Mikro- und Makroökonomie
Kurzlehrbuch mit eLearning-Kurs
0422
2024
978-3-3811-1392-7
978-3-3811-1391-0
UVK Verlag
Thieß Petersen
10.24053/9783381113927
Die zwei ökonomischen Perspektiven im Nu verstehen
Ganz egal ob Sie BWL oder VWL studieren, die mikro- und makroökonomische Perspektive der Ökonomie müssen Sie kennen und zugleich verstehen. Dieses Kurzlehrbuch hilft Ihnen dabei. Darin finden Sie das relevante Grundwissen der Mikro- und Makroökonomie - zahlreiche Aha-Erlebnisse sind Ihnen garantiert.
Das Buch richtet sich an Studierende der Wirtschaftswissenschaften und -informatik. Es eignet sich zudem für all die Studierenden, die die ökonomische Denkweise verstehen möchten.
Die espresso-Kurzlehrbücher bereiten ideal auf Studium, Vorlesung und Prüfung vor - die konzentrierte Dosis Wissen für Ihren Studienerfolg. Jeder Band wird von einem passenden eLearning-Kurs begleitet, der den Lernfortschritt kontinuierlich sichtbar macht.
9783381113927/eLearning-Kurs.html
<?page no="0"?> Thieß Petersen Mikro- und Makroökonomie <?page no="1"?> Mikro- und Makroökonomie eLearning-Kurs & eBook Zu diesem Band gibt es ein eBook und einen eLearning-Kurs, die Sie kostenfrei online abrufen können. Zu Beginn eines jeden Kapitels finden Sie einen QR-Code, der Sie zum dazugehörigen Fragenkatalog des eLearning-Kurses bringt. Erstellen Sie gleich einen persönlichen Account auf unserer eLibrary und schalten Sie eBook und eLearning-Kurs mit Ihrem Gutscheincode frei. So geht’s gutschein.narr.digital besuchen den Schritten zum Aktivieren des Gutscheincodes folgen eLearning-Kurs nutzen Ihr Gutscheincode für eBook & eLearning-Kurs t9vd-tPiC-Y9iw <?page no="3"?> - - - - - - - - Dr. Thieß Petersen ist Dozent an der Europa- Universität Viadrina Frankfurt (Oder). In einer sich rasch verändernden Welt müssen sich Hochschulen, Dozie‐ rende und Studierende kontinuierlich einem neuen Wissensstand widmen und mit neuen Themen auseinandersetzen. Mit unserer neuen fachüber‐ greifenden Reihe espresso präsentieren wir Ihnen die Möglichkeit, sich fundiert und kompakt über grundständige Lehrinhalte zu informieren. Ein besonderes Augenmerk legt die Reihe auf den didaktischen Anspruch, der Möglichkeit per eLearning-Kurs den eigenen Wissensstand vor und nach der Bandlektüre zu überprüfen sowie der Chance, gezielt empfohlene Medien zu nutzen. Expert: innen vermitteln auf prägnante Weise das Wesentliche zu den Lehr‐ themen. So gezielt die Themen in den Bänden bearbeitet werden, so breit ist auch das Fachspektrum, das die Reihe abdeckt: von den Wirtschaftswis‐ senschaften über die Geisteswissenschaften und die Naturwissenschaften bis hin zur Sozialwissenschaft - Leser: innen aller Fachbereiche können in dieser Reihe fündig werden. <?page no="4"?> Thieß Petersen Mikro- und Makroökonomie Kurzlehrbuch mit eLearning-Kurs <?page no="5"?> DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783381113927 © UVK Verlag 2024 ‒ ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro‐ verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Heraus‐ geber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISSN 2942-6588 ISBN 978-3-381-11391-0 (Print) ISBN 978-3-381-11392-7 (ePDF) ISBN 978-3-381-11393-4 (ePub) Umschlagmotiv: © JohnnyGreig · iStockphoto Autorenbild: © privat Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® <?page no="6"?> 7 9 1 11 2 15 2.1 16 2.2 23 2.3 29 2.4 35 2.5 38 3 47 3.1 48 3.2 61 3.3 71 3.4 83 4 95 97 107 109 113 Inhalt Abkürzungen und Symbole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufbau des Buches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was Sie vorher wissen sollten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen der Mikroökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haushaltstheorie und die Güternachfrage . . . . . . . . . . . . . . Produktions- und Kostentheorie und das Güterangebot . . Preisbildung auf Märkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vollständige Konkurrenz und Wohlfahrtsmaximum . . . . . . Marktversagen und staatliche Handlungsoptionen . . . . . . . Grundlagen der Makroökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Gütermarktgleichgewicht bei fixen Preisen . . . . . . . . . Das Geldmarktgleichgewicht bei fixen Preisen . . . . . . . . . . Das IS-LM-System als simultanes Güter- und Geldmarktgleichgewicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Makroökonomische Modellerweiterungen . . . . . . . . . . . . . . Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Glossar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . <?page no="8"?> Abkürzungen und Symbole A Produktionsfaktor Arbeit A d Arbeitsangebot mit d für demand A s Arbeitsangebot mit s für supply B Basiskonsum BIP Bruttoinlandsprodukt BNE Bruttonationaleinkommen C private Konsumnachfrage mit C für consumption c marginale Konsumneigung e Wechselkurs mit e für exchange rate EX Exporte G Staatsausgaben mit G für government GK Grenzkosten GN Grenznutzen I gesamtwirtschaftliche Investitionen IK Indifferenzkurve IM Importe i Zinssatz mit i für interest rate K Produktionsfaktor Kapital K EX Kapitalexport K IM Kapitalimport KW Kurswert eines festverzinsten Wertpapiers L gesamtwirtschaftliche Geldnachfrage mit L für liquidity L S Geldnachfrage aus Spekulationsgründen (Spekulationskasse) L T Geldnachfrage aus Transaktionsgründen (Transaktionskasse) M gesamtwirtschaftliches Geldangebot mit M für money <?page no="9"?> P gesamtwirtschaftliches Preisniveau p Preis für ein einzelnes Produkt S gesamtwirtschaftliche Ersparnisbildung s marginale Sparquote U Nutzen mit U für utility w Lohn mit w für wage x Menge eines einzelnen Guts x d nachgefragte Gütermenge mit d für demand x s angebotene Gütermenge mit s für supply Y Volkseinkommen = Inlandsprodukt Y d gesamtwirtschaftliche Güternachfrage mit d für demand Y s gesamtwirtschaftliches Güterangebot mit s für supply ZE Zinseinnahmen bzw. Zinseinkünfte $ d Devisennachfrage mit d für demand $ s Devisennachfrage mit s für supply 8 Abkürzungen und Symbole <?page no="10"?> Aufbau des Buches espresso-Wissenscheck | Der Link bzw. QR-Code führt zu einem eLear‐ ning-Kurs. Im Rahmen dessen kann das Gelernte auf die Probe gestellt wer‐ den. Zu diesem Buch gibt es einen ergänzenden eLearning-Kurs aus 90 Fragen. Mithilfe des Kurses können Sie online überprüfen, inwieweit Sie die Themen des Buches verinnerlicht haben. Gleichzeitig festigt die Wiederholung in Quiz-Form den Lernstoff. Der eLearning-Kurs kann Ihnen dabei helfen, sich gezielt auf Prü‐ fungssituationen vorzubereiten. Der eLearning-Kurs ist eng mit vorliegendem Buch verknüpft. Sie fin‐ den im Folgenden zu den wichtigen Kapiteln QR-Codes, die Sie direkt zum dazugehörigen Fragenkomplex bringen. Andersherum erhalten Sie innerhalb des eLearning-Kurses am Ende eines Fragendurchlaufs neben der Auswertung der Lernstandskontrolle auch konkrete Hin‐ weise, wo Sie das Thema bei Bedarf genauer nachlesen bzw. vertiefen können. Diese enge Verzahnung von Buch und eLearning-Kurs soll Ihnen dabei helfen, unkompliziert zwischen den Medien zu wechseln, und unterstützt so einen gezielten Lernfortschritt. espresso-Warm-up | Dieser Text führt in das Kapitelthema ein und erklärt grundsätzliche Zusammenhänge. Dies schafft ein tieferes Verständnis der folgenden Kapitel. espresso-Keywords | Diese Liste von Worten verschafft einen Überblick über die relevanten Schlagwörter des Kapitels. Diese Begriffe sollten nach dem Lesen verstanden sein. espresso-Verständnis | Diese Inhalte verschaffen schnell und einfach ein Aha-Erlebnis. Sie helfen dabei, das Wissen zu verinnerlichen. espresso-Wissen | Hierbei handelt es sich um Inhalte, ohne die ein Ver‐ ständnis des Themas nicht möglich ist. Kurzum: Sie sind essenziell. <?page no="12"?> 1 Was Sie vorher wissen sollten espresso-Keywords | Mikroökonomie, Marktgleichgewicht, Marktver‐ sagen, Makroökonomie, Gütermarkt, Geldmarkt, geschlossene Volks‐ wirtschaft, Fixpreismodell Die Volkswirtschaftslehre beschäftigt sich im Kern mit der Frage, wie Ge‐ sellschaften damit umgehen, dass Menschen über unbegrenzte Bedürfnisse verfügen, für deren Befriedigung es jedoch nur eine begrenzte Menge von Gütern gibt. Die Tatsache, dass die Mittel zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse - also Güter - knapp sind, macht es erforderlich, mit der Knapp‐ heit so umzugehen, dass das Spannungsverhältnis zwischen unbegrenzten Bedürfnissen und begrenzten Mitteln zu deren Befriedigung so weit wie möglich reduziert wird. Die Erreichung dieses Ziels stellt eine Gesellschaft vor zahlreiche Fragen: Welche Produkte sollen hergestellt werden? Wer stellt diese Produkte wie her? Und für wen werden sie hergestellt, d. h. wie werden die knappen Güter unter den Mitgliedern der Gesellschaft verteilt? Die Beantwortung dieser Fragen kann entweder zentral über Pläne und Zuweisungen (zentrale Planwirtschaft) erfolgen oder dezentral über Märkte und Preise (Marktwirtschaft). Sowohl theoretische Überlegungen als auch praktische Erfahrungen sprechen dafür, dass Märkte und Preise diese Fragen besser beantworten können als zentrale Pläne. Die Analyse des wirtschaftlichen Verhaltens auf Märkten kann aus zwei grundsätzlichen Perspektiven erfolgen: aus Sicht der einzelnen Wirtschafts‐ akteure - also aus der Froschperspektive - oder aus Sicht der gesamten Volkswirtschaft und somit der Vogelperspektive. Die Mikroökonomie entspricht dem Blick auf die Gesamtwirtschaft aus der Froschperspektive. Ausgangspunkt sind private Haushalte und Unternehmen. Die privaten Haushalte bieten ihre Arbeitskraft an und erzielen dadurch ein Einkommen, das sie für den Kauf von Konsumgütern verwenden. Sie sind somit für die Nachfrage nach Gütern verantwortlich. Die Unternehmen stellen mit Hilfe von Arbeitskräften, Maschinen und anderen Produktionsfaktoren Güter her und verkaufen diese. Sie sind daher für das Güterangebot einer Volkswirtschaft zuständig. <?page no="13"?> Werden die Nachfrageentscheidungen aller privaten Haushalte und das Angebot aller Unternehmen für ein bestimmtes Produkt - z. B. einem Pkw einer ganz bestimmten Marke - zusammengefasst, ergeben sich dar‐ aus die Marktnachfrage und das Marktangebot. Auf dem Markt für diese Pkw-Marke kommt es zu einem Marktgleichgewicht, wenn sich ein Preis einpendelt, bei dem die nachgefragte Menge aller privaten Haushalte exakt der angebotenen Menge aller Unternehmen entspricht. Das Erreichen dieses Marktgleichgewichts ist ein zentrales Anliegen der Mikroökonomie. Ist es realisiert, lässt sich analysieren, wie sich dieses Gleichgewicht verändert, wenn sich zentrale Determinanten - also z. B. das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte oder die Produktionskosten der Unternehmen - verändern. Im Idealfall entspricht das Marktgleichgewicht, das aus den zahlreichen Einzelentscheidungen von Haushalten und Unternehmen resultiert, auch dem aus gesamtwirtschaftlicher Sicht optimalen Ergebnis. Allerdings ge‐ schieht dies nur, wenn der betroffene Markt zahlreiche anspruchsvolle Voraussetzungen erfüllt. Wenn dies nicht der Fall ist, kommt es zu einem Marktversagen. Das verlangt ein staatliches Eingreifen. Auch die Makroökonomie analysiert das Marktgeschehen, allerdings aus der Vogelperspektive. Es geht nicht mehr um Märkte für einzelne Produkte, sondern nur noch um wenige Märkte. So gibt es beispielsweise nur noch einen einzigen Gütermarkt, auf dem ein Universalgut gehandelt wird, das sowohl für Konsumzwecke als auch für Investitionswecke, also für die Erweiterung der gesamtwirtschaftlichen Produktionskapazitäten, genutzt werden kann. Folglich gibt es auch keine Preise für einzelne Güter, sondern nur noch ein gesamtwirtschaftliches Preisniveau. Im makroökonomischen Basismodell ist das gesamtwirtschaftliche Preisniveau aus Gründen einer Vereinfachung der Analyse konstant und damit unveränderlich. Erst in wei‐ terführenden Analysen wird die Annahme des Fixpreismodells aufgehoben und durch ein flexibles gesamtwirtschaftliches Preisniveau ersetzt. Ein zweiter wichtiger makroökonomischer Markt ist der Geldmarkt. Zwar gibt es in der Realität keinen Mark für Geld. Für analytische Zwecke wird dieser Markt dennoch benötigt, um Aussagen über die Zinshöhe einer Volkswirtschaft zu treffen. Ein weiteres zentrales Element der Makroökonomie ist der Umstand, dass die verschiedenen Märkte nicht isoliert betrachtet werden. Vielmehr geht es um Wechselbeziehungen zwischen den Märkten. Wenn es z. B. auf dem Geldmarkt zu einem Zinsrückgang kommt, hat das Auswirkungen auf den 12 1 Was Sie vorher wissen sollten <?page no="14"?> Gütermarkt: Sinkende Zinsen machen es für die Unternehmen attraktiver, Investitionen durchzuführen, die ihre Produktionskapazitäten erhöhen. Damit steigt die Nachfrage nach Investitionsgütern (also Maschinen, Werk‐ zeugen etc.) - und das erhöht die gesamtwirtschaftliche Güternachfrage. Das grundlegende makroökonomische Basismodell, das im zweiten Teil dieses Buchs beschrieben wird, ist ein sehr einfaches Modell. Es behandelt eine Volkswirtschaft ohne außenwirtschaftliche Beziehungen (geschlos‐ sene Volkswirtschaft) mit einem fixierten Preisniveau (Fixpreismodell), das lediglich den Güter- und den Geldmarkt beinhaltet. Weiterführende makroökonomische Modelle analysieren offene Volk‐ wirtschaften und damit auch den Devisenmarkt, der notwendig wird, wenn Länder mit jeweils eigenen Währungen Handel treiben. Eine andere Modellerweiterung besteht aus der Einführung eines flexiblen gesamtwirt‐ schaftlichen Preisniveaus. In diesem Flexpreismodell gibt es auch einen Arbeitsmarkt, der das gesamtwirtschaftliche Beschäftigungsniveau und den dazu gehörenden Gleichgewichtslohn determiniert. Diese und andere Erweiterungen sprengen jedoch den Rahmen eines einführenden kurzen Textes. Der vorliegende Text ist als eine erste Einführung in die Mikro- und Makroökonomie konzipiert. Er bietet einen rudimentären Überblick über zentrale mikro- und makroökonomische Konzepte und Begriffe. Auf ma‐ thematische Aspekte, also z. B. die Ableitung einer Nutzenfunktion zur Bestimmung des Grenznutzens eines Konsumguts, wird weitestgehend verzichtet. Es handelt sich somit um einen Einstiegstext, der die Lektüre vertiefender Lehrbücher nicht ersetzen kann. 1 Was Sie vorher wissen sollten 13 <?page no="16"?> 2 Grundlagen der Mikroökonomie espresso-Warm-up In der Mikroökonomie geht es vor allem darum, ob die Entscheidungen von Wirtschaftsakteuren - das sind in erster Linie die privaten Haushalte bzw. Konsumenten und die Unternehmen - einer vorhersehbaren Systematik folgen. Es geht also z. B. um die Frage, wie Konsumenten ihr Nachfragever‐ halten ändern, wenn der Preis eines Konsumguts steigt oder ihr verfügbares Einkommen sinkt. Analog stellt sich beim Blick auf die Unternehmen die Frage, wie sie mit ihrem Güterangebot reagieren, wenn der Preis des Produkts, das sie anbieten, sinkt oder wenn die zu zahlenden Löhne steigen. Lassen sich diese und ähnliche Reaktionen vorhersagen, weil sie einem bestimmten Entscheidungskalkül folgen, oder handelt es sich um zufällige und damit nicht prognostizierbare Handlungen? Eine zentrale Aufgabe der mikroökonomischen Analyse ist die Identifizierung dieser Verhaltensmuster sowie die Suche nach Erklärungen für eventuelle Abweichungen von ihnen. In den ersten beiden Abschnitten geht es daher um die Erklärung des Nachfrageverhaltens der privaten Haushalte und das Angebotsverhalten der Unternehmen. Sind diese Verhaltensweisen bekannt, gilt es zu klären, wie die Nachfrage- und Angebotsentscheidungen von Millionen von Wirtschaftsakteuren durch den Markt so koordiniert werden, dass die Unternehmen tatsächlich die Konsumgütermengen anbieten, die von den Verbrauchern gewünscht werden. Ein Ausgleich der angebotenen und nachgefragten Gütermengen scheint auf den ersten Blick höchst unwahrscheinlich zu sein. Tatsächlich aber führt der Markt - unter einer Reihe von Bedingungen - dazu, dass Preisänderungen das Angebots- und Nachfrageverhalten steuern und am Ende die angebotene Gütermenge aller Unternehmen mit der nachgefragten Menge aller Konsumenten übereinstimmt. Wie das geschieht und welche Auswirkungen das auf die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt hat, ist Thema des dritten und vierten Abschnitts. Leider entspricht die wirtschaftliche Realität häufig nicht den idealtypi‐ schen Annahmen eines Markts unter vollständiger Konkurrenz. Die Folge: Marktprozesse führen zu einem Resultat, bei dem die Gesellschaft nicht ihre <?page no="17"?> Wohlfahrt maximiert. Es kommt zu einem Marktversagen, das ein Eingreifen des Staates erfordert. Der fünfte Abschnitt erläutert diese Problematik samt möglicher staatlicher Handlungsoptionen am Beispiel von zwei der wichtigsten Formen des Marktversagens: externe Effekte und öffentliche Güter. 2.1 Haushaltstheorie und die Güternachfrage espresso-Wissenscheck | https: / / narr.kwaest.io/ s/ 1249 espresso-Keywords | Gut, Präferenzen, Nutzen (kardinaler und ordi‐ naler), Nutzenfunktion, Indifferenzkurve, Grenznutzen (positiv und ab‐ nehmend), Einkommen, Güterpreis, Budgetrestriktion, optimaler Kon‐ sumplan, Nachfrage (normal und anormal), Substitut, komplementäres Gut, superiores Gut, inferiores Gut, Nachfragegerade, Gesamtnachfra‐ gegerade Die Haushaltstheorie beschäftigt sich mit dem Verhalten der Mitglieder von privaten Haushalten. Dabei geht es vor allem um das Konsumverhalten. Des Weiteren setzt sich die Haushaltstheorie aber z. B. auch mit der Frage auseinander, nach welchen Kriterien Menschen ihre Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt anbieten und ob zur intertemporalen Nutzenmaximierung Ersparnisse gebildet werden oder ein Kredit aufgenommen wird. Ein Haushalt hat das Ziel, seinen Nutzen unter gegebenen Restriktionen zu maximieren. Der Nutzen hängt dabei von zahlreichen Einflussgrößen ab. An erster Stelle stehen die Mengen der Güter, die konsumiert werden können. Daneben gibt es weitere Aspekte, die das Wohlbefinden eines Menschen beeinflussen. Um nur einige zu nennen: die Umweltqualität, die zur Verfügung stehende Freizeit, die Arbeitsbedingungen, soziale Aspekte, wie z. B. die Billigung oder Missbilligung des eigenen Verhaltens durch andere und vieles mehr. Da es in der Volkswirtschaftslehre u. a. um die Frage geht, welchen Einfluss wirtschaftspolitische Instrumente auf die Entscheidung von Men‐ schen haben, konzentriert sich die mikroökonomische Analyse auf die Nutzenelement, die sich gezielt und relativ schnell durch solche Instrumente 16 2 Grundlagen der Mikroökonomie <?page no="18"?> beeinflussen lassen. Das bedeutet, dass sich die Nutzentheorie primär auf die Menge der konsumierbaren Güter beschränkt. espresso-Verständnis | Ein Gut ist ein Mittel zur Bedürfnisbefriedi‐ gung. Dabei kann es sich um ein Sachgut (materielles Gut) handeln oder um eine Dienstleistung (immaterielles Gut). Wird das Gut direkt zur Bedürfnisbefriedigung verwendet, indem es ge- oder verbraucht wird, ist es ein Konsumgut. Wird es nur indirekt zur Bedürfnisbefrie‐ digung verwendet, indem es im Produktionsprozess zur Herstellung von Konsumgütern eingesetzt wird, ist es ein Produktions- oder In‐ vestitionsgut. In der Haushaltstheorie, in der es primär um die Kon‐ sumentscheidungen von Haushalten geht, wird unter dem Begriff Gut daher ein Konsumgut verstanden. Damit private Haushalte ihre Konsumentscheidungen treffen können, müs‐ sen sie sich darüber im Klaren sein, wie sie unterschiedliche Konsumal‐ ternativen bewerten. Das bedeutet, dass ein Konsument in der Lage ist, alle denkbaren Konsumgüterbündel entsprechend ihrer Erwünschtheit zu sortieren. Konkret bedeutet dies Folgendes: Einem Konsumenten werden zwei Konsumgüterbündel präsentiert. Das erste besteht aus 500 Gramm Brot, 3 Äpfeln und 1,2 Litern Milch, das zweite aus 350 Gramm Brot, 5 Äpfeln und 1,4 Litern Milch. Die Entscheidung, welches Konsumbündel bevorzugt wird, hängt von den Präferenzen der betroffenen Person ab. Diese sind individuell bzw. subjektiv. Person A kann Präferenzen haben, nach denen das erste Konsumbündel gegenüber dem zweiten Bündel bevorzugt wird. Person B kann aufgrund anderer Präferenzen das zweite Güterbündel dem ersten vorziehen. Und Person C kann beide Güterbündel als gleich gut einstufen und damit zwischen ihnen indifferent sein. Wenn Menschen alle theoretisch möglichen Güterbündel auf diese Weise vergleichen müssten, würde das schnell zu unübersichtlichen Präferenzre‐ lationen führen. Eine Vereinfachung ist durch die Erstellung einer Nutzen‐ funktion möglich. Die Nutzenfunktion enthält die Mengen der konsu‐ mierbaren Güter und ordnet jedem Güterbündel einen Nutzenwert zu. Im Zwei-Güter-Fall gilt U = f (x 1 ; x 2 ) mit U für utility sowie x 1 für die Menge von Gut 1 und x 2 für die Menge von Gut 2. Dabei gilt: Wenn die Menge eines Konsumguts erhöht wird und die Menge der anderen Konsumgüter 2.1 Haushaltstheorie und die Güternachfrage 17 <?page no="19"?> konstant gehalten wird, steigt der Nutzen. Ziel des privaten Haushalts ist die Maximierung seiner Nutzenfunktion. Wichtig für ökonomische Analysen ist, ob die Unterschiede der Zahlen‐ werte, die die Nutzenfunktion einzelnen Güterbündeln zuordnet, eine Be‐ deutung haben oder nicht. Eine Nutzenfunktion kann beispielsweise einem Güterbündel den Wert 4 zuordnen und einem zweiten Güterbündel den Wert 8. Wenn der Unterschied zwischen diesen beiden Nutzenzuweisungen keine Bedeutung hat - außer dem Umstand, dass das zweite Güterbündel höher bewertet wird als das erste - handelt es sich um einen ordinalen Nutzen. Falls die Nutzendifferenz jedoch eine Bedeutung hat - also z. B., dass das zweite Güterbündel zweimal so wünschenswert ist wie das erste - liegt ein kardinaler Nutzen vor. Für eine grafische Darstellung von Nutzenfunktionen werden Indiffe‐ renzkurven verwendet. Eine Indifferenzkurve enthält alle Konsumgüter‐ bündel, die von einem privaten Haushalt als gleich wünschenswert angese‐ hen werden. Alle Konsumgüterbündel einer Indifferenzkurve stiften den identischen Nutzen. →-Abb. 2.1 stellt Indifferenzkurven im Zwei-Güterfall dar. Das x steht für die Mengen der beiden Konsumgüter. Abb. 2.1: Indifferenzkurven x 1 x 1 ‘ IK 1 x 2 x 2 • Q 2 Q 1 IK 2 • x 1 Abb. 2.1: Diese Abbildung zeigt Indifferenzkurven. Alle Güterbündel, die den gleichen Nutzen stiften, bilden eine Indifferenzkurve. Je weiter eine Indifferenzkurve vom Ursprung des Koordinatenkreuzes entfernt ist, desto größer ist der damit verbundene Nutzen. 18 2 Grundlagen der Mikroökonomie <?page no="20"?> Eine zentrale Annahme der Konsumtheorie lautet, dass Menschen eine größere Menge eines bestimmten Produkts besser finden als eine geringere Menge. Wenn es zwei Güterbündel gibt, die vom zweiten Gut eine identische Menge enthalten, sich aber bezüglich der Menge des ersten Produkts unterscheiden, ist der Nutzen des Güterbündels mit der größeren Menge des ersten Produkts höher als der des anderen Güterbündels. Deshalb hat das Güterbündel Q 2 in → Abb. 2.1 einen höheren Nutzen als das Güterbündel Q 1 . Folglich ist der Nutzen aller Güterbündel, die auf der Indifferenzkurve IK 2 liegen, höher als der Nutzen aller Konsumgüterbündel der Indifferenzkurve IK 1 (U (IK 2 ) > U (IK 1 ) mit U für utility). Somit gilt: Je weiter eine Indifferenzkurve vom Ursprung entfernt ist, desto höher ist der damit verbundene Nutzen. espresso-Wissen | Ein weiterer wichtiger Begriff der Haushaltsbzw. Nutzentheorie ist der Grenznutzen. Er gibt an, wie sich der Gesamt‐ nutzen eines bestimmten Konsumgüterbündel verändert, wenn die Menge eines Guts erhöht wird und die Mengen aller anderen Güter konstant bleiben. Formal ergibt sich der Grenznutzen, indem die erste Ableitung der Nut‐ zenfunktion nach dem betreffenden Gut gebildet wird. In den ökonomi‐ schen Standardanalysen wird mit einem positiven, aber abnehmenden Grenznutzen argumentiert. Ein positiver Grenznutzen bedeutet, dass jede zusätzliche Konsumgütereinheit den Gesamtnutzen einer Person erhöht. Ein abnehmender Grenznutzen bedeutet, dass diese Nutzenzuwächse immer geringer werden. Das heißt Folgendes: Das erste Kaltgetränk, das konsumiert wird, stiftet dem Konsumenten einen Nutzen, dem er einen monetären Wert von z. B. 5,- Euro zuordnet. Der zusätzliche Nutzen, den das zweite Kaltgetränk stiftet, liegt nur noch bei 4,25 Euro, der des dritten bei 3,75 Euro usw. Diese Nutzenmaximierung eines privaten Haushalts erfolgt jedoch un‐ ter Restriktionen, d. h. die Menge der möglichen Konsumgüterbündel ist beschränkt. Zentrale Restriktion ist die zur Verfügung stehende Kaufkraft. Sie wird wiederum von zwei Einflussgrößen determiniert: dem für Konsum‐ zwecke zur Verfügung stehenden nominalen Einkommen (gemessen in Geldeinheiten, also z. B. Euro) und den am Markt geltenden Güterpreisen (gemessen in Geldeinheiten pro Gütereinheit). 2.1 Haushaltstheorie und die Güternachfrage 19 <?page no="21"?> Angenommen, ein Haushalt verfügt über ein wöchentliches Einkommen von 100,- Euro. Er kann dieses Geld für zwei Produkte - Brot und Fleisch - ausgeben. 100 Gramm Brot kosten 2,50 Euro und 100 Gramm Fleisch 10,- Euro. Wird das gesamte Einkommen für den Kauf von Brot ausgegeben, kann sich dieser Haushalt 4.000 Gramm Brot leisten. Wird das verfügbare Haushaltseinkommen ausschließlich für den Konsum von Fleisch verwen‐ det, können davon 1.000 Gramm Fleisch gekauft und konsumiert werden. Daneben gibt es zahlreiche andere Kombinationen von Brot- und Fleisch‐ mengen, deren Ausgaben in der Summe 100,- Euro betragen, z. B. 2.000 Gramm Brot und 500 Gramm Fleisch. espresso-Wissen | Alle Gütermengenkombinationen, die sich ein Haus‐ halt mit seinem verfügbaren Einkommen bei den geltenden Preisen leis‐ ten kann, stellen seine Budgetrestriktion dar. Für welche Gütermengenkombination ein Haushalt sich entscheidet, hängt von den bereits erwähnten Präferenzen ab. Bei einer hohen Präferenz für den Konsum von Fleisch wird das nutzenmaximierende Güterbündel relativ viel Fleisch und relativ wenig Brot enthalten. Für einen anderen Haushalt mit anderen Präferenzen kann sich das optimale Konsumgüterbündel durch wenig Fleisch und viel Brot auszeichnen. Die Gütermengen, die für einen Haushalt unter den gegebenen ökonomischen Restriktionen die für ihn besten sind - also seinen Nutzen maximieren -, sind dann gleichzeitig auch die Mengen, die er am entsprechenden Gütermarkt nachfragt. Nachdem sich aus der individuellen Nutzenmaximierung der optimale Konsumplan eines Haushalts ergeben hat, lässt sich untersuchen, wie sich dieses Güterbündel verändert, wenn sich Preise oder das Einkommen ver‐ ändern. Welche Reaktionen sich daraus ergeben, lässt sich nicht eindeutig vorhersagen. Wenn sich der Preis eines bestimmten Konsumguts erhöht, ist im Normal‐ fall davon auszugehen, dass die nachgefragte Menge nach diesem Produkt sinkt. Falls also der Preis für Benzin steigt, fragt ein privater Haushalt weniger Benzin nach. Die Gründe dafür können vielfältig sein: der Umstieg auf Angebote des öffentlichen Verkehrs (Busse, Bahn), die Nutzung eines Fahrrads oder schlichtweg ein geringeres Ausmaß an Mobilität. Diese Reaktion wird als eine normale Nachfrage bezeichnet. 20 2 Grundlagen der Mikroökonomie <?page no="22"?> Möglich ist jedoch auch eine erhöhte Nachfrage nach einem Produkt, dessen Preis steigt. In dem bereits erwähnten Brot-Fleisch-Beispiel lässt sich dies wie folgt erklären: Wenn der Brotpreis steigt, verringert sich die Kaufkraft eines Haushalts. Das erschwert den Kauf des relativ teuren Konsumguts Fleisch. Ein geringerer Fleischkonsum reduziert die Kalorien‐ zufuhr. Um diese Kalorienreduktion auszugleichen, kann es erforderlich werden, mehr von dem relativ preiswerten Konsumprodukt Brot zu kaufen - der steigende Brotpreis führt also zu einer höheren Nachfrage nach Brot. Diese Reaktion wird anormale Nachfrage genannt. Die mengenmäßige Nachfrage nach einem bestimmten Produkt wird jedoch nicht nur von dem Preis dieses Produkts bestimmt, sondern auch von den Preisen - und Preisänderungen - anderer Konsumgüter. Wenn beispielsweise die Preise für die Nutzung der Bahn sinken, wird das Bahnfahren im Vergleich zur Fahrt mit dem eigenen Pkw attraktiver. Die geringere Nutzung des eigenen Pkws führt zu einer geringeren Nachfrage nach Benzin. Güter, bei denen ein Preisrückgang des ersten Konsumguts zu einer geringeren Nachfrage nach dem zweiten Konsumgut führt, werden als Substitute bezeichnet - die Konsumenten ersetzen das Produkt, dessen Preis unverändert ist, durch das Gut, dessen Preis gesunken ist. Das bedeutet auch: Wenn der Preis eines Substituts steigt, nimmt die Nachfrage nach dem zweiten Substitut zu. Denkbar ist aber auch, dass sich die mengenmäßige Güternachfrage als Reaktion auf eine Preisänderung bei beiden Produkten in die gleiche Richtung bewegt. Wenn der Preis für Benzin steigt, wird die Nutzung eines eigenen Pkw weniger attraktiv. Also geht nicht nur die Nachfrage nach Ben‐ zin zurück, sondern auch die nach Pkws. Güter, bei denen ein Preisanstieg des ersten Konsumguts zu einer geringeren Nachfrage nach dem zweiten Konsumgut führt, werden als komplementäre Güter bezeichnet. Die beiden Güter ergänzen sich, und wenn ein höherer Preis die nachgefragte Menge des davon direkt betroffenen Konsumguts verringert, geht auch die nachgefragte Menge des anderen Konsumguts zurück. Schließlich verändern Einkommensänderungen das Nachfrageverhalten eines privaten Haushalts. Grundsätzlich ist zu erwarten, dass ein Einkommensanstieg dazu führt, dass der Haushalt von allen Konsumgütern mehr nachfragt. Das muss jedoch nicht zwingend der Fall sein. Denkbar ist, dass der Haushalt nun vermehrt die Produkte nachfragt, die er als besonders erstrebenswert bzw. hochwertig ansieht. Das bedeutet gleichzeitig, dass Güter, die als minderwertig eingestuft werden, weniger nachgefragt werden. Beispielsweise könnte der 2.1 Haushaltstheorie und die Güternachfrage 21 <?page no="23"?> Haushalt bei einer Einkommenserhöhung häufiger ins Restaurant gehen und dafür die Nachfrage nach Lebensmitteln, die für das Kochen in der eigenen Wohnung genutzt werden, reduzieren. Wenn eine Einkommenserhöhung dazu führt, dass die nachgefragte Menge nach einem Produkt steigt, handelt es sich um ein superiores Gut. Falls ein Einkommensanstieg zu einer Verringerung der Nachfrage nach einem Produkt führt, handelt es sich um ein inferiores Gut. Diese Ausführungen zum Nachfrageverhalten eines nutzenmaximieren‐ den privaten Haushalts lassen sich in einem Preis-Mengen-Diagramm ab‐ bilden (→ Abb. 2.2). Dabei gelten folgende Zusammenhänge: Wenn sich der Preis des Konsumguts (p) verringert, nimmt die nachgefragte Menge (x) im Normalfall zu. espresso-Wissen | Die Nachfragegerade (x d mit d für demand) stellt den Zusammenhang zwischen dem am Markt herrschenden Preis, den der Haushalt nicht beeinflussen kann, und der von dem Haushalt nach‐ gefragten Gütermenge dar. Bei Preisänderungen bewegen wir uns also auf der Nachfragegeraden. Abb. 2.2: Nachfragegerade eines privaten Haushalts p x d (Güternachfrage) x Wirkung einer Preissenkung bei einem Substitut Wirkung einer Einkommenserhöhung bei einem superioren Gut Abb. 2.2: Diese Abbildung zeigt, wie die nachgefragte Gütermenge vom Güterpreis ab‐ hängt. Bei einem hohen Preis wird eine geringe Menge nachgefragt. Sinkt der Preis, steigt die nachgefragte Gütermenge. Wird eine andere Einflussgröße als der Güterpreis verändert, kommt es zu einer Verschiebung der Nachfragegeraden. 22 2 Grundlagen der Mikroökonomie <?page no="24"?> Wenn sich eine andere Größe als der Preis des betreffenden Konsumguts ändert, kommt es zu einer Verschiebung der Nachfragegeraden. Bei ei‐ ner Einkommenserhöhung wird die Nachfragegerade beispielsweise nach rechts verschoben, wenn es sich um ein superiores Gut handelt. Grund für diese Verschiebung ist der Umstand, dass wegen des höheren verfüg‐ baren Einkommens nun bei jedem beliebigen Preis für das Konsumgut eine größere Menge nachgefragt wird. Wenn der private Haushalt also beispielsweise bei einem Preis von 8,90 Euro für eine Flasche Rotwein bei dem ursprünglichen verfügbaren Einkommen 3 Flaschen pro Monat kaufte, sind es nach der Einkommenserhöhung und einem unveränderten Preis 4 Flaschen. Zu einer Verschiebung der Nachfragegeraden nach links kommt es, wenn der Preis eines Substituts sinkt oder wenn der Preis eines komplementären Guts steigt. Die bisherigen Zusammenhänge, die sich auf das Konsumverhalten eines einzelnen Haushalts bezogen, gelten auch für die Gesamtheit aller privaten Haushalte. Zu der Gesamtnachfragegeraden des Markts gelangen wir, wenn wir die Nachfragegeraden aller privaten Haushalte zu einer Geraden zusammenfassen. Wenn also beispielsweise bei einem Benzinpreis von 1,50 Euro pro Liter Person A 15 Liter pro Woche kauft, Person B 12 Liter und Person C 25 Liter, beträgt die gesamte Benzinnachfrage bei 1,50 Euro pro Liter insgesamt 52 Liter. 2.2 Produktions- und Kostentheorie und das Güterangebot espresso-Wissenscheck-| https: / / narr.kwaest.io/ s/ 1250 espresso-Keywords | Unternehmen, Produktionsfaktoren, Faktorpreis, Produktionsfunktion (substitutional, limitational), Minimalkostenkom‐ bination, Grenzkosten (steigend), Grenzertrag (positiver, abnehmender), Angebotsgerade, Gesamtangebotsgerade Die von den privaten Haushalten nachgefragten Konsumgüter werden von den Unternehmen produziert und angeboten. Die Unternehmen fragen da‐ für Produktionsfaktoren nach. In den volkswirtschaftlichen Analysen wird 2.2 Produktions- und Kostentheorie und das Güterangebot 23 <?page no="25"?> üblicherweise mit nur zwei Produktionsfaktoren gearbeitet, dem Faktor Arbeit - d. h. menschliche Arbeitskräfte - und dem Faktor Kapital. Hierzu gehören Maschinen, Werkzeuge, Produktionsgebäude etc., es handelt sich somit nicht um Kapital im Sinne von Geld, sondern um Realkapital. Die technischen Zusammenhänge zwischen den beiden Inputfaktoren Ar‐ beit (A) und Kapital (K) auf der einen und dem mengenmäßigen Output eines bestimmten Produkts (x) auf der anderen Seite werden mit der Produkti‐ onsfunktion abgebildet. Sie ordnet jeder Kombination von Einsatzmengen der beiden Produktionsfaktoren die damit maximal herstellbare Gütermenge zu: x = f (A; K). Technologische Aspekte - und damit auch technologische Fortschritte - können in einem dritten Element der Produktionsfunktion erfasst werden oder aber durch den funktionalen Zusammenhang (f). Für die beiden Produktionsfaktoren muss das Unternehmen einen ent‐ sprechenden Faktorpreis zahlen. Beim Faktor Arbeit ist das der Lohn, beim Faktor Kapital der Zinssatz. Die Produktionskosten, die mit der Herstellung einer bestimmten Menge des Konsumguts verbunden sind, ergeben sich somit aus der Multiplikation der erforderlichen Einsatzmengen der beiden Produktionsfaktoren und deren Preis. Im Normalfall kann eine bestimmte Gütermenge mit unterschiedlichen Einsatzmengen von Arbeit und Kapital hergestellt werden. Wenn es bei‐ spielsweise darum geht, 1.000 Quadratmeter Rasen zu mähen, könnte das unter Einsatz eines Rasentraktors geschehen. Das benötigt nur wenig Arbeitszeit. Wird stattdessen ein elektrischer Rasenmäher verwendet, also eine geringere Menge an Kapital als im Fall eines Rasentraktors, steigt die erforderliche Arbeitszeit. Der Faktor Kapital wird durch den Faktor Arbeit ersetzt bzw. substituiert. Denkbar wäre schließlich auch ein sehr geringer Kapitaleinsatz in Form einer Rasenschere, was dann aber eine hohe Einsatzmenge des Faktors Arbeit verlangt. Produktionsverfahren, bei denen verschiedene Kombinationen der Pro‐ duktionsfaktoren einen identischen Output hervorrufen, zeichnen sich durch eine substitutionale Produktionsfunkton aus. Hier kann also der Mindereinsatz des Faktors Kapital durch einen Mehreinsatz das Faktors Arbeit kompensiert werden und umgekehrt. Der mengenmäßige Output bleibt dabei unverändert. Es gibt aber auch Produktionsprozesse, bei denen die Inputmengen in einem festen Verhältnis stehen. Ein simples Beispiel: Die Herstellung eines Pkws verlangt einen Motor und 4 Räder. Der Verzicht auf das 4. Rad kann nicht durch den zusätzlichen Input eines halben Motors ausge‐ 24 2 Grundlagen der Mikroökonomie <?page no="26"?> glichen werden. In diesem Fall handelt es sich um eine limitationale Produktionsfunktion. Das bedeutet auch: Mit 3 Motoren und 16 Rädern können nur 3 Pkws hergestellt werden. Der Mangel an Motoren limitiert die Produktionsmenge, obwohl sich mit den Rädern 4 Autos herstellen lassen. Bei einer limitationalen Produktionsfunktion stellt sich somit gar nicht die Frage, welche Kombination von Inputmengen gewählt werden soll - diese Frage ist produktionstechnologisch beantwortet. Bei einer substitutionalen Produktionsfunktion hängt die Entscheidung, welche der zahlreichen Kombinationen von Produktionsfaktoren zur Her‐ stellung einer bestimmten Gütermenge von dem Unternehmen ausgewählt wird, hingegen von den Preisen ab, die für die beiden Produktionsfaktoren zu zahlen sind. Ziel des Unternehmens ist es, die Produktionskosten für die gewünschte Produktionsmenge zu minimieren. espresso-Wissen | Die Kombination von Arbeit und Kapital, die unter den gegebenen Faktorpreisen eine bestimmte Gütermenge zu den ge‐ ringsten Kosten herstellen kann, ist die Minimalkostenkombina‐ tion. Sie lässt sich für jede beliebige Gütermenge, die das Unternehmen herstellen möchte, berechnen. Mit dem Wissen über die jeweils kostenminimierende Kombination von Produktionsfaktoren kann das Unternehmen die gewinnmaximierende Out‐ putmenge bestimmen. Dafür benötigt das Unternehmen im Kern zwei Informationen: die Höhe des Marktpreises, der für das Produkt erzielt werden kann, und die Höhe der Grenzkosten. Der Marktpreis ist für das Unternehmen dabei eine gegebene Größe, d. h. das Unternehmen hat keinen Einfluss auf dessen Höhe. espresso-Verständnis | Das Konzept der Grenzkosten lautet wie folgt: Die Grenzkosten geben an, wie sich die Produktionskosten des Unternehmens verändern, wenn eine zusätzliche Gütereinheit produ‐ ziert wird. Wenn also die Herstellung von 100 Produkteinheiten Kos‐ ten in Höhe von 15.000,- Euro verursacht und 101 Mengeneinheiten Kosten in Höhe von 15.155,- Euro, liegen die Grenzkosten bei 155,- Euro. 2.2 Produktions- und Kostentheorie und das Güterangebot 25 <?page no="27"?> Eine Standardannahme der volkswirtschaftlichen Analysen besagt, dass die Produktion von Gütern mit steigenden Grenzkosten verbunden ist. Das bedeutet: Wenn ein Unternehmen seine Produktionsmenge sukzessive erhöht, werden die Produktionskosten höher. Hinzu kommt, dass jede zusätzliche Gütereinheit höhere Grenzkosten hat als die zuletzt hergestellte Gütereinheit. Dieses Prinzip lässt sich intuitiv wie folgt erklären: Angenom‐ men, eine Person soll mit Hilfe eines Spatens eine große Bodenfläche umgraben. Für den ersten Quadratmeter benötigt die Person 10 Minuten. Für den zweiten Quadratmeter werden bereits 10,5 Minuten gebraucht, weil sich bei der Person erste Erschöpfungssymptome bemerkbar machen. Das Umgraben des dritten Quadratmeters dauert 11,25 Minuten und so weiter. Folge dieser produktionstechnologischen Zusammenhänge ist, dass die Arbeitskosten, die für jeden zusätzlich umgegrabenen Quadratmeter gezahlt werden müssen, steigen - und das führt zu steigenden Grenzkosten. Die produktionstechnologische Erklärung für diesen Verlauf der Grenzkos‐ ten sind positive, aber abnehmende Grenzerträge bei der Herstellung von Produkten. espresso-Verständnis | Das Konzept des Grenzertrags lässt sich ana‐ log zum Konzept des Grenznutzen erklären. Der Grenzertrag gibt an, wie sich der Gesamtoutput verändert, wenn die Einsatzmenge eines Produktionsfaktors erhöht wird und die Mengen aller anderen Pro‐ duktionsfaktoren konstant bleiben. Der Grenzertrag des Faktors Ar‐ beit ergibt sich, indem die erste Ableitung der Produktionsfunktion nach dem Faktor Arbeit gebildet wird. In den ökonomischen Stan‐ dardanalysen wird häufig mit einem positiven, aber abnehmenden Grenzertrag argumentiert. Ein positiver Grenzertrag bedeutet, dass jede zusätzliche Mengeneinheit des betreffenden Produktionsfaktors die Menge der produzierten Güter erhöht. Ein abnehmender Grenz‐ ertrag hat zur Folge, dass diese Outputzuwächse immer geringer wer‐ den. Bezogen auf das bereits erwähnte Beispiel des Umgrabens heißt das Folgendes: In der ersten Stunde gräbt die Person z. B. 60 Quadrat‐ meter Boden um, in der zweiten Stunde sind es nur noch 55 Quadrat‐ meter usw. 26 2 Grundlagen der Mikroökonomie <?page no="28"?> Voraussetzung für positive und abnehmende Grenzerträge ist eine substitu‐ tionale Produktionsfunktion. Bei einer limitationalen Produktionsfunktion ist der Grenzertrag eines Produktionsfaktors entweder konstant oder null. Dies lässt sich am Beispiel der Pkw-Produktion mit 3 zur Verfügung ste‐ henden Motoren und 16 Rädern verdeutlichen: Mit diesen verfügbaren Materialien lassen sich 3 Pkw herstellen. Steht ein 4. Motor zur Verfügung, lassen sich 4 Pkws produzieren - der Grenzertrag dieses Motors ist also eins. Steht ein 5. Motor zur Verfügung, bleibt die Menge der produzierbaren Pkws unverändert, weil nun die Räder zum limitierenden Faktor werden. Der Grenzertrag des 5. Motors ist somit null. Wird von steigenden Grenzkosten - und somit einer substitutionalen Produktionsfunktion - ausgegangen, so lässt sich die Höhe der Gütermenge, die den Gewinn eines Unternehmens maximiert, mit einem Beispiel bestim‐ men. Das Unternehmen stellt dabei ein Produkt her, für das es am Markt 6,50 Euro erzielt. ● Wenn es nur eine Einheit produziert, fallen annahmegemäß Kosten in Höhe von 2,50 Euro an. Die Herstellung dieser Produkteinheit lohnt sich, weil sie einen Gewinn in Höhe von 4,- Euro abwirft. ● Die Herstellung einer zweiten Gütereinheit verursacht Grenzkosten in Höhe von 4,50 Euro. Auch diese Einheit wird produziert und angeboten, weil sie einen zusätzlichen Gewinn in Höhe von 2,- Euro abwirft. ● Die dritte Gütereinheit hat Grenzkosten in Höhe von 6,50 Euro. Hier ist das Unternehmen indifferent, ob es diese Einheit produziert oder nicht. Die zusätzlichen Produktionskosten werden gedeckt, aber es fällt kein weiterer Gewinn an. Bei dieser Indifferenz wird die Konvention getroffen, dass diese Einheit produziert wird. ● Die vierte Mengeneinheit verursacht zusätzliche Kosten in Höhe von 8,50 Euro. Am Markt würden mit dem Verkauf dieser Gütereinheit jedoch nur 6,50 Euro erzielt werden können. Betriebswirtschaftlich ist das nicht sinnvoll, denn der Gewinn des Unternehmens würde dadurch um 2,- Euro geschmälert werden. Für ein Unternehmen, das seinen Gewinn maximieren will, gilt somit folgende Regel: Biete die Gütermenge an, bei der die Grenzkosten der Produktion mit dem am Markt herrschenden Preis übereinstimmen. Das be‐ deutet: Sollte der Marktpreis auf 4,50 Euro sinken, würde das Unternehmen seine Menge anpassen und nur noch zwei anstelle von drei Gütereinheiten anbieten. Ergänzend ist bei diesem Angebotsverhalten zu berücksichtigen, 2.2 Produktions- und Kostentheorie und das Güterangebot 27 <?page no="29"?> dass eine zweite Bedingung erfüllt sein muss: Die Einnahmen, die durch den Verkauf der Produkte erzielt werden, müssen hinreichend hoch sein, um die Gesamtkosten der Produktion zu decken. Diese Zusammenhänge können wiederum in ein Preis-Mengen-Dia‐ gramm übertragen werden (→ Abb. 2.3). Die von dem Unternehmen ange‐ botene Gütermenge (x) hängt in positiver Weise vom Güterpreis (p) ab: Je höher der Preis ist, den das Unternehmen für sein Produkt erhält, desto mehr Gütereinheiten bietet es an. Die daraus resultierende Angebotsgerade (x s mit s für supply) stellt den Zusammenhang zwischen dem am Markt herrschenden Preis und der von einem Unternehmen angebotenen Güter‐ menge dar. Die Angebotsgerade entspricht dabei der Grenzkostengeraden. Preisänderungen führen zu einer Bewegung auf der Angebotsgeraden. Abb. 2.3: Angebotsgerade eines Unternehmens p x s (Güterangebot) x Wirkung einer Lohnerhöhung Wirkung einer höheren Arbeitsproduktivität Abb. 2.3: Diese Abbildung zeigt, wie die angebotene Gütermenge vom Güterpreis ab‐ hängt. Bei einem niedrigen Preis wird eine geringe Menge angeboten. Steigt der Preis, steigt die angebotene Gütermenge. Wird eine andere Einflussgröße als der Güterpreis verändert, kommt es zu einer Verschiebung der Angebotsgeraden. Wenn sich eine andere Größe als der Preis für das von dem Unternehmen angebotene Produkt ändert, kommt es zu einer Verschiebung der Angebots‐ geraden. Falls beispielsweise ein technologischer Fortschritt die Arbeitspro‐ duktivität erhöht, kann eine bestimmte Gütermenge mit einer geringeren Menge an Arbeit hergestellt werden. Die Produktionskosten - und damit 28 2 Grundlagen der Mikroökonomie <?page no="30"?> auch die Grenzkosten der Produktion - werden geringer. Das Unternehmen kann nun jede beliebige Gütermenge zu einem geringeren Preis anbieten. Die Angebotsgerade verschiebt sich somit nach unten bzw. nach rechts. Sollte es hingegen zu einem Lohnanstieg kommen, steigen die Grenzkosten der Produktion. Das Unternehmen kann jede beliebige Gütermenge nur zu einem höheren Preis anbieten. Seine Güterangebotsgerade verschiebt sich folglich nach oben bzw. nach links. So wie bereits beim Nachfrageverhalten der privaten Haushalte können auch die individuellen Angebotsgeraden der Unternehmen zu einer Ge‐ samtangebotsgeraden zusammengefasst werden. 2.3 Preisbildung auf Märkten espresso-Wissenscheck-|-https: / / narr.kwaest.io/ s/ 1251 espresso-Keywords | Markt, vollständige Konkurrenz, Preisnehmer, Mengenanpasser, Marktgleichgewicht (stabiles), Angebotsüberschuss, Nachfrageüberhang, Marktformen, Monopol, Oligopol, Monopson Nachdem das Nachfrageverhalten der Haushalte und das Angebotsverhalten der Unternehmen bisher isoliert voneinander betrachtet wurden, werden beide Verhaltensweisen nun zusammengebracht. Das ermöglicht den Aus‐ tausch von Gütern, der in einer Marktwirtschaft auf dem Markt erfolgt. espresso-Wissen | Der Markt ist der Ort, an dem sich Angebot und Nachfrage eines Guts treffen. Das Angebot bezeichnet die Bereitschaft eines wirtschaftlichen Akteurs, eine bestimmte Menge eines Guts zu einem bestimmten Preis zu verkaufen. Die Nachfrage bezeichnet hingegen die Bereitschaft eines wirtschaftlichen Akteurs, eine bestimmte Menge eines Guts zu einem bestimmten Preis zu kaufen. In einer Volkswirtschaft gibt es verschiedene Marktformen. Das idealty‐ pische Modell, das im Zentrum volkswirtschaftlicher Analysen steht, ist ein Markt mit vollständiger Konkurrenz. 2.3 Preisbildung auf Märkten 29 <?page no="31"?> espresso-Verständnis | Vollständige Konkurrenz liegt vor, wenn folgenden Bedingungen erfüllt sind: Es wird ein homogenes Gut ge‐ handelt, d. h. die Konsumenten sehen alle Einheiten des gehandelten Produkts als qualitativ gleichwertig an. Daher hängt die Wahl des An‐ bieters ausschließlich von dessen Preisforderung ab. Es herrscht Markttransparenz, d. h. alle Marktteilnehmer verfügen über alle rele‐ vanten Informationen (Preise, Anbieter etc.). Es gibt eine Vielzahl von Anbietern und Nachfragern, sodass kein Wirtschaftsakteur den Marktpreis einseitig beeinflussen kann. Der Markteintritt und der Marktaustritt sind frei, d. h. es liegt ein offener Markt vor. Schließlich ist der Preis für das auf dem Markt gehandelte Gut nach oben und unten vollkommen flexibel. Unter diesen Rahmenbedingungen ist der Preis für alle Marktteilnehmer eine gegebene Größe. Die Marktakteure agieren daher als Preisnehmer und Mengenanpasser. D. h., sie pas‐ sen ihre angebotene bzw. nachgefragte Menge so an, dass sie zu diesem Preis ihren Gewinn bzw. ihren Nutzen maximieren. Sofern ein Markt unter vollständiger Konkurrenz vorliegt, lässt sich das daraus resultierende Marktgleichgewicht mit Hilfe der → Abb. 2.4 beschrei‐ ben. Die gesamtwirtschaftliche Nachfragegerade (x d ) und die gesamtwirt‐ schaftliche Angebotsgerade (x s ) haben die bereits erläuterten Verläufe. Der Schnittpunkt der beiden Geraden stellt das Marktgleichgewicht dar. Bei dem Gleichgewichtspreis p* fragen die Konsumenten exakt die Gütermenge nach, die von der Gesamtheit aller Unternehmen angeboten wird (x*). Alle Nachfrager erhalten also genau die Gütermenge, die sie beim Preis p* wünschen. Und alle Anbieter können die Gütermengen verkaufen, die sie beim Preis p* anbieten. Daher hat kein Wirtschafsakteur einen Anreiz, sein Verhalten zu ändern. Ohne eine Veränderung bei den wirtschaftlichen Rah‐ menbedingungen verändert sich dieses Marktgleichgewicht im Zeitablauf nicht. Dieses Gleichgewicht ist folglich stabil. 30 2 Grundlagen der Mikroökonomie <?page no="32"?> Abb. 2.4: Marktgleichgewicht bei vollständiger Konkurrenz p p* x s x x* • x d Q* Abb. 2.4: Diese Abbildung zeigt das Gleichgewicht auf einem Gütermarkt. Beim Gleichge‐ wichtspreis (p*) fragt die Gesamtheit aller Verbraucher exakt die Gütermenge (x*) nach, die zu diesem Preis von der Gesamtheit aller Unternehmen produziert und angeboten wird. Das Marktgleichgewicht Q* wird im Modell der vollständigen Konkurrenz stets erreicht - selbst dann, wenn der ursprüngliche Marktpreis nicht mit dem Marktgleichgewichtspreis p* übereinstimmt. Angenommen, der aktuelle Marktpreis (p 0 ) ist höher als der Marktgleichgewichtspreis p*. In diesem Fall ist die von den Unternehmen angebotene Gütermenge (x s0 ) größer als die von allen Konsumenten nachgefragte Menge (x d0 ). Auf dem Markt kommt es zu einem Angebotsüberschuss (x s > x d , →-Abb. 2. 5). Das bedeutet, dass nicht alle Unternehmen ihre Produkte verkaufen können. Um die bereits hergestellten Güter dennoch absetzen zu können, reduzieren einzelne Unternehmen den Preis, den sie von den privaten Haushalten verlangen. Dies bemerken die Nachfrager wegen der Annahme der vollständigen Markttransparenz. Sie gehen zu den Unternehmen, die Preisreduktionen anbieten. Das setzt die übrigen Unternehmen unter Druck, d. h. auch sie müssen ihre Preisforderungen herunterschrauben. Es kommt also zu einem Preisrückgang. Dieser baut den Angebotsüber‐ schuss über zwei Wege ab. Zum einen erhöhen die Konsumenten ihre Güternachfrage. Zum anderen schränken die Unternehmen ihre Produktion 2.3 Preisbildung auf Märkten 31 <?page no="33"?> wegen des geringeren Preises ein. Der Angebotsüberschuss wird somit über eine steigende Güternachfrage und ein sinkendes Güterangebot abgebaut. Der Preisrückgang dauert so lange, bis der Gleichgewichtspreis p* erreicht wird. Abb. 2.5: Anpassung an das Marktgleichgewicht bei vollständiger Konkurrenz p p* x s x x* • x d Q* p 0 x d0 x s0 Angebotsüberschuss Abb. 2.5: Diese Abbildung zeigt, wie es auf dem Gütermarkt zu einem Gleichgewicht kommt, wenn der Preis in der Ausgangssituation über dem Marktgleichgewichtspreis (p*) liegt. Beim Preis (p 0 ) ist die angebotene Gütermenge größer als die nachgefragte. Der daraus resultierende Angebotsüberschuss bewirkt einen Preisrückgang. Falls sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ändern, kommt es auch zu einem neuen Marktgleichgewicht. Angenommen, die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte steigen. Sofern auf dem betreffenden Gütermarkt ein superiores Gut gehandelt wird, bewirkt dieser Einkommens‐ anstieg eine höhere Güternachfrage. Die Gesamtnachfragegerade wird folg‐ lich nach rechts verschoben. Das neuen Gütermarktgleichgewicht zeichnet sich durch einen höheren Güterpreis aus (p 1 > p* in → Abb. 2.6) sowie durch eine größere Gütermenge (x 1 > x*). Die Anpassung an das neue Marktgleichgewicht erfolgt wiederum über Preisänderungen, an die sich alle Marktakteure anpassen: Wenn die Nach‐ frage nach dem auf dem Markt gehandelten Produkt steigt und der Markt‐ preis unverändert die Höhe p* hat, kommt es zu einem Nachfrageüber‐ hang (x d1 > x* = x s0 ). Nicht alle Nachfrager können die Gütermengen 32 2 Grundlagen der Mikroökonomie <?page no="34"?> erwerben, die sie beim Preis p* wünschen. Das hat zur Folge, dass einzelne Nachfrager bereit sind, einen höheren Preis zu zahlen. Die Anbieter bemer‐ ken dies und fordern daher ihrerseits einen höheren Preis. Es kommt also auf dem betreffenden Markt zu einem Preisanstieg. Dieser baut den Nachfrageüberhang wiederum über zwei Wege ab: Die Güternachfrage sinkt wegen des steigenden Preises (von x d1 auf x 1 ) und das Güterangebot steigt (von x* auf x 1 ). Dieser Prozess dauert so lange, bis der neue Gleichgewichtspreis (p 1 ) erreicht ist. Abb. 2.6: Veränderung des Marktgleichgewichts bei einem Anstieg der Marktnachfrage p p* x s x x* • x d0 Q* p 1 x 1 x d1 • x d1 • Q 1 Abb. 2.6: Diese Abbildung zeigt, wie es im Fall einer höheren Nachfrage zu einem neuen Marktgleichgewicht kommt. Die zusätzliche Güternachfrage bewirkt einen Nachfrageüber‐ hang. Dieser lässt den Marktpreis so lange steigen, bis der neue Marktgleichgewichtspreis (p 1 ) erreicht ist Der Grundsatz, dass Angebotsüberschüsse und Nachfrageüberhänge über Preisanpassungen abgebaut werden, gilt für alle Marktformen. Der ent‐ scheidende Unterschied unterschiedlicher Marktformen besteht in dem Einfluss, den einzelne Marktakteure auf den Preis haben. Im Fall der vollständigen Konkurrenz kann kein Unternehmen den Preis für sein Produkt ändern. Falls ein Anbieter einen höheren Preis für sein Produkt verlangen sollte, würde er alle seine Kunden verlieren. Wegen der vollständigen Markttransparenz wissen alle Nachfrager, dass sie bei anderen 2.3 Preisbildung auf Märkten 33 <?page no="35"?> Unternehmen ein günstigeres Angebot erhalten. Also wechseln sie zu diesen Anbietern. espresso-Verständnis | Das Gegenteil der vollständigen Konkurrenz ist ein Monopol. Ein Monopolmarkt ist ein Markt, der sich durch fol‐ gende Eigenschaften auszeichnet: So wie bei einem Markt unter voll‐ ständiger Konkurrenz gibt es viele Nachfrager, die alle klein sind und daher keinen Einfluss auf den Marktpreis haben. Das entscheidende Kriterium für einen Monopolmarkt ist, dass es nur einen einzigen An‐ bieter gibt, den Monopolisten. Für das auf dem Monopolmarkt gehan‐ delte Gut gibt es keine oder nur schlechte Substitute, d. h. die Konsu‐ menten können nicht auf ähnliche Angebote anderer Anbieter ausweichen. Der Preis des auf dem Monopolmarkt gehandelten Guts ist flexibel und unterliegt nur dem Einfluss der Marktbeteiligten. Der Monopolist hat dabei einen besonders großen Einfluss auf den Preis, weil er bei seiner Preisgestaltung nicht auf die Reaktionen anderer Anbieter Rücksicht nehmen muss. Um seinen Gewinn zu maximieren, fordert ein Monopolist einen höheren Preis als in einer Situation, in der eine vollständige Konkurrenz herrscht. Um diesen Preis durchsetzen zu können, muss der Monopolist seine An‐ gebotsmenge im Vergleich zur vollständigen Konkurrenz einschränken - ansonsten käme es zu einem Angebotsüberschuss, der einen Preisrückgang hervorruft. Für die Konsumenten ist dies eine schlechte Situation: Sie können im Vergleich zur vollständigen Konkurrenz nur eine geringere Kon‐ sumgütermenge erwerben, für die sie einen höheren Preis zahlen müssen. Diese Einschränkung der Konsummöglichkeiten stellt sich auch auf einem Oligopolmarkt ein. Hierbei handelt es sich um einen Markt, auf dem es nur wenige Anbieter gibt, die alle groß sind. Die Zahl der Nachfrager ist wiederum groß. Auch Oligopolisten verfügen über eine Marktmacht, die sie zur Durchsetzung höherer Preise nutzen. Diese Preissetzungsmacht ist jedoch geringer als im Fall eines Monopols, weil ein Oligopolist auf die Reaktionen seiner - wenn auch nur wenigen - Konkurrenten Rücksicht nehmen muss. Marktmacht gibt es jedoch nicht nur auf der Anbieterseite, sondern auch auf der Nachfragerseite. Wenn es auf einem Markt nur einen einzigen Nach‐ 34 2 Grundlagen der Mikroökonomie <?page no="36"?> frager gibt, handelt es sich um einen Monopsonmarkt. Diesem Monopson steht eine Vielzahl von Anbietern gegenüber. Als nutzenmaximierender Nachfrager nutzt der Monopson seine Marktmacht, um den Preis, den der zahlen muss, möglichst gering zu halten. Da es für die Anbieter keine weiteren Nachfrager gibt, müssen sie diesem Wunsch nachgeben. Auf einem Monopsonmarkt stellt sich somit ein Marktgleichgewicht ein, bei dem im Vergleich zur vollständigen Konkurrenz ein geringerer Preis gezahlt wird. Dieser hat zur Folge, dass die Anbieter auch nur eine geringere Gütermenge produzieren und anbieten. 2.4 Vollständige Konkurrenz und Wohlfahrtsmaximum espresso-Wissenscheck-|-https: / / narr.kwaest.io/ s/ 1252 espresso-Keywords | maximale Zahlungsbereitschaft, Wohlfahrt, Wohlfahrtsmaximum, Nettonutzen, Grenznutzengerade, Grenzkosten‐ gerade, Marktversagen Auf einem Markt mit vollständiger Konkurrenz stellt das Marktgleichge‐ wicht einen Zustand dar, in dem die Gesellschaft ihre gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt maximiert. Dies lässt sich wie folgt erklären: In → Abb. 2.2 stellt die Nachfragegerade die Menge dar, die eine Person - bzw. im Fall der Marktnachfragegeraden die Gesamtheit aller Konsumenten - nachfragt, wenn auf dem Markt ein bestimmter Preis herrscht. Das kann beispielsweise bedeuten, dass die gesamte Güternachfrage 150 Mengeneinheiten beträgt, wenn der Preis bei 12,50 Euro liegt. Allerdings lässt sich die Nachfragegerade auch in einer anderen Richtung interpretieren. Dabei geht es um die Frage, welchen Preis die Konsumenten maximal bereit sind zu zahlen, wenn sie die 150. Mengeneinheit nachfragen sollen. Der Preis, der zu der Nachfrage in Höhe von 150 Mengeneinheiten führt, entspricht der maximalen Zahlungsbereitschaft für die 150. Gü‐ termenge. Wäre der Preis höher, also z. B. 12,60 Euro, würden weniger als 150 Mengeneinheiten nachgefragt. Die maximale Zahlungsbereitschaft sagt auch etwas aus über den Nutzen, den die Gesamtheit aller Nachfrager mit dem Konsum der 150 Güterein‐ heiten verbindet. Die 150. Gütereinheit kann nur verkauft werden, wenn 2.4 Vollständige Konkurrenz und Wohlfahrtsmaximum 35 <?page no="37"?> der Güterpreis bei dem Gleichgewichtspreis 12,50 Euro liegt - bei einem Preis von 12,55 Euro werden lediglich 149 Mengeneinheiten nachgefragt. Eine weitere, also die 151. Einheit, wird nur gekauft, wenn der Markpreis niedriger ist, also z. B. bei 12,40 Euro liegt. Das bedeutet, dass die maximale Zahlungsbereitschaft für die 151. Gütereinheit bei 12,40 Euro liegt. Und das bedeutet wiederum, dass der in Geldeinheiten ausgedrückte Nutzen, den die 151. Gütereinheit den Verbrauchern stiftet, 12,40 Euro beträgt. Werden diese Zusammenhänge mit der Feststellung kombiniert, dass die Marktangebotsgerade mit den Grenzkosten der Produktion übereinstimmt, lassen sich damit Aussagen über den in Geldeinheiten ausgedrückten Ge‐ samtnutzen für die Gesellschaft treffen. In → Abb. 2.7 liegt das Marktgleichgewicht wie gewohnt bei x* und p*. Das könnten 150 Gütereinheiten sein und ein Preis von 12,50 Euro. Diese Kombination maximiert den Gesamtnutzen der Gesellschaft bzw. deren Wohlfahrt. Die Wohlfahrt ist ein abstraktes Konstrukt, das die Vorteilhaftigkeit misst, die sich für die Gesellschaft daraus ergibt, dass eine bestimmte Gütermenge von den einheimischen Unternehmen produziert und anschließend von den Verbrauchern konsumiert wird. Ziel ist es, diese Wohlfahrt zu maximieren. Wird auf dem Markt nur die Gütermenge x 0 angeboten und konsumiert, erreicht die Gesellschaft nicht ihr Wohlfahrtsmaximum. Dies lässt sich wie folgt begründen: ● Die Menge x 0 = 100 ist geringer als x*. Wegen des weiter oben erläuterten Gesetzes des abnehmenden Grenznutzens bedeutet dies, dass der Grenz‐ nutzen (GN), der mit dem Konsum der 100. Gütereinheit verbunden ist (GN 0 = GN der 100. Gütereinheit), höher ist als bei der Gütermenge x* (GN 0 > GN*). ● Wegen des ebenfalls weiter oben erläuterten Konzepts der steigenden Grenzkosten sind die Grenzkosten (GK), die bei der Herstellung der 100. Gütereinheit anfallen, geringer als die Grenzkosten der 150. Einheit (GK 0 < GK*). Wenn die Gesellschaft also lediglich 100 Einheiten des hier betroffenen Produkts herstellt und konsumiert, ist das noch nicht die wohlfahrtsmaxi‐ mierende Gütermenge. Die Herstellung dieser Gütereinheit kostet weniger als 12,50 Euro (wegen GK 0 < GK*), also z. B. 8,50 Euro. Der in Geldeinheiten ausgedrückte Grenznutzen der 100. Gütereinheit ist höher als bei der 150. Gütereinheit (GN 0 > GN*), also z. B. 15,50 Euro. Die Herstellung der 100. 36 2 Grundlagen der Mikroökonomie <?page no="38"?> Gütereinheit bringt der Gesellschaft somit einen Nettonutzen von 15,50 Euro minus 8,50 Euro = 7,- Euro. Die Herstellung dieser Gütereinheit ist also aus Sicht der gesamten Volkswirtschaft sinnvoll. Abb. 2.7: Marktgleichgewicht und Wohlfahrtsmaximum p p* = 12,50 Euro x x* = 150 • x d (= Grenznutzengerade) Q* GN 0 x 0 = 100 • • x s (= Grenzkostengerade) GK 0 Abb. 2.7: Diese Abbildung zeigt, dass die Gesellschaft ihr Wohlfahrtsmaximum bei der Gütermenge erreicht, bei der die Grenzkosten mit dem in Geldeinheiten gemessenen Grenznutzen des betrachteten Produkts übereinstimmen. Ist der Grenznutzen einer be‐ stimmten Gütermenge höher als deren Grenzkosten, kann die Gesellschaft ihre Wohlfahrt durch eine Steigerung der Gütermenge erhöhen. Allerdings ist auch die weitere Ausweitung der Produktion ökonomisch betrachtet sinnvoll. Selbst wenn die nächste, also die 101., Gütereinheit einen etwas geringeren Grenznutzen stiftet (z. B. 15,25 Euro) und die Grenz‐ kosten steigen (z. B. auf 8,75 Euro), resultiert daraus für die Gesellschaft als Ganzes immer noch ein Zuwachs des Nettonutzens in Höhe von 15,25 Euro minus 8,75 Euro = 6,50 Euro. Die Ausweitung der produzierten und anschließend konsumierten Gütermenge lohnt sich folglich immer dann, wenn die Grenzkosten der Produktion der nächsten Gütereinheit geringer sind als der gesamtgesellschaftliche Grenznutzen dieser Einheit. Erst wenn das Marktgleichgewicht, bei dem die Grenzkosten der Produk‐ tion mit dem Grenznutzen übereinstimmen, erreicht ist, lohnt sich eine weitere Ausdehnung der Produktion nicht. Die 151. Gütereinheit hat höhere Grenzkosten als die zum Marktgleichgewicht gehörende Gütermenge (also 2.4 Vollständige Konkurrenz und Wohlfahrtsmaximum 37 <?page no="39"?> z. B. 12,60 Euro), stiftet aber einen geringeren Grenznutzen als x* (z. B. 12,40 Euro). Per Saldo reduziert die 151. Gütereinheit also die in Geldeinheiten ausgedrückte gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt um 0,20 Euro - und daher ist ihre Produktion ökonomisch gesehen nicht sinnvoll. Aus wohlfahrtstheoretischer Sicht bedeutet somit das Marktgleichge‐ wicht, welches sich im Fall der vollständigen Konkurrenz einstellt, dass die Gesellschaft damit ihr Wohlfahrtsmaximum erreicht. espresso-Wissen | Die Bedingung für ein gesamtgesellschaftliches Wohlfahrtsmaximum verlangt, dass exakt die Gütermenge produ‐ ziert und konsumiert wird, bei der die gesamtwirtschaftlichen Grenz‐ kosten der Produktion mit dem gesamtgesellschaftlichen Grenznutzen übereinstimmen. Jede Abweichung von dieser Gütermenge bedeutet, dass die gesamtgesell‐ schaftliche Wohlfahrt geringer ausfällt als sie möglich wäre. Damit liegt ein Marktversagen vor. Für ein Marktversagen gibt es zahlreiche Ursachen. Hier soll auf zwei eingegangen werden: auf externe Effekte und auf öffent‐ liche Güter. 2.5 Marktversagen und staatliche Handlungsoptionen espresso-Wissenscheck | https: / / narr.kwaest.io/ s/ 1253 espresso-Keywords | externe Effekte (negative und positive), privates Gut, öffentliches Gut (reines), fehlende Ausschlussmöglichkeiten, Preis‐ instrument, Steuerlösung, Zertifikatslösung, Subventionslösung, Men‐ geninstrumente, Höchstgrenzen, Höchstpreis, Mindestpreis espresso-Wissen | Externe Effekte liegen vor, wenn die privaten Kos‐ ten einer ökonomischen Entscheidung nicht mit den gesamtgesell‐ schaftlichen bzw. sozialen Kosten dieser Entscheidung übereinstimmen oder wenn der private Nutzen der Entscheidung nicht mit dem sozialen Nutzen übereinstimmt. 38 2 Grundlagen der Mikroökonomie <?page no="40"?> Die privaten Kosten von ökonomischen Entscheidungen sind alle Kosten, die ein einzelnes Wirtschaftssubjekt trägt. Die sozialen Kosten sind hinge‐ gen die Kosten, die für die Gesellschaft - also die Summe aller Wirtschafts‐ subjekte - anfallen. Stimmen die privaten und die sozialen Kosten nicht überein, d. h. sind die sozialen Kosten höher als die privaten, liegen negative externe Effekte vor. Ein Beispiel für einen negativen externen Effekt ist die Umweltverschmutzung. Der private und der soziale Nutzen werden analog definiert. Ist der soziale Nutzen größer als der private, liegen positive externe Effekte vor. Ein Beispiel hierfür ist ein gepflegter Garten, an dem sich auch die Nachbarn des Eigentümers erfreuen und der den Imkern bei der Herstellung von Honig nutzt. Eigeninteressierte Wirtschaftssubjekte berücksichtigen bei ihren Ent‐ scheidungen lediglich die privaten Kosten und den privaten Nutzen. Im Fall negativer externer Effekte berücksichtigen sie die sozialen Zusatzkosten ihres Handels nicht. Die Nichtberücksichtigung dieser Kosten führt zu einem Marktgleichgewicht, bei dem - aus gesamtwirtschaftlicher Sicht - ein zu großes Gütervolumen realisiert wird, was zu einem Wohlfahrtsverlust führt. Graphisch lässt sich auch dies mit einem Preis-Mengen-Diagramm dar‐ stellen (→ Abb. 2.8). Angenommen wird wiederum ein Konsumgut mit einem positiven, aber abnehmenden Grenznutzen sowie mit steigenden Grenzkosten. Wegen der sozialen Zusatzkosten, die einen negativen exter‐ nen Effekt ausmachen, ist zwischen den privaten Grenzkosten (GK priv ) und den sozialen Grenzkosten (GK soz ) zu unterscheiden. Die Differenz zwischen beiden Grenzkosten stellt einen negativen externen Effekt dar. Der private Grenznutzen stimmt annahmegemäß mit dem gesamtgesellschaftlichen Grenznutzen überein (GN priv = GN soz = GN). Eigeninteressierte Individuen entscheiden sich für ein Konsumniveau, bei dem die privaten Grenzkosten mit dem privaten Grenznutzen überein‐ stimmen. Das aus diesem Entscheidungskalkül resultierende Konsumniveau (x opt, priv ) ist größer als das aus gesamtwirtschaftlicher Sicht optimale Niveau (x opt, soz ). Letzteres liegt dort, wo die gesamtwirtschaftlichen Grenzkosten genauso hoch sind wie der gesamtgesellschaftliche Grenznutzen (Q*). Grund für diese Abweichung ist der Umstand, dass die Konsumenten einen Markt‐ preis (p') zahlen, der nicht alle gesamtwirtschaftlichen Kosten deckt. Dafür müsste der zu zahlende Preis bei p* liegen. Hier kommt es im Vergleich zum Marktgleichgewicht der vollständigen Konkurrenz ohne negative externe Effekte also zu einem Wohlfahrtsverlust. 2.5 Marktversagen und staatliche Handlungsoptionen 39 <?page no="41"?> Alle Mengeneinheiten zwischen x opt, soz und x opt, priv verursachen gesamtwirt‐ schaftliche Grenzkosten, die höher sind als der gesamtgesellschaftliche Grenznutzen. Damit ist der gesellschaftliche Nettonutzen dieser Güterein‐ heiten negativ, und das schmälert den gesamtgesellschaftlichen Nutzen bzw. die Wohlfahrt der Gesellschaft. Abb. 2.8: Marktgleichgewicht bei einem negativen externen Effekt GN, GK, p p* p‘ GK soz x x opt, soz • GN • negativer externer Effekt x opt, priv GK priv Q* Q‘ Abb. 2.8: Diese Abbildung zeigt, dass der Markt im Fall eines negativen externen Effekts zu einem Marktgleichgewicht führt, das sich - gemessen an den gesamtwirtschaftlichen Grenzkosten und dem Grenznutzen - durch eine zu große Gütermenge auszeichnet. Ist der gesellschaftliche Nutzen (GN soz ) größer als der private Nutzen (GN priv ), liegt ein positiver externer Effekt vor. Auch bei ihm ist die von nutzen‐ maximierenden Individuen getroffene Entscheidung aus gesamtwirtschaft‐ licher Sicht nicht optimal. Da ein Individuum nicht alle Vorteile seiner Entscheidung für sich nutzen kann, wird ein aus gesamtwirtschaftlicher Sicht zu geringes Aktivitätsniveau gewählt (x opt, priv < x opt, soz , →-Abb. 2.9). 40 2 Grundlagen der Mikroökonomie <?page no="42"?> Abb. 2.9: Marktgleichgewicht bei einem positiven externen Effekt GN, GK, p p* p‘ GN soz x x opt, soz • GK • positiver externer Effekt x opt, priv GN priv Q‘ Q* Abb. 2.9: Diese Abbildung zeigt, dass der Markt im Fall eines positiven externen Effekts zu einem Marktgleichgewicht führt, das sich - gemessen an den gesamtwirtschaftlichen Grenzkosten und dem Grenznutzen - durch eine zu kleine Gütermenge auszeichnet. Die zweite hier skizzierte Form des Marktversagens sind öffentliche Güter. Im Fall eines funktionierenden Markts werden private Güter produziert und konsumiert. Ein privates Gut zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass eine Rivalität im Konsum besteht. Das bedeutet, dass der Konsum einer Gütereinheit durch eine Person alle anderen Personen vom Konsum dieser Gütereinheit ausschließt. Beispiele hierfür sind Nahrungsmittel - wenn Person A einen Apfel isst, kann Person B diesen nicht mehr essen. espresso-Wissen | Ein öffentliches Gut zeichnet sich im Wesentlichen dadurch aus, dass keine Rivalität im Konsum besteht, d. h., dass der Konsum durch eine Person nicht alle anderen Personen vom Konsum dieser Gütereinheit ausschließt. Beispiele sind Radio- und Fernsehsen‐ dungen, Straßenlaternen und die militärische Verteidigung. Ein reines öffentliches Gut ist darüber hinaus dadurch charakterisiert, dass keine Person vom Konsum dieses Guts ausgeschlossen werden kann - entweder weil der Ausschluss technisch nicht möglich ist (Sonnenlicht) 2.5 Marktversagen und staatliche Handlungsoptionen 41 <?page no="43"?> oder weil er mit so hohen Kosten verbunden ist, dass er nicht zweckmäßig ist (Landstraßen). Wegen der fehlenden Ausschlussmöglichkeit werden öffentliche Gü‐ ter nicht auf einem Markt gehandelt, was sich wie folgt erklären lässt: Jeder potenzielle Konsument steht vor der Entscheidung, entweder seine Präferenzen bezüglich der Bereitstellung eines öffentlichen Guts offen zu legen und sich an dessen Finanzierung zu beteiligen oder die Präferenzen zu verbergen. Im zweiten Fall beteiligt sich die Person nicht an der Finanzierung und hofft, dass andere Personen das öffentliche Gut finanzieren, ohne die nicht zahlenden Personen anschließend von dessen Nutzung ausschließen zu können. Hieraus ergibt sich folgende Bewertung unterschiedlicher ge‐ samtwirtschaftlicher Resultate: ● Die individuell beste Lösung ist die Bereitstellung des Guts und Finan‐ zierung durch andere. Die Person kann das öffentliche Gut nutzen, ohne dafür bezahlen zu müssen. ● Die zweitbeste Lösung ist die Finanzierung durch alle Beteiligten. Die Person kann das öffentliche Gut nutzen, muss es aber nicht alleine bezahlen. ● Die drittbeste besteht aus dem Verzicht auf das Gut. ● Die schlechteste Situation, die sich für eine Person einstellen kann, besteht aus der alleinigen Finanzierung des öffentlichen Guts, das dann auch von denen genutzt werden kann, die sich an der Finanzierung nicht beteiligt haben. Um die schlechteste Situation zu vermeiden, ist es aus Sicht einer Einzelper‐ son am sinnvollsten bzw. rational, die wahren Präferenzen zu verheimlichen. Dieses Entscheidungskalkül gilt jedoch für alle Mitglieder der Gesellschaft. Und wenn sich alle Personen so verhalten, ist niemand bereit, für die Bereitstellung eines öffentlichen Guts irgendetwas zu bezahlen. Im Ergebnis führt das individuell rationale Verhalten im Fall öffentlicher Güter also dazu, dass dieses Gut von keinem Unternehmen angeboten wird, weil sich kein Konsument findet, der bereit ist, etwas für das Angebot dieses Guts zu bezahlen. Die beiden skizzierten Formen eines Marktversagens lassen sich durch eine staatliche Intervention heilen. Hier sind verschiedene wirtschaftspoli‐ tische Maßnahmen denkbar. 42 2 Grundlagen der Mikroökonomie <?page no="44"?> Bei externen Effekten stehen dem Staat zwei grundsätzliche wirtschafts‐ politische Instrumente zur Verfügung, nämlich Preis- und Mengeninstru‐ mente. Bei Preisinstrumenten setzt der Staat auf die Wirksamkeit von preislichen Anreizen. Im Falle eines negativen externen Effekts kann der Staat den Preis für die entsprechende wirtschaftliche Aktivität erhöhen, indem er diese Aktivität mit einer Mengensteuer belegt (Steuerlösung). Sie erhöht den Preis, den z. B. die Konsumenten für den Kauf von emissionsverursachenden Produkten bezahlen müssen. Im Idealfall ist die Steuer genau so hoch wie der in Geldeinheiten bewertete negative externe Effekt - wenn jede Tonne CO 2 gesellschaftliche Zu‐ satzkosten in Höhe von 100,- Euro verursacht, wird der Ausstoß einer Tonne CO 2 mit einer Mengensteuer in Höhe von 100,- Euro belegt. Die privaten Grenzkosten stimmen dann mit den gesamtwirtschaftlichen Grenzkosten überein. Bezogen auf →-Abb. 2.8 bedeutet dies: Die Mengensteuer (t für Tax) ist so hoch, dass gilt: Marktpreis + t = p*. Denkbar ist auch, dass wirtschaftliche Aktivitäten mit einem negativen externen Effekt nur zulässig sind, wenn die wirtschaftlichen Akteure dafür ein Erlaubniszertifikat erwerben (Zertifikatslösung). Im Fall von Treibhausgasemissionen legt der Staat das aus gesamtwirtschaftlicher Sicht optimale Emissionsvolumen x opt, soz fest (z. B. 600 Millionen Tonnen CO 2 pro Jahr) und stellt Emissionszertifikate im Ausmaß dieses Volumens bereit. Damit ist garantiert, dass nicht mehr als 600 Millionen Tonnen CO 2 ausge‐ stoßen werden. Der Gleichgewichtspreis, der sich bei der Versteigerung dieser Zertifikate einstellt, entspricht wiederum dem in Geldeinheiten be‐ werteten negativen externen Effekt. Im weiter oben beschriebenen Fall von CO 2 -Emissionen müsste also für jedes Zertifikat, das einen Ausstoß von einer Tonne CO 2 erlaubt, ein Zertifikatspreis von 100,- Euro bezahlt werden. Bei einem positiven externen Effekt zahlt der Staat denjenigen, die entsprechende Maßnahmen durchführen, einen Geldbetrag (Subventions‐ lösung). Damit erhöht er den finanziellen Anreiz, diese Maßnahmen durchzuführen. Im Idealfall ist die staatliche Subvention genauso hoch wie der monetäre Wert des gesellschaftlichen Zusatznutzens. Damit stimmt der private Grenznutzen mit dem gesamtgesellschaftlichen Grenznutzen überein. Denkbar ist auch, dass der Staat Produkte mit einem positiven externen Effekt selbst anbietet und dafür einen Preis fordert, der unter den anfallenden Produktionskosten liegt. Dies ähnelt der Subventionslösung, weil der Staat die Differenz zwischen dem Verkaufspreis und den höheren Produktionskosten durch Steuern und andere staatliche Einnahmen deckt. 2.5 Marktversagen und staatliche Handlungsoptionen 43 <?page no="45"?> Falls der Staat mit Mengeninstrumenten an Stelle von preislichen In‐ strumenten arbeitet, ergreift er ordnungspolitische Maßnahmen. Bei einem negativen externen Effekt setzt er Höchstgrenzen für die entsprechenden Aktivitäten fest. Im Fall von Treibhausgasemissionen ist beispielsweise eine Vorgabe denkbar, nach der die Pkws eines Automobilherstellers im Durch‐ schnitt maximal 95 Gramm CO 2 je zurückgelegten Kilometer ausstoßen dürfen. Bei einem positiven externen Effekt gibt der Staat hingegen eine Mindestmenge vor, also z. B. eine mindestens 10-jährige Schulpflicht oder eine Impfpflicht für alle Bürger. Im Fall von öffentlichen Gütern eignen sich preisliche Instrumente wegen der fehlenden Ausschlussmöglichkeit nicht. Sofern die Gesellschaft als Ganzes dennoch ein öffentliches Gut nutzen will, muss dieses vom Staat bereitgestellt werden. Der Staat kann dafür entweder mit eigenen Unterneh‐ men arbeiten, die das öffentliche Gut bereitstellen, oder er beauftragt private Unternehmen mit der Herstellung des öffentlichen Guts. Die Finanzierung erfolgt über Steuern. Beispiele sind die nationale Verteidigung und die innere Sicherheit (also vor allem Polizei und das Justizwesen), die staatlich angeboten und durch Steuern finanziert werden. Die skizzierten staatlichen Eingriffe in die Marktwirtschaft heilen ein Marktversagen und bewirken so eine Wohlfahrtssteigerung. Es gibt aber auch Markteingriffe, die nicht aus Wohlfahrtsgründen durchgeführt wer‐ den. Ein Beispiel dafür sind Höchst- und Mindestpreise. Sie sind beide sozialpolitisch motiviert. espresso-Wissen | Ein Höchstpreis ist ein gesetzlich festgelegter Preis, der unter dem Gleichgewichtspreis liegt, der sich auf dem Markt ohne diesen Markteingriff ergeben würde. Ein Höchstpreis darf unterschrit‐ ten, aber nicht überschritten werden. Ziel des Höchstpreises ist es, die Konsumenten vor zu hohen Preisen zu schützen. Zu hohe Preise könnten sich z. B. einstellen, wenn infolge einer Missernte oder ei‐ ner Naturkatastrophe die Nahrungsmittelproduktion einbricht. Auch ein rascher Anstieg der Nachfrage bei Gütern, deren Produktion längere Zeit in Anspruch nimmt (z. B. Wohnraum), kann Auslöser für die Einführung eines Höchstpreises sein. Im Fall des Wohnraums handelt es sich um eine Höchstmiete bzw. einen Mietdeckel. 44 2 Grundlagen der Mikroökonomie <?page no="46"?> Der Höchstpreis (p H ) hat zur Folge, dass die Gesamtheit aller privaten Haus‐ halte wegen des geringeren Preises eine relativ große Menge x dH nachfragt (→ Abbildung 2.10). Die Unternehmen bieten wegen des geringen Preises jedoch nur die Menge x sH an. Das Marktgleichgewicht Q H wird durch die angebotene Menge der Unternehmen determiniert. Es kommt also zu einem Nachfrageüberhang. Da der Höchstpreis nicht überschritten werden darf, kann der Nachfrageüberhang nicht durch eine Preissteigerung abgebaut werden, sodass der Nachfrageüberhang dauerhaft ist. Das bedeutet, dass nicht alle Nachfrager zum Zuge kommen und das betreffende Gut erwerben können. Die Konsumenten haben daher einen Anreiz, den Höchstpreis zu umgehen, indem sich beispielsweise ein Schwarzmarkt für das betreffende Gut bildet oder andere Zahlungsformen gewählt werden, z. B. Bestechungsgelder oder überhöhte Abstandszahlungen im Fall von Höchstmieten. Die Tatsache, dass der Höchstpreis nicht gesteigert werden darf, hat zudem zur Folge, dass es für die Anbieter keinen Anreiz gibt, das Angebot auszuweiten. Ein Abbau des Nachfrageüberhangs durch eine Ausweitung des Angebots erfolgt daher nur, wenn der Staat die Anbieter subventioniert oder selbst als Anbieter auftritt. Ein Markteingriff des Staates in Form eines Höchstpreises zieht daher weitere Markteingriffe nach sich. Abb. 2.10: Marktgleichgewicht bei einem Höchstpreis p p* x s x x* • x d Q* p H x sH x dH dauerhafter Nachfrageüberhang bei einem Höchstpreis • Q H Abb. 2.10: Diese Abbildung zeigt, dass es im Fall eines Höchstpreises zu einem dauerhaf‐ ten Nachfrageüberhang kommt. Die Gesamtheit aller Unternehmen bietet wegen des geringen Preises eine Menge an, die kleiner ist als die von den Verbrauchern zu diesem Preis nachgefragte Menge. 2.5 Marktversagen und staatliche Handlungsoptionen 45 <?page no="47"?> espresso-Wissen | Ein Mindestpreis ist ein gesetzlich festgelegter Preis, der über dem Gleichgewichtspreis liegt, der sich auf dem Markt ohne diesen Markteingriff ergeben würde. Ein Mindestpreis darf über‐ schritten, aber nicht unterschritten werden. Ziel des Mindestpreises ist es, die Verkaufserlöse und damit auch das Einkommen der Anbieter zu steigern und/ oder einen kostendeckenden Preis zu sichern. Bei vollständiger Konkurrenz führt der Mindestpreis zu einem Angebots‐ überschuss, denn bei einem hohen Preis werden von den Unternehmen viele Mengeneinheiten des Produkts angeboten, aber nur wenig von den privaten Haushalten nachgefragt. Da der Mindestpreis nicht unterschritten werden darf, kann der An‐ gebotsüberschuss nicht durch eine Preissenkung abgebaut werden. Der Angebotsüberschuss ist daher dauerhaft. Damit werden flankierende Maß‐ nahmen notwendig, z. B. der Aufkauf der Überschussmengen durch den Staat oder die Subventionierung des Exports zur Steigerung des Absatzes im Ausland. Denkbar ist auch eine staatlich verordnete Produktionsbe‐ schränkung, die das Entstehen von Angebotsüberschüssen verhindert. Für die Konsumenten bedeutet der Mindestpreis, dass sie im Vergleich zur vollständigen Konkurrenz ohne einen staatlichen Eingriff einen höheren Marktpreis zahlen müssen und eine geringere Gütermenge konsumieren. Für die Steuerzahler bedeutet der Mindestpreis, dass Steuermittel für den Aufkauf des Angebotsüberschusses und dessen Lagerung bzw. für die Ex‐ portsubventionierung aufgebracht werden müssen. Dies verlangt entweder höhere Steuern als im Fall ohne einen Mindestpreis oder den Verzicht auf andere staatliche Ausgaben. Ein staatlicher Markteingriff in Form eines Mindestpreises zieht daher ebenfalls weitere Markteingriffe nach sich. 46 2 Grundlagen der Mikroökonomie <?page no="48"?> 3 Grundlagen der Makroökonomie espresso-Warm-up In der Makroökonomie werden nicht mehr zahlreiche Märkte für einzelne Güter betrachtet, sondern nur noch wenige Märkte und deren Interdepen‐ denzen. Um die ohnehin schon komplizierten ökonomischen Zusammen‐ hänge besser zu verstehen, wird mit der Analyse eines Markts - dem gesamtwirtschaftlichen Gütermarkt - begonnen. Hier wird ein Universal‐ gut angeboten und nachgefragt, das sowohl für Konsumzwecke als auch für Investitionszwecke genutzt werden kann. Das Preisniveau ist dabei konstant. Es gibt in diesem sehr einfachen Grundmodell nur drei Arten von Wirtschaftsakteuren - die privaten Haushalte, die Unternehmen und den Staat. In diesem Gütermarktmodell geht es um die Frage, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit die von allen Akteuren nachgefragte Gütermenge genauso groß ist wie die von allen Unternehmen hergestellte und angebotene Gütermenge. Die Investitionen der Unternehmen hängen dabei von der Höhe des Zinssatzes ab. Unter diesen Annahmen müssen bestimmte Zusammenhänge zwischen der Höhe der hergestellten Güter‐ menge - also dem Bruttoinlandsprodukt bzw. kürzer dem Inlandsprodukts oder auch Volkseinkommen - und dem Zinssatz erfüllt sein, damit der Gütermarkt im Gleichgewicht ist. Welche dies sind, wird im ersten Abschnitt erläutert. Der zweite Abschnitt setzt sich mit dem Geldmarkt einer Volkswirtschaft auseinander. Hier wird gezeigt, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit das Geldangebot der Zentralbank genauso hoch ist wie die von allen Wirtschaftsakteuren nachgefragte Geldmenge. So wie auch beim Gütermarkt müssen dafür bestimmte Zusammenhänge zwischen dem Volks‐ einkommen und dem Zinssatz erfüllt sein. Im dritten Abschnitt wird untersucht, welche Bedingungen gelten müs‐ sen, damit der Güter- und der Geldmarkt gleichzeitig ihr Gleichgewicht erreichen. Es wird sich zeigen, dass es nur eine einzige Kombination von Volkseinkommen und Zinssatz gibt, bei der dies der Fall ist. Bei jeder ande‐ ren Kombination von Volkseinkommen und Zinssatz ist mindestens einer der beiden Märkte im Ungleichgewicht. Ist das simultane Gleichgewicht <?page no="49"?> von Güter- und Geldmarkt erreicht, lässt sich in einem nächsten Schritt analysieren, ob und wie staatliche Maßnahmen dafür sorgen können, dass das Volkseinkommen gesteigert werden kann. Zentrale Maßnahmen dafür sind eine expansive Geldpolitik und eine expansive Fiskalpolitik. Was das bedeutet, wird ebenfalls im dritten Abschnitt erklärt. Der vierte Abschnitt gibt einen groben Einblick in zentrale makroökono‐ mische Modellerweiterungen. Zu ihnen gehören die Berücksichtigung von außenwirtschaftlichen Aktivitäten, also vor allem von Güterexporten und -importen, die Einfügung des Arbeitsmarkts und die Flexibilisierung des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus. 3.1 Das Gütermarktgleichgewicht bei fixen Preisen espresso-Wissenscheck | https: / / narr.kwaest.io/ s/ 1254 espresso-Keywords | Gütermarkt, Bruttoinlandsprodukt, Inlandsprin‐ zip, Inländerprinzip, Bruttonationaleinkommen, Volkseinkommen, Preisniveau, Gütermarktgleichgewicht, I=S-Bedingung, Basiskonsum, marginale Konsumneigung, fundamental psychologisches Gesetz, mar‐ ginale Sparquote, Investitionsnachfrage, Rendite (erwartete), Zinssatz, IS-Gerade, unternehmerische Erwartungen, Investitionsfalle, Staatsaus‐ gaben, Investitionsmultiplikator, Staatsausgabenmultiplikator In der Makroökonomie geht es um gesamtwirtschaftliche Märkte und deren Gleichgewichte. Der Gütermarkt ist einer dieser Märkte. Der Gütermarkt betrifft den Austausch von Sachgütern und Dienstleistungen - kurz Gü‐ ter. Während es in mikroökonomischen Analysen um verschiedene Güter‐ märkte mit unterschiedlichen Produkten geht, wird in der Makroökonomie aus Vereinfachungsgründen mit nur einem Universalgut gearbeitet. Dieses kann sowohl von den privaten Haushalten für Konsumzwecke als auch von den Unternehmen für Investitionszwecke verwendet werden. 48 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="50"?> espresso-Verständnis | Ein zentrales Untersuchungsobjekt der Makro‐ ökonomie ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Es entspricht dem Wert aller Güter, die in einem Land innerhalb eines Jahres hergestellt werden. Das BIP basiert somit auf im Inlandsprinzip - entscheidend sind die wirtschaftlichen Aktivitäten, die im Inland stattfinden. Davon zu unter‐ scheiden ist das Inländerprinzip. Inländer sind alle Privatpersonen, die ihren Wohnsitz im Inland haben, sowie alle Unternehmen, die ihren Standort im Inland haben. Beim Inländerprinzip geht es um die wirt‐ schaftlichen Aktivitäten aller Inländer - egal, ob sie diese Aktivitäten im In- oder im Ausland durchführen. Dieses Prinzip wird bei der Berech‐ nung der gesamtwirtschaftlichen Einkommenshöhe berücksichtig. Wer‐ den zum BIP die Einkommen hinzugezählt, die die Inländer aus dem Aus‐ land beziehen (also z. B. das Arbeitseinkommen, das eine Person erhält, die in Deutschland wohnt, aber in Dänemark arbeitet) und die Einkom‐ men, die das Inland an Ausländer zahlt (also z. B. das Arbeitseinkom‐ men, das eine Person verdient, die in Dänemark wohnt, aber in Deutsch‐ land arbeitet) abgezogen, so stellt diese Größe das Bruttonationaleinkommen (BNE) dar. Werden vom BIP bzw. vom BNE die Abschreibungen abgezogen, so stellen diese Größen das Netto‐ inlandsprodukt (NIP) bzw. das Nettonationaleinkommen (NNE) dar. Wenn anschließend die Differenz zwischen den indirekten Steuern und den vom Staat geleisteten Subventionen vom NIP bzw. vom NNE abge‐ zogen werden, resultieren daraus das Nettoinlandsprodukt zu Faktorkos‐ ten bzw. das Nettonationaleinkommen zu Faktorkosten. Das Nettonatio‐ naleinkommen zu Faktorkosten wird auch Volkseinkommen genannt. Die Verwendung dieser sechs Einkommensgrößen würde die ökonomische Analyse außerordentlich kompliziert werden lassen. Da jedoch in der Realität der Unterschied zwischen der Höhe des BIP und des BNE sehr gering ist, entfällt diese Unterscheidung in der makroökonomischen Analyse. Wird zudem davon ausgegangen, dass es keine Abschreibungen, keine indirekten Steuern (dies sind vor allem Verbrauchssteuern, wie z. B. die Umsatzsteuer) und auch keine Subventionen gibt, hat das die Konsequenz, dass alle sechs genannten Einkommensgrößen identisch sind. Die Begriffe Volkseinkommen, Inlandsprodukt oder Nationaleinkommen sind daher al‐ 3.1 Das Gütermarktgleichgewicht bei fixen Preisen 49 <?page no="51"?> lesamt gleichbedeutend und werden hier synonym verwendet. Im Folgenden wird für alle diese Größen das Symbol Y verwendet. espresso-Wissen | In der makroökonomischen Analyse werden nicht mehr die Preise für einzelne Produkte betrachtet, sondern alle Preise für Waren und Dienstleistungen in einer Volkswirtschaft. Betrachtet wird somit das gesamtwirtschaftliche Preisniveau. Das Preisniveau gibt den gewichteten Durchschnitt aller Waren- und Dienstleistungspreise einer Volkswirtschaft an. Wird das Preisniveau auf eins gesetzt, stimmen no‐ minale und reale makroökonomische Größen überein. In den nachfol‐ genden Ausführungen wird diese Annahme getroffen, sodass nicht ex‐ plizit zwischen Real- und Nominalgrößen unterschieden werden muss. In der kurzfristigen makroökonomischen Analyse wird davon ausgegangen, dass das Preisniveau konstant ist. Das bedeutet, dass z. B. ein Angebotsüber‐ schuss auf dem Gütermarkt nicht durch eine Preissenkung abgebaut werden kann. Stattdessen passen sich die Unternehmen an die zu geringe Nachfrage an und reduzieren ihr Güterangebot. Das ist ein zentraler Unterschied im Vergleich zu mikroökonomischen Modellen. Diese Annahme wird in weiterentwickelten Modellen aufgehoben - was die ökonomische Analyse dann aber auch komplizierter macht. Das realisierte Inlandsprodukt (Y) entspricht der Gütermenge, die von der Gesamtheit aller Unternehmen hergestellt und angeboten wird (Y s mit s für supply). Für die Güternachfrage (Y d mit d für demand) gibt es verschie‐ dene Nachfragekomponenten. Zwei von ihnen sind die Konsumnachfrage der privaten Haushalte (C für consumption) und die Investitionen der Unternehmen (I). Investitionen erhöhen die Produktionsmöglichkeiten der Unternehmen und damit der gesamten Volkswirtschaft. Ein erstes, einfaches Gütermarktgleichgewicht liegt somit vor, wenn folgende Bedingung erfüllt ist: Y d = C + I = Y S = Y. Das Gütermarktgleichgewicht lässt sich auch durch eine alternative Bedingung darstellen. Das Inlandsprodukt kann unter den genannten ein‐ fachen Annahmen für Konsum- und Investitionszwecke verwendet werden. Somit gilt: Y = C + I. Das Volkseinkommen kann von den Haushalten entweder für den Kauf von Konsumgütern verwendet oder gespart werden. Daher gilt: Y = C + S, wobei S für die gesamtwirtschaftlichen Ersparnisse steht. Da das Inlandsprodukt und das Volkseinkommen annahmegemäß 50 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="52"?> identisch sind, gilt: C + I = C + S. Wird der private Konsum auf beiden Seiten abgezogen, ergibt sich I = S. espresso-Wissen | Der Gütermarkt ist im Gleichgewicht, wenn die ge‐ samtwirtschaftlichen Investitionen (I) mit den gesamtwirtschaftlichen Ersparnissen (S) übereinstimmen. Dies wird als I=S-Bedingung be‐ zeichnet. Ökonomisch lässt sich diese Gütermarktgleichgewichtsbedingung wie folgt erklären: Ersparnisse bedeuten, dass die Geldbeträge, die den Ersparnissen entsprechen, nicht mehr für eine Güternachfrage seitens der privaten Haushalte zur Verfügung stehen. Ersparnisse stellen daher einen Nachfra‐ geausfall auf dem Gütermarkt dar. Dadurch entsteht auf dem Gütermarkt ein Angebotsüberschuss. Damit dieser bei einem konstanten gesamtwirt‐ schaftlichen Preisniveau abgebaut wird, bedarf es einer zusätzlichen Nach‐ fragekomponente. Sie besteht aus der Investitionsgüternachfrage der Un‐ ternehmen. Weil es in den makroökonomischen Grundmodellen nur ein Universalgut gibt, welches sowohl für Konsumals auch Investitionszwecke verwendet werden kann, lässt sich die Mindernachfrage nach Konsumgü‐ tern durch die Mehrnachfrage nach Investitionsgütern ausgleichen. Wenn die gesamtwirtschaftlichen Ersparnisse und Investitionen jedoch nicht übereinstimmen, entsteht auf dem Gütermarkt ein Ungleichgewicht. ● Bei S > I ist der Nachfrageausfall auf Seiten der privaten Haushalte größer als die zusätzliche Güternachfrage der Unternehmen. Auf dem Gütermarkt herrscht folglich ein Angebotsüberschuss. ● Bei S < I ist die zusätzliche Güternachfrage der Unternehmen größer als der Nachfrageausfall, der aus der Bildung von Ersparnissen resultiert. Auf dem Gütermarkt gibt es somit einen Nachfrageüberhang. Die Konsumnachfrage der privaten Haushalte lässt sich weiter präzisieren. Zwei Komponenten sind dabei zu berücksichtigen. Zunächst einmal gibt es einen Basiskonsum (B), den die privaten Haushalte in jedem Fall benötigen. Er stellt somit eine Art Existenzminimum dar. Selbst wenn ein Haushalt über kein Einkommen verfügt, benötigt er Konsumgüter im Wert des Basiskonsums. Dies gilt auch für die Volkswirtschaft als Ganzes bzw. für die Gesamtheit aller privaten Haushalte. Darüber hinaus gibt es einen 3.1 Das Gütermarktgleichgewicht bei fixen Preisen 51 <?page no="53"?> einkommensabhängigen Konsum. Eine Steigerung des Volkseinkommens führt dabei zu einer Steigerung der Konsumausgaben. espresso-Wissen | John Maynard Keynes (1883-1946) ist einer der einflussreichsten Ökonomen des 20. Jahrhunderts. Er kritisierte die bis dahin gängigen volkswirtschaftlichen Theorien, nach denen die Märkte - und dazu gehört auch der Arbeitsmarkt - bei flexiblen Preisen auto‐ matisch zu einem Gleichgewicht tendieren. So ging Keynes beispiels‐ weise davon aus, dass sich eine Arbeitslosigkeit nicht notwendigerweise durch Lohnreduzierungen abbauen lässt, weil geringere Löhne die Kauf‐ kraft der Beschäftigten schmälern und diese daher weniger Konsumgü‐ ter nachfragen. Die daraus resultierende sinkende Güternachfrage führt in den Unternehmen zu Produktionsreduzierungen, was einen geringe‐ ren Arbeitskräftebedarf nach sich zieht und die Arbeitslosigkeit sogar noch erhöht. Auch die Annahme vollkommen flexibler Preise wurde von Keynes in Frage gestellt, weil Preise - und das gilt auch für den Lohn als Preis für den Produktionsfaktor Arbeit - häufig nach unten hin starr sind, also nicht sinken. Die auf seinen Überlegungen basierenden theo‐ retischen Modelle werden als Keynesianismus bzw. keynesianische Makroökonomie bezeichnet. Eine zentrale Annahme der keynesianischen Makroökonomie ist, dass die privaten Haushalte Einkommenszuwächse nicht vollständig für Kon‐ sumzwecke verwenden. Ein Teil dieses Einkommens wird gespart. Von einem zusätzlichen Euro Volkseinkommen werden also z. B. nur 80 Prozent konsumiert und 20 Prozent gespart. Der prozentuale Anteil des Volksein‐ kommens, der für Konsumzwecke verwendet wird, wird als marginale Konsumneigung bezeichnet. Die marginale Konsumneigung (c) ist positiv, aber geringer als 100 Prozent, d. h. es gilt: 0 < c < 1. Die gesamtwirtschaftliche Konsumgüternachfrage lautet somit wie folgt: C = B + c ∙ Y. espresso-Wissen | Der Umstand, dass eine Erhöhung des Einkommens nur zu einer unterproportionalen Erhöhung der Konsumausgaben führt und die marginale Konsumneigung somit kleiner als eins ist, wird als fundamental psychologisches Gesetz bezeichnet. 52 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="54"?> Aus der Konsumnachfrage der privaten Haushalte lässt sich das Sparverhal‐ ten ableiten. Da die privaten Haushalte ihr Einkommen annahmegemäß nur für Konsumzwecke oder die Ersparnisbildung verwenden können, gilt: Y = C + S. Wird vom Basiskonsum abgesehen, lassen sich die Ersparnisse wie folgt berechnen: S = Y - C = Y - c ∙ Y = (1 - c) ∙ Y. Da die marginale Konsumneigung (c) zwischen null und eins liegt, liegt auch der Ausdruck (1 - c) zwischen null und eins. Der Ausdruck (1 - c) entspricht der marginalen Sparquote (s). Die gesamtwirtschaftliche Sparfunktion lautet somit S = s ∙ Y mit 0 < s < 1, d. h. mit einem Anstieg des Volkseinkommens nehmen auch die gesamtwirtschaftlichen Ersparnisse zu. Zudem gilt: c + s = 1. Bezüglich der Investitionsgüternachfrage bzw. kürzer der Investitions‐ nachfrage der Unternehmen wird folgendes Investitionsverhalten ange‐ nommen: Es gibt in jedem Jahr eine Reihe von Investitionsprojekten, die unterschiedliche erwartete Renditen abwerfen. Die Höhe der erwarteten Rendite hängt von zwei zentralen Größen ab: Von der Technologie sowie der damit verbundenen Produktivität und von den Absatzerwartungen der Unternehmen. Die Entscheidung, welche Investitionsprojekte tatsächlich durchgeführt werden, hängt maßgeblich vom herrschenden Marktzinssatz ab. Vereinfa‐ chend wird davon ausgegangen, dass der Zinssatz für Kredite mit dem Zinssatz für Guthaben identisch ist. Daher gibt es nur einen Marktzinssatz bzw. kürzer nur einen Zinssatz (i für interest rate). Um zu entscheiden, ob ein Investitionsprojekt durchgeführt werden soll oder nicht, vergleicht der potenzielle Investor den Zinssatz mit seiner erwarteten Rendite: ● Wenn der Zinssatz geringer ist als die erwartete Rendite, ist das Inves‐ titionsprojekt lohnend und wird daher durchgeführt. ● Bei einem Zinssatz, der höher ist als die erwartete Rendite, lohnt sich die Investition nicht. ● Stimmt die erwartete Rendite mit dem Zinssatz überein, ist der Investor indifferent. In diesem Fall wird die Annahme getroffen, dass die Inves‐ tition durchgeführt wird. Diese Überlegungen gelten unabhängig davon, ob der Investor das Projekt mit Eigenkapital oder Fremdkapital finanziert: ● Wenn der Investor über 50.000 Euro für ein entsprechendes Investitions‐ projekt mit einer erwarteten Rendite von 10 % verfügt und der Zinssatz bei 8 % liegt, ist die Durchführung der Investition lohnend. Das mit 3.1 Das Gütermarktgleichgewicht bei fixen Preisen 53 <?page no="55"?> der Investition verbundene jährliche Einkommen beträgt 5.000 Euro (10 % auf 50.000 Euro). Eine Geldanlage führt hingegen nur zu einem jährlichen Zinseinkommen in Höhe von 4.000 Euro. ● Auch wenn der Investor nicht über die 50.000 Euro für das Investitions‐ projekt verfügt, ist diese Investition bei einem Zinssatz von 8 % lohnend: Der Investor leiht sich das Geld und muss dafür jährlich 4.000 Euro Zinsen zahlen. Er erzielt jedoch jedes Jahr eine Rendite in Höhe von 5.000 Euro, was ihm einen Nettoertrag in Höhe von 1.000 Euro bringt. Die Höhe der gesamtwirtschaftlichen Investitionsnachfrage hängt somit von der Höhe des Zinssatzes ab. Bei einem hohen Zinssatz werden nur sehr wenige Investitionsprojekte durchgeführt. Wenn der Zinssatz sinkt, werden auch Projekte lohnend, die dies bei einem höheren Zins nicht sind. Die gesamtwirtschaftliche zinsabhängige Investitionsfunktion lautet daher I = I (i). Die erste Ableitung dieser Funktion nach dem Zinssatz i ist negativ, d. h. ein Anstieg des Zinssatzes führt zu einem Rückgang der Investitionsgüternachfrage. Aus den bisherigen Ausführungen lässt sich ein einfaches Gütermarkt‐ modell mit vier Gleichungen erstellen. (1) Y d = Y s = Y (2) Y d = C + I (3) C = B + c ∙ Y (4) I = I (i) Werden die Gleichungen (3) und (4) in Gleichung (2) eingesetzt, folgt daraus: (5) Y = B + c ∙ Y + I(i) bzw. Y - c ∙ Y = B + I (i) bzw. (1 - c) ∙ Y = B + I (i) Aus der Auflösung von Gleichung (5) nach Y ergibt sich für die Berechnung des gleichgewichtigen Volkseinkommens Y*, bei dem der Gütermarkt im Gleichgewicht ist, folgende Bestimmungsgleichung: (6) Y* = 1 1 − c ∙ [B + I (i)] Die Größen B und c sind dabei gegeben und konstant. Diese Gleichung hat somit zwei Unbekannte: das Gleichgewichtseinkommen Y* und den gleichgewichtigen Zinssatz i*. Eine Gleichung mit zwei Unbekannten hat keine eindeutige Lösung. Stattdessen gibt es zahlreichen Kombinationen von Volkseinkommen und Zinssatz, die diese Gleichgewichtsbedingung erfüllen. 54 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="56"?> Grafisch lassen sich die Kombinationen aus Volkseinkommen und Zins‐ satz, die zu einem Gütermarktgleichgewicht führen, mit Hilfe der I=S-Be‐ dingung finden. ● Wenn der Zinssatz hoch ist (i 0 in→Abb. 3.1), sind die zinsabhängigen Inves‐ titionen der Unternehmen gering. Ein Gütermarktgleichgewicht verlangt nach der I=S-Bedingung, dass die Ersparnisse bei geringen Investitionen ebenfalls gering sind. Da die Höhe der Ersparnisse in positiver Weise von der Höhe des Volkseinkommens abhängt, sind die Ersparnisse nur dann gering, wenn auch das Volkseinkommen gering ist. Für ein Gleichgewicht auf dem Gütermarkt muss deshalb bei einem hohen Zinssatz (i 0 ) das Volkseinkommen bzw. Inlandsprodukt gering sein (Y 0 ). ● Wenn der Zinssatz hingegen gering ist (i 1 ), ist die Investitionsnachfrage hoch. Hohe Investitionen verlangen nach der I=S-Bedingung hohe Erspar‐ nisse. Hohe Ersparnisse setzen wiederum ein hohes Volkseinkommen voraus. Bei einem niedrigen Zinssatz (i 1 ) muss das Volkseinkommen daher hoch sein (Y 1 ), damit ein Gleichgewicht auf dem Gütermarkt erreicht wird. Abb. 3.1: Die IS-Gerade als Gleichgewichtsbedingung für den Gütermarkt i i 0 Y • IS-Gerade Y 0 Y 1 • Q 1 i 1 • • Q 2 S(Y) > I(i) = Angebotsüberschuss I(i) > S(Y) = Nachfrageüberhang Abb. 3.1: Diese Abbildung zeigt die IS-Gerade. Sie enthält alle Kombinationen von Zinssatz und Volkseinkommen, bei denen der Gütermarkt geräumt ist. Bei allen Punkten über der IS-Geraden sind die Ersparnisse größer als die Investitionen, sodass es auf dem Gütermarkt einen Angebotsüberschuss gibt. Bei allen Punkten unterhalb der IS-Geraden liegt ein Nachfrageüberhang vor. 3.1 Das Gütermarktgleichgewicht bei fixen Preisen 55 <?page no="57"?> Die Kombination aus einem hohen Zinssatz (i 0 ) und einem hohen Volksein‐ kommen (Y 1 ), also der Punkt Q 1 in → Abb. 3.1, führt auf dem Gütermarkt zu einem Angebotsüberschuss (Y s > Y d ): Ein hohes Volkseinkommen hat hohe Ersparnisse zur Folge. Hohe Ersparnisse bedeuten hohe Nachfragausfälle. Zur Kompensation dieser Nachfrageausfälle müsste die Investitionsnach‐ frage der Unternehmen ebenfalls hoch sein. Bei einem hohen Zinssatz sind die zinsabhängigen Investitionen jedoch gering. Die Konsumnachfrageaus‐ fälle infolge der hohen Ersparnisse sind folglich größer als die zusätzliche Güternachfrage in Form von Investitionen. Das Inlandsprodukt - und damit auch die angebotene Gütermenge - ist deshalb größer als die Güternach‐ frage. Um auf dem Gütermarkt ein Gleichgewicht zu erreichen, müsste entweder bei einem unveränderten Volkseinkommen der Zins sinken, damit es höhere Investitionen gibt, oder bei einem unveränderten Zinssatz müsste das Volkseinkommen sinken, damit es geringere Ersparnisse gibt. Die Kombination aus einem geringen Zinssatz (i 1 ) und einem geringen Volkseinkommen (Y 0 ), also der Punkt Q 2 , führt auf dem Gütermarkt zu einem Nachfrageüberhang (Y d > Y s ): Ein geringer Zinssatz hat hohe Investitionen zur Folge. Um auf dem Gütermarkt ein Gleichgewicht zu erreichen, wäre ein hoher Nachfrageausfall seitens der Konsumenten erforderlich, also hohe Ersparnisse. Hohe Ersparnisse setzen jedoch ein hohes Volkseinkommen voraus. Dies ist bei Y 0 nicht der Fall. Der aus den Ersparnissen resultierende Nachfrageausfall ist angesichts der hohen Investitionen also zu gering, sodass ein Nachfrageüberhang auf dem Gütermarkt auftritt. Um einen Ausgleich von Güterangebot und Güternachfrage zu erreichen, müssten bei einem unveränderten Volkseinkommen die Investitionen zurückgehen, der Zinssatz also steigen. Alternativ müssten bei einem unveränderten Zinssatz die Ersparnisse größer werden, was ein höheres Volkseinkommen verlangt. Somit lässt sich festhalten: Bei einer zinsabhängigen Investitionsnach‐ frage gibt es nicht nur ein gleichgewichtiges Volkseinkommen, sondern eine ganze Reihe von Zinssatz-Volkseinkommen-Kombinationen, die zu einem Gütermarktgleichgewicht führen. In einem Zins-Volkseinkommen-Dia‐ gramm lassen sich diese Kombinationen durch eine Gerade, die so genannte IS-Gerade (Kurzform für I=S-Gerade) darstellen. espresso-Wissen | Die IS-Gerade stellt alle Kombinationen von Volks‐ einkommen (Y) und Zinssätzen (i) dar, die auf dem Gütermarkt für ein Gleichgewicht sorgen. Jede Kombination über der IS-Geraden führt zu 56 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="58"?> einem Angebotsüberschuss auf dem Gütermarkt. Jede Kombination un‐ ter der IS-Geraden ist mit einem Nachfrageüberhang auf dem Güter‐ markt verbunden. Wichtig ist in diesem Kontext der Hinweis, dass die IS-Gerade keinen funktionalen Zusammenhang darstellt. Sie besagt also nicht, dass ein hoher Zinssatz kausal mit einem geringeren Volkseinkommen verbunden ist. Sie ist stattdessen eine Gleichgewichtskurve, die aussagt, wie hoch der Zinssatz bei einem bestimmten Volkseinkommen sein muss, damit die gesamtwirt‐ schaftliche Güternachfrage mit dem gesamtwirtschaftlichen Güterangebot übereinstimmt und der Gütermarkt somit geräumt ist. Der Verlauf der IS-Geraden hängt u. a. von der erwarteten Rendite und damit von den unternehmerischen Erwartungen ab. Wenn die Unternehmen optimistisch in die Zukunft blicken und glauben, dass die Kon‐ sumenten eine höhere Gütermenge nachfragen, lohnen sich Investitionen. Investitionen erhöhen die Produktionskapazitäten und damit die Menge der herstellbaren Güter. Bei einer optimistischen Erwartungshaltung gehen die Unternehmen davon aus, dass sie die zusätzlichen Güter verkaufen können. In diesem Fall führt schon eine geringe Zinssenkung zu einer großen Zunahme der Investitionen. Die IS-Gerade verläuft daher sehr flach. Wenn die Unternehmen hingegen pessimistisch sind und befürchten, dass sie eine größere Gütermenge nur schwer auf dem Markt verkaufen können, werden sie wenige Investitionsvorhaben realisieren. Eine Zinssenkung hat daher nur einen geringen Anstieg der Investitionen zur Folge. Die IS-Gerade verläuft daher relativ steil. Im Extremfall verläuft die IS-Gerade vollkommen zinsunelastisch, d. h. die Unternehmen reagieren überhaupt nicht auf eine Zinssenkung. Die Ursache für dieses Verhalten ist darin zu sehen, dass die Unternehmen extrem pessimistisch sind und befürchten, dass die Konsumenten nicht bereit sind, eine größere Gü‐ termenge nachzufragen. In diesem Fall verläuft die IS-Gerade parallel zur Zinsachse. Die Unternehmen führen lediglich eine bestimmte Menge an zwin‐ gend erforderlichen Ersatzinvestitionen aus. Investitionen, die die Produk‐ tionskapazitäten erhöhen, finden hingegen nicht statt. Die Volkswirtschaft befindet sich in der so genannten Investitionsfalle - Zinssenkungen sind nicht in der Lage, die gesamtwirtschaftlichen Investitionen zu steigern. Die Lage der IS-Geraden verändert sich, wenn sich weitere Komponenten der gesamtwirtschaftlichen Güternachfrage ändern. Wenn z. B. zusätzlich zu 3.1 Das Gütermarktgleichgewicht bei fixen Preisen 57 <?page no="59"?> den Investitionen noch die Staatsausgaben (G für Government) betrachtet werden, verändert das die gesamtwirtschaftliche Güternachfrage. In dem bereits skizzierten einfachen Gütermarktmodell mit vier Gleichungen erhält die Gleichung (2) mit den Staatsausgaben eine zusätzliche Nachfragekom‐ ponente. Somit gilt: (2‘) Y d = C + I + G Damit verändert sich auch die Bestimmungsgleichung für ein Gütermarktgleichgewicht, d. h. aus Gleichung (6) wird Gleichung (6‘): (6‘) Y* = 1 1 − c ∙ [B + I (i) + G] Abb. 3.2: Veränderung der Lage der IS-Geraden bei einer Erhöhung der Staatsausgaben (G ↑ ) i i 1 Y • IS-Gerade 0 Y 0 i 0 • IS-Gerade 1 G ↑ Abb. 3.2: Diese Abbildung zeigt, wie Erhöhungen oder Reduzierungen von exogenen Nachfragekomponenten die Lage der IS-Geraden verändern. Eine Zunahme der staatli‐ chen Güternachfrage (G ↑) verschiebt die IS-Gerade nach rechts. Bei Veränderungen des Zinssatzes (i) oder des Inlandsprodukts bzw. Volkseinkommens (Y) findet hingegen eine Bewegung auf der IS-Geraden statt. Eine Erhöhung der Staatsausgaben führt zu einer Verschiebung der IS-Ge‐ raden nach rechts (→ Abb. 3.2). Ausgehend von der IS-Geraden 0 lässt sich diese Verschiebung wie folgt erklären: 58 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="60"?> ● Die Zinssatz-Volkseinkommen-Kombination i 0 - Y 0 stellt ein mögliches Gütermarktgleichgewicht dar. Wenn nun die Staatsausgaben erhöht werden, bedeutet dies unter sonst gleichen Bedingungen eine höhere Güternachfrage. Damit kommt es zu einem Nachfrageüberhang auf dem Gütermarkt. ● Zum Ausgleich dieses Ungleichgewichts muss eine andere Güternachfragekomponente geringer werden. Dies kann bei unverändertem Volkseinkommen (Y = Y 0 ) - und damit einer unveränderter Konsum‐ nachfrage - nur durch eine Reduzierung der Investitionsnachfrage geschehen. ● Eine Reduzierung der Investitionsnachfrage verlangt im Fall zinsabhän‐ giger Investitionen einen Anstieg des Zinssatzes, weil steigende Zinsen zu sinkenden Investitionen führen. Denkbar wäre beispielsweise, dass der Zinssatz auf i = i 1 steigen muss, damit die Investitionen so weit zurückgehen, dass der Gütermarkt bei Y = Y 0 wieder ausgeglichen ist. Die Erhöhung der Staatsausgaben hat also zur Folge, dass nun die Kombina‐ tion i 1 - Y 0 ein Gütermarktgleichgewicht darstellt. Generell verschieben sich alle Zinssatz-Volkseinkommen-Kombinationen, die ein Gütermarktgleich‐ gewicht implizieren, in dieser Weise. Die Staatsausgabenerhöhung bewirkt also eine Rechtsverschiebung der IS-Geraden in einem Zinssatz-Volksein‐ kommen-Diagramm. Auch andere Steigerungen von Nachfragekomponen‐ ten - z. B. dem autonomen Konsum (B) oder den hier nicht berücksichtigten Exporten - haben eine Verschiebung der IS-Geraden nach rechts zur Folge. Umgekehrt führen Nachfragereduzierungen bei den Staatsausgaben oder den Exporten zu einer Linksverschiebung der IS-Geraden. Ein weiterer Lageparameter der IS-Geraden sind die bereits erwähnten unternehmerischen Erwartungen bezüglich der zukünftigen Absatzerwar‐ tungen. Wenn sich diese Erwartungen verschlechtern, geht die erwartete Rendite eines Investitionsprojekts zurück. Bei einem unveränderten Zins‐ satz wird diese Investition möglicherweise nicht mehr durchgeführt. Die gesamtwirtschaftliche Güternachfrage geht zurück und die IS-Gerade wird nach links verschoben. Zudem bedeutet eine Verschlechterung der un‐ ternehmerischen Erwartungen einen größeren Pessimismus im Unterneh‐ menssektor. Die IS-Gerade entwickelt sich in Richtung der Investitionsfalle, d. h. sie verläuft steiler. Zusätzlich zur Linksverschiebung der IS-Geraden erfolgt also auch noch eine Drehung, die diese Gerade steiler werden lässt. 3.1 Das Gütermarktgleichgewicht bei fixen Preisen 59 <?page no="61"?> espresso-Verständnis | Der Ausdruck 1 1 − c in den Gleichungen (6) und (6‘) ist nicht nur relevant für die Bestimmung des Gütermarktgleich‐ gewichts. Werden beispielsweise die gesamtwirtschaftlichen Investi‐ tionsausgaben um einen Euro erhöht, gibt dieser Ausdruck an, um wie viele Euro das neue gleichgewichtige Volkseinkommen steigt. In die‐ sem Fall wird der Ausdruck 1 1 − c als Investitionsmultiplikator be‐ zeichnet. Dabei gilt: Weil die marginale Konsumneigung (c) kleiner als eins ist, ist der Investitionsmultiplikator größer als eins. Im Fall einer marginalen Konsumneigung von 80 % (c = 0,8) hat der Investitions‐ multiplikator den Wert 5. Eine Steigerung der Investitionen um einen Euro erhöht das gleichgewichtige Volkseinkommen also nicht nur um einen, sondern um 5 Euro. Dies lässt sich wie folgt erklären: Zunächst einmal erhöht die Steigerung der Investitionen um einen Euro auch die gesamtwirtschaftliche Güternachfrage um einen Euro. Das bedeu‐ tet, dass in der Investitionsgüterindustrie die Produktion um einen Euro gesteigert wird, was dort die Einkommen um einen Euro erhöht. Die von dieser Einkommenserhöhung betroffenen privaten Haushalte haben ein höheres verfügbares Einkommen, von denen sie 80 % für eine Erhöhung ihrer Konsumausgaben verwenden. In der Konsum‐ güterindustrie steigen die Produktion und die Einkommen somit um 0,8 Euro. Von diesem um 0,8 Euro höheren Einkommen werden wie‐ derum 80 % für Konsumgüter ausgegeben, d. h. die Konsumgüter‐ nachfrage steigt um 0,64 Euro. Dieser Prozess setzt sich so lange fort, bis die zusätzlichen Einkommen gegen null tendieren. Werden alle Erhöhungen der Güternachfrage - also sowohl die ursprüngliche Stei‐ gerung der Investitionsgüternachfrage als auch die durch sie ausge‐ lösten Erhöhungen der Konsumgüternachfrage - aufsummiert, steigt die gesamtwirtschaftliche Güternachfrage langfristig um 5 Euro. Und da sich die Unternehmen an die höhere Nachfrage anpassen, steigen auch die Güterproduktion und das Volkseinkommen um 5 Euro. Falls die staatlichen Ausgaben für Güter erhöht werden, stellt der Ausdruck 1 1 − c den Staatsausgabenmultiplikator dar. 60 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="62"?> 3.2 Das Geldmarktgleichgewicht bei fixen Preisen espresso-Wissenscheck-|-https: / / narr.kwaest.io/ s/ 1255 espresso-Keywords | Geldfunktionen (Tauschmittelfunktion, Rechen‐ einheitsfunktion, Wertaufbewahrungsfunktion), Geldangebot, Transak‐ tionskasse, Spekulationskasse, effektive Verzinsung, Zinsuntergrenze, maximaler Zinssatz, Geldmarktgleichgewicht, LM-Kurve, Liquiditäts‐ falle In einer Volkswirtschaft benötigen die Menschen Geld, um die Käufe von Gütern und Vermögensgegenständen zu finanzieren. Einen echten Markt, auf dem Geld angeboten und nachgefragt wird, gibt es in der Realität nicht. Vielmehr handelt sich bei diesem Markt um ein Hilfskonstrukt. Die Berücksichtigung des Geldmarktes ist erforderlich, um die Höhe des Zinssatzes zu erklären, der sich aus dem Zusammenspiel von Geldangebot und Geldnachfrage ergibt. espresso-Verständnis | Geld erfüllt in einer Volkswirtschaft drei zen‐ trale Funktionen: Zunächst einmal ist Geld ein allgemein akzeptiertes Tauschmittel, das den Austausch von Gütern und Vermögensgegen‐ ständen erheblich erleichtert (Tauschmittelfunktion). Jeder Ver‐ käufer akzeptiert dieses Tauschmittel, selbst wenn er es nicht benötigt, weil er es später für den Kauf anderer Güter verwenden kann. Zwei‐ tens ist Geld eine Recheneinheit, die eine einheitliche Bewertung aller Güter und Vermögensgegenstände ermöglicht (Recheneinheits‐ funktion). Schließlich hat Geld noch eine Wertaufbewahrungs‐ funktion. Sie erlaubt es, zwischen dem Einkommenserwerb und der Verausgabung dieses Einkommens einen gewissen Zeitraum verstrei‐ chen zu lassen und so Vermögen aufzubauen. Jedes Objekt, das diese drei Funktionen erfüllt, ist im ökonomischen Sinne Geld. In der makroökonomischen Theorie wird das Geldangebot von der Zentral‐ bank gesteuert. In der Realität ist die Geldschöpfung ein komplizierter Prozess, bei dem auch die Geschäftsbanken eine Rolle spielen. Sie können 3.2 Das Geldmarktgleichgewicht bei fixen Preisen 61 <?page no="63"?> durch die Vergabe von Krediten die Höhe des gesamtwirtschaftlichen Geld‐ angebots beeinflussen. Diese Aspekte werden in der Geldtheorie behandelt. In der Makroökonomie wird vereinfachend davon ausgegangen, dass das gesamtwirtschaftliche Geldangebot von der Zentralbank direkt kontrolliert werden kann. Die Zentralbank kann das Geldangebot (M für money) annahmegemäß auf den Eurocent genau steuern. Neben der nominalen Geldmenge (M) spielt auch die reale Geldmenge eine Rolle. Sie ergibt sich aus der Division der nominalen Geldmenge durch das gesamtwirtschaftliche Preisniveau (P). Wird dieses Preisniveau konstant gehalten und auf eins normiert, stimmen die nominale und reale Geldmenge überein. Private Haushalte und Unternehmen benötigen Geld, um damit den Kauf von Gütern abzuwickeln. Die Höhe der für diese Transaktionszwecke benötigten Geldmenge hängt von dem jährlichen Gütervolumen ab, das die Gesellschaft bewegen muss. Das Gütervolumen entspricht vereinfachend dem Inlandsprodukt, das mit dem Volkseinkommen übereinstimmt. espresso-Wissen | Die Geldmenge, die für die Abwicklung der Güter‐ käufe benötigt wird, heißt Transaktionskasse (L T mit L für Liquidi‐ tätsnachfrage). Dabei wird ein proportionaler Zusammenhang zwischen dem Inlandsprodukt und der Transaktionskasse angenommen. Wenn das Inlandsprodukt (Y) eines Landes beispielsweise 100 Milliarden Euro beträgt und jeder Euro viermal pro Jahr für den Kauf von Gütern verwendet wird, beträgt die benötigte Transaktionskasse 25 Milliarden Euro. Die Höhe der Geldnachfrage für Transaktionszwecke lässt sich daher wie folgt ausdrücken: L T = λ ∙ Y mit λ > 0. In dem Zahlenbeispiel hat λ den Wert ¼ bzw. 0,25. Daneben gibt es ein zweites Motiv für eine Nachfrage nach Geld, die Geldnach‐ frage aus Spekulationsgründen. Sie hängt mit dem Kauf von Wertpapieren zusammen. Ein Wirtschaftssubjekt kann den Teil des ihm zur Verfügung stehenden Geldes, der nicht für Transaktionszwecke benötigt wird, für den Kauf von Wertpapieren verwenden. In diesem Fall werden Zinseinnahmen erzielt, die das Einkommen erhöhen. Es besteht jedoch die Gefahr, dass es zu Kursverlusten kommt. Wenn Kursverluste verhindert werden sollen, findet kein Wertpapierkauf statt. Das bedeutet den Verzicht auf Zinseinnahmen. In diesem Fall hält das Wirtschaftssubjekt das zur Verfügung stehende Geld in Form der Spekulationskasse - es wird auf geringere Wertpapierkurse gewartet, bei denen sich der Wertpapierkauf lohnt. 62 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="64"?> Ob sich ein Wirtschaftssubjekt für den Kauf eines Wertpapiers entscheidet, hängt maßgeblich von dessen erwarteter Kursentwicklung ab. Wenn ein Wertpapier zu Beginn einer Anlageperiode - beispielsweise am Anfang eines Jahres - den Kurswert KW 0 hat, der Anleger am Ende der Anlageperiode den Kurswert KW 1erw. erwartet und der Zinsbetrag, der innerhalb des Jahres einge‐ nommen wird, die Höhe ZE hat, lässt sich der mit dem Kauf eines Wertpapiers erwartete Ertrag (E erw. ) wie folgt ausdrücken: E erw. = KW 1erw. - KW 0 + ZE. ● Sofern dieser Ausdruck positiv ist (KW 1erw. - KW 0 + ZE > 0), lohnt sich der Kauf des Wertpapiers. Selbst wenn ein Kursverlust erwartet wird, kann dieser durch die Zinseinnahmen überkompensiert werden. Eine Person mit dieser Erwartungshaltung wird das verfügbare Geld komplett für den Kauf von Wertpapieren verwenden. Die Spekulationskasse (L s ) ist gleich Null. ● Falls der erwartete Ertrag eines Wertpapierkaufs negativ ist, kann der erwartete Kursverlust nicht mehr durch die Zinseinkünfte kompensiert werden. Dann ist es sinnvoll, auf den Kauf von Wertpapieren zu ver‐ zichten. Das gesamte nicht für Transaktionszwecke benötige Geld wird als Spekulationskasse gehalten. ● Die Frage, ob eine Person ihr Geld für den Kauf von Wertpapieren ausgibt oder Geld in Form der Spekulationskasse hält, ist folglich eine Alles-oder-Nichts-Entscheidung. Wichtig ist in diesem Kontext der Hinweis, dass die Erwartungen bezüglich der zukünftigen Kursentwicklung individuell unterschiedlich sind. Jeder Wirtschaftsakteur hat seine eigenen Vorstellungen über die Höhe des Kurses am Ende eines Jahres. Bei einem höheren Kurs verkaufen also nur einige Anleger ihre Wertpapiere (weil der bis zum Ende des Jahres erwartete Kursverlust nicht mehr von den Zinseinnahmen gedeckt wird), während andere ihre Wertpapiere weiter halten. Die Entscheidung für oder gegen das Halten von Spekulationskasse lässt sich auch in Abhängigkeit vom herrschenden Marktzins treffen. Wenn der Nominalwert eines Wertpapiers 1.000 Euro beträgt und die festgelegte jährliche Verzinsung bei 5 % liegt, werden dem Eigentümer dieses Papiers unabhängig vom schwankenden Kurswert jedes Jahr 50 Euro Zinsen gezahlt. Die Rendite bzw. die effektive Verzinsung des Wertpapiers hängt jedoch vom jeweiligen Kurswert ab (→ Tab. 3.1). Ein Anstieg des Kurswerts ist daher mit einem Rückgang der effektiven Verzinsung verbunden. 3.2 Das Geldmarktgleichgewicht bei fixen Preisen 63 <?page no="65"?> aktueller Kurs des Wertpapiers feste Zinszahlung effektiver Zinssatz 500 € 50 € 10 % 1.000 € 50 € 5 % 2.000 € 50 € 2,5 % Tab. 3.1: Die Tabelle zeigt den Zusammenhang zwischen Kurswert, Zinszahlung und effektiver Verzinsung eines Wertpapiers. Wenn sich über eine Kursschwankung die effektive Verzinsung der am Markt gehandelten Wertpapiere verändert, hat das Rückwirkungen auf die Höhe der Nominalverzinsung von neu ausgegebenen Wertpapieren. Falls eine rückläufige Nachfrage nach Wertpapieren den Wertpapierkurs auf 500 Euro reduziert und der effektive Zinssatz auf 10 % steigt, müssen Unternehmen und der Staat nun bei neuen Wertpapieren ihre nominale Verzinsung auf 10 % anheben. Täten sie dies nicht, könnten sie sich kein Geld durch den Verkauf von Wertpapieren beschaffen, denn die Anleger würden ausschließlich die Wertpapiere kaufen, die eine zehnprozentige Rendite abwerfen. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Zinssatz (i) der Volkswirtschaft auf 10 % steigt. Auf Grundlage dieser Zusammenhänge zwischen dem Wertpapierkurs und dem Zinssatz lässt sich die Nachfrage nach Spekulationskasse in Abhängigkeit vom Zinssatz beschreiben: ● Wenn der Zinssatz hoch ist, ist der aktuelle Kurswert von Wertpapieren niedrig. Die Gefahr, dass es zu Kursverlusten kommt, ist klein. Daher halten viele Wirtschaftsakteure Wertpapiere. Die Nachfrage nach Spe‐ kulationskasse ist folglich gering. ● Wenn der Zinssatz sinkt, bedeutet das einen Anstieg der Wertpapier‐ kurse. Die Gefahr von Kursverlusten wächst. Einige Anleger trennen sich von ihren Wertpapieren, um diese Verluste zu vermeiden. Das damit eingenommene Geld fließt in die Spekulationskasse, sodass die Nachfrage nach Spekulationskasse steigt. ● Wenn der Zinssatz niedrig ist, ist der aktuelle Kurswert von Wertpa‐ pieren hoch. Die Gefahr von Kursverlusten ist groß. Deshalb halten nur sehr wenige Wirtschaftsakteure Wertpapiere. Die Nachfrage nach Spekulationskasse ist daher hoch. 64 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="66"?> In Abhängigkeit von den individuell divergierenden Erwartungen bezüglich der zukünftigen Wertpapierkursentwicklung ergibt sich zudem für jede Volkswirtschaft eine Zinsuntergrenze und ein maximaler Zinssatz. ● Zinsuntergrenze Wenn der Wertpapierkurs sehr hoch ist, befürchten viele Personen Kursverluste, die höher ausfallen als die Zinseinnahmen. Daher werden diese Menschen keine Wertpapiere kaufen. Irgendwann ist selbst der optimistischste Mensch der Volkswirtschaft davon überzeugt, dass er entsprechend hohe Kursverluste erleiden wird. In dieser Situation ist niemand bereit, weitere Wertpapiere zu kaufen. Ohne eine zusätzliche Wertpapiernachfrage kann der Wertpapierkurs nicht mehr steigen. Die Volkswirtschaft hat den höchsten möglichen Kurswert erreicht - und damit auch den geringsten Zinssatz. Für weitere Zinssenkungen wäre ein Anstieg des Wertpapierkurses erforderlich, aber das geschieht nicht mehr. Die Volkswirtschaft hat ihre Zinsuntergrenze erreicht. ● Maximaler Zinssatz Wenn der Wertpapierkurs sehr niedrig ist, befürchtet niemand Kursver‐ luste, die höher ausfallen als die Zinseinnahmen. Alle Menschen kaufen in dieser Situation Wertpapiere. Das bedeutet, dass der Wertpapierkurs nicht weiter sinken kann. Für einen Rückgang des Wertpapierkurses wären weitere Wertpapierverkäufe erforderlich. Das passiert jedoch nicht. Die Volkswirtschaft hat den geringsten Wertpapierkurs erreicht und damit auch den höchsten Zinssatz. Mit Hilfe der Zinsuntergrenze (i u ) und dem maximalen Zinssatz (i max. ) lässt sich die gesamtwirtschaftliche Geldnachfrage - also sowohl die aus Transaktionszwecken als auch die aus Spekulationsgründen - in einem Zins-Geldmengen-Diagramm darstellen. Wenn der Zinssatz höher ist als der maximale Zinssatz, ist der Wert‐ papierkurs so niedrig, dass alle Wirtschaftssubjekte Wertpapiere halten. Niemand hält Spekulationskasse. Die gesamte Geldnachfrage (L) besteht ausschließlich aus dem Bedarf an Transaktionskasse, d. h. es gilt: L = L T . Die Höhe der benötigten Transaktionskasse ist unabhängig von der Zinshöhe. Wenn also die Nachfrage nach Transaktionskasse L T = 0,25 ∙ Y lautet und der Wert für Y bei 100 Milliarden Euro liegt, beträgt die für Transaktionszwecke benötigte Geldmenge 25 Milliarden Euro. Auch die gesamtwirtschaftliche Geldnachfrage L beträgt 25 Milliarden Euro, weil die Nachfrage aus Spekulationszwecken gleich null ist. 3.2 Das Geldmarktgleichgewicht bei fixen Preisen 65 <?page no="67"?> Wenn der Zinssatz sinkt, bedeutet dies einen Anstieg des Wertpapierkur‐ ses. Bei einem steigenden Wertpapierkurs trennen sich einige Wirtschafts‐ subjekte von ihren Wertpapieren, weil sie Kursverluste befürchten. Diese Personen fragen nun Spekulationskasse nach. Die gesamtwirtschaftliche Geldnachfrage steigt, weil es zusätzlich zur Geldnachfrage aus Transakti‐ onsgründen auch noch eine Geldnachfrage aus Spekulationsgründen gibt (L = L T + L S ). Je geringer der Zinssatz ist, desto größer ist die Nachfrage aus Spekulationsgründen und damit auch die gesamtwirtschaftliche Geldnach‐ frage. Der Zins kann, wie erläutert, nicht unter die Zinsuntergrenze absinken. Das bedeutet: Wenn die Zinsuntergrenze erreicht ist, fließt jeder zusätzlich verfügbare Euro in die Spekulationskasse. Die gesamtwirtschaftliche Geld‐ nachfragekurve verläuft parallel zur Geldmengenachse (→-Abb. 3.3). Abb. 3.3: Gesamtwirtschaftliche Geldnachfragekurve i i max. L • i u • L = L T (Y) + L S (i) Abb. 3.3: Diese Abbildung zeigt die Höhe der gesamtwirtschaftlichen Geldnachfrage (L) in Abhängigkeit vom Zinssatz (i). Bei einem hohen Zinssatz - und damit niedrigen Wertpapierkurs - halten alle Wirtschaftsakteure Wertpapiere. Geld wird daher nur aus Transaktionszwecken nachgefragt. Bei einem sinkenden Zinssatz - und damit steigenden Wertpapierkurs - trennen sich einige Wirtschaftsakteure von ihren Wertpapieren. Daher nimmt die Geldnachfrage aus Spekulationszwecken bei einem sinkenden Zinssatz zu. Um das Geldmarktgleichgewicht zu bestimmen, muss nun noch das Geldan‐ gebot (M) der Zentralbank berücksichtigt werden. Der Schnittpunkt aus der 66 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="68"?> zinsunabhängigen Geldangebotsgeraden mit der gesamtwirtschaftlichen Geldnachfragekurve legt den für ein Geldmarktgleichgewicht (Q 0 ) erfor‐ derlichen Zinssatz (i 0 ) fest (→-Abb. 3.4). Abb. 3.4: Geldmarktgleichgewicht in einem Zins-Geldmengen-Diagramm i i 1 M, L • i 0 • M = L L 1 L 0 M Q 0 Q 1 Y ↑ Abb. 3.4: Diese Abbildung zeigt das Gleichgewicht auf dem Geldmarkt, wo das Geldange‐ bot der Zentralbank (M) auf die Geldnachfrage aus Spekulations- und Transaktionszwe‐ cken (L = L S + L T ) trifft. Bei einer Erhöhung des Inlandsprodukts nimmt die Nachfrage nach Transaktionskasse zu, sodass die gesamtwirtschaftliche Geldnachfragekurve nach rechts verschoben wird und sich ein neues Geldmarktgleichgewicht mit einem höheren Zinssatz einstellt. Wenn ausgehend von diesem Geldmarktgleichgewicht das Volkseinkom‐ men steigt (Y ↑), ergibt sich ein neues Geldmarktgleichgewicht (Q 1 ): Das höhere Volkseinkommen führt zu einer höheren Geldnachfrage aus Transaktionszwecken. Die gesamtwirtschaftliche Geldnachfragekurve wird daher nach rechts verschoben. Die Zinsuntergrenze und der maximale Zinssatz verändern sich nicht, weil die dafür relevanten Erwartungen der Wirtschaftsakteure über die zukünftigen Wertpapierkurse konstant bleiben. Das neue Geldmarktgleichgewicht zeichnet sich durch einen höheren Zins aus (i 1 > i 0 ). Dieser Zinsanstieg lässt sich wie folgt erklären: Bei einem höheren Volkseinkommen steigt der Bedarf an Transaktionskasse. Da das Geldange‐ bot unverändert ist, muss für ein Geldmarktgleichgewicht die Nachfrage 3.2 Das Geldmarktgleichgewicht bei fixen Preisen 67 <?page no="69"?> nach Spekulationskasse sinken. Die Nachfrage nach Spekulationskasse geht zurück, wenn die Wirtschaftssubjekte vermehrt Wertpapiere kaufen. Dies machen sie nur bei sinkenden Wertpapierkursen, was mit einem Zinsanstieg einhergeht. Praktisch erfolgt die Anpassung an das neue Gleichgewicht wie folgt: Weil die Wirtschaftsakteure bei einem höheren Volkseinkommen mehr Güter kaufen, benötigen sie eine höhere Transaktionskasse. Diese Liquidität bekommen sie, indem sie Wertpapiere verkaufen und dafür Geld erhalten. Wenn verstärkt Wertpapiere verkauft werden, erhöht sich das Angebot an Wertpapieren, was zu einem Kursrückgang führt - und damit zu einem Anstieg der effektiven Verzinsung, also auch einem Zinsanstieg. Um zur LM-Kurve zu gelangen, muss das Geldmarktgleichgewicht in einem Zins-Volkseinkommen-Diagramm abgebildet werden. espresso-Wissen | Die LM-Kurve ist die Kurzform für L=M-Kurve, also für die Kurve, bei der die Geldnachfrage (L) dem Geldangebot (M) ent‐ spricht. Diese Kurve enthält alle Kombinationen von Volkseinkommen (Y) und Zins (i), bei denen der Geldmarkt im Gleichgewicht ist. Grundsätzlich gilt für die LM-Kurve der in → Abb. 3.4 bereits angedeutete Zusammenhang: Wenn das Volkseinkommen steigt und der Bedarf an Transaktionskasse wächst, muss die Nachfrage nach Spekulationskasse wegen des unveränderten Geldangebots zurückgehen, um ein Geldmarktg‐ leichgewicht zu erreichen. D. h. die Wirtschaftsakteure müssen mehr Wertpapiere nachfragen und damit ihre Nachfrage nach Spekulationskasse verringern. Dies machen sie, wie beschrieben, nur bei sinkenden Wertpa‐ pierkursen und einem daraus resultierenden Zinsanstieg. Im Normalbereich der LM-Kurve geht ein steigendes Volkseinkommen folglich mit einem steigenden Zins einher. Es gibt jedoch zwei weitere Bereiche: ● Zinsuntergrenze Ist die Zinsuntergrenze einer Volkswirtschaft erreicht, sind weitere Zinssenkungen nicht mehr möglich. Die LM-Kurve verläuft dann par‐ allel zur Volkseinkommensachse (→ Abb. 3.5). Dieser Bereich wird als Liquiditätsfalle bezeichnet. Der Begriff beschreibt den Umstand, dass die Geldpolitik den Zinssatz nicht weiter senken kann. Damit ist es nicht möglich, durch die Geldpolitik die Investitionen - und damit das 68 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="70"?> Volkseinkommen und die Beschäftigung - zu erhöhen. Dieser Aspekt wird im nachfolgenden Abschnitt 3.3 ausführlicher erläutert. ● Maximaler Zinssatz Oberhalb des höchstmöglichen Zinses in der Volkswirtschaft wird Geld nur für Transaktionszwecke nachgefragt. Die Nachfrage nach Transaktionskasse ist jedoch zinsunabhängig. Deshalb verläuft dieser Teil der LM-Kurve parallel zur Zinsachse. Dieser Teil der LM-Kurve wird als klassischer Bereich bezeichnet. Diese Bezeichnung lässt sich darauf zurückführen, dass es für die Ökonomen der klassischen Theorie nur das Transaktionsmotiv der Geldnachfrage gibt. Der Verzicht auf Zinseinnahme wäre nicht sinnvoll, deshalb wäre auch das Halten einer Spekulationskasse keine rationale Entscheidung. Grob gesprochen handelt es sich bei diesen Ökonomen um die Wirtschaftswissenschafter vor Keynes (beginnend bei Adam Smith und David Ricardo bis hin zu Léon Walras und Alfred Marschall, um nur die bekanntesten zu nennen). Abb. 3.5: Die LM-Kurve als Gleichgewichtsbedingung für den Geldmarkt i i 0 Y • Y 0 i u • LM-Kurve i* Q 0 Q* M > L T + L S = Angebotsüberschuss L T + L S > M = Nachfrageüberhang Abb. 3.5: Diese Abbildung zeigt die LM-Kurve. Sie enthält alle Kombinationen von Zinssatz (i) und Inlandsprodukt bzw. Volkseinkommen (Y), bei denen das Geldangebot mit der gesamtwirtschaftlichen Geldnachfrage übereinstimmt. Bei Punkten über dieser Kurve ist das Geldangebot höher als die Geldnachfrage, sodass es auf dem Geldmarkt einen Ange‐ botsüberschuss gibt. Alle Punkte unter der LM-Kurve sind mit einem Nachfrageüberhang auf dem Geldmarkt verbunden. 3.2 Das Geldmarktgleichgewicht bei fixen Preisen 69 <?page no="71"?> Punkte, die nicht auf der LM-Kurve liegen, bedeuten ein Geldmarktungleich‐ gewicht. Exemplarisch lässt sich dies mit Hilfe des Punktes Q 0 in → Abb. 3.5 verdeutlichen: Für das Volkseinkommen Y 0 ist der Zinssatz i 0 in Q 0 zu hoch für ein Geldmarktgleichgewicht. Ein zu hoher Zinssatz bedeutet einen zu geringen Wertpapierkurs. Ein zu geringer Wertpapierkurs hat zur Folge, dass zu viele Menschen Wertpapiere halten, weil sie keine oder nur geringe Kursverluste befürchten. Daher ist die Nachfrage nach Spekulationskasse zu gering für ein Geldmarktgleichgewicht. Somit herrscht in Q 0 ein Angebotsüberschuss auf dem Geldmarkt. Dies gilt für alle Punkte über der LM-Kurve. Unter der LM-Kurve liegt hingegen ein Nachfrageüberhang vor. Die Zentralbank kann die LM-Kurve durch ihre Geldpolitik verschieben. Wenn das Geldangebot durch eine expansive Geldpolitik erhöht wird (M ↑), muss für ein Geldmarktgleichgewicht auch die Geldnachfrage größer werden. Wird der Zinssatz konstant gehalten, bleibt die Nachfrage nach Spekulationskasse konstant. Für ein Geldmarktgleichgewicht muss deshalb die Nachfrage nach Transaktionskasse steigen. Dies geschieht bei einem höheren Volkseinkommen bzw. Inlandsprodukt (Y). Eine expansive Geldpo‐ litik verschiebt daher die LM-Kurve nach rechts (→-Abb. 3.6). Abb. 3.6: Auswirkungen einer expansiven Geldpolitik (M ↑ ) auf die Lage der LM-Kurve i Y i u LM-Kurve 0 M ↑ LM-Kurve 1 Abb. 3.6: Diese Abbildung zeigt, wie eine Veränderung des Geldangebots (M) die Lage der LM-Kurve verändern. Eine Erhöhung des Geldangebots durch die Zentralbank verschiebt die LM-Kurve nach rechts. Bei Veränderungen des Zinssatzes (i) oder des Inlandsprodukts bzw. Volkseinkommens (Y) findet eine Bewegung auf der LM-Kurve statt. 70 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="72"?> 3.3 Das IS-LM-System als simultanes Güter- und Geldmarktgleichgewicht espresso-Wissenscheck-|-https: / / narr.kwaest.io/ s/ 1256 espresso-Keywords | Multiplikatoreffekt, Anpassungsprozess, expan‐ sive Geldpolitik, expansive Fiskalpolitik, Crowding-out (zinsinduziert, partiell und total) Während bisher der Gütermarkt und der Geldmarkt isoliert voneinander betrachtet wurden, kommt es jetzt zu einer gemeinsamen Betrachtung beider Märkte. Um auf dem Gütermarkt und dem Geldmarkt gleichzeitig ein Gleichgewicht zu erreichen, müssen die Überlegungen der beiden vorange‐ gangenen Abschnitte zusammengefasst werden. Grafisch ergibt sich das simultane Güter- und Geldmarktgleichgewicht, indem die IS-Gerade und die LM-Kurve in ein Zins-Volkseinkommen-Diagramm eingezeichnet werden (→-Abb. 3.7). Abb. 3.7: Simultanes Gleichgewicht auf dem Güter- und dem Geldmarkt i Y LM-Kurve Gütermarkt: AÜ Geldmarkt: AÜ Y* i* Q* • IS-Gerade Gütermarkt: AÜ Geldmarkt: NÜ Gütermarkt: NÜ Geldmarkt: NÜ Gütermarkt: NÜ Geldmarkt: AÜ Abb. 3.7: Diese Abbildung zeigt, dass der Schnittpunkt der IS-Geraden mit der LM-Kurve zu einem simultanen Gleichgewicht auf dem Güter- und dem Geldmarkt führt. Alle anderen Zins-Volkseinkommen-Kombinationen als i* und Y* führen auf mindestens einem der beiden Märkte zu einem Ungleichgewicht.“ 3.3 Das IS-LM-System als simultanes Güter- und Geldmarktgleichgewicht 71 <?page no="73"?> Der Schnittpunkt beider Kurven ergibt die Zins-Volkseinkommen-Kombi‐ nation, die sowohl ein Gütermarktgleichgewicht hervorruft als auch ein Geldmarktgleichgewicht. Jede andere Kombination führt auf mindestens einem der beiden Märkte zu einem Ungleichgewicht. Dabei gelten zwei grundlegende Zusammenhänge: ● Ein Punkt über einer der beiden Geraden bzw. Kurven bedeutet, dass es auf dem betreffenden Markt einen Angebotsüberschuss (AÜ) gibt. ● Alle Punkte unterhalb der Geraden bzw. Kurven sind mit einem Nach‐ frageüberhang (NÜ) verbunden. Eine Zins-Volkseinkommen-Kombination, die beispielsweise sowohl ober‐ halb der IS-Geraden als auch oberhalb der LM-Kurve liegt, ist folglich mit einem Angebotsüberschuss auf beiden Märkten verbunden. Sollte sich die Volkswirtschaft jedoch in einer Situation mit Ungleichge‐ wichten auf einem oder beiden Märkten befinden, gibt es Anpassungskräfte, die die Volkswirtschaft zu einem simultanen Güter- und Geldmarktgleich‐ gewicht führen. Dabei wird im Folgenden davon ausgegangen, dass der Geldmarkt schneller reagiert als der Gütermarkt. Es kommt daher zunächst zu einer Änderung des Zinssatzes. Auf diese Zinsänderung reagieren die Investitionsnachfrage und die damit verbundenen Multiplikatoreffekte, also der Gütermarkt. 72 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="74"?> Abb. 3.8: Anpassung an das simultane Gleichgewicht auf dem Güter- und dem Geldmarkt i Y i‘‘ LM-Kurve Y* i* Q* • IS-Gerade Q‘ Q‘‘‘ Q‘‘ • • • i‘ Y‘ = Y‘‘ Y‘‘‘ Abb. 3.8: Diese Abbildung zeigt, dass Marktprozesse stets das simultane Güter- und Geld‐ marktgleichgewicht erreichen. Bei den Anpassungsprozessen wird davon ausgegangen, dass der Geldmarkt schneller - und damit zuerst - auf eine ungleichgewichtige Situation reagiert. Bei einem Zins i‘, der größer ist als der gleichgewichtige Zinssatz i* (i‘ > i*), und einem Inlandsprodukt Y‘, das kleiner ist als das gleichgewichtige Inlandsprodukt Y* (Y‘ < Y*) - also einer Kombination, die in → Abb. 3.8 durch den Punkt Q‘ beschrieben wird - ergibt sich ein dreistufiger bzw. -phasiger Anpassungsprozess: ● Phase 1 Auf dem Geldmarkt gibt es im Punkt Q‘ einen Angebotsüberschuss. Das überschüssige Geld wird für den Kauf von Wertpapieren verwendet. Die steigende Wertpapiernachfrage führt zu einem Kursanstieg bei den Wertpapieren und damit zu einem Rückgang der effektiven Verzinsung, also zu einem Zinsrückgang (Bewegung von Q‘ nach Q‘‘). Der Geld‐ markt befindet sich somit im Gleichgewicht, aber auf dem Gütermarkt gibt es einen Nachfrageüberhang, weil Q‘‘ unterhalb der IS-Geraden liegt. ● Phase 2 Der Zinsrückgang führt zu einer steigenden Investitionsnachfrage, also zu einer steigenden Güternachfrage. Die steigende Investitionsnach‐ 3.3 Das IS-LM-System als simultanes Güter- und Geldmarktgleichgewicht 73 <?page no="75"?> frage bewirkt zudem über den bereits beschriebenen Investitionsmulti‐ plikator eine weitere Steigerung der Güternachfrage. Die Unternehmen passen sich an die höhere Güternachfrage an, d. h. das Inlandsprodukt und das Volkseinkommen steigen (Bewegung von Q‘‘ nach Q‘‘‘). In Q‘‘‘ liegt nun ein Gütermarktgleichgewicht vor, aber der Geldmarkt befindet sich jetzt wieder im Ungleichgewicht. ● Phase 3 Das steigende Inlandsprodukt erhöht die Nachfrage nach Transakti‐ onskasse, um das mit einer größeren Gütermenge gestiegenen Trans‐ aktionsvolumen finanzieren zu können. Der größere Bedarf an Trans‐ aktionskasse führt dazu, dass die Wirtschaftssubjekte Wertpapiere verkaufen, um das mit dem Verkaufserlös erzielte Geld zur Finanzierung der Güterkäufe zu verwenden. Der Verkauf der Wertpapiere bewirkt einen Kursrückgang und damit einen Zinsanstieg. Der Zinsanstieg führt zu einem Rückgang der Investitionsnachfrage und damit zum Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Güternachfrage (von Y‘‘‘ nach Y*). Beides führt zu einer Bewegung von Q‘‘‘ nach Q*, sodass die Volkswirtschaft schließlich ihr Güter- und Geldmarktgleichgewicht erreicht. Analoge Anpassungsprozesse ergeben sich bei anderen Marktungleichge‐ wichten, sodass die Volkswirtschaft stets ein simultanes Güter- und Geld‐ marktgleichgewicht realisieren kann. Wenn der Staat wirtschaftspolitische Maßnahmen ergreift, verändert das die Lage der IS-Geraden oder der LM-Kurve. Daraus ergibt sich ein neues simultanes Gleichgewicht auf dem Güter- und Geldmarkt. Eine expansive Geldpolitik, also eine Erhöhung der nominalen Geld‐ menge (M) durch die Zentralbank, hat in einem Zins-Volkseinkommen-Dia‐ gramm eine Rechtsverschiebung der LM-Kurve zur Folge. Wie in → Abb. 3.9 zu erkennen ist, bewirkt dies eine Erhöhung des Volkseinkommens (von Y 0 auf Y 2 ) und eine Verringerung des Zinssatzes (von i 0 auf i 2 ). Der Anpassungsprozess vom alten Gleichgewicht Q 0 zum neuen Gleichgewicht Q 2 lässt sich wie folgt erklären: ● Die Erhöhung der Geldmenge hat zur Folge, dass die Wirtschaftssub‐ jekte nun zu viel Geld halten. Das überschüssige Geld wird für den Kauf von Wertpapieren verwendet. Damit steigt die Nachfrage nach Wertpa‐ pieren, was einen Anstieg der Wertpapierkurse und einen sinkenden Zins zur Folge hat (Bewegung von Q 0 nach Q 0‘ ). 74 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="76"?> ● Der sinkende Zins bewirkt einen Anstieg der Investitionsnachfrage und damit einen Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Güternachfrage. Der Unternehmenssektor passt sich daran an, sodass das Inlandsprodukt bzw. das Volkseinkommen steigt (Bewegung von Y 0 nach Y 1 bzw. von Q‘ 0 nach Q 1 ). ● Das steigende Inlandsprodukt hat wiederum die Konsequenz, dass das Geldvolumen zur Abwicklung der Güterkäufe steigt. Der Bedarf an Transaktionskasse nimmt zu. Die Wirtschaftssubjekte verkaufen Wertpapiere, um das benötigte Geld zu erhalten. Das steigende Wertpa‐ pierangebot führt zu einem Rückgang der Wertpapierkurse, was einen Zinsanstieg zur Folge hat (Bewegung von i 1 auf i 2 ). ● Der Zinsanstieg bewirkt schließlich eine Verringerung der Investitio‐ nen. Der Investitionsrückgang führt zu einer Verringerung der ge‐ samtwirtschaftlichen Güternachfrage, woraus eine Verringerung des Inlandsprodukts resultiert (Bewegung von Y 1 nach Y 2 ). Abb. 3.9: Konsequenzen einer expansiven Geldpolitik (M ↑ ) i Y i 1 LM-Kurve 0 Y 2 i 2 Q 2 • IS-Gerade Q 0 Q 1 Q 0 ‘ • • • i 0 Y 0 Y 1 LM-Kurve 1 M ↑ Abb. 3.9: Diese Abbildung zeigt, wie eine expansive Geldpolitik - also eine Erhöhung der Geldmenge (M) durch die Zentralbank - im Normalfall über eine Zinssenkung die Investitionsgüternachfrage ankurbelt und damit zu einem neuen simultanen Güter- und Geldmarktgleichgewicht führt, das sich durch ein höheres Volkseinkommen auszeichnet. 3.3 Das IS-LM-System als simultanes Güter- und Geldmarktgleichgewicht 75 <?page no="77"?> Es gibt allerdings auch Situationen, in denen eine expansive Geldpolitik keine Erhöhung des Volkseinkommens bewirkt (→ Abb. 3.10). Wenn sich die Volkswirtschaft in der Liquiditätsfalle befindet, kann die Geldmen‐ generhöhung keine Zinssenkung hervorrufen. Ohne eine Zinsreduzierung unterbleiben die Investitionszuwächse, sodass das Volkseinkommen unver‐ ändert bleibt. Abb. 3.10: Ineffektivität einer expansiven Geldpolitik (M ↑ ) im Fall der Liquiditätsfalle i Y i 0 = i 1 LM-Kurve 0 IS-Gerade Q 0 = Q 1 • Y 0 = Y 1 LM-Kurve 1 M ↑ Abb. 3.10: Diese Abbildung zeigt, dass eine expansive Geldpolitik das Volkseinkommen nicht erhöhen kann, wenn sich die Volkswirtschaft in der Liquiditätsfalle befindet, weil die Geldmengenerhöhung keine Zinssenkung hervorrufen kann. Auch wenn sich die Gesellschaft in der Investitionsfalle befindet, kann eine Geldmengenerhöhung keine Steigerung des Volkseinkommens bewir‐ ken (→ Abb. 3.11). Es kommt zwar zu einer Zinssenkung (von i 0 auf i 1 ), aber die Erwartungshaltung der Investoren ist so pessimistisch, dass sie ihre Investitionen selbst bei sinkenden Zinsen nicht erhöhen. 76 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="78"?> Abb. 3.11: Ineffektivität einer expansiven Geldpolitik (M ↑ ) im Fall der Investitionsfalle i Y i 1 LM-Kurve 0 IS-Gerade • Y 0 = Y 1 LM-Kurve 1 M ↑ Q 0 Q 1 i 0 • Abb. 3.11: Diese Abbildung zeigt, dass eine expansive Geldpolitik das Volkseinkommen nicht erhöhen kann, wenn sich die Volkswirtschaft in der Investitionsfalle befindet, weil die Geldmengenerhöhung zwar eine Zinssenkung hervorruft, die Unternehmen aber auf diese Zinssenkung nicht mit höheren Investitionsaktivitäten reagieren. espresso-Wissen | Im Ergebnis führt eine expansive Geldpolitik im Normalfall über sinkende Zinsen zu einer Erhöhung des Volkseinkom‐ mens. Eine Geldmengenerhöhung bewirkt allerdings keine Steigerung des Volkseinkommens, wenn sich die Volkswirtschaft in der Liquidi‐ tätsfalle oder der Investitionsfalle befindet. Eine expansive Fiskalpolitik liegt vor, wenn der Staat seine Ausgaben für Sachgüter und Dienstleistungen erhöht. Eine kreditfinanzierte Staats‐ ausgabenerhöhung ist dabei wirksamer als eine steuerfinanzierte Erhöhung der Staatsausgaben, aber selbst eine Steigerung der Staatsausgaben bei gleichzeitigen Steuererhöhungen hat positive Auswirkungen auf das Volks‐ einkommen: ● Wenn der Staat seine Ausgaben für Güter um 100 Euro erhöht und dies durch eine gleichzeitige Steuererhöhung finanziert, sinkt das verfügbare Einkommen des Haushaltssektors um 100 Euro. Der Rückgang der Konsumnachfrage des Haushaltssektors ist jedoch geringer als 100 Euro, 3.3 Das IS-LM-System als simultanes Güter- und Geldmarktgleichgewicht 77 <?page no="79"?> weil die Haushalte annahmegemäß einen Teil ihres verfügbaren Ein‐ kommens sparen. Bei einer marginalen Sparquote von 20 % würde die Konsumnachfrage also nur um 80 Euro sinken. Per Saldo steigt die gesamtwirtschaftliche Güternachfrage damit um 20-Euro. ● Sofern der Staat eine Erhöhung seiner Ausgaben für Güter nicht durch eine Steuererhöhung finanziert, sondern durch eine Kreditaufnahme, resultiert daraus keine Verringerung der Konsumnachfrage. Der Staat greift bei einer Kreditfinanzierung auf die Ersparnisse der privaten Haushalte zurück und lässt deren verfügbares Einkommen unverändert. Eine Erhöhung der staatlichen Ausgaben für Güter um 100 Euro wird somit in vollem Umfang nachfragewirksam und nicht durch eine Ein‐ schränkung der privaten Konsumnachfrage konterkariert. Da eine kreditfinanzierte Staatsausgabenerhöhung eine größere Auswir‐ kung auf die gesamtwirtschaftliche Güternachfrage hat, wird unter einer expansiven Fiskalpolitik im Folgenden stets eine kreditfinanzierte Staats‐ ausgabenerhöhung verstanden. Diese Staatsausgabenerhöhung ist unmit‐ telbar nachfragewirksam, weil der Staat als Nachfrager am Gütermarkt auftaucht. Die Nachfrageerhöhung und die mit dem Staatsausgabenmul‐ tiplikator verbundenen Nachfragesteigerungen führen zu einer höheren Güternachfrage. In einem Zins-Volkseinkommen-Diagramm bedeutet dies eine Rechtsverschiebung der IS-Geraden (→-Abb. 3.12). 78 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="80"?> Abb. 3.12: Konsequenzen einer expansiven Fiskalpolitik (G ↑ ) i Y i 0 =i 1 LM-Kurve IS-Gerade 0 • Y 0 G ↑ Q 2 Q 1 i 2 • IS-Gerade 1 Q 0 • Y 1 Y 2 Abb. 3.12: Diese Abbildung zeigt, wie eine expansive Fiskalpolitik - also eine Erhöhung der staatlichen Ausgaben für Güter (G) - im Normalfall zu einem neuen simultanen Güter- und Geldmarktgleichgewicht führt, das sich durch ein höheres Volkseinkommen auszeichnet. Die Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Güternachfrage infolge einer höheren staatlichen Güternachfrage und der damit ausgelösten Multiplika‐ toreffekte wird durch die Bewegung von Q 0 nach Q 1 dargestellt. Der Unter‐ nehmenssektor passt sich annahmegemäß an die höhere Güternachfrage an, sodass das Inlandsprodukt - und mit ihm das Volkseinkommen - steigt (von Y 0 auf Y 1 ). Ein höheres Inlandsprodukt hat zur Folge, dass der Bedarf an Transaktionskasse zunimmt. Der Haushaltssektor verkauft Wertpapiere, um das benötigte Geld zu erhalten. Damit sinkt der Kurs der Wertpapiere, sodass deren effektive Verzinsung steigt. Es kommt zu einer Zinssteigerung. Sie hat negative Auswirkungen auf die Investitionsnachfrage. Es kommt daher zu einer zinsinduzierten Verringerung der gesamtwirtschaftlichen Güternachfrage. Diese negative Rückwirkung des Geldmarkts auf den Gütermarkt - also die Reduzierung der gesamtwirtschaftlichen Güternachfrage infolge einer Zinserhöhung - wird Crowding-out-Effekt genannt (Bewegung von Q 1 nach Q 2 in → Abb. 3.12). Trotz des Rückgangs der Investitionsnachfrage überwiegen jedoch die positiven Nachfrageeffekte der Staatsausgabenerhö‐ hung, sodass per Saldo das Inlandsprodukt bzw. das Volkseinkommen steigt 3.3 Das IS-LM-System als simultanes Güter- und Geldmarktgleichgewicht 79 <?page no="81"?> (von Y 0 auf Y 2 ). Daher liegt in diesem Fall nur ein partielles Crowding-out vor. espresso-Wissen | Ein Crowding-out-Effekt beschreibt Fälle, in de‐ nen eine wirtschaftspolitische Maßnahme, die die gesamtwirtschaftliche Güternachfrage und mit ihr das Volkseinkommen steigern soll, Neben‐ wirkungen hat, die zu einer Reduzierung der gesamtwirtschaftlichen Güternachfrage führen. Anders als die Geldpolitik hat eine expansive Fiskalpolitik auch dann eine Steigerung des Inlandsprodukts bzw. des Volkseinkommens zur Folge, wenn sich die Volkswirtschaft in der Liquiditätsfalle oder der Investitionsfalle befindet (→-Abb. 3.13 und →-Abb. 3.14). Abb. 3.13: Expansiven Fiskalpolitik (G ↑ ) im Fall der Liquiditätsfalle i Y IS-Gerade 0 Q 0 Q 1 • • Y 0 Y 1 LM-Kurve G ↑ IS-Gerade 1 i 0 =i 1 Abb. 3.13: Diese Abbildung zeigt, dass eine Erhöhung der Staatsausgaben für Güter das Volkseinkommen auch dann erhöht, wenn sich die Volkswirtschaft in der Liquiditätsfalle befindet. 80 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="82"?> Abb. 3.14: Expansiven Fiskalpolitik (G ↑ ) im Fall der Investitionsfalle i Y i 0 LM-Kurve IS-Gerade 0 • Y 0 G ↑ Q 1 i 1 • IS-Gerade 1 Q 0 Y 1 Abb. 3.14: Diese Abbildung zeigt, dass eine Erhöhung der Staatsausgaben für Güter das Volkseinkommen auch dann erhöht, wenn sich die Volkswirtschaft in der Investitionsfalle befindet. Allerdings ist auch eine expansive Fiskalpolitik nicht in allen Fällen wirk‐ sam. Wenn sich die Gesellschaft mit ihrem simultanen Güter- und Geld‐ marktgleichgewicht im klassischen Bereich der LM-Kurve befindet, ist eine expansive Fiskalpolitik unwirksam, weil keine Steigerung des Volkseinkom‐ mens stattfindet (→ Abb. 3.15). Die Ineffektivität der Fiskalpolitik lässt sich wie folgt erklären: Das Volkseinkommen ist bereits so groß, dass das gesamte Geldangebot zur Finanzierung der Gütertransaktionen benötigt wird. Wäre das Volkseinkommen höher, würde es zu einer Erhöhung des Wertpapierangebots kommen. Der damit verbundene Kursrückgang würde zu einem Zinsanstieg führen. Dieser Zinsanstieg hätte eine Reduzierung der Investitionsnachfrage zur Folge. Damit sinkt die gesamtwirtschaftliche Gü‐ ternachfrage und mit ihr das Inlandsprodukt. Erst wenn das Inlandsprodukt sein Ausgangsniveau erreicht, ist der Geldmarkt wieder im Gleichgewicht. Im Ergebnis bleibt das Inlandsprodukt bzw. Volkseinkommen unverändert (Y 0 = Y 1 ). Es kommt folglich zu einem totalen Crowding-out infolge des gestiegenen Zinssatzes (zinsinduziertes Crowding-out). 3.3 Das IS-LM-System als simultanes Güter- und Geldmarktgleichgewicht 81 <?page no="83"?> Abb. 3.15: Ineffektivität der expansiven Fiskalpolitik (G ↑ ) im klassischen Bereich der LM- Kurve i Y i 0 LM-Kurve IS-Gerade 0 G ↑ Q 1 i 1 • IS-Gerade 1 Q 0 • Y 0 = Y 1 Abb. 3.15: Diese Abbildung zeigt, dass eine Erhöhung der Staatsausgaben für Güter das Volkseinkommen nicht steigern kann, wenn sich die Volkswirtschaft im klassischen Bereich der LM-Kurve befindet, weil die Zinssteigerung dazu führt, dass der Investitionsrückgang vom Betrag her genauso groß ist wie der Anstieg der staatlichen Güternachfrage. espresso-Wissen | Im Ergebnis führt eine expansive Fiskalpolitik im Normalfall über die höhere Güternachfrage zu einer Erhöhung des Volkseinkommens. Eine Staatsausgabenerhöhung bewirkt - anders als eine expansive Geldpolitik - auch dann eine Steigerung des Volksein‐ kommens, wenn sich die Volkswirtschaft in der Liquiditätsfalle oder in der Investitionsfalle befindet. Falls sich die Volkswirtschaft jedoch im klassischen Bereich der LM-Kurve befindet, kommt es zu einem totalen Crowding-out, sodass das Volkseinkommen unverändert bleibt. 82 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="84"?> 3.4 Makroökonomische Modellerweiterungen espresso-Wissenscheck |-https: / / narr.kwaest.io/ s/ 1257 espresso-Keywords | offene Volkswirtschaft, Devisen, Wechselkurs, Devisenmarkt, Devisennachfrage, Devisenangebot, Aufwertung, Ab‐ wertung, Arbeitsmarkt, Nominallohnflexibilität, Vollbeschäftigung, Ar‐ beitslosigkeit (temporäre und dauerhafte), Reallohn Das hier behandelte IS-LM-System ist das einfachste makroökonomische Gesamtmodell. Es beinhaltet keine außenwirtschaftlichen Beziehungen, enthält keinen Arbeitsmarkt und hat ein konstantes Preisniveau. Die Berücksichtigung aller dieser Elemente - offene Volkswirtschaft, Arbeits‐ markt, flexible Preise - kompliziert die makroökonomischen Analysen. In den nachfolgenden Ausführungen können nur einige dieser Aspekte angerissen werden. Die erste Modellerweiterung ist eine offene Volkswirtschaft mit einem nach wie vor konstanten gesamtwirtschaftlichen Preisniveau. In diesem Modell kommt es zu Handelsaktivitäten zwischen dem Inland und dem Rest der Welt. Das Inland verkauft Güter an den Rest der Welt (Exporte) und kauft Produkte aus dem Ausland (Importe). Da Volkswirtschaften über eigene Währungen verfügen, gibt es im makroökonomischen Modell einer offenen Volkswirtschaft neben dem Güter- und dem Geldmarkt einen dritten Markt, den Devisenmarkt. Devisen sind ausländische Währungseinheiten, aus Sicht Deutschlands US-Dollar, Yen, Schweizer Franken etc. Der Preis für eine Devise - also für eine Einheit der ausländischen Währung - ist der Wechselkurs. Er gibt an, wie viele Euro für einen US-Dollar bezahlt werden müssen und ist so gesehen der Preis für eine ausländische Währungseinheit. Die Höhe des Wechselkurses wird auf dem Devisenmarkt bestimmt. Dort trifft die Devisennachfrage der inländischen Wirtschaftsakteure auf das Devisenangebot des Auslands. Am Beispiel des US-Dollars lässt sich der Devisenmarkt wie folgt beschreiben: ● Devisennachfrage Deutsche Konsumenten benötigen Dollar, wenn sie amerikanische Pro‐ dukte kaufen wollen. Aus Sicht Deutschlands handelt es sich dabei um den Import von Gütern (IM). Zudem brauchen deutsche Anleger Dollar, 3.4 Makroökonomische Modellerweiterungen 83 <?page no="85"?> wenn sie amerikanische Aktien und Staatsanleihen erwerben wollen. Für die deutsche Volkswirtschaft ist das ein Kapitalexport (K EX ), denn Investoren legen ihr Kapital nicht im Inland an, sondern im Ausland. ● Devisenangebot Amerikanische Konsumenten bieten Dollar auf dem Devisenmarkt an, wenn sie diese gegen Euro tauschen wollen. Euro benötigen sie, wenn sie deutsche Produkte kaufen. Aus deutscher Sicht ist der Verkauf von Produkten ins Ausland ein Export (EX). Sparer bzw. Anleger aus den USA benötigen darüber hinaus Euro, wenn sie deutsche Aktien und festverzinste Wertpapiere kaufen wollen. Für Deutschland ist das ein Kapitalimport (K IM ). Die Höhe der Dollarnachfrage und des Dollarangebots hängt vom Preis eines US-Dollars ab, also vom Wechselkurs. Es gilt das übliche Nachfrage- und Angebotsverhalten, das bereits in den mikroökonomischen Ausführungen behandelt wurde: Je höher der Preis für einen Dollar ist, desto geringer ist die Nachfrage und desto höher ist das Angebot. Mit Blick auf den US-Dollar lässt sich dieser Devisenmarkt mit der Dollarnachfrage ($ d mit d für demand) und dem Dollarangebot ($ s mit s für supply) mit → Abb. 3.16 darstellen. Der Preis für einen Dollar, also der Wechselkurs (e für exchange rate) hat dabei die Dimension Euro pro Dollar, denn der Wechselkurs gibt an, wie hoch der Preis für einen Dollar ist. Der Schnittpunkt der Angebots- und Nachfrage‐ geraden ergibt das Devisenmarktgleichgewicht mit dem gleichgewichtigen Wechselkurs e* und der dazugehörenden Dollarmenge $*. 84 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="86"?> Abb. 3.16: Devisenmarkt am Beispiel des Markts für US-Dollar ($) e e* $-Menge $* • $ s = EX + K IM Q* $ d = IM + K EX i ↑ Y ↑ Abb. 3.16: Diese Abbildung zeigt am Beispiel des US-Dollars, wie sich auf dem Devisen‐ markt ein Gleichgewicht mit einem gleichgewichtigen Wechselkurs (e*) und der dazu gehörenden Devisenmenge ($*) bildet. Das Devisenmarktgleichgewicht verändert sich, wenn sich Determinanten der Devisennachfrage oder des Devisenangebots ändern. Dazu nur zwei Beispiele ● Wenn das deutsche Volkseinkommen (Y) steigt, verfügen die privaten Haushalte über ein höheres Einkommen. Dieses verwenden sie für den Kauf von Konsumgütern aus dem Inland, aber auch aus dem Ausland. Eine höhere Nachfrage nach Produkten aus dem Ausland bedeutet einen Anstieg der Importe (IM). Damit wächst die Nachfrage nach Dollar. In der → Abb. 3.16 hat das zur Folge, dass die Dollarnachfragegerade nach rechts verschoben wird. ● Ein höherer Zins (i) in Deutschland macht es für amerikanische Inves‐ toren attraktiver, ihr Geld in Deutschland anzulegen. Ihre Nachfrage nach deutschen Wertpapieren, also z. B. Staatsanleihen, steigt. Daher benötigen sie mehr Euro. Um diese zu erhalten, müssen sie mehr US-Dollar anbieten und gegen Euro tauschen. Die Dollarangebotsgerade wird folglich nach rechts verschoben. 3.4 Makroökonomische Modellerweiterungen 85 <?page no="87"?> Zwischen den drei Märkten einer offenen Volkswirtschaft mit einem kon‐ stanten Preisniveau - also dem Gütermarkt, dem Geldmarkt und dem Devisenmarkt - bestehen zahlreiche Wechselwirkungen. Wenn es auf dem Markt für Euro zu einer höheren Nachfrage an Euro kommt, bewirkt das einen Anstieg des Preises für einen Euro. Ein Euro kostet beispielsweise nicht mehr nur einen US-Dollar, sondern 1,25 Dollar. Der Euro hat also einen höheren Wert. Daher liegt eine Aufwertung des Euros vor. Diese Aufwertung hat Auswirkungen auf die deutschen Exporte und Importe: ● Eine deutsche Maschine im Wert von 10.000 Euro kostet vor der Euro-Aufwertung in den USA 10.000 Dollar. Nach der Euro-Aufwertung kostet die gleiche Maschine 12.500 Dollar. Wird ein normales Nachfra‐ geverhalten angenommen, geht die Nachfrage der Amerikaner nach deutschen Maschinen zurück. Damit sinken die deutschen Exporte. Eine Aufwertung der heimischen Währung reduziert somit die Exporte des Inlands und damit auch die gesamtwirtschaftliche Güternachfrage. ● Das Spiegelbild einer Euro-Aufwertung ist eine Abwertung des US-Dol‐ lars. Bei einem Wechselkurs von 1,25 Dollar für einen Euro kostet ein Dollar nun 0,80 Euro. Das hat zur Folge, dass US-Produkte in Deutschland einen geringeren Preis haben. Daher fragen die deutschen Verbraucher mehr US-Produkte nach. Deutschlands Importe nehmen somit zu. Die Export- und Importänderungen haben wiederum Rückwirkungen auf die Devisennachfrage und damit den Wechselkurs. Wenn eine Euro-Auf‐ wertung dazu führt, dass die deutschen Exporte zurückgehen, sinkt auch die Nachfrage der ausländischen Wirtschaftsakteure nach Euro an den De‐ visenmärkten. Wenn die amerikanischen Konsumenten weniger Produkte aus Deutschland nachfragen, benötigen sie weniger Euro. Das führt für sich genommen zu einer Euro-Abwertung. Und der Anstieg der deutschen Importe aus den USA erhöht die Nachfrage nach Dollar, was zu einer Dollar-Aufwertung führt. Zu berücksichtigen ist zudem, dass es nicht nur zwischen dem Gütermarkt und dem Devisenmarkt Wechselwirkungen gibt, sondern auch zwischen dem Geldmarkt und dem Devisenmarkt. Hierbei geht es beispielsweise um die Auswirkungen einer Zinsänderung auf die Devisennachfrage. Wenn es in der Eurozone wegen einer restriktiven Geldpolitik der Europäische Zen‐ tralbank zu einem Zinsanstieg kommt, wird es für amerikanische Anleger 86 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="88"?> attraktiver, ihr Geld aus den USA abzuziehen und stattdessen europäische Wertpapiere zu erwerben. Um diese Wertpapiere bezahlen zu können, be‐ nötigen sie Euro. Es kommt also zu einem Anstieg der Euro-Nachfrage, was eine Euro-Aufwertung nach sich zieht. Und sie hat die bereits beschriebenen Auswirkungen auf den Gütermarkt, also sinkende Exporte der EU und eine steigende Importgüternachfrage der EU nach ausländischen Produkten. Eine weitere Modellerweiterung besteht aus der Berücksichtigung des Arbeitsmarkts. Auf dem Arbeitsmarkt bieten die privaten Haushalte ihre Arbeitskraft an (A s mit s für supply). Die angebotene Arbeitsmenge wird, ebenso wie die nachgefragte, in Stunden gemessen. Je höher der nominale Lohn (w für wage) ist, den sie erhalten ist, desto größer ist das Arbeitsange‐ bot der privaten Haushalte. Nachgefragt werden die Arbeitskräfte von den Unternehmen. Bei ihnen gilt das übliche Nachfrageverhalten: Je geringer der zu zahlende Lohnsatz ist, desto größer ist die Arbeitsnachfrage (A d mit d für demand). Grafisch ergibt sich das Arbeitsmarktgleichgewicht wiederum aus dem Schnittpunkt der Arbeitsnachfrage- und der Arbeitsangebotsgeraden (→-Abb. 3.17). Abb. 3.17: Arbeitsmarktgleichgewicht Lohnsatz (w) w* Arbeitsmenge (A) A* • A s Q* A d Abb. 3.17: Diese Abbildung zeigt, wie sich auf dem Arbeitsmarkt ein Gleichgewicht mit einem gleichgewichtigen Lohnsatz (w*) und der dazu gehörenden Arbeitsmenge (A*) bildet. 3.4 Makroökonomische Modellerweiterungen 87 <?page no="89"?> Auch der Arbeitsmarkt steht in Wechselbeziehungen zu anderen Märkten. Von besonderem Interesse ist dabei der Zusammenhang zwischen dem Arbeits- und dem Gütermarkt. Hier gibt es zwei zentrale Interdependenzen. ● Auf der einen Seite kann der Arbeitsmarkt zu einem limitierenden Fak‐ tor für das Güterangebot werden. Wenn es z. B. einen Arbeitskräfteman‐ gel gibt, begrenzt das die Produktionsmöglichkeiten der Unternehmen und damit das gesamtwirtschaftliche Güterangebot. Gleiches gilt, wenn das gesamtwirtschaftliche Arbeitsangebot wegen eines sehr geringen Lohns ebenfalls nur gering ist. ● Auf der anderen Seite kann die Güternachfrage zu einem limitierenden Faktor für den Arbeitsmarkt werden. Wenn es beispielsweise im Zuge einer generellen Wirtschaftsschwäche zu einer geringeren Güternach‐ frage kommt, passen sich die Unternehmen an die gesunkene Güter‐ nachfrage an und reduzieren ihre Produktion. Das hat Rückwirkungen auf den Arbeitsmarkt, denn dort geht die Nachfrage der Unternehmen nach Arbeitskräften zurück. Auf einem Arbeitsmarkt mit nach oben und unten flexiblen Löhnen stellt sich dann ein neues Arbeitsmarktgleichge‐ wicht ein. Dieses zeichnet sich aus durch ein geringeres Arbeitsvolumen und einen geringeren Lohn. Von entscheidender Bedeutung für die Frage, ob es auf dem Arbeitsmarkt Vollbeschäftigung gibt oder es zur Arbeitslosigkeit kommt, ist das Ausmaß der Nominallohnflexibilität. Wenn es beispielsweise zu einer Erhöhung des Arbeitsangebots kommt, stellt sich ein neues Arbeitsmarktgleichge‐ wicht ein. Grafisch bedeutet das höhere Arbeitsangebot eine Rechtsver‐ schiebung der Arbeitsangebotsgeraden (→ Abb. 3.18). Die Erhöhung des Arbeitsangebots hat zur Folge, dass beim alten Gleichgewichtslohn (w 0 ) ein Angebotsüberschuss besteht. Dieser bewirkt einen Lohnrückgang. Der geringere Lohn hat zur Folge, dass die von den Unternehmen nachgefragte Arbeitsmenge steigt, während die privaten Haushalte ihr Arbeitsangebot re‐ duzieren. Der Lohnrückgang dauert so lange an, bis der Angebotsüberschuss abgebaut ist. Beim neuen Arbeitsmarktgleichgewicht (Q 1 ) gibt es einen niedrigeren Gleichgewichtslohn (w 1 ) und eine höhere gleichgewichtige Arbeitsmenge (A 1 ). Sowohl das ursprüngliche als auch das neue Arbeitsmarktgleichgewicht der Abbildung 3.18 zeichnen sich dadurch aus, dass auf dem Arbeitsmarkt Vollbeschäftigung herrscht. Jeder Haushalt, der zum herrschenden Markt‐ lohn seine Arbeitskraft anbietet, findet ein Unternehmen, das diese Arbeits‐ 88 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="90"?> kraft nachfragt. Es gibt daher keine Arbeitslosigkeit, die sich in Form eines Angebotsüberschusses äußern würde. Gleichzeitig kann jedes Unter‐ nehmen zum herrschenden Marktlohn die Arbeitsmenge erwerben, die es zum Zwecke der Gewinnmaximierung benötigt. Es gibt also auch keinen Arbeitskräftemangel, der sich in Form eines Nachfrageüberhangs äußern würde. Abb. 3.18: Konsequenzen einer Zunahme des Arbeitsangebots bei einem flexiblen Lohnsatz Lohnsatz (w) w 0 Arbeitsmenge (A) A 0 • A s0 Q 0 A d A s1 Zunahme von A s A 1 w 1 • Q 1 Abb. 3.18: Diese Abbildung zeigt, wie eine Erhöhung des Arbeitsangebots bei einem flexiblen Lohnsatz zu einem neuen Arbeitsmarktgleichgewicht führt, bei dem Vollbeschäf‐ tigung herrscht. Sollte der Lohnsatz jedoch nach unten hin starr sein, sodass Lohnsenkungen nicht möglich sind, kommt es bei einer Verringerung der Arbeitsnachfrage oder der Erhöhung des Arbeitsangebots zur Arbeitslosigkeit. Dieser Fall ist in Abbildung 3.19 dargestellt. Wenn es zu einer Erhöhung des Arbeitsange‐ bots kommt, stellt sich beim ursprünglichen Gleichgewichtslohn (w 0 ) ein Angebotsüberschuss ein. 3.4 Makroökonomische Modellerweiterungen 89 <?page no="91"?> Abb. 3.19: Konsequenzen einer Zunahme des Arbeitsangebots bei einem nach unten hin starrem Lohnsatz Lohnsatz (w) w 0 = w 1 Arbeitslosigkeit A 0 = A d1 = A 1 • A s0 Q 0 = Q 1 A d A s1 Zunahme von A s A s1 • Arbeitsmenge (A) Abb. 3.19: Diese Abbildung zeigt, wie eine Erhöhung des Arbeitsangebots bei einem nach unten hin starren Lohnsatz zu einem Arbeitsmarktungleichgewicht mit Arbeitslosigkeit führt. Wenn der Lohnsatz nach unten nicht flexibel ist - z. B., weil es tarifliche Löhne gibt, die nicht unterschritten werden, oder weil staatliche Transfer‐ leistungen eine Lohnuntergrenze darstellen -, bleibt der aus der Arbeits‐ angebotserhöhung resultierende Angebotsüberschuss dauerhaft bestehen. Damit kommt es zur Arbeitslosigkeit. Zum unveränderten Lohnsatz (w 0 = w 1 ) bieten die Haushalte nach der Erhöhung des Arbeitsangebots eine Arbeitsmenge an (A s1 ), die größer ist als die von den Unternehmen nachge‐ fragte Arbeitsmenge (A d1 ). Dies hat zur Folge, dass sich das neue Arbeitsmarktgleichgewicht durch einen unveränderten Gleichgewichtslohn (w 0 = w 1 ) und eine ebenfalls unveränderte gleichgewichtige Arbeitsmenge (A 0 = A 1 ) auszeichnet. Damit aber gibt es Haushalte, die zu diesem Lohnsatz bereit sind, ihre Arbeitskraft anzubieten, aber keinen Arbeitsplatz finden. Dies bedeutet Arbeitslosig‐ keit. Die Höhe der Arbeitslosigkeit ist die Differenz zwischen der zum Lohnsatz w 1 angebotenen Arbeitsmenge und der zu diesem Lohnsatz nach‐ gefragten Arbeitsmenge, also (A s1 - A d1 ). Eine dritte Modellerweiterung besteht aus der Flexibilisierung des ge‐ samtwirtschaftlichen Preisniveaus. In den grundlegenden makroökonomi‐ 90 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="92"?> schen Modellen wird ein flexibles Preisniveau an zwei Stellen eingefügt: auf dem Geldmarkt und auf dem Arbeitsmarkt. Auf dem Geldmarkt werden die bisher getroffenen Annahmen dahin‐ gehend abgeändert, dass nun nicht mehr das nominale Geldangebot (M) betrachtet wird, sondern das reale Geldangebot. Dieses ergibt sich, indem die nominale Geldmenge durch das gesamtwirtschaftliche Preisniveau (P) dividiert wird. Das reale Geldangebot ist daher (M/ P). Preisniveauänderun‐ gen bewirken dann eine Variation des realen Geldangebots. Dies lässt sich wie folgt erklären: ● Angenommen, die nominale Geldmenge beträgt 10.000 Euro. Das ge‐ samtwirtschaftliche Preisniveau ist eins, d. h. eine BIP-Einheit kostet einen Euro. Die reale Geldmenge beträgt 10.000 Euro. Mit den 10.000 Euro kann der Kauf und Verkauf von 10.000 BIP-Einheiten finanziert werden. ● Wenn das gesamtwirtschaftliche Preisniveau auf zwei steigt, sinkt die reale Geldmenge auf 5.000 Euro. Weil eine BIP-Einheit nun doppelt so viel kostet wie ursprünglich, können mit einer nominalen Geldmenge von 10.000 Euro nur noch halb so viele BIP-Einheiten ge- und verkauft werden. Die Kaufkraft der 10.000 Euro hat sich halbiert. Ein steigendes Preisniveau wirkt somit wie eine Verringerung der gesamt‐ wirtschaftlich angebotenen Geldmenge, also wie eine restriktive Geldpo‐ litik. Das bedeutet: Es kommt zu einem Zinsanstieg und dieser wirkt sich negativ auf die Investitionsgüternachfrage aus. Eine Verringerung der Inves‐ titionsgüternachfrage bewirkt einen Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Güternachfrage. Die Unternehmen passen sich daran an, d. h. Produktion und Volkseinkommen gehen zurück. Im IS-LM-System bedeutet ein steigen‐ des Preisniveau, dass die LM-Kurve nach links verschoben wird (→ Abb. 3.20). Die Folge ist ein neues simultanes Geld- und Gütermarktgleichgewicht mit einem höheren Zinssatz und einem geringeren Volkseinkommen. 3.4 Makroökonomische Modellerweiterungen 91 <?page no="93"?> Abb. 3.20: Konsequenzen eines Anstiegs des Preisniveaus (P ↑ ) i Y LM-Kurve 1 Y 0 i 0 Q 0 IS-Gerade Q 1 • • i 1 Y 1 LM-Kurve 0 P ↑ Abb. 3.20: Diese Abbildung zeigt, dass ein Anstieg des gesamtwirtschaftlichen Preisni‐ veaus (P) wie eine Verringerung der Geldmenge wirkt und daher zu einem höheren Zinssatz (i) und einem geringeren Volkseinkommen (Y) führt. Auf dem Arbeitsmarkt wird ein flexibles Preisniveau berücksichtigt, indem aus dem Nominallohn (w) ein Reallohn wird. Dieser ergibt sich, indem der Nominallohn durch das Preisniveau dividiert wird. Der Reallohn lautet also (w/ P). Der Reallohn berücksichtigt den Umstand, dass die Entscheidung eines privaten Haushalts, eine Stunde Arbeit anzubieten oder stattdessen lieber eine Stunde Freizeit zu genießen, nicht nur vom nominalen Lohn abhängt, sondern auch von der mit ihm verbundenen Kaufkraft. Wenn also der Nominallohn um 3,5 % steigt, bedeutet das für sich genommen einen Anreiz für private Haushalte, ihre angebotene Arbeitsmenge zu erhöhen. Wenn jedoch gleichzeitig das gesamtwirtschaftliche Preisniveau um 5,5 % steigt, geht der Reallohn trotz einer Nominallohnerhöhung zurück. Die zweiprozentige Reallohnverringerung bedeutet, dass das Arbeitsangebot der privaten Haushalte zurückgeht. Auch die Arbeitsnachfrage der Unter‐ nehmen hängt vom Reallohn ab, wobei ein steigender Reallohn zu einer geringeren Arbeitsnachfrage führt. Wenn sowohl das Arbeitsangebot als auch die Arbeitsnachfrage vom Reallohn abhängen, spielt erneut die Nominallohnflexibilität eine entschei‐ 92 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="94"?> dende Rolle dafür, ob Vollbeschäftigung herrscht oder ob es zu einer Arbeitslosigkeit kommt. Dazu ein abschließendes Beispiel: ● Ausgangspunkt ist ein Arbeitsmarkt, auf dem Vollbeschäftigung herrscht. Alle Arbeitsmarktakteure orientieren sich am Reallohn (w/ P), d. h. auf dem Arbeitsmarkt wird der gleichgewichtige Reallohnsatz (w/ P) 0 erreicht (→-Abb. 3.21). ● Nun sinkt das gesamtwirtschaftliche Preisniveau (P) um 2,5 %. Das bedeutet, dass der Reallohn größer wird. ● Wenn der Reallohn (w/ P) 1 höher ist als der für ein Vollbeschäftigungs‐ gleichgewicht erforderliche Reallohn (w/ P) 0 , ist die von den privaten Haushalten angebotene Arbeitsmenge (A s1 ) größer als die zu diesem Lohnsatz von den Unternehmen nachgefragte Arbeitsmenge (A d1 ). Es kommt somit zu einem Angebotsüberschuss, der sich in Form einer Arbeitslosigkeit ausdrückt. ● Falls der Nominallohn (w) vollkommen flexibel ist, bewirkt der Ange‐ botsüberschuss auf dem Arbeitsmarkt einen Rückgang des nominalen Lohns. Diese Nominallohnverringerung baut über eine steigende Ar‐ beitsnachfrage und ein sinkendes Arbeitsangebot den Angebotsüber‐ schuss ab. Die Arbeitslosigkeit ist daher lediglich ein temporäres Phänomen. ● Sollte der nominale Lohnsatz jedoch nach unten hin starr sein, findet die für den Abbau des Angebotsüberschusses erforderliche Nominallohn‐ senkung nicht statt. Der Angebotsüberschuss bleibt folglich bestehen, sodass die Arbeitslosigkeit ein dauerhaftes Phänomen bleibt. 3.4 Makroökonomische Modellerweiterungen 93 <?page no="95"?> Abb. 3.21: Arbeitsmarktgleichgewicht in Abhängigkeit vom Reallohn Reallohnsatz (w/ P) (w/ P) 0 Arbeitsmenge (A) A 0 • A s Q 0 A d (w/ P) 1 (w/ P) ↑ • • Q 1 Q‘ 1 A d1 A s1 Abb. 3.21: Diese Abbildung zeigt, wie ein Anstieg des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus (P) bei einer vom Reallohn (w/ P) abhängigen Arbeitsnachfrage und einem reallohnabhän‐ gigen Arbeitsangebot im Fall der Nominallohnflexibilität ein Vollbeschäftigungsgleichge‐ wicht erreicht. Bei einem nach unten hin starren Nominallohn (w) kommt es hingegen zu einer dauerhaften Arbeitslosigkeit. 94 3 Grundlagen der Makroökonomie <?page no="96"?> 4 Ausblick Wie bereits in der Einführung erwähnt, kann ein rund 100 Seiten umfas‐ sendes Buch lediglich einen ersten Einblick in die grundlegenden mikro- und makroökonomischen Zusammenhänge geben. Zur Vertiefung und voll‐ ständigen Durchdringung der Mikro- und Makroökonomie ist der Blick in entsprechende Lehrbücher unumgänglich. Als erste Option bieten sich die beiden, in diesem Verlag erschienenen, Lehrbücher „Mikroökonomie: Schritt für Schritt“ (Petersen 2021a) und „Makroökonomie: Schritt für Schritt“ (Petersen 2022a) an. Sie liegen aktuell jeweils in der 4. Auflage vor und haben jeweils einen Umfang von rund 200 Seiten. Für eine Vertiefung der mikroökonomischen Inhalte empfiehlt sich ein ‚Klassiker‘ der Mikroökonomie - das knapp 900 Seiten umfassende Werk „Grundzüge der Mikroökonomie“ von Hal Varian (2016). Es deckt alle relevanten Bereiche der Mikroökonomie ab. Neben dem Verhalten nutzenmaximierender Haushalte und dem Agieren gewinnmaximierender Haushalte werden verschiedene Marktformen detailliert analysiert, Faktor- und Vermögensmärkte untersucht sowie Entscheidungen unter Sicherheit, Unsicherheit und Risiko diskutiert. Weitere Themen sind die Grundlagen der Spieltheorie, Grundlagen der Wohlfahrtstheorie (Konsumentenrente, Produzentenrente und Wohlfahrtsfunktionen) sowie eine ausführliche Dis‐ kussion von Formen des Marktversagens. Alle diese Inhalte werden auch mit den erforderlichen mathematischen Analysemethoden erklärt. Ein ähn‐ liches Lehrbuch, das dem Werk von Varian sowohl inhaltlich als auch vom Umfang her ähnelt, ist das Buch „Mikroökonomie“ von Pindyck und Rubinfeld (2018). Für die Makroökonomie lohnt sich der Griff zum Lehrbuch „Grundzüge der makroökonomischen Theorie: Totalanalyse geschlossener und offener Volkswirtschaften“ von Hans-Werner Wohltmann (2016). Weitere Standard‐ lehrbücher sind die Werke von Oliver Blanchard und Gerhard Illing (2021) sowie von Gregory Mankiw (2017). Beide haben einen Umfang von rund 800 Seiten. Schließlich gibt es noch das internationale Standardwerk zur Mikro- und Makroökonomie von Paul A. Samuelson und William D. Nordhaus, beide Wirtschaftsnobelpreisträger. In diesem mehr als 1000 Seiten umfassenden <?page no="97"?> Werk werden alle relevanten mikro- und makroökonomischen Inhalte verständlich erklärt. Weitere deutschsprachige mikro- und makroökonomische Lehrbücher sind im Literaturverzeichnis aufgeführt. Hilfreich ist schließlich noch der Blick in die Zeitschrift „Das Wirtschafts‐ studium (WISU)“. Dort werden immer wieder kompakt zentrale Begriffe der Mikro- und Makroökonomie erklärt. Einige aktuelle Beispiele des Autors sind ebenfalls im Literaturverzeichnis zu finden. 96 4 Ausblick <?page no="98"?> Glossar Abwertung | Bei einer Abwertung verliert eine Währung an Wert. Der Preis, der für diese Währung auf dem Devisenmarkt gezahlt werden muss, sinkt. Angebot | Das Angebot bezeichnet die Bereitschaft, eine bestimmte Gütermenge zu einem bestimmten Preis anzubieten, also zu produzieren und anschließend zu verkaufen. Angebotsgerade | Die Angebotsgerade gibt in einem Preis-Mengen-Diagramm an, wie groß die angebotene Menge bei unterschiedlichen Marktpreisen ist. Sie kann für einzelne Anbieter bzw. Unternehmen oder für die Gesamtheit aller Anbieter bzw. Unternehmen erstellt werden. Angebotsüberschuss | Ein Angebotsüberschuss liegt vor, wenn auf dem Markt ein Preis vorliegt, bei dem die von allen Unternehmen angebotene Gütermenge größer ist als die von allen Konsumenten nachgefragte Gütermenge. Arbeitslosigkeit | Arbeitslosigkeit liegt vor, wenn die zum herrschenden Lohnsatz angebotene Arbeitsmenge der privaten Haushalte größer ist als die von den Unternehmen zu diesem Lohnsatz nachgefragte Arbeitsmenge. Auf dem Arbeits‐ markt liegt somit ein Angebotsüberschuss vor. Aufwertung | Bei einer Aufwertung gewinnt eine Währung an Wert. Der Preis, der für diese Währung auf dem Devisenmarkt gezahlt werden muss, steigt. Ausländer | In der Volkswirtschaftslehre sind Ausländer alle Privatpersonen, die ihren Wohnsitz nicht im Inland haben, und alle Unternehmen, die ihren Standort nicht im Inland haben. Die Nationalität spielt dabei keine Rolle. Ausschlussmöglichkeit | Die Ausschlussmöglichkeit bedeutet, dass Personen von der Nutzung eines Gegenstands ausgeschlossen werden können. Ausschlussmöglichkeit, fehlende | Eine fehlende Ausschlussmöglichkeit bedeu‐ tet, dass Personen nicht von der Nutzung eines Gegenstands ausgeschlossen werden können. Die Gründe dafür können technischer Natur sein (Sonnenlicht) oder ökonomischer Natur (der Ausschluss ist zwar technisch möglich, aber viel zu teuer und daher ökonomisch nicht sinnvoll). Basiskonsum | Der Basiskonsum ist in makroökonomischen Modellen der Konsum, den die privaten Haushalte in jedem Fall benötigen, selbst wenn sie kein Einkom‐ men beziehen. Er stellt eine Art Existenzminimum dar. Bruttoinlandsprodukt | Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) entspricht dem Wert aller Güter, die innerhalb eines Jahres in einem Land hergestellt werden. <?page no="99"?> Bruttonationaleinkommen | Das Bruttonationaleinkommen entspricht dem Wert aller Einkommen, die den Bewohnern eines Landes innerhalb eines Jahres zuflie‐ ßen. Das Bruttonationaleinkommen ergibt sich, wenn vom BIP die Einkommen abgezogen werden, die das Inland an Personen im Ausland zahlt, und die Ein‐ kommen, die die Bewohner des Inlands aus dem Ausland beziehen, hinzuaddiert werden. Budgetrestriktion | Die Budgetrestriktion enthält alle Gütermengenkombinatio‐ nen, die sich ein Haushalt mit seinem verfügbaren Einkommen bei den geltenden Marktpreisen leisten kann. Crowding-out-Effekt | Ein Crowding-out-Effekt beschreibt eine Situation, in der eine wirtschaftspolitische Maßnahme, die die gesamtwirtschaftliche Güter‐ nachfrage steigern soll, Nebenwirkungen hat, die für sich genommen zu einer Reduzierung der gesamtwirtschaftlichen Güternachfrage führen. Crowding-out, partielles | Wenn eine Staatsausgabenerhöhung (inklusive der damit verbundenen Multiplikatoreffekte) um 100-Euro zu einem Rückgang der Investitionsgüternachfrage um 60-Euro führt, liegt ein partielles Crowding-out vor. Die Staatsausgabenerhöhung hat letztendlich zu einem Anstieg von Produk‐ tion und Beschäftigung geführt. Crowding-out, totales | Wenn eine Staatsausgabenerhöhung (inklusive der damit verbundenen Multiplikatoreffekte) um 100 Euro zu einem Rückgang der Investi‐ tionsgüternachfrage um 100-Euro führt, liegt ein totales Crowding-out vor. Die Staatsausgabenerhöhung hat letztendlich nicht zu einem Anstieg von Produktion und Beschäftigung geführt. Devisen | Devisen sind ausländische Währungseinheiten, aus Sicht Deutschlands also US-Dollar, Yen, Schweizer Franken etc. Devisenangebot | Ausländische Wirtschaftsakteure bieten Devisen an, wenn sie die heimische Währung benötigen. Letzteres ist der Fall, wenn die ausländischen Wirtschaftsakteure heimische Güter oder Vermögensgegenstände, also z. B. Ak‐ tien und Wertpapiere, kaufen möchten. Devisennachfrage | Einheimische Wirtschaftsakteure fragen Devisen nach, wenn sie die ausländische Währung benötigen. Letzteres ist der Fall, wenn die einhei‐ mischen Wirtschaftsakteure ausländische Güter oder Vermögensgegenstände kaufen möchten. 98 Glossar <?page no="100"?> Externer Effekt | Ein externer Effekt liegt vor, wenn die privaten Kosten einer ökonomischen Entscheidung nicht mit den gesamtgesellschaftlichen bzw. sozia‐ len Kosten dieser Entscheidung übereinstimmen oder wenn der private Nutzen der Entscheidung nicht mit dem sozialen Nutzen übereinstimmt. Externer Effekt, negativer | Ein negativer externer Effekt liegt vor, wenn die gesamtgesellschaftlichen Kosten einer wirtschaftlichen Aktivität größer sind als deren privaten Kosten. Der gesamtgesellschaftliche Nutzen stimmt mit dem privaten Nutzen überein. Externer Effekt, positiver | Ein positiver externer Effekt liegt vor, wenn der gesamtgesellschaftliche Nutzen einer wirtschaftlichen Aktivität größer ist als dessen privater Nutzen. Die gesamtgesellschaftlichen Kosten stimmen mit den privaten Kosten überein. Faktorpreis | Der Faktorpreis gibt an, wie viele Geldeinheiten für eine Einheit eines Produktionsfaktors bezahlt werden müssen. Die zentralen Faktorpreise sind der Lohn für den Produktionsfaktor Arbeit und der Zins für den Produktionsfaktor Kapital. Fiskalpolitik, expansive | Eine expansive Fiskalpolitik liegt vor, wenn der Staat seine Ausgaben für Güter erhöht. Besonders hoch ist der Effekt für die ge‐ samtwirtschaftliche Güternachfrage, wenn diese Staatsausgabenerhöhung über Kredite und nicht über Steuererhöhungen finanziert wird. Fixpreismodell | In einem makroökonomischen Fixpreismodell ist das gesamtwirt‐ schaftliche Preisniveau konstant. Flexpreismodell | In einem makroökonomischen Flexpreismodell ist das gesamt‐ wirtschaftliche Preisniveau variabel. Fundamental psychologisches Gesetz | Das fundamental psychologische Gesetz besagt, dass private Haushalte eine Einkommenserhöhung nicht vollständig für Konsumzwecke ausgeben, sondern ein Teil dieses zusätzlichen Einkommens sparen. Geld | Geld erfüllt in einer Marktwirtschaft drei zentrale Funktionen: eine Tau‐ schmittelfunktion, eine Recheneinheitsfunktion und eine Wertaufbewahrungs‐ funktion. Jedes Objekt, das diese drei Funktionen erfüllt, ist im ökonomischen Sinne Geld. Geldangebot | Das Geldangebot wird in makroökonomischen Modellen ausschließ‐ lich von der Zentralbank gesteuert und ist daher für die Volkswirtschaft eine gegebene und konstante Größe. Glossar 99 <?page no="101"?> Geldmarktgleichgewicht | In makroökonomischen Modellen liegt ein Geld‐ marktgleichgewicht vor, wenn das Geldangebot mit der gesamtwirtschaftlichen Geldnachfrage aus Transaktionszwecken und aus Spekulationszwecken überein‐ stimmt. Geldnachfrage | In makroökonomischen Modellen gibt es zwei Motive für eine Nachfrage nach Geld: die Geldnachfrage aus Transaktionsgründen und die Geldnachfrage aus Spekulationsgründen. Geldpolitik, expansive | Eine expansive Geldpolitik liegt vor, wenn die Zentral‐ bank die Geldmenge erhöht und somit den Zinssatz senkt, was sich im Normalfall positiv auf die Investitionsaktivitäten der Unternehmen auswirkt. Grenzertrag | Der Grenzertrag eines Produktionsfaktors gibt an, wie sich der Gesamtoutput verändert, wenn die Einsatzmenge des Produktionsfaktors um eine infinitesimale Menge erhöht wird und die Mengen aller anderen Produktionsfak‐ toren konstant bleiben. Grenzkosten | Die Grenzkosten der Produktion geben an, wie sich die Höhe der Gesamtkosten verändert, wenn die produzierte Menge des hergestellten Guts um eine infinitesimale Outputmenge erhöht wird. Grenznutzen | Der Grenznutzen eines Konsumguts gibt an, wie sich der Gesamt‐ nutzen verändert, wenn die Menge des Konsumguts um eine infinitesimale Menge erhöht wird und die Mengen aller anderen Konsumgüter konstant bleiben. Güterpreis | Der Güterpreis gibt an, wie viele Geldeinheiten für ein Konsumgut bezahlt werden müssen. Gut | Ein Gut ist ein Mittel zur Bedürfnisbefriedigung. Dabei kann es sich um phy‐ sische bzw. materielle Güter handeln (das sind Waren) oder um nichtmaterielle Güter, also Dienstleistungen. Gut, inferiores | Ein inferiores Gut ist ein Konsumgut, dessen Nachfrage zurück‐ geht, wenn das verfügbare Einkommen steigt. Gut, komplementäres | Güter werden als komplementär bezeichnet, wenn sie sich ergänzen und daher gemeinsam konsumiert werden. Ein Beispiel sind Brot und Butter. Gut, öffentliches | Ein öffentliches Gut liegt vor, wenn der Konsum dieses Produkts durch eine Person nicht zur Folge hat, dass andere Personen dieses Gut nicht mehr konsumieren können. Ein Beispiel dafür sind Radiosendungen. Gut, privates | Ein privates Gut liegt vor, wenn der Konsum dieses Produkts durch eine Person zur Folge hat, dass andere Personen dieses Gut nicht mehr konsumieren können. Ein Beispiel dafür sind Nahrungsmittel. 100 Glossar <?page no="102"?> Gut, substitutives | Güter werden als Substitute bezeichnet, wenn sie sich gegen‐ seitig ersetzen können. Ein Beispiel sind Butter und Margarine. Gut, superiores | Ein superiores Gut ist ein Konsumgut, dessen Nachfrage zunimmt, wenn das verfügbare Einkommen steigt. Haushalt, privater | Private Haushalte bieten ihre Arbeitskraft an und erzielen damit ein Einkommen, das sie für den Kauf von Konsumgütern ausgeben. Private Haushalte sind daher in erster Linie Konsumenten bzw. Nachfrager von Gütern. Höchstpreis | Ein Höchstpreis ist ein gesetzlich festgelegter Preis, der unter dem Gleichgewichtspreis liegt, der sich auf dem Markt ohne diesen Markteingriff ergeben würde. Ein Höchstpreis darf unterschritten, aber nicht überschritten werden. I=S-Bedingung | In makroökonomischen Modellen ist der Gütermarkt im Gleich‐ gewicht, wenn die gesamtwirtschaftlichen Investitionen (I) mit den gesamtwirt‐ schaftlichen Ersparnissen (S) übereinstimmen. Dies wird als I=S-Bedingung bezeichnet. Indifferenzkurve | Die Indifferenzkurve enthält alle Konsumgüterbündel, die einem Konsumenten den gleichen Nutzen stiften. Inländer | In der Volkswirtschaftslehre sind Inländer alle Privatpersonen, die ihren Wohnsitz im Inland haben, und alle Unternehmen, die ihren Standort im Inland haben. Die Nationalität spielt dabei keine Rolle. Investitionen | Investitionen erhöhen die Produktionskapazitäten der Unterneh‐ men. Sie gehen mit der Nachfrage nach Investitionsgütern, also Maschinen, Werkzeugen, Gebäuden etc. einher. Investitionsfalle | Wenn die Unternehmen mit ihrem Investitionsverhalten über‐ haupt nicht auf eine Zinssenkung reagieren, weil sie extrem pessimistisch sind und befürchten, dass die Konsumenten nicht bereit sind, eine größere Güter‐ menge nachzufragen, befindet sich die Volkswirtschaft in der Investitionsfalle. Investitionsmultiplikator | Der Investitionsmultiplikator gibt an, um wie viele Geldeinheiten das gleichgewichtige Volkseinkommen steigt, wenn sich die Inves‐ titionsausgaben um eine Geldeinheit erhöhen. IS-Gerade | Die IS-Gerade enthält alle Kombinationen von Volkseinkommen und Zinssatz, bei dem der makroökonomische Gütermarkt im Gleichgewicht ist. Glossar 101 <?page no="103"?> Konkurrenz, vollständige | Vollständige Konkurrenz liegt vor, wenn es zahlrei‐ che Anbieter und Nachfrager für ein bestimmtes Produkt gibt, vollständige Markttransparenz herrscht, der Marktzutritt und -austritt frei ist und der Preis vollkommen flexibel ist. Konsumneigung, marginale | Der prozentuale Anteil des Volkseinkommens, der für Konsumzwecke verwendet wird, wird als marginale Konsumneigung bezeich‐ net. Wenn die Gesamtheit aller privaten Haushalte 80 % ihres Einkommens für Konsumzwecke ausgibt, liegt die marginale Konsumneigung bei 0,8. Liquiditätsfalle | Die Liquiditätsfalle liegt vor, wenn die Zentralbank mit ihrer Geldmarktpolitik den gesamtwirtschaftlichen Zinssatz nicht mehr weiter senken kann. LM-Kurve | Die LM-Kurve enthält alle Kombinationen von Volkseinkommen und Zinssatz, bei dem der makroökonomische Geldmarkt im Gleichgewicht ist. Markt | Der Markt ist der Ort, an dem sich das Angebot und die Nachfrage eines Guts treffen. Marktgleichgewicht | Ein Marktgleichgewicht liegt vor, wenn sich ein Marktpreis eingespielt hat, bei dem die von allen Konsumenten nachgefragte Gütermenge genauso groß ist wie die von allen Unternehmen zu diesem Preis angebotene Gütermenge. Marktversagen | Ein Marktversagen liegt vor, wenn die Annahmen der vollstän‐ digen Konkurrenz nicht erfüllt sind. Beispiele sind externe Effekte, öffentliche Güter und Monopole. Mengenanpasser | Wenn der Marktpreis für einen Marktakteur eine gegebene Größe ist, die er durch sein Verhalten nicht beeinflussen kann, agiert der Markt‐ akteur als Mengenanpasser, d. h. er passt seine angebotene oder nachgefragte Gütermenge an diesen Preis an. Mindestpreis | Ein Mindestpreis ist ein gesetzlich festgelegter Preis, der über dem Gleichgewichtspreis liegt, der sich auf dem Markt ohne diesen Markteingriff ergeben würde. Ein Mindestpreis darf überschritten, aber nicht unterschritten werden. Minimalkostenkombination | Die Minimalkostenkombination ist die Kombina‐ tion von Produktionsfaktoren (also Arbeit und Kapital), die angesichts der herr‐ schenden Faktorpreise eine bestimmte Gütermenge zu den geringstmöglichen Kosten herstellen kann. 102 Glossar <?page no="104"?> Monopol | Ein Monopol liegt vor, wenn es auf einem Markt für ein bestimmtes Gut nur einen Anbieter gibt. Monopson | Ein Monopson liegt vor, wenn es auf einem Markt für ein bestimmtes Gut nur einen Nachfrager gibt. Nachfrage | Die Nachfrage bezeichnet die Bereitschaft, eine bestimmte Gütermenge zu einem bestimmten Preis nachzufragen, also für den Besitz Geld zu bezahlen. Nachfrage, anormale | Ein anormales Nachfrageverhalten liegt vor, wenn die nachgefragte Gütermenge bei einem steigenden Preis steigt. Nachfrage, normale | Ein normales Nachfrageverhalten liegt vor, wenn die nachgefragte Gütermenge bei einem steigenden Preis zurückgeht. Nachfragegerade | Die Nachfragegerade gibt in einem Preis-Mengen-Diagramm an, wie groß die nachgefragte Menge bei unterschiedlichen Marktpreisen ist. Sie kann für einzelne Konsumenten oder für die Gesamtheit aller Konsumenten erstellt werden. Nachfrageüberhang | Ein Nachfrageüberhang liegt vor, wenn es auf dem Markt einen Preis gibt, bei dem die von allen Unternehmen angebotene Gütermenge kleiner ist als die von allen Konsumenten nachgefragte Gütermenge. Nutzen | Der Nutzen ist ein Ausdruck für die Vorteilhaftigkeit bzw. die Erwünscht‐ heit, die Konsumgüter stiften. Nutzen, kardinaler | Ein kardinaler Nutzen liegt vor, wenn die Differenz zwischen den Werten, die eine Nutzenfunktion unterschiedlichen Güterbündeln zuordnet, eine ökonomische Bedeutung hat. Nutzen, ordinaler | Ein ordinaler Nutzen liegt vor, wenn die Differenz zwischen den Werten, die eine Nutzenfunktion unterschiedlichen Güterbündeln zuordnet, keine ökonomische Bedeutung hat. Nutzenfunktion | Die Nutzenfunktion ordnet jedem Güterbündel einen Nutzen‐ wert, also eine Zahl, zu. Oligopol | Ein Oligopol liegt vor, wenn es auf einem Markt für ein bestimmtes Gut nur wenige Anbieter gibt. Präferenzen | Die Präferenzen einer Person beschreiben die Erwünschtheit ver‐ schiedener Konsumgüter bzw. Konsumgüterbündel. Preisnehmer | Wenn der Marktpreis für einen Marktakteur eine gegebene Größe ist, die er durch sein Verhalten nicht beeinflussen kann, agiert der Marktakteur als Preisnehmer, d. h. er passt sein Verhalten an diesen Preis an. Glossar 103 <?page no="105"?> Preisniveau | In makroökonomischen Modellen gibt es keine Preise für einzelne Güter, sondern nur noch ein gesamtwirtschaftliches Preisniveau. Produktionsfaktor | Produktionsfaktoren stellen den Input von Produktionspro‐ zessen dar. In volkswirtschaftlichen Analysen wird in der Regel mit zwei Pro‐ duktionsfaktoren gearbeitet: Arbeit (also menschliche Arbeitskräfte) und Kapital (gemeint ist dabei Sachkapital, also Maschinen, Gebäude etc.). Produktionsfunktion | Eine Produktionsfunktion ordnet allen Kombinationen von Produktionsfaktoren die damit maximal herstellbare Gütermenge zu. Produktionsfunktion, limitationale | Bei einer limitationalen Produktionsfunk‐ tion kann der Mindereinsatz eines Produktionsfaktors nicht durch den Mehrein‐ satz eines anderen Produktionsfaktors kompensiert werden. Ein Mindereinsatz führt also zu einer Reduktion der produzierten Gütermenge. Produktionsfunktion, substitutionale | Bei einer substitutionalen Produktions‐ funktion kann der Mindereinsatz eines Produktionsfaktors durch den Mehrein‐ satz eines anderen Produktionsfaktors kompensiert werden, sodass die produ‐ zierte Gütermenge konstant bleibt. Recheneinheitsfunktion des Geldes | Die Recheneinheitsfunktion besagt, dass Geld eine Recheneinheit ist, die eine einheitliche Bewertung aller Güter und Vermögensgegenstände ermöglicht. Sparquote, marginale | Der prozentuale Anteil des Volkseinkommens, der für Ersparnisse verwendet wird, wird als marginale Sparquote bezeichnet. Wenn die Gesamtheit aller privaten Haushalte 20 % ihres Einkommens spart, liegt die marginale Sparquote bei 0,2. Spekulationskasse | Wenn die Kurse für festverzinste Wertpapiere sehr hoch sind und Sparer deshalb in der Zukunft Kursverluste befürchten, lohnt sich der Kauf von Wertpapieren nicht. Sie halten daher Geld in Form der Spekulationskasse. Staatsausgabenmultiplikator | Der Staatsausgabenmultiplikator gibt an, um wie viele Geldeinheiten das gleichgewichtige Volkseinkommen steigt, wenn der Staat seine Ausgaben für Güter um eine Geldeinheit erhöht. Unternehmen | Unternehmen fragen Produktionsfaktoren nach und stellen mit ihnen Güter her, die sie anschließend auf dem Markt verkaufen. Unternehmen sind daher in erster Linie Produzenten bzw. Anbieter von Gütern. 104 Glossar <?page no="106"?> Tauschmittelfunktion des Geldes | Die Tauschmittelfunktion des Geldes be‐ schreibt den Umstand, dass Geld ein allgemein akzeptiertes Tauschmittel ist, das den Austausch von Gütern und Vermögensgegenständen erheblich erleichtert. Transaktionskasse | Die Geldmenge, die für den Kauf von Gütern gehalten wird, heißt Transaktionskasse. Ihre Höhe ist proportional zum Inlandsprodukt. Verzinsung, effektive | Die effektive Verzinsung der am Markt gehandelten Wertpapiere ergibt sich daraus, dass die unveränderlichen festen Zinszahlungen in Relation zum sich ändernden Wertpapierkurs gesetzt werden. Volkseinkommen | Das Volkseinkommen entspricht dem verfügbaren Einkom‐ men, das den Bewohnern eines Landes innerhalb eines Jahres zufließt. In makroökonomischen Analysen stimmt das Volkseinkommen sowohl mit dem Bruttoinlandsprodukt als auch mit dem Bruttonationaleinkommen überein. Volkswirtschaft, geschlossene | Eine geschlossene Volkswirtschaft ist ein Land, das keine außenwirtschaftlichen Beziehungen hat. Volkswirtschaft, offene | Eine offene Volkswirtschaft ist ein Land, das mit dem Rest der Welt wirtschaftliche Beziehungen hat, also z. B. Güter aus dem Ausland kauft (Importe) und an das Ausland verkauft (Exporte). Vollbeschäftigung | Von Vollbeschäftigung wird gesprochen, wenn auf dem Ar‐ beitsmarkt ein Lohnsatz vorliegt, bei dem die von den privaten Haushalten angebotene Arbeitsmenge genauso groß ist wie die Arbeitsmenge, die zu diesem Lohnsatz von den Unternehmen nachgefragt wird. Wechselkurs | Der Wechselkurs ist der Preis für eine Devise - also für eine Einheit der ausländischen Währung. Er gibt an, wie viele Euro z. B. für einen US-Dollar bezahlt werden müssen. Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes | Die Wertaufbewahrungsfunktion des Geldes erlaubt es, zwischen dem Einkommenserwerb und der Verausgabung dieses Einkommens einen gewissen Zeitraum verstreichen zu lassen und so ein Geldvermögen aufzubauen. Wohlfahrt | Die Wohlfahrt ist ein Konstrukt, das die Vorteilhaftig misst, die sich für eine Gesellschaft als Ganzes ergibt, wenn sie eine bestimmte Gütermenge produziert und anschließend konsumiert. Wohlfahrtsmaximum | Das Wohlfahrtsmaximum ist die größtmögliche Wohl‐ fahrt, die eine Gesellschaft erreichen kann, wenn die Grenzkosten und der Grenznutzen für ein bestimmtes Konsumgut gegebene Größen sind. Im Fall der vollständigen Konkurrenz erreicht das Markgleichgewicht automatisch das Wohlfahrtsmaximum. Glossar 105 <?page no="107"?> Zahlungsbereitschaft, maximale | Die maximale Zahlungsbereitschaft gibt an, wie viel Geld eine Person maximal bereit ist, für eine bestimmte Gütereinheit zu bezahlen. Solange diese Zahlungsbereitschaft größer ist als der herrschende Marktpreis, lohnt sich aus Sicht der Person der Kauf dieser Gütereinheit. Zinssatz | Der Zinssatz hängt in makroökonomischen Modellen mit der Höhe des Wertpapierkurses und damit mit der effektiven Verzinsung zusammen. Bei einem hohen Wertpapierkurs ist die effektive Verzinsung gering und damit auch der Zinssatz. Zu einer Zinssenkung kommt es, wenn der Wertpapierkurs steigt. Zinssatz, maximaler | Der maximale Zinssatz einer Volkswirtschaft ist erreicht, wenn der Wertpapierkurs sehr niedrig ist und alle Menschen Wertpapiere halten. Ein weiterer Rückgang des Wertpapierkurses findet nicht statt, weil niemand seine Papiere verkauft. Die Volkswirtschaft hat den geringsten Wertpapierkurs erreicht und damit auch den höchsten Zinssatz. Zinsuntergrenze | Die Zinsuntergrenze einer Volkswirtschaft ist erreicht, wenn der Wertpapierkurs sehr hoch ist und alle Menschen Spekulationskasse halten. Ein weiterer Anstieg des Wertpapierkurses findet nicht statt, weil niemand Wertpapiere kauft. Die Volkswirtschaft hat den höchsten Wertpapierkurs erreicht und damit auch den niedrigsten Zinssatz. 106 Glossar <?page no="108"?> Literaturverzeichnis B L A N C H A R D , Olivier, I L L I N G , Gerhard (2021): Makroökonomie, 8. Aufl. München. B R E Y E R , Friedrich (2020): Mikroökonomie: Eine Einführung, 7. Aufl. Berlin. F R A M B A C H , Hans (2019): Basiswissen Mikroökonomie, 5. Aufl. München. M A N K I W , Gregory (2017): Makroökonomik, 7. Aufl. Stuttgart. P E T E R S E N , Thieß (2023a): „Nutzenfunktion“. In: Das Wirtschaftsstudium (WISU). 52. Jg., S.-830 - 834. P E T E R S E N , Thieß (2023b): „Transformationskurve“. In: Das Wirtschaftsstudium (WISU). 52. Jg., S.-140 - 145. P E T E R S E N , Thieß (2023c): „Restriktive Geldpolitik“. In: Das Wirtschaftsstudium (WISU). 52. Jg., S.-48 - 54. P E T E R S E N , Thieß (2022a): Makroökonomie: Schritt für Schritt, 4. Aufl. München. P E T E R S E N , Thieß (2022b): „Die Z-Gerade“. In: Das Wirtschaftsstudium (WISU). 51. Jg., S.-891 - 894. P E T E R S E N , Thieß (2021a): Mikroökonomie: Schritt für Schritt, 4. Aufl. München. P E T E R S E N , Thieß (2021b): „LM-Kurve“. In: Das Wirtschaftsstudium (WISU). 50. Jg., S.-646 - 650. P E T E R S E N , Thieß (2021c): „Die IS-Gerade“. In: Das Wirtschaftsstudium (WISU). 50. Jg., S.-534 - 536. P I N D Y C K , Robert S., R U B I N F E L D , Daniel L. (2018): Mikroökonomie, 9. Aufl. Hallberg‐ moos. S A M U E L S O N , Paul A., N O R D H A U S , William D. (2016): Volkswirtschaftslehre: Das inter‐ nationale Standardwerk der Makro- und Mikroökonomie, 5. Aufl. München. V A R IA N , Hal R. (2016): Grundzüge der Mikroökonomie, 9. Aufl. Berlin/ Boston. W O H L T M A N N , Hans-Werner (2016): Grundzüge der makroökonomischen Theorie: To‐ talanalyse geschlossener und offener Volkswirtschaften, 7. Aufl. Berlin/ Boston. <?page no="110"?> Register Abwertung-86, 97 Angebot-97 Angebotsgerade-28, 97 Angebotsüberhang-31, 51, 56, 97 Arbeitslosigkeit-90, 97 Arbeitsmarkt-88, 92 Aufwertung-86, 97 Ausländer-97 Ausschlussmöglichkeit-42, 97 Ausschlussmöglichkeit, fehlende-97 Basiskonsum-97 Bruttoinlandsprodukt-49, 97 Bruttonationaleinkommen-49, 98 Budgetrestriktion-20, 98 Crowding-out, partielles-98 Crowding-out, totales-81, 98 Crowding-out, zinsinduziertes-81 Crowding-out-Effekt-79f., 98 Devisen-98 Devisenangebot-84, 98 Devisenmarkt-83 Devisennachfrage-83, 98 Einkommen-19 Erwartung, Kursentwicklung-63 Erwartung, unternehmerisch-57 externer Effekt-38, 99 externer Effekt, negativer-99 externer Effekt, positiver-40, 99 Faktorpreis-24, 99 Fiskalpolitik, expansive-77, 82, 99 Fixpreismodell-99 Flexpreismodell-99 fundamental psychologisches Gesetz-52, 99 Geld-61, 99 Geldangebot-62, 99 Geldmarkt-71, 91 Geldmarkt, Ungleichgewicht-70 Geldmarktgleichgewicht-67, 100 Geldnachfrage-66, 100 Geldpolitik, expansive-74, 77, 100 Geldpolitik, restriktive-91 Gesamtnachfragegerade-23 Grenzertrag-26, 100 Grenzertrag, abnehmender-26 Grenzertrag, positiver-26 Grenzkosten-25, 100 Grenzkosten, steigende-26 Grenznutzen-19, 100 Grenznutzen, abnehmender-19 Grenznutzen, positiver-19 Gut-17, 100 Gut, inferiores-22, 100 Gut, komplementär-21 Gut, komplementäres-100 Gut, öffentliches-41, 100 Gut, Preis-19 Gut, privates-41, 100 Gut, substitutives-21, 101 Gut, superiores-22, 101 Gütermarkt-48, 71 Gütermarktgleichgewicht-50 <?page no="111"?> Güterpreis-100 Haushalt, privater-101 Höchstgrenze-44 Höchstpreis-44, 101 I=S-Bedingung-51, 55, 101 Indifferenzkurve-101 Indifferenzkurven-18 Inländer-101 Inländerprinzip-49 Inlandsprinzip-49 Investitionen-101 Investitionsfalle-57, 76, 101 Investitionsmultiplikator-60, 101 Investitionsnachfrage-53 IS-Gerade-56f., 59, 101 IS-LM-System-83, 91 Keynes, John Maynard-52 Keynesianismus-52 klassischer Bereich-69 Konkurrenz, vollständige-30, 102 Konsumgut-17 Konsumneigung, marginale-52, 102 Kursentwicklung, erwartete-63 Liquiditätsfalle-68, 76, 102 LM-Kurve-68, 102 Lohn-89f. Lohn, real-92 Makroökonomie-47f. Markt-29, 102 Marktformen-33 Marktgleichgewicht-30, 102 Marktversagen-38, 102 Mengenanpasser-30, 102 Mengeninstrumente-44 Mikroökonomie-11 Mindestpreis-46, 102 Minimalkostenkombination-25, 102 Monopol-34, 103 Monopson-35, 103 Nachfrage-103 Nachfrage, anormale-21, 103 Nachfrage, Investitionen-53 Nachfrage, normale-20, 103 Nachfragegerade-22 Nachfrageüberhang-32, 51, 103 Nominallohnflexibilität-88 Nutzen-16, 103 Nutzen, kardinaler-18, 103 Nutzen, ordinaler-18, 103 Nutzenfunktion-17, 103 Oligopol-34, 103 Präferenzen-17, 103 Preis-19 Preisinstrumente-43 Preisnehmer-30, 103 Preisniveau-50, 104 Produktionsfaktor-24, 104 Produktionsfunktion-104 Produktionsfunktion, limitationale-25, 104 Produktionsfunktion, substitutionale-24, 104 Reallohn-92 Recheneinheitsfunktion-61, 104 Rendite, erwartete-53 Sparquote, marginale-53, 104 110 Register <?page no="112"?> Spekulationskasse-69, 104 Staatsausgaben-58f. Staatsausgaben, kreditfinanzierte Erhöhung-78 Staatsausgabenmultiplikator-60, 104 Steuerlösung-43 Substitut-21 Tauschmittelfunktion-61, 105 Transaktionskasse-62, 105 Unternehmen-23, 104 Verzinsung, effektive-63, 105 Volkseinkommen-49, 105 Volkswirtschaft, geschlossene-105 Volkswirtschaft, offene-83, 105 Vollbeschäftigung-88, 105 Wechselkurs-83, 105 Wertaufbewahrungsfunktion-61, 105 Wohlfahrt-105 Wohlfahrtsmaximum-38, 105 Zahlungsbereitschaft, maximale 35, 106 Zertifikatslösung-43 Zins-53, 64, 106 Zins, effektiv-63, 105 Zins, maximaler-65, 106 Zinsuntergrenze-65, 106 Register 111 <?page no="114"?> Abbildungsverzeichnis Abb. 2.1: Diese Abbildung zeigt Indifferenzkurven. Alle Güterbündel, die den gleichen Nutzen stiften, bilden eine Indifferenzkurve. Je weiter eine Indifferenzkurve vom Ursprung des Koordinatenkreuzes entfernt ist, desto größer ist der damit verbundene Nutzen. . . . . . 18 Abb. 2.2: Diese Abbildung zeigt, wie die nachgefragte Gütermenge vom Güterpreis abhängt. Bei einem hohen Preis wird eine geringe Menge nachgefragt. Sinkt der Preis, steigt die nachgefragte Gütermenge. Wird eine andere Einflussgröße als der Güterpreis verändert, kommt es zu einer Verschiebung der Nachfragegeraden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Abb. 2.3: Diese Abbildung zeigt, wie die angebotene Gütermenge vom Güterpreis abhängt. Bei einem niedrigen Preis wird eine geringe Menge angeboten. Steigt der Preis, steigt die angebotene Gütermenge. Wird eine andere Einflussgröße als der Güterpreis verändert, kommt es zu einer Verschiebung der Angebotsgeraden. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Abb. 2.4: Diese Abbildung zeigt das Gleichgewicht auf einem Gütermarkt. Beim Gleichgewichtspreis (p*) fragt die Gesamtheit aller Verbraucher exakt die Gütermenge (x*) nach, die zu diesem Preis von der Gesamtheit aller Unternehmen produziert und angeboten wird. . . . . . 31 Abb. 2.5: Diese Abbildung zeigt, wie es auf dem Gütermarkt zu einem Gleichgewicht kommt, wenn der Preis in der Ausgangssituation über dem Marktgleichgewichtspreis (p*) liegt. Beim Preis (p 0 ) ist die angebotene Gütermenge größer als die nachgefragte. Der daraus resultierende Angebotsüberschuss bewirkt einen Preisrückgang. . 32 <?page no="115"?> Abb. 2.6: Diese Abbildung zeigt, wie es im Fall einer höheren Nachfrage zu einem neuen Marktgleichgewicht kommt. Die zusätzliche Güternachfrage bewirkt einen Nachfrageüberhang. Dieser lässt den Marktpreis so lange steigen, bis der neue Marktgleichgewichtspreis (p 1 ) erreicht ist . . . . . . . . . 33 Abb. 2.7: Diese Abbildung zeigt, dass die Gesellschaft ihr Wohlfahrtsmaximum bei der Gütermenge erreicht, bei der die Grenzkosten mit dem in Geldeinheiten gemessenen Grenznutzen des betrachteten Produkts übereinstimmen. Ist der Grenznutzen einer bestimmten Gütermenge höher als deren Grenzkosten, kann die Gesellschaft ihre Wohlfahrt durch eine Steigerung der Gütermenge erhöhen. . . . 37 Abb. 2.8: Diese Abbildung zeigt, dass der Markt im Fall eines negativen externen Effekts zu einem Marktgleichgewicht führt, das sich - gemessen an den gesamtwirtschaftlichen Grenzkosten und dem Grenznutzen - durch eine zu große Gütermenge auszeichnet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Abb. 2.9: Diese Abbildung zeigt, dass der Markt im Fall eines positiven externen Effekts zu einem Marktgleichgewicht führt, das sich - gemessen an den gesamtwirtschaftlichen Grenzkosten und dem Grenznutzen - durch eine zu kleine Gütermenge auszeichnet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Abb. 2.10: Diese Abbildung zeigt, dass es im Fall eines Höchstpreises zu einem dauerhaften Nachfrageüberhang kommt. Die Gesamtheit aller Unternehmen bietet wegen des geringen Preises eine Menge an, die kleiner ist als die von den Verbrauchern zu diesem Preis nachgefragte Menge. . . . . . . . . . . . . . 45 114 Abbildungsverzeichnis <?page no="116"?> Abb. 3.1: Diese Abbildung zeigt die IS-Gerade. Sie enthält alle Kombinationen von Zinssatz und Volkseinkommen, bei denen der Gütermarkt geräumt ist. Bei allen Punkten über der IS-Geraden sind die Ersparnisse größer als die Investitionen, sodass es auf dem Gütermarkt einen Angebotsüberschuss gibt. Bei allen Punkten unterhalb der IS-Geraden liegt ein Nachfrageüberhang vor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Abb. 3.2: Diese Abbildung zeigt, wie Erhöhungen oder Reduzierungen von exogenen Nachfragekomponenten die Lage der IS-Geraden verändern. Eine Zunahme der staatlichen Güternachfrage (G ↑) verschiebt die IS-Gerade nach rechts. Bei Veränderungen des Zinssatzes (i) oder des Inlandsprodukts bzw. Volkseinkommens (Y) findet hingegen eine Bewegung auf der IS-Geraden statt. . . 58 Abb. 3.3: Diese Abbildung zeigt die Höhe der gesamtwirtschaftlichen Geldnachfrage (L) in Abhängigkeit vom Zinssatz (i). Bei einem hohen Zinssatz - und damit niedrigen Wertpapierkurs - halten alle Wirtschaftsakteure Wertpapiere. Geld wird daher nur aus Transaktionszwecken nachgefragt. Bei einem sinkenden Zinssatz - und damit steigenden Wertpapierkurs - trennen sich einige Wirtschaftsakteure von ihren Wertpapieren. Daher nimmt die Geldnachfrage aus Spekulationszwecken bei einem sinkenden Zinssatz zu. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Abb. 3.4: Diese Abbildung zeigt das Gleichgewicht auf dem Geldmarkt, wo das Geldangebot der Zentralbank (M) auf die Geldnachfrage aus Spekulations- und Transaktionszwecken (L = L S + L T ) trifft. Bei einer Erhöhung des Inlandsprodukts nimmt die Nachfrage nach Transaktionskasse zu, sodass die gesamtwirtschaftliche Geldnachfragekurve nach rechts verschoben wird und sich ein neues Geldmarktgleichgewicht mit einem höheren Zinssatz einstellt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 Abbildungsverzeichnis 115 <?page no="117"?> Abb. 3.5: Diese Abbildung zeigt die LM-Kurve. Sie enthält alle Kombinationen von Zinssatz (i) und Inlandsprodukt bzw. Volkseinkommen (Y), bei denen das Geldangebot mit der gesamtwirtschaftlichen Geldnachfrage übereinstimmt. Bei Punkten über dieser Kurve ist das Geldangebot höher als die Geldnachfrage, sodass es auf dem Geldmarkt einen Angebotsüberschuss gibt. Alle Punkte unter der LM-Kurve sind mit einem Nachfrageüberhang auf dem Geldmarkt verbunden. 69 Abb. 3.6: Diese Abbildung zeigt, wie eine Veränderung des Geldangebots (M) die Lage der LM-Kurve verändern. Eine Erhöhung des Geldangebots durch die Zentralbank verschiebt die LM-Kurve nach rechts. Bei Veränderungen des Zinssatzes (i) oder des Inlandsprodukts bzw. Volkseinkommens (Y) findet eine Bewegung auf der LM-Kurve statt. . . . . . . . . . . . 70 Abb. 3.7: Diese Abbildung zeigt, dass der Schnittpunkt der IS-Geraden mit der LM-Kurve zu einem simultanen Gleichgewicht auf dem Güter- und dem Geldmarkt führt. Alle anderen Zins-Volkseinkommen-Kombinationen als i* und Y* führen auf mindestens einem der beiden Märkte zu einem Ungleichgewicht.“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 Abb. 3.8: Diese Abbildung zeigt, dass Marktprozesse stets das simultane Güter- und Geldmarktgleichgewicht erreichen. Bei den Anpassungsprozessen wird davon ausgegangen, dass der Geldmarkt schneller - und damit zuerst - auf eine ungleichgewichtige Situation reagiert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Abb. 3.9: Diese Abbildung zeigt, wie eine expansive Geldpolitik - also eine Erhöhung der Geldmenge (M) durch die Zentralbank - im Normalfall über eine Zinssenkung die Investitionsgüternachfrage ankurbelt und damit zu einem neuen simultanen Güter- und Geldmarktgleichgewicht führt, das sich durch ein höheres Volkseinkommen auszeichnet. . . . . . . . . . . . 75 116 Abbildungsverzeichnis <?page no="118"?> Abb. 3.10: Diese Abbildung zeigt, dass eine expansive Geldpolitik das Volkseinkommen nicht erhöhen kann, wenn sich die Volkswirtschaft in der Liquiditätsfalle befindet, weil die Geldmengenerhöhung keine Zinssenkung hervorrufen kann. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 Abb. 3.11: Diese Abbildung zeigt, dass eine expansive Geldpolitik das Volkseinkommen nicht erhöhen kann, wenn sich die Volkswirtschaft in der Investitionsfalle befindet, weil die Geldmengenerhöhung zwar eine Zinssenkung hervorruft, die Unternehmen aber auf diese Zinssenkung nicht mit höheren Investitionsaktivitäten reagieren. . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Abb. 3.12: Diese Abbildung zeigt, wie eine expansive Fiskalpolitik - also eine Erhöhung der staatlichen Ausgaben für Güter (G) - im Normalfall zu einem neuen simultanen Güter- und Geldmarktgleichgewicht führt, das sich durch ein höheres Volkseinkommen auszeichnet. . . . . . . . . . . . 79 Abb. 3.13: Diese Abbildung zeigt, dass eine Erhöhung der Staatsausgaben für Güter das Volkseinkommen auch dann erhöht, wenn sich die Volkswirtschaft in der Liquiditätsfalle befindet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 Abb. 3.14: Diese Abbildung zeigt, dass eine Erhöhung der Staatsausgaben für Güter das Volkseinkommen auch dann erhöht, wenn sich die Volkswirtschaft in der Investitionsfalle befindet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Abb. 3.15: Diese Abbildung zeigt, dass eine Erhöhung der Staatsausgaben für Güter das Volkseinkommen nicht steigern kann, wenn sich die Volkswirtschaft im klassischen Bereich der LM-Kurve befindet, weil die Zinssteigerung dazu führt, dass der Investitionsrückgang vom Betrag her genauso groß ist wie der Anstieg der staatlichen Güternachfrage. . 82 Abbildungsverzeichnis 117 <?page no="119"?> Abb. 3.16: Diese Abbildung zeigt am Beispiel des US-Dollars, wie sich auf dem Devisenmarkt ein Gleichgewicht mit einem gleichgewichtigen Wechselkurs (e*) und der dazu gehörenden Devisenmenge ($*) bildet. . . . . . . . 85 Abb. 3.17: Diese Abbildung zeigt, wie sich auf dem Arbeitsmarkt ein Gleichgewicht mit einem gleichgewichtigen Lohnsatz (w*) und der dazu gehörenden Arbeitsmenge (A*) bildet. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 Abb. 3.18: Diese Abbildung zeigt, wie eine Erhöhung des Arbeitsangebots bei einem flexiblen Lohnsatz zu einem neuen Arbeitsmarktgleichgewicht führt, bei dem Vollbeschäftigung herrscht. . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 Abb. 3.19: Diese Abbildung zeigt, wie eine Erhöhung des Arbeitsangebots bei einem nach unten hin starren Lohnsatz zu einem Arbeitsmarktungleichgewicht mit Arbeitslosigkeit führt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 Abb. 3.20: Diese Abbildung zeigt, dass ein Anstieg des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus (P) wie eine Verringerung der Geldmenge wirkt und daher zu einem höheren Zinssatz (i) und einem geringeren Volkseinkommen (Y) führt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Abb. 3.21: Diese Abbildung zeigt, wie ein Anstieg des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus (P) bei einer vom Reallohn (w/ P) abhängigen Arbeitsnachfrage und einem reallohnabhängigen Arbeitsangebot im Fall der Nominallohnflexibilität ein Vollbeschäftigungsgleichgewicht erreicht. Bei einem nach unten hin starren Nominallohn (w) kommt es hingegen zu einer dauerhaften Arbeitslosigkeit. . . . . 94 118 Abbildungsverzeichnis <?page no="120"?> ISBN 978-3-381-11391-0 Kurzlehrbuch mit eLearning-Kurs Ganz egal ob Sie BWL oder VWL studieren, die mikro- und makroökonomische Perspektive müssen Sie kennen und zugleich verstehen. Dieses Kurzlehrbuch hilft Ihnen dabei. Darin finden Sie das relevante Grundwissen der Mikro- und Makroökonomie - zahlreiche Aha-Erlebnisse sind Ihnen garantiert. Ideal für Studierende der Wirtschaftswissenschaften und -informatik sowie für alle anderen, die die ökonomische Denkweise verstehen möchten. Die espresso-Kurzlehrbücher bereiten ideal auf Studium, Vorlesung und Prüfung vor - die konzentrierte Dosis Wissen für Ihren Studienerfolg. Jeder Band wird von einem passenden eLearning-Kurs begleitet, der den Lernfortschritt kontinuierlich sichtbar macht. www.uvk.de
