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Wortlernen mit sozialen Robotern

Der Einfluss einer systematischen Variation des pragmatischen Rahmens auf das langfristige Lernen morphologisch komplexer Wörter von Vorschulkindern

1206
2024
978-3-3811-1452-8
978-3-3811-1451-1
A. Francke Verlag 
Nils Frederik Tolksdorfhttps://orcid.org/0000-0001-6093-1219
10.24053/9783381114528
CC BY-SA 4.0https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de

Die Forschung zum kindlichen Wortlernen hat in den letzten Jahren aufgezeigt, dass der Erwerb eines neuen Wortes durch Prozessualität gekennzeichnet ist. Ein aktuelles Forschungsinteresse richtet sich in diesem Zusammenhang auf die Frage, inwieweit die längerfristigen kontextuellen Gegebenheiten diesen Lernprozess beeinflussen und ob der Erwerbsprozess durch stabile kontextuelle Bedingungen oder durch kontextuelle Variabilität begünstigt wird. Während sich bisherige Arbeiten in dieser Hinsicht vornehmlich auf isolierte Kontextfaktoren konzentrierten, rückt dieser Band die rahmende soziale Handlung und die beteiligten interaktiven Prozesse in den Mittelpunkt. Er zielt darauf ab, die Auswirkungen langfristiger Kontextbedingungen auf das Wortlernen von Vorschulkindern mit sozialen Robotern und menschlichen Interaktionspartnern systematisch zu untersuchen.

<?page no="0"?> 3 Nils Frederik Tolksdorf Wortlernen mit sozialen Robotern Der Einfluss einer systematischen Variation des pragmatischen Rahmens auf das langfristige Lernen morphologisch komplexer Wörter von Vorschulkindern <?page no="1"?> Wortlernen mit sozialen Robotern <?page no="2"?> Literacy im Elementar- und Primarbereich Forschungsbeiträge zu Literalität & Literarität LiEP 3 Herausgegeben von Prof. Dr. Iris Kruse (Paderborn) Prof. Dr. Christiane Miosga (Hannover) Prof. Dr. Katharina J. Rohlfing (Paderborn) Prof. Dr. Elvira Topalović (Paderborn) Wissenschaftlicher Beirat Prof. Dr. Sandra Ballweg (Paderborn) Prof. Dr. Tabea Becker (Hannover) Prof. Dr. Heike Behrens (CH/ Basel) Dr. Kristin Börjesson (Halle) Prof. Dr. Monika Dannerer (A/ Innsbruck) Prof. Dr. Sara Fürstenau (Hamburg) Prof. Dr. Petra Gretsch (Freiburg) Dr. Angela Grimminger (Paderborn) Prof. Dr. Dieter Isler (CH/ Thurgau) Prof. Dr. Friederike Kern (Bielefeld) Prof. Dr. Norbert Kruse (Kassel) Prof. Dr. Daniela Merklinger (Ludwigsburg) Prof. Dr. Anja Müller (Mainz) Prof. Dr. Claudia Müller-Brauers (Hannover) Prof. Dr. Sven Nickel (I/ Bozen) Prof. Dr. Julie A. Panagiotopoulou (Köln) Prof. Dr. Anke Reichardt (Halle) Dr. Stefanie K. Sachse (Köln) Vertr.-Prof. Dr. Lis Schüler (Berlin) Dr. Jutta Trautwein (Paderborn) Prof. Dr. Benjamin Uhl (Koblenz) Prof. Dr. Constanze Weth (LU/ Luxemburg) Prof. Dr. Petra Wieler (Berlin) Prof. Dr. Anja Wildemann (Landau) <?page no="3"?> Nils Frederik Tolksdorf Wortlernen mit sozialen Robotern Der Einfluss einer systematischen Variation des pragmatischen Rahmens auf das langfristige Lernen morphologisch komplexer Wörter von Vorschulkindern <?page no="4"?> I acknowledge support for the publication costs by the Open Access Publication Fund of Paderborn University. Nils F. Tolksdorf, Paderborn University, Psycholinguistics (nils.tolksdorf@uni-paderborn.de) https: / / orcid.org/ 0000-0001-6093-1219 DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783381114528 © 2024 · Nils Frederik Tolksdorf Das Werk ist eine Open Access-Publikation. Es wird unter der Creative Commons Namens‐ nennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen | CC BY-SA 4.0 (https: / / creativecommon s.org/ licenses/ by-sa/ 4.0/ ) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, solange Sie die/ den ursprünglichen Autor/ innen und die Quelle ordentlich nennen, einen Link zur Creative Commons-Lizenz anfügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Werk enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der am Material vermerkten Legende nichts anderes ergibt. In diesen Fällen ist für die oben genannten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG · Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Druck: Elanders Waiblingen GmbH ISSN 2751-6547 ISBN 978-3-381-11451-1 (Print) ISBN 978-3-381-11452-8 (ePDF) ISBN 978-3-381-11453-5 (ePub) Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. <?page no="5"?> Danksagung Mein besonderer Dank gilt allen Kindern und Eltern, die an der durchgeführten Studie teilgenommen haben. Ohne ihr Interesse und Engagement wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen. Ebenso danke ich den Betreuerinnen meiner Dissertation, Prof. Dr. Katharina Rohlfing, für ihre stetige inspirierende Unterstützung und Prof. Dr. Kerstin Fischer für ihre entscheidenden Hinweise. Mein Dank erstreckt sich auch auf meine Kolleginnen und Kollegen des SprachSpielLabors der Universität Paderborn für ihre wissenschaftliche und freundschaftliche Unterstützung. Besonderer Dank gebührt zudem meiner Familie, insbesondere meiner Frau Denise, für ihre Geduld und Unterstützung, sowie meinen Eltern. Schließlich danke ich den Beteiligten des Graduiertenkollegs NRW Digitale Gesellschaft für die Schaffung eines interdisziplinären Forschungsumfelds, das intensive Diskussionen und einen umfangreichen Wissensaustausch förderte. Der Open-Access-Publikationsfonds der Universität Paderborn unterstützte zudem die Open-Access-Publikation dieser Monographie. Ohne die großzügige finanzielle Unterstützung des Fonds wäre es nicht möglich gewesen, diese Arbeit einem breiteren Publikum frei zugänglich zu machen. <?page no="7"?> Inhaltsverzeichnis Danksagung 5 1 Hinführung zum Forschungsgegenstand 13 1.1 Aufbau der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 2 Wortlernen 19 2.1 Zugrunde liegende interaktionistische Perspektive auf den Spracherwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 2.2 Zur Konstitution von Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 2.3 Klassische Erklärungsansätze des Wortlernens . . . . . . . . . . 27 2.3.1 Wortlernen im Lichte einschränkender Prinzipien . . . . 30 2.3.2 Sozio-pragmatisches Wortlernen . . . . . . . . . . . . . 38 2.3.2.1 Die Rolle gemeinsamer Aufmerksamkeitsbezüge 39 2.3.3 Assoziatives Wortlernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 2.3.3.1 Cross-situational learning . . . . . . . . . . . 46 2.3.4 Synthese aus assoziativem und sozio-pragmatischem Wortlernen? Das Emergent Coalition Model . . . . . . . 50 2.4 Interaktionistische Perspektive auf das Wortlernen . . . . . . . 53 2.4.1 Die Rolle des pragmatischen Rahmens . . . . . . . . . . 57 2.5 Zur Prozesshaftigkeit des Wortlernens . . . . . . . . . . . . . . 66 2.5.1 Schnelles und langfristiges Wortlernen . . . . . . . . . . 70 <?page no="8"?> 8 Inhaltsverzeichnis 2.5.2 Enkodierung, Konsolidierung und Abruf: Zur Rolle involvierter Gedächtnisprozesse . . . . . . . . . . . . . . . 74 2.6 Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 2.6.1 Rekurrenz im Wortlernprozess . . . . . . . . . . . . . . 87 2.6.2 Variabilität im Wortlernprozess . . . . . . . . . . . . . . 93 2.6.3 A “sweetspot” for contextual variability? Zur Bedeutung einer Kombination aus kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess . . . . . . . . . . . . . . . 106 2.7 Erwerb von Adjektiven und morphologisch komplexen Wörtern 112 2.7.1 Erwerb von Adjektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 2.7.2 Struktur und Erwerb morphologisch-semantisch komplexer Wörter: Komposita . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 3 Kind-Roboter-Interaktionen 139 3.1 Was macht einen sozialen Roboter sozial? . . . . . . . . . . . . . 142 3.2 Soziale Roboter zum Zweck des Sprachlernens . . . . . . . . . . 145 3.3 Soziale Roboter als methodisches Instrument . . . . . . . . . . . 147 4 Rekurrenz und Variabilität im Lichte der pragmatic frames 151 4.1 Zielsetzung, Fragestellungen und Hypothesen der Untersuchung 158 5 Forschungsdesign 163 5.1 Erhobene Stichprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 5.1.1 Rekrutierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 5.1.2 Ein- und Ausschlusskriterien . . . . . . . . . . . . . . . 165 5.1.3 Stichprobenzusammensetzung . . . . . . . . . . . . . . . 166 5.1.4 Erhobene Sprachmaße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 5.1.5 Bedingungen und Zuteilung der Versuchspersonen . . . 171 5.2 Untersuchungsdesign und Durchführung . . . . . . . . . . . . . 173 <?page no="9"?> Inhaltsverzeichnis 9 5.2.1 Pilotierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 5.2.2 Generelles Procedere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 5.2.3 Aufwärmphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 5.2.4 Lernbedingungen: Design und Operationalisierung des pragmatischen Rahmens . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 5.2.5 Testungen zur Erfassung der Lernergebnisse . . . . . . . 190 5.2.5.1 Design der Testsituation . . . . . . . . . . . . 190 5.2.6 Design des dialogischen Verhaltens des sozialen Roboters 197 5.2.7 Design der Kontrollbedingung mit einem menschlichen Interaktionspartner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 5.2.8 Verwendetes Stimilusmaterial . . . . . . . . . . . . . . . 206 5.3 Auswertung der Daten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 5.3.1 Quantitative Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 5.3.1.1 Multidimensionale Bewertung der Wortproduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 5.3.1.2 Bewertung der Verstehensleistung . . . . . . . 220 5.3.1.3 Statistische Testverfahren und Auswertung . . 222 5.3.2 Qualitative Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 5.3.2.1 Entwickeltes Schema der qualitativen Analyse 227 6 Ergebnisse 231 6.1 Deskriptive Statistiken der untersuchten Variablen . . . . . . . . 232 6.2 Analyse der Daten mittels analytischer Statistik . . . . . . . . . 236 6.2.1 Die Rolle des pragmatischen Rahmens: Befunde und Beobachtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 6.2.1.1 Gruppenvergleich: Retention . . . . . . . . . . 237 6.2.1.2 Gruppenvergleich: Generalisierung . . . . . . 241 6.2.1.3 Individuelle Unterschiede im Lichte der Lernbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 <?page no="10"?> 10 Inhaltsverzeichnis 6.2.2 Weitere explorative Analysen . . . . . . . . . . . . . . . 264 6.2.2.1 Retention und Generalisierung: Zusammenhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 6.2.2.2 Die Rolle der Komplexität der verwendeten Komposita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 6.3 Qualitative Analyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 6.3.1 Verteilung des Antwortverhaltens nach Lernbedingung und Testzeitpunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 6.3.1.1 Antwortverhalten während der Testung der Retention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 6.3.1.2 Antwortverhalten während der Generalisierungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 6.3.2 Zur Historie des Antwortverhaltens . . . . . . . . . . . 291 6.3.3 Exkurs: Probabilistische Betrachtung des Antwortverhaltens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 7 Diskussion 307 7.1 Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse . . . . . . . . . . 311 7.2 Perspektiven auf die Gestaltung des pragmatischen Rahmens . . 319 7.2.1 Retention der morphologisch komplexen Wörter . . . . 320 7.2.2 Generalisierung der morphologisch komplexen Wörter . 325 7.2.3 Lernen in verschiedenen Rahmen - zur Rolle individueller Unterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 7.3 Diversität im referentiellen Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . 334 7.4 Soziale Roboter als Partner für komplexes Sprachlernen . . . . . 339 7.5 Methodische Reflexionen und Limitationen . . . . . . . . . . . . 341 7.5.1 Zur Etablierung einer Routine und ihrer Kontrastierung - eine Reflexion des gestalteten pragmatischen Rahmens 342 7.5.2 Limitationen der untersuchten Stichprobe . . . . . . . . 347 <?page no="11"?> Inhaltsverzeichnis 11 7.6 Conclusio und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 Literatur 355 A Ergänzende Tabellen 419 B Stichprobenbeschreibung getrennt nach Bedingung 425 C Testitems 427 Register 431 <?page no="13"?> Kapitel 1 Hinführung zum Forschungsgegenstand Kinder sind außergewöhnliche Lernende, die die Herausforderung, neue Wörter in sozialer Interaktion zu lernen, mit scheinbar müheloser Leichtigkeit meistern. Die Frage, wie diese bemerkenswerte Errungenschaft im Rahmen eines komplexen Zusammenspiels mit der sozialen und physischen Umwelt gelingt, ist Gegenstand einer andauernden sprachphilosophischen und wissenschaftlichen Debatte, die schon in der Antike begonnen hat und bis heute andauert (Coseriu, 2003, Platon 427-347 v. Chr, Aristotels, 384-322 v. Chr.). Vorherige Forschungsarbeiten haben in dieser Hinsicht demonstriert, dass Kinder eine Vielzahl von Faktoren nutzen, um die Bedeutung eines neuen Wortes zu erschließen, zum Beispiel, indem sie sich auf soziopragmatische Hinweise in einer Interaktion verlassen, die von einem kompetenten Sprecher 1 geäußert werden (Baldwin, 1993; Booth, McGregor und Rohlfing, 2008; Bruner, 1983; Rohlfing u. a., 2016; Tomasello, 2003) und es ihnen ermöglichen, ein neues Wort auch nach begrenzter Exposition dem richtigen Referenten zuzuordnen (Carey, 1978; Carey und Bartlett, 1978). Abgesehen von dieser anfänglichen Zuordnung eines neuen Wortes 1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit das generische Maskulinum verwendet, es sind jedoch immer gleichermaßen alle Geschlechter eingeschlossen. <?page no="14"?> 14 Kapitel 1. Hinführung zum Forschungsgegenstand zu seinem Referenten zeigt eine stetig wachsende Evidenz, dass der kindliche Lernprozess eines neuen Wortes als ein Kontinuum zu betrachten ist, an dessen Ende eine robuste Familiarität mit dem Lerngegenstand erreicht werden kann (Horst, 2013; Horst, Parsons und Bryan, 2011; Horst und Samuelson, 2008; McMurray, Horst und Samuelson, 2012; Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017). In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass dieses Kontinuum durch eine Prozesshaftigkeit gekennzeichnet ist, in deren Rahmen ein Kind ein neues Wort graduell und inkrementell erlernt und seine Bedeutung allmählich über mehrere Kontexte hinweg ausbaut (Twomey und Hilton, 2020, p. 2). Ein aktuelles Feld der laufenden Forschung beschäftigt sich vor diesem Hintergrund mit der Frage, ob dieser sukzessive Erwerbsprozess durch eine kontextuelle Wiederholung oder durch kontextuelle Variabilität begünstigt wird, wenn ein Kind einem neuen Wort wiederkehrend begegnet (Goldenberg, Repetti und Sandhofer, 2022; Horst, 2013; Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017; Yu und Smith, 2007; Tippenhauer und Saylor, 2019). Ebenso ist noch weitgehend unbekannt, zu welchem Grad die längerfristigen Kontextbedingungen das Lernen von Wörtern beeinflussen, die morphologisch komplex sind (z.B. Komposita) und eine semantisch-pragmatische Versatilität und Relationalität aufweisen, d.h. Wörter, deren Bedeutung je nach Verwendungskontext stark variieren kann (z.B. Adjektive) (Ninio, 1988; Forbes und Plunkett, 2019; Wagner, Dobkins und Barner, 2013; Booth und Waxman, 2009; Berman, 2009; Nicoladis, 2007). Die vorliegende Arbeit knüpft an diese offenen Fragen an und möchte sich dem Forschungsgegenstand dezidiert aus einer interaktionistischen Perspektive nähern. Dabei sollen nicht nur aktuelle Diskurse in der Wortlernforschung berücksichtigt werden, die eine überrepräsentierte Fokussierung auf simplizische Nomen (die sich auf konkrete Objekte beziehen) kritisieren (Meylan und <?page no="15"?> Kapitel 1. Hinführung zum Forschungsgegenstand 15 Bergelson, 2022), sondern auch zentral der Aspekt aufgegriffen werden, in welcher Form Kontext in bisherigen Untersuchungen konstituiert und experimentell operationalisiert wurde. Denn in dieser Hinsicht ist zu beobachten, dass methodologische Ansätze in der Wortlernforschung häufig dazu tendieren, Kontext primär in dem Sinne zu definieren, dass dieser auf spezifische Faktoren limitiert wird, die im Wesentlichen die Aufmerksamkeit eines Kindes auf den Referenten beeinflussen (z.B. Ferguson, Graf und Waxman (2018), Goldenberg und Sandhofer (2013a), Kucker und Samuelson (2012), Vlach und Sandhofer (2011) und Mather und Plunkett (2012). Die im Folgenden berichtete Arbeit möchte daher einen Beitrag dazu leisten, die Forschungsperspektive im Bereich des langfristigen Wortlernens zu erweitern und fortzuführen, indem sie im Rahmen der durchgeführten Studie Kontext dezidiert nicht im Sinne isolierter Hinweise betrachtet, die etwa die Wahrnehmung eines Referenten beeinflussen, sondern den Fokus auf das gesamte interaktionale Geschehen verlagert, in das ein spezifisches zu lernendes Wort eingebettet und situiert ist und darüber hinaus einem bestimmten Zweck in der Interaktion dient. Auf diese Weise soll berücksichtigt werden, dass der graduelle Bedeutungsaufbau eines Wortes im Rahmen koordinierter Interaktionen mit dem Interaktionspartner erfolgt und die Interaktionserfahrungen eines Individuums widerspiegelt (Marcos, 1991; Rohlfing u. a., 2016; Behrens, 2009; Fischer, 2015; Baldwin und Moses, 2001; Bruner, 1983). In diesem Zusammenhang wird in dieser Arbeit zentral auf das von Rohlfing u. a. (2016) eingeführte Konzept der pragmatic frames zurückgegriffen, das es erlaubt, Kontext im Sinne eines interaktionalen Ereignisses zu operationalisieren, indem ebendieses als ko-konstruierte und zielorientierte multimodale Handlungssequenz betrachtet wird. Um vor diesem Hintergrund differenzierte Einblicke in die Rolle von Kontextvariation und -rekurrenz für den langfristigen Wortlernenprozess zu erhalten, wurde in der durchgeführten Studie <?page no="16"?> 16 Kapitel 1. Hinführung zum Forschungsgegenstand das morphologisch komplexe Wortlernen von 4bis 5-jährigen Kindern längsschnittlich untersucht, indem die Interaktionserfahrung systematisch manipuliert wurde und die Versuchspersonen neue Wörter entweder a) wiederholt in einem unveränderten pragmatischen Rahmen lernten oder b) eine Variation des pragmatischen Rahmens erfuhren. In Anlehnung an methodologische Ansätze, in denen computergestützte Modelle zur Modellierung kindlicher Sprachlernprozesse eingesetzt werden (u.a. Twomey u. a. (2016)), und als weiteres Charakteristikum der vorliegenden Arbeit knüpft das Vorhaben darüber hinaus an Ansätze an, in denen der Einsatz eines robotischen Systems als methodisches Instrument in einem experimentellen Setting dazu dient, die kontextuellen Bedingungen einer Interaktion nuanciert zu modifizieren und zu kontrollieren sowie die damit einhergehenden Effekte auf den Interaktionspartner zu untersuchen (Fischer und Prondzinska, 2020; Fischer, 2011; Fischer u. a., 2011a; Fischer u. a., 2011b; Lohan u. a., 2012). Die Durchführung der im Folgenden beschriebenen Arbeit mit dem Titel „Wortlernen mit sozialen Robotern: Der Einfluss einer systematischen Variation des pragmatischen Rahmens auf das langfristige Lernen morphologisch komplexer Wörter von Vorschulkindern” war dabei eingebettet in das übergeordnete Forschungsprojekt „Frühkindlicher Medienumgang und Sprachlernen mit sozialen Robotern zur Förderung von Teilhabechancen in der digitalen Gesellschaft (merits)”, das von der Landesregierung Nordrhein - Westfalen im Rahmen der Förderlinie „Digitale Gesellschaft” gefördert wurde. 1.1 Aufbau der Arbeit Der Aufbau der Publikation gliedert sich übergreifend in vier Teile: Im ersten Teil werden theoretische Grundlagen und empirische Befunde zum kindlichen Wortlernprozess unter besonderer Berücksichtigung der kontextuellen Gegebenheiten und zeitlichen Verläufe vorgestellt sowie Bezüge zur vorliegenden <?page no="17"?> 1.1. Aufbau der Arbeit 17 Arbeit hergestellt (vgl. Kapitel 2). Darüber hinaus werden soziale Roboter als soziale Lernpartner und methodisches Instrument eingeführt (vgl. Kapitel 3). Auf Basis dieser theoretischen Auseinandersetzung erfolgt eine rahmende Diskussion der theoretischen Inhalte sowie eine Ableitung der in dieser Arbeit verfolgten Fragestellungen und Zielsetzungen (vgl. Kapitel 4). Im zweiten Teil erfolgt die Darstellung der durchgeführten Untersuchung mit einem dezidierten Fokus auf die Gestaltung des Interaktions- und Dialogdesigns, das der systematischen Etablierung einer zielorientierten Handlungsstruktur diente, in die der kindliche Wortlernprozess morphologisch komplexer Wörter eingebettet war (vgl. Kapitel 5). Des Weiteren werden die entwickelten Ansätze vorgestellt, um das referentielle Verhalten der Kinder sowohl quantitativ als auch qualitativ in einer Weise zu erfassen, welche konsequent über eine dichotome Klassifikation von korrekt und inkorrekt hinausgeht. Der dritte Teil befasst sich mit den Ergebnissen der Untersuchung, die Antworten auf die Fragestellungen der Arbeit liefern, wobei flankierende explorative Analysen zusätzliche Einblicke in den langfristigen morphologisch komplexen Wortlernprozess ermöglichen und Wahrscheinlichkeiten im referentiellen Verhalten der Kinder über die Testzeitpunkte hinweg beleuchten (vgl. Kapitel 6). Der abschließende vierte Teil thematisiert verschiedene potentielle Erklärungsrichtungen für die gewonnenen Ergebnisse, geht auf die sich aus der Untersuchung ergebenden Konsequenzen ein und gibt einen Ausblick auf zukünftige Forschungen auf diesem Gebiet (vgl. Kapitel 7). Neben diesem Überblick über den Aufbau dieser Arbeit gibt jedes Kapitel zu Beginn einen weiteren detaillierten Überblick über die behandelten Inhalte. <?page no="19"?> Kapitel 2 Wortlernen The child is not learning simply what to say but how, where, to whom, and under what circumstances. ∼ Bruner (1990, p. 71) Vor dem Hintergrund, dass sich die vorliegende Studie mit dem langfristigen, morphologisch komplexen Wortlernen von 4bis 5-jährigen Kindern befasst und dabei im Vordergrund auf die Rolle des pragmatischen Rahmens eingeht, in welchem der Wortlernprozess situiert ist, soll das folgende Kapitel einen theoretisch-konzeptionellen Einblick in Erklärungsansätze zum Wortlernen geben sowie relevante empirische Befunde thematisieren, die den Prozess des Wortlernens näher beschreiben. Das übergeordnete Ziel dieses Kapitels ist es, zunächst für die Auffassung von Kontext in prominenten Überlegungen und Erklärungen zum Wortlernen zu sensibilisieren und dann die Perspektive auf einen interaktionistischen Ansatz des Wortlernens zu lenken, auf dessen Basis die Prozesshaftigkeit des Wortlernens, die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variation sowie das Lernen morphologisch komplexer und semantischpragmatisch versatiler Wörter am Beispiel von Adjektiven näher behandelt werden sollen. Zu Beginn wird dafür eine übergreifende interaktionistische Sicht auf den Spracherwerb skizziert, die einen initialen Ausgangspunkt der Arbeit <?page no="20"?> 20 Kapitel 2. Wortlernen darstellt (vgl. Kapitel 2.1). Anschließend wird eine erste Eingrenzung des Begriffs des Kontextes angestrebt, die dessen konstituierende Facetten im Zusammenhang des Wortlernens näher aufschlüsselt (vgl. Kapitel 2.2). Auf dieser Basis wird ein Überblick über klassische Erklärungsansätze des Wortlernens dargeboten und die jeweilige Auffassung von Kontext näher skizziert (vgl. Kapitel 2.3). Sodann soll eine interaktionistische Sichtweise auf das Wortlernen und den Kontext vorgestellt werden, die in den Blick nimmt, wie sich das Lernen neuer Wörter im Rahmen von zielorientierten, interaktiven Handlungen vollzieht (vgl. Kapitel 2.4). Im Folgenden soll das Phänomen des Wortlernens weiter vertieft werden, indem die zugrundeliegenden Gedächtnisprozesse herausgearbeitet werden und detailliert der graduelle Charakter des Wortlernprozesses erörtert wird (vgl. Kapitel 2.5). Darauf aufbauend werden zentrale, ausgewählte Befunde vorgestellt, die den Einfluss von kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess thematisieren (vgl. Kapitel 2.6), um schließlich dezidiert auf den Erwerb von semantisch-pragmatisch versatilen und morphologisch komplexen Wörtern einzugehen (vgl. Kapitel 2.7). Dieses Kapitel dient somit als zentrale theoretische Grundlage für die vorliegende Untersuchung, bevor im Folgenden zunächst auf soziale Roboter eingegangen und anschließend die durchgeführte Untersuchung im Detail beschrieben wird. 2.1 Zugrunde liegende interaktionistische Perspektive auf den Spracherwerb Die vergangenen Dekaden haben eine Vielzahl von Positionen und theoretischen Modellen hervorgebracht, die sich allesamt der Frage widmeten, wie ein Kind Sprache und deren Gebrauch in seiner Umwelt erwirbt. Im Mittelpunkt dieser - aus historischer Perspektive erst kürzlich geführten - wissenschaftlichen Debatte stand dabei, ob der Spracherwerb von Kindern auf angeborenen sprachlichen Strukturen basiert oder sich aus kognitiven und kommunikativen <?page no="21"?> 2.1. Zugrunde liegende interaktionistische Perspektive auf den Spracherwerb 21 Fähigkeiten des Kindes im Zusammenspiel mit seiner sozialen Umwelt entwickelt. Diese grundlegende Frage, die sich im Kern darum dreht, welche Rolle angeborenen Anlagen und äußeren Faktoren in der Umwelt eines Kindes beigemessen werden, hat eine lebhafte theoretische Diskussion und eine Fülle von empirischen Untersuchungen hervorgerufen, welche die jeweiligen getroffenen Annahmen im Rahmen experimenteller oder naturalistischer Forschungsparadigmen untersuchten. Klassische nativistische Theorien schreiben in diesem Zusammenhang Umwelteinflüssen nur eine geringe Rolle in der Sprachentwicklung zu und betrachten eine modular verarbeitete Entfaltung biologisch angeborener Anlagen als treibende Kraft in der Sprachentwicklung (Chomsky, 1986; Chomsky, 2006; Pinker, 1984; Stromswold, 2000). Klassische epigenetische Erklärungsansätze opponieren hier und stellen die Interaktion des Kindes mit seiner sozialen und physischen Umwelt in den Mittelpunkt (Bates und Goodman, 2001; Bates und MacWhinney, 1987; Tomasello, 2003; Waddington, 1975). Inzwischen ist der wissenschaftliche Diskurs an einem Punkt angelangt, an dem ein Konsens darüber besteht, dass ein Kind über die Fähigkeit verfügt, Sprache zu lernen und damit über eine Sensibilität für Sprache und soziale Signale, wie z.B. das gestische Verhalten eines Interaktionspartners, dessen Blickverhalten oder prosodische Merkmale. Die vorliegende Arbeit folgt einer interaktionistischen Perspektive auf den Spracherwerb, die sich den epigenetischen Theorien der Sprachentwicklung zuordnen lässt. Dabei folgen interaktionistische Erklärungskonzepte zentral der übergeordneten Prämisse, dass Sprache bzw. sprachliche Bedeutung insofern konstituiert wird, als dies im Rahmen eines interaktiven Prozesses zwischen den Interaktionspartnern geschieht (Heller und Rohlfing, 2017). Dieser soziale, interaktive Prozess zeichnet sich zudem dadurch aus, dass hier wiederkehrende, ko-konstruierte, multimodale Muster geprägt und etabliert werden, die wiederum den Weg für die sprachliche Entwicklung eines Kindes ebnen. Auch wenn an <?page no="22"?> 22 Kapitel 2. Wortlernen dieser Stelle und im Rahmen dieser Arbeit die einzelnen Ausprägungen nativistischer und epigenetischer Erklärungsansätze sowie die Versuche, eine Synthese aus beiden Positionen zu schaffen, nicht weiter en detail beschrieben werden sollen, 1 sei an dieser Stelle expliziert, dass im empirischen Prozess der hier präsentierten Arbeit eine interaktionistische Perspektive als eine Art theoretischkonzeptioneller Wegweiser fungierte. Dieser Aspekt ist nicht zuletzt deshalb hervorzuheben, weil mit einer (unvermeidbaren) theoretischen Verortung bzw. spezifischen theoretischen Perspektivierung auch Implikationen einhergehen, die sich auf den empirischen Prozess einer Untersuchung auswirken, z.B. welche kontextuellen Faktoren in den Fokus einer Analyse rücken (Rohlfing, 2019, p. 14). 2.2 Zur Konstitution von Kontext We should look at the entire situation as constructed by individuals and not at isolated aspects of it. ∼ Rohlfing u. a. (2016, p. 9) Wortlernen ist ein kontextabhängiger Prozess. Die Exposition gegenüber einem (neuen) Wort ist stets situiert in einen spezifischen Kontext eingebettet und bei der Interpretation der Bedeutung eines neuen Wortes berücksichtigen Kinder den jeweiligen Kontext, in dem es verwendet wird, bzw. in der Vergangenheit verwendet wurde (Rohlfing, Rehm und Goecke, 2003; Rohlfing u. a., 2016). Es ist daher von zentraler Bedeutung, Erkenntnisse über den Einfluss verschiedener Kontextbedingungen auf das Wortlernen von Kindern zu erlangen, da die Art 1 Für einen Überblick über klassische und aktuelle Erklärungsansätze zum Spracherwerb siehe z.B. Rohlfing (2019), Ambridge und Lieven (2011) oder Kauschke (2012). Eine vertiefende Darstellung nativistischer und epigenetischer Modelle findet sich darüber hinaus in Klann-Delius (2016) oder Szagun (2019). <?page no="23"?> 2.2. Zur Konstitution von Kontext 23 des Kontextes ebenfalls einen entscheidenden Einfluss auf grundlegende Lern- und Gedächtnisprozesse nimmt (Ashworth u. a., 2014; Nelson, 2009b). Im Folgenden soll der Begriff des Kontextes näher definiert und mit der Betrachtung auf das kindliche Wortlernen, wie es in dieser Arbeit adressiert wird, in Einklang gebracht werden. Dies soll zudem eine trennscharfe Perspektive für die folgenden Kapitel eröffnen, welchen kontextuellen Faktoren in verschiedenen theoretischen Konzepten des Wortlernens sowie in der Literatur zur kontextuellen Rekurrenz und Variabilität Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Denn insbesondere die Sichtweise, welchen Kontextfaktoren eine Relevanz im Wortlernprozess zugesprochen wird, hängt stark davon ab, welche theoretische Perspektive auf den kindlichen Wortlernprozess eingenommen wird. Zunächst ist zu bilanzieren, dass in der Forschungsliteratur zum Wortlernen der Begriff Kontext häufig als Sammelbegriff für eine Vielzahl von Faktoren verwendet wird, die im Zusammenhang mit Verstehens- oder Produktionsprozessen von Wörtern von Bedeutung sind. Dabei ist zu beobachten, dass bei der Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Kontextes oftmals eine simplistische, dichotome Differenzierung vorzufinden ist, die zwischen linguistischen und nicht-linguistischen kontextuellen Faktoren unterscheidet (Ambridge und Lieven, 2011; Bion, 2014; Twomey und Hilton, 2020). Aspekte, wie die umgebende syntaktische Struktur, in der ein neues Wort vorkommt, die Frequenz eines neuen Wortes oder prosodische Eigenschaften werden gewöhnlich dem linguistischen Kontext zugeschrieben, während nicht-linguistische Kontextfaktoren oft synonym mit dem Begriff der Situation verwendet werden und sich auf Aspekte wie die physische Anordnung von Objekten, ihre visuelle Beschaffenheit oder die Art der Aufgabe beziehen. 2 In der bisherigen Wortlernforschung hat die konzise Betrachtung individueller Kontextfaktoren linguistischer und nicht-linguistischer Natur vielfältige und grundlegende Erkenntnisse über das 2 Zur detaillierten Diskussion kontextueller Faktoren linguistischer und nicht-linguistischer Art wird auf Monaghan, Kalashnikova und Mattock (2017) verwiesen. <?page no="24"?> 24 Kapitel 2. Wortlernen frühe Wortlernen erbracht und es den Forschenden ermöglicht, den Einfluss spezifischer Faktoren auf das Wortlernen empirisch zu analysieren - sei es der Einfluss sozio-pragmatischer Hinweise (z.B. Zeigegesten oder das Blickverhalten der Bezugsperson eines Kindes) (Baldwin, 1993; Baldwin und Moses, 2001; Tomasello und Farrar, 1986), das Erkennen von Regularitäten in der Häufigkeit des Vorkommens eines bestimmten Wortes mit einem bestimmten Referenten (Smith und Yu, 2008; Yu und Smith, 2007) oder die Familiarität mit einem Objekt (Diesendruck u. a., 2004; Mather und Plunkett, 2012), respektive die Bedeutung seiner Form (Jones und Smith, 1993; Perry und Horst, 2019). In diesem Zusammenhang hat sich in den vergangenen Dekaden ein Konsens darüber herausgebildet, dass nicht-linguistische und linguistische Faktoren beim Lernen von Wörtern eng miteinander verknüpft sind und im Laufe des Entwicklungsprozesses zusammenwirken (vgl. auch Kapitel 2.3.4). Gleichwohl soll in der vorliegenden Arbeit die Aufmerksamkeit darauf gelenkt werden, dass die bisweilen fragmentierte Adressierung des Kontextbegriffs im Sinne individueller kontextueller Faktoren Limitierungen mit sich bringt, die in der bisherigen Forschung nur geringe Beachtung gefunden haben. So kann einerseits die Tendenz in Studien zum Wortlernen, sich auf einzelne Kontextfaktoren zu konzentrieren, dazu führen, dass die Frage, wie verschiedene Kontextfaktoren beim Wortlernen zusammenwirken oder wie sie von den Kindern abgewogen werden, nicht ausreichend in Betracht gezogen wird. Andererseits ist zu konstatieren, dass das Erlernen eines neuen Wortes teilweise als ein Prozess gesehen wird, bei dem das Kind auf spezifische und unmittelbare kontextuelle Faktoren in seiner Umgebung zurückgreift, um die Bedeutung zu erschließen, woraufhin es als erfolgreich erworben gilt (Ambridge und Lieven, 2011, p. 101), jedoch weniger in den Blick genommen wird, wie Kinder ihr bereits erworbenes Wissen über die Welt und erfahrene kommunikative Handlungen nutzen, um die Bedeutung <?page no="25"?> 2.2. Zur Konstitution von Kontext 25 neuer Wörter zu erschließen und welchen Einfluss die längerfristigen kontextuellen Bedingungen auf den Wortlernprozess haben. Schließlich ist hervorzuheben, dass in Wortlernstudien häufig experimentelle Versuchsaufbauten zum Einsatz kommen, in denen ein Kind isoliert mit unbekannten Objekten und zugehörigen Bezeichnungen konfrontiert wird (siehe bspw. in Twomey, Ranson und Horst (2014) oder (Tippenhauer und Saylor, 2019)), ohne dass es dabei jedoch die Möglichkeit hat, mehr über die Handlung und ihr Ziel zu erfahren. So aufschlussreich und methodologisch erforderlich ein solcher experimenteller Zugang sein kann, um die Auswirkungen spezifischer Kontextfaktoren isoliert zu beleuchten, so kritisch muss die ökologische Validität derartiger Experimente hinterfragt werden, da dabei übersehen wird, dass Kinder im Alltag neuen Wörtern begegnen, die in der Regel in Handlungsroutinen eingebettet sind, in denen nicht nur das spezifische Wort ausgetauscht wird, sondern ebenjenes im Rahmen einer Handlung und einem gemeinsamen Interaktionsziel verwendet wird (Grassmann, 2014; Rohlfing u. a., 2016; Bruner, 1983). In dieser Arbeit wird der Versuch angestrebt, einige der genannten Limitationen zu adressieren, indem das Verständnis von Kontext nicht auf individuelle Faktoren reduziert wird, sondern ein holistischer Ansatz verfolgt wird, der Wortlernen als einen Akt des kooperativen Austauschs zwischen den Interaktanten auffasst, in dem Wörter gebraucht werden, um gemeinsame Ziele durch Sprache zu erreichen. Im Spezifischen soll sich dem Begriff des Kontextes handlungsorientiert genähert werden, d.h. Kontext wird als interaktive, sequentiell organisierte Struktur aufgefasst, in der es darum geht, Handlungsziele zu erreichen, auf welche die Interaktionspartner kooperativ und inter aktiv vor dem Hintergrund einer (gemeinsamen) Interaktionshistorie hinarbeiten (Heller und Rohlfing, 2017; Rohlfing u. a., 2016; Rohlfing und Grimminger, 2019). Dafür wird zudem zentral auf das Konzept der pragmatic frames zurückgegriffen (Rohlfing u. a., 2016) (vgl. auch Kapitel 2.4). <?page no="26"?> 26 Kapitel 2. Wortlernen Das beschriebene Verständnis von Kontext trägt überdies dem Umstand Rechnung, dass Wortlernen als situierter Prozess zu betrachten ist. Die hier eingenommene Sicht rekurriert dabei auf eine Perspektive, wie sie von Rohlfing, Rehm und Goecke (2003) vertreten wird. In diesem Zusammenhang und zur weiteren Präzisierung ist es hilfreich, die Begriffe Situation und Kontext terminologisch zu differenzieren: Rohlfing, Rehm und Goecke (2003, p. 3) vertreten die Auffassung, dass eine Situation die räumlich-zeitliche Anordnung von Objekten und Individuen in einem spezifischen Moment beschreibt, während der vorliegende Kontext die rahmende Struktur umfasst, in der bestimmte kommunikative Handlungen und kognitive Operationen der Interaktanten erforderlich sind und/ oder erwartet werden sowie miteinander in Beziehung stehen (Rohlfing, Rehm und Goecke, 2003, p. 3). Zur Verdeutlichung ihrer Ansicht führen Rohlfing, Rehm und Goecke (2003, p. 3) exemplarisch den Kontext eines Seminars an, welcher strukturell vorgebe, dass „[a] student at a seminar has to act according to her role [...], i.e. she has to be attentive, ask smart questions, and discuss the topic of the seminar. Dancing, singing, or swearing is not expected from her as it is not licensed by the seminar context”. In diesem Sinn könnte ein weiterer beispielhafter Kontext das gemeinsame Anschauen eines Bilderbuchs zwischen einem Kind und seiner Bezugsperson sein, in welchem ebenfalls bestimmte Handlungsmuster, Objekte, interaktive Rollen und Verhaltensnormen vorzufinden sind, in dessen Rahmen ein Kind zudem ein neues Wort mit Bedeutungsinhalten anreichern kann. Die erwähnten Beispiele verdeutlichen darüber hinaus, dass die konkrete Situation, wie z.B. die Art des Bilderbuches oder die räumliche Position der Interaktionspartner, stets in einen spezifischen Kontext eingebettet ist und von diesem beeinflusst und bestimmt wird (Rohlfing, Rehm und Goecke, 2003, p. 3). Vor diesem Hintergrund kann der einleitende Satz dieses Kapitels, dass Wortlernen ein kontextabhängiger Prozess sei, dahingehend präzisiert werden, <?page no="27"?> 2.3. Klassische Erklärungsansätze des Wortlernens 27 dass das Lernen eines neuen Wortes in interaktive, zielgerichtete Handlungsstrukturen eingebettet ist, die ein koordiniertes Zusammenspiel von Interaktionspartnern, Situation und Kontext widerspiegeln (Bruner, 1983; Rohlfing, 2006; Rohlfing, Rehm und Goecke, 2003; Rohlfing u. a., 2016). Die Erfahrung und das Wissen eines Kindes über verschiedene Kontexte und Situationen, bzw. die Etablierung von Routinen sind daher von zentraler Bedeutung, denn ein neues Wort, wie z.B. ein Adjektiv, das eine besondere Eigenschaft eines Objektes aufgreift, wird in einem entsprechenden Kontext nicht um seiner selbst Willen gebraucht, sondern weil es in der Interaktion einen bestimmten Zweck erfüllt, der dem Wort seine Bedeutung verleiht (Bruner, 1983; Rohlfing u. a., 2016; Sonne, Kingo und Krøjgaard, 2023; Wittgenstein, 1953). Ferner bekräftigt diese Perspektive auf den Kontext einerseits den graduellen Charakter des Wortlernens und unterstreicht andererseits zugleich die Relevanz kontextueller Rekurrenz und Variation, da die erfahrenen kontextuellen Begebenheiten einem Kind einen Erfahrungsschatz bieten und eine Interaktionshistorie formen, vor deren Hintergrund ein neues Wort gebraucht wird und dessen Bedeutung ausgebaut werden kann (Marcos, 1991; Rohlfing u. a., 2016; Behrens, 2009; Fischer, 2015). 2.3 Klassische Erklärungsansätze des Wortlernens Wie erkennen Kinder, auf welche Entität sich ein neues Wort in ihrer Umwelt bezieht? Diese wesentliche Aufgabe im Wortlernprozess steht häufig im Mittelpunkt verschiedener Erklärungsansätze zum Wortlernen und dreht sich um das sogenannte Referenzproblem (Quine, 1960), das im Kern die Herausforderung aufgreift, wie die Referenz eines neu angebotenen Wortes erschlossen werden kann. Um die Komplexität zu illustrieren, die dieser scheinbar einfach zu erreichenden Aufgabe inhärent ist, werden in der einschlägigen Forschungsliteratur oftmals Beispiele herangezogen, die eine alltägliche Situation beschreiben, in der etwa die Bezugsperson eines Kindes ein Wort produziert (z.B. „ Auto “) <?page no="28"?> 28 Kapitel 2. Wortlernen und dabei auf die entsprechende Referenz, bzw. das Denotat des Objektes zeigt (z.B. ein vorbeifahrendes Auto) (Ambridge und Lieven, 2011; Frank, Goodman und Tenenbaum, 2009; Kauschke, 2012; Quine, 1960). Ein Vorteil dieser exemplarisch skizzierten Ausgangssituation ist es, dass sogleich mehrere Problematiken offensichtlich werden, die dem Kind in dieser Situation begegnen: Zum einen erläuterte der Philosoph Willard Quine bereits 1960, dass ein produziertes Wort, wie bspw. Auto - um bei dem verwendeten Beispiel zu bleiben - prinzipiell auf eine Vielzahl von Bedeutungen referieren kann (Quine, 1960). So könnte etwa Auto ebenso eine Eigenschaft oder einen Teil eines Autos bezeichnen (bspw. die Farbe des Autos oder entsprechende Meronyme, wie Fahrertür oder Anhängerkupplung ). Auto könnte aber auch auf einen Objektnamen mit einem anderen Grad an Spezifität referieren, etwa auf den Oberbegriff Fahrzeug oder das Hyponym Cabriolet . Ferner wäre es auch möglich, dass das produzierte Wort auf eine Handlung referiert, bspw. fahren , anhalten oder abbiegen . Schließlich - um den Sachverhalt noch weiter zu verkomplizieren - wäre es außerdem möglich, dass die Bezugsperson auf eine Handlung referiert, die die Interaktionspartner selbst betrifft (z.B. schau! , stehenbleiben! ) oder auf etwas, was gar nicht im Zusammenhang mit dem Objekt Auto steht (z.B. schöner Tag oder Straßenkreuzung ). Zum anderen stellen Tomasello und Haberl (2003) fest, dass sich vor diesem Hintergrund ein weiteres Problem der Referenzauflösung offenbart, nämlich dass das Lernen von bestimmten Nomen, wie bspw. Abstrakta (z.B. Barmherzigkeit ) und anderen Wortarten, wie etwa Präpositionen (z.B. unter ) oder Artikeln (z.B. die ) im skizzierten Kontext schwer vorstellbar erscheint (siehe auch Tomasello (2003)). Die Debatte darum, wie es einem Kind nun gelingt, die Bedeutung zwischen einem neuen Wort und seiner Referenz zu erschließen, die referentielle Ambiguität aufzulösen sowie diese Bedeutung über die Zeit hinweg zu behalten und das Wissen in anderen Kontexten zu gebrauchen, hat in der Vergangenheit <?page no="29"?> 2.3. Klassische Erklärungsansätze des Wortlernens 29 verschiedene zu charakterisierende Strömungen hervorgebracht, die im Folgenden vorgestellt werden sollen. Diese theoretischen Ansätze unterscheiden sich im Wesentlichen darin, inwieweit präsupponiert wird, wie umfangreich und spezifisch die Vorkenntnisse sind, die ein Kind in eine Wortlernsituation einbringt, wie sich diese Kenntnisse entwickeln oder ob Wortbedeutungen stärker in einem sozialen, interaktiven Prozess erworben werden. Vor dem Hintergrund, dass sich die vorliegende Arbeit mit der übergreifenden Frage beschäftigt, ob das langfristige Wortlernen durch kontextuelle Rekurrenz oder kontextuelle Variabilität unterstützt wird, ist eine Thematisierung der verschiedenen theoretischen Ansätze unerlässlich, da der gegebene Überblick eine Grundlage für die nachfolgenden Kapitel bietet, aus welcher theoretischen Perspektive der Forschungsgegenstand des langfristigen Wortlernens in Abhängigkeit der kontextuellen Bedingungen betrachtet wurde und wie die Operationalisierung von Kontext in den empirischen Untersuchungen erfolgte. In diesem Sinne soll der Überblick eine Einordnung ermöglichen, in welcher theoretischen Tradition die Forschungsarbeiten stehen, die sich bisher der Frage gewidmet haben, ob der kindliche Wortlernprozess durch kontextuelle Rekurrenz oder durch kontextuelle Variabilität begünstigt wird. Die in den Erklärungsansätzen vorhandenen unterschiedlichen Nuancierungen und Fokussierungen von Kontext - wie im Folgenden deutlich werden wird - sollen darüber hinaus durch prägnante Resümee-Boxen begleitet werden. <?page no="30"?> 30 Kapitel 2. Wortlernen 2.3.1 Wortlernen im Lichte einschränkender Prinzipien The lexical constraint account proposes that word learners are naturally equipped with lexical assumptions that constrain the possible meanings of given words. ∼ Kobayashi, Yasuda und Liszkowski (2022, p. 1) In der Forschungsliteratur wird unter dem Begriff der einschränkenden Prinzipien (engl.: lexical-constraints oder lexical-principles ) eine theoretischkonzeptionelle Perspektive gefasst, welche die Erklärung vorschlägt, dass ein Kind im Prozess des Bedeutungserwerbs auf ein Repertoire von Strategien zurückgreift bzw. mit spezifischen Prinzipien operiert, die die Anzahl möglicher Bedeutungen eines Referenten reduzieren (Markman, 1990; Markman, Wasow und Hansen, 2003; Markman und Wachtel, 1988; Merriman, Bowman und MacWhinney, 1989; Mervis und Bertrand, 1994). Ambridge und Lieven (2011, p. 61) konstatieren in diesem Zusammenhang pointiert, dass dem Ansatz der einschränkenden Prinzipien nach, Worlernen durch eine Reihe von “default assumptions” (dt.: Standardannahmen ) geleitet werde, d.h., dass Kinder über Neigungen verfügen, welche die Hypothesen über die Zuordnung von Referent und Wort gewichten. Markman (1990), eine klassische Vertreterin dieses Ansatzes, formulierte drei zentrale Prinzipien, welche im Folgenden näher beschrieben werden. Es sei an dieser Stelle bereits darauf hingewiesen, dass neuere Forschungsarbeiten die Annahme unterstützen, dass die vorgeschlagenen Prinzipien sich emergent im Rahmen gezielter Interaktionen mit der Bezugsperson entwickeln und sich im Zuge der linguistischen und kognitiven Entwicklung etablieren (Rohlfing, 2019; Thom und Sandhofer, 2009, p. 159). In diesem Zusammenhang treten sie als herausgebildete kognitive Operationen in Erscheinung, die ein schnelleres <?page no="31"?> 2.3. Klassische Erklärungsansätze des Wortlernens 31 Lernen ermöglichen nicht aber, wie ursprünglich angenommen, als prädisponiertes Wissen, das Kinder von Anfang an in eine Wortlernsituation mitbringen (Hollich u. a., 2000; Samuelson und McMurray, 2017). • Das Ausschließlichkeitsprinzip. Die Relevanz eines Ausschließlichkeitsprinzips (engl. auch mutual exclusivity ) wird an Beobachtungen festgemacht, denen zufolge Kinder dem Prinzip folgen, dass Benennungen sich gegenseitig ausschließen und zwei Wörter sich nicht auf das gleiche Objekt beziehen. (Hollich u. a., 2000; Woodward und Markman, 1998). Demnach tendiert ein Kind dazu, nur ein Wort mit einem Objekt oder Ereignis zu verbinden und infolgedessen die Bezugnahme auf ein familiäres Objekt auszuschließen, wodurch gleichzeitig eine lexikalische Überlappung vermieden wird (Rohlfing, 2019, p. 160). Die Annahme des Ausschließlichkeitsprinzips wurde klassischerweise im Rahmen einer Studie von Markman und Wachtel (1988) untersucht, in welcher die Autoren zweijährigen Kindern Bilder von Paaren von Objekten zeigten und diese benannten. Entscheidend war, dass jeweils ein Objektname den Kindern bereits bekannt war. Es zeigte sich, dass die Kinder das neue Wort zuverlässig mit dem zuvor unbekannten Objekt und nicht mit dem vertrauten Objekt in Verbindung brachten (Markman und Wachtel, 1988). Die Autoren interpretierten die Ergebnisse so, dass die Kinder in dieser Situation auf ein Ausschließlichkeitsprinzip zurückgreifen. In einer nachfolgenden Studie mit einem vergleichbaren experimentellen Procedere replizierten Markman und Wachtel (1989) die Ergebnisse zudem mit vierjährigen Kindern. An dem vorgeschlagenen Ausschließlichkeitsprinzip wird allerdings kritisiert, dass dieses vermutlich nur eine Strategie darstellt, auf welche Kinder in spezifischen Situationen zurückgreifen. So demonstrieren andere Befunde, dass Kinder im Alter von zwei und drei Jahren häufig das <?page no="32"?> 32 Kapitel 2. Wortlernen Ausschließlichkeitsprinzip verletzen und durchaus dazu in der Lage sind, mehrere Namen für ein Objekt zu akzeptieren (Mervis und Bertrand, 1994; Deák und Maratsos, 1998; Blewitt, 1994; Clark und Svaib, 1997). Ein Kind billigt bspw., dass ein Eisbär auch mit einem Eigennamen (bspw. Knut ) bezeichnet werden kann oder etwa mit dem Oberbegriff Tier . Darüber hinaus konnte experimentell nachgewiesen werden, dass bei Vorschulkindern ein Verständnis darüber vorhanden ist, dass Sprechende unterschiedlicher Sprachen sich mit unterschiedlichen Wörtern auf denselben Referenten beziehen können (Au und Glusman, 1990) und diese Sensibilität bereits einen frühen Entwicklungsursprung in der Kindheit aufweist (Henderson und Scott, 2015). • Das Prinzip des ganzen Objektes. Im Zuge des Referenzprozesses nehmen Kinder häufig an, dass Wörter sich auf ganze Objekte (bspw. Bär ) und nicht auf spezifische Teile (bspw. Pfote ) von Objekten beziehen. Dieses Prinzip des ganzen Objektes wurde von Markman und Wachtel (1988) vorgeschlagen, nachdem die Autorinnen folgendes Experiment durchgeführt hatten: In dem Versuchsaufbau wurden 3- und 4-jährigen Kindern zunächst in einer Lernphase unbekannte Objekte gezeigt (zum Beispiel eine Abbildung einer Lunge), woraufhin die Experimentatorin die Kinder in einer anschließenden Phase aufforderte, sich zu entscheiden, ob sich das Wort Lunge auf das ganze Objekt oder einzelnen Teile bezieht. Dabei umkreiste sie mit einer Zeigegeste entweder das ganze Objekt oder sie zeigte auf einen spezifischen Teil (in dem Fall auf die Luftröhre). In vier von fünf Fällen wählten die Kinder das ganze Objekt, was die Autorinnen zu der Annahme führte, dass Kinder beim Auflösen der Referenz dazu tendieren, auf ein Prinzip des ganzen Objektes zurückzugreifen (Markman und Wachtel, 1988). <?page no="33"?> 2.3. Klassische Erklärungsansätze des Wortlernens 33 • Das Taxonomieprinzip. Die Annahme eines Taxonomieprinzips geht zurück auf Befunde von Markman und Hutchinson (1984) zurück, die zeigen, dass bei Kindern eine Neigung vorhanden zu sein scheint, ein Wort auf eine Klasse von Objekten zu beziehen, die in einer Weise taxonomische Bezüge aufweisen. Dieser Punkt tangiert den zentralen Aspekt des Wortlernens, nämlich dass das Kind erkennen muss, dass sich ein bestimmtes Wort auf mehrere Exemplare einer Kategorie beziehen kann. 3 Das Taxonomieprinzip besagt in diesem Zusammenhang, dass ein Kind bei der Herausforderung der Generalisierung des Wortwissens taxonomisch relatierte Objekte bevorzugt (Markman und Hutchinson, 1984). Ausgangspunkt für diese Annahme bildete ein Experiment mit einem Versuchsaufbau, bei dem zwei- und dreijährige Kinder mit einer Handpuppe interagierten: In dieser Interaktion benannte eine Handpuppe den Kindern bekannte Objekte (z.B. Polizeiauto ) mit unbekannten Pseudowörtern (z.B. Sud ). Anschließend erhielten die Kinder die Aufforderung „Finde einen anderen Sud, der genauso ist wie dieser Sud“ . Die Ergebnisse zeigten, dass sich die Kinder in dieser Situation in 80 % der Fälle für das taxonomisch relatierte Objekt, z.B. ein normales Auto, entschieden und ein thematisch relatiertes Objekt (z.B. eine Figur eines Polizisten) außer Acht ließen (Markman und Hutchinson, 1984). Eine weitere Bedingung im Rahmen der Studie offenbarte zudem, dass sich die Kinder wiederum in gleichem Maße an thematischen oder taxonomischen Bezügen orientierten, wenn kein neues Wort genannt wurde und ihnen z.B. das Polizeiauto gezeigt wurde, verbunden mit der Aufforderung „Finde ein gleiches wie das“ . 3 Eine ausführlichere Auseinandersetzung mit dieser Thematik und dem Aspekt der Generalisierung findet sich in Kapitel 2.5. <?page no="34"?> 34 Kapitel 2. Wortlernen In dieser Situation wählten die Kinder auf vergleichbarem Niveau das taxonomisch (normales Auto) oder thematisch (Figur eines Polizisten) relatierte Objekt. Markman und Hutchinson (1984) erachten dieses beobachtete Verhalten als Evidenz, dass Kinder bei der Auflösung der Referenz, auf ein taxonomisches Prinzip zurückgreifen, welches sie dazu motiviert, ein unfamiliäres Wort mit einem Objekt mit taxonomischen Bezügen zu verknüpfen und alternative Interpretationen auszuschließen. Ein dem Taxonomieprinzip entsprechendes Verhalten konnte zudem in nachfolgenden Studien bei Kindern bis ins beginnende Schulalter nachgewiesen werden (Booth und Waxman, 2002; Booth und Waxman, 2003), obgleich in der Forschungsliteratur kritisch diskutiert wird, welche Ursache dem beobachteten Effekt zugrunde liegt. So deuten Befunde darauf hin, dass Kinder vielmehr Wörter auf eine Klasse von Objekten beziehen, welche eine gemeinsame Funktion teilen (Booth und Waxman, 2009) oder vielmehr die Form eines Objektes ausschlaggebend ist (Baldwin, 1993; Imai, Gentner und Uchida, 1994). Der letztere Aspekt soll im Folgenden näher beschrieben werden. • Das Prinzip des Formmerkmals. Entgegen der Annahme von Markman und Hutchinson (1984), dass ein Kind, wenn es ein neues Wort hört, dieses aufgrund bestimmter taxonomischer Relate (z.B. Farbe oder Textur) einer Klasse von Objekten zuordnet, vermuten Jones und Smith (1993), dass vielmehr die Form eines Objektes entscheidend ist. Demnach ordnen Kinder ein Objekt aufgrund seiner Form einer bestimmten Kategorie zu (engl. auch shape bias ) (Jones und Smith, 1993). Perry und Horst (2019) präzisieren an dieser Stelle, dass sich die Neigung des Formmerkmals im Zuge der frühen Wortschatzentwicklung eines Kindes und der damit verbundenen Regularitäten etabliert. So beziehen sich die meisten Wörter, <?page no="35"?> 2.3. Klassische Erklärungsansätze des Wortlernens 35 die Kinder früh lernen, auf Objekte in Kategorien, die nach einer Ähnlichkeit der Form geordnet sind - wenn Kinder dann mehr über einzelne Kategorien lernen, die in der Regel nach Formähnlichkeit organisiert sind, entwickelt sich ein Prinzip des Formmerkmals, wodurch nach diesem Prinzip handelnde Kinder dazu tendieren, Wörter im Allgemeinen auf Kategorien zu beziehen, die nach Form organisiert sind (Samuelson und Smith, 1999; Smith u. a., 2002; Perry u. a., 2010). • Das Prinzip der Neuigkeit. Verschiedene Forschungsarbeiten zeigen, dass in Situationen, in welchen Kinder vor die Herausforderung gestellt sind, den Referenten eines neuen Wortes aus einer Reihe an bekannten und einem neuen Objekt auszuwählen, sie zuverlässig das neue Objekt als Referenten auswählen (siehe etwa (Diesendruck u. a., 2004; Merriman, Marazita und Jarvis, 1995; Mather und Plunkett, 2012)). Im Einklang mit den im Vorherigen beschriebenen Effekten könnte zunächst angenommen werden, dass ein Kind im skizzierten Fall ganz im Sinne des von Markman und Wachtel postulierten Ausschließlichkeitsprinzips handelt (Markman und Wachtel, 1988). Neuere Forschungsarbeiten unterstützen jedoch eine alternative Erklärung und erachten den Grad der Neuheit eines Objektes als einen ausschlaggebenden Faktor im Referenzprozess (Bion, Borovsky und Fernald, 2013; Mather und Plunkett, 2012; Merriman, Marazita und Jarvis, 1995). So führten Horst u. a. (2011) eine Studie durch, in welcher zweijährige Kinder für eine Zeit von zwei Minuten unbekannte Objekte explorierten und dann aufgefordert wurden, den Referenten eines neuen Wortes aus einer Reihe von zwei zuvor gesehenen neuen Objekten und einem einzigen „superneuen“ Objekt zu bestimmen. Keines der Objekte war zuvor benannt worden, so dass die Kinder im Rahmen der Aufgabe nicht auf das Ausschließlichkeitsprinzip zurückgreifen konnten. Interessanterweise wählten die Kinder mit signifikant höherer Wahrscheinlichkeit das superneue Objekt (Horst u. a., 2011). Aus dieser Beobachtung schlossen <?page no="36"?> 36 Kapitel 2. Wortlernen die Autorinnen, dass Kinder also weniger eine ausgebildete Neigung aufweisen, ein Wort nur mit einem Objekt oder Ereignis zu verbinden (im Sinne des Ausschließlichkeitsprinzips), sondern dass das kindliche Verhalten in dieser Situation eher auf eine endogene Neigung gegenüber Neuem zurückzuführen ist (Horst u. a., 2011). In einer Replikation der Studie von Horst u. a. (2011) konnte der Effekt zudem bei drei- und vierjährigen Kindern bestätigt werden - sowohl bei neuen Objekten als auch bei neuen Handlungen (Dysart, Mather und Riggs, 2016). Zusammengefasst zeigt sich, dass die theoretische Perspektive der einschränkenden Prinzipien eine einschlägige Erklärung bietet, dass Kinder beim Wortlernen situativ auf spezifische Annahmen zurückgreifen, die ihnen dabei helfen können, die Referenz eines Wortes aufzulösen und den lexikalischen Erwerb zu beschleunigen (Golinkoff, Mervis und Hirsh-Pasek, 1994). Zugleich repräsentiert eben diese Spezifität der Annahmen aber auch einen der prominentesten Kritikpunkte dieser theoretischen Sichtweise und verdeutlicht, dass durch die einschränkenden Prinzipien der Worterwerb nicht vollständig erklärt werden kann (Golinkoff, Mervis und Hirsh-Pasek, 1994; Samuelson und McMurray, 2017). So bezieht sich die Kritik vor allem darauf, dass es sich bei den einschränkenden Prinzipien um spezialisierte Strategien handelt, die - angesichts ihrer häufigen Verletzung (vgl. z.B. Bloom, Tinker und Margulis (1993) oder Nelson, Hampson und Shaw (1993)) - beim Wortlernen nur in sehr spezifischen Situationen zur Anwendung kommen würden (Ambridge und Lieven, 2011; Samuelson und McMurray, 2017; Szagun, 2019). In diesem Zusammenhang merkt Rohlfing an, dass Kinder beim Prozess des Wortlernens auch auf andere Informationsquellen zurückgreifen müssten (Rohlfing, 2019, p. 162) - ein Aspekt, der von Befürwortern der einschränkenden Prinzipien in späteren Arbeiten anerkannt <?page no="37"?> 2.3. Klassische Erklärungsansätze des Wortlernens 37 wird: So präzisieren Markman und Kollegen, dass die einschränkenden Prinzipien einem Kind als eine erste Vermutung dienen und dabei unterstützen, mögliche Bedeutungen eines Referenten in Ermangelung anderer Informationsquellen zu reduzieren (Markman, Wasow und Hansen, 2003, p. 242). Kontext vor dem Hintergrund der einschränkenden Prinzipien Es ist festzuhalten, dass der Erklärungsansatz der einschränkenden Prinzipien vor allem eine Erklärung für die initiale Verknüpfung von Wortform und Referent liefert, d.h. die initiale Wort-Objekt-Beziehung fokussiert und damit einen, wenn auch entscheidenden Teil des Wortlernens adressiert (Munro u. a., 2012). Das Verständnis von Kontext ist in diesem Erklärungsansatz jedoch primär auf wenige (statische) Standardannahmen limitiert, die ein Kind bei der Begegnung mit einem neuen Wort anwendet, wobei im Wesentlichen die situativen Eigenschaften von Objekten (z.B. perzeptuelle Eigenschaften wie die Form oder die Neuheit eines Objektes) in den Blick genommen werden. Andere Aspekte werden in diesem Zusammenhang weitgehend ausgeblendet. Insbesondere die Rolle des breiteren, rahmenden Kontextes, in dem ein Kind mit einer Bezugsperson interaktiv die Referenz aushandelt und in den etwa die Exposition eines Objektes eingebettet ist, wird ignoriert. Als Konsequenz hieraus erweisen sich die einschränkenden Prinzipien auch nur als bedingt nützlich, um das Lernen anderer Wortarten wie Verben oder Adjektive zu erklären, deren Bedeutung je nach Verwendungskontext stark variieren kann (Childers u. a., 2017, p. 809). <?page no="38"?> 38 Kapitel 2. Wortlernen 2.3.2 Sozio-pragmatisches Wortlernen In social-pragmatic view, [...] children acquire linguistic symbols as a kind of by-product of social interactions with adults, in much the same way they learn many other cultural conventions. ∼ Tomasello (2000, p. 90) Klassische Ansätze des sozio-pragmatisch geleiteten Lernens betrachten den Wortlernprozess eines Kindes als einen kulturellen Lernprozess, in welchem es die Ziele und Intentionen seiner Bezugsperson innerhalb der sozialen Umwelt erkennt und auf dieser Grundlage Inferenzen darüber anstellt, welche Bedeutung ein Wort trägt, das von einem Interaktionspartner geäußert wurde (Tomasello, 2003; Tomasello und Farrar, 1986; Nelson, Hampson und Shaw, 1993; Baldwin und Moses, 2001; Bruner, 1978). Im Spezifischen betten sozio-pragmatische Erklärungsansätze den Wortlernprozess in einen sozialen Handlungskontext ein, in welchem das Kind die Referenz eines Wortes erschließt, indem es verschiedene situative Gegebenheiten wie das multimodale Verhalten des Interaktionspartners (z.B. Blicke, Gesten, Intonation etc.) und dessen kommunikative Ziele und Intentionen berücksichtigt und interpretiert (Carpenter u. a., 1998; Grassmann, 2014; Akhtar, Carpenter und Tomasello, 1996). Somit betont diese Erklärungsrichtung, dass sich die Bedeutung eines Wortes situativ im Rahmen der sozialen und sprachlichen Interaktion konstituiert, in welcher sich ein Kind und die Bezugsperson gerade befinden (Kauschke, 2012, p. 68). Die soziale Interaktion zwischen einem Kind und einem Erwachsenen wird damit ins Zentrum gerückt und dient einem Kind als entscheidende Informationsquelle beim Erwerbsprozess neuer Wörter. Im Kontrast zur theoretischen Perspektive der einschränkenden Prinzipien greifen sozio-pragmatische Erklärungsansätze folglich den Umstand auf, dass <?page no="39"?> 2.3. Klassische Erklärungsansätze des Wortlernens 39 Kinder neuen Wörtern typischerweise in einem sozial-kommunikativen Kontext begegnen und dabei sensibel gegenüber sozialen Signalen sind sowie auf ihre eigenen sozio-pragmatischen Fähigkeiten zurückgreifen (Akhtar, Carpenter und Tomasello, 1996; Carpenter u. a., 1998; Tomasello, 2001). Diese theoretische Sichtweise knüpft damit an Befunde an, die zeigen, dass Kinder schon früh die referentiellen Absichten ihres Gegenübers deuten und in dem Alter, wenn sie ihre ersten Worte sprechen, bereits fortgeschrittene (nonverbale) Kommunikationspartner sind, die deiktische und ikonische Gesten, Gesichtsausdrücke sowie Lautäußerungen - sowohl allein als auch in Kombination - zur Kommunikation mit ihren Bezugspersonen einsetzen (Acredolo und Goodwyn, 1988; Liszkowski, 2014; Grassmann, 2014). Demzufolge kennzeichnet den Referenzprozess vor allem die gemeinsame soziale Handlung der Interaktionspartner, deren kontextuelle Charakteristika einschränken, was ein Wort bedeuten kann (Bruner, 1978; Nelson, Hampson und Shaw, 1993; Tomasello und Rakoczy, 2003). 2.3.2.1 Die Rolle gemeinsamer Aufmerksamkeitsbezüge Ansätze des sozio-pragmatisch geleiteten Wortlernens schreiben der Etablierung gemeinsamer Aufmerksamkeitsbezüge eine entscheidende Bedeutung zu (engl.: joint attention ) (Akhtar, 2005; Tomasello, 2008; Tomasello und Rakoczy, 2003). Bezogen auf das Wortlernen betrifft dies insbesondere die Koordination der Aufmerksamkeit der Interaktionspartner in triadischen Interaktionen, z.B. zwischen Kind und Bezugsperson koordiniert auf ein Objekt. In solch einer triadischen Interaktion wenden sich beide Interaktionspartner einem Referenten zu, um über ein entsprechendes Objekt zu kommunizieren, wodurch in Konsequenz dessen eine Etablierung einer geteilten Referenz ermöglicht wird (Rohlfing, 2019: 106). Die gemeinsame Beteiligung der Interaktionspartner an der Interaktion ist dabei jedoch nicht nur auf den gemeinsamen (visuellen) Aufmerksamkeitsfokus limitiert, sondern beinhaltet auch eine kognitive Komponente in Form eines gemeinsamen mentalen Fokus (Rohlfing, 2019, p. 106), was <?page no="40"?> 40 Kapitel 2. Wortlernen insbesondere dann von Bedeutung ist, wenn z.B. ein Objekt oder Ereignis im gegebenen Kontext nicht präsent ist (Tomasello und Kruger, 1992). In Anlehnung an Hubley und Trevarthen (1979) spricht Sinha (2004, p. 228) in diesem Zusammenhang von einem referentiellen Dreieck (engl.: “referential triangle”), welches den Grundstein für die Etablierung von Intersubjektivität lege sowie ein essentielles Kriterium des Symbolgebrauchs darstelle. Im Bereich des Wortlernens wird die Bedeutung gemeinsamer Aufmerksamkeitsbezüge von mehreren Studien unterstrichen. So zeigen Baldwin u. a. (1996), dass Kinder im Alter von 18 Monaten dazu in der Lage waren, neue Wörter für unbekannte Objekte zu lernen, wenn sie mit ihrem Interaktionspartner eine geteilte Aufmerksamkeit auf ein Objekt herstellen konnten, ein Lernerfolg jedoch ausblieb, wenn sich der Interaktionspartner des Kindes außerhalb des kindlichen Sichtfeldes befand und das Kind nicht dessen Blick folgen konnte. Darüber hinaus zeigen Studien, dass die Zeit, die Kinder in gemeinsamen Aufmerksamkeitsbezügen mit ihren Bezugspersonen verbringen, positiv mit der Größe ihres Wortschatzes korreliert (Brooks und Meltzoff, 2008; Carpenter u. a., 1998). Neben der Relevanz des Blickverhaltens der Interaktionspartner im Rahmen gemeinsamer Aufmerksamkeitsbezüge zeigen Forschungsarbeiten ferner, dass das gestische Verhalten ein wichtiges kommunikatives Signal darstellt, welches Kinder bei dem Erwerb von Bedeutungen neuer Wörter unterstützt (Booth, Mc- Gregor und Rohlfing, 2008). So untersuchte eine Arbeit von Booth, McGregor und Rohlfing (2008), ob zweijährige Kinder in ihrem Wortlernen davon profitieren, wenn der Interaktionspartner des Kindes verschiedene kommunikative Modalitäten kombiniert (Blickverhalten, Zeigegeste, Berühren oder Manipulieren eines Objektes). Interessanterweise stellte sich heraus, dass es für den Wortlernerfolg der Kinder besonders gewinnbringend war, wenn der Interaktionspartner des Kindes in der Benennsituation nicht nur auf das Objekt schaute, sondern gleichzeitig auch auf das Objekt zeigte (Booth, McGregor und Rohlfing, 2008). <?page no="41"?> 2.3. Klassische Erklärungsansätze des Wortlernens 41 Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass der sozio-pragmatische Ansatz - in seiner Essenz - Wortlernen als in einen Handlungskontext eingebetteten Prozess betrachtet, in welchem ein Kind Wörter in sozialer Interaktion mit seiner Bezugsperson erlernt, da es die kommunikativen Absichten des Gegenübers deutet und dabei sowohl eine Vielzahl von referentiellen Hinweisen berücksichtigt als auch auf sein eigenes Vorwissen und bereits erworbene soziopragmatischen Fähigkeiten zurückgreift (Bruner, 1983; Carpenter u. a., 1998; Liszkowski, 2014; Tomasello, 2001; Tomasello und Kruger, 1992). Allerdings wird dem sozio-pragmatischen Ansatz entgegengehalten, dass ebenjenes Verstehen kommunikativer und referentieller Absichten in gemeinsamen Aufmerksamkeitsbezügen voraussetzt, dass sich ein Kind die mentalen Zustände seines Interaktionspartners erschließen muss, obgleich diese nicht direkt beobachtbar sind (Rohlfing, 2013, p. 89). Daher ist es eine entscheidende Frage, wie Kinder die Fähigkeit entwickeln, die Absichten anderer zu lesen und zu interpretieren. Rohlfing (2019, p. 107) bietet in dieser Hinsicht eine plausible Erklärung und plädiert für eine weniger „mentalistische Zuschreibung“ und betont, dass sich diese Fähigkeit im Rahmen von wiederholten Interaktionen entwickele. Zentral sei hierbei die Etablierung von Routinen, welche sich im Zuge von erlebten Interaktionsmustern herauskristallisieren und dem Kind als „Erfahrungsschatz“ dienen, um Ziele und Handlungen innerhalb einer Interaktion vorhersehen zu können (Rohlfing, 2013, p. 91). Darüber hinaus wird der sozial-pragmatische Ansatz für seine unzureichende Erklärung der Phasen des frühen Wortlernens kritisiert, da verschiedene Studien darlegen, dass Kinder erst ab einem Alter von circa 12 Monaten dazu in der Lage sind, systematisch dem Blickverhalten einer Bezugsperson zu folgen, soziale Signale zu interpretieren, gemeinsame Aufmerksamkeitsbezüge zu etablieren und die Intentionen anderer zu deuten (siehe bspw. Franco und Butterworth (1996) oder Baldwin (1991)). Kritiker der sozialpragmatischen Perspektive beanstanden vor diesem Hintergrund, dass sich der Erklärungsansatz typischerweise auf Studien stützt, die mit Kindern ab einem <?page no="42"?> 42 Kapitel 2. Wortlernen Alter von zwei Jahren durchgeführt wurden (Ambridge und Lieven, 2011). So zeigt sich nämlich, dass Kinder einerseits bereits im Alter von 6-9 Monaten einige Wörter zu kennen scheinen und Objekte betrachten, die den Referenten entsprechen (zum Beispiel „Fuß“ oder „Mama“ ) (Bergelson und Swingley, 2012; Mandel, Jusczyk und Pisoni, 1995; Tincoff und Jusczyk, 2012) und Kinder andererseits im Alter von einem Jahr und älter auch erfolgreiches Wortlernen in Situationen demonstrieren, in welchen dem Kind gegenüber kaum soziale Signale geäußert werden (Houston-Price, Plunkett und Harris, 2005; Werker u. a., 1998). Dies führte zu der Debatte, ob die Auflösung der Referenz eines Wortes nicht vielmehr auf weniger komplexen Prozessen der Wahrnehmung beruht, worauf im folgenden Kapitel näher eingegangen werden soll. <?page no="43"?> 2.3. Klassische Erklärungsansätze des Wortlernens 43 Kontext vor dem Hintergrund sozio-pragmatischen Wortlernens Sozio-pragmatische Erklärungsansätze rücken eine Auffassung von Kontext in den Vordergrund, nach der Wortlernen in eine gemeinsame Handlung zwischen Kind und Bezugsperson eingebettet ist und das Erkennen von Intentionen zentral ist. Der Kontext umfasst in diesem Zusammenhang sowohl die sozialen Signale des Interaktionspartners des Kindes (z.B. Gesten, Blickverhalten, verbale Äußerungen etc.) als auch die physischen Gegebenheiten der Situation, die ein Kind pragmatisch nutzt und berücksichtigt, um im Moment der Exposition mit einem neuen Wort die referentiellen Absichten des Gegenübers zu deuten und die Bedeutung des Wortes zu erschließen (Grassmann, 2014). Auch wenn sozio-pragmatische Erklärungsansätze teilweise die Bedeutung des Wissens über vorangegangene Handlungen für eine gegenwärtige Interaktion berücksichtigen (Liszkowski, 2014), konzentriert sich das Verständnis von Kontext vor allem auf den unmittelbaren Moment, in dem eine bestimmte Entität bezeichnet wird - die iterative, interpersonale Handlungsstruktur der Interaktanten sowie die gemeinsame Interaktionshistorie verbleiben im Hintergrund. <?page no="44"?> 44 Kapitel 2. Wortlernen 2.3.3 Assoziatives Wortlernen The central idea is that general processes of perceiving, remembering, and attending when placed in the word-learning context may be sufficient in and of themselves to create children’s smart word interpretations. ∼ Samuelson und Smith (1998, p. 95) Ansätze zum Wortlernen, die ein assoziativ oder perzeptionsgeleitetes Lernen postulieren, führen die zugrunde liegenden Mechanismen zur Auflösung der Referenz eines neuen Wortes vor allem auf generelle bzw. allgemeine kognitive Prozesse zurück, wie die vorrangige Perzeption salienter Ereignisse oder (neuer) Objekte sowie das Aufgreifen von statistischen Häufigkeiten, mit der Wörter und potentielle Referenten zusammen auftreten (Samuelson und Smith, 1998; Houston-Price, Plunkett und Duffy, 2006; McMurray, Horst und Samuelson, 2012; Smith und Vela, 2001; Smith und Yu, 2008). Zentral bei diesem Erklärungsansatz ist es, dass ein Kind zunächst eine Assoziation zwischen einem Laut und einem Referenten bildet, was einerseits durch (saliente) Hinweise (engl.: ‘cues’) aus der unmittelbaren Umwelt begünstigt wird und andererseits der Bildungsprozess einer Assoziation durch eine zeitliche Kontiguität charakterisiert ist (Klann-Delius, 2016; Rohlfing, 2019). Der Ansatz des assoziativ geleiteten Lernens tritt ferner deutlich in Opposition zu Ansätzen, die in der Tradition des Nativismus die Ansicht vertreten, dass sich das kindliche Wortlernen im Rahmen von sprachspezifischen, bzw. domänenspezifischen Verarbeitungsprozessen vollzieht (Rohlfing, 2019). Vielmehr betonen Vertreter des assoziativ geleiteten Lernens, dass „[...] general processes of attention and memory are central in creating children’s rapid word learning” (Samuelson und Smith, 1998, p. 102) - Wortbedeutungen also auf Basis einer synergistischen Interaktion von domänenübergreifenden kognitiven ‘low-level’ Prozessen der <?page no="45"?> 2.3. Klassische Erklärungsansätze des Wortlernens 45 Wahrnehmung und des Gedächtnisses etabliert werden (Samuelson und Smith, 1998; Spencer u. a., 2011). Kucker, McMurray und Samuelson (2015) heben zudem hervor, dass die gleichen Mechanismen, die an der initialen Verknüpfung zwischen einem Wort und einem Referenten beteiligt sind, auch eine entscheidende Rolle beim langfristigen, robusten Lernen eines Wortes spielen. Zentral sei hierbei eine “[...] slow accumulation of small bits of learning during and after each situation-time behavior” (Kucker, McMurray und Samuelson, 2015, p. 76). Das heißt, dass sich eine anfängliche Assoziation im Rahmen variabler Kontexte graduell verstärke und es über die Zeit hinweg zu einer Dekontextualisierung der entsprechenden Assoziation komme (Kucker, McMurray und Samuelson, 2015). Darüber hinaus erkennt ein Kind in diesem längerfristigen Prozess Invarianzen des entsprechenden Referenten und registriert Häufigkeiten, wie oft ein identischer Referent in unterschiedlichen Kontexten mit einem bestimmten Wort assoziiert wird (Klann-Delius, 2016, p. 120). Zugleich wird davon ausgegangen, dass die Exposition eines neuen Wortes in verschiedenen Kontexten dazu beiträgt, fehlerhafte Verknüpfungen mit anderen Referenten zu verwerfen (Kucker, McMurray und Samuelson, 2015). In diesem Zusammenhang verdeutlichen Kucker und Kollegen die theoretische Position an folgendem Beispiel: “[...] if a child sees a cup and a shoe on the table when hearing cup, he or she builds links not only between cup and the object cup, but also between the word and the shoe and table. Over time, the object cup is more likely to be present when cup is heard, and spurious links can be pruned leaving cup associated strongly with the object cup, partially associated with the semifrequent table, but not linked with shoe. Over longer time scales as cups are labeled in more diverse settings, the word will become less bound by context and more closely tied to the right associates.” (Kucker, McMurray und Samuelson, 2015, p. 76) <?page no="46"?> 46 Kapitel 2. Wortlernen Das Beispiel illustriert, dass dem Aufgreifen von statistischen Häufigkeiten, mit der Wörter und potentielle Referenten zusammen auftreten, eine bedeutende Relevanz im langfristigen Wortlernprozess beigemessen wird. Diese Einschätzung wird zudem durch Forschungsarbeiten gestützt, die im wissenschaftlichen Diskurs unter dem Begriff des cross-situational learnings thematisiert werden (Smith, Suanda und Yu, 2014; Smith und Yu, 2008). Im folgenden Unterkapitel soll diese essentielle theoretische Komponente des assoziativen Lernens näher skizziert werden. 2.3.3.1 Cross-situational learning Dem Ansatz des cross-situational learnings nach wird die referentielle Ambiguität eines neuen Wortes Schritt für Schritt überwunden bzw. aufgelöst, indem ein Kind die erlangten Informationen aus verschiedenen Expositionen mit einem neuen Wort kombiniert, situationsübergreifend Regularitäten erkennt und schließlich auf probabilistischer Basis die Herausforderung meistert, die Bedeutung eines Wortes robust zu erlernen (Smith und Yu, 2008; Yu und Smith, 2007). Bekräftigt wird diese Annahme u. a. durch eine Studie von Smith und Yu (2008), die das Wortlernen von 12 und 14 Monate alten Kindern untersuchten: In dem Experiment saßen die Kinder auf dem Schoß der Bezugsperson vor einem Bildschirm und das Blickverhalten der Kinder wurde aufgezeichnet. Die Forschenden operationalisierten eine Situation, indem sie den Kindern in 30 verschiedenen Durchgängen jeweils zwei verschiedene Objekte (Zeichnungen von fiktiven Objekten, jeweils in einer individuellen Farbe) präsentierten, die vier Sekunden lang auf dem Bildschirm zu sehen waren. In jedem Durchgang hörten die Kinder zwei unbekannte Wörter über einen Lautsprecher (z.B. bosa und kaki ) und erhielten keine weiteren Informationen oder Hinweise, welches Wort zu welchem Referenten gehörte. Jeder Durchgang war also in sich referentiell ambig, doch über die 30 Durchgänge hinweg erschien z.B. das Wort bosa nur mit einem fest <?page no="47"?> 2.3. Klassische Erklärungsansätze des Wortlernens 47 zugeordneten Referenten, so dass die Referenz aufgrund des gemeinsamen Auftretens von Wort und Referenzobjekt aufgelöst werden konnte. Im Anschluss an die Trainingssituation bestimmten die Forschenden den Wortlernerfolg der Kinder, indem sie deren Blickverhalten im Rahmen eines sogenannten Preferential- Looking-Paradigmas 4 analysierten. Hierbei sahen die Kinder in 12 Durchgängen erneut jeweils zwei Objekte auf dem Bildschirm, hörten aber pro Durchgang nur ein Wort, das sich auf das situationsübergreifend korrekte Referenzobjekt bezog. Anschließend wurde die Blickdauer der Kinder auf den korrekten Referenten des Wortes und auf das andere ablenkende Objekt (ebenfalls ein Objekt aus dem Training) gemessen. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass sowohl die 12-monatigen als auch die 14-monatigen Kinder während des Tests signifikant länger auf das Objekt schauten, dessen korrekte Bezeichnung sie gehört hatten. Aus den Ergebnissen schlossen die Forschenden, dass ein wesentlicher Mechanismus hinter dem kindlichen Wortlernen das Erfassen statistischer Regelmäßigkeiten in der Umwelt sei, bzw. dass Kinder die Bedeutung eines Wortes situationsübergreifend erschließen, indem sie die Häufigkeiten erfassen, mit der ein bestimmtes Wort mit einem bestimmten Referenten auftritt (Smith und Yu, 2008). Vertreter des assoziativ geleiteten Lernens resümieren daher einerseits, dass ein Kind beim Lernen eines neuen Wortes gar nicht auf komplexere Hypothesen einschränkende Prinzipien zurückgreifen müsse (Samuelson und McMurray, 2017; Samuelson und Smith, 1998). Andererseits schreiben theoretische Modelle des assoziativ geleiteten Lernens auch sozio-pragmatischen Hinweisen eine (untergeordnete) Rolle im Worlternprozess zu (Houston-Price, Plunkett und Duffy, 2006; Schafer und Plunkett, 1998; Smith und Yu, 2008). Aus der Perspektive des assoziativ geleiteten Lernens fungieren soziale Signale, wie etwa das Blickverhalten, vielmehr als ein Mittel, welches die Salienz von Objekten oder 4 Eine detaillierte Darstellung des Preferential-Looking-Paradigmas findet sich etwa in Wildt (2019). <?page no="48"?> 48 Kapitel 2. Wortlernen Ereignissen erhöhen kann (Smith u. a., 2002; Yu und Smith, 2007), jedoch weniger als ein Ausdruck der kommunikativen Absichten des Interaktionspartners. Kritiker dieser theoretischen Position halten dem Ansatz jedoch vor, dass dieser zwar erklären könne, wie ein Kind die Bedeutung bestimmter Wörter erwerben kann, aber nicht berücksichtige, wie ein Kind lernt, Wörter für spezifische kommunikative Zwecke in seinem sozialen Umfeld zu gebrauchen (Frank, Goodman und Tenenbaum, 2009). Ein weiterer maßgeblicher Kritikpunkt besteht darin, dass das assoziative Lernen nur schwerlich erklären kann, wie Kinder Wörter für Abstrakta lernen oder Wörter, die sich auf Handlungen beziehen, die zum Zeitpunkt des Sprechens nicht im Gange sind (Frank, Goodman und Tenenbaum, 2009; Kousta u. a., 2011; Gleitman, 1990; Grimminger u. a., 2020). Schließlich müsste es nach dem assoziativen Lernen auch zu sinnlosen Fehlverbindungen zwischen Wort und Referent kommen, z.B. wenn ein Kind seine Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Objekt richtet und dabei z.B. das Gespräch der Mutter oder des Vaters mit dem Geschwisterkind erlebt. Rohlfing (2019, p. 104) weist in diesem Zusammenhang jedoch darauf hin, dass solche Fehlverbindungen äußerst selten auftreten, da die Parameter der sozialen Interaktion die möglichen Verknüpfungen für eine Assoziation einschränken. <?page no="49"?> 2.3. Klassische Erklärungsansätze des Wortlernens 49 Kontext vor dem Hintergrund des assoziativen Wortlernens Die Sichtweise des Kontextes, die ein assoziatives Wortlernen nahelegt, fokussiert in erster Linie perzeptuell wahrnehmbare Einheiten (z.B. Objekte oder Ereignisse) mit ihren Eigenschaften sowie den auditiven Reiz in Form des geäußerten Wortes in einer spezifischen Wortlernsituation. Dabei negiert ein assoziatives Lernen im gegebenen Kontext nicht die Rolle anderer Informationen, wie z.B. das Vorhandensein sozialer Signale des Interaktionspartners (z.B. Gesten), betrachtet diese aber als fakultative Hinweise, die die Aufmerksamkeit eines Kindes auf einen Referenten erhöhen können. Darüber hinaus misst der Erklärungsansatz des assoziativen Lernens dem Vorwissen, das ein Kind in den Kontext mitbringt, eine relevante Bedeutung bei, um Regularitäten und Invarianzen erkennen zu können, womit der Ansatz zugleich längerfristige zeitliche Verläufe des Wortlernens in seine Betrachtung einbezieht. Die vorgeschlagene Betrachtungsweise des Kontextes, in der geäußerte Wörter zugespitzt als bloße “attentional spotlights” (Waxman und Gelman, 2009, p. 4) gesehen werden, lässt jedoch zentral außer Acht, dass die Bildung von Assoziationen unter interaktiven Bedingungen erfolgt und Wörter ihre referentielle Bedeutung durch die Einbettung in eine soziale Interaktion erhalten. <?page no="50"?> 50 Kapitel 2. Wortlernen 2.3.4 Synthese aus assoziativem und sozio-pragmatischem Wortlernen? Das Emergent Coalition Model The emergentist coalition model posits that children’s lexical development is the product of intricate, epigenetic interactions between multiple factors. ∼ Hollich u. a. (2000, p. 17) Mit dem emergent coalition model stellten Hollich u. a. (2000) den Versuch an, dem Aspekt Rechnung zu tragen, dass dem komplexen Phänomen des Wortlernens verschiedene Mechanismen und Einflussfaktoren zugrunde liegen. Die Autoren greifen in diesem Modell Konvergenzen verschiedener theoretischer Erklärungsansätze auf und entwickeln in gewisser Weise eine Synthese aus perzeptionsgeleiteten, prinzipiengeleiteten und sozial-pragmatischen Ansätzen (Hollich u. a., 2000). Das zentrale Plädoyer der Autoren geht davon aus, dass ein Kind im Laufe seiner Entwicklung auf verschiedene Mechanismen zurückgreift bzw. verschiedene Mechanismen beim Wortlernen zusammenwirken und sich deren Gewichtung im Laufe der Entwicklung verändert (Hollich u. a., 2000; Golinkoff u. a., 2000). Im Konkreten bringen Hollich u. a. (2000) mit ihrem Modell die verschiedenen Ansätze und ihre postulierten Mechanismen in eine Stufenfolge: “Principles in the constraints/ principles theories are the products of attentional/ associationistic factors in early development, which then become the engines of subsequent development. Likewise, the social-pragmatic expertise evidenced by 18and 24-month-olds in word learning situations [...] is not present from the start. Rather, children must learn to exploit social interactions for their word learning potential.” (Hollich u. a., 2000, p. 17) <?page no="51"?> 2.3. Klassische Erklärungsansätze des Wortlernens 51 Dabei unterscheiden die Autoren zwischen drei Phasen: In einer ersten Phase verlassen sich Kinder beim frühen Wortlernen vorrangig auf perzeptuelle Aspekte, gefolgt von einer zweiten Phase ab dem 12. Lebensmonat, in der Kinder zunehmend soziale Hinweise nutzen, um die referentielle Bedeutung zu erschließen (Hollich u. a., 2000). In einer letzten, dritten Phase werden weitere sprachliche Informationen, wie z.B. das Wissen über Wortklassen, von den Kindern zunehmend hinzugezogen (Golinkoff u. a., 2000). Aktuelle Forschungsarbeiten betrachten die vorgeschlagene zeitliche Unterteilung in Phasen im emergent coalition model jedoch kritisch, da zum einen sozialen Interaktionen in den ersten 12 Lebensmonaten kaum eine Relevanz beigemessen wird und zum anderen das Modell nur unzureichend erklären kann, wie der Übergang vom assoziativen zum sozio-pragmatischen Wortlernen verläuft (Yurovsky und Frank, 2017; Bohn und Frank, 2019; Rohlfing, 2013). Vor dem Hintergrund dieser Kritik stellen die Befunde die allgemeine Annahme des Modells in Frage, dass sich die Relevanz und Gewichtung der Mechanismen in den ersten Jahren des kindlichen Wortlernens mit der Zeit wie vorgeschlagen verändert: So zeigen etwa Yurovsky und Frank (2017), dass Kinder schon im Rahmen des frühen Wortlernens nicht nur perzeptuelle Aspekte berücksichtigen, sondern auch sensibel gegenüber sozialen Signalen des Interaktionspartners sind. Darüber hinaus argumentiert Rohlfing (2013), dass ebenjene sozialen Interaktionen, insbesondere etablierte Interaktionsmuster zwischen Kind und Bezugsperson, in den frühen Lebensmonaten dafür entscheidend seien, überhaupt ein Bewusstsein für die kommunikativen Handlungsabsichten des Gegenübers zu entwickeln, um wie aus einer sozio-pragmatischen Perspektive auf das Wortlernen die Intentionen des Anderen zu deuten. Diese Sichtweise, die stärker die Parameter des sozialen Miteinanders in den Vordergrund rückt, soll im folgenden Unterkapitel näher beleuchtet werden. <?page no="52"?> 52 Kapitel 2. Wortlernen Kontext vor dem Hintergrund des emergent coalition model Die im emergent coalition model vertretene Grundannahme, dass sich die Relevanz und Gewichtung der Informationen, die beim kindlichen Wortlernen berücksichtigt werden, im Laufe der Zeit verändern, bringt auch eine dynamischere Sichtweise des Kontextes mit sich. Dabei dominiert ein Kontextverständnis im Sinne des assoziativen Lernens im ersten Lebensjahr eines Kindes, woraufhin ein Kind im weiteren Verlauf des Wortlernens zunehmend die im Kontext geäußerten soziopragmatischen Hinweise des Interaktionspartners nutzt und dessen Intentionen erschließt. Auch wenn es ein klares Verdienst des Modells ist, das Zusammenwirken verschiedener Faktoren zu berücksichtigen und so dem Phänomen des Wortlernens besser gerecht zu werden (Rohlfing, 2013, p. 96), lassen die Befunde, die die vorgeschlagene zeitliche Unterteilung in Frage stellen, Zweifel an der Plausibilität des vertretenen Kontextverständnis aufkommen. In diesem Zusammenhang legen neuere Befunde nahe, dass das Lernen von Wörtern in einen Kontext eingebettet ist, in dem die Herausbildung einer Assoziation in eine soziale Interaktion und in die Erfahrungen des Kindes mit Interaktionsmustern eingebettet ist (Rohlfing, 2013; Yurovsky und Frank, 2017). <?page no="53"?> 2.4. Interaktionistische Perspektive auf das Wortlernen 53 2.4 Interaktionistische Perspektive auf das Wortlernen Learning a word [...] means learning how it is used in communication, not (merely) what concept it stands for. ∼ Grassmann (2014, p. 153) Interaktionistische Ansätze des Wortlernens folgen der Prämisse, dass die Etablierung von Referenz als ein fundamental interaktiver Prozess zu betrachten ist, in welchem das gemeinsame, auf ein Ziel ausgerichtete und koordinierte Miteinander der Interaktionspartner zentral ist und sich die Bedeutung eines Wortes konstituiert, weil es im Rahmen einer sozialen Interaktion für einen spezifischen Zweck gebraucht wird (Bruner, 1983; Nelson, 1974; Nelson, 2009a; Ninio u. a., 1994; Nomikou u. a., 2016; Rohlfing u. a., 2016). Im Kontrast zum assoziativen Lernen, in dem Wortlernen weitgehend losgelöst von der sozialen Interaktion aufgefasst wird und sozio-pragmatischen Ansätzen, in denen primär eine Einflussnahme der Bezugsperson auf das Kind angenommen wird, kennzeichnet die interaktionistische Perspektive eine akzentuierte Bidirektionalität, in deren Rahmen ein Kind und seine Bezugsperson in einem wechselseitigen Austausch zielgerichtet an der Interaktion mitwirken. Die Exposition gegenüber einem neuen Wort ist aus einer interaktionistischen Perspektive in eine interpersonelle Handlungsstruktur eingebettet, an der Kinder mit ihren Interaktionspartnern nicht nur teilnehmen, sondern auch aktiv einen Beitrag leisten (Heller und Rohlfing, 2017; Rohlfing, 2013). Diese Handlungsstruktur ist zudem durch eine Sequentialität gekennzeichnet, in der die Interaktanten ihre Handlungen aufeinander abstimmen und ein Kind sich die Bedeutung eines Wortes erschließen kann, weil es die gesamte kommunikative Situation interpretiert, in der ein Wort geäußert wird; der Referenzprozess beginnt somit nicht erst in dem Moment, in dem eine spezifische Entität benannt wird, sondern er beruht <?page no="54"?> 54 Kapitel 2. Wortlernen auf einem kommunikativen Austausch über ebenjene Entität im Rahmen iterativer Handlungen sowie der gemeinsamen Interaktionshistorie der beteiligten Interaktionspartner (Bruner, 1983; Nelson, 2009b; Rohlfing u. a., 2016). Empirische Evidenz, die den interaktionistischen Erklärungsansatz unterstützt, findet sich in Forschungsarbeiten, die untersuchen, wie Bezugspersonen einem Kind gegenüber ein neues Wort in einer natürlichen Situation einführen: So beobachteten Kauschke und Klann-Delius (2010) das interaktive Verhalten von Bezugspersonen und ihren Kindern in einer gemeinsamen Spielsituation und betrachteten im Spezifischen, wie sich das kommunikative Verhalten der Interaktanten gestaltet, wenn unerwartet ein neues Objekt erscheint (in der Studie handelte es sich hierbei um einen ferngesteuerten Roboter). Die Autorinnen demonstrierten in ihrer Analyse, dass Bezugspersonen in solch einer Situation weniger auf isolierte Benennungen des Objektes zurückgriffen, sondern die Auflösung der Referenz sich in einem dialogischen Austausch vollzog, bzw. die Bezugsperson die Nennung des neuen Wortes in eine reichhaltige interaktive Sequenz einbettete und Bezüge zu vorangegangenen Erfahrungen des Kindes herstellte (Kauschke und Klann-Delius, 2010). Eine weitere Arbeit von Heller und Rohlfing (2017) - ebenfalls dem Plädoyer des interaktionistischen Ansatz folgend, die Erforschung des kindlichen Wortlernens nicht nur auf den unmittelbaren Moment der Exposition gegenüber einem neuen Wort zu limitieren, sondern auch die rahmende Handlungsstruktur in den Blick zu nehmen (Rohlfing u. a., 2016, p. 2) - untersuchte mikroanalytisch den Prozess der Auflösung der Referenz im Rahmen einer dyadischen Bilderbuchvorlesesituation zwischen Bezugspersonen und ihren Kindern im Alter von 9 bis 24 Monaten. In dem bedeutenden Forschungsbeitrag identifizierten die Autorinnen in ihrer Analyse, dass die Etablierung der Referenz sequentiell aufeinanderfolgende sogenannte „Jobs” (Quasthoff, 1997; Sacks, 1995) erfordere: <?page no="55"?> 2.4. Interaktionistische Perspektive auf das Wortlernen 55 “Starting from the assumption that reference is fundamentally an interactive achievement, we proposed [...] empirically reconstructed jobs: (1) establishing visual perception as a relevant resource (2) constituting a domain of scrutiny, (3) locating a target, and (4) construing the referent.” (Heller und Rohlfing, 2017, p. 16) Auf die Studie von Heller und Rohlfing (2017) soll an dieser Stelle näher eingegangen werden, da die Erkenntnisse der Autorinnen ein systematisch festgelegtes Interaktionsmuster offenlegen, in dessen Rahmen sich die Referenzauflösung vollzieht sowie die sequentiell koordinierten Handlungen der Interaktionspartner näher differenziert werden. Laut Heller und Rohlfing (2017) umfasst der erste Job, dass sich einer der Interaktanten als “perceptually relevant resource [wahrnehmungsrelevante Ressouce]” etabliert und diesen Schritt zugleich mit der visuellen Aufmerksamkeit des Gegenübers, dem Rezipienten, koordiniert (Heller und Rohlfing, 2017, p. 4). Der Rezipient ist bei diesem Job wiederum aufgefordert, seine visuelle Aufmerksamkeit auf den Sprechenden zu richten und zu erkennen, dass etwa bei einer Zeigegeste der Indexfinger des Interaktionspartners an sich nicht relevant ist, sondern vielmehr als kommunikatives Mittel zu interpretieren ist, um bspw. auf eine Entität zu verweisen (Heller und Rohlfing, 2017, p. 4). Den zweiten Job definiert es, dass der Rezipient korrekt nachvollzieht, welchen referentiellen Bereich der Interaktionspartner (bspw. mittels Körperpositur oder Zeigegeste) adressiert und dementsprechend der Aufmerksamkeitsfokus vom Interaktionspartner zum adressierten referentiellen Bereich wechselt (Heller und Rohlfing, 2017, p. 4). Zugleich beinhaltet dieser Job aber auch die Anforderung an den Sprechenden, dass dieser sicherstellt, dass der Rezipient auch tatsächlich den gleichen referentiellen Bereich adressiert, wie von ihm intendiert. Die Autorinnen betonen, dass hierbei noch nicht eine spezifische Entität fokussiert wird, sondern der Job als erfolgreich abgeschlossen erachtet werden kann, wenn die Interaktionspartner einen gemeinsamen Aufmerksamkeitsfokus <?page no="56"?> 56 Kapitel 2. Wortlernen auf den beabsichtigten referentiellen Bereich etabliert haben (Heller und Rohlfing, 2017, p. 4). Der nachfolgende dritte Job in der sequentiellen Organisation beinhaltet die konkrete Lokalisierung der Zielentität (im referentiellen Bereich) durch den Rezipienten. Heller und Rohlfing (2017) treten hier bewusst in Opposition zu Ansätzen, die vorschlagen, dass bei diesem Vorgang zugleich, bzw. automatisch eine semantische Erschließung des Referenten erfolgt (z.B. Axelsson, Churchley und Horst (2012), Butterworth (2003), Pruden u. a. (2006) und Trueswell u. a. (2016)) - vielmehr sehen die Autorinnen in diesem Job eine zu erreichende perzeptuelle Anstrengung, in dessen Zusammenhang es durchaus zu Missverständnissen oder Korrekturen bei den Interaktanten kommen kann (Heller und Rohlfing, 2017, p. 4). Im vierten Job, im Anschluss an die Lokalisierung der Zielentität, findet laut Heller und Rohlfing (2017, p. 4) schließlich ein (semantischer) Prozess statt, welcher als “construing the referent” betitelt wird: Hierbei berücksichtigt der Rezipient die Bezeichnung des Referenten und entwickelt Hypothesen über seine Bedeutung, indem sowohl Eigenschaften der Entität als auch weitere kontextuelle Aspekte, wie das gemeinsame Ziel der Aktivität (bspw. das Bauen eines Turms mit verschiedenen Objekten) einbezogen werden. Heller und Rohlfing (2017) verorten mit ihrem Ansatz - “Reference as an interactive achievement” - den Prozess der Referenzauflösung somit als eine interaktive Errungenschaft beider Interaktionspartner und illustrieren zugleich, dass nicht nur sprachliche Äußerungen ausgetauscht werden, sondern die sequentiell koordinierten Handlungen der Interaktionspartner durch eine Vielfältigkeit an sozialen Signalen (wie z.B. dem Blick oder Zeigegesten) gekennzeichnet sind. Obgleich die Autorinnen einräumen, dass die identifizierten Jobs primär auf einen Prozess der Referenzauflösung angewandt werden können, bei dem sich die Interaktionspartner über eine Entität austauschen, die in ihrer unmittelbaren Umgebung präsent ist und der Ansatz nicht beschreibt, wenn etwa auf vergangene, zukünftige oder fiktive Handlungen referiert wird, so wird <?page no="57"?> 2.4. Interaktionistische Perspektive auf das Wortlernen 57 der Ansatz im Rahmen der vorliegenden Arbeit als relevant erachtet, da in der durchgeführten Untersuchung ebenfalls Referenten in der Umgebung des Kindes adressiert wurden. Auf den Beitrag von Heller und Rohlfing (2017) wird sich darüber hinaus in der vorliegende Arbeit aus zweierlei Gründen gestützt: Zum einen unterstreicht der Ansatz, dass Kinder in den exemplarisch geschilderten sozial-pragmatischen Interaktionsmustern die Bedeutung eines Wortes erlernen und in diesem Zusammenhang zugleich erfassen, in welchen Kontexten ein Wort üblicherweise eingebettet ist und welchem Zweck es dabei dient (Ninio u. a., 1994). Zum anderen rekurrieren die Autorinnen auf das Konzept der pragmatic frames , welches zentral für die Operationalisierung des Kontextbegriffs in der vorliegenden Arbeit ist. Heller und Rohlfing (2017) sehen in den beschriebenen Jobs ein charakteristisches Beispiel eines sogenannten pragmatischen Rahmens (Rohlfing u. a., 2016). Damit betrachten Heller und Rohlfing (2017) die aufgeschlüsselten Jobs, die im Referenzprozess erfüllt werden müssen, auf einer Verhaltensebene, auf der Kinder Kontingenzen in den Verhaltensweisen ihrer Bezugspersonen erkennen und mit zunehmender Interaktionserfahrung auch vorhersagen können (Rohlfing, 2013, p. 91). Im Folgenden soll das Konzept der pragmatic frames mit dem Ziel vorgestellt werden, ein Verständnis für den Begriff des pragmatischen Rahmens zu entwickeln. 2.4.1 Die Rolle des pragmatischen Rahmens Rohlfing u. a. (2016) sehen in Interaktionsmustern, wie denen, die von Heller und Rohlfing (2017) herausgearbeitet wurden, „Protokolle [einer Interaktion], die dem Gedächtnis eine Bedeutungsform vermitteln“ (Rohlfing, 2013, p. 91) und fassen diese unter dem Konzept der “pragmatic frames” (Rohlfing u. a., 2016, p. 2) zusammen. <?page no="58"?> 58 Kapitel 2. Wortlernen Aus historischer Perspektive knüpfen die Autor*innen damit unter anderem an theoretische Erkenntnisse aus der Spracherwerbsforschung an 5 , in denen das Konzept der frames etwa von Bruner (1983) unter dem Begriff der “interactional formats” adressiert wurde oder später von Tomasello (1999, p. 97) als “joint attentional scenes” . Vor dem Hintergrund seiner durchgeführten Studien zur Eltern- Kind-Kommunikation postulierte Bruner, dass etablierte Handlungsroutinen als elementarer Bezugspunkt für die Konstitution von Wortbedeutungen zu erachten sind (Bruner, 1983). Bruner (1983, p. 120) nennt derartige routinisierte Muster in der Interaktion „Formate“, welche durch wiederholbare verbale und nonverbale Verhaltensmuster der Interaktionspartner gekennzeichnet sind, eine Reziprozität aufweisen und zeitlich aufeinander abgestimmt sind. Entscheidend ist laut Bruner dabei, dass der an das Kind gerichtete sprachliche Input in einem Format so strukturiert ist, dass das Kind erkennt, wie es seine kommunikativen Absichten mitteilen kann und wie ein gemeinsames Ziel durch Sprache erreicht wird (Bruner, 1983, p. 18). Diese durch Wiederholung ritualisierte Abfolge von Handlungen bildet eine Art „Lernmatrix“, in welcher die Bezugsperson bspw. die Benennung eines Referenzobjektes einbettet und das Kind dabei unterstützt, die Bedeutung von Wörtern und ihre Beziehung zueinander zu erkennen (Bruner, 1983, p. 38). Diese durch Wiederholung etablierte interpersonelle Koordination in einem Format (zum Beispiel im Rahmen des Formats einer gemeinsamen Bilderbuchlesesituation) trägt laut Bruner zudem dazu bei, kommunikative Rollen im Dialog einzuüben, das heißt, im Rahmen der festgelegten Interaktionsmuster erfährt ein Kind, an welchen Stellen in einer geordneten Sequenz bestimmte Rollen eingenommen werden können, die durch bestimmte, wiederkehrende Handlungen begleitet werden, um eine Referenz aufzulösen (Bruner, 1983, p. 38). Mit zunehmender Familiarität mit den Handlungsschritten wird das Kind in die Lage versetzt - Bruner nennt es das „Übergabe-Prinzip“ - zunehmend 5 Weitere Beispiele, teilweise aus anderen Disziplinen, die sich mit dem Konzept der Frames befassen, finden sich u.a. in Wittgenstein (1953), Bateson (2006), Goffman (1974) und Fillmore (1976); siehe auch Rohlfing u. a. (2016, p. 2-4) für eine Zusammenfassung. <?page no="59"?> 2.4. Interaktionistische Perspektive auf das Wortlernen 59 Handlungen innerhalb der Sequenz zu übernehmen oder die dialogische Rolle zu tauschen, wodurch vertraute Formate dann nicht mehr lediglich an eine spezifische Situationen gebunden sind, sondern die Interaktionsstruktur allmählich auch generalisierbar wird (Bruner, 1983, p. 38). In diesem Konzept ist Bedeutung somit klar in der Interaktionserfahrung eines Kindes verankert. Mit dem Ansatz der pragmatic frames entwickeln Rohlfing u. a. (2016) die Idee der Formate weiter und differenzieren verschiedene Ebenen anhand derer ein pragmatischer Rahmen beschrieben werden kann. Die Autor*innen schlagen vor, dass ein pragmatischer Rahmen sich wie folgt definieren lässt: “A pragmatic frame is a negotiated interaction protocol targeted to achieve a joint goal that involves (1) a surface layer, namely, an observable coordinated sequence of pragmatic behaviors in the form of words and actions, (2) a deep structure underlying these behaviors that targets the achievement of one or several joint goals, and (3) a nested cognitive layer that specifies which cognitive operations the frame triggers as it unfolds.” (Rohlfing u. a., 2016, p. 2) Im Rahmen dieser vorgestellten Trias aus Oberflächenstruktur, Tiefenstruktur und kognitiver Ebene betrachten Rohlfing u. a. (2016) einen pragmatischen Rahmen folglich als ein abgestimmtes Zusammenspiel von pragmatischen Fähigkeiten und kognitiven Operationen. In Anlehnung an Bruner (1983) differenzieren die Autor*innen zwischen der Syntax und der Bedeutung eines pragmatischen Rahmens, wobei sie darüber hinaus argumentieren, dass sich Syntax und Bedeutung weiterhin in eine Oberflächen- und Tiefen bedeutung (engl. surface und deep meaning) sowie eine Oberflächen- und Tiefen syntax (engl. surface und deep syntax) unterteilen lassen (Rohlfing u. a., 2016, p. 7): • Die Oberflächenbedeutung bezieht sich nach Rohlfing u. a. (2016, p. 7) auf die Menge der kognitiven Operationen, die mit einem pragmatischen <?page no="60"?> 60 Kapitel 2. Wortlernen Rahmen verbunden sind. Hierbei handelt es sich um einfache sowie automatisierte Operationen, die sich aus der ko-konstruierten Interaktion zwischen den Interaktionspartnern ergeben - etwa wenn ein Kind der Zeigegeste einer Bezugsperson folgt und zugleich kognitiv eine Erwartungshaltung aufbaut, dass die Bezugsperson auf einen Referenten verweisen wird. • Die Tiefenbedeutung beschreibt in der Theorie der pragmatic frames die kognitiven Operationen, die bei der Verarbeitung des verfolgten Ziels innerhalb des pragmatischen Rahmens eine Rolle spielen und z.B. bei der Verarbeitung der Lerninhalte relevant sind. Rohlfing u. a. (2016, p. 7) argumentieren, dass in Essenz “the deep meaning of pragmatic frames is equivalent to knowing what the interaction is about”, das heißt, ein Kind extrahiert hierbei kognitiv Invarianzen in der Interaktionsstruktur des pragmatischen Rahmens und erkennt Regelmäßigkeiten, welche es mit wachsender Familiarität verallgemeinern kann. Um die Charakteristika der Tiefenstruktur zu verdeutlichen, führen Rohlfing u. a. (2016, p. 7) das Beispiel eines pragmatischen Rahmens an, in dem ein Objekt benannt wird (engl. labeling frame): Wenn ein Lernender bzw. ein Kind die Äußerung „Das ist ein. . . “ hört, begleitet durch eine Zeigegeste auf ein Objekt, so wird es erwarten, dass es darum geht, ein Wort mit dem entsprechenden Objekt zu verbinden. Die Rolle des Kindes innerhalb dieses Rahmens ist es dementsprechend, der Geste zu folgen, ein einzelnes Objekt zu bestimmen und sich dessen Bezeichnung einzuprägen, um diese später abrufen zu können (Rohlfing u. a., 2016, p. 7). • Die Oberflächensyntax konstituiert sich in der Theorie der pragmatic frames durch die beobachtbare Sequenz der Verhaltensweisen der Interaktionspartner, das heißt, sie bildet auf einer Oberfläche ab, wie und mit <?page no="61"?> 2.4. Interaktionistische Perspektive auf das Wortlernen 61 welchen kommunikativen Handlungen die Interaktionspartner gemeinsam die Interaktion koordinieren (Rohlfing u. a., 2016, p. 7). Die Oberflächensyntax eines pragmatischen Rahmens durchläuft zudem einen Konventionalisierungsprozess, wobei zugleich Bestandteile innerhalb der Sequenz variabel realisiert sein können - um hier das Beispiel des labeling frames anzuführen: statt der Äußerung „Das ist ein. . . ” könnte auch „Es ist ein. . . “ , „Dort ist ein. . . “ , etc. verwendet werden und/ oder ein anderes prosodisches Muster (Vollmer u. a., 2016, p. 2). In Relation zur Oberflächenbedeutung wird durch die Oberflächensyntax ferner die Abfolge der kognitiven Operationen festgelegt, welche erlernt werden muss und im Zuge des Konventionalisierungsprozesses automatisiert wird (Rohlfing u. a., 2016, p. 7). • Vor dem Hintergrund der Tiefensyntax postulieren Rohlfing u. a. (2016, p. 8), dass die sequentiell koordinierte Interaktionsstruktur eines pragmatischen Rahmens sogenannte “Slots” anbietet, welche durch einen bestimmten (Lern-)Inhalt (z.B. ein neues Wort) ausgefüllt werden können. Wiederholt sich ein bestimmter, für ein Kind vertrauter, pragmatischer Rahmen (bspw. ein labeling frame), so bringt dies den Vorteil mit sich, dass sich die Lernanstrengungen des Kindes darauf beschränken, einerseits den Slot in der Sequenz zu identifizieren und andererseits die neuen Informationen innerhalb des Slots zu verarbeiten (Rohlfing u. a., 2016, p. 8). Rohlfing u. a. (2016, p. 8) argumentieren, dass sich somit wechselnde Lerninhalte in einen Slot innerhalb eines bekannten pragmatischen Rahmens relativ leicht aufgreifen lassen, da die interaktive Struktur sowie die kognitiven Operationen bereits routinisiert und etabliert sind. Ein entscheidendes Kriterium für ein erfolgreiches Aufnehmen des Lerninhalts ist laut Rohlfing u. a. (2016, p. 8) jedoch, dass dieser relevant für das gemeinsame Ziel in der Interaktion ist und der oder die Lernende den Inhalt <?page no="62"?> 62 Kapitel 2. Wortlernen entsprechend anwenden kann (z.B. durch Auswahl des benannten Objektes). Die Tiefensyntax definiert demnach sowohl die Position des (Lern- )Inhalts bzw. des Slots innerhalb der sequentiellen Abfolge eines pragmatischen Rahmens als auch die Art des Lerninhalts (ob bspw. ein Nomen oder Adjektiv gelernt wird) (Rohlfing u. a., 2016, p. 8). Es wird deutlich, dass im Ansatz der pragmatic frames die Etablierung von Referenz als ein Akt des kooperativen Austauschs zwischen den Interaktanten aufgefasst wird, in dem Wörter vor dem Hintergrund gemeinsamer Interaktionsziele gebraucht werden (Heller und Rohlfing, 2017; Rohlfing u. a., 2016; Vollmer u. a., 2016). Damit bietet dieses theoretische Konzept eine Antwort auf aktuelle Diskurse in der Forschung, die dafür plädieren, den Prozess der Erschließung von Wortbedeutungen in seiner Komplexität ganzheitlicher zu betrachten und nicht auf assoziative Prozesse zu reduzieren (Rohlfing, 2019; Tomasello, 2001; Wojcik, Zettersten und Benitez, 2022). Assoziative Prozesse spiegeln zwar einen Teil der Wortbedeutungskonstitution wider, blenden aber jedoch weitgehend die „Gegebenheiten der Situation“ aus (Rohlfing, 2019, p. 8), das heißt die rahmende soziale Interaktion, die Rolle pragmatischer Fähigkeiten sowie die gemeinsame Interaktionshistorie der beteiligten Gesprächspartner beim Erwerb der Wortbedeutung. Kritische Stimmen sehen in der Fokussierung auf assoziative Prozesse gar eine “map trap”, die experimentelle Methoden, Hypothesen, Theorien und Interventionen einschränken und verfälschen könne (Wojcik, Zettersten und Benitez, 2022). Das Konzept der pragmatic frames adressiert hingegen explizit die Bedeutung der Interaktionshistorie, wodurch eine Erfassung des (Wort-)Lernprozesses über einen unmittelbaren Moment ermöglicht wird: Rohlfing u. a. (2016, p. 5) betonen anhand verschiedener Studien (z.B. Marcos (1991), Farrar, Friend und Forbes (1993) und Davachi und DuBrow (2015)), dass die wiederholte Erfahrung eines pragmatischen Rahmens und damit die Möglichkeit für ein Kind, sich an eine Abfolge von Ereignissen und Handlungen zu erinnern, zentral ist, um eine <?page no="63"?> 2.4. Interaktionistische Perspektive auf das Wortlernen 63 Familiarisierung mit der Interaktionsstruktur zu etablieren und Erwartungen darüber zu entwickeln, wie Handlungen miteinander in Beziehung stehen. Auf diese Weise werde es einerseits leichter, eine Situation mit zunehmender Interaktionserfahrung zu interpretieren, und andererseits verringere sich die kognitive Belastung (Rohlfing u. a., 2016, p. 5). Mit Referenz auf Rohlfing (2006) verweisen Rohlfing u. a. (2016, p. 5) zudem darauf, dass die Familiarisierung mit einem pragmatischen Rahmen im Zusammenhang mit einer Struktur des Wortlernens steht, welche durch eine Hierarchie charakterisiert ist. So wenden Kinder oftmals ein neues Wort zunächst in vertrauten Situationen an, bevor sie das Wissen auf andere Situationen übertragen können (Rohlfing, 2006). In diesem Sinne unterstützt die Vertrautheit mit der Interaktionsstruktur eines pragmatischen Rahmens nicht nur die Interpretation einer unmittelbaren Situation, sondern spielt auch eine wichtige Rolle bei der Generalisierung des Wortwissens (vgl. auch Kapitel 2.5.2). An dieser Stelle sei allerdings darauf hingewiesen, dass es bislang ungeklärt bleibt, ab welchem Grad der Routinisierung einer Interaktionsstruktur die von den Autor*innen geschilderten Effekte eintreten. Ferner repräsentiert sich in der Interaktionshistorie eines Kindes dessen „Erfahrungsschatz [über Interaktionsprotokolle], der im Verlauf der Entwicklung und erlebter Interaktion zur Verfügung steht“ (Rohlfing, 2013, p. 92). Das Wissen um diese Interaktionsprotokolle ist im Referenzprozess von entscheidender Bedeutung, da ein Kind in diesem Rahmen nicht nur kommunikative Handlungen selbst gebraucht, sondern Handlungen auch als Teil vorangegangener Ereignisse mit einer spezifischen Interaktionsgeschichte interpretiert (Rohlfing u. a., 2016, p. 5). Rohlfing u. a. (2016) schlagen in diesem Zusammenhang unter Bezugnahme auf Rączaszek-Leonardi (2016) vor, dass zwei zeitliche Dimensionen im Prozess des Wortlernens eine wesentliche Rolle spielen: Zum einen die unmittelbare, gerade stattfindende Handlung in der Sequenz einer Interaktion <?page no="64"?> 64 Kapitel 2. Wortlernen und zum anderen die Interaktionshistorie und das Wissen um die Protokolle einer Interaktion, die ein Kind in die Interaktion einbringt. Diese Annahme wird zudem von Erkenntnissen gestützt, die zeigen, dass das Ergebnis des Referenzprozesses in Abhängigkeit der gemeinsamen Interaktionshistorie von Kind und Bezugsperson variiert (Moll u. a., 2006). Unter diesem Gesichtspunkt betonen Rohlfing u. a. (2016), dass bei der Analyse von Wortlernprozessen zu beachten sei, dass in der Regel in natürlichen Situationen, in denen ein Kind einem neuen Wort begegnet, kommunikative Signale nicht in Isolation dargeboten werden, sondern stets in eine Sequenz von Handlungen eingebettet sind. Dies gibt Anlass zu der Kritik, dass Studien, die im Rahmen experimenteller Paradigmen lediglich einen spezifischen Moment innerhalb einer Wortlernsituation oder die Wirkung eines bestimmten kommunikativen Signals (z.B. Blickverhalten; vgl. z.B. Pruden u. a. (2006)) adressieren, in ihrer ökologischen Validität und Aussagekraft eingeschränkt sind, da Kinder bei der Interpretation eines kommunikativen Signals in der Regel auf ihren „Erfahrungsschatz“ über Interaktionsprotokolle zurückgreifen und sich die Bedeutungserschließung im Rahmen einer Sequenz verschiedener Signale bzw. Jobs vollzieht (Heller und Rohlfing, 2017; Rohlfing, 2019). Für die Zwecke der vorliegenden Arbeit soll sich auf das Konzept der pragmatic frames zentral bezogen werden, wie es von Rohlfing u. a. (2016) vorgeschlagen wurde. Im Rahmen der Arbeit wird daher davon ausgegangen, dass die Konstitution von Wortbedeutungen in einen pragmatischen Rahmen eingebettet ist - eine sozial-interaktive Sequenz von zielgerichteten gemeinsamen Handlungen und kognitiven Operationen, die im Zuge sozialer Interaktion etabliert wird und zum Verständnis der in ihrem Rahmen vermittelten (Lern-)Inhalte beiträgt. <?page no="65"?> 2.4. Interaktionistische Perspektive auf das Wortlernen 65 Kontext vor dem Hintergrund des interaktionistischen Wortlernens Entgegen einer Verengung des Kontextes auf einzelne Faktoren oder einer Betrachtung des Wortlernens im Lichte isolierter kommunikativer Signale (z.B. Smith und Yu (2008) und Hilton, Twomey und Westermann (2019)) führt eine interaktionistische Perspektive, unter Einbeziehung der pragmatic frames , eine erweiterte Sichtweise auf den Kontext ein, in welcher sich Wortlernen im Rahmen einer zielorientierten interpersonellen Handlungsstruktur vollzieht, die von den Interaktionspartnern iterativ koordiniert und ausgehandelt wird. Die Bedeutung eines Wortes konstituiert sich dabei immanent aus der Analyse der sequentiellen Abfolge verbaler und nonverbaler Handlungen, den kognitiven Dispositionen der Interaktanten, die sich im Zuge von Erfahrungen in sozialen Interaktionen herausgebildet und etabliert haben, sowie dem Zweck, dem ein Wort in der Interaktion dient (Rohlfing u. a., 2016). Dies unterstreicht sowohl die Bedeutung der Adressierung des kindlichen Wissens über erlebte Interaktionsmuster, vor deren Hintergrund es eine laufende Interaktion interpretiert, als auch die Dringlichkeit, den Aufbau von Wortbedeutungen vor dem Hintergrund der interaktiven Sequenz zu betrachten, in die ein (neues) Wort eingebettet ist. Während der Ansatz in diesem Zusammenhang die Relevanz des Wissens über die „Muster der Interaktion“ (Rohlfing, 2013, p. 97) für das Wortlernen plausibel darlegt, bleibt unspezifiziert, ab welchem Grad der kontextuellen Rekurrenz sich ein pragmatischer Rahmen etabliert und welche Rolle die Erfahrung mit unterschiedlichen pragmatischen Rahmen für ein flexibles Wortwissen spielt. <?page no="66"?> 66 Kapitel 2. Wortlernen 2.5 Zur Prozesshaftigkeit des Wortlernens Learning a word is really a slow process of gradually determining what kinds of things a word refers to. ∼ Samuelson und McMurray (2017, p. 6) Die Forschung hat in den vergangenen Jahren gezeigt, dass es sich beim Wortlernen eines Kindes nicht um einen “one shot process [punktuellen Prozess]” handelt (Twomey und Hilton, 2020, p. 5). Vielmehr stellt die initiale, schnelle Zuordnung von Referent und neuer Wortform nur einen Teil eines graduellen Lernprozesses dar (Bloom, 2001; Capone und McGregor, 2005; Horst und Samuelson, 2008; McMurray, Horst und Samuelson, 2012). Denn ein Kind muss sich auch die Wortformen neuer Wörter merken und muss deren Bedeutungsgehalt sukzessive ausdifferenzieren, indem es im Rahmen von Erfahrungen in weiteren Interaktionen Bedeutungen erweitert oder korrigiert und semantische Merkmale des Referenten memorisiert, um zu einer stabilen bzw. robusten Wortbedeutung zu gelangen (Rohlfing, 2013; Samuelson und McMurray, 2017) (vgl. auch Kapitel 2.5.2). Vor diesem Hintergrund spiegeln die in den vorangegangenen Kapiteln beschriebenen Erklärungsansätze auch wider, dass die bisherige Forschung die zeitlichen Verläufe des Wortlernens in unterschiedlicher Nuancierung berücksichtigt hat. In dieser Hinsicht steht das Konzept der pragmatic frames im Einklang mit der Auffassung vom Wortlernen als graduellem Prozess, zumal die Forschenden in ihrem theoretischen Beitrag explizit die zeitlichen Dimensionen des Lernprozesses hervorheben und betonen, dass ein Wort nicht binär gelernt wird, sondern sich die Bedeutungskonstitution schrittweise vollzieht (Rohlfing u. a., 2016, p. 14). Diese Perspektive wurde jedoch in Untersuchungen zum kindlichen Wortlernen nicht immer prominent behandelt und viele Studien konzentrieren sich <?page no="67"?> 2.5. Zur Prozesshaftigkeit des Wortlernens 67 vornehmlich auf die anfängliche Zuordnung von Referent und Wortform und weniger auf die Untersuchung des Wortwissens über einen längeren Zeitraum hinweg (Samuelson und McMurray, 2017). Dass es sich beim Wortlernen allerdings um einen graduellen Prozess handelt, wurde etwa von Ameel, Malt und Storms (2008) demonstriert: Die Autor*innen untersuchten, wie sich der Erwerb von Nomen innerhalb der Kategorie der Haushaltsgegenstände bei 5bis 14jährigen Kindern über einen längeren Zeitraum entwickelt. Dazu wurden die Kinder (und Erwachsenen) gebeten, einerseits Objekte (z.B. eine Tasse, ein Glas oder eine Dose) zu benennen und andererseits zu beschreiben, welche Merkmale z.B. das Objekt Tasse charakterisieren und welche Merkmale alle Exemplare der entsprechenden Objektkategorie gemeinsam haben. 6 Interessanterweise stellte sich heraus, dass die Wortbedeutungen der Kinder im Vergleich zu denen der Erwachsenen noch unvollständig waren und darüber hinaus die Kinder die Merkmale der Objektkategorien anders gewichteten (Ameel, Malt und Storms, 2008). Erst mit zunehmendem Alter näherte sich der Bedeutungsgehalt der Wörter, den die Kinder in der Studie offenbarten, dem der Erwachsenen an (Ameel, Malt und Storms, 2008). Eine weitere Arbeit von Horst und Samuelson (2008), die sich ebenfalls mit dem Wortlernen im zeitlichen Verlauf beschäftigte, zeigte zudem, dass im graduellen Prozess des Wortlernens das erworbene Wissen zunächst eine hohe Fragilität aufweist: Kinder im Alter von zwei Jahren schnitten in der durchgeführten Untersuchung sehr gut ab, wenn es darum ging, Wissen über ein neues Wort unmittelbar abzurufen, aber nach einem Zeitraum von nur fünf Minuten waren 6 Während in Anlehnung an Hampton (1979) Ameel, Malt und Storms (2008) die erwachsenen Teilnehmer in der Studie direkt gefragt wurden, welche typischen Merkmale ein spezifisches Objekt ausmachen und welche typischen Merkmale die Objektkategorie aufweist, wurde das Procedere für die Kinder angepasst: Diese wurden im Rahmen der Aufgabe gebeten, sich vorzustellen, dass ein Kind von einem anderen Planeten auf die Erde gekommen ist und dass das Kind von dem anderen Planeten keine Objekte auf der Erde kennt und somit auch nicht weiß, was bspw. eine Tasse ist. Das teilnehmende Kind sollte dann dem imaginären Kind erklären, was eine Tasse ist, wie es eine Tasse beschreiben würde und was alle Tassen gemeinsam haben. <?page no="68"?> 68 Kapitel 2. Wortlernen die Kinder nicht mehr in der Lage, sich an das Wissen über dieselben Wörter zu erinnern. Im Detail beinhaltete der Versuchsaufbau der Studie das Procedere, dass den teilnehmenden Kindern in acht Durchgängen jeweils drei Objekte präsentiert wurden, von denen eines immer unbekannt war und welches die Kinder mit einem neuen Wort in Verbindung bringen sollten. In einem Durchgang sahen die Kinder bspw. ein unbekanntes cheem (ein von den Autorinnen entwickeltes, den Kindern unbekanntes Objekt, auf das mit einem Pseudowort verwiesen wurde) sowie ein Spielzeugauto und ein Spielzeugpferd. Anschließend wurden die Kinder aufgefordert, den Referenten des neuen Wortes zu bestimmen, indem die Versuchsleiterin fragte: „Kannst du das cheem nehmen? “ . Im Anschluss an diesen sogenannten referent selection trial 7 erfolgte eine Pause von fünf Minuten, in welcher die Kinder in einem Nebenraum ein Spiel spielten. Daraufhin wurde überprüft, ob die Kinder die vermittelten Wörter produzieren und verstehen können. Bei der Produktionsaufgabe wurde den Kindern jeweils eines der neuen Objekte präsentiert und sie wurden aufgefordert, das Zielwort zu produzieren ( „Was ist das? “ ). Bei der Verständnisaufgabe kam wieder das zuvor verwendete Verfahren zum Einsatz, bei dem die Kinder aus drei Objekten das Zielobjekt auswählen sollten (z.B. „Kannst du das cheem nehmen? “ ), wobei in dieser Aufgabe ausschließlich neue Objekte präsentiert wurden. Zusätzlich wurde überprüft, ob die Kinder in der Lage waren, ein neues Wort auf ein anderes Objekt derselben Kategorie zu übertragen, z.B. das Wort cheem auf eine orangefarbene Version des Objektes, obwohl sie zuvor ein grünes cheem gesehen hatten. Die Ergebnisse der Studie bezüglich der Sprachproduktion zeigten, dass keines der Kinder in der Lage war, die Wörter für die neuen Objekte abzurufen. Bei der Verständnisaufgabe zeigten die Ergebnisse, dass auch hier die 7 Bei sogenannten referent selection trials oder object selection tasks handelt es sich um eine Methode, welche darauf abzielt, das Verständnis der Kinder zu erfassen. I.d.R. müssen die Kinder hierbei eine Auswahl treffen und etwa ein Zielobjekt aus einer Reihe von Objekten (mittels Blickverhalten, einer Geste oder durch eine Greifbewegung) wählen, indem sie einer verbalen Aufforderung wie „Nehme das X“, „Finde das X“, etc., folgen (Rohlfing, 2019, p. 144) (siehe auch (Golinkoff u. a., 2013)). <?page no="69"?> 2.5. Zur Prozesshaftigkeit des Wortlernens 69 zeitliche Unterbrechung dazu führte, dass kein signifikanter Effekt beobachtet werden konnte, dass die Kinder also die vermittelten Wörter behalten oder übertragen konnten - obwohl sie fünf Minuten zuvor die neuen Wörter zuverlässig den neuen Objekten zugeordnet hatten (Horst und Samuelson, 2008). In einem Folgeexperiment gingen die Autorinnen der Vermutung nach, dass die Lernerfolge deshalb so gering ausfielen, weil die Präsentation der neuen Objekte und der zugehörigen Bezeichnungen im Rahmen der referent selection trials (neben den familiären Objekten) nicht ausreichend eindeutig war. Um diese Annahme zu überprüfen, replizierten Horst und Samuelson (2008) den Versuchsaufbau, nahmen aber zwei Änderungen am Studiendesign vor: (1) In jedem der Durchgänge bzw. referent selection trials benannte die Versuchsleiterin das Zielobjekt zunächst fünfmal, z.B. „Jetzt suchen wir das cheem“, „Kannst du mir helfen, das cheem zu finden? “ , etc. Erst dann wurden die Kinder aufgefordert, den Referenten des neuen Wortes auszuwählen. (2) Nachdem das Kind das Zielobjekt ausgewählt hatte, wurde es von der Versuchsleiterin erneut benannt - entweder ostensiv 8 ( „Schau! Das ist ein cheem! “ ) oder nicht ostensiv ( „Ja, das ist ein cheem.“ ). Bei der ostensiven Benennung hielt die Versuchsleiterin das neue Objekt zusätzlich hoch und zeigte darauf. Bei der anderen Art der Benennung erfolgte die verbale Äußerung erst dann, wenn das Kind das entsprechende Objekt ausgewählt hatte und in der Hand hielt (Horst und Samuelson, 2008, p. 148). Anschließend wurden die Kinder nach fünf Minuten erneut auf ihr Verständnis der neuen Wörter getestet. Im Vergleich zur vorherigen Untersuchung zeigten die Ergebnisse nun, dass die Kinder die neuen Wörter erfolgreich behalten und den entsprechenden Referenten zuordnen konnten, allerdings nur die Gruppe, 8 Der Begriff des ostensiven Benennens (engl. ostensive naming) beschreibt die explizite Hervorhebung eines Zielobjektes durch kommunikative Signale während der Benennung des entsprechenden Objektes (Axelsson, Churchley und Horst, 2012). Das ostensive Benennen wird z.B. durch Zeigen oder Hochhalten des Objektes operationalisiert (vgl. z.B. Horst und Samuelson (2008)). Für eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Gegenstand des ostensiven Benennens bzw. des ostensiven Verhaltens sei auf Axelsson, Churchley und Horst (2012), Csibra (2010), Gredebäck, Astor und Fawcett (2018) und Szufnarowska u. a. (2015) verwiesen. <?page no="70"?> 70 Kapitel 2. Wortlernen die eine ostensive Benennung erfahren hatte. Bei der anderen Gruppe von Kindern konnte wiederum kein signifikanter Effekt hinsichtlich des Behaltens der vermittelten Wörter festgestellt werden (Horst und Samuelson, 2008). Die beschriebenen Ergebnisse unterstreichen zugleich zwei Aspekte, die bei der Analyse von Wortlernprozessen zu berücksichtigen sind: Zum einen, dass es von entscheidender Bedeutung ist, die Stabilität des Wortwissens über die Zeit zu untersuchen, da ein neu gelerntes Wort mitunter nur über einen sehr kurzen Zeitraum abgerufen werden kann und das Wissen auch dann flüchtig zu sein scheint, wenn das neue Wort in einer einmaligen Situation mehrfach wiederholt wird. Andererseits spielt die Art und Weise, wie ein neues Wort präsentiert wird, eine wesentliche Rolle im Lernprozess, wenn es darum geht, den längerfristigen Abruf des Wortes oder die Stabilität des Wissens zu unterstützen. Aus der Perspektive der pragmatic frames (Rohlfing u. a., 2016) und den Arbeiten von Heller und Rohlfing (2017) lassen sich die Ergebnisse von Horst und Samuelson (2008) durchaus erklären, da die in der Studie angewandte Operationalisierung des ostensiven Benennens im Vergleich zur anderen Bedingung einem typischen sequentiellen Verhalten im Rahmen eines “labeling frames”, wie ihn Kinder in diesem Alter gewohnt sind, weitaus eher entsprach, was es den Kindern erleichtert haben könnte, den Lerninhalt aufzugreifen. Darüber hinaus erweist es sich als wesentlich, beim Wortlernen zwischen einem schnellen und einem langfristigen Wortlernen zu unterscheiden. In diesem Zusammenhang sind zwei von Carey (2010) und Carey und Bartlett (1978) eingeführte Konzepte zu nennen, die eine Differenzierung zwischen schnellen und langfristigen Wortlernmechanismen ermöglichen: fast mapping und slow mapping . 2.5.1 Schnelles und langfristiges Wortlernen Susan Carey (Carey, 1978) beschrieb als erste die Fähigkeit von Kindern, neue Wörter schnell mit einer Bedeutung zu verbinden und bezog sich dabei auf die <?page no="71"?> 2.5. Zur Prozesshaftigkeit des Wortlernens 71 Beobachtung, dass eine erste Zuordnung eines neuen Wortes mit seinem Referenten sehr schnell, nach nur ein oder zwei Expositionen, erfolgen kann. Carey stützte ihre Aussage auf eine vielbeachtete Arbeit, in der dreijährige Kinder ein neues Farbadjektiv (“chromium” als Bezeichnung für die Farbe Olivgrün) lernen sollten, indem sie es mit anderen Farbadjektiven verglichen, die den Kindern bereits bekannt waren (Carey und Bartlett, 1978). In dem Experiment wurden die Kinder aufgefordert, ein Objekt mit der Farbe chromium auszuwählen: „You see those two trays over there. Bring me the chromium one. Not the red one, the chromium one“ (Carey und Bartlett, 1978, p. 18). Carey und Bartlett (1978) demonstrierten, dass die Kinder das Zielwort dem Referenten erfolgreich zuordnen konnten und dass der vorgeschlagene Mechanismus des fast mappings eine schnelle Zuordnung von Wort und Referent ermöglicht, auch wenn die Bedeutungsdifferenzierung noch rudimentär ausgebildet ist. Diese erste Wort-Objekt-Verknüpfung, die auf der Grundlage des fast mappings entsteht, bildet eine erste mentale Repräsentation, die allerdings noch schwach mit semantischem und lexikalischem Wissen repräsentiert ist (Capone und McGregor, 2005; Horst und Samuelson, 2008; Rohlfing, 2013, p. 36). Während die im Rahmen des fast mapping aufgenommenen Wörter noch unvollständig im Gedächtnis verankert sind und auf einer einmaligen, kontextabhängigen Erfahrung beruhen, so dass auch der Abruf dieser Wörter in der Regel stark kontextgebunden ist, stellt der Prozess des fast mappings eine wichtige Ausgangsbasis für das prospektive, robustere Wortlernen dar, da eine erste Gedächtnisspur etabliert und erste semantische Merkmale repräsentiert werden (Aitchison, 2012; Horst u. a., 2011; Capone und McGregor, 2005). Es muss jedoch hinzugefügt werden, dass neuere Forschungsergebnisse darauf hindeuten, dass verschiedene Faktoren den Erfolg des fast mappings erheblich beeinflussen können und dass bestimmte Wörter schwieriger zu erlernen zu sein scheinen als andere (McMurray, 2007). So wiesen Thom und Sandhofer (2009) nach, dass die Lernhistorie eines Kindes in Bezug auf Erfahrungen in einer bestimmten Domäne (z.B. Farbwörter) den Lernerfolg beim fast mapping <?page no="72"?> 72 Kapitel 2. Wortlernen beeinflussen kann: Kinder, die zuvor mehr Farbwörter gelernt hatten, konnten neu präsentierte Farbwörter besser ihren Referenten zuordnen als Kinder, die zuvor weniger Farbwörter gelernt hatten. Aus interaktionistischer Perspektive kann die Studie jedoch keine eindeutige Antwort auf die Frage geben, ob der verbesserte Lernerfolg auf die vermehrte Erfahrung in einer spezifischen Domäne (z.B. Farbwörter) zurückzuführen ist oder ob die allgemeine, sich mehrfach wiederholende interaktionale Erfahrung, spezifische Eigenschaften eines Objektes (z.B. Farbe) zu charakterisieren, zu einem verbesserten Lernerfolg geführt hat. Im Wortlernenprozess folgt auf die Phase des fast mappings, zeitlich ein langfristiger Prozess, welcher auch als “slow mapping” oder “extended mapping” bezeichnet wird (Carey, 1978; Carey, 2010; Vlach und Sandhofer, 2011; Kucker und Samuelson, 2012). Bei diesem Prozess wird die semantische Repräsentation eines Wortes durch Verfeinerung und Neudefinition graduell vervollständigt, indem das Wort über einen längeren Zeitraum, auch über Monate oder Jahre, im Rahmen verschiedener Interaktionserfahrungen verwendet wird (Capone und McGregor, 2005; Rohlfing, 2013). Das bedeutet, dass das Kind während dieses langfristigen Prozesses kontinuierlich neue Annahmen über die Bedeutung eines Wortes bildet, wobei die bestehenden Repräsentationen aktualisiert und allmählich angereichert werden (Capone und McGregor, 2005, p. 1470). Die Forschung der letzten Jahre hat in dieser Hinsicht aufgezeigt, dass die Anzahl und die Art der Erfahrungen mit einem Wort eine treibende Kraft für diesen Elaborationsprozess sind und dass andere Faktoren, wie z.B. das Alter eines Kindes, zuweilen eine nachgeordnete Rolle spielen (Bjorklund und Schneider, 1996; Capone und McGregor, 2005; Goldenberg, Repetti und Sandhofer, 2022). Im Verlauf des langfristigen Wortlernprozesses kommt es zugleich zu einer Dekontextualisierung des Wortwissens, wobei ein Kind sukzessive zu der Erkenntnis gelangt, dass ein Wort nicht nur zu einem bestimmten Referenten, sondern zu einer ganzen Kategorie eines Referenten gehört - es findet also eine „Erweiterung der bestehenden Kategorien“ statt, bei <?page no="73"?> 2.5. Zur Prozesshaftigkeit des Wortlernens 73 der taxonomische und thematische Bezüge zwischen Ereignissen erneuert und herausgebildet werden (Rohlfing, 2013, p. 36). Nach Auffassung von McGregor (McGregor, 2004; McGregor u. a., 2002) geht mit dem slow mapping-Prozess die Entwicklung eines reichhaltigen semantischen Netzwerks einher, dessen Ergebnis eine elaborierte Repräsentation ist, die aus der Wortform und den durch Erfahrung angereicherten Bedeutungen und Assoziationen mit anderen Wörtern oder Konzepten besteht. Somit umfasst das Wortwissen eines Kindes also weniger rein bidirektionale Wort-Referent-Verknüpfungen, sondern vielmehr ein reichhaltiges dynamisch entwickeltes Netzwerk, auf das situativ zurückgegriffen wird und in das neue Wörter nach und nach eingebunden werden (Avila-Varela, Arias-Trejo und Mani, 2021; Rohlfing, 2019, p. 36). Vor diesem Hintergrund wird angenommen, dass ein Wort umso robuster und flexibler in unterschiedlichen Kontexten (produktiv) abgerufen werden kann, je elaborierter bzw. tiefer eine Repräsentation im Rahmen interaktionaler Erfahrungen ausgebildet ist (Capone und McGregor, 2005, p. 1470). Im Gegensatz dazu kann eine schwache semantische Repräsentation zu einer reduzierten oder rein rezeptiven Abruffähigkeit führen oder dazu, dass ein Kind auf zusätzliche Hinweise wie die Anwesenheit des Referenten oder auf andere Exemplare der Kategorie des Referenten angewiesen ist (Capone und McGregor, 2005, p. 1470). Empirische Befunde zeigen zudem, dass die Abruffähigkeit eines Wortes im Laufe der Zeit ohne weitere Exposition allmählich abnimmt (Horst und Samuelson, 2008; Munro u. a., 2012; Rice u. a., 1994). Es ist jedoch festzuhalten, dass das Schwinden nicht alle Aspekte einer Repräsentation gleichmäßig beeinträchtigt: Gordon u. a. (2016) belegten zum Beispiel, dass die phonologische Repräsentation einer gelernten Wortform bei Vorschulkindern stabil zu bleiben scheint und im Laufe der Zeit nicht an Spezifität verliert - die Kinder konnten im Rahmen der Studie ein neues Wort nach sechs Monaten entweder korrekt in der gelernten phonologischen Form abrufen oder gar nicht mehr. <?page no="74"?> 74 Kapitel 2. Wortlernen Bei den geschilderten Prozessen des Wortlernens spielen Gedächtnisprozesse eine tragende Rolle (Wojcik, 2013). Im Folgenden sollen diese am Wortlernen beteiligten Gedächtnisprozesse beschrieben werden. 2.5.2 Enkodierung, Konsolidierung und Abruf: Zur Rolle involvierter Gedächtnisprozesse Eine differenzierte Betrachtung der zeitlichen Verläufe des Wortlernens offenbart zugleich, dass dem Wortlernen verschiedene Gedächtnisprozesse zugrunde liegen, die es ermöglichen, ein neues Wort erfolgreich aufzunehmen, das erworbene Wissen zu festigen, es zeitlich verzögert abzurufen sowie es auf andere Kontexte zu übertragen (Twomey und Hilton, 2020; Wojcik, 2013). Spezifischer gefasst führt Wojcik (2013) aus, dass die Gedächtnisprozesse, die beim Wortlernen involviert sind, in drei Bereiche unterteilt werden können: Enkodierung, Konsolidierung und Abruf . Für die Phase der Enkodierung ist es konstitutiv, dass eine erste wenn auch fragile - Gedächtnisspur gebildet wird, indem perzeptuelle und soziopragmatische Informationen wahrgenommen bzw. enkodiert werden (Wojcik, 2013), d.h., dass sowohl die phonologischen Eigenschaften der Wortform und die semantischen Merkmale des Referenten memorisiert als auch die betreffenden Informationen mit bereits vorhandenen Repräsentationen in Beziehung gesetzt und verknüpft werden (Martin und Gupta, 2004; Rvachew u. a., 2010; Wojcik, 2013). Im Hinblick auf die Enkodierung neuer Wörter zeigt sich zudem, dass diese Phase unterstützt werden kann, wenn die Benennung des Referenten nicht isoliert erfolgt, sondern innerhalb der Interaktion gestisch (Deák u. a., 2018; Vogt und Kauschke, 2017) oder prosodisch akzentuiert (Golinkoff u. a., 2015; Rowe, 2012) begleitet wird oder ein Referent wiederholt benannt wird (Thom und Sandhofer, 2009; Vlach und Sandhofer, 2011). <?page no="75"?> 2.5. Zur Prozesshaftigkeit des Wortlernens 75 Darüber hinaus scheinen auch weitere sprachliche Hinweise die Enkodierungsphase zu unterstützen, insbesondere wenn es um das Erlernen von Wörtern geht, die Eigenschaften eines Objektes, wie z.B. die Farbe, bezeichnen: Mintz und Gleitman (2002) konnten zeigen, dass 2bis 3-jährige Kinder erfolgreich neue Farbadjektive lernten, wenn die Exposition des neuen Wortes einschloss, dass das Zielwort in einen Satz eingebettet war, der eine Nominalphrase mit einem Nomen als Kopf enthielt (z.B. “look at the red car” ). Wenn die Kinder hingegen nur einen Satz mit einem Pronomen oder einem semantisch weniger reichhaltigen Nomen hörten (z.B. “look at the red one”, “look at the red thing” ), misslang es ihnen, die Zielwörter erfolgreich abzurufen (Mintz und Gleitman, 2002). Mit zunehmendem Alter scheinen Kinder jedoch weniger auf unterstützende Hinweise angewiesen zu sein und auch die Geschwindigkeit, perzeptuelle und sozial-pragmatische Informationen zu enkodieren, nimmt zu (Morgan und Hayne, 2006; Wojcik, 2013). Die Phase der Konsolidierung schließt sich an die Phase der Enkodierung an. Die Konsolidierung bezieht sich dabei auf einen Gedächtnisprozess, welcher im Kontrast zur Enkodierung unabhängig von der Exposition oder Erfahrungen mit einem neuen Wort verläuft (Munro u. a., 2012). Charakteristisch für diese Phase ist, dass sie durch das Fortschreiten der Zeit oder insbesondere durch Schlaf vorangetrieben wird (Axelsson, Williams und Horst, 2016; Axelsson u. a., 2018; Henderson u. a., 2012; McClelland, McNaughton und O’Reilly, 1995; McGregor, 2014; Williams und Horst, 2014; Ashworth u. a., 2014), wobei die im Arbeitsgedächtnis gespeicherte oberflächliche und fragile enkodierte Gedächtnisspur neuronal verfestigt und mit anderen Gedächtnisinhalten verknüpft wird (Dudai, 2012; Munro u. a., 2012; Wojcik, 2013). Dieser Prozess kann noch Wochen nach der Enkodierung einer Wortform andauern und führt zu einer stabileren und robusteren Gedächtnisspur, die infolgedessen über einen längeren Zeitraum verbessert abgerufen werden kann (McGaugh, 2000; McGregor, 2014). Vor diesem Hintergrund zeigen Befunde, dass Kinder, denen neue Wörter beigebracht <?page no="76"?> 76 Kapitel 2. Wortlernen wurden, diese nach Tagen oder Wochen mitunter erfolgreicher abrufen konnten als unmittelbar nach einer Lernsituation (Axelsson, Williams und Horst, 2016; Mcgregor u. a., 2009). Neben der evidenzierten Bedeutung der Konsolidierung scheint jedoch offenbar die Art der Exposition gegenüber einem neuen Wort während der Enkodierungsphase eine größere Hebelwirkung auf das langfristige Wortlernen zu haben als die Parameter der Konsolidierungsphase. So untersuchten Munro u. a. (2012) in einer Studie das langfristige Wortlernen von Kindern im Alter von drei Jahren, indem sie die Fähigkeit der Kinder testeten, acht gelernte Wörter unmittelbar nach einer Lernsituation sowie nach Zeitintervallen von einer Minute, fünf Minuten und 1-7 Tagen zu produzieren. Interessanterweise ergaben die Ergebnisse, dass die Fähigkeit der Kinder, das Wort im Produktionstest abzurufen, nach dem unmittelbaren Test rapide abnahm und nach fünf Minuten auf einem niedrigen Niveau stagnierte (Munro u. a., 2012). Die Autorinnen folgerten aus ihren Ergebnissen, dass die Art der Exposition gegenüber neuen Wörtern während der Enkodierungsphase im Vergleich zur Konsolidierung der Schlüsselfaktor für die Unterstützung des langfristigen Wortlernens ist (Munro u. a., 2012). Die Ergebnisse von Axelsson, Williams und Horst (2016) bekräftigen diese These: Deren Studie zeigte, dass 3-jährige Kinder ein neues Wort längerfristig (nach Zeitintervallen von 2,5 h und 7 Tagen) am besten abrufen konnten, wenn sie bei der Enkodierung stets die gleiche Art der Präsentation des Wortes erlebten; Kinder, die immer eine andere Präsentation des Wortes erlebten, aber vergleichbare Bedingungen hinsichtlich der Konsolidierungsphase hatten, erzielten signifikant niedrigere Ergebnisse (Axelsson, Williams und Horst, 2016). Das Abrufen eines Wortes (engl. retrieval) ist letztlich mit einem weiteren Gedächtnisprozess verknüpft (McGregor, 2014; Wojcik, 2013). Der Abruf bestehender Gedächtnisspuren bewirkt zugleich eine Reaktivierung dieser und wirkt sich positiv auf die Robustheit des Wortwissens aus (Anderson, Bjork und Bjork, 1994; Wojcik, 2013; Walker und Stickgold, 2006). Die Fähigkeit eines Kindes, <?page no="77"?> 2.5. Zur Prozesshaftigkeit des Wortlernens 77 ein Wort abzurufen, wird experimentell oftmals auf zwei Arten überprüft: Zum einen rezeptiv im Rahmen von Verständnistests, bei denen gemessen wird, ob ein Kind ein neu gelerntes oder familiäres Wort wiedererkennt, indem es bspw. den richtigen Referenten auswählt. Zum anderen expressiv im Rahmen von Produktionstests, bei denen einem Kind eine Wortproduktion abverlangt wird. Um ferner zu prüfen, ob ein Wort im Hinblick auf den slow mapping-Prozess robust erworben und im Gedächtnis gefestigt wurde sowie in unterschiedlichen Kontexten (produktiv oder rezeptiv) flexibel abgerufen werden kann, wird in Testsituationen oftmals untersucht, ob ein Kind dazu in der Lage ist, ein Wort zeitlich (Retention) oder inhaltlich (Generalisierung) zu übertragen (Rohlfing, 2013, p. 23). Eine zeitliche Übertragung erfasst dabei die Fähigkeit, ein neu gelerntes Wort nachhaltig auch nach Ablauf einer gewissen Zeit erneut abrufen zu können (Twomey und Hilton, 2020, p. 2). Eine inhaltliche Übertragung beschreibt die Fähigkeit, das Wortwissen auf neue Situationen oder Aufgaben zu generalisieren, z.B. indem überprüft wird, ob ein Kind ein gelerntes Wort auch auf andere Exemplare/ Objekte der Kategorie des Referenten übertragen kann (Twomey und Hilton, 2020, p. 2). Entscheidend ist bei jeglichen Testformaten allerdings, dass Kinder, insbesondere jüngere Kinder, im Rahmen der Produktions- und Verständnistests die Möglichkeit erhalten, sich mit den pragmatisch-situativen Anforderungen einer solchen Testsituation vertraut zu machen; zum einen, um dem Kind die Möglichkeit zu geben, die kommunikativen Erwartungen zu erfüllen und sich kooperativ verhalten zu können und zum anderen, um das erworbene Wortwissen zuverlässig zu überprüfen (Rohlfing, 2019; Tolksdorf, Viertel und Rohlfing, 2021, p. 145). Zusammenfassend lässt sich resümieren, dass langfristiges Wortlernen sowohl erfolgreiche Enkodierungsals auch erfolgreiche Konsolidierungsprozesse voraussetzt, dass aber auch der Abruf des Wortwissens einen positiven Einfluss <?page no="78"?> 78 Kapitel 2. Wortlernen auf dessen Robustheit haben kann. Beim Vergleich der bisherigen Forschungsarbeiten im Hinblick auf die Berücksichtigung der zeitlichen Verläufe des Wortlernens fällt auf, dass sich die meisten bisherigen Studien auf die Untersuchung der Abruffähigkeit unmittelbar nach der Lernsituation konzentriert haben. Demgegenüber zeigen Arbeiten, die sich mit längerfristigen Zeitverläufen beschäftigen, dass bei jüngeren Kindern im Alter von zwei bis drei Jahren die in Verständnistests gemessenen Abrufleistungen zum Teil schon nach fünf Minuten rapide abnehmen (z.B. Horst und Samuelson (2008), Munro u. a. (2012), Vlach und Sandhofer (2011) und Wojcik (2017)) und die Fähigkeit, ein gelerntes Wort nach zeitlicher Verzögerung zu produzieren, nur rudimentär realisiert werden kann (Booth, McGregor und Rohlfing, 2008). Untersuchungen mit Kindern im Vorschulalter, in denen ebenfalls das Verständnis überprüft wurde, zeigen, dass Vorschulkinder ein Wort mitunter über einen längeren Zeitraum hinweg abrufen können - von mehreren Tagen (Rice u. a., 1994), über eine Woche (Markson und Bloom, 1997; Waxman und Booth, 2000; Holland, Simpson und Riggs, 2015), einem Monat (Markson und Bloom, 1997), bis hin zu Untersuchungen, die einen erfolgreichen Abruf nach mehreren Monaten nachweisen (Gordon u. a., 2016; Kan und Kohnert, 2012). Diese Befunde gehen damit konform, dass die allgemeine Gedächtnisleistung eines Kindes mit dem Alter zunimmt (Bauer, 2015b; Bauer, 2015a) und dass das reine Wortverständnis die Fähigkeit zur Wortproduktion oftmals deutlich übersteigt (Tomasello und Rakoczy, 2003). Insgesamt ist jedoch zu konstatieren, dass nur wenige Erkenntnisse im Hinblick auf das langfristige Wortlernen von Vorschulkindern vorliegen und noch seltener welche, die sowohl das Wortverständnis als auch die Wortproduktion erforschen, so dass vielfach ungeklärt bleibt, wie robust das lexikalische Wissen tatsächlich im Gedächtnis verankert ist. Darüber hinaus wurde herausgestellt, dass im graduellen Prozess des Wortlernens die Anzahl und die Art der interaktionalen Erfahrungen mit einem Wort entscheidend für ein langfristiges und flexibles <?page no="79"?> 2.6. Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess 79 Lernen sind (Bjorklund und Schneider, 1996; Capone und McGregor, 2005; Goldenberg, Repetti und Sandhofer, 2022; Gordon u. a., 2016). Dennoch bietet die aktuelle Forschungsliteratur noch keine hinreichenden Erkenntnisse über die Prozesse und kontextuellen Bedingungen, die im Verlauf der Zeit diesen langfristigen und komplexen Erwerbsprozess beeinflussen, an dessen Ende eine elaborierte und flexible semantische Repräsentation eines Wortes stehen kann. Vor diesem Hintergrund ist es daher aufschlussreich zu untersuchen, wie und unter welchen Umständen ein Kind ein robustes, stabiles und auf neue Situationen übertragbares Wortwissen entwickelt. In diesem Zusammenhang rückt in der aktuellen Wortlernforschung die Rolle von kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Lernprozess in den Mittelpunkt des Interesses. Im folgenden Kapitel sollen daher relevante Erkenntnisse hierzu aufgegriffen und beschrieben werden, wobei zugleich verdeutlicht werden soll, welche Facetten des Kontextes adressiert und auf welche Operationalisierungen des Kontextbegriffs zurückgegriffen wurde. 2.6 Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess Remembering past events is a universally familiar experience. It is also a uniquely human one. ∼ Tulving (1993, p. 67) Wie in den vorangegangenen Kapiteln aufgezeigt, erfolgt die Begegnung eines Kindes mit einem neuen Wort nicht in Isolation, sondern situativ eingebettet in einen Kontext, der zugleich eine rahmende Struktur birgt, in der die Interaktanten ko-konstruktiv ein gemeinsames Handlungsziel verfolgen (Heller und <?page no="80"?> 80 Kapitel 2. Wortlernen Rohlfing, 2017; Rączaszek-Leonardi, 2016; Rohlfing u. a., 2016) (siehe auch Kapitel 2.4). In diesem Rahmen stehen einem Kind innerhalb der stattfindenden sozialen Interaktion vielfältige kontextuelle Informationen als Ressource zur Verfügung (Axelsson und Horst, 2014; Bruner, 1983; Horst, 2013; Rohlfing u. a., 2016; Heller und Rohlfing, 2017; Liszkowski, 2014, p. 5). Wie zudem im Besonderen im vorherigen Kapitel beschrieben wurde, vollzieht sich das Lernen eines Wortes nicht im Rahmen eines singulären oder binären Vorgangs, sondern vielmehr im Zuge eines graduell verlaufenden und komplexen Prozesses, bei dem der Bedeutungsgehalt eines Wortes zu Beginn nur rudimentär ausdifferenziert ist und sukzessive erweitert und neu definiert wird (McGregor, 2004; McGregor u. a., 2002; Capone und McGregor, 2005; Rohlfing u. a., 2016, p. 14). In diesem Zusammenhang spielt nicht nur die Familiarität mit der Interaktionsstruktur, in die ein Wort eingebettet ist, eine entscheidende Rolle für ein erfolgreiches Wortlernen (Rohlfing, 2006; Rohlfing u. a., 2016; Moll u. a., 2006), sondern auch die weiteren interaktionalen Erfahrungen mit einem Wort, die zu einer Elaboration und einem langfristigen und flexiblen Wortlernen beitragen (Aitchison, 2012; Horst u. a., 2011; Capone und McGregor, 2005). Kehrt man vor diesem Hintergrund zu dem eingangs beschriebenen Problem von Quine (1960) zurück (vgl. Kapitel 2.3), so wird deutlich, dass dieser zwar die Menge möglicher Referenten eines Wortes in den Blick nahm, dabei aber eine weitere, zentrale Komplexität des Wortlernens außer Acht ließ: Nämlich die Berücksichtigung der vielfältigen Informationsquellen, die einem Kind aus einer multimodalen und interaktionistischen Perspektive in einem Lernprozess zur Verfügung stehen, sowie die Herausforderung, sich an ein neues Wort langfristig zu erinnern, wenn das Wort und/ oder der Referent (in anderen Kontexten) wieder auftauchen (Monaghan, Kalashnikova und Mattock, 2017). Doch welche kontextuellen Faktoren sind in dieser Informationslandschaft für ein erfolgreiches und langfristiges Wortlernen von tragender Bedeutung? Einige Forschende <?page no="81"?> 2.6. Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess 81 konstatieren in dieser Hinsicht, dass durch eine wiederholte Begegnung mit einem Wort in rekurrenten Kontexten zusätzliche Möglichkeiten zur Speicherung relevanter Informationen dargeboten werden, um den Aufbau eines robusteren Wortwissens zu erleichtern (z.B. Horst (2013)). Die Lerntrajektorie eines Wortes reflektiert etwa nach Horst (2013, p. 1) ein Kontinuum, an dessen Ende eine Familiarität erreicht sein kann und ein neues Wort allmählich nicht nur stabil abgerufen, sondern auch flexibel auf andere Kontexte übertragen werden kann. Diese Perspektive des graduellen Erwerbs wird in der vorliegenden Arbeit geteilt. Doch angesichts dieses sukzessiven Erwerbsprozesses, der sich in einer Vielzahl interaktiver Kontexte vollzieht, stellt sich die aktuelle Forschung die Frage, welche kontextuellen Bedingungen ein langfristiges Wortlernen en detail unterstützen. Im Zentrum des Interesses steht insbesondere die Frage, ob langfristiges Wortlernen durch kontextuelle Rekurrenz oder durch kontextuelle Variabilität begünstigt wird. 9 Mit anderen Worten, ob die Stabilität der kontextuellen Bedingungen oder deren Variation einen positiven Effekt auf ein robusteres Lernen hat, wenn ein Kind einem zu lernenden Wort wiederkehrend begegnet. Die derzeitige Befundlage ist hierzu nicht eindeutig. Während einige Studien positive Effekte kontextueller Rekurrenz skizzieren, zeigten andere Studien, dass Kinder von variierenden Kontextbedingungen profitieren. In diesem Kapitel soll daher zunächst anhand ausgewählter Studien ein Überblick über den aktuellen Forschungsstand zu den Effekten kontextueller Rekurrenz und Variabilität auf den Wortlernprozess gegeben werden. Diese Abhandlung wird zudem von einer Tabelle (vgl. Tabelle 2.1) flankiert, welche einen Überblick über einzelne Studien und deren Operationalisierung des Kontextbegriffs gibt. Anschließend erfolgt eine dezidierte Reflexion der Befunde im Sinne einer Herausarbeitung, inwiefern sich kontextuelle Rekurrenz und Variabilität im Rahmen des langfristigen Wortlernprozesses möglicherweise ergänzen und verschiedene Phasen des 9 Für eine weiterführende Diskussion siehe auch Axelsson und Horst (2014) oder Twomey und Hilton (2020). <?page no="82"?> 82 Kapitel 2. Wortlernen Wortlernens qualitativ unterschiedlich unterstützen. Letztere Betrachtung steht vor dem Hintergrund der Annahme, dass der Erwerb eines Wortes als Produkt der Interaktionshistorie und den interaktiven Erfahrungen eines Kindes aufgefasst wird. <?page no="83"?> 2.6. Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess 83 Tabelle 2.1: Studienüberblick mit Fokus auf rekurrente und variierende Kontextbedingungen und deren Einfluss auf den (langfristigen) Wortlernprozess. Studie Fragestellung Testgruppe Untersuchungsdesign Erfassung von: Ergebnisse Befunde, die einen Vorteil kontextueller Rekurrenz illustrieren Horst, Parsons und Bryan (2011) Welche Effekte hat ein wiederholtes Lesen der gleichen Geschichten in einer gemeinsamen Buchlesesituation auf das kurzfristige und langfristige Wortlernen? 3-jährige Kinder ( N = 16) 3 gemeinsame Lesesituationen mit der Experimentatorin im Zuhause der Kinder im Verlauf einer Woche. Bedingungen: Lesen immer des gleichen Buches je Lesesituation Lesen immer anderer Bücher je Lesesituation Fähigkeit zum rezeptiven Abruf der neuen Wörter unmittelbar nach jeder Lernsituation. Fähigkeit zum rezeptiven Abruf der neuen Wörter aus Lernsituation 1 & 2 in Termin 3 (3-6 Tage später). Alle Kinder konnten im unmittelbaren Test die Wörter über Zufallsniveau abrufen; Kinder in der rekurrenten Kontextbedingung jedoch auf einem sig. höheren Niveau. Im verspäteten Test demonstrierten ausschließlich die Kinder der rekurrenten Kontextbedingung ein langfristiges Wortlernen. Rohlfing, Ceurremans und Horst (2017) Ist eine wiederholte gemeinsame Vorlesesituation für Kinder mit Sprachentwicklungsverzögerung ebenso vorteilhaft wie für typisch entwickelte Kinder? 3-jährige typisch entwickelte sowie sprachentwicklungsverzögerte Kinder ( N = 16) Vergleichbares Procedere wie in Horst, Parsons und Bryan (2011), jedoch nur mit einer rekurrenten Buchlesesituation Fähigkeit zum rezeptiven Abruf der neuen Wörter unmittelbar nach jeder Lernsituation. Fähigkeit zum rezeptiven Abruf der neuen Wörter aus Lernsituation 1 & 2 in Termin 3. Kinder mit Sprachentwicklungsverzögerung schnitten im unmittelbaren Test signifikant geringer ab. Keine sig. Unterschiede zwischen den Gruppen im Rahmen des langfristigen Worlternens. Fortsetzung auf der nächsten Seite <?page no="84"?> 84 Kapitel 2. Wortlernen Tabelle 2.1 - Fortsetzung von vorheriger Seite Studie Fragestellung Testgruppe Untersuchungsdesign Erfassung von: Ergebnisse Axelsson und Horst (2014) Wie beeinflusst die Wiederholung von konkurrierenden Referenten zum Zielobjekt die Fähigkeit von Kindern, neue Wörter während des fast mapping- Prozesses zu lernen? 3-jährige Kinder ( N = 48) Referent selection trials, bei denen die Kinder auf einem Touchscreen den Referenten eines neuen Wortes auswählen mussten. Bedingungen: Präsentation stets der gleichen konkurrierenden Objekte Präsentation stets unterschiedlicher konkurrierender Objekte Fähigkeit zum rezeptiven Abruf der neuen Wörter unmittelbar nach der Lernsituation. Kinder, die eine kontextuelle Rekurrenz erlebten (d.h. dieselben konkurrierenden Objekte wiederholten sich in den Lernsituationen), lernten die Zielwörter sig. erfolgreicher als Kinder, denen stets unterschiedliche konkurrierende Objekte präsentiert wurden. Goldenberg und Sandhofer (2013a) Beeinflusst ein Wechsel der Person, mit der ein Kind in Lern- und Testsituation interagiert, die Generalisierungsfähigkeiten neu gelernter Wörter? Kinder zwischen 3 und 5 Jahren ( N = 72) Eine Sitzung, in welcher nacheinander 8 neue Objekte präsentiert und benannt wurden. Bedingungen: Dieselbe Experimentatorin in Lern- und Testsituation Unterschiedliche Experimentatorinnen in Lern- und Testsituation Generalisierungsfähigkeit (rezeptiv), die neuen Wörter auf andere Exemplare der jeweiligen Referentenkategorie zu übertragen Die Generalisierungsleistungen von 4- und 5-jährigen Kindern waren sig. höher, wenn Lern- und Testsituation von derselben Experimentatorin durchgeführt wurden. 3-Jährige zeigten in beiden Bedingungen ähnliche Leistungen. Childers u. a. (2017) Profitieren Kinder beim Erlernen neuer Verben davon, wenn sie verschiedene Akteure bei einer Handlung sehen, und hängt dieser Profit von der Komplexität des gezeigten Ereignisses und vom kulturellen Umfeld ab? 3-jährige Kinder ( N = 99) koreanischer ( n = 16), chinesischer ( n = 29) , singapurischer ( n = 29) , und USamerikanischer Herkunft ( n = 25) Eine Sitzung, in welcher die Kinder mit einer Experimatatorin 4 Handlungen (2 einfache, 2 komplexe) auf Video beobachten und die zugehörigen Verben benannt wurden. Bedingungen: Im Video führt stets die dieselbe Person die Handlung vor. 3 unterschiedliche Personen demonstrieren jeweils die Handlung Generalisierungsfähigkeit (rezeptiv), die neuen Verben auf die Handlungen einer anderen Person zu übertragen. Kinder generalisierten Verben, die auf komplexe Handlungen referierten sig. besser, wenn sie die Handlungen jedes Mal zuvor von derselben Person beobachtet hatten. Keine sig. Unterschiede zwischen den Bedingungen (1 Akteur vs. 3 Akteure) in Zusammenhang mit Verben, die auf einfache Handlungen referierten. Keine kulturübergreifenden Unterschiede. Fortsetzung auf der nächsten Seite <?page no="85"?> 2.6. Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess 85 Tabelle 2.1 - Fortsetzung von vorheriger Seite Studie Fragestellung Testgruppe Untersuchungsdesign Erfassung von: Ergebnisse Befunde, die einen Vorteil kontextueller Variabilität illustrieren Twomey, Ranson und Horst (2014) Beeinflusst es das langfristige Wortlernen, wenn ein Kind bei der schnellen Zuordnung von Wort und Referent verschiedene Exemplare eines Objektes oder stets dasselbe Exemplar wiederholt vorfindet? 2-jährige Kinder ( N = 24) Eine Sitzung mit referent selection trials, bei denen die Kinder pro Durchgang 3 physische Objekte präsentiert bekamen, wovon eines das Zielobjekt war. Bedingungen: Präsentation (farblich) variierender Exemplare des Zielobjektes Präsentation stets desselben Exemplars des Zielobjektes Fähigkeit, die neuen Wörter fünf Minuten nach der Lernsituation rezeptiv abzurufen (mittels Greifbewegung). Kindern in der Bedingung mit variierenden Exemplaren gelang es, die neuen Wörter sig. über Zufallsniveau abzurufen. Kinder in der Bedingung mit nur einem Exemplar schnitten auf einem sig. niedrigeren Niveau und nicht über Zufallsniveau ab. Twomey, Ma und Westermann (2018) Fördert die visuelle Variabilität des Hintergrunds in einer Lernsituation das langfristige Wortlernen? 2-jährige Kinder ( N = 30) Eine Sitzung mit referent selection trials, bei denen die Kinder pro Durchgang 3 physische Objekte präsentiert bekamen, wovon eines das Zielobjekt war. Bedingungen: Präsentation der Zielobjekte vor variierenden farblichen Hintergründen Präsentation der Zielobjekte stets vor einem weißen Hintergrund Generalisierungsfähigkeit, die neuen Wörter 5 Minuten nach der Lernsituation vor einem neuen Hintergrund rezeptiv abzurufen (mittels Blickverhalten). Kinder, die in der Lernsituation einen variierenden farblichen Hintergrund erlebt hatten, demonstrierten ein langfristiges Wortlernen. Keine Lerneffekte bei den Kindern, die in der Lernsituation stets einen weißen Hintergrund erlebt hatten. Fortsetzung auf der nächsten Seite <?page no="86"?> 86 Kapitel 2. Wortlernen Tabelle 2.1 - Fortsetzung von vorheriger Seite Studie Fragestellung Testgruppe Untersuchungsdesign Erfassung von: Ergebnisse Henderson und James (2018) Zeigen Kinder mit überdurchschnittlichem Wortschatz ein verbessertes langfristiges Wortlernen, insbesondere wenn neue Wörter in variierenden oder sich wiederholenden Geschichten vorkommen? Kinder im Alter zwischen 10 und 11 Jahren (N = 42) Eine Sitzung, in der die Kinder selbständig 4 Geschichten mit insgesamt 16 neuen Wörtern über ein iPad hörten (withinsubjects design). Bedingungen: Präsentation der Hälfte der neuen Wörter in einer sich wiederholenden Geschichte Präsentation der anderen Hälfte der neuen Wörter in zwei unterschiedlichen Geschichten Fähigkeit zum produktiven Abruf der neuen Wörter unmittelbar nach der Lernsituation und 24 Std. später. (im Test sahen die Kinder den entsprechenden Referenten, hörten die erste Silbe jedes neuen Wortes und wurden dann gebeten, das vollständige Wort zu produzieren. Erfassung des expressiven Wortschatzes Keine sig. Unterschiede zwischen den Bedingungen In der variierenden Kontextbedingung stellte der expressive Wortschatz einen positiven Prädiktor für den Lernerfolg der Kinder dar (im Test 24 Std. später). Goldenberg, Repetti und Sandhofer (2022) Wie hängt die kontextuelle Variabilität (Person und Ort), in der Kinder in naturalistischen Interaktionen Wörter hören, mit der Häufigkeit zusammen, mit der sie diese Wörter (Nomen) produzieren? Kinder im Alter zwischen 1 und 4 Jahren (N = 8) Natürliche Beobachtungen im Rahmen von 2 Wochen- und 2 Wochenendtagen. Umfang des analysierten Datenmaterials: 9 Std. Fokus auf die unterschiedlichen Interaktionspartner des Kindes und die Orte, wo ein Nomen geäußert wurde. Erfassung der Anzahl der unterschiedlichen Personen, die ein Nomen dem Kind gegenüber äußerten. Erfassung der unterschiedlichen Orte, wo ein Nomen geäußert wurde. Positiver Zusammenhang zwischen der kontextuellen Variabilität in Form von Person und Ort und dem produktiven Gebrauch eines Nomens. Kein Einfluss der Frequenz des Hörens eines Nomens auf den produktiven Gebrauch. <?page no="87"?> 2.6. Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess 87 2.6.1 Rekurrenz im Wortlernprozess Mit Blick auf den geschilderten langfristigen Charakter des Wortlernens (vgl. Kapitel 2.5) wird deutlich, dass sowohl verschiedene kontextuelle als auch individuelle Voraussetzungen bei der Entwicklung eines robusten und flexiblen Wortwissens eine Rolle spielen. 10 Bislang ist jedoch nur unzureichend geklärt, wie sich insbesondere das langfristige Wortlernen mit zunehmender Erfahrung und über verschiedene Zeitverläufe hinweg entwickelt (Westermann und Mani, 2017). Wesentliche Fragen lauten hier: Unter welchen kontextuellen Bedingungen verfestigt und stabilisiert sich das Wortwissen? Welche Umstände tragen zu einer erfolgreichen Generalisierung des Wissens bei? Und profitieren Kinder angesichts interindividueller Unterschiede je nach Kontextbedingungen unterschiedlich? Einige Studien, die sich in jüngerer Vergangenheit mit dieser Thematik beschäftigt haben, schlagen vor, dass Stabilität und Rekurrenz in den kontextuellen Bedingungen Kinder dabei unterstützt, ein Wort robust zu erlernen (Axelsson und Horst, 2014; Horst, 2013; Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017). So zeigten etwa Horst, Parsons und Bryan (2011), dass Kinder im Alter von drei Jahren in ihrem langfristigen Wortlernen davon zu profitieren scheinen, wenn ihnen die zu lernenden Wörter in rekurrenten kontextuellen Bedingungen begegnen. In der durchgeführten Studie operationalisierten die Autorinnen rekurrente Kontextbedingungen, indem sie einer Gruppe von Kindern in drei Sitzungen innerhalb einer Woche immer dieselben drei Bücher mit jeweils zwei neuen Wörtern präsentierten. Einer anderen Gruppe von Kindern wurden immer wieder andere Bücher präsentiert, d.h. insgesamt neun verschiedene Bücher. Entscheidend war, dass Horst, Parsons und Bryan (2011) kontrollierten, dass die zu lernenden Wörter in allen Büchern gleich häufig vorkamen und benannt wurden, dass die Geschichten vergleichbar interessant waren und 10 Für eine vertiefende Diskussion von Faktoren extrinsischer und intrinsischer Natur, die im Zusammenhang mit dem Wortlernen stehen, siehe etwa auch Monaghan, Kalashnikova und Mattock (2017). <?page no="88"?> 88 Kapitel 2. Wortlernen dass auch die Komplexität und die Länge der Geschichten gleichermaßen ausgewogen waren. Unmittelbar nach jeder Vorlesesituation wurden die Kinder im Rahmen eines Verständnistests auf ihre Fähigkeit getestet, die neuen Wörter abzurufen. Die Autorinnen fanden in ihrem Experiment heraus, dass alle Kinder in den unmittelbaren Tests nach dem gemeinsamen Buchlesen erfolgreich neue Wörter lernen konnten, jedoch die Kinder, die dieselben Geschichten wiederholt gehört hatten, sich an signifikant mehr Wörter erinnern konnten. Bedeutsam war zudem, dass im Hinblick auf ein langfristiges Lernen ein weiterer Verständnistest, der in der letzten Sitzung durchgeführt wurde und die in Sitzung 1 und 2 vermittelten Wörter abfragte, offenbarte, dass ausschließlich die Kinder die neuen Wörter auch langfristig abrufen konnten, welche die gleichen Geschichten wiederholt gehört hatten - die Kinder, die verschiedene Geschichten gehört hatten, schnitten lediglich auf Zufallsniveau ab (Horst, Parsons und Bryan, 2011). Die Autorinnen interpretierten ihre Ergebnisse dahingehend, dass sie den Vorteil der kontextuellen Rekurrenz auf ein sogenanntes “contextual cueing” zurückführten, d.h., dass durch die Wiederholung der Geschichten die Aufmerksamkeitsanforderungen in der Situation reduziert würden und somit mehr Ressourcen für das Lernen der Wörter zur Verfügung stünden (Flack und Horst, 2018; Horst, Parsons und Bryan, 2011, p. 9). In einer Replikation der Studie konnten Williams und Horst (2014) die gewonnenen Ergebnisse erneut bestätigen und zusätzlich zeigen, dass eine kurze Schlafphase nach der Exposition mit den neuen Wörtern sowohl die Leistung in der Rekurrenzals auch in der Variabilitätsbedingung verbesserte, wobei der Vorteil des rekurrenten Kontextes noch nach einer Woche erhalten blieb. Weitere Studien weisen zudem darauf hin, dass eine kontextuelle Rekurrenz im Wortlernprozess dazu führen kann, dass Kinder mit Sprachentwicklungsverzögerungen gelernte Wörter langfristig auf einem vergleichbaren Niveau rezeptiv abrufen können wie ihre typisch entwickelten Altersgenossen: <?page no="89"?> 2.6. Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess 89 Rohlfing, Ceurremans und Horst (2017) verwendeten in ihrer Studie ein ähnliches Untersuchungsdesign wie Horst, Parsons und Bryan (2011) und zeigten, dass Kinder mit einer Sprachentwicklungsverzögerung zwar in einem Test unmittelbar nach der Lernsituation signifikant schwächer abschnitten, sich aber in einem Test nach bis zu 12 Tagen in ähnlichem Maße an die neu gelernten Wörter erinnern konnten wie Kinder mit einer typischen Sprachentwicklung. Angesichts ihrer Ergebnisse spekulierten die Autorinnen, dass die zunehmende Familiarität mit der erzählten Geschichte es den Kindern ermöglicht haben könnte, ihre Gedächtnisressourcen verstärkt auf zusätzliche Details zu lenken, wie z.B. die neuen Wörter, die bei der ersten Exposition mit neuen Protagonisten und Handlungen im Rahmen der erzählten Geschichte möglicherweise nicht im Mittelpunkt der Beachtung standen (Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017, p. 369). Darüber hinaus - und die von Rohlfing, Ceurremans und Horst (2017) erzielten Befunde unterstützend - fanden Henderson und James (2018) kürzlich heraus, dass rekurrente Kontextbedingungen auch bei älteren Kindern im Grundschulalter, insbesondere bei Kindern mit geringem Wortschatz, für das langfristige Lernen von Wörtern wichtig sein können. In einer weiteren Untersuchung verglichen Axelsson und Horst (2014) den Wortlernerfolg von Kindern im Rahmen des fast mappings , d.h. innerhalb der schnellen Zuordnung von Referent und neuer Wortform, vor dem Hintergrund kontextueller Rekurrenz und Variabilität unter zwei Bedingungen: Kinder im Alter von drei Jahren erlebten innerhalb von “referent selection trials” (vgl. Kapitel 2.5) entweder kontextuelle Stabilität in Form von Wiederholung der konkurrierenden Referenten zu einem Zielobjekt, das benannt wurde, oder sie erlebten kontextuelle Variabilität und das Zielobjekt wurde stets mit unterschiedlichen konkurrierenden Referenten präsentiert. Die Anzahl der neuen und konkurrierenden Objekte war in beiden Bedingungen gleich, um auszuschließen, dass eine Gruppe mit einer größeren Anzahl von Objekten konfrontiert wurde. Der Unterschied zwischen den Bedingungen bestand also darin, dass ein <?page no="90"?> 90 Kapitel 2. Wortlernen neues Wort und sein Referent wiederholt im gleichen Kontext (mit denselben konkurrierenden Objekten) oder in verschiedenen Kontexten (mit unterschiedlichen konkurrierenden Objekten) auftraten. Die Betrachtung bzw. Operationalisierung des Kontextbegriffs konzentrierte sich hier also vor allem auf die Art und Weise der Präsentation der Objekte. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass die kontextuelle Rekurrenz in der Lernsituation zu einer signifikant höheren Behaltensleistung der neuen Wörter führte als bei den Kindern, bei denen der Kontext variiert wurde. Die Autoren erklärten ihre Ergebnisse damit, dass die Stabilität des Kontextes die Vorhersagbarkeit in der Lernsituation erhöht haben könnte, was die visuelle Verarbeitung der konkurrierenden Referenzobjekte erleichtere, wodurch die Kinder das Zielobjekt und das zugehörige Wort effizienter erkennen und lernen können (Axelsson und Horst, 2014, p. 98). Dass sich eine kontextuelle Rekurrenz nicht nur positiv auf das Erlernen von Wörtern innerhalb einer Lernsituation oder über verschiedene Lernsituationen hinweg auswirken kann, sondern auch auf die Generalisierungsfähigkeiten von Kindern, wenn die kontextuellen Bedingungen innerhalb einer Lern- und Testsituation konsistent bleiben, konnte von Goldenberg und Sandhofer (2013b) nachgewiesen werden. Die Autorinnen fokussierten dabei den Interaktionspartner des Kindes als kontextuellen Faktor und untersuchten, ob die Fähigkeit eines Kindes, ein neu gelerntes Wort auf ein anderes Exemplar der Kategorie des Referenten zu übertragen, beeinflusst wird, wenn derselbe Interaktionspartner die Lern- und Testsituation durchführt oder wenn das Kind in den beiden Situationen auf unterschiedliche Interaktionspartner trifft. Je nach Alter der Kinder beobachteten die Autorinnen kontrastierende Befunde: Während die 3-jährigen Kinder sowohl in der Bedingung mit demselben Interaktionspartner als auch in der Bedingung mit unterschiedlichen Interaktionspartnern ähnliche Generalisierungsleistungen zeigten, zeigte sich bei den 4- und 5-jährigen Kindern, dass sie die neuen Wörter signifikant besser generalisieren konnten, wenn die Lern- <?page no="91"?> 2.6. Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess 91 und Testsituation vom gleichen Interaktionspartner durchgeführt wurde (Goldenberg und Sandhofer, 2013b). Die Autoren begründeten ihre Ergebnisse u.a. damit, dass Kinder mit zunehmendem Alter zunehmend in der Lage sind, sich die Quelle einer gelernten Information (z.B. eines neuen Wortes) zu merken, d.h. ein Bewusstsein für die Herkunft einer Information oder eines bestimmten Wissens zu entwickeln (Drummey und Newcombe, 2002; Ruffman u. a., 2001) und dass daher ein Wechsel des Interaktionspartners zu einer Beeinträchtigung der Generalisierungsleistung bei den älteren Kindern geführt haben könnte, da die gelernten Wörter spezifischer an einen Kontext gebunden waren (Goldenberg und Sandhofer, 2013b, p. 4). Weitere Befunde deuten zudem darauf hin, dass positive Effekte kontextueller Rekurrenz auch beim Lernen von Wörtern unterschiedlicher Wortarten zu verzeichnen sind und über verschiedene Sprachen und Kulturen hinweg robust beobachtet werden können (Childers u. a., 2017; Maguire u. a., 2008). So demonstrierten Childers u. a. (2017), dass Kinder im Alter von drei Jahren kulturübergreifend neue Verben besser lernten, wenn sie beobachteten, dass die zugehörige Handlung immer von derselben Person ausgeführt wurde, als wenn drei verschiedene Personen die Handlung jeweils ausführten. Dies galt jedoch nur für Verben, die sich auf Handlungen mit einem höheren Komplexitätsgrad bezogen (z.B. wenn die Handlung einen Akteur, ein Objekt und ein betroffenes Objekt beinhaltete) - Verben, die sich auf weniger komplexe Handlungen bezogen (z.B. auf eine einfache Körperbewegung des Akteurs), wurden von den Kindern auf einem vergleichbaren Niveau gelernt, unabhängig davon, ob immer dieselbe Person oder verschiedene Personen bei der Ausführung der Handlung beobachtet wurden (Childers u. a., 2017). Die höheren Generalisierungsfähigkeiten der Kinder, die eine kontextuelle Rekurrenz in der Lernsituation erlebt hatten, wurden darauf zurückgeführt, dass eine komplexe Handlung, die die Verarbeitung von sich bewegenden Objekten und deren Relationen zueinander erfordert, kognitiv leichter zu verarbeiten ist, wenn sie wiederholt auftritt und <?page no="92"?> 92 Kapitel 2. Wortlernen nicht zusätzlich durch ein gewisses Maß an Variation gekennzeichnet ist, was letztlich zu einer höheren Lernleistung führt (Childers u. a., 2017, p. 824). Resümierend ist festzuhalten, dass die dargestellten Studien illustrieren, dass Kinder über verschiedene Altersgruppen hinweg von kontextueller Rekurrenz im Wortlernprozess zu profitieren scheinen (Axelsson und Horst, 2014; Biemiller und Boote, 2006; Childers u. a., 2017; Goldenberg und Sandhofer, 2013a; Goldenberg und Sandhofer, 2013b; Horst, 2013; Horst, Parsons und Bryan, 2011; Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017; Sénéchal, 1997; Hupbach, Gomez und Nadel, 2011). So spiegeln die Befunde zum einen wider, dass eine Stabilität im Kontext und das in rekurrenten oder familiären Situationen erworbene Wissen es den Kindern ermöglichen kann, mehr Ressourcen dem Lerninhalt, wie z.B. einem neuen Wort, zu widmen (Horst, Parsons und Bryan, 2011) und kontextuelle Rekurrenz zugleich die Möglichkeit eröffnet, Erfahrungen im Hinblick auf Regularitäten über Handlungsverläufe in einer spezifischen Interaktion zu aggregieren (Rohlfing u. a., 2016). Dabei zeigen sich die positiven Effekte kontextueller Rekurrenz besonders prominent bei Populationsgruppen wie Kindern mit verzögerter Sprachentwicklung und im Rahmen von Testsituationen, die mit zeitlichem Abstand zur Lernsituation durchgeführt werden (Horst, 2013; Horst, Parsons und Bryan, 2011; Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017). Zum anderen erweist sich kontextuelle Rekurrenz als treibender Faktor für die Vorhersagbarkeit innerhalb einer laufenden Interaktion, wodurch ein neues Wort mitunter erleichtert aufgegriffen und gelernt werden kann (Axelsson und Horst, 2014). 11 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass eine allgemeine Generalisierbarkeit der Befunde nur bedingt möglich ist, da die bisherigen Operationalisierungen des Kontextbegriffs ein hohes Maß an Heterogenität aufweisen. Auch liegen nur 11 Für eine eingehendere Diskussion der Mechanismen hinter kontextueller Rekurrenz siehe Kapitel 2.4.1. <?page no="93"?> 2.6. Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess 93 wenige Erkenntnisse darüber vor, inwieweit das Lernen von Wörtern anderer Wortarten als Nomen und Verben durch unterschiedliche Kontextbedingungen beeinflusst wird. Dabei scheint es vorstellbar, dass verschiedene Arten des Kontextes qualitativ unterschiedliche Auswirkungen auf den Wortlernprozess haben. So zeigt die Forschung, dass individuelle Unterschiede in der sprachlichen Entwicklung sowie die Komplexität einer Situation einen wichtigen Einfluss darauf haben, inwieweit Kinder von kontextueller Rekurrenz profitieren (Childers u. a., 2017; Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017). Karweit und Wasik (1996) konnten bspw. feststellen, dass Kinder mit geringerem Wortschatz bei jeder Wiederholung einer Geschichte eine stärkere Beteiligung an der Interaktion und ein zunehmendes Verständnis zeigten, während Kinder mit größerem Wortschatz ein gegenläufiges Muster entwickelten. Vor diesem Hintergrund zeigt die aktuelle Forschung auch, dass Variabilität im Kontext einen positiven Effekt auf den Wortlernprozess haben kann. Diesen Forschungsarbeiten soll sich im folgenden Unterkapitel gewidmet werden. 2.6.2 Variabilität im Wortlernprozess Kontextuelle Variabilität beim Wortlernen bzw. im Rahmen des graduellen Prozesses, in welchem ein Kind einem neuen Wort wiederkehrend begegnet, ist im natürlichen Umfeld eines Kindes weit verbreitet. So kann ein Kind im Verlauf eines Tages dem Wort Raupe z.B. in verschiedenen kommunikativen Handlungen mit wechselnden Kontextbedingungen begegnen; etwa in einer gemeinsamen Buchlesesituation, in einer Interaktion zwischen Elternteil und Kind im Garten oder bei einem Dialog zwischen zwei Kindern in der Kindertagesstätte. <?page no="94"?> 94 Kapitel 2. Wortlernen In diesem Zusammenhang widmet sich ein Bereich der aktuellen Wortlernerforschung der Frage, ob bzw. unter welchen Bedingungen kontextuelle Variabilität das Wortlernen unterstützt oder behindert. In der jüngeren Vergangenheit haben sich empirische Arbeiten zu diesem Thema angesammelt, die darauf hinweisen, dass variable Kontextbedingungen einen bedeutenden Einflussfaktor auf den Wortlernprozess von Kindern darstellen (Ankowski, Vlach und Sandhofer, 2013; Perry u. a., 2010; Perry und Horst, 2019; Twomey u. a., 2016; Goldenberg, Repetti und Sandhofer, 2022). Twomey, Ranson und Horst (2014) untersuchten bspw. das Wortlernen von zweijährigen Kindern in einer Studie, in der den Kindern in referent selection trials in jedem Durchgang, in dem sie den Referenten eines neuen Wortes auswählen mussten, entweder immer das gleiche Exemplar eines Objektes präsentiert wurde oder sie in jedem Durchgang auf verschiedene Exemplare des Objektes trafen. In der Bedingung, in der die kontextuelle Variabilität in Form von unterschiedlichen Exemplaren der Objekte auftrat, unterschieden sich die Exemplare in der Farbe, die Form der Objekte blieb jedoch gleich. Obwohl alle Kinder unabhängig von der Bedingung in der Lage waren, im Rahmen des fast mappings eine schnelle Zuordnung von Wort und Referent vorzunehmen, zeigte sich in einem anschließenden Verständnistest (fünf Minuten später), dass nur die Kinder, die kontextuelle Variabilität hinsichtlich der Form der Zielobjekte erfahren hatten, die neuen Wörter über einen längeren Zeitraum behalten konnten (Twomey, Ranson und Horst, 2014). In einem Folgeexperiment ergänzten die Autorinnen ihre Ergebnisse und stellten fest, dass eine weitere Steigerung der kontextuellen Variabilität nicht zwangsläufig zu besseren Lernergebnissen führt: In diesem Experiment wurden zwei Gruppen von Kindern erneut mit einem ähnlichen Versuchsaufbau wie zuvor konfrontiert, jedoch sahen diesmal alle Kinder verschiedene Exemplare eines Zielobjektes, wobei sie entweder eine geringe Variabilität (Objekte unterschieden sich in der Farbe) oder eine hohe Variabilität (Objekte unterschieden <?page no="95"?> 2.6. Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess 95 sich in Farbe, Textur, Größe und Gesamtform) innerhalb der Kategorie des Referenten vorfanden (Twomey, Ranson und Horst, 2014). Auch hier schnitten alle Kinder bei der Aufgabe der schnellen Zuordnung von Wort und Referent gut ab, doch nur die Kinder, die eine geringe kontextuelle Variabilität erfahren hatten, konnten die neuen Wörter nach einer zeitlichen Verzögerung erfolgreich abrufen (Twomey, Ranson und Horst, 2014). Die Autorinnen führten die Ergebnisse in erster Linie auf Aufmerksamkeitsprozesse während der Enkodierungsphase zurück. Sie schlussfolgerten, dass die ausschließliche Präsentation von identischen oder stark variierenden Exemplaren den Enkodierungsprozess beeinflusst haben könnte: D.h. die Kinder könnten versucht haben, sich zu viele Informationen über den Referenten zu merken (z.B. Form, Farbe, Größe, Material und Textur des Objektes usw.), wodurch ihnen weniger Aufmerksamkeitsressourcen zur Verfügung standen und sie daran gehindert wurden, ihre Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Merkmal des Referenten zu richten (Twomey, Ranson und Horst, 2014, p. 118). Im Gegensatz dazu hätten die Kinder, die eine (geringe) kontextuelle Variabilität in Form von variierenden Exemplaren erlebt hatten, mehr Aufmerksamkeitsressourcen zur Verfügung gehabt und könnten diese, so die Autorinnen, auf die gemeinsamen Merkmale der verschiedenen Objektexemplare lenken (zur Erinnerung: die variierenden Exemplare in Experiment 1 und Experiment 2 blieben in ihrer Form konsistent), da sie nicht durch spezifische Merkmale einzelner Exemplare (unterschiedliche Farben) abgelenkt würden (Twomey, Ranson und Horst, 2014, p. 118). In einer weiteren Arbeit gingen Twomey, Ma und Westermann (2018) explorativ der Frage nach, ob kontextuelle Variabilität in Form von wechselnden farblichen Hintergründen, vor denen zweijährige Kinder mit neuen Objekten und ihren Bezeichnungen konfrontiert werden, ihr langfristiges Wortlernen unterstützt. Die Autorinnen begründeten die spezifische Wahl der Variation des visuellen Hintergrunds mit einem Verweis auf die Theorie Dynamischer Systeme , <?page no="96"?> 96 Kapitel 2. Wortlernen ein theoretisches Konzept, das von Smith und Thelen (2003) in die Entwicklungspsychologie eingeführt wurde und besagt, dass sich die kognitive Struktur eines Individuums ganzheitlich aus der dynamischen Interaktion verschiedener Faktoren entwickelt (darunter Motorik, Gedächtnis, Sprache, Emotionen) und die unmittelbaren Merkmale einer Aufgabe, die zu einem bestimmten Verhalten des Individuums führen. Qualitative und quantitative Veränderungen auf der Verhaltensebene spiegeln aus der Sicht der Theorie Dynamischer Systeme eine Zustandsveränderung der kognitiven Struktur wider, die ihrerseits einen Lernprozess darstellt (Smith und Thelen, 2003). 12 Ausgehend von der Annahme, dass externe Stimuli (z.B. eine variierende Hintergrund) Verhaltensänderungen und Zustandsänderungen in der kognitiven Struktur hervorrufen können, stellen Twomey, Ma und Westermann (2018) die Hypothese auf, dass eine solche Variabilität einen positiven Einfluss auf das langfristige Wortlernen haben kann. In ihrer Studie bedienten sich Twomey, Ma und Westermann (2018) erneut des experimentellen Paradigmas der referent selection trials, allerdings interagierten die Kinder diesmal nicht mit einem Interaktionspartner, sondern saßen auf dem Schoß des Elternteils und bekamen die Objekte auf einem Bildschirm präsentiert. In einer Bedingung hörten die Kinder eine Bezeichnung (Pseudowörter, z.B. Look at the zorch! ) und sahen das Zielobjekt in fünf Durchgängen vor unterschiedlich farbigem Hintergrund. In der anderen Bedingung wurden die Objekte ausschließlich vor weißem Hintergrund gezeigt. Die Ergebnisse der Untersuchung sprachen für einen Vorteil der Bedingung, die kontextuelle Variabilität aufwies: Hatten die Kinder bei der Präsentation der Objekte unterschiedliche Hintergründe erlebt, konnten sie in einem fünf Minuten später durchgeführten Verständnistest das neue Wort mit dem richtigen Referenten in Verbindung bringen - Kinder, die die Objekte vor einem gleichbleibend weißen Hintergrund 12 Auch wenn die Theorie der Dynamischen Systeme (oder Systemtheorie) außerhalb des Fokus dieser Arbeit steht und als Kritikpunkt angebracht werden kann, dass die Rolle der Bezugsperson weitgehend ausgeblendet wird, empfiehlt sich für eine detaillierte Auseinandersetzung Schöner (2016) oder Fausey, Jayaraman und Smith (2016). <?page no="97"?> 2.6. Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess 97 gesehen hatten, gelang dies nicht. Die vorteilhafte Wirkung der Variabilität wird von Twomey, Ma und Westermann (2018, p. 433) einerseits allgemeiner im Lichte der Theorie der Dynamischen Systeme erklärt, indem die visuelle Variabilität in der Lernsituation eine kaskadierende Wirkung auf die kognitive Struktur des Kindes hat, die letztlich eine Zustandsänderung und damit das Lernen begünstigt. Andererseits weisen die Autorinnen darauf hin, dass eine kontextuelle Variabilität im Zuge der wiederholten Exposition gegenüber einem neuen Wort und seinem Referenten zu einer Dekontextualisierung des Wortwissens bzw. der gebildeten Gedächtnisspur führen kann (Twomey, Ma und Westermann, 2018, p. 432) (vgl. auch Kapitel 2.5.2). Obgleich Twomey, Ma und Westermann (2018, p. 432) hier im Detail unklar bleiben, was sie konkret unter Kontext fassen, argumentieren sie, dass die Gedächtnisspur eines Wortes eine Speicherung der kontextuellen Bedingungen der Lernsituation beinhaltet und die Begegnung mit einem neuen Wort in variierenden Kontexten zu einem flexibleren, vom unmittelbaren Kontext losgelösteren Wissen beiträgt. Da in der durchgeführten Testsituation allen Kindern, unabhängig von der Bedingung, die neuen Objekte zum ersten Mal vor einem grauen Hintergrund präsentiert wurden, waren laut Twomey, Ma und Westermann (2018, p. 432) diejenigen Kinder im Vorteil, die bereits Gelegenheit zur Dekontextualisierung des Wissens hatten und den neuen Wörtern nicht zum ersten Mal in einem neuen Kontext begegneten. Weitere Arbeiten dokumentieren zudem, dass Kinder schon sehr früh von kontextueller Variabilität profitieren können (Amabile und Rovee-Collier, 1991; Rovee-Collier und Dufault, 1991; Smith und Vela, 2001). Rost und McMurray (2009) zeigten etwa, dass das Lernen von Minimalpaaren - Wörter, die durch <?page no="98"?> 98 Kapitel 2. Wortlernen einen minimalen Lautunterschied gekennzeichnet sind, welcher mit einem Bedeutungsunterschied einhergeht (z.B. Wal und Wall ) - bei 14 Monate alten Kindern durch akustische Variabilität in Form der Stimme eines Sprechers unterstützt werden kann: Kinder, die in dem Experiment neue Wörter von verschiedenen Sprecherinnen hörten, konnten später ein neues Wort von einem phonologisch ähnlichen Wort unterscheiden (z.B. ⁄buk⁄ von ⁄puk⁄), im Gegensatz zu Kindern, die immer von derselben Sprecherin gesprochene Begriffe gehört hatten. Rost und McMurray (2009, p. 11) vermuteten, dass die erfahrene Variabilität in der phonetischen Realisierung der Wörter den Kindern hilft, ihre Wahrnehmung auf die invarianten Merkmale der Zielwörter zu richten und zu einer robusteren phonologischen Repräsentation der gelernten Wortform führt. Ob und welche Formen der Aufmerksamkeit das Erlernen neuer Wörter bei Kindern im Alter von 14 Monaten erleichtern, hängt aber vermutlich auch damit zusammen, dass kontextuelle Variabilität gleichzeitig bestimmte Elemente innerhalb einer Lernsituation relativ stabil erscheinen lässt und aus interaktionistischer Sicht das Verständnis dafür fördert, welche Aspekte in einer Aufgabe relevant sind (Bruner, 1983; Heller und Rohlfing, 2017; Rohlfing u. a., 2016). Neuere Forschungen heben überdies hervor, dass die kontextuellen Gegebenheiten der Lernaufgabe eine wichtige Rolle dabei spielen, ob Kinder davon profitieren, neue Wörter von verschiedenen Sprechern zu lernen: Wenn sich die Wörter bspw. stärker voneinander unterscheiden (z.B. “neem” und “lof ”), scheint der positive Effekt variierender Sprecher zu verschwinden und sich mitunter nachteilig auf das Lernen auszuwirken (Bulgarelli und Bergelson, 2022). Die Befundlage zur kontextuellen Variabilität zeigt ferner positive Auswirkungen auf das Wortlernen bei älteren Kindern. In diesem Zusammenhang adressierten Henderson und James (2018) zusätzlich die Bedeutung individueller Unterschiede und untersuchten, ob der Wortschatz von Kindern im Alter von 10 bis 11 Jahren das Lernen neuer Wörter beeinflusst, wenn diese in variierenden versus sich wiederholenden Geschichten gelernt werden. In dem Experiment <?page no="99"?> 2.6. Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess 99 hörten alle Kinder in einer einzigen Sitzung insgesamt vier Geschichten über ein iPad (über Kopfhörer). Jede Geschichte enthielt vier neue Wörter für vier unbekannte Objekte, die zweimal pro Geschichte zusammen mit einer Illustration präsentiert wurden. Alle Kinder durchliefen beide Bedingungen nacheinander (within-subjects-Design), wobei die Reihenfolge randomisiert wurde: Die Hälfte der neuen Wörter wurde zweimal in derselben Geschichte präsentiert (rekurrente Kontextbedingung), die andere Hälfte der neuen Wörter wurde in zwei verschiedenen Geschichten präsentiert (variierende Kontextbedingung). In ihren Ergebnissen berichteten Henderson und James (2018) zum einen, dass sie keinen Haupteffekt der Bedingung beobachten konnten und dass das Hören der neuen Wörter in unterschiedlichen Kontexten im Vergleich zum zweimaligen Hören derselben Geschichte nicht zu einem höheren Lernerfolg in einem unmittelbaren Test und einem 24 Stunden später durchgeführten Test führte, in dem die Kinder die neuen Wörter produzieren mussten. Zum anderen stellten die Autorinnen jedoch fest, dass der expressive Wortschatz der Kinder in dem 24 Stunden später durchgeführten Test einen positiven Prädiktor für den Lernerfolg der Kinder darstellte - allerdings nur in der variierenden Kontextbedingung, d.h. dass die Kinder mit einem größeren Wortschatz die neuen Wörter langfristig besser behalten konnten, wenn die Exposition in variierenden Kontexten stattgefunden hatte. Im Kontrast dazu hatte die Größe des Wortschatzes keinen Einfluss auf die Fähigkeit der Kinder, die neuen Wörter produktiv abzurufen, wenn die Wörter durch wiederholtes Hören derselben Geschichte gelernt wurden. Wie die Studie von Henderson und James (2018) aufzeigt, scheinen somit kontextuelle Variabilität und Rekurrenz, je nach den zugrunde liegenden sprachlichen Fähigkeiten der Kinder, unterschiedlich gewinnbringend bzw. von <?page no="100"?> 100 Kapitel 2. Wortlernen unterschiedlicher Wirkung zu sein. Henderson und James (2018, p. 481) spekulieren an dieser Stelle, dass das Lernen von Wörtern in unterschiedlichen Kontexten verstärkt auf bereits vorhandenes Wissen rekurriert und in der durchgeführten Untersuchung Kinder mit einem größeren Wortschatz möglicherweise eher in der Lage waren, im Zuge der Konsolidierung ein reichhaltigeres semantisches Netzwerk (vgl. Kapitel 2.5.1) von Assoziationen zwischen dem neuen Wort und verwandten lexikalischen Konzepten über die beiden Geschichten hinweg aufzubauen, was einen langfristig robusteren Abruf begünstigte. 13 Zugleich und in Übereinstimmung mit vorherigen Befunden (Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017) sprechen die Ergebnisse dafür, dass kontextuelle Rekurrenz in einer Lernsituation dazu beitragen kann, den Unterschied zwischen Kindern mit höheren und solchen mit geringeren sprachlichen Fähigkeiten zu verringern. In einer aktuellen Studie gingen Goldenberg, Repetti und Sandhofer (2022) ferner der Frage nach, welchen Einfluss kontextuelle Variabilität in naturalistischen Interaktionen auf den produktiven Gebrauch von Nomen bei einbis vierjährigen Kindern haben kann. Dazu begleiteten die Autorinnen in einer umfangreichen Studie acht Familien an zwei Wochentagen und zwei Wochenendtagen, wobei ein geschulter Videograf jeweils ein Elternteil begleitete und die Interaktionen zwischen Kind und Elternteil sowie allen anderen anwesenden Personen aufzeichnete. Die Familien wurden instruiert, ihren alltäglichen Aktivitäten nachzugehen, als ob die Videografen nicht anwesend wären. Die Aufnahmen fanden sowohl innerhalb als auch außerhalb der Wohnung der Familien statt und umfassten verschiedene Aktivitäten wie die Teilnahme am Schwimmunterricht, Besuche in Zoos, Parks und Geschäften sowie verschiedene Personen (Eltern, Geschwister, andere Verwandte, Briefträger, Lebensmittelhändler usw.). Im Einzelnen wurden die Anzahl der verschiedenen Personen, die ein Nomen gegenüber dem Kind äußerten, sowie die Anzahl der verschiedenen Orte, 13 Für ein ähnliches Argument siehe auch McGregor (2004). <?page no="101"?> 2.6. Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess 101 an denen das Wort geäußert wurde (verschiedene Räume in der Wohnung des Kindes, Garten, Park, Geschäft usw.), erfasst. Die Ergebnisse der Studie offenbarten einen positiven Zusammenhang zwischen kontextueller Variabilität in Form von Personen und Orten und dem produktiven Gebrauch eines bestimmten Nomens: Kinder, die Nomen in variierenden Kontexten hörten, d.h. von verschiedenen Personen oder an verschiedenen Orten, produzierten mit größerer Wahrscheinlichkeit die gleichen Wörter als Kinder, die Nomen in weniger variierenden Kontexten gehört hatten (Goldenberg, Repetti und Sandhofer, 2022). Interessanterweise war der Einfluss der kontextuellen Variabilität unabhängig von der Häufigkeit, mit der ein Wort in der Umgebung des Kindes geäußert wurde. Ähnlich wie Twomey, Ma und Westermann (2018) führen Goldenberg, Repetti und Sandhofer (2022) den produktiveren Gebrauch der Nomen durch die Kinder auf eine durch die kontextuelle Variabilität begünstigte Dekontextualisierung des Wortwissens zurück, obgleich die Autoren einräumen, dass die untersuchten Daten nicht erfassen, ob ein produziertes Wort von einem Kind zum ersten Mal geäußert wurde oder ob es bereits tiefer im Wortschatz eines Kindes verankert war. Im Hinblick auf den Prozess des langfristigen Wortlernens lassen sich daher keine Schlüsse darüber ziehen, welchen Einfluss die im Alltag der Kinder erlebte kontextuelle Variabilität auf die Wortproduktion in Abhängigkeit vom Grad der Familiarität mit einem Wort hatte. Eine weitere Erklärung für ihre Beobachtungen sehen Goldenberg, Repetti und Sandhofer (2022, p. 12) zudem darin, dass bestimmte Nomen per se kontextgebundener sind (z.B. Zahnpasta im Vergleich zum Nomen Sache ): Sie argumentieren, dass es sich bei den Wörtern, die in diverseren Kontexten verwendet wurden, um solche handelte, die Konzepte aufgreifen, die allgemeiner anwendbar oder für eine spezifische Familie von größerer Bedeutung waren. An dieser Stelle sei allerdings angemerkt, dass zwar die Diversität der Interaktionspartner und des <?page no="102"?> 102 Kapitel 2. Wortlernen Ortes berücksichtigt wurde, aber jedoch nicht in welche kommunikative Handlungen die Exposition gegenüber den Wörtern eingebettet war. 14 In diesem Zusammenhang ist es vorstellbar, dass eine hohe Variabilität in Person oder Ort gar Ausdruck einer Routinisierung bestimmter kommunikativer Handlungen ist, die sich zunehmend von einer bestimmten Situation (an einem Ort/ mit einer Person) entkoppeln und in denen die etablierten dialogischen Rollen mehr und mehr austauschbar werden (Bruner, 1983; Rohlfing u. a., 2016). Die interaktive Routine des gemeinsamen Vorlesens zeichnet sich bspw. dadurch aus, dass sie mit verschiedenen Interaktionspartnern oder in verschiedenen Umgebungen realisiert werden kann (Baker u. a., 2001; Chang und Huang, 2016; Whitehurst und Lonigan, 2003). Auch wenn Goldenberg, Repetti und Sandhofer (2022) ungeklärt lassen, in welche Interaktionserfahrungen des Kindes die gehörten Wörter im Spezifischen eingebettet waren, so weist die Untersuchung darauf hin, dass der Wortlernprozess in natürlichen Interaktionen mitunter einer hohen Variabilität im Hinblick auf spezifische kontextuelle Faktoren ausgesetzt ist (so kam ein Nomen im Durchschnitt in 24 verschiedenen räumlichen und 15 verschiedenen personalen Kontexten vor). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass bis dato zwar nur relativ wenige Studien den Einfluss von kontextueller Variabilität auf den graduellen Wortlernprozess untersucht haben, die genannten Studien jedoch darauf hindeuten, dass Kinder verschiedener Altersgruppen von kontextueller Variabilität im Prozess des Wortlernens profitieren können (Goldenberg, Repetti und Sandhofer, 2022; Samuelson und McMurray, 2017; Smith und Vela, 2001; Tippenhauer und Saylor, 2019; Twomey, Ranson und Horst, 2014; Twomey, Ma und Westermann, 2018; Vlach und Sandhofer, 2011; Wojcik, 2017). So legen die vorliegenden Befunde nahe, dass kontextuelle Variabilität das Wortlernen unterstützen kann, 14 Goldenberg, Repetti und Sandhofer (2022) differenzierten zudem nicht, ob ein Kind dem Interaktionspartner aktiv zuhörte oder ihm überhaupt Aufmerksamkeit schenkte. <?page no="103"?> 2.6. Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess 103 indem sie das Erkennen invarianter Merkmale eines Referenten (Twomey, Ranson und Horst, 2014) oder der phonologischen Form eines Wortes (Rost und McMurray, 2009) erleichtert und dass das Aufgreifen dieser Regelmäßigkeiten mit zunehmender Wiederholung eine Generalisierung des Wissens begünstigen kann (Twomey, Ma und Westermann, 2018; Twomey, Ranson und Horst, 2014). Diesbezüglich verdeutlicht die bisherige Evidenz jedoch, dass sich kontextuelle Variabilität zwar bis zu einem gewissen Grad positiv auf das langfristige Wortlernen auswirken kann, dass aber ein zu hohes Maß an Variabilität mitunter einen gegenteiligen Effekt evoziert und dass es für den Lernprozess von Vorteil ist, wenn bestimmte Kontextelemente (z.B. die Form eines Referenten) unter variierenden Kontextbedingungen konsistent bleiben. In diesem Zusammenhang zeigt die Studienlage, dass Kinder neue Wörter langfristiger behalten können, wenn ihnen verschiedene Exemplare eines Referenten präsentiert werden, die sich farblich unterscheiden, aber nicht, wenn die Exemplare identisch sind oder gleichzeitig in Form und Farbe variieren (Twomey, Ranson und Horst, 2014). Ferner zeigen die herangezogenen Studien, dass variierende kontextuelle Bedingungen eine Dekontextualisierung und Flexibilisierung des Wortwissens unterstützen können, was insbesondere die Wortabruffähigkeiten der Kinder unter neuen Kontextbedingungen zu fördern scheint, etwa in (Test-)Situationen, die sich von Situationen unterscheiden, in denen ein neues Wort gelernt wurde (Twomey, Ranson und Horst, 2014; Twomey, Ma und Westermann, 2018). Aus interaktionistischer Sicht kann hier jedoch ergänzt werden, dass das Lernen eines neuen Wortes in einer Situation mit bestimmten variierenden Kontextfaktoren (z.B. dem farblichen Hintergrund, etc.) zugleich eine Familiarisierung und kognitive Erwartungshaltung gegenüber der betreffenden Interaktionsstruktur (einschließlich der damit verbundenen Abfolge von Ereignissen und Handlungen) etabliert (vgl Kapitel 2.4.1), auf die in einer nachfolgenden Testsituation als Erfahrungsschatz zurückgegriffen werden kann (Rohlfing u. a., 2016). Mit <?page no="104"?> 104 Kapitel 2. Wortlernen anderen Worten ausgedrückt: Kinder, die bspw. in einem pragmatischen Rahmen neue Wörter lernen, in welchem gewisse perzeptuelle Aspekte kontinuierlich variiert werden, sind möglicherweise in einer subsequenten Testsituation im Vorteil, in der sie erneut auf ein gewisses Maß an kontextueller Variabilität treffen. Im Gegensatz dazu können Kinder, die in einer Lernsituation keinerlei kontextuelle Variabilität erfahren haben, in einer Testsituation mit veränderten kontextuellen Gegebenheiten weniger auf ihr Wissen über die vorherige Interaktionsstruktur aufbauen. Vor diesem Hintergrund erscheint eine alleinige Zuschreibung der positiven Effekte kontextueller Variabilität auf das Wortlernen auf der Basis isolierter perzeptueller Merkmale (z.B. des farblichen Hintergrunds) wenig plausibel, da der kindliche Wortlernprozess zugleich in eine kommunikative Handlung eingebettet ist, die als solche im Kontext vorangegangener Ereignisse und der individuellen Interaktionshistorie des Kindes betrachtet werden muss (Rączaszek-Leonardi, 2016; Rohlfing u. a., 2016). Darüber hinaus liefern die vorliegenden Untersuchungen Hinweise darauf, dass individuelle Unterschiede in den sprachlichen Fähigkeiten der Kinder eine wesentliche Rolle dabei spielen, wie sich kontextuelle Variabilität auf den Wortlernprozess auswirken kann. Henderson und James (2018) zeigen in dieser Hinsicht, dass Kinder unabhängig von ihrem jeweiligen Wortschatz in der Lage waren, neue Wörter erfolgreich zu behalten, die im Rahmen sich wiederholender Geschichten gelernt wurden (siehe auch Rohlfing, Ceurremans und Horst (2017), Kapitel 2.6.1). Beim Lernen neuer Wörter in verschiedenen Geschichten zeigte sich jedoch ein Zusammenhang mit dem Wortschatz: Kinder mit einem umfangreicheren Wortschatz erzielten eine höhere Behaltensleistung in Bezug auf die neuen Wörter (Henderson und James, 2018). Zwar ist bekannt, dass ein umfangreicherer Wortschatz das Wortlernen generell begünstigen kann (Grassmann, Schulze und Tomasello, 2015; Munro u. a., 2012; Nachtigäller, Rohlfing und Mcgregor, <?page no="105"?> 2.6. Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess 105 2013; Werker u. a., 2002; Gathercole und Masoura, 2005) 15 , allerdings zeigt die Forschung zur kontextuellen Variabilität, dass Kinder mit einer breiteren Wissensbasis ihre fortgeschrittene sprachliche Entwicklung insbesondere in Lernsituationen mit variierenden kontextuellen Bedingungen gewinnbringend ausspielen können (Henderson und James, 2018; Karweit und Wasik, 1996; Lewis und Durrant, 2011), wohingegen stabile Kontextbedingungen eher dazu beitragen, die Diskrepanz zwischen Kindern mit geringerer und höherer sprachlicher Entwicklung zu reduzieren (Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017; Henderson und James, 2018). Abschließend sei auf die unterschiedlichen Operationalisierungen des Kontextbegriffs in den bisherigen Studien hingewiesen, die sich - ähnlich wie in der Literatur zur kontextuellen Rekurrenz - häufig auf spezifische perzeptuelle Merkmale (Twomey, Ranson und Horst, 2014; Twomey, Ma und Westermann, 2018), den sozialen Partner des Kindes (Goldenberg, Repetti und Sandhofer, 2022; Vlach und Sandhofer, 2011) oder die rahmende Erzählung (Henderson und James, 2018) konzentrieren (siehe auch Tabelle 2.1), was die Generalisierbarkeit der Ergebnisse einschränkt. Darüber hinaus wird deutlich, dass sich die meisten Studien bisher auf Altersgruppen mit entweder sehr jungen oder älteren Kindern beziehen und den Schwerpunkt auf das Lernen einfacher Nomen legen, so dass bisher keine Erkenntnisse darüber vorliegen, wie sich kontextuelle Variabilität auf das Lernen von Wörtern (anderer Wortarten) bei Kindern im Vorschulalter auswirkt und welche Rolle individuelle Unterschiede in der sprachlichen Entwicklung dabei spielen. 15 Kritisch anzumerken ist jedoch, dass bisherige Studien den Zusammenhang zwischen dem Wortschatz und der Fähigkeit eines Kindes, neue Wörter zu lernen, primär bei jüngeren Kindern untersucht haben (z.B. Munro u. a. (2012) und Werker u. a. (2002)). Bei älteren Kindern ist dieser Aspekt noch wenig erforscht und kaum im Rahmen von Tests untersucht worden, die mit größerer zeitlicher Verzögerung durchgeführt wurden. <?page no="106"?> 106 Kapitel 2. Wortlernen 2.6.3 A “sweetspot” for contextual variability? Zur Bedeutung einer Kombination aus kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess Der dargestellte Forschungsstand zur kontextuellen Rekurrenz und Variabilität zeigt übergreifend auf, dass der kindliche Wortlernprozess äußerst sensitiv auf kontextuelle Veränderungen innerhalb einer Interaktion reagiert. Diesbezüglich geben die bestehenden Befunde Hinweise darauf, dass sowohl rekurrent auftretende (Goldenberg und Sandhofer, 2013b; Horst, 2013; Horst, Parsons und Bryan, 2011; Horst und Samuelson, 2008; Hupbach, Gomez und Nadel, 2011; Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017; Vlach und Sandhofer, 2011) als auch variierende (Goldenberg, Repetti und Sandhofer, 2022; Henderson und James, 2018; Rost und McMurray, 2009; Twomey, Ranson und Horst, 2014; Twomey u. a., 2016; Twomey, Ma und Westermann, 2018; Gómez, 2002) kontextuelle Faktoren den fragilen Lernprozess gewinnbringend beeinflussen können. Angesichts der zum Teil uneinheitlichen Befunde stellt sich jedoch die Frage, welche Gründe dafür angeführt werden können bzw. unter welchen Bedingungen kontextuelle Variabilität und kontextuelle Rekurrenz den kindlichen Wortlernprozess unterstützen. Einerseits ist in diesem Zusammenhang anzumerken, dass in den dargestellten Studien erhebliche Unterschiede festzustellen sind, welche kontextuellen Faktoren variiert oder wiederholt wurden (siehe Tabelle 2.1). Andererseits lässt sich in der vorhandenen Literatur eine Heterogenität in Bezug auf die untersuchten Altersgruppen, die Aufgabenmerkmale innerhalb der Interaktion, die beobachteten Zeitverläufe und die Art der Testformate und des getesteten Wissens feststellen. Studienergebnisse mit erwachsenen Probanden zeigen in diesem Zusammenhang aufschlussreich, dass etwa der Zeitpunkt der Messung von Lerneffekten von entscheidender Bedeutung ist und Kontextvariabilität und -rekurrenz je nach zeitlicher Verzögerung unterschiedliche (messbare) Auswirkungen haben können; je länger die zeitliche Verzögerung, desto größer ist bspw. die Wahrscheinlichkeit, dass spezifische Kontextbedingungen in einer <?page no="107"?> 2.6. Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess 107 erfahrenen Lernsituation den Wissensabruf beeinflussen (Smith und Vela, 2001). Twomey und Hilton (2020) weisen außerdem darauf hin, dass sich die meisten Studien vor allem auf Nomen-Objekt-Verknüpfungen konzentrieren, dass aber die Effekte von kontextueller Rekurrenz und Variabilität auf das Wortlernen je nach Wortart unterschiedlich ausfallen können (siehe z.B. Childers u. a. (2017)). Darüber hinaus lässt sich aus dem Gros der vorliegenden Studien nicht ableiten, wie die Kontextbedingungen und die individuellen sprachlichen Fähigkeiten der Kinder während des Lernprozesses zusammenwirken, da keine Messungen der sprachlichen Fähigkeiten der Kinder durchgeführt wurden. Letzteres erscheint insofern problematisch, als dass die Wortlernforschung betont, dass individuelle Unterschiede in den sprachlichen Fähigkeiten bei der Messung von Wortlernprozessen berücksichtigt werden sollten (McMurray, Horst und Samuelson, 2012; Stelmachowicz u. a., 2004) und insbesondere individuelle Unterschiede bei der Erfassung von Lerneffekten im Rahmen rekurrenter oder variierender Kontextbedingungen eine wichtige Rolle spielen (Henderson und James, 2018; Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017). Konstatierend kann somit ein Grund für die inkonsistenten Befunde in der Diversität der experimentellen und methodologischen Ansätze liegen, die in den bisherigen Arbeiten zur kontextuellen Rekurrenz und Variabilität verwendet wurden. Die Forschung legt jedoch noch einen weiteren zentralen Grund nahe - nämlich, dass kontextuelle Rekurrenz und kontextuelle Variabilität zu verschiedenen Zeitpunkten im Verlauf des Wortlernprozesses unterschiedliche Wirkungsweisen entfalten - und dass es in zeitlicher Hinsicht womöglich einen kritischen Punkt für kontextuelle Variabilität im graduellen Prozess des Wortlernens gibt (Goldenberg, Repetti und Sandhofer, 2022; Goldenberg und Sandhofer, 2013a; Horst, 2013; Rohlfing, 2006). Horst (2013, p. 6) spricht in diesem Zusammenhang von einem “sweet spot” für kontextuelle Variabilität und geht davon aus, dass in einer ersten Phase Wortlernens kontextuelle Rekurrenz förderlich <?page no="108"?> 108 Kapitel 2. Wortlernen sein könnte und konsekutive Variabilität im Kontext das Wortlernen begünstigt, ohne jedoch näher zu definieren, wann und wie ein solcher Übergang in den kontextuellen Bedingungen realisiert werden sollte. Vor dem Hintergrund, dass die Exposition gegenüber einem neuen Wort unweigerlich in eine Sequenz von kommunikativen Handlungen eingebettet ist (Grassmann, 2014; Heller und Rohlfing, 2017; Rohlfing u. a., 2016), erscheint es plausibel, dass einerseits eine Stabilität im Kontext zu einer Familiarisierung mit den Regularitäten über Handlungsabläufe in einer spezifischen Interaktion beiträgt (Bruner, 1983; Rohlfing u. a., 2016; Rohlfing, Grimminger und Nachtigäller, 2015), wobei zugleich die Wiederholung der Interaktion kognitive Operationen etabliert, die es einem Kind mit wachsender Interaktionserfahrung erleichtern, Vorhersagen über die sequentiellen Handlungsstrukturen innerhalb einer laufenden Interaktion zu treffen (Rohlfing, 2013; Rohlfing u. a., 2016). Ein Produkt kontextueller Rekurrenz liegt somit möglicherweise in einer Erhöhung der Vorhersehbarkeit von Handlungsabläufen und einer Reduzierung der Komplexität innerhalb der Interaktion. Das Lernen eines Wortes wird dabei durch die Erfahrung des Kindes mit den interaktiven Gegebenheiten unterstützt, da es mit zunehmender Vertrautheit dem Lerninhalt vermehrt Ressourcen widmen kann (Horst, 2013; Rohlfing u. a., 2016; Horst, Parsons und Bryan, 2011; Bruner, 1983). Dabei spielt zudem die Art der rahmenden Lernumgebung eine untergeordnete Rolle (z.B. die Auswahl eines Zielobjektes aus einer Reihe von Objekten, etc.) (Horst, Parsons und Bryan, 2011; McLeod und McDade, 2011; Wilkinson und Houston-Price, 2013; Axelsson und Horst, 2014), entscheidend ist vielmehr das vom Kind aggregierte Wissen über die Muster einer spezifischen Interaktion, wodurch kognitive Ressourcen frei werden, die den Wortlernprozess unterstützen können (Rohlfing u. a., 2016). Andererseits kann ein neues Wort, das nur in einem rekurrenten Kontext auftaucht oder gelernt wird, sowohl zu einem engeren Konzept dieses Wortes (Horst, 2013, p. 9) als auch zu einer kontextuellen Gebundenheit des Wissens <?page no="109"?> 2.6. Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess 109 führen (Goldenberg, Repetti und Sandhofer, 2022; Sandhofer und Schonberg, 2020). Ein Kind, das bspw. das Wort beige nur in einem spezifischen Kontext vorfindet, z.B. im Zusammenhang mit einer spezifischen Handlung mit einer beigen Puppe, könnte ein engeres Konzept von beige entwickeln, das weder eine beige Jacke noch einen beigen Sessel umfasst, etc. (Sandhofer und Schonberg, 2020, p. 168). Befunde zur kontextuellen Variabilität zeigen in diesem Zusammenhang, dass die Begegnung mit einem neuen Wort in variierenden Kontexten zu einem flexibleren, vom unmittelbaren Kontext losgelösteren Wissen beitragen kann, indem ein Kind z.B. situationsübergreifende Invarianzen erkennt (Twomey, Ranson und Horst, 2014; Twomey u. a., 2016; Twomey, Ma und Westermann, 2018; Vlach und Sandhofer, 2011; Kucker, McMurray und Samuelson, 2015; Yu und Smith, 2007). Wenn somit kontextuelle Rekurrenz das Aufgreifen eines neuen Wortes unterstützt und kontextuelle Variabilität eine Flexibilisierung des Wissens fördert, dann liegt die Vermutung nahe, dass das Profitieren von kontextueller Rekurrenz und Variabilität sich im Verlauf des Wortlernprozesses eines Kindes möglicherweise verändert. Betrachtet man vor diesem Hintergrund die in Interaktionserfahrungen eingebettete Lerntrajektorie eines Wortes, so ist es wahrscheinlich, dass Kinder in einer ersten, initialen Phase des Wortlernens von kontextueller Rekurrenz und in einer späteren, anschließenden Phase von kontextueller Variabilität profitieren, um nicht nur ein stabiles, aber kontextgebundenes, sondern auch ein elaboriertes und stärker vernetztes Wortwissen aufzubauen (siehe auch Kapitel 2.5.2), das flexibel auf andere Kontexte übertragen werden kann. Dass eine Kombination aus Rekurrenz und Variabilität für den Wortlernprozess hilfreich sein könnte, steht auch im Einklang mit Arbeiten, die auf eine hierarchische Struktur des Wortlernens hinweisen. So untersuchte Rohlfing (2006) den Erwerb räumlicher Präpositionen, indem sie zweijährigen Kindern im Rahmen verschiedener Aktivitäten Objekte präsentierte, die den Kindern entweder bekannt oder unbekannt waren. Interessanterweise <?page no="110"?> 110 Kapitel 2. Wortlernen zeigten die Ergebnisse nicht nur, dass der Lernerfolg bei der Interaktion mit bekannten Objekten höher war, sondern auch, dass das erfolgreiche Lernen von Wörtern in einem bekannten Kontext eine wichtige Voraussetzung für die Generalisierung des Wissens war: Fast alle Kinder in der Studie zeigten nur dann Lernerfolge in einem neuen Kontext (mit neuen Objekten), wenn sie die Wörter bereits in einem familiären Kontext erfolgreich anwenden konnten (Rohlfing, 2006). Die Annahme einer Lernhierarchie wird ferner durch Aufzeichnungen von Bloom (1976) gestützt, die in diesem Zusammenhang bei ihrer Tochter das Verhalten beobachtete, dass sie das Wort „Auto“ zunächst nur produzierte, wenn sie Autos von zu Hause aus beobachtete, das Wort aber erst später in anderen Kontexten verwendete, z.B., wenn sie Autos aus anderen Perspektiven oder in Bilderbüchern sah. Schließlich greift der Ansatz des “Progressive Alignment” den Aspekt auf, dass eine anfängliche Stabilität in den kontextuellen Bedingungen eine subsequente Übertragung des Wissens auf andere Kontexte begünstigen kann (Gentner und Markman, 1997; Gentner und Namy, 1999; Gentner und Namy, 2006). Bei diesem Ansatz werden einem Kind zunächst Exemplare eines Objektes präsentiert, die eine sehr hohe Ähnlichkeit aufweisen und anschließend weitere Exemplare, deren Ähnlichkeit immer weiter abnimmt, während bestimmte Merkmale konstant bleiben. Verschiedene Studien zeigen, dass Kinder mit dieser Methode eher in der Lage sind, das erworbene Wissen auf einen neuen Kontext zu übertragen, als wenn die Reihenfolge der Exemplare z.B. zufällig ist (Christie, 2020; Gentner, Loewenstein und Hung, 2007; Gentner und Namy, 2006). In dieser Hinsicht scheint es weiterhin naheliegend, dass individuelle Unterschiede in den sprachlichen Fähigkeiten eines Kindes eine gewichtige Rolle dabei spielen, zu welchem Zeitpunkt im Wortlernprozess kontextuelle Rekurrenz vorteilhaft ist und zu welchem Zeitpunkt ein Kind optimal von kontextueller Variabilität profitieren kann. Die Befundlage deutet in dieser Richtung darauf hin, dass Kinder mit geringeren sprachlichen Fähigkeiten beim Wortlernen stärker von rekurrenten Kontextbedingungen profitieren (Rohlfing, <?page no="111"?> 2.6. Die Rolle kontextueller Rekurrenz und Variabilität im Wortlernprozess 111 Ceurremans und Horst, 2017) und dass variierende Kontextbedingungen in einer frühen Phase des Wortlernens eher hinderlich sein können (Henderson und James, 2018). In Anbetracht der Befundlage, die sowohl auf qualitativ unterschiedliche Auswirkungen von kontextueller Rekurrenz und Variabilität auf den Wortlernprozess hinweist (Goldenberg, Repetti und Sandhofer, 2022; Horst, 2013; Twomey, Ma und Westermann, 2018) als auch auf eine für den Lernprozess gewinnbringende temporale Reihenfolge der Kontextbedingungen (Rohlfing, 2006; Rohlfing u. a., 2016) in Form von anfänglicher Rekurrenz im Kontext und konsekutiver Variabilität, erscheint es überraschend, dass bisher kaum Erkenntnisse darüber vorliegen, wie sich kontextuelle Variabilität in einer späteren Phase auf das Wortlernen auswirkt, nachdem ein Kind in einer Lernsituation kontextuelle Rekurrenz erfahren hat. Die wenigen Studien, die sich bisher mit der Kombination von kontextueller Rekurrenz und Variabilität befassen, beschränken sich dabei auf die Art der Präsentation eines spezifischen Objektes (siehe z.B. Gentner, Loewenstein und Hung (2007) oder Goldenberg und Sandhofer (2013a)), ignorieren aber weitgehend, dass der Wortlernprozess in einen sozialen, kooperativen Austausch zwischen den Interaktionspartnern eingebettet ist (siehe auch Kapitel 2.4.1 und Kapitel 4). Schließlich gilt es hervorzuheben, dass neben dem Aspekt der Familiarisierung und dem Zeitpunkt, ab dem ein Kind von einer Variation der kontextuellen Bedingungen im Wortlernprozess profitieren kann, auch unzureichend geklärt ist, inwieweit die Wortart des zu lernenden Wortes (z.B. Nomen oder Adjektiv) und seine morphologische Komplexität (z.B. Simplizia oder Komposita) eine Rolle spielen (Meylan und Bergelson, 2022; Robbins und Ehri, 1994; Rohlfing u. a., 2016). Diese Kritik tangiert den generellen Umstand, dass in der Wortlernforschung ein überproportionaler Fokus auf (simplizische, englische) Nomen anzutreffen ist und damit die Generalisierbarkeit der Ergebnisse eingeschränkt ist. 16 16 Für eine erhellende Diskussion dieser Thematik sei auf Meylan und Bergelson (2022) verwiesen. <?page no="112"?> 112 Kapitel 2. Wortlernen Die Betrachtung des Wortlernens im Lichte kontextueller Rekurrenz und Variabilität verleiht diesem Punkt jedoch eine besondere Relevanz, da (komplexe) Wörter anderer Wortarten im Vergleich zu Nomen teilweise einen ausgeprägten relationalen Charakter aufweisen und je nach Kontext mitunter in ihrer Bedeutung versatiler sind als z.B. Nomen, die sich auf ein konkretes Objekt beziehen (bspw. Adjektive: schöne Arbeit vs. schöner Vogel ). Vor diesem Hintergrund und angesichts der Einbeziehung morphologisch komplexer Adjektive als Lerninhalt im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wird der Erwerb von Adjektiven und morphologisch komplexer Wörter im folgenden Kapitel gesondert beleuchtet. 2.7 Erwerb von Adjektiven und morphologisch komplexen Wörtern Ein Großteil der Forschungsarbeiten zum frühen Wortlernen konzentrierte sich bisher darauf, wie Kinder Bezeichnungen Objekten zuordnen, während über das Lernen morphologisch komplexer Wörter anderer Wortarten weniger bekannt ist. Die Berücksichtigung von morphologisch komplexen Adjektiven in der vorliegenden Untersuchung greift daher nicht nur aktuelle Überlegungen im Diskurs der Wortlernforschung auf (z.B. Meylan und Bergelson (2022)), die dafür plädieren, die überrepräsentierte Fokussierung auf Nomen (die sich auf konkrete Objekte beziehen) zu überwinden und stärker die Herausforderungen in den Blick zu nehmen, denen Kinder beim Erwerb von Wörtern anderer lexikalischer Klassen wie Adverbien oder Adjektiven gegenüberstehen (wo im Übrigen die vermeintliche “Mapping”-Metapher 17 endgültig an ihre Grenzen stößt, da die Bedeutung des Wortes je nach Verwendungskontext erheblich variiert), sondern folgt auch der Motivation, das Wissen im Bereich des Wortlernens im Hinblick 17 Für eine kritische Auseinandersetzung mit der “Mapping”-Metapher siehe auch Kapitel 2.4.1. <?page no="113"?> 2.7. Erwerb von Adjektiven und morphologisch komplexen Wörtern 113 darauf zu erweitern, wie komplexe Wörter von Kindern in Abhängigkeit von kontextueller Rekurrenz und Variabilität längerfristig gelernt werden. Dieses Kapitel gibt einen Überblick über einschlägige Arbeiten, in denen der kindliche Erwerb von Adjektiven und die Herausforderungen beim Erlernen komplexer linguistischer Konstruktionen untersucht wurden. Dazu wird zum einen thematisiert, wie Adjektive u.a. vor dem Hintergrund unterschiedlicher kontextueller Bedingungen erlernt werden. Zum anderen liegt der Schwerpunkt der Darstellung darauf, welche morphologischen Prinzipien ein Kind berücksichtigen muss, wenn die Ebene der Simplizia überschritten wird und ein Kind auf Wörter trifft, die nach dem Verfahren der Komposition zusammengesetzt sind. Hierbei sei darauf hingewiesen, dass in diesem Kapitel nicht der Anspruch verfolgt wird, die Morphologieentwicklung des Kindes in ihrer Gänze nachzuzeichnen, sondern der Fokus auf kompositionalen Konstruktionen im Bereich der Wortbildung liegt - Wortbildungen im Sinne der Derivation oder Flexionsprozesse stehen dabei nicht im Mittelpunkt der Darstellung. Der Betrachtung liegt ferner die Annahme zugrunde, dass unabhängig von der Art der Lerninhalte (z.B. Unterschiede in der Wortklasse oder Komplexität) ein pragmatischer Rahmen als Lernmatrix fungiert, in den der Wortlernprozess eingebettet ist und in dem die in Kapitel 2.6 skizzierten Effekte kontextueller Rekurrenz und Variabilität im graduellen Lernprozess zum Tragen kommen. Nichtsdestotrotz ergeben sich aus den spezifischen Eigenschaften eines Wortes, wie z.B. seiner Komplexität oder der charakterisierenden Wortart, bestimmte Anforderungen, die ein Kind im Wortlernprozess zu meistern hat, welche im Folgenden beschrieben werden sollen. 2.7.1 Erwerb von Adjektiven Obwohl dem Erwerb von Adjektiven in der jüngeren Wortlernforschung weniger Aufmerksamkeit geschenkt wurde als etwa dem Erwerb von Nomen oder <?page no="114"?> 114 Kapitel 2. Wortlernen Verben, zeigen die verfügbaren Erkenntnisse, dass Adjektive zu den ersten Wörtern gehören, die von Kindern gebildet werden, und dass sie die essentielle Funktion erfüllen, Entitäten in unserer Umwelt jenseits ihrer Benennung zu beschreiben, zu differenzieren und zu erweitern (Wagner, Jergens und Barner, 2018). Im Vergleich zu Nomen und Verben sind sie im kindlichen Wortschatz allerdings eher unterrepräsentiert 18 und der Lernprozess in Bezug auf zentrale Aspekte ihrer attributiven Bedeutung und Verwendung gestaltet sich langwierig und ist oftmals noch bis zum Grundschulalter im Gange (Ninio, 1988; Forbes und Plunkett, 2019; Wagner, Dobkins und Barner, 2013; Booth und Waxman, 2003; Booth und Waxman, 2009). Empirische Befunde demonstrieren in diesem Zusammenhang, dass Adjektive, die unter rekurrenten Kontextbedingungen gelernt wurden, wie z.B. im Rahmen des gemeinsamen Lesens von Bilderbüchern, später auf einem niedrigeren Niveau abgerufen werden konnten als Nomen (Robbins und Ehri, 1994). Auch Horst (2013) und Horst, Parsons und Bryan (2011) berichten übereinstimmend, dass Adjektive im Vergleich zu Nomen für Kinder schwieriger zu lernen seien. Doch auf welche Schwierigkeiten stößt ein Kind beim Lernen eines Adjektivs? Die Forschung führt hierfür mehrere Gründe an, die sich hauptsächlich auf die konzeptionellen und distributiven Eigenschaften von Adjektiven beziehen. So weisen Adjektive je nach Verwendungskontext eine ausgeprägte semantische und pragmatische Versatilität und Relationalität auf, d.h. in Abhängigkeit des Kontextes bzw. des Objektes oder der Handlung, die sie modifizieren, kann ihre Bedeutung stark variieren, wenn nicht gar erst entstehen (Zifonun, 2011; 18 Korpusanalysen zeigen zudem, dass Adjektive auch eine relativ geringe Häufigkeit in den Äußerungen von Bezugspersonen gegenüber ihren Kindern einnehmen und mitunter nur 10% der geäußerten Wörter ausmachen, siehe z.B. Behrens (2006), Sandhofer und Smith (2007) und Tribushinina u. a. (2014). Die Forschung zeigt, dass dies u. a. damit zusammenhängt, dass Bezugspersonen in alltäglichen Interaktion mit ihren Kindern dazu tendieren, über Entitäten zu sprechen, die im jeweiligen Kontext eindeutig identifizierbar sind (Blackwell, 2005). <?page no="115"?> 2.7. Erwerb von Adjektiven und morphologisch komplexen Wörtern 115 Davies u. a., 2021). Dies wird deutlich, wenn man auf die Interpretationsmöglichkeiten blickt, die sich etwa bei dem Adjektiv „klein“ („ kleiner Elefant“, „ kleine Maus“), „grau“ („ graue Wolken“, „ graue Haare“) oder „schön“ („ schöne Arbeit“, „ schöner Tag“) ergeben (Davies u. a., 2021, p. 3). Da Adjektive in natürlichen Äußerungen häufig in Kombination mit anderen Wörtern auftreten, erfordert es somit nicht nur ein Verständnis des Adjektivs selbst, sondern auch einer Verarbeitung der Wörter, mit denen das entsprechende Adjektiv kombiniert wird (Davies, Lingwood und Arunachalam, 2020). Hört ein Kind z.B. die Äußerung „Schau mal, die lila Blume dort! “ , so muss es nicht nur das Adjektiv deuten, sondern auch die Bedeutung mit dem Objekt kombinieren, auf welches sich das Adjektiv bezieht; Befunde hierzu zeigen, dass Kinder mitunter erst ab dem vierten Lebensjahr damit beginnen, solche bedeutungsmodifizierenden Informationen von Adjektiven in naturalistischen Situationen zu berücksichtigen, um ihr referentielles Verständnis zu erweitern (Waxman und Klibanoff, 2000). Diesbezüglich zeigen sprachübergreifende Untersuchungen, dass Kinder häufig die Bedeutung des Nomens in den Vordergrund stellen und die attributive Funktion von Adjektiven sowohl in präals auch in postnominalen Positionen vernachlässigen (Fernald, Thorpe und Marchman, 2010; Ninio, 2004; Sekerina und Trueswell, 2012). Allerdings scheinen hierbei die Gegebenheiten der Situation ausschlaggebend: In einer Studie von Ninio (2004) wurden 3- und 4-jährigen Kindern Bildkarten präsentiert, auf denen jeweils zwei bekannte Objekte mit zwei unterschiedlichen Attributen abgebildet wurden. So sahen die Kinder z.B. einen großen und einen kleinen Teddy sowie eine große und eine kleine Uhr. Anschließend wurden die Kinder gebeten, bspw. auf den großen Teddy zu zeigen ( “Show me the big teddy” ). Die Ergebnisse der Untersuchung deckten auf, dass die Kinder zwar stets die Bedeutung des Nomens berücksichtigten, aber oftmals die Bedeutung des Adjektivs ignorierten. Im Verlauf von 12 Durchläufen lagen sie im Durchschnitt sieben Mal richtig, und nur 20% der teilnehmenden Kinder <?page no="116"?> 116 Kapitel 2. Wortlernen konnten stets zuverlässig auf den richtigen Referenten verweisen. Interessanterweise stieg die Erfolgsquote jedoch signifikant an, wenn die Auswahl, die die Kinder treffen mussten, auf ein Paar von Objekten begrenzt wurde, das heißt, wenn z.B. nur ein großer und ein kleiner Teddy präsent waren. Die Ergebnisse deuten also darauf hin, dass Kinder im Alter von 3 bis 4 Jahren zwar über ein Verständnis für die modifizierende Bedeutung von Adjektiven verfügen, dieses aber weitaus zuverlässiger bei einfachen Unterscheidungen anwenden können, etwa wenn die Kombination mit einem Nomen nicht erforderlich ist. Frühere Untersuchungen zeigen zudem, dass es bei Kindern im Vorschulalter zu Verständnisschwierigkeiten kommen kann, wenn in einer Äußerung mehrere Adjektive kombiniert werden, die ein Objekt näher modifizieren. Roeper (1972) konfrontierte Kinder im Alter von fünf Jahren mit einer Versuchsanordnung, in der sie die Äußerung „Zeige auf den zweiten grünen Ball! “ hörten und aufgefordert wurden, den entsprechenden Ball in einer Reihe von sechs Bällen auszuwählen (vgl. Abbildung 2.1). Abbildung 2.1: Schema des Versuchsaufbaus nach Roeper (1972), eigene Darstellung Das Gros der Kinder in der Studie von Roeper (1972) verarbeitete die modifizierenden Ausdrücke seriell, d.h. nacheinander und nicht integrativ und wählte in Konsequenz dessen den grünen Ball in Position B aus, also den Ball, welcher der zweite in der Reihe und zugleich grün war, jedoch nicht den zweiten von zwei grünen Bällen in der Reihe (Position F). Wurden die Kinder aufgefordert den <?page no="117"?> 2.7. Erwerb von Adjektiven und morphologisch komplexen Wörtern 117 zweiten roten Ball auszuwählen, wählten manche den korrekten Ball aus (Position E), manche stellten gar keine Auswahl an und manche wiederum wählten den korrekten Ball aus, aber wiesen darauf hin, dass es sich um den fünften Ball in der Reihe handelt ( “But it is the fifth ball! ” ). Die Ergebnisse sprechen möglicherweise dafür, dass eine serielle Verarbeitung bevorzugt wurde, obwohl hier eingewendet werden kann, dass die Interpretation der Objektanordnung in Kombination mit der Äußerung den Kindern ein komplexes Situationsverständnis abverlangte, wodurch mitunter eher erfasst wurde, ob die Kinder den Anforderungen der Situation gewachsen waren und weniger ein Verständnis der Adjektive gemessen wurde. Davon abgesehen weist die aktuelle Forschung darauf hin, dass die Fähigkeit zur Integration von Adjektiv und Nomen sowie die flexible Erweiterung von Adjektivphrasen mit zusätzlichen spezifizierenden Adjektiven als Brücke zu komplexeren referentiellen Strukturen, wie dem Erwerb komplexer Relativsätze, dient (Davies, Lingwood und Arunachalam, 2020). Aus pragmatischer Sicht ergibt sich jedoch darüber hinaus, dass Adjektive neben ihrer deskriptiven Funktion (z.B. eine Entität wie einen Löwen als groß zu spezifizieren) auch eine kontrastive Funktion innehaben, die gleichzeitig Inferenzen auf alternative Vertreter einer Kategorie zulässt (z.B., dass Löwen unterschiedlich groß sein können; einige Löwen können klein sein) (Horowitz und Frank, 2014, p. 625). Unter Berücksichtigung der kontextuellen Gegebenheiten ermöglicht die kontrastive Funktion von Adjektiven zudem, routinemäßig die Referenz aufzulösen, noch bevor etwa ein bestimmtes Objekt benannt wurde (Ryskin, Kurumada und Brown-Schmidt, 2019). So konnten Sedivy u. a. (1999) in einer Eye-Tracking-Studie nachweisen, dass Erwachsene ein Objekt, wie z.B. ein großes Glas neben einem kleinen Glas, bereits visuell adressieren, wenn sie z.B. das pränominale Adjektiv in der Äußerung „Das große Glas“ hören, d.h. sie lösen die Referenz auf, noch bevor das Nomen geäußert wurde. Im Vergleich zu anderen pragmatischen Inferenzen, wie der Interpretation von Metaphern <?page no="118"?> 118 Kapitel 2. Wortlernen (Pouscoulous und Tomasello, 2020) oder Implikaturen (Papafragou und Musolino, 2003; Schulze, Grassmann und Tomasello, 2013), scheint die kontrastive Funktion von Adjektiven erst im späteren Vorschulalter von fünf Jahren in das pragmatische Repertoire von Kindern Eingang zu finden (Huang und Snedeker, 2013). Horowitz und Frank (2014) zeigten in diesem Zusammenhang ferner, dass Kinder in ihrer Fähigkeit, aus der kontrastiven Funktion von Adjektiven Rückschlüsse zu ziehen, davon zu profitieren scheinen, wenn der Interaktionspartner einen bestimmten kontextuellen Rahmen anbietet: In dem Experiment zeigte der Experimentator den 3bis 5-jährigen Kindern ein Bild mit einem Objekt, begleitet etwa von der Äußerung “This is a special kind of tibu. This is a [broken] tibu” . Anschließend wurde überprüft, ob die Kinder nun den Rückschluss ziehen konnten, dass auch andere Tibus existieren, die sich allerdings in einem Merkmal von dem zuvor gezeigten Tibu unterschieden. Dazu präsentierte der Experimentator dem Kind zwei weitere Bilder, auf denen das zuvor gezeigte Objekt und ein weiteres mit einem anderen Merkmal abgebildet waren, und fragte: “What do you think tibus usually look like? What do most tibus look like? ” . In dieser Situation konnten alle Kinder (mit Ausnahme der Kinder im Alter von 3- 3,5 Jahren) über das Zufallsniveau hinaus auf den korrekten Referenten schließen. Verwendete der Interaktionspartner der Kinder in einem identischen Versuchsaufbau aber lediglich die Äußerung “This is a [tibu]. This is a [broken tibu]” , wodurch das Adjektiv der einzige verfügbare Indikator auf alternative Vertreter der Kategorie war, dann schnitten alle Kinder (im Gegensatz zu erwachsenen Probanden) lediglich auf Zufallsniveau ab (Horowitz und Frank, 2014). Die Ergebnisse liefern einen Anhaltspunkt dafür, dass Kinder die kontrastive Funktion von Adjektiven ab einem Alter von 3,5 Jahren erkennen können, wenn ihr Interaktionspartner ihnen zusätzliche Hinweise anbietet und die Interaktion auf <?page no="119"?> 2.7. Erwerb von Adjektiven und morphologisch komplexen Wörtern 119 eine bestimmte Weise (sprachlich) rahmt; Horowitz und Frank (2014) spekulierten zudem, dass vermutlich die Erfahrung der Kinder im Kontext einer kommunikativen Handlung ausschlaggebend ist, in der Vergleiche von Eigenschaften von Objekten angestellt werden, um die Bedeutung von Adjektiven zu berücksichtigen und pragmatische Schlüsse daraus zu ziehen. Dies wirft die Frage auf, unter welchen interaktiven Bedingungen Kinder im Wortlernprozess auf neue Adjektive treffen und wie sich die kontextuellen Gegebenheiten im Rahmen des Lernprozesses gestalten. Untersuchungen zeigen diesbezüglich, dass die Bezugsperson eines Kindes häufig einen kontextuellen Rahmen etabliert, in dem Entitäten in Bezug auf ihre Eigenschaften verglichen oder kontrastiert werden, um die Bedeutung eines neuen Adjektivs zu vermitteln (Blackwell, 2005; Tare, Shatz und Gilbertson, 2008; Thorpe und Fernald, 2006; Tribushinina u. a., 2013; Tribushinina u. a., 2014; Davies, Lingwood und Arunachalam, 2020; Kauschke und Klann-Delius, 2010). So etablieren Bezugspersonen im Spezifischen kontrastive Kontexte, um die relationale Bedeutung eines Adjektivs prominent zu machen, etwa indem sie verschiedene Objekte einer Kategorie anhand unterschiedlicher Adjektive gegenüberstellen (z.B. “You have a green sweater on but you have a white turtleneck on” , (Tare, Shatz und Gilbertson, 2008, p. 96)) und dabei das Ziel verfolgen, die Merkmale hervorzuheben, in denen sich die beiden Objekte voneinander unterscheiden (Davies, Lingwood und Arunachalam, 2020, p. 161). Sprachübergreifende Korpusanalysen von Eltern-Kind-Interaktionen mit 2-5-jährigen Kindern zeigen hierbei, dass Bezugspersonen im Besonderen auf antonymische Paare von Adjektiven zurückgreifen, die in explizit kontrastiver Weise verwendet werden und im jeweiligen Kontext semantisch eindeutig transparent sind (z.B. “I have a little spoon and you have a bigger one” ) (Murphy und Jones, 2008, p. 423). In diesem Zusammenhang konnte nicht nur beobachtet werden, dass Kinder neue Adjektive, wie z.B. Farbwörter, besser lernen, wenn sie auf mindestens zwei kontrastierende Objekte derselben Kategorie angewandt werden (im Vergleich zu ein <?page no="120"?> 120 Kapitel 2. Wortlernen und demselben Objekt) (Carey und Bartlett, 1978), sondern dass Kinder auch ein schnelleres Wachstum und ein früheres Plateau in ihrem Adjektivgebrauch entwickeln, wenn sie häufiger an kommunikativen Handlungen mit ihren Bezugspersonen beteiligt waren, in denen Adjektive kontrastiv verwendet wurden (Tribushinina u. a., 2013). Betrachtet man letztlich den längerfristigen Verlauf des Lernens eines Adjektivs, so zeigt die Forschung, dass von Kindern neu erworbene Adjektive - wie auch Vertreter anderer Wortarten - zunächst nur in begrenzten Kontexten Anwendung finden, bevor sie zunehmend in anderen Kontexten und Situationen flexibel gebraucht werden und ihre Bedeutung sukzessive ausdifferenziert wird (Forbes und Plunkett, 2019; Scott u. a., 2022; Soderstrom und Wittebolle, 2013). So kann ein Kind etwa verstehen, was groß in Bezug auf einen Löffel bedeutet, aber ein allgemeines Verständnis dafür, dass groß eine Ausdehnung in vertikaler oder horizontaler Richtung bedeutet, ist unter Umständen noch rudimentär ausgeprägt. Tare, Shatz und Gilbertson (2008) konnten diesbezüglich in einer Längsschnittstudie aufzeigen, dass Mütter von Vorschulkindern den allmählichen Bedeutungserwerb eines Adjektivs unterstützen, indem sie ein Adjektiv im Kontext mehrerer interaktionaler Ereignisse verwenden und es dem Kind dadurch erleichtern, zu erkennen, auf welche Eigenschaften sich ein spezifisches Adjektiv beziehen kann (siehe auch Wagner, Dobkins und Barner (2013) und Blackwell (2005)). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass Adjektive im Vergleich zu Wörtern anderer Wortarten, wie Nomen oder Verben, für Kinder aus einer Reihe von Gründen relativ herausfordernd zu erlernen sind und dass der Erwerb der Bedeutung sowie die flexible Verwendung von Adjektiven insgesamt einen langwierigen Lernprozess erfordern. Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass die Bedeutung eines Adjektivs von der Entität abhängig ist, die es modifiziert, und Adjektive je nach Verwendungskontext eine erhebliche semantische und <?page no="121"?> 2.7. Erwerb von Adjektiven und morphologisch komplexen Wörtern 121 pragmatische Relationalität mit sich bringen (Murphy und Jones, 2008; Tribushinina u. a., 2014). Aus pragmatischer Perspektive sind Adjektive zudem multifunktional (Davies, Lingwood und Arunachalam, 2020), d.h. sie können sowohl eine deskriptive Funktion als auch eine kontrastive Funktion erfüllen und zugleich Inferenzen über alternative Vertreter einer Kategorie zulassen. Um in diesem Zusammenhang den Erwerb von Adjektiven zu unterstützen, gestalten Bezugspersonen in der Interaktion mit Vorschulkindern die kontextuellen Gegebenheiten häufig auf eine spezifische Art und Weise - nämlich dahingehend, dass sie explizit auf Mittel des Kontrasts und des Vergleichs zurückgreifen, um die Eigenschaften und den relationalen Charakter von Adjektiven hervorzuheben (Tare, Shatz und Gilbertson, 2008; Huang und Snedeker, 2013). Obwohl somit erste Anzeichen darauf hindeuten, dass es sich positiv auf das Erlernen von Adjektiven auswirkt, wenn Bezugspersonen Adjektive innerhalb einer Interaktion kontrastiv präsentieren, ist bisher nur wenig darüber bekannt, ob oder inwieweit es den langfristigen Wortlernprozess von Adjektiven beeinflusst, wenn Kinder einem neuen Adjektiv in kontrastiven interaktiven Kontexten im Sinne des gesamten interaktionalen Ereignisses begegnen. Bisherige Untersuchungen hierzu beschränken sich auf vergleichende Analysen der Häufigkeit von Adjektiven im Input der an das Kind gerichteten Äußerungen, wie bspw. im Kontext des freien Spiels vs. gemeinsamen Buchlesesituationen (Noble, Cameron- Faulkner und Lieven, 2018), oder der Diversität sprachlicher Äußerungen vor dem Hintergrund des sozioökonomischen Status (Rowe, 2008; Rowe, 2012) - zu der Frage, wie der langfristige Lernprozess von Adjektiven im Rahmen rekurrenter oder variierender interaktionaler Ereignisse beeinflusst wird, kann die vorliegende Arbeit jedoch einen aufschlussreichen Beitrag leisten. Ein weiterer Aspekt, der bisher wenig Beachtung gefunden hat, ist die Rolle, die die morphologische Komplexität eines Adjektivs im Lernprozess spielt. Dabei gehören Adjektive neben Nomen zu den kompositionsfreudigsten Wortarten in <?page no="122"?> 122 Kapitel 2. Wortlernen den germanischen Sprachen und adjektivische Kompositionen werden als wesentlich für die Spezifizierung komplexerer semantischer Strukturen angesehen (Schlücker, 2012). Im folgenden Unterkapitel sollen daher die Charakteristika morphologisch-semantisch komplexer Wörter vor dem Hintergrund des Wortlernens und des Wortbildungserwerbs näher beleuchtet werden. 2.7.2 Struktur und Erwerb morphologisch-semantisch komplexer Wörter: Komposita Sprachliche Äußerungen, darunter auch die Beschaffenheiten von Wörtern, sind strukturell vielfach komplexer Natur. Fällt der Blick auf die Ebene der Wörter, so kann der Grad der Komplexität anhand der morphologischen Struktur eines Wortes differenziert werden - einfache Wörter, sogenannte Simplizia (z.B. „Baum“ ), bestehen lediglich aus einem lexikalischen oder grammatischen Basismorphem und bei Bedarf einem oder mehreren Flexionsmorphemen, welche die syntaktischen Eigenschaften eines Wortes modifizieren und darüber Aufschluss geben, wie das Wort in einer Äußerung in Beziehung zu den anderen Wörtern steht. Für komplexe Wörter ist es hingegen konstitutiv, dass sie durch Verfahren der Wortbildung entstehen und sich aus mehreren lexikalischen oder grammatischen und lexikalischen Morphemen zusammensetzen (z.B. „Laubbaum“ oder „Schönheit“ ) (Grimm, 2009; Konopka, 2020). Die Verfahren der Wortbildung umfassen im Deutschen die Komposition und Derivation. Die Entstehung morphologisch komplexer Wörter ist bei der Komposition dadurch charakterisiert, dass mindestens zwei Konstituenten zu einem neuen Wort, einem Kompositum, zusammengesetzt werden. Beteiligt sind dabei zwei oder mehr freie lexikalische Morpheme, wie z.B. zimt und süß , die miteinander kombiniert werden und ein neues Wort bilden, welches eine eigenständige Bedeutung trägt. Die Derivation kennzeichnet es, dass ein bestehendes Wort, wie z.B. Gold , mittels gebundener Derivationsmorpheme (z.B. -ig ), zu einem neuen Wort, einem Derivat, abgeleitet <?page no="123"?> 2.7. Erwerb von Adjektiven und morphologisch komplexen Wörtern 123 wird oder die Ableitung im Rahmen der Konversion allein durch einen Wortartenwechsel vollzogen wird (z.B. fliegen - das Fliegen ) (Brenda, 2001). In dieser Arbeit liegt der Fokus auf dem Lernen von Wörtern, die nach dem Verfahren der Komposition entstanden sind. Komposita stellen dabei keineswegs ein vernachlässigbares Randphänomen dar; im Gegenteil, das Wortbildungsmuster der Komposition ist nicht nur ein äußerst produktives und das am weitesten verbreitete Wortbildungsmuster in den germanischen Sprachen, um komplexe Wörter zu bilden, sondern es ist auch in einem großen Teil der existierenden Sprachen der Welt vorzufinden (Scalise und Vogel, 2010). Die Relevanz von Komposita im Sprachsystem wird ferner durch den Umstand unterstrichen, dass Komposita eine ausgeprägte Formbeständigkeit im Wortbildungsmuster aufweisen (Schlücker, 2012). Daneben wird die Komposition bereits früh in der Entwicklung produktiv genutzt, wobei die Bildung von Komposita zu den am frühesten erworbenen Wortbildungsprozessen gehört (Dressler, Ketrez und Kilani-Schoch, 2017). Darüber hinaus weist der Wortbildungsprozess der Komposition ein hohes Maß an Robustheit gegenüber Sprachentwicklungsstörungen auf, auch wenn sprachlich typisch entwickelte Kinder Komposita früher und häufiger verwenden als ihre Altersgenossen mit Sprachentwicklungsverzögerungen (Nicoladis, 2007). Aus sprachvergleichender Perspektive kann im Deutschen die Komposition allerdings zu einer erheblichen morphologischen Komplexität eines Wortes führen, wie etwa Augst (2001) mit der Bildung des Wortes „Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitänswitwe“ demonstriert. Strukturell lassen sich Komposita auf der Basis der semantischen Relation zwischen den Konstituenten in Determinativ- und Kopulativkomposita differenzieren, wobei Determinativkomposita den Regelfall und die weitaus größte Gruppe der Komposita darstellen (Korecky-Kröll, Sommer-Lolei und Dressler, 2017). Determinativkomposita <?page no="124"?> 124 Kapitel 2. Wortlernen weisen eine binäre Struktur auf, bei der die rechte Konstituente als Kopf immer die morphosyntaktischen Merkmale des Kompositums, einschließlich dessen Wortart, bestimmt und semantisch dominant ist. Die linke Konstituente determiniert hingegen den Kopf des Kompositums, d.h., sie grenzt die Bedeutung ein und spezifiziert die rechte Konstituente semantisch näher. So determiniert etwa himmel in himmelblau die zweite Konstituente blau und dient einer semantischen Spezialisierung. Vor dem Hintergrund dieser asymmetrischen Bedeutungsbeziehung wird die determinierende Konstituente (z.B. himmel ) als Determinans bezeichnet, während die determinierte Konstituente (z.B. blau ) als Determinatum bezeichnet wird (Donalies, 2003). Determinans und Determinatum können dabei gleichen oder verschiedenen Wortarten angehören. Demgegenüber bestehen Kopulativkomposita strukturell aus zusammengesetzten Konstituenten, die stets der gleichen Wortart angehören und hierarchisch einer semantischen Gleichordnung folgen (Olsen, 2000). Damit verbunden besitzen Kopulativkomposita im Vergleich zu Determinativkomposita nicht zwingend eine binäre Struktur (siehe z.B. schwarz-rot-gold ) und weisen auch keine determinative Relation auf; ihre semantisch gleichgeordneten Konstituenten erlauben dabei grundsätzlich eine Umkehrbarkeit, ohne dass eine wesentliche Bedeutungsveränderung auftreten würde (z.B. süß-sauer - sauer-süß , schwarz-weiß - weißschwarz ). Die postulierte Dichotomie von Determinativ- und Kopulativkomposita wird jedoch in der Forschungsliteratur teilweise kontrovers diskutiert, da einerseits Kopulativkomposita häufig auch determinativ gedeutet werden können und andererseits Determinativkomposita oftmals eine kopulative Lesart erlauben (z.B. Strumpfhose ). 19 Dennoch herrscht gemeinhin die Auffassung vor, dass sich Determinativkomposita distinktiv dadurch auszeichnen, dass das „semantische Hauptgewicht“ auf der rechten Konstituente liegt (Donalies, 1996, p. 275). 19 Für einen detaillierten Forschungsüberblick zu diesem Aspekt siehe Olsen (2019). <?page no="125"?> 2.7. Erwerb von Adjektiven und morphologisch komplexen Wörtern 125 Ein weiteres entscheidendes Strukturmerkmal kompositioneller Wortbildungen im Deutschen liegt in der Möglichkeit des Auftretens von Fugenelementen, 20 deren Erscheinungsfrequenz allerdings erheblich variiert und Bildungen ohne Fugenelemente dominieren (Krott u. a., 2007). Fugenelemente werden dabei der stets unflektierten linken Konstituente des Kompositums hinzugefügt (z.B. quittengelb ). Da Fugenelemente außerdem keine immanente Funktion der Markierung einer grammatischen Kategorie besitzen, sind sie nicht mit Flexionsmorphemen zu vergleichen, was dazu beigetragen hat, dass terminologisch der Begriff Fugenelement dem Begriff Fugenmorphem vorgezogen wird (Schlücker, 2012). Vielmehr wird angenommen, dass die Funktionshaftigkeit von Fugenelementen auf morphologische, semantische oder phonetischphonologische Gründe zurückgeführt werden kann und „[...] sie der Ausspracheerleichterung dienen, für eine optimale Silbenstruktur sorgen, Konstituenten kompositionsfähig machen, Konstituentengrenzen markieren und [...] als Interpretationshilfe dienen“ (Schlücker, 2012, p. 8). Wendet man sich der Studienlage zum Erwerb komplexer Wörter im Zusammenhang der Komposition zu, so ist zu festzustellen, dass die empirische Evidenz, insbesondere im Deutschen, gering ausfällt und bisher nur wenige Studien der Frage nachgegangen sind, wie Kinder die Prinzipien der Wortbildung aufgreifen bzw. den Lernprozess von morphologisch komplexen Wörtern systematisch und längerfristig untersucht haben (siehe jedoch Schipke und Kauschke (2011) oder Meibauer (1995)). 21 Dabei bietet die eingehendere Analyse der kindlichen Wortbildungen - darunter auch die Varietät der Konstruktionen, die aus einer Erwachsenenperspektive fehlerhaft erscheinen - einen Einblick in den 20 Korpusstudien zeigen, dass im Deutschen die Fugenelemente -s-, -n-, -en-, -er-, -e- und -ensin kompositionellen Wortbildungen anzutreffen sind (Fuhrhop, 2000). Fugenelemente kommen dabei ausschließlich in Komposita vor, deren linke Konstituente aus Verben oder Nomen besteht (Eisenberg, 2002). 21 Vorhandene Untersuchungen beschränken sich zudem primär auf die Betrachtung nominaler Komposita; für eine weiterführende Übersicht siehe auch Nicoladis (2007). <?page no="126"?> 126 Kapitel 2. Wortlernen Lernprozess und richtet den Fokus auf mögliche Hinweise, die Kinder im Verlauf des Lernprozesses berücksichtigen (Nicoladis, 2007). An dieser Stelle sei ferner hervorgehoben, dass die Bildung von komplexen Wörtern wie Komposita zugleich mehrere linguistische Ebenen berührt, die bei einer Auseinandersetzung mit dem Erwerbsprozess beachtet werden sollten - neben dem Erwerb morphologischer Fähigkeiten, berührt der Erwerb der Komposition andererseits auch die Entwicklung metasprachlichen Wissens. Während sich Ersteres mit der Fähigkeit befasst, morphologisch komplexe Wörter in alltäglichen Interaktionen verstehen und produzieren zu können (Kauschke, 2012, p. 71), adressiert Letzteres die Fähigkeit, Wortbildungsregeln und sprachliche Einheiten, wie etwa die Konstituenten eines Kompositums, zu reflektieren und diese Einheiten auch manipulieren zu können, ohne dass zwangsläufig ein unmittelbarer kommunikativer Kontext gegeben ist (Kuo und Anderson, 2006, p. 163). Dass die Bildung von Komposita für Kinder eine linguistisch facettenreiche Aufgabe darstellt, wird auch von Berman (2009) unterstrichen. So müssen Kinder im Rahmen der Komposition nicht nur die spezifischen strukturellen Merkmale aufgreifen, z.B. welche lexikalischen Klassen in Komposita vorkommen können, oder wie sich die Reihenfolge der Konstituenten gestaltet, sondern auch die Beziehungen zwischen den einzelnen Konstituenten in semantischer Hinsicht beachten, etwa die Informationen, die die modifizierende Konstituente über den Kopf des Kompositums liefert und damit zu einer semantischen Spezialisierung beiträgt (Berman, 2009, p. 3). Außerdem spielen phonologische Aspekte eine bedeutende Rolle. Dies spiegelt sich in der Tatsache wider, dass bei Komposita ein spezifisches prosodisches Muster zu beobachten ist, wobei in den germanischen Sprachen die Akzentuierung meist auf dem Determinans bzw. auf der linken modifizierenden Konstituente liegt (vgl. Zúgführer ) (Schlücker, 2012; Vogel und Raimy, 2002). Im Deutschen müssen Kinder jedoch im Erwerbsprozess zusätzlich entdecken, dass von dieser Regelmäßigkeit oft abgewichen wird. So liegt der <?page no="127"?> 2.7. Erwerb von Adjektiven und morphologisch komplexen Wörtern 127 Hauptakzent bei komplexeren nominalen Komposita auf der linken Konstituente des Determinatums und transportiert zudem einen zusätzlichen semantischen Gehalt (bspw. in Schienenersátzverkehr ) (Eisenberg, 2002; Schlücker, 2012). Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass der Erwerb der Komposition von einem Kind die Integration verschiedener Wissensbereiche verlangt und dass Komposita in semantischer, morphologischer und phonologischer Hinsicht spezifische Eigenschaften aufweisen, die sie nicht nur von simplizischen Wörtern, sondern auch von anderen komplexen Wörtern (z.B. Derivaten) abgrenzen. Angesichts dessen deuten die verfügbaren Erkenntnisse zum Erwerbsprozess von Komposita darauf hin, dass Kinder solche zunächst als einzelne Einheiten betrachten und erst allmählich erkennen, dass ein Wort aus mehreren Teilen bestehen kann, zwischen denen darüber hinaus eine bedeutungsvolle Beziehung besteht (Berman, 2009; Nicoladis, 2007; Tsesmeli, 2017). Neben dem individuell erworbenen Wissen eines Kindes über morphologische Strukturen scheint die morphologische Transparenz eines Kompositums ein entscheidender Faktor im Lernprozess zu sein (Behrens, 2006; Tomasello, 2003; Kuo und Anderson, 2006): Komposita mit derivationell komplexen Konstituenten (z.B. Derivate mit Ablaut und/ oder Affixen wie -ling, -ung, -ge oder -lich ), die im Laufe des Wortbildungsprozesses sowohl morphologische als auch phonologische Veränderungen durchlaufen haben (z.B. Vorstellungsgespräch ), können für Kinder im Lernprozess eine Herausforderung darstellen und für ein Kind (und Erwachsene) ergibt sich daraus eine Schwierigkeit, die Komposition innerhalb des Wortes zu erkennen (Tsesmeli, 2017; Goodwin und Ahn, 2013). Morphologisch transparentere Komposita, deren Konstituenten nur eine geringe morphologische Komplexität aufweisen und nur aus je einem Basismorphem bestehen (z.B. Gartenhaus ), scheinen dagegen für Kinder einfacher zu erlernen (Goodwin und Ahn, 2013; Goodwin u. a., 2014). <?page no="128"?> 128 Kapitel 2. Wortlernen Weitere Arbeiten zeigen ferner, dass neben der morphologischen Transparenz auch die semantische Transparenz eines Kompositums eine Rolle im Lernprozess spielt. Semantisch transparente Komposita kennzeichnet es, dass bei ihnen ein enger Zusammenhang zwischen der Gesamtbedeutung des Kompositums (z.B Gartenhaus ) und den Bedeutungen der einzelnen Konstituenten besteht ( [Garten][haus] ⇒ Haus im Garten ) (Lorenz, 2008). Demgegenüber stehen semantisch opake Komposita, deren Bedeutung sich nur im übertragenen Sinne oder gar nicht aus den einzelnen Konstituenten ableiten lässt (z.B Armbrust oder Löwenzahn ) (Lorenz, 2008). Zwischen diesen beiden Polen von transparenten und semantisch opaken Komposita liegen weitere Abstufungen, die zu semantisch semitransparenten Wortbildungen führen, bei denen einzelne Konstituenten des Kompositums durch eine Opazität gekennzeichnet sind (z.B Handschuh oder Spiegelei ) (Heide und Borgwaldt, 2008). Während in diesem Zusammenhang bei semantisch transparenten Komposita im Rahmen des Erwerbsprozesses tendenziell weitaus weniger strukturelle Fehler bei der Bildung auftreten und im Allgemeinen kaum Fehler in der Konstituentenreihenfolge berichtet werden (Clark und Berman, 1987; Clark, Gelman und Lane, 1985; Nicoladis, 2002), zeigen Untersuchungen, dass Fehler häufiger auftreten und Konstituenten vertauscht werden, wenn Vorschulkinder semitransparente oder opake Komposita produzieren (Gottfried, 1997; Hiramatsu u. a., 2000). Übergreifend wird im Hinblick auf den Erwerbsprozess davon ausgegangen, dass sowohl die morphologische als auch die semantische Transparenz kompositionaler Wortbildungen Kindern einen Zugang zum Verfahren der Komposition liefert und neben dem pragmatischen und linguistischen Kontext wesentlich zum Verständnis der Bedeutungsbeziehungen zwischen den einzelnen Konstituenten beiträgt (Berman, 2009; Berman, 2011; Nicoladis, 2007). Obwohl einzelne Befunde belegen, dass Kinder bereits im Alter von 21 Monaten erste Komposita im Deutschen produzieren (Schipke und Kauschke, 2011), zeigen sprachenübergreifende Untersuchungen übereinstimmend, dass Kinder ab einem Alter von <?page no="129"?> 2.7. Erwerb von Adjektiven und morphologisch komplexen Wörtern 129 drei Jahren allmählich damit beginnen, die Behandlung von Komposita als unspezifizierte monolexemische Bezeichnungen zu überwinden und die semantischen Relationen zwischen den Konstituenten eines Kompositums zuverlässiger erkennen (Clark und Berman, 1987; Vogel und Raimy, 2002; Nicoladis, 2003). In diesem Zusammenhang führten Clark, Gelman und Lane (1985) eine Studie mit englischsprachigen Kindern im Alter von 2 bis 6 Jahren durch, in welcher sie die Kinder vor die Aufgabe stellten, 20 unbekannte Komposita (z.B. „Apfelmesser [apple knife]” ) jeweils aus einer Reihe von vier Bildern auszuwählen (z.B. Messer, Apfel, Apfelbaum, Schneebesen). Die Autorinnen untersuchten, ob die Kinder in der Lage waren, zu erkennen, dass z.B. ein „Apfelmesser“ eine Art von Messer ist und dementsprechend als Referenten das Bild eines Messers aus der Reihe der Bilder auswählten. Die Ergebnisse ergaben, dass die jüngsten Kinder in nur 49 Prozent der Fälle die richtige Auswahl trafen, wohingegen es bei den dreijährigen Kindern schon zu einem deutlichen Anstieg kam und 85 Prozent der Antworten korrekt waren. Die restlichen Altersgruppen (4; 0 - 6; 0) schnitten auf einem Niveau zwischen 92 Prozent - 96 Prozent ab. Die Analyse der Fehler ergab überdies, dass in den Fällen, in denen kein passender Referent ausgewählt wurde, in der Regel der Referent gewählt wurde, der das modifizierende Element des Kompositums aufgreift, z.B. ein Apfel bei dem Kompositum „Apfelmesser” - ein Verhaltensmuster, das jedoch mit zunehmendem Alter signifikant abnahm (Clark, Gelman und Lane, 1985). Eine vergleichbare Erwerbstrajektorie dokumentierte zudem Mellenius (1997) im Schwedischen. In einer weiteren relevanten Studie analysierten Clark und Berman (1987) die Kompositionsfähigkeiten von Hebräisch sprechenden Kindern im Alter von 3 bis 9 Jahren im Detail. Konkret gingen die Autorinnen der Frage nach, welche Rolle die Komplexität der semantischen Relationen zwischen den Konstituenten eines Kompositums spielt, wobei sie nicht nur den Einfluss auf das Verständnis, <?page no="130"?> 130 Kapitel 2. Wortlernen sondern auch auf die Fähigkeit, ein neues Kompositum zu produzieren, untersuchten. Insgesamt präsentierten die Autorinnen den Kindern 40 neue Komposita (randomisiert je 20 in einer Produktions- und einer Verständnisaufgabe), die verschiedene semantische Relationen abdeckten: “Possession ( ‘a blanket that a doll has, the blanket of a doll’ → a doll blanket ); Purpose ( ‘a chair that a baby uses, a chair for a baby’ → a baby chair ); Container ( ‘a box that holds buttons, a box that has buttons in it’ → a button box ); Material ( ‘a cake that is made of sand, a cake from sand’ → a sand cake ); Location ( ‘trees that grow in the mountains, trees in the mountains’ → mountain trees )” (Berman, 2011, p. 10). Um die Produktionsfähigkeiten zu testen, leitete die Versuchsleiterin die experimentelle Situation ein, indem sie die Kinder darum bat, ihr jeweils eine geeignete Bezeichnung für ein Objekt zu nennen, welches sie mit einem Satz beschrieb (bspw. “A ladder that is made of wood.” ). Wenn ein Kind nicht antwortete oder angab, die Antwort nicht zu wissen, formulierte die Versuchsleiterin als Hilfestellung eine Paraphrase der zuvor geäußerten Beschreibung (bspw. “A ladder that was built from wood” ). Nach einer Antwort wurde dem Kind ein entsprechendes Bild mit dem Referenzobjekt gezeigt. Anschließend wurde das Verständnis nach dem Schema überprüft, dass die Versuchsleiterin nun die Kinder um eine Beschreibung eines spezifischen Kompositums bat, indem sie etwa fragte: “So what’s a wool-pillow? ” . Sofern erkennbar war, dass sich die Kinder in ihrer Beschreibung auf den Kopf des Kompositums bezogen, indem sie etwa ein Attribut des Kopfes beschrieben (bspw. bei wool-pillow = “when you go to sleep” ), wurde dies als Indikator für ein vorhandenes Verständnis bewertet. Zusätzlich wurde festgehalten, ob die Kinder in ihrer Beschreibung die modifizierende Konstituente in einer bestimmten Beziehung zum Kopf des Kompositums erwähnten (bspw. bei woolpillow = “(a) pillow that (is) made from (= of) wool” ) (Clark und Berman, 1987, p. 554). Obwohl die Autorinnen vermutet hatten, dass Komposita mit abstrakten Relationen, wie z.B. zeitlich-lokativen Relationen (z.B. „Winternacht [winter night]” ), im Vergleich zu konkreten Relationen (z.B. Material: „Holzleiter [wood <?page no="131"?> 2.7. Erwerb von Adjektiven und morphologisch komplexen Wörtern 131 ladder]” ) schwieriger zu verarbeiten sein würden, zeigten die Ergebnisse der Studie, dass die semantische Komplexität der Komposita keinen signifikanten Einfluss auf die Fähigkeit der Kinder hatte, ein Kompositum zu produzieren oder eine adäquate Beschreibung zu liefern. Stattdessen spielte die morphologische Komplexität der Zielwörter die entscheidendere Rolle - allerdings ausschließlich im Hinblick auf die Produktionsfähigkeiten der Kinder. Während sich die gemessene Verständnisleistung bei Kindern im Vorschulalter auf einem hohen Niveau bewegte (4-Jährige: erfolgreiche Beschreibungen in 8o Prozent der Fälle; 5-Jährige: erfolgreiche Beschreibungen in 9o Prozent der Fälle) und die morphologische Form eines Kompositums keinen signifikanten Einfluss auf die Performanz der Kinder hatte, beobachteten Clark und Berman (1987) das Gegenteil in der Produktionsaufgabe: Morphologisch komplexe Komposita, d.h. Komposita die einen Wortstammwechsel oder Affigierung erforderten, wurden von 4- Jährigen lediglich in 48 Prozent der Fälle korrekt produziert, von 5-Jährigen in 68 Prozent der Fälle bis schließlich von 9-Jährigen in 91 Prozent der Fälle; jede Altersgruppe, mit Ausnahme der Fünfjährigen, schnitt besser ab als die darunter liegende Altersgruppe. Aufschlussreich ist zudem, dass die Autorinnen Details der Interaktion zwischen den Kindern und der Versuchsleiterin im Rahmen des Formats der Produktionsaufgabe beschreiben. Demnach waren vor allem die jüngeren Vorschulkinder zu Beginn der Aufgabe wiederholt auf die Unterstützung der Versuchsleiterin angewiesen, unabhängig von der Komplexität der Zielwörter. So berichten Clark und Berman (1987, p. 551): “Children simply needed prompting until they grasped what the production task required. Younger children needed more prompts than older ones: threeand four-year-olds needed prompts 24% and 15% of the time respectively. Five-year-olds received prompts 8% of the time, sevens 5% of the time, and nines [...] 2% of the time.” Diese Beobachtung könnte widerspiegeln, dass die Familiarisierung mit den interaktionalen Anforderungen vor allem für die jüngeren Kinder entscheidend <?page no="132"?> 132 Kapitel 2. Wortlernen war, um die Aufgabe erfolgreich zu bewältigen und ein Kompositum zu produzieren. Die vorliegende Befundlage deutet ferner darauf hin, dass Kinder das grundlegende Muster der Komposition in der Regel im Alter von drei Jahren oder teilweise sogar früher produktiv nutzen (Berman, 2011; Dressler, Ketrez und Kilani- Schoch, 2017; Nicoladis, 2007; Mellenius, 1997), obgleich sich der Weg zur sicheren Beherrschung im Vorschul- und Grundschulalter sowie darüber hinaus fortsetzt (Clark, 2016). Die beschriebenen Ergebnisse von Clark und Berman (1987), 22 dass insbesondere strukturell komplexe Komposita eine Herausforderung im Erwerbsprozess darstellen, stehen dabei im Einklang mit den wenigen für das Deutsche vorliegenden Beobachtungen. Dressler, Lettner und Korecky- Kröll (2010) zeigten in dieser Hinsicht auf der Grundlage von Längsschnittdaten in einer korpuslinguistischen Untersuchung, dass semantisch und morphologisch transparente Komposita ohne Fugenelemente zuerst auftreten, bevor schrittweise komplexere Formen geäußert werden. Bei der Betrachtung der rezeptiven Verarbeitung von Komposita bestätigt sich das Bild, dass Befunde zur Produktion nicht ohne weiteres auf den Bereich der Rezeption übertragen werden können (Tomasello und Rakoczy, 2003) und dass die Verständnisfähigkeiten nicht nur von der morphologischen und semantischen Komplexität relativ unbeeinflusst zu sein scheinen, sondern mitunter der Produktion vorausgehen (Clark und Berman, 1987; Berman, 2009). Einschränkend ist jedoch hinzuzufügen, dass bisher nur wenige Studien die Produktion und das Verständnis von Komposita bei denselben Kindern untersucht haben und für das Deutsche bislang keine Erkenntnisse vorliegen, die eine etwaige Asymmetrie in Produktion und Rezeption, wie Clark und Berman (1987) sie beschreiben, bestätigen. Jüngere Forschungsarbeiten kritisieren zudem, dass ein Verständnis über die spezifischen Relationen zwischen den Konstituenten eines Kompositums nicht 22 Siehe auch Mellenius (1997) und Nicoladis (2003). <?page no="133"?> 2.7. Erwerb von Adjektiven und morphologisch komplexen Wörtern 133 allein durch die Fähigkeit eines Kindes, den Kopf eines Kompositums zu identifizieren oder in einer Beschreibung darauf Bezug zu nehmen, erfasst werden könne (Krott, 2009; Krott u. a., 2007). Krott (2009) führt dazu aus, dass dies zwar ein Verständnis darüber impliziere, welche Objektkategorie gerade im Fokus stünde (z.B. ein Messer in Apfelmesser ), aber weniger etwas darüber aussage, ob ein Kind die semantischen Relationen und Spezialisierungen eines Kompositums erkenne - ein derartiges Verständnis sei von einem dreijährigen Kind noch nicht zu erwarten und entwickele sich erst sukzessive mit zunehmendem Alter, wobei ferner der jeweilige kommunikative Kontext entscheidend sei (Krott, 2009; Rosenberg und Mellenius, 2018). Letzterem kann der Gesichtspunkt hinzugefügt werden, dass davon auszugehen ist, dass ein Kompositum weniger über immanente semantische Relationen verfügt, die es zu erfassen gilt, sondern dass vielmehr die Verständniskonstruktion davon geprägt ist, welche Funktionen und Bedeutungsrelationen ein Kompositum in einem bestimmten kommunikativen Kontext, in dem es verwendet wird, erfüllt (für ein ähnliches Argument siehe auch Berman (2011)). Der aufgeworfene Aspekt der Relevanz des kommunikativen Kontextes knüpft an eine bislang nicht abschließend beantwortete Debatte im Forschungsdiskurs an, die sich mit der Frage befasst, welche situativen Umstände Kinder in der frühen Entwicklung dazu bewegen, innovativ das Verfahren der Komposition anzuwenden. Eine prominent vertretende Erklärung besteht darin, dass sowohl Kinder als auch Erwachsene kompositionelle Wortneuschöpfungen produzieren, um lexikalische Lücken in ihrem kommunikativen Repertoire zu füllen (Clark, 1990; Clark, 1993; Clark, 2004; Clark, 2016). Demnach beschränken sich Kinder nicht darauf, über Dinge zu kommunizieren, für die sie bereits Worte haben (Nicoladis, 2007, p. 22), sondern kreieren nach einem Prinzip des Kontrasts dann neue Wörter, wenn sie der Meinung sind, dass sich deren Bedeutung von der Bedeutung der bereits erworbenen Wörter unterscheidet und die entsprechende Neuschöpfung in einem gegebenen Kontext präziser erfasst, was ein <?page no="134"?> 134 Kapitel 2. Wortlernen Kind kommunikativ ausdrücken möchte (Clark, 1981; Clark, 2016). Im Zuge der fortschreitenden lexikalischen Entwicklung verschwinden gebildete Neologismen dann allmählich wieder und werden durch konventionelle Begriffe ersetzt. Allerdings präzisiert Clark (2016, p. 283) hierzu: “Before they give up a coinage, they must work out that the meaning of their own word [...] and of the adult word [...] are identical.” Die Annahme, kompositionelle Wortneuschöpfungen entstünden allein aufgrund von lexikalischen Lücken, wird in der jüngeren Forschung jedoch zunehmend kritisch betrachtet. Eine derartige simplistische Perspektive mag auf den ersten Blick attraktiv erscheinen, doch die Metapher einer Lücke, die gefüllt werden muss, verdeckt die Schwierigkeit, zu definieren, was eine lexikalische Lücke konstituiert und zu ermitteln, ob eine Wortneuschöpfung tatsächlich gebildet wird, um eine betreffende Lücke zu füllen (Mellenius, 1997, p. 235). Darüber hinaus erscheint Clarks Erklärung der lexikalischen Lücken im Lichte ihrer psychologischen Realität als problematisch. In diesem Zusammenhang kritisiert etwa Libben (2014, p. 12), eine solche Auffassung verorte “compound words as entities that exist outside the mind [and] as a result of particular patterns of acquisition and use, these representations end up “ inside the mind”. Aktuellere empirische Befunde weisen hier präzisierend darauf hin, dass das individuelle lexikalische Wissen eines Kindes neben dem jeweiligen kommunikativen Kontext eine zentrale Rolle dabei spielt, ob ein Kind innovativ auf das Verfahren der Komposition zurückgreift (Becker, 1994; Dressler, Lettner und Korecky-Kröll, 2010; Mellenius, 1997; Rosenberg und Mellenius, 2018). So untersuchte Becker (1994) in einer longitudinalen Studie ein englischsprachiges Kind im Alter von 2; 4 bis 5; 11 Jahren und stellte fest, dass es mehr innovative Komposita in Kategorien produzierte, in denen es über ein breiteres lexikalisches Wissen verfügte. Zudem demonstrierte die Autorin, dass das Kind innovative Komposita bildete, um auf Entitäten zu referieren, für die das Kind offensichtlich bereits konventionelle Alternativen kannte und produziert hatte. In einigen Fällen zeigte sich <?page no="135"?> 2.7. Erwerb von Adjektiven und morphologisch komplexen Wörtern 135 gar, dass in ein und derselben Äußerung sowohl eine konventionelle als auch eine innovative Form verwendet wurde (z.B. im Alter von 3; 8: “There was a beehive and the bee-house except the bee-house was covered”; bee-hive repräsentiert in diesem Fall die konventionelle Form) (Becker, 1994). In einem weiteren Versuch, das Spektrum der Kontextbedingungen, unter denen Vorschulkinder in ihrer Spontansprache innovativ neue Komposita bilden, näher zu beleuchten, arbeiteten Rosenberg und Mellenius (2018) drei primäre Funktionen von neu gebildeten Komposita heraus: (i) Die Bildung von neuen Komposita anstelle eines konventionellen Begriffs, indem spezifische perzeptuelle oder funktionale Merkmale einer Entität aufgegriffen werden, die im jeweiligen Kontext verfügbar sind (z.B. egg-bowl statt egg-cup ). Die Autorinnen heben hierzu hervor, dass in solchen Fällen eine enge Orientierung an einem etablierten Kompositum zu beobachten ist und vielfach eine Konstituente durch einen semantisch und phonologisch ähnlichen Begriff ersetzt wird. (ii) Die Bildung eines neuen Kompositums, um Inhalte zu versprachlichen, für die kein konventioneller Begriff zur Verfügung steht, wobei ein Bezug zu einem realen Referenten oder einem imaginären Konzept hergestellt wird. Erstere Neubildungen sind den Autorinnen nach oftmals ein Ausdruck einer Domänenexpertise des Kindes in einem spezifischen Wissensbereich, im Zuge dessen es auf ein bestimmtes Phänomen aufmerksam machen möchte (z.B. forest-clothes ); Komposita, die imaginäre Konzepte aufgreifen, treten häufig in freien Spielsituationen auf und basieren auf keiner eindeutig vorhandenen Wahrnehmungsbasis, sondern entstehen auf der Grundlage der Imaginationsfähigkeiten der Kinder (z.B. ghost-smell oder icefork ) (Rosenberg und Mellenius, 2018). (iii) Kompositionelle Neubildungen, bei denen ein deiktischer Charakter im Vordergrund steht und deren referentielle Verwendung stark kontextgebunden und meist flüchtig ist (z.B. melon-chair für einen Stuhl mit einem Stück Melone darauf). Komposita dieses Typs treten laut Rosenberg und Mellenius (2018, p. 247) vor allem in Kontexten auf, in denen Kinder zufällige Beziehungen zwischen zwei Entitäten aufgreifen, vor allem <?page no="136"?> 136 Kapitel 2. Wortlernen in Bezug auf eine zufällige Formähnlichkeit, wie sie zum Beispiel in der Wortneuschöpfung pizza-hamburger für einen Hamburger in Form eines Pizzastücks deutlich wird. Interessanterweise widersprechen die Ergebnisse von Rosenberg und Mellenius (2018) auch einem Erwerbsverlauf, wie er zuletzt unter anderem von Lynott und Connell (2010) für die Kombination von Konstituenten postuliert wurde. So deuteten experimentelle Befunde überwiegend darauf hin, dass Kinder zunächst Komposita produzieren und auch rezeptiv einfacher verarbeiten können, wenn deren modifizierende Konstituente konzeptuell weitgehend intakt bleibt, was bedeutet, dass mehrere visuelle Merkmale wie Form, Farbe oder Textur erhalten bleiben (bspw. in butterfly mask für eine Maske, die wie ein Schmetterling aussieht) (Gottfried, 1997; Krott, 2009; Krott u. a., 2007). Komposita, deren modifizierende Konstituente konzeptionell auf wenige oder ein Merkmal reduziert ist, wie etwa nur auf die Farbe (bspw. in zebra shell für eine schwarz-weiß gestreifte Muschel) oder weitgehend vom gegenwärtigen Kontext losgelöst ist (z.B. erfordert baby bottle nicht die obligatorische Anwesenheit eines Babys im situativen Kontext), werden laut Lynott und Connell (2010) erst später erworben. Die von Rosenberg und Mellenius (2018, p. 247) analysierten Daten spiegeln jedoch das konträre Bild wider, dass Komposita, bei denen eine konzeptuelle Reduktion innerhalb der modifizierenden Konstituente vorliegt, schon zu Beginn des produktiven Gebrauchs auftreten und sogar überwiegen. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die vorliegenden Forschungsarbeiten aufzeigen, dass der Erwerb von morphologisch komplexen Wörtern wie Komposita ein vielschichtiges Phänomen darstellt. Um Komposita korrekt bilden zu können, benötigt ein Kind nicht nur Kenntnisse über morphologische Strukturen, sondern muss auch phonologische und vielfältige semantische Eigenschaften berücksichtigen. Diesbezüglich stellt sich heraus, dass Kinder bereits ab dem zweiten Lebensjahr innovativ vom Mittel der Komposition Gebrauch machen und wenig später erste Aussagen über die semantischen Beziehungen zwischen den Konstituenten eines Kompositums treffen können. Eine <?page no="137"?> 2.7. Erwerb von Adjektiven und morphologisch komplexen Wörtern 137 wichtige Beobachtung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Komposita ist zudem, dass entsprechende Wortbildungen zwar schon im frühen Vorschulalter auftreten, aber dennoch einen langen Entwicklungsprozess umfassen, bis die Wortbildungsfähigkeiten ein Erwachsenenniveau erreicht haben. Dabei wird auch deutlich, dass kompositionelle Wortschöpfungen im Vorschulalter sowohl widerspiegeln können, dass Kinder im Laufe ihrer lexikalischen Entwicklung im Vergleich zu Erwachsenen mitunter eine nuanciertere begriffliche Differenzierung ihrer Umwelt vornehmen (Clark, 2004) als auch in ihrem Verständnis von Komposita Neubildungen akzeptieren, deren Konstituenten Objekte aufgreifen, die in einer rein zufälligen Beziehung zueinander stehen (z.B. fly-butter für die Bezeichnung einer Butter, in die eine Fliege geflogen ist) (Rosenberg und Mellenius, 2018, p. 246). Dies unterstreicht, dass die Art und Weise, wie Kinder Komposita konstruieren, von der semantischen Funktion abhängt, die sie in einem bestimmten kommunikativen Kontext erfüllen (Berman, 2011; Clark, 2016; Nicoladis, 2007). Mit Blick auf die Forschung im Bereich des Wortlernens ist ergänzend festzustellen, dass die hier vorgestellten Studien zwar die unterschiedlichen Wortbildungsprodukte von Kindern näher beleuchten, aber bisher kaum Erkenntnisse darüber vorliegen, wie und unter welchen kontextuellen Bedingungen Kinder morphologisch komplexe Wörter wie Komposita langfristig lernen, die ihnen im kommunikativen Austausch präsentiert werden. Dem sei hinzugefügt, dass in bisherigen theoretischen Überlegungen und Untersuchungen zum kindlichen Wortlernen im Zentrum der Beschreibung oftmals spezifische Wörter standen (vielfach simplizische Nomen; siehe jedoch Rohlfing u. a. (2016)), die auf einem relativ hohen Abstraktionsniveau aus der Perspektive der Erwachsenensprache einer bestimmten Wortklasse zugeordnet werden können. 23 In Konsequenz dieser Fokussierung wurde der Wortlernprozess allerdings seltener aus einer Perspektive betrachtet, welche dezidiert die morphologische 23 Für eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Klassifikation, vor allem vor dem Hintergrund von kindlichen Einwortäußerungen und kurzen Wortkombinationen, siehe auch Kauschke (2012, p. 60). <?page no="138"?> 138 Kapitel 2. Wortlernen Komplexität eines zu lernenden Wortes adressiert und zugleich Wörter in den Blick nimmt, die inhärent komplexere semantische Relationen aufweisen. <?page no="139"?> Kapitel 3 Kind-Roboter- Interaktionen New technologies transform the way people interact with each other, the way stories are shared and distributed, and the way reality is presented and perceived. ∼ Vulchanova u. a. (2017, p. 5) Auch wenn das Forschungsinteresse der vorliegenden Arbeit primär darauf gerichtet ist, die Rolle von kontextueller Rekurrenz und Variabilität für den langfristigen morphologisch komplexen Wortlernprozess zu erkunden, soll vor dem Hintergrund des Rückgriffs auf einen sozialen Roboter als methodisches Instrument ein Überblick über die Charakteristika sozialer Roboter (Kapitel 3.1), ihre Verwendungsbereiche in Bezug auf die Unterstützung des Sprachlernens von Kindern (Kapitel 3.2) sowie ihr Potential als methodisches Werkzeug gegeben werden (Kapitel 3.3). Für weitere Auseinandersetzungen mit der Thematik, Analysen und gewonnene Erkenntnisse, die im Rahmen des übergeordneten Forschungsprojektes “Frühkindlicher Medienumgang und Sprachlernen mit sozialen Robotern zur <?page no="140"?> 140 Kapitel 3. Kind-Roboter-Interaktionen Förderung von Teilhabechancen in der digitalen Gesellschaft (merits)” erarbeitet wurden und speziell die Eigenschaften der durchgeführten Kind-Roboter- Interaktionen betreffen, sei an dieser Stelle auf die folgenden Arbeiten verwiesen: Siebert u. a. (2019), Tolksdorf, Mertens und Rohlfing (2019), Tolksdorf, Viertel und Rohlfing (2020), Tolksdorf, Viertel und Rohlfing (2021), Tolksdorf u. a. (2021a), Tolksdorf, Crawshaw und Rohlfing (2021), Tolksdorf u. a. (2021b), Tolksdorf u. a. (2022), Tolksdorf und Mertens (2020) und Tolksdorf und Rohlfing (2020). Im Zuge der digitalen Transformation, die sowohl die (frühkindliche) Bildung als auch viele alltägliche Kontexte betrifft, sind eine Reihe unterschiedlicher Technologien nahtlos in den Alltag vieler Kinder integriert worden, die potentiell neue Wege für das Lernen eröffnen können (Troseth, Strouse und Russo Johnson, 2017; Flewitt, Messer und Kucirkova, 2015; Hirsh-Pasek u. a., 2015). Obwohl frühere Ansätze bereits vorhanden sind (z.B. Draper und Clayton (1992)), gewinnen seit der Entwicklung des humanoiden Nao -Roboters durch Aldebaran Robotics im Jahr 2008 zunehmend soziale Roboter als Technologie an Bedeutung, da sie das Lernen von Kindern in eine soziale Interaktion einbetten können. Seit seiner Entwicklung hat sich der Nao-Roboter beinahe zu einer Standard-Forschungsplattform etabliert, die in den meisten Studien zu sozialen Robotern in der Bildung eingesetzt wird (Belpaeme u. a., 2018; Tanaka, 2014). Abbildung 3.1 illustriert ein Beispiel der Plattform, welche auch in dieser Arbeit verwendet wurde. Wie im weiteren Verlauf dieses Kapitels noch aufgezeigt wird, können soziale Roboter im Vergleich zu anderen traditionellen digitalen Technologien, wie z.B. Tablets, zusätzliche Funktionalitäten bieten, die die Interaktion mit der Technologie durch verschiedene kommunikative Signale (z.B. Blicke, Gesten oder Körperpositur) bereichern können (Konijn, Smakman und Berghe, 2020; Vogt u. a., 2017; Vulchanova u. a., 2017). Soziale Roboter bieten somit eine potentiell interaktive Plattform, die eine dialogische und soziale Interaktion ermöglicht und dabei an multimodale Handlungsstrukturen anknüpfen kann, <?page no="141"?> Kapitel 3. Kind-Roboter-Interaktionen 141 Abbildung 3.1: Beispiel des Nao Roboters von Aldebaran Robotics. © Universität Paderborn, Patrick Pollmeier. die Kindern vertraut sind (Rohlfing, 2019, p. 323). Die aktuellen Anwendungsfelder sozialer Roboter gestalten sich heterogen und reichen von der Unterstützung des kindlichen Sprachlernens (Vogt u. a., 2019; Kory Westlund u. a., 2017b; Conti u. a., 2019) über die Förderung des informatischen Denkens (Ioannou und Makridou, 2018) bis hin zur Unterstützung der sozialen und emotionalen Kommunikationsfähigkeiten von Kindern (Chen, Park und Breazeal, 2020; Leite u. a., 2017). Vor diesem Hintergrund eröffnen soziale Roboter im weitesten Sinne innovative Möglichkeiten in der Bildungslandschaft, insbesondere in Bereichen wie der Unterstützung des kindlichen Sprachlernens als ein im Kern soziales Phänomen. Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass soziale Roboter zwar potentiell das Lernen von Kindern in verschiedenen Domänen des Lernens unterstützen können, sich die Forschung jedoch noch am Anfang befindet, ein Verständnis dahingehend etabliert zu haben, wie soziale Roboter (langfristig) in <?page no="142"?> 142 Kapitel 3. Kind-Roboter-Interaktionen institutionellen Bildungskontexten eingesetzt werden könnten, so dass sowohl Lehrerinnen und Lehrer oder Erzieherinnen und Erzieher als auch Kinder von derartigen Technologien profitieren und die pädagogische Arbeit in institutionellen Einrichtungen bereichern können (Tolksdorf u. a., 2021b; Ahmad, Mubin und Orlando, 2016b). 3.1 Was macht einen sozialen Roboter sozial? Aufgrund der Breite des Feldes der sozialen Robotik und den verschiedenen involvierten Disziplinen wurden zahlreiche Versuche unternommen und es bleibt eine laufende Debatte, zu definieren, was einen sozialen Roboter ausmacht (z.B. Fong, Nourbakhsh und Dautenhahn (2003), Dautenhahn (2007), Baraka, Alves- Oliveira und Ribeiro (2020) und Clark und Fischer (2023)). Damit verbunden sind auch heterogene theoretische Überlegungen, welche die Frage adressieren, was es bedeutet, sozial zu interagieren und welche Rolle soziale Roboter in der Bildung einnehmen (sollten). Dabei sind soziale Roboter in der Bildung zunächst von anderen Robotern abzugrenzen, die in Bildungssettings mit dem vorrangigen Ziel eingesetzt werden, Themenbereiche der Informatik wie Programmierung oder Aspekte des Ingenieurwesens wie Robotik zu vermitteln. Solche Roboter dienen in der Interaktion mit Kindern eher als Medium, dessen Erkundung oder Manipulation selbst Gegenstand des Lernprozesses ist (Kubilinskiene u. a., 2017). Im Gegensatz dazu ist die Interaktion mit einem sozialen Roboter dadurch gekennzeichnet, dass ein Kind in eine soziale Interaktion mit dem Roboter tritt und beide Partner interaktiv einen spezifischen (Lern-)Inhalt fokussieren. In der vorliegenden Arbeit wird in diesem Zusammenhang eine Definition von Bartneck und Forlizzi (2004, p. 592) adoptiert, die soziale Roboter wie folgt beschreibt: <?page no="143"?> 3.1. Was macht einen sozialen Roboter sozial? 143 “A social robot is an autonomous or semi-autonomous robot that interacts and communicates with humans by following the behavioral norms expected by the people with whom the robot is intended to interact.” (Bartneck und Forlizzi, 2004, p. 592) Diese Definition, was einen sozialen Roboter charakterisiert, impliziert zugleich mehrere Aspekte. So schließt sie zunächst ein, dass soziale Roboter eine Verkörperung aufweisen, d.h. eine physische Präsenz besitzen und damit die Fähigkeit mitbringen, dem Interaktionspartner ein Gefühl der Kopräsenz zu vermitteln. In dieser Arbeit liegt der Fokus der Verwendung auf einer humanoiden Form eines sozialen Roboters, dennoch ist zu konstatieren, dass soziale Roboter ebenfalls über semi-humanoide (z.B. ein humanoider Roboter, allerdings mit Rädern, bspw. der Roboter Robovie ) oder zoomorphe Gestaltungsformen verfügen können (Causo u. a., 2016). All diese Formen unterscheiden sich jedoch grundlegend von Technologien, bei denen die Interaktion nicht in einem physischen Raum, sondern in einer virtuellen Umgebung stattfindet, wie z.B. bei bildschirmbasierten Technologien. Darüber hinaus weist die Definition von Bartneck und Forlizzi (2004) darauf hin, dass soziale Roboter zumindest über einen gewissen Grad an Autonomie verfügen. Dieser Punkt berührt eine wesentliche, noch weitgehend ungelöste technische Herausforderung, nämlich einen sozialen Roboter mit der Fähigkeit auszustatten, seine (soziale) Umwelt wahrzunehmen, darauf aufbauend Handlungen zu planen und diese Handlungen kontextsensitiv und zielgerichtet auszuführen, ohne dabei notwendigerweise auf eine externe Kontrolle angewiesen zu sein (Beer, Fisk und Rogers, 2014). Die aktuelle Literatur betont in diesem Zusammenhang, dass insbesondere die Interaktion zwischen einem Kind und einem Roboter hier auf eine Progression in der technischen Entwicklung angewiesen ist, da Kinder zum einen eine ausgeprägtere Varianz in ihrem Verhalten zeigen als Erwachsene (Rohlfing, 2019, p. 323) und zum anderen spezifische multimodale Verhaltensweisen demonstrieren (Tolksdorf und Mertens, 2020), die in aktuellen Dialogdesigns häufig unberücksichtigt bleiben. <?page no="144"?> 144 Kapitel 3. Kind-Roboter-Interaktionen Um eine möglichst kontingente Interaktion zu ermöglichen, greifen experimentelle Verfahren im Bereich der Kind-Roboter-Interaktion daher häufig auf Ansätze zurück, bei denen eine Autonomie simuliert wird, indem der betreffende Roboter vollständig oder zu bestimmten Zeitpunkten innerhalb der Interaktionssequenz gesteuert wird (Jung und Won, 2018). Schließlich und maßgeblich impliziert die Definition von Bartneck und Forlizzi (2004), dass ein sozialer Roboter als sozialer Agent in einen kommunikativen und kooperativen Austausch mit seinem Gegenüber tritt und dabei auf soziale verbale und nonverbale Verhaltensweisen zurückgreift, die mit kulturellen Normen und Werten verbunden sind (Henschel, Laban und Cross, 2021). Im Hinblick auf den Einsatz sozialer Roboter in frühkindlichen Bildungssettings zeigt sich, dass die Verwendung sozialer Interaktionsformen durch soziale Roboter nachweislich positive affektive und kognitive Wirkungen bei Kindern hervorrufen kann. So zeigten Baxter u. a. (2017), dass der Eindruck einer Interaktion bei Grundschulkindern umso positiver ausfiel, je responsiver das nonverbale Verhalten eines Roboters war, was gleichzeitig darauf hindeutet, dass Kinder sensibel auf das nonverbale Verhalten eines Roboters eingehen (siehe auch Kory Westlund u. a. (2017a)). Eine bloße Steigerung des sozialen Verhaltens kann sich jedoch auch nachteilig auf die Interaktion auswirken (Kennedy, Baxter und Belpaeme, 2015a; Yadollahi u. a., 2018). 1 An diese Befunde anknüpfend zeigen weitere Arbeiten zudem, dass Kinder soziale Roboter nicht nur als soziale Informanten akzeptieren (Oranç und Küntay, 2020), sondern auch jenen sozialen Roboter präferieren, der ein kontingenteres Verhalten aufweist (Breazeal u. a., 2016). Aktuellere Untersuchungen deuten zudem darauf hin, dass die diskutierten Aspekte, die nach Bartneck und Forlizzi (2004) einen sozialen Roboter ausmachen, auch von Nutzerinnen und Nutzern als Eigenschaften eines sozialen Roboters erwartet werden (Graaf, Ben Allouch und Dijk, 2015). Obgleich die sozialen Fähigkeiten eines Roboters unbestritten ein Schlüsselkriterium für eine erfolgreiche Interaktion darstellen 1 Zur weiteren Diskussion dieses Aspekts siehe auch Kapitel 5.2.6. <?page no="145"?> 3.2. Soziale Roboter zum Zweck des Sprachlernens 145 und das kindliche Lernen unterstützen können, lautet eine aktuelle Frage im Bereich der Kind-Roboter-Interaktion, inwieweit soziale Roboter neben den klassischen Rollen als Tutor, Peer oder Novize, in denen sie bisher eingesetzt werden, auch alternative soziale/ dialogische Rollen innerhalb einer Interaktion einnehmen können. 2 Rohlfing u. a. (2022) schlagen in diesem Zusammenhang vor, das Potential von sozialen Robotern in innovativen Rollen zu erproben, die ein Kind in verschiedenen Handlungsweisen in eine Interaktion einbinden und bei denen ein Roboter je nach Aktivität oder zu lernendem Inhalt eine spezifische Rolle ausfüllt. 3.2 Soziale Roboter zum Zweck des Sprachlernens Vor dem Hintergrund des Potentials sozialer Roboter, den Lernprozess eines Kindes in eine soziale Interaktion einzubetten, vielfältige Interaktionsmodalitäten zu nutzen und adaptiv an das Verhalten eines Kindes anknüpfen zu können, zeigt sich, dass die Unterstützung sprachlicher Fähigkeiten eines der am häufigsten anzutreffenden Anwendungsfelder sozialer Roboter darstellt (Berghe u. a., 2019; Belpaeme u. a., 2018). In den vergangenen Jahren hat die Forschung zum robotergestützten Sprachlernen in verschiedenen Interaktionsformaten Hinweise darauf geliefert, dass Kinder, die in unterschiedlichen Lernszenarien mit unterschiedlichen sozialen Robotern interagieren, ihre sprachlichen Fähigkeiten in verschiedenen Bereichen der Sprachentwicklung verbessern können, z.B. in Bezug auf die Erweiterung ihres Wortschatzes (Vogt u. a., 2019; Movellan u. a., 2009; Alemi und Basirib, 2016), die Verbesserung ihrer narrativen oder grammatikalischen Fähigkeiten (Conti u. a., 2019; Kory Westlund u. a., 2017b; Schodde, Hoffmann und Kopp, 2017; Kennedy u. a., 2016) oder die Verbesserung ihrer Lesefähigkeiten 2 Für eine ausführliche Übersicht der klassischen Rollen, die soziale Roboter einnehmen können, wird auf Belpaeme u. a. (2018) verwiesen. <?page no="146"?> 146 Kapitel 3. Kind-Roboter-Interaktionen (Hsiao u. a., 2015; Gordon, Breazeal und Engel, 2015). Darüber hinaus unterstützen weitere Studien das Potential der Technologie zum Zwecke des Sprachlernens insofern, als dass sie zeigen, dass Kinder weniger Hemmungen haben können, sich sprachlich in einer Interaktion mit einem Roboter zu engagieren (Chang u. a., 2010), und dass sie einen Roboter im Vergleich zu einem Menschen als möglicherweise weniger autoritär wahrnehmen und verbessert ihre sprachlichen Fähigkeiten abrufen können (Tolksdorf, Viertel und Rohlfing, 2020). Trotz der rasanten Entwicklung im Bereich des Sprachlernens mit sozialen Robotern haben sich bisher nur wenige Studien mit der Frage beschäftigt, welche langfristigen Lerneffekte zu beobachten sind und ob soziale Roboter ein nützliches pädagogisches Instrument für komplexere Aspekte des Sprachlernens sein können (Kanero u. a., 2018; Berghe u. a., 2019). Bisher liegen vor allem Erkenntnisse darüber vor, inwieweit einfache sprachliche Konstruktionen von sozialen Robotern vermittelt werden können. Wenn es z.B. darum geht, den Wortschatz von Kindern zu fördern, beschränken sich die verfügbaren Erkenntnisse auf das Erlernen einfacher Wörter (vorwiegend simplizische Nomen), aber ob ein umfassenderes, komplexeres und längerfristiges Sprachlernen mit sozialen Robotern möglich ist, wurde bisher kaum untersucht. Diese Frage gewinnt vor dem skizzierten Hintergrund an Relevanz, dass das Erlernen von Wörtern nicht binär verläuft, sondern der Lernprozess durch eine graduelle Progression gekennzeichnet ist, bei der sich die Bedeutung eines Wortes langsam ausdifferenziert und das Erlernen eines Wortes oft mehr als eine einmalige Interaktion erfordert. Darüber hinaus weisen Kanero u. a. (2018) darauf hin, dass viele der vorliegenden Studien zum Sprachlernen mit sozialen Robotern keine Kontrollgruppe einbeziehen, die einen Vergleich der erzielten Lerneffekte mit menschlichen Interaktionspartnern oder alternativen Technologien ermöglicht. Dieser Aspekt ist vor allem vor dem Hintergrund problematisch, dass Arbeiten im Bereich der Kind-Roboter-Interaktion auf einen Neuheitseffekt sozialer Roboter hinweisen <?page no="147"?> 3.3. Soziale Roboter als methodisches Instrument 147 (Rintjema u. a., 2018). Der letztgenannte Aspekt bezieht sich auf die Beobachtung, dass die Neuartigkeit eines sozialen Roboters bei Lernenden, insbesondere bei der ersten Begegnung, eine übersteigerte Motivation auslösen kann, die zu einem sogenannten Neuheitseffekt auf das Lernen führt, wobei das erhöhte Interesse wiederum zu verzerrten und überhöhten Lernergebnissen führen kann (Berghe u. a., 2019, p. 278). 3 Obwohl die aktuelle Forschung im Bereich der Kind-Roboter-Interaktion noch keine abschließende Antwort auf die Frage gefunden hat, inwiefern sich das Engagement von Kindern in langfristigen Interaktionen mit sozialen Robotern entwickelt, wird davon ausgegangen, dass der Effekt insbesondere bei Experimenten mit einer oder wenigen Sitzungen einen nennenswerten Einfluss auf die Lernergebnisse haben kann (Berghe u. a., 2019; Leite, Martinho und Paiva, 2013; Ahmad, Mubin und Orlando, 2016a). 3.3 Soziale Roboter als methodisches Instrument Es liegt auf der Hand, dass die meisten Studien im Bereich der Kind-Roboter- Interaktion darauf abzielen, Antworten auf Forschungsfragen zu gewinnen, die sich auf den Einsatz eines bestimmten Systems mit bestimmten Verhaltensweisen in einem spezifischen Lernszenario beziehen. Das Erkenntnisinteresse besteht hierbei darin, mit quantitativen oder qualitativen Methoden in Kurz- oder Langzeitstudien die Interaktionen zwischen einem robotischen System und dem Interaktionspartner zu erforschen und die im Fokus stehenden Variablen zu untersuchen, um daraus Rückschlüsse z.B. auf die Effizienz des Systems oder die Verhaltensweisen der Nutzer und Nutzerinnen zu ziehen, welche dann die technische Entwicklung oder weitere Einsatzszenarien sozialer Roboter informieren können. 3 Für eine weiterführende Diskussion des Neuheitseffekts in Kind-Roboter-Studien im Kontext des Sprachlernens siehe Berghe u. a. (2019). Der Aspekt der Neuheit des sozialen Partners in Form des sozialen Roboters wird zudem in Kapitel 5.2.7 nochmals aufgegriffen. <?page no="148"?> 148 Kapitel 3. Kind-Roboter-Interaktionen Ein alternativer und vergleichsweise neuer Ansatz besteht darin, soziale Roboter systematisch als methodisches Instrument zu verwenden, um die Auswirkungen spezifischer Interventionen nuanciert und kontrolliert in ökologisch valider Weise zu untersuchen (Fischer, 2011; Fischer u. a., 2011a; Fischer u. a., 2011b; Fischer und Prondzinska, 2020; Lohan u. a., 2012). Mit Blick auf Untersuchungen zur sprachlichen Entwicklung von Kindern wird häufig auf methodische Ansätze zurückgegriffen, bei denen z.B. in einer Laborsituation die Effekte bestimmter Variablen (z.B. das gestische Verhalten, siehe etwa Vogt und Kauschke (2017)) gemessen werden, indem das Verhalten des Forschenden, welcher als Interaktionspartner des Kindes auftritt, möglichst kontrolliert gestaltet wird, um vergleichbare Bedingungen zu etablieren, denen die Versuchspersonen im Rahmen der empirischen Untersuchung ausgesetzt sind. Fischer (2016, p. 2) unterstreicht in diesem Zusammenhang jedoch die Herausforderung, dass, sobald interpersonale Interaktionen in den Fokus einer Analyse rücken, vielfältige, potentiell konfundierende Aspekte wie z.B. das Geschlecht des Interaktionspartners, dessen Aussehen, prosodische Merkmale oder andere nonverbale Verhaltensweisen zum Tragen kommen können, die die Wahrnehmung der eigentlich fokussierten Variable beeinflussen können. Hinzu kommt, dass es für einen Forschenden unmöglich ist, identische Verhaltensweisen bei verschiedenen Versuchspersonen zu wiederholen, während ein sozialer Roboter als Interaktionspartner eines Kindes sein Verhalten prinzipiell beliebig oft in gleicher Weise wiederholen kann (Fischer und Prondzinska, 2020), wodurch nicht nur konstante Parameter einer Interaktion etabliert werden können, sondern mitunter auch eine höhere Reproduzierbarkeit einer Untersuchung gewährleistet werden kann (Gunes u. a., 2022). Auch wenn einschränkend angemerkt werden muss, dass derzeitige robotische Systeme im Vergleich zu einem menschlichen Partner ein geringeres kontingentes Verhalten in der Interaktion bieten können (Tolksdorf, Crawshaw und Rohlfing, 2021), was wiederum Auswirkungen auf Lern- und Interaktionsprozesse haben kann (Markova und Nguyen, 2023), bieten <?page no="149"?> 3.3. Soziale Roboter als methodisches Instrument 149 soziale Roboter als Interaktionspartner somit ein Mittel, soziale Interaktionen systematisch zu gestalten, ein Höchstmaß an Kontrollierbarkeit zu gewährleisten und den Einfluss der gestalteten Bedingungen präzise erfassen zu können (Fischer, 2016; Fischer und Prondzinska, 2020). Vor dem Hintergrund der Theorie der pragmatic frames und anknüpfend an bisherige Ansätze (Vollmer u. a., 2016), die eine erfolgreiche Implementierung eines pragmatischen Rahmens auf robotische Systeme demonstrieren, wurden in der vorliegenden Arbeit soziale Roboter als methodisches Instrument verwendet, um die Gestaltung der kontextuellen Bedingungen systematisch zu manipulieren. Dieser Forschungsansatz soll darüber hinaus durch die gezielte Strukturierung der Interaktionserfahrungen eines Kindes im Rahmen einer Langzeitinteraktion und der Etablierung einer multimodalen Handlungssequenz, die sich über mehrere Sitzungen entfaltet, maßgeblich weitergeführt werden. <?page no="151"?> Kapitel 4 Rekurrenz und Variabilität im Lichte der pragmatic frames Mit Bezug auf die vornehmlich in Kapitel 2 vorgestellten Forschungsarbeiten soll vor der Darstellung des methodischen Vorgehens im vorliegenden Kapitel eine dezidierte Diskussion und Einordnung des theoretischen Rahmens aus der Perspektive der pragmatic frames erfolgen, wobei insbesondere eine kritische Reflexion der Operationalisierungen in den Arbeiten zur kontextuellen Rekurrenz und Variabilität angestrebt wird. Den Abschluss dieses Kapitels bildet schließlich die Herausstellung der abgeleiteten Fragestellungen und Hypothesen, die im Rahmen der durchgeführten Untersuchung adressiert wurden. Ausgehend von den beschriebenen Erkenntnissen, dass kontextuelle Rekurrenz und Variabilität verschiedene Phasen des Wortlernens unterstützen können, ist mit Blick auf die vorgestellten Untersuchungen zunächst kritisch zu hinterfragen, welche kontextuellen Faktoren in den bisherigen Studien in den Vordergrund gerückt wurden und welche kontextuellen Facetten unbeachtet blieben. Mit Verweis auf Rohlfing (2019, p. 14) ist in diesem Zusammenhang die <?page no="152"?> 152 Kapitel 4. Rekurrenz und Variabilität im Lichte der pragmatic frames zugrundeliegende theoretische Perspektive von Bedeutung, die entscheidenden Einfluss darauf hat, inwieweit eine bestimmte Beobachtung einem bestimmten Lernmechanismus zugeordnet wird oder eine bestimmte Beobachtungsmethode gewählt wird. Wenn etwa die Untersuchung im Lichte des assoziativen Lernens steht, liegt der Fokus traditionell auf kontextuellen Faktoren, die die Wahrnehmung eines Referenten begünstigen (vgl. Kapitel 2.3.3). Wird hingegen eine interaktionistische Perspektive eingenommen, dann gewinnt die zielorientierte interpersonale Handlungsstruktur an Gewicht, die einen reichhaltigen, von den Interaktionspartnern ko-konstruierten Kontext liefert, in den ein Wort eingebettet ist und für den zudem die vorangehenden Handlungen wesentlich sind (vgl. Kapitel 2.4). Der Blick auf den Forschungsstand zu den Auswirkungen von kontextueller Rekurrenz und Variabilität auf den Wortlernprozess zeigt in dieser Hinsicht (vgl. auch Tabelle 2.1), dass sich bisherige Operationalisierungen von Kontext vorwiegend auf perzeptuelle Hinweise im unmittelbaren Moment der Exposition gegenüber einem neuen Referenten beziehen, weniger aber die rahmende Handlungsstruktur in den Blick genommen wird. Das Verständnis von Kontext begrenzt sich in diesen empirischen Untersuchungen damit in erster Linie auf Faktoren, die die Aufmerksamkeit eines Kindes auf ein benanntes Objekt oder Ereignis erhöhen und die Aufmerksamkeit auf konkurrierende Entitäten reduzieren (Axelsson u. a., 2018; Axelsson und Horst, 2014; Horst, Parsons und Bryan, 2011; Horst, 2013). Axelsson und Horst (2014, p. 96) betrachten kontextuelle Gegebenheiten z.B. über die Entität hinaus, auf welche ein zu lernendes Wort referiert, als “extraneous information” , d.h. als (irrelevante) Informationen, die zusätzliche kognitive Ressourcen erfordern und die Wahrnehmung eines Referenten erschweren können. Das rekurrente Auftreten solch irrelevanter Informationen im Wortlernprozess hilft laut Horst (2013, p. 6) dabei, die Aufmerksamkeit auf die nicht zu lernenden Elemente zu reduzieren, wohingegen variierende kontextuellen Gegebenheiten die Aufmerksamkeit auf eine neu benannte Entität erhöhen können und zugleich eine Dekontextualisierung begünstigen <?page no="153"?> Kapitel 4. Rekurrenz und Variabilität im Lichte der pragmatic frames 153 (Goldenberg, Repetti und Sandhofer, 2022; Goldenberg und Sandhofer, 2013a; Twomey, Ma und Westermann, 2018). Diese Betrachtungsweise entspricht einer Sicht, welche Wortlernen vornehmlich als ein perzeptionsgeleitetes Produkt von Aufmerksamkeits- und Gedächtnisprozessen betrachtet. Jedoch fehlt in der bisherigen Wortlernforschung eine systematische Betrachtung kontextueller Rekurrenz und Variabilität vor dem Hintergrund der sozialen Genese von Kommunikation (Bruner, 1983; Sinha, 2004; Tomasello, 2001; Tomasello, 2003; Waxman und Gelman, 2009) sowie eine sorgfältige Analyse der involvierten interaktiven Prozesse und des referentiellen Dialogs, in den die Aufmerksamkeit eines Kindes eingebettet ist. Ohne eine Beteiligung assoziativer Prozesse am Wortlernprozess in Abrede zu stellen, soll in der vorliegenden Arbeit in einem holistischen Sinne die rahmende soziale Interaktion in den Mittelpunkt gerückt werden sowie der Umstand Berücksichtigung finden, dass Kinder innerhalb eines kooperativen Miteinanders auf weitere Informationsquellen zurückgreifen, die sie im Wortlernprozess heranziehen. Mit anderen Worten: Es gibt mehr Formen der kontextuellen Variabilität und Rekurrenz, denen ein Kind beim Wortlernen begegnet, als die kontextuellen Hinweise, die die Wahrnehmung eines Referenten hervorheben. Einer interaktionistischen Perspektive folgend und in Anlehnung an Rohlfing u. a. (2016) wird für die Zwecke dieser Arbeit die Auffassung vertreten, dass Kontext durch die sequentielle Struktur der Interaktion, die interaktiven Rollen der Interaktionspartner, das gemeinsame Handlungsziel innerhalb der Interaktion sowie durch die Interaktionshistorie der beteiligten Interaktionspartner konstituiert wird (siehe Kapitel 2.4). Anstatt also Kontext limitiert im Sinne von individuellen Faktoren zu betrachten, die die Bildung einer Assoziation zu einem bestimmten Zeitpunkt beeinflussen, erlaubt es der Ansatz der pragmatic frames (Rohlfing u. a., 2016), die den Wortlernprozess rahmenden kontextuellen Gegebenheiten im Sinne einer ko-konstruierten und zielorientierten Handlungsstruktur zu betrachten und neue Wege in der Forschung im Bereich der <?page no="154"?> 154 Kapitel 4. Rekurrenz und Variabilität im Lichte der pragmatic frames kontextuellen Rekurrenz und Variabilität zu eröffnen, indem der (langfristige) Lernprozess über verschiedene soziale Situationen und Erfahrungen ganzheitlich adressiert werden kann. Vor diesem Hintergrund wird in der vorliegenden Arbeit vorgeschlagen, dass weitere Erkenntnisse über die Art und Weise, wie rekurrente und variierende kontextuelle Bedingungen den graduellen Prozess des kindlichen Wortlernens beeinflussen können, durch eine breitere Operationalisierung des Kontextsbegriffs gewonnen werden können, d.h. durch eine Verlagerung des Fokus auf die Erinnerung eines Kindes an das gesamte interaktionale Ereignis, in dem ein neues Wort verwendet wird, um ein bestimmtes Ziel in der Interaktion zu erreichen (Heller und Rohlfing, 2017; Rohlfing u. a., 2016). Während sich die bisherige Forschung im Bereich der kontextuellen Rekurrenz und Variabilität also meist auf die Betrachtung einzelner Faktoren in einzelnen Lernsituationen konzentriert hat (siehe jedoch Horst, Parsons und Bryan (2011) und Rohlfing, Ceurremans und Horst (2017)), schließt der Ansatz der pragmatic frames explizit eine längerfristige zeitliche Perspektive mit ein und weist darauf hin, dass eine Familiarisierung mit der Interaktionssequenz und den kommunikativen Anforderungen für ein Kind essentiell ist, um ein neues Wort und seine Bedeutung zu erwerben (Bruner, 1978; Rohlfing u. a., 2016; Rohlfing und Grimminger, 2019). Das bedeutet, dass mit Blick auf die Rolle der kontextuellen Rekurrenz innerhalb einer Interaktion ein pragmatischer Rahmen inhärent dadurch charakterisiert ist, dass er einen Konventionalisierungsprozess durchläuft, in dem die Interaktionssequenz zwischen den Interaktanten wiederholt und routinisiert wird und ein Kind mit zunehmender Erfahrung lernt, bestimmte kommunikative Handlungen und kognitive Operationen in Abstimmung mit dem Interaktionspartner anzuwenden (Rohlfing und Grimminger, 2019; Rohlfing u. a., 2016, p. 11). Im Lichte der Theorie der pragmatic frames unterstützt das rekurrente Auftreten eines pragmatischen Rahmens ein <?page no="155"?> Kapitel 4. Rekurrenz und Variabilität im Lichte der pragmatic frames 155 Kind zudem dabei, Ziele und Handlungen innerhalb einer Interaktion vorherzusehen, wodurch kognitive Verarbeitungsressourcen freigesetzt werden, die im Wortlernprozess genutzt werden können (Bruner, 1983; Rohlfing u. a., 2016; Tomasello und Farrar, 1986). Engagiert sich ein ein Kind mit seiner Bezugsperson beispielsweise in einem vertrauten pragmatischen Rahmen, etwa im Rahmen einer gemeinsamen Bilderbuchlesesituation, so ist es in diesem Fall mit einer stabilen Interaktionsstruktur konfrontiert, in welcher es eine spezifische interaktive Rolle ausfüllt, in der es die sequentielle Abfolge der einzelnen Handlungen vorhersehen kann und in der dem Kind die Lerninhalte transparent sind. Das einzige variable Element in dieser stabilen Interaktionsstruktur besteht nach Vollmer u. a. (2016, p. 3) dann lediglich in der Art der Abbildung im betrachteten Buch, auf welche z.B. gezeigt wird, sowie in der entsprechenden Bezeichnung des Referenten. Eine derartige Abfolge von Handlungen, die durch ein rekurrentes Auftreten mehr und mehr routinisiert wird, bildet in diesem Zusammenhang eine “Lernmatrix” (Bruner, 1983, p. 38), in die das Lernen eines Wortes eingebettet ist (vgl. Kapitel 2.4.1). Zugleich greift der Ansatz der pragmatic frames den diskutierten Aspekt auf, dass kontextuelle Variabilität im Verlauf des Wortlernprozesses zu einer Flexibilisierung des Wissens beitragen kann (vgl. Kapitel 2.6.2). So legen Rohlfing u. a. (2016, p. 8) in ihren theoretischen Ausführungen nahe, dass die Variation des pragmatischen Rahmens, in dem ein Kind einem zu lernenden Wort begegnet, eine Abstraktion des Wortwissens fördern könnte. In dieser Hinsicht bietet die Erfahrung mit einem neuen Wort in verschiedenen pragmatischen Rahmen einem Kind die Möglichkeit, situationsübergreifend Erfahrungen zu sammeln und zu erkennen, welche Elemente in der Interaktion über verschiedene Verwendungsweisen eines Wortes hinweg konstant bleiben und so dem Wort seine Bedeutung verleihen (Bruner, 1983; Heller und Rohlfing, 2017; Ninio und Bruner, 1978; Rohlfing u. a., 2016). Die Annahme, dass kontextuelle Variabilität in <?page no="156"?> 156 Kapitel 4. Rekurrenz und Variabilität im Lichte der pragmatic frames Form unterschiedlicher pragmatischer Rahmen eine Abstraktion des Wortwissens fördert, knüpft damit einerseits an die Fähigkeit eines Kindes an, Invarianzen über Situationen hinweg zu extrahieren und als bedeutungsvoll wahrzunehmen 1 (Bruner, 1983), ist aber auch mit einer Reihe empirischer Studien kompatibel, die zeigen, dass das Lernen eines Wortes nicht statisch verläuft, sondern einen Entwicklungsprozess repräsentiert, welcher durch die unterschiedlichen interaktionalen Erfahrungen eines Kindes geprägt ist und in diesem Zusammenhang das Wort- und Bedeutungswissen ausgebaut wird (Bion, Borovsky und Fernald, 2013; Clark, 1990; Clark, 1993; Grassmann, Schulze und Tomasello, 2015; Frank, Goodman und Tenenbaum, 2009; Masek u. a., 2021; Rowe und Snow, 2020; Samuelson und McMurray, 2017; Slone u. a., 2023; Trueswell u. a., 2013; Yu und Smith, 2007). Dass die Variation des pragmatischen Rahmens zu einer erhöhten Transferleistung des Wortwissens führen kann, d.h. der Anwendung des Wissens in einer neuen Situation, deckt sich dabei auch mit Arbeiten, die darauf hindeuten, dass verschiedene interaktionale Erfahrungen die Möglichkeit eines Vergleichs eröffnen (Goldwater und Schalk, 2016). Der Nutzen des Vergleichs liegt in dieser Hinsicht sowohl darin, gleichbleibende als auch divergierende Merkmale hervorzuheben und situationsübergreifend relationale Strukturen und Bezüge zu erfassen (Goldwater und Schalk, 2016). Vor diesem Hintergrund erscheint es auch plausibel, dass der positive Effekt der Erfahrung mit einem Wort in verschiedenen pragmatischen Rahmen besonders prominent beim Lernen von Wörtern ist, die einen akzentuierten relationalen Charakter aufweisen, wie z.B. bei Adjektiven, die je nach Kontext in ihrer Bedeutung veränderlicher sind als 1 An dieser Stelle sei hinzugefügt, dass die vorgestellte Forschung zu den Auswirkungen kontextueller Variabilität auf das Wortlernen im Lichte des assoziativen Lernens auch die übergreifende Suche nach Invarianz in den Merkmalen eines Referenten oder in der Form der Präsentation eines solchen Referenten als entscheidenden Mechanismus für die Dekontextualisierung von Wortwissen betrachtet (vgl. Kapitel 2.6.2). <?page no="157"?> Kapitel 4. Rekurrenz und Variabilität im Lichte der pragmatic frames 157 Nomen, die sich etwa auf ein Objekt beziehen (Gentner und Asmuth, 2008) (siehe auch Kapitel 2.7.1). Übergeordnet ist festzuhalten, dass kontextuelle Rekurrenz und Variabilität im Lichte der pragmatic frames unterschiedlich auf den Wortlernprozess einwirken können: Während die Einbettung eines neuen Wortes in einen wiederkehrenden und damit zunehmend vertrauten pragmatischen Rahmen die Aufnahme eines Wortes erleichtern kann, da das Kind mit den Handlungsstrukturen vertraut ist und dadurch kognitive Verarbeitungsressourcen freigesetzt werden, legt die Forschung andererseits nahe, dass sich die Variation des pragmatischen Rahmens insbesondere auf eine Generalisierung des Wortwissens förderlich auswirken kann (Bruner, 1983; Rohlfing u. a., 2016). Wie im Vorhergehenden skizziert wurde (vgl. Kapitel 2.6.3), zeigt sich darüber hinaus nicht zuletzt, dass der Zeitpunkt, ab dem ein Kind von einer Variation des pragmatischen Rahmens im Wortlernprozess profitieren kann, vermutlich von individuellen Unterschieden in den sprachlichen Fähigkeiten beeinflusst wird (Henderson und James, 2018; Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017). Zudem weisen Rohlfing u. a. (2016, p. 14) darauf hin, dass bisher unklar ist, welche Variation eines Kontextes en detail notwendig ist, um ein robustes und generalisierbares Wortwissen zu unterstützen. Die Autorinnen formulieren diesbezüglich für die zukünftige Forschung das Desiderat, nicht nur genauere Erkenntnisse darüber zu erlangen, unter welchen Bedingungen das rekurrente Auftreten eines pragmatischen Rahmens zur Etablierung einer Routine führt, auf deren Grundlage ein Kind Handlungen in einer Interaktionsstruktur antizipieren kann, sondern auch dezidiert der Frage nachzugehen, wie in einem pragmatischen Rahmen erworbenes Wissen dekontextualisiert und von einer Situation auf eine andere übertragen werden kann (Rohlfing u. a., 2016). Neben diesem markanten Forschungsdesiderat ist zudem <?page no="158"?> 158 Kapitel 4. Rekurrenz und Variabilität im Lichte der pragmatic frames noch weitgehend unklar, wie der Wortlernprozess von morphologisch komplexen Wörtern anderer Wortarten neben Nomen unter verschiedenen Kontextbedingungen verläuft (Meylan und Bergelson, 2022) (vgl. Kapitel 2.7). 4.1 Zielsetzung, Fragestellungen und Hypothesen der Untersuchung Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung sollen die im Vorherigen postulierten und aufgezeigten Forschungslücken, die nach wie vor eine Aktualität besitzen, adressiert werden. Im Konkreten wird das übergeordnete Ziel verfolgt, den Einfluss rekurrenter und variierender kontextueller Bedingungen auf das langfristige, morphologisch komplexe Wortlernen von Kindern im Vorschulalter zu erforschen, indem eine dezidierte Operationalisierung des Kontextes im Sinne der Theorie der pragmatic frames (Rohlfing u. a., 2016) vorgenommen wird und der Fokus auf die Erinnerung des Kindes an das gesamte interaktionale Ereignis verlagert wird, in dem ein neues Wort verwendet wird, um ein bestimmtes Ziel in der Interaktion zu erreichen. Zu diesem Zweck wurde eine Studie über mehrere Sitzungen durchgeführt, in der Vorschulkinder morphologisch komplexe Wörter entweder in einem ausschließlich rekurrenten pragmatischen Rahmen oder in einem zu einem späteren Zeitpunkt variierten pragmatischen Rahmen lernten. Vor dem Hintergrund der diskutierten Forschungsbefunde wurde davon ausgegangen, dass das Lernen in einem konsekutiv variierten pragmatischen Rahmen die Kinder in ihrer Lerntrajektorie hin zu einem stabilen und flexiblen Wortlernen unterstützt, da die Kombination aus anfänglicher Rekurrenz und konsekutiver Variation sowohl das Aufgreifen eines neuen Wortes begünstigt, als auch ein elaboriertes und stärker vernetztes Wortwissen aufbaut, welches flexibel auf andere Kontexte übertragen werden kann. Entsprechend sollte sich dies in den Rentetions- <?page no="159"?> 4.1. Zielsetzung, Fragestellungen und Hypothesen der Untersuchung 159 und Generalisierungsfähigkeiten der Kinder niederschlagen. Um dem Wortlernen als graduellem Phänomen und in seinen längerfristigen zeitlichen Verläufen gerecht zu werden sowie Konsolidierungsprozesse zu berücksichtigen, wurden die vermittelten Wörter im Rahmen eines unmittelbaren und eines verspäteten Posttests getestet. Auch wenn insgesamt davon ausgegangen wurde, dass sich die positiven Effekte des Lernens in variierenden pragmatischen Rahmen aufgrund eines flexibleren erworbenen Wissens bereits im ersten Test zeigen würden, sollte mit dem verspäteten Posttest auf Befunde eingegangen werden, die zeigen, dass Kinder neu gelernte Wörter zum Teil Tage mit größerer zeitlicher Verzögerung erfolgreicher abrufen können als unmittelbar nach einer Lernsituation (Axelsson, Williams und Horst, 2016; Mcgregor u. a., 2009). In diesem Zusammenhang wurde zentral auf soziale Roboter als methodisches Instrument zurückgegriffen (vgl. Kapitel 3.3), um eine nuancierte und systematische Gestaltung der Interaktion zu ermöglichen. Während die vorliegende Arbeit vor diesem Hintergrund auch wertvolle und innovative Erkenntnisse über komplexes Sprachlernen mit sozialen Robotern erlaubt, die auch dezidiert diskutiert werden sollen (vgl. Kapitel 7.4), liegt das primäre Interesse, wie im Vorherigen bereits erwähnt, in der Untersuchung des Phänomens des langfristigen morphologisch komplexen Wortlernens in rekurrenten oder variierenden pragmatischen Rahmen. Ein zusätzlich einbezogener Vergleich im Sinne einer Kontrollbedingung, in der die Kinder ebenfalls eine Variation des pragmatischen Rahmens erlebten, aber mit einem menschlichen Partner interagierten, sollte darüber hinaus Aussagen darüber ermöglichen, inwieweit beobachtbare Lerneffekte infolge der gestalteten pragmatischen Rahmenbedingungen auch in einer vergleichbaren Mensch-Mensch-Interaktion auftreten. Die empirische Erkundung des langfristigen morphologisch komplexen Wortlernens in rekurrenten oder variierenden pragmatischen Rahmen orientierte sich übergeordnet an den folgenden vier Fragestellungen, die im Rahmen <?page no="160"?> 160 Kapitel 4. Rekurrenz und Variabilität im Lichte der pragmatic frames der durchgeführten Untersuchung adressiert wurden: 2 1. Begünstigt die systematische Variation des pragmatischen Rahmens (anfängliche Rekurrenz, konsekutive Variabilität) das langfristige morphologisch komplexe Wortlernen von Kindern im Vorschulalter? 2. Welchen Einfluss hat die systematische Variation des pragmatischen Rahmens auf die Fähigkeit der Kinder, das gelernte Wortwissen zeitlich (Retention) und inhaltlich (Generalisierung) zu übertragen? 3. Welche Rolle spielen die individuellen sprachlichen Fähigkeiten der Kinder für das langfristige Lernen morphologisch komplexer Wörter in einem rekurrenten pragmatischen Rahmen und für das Lernen in variierenden pragmatischen Rahmen? 4. Vor dem Hintergrund des morphologisch komplexen Wortlernens - Welche Lerntrajektorien und welche Art von Variabilität lassen sich qualitativ im referentiellen Verhalten der Kinder beobachten? Im Zusammenhang mit den aufgeworfenen Fragestellungen und den diskutierten Forschungsbefunden wurden für die Zwecke dieser Arbeit folgende Hypothesen aufgestellt, die im Rahmen der durchgeführten Untersuchung beantwortet werden sollen: • Hypothese 1 (Retention). Es wird angenommen, dass die Gruppe der Kinder, die morphologisch komplexe Wörter in einem variierenden pragmatischen Rahmen lernt, die Zielwörter im unmittelbaren und verspäteten Posttest auf einem höheren Niveau behält, als die Gruppe, die ausschließlich einem rekurrenten pragmatischen Rahmen ausgesetzt ist. 2 Fragestellung 4 hat in diesem Zusammenhang einen explizit explorativen Charakter und soll - im Gegensatz zu den anderen Fragen - vorwiegend mit qualitativen Methoden analysiert werden (vgl. Kapitel 5.3.2). <?page no="161"?> 4.1. Zielsetzung, Fragestellungen und Hypothesen der Untersuchung 161 • Hypothese 2 (Generalisierung). Es wird angenommen, dass die Gruppe der Kinder, die morphologisch komplexe Wörter in einem variierenden pragmatischen Rahmen lernt, eine verbesserte Fähigkeit zeigt, ihr neu erworbenes Wortwissen im unmittelbaren und verspäteten Posttest zu generalisieren, als die Gruppe, die ausschließlich einem rekurrenten pragmatischen Rahmen ausgesetzt ist. • Hypothese 3 (individuelle Unterschiede). Es wird angenommen, dass je nach pragmatischem Rahmen, in dem Kinder morphologisch komplexe Wörter lernen (Variation vs. Rekurrenz), die Lernunterschiede zwischen den Kindern in Abhängigkeit von ihren individuellen sprachlichen Fähigkeiten unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Auf die Formulierung einer gerichteten Hypothese wurde an dieser Stelle bewusst verzichtet, da die Befundlage keine eindeutige Vorhersage darüber zulässt, auf welches Maß an kontextueller Rekurrenz Kinder mit geringeren sprachlichen Fähigkeiten im langfristigen Wortlernprozess angewiesen sind und zu welchem Zeitpunkt sie von einer Variation des pragmatischen Rahmens profitieren können. Aufgrund der unklaren empirischen Datenlage soll diese Forschungslücke durch eine Datenexploration adressiert werden, indem der Einfluss des kindlichen expressiven Wortschatzes und der morphosyntaktischen Fähigkeiten auf die Retentions- und Generalisierungsleistungen differenziert nach pragmatischem Rahmen untersucht wird. Mit der Adressierung der aufgezeigten Fragestellungen und Hypothesen versucht die Dissertation, neue Erkenntnisse über den graduellen Prozess des Wortlernens unter rekurrenten und variierenden Kontextbedingungen im Sinne der pragmatic frames zu gewinnen. Dabei soll berücksichtigt werden, dass die erste Begegnung mit einem neuen Wort den Beginn eines Lernprozesses darstellt, in dem ein Kind den Bedeutungsgehalt sukzessive ausdifferenziert und sich die <?page no="162"?> 162 Kapitel 4. Rekurrenz und Variabilität im Lichte der pragmatic frames Wortbedeutung in Abhängigkeit von den interaktionalen Erfahrungen des Individuums weiterentwickelt. Während bisherige Arbeiten in diesem Forschungsbereich überwiegend einfache Nomen betrachtet haben und individuelle kontextuelle Faktoren fokussierten, liegt der Forschungsschwerpunkt der durchgeführten Untersuchung auf dem langfristigen Lernprozess über verschiedene pragmatische Rahmen und Erfahrungen, in die morphologisch komplexe Wörter in Form von Adjektivkomposita eingebettet waren. Die Charakteristika der vor diesem Hintergrund durchgeführten longitudinalen Studie werden im folgenden Kapitel beschrieben. <?page no="163"?> Kapitel 5 Forschungsdesign Science is magic that works. ∼ Vonnegut (2006, Cat’s cradle) In diesem Kapitel wird der methodische Ansatz, der zur Beantwortung der Forschungsfragen und Hypothesen dieser Dissertation gewählt und entwickelt wurde, im Detail vorgestellt. Im Mittelpunkt steht dabei das Experiment, das im Rahmen einer longitudinalen Untersuchung durchgeführt wurde, an der Vorschulkinder im Alter von 4 bis 5 Jahren an insgesamt vier Erhebungszeitpunkten teilnahmen. Innerhalb eines Between-Subject-Studiendesigns lernten die teilnehmenden Kinder mit einem sozialen Roboter als Interaktionspartner morphologisch komplexe Wörter entweder in variierenden pragmatischen Rahmen, wobei die Variation des pragmatischen Rahmens in einer späteren Phase erfolgte (im Folgenden als Variationsbedingung bezeichnet) oder in einem rekurrenten pragmatischen Rahmen (nachfolgend Rekurrenzbedingung). Im Einklang mit aktuellen Bestrebungen in der Forschung, die Effekte sozialer Roboter im Bereich des Sprachlernens mit denen menschlicher Interaktionspartner vergleichend zu evaluieren, um sowohl mögliche Neuheitseffekte zu berücksichtigen (Kanero u. a., 2018; Berghe u. a., 2019) als auch den relativen Lernerfolg im Vergleich <?page no="164"?> 164 Kapitel 5. Forschungsdesign zu einem menschlichen Lernpartner zu erfassen, wurde zusätzlich eine weitere Kontrollgruppe einbezogen, die die Lernbedingungen der Experimentalgruppe umfasste, in der die Kinder jedoch mit einem menschlichen Interaktionspartner interagierten (nachfolgend Variationsbedingung Mensch). 1 Alle im Rahmen der Untersuchung erhobenen Daten wurden vom Autor der Dissertation im Zeitraum von August 2018 bis März 2020 im SprachSpielLabor der Universität Paderborn erhoben. Nachdem im Folgenden zunächst die Charakteristika der Stichprobe dargestellt werden (vgl. Kapitel 5.1), wird anschließend das Untersuchungsdesign sowie das Procedere der Durchführung näher beschrieben (vgl. Kapitel 5.2). Des Weiteren erfolgt hier eine ausführliche Darstellung und Erläuterung der Gestaltung der Lernbedingungen in Form der pragmatischen Rahmen, Erläuterungen zur Gestaltung des Dialogverhaltens des sozialen Roboters sowie eine Beschreibung des Stimulusmaterials. Das Kapitel schließt mit einer Beschreibung der Methoden zur Datenauswertung, wobei sowohl auf die quantitative als auch auf die qualitative Datenauswertung eingegangen wird (vgl. Kapitel 5.3). 5.1 Erhobene Stichprobe In diesem Kapitel wird ein Überblick über die im Rahmen der empirischen Untersuchung erhobene Stichprobe gegeben. Dabei wird differenziert auf das Rekrutierungsverfahren (Kapitel 5.1.1), Ein- und Ausschlusskriterien (Kapitel 5.1.2), die Zusammensetzung der Stichprobe (Kapitel 5.1.3), die erhobenen Sprachmaße (Kapitel 5.1.4) und auf die Zuordnung der Untersuchungsgruppen (Kapitel 5.1.5) eingegangen. 1 Eine ausführliche Beschreibung und Begründung für die Einbeziehung dieser Bedingung findet sich in Kapitel 5.2.7. <?page no="165"?> 5.1. Erhobene Stichprobe 165 5.1.1 Rekrutierung Die Rekrutierung der teilnehmenden Kinder erfolgte im Großraum Paderborn (Nordrhein- Westfalen, Deutschland) in verschiedenen kommunalen Einrichtungen (Kindertagesstätten, Kinderbibliotheken, Museen), über zielgruppenspezifische Veranstaltungen (z.B. Science Festivals), über Öffentlichkeitsarbeit (Pressemitteilungen) sowie über die arbeitsgruppeninterne Datenbank des SprachSpielLabors mit Familien, die eine Bereitschaft zur Teilnahme an Forschungsstudien bekundet hatten. Sofern die Erziehungsberechtigten der Kinder Interesse an einer Teilnahme an der Studie signalisiert hatten, wurden sie über den Studienablauf informiert, hatten die Möglichkeit, Fragen zu stellen und erhielten im Vorfeld der Erhebung eine Informationsbroschüre zum übergeordneten Ablauf. 5.1.2 Ein- und Ausschlusskriterien Die Kriterien für die Aufnahme in die Stichprobe umfassten: (i) Alter zwischen 4 und 6 Jahren, (ii) keine bekannte diagnostizierte Sprachentwicklungsverzögerung, (iii) Deutsch als Muttersprache des Kindes, (iv) keine beeinträchtigenden sensorischen Fähigkeiten in Bezug auf Seh- und Hörvermögen und (v) keine Vertrautheit mit dem in der Studie verwendeten Roboter. 2 Ein Ausschluss aus der Stichprobe für die endgültige Analyse erfolgte, wenn ein Kind zu einem der Erhebungszeitpunkte der Längsschnittstudie nicht vollständig anwesend war. Dies konnte zum einen durch eine Erkrankung des Kindes bedingt sein. Zum anderen wurde großer Wert darauf gelegt, ein mögliches Unwohlsein der Kinder unmittelbar zu erkennen und auf eine Fortführung der Erhebungssituation zu verzichten, wenn ein Kind eine Interaktion erkennbar nicht fortsetzen wollte 2 Die Vertrautheit mit einem Roboter wurde berücksichtigt, da z.B. Berghe u. a. (2019) zeigen, dass diese einen Einfluss auf das Sprachlernen mit einem Roboter haben kann. <?page no="166"?> 166 Kapitel 5. Forschungsdesign (Le Borgne und Tisdall, 2017; Tolksdorf u. a., 2021b). Dieser Aspekt ist insbesondere bei Kind-Roboter-Interaktionen zu berücksichtigen, da sich jüngere Kinder mitunter aufgrund von Ängsten aus einer Interaktion mit einem Roboter zurückziehen (Shiomi u. a., 2016). Letztlich wurden alle Kinder aus der Stichprobe für die weitere Datenanalyse ausgeschlossen, die an den Pilotierungen des Studiendesigns teilnahmen. 5.1.3 Stichprobenzusammensetzung Für die Teilnahme an der durchgeführten Längsschnittstudie mit vier Erhebungszeitpunkten wurden insgesamt 45 Kinder im Vorschulalter gewonnen. Fünf Kinder wurden nicht weiter in der Analyse berücksichtigt, da sie zur Pilotierung des Studiendesigns dienten, was unter anderem eine umfangreiche Erprobung des dialogischen Verhaltens des sozialen Roboters beinhaltete (vgl. Kapitel 5.2.1). Die Daten von drei Kindern (weiblich: n = 3) mussten ausgeschlossen werden, da sie nicht an allen Erhebungszeitpunkten teilnehmen konnten. Zwei Kinder erkrankten im Verlauf der Erhebungszeitpunkte und ein Kind verweigerte nach der ersten durchgeführten Sitzung die weitere Interaktion mit dem sozialen Roboter. Somit wurden 37 Kinder (weiblich: n = 13, männlich n = 24) 3 im Alter von 4; 0 bis 5; 8 [ Jahre; Monate] ( M Alter = 4.90, SD Alter = 0.56) in die endgültige Analyse einbezogen. Es wurden insgesamt 148 Sitzungen mit den betreffenden 37 Kindern durchgeführt. Zu Beginn des Experiments füllten die Erziehungsberechtigten der Kinder einen für die Untersuchung entwickelten Fragebogen aus, der demographische Daten, Angaben zur allgemeinen Entwicklung des Kindes sowie Erfahrungen der Kinder mit Robotern und (Bilder)Büchern erfragte (verfügbar 3 Die geschlechtsspezifische Unausgewogenheit in der Stichprobe und die damit verbundenen möglichen Einschränkungen der Repräsentativität werden in Kapitel 7.5.2 gesondert diskutiert. <?page no="167"?> 5.1. Erhobene Stichprobe 167 im Open Science Framework unter https: / / osf.io/ fc6uw/ ). 4 Zusätzlich wurden die Erziehungsberechtigten gebeten, einen Fragebogen zum Temperament ihres Kindes auszufüllen. Dabei handelte es sich um das standardisierte Diagnostikinstrument Inventar zur integrativen Erfassung des Kind-Temperaments (IKT) (Zentner, 2011). Darüber hinaus wurde in einem weiteren Fragebogen, der den Eltern am Ende des Experiments ausgehändigt wurde, deren Meinung zur erlebten Interaktion zwischen Kind und Roboter erfasst. Die Fragestellungen bezüglich des kindlichen Temperaments und den Elternmeinungen liegen jedoch außerhalb des Fokus der vorliegenden Dissertation und finden ihre Beachtung u.a. in Tolksdorf, Viertel und Rohlfing (2021) und Tolksdorf u. a. (2021a). Alle Kinder sprachen den Angaben ihrer Erziehungsberechtigten nach Deutsch als Muttersprache. Zwei Kinder (weiblich: n = 1, männlich n = 1) waren laut Angaben von einer leichten Sehschwäche betroffen, trugen aber während allen Erhebungszeitpunkten eine Brille, wodurch ein Nachteil aufgrund sensorischer Einschränkungen weitgehend ausgeschlossen werden konnte. Keine weiteren Kinder hatten eine diagnostizierte Seh- oder Hörschwäche oder eine bekannte Sprachentwicklungsverzögerung. Keines der Kinder war zudem mit dem Roboter vertraut, der in der Studie eingesetzt wurde. Da die Kinder in der durchgeführten Studie Farbwörter lernten, wurde zudem ein Farbsehtest mit den Kindern durchgeführt, um eine etwaige Farbenfehlsichtigkeit auszuschließen. Bei keinem der Kinder konnte eine Farbenfehlsichtigkeit festgestellt werden. Hinsichtlich des Bildungsniveaus weist die Stichprobe einen relativ hohen Anteil an Familien mit hohem Bildungsniveau auf. So verfügen von den Eltern der teilnehmenden Kinder in der vorliegenden Stichprobe 38 Prozent der Mütter und 44 Prozent der Väter über einen Hochschulabschluss, was über dem zuletzt 4 Da für die Erfassung des Wortwissens das Format des gemeinsamen Buchlesens gewählt wurde, wurde es als wichtig erachtet, ob die in die Stichprobe einbezogenen Kinder bereits Erfahrungen mit diesem Format hatten. Alle Erziehungsberechtigten der Kinder gaben an, dass ihr Kind mindestens einmal am Tag mit dem Format einer (Bilder)Buchlesesituation Erfahrung macht. Der Fragebogen erfasste darüber hinaus weitere Aspekte, wie etwa die Erfahrungen und Aktivitäten der Kinder mit digitalen Medien. <?page no="168"?> 168 Kapitel 5. Forschungsdesign für 2020 erhobenen Bundesdurchschnitt liegt - im Bundesdurchschnitt liegt hier der Anteil bei den 30bis unter 35-Jährigen hier bei 31 Prozent bei den Frauen und bei 28 Prozent bei den Männern (Statistisches Bundesamt, 2020, p. 68). Eine Betrachtung ökonomischer Kennzeichen als Teilkomponente des sozioökonomischen Status der Familien zeigt, dass die durchschnittlich bewohnte Quadratmeterfläche ( M Quadratmeter = 158.9, SD Quadratmeter = 147.3) deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 92.1 m 2 liegt (Bundesamt, 2021). Tabelle 5.1 gibt einen differenzierten Überblick über den sozioökonomischen Status in Bezug auf den höchsten erreichten Bildungsabschluss und die bewohnte Quadratmeterfläche. Tabelle 5.1: Überblick über den sozioökonomischen Status der teilnehmenden Familien. % / M (SD) Bildungsniveau der Mutter Hauptschulabschluss 0 % Realschulabschluss 3 % Abitur/ Fachabitur 24 % Fachhochschulabschluss 19 % Hochschulabschluss 38 % Promotion 16 % Bildungsniveau des Vaters Hauptschulabschluss 3 % Realschulabschluss 8 % Abitur/ Fachabitur 19 % Fachhochschulabschluss 22 % Hochschulabschluss 44 % Promotion 3 % Quadratmeterzahl der Wohnfläche 158.9 (147.3) 5.1.4 Erhobene Sprachmaße Zusätzlich wurden detaillierte Informationen über die sprachlichen Fähigkeiten der Kinder erhoben. Einerseits können diese, insbesondere der expressive Wortschatz, in einem positiven Zusammenhang mit den Wortlernfähigkeiten eines <?page no="169"?> 5.1. Erhobene Stichprobe 169 Kindes stehen (Gershkoff-Stowe und Hahn, 2007; Thom und Sandhofer, 2009; Kucker, McMurray und Samuelson, 2018; Stelmachowicz u. a., 2004). Andererseits sollte die Rolle der individuellen sprachlichen Fähigkeiten im Hinblick auf das Wortlernen in rekurrenten oder variierenden pragmatischen Rahmen betrachtet werden. Darüber hinaus und mit Blick auf den angestrebten Aspekt der Untersuchung des Lernens morphologisch komplexer Wörter wurde es als zentral erachtet, die morphologischen Regelbildungsfähigkeiten der Kinder in der vorliegenden Stichprobe zu erfassen, zumal bisherige Forschungsarbeiten darauf hindeuten, dass das morphologische Wissen eines Kindes das Lernen komplexer Wörter begünstigen kann (Hadley u. a., 2021; Jones u. a., 2021). Im Konkreten wurden mittels standardisierter Verfahren (i) das Satzverständnis und (ii) die morphologischen Regelbildungsfähigkeiten mit zwei Untertests des SETK 3-5 ( „Sprachentwicklungstest für dreibis fünfjährige Kinder“ ) (Grimm, Aktas und Frevert, 2010) sowie (iii) der expressive Wortschatz der Kinder (Nomen und Verben) mit dem AWST-R ( Aktiver Wortschatztest für 3bis 5-jährige Kinder - Revision -“ ) (Kiese-Himmel, 2005) gemessen. Beide Testverfahren sind in der klinischen Praxis in Deutschland weit verbreitet und wurden speziell für die angesprochene Altersgruppe entwickelt. Um ein möglichst akkurates Bild der sprachlichen Fähigkeiten zu erhalten und angesichts bestehender Befunde, die zeigen, dass unvertraute Bedingungen Kinder daran hindern können, ihr tatsächliches sprachliches Wissen zu demonstrieren (Hilton und Westermann, 2017; Tolksdorf, Viertel und Rohlfing, 2021), wurden die Testverfahren zum letzten der vier Erhebungszeitpunkte durchgeführt (vgl. Abbildung 5.1). Zum Zeitpunkt der Testdurchführung hatten die teilnehmenden Kinder somit die Möglichkeit, sich sowohl mit der Laborumgebung als auch mit der Person, die den Test durchführte, vertraut zu machen. Der expressive Wortschatz wird mit dem AWST-R (Kiese-Himmel, 2005) durch insgesamt 75 Items erfasst. Hierbei wird auf ein Bildbenennungsformat zurückgegriffen, im Zuge dessen 51 Nomen und 24 Verben abgefragt werden, <?page no="170"?> 170 Kapitel 5. Forschungsdesign indem nacheinander dem Kind fotografische Darstellungen präsentiert werden, verbunden mit der Frage „Was ist das? “ bei Nomen bzw. „Was macht die/ der? “ bei Verben. Die Bearbeitungsdauer des AWST-R umfasste in der vorliegenden Untersuchung ca. 15-20 Minuten. Im Rahmen der Durchführung des SETK 3-5 (Grimm, Aktas und Frevert, 2010) wurde auf die Untertests „Morphologische Regelbildung“ und „Verstehen von Sätzen“ zurückgegriffen. Der Test zum Satzverständnis erfasst rezeptive Sprachverarbeitungsfähigkeiten, indem 15 verschiedene Manipulationsaufgaben mit den Kindern durchgeführt werden. Dabei erhält das Kind verschiedene Materialien (Teddybär, Ball, Stifte, etc.) und es wird überprüft, ob das Kind anschließend bestimmte Aufgaben mit diesen Materialien ausführen kann (z.B. „Der gelbe Ball rollt weg, weil du ihn mit dem weißen Ball angestoßen hast“ ). Der Test, der die morphologischen Regelbildungsfähigkeiten der Kinder erfasst, überprüft eine korrekte Anwendung der Pluralbildung. Dabei werden die Kinder aufgefordert, den Plural von vorgegebenen Wörtern zu bilden, indem ihnen nacheinander 18 Bildkarten vorgelegt werden, auf denen jeweils auf der linken Seite ein einzelnes Objekt (z.B. ein Buch) und auf der rechten Seite der Bildkarte mehrere Objekte der gleichen Art (z.B. mehrere Bücher) abgebildet sind. Um die Kinder zur Pluralbildung zu bewegen, äußert die Testleiterin/ der Testleiter gegenüber dem Kind z.B. folgende Äußerung: „Schau mal! Hier [verbunden mit einer Zeigeste] ist ein Buch und hier [erneute Zeigeste] sind viele. . . ? “ . Acht der abgefragten Wörter stellen zudem Kunstwörter dar, wie z.B. Biwo . Die Bearbeitungsdauer der beiden Untertests des SETK 3-5 umfasste in der vorliegenden Untersuchung ca. 20 Minuten. Sowohl bei dem AWST-R als auch bei dem SETK 3-5 erfordert die Testauswertung ausgehend von den Rohwerten, die aus den Antworten auf die Fragen gewonnen werden, eine Umrechnung in T-Werte als Vergleichsmaßstab, um eine angemessene Bewertung der sprachlichen Fähigkeiten des Kindes nach Alter und Geschlecht in Bezug zur Normstichprobe der Testverfahren zu ermöglichen. <?page no="171"?> 5.1. Erhobene Stichprobe 171 Tabelle 5.2: Charakteristika der teilnehmenden Kinder in der Experimentalgruppe und Kontrollgruppen. Variable Experimentalgruppe Variation prag. Rahmen, Kind-Roboter-Int. Kontrollgruppe I Rekurrenz prag. Rahmen, Kind-Roboter-Int. Kontrollgruppe II Variation prag. Rahmen, Mensch-Mensch-Int. ( n = 14) ( n = 14) ( n = 9) M (SD) M (SD) M (SD) Alter in Monaten 62.3 (4.7) 57.3 (5.5) 55.8 (8.6) Expressiver Wortschatz 56.7 (8.7) 57.6 (14) 55.1 (3.5) Satzverständnis 51.4 (8.7) 51.1 (8.7) 53.9 (4.8) Morphologische Regelbildung 43 (8.7) 46 (9.2) 47.3 (6.5) Anmerkung: M (SD) = Mittelwerte (Standardabweichung) ; n = Anzahl der teilnehmenden Kinder. Mit Ausnahme des Alters in Monaten werden die in den Testverfahren ermittelten T-Werte berichtet. Keine der Gruppen unterschied sich signifikant in Bezug auf Alter, Wortschatz, Satzverständnis oder morph. Regelbildung. Je höher der T-Wert ist, desto höher ist die Leistung des Kindes. Ein T-Wert von 50 bildet dabei die Mitte, T-Werte zwischen 40 und 60 repräsentieren den Normalbereich (Grimm, Aktas und Frevert, 2010; Kiese-Himmel, 2005). 5.1.5 Bedingungen und Zuteilung der Versuchspersonen Die durchgeführte Längsschnittstudie umfasste insgesamt drei experimentelle Gruppen (Between-Subject-Design, vgl. Abbildung 5.1): • (i) Eine Gruppe, die morphologisch komplexe Wörter in variierenden pragmatischen Rahmen mit einem sozialen Roboter lernte (Variationsbedingung), • (ii) eine Gruppe, die morphologisch komplexe Wörter in einem rekurrenten pragmatischen Rahmen mit einem sozialen Roboter lernte (Rekurrenz-bedingung) und <?page no="172"?> 172 Kapitel 5. Forschungsdesign • (iii) eine Gruppe, die morphologisch komplexe Wörter in variierenden pragmatischen Rahmen mit einem menschlichen Interaktionspartner lernte (Variationsbedingung Mensch). Tabelle 5.2 gibt einen Überblick über die Mittelwerte und Standardabweichungen der sprachlichen Fähigkeiten in den unterschiedlichen Untersuchungsgruppen. Sämtliche weitere beschreibende Merkmale der Stichprobe sind nach Untersuchungsgruppe in Appendix B aufgeführt. Die Planung des Studiendesigns sah eine Anzahl von 40 Versuchspersonen vor, wobei jeweils 15 Versuchspersonen randomisiert auf die Untersuchungsgruppen mit dem sozialen Roboter und zehn Versuchspersonen auf die Untersuchungsgruppe mit dem menschlichen Interaktionspartner verteilt wurden. Die anfängliche Anzahl der Versuchspersonen reduzierte sich um drei Kinder, da sie in einem der Erhebungszeitpunkte abwesend waren und ausgeschlossen werden mussten (vgl. Kapitel 5.1.3). Da neben methodologischen Gesichtspunkten auch forschungsökonomische Rahmenbedingungen bei der Stichprobenbildung eine entscheidende Rolle spielen, die insbesondere bei längsschnittlichen Studiendesigns Berücksichtigung verlangen (Höhle, 2012), wurde in Übereinstimmung mit vorherigen Arbeiten (z.B. Vogt u. a. (2019)) für die zusätzlich erhobene Kontrollgruppe ein geringerer Stichprobenumfang gewählt. 5 Vor diesem Hintergrund wurde auch auf die Einbeziehung einer weiteren Vergleichsgruppe, die in einem rekurrenten pragmatischen Rahmen mit einem menschlichen Interaktionspartner interagiert, verzichtet. Aus forschungsethischen Überlegungen (Tolksdorf u. a., 2021b) wurde die Kontrollbedingung des Wortlernens in Interaktion mit einem Menschen in variierenden pragmatischen Rahmen gewählt, da hier der Lerngewinn für das Kind am höchsten eingeschätzt wurde. Die in der Untersuchung verwendete Stichprobengröße steht dabei im Einklang mit früheren Forschungsarbeiten, die ein ähnliches methodologisches Paradigma verwendeten (z.B. Twomey, Ma und 5 Mögliche Limitationen werden darüber hinaus in Kapitel 7.5.2 behandelt. <?page no="173"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 173 Westermann (2018) und Mcgregor u. a. (2009)). Darüber hinaus wurde sichergestellt, dass die in der Analyse verwendeten statistischen Verfahren tolerant gegenüber kleineren Stichprobengrößen und ungleichen Gruppen sind (Noguchi u. a., 2012) (vgl. Kapitel 5.3.1.3). 5.2 Untersuchungsdesign und Durchführung Im vorliegenden Kapitel werden das zugrundeliegende Untersuchungsdesign und der Ablauf des durchgeführten Experiments vorgestellt, dessen Ziel es war, zu untersuchen, ob sich eine Variation des pragmatischen Rahmens in einer späteren Phase des morphologisch komplexen Wortlernens förderlich auf die Retentions- und Generalisierungsfähigkeiten von Kindern im Vorschulalter auswirkt. Zu diesem Zweck wurde ein Untersuchungsdesign entwickelt, das eine systematische Manipulation der Interaktionserfahrungen der Kinder ermöglichte, indem den Kindern Lernbedingungen geboten wurden, die sich entweder ausschließlich wiederholten (rekurrenter pragmatischer Rahmen) oder in einer späteren Phase variierten wurden, sobald eine gewisse Routine etabliert war (variierender pragmatischer Rahmen). Um die Auswirkungen der Lernbedingungen auf das langfristige Wortlernen der Kinder zu bestimmen, wurden das Verständnis und die Produktion der Zielwörter erfasst und die Retentions- und Generalisierungsfähigkeiten der Kinder nach dem Lernen in einem unmittelbaren und einem verzögerten Posttest gemessen. Abbildung 5.1 bietet einen schematischen Überblick über das Untersuchungsdesign. Im Folgenden werden die einzelnen Untersuchungsphasen und Designentscheidungen detailliert beschrieben. Dabei wird zunächst die Pilotierung des Untersuchungsdesigns beschrieben (vgl. Kapitel 5.2.1), woraufhin ein genereller Überblick über das experimentelle Procedere gegeben wird (vgl. Kapitel 5.2.2). <?page no="174"?> 174 Kapitel 5. Forschungsdesign Anschließend erfolgt eine separate Darstellung des Designs und der Operationalisierung der pragmatischen Rahmen (vgl. Kapitel 5.2.4), gefolgt von einer spezifischen Beschreibung der entwickelten Testsituation (vgl. Kapitel 5.2.5) und des verwendeten Stimulusmaterials (vgl. Kapitel 5.2.8). Abbildung 5.1: Schematische Darstellung des Untersuchungsdesigns. * Die Variationsbedingung wurde sowohl mit dem sozialen Roboter als Interaktionspartner als auch mit einem menschlichen Interaktionspartner durchgeführt (vgl. Kapitel 5.1.5). 5.2.1 Pilotierung Um zum einen die Durchführbarkeit des Untersuchungsdesigns zu gewährleisten und die entwickelten pragmatischen Rahmenbedingungen zu evaluieren und zum anderen insbesondere im Hinblick auf den Einsatz eines sozialen Roboters dessen technisches und interaktionales Verhalten zu erproben und zu optimieren, wurde eine umfangreiche Pilotierungsphase durchgeführt, die insbesondere bei der Durchführung von Kind-Roboter-Studien entscheidend ist (Geiskkovitch u. a., 2021). Da das Studiendesign nicht nur die Entwicklung eines zielorientierten Dialogs sowie die Einbettung der Lernsituationen in einen pragmatischen Rahmen vorsah, sondern auch die Testsituationen in einer Bilderbuchlesesituation pragmatisch gerahmt wurden, umfasste die Pilotierung insgesamt drei Interaktionssettings zu unterschiedlichen Zeitpunkten, die durch <?page no="175"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 175 das Design der Aufwärmphase ergänzt wurden. Die Pilotierung führte zu vielfältigen methodischen Erkenntnissen, die in das endgültige Untersuchungsdesign einflossen. Wichtige Optimierungen betrafen vor allem zentrale Elemente des Roboter-Kind-Dialogs, der im Sinne der pragmatic frames eine größtmögliche Kontingenz sowie ein multimodales und sequentiell strukturiertes Verhalten aufweisen sollte (vgl. Kapitel 5.2.6). Insbesondere das multimodale Verhalten erforderte zahlreiche Nachjustierungen. So stellte sich beispielsweise heraus, dass die vom Roboter verwendeten Zeigegesten häufig zu Irritationen bei den Kindern führten, da sie einen ambigen Charakter hatten und nicht eindeutig auf ein Zielobjekt verwiesen. Diesem Umstand konnte schließlich dadurch begegnet werden, dass der Grad, in dem der Roboter z.B. seinen Arm hob, iterativ justiert wurde, um der kindlichen Blickperspektive bestmöglich zu entsprechen. Eine ähnliche Problematik offenbarte sich auch bei dem Blickverhalten des Roboters, wo die Ausrichtung des Kopfes ebenfalls optimiert werden musste. Daneben wurde durch im Laborraum verteilte Kissen eine vorhersagbare Positionierung des Kindes erreicht. Ursprünglich war darüber hinaus geplant, dass Kind und Roboter gemeinsam im Raum verteilte Objekte betrachten. Diese Designkomponente wurde jedoch verworfen, da der verwendete Roboter (vgl. Kapitel 5.2.8) nicht in der Lage ist, größere Distanzen als 50 cm zuverlässig zurückzulegen. Dementsprechend wurde der Radius, in dem die Interaktion stattfand, verkleinert. Wichtige “Lessons Learned“ im Hinblick auf Best Practices in der experimentellen Durchführung sowie den Kind-Roboter-Dialog wurden zudem in Geiskkovitch u. a. (2021) sichtbar gemacht. Im Zuge der Pilotierung wurde weiterhin festgestellt, dass aufgrund verschiedener aktueller technischer Herausforderungen, die im Wesentlichen die automatische Spracherkennung und die Wahrnehmung des sozialen Umfelds betreffen, ein autonomes und kontingentes Verhalten des Roboters in einer dynamischen Interaktion nicht realisierbar war (Belpaeme u. a., 2018; Kennedy <?page no="176"?> 176 Kapitel 5. Forschungsdesign u. a., 2017). Aus diesem Grund wurde auf das Wizard of Oz-Verfahren zurückgegriffen, bei dem der Experimentator oder die Experimentatorin das Verhalten des Roboters verdeckt oder transparent steuert (Riek, 2012). Aktuelle Untersuchungen zeigen in diesem Zusammenhang, dass selbst eine transparente Steuerung des Roboters keinen Einfluss auf das Vertrauen der Kinder in den Roboter hat bzw. auf die Wahrnehmung des Roboters als sozialen Akteur (Straten u. a., 2022). Schließlich umfasste die Pilotierung auch die Durchführung der standardisierten Testverfahren SETK 3-5 und AWST-R, um eine natürliche Durchführung der Instruktionen gegenüber den Kindern zu gewährleisten. 5.2.2 Generelles Procedere Das experimentelle Procedere einschließlich der Lern- und Testsituationen fand im Labor über einen Zeitraum von zwei Wochen statt. Alle teilnehmenden Kinder nahmen an insgesamt vier Sitzungen teil, die im Abstand von zwei bis drei Tagen stattfanden und jeweils etwa 20-35 Minuten dauerten. In der abschließenden vierten Sitzung, im Anschluss an das Experiment, wurden zusätzlich der SETK 3-5 und der AWST-R durchgeführt, was weitere 35-40 Minuten in Anspruch nahm. Während aller Erhebungsphasen war stets ein Experimentator (Autor dieser Arbeit) anwesend und für die Durchführung der Untersuchung verantwortlich. Im Rahmen der Variationsbedingung Mensch war eine zweite Experimentatorin anwesend (wissenschaftliche Hilfskraft), die während des Experiments als Interaktionspartnerin des Kindes fungierte und als Vergleich zum robotischen Interaktionspartner diente. Alle Sitzungen wurden aus zwei Perspektiven auf Video (Sony HDR-CX405 B.CEN) aufgezeichnet (vgl. Abbildung 5.2). Nach der Begrüßung des Elternteils und des Kindes in der ersten Sitzung erklärte der Experimentator dem Elternteil den Ablauf der Sitzungen und besprach mit ihm die Einverständniserklärung, die den Erziehungsberechtigten <?page no="177"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 177 bereits im Vorfeld zugeschickt worden war. Die Zusendung im Vorfeld erfolgte, um den Erziehungsberechtigten eine angemessene Zeit zu geben, sich mit dem Inhalt vertraut machen zu können, um eine informierte Einwilligung zu geben (Sin, 2005). Die Eltern hatten in dieser Phase erneut die Möglichkeit, Fragen zu Aspekten der Studie zu stellen. Die teilnehmenden Kinder bekamen in dieser Zeit ein Bild ausgehändigt, welches sie ausmalen konnten. Nach der Unterzeichnung der Einverständniserklärung fand eine Aufwärmphase statt, in der die Kinder und Eltern näher mit dem Roboter vertraut gemacht wurden. Die Kinder, die der Variationsbedingung Mensch zugeordnet waren, erlebten eine angepasste Aufwärmphase. Der Ablauf und die Ziele der Aufwärmphase werden in Kapitel 5.2.3 beschrieben. Anschließend begann die Einleitung des Experiments, bei dem die Kinder unter drei Bedingungen morphologisch komplexe Wörter lernten (vgl. Abbildung 5.1). Um forschungsethischen Überlegungen Rechnung zu tragen, auch das Einverständnis der an Studien teilnehmenden Kinder explizit einzuholen (Farell, 2016), wurde vor Beginn des Experiments und der Videoaufzeichnung zusätzlich angestrebt, das Einverständnis des Kindes zu erhalten, indem in kindgerechter Form erfragt wurde, ob es an der weiteren Situation teilnehmen wolle. Da die Pilotierung und weitere Untersuchungen ergaben (Rohlfing, Grimminger und Wrede, 2020; Tolksdorf, Crawshaw und Rohlfing, 2021), dass eine familiäre Bezugsperson eine wichtige Ressource für ein Kind während der Interaktion mit einem sozialen Roboter sein kann und unter Berücksichtigung ethischer Gesichtspunkte (Tolksdorf u. a., 2021b), war immer ein Elternteil des Kindes im Raum anwesend, nahm jedoch nicht aktiv an der Interaktion teil. Konkret wurde jedes teilnehmende Kind von einem Elternteil begleitet, das im Vorfeld instruiert wurde, während der Interaktion der Kinder mit dem Roboter im Experiment nicht mit seinem Kind zu sprechen. Um die Variationsbedingung Mensch möglichst vergleichbar zu halten, war auch hier stets ein Elternteil im Raum anwesend. Während des Experiments saß das Elternteil, wie in <?page no="178"?> 178 Kapitel 5. Forschungsdesign Abbildung 5.2 dargestellt, links neben dem Kind, während das Kind im 90-Grad- Winkel neben dem Roboter oder einer menschlichen Interaktionspartnerin saß. Der Experimentator saß hinter dem Kind und steuerte den Roboter mit Hilfe eines Laptops, wobei er während des Experiments Blickkontakt sowie die Interaktion mit den Eltern oder dem Kind vermied. In der Variationsbedingung Mensch saß der Experimentator ebenfalls in der gleichen Position, um auch hier eine größtmögliche Vergleichbarkeit mit den anderen Bedingungen zu realisieren. Abbildung 5.2: Setup des Experiments. Mit Beginn des Experiments wurde das Skript für das erste Training gestartet, in dessen Rahmen die Kinder sechs Zielwörter präsentiert bekamen (unbekannte Farbwörter in Form von Nomen-Adjektiv-Komposita), die jeweils dreimal benannt wurden. Die unterschiedlichen Wörter wurden dabei in einer randomisierten Reihenfolge präsentiert. Die detaillierte Beschreibung der pragmatischen Rahmen, in welche das Training der Wörter eingebettet war, erfolgt dezidiert in Kapitel 5.2.4. 6 Während des Experiments in Sitzung 1 füllten die Eltern 6 Das Skript der entwickelten Dialogführung, welche Trainings- und Testsituationen beinhaltet, ist im Open Science Framework unter https: / / osf.io/ fc6uw/ verfügbar. <?page no="179"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 179 auch den entwickelten Fragebogen aus, der u.a. die demographischen Angaben erfasste. In der zweiten Sitzung erfolgte eine Wiederholung des pragmatischen Rahmens und die Kinder aller Bedingungen erlebten ein vergleichbares Training wie in der ersten Sitzung. Lediglich die Art, wie der soziale Roboter bzw. die menschliche Interaktionspartnerin die Kinder begrüßte und verabschiedete, wurde angepasst. In der dritten Sitzung erfuhren dann sowohl die Variationsbedingung als auch die Variationsbedingung Mensch eine kontrastive Trainingssituation, nämlich eine Variation des pragmatischen Rahmens, während die andere Gruppe (Rekurrenzbedingung) wiederum erneut ein sich wiederholendes Training in einem gleichbleibenden pragmatischen Rahmen erfuhr. Im Anschluss an die dritte Trainingssitzung fand eine fünfminütige Pause statt, um im nachfolgenden Test langfristige Wortlernprozesse erfassen zu können (Horst und Samuelson, 2008) (vgl. Kapitel 2.5.1). In dieser Pause malten die Kinder aller Bedingungen erneut ein Bild aus. Nach Ablauf der fünf Minuten wurde die Testsituation initiiert, die in einen pragmatischen Rahmen einer gemeinsamen Bilderbuchlesesituation eingebettet war. Während des Tests wurden sowohl die Retentionsals auch die Generalisierungsfähigkeiten der Kinder ermittelt. Eine ausführliche Beschreibung der entwickelten Testung erfolgt in Kapitel 5.2.5. Zwei bis drei Tage später fand die letzte, vierte Sitzung statt, in der ein verzögerter Posttest durchgeführt wurde, in welchem das Wissen der Kinder erneut getestet wurde. Anschließend wurden die standardisierten Testverfahren zur sprachlichen Entwicklung des Kindes vom Experimentator durchgeführt. Die Durchführung fand im gleichen Raum statt, jedoch an einer anderen Position und das Kind saß im 90-Grad-Winkel an dem im Raum platzierten Tisch neben dem Experimentator (vgl. Abbildung 5.2). Nach Abschluss der standardisierten Testverfahren wurde der Farbsehtest durchgeführt, indem dem Kind acht Bildkarten vorgelegt wurden und es gefragt wurde, was es auf dem jeweiligen <?page no="180"?> 180 Kapitel 5. Forschungsdesign Bild sieht. Anschließend wurde die Situation beendet und als Zeichen der Anerkennung für die Teilnahme an dem Forschungsprojekt bekamen die Kinder einen kleinen Spielzeugroboter sowie eine „Urkunde für eine/ n kleine/ n Wissenschaftler*in“. Daraufhin wurden Kind und Elternteil verabschiedet. Abschließend ist anzumerken, dass mit dem verwendeten Untersuchungsdesign bewusst auf ein traditionelles Pre-Posttest-Design bzw. auf eine Testung nach Durchlaufen der rekurrenten Lernsituation aller Kinder in den Sitzungen 1 und 2 verzichtet wurde. Diese Entscheidung brachte zwar die Limitation mit sich, den Lernerfolg aller Gruppen vor der Variation der pragmatischen Rahmung nicht erfassen zu können, war aber unvermeidbar, da ein Test des Wissens zugleich kontrastive Auseinandersetzung mit dem Lerninhalt bedeutet hätte, die dem Ziel der systematischen Variation des pragmatischen Rahmens und dessen Einfluss auf das Wortlernen zuwidergelaufen wäre. 5.2.3 Aufwärmphase Das Untersuchungsdesign beinhaltete eine Aufwärmphase, die dem eigentlichen Experiment vorausging und zentral zwei Ziele verfolgte. Zum einen sollte die Durchführung der Aufwärmphase den teilnehmenden Kindern die Möglichkeit geben, sich mit der ungewohnten Umgebung in Bezug auf die Räumlichkeiten und die unbekannten Interaktionspartner vertraut zu machen. Insbesondere war beabsichtigt, die Versuchspersonen an den Interaktionspartner zu gewöhnen, mit dem sie während des Experiments interagierten. Aktuelle Untersuchungen zeigen in dieser Hinsicht, dass eine solche Familiarisierung nicht nur mitunter zu einer nuancierteren Erfassung der Lernerfolge eines Kindes beitragen kann (Tolksdorf, Viertel und Rohlfing, 2021), sondern auch, dass eine anfängliche Aufwärmphase Kinder in ihrer Fähigkeit, sich in einer anschließenden zielorientierten Aufgabe kooperativ zu verhalten, wesentlich unterstützen kann (Endedijk u. a., 2020; Breeland, Henderson und Low, 2022). <?page no="181"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 181 Zum anderen spielt die anfängliche Eingewöhnung gerade bei der Interaktion zwischen einem Kind und einem Roboter eine wichtige Rolle, da diese Art von sozialem Partner für Kinder in der Regel gänzlich unbekannt ist - so auch für die teilnehmenden Kinder dieser Studie. In diesem Zusammenhang ermöglicht eine Aufwärmphase sowohl ein Vertrautwerden mit den interaktiven Fähigkeiten und Eigenschaften eines sozialen Roboters (Tolksdorf und Rohlfing, 2020) als auch eine Reduzierung eines möglichen Neuheitseffekts, der mitunter zu einem anfänglich überhöhten Engagement des Kindes in der Interaktion mit dem Roboter führen und eine Messung des Lernerfolgs aufgrund einer übersteigerten Motivation verzerren kann (Ahmad, Mubin und Orlando, 2017; Berghe u. a., 2019; Neumann, 2020). Obwohl eine längerfristige Untersuchung, wie sie im Rahmen der vorliegenden Arbeit durchgeführt wurde, weniger anfällig für solche Verzerrungseffekte ist (Leite, Martinho und Paiva, 2013), wurde vor dem Hintergrund der genannten Aspekte und im Einklang mit methodischen Empfehlungen (z.B. Han und Jo (2008)) eine Aufwärmphase vor dem Experiment durchgeführt. Die Aufwärmphase in den Bedingungen, die eine Interaktion mit dem sozialen Roboter beinhalteten (Variationsbedingung und Rekurrenzbedingung), schloss eine Interaktion ein, in der sich der Roboter zunächst vorstellte und dann ein Spiel initiierte, in dem er mit ikonischen Gesten Tiere imitierte (Vogel, Affe usw.) und das Kind, den Elternteil und den Experimentator aufforderte, die Bewegungen nachzuahmen. Der Grund für die explizite Einbeziehung des Elternteils und des Experimentators in die Aufwärmphase liegt zudem darin, dass sich jüngere Kinder in unbekannten Situationen auf das Verhalten ihrer vertrauten Bezugspersonen und deren Interpretation der Situation verlassen (Feinman u. a., 1992; Hornik, Risenhoover und Gunnar, 1987). Dies gilt insbesondere für die ersten Interaktionen mit einem sozialen Roboter (Tolksdorf, Crawshaw und Rohlfing, 2021). In der Variationsbedingung Mensch umfasste die Aufwärmphase eine verlängerte Malphase, die durchgeführt wurde, während das Elternteil und der Versuchsleiter mit dem Ausfüllen <?page no="182"?> 182 Kapitel 5. Forschungsdesign der Einverständniserklärung beschäftigt waren. Die in dieser Untersuchungsgruppe anwesende Experimentatorin, die auch im nachfolgenden Experiment mit dem Kind interagierte, suchte während der Malaktivität das Gespräch mit dem Kind und tauschte sich über das Gemalte aus. Anschließend verabschiedete sich der Roboter für den Moment und erwähnte, dass er eine Geschichte vorbereitet habe, die er mit dem Kind teilen wolle. Die Aufwärmphase dauerte in allen Untersuchungsgruppen ca. 8-10 Minuten. 5.2.4 Lernbedingungen: Design und Operationalisierung des pragmatischen Rahmens Vor dem Hintergrund des angestrebten Ziels, die Interaktionserfahrung der teilnehmenden Kinder im Sinne eines pragmatischen Rahmens, in den die zu lernenden Wörter eingebettet sind, systematisch zu manipulieren, bestand die Herausforderung darin, grundlegende Mechanismen der Interaktion zu erfassen und zu gestalten. Zentral war dabei die Etablierung einer ko-konstruierten und sequentiell strukturierten Interaktion zwischen den Interaktionspartnern, in deren Rahmen eine Routine aufgebaut werden kann, die zudem eine Grundlage für eine subsequente Variation des pragmatischen Rahmens bieten kann. Konkret ging es darum, nicht nur spezifische Instruktionen zu entwickeln, die der Interaktionspartner des Kindes äußert, sondern einen sinnvollen, zielorientierten Dialog, in dessen Rahmen ein Kind seine sprachlichen Fähigkeiten vertiefen kann und eine bestimmte kommunikative Rolle ausfüllt. Außerdem sollten die neuen Wörter einem bestimmten Zweck in der Interaktion dienen und der Dialog sollte eine multimodale Sequenz von Verhaltensweisen enthalten, die auf einem sozialen Roboter implementiert werden können. Auf der Grundlage des Konzepts der pragmatic frames (Rohlfing u. a., 2016) wurden dafür zwei verschiedene pragmatische Rahmen entworfen, in die das Wortlernen der Kinder eingebettet war. In diesen beiden Rahmen bestanden unterschiedliche pragmatische Anforderungen an das Kind und <?page no="183"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 183 die Interaktionsstruktur umfasste eine Reihe von Handlungen und unterschiedlichen Verhaltensweisen. Im Gegensatz zur Variationsbedingung und zur Variationsbedingung Mensch erfuhr die Rekurrenzbedingung beim Training der neuen Wörter stets denselben pragmatischen Rahmen. Die Entwicklung der pragmatischen Rahmen orientierte sich dabei an Formaten bzw. Aktivitäten, deren kommunikative Struktur Kindern im Vorschulalter vertraut ist. Im Spezifischen wurde die übergreifende Interaktion der vier Sitzungen in ein narratives Setting eingebettet und eine Geschichte entwickelt, die der Interaktionspartner (Roboter oder Mensch) dem Kind erzählte. Die Geschichte beinhaltete die Handlung der Reise des Interaktionspartners zur Universität Paderborn und die Dinge mit besonderen Farben, die er auf seiner Reise gesehen hatte. Die Wahl eines solchen narrativen Settings wurde damit begründet, dass frühere Arbeiten belegen, dass Kinder in derartigen Interaktionsstrukturen sowohl erfolgreich neue Wörter erlernen können (Robbins und Ehri, 1994) als auch, dass der Kontext einer Erzählung das Potential bietet, eine Lernroutine aufzubauen (Horst, 2013; Nachtigäller, Rohlfing und Mcgregor, 2013). Darüber hinaus griff die Narration für Vorschulkinder vertraute Handlungszusammenhänge auf, um das Verständnis der Erzählung zu erleichtern (Horst, Parsons und Bryan, 2011; Kim und Hall, 2002). Im Folgenden werden die einzelnen Parameter des pragmatischen Rahmens, der wiederholt wurde, und des Rahmens, der zur Variation der Lernbedingungen diente, vorgestellt. Rekurrenter pragmatischer Rahmen Alle Untersuchungsgruppen des Experiments wurden in den Sitzungen 1 und 2 mit dem rekurrenten pragmatischen Rahmen konfrontiert (vgl. Abbildung 5.1). Dies sollte den teilnehmenden Kindern ermöglichen, Wissen über das erlebte Interaktionsmuster und den Zweck der in den Rahmen eingebetteten neuen Wörter aufzubauen. Die Kinder in der Rekurrenzbedingung lernten die neuen Wörter ausschließlich im rekurrenten pragmatischen Rahmen. Der gestaltete <?page no="184"?> 184 Kapitel 5. Forschungsdesign Rahmen beinhaltete im Wesentlichen ein Format des Zeigens und Benennens, das darauf abzielte, eine Erfahrung des Interaktionspartners mit dem Kind zu teilen. Der entwickelte Rahmen umfasste dabei eine klare sequentielle, zielorientierte Struktur von Handlungen sowie eine eindeutige Verteilung der kommunikativen Rollen der Interaktionspartner. Abbildung 5.3 liefert in dieser Hinsicht einen Überblick über den sequentiellen Aufbau der Interaktion. 7 Abbildung 5.3: Sequentieller Aufbau des entwickelten rekurrenten pragmatischen Rahmens in der Kind-Roboter- Interaktion (unten) sowie in der Mensch-Mensch-Interaktion (oben). Zunächst begrüßte der Interaktionspartner das Kind, indem er sich mit seinem Namen 8 vorstellte und das Kind nach seinem Namen und seiner Lieblingsfarbe fragte. Der Interaktionspartner führte dann in die Geschichte ein, wobei er dem Kind erzählte, dass er auf dem Weg nach Paderborn Dinge gesehen habe, die besondere Farben gehabt hätten, deren Namen ihm neu gewesen seien und die er dem Kind gerne zeigen würde. Nachdem das Kind gefragt wurde, ob es 7 Das Skript mit dem spezifischen multimodalen Verhalten des Interaktionspartners des Kindes während der Trainings- und Testsituationen ist im Open Science Framework unter https: / / osf.io/ fc6uw/ verfügbar. 8 Der Roboter stellte sich mit dem Namen „Nao“ vor. Der menschlichen Interaktionspartner stellte sich mit dem Namen „Camilla“ vor. <?page no="185"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 185 sich die Bilder gemeinsam anschauen wolle, was von allen Versuchspersonen bejaht wurde, lud der Interaktionspartner das Kind ein, ein Stück nach vorne zu den Bildern zu gehen. Diese Komponente innerhalb des pragmatischen Rahmens diente dazu, sich an einem Verhalten zu orientieren, wie es auch in natürlichen Betrachtungssituationen von Bildern zwischen Kind und Bezugsperson vorkommt (Letourneau u. a., 2017). Die Referenten der neuen Wörter wurden als Bilder an der Wand präsentiert und waren jeweils mit einem kleinen Tuch bedeckt. Im Konkreten referierte jedes Zielwort auf eine spezifische Farbe als Merkmal des jeweiligen Objektes. In Vorbereitung auf die Benennung der Zielwörter bat der Interaktionspartner das Kind nun, die Bilder nacheinander aufzudecken, um das Kind zugleich zu involvieren, aktiv zum Ziel der Interaktion beizutragen. Welches Bild das Kind aufdecken sollte, zeigte der Interaktionspartner mit Zeigegesten an. Nach dem jeweiligen Aufdecken des Referenten erfolgte die Benennung des Zielwortes, indem die Farbe des abgebildeten Objektes dreimal benannt wurde und die Bildung des Kompositums hervorgehoben wurde. Untenstehend findet sich eine exemplarische Benennung für eines der sechs Items ( „korallenrot“ ), wobei in eckigen Klammern die nonverbalen Verhaltensweisen des Interaktionspartners markiert sind: Oh schau mal! [+ Zeigegeste] Da ist ein Haus, das ich auf meiner Reise gesehen habe. Das Haus ist so rot wie eine Koralle! Das ist korallenrot. [+ Zeigegeste] [Koordinierender Blick zwischen Kind und Zielobjekt +] Siehst du? Das ist korallenrot. Ich hatte noch nie vorher ein korallenrotes Haus gesehen. Nachdem alle sechs Referenten auf eine vergleichbare Weise benannt worden waren, bedankte sich der Interaktionspartner bei dem Kind für dessen Besuch <?page no="186"?> 186 Kapitel 5. Forschungsdesign und beendete die Situation. Die Gestaltung des referentiellen und syntaktischen Verhaltens bei der Benennung orientierte sich zudem an Befunden, die nahelegen, dass Kinder im Vorschulalter neue Adjektive am erfolgreichsten lernen, wenn das Adjektiv in Verbindung mit einem Nomen und nicht nur mit einem Pronomen genannt wird (Mintz und Gleitman, 2002). Wie das genannte Beispiel der Benennsituation und Abbildung 5.3 verdeutlicht, wurde bei der Gestaltung des pragmatischen Rahmens zudem angestrebt, zu berücksichtigen, dass der sequentiell strukturierte Austausch zwischen Gesprächspartnern ein inhärent multimodales Phänomen ist (Levinson, 2016; Rohlfing u. a., 2019). So führte der Interaktionspartner des Kindes eine Reihe von Handlungen aus, die sich an einem typischen sequentiellen Bezeichnungsverhalten eines Referenten orientierten (Rohlfing u. a., 2016; Vollmer u. a., 2016) und begleitete z.B. die Benennsituation der neuen Wörter mit Zeigegesten zu spezifischen Zeitpunkten, die mit der Benennung der neuen Farbwörter synchronisiert waren, um die Aufmerksamkeit des Kindes zu koordinieren und eine gemeinsame Referenz herzustellen (Booth, McGregor und Rohlfing, 2008; Farrant und Zubrick, 2012). Im Einzelnen verwies der Interaktionspartner während jeder Benennsituation zweimal mit einer Zeigegeste auf den Referenten. Da neben dem gestischen Verhalten auch das Blickverhalten der Partner innerhalb einer Interaktion von zentraler Bedeutung ist, insbesondere wenn sich die Interaktionspartner in referentieller Kommunikation befinden (Brooks und Meltzoff, 2008; Nomikou u. a., 2016), d.h. sich über eine bestimmte Entität austauschen, wurde auch das Blickverhalten systematisch in der sequentiellen Struktur des pragmatischen Rahmens adressiert. In diesem Zusammenhang und in Anlehnung an Befunde hinsichtlich eines typischen sequentiellen Verhaltens in Eltern-Kind-Interaktionen (Estigarribia und Clark, 2007) koordinierte der Interaktionspartner in jeder Benennsituation einmal seinen Blick zwischen dem Kind und dem Referenten, begleitet von einer ergänzenden Frage ( „Siehst du? “ ), gefolgt von der Benennung des Referenten. Dies orientierte sich auch an <?page no="187"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 187 Erkenntnissen, die zeigen, dass, wenn sich Bezugspersonen mit ihren Kindern über ein Objekt austauschen, die Interaktionspartner ihre Blicke aufeinander abstimmen und der Blick zwischen dem geteilten Objekt und dem Partner hin und her wechselt und wesentlich zur Aufmerksamkeitsorganisation im Dialog beiträgt (Sinha, 2004; Bakeman und Adamson, 1984). Die Interaktionsstruktur des beschriebenen pragmatischen Rahmens wurde in Sitzung 2 für alle Untersuchungsgruppen und in Sitzung 3 für die Rekurrenzbedingung unverändert wiederholt. Die einzigen Anpassungen betrafen eine modifizierte Begrüßung und Verabschiedung sowie eine geringfügig veränderte Benennsituation, die das erneute Betrachten der Objekte sprachlich markierte (vgl. „Da ist ein Haus, das ich. . . “ vs. „Da ist wieder das Haus, das ich. . . “ ). Kontrastiver pragmatischer Rahmen Die Entwicklung eines weiteren pragmatischen Rahmens diente dazu, den teilnehmenden Kindern in der Variationsbedingung und der Variationsbedingung Mensch in ihrem langfristigen Wortlernprozess einen Kontrast zu der zuvor erlebten Interaktion zu bieten. Damit sollte eine systematische Variation der Interaktionserfahrung ermöglicht werden, in deren Rahmen die Kinder den neuen Wörtern begegnen. Dieses Ziel warf grundlegende, bislang unbeantwortete methodologische Herausforderungen auf, die sich im Kern um die Frage drehten, welchen Grad an struktureller Veränderung ein variierender pragmatischer Rahmen bzw. eine kontrastive Lernbedingung beinhalten sollte. Vor dem Hintergrund der thematisierten Befunde, dass sich eine zu starke Variation der Lernbedingungen nachteilig auf den kindlichen Wortlernprozess auswirken kann (vgl. Kapitel 2.6.2), wurde der Ansatz verfolgt, von substantiellen Veränderungen in der zuvor erfahrenen sequentiellen Struktur abzusehen und spezifische Handlungen stabil zu erhalten, aber dennoch in Anknüpfung an vorherige <?page no="188"?> 188 Kapitel 5. Forschungsdesign Arbeiten die pragmatischen Anforderungen an das Kind innerhalb der Interaktion systematisch zu verändern (Rohlfing, Poblete und Joublin, 2013), indem sowohl das Ziel als auch spezifische Elemente innerhalb der interaktiven Struktur im kontrastiven pragmatischen Rahmen variiert wurden. In diesem Zusammenhang wurde ein pragmatischer Rahmen gestaltet, der an die Erzählung des rekurrenten pragmatischen Rahmens anknüpfte und auch einem ähnlichen sequentiellen Aufbau folgte (vgl. Abbildung 5.4). Abbildung 5.4: Sequentieller Aufbau des entwickelten kontrastiven pragmatischen Rahmens in der Kind-Roboter- Interaktion (unten) sowie in der Mensch-Mensch-Interaktion (oben). Zunächst begrüßte der Interaktionspartner das Kind erneut, teilte ihm aber in der folgenden einführenden Erzählung mit, dass er bald weiterreisen werde, seinen Koffer dabei habe und die Hilfe des Kindes benötige, um wieder alle Abbildungen der Gegenstände mit den besonderen Farben in seinem Koffer zu haben. In der anschließenden Vorbereitung der Benennsituation fanden die Kinder zudem eine veränderte räumliche Anordnung der Referenten vor, die nun nicht mehr an der Wand hingen, sondern auf dem Boden positioniert waren, was eine kontrastive Lokalisierung der Zielentität im referentiellen Bereich durch die Kinder erforderte. Die Reihenfolge der Referenten blieb hingegen für jedes Kind <?page no="189"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 189 konstant. Die Kinder deckten nun wieder nacheinander die sechs Referenten auf und der Interaktionspartner benannte jeweils die Zielwörter in Form der morphologisch komplexen Farbwörter. Während der jeweiligen Benennsituation wurde jedoch ein weiterer Kontrast implementiert und das Ziel sowie die pragmatischen Anforderungen änderten sich dahingehend, dass nicht mehr nur eine gemeinsame Betrachtung der Referenten erfolgte, sondern die Kinder in ihrer kommunikativen Rolle dem Interaktionspartner helfen sollten, das genannte Bild in den Koffer des Interaktionspartners zu legen. Das an das Kind gerichtete Verhalten gestaltete sich wie folgt, wobei die letzte Äußerung von der den Kindern bekannten Benennsituation abwich (am Beispiel des Items „korallenrot“ ): Oh schau mal! [+ Zeigegeste] Da ist wieder das Haus, das ich auf meiner Reise gesehen habe. Das Haus ist so rot wie eine Koralle! Das ist korallenrot. [+ Zeigegeste] [Koordinierender Blick zwischen Kind und Zielobjekt +] Siehst du? Das ist korallenrot. Kannst du mir das Bild mit dem korallenroten Haus in meinen Koffer legen? Nachdem die Benennung der Referenten abgeschlossen war, bedankte sich der Interaktionspartner bei dem Kind für seine Hilfe und beendete die Situation. Die im kontrastiven pragmatischen Rahmen eingesetzten nonverbalen Verhaltensweisen blieben im Vergleich zum rekurrenten pragmatischen Rahmen konstant: D.h., sowohl der Zeitpunkt und die Anzahl der verwendeten Zeigegesten als auch die Parameter des koordinierenden Blickverhaltens blieben unverändert. <?page no="190"?> 190 Kapitel 5. Forschungsdesign 5.2.5 Testungen zur Erfassung der Lernergebnisse Unabhängig von der systematisch gestalteten Interaktionshistorie und den erlebten Lernbedingungen erfuhren alle Versuchspersonen eine strukturell vergleichbare Testsituation in Sitzung 3 und 4 (vgl. Abbildung 5.1). Im Gegensatz zu methodischen Ansätzen, bei denen der Interaktionspartner im Rahmen des Tests wechselt oder das Wissen z.B. in einer virtuellen Umgebung über einen Bildschirm abgefragt wird (bspw. Vogt u. a. (2019)), wurde in der vorliegenden Untersuchung zur Erfassung des Lernerfolgs der Ansatz verfolgt, dass der Interaktionspartner in der Testsituation mit dem Interaktionspartner im Training identisch ist. Dementsprechend wurde der Test von dem sozialen Roboter oder der menschlichen Interaktionspartnerin durchgeführt, mit dem die Kinder während des Trainings interagiert hatten. Damit sollten auch Erkenntnisse und mögliche Auswirkungen berücksichtigt werden, die einen negativen Effekt auf die Wortabruffähigkeiten von Vorschulkindern nahelegen, wenn der Interaktionspartner in Trainings- und Testsituation wechselt (Goldenberg und Sandhofer, 2013b). 9 Die pragmatische Rahmung des Tests basierte auf einer für Vorschulkinder vertrauten Aktivität, die einer gemeinsamen Bilderbuchlesesituation in einer Dyade nachempfunden war. In diesem Setting wurde der Wortlernerfolg des Kindes durch den Interaktionspartner abgefragt. Das Design dieses Formats wird im Folgenden beschrieben. 5.2.5.1 Design der Testsituation Die Umsetzung der Testung im Rahmen einer gemeinsamen Bilderbuchlesesituation zwischen Interaktionspartner und Kind unterlag mehreren methodologischen Erwägungen und Gesichtspunkten. Zum einen zeichnet sich das Format einer Bilderbuchlesesituation dadurch aus, dass die Interagierenden typischerweise kommunikative Handlungen ausführen, die einer klaren sequentiellen 9 Siehe jedoch Tolksdorf u. a. (2022) für eine Diskussion dieses Phänomens im Zusammenhang einer Kind-Roboter-Interaktion. <?page no="191"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 191 Struktur folgen (Ece Demir-Lira u. a., 2019) und dass das Format an bestehende interaktive Erfahrungen des Kindes anknüpfen kann, so dass die Pragmatik den Kindern vertraut ist und sie den kommunikativen Anforderungen gerecht werden können (Rohlfing, 2019, p. 144). In diesem Zusammenhang bestätigten alle Eltern der teilnehmenden Kinder, dass ihr Kind über eine gewisse Routine mit dem Format verfüge und mindestens einmal täglich im Alltag Erfahrungen in einer (Bilder-)Buchlesesituation mache. Zum anderen ist eine Bilderbuchlesesituation leicht wiederholbar, was angesichts der Zielsetzung, zwei Testungen des Wissens durchzuführen, von Bedeutung war. Darüber hinaus zeigen Untersuchungen, dass die Einbettung eines Tests in eine gemeinsame Bilderbuchlesesituation sowohl in Mensch-Mensch-Interaktionen (Heller und Rohlfing, 2017) als auch in Kind-Roboter-Interaktionen (Grimminger und Rohlfing, 2017) erfolgreich erprobt wurde. Das entwickelte Testformat folgte einem sequentiellen Aufbau, wie in Abbildung 5.5 dargestellt. Für den Test wurden zwei Bilderbücher entwickelt, eines zur Überprüfung der produktiven Fähigkeiten und eines zur Überprüfung der rezeptiven Fähigkeiten (vgl. Abbildung 5.6). 10 Beide Bücher wurden zu Beginn der Tests vor das Kind und seinen Interaktionspartner gelegt und enthielten jeweils die Abfrage der Trainingssowie der Generalisierungsitems. Die Reihenfolge der Abfrage der Trainings- und Generalisierungsitems wurde randomisiert. Im Konkreten führte der Interaktionspartner zunächst in die Bilderbuchlesesituation ein, indem er auf die Bücher zeigte und dem Kind vorschlug, sich diese anzuschauen. In der Einführung der Bilderbuchlesesituation wurde zudem in sinnvoller Weise an die Erzählung in der Trainingssituation angeknüpft, indem der Interaktionspartner dem Kind mitteilte, dass er zwei Bilderbücher von seiner Reise gemacht habe, die er gerne mit dem Kind anschauen würde. 10 Eine weiterführende detaillierte Darstellung der einzelnen Seiten inklusive der einzelnen Items findet sich in Appendix C. <?page no="192"?> 192 Kapitel 5. Forschungsdesign Abbildung 5.5: Sequentieller Aufbau des entwickelten Testformats in der Kind-Roboter-Interaktion (unten) sowie in der Mensch-Mensch-Interaktion (oben). In der nächsten Phase bereitete der Interaktionspartner die gemeinsame Bilderbuchlesesituation vor, indem er das Kind einlud, sich neben ihn zu setzen und es sich bequem zu machen, was an eine übliche Praxis in Eltern-Kind- Interaktionen anknüpft, Bücher gemeinsam in einer komfortablen Position zu lesen (Strouse, Troseth und Stuckelman, 2023). Zudem bat der Interaktionspartner das Kind, eines der Bücher auf der ersten Seite aufzuschlagen und vor beide zu legen. Um sicherzustellen, dass das Kind das vorgesehene Buch auswählte, war eines der Bücher auf der Vorderseite mit einer Markierung versehen. Die Position, wo das Kind die Bücher hinlegen sollte, wurde durch eine Zeigegeste verdeutlicht. Produktion Die produktiven Fähigkeiten der Kinder wurden stets zuerst abgefragt. Diese Reihenfolge wurde gewählt, um eine erneute Exposition der Zielwörter im Rahmen des rezeptiven Tests zu vermeiden. Anschließend betrachteten der Interaktionspartner und das Kind die einzelnen Seiten des Buches. Zunächst erfolgte die Messung der Retentionsfähigkeiten , indem erfasst wurde, ob die Kinder in der <?page no="193"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 193 Abbildung 5.6: Im Test verwendete Bilderbücher zur Überprüfung der produktiven Fähigkeiten (oben) und zur Überprüfung der rezeptiven Fähigkeiten (unten). Lage waren, die gelernten Farbwörter nach Ablauf der Zeit produktiv abzurufen. Dazu wurde auf den Seiten 2-7 des Buches jeweils eines der sechs Objekte abgebildet, deren Farbe zuvor im Training benannt worden war. Das Verständnis des Procedere der Abfrage wurde auf der ersten Seite des Buches überprüft, indem ein Familiarisierungsitem in Form eines neuen Objektes präsentiert wurde und der Interaktionspartner das Kind nach der Farbe des Objektes fragte (vgl. Appendix C). Keines der Kinder zeigte Verständnisschwierigkeiten bei dieser Aufgabe. Während der Testung der trainierten Wörter sprach der Interaktionspartner mit dem Kind jeweils über das entsprechende Objekt und elizitierte das <?page no="194"?> 194 Kapitel 5. Forschungsdesign Zielwort, während er seinen Blick zwischen dem Kind und dem abgebildeten Objekt koordinierte, wenn das Objekt auf der Buchseite zum ersten Mal aufgeschlagen wurde. Eine exemplarische Äußerung zu einem aufgeschlagenen Objekt lautete wie folgt (am Beispiel des Items „korallenrot“ ): Oh, da ist das Haus, das wir gesehen haben! Kannst du dich noch erinnern, wie die Farbe des Hauses heißt? Sobald das Kind eine Antwort gegeben hatte, gab der Interaktionspartner ein neutrales Feedback ( „Danke! “ ) und forderte das Kind auf, die nächste Seite aufzuschlagen. Wenn das Kind (verbal oder nonverbal) signalisierte, dass es sich nicht mehr an den Namen der Farbe erinnerte (z.B. durch Kopfschütteln), gab der Interaktionspartner ebenfalls neutrales Feedback und antwortete „Alles klar, gucken wir einfach mal weiter! “ . In den Fällen, in denen innerhalb von 10 Sekunden keine Antwort des Kindes erfolgte, wiederholte der Interaktionspartner seine Frage mit den Worten „Na, weißt du noch, wie die Farbe des X heißt? “ . Wenn nach weiteren 10 Sekunden keine Antwort erfolgte, wurde ein neutrales Feedback in der Form gegeben, als hätte das Kind angegeben, sich nicht an das Zielwort erinnern zu können. Im Anschluss an die Testung der sechs Trainingsitems, wurden auf vier weiteren Seiten des Buches die Generalisierungsitems betrachtet. Hierbei wurden die Generalisierungsfähigkeiten der Kinder in den Blick genommen und überprüft, ob die Kinder in der Lage waren, die Farbwörter produktiv auf neue Objekte zu übertragen und ob sie das gelernte Wortbildungsmuster der Komposition produktiv auf neue Farbwörter anwenden konnten, wenn ihnen zwei Konstituenten eines Kompositums getrennt genannt wurden. Im Rahmen der Überprüfung der Generalisierungsfähigkeiten blätterten die Kinder nacheinander jeweils eine Seite auf, auf der ein neues Objekt abgebildet war, das jedoch eine trainierte Farbe hatte. Der Interaktionspartner elizitierte die Zielwörter hierbei nach dem folgenden Schema: <?page no="195"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 195 Da ist noch ein X, das ich auch auf meiner Reise gesehen habe. Weißt du noch, wie die Farbe des X heißt? Auf den letzten beiden Seiten des Buches wurde die Generalisierungsfähigkeit in Bezug auf die Anwendung des vermittelten Wortbildungsmusters der Komposition überprüft. Hierbei begegneten den Kindern aus dem Training bekannte Objekte, die jedoch eine unbekannte Farbe hatten. Gemäß dem im Training vermittelten Muster wurden den Kindern hier zwei Konstituenten eines Kompositums genannt, die jedoch getrennt waren. Die Anforderung bestand darin, die Konstituenten adäquat zu einem Kompositum zusammenzusetzen. Die Elizitation der Erbringung der Komposition wurde auf folgende Weise durchgeführt (am Beispiel des Items „veilchenviolett“ ): Oh, guck mal, was da ist! Auf meiner Reise hatte ich noch dieses Haus gesehen. Das Haus ist so violett wie ein Veilchen. Was meinst du, wie die Farbe des Hauses heißt? Die Gestaltung des Feedbacks war vergleichbar mit jener im Zusammenhang der Trainingsitems. Rezeption Wenn das Ende des ersten Buches erreicht war, bat der Interaktionspartner das Kind, das zweite Buch auf der ersten Seite aufzuschlagen. Um die Retentionsfähigkeiten rezeptiv zu testen, enthielt das zweite Bilderbuch auf den Seiten 2-7 jeweils vier farblich unterschiedliche Abbildungen eines Zielobjektes aus dem Training. Das Verständnis des Procedere der Abfrage wurde auch hier auf der ersten Seite des Buches überprüft (vgl. Appendix C). Wie schon beim produktiven Test zeigte keines der Kinder Verständnisschwierigkeiten bei dieser Aufgabe. Das Schema des rezeptiven Tests orientierte sich an bewährten methodischen Umsetzungen eines Verständnistests, bei dem die Kinder i.d.R. eine Auswahl treffen und etwa aus einer Reihe von Objekten ein Zielobjekt auswählen <?page no="196"?> 196 Kapitel 5. Forschungsdesign müssen (siehe z.B. Horst und Samuelson (2008)). Die pragmatische Rahmung des Tests der rezeptiven Fähigkeiten beinhaltete, dass der Interaktionspartner dem Kind zu Beginn mitteilte, dass sie nun ein Spiel spielen würden, und dass das Kind immer mit dem Finger auf die besondere Farbe zeigen solle, die der Interaktionspartner nennen würde. Die Kinder mussten also jeweils mit einer Zeigegeste eine Auswahl bezüglich eines der vier Objekte treffen. Eines der Objekte hatte immer die Farbe des Zielwortes (z.B. korallenrot). Bei den drei Ablenkern handelte es sich um ein Objekt mit einer trainierten Farbe (z.B. quittengelb), ein Objekt mit einer semantisch entfernten Farbe (z.B. grün) und ein Objekt mit einer semantisch nahen Farbe (z.B. hellrosa). Die semantische Ferne/ Nähe wurde durch die Abweichung des Ablenkers im Farbspektrum vom Zielwort bestimmt. Ebenso wie beim produktiven Test gab der Interaktionspartner auch beim rezeptiven Test ein neutrales Feedback ( „Danke! “ ). Das Verständnis der Zielwörter wurde wie folgt abgefragt: Kannst du einmal auf das X zeigen, das [gelerntes Farbwort] ist? Die Testung der rezeptiven Generalisierungsfähigkeiten erfolgte nach einem ähnlichen Verfahren, wobei die Kinder auf zwei weiteren Seiten des Buches zwei neue Objekte präsentiert bekamen, die wiederum jeweils vierfach abgebildet waren und sich farblich unterschieden. Die Kinder wurden hier erneut aufgefordert, auf das Objekt zu zeigen, das eine Farbe aufwies, auf die sich das genannte trainierte Farbwort bezog. Da die Generalisierungsfähigkeit im Hinblick auf die Bildung eines Kompositums notwendigerweise die Produktion des Wortes voraussetzt, wurde diese Art von Test im rezeptiven Test nicht durchgeführt. Nachdem die letzte Seite des Buches behandelt worden war, bedankte sich der Interaktionspartner bei dem Kind für das gemeinsame Anschauen der Bücher und beendete die Situation. <?page no="197"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 197 Die Struktur des beschriebenen Testformats wurde in Sitzung 4 für alle Untersuchungsgruppen unverändert wiederholt. Die einzigen Modifikationen betrafen eine veränderte Einführung in die Bilderbuchlesesituation und eine angepasste Verabschiedung. So markierte der Interaktionspartner in der Einführung in Sitzung 4 sprachlich etwa das erneute Betrachten der Bilderbücher (vgl. bspw. „Schauen wir uns die Bücher mal an. . . “ vs. „Schauen wir uns die Bücher mal wieder an. . . “ ; siehe auch Skript der Dialogführung: https: / / osf.io/ fc6uw/ ). 5.2.6 Design des dialogischen Verhaltens des sozialen Roboters Die Entwicklung des Dialogdesigns folgte einer interaktionistischen Perspektive mit dem Ziel, eine ko-konstruierte Interaktion zu ermöglichen, in die das Wortlernen der an der Studie teilnehmenden Kinder eingebettet werden konnte. Zentrale Elemente waren dabei a) die Implementierung einer Dialogführung, die multimodal ist, und b) die Entwicklung einer sequentiellen, zielorientierten Struktur (vgl. Kapitel 5.2.4 und 5.2.5) unter Berücksichtigung eines größtmöglichen kontingenten Verhaltens (vgl. Kapitel 5.2.1). • Multimodalität. Mit der Gestaltung einer multimodalen Dialogführung sollte an die Befundlage angeknüpft werden, dass sich die Organisation der Interaktion zwischen einem Kind und seiner Bezugsperson über eine Bandbreite unterschiedlicher Modalitäten erstreckt (Holler und Levinson, 2019; Marcos, 1991; Rohlfing u. a., 2016; Rohlfing, Grimminger und Lüke, 2017) (siehe auch Kapitel 2.4). Dies ist besonders zu berücksichtigen, wenn es sich um interaktive Lernumgebungen handelt, an denen Kinder im Vorschulalter beteiligt sind, deren Sprachentwicklung im Gange ist und deren sich entwickelnde sprachliche Fähigkeiten äußerst variabel ausgeprägt sein können. In diesem Zusammenhang zeigt die Entwicklungsforschung, dass Kinder eine Vielzahl kommunikativer Mittel verwenden und dabei in der Interaktion häufig auf nonverbale Modalitäten zurückgreifen, wobei <?page no="198"?> 198 Kapitel 5. Forschungsdesign sie aber auch ebenso auf diese Signale im Interaktionsgeschehen angewiesen sind, insbesondere wenn sie mit komplexen kommunikativen Aufgaben konfrontiert werden, wie z.B. dem Abrufen eines Wortes aus dem Gedächtnis (Doherty-Sneddon und Kent, 1996; Phelps, Doherty-Sneddon und Warnock, 2006). So antwortet ein Kind, wenn ihm eine Frage gestellt wird, häufig mit gestischen Verhaltensweisen wie einem Kopfschütteln oder mit Zeigegesten, die auf Entitäten im Kontext der Interaktion verweisen. Dies ermöglicht es einem Kind nicht nur, einen kommunikativen Beitrag im laufenden Dialog möglicherweise einfacher zu leisten, als dies mit einer verbalen Antwort zu erreichen wäre (Clark und Lindsey, 2015), sondern verdeutlicht auch, dass Kinder sich durchaus darüber bewusst sein können, was sie in einer Interaktion mitteilen wollen, jedoch häufig eine nonverbale Modalität präferieren, um ihre Absichten mitzuteilen (Casillas, Bobb und Clark, 2016; Rohlfing, Grimminger und Lüke, 2017). Ein Dialogdesign, das nicht berücksichtigt, dass Kinder multimodal kommunizieren, birgt daher die Anfälligkeit, den kommunikativen Bedürfnissen von Kindern nicht gerecht zu werden (Tolksdorf u. a., 2021b). Vor diesem Hintergrund adressierte der entwickelte Dialog systematisch verschiedene kommunikative Modalitäten der Kinder, wie z.B. nonverbale Verhaltensweisen (z.B. ein Nicken), wenn der Roboter im Rahmen der Lernbedingungen die Geschichte einführte und das Kind fragte, ob es die Bilder gemeinsam anschauen wolle, oder im Rahmen der Testaufgabe, wenn das Kind z.B. bei der Produktionsaufgabe mit einem Kopfschütteln antwortete und signalisierte, dass es sich nicht mehr an das Wort erinnern könne. Eine breite Evidenz zeigt zudem, dass kommunikative Modalitäten wie Gesten essentiell sind, sowohl für den Sprechenden als auch für den Interaktionspartner, besonders beim Sprachlernen von Kindern (Goldin-Meadow, 2005; Goldin-Meadow u. a., 2007; Rohlfing, Grimminger <?page no="199"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 199 und Nachtigäller, 2015). Eine wichtige Funktion von Gesten ist die Etablierung gemeinsamer Aufmerksamkeitsbezüge, die den Austausch von Wissensinhalten und das Erlernen neuer Wörter erleichtern, wenn sich ein Objekt im gemeinsamen visuellen und mentalen Fokus befindet (Rohlfing u. a., 2016; Farrant und Zubrick, 2012; Valenzeno, Alibali und Klatzky, 2003) (siehe Kapitel 2.3.2.1). Darüber hinaus ist das Blickverhalten der Interaktionspartner zentral für die Kommunikation, es unterstützt die Koordination im Dialog und ist entscheidend beim referentiellen Austausch über Objekte (Goodwin, 1980; Levinson, 2016; Kidwell, 2009; Bakeman und Adamson, 1984). • Ko-konstruierte sequentielle Struktur. Auf dem Gebiet der Kind- Roboter-Interaktion ist es ein aktuelles Forschungsgebiet, zu untersuchen, wie verschiedene kommunikative Verhaltensweisen, die in Mensch- Mensch- Interaktionen natürlich auftreten, von Robotern genutzt werden können und sollten (Vogt u. a., 2019; Vogt u. a., 2017). Verschiedene Arbeiten zeigen, dass Kinder beim Lernen von Wörtern spezifische nonverbale Hinweise wie etwa das Blickverhalten eines Roboters in ähnlicher Weise berücksichtigen wie in einer Interaktion mit menschlichen Gesprächspartnern (Breazeal u. a., 2016; Kory Westlund u. a., 2017a; Verhagen u. a., 2019a) und dass Gesten beim Wortlernen mit sozialen Robotern unterstützend wirken können (Wit u. a., 2020). Zugleich existieren aber auch Hinweise darauf, dass eine bloße Steigerung der sozialen Verhaltensweisen eines Roboters in der Interaktion zwischen Kind und Roboter nicht notwendigerweise positive Auswirkungen auf die Interaktion oder Lerneffekte hat, sondern im Gegenteil ablenkend und störend auf die Interaktion wirken können (Yadollahi u. a., 2018; Kennedy, Baxter und Belpaeme, 2015a; Kennedy, Baxter und Belpaeme, 2015b; Kennedy u. a., 2017; Belpaeme u. a., 2018). Dies ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass in natürlichen Mensch-Mensch-Interaktionen die multimodalen Beiträge <?page no="200"?> 200 Kapitel 5. Forschungsdesign der Interaktionspartner ein sequentielles Muster bilden, das gemeinsam konstruiert wird, und dass die Partner spezifische Handlungen innerhalb der Sequenz erwarten, während Abweichungen als irritierend empfunden werden können (Heller und Rohlfing, 2017; Bruner, 1983; Rohlfing u. a., 2016) (vgl. auch Kapitel 2.4.1). Im Hinblick auf das Dialogdesign einer Kind-Roboter-Interaktion lässt sich daraus ableiten, dass eine wesentliche Anforderung darin besteht, soziale Verhaltensweisen zu implementieren, die sowohl zeitlich als auch kontextuell mit der erwarteten sequentiellen Struktur des jeweiligen kommunikativen Formats übereinstimmen (Tolksdorf und Mertens, 2020). Auf dieser Grundlage orientierte sich die Entwicklung des Dialogs an einer charakteristischen multimodalen Interaktionsstruktur, die der pragmatischen Rahmung der verwendeten Lernbedingungen und Testformate Rechnung trug und die Aufgabe des Wortlernens als grundsätzlich kollaborative soziale Handlung zwischen den Interaktanten versteht (Rohlfing u. a., 2016). Abbildung 5.7 visualisiert in diesem Zusammenhang die Kernelemente des entwickelten Dialogdesigns, in dessen Rahmen sich die Interaktion über verschiedene Modalitäten erstreckt und zwischen den Partnern ko-konstruiert wird. So forderte der Roboter das Kind während des Trainings auf, die Zielobjekte aufzudecken und zum Ziel der Interaktion beizutragen (siehe Abbildung 5.7 A ). Darüber hinaus führte der Roboter verschiedene Handlungen aus, wie z.B. die Begleitung seiner verbalen Äußerungen durch Zeigegesten (siehe Abbildung 5.7 B ). Die Produktion der Zeigegesten wurde dezidiert entsprechend der sequentiellen Struktur innerhalb des pragmatischen Rahmens implementiert, so dass der Roboter z.B. die Äußerung „Oh, schau mal“ nach dem Aufdecken eines Zielobjektes und der Benennung der zu lernenden Wörter (z.B. „Das ist X“ ) synchron mit Zeigegesten begleitete. Dies diente dazu, die Aufmerksamkeit des Kindes zu koordinieren und einen gemeinsamen Aufmerksamkeitsbezug herzustellen. In ähnlicher Weise koordinierte der Roboter seinen Blick zwischen dem Kind <?page no="201"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 201 Abbildung 5.7: Das entwickelte Dialogdesign, (A) bei dem das Kind aktiv zum Ziel der Interaktion beiträgt, (B) der Roboter Gesten einsetzt, um die gemeinsame Aufmerksamkeit zu initiieren, (C) der Roboter das Blickverhalten zwischen dem Zielobjekt und dem Kind koordiniert und (D) das vermittelte Wissen während einer gemeinsamen Bilderbuchlesesituation abfragt. und den Referenten der Zielwörter, um ein referentielles Dreieck innerhalb der Interaktion zu etablieren (siehe Abbildung 5.7 C ) (Sinha, 2004). Dies erfolgte sowohl im Training bei der Benennung jedes Zielwortes einmal synchron mit der verbalen Äußerung „Siehst du? “ als auch im Rahmen der gemeinsamen Bilderbuchlesesituation beim Aufschlagen einer neuen Buchseite (siehe Abbildung 5.7 D ). Schließlich zeichnete sich die entwickelte Dialogführung auch dadurch aus, dass sich der robotische Interaktionspartner während der Interaktion im Raum fortbewegte. Dementsprechend lud der Roboter das Kind nach der Begrüßung <?page no="202"?> 202 Kapitel 5. Forschungsdesign ein, ein Stück nach vorne zu gehen, um gemeinsam die Zielobjekte zu betrachten und wechselte nach der Benennung der ersten vier Zielwörter erneut seine Position. Diese Designentscheidung wurde nicht nur getroffen, um die Interaktion natürlicher zu gestalten (Letourneau u. a., 2017), sondern auch, um die physische Präsenz des Roboters gezielt zu nutzen (Berghe u. a., 2019; Kennedy, Baxter und Belpaeme, 2015b). Abbildung 5.8 zeigt den Bewegungspfad des Roboters in den Trainingssituationen. Position 1 markiert die Anfangsposition des Roboters während der Begrüßung, Position 2 markiert die Position, von der aus die ersten vier Zielwörter benannt wurden, und Position 3 markiert die Position, von der aus die letzten beiden Zielwörter benannt wurden und die Situation beendet wurde. Abbildung 5.8: Pfad der Bewegung des Roboters in den Trainingssituationen. Über die beschriebenen Kernelemente hinaus findet sich ein detailliertes Skript der entwickelten Dialogführung im Open Science Framework unter https: / / osf.io/ fc6uw/ . <?page no="203"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 203 5.2.7 Design der Kontrollbedingung mit einem menschlichen Interaktionspartner In Anbetracht des Ziels der vorliegenden Arbeit, neue Erkenntnisse über den graduellen Wortlernprozess unter rekurrenten und variierenden Kontextbedingungen im Sinne der pragmatic frames unter Einbeziehung sozialer Roboter als methodischem Instrument zu gewinnen, wurde darüber hinaus angestrebt, Aussagen darüber treffen zu können, inwieweit beobachtbare Lerneffekte als Folge der Lernbedingungen auch in einer vergleichbaren Mensch-Mensch-Interaktion auftreten. Ausschlaggebend für diese vergleichende Betrachtung waren im Wesentlichen zwei Gesichtspunkte, die sich aus der vorhandenen Forschungsliteratur ergeben: Einerseits, um Überlegungen zu adressieren, die dafür plädieren, Lernerfolge im Bereich des Sprachlernens in Interaktionen mit sozialen Robotern im Vergleich zu menschlichen Interaktionspartnern zu evaluieren, da die Fähigkeit des Sprachlernens als ein zutiefst soziales und menschliches Konstrukt zu betrachten sei und die Lernbedingungen in einer Kind-Roboter-Interaktion möglicherweise nicht die natürlichen Sprachlernprozesse von Kindern widerspiegeln könnten (Serholt u. a., 2014; Westlund u. a., 2015, p. 1). Andererseits, um mögliche Neuheitseffekte in Bezug auf die Art des sozialen Partners in Form des eingesetzten Roboters zu berücksichtigen (Kanero u. a., 2018) (vgl. auch Kapitel 3.2). Das vor diesem Hintergrund entwickelte Design der Variationsbedingung Mensch orientierte sich strukturell größtmöglich an den Lernbedingungen, die in der Kind-Roboter-Interaktion im Rahmen der Experimentalgruppe der Variationsbedingung vorherrschten (vgl. auch Kapitel 5.2.4). Um jedoch das entwickelte Interaktionsdesign des Versuchsaufbaus mit dem Roboter mit dem des menschlichen Interaktionspartners vergleichbar zu gestalten, bedurfte es spezifischer methodologischer Entscheidungen, die unter anderem das verbale, nonverbale und pragmatische Verhalten des menschlichen Interaktionspartners betrafen. So wurde zunächst die Entscheidung getroffen, dass ebenso wie in der <?page no="204"?> 204 Kapitel 5. Forschungsdesign Kind-Roboter-Interaktion auch in der Mensch-Mensch-Interaktion der soziale Partner in allen Sitzungen konstant bleiben sollte, d.h. es interagierte stets die gleiche Person mit den Kindern. Um sich darüber hinaus einer Vergleichbarkeit hinsichtlich der Neuartigkeit des Roboters als ungewohntem Interaktionspartner anzunähern, wurde eine Nichtmuttersprachlerin als Interaktionspartnerin des Kindes gewählt. Diese Entscheidung basierte auch darauf, zugleich die pragmatische Rahmung des narrativen Settings, in die das Wortlernen eingebettet war, für das Kind vergleichbar plausibel zu gestalten. Da die menschliche Interaktionspartnerin keine deutsche Muttersprachlerin war, erschien es plausibel, dass sie die neuen Wörter erst kürzlich gelernt hatte und mit dem Kind teilen wollte. In diesem Zusammenhang wurde die gleiche Narration sowie die gleichen Stimuli wie in den Kind-Roboter-Interaktionen verwendet, wobei nur geringfügige Änderungen vorgenommen wurden, um die Geschichte an eine Mensch-Mensch-Interaktion zu adaptieren. So stellte sich die menschliche Interaktionspartnerin z.B. bei der Begrüßung des Kindes in der ersten Sitzung leicht angepasst vor als der robotische Partner (z.B. „geboren in. . . “ statt „gebaut in. . . “ ). Während des Trainings der Zielwörter und der Durchführung der Testung verwendete die menschliche Interaktionspartnerin an den identischen Positionen der sequentiellen Interaktionsstruktur die gleiche Anzahl deiktischer Gesten wie der soziale Roboter, führte diese im gleichen räumlichen Bereich vor dem Oberkörper aus und achtete darauf, die Gesten in einer äquivalenten Länge zu produzieren. Zusätzlich und parallel zu den Zeitpunkten in der Kind-Roboter- Interaktion koordinierte die Interaktionspartnerin ihren Blick zwischen dem Kind und den Referenten der Zielwörter. Abbildung 5.9 illustriert die Produktion deiktischer Gesten bei der Benennung der Zielwörter differenziert nach den verschiedenen sozialen Partnern. Um ferner einen möglichst präzisen Vergleich mit den Kind-Roboter- Interaktionen im Hinblick auf die geäußerten verbalen Beiträge der Interaktionspartnerin zu ermöglichen, orientierte sich das entwickelte <?page no="205"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 205 Abbildung 5.9: Illustration des Versuchsaufbaus, der die Produktion deiktischer Gesten mit verschiedenen sozialen Partnern zeigt. Abbildung A zeigt den Versuchsaufbau mit dem robotischen Partner, während Abbildung B den Versuchsaufbau mit der menschlichen Interaktionspartnerin darstellt. Design an erprobten methodischen Ansätzen, bei denen Lerneffekte von sozialen Robotern und menschlichen Interaktionspartnern vergleichend betrachtet wurden (Conti u. a., 2019; Verhagen u. a., 2019b; Serholt u. a., 2014). Hierbei folgte die menschliche Interaktionspartnerin in der Interaktion mit dem Kind einem Wort-für-Wort-Skript, das dem verbalen Verhalten des Roboters entsprach. Zusätzlich wurden nicht nur die verwendeten Wörter, sondern auch intonatorische Aspekte wie Betonung und Sprechgeschwindigkeit berücksichtigt. Des Weiteren lud die menschliche Interaktionspartnerin, analog zum Bewegungspfad des Roboters während des Experiments, das Kind zu Beginn der jeweiligen Sitzungen ein, ein Stück nach vorne zu gehen, um die Zielobjekte gemeinsam zu betrachten und wechselte nach der Benennung der ersten vier Zielwörter erneut seine Position, um sich gemeinsam mit dem Kind den verbleibenden zwei Objekten zu nähern. Im Rahmen der gemeinsamen Bilderbuchlesesituation während der Testungen wurde das Kind ebenfalls aufgefordert, die Buchseiten umzublättern und die menschliche Interaktionspartnerin elizitierte die Zielwörter in vergleichbarer Weise wie der Roboter. <?page no="206"?> 206 Kapitel 5. Forschungsdesign Nicht zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass die Pilotierung der entwickelten Variationsbedingung Mensch einen substantiellen Teil des Designprozesses darstellte und einerseits entscheidend dazu beitrug, eine größtmögliche Vergleichbarkeit der Lernbedingungen in der Kind-Roboter-Interaktion herzustellen, andererseits aber auch die Komplexität verdeutlichte, potentielle Verhaltensunterschiede in längerfristigen Interaktionen möglichst vollständig kontrollieren zu können. So ergab die Auswertung und Analyse der Pilotierung, dass die menschliche Interaktionspartnerin intuitiv eine Bandbreite nonverbaler Verhaltensweisen verwendete, die charakteristisch in Interaktionen zwischen Kindern und ihren Bezugspersonen auftreten (Gros-Louis und Wu, 2012; Franco und Butterworth, 1996), wie z.B. einem visual checking in Form einer häufigen Blickkoordination zwischen dem Kind und dem Referenten der Zielwörter oder konfirmatorische Signale wie einem Nicken. Darüber hinaus zeigte sich, dass viele Kinder - über die in der sequentiellen Struktur der Lernsituation dafür vorgesehenen Zeitpunkte hinaus - den Blickkontakt zur Interaktionspartnerin suchten, worauf es schwierig war, nicht intuitiv zu reagieren. Bei der Durchführung des Experiments wurde versucht, diese Verhaltensweisen so weit wie möglich zu kontrollieren, obwohl nicht ausgeschlossen werden kann, dass solche unbewussten Handlungen während des Experiments erneut auftraten, wenn auch in geringerem Ausmaß. 5.2.8 Verwendetes Stimilusmaterial Roboter Bei dem in der vorliegenden Untersuchung verwendeten Roboter handelt es sich um den Nao-Roboter von Softbank Robotics Europe. 11 Abbildung 5.10 zeigt den eingesetzten Roboter in einer frontalen Ansicht. Der Nao-Roboter besitzt eine humanoide Gestalt, ist 54 cm groß und verfügt über einen Torso, 11 https: / / www.softbankrobotics.com <?page no="207"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 207 Abbildung 5.10: Der in der Untersuchung verwendete sozialer Roboter. © Universität Paderborn, Besim Mazhiqi. Arme, Finger, Beine und einen Kopf, wobei die Komponenten über 25 Freiheitsgrade verfügen. Dank dieser Gegebenheiten ist es möglich, verschiedene gestische Verhaltensweisen auf dem Roboter zu implementieren und das Blickverhalten durch die Ausrichtung des Kopfes zu kontrollieren. Im Feld der Kind-Roboter-Interaktion im Bildungsbereich ist der Nao-Roboter die am weitesten verbreitete Plattform (Belpaeme u. a., 2018). Das interaktive Verhalten des Roboters wurde mittels der Software Choregraphe (Robotics, 2017) implementiert und auch zur Steuerung des Roboters im Rahmen des Wizard of Oz-Settings verwendet. Zusätzlich wurde die integrierte (Text-to- Speech-)Stimmproduktion des Roboters mit aktivierter deutscher Sprache und einer auf 85% reduzierten Sprechgeschwindigkeit genutzt, um eine natürlichere Aussprache zu erreichen. Die vom Roboter vermittelten Zielwörter wurden mit einer Sprechgeschwindigkeit von 75% gesprochen, um sie prosodisch zu betonen. Objekte Im Rahmen der Studie wurden insgesamt acht Objekte verwendet: Sechs der <?page no="208"?> 208 Kapitel 5. Forschungsdesign Objekte bildeten die Grundlage für das narrative Setting während des Trainings der Zielwörter, in dessen Rahmen der Interaktionspartner des Kindes über die Objekte sprach und die Farbe der Objekte benannte. Zwei weitere Objekte wurden zusätzlich ausschließlich im Testformat der gemeinsamen Buchlesesituation verwendet, um die Generalisierung des Wortwissens auf unbekannte Objekte zu überprüfen. Bei den Objekten handelte es sich um familiäre Objekte, die typischerweise im Vokabular von Kindern im adressierten Vorschulalter vorhanden sind (Frank u. a., 2017) und eine Bandbreite alltäglicher Entitäten aufgriffen, um mögliche Interessenspräferenzen der Kinder in Bezug auf spezifische Objekte und damit verbundene mögliche Einflüsse auf das Lernen zu berücksichtigen (Ackermann, 2023). Im Spezifischen handelte es sich um Spielzeugobjekte aus Holz, die in ihrer Größe vergleichbar waren. Von diesen Objekten wurden Fotografien angefertigt, die mit dem Bildbearbeitungsprogramm Pixelmator (Ltd., 2018) mit Farbkorrekturwerkzeugen nachbearbeitet wurden, so dass den einzelnen Objekten bestimmte Farben digital zugeteilt werden konnten. Außerdem wurde der Hintergrund der abgebildeten und eingefärbten Objekte entfernt und durch einen einheitlichen weißen Hintergrund ersetzt, auf dem die Objekte sowohl im Training als auch in der Testsituation präsentiert wurden. Die einzelnen farblich veränderten Objekte wurden im Training auf jeweils 14,8 × 21,0 cm großen Bildern präsentiert (vgl. Kapitel 5.2.4). In der Testsituation wurden die Objekte jeweils auf einer DIN-A5-Seite präsentiert (vgl. Kapitel 5.2.5). Der Grund, warum im Studiendesign nicht auf physische Objekte, sondern auf Abbildungen von Objekten zurückgegriffen wurde, liegt ferner darin begründet, dass die Lernbedingung des kontrastiven pragmatischen Rahmens vorsah, dass die Kinder ihrem Interaktionspartner helfen, die Bilder der Objekte in den entsprechenden Koffer zu legen - die Verwendung physischer Objekte hätte zwangsläufig zu einer haptischen Auseinandersetzung mit den Objekten geführt, was zu einer <?page no="209"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 209 anderen, möglicherweise vorteilhafteren sensomotorischen Lernerfahrung geführt hätte (Glenberg, 2010; Kiefer u. a., 2007). Auf diese Art der Kontrastierung mit dem rekurrenten pragmatischen Rahmen wurde daher bewusst verzichtet. Abbildung 5.11 A illustriert die Trainingsitems sowie die den Objekten zugeordneten morphologisch komplexen Zielwörter, die während des Trainings vom Interaktionspartner des Kindes im Rahmen der Erzählung benannt wurden. Abbildung 5.11 B zeigt die Generalisierungsitems sowie die zugehörigen Zielwörter, die zusätzlich zu den Trainingsitems ausschließlich im Rahmen des Testformats in der gemeinsamen Buchlesesituation zur Anwendung kamen. Bei den Generalisierungsitems wurden die Kinder zum einen mit Objekten konfrontiert, die in der Testsituation zum ersten Mal auftraten, aber eine trainierte Farbe aufwiesen (Objekt: Bett und Ball), und zum anderen mit Objekten, die ihnen bereits im Training begegnet waren, aber eine neue Farbe trugen (Objekt: Haus und Auto). Wie im Vorhergehenden beschrieben, sollte mit den Generalisierungsitems überprüft werden, ob die Kinder ihr neu erworbenes Wissen auf ein weiteres Objekt übertragen konnten und ob sie das gelernte Wortbildungsmuster der Komposition produktiv auf neue, nicht trainierte Farbwörter anwenden konnten. <?page no="210"?> 210 Kapitel 5. Forschungsdesign Abbildung 5.11: Stimulusmaterial in Bezug auf die verwendeten Objekte (in Klammern) und die entsprechenden Zielwörter. A) Satz von Objekten und Zielwörtern im Training, B) Satz von Objekten und Zielwörtern in der Generalisierungsaufgabe im Test. Morphologisch komplexe Wörter Die Zielwörter, die die Kinder während des Trainings lernten, umfassten sechs morphologisch komplexe deutsche Wörter wie quittengelb oder granatpurpur (vgl. Abbildung 5.11). Jedes Zielwort referierte auf eine andere Farbe als Merkmal eines Objektes. Im Spezifischen handelte es sich bei den verwendeten Zielwörtern um 3- oder 4-silbrige Determinativkomposita, d.h. um Komposita mit binärer Struktur, die sich in zwei Konstituenten zerlegen lassen. Das Studiendesign sah vor, dass die rechte Konstituente jedes verwendeten Zielwortes immer aus einem Adjektiv bestand, welches die Farbe des jeweiligen Objektes aufgriff. Während die rechte Konstituente eines Determinativkompositums grundsätzlich semantisch dominant ist, determiniert die linke Konstituente die rechte Konstituente, d.h. sie definiert und spezifiziert sie semantisch, wie z.B. im Fall <?page no="211"?> 5.2. Untersuchungsdesign und Durchführung 211 von quittengelb , das sich auf ein Gelb bezieht, das dem Gelb einer Quitte entspricht. Wie aus Abbildung 5.11 A hervorgeht, hatten von den sechs verwendeten Zielwörtern drei nur eine unbekannte Konstituente (vgl. etwa quitten-gelb ), während bei den anderen drei Zielwörtern beide Konstituenten unbekannt waren (vgl. etwa granat-purpur ). Dass den Kindern bei der Hälfte der Trainingsitems jeweils eine Konstituente des Kompositums bereits bekannt sein sollte, war der methodischen Überlegung geschuldet, den Kindern eine gewisse Transparenz in Bezug auf die zu erlernenden morphologisch komplexen Wörter zu bieten und ihnen einen Zugang zum Wortbildungsprozess der Komposition zu ermöglichen (Berman, 2009; Berman, 2011; Nicoladis, 2007) (vgl. Kapitel 2.7.2). Um im Rahmen der Überprüfung der Generalisierungsfähigkeiten zu messen, ob die Kinder das vermittelte Wortbildungsmuster der Komposition produktiv auf neue, untrainierte Farbwörter anwenden konnten, wurden zwei weitere Determinativkomposita hinzugezogen, die ebenfalls binär strukturiert waren und deren rechte Konstituente aus einem Adjektiv bestand, das auf die Farbe des Objektes referierte ( veilchenviolett und zyanenblau ) (vgl. Abbildung 5.11 B ). Eines dieser Generalisierungsitems war erneut so gestaltet, dass nur eine Konstituente des Kompositums unbekannt war (vgl. zyanen-blau ). Da es sich bei den verwendeten Zielwörtern nicht um Pseudowörter handelte, wurden die Zielwörter zudem so ausgewählt, dass sie über dem alterstypischen Wortschatzniveau der Kinder lagen (Horst, 2013). Darüber hinaus wurden bei der Auswahl der Zielwörter Wörter mit einer sehr seltenen Verwendungshäufigkeit ausgewählt, indem die Häufigkeit der Zielwörter im Vorfeld anhand <?page no="212"?> 212 Kapitel 5. Forschungsdesign des korpusbasierten lexikalischen Informationssystems des Digitalen Wörterbuchs der deutschen Sprache überprüft wurde (DWDS, 2020). 12 Die Eltern wurden im Rahmen des demographischen Fragebogens zudem gebeten anzugeben, ob ihr Kind bestimmte Konstituenten der Zielwörter bereits kannte oder produziert hatte. Mit Ausnahme der Konstituenten, bei denen vorgesehen war, dass sie den Kindern bekannt sein sollten ( rot, gelb, grün, blau ), gab keiner der Eltern an, dass ihr Kind die Bedeutung der verwendeten Konstituenten bereits kannte oder diese zuvor produziert hatte. 5.3 Auswertung der Daten Vor dem Hintergrund der in der vorliegenden Arbeit aufgeworfenen Fragestellungen und Hypothesen (vgl. Kapitel 4.1) und dem Ziel, neue Erkenntnisse über den graduellen Prozess des Wortlernens unter rekurrenten und variierenden Kontextbedingungen im Sinne der pragmatic frames zu gewinnen, wurde angestrebt, die gewonnenen Daten, d.h. die erfassten rezeptiven und produktiven Wortabruffähigkeiten der Kinder, sowohl im Hinblick auf die Retention als auch auf die Generalisierung des Wissens auszuwerten. Neben der Überprüfung der aufgestellten Hypothesen mittels quantitativer, inferenzstatistischer Verfahren forcierte die Auswertung der Daten, insbesondere die Analyse der produktiven Lernergebnisse der teilnehmenden Kinder, darüber hinaus eine systematische qualitative Analyse, um die quantitativen Analyseschritte zu flankieren und einen differenzierten Einblick in das morphologisch komplexe Wortlernen in rekurrenten oder variierenden pragmatischen Rahmen zu erhalten. 12 Das Digitale Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS) bietet die Möglichkeit, sich zu den gesuchten Wörtern ein Frequenzbarometer anzeigen zu lassen. Dieses Frequenzbarometer bildet eine siebenstufige logarithmische Skala ab, aus der sich die Worthäufigkeit ableiten lässt (0 steht auf der Skala für die seltenste Worthäufigkeit, 6 für die häufigste Worthäufigkeit). Die Worthäufigkeit eines Wortes wird aus seiner Häufigkeit im Verhältnis zur Gesamtgröße des Korpus berechnet. Das DWDS enthält über 49 Milliarden Token in historischen und gegenwartssprachlichen Textkorpora. Alle in der Untersuchung verwendeten Zielwörter wiesen im Frequenzbarometer eine Worthäufigkeit von 0 auf oder waren im Korpus erst gar nicht verzeichnet. <?page no="213"?> 5.3. Auswertung der Daten 213 In diesem Kapitel wird zunächst die quantitative Analyse vorgestellt, wobei dezidiert auf das entwickelte Schema zur Bewertung der rezeptiven und produktiven Wortabruffähigkeiten eingegangen wird und die verwendeten statistischen Verfahren vorgestellt werden, die für die Analysen und Gruppenvergleiche herangezogen wurden. Anschließend wird die qualitative Auswertung der Daten präsentiert, die sich eingehend mit der Klassifizierung und Einordnung der produktiven Lernergebnisse befasste. 5.3.1 Quantitative Analyse Die quantitative Analyse der gewonnenen Daten erfolgte mittels deskriptiver und analytischer Statistik, um einerseits eine Aufbereitung und Zusammenfassung der Daten zu gewährleisten und andererseits die aufgestellten Hypothesen bezüglich der Bedeutsamkeit der vermuteten Effekte auf wahrscheinlichkeitstheoretischer Basis zu überprüfen (Sichelschmidt und Carbone, 2008). In diesem Zusammenhang wurden zur Überprüfung der Hypothesen Gruppenvergleiche durchgeführt, die eine Falsifizierung oder Verifizierung der Hypothesen ermöglichten. Der vorrangige Fokus lag dabei auf der Analyse des Einflusses des pragmatischen Rahmens bzw. der Lernbedingung (unabhängige Variable) auf die Wortabruffähigkeiten der Kinder (abhängige Variable) im unmittelbaren und verspäteten Posttest. Um darüber hinaus die Forschungslücke zu adressieren, inwieweit das Lernen morphologisch komplexer Wörter in einem rekurrenten und in einem variierenden pragmatischen Rahmen je nach individuellen sprachlichen Fähigkeiten der Kinder zu unterschiedlichen Lernergebnissen führen kann, wurde in einem weiteren Schritt eine Datenexploration in Form von weiteren Gruppenvergleichen und Korrelationsanalysen durchgeführt. Im Zuge der Gruppenvergleiche <?page no="214"?> 214 Kapitel 5. Forschungsdesign wurden die Versuchspersonen innerhalb der Untersuchungsgruppen Variationsbedingung und Rekurrenzbedingung nochmals in zwei Subgruppen unterteilt, wobei zwischen Kindern mit durchschnittlichen und unterdurchschnittlichen sprachlichen Fähigkeiten im Hinblick auf den gemessenen expressiven Wortschatz sowie die morphosyntaktischen Fähigkeiten unterschieden wurde. Im Rahmen der Korrelationsanalysen wurden die Daten auf mögliche Zusammenhänge zwischen den gemessenen individuellen sprachlichen Fähigkeiten (expressiver Wortschatz und morphosyntaktische Fähigkeiten) und den gemessenen Lernerfolgen differenziert nach Lernbedingungen untersucht. Aufgrund der Stichprobengröße wurde auf die Durchführung von Regressionsanalysen verzichtet (Maxwell, 2000; Stevens, 1996). Eine weitere explorative Analyse sollte ferner den Lernerfolg in Abhängigkeit der eingesetzten morphologischen Wörter näher beleuchten, wobei insbesondere zwischen Komposita differenziert wurde, bei denen den Kindern eine Konstituente bekannt war, und solchen, bei denen die Konstituenten gänzlich unbekannt waren (vgl. quittengelb vs. granatpurpur ). Um vor diesem Hintergrund eine quantitative statistische Auswertung der Daten zu ermöglichen und das beobachtete Lernverhalten der Kinder in metrisch skalierte Daten zu transformieren, wurde ein vielschichtiges Schema zur Bewertung der produktiven und rezeptiven Wortabruffähigkeiten entwickelt, das in den folgenden beiden Unterkapiteln vorgestellt wird. 5.3.1.1 Multidimensionale Bewertung der Wortproduktion In Anlehnung an methodologische Überlegungen (Guiberson und Rodríguez, 2013; Rohlfing und Grimminger, 2019) wurde das Ziel verfolgt, die produktiven Wortabruffähigkeiten der Kinder nicht nur auf binärer Ebene (z.B. nur richtig oder falsch; Jackson u. a. (2021) und Perry u. a. (2021)), sondern detailliert unter Berücksichtigung verschiedener linguistischen Ebenen zu bewerten. Vor diesem Hintergrund wurde ein Bewertungsschema entwickelt, das sich durch eine <?page no="215"?> 5.3. Auswertung der Daten 215 Granularität auszeichnet, die der Tatsache Rechnung trägt, dass auch das Lernen eines Wortes nicht binär erfolgt (vgl. Kapitel 2.5) und anerkennt, dass die Abfrage bzw. Produktion eines gelernten Wortes in spezifische interaktive und pragmatische Anforderungen eingebettet ist (Rohlfing u. a., 2016). Insbesondere sollte auf dem Grundgedanken aufgebaut werden, dass die Aufgabe, ein gelerntes Wort im Rahmen eines Testformats abzurufen, von einem Kind mehrere sowohl interaktive als auch referentielle Handlungen verlangt, die granular erfasst werden können und somit ein genaueres Abbild der kommunikativen Kompetenz des Kindes innerhalb eines Testformats liefern können (Rohlfing und Grimminger, 2019, p. 2). Mit Bezug auf Kinder im Alter von 21 bis 27 Monaten schlagen Rohlfing und Grimminger (2019, p. 3) vor, dass das interaktive Verhalten in einer Testsituation verschiedene Jobs umfasse, wie die visuelle Orientierung zum Partner, das Verständnis und die Akzeptanz, Adressat des kommunikativen Anliegens des Gegenübers zu sein, sowie die verbale oder nonverbale Bezugnahme auf ein gefordertes Objekt. Im Hinblick auf das referentielle Verhalten der Kinder im Testformat identifizieren die Autorinnen folgende Jobs: die Äußerung von Gesten oder verbalen Verhaltensweisen (einschließlich unspezifischer Vokalisationen oder Protowörter) in Bezug auf die kommunikative Aufgabe, die Produktion einer Bezeichnung, die einem Wort ähnlich ist, die Produktion eines Wortes der geforderten Wortklasse sowie einer semantisch passenden Bezeichnung bis hin zur exakten Produktion der geforderten Bezeichnung. Je mehr interaktive und referentielle Jobs ein Kind in der Testsituation erfüllt, desto höher kann nach Rohlfing und Grimminger (2019) die Leistung des Kindes innerhalb des Testformats bewertet werden. <?page no="216"?> 216 Kapitel 5. Forschungsdesign Bei der Entwicklung des Bewertungsschemas für die vorliegende Arbeit stellte sich heraus, dass im Vergleich zu den von Rohlfing und Grimminger (2019) adressierten Kindern im Alter von 21 bis 27 Monaten die an der durchgeführten Untersuchung beteiligten Vorschulkinder (4- und 5-Jährige) keine Schwierigkeiten bei der Bewältigung der von Rohlfing und Grimminger (2019) identifizierten interaktiven Jobs hatten und auch in der Lage waren, viele der referentiellen Jobs zu bewältigen. Daher wurde die Entwicklung eines Bewertungsschemas angestrebt, das in Orientierung an Rohlfing und Grimminger (2019) einen Fokus auf die referentiellen Handlungsweisen der Kinder legte und hier eine dem Alter der teilnehmenden Kinder angepasste Weiterentwicklung in Bezug auf die verschiedenen semantisch-pragmatischen Verhaltensweisen der Kinder vornahm. Zusätzlich sollten zwei weitere linguistische Ebenen bei der Analyse der kindlichen Wortproduktionen berücksichtigt werden. Zum einen galt es, die den vermittelten Zeitwörtern inhärente morphologische Komplexität zu berücksichtigen, indem die Ausgereiftheit der von den Kindern realisierten morphosyntaktischen Operationen in das Bewertungsschema aufgenommen wurde (Berman, 2011; Dressler, Lettner und Korecky-Kröll, 2010; Rosenberg und Mellenius, 2018). Zum anderen sollte in Anlehnung an Arbeiten, die den Aspekt aufgreifen, dass die Äußerung eines Wortes gleichzeitig den Abruf seiner phonologischen Form aus dem Gedächtnis erfordert (Munro u. a., 2012), die Stabilität und Vollständigkeit der abgerufenen phonologischen Form der gelernten Wörter in die Bewertung einbezogen werden. Vor diesem Hintergrund wurde ein multidimensionales Bewertungsschema entwickelt, das einen kombinierten Gesamtscore zuließ und die einzelnen Wortproduktionen der Kinder auf einer semantisch-pragmatischen, einer morphosyntaktischen und einer phonologischen Ebene erfasste. Abbildung 5.12 zeigt das entwickelte Schema und die jeweiligen Differenzierungen im referentiellen Verhalten je nach linguistischer Ebene. <?page no="217"?> 5.3. Auswertung der Daten 217 Abbildung 5.12: Entwickeltes Bewertungsschema zur Differenzierung des referentiellen Verhaltens je nach linguistischer Ebene. • Semantisch-pragmatische Ebene. Auf dieser Ebene wurden auf einer ersten Stufe (0 Punkte) Verhaltensweisen bewertet, bei denen ein Kind kein Wort produzierte oder ein anderes, aber nicht das geforderte trainierte Zielwort äußerte. 13 Auf einer weiteren Stufe (1 Punkt) wurde eine semantisch adäquate Antwort erfasst, z.B. wenn ein Kind auf die Frage nach der Farbe eines Objektes mit „lila“ antwortete, anstatt das geforderte Zielwort „granatpurpur“ zu äußern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in einem solchen Beispiel „lila“ durchaus eine semantisch legitime Antwort darstellen kann und sich das Kind auch pragmatisch durchaus kompetent verhält, indem es seinen kommunikativen Beitrag in der Interaktion 13 Hierbei ist bereits an dieser Stelle anzumerken, dass letzterer Fall in der vorliegenden Untersuchung so gut wie nicht beobachtbar war. Siehe hierzu auch Kapitel 6. <?page no="218"?> 218 Kapitel 5. Forschungsdesign erfüllt - es vernachlässigt aber, dass die Anforderungen der Interaktion darüber hinaus beinhalten, eine bestimmte Form eines Farbwortes gegenüber dem Interaktionspartner zu äußern. Diesem Aspekt wurde in der nächsten Stufe begegnet (2 Punkte), in der ein Abruf des geforderten Zielwortes erfasst wurde, wenn auch nur in einer partiellen Form, d.h. wenn z.B. nur eine Konstituente des Kompositums geäußert wurde (z.B. beim Zielwort schwefelgrün nur „schwefel“ ). Schließlich wurde in einer letzten Stufe erfasst (3 Punkte), wenn ein Kind das geforderte Zielwort vollständig produzierte. Somit konnten auf dieser Ebene maximal 3 Punkte pro abgefragtem Zielwort erreicht werden. • Morphosyntaktische Ebene. Diese Ebene diente der Differenzierung, ob ein Kind in seinen geäußerten Wortproduktionen das vermittelte Wortbildungsverfahren der Komposition anwandte und welchen Grad an morphosyntaktischer Kompositionsfähigkeit es demonstrierte (Dressler, Lettner und Korecky-Kröll, 2010). Entscheidend für die Kategorisierung der kindlichen Produktionen auf dieser Ebene war, dass die semantische Korrektheit in den Hintergrund trat und das ausschlaggebende Kriterium der Abruf einer spezifischen morphologisch komplexen Form war, die morphosyntaktische Prinzipien wie die Verwendung von Fugenelementen oder die korrekte Position der Konstituenten berücksichtigte. Auf der untersten Stufe (0 Punkte) wurde festgehalten, wenn ein Kind keinerlei Komposition erbrachte, sondern sich lediglich auf der Ebene der Simplizia bewegte. Wurde hingegen ein Kompositum geäußert, wurde dies auf einer weiteren Stufe (1 Punkt) vermerkt. Darunter fielen Komposita, die nicht vollständig korrekt waren, weil z.B. ein Fugenelement nicht berücksichtigt wurde (z.B. „quittegelb“ ) oder Produktionen von Komposita, bei denen ein Kind eine trainierte Konstituente mit einer neuen Konstituente kombinierte (z.B. „purpurlila“ ) oder z.B. die Konstituenten vertauschte <?page no="219"?> 5.3. Auswertung der Daten 219 (z.B. „blauzyane“ statt zyanenblau ). In einer letzten Stufe wurden Wortproduktionen erfasst, die sowohl ein Kompositum darstellten als auch den geforderten morphosyntaktischen Regularitäten des Zielwortes entsprachen. Pro Zielwort konnten auf dieser Ebene maximal 2 Punkte erreicht werden. • Phonologische Ebene. Auf dieser Ebene wurde berücksichtigt, inwieweit ein Kind in seiner Antwort die phonologische Form des vermittelten Zielwortes abrufen konnte. In Anlehnung an (Munro u. a., 2012) wurde dazu der Anteil der korrekt produzierten Silben erfasst. Dieser Anteil ergab sich aus der Wortproduktion des Kindes im Verhältnis zur Silbenstruktur des Zielwortes. Antwortete ein Kind bspw. mit „natpurpur“ statt granatpurpur , entsprach dies 0,75 korrekten Silben. Je Zielwort konnte somit auf dieser Ebene ein maximaler Wert von 1 erreicht werden. Um einen Gesamtscore zu erhalten, der kombiniert die Performanz des Kindes auf den drei linguistischen Ebenen abbildete, wurde zunächst der proportionale Lernerfolg für jede der drei Ebenen berechnet. Dafür wurde pro Ebene der Anteil der erreichten Punkte durch die maximal erreichbaren Punkte dividiert. 14 Die proportionale Berechnung erfolgte, weil die maximal zu erreichbare Punktzahl zwischen den linguistischen Ebenen variierte. Anschließend wurde der Gesamtscore gebildet, indem die drei Werte, die den proportionalen Lernerfolg je Ebene widerspiegelten, addiert wurden. 15 Somit ergab sich eine 14 Vorausgesetzt, ein Kind hätte bei allen Zielwörtern die Silben korrekt abgerufen (phonologische Ebene), immer die korrekte Komposition produziert (morphosyntaktische Ebene) und darüber hinaus das geforderte Zielwort immer vollständig abgerufen (semantisch-pragmatische Ebene), so hätte es auf jeder der drei linguistischen Ebenen einen Wert von 1 erreicht. 15 Die Berechnung eines Gesamtscores, welcher die Performanz der Kinder auf den drei linguistischen Ebenen in einem Wert ausdrückte, erfolgte auch unter dem Gesichtspunkt, dass der Lernerfolg der trainierten Wörter auf der phonologischen Ebene stark mit dem Lernerfolg auf der morphologischen Ebene [ r = .710, p <.001] sowie der semantisch-pragmatischen Ebene [ r = .395, p <.001] korrelierte. Eine moderate Korrelation konnte zwischen der semantisch-pragmatischen und der morphologischen Ebene festgestellt werden [ r = .395, p =.016]. <?page no="220"?> 220 Kapitel 5. Forschungsdesign maximale Punktzahl von 3, die erreicht werden konnte, was einer vollkommen korrekten Leistung auf allen drei linguistischen Ebenen entsprochen hätte. 16 Um die Retentions- und Generalisierungsfähigkeiten differenziert betrachten zu können, wurden entsprechend separate Scores gebildet, die die Lernergebnisse in Bezug auf die Trainingsitems und die Ergebnisse in Bezug auf die Generalisierungsitems abbildeten. Reliabilität der Transkription und Bewertung der Wortproduktionen Auf der Grundlage der während der Testungen aufgezeichneten Videodaten wurden alle abgefragten Wortproduktionen der Kinder vom Autor dieser Arbeit transkribiert und subsequent anhand des entwickelten multidimensionalen Bewertungsschemas ausgewertet. Zur Überprüfung der Zuverlässigkeit der Transkriptionen wurden 20 Prozent der Videodaten, die die kindlichen Wortproduktionen enthielten, zufällig ausgewählt und von einer unabhängigen wissenschaftlichen Hilfskraft erneut transkribiert. Die Übereinstimmung der Transkripte lag bei 100 Prozent. Zusätzlich wurden 20 Prozent der transkribierten Wortproduktionen ebenfalls nach dem Zufallsprinzip ausgewählt und von einer weiteren unabhängigen wissenschaftlichen Hilfskraft mit Hilfe des multidimensionalen Bewertungsschemas klassifiziert. Die Übereinstimmung der Bewertungen der Wortproduktionen lag erneut bei 100 Prozent. 5.3.1.2 Bewertung der Verstehensleistung Die Überprüfung der Verstehensleistung beinhaltete, dass den Kindern jeweils vier Objekte zu einem Zielwort präsentiert wurden (ein Zielobjekt, drei Ablenker) und sie mit einer Zeigegeste auf das Objekt mit der Farbe zeigen sollten, 16 Die mathematische Berechnung des Gesamtscores kann anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden: Erzielte ein Kind z.B. einen proportionalen Lernerfolg von 0.5 auf der phonologischen Ebene, 0.5 auf der morphosyntaktischen Ebene und 0.66 auf der semantisch-pragmatischen Ebene, so ergab dies einen Gesamtscore von 1.66 von max. 3 möglichen Punkten. <?page no="221"?> 5.3. Auswertung der Daten 221 die der Interaktionspartner nannte (vgl. Kapitel 5.2.5.1, Appendix C). Die Bewertung der Verstehensleistung orientierte sich dabei an typischen Ansätzen in Wortlernstudien (z.B. Vogt und Kauschke (2017)) und die Kinder erhielten einen Punkt, wenn sie auf das korrekte Objekt zeigten. Abbildung 5.13 zeigt eine exemplarische Auswahl eines Kindes während des Verstehenstest mit dem robotischen Interaktionspartner. Abbildung 5.13: Exemplarische Auswahl eines Kindes während des Verstehenstest mit dem robotischen Interaktionspartner. Null Punkte wurden vergeben, wenn auf das falsche Objekt gezeigt wurde. Die vier Objekte waren auf einer DIN-A5-Seite abgebildet und jeweils von einem rechteckigen schwarzen Rahmen umgeben (siehe Abbildung 5.6). Zeigegesten, die sich auf eine Position innerhalb des Objektrahmens bezogen, wurden als entsprechende Auswahl des Objektes gewertet. Bei den sechs Trainingsitems zur Überprüfung der rezeptiven Retentionsleistung konnten die Kinder somit maximal sechs Punkte erreichen. Im Rahmen der beiden Generalisierungsitems, mit denen überprüft wurde, ob das Kind die gelernten Wörter auf neue Objekte <?page no="222"?> 222 Kapitel 5. Forschungsdesign übertragen konnte, waren maximal zwei Punkte möglich. Reliabilität der Bewertung der Verstehensleistung 20 Prozent der Videodaten, die die Auswahl der Objekte während des Tests zeigten, wurden zufällig ausgewählt und von einer unabhängigen wissenschaftlichen Hilfskraft erneut ausgewertet. Die Übereinstimmung der Bewertungen lag bei 98 Prozent. 5.3.1.3 Statistische Testverfahren und Auswertung Alle Datenanalysen wurden mit dem Open Source Statistikprogramm R (RStudio) durchgeführt (Team, 2020). 17 Eine eingehende Analyse der Normalverteilung der im Interesse stehenden abhängigen Variablen ergab, dass die Daten nicht die Verteilungsvoraussetzungen für die Anwendung parametrischer Verfahren erfüllen. 18 So basieren parametrische statistische Verfahren in der Regel auf einem mathematischen Modell, das auf der Annahme normalverteilter Daten und der Homogenität der Varianzen beruht (Lu u. a., 2009). Vor diesem Hintergrund wurden zur Analyse der Daten nichtparametrische statistische Verfahren eingesetzt, die insbesondere dann, wenn die Voraussetzung der Normalverteilung nicht erfüllt ist, den parametrischen Verfahren überlegen sind (Finch, 2005). Die Auswahl der statistischen Tests orientierte sich überdies an der Verwendung nichtparametrischer Verfahren, die robust gegenüber kleinen Stichprobenumfängen, ungleichen Gruppen und Ausreißern in den Daten sind (Noguchi u. a., 2012). Das Signifikanzniveau wurde auf α = 0.05 festgelegt. Im 17 Alle für die Datenanalyse verwendeten Softwarepakete sind im Literaturverzeichnis dieser Arbeit aufgeführt. 18 Die Überprüfung der Normalverteilung der Daten wurde mit dem Shapiro-Wilk-Test durchgeführt. Um der Einschränkung zu begegnen, dass klassische Tests wie der Shapiro-Wilk-Test bei kleinen Stichprobenumfängen irrtümlicherweise die Nullhypothese annehmen und eine Normalverteilung nicht adäquat nachweisen können, wurde zusätzlich eine visuelle Überprüfung der Normalverteilung mittels Histogrammen durchgeführt. <?page no="223"?> 5.3. Auswertung der Daten 223 Spezifischen wurde auf die nichtparametrische Varianzanalyse ATS ( Anova type statistic , Funktion nparLD ) zurückgegriffen, welche eine nichtparametrische Alternative zur parametrischen ANOVA F-Teststatistik darstellt und in mehrfaktoriellen Designs mit Messwiederholung eingesetzt werden kann (Akritas, Arnold und Brunner, 1997; Noguchi u. a., 2012; Brunner und Munzel, 2013). Im Vergleich zu anderen nichtparametrischen Verfahren weist die ATS bei ungleichen n innerhalb einer Stichprobe sowie bei ungleichen Varianzen eine hohe Effizienz auf, wobei das Verfahren eher konservativ reagiert, d.h. die tatsächliche Wahrscheinlichkeit für einen Fehler 1. Art kann kleiner sein als das vorgegebene α , so dass z.B. bei einem α = 0.05 die Anzahl der irrtümlich abgelehnten Nullhypothesen unter 5% liegen kann (Brunner und Munzel, 2013). Ein Begriff, der im ATS-Verfahren von zentraler Bedeutung ist, ist der relative Behandlungseffekt (engl. relative treatment effect , RTE ), der eine Messgröße für die Effektstärke darstellt und zur Unterscheidung zwischen zwei Verteilungen herangezogen wird (Brunner und Munzel, 2013, p. 15). Der Wert des relativen Effekts kann zwischen 0 und 1 liegen, wobei ein Wert von 0 oder 1 völlig unterschiedliche Verteilungen (z.B. zwischen der Variationsbedingung, und Rekurrenzbedingung bedeuten würde); ein Wert von 0.5 bedeutet, dass sich die Bedingungen überhaupt nicht unterscheiden (Noguchi u. a., 2012; Brunner und Munzel, 2013). Das ATS-Verfahren wurde zudem für die statistische Analyse verwendet, da es sich für die Untersuchung von Längsschnittdaten eignet und innerhalb einer Analyse die Auswirkungen des Faktors Lernbedingung (Variationsbedingung, Rekurrenzbedingung, Variationsbedingung Mensch) im unmittelbaren und im verspäteten Posttest auf die Wortabruffähigkeiten der Kinder analysieren kann. In diesem Zusammenhang berücksichtigt das Verfahren die Entwicklung des Wortlernens im Laufe der Zeit, anstatt Vergleiche zwischen den Untersuchungsgruppen zu jedem Zeitpunkt anzustellen. Dies war vor dem Hintergrund <?page no="224"?> 224 Kapitel 5. Forschungsdesign der intendierten Adressierung langfristiger Wortlernprozesse von Interesse, zumal vorangegangene Untersuchungen gezeigt haben, dass aufgrund von Konsolidierungsprozessen unmittelbar nach einer Lernsituation teilweise geringere Effekte, zu einem späteren Testzeitpunkt jedoch signifikante Effekte eines Trainings auf das Wortlernen messbar sind (Booth, McGregor und Rohlfing, 2008; Mcgregor u. a., 2009). Schließlich sei darauf hingewiesen, dass das Verfahren der ATS bereits in Entwicklungsstudien erfolgreich angewandt wurde (z.B. (Viertel, 2019; Tolksdorf, Viertel und Rohlfing, 2021; Tolksdorf, Crawshaw und Rohlfing, 2021)). Für Paarvergleiche wurden Post-hoc-Tests mit Bonferroni-Holm- Korrektur durchgeführt (Holm, 1979). Für Vergleiche zwischen den Untersuchungsgruppen zu einem Testzeitpunkt wurde auf die Funktion rankFD als eine Variante der ATS zurückgegriffen (Brunner, Bathke und Konietschke, 2018; Noguchi u. a., 2012) sowie auf den Mann-Whitney-U-Rangsummentest (McKnight und Najab, 2010; Field, 2013). Für Vergleiche innerhalb einer Untersuchungsgruppe über die zwei Testzeitpunkte (messwiederholende Faktoren) wurde wiederholt die ATS mit der Funktion nparLD berechnet. Die Berechnung der Effektstärke r wurde mittels Pearson- Korrelationskoeffizient ermittelt. Gemäß Cohen (1988) wurden kleine ( r = .10), mittlere ( r = .30) und große ( r = .50) Effektgrößen angenommen. Um ferner über die Gruppenvergleiche hinaus explorativ Zusammenhänge zwischen den individuellen sprachlichen Fähigkeiten (expressiver Wortschatz und morphosyntaktische Fähigkeiten) und dem langfristigen morphologisch komplexen Wortlernen zu erkunden, wurden ferner Korrelationsanalysen berechnet. Hierbei wurde auf das nichtparametrische Verfahren der Spearman-Rho-Rangkorrelation zurückgegriffen (Caruso und Cliff, 1997). 5.3.2 Qualitative Analyse Neben der Anwendung eines Bewertungsschemas, welches das referentielle Verhalten der Kinder in den durchgeführten Testungen numerisch einordnete, sollte das Wortlernen zusätzlich aus einer qualitativen Perspektive betrachtet <?page no="225"?> 5.3. Auswertung der Daten 225 werden, um insbesondere die Fälle näher zu beleuchten, in denen es den Kindern nur gelang, das geforderte Wort in einer fehlerhaften Form produktiv abzurufen. In diesem Zusammenhang liegt der Fokus in Wortlernstudien vielfach darauf, ob Kinder die aus Erwachsenenperspektive korrekte Form abrufen, ohne im Detail zu untersuchen, welche unvollständigen, vorläufigen oder unkonventionellen kreativen Formen von Kindern im zeitlichen Verlauf des Wortlernens geäußert werden (Gelman und Gottfried, 2016). Vor diesem Hintergrund und ausgehend von der Erkenntnis, dass es sich beim Wortlernen um einen Prozess handelt, bei dem die Bedeutungskonstitution durch einen graduellen Charakter gekennzeichnet ist, wurde eine qualitative Analyse der Varianz in den Wortproduktionen der Kinder als aufschlussreich erachtet. Dabei spielten zwei Überlegungen eine zentrale Rolle: Zum einen kann eine qualitative Analyse des referentiellen Verhaltens zeigen, welche individuellen Lernwege und -trajektorien zu beobachten sind, indem nicht nur die zu verschiedenen Testzeitpunkten auftretenden Fehlertypen in den Blick genommen werden können, sondern auch die Historie der Produktionen innerhalb einer Testsitzung. Dies ermöglicht es, sowohl mögliche Entwicklungen in der Verwendung bestimmter Fehlertypen nachzuvollziehen als auch mögliche Muster zu erkennen. Zum anderen bietet eine differenzierte qualitative Analyse die Möglichkeit, potentielle Unterschiede im Verhalten in Abhängigkeit von der Exposition der Lernbedingung zu explorieren, z.B. zu erkunden, ob bestimmte Fehlertypen in einer Lernbedingung vermehrt auftreten (Chen und Yu, 2022; McGregor u. a., 2002). Soweit in bisherigen Arbeiten zum Wortlernen im Vorschulalter qualitative Analysen von fehlerhaften Antworten vorgenommen wurden, betreffen diese vor allem eine Differenzierung auf einer semantischen Ebene (Masterson, Druks und Gallienne, 2008; Guiberson und Rodríguez, 2013; Ard und Beverly, 2004; McGregor u. a., 2002; Nachtigäller, Rohlfing und Mcgregor, 2013). So <?page no="226"?> 226 Kapitel 5. Forschungsdesign klassifizieren McGregor u. a. (2002, p. 1002) neben unbestimmten “don’t know“ - Antworten verschiedene Substitutionen im Hinblick auf das geforderte Zielwort und unterscheiden zwischen Umschreibungen ( “something that you chop with for axe”), Hyperonymen als übergeordnete Substitution ( “animal for kangaroo”), Ko-Hyponymen als koordinierende Substitution ( “mouse for kangaroo”) oder assoziativen Fehlern in Bezug auf das Zielwort ( “milk for pitcher”). Masterson, Druks und Gallienne (2008, p. 387) präsentieren ein vergleichbares Schema mit Blick auf eine semantische Ebene, ergänzen jedoch weitere Fehlertypen wie solche, die auf einer visuellen Fehlinterpretation beruhen ( “biscuit for button”) oder solche, die einen Wechsel der Wortklasse widerspiegeln. Im Hinblick auf letztere Fehlertypen unterscheiden Masterson, Druks und Gallienne (2008, p. 387) zwischen Nomen-zu-Verb-Fehlern, bei denen anstelle der Objektbezeichnung ein mit dem Objekt verbundenes Verb produziert wird ( “rings for bell”), und Verb-zu-Nomen-Fehlern, bei denen ein an der Handlung beteiligtes Objekt genannt wird ( “typewriter for typing”). In einer weiteren Arbeit zum Wortlernen im Kontext einer gemeinsamen Bilderbuchlesesituation identifizieren Ard und Beverly (2004) darüber hinaus zwei weitere Arten von Fehlern: Substitutionen in Bezug auf ein Zielwort, bei denen das Kind ein ihm bereits bekanntes Wort verwendet, um auf den Referenten zu verweisen, und Substitutionen, bei denen das Kind fälschlicherweise ein anderes als das geforderte Zielwort verwendet. Die diskutierten Befunde zeigen, dass jenseits einer dichotomen Betrachtung einer vollständig korrekten und einer inkorrekten Antwort ein vielfältiges Spektrum im referentiellen Verhalten der Kinder zu beobachten ist. Deutlich wird auch, dass sich Vorschulkinder - über die identifizierten don’t know -Antworten (McGregor u. a., 2002) - in einem Testformat auf vielfältige Weise pragmatisch kooperativ verhalten und situativ auf unterschiedliche Strategien zurückgreifen, um auch dann erfolgreich zu kommunizieren, wenn es ihnen nicht gelingt, ein gefordertes Zielwort abzurufen; insofern ist das Verhalten der Kinder auch immer an einer Schnittstelle zwischen Semantik und Pragmatik einzuordnen. <?page no="227"?> 5.3. Auswertung der Daten 227 Für die Zwecke der vorliegenden Arbeit war darüber hinaus eine qualitative Differenzierung erforderlich, die eine Fehlerklassifikation in Bezug auf die geäußerte morphologische Form des Zielwortes erfasste. Bisherige Arbeiten, die sich mit morphologisch fehlerhaften Produktionen von Kindern im Vorschulalter beschäftigen, beziehen sich meist auf Populationen mit Sprachentwicklungsstörungen (Marshall, 2014) und weniger auf potentielle Fehlertypen, die bei typischen Sprachentwicklungsverläufen und Wortlernprozessen in Bezug auf Wortbildungsstrategien morphologisch komplexer Wörter auftreten. In Anbetracht dessen wurde für die Entwicklung des qualitativen Analyseschemas ein deduktiv-induktiver Ansatz gewählt (Mayring, 2010), bei dem sowohl Fehlerkategorien auf Basis bisheriger Befunde definiert als auch Kategorien gebildet wurden, die induktiv aus den elizitierten Produktionen ( N = 740) 19 abgeleitet wurden. Das entwickelte Schema soll im folgenden Unterkapitel vorgestellt werden. 5.3.2.1 Entwickeltes Schema der qualitativen Analyse Basierend auf bisherigen Ansätzen zur qualitativen Differenzierung fehlerhafter produktiver Antworten (Masterson, Druks und Gallienne, 2008; Guiberson und Rodríguez, 2013; Ard und Beverly, 2004; McGregor u. a., 2002) wurden vier Kategorien abgeleitet, die die elizitierten Produktionen auf einer semantischen Ebene voneinander abgrenzten. Tabelle 5.4 zeigt das entwickelte Schema und die entsprechenden qualitativen Differenzierungen je nach Ebene. Darüber hinaus wurden in den Daten Substitutionen beobachtet, bei denen die Kinder das geforderte Adjektiv durch ein Nomen ersetzten ( „Wüste“ statt saharabeige). Interessanterweise waren diese Substitutionen immer mit einem Fehlertyp verknüpft, den Masterson, Druks 19 Die Anzahl der elizitierten Produktionen ergibt sich aus den zehn abgefragten Zielwörtern pro Test und pro Kind. <?page no="228"?> 228 Kapitel 5. Forschungsdesign Tabelle 5.4: Entwickeltes qualitatives Schema zur Differenzierung der elizitierten Antworten. Qualitative Differenzierung Beispiel Semantische Ebene Substitution durch ein simplizisches bekanntes Wort „lila“, „rosa“ → Granatpurpur Substitution durch Paraphrasierung „blau wie eine Zyane“ → Zyanenblau Substitution durch Adjektiv-zu-Nomen-Assoziation „Blut“ → Granatpurpur Substitution durch ein anderes Zielwort „saharabeige“ → Quittengelb Morphosyntaktische Ebene Produktion einzelner Konstituente eines Zielwortes „kupfer“ → Kupferrubin Komposition ausschließlich bekannter Konstituenten „hellbraun“ → Kupferrubin Komposition partiell bekannter Konstituenten „purpurlila“ → Granatpurpur Inkorrekte Konstruktion des Zielkompositums „schwebelgrün“ → Schwefelgrün Andere Auslassungen „Ich weiß nicht“ und Gallienne (2008) und McGregor u. a. (2002) als assoziativen Fehlertyp bezeichnen, wobei ein Kind ein Wort produziert, bei dem eine konzeptuelle Beziehung zwischen dem geäußerten und dem geforderten Wort besteht. Aufgrund der in den Daten beobachteten Kookkurrenz dieser beiden Substitutionstypen wurden dementsprechende Äußerungen der Kinder innerhalb einer weiteren semantischen Kategorie ( Substitution durch Adjektiv-zu-Nomen-Assoziation ) zusammengefasst. Im Rahmen einer morphosyntaktischen Ebene wurden induktiv vier weitere Kategorien herausgearbeitet, die weniger die Substitutionen der Zielwörter als vielmehr die unterschiedlichen morphosyntaktischen Wortbildungsmuster und -strategien der Kinder auf ihrem Weg des morphologisch komplexen Wortlernens erfassten. Des Weiteren wurden in Anlehnung an Masterson, Druks und Gallienne (2008) und McGregor u. a. (2002) weitere Verhaltensweisen erfasst, die hier unter der Kategorie Auslassungen zusammengefasst werden. Hierbei handelt es sich um Fälle, in denen die Kinder dem Interaktionspartner keine Antwort gaben oder angaben, die Antwort nicht zu wissen. Obwohl sich die qualitative Differenzierung in erster Linie auf die verbalen Produktionen der <?page no="229"?> 5.3. Auswertung der Daten 229 Kinder bezog, umfasste die Kategorie der Auslassungen auch nonverbale Verhaltensweisen wie z.B. ein Kopfschütteln. <?page no="231"?> Kapitel 6 Ergebnisse In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Analysen dargestellt. Dabei wird zunächst ein deskriptiver Überblick über die Daten gegeben (Kapitel 6.1), gefolgt von einer hypothesenbezogenen Darstellung der durchgeführten Gruppenvergleiche. In diesem Zusammenhang wird sowohl ein Überblick über die langfristigen Wortlernergebnisse hinsichtlich der Retentionsleistungen (Kapitel 6.2.1.1) als auch über die Generalisierungsleistungen (Kapitel 6.2.1.2) in Abhängigkeit von den Lernbedingungen gegeben. Darüber hinaus werden Gruppenvergleiche berichtet, die sich auf die individuellen Unterschiede in den sprachlichen Fähigkeiten der Kinder beziehen (Kapitel 6.2.1.3). Zum Abschluss der quantitativen Analyse werden Zusammenhänge zwischen den individuellen sprachlichen Fähigkeiten und den gemessenen Lernerfolgen (Kapitel 6.2.1.3) sowie die Rolle der Komplexität der verwendeten Wörter in Bezug auf die gemessenen Lernerfolge näher beleuchtet (Kapitel 6.2.2.2). Im zweiten Teil des Kapitels wird ein qualitativer Überblick über die Varianz im Antwortverhalten der Kinder gegeben (Kapitel 6.3), wobei speziell die beobachtete Varianz im Lichte der Lernbedingungen betrachtet wird (Kapitel 6.3.1). Abschließend wird die Historie bzw. die Progression im Verhalten der Kinder aufgeschlüsselt, indem das Antwortverhalten im zeitlichen Verlauf betrachtet <?page no="232"?> 232 Kapitel 6. Ergebnisse (Kapitel 6.3.2) und mögliche Muster in den Antwortverläufen dargestellt werden (Kapitel 6.3.3). 6.1 Deskriptive Statistiken der untersuchten Variablen In Tabelle 6.1 sind verschiedene deskriptive statistische Kennwerte zu den produktiven Wortlernergebnissen, die mit dem multidimensionalen Beurteilungsschema gemessen wurden, in Bezug auf die Retentionsleistungen der Kinder aufgeführt. Tabelle 6.1: Deskriptive Statistik der produktiven Retentionsleistungen nach Lernbedingung und Testzeitpunkt. Posttest Verspäteter Posttest Rek. Var. Var Mensch. Rek. Var. Var Mensch. Mittelwert 0.80 0.95 0.69 0.96 0.99 0.68 Standardabweichung 0.62 0.54 0.45 0.58 0.70 0.55 IQR 0.45 0.65 0.14 0.79 0.79 0.15 Minimum 0.16 0.41 0.30 0.00 0.00 0.00 Maximum 2.44 1.97 1.63 1.97 2.77 1.87 Anmerkung: Rek = Rekurrenzbedingung, Var = Variationsbedingung, Var Mensch = Variationsbedingung Mensch. Max. erreichbare Punktzahl: 3 . Anhand der deskriptiven Ergebnisse lässt sich festhalten, dass sich die produktiven Retentionsleistungen der Kinder insgesamt auf einem niedrigen Niveau bewegen und keine der Untersuchungsgruppen sowohl im unmittelbaren Posttest als auch im verspäteten Posttest einen Mittelwert von über 1 erreicht (vgl. Tabelle 6.1). Deskriptiv zeigen die Kinder in der Kontrollbedingung (Variationsbedingung Mensch) zu beiden Testzeitpunkten die niedrigsten Werte. Hinsichtlich der Veränderungen zwischen den Testzeitpunkten zeigen sich moderate Zuwächse in der Rekurrenzbedingung, während in den beiden anderen Untersuchungsgruppen nur marginale Veränderungen zu beobachten sind. <?page no="233"?> 6.1. Deskriptive Statistiken der untersuchten Variablen 233 Tabelle 6.2 gibt ergänzend die rezeptiven Retentionsleistungen wieder. Aufgrund der unterschiedlichen maximal erreichbaren Punkte (Produktion: max. 3 Punkte , Rezeption: max. 6 Punkte ) werden die Ergebnisse für Rezeption und Produktion getrennt dargestellt. Hinsichtlich der rezeptiven Retentionsleistungen fällt auf, dass im Kontrast zur Produktion die Kinder aller Untersuchungsgruppen in ihren rezeptiven Leistungen auf einem hohen Niveau abschneiden. Zudem deuten die geringeren Standardabweichungen auf eine geringe Streuung der Daten hin. Tabelle 6.2: Deskriptive Statistik der rezeptiven Retentionsleistungen nach Lernbedingung und Testzeitpunkt. Posttest Verspäteter Posttest Rek. Var. Var Mensch. Rek. Var. Var Mensch. Mittelwert 5.64 5.07 5.33 5.43 5.50 5.67 Standardabweichung 0.84 1.07 0.71 1.02 0.65 0.50 IQR 0.00 1.00 1.00 0.75 1.00 1.00 Minimum 3.00 2.00 4.00 3.00 4.00 5.00 Maximum 6.00 6.00 6.00 6.00 6.00 6.00 Anmerkung: Rek = Rekurrenzbedingung, Var = Variationsbedingung, Var Mensch = Variationsbedingung Mensch. Max. erreichbare Punktzahl: 6 . Tabelle 6.3 stellt in diesem Zusammenhang die gemessenen Lernergebnisse in Bezug auf die Generalisierungsleistungen der Kinder dar. Auch hier werden in einer weiteren Tabelle 6.4 ergänzend die rezeptiven Leistungen im Bereich der Generalisierung dargestellt. Zu beachten ist, dass die Darstellung der Generalisierungsleistungen differenziert nach der Art der Generalisierungsaufgabe im Test erfolgt (vgl. Kapitel 5.2.5). Zur Erinnerung: Die Generalisierungsaufgabe umfasste zum einen die Überprüfung, ob die Kinder in der Lage sind, die Farbwörter produktiv und rezeptiv auf unbekannte Objekte zu übertragen, und zusätzlich ausschließlich im Produktionstest, ob sie das gelernte Wortbildungsmuster der Komposition auf neue Farbwörter übertragen konnten, wenn ihnen zwei Konstituenten eines Kompositums getrennt genannt wurden. Die Generalisierung hinsichtlich des Transfers auf ein neues Objekt ist in beiden Tabellen <?page no="234"?> 234 Kapitel 6. Ergebnisse mit Unbekannte Obj. betitelt. In Tabelle 6.3 findet sich unter AdHoc Komposition ferner die deskriptive Statistik zur Generalisierungsleistung im Hinblick auf die Anwendung der Komposition. 1 Im nachfolgenden Kapitel werden die Unterschiede zwischen den Untersuchungsgruppen und den Testzeitpunkten sowie korrelative Zusammenhänge mittels analytischer Statistik untersucht. 1 Eine Überprüfung auf eine Korrelation der unterschiedlichen Generalisierungsfähigkeiten (Transfer auf ein unbekanntes Objekt und AdHoc Komposition) ergab, dass weder im Posttest [ r = .218, p = .19] noch im verspäteten Posttest [ r = .384, p = .99] ein sig. Zusammenhang zwischen den beiden Variablen beobachtet werden konnte. <?page no="235"?> 6.1. Deskriptive Statistiken der untersuchten Variablen 235 Tabelle 6.3: Deskriptive Statistik der produktiven Generalisierungsleistungen nach Lernbedingung und Testzeitpunkt. Posttest AdHocKomposition Verspäteter Posttest AdHocKomposition Posttest unbekannte Obj. Verspäteter Posttest unbekannte Obj. Rek. Var. Var Mensch. Rek. Var. Var Mensch. Rek. Var. Var Mensch. Rek. Var. Var Mensch. Mittelwert 0.82 1.00 1.13 0.76 0.83 1.36 0.48 0.67 0.84 0.87 0.80 0.65 Standardabweichung 0.78 0.87 1.03 0.79 0.88 1.17 0.51 0.65 0.43 0.61 0.75 0.27 IQR 0.60 0.78 0.50 0.83 0.62 1.71 0.60 0.17 0.00 0.59 0.96 0.17 Minimum 0.00 0.17 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 0.00 Maximum 2.75 3.00 3.00 2.64 2.75 3.00 1.59 2.55 1.52 2.30 2.30 0.79 Anmerkung: Rek = Rekurrenzbedingung, Var = Variationsbedingung, Var Mensch = Variationsbedingung Mensch. Max. erreichbare Punktzahl: 3 . Tabelle 6.4: Deskriptive Statistik der rezeptiven Generalisierungsleistungen nach Lernbedingung und Testzeitpunkt. Posttest unbekannte Obj. Verspäteter Posttest unbekannte Obj. Rek. Var. Var Mensch. Rek. Var. Var Mensch. Mittelwert 1.50 1.57 1.89 1.71 1.86 1.89 Standardabweichung 0.52 0.51 0.33 0.47 0.36 0.33 IQR 1.00 1.00 0.00 0.75 0.00 0.00 Minimum 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00 1.00 Maximum 2.00 2.00 2.00 2.00 2.00 2.00 Anmerkung: Rek = Rekurrenzbedingung, Var = Variationsbedingung, Var Mensch = Variationsbedingung Mensch. Max. erreichbare Punktzahl: 2 . <?page no="236"?> 236 Kapitel 6. Ergebnisse 6.2 Analyse der Daten mittels analytischer Statistik Im Vorfeld der Berechnung der Gruppenvergleiche, die eine Überprüfung der Hypothesen und eine vergleichende Betrachtung der Lernergebnisse in Abhängigkeit der systematisch gestalteten Interaktionshistorie in Form des pragmatischen Rahmens ermöglichen sollten, galt es, mögliche Effekte des Alters und des Geschlechts zu kontrollieren. Hierzu wurde ein Mann-Whitney-U-Test mit dem Geschlecht als unabhängige Variable und den produktiven Retentionsleistungen als abhängige Variable gerechnet. Sowohl im Posttest ( z = -1.11, p = .26, r = .183) als auch im verspäteten Posttest ( z = -0.06, p = .94, r = .011) unterschieden sich die Verteilungen der beiden Gruppen nicht signifikant voneinander. Auch bei den rezeptiven Retentionsleistungen ergaben sich weder im Posttest ( z = -0.39, p = .69, r = .064) noch im verspäteten Posttest ( z = -0.45, p = .65, r = .074) signifikante Unterschiede zwischen weiblichen und männlichen Versuchspersonen in Bezug auf die rezeptiven Abruffähigkeiten. Im Hinblick auf einen potentiellen Einfluss des Alters zeigte sich, dass das Alter in Monaten der teilnehmenden Kinder nicht mit den produktiven Retentionsleistungen im Posttest ( r = -.091, p = .59) oder im verspäteten Posttest ( r = -.047, p = .78) korrelierte. Ebenso zeigten sich keine signifikanten Korrelationen zwischen dem Alter in Monaten und den rezeptiven Retentionsleistungen im Posttest ( r = -.068, p = .69) oder im verspäteten Posttest ( r = -.144, p = .39). <?page no="237"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 237 6.2.1 Die Rolle des pragmatischen Rahmens: Befunde und Beobachtungen 6.2.1.1 Gruppenvergleich: Retention Die Retentionsleistungen der Untersuchungsgruppen wurden im Rahmen eines Gruppenvergleichs miteinander verglichen, um die aufgestellte Hypothese zu überprüfen, dass diejenigen Kinder, die morphologisch komplexe Wörter in einem variierenden pragmatischen Rahmen lernten, diese Wörter auf einem höheren Niveau behalten würden als Kinder, deren Wortlernen ausschließlich in einen rekurrenten pragmatischen Rahmen eingebettet war. Zunächst wurden die ermittelten produktiven Retentionsleistungen über beide Testzeitpunkte hinweg verglichen. Dazu wurde eine multifaktorielle ATS mit dem dreifach gestuften Faktor Lernbedingung (Variationsbed. vs. Rekurrenzbed. vs. Variationsbed. Mensch) als between-subject-Faktor und dem Testzeitpunkt als withinsubject-Faktor (Posttest vs. verspäteter Posttest) berechnet. Die Ergebnisse zeigten keine Haupteffekte im Hinblick auf den Faktor Lernbedingung ( F (1.99,30.94) = 1.04, p = .35; RTE : Variationsbed. = 0.55, Rekurrenzbed. = 0.50, Variationsbedingung Mensch = 0.40) oder den Faktor Testzeitpunkt ( F (1,∞) = 1.77, p = .18; RTE : Posttest = 0.46, verspäteter Posttest = 0.51). Darüber hinaus konnte kein Interaktionseffekt zwischen der Lernbedingung und dem Testzeitpunkt beobachtet werden ( F (1.59,∞) = 0.53, p = .55; RTE : Posttest : Variationsbed. = 0.45, verspäteter Posttest : Variationsbed. = 0.55, Posttest : Rekurrenzbed. = 0.46, verspäteter Posttest : Rekurrenzbed. = 0.51, Posttest : Variationsbed. Mensch = 0.37, verspäteter Posttest : Variationsbed. Mensch = 0.43), was auf mögliche Unterschiede zwischen den Gruppen zu einem der Testzeitpunkte hingedeutet hätte bzw. dass die Unterschiede zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Rahmen der beiden Testungen sichtbar werden. <?page no="238"?> 238 Kapitel 6. Ergebnisse In Abbildung 6.1 sind ergänzend die Verteilungen zwischen den Gruppen sowie die Entwicklung der produktiven Retentionsleistungen nach Lernbedingungen über die beiden Testzeitpunkte dargestellt. In dem abgebildeten Boxplot wird die Verteilung der Daten visualisiert, wobei auf dieses Darstellungsmittel insbesondere vor dem Hintergrund der nicht normalverteilten Daten zurückgegriffen wurde und Boxplots im Gegensatz zu Histogrammen Unterschiede in der Form der Verteilung sowie Ausreißer sichtbar machen. 2 Um einen zusätzlichen Einblick in die Daten zu geben und die Verteilung der zugrundeliegenden Beobachtungen innerhalb einer Gruppe sichtbar zu machen, sind die einzelnen Beobachtungen mit Punkten markiert. Die Punkte sind durch Linien verbunden, die die zeitliche Entwicklung darstellen. Die Ergebnisse bezüglich der Produktion widersprechen der ersten aufgestellten Hypothese und zeigen, dass die Kinder, die eine Variation des pragmatischen Rahmens erfahren haben, nicht in der Lage sind, die vermittelten Wörter auf einem signifikant höheren Niveau abzurufen, weder im unmittelbaren Posttest noch im verspäteten Posttest. Die Kinder in der Kontrollbedingung, die mit einem menschlichen Partner interagierten und ebenfalls eine Variation des pragmatischen Rahmens erfuhren, zeigen ebenfalls keine verbesserten produktiven Abruffähigkeiten im Vergleich zur Rekurrenzbedingung, aber auch keine höheren Lernergebnisse im Vergleich zur Gruppe der Kinder, die eine Variation des pragmatischen Rahmens mit dem robotischen Interaktionspartner erlebten. Darüber hinaus ist eine große individuelle Varianz im Verhalten der Kinder in Bezug auf die Wortlernergebnisse festzustellen, insbesondere in den Gruppen, die mit dem sozialen Roboter interagierten. In einem weiteren Schritt wurden die rezeptiven Retentionsleistungen der Kinder näher analysiert. Zu diesem 2 Die Linie innerhalb einer Box in einem Boxplots zeigt den Median der Daten, während die obere und untere Linie die Werte des 75. bzw. 25. Perzentils darstellen. Die Ausprägungen, die über oder unter den Linien liegen, sind durch Punkte dargestellt und stellen die Ausreißer dar. Der Bereich zwischen den Linien wird als Interquartilsbereich (IQR) bezeichnet und gibt Aufschluss über die Streuung der Daten innerhalb einer Gruppe. <?page no="239"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 239 Abbildung 6.1: Vergleich der produktiven Retentionsleistungen nach Lernbedingungen zu den beiden Testzeitpunkten. Zweck wurde erneut eine ATS mit dem dreifach gestuften Faktor Lernbedingung als between-subject-Faktor und dem Testzeitpunkt als within-subject-Faktor berechnet. Es zeigten sich keine Haupteffekte im Hinblick auf die Lernbedingung ( F (1.98,30.25) = 1.01, p = .36; RTE : Variationsbed. = 0.44, Rekurrenzbed. = 0.56, Variationsbedingung Mensch = 0.49) oder den Testzeitpunkt ( F (1,∞) = 1.49, p = .22; RTE : Posttest = 0.47, verspäteter Posttest = 0.52). Darüber hinaus ließ sich kein Interaktionseffekt zwischen Lernbedingung und Testzeitpunkt feststellen ( F (1.9,∞) = 1.48, p = .22; RTE : Posttest : Variationsbed. = 0.38, verspäteter Posttest : Variationsbed. = 0.49, Posttest : Rekurrenzbed. = 0.59, verspäteter Posttest : Rekurrenzbed. = 0.53, Posttest : Variationsbed. Mensch = 0.43, verspäteter Posttest : Variationsbed. Mensch = 0.55). <?page no="240"?> 240 Kapitel 6. Ergebnisse Abbildung 6.2: Vergleich der rezeptiven Retentionsleistungen nach Lernbedingungen zu den beiden Testzeitpunkten. In Abbildung 6.2 sind die Verteilungen zwischen den Gruppen nach Lernbedingungen über die beiden Testzeitpunkte dargestellt. Die Abbildung verdeutlicht, dass im Vergleich zu den produktiven Retentionsleistungen die Kinder aller drei Untersuchungsgruppen im unmittelbaren Posttest und im verspäteten Posttest die Zielwörter rezeptiv auf einem sehr hohen Niveau abrufen konnten. So zeigt sich, dass die Kinder unter allen Lernbedingungen häufig eine nahezu optimale Leistung erzielen bzw. die maximale Punktzahl erreichen, so dass das Ausbleiben von Gruppenunterschieden nicht überraschend ist, gleichzeitig aber auch aufzeigt, dass die überwiegende Mehrheit der Kinder sich erfolgreich im Testformat verhalten konnte und die Zielwörter auf einem Niveau lernte, das es <?page no="241"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 241 ihnen ermöglichte, diese über die Zeit erfolgreich rezeptiv abzurufen. Die Ergebnisse stehen übergreifend im Widerspruch zur ersten Hypothese und zeigen im Gegensatz dazu, dass sowohl die Kinder, die in einem rekurrenten pragmatischen Rahmen lernten, als auch die Kinder, die morphologisch komplexe Wörter in einem variierenden pragmatischen Rahmen lernten, die vermittelten Wörter auf einem vergleichbaren Niveau produktiv und rezeptiv abrufen konnten. Des Weiteren ist anzumerken, dass die Gruppe, die die neuen Wörter mit einem menschlichen Interaktionspartner lernte, sich in ihren produktiven und rezeptiven Lernergebnissen nicht signifikant von den beiden anderen Gruppen unterschied. 6.2.1.2 Gruppenvergleich: Generalisierung Zur Überprüfung der zweiten aufgestellten Hypothese, die von einer verbesserten Fähigkeit in der Generalisierung des Wortwissens bei den Kindern ausging, die die neuen Wörter in einem variierenden pragmatischen Rahmen gelernt hatten, wurden die Generalisierungsleistungen der Kinder in Abhängigkeit von der Lernbedingung über die Testzeitpunkte hinweg ausgewertet. Wie bereits in den deskriptiven Statistiken differenziert, erfolgt die Analyse getrennt nach der Art der Generalisierungsaufgabe ( Transfer unbekannte Obj. und AdHoc Komposition ) im durchgeführten Test. Zunächst wurden in einem Gruppenvergleich die Generalisierungsleistungen betrachtet, die widerspiegelten, inwieweit die Kinder in der Lage waren, die gelernten Wörter im Test produktiv und rezeptiv auf neue Objekte zu übertragen (Kapitel 6.2.1.2). Anschließend wurde in einem weiteren Gruppenvergleich untersucht, inwieweit sich die Gruppen in ihrer Fähigkeit unterschieden, die Struktur bzw. das Wortbildungsverfahren der Komposition aufzugreifen und produktiv auf neue Farbwörter anzuwenden, wenn ihnen zwei Konstituenten eines Kompositums getrennt genannt wurden (Kapitel 6.2.1.2). <?page no="242"?> 242 Kapitel 6. Ergebnisse Transfer auf neue Objekte Zunächst wurden die produktiven Lernergebnisse der Kinder untersucht und erneut eine ATS mit dem dreifach gestuften Faktor Lernbedingung als betweensubject-Faktor und dem Testzeitpunkt als within-subject-Faktor berechnet. Weder im Hinblick auf die Lernbedingung ( F (1.99,31.25) = 1.89, p = .15; RTE : Variationsbed. = 0.46, Rekurrenzbed. = 0.45, Variationsbedingung Mensch = 0.62) noch auf den Testzeitpunkt ( F (1,∞) = 1.44, p = .22; RTE : Posttest = 0.49, verspäteter Posttest = 0.53) zeigten sich Haupteffekte. Ein signifikanter Interaktionseffekt zwischen Lernbedingung und Testzeitpunkt ließ sich jedoch beobachten ( F (1.98,∞) = 6.67, p < .01; RTE : Posttest : Variationsbed. = 0.43, verspäteter Posttest : Variationsbed. = 0.48, Posttest : Rekurrenzbed. = 0.35, verspäteter Posttest : Rekurrenzbed. = 0.55, Posttest : Variationsbed. Mensch = 0.69, verspäteter Posttest : Variationsbed. Mensch = 0.56). Demnach unterschied sich der Einfluss der Lernbedingung auf die Fähigkeit, die gelernten morphologisch komplexen Wörter auf ein neues Objekt zu übertragen, abhängig von den Testzeitpunkten (vgl. Abbildung 6.3). Paarweise Posthoc-Vergleiche ergaben zunächst signifikante Unterschiede zwischen der Rekurrenzbedingung und der Variationsbedingung Mensch sowie zwischen der Variationsbedingung und der Variationsbedingung Mensch im unmittelbaren Posttest (vgl. Tabelle 6.5). Darüber hinaus zeigte die Rekurrenzbedingung einen signifikanten Zuwachs in der Generalisierungsleistung vom unmittelbaren Posttest zum verspäteten Posttest. Nach einer Fehlerkorrektur mittels Bonferroni-Holm-Korrektur zur Vermeidung einer Alphafehler-Kumulierung aufgrund multipler Post-hoc-Tests stellte sich jedoch heraus, dass nur die Zunahme in den Generalisierungsleistungen (Posttest vs. verspäteter Posttest) in der Rekurrenzbedingung als signifikantes Ergebnis fortbestand. 3 3 An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass es sich bei der Bonferroni-Holm-Korrektur um eine eher konservative Art der Korrektur handelt, die mitunter zu einer hohen Rate an falschnegativen Ergebnissen führen kann (Armstrong, 2014). <?page no="243"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 243 Abbildung 6.3: Vergleich der produktiven Generalisierungsleistungen beim Transfer auf ein neues Objekt nach Lernbedingungen und Testzeitpunkten (* p < 0.05, ** p < 0.01, *** p < 0.001). Die Ergebnisse im Hinblick auf die Fähigkeit der Kinder, die gelernten Wörter auf neue Objekte zu übertragen, zeigen, dass interessanterweise die Kinder in der Rekurrenzbedingung im Vergleich zu den anderen Gruppen im unmittelbaren Posttest auf einem niedrigeren Niveau starten und sich im Zuge des verspäteten Posttests in ihren Generalisierungsleistungen signifikant verbessern. Im Gegensatz dazu gelingt es den Kindern, die eine Variation des pragmatischen Rahmens erfahren haben, bereits im unmittelbaren Posttest auf einem höheren Niveau abzuschneiden, auch wenn nach der Bonferroni-Holm-Korrektur keine signifikanten Unterschiede mehr zwischen den Gruppen im unmittelbaren <?page no="244"?> 244 Kapitel 6. Ergebnisse Tabelle 6.5: Post-hoc-Vergleiche der Lernbedingung und Testzeitpunkte Vergleich p -Wert Adjustierter p -Wert F Statistik RTE Rek. vs. Var.(T1) 0.367 1.000 F (1,25.96) = 0.83 Rek. = 0.45, Var. = 0.54 Rek. vs. Var. Mensch (T1) 0.014 0.115 F (1,19.42) = 7.21 Rek. = 0.35, Var. Mensch = 0.64 Var. vs. Var. Mensch(T1) 0.016 0.116 F (1,19.10) = 6.89 Var. = 0.35, Var. Mensch = 0.64 Rek. vs. Var. (T2) 0.522 1.000 F (1,24.49) = 0.42 Rek. = 0.53, Var. = 0.46 Rek. vs. Var. Mensch (T2) 0.925 1.000 F (1,18.11) = 0.01 Rek. = 0.49, Var. Mensch = 0.50 Var. vs. Var. Mensch (T2) 0.586 1.000 F (1,20.43) = 0.31 Var. = 0.35, Var. Mensch = 0.64 Rek. (T1 vs. T2) < 0.001 0.001 F (1,∞) = 13.84 T1 = 0.39, T2 = 0.60 Var. (T1 vs. T2) 0.602 1.000 F (1,∞) = 0.27 T1 = 0.48, T2 = 0.51 Var.Mensch (T1 vs. T2) 0.054 0.329 F (1,∞) = 3.68 T1 = 0.60, T2 = 0.39 Anmerkung: Rek = Rekurrenzbedingung, Var = Variationsbedingung, Var Mensch = Variationsbedingung Mensch, T1 = Posttesst, T2 = Verspäteter Posttest. Adjustierte p -Werte mittels Bonferroni-Holm Korrektur berechnet. Posttest zu beobachten sind. Ebenso scheint die Variation des pragmatischen Rahmens nach einer längerfristigen Konsolidierungsphase nicht zu einem signifikanten Anstieg der Generalisierungsfähigkeiten im verspäteten Posttest beigetragen zu haben. Eine weitere ATS mit dem dreifach gestuften Faktor Lernbedingung als between-subject-Faktor und dem Testzeitpunkt als within-subject-Faktor untersuchte die rezeptiven Lernergebnisse. Hier zeigte sich kein Haupteffekt der Lernbedingung ( F (1.99,31.13) = 1.78, p = .16; RTE : Variationsbed. = 0.49, Rekurrenzbed. = 0.44, Variationsbedingung Mensch = 0.58) und auch kein Interaktionseffekt zwischen Lernbedingung und Testzeitpunkt ( F (1.55,∞) = 1.67, p = .19; RTE : Posttest : Variationsbed. = 0.42, verspäteter Posttest : Variationsbed. = 0.57, Posttest : Rekurrenzbed. = 0.39, verspäteter Posttest : Rekurrenzbed. = 0.49, Posttest : Variationsbed. Mensch = 0.58, verspäteter Posttest : Variationsbed. Mensch = 0.58). Es konnte jedoch ein Haupteffekt in Bezug auf den Testzeitpunkt identifiziert werden ( F (1,∞) = 6.30, p = .01; RTE : Posttest = 0.46, verspäteter Posttest = 0.55). Der signifikante Haupteffekt bezüglich des Testzeitpunktes weist darauf hin, dass unabhängig von der <?page no="245"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 245 Abbildung 6.4: Vergleich der rezeptiven Generalisierungsleistungen beim Transfer auf ein neues Objekt nach Lernbedingungen und Testzeitpunkten. Lernbedingung, der die Kinder zugeordnet wurden, eine signifikante Veränderung der rezeptiven Generalisierungsfähigkeit über die Zeit beobachtet werden konnte, d.h. das Niveau der Generalisierungsfähigkeit, die gelernten Wörter auf neue Objekte zu übertragen, war im unmittelbaren Posttest insgesamt niedriger ausgeprägt als im verspäteten Posttest (vgl. Abbildung 6.4). Die Befunde unterstützen jedoch nicht die aufgestellte Hypothese, dass ein in eine Variation des pragmatischen Rahmens eingebettetes Wortlernen zu einer verbesserten Fähigkeit bei den Kindern führt, das erworbene Wortwissen im unmittelbaren und verspäteten Posttest zu generalisieren. <?page no="246"?> 246 Kapitel 6. Ergebnisse AdHoc-Kompositionen In einer weiteren Analyse wurde die zweite erfasste Komponente der Generalisierungsfähigkeit der Kinder untersucht: Konkret galt es zu ermitteln, inwieweit die Kinder in Abhängigkeit von den Lernbedingungen das Wortbildungsmuster der Komposition während des Trainings strukturell erfasst hatten und in der Lage waren, es produktiv auf neue Farbwörter zu übertragen, wenn ihnen zwei Konstituenten eines Kompositums präsentiert wurden. Da diese Generalisierungsaufgabe die Produktion des Zielwortes voraussetzte (vgl. Kapitel 5.2.5.1), bezieht sich die Analyse dementsprechend ausschließlich auf die produktiven Leistungen der Kinder. In diesem Zusammenhang wurden die ermittelten produktiven Lernergebnisse auf die AdHoc-Komposition über beide Testzeitpunkte hinweg verglichen. Zu diesem Zweck wurde eine multifaktorielle ATS mit dem dreifach gestuften Faktor Lernbedingung als between-subject-Faktor und dem Testzeitpunkt als within-subject-Faktor berechnet. Das Verfahren deckte keine Haupteffekte im Hinblick auf den Faktor Lernbedingung ( F (1.91,25.92) = 0.88, p = .40; RTE : Variationsbed. = 0.49, Rekurrenzbed. = 0.44, Variationsbedingung Mensch = 0.59) oder den Faktor Testzeitpunkt ( F (1,∞) = 0.41, p = .52; RTE : Posttest = 0.50, verspäteter Posttest = 0.45) auf. Darüber hinaus konnte kein Interaktionseffekt zwischen der Lernbedingung und dem Testzeitpunkt beobachtet werden ( F (1.98,∞) = 1.28, p = .27; RTE : Posttest : Variationsbed. = 0.53, verspäteter Posttest : Variationsbed. = 0.44, Posttest : Rekurrenzbed. = 0.45, verspäteter Posttest : Rekurrenzbed. = 0.43, Posttest : Variationsbed. Mensch = 0.57, verspäteter Posttest : Variationsbed. Mensch = 0.61). Die Ergebnisse, die in Abbildung 6.5 illustriert sind, zeigen zum einen, dass die systematisch gestaltete Exposition der pragmatischen Rahmen nicht ausschlaggebend dafür war, auf welchem Niveau die Kinder die neuen Farbwörter im unmittelbaren und im verspäteten Posttest komponieren konnten. Zum anderen zeigt sich, dass keine signifikanten Zu- oder Abnahme in den Generalisierungsfähigkeiten über <?page no="247"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 247 Abbildung 6.5: Vergleich der produktiven Generalisierungsleistungen in Bezug auf die AdHoc-Komposition nach Lernbedingungen und Testzeitpunkten. die Testzeitpunkte zu erkennen sind und die Kinder zu den verschiedenen Zeitpunkten die neuen Wörter auf einem vergleichbaren Niveau komponierten. Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass die Ergebnisse hinsichtlich der Generalisierungsfähigkeiten der Kinder der Hypothese widersprechen, dass diejenigen Kinder, die eine Variation des pragmatischen Rahmens erfahren haben, in den Tests eine höhere Fähigkeit in der Generalisierung ihres Wortwissens demonstrieren würden. Zwar zeigen sich insbesondere in der Fähigkeit des Transfers, die gelernten Wörter produktiv auf neue Objekte zu übertragen, Unterschiede zwischen den Gruppen in den Lernergebnissen im unmittelbaren <?page no="248"?> 248 Kapitel 6. Ergebnisse Posttest, doch erreichen diese Unterschiede nach einer Fehlerkorrektur des α - Niveaus kein signifikantes Ergebnis. Darüber hinaus geben die durchgeführten Analysen keine Hinweise auf einen Haupteffekt der Lernbedingung, weder hinsichtlich der Generalisierungsfähigkeit der AdHoc-Komposition noch hinsichtlich des Transfers auf neue Objekte. 6.2.1.3 Individuelle Unterschiede im Lichte der Lernbedingungen Eine weitere Frage, die in der vorliegenden Arbeit aufgegriffen werden sollte, betraf die Rolle der individuellen sprachlichen Fähigkeiten der Kinder beim Lernen morphologisch komplexer Wörter in einem rekurrenten oder in einem variierenden pragmatischen Rahmen. Die Annahme hierbei lautete, dass das Lernen von morphologisch komplexen Wörtern in einem rekurrenten und in einem variierenden pragmatischen Rahmen je nach den zugrunde liegenden individuellen sprachlichen Fähigkeiten der Kinder zu unterschiedlich stark ausgeprägten Lernunterschieden führt. In diesem Zusammenhang wurde einerseits der Einfluss des expressiven Wortschatzes und andererseits der Einfluss der morphosyntaktischen Fähigkeiten differenziert nach pragmatischem Rahmen untersucht. Zur Überprüfung der Hypothese wurden die Daten mittels Gruppenvergleichen ausgewertet. Ergänzend dazu wurden Korrelationsanalysen durchgeführt, um potentielle Zusammenhänge aufzudecken. Angesichts der beobachteten potentiellen Deckeneffekte bei den rezeptiven Leistungen bzw. des Umstandes, dass die Kinder im rezeptiven Test größtenteils optimale Leistungen erzielten, konzentrieren sich die im Folgenden berichteten Ergebnisse auf die produktiven Retentions- und Generalisierungsleistungen. Die rezeptiven Leistungen werden in Appendix A in tabellarischer Form berichtet. Bei den rezeptiven Leistungen konnten keine signifikanten Gruppenunterschiede festgestellt werden. Mögliche Gründe für die Unterschiede zwischen Produktion und Rezeption werden in Kapitel 7.2.1 gesondert diskutiert. <?page no="249"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 249 Gruppenvergleich: Die Rolle des expressiven Wortschatzes Um den Einfluss des expressiven Wortschatzes der Kinder auf die Lernergebnisse in einem rekurrenten und in einem variierenden pragmatischen Rahmen zu untersuchen, wurden die Kinder innerhalb der Lernbedingungen gemäß dem Manual des AWST-R anhand der T-Werte in zwei Wortschatzgruppen eingeteilt (Kiese-Himmel, 2005): durchschnittliche Leistungen (T-Werte zwischen 40 und 60) und überdurchschnittliche Leistungen (T-Werte über 60). Ausschließlich In der Rekurrenzbedingung befanden sich zwei Kinder mit unterdurchschnittlichen Leistungen (T-Werte unter 40), die aus dem Gruppenvergleich ausgeschlossen wurden. Da zudem in der Variationsbedingung Mensch bis auf ein Kind alle Kinder ausschließlich durchschnittliche Leistungen aufwiesen und somit ein Gruppenvergleich anhand der AWST-R- Klassifikation in dieser Bedingung nicht möglich war, wurde diese Bedingung nicht in die Auswertung einbezogen. Innerhalb der Variationsbedingung und der Rekurrenzbedingung ließ die Verteilung der Kinder mit durchschnittlichen und überdurchschnittlichen Fähigkeiten einen Gruppenvergleich zu, da in der vorhandenen Stichprobe die Bereiche nahezu ausgeglichen repräsentiert waren. Tabelle 6.6 zeigt die Einteilung der Versuchspersonen in Subgruppen nach ihrem expressiven Wortschatz innerhalb der Lernbedingungen. Tabelle 6.6: Einteilung der Versuchspersonen nach ihrem expressiven Wortschatz (AWST-R) innerhalb der Lernbedingungen. Variationsbedingung Rekurrenzbedingung Subgruppe n M (SD) n M (SD) Wortschatz durchschnittlich 9 51.44 (6.32) 6 53.00 (4.14) Wortschatz überdurchschnittlich 5 66.20 (2.68) 6 70.83 (5.56) Anmerkung: M (SD) = Mittelwerte (Standardabweichung) ; n = Anzahl der Kinder je Subgruppe. Die in den Testverfahren ermittelten T-Werte sind angegeben. <?page no="250"?> 250 Kapitel 6. Ergebnisse In einem ersten Gruppenvergleich wurden die AWST-R-Wortschatzgruppen durchschnittlich und überdurchschnittlich innerhalb der Rekurrenzbedingung hinsichtlich ihren Retentionsleistungen zu beiden Testzeitpunkten verglichen. Die Berechnung einer ATS mit dem Faktor Wortschatzgruppe (durchschnittlich vs. überdurchschnittlich) als between-subject-Faktor und Testzeitpunkt als within-subject-Faktor ergab keine Haupteffekte in Bezug auf die Wortschatzgruppe ( F (1,9.13) = 1.47, p = .22; RTE : überdurchschnittlich = 0.59, durchschnittlich = 0.40) oder den Testzeitpunkt ( F (1,∞) = 3.29, p = .06; RTE : Posttest = 0.44, verspäteter Posttest = 0.55). Auch ein signifikanter Interaktionseffekt konnte nicht festgestellt werden ( F (1,∞) = 1.59, p = .20; RTE : Posttest : überdurchschnittlich = 0.57, verspäteter Posttest : überdurchschnittlich = 0.61, Posttest : durchschnittlich = 0.30, verspäteter Posttest : durchschnittlich = 0.50). Die AWST-R-Wortschatzgruppen innerhalb der Rekurrenzbedingung unterschieden sich also nicht signifikant in ihren Retentionsleistungen - weder im unmittelbaren Posttest noch im verspäteten Posttest. Darüber hinaus zeigten sich in keiner der Wortschatzgruppen signifikante Zuwächse oder Rückgänge in den Lernergebnissen über die Testzeitpunkte hinweg. Abbildung 6.6 präsentiert die Ergebnisse ergänzend in Form eines Boxplots, wobei die zeitlichen Verläufe zusätzlich durch eine gestrichelte Linie visualisiert werden, die den Median der Lernergebnisse zwischen Post- und verspätetem Posttest aufgreift. In einem zweiten Gruppenvergleich wurden die beiden AWST-R-Wortschatzgruppen innerhalb der Variationsbedingung hinsichtlich ihrer Retentionsleistungen zu beiden Testzeitpunkten verglichen. Eine ATS mit dem Faktor Wortschatzgruppe als between-subject-Faktor und Testzeitpunkt als within-subject-Faktor zeigte in diesem Fall einen signifikanten Haupteffekt der Wortschatzgruppe ( F (1,6.76) = 4.63, p = .03; RTE : überdurchschnittlich = 0.70, durchschnittlich = 0.38), ohne dass ein weiterer Haupteffekt in Bezug auf den Testzeitpunkt ( F (1,∞) = 0.09, p <?page no="251"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 251 Abbildung 6.6: Vergleich der produktiven Retentionsleistungen nach Wortschatzgruppen innerhalb der Lernbedingungen über die Testzeitpunkte. = .75; RTE : Posttest = 0.55, verspäteter Posttest = 0.53) oder ein Interaktionseffekt zwischen Wortschatzgruppe und Testzeitpunkt ermittelt werden konnte ( F (1,∞) = 1.19, p = .27; RTE : Posttest : überdurchschnittlich = 0.73, verspäteter Posttest : überdurchschnittlich = 0.67, Posttest : durchschnittlich = 0.36, verspäteter Posttest : durchschnittlich = 0.40). Dementsprechend ergaben die Ergebnisse, dass es zu keinem der Testzeitpunkte signifikante Veränderungen in den Lernergebnissen gab, aber der signifikante Haupteffekt der Wortschatzgruppe bestätigte, dass zu beiden Testzeitpunkten ein signifikanter Unterschied in den Retentionsleistungen zwischen Kindern mit durchschnittlichem und überdurchschnittlichem expressiven Wortschatz bestand (vgl. Tabelle 6.7). <?page no="252"?> 252 Kapitel 6. Ergebnisse Tabelle 6.7: Produktive Retentions- und Generalisierungsleistungen nach AWST-R-Wortschatzgruppen innerhalb der Lernbedingungen über die Testzeitpunkte. Rekurrenzbedingung Variationsbedingung AWST-R durchschnittlich AWST-R überdurchschnittlich AWST-R durchschnittlich AWST-R überdurchschnittlich Mdn (IQR) Mdn (IQR) Mdn (IQR) Mdn (IQR) Retention (T1) 0.57 (0.25) 0.96 (0.93) 0.58 (0.13) 1.77 (0.50) AdHoc-Komposition (T1) 0.61 (0.45) 1.36 (1.10) 0.61 (0.61) 1.16 (2.13) Transfer unbekanntes Obj. (T1) 0.32 (0.64) 0.48 (1.02) 0.58 (0.16) 0.64 (0.02) Retention (T2) 0.83 (0.75) 1.16 (0.49) 0.63 (0.31) 1.35 (0.63) AdHoc-Komposition (T2) 0.37 (0.47) 1.17 (0.98) 0.61 (0.27) 1.00 (2.38) Transfer unbekanntes Obj. (T2) 0.64 (0.29) 1.03 (0.78) 0.64 (0.64) 0.64 (1.26) Anmerkung: Mdn (IQR) = Median (Interquartilsabstand) . T1 = unmittelbarer Posttest, T2 = verspäteter Posttest. Max. erreichbare Punktzahl: 3. Die berichteten Ergebnisse beziehen sich auf die ermittelten produktiven Leistungen der Kinder, für einen Überblick der rezeptiven Leistungen siehe Appendix A, Tabelle A.1. Neben den Retentionsleistungen sollten zudem auch die Generalisierungsfähigkeiten vor dem Hintergrund der sprachlichen Fähigkeiten und der Rolle des pragmatischen Rahmens berücksichtigt werden. Eine erste Analyse bezüglich der Fähigkeit der Kinder, das Verfahren der Komposition (AdHoc-Komposition) im Test anzuwenden, zeigte, dass ein signifikanter Haupteffekt der Wortschatzgruppe in der Rekurrenzbedingung nachgewiesen werden konnte 4 ( F (1,8.91) = 7.90, p < 0.01; RTE : überdurchschnittlich = 0.67, durchschnittlich = 0.32), was darauf hindeutet, dass über beide Testzeitpunkte hinweg die Kinder mit einem überdurchschnittlichen Wortschatz in der Lage waren, unbekannte Konstituenten auf einem signifikant höheren Niveau zu komponieren als Kinder mit einem durchschnittlichen Wortschatz. Ein Haupteffekt des Testzeitpunktes ( F (1,∞) = 0.03, p = .84; RTE : Posttest = 0.50, verspäteter Posttest = 0.49) oder ein Interaktionseffekt konnte nicht gefunden werden ( F (1,∞) = 0.62, p = .42; RTE : Posttest : überdurchschnittlich = 0.65, verspäteter Posttest : überdurchschnittlich = 0.69, 4 Erneut wurde eine ATS mit dem Faktor Wortschatzgruppe als between-subject-Faktor und Testzeitpunkt als within-subject-Faktor berechnet. <?page no="253"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 253 Posttest : durchschnittlich = 0.36, verspäteter Posttest : durchschnittlich = 0.29). Bei der Analyse der AdHoc-Komposition innerhalb der Variationsbedingung, erneut differenziert nach Wortschatzgruppen, zeigte eine weitere ATS keinen Haupteffekt der Wortschatzgruppe ( F (1,6.89) = 2.67, p = .10; RTE : überdurchschnittlich = 0.65, durchschnittlich = 0.41) oder des Testzeitpunktes ( F (1,∞) = 3.63, p = .06; RTE : Posttest = 0.58, verspäteter Posttest = 0.48) und auch keinen Interaktionseffekt zwischen Wortschatzgruppe und Testzeitpunkt ( F (1,∞) = 0.35, p = .55; RTE : Posttest : überdurchschnittlich = 0.72, verspäteter Posttest : überdurchschnittlich = 0.59, Posttest : durchschnittlich = 0.44, verspäteter Posttest : durchschnittlich = 0.37). Die vergleichende Betrachtung der Wortschatzgruppen im Hinblick auf die Generalisierungsfähigkeit, die gelernten Wörter auf neue Objekte zu übertragen, zeigte indessen innerhalb der Rekurrenzbedingung einen signifikanten Haupteffekt des Testzeitpunktes ( F (1,∞) = 8.53, p < .01; RTE : Posttest = 0.40, verspäteter Posttest = 0.59), jedoch keinen Haupteffekt der Wortschatzgruppe ( F (1,9.97) = 1.87, p = 0.17; RTE : überdurchschnittlich = 0.59, durchschnittlich = 0.40) und auch keinen Interaktionseffekt zwischen den Faktoren ( F (1,∞) = 0.17, p = .67; RTE : Posttest : überdurchschnittlich = 0.48, verspäteter Posttest : überdurchschnittlich = 0.70, Posttest : durchschnittlich = 0.32, verspäteter Posttest : durchschnittlich = 0.48). Die Kinder konnten sich demnach in der Rekurrenzbedingung vom Posttest zum verspäteten Posttest signifikant verbessern, unabhängig davon, welcher Wortschatzgruppe sie angehörten. Die Berechnung einer ATS, um zu überprüfen, ob sich die Wortschatzgruppen innerhalb der Variationsbedingung in ihrer Transferleistung in Bezug auf die gelernten Wörter unterscheiden, ergab, dass weder ein Haupteffekt der Wortschatzgruppe ( F (1,7.38) = 0.80, p = .37; RTE : überdurchschnittlich = 0.58, durchschnittlich = 0.45) und des Testzeitpunkts ( F (1,∞) = 0.07, p = .78; RTE : <?page no="254"?> 254 Kapitel 6. Ergebnisse Posttest = 0.50, verspäteter Posttest = 0.53) noch ein Interaktionseffekt zwischen der Wortschatzgruppe und dem Testzeitpunkt festgestellt werden konnte ( F (1,∞) = 0.31, p = .57; RTE : Posttest : überdurchschnittlich = 0.60, verspäteter Posttest : überdurchschnittlich = 0.57, Posttest : durchschnittlich = 0.41, verspäteter Posttest : durchschnittlich = 0.48). Es zeigte sich also, dass einerseits die gemessenen Generalisierungsfähigkeiten in der Variationsbedingung zu beiden Testzeitpunkten auf vergleichbarem Niveau blieben und nicht signifikant zu- oder abnahmen und dass andererseits keine signifikanten Unterschiede in den Lernergebnissen zwischen den Wortschatzgruppen, wie auch in der Rekurrenzbedingung, identifiziert werden konnten. Zusammenfassend lässt sich im Hinblick auf die Rolle des expressiven Wortschatzes der Kinder festhalten, dass die Befunde zu den Retentionsleistungen die aufgestellte Hypothese unterstützen, dass je nach pragmatischem Rahmen, in dem die Kinder die morphologisch komplexen Wörter gelernt haben (Variation vs. Rekurrenz), unterschiedlich stark ausgeprägte Lernunterschiede zwischen den Kindern in Abhängigkeit von ihren individuellen sprachlichen Fähigkeiten auftreten. So lassen sich in der Rekurrenzbedingung keine signifikanten Unterschiede im Behalten der trainierten Wörter zwischen den Wortschatzgruppen nachweisen, während in der Variationsbedingung die Gruppen in ihren Retentionsleistungen stärker voneinander zu divergieren scheinen und sich in beiden Tests signifikant voneinander unterscheiden (vgl. Abbildung 6.6). Hinsichtlich der Generalisierungsleistung ist das Bild weniger eindeutig: Die Ergebnisse zeigen einen signifikanten Unterschied zwischen den Wortschatzgruppen in Bezug auf die AdHoc-Komposition in der Rekurrenzbedingung: Kinder mit überdurchschnittlichem Wortschatz waren hier über beide Testzeitpunkte hinweg in der Lage, unbekannte Konstituenten auf einem signifikant höheren Niveau zu komponieren als Kinder mit durchschnittlichem Wortschatz. In der Variationsbedingung zeigten sich diesbezüglich keine Gruppenunterschiede. Betrachtet man hingegen die Generalisierungsfähigkeit, <?page no="255"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 255 die gelernten Farbwörter auf neue Objekte zu übertragen, so zeigen sich in keiner der Lernbedingungen (rekurrenter oder variierender pragmatischer Rahmen) Unterschiede zwischen den Wortschatzgruppen, und sowohl Kinder mit überdurchschnittlichem Wortschatz als auch Kinder mit durchschnittlichem Wortschatz schneiden innerhalb der jeweiligen Lernbedingungen auf einem Niveau ab, das sich nicht signifikant voneinander unterscheidet. Gruppenvergleich: Die Rolle der morphosyntaktischen Fähigkeiten Als weiterer Bereich der individuellen sprachlichen Fähigkeiten wurden die morphosyntaktischen Fähigkeiten der Kinder in den Blick genommen, die insbesondere vor dem Hintergrund der morphologischen Komplexität der Zielwörter zu berücksichtigen waren. In diesem Zusammenhang sollte - analog zum Vorgehen bei der Analyse des expressiven Wortschatzes - auch hier der Einfluss der morphosyntaktischen Fähigkeiten der Kinder auf die Lernergebnisse differenziert nach pragmatischen Rahmen untersucht werden. Zu diesem Zweck wurden die Kinder entsprechend des Klassifikationsschemas des SETK 3-5 auf Basis der T-Werte in zwei Gruppen unterteilt (Grimm, Aktas und Frevert, 2010): unterdurchschnittliche Leistungen (T-Werte unter 40) und durchschnittliche Leistungen (T-Werte zwischen 40 und 60). Der Bereich der überdurchschnittlichen Leistungen wurde in der Analyse nicht berücksichtigt, da sich in der untersuchten Gesamtstichprobe keine Kinder mit überdurchschnittlichen morphosyntaktischen Fähigkeiten befanden. Zudem konzentrierte sich die Analyse erneut auf die Variationsbedingung und die Rekurrenzbedingung und verzichtete auf einen Gruppenvergleich innerhalb der Variationsbedingung Mensch, da die vorliegende Verteilung der morphosyntaktischen Fähigkeiten innerhalb dieser Bedingung keinen adäquaten Gruppenvergleich zuließ. 5 Tabelle 6.8 zeigt die 5 Von den neun Kindern der Variationsbedingung Mensch wiesen nur drei unterdurchschnittliche morphosyntaktische Fähigkeiten auf; aufgrund dieser ungleichen und kleinen Fallgruppen wurde auf einen Gruppenvergleich verzichtet (Smith und Little, 2018). <?page no="256"?> 256 Kapitel 6. Ergebnisse Einteilung der Versuchspersonen in Subgruppen nach ihren morphosyntaktischen Fähigkeiten innerhalb der Lernbedingungen. Tabelle 6.8: Einteilung der Versuchspersonen nach ihren morphosyntaktischen (SETK 3-5) Fähigkeiten innerhalb der Lernbedingungen. Variationsbedingung Rekurrenzbedingung Subgruppe n M (SD) n M (SD) Morphosyntax unterdurchschnittlich 8 31.50 (7.80) 6 27.00 (8.19) Morphosyntax durchschnittlich 6 50.66 (4.03) 8 50.50 (6.52) Anmerkung: M (SD) = Mittelwerte (Standardabweichung) ; n = Anzahl der Kinder je Subgruppe. Die in den Testverfahren ermittelten T-Werte sind angegeben. Ein erster Gruppenvergleich verglich die SETK 3-5 Morphologiegruppen unterdurchschnittlich und durchschnittlich innerhalb der Rekurrenzbedingung hinsichtlich der Retentionsleistungen im unmittelbaren und verspäteten Posttest. Eine ATS mit Faktor Morphologiegruppe (unterdurchschnittlich vs. durchschnittlich) als between-subject-Faktor und Testzeitpunkt als within-subject- Faktor ergab keine Haupteffekte in Bezug auf die Morphologiegruppe ( F (1,7.45) = 1.72, p = .18; RTE : unterdurchschnittlich = 0.36, durchschnittlich = 0.56) oder den Faktor Testzeitpunkt ( F (1,∞) = 1.72, p = .18; RTE : Posttest = 0.41, verspäteter Posttest = 0.51). Ebenso wurde kein signifikanter Interaktionseffekt beobachtet ( F (1,∞) = 0.31, p = .57; RTE : Posttest : unterdurchschnittlich = 0.33, verspäteter Posttest : unterdurchschnittlich = 0.39, Posttest : durchschnittlich = 0.49, verspäteter Posttest : durchschnittlich = 0.63). Innerhalb der Rekurrenzbedingung konnten somit keine signifikanten Unterschiede in den Retentionsleistungen zwischen den Morphologiegruppen und keine signifikanten Veränderungen zwischen den Testzeitpunkten festgestellt werden (vgl. Abbildung 6.7). Im Rahmen des Gruppenvergleichs zwischen Kindern mit unterdurchschnittlichen und durchschnittlichen morphosyntaktischen Fähigkeiten innerhalb der Variationsbedingung zeigte die Berechnung einer ATS einen signifikanten <?page no="257"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 257 Abbildung 6.7: Vergleich der produktiven Retentionsleistungen nach Morphologiegruppen innerhalb der Lernbedingungen über die Testzeitpunkte. Haupteffekt der Morphologiegruppe ( F (1,11.96) = 8.23, p < .01; RTE : unterdurchschnittlich = 0.35, durchschnittlich = 0.69). Ein signifikanter Haupteffekt des Testzeitpunktes ( F (1,∞) = 0.01, p = .91; RTE : Posttest = 0.52, verspäteter Posttest = 0.52) oder ein Interaktionseffekt zwischen Morphologiegruppe und Testzeitpunkt ließen sich hingegen nicht identifizieren ( F (1,∞) = 0.52, p = .46; RTE : Posttest : unterdurchschnittlich = 0.36, verspäteter Posttest : unterdurchschnittlich = 0.33, Posttest : durchschnittlich = 0.67, verspäteter Posttest : durchschnittlich = 0.72). Dieses Resultat weist darauf hin, dass die Gruppe der Kinder mit unterdurchschnittlichen morphosyntaktischen Fähigkeiten innerhalb der Variationsbedingung die trainierten morphologisch komplexen Wörter über die zwei Testzeitpunkte hinweg insgesamt auf einem niedrigeren Niveau behalten konnte, wenn man sie mit der Gruppe der Kinder mit durchschnittlichen morphosyntaktischen Fähigkeiten vergleicht. Die Ergebnisse verdeutlichen darüber <?page no="258"?> 258 Kapitel 6. Ergebnisse hinaus, dass innerhalb der Morphologiegruppen keine signifikanten Veränderungen vom unmittelbaren zum verspäteten Posttest zu beobachten sind und die Gruppen in beiden Tests auf einem Niveau abschneiden, das sich nicht signifikant voneinander unterscheidet (vgl. Tabelle 6.9, Abbildung 6.7). Tabelle 6.9: Produktive Retentions- und Generalisierungsleistungen nach SETK 3-5-Morphologiegruppen innerhalb der Lernbedingungen über die Testzeitpunkte. Rekurrenzbedingung Variationsbedingung Morph. unterdurchschnittlich Morph. durchschnittlich Morph. unterdurchschnittlich Morph. durchschnittlich Mdn (IQR) Mdn (IQR) Mdn (IQR) Mdn (IQR) Retention (T1) 0.63 (0.12) 0.79 (0.85) 0.58 (0.26) 1.30 (1.12) AdHoc-Komposition (T1) 0.58 (0.48) 1.36 (0.68) 0.61 (0.89) 0.77 (0.50) Transfer unbekanntes Obj. (T1) 0.48 (0.39) 0.40 (0.84) 0.55 (0.64) 0.64 (0.06) Retention (T2) 0.72 (0.69) 1.20 (0.69) 0.55 (0.28) 1.19 (0.86) AdHoc-Komposition (T2) 0.37 (0.63) 0.97 (0.58) 0.47 (0.51) 0.70 (0.54) Transfer unbekanntes Obj. (T2) 0.64 (0.00) 1.03 (0.94) 0.64 (0.45) 1.11 (1.52) Anmerkung: Mdn (IQR) = Median (Interquartilsabstand) . T1 = unmittelbarer Posttest, T2 = verspäteter Posttest. Max. erreichbare Punktzahl: 3. Die berichteten Ergebnisse beziehen sich auf die ermittelten produktiven Leistungen der Kinder, für einen Überblick der rezeptiven Leistungen siehe Appendix A, Tabelle A.2. In einem weiteren Analyseschritt wurden die Generalisierungsfähigkeiten vor dem Hintergrund der morphosyntaktischen Fähigkeiten und der Rolle des pragmatischen Rahmens betrachtet. Eine ATS, die die Generalisierungsfähigkeit der AdHoc-Komposition in Abhängigkeit von der Morphologiegruppe und den Testzeitpunkten innerhalb der Rekurrenzbedingung untersuchte, zeigte einen Haupteffekt in Bezug auf die Morphologiegruppe ( F (1,9.70) = 6.37, p = .01; RTE : unterdurchschnittlich = 0.70, durchschnittlich = 0.39). Über beide Testzeitpunkte hinweg erzielte die Gruppe der Kinder mit durchschnittlichen morphosyntaktischen Fähigkeiten ein höheres Level als die Gruppe der Kinder mit unterdurchschnittlichen morphosyntaktischen Fähigkeiten. Ferner ließ sich kein Haupteffekt des Testzeitpunktes ( F (1,∞) = 0.09, p = .76; RTE : Posttest = 0.55, <?page no="259"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 259 verspäteter Posttest = 0.54) oder ein Interaktionseffekt zwischen Morphologiegruppe und Testzeitpunkt ermitteln ( F (1,∞) = 0.04, p = .82; RTE : Posttest : unterdurchschnittlich = 0.71, verspäteter Posttest : unterdurchschnittlich = 0.68, Posttest : durchschnittlich = 0.40, verspäteter Posttest : durchschnittlich = 0.39), was dafür spricht, dass im Verlauf der Testzeitpunkte keine signifikanten Veränderungen eintraten. Die Analyse der Generalisierungsfähigkeit der AdHoc-Komposition innerhalb der Variationsbedingung abhängig von den Morphologiegruppen und dem Testzeitpunkt erbrachte weder einen signifikanten Haupteffekt in Bezug auf die Morphologiegruppe ( F (1,11.61) = 0.51, p = .47; RTE : unterdurchschnittlich = 0.45, durchschnittlich = 0.55) oder den Testzeitpunkt ( F (1,∞) = 2.44, p = .11; RTE : Posttest = 0.54, verspäteter Posttest = 0.46) noch einen Interaktionseffekt zwischen den Faktoren ( F (1,∞) = 0.33, p = .56; RTE : Posttest : unterdurchschnittlich = 0.51, verspäteter Posttest : unterdurchschnittlich = 0.39, Posttest : durchschnittlich = 0.58, verspäteter Posttest : durchschnittlich = 0.53). Demnach zeigten sich in der Variationsbedingung keine Unterschiede zwischen Kindern mit unterdurchschnittlichen und durchschnittlichen morphosyntaktischen Fähigkeiten im Komponieren unbekannter Konstituenten und es traten diesbezüglich auch keine signifikanten Veränderungen über die Testzeitpunkte auf. Schließlich wurden die Morphologiegruppen innerhalb der Lernbedingungen hinsichtlich ihrer Generalisierungsfähigkeit verglichen, die gelernten Wörter auf neue Objekte zu übertragen. Eine ATS zeigte, dass innerhalb der Rekurrenzbedingung kein signifikanter Haupteffekt für den Faktor Morphologiegruppe vorlag ( F (1,9.53) = 0.28, p = .59; RTE : unterdurchschnittlich = 0.45, durchschnittlich = 0.52), jedoch ein signifikanter Haupteffekt für den Faktor Testzeitpunkt ( F (1,∞) = 7.69, p < .01; RTE : Posttest = 0.39, verspäteter Posttest = 0.58). Eine signifikante Interaktion zwischen den beiden Faktoren Morphologiegruppe und Testzeitpunkt konnte nicht festgestellt werden ( F (1,∞) = 0.09, p = .75; RTE : Posttest : unterdurchschnittlich = 0.37, verspäteter Posttest : unterdurchschnittlich <?page no="260"?> 260 Kapitel 6. Ergebnisse = 0.54, Posttest : durchschnittlich = 0.41, verspäteter Posttest : durchschnittlich = 0.62). Folglich unterschieden sich die Morphologiegruppen nicht in ihrer Generalisierungsleistung innerhalb der Rekurrenzbedingung und unabhängig von der Gruppe steigerten die Kinder ihre Generalisierungsleistung beim Transfer der gelernten Wörter auf ein neues Objekt vom unmittelbaren zum verspäteten Posttest. Der letzte Gruppenvergleich, der durchgeführt wurde, analysierte die Morphologiegruppen innerhalb der Variationsbedingung und prüfte, ob sich die Gruppen in ihren Transferleistungen in dieser Lernbedingung unterschieden. Die Berechnung der ATS ergab keinen Haupteffekt in Bezug auf die Morphologiegruppe ( F (1,11.30) = 1.80, p = .17; RTE : unterdurchschnittlich = 0.42, durchschnittlich = 0.60) oder den Testzeitpunkt ( F (1,∞) = 0.16, p = .68; RTE : Posttest = 0.49, verspäteter Posttest = 0.52). Es wurde ferner kein Interaktionseffekt zwischen den Faktoren festgestellt ( F (1,∞) = 0.04, p = .83; RTE : Posttest : unterdurchschnittlich = 0.39, verspäteter Posttest : unterdurchschnittlich = 0.44, Posttest : durchschnittlich = 0.59, verspäteter Posttest : durchschnittlich = 0.61). Daraus folgt, dass sowohl die gemessenen Generalisierungsfähigkeiten in der Variationsbedingung zu beiden Testzeitpunkten auf einem Niveau bleiben, das sich nicht signifikant voneinander unterscheidet, als auch keine signifikanten Unterschiede in den Lernergebnissen zwischen den Morphologiegruppen bestehen. Die Berücksichtigung der individuellen sprachlichen Unterschiede der Kinder im Sinne ihrer morphosyntaktischen Fähigkeiten vor dem Hintergrund des pragmatischen Rahmens, in dem die Kinder neue Wörter lernten, legt nahe, dass die aufgestellte Hypothese in Bezug auf die Retentionsleistungen bestätigt werden kann. Konkret zeigt sich, dass in einem rekurrenten Rahmen keine signifikanten Unterschiede zwischen Kindern mit unterdurchschnittlichen und durchschnittlichen morphosyntaktischen Fähigkeiten im Abruf der gelernten Wörter <?page no="261"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 261 zu beobachten sind. In der Lernbedingung, in der der pragmatische Rahmen variiert wurde, zeigte sich hingegen ein signifikanter Unterschied in den Retentionsleistungen zwischen den Morphologiegruppen. Wie bereits in der Analyse, die sich auf die Rolle des expressiven Wortschatzes konzentrierte, tritt dieses Muster nicht nur in einer der Testsitzungen auf, sondern ist über beide Testzeitpunkte hinweg vorhanden. Die Befunde zu den Generalisierungsleistungen korrespondieren erneut mit den Befunden zum expressiven Wortschatz. Hinsichtlich der Generalisierungsfähigkeit der AdHoc-Komposition, d.h. der Anwendung des Wortbildungsverfahrens der Komposition, zeigen sich ausschließlich in der Rekurrenzbedingung signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen. Kinder mit höheren morphosyntaktischen Fähigkeiten, die morphologisch komplexe Wörter in einem rekurrenten pragmatischen Rahmen lernten, waren demnach in der Lage, unbekannte Konstituenten über die Testzeitpunkte hinweg auf einem signifikant höheren Niveau zu komponieren im Vergleich zu Kindern mit unterdurchschnittlichen morphosyntaktischen Fähigkeiten. In der Variationsbedingung wurden keine Gruppenunterschiede evident und beide Morphologiegruppen erbrachten AdHoc-Kompositionsleistungen auf einem vergleichbaren Level. In Bezug auf die Generalisierungsfähigkeit, die gelernten Farbwörter auf neue Objekte zu übertragen, scheint die zugeordnete Morphologiegruppe in beiden Lernbedingungen (rekurrenter oder variierender pragmatischer Rahmen) eine geringere Rolle zu spielen. Kinder mit unterdurchschnittlichen und durchschnittlichen morphosyntaktischen Fähigkeiten erzielen sowohl in der Variationsbedingung als auch in der Rekurrenzbedingung Lernergebnisse, die sich im unmittelbaren und im verspäteten Posttest nicht signifikant voneinander unterscheiden. <?page no="262"?> 262 Kapitel 6. Ergebnisse Zusammenhänge zwischen individuellen sprachlichen Fähigkeiten und den gemessenen Lernerfolgen Um über dichotome Gruppenvergleiche hinauszugehen und das gesamte Spektrum im Hinblick auf den Wortschatz und die morphosyntaktischen Fähigkeiten zu berücksichtigen, sollten die Daten im Rahmen von Korrelationsanalysen auf mögliche Zusammenhänge zwischen den gemessenen individuellen sprachlichen Fähigkeiten (expressiver Wortschatz und morphosyntaktische Fähigkeiten) und den gemessenen Lernerfolgen differenziert nach Lernbedingungen untersucht werden. Damit sollte der Frage nachgegangen werden, wie stark der Zusammenhang zwischen den individuellen sprachlichen Fähigkeiten und den Lernergebnissen in den jeweiligen Lernbedingungen ausgeprägt war. Tabelle 6.10 und Tabelle 6.11 geben in dieser Hinsicht einen Überblick über die berechneten Korrelationen zwischen den individuellen sprachlichen Fähigkeiten und den Lernergebnissen im unmittelbaren und verspäteten Posttest differenziert nach Lernbedingungen. Tabelle 6.10: Korrelationen (Spearmans Rho, r ) und entsprechende Signifikanzniveaus ( p ) zwischen den individuellen sprachlichen Fähigkeiten und den Retentionsleistungen im unmittelbaren und verspäteten Posttest differenziert nach Lernbedingungen. Retention T1 T2 Var. Wortschatz r = .40, p = .15 r = .47, p = .08 Rek Wortschatz r = .44, p = .11 r = .30, p = .29 Var. Mensch Wortschatz r = .58, p = .10 r = .59, p = .12 Var. Morph. r = .39, p = .16 r = .58, p = .02 * Rek Morph. r = .42, p = .12 r = .66, p < .01 * Var. Mensch Morph. r = .20, p = .59 r = -.17, p = .67 Anmerkung: T1 = unmittelbarer Posttest, T2 = verspäteter Posttest, Rek = Rekurrenzbedingung, Var = Variationsbedingung, Var Mensch = Variationsbedingung Mensch. Signifikante Korrelationen sind fett markiert. Die berichteten Ergebnisse beziehen sich auf die ermittelten produktiven Leistungen der Kinder, für einen Überblick der rezeptiven Leistungen siehe Appendix A, Tabelle A.3. <?page no="263"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 263 Bei den Kindern in der Variationsbedingung zeigte sich sich ein moderater positiver Zusammenhang zwischen dem Wortschatzniveau der Kinder und den erzielten Retentionsleistungen im verspäteten Posttest. Die Kinder, die einen höheren Wortschatz hatten, erzielten demnach auch höhere Retentionsleistungen im verspäteten Posttest. Die Korrelation näherte sich einer statistischen Signifikanz an (Rasch u. a., 2006), blieb jedoch unter einem Alphaniveau von α = 0.05 (vgl. Tabelle 6.10). Bezüglich der Retentionsleistungen zeigte sich darüber hinaus ein starker positiver Zusammenhang zwischen den morphosyntaktischen Fähigkeiten der Kinder und den im verspäteten Posttest gemessenen Retentionsleistungen - sowohl bei den Kindern in der Variationsbedingung ( r = .58, p = .02) als auch bei den Kindern in der Rekurrenzbedingung ( r = .66, p < .01). Dieser Befund verdeutlicht, dass im verspäteten Posttest ein starker Zusammenhang zwischen den Variablen sichtbar wurde und Kinder mit höheren morphosyntaktischen Fähigkeiten die morphologisch komplexen Zielwörter auf einem höheren Niveau abrufen konnten; im Umkehrschluss konnten Kinder mit niedrigeren morphosyntaktischen Fähigkeiten die Zielwörter auf einem niedrigeren Niveau abrufen. Dieser positive Zusammenhang zeigte sich in beiden Lernbedingungen mit dem sozialen Roboter, nicht jedoch in der Interaktion mit dem menschlichen Interaktionspartner. Korrelationsanalysen bezüglich der Generalisierungsleistungen ergaben einen starken positiven Zusammenhang ( r = .67, p < .01) zwischen dem Wortschatzniveau der Kinder in der Rekurrenzbedingung und der Fähigkeit, unbekannte Konstituenten im späten Posttest zusammenzusetzen (Ad-hoc- Zusammensetzung) (vgl. Tabelle 6.11). Je umfangreicher der Wortschatz der Kinder war, desto höher waren die Lernergebnisse der Kinder, deren Wortlernen in einen rekurrenten pragmatischen Rahmen eingebettet war. Dieses Ergebnis knüpft an die Ergebnisse der Gruppenvergleiche an, die zeigten, dass ausschließlich in der Rekurrenzbedingung signifikante Unterschiede in der <?page no="264"?> 264 Kapitel 6. Ergebnisse Tabelle 6.11: Korrelationen (Spearmans Rho, r ) und entsprechende Signifikanzniveaus ( p ) zwischen den individuellen sprachlichen Fähigkeiten und den Generalisierungsleistungen im unmittelbaren und verspäteten Posttest differenziert nach Lernbedingungen. Generalisierung AdHoc-Komposition Generalisierung Transfer unb. Obj. T1 T2 T1 T2 Var. Wortschatz r = .45, p = .10 r = .18, p = .51 r = .15, p = .58 r = .19, p = .51 Rek Wortschatz r = .37, p = .19 r = .67, p < .01 * r = .24, p = .39 r = .30, p = .28 Var. Mensch Wortschatz r = .24, p = .53 r = -.08, p = .84 r = .09, p = .81 r = .35, p = .39 Var. Morph. r = .24, p = .40 r = .17, p = .54 r = .18, p = .53 r = .14, p = .61 Rek Morph. r = .02, p = .93 r = .03, p = .90 r = .03, p = .91 r = .38, p = .18 Var. Mensch Morph. r = .52, p = .14 r = .30, p = .46 r = .32, p = .39 r = .07, p = .85 Anmerkung: T1 = unmittelbarer Posttest, T2 = verspäteter Posttest, Rek = Rekurrenzbedingung, Var = Variationsbedingung, Var Mensch = Variationsbedingung Mensch. Signifikante Korrelationen sind fett markiert. Die berichteten Ergebnisse beziehen sich auf die ermittelten produktiven Leistungen der Kinder, für einen Überblick der rezeptiven Leistungen siehe Appendix A, Tabelle A.4. AdHoc-Komposition zwischen Kindern mit durchschnittlichem und überdurchschnittlichem Wortschatz bestanden. Abgesehen von dieser Beobachtung konnten keine weiteren signifikanten Zusammenhänge in Bezug auf die Generalisierungsleistungen und die individuellen sprachlichen Fähigkeiten festgestellt werden. 6.2.2 Weitere explorative Analysen Den Abschluss der quantitativen Auswertung mittels analytischer Statistik bilden zwei explorative Analysen, die zum einen weitere Einblicke in die Zusammenhänge zwischen den ermittelten Retentions- und Generalisierungsleistungen liefern (Kapitel 6.2.2.1) und zum anderen die Rolle der Komplexität der verwendeten Wörter in Bezug auf die gemessenen Lernerfolge näher beleuchten (Kapitel 6.2.2.2). <?page no="265"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 265 6.2.2.1 Retention und Generalisierung: Zusammenhänge Diese explorative Analyse wurde angestrengt, da sich bisher relativ wenige Forschungsarbeiten explizit mit den Zusammenhängen zwischen der Retention und der Generalisierung des Wortwissens im Rahmen des langfristigen Wortlernprozesses - insbesondere im Hinblick auf die Überprüfung des produktiven Wortverständnisses - beschäftigt haben. Eine Ausnahme stellt Rohlfing (2006) dar, die auf eine hierarchische Struktur des Lernens im Hinblick auf die langfristigen Wortlernprozesse der Retention und Generalisierung hinweist und in ihrer Untersuchung aufzeigt, dass eine erfolgreiche Retention für einen Großteil der Kinder eine Voraussetzung für die Generalisierung des Wissens war (vgl. auch Kapitel 2.5.2). Aktuelle Forschungsarbeiten unterstützen die von Rohlfing (2006) vorgeschlagene Hierarchie im Wortlernprozess und unterstreichen einen akzentuierten Zusammenhang zwischen Retention und Generalisierung (Kucker und Seidler, 2023), u.a. auch für andere Populationsgruppen (Hartley, Bird und Monaghan, 2019). Dennoch ist zu konstatieren, dass die bisherigen Untersuchungen vorwiegend das rezeptive Verständnis der Kinder adressieren. Vor diesem Hintergrund sollten in der vorliegenden Arbeit die Lernergebnisse im Hinblick auf mögliche Zusammenhänge zwischen den gemessenen produktiven Retentions- und Generalisierungsleistungen analysiert werden. Von besonderem Interesse war dabei, inwieweit sich potentielle Zusammenhänge zwischen der Retention der morphologisch komplexen Zielwörter und den verschiedenen Formen der Generalisierung zeigten, da in der vorliegenden Untersuchung nicht nur der Transfer des Wortwissens auf neue Objekte untersucht wurde, sondern auch, inwieweit die Kinder ein gelerntes Wortbildungsmuster anwenden konnten. Die Daten wurden daher auf Zusammenhänge zwischen den Retentions- und Generalisierungsleistungen nach Testzeitpunkt und Lernbedingung untersucht. Die Korrelationsanalysen ergaben, dass im unmittelbaren Posttest in allen <?page no="266"?> 266 Kapitel 6. Ergebnisse Tabelle 6.12: Korrelationen (Spearmans Rho, r ) und entsprechende Signifikanzniveaus ( p ) zwischen den produktiven Retentionsleistungen und den Generalisierungsleistungen im unmittelbaren Posttest differenziert nach Lernbedingungen. Generalisierungsaufgabe AdHoc-Komposition Transfer unbekanntes Obj. Var. Retention r = .55, p = .04 * r = .55, p = .04 * Rek Retention r = .30, p = .29 r = .75, p < .01 * Var. Mensch Retention r = -.13, p = .73 r = .45, p = .22 Anmerkung: Rek = Rekurrenzbedingung, Var = Variationsbedingung, Var Mensch = Variationsbedingung Mensch. Signifikante Korrelationen sind fett markiert. Lernbedingungen moderate bis starke positive Korrelationen zwischen der Retention und der Fähigkeit, die gelernten Wörter auf neue Objekte zu übertragen, gefunden wurden (vgl. Tabelle 6.12). In der Variationsbedingung und der Rekurrenzbedingung erreichen diese Korrelationen statistische Signifikanz, während in der Variationsbedingung Mensch der positive Zusammenhang zwischen den Variablen nicht das Signifikanzniveau erreicht. Letzteres ist vermutlich auf die kleinere Stichprobengröße in der Variationsbedingung Mensch zurückzuführen, 6 denn aus dem beobachteten Korrelationskoeffizienten ( r = .45) lässt sich eine nicht unerhebliche geteilte Varianz von 20.25 Prozent der Variablen ableiten, was dafür spricht, dass in dieser Bedingung die Retentionsleistungen der Kinder immerhin 20.25 Prozent der Varianz in den kindlichen Generalisierungsleistungen in Bezug auf den Transfer des Wortwissens erklären können. Die hier ermittelten Befunde zu den produktiven Leistungen der Kinder 6 Die Signifikanz eines Korrelationskoeffizienten hängt unter anderem von der Stichprobengröße ab. So können selbst starke Korrelationen bei kleinen Stichprobenumfängen keine statistische Signifikanz erreichen, während selbst schwache Korrelationen bei großen Stichprobenumfängen zu signifikanten Zusammenhängen führen (Smith und Little, 2018). <?page no="267"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 267 unterstützen somit bisherige Erkenntnisse und legen nahe, dass eine erfolgreiche Retention neu gelernter Wörter in engem Zusammenhang mit der Generalisierung des Wissens steht. Darüber hinaus ergänzen die Ergebnisse, dass dies auch für längerfristige Interaktionen gilt, und zwar sowohl unter Lernbedingungen, in denen der Kontext variiert, als auch unter rekurrenten Lernbedingungen. Abbildung 6.8 stellt ergänzend die Zusammenhänge zwischen den Generalisierungsleistungen und der Retentionsleistung im unmittelbaren Posttest in einem Streudiagramm dar. (a) AdHoc- Komposition und Retention (T1). (b) Transfer der gelernten Wörter und Retention (T1). Abbildung 6.8: Streudiagramme zu den Korrelationen zwischen dem Niveau der produktiven Generalisierungsleistungen und den Retentionsleistungen der Kinder zum Zeitpunkt des unmittelbaren Posttests (T1). Entlang der Linien (Regressionsgerade) gruppieren sich die Werte der Versuchspersonen. <?page no="268"?> 268 Kapitel 6. Ergebnisse Ein weniger klar umrissenes Bild ergibt sich im unmittelbaren Posttest hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen der Retention und der Fähigkeit zur Komposition unbekannter Konstituenten. So zeigt sich ausschließlich in der Variationsbedingung ein signifikant starker positiver Zusammenhang zwischen der Retention und der Generalisierungsfähigkeit der AdHoc-Komposition. Je erfolgreicher die Kinder die Zielwörter im unmittelbaren Posttest zeitlich verzögert abrufen konnten, desto erfolgreicher konnten sie auch neue Wörter aus vorgegebenen Konstituenten komponieren (vgl. Tabelle 6.12). Mit Ausnahme der Variationsbedingung scheint also das Behalten der Zielwörter nicht mit der Fähigkeit, neue Wörter zu komponieren, bzw. mit der Anwendung des Wortbildungsverfahrens der Komposition in enger Beziehung gestanden zu haben. Tabelle 6.13: Korrelationen (Spearmans Rho, r ) und entsprechende Signifikanzniveaus ( p ) zwischen den produktiven Retentionsleistungen und den Generalisierungsleistungen im verspäteten Posttest differenziert nach Lernbedingungen. Generalisierungsaufgabe AdHoc-Komposition Transfer unbekanntes Obj. Var. Retention r = .70, p < .01 * r = .61, p = .01 * Rek Retention r = .01, p = .96 r = .63, p = .01 * Var. Mensch Retention r = .15, p = .71 r = .76, p = .02 * Anmerkung: Rek = Rekurrenzbedingung, Var = Variationsbedingung, Var Mensch = Variationsbedingung Mensch. Signifikante Korrelationen sind fett markiert. Die Korrelationsanalysen in Bezug auf den verspäteten Posttest spiegelten die Ergebnisse des unmittelbaren Posttests wider: Erneut zeigten sich starke positive Zusammenhänge zwischen den erzielten Retentionsleistungen der Kinder und der Generalisierung des Wortwissens auf neue Objekte, wobei die Korrelationen in allen Lernbedingungen durchweg statistisch signifikant waren (vgl. Tabelle 6.13, Abbildung 6.9). Darüber hinaus wiederholen sich die Befunde, dass mit Blick auf die Generalisierungsfähigkeit der AdHoc-Komposition nur in der Variationsbedingung <?page no="269"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 269 ein Zusammenhang mit der Retentionsleistung identifiziert werden konnte, der sich im Vergleich zum unmittelbaren Posttest im verspäteten Posttest noch verstärkt und eine starke positive Korrelation zwischen den Variablen zeigt. In der Rekurrenzbedingung und der Variationsbedingung Mensch weisen die Korrelationskoeffizienten auf keinen Zusammenhang hin. (a) AdHoc- Komposition und Retention (T2). (b) Transfer der gelernten Wörter und Retention (T2). Abbildung 6.9: Streudiagramme zu den Korrelationen zwischen dem Niveau der produktiven Generalisierungsleistungen und den Retentionsleistungen der Kinder zum Zeitpunkt des verspäteten Posttests (T2). Entlang der Linien (Regressionsgerade) gruppieren sich die Werte der Versuchspersonen. Zusammenfassend betrachtet zeigte sich, dass die erfolgreiche Retention der morphologisch komplexen Zielwörter eine wichtige Rolle dabei spielte, die gelernten Wörter auf neue Objekte übertragen zu können. Diese Tendenz ließ <?page no="270"?> 270 Kapitel 6. Ergebnisse sich nicht nur im unmittelbaren Posttest, sondern auch im verspäteten Posttest nachweisen und war über alle Lernbedingungen hinweg präsent. Die Zusammenhänge zwischen der Retention und der Anwendung des vermittelten Kompositionsmusters waren dagegen nicht in allen Lernbedingungen so klar evident. Vielmehr zeigte sich nur in der Lernbedingung, in der die Kinder eine Variation des pragmatischen Rahmens mit dem sozialen Roboter erfahren hatten, ein signifikanter positiver Zusammenhang zwischen der Retention und der AdHoc-Komposition, während sich in den anderen Bedingungen zu beiden Testzeitpunkten keinerlei Zusammenhang zeigte. 6.2.2.2 Die Rolle der Komplexität der verwendeten Komposita In einer weiteren explorativen Analyse sollten die Lernergebnisse in Abhängigkeit der Komplexität der verwendeten Zielwörter vertieft analysiert werden. Zur Erinnerung: Die ausbalancierte Auswahl der Zielwörter, die die Kinder im Training lernten, umfasste sechs Determinativkomposita mit binärer Struktur, die jeweils in zwei Konstituenten zerlegbar waren (vgl. Kapitel 5.2.8). Drei der sechs verwendeten Komposita wiesen jeweils nur eine unbekannte Konstituente auf (z.B. quittengelb ), während bei den anderen drei Komposita beide Konstituenten unbekannt waren (z.B. granatpurpur ). Somit unterschied sich die eine Hälfte der Zielwörter in ihrer semantischen Opazität bzw. Transparenz von der anderen Hälfte der Wörter, was einerseits im Rahmen des übergreifenden Untersuchungsdesigns gezielt beabsichtigt war, um den Kindern in Bezug auf die zu erlernenden Wörter einen Zugang zum Wortbildungsprozess der Komposition zu bieten, andererseits aber vor allem in Bezug auf die opaken Komposita eine Herausforderung für die Kinder im Lernprozess der morphologisch komplexen Wörter darstellte. Obwohl bisherige Korpusstudien belegen, dass im Erwerbsprozess von opaken Komposita tendenziell mehr strukturelle Fehler auftreten als bei semantisch transparenten Komposita (Gottfried, 1997; Hiramatsu u. a., 2000), liegen bisher <?page no="271"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 271 kaum Erkenntnisse darüber vor, wie der Lernprozess von semantisch transparenten und semantisch opaken Komposita parallel verläuft und welche Unterschiede möglicherweise zu beobachten sind, wenn Kinder im Vorschulalter systematisch mit entsprechend morphologisch komplexen Wörtern in rekurrenten oder variierenden Kontexten konfrontiert werden. Aus diesem Grund wurde in einer weiteren Analyse die Retention der verwendeten Zielwörter differenziert nach ihrer Komplexität in der jeweiligen Lernbedingung vergleichend untersucht. Konkret wurde der Lernerfolg der transparenteren Komposita, bei denen nur eine Konstituente unbekannt war ( quittengelb, korallenrot, schwefelgrün ), mit den opaken Komposita, bei denen beide Konstituenten unbekannt waren ( granatpurpur, saharabeige, kupferrubin ), verglichen. Um sowohl den Einfluss der Komplexität des Kompositums als auch den Einfluss der Lernbedingung und der Testzeitpunkte zu berücksichtigen, wurde im Rahmen der Analyse erneut auf das Verfahren der ATS zurückgegriffen. Dazu wurde eine dreifaktorielle ATS mit den Faktoren Lernbedingung (Variationsbedingung vs. Rekurrenzbedingung vs. Variationsbedingung Mensch), Item (opake Komposita vs. transparentere Komposita) und Testzeitpunkt (Posttest vs. verspäteter Posttest) berechnet. Es konnte weder ein Haupteffekt der Lernbedingung ( F (1.97,29.05) = 0.86, p = .41; RTE : Variationsbedingung = 0.54, Rekurrenzbedingung = 0.49, Variationsbedingung Mensch = 0.44) noch des Testzeitpunkts festgestellt werden ( F (1,∞) = 0.96, p = .32; RTE : Posttest = 0.48, verspäteter Posttest = 0.51). Es zeigte sich jedoch ein hochsignifikanter Haupteffekt im Hinblick auf die Art des Items ( F (1,29.05) = 69.79, p < .0001; RTE : opake Komposita = 0.34, transparentere Komposita = 0.65), was darauf hindeutet, dass über die Testzeitpunkte hinweg und unabhängig von der Lernbedingung ein signifikanter Unterschied zwischen der Retention der opaken und transparenteren Komposita bestand (vgl. Tabelle 6.14, Abbildung 6.10). In diesem Zusammenhang konnten ferner keine Interaktionseffekte identifiziert <?page no="272"?> 272 Kapitel 6. Ergebnisse Abbildung 6.10: Produktive Retention nach Komplexität der Komposita innerhalb der Lernbedingungen zu den Testzeitpunkten. Opake Komposita beinhalteten vollständig unbekannte Konstituenten, transparentere Komposita beinhalteten lediglich eine unbekannte Konstituente. werden: Dies betraf eine ausbleibende Interaktion zwischen den Faktoren Lernbedingung und Item ( F (1.98,29.05 = 0.41, p = .65; RTE : Rek : transp. Komposita = 0.64, Rek : opake Komposita = 0.33, Var : transp. Komposita = 0.71, Var : opake Komposita = 0.37, Var Mensch : transp. Komposita = 0.57, Var Mensch : opake Komposita = 0.31) sowie keine vorhandene Interaktion zwischen Item und Testzeitpunkt ( F (1,∞) = 0.11, p = .73; RTE : Posttest : transp. Komposita = 0.64, verspäteter Posttest : opake Komposita = 0.32, Posttest : transp. Komposita = 0.66, verspäteter Posttest : opake Komposita = 0.37), was dafür gesprochen hätte, dass sich das Niveau der Retention in Bezug auf die transparenteren und opaken Komposita zu den Testzeitpunkten unterschieden hätten. Auch konnte keine Interaktion zwischen den Faktoren Lernbedingung und Testzeitpunkt ermittelt werden ( F (1.75,29.05) = 0.40, p = .64; RTE : Rek : Posttest = <?page no="273"?> 6.2. Analyse der Daten mittels analytischer Statistik 273 0.45, Rek : verspäteter Posttest = 0.52, Var : Posttest = 0.53, Var : verspäteter Posttest = 0.54, Var Mensch : Posttest = 0.43, Var Mensch : verspäteter Posttest = 0.44) und letztlich auch keine Interaktion höherer Ordnung zwischen Lernbedingung, Item und Testzeitpunkt ( F (1.92,∞) = 0.51, p = .58; RTE : Rek : Posttest : transp. Komposita = 0.62, Rek : Posttest : opake Komposita = 0.29, Rek : verspäteter Posttest : transp. Komposita = 0.67, Rek : verspäteter Posttest : opake Komposita = 0.38, Var : Posttest : transp. Komposita = 0.72, Var : Posttest : opake Komposita = 0.35, Var : verspäteter Posttest : transp. Komposita = 0.69, Var : verspäteter Posttest : opake Komposita = 0.39, Var Mensch : Posttest : transp. Komposita = 0.55, Var Mensch : Posttest : opake Komposita = 0.32, Var Mensch : verspäteter Posttest : transp. Komposita = 0.58, Var Mensch : verspäteter Posttest : opake Komposita = 0.30). Tabelle 6.14: Produktive Retentionsleistungen nach Komplexität der Komposita innerhalb der Lernbedingungen zu den Testzeitpunkten. Transparentere Komposita Opake Komposita T1 T2 T1 T2 Mdn (IQR) Mdn (IQR) Mdn (IQR) Mdn (IQR) Variationsbedingung 1.10 (0.96) 1.23 (0.98) 0.33 (0.47) 0.33 (0.70) Rekurrenzbedingung 0.97 (0.66) 1.33 (1.55) 0.32 (0.36) 0.40 (0.51) Variationsbedingung Mensch 0.96 (0.33) 0.96 (0.22) 0.11 (0.58) 0.22 (0.08) Anmerkung: Mdn (IQR) = Median (Interquartilsabstand) . T1 = unmittelbarer Posttest, T2 = verspäteter Posttest. Max. erreichbare Punktzahl: 3. <?page no="274"?> 274 Kapitel 6. Ergebnisse Die Komplexität der Komposita hatte also einen klaren Einfluss auf das Niveau, auf dem die Kinder die Zielwörter abrufen konnten. Abbildung 6.10 visualisiert, dass unabhängig von der Lernbedingung die opaken Komposita, deren Konstituenten gänzlich unbekannt waren, auf einem signifikant geringeren Retentionsniveau angesiedelt waren. Interessanterweise findet sich weder bei den transparenteren Komposita, bei denen eine Konstituente bekannt war, noch bei den opaken Komposita ein Anstieg in der Retentionsleistung im Rahmen einer Konsolidierung im verspäteten Posttest. Vielmehr lassen sich zwischen der Gruppe der opaken Komposita und der Gruppe der transparenteren Komposita keine signifikanten Unterschiede in der Retentionsleistung zwischen Posttest und verspätetem Posttest ausmachen. Die Ergebnisse unterstreichen somit insgesamt, dass eine erhöhte Opazität in morphologisch komplexen Wörtern zu einer geringeren Retention führen kann, die zudem im Rahmen längerfristiger Konsolidierungsprozesse ausgeprägt bleibt. 6.3 Qualitative Analyse Im Folgenden werden die Ergebnisse der Analyse berichtet, die das referentielle Verhalten der Kinder dezidiert aus einer qualitativen Perspektive beleuchtete. Das zentrale Ziel der Analyse bestand darin, eine systematische Einordnung des Antwortverhaltens vorzunehmen; dabei orientierte sich die Analyse auch an der in der vorliegenden Arbeit vertretenen Prämisse, dass Wortlernen nicht als ein binäres Phänomen zu verstehen ist, in dessen Zusammenhang ein neues (morphologisch komplexes) Wort als gelernt oder nicht gelernt angesehen werden kann, sondern dass Wortlernen durch eine Prozessualität gekennzeichnet ist, in dessen Verlauf spezifische (Gebrauchs-)Formen eines neu gelernten <?page no="275"?> 6.3. Qualitative Analyse 275 Wortes auftreten können, deren Analyse einen tieferen Einblick in den kindlichen Wortlernprozess ermöglicht. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der genutzten Wörter in Form morphologisch komplexer Komposita, die zudem spezifische semantische Relationen zwischen ihren Konstituenten aufgreifen, wurde das referentielle Antwortverhalten der Kinder auf einer semantischen und einer morphologischen Ebene qualitativ differenziert und verschiedenen Fehlertypen zugeordnet (vgl. Kapitel 5.3.2). Das Korpus umfasste die Anzahl der elizitierten Antworten und bestand aus insgesamt 740 Antworten der Kinder, die qualitativ analysiert wurden. 7 Um die Breite der qualitativen Ergebnisse klar und prägnant darzustellen, werden im weiteren Verlauf verschiedene Formen der Datenvisualisierung verwendet, um spezifische Muster und Trends in den Daten sichtbar zu machen. Ergänzt werden diese Darstellungen durch Tabellen, die deskriptiv Aufschluss über die Häufigkeiten der beobachteten Verhaltensweisen geben. Bevor in den nachfolgenden Unterkapiteln differenziert auf das Verhalten im Rahmen der Retentionsaufgaben (vgl. Kapitel 6.3.1.1) und auf das Verhalten im Rahmen der Generalisierungsaufgaben (vgl. Kapitel 6.3.1.2) in Abhängigkeit von den Testzeitpunkten sowie auf die Historie des Antwortverhaltens eingegangen wird (vgl. Kapitel 6.3.2), soll zunächst ein Gesamtüberblick geboten werden. Dieser Gesamtüberblick gibt Aufschluss darüber, welche Verhaltensweisen in welcher Häufigkeit über alle Tests und Testaufgaben hinweg zu beobachten waren und soll eine Ausgangslage bilden, von der aus die Daten weiter im Detail betrachtet werden. In Tabelle 6.15 werden die prozentualen (und absoluten) Häufigkeiten der einzelnen Verhaltensweisen im Verhältnis zur Gesamtzahl der elizitierten Antworten dargestellt. Um eine weitere Einordnung der Verhaltensweisen zu ermöglichen, werden zusätzlich die Häufigkeiten der Fälle berichtet, in denen die 7 Die Anzahl der elizitierten Antworten der Kinder ergibt sich aus den zehn abgefragten Zielwörtern pro Test pro Kind. Bei der in der Analyse berücksichtigten Gesamtstichprobe ( N = 37) und den zwei Testungen ergeben sich 740 Fälle, die qualitativ analysiert wurden. <?page no="276"?> 276 Kapitel 6. Ergebnisse Kinder das Zielkompositum vollständig abrufen konnten. Tabelle 6.15: Übersicht über die prozentuale Häufigkeitsverteilung des Antwortverhaltens (über alle Lernbedingungen und Testzeitpunkte). Prozentuale Häufigkeit Semantische Ebene Substitution simplizisches bekanntes Wort 48.6% (360) Substitution anderes Zielwort 1.6% (12) Substitution Paraphrasierung 0.8% (6) Substitution Adjektiv-zu-Nomen-Assoziation 0.7% (5) Morphologische Ebene Produktion einzelner Konstituenten eines Zielwortes 5.1% (38) Komposition ausschließlich bekannter Konstituenten 2.4% (18) Komposition partiell bekannter Konstituenten 1.4% (10) Inkorrekte Konstruktion des Zielkompositums 3.9% (29) Andere Auslassungen 23.2% (172) Vollständiger Abruf des Zielkompositums 12.2% (90) Anmerkung: Die Angaben beziehen sich auf die prozentualen Häufigkeiten im Verhältnis zur Gesamtzahl der elizitierten Antworten ( N = 740) des Gesamtkorpus. Die absoluten Häufigkeiten sind zusätzlich in Klammern angegeben. Die Ergebnisse zeigen, dass in der Gesamtbetrachtung bestimmte Verhaltensweisen im referentiellen Verhalten der Kinder dominierten. So zeigt sich, dass insgesamt die mit Abstand häufigste Strategie im Antwortverhalten darin bestand, für das geforderte Zielwort einen Substituenten zu verwenden, der ein simplizisches, bereits bekanntes Wort darstellte, z.B. wenn ein Kind für das Zielwort granatpurpur mit „braun“ antwortete. Verfolgten die Kinder keine Strategie der Substitution und versuchten das Zielwort, wenn auch in unvollständiger Form, zu produzieren, so kam es insgesamt am häufigsten vor, dass nur eine Konstituente des Zielwortes produziert wurde, beispielsweise wenn ein Kind für das Zielwort kupferrubin mit „kupfer“ antwortete. Ferner waren Auslassungen, d.h. Fälle, in denen das Kind verbal oder nonverbal signalisierte, dass es sich <?page no="277"?> 6.3. Qualitative Analyse 277 nicht an das Zielwort erinnern könne, oder gar nicht antwortete, mit knapp einem Viertel der Fälle ein relativ häufig zu beobachtendes Verhalten. Diese Verhaltensweisen dürften dazu beigetragen haben, dass die gemessenen produktiven Lernergebnisse insgesamt auf einem niedrigen Niveau lagen. Dies spiegelt sich auch im Anteil des Antwortverhaltens wider, wonach ein vollständiger Abruf des Zielkompositums insgesamt nur in etwa 12 Prozent der Fälle festgestellt werden konnte. Da die tabellarische Darstellung der Häufigkeiten nur unzureichend vermitteln kann, wie sich die Verteilung des Antwortverhaltens je Kind gestaltet und welche Muster im individuellen Verhalten zu erkennen sind, werden die Daten in Abbildung 6.11 in einem sogenannten Waffeldiagramm visualisiert, um so eine Übersicht über die Häufigkeiten des beobachteten Verhaltens differenziert nach Versuchsperson zu erhalten. In Abbildung 6.11 wird die Heterogenität im Verhalten der Kinder sichtbar und es zeigt sich, dass einige Kinder das Spektrum der verschiedenen Verhaltensweisen ausschöpfen, während andere Kinder eher auf eine bestimmte Strategie im Antwortverhalten setzen. Erkennbar ist dies im Waffeldiagramm etwa daran, dass bei einigen Versuchspersonen ausschließlich das Verhalten Substitution eines einfachen bekannten Wortes eine auffällige Häufigkeit aufweist (schwarz markiert), was darauf hindeutet, dass die entsprechenden Kinder sowohl im Posttest als auch im verspäteten Posttest konstant auf diese Strategie setzten. Bei anderen Kindern hingegen ist zu erkennen, dass eine solche Substitution nur eine der Strategien darstellte und das Kind durchaus vielfältig dem Interaktionspartner antwortete. Darüber hinaus zeigt das Waffeldiagramm, dass Auslassungen zwar bei einigen Kindern besonders markant ausgeprägt waren, diese aber in der gesamten Stichprobe zu beobachten waren und der insgesamt hohe Anteil dieses Verhaltens nicht auf einige wenige Kinder zurückgeführt werden kann. Auch wenn die Gesamtübersicht zeigt, dass bestimmte Verhaltensweisen in den durchgeführten Tests im Vergleich zu anderen dominant vertreten sind, soll <?page no="278"?> 278 Kapitel 6. Ergebnisse im Folgenden näher betrachtet werden, inwiefern sich die Verteilung der Verhaltensweisen bzw. Fehlertypen zu den einzelnen Testzeitpunkten gestaltete und ob sich mögliche Unterschiede im Verhalten in Abhängigkeit von der Exposition mit der Lernbedingung feststellen ließen. <?page no="279"?> 6.3. Qualitative Analyse 279 Abbildung 6.11: Verteilung des qualitativ differenzierten Verhaltens über die Lernbedingungen und Testzeitpunkte. Auf der x-Achse sind die einzelnen Versuchspersonen dargestellt. Auf der y-Achse sind die differenzierten Verhaltensweisen im Antwortverhalten der Kinder aufgelistet. Eine vertikale Spalte stellt somit die Verhaltensweisen pro Kind dar. Die maximale Häufigkeit von 20 ergibt sich aus den jeweils 10 elizitierten Antworten pro Test. <?page no="280"?> 280 Kapitel 6. Ergebnisse 6.3.1 Verteilung des Antwortverhaltens nach Lernbedingung und Testzeitpunkten 6.3.1.1 Antwortverhalten während der Testung der Retention In diesem Unterkapitel werden die qualitativen Ergebnisse zum Antwortverhalten der Kinder dargestellt, die im Rahmen der Überprüfung der Retention beobachtet wurden. Die Motivation für diese eigenständige Betrachtung lag darin, zu erkunden, wie sich das Verhalten der Kinder bei dieser spezifischen Aufgabe darstellte und ob bestimmte Fehlertypen im Vergleich zur Generalisierungsaufgabe vermehrt oder vermindert auftraten. Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt zudem differenziert nach den unterschiedlichen Lernbedingungen und Testzeitpunkten. In diesem Zusammenhang präsentiert Tabelle 6.16 die deskriptive Häufigkeitsverteilung des beobachteten Antwortverhaltens in Prozent. Um die Verteilung des Antwortverhaltens zu visualisieren und die Bezüge und Muster zwischen den qualitativ herausgearbeiteten Fehlertypen und den jeweiligen Lernbedingungen sichtbar zu machen, sind in Abbildung 6.12 zwei Alluvialdiagramme dargestellt, die die Datenflüsse bzw. die Verbindungen zwischen den Datengruppen aufzeigen. Anhand der Breite der Datenflüsse im Diagramm lässt sich erkennen, welche Kategorie eines Fehlertyps in einer Lernbedingung am meisten beiträgt. Es fällt auf, dass in allen Lernbedingungen die Substitution des Zielwortes durch ein bekanntes Wort die häufigste Strategie darstellte, die von den Kindern im Rahmen der Überprüfung der Retention gewählt wurde. <?page no="281"?> 6.3. Qualitative Analyse 281 Tabelle 6.16: Übersicht über die prozentuale Häufigkeitsverteilung des Antwortverhaltens nach Lernbedingungen und Testzeitpunkten. Var Rek Var Mensch T1 T2 T1 T2 T1 T2 Semantische Ebene Substitution simplizisches bekanntes Wort 44.0% 41.7% 47.6% 36.9% 59.3% 64.8% Substitution anderes Zielwort 1.2% 0.0% 0.0% 3.6% 0.0% 0.0% Substitution Paraphrasierung 0.0% 0.0% 0.0% 0.0% 1.9% 0.0% Substitution Adjektiv-zu-Nomen-Assoziation 0.0% 0.0% 2.4% 2.4% 1.9% 2.4% Morphologische Ebene Produktion einzelner Konstituenten eines Zielwortes 2.4% 1.2% 3.6% 2.4% 7.4% 7.4% Komposition ausschließlich bekannter Konstituenten 2.4% 1.2% 2.4% 1.2% 1.9% 3.7% Komposition partiell bekannter Konstituenten 1.2% 2.4% 0.0% 1.2% 1.9% 0.0% Inkorrekte Konstruktion des Zielkompositums 4.8% 3.6% 2.4% 7.1% 3.7% 3.7% Andere Auslassungen 27.4% 31.0% 28.6% 28.6% 14.8% 13.0% Vollständiger Abruf des Zielkompositums 16.7% 19.0% 13.1% 16.7% 7.4% 5.6% Anmerkung: T1 = unmittelbarer Posttest, T2 = verspäteter Posttest, Rek = Rekurrenzbedingung, Var = Variationsbedingung, Var Mensch = Variationsbedingung Mensch. Die Angaben beziehen sich auf die prozentualen Häufigkeiten im Verhältnis zur Gesamtzahl der elizitierten Antworten je Testzeitpunkt und Lernbedingung (Posttest: Var: n = 84, Rek: n = 84 , Var Mensch: n = 54; verspäteter Posttest: Var: n = 84, Rek: n = 84 , Var Mensch: n = 54). <?page no="282"?> 282 Kapitel 6. Ergebnisse (a) Verhalten im unmittelbaren Posttests. (b) Verhalten im verspäteten Posttests. Abbildung 6.12: Überblick über die Verteilung des Antwortverhaltens im Rahmen der Überprüfung der Retention je nach Lernbedingung. Die Breite der Datenströme gibt die proportionale Häufigkeitsverteilung des Antwortverhaltens wieder. <?page no="283"?> 6.3. Qualitative Analyse 283 Es zeigte sich auch, dass dieses Verhalten im unmittelbaren Posttest in den Lernbedingungen, in denen die Kinder mit einem sozialen Roboter interagierten, auf einem ähnlichen Niveau lag. In der Mensch-Mensch-Interaktion wählten die Kinder diese Form der Substitution jedoch deutlich häufiger (59.3 Prozent im Vergleich zu 44 Prozent bzw. 47.6 Prozent). Während zudem in der Variationsbedingung und der Rekurrenzbedingung ein leichter bis moderater Rückgang dieser Substitutionsstrategie zu verzeichnen ist, kommt es in der Variationsbedingung Mensch im verspäteten Posttest zu einem leichten Anstieg, so dass annähernd zwei Drittel des beobachteten Antwortverhaltens in diese Kategorie fallen. Weiterhin ist festzuhalten, dass ein spezifisches Antwortverhalten ausschließlich in der Mensch-Mensch-Interaktion in Erscheinung tritt. So treten Paraphrasierungen als Substitutionsstrategie nur in der Variationsbedingung Mensch im unmittelbaren Posttest auf, wenn auch nur marginal, wobei dieses Verhalten im verspäteten Posttest gänzlich verschwindet. Auch wenn im Hinblick auf die Differenzierung morphologischer Merkmale insgesamt nur wenige Versuche von den Kindern unternommen wurden, das Zielwort in einer morphologisch devianten Form zu produzieren (vgl. Tabelle 6.16, Abbildung 6.12), lassen sich dennoch einige interessante Beobachtungen anführen. Zum einen wird ersichtlich, dass die Kinder in der Mensch-Mensch- Interaktion in beiden Testungen offenbar häufiger die Strategie wählten bzw. in der Lage waren, mindestens eine Konstituente des Zielkompositums zu nennen, auch wenn sie in diesem Zusammenhang keine Komposition hervorbrachten. Zum anderen zeigt sich, dass die Kinder im verspäteten Posttest in der Rekurrenzbedingung im Vergleich zu den anderen Bedingungen häufiger inkorrekte, aber der Zielform sehr nahe kommende kompositionelle Wortformen produzierten. Neben der Substitution des Zielwortes durch ein simplizisches bekanntes Wort machen Auslassungen und Fälle, in denen die Kinder das Zielkompositum <?page no="284"?> 284 Kapitel 6. Ergebnisse vollständig abrufen konnten, den Großteil des Antwortverhaltens aus. Bei den letzteren beiden Kategorien lassen sich erneut Unterschiede zwischen den Lernbedingungen ausmachen, wobei hier vor allem die Art des sozialen Partners eine bedeutsame Rolle gespielt zu haben scheint. Bei der Analyse der Auslassungen, d.h. der Fälle, in denen ein Kind keinerlei Antwort lieferte oder dem Interaktionspartner mitteilte, sich nicht an das Zielwort erinnern zu können, zeigte sich, dass ein solches Verhalten in der Interaktion zwischen Kind und Roboter annähernd doppelt so häufig zu beobachten war wie in der Interaktion zwischen Mensch und Roboter. Auffällig ist in diesem Zusammenhang auch, dass über die Testsitzungen hinweg die Frequenz dieses Verhaltens in allen Bedingungen relativ stabil zu bleiben scheint, allerdings auf einem reduzierten Niveau im unmittelbaren und im verspäteten Posttest in der Interaktion zwischen Kind und menschlichem Interaktionspartner. Schließlich geht aus dem Antwortverhalten der Kinder im Rahmen der Testung der Retention hervor, dass ein vollständiger Abruf des Zielkompositums sowohl in der Variationsbedingung als auch in der Rekurrenzbedingung vermehrt auftritt. Während in der Variationsbedingung Mensch in beiden Testsitzungen ein derartiger erfolgreicher Abruf des Zielkompositums im einstelligen Prozentbereich zu verzeichnen ist, kommt es in der Variationsbedingung im verspäteten Posttest in 19 Prozent der Antworten der Kinder zu einem erfolgreichen Abruf des Zielwortes. In der Rekurrenzbedingung liegt dieser Anteil bei 16.7 Prozent, in der Variationsbedingung Mensch bei 5.6 Prozent. Übergreifend ist zu bilanzieren, dass deutlich das Muster zu erkennen ist (vgl. Abbildung 6.12), dass die Kinder, wenn sie das geforderte morphologisch komplexe Wort nicht abrufen konnten, am häufigsten auf ein simplizisches, ihnen bekanntes Wort zurückgriffen, also nicht das vermittelte Farbwort äußerten, sondern einen Substituenten verwendeten, der ihnen im Rahmen der Interaktion semantisch und pragmatisch adäquat erschien. In diesem Zusammenhang ist es durchaus erwähnenswert, dass die Kinder im Vorschulalter vielfach <?page no="285"?> 6.3. Qualitative Analyse 285 die Herausforderung meistern, sich in der Interaktion pragmatisch flexibel und kompetent gegenüber ihrem menschlichen oder robotischen Interaktionspartner zu verhalten, obwohl es ihnen nicht gelingt, das geforderte Wort abzurufen. Demgegenüber nehmen allerdings auch Auslassungen einen beachtlichen Teil des kindlichen Antwortverhaltens ein. Wie bereits dargestellt, ist dabei auffällig, dass diese Strategie deutlich ausgeprägter im Zusammenhang mit dem sozialen Partner des Roboters auftritt. Abschließend ist einschränkend darauf hinzuweisen, dass die deskriptiven Ergebnisse der qualitativen Auswertung des kindlichen Antwortverhaltens mit Vorsicht zu betrachten sind, da sie empfindlich gegenüber Ausreißern in den Daten sind und keine Kausalität zwischen den Variablen aufzeigen können. In diesem Sinne ist die Analyse als ein ergänzender Einblick in die Daten und das Verhalten der Kinder zu verstehen, der einen detaillierten Einblick in das variable Verhalten innerhalb der Stichprobe ermöglicht. 6.3.1.2 Antwortverhalten während der Generalisierungsaufgaben Ergänzend zur Darstellung der qualitativen Ergebnisse im Rahmen der Überprüfung der Retention sollen im Folgenden die Ergebnisse zum Antwortverhalten der Kinder, die im Zusammenhang mit der Generalisierungsaufgabe erfasst wurden, dargestellt werden. Dabei wird nicht nur ein nach Testzeitpunkt und Lernbedingung differenzierter Überblick gegeben, sondern auch zwischen den verschiedenen Generalisierungsaufgaben hinsichtlich der AdHoc-Komposition und des Transfers der vermittelten Wörter auf neue Objekte unterschieden. Tabelle 6.17 dokumentiert die deskriptive Häufigkeitsverteilung des beobachteten Antwortverhaltens in Prozent für die beiden Generalisierungsaufgaben ( Transfer neues Objekt und AdHoc-Komposition ). Komplementär zur tabellarischen Darstellung visualisiert Abbildung 6.13 die Ergebnisse zusätzlich in Alluvialdiagrammen, in denen die Datenflüsse und Verbindungen zusätzlich nach der Art der Generalisierungsaufgabe unterschieden werden. <?page no="286"?> 286 Kapitel 6. Ergebnisse Die Ergebnisse zeigen, dass - wie bereits bei der Abfrage der Retention beobachtet - das kommunikative Verhalten in Form der Substitution des abgefragten Zielwortes durch ein bekanntes simplizisches Wort in allen Lernbedingungen die mit Abstand häufigste Antwortstrategie darstellte. Diese Tendenz war sowohl bei der AdHoc-Komposition als auch bei der Übertragung der gelernten Wörter auf neue Objekte und zu beiden Testzeitpunkten zu beobachten. <?page no="287"?> 6.3. Qualitative Analyse 287 Tabelle 6.17: Übersicht über die prozentuale Häufigkeitsverteilung des Antwortverhaltens im Rahmen der Generalisierungsaufgaben nach Lernbedingungen und Testzeitpunkten. Transfer neues Objekt Var Rek Var Mensch T1 T2 T1 T2 T1 T2 Semantische Ebene Substitution simplizisches bekanntes Wort 50.0% 46.4% 46.4% 57.1% 66.7% 72.2% Substitution anderes Zielwort 3.6% 3.6% 3.6% 7.1% 0.0% 0.0% Substitution Paraphrasierung 0.0% 0.0% 0.0% 0.0% 0.0% 0.0% Substitution Adjektiv-zu-Nomen-Assoziation 0.0% 0.0% 0.0% 0.0% 0.0% 0.0% Morphologische Ebene Produktion einzelner Konstituenten eines Zielwortes 0.0% 3.6% 0.0% 0.0% 5.6% 5.6% Komposition ausschließlich bekannter Konstituenten 3.6% 0.0% 3.6% 0.0% 5.6% 5.6% Komposition partiell bekannter Konstituenten 7.1% 3.6% 0.0% 0.0% 0.0% 0.0% Inkorrekte Konstruktion des Zielkompositums 0.0% 0.0% 0.0% 3.6% 0.0% 0.0% Andere Auslassungen 28.6% 28.6% 39.3% 17.9% 11.1% 16.7% Vollständiger Abruf des Zielkompositums 7.1% 14.3% 7.1% 14.3% 5.6% 0.0% AdHoc-Komposition Var Rek Var Mensch T1 T2 T1 T2 T1 T2 Semantische Ebene Substitution simplizisches bekanntes Wort 50.0% 50.0% 53.6% 39.3% 50.0% 33.3% Substitution anderes Zielwort 0.0% 3.6% 0.0% 3.6% 0.0% 0.0% Substitution Paraphrasierung 3.6% 3.6% 0.0% 3.6% 5.6% 5.6% Substitution Adjektiv-zu-Nomen-Assoziation 0.0% 0.0% 0.0% 0.0% 0.0% 0.0% Morphologische Ebene Produktion einzelner Konstituenten eines Zielwortes 7.6% 10.7% 10.7% 17.9% 11.1% 22.2% Komposition ausschließlich bekannter Konstituenten 14.3% 0.0% 0.0% 0.0% 0.0% 0.0% Komposition partiell bekannter Konstituenten 0.0% 7.1% 0.0% 0.0% 0.0% 0.0% Inkorrekte Konstruktion des Zielkompositums 7.1% 3.6% 10.7% 7.1% 5.6% 0.0% Andere Auslassungen 7.1% 14.3% 21.4% 25.0% 11.1% 11.1% Vollständiger Abruf des Zielkompositums 10.7% 7.1% 3.6% 3.6% 16.7% 27.8% Anmerkung: T1 = unmittelbarer Posttest, T2 = verspäteter Posttest, Rek = Rekurrenzbedingung, Var = Variationsbedingung, Var Mensch = Variationsbedingung Mensch. Die Angaben beziehen sich auf die prozentualen Häufigkeiten im Verhältnis zur Gesamtzahl der elizitierten Antworten je nach Testzeitpunkt, Lernbedingung und Generalisierungsaufgabe. Die beiden Generalisierungsaufgaben beinhalteten je zwei Abfragen. Somit umfasst das Korpus pro Generalisierungsaufgabe die folgende Anzahl an erfassten Antworten: Posttest: Var: n = 28, Rek: n = 28 , Var Mensch: n = 18; verspäteter Posttest: Var: n = 28, Rek: n = 28 , Var Mensch: n = 18. <?page no="288"?> 288 Kapitel 6. Ergebnisse (a) Verhalten im unmittelbaren Posttests. (b) Verhalten im verspäteten Posttests. Abbildung 6.13: Übersicht über die Verteilung des Antwortverhaltens im Rahmen der Überprüfung der Generalisierung nach Lernbedingung und Art der Generalisierungsaufgabe. Die Breite der Datenströme gibt die proportionale Häufigkeitsverteilung des Antwortverhaltens wieder. <?page no="289"?> 6.3. Qualitative Analyse 289 Bei näherer Betrachtung der Rolle der Lernbedingung und der Art der Generalisierungsaufgabe zeigte sich jedoch, dass beim Transfer der gelernten Wörter auf neue Objekte insbesondere in der Variationsbedingung Mensch die Substitutionsstrategie, ein bekanntes simplizisches Wort zu äußern, dominierte und zu beiden Testzeitpunkten auf gut zwei Drittel der Antworten zutraf. Wie auch an der geringeren Breite der Datenströme im Alluvialdiagramm zu erkennen ist (vgl. Abbildung 6.13), ist diese Substitutionsstrategie im Rahmen der AdHoc- Komposition zwar immer noch sehr präsent, jedoch auf einem deutlich niedrigeren Niveau innerhalb der Mensch-Mensch-Interaktion. Dagegen zeigen sich in den Lernbedingungen, in denen die Kinder mit dem sozialen Roboter interagierten, keine derartigen Unterschiede in der Nutzung dieser Substitutionsstrategie in Abhängigkeit von den unterschiedlichen Generalisierungsaufgaben. Vor allem im Hinblick auf die Generalisierungsaufgabe der AdHoc- Komposition erscheint es überraschend, dass ein verhältnismäßig hoher Anteil der Antworten Substitutionen in Bezug auf das abgefragte Zielwort darstellten, wenn berücksichtigt wird, dass der Interaktionspartner den Kindern im Rahmen dieser Aufgabe zwei Konstituenten vorgab, die es zu komponieren galt. Die Anforderung bestand also weniger darin, ein trainiertes Wort abzurufen, als vielmehr darin, das erlernte Wortbildungsverfahren der Komposition anzuwenden. Die Ergebnisse zeigen jedoch, dass die Kinder häufig z.B. einfach mit „rosa“ antworteten, wenn der Interaktionspartner z.B. in dem im Training verwendeten syntaktischen Muster fragte „Das Haus ist so violett wie ein Veilchen. Was meinst du, wie die Farbe von dem Haus heißt? “ . Dagegen lässt sich ein höheres Niveau des Antwortverhaltens beobachten, bei dem die Kinder eine einzelne Konstituente des Zielwortes produzierten (bezogen auf das vorherige Beispiel z.B. „violett“ ), also einen Teil der Form des Zielwortes aufgriffen, aber keine Komposition erbrachten. Letzteres Verhalten scheint insbesondere in der Variationsbedingung und in der Variationsbedingung Mensch vom unmittelbaren zum verspäteten Posttest zuzunehmen. <?page no="290"?> 290 Kapitel 6. Ergebnisse Insgesamt zeigt sich also, dass es den Kindern, obwohl ihnen die einzelnen Konstituenten zur Komposition präsentiert wurden, nur selten gelingt, die Konstituenten tatsächlich zusammenzufügen, ein Kompositum adhoc zu produzieren und das Verfahren der Komposition erfolgreich anzuwenden. Am häufigsten, in etwa einem Viertel der Antworten, gelingt eine erfolgreiche AdHoc- Komposition in der Mensch-Mensch-Interaktion im verspäteten Posttest. Ein weiterer Befund der Analyse des Antwortverhaltens im Rahmen der Generalisierungsaufgaben liegt darin, dass bestimmte Fehlertypen im Vergleich zur Retention im Rahmen der Generalisierung nicht auftreten. So zeigt sich in allen Fällen, dass beim Transfer der gelernten Wörter auf neue Objekte Adjektiv- Nomen-Assoziationen (z.B. „Blut“ für granatpurpur ) und Paraphrasierungen nicht zu beobachten sind. Auch scheinen bis auf marginale Einzelfälle in der Rekurrenzbedingung im verspäteten Posttest keine inkorrekten Produktionen des Zielkompositums aufzutreten. Im Hinblick auf die Generalisierungsaufgabe der AdHoc-Komposition sind ebenfalls keine Substitutionen in Bezug auf Adjektiv-Nomen- Assoziationen zu beobachten. Letztlich erscheint eine nähere Betrachtung der Ergebnisse im Hinblick auf die Auslassungen der Kinder als relevant. Während das Muster der Auslassungen im Rahmen der Generalisierungsaufgabe, bei der es darum ging, die gelernten Wörter auf neue Objekte zu übertragen, dem Muster ähnelt, das bereits im Antwortverhalten bei der Überprüfung der Retention beobachtet werden konnte, zeigt sich, dass bei der Aufgabe der AdHoc-Komposition Auslassungen in der Variationsbedingung und der Variationsbedingung Mensch auf deutlich geringerem Niveau auftreten (vgl. Abbildung 6.13, Tabelle 6.17). In diesen beiden Bedingungen scheinen die Kinder demnach vermehrt Anstrengungen zu unternehmen, das Zielwort bzw. dessen Substitution zu produzieren, wenn ihnen im Rahmen der Aufgabe zwei Konstituenten eines Kompositums vorgegeben werden. In der Rekurrenzbedingung ist jedoch kein geringeres Maß an Auslassungen zu beobachten, was darauf hindeutet, dass auch andere Faktoren, <?page no="291"?> 6.3. Qualitative Analyse 291 wie möglicherweise die Schüchternhet der Kinder, die die Kinder zu Auslassungen veranlassen, in Betracht gezogen werden müssen (Tolksdorf, Viertel und Rohlfing, 2021). 6.3.2 Zur Historie des Antwortverhaltens Eine abschließende Frage, der im Rahmen der qualitativen Analyse nachgegangen werden sollte, bezog sich auf die Progression des kindlichen Antwortverhaltens im Verlauf der Testsitzungen. Damit sollte zentral der Aspekt beleuchtet werden, welche individuellen Lernwege bzw. -trajektorien im referentiellen Verhalten der Kinder über die Zeit zu beobachten waren und in diesem Sinne eine individuelle Historie im kindlichen Antwortverhalten formten. Eine Analyse dieser Art bot die Möglichkeit, einen bisher in Wortlernstudien wenig beachteten Ansatz zu verfolgen, nämlich die Frage, ob und inwieweit Kinder ihre kommunikativen Strategien im Verlauf wiederholter Testungen in Interaktion mit einem robotischen bzw. menschlichen Partner anpassen bzw. verändern oder ob sie bestimmte Strategien eher statisch verfolgen. Ein Blick auf die individuellen Trajektorien im referentiellen Verhalten eröffnete darüber hinaus einen Zugang, eingehender zu untersuchen, inwieweit die beobachteten Häufigkeiten im differenzierten Antwortverhalten möglicherweise auf einzelne Kinder zurückzuführen sind. Abbildung 6.14 stellt vor diesem Hintergrund die zentralen Ergebnisse der Analyse dar. Das Waffeldiagramm stellt das gesamte Korpus des qualitativ differenzierten Antwortverhaltens dar, wobei auf der x-Achse der zeitliche Verlauf der Abfragen dargestellt wird. Auf der y-Achse sind die einzelnen Versuchspersonen von №1-№37 dargestellt. Außerdem ist das beobachtete Verhalten der Kinder nach Lernbedingungen und Testzeitpunkten geordnet. Dabei ist zu beachten, dass zu jedem Testzeitpunkt (unmittelbarer Posttest und verspäteter Posttest) in den Abfragen 1-6 die Retention geprüft wurde, in den Abfragen 7-8 der Transfer auf neue Objekte und <?page no="292"?> 292 Kapitel 6. Ergebnisse Abbildung 6.14: Individuelle Progression des Antwortverhaltens der Kinder nach Lernbedingungen und Testzeitpunkt. Auf der x- Achse ist der zeitliche Verlauf der Abfragen angegeben. Auf der y- Achse sind die einzelnen Versuchspersonen von №1-№37 dargestellt. Abfrage 1-6 beinhalteten die Überprüfung der Retention, 7-8 den Transfer auf neue Objekte, 9-10 die AdHoc-Komposition. Eine horizontale Zeile bildet somit den Antwortverlauf eines Kindes von Abfrage 1-10 im Posttest und Abfrage 1-10 im verspäteten Posttest ab. <?page no="293"?> 6.3. Qualitative Analyse 293 in den Abfragen 9-10 die AdHoc-Komposition. Hierbei ist ferner darauf hinzuweisen, dass aufgrund der Randomisierung der Reihenfolge der Retentions- und Generalisierungsitems jedes Kind einen individuellen Abfrageverlauf der Zielwörter hatte (vgl. Kapitel 5.2.5.1), d.h. im Diagramm bezieht sich bspw. Abfrage 1 nicht durchgängig auf die Testung des immer gleichen Zielwortes. Interessanterweise zeigt sich, dass die Frage, ob die teilnehmenden Kinder im Verlauf der Testungen ihre Strategien im referentiellen und kommunikativen Verhalten anpassen oder eher statisch ein bestimmtes Verhalten beibehalten, nicht mit einer einfachen, dichotomen Antwort beantwortet werden kann. So zeigt sich einerseits, dass einige Kinder das Spektrum der differenzierten Verhaltensweisen sehr variabel ausschöpfen, während andere Kinder ein spezifisches Verhalten durchaus konsistent demonstrieren. Ein vermehrt statisches Verhalten ist vor allem dann erkennbar, wenn es zu semantischen Substitutionen im Sinne der Verwendung eines Substituenten in Form eines bekannten simplizischen Wortes kommt (hellblau markiert). Auch wenn es die Ausnahme darstellt, ist bei einigen Kindern zu beobachten, dass sie sowohl im unmittelbaren Posttest als auch im verspäteten Posttest ausschließlich auf eine solche Substitutionsstrategie zurückgreifen oder nur geringe Abweichungen in ihrem Verhalten zeigen. Auffällig ist in diesem Zusammenhang auch, dass, wenn im Antwortverhalten erfolgreiche Abrufe des Zielkompositums (hellgrün markiert) zu beobachten sind, häufig im weiteren Verlauf weniger auf semantische Substitutionen zurückgegriffen wird, sondern stattdessen Formen produziert werden, die zwar nicht vollständig mit dem Zielwort übereinstimmen, aber zumindest eine Komposition darstellen und morphologisch hinsichtlich des Fehlertyps klassifizierbar sind: z.B. „hellbraun“ für kupferrubin aus bekannten Konstituenten oder z.B. „purpurlila“ für granatpurpur aus partiell bekannten Konstituenten. Aufschlussreich erscheint auch, dass bei der Betrachtung der Antwortverläufe das weit verbreitete Verhalten der Auslassungen (schwarz markiert) (vgl. <?page no="294"?> 294 Kapitel 6. Ergebnisse Kapitel 6.3.1 und Kapitel 6.3.1.2) vielfach in Kombination mit erfolgreichen Abrufen des Zielkompositums auftritt. Dies deutet darauf hin, dass ein Kind es mitunter vorzieht, entweder das geforderte Zielwort bei der Abfrage vollständig zu äußern, oder dass es alternativ die Präferenz zeigt, keine Antwort zu geben oder nicht in der Lage ist, eine Substitution zu produzieren. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass beinahe der gesamte Anteil der Auslassungen in den Mensch-Mensch-Interaktionen auf ein Kind zurückzuführen ist, während in den Kind-Roboter- Interaktionen dieses Verhalten unter den Versuchspersonen weiter verbreitet war, wenngleich es auch hier bei einigen Kindern besonders häufig auftrat (vgl. Abbildung 6.14). Die Betrachtung der individuellen Verläufe des Antwortverhaltens innerhalb eines Tests sowie über die beiden Tests hinweg verdeutlicht zudem, dass in den Lernbedingungen weniger eine Entwicklung in Richtung eines bestimmten Verhaltens zu beobachten ist. Zwar lässt sich feststellen, dass bei einigen Kindern bestimmte Fehlertypen nicht im unmittelbaren Posttest auftreten, wie z.B. die Substitution des Zielwortes durch ein anderes Zielwort (rosa markiert), und dann erstmals im verspäteten Posttest in Erscheinung treten, doch abgesehen davon scheinen die Kinder eher verschiedene individuelle Verhaltensmuster aufzuweisen, die sowohl innerhalb eines Tests als auch testübergreifend zu beobachten sind. Mit Blick auf Abbildung 6.14 lassen sich vor diesem Hintergrund deskriptiv drei zu Tage tretende Verhaltensmuster ableiten: • Verhaltensmuster (1). Ein eingeschlagenes Muster, welches individuell in den Antwortverläufen der Kinder beobachtbar ist, manifestiert sich in dem übergreifenden Verhalten, entweder das Zielwort zu äußern oder aber bei Wortabrufschwierigkeiten konsequent nicht zu antworten bzw. dem Interaktionspartner zu signalisieren, sich nicht an das Zielwort erinnern zu können, d.h. im Sinne des entwickelten qualitativen Schemas auf Auslassungen zu setzen. Eine tiefergehende Analyse über die deskriptive qualitative Beobachtung hinaus, aus welchen Gründen ein Kind ein <?page no="295"?> 6.3. Qualitative Analyse 295 solches Verhaltensmuster an den Tag legt, gestaltet sich schwierig. Zwei Aspekte erscheinen denkbar: Zum einen könnte das Ausbleiben einer Antwort in Form von Auslassungen vielmehr Ausdruck dafür sein, dass ein Kind sich der pragmatischen Anforderungen innerhalb der Situation sehr wohl bewusst ist und eine Alternative jenseits des Zielwortes als unpassende Antwortmöglichkeit ansieht und es daher vorzieht, weder eine Substitution zu äußern noch eine unvollständige Form des Zielwortes zu produzieren. Ein derartiges Verhalten würde dann sowohl von ausgeprägten metakognitiven Fähigkeiten zeugen (Dutemple, Hakimi und Poulin-Dubois, 2023; Braad u. a., 2022) als auch möglicherweise stark vom individuellen Grad der Schüchternheit des Kindes beeinflusst sein (Coplan und Weeks, 2009; Crozier und Hostettler, 2003). Kinder, die ein solches Verhalten bevorzugen, obwohl sie möglicherweise potentiell in der Lage wären, fehlerhafte Konstruktionen zu äußern oder einen Substituenten zu verwenden, würden nicht nur in dem in dieser Arbeit verwendeten quantitativen Schema benachteiligt werden und auf einem niedrigeren Niveau abschneiden, sondern auch generell in den in Wortlernstudien häufig verwendeten Evaluationsansätzen (z.B. Horst, Parsons und Bryan (2011) und Munro u. a. (2012)). Andererseits könnte ein Verhaltensmuster, bei dem ein Kind das Zielwort äußert oder keine Antwort produziert, auch darauf hindeuten, dass ein Kind in der Abfragesituation nicht über die Ressourcen verfügt, eine Substitution zu äußern oder eine dem Zielwort ähnliche Alternative zu produzieren. Diese Sichtweise könnte damit begründet werden, dass die Produktion einer semantischen Substitution wie einer Paraphrase oder einer (fehlerhaften) lexikalischen Neubildung durchaus von der Fähigkeit <?page no="296"?> 296 Kapitel 6. Ergebnisse zeugt, pragmatisch flexibel auf situative Anforderungen reagieren zu können und sprachliche Einheiten kreativ und unmittelbar nach morphosyntaktischen Regeln zu kombinieren (Gelman und Gottfried, 2016). • Verhaltensmuster (2). Ein weiteres Muster, das in Abbildung 6.14 zu beobachten ist, spiegelt ein hochflexibles kommunikatives Verhalten wider, in dessen Zusammenhang es einem Kind nicht nur gelingt, Zielwörter wiederholt erfolgreich aus dem Gedächtnis abzurufen, sondern im Falle eines fehlenden Zugriffs variabel auf alternative (Kompensations- )Strategien zurückzugreifen. Ein solches Verhaltensmuster äußert sich darin, dass ein Kind einen größeren oder kleineren Teil der Zielwörter vollständig abrufen kann und im Falle, dass ein vollständiger Abruf nicht gelingt, einerseits einen Teil der Form des Zielwortes produziert oder aber das vermittelte Muster der Komposition berücksichtigt und eine Konstituente des Zielwortes mit einer im individuellen Wortschatz vorhandenen Konstituente kreativ kombiniert (z.B. „herbstrot“ für korallenrot ). Darüber hinaus treten im Rahmen dieses Verhaltensmusters nicht nur Produktionen auf, die sich an der Form des Zielwortes orientieren, sondern es sind auch semantische Substitutionen zu beobachten, die dokumentieren, dass die betreffenden Kinder Bedeutungsanteile des Zielwortes berücksichtigen und flexibel auf funktionale und adäquate Alternativen zurückgreifen, wie z.B. Substitutionen des Zielwortes durch Umschreibungen oder Substitutionen durch Adjektiv-Nomen-Assoziationen. • Verhaltensmuster (3). Schließlich lässt sich ein Verhaltensmuster identifizieren, das mit der ausschließlichen Verwendung von Substitutionen verbunden ist, allerdings nicht in variabler Weise, sondern primär im Hinblick auf die Verwendung der spezifischen Substitution des Zielwortes <?page no="297"?> 6.3. Qualitative Analyse 297 durch ein im Wortschatz vorhandenes simplizisches Wort. Dieses Verhaltensmuster könnte damit zusammenhängen, dass den betreffenden Kindern die situative Anforderung, eine bestimmte (morphologisch komplexe) Form des Zielwortes gegenüber dem Interaktionspartner zu äußern, nicht hinreichend transparent ist, weshalb sie kontinuierlich auf eine Substitutionsstrategie zurückgreifen. Dennoch muss an dieser Stelle anerkannt werden, dass sich die Kinder innerhalb der Interaktion pragmatisch dennoch äußerst kompetent verhalten und ihren Beitrag im Rahmen des Formats in ko-konstruktiver Weise erfüllen, indem sie eine funktionale und informative Antwort produzieren. Vor dem Hintergrund, dass innerhalb des Testformats ausschließlich neutrales Feedback gegeben wurde, könnte zusätzlich hinzugefügt werden, dass die Kinder möglicherweise keinen Anlass gesehen haben, ihr Verhalten anzupassen. Neben der Möglichkeit, dass die Anforderungen für die Kinder nicht transparent genug waren, ist auch nicht auszuschließen, dass die Kinder sich zwar bewusst waren, dass sie ein bestimmtes Wort produzieren sollten, aber dennoch kontinuierlich auf die beschriebene Substitutionsstrategie zurückgriffen. Ergänzend zu den aufgezeigten Verhaltensmustern soll im folgenden Unterkapitel abschließend auf probabilistischer Basis untersucht werden, welche Tendenzen insbesondere beim Abruf der morphologisch komplexen Wörter zu beobachten waren und welches Bild sich diesbezüglich ergab. Die qualitativen Befunde zeigen jedoch übergreifend, dass jenseits der dichotomen Betrachtung in Bezug auf eine Unterscheidung zwischen korrekt und inkorrekt ein vielfältiges Spektrum im referentiellen Verhalten der Kinder zu beobachten ist. In diesem Zusammenhang machen die diskutierten Befunde eindrucksvoll sichtbar, dass sich die teilnehmenden Kinder im Testformat in vielfältiger Weise pragmatisch <?page no="298"?> 298 Kapitel 6. Ergebnisse kooperativ verhalten und situativ auf unterschiedliche Strategien zurückgreifen. Dabei zeigt sich auch, dass sowohl die Art der Aufgabenstellung im Testformat - sei es im Hinblick auf die Überprüfung der Retention oder die unterschiedlichen Generalisierungsaufgaben - einen Einfluss auf das kommunikative Verhalten hat und sich in den individuellen Antwortverläufen differenzierte Verhaltensmuster zeigen. 6.3.3 Exkurs: Probabilistische Betrachtung des Antwortverhaltens Eine probabilistische Betrachtung des Antwortverhaltens, die sich dezidiert auf die Wahrscheinlichkeiten konzentrierte, mit denen die teilnehmenden Kinder je nach Lernbedingung ein morphologisch komplexes Wort über die Testdurchgänge hinweg abrufen konnten, sollte den Rahmen der qualitativen Analyse abrunden. Konkret sollte untersucht werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Kinder im unmittelbaren Posttest ein Kompositum produziert hatten, wenn sie auch im später durchgeführten Posttest in der Lage gewesen waren, ein Kompositum zu produzieren. Im Umkehrschluss sollte darüber hinaus untersucht werden, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Kinder im unmittelbaren Posttest ein Kompositum produziert hatten, wenn sie das Kompositionsverfahren im verspäteten Posttest nicht erfolgreich anwenden konnten. Ein zentrales Interesse dieser Analyse bestand somit darin, ein besseres Verständnis für die Wahrscheinlichkeiten des Kompositionsverhaltens der Kinder zu erlangen und zu beleuchten, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Kinder über die Testzeitpunkte hinweg Veränderungen in der Anwendung des Kompositionsverfahrens und in der Produktion eines morphologisch komplexen Wortes zeigten. Vor diesem Hintergrund wurde zunächst eine Berechnung der relativen Häufigkeiten vorgenommen. Dabei wurde zu jedem Testzeitpunkt berücksichtigt, ob ein Kind ein Kompositum produziert hatte oder nicht. In diesem Zusammenhang wurden alle Fälle erfasst, in denen ein Zielkompositum vollständig oder inkorrekt abgerufen wurde ( „schwebelgrün“ > schwefelgrün ) oder in denen <?page no="299"?> 6.3. Qualitative Analyse 299 partiell oder ausschließlich bekannte Konstituenten komponiert wurden ( „purpurlila“ > granatpurpur ; „hellbraun“ > kupferrubin ). Eine Komposition galt als nicht erbracht, wenn semantische Substitutionen verwendet wurden oder nur eine einzelne Konstituente des Zielwortes genannt wurde ( „schwefel“ > schwefelgrün ). Die Berechnung der relativen Häufigkeiten zur Schätzung der gesuchten Wahrscheinlichkeit erfolgte dann nach folgender Formel, wobei n die Stichprobengröße bezeichnet und H n (A) die absolute Häufigkeit von A in der Stichprobe: h n = H n (A) n Dabei wurden zunächst alle Versuchspersonen gezählt, die im unmittelbaren Posttest erfolgreich komponiert hatten. Von diesen Versuchspersonen wurden dann diejenigen gezählt, die im verspäteten Posttest erneut erfolgreich komponierten. Mittels Division der absoluten Häufigkeiten der Fälle, in denen im unmittelbaren Posttest erfolgreich komponiert wurde, durch die Fallzahl ergaben sich die relativen Häufigkeiten. In vergleichbarer Weise wurde vorgegangen, um die relativen Häufigkeiten zu berechnen, wenn keine erfolgreiche Komposition vorlag. Die relative Häufigkeit liefert somit einen Schätzwert für die gesuchte Wahrscheinlichkeit. Das Verfahren wurde für jede Lernbedingung unabhängig durchgeführt, um Erkenntnisse darüber zu gewinnen, ob bei den teilnehmenden Kindern in Abhängigkeit von der Lernbedingung eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine erfolgreiche Komposition bestand. Abbildung 6.15 verdeutlicht die Ergebnisse und stellt die relativen Häufigkeiten des Kompositionsverhaltens der Kinder über die beiden Testzeitpunkte und getrennt nach den Lernbedingungen dar. <?page no="300"?> 300 Kapitel 6. Ergebnisse Die relativen Häufigkeiten demonstrieren aufschlussreich, dass in allen Lernbedingungen ein hoher Anteil der Kinder, die im unmittelbaren Posttest erfolgreich komponiert hatten, dies auch im verspäteten Posttest wiederholen konnten. In der Rekurrenzbedingung produzierten alle Kinder, die im unmittelbaren Posttest komponiert hatten, auch im verspäteten Posttest erneut ein Kompositum; in den anderen Lernbedingungen komponierten 80 Prozent der Kinder im verspäteten Posttest erneut, wenn sie dies zuvor erfolgreich getan hatten. Hatte ein Kind jedoch im unmittelbaren Posttest kein Kompositum produziert, so war der Anteil der Kinder, die dann im verspäteten Posttest erstmals ein morphologisch komplexes Wort äußerten, deutlich geringer - allerdings primär in den Lernbedingungen, in denen die Kinder mit dem sozialen Roboter interagierten: Nur 25 Prozent der Kinder in der Variationsbedingung und 33 Prozent der Kinder in der Rekurrenzbedingung produzierten ein Kompositum, wenn sie zuvor nicht dazu in der Lage gewesen waren. In der Variationsbedingung Mensch war der Anteil der Kinder höher und 75 Prozent der Kinder, die im unmittelbaren Posttest nicht komponierten, komponierten im verspäteten Posttest. Da die alleinige Betrachtung der relativen Häufigkeiten keine zuverlässigen Aussagen darüber zulässt, ob das Eintreten eines Ereignisses wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher wird, wenn eine spezifische Bedingung erfüllt ist, wurden auf Basis der relativen Häufigkeiten bedingte Wahrscheinlichkeiten (engl. conditional probabilities ) mittels der folgenden Formel berechnet, wobei A und B die Ereignisse bezeichnen: P (A | B) = P (A ∩ B) P (B) <?page no="301"?> 6.3. Qualitative Analyse 301 Die Berechnung bedingter Wahrscheinlichkeiten erlaubt es, die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses unter einer gegebenen Bedingung zu bestimmen, indem die Wahrscheinlichkeit des Eintretens eines Ereignisses unter einer bestimmten Voraussetzung mit der Wahrscheinlichkeit des Eintretens des Ereignisses ohne diese Voraussetzung verglichen wird. Abbildung 6.16 zeigt vor diesem Hintergrund die bedingten Wahrscheinlichkeiten für das Auftreten des kindlichen Kompositionsverhaltens in Abhängigkeit davon, ob ein Kind im verspäteten Posttest ein Kompositum produziert hatte oder nicht. Die bedingten Wahrscheinlichkeiten wurden ferner nach Lernbedingungen berechnet, um mögliche Unterschiede in den Wahrscheinlichkeiten in Bezug auf das Kompositionsverhalten aufzudecken, je nachdem, ob ein Kind morphologisch komplexe Wörter in einem rekurrenten oder einem variierenden pragmatischen Rahmen oder mit einem menschlichen Interaktionspartner in einem variierenden pragmatischen Rahmen gelernt hatte. Bei der Betrachtung der Voraussetzung, dass es den Kindern im verspäteten Posttest gelungen war, ein Kompositum zu produzieren (vgl. links, Abbildung 6.16), zeigten die bedingten Wahrscheinlichkeiten, dass sowohl in der Variationsbedingung als auch in der Rekurrenzbedingung die Wahrscheinlichkeit sehr hoch war, dass die Kinder bereits im unmittelbaren Posttest erfolgreich komponiert hatten. Die Wahrscheinlichkeit lag hier in der Variationsbedingung bei 89 Prozent und bei den Kindern in der Rekurrenzbedingung bei 80 Prozent. Dies zeigt, dass das beobachtete Kompositionsverhalten im unmittelbaren Posttest eng mit dem Verhalten im späteren Posttest zusammenhing - und zwar in beiden Bedingungen, in denen die Kinder mit dem sozialen Roboter interagierten. Ein abweichendes Bild zeigte sich in der Variationsbedingung Mensch; hier war die Wahrscheinlichkeit, dass die Kinder bereits im unmittelbaren Posttest komponiert hatten, geringer (58 Prozent). Diese Tendenz zeigt sich auch bei der Betrachtung der bedingten Wahrscheinlichkeiten für die Konstellation, dass ein Kind im verspäteten Posttest <?page no="302"?> 302 Kapitel 6. Ergebnisse erfolgreich ein Kompositum bildete, aber zuvor im unmittelbaren Posttest kein Kompositum produziert hatte: So lag die Wahrscheinlichkeit für dieses Szenario in der Variationsbedingung bei lediglich 11 Prozent und in der Rekurrenzbedingung bei 20 Prozent, in der Variationsbedingung Mensch jedoch bei 42 Prozent. Im Vergleich zu den beiden anderen Bedingungen war es also in der Variationsbedingung Mensch wesentlich wahrscheinlicher, dass ein Kind ein Kompositum zuvor nicht geäußert hatte, dies aber dann im verspäteten Posttest erfolgreich vollbrachte. Für den Fall, dass ein Kind im verspäteten Posttest ein Kompositum nicht produzierte (vgl. rechts, Abbildung 6.16), ergaben sich folgende bedingte Wahrscheinlichkeiten. In der Rekurrenzbedingung war die Wahrscheinlichkeit gleich Null, dass ein Kind im unmittelbaren Posttest ein Kompositum produziert hatte, vorausgesetzt, dass es im verspäteten Posttest nicht komponierte. Anders ausgedrückt: Für ein Kind in der Rekurrenzbedingung war es maximal unwahrscheinlich, dass es, wenn es im verspäteten Posttest nicht komponierte, dies bereits zuvor getan hatte. In der Variationsbedingung war hier die Wahrscheinlichkeit mit 39 Prozent deutlich höher, in der Variationsbedingung Mensch stieg die Wahrscheinlichkeit auf 50 Prozent, dass ein Kind zunächst im unmittelbaren Posttest ein morphologisch komplexes Wort äußerte, dies aber im verspäteten Posttest nicht mehr wiederholt hatte. Anknüpfend an die vorherigen Ergebnissen lag in der Rekurrenzbedingung die Wahrscheinlichkeit bei 100 Prozent, dass ein Kind, das im verspäteten Posttest kein Kompositum gegenüber dem Interaktionspartner geäußert hatte, dies auch im unmittelbaren Posttest nicht getan hatte. In der Variationsbedingung Mensch war diese Wahrscheinlichkeit nur halb so groß (50 Prozent) und in der Variationsbedingung Mensch betrug sie 61 Prozent. Insgesamt weisen die berichteten geschätzten Wahrscheinlichkeiten für das Kompositionsverhalten der Kinder in Abhängigkeit von den Lernbedingungen <?page no="303"?> 6.3. Qualitative Analyse 303 demnach darauf hin, dass ein Kind, das im verspäteten Posttest komponiert hatte, dies mit hoher Wahrscheinlichkeit auch im vorangegangenen Test getan hatte. Mit fast 90 Prozent war die Wahrscheinlichkeit für ein solches Verhalten in der Variationsbedingung am höchsten. Am geringsten war die Wahrscheinlichkeit für eine solche Konstellation hingegen in der Variationsbedingung Mensch. Umgekehrt zeigte sich, dass, wenn im verspäteten Posttest eine Komposition beobachtet werden konnte, es eher unwahrscheinlich war, dass zuvor kein Komposition produziert worden war. Hatten die Kinder die morphologisch komplexen Wörter mit einem menschlichen Interaktionspartner gelernt, zeigten sich wiederum deutliche Unterschiede zu den beiden anderen Lernbedingungen und in dem Fall, dass ein Kind im verspäteten Posttest zum ersten Mal ein Kompositum äußerte, war in der Mensch-Mensch-Interaktion die Wahrscheinlichkeit erheblich höher, dass es dies zuvor noch nicht getan hatte. Wenn die Kinder im verspäteten Posttest kein Kompositum gebildet hatten, lieferten die Ergebnisse ebenfalls aufschlussreiche Einsichten: Während in der Variationsbedingung Mensch die Wahrscheinlichkeit jeweils bei 50 Prozent lag, dass ein Kind zuvor ein Kompositum gebildet hatte oder nicht, war es in der Rekurrenzbedingung maximal wahrscheinlich (100 Prozent), dass ein Kind auch zuvor kein Kompositum gebildet hatte. Hatten die Kinder mit dem sozialen Roboter interagiert und eine Variation des pragmatischen Rahmens erlebt, lag die Wahrscheinlichkeit bei 61 Prozent, dass die Kinder auch im unmittelbaren Posttest kein Kompositum in ihren Antworten hervorgebracht hatten. <?page no="304"?> 304 Kapitel 6. Ergebnisse Abbildung 6.15: Baumdiagramm der relativen Häufigkeiten (ausgedrückt in Prozent) in Bezug auf das Kompositionsverhalten der Kinder über die Testzeitpunkte (differenziert nach Lernbedingung). Die Anzahl der Versuchspersonen, die das entsprechende Verhalten zeigten, ist in Klammern angegeben. <?page no="305"?> 6.3. Qualitative Analyse 305 Abbildung 6.16: Bedingte Wahrscheinlichkeiten (ausgedrückt in Prozent) für das Auftreten des Kompositionsverhaltens je nachdem, ob ein Kind im verspäteten Posttest komponiert hatte oder nicht. Die Art der Linien kennzeichnet die unterschiedlichen Lernbedingungen. <?page no="307"?> Kapitel 7 Diskussion Die Forschung der zurückliegenden Jahre hat eine Fülle von Erkenntnissen hervorgebracht, die u.a. aufzeigen, dass Kinder neue Wörter in sozialer Interaktion mit ihrer Umwelt erlernen, indem sie sich in zielorientierten interpersonalen Handlungsstrukturen engagieren, in denen ein reichhaltiger ko-konstruktiver Kontext und vorangegangene Handlungen wesentlich sind, um den Bedeutungsgehalt eines neuen Wortes sukzessive ausbauen zu können. Vor diesem Hintergrund besteht eine zentrale und bislang nicht abschließend geklärte Frage darin, inwiefern langfristige Wortlernprozesse durch eine Rekurrenz oder Variabilität in den kontextuellen Bedingungen beeinflusst werden. Bisherige Arbeiten zu den Auswirkungen von kontextueller Rekurrenz und Variabilität fokussierten in dieser Hinsicht vornehmlich perzeptuelle Hinweise im unmittelbaren Moment der Exposition gegenüber einem Referenten eines neuen Wortes und berücksichtigten weniger die rahmende Handlungsstruktur der Interaktionspartner (Tippenhauer und Saylor, 2019; Twomey, Ranson und Horst, 2014; Twomey, Ma und Westermann, 2018). Das Kontextverständnis beschränkte sich somit in den gegenwärtig vorhandenen empirischen Untersuchungen primär auf Faktoren, die die Aufmerksamkeit eines Kindes auf eine benannte Entität erhöhen und die Aufmerksamkeit auf konkurrierende Entitäten reduzieren. Eine <?page no="308"?> 308 Kapitel 7. Diskussion systematische Adressierung des Forschungsgegenstandes sowie eine Betrachtung kontextueller Rekurrenz und Variabilität aus pragmatischer Perspektive angesichts der Bedeutung interaktionaler und soziokultureller Erfahrungen eines Individuums für die Konstitution von (Wort-)Wissen (Bruner, 1983; Nelson, 2009b; Rohlfing u. a., 2016) fehlte in der bisherigen Wortlernforschung. Die empirische Untersuchung der vorliegenden Publikation versuchte in diesem Zusammenhang einen Beitrag zum Erkenntnisgewinn auf diesem Gebiet zu leisten, indem sie unter Rückgriff auf das theoretische Konzept der pragmatic frames (Rohlfing u. a., 2016) einen Zugang wählte, der Kontext in einem holistischen Sinne auffasste und nicht nur die rahmende sequentielle Struktur der Interaktion sowie die interaktiven Rollen der beteiligten Interaktionspartner in den Blick nahm, sondern auch explizit die Interaktionshistorie berücksichtigte. Dieser Ansatz ermöglichte es, neue Perspektiven in der Erforschung der Rolle von kontextueller Rekurrenz und Variabilität zu eröffnen, indem der graduelle Prozess des Wortlernens über verschiedene interaktionale Ereignisse und Erfahrungen hinweg ganzheitlich adressiert und die Erinnerung eines Kindes an das interaktionale Ereignis, in dem ein neues Wort verwendet wurde, um ein bestimmtes Ziel in der Interaktion zu erreichen, systematisch untersucht werden konnte. Ausgehend von einer theoretischen Abhandlung wurde ferner zum einen herausgearbeitet, dass bisher nur unzureichende Erkenntnisse darüber vorliegen, inwieweit kontextuelle Rekurrenz und Variabilität das Lernen von Wörtern beeinflussen, die eine morphologische Komplexität und einen semantisch hochgradig relationalen Charakter aufweisen, wie dies z.B. bei der Wortklasse der Adjektive der Fall ist, die je nach Kontext in ihrer Bedeutung versatiler sind als z.B. Nomen, die sich auf ein Objekt beziehen (Berman, 2011; Dressler, Ketrez und Kilani-Schoch, 2017). Zum anderen wurde dargelegt, dass der kindliche Wortlernprozess äußerst sensitiv auf kontextuelle Veränderungen innerhalb einer Interaktion reagiert <?page no="309"?> Kapitel 7. Diskussion 309 und die vorliegenden Befunde darauf hindeuten, dass kontextuelle Rekurrenz und Variabilität qualitativ unterschiedliche Wirkungen entfalten können und möglicherweise verschiedene Phasen des langfristigen Wortlernens unterstützen, d.h. zu verschiedenen Zeitpunkten im Verlauf des Wortlernprozesses unterschiedlich gewinnbringend sein können (Horst, 2013; Rohlfing, 2006). Ein Produkt der kontextuellen Rekurrenz ist in dieser Hinsicht die Erhöhung der Vorhersehbarkeit sequentieller Handlungsstrukturen und die Reduktion von Komplexität innerhalb einer Interaktion. Das Lernen eines Wortes kann somit durch die Familiarisierung mit den Regularitäten über Handlungsabläufe und der Erfahrung eines Kindes mit den interaktiven Gegebenheiten unterstützt werden, da mit zunehmender Vertrautheit vermehrt Ressourcen für den Lerninhalt aufgewendet werden können (Farrar, Friend und Forbes, 1993; Rohlfing u. a., 2016; Horst, Parsons und Bryan, 2011; Axelsson und Horst, 2014). Befunde zur kontextuellen Variabilität verweisen hingegen darauf, dass die Begegnung mit einem neuen Wort in variierenden Kontexten zu einem flexibleren, vom unmittelbaren Kontext losgelösteren Wissen beitragen kann, indem ein Kind z.B. situationsübergreifende Invarianzen erkennt und so zu einem elaborierteren und stärker vernetzten Wortwissen gelangt (Goldenberg, Repetti und Sandhofer, 2022; Goldenberg und Johnson, 2015; Goldenberg und Sandhofer, 2013a). Völlig unklar blieb in diesem Zusammenhang jedoch, welche Variation eines Kontextes notwendig ist, um ein robustes und generalisierbares Wortwissen zu unterstützen (Rohlfing u. a., 2016, p. 14). Auf dieser Grundlage wurde eine für den Prozess des Wortlernens förderliche temporale Abfolge der Kontextbedingungen vorgeschlagen, die postuliert, dass eine anfängliche Stabilität in Form von kontextueller Rekurrenz, gefolgt von konsekutiver kontextueller Variabilität, den langfristigen Wortlernprozess dahingehend begünstigt, dass nicht nur ein robustes, sondern auch ein elaboriertes und stärker vernetztes Wortwissen aufgebaut werden kann, das flexibel auf andere Kontexte übertragbar ist. <?page no="310"?> 310 Kapitel 7. Diskussion Schließlich wurde darauf hingewiesen, dass aus der Mehrheit der vorliegenden Studien sich nur schwer ableiten lässt, wie die Kontextbedingungen und die individuellen sprachlichen Fähigkeiten der Kinder während des Lernprozesses wechselseitig interagieren, da in vielen Untersuchungen keine Messungen der sprachlichen Fähigkeiten durchgeführt wurden, obgleich verfügbare Untersuchungen darauf hindeuten, dass individuelle Unterschiede in den sprachlichen Fähigkeiten eines Kindes eine wichtige Rolle dabei spielen, zu welchem Zeitpunkt im Wortlernprozess ein Kind von kontextueller Rekurrenz oder Variabilität profitiert (Henderson und James, 2018; Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017). In diesem Sinne zielte die vorliegende Arbeit nicht zuletzt darauf ab, die Rolle der individuellen sprachlichen Fähigkeiten von Kindern im Hinblick auf das langfristige Lernen von morphologisch komplexen Wörtern in einem rekurrenten und in einem variierenden pragmatischen Rahmen näher zu beleuchten. Im weiteren Verlauf dieses Kapitels soll zunächst eine hypothesengeleitete Zusammenfassung der Ergebnisse erfolgen (Kapitel 7.1), bevor mögliche Erklärungen für die erzielten Ergebnisse eingehender diskutiert werden. Dabei werden verschiedene Perspektiven und Erklärungen der Ergebnisse im Hinblick auf die systematische Gestaltung des pragmatischen Rahmens vorgestellt, die sich auf die Forschungsfragen zur Retention (Kapitel 7.2.1), zur Generalisierung (Kapitel 7.2.2) und zur Rolle individueller Unterschiede (Kapitel 7.2.3) beziehen. Anschließend werden die Ergebnisse der qualitativen Analyse diskutiert, die die Diversität und Kreativität der kindlichen Wortproduktionen näher thematisieren (Kapitel 7.3). Mit Blick auf den Interaktionspartner des Kindes in der durchgeführten Untersuchung erfolgt eine Diskussion sozialer Roboter als Partner für komplexes Sprachlernen (Kapitel 7.4). Abschließend wird das methodologische Vorgehen kritisch reflektiert, wobei insbesondere auf die Herausforderungen der Etablierung einer Routine und deren Kontrastierung eingegangen wird (Kapitel 7.5). Den Abschluss bildet ein Ausblick und ein Blick auf offene Forschungsdesiderata (Kapitel 7.6). <?page no="311"?> 7.1. Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse 311 7.1 Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse Die zentrale Fragestellung der vorliegenden Arbeit lautete, ob die systematische Variation eines pragmatischen Rahmens in Form von anfänglicher Rekurrenz und konsekutiver Variabilität das langfristige morphologisch komplexe Wortlernen von Kindern im Vorschulalter fördert. Im Rahmen der empirischen Untersuchung wurde dazu die Interaktionshistorie von 37 Vorschulkindern systematisch manipuliert, indem die Kinder zwei unabhängigen Untersuchungsgruppen zugeordnet wurden (Variationsbedingung und Rekurrenzbedingung) und in einem Längsschnittdesign mit vier Terminen über zwei Wochen in naturalistischen, zielorientierten Interaktionen entweder morphologisch komplexe Wörter in einem rekurrenten pragmatischen Rahmen lernten oder in einem pragmatischen Rahmen, der zu einem späteren Zeitpunkt variiert wurde. Anschließend wurde das rezeptive und produktive Verständnis der morphologisch komplexen Wörter durch den Interaktionspartner, mit dem die Kinder die neuen Wörter gelernt hatten, im Hinblick auf Retention und Generalisierung gemessen. In einem weiteren Schritt wurden ausgewählte Bereiche der individuellen sprachlichen Entwicklung der Kinder erfasst, um diese mit den ermittelten Wortlernergebnissen in Beziehung zu setzen. Eine Besonderheit des Vorgehens bestand dabei darin, dass für die Gestaltung der pragmatischen Rahmen und des interaktiven Settings auf einen sozialen Roboter zurückgegriffen wurde, um eine systematische Kontrollierbarkeit und Interaktionsgestaltung zu ermöglichen. Um darüber hinaus Aussagen darüber treffen zu können, inwieweit die beobachtbaren Lerneffekte als Folge der Gestaltung des pragmatischen Rahmens auch in einer vergleichbaren Mensch-Mensch-Interaktion auftreten, wurde zusätzlich eine weitere Untersuchungsgruppe als Kontrollbedingung einbezogen (Variationsbedingung Mensch), die eine vergleichbare Variation des pragmatischen Rahmens erlebte, jedoch einen Menschen als sozialen Interaktionspartner des Kindes beinhaltete. <?page no="312"?> 312 Kapitel 7. Diskussion Die durchgeführten Gruppenvergleiche mittels inferenzstatistischer Verfahren ergaben, dass die teilnehmenden Kinder unabhängig von der Untersuchungsgruppe die vermittelten morphologisch komplexen Wörter über die Zeit auf einem Niveau behalten konnten, das sich nicht signifikant voneinander unterschied - dies galt sowohl für die Produktion als auch für die Rezeption der morphologisch komplexen Wörter. Die Hypothese, dass die Gruppe der Kinder, die morphologisch komplexe Wörter in einem variierenden pragmatischen Rahmen lernt, die Zielwörter im unmittelbaren und verspäteten Posttest auf einem höheren Niveau behalten würde im Vergleich zur Gruppe, die ausschließlich in einem rekurrenten pragmatischen Rahmen lernte, konnte somit nicht bestätigt werden. Vielmehr legen die Ergebnisse nahe, dass die Kinder, die eine Variation des pragmatischen Rahmens erfahren haben, weder im unmittelbaren noch im verspäteten Posttest in der Lage waren, die vermittelten Wörter auf einem signifikant höheren Niveau abzurufen. Darüber hinaus zeigte sich, dass die Art des sozialen Partners (sozialer Roboter vs. Mensch) in der verwendeten Versuchsanordnung nicht zu signifikanten Unterschieden in den Lernergebnissen führte und dass die Kinder die Zielwörter über die Zeit auf einem ähnlichen Niveau abrufen konnten. Weitere Befunde zeigten, dass im Hinblick auf die Generalisierung des Wissens keine signifikanten Effekte identifiziert werden konnten, die darauf hindeuten würden, dass Kinder, die in einem variierenden pragmatischen Rahmen gelernt haben, die gelernten Wörter auf einem höheren Niveau auf neue Objekte übertragen können oder das vermittelte Verfahren der Komposition verbessert anwenden, wenn ihnen zwei Konstituenten eines Kompositums präsentiert wurden. Erneut traf dies sowohl auf die Produktion als auch auf die Rezeption der morphologisch komplexen Wörter zu und konnte konsistent über beide Testzeitpunkte beobachtet werden. Damit widersprechen die Befunde zu den Generalisierungsfähigkeiten der aufgestellten Hypothese, die davon ausging, dass die Gruppe der Kinder, die morphologisch komplexe Zielwörter in einem <?page no="313"?> 7.1. Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse 313 variierenden pragmatischen Rahmen lernt, eine höhere Generalisierungsfähigkeit des neu erworbenen Wortwissens im unmittelbaren und im verspäteten Posttest aufzeigen würde. Die weiteren statistischen Analysen zur Rolle der individuellen sprachlichen Fähigkeiten im Zusammenhang des Wortlernens in kontextueller Rekurrenz bzw. Variabilität ergaben, dass, wenn die teilnehmenden Kinder innerhalb der Lernbedingungen (Variationsbedingung und Rekurrenzbedingung) nach ihren individuellen sprachlichen Fähigkeiten gruppiert wurden, je nach Lernbedingung unterschiedlich stark ausgeprägte Lernunterschiede zwischen den Gruppen sichtbar wurden. So konnte nachgewiesen werden, dass sich die Gruppe der Kinder mit durchschnittlichem Wortschatz in der Rekurrenzbedingung in ihren Retentionsleistungen nicht von der Gruppe der Kinder mit überdurchschnittlichem Wortschatz unterschied. Im Gegensatz dazu zeigte die Gruppe mit überdurchschnittlichem Wortschatz in der Variationsbedingung eine signifikant höhere Retention der morphologisch komplexen Wörter als die Gruppe mit durchschnittlichem Wortschatz. Dieser Effekt der Wortschatzgruppe war unabhängig vom Testzeitpunkt und bestand sowohl im unmittelbaren Posttest als auch im verspäteten Posttest. Die Analyse der Rolle der morphosyntaktischen Fähigkeiten der Kinder bekräftigte die vorangegangenen Beobachtungen und belegte im Rahmen weiterer Gruppenvergleiche innerhalb der Lernbedingungen, dass in der Variationsbedingung die Gruppe der Kinder mit unterdurchschnittlichen morphosyntaktischen Fähigkeiten die Zielwörter auf einem signifikant geringeren Niveau über die Zeit behalten konnte als die Kinder mit durchschnittlichen morphosyntaktischen Fähigkeiten. Auch bei diesem Gruppenvergleich konnte der Effekt über beide Testzeitpunkte hinweg nachgewiesen werden. In der Rekurrenzbedingung zeigten sich wiederum keine signifikanten Unterschiede in den Lernergebnissen bezüglich der Retention zwischen den Gruppen. <?page no="314"?> 314 Kapitel 7. Diskussion Interessanterweise ergab sich bei der Analyse der Generalisierungsfähigkeiten ein abweichendes Bild und die Erkenntnisse zu den Retentionsleistungen ließen sich nicht ohne weiteres übertragen. Die Gruppenvergleiche bezüglich der sprachlichen Fähigkeiten der Kinder innerhalb der Lernbedingungen ergaben hier folgende Ergebnisse: Bei der Generalisierungsaufgabe, bei der die gelernten Wörter auf neue Objekte übertragen werden mussten, zeigten sich weder in der Variationsbedingung noch in der Rekurrenzbedingung signifikante Unterschiede zwischen den nach individuellen sprachlichen Fähigkeiten differenzierenden Gruppen. Das heißt, es wurden keine Unterschiede in den Lernergebnissen zwischen den Gruppen festgestellt, die die Kinder nach ihrem expressiven Wortschatz oder ihren morphosyntaktischen Fähigkeiten unterschieden. Konzentrierte sich die Analyse hingegen auf die Generalisierungsfähigkeit im Bereich der AdHoc-Komposition, so konnten in der Variationsbedingung weder Unterschiede zwischen den Gruppen mit geringerem und umfangreicherem Wortschatz noch zwischen den Gruppen mit geringeren und höheren morphosyntaktischen Fähigkeiten festgestellt werden, während in der Rekurrenzbedingung Kinder mit umfangreicherem Wortschatz und höheren morphosyntaktischen Fähigkeiten zu beiden Testzeitpunkten auf einem signifikant höheren Niveau unbekannte Konstituenten komponieren konnten als ihre Altersgenossen mit geringeren sprachlichen Fähigkeiten in den berücksichtigten Bereichen. Die Ergebnisse zu den ermittelten Generalisierungsfähigkeiten legen zugleich mehrere Aspekte nahe. So besteht die in Wortlernstudien dominierende Auslegung der Generalisierungsfähigkeit eines Kindes in Bezug auf ein neu gelerntes Wort vor allem darin, zu messen, ob ein Kind ein Wort auf ein anderes Exemplar einer Objektkategorie übertragen kann und damit den wichtigen Schritt im Lernprozess vollzieht, dass sich ein neues Wort nicht nur auf einen spezifischen Referenten bezieht. Kritisch ist allerdings anzumerken, dass dies <?page no="315"?> 7.1. Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse 315 nur eine , wenn auch zentrale Form der Generalisierung von Wortwissen darstellt und weniger darüber bekannt ist, inwieweit sich andere Formen der Generalisierung im langfristigen Wortlernprozess entwickeln. Die vorliegenden Ergebnisse deuten in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Befunde im Hinblick auf verschiedene Formen der Generalisierung vor dem Hintergrund individueller sprachlicher Unterschiede im langfristigen Wortlernprozess durchaus variieren können. In diesem Zusammenhang zeigte sich, dass bei einer Gruppierung der Kinder nach Wortschatzumfang und morphosyntaktischen Fähigkeiten in der Rekurrenzbedingung signifikante Unterschiede bei der AdHoc- Komposition auftraten, nicht aber bei der Generalisierungsaufgabe, bei der die gelernten Wörter auf neue Objekte werden mussten. Insgesamt zeichneten die Analysen zu den individuellen sprachlichen Unterschieden der Kinder vor dem Hintergrund des pragmatischen Rahmens, in den das Wortlernen eingebettet war, ein uneinheitliches Bild. Die Befunde zu den ermittelten Retentionsleistungen stützen die aufgestellte Hypothese, dass unterschiedlich stark ausgeprägte Lernunterschiede zwischen den Kindern in Abhängigkeit von ihren individuellen sprachlichen Fähigkeiten auftreten würden, je nachdem in welchem pragmatischen Rahmen die Kinder die morphologisch komplexen Wörter lernten (Variation vs. Rekurrenz). War das Wortlernen der Kinder in einen rekurrenten pragmatischen Rahmen eingebettet, zeigten sich keine signifikanten Unterschiede im Behalten der gelernten Wörter zwischen den Gruppen, die hinsichtlich des expressiven Wortschatzes und den morphosyntaktischen Fähigkeiten unterschieden. Erfuhren die Kinder hingegen eine Variation des pragmatischen Rahmens, traten über beide Testzeitpunkte hinweg signifikante Unterschiede in den Retentionsleistungen auf - sowohl zwischen den Wortschatzgruppen als auch zwischen den Morphologiegruppen. Ein gleichermaßen eindeutiges Muster, wie es auch für die Generalisierung des Wortwissens angenommen wurde, ließ sich hingegen nicht beobachten. Während bei der AdHoc-Komposition innerhalb der Rekurrenzbedingung signifikante <?page no="316"?> 316 Kapitel 7. Diskussion Unterschiede zwischen den Wortschatzgruppen und zwischen den Morphologiegruppen auftraten, fanden sich im Rahmen des Transfers der gelernten Wörter auf neue Objekte weder in der Rekurrenzbedingung noch in der Variationsbedingung signifikante Unterschiede zwischen den nach individuellen sprachlichen Fähigkeiten differenzierenden Gruppen und unabhängig von der zugeordneten Wortschatz- oder Morphologiegruppe zeigten die Kinder ein vergleichbares Niveau der Generalisierung. Explorative Analysen deckten darüber hinaus auf, dass die Retention der morphologisch komplexen Wörter im unmittelbaren und im verspäteten Posttest stark positiv mit der Generalisierungsfähigkeit korrelierte, die Wörter auf neue Objekte übertragen zu können. Im unmittelbaren Posttest erreichten die Korrelationen statistische Signifikanz unter jenen Lernbedingungen, in denen die Kinder mit dem sozialen Roboter interagierten. Im verspäteten Posttest konnten die Korrelationen in allen Lernbedingungen statistisch signifikant nachgewiesen werden. Die Ergebnisse bestätigen damit einen ausgeprägten Zusammenhang zwischen der erfolgreichen Retention und der Generalisierung des Wissens im Hinblick auf den Transfer auf neue Objektexemplare (Hartley, Bird und Monaghan, 2019; Nachtigäller, Rohlfing und Mcgregor, 2013; Rohlfing, 2006), wobei die vorliegende Studie als eine der wenigen Arbeiten diesen Zusammenhang für die Sprachproduktion nachweist. Erstmals wurde in diesem Zusammenhang untersucht, inwieweit die Retention morphologisch komplexer Wörter mit der Generalisierungsfähigkeit in Beziehung steht, ein gelerntes Wortbildungsverfahren anzuwenden. Die Korrelationsanalysen wiesen darauf hin, dass ausschließlich in der Lernbedingung, in der die Kinder eine Variation des pragmatischen Rahmens erfahren hatten, ein starker positiver Zusammenhang zwischen der Retention und der Fähigkeit, neue morphologisch komplexe Wörter zu bilden, bestand. Eine inhaltliche Erklärung dafür könnte in der Möglichkeit liegen, dass die Kinder in der Rekurrenzbedingung mehr Ressourcen dem Wortbildungsverfahren widmen konnten und somit in der Lage waren, das <?page no="317"?> 7.1. Zusammenfassung der empirischen Ergebnisse 317 Verfahren der Komposition unabhängig von der Retention der morphologisch komplexen Wörter im Test anzuwenden. Dies erklärt jedoch noch nicht, warum auch in der Variationsbedingung Mensch kein Zusammenhang zwischen Retention und AdHoc-Komposition festgestellt werden konnte. Eine weitere explorative Analyse fokussierte näher die Retention der morphologisch komplexen Wörter in Abhängigkeit von ihrer Opazität und verglich den Lernerfolg der transparenteren Komposita, bei denen nur eine Konstituente unbekannt war (z.B. korallenrot ), mit denen der opaken Komposita, bei denen beide Konstituenten unbekannt waren (z.B. granatpurpur ). Es stellte sich heraus, dass zu allen Testzeitpunkten und unabhängig von der Lernbedingung opake Komposita über die Zeit auf einem signifikant niedrigeren Niveau behalten werden konnten als transparentere Komposita. Dies zeigt, dass, obwohl es sich bei allen Zielwörtern um strukturell morpholigisch komplexe Wörter handelte, die Opazität entscheidend dafür war, auf welchem Niveau die Kinder die neuen Wörter abrufen konnten. Somit unterstreichen die gewonnenen Erkenntnisse die Relevanz der semantischen Transparenz eines zu lernenden Wortes (Berman, 2011; Clark, 2016; Marelli und Luzzatti, 2012) sowie die Bedeutung, an vorhandenes konzeptuelles Wissen anknüpfen zu können (Avila-Varela, Arias- Trejo und Mani, 2021). Schließlich beleuchtete die durchgeführte qualitative Analyse das Spektrum des referentiellen Verhaltens der Kinder und ordnete das in den Testsitzungen beobachtete Antwortverhalten auf semantischer und morphologischer Ebene ein. Diese induktive und granulare Differenzierung zielte weniger darauf ab, Objektivität zu proklamieren, als vielmehr einen Zugang zu Mustern und Tendenzen in den Daten jenseits einer quantifizierenden Auswertung von Lernergebnissen zu eröffnen. Dadurch sollten überdies aufschlussreiche Einblicke in die referentiellen Verhaltensweisen von Vorschulkindern im Rahmen des morphologisch komplexen Wortlernens in Kind-Roboter-Interaktionen und Mensch- Mensch-Interaktionen ermöglicht werden. In der vorliegenden Stichprobe ließ <?page no="318"?> 318 Kapitel 7. Diskussion sich feststellen, dass über alle Testungen hinweg lediglich in 12 Prozent der Fälle ein vollständiger Abruf des Zielwortes zu verzeichnen war und in fast der Hälfte aller Antworten (48 Prozent) auf eine semantische Substitution zurückgegriffen wurde, bei der die Kinder das Zielwort durch ein simplizisches bekanntes Wort ersetzten. Ein weiteres Verhalten, das in mehr als einem Viertel der Fälle (28 Prozent) auftrat, waren Auslassungen, bei denen die Kinder dem Interaktionspartner entweder gar nicht antworteten oder explizit machten, dass sie sich nicht mehr an das Zielwort erinnern könnten. In diesem Zusammenhang konnten konzise verschiedene Verhaltensmuster herausgearbeitet werden, die sich aus den individuellen Antwortverläufen ableiten ließen. Bemerkenswert war dabei, dass das referentielle Verhalten testübergreifend recht stabil blieb und weniger durch die Art der Exposition mit einem rekurrenten oder variierenden pragmatischen Rahmen geprägt war, sondern stärker durch die Art des sozialen Partners (sozialer Roboter vs. Mensch) beeinflusst zu sein schien. So konnten weniger Auslassungen in der Mensch-Mensch-Interaktion festgestellt werden, aber auch eine Tendenz im Antwortverhalten, die auf mehr Substitutionen hindeutete. Ebenso wie die Art des sozialen Partners schien auch die Art der Generalisierungsaufgabe, mit der die Kinder konfrontiert wurden, einen Einfluss auf das referentielle Verhalten zu nehmen. Im Rahmen der AdHoc-Komposition traten weniger Auslassungen auf und die Kinder unternahmen häufiger den Versuch, ein morphologisch komplexes Wort zu produzieren, wenn auch in fehlerhafter Form. Eine abschließende probabilistische Betrachtung des Kompositionsverhaltens lieferte schließlich den Befund, dass ein Kind, wenn es in einer Testsitzung ein morphologisch komplexes Wort produziert hatte, dies mit hoher Wahrscheinlichkeit in einer folgenden Testsitzung wiederholen würde. Umgekehrt war die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass ein Kind, das in einem Test keine morphologisch komplexen Wörter produziert hatte, dies in einem nachfolgenden Test tun würde. Dieses <?page no="319"?> 7.2. Perspektiven auf die Gestaltung des pragmatischen Rahmens 319 Muster war sowohl in der Rekurrenzbedingung als auch in der Variationsbedingung erkennbar, jedoch zeigte sich erneut ein abweichendes, flexibleres Verhalten in der Mensch-Mensch-Interaktion, in der Kompositionen auch dann häufiger auftraten, wenn sie zuvor nicht aufgetreten waren, oder keine Komposition mehr erfolgte, wenn zuvor komponiert worden war. Im folgenden Verlauf des Diskussionskapitels sollen die unterschiedlichen Befunde vor dem Hintergrund der aktuellen Forschungsliteratur weiter interpretiert und mögliche Erklärungen aufgezeigt werden, wobei nicht zuletzt die vorgenommenen methodologischen Zugänge kritisch reflektiert werden. 7.2 Perspektiven auf die Gestaltung des pragmatischen Rahmens Die systematische Gestaltung des pragmatischen Rahmens innerhalb der vorgestellten Untersuchung folgte zentral der Auffassung, dass der langfristige Lernprozess eines neuen Wortes entscheidend vom Verständnis des Kindes für den sozialen Kontext beeinflusst wird, in den das betreffende Wort eingebettet ist (Nelson, 2009a; Ninio u. a., 1994; Rohlfing u. a., 2016; Tomasello und Haberl, 2003; Bruner, 1983). In diesem Sinne zielte die durchgeführte Studie darauf ab, die Handlungssequenzen und Interaktionserfahrungen, in deren Rahmen ein Kind einem neuen Wort begegnet, systematisch und in holistischer Weise zu manipulieren, und ging davon aus, dass die anfängliche Etablierung einer Routine, gefolgt von einem Kontrast in Form einer Variation des pragmatischen Rahmens, den Aufbau eines Wortwissens fördert, das sowohl robust als auch flexibel sowie generalisierbar ist (Horst, 2013; McMurray, Horst und Samuelson, 2012; Nelson, 2009b; Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017). Vor diesem Hintergrund unternahm die vorliegende Arbeit erste Schritte, um den Lernprozess <?page no="320"?> 320 Kapitel 7. Diskussion morphologisch komplexer Wörter näher zu beleuchten. Entgegen den Erwartungen zeigte sich jedoch, dass sowohl die an der Studie teilnehmenden Kinder, die ausschließlich einen rekurrenten pragmatischen Rahmen erfuhren, ein langfristiges Wortlernen auf vergleichbarem Niveau zeigten wie die Kinder, deren Wortlernen in eine Variation des pragmatischen Rahmens eingebettet war. Mögliche Erklärungen hierfür werden im Folgenden diskutiert. 7.2.1 Retention der morphologisch komplexen Wörter Weder im unmittelbaren Posttest noch im verspäteten Posttest führte die systematisch gestaltete Variation des pragmatischen Rahmens zu höheren Lernergebnissen in Bezug auf die Retention der morphologisch komplexen Wörter. Es stellt sich daher die Frage, welche möglichen Gründe zu diesem Befund beigetragen haben könnten. Vor dem Hintergrund, dass die beobachteten produktiven Lernergebnisse insgesamt auf einem niedrigen Niveau lagen - nur 12 Prozent der Antworten der Kinder in den Testungen spiegelten einen vollständigen Abruf wider - weisen frühere Untersuchungen darauf hin, dass zu geringe Lernleistungen tatsächliche Unterschiede zwischen den Untersuchungsgruppen verdecken können oder dass große Stichproben erforderlich sind, um eine statistische Signifikanz zu erreichen (Biemiller und Boote, 2006; Horst, 2013). In diesem Zusammenhang könnten die ermittelten geringen Lernerfolge darauf hindeuten, dass die Anzahl der morphologisch komplexen Wörter für die Kinder zu anspruchsvoll war und die Identifikation möglicher Effekte der Lernbedingungen erschwerte. Demgegenüber ist anzumerken, dass sich das Design der Versuchsanordnung an bisherigen best practices orientierte und eine Anzahl von zu lernenden Zielwörtern vorsah (insgesamt sechs), die durchaus im Einklang mit bisherigen Ansätzen in Wortlernstudien steht, bei denen Kinder im Vorschulalter eine erfolgreiche Retention demonstrierten. Tatsächlich wurden in früheren Arbeiten mitunter acht (Vlach und Sandhofer, 2011; Horst und <?page no="321"?> 7.2. Perspektiven auf die Gestaltung des pragmatischen Rahmens 321 Samuelson, 2008), zehn (Robbins und Ehri, 1994) oder mehr (Vogt und Kauschke, 2017; Elley, 1989) zu lernende Zielwörter berücksichtigt. Allerdings weisen unter anderem Horst (2013) und Twomey und Hilton (2020) darauf hin, dass Wörter anderer Wortklassen als Nomen für Kinder mitunter anspruchsvoller zu erlernen sind, einschließlich in rekurrenten Kontexten. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit könnten daher darauf hindeuten, dass nicht nur die Wortklasse, sondern auch der Grad der morphologischen Komplexität bei der Wahl des methodischen Ansatzes berücksichtigt werden sollte. Hierzu ist festzuhalten, dass im Rahmen der Analyse, in der die Rolle der Komplexität der verwendeten Komposita näher beleuchtet wurde, festgestellt wurde, dass kein Effekt der Lernbedingung nachgewiesen werden konnte. Mit anderen Worten: Auch bei einfacheren Zielwörtern konnte in der durchgeführten Untersuchung kein vorteilhafter Effekt der Variation des pragmatischen Rahmens festgestellt werden. Dennoch ist nicht auszuschließen, dass aufgrund der Gesamtzahl der morphologisch komplexen Wörter und der opaken Komposita, die konkurrierend in der Lernsituation präsent waren, die beobachteten niedrigen Lernergebnisse zustande kamen, wodurch mögliche Unterschiede zwischen den Bedingungen potentiell verdeckt wurden. Eine weitere mögliche Erklärung für die Ergebnisse könnte darin liegen, dass der Zeitpunkt der Testungen nicht sensitiv genug war, um potentielle Unterschiede zwischen den Lernbedingungen zu erfassen. Diese Erklärung erscheint insbesondere unter dem Gesichtspunkt plausibel, dass frühere Arbeiten bisweilen zeigen, dass der Zeitpunkt der Messung von Lerneffekten kritisch ist und Effekte kontextueller Variabilität oder Rekurrenz je nach zeitlicher Verzögerung unterschiedliche messbare Auswirkungen haben können (Horst, Parsons und Bryan, 2011; Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017; Smith und Vela, 2001). Smith und Vela (2001) weisen in dieser Hinsicht auf die Tendenz hin, dass mit <?page no="322"?> 322 Kapitel 7. Diskussion zunehmender zeitlicher Verzögerung die Wahrscheinlichkeit steigt, dass spezifische Kontextbedingungen in einer erfahrenen Lernsituation den Wissensabruf beeinflussen. Insofern erscheint es möglich, dass sich vorteilhafte Effekte der Variation des pragmatischen Rahmens erst im Zuge weiterer Konsolidierungsphasen zeigen und Tests mit größerem zeitlichen Abstand zu den Trainingssitzungen andere Ergebnisse erbracht hätten. Neben der Möglichkeit, dass der Zeitpunkt nicht sensitiv genug war, könnte sich auch die Form des Testformats nachteilig auf die Identifizierung möglicher Unterschiede zwischen den Bedingungen ausgewirkt haben. Um dem häufig anzutreffenden Problem zu begegnen, dass Kinder in Wortlernstudien innerhalb von Testsituationen, die eine Produktion des Zielwortes beinhalten, häufig auf niedrigem Niveau abschneiden, entwickelten z.B. Gordon und McGregor (2014) ein Testformat, bei dem die Experimentatorin zu jedem Zielwort drei Optionen nennt: einmal das Zielwort (z.B. dorb ), einmal eine Option, die sich in silbischer und phonetischer Struktur minimal vom Zielwort unterscheidet (z.B. vorb ), und einmal eine Option, die sich deutlich vom Zielwort unterscheidet (z.B. zinnip ). Anschließend müssen die Kinder eine Auswahl treffen. In ihrer Untersuchung argumentieren Gordon und McGregor (2014), dass der entwickelte methodische Ansatz im Vergleich zu klassischen Testformaten deutlich sensitiver gegenüber im Gedächtnis gespeicherten Wortformen ist, die noch nicht vollständig verbal abgerufen werden können, insbesondere wenn es darum geht, langfristige Wortlernprozesse zu erfassen. Tatsächlich schnitten die 4bis 6-jährigen Kinder in der Studie im Rahmen des entwickelten Tests deutlich besser ab als im Rahmen eines klassischen Tests. Auch wenn in der vorliegenden Studie der innovative methodische Ansatz gewählt wurde, die Testungen in das vertraute Format einer gemeinsamen Bilderbuchlesesituation einzubetten, entsprach die Testung des Wissens von den Anforderungen her eher strukturell einem klassischen Test, der möglicherweise weniger sensitiv war. Insofern hätten alternative Testformate (siehe <?page no="323"?> 7.2. Perspektiven auf die Gestaltung des pragmatischen Rahmens 323 z.B. auch Munro u. a. (2012) oder Vogt und Kauschke (2017)) mitunter einen geeigneteren Zugang dargestellt, um längerfristige Wortlernprozesse und die Effekte kontextueller Variation auf das Lernen nuancierter zu erfassen. Angesichts des adressierten morphologisch komplexen Wortlernens wäre es mit dieser Methode und der Präsentation einer Auswahl jedoch nur schwer möglich gewesen, die Kompositionsfähigkeiten der Kinder adäquat zu berücksichtigen. Abgesehen davon, dass eventuelle Unterschiede zwischen den Lernbedingungen in der applizierten Versuchsanordnung möglicherweise nicht erfasst werden konnten, erscheint es auch vorstellbar, dass die Untersuchungsgruppen in ähnlicher Weise von der gestalteten Interaktion profitierten, was sich in vergleichbaren Lernergebnissen niederschlug. In Kapitel 7.5 wird dezidiert die Gestaltung der pragmatischen Rahmen reflektiert, jedoch kann an dieser Stelle vorweggenommen werden, dass es denkbar erscheint, dass die Parameter bzw. die Charakteristik der erlebten Interaktion selbst das Ausmaß beeinflussen könnte, in dem ein Individuum von kontextueller Rekurrenz bzw. Variabilität profitiert. So zeigten Childers u. a. (2017), dass die Komplexität eines Ereignisses eine Rolle dabei spielt, inwieweit Kinder von kontextueller Rekurrenz oder Variabilität profitieren. In der Studie erzielten 3-jährige Kinder vergleichbare Lernergebnisse, wenn sie in einer einmaligen Sitzung kontextuelle Rekurrenz oder Variabilität erfuhren und neue Verben lernten, die sich auf einfache Handlungen bezogen, die von den Kindern beobachtet wurden. Wenn es sich jedoch um komplexe Handlungen handelte, profitierten die Kinder von kontextueller Rekurrenz (vgl. auch Kapitel 2.6.1). Diese von Childers u. a. (2017) beobachtete Tendenz könnte darauf hindeuten, dass - übertragen auf die in der vorliegenden Untersuchung gestalteten interaktionalen Anforderungen - die Komplexität der Handlungssequenz auf einem Niveau lag, welches es den Kindern ermöglichte, sowohl im rekurrenten als auch im variierenden pragmatischen Rahmen zu vergleichbaren Lernergebnissen zu gelangen. Ausgehend davon erscheint es zudem <?page no="324"?> 324 Kapitel 7. Diskussion plausibel, dass eine komplexere interaktive Handlung zu verbesserten Lernergebnissen innerhalb eines rekurrenten pragmatischen Rahmens geführt hätte. Schließlich sollen noch mögliche Gründe diskutiert werden, warum die erzielten Ergebnisse auf so ausgeprägte Unterschiede in der Rezeptions- und Produktionsleistung schließen lassen und wie sich die Unterschiede in den Lernergebnissen bei den transparenteren und den opakeren Kompositen erklären lassen. Die Ergebnisse verdeutlichten, dass im Vergleich zu den produktiven Retentionsleistungen die Kinder aller Untersuchungsgruppen die Zielwörter im unmittelbaren Posttest und im verspäteten Posttest rezeptiv auf einem sehr hohen Niveau abrufen konnten und häufig nahezu optimale Leistungen bzw. die maximale Punktzahl erreichten. Dies kann einerseits darauf zurückgeführt werden, dass das rezeptive Wortverständnis die Fähigkeit zur Wortproduktion oft deutlich übersteigt (Tomasello und Rakoczy, 2003) und für einen rezeptiven Wortabruf eine weniger robuste Memorisierung der gelernten Wortform erforderlich ist (Capone und McGregor, 2005). Andererseits stehen die Ergebnisse auch im Einklang mit bisherigen Erkenntnissen, die aufgezeigt haben, dass das Verständnis komplexer Wörter bei Vorschulkindern mitunter relativ unbeeinflusst von der morphologischen und semantischen Komplexität sein kann und dass das Verständnis der Produktion vorausgeht (Clark und Berman, 1987). Vor diesem Hintergrund liefern die gewonnenen Befunde erstmals Erkenntnisse für das Deutsche, die eine akzentuierte Asymmetrie in Bezug auf das Wortverständnis und die Wortproduktion im Zusammenhang mit dem Lernprozess morphologisch komplexer Wörter belegen. Ein weiteres Ergebnis der vorliegenden Untersuchung betraf die unterschiedlichen Lernergebnisse in Abhängigkeit von der Opazität der Komposita. Die Hälfte der Zielwörter in dieser Studie bestand aus Komposita, bei denen die Kinder bereits eine Konstituente kannten. So konnten die Kinder z.B. bei quittengelb auf ein ihnen bereits bekanntes lexikalisches Element zurückgreifen. <?page no="325"?> 7.2. Perspektiven auf die Gestaltung des pragmatischen Rahmens 325 Die Ergebnisse wiesen darauf hin, dass unabhängig von Testzeitpunkt und Bedingung opake Komposita auf einem signifikant niedrigeren Niveau abgerufen werden konnten als transparentere Komposita. Dies bestätigt zum einen frühere Arbeiten, die demonstrieren, dass es für die Kompositionsfähigkeit eines Kindes entscheidend ist, ob ihm die Konstituenten eines Kompositums allgemein als lexikalische Elemente bekannt sind, und nicht, ob einem Kind die lexikalischen Elemente bereits als Bestandteile von Komposita vertraut sind (Nicoladis, 2003; Clark und Berman, 1987). Zum anderen sprechen die Ergebnisse aber auch eindrücklich dafür, dass Kinder neue Komposita, deren Kopf sie bereits kennen, langfristig besser behalten und produzieren können. 7.2.2 Generalisierung der morphologisch komplexen Wörter Um sowohl neue Erkenntnisse im Bereich des Lernens morphologisch komplexer Wörter zu generieren als auch das Phänomen des Wortlernens dezidiert weiter zu fassen, wurde in der vorliegenden Arbeit untersucht, inwieweit die Kinder in der Lage waren, die vermittelten morphologisch komplexen Farbwörter auf neue Objekte zu übertragen. In einem weiteren Schritt wurde eine zusätzliche Facette der Generalisierung adressiert: Nämlich zu überprüfen, inwieweit die Kinder das Wortbildungsmuster der Komposition während des Trainings strukturell aufgegriffen hatten und in der Lage waren, es produktiv auf neue Farbwörter zu übertragen, wenn ihnen zwei Konstituenten eines Kompositums präsentiert wurden. Da wie bei den Retentionsleistungen auch bei den beiden Formen der Generalisierung keine Unterschiede zwischen den Lernbedingungen gefunden werden konnten, stellte sich auch hier die Frage, warum eine Variation des pragmatischen Rahmens nicht zu einer Steigerung der Lernleistungen beigetragen hatte. So wurde davon ausgegangen, dass eine Variation des pragmatischen Rahmens im Verlauf des Worlernprozesses zu einer Flexibilisierung und besseren Generalisierbarkeit des Wortwissens beitragen kann, indem einem Kind die Möglichkeit eröffnet wird, situationsübergreifende Erfahrungen <?page no="326"?> 326 Kapitel 7. Diskussion zu sammeln und zu erkennen, welche Elemente in der Interaktion über verschiedene Verwendungsweisen eines Wortes hinweg konstant bleiben und damit dem Wort seine Bedeutung verleihen (Heller und Rohlfing, 2017; Ninio und Bruner, 1978; Rohlfing u. a., 2016). Darüber hinaus schien es naheliegend, dass sich das Lernen in unterschiedlichen Kontexten und die damit mögliche Dekontextualisierung des Wissens positiv auf die Lernergebnisse auswirkt, wenn die Kinder im Rahmen eines Tests den Lerninhalten erneut in einem neuen Kontext begegnen (Goldenberg, Repetti und Sandhofer, 2022; Goldenberg und Johnson, 2015), d.h. kontextuelle Variabilität sollte gerade auch die Performanz in einer neuartigen Testsituation steigern. Dass sich die im Rahmen des Studiendesigns vorgenommene Variation des pragmatischen Rahmens nicht in verbesserten Generalisierungsfähigkeiten niederschlug, könnte vor diesem Hintergrund auf die Art der Exposition im Rahmen der kontrastiven Trainingssitzung zurückzuführen sein. So geht aus früheren Forschungsarbeiten hervor, dass Kinder neu gelernte Farbwörter besser generalisieren können, wenn ihnen während der Lernsituation verschiedene Objekte mit einer Zielfarbe präsentiert werden, als wenn sie nur wenige Objektexemplare mit einer Zielfarbe betrachten (Thom und Sandhofer, 2009). Im Studiendesign der vorliegenden Arbeit lag der Fokus primär auf einer Variation spezifischer Handlungen innerhalb der laufenden Interaktion sowie in der räumlichen Anordnung der Items, während die Objekte, die jeweils eine Zielfarbe aufwiesen, invariant blieben und der Kontrast des Lernkontextes eine Variation der Objekte ausschloss. Es erscheint daher plausibel, dass eine Variation des pragmatischen Rahmens, die nicht nur die Variation bestimmter Handlungen innerhalb der Interaktionssequenz, sondern auch weitere variierende Parameter der Interaktion umfasst, zu einer besseren Generalisierbarkeit beigetragen hätte. Allerdings ist hinzuzufügen, dass der Grad der Kontrastierung auch durch eine stärkere Abweichung von der zuvor etablierten Handlungsstruktur hätte realisiert werden können - etwa in einer Kontrastierung der dialogischen Rolle <?page no="327"?> 7.2. Perspektiven auf die Gestaltung des pragmatischen Rahmens 327 des Kindes, in deren Rahmen das Kind die Interaktion in höherem Maße strukturiert und Handlungen gegenüber dem Interaktionspartner in der gleichen Weise ausführt, wie es sie zuvor erfahren hat (Carpenter, Tomasello und Striano, 2005; Rohlfing u. a., 2022). Erste Ansätze, wie dies im Rahmen einer Kind-Roboter- Interaktion umgesetzt werden kann, existieren bereits (Grimminger und Rohlfing, 2017). Übergeordnet verdeutlichen die Ergebnisse an dieser Stelle erneut, dass es weiterer Untersuchungen bedarf, die dezidiert vergleichend untersuchen, welche Formen der Kontrastierung für welche Formen der Generalisierung vorteilhaft sind. 7.2.3 Lernen in verschiedenen Rahmen - zur Rolle individueller Unterschiede Die Ergebnisse zur Rolle der individuellen sprachlichen Fähigkeiten der Kinder vor dem Hintergrund des pragmatischen Rahmens, in dem sie neue Wörter lernten, bestätigen bestehende Befunde, die darauf hindeuten, dass kontextuelle Rekurrenz dazu beitragen kann, Diskrepanzen in den Lernerfolgen zwischen Kindern mit geringeren und fortgeschritteneren sprachlichen Fähigkeiten zu verringern (Henderson und James, 2018; Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017; Karweit und Wasik, 1996). Diese Tendenz wurde in der vorliegenden Untersuchung prominent in den durchgeführten Gruppenvergleichen sichtbar und war sowohl bei der Einteilung hinsichtlich des expressiven Wortschatzes als auch bei der Gruppierung nach morphosyntaktischen Fähigkeiten erkennbar. Kinder mit fortgeschritteneren sprachlichen Fähigkeiten konnten die morphologisch komplexen Wörter nur dann langfristig auf einem höheren Niveau behalten, wenn die Exposition in einem variierenden pragmatischen Rahmen stattgefunden hatte. Ausgehend von diesem Befund liegen mehrere Überlegungen nahe: Schafft kontextuelle Rekurrenz Lernerfahrungen, die es Kindern mit geringeren sprachlichen Fähigkeiten ermöglichen, ein höheres Leistungsniveau zu erreichen, so <?page no="328"?> 328 Kapitel 7. Diskussion dass in der vorliegenden Untersuchung etwa keine signifikanten Unterschiede mehr zu Kindern mit fortgeschrittenen sprachlichen Fähigkeiten festgestellt werden konnten? Oder ist es möglich, dass die fehlenden Unterschiede darauf zurückzuführen sind, dass Kinder mit fortgeschritteneren sprachlichen Fähigkeiten unter Bedingungen ausschließlicher kontextueller Rekurrenz geringere Leistungen erbringen und nicht die Lernergebnisse erzielen, die sie bei der Erfahrung kontextueller Variabilität erzielt hätten? In diesem Zusammenhang erscheint es darüber hinaus denkbar, dass Kinder mit höheren sprachlichen Fähigkeiten bereits von der Variation des pragmatischen Rahmens in der dritten Sitzung profitieren konnten, während Kinder mit geringeren sprachlichen Fähigkeiten noch auf weitere Wiederholungen angewiesen waren, bevor sie von einem Kontrast hätten profitieren können. Für die Annahme, dass Kinder mit geringeren sprachlichen Fähigkeiten im Rahmen kontextueller Rekurrenz bessere Lernergebnisse erzielen, so dass die Unterschiede zu Kindern mit höheren sprachlichen Fähigkeiten verringert werden, spricht zunächst, dass kontextuelle Rekurrenz in Form einer wiederkehrenden und routinisierten Interaktionssequenz die Lernenden in die Lage versetzt, kommunikative Handlungen und kognitive Operationen in Abstimmung mit dem Interaktionspartner auszuführen und mit zunehmender Erfahrung Schritte innerhalb der Interaktion zu antizipieren, wodurch kognitive Verarbeitungsressourcen freigesetzt werden können, die für den Wortlernprozess zur Verfügung stehen (Rohlfing und Grimminger, 2019; Rohlfing u. a., 2016). Von diesen zusätzlichen Ressourcen könnten womöglich insbesondere Kinder mit einem geringeren sprachlichen Entwicklungsstand profitieren (Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017; Horst, 2013). Darüber hinaus zeigen einzelne Studien, dass Kinder mit geringeren sprachlichen Fähigkeiten, z.B. im Bereich des Wortschatzes, mit zunehmender Wiederholung eines interaktionalen Ereignisses eine stärkere Beteiligung an der Interaktion und ein wachsendes Verständnis der Situation entwickeln, während Kinder mit fortgeschritteneren sprachlichen Fähigkeiten <?page no="329"?> 7.2. Perspektiven auf die Gestaltung des pragmatischen Rahmens 329 ein gegenläufiges Muster zeigen können (Karweit und Wasik, 1996). Dies könnte dazu beitragen, dass Kinder mit einer geringeren Wissensbasis die Lücke zu ihren fortgeschritteneren Altersgenossen eher schließen könnten. Abgesehen von den Befunden von Karweit und Wasik (1996) muss allerdings eingeräumt werden, dass ebenso Kinder mit fortgeschritteneren sprachlichen Fähigkeiten von den positiven Effekten kontextueller Rekurrenz und einer routinisierten Interaktionssequenz profitieren sollten; vor dem Hintergrund des Matthäus-Effekts 1 möglicherweise sogar in ausgeprägterer Weise (Scarborough, Catts und Kamhi, 2005). Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit können dies jedoch nicht bestätigen und innerhalb der systematisch gestalteten kontextuellen Rekurrenz konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen von Kindern in Abhängigkeit von ihren sprachlichen Fähigkeiten festgestellt werden. Die alternative Möglichkeit, dass Kinder mit fortgeschritteneren sprachlichen Fähigkeiten bei ausschließlich erfahrener kontextueller Rekurrenz geringere Leistungen erbringen und nicht das Niveau an Lernergebnissen erreichen, das sie bei kontextueller Variabilität erreichen würden, kann jedoch durch Forschungsergebnisse gestützt werden, die darauf hindeuten, dass das Lernen in unterschiedlichen Kontexten stärker auf bereits vorhandenes Wissen rekurriert (Perry, Axelsson und Horst, 2016; Perry u. a., 2021). Anders ausgedrückt: Das Lernen neuer Wörter in variierenden Kontexten kann es Kindern erleichtern, reichhaltigere und vielfältigere Beziehungen zwischen dem Lerninhalt und bereits vorhandenem Wissen herzustellen - in diesem Zusammenhang profitieren aber vor allem Kinder mit einer breiteren Wissensbasis von kontextueller Variabilität, da sie über mehr Anknüpfungspunkte in ihrem Wissen verfügen 1 Der Matthäus-Effekt beschreibt ein beobachtetes Phänomen, wonach fortgeschrittene Ausgangsleistungen, etwa im Bereich der sprachlichen Entwicklung, häufig zu einem schnelleren Leistungszuwachs führen, während geringere Ausgangsleistungen eher mit geringeren oder verlangsamten Leistungszuwächsen einhergehen. Für eine weitere Auseinandersetzung empfiehlt sich etwa Penno, Wilkinson und Moore (2002). <?page no="330"?> 330 Kapitel 7. Diskussion (Lewis und Durrant, 2011; Henderson und James, 2018). Die erzielten Ergebnisse unterstützen diese Erklärungsmöglichkeit: Es ist eine auffallende Tendenz zu beobachten, dass die Gruppe der Kinder mit fortgeschritteneren sprachlichen Fähigkeiten in der Variationsbedingung höhere Lernergebnisse erzielte als die Gruppe der Kinder mit ebenfalls fortgeschritteneren sprachlichen Fähigkeiten in der Rekurrenzbedingung. Diese Tendenz zeigte sich am deutlichsten im unmittelbaren Posttest. Henderson und James (2018) weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Kinder mit fortgeschritteneren sprachlichen Fähigkeiten möglicherweise eher in der Lage sind, im Zuge der Konsolidierung ein reichhaltigeres semantisches Netzwerk in Bezug auf das neue Wort über die Erfahrung unterschiedlicher Kontexte hinweg aufzubauen, was einen langfristig robusteren Abruf begünstigen kann. In Bezug auf die Produktion morphologisch komplexer Wörter zeigen frühere Forschungsergebnisse zudem, dass Kinder mit einem breiteren lexikalischen Wissen häufiger Kompositionen aus dem ihnen zur Verfügung stehenden lexikalischen Material bilden und auch weniger Fehler bei der Produktion komplexer Wörter produzieren (Becker, 1994; Clark, 1981; Clark, 1993). Zusammengenommen bestätigen die diskutierten Befunde anschaulich, dass kontextuelle Variabilität und kontextuelle Rekurrenz in Abhängigkeit von den zugrunde liegenden sprachlichen Fähigkeiten der Kinder unterschiedlich vorteilhaft bzw. wirkungsmächtig sein können. Darüber hinaus verweisen die Ergebnisse auf einen Forschungsbedarf, in zukünftigen Studien die Effekte der Etablierung unterschiedlicher Intensitäten kontextueller Rekurrenz vor der Variation des pragmatischen Rahmens zu untersuchen, um besser zu verstehen, ab welchem Zeitpunkt auch Kinder mit geringeren sprachlichen Fähigkeiten von einem Kontrast profitieren können. Von Bedeutung ist ferner, dass zwar signifikante Unterschiede in der Retention zwischen den Gruppen mit unterschiedlichen sprachlichen Fähigkeiten <?page no="331"?> 7.2. Perspektiven auf die Gestaltung des pragmatischen Rahmens 331 nachgewiesen werden konnten, wenn das Wortlernen der Kinder in einen variierenden pragmatischen Rahmen eingebettet war, allerdings kein vergleichbares Muster in Bezug auf die Generalisierung festgestellt werden konnte. Konkret zeigte sich beim Transfer des Wortwissens auf neue Objekte, dass sowohl Kinder mit geringeren als auch Kinder mit fortgeschrittenen sprachlichen Fähigkeiten auf einem Niveau abschnitten, das sich nicht signifikant voneinander unterschied. Dies war unabhängig davon, ob sie in einem rekurrenten oder einem variierenden pragmatischen Rahmen gelernt hatten. Dieser Befund erscheint überraschend vor dem Hintergrund vorhandener Erkenntnisse, die nahelegen, dass insbesondere Kinder mit geringeren sprachlichen Fähigkeiten auf rekurrente und stabile Kontexte angewiesen sind, um Regularitäten innerhalb einer Interaktion zu erkennen und ihr Wissen generalisieren zu können (Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017). Dementsprechend wäre ein stärkerer Unterschied zwischen den Gruppen, die nach sprachlichen Fähigkeiten differenzierten, zumindest innerhalb des variierenden Rahmens zu erwarten gewesen. Unter Berücksichtigung des Ergebnisses, dass insgesamt jedoch ein starker positiver Zusammenhang zwischen den erzielten Retentionsleistungen und der Generalisierungsfähigkeit nachgewiesen werden konnte, lässt sich die Vermutung aufstellen, dass wenn ein neues Wort erst einmal stabiler aus dem Gedächtnis abgerufen werden konnte, die Kinder auch unabhängiger von individuellen Unterschieden in der sprachlichen Entwicklung in der Lage waren, ihr Wissen zu generalisieren - auch wenn sie variierende Kontextbedingungen erfahren hatten. In Anbetracht des Mangels an direkten Untersuchungen zur Retention und Generalisierung in der überwiegenden Mehrheit der bisher vorliegenden Studien, liefern die erzielten Ergebnisse aufschlussreiche Einblicke bezüglich der Retention und Generalisierung im Lichte individueller Unterschiede: Auf der einen Seite wird bestätigt, dass ein enger Zusammenhang zwischen Retention und Generalisierung besteht (Rohlfing, 2006). Auf der anderen Seite ergibt sich <?page no="332"?> 332 Kapitel 7. Diskussion die naheliegende Vermutung, dass sich individuelle Unterschiede in der sprachlichen Entwicklung vor allem auf die Retention auswirken und die Memorisierung neuer Wörter nachteilig beeinflussen können. Für die Generalisierung des Wissens könnten wiederum andere kognitive Operationen von entscheidenderer Bedeutung sein, die weniger von individuellen sprachlichen Fähigkeiten abhängig zu sein scheinen, wie etwa dem Wortschatz oder morphosyntaktischen Fähigkeiten. Die Ergebnisse der Studie fügen sich damit in die bisherige Forschungsliteratur ein, wonach geringere sprachliche Fähigkeiten den langfristigen Wortlernprozess zwar verzögern können, die zugrundeliegenden Prozesse und Mechanismen sich jedoch nicht qualitativ unterscheiden und - zumindest im Rahmen der gestalteten Lernbedingungen - Kinder mit geringeren individuellen sprachlichen Fähigkeiten nicht zwangsläufig in allen Aspekten des langfristigen Wortlernens hinter ihren Altersgenossen zurückbleiben (Kucker und Seidler, 2023; Hartley, Bird und Monaghan, 2019). Aufschlussreich erscheint schließlich das Ergebnis, dass in Bezug auf die AdHoc-Komposition im Vergleich zu den Retentionsleistungen ein genau entgegengesetztes Bild beobachtet werden konnte: Die nach sprachlichen Fähigkeiten differenzierenden Gruppen unterschieden sich signifikant in ihren Lernergebnissen, wenn die Kinder in einem rekurrenten pragmatischen Rahmen gelernt hatten, nicht aber, wenn sie einem variierenden pragmatischen Rahmen ausgesetzt gewesen waren. Interessanterweise zeigte sich im Hinblick auf diese Form der Generalisierungsfähigkeit, dass die Gruppe der Kinder mit fortgeschritteneren sprachlichen Fähigkeiten dieses Mal in der Rekurrenzbedingung tendenziell höhere Lernergebnisse erzielte als die Gruppe der Kinder mit fortgeschritteneren sprachlichen Fähigkeiten, die der Variationsbedingung zugeordnet worden war. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass für die Generalisierung und Anwendung des vermittelten komplexen Wortbildungsmusters der Komposition auch bei den Kindern mit bereits fortgeschrittenen sprachlichen Fähigkeiten ein höheres Maß an kontextueller <?page no="333"?> 7.2. Perspektiven auf die Gestaltung des pragmatischen Rahmens 333 Rekurrenz vorteilhaft war und sich eine zu frühe Variation des Kontextes nachteilig auswirkte. Die diesbezüglichen Ergebnisse erscheinen vor dem Hintergrund nachvollziehbar, dass die Bildung von Komposita für Kinder eine linguistisch facettenreiche und anspruchsvolle Aufgabe darstellt, die von einem Kind die Integration verschiedener Wissensbereiche erfordert (Berman, 2009; Nicoladis, 2007; Tsesmeli, 2017; Kuo und Anderson, 2006). In diesem Zusammenhang bestand die Anforderung nicht nur darin, spezifische strukturelle Merkmale der Wortbildung zu berücksichtigen, sondern auch gleichzeitig sprachliche Einheiten in Form von teilweise semantisch unbekannten Konstituenten manipulieren zu können. Gleichwohl zeigen die Ergebnisse vielversprechend, dass die teilnehmenden Kinder, wenn auch auf niedrigem Niveau, in der Lage waren, das Muster der Komposition aufzugreifen und strukturell komplexe Komposita zu produzieren, die ihnen im kommunikativen Austausch präsentiert wurden. Der Umstand, dass die beobachteten Lernergebnisse im Verlauf der Testungen jedoch auf einem Niveau blieben, deutet darauf hin, dass Vorschulkinder zwar in der Lage sind, das grundlegende Muster der Komposition kreativ zu nutzen (Berman, 2011; Nicoladis, 2007; Mellenius, 1997), die Lerntrajektorie bis zur sicheren Beherrschung dieses Wortbildungsverfahrens jedoch eine längerfristige Entwicklung erfordert (Clark, 2016). Zusammenfassend erweitern die gewonnenen Ergebnisse das Wissen über die Rolle von kontextueller Rekurrenz und Variabilität und weisen innovativ darauf hin, dass je nach Art des getesteten Wortwissen unterschiedliche Intensitäten von kontextueller Rekurrenz bzw. unterschiedliche Kombinationen von kontextueller Rekurrenz und Variabilität für den langfristigen Wortlernprozess vorteilhaft sein können. <?page no="334"?> 334 Kapitel 7. Diskussion 7.3 Diversität im referentiellen Verhalten Die qualitative Perspektive auf das referentielle Verhalten unterstrich die Prozessualität des Wortlernens, bei der zwischen dem Zeitpunkt, an dem ein Kind einem neuen Wort zum ersten Mal begegnet, und dem Zeitpunkt, an dem es dieses Wort sicher abrufen und auf verschiedene Kontexte übertragen kann, ein breites Spektrum an Verwendungsformen, Umschreibungen oder semantischen Substitutionen auftreten kann (Ard und Beverly, 2004; Chen und Yu, 2022; Masterson, Druks und Gallienne, 2008; McGregor u. a., 2002). In diesem Zusammenhang ergab die Analyse, dass zu keinem Testzeitpunkt und in keiner Lernbedingung der Anteil der Antworten, die vollständig korrekte Produktionen des Zielwortes darstellten, über 20 Prozent lag. Dennoch zeigten die teilnehmenden Kinder in dem entwickelten Testformat ein vielfältiges pragmatisches kooperatives und zugleich reichhaltiges kommunikatives Verhalten. Angesichts des geringen Anteils vollständiger Abrufe der vermittelten Zielwörter deuten frühere Arbeiten darauf hin, dass ein Kind umso häufiger auf alternative Wortformen oder Substitutionen zurückgreift, je fragiler das Wortwissen eines Zielwortes im Gedächtnis verankert ist (McGregor u. a., 2002). Insofern muss konstatiert werden, dass der hohe Anteil alternativer Antworten im beobachteten referentiellen Verhalten insgesamt darauf hinweist, dass der Aufbau einer robusten und elaborierten semantischen Repräsentation der morphologisch komplexen Wörter für die Kinder eine Herausforderung darstellte. Die qualitative Analyse erwies sich in diesem Zusammenhang als informativ, um die kindlichen Lerntrajektorien hin zu einem elaborierteren Wissen näher in den Blick zu nehmen und verschiedene Formen des referentiellen Verhaltens zu differenzieren, die auf diesem Weg zu beobachten sind. 2 2 Kritisch ist einzuräumen, dass im Rahmen der vorliegenden Studie die kindlichen Lerntrajektorie hin zu einem elaborierteren Wortwissen nur begrenzt erfasst werden kann. Der Prozess der <?page no="335"?> 7.3. Diversität im referentiellen Verhalten 335 Das mit Abstand am häufigsten beobachtete Verhalten bestand in der Verwendung eines Substituenten in Form eines simplizischen Wortes für das geforderte Zielwort. Es stellt sich die Frage, warum diese Form der semantischen Substitution im referentiellen Verhalten der Kinder so prominent vertreten war. Auf Basis der Forschungsliteratur lassen sich drei mögliche Antworten identifizieren. Erstens könnte eine Erklärung darin liegen, dass die pragmatischen Anforderungen innerhalb des Testformats für die Kinder teilweise nicht vollständig transparent waren und das Verständnis für die Produktion einer bestimmten morphologisch komplexen Form eines Farbwortes bzw. der zuvor im Training der Wörter verwendeten Form fehlte. In diesem Zusammenhang hätte eine intensivere Vertrautheit mit dem Testformat sowie eine deutlichere Markierung, dass ein morphologisch komplexes Wort in Form eines Kompositums gefordert war, die Transparenz der interaktionalen Anforderungen möglicherweise unterstützt. So wurde zwar zu Beginn des ersten Tests sichergestellt, ob das Kind verstanden hatte, dass es die Farbe des abgebildeten Objektes produzieren sollte, alternative Instruktionen hätten jedoch mitunter zu einer klareren Anforderung beigetragen. Hier wären unterstützende Strategien wie z.B. „Wie hieß diese Farbe nochmal, nicht lila, sondern... (granatpurpur)“ denkbar gewesen, die akzentuierter zum Ausdruck gebracht hätten, dass nicht nur eine simplizische Form, sondern ein morphologisch komplexes Wort gefordert war. Ob eine solche Form der Unterstützung Kinder eher dazu anregt, morphologisch komplexe Wortformen zu produzieren, müsste in weiteren Studien untersucht werden. Insgesamt scheint die diskutierte Erklärung jedoch nur dann zutreffen zu können, wenn die entsprechende Substitutionsstrategie von einem Kind durchgehend angewendet wurde, was allerdings selten beobachtet werden konnte. Wenn hingegen die schrittweisen Vervollständigung der semantischen Repräsentation eines Wortes nimmt Monate oder Jahre in Anspruch, wobei das Wortwissen durch verschiedene Interaktionserfahrungen verfeinert und präzisiert wird (Capone und McGregor, 2005; Rohlfing, 2013). <?page no="336"?> 336 Kapitel 7. Diskussion Substitution mittels eines simplizischen Zielwortes lediglich eine Form des referentiellen Antwortverhaltens darstellte und ein Kind bei anderen Zielwörtern etwa ein Zielwort vollständig produzierte, verliert diese mögliche Erklärung an Gewicht und es kann eher davon ausgegangen werden, dass die Anforderungen für das Kind transparent waren. Zweitens könnte die häufig beobachtete Substitutionsstrategie darauf zurückzuführen sein, dass ein Kind sich der Anforderung, ein bestimmtes morphologisch komplexes Wort zu produzieren, durchaus bewusst war, aber mangels erfolgreichen Abrufs des Zielwortes flexibel auf eine Substitution in Form eines simplizischen Wortes zurückgriff, um in der Interaktion pragmatisch adäquat zu handeln und dem Interaktionspartner zugleich eine funktional und semantisch naheliegende Antwort zu geben. So könnte ein Kind, das das Wort granatpurpur nicht abrufen konnte, in Ermangelung einer besseren Alternative ein semantisch nahes Wort wie lila zur Bezeichnung von granatpurpur verwenden, obwohl es wusste, dass lila eigentlich nicht granatpurpur ist. Ein solches Verhalten würde auch mit Forschungsergebnissen übereinstimmen, die auf ein ähnliches Muster beim Erwerb anderer Farbwörter hindeuten (Wagner, Jergens und Barner, 2018). Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass derartige alternative Produktionen (wie auch andere in der vorliegenden Arbeit beobachtete Formen der Substitution oder Paraphrasierung) zugleich die Fähigkeit widerspiegeln, Bedeutungsanteile in Bezug auf das Zielwort zu erkennen und im Rahmen der Antwort aufzugreifen (Masterson, Druks und Gallienne, 2008; McGregor u. a., 2002). Drittens verweisen bestehende Arbeiten darauf, dass Kinder im Rahmen ihrer lexikalischen Entwicklung morphologisch einfachere Formen gegenüber komplexeren Formen bevorzugen (Clark, 1981; Clark, 2004) und dass sie nach einem Prinzip der Konventionalität neue Wörter verwenden, die sie für konventionell halten, und nach einem Prinzip des Kontrasts Wörter verwenden, wenn <?page no="337"?> 7.3. Diversität im referentiellen Verhalten 337 sie der Ansicht sind, dass sich deren Bedeutung von der Bedeutung bereits erworbener Wörter unterscheidet, bzw. wenn das Wort in einem gegebenen Kontext genauer erfasst, was ein Kind kommunikativ ausdrücken möchte (Clark, 1981; Clark, 2016). Dies könnte dazu beigetragen haben, dass Kinder in der vorliegenden Untersuchung es zum Teil als adäquat empfanden, eine einfache Form zu verwenden bzw. etwa für granatpurpur das Wort lila zu verwenden. Vor dem Hintergrund des selektiven Lernens von Kindern (Opitz und Ruggeri, 2022) und den unbekannten sozialen Partnern, mit denen die Kinder interagierten, könnte sich der Effekt noch verstärkt haben, dass die vermittelten Fabwörter als unkonventionelle Formen angesehen wurden. Ein qualitativ differenziertes Verhalten, das sich ebenfalls als dominant herausstellte und nach der Substitution durch ein simplizisches bekanntes Wort am häufigsten auftrat, waren Auslassungen. Neben den bereits in der qualitativen Analyse diskutierten Überlegungen, dass Auslassungen möglicherweise auf fehlende Ressourcen zur Produktion von Substitutionen hinweisen oder Temperamentsmerkmale wie Schüchternheit eines Kindes eine Rolle spielen könnten, scheint eine ebenfalls bereits aufgeworfene Erklärungslinie (vgl. Kapitel 6.3.2) an frühere Befunde anknüpfen zu können. So konnte in der vorliegenden Arbeit das Verhaltensmuster herausgearbeitet werden, dass ein Kind entweder das Zielwort vollständig äußerte oder bei Wortabrufschwierigkeiten konsequent nicht antwortete, weil - so die Vermutung - das Kind eine Alternative jenseits des Zielwortes als unangemessene Antwortmöglichkeit ansah und es daher vorzog, weder eine Substitution zu äußern noch eine unvollständige Form des Zielwortes zu produzieren, obwohl es potentiell dazu in der Lage wäre. McGregor u. a. (2002) wiesen in einer Wortlernstudie mit Vorschulkindern in diesem Zusammenhang nach, dass don’t know -Antworten positiv mit dem semantischen Wissen der Kinder über die Zielwörter korrelierten, welches die Autorinnen in anderen Aufgaben (u.a. Mal- und Definitionsaufgaben) erfasst hatten. Die Autorinnen schlossen daraus, dass don’t know -Antworten auf eine Zögerlichkeit oder <?page no="338"?> 338 Kapitel 7. Diskussion Unsicherheit der Kinder zurückzuführen sind, aber nicht notwendigerweise auf ein geringes semantisches Wissen der Kinder in Bezug auf die gelernten Wörter. Dass in der vorliegenden Untersuchung bei der Betrachtung der Historie des Antwortverhaltens häufig Auslassungen in Kombination mit vollständigen Produktionen des Zielwortes beobachtet werden konnten, könnte einerseits darauf hindeuten, dass sich die Kinder der geforderten Wortform eindeutig bewusst waren, und andererseits darauf, dass sie sich möglicherweise ein umfassenderes Wissen angeeignet hatten, es aber aus Unsicherheit oder anderen Gründen vorzogen, keine Antwort zu geben. Schließlich bedarf es der Diskussion, aus welchen möglichen Gründen im referentiellen Verhalten der Kinder insgesamt relativ wenige Antworten erfolgreiche Kompositionen widerspiegelten. In diesem Zusammenhang erscheint es zweckdienlich, in Erinnerung zu rufen, welche Handlungen von einem Kind im Rahmen des Testformats insgesamt eingefordert wurden. So verlangte die durchgeführte Abfrage von den Kindern nicht nur den Abruf einer bestimmten vermittelten Wortform, sondern gleichzeitig auch eine adäquate situationsbedingte soziale Handlung gegenüber dem Interaktionspartner, die im Zusammenhang mit den bereits gemachten oder noch nicht gemachten Interaktionserfahrungen des Kindes zu sehen ist (Rohlfing, 2019, p. 242). Auch wenn die Kinder mit dem vorangegangenen pragmatischen Rahmen familiarisiert wurden, in welchem sie vielfach die Erfahrung machten, wie morphologisch komplexe Wörter in einer zielorientierten Interaktion benannt wurden, ist davon auszugehen, dass das Testformat, welches die Produktion morphologisch komplexer Wörter beinhaltete, für Kinder im Vorschulalter eher ungewohnt ist und auch im Alltag eines Kindes selten anzutreffen ist (Becker, 1994). Zwar orientierte sich der entwickelte Test an einem den Kindern vertrauten Format in Form einer gemeinsamen Bilderbuchbetrachtung, dennoch erscheint es plausibel, dass eine weitere Familiarisierung mit der sequentiellen Struktur und dem Aspekt <?page no="339"?> 7.4. Soziale Roboter als Partner für komplexes Sprachlernen 339 der Produktion morphologisch komplexer Wörter den Kindern weitere kognitive Ressourcen zur Verfügung gestellt hätte, um sprachlich kreativ Komposita zu bilden. 7.4 Soziale Roboter als Partner für komplexes Sprachlernen Auch wenn in der präsentierten Arbeit vorrangig ein sozialer Roboter eingesetzt wurde, um die Technologie als ein methodisches Instrument zu nutzen und ein systematisches Interaktionsdesign zu ermöglichen (vgl. Kapitel 3.3), bergen die gewonnenen Ergebnisse das Potential, die bestehende Forschung im Bereich der Kind-Roboter-Interaktion zu ergänzen, die sich auf die Unterstützung der sprachlichen Fähigkeiten von Kindern konzentriert. Eine der Fragen, die die aktuelle Forschung in diesem Bereich zu beantworten versucht, ist, wie das Dialogverhalten eines sozialen Roboters so gestaltet werden kann, dass es den kommunikativen Bedürfnissen von Kindern gerecht wird, und wie die Sprachentwicklung von Kindern mit sozialen Robotern unterstützt werden kann, indem sowohl komplexere Bereiche des Sprachlernens adressiert als auch langfristige Lerneffekte berücksichtigt werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit legen in diesem Zusammenhang nahe, dass soziale Roboter nicht nur in langfristigen Interaktionen eingesetzt werden können, um das Lernen von morphologisch komplexen Wörtern bei Kindern im Vorschulalter zu unterstützen, sondern dass auch ähnliche Lernerfolge beobachtet werden konnten, wenn Kinder entsprechend komplexe Wörter in einer vergleichbaren Interaktion mit einem menschlichen Interaktionspartner lernten. Darüber hinaus erweitern die ermittelten Ergebnisse den Bereich des robotergestützten Sprachlernens, indem sie Lernerfolge mit sozialen Robotern in Bezug auf verschiedene Prozesse des langfristigen Wortlernens nachweisen und sowohl darlegen, dass Vorschulkinder komplexe Wörter, die in der Interaktion <?page no="340"?> 340 Kapitel 7. Diskussion mit einem sozialen Roboter gelernt wurden, nicht nur über die Zeit behalten konnten, sondern das Wissen auch auf einem vergleichbaren Niveau generalisierten wie in einer Interaktion mit einem menschlichen Partner. Während die quantitative Analyse auf übergreifend vergleichbare Lernergebnisse hinwies, ergab die qualitative Untersuchung des referentiellen Verhaltens der Kinder aufschlussreiche Erkenntnisse, die auf Unterschiede im Verhalten der Kinder je nach sozialem Partner hindeuteten. Besonders prominent trat diesbezüglich in Erscheinung, dass Kinder, die morphologisch komplexe Wörter mit einem menschlichen Interaktionspartner gelernt hatten, in den anschließenden Testsituationen nur etwa halb so häufig auf Auslassungen in ihrem referentiellen Verhalten zurückgriffen. Frühere Arbeiten zeigen in diesem Zusammenhang, dass Kinder durchaus eine soziale Konformität gegenüber sozialen Robotern zeigen (Stower u. a., 2021; Vollmer u. a., 2018). Die vorliegenden Ergebnisse könnten jedoch darauf hindeuten, dass Kinder in einer Interaktion mit einem Roboter mitunter eher dazu neigen, es als adäquat zu erachten, dem Interaktionspartner keine Antwort zu geben. Die gefundenen Resultate liefern in dieser Hinsicht einen ersten Hinweis im Bereich des Sprachlernens mit sozialen Robotern, dass Kinder in ihrem referentiellen Verhalten im Vergleich zu einer Mensch-Mensch-Interaktion möglicherweise andere kommunikative Strategien wählen, obwohl das Ziel innerhalb der gemeinsamen Interaktion das gleiche ist. Während in der Mensch-Mensch-Interaktion weniger Auslassungen im referentiellen Verhalten zu verzeichnen waren, zeigte sich im Kontrast dazu, dass in Bezug auf die abgefragten Wörter deutlich häufiger auf Substitutionen ausgewichen wurde, als dies in der Kind-Roboter-Interaktion der Fall war. Dies könnte an die Vermutung anschließen, dass sich Kinder in der Interaktion mit einem menschlichen Partner eher dazu veranlasst sahen, selbst dann eine Antwort zu geben, wenn es sich nicht um die geforderte Wortform handelte (Waterman, Blades und Spencer, 2000). Weitere Untersuchungen sind jedoch notwendig, um andere Faktoren, wie z.B. die Schüchternheit des Kindes, zu berücksichtigen und <?page no="341"?> 7.5. Methodische Reflexionen und Limitationen 341 um die genauen Prozesse, die das referentielle Verhalten der Kinder in Abhängigkeit vom sozialen Partner beeinflussen, besser zu verstehen. Neben den ermittelten Lernergebnissen und dem beobachteten referentiellen Verhalten wurde in der vorliegenden Arbeit eine innovative Form des Dialogdesigns (vgl. Kapitel 5.2.6) eingeführt, die dezidiert aus Erkenntnissen der Entwicklungs- und Spracherwerbsforschung und vor dem Hintergrund der pragmatic frames abgeleitet wurde sowie im Zuge der Gestaltung des dialogischen Verhaltens des Roboters berücksichtigte, dass das Erlernen von Sprache eine grundsätzlich kollaborative, organisierte Leistung ist, zu der beide Interaktionspartner beitragen (Rohlfing u. a., 2016; Heller und Rohlfing, 2017; Bruner, 1983). In diesem Sinne präsentierte das Dialogdesign nicht nur eine zielorientierte multimodale Gestaltung der Interaktion, die sich an für Kinder vertrauten sequentiellen Handlungsstrukturen orientierte, sondern eröffnete auch Impulse im Feld der Kind-Roboter-Interaktion, wie sowohl Lernals auch Testsituationen mit einem sozialen Roboter realisiert werden können und zugleich die physische Präsenz des Roboters gezielt genutzt werden kann, indem sich dieser weniger statisch verhält, sondern im Raum bewegt - Elemente, die in bisherigen Ansätzen nur wenig berücksichtigt wurden (Neumann, 2020; Berghe u. a., 2019). Schließlich wäre es für künftige Arbeiten wertvoll, weitere Designs zu entwickeln, die sich mit anderen interaktiven Formaten befassen, z.B. mit Formaten, in denen ein Kind eine noch aktivere Rolle im Lernprozess einnimmt, und zu untersuchen, wie diese Formate dazu beitragen können, die unterschiedlichen Lernprozesse eines Kindes zu unterstützen (Rohlfing u. a., 2022). 7.5 Methodische Reflexionen und Limitationen In der durchgeführten Studie wurde ein Ansatz vorgestellt, der den pragmatischen Rahmen sowie die damit verbundenen Handlungssequenzen und Interaktionserfahrungen, in denen ein Kind einem neuen Wort begegnet, systematisch <?page no="342"?> 342 Kapitel 7. Diskussion und in holistischer Weise gestaltet. In diesem Zusammenhang soll im Folgenden die vorgenommene Gestaltung des pragmatischen Rahmens kritisch reflektiert und darüber hinaus Fragen diskutiert werden, die die Etablierung einer Routine sowie deren Kontrastierung thematisieren. Im weiteren Verlauf wird auf methodische Einschränkungen eingegangen, die sich im Rahmen der vorliegenden Studie ergeben und die bei der Interpretation und Bewertung der empirischen Ergebnisse zu berücksichtigen sind. 7.5.1 Zur Etablierung einer Routine und ihrer Kontrastierung - eine Reflexion des gestalteten pragmatischen Rahmens Die Konzeption des pragmatischen Rahmens zielte in der durchgeführten Untersuchung darauf ab, eine ko-konstruierte und sequentiell strukturierte Interaktion zwischen den Interaktionspartnern zu etablieren, in deren Rahmen eine Routine aufgebaut werden konnte, die zudem eine Grundlage für eine subsequente Variation des pragmatischen Rahmens bot. Die methodische Herausforderung bestand vor allem darin, ein zielorientiertes Miteinander zu entwickeln: Der Anspruch des entwickelten Ansatzes bestand darin, dass ein Kind seine sprachlichen Fähigkeiten erweitern und eine kommunikative Rolle einnehmen konnte, die neuen Wörter einem bestimmten Zweck in der Interaktion dienten und darüber hinaus die sequentielle Struktur der Interaktion eine multimodale Abfolge von Handlungsschritten enthielt. Zwei verschiedene pragmatische Rahmen wurden in diesem Zusammenhang entwickelt, die auf vertrauten Formaten und Aktivitäten für Kinder im Vorschulalter aufbauten (vgl. Kapitel 5.2.4). Vor diesem Hintergrund und den beobachteten Lernergebnissen sollen zwei zentrale Aspekte diskutiert werden, die die Charakteristika und Parameter der gestalteten pragmatischen Rahmen betreffen: (i) die Verknüpfung des Lerninhalts [= sechs morphologisch komplexe Wörter] mit dem Ziel des pragmatischen Rahmens und (ii) die sequentielle Struktur, die die Exposition eines Zielwortes umgab. <?page no="343"?> 7.5. Methodische Reflexionen und Limitationen 343 Im Hinblick auf ersteren Aspekt weisen Rohlfing u. a. (2016, p. 8) in ihrer Arbeit darauf hin, dass es für das Aufgreifen eines Lerninhalts (z.B. ein neues Wort) von Bedeutung ist, dass dieser innerhalb des pragmatischen Rahmens eine tragende Rolle für das Erreichen des Ziels spielt. Darüber hinaus ist es nach Rohlfing u. a. (2016, p. 8) relevant, dass der oder die Lernende in der Lage ist, den Lerninhalt entsprechend anwenden zu können (z.B. durch Auswahl eines benannten Objektes) (vgl. auch Kapitel 2.4.1). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass potentiell vielfältige Möglichkeiten existieren, inwieweit ein bestimmter Lerninhalt zu einem gemeinsam verfolgten Ziel innerhalb eines pragmatischen Rahmens beitragen kann bzw. in welcher Form sich eine Anwendung realisieren lässt. Für zukünftige Untersuchungen erscheint es daher aufschlussreich, kritisch zu reflektieren, inwieweit die in der vorliegenden Untersuchung verwendeten Lerninhalte mit dem Ziel des konzipierten pragmatischen Rahmens verknüpft waren. In der vorliegenden Untersuchung fokussierte das interaktionale Ereignis den kommunikativen Austausch über neue Farbwörter und die Exposition mit den Zielwörtern erfolgte im Rahmen eines klassischen labeling frame , der von einer Zeigegeste begleitet wurde und in welchem es darum ging, das genannte Wort mit der Farbe eines entsprechenden Objektes in Verbindung zu bringen. Die Rolle des Kindes innerhalb dieses Rahmens war es, dementsprechend der Geste zu folgen, den Referenten zu bestimmen und sich die Bezeichnung einzuprägen, um diese später abrufen zu können (Rohlfing u. a., 2016, p. 7). Obwohl insgesamt davon auszugehen ist, dass ein solcher labeling frame für Kinder im Vorschulalter vertraut ist, das Ziel transparent ist und ein solcher pragmatischer Rahmen bereits einen Konventionalisierungsprozess durchlaufen hat, ließe sich in diesem Zusammenhang kritisch anmerken, dass eine explizite Anwendung des Lerninhalts in diesem Rahmen den Kindern nicht zwingend abverlangt wurde, wie beispielsweise bei einer Auswahl eines quittengelben Objektes aus einer Reihe von Objekten. Mit anderen Worten: Im verwendeten Rahmen des labeling frame verlief die Interaktion zwischen den Partnern <?page no="344"?> 344 Kapitel 7. Diskussion auch dann erfolgreich, wenn sich ein Kind ein entsprechendes morphologisch komplexes Wort noch nicht vollständig einprägen konnte. Möglicherweise hätte jedoch eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem Lerninhalt zu verbesserten Lernergebnissen geführt. In der Tat sahen die ersten Konzeptionen des pragmatischen Rahmens vor, dass die Kinder nach der Benennung aufgefordert werden sollten, eine ihnen bekannte Entität mit der genannten Farbe zu nennen oder eine Auswahl aus einer Reihe von Objekten zu treffen. Eine solche Handlung hätte möglicherweise zwingend eine Form der Anwendung des Lerninhalts vorausgesetzt, um das Ziel innerhalb des pragmatischen Rahmens zu erreichen. In der vorliegenden Studie wurde jedoch letztlich bewusst auf eine solche zusätzliche Implementierung von Handlungsschritten verzichtet, da eine solche Handlung bereits eine kontrastive Auseinandersetzung mit dem Lerninhalt, d.h. eine substantielle Veränderung der pragmatischen Anforderungen innerhalb der Interaktion, dargestellt hätte. Retrospektiv stellt sich jedoch die Frage, ob eine (rekurrente) Kombination aus einer Benennung des Zielwortes und einer Form der Anwendung des Lerninhalts zu anderen Ergebnissen in den Lernleistungen geführt hätte. Dieser Aspekt tangiert eine zentrale, nicht abschließend beantwortete Frage der Theorie der pragmatic frames , nämlich inwieweit sich bestimmte pragmatische Rahmen zu größeren (lernförderlichen) strukturellen Einheiten zusammenfassen lassen (Bruner, 1983; Rohlfing u. a., 2016, p. 8). In diesem Zusammenhang besteht weiterer Forschungsbedarf, der systematisch die Effekte weiterer Formen der Anwendung eines Lerninhalts innerhalb eines pragmatischen Rahmens und Formen des Kontrasts zwischen verschiedenen Rahmen unter Berücksichtigung der individuellen Unterschiede der Kinder untersucht. <?page no="345"?> 7.5. Methodische Reflexionen und Limitationen 345 Ein weiterer Punkt, der an die bisher diskutierten Aspekte anknüpft, betrifft die sequentielle Struktur der Handlungen des Interaktionspartners, die die Exposition eines Zielwortes umgaben. Wie zuvor beschrieben, benannte der Interaktionspartner des Kindes im Rahmen einer zielorientierten Interaktion die Farbe der Objekte, ohne jedoch in dieser Phase der Sequenz - abgesehen von einer Zeigegeste und dem koordinierenden Blick - weitere Handlungen auszuführen oder weitere Informationen zum Zielwort zu geben. Dieser Umstand könnte es den Kindern erschwert haben, die neuen Wörter langfristig robust zu erlernen und das Wortwissen im Zuge der Konsolidierung elaboriert in ein semantisches Netzwerk zu integrieren (Rohlfing, 2019; Capone und McGregor, 2005; Mcgregor u. a., 2009). Die gewonnenen Ergebnisse zeigen diesbezüglich, dass keine signifikante Zunahme in den Retentionsleistungen mit fortschreitender Zeit im verspäteten Posttest beobachtet werden konnte. Vor diesem Hintergrund legen verschiedene Arbeiten nahe, dass zusätzliche Handlungen in Form von reichhaltigeren semantischen Informationen (Henderson, Weighall und Gaskell, 2013; Mcgregor u. a., 2009; Rohlfing, 2006) oder nonverbalen Handlungen (Horst und Samuelson, 2008) gewinnbringend sein können, um den Wortlernprozess langfristig zu unterstützen. Henderson, Weighall und Gaskell (2013) untersuchten in einer Studie, inwieweit Vorschul- und Grundschulkinder neue Wörter (z.B. Hippocampus ) lernen, wenn sie entweder begleitend eine kurze Definition präsentiert bekommen oder die neuen Wörter nur benannt werden. In einem verzögerten Test nach einer Woche war der Lernerfolg bei den Kindern, die zusätzliche Informationen erhalten hatten, signifikant höher. Ähnlich berichtet Rohlfing (2006) (siehe auch (Mcgregor u. a., 2009)), dass auch jüngere Kinder beim Wortlernen davon profitieren, wenn ein Zielwort semantisch reichhaltig präsentiert und von einem kontrastiven Begriff begleitet wird. Obwohl die in Wortlernstudien verwendeten Ansätze häufig darauf verzichten, zusätzliche Informationen zu einem Wort bereitzustellen, insbesondere <?page no="346"?> 346 Kapitel 7. Diskussion wenn Kinder mit Pseudowörtern konfrontiert werden, hätte eine Berücksichtigung zusätzlicher semantischer Informationen in der sequentiellen Struktur des pragmatischen Rahmens das langfristige Wortlernen unter Umständen begünstigt. Dieser Aspekt gewinnt noch an Bedeutung, wenn man die sequentiellen Strukturen und interaktiven Bedingungen betrachtet, unter denen Kinder auf natürliche Weise mit neuen Adjektiven konfrontiert werden. So etablieren Bezugspersonen bei der Einführung eines neuen Adjektivs häufig vergleichende oder kontrastive Kontexte, um die relationale Bedeutung eines Adjektivs hervorzuheben, z.B. indem sie verschiedene Entitäten in Bezug auf ihre Eigenschaften mit Hilfe verschiedener Adjektive gegenüberstellen (z.B. “You have a green sweater on but you have a white turtleneck on” , (Tare, Shatz und Gilbertson, 2008, p. 96)) (Thorpe und Fernald, 2006; Tribushinina u. a., 2014; Davies, Lingwood und Arunachalam, 2020; Kauschke und Klann-Delius, 2010). Schließlich ist die Gestaltung des pragmatischen Rahmens vor dem Hintergrund zu diskutieren, dass die konzipierte Etablierung einer Routine mit anschließender Variation des Rahmens insgesamt nicht zu den erwarteten höheren Wortlernerfolgen führte. Dies wirft die generelle Frage auf, unter welchen Bedingungen und zu welchem Zeitpunkt die Kinder von einer Variation des pragmatischen Rahmens profitiert hätten. In Anbetracht dessen, dass in der vorliegenden Untersuchung eine Kontrastierung bzw. Variation des pragmatischen Rahmens nach zwei rekurrenten Sitzungen stattfand, erscheinen zwei Annahmen denkbar. Zum einen kann spekuliert werden, dass es einer größeren Anzahl von rekurrenten Interaktionserfahrungen bedurft hätte, um eine elaboriertere Routinisierung aufzubauen, die es einem Kind in einer konsekutiven Variation besser ermöglicht hätte, übergreifende relationale Strukturen und Bezüge zu erkennen und die Möglichkeit eines Vergleichs zu eröffnen (Goldwater und Schalk, 2016; Ramscar u. a., 2010). Diesbezüglich lieferte die durchgeführte Untersuchung erste Ansatzpunkte, jedoch bleibt noch weitgehend unerforscht, <?page no="347"?> 7.5. Methodische Reflexionen und Limitationen 347 in welchen zeitlichen Verläufen Kinder in der Lage sind, eine wiederkehrende Handlungsstruktur zu erkennen und damit Handlungsverläufe vorhersehen und vergleichen zu können (Rohlfing u. a., 2016, p. 5). Zum anderen besteht die Möglichkeit, dass die einmalige Kontrastierung im Anschluss an die zwei rekurrenten Sitzungen nicht ausreichend war, um eine Flexibilisierung und Abstraktion des Wissens zu bewirken, und dass eine stärkere Kontrastierung im Zusammenhang mit der Variation des pragmatischen Rahmens notwendig gewesen wäre. Dieser Gedanke kann insofern untermauert werden, als in den Studien, die positive Effekte kontextueller Variabilität nachweisen, die teilnehmenden Kinder zum Teil mit einem hohen Maß an Variabilität konfrontiert werden, in dessen Zusammenhang sich beispielsweise die Person oder der Ort ändert (Goldenberg, Repetti und Sandhofer, 2022), die Objektexemplare variieren (Twomey, Ranson und Horst, 2014) oder der Hintergrund der Lernumgebung verändert wird (Tippenhauer und Saylor, 2019; Twomey, Ma und Westermann, 2018). In dieser Hinsicht sind sowohl die Form der Kontrastierung als auch die Anzahl der Gelegenheiten, bei denen die Kinder eine kontrastive interaktionale Erfahrung machen können, um von einer Variation zu profitieren, Aspekte, die in zukünftigen Studien weiter untersucht werden sollten. 7.5.2 Limitationen der untersuchten Stichprobe Während die vorliegende Arbeit erste Schritte unternommen hat, um kontextuelle Rekurrenz und Variabilität im Sinne des gesamten interaktionalen Ereignisses zu adressieren, in dem ein Kind einem neuen Wort begegnet, ist es wichtig anzuerkennen, dass die empirische Untersuchung mehreren Limitationen unterliegt, die bei der Betrachtung der Ergebnisse berücksichtigt werden müssen. Eine Limitation dieser Studie liegt in der relativ kleinen Stichprobengröße, die bei der Untersuchung berücksichtigt werden konnte. Insbesondere die Gruppenvergleiche, die die Rolle der individuellen Unterschiede der Kinder näher beleuchteten, basierten auf kleinen und ungleichen Gruppengrößen. In diesem <?page no="348"?> 348 Kapitel 7. Diskussion Zusammenhang ist jedoch darauf hinzuweisen, dass aktuelle methodologische Überlegungen darauf verweisen, dass die Durchführung von längsschnittlichen Designs mit kleinen Stichproben über mehrere Messzeitpunkte hinweg und die wiederholte Messung der zu erforschenden Variable über die Zeit die Reproduzierbarkeit und Robustheit einer Untersuchung mitunter sogar verbessern kann im Vergleich zu einer Untersuchung mit einer größeren Stichprobe, aber nur einem einzigen Untersuchungszeitpunkt (Smith und Little, 2018). In diesem Sinne ermöglichte der gewählte Ansatz einen differenzierten Blick auf die Entwicklung des Verhaltens der Kinder und ihren langfristigen Wortlernprozess im Lichte kontextueller Rekurrenz und Variabilität. Darüber hinaus wurden im Zuge der statistischen Analyse gezielt Verfahren eingesetzt, die parametrischen Verfahren überlegen sind, wenn die Voraussetzung der Normalverteilung nicht erfüllt ist (Finch, 2005) und die robust gegenüber kleinen Stichprobenumfängen, ungleichen Gruppen und Ausreißern in den Daten sind (Noguchi u. a., 2012). Ein Nachteil dieser Methoden besteht jedoch darin, dass sie eher konservativ sind und irrtümlicherweise die Nullhypothese annehmen können (Akritas, Arnold und Brunner, 1997; Noguchi u. a., 2012; Brunner und Munzel, 2013). Obwohl die Stichprobengröße mit früheren Arbeiten übereinstimmt, die ein ähnliches Paradigma verwendeten (z.B. (Mcgregor u. a., 2009)) sind die Ergebnisse vorsichtig zu interpretieren und es bedarf weiterer Untersuchungen, um die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zu verifizieren. Eine weitere Limitation betrifft die Repräsentativität der Ergebnisse, da die Stichprobe in Bezug auf das Geschlecht nicht vollständig ausgewogen war (vgl. auch Kapitel 5.1.5). Wie auch bereits in anderen Studien, in denen soziale Roboter zum Spracherwerb eingesetzt wurden (z.B. Vogt u. a. (2019)), konnten trotz umfangreicher Bemühungen im Rekrutierungsprozess weniger weibliche als männliche Versuchspersonen für die Untersuchung gewonnen werden; zudem betraf der Ausschluss von drei Kindern, die nicht an allen Erhebungszeitpunkten <?page no="349"?> 7.5. Methodische Reflexionen und Limitationen 349 teilnehmen konnten, ausschließlich weibliche Versuchspersonen. Vor dem Hintergrund, dass Forschungsarbeiten im Bereich des Sprachlernens zum Teil auf geschlechtsspezifische Unterschiede in den Lernleistungen hinweisen (Kaushanskaya, Gross und Buac, 2013; Tenenbaum, Ford und Alkhedairy, 2011), ist die Generalisierbarkeit der vorliegenden Ergebnisse eingeschränkt. Dennoch ist hervorzuheben, dass zum einen frühere Arbeiten zeigen, dass sich Geschlechterunterschiede bis zum Vorschulalter verringern (Fidalgo, Tenenbaum und Aznar, 2018) und zum anderen die Ergebnisse dieser Untersuchung keine signifikanten Unterschiede in den Lernergebnissen zwischen den Geschlechtern ergaben. Darüber hinaus ist anzumerken, dass eine weitere mögliche Limitation in dem verwendeten sozialen Roboter liegt. Ein anderer sozialer Roboter, z.B. ein zoomorpher oder weniger humanoider sozialer Roboter, hätte möglicherweise zu anderen Ergebnissen geführt (Neumann, 2020). Schließlich ist auf eine Einschränkung hinzuweisen, die den Untersuchungsgegenstand der kontextuellen Rekurrenz und kontextuellen Variabilität allgemeiner betrifft und insbesondere bei Längsschnittuntersuchungen, die über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden, zu berücksichtigen ist. So kann sich das Muster der erlebten kontextuellen Rekurrenz und Variabilität, wie es von einem Kind im Rahmen einer gestalteten Lernsituation wahrgenommen und erlebt wird, von dem Muster der kontextuellen Rekurrenz und Variabilität, wie es vom Forschenden systematisch kontrolliert und beobachtet wird, unterscheiden (Marton und Pang, 2013). Die zentrale Bedeutung der individuellen Erfahrungen und des Wissens eines Kindes über verschiedene interaktionale Kontexte und Situationen bzw. die Etablierung von Routinen, die dem Kind einen Erfahrungsschatz bieten und für die Interpretation einer laufenden Interaktion wesentlich sind, wurde in dieser Arbeit mehrfach betont. In diesem Zusammenhang ist zu vermuten, dass einerseits die Erfahrung von Variation in einem <?page no="350"?> 350 Kapitel 7. Diskussion spezifischen Kontext zentral von den bisherigen Erfahrungen eines Kindes beeinflusst wird und andererseits selbst eine erlebte, sich wiederholende interaktive Sequenz für manche Kinder einen deutlicheren Kontrast zu ihren bisherigen interaktiven Erfahrungen darstellt als wiederum für andere Kinder. Insofern besteht die Möglichkeit, dass die beobachtete Interaktionserfahrung eines Kindes nicht notwendigerweise mit der tatsächlich erlebten Interaktionserfahrung des Kindes übereinstimmt. In der vorliegenden Untersuchung orientierte sich die Gestaltung des pragmatischen Rahmens an Formaten, die Kindern im Vorschulalter vertraut sind, so dass wahrscheinlicher davon ausgegangen werden kann, dass sich die Interaktionserfahrung in Bezug auf die verwendeten Formate nicht wesentlich zwischen den Kindern unterschied. Dennoch wäre es ein lohnendes Forschungsfeld für zukünftige Studien im Bereich der kontextuellen Rekurrenz und Variabilität, verschiedene Formen der Variation und Kontrastierung vor dem Hintergrund individueller Interaktionserfahrungen zu untersuchen. 7.6 Conclusio und Ausblick Die empirische Studie, über die in dieser Arbeit berichtet wurde, explorierte den graduellen Prozess des Wortlernens von Kindern im Vorschulalter, indem der Einfluss von rekurrenten und variierenden Kontextbedingungen auf das morphologisch komplexe Wortlernen untersucht wurde, wobei die kontextuellen Bedingungen systematisch im Sinne der Theorie der pragmatic frames (Rohlfing u. a., 2016) operationalisiert wurden. Bisherige Untersuchungen, die eine Kombination von kontextueller Rekurrenz und Variabilität thematisierten, beschränkten sich in dieser Hinsicht vor allem auf die Art der Präsentation eines spezifischen Objektes, blendeten aber weitgehend aus, dass der graduelle Prozess des kindlichen Wortlernens in einen sozialen, kooperativen Austausch der <?page no="351"?> 7.6. Conclusio und Ausblick 351 Interaktionspartner - einen pragmatischen Rahmen - eingebettet ist. Vor diesem Hintergrund wurde in der vorliegenden Arbeit durch die Entwicklung eines innovativen methodischen Ansatzes versucht, nicht die Wirkung einzelner, fragmentierter Kontextelemente zu analysieren, sondern vielmehr den komplexen, längerfristigen, dynamischen und interaktiven Kontext ganzheitlicher zu fokussieren, der für die Erschließung der Bedeutung eines neuen Wortes für ein Kind von zentraler Bedeutung ist (Nelson, 2009b; Tomasello, 2008; Rohlfing u. a., 2016) und einen maßgeblichen Einfluss auf grundlegende Lern- und Gedächtnisprozesse hat (Ashworth u. a., 2014; Hupbach, Gomez und Nadel, 2011; Wojcik, 2013). Damit sollte in den Blick genommen werden, wie Kinder ihr erworbenes Wissen über erfahrene kommunikative Handlungen nutzen und welchen Einfluss die längerfristigen kontextuellen Bedingungen auf den Wortlernprozess haben, in dessen Rahmen ein zu lernendes Wort nicht nur ausgetauscht, sondern im Rahmen einer Handlung und eines gemeinsamen Interaktionsziels verwendet wird. Übergreifend zeigten die erhobenen Daten, dass die Kinder ein langfristiges Wortlernen der morphologisch komplexen Wörter sowohl in einem rekurrenten als auch in einem variierenden pragmatischen Rahmen demonstrierten. Auch wenn es nicht möglich ist, sichere Schlussfolgerungen auf Grundlage von Resultaten zu ziehen, die keine signifikanten Unterschiede in den Lernergebnissen zwischen den Lernbedingungen zeigten, erweitern die erzielten Ergebnisse das Verständnis des Einflusses unterschiedlicher kontextueller Bedingungen auf den langfristigen Wortlernprozess und legen nahe, dass möglicherweise eine umfangreichere Exposition mit den morphologisch komplexen Wörtern im rekurrenten Rahmen und/ oder eine kontrastreichere Variation des pragmatischen Rahmens gewinnbringend gewesen wäre. Diese Ergebnisse bieten somit eine Grundlage und einen Anreiz für zukünftige Arbeiten, diese Prozesse weiter zu untersuchen. Bemerkenswert ist, dass weitere vorgenommene Analysen belegten, dass rekurrente Kontextbedingungen Diskrepanzen beim Wortlernen <?page no="352"?> 352 Kapitel 7. Diskussion zwischen Kindern mit geringeren und fortgeschritteneren sprachlichen Fähigkeiten reduzieren können. Die Ergebnisse ergänzen die bisherige Forschungsliteratur in dieser Hinsicht und beleuchten den Aspekt mit Blick auf verschiedene Facetten des langfristigen Wortlernens: Kinder mit einer breiteren Wissensbasis hinsichtlich des expressiven Wortschatzes und morphosyntaktischer Fähigkeiten zeigten signifikant höhere Retentionsleistungen, wenn sie morphologisch komplexe Wörter in einem variierenden pragmatischen Rahmen gelernt hatten. In Übereinstimmung mit früheren Forschungsergebnissen (Henderson und James, 2018; Rohlfing, Ceurremans und Horst, 2017) deutet dies darauf hin, dass bei Kindern mit geringeren sprachlichen Fähigkeiten rekurrente Kontextbedingungen dazu beitragen können, Unterschiede in den Lernergebnissen zu Kindern mit fortgeschrittenen sprachlichen Fähigkeiten zu verringern. Auch wenn übergreifend bestätigt werden konnte, dass langfristige Wortlernprozesse in Bezug auf die Retention und Generalisierung eng miteinander zusammenhängen - die Leistung bei einer Aufgabe korrelierte mit der Leistung bei der anderen Aufgabe - führte die nuancierte Adressierung unterschiedlicher Formen der Generalisierung unter Berücksichtigung individueller Unterschiede und der kontextuellen Bedingungen zu weiteren Erkenntnissen. Hinsichtlich des Transfers des Wortwissens auf neue Objekte konnten keine Unterschiede zwischen den nach sprachlichen Fähigkeiten differenzierten Gruppen nachgewiesen werden - weder in Bezug auf das Wortlernen in einem rekurrenten pragmatischen Rahmen noch in Bezug auf den pragmatischen Rahmen, der variiert wurde. Im Kontrast zeigten die Ergebnisse hinsichtlich der Generalisierungsfähigkeit der AdHoc-Komposition überraschenderweise, dass Kinder mit fortgeschritteneren sprachlichen Fähigkeiten die Kinder mit geringeren sprachlichen Fähigkeiten nur dann übertrafen, wenn sie in einem rekurrenten Rahmen gelernt hatten, nicht aber, wenn sie einem variierenden pragmatischen Rahmen ausgesetzt waren. Die gewonnenen Ergebnisse weisen somit auf unterschiedliche beobachtete Wirkungsweisen von kontextueller Rekurrenz und Variabilität hin, die nicht nur <?page no="353"?> 7.6. Conclusio und Ausblick 353 in Abhängigkeit von individuellen Unterschieden der Kinder, sondern auch vor dem Hintergrund des getesteten Wissens zu berücksichtigen sind. Mit besonderem Fokus auf die Rolle der morphologischen Komplexität und der semantischen Opazität ergaben die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit darüber hinaus systematische Einblicke in den Lernprozess komplexer Wörter und zeigten, dass eine partielle Transparenz innerhalb eines zu lernenden Wortes eine Brücke zu langfristig höheren Lernergebnissen darstellen kann. Schließlich lieferte eine qualitative Betrachtung weitere Einsichten in individuelle Lernverläufe und -trajektorien, die weniger auf Unterschiede im referentiellen Verhalten in Abhängigkeit vom pragmatischen Rahmen, in dem die Kinder neue Wörter lernten, hindeuteten, aber auf deren Basis nicht nur spezifische individuelle Verhaltensmuster herausgearbeitet werden konnten, sondern auch Unterschiede identifiziert wurden, die je nach sozialem Partner (sozialer Roboter vs. Mensch) auftraten. Zusammenfassend ergeben sich aus der vorliegenden Forschungsarbeit vielfältige Möglichkeiten, an die gewonnenen Ergebnisse anzuschließen. Diese Arbeit konzentrierte sich auf eine bestimmte Altersgruppe von Kindern im Alter von 4 bis 5 Jahren und auf ein spezifisches Design der kontextuellen Rekurrenz und Variabilität. Es besteht ein Bedarf an zukünftigen Untersuchungen, die verschiedene Arten und Ausmaße der kontextuellen Rekurrenz und Variabilität experimentell etablieren und erforschen, welche Kombination der kontextuellen Gegebenheiten vorteilhaft ist. Weitere Einsichten in den graduellen Wortlernprozess zu erzielen, bedeutet, in Zukunft ein besseres Verständnis dafür zu erlangen, wie die erfahrenen kontextuellen Bedingungen, die vorhandenen sprachlichen Fähigkeiten, das Wissen über interaktionale Regularitäten, die Art der Testung, die zeitliche Verzögerung zwischen Exposition und Abruf und gegebenenfalls die Art des sozialen Partners zusammenspielen und den kindlichen <?page no="354"?> 354 Kapitel 7. Diskussion Wortlernprozess beeinflussen. Dies ist fraglos eine komplexe und anspruchsvolle Forschungsaufgabe, doch weitere Untersuchungen, die sich mit diesen Faktoren befassen, bergen das Potential, nicht nur zukünftige Implementierungen von Technologien in pädagogischen Settings zu informieren, sondern auch ein tieferes Verständnis des Wortlernprozesses und der möglichen Mechanismen und Ursachen individueller Unterschiede im Lernprozess zu erlangen. <?page no="355"?> Literatur Ackermann, Lena Kristin (2023). „Bagger or Bär? The influence of individual interests on early word learning“. Diss. Göttingen: Georg-August-Universität Göttingen. 193 S. Acredolo, Linda und Susan Goodwyn (Apr. 1988). „Symbolic gesturing in normal infants“. In: Child Development 59.2, S. 450. issn: 00093920. doi: 10 . 2307 / 1130324. Ahmad, Muneeb Imtiaz, Omar Mubin und Joanne Orlando (9. Nov. 2016a). „Effect of different adaptations by a robot on children’s long-term engagement: An exploratory study“. 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Rekurrenzbedingung Variationsbedingung AWST-R durschnittlich AWST-R überdurschnittlich AWST-R durschnittlich AWST-R überdurschnittlich Mdn (IQR) Mdn (IQR) Mdn (IQR) Mdn (IQR) Retention (T1) 6.00 (0.00) 6.00 (0.75) 5.00 (1.00) 5.00 (0.00) Transfer unbekanntes Obj. (T1) 1.50 (1.00) 1.50 (1.00) 2.00 (1.00) 1.00 (1.00) Retention (T2) 6.00 (0.00) 6.00 (0.75) 6.00 (1.00) 5.00 (1.00) Transfer unbekanntes Obj. (T2) 2.00 (0.75) 2.00 (0.00) 2.00 (0.00) 2.00 (0.00) Anmerkung: Mdn (IQR) = Median (Interquartilsabstand) . T1 = unmittelbarer Posttest, T2 = verspäteter Posttest. Max. Punktzahl Retention: 6; max. Punktzahl Transfer unb. Objekt: 2. <?page no="421"?> Anhang A. Ergänzende Tabellen 421 Tabelle A.2: Rezeptive Retentions- und Generalisierungsleistungen nach SETK 3-5- Morphologiegruppen innerhalb der Lernbedingungen über die Testzeitpunkte. Rekurrenzbedingung Variationsbedingung SETK 3-5 Morph. unterdurchschnittlich SETK 3-5 Morph. durchschnittlich SETK 3-5 Morph. unterdurchschnittlich SETK 3-5 Morph. durchschnittlich Mdn (IQR) Mdn (IQR) Mdn (IQR) Mdn (IQR) Retention (T1) 6.00 (0.00) 6.00 (0.25) 5.00 (0.50) 5.50 (1.00) Transfer unbekanntes Obj. (T1) 1.50 (1.00) 1.50 (1.00) 2.00 (1.00) 1.50 (1.00) Retention (T2) 6.00 (0.00) 6.00 (1.25) 5.50 (1.00) 6.00 (0.75) Transfer unbekanntes Obj. (T2) 2.00 (0.00) 2.00 (1.00) 2.00 (0.25) 2.00 (0.00) Anmerkung: Mdn (IQR) = Median (Interquartilsabstand) . T1 = unmittelbarer Posttest, T2 = verspäteter Posttest. Max. Punktzahl Retention: 6; max. Punktzahl Transfer unb. Objekt: 2. <?page no="422"?> 422 Anhang A. Ergänzende Tabellen Tabelle A.3: Korrelationen (Spearmans Rho, r ) und entsprechende Signifikanzniveaus ( p ) zwischen den individuellen sprachlichen Fähigkeiten und den rezeptiven Retentionsleistungen im unmittelbaren und verspäteten Posttest differenziert nach Lernbedingungen. Retention T1 T2 Var. Wortschatz r = .02, p = .92 r = -.19, p = .51 Rek Wortschatz r = -.31, p = .28 r = .11, p = .70 Var. Mensch Wortschatz r = .03, p = .93 r = .23, p = .53 Var. Morph. r = .44, p = .10 r = .25, p = .37 Rek Morph. r = -.30, p = .29 r = -.32, p = .25 Var. Mensch Morph. r = -.29, p = .43 r = -.09, p = .81 Anmerkung: T1 = unmittelbarer Posttest, T2 = verspäteter Posttest, Rek = Rekurrenzbedingung, Var = Variationsbedingung, Var Mensch = Variationsbedingung Mensch. Signifikante Korrelationen sind fett markiert. <?page no="423"?> Anhang A. Ergänzende Tabellen 423 Tabelle A.4: Korrelationen (Spearmans Rho, r ) und entsprechende Signifikanzniveaus ( p ) zwischen den individuellen sprachlichen Fähigkeiten und den rezeptiven Generalisierungsleistungen im unmittelbaren und verspäteten Posttest differenziert nach Lernbedingungen. Generalisierung ( Transfer unb. Obj. ) T1 T2 Var. Wortschatz r = -.14, p = .62 r = .12, p = .66 Rek Wortschatz r = -.16, p = .58 r = .23, p = .41 Var. Mensch Wortschatz r = -.42, p = .24 r = -.42, p = .24 Var. Morph. r = .05, p = .85 r = .35, p = .21 Rek Morph. r = .00, p = 1.00 r = -.31, p = .27 Var. Mensch Morph. r = -.55, p = .11 r = -.55, p = .11 Anmerkung: T1 = unmittelbarer Posttest, T2 = verspäteter Posttest, Rek = Rekurrenzbedingung, Var = Variationsbedingung, Var Mensch = Variationsbedingung Mensch. Signifikante Korrelationen sind fett markiert. <?page no="425"?> Anhang B Stichprobenbeschreibung getrennt nach Bedingung <?page no="426"?> 426 Anhang B. Stichprobenbeschreibung getrennt nach Bedingung Tabelle B.1: Charakteristika der Stichprobe nach Bedingung Unabhängige Variable Experimentalgruppe Variation prag. Rahmen, Kind-Roboter-Int. Kontrollgruppe I Rekurrenz prag. Rahmen, Kind-Roboter-Int. Kontrollgruppe II Variation prag. Rahmen, Mensch-Mensch-Int. ( n = 14) ( n = 14) ( n = 9) M (SD) M (SD) M (SD) Alter in Monaten 62.3 (4.7) 57.3 (5.5) 55.8 (8.6) Expressiver Wortschatz 56.7 (8.7) 57.6 (14) 55.1 (3.5) Satzverständnis 51.4 (8.7) 51.1 (8.7) 53.9 (4.8) Morph. Regelbildung 43 (8.7) 46 (9.2) 47.3 (6.5) Geschlecht weiblich 6 (43%) 5 (36%) 2 (22%) männlich 8 (57%) 9 (64%) 7 (78%) Bildungsniveau der Mutter Hauptschulabschluss 0% 0% 0% Realschulabschluss 0% 7% 0% Abitur/ Fachabitur 14% 29% 33% Fachhochschulabschluss 29% 0% 33% Hochschulabschluss 43% 43% 22% Promotion 14% 21% 11% Bildungsniveau des Vaters Hauptschulabschluss 7% 0% 0% Realschulabschluss 7% 14% 0% Abitur/ Fachabitur 7% 21% 33% Fachhochschulabschluss 36% 14% 11% Hochschulabschluss 36% 50% 44% Promotion 7% 0% 0% Quadratmeterzahl der Wohnfläche 128.4 (36.1) 138.6 (35.2) 141.3 (54.7) Anzahl der Geschwister 1.14 (0.37) 1.35 (0.59) 1.33 (0.47) Anmerkungen: M (SD) = Mittelwerte (Standardabweichung) ; n = Anzahl der teilnehmenden Kinder. Die in den Testverfahren ermittelten T-Werte werden berichtet. <?page no="427"?> Anhang C Testitems <?page no="428"?> 428 Anhang C. Testitems Abbildung C.1: Items zur Überprüfung der produktiven Fähigkeiten. <?page no="429"?> Anhang C. Testitems 429 Abbildung C.2: Items zur Überprüfung der rezeptiven Fähigkeiten. <?page no="431"?> Register Abruf, 76 AdHoc-Komposition, 246 Adjektiverwerb, 112, 113 Assoziatives Wortlernen, 44 ATS - Anova type statistic, 222 Ausschließlichkeitsprinzip, 31 Bedingte Wahrscheinlichkeiten, 301 Constraints, 31 Cross-situational learning, 46 Dekontextualisierung, 103 Deskriptive Statistik, 232 Determinativkomposita, 124 Dialogdesign, 176, 180, 182, 184, 187, 197, 200, 204 Einschränkende Prinzipien, 31 Emergent Coalition Model, 50 Enkodierung, 74 Familiarisierung, 111 Fast mapping, 70 Flexibilisierung, 103 Fugenelemente, 124 Gedächtnis, 74 Generalisierung, 241, 325 Individuelle Unterschiede, 327 Interaktionismus, 53 Interaktionshistorie, 63 Interaktionsprotokolle, 63 Joint attention, 39 Kind-Roboter-Interaktion, 144 Kommunikative Jobs, 54 Komplexe Wörter, 112, 122 Komposita, 123 Konsolidierung, 75 Kontext, 22 Kontrast, 118 Konventionalisierungsprozess, 343 Kopulativkomposita, 124 <?page no="432"?> 432 Register Korrelationsanalyse, 265 Kreativität, 134, 334 Langfristiges Wortlernen, 72 Lexikalische Lücken, 134 Limitationen, 347 Metasprachliches Wissen, 126 Morphologischen Transparenz, 127 Multidimensionales Bewertungsschema des Wortlernens, 216 Multimodalität, 197 Oberflächenbedeutung, 59 Oberflächensyntax, 60 Opake Komposita, 128 Operationalisierung eines pragmatischen Rahmens, 182 Pilotierung, 175 Pragmatik, 38 Pragmatische Versatilität, 114 Pragmatischer Rahmen, 57 Probabilistische Betrachtung, 298 Prosodie, 61 Prozesshaftigkeit, 66 Qualitative Analyse, 224, 274 Quantitative Analyse, 213 Referent selection trials, 68 Referenz, 27, 35, 38, 53, 56 Rekrutierung, 165 Rekurrenz, 79, 87 Reliabilität, 220 Retrieval, 76 Roboter, 139 Schlaf, 88 Schnelles Wortlernen, 70 Schüchternheit, 341 Semantische Spezifizierung, 116 Semantische Transparenz, 127 Sequentialität, 199 Slow mapping, 72 Soziale Roboter, 139, 142, 339 Sozioökonomischer Status, 167 Sprachmaße, 169 Stichprobe, 164 Stimilusmaterial, 206 Substitutionsstrategien, 336 Taxonomieprinzip, 32 Tiefensyntax, 61 Variabilität, 79, 93 Whole object assumption, 32 Wortbildung, 125 <?page no="433"?> Literacy im Elementar- und Primarbereich Forschungsbeiträge zu Literalität & Literarität Herausgegeben von Iris Kruse, Christiane Miosga, Katharina J. Rohlfing und Elvira Topalovi´c Die Reihe Literacy im Elementar- und Primarbereich (LiEP) ist ein Forum für Forschungsarbeiten im deutschsprachigen Raum, die eine sensible und kritische Phase des Literacy-Erwerbs in den Blick nehmen. Die Reihe geht von einem weiten Literacy-Begriff aus, der der Erforschung von Sprachbildungsprozessen in der inklusiven, mehrsprachigen Gesellschaft im digitalen Wandel angemessen ist. Dem entspricht ein Wissenschaftsverständnis, das unterschiedliche theoretische wie empirische Studien ermöglicht. Alle Bände der Reihe durchlaufen ein Peer-Review- Verfahren. Sie richten sich an Forschende, Lehrende und Studierende sowie an Erzieher: innen und Lehrkräfte in Bildungsinstitutionen wie Kita und Schule. Bisher sind erschienen: 1 Laura Drepper Ebenen des Narrativen in Bildimpulsen und Erzähltexten Eine empirische Studie über Wirkungspotentiale von Bildern auf schriftliche Erzählfähigkeiten in der Grundschule 2022, 405 Seiten €[D] 78,- ISBN 978-3-7720-8784-4 2 Kristina Strozyk Pretend Reading: Vorschulkinder „lesen vor“ Implizites Textwissen und Textproduktion am Ende des Kindergartenalters 2023, 605 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-7720-8791-2 3 Nils Frederik Tolksdorf Wortlernen mit sozialen Robotern Der Einfluss einer systematischen Variation des pragmatischen Rahmens auf das langfristige Lernen morphologisch komplexer Wörter von Vorschulkindern 2024, 432 Seiten €[D] 98,- ISBN 978-3-381-11451-1 <?page no="434"?> ISBN 978-3-381-11451-1 Die Forschung zum kindlichen Wortlernen hat in den letzten Jahren aufgezeigt, dass der Erwerb eines neuen Wortes durch Prozessualität gekennzeichnet ist. Ein aktuelles Forschungsinteresse richtet sich in diesem Zusammenhang auf die Frage, inwieweit die längerfristigen kontextuellen Gegebenheiten diesen Lernprozess beeinflussen und ob der Erwerbsprozess durch stabile kontextuelle Bedingungen oder durch kontextuelle Variabilität begünstigt wird. Während sich bisherige Arbeiten in dieser Hinsicht vornehmlich auf isolierte Kontextfaktoren konzentrierten, rückt dieser Band die rahmende soziale Handlung und die beteiligten interaktiven Prozesse in den Mittelpunkt. Er zielt darauf ab, die Auswirkungen langfristiger Kontextbedingungen auf das Wortlernen von Vorschulkindern mit sozialen Robotern und menschlichen Interaktionspartnern systematisch zu untersuchen.