des Managements und des Aufsichtsrats. Ebenso ist bei beiden über die klimabezogenen Risiken sowie über Kennzahlen und Ziele zu berichten. Ein wesentlicher Unterschied 40 2 Verstehen <?page no="41"?> besteht darin, dass die CSRD nicht auf das Klima beschränkt ist und auf der doppelten Wesentlichkeit basiert. Bei der TCFD ist nur relevant, wie sich Klimarisiken auf die Geschäftstätigkeit und die finanziellen Ziele auswirken. Es stehen die Informationsbedürfnisse von Investoren und Kreditgebern im Vordergrund, nicht die der Stakeholder wie bei CSRD, die auch über die klimarelevanten Auswirkungen des Unternehmens informiert werden. Ein weiterer wesentlicher Unterschied besteht im Klimaziel. Nach der CSRD müssen Unternehmen darlegen, wie sie die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens sicherstellen, das auf einem Temperaturanstieg von deut‐ lich unter 2°C basiert. Bei der TCFD müssen die Unternehmen hingegen nur ihre Resilienz gegenüber einem Temperaturanstieg von 2°C darlegen. Dem‐ entsprechend enthält die CSRD-Aussagen darüber, wie die Unternehmen ihre Emissionen reduzieren wollen. Dies ist für die TCFD nicht relevant, da hier nur die Auswirkungen auf das Unternehmen betrachtet werden. Viele Anforderungen der beiden Regelwerke stimmen überein, jedoch sind Umfang und Informationsbedarf bei der CSRD größer. Unternehmen, die bisher nach TCFD berichten, verfügen aber über eine gute Ausgangsbasis für die klimabezogene Berichterstattung nach CSRD. Beispiel: Vonovia „Wir haben 2020 mit der Integration von Nachhaltigkeitsrisiken in das unternehmerische Risikomanagement begonnen. In diesem Kontext haben wir die Empfehlungen der Task Force on Climate-related Finan‐ cial Disclosures (TCFD) in unsere Berichterstattung aufgenommen, um die klimabezogenen Risiken unseres Geschäfts besonders zu beleuch‐ ten. Diese Umsetzung der Empfehlungen der TCFD hilft uns, die für unser Unternehmen relevanten Risiken ganzheitlich zu betrachten und zu bewerten.“ Quelle: Vonovia 2021, https: / / report.vonovia.de/ 2021/ nachhaltigkeitsb ericht/ de/ tcfd-empfehlungen/ , Abruf: 25.01.2024. 2.3.4 IFRS Sustainability Disclosure Standards Die weltweit uneinheitliche Nachhaltigkeitsberichterstattung erschwert die Bewertung der Nachhaltigkeitsperformance. In vielen Ländern gibt es keine Pflicht zur ESG-Berichterstattung. Hier werden allenfalls freiwillige Berichte erstellt, die kaum mit Berichten vergleichbar sind, die auf strengen regulatorischen Vorgaben basieren. Das International Sustainability 2.3 Regulatorische Anforderungen 41 <?page no="42"?> 9 Vgl. Fischer 2023, S.-142. Standards Board (ISSB) mit Sitz in Frankfurt am Main möchte diese In‐ transparenz beenden, indem es weltweit einheitliche Mindeststandards für die Berichterstattung festlegt. Das ISSB ist unter dem Dach der IFRS-Foun‐ dation angesiedelt, die den weltweit dominierenden Rechnungslegungss‐ tandard International Financial Reporting Standards (IFRS) verant‐ wortet. Eine vergleichbare Position wird auch für die ESG-Berichterstattung angestrebt. Ziel ist es, weltweit akzeptierte und praktikable Mindeststandards, die IFRS S (S für Sustainability), zu entwickeln, nicht aber ein umfassendes Regelwerk. Im Jahr 2023 wurden die ersten beiden Standards veröffentlicht. IFRS S1 enthält allgemeine Vorschriften zur Nachhaltigkeitsberichterstat‐ tung, um Investoren über nachhaltigkeitsbezogene Risiken und Chancen zu informieren. IFRS S2 widmet sich den Klimarisiken und soll Trans‐ parenz darüber verschaffen, welche klimabezogenen Risiken und Chancen bestehen und wie sich das Unternehmen an den Klimawandel anpasst. Ein wesentlicher Unterschied zwischen ESRS und IFRS S liegt in der un‐ terschiedlichen Zielgruppe. Während sich die ESRS an Stakeholder und Investoren richten, adressieren die IFRS S primär Investoren. Der ISSB sieht durch die zunehmende Bedeutung der Nachhaltigkeitsberichterstattung eine Verschiebung der Verantwortung vom Chief Sustainability Officer (CSO) zum Chief Financial Officer (CFO). 9 In folgender Tabelle werden die Rechnungslegungsstandards IFRS und der Nachhaltigkeitsstandards IFRS S gegenübergestellt: International Financial Reporting Standards (IFRS)-Stiftung International Accounting Standards Board (IASB) International Sustainability Standards Board (ISSB) Sitz: London Sitz: Frankfurt am Main entwickelt und überarbeitet die in 120 Ländern gültigen investorenorientier‐ ten Standards zur Finanzberichtser‐ stattung entwickelt investorenorientierte Standards zur Nachhaltigkeitsbericht‐ erstattung, die Mindeststandards dar‐ stellen sollen Regelwerke werden als IFRS bezeich‐ net Regelwerke werden als IFRS S be‐ zeichnet (S für Sustainability) 42 2 Verstehen <?page no="43"?> International Financial Reporting Standards (IFRS)-Stiftung International Accounting Standards Board (IASB) International Sustainability Standards Board (ISSB) IFRS sind seit 2003 EU-weit rechtlich verbindliche Rechnungslegungsstan‐ dards, Vorgängerorganisation wurde bereits 1973 gegründet baut auf bestehende Standards der Nachhaltigkeitsberichterstattung wie TCFD, IIRC und SASB auf, kooperiert mit der Global Reporting Initiative (GRI) es bestehen: 17 IFRS Accounting Standards (IFRS im engeren Sinne) 41 IAS Standards verschiedene “Interpretations” und “Practice Statements“ im Juni 2023 wurden die ersten beiden Standards veröffentlicht: IFRS S1: allgemeine Vorschriften für die Angabe von nachhaltigkeitsbezo‐ genen Finanzinformationen IFRS S2: -klimabezogene Angaben Tabelle 2.1: Gegenüberstellung der IFRS und der IFRS S (Quelle: eigene Darstellung) IFRS S2 sieht Angaben zur Beurteilung der Anpassungsfähigkeit auf klima‐ bedingte Risiken und Chancen vor. Es soll darüber informiert werden, wie das Unternehmen strategisch auf den Klimawandel reagiert, wie die Planung und das Geschäftsmodell angepasst werden, wie hoch die Emissionen sind und wie stark das Unternehmen von den Risiken und Chancen des Klimawandels betroffen ist. Die Anforderungen des IFRS S2 orientieren sich hinsichtlich der klimabezogenen Informationen am GHG-Protocol. Die folgende Tabelle stellt einen Auszug aus den Anforderungen des IFRS S2 dar: Themen quali‐ tativ quanti‐ tativ Scope 1-3 THG-Emissionen (t CO 2 e) und Scope 1-3 THG-Emissionsintensitäten (t CO 2 e je Produkteinheit), Messung auf Basis GHG Protocol - X Vermögenswerte und Geschäftstätigkeiten, die durch physische Klimarisiken oder Transitionsrisiken gefährdet sind (in € und in %) - X Information über klimabezogene Ziele des Unternehmens X - Information zu Governance-Prozessen für die Überwa‐ chung wesentlicher klimabezogener Risiken und Chancen X - 2.3 Regulatorische Anforderungen 43 <?page no="44"?> 10 Steuer, Müller, Reinke 2023, S.-256. Information über die Strategie zur Bewältigung wesent‐ licher klimabezogener Risiken und Chancen X Information über die Prozesse, mit denen klimabezogene Risiken und Chancen identifiziert, bewertet und gesteuert werden X - Tabelle 2.2: Auszug der Anforderungen von IFRS S2 (Quelle: https: / / bankinghub.de/ bank steuerung/ issb-ifrs-s1-ifrs-s2-standard, Abruf: 01.11.2023) ESRS vs. IFRS S Mit dem in der EU verbindlichen Berichtsstandard ESRS und dem interna‐ tional empfohlenen Regelwerk IFRS S liegen zwei Standards vor, deren weltweite Akzeptanz und Bedeutung sich in den nächsten Jahren zeigen wird. Es wäre wünschenswert, dass diese weitgehend harmonisiert werden und entsprechende Vereinbarungen zur gegenseitigen Anerkennung zumindest von Teilen der Regelwerke getroffen werden. Ein Unterschied besteht in der stark europäisch geprägten Sichtweise auf die Stakeholder beim ESRS, wie sie auch beim GRI-Standard zum Ausdruck kommt. Für die zahlreichen Unternehmen, die bereits nach dem GRI-Standard berichten, wird die Umstellung auf den ESRS einfacher sein. Demgegenüber dominiert beim IFRS S die angelsächsische Investoren‐ sicht, wie dies auch beim Rechnungslegungsstandard IFRS der Fall ist. „Mit den ESRS und IFRS S besteht die Gefahr, dass auf europäischer und globaler Ebene zwei unterschiedliche Standards etabliert werden, die zum Teil unterschiedliche Ziele verfolgen. Eine zusätzliche Bürokratisierung und mögliche Beachtung von Doppelstandards könnten die Folge sein.“ 10 Es ist derzeit noch nicht absehbar, ob und wie sich die beiden Nachhal‐ tigkeitsstandards ergänzen. Die EFRAG könnte die Anwendung von IFRS S als Mindeststandard empfehlen, entwickelt hierzu jedoch auch eigene Standards. Aufgrund des hohen Aufwands zur Erfüllung der CSRD-Anforde‐ rungen ist es unwahrscheinlich, dass viele Unternehmen zeitgleich freiwillig auch die IFRS S-Standards einführen. Zwar gibt es größere Schnittmen‐ gen, aber aufgrund der stärkeren Investorenorientierung des IFRS S auch Unterschiede. In den USA sind 2024 ebenfalls gesetzlich verpflichtende Nachhaltigkeitsstandards für große Unternehmen in Kraft getreten, die von 44 2 Verstehen <?page no="45"?> der Börsenaufsicht SEC verantwortet werden. Damit wird es zumindest mittelfristig bei einer wenig übersichtlichen Vielfalt von ESG-Berichtss‐ tandards bleiben. Literaturempfehlungen BARC (2023a): Der Status Quo der ESG- und Nachhaltigkeitsberichterstattung. Herausforderungen, Tools und Ausblick, https: / / barc.com/ de/ research/ status-qu o-esg-nachhaltigkeitsberichterstattung/ , Abruf: 29.01.2024. Fink, C./ Schmidt, R. (2023): Nachhaltigkeitsberichterstattung nach der Corporate Sustainability Reporting Directive, KoR Zeitschrift für internationale und kapi‐ talmarktorientierte Rechnungslegung, Nr.-3, 10.03.2023, S.-105-116. Fischer, D. (2023): EFRAG: Zukunft der Unternehmensberichtserstattung, NWB Internationale Rechnungslegung - PiR, Nr.-4, S.-141-142. Steuer, M./ Müller, D./ Reinke, J. (2023): Nachhaltigkeitscontrolling und Nachhaltig‐ keitsberichterstattung: Herausforderungen für den Mittelstand, PiR Internatio‐ nale Rechnungslegung, Nr.-7, 14.07.2023, S.-251-257. Wunder, T. (2023): Wesentlichkeitsanalyse nach CSRD, Zeitschrift Führung und Organisation, Nr.-2, S.-113-117. 2.4 Zusammenfassung 1. Der enorme Anstieg der Treibhausgasemissionen in den letzten 100 Jahren hat zu einer Verdoppelung der CO 2 -Konzentration in der At‐ mosphäre geführt und durch den Treibhauseffekt die globale Durch‐ schnittstemperatur bereits um mehr als 1°C erhöht. 2. Deutschland strebt an, bis 2045 klimaneutral zu werden. Dieses Ziel ist auch für Unternehmen relevant. 3. Klimaneutralität bedeutet, dass nicht mehr Treibhausgase ausgestoßen werden, als die Natur oder durch Technologien diese wieder entzogen werden. 4. Aktives Klimamanagement wird derzeit nur von einem Teil der Unter‐ nehmen betrieben. Die vor- und nachgelagerten Emissionen (Scope 3) sind am größten, werden aber nur von einer Minderheit der Unterneh‐ men aktiv gemessen und gesteuert. 5. In den letzten Jahren wurden mehrere regulatorische Anforderungen erlassen. Für deutsche Unternehmen sind dies insbesondere die CSRD 2.4 Zusammenfassung 45 <?page no="46"?> und die EU-Taxonomie. Dies hat zu einer starken Priorisierung des Klimamanagements, aber auch anderer ESG-Themen geführt. 6. Die CSRD führt die doppelte Wesentlichkeit ein: Sowohl die Auswirkun‐ gen des Unternehmens auf die Umwelt als auch die Auswirkungen des Klimawandels auf die Unternehmen sind berichtspflichtig und müssen gemanagt werden. 7. Der Standard ESRS E1 enthält die Offenlegungspflichten zum Klima‐ wandel. 8. Die EU-Taxonomie klassifiziert unternehmerische Aktivitäten danach, ob sie nachhaltig sind. Investoren erhalten damit die Transparenz, um in nachhaltige Unternehmen zu investieren. 9. TCFD und IFRS S sind weitere Regelwerke zur Nachhaltigkeitsbzw. Klimaberichterstattung. 46 2 Verstehen <?page no="47"?> 3 Messen Verstehen Messen Steuern Berichten “Our 2022 survey confirms that the better a company measures its emissions, the more it can reduce them.” Quelle: Boston Consulting Group 2022, S.-4. Nach einem Überblick über die Bedeutung und Arten der Emissionsmes‐ sung wird in Kapitel 3.2 das Greenhouse Gas Protocol, die dominierende Methode zur Messung von THG-Emissionen, vorgestellt. Aber nicht nur die verursachten Emissionen müssen gemessen und gesteuert werden. Auch die Risiken und Chancen, die sich aus dem Klimawandel für das Unternehmen ergeben, müssen erfasst und gemessen werden. Darauf wird in Kapitel 3.3 eingegangen. 3.1 Klimabezogene Messgrößen „Nachhaltigkeit ist in jeder Facette auch ein Datenthema, denn nur was sich messen lässt, können wir auch gezielt managen. Genau hier stellen wir Hand‐ lungsbedarf fest. Daten über die eigenen Emissionen zu erheben und zu kennen, ist unerlässlich, um strategische Ziele und Reduktionsmaßnahmen zu formulieren und Erfolge dieser Aktivitäten messbar zu machen.“ Quelle: Marianne Janik, CEO Microsoft Deutschland, https: / / news.microsoft .com/ de-de/ unternehmen-im-nachhaltigkeits-blindflug-acht-von-zehn-firmen-b rauchen-bessere-daten-zu-ihren-co2-emissionen/ , Abruf: 29.01.2024. Die Messung der THG-Emissionen ist der Ausgangspunkt zur deren Steue‐ rung. Auf dieser Basis werden Ziele definiert und Maßnahmen hinsichtlich ihres Zielbeitrags bewertet. Werden die THG-Emissionen nicht gemessen, ist nicht bekannt, durch welche Geschäftstätigkeit und an welcher Stelle Emissionen in welchem Umfang entstehen und es ist unklar, ob und wie Maßnahmen zur Emissionsminderung wirken. Trotz dieser elementaren Voraussetzung für klimapolitische Maßnahmen ist die Emissionsmessung <?page no="48"?> 11 Neben dem Corporate Standard gibt es beim GHG Protocol auch Standards für Projekte und Produkte, deren praktische Relevanz aber geringer ist. keineswegs flächendeckend etabliert. Eine Studie der Boston Consulting Group aus dem Jahr 2022, in der weltweit 1.600 große Unternehmen befragt wurden, zeigt, dass nur 10 % der Unternehmen ihre Emissionen vollständig über Scope 1-3 messen. Die überwiegende Mehrheit der Unternehmen misst die Emissionen nur teilweise, wie die folgende Abbildung zeigt. Abb. 3.1: Messung der THG-Emissionen (Quelle: Boston Consulting Group, Carbon Emissions Survey 2022 80% 10% 10% teilweise Messung interner (Scope 1, 2) und externer Emissionen (Scope 3) vollständige Messung interner Emissionen (Scope 1, 2), teilweise Messung externer Emissionen (Scope 3) vollständige Messung interner und externer Emissionen (Scope 1, 2, 3) Abb. 3.1: Messung der THG-Emissionen (Quelle: Boston Consulting Group 2022) Für die Messung der THG-Emissionen werden verschiedene Bezeichnungen verwendet: Carbon Footprint, CO 2 -Fußabdruck, Klimabilanz oder CO 2 -Bilanz. Die Messung der Emissionen kann sich auf Organisationsein‐ heiten wie Unternehmen, Betriebsstätten und Standorte oder auf Produkte und Dienstleistungen beziehen. Messungen können anhand verschiedener Regelwerke erfolgen, deren Schwerpunkt auf Unternehmen oder auf Pro‐ dukten liegt. In der Praxis bedeutsame Regelwerke sind: Messung unternehmensbezogener THG-Emissionen: ● Greenhouse Gas Protocol Corporate Standard (GHG Protocol) ● ISO 14064 Messung produktbezogener THG-Emissionen: ● Publicly Available Specification 2050 (PAS 2050) ● ISO 14067 In diesem Buch liegt der Fokus auf klimaneutralen Unternehmen, daher werden hier unternehmensbezogene Messmethoden betrachtet, insbeson‐ dere das GHG Protocol im Corporate Standard. 11 Dieser ist der am weitesten verbreitete Standard für die Erstellung von Treibhausgasbilanzen. Nach Angaben des GHG Protocol nutzen über 90 % der 500 weltweit 48 3 Messen <?page no="49"?> 12 Vgl. GHG Protocol 2023, https: / / ghgprotocol.org, Abruf: 03.11.2023. größten Unternehmen diesen Standard zur Ermittlung ihrer Emissionen. 12 Die internationale Norm ISO 14064 baut auf dem GHG Protocol auf. Sie orientiert sich an dessen Praktiken und formalisiert und standardisiert diese, so dass sie in die internationale ISO-Normenreihe passt. Zahlreiche weitere Standards beziehen sich ebenfalls auf das GHG Pro‐ tocol. GRI und SASB verweisen auf das GHG Protocol zur Quantifizierung der Emissionen. Auch das Carbon Disclosure Project (CDP) und die TCFD beziehen sich hierauf. Der Berichtstandard ESRS sieht mit ESRS E1-6 die Messung der Scope 1-3 Emissionen explizit nach dem GHG Protocol vor. Nachfolgend wird das GHG Protocol vorgestellt und in Abschnitt 3.3 folgt die Messung von Klimarisiken und -chancen. 3.2 Greenhouse Gas Protocol Das GHG Protocol ist eine international anerkannte Methodik zur Mes‐ sung von THG-Emissionen. Es dient den Unternehmen als Leitfaden für die Emissionsmessung und ist eine bedeutsame Grundlage für die Klimaberichterstattung, so auch nach CSRD. Das GHG Protocol wurde Ende der 90er Jahre vom World Resource Institute (WRI) und dem World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) ins Leben geru‐ fen. Unter Beteiligung von Nichtregierungsorganisationen und mehreren Unternehmen wurde 2001 die erste Version des Standards veröffentlicht. In den Folgejahren wurden die Richtlinien weiterentwickelt und Instrumente entworfen, um den Standard benutzerfreundlich anzuwenden. Scope 1-3 Bei der Erfassung der Treibhausgasemissionen unterscheidet das GHG Protocol drei Ebenen, Scope 1-3, die wie folgt definiert sind: ● Scope 1: direkte Emissionen, die im Unternehmen selbst entstehen, in der Regel durch den Verbrauch von Energie für Anlagen und Gebäude ● Scope 2: indirekte Emissionen aus extern bezogener Energie, wie Strom oder Fernwärme ● Scope 3: indirekte Emissionen durch die Rohstoffgewinnung, der Her‐ stellung und dem Transport von Vorprodukten (Upstream) sowie aus 3.2 Greenhouse Gas Protocol 49 <?page no="50"?> der Nutzung der eigenen Produkte durch die Kunden und die Entsor‐ gung (Downstream) Die folgende Abbildung zeigt beispielhaft Emissionsquellen für die drei verschiedenen Scopes: Abb. 3.2: Drei Scopes des Greenhouse Gas Protocols (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Greenhouse Gas Protocol: Corporate Value Chain (Scope 3) Accounting and Reporting Standard, 2011, S. 5 CO 2 e CO 2 e CO 2 e CO 2 e Scope 3 Downstream Scope 1 Scope 2 Scope 3 Upstream Eingekaufte Güter, Dienstleistungen vorgelagerter Transport Gebäude Anlagen und Maschinen gemietete/ geleaste Objekte Anfahrt Mitarbeiter Geschäftsreisen Eingekaufter Strom Eingekaufte Wärme, Dampf, Kühlung Direkte Emissionen durch das Unternehmen Direkte Emissionen durch den Fuhrpark Weiterverarbeitung verkaufter Produkte Nutzung verkaufter Produkte nachgelagerter Transport Entsorgung der Produkte am Lebenszyklusende Abb. 3.2: Drei Scopes des Greenhouse Gas Protocols (Quelle: eigene Darstellung, ange‐ lehnt an Greenhouse Gas Protocol 2011, S.-5) Die Scope-3-Emissionen sind am schwierigsten zu erfassen, da eine große Abhängigkeit besteht, von Dritten aus der gesamten Wertschöpfungskette verlässliche Daten zu erhalten. Es müssen alle Akteure aus der Wertschöp‐ fungskette bekannt sein und diese müssen willens und fähig sein, ihrerseits auf Basis des GHG Protocols ermittelte THG-Emissionsdaten mitzuteilen. Emissionen, die in einem sehr geringen Umfang anfallen und nicht vom Unternehmen beeinflussbar sind, werden häufig ausgeklammert. Zugleich sind die Scope-3-Emissionen in den meisten Unternehmen von herausra‐ gender Bedeutung und überwiegen die Emissionen aus Scope 1 und 2. In der Automobilbranche machen die Scope-3-Emissionen durchschnittlich 87 % 50 3 Messen <?page no="51"?> 13 Vgl. Salzmann 2023, S.-10. der gesamten Emissionen aus, in der Transportbranche sind es 42-% und in der Energiebranche 18-%. 13 Beispiel: BASF BASF berichtet aus dem Jahr 2022 für die drei Scopes folgende THG-Emissionen nach Scopes in %: Abb. 3.3: Scope 1-3 bei BASF im Jahr 2022 34,2% 14,4% 2,7% 48,6% Scope 3 Downstream Scope 1 Scope 2 Scope 3 Upstream Abb. 3.3: Scope 1-3 bei BASF im Jahr 2022 in %, https: / / www.basf.com/ global/ de/ w ho-we-are/ sustainability/ we-produce-safely-and-efficiently/ energy-and-climate-prot ection/ corporate-carbon-footprint.html, Abruf: 22.01.2024) Beispiel: Mercedes-Benz Bei Mercedes-Benz Cars sind im Jahr 2022 an folgenden Stellen THG-Emissionen entstanden: Abb. 3.4: Scope 1-3 bei Mercedes-Benz Cars im Jahr 2022 (Quelle: Mercedes-Benz Group, Task Force on Climate-related Financial Disclosure (TCFD) Report 2022, S. 19 18,1% 2,3% 0,1% 0,1% 13,9% 64,3% 0,8% 0,4% Scope 3: produzierte Güter Scope 3: Logistik Scope 3: Geschäftsreisen Scope 3: Anfahrt Mitarbeiter Scope 3: Nutzungsphase Benzin-Herstellung Scope 3: Nutzungsphase Kunden Scope 3: Entsorgung Scope 1 und 2 Abb. 3.4: Scope 1-3 bei Mercedes-Benz Cars im Jahr 2022 in %, Quelle: Merce‐ des-Benz Group 2022, S.-19. 3.2 Greenhouse Gas Protocol 51 <?page no="52"?> Zur Ermittlung der Emissionen wird ein fünfstufiges Verfahren empfoh‐ len: 1. Festlegung der Systemgrenzen 2. Erhebung von Verbrauchsdaten 3. Recherche von Emissionsfaktoren 4. Berechnung der CO 2 -Emissionen 5. Dokumentation der Ergebnisse Ausgangspunkt ist die Festlegung der Systemgrenzen. Diese definieren, was bei der Berechnung der Emissionen berücksichtigt wird und was außen vor bleibt. Dies hat großen Einfluss auf den Umfang und die Genauigkeit der Berechnung. So ist zu klären, welcher Teil der Organisation betrachtet werden soll: das gesamte Unternehmen, einzelne Geschäftseinheiten oder einzelne Standorte. Diese Frage stellt sich zudem bei Tochtergesellschaf‐ ten, die nicht vollständig zur Muttergesellschaft gehören. Hierbei sind zwei Ansätze gebräuchlich. Nach dem Equity Share Approach werden Tochtergesellschaften gemäß der Beteiligungsquote zugerechnet. Nach dem Control Approach erfolgt die Zurechnung nach dem Grad der Kontrolle. Schließlich ist auch der Zeitraum festzulegen, für den die Emissionen erfasst werden. Bei einem monatlichen Rhythmus des Finanzberichts wäre auch eine monatliche Erfassung der nichtfinanziellen Daten sinnvoll. Nach der Festlegung der Systemgrenzen sind die Verbrauchsdaten zu erheben. Dies können zum Beispiel Energieverbrauchsdaten, physika‐ lische Messungen an den Emissionsquellen, Einkaufsbelege oder andere Datenquellen sein. Die Verbrauchsdaten führen in der Regel noch keine Treibhausgasemissionen auf. Diese enthalten den verbrauchten Strom in Kilowattstunden oder die eingekaufte Menge Öl, Gas und Benzin. Um aus diesen Daten die THG-Emissionen zu berechnen, werden Emis‐ sionsfaktoren benötigt. Die Richtlinien des GHG Protocol sehen vor, dass die Emissionen nach international anerkannten und konsistenten Standards berechnet werden. Die Emissionsfaktoren sind in der Regel bereits in den Softwaretools zur Ermittlung des CO 2 -Fußabdrucks integriert. Die Auswahl der passenden Faktoren erfordert zum Teil vertiefte technische und natur‐ wissenschaftliche Kenntnisse. So gibt es eine Vielzahl von Emissionsfakto‐ ren, um die THG-Emissionen aus der Verbrennung von Öl zu berechnen. Dies ist abhängig von der Ölsorte, der Herkunft und der Verarbeitung des Rohöls. Das Ergebnis der Berechnung ist das CO 2 -Äquivalent CO 2 e. Wie in Abschnitt 2.1 dargestellt, werden die verschiedenen Arten von THG-Emis‐ 52 3 Messen <?page no="53"?> sionen gemäß ihren Auswirkungen auf das Klima mit dem bedeutsamsten Treibhausgas, CO 2 , verglichen und in die einheitliche Maßeinheit CO 2 e umgerechnet. Emissionsfaktoren werden zudem in verschiedenen öffentlich zugängli‐ chen Datenbanken angeboten, wie etwa: ● IPCC: https: / / www.ipcc-nggip.iges.or.jp/ EFDB/ main.php ● Greenhouse Gas Protocol: Emissionsfaktoren als Excel-Tool zum Down‐ load: https: / / ghgprotocol.org/ calculation-tools ● Ecoinvent: https: / / ecoinvent.org ● Umweltbundesamt: Prozessorientierte Basisdaten für Umweltmanage‐ mentsysteme (ProBas): https: / / www.probas.umweltbundesamt.de/ php/ index.php Die Berechnung der Emissionen erfolgt durch die Multiplikation der Verbrauchsdaten mit den zugehörigen Emissionsfaktoren. Die berechneten Emissionen sind zu dokumentieren, so dass sie für interne und externe Berichte genutzt werden können. Die umfassende Dokumentation der Datenquellen für THG-Emissionen, der THG-Arten, der Messergebnisse, der zeitlichen Entwicklung der Emissionen sowie der Ziele und Maßnahmen zur Reduktion der Emissionen wird als Treibhausgasinventar bezeichnet. Die erstmalige Erstellung eines Treibhausgasinventars ist der Ausgangspunkt für das Management der Emissionen. Damit sind die zentralen Emissions‐ quellen bekannt, für die Maßnahmen zur Senkung ergriffen werden. Durch die regelmäßige Aktualisierung des Treibhausgasinventars wird dieses zu einem zentralen Instrument des Reduktionsmanagements. Der Erfolg der ergriffenen Maßnahmen kann analysiert und bewertet werden. Die Messkonzepte sowie die Anleitungen und Hilfestellungen durch das GHG Protocol sind weit ausgereift und zahlreiche Beratungsunternehmen bieten umfassende Unterstützung bei der Emissionsmessung an. Dennoch bestehen insbesondere bei Scope 3 zum Teil erhebliche Schwierigkeiten bei der Datenerfassung. Häufig werden daher keine individuell gemes‐ senen Werte verwendet, sondern Durchschnittswerte aus der Branche. Die Auswirkungen eigener Maßnahmen können so nicht oder nur einge‐ schränkt festgestellt werden. In der Studie der Boston Consulting Group aus dem Jahr 2022 werden bei einer Befragung von 1.600 Unternehmen 3.2 Greenhouse Gas Protocol 53 <?page no="54"?> 14 Vgl. Boston Consulting Group 2022. 15 Vgl. Global Compact 2019, S.-3ff. Abweichungen bei den Emissionsdaten zwischen Durchschnittswerten und tatsächlichen Werten in einer Größenordnung von 25-30% genannt. 14 3.3 Messung von Klimarisiken und -chancen Unternehmen sind nicht nur Verursacher des Klimawandels, sondern von diesem auch selbst betroffen. Daraus ergeben sich Risiken, aber auch Chan‐ cen. Ein wirksames Klimamanagement hat auch diese Outside-in-Per‐ spektive einzunehmen. Das betriebliche Risikomanagement muss die Auswirkungen des Klimawandels einbeziehen und transparent darstellen, wie sich diese auf das Unternehmen und die finanzielle Situation auswirken. Auch die Anforderungen der CSRD gehen über die Steuerung der eigenen THG-Emissionen hinaus. Nach ESRS E1-9 sind die finanziellen Auswir‐ kungen der wesentlichen physischen Risiken sowie die Risiken und Chancen der Transformation zur Klimaneutralität zu erfassen. Hierzu werden in den ESRS konkrete Kennzahlen vorgegeben. Beim internationa‐ len Standard IFRS S2 liegt der Schwerpunkt bei den Auswirkungen des Klimawandels auf die Planung und das Geschäftsmodell des Unternehmens. Die Ausrichtung des IFRS S an den Investoren legt nahe, diese umfassend über die klimabedingten Risiken und Chancen zu informieren. Eine Methode zur Erfassung von Risiken und Chancen ist die Szenario‐ analyse. Durch alternative Klimaszenarien kann das jeweilige Ausmaß der Auswirkungen des Klimawandels anschaulich dargestellt werden. 15 Szena‐ rien helfen dabei, trotz der Unsicherheit über die tatsächliche Klimaerwär‐ mung und dem Umfang der physischen Auswirkungen die Konsequenzen für die operative Tätigkeit, für das Geschäftsmodell und für den wirtschaft‐ lichen Erfolg aufzuzeigen. Die unternehmensspezifischen Szenarioanalysen sollten ihrerseits auf Klimaszenarien des IPCC oder der Internationalen Energieagentur (IEA) beruhen. Diese werden auch von der Wissenschaft und der Politik genutzt, um die volkswirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels zu bewerten. Damit sind die Szenarien nicht rein fiktiv, sondern sie basieren auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Es sollten Szenarien mit einer Klimaerwärmung von 1,5°C und weitere mit einer stärkeren Klimaerwärmung erstellt werden. 54 3 Messen <?page no="55"?> Die ESRS sehen folgende Klassifizierung physischer Klimarisiken vor. Die Unternehmen sollen Transparenz darüber schaffen, welche Risiken für sie in welchem Ausmaß relevant sind. Klassifikation von Klimagefahren - Temperatur Wind Wasser Feststoffe Chronisch Temperaturver‐ änderung (Luft, Wasser) Änderung der Windverhält‐ nisse Änderung Nie‐ derschlagsmus‐ ter und -arten Küstenero‐ sion Hitzestress - Variabilität von Niederschlägen Bodendegra‐ tion Temperaturva‐ riabilität - Versauerung der Ozeane Bodenerosion Abtauen Perma‐ frost - Anstieg des Meeresspiegels Wasserknapp‐ heit - Akut Hitzewelle Zyklon, Hur‐ rikan, Taifun Dürre Lawine Kältewelle, Frost Sturm Starke Nieder‐ schläge Erdrutsch Wald-, Flächen‐ brände Tornado Hochwasser Bodenabsen‐ kung Tabelle 3.1: Klassifikation von Klimarisiken (Quelle: ESRS-Anhang 1 E1 AR 11, S.-93) Klimabezogene Übergangsrisiken und -chancen entstehen durch den Übergang hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft und Gesellschaft. Die folgenden beispielhaften Risiken und Chancen stammen aus der TCFD und werden in den ESRS aufgeführt: 3.3 Messung von Klimarisiken und -chancen 55 <?page no="56"?> Beispiele für klimabezogene Übergangsereignisse (TCFD-Klassifizierung) Politik und Recht Technologie Markt Ansehen höhere Beprei‐ sung von THG-Emissionen Ersatz bestehen‐ der Produkte durch emissions‐ ärmere Optionen Änderung des Verbraucherver‐ haltens Veränderung der Verbraucherprä‐ ferenzen verstärkte Pflich‐ ten zu Emissions‐ berichterstattung erfolglose Inves‐ titionen in neue Technologien Unsicherheit in Bezug auf Markt‐ signale Stigmatisierung des Sektors Regulierung für bestehende Pro‐ dukte/ Dienst‐ leistungen Kosten des Über‐ gangs zu emissi‐ onsärmeren Technologien gestiegene Roh‐ stoffkosten zunehmende Be‐ sorgnis der Stake‐ holder Regulierung für bestehende Pro‐ duktionsverfah‐ ren - - negative Rück‐ meldungen der Stakeholder Gefahr von Rechtsstreitigkei‐ ten - - - Tabelle 3.2: Beispiele für klimabezogene Übergangsereignisse (Quelle: ESRS-Anhang 1 E1 AR 12, S.-94) In der Szenarioanalyse werden die physischen Risiken und die Transi‐ tionsrisiken und -chancen zusammengeführt und unter Beachtung ihrer Interdependenzen untersucht. Dabei sind Maßnahmen zur Risikominderung einzubeziehen. Das Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der Risiken und Chancen des Klimawandels ist für alle Unternehmen verpflichtend zu beschreiben (ESRS 2-IRO1). Der Zusammenhang zwischen den Risiken und Chancen, der Sze‐ narioanalyse und den finanziellen Auswirkungen ist in der folgenden Abbildung dargestellt: 56 3 Messen <?page no="57"?> Transitionsrisiken, -chancen • Politik und Recht • Technologie • Markt • Ansehen Physische Risiken • Chronisch • Akut für das Unternehmen und die Lieferkette Szenarioanalysen Klimaszenarien • 1,5°C • > 2,0°C • … Geschäftstätigkeit Vermögenswerte Beschreibung des Ausmaßes und der Dauer der Auswirkung auf: Abb. 3.5: Risiken und Chancen des Klimawandels für Unternehmen (Quelle: eigene Abbildung, angelehnt an die Ausführungen in ESRS Anhang 1 E1 AR 11 und 12) Abb. 3.5: Risiken und Chancen des Klimawandels für Unternehmen (Quelle: eigene Abbil‐ dung, angelehnt an ESRS-Anhang 1 E1 AR 11 und 12) „Aus unserer Sicht als Investoren ist es entscheidend, dass Unternehmen sich mit anerkannten klimawandel-bezogenen Szenarien auseinandersetzen. Diese sollten sowohl <2°C-Szenarien, als auch deutlich pessimistischere Szenarien abdecken. Wir erwarten - unter Berücksichtigung von Sensitivitäten - mindestens eine qualitative Aussage darüber, welche Auswirkungen der Klimawandel auf das Geschäftsmodell des Unternehmens mit sich bringt.“ Ingo Speich, Leiter Nachhaltigkeit & Corporate Governance, Deka Investment, Quelle: Global Compact Netzwerk Deutschland 2019, S.-11. Da derzeit noch keine belastbaren Bewertungsmodelle zur Quantifizierung der finanziellen Auswirkungen vorliegen, tritt die Pflicht zur Angabe der finanziellen Auswirkungen wesentlicher Risiken und Chancen in der CSRD erst ein Jahr später, im Jahr 2025, in Kraft. In den ersten drei Jahren ist es zudem möglich, hierzu rein qualitative Angaben zu machen. Literaturempfehlungen BDO Australia (2023): mehrteilige Webinar-Reihe auf YouTube zum GHG Protocol, https: / / www.youtube.com/ watch? v=4ElTDgqCptA, Abruf: 29.01.2024. Greenhouse Gas Protocol (2011): Corporate Value Chain (Scope 3) Accounting and Reporting Standard. Supplement to the GHG Protocol Corporate Accoun‐ 3.3 Messung von Klimarisiken und -chancen 57 <?page no="58"?> ting and Reporting Standard, https: / / ghgprotocol.org/ sites/ default/ files/ standard s/ Corporate-Value-Chain-Accounting-Reporing-Standard_041613_2.pdf, Abruf: 28.01.2024. KPMG (2023b): Klimarisiken und Folgeschäden des Klimawandels 2023, https: / / kp mg.com/ de/ de/ home/ themen/ 2023/ 11/ klimarisiken-und-folgeschaeden-des-klim awandels-2023.html, Abruf: 30.11.2023. 3.4 Zusammenfassung 1. Die Messung der Treibhausgasemissionen ist die Grundlage zu deren Steuerung. 2. Nur wenige Unternehmen führen derzeit eine umfassende Emissions‐ messung durch. 3. Der in der Praxis dominierende Standard zur Messung der THG-Emis‐ sionen ist das Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol). 4. Die ESRS und der IFRS S beziehen sich bei der Emissionsmessung auf das GHG Protocol. 5. Das GHG Protocol unterscheidet zwischen direkten Emissionen (Scope 1), indirekten Emissionen aus eingekaufter Energie (Scope 2) und indi‐ rekten Emissionen aus der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungs‐ kette sowie der Nutzungsphase (Scope 3). 6. Die Emissionen werden in einem fünfstufigen Verfahren ermittelt. 7. Klimarisiken lassen sich in physische Risiken und Übergangsrisiken unterscheiden. Aus der Transformation ergeben sich auch Chancen. 8. Die Ermittlung von Risiken und Chancen erfolgt mit Hilfe von Klima‐ szenarien. 58 3 Messen <?page no="59"?> 4 Steuern Verstehen Messen Steuern Berichten Nachdem die Emissionen sowie die klimabedingten Risiken und Chancen gemessen wurden und damit die Ausgangslage bekannt ist, müssen diese nun aktiv gesteuert werden. Maßnahmen sind stets an den Zielen auszu‐ richten. In Kapitel 4.1 werden daher zunächst die Methoden zur Bestimmung von Klimazielen vorgestellt, insbesondere die Science Based Targets. Es folgen die strategische Planung (4.2) und die operative, unternehmensüber‐ greifende Emissionssteuerung (4.3). Zur dezentralen operativen Steuerung eignen sich interne CO 2 -Preise (4.4). Sowohl für die Steuerung als auch für das Reporting müssen große Datenmengen verarbeitet werden. In Kapitel 4.5 werden daher Softwarelösungen für die verschiedenen Aufgaben vorgestellt. Abschließend werden in 4.6 Lösungen zur organisatorischen Umsetzung des Klimamanagements in den Unternehmen diskutiert. 4.1 Klimaziele abstecken 4.1.1 Von der Regulatorik zur Steuerung wesentlicher Inhalte Die regulatorischen Vorgaben zur ESG-Berichterstattung sind ein wirksa‐ mer Hebel, um das Engagement für die Nachhaltigkeit zu steigern. Diese beschränken sich nicht auf die Angabe ökologischer und sozialer Kennzah‐ len, sondern verlangen auch eine Beschreibung der Ziele und des geplanten Vorgehens. Nicht nur die Ergebnisse sind Gegenstand der Berichterstattung, sondern auch die Steuerung der Nachhaltigkeit. Die betriebswirtschaftliche Unternehmenssteuerung fokussiert stets auf erfolgsrelevante Inhalte. Das Management betrachtet insbesondere die The‐ men aus der Wertschöpfungskette und der Leistungserstellung, die für den Unternehmenserfolg entscheidend sind. Die verschiedenen betriebswirt‐ <?page no="60"?> schaftlichen Instrumente, wie eine ABC-Analyse, eine Branchenanalyse, die Unternehmensplanung oder ein Kennzahlensystem helfen dabei, den Blick auf die erfolgsrelevanten Themen zu richten. Und relevant ist in der Betriebswirtschaft das, was einen wesentlichen Einfluss auf den Unterneh‐ menserfolg hat. Wesentlichkeitsanalyse Ein Steuerungssystem, wie ein ROI-Treiberbaum, stellt anschaulich dar, wie sich einzelne Maßnahmen auf den Return on Investment (ROI) auswir‐ ken. Dabei gibt es besonders wirksame Hebel, wie etwa der Umsatz oder der Personalaufwand, die Inhalte der operativen Unternehmenssteuerung sind. In der Nachhaltigkeit fällt die Identifikation wesentlicher Themen schwerer. Es existieren weder lineare Kennzahlensysteme noch einzelne Zielgrößen wie ein ROI, die den Nachhaltigkeitserfolg insgesamt messen. Die Ermittlung der für die Nachhaltigkeitssteuerung wesentlichen Themen erfolgt daher in einem mehrstufigen Prozess, der Wesentlichkeitsanalyse. Ausgehend von einer Longlist, die sich aus den Regularien, den Anfor‐ derungen der Stakeholder, dem Unternehmensumfeld und der konkreten Geschäftsaktivität ergibt, wird eine Shortlist mit den bedeutsamsten The‐ men erstellt. Die Bewertung der Wesentlichkeit erfolgt anschließend über zwei inhaltliche Anforderungen: ● Impact Perspektive (Inside-out): aktuelle und potenzielle negative und positive Auswirkungen des Unternehmens (z. B. Förderung des Klimawandels durch hohe THG-Emissionen) ● Finanzperspektive (Outside-in): kurz-, mittel- und langfristige finan‐ zielle Auswirkungen auf das Unternehmen (z. B. Kostensteigerungen durch den Kauf von Emissionszertifikaten, Umsatzsteigerung durch das Angebot emissionsfrei hergestellter Produkte) Die folgende Abbildung zeigt den schematischen Ablauf der Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse: 60 4 Steuern <?page no="61"?> Abb. 4.1: Ablauf der Wesentlichkeitsanalyse Longlist Shortlist Gesetze, Regularien Stärken, Schwächen, Chancen, Risiken Wertschöpfungskette/ Geschäftstätigkeit Unternehmensumfeld Stakeholder/ Desk Research Auswirkungen, Chancen, Risiken Bewertung Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt Auswirkungen auf den Unternehmenswert Wesentlichkeitsmatrix Abb. 4.1: Ablauf der Wesentlichkeitsanalyse (Quelle: eigene Darstellung) Über nahezu alle Inhalte, wie sie in den ESRS vorgegeben sind, ist nur dann zu berichten, wenn sie wesentlich sind. Eine sorgfältige Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse ist daher entscheidend für die Berichtsinhalte. Auf‐ grund dieser weitreichenden Auswirkung der Wesentlichkeitsanalyse sehen die ESRS für alle Unternehmen verpflichtend vor, über die Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse zu berichten (ESRS 2 IRO-1). Hinsichtlich der Berichtsinhalte zum Klimawandel (ESRS E1) wird davon ausgegangen, dass diese grundsätzlich für alle Unternehmen wesent‐ lich sind. Unternehmen können nur dann auf die Berichterstattung zum Klimawandel verzichten, wenn sie nachweisen, dass der Klimawandel für das Unternehmen gegenwärtig und zukünftig unwesentlich ist. Dies dürfte nur selten der Fall sein. Alle berichtspflichtigen Unternehmen werden über die Durchführung der Wesentlichkeitsanalyse und die Bewertung der nachhaltigkeitsrelevanten Themen berichten. Und alle Unternehmen, die einen aktiven oder passiven Bezug zum Klimawandel haben, werden über ihre THG-Emissionen sowie über ihre Risiken und Chancen im Zusammenhang mit dem Klimawandel berichten. 4.1.2 Bottom-up vs. Top-down Noch vor wenigen Jahren prägten das Nachhaltigkeitsmanagement und auch die Nachhaltigkeitsberichte die Bottom-up-Perspektive. Es wurden 4.1 Klimaziele abstecken 61 <?page no="62"?> im Unternehmen nachhaltige Handlungsfelder gesucht und es wurde das umgesetzt, was für das Unternehmen finanziell und wirtschaftlich vertretbar war. Die „low-hanging-fruits“ wurden zuerst geerntet, was zum Teil auch zu beachtlichen nachhaltigen Erfolgen führte. Die wirtschaftlichen Kosten für die höher hängenden Früchte waren dagegen oft zu hoch, so dass die Fortschritte bei der nachhaltigen Ausrichtung der Unternehmen geringer ausfielen. Es wurde zunehmend schwieriger, die nachhaltigen Erfolge der ersten Jahre fortzuführen. Häufig stellte sich auch eine gewisse Selbstzufrie‐ denheit ein. Man hatte „im Rahmen seiner Möglichkeiten“ schon einiges erreicht, den Erfolg konnte man sehen lassen und rechtliche Vorgaben wurden eingehalten. Die Bottom-up-Perspektive wird eingenommen, wenn übergreifende Zielvorgaben fehlen. In der Betriebswirtschaft sind zumeist übergreifende Ziele vorgegeben. Die Gesellschafter haben Erwartungen bezüglich der zu erreichenden Ren‐ dite und Gewinne. Diese Erwartungen werden aus den Potenzialen des Marktes, aus der Entwicklung vergangener Geschäftsjahre oder aus dem Vergleich mit anderen Unternehmen abgeleitet. Auch für die Steuerung der THG-Emissionen gibt es weithin akzeptierte Standards. Ein Unternehmen ergreift nicht nur Maßnahmen, die opportun sind, sondern richtet seine Ziele und Maßnahmen top-down an wissen‐ schaftlichen Standards, den Science Based Targets (SBT), aus. 4.1.3 Science Based Targets Die wissenschaftlich fundierten SBT zeigen auf, wie Organisationen und Unternehmen ihre THG-Emissionen reduzieren müssen, um die Pariser Kli‐ maziele zu erreichen. Sie wurden von der Science Based Target Initiative (SBTi) entwickelt. Diese wurde 2015 von verschiedenen Organisationen wie dem UN Global Compact, dem WWF, dem World Resource Institute und dem Carbon Disclosure Project (CDP) gegründet. Die SBTi bietet Un‐ ternehmen Anleitungen, Kriterien und Empfehlungen, um Klimaneutralität zu erreichen. Link: https: / / sciencebasedtargets.org 62 4 Steuern <?page no="63"?> Definition: Wissenschaftsbasierte Klimaziele Unter wissenschaftsbasierten Zielen versteht man Pläne zur Reduk‐ tion von THG-Emissionen, die dem aktuellen Stand der Klimawissen‐ schaft entsprechen, um die Pariser Klimaziele (globale Erwärmung deutlich unter 2°C, am besten 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau) zu erreichen. Die SBTi möchte Unternehmen aller Branchen und Größen dafür gewinnen, sich der Reduktion von THG-Emissionen nach wissenschaftlich fundierten Zielen zu verpflichten. Insbesondere sollen Unternehmen aus Branchen mit sehr hohen Emissionen hierfür gewonnen werden. Die SBT geben klare und messbare Ziele zur Reduktion der Emissionen vor. Ausgehend von einem Basisjahr ist ein verbindlicher Zeitplan für die Reduktionsziele vor‐ zulegen. Diese müssen von der SBTi validiert werden, um sicherzustellen, dass sie wissenschaftlich fundiert und ausreichend ambitioniert sind. Eine regelmäßige Berichterstattung über die Fortschritte fördert die Transparenz der Klimapolitik der Unternehmen. Aufgrund der großen Unterschiede zwischen verschiedenen Geschäftsmodellen werden sektorspezifische Pfade angeboten. Die Anforderungen der SBTi helfen Unternehmen, ihre Klima‐ schutzstrategien zu strukturieren und sicherzustellen, dass ihre Bemühun‐ gen im Einklang mit der globalen Bekämpfung des Klimawandels stehen. Beispiel: Siemens „Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, verpflichten wir uns zu einem wissenschaftlich fundierten Reduktionspfad entlang unserer gesamten Wertschöpfungskette. So stellen wir sicher, dass wir bei unseren Klimaschutzanstrengungen im Einklang mit dem höchsten Anspruchsniveau des Pariser Klimaschutzabkommens handeln.“ Quelle: Siemens, https: / / press.siemens.com/ global/ de/ feature/ dekarbo nisierung, Abruf: 26.11.2023. Die SBT sehen vor, dass Unternehmen ihre aktuellen Emissionen erfassen, mögliche Reduktionspfade identifizieren und ehrgeizige, aber zugleich auch erreichbare Ziele festlegen. Die Festlegung eines wissenschaftlich fun‐ dierten Ziels erfolgt in fünf Schritten, wie in der folgenden Abbildung dargestellt: 4.1 Klimaziele abstecken 63 <?page no="64"?> 16 Vgl. Science Based Targets, Progress Report 2021, S.-12, in: https: / / sciencebasedtargets .org/ resources/ files/ SBTiProgressReport2021.pdf, Abruf: 26.01.2024. Abb. 4.2: Fünfstufiges Vorgehen zur Zielsetzung (Quelle: Science Based Targets, 2023, https: / / sciencebasedtargets.org/ set-a-target, Abruf: 14.11.2023) Verpflichten Einreichen eines Schreibens, in dem die Absicht erklärt wird, ein wissenschaftsbasiertes Ziel zur Emissionsreduktion festzulegen Einreichen Vorlage des Ziels bei der SBTi zur Validierung Offenlegen Jährliche Berichterstattung über die unternehmensweiten Emissionen und Verfolgung des Zielfortschritts Kommunizieren Verkündung des Ziels und Information der Stakeholder Entwickeln Ausarbeitung eines Emissionsreduktionsziels in Übereinstimmung mit den Kriterien der SBT Abb. 4.2: Fünfstufiges Vorgehen der Science Based Targets (Quelle: Science Based Targets, 2023, https: / / sciencebasedtargets.org/ set-a-target, Abruf: 26.01.2024) Emissionsreduktion Für die jährliche Reduktionsrate der THG-Emissionen sieht die SBTi zwei unterschiedliche Ziele vor: ● Scope 1 und 2: 1,5°C ● Scope 3: deutlich unter 2°C Das 1,5°C-Ziel erfordert eine jährliche lineare Emissionsreduktion um 4,2%. 16 Die genaue jährliche Reduktion hängt jedoch von der Branche, von der Aus‐ gangssituation des Unternehmens und auch von der Unternehmensgröße ab. Die Reduktionsrate kann dabei in der ersten Periode höher und in späteren Perioden niedriger sein. Die SBTi fordert die Unternehmen auf, sich individuelle, aber wissenschaftlich fundierte Ziele zu setzen, die ihren spezifischen Möglichkeiten entsprechen. Neben der absoluten jährlichen Emissionsreduktion können auch rela‐ tive Ziele festgelegt werden. Relativ bedeutet, dass Emissionen im Vergleich zum Output, also zu den hergestellten Produkten oder Dienstleistungen, gemessen werden. Dies ist beispielsweise für wachsende Unternehmen re‐ levant. Schließlich können auch produktspezifische Ziele festgelegt werden. So kann es etwa in der Baubranche sinnvoll sein, Reduktionsziele auf ein‐ zelne Bauprojekte zu beziehen. Aber auch relative Ziele müssen im Einklang 64 4 Steuern <?page no="65"?> 17 Vgl. Science Based Targets 2023, in: https: / / sciencebasedtargets.org, Abruf: 26.11.2023. mit den SBT stehen und trotz Wachstum müssen die Gesamtemissionen eines Unternehmens sinken. Die Anforderungen der SBTi berücksichtigen die Schwierigkeiten vieler Unternehmen bei der Datenbeschaffung. Aufgrund komplexer Wertschöpfungsketten ist insbesondere eine vollständige Ermittlung der Scope-3-Emissionen oft kaum möglich. Auch bei den Scope 1 und Scope 2 Emissionen kann von einer vollständigen Datenerhebung abgewichen werden, wenn dem Aufwand nur ein geringer Nutzen gegenübersteht. Eine SBT-konforme Vorgehensweise sieht mindestens die folgende Emis‐ sionserfassung vor: Scope Ziele bis 2030 Ziele bis 2050 Scope 1 und 2 95-% Abdeckung Scope 3 67-% Abdeckung, wenn der Anteil der Scope-3-Emissio‐ nen an den Gesamtemissio‐ nen mindestens 40-% beträgt. 90-% Abdeckung Tabelle 4.1: Mindestanforderungen an die Erfassung der Emissionen gemäß SBTi (Quelle: SBTi Corporate Net-Zero-Standard, Version 1.1, April 2023, S.-35) Als Zwischenziel wird häufig das Jahr 2030 gewählt, bis zu dem, ausgehend von einem vergangenen Referenzjahr, oft eine Halbierung der Emissionen angestrebt wird. Langfristig, bis 2050, wird Klimaneutralität angestrebt. Emissionen, die nicht oder noch nicht reduziert werden können, müssen vom Unternehmen kompensiert werden. Dazu können Investitionen in Klimaschutzprojekte außerhalb der eigenen Wertschöpfungskette getätigt werden (Removals). Dabei handelt es sich um ergänzende Maßnahmen und nicht um einen Ersatz für eigene Maßnahmen zur Emissionsreduktion. Auch der Erwerb von CO 2 -Zertifikaten wird nicht auf die eigenen Klimaziele angerechnet. Mehr als 6.000 Unternehmen weltweit haben sich bis Ende 2023 gegen‐ über der SBTi verpflichtet, ihre Emissionen zu reduzieren. 17 Darunter sind Unternehmen wie BMW, Siemens, Deutsche Telekom, Nestlé und Microsoft. Sie reduzieren ihre Emissionen unterstützt durch die Experten der SBTi wissenschaftlich fundiert und leisten einen Beitrag zum Erreichen der 4.1 Klimaziele abstecken 65 <?page no="66"?> Pariser Klimaziele. Sie signalisieren ihren Stakeholdern und Investoren eine hohe Glaubwürdigkeit ihrer Klimapolitik. Beispiel: BMW Emissionsminderungsziele von BMW, aufgeteilt nach Scope 1-3, die von der SBTi validiert wurden, um die Mess- und Überprüfbarkeit zu gewährleisten. - CO 2 -Reduktion bis 2030 (gegenüber 2019) äquivalentes Klimaziel Scope 1 und 2 -80% pro Fahrzeug unter 1,5°C Scope 3 Upstream Lieferkette mindestens -20% je Fahrzeug 1,75°C Scope 3 Downstream Nutzungsphase mehr als -40% pro Fahrzeug und km 1,5°C - 1,75°C Scope 1-3 Gesamter Lebenszy‐ klus mindestens -33% pro Fahrzeug 1,5°C - 1,75°C Tabelle 4.2: Emissionsreduktionsziele von BMW (Quelle: Ecochain 2023, https: / / eco chain.com/ blog/ bmw-and-sustainability/ , Abruf: 26.01.2024) Literaturempfehlungen Bessas, Y. (2023): Die Science-Based-Targets-Initiative (SBTi) einfach erklärt, https: / / www.globalchanger.com/ climate-insights/ die-science-based-targets-initiative-s bti-einfach-erklaert/ , Abruf: 29.01.2024. Global Compact Netzwerk Deutschland (2022): Science-based Targets, Wissen‐ schaftlich fundierte Klimaziele als Grundlage für die Klimastrategie von Unter‐ nehmen, https: / / www.globalcompact.de/ fileadmin/ user_upload/ Dokumente_PD Fs/ DGCN-DiskPpr-GER-fin-screen.pdf, Abruf: 29.01.2024. Science Based Targets (2024): Homepage, https: / / sciencebasedtargets.org, Abruf: 29.01.2024. 66 4 Steuern <?page no="67"?> 4.2 Klimastrategie entwickeln In den vorangegangenen Kapiteln wurden ● die regulatorischen Anforderungen geklärt, ● die THG-Emissionen gemessen und ● wissenschaftlich fundierte Ziele zur Emissionsminderung gesetzt. Im nächsten Schritt geht es um die Umsetzung der klimapolitischen Maßnahmen. Die Steuerung ist zuerst in einem strategischen Rahmen abzustimmen, bevor auf die Ebene der operativen Maßnahmen gewechselt wird. 4.2.1 Reduzieren, substituieren, kompensieren Die klimapolitischen Maßnahmen lassen sich grundsätzlich in drei Schritte unterteilen. Erstes Ziel ist, die Emissionen zu reduzieren. Was nicht ver‐ meidbar ist, sollte durch weniger klimaschädliche Maßnahmen substituiert werden. Was weder reduziert noch substituiert werden kann, ist durch Maßnahmen auszugleichen, die an anderer Stelle zu Emissionseinsparungen führen. Reduktion: Primäres Ziel ist die Reduktion der THG-Emissionen. Dazu gibt es folgende grundsätzliche Ansatzpunkte: Die Emissionen in Scope 1 und Scope 2 sind in der Regel gut messbar, so dass die wesentlichen Hebel zur Reduktion identifiziert werden können. Es können Geschäftsprozesse angepasst, technische Maßnahmen an energie‐ verbrauchenden Geräten und Anlagen durchgeführt und Maßnahmen zur Verhaltensänderung der Mitarbeiter ergriffen werden. Die Reduktion der Emissionen in Scope 3 erfordert eine enge Zusam‐ menarbeit mit den Akteuren der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungs‐ kette. Daher besteht eine große Abhängigkeit von der Fähigkeit und der Bereitschaft dieser Akteure, ihrerseits THG-Emissionen zu erfassen und zu reduzieren. Beispielsweise können Unternehmen Einkaufsrichtlinien anpassen, Projekte zur Emissionsreduktion mit Lieferanten durchführen oder Produkte zum Recycling zurücknehmen. Strategische Handlungsmög‐ lichkeiten bestehen auch darin, Wertschöpfungsketten umzugestalten, Pro‐ 4.2 Klimastrategie entwickeln 67 <?page no="68"?> 18 Vgl. Göhler et al. 2023, S.-40. dukte reparierbar und langlebiger zu machen oder das Geschäftsmodell so weiterzuentwickeln, dass Bedürfnisse mit weniger Energieeinsatz befriedigt werden. Substitution: Emissionen aus der Energieerzeugung, die nicht reduziert werden können, lassen sich durch einen Ersatz von fossiler durch erneuerbare Energie sub‐ stituieren. Hierzu können Sonnen- und Windenergie oder Wärmepumpen genutzt werden. In energieintensiven Branchen kann Erdgas durch grünen Wasserstoff substituiert werden. Kompensation: Investitionen in Kompensationsprojekte außerhalb des Unternehmens können zu einer Reduktion von THG-Emissionen führen. Für den Klima‐ wandel ist es irrelevant, wo die Emissionen entstehen. Daher kann die Kompensation auch an anderer Stelle auf der Erde sinnvoll sein. Kompensationsprojekte werden in der Regel nicht von den Unternehmen selbst durchgeführt, sondern es wird in Projekte anderer investiert. Teil‐ weise besteht Unsicherheit über die Wirksamkeit und Dauerhaftigkeit der dadurch erzielten Emissionsminderung. Folgende Anforderungen sollten an Kompensationsprojekte gestellt wer‐ den: 18 ● Das Kompensationsprojekt existiert nur aufgrund der Förderung, sonst würde es nicht durchgeführt. ● Die eingesparten Emissionen werden nicht wieder freigesetzt. ● Der Anbieter des Projekts stellt sicher, dass die eingesparten Emissionen nicht mehrfach angerechnet werden. Die Kompensation wird im Vergleich zu Reduktion und Substitution oft kritisch diskutiert. Sie sei ein einfacher Weg, man kaufe sich günstig frei und verzichte auf anspruchsvolle und kostenintensive Maßnahmen der Reduktion und Substitution im eigenen Unternehmen. Andererseits stellt die Kompensation ein unverzichtbares Instrument dar, ohne das Redukti‐ onsziele nicht erreicht werden können. Aus ökonomischer Sicht sollte Geld 68 4 Steuern <?page no="69"?> dort investiert werden, wo es zum größten Nutzen führt. Wenn für die Einsparung einer Tonne CO 2 durch ein Kompensationsprojekt, etwa durch Aufforstung in ärmeren Ländern, weniger ausgegeben werden muss als für die Emissionsreduktion im eigenen Betrieb, ist die Maßnahme ökonomisch sinnvoll und führt zum selben ökologischen Nutzen. Voraussetzung ist jedoch, dass die oben genannten drei Bedingungen zweifelsfrei erfüllt sind, die Informationen daüber glaubwürdig sind und keine weiteren negativen Effekte aus dem Kompensationsprojekt entstehen. Da es in der Vergangen‐ heit auch schwarze Schafe unter den Kompensationsprojekten gab, werden diese teilweise kritisch beurteilt. 4.2.2 Unternehmens-, Nachhaltigkeits- und Klimastrategie „Eines unserer wichtigsten Transformationsziele ist die CO 2 -Neutralität - wir haben es fest in unserer nachhaltigen Geschäftsstrategie verankert.“ Quelle: Mercedes-Benz Group 2021, S.-73. Die Begriffe Unternehmensstrategie, Nachhaltigkeitsstrategie und Klima‐ strategie sind nicht getrennt voneinander zu betrachten. Die Klimastrategie ist Teil der Nachhaltigkeitsstrategie und diese ist Teil der Unternehmens‐ strategie. Die Strategie ist der grundsätzliche, längerfristig ausgerichtete Weg hin zur Vision. Die Strategie gestaltet die Zukunft des Unterneh‐ mens. Nachhaltigkeit ist eine Querschnittsfunktion im Unternehmen, da ein großer Teil der Unternehmensfunktionen hiervon betroffen ist. Die Unternehmensstrategie muss sich daher auch dazu positionieren, wie die unternehmerische Zukunft in Bezug auf die Nachhaltigkeit gestaltet werden soll. Die Reduktion der THG-Emissionen ist für viele Unternehmen ein wesentlicher Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie. Klimaziele als Teil der Unternehmensstrategie verleihen diesen einen hohen Stellenwert und sichern die Unterstützung des Top-Managements. Dies erleichtert die operative Umsetzung und ermöglicht die notwendigen geschäftspolitischer Maßnahmen wie Investitionen, Veränderungen von Geschäftsprozessen und Wertschöpfungsketten. Ein bewährtes Instrument zur Entwicklung von Unternehmensstra‐ tegien ist die PESTLE-Analyse. Dabei wird das Unternehmensumfeld in sechs Kategorien beschrieben: Political, Economical, Social, Technological, Legal, Environmental. Bei diesen sechs Kategorien sind speziell auch die 4.2 Klimastrategie entwickeln 69 <?page no="70"?> 19 Vgl. KPMG 2023b, S.-28. 20 Vgl. KPMG 2023b, S.-10. Aspekte des Klimawandels zu beachten, die für das Unternehmen relevant sind. Beispielsweise können folgende Aspekte genannt werden: 19 ● Political: nationale Treibhausgasminderungsziele, Einführung von CO 2 -Zertifikaten, Ausstieg aus fossilen Energiequellen ● Economical: Reputationsrisiken, Nachfrage nach grünen Technologien ● Social: Verschiebung von Kundenpräferenzen, steigende Erwartungen an Unternehmen bezüglich des nachhaltigen Verhaltens, zunehmende Akzeptanz grüner Technologien ● Technological: grüne technologische Innovationen, steigende Attrakti‐ vität grüner Technologien aufgrund sinkender Preise, Versorgungsun‐ terbrechung (z.-B. Stromausfall) ● Legal: steigende Klagerisiken bei unzureichender Emissionssenkung und bei fragwürdiger Berichterstattung, strengere Umweltschutzvor‐ schriften ● Environmental: Verschärfung der Klimaproblematik durch Überschrei‐ ten natürlicher Kipppunkte wie das Auftauen von Permafrostböden, Schmelzen des arktischen Eisschildes oder Trockenperioden und Un‐ wetter Das veränderte Umfeld birgt nicht nur Risiken, sondern auch Chancen für zusätzliches Geschäftspotenzial. Der Klimawandel beeinflusst somit die strategische Ausrichtung des Unternehmens, führt zu Anpassungen in der Wertschöpfungskette und zu neuen Geschäftsmodellen. 4.2.3 Wertschöpfungskette und Geschäftsmodelle In der Studie der KPMG zu Klimarisiken aus dem Jahr 2023 geben 53 % der befragten Unternehmen an, dass die Auswirkungen des Klimawandels auf das eigene Geschäftsmodell hoch sind (befragt wurden 235 deutsche Unternehmen aus den Branchen Maschinenbau und Automobil). 20 Der Klimawandel wirkt sich auf die Wertschöpfungskette aus, etwa durch die Verteuerung von Vorprodukten. Alternative Vorprodukte und Lieferanten müssen ausgewählt und neue Beschaffungswege und Logistikketten auf‐ gebaut werden. Dadurch können Geschäftsmodelle auch gänzlich obsolet werden, wenn Vorprodukte ausfallen und nicht ersetzt werden können oder 70 4 Steuern <?page no="71"?> eine hohe Energieintensität die Kosten so stark erhöht, dass die Produkte nicht mehr abgenommen werden. Verstößt ein Unternehmen aufgrund einer mangelnden Weiterentwicklung gegen die Pariser Klimaziele, können das Image und die Nachfrage darunter leiden. Gegenwärtig werden Klimarisiken in der Beschaffung gemäß der KPMG-Studie von weniger als der Hälfte der Unternehmen aktiv gemanagt, wie folgende Abbildung zeigt. Abb. 4.3: Berücksichtigung von Klimarisiken im Beschaffungsprozess (Quelle: KPMG 2023b, S. 22) 7% 16% 18% 21% 39% Partner werden durch anerkanntes Verfahren selbst geprüft Bewertung durch internes Punktesystem Partner müssen Zertifikate vorweisen keine Berücksichtigung Berücksichtigung im Aufbau/ in Planung Abb. 4.3: Berücksichtigung von Klimarisiken im Beschaffungsprozess (Quelle: KPMG 2023b, S.-22) Die Entwicklung nachhaltiger Wertschöpfungsketten umfasst bei‐ spielsweise folgende Maßnahmen: ● Auswahl umweltfreundlicher Lieferanten, die den CO 2 -Fußabdruck nachweisen, die sich eine strenge Emissionsreduktion vorgenommen haben und dies nachweisen können, etwa durch die Verpflichtung gegenüber den SBT. ● Reduktion der Emissionen in der Logistik durch umweltfreundliche Transportmittel, durch optimierte Transportrouten und durch Bünde‐ lung von Lieferungen. ● Verkürzung der Lieferwege durch lokale Beschaffung. ● Reduktion von Verpackungsmaterial und Nutzung recycelbarer oder wiederverwendbarer Verpackungen. ● Kooperation mit Lieferanten, um unternehmensübergreifend Redukti‐ onspotenziale zu heben, um Ziele abzustimmen und um einheitliche Standards zu nutzen. 4.2 Klimastrategie entwickeln 71 <?page no="72"?> Beispiel: Vattenfall „Im Durchschnitt sind die Emissionen der Lieferkette 11,4-mal höher a ls die betrieblichen Emissionen. Mit anderen Worten: Die Optimierung der Wertschöpfungskette und das Einbeziehen der Zulieferer bieten Unternehmen ein enormes Potenzial zur Reduktion des CO 2 -Fußabd‐ ruckes. Betriebe, die ihre Zulieferer nicht in ihre Nachhaltigkeitsstrategie einbeziehen, verlieren an Wettbewerbsfähigkeit. Eine optimierte Wert‐ schöpfungskette sorgt für niedrigere Kosten, eine bessere Reputation und Widerstandsfähigkeit in einem unbeständigen Wirtschaftsklima. Auch die Politik fordert, dass sich Betriebe Ziele für die Emissionsre‐ duzierung in ihrer gesamten Wertschöpfungskette setzen. Dies ist nur mit einem fundierten Lieferkettenmanagement möglich.“ Quelle: Vattenfall, https: / / www.vattenfall.de/ geschaeftskunden/ mitt elstand/ magazin/ scope-3-emissionen-fuer-unternehmen-erklaert, Ab‐ ruf: 29.01.2024. Nachhaltige Geschäftsmodelle, die THG-Emissionen verringern oder gänzlich verhindern, können auf folgenden Konzepten beruhen: ● Entwicklung von Produkten, die nach dem Cradle-to-Cradle-Ansatz in einem geschlossenen Kreislauf eingebunden sind. Am Ende des Lebenszyklus werden die Produkte vollständig wiederverwendet oder kompostiert und für die benötigte Energie werden ausschließlich erneu‐ erbare Energiequellen genutzt. ● Geschäftsmodelle für die Erzeugung, Verteilung und Nutzung erneuer‐ barer Energien. ● Entwicklung von energieeffizienten Technologien. ● Entwicklung von Geschäftsmodellen nach dem Ansatz der Sharing Economy zur gemeinsamen Nutzung von Produkten (z. B. Carsharing, Shared Offices, Tauschbörsen). ● Entwicklung energieeffizienter Gebäude aus nachhaltigen Materialien. ● Entwicklung grüner Technologien, die die Umweltleistungen verbes‐ sern, wie nachhaltige Produktionsverfahren oder Technologien zur CO 2 -Abscheidung und Speicherung. 72 4 Steuern <?page no="73"?> Beispiel: Klöckner „Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Stahlindustrie übernimmt Klöck‐ ner & Co gesellschaftliche Verantwortung und nutzt gleichzeitig die strategischen Chancen, die sich aus der Dekarbonisierung ergeben. Wir arbeiten daran, ein neues Angebot von nachhaltig und emissions‐ frei produziertem Stahl zu schaffen und uns damit als Pionier einer nachhaltigen Stahlindustrie zu etablieren. Indem wir unser nachhalti‐ ges Produkt- und Dienstleistungsspektrum so erweitern, ergreift das Unternehmen die strategische Chance, das neue, attraktive Geschäft mit „grünem“ Stahl in seinem Geschäftsmodell zu verankern.“ Quelle: Klöckner, https: / / www.kloeckner.com/ nachhaltigkeit/ nachhalt igkeit/ umwelt/ , Abruf: 29.01.2024. Die Optimierung der Wertschöpfungsketten, insbesondere die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, erfordert erhebliche Investitionen in Forschung und Entwicklung, in Maschinen und Anlagen sowie in die Aus- und Weiter‐ bildung der Mitarbeiter und in Veränderungsprozesse. 4.2.4 Investitionsmanagement Investitionen sind eine wichtige Grundlage für die Weiterentwicklung von Unternehmen. Zukünftig erfolgreiche Geschäftsfelder, Produkte und Produktionsverfahren sind das Ergebnis heutiger Investitionen. Werden die Investitionsentscheidungen nicht nur nach wirtschaftlichen Gesichtspunk‐ ten, sondern auch unter Berücksichtigung ökologischer und sozialer Ziele getroffen, beschleunigen sie den Wandel hin zu einem nachhaltigen Unter‐ nehmen. Der Umfang nachhaltiger Investitionen ist zudem ein faktischer Beleg dafür, wie ernst ein Unternehmen die Nachhaltigkeit nimmt. Die EU-Taxonomie verlangt daher von berichtspflichtigen Unternehmen die Angabe des Anteils nachhaltiger Investitionen an den Gesamtinvestitionen (Kapitel 4.2). Investitionen sind ein starker Hebel für die Transformation hin zu einem nachhaltigen Unternehmen dar. Die Effekte sind in der Regel größer als operative Optimierungen zur Steigerung der Effizienz. Ersetzt ein Unter‐ nehmen beispielsweise jährlich 10 % seiner Anlagen und Maschinen durch besonders nachhaltige Anlagen und Maschinen, so wird innerhalb von 10 Jahren der gesamte Anlagen- und Maschinenpark nachhaltigen Standards entsprechen. 4.2 Klimastrategie entwickeln 73 <?page no="74"?> Bei der Planung der Investitionen ist zu beachten, dass deren Emissions‐ ziele in der Regel deutlich strenger sein müssen als die Ziele, die sich das Unternehmen insgesamt gesetzt hat. Wenn etwa im Altbestand der Anlagen keine weiteren Emissionen eingespart werden können, müssen ausschließ‐ lich die neuen Anlagen zum Ziel der Emissionsreduktion beitragen. Sollen beispielsweise die Treibhausgasemissionen des gesamten Unternehmens in den nächsten fünf Jahren um 20 % gesenkt werden und werden in diesem Zeitraum 20 % des Anlagenbestands ersetzt, müssen die neuen Anlagen vollständig klimaneutral sein, um das Ziel zu erreichen. Die Emissionsre‐ duktion beruht dann ausschließlich auf den neuen Anlagen. Möchte ein Unternehmen den Anteil nicht klimaschädlicher Produkte in den nächsten 4 Jahren von 10 % auf 30 % steigern und werden jährlich in einem Umfang von 10 % alte durch neue Produkte ersetzt, dann müssen in diesem Zeitraum 50 % der neuen Produkte nicht klimaschädlich sein. Um den Anteil von 10-% auf 30 % zu steigern, muss jedes zweite neue Produkt als nicht klimaschädlich kategorisiert werden. Literaturempfehlungen Ahrend, K.-M. (2022): Nachhaltige Geschäftsmodelle, 2. Auflage, Berlin. Plattform Industrie 4.0 (2021): Thesenpapier. Industrie 4.0 und Nachhaltigkeit, September 2021, https: / / www.plattform-i40.de/ IP/ Redaktion/ DE/ Downloads/ P ublikation/ Thesen-Nachhaltigkeit-Geschaeftsmodelle.pdf ? __blob=publicationFi le&v=1, Abruf: 29.01.2024. 4.3 Unternehmensübergreifende Emissionssteuerung In den vorangegangenen Kapiteln wurden ● die regulatorischen Anforderungen geklärt, ● die THG-Emissionen gemessen, ● Ziele zur Senkung der Emissionen gesetzt und ● der strategische Pfad zur Reduktion der Emissionen definiert. Damit sind die notwendigen Voraussetzungen für die operative Steuerung der Emissionen geschaffen. Im Folgenden wird das unternehmensweite Emissionsmanagement dargestellt, bevor auf das operative Emissions‐ management in den Unternehmenseinheiten eingegangen wird. 74 4 Steuern <?page no="75"?> Die Verantwortung für die Einhaltung des Reduktionspfades liegt bei der Unternehmensleitung. Sie hat die Gesamtemissionen im Blick, plant und steuert diese. Sie nimmt eine längerfristige Perspektive ein und muss verhindern, dass operative Entscheidungen der dezentralen Einheiten dem übergeordneten Unternehmensziel widersprechen. Die übergeordnete Ko‐ ordination stellt sicher, dass sich einzelne Maßnahmen der Unternehmens‐ bereiche nicht gegenseitig behindern. Darüber hinaus übersteigen größere Investitionen den Verantwortungsbereich einzelner Unternehmenseinhei‐ ten. Das Management muss daher die Entwicklung der Emissionen kontinu‐ ierlich beobachten und bei Abweichungen vom Plan regulierend eingreifen. Operative Entscheidungen in den einzelnen Unternehmenseinheiten soll‐ ten dagegen weitgehend autonom vor Ort getroffen werden, da dort das notwendige Know-how vorhanden ist. Es ist also zwischen der übergrei‐ fenden Gesamtsteuerung und den operativen Entscheidungen vor Ort zu unterscheiden. Abschnitt 4.3 befasst sich mit der übergreifenden Steuerung, Abschnitt 4.4 mit der eigenverantwortlichen Umsetzung in den Unternehmenseinheiten. Hierbei sind die internen CO 2 -Preise von Bedeu‐ tung. Bei der unternehmensübergreifenden Planung und Steuerung der Emis‐ sionen fallen folgende Aufgaben an: ● Identifikation der Treiber zur Steuerung der THG-Emissionen ● Erstellung eines Treiberbaums bedeutsamer Emissionsquellen und Be‐ stimmung der KPIs ● Erstellung eines Maßnahmenplans 4.3.1 Identifikation der Emissionstreiber „Wir bekommen durch den Corporate Carbon Footprint einen tieferen und weiteren Blick auf unsere wichtigsten Emissionstreiber und erkennen klarer, wo wir mit effektiven und kosteneffizienten Reduktionsmaßnahmen ansetzen können.“ Quelle: Lufthansa Cargo, https: / / www.lufthansa-cargo.com/ de/ ci/ interview-co2 -footprint, Abruf: 29.01.2024. Die Messung der Emissionen ist Voraussetzung für deren Bewertung und Steuerung. Es liegt nahe, dass Quellen mit hohen Emissionen besonders beachtet werden. Diese haben die größten Minderungspotenziale und 4.3 Unternehmensübergreifende Emissionssteuerung 75 <?page no="76"?> sollten priorisiert werden. Daneben ist die Beeinflussbarkeit der Emis‐ sionen entscheidend. Die folgende Abbildung zeigt eine Bewertungsmatrix zur Identifikation von Emissionstreibern. Abb. 4.4: Bewertungsmatrix zur Identifikation von Emissions-Treibern (Quelle: Global Compact Netzwerk Deutschland 2017, S. 60) gering Emissionen in t CO 2 e hoch gering eigene Beeinflussbarkeit hoch Scope 3, y Scope 1 Scope 2 Scope 3, x Abb. 4.4: Bewertungsmatrix zur Identifikation von Emissions-Treibern (Quelle: Global Com‐ pact Netzwerk Deutschland 2017, S.-60) Bei der Priorisierung von Maßnahmen ist neben den beiden Kategorien Emissionshöhe und Beeinflussbarkeit auch die Wahrnehmung der Stake‐ holder zu berücksichtigen. Es sollten nicht nur quantitativ bedeutsame Emissionen reduziert werden, sondern auch solche, die von Stakeholdern kritisch gesehen werden. Dies sichert die Unterstützung des Transformati‐ onsprozesses durch die Stakeholder. Ein weiteres relevantes Kriterium bei der Auswahl von Emissionstreibern sind die Wirkungszusammenhänge zwischen verschiedenen Emissions‐ quellen. Diese dürfen nicht isoliert betrachtet werden, da sie sich gegenseitig beeinflussen können. Beispielsweise kann der Wechsel auf ein weniger CO 2 -intensives Vorprodukt den Aufwand in der Produktion erhöhen, wo‐ durch mehr Emissionen verursacht werden. Ein robustes und langlebiges 76 4 Steuern <?page no="77"?> Produkt kann in der Herstellung zu höheren Scope 1 und 2 Emissionen führen, aber durch die längere Nutzungsdauer die Gesamtemissionen im Vergleich zu kurzlebigen Produkten reduzieren. Ein weiteres Beispiel ist die Einführung von Home-Office-Arbeitsplätzen. Diese reduzieren die Emis‐ sionen aus Pendelverkehr, Heizung und Internetnutzung in den Büros. Zugleich steigt aber der Energiebedarf in den privaten Haushalten, was außerhalb des Einflussbereichs des Unternehmens und außerhalb des Bi‐ lanzierungsrahmens von Scope 1 und 2 liegt. Die Treibhausgasbilanz des Unternehmens verbessert sich, obwohl die Emissionen nur verlagert werden. Schließlich kann das Angebot emissionsarm hergestellter Produkte einen Rebound-Effekt bewirken, der durch eine steigende Absatzmenge eintritt. Die Einspareffekte bei der Herstellung eines Produktes werden wieder aufgezehrt, weil die Produkte attraktiver sind und vermehrt nachgefragt werden. Es handelt sich somit um ein komplexes System, bei dem die Wechselwirkungen nur teilweise bekannt sind und nicht vollständig be‐ rücksichtigt werden können. Eine präzise Steuerung der Emissionen wird dadurch erschwert. 4.3.2 Emissionstreiberbaum Nachdem die Treiber für eine Emissionsreduktion identifiziert wurden, müssen diese in ein Steuerungssystem überführt werden. Mit Hilfe eines Emissionstreiberbaums werden bedeutsame Emissionsquellen in sachli‐ che Kategorien und in zugehörige Scopes überführt. Die folgende Abbildung zeigt beispielhaft einen Treiberbaum zur Steuerung der THG-Emissionen: 4.3 Unternehmensübergreifende Emissionssteuerung 77 <?page no="78"?> 21 Vgl. Global Compact Netzwerk Deutschland 2017, S.-77. Scopes Erfassung der Emissionstreiber und -quellen Kategorien Gesamtemissionen des Unternehmens Nutzung der Güter Scope 3 Scope 2 Abfall Entsorgung Eingekaufte Güter Strom Transport Mobile Anlagen Stationäre Anlagen Dampf Abb. 4.5: Emissionstreiberbaum (Quelle: in Anlehnung an Global Compact Netzwerk Deutschland 2017, S. 54) Scope 1 Erdgasheizung Kühlgerät Firmenwagen Stromzähler 1 Messgerät 1 Produkt 1 Produkt 1 Produkt 1 Produkt 1 Produkt 1 Gabelstapler Stromzähler 2 Messgerät 2 Produkt 2 Produkt 2 Produkt 2 Produkt 2 Produkt 2 Abb. 4.5: Emissionstreiberbaum (Quelle: in Anlehnung an Global Compact Netzwerk Deutschland 2017, S.-54) Ein Treiberbaum enthält die wichtigsten Einflussfaktoren auf die Emissio‐ nen und kann somit zur Steuerung verwendet werden. Für jedes Feld des Treiberbaums ist eine Kennzahl, ein Key Performance Indicator (KPI), zu definieren, der zur Messung und Steuerung herangezogen wird. Die KPIs sind einzelnen Organisationseinheiten wie Teams oder Abteilungen zuzu‐ ordnen. Sie sollten so gewählt werden, dass sie auf der nächsthöheren Ebene aggregiert werden können. Beispielsweise können die absolut gemessenen Emissionen verschiedener Produktionsbereiche zu den Gesamtemissionen der Produktion aufsummiert werden. Die KPIs sollen zudem untereinander und über die Zeit vergleichbar sein und sie müssen von der verantwortlichen Stelle maßgeblich beeinflusst werden können. 21 Die Eignung von KPIs zur Steuerung von Emissionen kann anhand folgender Matrix bewertet werden: 78 4 Steuern <?page no="79"?> gering Aggregation/ Vergleichbarkeit hoch gering Steuerungswirkung hoch Abb. 4.6: KPI-Bewertungsmatrix (Quelle: in Anlehnung an Global Compact Netzwerk Deutschland 2017, S. 82) 3 2 4 1 Abb. 4.6: KPI-Bewertungsmatrix (Quelle: in Anlehnung an Global Compact Netzwerk Deutschland 2017, S.-82) Zur Steuerung der absoluten Emissionen eignen sich insbesondere KPIs aus dem ersten Quadranten. Zum einen ist ihre Steuerungswirkung groß, zum anderen können die KPIs hin zu übergeordneten Kennzahlen aggregiert und gut miteinander verglichen werden. Beispiele für KPIs in den vier Quadranten sind: 1. absolute CO 2 -Emissionen 2. CO 2 / Umsatz 3. CO 2 / Gewinn 4. CO 2 / Produkteinheit Zur Steuerung eines relativen Ziels eignen sich die KPIs des vierten Quadranten. Ziel ist die Reduktion der Emissionen pro hergestelltem Pro‐ dukt. Die Reduktion der Emissionen je Produkt führt jedoch bei steigender Absatzmenge nicht zu einer prozentual gleichen Reduktion der Gesamt‐ emissionen. Bei unterschiedlichen Produkten ist die Reduktion nicht ohne weiteres vergleichbar und aggregierbar. Zur Emissionssteuerung sind KPIs aus dem zweiten und dritten Quadran‐ ten weniger geeignet. Die Messung von Emissionen relativ zum Umsatz ist zwar zwischen verschiedenen Produkten gut miteinander vergleichbar, ein absolutes Reduktionsziel lässt sich mit relativen Kennzahlen jedoch kaum 4.3 Unternehmensübergreifende Emissionssteuerung 79 <?page no="80"?> erreichen. Am wenigsten geeignet sind KPIs aus dem dritten Quadranten. Sie sind weder zur Steuerung noch zur reinen Information geeignet. Trotz der unterschiedlichen Eignung der KPIs zur Steuerung kann es unternehmensspezifische Gründe geben, auch KPIs des zweiten oder vierten Quadranten zu verwenden. Beispielsweise kann ein Produktionsleiter die Emissionen pro Produkteinheit beeinflussen und damit verantworten. Da er aber bei steigender Nachfrage die Produktion entsprechend erhöht, kann er nicht für die Gesamtemissionen der Produktion verantwortlich sein. Für den Produktionsleiter wäre daher nur der KPI CO 2 je Produktein‐ heit sinnvoll. Der Vertriebsleiter kann am ehesten die Verantwortung für die THG-Emissionen je Vertriebsmitarbeiter übernehmen. Vor dem Hinter‐ grund der gegebenen Mitarbeiterzahl kann er die relativen Emissionen etwa durch Vorgaben für Geschäftsreisen steuern. Auf die Gesamtemissionen der verkauften Einheiten hat er hingegen nur wenig Einfluss. Werden KPIs unterschiedlicher Art verwendet, um in den operativen Einheiten jeweils die bestmögliche Steuerungswirkung zu erzielen, kann die Reduktion der Gesamtemissionen als übergeordnetes Ziel nicht direkt daraus abgeleitet werden. Die KPIs sind nicht ohne weiteres aggre‐ gierbar. Beispielsweise kann ein unternehmensweites Reduktionsziel nur unter der Prämisse bestimmter Produktions- und Absatzmengen erreicht werden. Liegen diese tatsächlich höher, wird das unternehmensweite Re‐ duktionsziel verfehlt, obwohl die produktbezogenen Reduktionsziele auf den untergeordneten Einheiten erreicht wurden. Das Gesamtziel wird nur erreicht, wenn sich die Prämissen nicht ändern. Die folgende Abbildung zeigt beispielhaft die Aufsplittung einer absoluten Kennzahl in relative KPIs verschiedener Standorte. Abb. 4.7: KPIs über verschiedene Unternehmensebenen (Quelle: in Anlehnung an Global Compact Netzwerk Deutschland 2017, S. 81) Absolutes Reduktionsziel Unternehmen: - 10% CO 2 e Standort 3: KPI - 5% CO 2 e/ Umsatz Standort 1: KPI - 15% CO 2 e/ Mitarbeiter Standort 2: KPI - 8% CO 2 -Emissionen Abb. 4.7: KPIs über verschiedene Unternehmensebenen (Quelle: in Anlehnung an Global Compact Netzwerk Deutschland 2017, S.-81) 80 4 Steuern <?page no="81"?> Die folgende Tabelle zeigt beispielhaft KPIs, die für verschiedene Scopes und Kategorien verwendet werden können: Scope 1 gesamte Scope 1 Emissionen Anteil erneuerbarer Energien Energieverbrauch je Produktionseinheit Investitionen in emissionsreduzierende Technologien Reduktion der Scope 1 Emissionen im Zeitverlauf - Scope 2 gesamte Scope 2 Emissionen Emissionsintensität je Energieeinheit Anteil erneuerbarer Energien Energieverbrauch je m 2 Bürofläche Energiekosten je Euro Umsatz - Scope 3 Upstream -------Downstream -- -Anzahl Lieferanten mit Science Based Targets Zielen Gesamtemissionen eines Vorprodukts Emissionen des Transports in CO 2 je km Anteil der auf der Schiene gelieferten Vorprodukte Gesamtemissionen der Geschäftsreisen Emissionen durch Anreise der Mitarbeiter in CO 2 je Perso‐ nenkilometer -Rücksendungsrate Emissionen durch den Versand in CO 2 je km Energieverbrauch in der Nutzungsphase Emissionsintensität der Entsorgung - Tabelle 4.3: Beispiele für KPIs nach Scopes 4.3.3 Maßnahmenplan Das Management legt die wesentlichen Maßnahmen zur Reduzierung der THG-Emissionen fest. Ausgehend vom aktuellen Emissionsniveau wird ein Entwicklungspfad erstellt. Dabei werden bereits erwartete Verände‐ rungen der THG-Emissionen und bereits geplante Maßnahmen berück‐ sichtigt. Dies können etwa steigende Emissionen durch das erwartete Unternehmenswachstum oder sinkende Emissionen durch den Austausch einer bereits bestellten energieeffizienten Anlage sein. Um den Zielwert zu erreichen, müssen ausgehend vom Basisszenario Maßnahmen entwickelt und deren Potenzial zur Emissionsminderung bis zum Erreichen des Ziel‐ 4.3 Unternehmensübergreifende Emissionssteuerung 81 <?page no="82"?> werts abgeschätzt werden. Die Erstellung eines solchen Maßnahmenplans verdeutlicht das Ausmaß der notwendigen Emissionsminderung. Die folgende Abbildung zeigt einen beispielhaften Maßnahmenplan: bereits erwartete Veränderungen der Emissionen geplante Maßnahmen Emissionen aktuell Emissionsanstieg durch Wachstum bereits veranlasste Investitionen zur Emissionsminderung Basisszenario Maßnahme 1 Maßnahme 3 Maßnahme 2 Zielwert Abb. 4.8: Maßnahmenplan zur Emissionssenkung (Quelle: eigene Abbildung) Abb. 4.8: Maßnahmenplan zur Emissionssenkung (Quelle: eigene Abbildung) Maßnahmen können beispielsweise die Einstellung eines CO 2 -intensiven Produkts sein, der Verkauf eines Geschäftsbereichs, die Entwicklung neuer emissionsarmer Produkte, Investitionen in neue Produktionsanlagen, der Wechsel von Lieferanten oder die Ausrüstung von Gebäuden mit Solaran‐ lagen. Eine Befragung von rund 1.200 CFOs europäischer Unternehmen durch Deloitte aus dem Jahr 2019 zeigt die Dominanz effizienzsteigernder Maßnah‐ men. Knapp ein Drittel der Unternehmen entwickeln weniger klimaschäd‐ liche Produkte und Dienstleistungen: 82 4 Steuern <?page no="83"?> Abb. 4.9: Maßnahmen gegen den Klimawandel (Quelle: eigene Abbildung, in Anlehnung an Coppola/ Krick/ Blohmke 2019, S. 9) 11% 11% 14% 28% 31% 40% 70% Versicherung gegen Extremwetterereignisse Kauf von Emissionszertifikaten Anlagen gegen Klimarisiken absichern THG-Reduktion in vorgelagerter Lieferkette Entwicklung klimafreundlicher Produkte Nutzung erneuerbarer Energien Steigerung der Energieeffizienz Abb. 4.9: Maßnahmen gegen den Klimawandel (Quelle: eigene Abbildung, angelehnt an Coppola, Krick, Blohmke 2019, S.-9) Literaturempfehlungen Coppola, M./ Krick, T./ Blohmke, J. (2019): Deloitte Insights: Feeling the heat? Companies are under pressure to act on climate change and need to do more, https : / / www2.deloitte.com/ de/ de/ pages/ risk/ articles/ was-tun-unternehmen-gegen-kl imawandel.html, Abruf: 20.01.2024. Global Compact Netzwerk Deutschland (2017): Einführung Klimamanagement, in: https: / / www.globalcompact.de/ fileadmin/ user_upload/ Dokumente_PDFs/ 001-Ei nfuehrung-Klimamanagement-DGCN_web.pdf, Abruf: 29.01.2024. 4.4 Operative Steuerung durch interne CO 2 -Preise Die Ausführungen in Abschnitt 4.3 behandelten die unternehmensübergrei‐ fende Steuerung der Emissionen. Innerhalb der operativen Geschäftsberei‐ che, Abteilungen und Teams werden laufend Entscheidungen getroffen, die sich auf die Emissionen auswirken. Diese operativen Entscheidungen werden durch eine interne CO 2 -Bepreisung der Emissionen mit dem über‐ greifenden Reduktionsziel verbunden. „Wir meinen es ernst mit unseren Nachhaltigkeitszielen. Darum führen wir einen internen CO 2 -Preis ein, um die Geschäftsbereiche auch monetär zur Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen zu motivieren.“ Andreas Helber, Finanzvorstand BayWa, https: / / www.baywa.com/ presseinform ationen/ 08922_icp, Abruf: 29.01.2024. 4.4 Operative Steuerung durch interne CO 2 -Preise 83 <?page no="84"?> 4.4.1 Methodik der internen CO 2 -Bepreisung Für das Management stellt sich die Frage, wie die Reduktion der Emissionen auf die verschiedenen Standorte, Geschäftsbereiche, Produkte, Abteilungen und Kostenstellen, aber auch auf die Vorprodukte und Lieferanten verteilt werden soll. Soll die jährliche prozentuale Emissionsreduktion gleichmäßig auf alle Unternehmensbereiche verteilt werden? Dies kann zu folgenden Problemen führen: ● Unternehmensbereiche, in denen eine Reduktion nur mit sehr hohem Aufwand möglich ist, hätten die gleichen Ziele wie Unternehmensberei‐ che, bei denen eine Reduktion keine nennenswerten Kosten verursacht. Emissionen sollten vorrangig dort reduziert werden, wo die CO 2 -Ein‐ sparung pro eingesetztem Euro am größten ist. Andernfalls werden Einsparpotenziale nicht ausgeschöpft und Renditeziele verletzt. ● Unternehmensbereiche, die sich bereits in der Vergangenheit intensiv und erfolgreich um die Emissionsminderungen bemüht haben, würden gegenüber anderen Bereichen, die bisher keine Maßnahmen ergriffen haben, benachteiligt. Wurden in der Vergangenheit große Erfolge er‐ zielt, sind weitere Emissionsminderungen in der Regel nur schwer und mit hohem finanziellem Aufwand möglich. ● Eine einheitliche prozentuale Minderung würde der Heterogenität der verschiedenen Unternehmensbereiche nicht gerecht. So würden beispielsweise Produktionsstandorte und reine Verwaltungsstandorte gleichbehandelt. Ein Verwaltungsstandort, mit in der Regel nur geringen Scope-3-Emissionen, kann allein durch einen Wechsel des Stromlie‐ feranten sehr einfach einen großen Teil seiner Scope 2 Emissionen einsparen. ● Die Aufteilung eines Emissionsbudgets auf die verschiedenen Unterneh‐ mensbereiche kann mit der Aufteilung eines Finanzbudgets verglichen werden. Bei der Budgetierung wäre es unangemessen, eine Kosten‐ senkung nach der „Rasenmähermethode“ durchzuführen. Alle Auf‐ wandsarten müssten um den gleichen Prozentsatz gekürzt werden. Dies mag zwar die einfachste Lösung sein, wird aber den wirtschaftlichen Unterschieden nicht gerecht. Ein boomender Geschäftsbereich wäre genauso betroffen wie ein schrumpfender. Eine Abteilung mit Perso‐ nalüberschuss wäre ebenso betroffen wie eine personell unterbesetzte Abteilung. Die Finanzbudgetierung erfolgt daher nach wirtschaftlichen 84 4 Steuern <?page no="85"?> Gesichtspunkten. Das Emissionsbudget sollte ebenso nach dem ökono‐ mischen Prinzip verteilt werden. Ein hilfreicher Ansatz zur operativen Umsetzung der Emissionsreduktion ist die interne CO 2 -Bepreisung (Internal Carbon Pricing - ICP). Durch die Monetarisierung von Emissionen werden diese in die Unternehmenssteue‐ rung integriert. CO 2 -intensive Tätigkeiten werden verteuert. Es entsteht ein Anreiz, Emissionen zu reduzieren und emissionsarme Wertschöpfungsket‐ ten und Produkte zu entwickeln. Die negativen externen Effekte der Emissionen werden internalisiert, das heißt, sie fließen über den Preis in Entscheidungen ein. Die gesellschaftlichen Kosten des Klimawandels und der Klimarisiken werden so in unternehmerische Entscheidungen integriert. Beispiel: Dekarbonisierung der Lieferkette „Schließlich hilft der interne Kohlenstoffpreis gerade in der Lieferkette, Klimarisiken zu erkennen und zu steuern. Er kann zum Beispiel dazu dienen, Preisrisiken zu identifizieren, die Zulieferern aufgrund von schärferer Regulierung drohen. Auch als interner Anreiz für eine kohlenstoffarme Beschaffung ist er ein valides Mittel. Er kann emissi‐ onsarme Rohstoffe und Produkte zur präferierten Option machen. Ein verpflichtender CO 2 -Preis in den Angeboten von Zulieferern oder auch als Kriterium in Ausschreibungen liefert ebenfalls die gewünschten Anreize für die Lieferkette. Einige Unternehmen machen die Zusam‐ menarbeit mit Zulieferern sogar davon abhängig, dass diese ebenfalls mit internen CO 2 -Preisen arbeiten. Im Gegenzug ist zum Beispiel finanzielle Unterstützung für Minderungsprojekte bei den Zulieferern denkbar, mit denen strategisch wichtige Güter dekarbonisiert werden.“ Quelle: Birkert 2021. Viele Unternehmen sind daran interessiert, ihre Emissionen über interne CO 2 -Preise zu steuern, anstatt Reduktionsziele für alle Unternehmensbe‐ reiche und Produkte vorzugeben. Eine Bepreisung fördert dezentrale und marktgerechte Entscheidungen. Dadurch wird die Energieeffizienz gesteigert und Investitionen werden in CO 2 -arme Technologien und Geschäftsfelder gelenkt. Voraussetzung ist jedoch eine umfassende und verlässliche Mes‐ sung von THG-Emissionen. 4.4 Operative Steuerung durch interne CO 2 -Preise 85 <?page no="86"?> 22 Vgl. Union Investment 2022, S.-8f. 23 Vgl. PwC 2023, S.-6. 24 Vgl. Möller, Schmid, Schatzmann 2022, S.-44. Eine Studie von Union Investment im Jahr 2021 zeigt, dass 18 der 40 DAX-Unternehmen interne CO 2 -Preise nutzen. 22 Der Verzicht wird zum Teil mit Branchenspezifika begründet. Logistikunternehmen wie die Deutsche Post oder Brenntag, für die der Ölpreis ein wesentlicher Kostenfaktor ist, nutzen diesen zur Steuerung. Bei den Automobilherstellern dominieren die Vorgaben der EU-Flottengrenzwerte, so dass sich die Emissionssteuerung vor allem daran orientiert. In anderen Branchen wird dem Energieeinsatz und den THG-Emissionen eine geringere Bedeutung beigemessen, weshalb auf eine Steuerung mittels CO 2 -Preise verzichtet wird. Bei der jährlichen Befragung von über 4.400 CEOs aus 105 Ländern durch die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC im Jahr 2023 bestätigten 11-%, dass sie bereits ein System mit internen CO 2 -Preisen eingeführt haben. 13 % entwickeln derzeit ein solches System und 17 % planen dies. Etwas mehr als die Hälfte der befragten CEOs, 54 %, planen derzeit keine Einführung. 23 Bei der praktischen Umsetzung des internen CO 2 -Preises bestehen noch viele Unsicherheiten. Insbesondere stellt sich die Frage, wie hoch der Preis anzusetzen ist und wie die Steuerung praktisch ausgestaltet werden soll. Beide Aspekte werden im Folgenden dargestellt. 4.4.2 Festsetzung des CO 2 -Preises Die Höhe des CO 2 -Preises muss so bemessen sein, dass die Emissionen bei geschäftspolitischen Entscheidungen tatsächlich berücksichtigt werden. Nur so wird eine Lenkungswirkung erzielt. Die Festlegung kann sich an verschiedenen Kriterien orientieren: 24 Externe Quellen: ● Benchmarking: CO 2 -Preise der Wettbewerber: Eine Orientierung bietet das Carbon Disclosure Project (DCP) mit dem Carbon Pricing 86 4 Steuern <?page no="87"?> 25 Der Report ist online verfügbar: https: / / cdn.cdp.net/ cdp-production/ cms/ reports/ docu ments/ 000/ 005/ 651/ original/ CDP_Global_Carbon_Price_report_2021.pdf ? 1618938446, Abruf: 29.01.2024. 26 Vgl. Umweltbundesamt 2019, S.-9, der Wert ergibt sich aus der linearen Interpolation. 27 Vgl. Union Investment 2022, S.-9. 28 Vgl. Birkert 2021. Report 25 , bei dem für das Jahr 2020 ein weltweiter Median in Höhe von 25 $ je Tonne CO 2 e ermittelt wurde, allerdings mit erheblichen regionalen und branchenspezifischen Unterschieden. ● CO 2 -Preise im EU-Emissionshandelssystem: Der Preis schwankte in den Jahren 2022 und 2023 zwischen etwa 80 und 100 € pro Tonne CO 2 e. Bis 2018 lag er deutlich unter 10 €. ● CO 2 -Mindestpreis für Sektoren, die nicht im Emissionshandels‐ system erfasst sind: 2023: 30 €, 2024: 45 €, 2025: 50 €, 2026: 55 bis 65 €, ab 2027: freie Preisbildung im Emissionshandel ● Schaden, der durch den Ausstoß einer Tonne CO 2 der Gesellschaft entsteht: Dies können z. B. die Kosten durch Umweltschäden oder Ern‐ teausfälle sein, die internalisiert werden sollen. Das Umweltbundesamt empfiehlt für das Jahr 2024 Kosten in Höhe von 194 € je Tonne CO 2 e 26 . Interne Quellen: ● Kosten, die durch die Vermeidung des CO 2 -Ausstosses entstehen: Dies sind z. B. Kosten je eingesparter Tonne CO 2 durch Investitionen in umweltfreundliche Technologien. ● Kosten der Entnahme von CO 2 aus der Atmosphäre: Dies sind z. B. Kosten für Aufforstung oder für Technologien zur Abscheidung und Speicherung von CO 2 . Bei der Festlegung von CO 2 -Preisen gibt es große Bandbreiten. Den einen richtigen Preis gibt es nicht. In der Studie der Union Investment liegt der Preis je Tonne CO 2 e Stand 2021 bei 8 von 18 Unternehmen unter 20 € und damit deutlich unter dem Preis im EU-Emissionshandel. Bei diesem Preisniveau sind nur geringe Lenkungswirkungen zu erwarten. Den höchsten Preis wies Bayer mit 100 € je Tonne CO 2 e auf. 27 Verschiedene Experten schätzen einen für die Emissionslenkung wirksamen Preis in der Größenordnung von 80 € bis 100 € ein. 28 Neben der Lenkungswirkung ist auch auf die wirtschaftliche Tragfähigkeit zu berücksichtigen. Wird der 4.4 Operative Steuerung durch interne CO 2 -Preise 87 <?page no="88"?> 29 Vgl. Möller, Schmid, Schatzmann 2022, S.-46. CO 2 -Preis als interne Steuer berechnet, fließt er als zusätzlicher Aufwand in die Produktkalkulation ein und verteuert die Produkte. Aufgrund der Unsicherheit über einen angemessenen CO 2 -Preis wird dieser häufig sehr pragmatisch bestimmt. Oft orientieren sich die Unter‐ nehmen zum einen an den Preisen, die sich aus den Regularien der EU und des Bundes ergeben, und zum anderen an den Vermeidungskosten. Damit fließen sowohl „amtlich verordnete“ Preise als auch die tatsächlichen Vermeidungskosten in einen Zielwert ein. 29 Um in einem Zieljahr keine Nettoemissionen zu verursachen, muss der CO 2 -Preis im Laufe der Jahre kontinuierlich erhöht werden. Beispiel: BASF „Die BASF SE nutzt zwei Varianten interner CO 2 -Preise: Ein regional differenzierter CO 2 -Schattenpreis wird im Rahmen von Wirtschaftlich‐ keitsbetrachtungen für bestehende Anlagen und Investitionsprojekte als Kennzahl genutzt. Dieser Preis wird durch einen internen Exper‐ tenkreis mit zeitlicher Differenzierung bis 2035 gebildet und jährlich überprüft. Er bildet die direkte und indirekte CO 2 -Kostenbelastung aus dem Energieeinkauf ab. Parallel dazu ermittelt BASF basierend auf dem Konzept der „social cost of carbon“ die CO 2 -Schadenskosten der Geschäftsaktivitäten entlang der gesamten Wertschöpfungskette - von der Lieferkette über die Standorte bis hin zu den Kundenindustrien. Im Jahr 2015 wurde hierfür ein global einheitlicher Preis von 70 € je metrischer Tonne CO 2 e angenommen - dieser Wert nimmt mit 3-% pro Jahr zu.“ Quelle: Global Compact 2018, S.-3. 4.4.3 Bestimmung des Steuerungskonzepts Die Umsetzung des internen CO 2 -Preises kann durch verschiedene Metho‐ den erfolgen. Dies sind insbesondere: ● Emissionssteuer: Wird im Unternehmen CO 2 verursacht, führt dies in der verantwortlichen Kostenstelle zu einer finanziellen Belastung in Höhe der vom Unternehmen festgelegten internen CO 2 -Steuer. Auf der Ebene Scope 1 und 2 ist die CO 2 -Steuer eine direkte Folge 88 4 Steuern <?page no="89"?> unternehmensinterner Entscheidungen, wie der Einsatz fossiler Energie in der Produktion, der Strombezug für die Verwaltungsgebäude oder die Wahl des Verkehrsmittels für Geschäftsreisen. In Scope 3 werden Vorprodukte je nach Höhe des CO 2 -Fußabdrucks mit einer CO 2 -Steuer belastet. Es entstehen tatsächliche, ergebnisrelevante Belastungen für die operative Einheit. Bei diesen Entscheidungen werden die verursach‐ ten Emissionen somit direkt berücksichtigt. Im Gegensatz zu einer staatlichen Steuer fließen die Zahlungen jedoch nicht vom Unterneh‐ men ab, sondern sie werden an zentraler Stelle gesammelt. ● Emissionshandel: Das Unternehmen bietet seinen Einheiten in Höhe der geplanten Emissionen eine entsprechende Menge an Zertifikaten an. Ein Zertifikat berechtigt beispielsweise zum Ausstoß einer Tonne CO 2 e. Die Menge wird entsprechend dem Reduktionsziel Jahr für Jahr verringert. Die Unternehmenseinheiten erhalten immer weniger Emis‐ sionszertifikate. Einheiten, für die eine Reduktion teuer und langwierig ist, reichen die Zertifikate nicht aus. Sie kaufen daher freie Zertifikate von anderen Einheiten, die ihre Emissionen schneller reduzieren kön‐ nen. Eine Einheit darf nur so viele Emissionen verursachen, wie sie Zertifikate zur Verfügung hat. Der Preis eines Zertifikats ergibt sich im internen Emissionshandel aus Angebot und Nachfrage. Durch die Messung und Dokumentation der Emissionen wird sichergestellt, dass nur Emissionen in Höhe der erworbenen Zertifikate verursacht werden. So kann das Gesamtemissionsziel des Unternehmens zuverlässig ein‐ gehalten werden. Marktgerechte, dezentrale Entscheidungen werden gewährleistet. Da die Durchführung und Überwachung des Emissions‐ handels aufwändig ist, lohnt sich ein Emissionshandelssystem vor allem für Unternehmen mit sehr hohen THG-Emissionen. ● Schattenpreise: Schattenpreise dienen als reine Rechengröße zur Be‐ rücksichtigung der verursachten Emissionen bei längerfristig orientier‐ ten Entscheidungen. Es finden keine tatsächlichen Zahlungen statt. Schattenpreise fließen beispielsweise in Investitionsrechnungen ein und beeinflussen diese somit direkt. Auch im Risikomanagement und bei strategischen Entscheidungen können Schattenpreise berücksichtigt werden, um die Emissionen entscheidungsrelevant zu machen. Bei ope‐ rativen Entscheidungen, wie in der Produktion oder bei der Beschaffung, werden Schattenpreise in der Regel nicht verwendet. 4.4 Operative Steuerung durch interne CO 2 -Preise 89 <?page no="90"?> In der folgenden Tabelle werden die drei Instrumente zur Umsetzung eines internen CO 2 -Preises gegenübergestellt: Kriterium Emissions‐ steuer Emissionshandel Schattenpreise Vorausset‐ zungen Hohe Transparenz über die Emissio‐ nen, die durch ein‐ zelne Entscheidun‐ gen verursacht werden. Angemessener Preis muss einer‐ seits einen ökologi‐ schen Anreiz schaf‐ fen, zugleich aber ökonomisch ver‐ tretbar sein. Das System der Kosten- und Leis‐ tungsrechnung ist um die CO 2 -Mes‐ sung zu erweitern. Hohe Transparenz über Emissionen, die durch einzelne Entscheidungen verursacht werden. Festlegung der Ge‐ samtemissionen und der Anzahl an Zertifikaten, die zu angemessenen Zer‐ tifikatspreisen füh‐ ren. Aufbau einer Emis‐ sionshandelsplatt‐ form. Bestimmung der Unternehmensein‐ heiten, die am Han‐ del teilnehmen. Hohe Transparenz über die durch In‐ vestitionen oder strategische Ent‐ scheidungen zu‐ künftig entstehen‐ den Emissionen. Festlegung eines oder unterschiedli‐ cher angemessener Schattenpreise, um verschiedene Ent‐ scheidungen ad‐ äquat zu beeinflus‐ sen. Zeithorizont Reduktion kurzbis mittelfristiger Emissionen, um Einsparungen zu erzielen. Reduktion kurzbis mittelfristiger Emissionen, um Einsparungen zu erzielen. Berücksichtigung bei langfristigen In‐ vestitions- und Strategieentschei‐ dungen. Manage‐ mentebene Laufende operative Tätigkeiten werden beeinflusst. Dies betrifft insbeson‐ dere das mittlere Management. Laufende operative Tätigkeiten werden beeinflusst. Dies betrifft insbeson‐ dere das mittlere Management. Strategische Ent‐ scheidungen und Investitionen wer‐ den beeinflusst. Dies betrifft insbe‐ sondere das Top-Management, die Strategie- und F&E-Abteilung. Kostenarten vorwiegend opera‐ tive Betriebsausga‐ ben vorwiegend opera‐ tive Betriebsausga‐ ben Investitionsausga‐ ben Bewertung Über die Kosten entsteht ein direk‐ ter und offensicht‐ licher Anreiz zur Zuverlässige Steue‐ rung der gesamten Emissionsmenge. Geringe interne Wahrnehmung aufgrund fehlender operativer Veran‐ 90 4 Steuern <?page no="91"?> 30 Vgl. Möller, Schmid, Schatzmann 2022, S.-47f.; Global Compact 2018, S.-2. Kriterium Emissions‐ steuer Emissionshandel Schattenpreise raschen Einspa‐ rung von Emissio‐ nen. Leicht verständli‐ ches Konzept. Fördert Innovatio‐ nen zur Kostenein‐ sparung. Eher kurz-bis mit‐ telfristige Perspek‐ tive. Es muss kein CO 2 -Preis definiert werden, dieser er‐ gibt sich aus Ange‐ bot und Nachfrage. Erhöhter Organisa‐ torischer und admi‐ nistrativer Auf‐ wand. Innerhalb einer Un‐ ternehmenseinheit müssen emissions‐ verursachende Ent‐ scheidungen ge‐ troffen werden. Tendenziell kurzbis mittelfristige Perspektive. - kerung in der Breite. Geringer Aufwand, einfache und flexi‐ ble Handhabung. Wirksame langfris‐ tige Steuerung über Investitionen und Strategie. Klimari‐ siken von Investi‐ tionen werden transparent. Kaum kurzfristige Wirkungen, somit schwierige Steue‐ rung der gesamten Emissionsmenge. Tabelle 4.4: Gegenüberstellung der Instrumente zur internen CO 2 -Bepreisung (angelehnt an Dialogforum Wirtschaft macht Klimaschutz 2020, S. 13; Ahluwalia 2017, S. 18; Möller, Schmid, Schatzmann 2022, S.-45) In der Praxis werden die Emissionssteuer und die Schattenpreise am häufigsten angewendet. 30 Begründet wird dies durch die relativ einfachen Konzepte und durch eine kostengünstige Implementierung. Der Emissi‐ onshandel ist vor allem bei großen und energieintensiven Unternehmen geeignet. Um sowohl kurzals auch langfristige Anreize zu setzen, können die Emissionssteuer und Schattenpreise auch kombiniert eingesetzt werden. Bei der Emissionssteuer und beim Emissionshandel entstehen auf der obersten Unternehmensebene Einnahmen, über deren Verwendung die Geschäftsleitung entscheiden muss. Hiermit können besonders nachhaltige Investitionen getätigt werden, emissionsarme Einheiten können gefördert werden oder es können Boni für nachhaltig agierende Mitarbeiter und Bereiche ausbezahlt werden. Erst wenn eine Emissionsreduktion und die Substitution nicht möglich sind, sollten die Finanzmittel für Kompensatio‐ nen verwendet werden (vgl. erster Abschnitt in 4.2). 4.4 Operative Steuerung durch interne CO 2 -Preise 91 <?page no="92"?> Grundsätzlich ist über den Umfang der zu berücksichtigenden Emis‐ sionen zu entscheiden. Die Berücksichtigung von Scope 1 und 2 ist die Regel. Scope-3-Emissionen sind häufig nicht quantifiziert und können daher auch nicht in das Steuerungsinstrument integriert werden. Eine Ausnahme bei Scope 3 bilden Geschäftsreisen, deren Emissionen relativ einfach ermit‐ telt werden können und die sich über interne CO 2 -Preise gut steuern lassen. Ein geeignetes Vorgehen kann daher ein Start mit Scope 1 und 2 sein und mit zunehmender Erfahrung können weitere Emissionen aus Scope 3 einbezogen werden. Beispiel: Ernst & Young „Das Interesse vieler Unternehmen am Thema ist offensichtlich groß. Wie fängt man also am besten an? Wie bei allen Veränderungen besteht auch hier die Gefahr, eine Organisation mit zu viel Komplexität und Verwaltungsaufwand zu überfordern. Damit der CO 2 -Preis von Beginn an ein akzeptiertes Instrument ist und seinen Einfluss entfalten kann, sollten Unternehmen mit einem möglichst einfachen Modell starten. Das kann zum Beispiel ein niedriger Preis sein, der die Unternehmens‐ bereiche mit dem Thema vertraut macht, aber keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen hat. Auch die Einführung in Teilbereichen des Geschäfts ist denkbar, zum Beispiel nur bei bestimmten Waren, für die schon zuverlässige CO 2 -Daten vorliegen. Perspektivisch sollte es aber das Ziel sein, alle großen Quellen von Treibhausgasemissionen entlang der Wertschöpfungskette abzudecken, auf die das Unterneh‐ men einen Einfluss hat. Dafür sollte es von Anfang an einen konkreten Zeitplan geben.“ Quelle: Birkert 2021. Nutzt ein Unternehmen einen internen CO 2 -Preis, müssen CSRD-pflichtige Unternehmen hierüber berichten. Gemäß ESRS E1-8 ist darzulegen, wie der Preis ermittelt wurde und wie dieser in die Steuerung eingebunden ist. Literaturempfehlung Birkert, J. (2021): Niedrige Kohlenstoffemissionen senken Risiken für Unternehmen. Ein interne CO2-Preis kann den Durchblick erleichtern - und den Wandel beschleunigen, in: https: / / www.ey.com/ de_de/ decarbonization/ der-interne-co2 -preis-im-wandel, Abruf: 08.12.2023. 92 4 Steuern <?page no="93"?> Dialogforum Wirtschaft macht Klimaschutz (2020): Interne Bepreisung von CO2. Ein Ergebnis der AG „Unternehmensbezogene Klimaschutzziele“, in: https: / / dok umen.tips/ documents/ interne-bepreisung-von-co2-interne-bepreisung-von-co-2 -dialogforum-awirtschaft.html? page=1, Abruf: 18.01.2024. Global Compact Netzwerk Deutschland (2018): Interner CO 2 -Preis in Unternehmen, https: / / www.globalcompact.de/ migrated_files/ wAssets/ docs/ Umweltschutz/ Pub likationen/ Diskussionspapier-Interner-Co2-Preis_screen.pdf, Abruf: 26.01.2024. Möller, K./ Schmid, J./ Schatzmann, J. (2022): CO 2 -Preise als Steuerungsinstrument für das Controlling, Controlling - Zeitschrift für erfolgsorientierte Unterneh‐ mensführung, 34.-Jahrgang, 5/ 2022, S.-43-50. 4.5 Software und Technologien 4.5.1 Softwarelösungen im Klima-Performance-Management Die Planung und Steuerung von THG-Emissionen basieren auf einer Viel‐ zahl von Daten, die in geeigneter Form gesammelt, gespeichert, sortiert und offengelegt werden müssen. Das Datenmanagement ist der Ausgangs‐ punkt mit dem Ziel, das Performance Management, also die Planung und Steuerung der THG-Emissionen, optimal zu unterstützen. Über den Erfolg des Performance Managements werden sowohl intern für das Management sowie extern für die Stakeholder Berichte erstellt. Dieser Management‐ zyklus und die Teilaufgaben sind in folgender Abbildung dargestellt: 4.5 Software und Technologien 93 <?page no="94"?> 31 Vgl. BARC 2023c, https: / / barc.com/ de/ esg-tools/ , Abruf: 04.01.2024. Reporting Performance Management Datenmanagement Sicherstellung regulatorischer und prüfungsrechtlicher Anforderungen Identifikation der für die internen bzw. externen Berichtsempfänger relevanten Informationen Entwicklung des Berichtsdesigns und des Mediums (pdf, Dashboard) Qualitätssicherung, Kommentierung und Berichtserstellung Verteilung, Erläuterung, Feedback Plan: Definition von Klima-KPIs, Planung und Prognose der KPIs Do: Maßnahmen umsetzen Check: Erfolgsmessung und Analyse der Abweichungen mit Hilfe von Dashboards Act: Maßnahmen ergreifen zur Verbesserung der Ergebnisse Erfassen, sammeln, bearbeiten, speichern, organisieren von Klimadaten Verfügbarkeit und Qualität der Daten sicherstellen, um Analysen durchzuführen und Berichte zu erstellen Integration und Konsolidierung interner und externer Daten aus Scope 1, 2 und 3 Sicherstellung der Data-Governance und der Datensicherheit Abb. 4.10: Managementzyklus aus Datenmanagement, Performance Management und Reporting (Quelle: eigene Abbildung, angelehnt an BARC, https: / / barc.com/ de/ esg-tools/ , Abruf: 04.01.2024) Abb. 4.10: Managementzyklus aus Datenmanagement, Performance Management und Reporting (Quelle: eigene Abbildung, angelehnt an BARC 2023c) Für das Nachhaltigkeitsbzw. Klimamanagement werden eine große Anzahl unterschiedlicher Softwarelösungen angeboten. Diese lassen sich nach BARC folgendermaßen unterscheiden: 31 ● ERP- (Enterprise Resource Planning) und CPM-Systeme (Corporate Performance Management) mit integrierten ESG-Lösungen (4.5.1) ● ESG Performance Management (4.5.1) ● ESG-Datenmanagement (4.5.2 Datenmanagement) ● ESG-konformes Disclosure Management (5. Kapitel: Berichten) Innerhalb des Managementzyklus können die Softwarelösungen nach ihrem Schwerpunkt folgendermaßen zugeordnet werden: 94 4 Steuern <?page no="95"?> Reporting Performance Management Datenmanagement ESG-konformes Disclosure Management ERP- und CPM-Systeme mit integrierten ESG-Lösungen ESG Datenmanagement ESG-Performance Management Abb. 4.11: Zuordnung der Softwarelösungen im Managementzyklus (Quelle: vgl. BARC, Webinar vom 09.11.2023: From Data to Disclosure. Ein Wegweiser durch den ESG-Softwaremarkt, S. 23) Abb. 4.11: Zuordnung der Softwarelösungen im Managementzyklus (Quelle: BARC 2023d, S.-23) ERP- und CPM-Systeme mit integrierten ESG-Lösungen ERP-Systeme sind Softwarelösungen zur Unterstützung der unterneh‐ mensweiten Ressourcenplanung und -steuerung. Dabei werden die Ge‐ schäftsprozesse über die gesamte betriebliche Wertschöpfung hinweg digital abgebildet, um sämtliche betrieblichen Ressourcen unternehmensweit ver‐ walten zu können. Teilbereiche der ERP-Software sind insbesondere: ● Stammdatenverwaltung ● Produktstücklisten und Produktdatenmanagement ● Dokumentenmanagement ● Materialwirtschaft ● Produktionsplanung und -steuerung ● Personalwirtschaft ● Finanz- und Rechnungswesen ● Controlling Die Daten bilden alle betrieblichen Prozesse ab und sind damit auch Grund‐ lage für das Emissionsmanagement. Die einzelnen Teilbereiche sind um klimaspezifische Lösungen zu erweitern. Für die einzelnen Vorprodukte und Geschäftsbzw. Produktionsprozesse sind die jeweils verursachten Emissio‐ nen zu hinterlegen, so dass die Emissionen je Zeiteinheit, je Betriebseinheit und je Produkt automatisiert ermittelt werden können. CPM-Systeme werden im Finanzbereich eingesetzt, um Unternehmen bei der Planung, Budgetierung, Prognose, Konsolidierung der Finanzdaten und der Erstellung von Finanzberichten zu unterstützen. Diese Funktionen 4.5 Software und Technologien 95 <?page no="96"?> sind auch für die Steuerung der THG-Emissionen relevant. Diese müssen geplant, die Entwicklung prognostiziert, über den Erfolg berichtet und Abweichungen analysiert werden. Die ERP- und CPM-Systeme sind bisher auf betriebswirtschaftliche Be‐ lange ausgerichtet. Die bestehenden Systeme beinhalten bereits Datenma‐ nagement, Performance Management und Reporting und müssen nun um ESG-Funktionalitäten erweitert werden. Dies ermöglicht eine integrierte Steuerung. Es liegt auf der Hand, dass ein separates System für das Emissionsmanagement ohne Anbindung an ERP- und CPM-Systeme nicht ausreicht. Aufgrund der engen Verzahnung von Prozessen und Emissionen müssten bei getrennten Systemen ständig manuell Anpassungen vorgenom‐ men werden. Neben dem Aufwand stellen manuelle Eingriffe Fehlerquellen dar. Bei jeder Prozessänderung müsste die Emissionssteuerung manuell angepasst werden. Aus der Notwendigkeit einer integrierten Steuerung ergibt sich die Notwendigkeit einer integrierten Softwarelösung. Durch die weite Verbreitung der ERP-Systeme von SAP liegt es nahe, dass SAP die Erweiterung um ESG-Funktionalitäten und insbesondere auch um das Klimamanagement vornimmt. Beispiel: SAP „CO 2 -Emissionsdaten und Finanzdaten gemeinsam verwalten Interpretieren wir das „R“ in ERP neu und erweitern wir die Defini‐ tion von Ressourcen um Nachhaltigkeitsdaten, angefangen bei Koh‐ lendioxid. Mit dem Green Ledger in SAP S/ 4HANA Cloud werden CO 2 -Emissionen in Ihre Transaktionsdatenbasis integriert, sodass Sie CO 2 -Daten und Finanzdaten im selben Buch verwalten können.“ Unübertroffene Granularität Schlüsseln Sie einzelne Geschäftstransaktionen auf, wie Sie es von Finanzdaten kennen, um eine effektive Budgetierung und Steuerung auf Kostenstellenebene zu ermöglichen. Unübertroffene Genauigkeit Treffen Sie verlässliche Entscheidungen und erstellen Sie Berichte auf der Grundlage standardisierter und genauer Daten, die auf Ist-Daten und einer gemeinsamen Buchhaltungsmethodik basieren. Unübertroffene Einblicke Betrachten Sie CO 2 -Daten und Finanzdaten nebeneinander, um zum erforderlichen Zeitpunkt Entscheidungen treffen zu können.“ 96 4 Steuern <?page no="97"?> Quelle: SAP, https: / / www.sap.com/ germany/ sustainability/ climate-act ion..html, Abruf: 03.01.2024. Anbieter von ERP-/ CPM-Systemen mit integrierten ESG-Lösungen sind unter anderem: ● SAP ● Oracle ● IBM ● Board ● Wolters Kluwer ● Jedox ESG Performance Management Für das Klimamanagement gibt es zahlreiche spezialisierte Softwaretools. Teilweise unterstützen sie das Klimamanagement unternehmensübergrei‐ fend, teilweise sind sie auf einzelne Bereiche wie Gebäude oder Supply Chain spezialisiert und teilweise fokussieren sie sich auf einzelne Teilaufgaben des Klimamanagements, wie etwa die Ermittlung des CO 2 -Fußabdrucks. Diese Softwaretools erfüllen zumeist die technischen und regulatorischen Anforderungen und haben die Vorgaben der entsprechenden Rahmenwerke integriert. Folgende Lösungsansätze lassen sich unterschieden. Diesen sind jeweils beispielhaft Softwaretools zugeordnet: ● Erfassung, Überwachung und Analyse von THG-Emissionen: Software zur Ermittlung einer Klimabilanz bzw. eines CO 2 -Fußabdrucks (z. B. Sphera, Greenstone, Wolters Kluwer Enablon, Normative, Carbon Trust, Ecometrica, IBM Envizi, PlanA, ConClimate) ● Optimierung des Energieverbrauchs: Energieverwaltungssoftware (z. B. Schneider Electric EcoStruxure, Honeywell Energie Management) ● Steuerung der Ressourcennutzung und Abfallvermeidung: Umweltmanagementsoftware, Supply-Chain-Nachhaltigkeitssoftware (z. B. Emex, Greenstone, Intelex, IsoMetrix, Velocity EHS, ChainPoint, Substain, Quentic) ● Nutzung erneuerbarer Energien: Erneuerbare-Energie-Manage‐ mentsoftware (z.-B. Homer Energy, RETScreen) 4.5 Software und Technologien 97 <?page no="98"?> ● Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden: Gebäudemana‐ gementsoftware (z. B. Siemens Buildings Technologies, Johnson Con‐ trols OpenBlue Enterprise Manager, Intellias) Aufgrund des spezifischen Leistungsumfangs und der unterschiedlichen Einsatzschwerpunkte werden die Tools oftmals kombiniert eingesetzt. Beispiel: Emex „Emex Carbon Management Lösung: Kalkulieren: Einfache Messung der CO 2 -Emissionen nach Scope 1, 2 und 3 durch Automatisierung der Datenerfassung im Unternehmen in Übereinstim‐ mung mit Best-Practice-Reporting-Rahmenwerken. Analyse: Nutzen sie unsere fortschrittlichen Analysefunktionen, um ihren Treibhausgasausstoß im Laufe der Zeit zu verfolgen und zu verste‐ hen. Unsere intelligenten CO 2 -Dashboards, prädiktiven Analysen und KI-Tools helfen, die Maßnahmen mit der größten Wirkung zu identifi‐ zieren, um ihre CO 2 -Ziele zu erreichen und ihren CO 2 -Fußabdruck zu reduzieren. Bericht: Erstellen und exportieren sie mühelos Berichte, die den Weg zu einer Netto-Nullbilanz für eine ganze Reihe von Interessengruppen aufzeigen. Erstellen Sie Berichte in Investorenqualität, die jeden Be‐ richtsstandard (CDP, GRI, SASB usw.) oder jede Rating-Agentur (MSCI, Sustainalytics usw.) erfüllen und auch den strengen Verifizierungsproz‐ essen von externen Prüfern gerecht werden.“ Quelle: Emex, https: / / emex.com/ carbon-management/ , eigene Überset‐ zung, Abruf: 04.01.2024. Vergleich der Performance Management Tools Sowohl die ERP- und CPM-Systeme mit integrierten ESG-Lösungen wie auch die spezialisierten ESG Performance Management Tools decken im Schwerpunkt das Performance Management ab. Diese beiden Software-Typen sind daher in einem direkten Vergleich gegenüberzustellen. ESG Performance Management Tools sind bereits seit vielen Jahren auf dem Markt und bieten ausgereifte Lösungen. ERP- und CPM-Tools wurden 98 4 Steuern <?page no="99"?> 32 Vgl. Lösken, Sailer 2023, S.-14. hingegen erst jüngst um ESG-Funktionalitäten erweitert. Die betriebswirt‐ schaftlichen Basis-Tools sind somit zwar ebenfalls sehr ausgereift, doch mit ESG betreten diese Hersteller oftmals Neuland. Hieraus sind verschiedene Kooperationen entstanden, um die fehlende fachliche ESG-Expertise auszu‐ gleichen. SAP kooperiert beispielsweise mit der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC. Die wesentlichen Eigenschaften der beiden Typen von Softwaretools sind in der folgenden Tabelle dargestellt: ERP-/ CPM-Systeme mit inte‐ grierten ESG-Lösungen Spezialisierte ESG Performance Management Tools Systeme sind ein zentraler Bestand‐ teil der Unternehmens-IT und ermög‐ lichen die Integration der Emissions‐ daten in die Geschäftsprozesse. -Eine einheitliche Plattform fördert die Datenkonsistenz. -Geschäfts- und Emissionsdaten kön‐ nen gemeinsam analysiert werden. -Möglicherweise sind die ESG-Funk‐ tionalitäten noch nicht so spezialisiert und decken nicht alle Anforderungen ab. -Aufgrund des großen Funktionsum‐ fangs kann die Anwendung komplex und der Anpassungsaufwand erheb‐ lich sein. Durch die Fokussierung auf spezielle Anwendungen ist die Leistungsfähig‐ keit und Detailgenauigkeit sehr groß. -Regulatorischen Anforderungen wer‐ den umfassend berücksichtigt. -Die Systeme sind weniger komplex und anwendungsfreundlicher. -Die Integration mit anderen Unter‐ nehmenssystemen kann erschwert sein. -Es besteht die Gefahr der Entwicklung von Datensilos. -Der Einsatz mehrerer spezialisierter Tools kann zu höheren Kosten führen. Tabelle 4.5: Gegenüberstellung der verschiedenen Lösungsansätze für ein klimabezoge‐ nes Performance Management (Quelle: eigene Darstellung) Die Entscheidung für eine der beiden Lösungen hängt von den Anfor‐ derungen der Unternehmen, der vorhandenen IT-Infrastruktur und der unternehmensspezifischen Bedeutung des Klimamanagements ab. 32 Es ist denkbar, dass auch eine Kombination beider Lösungen zielführend ist. In den letzten Jahren sind zahlreiche neue Softwaretools in den Markt gekommen und bestehende wurden intensiv weiterentwickelt. Dadurch ist 4.5 Software und Technologien 99 <?page no="100"?> 33 Vgl. BARC, https: / / barc.com/ de/ esg-tools/ ; Gartner, https: / / www.gartner.com/ en/ docu ments/ 4341799, Abruf: 04.01.2024. 34 Vgl. Lösken, Sailer 2023, S.-11f. 35 Vgl. Internationaler Controller Verein 2022, S.-31f. der Markt sehr zersplittert, was die Entscheidung für ein Tool erschwert. Zur Entscheidungsfindung können Analyseunternehmen wie BARC oder Gartner hinzugezogen werden. 33 4.5.2 Datenmanagement Die Beschaffung von Daten zur Ermittlung der THG-Emissionen gestaltet sich oft schwierig. Daten sind entweder nicht verfügbar, werden unregel‐ mäßig bereitgestellt oder weisen Qualitätsmängel auf. Es gibt unterschied‐ liche Messmethoden, Berechnungslogiken, Berichtsstandards, Richtlinien, Datenmodelle und uneinheitliche Schnittstellen. Daten lassen sich nur erschwert miteinander vergleichen. Sie können nicht aggregiert und in den Geschäftsprozessen genutzt werden. Die Steuerung der Emissionen kann dadurch fehlerhaft und die Berichterstattung unvollständig sein. 34 Das Datenmanagement schafft die Voraussetzungen für die Emissions‐ steuerung und basiert auf verschiedenen Anforderungen. Es sollten Stan‐ dards und Richtlinien für Datenquellen und Kennzahlen definiert werden. Für ESG-Daten sollten grundsätzlich dieselben Anforderungen gelten wie für Finanzdaten. In der Praxis gibt es jedoch noch große Schwierigkeiten im Datenmanagement, um eine wirksame ESG-Steuerung und Berichter‐ stattung zu gewährleisten. Die Untersuchung von BARC aus dem Jahr 2023 zeigt Defizite bei der Datenqualität und Zuverlässigkeit auf. Auch Schwierigkeiten durch verschiedene Datenquellen und manuelle Prozesse werden genannt (vgl. Abb. 2.8, Kapitel 2). Die Green Controlling-Studie des Internationalen Controller Vereins aus dem Jahr 2022, an der europaweit mehr als 200 Controller teilgenom‐ men haben, bestätigt die Schwierigkeiten im Datenmanagement. 55 % der befragten Controller sind unzufrieden mit der Verfügbarkeit ökologischer Daten und über 50 % bemängeln die Datenqualität. Lediglich 2 % sind mit der Verfügbarkeit und Qualität sehr zufrieden. Daher besteht ein großer Bedarf an der Erfassung und Aufbereitung von Nachhaltigkeitsinformationen. 75 % der befragten Controller sehen einen hohen Bedarf an geeigneter Softwareunterstützung für das ESG-Datenmanagement. 35 100 4 Steuern <?page no="101"?> 36 Vgl. Ganser 2023. 37 Vgl. Catena-X, https: / / catena-x.net/ de/ , Abruf: 05.01.2024. 38 Vgl. BARC 2023b, S.-27. „Vor dem Hintergrund der zukünftig höheren Qualitätsanforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung und der Integration in den Lagebericht - und damit in den Geschäftsjahresabschluss - kommt dem Datenmanagement und der Automatisierung mehr denn je eine entscheidende Rolle zu. Die Studiener‐ gebnisse machen noch einmal deutlich, dass beide Themen für die kommenden Jahre zentrale Handlungsfelder für die meisten Unternehmen darstellen werden.“ Quelle: Internationaler Controller Verein 2022, S.-33. Insbesondere bei der Ermittlung der Emissionen in Scope 3 führen feh‐ lende Daten dazu, dass häufig für einzelne Materialarten Industriedurch‐ schnittswerte anstatt der tatsächlichen Werte genutzt werden. Wie in Abschnitt 3.2 aufgeführt, führt dies zu einer geschätzten Fehlerquote im Vergleich zu den tatsächlich verursachten Emissionen in Höhe von 25-30%. 36 In der Automobilbranche wurde zur Behebung der Datenmängel die Initiative Catena-X 37 gegründet, bei der ein gemeinsamer Datenraum entwickelt wird. Verschiedene Automobilhersteller und Lieferanten stellen auf sämtlichen Ebenen der Wertschöpfungskette Emissionsdaten für ihre Produkte bereit, wodurch ein Austausch von CO 2 -Daten ermöglicht wird. Dadurch kann der CO 2 -Fußabdruck einzelner Produkte auf Basis von Re‐ aldaten über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg ermittelt werden. Die Datenplattform Catena-X nahm im Oktober 2023 ihren Betrieb auf. Sie könnte auch für andere Branchen als Vorbild dienen. ESG-Datenmanagement-Software Für das Performance Management werden Daten aus verschiedenen zentra‐ len und dezentralen, internen und externen Quellen benötigt. Zur Erfassung, Aufbereitung und Übertragung der Daten von der Quelldatenbank in die Zieldatenbank sowie zur Sicherstellung der Datenqualität werden spezielle Softwaretools verwendet. In der BARC-Studie gaben 43 % der befragten Unternehmen an, dass sie hauptsächlich Excel zur Erhebung von ESG-Daten nutzen. 28 % der Unternehmen nutzen Daten aus bestehenden Technologien wie dem Data Warehouse und 15 % verlassen sich auf unstrukturierte Datenformate wie Microsoft Word. 38 Die Anforderungen an das Datenmanagement sind 4.5 Software und Technologien 101 <?page no="102"?> so umfassend, dass die bisher genutzten Softwarelösungen weitgehend unzureichend sind. Die Daten stammen aus verschiedenen Quellen und sind oft wenig standardisiert. Eine manuelle Erfassung in Excel ist nicht nur zeitaufwändig, sondern auch fehleranfällig. Die Daten müssen zeitnah, genau und zuverlässig vorliegen. Daher sollte angestrebt werden, die Daten automatisiert in die bestehenden Systeme des Unternehmens, wie den Performance Management Tools, zu integrieren. Dies spricht für den Einsatz geeigneter Softwaretools. Anbieter von ESG-Datenmanagement-Systeme sind unter anderem: ● Alteryx ● Snowflake ● OneTrust ● Informatica ● Novata ● Novisto Beispiel: Novata „Eine einzigartige ESG-Datenquelle Mit unserer sicheren Multi-User-Plattform, die immer auf dem neues‐ ten Stand ist, machen wir die Erfassung all ihrer ESG-Daten effizient. Auswahl von ESG-Kennzahlen Mit dem Framework Builder von Novata können sie ganz einfach entscheiden, welche ESG-Daten sie erheben möchten, denn sie haben Zugriff auf gängige Frameworks und weit verbreitete Metriken. Für jede Kennzahl gibt es eine klare Definition, eine Liste der Rahmen‐ werke, in denen sie vorkommt, und eine Einschätzung, wie schwierig die Berichterstattung sein wird. Datenerfassung Novata vereinfacht die Erfassung von ESG-Daten mit seiner sicheren, mehrbenutzerfähigen Plattform. Wir bieten Anleitungen zur Meldung von Metriken, Rechner zur Umwandlung von Rohdaten in Metriken für die Übermittlung und Leitplanken zur Gewährleistung einer hohen Datenqualität.“ Quelle: Novata, https: / / www.novata.com/ esg-data-management/ und https: / / www.novata.com/ esg-software/ , eigene Übersetzung, Abruf: 04.01.2024. 102 4 Steuern <?page no="103"?> 39 Vgl. IBM 2022, S.-14. 4.5.3 Digitalisierung und KI im Klimamanagement Künstliche Intelligenz (KI) gewinnt in Unternehmen und auch im Nachhal‐ tigkeitsmanagement zunehmend an Bedeutung. Bei der jährlichen Befra‐ gung von 7.500 IT-Führungskräften weltweit durch IBM im Jahr 2022 gaben zwei Drittel der Befragten an, dass sie KI zur Erreichung von Nachhaltig‐ keitszielen einsetzen oder dies planen. 39 KI kann beispielsweise bei der Datenerfassung, der Qualitätssicherung und der Optimierung emissionsar‐ mer Betriebsabläufe helfen. KI ist ein Teilgebiet der Informatik, das intelligentes Problemlösungs‐ verhalten erforscht. Computer sollen Aufgaben so lösen, wie es sonst die menschliche Intelligenz tut. Damit ist sie dem Menschen nicht nur ebenbürtig, sondern aufgrund ihrer Fähigkeit, sehr große Datenmengen zu verarbeiten, sogar überlegen. Beispiel: Moosejaw Beim kanadischen Onlinehändler für Outdoorkleidung und Ausrüs‐ tung Moosejaw wurde ein großer Teil der Kleidung, die Kunden in mehreren Größen bestellt hatten, zurückgesandt. Neben Aufwand und Kosten wurden hierdurch auch hohe THG-Emissionen verursacht. Um diese zu verringern, werden Kunden, wenn sie identische Klei‐ dungsstücke in mehreren Größen in den Warenkorb legen, gebeten, in einer Personalisierungsplattform bestimmte Daten einzugeben. Mit‐ tels KI werden diese Daten mit den Profildaten des Kleidungsstücks abgeglichen und es wird das mit der größten Übereinstimmung emp‐ fohlen. Moosejaw konnte die Emissionen durch Rücksendungen von Kleidungsstücken mit falschen Größen um 24-% senken. Quelle: Axworthy, J.: How firms are using AI to cut their carbon emis‐ sions, Raconteur 08.06.2022, https: / / www.raconteur.net/ responsible-b usiness/ how-firms-are-using-ai-to-cut-their-carbon-emissions, Abruf: 05.01.2024. KI kann sehr große Datenmengen aus verschiedenen Quellen zusammen‐ führen, miteinander abgleichen und analysieren. Machine Learning Algo‐ rithmen können Zusammenhänge entdecken, die dem Menschen entgehen, und dadurch Treiber identifizieren. Diese Stellhebel haben einen wesentli‐ 4.5 Software und Technologien 103 <?page no="104"?> 40 Vgl. BCG 2021. 41 Vgl. Degot u.-a. 2021, S.-3. chen Einfluss auf die Emissionen. Mit Treibermodellen können Maßnah‐ men simuliert und Abläufe zur Reduktion der Emissionen optimiert werden (vgl. Abschnitt 4.3.1). Die KI kann Maßnahmen zur Emissionsreduktion entwickeln, die organisationsweit bis auf die Ebene einzelner Anlagen heruntergebrochen werden können. 40 Viele Unternehmen nutzen KI seit Jahren zur Optimierung von Betriebsabläufen. Es werden Maschinenausfälle vorhergesagt, Produktionsabläufe optimiert, Lagerbestände gesteuert usw. Diese Methodik kann nicht nur für die Optimierung von Betriebsabläufen, sondern auch für die Emissionsreduktion genutzt werden. KI kann drei Aufgabenfelder für die Emissionsreduktion abdecken: 41 ● Überwachung der Emissionen: Die umfangreiche Datensammlung, -speicherung und -verarbeitung ermöglicht eine laufende Überwachung der Emissionen. Dies schließt Daten aus sämtlichen betrieblichen Akti‐ vitäten ein, wie Produktion, Transporte und Geschäftsreisen, aber auch Daten aus der Wertschöpfungskette bis hin zu externen Daten. Selbst bei Datenlücken können Näherungswerte automatisiert geschätzt werden. ● Vorhersage von Emissionen: Predictive Analytics ermöglicht die Erstellung von Prognosen auf der Grundlage von Mustern in histori‐ schen Daten. So kann abgeschätzt werden, wie sich eine veränderte Nachfrage oder veränderte Lieferketten auf die Emissionen auswirken. Dadurch kann die Unsicherheit bei der Festlegung von Reduktionszielen reduziert werden. ● Steuerung von Emissionen: Prescriptive Analytics ist die fort‐ schrittlichste Analysetechnologie, die über die Vorhersage hinausgeht und Handlungsempfehlungen generiert. Sie zeigt auf, wie man ein bestimmtes Ziel erreichen kann. Beispielsweise können optimale emis‐ sionsarme Produktionsverfahren und Lieferwege empfohlen werden. Auch eine komplexe Scope-3-Lieferkette kann mithilfe der KI detailliert modelliert werden. Zum Beispiel spielt für die Emissionen von Erdölraffi‐ nerien der Standort des Bohrlochs und damit die Zusammensetzung des Rohöls eine Rolle. Die Emissionen können für die verschiedenen Transport‐ wege und -mittel bestimmt werden. Auch der Verbrauch kann anhand von Kraftstoffverbrauchsmustern in verschiedenen Regionen und Branchen abgeschätzt werden. Die gewonnenen Daten können genutzt werden, um 104 4 Steuern <?page no="105"?> 42 Vgl. BCG 2021. gemeinsam mit den Lieferanten die Emissionstreiber zu bewerten und Maß‐ nahmen zu ergreifen. Auf diese Weise können die Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette reduziert werden und nicht nur unkoordi‐ niert auf einzelnen Wertschöpfungsstufen, was möglicherweise zu höheren Emissionen auf anderen Stufen führen könnte. 42 In Zukunft werden sich durch die generative KI weitere Möglichkeiten ergeben. Aufgrund ihrer relativen Neuheit gibt es jedoch noch wenig praktische Erfahrungen im Klimamanagement. Die generative KI, wie z. B. ChatGPT, ist ein sehr mächtiges Werkzeug, das nicht nur für repetitive, sondern auch für kreative Aufgaben eingesetzt werden kann. Sie nutzt die Methode des Deep Learning. Um das Werkzeug zu trainieren, werden ihm sehr große Datenmengen zur Verfügung gestellt und es wird für bestimmte Anwendungen trainiert. Beispiel: BCG „Ein weltweit tätiger Stahlproduzent plante seine Produktionsprozesse zu optimieren, um CO 2 -Emissionen und Kosten zu senken. Innerhalb von sechs Monaten haben wir eine KI-basierte Prozesssteuerung imple‐ mentiert, um Verschwendung zu vermeiden und die Energieintensität zu senken. Tausende von Sensoren sammeln Milliarden von Daten‐ punkten, die in die Algorithmen des Steuerungssystems eingespeist werden. So kann das Unternehmen den Energiebedarf genau berechnen und vorhersagen. Seit der Einführung dieser Kontrollsysteme hat das Unternehmen eine Reihe von Initiativen ergriffen, die bereits zu einer Verringerung der Kohlendioxidemissionen um 3 % geführt haben, was etwa 230.000 Ton‐ nen CO 2 pro Jahr entspricht, sowie zu Kostensenkungen in Höhe von 40 Millionen US-Dollar - ein erheblicher Vorteil für ein Unternehmen mit einem Umsatz von 8 Milliarden US-Dollar. Das Unternehmen hatte bereits vor der Einführung dieser Änderungen erhebliche Fortschritte bei der Optimierung seiner Abläufe gemacht. Wir haben errechnet, dass KI für die gesamte Branche eine weitaus größere Wirkung hätte und den Stahlunternehmen helfen würde, ihre Emissionen um 5 bis 10-% und ihre Kosten um 1-% zu senken.“ Quelle: Degot u.-a. 2021, S.-4, eigene Übersetzung. 4.5 Software und Technologien 105 <?page no="106"?> 4.5.4 Stand der Softwarenutzung Es wurden verschiedene Typen von Softwaretools vorgestellt, die ein wirksames betriebliche Klimamanagement nicht nur unterstützen, sondern überhaupt erst ermöglichen. Durch die neuen Regularien wie CSRD und die EU-Taxonomie und auch die zukünftige Prüfpflicht steigen die Anforderun‐ gen an die Emissionssteuerung und Berichterstattung erheblich. Ohne eine geeignete Tool-Unterstützung können diese Anforderungen nicht erfüllt werden. Entsprechend wächst der Markt für ESG-Software rasant und auch die Funktionalitäten entwickeln sich weiter. Viele Unternehmen stehen jedoch noch vor der professionellen Umset‐ zung der CSRD-Anforderungen, weshalb die Nutzung dieser Instrumente derzeit noch gering ist. Die Notwendigkeit zur Umsetzung der CSRD-An‐ forderungen lässt in den nächsten Jahren jedoch ein starkes Wachstum erwarten. Die folgende Abbildung zeigt eine Umfrage der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young unter 72 Finanzexperten und Con‐ trollern in den USA im Jahr 2022 zu den derzeit verwendeten Softwaretools für das ESG-Management. Abb. 4.12: Derzeit verwendete Softwaretools für das ESG-Management (Quelle: Papenfuss 2022, S. 15) 10% 10% 15% 55% 60% sonstige ESG-spezifische Softwaretools Softwaretools für Finanzberichte Excel Vielzahl von Softwareanwendungen, die eine oder mehrere ESG-Themen behandeln Abb. 4.12: Derzeit verwendete Softwaretools für das ESG-Management in den USA (Quelle: Papenfuss 2022, S.-15) ESG-spezifische Softwaretools werden derzeit nur von 10 % der befragten Unternehmen genutzt. Es dominieren mit 60 % Softwareanwendungen, die zugleich einzelne ESG-Themen abdecken. Mit einem Anteil von 55 % ist Excel ebenfalls sehr verbreitet. 106 4 Steuern <?page no="107"?> Literaturempfehlung: BARC (2023a): Der Status Quo der ESG- und Nachhaltigkeitsberichterstattung. Herausforderungen, Tools und Ausblick, https: / / barc.com/ de/ research/ status-qu o-esg-nachhaltigkeitsberichterstattung/ , Abruf: 29.09.2023. BARC (2023b): ESG Performance Management. Herausforderungen und Chancen für Planung, Reporting und Controlling, Webinar am 27.06.2023. Degot, C./ Duranton, S./ Frédeau, M./ Hutchinson, R. (2021): Reduce Carbon and Costs with the Power of AI, Publikation der BCG, https: / / www.bcg.com/ publica tions/ 2021/ ai-to-reduce-carbon-emissions, Abruf: 06.01.2024. Lösken, B./ Sailer, U. (2023): ESG-Reporting in der Praxis: softwaregestützt und prüfungssicher, Rethinking Finance, 4/ 2023, S.-10-16. 4.6 Organisatorische Umsetzung des Klimamanagements Für die organisatorische Umsetzung des Klimamanagements in Unterneh‐ men hat sich noch keine dominante Lösung durchgesetzt. Wie bei anderen Unternehmensfunktionen auch fallen verschiedene Teilaufgaben an, die häufig arbeitsteilig ausgeführt werden. Dazu gehören das Management der Nachhaltigkeit für das gesamte Unternehmen, die Durchführung operativer ESG-Maßnahmen und das interne und externe Berichtswesen. 4.6.1 Organisation des Klimamanagements in der Praxis In der Vergangenheit wurden bereits mehrere Befragungen zur Organisation der Nachhaltigkeit durchgeführt. Allerdings wurde dabei nicht immer zwi‐ schen den drei Teilaufgaben unterschieden. Es ist wichtig zu beachten, dass die Frage nach der Verantwortlichkeit nicht mit der operativen Ausführung der Aufgaben gleichzusetzen ist. Im WHU Controller Panel (Otto Beisheim School of Management in Vallendar) wurden im Jahr 2021 rund 1.000 Controlling- und Finanzexperten aus mittelständischen und großen Unternehmen nach der verantwortli‐ chen Zuordnung der Nachhaltigkeit befragt. Knapp ein Drittel der Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitern hatte die Verantwortung keiner Abteilung zugeordnet. Bei den größeren Unternehmen betraf dies noch 18-%. Die Verteilung der Verantwortlichkeiten ergab sich wie folgt: 4.6 Organisatorische Umsetzung des Klimamanagements 107 <?page no="108"?> < 500 Mitarbeit 500 Mitarbeiter 1% 2% 4% 2% 9% 4% 10% 6% 7% 7% Marketing/ Kommunikation/ P 3% 11% 7% 17% 15% 19% Abb. 4.13: Verantwortliche Abteilungen für die Nachhaltigkeit (Quelle: angelehnt an Schäffer 2022, S. 6) 1% 4% 9% 10% 7% 3% 7% 15% 2% 2% 4% 6% 7% 11% 17% 19% Investor Relations HR Geschäftsführung Controlling Qualitätsmanagement Marketing/ Kommunikation/ PR Nachhaltigkeitsabteilung Strategieabteilung >= 500 Mitarbeiter < 500 Mitarbeiter Abb. 4.13: Verantwortliche Abteilungen für die Nachhaltigkeit (Quelle: angelehnt an Schäf‐ fer 2022, S.-6) Am häufigsten ist die Nachhaltigkeit der Strategieabteilung zugeordnet. Dies führt zu einer prominenten Positionierung auf der strategischen Ebene, kann jedoch bei der operativen Umsetzung Fragen aufwerfen. Die Zuordnung zur Nachhaltigkeitsabteilung unterscheidet sich stark zwischen kleineren und größeren Unternehmen. Dies mag daran liegen, dass kleinere Unternehmen weniger häufig über Nachhaltigkeitsabteilungen verfügen. Bei einer Zuordnung zu Marketing, Kommunikation und PR wird Nachhal‐ tigkeit vor allem als ein Thema für Kunden und Stakeholder betrachtet. Dies kann dazu führen, dass tatsächlichen Nachhaltigkeitsleistungen vernachläs‐ sigt werden. Im Jahr 2023 hat BARC 247 Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zum Nachhaltigkeitsmanagement befragt. Bei der Frage, wer im Unternehmen für die ESG-Berichterstattung verantwortlich ist, ergaben sich folgende Antworten: 108 4 Steuern <?page no="109"?> 43 Vgl. BARC 2023, S.-31. 21% 36% 43% ESG-Fachabteilung andere Abteilungen Finanzbereich Abb. 4.14: Verantwortung für die ESG-Berichterstattung (Quelle: BARC 2023a, S. 28, https: / / barc.com/ de/ esg-reporting-status-quo-herausforderungen-und-tools/ , Abruf: 19.01.2024) Der Finanzbereich wird mit einem Anteil von 43 % am häufigsten als Verantwortlicher für die ESG-Berichterstattung genannt. Bei 21 % der Unternehmen ist dies die ESG-Fachabteilung. Mit der Gültigkeit der CSRD müssen ESG-Informationen im Lagebericht gemeinsam mit den Finanzdaten veröffentlich werden. Dadurch wird die ESG-Berichterstattung voraussichtlich noch stärker mit dem Finanzbereich verknüpft. Bei sehr gro‐ ßen Unternehmen mit mehr als 5.000 Mitarbeitern liegt die Verantwortung jedoch häufiger im Nachhaltigkeitsbereich als im Finanzbereich. 43 Dieser Unterschied dürfte vor allem darauf zurückzuführen sein, dass kleinere Unternehmen seltener über eine Nachhaltigkeitsabteilung verfügen und daher die Verantwortung dem Finanzbereich übertragen. „Hunderte von Unternehmen auf der ganzen Welt haben bereits damit begonnen, über ESG und Nachhaltigkeit zu berichten. Die Datenerfassung und -bericht‐ erstattung wird jedoch häufig von Nachhaltigkeitsteams und -bereichen, der Personalabteilung oder anderen Abteilungen übernommen. Aber CFOs und Finanzteams beginnen nun, sich einzubringen. Warum ist das so? Weil diese Art der Berichterstattung von einer freiwilligen zu einer verpflichtenden Berichter‐ stattung wird, die das gleiche Maß an Governance, Kontrolle, Genauigkeit und Prüfbarkeit erfordert wie die Finanzberichterstattung.” Quelle: The Finance Weekly 28.03.2022, https: / / www.thefinanceweekly.com/ pos t/ why-should-finance-teams-care-about-esg-reporting, eigene Übersetzung, Ab‐ ruf: 05.01.2024. 4.6 Organisatorische Umsetzung des Klimamanagements 109 <?page no="110"?> 4.6.2 Akteure im betrieblichen Klimamanagement Im Klimamanagement sind verschiedene Bereiche involviert, wie folgende Abbildung zeigt: Nachhaltigkeitsabteilung Experten der Nachhaltigkeit Umweltbereich Experten im Umweltmanagement Finanzen/ Controlling Experten der integrierten Unternehmenssteuerung Unternehmensleitung Fachabteilungen Abb. 4.15: Beteiligte des Klimamanagements (Quelle: eigene Abbildung) Abb. 4.15: Beteiligte des Klimamanagements (Quelle: eigene Abbildung) Die Gesamtverantwortung für das Klimamanagement liegt bei der Unter‐ nehmensleitung. Häufig gehört die Nachhaltigkeit zum Verantwortungsbe‐ reich eines Mitglieds der Geschäftsleitung oder des Vorstands. Beispiel: REWE „Nachhaltigkeit ist bei der REWE Group an höchster Stelle der Unter‐ nehmensführung verankert. Die Gesamtverantwortung für Nachhal‐ tigkeit liegt seit dem Start der Nachhaltigkeitsstrategie 2008 beim Vorstandsvorsitzenden.“ Quelle: REWE, https: / / rewe-group-nachhaltigkeitsbericht.de/ 2022/ de/ unternehmen/ nachhaltigkeitsstrategie/ index.html, Abruf: 02.01.2024. Für die Umsetzung des Klimamanagements sind die dezentralen, operati‐ ven Einheiten verantwortlich, wie Fachabteilungen, Betriebsstandorte und Tochtergesellschaften. 110 4 Steuern <?page no="111"?> Beispiel: E.ON „Das Managementteam jeder Einheit und jeder Zentralfunktion ist dafür verantwortlich, Maßnahmen zur Verbesserung unserer Nachhal‐ tigkeitsleistung zu ergreifen und die Nachhaltigkeitsziele ihrer Einheit oder ihres zentralen Funktionsbereichs zu erreichen. Dank dieses dezentralen Ansatzes können sie ihren Beitrag zu den konzernweiten Nachhaltigkeitszielen leisten und zugleich die Maßnahmen an ihre jeweiligen Bedürfnisse anpassen. Jede Einheit und Zentralfunktion verfügt über zuständige Nachhaltigkeitsbeauftragte, die das Bewusst‐ sein für Nachhaltigkeitsaspekte schärfen, Projekte und Initiativen koordinieren und Fortschritte kontrollieren.“- Quelle: E.ON, https: / / www.eon.com/ de/ ueber-uns/ nachhaltigkeit/ orga nisation.html, Abruf: 02.01.2024. Die Nachhaltigkeitsabteilung bündelt die fachliche Expertise zu ESG-Themen und zum Klimamanagement. Dazu gehört die Kenntnis der re‐ gulatorischen Anforderungen, die Zielbildung sowie die Planung, Steuerung und das Reporting. Dabei sollten Nachhaltigkeits- und Klimaziele nicht als Parallelprozess neben der etablierten ökonomischen Unternehmenssteue‐ rung errichtet werden. Es gibt zahlreiche Abhängigkeiten, die nur durch eine integrierte Steuerung der ökonomischen Ziele und der Klimaziele berücksichtigt werden können. Maßnahmen zur Emissionsreduzierung wir‐ ken sich positiv oder negativ auf wirtschaftliche Ziele aus und müssen daher gemeinsam betrachtet werden. Für die ökonomische Unternehmenssteuerung, die Planung und das Reporting ist das Controlling zuständig. Da die Steuerung ökonomischer, ökologischer und sozialer Ziele und Maßnahmen eng aufeinander abge‐ stimmt sein muss, sollte sie nicht zwischen Controlling und Nachhaltigkeits‐ abteilung aufgeteilt und parallel durchgeführt werden. Die Steuerung sollte grundsätzlich integriert und damit kooperativ durch die Nachhaltigkeitsabtei‐ lung und dem Controlling erfolgen. Die Nachhaltigkeitsabteilung bringt die Nachhaltigkeitsexpertise ein, das Controlling die Erfahrung in Planung, Steuerung und Kontrolle. In der Praxis gibt es eine große Bandbreite an Lösungen. „Ich meine, dass eine engagierte und zentrale Rolle des Controllings beim Thema Nachhaltigkeit immer dann unabdingbar ist, wenn es sich für das Unternehmen dabei nicht primär um ein Marketing und Compliance-Thema handelt und der 4.6 Organisatorische Umsetzung des Klimamanagements 111 <?page no="112"?> Verankerung in die Steuerung somit eine zentrale Rolle zukommt. Also immer dann, wenn das Thema Nachhaltigkeit wirklich ernst genommen wird.“ Quelle: Schäffer 2022, S.-8. Schließlich ist auch ökologisches und technisches Know-how zur Steuerung der THG-Emissionen unerlässlich. Zur Identifikation und Be‐ wertung von Projekten, Maßnahmen und Investitionen, für eine realistische Zielbildung und die Begleitung der Umsetzung muss der Umweltbereich eng mit dem Nachhaltigkeitsbereich und mit dem Controlling zu‐ sammenarbeiten. Die Nachhaltigkeitsabteilung, der Umweltbereich sowie Controlling und Finanzen bilden die Grundlage, auf der die Unternehmensleitung ihre Verantwortung für das Klimamanagement wahrnehmen kann. Gleichzei‐ tig unterstützen sie die dezentralen Einheiten wie Fachabteilungen und Betriebsstätten bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Emissionsreduzie‐ rung. Beispiel: Dürr „Der Bereich Corporate Sustainability (CS) bündelt und koordiniert die Nachhaltigkeitsaktivitäten im Dürr-Konzern. CS bildet eine Schnitt‐ stelle für ESG-Themen zwischen den verschiedenen Fachbereichen. Dazu gehören insbesondere Umwelt- und Klimaschutz, nachhaltige Produkte und Dienstleistungen, nachhaltige Lieferkette, Menschen‐ rechte, Belange von Beschäftigten, Arbeitssicherheit und soziales En‐ gagement. Der Vorstandsvorsitzende der Dürr AG trägt die Gesamt‐ verantwortung für CS. Der Bereich unterstützt den Vorstand dabei, unternehmensweite Strukturen und Prozesse für das Nachhaltigkeits‐ management zu entwickeln und zu etablieren. Das beinhaltet die Um‐ setzung des Nachhaltigkeitsansatzes, die Abstimmung konzernweiter Nachhaltigkeitsziele und die Koordination entsprechender Maßnah‐ men.“ Quelle: Dürr, https: / / www.durr-group.com/ de/ nachhaltigkeit/ unser-a nsatz-und-ziele/ organisation-kontakt, Abruf: 03.01.2024. Literaturempfehlung: Sailer, U. (2022a): Nachhaltigkeitscontrolling. So werden Unternehmen nachhaltig gesteuert, 4. Auflage, München, S.-97-106. 112 4 Steuern <?page no="113"?> Schäffer, U. (2022): Nachhaltigkeit und Controlling: Ein Aufruf zum Handeln, in: Controller Magazin, Heft 1/ 2022, S.-4-8. 4.7 Zusammenfassung 1. Die Bestimmung wichtiger Nachhaltigkeitsziele erfolgt durch eine We‐ sentlichkeitsanalyse, die ausführlich berichtet werden muss. 2. Klimaziele sind Top-down festzulegen. Der Verlauf des Reduktionspf‐ ades sollte auf einer wissenschaftlich fundierten Basis bestimmt werden. Die Science Based Targets stellen hierfür den Rahmen dar. 3. Bei der Klimastrategie ist auf die Rangfolge der Maßnahmen zu achten: zuerst reduzieren, dann substituieren und erst zuletzt kompensieren. 4. Die unternehmensübergreifende Emissionssteuerung erfordert die Identifikation von Emissionstreibern, den Aufbau eines Treiberbaums, die Festlegung steuerungsrelevanter KPIs und die Planung strategischer Maßnahmen. 5. Zur dezentralen Emissionssteuerung eignen sich interne CO 2 -Preise. Hierbei müssen die Höhe des CO 2 -Preises festgelegt und das Steuer‐ ungskonzept (Emissionssteuer, Emissionshandel oder Schattenpreise) bestimmt werden. 6. Zur praktischen Umsetzung des Klimamanagements sind Softwaretools unerlässlich. Diese werden für das Datenmanagement, das Performance Management und das Reporting benötigt. 7. Bei der organisatorischen Umsetzung des Klimamanagements sind die unterschiedlichen Teilaufgaben zu beachten. Dementsprechend ist eine Kooperation zwischen der Nachhaltigkeitsabteilung, dem Umweltbe‐ reich und dem Controlling notwendig. 4.7 Zusammenfassung 113 <?page no="115"?> 44 Vgl. Sailer 2022a, S.-296. 5 Berichten Verstehen Messen Steuern Berichten Der letzte Schritt im Klimamanagement umfasst das Berichtswesen bzw. das Disclosure Management. Die klimapolitischen Maßnahmen haben zu Ergebnissen geführt, über die sowohl intern als auch extern zu berichten ist. Intern dienen die Berichte dem Management, den Erfolg der Maßnahmen zu beurteilen und Abweichungen zu analysieren. Die externe Berichterstattung folgt den regulatorischen Anforderungen und informiert die Stakeholder. Bei der Berichterstattung über ESG-Themen nennen Unternehmen ver‐ schiedene Herausforderungen. In der BARC-Studie von 2023 nennen 42 % der befragten Unternehmen die mangelnde Datenqualität und Datenzuver‐ lässigkeit als das größte Problem bei der Erstellung von Berichten. Auch die Vielzahl an Datenquellen und fehlende Ressourcen werden bemängelt (vgl. Abb. 2.8, Kapitel 2). 5.1 Externe Berichterstattung Nachhaltigkeitskommunikation umfasst sämtliche Kommunikationsmaß‐ nahmen, die Nachhaltigkeit zum Inhalt haben. Im Hinblick auf das Klima beinhaltet dies: ● Kommunikation über das klimabezogene Handeln des Unternehmens, ● verständlich machen der Zusammenhänge zwischen dem betrieblichen Klimamanagement und wirtschaftlichen Inhalten, ● aufzeigen, welchen Beitrag das Klimamanagement zur Erreichung stra‐ tegischer und operativer Unternehmensziele leistet, ● aufzeigen, welchen gesellschaftlichen Beitrag das Unternehmen zur Begrenzung des Klimawandels leistet. 44 <?page no="116"?> Nachhaltigkeitskommunikation erfolgt nicht nur durch den Nachhaltig‐ keitsbericht, sondern auf vielfältige Weise. Hierzu gehören die Kommunika‐ tion in den sozialen Medien, Informationen auf der Homepage, Öffentlich‐ keitsarbeit und Investorenveranstaltungen. Diese Kommunikationswege haben zumeist unterschiedliche Zielgruppen, für die verschiedene Inhalte und Darstellungsformen zu wählen sind. In den sozialen Medien werden aktuelle Geschehnisse und spannende Inhalte präsentiert. Bei Investoren‐ veranstaltungen stehen die Treiber der Unternehmensentwicklung und die wirtschaftlichen Ergebnisse im Vordergrund. Der Nachhaltigkeitsbericht enthält umfassende qualitative und quantitative Informationen zu sozialen und ökologischen Themen. Bei der Ausgestaltung der externen Nachhaltig‐ keitskommunikation sind folgende Anforderungen zu berücksichtigen: ● regulatorische Vorgaben ● Informationsbedürfnisse der Stakeholder ● freiwillig gewählte Berichtsstandards, z.-B. GRI, TCFD ● Richtlinien von Prüfungsorganisationen bzw. Wirtschaftsprüfungsge‐ sellschaften ● Richtlinien von Auditierungsbzw. Zertifizierungsgesellschaften Die inhaltlichen und formalen Anforderungen der externen Berichter‐ stattung zum Klimamanagement ergeben sich vorrangig aus den Vorga‐ ben der CSRD und der EU-Taxonomie sowie aus den TCFD. Diese wurden in Kapitel 2.3 vorgestellt. Softwareunterstützung für das ESG-Reporting Beim Reporting von Nachhaltigkeitsinformationen werden hierauf spezia‐ lisierte Softwaretools derzeit nur in einem geringen Umfang genutzt. Gemäß BARC-Studie aus dem Jahr 2023 verwenden nur 15 % der befragten europäischen Unternehmen eine spezialisierte ESG-Reportingsoftware, wie folgende Abbildung zeigt. 116 5 Berichten <?page no="117"?> Abb. 5.1: Häufigkeit verwendeter Softwaretools für die ESG-Berichterstattung (Quelle: BARC 2023, S. 7) 3% 5% 6% 7% 15% 28% 35% sonstige eigene individuelle Lösungen ERP-Tools Konzernrechnungslegungs-Software spezialisierte ESG-Reporting-Software Exel/ Word/ PowerPoint BI/ Analytics/ CPM-Software Abb. 5.1: Häufigkeit verwendeter Softwaretools für die ESG-Berichterstattung (Quelle: BARC 2023a, S.-7) Mit 35 % werden am häufigsten die im Controlling etablierten Business Intelligence (BI) Tools genutzt. Am zweithäufigsten werden Microsoft Office Produkte wie Excel, Word und PowerPoint eingesetzt. Diese Tools haben mit einem ESG-konformen Disclosure Management jedoch nichts zu tun. ESG-spezifische Anforderungen wie die Vorgaben der CSRD oder der EU-Taxonomie werden dabei nicht systemseitig unterstützt. Es besteht somit noch ein großer Nachholbedarf bei der Automatisierung des externen Berichtswesens. Anbieter ESG-konformer Disclosure-Management-Systeme sind z.B.: ● Amana ● Insight Software ● Workiva ● Oracle ● Amelkis ● OneTrust Für die externe ESG-Berichterstattung gelten formale Anforderungen, die in der Regel in den Softwaretools enthalten sind. Es müssen bestimmte Vorlagen verwendet werden, der verpflichtende Umfang muss berücksich‐ tigt werden, Termine müssen eingehalten werden und die technischen Formate der Informationsübermittlung müssen gewahrt werden. So ist beispielsweise für die elektronische Übermittlung von ESG-Daten, wie auch bei den Jahresabschlussdaten, ein sogenanntes XBRL-Tagging vorgesehen. Die digitale Berichterstattung nach XBRL ermöglicht Unternehmen, die 5.1 Externe Berichterstattung 117 <?page no="118"?> Berichte in maschinenlesbarer Form zu übermitteln, wodurch vereinfacht Datenanalysen durchgeführt werden können. Beispiel: Softwareanbieter Amana „Beim Veröffentlichungsprozess ergeben sich folgende Anforderungen: Einsatz von Disclosure Management Software, um kollaborativ an den Nachhaltigkeitsberichten arbeiten zu können. Automatisierung des Datenflusses aus verschiedenen Quellen in die Managementberichte, um den manuellen und fehleranfälligen Prozess zu eliminieren und den Last-Mile-Reporting-Prozess zu optimieren. Optionen für die Formatierung und Erstellung von Hochglanz- und druckfertigen Berichten in Word oder InDesign sowie von Online-Be‐ richten. Digitales Tagging von Nachhaltigkeits- und Finanzberichten mit der ESRS- oder ISSB-XBRL-Taxonomie. Prüfung und Veröffentlichung des Abschlussberichts.“ Quelle: Amana, https: / / amana-esef.com/ de/ esg-reporting.html, Abruf: 04.01.2024. 5.2 Interne Berichterstattung Das Managementreporting ist das zentrale Instrument, um die Entschei‐ dungsträger im Unternehmen mit notwendigen Informationen zu versor‐ gen. Die internen Reports enthalten typischerweise Ist-, Plan- und ggf. auch Prognosewerte für verschiedene Kennzahlen. Aus den Abweichungen und der Ursachenanalyse werden Erkenntnisse gewonnen, die zu weiteren Maßnahmen führen und bei der zukünftigen Zielbildung und Planung berücksichtigt werden. Traditionell werden Managementreports monatlich erstellt, da auch die operative Planung meist in monatlichen Schritten erfolgt. Nach Monatsende werden sämtliche Daten des abgelaufenen Monats erfasst und daraus Be‐ richtsdaten erstellt. Die Informationen werden tabellarisch oder grafisch aufbereitet und mit Erläuterungen versehen. Früher wurden Berichte im pdf-Format zur Verfügung gestellt, heute setzen sich zunehmend Dash‐ board-Tools wie PowerBI oder Tableau durch. Informationen werden online über die Cloud zur Verfügung gestellt, zum Teil in Echtzeit. Moderne Dashboard-Tools ermöglichen nicht nur eine sta‐ 118 5 Berichten <?page no="119"?> 45 Vgl. Sailer 2023, S.-56. tische Betrachtung, sondern bieten auch interaktive Funktionen an. Mithilfe von Filtern, Drill-down-Funktionen, flexibler Auswahl von Zeitperioden über Slider sowie Hyperlinks kann ein Nutzer aus einzelnen Dashboards vielfältige Informationen gewinnen und eigenständig Analysen durchfüh‐ ren. Die Analysen werden durch die visuelle Darstellung erleichtert und führen schnell zu weitreichenden Erkenntnissen. Self-Service-Reporting bietet umfangreiche Gestaltungsfreiheiten, die auf die individuellen Bedürf‐ nisse und Fähigkeiten des Nutzers angepasst werden können. Dadurch findet zugleich ein Wechsel vom Pushzum Pullprinzip statt. Der Bericht wird dem Management nicht nach der Fertigstellung zur Verfügung gestellt, sondern er wird vom Nutzer aktiv aufgerufen, sobald er die Informationen benötigt. 45 Die folgende Abbildung zeigt beispielhaft ein ESG-Dashboard, das mit dem Tool Tableau erstellt wurde. Über den angegebenen Link zu Tableau Public kann das Dashboard in vollem Umfang interaktiv genutzt werden. Abb. 5.2: Beispiel eines ESG-Dashboards in Tableau (Quelle: Tableau Public, https: / / publ ic.tableau.com/ app/ profile/ tan.tay.hoe/ viz/ ESG-ESGDashboard_16479456841620/ Environ ment, Abruf: 28.01.2024) BI-Tools werden mit verschiedenen Datenquellen verknüpft, so dass auch unterschiedliche Daten zueinander in Relation gebracht werden können. 5.2 Interne Berichterstattung 119 <?page no="120"?> Die Tools enthalten beispielsweise geographische Daten, um den Umsatz nach Regionen visuell darzustellen. ESG-Daten lassen sich problemlos integrieren, um verschiedene Kennzahlen zu ermitteln. So können beispiels‐ weise THG-Emissionen nach Betriebsstandorten, in Relation zum Umsatz oder zum Gewinn ermittelt werden. Der Form der Auswertung sind keine Grenzen gesetzt. Abhängig ist dies allein vom Umfang und der Qualität der vorhandenen Daten. Literaturempfehlung Lösken, B./ Sailer, U. (2023): ESG-Reporting in der Praxis: softwaregestützt und prüfungssicher, Rethinking Finance, 4/ 2023, S.-10-16. Nagel, D./ Heinicke, X./ Börner, X./ Günther, T./ Fischer, A. (2021): Mehr Durchblick mit Visual Business Analytics, Controlling & Management Review, 8, S.-52-57. Sailer, U. (2022a): Nachhaltigkeitscontrolling. So werden Unternehmen nachhaltig gesteuert, 4. Auflage, München. 120 5 Berichten <?page no="121"?> Literaturverzeichnis Ahluwalia, M. B. (2017): The Business of Pricing Carbon, Center for Climate and Energy Solution, September 2017, https: / / www.c2es.org/ wp-content/ uploads/ 20 17/ 09/ business-pricing-carbon.pdf, Abruf: 18.01.2024. BARC (2023a): Der Status Quo der ESG- und Nachhaltigkeitsberichterstattung. Herausforderungen, Tools und Ausblick, https: / / barc.com/ de/ research/ status-qu o-esg-nachhaltigkeitsberichterstattung/ , Abruf: 29.01.2024. BARC (2023b): ESG Performance Management. Herausforderungen und Chancen für Planung, Reporting und Controlling, Webinar am 27.06.2023. BARC (2023c): ESG Tools: Eine umfassende Lösung für nachhaltiges Reporting und Performance Management, https: / / barc.com/ de/ esg-tools/ , Abruf: 26.01.2024. BARC (2023d): From Data to Disclosure. Ein Wegweiser durch den ESG-Software‐ markt, Webinar vom 09.11.2023. Birkert, J. (2021): Niedrige Kohlenstoffemissionen senken Risiken für Unternehmen. Ein interne CO2-Preis kann den Durchblick erleichtern - und den Wandel beschleunigen, in: https: / / www.ey.com/ de_de/ decarbonization/ der-interne-co2 -preis-im-wandel, Abruf: 08.12.2023. Boston Consulting Group (2023): Carbon Emissions Survey 2023, https: / / www.bcg. com/ publications/ 2023/ why-some-companies-are-ahead-in-the-race-to-net-zero -and-reducing-emssions, Abruf: 20.01.2024. Boston Consulting Group (2022): CO 2 AI by BCG, Carbon Emissions Survey Report October 2022, https: / / www.bcg.com/ publications/ 2022/ using-technology-helps-c ompanies-measure-and-reduce-emissions, Abruf: 26.01.2024. Boston Consulting Group (2021): The AI Angle in Solving the Oil and Gas Emissions Challenge, 20.09.2021, https: / / www.bcg.com/ publications/ 2021/ ai-in-oil-and-gas -emissions-challenge, Abruf: 06.01.2024. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (2023): SDG 13: Maßnahmen zum Klimaschutz, https: / / www.bmz.de/ de/ agenda-2030/ sd g-13, Abruf: 28.01.2024. Coppola, M./ Krick, T./ Blohmke, J. (2019): Deloitte Insights: Feeling the heat? 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Controlling-Studie-100 Green Deal-13 Greenwashing-27 IFRS-42 IFRS-Foundation-42 IFRS S-42 Intergovernmental Panel on Climate Change-17 International Sustainability Standards Board-31 Key Performance Indicator-78 KI-105 Klassifikationssystem-38 Klimabilanz-48 Klimaneutralität-25 Klimaproblematik-13 Klimawandel-36, 61 KPI-78 Machine Learning Algorithmen-103 Managementreporting-118 Managementzyklus-93 Nachhaltigkeit-14, 38, 59 Nachhaltigkeitsbericht-116 Netto-Null-Emissionen-25 Non-Financial Reporting Directive-34 Performance Management-93 PESTLE-Analyse-69 Rebound-Effekt-77 Removals-65 <?page no="126"?> Risikomanagement-54 Schattenpreise-91 Science Based Targets-62 SDG-Fortschrittsbericht-28 Self-Service-Reporting-119 Sustainable Development Goals-27 Sustainable Finance Disclosure Regulation-13 Sustainable Finance Framework-13 Task Force on Climate-related Financial Disclosures-39 taxonomiekonform-39 THG-Emissionen-49, 62 Treibhauseffekt-19 Treibhausgase-21 Treibhausgasinventar-53 Weltklimarat-17 Wesentlichkeitsanalyse-60 126 Index <?page no="127"?> Abbildungsverzeichnis Abb. 1.1: Bedeutung ökologischer Nachhaltigkeitsziele in den Unternehmen (Quelle: TÜV 2022, S.-22) . . . . . . . . . . . 14 Abb. 1.2: Vorteile durch die Emissionsreduktion (Quelle: Boston Consulting Group 2023) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Abb. 2.1: Monatliche weltweite Temperaturschwankungen im Vergleich zum Durchschnitt von 1951 bis 1980 (Quelle: Our World in Data 2023https: / / ourworldindata.org/ explorers/ climate-change, Abruf 13.01.2024) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Abb. 2.2: Entwicklung der globalen CO 2 -Konzentration in der Atmosphäre seit über 800.000 Jahren (Quelle: Our World in Data 2023, https: / / ourworldindata.org/ explo rers/ climate-change, Abruf: 24.01.2024) . . . . . . . . . . . 20 Abb. 2.3: Treibhausgasemissionen weltweit seit 1850 (Quelle: Our World in Data 2023, https: / / ourworldindata.org/ g reenhouse-gas-emissions, Abruf: 24.01.2024) . . . . . . . 21 Abb. 2.4: Screenshot einer Klimasimulation in EN-ROADS (Quelle: eigene EN-ROADS-Simulation, dieses ist unter folgendem Link aufrufbar und kann weiter verändert werden: https: / / en-roads.climateinteractiv e.org/ scenario.html? v=23.12.0&p1=54&p7=35&p10= 1.4&p16=-0.05&p23=5&p35=1&p39=189&p47=2.4&p 50=2.9&p373=30&p375=35&p57=-5.8&p59=-65&p65 =57&p67=24&g0=2&g1=62&lang=de, Abruf: 24.01.2024) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Abb. 2.5: Unternehmen mit individuell definierten Klimazielen (Quelle: Göhler et al. 2023, S.-64.) . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Abb. 2.6: Von Unternehmen ergriffene Maßnahmen in Bezug auf den Klimawandel (Quelle: PwC 2023, S.-6.) . . . . . 30 Abb. 2.7: Zukünftig verwendeter ESG-Berichtsstandard in Europa und Nordamerika (Quelle: BARC 2023a, S. 19) 32 Abb. 2.8: Herausforderungen bei der ESG-Berichterstattung (Quelle: BARC 2023a, S.-32) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 <?page no="128"?> Abb. 2.9: Doppelte Wesentlichkeit der CSRD (Quelle: eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Abb. 2.10: Bestandteile der ESRS (Quelle: eigene Abbildung) . . 36 Abb. 2.11: Offenlegungspflichten des ESRS E1 Klimawandel und die zugehörigen allgemeinen Angaben des ESRS 2 (Quelle: in Anlehnung an EFRAG, ESRS E1, S.-3, http s: / / www.efrag.org/ lab6, Abruf: 21.01.2024) . . . . . . . . . 37 Abb. 3.1: Messung der THG-Emissionen (Quelle: Boston Consulting Group 2022) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Abb. 3.2: Drei Scopes des Greenhouse Gas Protocols (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Greenhouse Gas Protocol 2011, S.-5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Abb. 3.3: Scope 1-3 bei BASF im Jahr 2022 in %, https: / / www.b asf.com/ global/ de/ who-we-are/ sustainability/ we-pr oduce-safely-and-efficiently/ energy-and-climate-pro tection/ 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Abb. 4.5: Emissionstreiberbaum (Quelle: in Anlehnung an Global Compact Netzwerk Deutschland 2017, S.-54) . 78 Abb. 4.6: KPI-Bewertungsmatrix (Quelle: in Anlehnung an Global Compact Netzwerk Deutschland 2017, S.-82) . 79 128 Abbildungsverzeichnis <?page no="129"?> Abb. 4.7: KPIs über verschiedene Unternehmensebenen (Quelle: in Anlehnung an Global Compact Netzwerk Deutschland 2017, S.-81) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Abb. 4.8: Maßnahmenplan zur Emissionssenkung (Quelle: eigene Abbildung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 Abb. 4.9: Maßnahmen gegen den Klimawandel (Quelle: eigene Abbildung, angelehnt an Coppola, Krick, Blohmke 2019, S.-9) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 Abb. 4.10: Managementzyklus aus Datenmanagement, Performance Management und Reporting (Quelle: eigene Abbildung, angelehnt an BARC 2023c) . . . . . . 94 Abb. 4.11: Zuordnung der Softwarelösungen im Managementzyklus (Quelle: BARC 2023d, S.-23) . . . . 95 Abb. 4.12: Derzeit verwendete Softwaretools für das ESG-Management in den USA (Quelle: Papenfuss 2022, S.-15) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 Abb. 4.13: Verantwortliche Abteilungen für die Nachhaltigkeit (Quelle: angelehnt an Schäffer 2022, S.-6) . . . . . . . . . . 108 Abb. 4.14: Verantwortung für die ESG-Berichterstattung (Quelle: BARC 2023a, S. 28, https: / / barc.com/ de/ esg-r eporting-status-quo-herausforderungen-und-tools/ , Abruf: 19.01.2024) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Abb. 4.15: Beteiligte des Klimamanagements (Quelle: eigene Abbildung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Abb. 5.1: Häufigkeit verwendeter Softwaretools für die ESG-Berichterstattung (Quelle: BARC 2023a, S.-7) . . 117 Abb. 5.2: Beispiel eines ESG-Dashboards in Tableau (Quelle: Tableau Public, https: / / public.tableau.com/ app/ profil e/ tan.tay.hoe/ viz/ ESG-ESGDashboard_164794568416 20/ Environment, Abruf: 28.01.2024) . . . . . . . . . . . . . . 119 Abbildungsverzeichnis 129 <?page no="130"?> Tabellenverzeichnis Tabelle 2.1: Gegenüberstellung der IFRS und der IFRS S (Quelle: eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Tabelle 2.2: Auszug der Anforderungen von IFRS S2 (Quelle: https: / / bankinghub.de/ banksteuerung/ issb-ifrs-s1-ifrs-s2-stand ard, Abruf: 01.11.2023) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Tabelle 3.1: Klassifikation von Klimarisiken (Quelle: ESRS-Anhang 1 E1 AR 11, S.-93) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Tabelle 3.2: Beispiele für klimabezogene Übergangsereignisse (Quelle: ESRS-Anhang 1 E1 AR 12, S.-94) . . . . . . . . . . . . . 56 Tabelle 4.1: Mindestanforderungen an die Erfassung der Emissionen gemäß SBTi (Quelle: SBTi Corporate Net-Zero-Standard, Version 1.1, April 2023, S.-35) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 Tabelle 4.2: Emissionsreduktionsziele von BMW (Quelle: Ecochain 2023, https: / / ecochain.com/ blog/ bmw-and-sustainabilit y/ , Abruf: 26.01.2024) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Tabelle 4.3: Beispiele für KPIs nach Scopes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Tabelle 4.4: Gegenüberstellung der Instrumente zur internen CO 2 -Bepreisung (angelehnt an Dialogforum Wirtschaft macht Klimaschutz 2020, S.-13; Ahluwalia 2017, S.-18; Möller, Schmid, Schatzmann 2022, S.-45) . . . . . . . . . . . . . 90 Tabelle 4.5: Gegenüberstellung der verschiedenen Lösungsansätze für ein klimabezogenes Performance Management (Quelle: eigene Darstellung) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 <?page no="131"?> ISBN 978-3-381-11341-5 Prof. Dr. Ulrich Sailer ist Professor an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen. Er leitet den Masterstudiengang Controlling und beschäftigt sich insbesondere mit dem Nachhaltigkeitscontrolling. Der Klimawandel ist in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit, der Geschäftspartner und der Politik aktuell von zentraler Bedeutung. Zahlreiche Unternehmen versuchen, das Pariser Klimaziel in das Nachhaltigkeitsmanagement bzw. in die Unternehmenssteuerung zu integrieren. Dies wird dadurch motiviert, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral sein möchte. Der steigende Preis für CO 2 -Zertifikate, die EU-Regulatorien CSRD und die EU-Taxonomie sorgen dafür, dass zukünftig eine sehr hohe Transparenz darüber besteht, wie die Unternehmen ihre CO 2 -Emissionen managen und wie erfolgreich sie dabei sind. Dieses Buch ist eine kompakte, übersichtliche und einführende Darstellung, wie Unternehmen strategisch und operativ den Weg zur Klimaneutralität gehen sollen. Es fällt Praktikern und auch Studierenden der Betriebswirtschaft und der Nachhaltigkeitswissenschaften schwer, dies sowohl konzeptionell als auch operativ zu erfassen. Dieser nuggets-Band wird hierbei Abhilfe leisten. Sailer Klimaneutrale Unternehmen Ulrich Sailer Klimaneutrale Unternehmen Management, Steuerung, Technologien