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Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuch

Band 2: Flurnamen D–J

1218
2024
978-3-3811-1612-6
978-3-3811-1611-9
A. Francke Verlag 
Iwar Werlen
10.24053/9783381116126
CC BY-SA 4.0https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de

Das Besondere an den Oberwalliser Orts- und Flurnamen ist ihr relativ spätes Auftreten. Während die deutsche Schweiz im Wesentlichen seit dem 5. Jahrhundert langsam alemannisiert wurde, war das Oberwallis noch eine gallo-romanische Sprachlandschaft, in der es kaum Spuren des Alemannischen gab. Die früheste alemannische Besiedlung scheint im 9. Jahrhundert geschehen zu sein. Das "Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuch" erschließt den Bestand der alemannischen Oberwalliser Namen sprachhistorisch und sprachgeographisch. Es schließt somit eine Lücke zwischen dem schon vollendeten "Urner Namenbuch" und dem im Erscheinen begriffenen "Berner Namenbuch", die das Oberwallis zwar berührten, aber seinen Namenschatz weitgehend ungedeutet ließen. Die verzeichneten Orts- und Flurnamen wurden in den Siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts erhoben. Sie stammen aus dem agrarischen, alpinistischen und touristischen Bereich, seltener handelt es sich auch um Namen von Straßen und Plätzen. Die Hauptlemmata der Orts- und Flurnamen werde in den Bänden ausführlich dargestellt, etymologisch kommentiert und geografisch verortet. Sie führen als Grundwörter, Bestimmungswörter, in ihrer flektierten und unflektierten Form und begleitet von Adjektiven zur Deutung der Orts- und Flurnamen. Ergänzt wird die Darstellung der Hauptlemmata durch eine Datenbank, die umfangreiche Informationen zu den Lemmata bietet (Belege, geographische Angaben, Kartenangaben etc.). Es entsteht auf diese Art und Weise ein umfassendes Bild der Orts- und Flurnamen des Oberwallis

<?page no="0"?> Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuch (VSNB) Iwar Werlen (Hrsg.) Bd. 2: Flurnamen D-J D-J <?page no="1"?> Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuch (VSNB) Band 2: Flurnamen D - J Herausgegeben von Iwar Werlen unter Mitarbeit von Anne-Lore Bregy, René Pfammater und Gabriele Schmid und Valentin Abgottspon, Claude Beauge, Werner Bellwald, Milda Christen, Martin Clausen, Gabriela Fuchs, Dominique Knuchel, Gisèle Pannatier und Stefan Würth sowie mit zwei Beiträgen von Philipp Kalbermatter <?page no="2"?> Umschlagabbildung: Bearbeitete Version der Abbildung „ Gemeinden des Kantons Wallis “ von Tschubby (https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Kanton_Wallis#/ media/ Datei: Karte_Gemeinden_des_ Kantons_Wallis_farbig_2021.png), CC BY-SA 4.0 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. Publiziert mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Das Gesamtprojekt des Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuchs wurde gefördert durch die Walliser Delegation der Loterie Romande, im Kanton Wallis durch das Erziehungsdepartement und die Dienststellen für Kultur und Hochschulwesen, die Stadtgemeinde Brig sowie anonyme Spender. Prof. em. Dr. Iwar Werlen Wangenhubelstrasse 5 3173 Oberwangen bei Bern SCHWEIZ DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783381116126 © 2024 · Iwar Werlen Das Werk ist eine Open Access-Publikation. Es wird unter der Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen | CC BY-SA 4.0 (https: / / creativecommons.org/ licenses/ by-sa/ 4.0/ ) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, solange Sie die/ den ursprünglichen Autor/ innen und die Quelle ordentlich nennen, einen Link zur Creative Commons-Lizenz anfügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Werk enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der am Material vermerkten Legende nichts anderes ergibt. In diesen Fällen ist für die oben genannten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. 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KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Satz: typoscript GmbH, Walddorfhäslach Druck: Elanders Waiblingen GmbH ISBN 978-3-381-11611-9 (Print) ISBN 978-3-381-11612-6 (ePDF) ISBN 978-3-381-11613-3 (ePub) Bestellbar im Bundle mit den Bänden 1 bis 4 unter ISBN 978-3-381-10831-2. <?page no="3"?> Inhalt D (siehe auch T) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 E . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 F (siehe auch V) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 G (siehe auch C und K) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 H . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 I (siehe auch J) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529 J (siehe auch I) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 543 Verbunden mit dieser Publikation ist eine Datenbank der einzelnen Orts- und Flurnamen. Zusätzlich sind darin die folgenden Informationen hinterlegt: Gemeinde, Kennzahl, Umschrift des jeweiligen Namens, Kartenangaben, geographische Höhe und geographische Länge und Breite, Hauptlemma und Lemma, zusätzliche Angaben; dazu kommen geographische Lage und Höhe, Beschreibung, lebende Belege und historische Angaben mit der Jahreszahl und einem Zitat mit den historischen Belegen der Namen. Das alles ist natürlich nur vorhanden, wenn die Namen lebend sind; wenn nur historische Belege vorhanden sind, werden nur sie dargestellt. Die Installations- und Systemdateien für die Datenbank können Sie unter diesem Link herunterladen: https: / / files.narr.digital/ 9783381108312/ Datenbank.zip. <?page no="5"?> D (siehe auch T) Daalu Daalu ‘ Dala ’ f. ist der Bach, der von Leukerbad nach Leuk in den Rotten fliesst und dabei im unteren Teil eine tiefe Schlucht bildet. Das Simplex ist in di Daalu (Leuk), zer Daalu (Albinen FLNK Dala; Varen), Dalu (FLNK, Leukerbad; SK u. LT Dala), in Dala (1512 u. später, Inden) belegt. J ACCARD (1906, 128) setzt den Namen zu den Daliterni ‘ Einwohner der Umgebung der Dala ’ und vermutet keltischen Ursprung, ohne weitere Deutung. Historisch erscheint der Name als Dala (1381 Leuk; 1416 und 1417 Dale (Genitiv)). Weitere historische Belege zeigen durchwegs Dala, häufig auch als lat. Form dekliniert. Das Gebiet weist frpr. Namen auf, eigentlich deutsche Namen sind erst spät (16./ 17. Jahrhundert) belegt. G PSR (5, 5 s. v. dalle ‘ Steinplatte ’ ) kennt den Namen als Flussnamen im waadtländischen Teil des Rottens. Allerdings bringt FEW (23, 23 s. v. dalle) keine Deutung. Deswegen bleibt der Name unsicher, ist aber mit Sicherheit vordeutsch. Ursprünglich lateinische oder frpr. Konstruktionen enthalten: Golam de Dala (1355, Leuk; später Gulam), hier wohl ‘ Schlucht ’ , lo Boiz de Dala (1328, auch Beiz), wohl ‘ Dalawald ’ , Pra de Dala ‘ die Wiese bei der Dala ’ (1706, Leuk), Pro de Dala ‘ die Wiese bei der Dala ’ (1693, Albinen), Saxa de Dala ‘ die Felsen der Dala ’ (1490, Varen), Saxum de Dala (1294, Leuk; später auch Saxa de Dala) ‘ die Felsen der Dala ’ , Viam de Dala ‘ der Weg zur Dala ’ (1285, Leuk). Lebend ist auch Pralidaalu ‘ die Wiese bei der Dala ’ (Leukerbad, FLNK Pradidalu) belegt, ursprünglich wohl ‘ die Wiese bei der Dala ’ (R. G RICHTING (1993, Blatt 9, Nr. 67 und Blatt 10, Nr. 33). Später kommt der Bachname als Grundwort wie folgt vor: t Lämmeradalu ‘ die Dala aus dem Lämmertal ’ (Leukerbad; bei R. G RICHTING (1993) nicht belegt), Bannschidala ‘ die Dala (Flussname) aus dem kleinen Bann-Gebiet ’ (Albinen; M ATHIER (2006, 27 Nr. 12)). Als Bestimmungswort erscheint das HL in zweigliedrigen Komposita zusammen mit Brigga, Gletscher, Loch und Wärch. Komplexer sind superius Acueductum Dale Jllorum de Sarqueno ‘ oberhalb der Wasserleitung der Dala der Leute von Salgesch ’ (1524, Salgesch), di Daaluwasserleitu ‘ die Wasserleitung von der Dala her ’ (Varen). Ein noch komplexerer Name findet sich im Beleg consortum novi aqueductus dale ‘ der Konsorten der neuen Wasserleitung der Dala ’ (1501, Leuk). Der lat. Name CONSORTES meint auf dt. Geteilen. Ebenfalls komplex ist der Name die Obre Dal Matten ‘ die obere Wiese bei der Dala (Fluss) ’ (16(9)7 u. später, Albinen). Daana Daana ist in Visp belegt; es handle sich um das früher „ änund der Brigga “ genannte Gebiet. Die erwähnte Brücke geht über die Vispa; der Rotten fliesst mehrere Hundert Meter nördlich davon durch. Daana ‘ jenseits ’ ist zum schwdt. Adv. d ā ne, dëne, dana ‘ drüben, jenseits ’ und wdt. daana, daanä (Goms) ‘ jenseits, gegenüberliegend, drüben ’ (I D . 1, 267; G RICHTING 1998, 56) zu stellen. Dabei ist fraglich, ob dana als Gegensatz zur Präp. hiena nicht in da-nach zerlegt werden sollte (I D . 1, 267), I D . gibt als Beispiel ‘ hien ā ch und d ā na ch d em Gang ist die Lagerstelle der Kühe ’ (I D . 12, 22). Als Flurname meint die eigentlich deiktische Form einen Dorfteil, der sich jenseits der Brücke befindet. Typischerweise ist das jedoch kein Flurname, sondern einfach ein Verweis auf ein jenseitiges Gebiet. So liegt von Brig aus gesehen das alte Glis daana der Säältina ‘ jenseits der Saltina ’ und Naters liegt daana dem Rottu ‘ jenseits des Rotten ’ . Daare Daare ist lebend als di Daare (Salgesch, FLNK Daare; LT Dare) belegt. FLNK kennt weiter Daaruwald (Salgesch). M ATHIER (2015, 35) nennt Daarä. Es handelt sich um eine Waldgebeit im Norden von Salgesch. Ein historischer Beleg von 1806 weist jn din Darro auf. M ATHIER führt den Flurnamen nach H UBSCHMIED (1933, 265) auf *dagla ‘ Fichte ’ (cf. D ELAMARRE (2003, 134), der ‘ Fackel, Föhre ’ angibt) zurück, das im Wdt. als dallia ‘ Föhre ’ erscheint (FEW 3, 7 s. v. dalea (germ.? ) föhre; G PSR 5, 5 ss. s. v. d ā ̩ ly ə mit kritischen Anmerkungen zur Etymologie). Zwar kennt das Val d ’ Anniviers laut FEW darle, doch kann das die Form in Salgesch nicht erklären. Die Patois des Mittelwallis weisen eine Entwicklung von / lm/ zu / rm/ auf (cf. balma vs. barma), doch ist diese Entwicklung auf die Position vor Konsonant beschränkt. I D . (12, 1395 ff. s. v. T ǟ l ‘ Föhre, Kiefer ’ ) weist keine Form Daare auf; die Anmerkung hierzu ist unsicher. Die Deutung von M A- THIER ist deswegen kaum stichhaltig; eine bessere steht allerdings auch nicht zur Verfügung. Daatilje Daatilje ist nur in di Daatilje ‘ die kleinen Gräte ’ (Leukerbad) belegt. R. G RICHTING (1993, Blatt 29, Nr. 2) kennt es als Datiljä und benennt dabei auch Chley und Gross Datiljuhoru ‘ das kleine und das grosse Datilju-Horn ’ (R. G RICHTING 1993, Blatt 29 Nr. 1 und Nr. 3). Auf LT sind die beiden Gipfel als Unders und Obers Tatelishore und 1 2 Daatilje <?page no="6"?> die zugehörige Ebene als Tatele belegt; sie sind schon auf SK als Tatlishorn und Ober Tatlishorn sowie Tatelen aufgeführt; alle Belege befinden sich auf dem Gebiet des Kantons Bern (Kandersteg). H UBSCHMIED (1940, 24 f.) führt die Benennung auf frz. tertre ‘ Hügel, kleine Erhebung ’ zurück, dessen diminutive und dissimilierte Formen zu *t ā drell ī ns geführt hätten, das mit / r-/ Schwund und Wechsel zum dt. Suffix / - LE ( N )/ zur aktuellen Form geführt hätte. Im Walliserdeutschen wäre - das ist bei H UBSCHMIED nicht diskutiert - die palatale Form Daatilje entstanden. Die komplizierte Deutung von H UBSCHMIED ist die einzig vorhandene; wir zitieren sie deswegen hier. Dach Dach n. ist zu schwdt Dach n., Pl. Decher, Dächer, wesentlich wie nhd. Dach an Gebäuden, ahd. t ā ha, mhd. t ā he, dach, techen und wdt. Tach ‘ Dach ’ (I D . 12, 173 ff.; G RICHTING 1998, 192) zu stellen. Das Simplex allein kommt nicht vor. Als Kompositum ist der Typ Schäremdach n. ‘ Vordach oder selbständiger Bau, Schutzdach für das Alpenvieh ’ (I D . 12, 186) belegt. Er kommt vor als ts Schärutach ‘ das Dach, das Schutz bietet ’ (Baltschieder), tsch Schäärutach ‘ das Dach, das Schutz bietet ’ (Eggerberg), ts Schäärutach ‘ das Dach, das Schutz bietet ’ (Eyholz), Schärutach ‘ das Dach, das Schutz bietet ’ (FLNK, Visp). Dazu kommt ein vorangestellter Genitiv beÿ Christen Andres Scherentach ‘ bei Christen Andres ’ Schermdach (Schutzdach) ’ (1703, Zeneggen) und der komplexere Beleg ts Schärutachschiirli ‘ die kleine Scheuer beim Schärutach (Dach, das Schutz bietet) ’ (Baltschieder). Der Typ kann auch metaphorisch für ein Gebiet stehen. Nur einmal belegt ist ts Unnertach ‘ der Dachboden (metaphorisch: das Gebiet gleicht einem Dachboden) ’ (Leuk). Im Wallis wird Underdach oder Unnerdach für ‘ Dachraum, Estrich ’ oder ‘ Dachboden, Estrich ’ (I D . 12, 181; V. S CHMID 2003, 211) gebraucht. Beim Flurnamen handelt es nicht um einen Dachboden, sondern um etwas, das einem Dachboden gleicht. Daichtscha Daichtscha f. ist nur einmal in Blatten bezeugt. Das Suffix / - SCHA / - SCHU / ‘ Gut des X ’ ist in Blatten schon in Huitbrächtscha / Huiprächtscha und Brächtscha vertreten; es ist also anzunehmen, dass in Daichtscha ein PN Daich oder Daicht (nach dem Staubschen Gesetz) enthalten ist, und die Deutung ‘ das Gut des Dank ’ ist. Allerdings findet sich weder ein FaN, noch ein PN in den uns zugänglichen Quellen. Ein Zusammenhang zum Nomen Dank (I D . 18, 607 ff.), das im Lötschtental als Daich erscheint, ist wenig plausibel. Däliiri ts Däliiri mit Betonung auf der ersten Silbe ist nur in Varen belegt. Die historischen Belege sind äusserst heterogen: 1346 eys deleres, 1375 eys deleres, 1413 en la deluerý, 1509 en deseliers, 1649 en la deliri, 1655 in die Daliri, 1659 in die Delire, 1668 in die Deveasire, 1737 in die De Lire, 1754, in den Delÿree, 1759 in die Dellirÿ, 1782 in die Deliry. Ob alle diese historischen Belege hieher gehören, ist unsicher. Die meisten davon bezeugen einen Namen auf Deleres, später Deliri oder Daliri. Die historischen Belege lassen kaum auf Dählen (FEW 3, 7 s. v. *dalea Föhre) schliessen. SK zeigt einfach einen Weg nach Varen, Weinberge sind etwas westlicher bezeugt. Dählen sind aber dort kaum belegt. Die heutige umfassende Bebauung mit Weinbergen ist sicher später. Eine Deutung für den Flurnamen ergibt sich trotzdem nicht, wenn man vom Weg zur Dala absieht (von Varen aus gesehen würde das stimmen), das dann mit einer Ableitung auf lat. / - ARIA / oder / - ARIU ( M )/ ‘ das Gebiet bei der Dala ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288) zu verstehen wäre. Da aber immer ein / ä/ oder / e/ vorhanden ist, kann diese Deutung kaum zutreffen. Der Flurname lässt sich insgesamt jedoch nicht deuten. Dames Dames ist nur auf LT als Diablon des Dames (Oberems) belegt. Es handelt sich um einen Gipfel auf 3537 m. ü. M., der Teil einer Gebirgsgruppe les Diablons ist. Laut G PSR (5, 676) ist der Gebirgsname von diable ‘ Teufel ’ abgeleitet (FEW 3, 64). Dames (G PSR 5, 10ss.) ist hier wohl zum frz. dame ‘ Dame ’ (FEW 3, 123 ff. s. v. domina herrin) zu stellen und vermutlich auf die einfache Besteigung des Berges anzuwenden. Damm Damm ist zu schwdt. Damm wie nhd. ‘ Damm, künstlich errichteter Schutzwall ’ , mhd. tam, tammes (I D . 12, 1781 f.) zu stellen. Bei G RICHTING (1998) ist es nicht erwähnt. Belegt sind die Simplizia der Damm ‘ der Damm gegen die Lawinen ’ (Zwischbergen), Damm ‘ der Damm (gegen Überschwemmungen) ’ (FLNK, Niedergesteln; FLNK, Reckingen) und das Kompositum Löuwinedamm ‘ der Damm gegen die Lawinen ’ (FLNK, Biel). Das HL ist wohl hochdeutsch beeinflusst; sonst wird eher Weri (cf. HL W ERI ) verwendet. Damma Damma ist als der Dammastock und der Dammapass (Oberwald) belegt. Beide Namen befinden sich auf der Grenze zwischen dem Wallis und Uri. URNB (1, 759 s. v. Damma) stellt das HL entweder zu dammas ‘ Gemsen ’ oder zu einem dt. Damm. Beide Deutungen sind eher Dach 3 4 <?page no="7"?> spekulativ und können keine sichere Deutung ermöglichen. Damun Damun ist ein zusammengesetztes Wort aus der Präposition de und amont ‘ oben ’ (G PSR 1, 356 ss., bes. S. 358 mit de) (Dank an G. P ANNATIER (p. c.) für den Hinweis). Es ist in Salgesch 1644 als le termino damun ‘ die Grenze oberhalb ’ und im gleichen Jahr in einer Kopie aus dem 18. Jahrhundert als le termino d ’ amum lo bis de la Raspilij ‘ die Grenze oberhalb der Wasserleitung der Raspille ’ ebenfalls in Salgesch belegt. In Salgesch ist weiter 1646 en la fin damun ‘ in der oberen Zelg ’ und 1681 v clou damun ‘ im oberen eingefriedeten Gut ’ (wohl identisch mit Nr. 42769 der Datenbank) bezeugt. In Albinen erscheint 1660 u. später en la gietti damun ‘ in der oberen Gieti (Voralpe, frpr.) ’ und 1650 und später eÿ dewen dammon ‘ der obere Teil des verbotenen Gebietes ’ . Dannschelo Dannschelo ist nur als Preesa Dannschelo belegt; LT und FLNK haben Presa d ’ Angelo ‘ das Haus mit Umschwung des Angelo ’ (Zwischbergen). J ORDAN (2006, 303) hat es als di Preesa dAnschel mit Varianten. Es handelt sich um ein Gut, das einem Angelo (wohl PN) gehörte; das Nomen angelo ‘ Engel ’ (D EVOTO / O LI 2020, 116 f.) ist nicht gemeint. Datsooljio Dazooljo ist nur belegt in Tschiima Datsooljo (Zwischbergen). LT und FLNK haben Cima d ’ Azoglio. J ORDAN (2006, 395) kennt Azóljo. Es handelt sich um einen Grenzgipfel (2611 m) zwischen Italien und Zwischbergen. Die Schreibweise mit anlautendem / d/ entspricht der it. Präposition de. Azoglio ist der Name eines Weilers von Crevacuore in der Provinz Biella (Piemont) - ein direkter Zusammenhang ist jedoch nicht erkennbar. Der Name ist italienisch; eine Deutung fehlt (z. B. O LIVIERI 1965, 79; er kennt nur Azeglio, dessen vermutliche Bedeutung *agellis ‘ auf den kleinen Feldern ’ für den Gipfel nicht in Betracht kommt). David (PN) David (PN) ist der männliche Personenname David (I D . 12, 549). Belegt ist er im Genitiv ts Taafidsch Färrich ‘ der Pferch des David (PN) ’ (Ferden). Auf der Luftfotografie ist ein steinerner Pferch auf ca. 2355 m erkennbar. Däweng Däweng, auch Deweng ist in Albinen als ts Deweng oder Däweng (Erstbetonung) belegt. M ATHIEU (20006, 13) kennt es als Däwäng. Die ältesten Belege sind 1337 ol Deweng, 1345 ol Deuens, 1353 ou Deuens, 1544 ov Deweng usw. Weiter sind belegt ey Dewen Damon (1650 u. später) und o Deuen superiori (1602, Albinen), also ‘ im oberen verbotenen Gebiet ’ . B OSSARD / C HAVAN (2006, 126) kennen Devens und verwandte Formen als „ terre, souvent forêt, soumise à certaines restrictions “ und leiten es von lat. DEFENSUM ab, also etwa ‘ das verbotene Gebiet ’ (cf. G PSR 5, 583 s. v. devens, bes. 5, 585 Noms de lieux). Deffin Deffin ist nur einmal 1540 in Stalden in die meisten Deffin belegt. Aus dem Kontext geht hervor, dass es sich hier um eine Grenze handelt. Deffin ist ein femininer Akkusativ, dessen Deutung aber unklar bleibt (cf. aber HL D EFIN ‘ Grenze ’ ). Wenn diese Deutung richtig ist, geht es um ein frpr. Wort, das in Stalden um 1540 nur als Fremdwort zu verstehen ist. Deffin liesse sich aber auch zu Teiffi ‘ Tiefe ’ (cf. HL T EIFF ) und meist zum Verb meisse n ‘ Heu schroten ’ (I D . 4, 465; G RICHTING 1998, 134 mit Varianten) stellen, doch bleibt diese Deutung sehr unsicher. Defin Defin ‘ Grenze zwischen Anwesen ’ kommt 1508 als en la defÿn und 1548 als en laz defyn in Albinen vor. In beiden Fällen wird der Name lateinisch als in eodem loco differentia und in eodem loco differentie notiert. Das lat. DIFFERENTIA meint eigentlich ‘ Verschiedenheit ’ , kann aber hier auch als ‘ Grenze ’ verstanden werden. Der Flurname ist wohl zu patois d ǝ fin ‘ [l]imite entre deux propriétés ’ (G PSR 5, 167) zu stellen, ist aber anders als dieses feminin; zu femininen Formen von fin vgl. G PSR (7, 461 ss.). Deisch Deisch ist zunächst ein Weiler von Grengiols an der Furkastrasse am oberen Ende einer steilen Talstufe, die als Mons Dei ‘ Gottesberg ’ (schon 1344, Grengiols) fromm umgedeutet worden ist. Die historischen Belege zeigen die Form Do ᵉ ÿsch (1425 und später), also mit einem gerundeten Diphthong; die frühen Belege wie Deischbach (1367, Lax) und vfem Deisch (1437, Grengiols) gehen - laut P H . K ALBERMATTER (p. c.) - auf Kopialbücher aus dem 17. Jahrhundert zurück. Daraus lässt sich folgern, dass die ältest belegte Form einen gerundeten Diphthong enthält. H UBSCHMIED deutete Deisch oder Teisch als deutsch, Doeys als französisch, und führte den Namen auf kelt. *d ā ouks ū ‘ auf der Höhe ’ zurück. Diese Deutung wurde von P OKORNY abgelehnt, da es eine kelt. Präposition * d ā nicht gebe und da der Name auch in der deutschen Schweiz und im grössten Teil Süddeutschlands verbreitet sei. Er lasse sich auf das Appellativ Deisch, Teisch ‘ Kuhmist, Kot, Dünger, Schmutz, Abfall ’ , 5 6 Deisch <?page no="8"?> ahd. theisk, deisk ‘ Mist, Misthaufen ’ zurückführen (H UB- SCHMIED 1938, 98; P OKORNY 1948/ 49, 240; I D . 13, 1891 ff., mit einer Diskussion des Namens 1893). Es gibt damit einerseits die gerundete Form, anderseits die ungerundete; beide entsprechen vermutlich zwei verschiedenen Formen, die als éine interpretiert wurden. Da die gerundete Form ursprünglich zu sein scheint, kann P OKORNY s Deutung nicht zutreffen; hingegen sind die Belege für Bellwald, Hohtenn, Saas-Balen und Betten klarerweise auf Deisch ‘ Mist ’ zurückzuführen. Die Belege zu Deisch (Grengiols), Lax und vermutlich auch Binn jedoch müssen zu einem Lemma Döisch gestellt werden, ohne dass dazu eine Erklärung möglich ist (auch H UB- SCHMIED s Deutung kann kaum stimmen). Das Simplex Deisch (Grengiols) ist historisch auch in Lax (1580) als vffen Deisch ‘ auf dem Deisch ’ belegt; diese präpositionale Form ist auch bei Grengiols historisch mehrfach belegt, teilweise auch als lat. SUPER . Das deutet darauf hin, dass der Weiler auf der Höhe der Talstufe Deischberg liegt. Für Binn ist auff Deisch (1762) belegt, vermutlich der gleiche Ort wie in Grengiols. Relative Lagen benennen ts Ober Deisch (Grengiols, Lax) und ts Unner Deisch (Grengiols); in Fiesch ist historisch 1737 im obren Deÿsch belegt, auch hier ist unklar, ob der Ort mit jenem in Grengiols identisch ist. In allen andern Belegen ist Deisch Bestimmungswort. Der Deischbach (Martisberg, Grengiols, Lax) fliesst von der Martisbergeralp an Lax und Deisch vorbei in den Rotten. Zu ihm gehören der Deischbachgrabe (Lax) und die Deischbachsita (Lax). Der Deischwald (Grengiols), auch Deischwaud (Lax) befindet sich östlich von Deisch. Zu Lax gehört auch an den Deÿschackren (1552). Der Deischbärg (auch Mons Dei, ab 1344) gehört wie auch t Deischcheerna ‘ die Kehren der Kantonsstrasse am Deischberg ’ und di Deischerwasserleita ‘ die Wasserleite nach Deisch ’ zu Grengiols. Die Deischägerta ‘ das Brachland beim Mist ’ (Betten), in der Deisch=Halten ‘ in der Halde beim Deisch (Mist) ’ (1850, Bellwald), di Teischbalmu ‘ der überhängende Fels mit Mist ’ (Saas-Balen) und das komplexere Teischbalmen Kenel ‘ der Kännel im Gebiet der Teischbalma (überhängender Fels mit Mist) ’ (Hohtenn) sind weitere Vorkommen des HL D EISCH , die zur Deutung ‘ Mist ’ passen. Deleschi Deleschi ist als di Deleeschi ‘ das Zaungatter ’ (Albinen, auch LT und FLNK) zweimal belegt. M ATHIEU (2006) führt es als frpr. delése ‘ Zaungatter ’ (S. 10) auf und erwähnt Deleeschi weiter auf den Seiten 39, 41, 43, 47 und 49. Die beiden Namen bezeichnen zwei verschiedene Orte; der eine liegt im Gebiet Planedri, der andere weiter oben und östlich im Gebiet des Boviriwald (so auf 1: 10000). G PSR (5, 259 ss. s. v. d ə l ē ̩ ́ z ə ‘ Zaungatter ’ ) kennt eine Reihe von Noms de lieux zu diesem Wort. Historisch ist es als in die Deleschi 1807 in Salgesch belegt. Ein früherer Beleg von 1594 zu Deresy ist ebenfalls in G PSR für Salgesch aufgeführt (cf. HL D ERESY ). Della Bianca (FaN) Della Bianca (FaN) ist nur belegt in Della-Bianca Turli ‘ der kleine Turm der Familie Della Bianca ’ (Visp). Es handelt sich um einen FaN, der seit 1892 in Visp vertreten ist (siehe Artikel Della Bianca von H.-R. A MMANN im Historischen Lexikon der Schweiz (https: / / hls-dhs.dss. ch/ de/ articles/ 028749/ 2005-03-22[06.07.2020iw]). Das F A- MILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (1, 412) verzeichnet den FaN für Brigerbad und führt ihn auf Italien zurück. Deneym Deneym ist nur 1344 in Albinen als ou deneym belegt; M. S. ist nicht sicher, ob der Beleg so zu lesen ist. Die Flur muss sich laut Dokument in Tschingere befinden. M A- THIEU (2006, 19) kennt den Namen nicht. Im Kontext ist von einem Zehnten der Ackerfrüchte in diesem Gebiet die Rede; ein Hinweis auf frz. dîme und dixième bringt jedoch kein Ergebnis (FEW 3, 24 f. s. v. decimus der zehnte; G PSR 5, 713 ss. s. v. dîme und 5, 785 ss. s. v. dixième). Der Flurname muss deshalb ungedeutet bleiben. Denk Denk ist nur belegt als Bestimmungswort, das zu hdt. Denkmal zu stellen ist und wie dieses ‘ Bauwerke, Säulen, Statuen, Gemälde, Grabhügel, bestimmt das Andenken an eine Person oder eine Sache oder an ein grosses Ereignis zu erhalten ’ (G R W B 2, 941, 21) bezeichnet. Das Kompositum ist im I D . nicht enthalten. Belegt sind: bim Denkmal (Grengiols), laut Gwp. Holzdenkmal zur Erinnerung an vier tote Soldaten mit ihren Namen, bim Denkmal (Obergesteln), Erinnerung an die Schlacht von Ulrichen (1211), ts Dänkmaal (Leuk), Erinnerung an die Schlacht von Pfin (1799), auf LT Pfyndenkmal, FLNK Pfydänkmal (beide Leuk), bim Schawedenkmal ‘ beim Denkmal an den Flieger G. Chavez (1887 - 1910) ’ (Ried- Brig) und ts Tindelsch Denkmal ‘ das Denkmal für Tyndall (John Tyndall (1820 - 1893), irischer Physiker und Alpinist) ’ (Naters). Dent Dent ‘ Zahn, steiler Berggipfel ’ ist historisch 1352 in Leukerbad als la dent, und 1320 u. später in Unterems als dent belegt; interessanterweise hat ein Beleg von 1398 zen Zenden seu a ladent ‘ bei den Zähnen oder beim Zahn ’ . Komplexer ist la dent de guerses ‘ der Zahn von Guerses ’ Deleschi 7 8 <?page no="9"?> (letzteres ist unbekannt, cf. HL G UERSES ). Dent ist zu frz. dent f. ‘ Zahn ’ , geografisch ‘ steiler Berggipfel, hervorragende Spitze ’ (G PSR 5, 1, 332) zu stellen; Dent wird in der frz. Westschweiz häufig für „ Berggipfel “ verwendet. Depot Depot ist nur als Deppo Teeler ‘ das Depot der Firma Theler ’ (Raron) belegt. Es handelt sich um ein Materialdepot der Firma Theler AG in Raron. Das HL ist als Deppo ‘ Depot ’ (G RICHTING 1998, 57) verzeichnet. Zum hdt. Depot vgl. K LUGE / S EEBOLD ( 25 2011, 191 s. v. Depot). Deresy Deresy ‘ das Zaungatter ’ ist nur 1594 in Salgesch als lo deresy belegt. Es ist zu G PSR (5, 259 ss. s. v. d ə l ē ̩ ́ z ə ) zu stellen, wo auch die phonetischen Unterschiede diskutiert sind (cf. HL D ELESCHI ). Deretji Deretji (bei M ATHIEU 2006, 13 Därätji) ist in Albinen belegt (FLNK Däretji). Historisch gibt es seit 1648 eine Flur Le Derrÿ, 1649 ou Deriou, 1666 in Deri Wiu und später wieder Le Derri geschrieben. Ob es sich um die gleiche Flur handelt, ist unklar, aber wahrscheinlich. Zu Grunde liegt wohl dèrai (vereinfacht, G PSR 5, 395 ss., als Flurname 398 ss.) ‘ hinter ’ , hier also die hinten oder höher gelegene Flur, vom Dorf aus gesehen. Die lebende Form weist eine dt. Diminutivendung auf ‘ die kleine hinten gelegene Flur ’ . Derri Derri ‘ der Dörrplatz ’ ist zu schwdt. Der(r)i bzw. Ter(r)i f. ‘ Vorrichtung, Ort zum Dörren von Obst, Getreide, Hanf, Flachs usw. ’ und wdt. Derri, Derrin (Lötschental), Deri ‘ Dörrplatz ’ (I D . 13, 1023 f.; G RICHTING 1998, 58) zu stellen; V. S CHMID (2003, 87 u. passim) kennt es als Derri ‘ Dörrplatz ’ . Das Simplex im Singular ist als di Deri ‘ der Dörrplatz ’ (Saas-Almagell), wo das Wildheu getrocknet wurde, belegt. zer Tärrun ‘ beim Dörrplatz ’ (Blatten, LT Tärra, FLNK Tärrun) gehört dagegen zu Darre n ‘ Vorrichtung zum Dörren von Obst, Getreide, Hanf, Flachs udgl. ’ (I D . 13, 1004 ff.). t Kooredeeri ‘ die Dörrplatz für das Korn ’ (Bellwald) ist der Ort, wo früher das Korn gedörrt wurde; ebenfalls hieher zu stellen ist Chooruderri ‘ die Korndörre ’ (FLNK, Ausserberg), die auf LT (1999 ff.) falsch als Choruclerri verzeichnet ist. Es ist als Diminutiv zu schwdt. Korndarre f. als Vorrichtung zum Dörren von Getreide (I D . 13, 1005. und 1007) zu stellen. Derbodo ‘ der Boden als Dörrplatz ’ (1412, Glis) meint den Boden, wo vermutlich Hanf und Flachs gedörrt wurden. Deschart Deschart f. ist nur in Ferden als di Deschart (mit Erstbetonung) belegt. Laut A NNE -L ORE B REGY und W. B ELL- WALD (p. c.) ist es auf das frz. décharge f. ‘ Schuttabladeplatz ’ zurückzuführen; hier wurde der Ausbruch des Lötschbergtunnels gelagert. Die frz. Benennung sei auf den Originalplänen des Tunnelbaus (1906 - 1913) nachweisbar. Im Dialekt wurde der Name mit auslautendem / -t/ übernommen; eine solche Anpassung an den Dialekt findet sich auch sonst, vgl. etwa Disöörli ‘ Zwischenmahlzeit (10 Uhr) ’ bei G RICHTING (1998, 59). Deserta Deserta f. kommt als lat., frpr. und it. Wort vor. Zunächst 1237 in Leuk als vineam meam in Deserto ‘ mein Weinberg im wüsten Land ’ (M EYER 1914, 163) und 1346 de la deserta ‘ im wüsten Land ’ (Leuk), wobei ein Bach (cursos aque) gemeint ist. Die beiden Belege beziehen sich wohl nicht auf den gleichen Ort. FLNK Täschert gehört zu einem der beiden, genau so wie im Tescherd (1690, Agarn); die Form wird von M EYER (1914, 163) und G PSR (5, 469 s.) bestätigt, wobei ein Unterschied für das Adjektiv und das Nomen besteht; die Form des Nomens kommt vor allem als Orts- und Flurname vor. Belegt ist Täschert in Agarn bei Briannen, gehört aber zur Gemeinde Leuk. Die it. Form deserta des Adjektives ist belegt in Passo di Valdeserta und Waldesertapass (beide Binn); Punta di Valdeserta (LT) ist nicht belegt, meint aber den gleichen Gipfel wie dt. Gr[osses] Schinhorn; Corno di Valdeserta ist dt. nicht überliefert. In Italien sind weiter Rio di Valdeserta und Alpe di Valdeserta aufgeführt. Gemeint ist überall ein wüstes Tal in Italien zum it. Adj. deserto, deserta vgl. D EVOTO / O LI (1990, 550). O LIVIERI ( 2 1961, 212) kennt unter Deserto auch eine fem. Form Deserta. Desot Desot ist nur einmal in Salgesch 1665 als au Clou Desot belegt. Desot ist zu lat. DESUBTUS ‘ unten ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 94; FEW 12, 369 ff. s. v. s ŭ btus unten, bes. S. 370) zu stellen. Zu übersetzen ist der Beleg etwa als ‘ beim eingefriedeten Gut unten ’ . Dfonnd Dfonnd ist nur als Preesa Dfonnd ‘ das untere Haus ’ (Zwischbergen; LT und FLNK Presa d ’ Fond) belegt. J OR- DAN (2006, 305) kennt es als Preesa dFund. Das HL ist zusammengesetzt aus der Präposition di ‘ von ’ mit Deletion des Vokals und dem dialektalen, resp. it. fond (LSI, 2, 503; D EVOTO / O LI 2020, 883) ‘ unterer Teil ’ . 9 10 Dfonnd <?page no="10"?> Diablon Diablon ist der Name eines Gebirges zwischen Oberems und dem Val d ’ Anniviers. Belegt sind der Diablo ‘ der Diablons ’ (Oberems, LT Les Diablons, FLNK Diablo), der Diablogletscher ‘ der Glestscher am Gipfel Les Diablons ’ (Oberems, LT Diablonsgletscher; FLNK Diablogletscher) und Diablon des Dames (LT, Oberems). Es handelt sich um zwei Bergmassive, von denen das eine Les Diablons, das andere Diablon des Dames heisst. Diablon wird vom G PSR (5, 676) als Ableitung zu diable ‘ Teufel ’ (FEW 3, 64) verstanden, etwa als ‘ Gipfel des Teufels ’ . Dick Dick Adj. ‘ dick ’ ist zu schwdt. Adj. dick wie nhd., ahd. dik, mhd. dic und wdt. dikk ‘ dick ’ (I D . 12, 1222 f.; G RICH- TING 1998, 58) zu stellen. In FlN wird es zur Bezeichnung von dichtem Laubwerk und von Stellen, die ‘ dicht, eng, gedrängt mit Bezug auf Wuchs, von Saaten bzw. Pflanzen ’ sind (I D . 12, 1222 f. bes. I D . 12, 1235), verwendet. Als attributives Adjektiv erscheint es in den folgenden Belegen: ts Dick Birchi ‘ das dichte Birkengehölz ’ (Obergesteln), der Dick Schlüüchu ‘ der breiteste Schlauch ’ (Steg), ts Dick Walgi ‘ der kleine, dicke (= dichte) Wald ’ (Saas-Fee), dye Dickun Ebyn ‘ der dicke (= dichte) Abhang ’ (1315 u. später, Visperterminen) und dv ᵢ Dika Oy`a ‘ die dicke (dicht bewachsene) Aue ’ (1303, Lalden). Eine substantivische Ableitung, wohl mit Assimilation von anlautendem / GI -/ ist ts Dick ‘ das Dickicht ’ (Eggerberg). Mit anlautendem / GI -/ ist belegt: ts Gidick ‘ das Dickicht ’ (Täsch). I D . kennt diese Ableitung nicht, wohl aber das gleichbedeutende Dicket, Dickete n (I D . 12, 1268). Dieb Dieb m. ‘ Dieb ’ ist zu schwdt. Dieb m., ahd. diub, dieb, mhd. diep, im Wesentlichen wie nhd. ‘ Dieb, Schelm ’ , in FlN in Zusammensetzungen für Örtlichkeiten, die von Dieben aufgesucht werden oder für Plätze, wo sie sich verstecken (I D . 12, 106 ff. bes. I D . 12, 109; G RICHTING 1998, 58; TGNB 2, 2, 155) zu stellen. Das HL kommt sieben Mal nur als Bestimmungswort in den Plural-Formen Diebo und Diebu vor. Die Grundwörter sind Loch (vier Belege in Embd, Ried-Brig, St. Niklaus und Täsch; hier wohl als Höhle zu verstehen) und Wald (drei Belege in Vispeterminen (zwei) und Stalden). Diepi (PN) Diepi (PN) ist ein schwer zu deutendes Lemma, das auch in erweiterten Formen vorkommt. Die Belege bilden mehrere Nester, so Diepiwaud, Diepiwaudstäfuti, Diepischlüecht und (nur auf Karte 1: 10000) Diepiwaldhitta (alle Blitzingen), sowie Diepiwald (Biel) im Goms. Hier ist wohl ein PN Diepi (ev. zu ahd. Dietpold, Diebold (URNB 3, 706 f.)) anzunehmen. Ein zweites Namennest bildet sich um Diepja (Zeneggen) herum mit Diepilbrand, Diepilwier (Zeneggen, letzteres auch Törbel); vielleicht gehört auch Diebgunflu (1699, St. Niklaus) hierzu. Vermutlich dürfte Diepja auf Diepi+la zurückgehen, also die Alpe eines Diepi meinen. Das dritte Nest befindet sich in Guttet und Feschel mit Tiepermatte (1852, Feschel; 1796, Guttet) und Dieperweid (1810, Feschel; 1810, Guttet), wo eine / - ER / -Ableitung zu Diepvorliegen könnte, also auch hier ein PN; möglich wäre auch eine Kurzform des für Salgesch belegten FaN Theobaldi, der auch als Tiepold und Diebold erscheint (AWWB 257), also Grundstücke dieser Familie. Ganz unklar sind die verbleibenden Belege: an Tippien (1676, Binn) und die Thippin (1468, Ernen). Beide Male fehlt der sonst übliche Diphthong, was mit der Schrift zusammenhängen mag. Ohne weitere Angaben lässt sich hier keine sichere Deutung geben. Diescht Diescht ist an drei Orten belegt: der de Diescht üss ‘ durch den Diescht hinaus ’ (Saas-Almagell), Dieschtachra ‘ die Dieschtäcker ’ (Grächen) und ts Walkärsch Diäschttritt ‘ der Diesttritt der Familie Walker ’ (Ferden). Am nächstliegenden wäre wohl schwdt. Dienst m. ‘ Leistung, Abgabe bzw. Verpflichtung ’ , ‘ Obliegenheit, Pflicht, Aufgabe ’ (I D . 13, 740 ff.), doch findet sich kein Beleg ohne / n/ im Walliserdeutschen, sodass das Lexem und seine Beziehung zu den HLL T IESCH und eventuell D RIEST unklar bleiben. Dieten Dieten ist die Form, in der SK ein Gebiet in Albinen benennt. Die Aufnahmen zeigen, dass drei verschiedene Orte gemeint sind: Dietetu (Albinen), in t Oberietu (Albinen; LT, FLNK Oberdietu) und t Unnerietu (Albinen; LT, FLKN Unnerdietu). Betrachtet man die Verteilung der drei Namen auf der Karte, wird deutlich, dass Dietetu sich nordöstlich von Albinen befindet, während Oberdietu und Unnerdietu nördlich und westlich von Albinen liegen. M ATHIEU (2006, 9) kennt Diätätu (S. 29), Oberdietu / Unnerdietu (S. 31) und Unnerdietu (S. 33) mit ausführlicher Belegung. Die historischen Belege sind für Unnerjetu: 1675 in die Undre Jeten, 1797 in der Vndren Jieten, 1724 in d. undren Jetten, 1735 in dundrÿ Dieten, 1742 in der Undren Dietta. Für Oberietu: 1685 in die Obre Ieten, 1730 in d. Obren Jetten, 1735 in d ’ Obre ÿetten, 1783 in superiore Dieten, 1783 in dorbern Dieten und Dobren Dieten. Für Dietetu: 1612 jn die Jettu ᵕ , 1678 en la Jete, 1680 in die Jete, 1693 in Dietteten, 1697 in Ieten usw. Erst ab 1736 in Dÿeten, 1737 in Dietta usw. Diablon 11 12 <?page no="11"?> Die Belege zeigen, dass der Typ Dieten später belegt ist als der Typ Jeten. Auch scheinen die Belege unter Dietetu nicht klarerweise von Dieten getrennt zu sein. Es scheint, als sei der deutsche Artikel / di/ mit einem romanischen Etymon Jeten agglutiniert worden. Doch das ist schwer verständlich: ein romanisches Jeten mit anlautendem / j/ ist nicht vorstellbar; die Entwicklung von lat. / j/ führt schon im Altfranzösischen zu / d ʒ / (R HEINFELDER 4 1968, 165). In Albinen ist nun aber auch sehr früh und sehr lange la Giety (1338 u. später) belegt, das vermutlich zum frz. gite, frpr. dzita ̩ ‘ Wiese auf mittlerer Höhe; Voralpe ’ (G PSR 8, 335a ff.) zu stellen ist (cf. HL G IETY ). Der Anlaut wurde später offenbar als Artikel verstanden und deswegen zunächst abgetrennt, mit dem Resulat Jeten, danach wieder agglutiniert als Dieten. Die Form Dietetu findet sich als de la gieteta (1449 u. später, Albinen) wieder; es handelt sich wohl um einen Diminutiv auf / - ETA / (< / ITTA / ) (G PSR 8, 343a s. v. gîttete) ‘ die kleine Voralpe ’ . Die Deutung passt zu den drei Namen, da alle drei auf mittlerer Höhe um das Dorf Albinen herum liegen. Dietrich (PN) Dietrich (PN) ist nur in an der Dietrichen ‘ an der Wiese des Dietrich ’ (1685, Wiler) belegt. Es ist zum PN Dietrich (I D . 13, 2071; F ÖRSTEMANN 1, 1447 f.) zu stellen. Das feminine Genus wird hier durch ‘ die Wiese ’ wiedergegeben. Dietter (PN) Dietter (PN) ist nur 1773 in Guttet als in der Dietter Matten ‘ in der Wiese des Dieter ’ belegt. Dieter erscheint in I D . (13, 2071 ff.) und F ÖRSTEMANN (1, 1434) als PN oder FaN. Vermutlich ist hier der Name des (früheren) Besitzers gemeint. Der Flurname Dietetu in Albinen kann keine Rolle spielen, da er sich nördlich vom Dorf Albinen befindet und vermutlich aus dem Romanischen stammt. Guttet liegt deutlich südöstlich davon und tiefer. Dietzig (FaN) Dietzig (FaN) ist der FaN Dietzig, auch Diezig, Diezing, Diezung, Deyetzing, Dutzing geschrieben (AWWB 79), wohl eine / - IG / -Ableitung zu einem Kurznamen Dietz (< Dietrich). Bei F ÖRSTEMANN (1, 1416) ist Dietz belegt. Zu unterscheiden ist der einfache Name Dietz, der als schwacher Genitiv in Dieczenbach (1400 u. später, Brig) belegt ist; gemeint ist wohl ein Grundstück des Dietz im Bach (Gelände um den Bach herum, der von Ried-Brig nach Brig fliesst). Der einfache FaN Dietzig ist belegt in die Diezigmatten ‘ die Wiesen der Familie Dietzig ’ (1794, Ried-Brig) und ts Dietzigchriz ‘ das Kreuz zur Erinnerung an einen Dietzig (FaN) ’ (Blitzingen). Der Genitiv Singular erscheint in Dietzings Matta ‘ die Wiese der Familie Dietzig ’ (1435 u. später, Betten). Der Genitiv Plural ist belegt in in Dieczingo Boden ‘ im Boden der Familie Dietzig ’ (1400, Betten), in Dietzigo Senthum ‘ im Senntum der Familie Dietzig ’ (1607 u. später, Binn), in alpegio der Dietzigen ‘ auf dem Senntum der Familie Dietzig ’ (1654, Binn) und Diezigen ‘ die Alpe der Familie Dietzig ’ (1685, Binn). Diezel Diezel m. kommt nur als dr Diezel und dr Diezelwald (beide Grengiols) vor. Historische Belege fehlen. Vermutlich handelt es sich um eine Ableitung auf / - EL ( O )/ (S ONDEREGGER 1958, 513) zum FaN Diezig (AWWB 79) oder zum PN Dietz (vgl. Diezo in F ÖRSTEMANN 1, 1416), wozu auch der Diminutiv Diezelin (F ÖRSTEMANN 1, 1417) belegt ist. Zu deuten ist der Flurname dann als ‘ die Voralpe des Dietz / der Familie Dietzig ’ cf. FaN Dietzig. Diichil Diichil m. ‘ Holz- oder Eisenröhre ’ ist zu schwdt. Düüchel bzw. Tüüchel m., im Wallis entrundet Diichil, Pl. -ja, eigentlich ‘ Holz- oder Eisenröhre ’ insbesondere ‘ Wasser-, Brunnenleitungsröhre ’ , die aus ausgehöhltem Holz, meist Föhrenholz, sind, ahd. tuchil, mhd. tiuchel, tunchel und wdt. Tiichel (mit Varianten) ‘ Röhre (Zement oder Holz) ’ (I D . 12, 220 ff.; G RICHTING 1998, 194) zu stellen. Im Kontext der Flurnamen sind es Holzkännel, die für die Wasserleitungen (Suonen) verwendet werden. Belegt ist das HL als Simplex im Plural di Diichel ‘ die Holzkännel (Wiese, durch welche die Dorfwasserleitung führte) ’ (Ferden). Die übrigen Belege enthalten das HL als Bestimmungswort: das Tichellwasser ‘ die Wasserleitung mit Holzkänneln ’ (1760, Oberems), ts Alt Diichilwasser ‘ die alte Wasserleitung in Holzkänneln ’ (Niedergesteln), ts Tatzdiichilwasser ‘ die Wasserleitung aus Holzkänneln zum Weiler Tatz (Hohtenn) ’ (Hohtenn), zu ᵕ m Dichelsteg ‘ zum Steg (Brücke) über die Holzkännel ’ (1825, St. Niklaus), ts Tiihilwägji ‘ der kleine Weg an den Tiicheln (Holzröhren für die Wasserleitung) ’ (Unterems), bim Diichilwärch ‘ beim Werk (Wasserleitung) aus Holzkänneln ’ (Stalden). Vermutlich auch hieher gehört das unter dem HL T UNGJI aufgeführte di Túngilwasserleiten ‘ die Tungilwasserleita (ev. zu Diichil ‘ Röhre) ’ (1781, Bürchen). Dili Dili ‘ Diele ’ ist zu schwdt. Dili f. ‘ Boden, Decke, Dachraum ’ , in Berggebieten auch ‘ Dachraum der Alphütte, Heubühne und selbstständiges Gebäude wie Heustall, Gaden, Stadel ’ , ahd. dili, mhd. dile ‘ Brett, Diele, Fuss- 13 14 Dili <?page no="12"?> boden ’ und wdt. Dili, Diln (Lötschtal) ‘ Zimmerboden ’ (I D . 12, 1225 bzw. 1629 ff.; Z INSLI 1984, 562; G RICHTING 1998, 58) zu stellen. V. S CHMID (2003, 88) sagt, dass Dili an einigen Orten im Oberwallis für den Boden, an anderen für die Decke gebraucht wurde; auch für einen Vorbau oder eine Laube wurde Dili verwendet. In FlN kann Dili auch für ein ebenes Stück Land gebraucht werden. Das Simplex Dili, auch Dylin wird in St. Niklaus, Zermatt und Blatten gebraucht; meistens für ein ebenes Stück Land. In Zeneggen wird ze der Niderun (untere) und ze der Oberun Dili (beide 1307) erwähnt; hier können zwei Scheuern (grangia) gemeint sein. Nur historisch ist belegt vnder der Dilin (1306, Eisten); aus dem Kontext wird nicht klar, was genau gemeint ist. In Blatten gibt es zer grossen Dÿllÿ (1664). Eine Schaafdili kennen Ferden und Blatten. In Wiler ist ts Jaggisch Dili ‘ der ebene Boden der Familie Jaggi ’ belegt, aber auch die Zuädili, laut I D . (12, 1645) ‘ ein kleiner Verschlag neben dem Heuboden, worin Lische und Heustroh aufbewahrt ist ’ , vermutlich auch hier als Vergleich zu verstehen. Ding Ding n. ist zunächst belegt als Dingstüel ‘ Dingstuhl ’ , sowie ufum Grossu Dingstüel und ufum Chleinu Dingstüel (alle St. Niklaus) zu schwdt. Dingstüel ‘ Gerichtsstuhl ’ (I D . 11, 324); das wdt. Ding ‘ Ding, Gelände ’ (G RICHTING 1998, 58) ist nicht einschlägig. Die Namengebung entspricht wohl dem häufigeren Chäiserstüol ‘ Kaiserstuhl ’ (Ried- Brig), als Metapher für einen Hügel. Wohl von Dingstüel abgeleitet ist di Dinglowwina ‘ das Rutschgebiet beim Dingstüel ’ (St. Niklaus). Historisch ist 1310 auch in Stalden de Dynglowinun ‘ von der Dinglowina ’ belegt, vermutlich auch zu einem sonst nicht belegten Ding als ‘ Richterstuhl ’ . Schwdt. Ding n. ist in der Rechtssprache das ‘ Ergebnis einer Gerichtsverhandlung, einer Rechtshandlung, für rechtliche Bestimmungen massgebendes Verhältnis ’ , ahd. thing, ding n., mhd. dinc n. (I D . 13, 470 ff.) und auch der Ort, wo Gericht gehalten wurde. Dinli (PN) Dinli ist einmal in der Dinlicheer ‘ die Kurve der Furkastrasse der Dinli (Übername einer Familie? ) ’ (Oberwald) belegt. Gwp. sagt, dass eine Familie Lagger den Beinamen <ts diinlisch> hatten; vielleicht habe ein Mann aus dieser Familie als Schneearbeiter gewirkt. Diese Bemerkung bezieht sich darauf, dass die Furkastrasse im Winter mit hohem Schnee bedeckt ist und im Frühjahr vom Schnee befreit werden muss. 1: 10000 hat Tinlicheer. Auf den übrigen Karten ist der Name nicht verzeichnet. Die unsichere Deutung orientiert sich an der Gwp. Dinn Dinn Adj. ist zu schwdt. dünn, im Wallis entrundet, ahd. dunni, mhd. dünne, wesentlich wie nhd. ‘ dünn ’ zu stellen. In FlN könnte der Name sowohl auf die schmale Geländeform als auch auf das spärliche Gras mit geringem Ertrag verweisen (I D . 13, 270 ff.; G RICHTING 1998, 58). Das HL ist nur einmal belegt in ts Din Maad ‘ die dünne (wenig ertragreiche) Mähwiese ’ (Wiler). Dinnen (FaN) Dinnen (FaN) ist wohl ein inzwischen erloschener FaN Din(n)en, Tin(n)en, Tyn(n)en u. ä. (laut P H . K ALBERMATTER ist der FaN im 16. Jahrhundert in Raron belegt, p. c.) Er kommt nur vor in Dinnuhüs ‘ das Haus der Familie Dinnen ’ (Eischoll) und in den Dinnen Matten (1769, Eischoll) ‘ in den Wiesen der Familie Dinnen ’ . Dirr Dirr ‘ dürr ’ Adj. ist zu schwdt. Adj. dür(r), ahd. durri, mhd. dürre, wesentlich wie nhd. ‘ trocken, verdorrt, ausgetrocknet, wenig ertragreich oder fruchtbar ’ und wdt. dirr, dir ‘ dürr ’ (I D . 13, 1345 ff.; G RICHTING 1998, 59) zu stellen. Das Adjektiv wird attributiv flektiert und unflektiert verwendet, meist mit der Bedeutung ‘ trocken ’ , ‘ felsig ’ oder ‘ unfruchtbar ’ . Mit einem Baum- oder Waldnamen zusammen ist ein verdorrter Baum oder ein trockener Wald gemeint: von der Dirren Tannen ‘ von der dürren Tanne (an) ’ (1542, Biel; 1542 Ritzingen; gleicher Text in beiden Gemeinden), di Dirri Teelu ‘ die dürre Dähle (Föhre) ’ (Steg), ts Dirr Ta ‘ der dürre (trockene) Tannenwald ’ (St. Niklaus, zweimal), zer Dirrun Arbun ‘ bei der dürren Arve ’ (Blatten), der Dirr Wald ‘ der dürre (trockene) Wald ’ (Eisten), bim Diru Böüm ‘ beim dürren Baum ’ (St. Niklaus), jhm Dürren Than ‘ im dürren Tannwald ’ (1638, Grächen). Ein Namennest findet sich in Randa und St. Niklaus: in Randa sind es Dirrugrat, Dirruhoru und Dirrujoch, in St. Niklaus Dirrugletscher, Dirugraad, Diruhoru, Dirujoch und ts Chlei Diruhoru. Namengebend dafür sind wohl di Dirru Fett ‘ die dürren Grasbänder ’ (St. Niklaus) - ein Simplex ist weder in Randa, noch in St. Niklaus belegt. Die übrigen Grundwörter sind Acher, Bäärg, Biel, Bodu, Egg(a), Höü, Hubel, Löuwina, Mad, Matta, Nadel, Stand, Rigg, Riti, Schluocht, Taferna und Weid. Komplexer sind der Dirr Löübodo ‘ der dürre Laubboden ’ (Mund), ts Dirrubärgsch Bodo ‘ der Boden oberhalb des Dirrubärg (dürrer Berg) ’ (Eisten), der Tirlöübigrabe ‘ der dürre (trockene) Lawinengraben ’ (Binn) und der Dirreggrabu ‘ der Graben bei der Dirregga (dürre Ecke) ’ (Zwischbergen). Eine Ableitung Dirri ‘ die dürre Stelle ’ auf / - I / (S ONDER- EGGER 1958, 495, Adjektivabstrakta; I D . 13, 1351 f. s. v. Ding 15 16 <?page no="13"?> Dür(r)i) ist als Simplex di Diri belegt in Grächen und Zeneggen, als die Dirren (1634, Ausserberg) und Dirri (FLNK, Saas-Grund). Einen Plural findet man in die Dirrine (1753, Naters) und einen Diminutiv im Singular in im Tÿrigÿ (1701, Ried-Brig). Mit einer Präposition erscheint Hinnerdire ‘ hinter der dürren Stelle ’ (Blitzingen). Sehr selten sind Formen mit Dorr. Raron hat zweimal ts Dorrgräbji ‘ der kleine dürre Graben ’ und Dorblatte ‘ die Felsplatten im Bereich des Dorrgräbji ’ (FLNK). I D . (13, 1256) kennt es und stellt es zu dürr. In Täsch ist schliesslich das Nomen im Plural di Dorrini ‘ die kleinen dürren Stellen ’ belegt; die Bildung ist ein Neutrum und wohl zum Verb dor(r)e n (I D . 13. 1256 f.) zu stellen, am ehesten als ‘ verdorrte Stelle ’ zu verstehen. Dirren (FaN) Dirren (FaN) ist ein FaN (AWWB 80), der für Bürchen, Unterbäch und Mollens altbelegt ist. In den Flurnamen kommt dreimal die Form Dirrigo vor, einmal die Form Dirringo, also alles kollektive / - IG / -Formen im Genitiv Plural. Belegt sind aúff Dirrigo Boden (1753, Bürchen), aúff Dirrigo Riedt (1691, Bürchen), jn Dürrigo Schluocht (1648, Bürchen) und die Ebnetmatta Dirringo (1504, Bürchen). Das / ü/ im Beleg von 1648 wird 1653 zu Dirrigo verändert; es ist also ein hyperkorrektes Merkmal, das nur einmal vorkommt. In allen Fällen ist der Name als ‘ die Familie Dirren / die Leute des Dirren ’ zu lesen. Dischtel Dischtel ‘ Distel ’ ist zum schwdt. Pflanzenname Distel, Tistel, Dischtill m./ f., ahd distil m., distula f., mhd. distel m./ f., ‘ Distel, distelartige Pflanze ’ (I D . 13, 1996 ff.; W IPF 1910, 165; G RICHTING 1998, 59) zu stellen. Je nach Ort kann das / l/ zu / j/ palatalisiert werden. Neutrale Formen bezeichnen grosse Vorkommen von Disteln. Im Lötschental ist auch Dischel m. (I D . 13, 1996) belegt. Der Pflanzenname dient meistens für Alpgebiete und davon abgeleitet von Teilen solcher Gebiete, Berggipfel und Gletscher; er ist bei L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2104, 1134) als C ARLINA , ab S. 1140 ff. als C ARDUUS und ab S. 1144 ff. als C IRSIUM , jeweils mit verschiedenen Unterarten, belegt; weitere Distelarten kommen kaum in Frage. Im Bezirk Leuk fehlt er in den Orts- und Flurnamen. Er kommt in gut 80 Namen vor. Das Simplex Dischtel, Dischtil, Dischtul, im Plural Dischtle oder Dischtje kommt u. a. in Grächen, Lax, Martisberg, Naters, Saas-Almagell, Saas-Balen, und Ulrichen vor; häufig bildet sich darum herum ein Namennest, das sich in Komposita mit den Grundwörtern Bach, Balm, Biel, Bord, Bodu, Brunnu, Fääsch, Gletscher, Graat, Gufer, Haalta, Hooru, Matta, Pletscha, See, Spitz, Stei, Stock und Tola zeigt. Adjektivische Bildungen sind Hinner Dischtel, Ober Dischtel, Unner Dischtel und Vorder Dischtel. Dieselben relativen Lageadjektive können sich auch mit Komposita verbinden wie Hinner Dischtelbode (Münster), Ober Dischtelhoru (Saas-Fee) und weitere mehr. Beim Kompositum Distilgarten ‘ Distelgarten ’ (1399, Ried-Brig) ist an ein eingezäuntes Stück Land zu denken, das für den Gemüseanbau verwendet wird, aber auch Disteln enthält. Die Bildung Distjenen ‘ die Disteln ’ (1824, Naters) enthält eine Palatalisierung von / l/ zu / j/ und eine falsche hochdeutsche Endung zu einem Dativ Plural ‘ bei den Disteln ’ . Ableitungen verschiedener Art sind zu finden: Dischlig (< Dischtel + ING ) ‘ Ort wo es Disteln hat ’ (Blatten), Dischgerna (< Dischtel + ERNA , mit Velarisierung zu / g/ ) ‘ Ort, wo es Disteln hat ’ (Simplon), Tischterra (gleiche Bildungsweise ohne Velarisierung) ‘ Ort, wo es Disteln hat ’ (Ausserberg); diese Ableitung erscheint als Bestimmungswort Tischterin einer Reihe von Namen wie Tischterbiel ‘ der Hügel bei der Tischterra ’ (Raron) und anderen (cf. HL D ISTER ). Ein kollektives Präfix GI ist in Gidischtel ‘ Ort, wo es Disteln hat ’ (Randa, Visperterminen) zu finden. Solche Ableitungen verschiedener Art kommen auch in komplexen Bildungen wie ts Foder Faflärdischligen ‘ der vordere Teil des Gebietes mit Disteln auf der Fafleralpe ’ (Blatten) vor. Dister Dister ist in Ausserberg und Raron belegt; an anderen Orten ist das HL D ISCHTEL . In Ausserberg ist zentral Dischtera ‘ das Gebiet mit vielen Disteln ’ (FLNK und historisch ab 1502), t Obri und t Undri Tischterra ‘ der obere und der untere Teil des Gebietes mit Disteln ’ , dazu kommen der Tischterbiel ‘ der Hügel im Gebiet der Dischtera (Gebiet mit vielen Disteln) ’ und 1741 u. später an den Tischertbielruns ‘ an den kleinen Bach im Gebiet des Tischterbiel ’ , 1707 u. später im Tisterboden ‘ der Boden im Gebiet Dischtera (Gebiet mit vielen Disteln ’ , dann Dischterfeesch ‘ das Grasband bei der Dischtera (Gebiet mit Disteln) ’ und 1703 im Vndren Tisterfesch ‘ im unteren Teil des Grasbandes bei der Dischtera (Gebiet mit Disteln) ’ . In jedem Fall könnte auch der FaN Tister, Dister, In der Tisteren u. ä. (AWWB 132 s. v. Indertisteren) gemeint sein. In Raron ist historisch ab 1305 als zem Distersse und weitere Formen, zuletzt 1815 in der Distern ‘ das Gebiet mit Disteln / der Familie Dister ’ belegt. Dazu kommen in Distern Boden ‘ im Boden bei den Disteln / der Familie Dister ’ (1816, Raron) und auf dem Tisterfoesch ‘ auf dem Grasband bei den Disteln / der Familie Dister ’ (1765, Raron). Das HL ist zu schwdt. Dister m. ‘ Distel ’ (I D . 13, 2005) zu stellen (cf. HL D ISCHTEL ). 17 18 Dister <?page no="14"?> Dit Dit kommt nur in zobrest dem Dithang (1528, Mörel) vor; ob die Analyse Dit + Hang zutrifft, lässt sich aus der Stelle nicht erkennen. Dit selbst lässt sich nicht deuten; es könnte sich auch um eine Verschreibung handeln, doch ist diese nicht klar. Dobell Nur einmal historisch ist 1686 in Niederwald jm Dobell belegt. Es handelt sich um schwdt. Tobel ‘ enges Tal, Schlucht ’ und wdt. Tobl, Tobäl (Goms), Tobul (Vispertäler), Tobol (Schattenberge), Tobil ‘ Tobel, Schlucht ’ (I D . 12, 116 ff.; G RICHTING 1998, 195). Das HL ist sonst als FlN im Oberwallis und der westlichen Deutschschweiz kaum belegt, in der östlichen Schweiz aber häufig (cf. www. ortsnamen.ch (besucht am 3. 8. 2018) s. v. Tobel). Dogaana Dogaana ist zweimal belegt, einmal als der Zolldogaana ‘ Schild mit der Aufschrift Zoll - Dogana (it. ‘ Zoll ’ ) ’ (Zwischbergen) und Dogana Gondo (LT, Zwischbergen. Der zweite Beleg ist direkt an der Grenze zwischen Italien und der Schweiz; der erste am Ausgang Gondo Richtung Gabi. J ORDAN (2006, 309) kennt nur Zolldogaana, mit neutralem Genus. Zu Grunde liegt it. dogana f. ‘ der Zoll, das Zollamt, das Zollhaus ’ (vgl. D EVOTO / O LI 2020, 710). Dokter Dokter ‘ Arzt ’ m. ist zu schwdt. Dokter bzw. Tokter m., teilweise auch Doktor, mhd. doctor, entlehnt aus lat. DOCTOR ‘ Lehrer ’ , in FlN die Berufsbezeichnung ‘ Arzt ’ oder der akademische Grad ‘ Doktortitel ’ des Besitzers (I D . 12, 1285 ff.) zu stellen. G RICHTING (1998, 59) hat Dokkter, Dokktr (Lötschtal), Dokktär ‘ Arzt ’ . Das HL kommt dreimal vor; zweimal im vorangestellten starken Genitiv: ts Doktersch Güed ‘ das Gut des Arztes ’ (Agarn) (laut Gwp. Eigentum des Arztes Dr. med. Adolf Bayard (1875 - 1952)), ts Doktorsch Huis ‘ das Haus des Arztes ’ (Kippel), auch ts Pomettasch Huis, Ferienhaus von Dr. med. Daniele Pometta (1869 - 1949), früher Spitalarzt in Brig. Als Kompositum belegt ist di Doktermattu ‘ die Wiese des Arztes ’ (Varen). Die heutigen Karten zeigen Reben, SK jedoch ein Gebiet ausserhalb der Reben, sodass ursprünglich an eine Wiese gedacht werden kann; im Unterschied zu den ersten zwei Belegen kann hier der Doktor (wohl: Arzt) nicht namentlich genannt werden. Dom Dom m. ist zunächst der Name des 4545 m hohen Gipfels der Mischabelgruppe, der früher Graben- oder Festihorn genannt wurde, er verdankt seinen Namen dem Domherrn J OSEF -A NTON B ERCHTOLD (J ULEN 1951, 38 ff.; W ERLEN 2008, 587), wie dieser in seinem Manuskript (Nr. 16 der literarischen Manuskripte des Staatsarchivs Sitten von 1857 auf S. 36 f.) selbst vermerkte. Belegt ist der Dom (Randa) und der Doom (Saas-Fee). Weiter erscheint das HL als Bestimmungswort in di Domhitte ‘ die SAC-Hütten (alte und neue) beim Dom (Gipfelname) ’ (Randa, LT Domhütte SAC, FLNK Domhitta SAC) und ts Domjoch ‘ das Domjoch (zwischen Dom und Täschhorn) ’ (Randa, Saas-Fee). Komplexer ist Domhittuwäg ‘ der Weg zur Domhütte (Hütte des SAC beim Dom (Gipfelname)) ’ (FLNK, Randa). Dom selbst hat sich im Deutschen in Anlehnung an das mfrz. dôme (< lat. DOMUS ‘ Haus ’ ) als ‘ Bischofskirche ’ (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 209 f.) durchgesetzt; Domherr B ERCHTOLD erinnerte die Kuppel des Berges an eine solche Kirche. Nicht der Gipfel ist in Domherruhof ‘ der Hof der Domherren (Haus am Dorfplatz in Naters) ’ (Naters) gemeint, sondern das Domkapitel des Bistums Sitten. Siehe dazu M ARTONE (2013). Domig (FaN) Domig (FaN), auch Tomig, ist zum FaN Domig zu stellen, der im Register HRBS mehrfach belegt ist. Alle Belege enthalten den Genitiv Plural der kollektiven / - IG / -Ableitung Tomigo oder Tomigu einem Grundwort vorangestellt. Gemeint sein kann auch ein PN Thomas (I D . 12, 1812 ff.). Neben dem PN Thomas ist auch der PN Domigis (F ÖRSTEMANN 1, 416) belegt, doch ist wohl der biblische PN Thomas sinnvoller. Belegt sind: in Tomigo Erb ‘ im Erbe der Familie Domig / der Leute des Thomas ’ (1686 u. später, Ausserberg), ts Tomigohüüs ‘ das Haus der Familie Tomig / der Leute des Thomas ’ (Ausserberg), zu Thomigu Haus ‘ beim Haus der Familie Domig / der Leute des Thomas ’ (1789, Raron), Thomigo Matta ‘ die Wiese der Familie Domig / der Leute des Thomas ’ (1637, Ausserberg) und zuo Tomigo Throg ‘ beim Trog (Brunnen) der Familie Domig / der Leute des Thomas ’ (1540, Ausserberg). Domo Domo m. kommt lebend nur in Betten auf einer Höhe zwischen 1500 und 1600 m vor. Weiter sind der Ober Domo und der Unner Domo erwähnt. Die historischen Belege sind: 1292 in Domne, 1386 ab Done, 1399 apud Dompne, 1401 und 1416 ab Dompne, 1435 apud Dompne, 1463, de Dompne, 1527 an Doman, 1535 an Domen und weitere. Das nächstliegende Wort wäre ein aus dem Romanischen entlehntes lat. DOMINU ‘ Herr ’ , das schon früh zu domne wurde (FEW 3, 130 ff.). Ab dem 16. Jahrhundert wird die schwierige Form Dompne zu Doman / Domen vereinfacht und als Domo ausgesprochen. Die Dit 19 20 <?page no="15"?> genaue Deutung bleibt unsicher - es könnte sich um ein Gut des Lehensherrn oder des Pfarrherrn gehandelt haben. Schwierig zu erklären ist allerdings der Anlaut / d/ , der üblicherweise zu / t/ wird (vgl. Tuem für Domo (dossola) in I D . 12, 1874 f.) und das Genus Maskulin statt des Neutrums. Vermutlich gehören der Domlibiel ‘ der zur Flur Domo gehörende Hügel ’ (Betten) und der historisch belegte Domlybach ‘ der Bach, der aus dem Gebiet Domo kommt ’ (1739, Betten) auch hierzu; auch der Beleg in den úntren Dommenmatten ‘ in den Wiesen des unteren Domo ’ (1844, Betten) ist hier lokalisierbar. Schwieriger zu deuten ist ein 1839 für Obergesteln belegtes Domÿlÿbach. Zu vermuten ist, dass der Milibach ‘ der Mühlenbach ’ (Obergesteln) gemeint ist; der Schreiber könnte den Artikel fälschlicherweise an den Namen agglutiniert haben. Donna Donna kommt nur in Champ de laz Donna (1612, Albinen) vor, das heute als Tschangaladonga (FLNK, Albinen; M ATHIEU 2006, 11 u. 15) belegt ist. donna ‘ Frau, Herrin ’ ist im G PSR (5, 848 ss.) belegt, wo auch entsprechende Ortsbezeichnungen vom Typ champ à la Donnaz usw. aufgeführt sind. Hier zu deuten als ‘ Feld der Herrin, der Dame ’ . Welche Herrin genau gemeint war, entzieht sich der Kenntnis. Der erste Teil Tschang- (frz. champ ‘ Feld ’ ) ist unter HL C HAMP verzeichnet. Donner Donner ist als Simplex nur einmal belegt in im Donnern (1859, Betten). Die Bewohner dieses Ortes sind in einem Beleg von 1756 zweimal erwähnt: in Donnero Alpmatten und Donnero Spitz (Betten), vermutlich in beiden Fällen keine FaNN, sondern blosse Herkunftsnamen (TGNB 2, 2, 157 kennt Donner dagegen nur als Besitzername). Ebenfalls in Betten ist Donnerstafel ‘ der Stafel der Leute von Donner (? ) ’ belegt (Gwp. vermutet jedoch eine sonst nicht belegte Herkunft vom Flurnamen Domo (cf. HL D OMO )). Weiter kommen je ein Donnereggi ‘ kleine Ecke, bei der es lärmt wie beim Donnern(? ) ’ in Ausserberg und Hohtenn und ein bloss historisch belegtes Zum Donderstein (1560), resp. Donnerstein (1737), beide Bratsch, vor. Am ehesten ist das Lexem zu schwdt. Donner, Donder, Dun(n)er m., ahd. donar, mhd. doner, toner, donder, dunder, wesentlich wie nhd. ‘ Donner ’ (I D . 13, 236 ff.; W IPF 1910, 84; G RICHTING 1998, 59) zu stellen, doch ist die Namenmotivation unklar. Donru Donru ist 1629 in Albinen als lÿ donru belegt. Es handelt sich laut Dokument um einen Bach, der sich im Westen eines Grundstücks befindet (laut Nr. 45047 der Datenbank in di Dallje in Tschingere). Laut www.suone.ch bewässerte die Corwey-Wasserleite den Ort Tschingere. Ihr Wasser stammt aus dem Lirschigrabu. Der Bachname Donru kann eventuell zu frz. donner ‘ geben ’ (G PSR 5, 861 ss.) oder besser zu frz. donneur ‘ Geber ’ (G PSR 5, 865) gestellt werden; ein Hinweis auf die hier gebrauchte Form entfällt allerdings. Ob die beiden Deutungen für einen Bach gelten, ist sehr unklar. Die Endung von Donru kann aber auch auf eine nachträgliche Verdeutschung deuten. Insgesamt bleibt deswegen die Deutung unklar. Dontana Dontana ist nur einmal 1484 in Salgesch als Glarie Dontana belegt. Laut Dokument soll dort der Ursprung der Raspille liegen. T AGMANN (1946, 51) zitiert das Dokument als Kopie aus dem 19. Jahrhundert als doctana und stellt es zu Autannaz, das sich als les Outannes auf dem Gebiet von Miège befindet. Es müsste sich also um einen Genitiv zu Otanna handeln (cf. T AGMANN 1946, 51), das laut T AGMANN zu *A UGUSTANA ‘ pâturage d ’ août ’ (auf dt. also Augstweide) zu stellen ist. Donu Donu ist nur belegt in ts Donuwasser und der Donuwasserschleif (beide Gampel). Der Bach entspringt auf ca. 2100 m und erstreckt sich von Nordwest nach Südost ziemlich gerade bis auf ca. 1800 m. Der Schleif liegt neben dem unteren Teil des Baches. I D . (13, 231) kennt ein Done n II f. ‘ Leine, Schlinge zum Vogelfang; dickes Seil ’ , doch ist (a) das Wort sonst im Walliserdeutschen nicht belegt und (b) ist der Zusammenhang zum Donuwasser nicht zu erkennen. L EXER (1, 447) kennt ein schwaches Verb donen ‘ gespannt sein ’ . Donu wäre dann wohl der Bach, der grade wie ein gespanntes Seil fliesst. Diese Deutung ist aber sehr unsicher. Doorbu Doorbu kommt primär als frpr. Etymon im Bezirk Leuk vor. Ob än Toorbu ‘ auf Torben ’ (Ferden; FLNK Dorbu; LT Torbu; SK Dorben) hieher gehört, ist unklar; schwdt. Turb ‘ Torf ’ (I D . 13, 1437) kommt aus inhaltlichen (der Ausdruck kommt im Walliserdeutschen sonst nicht vor) und lautlichen (/ o/ statt / u/ ) Gründen kaum in Frage. Das Simplex erscheint als ts Doorbu (Albinen) und als Dorben (1723, Inden), wobei die beiden Orte identisch sind. Die ältesten Belege in Albinen sind: 1250 (ca.) de Dorbuns (eine Alpe), 1298 apud Dorbons, 13. Jh. Petri de Dorbon, 1320 de Dorbons (eine Alpe) usw. Obwohl als Alpe bezeichnet, ist der Weiler mit rund 1410 m eine Voralpe; M ATHIEU (2006, 35) gibt den Weiler als Dorbu Derfji wieder; er ist heute weitgehend vebuscht. Albinen weist folgende weiteren Belege auf: Dorbu ob dum Wäg ‘ in 21 22 Doorbu <?page no="16"?> Dorben oberhalb des Weges ’ (FLNK), Dorbubodu ‘ der Boden beim Weiler Doorbu (Dorben) ’ (FLNK), Dorbubrunnji ‘ die kleine Quelle / der kleine Brunnen beim Weiler Doorbu (Dorben) ’ (FLNK), der Doorbugrabu ‘ der Graben, der bei Dorben vorbeiführt ’ , der Doorbuwald ‘ der Wald beim Weiler Dorben ’ . Diese Namen sind auch alle bei M ATHIEU (2006, 34 f.) verzeichnet, der Dorbu schreibt. Nur historisch sind in Crista de Dorbons (1358, Albinen) und Saxi de Dorbons (1291, Albinen) erwähnt. Ob es sich um Doorbu handelt, kann nicht entschieden werden. Unner Dorbu ‘ das untere Dorben ’ (Albinen) ist bei M A- THIEU (2006, 36 f.) belegt. Der gleiche Name ts Unner Dorbu ‘ das untere Dorben ’ (Inden) wird von M ATHIEU als „ kleines Albiner Wintergut auf Gebiet der Gemeinde Inden. Längst aufgegeben “ (2006, 37) bezeichnet. In Inden ist weiter der Dorbuwäg ‘ der Weg nach Dorbu (Weiler von Albinen) ’ (Inden) belegt. Der Name wird von J ACCARD (1906, 136 f.) notiert; er stellt ihn zu einer kelt. Wurzel darbi ‘ Tanne ’ mit Verweis auf Darbellaz. Damit würde allerdings das klare / o/ des Namens nicht erklärt. G PSR enthält den Namen nicht, sodass eine Erklärung fehlt. Ob das in Erschmatt belegte Dorbeggu ‘ die Dorb-Ecke ’ auf ca. 2370 m hieher gehört, ist unklar. Als di Doorbeggu (Guttet) ist die gleiche Ecke auch in Guttet belegt. Weiter westlich findet sich historisch a torrente de laz Dorby ‘ vom Bach Dorby ’ (1485 u. später; Salgesch) und in torrente de Dorbi ‘ am Bach von Dorbi ’ (1434, Varen), wobei hier Leute aus einem in Siders geschlossenen Vertrag benannt sind; der Bach gilt als einer der Ursprünge der Raspille neben den Bächen Posa und Mayentzet. Während T AGMANN (1946, 3) die posa kennt und auf S. 48 f. auch mayents ę t als Bach erwähnt, ist ihm offensichtlich der Name Dorbi / Dorby unbekannt; T AG- MANN (1946, 3) kennt aber tró ̩ pla, was jedoch nicht direkt zu Dorbi / Dorby passt. Der Name dieses letzteren Baches ist mit dem von W ULF M ÜLLER (in B REGY / M ÜLLER 2003, 19 f.) angesetzten Flussnamen *Dúr-ub-ia > Torbi vergleichbar (als Quelle von Törbel). Ob das auch für die übrigen Flurnamen das Typs D OORBU gilt, kann nur vermutet werden. Doore Doore m. ‘ Dorn ’ ist zu schwdt. Dore n , Dorn bzw. Torn, im Wallis ō -, -u n , -o n , in Lötschen T ō rn m., diese Endung / -rn/ geht auf / -ren/ zurück (Konsonant + Schwachtonvokal + n > Konsonant + n), Pflanzenname wesentlich wie nhd. ‘ Dorn, Dornstrauch, Dornzweig ’ , ahd. und mhd. dorn und wdt. Doore, Doorä (Goms), Doora (Mattertal), Doorn (Lötschental), Dooru (I D . 13, 1622 ff. bes. 1631 Anm.; SDS 2, 142; G RICHTING 1998, 59; H ENZEN 1929, 130) zu stellen. Das HL kommt in rund 75 Flurnamen vor. Gemeint sind in den Flurnamen generell Gebiete mit Dornsträuchern wie Schwarzdorn, Weissdorn und andere. Bei Namen mit neutralem Genus sind Kollektiva gemeint. Das HL ist als Simplex im Singular selten belegt: ts Dooru ‘ bei den Dornsträuchern ’ (Ried-Brig), jm Dorr ‘ im Gebiet mit Dornsträuchern ’ (unklar) (1777, Niedergesteln). Ganz unsicher ist der Beleg zúr Doren (1667, Ernen; 1838 zúr Thorn), ein seltenes Feminin, das am ehesten als Reanalyse aus dem Plural verstanden werden kann. Häufig sind dagegen Plurale des Simplex: Doorna (FLNK, Eggerberg, EK: Dorna; FLNK, Embd), di Doorna (Ausserberg, Baltschieder, Eggerberg, Hohtenn, Raron), ze Doornu (Termen (dreimal), Visperterminen), jn Dornen ‘ im Gebiet mit Dornsträuchern ’ (1557, Mund), jn den Dorun (1545, Unterbäch). Als Diminutiv im Singular kommt Dori (FLNK, Albinen) in Frage, das als Dori / Im Dori auch bei M ATHIEU (2006, 19) vorkommt. Ob aber überhaupt das HL D OORE oder ein frpr. Etymon vorliegt, lässt sich nicht sagen. Im Plural sind di Doorlini ‘ die kleinen Dornensträucher ’ (Hohtenn, Steg) belegt. Mit attributiven Adjektiven finden sich: Grawi Dorne ‘ die grauen Dornsträucher ’ (FLNK, Bürchen), wozu wohl auch das nur einmal historisch belegte die Graden Dorna (1576, Bürchen) gehört. Bei L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014) ist kein Graudorn oder ähnlich belegt; hingegen gibt M ARZELL (1972, 2, sp. 872, s. v. H IPPOPHAË RHAMNOIDES für den Sanddorn) auch Blawe Dore ‘ blaue Dornen ’ (nach S TEBLER 1928, 78) an. Als Kompositum kommt auch t Wiissdoorna ‘ die Weissdornsträucher (Crataegus monogyma oder laevigata) ’ (Eggerberg) vor. Weiter ist belegt im (lat.: Superiori) Oberen Doren ‘ im oberen Gebiet mit Dornsträuchern ’ (1674, Ried-Brig). Von den zweigliedrigen Komposita mit dem HL als Grundwort ist vor allem der Typ Hegdore vertreten, der zu schwdt. Hagdorn, auch Hegge n dorn (I D . 13, 1634 ff.) zu stellen ist. Die beiden Ausdrücke bezeichnen verschiedene Arten von Dornsträuchern. Dieser Typ ist belegt als am Haadorn (1745, Niedergesteln), im Hadoore (Eischoll, Dorfviertel), Hegdore (FLNK, Bellwald), Hegdorn (1844, Fieschertal), im Heggdooru (Naters, Weiler). Als komplexere Formen kommen dazu Undern Haagdoorni ‘ im unteren Hagedorn ’ (Wiler) mit dr Haggdoorichrum ‘ die eingezäunte Wiese beim Gebiet kleines Hagedorn ’ (Wiler) und dr Haggdoristäg ‘ der Steg (über den Chummerbach) zum Gebiet kleines Hagedorn ’ (Wiler). Zum Weiler Heggdooru (Naters) sind folgende komplexe Konstruktionen belegt: Hegdorner Gassa (1774 u. später), Hegdornerbiela, Hegdornerwald (1684 u. später), Heggdorner Schrattji, Hegdoruhalta (FLNK), sowie die Ableitung Hegdorneri (FLNK) für die Wasserleitung von / nach Hegdooru. Der Hegdornerwald ist im Dokument von 1684 auch Doore 23 24 <?page no="17"?> für Bitsch und Ried-Brig belegt; es handelt sich vermutlich in allen drei Fällen um den gleichen Wald, der am ehesten dem Weiler Hegdooru bei Naters zuzuschreiben ist. Ein fragliches Kompositum findet sich in t Hiiseldoorna (Niedergesteln); das Bestimmungswort scheint eine ursprünglich umgelautete, dann entrundete Form zu mhd. hûs ‘ Haus ’ zu sein, das entweder einen Abort (vgl. G RICHTING 1998, 107 s. v. Hiisler ‘ Abortmist ’ ) oder ein Spielgerät (vgl. I D . 6, 1537) meint; es ist wohl zu verstehen als ‘ die Dornsträucher, bei denen man seine Notdurft verrichten kann ’ . Weiter kommen vor: die Biinundoorna ‘ das Gebiet mit Dornsträuchern beim Weiler Binu (Pflanzplatz) ’ (Hohtenn), t (e)Rottundorna ‘ die Dornsträucher beim Rotten ’ (Hohtenn, FLNK Rottudorna), zen Schledornen ‘ bei den Schlehdornen (P RUNUS SPINOSA , Schwarzdorn) ’ (1543 u. später, Termen), der Schliechdooru ‘ der Schlehdorn (? , P RUNUS SPINOSA , Schwarzdorn) ’ (Niedergesteln), dabei zeigen die historischen Belege 1522 Schlechdoren, 1575 die Schlecht Dorenbachtholen, 1575 Schlechtdoren Bachtohlen. Gleich in der Nähe befindet sich jedoch tsch Schliechtjihüüs ‘ das Haus bei der kleinen Geländeeinbuchtung ’ ; es ist deswegen anzunehmen, dass der Schliechdooru ‘ das Dorngesträuch bei der kleinen Geländeeinbuchtung ’ meint; die historischen Belege scheinen statt dessen das Adjektiv schlecht anzunehmen, das jedoch in der aktuellen Dialektform nicht wiedererkennbar ist. t Wedorna ‘ die Wehdornen (Sanddorn, H IPPOPHAË RHAMNOIDES ) ’ (Grächen) ist laut M ARZELL (1972, 2, sp. 874) im Oberwallis belegt. Das HL tritt als Bestimmungswort mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita auf: Acher, Bach, Brunnu, Eie, Gassa, Grabu, Haalta, Hüs, Matta, Rüüs, Steg, Stüde und Wald. Komplexer sind: der Läz Torembach ‘ das Gebiet links (schattseitig) des Dornbaches ’ (Ferden), der Rächt Torembach ‘ das Gebiet rechts (sonnseitig) des Dornbaches ’ (Ferden), di Torembachegga ‘ die Ecke am Dornbach ’ (Ferden), t Under Torembachegga ‘ die untere Ecke am Dornbach ’ (Ferden). Das indirekt in der Beschreibung zu Doore gestellte di Dooriljättu (Leuk) gehört nicht hieher, sondern wohl zu einem romanischen Etymon, das leider nicht deutbar ist (cf. HL D OORILJÄTTU ). Dooriljättu Dooriljättu ist nur als di Dooriljättu (Leuk) belegt. Die historischen Belege 1720 jn die Doriette, 1727 ÿ Doriletta, 1751 in die Dorilleten, 1751 in den Dorlieten, 1855 in der Doriljette, ebenso wie die 1711 belegten Dorilleten (Agarn, Leuk) gehören alle zu einem frpr. Etymon, das allerdings nicht näher bekannt ist. Gwp. meint, die Flur heisse so, weil es in der ganzen Gegend Dornbüsche habe. Diese Deutung zu den HLL D OORE ‘ Dorn ’ und J ÄTTU ‘ Gejät ’ ist vermutlich falsch; es handelt sich wohl um einen Diminutiv auf / - ITTA / zu Dori(l)- oder ähnlich. Naheliegend wäre dorier (G PSR 5, 870 s.) ‘ Goldschmied ’ , das auch als Wiesenname vorkommt. Die Deutung wäre dann etwa ‘ die kleine Wiese des Goldschmieds ’ , wobei das auch ein FaN oder ein Beiname sein könnte. Dooträ Dooträ ist die Form des Simplex in Leukerbad (FLNK), wobei unklar ist, ob es sich um einen Singular oder einen Plural handelt. In der Nähe befinden sich der Dootrugrabu und der Dootruwald (beide Inden). di Dootruweid (Leukerbad) hingegen ist weit davon entfernt unterhalb der Clabinualp belegt. Bei R. G RICHTING (1993) ist Doträ auf Blatt 1, Nr. 14 verzeichnet; Dotruweyd dagegen auf Blatt 11, Nr. 26. Es handelt sich um einen romanischen Namen, dessen Deutung nicht möglich ist. Doppelt Doppelt Adj. ist einmal belegt in zer Topplete Schiir ‘ bei der doppelten Scheuer ’ (Ernen). Das Adjektiv ist zu schwdt. topplet ‘ doppelt ’ und wdt. topplet , topplät (Goms, topplut, topplot ‘ doppelt ’ (I D . 13, 369; G RICHTING 1998, 195) zu stellen. Gemeint sind „ zwei Scheunen, die nebeneinander stehen “ . Laut K LUGE / S EEBOLD ( 25 2011, 212) ist das Wort aus afrz. doble entlehnt. Dora (PN) Dora (PN) ist nur in Cima Dora (Zwischbergen) auf LT belegt. J ORDAN (2006) kennt es nicht. Belegt ist bei O LIVIERI (1965, 148) Dora nur als Flussname, was bei Cima Dora kaum in Frage kommt. LSI (2, 312) kennt dorá als Nebenform zu doraa ‘ goldfarben ’ . RN (2, 149) hat dora als Nebenform zu lat. FORAS ‘ draussen, ausserhalb ’ , aber nur für das Münstertal und das Bergell. Es verweist auf S. 551 auch auf den PN Dorothea mit der Kurzform Dora. Das PN Dorothe mit der Kurzform Dora ist auch in I D . (13, 1294 f.) enthalten. Als Bergname kommt sowohl der PN als auch ‘ goldfarben ’ in Frage. Dorf Dorf n. ‘ Dorf ’ ist zu schwdt. Dorf n., Pl. Dörf(f)er bzw. -e-, Dim. Dörf(f)li, Derf(f)li, Dörffji, Derffji, Dorffji, ahd. und mhd. dorf n., wesentlich wie nhd. ‘ kleinere, meist bäuerliche Siedlung; Hauptsiedlungsort mit mehreren Weilern oder mehreren einzeln stehenden Häusern, der sich wiederum in Ober- und Unterdorf, Mitteldorf, Hinter- und Vorderdorf teilt ’ (I D . 13, 1472) zu stellen. G RICHTING (1998, 59) notiert Doorf mit der üblichen Dehnung des Kurzvokals vor / r+Konsonant/ im Oberwallis. Zur Herkunft siehe K LUGE / S EEBOLD ( 25 2011, 212). 25 26 Dorf <?page no="18"?> Das HL kommt in rund 240 Namen vor. Dabei dominiert das Simplex Dorf, häufig allerdings mit Präpositionen wie im, ob, unter dem Dorf. Der Plural ist als zwischen den Dörfern (Ferden, Steg) nur zweimal historisch belegt. Der Diminutiv im Singular ist meist Deerfji (zehn Belege), weiter Deerfli (Ferden) und beÿm Derfflin (1782, Naters). Historisch sind auch im Dörffli (1724, Bitsch), im Dörffly (1677, Steinhaus) und vnder dem Dörfli (1689, Ausserbinn und Binn) belegt. Mit attributiven Adjektiven sind vor allem die Typen ts Ober Dorf ‘ das obere Dorf ’ und ts Unner Dorf ‘ das untere Dorf ’ belegt, die sich aber nur schwer von den Komposita ts Oberdorf und ts Unnerdorf unterscheiden lassen. Auch ts Mittel Dorf und ts Mitteldorf sind vertreten, jedoch deutlich seltener. Weitere Belege sind vnder dem Alten Dorf (1727 u. später, Betten), ts Ändruscht Dorf ‘ das jenseitigste Dorf ’ (Varen), Änner Dorf ‘ das jenseitige Dorf ’ (Naters) und Änners Deerfji (Bratsch), ts Chlein Deerfji ‘ das kleine Dorf ’ (Visperterminen), beim Fordren Dorfli ‘ beim vorderen kleinen Dorf ’ (1749, Leuk), jm Hinder Dörfflin ‘ im hinteren kleinen Dorf ’ (1498, Ausserbinn und zwei weitere Belege), im Indrin Dorf ‘ im inneren (taleinwärts gelegenen) Dorf ’ (Kippel), ts Inner Dorf ‘ das innere Dorf ’ (Baltschieder), ts Niw Dorf ‘ das neue Dorf ’ (Eischoll), im Neiwen Dorfÿ ‘ im neuen kleinen Dorf ’ (1756 u. später, Betten), Z Obruscht Dorf ‘ das oberste Dorf ’ (Leukerbad und drei weitere), z Undruscht Dorf ‘ das unterste Dorf ’ (Inden) und im Uistrin Dorf ‘ im äusseren (talauswärts liegenden) Dorf ’ (Kippel). Einen eigenständigen Typ scheint die Kombination eines Lokaladverbs mit Dorf darzustellen: Uf Dorf ‘ auf (dem) Dorf ’ (Naters), das historisch als vffem Dorf (1458 u. später) erscheint. Das 1516 belegte lateinischen vltra villam Narres (Naters) ist unsicher, da nicht klar ist, ob VILLA wirklich als Dorf übersetzt werden kann, und die Präp. ultra sowohl über wie jenseits heissen kann; 1719 und später ist aber Z Naters Obdorf ‘ die Gegend über dem Dorf von Naters ’ belegt. Vorangestellte (alte) Genitive sind selten. unter Nanzer Dörflein (1857, Gamsen) kann zu Nanztal, aber auch zum FaN Nanzer gestellt werden. ob dem Hÿschÿer Dorff (1728, Bürchen) ist wohl als ‘ ob dem Dorf der Leute von Ze Hischre (Zenhäusern) ’ zu lesen. Bei den zweigliedrigen Komposita mit dem HL als Grundwort fällt der Typ Niderdorf ‘ das Niederdorf ’ (sechs Belege auf); er ist das Gegenstück zum schon erwähnten Oberdorf. Ein zweiter Typ verbindet einen Siedlungsnamen mit Dorf: ts (e)Rieddorf ‘ das Ried-Dorf ’ (Turtmann), Änggärsch Dorf ‘ das Dorf Engersch ’ (Bratsch), under dem Breÿen Dorf ‘ unter dem Dorf Breien ’ (1803, Eischoll), ts Eischtdorf ‘ das Dorf Eisten (Teil von Blatten) ’ (Blatten), ob dem Gerber Dorf ‘ oberhalb des Dorfes Ze Gäärwerru ’ (1685, Bürchen), ts Ladundorf ‘ das Dorf Laden ’ (Hohtenn), ts Pfideerfji ‘ das kleine Dorf Pfyn ’ (Leuk), Rufinu Deerfji ‘ das kleine Dorf Rufinu (Rutschgebiet) ’ (Unterbäch), das Sedeldörflein ‘ das kleine Dorf Sädel (Weiler oberhalb Ausserberg) ’ (Ausserberg), Steideerfji ‘ das kleine Dorf Stein (unterhalb von St. German) ’ (Raron), Turtigdorf ‘ das Dorf Turtig (Raron) ’ (Raron). Auch komplexere Bildungen sind möglich, wie ts Ober und ts Unner Geeredorf ‘ das untere und das obere Dorf Geren ’ (Oberwald) zeigt. Naheliegende andere Fluren sind in ts Chummudeerfji ‘ das kleine Dorf bei der Chumma (Mulde) ’ (Raron) belegt, es handelt sich um eine Kleinsiedlung im Bereich der Rarnerchumme. Lärchedorfji ‘ das kleine Dorf bei den Lärchen ’ (FLNK, Ernen) meint eine Siedlung beim Gebiet Lärch, das sonst nur historisch (ab 1469) belegt ist. im Stadeldorf (Ferden) meint den Dorfteil von Ferden mit Stadeln. Schwieriger ist ts Trogdorf (Ausserberg), die Hauptsiedlung von Ausserberg; es ist unklar, ob hier ein Trog (Brunnen) stand, oder ob eine Geländeform (wie ein Trog, eine Mulde) gemeint ist. ts Steideerfji ‘ das kleine Stein-Dorf ’ liegt unterhalb St. German im Gebiet zum Stei. Die komplexeren Ober und Unner Chummudeerfji (Raron) befinden sich bei der Siedlung Z Chummu unterhalb St. German. Einen Sonderfall stellt Feriendorf Fiesch (Fiesch) dar, das eine Freizeit- und Sportsiedlung aus dem 20. Jahrhundert bei Fiesch benennt. Als Bestimmungswort ist das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern verbunden: Acher, Allmei, Bach, Blatta, Brigga, Halm, Hüs, Löuwina, March, Matta, Platz, Rüüs, Schnitta, Suon, Tossu, Tschugge und Wald. Dazu kommen Komposita mit Wasserleita ‘ Wasserleitung ’ und weitere komplexe Bildungen wie Dorftossuchrachu ‘ der Chrache (Tobel) beim Dorftossu (hervorstehender Fels oberhalb des Dorfes St. Niklaus) ’ (St. Niklaus), im Wüller Kin Dörfflin ‘ im kleinen Dorf beim Wiler Kinn (Schlucht) ’ (1693, Wiler) der Gmein Dorff Russ ‘ die Wasserleitung vom / zum Dorf, die der Gemeinde gehört ’ (1725, Leuk) und andere. Eine Ableitung auf / - ERI / (für Wasserleitungen) findet sich in Dorferi ‘ die Wasserleitung vom / zum Dorf ’ (Bellwald), eine Diminutivbildung dazu ist das Dorferlin ‘ die kleine Wasserleitung vom / zum Dorf ’ (1770, Naters). Ein Ableitung auf / - ERA / (für Wasserleitungen) ist in Dorfera ‘ die Wasserleitung vom / zum Dorf ’ (FLNK, Ernen; 1792 ob der Dorffern) belegt. Dorner (FaN) Dorner (FaN) ist nur als der Doornerbode ‘ der Boden der Familie Dorner ’ (Ried-Brig, auch FLNK) belegt. Gwp. Dorner (FaN) 27 28 <?page no="19"?> sagt, dass sich dort wenig oder keine Dornbüsche befinden. In Frage kommt also eher ein FaN. Historisch ist 1645 im Dornen Boden, 1664 jm Dorner Boden, 1786 ob dem Dorner Boden und 1843 im Dorner Boden (Ganther) bezeugt. Der heute noch lebende Flurname befindet sich als Dornerboden auch auf der Karte 1: 10000 in der Nähe der Acherbielen auf dem Brigerberg. Der FaN ist in AWWB (81) mit dem Hinweis auf Kämpfen (AWWB 141) erwähnt. Die Bemerkung Ganther im Beleg von 1843 deutet darauf hin, dass mit Dorner die Kämpfen aus dem Gantertal gemeint waren. Döss Döss ist nur als der Döss ‘ der Rücken ’ (Zwischbergen) belegt. J ORDAN (2006, 300) kennt Döss und Döss-Sita. Es ist zum dialektalen it. doss, döss m. ‘ Rücken ’ (LSI 2, 315; D EVOTO / O LI 2020, 719 s. v. dorso) zu stellen. Gemeint ist ein Gelände, das aussieht, wie ein Rücken (so auch J ORDAN ). Dou Dou ‘ zwei, maskulin ’ wird nur einmal in Jntre dou Thorren ‘ zwischen zwei Bächen ’ (1610, Leukerbad) verwendet und ist ein romanisches Etymon (vgl. T AGMANN 1946, 63, der darauf hinweist, dass es im Patois von Miège eine maskuline Form dou und eine feminine dauwe gibt). Dou ist allerdings häufig auch der präpositionale Genitiv des Maskulinums (M EYER 1914, 55). Doweeria Doweeria f. ist der Name des Flusses, der in Simplon Chrummbach heisst, und zwischen Gabi und Gondo Doveria. J ORDAN (2006, 310 u. passim) kennt Doweeria. Auf der italienischen Seite wird der Fluss Diveria genannt. Das Tal unterhalb von Gondo wird Val Divedro (deutsch: Daveder, hier HL T HAFEDER ) genannt, während der umfassende Name des Tales Val d ’ Ossola und dt. Eschental ist (nach H UBSCHMIED 1938 b, 50 ein Beleg für das späte Aussterben des Keltischen). O LIVIERI (1965, 147) kennt den Talnamen Diveria und den Alpnamen Deveria und führt sie - mit S ALVIONI - auf vetro ‘ Glas ’ mit Hinweis auf den dort vorhandenen Gletscher (ghiachiaio) zurück, weil auch Val di Vedro vorliege. Er interpetiert also Divedro als Verbindung einer Präposition di mit Vedro. Für Doveria gilt das jedoch nicht; dagegen könnte es sich auf das keltische *dubos ‘ schwarz ’ (L EBEL 1956, 289) beziehen, während Diveria sich zu keltisch *deua ‘ Göttin ’ (L EBEL 1956, 289) stellen liesse; auch wenn O LIVIERI S ALVIO- NI s Vorschlag als korrekt bezeichnet. In beiden Fällen wäre dann eine Ableitung auf / - ERIA / erfolgt, wobei der Akzent auf der ersten Silbe der Ableitung liegen würde. Diese Deutung ist allerdings sehr spekulativ. Zwei historische Belege, vermutlich aus Varzo, liegen vor: 1279 de douerio, 1561 de Diuerio - beide meinen wohl einen Ort im Tal, das 1543 vallis diuerij und 1555 vallis diuerÿ (beide Zwischbergen) heisst. In beiden Fällen liegt nicht das Feminin vor, sondern Maskulinum oder Neutrum, was auf einen Ort hindeutet; der Name des Flusses ist feminin. Doyrot Doyrot ist nur belegt in iuxta torrentem Doyrot (1407, Albinen). Der Beleg ist wohl verschrieben, da der Text aus einem jüngeren Kopialbuch stammt. In einem sonst gleich lautenden Beleg ist 1407 vom Bach dou Rol die Rede. Für eine vorsichtige Deutung cf. HL R OT . Draad Draad ist belegt in der Draadchromu ‘ die mit einer Mauer eingezäunte Wiese, von der ein Transportbahnseil wegführt ’ (Simplon) (vgl. auch J ORDAN 2006, 59 Draatchromu), ts Ober und ts Unner Draatseil ‘ das obere und das untere Drahtseil (Seil zum Holztransport) ’ (Mund) und Draatseilbächi ‘ der kleinen Bach, dem entlang ein Drahtseil führt / der gerade wie ein Drahtseil ist (? ) ’ (FLNK, Ulrichen). Es ist zu stellen zu schwdt. Dr ā t m., ahd. und mhd. dr ā t, wie nhd. ‘ Draht, fadenähnliches Gebilde aus Naturfasern oder Metall ’ (I D . 14, 1439 ff.) und zum Kompositum Drahtseil n. wie nhd. ‘ Seil aus Stahldrähten ’ (I D . 7, 756). G RICHTING (1998) kennt die Formen nicht. Ein Drahtseil dient im Allgemeinem dem Transport von Waren, nicht aber von Personen. Ob der Beleg von Ulrichen metaphorisch ist, lässt sich anhand von Karte und Fotografie nicht entscheiden. Dräck Dräck m. ist zu schwdt. Drëck m., mhd. drëck, wdt. Dräkk zu stellen. Es benennt in FlN schlammigen, sumpfigen Erdboden, Lehm, aber auch minderwertiges Land oder einen schmutzigen Ort (I D . 14, 724 ff.; G RICHTING 1998, 60). Das Simplex allein kommt nicht vor; mit einem attributiven Adjektiv ist es in der Gälw Dräck ‘ der fahlgelbe Dreck (vom Illwasser herausgespülte Lehmerde) ’ (Leuk) belegt. Die meisten Belegen enthalten Dräck als Bestimmungswort zu Fäld, Schleif, Sita und Wald, gemeint ist jeweils der schlammige, feuchte Boden. Eine Adjektivableitung auf / - IG / ist belegt in di Dräckig Wirtschaft ‘ die schlammige Unordung ’ (Blatten). Drähen Drähen ist nur belegt in Fasnacht Drähen (1659, Glis). Die Rede ist von einem Acker. Wie unter HL F ASNACHT aufgeführt, sind Namen mit diesem HL häufig mit Fasnachtsbrauchtum verbunden. Zu Drähen gibt es zunächst 29 30 Drähen <?page no="20"?> ein Stichwort Drä ̂ hen ‘ Hauch, Schwall ’ (I D . 14, 680), das inhaltlich wohl kaum in Frage kommt. Etwas weiter führt das Stichwort Drä ̂ je n II (I D . 14, 695 f.) ‘ das Drehen beim Tanz ’ ; man könnte dann annehmen, dass auf dem Grundstück ein Fasnachtstanz stattfand; diese Deutung ist allerdings sehr spekulativ. Rein von der Schreibung her ist Drähen aber in diesem Sinn durchaus möglich, wie die angeführte Stellen aus dem I D . zeigen. Dräjerli (PN) Dräjerli (PN) ist nur belegt in ts Dräjerlisch Ggääschi ‘ das kleine, schlechte Haus des kleinen Drehers ’ (Mund). Es ist zu schwdt. Drä(i)jer, Dr ē (i)jer m. ‘ Drechsler ’ , Nomen agentis zum Verb drää(i)je, dr ē (i)je ‘ drechseln ’ (I D . 14, 688 ff. bes. 711 f.) zu stellen (G RICHTING 1998 kennt es nicht). Es handelt sich wohl um einen Beinamen, der sich auf den Beruf des Besitzers bezieht. Wir geben ihn hier als PN wieder. Driest Driest m. ‘ unfruchtbares Gebiet ’ ist seit dem Ende des 13. Jahrhunderts in rund 120 Namen belegt. Die ältesten Formen zeigen durchwegs Driest, am Drieste und in dien Driesten. Das HL fehlt in dieser Form sowohl in I D . wie bei G RICHTING (1998). Für das HL gibt es eine romanische und eine deutsche Deutung. Die romanische stammt von H UBSCHMIED (1940, 10). Er kennt den Namen in Frutigen und deutet ihn als altrom. *tried žə > *Triesch, afrz. triège, aus gall. *trebio-, ‘ Weg, Spur ’ , in den Mundarten ‘ Durchgang ’ , in der Westschweiz auch ‘ Pfad, Viehweg, Spur ’ (FEW 13, 2, 233 zu * TREBARE ‘ wohnen ’ ). Das auslautende / t/ hält er für sekundär. Eine zweite romanische Deutung gibt J ACCARD (1906, 475) für Triège bei Salvan mit ‘ Weggabelung, Kreuzung von drei Wegen ’ . Eine deutsche Deutung skizziert M EYER (1930, 9), der es von Driesch m. ‘ Acker, der brach liegen bleibt ’ auch Weiden, alemannisch driesch ‘ brach ’ ableitet. Die Verbreitung von Driest im Oberwallis mit Belegen im ganzen Oberwallis und seit dem 13. Jahrhundert würde eine romanische Bildung nur als Lehnappellativ (G LATTHARD 1976) erlauben. Dagegen kann das deutsche Driesch m. ‘ unangebautes, brach liegendes Land, ungepflügter Acker ’ (G R W B 2, 1408; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 216 s. v. Driesch) eher als Grundlage dienen. Das HL erscheint durchwegs mit / t/ im Auslaut und ist ursprünglich maskulin. Das Suffix / -T/ wird aber nach S ONDEREGGER (1958, 556) zu einer verbalen Basis hinzugefügt und ist normalerweise feminin, obwohl der Autor mit der Literatur auch maskuline Bildungen annimmt. Die Deutung ‘ unfruchtbares Gebiet ’ bezieht sich im Oberwallis auf die meist steilen, felsigen und trockenen, schlecht zu bewirtschaftenden Gebiete, wie sie etwa auf der rechten Seite des Haupttales anzutreffen sind (ungefähr dem hdt. Leite ‘ Berghang ’ (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 571) entsprechend). Jüngere lebende Belege haben häufig anlautendes / t/ , also Triescht. Die feminine Form Drieschta f. (z. B. Birgisch, Lax) lässt sich am ehesten als Re-Analyse des Plurals verstehen, wie die historischen Belege für Birgisch und Lax zeigen. Eine eigentliche Ableitung auf / - A / liegt kaum vor. Wenn Artikel fehlen, ist es nicht möglich zu entscheiden, ob ein Singular Feminin oder ein Plural vorliegt. Das Simplex im Singular ist als dr Driäscht (Blatten, Ferden), der Driescht (Naters und weitere), der Triescht (Oberwald, Gluringen) und mit Präposition ufum Driescht (Zeneggen), bzw. unner dum Driescht (Zeneggen) und im Driescht (Visperterminen) belegt. der Driest ist historisch mehrfach bezeugt (1306, Lalden und weitere), am Drieste (1306, Eggerberg) einmal. Ein femininer Singular Driesten (1795, Feschel und Guttet) steht neben den lebenden di Drieschta (Erschmatt und drei weiteren Belegen (Birgisch, Mund, Naters), die wohl Singular Feminin sind, aber historisch Plural aufweisen. Trieschta (FLNK, Lax) ist vermutlich auch Singular Feminin. Im Plural ist das Simplex sicher bezeugt in di Drieschta (Brigerbad), di Drieschte (Oberems, Randa), in den Driesten (1320 u. später, Glis; 1807, Mörel) und inter (zwischen) den Driesten (1297, Lalden), ze Trieschte (Fieschertal), an dien Triesten (1300 - 1330, Münster) und den Triesten (1717, Turtmann; Kasus durch Konstruktion). Der Diminutiv im Simplex ist belegt als Drieschti (FLNK, Ernen), ts Drieschtji (Ausserberg, Embd, Hohtenn, Törbel), Triestji (FLNK, EK, Eggerberg) (wohl mit [sch] ausgesprochen. Der Plural erscheint in di Drieschtjini (Naters, zweimal) und Trieschtjini (EK, Eggerberg). Attributive Adjektive zum HL sind wie folgt belegt: in den Endren Driesten ‘ in den jenseitigen Driesten (unfruchtbare Gebiete) ’ (1547 u. später, Mund), in den Grauen Driesten ‘ in den grauen Driesten (unfruchtbare Gebiete) ’ (1651, Mund), den Grawen Triest ‘ (den) grauen Driesten (unfruchtbare Gebiete) ’ (1540, Naters, Kasus durch Konstruktion), in den Hindern Driesten ‘ in den hinteren Driesten (unfruchtbare Gebiete) ’ (1865, Glis; 1399 u. später, Naters), au ᵕ ffu ᵕ m Hoodriest ‘ auf dem hohen Driest (unfruchtbares Gebiet) ’ (1634 u. später, Zeneggen), Klein Driestgÿ ‘ der kleine Driest (kleines, unfruchtbares Gebiet) ’ (1768, Zeneggen), dr Ober Driäscht ‘ der obere Teil des Driest (unfruchtbares Gebiet) ’ (Blatten), die Obern Driesten ‘ die oberen Driesten (unfruchtbare Gebiete) ’ (1683, Erschmatt), t Ober Trieschta ‘ die obere Driesta (unfruchtbares Gebiet) ’ (Lax), Schwarz Trieschta ‘ die schwarze Driesta (unfruchtbares Gebiet) ’ (FLNK, Dräjerli (PN) 31 32 <?page no="21"?> Lax), der Under Driäscht ‘ der untere Teil des Driest (unfruchtbares Gebiet) ’ (Blatten), die Vndrenn Driest ‘ die unteren Driesten (unfruchtbare Gebiete) ’ (1577, Birgisch), in den Vndren Driesten ‘ in den unteren Driesten (unfruchtbare Gebiete) ’ (1569 u. später, Mund), t Unner Trieschta ‘ die untere Driesta (unfruchtbares Gebiet) ’ (Lax) und Wiissu Trieschte ‘ die weissen Driesten (unfruchtbare Gebiete ’ (FLNK, Termen). Vorangestellte Genitive des Besitzers oder Nutzers sind: ts Albregisch Driesta ‘ die Driesta (unfruchtbares Gebiet) der Familie Albert ’ (Mund), in den Birgischer Driesten ‘ in den Driesten (unfruchtbare Gebiete) der Gemeinde Birgisch ’ (1778 u. später, Birgisch), in den Gamsner Driesten ‘ in den Driesten (unfruchtbare Gebiete) der Gemeinde Gamsen ’ (1849, Glis), ts Gläisisch Drieschta ‘ die Driesta (unfruchtbares Gebiet) des Gläis (Klaus) / der Familie Gläisen ’ (Mund), des Gloden Driesta ‘ die Driesta (unfruchtbares Gebiet) des Gloden ’ (1714, Glis), Hirlymans Drieste ‘ die Driesta (unfruchtbares Gebiet) der Familie Hirlymann ’ (1859, Mund), ts Maadrisch Drieschta ‘ die Drieschta (unfruchtbares Gebiet) der Familie Jossen, die Maadrini ‘ Marder ’ genannt wurde ’ (Mund), ts Steihüötisch Drieschta ‘ die Driesta (unfruchtbares Gebiet) der Familie Hüeter beim Stein ’ und in des Tÿrolers Driesten ‘ in der Driesta (unfruchtbares Gebiet) des Tirolers ’ (1862, Glis). Die Formen Birgischer und Gamsner lassen sich als alte schwache Genitive Plural sehen, die heute als attributive Adjektive verstanden werden. Als Grundwort ist das HL in zweigliedrigen Komposita selten belegt: Bischtrieschtu ‘ die Driesten (unfruchtbares Gebiet) mit Büschen ’ (Zeneggen), ts Chilchchrieschi ‘ der kleine Driest (unfruchtbares Gebiet), der der Kirche gehörte (? ) ’ (Eggerberg, FLNK und EK haben Chilchtrieschtji), dazu kommen die komplexeren Ober Chilchtrieschtji (EK, Eggerberg) und Unner Chilchtrieschtji (EK, Eggerberg), Zwischdrÿesten ‘ das Gebiet zwischen den Driesten (unfruchtbare Gebiete) ’ (1558 u. später, Zeneggen) und dazu Obri und Unnri Zwischtrieschte (FLNK, Zeneggen). Als Bestimmungswort verbindet sich das HL mit folgenden Grundwörtern zu zweigliedrigen Komposita: Acher, Bach, Balma, Bodu, Bord, Egg(a), Flüö, Gand, Gletscher, Matta, Sand, Schiir, Suon, Tiri, Wäg, Wald und Wanna. Mehrfach belegt ist auch die Verbindung mit Wasserleita. Komplexer ist etwa an den Obren Triestweg ‘ an den Weg zum oberen Driest (unfruchtbares Gebiet) ’ (1701 u. später, Feschel; 1796, Erschmatt). Bemerkenswert sind komplexere Bildungen, die sich als syntaktische Gruppen verstehen lassen wie Alpen Uffem Triest ‘ die Alpe auf dem Driest (unfruchtbares Gebiet) (1540, Naters), die allerdings auch einfach zem Drieste (1407) oder vffem Driest (1468) genannt wird - es handelt sich um eine hochgelegene Alpe im Bereich des Aletschi (Naters), oder ts Steihüötisch Hüs in der Drieschtu ‘ das Haus der Familie Hüeter beim Stein in der Driesta (unfruchtbares Gebiet) ’ (Mund). Eine Ableitung auf / - ERIN / für Wasserleitungen findet sich in die Driesterin ‘ die Wasserleitung vom / zum Driest ’ (1670, Mund) und als Weiterbildung Drieschtneri ‘ (wohl) die Wasserleitung vom / zum Driest ’ (FLNK, Naters). Eine Adjektivbildung auf / - IN / (S ONDEREGGER 1958, 494, Adjektive mit Suffix ahd. / - ÎN / ) ist belegt in der Drieschtinerwäg ‘ der Weg, der durch den Driest (unfruchtbares Gebiet) führt ’ (Visperterminen). Da in der Nähe kein HL als Flurname existiert, muss hier eine Adjektivableitung zu einem appellativ verstandenen ‘ unfruchtbare, steile Gegend ’ angenommen werden. Kaum hieher gehört das 1740 in Bratsch belegte im drüest=tahl (zvahl? ). Zwar lässt sich das als Driest-Tal verstehen, aber vermutlich liegt eine hyperkorrekte Form zum HL T RISCHTEL vor. Die unsichere Lesung legt nahe, dass der Schreiber selbst den Namen nicht mehr verstand. Das als Tiesch in Dieschacher (FLNK, Bürchen; Unterbäch) und Tÿescheggen (1620 u. später, Bürchen) sowie Tÿsch Matten (1713, Bürchen) belegte Etymon kann zum HL D RIEST gestellt werden, ist aber ohne / r/ sonst nicht belegt. Drii Drii ‘ drei ’ ist als Kardinalzahl schwdt. drii, drei u. ä. und wdt. drii ‘ drei ’ (I D . 14, 3 ff.; G RICHTING 1998, 60) belegt. In FlN sind das Stellen, wo etwas in der Dreizahl vorhanden ist (LUNB 1, 1, 208). Die Ordinalzahl erscheint zunächst in der Konstruktion ze (de) drii X ‘ bei den drei X ’ , in schriftlichen Quellen wird manchmal auch drei geschrieben. Belegt sind als Grundwörter Aliichji, Arbe - Arva, Bleicka, Böüm, Chriz, Fura, Gadu, Gartu, Hooru, Lerch, Maa (Steinmann), Mad, Sarbach, See, Schiir, Schluocht, Schnitta, Stadel, Stafel, Stei und Tiri. Komplexer ist di Drii Heitbobma ‘ die drei Heideböden ’ (auf LT nur Heitbobme) (Saas-Almagell) und das Drei=Männli=Bord ‘ das Bord (Abhang, Böschung) mit drei Steinmännern ’ (1596, Ulrichen), den es auch als Drimännelibord ‘ das Bord (Abhang, Böschung), wo sich drei Steinmänner befanden ’ und in Drimännelibode ‘ der Boden oberhalb des Drimännelibord (Bord, wo drei Steinmänner standen) ’ (Obergesteln) gibt. Von den Komposita mit drii als Bestimmungswort ist vor allem Driispitz ‘ Dreispitz ’ häufig. Es ist zu wdt. Driischpizz ‘ Hutform, Gestell (Auflage des Mistkorbes) ’ (I D . 10, 696 f.; G RICHTING 1998, 60) zu stellen und bezeichnet nach URNB (3, 263) in FlN primär eine ‘ dreieckige 33 34 Drii <?page no="22"?> Fläche ’ . Es ist rund zehn Mal belegt und meint eine dreieckige Wiese, ein dreieckiges Stück Land oder ein dreieckige Mauer zur Lawinenwehr. Erweiterungen dazu finden sich in der Driispitzwald ‘ der Wald, der einem Dreispitz gleicht (dreieckiges Stück Wald) (Eischoll, Eyholz), der Drispitzfärich ‘ der Pferch mit dem Dreispitz (dreieckige Mauer gegen Lawinen) ’ (Visperterminen) und ts Driispitzwang ‘ der Grasabhang in der Form eines Dreispitzes (dreieckiges Stück Land) ’ (R. G RICHTING (1993, Blatt 16 Nr. 11) hat Drieschpitzwang), das neutrale Genus ist wohl als Kollektiv zu verstehen. Im Gebiet des Grossen Aletschgletschers ist der Typ Driiegg (hdt. Dreieck) vertreten in Erstes, Zweites, Drittes und Viertes Dreieck, Kleines Dreieckhorn, Driieggheerner, t Driieggspitza (alle Fieschertal), ts Chlii Driiegghoru, ts Gross Driiegghoru (beide Betten und Ried-Mörel). Es handelt sich in allen Fällen um Felsformationen, die wie Dreiecke aussehen. Eine Verbindung mit Zeene ‘ Zehnden ’ findet sich in ts Drizeenuhoru ‘ das Horn, wo drei Zehnden zusammentreffen ’ (Embd, Ergisch, Unterbäch). Ähnlich ist Driländerstei ‘ der Dreiländerstein ’ (Eggerberg), wo drei Gemeinden zusammentreffen (Eggerberg, Baltschieder und Lalden), und bim Drimarchstei ‘ beim Marchstein (Grenzstein) von drei Gemeinden (Bürchen, Törbel, Zeneggen) ’ (Zeneggen) zu verstehen. In Glis gibt es neben ts Drilärchu ‘ bei den drei Lärchen ’ auch di Drilärcherriischa ‘ die Riische (Schuttkegel) beim Gebiet zu den drei Lärchen ’ . Eine Verbindung mit Hundert ist in di Driihundertchleetrigu ‘ die dreihundert Klafter grossen Lose im Talgrund ’ (Leuk) mit einem substantivierten Adjektiv Chleetrig belegt. Triangel, ein Lehnwort aus dem Lateinischen (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 929), kommt in Saas-Grund als Name für eine dreieckige Mauer gegen Lawinen und komplexer in Dreiangel Aker ‘ der dreieckige Acker ’ (1854, Glis) vor. Eine Ableitung di Driieri ‘ die Wasserleitung für drei Wässerwasser ’ (Grächen, St. Niklaus) ist zwar zweimal belegt, es handelt sich aber um die gleiche Wasserleitung. Die Ordinalzahl drittist bei I D . (14, 1495 f.) belegt, nicht aber bei G RICHTING (1998). Sie kommt vor in biner Dritt Chummelegi ‘ bei der dritten Sperre bei der Chumma (Mulde) ’ (Reckingen, Legi ist hier eine ‘ Zaunsperre ’ ), di Drittu Liggi ‘ der dritte Liegeplatz für die Kühe ’ (Saas- Almagell), Dritti Mässhitta ‘ die dritte (Alp-)Hütte, in der die Milch gemessen wurde ’ (Ried-Mörel), di Dritt Lowwinu ‘ das dritte Rutschgebiet ’ (Visperterminen), Dritte See ‘ der dritte See (von vier Alpseen) ’ (Zwischbergen), sowie Drittes Dreieck ‘ das dritte Dreieck (Felsspitze am Dreieckhorn) ’ (Fieschertal). Driisger Driisger ‘ dreissiger ’ ist nur im Beleg Sägschudriisger Militeerwäg ‘ der Weg, der im 2. Weltkrieg vom Gebirgsbataillon 36 gebaut wurde ’ (Termen) belegt. Es handelt sich um einen Weg, der im 2. Weltkrieg von Ried-Brig auf den Rosswald gebaut wurde. Drillinge Drillinge ist der Name eines Fusspasses (LT, Niedergesteln). Er ist zu schwdt. Drilling m., mhd. dr ī linc, ‘ Dreiheit ’ und ‘ Drilling ’ (I D . 14, 35 f.) zu stellen. Drillinge ist der Name dreier kleinerer Bergspitzen, die sich gleichen; sie werden verglichen mit menschlichen Drillingen. Drittel Drittel ‘ der dritte Teil ’ ist nur im Plural als Simplex di Drittla ‘ die dritten Teile ’ (Oberems) belegt; der historische Beleg von 1804 im Drittel legt nahe, dass ursprünglich ein Singular verwendet wurde; heute ist die Gegend überbaut, meint aber wohl immer noch ‘ der dritte Teil ’ ; wohl bezogen auf die Wiesen des Dorfes. Mit einem attributiven Adjektiv ist lat. in inferiori tertio ‘ im unteren Drittel ’ (1675, Visp); ob hier überhaupt ein Name vorliegt, ist unsicher. Mit einem Genitiv Plural sind Brunnero Drittel ‘ der Drittel (des Dorfes) der Familie Brunner / der Leute von Brunnu ’ (1603, Eischoll), 1674 als im Brunner Drittel und jn Reiderro Drittel (1522 u. später), resp. Riederro Drittel (1603 u. später, teilweise lateinisch), zu verstehen als ‘ der Drittel der Leute vom Ried (ehemals selbständiges Gemeinwesen) ’ (Eischoll) belegt. Ebenfalls ein Genitiv Plural ist in Schnÿdero Drittill ‘ im Drittel der Familie Schnider ’ (Eischoll) belegt. Als hyperkorrekte Form erscheint 1634 die Zusammensetzung der Bergdrüthill ‘ der Bergdrittel (genannt Gestelberg, alter Name von Hohtenn) ’ (Hohtenn) mit dem HL als Grundwort. Zu stellen sind diese Belege zu schwdt. Drittel, mhd. dritteil, drittel m., eigentlich der dritte Teil, dann lautlich abgeschwächt zu Drittel. In FlN der Drittel eines Bodens, eines Gutes zur Bezeichnung eines Anteils, ehemals Unterabteilung einer Gemeinde (I D . 12, 1535); G RICHTING (1998) kennt das HL nicht. Droosle Droosle f., Pl. ist ein Pflanzenname und zu schwdt. Drôsle n , Trôsle n u. ä. f. ‘ Alpen-, Grünerle ’ , lat. ALNUS VIRIDIS (W AG- NER / L AUBER / G YGAX 5 2104, 340 dt. Grün-Erle) zu stellen. Es ist im Plural als Kollektiv ‘ Erlengebüsch ’ und überhaupt allgemein als alpines Buschwerk, Alpenerlengebiet, mit Stauden bewachsener Berghang zu verstehen. Der Name Driisger 35 36 <?page no="23"?> mit alemannischem fem. Suffix / -( E ) LE / in Stellenbezeichnungen ist Synonym von Tros m./ n. < vorröm. *drausa (I D . 14, 1317 ff.; FEW 3, 157). An einigen Orten wird damit die Alpenrose benannt; R ÜBEL kennt es in diesem Sinn aber nur für Gampel und Turtmann (R ÜBEL 1950, 54; I D . 14, 1319, 2b). Die Gwpp. sind gelegentlich anderer Ansicht, so etwa für di Troosle in Saas-Almagell. Das Simplex ist nur im Plural als di Droosle / di Drooslu / tse Drooslä ‘ das Erlengebüsch ’ an acht Orten belegt. Auffällig ist Blatten, wo neben einem ts Drooslä auch uffen Drooseltschuggun ‘ auf den Felsen bei ze Drooslä (beim Erlengebüsch) ’ , Drooselruis ‘ der Wasserlauf bei ze Drooslä (beim Erlengebüsch) ’ und Trooselstrich ‘ das langgestreckte Grundstück bei ze Droosslä (beim Erlengebüsch) ’ belegt sind, teilweise doppelt (FLNK). Die übrigen Belege enthalten das HL als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita zu den Grundwörtern Bach, Bodu, Egg(a), Gassa, Grabu, Schluocht und Wald. Unsicher ist ein Beleg in Simplon Dorf, der als (d) Roosligumattu belegt ist; Gwp. geht von <troslä> aus, was Droosligumattu nahelegt. J ORDAN (2006, 91) hat Troosligu Mat und stellt es zu Trooslä. Zwei Sonderfälle sind zu erwähnen: di Treesselschliecht ‘ die Geländeeinbuchtungen mit Erlengebüsch ’ (Martisberg) weist einen entrundeten Umlaut auf. Und der Troosibodo ‘ der Boden mit Alpenrosen ’ (Ausserberg, nach Gwp.) hat ein rückgebildetes Troosi (<Troosle) als Bestimmungswort. Drug Drug ist nur 1834 in Guttet als die Drugmatte belegt. Die Lesung ist unsicher. Laut Dokument handelt es sich um eine Stück Garten (also umzäuntes Land) mit diesem Namen. Drug ist so nicht belegt. Am nächstliegenden wäre wohl schwdt. Trog und wdt. Trog, Troog (Lötschtal) ‘ Trog, Brunnen ’ (I D . 14, 628 ff.; G RICHTING 1998, 198), also die Trogmatte ‘ die Wiese beim Brunnentrog ’ . Romanisch wäre der Name wohl zu FEW (3, 64 ff. s. v. *dr ū to (gall.) stark) zu stellen, dessen genauere Deutung etwa ‘ Fruchtbarkeit des Bodens ’ wäre (vgl. G PSR 5, 993 dru ̩ dze ‘ Mist ’ ). Die romanische Form würde dann also etwa ‘ die gedüngte Wiese ’ heissen. Die Deutung ist zu schwdt. Trog gestellt, kann aber auch romanisch sein. Druyes Druyes ist nur in Ergisch 1328 belegt. Die verschiedenen Erwähnungen sind: in campo dol dreuies, jn campo dol druyes, in campo dou due ỳ s, in campo dol duey, in campo dol du ỳ es. Während der erste Teil in campo ‘ im Feld ’ klar ist, gilt das nicht für das HL Druyes oder die konkurrenten Formen ohne / r/ . Die Schreibweisen machen es unmöglich, ein HL herauszufinden. Am ehesten ist an einen PN oder FaN zu denken, doch fehlt auch hierzu ein Beleg. Dschauden Dschauden kommt nur 1749 in Leuk als in den Dschauden vor. Es handelt sich um einen Dativ Plural, dessen Genus nicht erkannt werden kann. Es ist unklar, ob der Name mit / au/ auszusprechen ist; ein langes / u: / kann zu einem hdt. / au/ werden. Falls es sich um einen frpr. Namen handelt, muss ein / o/ oder / al/ vertreten sein. Ein deutscher Name ist ausgeschlossen, obwohl die Präposition deutsch ist. Vermutlich handelt es sich um di Gaaldinuu (Drittel von Leuk mit warmem Wasser) (cf. HL G AALDI ) oder um di Tschüdanu ‘ die warme Quelle ’ (cf. HL T SCHÜ- DANGNA ); beide weisen als Grundlage ‘ das warme Wasser ’ auf. in den Dschauden wird sich also auf eine Flur beziehen, die warmes Wasser hatte. Dubach (FaN) Dubach (FaN) ist ein bernischer FaN. Er ist belegt in Dubachihüsi ‘ das kleine Haus des Herrn Dubach ’ (Oberwald). Laut Auskunft der G EMEINDEVERWALTUNG (p. c.) der damaligen Gemeinde, heute Obergoms, baute sich dort ein bernischer Bau-Unternehmer namens Dubach (F AMI- LIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ 1, 457, belegt in den Kantonen Bern und Luzern) ein kleines Haus, das heute noch existiert. Dübi (FaN) Dübi (FaN) kommt als Bestimmungswort in Dübihorn (Raron), Dübigrat (Baltschieder, Raron) und Düübigreetji (Raron) vor. Der FaN bezieht sich vermutlich auf den Alpinisten und SAC-Redaktor Dr. Heinrich Albert D ÜBI (1848 - 1942) (www.hls-dhs-dss.ch/ de/ articles/ 044282/ 2004-04-15/ [30.07.2020IW]). Dues Dues ist ein unklares HL, das nur einmal in Ergisch als in campo Dues (13. Jh., Ergisch), resp. in campo dicto Dues (13. Jh., Ergisch) belegt ist. M EYER (1914, 100 u. 163) kennt eine Form duex, dueys zu lat. DUCTUS , das er als écluse, mare, conduit (etwa: Tümpel, Rinne) wiedergibt; B OS- SARD / C HAVAN (2006, 44) kennen Douay, Duay, Doey f. mit der Bedeutung canal, source à fleur de terre, souvent intermittente zu lat. DUCEM mit der Bedeutung „ ce qui conduit “ . Gemeint ist also wohl ein Feld mit Wasserrinnen. Zu stellen ist der Flurname zu FEW (3, 170 ff. s. v. d ū cere führen). Dufour (FaN) Dufour (FaN) ist als der Düffurspitz ‘ die Dufourspitze ’ (Zermatt) belegt. Es handelt sich um die höchste Spitze (so 37 38 Dufour (FaN) <?page no="24"?> VON W ELDEN 1824, vgl. W ERLEN 2008, 579), die vom Bundesrat 1863 nach dem General G UILLAUME -H ENRI D UFOUR (1787 - 1875) benannt wurde, der u. a. für die Aufnahme der Dufour-Karte verantwortlich war. Der FaN Dufour ist laut F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (1, 465 f.) in den Kantonen Genf und Waadt verbreitet (vgl. auch https: / / hls-dhs-dss.de/ articles/ 003862/ 2006-03-20/ [30.07.2020iw]. Dul Dul ist nur in Sas Dulgraui (1678, Zwischbergen) belegt, als ‘ der Bock-Fels ’ übersetzt. Es handelt sich um eine durch Agglutination der it. Präposition de und dem it. Artikel il oder lo (dello) entstandene Form, die vom Schreiber als zum Namen gehörig interpretiert wurde. Die it. Grundform ist in Sass dell Luf ‘ Wolfsstein ’ (1766, Zwischbergen) erhalten. Dunkel Dunkel ist nur 1388 in Glis als de Du ͦ nchlu ͦ n Egordon ‘ vom [lat. Präposition] dunklen Brachland ’ bezeugt. Das Adjektiv ist zu schwdt. tunkel ‘ dunkel, finster ’ , ahd. dunkal, mhd. tunkel, in FlN Orte mit wenig Licht, namentlich ‘ durch Tages- oder Jahreszeit bedingt ’ (I D . 13, 710 ff.) zu stellen. Bei G RICHTING (1998) fehlt es. Durch Durch, Präp. und Verbalpartikel, auch dirr ist zu schwdt. durch und wdt. dir ‘ durch ’ (I D . 13, 1443 ff.; G RICHTING 1998, 59) zu stellen. Die Verbpartikel führt G RICHTING (1998, 61 f.) zu mehreren Verben als durch und dur auf. In den Flurnamen ist die Partikel immer als Verbpartikel belegt, meistens mit einem Partizip verbunden: der Dirrgänd Fat ‘ der durchgehende Felspfad ’ (Simplon), der Durchgeend (e)Ritz ‘ der durchgehende Ritz (Spalte im Fels) ’ und der Durchgeend (e)Ritzgrabu ‘ der Graben beim durchgehenden Ritz ’ (beide Niedergesteln). Eine besondere Form ist der Heiter Tirrgäne ‘ der heitere (helle) Durchgang ’ (Reckingen) (cf. HL G AA ). Zum schwdt. Verb lâsse n ‘ lassen ’ und seiner Kurzform l ā n (I D . 3, 1393 ff.), resp. der Imperativform lach (SDS 3, 68) und zum wdt. laa (G RICHTING 1998, 124) zu stellen sind: ts Dirrlacherhoru ‘ das Durchlasserhorn ’ (Grächen), das auf LT Durchlochhorn ‘ Durchlochtes Horn ’ heisst - insgesamt ein unsicherer Name - und der Ladundurchlaas ‘ der Durchlass (Unterführung der Lötschbergbahnstrecke) unterhalb des Weilers Ladu ’ (Hohtenn) ’ , wobei das Nomen Durchlass in dieser Bedeutung in I D . und G RICHTING nicht verzeichnet ist. Vom Nomen Loch abgeleitet ist das Verb loche n ‘ ein Loch (Löcher) machen ’ und wdt. loche, lochä (Goms), lochru oder lochu ‘ lochen ’ (I D . 3, 1041; G RICHTING 1998, 129); I D . weist darauf hin, dass Zusammensetzungen wie dür ch -loche n üblich sind. Belegt sind zúm Dirlochen Stein ‘ beim durchlochten Stein ’ (1653, Ulrichen), beÿ den Drÿlochigen Steinen ‘ bei den Durchlöcherten Steinen ’ (1678, Zwischbergen; 1713 beÿ den Dirlochrigen Steinen), die erste Form scheint eine Umdeutung zu drii ‘ drei ’ zu enthalten, lässt sich aber auch als Schreibfehler deuten, und der Durchglochet Stei ‘ der Stein mit einem Loch ’ (Ernen). Durscht Durscht ‘ Durst ’ ist zu schwdt. Durst m., mhd. durst, ahd. durst, thu(r)st, allgemein wie nhd. ‘ Durst ’ (I D . 13, 1683 ff.) zu stellen, in FlN für dürre, trockene, wasserarme, der Sonne ausgesetzte Lagen. Bei G RICHTING (1998) fehlt das Wort seltsamerweise. Das gleich lautende mhd. turst ‘ Kühnheit, Keckheit, Verwegenheit ’ (L EXER 2, 1587) liegt wohl nur Geturstigen zu Grunde. Das Simplex Durst n. ist 1345 in Mörel belegt; der Kontext gibt keinen weiteren Hinweis. Das Genus Neutrum hat hier vermutlich kollektive Bedeutung: ‘ das trockene Gebiet ’ . Als Bestimmungswort kommt das Lemma in Durschtbach ‘ der wasserarme Bach ’ und di Durschtbachsita ‘ die Talseite, durch die der Durstbach fliesst ’ (beide Ried- Brig) vor. Vermutlich ein Diminutiv ist im Beleg auffm Turstiÿ ‘ auf dem kleinen Durst ’ (1731, Visperterminen) vorhanden; eine nähere Deutung lässt der Kontext nicht zu. Das Adjektiv durschtig ‘ durstig, wasserarm, trocken ’ (I D . 13, 1867) ist vertreten in das Durstig Ried ‘ das wasserarme Ried (gerodetes Gebiet) ’ (1315 u. später, Visperterminen), jn dem Durstigen Riede ‘ im wasserarmen Ried (gerodetes Gebiet) (1307, Stalden), di Durschtigu Situ ‘ der wasserarme steile Grashang ’ (Saas-Almagell). Die elaboriertere Form pratum des Geturstigen ‘ die Matte des Tapferen ’ (1310, Grächen) dürfte dagegen eher auf turstig ‘ tapfer ’ (I D . 13, 1689, mit Verweis auf mhd. (ge) turstec zurückgehen und hier als PN gemeint sein. Vermutlich zum Verb dürste n ‘ dürsten, durstig sein ’ (I D . 13, 1688 f.) ist Dirschtuloch ‘ die wasserarme Höhlung ’ (Termen) zu stellen. Duude Duude pl. ist in Varen belegt, dazu gehört auch Duduhubil ‘ der Hügel bei den Duude ’ (Varen). Ein historische Beleg in Leuk hat y dude (1556). In Varen ist der älteste Beleg von 1352 eys dondes. 1667 u. später folgen in die Dude ‘ in den Duden ’ . Das HL ist sicher frpr. und dürfte in Flurnamen wie Doudes (B OSSARD / C HAVAN 2006, 278) vorliegen, die nach G PSR (5, 901) ein Gebiet bezeichnen, das dem Unterhalt des Pfarrers diente; es wird auf dot ‘ Mitgift ’ zurückgeführt; auf deutsch etwa Pfrundgut. Dul 39 40 <?page no="25"?> E Eber Eber ist nur 1554 in Zeneggen als die Aeber Matta ‘ die Wiese für den Eber (unklar; Eber ist sonst nicht belegt) ’ und im gleichen Jahr als die Eber Matta erwähnt. Im Kontext heisst es, dass die Gattliga (die Leute, die Gattlen heissen) fünzehn Pfund aus einer Wiese namens die Eber Matta schulden. Am nächstliegenden ist hier der schwdt. Tiername Eber m. ‘ männliches Schwein ’ , mhd. ëber (I D . 1, 46), das allerdings bei R ÜBEL (1950, 112, s. v. Barg) und bei G RICHTING (1998) nicht belegt ist. Es scheint sich um ein Nomen zu handeln, das heute so nicht mehr verwendet wird. Als alternative Deutung liesse sich das Adjektiv schwdt. ā ber ‘ frei von Schnee; frei von Steinen und Geröll ’ und wdt. aabr, aaber, eebr (Lötschtal), aabär ‘ schneefrei ’ (I D . 1, 39; G RICHTING 1998, 15; cf. HL A ABRA ) annehmen, doch ergibt das wenig Sinn. Eberacz (PN) Eberacz (PN) ist 1310 als an dem Eberaczbuele ‘ am Hügel des Eberacz ’ (Stalden) belegt. Es handelt sich wohl um einen Genitiv zu einem PN wie Eburaca oder ähnlich (F ÖRSTEMANN 1, 445 f.) als Besitzer oder Nutzer. Eberarthen (PN) Eberarthen (PN) ist in Zermatt belegt: zir Eberarthen (1689 (? )), zer Eberhalten (1777), zu ᵕ r Eberarthen (1810), zu ᵕ n Eberalten. Die verschiedenen Schreibweisen zeigen, dass der ursprünglich wohl vorhandene PN des Besitzers zer Eberharten (Matta) ‘ bei der Wiese des Eberhart ’ reanalysiert wurde in die Bestandteile Eber und Haalte ‘ Halde ’ . Zu Grunde liegt aber wohl der PN Eberhart (F ÖRSTEMANN 1, 441 f.). Ebiner (FaN) Ebiner (FaN) ist als dr Ebinäracher ‘ der Acker der Familie Ebener ’ (Wiler) belegt. Der FaN ist im Lötschental seit dem 14. Jhdt. belegt (AWWB 85). Der Wechsel des zweiten Vokals von / e/ und / i/ ist alt bezeugt. Eblinen Eblinen ist nur einmal als in den Eblinen (1825, St. Niklaus) belegt. Es ist vermutlich als Plural des Diminutivs zu Äbi ‘ Abhang ’ (I D . 1, 41 f.) zu stellen, also zu deuten als ‘ in den kleinen Abhängen ’ (vgl. HL Ä BI ). Ebli (I D . 1, 47) als Teil des Wagens trifft nicht zu. Eckart (FaN) Eckart (FaN) ist ein vom Taufnamen Ekkehart abgeleiteter FaN Ekart, Eckart, Eckard, Ekart, Eccard, Eckhardt, Heccart, Heccard, Heccardt, Heckart (AWWB 86). Er erscheint einmal in jm Eckart ‘ im Gebiet des Eckart ’ (1667 u. später, Bürchen), einmal im Genitiv Plural der kollektiven / - IG / -Ableitung in Eckertigo Haus ‘ das Haus der Familie Eckart / der Leute des Eckart ’ (1742, Ried-Brig) und im starken Genitiv Singular jn der Eccartzslu ᵉ kte ‘ in der Geländeeinbuchtung der Familie Eckart / des Eckart ’ (1308, Stalden). Der PN Eckart ist bei F ÖRSTEMANN (1, 22) belegt. Edel Edel f. ist wohl zu schwdt. Erle, auch Edle (Berner Simmental) (I D . 1, 451) zu stellen; gemeint sind vor allem verschiedene Formen von ALNUS (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 210 ff.). Die Form Edle des I D . ist zwar für das Wallis nicht belegt, ist aber einigen Walliser Gewährspersonen geläufig. Bezeugt sind neben Ho Edle ‘ die hohe Erle ’ (FLNK, Grächen) die Komposita Edelcheera ‘ die (Weg-)Kehren zum Gebiet Erl ’ (Baltschieder), t Edelgassu ‘ die Gasse mit Erlen ’ (Saas-Almagell), ts Edelmaad ‘ die Mähwiese bei den Erlen ’ (Kippel), wozu es einen historischen Beleg aúff dem Erelmad ‘ auf der Mähwiese bei den Erlen ’ (1841, Kippel) gibt, und zum Edeltrogi ‘ beim kleinen Trog bei den Erlen ’ (Saas-Balen), wobei die Gwp. betont, hier habe es keine Erlen. Dennoch scheint die Deutung ‘ Erle ’ die nächstliegende zu sein. Nicht hieher gehören die Belege mit Edelweiss (cf. HL E DELWIIS ). Edelwiis Edelwiis ‘ Edelweiss ’ ist der Name der Hochgebirgspflanze LEONTOPODIUM ALPINUM (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1070; I D . 11, 1538). Da es sich um einen Pflanzennamen handelt, wird das formale Kompositum hier als Einheit gesehen. Das HL kommt einmal als Simplex ts Edulwiis ‘ das Edelweiss (Name eines Hauses) ’ (Ried-Mörel) vor. Die übrigen Belege kennen das HL als Bestimmungswort zu den Grundwörtern Biina (mit Pflanzen, die Edelweiss gleichen), Pletscha, Tritt und Tschugge. Im Allgemeinen wohl als Angabe zu Edelweiss, die dort wachsen. Edrii Edrii ist nur belegt in ts Planedrii (Albinen). Der älteste Beleg von 1345 hat ol plan endry. Danach überwiegt der Typ planendri, bis ab 1749 der Typ planedri / planadry 41 42 Edrii <?page no="26"?> auftritt. Der Name ist zusammengesetzt aus plan ‘ ebenes Gelände, Ebene ’ und frpr. adrai m., selten drai f., ‘ sonnenhalb, Sonnenseite ’ , das seinerseits zusammengesetzt ist aus à und droit (G PSR 1, 132; Dank an W ULF M ÜLLER für die Deutung), also: ‘ die sonnseitig gelegene Ebene ’ . M ATHIEU (2006, 11) gibt als Deutung frpr. deri ‘ hinten ’ ; diese Deutung entspricht T AGMANN (1946, 62), der deri auf DE RETRO ‘ hinten ’ zurückführt. Er diskutiert allerdings die Form planedrii nicht ausführlich; insbesondere nicht den Vokal zwischen plan und drii, der eher die Deutung von W. M ÜLLER unterstützt. Inhaltlich handelt es sich um einen kleinen, westlich ausgerichteten Weiler, der wohl als Voralpe diente. Ee Ee ist nur als Bestimmungswort vertreten. Es ist zu schwdt. Ef. ‘ Recht, Ordnung, Gesetz, das von jeher und für alle Zeit Bestehende und Festgesetzte, Gewohnheitsrecht ’ , nur in Zusammensetzungen, ahd. êwa, mhd. êwe, ê (G RAFF 1, 505 f.; I D . 1, 6) zu stellen. Belegt sind der Eewäg ‘ der (rechtmässige) Weg auf die Alpe ’ , ‘ der (rechtmässige) Weg nach Martisberg ’ (Betten, zweimal, auch FLNK für Nr. 34), t Eewägtola ‘ die Mulde am Weg, der rechtmässig befahren wurde ’ (Fieschertal). Die drei Belege sind zu Ê(w)wëg ‘ rechtmässig, mit rechtlich geregelter Benützung ’ (I D . 14, 821) zu stellen. Weiter ist belegt auf den Efettstein ‘ der Stein bei den Umzäunungen ’ (1833, Grächen), das zu schwdt. Ê-fad ‘ die von der Dorfverordnung gesetzlich vorgeschriebene Umzäunung zwischen den Zelgen der Dreifelderwirtschaft ’ (I D . 1, 617 f.) gehört. Der fünfte Beleg ist Eefmatta (FLNK, Embd), das wohl Ê w matte ‘ alte, ehhafte [d. h. gesetzliche, rechtmässige] Matte ’ (I D . 4, 549) vertritt. Eewig (FaN) Eewig (FaN) ist nur als ts Eewigschmattu ‘ die Wiese der Familie Ewig (Owlig? ) ’ (Mund, auch FLNK; LT Ewigschmatte). Die Konstruktion legt einen FaN nahe. am nächsten kommt der FaN Owlig, das heute erloschene Geschlecht wurde früher auch Aulig, Auwlig, Ougings, Ouwelin, Ovlin, Owling geschrieben (AWWB 198; J OSSEN 1989, 78; B ACH 1, 1, 149) (cf. HL O WLIG (F A N)). Die lebende Form weist die Entrundung eines vorderen / ö/ auf, das aus altem / o/ entstanden ist. / l/ wird weggelassen: zum einen wird so eine volksetymologische Umdeutung des FaN zum Adjektiv êwig möglich. Zum andern ist der FaN zum Zeitpunkt der Aufnahme nicht mehr lebendig und den Befragten wohl nicht mehr direkt bekannt. Egg(a) Die beiden Lemmata Egga / Eggu f. und Egg n. sind zu schwdt. Egg, Egge n , Eggt m./ n. wie nhd. ‘ Ecke, vorspringender und einspringender Winkel ’ und wdt. Egg n., Egga, Eggu f. ‘ Ecke ’ zu stellen (I D . 1, 155 ff.; G RICHTING 1998, 64). Im Namenbereich bezeichnet Egg(e) f./ n. eine gewisse Gestalt von Bodenerhebung: Gipfel, spitzig vorstehende Anhöhe, vorspringendes Ende eines Hügels; Übergangsstelle eines Bergpfades, Passhöhe; dachähnlicher Ausläufer eines Berges, Bergkante und die darunter sich anlehnende Halde oder das von ihr begrenzte Plateau, langgestreckte Hochebene (I D . 1, 155 ff.), im Walsergebiet meist ‘ langgezogene Anhöhe am Berghang ’ (Z INSLI 1984, 562). Im Wallis wird nach Z INSLI im Allgemeinen zwischen Egge n f. ‘ Höhenzug ’ und Eck n. ‘ Haus- oder Felsenecke ’ unterschieden. Im Lötschental werden jedoch beide Ausdrücke für dieselbe Bodenform benutzt (Z INSLI 1946, 279, Anm. 21). In Komposita mit den beiden Lemmata als Bestimmungswort lassen sie sich jedoch häufig nicht unterscheiden. Deswegen werden sie hier gemeinsam unter dem umschreibenden HL E GG ( A ) behandelt. Die Lemmata sind sehr häufig; sie kommen in insgesamt rund über 1200 einzelnen Namen vor, sodass hier nur die wichtigsten Bildungen besprochen werden können. In Einzelfällen können Egger, Andereggen, Aufdereggen usw. auch als FaN auftreten (AWWB 10). Lautlich ist der Anlaut ein / e/ ; das in Varen und Albinen auftretende Äggu ist untypisch; in Albinen ist übrigens auch Egge belegt. Ob es sich hier um ein Lemma mit anderer Bedeutung handelt, bleibt offen. Da die beiden HLL in allen Gemeinden und Bezirken des Oberwallis auftreten, wird auf deren Nennung verzichtet. Das Simplex ist im Singular Egga / Egge / Eggu f. häufig, das gilt auch für den Plural Egge f.; blosses Egg n. ist dagegen selten. Wie üblich gibt es mehrere Diminutive im Singular wie im Plural: Eggi / Eggini, Eggelti / Eggeltini, Eggelti / Eggeltini, Egguti / Eggutini und Eggji / Eggjini. Bildungen mit Adjektiven sind häufig, so insbesondere verschieden Formen des Typs ‘ hohe Ecke ’ : He Egga, Heehi Eggu, Heeji Eggu, Hochi Egga, Honegga, Honeggu usw., dann sind Alt Egga, Blaw Egga, Breit Egg, Brün Egga, Dirri Egga, Fälwig Egg, Graawu Egge, Grien Egga, Gross Egga, Hibsch Eg, Hinner Egga, Khaari Egga, Längi Eggu / Läng Egga, Lengi Eg Egga, Läz Egga, Leid Egga, Nider Egga, Ober Egg und Ober Egga, Plutti Eggu, Scheen Egga, Schmal Egga, Spitz Egga, Undru Egge, Üsser Egga, Waarmi Eggu, Wiiss Egga weitere Beispiele für adjektivische Bildungen. Partizipien als Attribute sind selten: Betrognyegga, Hangend Egge, Stotzund Eggi, Verbrannd Egg sind Beispiele dafür. Der Übergang zu eigentlichen Komposita mit Egg(a) als Grundwort ist fliessend, ihre Zahl ist sehr gross. Inhaltlich geht es um Bäume und Pflanzen wie in Aarbegga, Ärbisegg, Arveegg, Aspegga, Birchegga, Bruchegga, Ee 43 44 <?page no="27"?> Burschtegga, Burstegga, Ditschtelegg, Eichegga, Erilegga, Faggsegga, Griffeleggu, Haberegga, Holzegga, Hasileggi, Lärchegga, Massolter Egge, Mälböumegg, Reckholter Egga, Ronig Egga, Schgutzelegga, Sefieggu, Waldegga und andere. Tiere werden genannt in Chalberegga, Fuggsegga, Geisegga, Hasenegga, Hiener Egga, Hirschegge, Khyen Eggi, Schaafeggu, Tieregg, Vogelegga, Wurem Egga. Häufig wird die Egg(a) nach einem in der Nähe liegenden Gebiet benannt. Von den zahlreichen Beispielen sind zu nennen: Reetiegg, Riitiegga, Ritzuegg, Äbinegga, Acheregga, Astaaluegg, Bachegga, Bällegga, Bifigegga, Blaasegga, Brandegga, Briischegga, Brunneggu, Brunnigegga, Burgegga, Chapfeggu, Chinegga, Chrizegga, Eiegga, Eischoleggi, Eischtegga, Färdanegga, Fleschegga, Fruttegg, Gandegga, Gibelegga, Goorbegga, Guferegga, Haauteg, Holöwwiegge, Leenegge, Lochegga, Loibegga, Lüegileggi, Massegga, Miliegga, Mosegge, Räift Egga, Rakart Egga, Riebe Egga, Ritzegge, Sattelegga, Schäärtegge, Schiltegga, Schopfegge, Sitegga, Spiicheregga, Stadilegga, Steinegga, Strubelegga, Tosseggu, Tschafileggu, Tufetschegga, Weritzegga, Wiilär Egga, Wohlfartegga und viele andere. Besitzer- oder Nutzernamen stellen eine weitere Gruppe dar: Bärgersch Egga, Bärisegga, Bätzig Egga, Bertschis Egga, Boners Eggen, Bümasch Eggu, Chaschpersch Eggu, Eischler Egge, Engillers Eggu, Gantersch Egg, Giischigsch Eggi, Guggersch Egga, Haubtmans Eggen, Holzi Eggini, Hosenigo Egga, Hüetereggu, Jaagischegga, Jergien Egga, Jooschtegga, Karleegga, Laubers Egga, Lehmanns Egge, Maartischegga, Meschlers Egga, Millereggi, Mörisch Eggelti, Osgisch Egg, Pfaffeegge, Schoenigs Egge, Stockalper Egga, Stoelis Egge, Thoenis Egge, Truffisch Egg und andere; manche weisen Genitive des Bestimmungswortes auf oder sind Genitivattribute. Die Bodenbeschaffenheit spielt eine Rolle bei Gandegga, Guferegga, Häärdegge, Leimegga, Sandegga, Kinegga / Chinegga, Risegga, Schrattegge, Steinegga usw. Dass Ecken auch als Aussichtspunkte gelten, zeigen Bildungen wie Gaffeggu (Wiler), Guggiegga (Bürchen), Lüegel Egge (Ried-Brig); in einem Fall, dem Jüzeggilti ‘ kleine Ecke, wo man jauchzen kann ’ (Visperterminen), wird nicht nur geschaut, sondern auch gejauchzt. Eine ganze Reihe weitere Bildungen ist schwer zu deuten oder gibt Probleme bei der Namenmotivation auf: Abundbrodeggilti ‘ die kleine Ecke, bei der man das Abendbrot nahm ’ (Visperterminen) ist nur auf Grund einer Angabe einer Gwp. so zu deuten. Die Alpe Ruspecca, später auch Ruschpegga (Visperterminen), ev. auch Rispegg (Visp) und Riischpeggi (Grengiols) ist gut belegt, aber nicht zu deuten. Auch Schatzegga (Ried-Brig) ist unklar, genau so wie Schöibeggi (Ergisch) und Schöübuneggi (Unterems), Seilegga (Raron) und Seileggu (Niedergesteln), um nur einige zu nennen. Mehrgliedrige Bildungen mit Egg(a) als Grundwort sind belegt wie Heimifliäeggu ‘ die Ecke bei der Fluh mit Heimine (Guter Heinrich) ’ (Gampel) (zu: C HENOPOIUM BONUS - HENRICUS (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 594)), Schreeteralpjieggu ‘ die Ecke bei der kleinen Alpe der Familie Schröter ’ (Eischoll) oder t Schindelschluächtegga ‘ die Ecke bei der Schindelschluächt ’ (Blatten). Auch hier gibt es Bildungen mit adjektivischem Attribut wie Chlei Löübegg ‘ die kleine Ecke unterhalb der Laubegg ’ (Geschinen), Foodri Heeji Eggu ‘ vordere hohe Ecke ’ (Steg), Hinner Windegge ‘ die hintere Ecke, wo es windet ’ (Obergesteln) usw. Als Bestimmungswort tritt Egg(a) deutlich seltener auf, mehrfach Eggacher, Eggassen, Eggebieu, Eggeltiwasser, Eggenhüs, Eggenschiir, Eggfirn, Eggflüo, Eggibode, Eggiltigrabo, Eggimattu, Eggitoli, Eggstadol, Eggstafol, Eggstock Egguturna, Egguwald, Egguweidä und Eggwäg. Die Formen mit Eggen wie Eggenächer, Eggenhüs, Eggenschir sind schreibsprachlich beeinflusst. Bekannt ist schliesslich das Eggischhore ‘ Eggishorn ’ ; gemeint ist damit der Gipfel, der das Eggi (kleine Ecke) krönt; der Genitiv Eggisch wird hier als Bestimmungswort gebraucht. Eine produktive Ableitung ist Egger, das entweder die Herkunft oder Zugehörigkeit zu einem Ort namens Egg(a) meint oder ein FaN ist. Auch Personen aus Zeneggen oder Eggerberg (beides Gemeindenamen) können gemeint sein, letztere auch Eggerberger oder Eggerbergerro (beide Genitiv Plural) genannt. Zu diesen Bildungen gehören etwa die Komposita Eggerbode, Egger, Chilchwäg, Eggeren Sentum, Egger Geschnitt, Eggergrabe, Eggerguet, Eggerhore, Eggerhüs, Eggerkapälli, Eggerlische, Eggerofe, Eggerstafel usw. Konstruktionen mit dem Genitiv sind Eggerschchi, Eggerschwäg, Eggers Flüe. Komplexer ist Eggersch Bildtanna ‘ die Bildtanne (Tanne mit Heiligenbild) der Familie Egger ’ (Birgisch). Zwei weitere Ableitungen sind Eggerra und Eggeri; beide bezeichnen Wasserleiten, die von, vorbei an oder zu einer Egg(a) führen. Komplexer ist Eggerischepfi ‘ Anschlussstelle (Schöpfstelle) der Wasserleite nach Eggen ’ (Eggerberg). Als komplexester Name kann Brüof Eggerbärgero Chilchuwäg ‘ hinauf am Kirchenweg der Eggerberger ’ (Eggerberg) gelten, das wohl zu aber-ûf (I D . 1, 120) zu stellen ist. Aber auch sonst sind Ableitungen mit Egg(a) als Grundwort des Bestimmungswortes aufzufinden: Brunegggletscher, Brunegghoru, Bruneggjoch, Bruneggbach z. B. bilden ein Namennest zur (nicht belegten) Brunegga in Oberems. Einen Sonderfall stellt ein ganzes Namennest von Driiegg ‘ Dreieck ’ (Fieschertal) dar, wo es die Driieggherner ‘ die Gipfel im Bereich des Dreieckhorns ’ gibt, dazu das Erste, Zweite, Dritte und Vierte Dreieck, das Drei- 45 46 Egg(a) <?page no="28"?> eckhorn und das kleine Dreieckhorn - alle am Grossen Aletschgletscher südlich des Konkordiaplatzes. Dreieck bezieht sich hier auf die Form der Gipfel. Eggel (FaN) Eggel (FaN) ist ein FaN (AWWB 85), der in drei Belegen vorkommt: unter Eggels Turillin ‘ unter dem kleinen Turm der Familie Eggel ’ (1770, Naters), Eggligo Hitten ‘ die (Alp-)Hütte der Familie Eggel ’ (1634, Naters) und jenseits des Eggelbaches ‘ jenseits des Baches der Familie Eggel / der vom Eggelti herfliesst ’ (1772, Fieschertal). Der letzte Beleg ist doppeldeutig; es kann sich auch um einen Bach handeln, der von einem Eggelti ‘ kleine Ecke ’ her fliesst. Egger (FaN) Egger (FaN) ist auch unter Andereggen belegt (AWWB 10). Er kommt als FlN nur in der Eggerbode (Binn) vor; LT und FLNK haben Eggerebode, was auf einen schwachen Genitiv Plural hinweist: ‘ der Boden der Alp der Familie Egger ’ . Gwp. spricht davon, dass der Boden der Eggeraupe (mit / l/ -Vokalisierung des unteren Goms) gemeint sei. Dieser Name ist auf den Karten nicht verzeichnet, doch hat SK Eggern und auf 1: 10000 ist uf der Egge verzeichnet, das indirekt namengebend sein könnte. Eggitsch der Eggitsch ist in Bister und Grengiols belegt; es handelt sich um zwei verschiedene Fluren. Bister kennt alternativ auch Eggetsch (FLNK).Historische Belege fehlen. Das HL lässt sich entweder als Kompositum von Egg(a) und Gitsch m. ‘ kleine rundliche Erhebung ’ (cf. HL G ITSCH ) oder als eine / - ITSCH / - ETSCH / -Ableitung zu Egg(a) deuten. Grengiols kennt die Namen der Tufitsch ‘ der Ort, wo Tuffstein abgebaut wurde ’ (historisch 1527 Tufetz) und der Ääritzschgrabe ‘ der Graben mit Erz ’ , doch genügt das nicht zur Postulierung einer eigenen Ableitung. Ein Genitiv wie in Lampitsch (Grengiols) liegt nicht vor. Das vorgeschlagene Kompositum wäre ein Kopulativkompositum (beide Teile sind etwa gleichbedeutend) ‘ die Ecke, die eine kleine rundliche Erhebung ist ’ ; das Genus stammt vom Grundwort Gitsch. Eine klare Deutung lässt sich nicht geben. S. A GTEN (p. c., nach K. A GTEN ) möchte / - ITSCH / als ‘ beim Felsen ’ verstehen, doch gibt es keinen Hinweis auf eine solche Deutung. Eggs (FaN) Eggs (FaN) (dialektal Äggsch) ist zum FaN Eggs, Egs, Egz, Ez, Ezen (AWWB 85 f.) zu stellen. Der FaN ist nur als Bestimmungswort belegt. Das Simplex erscheint in ts Ägschhüs ‘ das Haus der Familie Eggs ’ (Filet), bin ts Chrischtenägsch Hüs ‘ beim Haus des Christian Eggs ’ (Ritzingen) und t Äggschweid ‘ die Weide der Familie Eggs ’ (Niederwald). Ein schwacher Genitiv liegt vor in im Äxenacher ‘ im Acker der Familie Eggs ’ (1758, Fiesch), Äggsebode ‘ der Boden der Familie Eggs ’ (Fiesch), an der Egschenmatten (1706, Törbel), wobei hier die ältesten Belege von 1351 u. später Exinmattun haben, also wohl auf ein Feminin ‘ die Frau Eggs ’ verweisen, und tser Eggschuschiir ‘ bei der Scheuer der Familie Eggs ’ (Törbel). Egil Egil ist als Bestimmungswort in der Egiltschuggu ‘ der Adlerfelsen ’ , der Egiltschugguschleif ‘ der (Holz-)Schleif beim Adlerfelsen ’ und zer Egiltannu ‘ bei der Adlertanne ’ (alle Hohtenn) belegt. Laut Gwp. ist <egil> der Name des Adlers; es gibt allerdings keine unabhängigen Belege dafür. Egil geht dann auf frz. aigle m. ‘ Adler ’ zurück; die Formen mit / g/ sind nicht dem Patois zu verdanken, sondern gehen direkt auf das Französische zurück (G PSR 1, 201b ss.). Die Namen befinden sich alle im gleichen Gebiet westlich von Ladu (Weiler von Hohtenn). Ehemalig Ehemalig ist ein Adjektiv, das nur in zwei Belegen vokommt: Ehemalige Erzgruben (LT, Grengiols, als Ehem. Erzgruben), bei FLNK Ärzgrüeba einerseits und Ehem. Bergwerk (Baltschieder) anderseits, das so erst in der Ausgabe von 1980 erscheint. Es handelt sich um ein hdt. Adjektiv als Kompositum, das nicht in I D . und G RICHTING (1998) verzeichnet ist. Konstruktionen mit diesem Adjektiv sind wohl keine Flurnamen im engeren Sinn, sondern einfach Appellative auf den Landeskarten. Ehr Ehr ist nur als Bestimmungswort belegt in Ehracker (1627, Gampel), im Eracher (16(9)3, Bratsch), in den Errackren (1689, Unterems) und in der Ehrmattún (1732 u. später, Niedergesteln). Alle vier sind zum schwdt. Verb ere n ‘ pflügen, ackern, überhaupt den Acker bestellen ’ (I D . 1, 404 f.) und Ar III f. ‘ das Gepflügte, die Furchen ’ (I D . 1, 385) zu stellen. Gemeint ist in jedem Fall ein Acker oder eine Wiese, die gepflügt werden oder wurden; im unteren Teil des Oberwallis (Bezirk Leuk) kann ein Pflug gebraucht worden sein, während sonst die Hacke in Gebrauch stand. Eich Eich f., n. ist zu Schwdt. Eich, Eiche, Eie f., mhd. eich f., wie nhd. Baumname ‘ Eiche ’ zu stellen. Eich n. ist ein kollektives Neutrum mit der Bedeutung ‘ Eichenwald, wo es Eichen hat ’ wie auch bei anderen Baumnamen, z. B. ts Ta. Eich in FlN bezeichnet einen mit Eichen bepflanzten Eggel (FaN) 47 48 <?page no="29"?> Ort (I D . 1, 72; G RICHTING 1998, 64 kennt Eich nicht, vgl. aber W IPF 1910, 75 zu Eichböim). Im Namengut ist auch eine Besitzerbezeichnung oder FaN Im Eich (AWWB 128 f.; VON R OTEN , A NTON , in: BWG 1943, 9, 456 ff.) möglich. Das Simplex im Singular ist belegt als ts Eich ‘ der Ort, wo es Eichen hat ’ (Birgisch, Eggerberg, Raron, Zeneggen), historisch 1305 als dz Eyche (Baltschieder), später als im Eich (1880, Hohtenn). vnder dem Eyk ist 1306 in Ausserberg belegt; später (1713 u. später) ist es als Zer Eichen bezeugt. Eycha ‘ die Eiche ’ (1391, Naters) ist etwas unsicher, da der Kontext auch eine Aue meinen könnte. 1705 hat Turtmann zur Eüchen ‘ bei der Eiche ’ - eine hyperkorrekte Form. Lebend ist belegt tser Eichu ‘ bei der Eiche ’ (Hohtenn). Einen Plural findet man seit 1435 in Eÿchon ‘ bei den Eichen ’ in Bitsch, heute als Eiche. Diminutive zeigen 1750 im Eicherli ‘ im kleinen Gebiet mit Eichen ’ (Unterems, 1744 als zum Eicherleÿ) und Eichji ‘ das kleine Gebiet mit Eichen ’ (Hohtenn). Mit attributiven Adjektiven sind bezeugt: die Grosse Eiche (1869, Stalden), Hohen Eiche (Dat. Sg.) ‘ die hohe Eiche ’ (1890, Stalden), t Holuneich ‘ die hohle Eiche ’ (Mund), t Obru und t Undru Eiche ‘ die oberen und die unteren Eichen ’ (Bitsch, zum Simplex Eiche). Belege mit Eich als Grundwort fehlen. Von den Komposita mit Eich als Bestimmungswort ist Ei(ch)holz ‘ Eichenwald ’ am prominentesten, das auch als (früherer) Gemeindename Eyholz (Eyholz) belegt ist. Der Flurname kann in wenigen Fällen auch zum HL E IE ‘ Aue ’ gestellt werden. Weitere Eiholz gibt es in Bitsch und Ried-Mörel, historisch 1372 (im Eichholtz) u. später auch in Mörel. jhm Einholtz (1653 u. später, Naters) weist eine unsichere Lokalisierung auf (M. S. nimmt auch Eyholz an). Das Kompositum ist auch mit attributiven Adjektiven verbunden: jm ändren Eyholtz (1672 u. später, Bitsch; 1589 vom Hindren Eÿholtz ans Endra), im Hindren Eÿholtz (1779, Bitsch; 1779 Ried-Mörel), im Obren Eÿholz (1746, Bitsch) und im Obren Eýcholtz (1399, Birgisch). Einen vorangestellten Genitiv Plural findet man in Brúnneren Eÿholz (1747 u. später, Mörel), wo entweder der FaN Brunner oder ein Herkunftsname ‘ die Leute vom Brunnen (Quelle) ’ vorliegt. Zum Bestimmungskompositum Eiholz erscheinen die Grundwörter Acher, Blatta, Grabu, Matta, Schluocht, Wäg und Wald, sowie das Kompositum Wasserleita. Von Eiholz abgeleitet ist der FaN Eyholzer, Eiholzer (AWWB 90 f.), der auch Herkunftsname sein kann. Als sicherer Genitiv erscheint es in der Eikholzerro Acher ‘ der Acker der Leute vom Eichholz / der Familie Eyholzer ’ (1307, Zeneggen), Eicholtzero Ens ‘ der Äntsch (Alpe des Enzo? ) der Leute vom Eichholz / der Familie Eyholzer ’ (1530, Visperterminen), Eikholtzerro Matta ‘ die Wiese der Leute vom Eichholz / der Familie Eyholzer ’ (1303, Visp), Eÿholtzero Wald ‘ der Wald der Leute von Eyholz ’ (17? ? , Eyholz). Weitere Belege sind t Eiholzerräbe ‘ die Reben der Familie Eyholzer / der Leute vom Eichholz ’ (Visperterminen), ts Eyholzerchi ‘ das Kinn (Schlucht) im Eyholzerwald ’ (Eyholz, Visp). Die übrigen zweigliedrigen Komposita mit Eich als Bestimmungswort weisen die Grundwörter Blatta, Brunnu, Egg(a), Giller (wohl: Chiller), Gilla, Grabu, Haalta, Matta, Pletscha, Schnitta, Stei, Trog, Wäg, Wald, Wang, Weid, Wier und das Kompositum Wasserleita auf. dr Eichjitschuggu ‘ der Fels beim Eichji (kleines Gebiet mit Eichen) ’ (Hohtenn) ist der einzige Belegt mit dem Diminutiv als Bestimmungswort. Komplexer ist Eichmattutschuggu ‘ der Fels bei der Wiese bei den Eichen ’ (Bratsch). Nur zweimal ist der Name Eichhoru für das Eichhörnchen belegt: Eihoruflüe ‘ die Fluh, die wie ein Eichhörnchen aussieht ’ (Hohtenn) und ts Eihorugässi ‘ die kleine Gasse, wo es Eichhörnchen hat (? ) ’ (Leuk). Der Tiername schwdt. Ei(ch)horn n., mhd. eich(h)orn, ahd. eihhurn(o), eihhorno, ist zu Eiche zu stellen; der zweite Teil ist jedoch umstritten (L EXER 1, 517; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 231). Ableitungen zum HL Eich sind selten. 1757 ist jn Eÿchers Garten (Gampel) belegt, wo ein sonst nicht belegter FaN oder ein Herkunftsname vorliegen kann; dass ein verkürztes Eichhorn vorliegt, ist eher unwahrscheinlich. der Eichibodo ‘ der Boden beim Gebiet mit Eichen ’ (Ausserberg) könnte eine Ableitung Eichi auf / - I / enthalten, die laut I D . (1, 72) zu einer / - ACH / -Ableitung mit dem Sinn ‘ mit Eichen besetzter Ort ’ gestellt werden kann (S ONDEREGGER 1958, 466 ff. zu / - AHI / ). Als Adjektiv auf / - LICH / ist 1548 in Bürchen Eylichi Tuelin ‘ die eichene Röhre ’ belegt (vgl. HL T UELIN ), der Name eines Ackers, der mit einer solchen Röhre bewässert wurde. Das Adjektiv ist bei W IPF (1910, 176) als eichin belegt. Eie Eie f., auch Eia f. ‘ Aue ’ ist zum schwdt. Ei, Eie f., entrundete Form zu Au, Äu, Äue f., Dim. Eielti, ahd. ouwa f., zur Bezeichnung einer Insel oder Halbinsel und wdt. Eija, Eijä (Goms), Eiju ‘ Magerland (strauch-bewachsen) ’ zu stellen (I D . 1, 5 f. und 18; R ÜBEL 1950, 9; Z INSLI 1984, 56; G RICHTING 1998, 64). In unserem Namengut meist ‘ am Wasser gelegene Wiese; niedriges, feuchtes Uferland ’ auch ‘ am Wasser liegendes Gesträuch oder Gehölz ’ oder ‘ abgelegene unbewohnte Gegend ’ . Das HL kommt in rund 350 Namen vor. In einigen Fällen ist nicht zwischen Eie und Eiche zu unterscheiden (z. B. Eyholz ‘ der Auenwald / der Eichenwald ’ ). Inhaltlich geht es in den meisten Fällen um eine Aue im Talgrund des Rotten, die vor der 49 50 Eie <?page no="30"?> Korrektion weite Bereiche überschwemmte; ähnliche Auen befinden sich an Seitenflüssen, wie etwa an der Vispe. Die Formen Oww und Oya sind teilweise älter, teilweise nicht umgelautet, gehören aber meist hieher; Ausnahmen dazu sind Formen wie ouwe usw., die für das weibliche Schaf (Aue) anzuführen sind (cf. HL E ISCHT ). Das Simplex im Singular erscheint lebend in der Form t Ei ‘ die Aue ’ (Lax), dann t Eie (mit Schwa am Schluss) im Goms rund 10 Mal, weiter auch als üf der Eie (Münster), uf der Eie (Selkingen) und in der Eie (Fiesch, Geschinen). t Eie (mit / e/ am Schluss) ist sicher in St. Niklaus belegt; in Randa und Agarn ist ein Plural gemeint. t Eia kommt rund zwölf Mal vor - von Niederwald bis Oberems. Eiu ‘ Aue ’ ist der Name einer Alpe in Saas-Almagell (FLNK Eiju). in der Eiun (Blatten, zwei Mal) ist nur hier lebend belegt. Die Namen der FLNK enthalten meistens die Form Eija oder ähnlich. Einen Sonderfall stellt inner Oww ‘ in der Aue ’ (Eyholz) dar, das eine nicht entrundete Form, eventuell unter dem Einfluss des folgenden / w/ , enthält; historisch ist es 1544 in der Owi und 1690 in der Ow belegt; dazu kommt Ouw (FLNK, Visp). Historisch ähnlich ist das 1539 in Bellwald als jn der Ou ᵉ ‘ in der Aue ’ . Die ältesten historischen Belege vor der Entrundung sind dy` Oy`a (1424, Baltschieder, aber 1475 als Eien), an der o ᵉ yen (1431, u. später, Niedergesteln, später entrundet), in der o ᵉ yun (1438 u. später, Steg, später entrundet), o ᵉ yun (1450 u. später, Visp, später entrundet) und einige andere. Unklar ist der älteste Beleg Oyez (1391, Eischoll; 1443 als jn der o ᵉ ýun). Zu vermuten ist ein Schreibfehler von 1391, da der Gemeindename Eischoll in den ältesten Belegen als Oselz (11? ? ), Oiselz (1219), Oysez (1267 - 1276) erscheint und vermutlich auch 1391 gemeint ist; dieser Name wird eher zu kelt. Uxellos ‘ Anhöhe ’ gestellt (cf. HL E ISCHOLL ). Ein ungewöhnlich früh entrundeter Beleg jn der Eÿun (1468, Ernen) könnte auf eine spätere Kopie hinweisen, die sich jedoch am Fundort (Pfarrei-Archiv Mörel) nicht überprüfen liess (nach P H . K ALBERMATTER , p. c.). Das Simplex Singular im Diminutiv ist das Eÿgeltin ‘ die kleine Aue ’ (1594 u. später, Fiesch), im Eÿgiltin ‘ in der kleinen Aue ’ (1696 u. später, Bürchen), ts Eii ‘ die kleine Aue ’ (Raron), ts Eiilti (Gampel, Raron, Unterems), in dem Eÿeltin ‘ in der kleinen Aue ’ (1754 u. später, Steg), Eijilti (FLNK, Steg), Eijulti (FLNK, Randa), Eijuti (FlNK, Blitzingen), ts Eiuti (Binn, Fieschertal), das Eÿelti (1733, Biel), in dem Eÿelti (1765, Oberwald), im Eyeltin (1627 (ca.), Niedergesteln) und das agglutinierte Zeiuti ‘ die kleine Aue ’ (Blitzingen). Für den Plural ist nur t Eiiltini ‘ die kleinen Auen ’ (LT, Baltschieder; FLNK Eijiltini) belegt. Mit attributiven Adjektiven zum HL erscheinen: dv ᵢ Dika Oy`a ‘ die dicke (dicht bewachsene) Aue ’ (1303, Lalden), der Gekauften Eien ‘ die gekaufte Eie (Aue) ’ (1852, Steg), die Gemeine Eyen ‘ die Aue, die der Gemeinde gehört ’ (1810, Fieschertal und mehrere andere, teilweise die Gmeine Eÿen oder ähnlich), di Gros Eia ‘ die grosse Aue ’ (Baltschieder und mehrere andere mit Varianten), t Hinner Eia ‘ die hintere Aue ’ (Niederwald, sowie Münster und Fiesch mit Varianten), t Honeia / t Honeie ‘ die hohe Aue ’ (Fieschertal und drei weitere), in den Indren Eÿen ‘ in den inneren Auen ’ (1767, Wiler), das klein Öyilti ‘ die kleine Aue ’ (1460, Fiesch), Lengú Oya ‘ die lange Aue ’ (1396 u. später, Raron), t Mitleri Eiu ‘ die mittlere Aue ’ (Salgesch), jn dien Nideren Oyon ‘ in den niederen (unteren) Auen ’ (1306, Lalden), in der Niwen Eÿen ‘ in der neuen Aue ’ (1709, Agarn), t Niwwi Eiu ‘ die neue Aue ’ (Turtmann), t Ober Eie ‘ die obere Aue ’ (Gluringen (zwei Belege), Oberwald, Reckingen und mehrere historische Belege), t Obri Eiu ‘ die obere Aue ’ (Salgesch, Turtmann), t Pmei Eie ‘ die Aue, die der Gemeinde gehört ’ (Obergesteln, zwei Belege), t Rundeia ‘ die runde Aue ’ (Raron), t (e)Rundi Eiu ‘ die runde Aue ’ (Turtmann), Schibochten Eyen ‘ die runde, scheibenförmige Aue ’ (1717, Obergesteln), Tuchen Oyun ‘ die Aue, die überschwemmt wird (unsicher) ’ (1309, Raron), t Undri Eiu ‘ die untere Aue ’ (Salgesch), t Unner Eie ‘ die untere Aue ’ (Gluringe, Oberwald), ts Unner Eii ‘ die untere kleine Aue ’ (Raron), in der Aussern Eije ‘ in der äusseren Aue ’ (1853, Eisten), t Vorder Eia ‘ die vordere Aue ’ (Täsch), in der Wissen Eÿen ‘ in der weissen Aue ’ (1790, Glis). Mit vorangestellten Genitiven zum HL sind belegt: Balscheija ‘ die Aue des Balz (Balthasar? ) ’ (FLNK, Blitzingen; 1592 Poltzeÿen, 1872 des Balz=Eien), wobei der historische Beleg von 1592 auch einen PN Bolz nahelegt, dv ᵢ Bu ᵉ lerra Oy`ga ‘ die Aue, die der Familie Bieler gehört ’ (1303, Lalden) (könnte auch die Leute vom Biel bezeichnen; der Genitiv Plural ist unsicher), in Bieliger Eie ‘ in der Aue der Leute von Biel ’ (1685 u. später, Biel), an die Brügereÿen ‘ die Aue der Briger (Leute von Brig) ’ (1729, Naters; 1732 als Brigeru Eÿen), ad insulam Brunnero ‘ (lat.) bei der Aue der Familie Brunner ’ (1509 (? ), Brigerbad), an der Kilchen Eÿenn ‘ an der Aue, die der Kirche gehört ’ (1594, Münster), in der Kirchen Eÿen ‘ in der Aue, die der Kirche gehört ’ (1824, Oberwald), in der Gertschigen Eÿa ‘ in der Aue der Familie Gertschen ’ (1711, Münster), ts Gelisch Eielti ‘ die kleine Aue der Familie Geli (Gely) ’ (Baltschieder), di Gieschereiu ‘ die Aue, die den Leuten von Giesch gehört? ’ (Niedergesteln), di Grantscheiä ‘ die Auen der Familie Grand ’ (Steg), Gwalthaber Eÿe ‘ die Aue, deren Ertrag dem Gewalthaber (Gemeinde-vorsteher) zukam ’ (1832, Geschinen), t Hansieie ‘ die Aue des Hans ’ (Ulrichen), des Herren Eya ‘ die Aue des (Pfarr-)Herrn ’ (1815, Oberwald), t Hereeie ‘ die Aue des (Pfarr-)Herrn ’ (Münster), in Jagesu ᵕ oeÿe ‘ in der Aue des Jaaggi (PN Eie 51 52 <?page no="31"?> Jakob) ’ (1729, Leuk), t Jaggesseiu ‘ die Aue des Jaaggi (PN Jakob) ’ (Turtmann), Jans Graphun Eÿa ‘ die Aue des Jan Graven ’ (1545, Vispertminen), in der Jostigen Eÿen ‘ in der Aue der Familie Jost ’ (1721, Obergesteln), ts Irisch Eie ‘ die Aue des Iri (PN? ) ’ (Oberwald), ts Kaplaasch Eie ‘ die Aue, die dem Kaplan gehörte ’ (Münster), ts Maartischeiu ‘ die Aue des Martin / der Familie Marti ’ (Turtmann), Matters Eÿa ‘ die Aue der Familie Matter ’ (1531, Brigerbad), ts Michutisch Eie ‘ die Aue der Leute des kleinen Michael (Übername einer Familie Biderbost) ’ (Ritzingen), Nuntzen Eÿen ‘ die Aue des Nuntz (PN? ) ’ (1608 u. später, Ried- Brig), Mörisch Eÿeltin ‘ die Auen des Mörisch / der Familie Mörisch ’ (1794, Naters), in Parnisch Eÿen ‘ die Aue der Familie Parni / des Parni (wohl: Perrin) ’ (1757, Agarn), in Perinis Eyen ‘ in der Aue der Familie Perrini ’ (1711, Agarn), in Perrigen Eÿen ‘ die Aue der Familie Perrig ’ (1717, Leuk), in der Pfaffen o ᵉ yen ‘ in der Aue des Pfarrers / der Familie Pfaffen ’ (1431, Niedergesteln), di Pulligueiu ‘ die Aue bei Pulligu (Ort der Leute des Pullo) ’ (Leuk), jn Randiers Eÿen ‘ die Aue der Familie Randier ’ (1663 u. später, Turtmann), in Riedigen Eyen ‘ in der Aue der Leute vom Ried ’ (1716, Visp), t Ritzigereie ‘ die Aue der Leute von Ritzingen ’ (Ritzingen), ad insulam sarquenensium ‘ (lat.) bei der Aue der Leute von Salgesch ’ (1640, Salgesch; unklar, ob Name oder Appellativ), in Schu ͦ machrigo Eÿen ‘ die Aue der Familie Schuhmacher / der Leute des Schuhmachers ’ (1592, Visp), in der Seitter Eÿgen ‘ in der Aue der Leute von Seit ’ (1603, Ritzingen), Selkiger Eije ‘ die Aue der Leute von Selkingen ’ (Selkingen), Suters Eÿa ‘ die Aue der Familie Suter ’ (1548 u. später, Baltschieder), Theyllerseÿe ‘ die Aue der Familie Teiler ’ (1774, Ernen), in das Ursers Eÿen ‘ in der Aue des Mannes aus dem Urserntal (UR) ’ (1718, Oberwald), ts Weibelsch Eia ‘ die Aue des Weibels ’ (Geschinen), jn Wÿdigen Eigen ‘ in den Eien (Auen) der Familie Wyden ’ (1597, Visp), dez Wirtz Oya ‘ die Aue des Wirtes / des Wirt (PN) ’ (1369, Raron), Zittersch Eia ‘ die Aue der Familie Sitter / Schitter ’ (Baltschieder). Diese Genitive bezeichnen häufig die Besitzer der Auen. Die alten Genitive auf / - ER / (z. B. Ritziger ‘ der Leute von Ritzingen ’ ) wurden hieher genommen, obwohl sie heute oft als Adjektive analysiert werden. Als Grundwort in zweigliedrigen Komposita ist das HL mit Tiernamen verbunden: di Blageia ‘ die Aue, wo verendete Tiere begraben wurden ’ (Glis, Visp), ts Geiseii ‘ die kleine Aue für die Ziegen ’ (Baltschieder, 2 Belege), ts Geiseielti ‘ die kleine Aue für die Ziegen ’ (Oberwald), t Haneia ‘ die Aue für die Hähne ’ (Fieschertal, aber unsicher, laut Gwp. auch Honeia), t Kalbereia ‘ die Aue für die Kälber ’ (Brigerbad), t Kalbereie ‘ die Aue für die Kälber ’ (Geschinen), im Plagey`iltÿ ‘ die kleine Aue, wo verendete Tiere begraben wurden / die minderwertig sind ’ (1862, Turtmann), t (e)Rosseia ‘ die Aue für die Pferde ’ (Brigerbad), in der Ross Eyen ‘ in der Aue für die Pferde / mit dem Röstplatz für Hanf und Flachs ’ (1664, Geschinen; Ross ist unklar), in der Ros Eÿen ‘ in der Aue für die Pferde ’ (1808, Münster; 1678 insulam Equinam ‘ die Ross-Aue ’ ), t Wolfeia ‘ die Aue der Familie Wolf (liegt in Rottenebene, wo kaum Wölfe zu erwarten sind) ’ (Raron). Nicht alle Belege sind sicher; typischerweise wurden Auen als Ziegenweide gebraucht. Eine Reihe von Pflanzennamen treten ebenfalls auf: die Bännereia ‘ die bänderförmige Aue ’ (Turtmann), t Bircheya ‘ die Aue beim Weiler Birch (Birkengehölz) ’ (Fiesch), ts Doorueii ‘ die kleine Aue mit Dornengesträuch ’ (Raron), zen Doroien ‘ bei den Auen mit Dornengesträuch ’ (1303, Niedergesteln), di Doreia ‘ die Aue mit Dornengesträuch ’ (Visp), t Flaggseie ‘ die Aue mit Flachs ’ (Ulrichen), in der Flaxeien ‘ in der Aue mit Flachs ’ (1741, Ritzingen), in der Flax=Eÿen ‘ in der Aue mit Flachs ’ (Münster), in der Holtz Eÿen ‘ die Eie (Aue) mit Holz (Wald) ’ (1675, Turtmann), t Lärcheie ‘ die Aue beim Lärchenwald ’ (Ulrichen), in die Peschereye ‘ die Aue mit Erbsenfeld (sofern überhaupt Aue! ) ’ (1706, Salgesch), t Runeia ‘ die Aue mit Baumstöcken ’ (Blatten, sofern nicht das Adjektiv rund enthalten ist). Die Form der Aue spielt eine Rolle in t (e)Radeia ‘ die Aue beim Gebiet Rad (radförmiges Gebiet, in Brigerbad) ’ (Lalden), t Rundeia ‘ die runde Aue ’ (Raron), Rÿemen Eÿen ‘ die riemenförmige Aue ’ (1562 u. später, Brigerbad; 1530 Rymen Eyun). Bei einer Reihe von Komposita ist wohl eine nahegelegene Flur oder ein Gebiet gemeint, so etwa bei t Abbrucheiu ‘ die Abbruch-Eie (Aue im vom Wasser abgebrochenen Gebiet? ) ’ (Agarn, Leuk), in der Baneÿen ‘ in der Aue beim Banngebiet ’ (1594, Visp), in der Banneyen ‘ in der Aue beim Banngebiet ’ (1663, Baltschieder), in der Berggeÿen ‘ die Aue beim bergwärts liegenden Gebiet ’ (1677, Turtmann), in der Bergeÿen ‘ die Aue beim bergwärts liegenden Gebiet ’ (1634, Bürchen), ts Bärgeiji ‘ die kleine Aue beim Gebiet, das bergwärts ansteigt ’ (Raron), in der Fureye ‘ in der Aue bei der Furche ’ (1663, Biel), Mosoya ‘ die Aue im Moos (sumpfiges Gebiet) ’ (1427, Niedergesteln; 1307, Raron), Santhoy`a ‘ die Aue beim Sandgebiet ’ (1303, Raron), Sant Eÿa ‘ die Aue beim Sandgebiet ’ (1548 u. später, Baltschieder), Santhoyunt ‘ die Aue beim Sandgebiet ’ (1300 u. später, Niedergesteln), jn der Stegoyun ‘ in der Aue beim Steg ’ (1306, Lalden), ts Steineii ‘ die kleine Aue beim Gebiet zum Stein ’ (Raron, LT Steineji, FLNK Steneiji), di Taleia ‘ die Aue beim Tal ’ (Baltschieder, Eggerberg, Lalden und historische Beleg in Brigerbad und Visp; alle wohl für den gleichen Ort), Wereija ‘ die Aue beim Wehr (Wehrbau der Vispe) ’ (FLNK, Visp; LT Wehreye), dazu t Forder Wereia ‘ die vordere Aue beim Wehr (Wehrbau der Vispe) ’ (Visp; 53 54 Eie <?page no="32"?> LT Vordere Wehreye), t Unner Wereia ‘ die untere Aue beim Wehr (Wehrbau der Vispe) ’ (Visp, LT Untere Wehreye). In einigen Belegen wird die Zuordnung der Aue zu einer Gemeinde oder einem Weiler ausgedrückt: t Laaldeia ‘ die Auen, die zu Lalden gehört ’ (Visp), in den Laldeÿen ‘ in den Auen, die zu Lalden gehören ’ (1768, Lalden), Laleija ‘ die Aue, die zu Lalden gehört ’ (FLNK, Eyholz), Turtigeiju ‘ die Aue, die zu Turtig (Weiler von Raron) gehört ’ (FLNK, Niedergesteln; LT Turtigeiu), in Turtigeÿen ‘ in der Aue, die zu Turtig (Weiler von Raron) gehört ’ (1507, Raron). Einen Sonderfall stellt das mehrfach belegte, zweitbetonte Tscharei mit Varianten dar. Z IMMERMANN (1968, 41 f., s. v. Scharei) stellt es zu Eie und deutet Schar als eine Uminterpretation von zer. Dagegen spricht, dass auch Inden (di) Tschareie kennt und dass deswegen vermutlich eine frpr. Form von lat. CARRUS ‘ Karren ’ (FEW 2, 426 ff.; G PSR 3, 385 s. v. charray) oder ähnlich vorliegt (cf. HL T SCHAREI ). Komplexere Formen mit dem HL als Grundwort sind etwa: Getschhauteeije ‘ die Aue unterhalb der steilen Halde / der Halde oberhalb des Morastes ’ (Ritzingen), in den Grimpeil Eÿen ‘ in den Grindbiel (Hügel, der wie ein Felskopf (Grind) aussieht ’ (1626 u. später, Glis) (Grindbiel kann auch zu Grund gestellt werden; die ältesten Belege dieses Kompositums in Glis enthalten jedoch schon ein / i/ (z. B. 1270 (ca.) Crinpuil, 1279 Grimpuel, 1299 Grimpuele usw.). Es gibt allerdings auch ein Grundbiel (z. B. 1339 zem Grvnt Bu ͦ le), das als Typ besser belegt ist. Entsprechend sind auch an die Grundbu ᵉ leyen ‘ die Aue beim Grundbiel (Hügel im Grund) ’ (1622, Glis) und in den Neu ᵕ en Gliser Gru ᵕ ndbieleÿen ‘ die neue Aue in den Grundbielen (Hügeln im Grund) von Glis ’ (1858, Glis) bezeugt. Unsicher ist auch Klein Brotgien Eÿa ‘ die Aue, die wie ein kleines Brot aussieht ’ (1617, Filet). in der Nüwen Ausgetheilten Eÿen ‘ in der neuen, zugeteilten Aue ’ (1717, Turtmann) zeigt, dass Auen im Rottengrund den Burgern neu zugeteilt wurden. Als Bestimmungswort ist das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern verbunden: Alpa, Biina, Brigga, Brunnu, Chriz, Fääsch, Gassa, Haalta, Grabu, Licka, Los, Matta, Sand, Schleif, Schluocht, Straas, Stutz, Tola, Tschugge, Wald, Wasser und Weid. Komplexere Formen sind etwa di Turtigeiuleesser ‘ die zugeteilten Grundstücke bei der Aue bei Turtig (Ortsteil von Raron) ’ (Niedergesteln), in den Vndren Eÿmatten ‘ in den unteren Wiesen bei der Aue ’ (1739, Turtmann), t Wereiuleesser ‘ die zugeteilten Grundstücke bei der Aue bei der Weri (Wehrbau bei der Vispe) ’ (Visp) und t Indru und t Üssru Eiutola ‘ die innere und die äussere Mulde bei der Aue ’ (Eisten) und andere mehr. Zur Form Ow / Oue (kann sowohl zu Eie wie zu Aue (Schaf) gehören) stellen sich Jn der Owmattun ‘ in der Aumatte / in der Schafmatte ’ (1580, Guttet) und in Owlandschboden ‘ im Boden des Eiland(? ) ’ (1779, Staldenried), wobei der Genitiv auch zu einem PN gehören kann, der sonst nicht belegt ist. Auch ts Öuchumm ‘ das Chumm (Mulde) mit einer Aue ’ (Münster, zwei Belege) und der Öuchummsee ‘ der See bei der Chumma (Mulde) mit der Aue ’ (Münster) sind hieher zu stellen. Eifetsch Eifetsch ist nur historisch 1699 als die Eifetschfäd ‘ die Felsbänder mit Eis ’ (St. Niklaus) belegt. Das nächstliegende Wort im I D . (2, 129) ist Geifetsch ‘ kalter Nebel, Frostnebel ’ , das auch bei K LEIBER (1992, 617 f.) belegt ist. Er bezieht sich auf J UD , der Geifetsch auf eine romanische Grundlage zurückführt (G PSR 8, 343 ss. s. v. givre ‘ Eis, Frost ’ ). P H . K ALBERMATTER (p. c.) weist jedoch darauf hin, dass im Dokument Eifetschfäd steht, also keine Falschschreibung von Geifetsch. Eine Deutung dafür ist nicht möglich. Eifisch Eifisch ist nur in der Eifischgraad ‘ der Grat zum Val d ’ Anniviers ’ (Oberems) belegt. Es handelt sich um die im Deutschen gebräuchliche Form für frz. (Val d ’ ) Anniviers. M EYER (1914) nennt das Tal im Titel seiner Dissertation Einfisch und geht im Register (S. 159) von der Form Anii vias aus, zitiert aber S. 20 de Anivesio und apud Anivesium und S. 30 Anivieix, das er als nicht lateinisch ansieht. Die dt. Form Einfisch scheint eine rekonstruierte Fehlform von Eifisch zu sein, das seinerseits wohl erst im 16. Jahrhundert als Ergebnis des sog. Staubschen Gesetzes entstanden ist: / n/ vor einem Reibelaut (hier / f/ ) wird durch einen Diphthong ersetzt (vgl. etwa Beich ‘ Bänke ’ ). Die Form lautete also Eifisch, das seinerseits aus einem rom. *Anfis oder *Anvis entstanden sein muss. Diese Formen erscheinen allerdings in den historischen Belegen von M EYER nicht, der latinisiertes Anivesium und frpr. Anivieix hat. Das auslautende / s/ wurde im Oberwallis zu / sch/ . G ATSCHET (1867b, 191) und S TUDER (1896, 96) führen den Namen auf lat. NIX , NIVIS ‘ Schnee ’ , Adj. NIVEUS ‘ aus Schnee, schneeig ’ zurück, laut G ATSCHET soll das Tal seinen Namen dem Einfluss des jenseitigen italienischen Sprachgebietes verdanken, er geht von it. annevare ‘ mit Schnee bedecken ’ aus, Anniviers bezeichne also ‘ eine in der Nähe von Schneefeldern liegende, oder bis tief ins Frühjahr mit Schnee bedeckte Gegend ’ . Die von M EYER (1914, 159) angesetzte Grundform Ă NII VIAS ‘ Jahreswege ’ beziehe sich laut C RETTAZ (2008, 9) auf die früher nomandenhafte Lebensweise der Einwohner des Eifischtales ‘ l ’ année sur les chemins ’ . G PSR (1, 437 s. v. Anniviard) gibt Eifetsch 55 56 <?page no="33"?> zum Namen keine nähere Erklärungen. Insgesamt steht eine wissenschaftlich haltbare Erklärung aus. Eige Zu schwdt. Eigen n., mhd. eigen, ‘ ganz eigener und darum auch erblicher Grundbesitz, ein solches Grundstück, Gut, im Gegensatz zu Fahrhabe, zu Lehengut und zu Allmend, Adj. eigent ‘ als Eigentum angehörend ’ (I D . 1, 146; G R W B 3, 95, 69). Das Nomen ist teilweise Neutrum, teilweise Feminin, soweit erkennbar. G RICHTING (1998, 64) kennt nur das Adj. eige, eigä (Goms), eign, eigund ‘ eigen ’ . Von den rund 30 Namen gehören die meisten dem Bezirk Goms an; die übrigen verteilen sich über die restlichen Bezirke. Sichere Simplizia im Singular sind ts Eige ‘ das Eigengut ’ (Binn) (aber 1820 in der Eigen), t Eige (Biel, aber historisch immer Plural, erst 1769 Singular; Gluringen, historisch 103 und 1726 Plural, 1633 Singular, wohl Neutrum), in der Eigen (1589, Agarn; ähnlich 1859, Hohtenn, 1725 Obergesteln). Eigne, auch t Eitne (Binn) sind wohl Singular, aber 1768 auch Plural. Das seltsame Zeygen ‘ beim Eigengut ’ (1446, Ried-Mörel) ist wohl ein Singular. Sichere Simplizia im Plural sind in Eige ‘ in den Eigengütern) (Ritzingen, auch historisch immer Plural), in dien Eygen (1393, Grengils), vf dien Eigen (1310, Visp), t Eigna (Visperterminen; historisch Plural). Etwas unklarer ist zen Heygen ‘ bei den Eigengütern ’ (1351, Unterems), wo das anlautenden / h/ sich auch in Hemessa ‘ Ems ’ findet. Insgesamt wechseln Singular und Plural, Neutrum und Feminin in unklarer Weise. Die Assimilation (/ g/ > / t/ ) in t Eitne kommt nur in Binn vor. Attributive Adjektive in zweigliedrigen Konstruktionen sind: t Hinnre und t Vodre Eitne ‘ der hintere und der vordere Teil des Eigengutes ’ (Binn). Einen vorangestellten Genitiv zeigen Kinigs Eÿgen ‘ das Eigengut der Familie König ’ (1688, Mörel; auch Kings Eÿgen) und t Leemischeige ‘ die Eigengüter der Familie Lehmann / des Lehensmannes ’ (Binn). Als Grundwort findet sich nur im Múhly Eigen ‘ im Eigengut bei der Mühle ’ (1838, Visp). Als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita kommt das HL mit folgenden Grundwörtern vor: Biel, Bord, Läg, Matta, Wald, Wier und Zehnt. Letzterer Beleg Eygen Zendo (1453) meint wohl ein Eigengut, dessen Ertrag als Zehnten diente. Eine / - ET / -Ableitung (S ONDEREGGER 1958, 524) liegt in Eiget ‘ das Eigengut ’ (Münster) und den dazu gehörenden ts Ober Eiget, im Unner Eiget, der Eigetbode, der Eigetwald, und der Ober Eigetbode (alle Münster) vor. Vermutlich ein Adjektiv kommt in aúff den Eigenden Wehrinen ‘ auf den Eigengütern bei den Wehrbauten ’ (1727 Brigerbad) und z ’ Eigenen Stadol ‘ beim eigenen Stadel ’ (1838, Staldenried) vor. Eiginer Eiginer m. ist nur in Saas-Almagell als der Eiginer belegt (so auch auf 1: 10000). In Saas-Fee lautet der Name der Eginer (FLNK Egginer). Auf der Dufourkarte OA 492 von 1860 und der Siegfriedkarte Blatt 534 von 1881 steht Egginer, ebenso auf LT, wo der Gipfel auf 3368 m lokalisiert ist. Ebenfalls in Saas-Fee ist ts Eginerjoch (FLNK Egginerjoch), ein Felsübergang beim Egginer belegt. G AT- SCHETS Paraphrasierung lässt auf eine Ableitung von Egg, Dim. Eggi schliessen: ‘ des Kantigen, oder in der Bergkante aufragenden Berges ’ (G ATSCHET 1879, 407). Die Formen auf den Karten legen tatsächlich am ehesten eine Herleitung von schwdt. Egg ‘ Ecke ’ und wdt. Egga, Eggu ‘ Ecke, Egge (Gerät), Geländerippe ’ (I D . 1, 155 ff.; G RICHTING 1998, 64) nahe. Die Ableitung ist wohl zum Diminutiv Eggi mit einem hiatustilgenden / n/ und dem männlichen stellenbezeichnenden Suffix / - ER / (S ONDER- EGGER 1950, 541 ff.), also ‘ der Berg mit kleinen Ecken ’ zu stellen. Im Oberwalliser Namenbestand gibt es nur eine ähnliche Form, nämlich Enginer in Baltschieder, das sich eventuell auf eine Ableitung von Engi f. bezieht (W ERLEN 2008, 587). Der Name Eiginer in Saas-Almalgell scheint dagegen eine ähnliche Ableitung, aber von Eigen n. (I D . 1, 146; G RICHTING 1998, 64 kennt nur andere Ableitungen), hier etwa als ‘ der uns gehörende Berg ’ . Ob der bekannte Name Eiger (BENB 1, 1, 72) eine Rolle für den Namen Eiginer spielt, ist unklar; dessen Etymologie gilt im Übrigen als ungeklärt. Eim (FaN) Eim (FaN) ist ein in Hohtenn inzwischen erloschener FaN Heimen, Heymen auch Heinen, Heynen, lat. A YMONIS (AWWB 122 f.); siehe dazu den historische Beleg von 1852 mit die Heimen Haús Schnitten gelegen aúf der Gemeinde Hothen (GA S TEG , R 2 S. 228, Steg). Belegt ist er in ts Eimhüüs ‘ das Haus der Familie Eim ’ und der Eimhüüsstadil ‘ der Stadel beim Haus der Familie Eim ’ . A YMO ist ein im 13. und 14. Jahrhundert sehr geläufiger PN. Zu weiteren Varianten cf. HL H EIME und HL H EINRICH . Eimerli Eimerli n. ‘ der kleine Eimer ’ ist nur 1752 und 1781 in Blitzingen belegt. Es handelt sich um ein Diminutiv Eimerli zu schwdt. Eimer m., Pl. Eimere n , mhd. eimer aus älter eimber m./ n., ‘ ein hölzernes Gefäss für Getränke, bauchiger Kübel, in welchen gemolken wird ’ auch ‘ Weinmass ’ (I D . 1, 221; ZGNB 2, 67). In Blitzingen kommt 57 58 Eimerli <?page no="34"?> ein Weinmass nicht in Frage, sodass wohl eine Wiese gemeint ist, die in etwa einen kleinen Eimer Milch liefert. Ein Ein ist zum Zahlwort ein zu stellen. G RICHTING (1998, 64) kennt die Form so nicht, führt aber flektierte Formen wie wdt. eim, eimu (Matteratal), einum ‘ einem ’ und einere, einra (Lötschtental), einära ‘ einer ’ auf. Wie schon W IPF (1910, 137) für Visperterminen zeigt, ist das Zahlwort substantivisch, adjektivisch und als unbestimmter Artikel (in verkürzter Form) gebraucht (vgl. auch I D . 1, 296 ff.). Die Belege in den Orts- und Flurnamen sind: ts Eineggi ‘ die eine (besondere) Ecke ’ (Ernen), die als Aussichtspunkt besonders auffällt, der Einumällich ‘ der eine Mällich (Steinmann) ’ (Embd) ist ein aufgemauertes Mäuerchen, das im Gegensatz zu di Zwei Mällicha ‘ die zwei Mällicha (Steinmänner) ’ (Embd) - etwa 200 m höher - zu sehen ist. Dazu gehört t Einumällichbletscha ‘ die Ebene beim einen Mällich (Steinmann) ’ (Embd). Die Ableitung eintu ‘ (der) einte ’ (Id. 1, 269 ff.) steht in bim Eintu Stock ‘ beim einzelnen (Baum-)Stock ’ (Embd), dem Überrest einer früher dort stehenden grossen Lärche. Unsicher ist der Beleg Einmatta ‘ die Wiese bei der Aue ’ (1565, Naters), der wohl zum HL E IE ‘ Aue ’ zu stellen ist (< Eie(n)matta). Einig Einig kommt in drei Belegen vor, von denen zwei den gleichen Gipfel meinen. Es handelt sich um ein Adjektiv einig ‘ einzig ’ (I D . 1, 279; G RICHTING 1998, 64). Im Fall von ts Einig Alichji (Erschmatt), ts Einigalichji (Gampel) ist wohl ein Gipfel gemeint, der wie ein einzelner Steinmann aussieht oder einen solchen aufweist. Bei Einigehitte ‘ die einsame (Alp-)Hütte / die (Alp-)Hütte der Alpgeteilen ’ (Grengiols) könnte auch das Nomen Eini n g (I D . 1, 280) ‘ die Versammlung der Teilhaber einer Gemein-Alpe ’ gemeint sein, doch ist als Alternative Heinigehitte ‘ die Hütte der Familie Heynen ’ erwähnt. Der Beleg bleibt unklar. Eischoll Eischoll ist der Name einer Gemeinde, deren Zentrum zu den Schattenbergen gehört. Der Name ist als Entrundung aus *Öü š el, frz. Oizelz, Oisel, kelt. *ouzello ‘ Höhe, Anhöhe ’ entstanden (K RISTOL ET AL ., 2005, 317; R ÜBEL 1950, 131; G UEX 1938, 357; 1976, 177; H UBSCHMIED 1938, 98; M EYER 1930, 22). G ATTLEN (1999, 51) übernimmt die Etymologie von I D . (1, 346 und 18), das den Dorfnamen Eischoll mit Ei, Eie ‘ Aue, Land im oder am Wasser ’ deutet, mit der Begründung, dass das betreffende Gebiet auf eine Aue ausmünde. Da dies jedoch nicht den topografischen Verhältnissen entspricht, vermutet G ATTLEN (1999, 51), dass der Name mit der Rodung des Waldes und der dort entstandenen Siedlung ‘ einer Insel im Walde, was mit lat. INSULA treffend bezeichnet wäre ’ in Zusammenhang stehen könnte, was M ÜLLER aus sprachhistorischen Überlegungen verwirft (B ULLETIN G PSR 1999 - 2000, 37). G ATTLEN (1999, 53) lokalisiert in den Rarner Schattenbergen noch ein weiteres Oysel, das Wort kann als Synonym für ‘ Gutshof, besiedelte Flur, Weiler ’ betrachtet werden, Neben dem Gemeindenamen Eischoll findet sich eine Reihe weiterer Namen. Die historischen Oysol (1304), Oysel (1307 (zweimal) und 1346) sind zwar unter Bürchen notiert, gehören aber wohl zu Eischoll. Der Dorfname erscheint als Bestimmungswort wie folgt: ts Eischoleggi ‘ die kleine Ecke Richtung Eischoll ’ (Niedergesteln), ts Eischoleggi ‘ die kleine Ecke, die den Leuten von Eischoll gehört (unklar, da auf der rechten Rottenseite, weit von Eischoll entfernt) ’ (Niedergesteln), Eischollalpu ‘ die Alpe von Eischoll ’ (FLNK, Eischoll), ts Eischoleggi ‘ die kleine Ecke, die zu Eischoll gehört ’ (Eischoll), Eÿschollberg ‘ der Berg (bergwärts liegendes Gebiet) von Eischoll ’ (1624 u. später, Eischoll), in den Eÿscholhalten ‘ in den Halden bei Eischoll ’ (1646 u. später, Eischoll), die Eÿscholgassen ‘ die Gasse, die nach Eischoll führt ’ (1619 u. später, Ergisch), auch FLNK Eischilgassu ‘ die Gasse nach Eischoll ’ (Ergisch). Auch hierzug gehört aúff der Eÿscholl Eggen (1724, Unterbäch; 1959 als Eyschler=Egge; auch 1959 Eischoll). Ein Genitiv Plural ist belegt als in Eÿschlerro Grund ‘ im Grund (wohl Rottenebene) der Leute von Eischoll ’ (1651, Niedergesteln). Sonst erscheint das Adjektiv Eischler (ursprünglich wohl ein Genitiv Plural, vgl. S ONDEREGGER 1958, 526) in folgenden Belegen: der Eischlergrund ‘ der Grund der Leute von Eischoll (früherer Besitz? ) ’ (Brigerbad; als veraltet bezeichnet), FLNK hat Eischlerriti ‘ das zu Eischoll gehörende gerodete Gebiet ’ und Eischlersüe ‘ die zu Eischoll gehörende Wasserleitung ’ (beide Unterbäch). Komplexer sind t Obri Eischleralpu und t Undri Eischleralpu ‘ die obere und die untere Alpe von Eischoll ’ (Eischoll). Schliesslich gehört auch Eischler Riedbärg ‘ der Riedberg, der zu Eischoll gehört ’ (FLNK, Niedergesteln) hieher. Eischt Eischt m. ist zu ahd. awist, ewist, sekundär ouwist ‘ Schafstall ’ , eigentlich ‘ Aufenthaltsort für Schafe ’ , zu idg. ouis ‘ Schaf ’ , schwdt. Au, mhd. ouwe, ow, ahd. awi, ‘ weibliches Schaf ’ und wdt. Owwji, Öiwi (Saastal), Oiw (Lötschental), Owwa (Schattenberge), Oibji (Leuker Berge), Öüwji ‘ Mutterschaf ’ (S ONDEREGGER 1958, 46; ZGNB 1, 922 f.; I D . 1, 5; R ÜBEL 1950, 4, 102; G RICHTING 1998, 148) zu stellen. Die Ableitung ist entrundet zu Eischt, in einigen Fällen auch Ein 59 60 <?page no="35"?> zu Eisch. Der Gemeindename Eisten oberhalb der Saaser Vispe ist hieher zu stellen. Das Simplex ist im Singular als vff der Eÿsch ‘ beim Schafstall ’ (1587, Grächen), Eischt ‘ der Schafstall ’ (FLNK, Ried-Brig; LT Eist, SK Eisten), der Eischt ‘ der Schaftstall ’ (Baltschieder, Saas-Balen), am Eist ‘ am Schafstall ’ (1548 u. später, Eggerberg), t Eischta ‘ der Schafstall ’ (Blitzingen, Niederwald; an beiden Orten historisch als Plural Eisten usw.) belegt. Häufiger ist der Plural des Simplex, wobei hier ‘ Schafställe ’ kaum zutrifft; wir geben den Namen als ‘ das Gebiet beim Schafstall ’ wieder. Belegt sind zen Oysten (1306 u. später, Törbel), apud Oýsten (1389 u. später für FLNK Eischt, Ried-Brig), an den o ᵉ ysten (1473 u. später für t Eischta, Blitzingen; 1470 Brig), an o ᵉ ysten (1491 u. später, Biel), in den Eisten (1617 u. später für t Eischta, Niederwald), t Eischte (Filet), zen Eischtu (Eisten), Eischten (FLNK, Blatten; LT u. SK Eisten), an den Eysten (1547, Ernen; 1592, Ritzingen). Einige Diminutive im Singular sind belegt: ts Eischterli (Martisberg, Ried-Brig), ts Eischtli (Ferden, Wiler), ts Eischtje (Zermatt) und Eischtje (FLNK, Zermatt). Mit attributiven Adjektiven tritt das HL vor allem lokal auf: apud dien Jndren Oysten ‘ bei den inneren Gebieten mit Schafstall ’ (1299, Eisten), Ober Eist (Alpe) (EK, Baltschieder, EK Eggerberg), t Obru und t Undru Eischt (Voralpen) (Ried-Brig), Unner Eist (Alpe) (EK, Baltschieder), ze dien Vsseren Oysten (1304 u. später, Eisten). Einen Sonderfall mit einer Präposition stellt unner Zen Eischtu ‘ unter Zen Eisten ’ (Eisten) dar, wo eine Flur unterhalb des Dorfteils Zen Eisten gemeint ist. Nur einmal ist ein vorangestellter Genitiv zu finden: in des Millers Eÿsten ‘ im Gebiet des Schafstalls des Müllers / der Familie Müller ’ (1724, Niederwald). Als Grundwort scheint das HL nur in ts Bätuleischtu (Ried-Mörel) belegt zu sein. Der historische Beleg Bätten=Leÿsten (1610) teilt den Namen in die Bestandteile Bätten ‘ Beten ’ und Leisten ‘ Leiste ’ auf; letzteres kommt sonst nie in Namen vor. Anzunehmen ist, dass es sich um Bätul ‘ Bettel ’ und Eischtu ‘ Schafställe ’ handelt, also ‘ die armselige Ansammlung von Schafställen ’ . Die Flur befindet sich im Wald nördlich von Ried-Mörel, wo sich früher eine Lichtung befand (vgl. SK). In den meisten andern Fällen ist das HL Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita mit den Grundwörtern Acher, Äbnet, Bach, Bicki, Biel, Blatta, Bodu, Bord, Dorf, Egg(a), Fäld, Flüö, Gassa, Haalta, Hüs, Matta, Schluocht, Suon, Wald und Wasser. Komplexer sind das obere Eischtbachfell ‘ das obere Gefälle (? ) am Eistbach ’ (1833, Grächen), ts Inder Eischtbord ‘ das innere (taleinwärts liegende) Bord (Abhang, Böschung) bei Eisten ’ (Blatten), t Indrun Eischtbebem ‘ die inneren (taleinwärts liegenden) Böden bei Eisten ’ (Blatten) und andere. Einen Genitiv Plural enthält dr Äischtnärru Schgguisär ‘ der Durchfall der Leute von Eisten ’ (Blatten), wo im Frühjahr tagsüber mehrere kleine Lawinen niedergehen. Wohl ebenfalls einen Genitiv Plural enthielt ursprünglich ts Eischter Üowand ‘ die Magerwiese der Leute von Eisten ’ (Saas-Balen). Ein seltsames Adjektiv enthält im Eisinen Boden (1671, Ausserberg), das wohl einen Verschreiber für ‘ im Boden von Eisten ’ darstellt; in Ausserberg ist sonst kein Adjektiv zu Eisin bekannt. Eise (PN) Eise (PN) kommt nur als Eisebode ‘ der Boden der Eise (Elisabeth) ’ (Ausserbinn) vor. Gwp. meint, hier habe man einst Eisen abgebaut. Der dialektale Ausdruck für ‘ Eisen ’ wäre allerdings Iise. Bei einem lebenden Beleg ist eine hyperkorrekte Form Eise nicht wahrscheinlich. Eher in Frage kommt ein Frauenname zu Eisa (I D . 1, 532), wo auch Eise genannt und zu Elisabeth gestellt wird. Das auch 1840 in Martisberg belegte im Eisenboden ist vermutlich das am gleichen Ort mehrfach bezeugte im Meisebode. Eisidlär dr Eisidlär ‘ der Einsiedler ’ (Wiler) ist nach der Gwp. ein Gebiet, dessen Ertrag für die Reise zum Wallfahrtsort Einsiedeln (SZ) gegeben wurde. Der daneben liegende Grasabhang heisst t Eisidlerweng ‘ die Grasabhänge beim Gebiet, dessen Ertrag für die Reise zum Wallfahrtsort Einsiedeln (SZ) gegeben wurde ’ (Wiler). Das in Ferden belegte t Einsidelii ist eine Kapelle mit dem Bild der Einsiedler Madonna, die im Winter in der Pfarrkirche von Ferden aufgestellt wird. Einsiedel ist zu schwdt. Einsidel m. ‘ Einsiedler, Eremit ’ , ahd. einsidilo, mhd. einsidel(e) zu stellen. Im Kontext ist allerdings der Wallfahrtsort Einsiedeln (SZ) gemeint (I D . 7, 302 f.; SZNB 2, 227 ff.). Das gleiche gilt für die 1614 belegte Wallfahrt nach Eyensidelen, die nicht in der Datenbank des VSNB verzeichnet ist. Eitresch Eitresch ist ein Flurname in Bürchen. Er ist schon ca. 1250 als Oitres, ca. 1280 als Oytres, 1299 als Oytres belegt. Die heutige Form erscheint erstmals 1541 am Eÿtresch. G ATT- LEN (2007) vermutet eine Zusammensetzung Oitr-es, Eitresch und deutet Es, Esch n. als ‘ eine im alemannischen Sprachgebiet verbreitete Benennung für einheitlich bewirtschaftete, manchmal eingezäunte Nutzflächen in der Nähe von Siedlungen ’ , oi habe sich im romanisch-deutschen Grenzgebiet der Schweiz zu ei ‘ Eia, Eie ’ gewandelt 61 62 Eitresch <?page no="36"?> (G ATTLEN 2007, 39). Diese Deutung lässt sich kaum halten. Vermutlich liegt ein Akkusativ Plural auf / - ES / vor. Der Stamm lässt sich am ehesten zu lat. ULTR Ā ‘ jenseits ’ (FEW 14, 7 ff.) stellen, wohl in der Bedeutung von Outre ‘ audelà (jenseits) ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 98), also etwa ‘ die jenseits gelegenen Wiesen ’ . Neben dem Simplex sind belegt: am Obren Eÿtresch ‘ am oberen Eitresch ’ (1541 u. später, Bürchen) und die Eÿtrischmatta ‘ die Wiese beim Eitresch ’ (1545, Bürchen). Elektrizität Elekrizität f. erscheint einmal als Elektrisitätswärch (sic! ) (Münster), sonst nur in der schriftsprachlichen Form Elektrizitätswerk. In allen Fällen ist es mit dem HL W ÄRCH ‘ Werk ’ verbunden und hat ein Fugen-Element / s/ . K LUGE / S EEBOLD ( 25 2011, 240) kennen Elektrizität als Abstraktum zum Adjektiv elektrisch. Ausser in Münster ist es belegt in Bitsch, Brig, Ernen, Fieschertal, Leuk, Oberems, Saas- Almagell, Simplon, Stalden, Turtmann, Zermatt und Zwischbergen. Mit Ausnahme von Münster stammen alle Belege von der Landeskarte 1: 25 ’ 000. Elf Elf ist zur Kardinalzahl elf, mhd. eilf, ahd. einlif (I D . 1, 283 f.) zu stellen. Es ist nur in t Elfilicku ‘ die Lücke, aus der um 11 Uhr die Sonne scheint ’ (Salgesch; auch FLNK), auch bei M ATHIER (2015, 141) als Elfilicku belegt, und Halbelfiljoch ‘ das Joch (Fusspass), über dem die Sonne um halb elf sichtbar ist ’ (FLNK, Binn) belegt. Ell Ell ‘ Öl ’ ist nur als der Ellbärg ‘ der Ölberg (Bildstock mit Ölbergszene ’ (Unterems; FLNK Elbärg) belegt. Das HL ist zu schwdt. Öl n., Pl. Öler, ahd. oli, mhd. öle, öl, wie nhd. ‘ Öl ’ und - mit Entrundung - zu wdt. Ell, Eel (Lötschtal) ‘ Öl ’ (I D . 1, 181; G RICHTING 1998, 65) zu stellen. Der Flurname Ölberg m. heisst in den meisten anderen Sprachen Olivenberg. Die Ölbergszene zeigt den betenden Jesus vor seiner Kreuzigung im Garten Gethsemane auf dem Ölberg zusammen mit den schlafenden Jüngern. Elle Elle f. ‘ Elle ’ ist zu schwdt. Elle f., mhd. elne, eln, ellen, elle, ‘ Längenmass; Unterarm ’ (I D . 1, 175) zu stellen. Es ist nur belegt im Kompositum Ellboge n m. (I D . 4, 1064 f.). Als FlN ist metaphorisch die Gestalt des Geländes gemeint (BENB 1, 4, 459 f.). Das Simplex im Sg. t Ellboge f. (Reckingen), iner Ellboge f. ‘ im Ellbogen ’ und im Pl. t Ellboga (Ferden), zur Elbogen (1678, Blatten; auch Diminutiv 1680 zúm Elbogin) ist durchwegs feminin, was I D . nur für Zürich erwähnt; es erklärt ihn „ als missverstandenen Plural “ , was auch für unsere Belege zutreffen könnte. Komposita sind Ellbogegrabe ‘ Graben oberhalb des Gebietes Iner Ellboge (im Ellbogen) ’ und Ellbogeloch ‘ das Loch im Ellboge ’ (beide Gluringen). Ellungji Ellungji ist nur in ts Ellungji (Mund, auch FLNK Ellungi) belegt. Es handelt sich um ein Grundstück auf rund 2460 m am Strahlhorn im Gredetschtal. Von der Form her ist ein Diminutiv auf -ji anzunehmen. I D . (1, 178) kennt Elend III für die Blume E RYNGIUM ( ALPINUM ), die bei L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 952) als Alpen-Mannstreu belegt ist, aber für das Oberwallis fehlt. Die Pflanze N IGRITELLA NIGRA ‘ Schwarzes Männertreu ’ ist bei L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2011, 1314) auch für das Oberwallis angegeben, aber die uns vorliegende Deutung als Brändjeni (S TEBLER 1927, 66) legt eine andere Bestimmung nahe. Eine klare Deutung ist darum nicht möglich. Elsen (PN) Elsen (PN) ist als Genitiv zu einem weiblichen Personennamen Elsa (I D . 1, 202 s. v. Els, zu Elisabeth) oder zum Familiennamen Elsig, urkundlich auch Elsun, Elsen (AWWB 86) zu stellen, siehe auch HL E LSIG (F A N). Der Pflanzenname Else n ist sonst nicht belegt; für SORBUS TORMINALIS ‘ Elsbeerbaum ’ ist der Name auszuschliessen, da die Pflanze im Wallis nicht vorkommt (BENB 1, 1, 78; Z INSLI 1984, 222; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 278). Das Simplex ist zweimal belegt als t Ellsa (Ried-Mörel, Zwischbergen) und meint wohl ein Gut der Elsa. Schwache vorangestellte Genitive liegen vor in im Elsen=Ebnet ‘ im ebenen Land der Elsa ’ (1835, Bitsch), in Elsen Ebnet ‘ im ebenen Land der Elsa ’ (1734, Mörel), Elsen Gietgi ‘ das kleine Gut der Elsa ’ (1712, Bitsch), in Elsenn Schnitten ‘ in den Geländestreifen der Elsa ’ (1572, Ernen), der Elsunwalt ‘ der Wald der Elsa ’ (1628, Grächen) und komplexer Elsen Omen Acher ‘ der Acker der Elsa Omen / des Oheims der Elsa (? ) ’ (15? ? , Reckingen). Ein starker Genitiv ist belegt in z Elsiss Haus ‘ das Haus des Elso / der Elsa ’ (1675 u. später, Zwischbergen). Komposita mit dem HL als Bestimmungswort sind bim Elsibrunno ‘ bei der Quelle / dem Brunnen der Elsa / Elsi ’ (Raron), Elso Ebnet ‘ das ebene Land des Elso / der Elsa ’ (1726, Ried-Mörel), t Elselicka ‘ die Lücke (Fusspass) der Elsa zwischen Bettmerhorn und Riederhorn (LT Elselicka, SK Elsilücke) ’ (Fiesch), t Elsulicka (Ried-Mörel), (in Betten lautet der Name t Ellsigelicke, also eher zum FaN Elsig), Ellsuloch ‘ das Loch der Elsa ’ (Simplon), t Elsematta ‘ die Wiese der Elsa ’ (Grengiols). Elektrizität 63 64 <?page no="37"?> Alle Belege lassen sich am ehesten mit dem PN Elsa, seltener dem FaN Elsig oder einer Kurzform davon deuten. Elsig (FaN) Elsig (FaN) ist ein im Oberwallis verbreiteter FaN, der auch als Elsun und Elsen erscheint (AWWB 86), cf. HL E LSEN (PN). Die / - IG / -Ableitung ist vermutlich zum weiblichen Vornamen Elsa (wohl Kurzform von Elisabeth) zu stellen, meint also ‘ die Leute der Elsa ’ . Das Simplex Ellsign m. (auf LK Elsigen) in Kippel ist wohl als ‘ der Elsigen Gut ’ zu verstehen. dr Ober Ellsign liegt etwas höher. Ähnlich ist Elsigen (1831, Goppisberg) ein Gut der Familie Elsig. t Elsigelicke (auf LK Elselicka) in Betten (zwischen Bettmerhorn und Eggishorn) ist ein Fusspass. Die übrigen Belege enthalten den Genitiv Plural Elsigo oder Elsingo zu den Grundwörtern Egga, Erle, Hüüs und Schlüecht. Emeri (FaN) Emeri (FaN) ist ein PN oder FaN (AWWB 86 Emery), der nur einmal mit assimiliertem Artikel in in pratis de lemeri ‘ auf den Wiesen des Emeri ’ (1357, Albinen) belegt ist. Es ist unklar, ob pratis hier Appellativ oder Nomen proprium ist. Emil (PN) Emil (PN) ist ein männlicher Personenname, der in I D . (4, 123 s. v. M ī ggi) belegt ist. Der Vorname kommt nur einmal im Genitiv Singular als ts Emilsch Grund ‘ der Grund des Emil ’ (Baltschieder) vor. Es handelt sich laut Gwp. um einen Besitzernamen; das Grundstück sei heute aufgeteilt. Der Name geht wohl auf lat. A EMILIANUS zurück, der nach dem Erscheinen des Erziehungsromans Émile ou de l ’ éducation von J EAN -J ACQUE R OUSSEAU wieder populär wurde (Information nach Emil bei Wikipedia [iw.11.12.2020]). Emmera Emmera ist in Leukerbad belegt: eys emeris (1353), eymerra (1509), eys Emmera (1690), eÿs Emmerâ (1692), dÿ Emmera (1692). Weiter erscheint 1391 aqueductus emerra ‘ die Wasserleitung Emerra ’ (Leukerbad). Der älteste Beleg könnte eine flektierte latinisierte Form zu emera enthalten. Es handelt sich um einen romanischen Namen, wie die Präposition eys zeigt. Es bieten sich zwei Deutungen an: Am nächstliegenden ist der FaN Emeri (cf. HL E MERI (F A N)) (AWWB 86). G PSR (4, 284a) kennt emer ā ̩ ‘ bleich, farblos ’ , doch ist das Wort nur für den Kanton Waadt belegt. Wahrscheinlicher dürfte also die Herleitung vom FaN sein. Die Verdoppelung von / m/ erklärt sich wohl aus dem späteren deutschen Dialekt (SDS 2, 192 mit optionaler Verdoppelung von / m/ zwischen Vokalen). Empfen (FaN) Empfen (FaN) ist zweimal belegt in beÿ Empfen Trog ‘ beim Trog der Familie Empfen ’ (Birgisch, Naters). Es handelt sich wohl um einen FaN Empken, Emchen, Emcken, Emke, Empchen, Emphen, Empfen, Empten, Emfi (AWWB 87), der für Zermatt und Sitten belegt ist. In den Belegen der Datenbank VSNB erscheint 1673 ein Joannes Empfen (Zermatt). Ems Ems ist der historische Name für die beiden heutigen Gemeinden Oberems und Unterems, wobei letzteres heute zu Turtmann gehört. Die historischen Belege sprechen von Superiori Emesa (1101 u. später, Oberems) und apud Inferiorem Emesa (13. Jh. u. später, Leuk). Weitere Schreibungen sind Hesmesa (1270, Leuk), Hemesa (1276, Leuk) und ähnlich. Das anlautende / h/ dürfte eine romanische Schreibung für einen vokalischen Anlaut darstellen. Die Form Embs erscheint erstmals 1554 für Oberems. Das / b/ in dieser Form ist ein Übergangslaut zwischen / m/ und / s/ . R ÜBEL (1950, 131) führt den Gemeindenamen auf Vorschlag von H UBSCHMIED auf *Amissa zurück, gibt jedoch keine ausführlicheren Erklärungen zu dieser hypothetischen Form, die K RISTOL ET AL . (2005, 660) ausschliessen, da fast alle historischen Belege nur mit einem {-s-} geschrieben sind, was auf eine Aussprache mit [z] hinweise. T SCHERRIG (1968, 23) deutet den Namen Ems, der früher das ganze von den Kelten bewohnte Gebiet am Emsberg und im Turtmanntal bezeichnet haben soll, mit ‘ am Bach ’ , gibt jedoch zur Namenentwicklung keine näheren sprachhistorischen Erklärungen. K RISTOL ET AL . (2005, 660 f.) nehmen an, dass der Name des Emsbachs auf die Ortschaft übertragen worden sei. Für den Gewässernamen Ems, Nebenfluss der Lahn bei Limburg, geht K RAHE (1963, 312) von einer Grundform *Amisia, zu indoeuropäisch *am- ‘ Flussbett, Graben ’ aus. Trotz formeller Übereinstimmung des Walliser Namens mit dem Namen Ems in Graubünden, urk. 765 Amede, 976 Amedes, 1224 de Amite besteht zwischen diesen Namen keine etymologische Verwandtschaft (G AUCHAT 1907a, 7; RN 2, 676; K RISTOL ET AL ., 2005, 661). Belegt sind neben den schon erwähnten Oberäms und Unteräms auch Mittiläms (Oberems; historisch ab 1270 Unterems; SK Mittelems für Ergisch), eine Kleinsiedlung unterhalb Oberems, wo auch am Mittell Embs Acker (1680 u. später, Unterems), sowie in den Mittel Ems Achren (1636, Oberems) notiert sind. Nider Embs (1700 u. später, Unterems) und am Nider Emss (1619, Turtmann) sind Varianten zu Unteräms. 65 66 Ems <?page no="38"?> Das HL kommt als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern vor: Bach, Bäärg, Grabu, Haalta, Hooru und Wald. Komplexere Konstruktionen sind in den Embs Bach Ackeren (1790 u. später, Agarn), Embsbachgraben (1798, Agarn) und Ämsgrabuwald (FLNK, Oberems). Ein Adjektiv (wohl erstarrter Genitiv Plural) ist in t Ämser Schafalpu ‘ die Schafalpe der Leute von Ems ’ (Oberems), resp. Ämsär Schafalpu ‘ die Schafalpe der Leute von Ems ’ (FLNK, Turtmann) belegt. Eng Eng Adj. ‘ eng ’ ist zu schwdt. Adj. eng, engg, ahd. angi, engi, mhd. enge, wie nhd. ‘ schmal, räumlich eingeschränkt ’ und wdt. engg, änng ‘ eng ’ (I D . 1, 330 f.; G RICHTING 1998, 66) zu stellen. Das Adjektiv kommt entweder attributiv oder als Bestimmungswort von Komposita vor. Attributiv erscheint es etwa als ts Äng Bächi ‘ der kleine, enge Bach ’ (Raron), der Äng Rigg ‘ der enge (Fels-)Rücken ’ (St. Niklaus), zum Änggu Stei ‘ beim engen Stein (Fussweg zwischen zwei Felsen) ’ (Ergisch), der Eng Bode ‘ der enge Boden ’ (Münster, Ulrichen), an die Enggen Bachtolen (1586 u. später, Bürchen) und andern Konstruktionen. Die HLL dazu sind - ausser den genannten - Chi, Chumma, Flüö, Gassa, Lamma, Schleif, Schluocht, Tal, Tiri, Trifft, Tritt und Zug. Als Bestimmungswort in Komposita - erkennbar an der Zusammenschreibung - muss unterschieden werden zu Flurnamen, die als ersten Bestandteil die Ableitung Ängi/ Engi enthalten (siehe unten) und solche, die das Adjektiv enthalten. Die Unterscheidung ist aber nicht immer klar. Klare Adjektive finden sich wie folgt: t Engebibmer ‘ die engen Böden ’ (Münster), im Engenstutz ‘ in der steil ansteigenden Stelle bei der Enge (Talenge) ’ (1864, Blatten), Engschindle ‘ die enge Stelle, die wie eine Schindel aussieht (? ) ’ (FlNK, Saas-Grund). Ein unklarer Fall ist t Ängräischä ‘ die enge maulförmige Stelle ’ (Wiler) mit dem dazu gehörigen t Ängräischtschuggen ‘ die Felsen bei der engen maulförmigen Stelle ’ (Wiler). Wir deuten den Namen als Kompositum aus äng ‘ eng ’ und Gräischa ‘ Maul ’ (cf. HL G RÄISCHA ). Die Ableitung Engi f., wdt. Engi, Enggi (Saastal), Ängi, Änggi ‘ Enge ’ im räumlichen Sinne steht für ‘ engen Durchpass, Schlucht, schmale Stellen in Strassen oder Flüssen ’ (I D . 1, 331; G RICHTING 1998, 66) und ist deutlich häufiger als das Adjektiv. Das Simplex ist als t Ängi ‘ die enge Stelle ’ (Bürchen, Guttet, Oberems, St. Niklaus), die Enge ‘ die enge Stelle ’ (1601, Lalden), t Engi (Ernen) und zer Engi (Saas-Grund) zusammen in siebzehn Gemeinden vertreten. Die Form die Engin (1638, Bitsch) ist daneben fünf Mal vertreten, lebend nur einmal als uf dr Engin ‘ auf der engen Stelle ’ (Blatten). Eine Notationsvariante ist t Enngi ‘ die enge Stelle ’ (Staldenried, Wiler). In einigen Fällen bilden sich Namennester, so neben Ängi (Oberems), einem Alpstafel, die Formen Ängiritze ‘ die Ritze (Grasbänder) oberhalb der Ängi (enge Stelle) ’ , ts Ängitagfäld ‘ das Tagfeld (Weide tagsüber) bei der Ängi (enge Stelle) ’ und Inner Ängi ‘ die innere enge Stelle (Alpe) ’ (FLNK, alle Oberems). Attributive Adjektive zu Ängi / Engi sind selten: Inner Ängi ‘ die innere enge Stelle ’ (Oberems, Raron), die Meyscun Engyn ‘ die ausgemeisselte enge Stelle ’ (1305, Törbel), dye Meysun Engin ‘ die ausgemeisselte enge Stelle ’ (1509, Ried-Mörel). Unklar ist Welschen Engin ‘ die Enge der Italiener ’ - hier kann sowohl ein Adjektiv wie ein Genitiv Plural gemeint sein; letzteres ist wahrscheinlicher, da der lateinische Ausdruck stretiam Jtalorum ‘ die Enge der Italiener ’ (1642) heisst. stretia ist im gleichen Dokument als ‘ die Engin ’ übersetzt; das lateinische Wort ist zwar nicht erwähnt, ist aber als it. stretta ‘ Enge ’ (D EVOTO / O LI 2020, 2215) bekannt. Als Grundwort findet sich die Ableitung weiter in Moosengi ‘ die enge Stelle auf der Moosalp ’ (FLNK, Törbel). Eine historische Stelle von 1397 in alpibus … de Engýn ‘ in den Alpen der Engi ’ und 1796 ad alpem Engi ‘ zur Alpe Engi ’ (Ried-Brig / Simplon) gibt wohl einfach an, dass Engi eine Alpe ist. Als Bestimmungswort erscheint Ängi / Engi mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita: Bodu, Bord, Grabu, Loch, Putz, Ritz, Stei, Stutz, Tschugge, Weid und Zug. Komplexere Bildungen sind: ts Ober und ts Unner Engibodi ‘ der obere und der untere kleine Boden mit einer engen Stelle ’ (Visp), ts Unner Ängiloch ‘ das untere Loch bei der Engi (enge Stelle) ’ (Simplon), der Engilochtschuggu ‘ der Fels oberhalb dem Engiloch (Loch bei der engen Stelle) ’ (Simplon) (J ORDAN 2006, 51 kennt neben Engiloch und Engilochtschuggu auch Engilochçheer; er beschreibt das Engiloch als ‘ Schluchtartige Talenge ’ ; das Simplex Engi ist bei ihm S. 54 ebenfalls belegt; er kennt weiter Engigalärii und Engiçheer. Es bleibt unklar, ob Engiloch und Engi von der Namengebung her zusammenhängen oder nicht; von der Karte her scheint dieser Zusammenhang aber gegeben). Engadin Engadin ist nur 1655 in Obergesteln belegt. Der Text lautet: super vna petia terra ’ dicta im Rotten Schwung im Engadin ‘ oberhalb einem Stück Land, das im Rotten Schwung im Engadin heisst ’ . Der Rotten Schwung ist lebend als im Schwung belegt; es handelt sich um eine Biegung des Rottens vor der Korrektion des Flusses zwischen Obergesteln und Ulrichen. Engadin ist nicht mit dem gleichnamigen Talnamen im Kanton Graubün- Eng 67 68 <?page no="39"?> den (RN 680 f.; er wird meist zum Flussnamen Inn gestellt) zu verbinden, sondern besteht wohl aus einem Adjektiv eng (cf. HL ENG ) und dem Diminutiv Gadi (cf. HL G ADU ), entweder zu verstehen als ‘ enger Stall ’ oder ‘ enger Heuschober ’ . Engel Engel ist zu schwdt. Engel m. wie nhd. (I D . 1, 332; G RICHTING 1998, 66 s. v. Engl) zu stellen. Das Lemma ist nur als Bestimmungswort oder Adjektiv belegt. Als Bestimmungswort erscheint es in Engelhiischi ‘ das Engelhaus ’ (Zermatt), wo die Motivation unklar ist, und in Engelsiessistei ‘ der Stein mit Engelsüsse (Pflanzenname). Der gemeine Tüpfelfarn, POLYPODIUM VULGARE L . (L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 83)) wird wegen dem süssen Geschmack der Wurzel auch Engelsüess bzw. -siess m./ n., genannt (M ARZELL 1977, 3, 945 ff.). Zu Engelsüss schreibt M ARZELL (1977, 3, 947) „ wohl deswegen, weil dieser Farn als Heilpflanze wegen seiner wohltuenden Wirkung den Menschen gewissermassen von den Engeln gewiesen wurde “ . Das Adjektiv Englisch ist von Engel und nicht von der englischen Sprache abgeleitet (I D . 1, 335). Der Englische Gruss sind die Grussworte des Erzengels Gabriel an die Jungfrau Maria bei der Verkündung der Geburt Jesus Christus (L EXIKON FÜR T HEOLOGIE UND K IRCHE 1995, 3, 673). Dieser Name ist als der Englisch Grüess (mit Varianten) in Baltschieder, Binn, Bürchen, Glis und Visp belegt. Das Beten des Englisch Grüess (Ave Maria) gehörte zu den Alltagspflichten der Gläubigen. Änglischhof (Turtmann) ist wohl ein den Engeln geweihter Hof in der Nähe der Kirche in Turtmann. In Enguschlamma (LT Engelslamme), einem senkrechten Felsen am Aletschgletscher in Fieschertal (mit / l/ - Vokalisierung), ist die Motivation unklar. Es könnte sich um einen FaN handeln; er ist jedoch für das Oberwallis sonst nicht belegt. Engilbolz (PN) Engilbolz (PN) ist nur historisch zwischen 1356 und 1534 in Filet als Engilbolzbach ‘ der Bach des Engilbold ’ mit Schreibvarianten belegt. Nur 1534 ist Engilgoltzbach erwähnt. Engilbolz ist wohl ein genitivischer PN ‘ des Engilbold ’ . Belegt ist der Name bei F ÖRSTEMANN (1, 109). Enginer (FaN) Enginer (FaN) ist ein FaN, der im Register HRSB erwähnt wird; es kann sich auch um einen Herkunftsnamen vom Flurnamen Engi ‘ Enge ’ handeln. Das Simplex Enginer ‘ Alpweide, die über eine Enge zugänglich ist ’ (Baltschieder, Eggerberg) ist jedoch kaum ein FaN, sondern eine Stellenableitung auf -( N ) ER (S ONDEREGGER 1958, 541) (cf. HL E NGINER ). Das HL erscheint entweder als Genitiv oder als Bestimmungswort. Genitive im Singular sind: Jn Enginers Matten ‘ in den Wiesen der Familie Enginer ’ (1731, Ausserberg), in Enginerschboden ‘ im Boden der Familie Enginer ’ (1762, Eggerberg); Genitive im Plural liegen vor in vff Enginero Biel ‘ auf dem Hügel der Familie Enginer ’ (1610, Eggerberg), zú Enginerro Huse ‘ beim Haus der Familie Enginer / der Leute von der Engi ’ (1554, Lalden) und Engeruhüs ‘ das Haus der Familie Enginer ’ (Eggerberg), das 1594 als Zenginerro Huss belegt ist. Enginer Enginer m., nach den Angaben der Gwp. eine ‘ Alpweide, die über eine Enge zugänglich ist ’ (Baltschieder, Eggerberg), ist eine Stellenableitung auf -( N ) ER (S ONDEREGGER 1958, 541) zum HL E NGI ‘ Enge ’ . Vermutlich hängt damit der FaN Enginer zusammen, der in Ausserberg, Eggerberg und Lalden belegt ist (cf. HL E NGINER (F A N)). Engisch (PN) Engisch (PN) ist nur 1676 als die Engischmatta ‘ die Wiese des Engi / der Familie Engisch ’ belegt. Die Bildung auf / -sch/ lässt auf den Genitiv eines Personen- oder Familiennamens schliessen, die beide jedoch nicht verzeichnet sind. Schwdt. Engi ‘ enger Durchpass, Schlucht ’ und wdt. Engi, Enggi (Mattertal), Ängi oder Änggi ‘ Enge ’ (I D . 1, 331, G RICHTING 1998, 66) kommen wegen dem Genitiv- / sch/ kaum in Frage. Auch F ÖRSTEMANN (1, 107 zu ANG? ) gibt keine sichere Auskunft. England England ist als Ländername nur belegt in Ängländerhubil ‘ der Hügel des Engländers ’ (FLNK, Salgesch). M ATHIER (2015, 133) erklärt, dass es sich um einen Hügel handle, auf dem ein Engländer ein Haus bauen wollte. Das Adjektiv Englisch kann sich auf den Ländernamen beziehen (cf. HL E NGLISCH ), sofern es nicht eine Ableitung zu Engel (cf. HL E NGEL ) ist. Englisch Englisch ist ein doppeldeutiges Adjektiv: es ist einerseits zu Engel (cf. HL E NGEL ) zu stellen (I D . 1, 335 s. v. englisch I), anderseits zu England und den Engländern (I D . 1, 336 s. v. englisch II). G RICHTING (1998, 66) kennt für ersteres nur Englisch Grüess, Änglisch Gruäss (Lötschental), Änglisch Grüoss ‘ Englischer Gruss ’ und für das zweite englisch, änglisch ‘ englisch (England betreffend) ’ . Sicher zu England und den Engländern gehören: der Englisch Tämpel ‘ der englische Tempel (frühere kleine Kirche für Engländer) ’ (Fiesch), der Englisch Viertel ‘ der 69 70 Englisch <?page no="40"?> englische Viertel (laut Gwp. nach einer Englisch-Lehrerin benannt) ’ (Zermatt), der Englisch Viertel ‘ der englische Viertel (laut Gwp. nach Bergführern, die Englisch verstanden) ’ (Randa), zem Änglische Friithof ‘ beim englischen Friedhof (Dorfteil mit Gedenkstein an Engländer) ’ (Blatten). Engländer gehörten zu den frühen Bergsteigern in den Alpen. Zu Engel zu stellen sind t Englisch Matta ‘ die Wiese des Engelsgrusses (Altarbild in der Kapelle Giessen) (R UPPEN 1979, 190 f.)) ’ (Binn) und das dazu gehörende der Englisch Bach ‘ der Bach, der bei der Wiese der Engel (Englisch Matta) durchfliesst ’ (Binn). Belege zu Englisch Grüess finden sich unter HL E NGEL . In Einzelfällen ist die Zuordnung nicht klar, etwa bei weiteren Belegen mit Englisch unter dem HL E NGEL . Englischa Englischa ist belegt als uf der Englischu (Zermatt, FLNK Englischa). 1448 ist es als Engilscha belegt. Nur historisch ist 1449 zem Engilschen Bu ᵉ l (Zermatt) belegt. Das Bezugswort englisch ‘ auf England Bezug habend ’ (I D . 1, 336) kommt nicht in Frage, da vor 1500 kein derartiger Bezug möglich ist; die englischen Bergsteiger kommen erst im 19. Jahrhundert nach Zermatt. Hinzu kommt, dass die älteren Belege Engilscha haben. Dieses könnte als / - SCHA / - SCHU / -Ableitung verstanden werden und meint dann wohl ‘ das Grundstück des Engel ’ , wobei der FaN Engel erst im 18. Jhdt.; belegt ist (NWWB 2, 82), jedoch Engiller (Ergisch) das zum HL Ä NGEL (PN) gestellt ist. Entsprechend wäre dann 1449 zem Engilschen Bu ᵉ l als ‘ der Hügel beim Grundstück des Engiller (? ) ’ zu verstehen. Engscher (FaN) Engscher (FaN) ist der FaN Engscher oder Engschen, der u. a. 1434 als FaN Engschun und 1620 als Engschen belegt ist; beide Belege gelten für Unterbäch. Belegt sind 1545 Zengschun ‘ bei den Engschun ’ , wobei vermutlich der Wohnort der Familie Engschun gemeint ist. Weiter ist in Ausserberg auf rund 1270 m der Engscherbodo ‘ der Boden der Familie Engscher ’ belegt (LT Ängscherbode; FLNK Engscherbodo), der historisch u. a. 1548 als im Engschero Boden ‘ im Boden der Familie Engscher ’ bezeugt ist. Vermutlich eine Umdeutung zum Adjektiv ‘ eng ’ ist t Ängschti Chumma ‘ die engste Chumme (Mulde) / die Chumme (Mulde) der Familie Engscher ’ (Raron) und Längi Ängschti Chumma ‘ die lange engste Chumma (Mulde) / die lange Chumma (Mulde) der Familie Engscher ’ . Historische Belege zum erstgenannten Namen von 1489 subtus dem Bort der Engschen Kumbun ‘ unter dem Bort der Kumme der Familie Engschen ’ machen aber deutlich, dass es sich um eine Chumme (Mulde) der Familie Engschen handelt. Enschen (FaN) Enschen ist belegt in Engschu ᵛ n (1478, Mund) und Enschen Kummen. Letzteres ist als t Ängschti Chumma ‘ die engste Chumma (Mulde) / die Chumma (Mulde) der Familie Engscher ’ (Raron) belegt. Vermutlich liegt hier ein FaN vor (cf. HL E NGSCHER (F A N)). Der historische Beleg Riedini Engschu ᵛ n ‘ unter dem Gebiet des Riedi Engschon ’ (1478, Mund) meint wohl einen Besitzer, der Riedi (Rudolf) Engschon heisst. Die Rede ist nämlich vom Land (terram) des Genannten und der schon erwähnten Leute, die Feldmatter heissen oder aus der Feldmatte stammen. Epfel Epfel m. ‘ Apfel ’ ist zu schwdt. Epfel, Epfil, Öpfel, Öpfil m. wie nhd. ‘ Apfel ’ , ahd. aphul, apfil, Pl. epfil, mhd. apfel, später epfel und wdt. Epfl, Epfäl (Goms), Epful (Mattertal), Epfel (Saastal), Äpfil (Leuker Berge), Epfil ‘ Apfel ’ (I D . 1, 366 f.; G RICHTING 1998, 68) zu stellen. Das Simplex ist in Orts- und Flurnamen nicht belegt. Hingegen erscheint mehrfach das Kompositum Epfelbaum wie nhd. ‘ Apfelbaum ’ (I D . 4, 1235). Lebend sind belegt zem Epfelboim ‘ beim Apfelbaum ’ (Kippel) und t Epfilböümjini ‘ die kleinen Apfelbäume ’ (Gampel). Die übrigen sechs Belege sind historisch. Komplexer ist der Acher únder dem Apfel Baúm ‘ der Acker unter dem Apfelbaum ’ (1796, Ried-Brig). Vgl. auch HL A FFOLTER ‘ Apfelbaum ’ . Nur einmal belegt ist dr Haarzepfltschuggen ‘ der Fels mit den Früchten der Arve ’ (Blatten), wo sich das Bestimmungskompositum als Harz-epfeli (I D . 1, 382) findet; gemeint ist die Frucht der Arve (P INUS CEMBRA ). Eppisch (PN) Eppisch (PN) ist ein Genitiv zu Eppi im Beleg ts Eppisch Gädi ‘ der kleine Gaden des Eppi / der Familie Eppi ’ (Randa). Vermutlich ist ein PN oder FaN oder ein Übername gemeint; die Quelle lässt sich nicht eruieren. Er Er ist nur als Bestimmungswort belegt in t Êrblatte (Zwischbergen, zweimal; LT u. FLNK Erblatte). J ORDAN (2006, 288) kennt den Namen als Eerblattä und fügt hinzu Obrä Eerblattuschtaaf u l und Undrä Eerblattuschtaaf u l, sowie auf S. 298 Eerblattunegg. Auf S. 288 fügt er hinzu, dass der gleiche Ort auf It. Pián Ggaséla (P IANO C ASELA ) benannt gewesen sei. LSI (1, 712 s. v. cas ̍ éla edificio sull ’ alpe ‘ Alphütte ’ ) kennt den Namen, der laut SK durchaus gerechtfertigt war, befanden sich zu dieser Zeit hier noch Hütten. Der deutsche Name scheint das HL Êr ‘ Erz ’ Englischa 71 72 <?page no="41"?> zu enthalten (I D . 1, 399), das laut I D . nicht identisch sei mit dem gleichbedeutenden Erz (vgl. HL Ä ÄREZ ). dafür sprechen die Namen sowohl bei J ORDAN (mit / ee/ ) wie auch die Flurnamen von VSNB, die ein halblanges / ê/ zeigen, das mit dem Brandstetterschen Gesetz (Kürzung von altem Langvokale in dreisilbigen Wörtern) erklärt werden kann. Es ist aber nicht auschzuschliessen, dass hier ein HL E RB vorliegt; dafür spricht die Beschreibung des nächstliegenden Eerblatte (Nr. 13928), wo von „ Alpstafel, Hütte, Stall “ die Rede ist (siehe oben). Die Blatten, die hier genannt werden, sind Felsstücke beim Stafel. Erb Erb n. zu schwdt. Erb n., Pl. Erb, Dim. Erbi, Erbji, mhd. erbe, zu stellen. Es bedeutet ‘ Lehen, das zu erblichem Besitz und Nutzung nach Hofrecht verliehen ist; hofrechtliches Erblehen; ererbtes und vererbbares Grundeigentum ’ und ‘ Erbschaft allgemein ’ (I D . 1, 427 f.; G RICH- TING 1998, 71 kennt nur das Verb erppe (m. Varianten) ‘ erben ’ ). Es kommt in rund 90 Flurnamen vor. Das Simplex im Singular erscheint als ts Erb (Ausserberg und sechs weitere Gemeinden), im Erb (Hohtenn, Visp) und uffum Erb (Zeneggen). Historisch sind aufum Erb (1615 u. später, Raron), im Erb (1679, Fiesch) und vffem Erb (1528 Ernen, 1816 im Erb) belegt. Einen Spezialfall stellt Erbo (1394, Unterbäch) dar, das wörtlich ‘ der Erbe ’ heisst, hier aber wohl für ‘ das Erb ’ verwendet wird. Der Diminutiv Singular ist als am Erbgi ‘ am kleinen Erb (geerbtes Gut) ’ (1594 u. später, Eggerberg), Erbgÿ ‘ das kleine Erb (geerbtes Gut) ’ (1825, Saas-Fee), Erbi ‘ das kleine Erb (geerbtes Gut) ’ (FLNK, Saas-Balen), ts Erbi ‘ das kleine Erb (geerbtes Gut) ’ , im Erby ‘ im kleinen Erb (geerbtes Gut) ’ (1699, Turtmann), ts Erbji ‘ das kleine Erb (geerbtes Gut) ’ (Raron und zehn weitere Gemeinden) und im Erbÿ ‘ im kleinen Erb (geerbtes Gut) ’ (1698 u. später, Bürchen) belegt; der Diminutiv Plural als t Erbine ‘ die kleinen Erbgüter ’ (Ausserberg), ts Erbini ‘ bei den kleinen Erbgütern ’ (Saas-Almagell), t Erbjini ‘ die kleinen Erbe (geerbte Güter) ’ (Hohtenn, FLNK Erbjini; zweimal). Mit einem Adjektiv oder Partizip sind belegt: ts Gschoru Erb ‘ das geschorene Erbgut ’ (Zwischbergen, LT und FLNK Gschorus Erb) (J ORDAN 2006, 247 kennt es als Gschorus Erb; er hat weiter Uissärs Gschorus Erb (S. 247) und Innärs Gschorus Erb (S. 248)), ts Läng Erb ‘ das Lange Erb (geerbtes Gut) ’ (Niedergesteln; FLNK Läng Erb), Mitelerbe ‘ das mittlere Erb (geerbtes Gut) (1399, Ried- Brig), zen Núwen Erben ‘ beim neuen Erb (geerbtes Gut) ’ (1470, Visperterminen), ine Niwwu Erbu ‘ in den neuen Erb(stück)en (geerbte Güter im Schwemmgebiet von Vispe und Rotten) ’ (Visp; FLNK Niw Erb), ts Ober Erb ‘ das obere Erb (geerbtes Gut) ’ (Oberems; FLNK Obererb; dazu zwei weitere in Eggerberg, eines davon Diminutiv), Brún Erbÿ ‘ das braune geerbte Gut ’ (1680 (ca.), Zwischbergen), Staeltun Erb ‘ das abschüssige Erb (? ) / das Erbe des Stelto ’ (Zermatt), ts Schattmig Erb ‘ das schattige Erb (geerbtes Gut) ’ (Visperterminen), ts Unner Erbji ‘ das untere kleine Erb (geerbtes Gut) ’ (Eggerberg). Häufiger sind Genitive im Singular oder Plural, die Erben bezeichnen: ab Kumberro Erbe ‘ das Erbe der Leute von der Chumma (Mulde) / der Familie Kummer ’ (1303, Raron), Kumberro Erbe ‘ das Erbe der Leute von der Chumma (Mulde) / der Familie Kummer ’ (1307, Bürchen), Lorisch Erb ‘ das Ergbut des Lori (Lorenz) ’ (Ausserberg; FLNK Lorischerb), d ’ Martisch Erb ‘ das Erbe des Martin / der Familie Marti ’ (1682, Turtmann), ts Maartischerb ‘ das Erbe des Martin / der Familie Marti ’ (Ergisch), Riederro Herbe ‘ das Erbe der Familie Rieder / der Leute vom Ried ’ (1303, Raron), Rv ᵢ beln Erbe ‘ das Erb (geerbtes Gut) des Rübel (Krauskopf? ) ’ (1306 u. später, Grächen), Simpellero Erbe ‘ das Erbe der Familie Simpiler) ’ (1297, Stalden), Tazzero Erbe ‘ das Ergubt der Leute von Tatz (Weiler von Niedergesteln) ’ (1310, Steg), Tomigo Erb ‘ das Erbe der Familie Tomig / der Leute des Thomas ’ (1686 u. später, Ausserberg), Hans Jos Wichellen Erb ‘ das Erb (geerbtes Gut) des Hans Jost Wichel ’ (1750 (ca.), Lax), Wullis Erb ‘ das Erb (geerbtes Gut) der Familie Wulli ’ (1462, Visp), Zuberro Erbe ‘ das Erbe der Familie Zuber ’ (1307, Törbel). Komposita mit dem Grundwort Erb sind: im Galdterbt ‘ im unfruchtbaren Erb (geerbtes Gut) ’ (1778, Oberwald), ts Gauterb ‘ das unfruchtbare Erb (geerbtes Gut) ’ (Bellwald, auch Niederwald, hier mit FLNK Gauderb), ts Jänneerb ‘ das Erbe (geerbtes Gut) des Johannes ’ (Steinhaus; FLNK Jänneerb), Leegerb ‘ das ebene Erb (geerbtes Gut) ’ (1927, Eischoll), ts Blattscherb ‘ das Erbe der Familie Blantschen ’ (Raron; eventuell Genitiv Singular), ts Scheuwenerb ‘ das Erb (geerbtes Gut) der Familie Schellen ’ (Lax; FLNK Schellenerb) und Türlen Erb ‘ das Erb (geerbtes Gut) im Tirler (cf. Nr. 29002) ’ (1415, Visp). Als Bestimmungswort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita mit den folgenden Grundwörtern vor: Acher, Bodu, Böüm, Chi, Hee (hooch, heej), Loch, Matta, Pletscha, Rüüs, Schiir, Schnitta, Stadel, Stutz, Tola, Tschugge, Wäg, Wald und Zug. Komplexere Fälle sind Erbbletschuräbe ‘ die Reben bei den Erbbletschu (Ebene beim Erb) ’ (Hohtenn), in Martis Erbzug ‘ im Zug (Graben) beim Erbe des Martin / der Familie Marti ’ (1827, Turtmann), Nüwen Erb ŭ n Gass ŭ n ‘ die Gasse zu den neuen Erb(stücken) (Gebiete im Schwemmgebiet von Vispe und Rotten) ’ (1580, Visp), der Platscherbwald ‘ der Wald beim Blattscherb (Ergbut der Familie Blantschen) ’ (Raron). Ob das in Zwischbergen doppelt belegte Eerblatte zu diesem HL gehört, ist unklar. 73 74 Erb <?page no="42"?> Erblun Erblun ist nur einmal als jm Erblun (1452, Visp) belegt. Es handelt sich um eine maskuline oder neutrale Form und sie benennt ein Grundstück des Schuhmachers Tho ᵉ nen, also des Anton. Es liegt wohl eine Zusammensetzung mit abgeschwächtem zweitem Teil zu Erblen ' (Erblehen ‘ erbliches Lehen; Erbgut ’ (I D . 3, 1237) vor. Erce Erce ‘ Erz? ’ ist nur in Gampel 1361 als in der Erce Mytyn belegt. Das Dokument schreibt die beiden Wörter auseinander, deswegen auch hier die Trennung. Erce ist vermutlich zu schwdt. Ärz, Ē r ę z, Ërez n. wie nhd. ‘ Erz ’ , mhd. erze, ahd. aruz m. und wdt. Äärez, Eerez (Saastal), Eeriz (Lötschental), Ääräz oder Äärz ‘ Erz ’ (I D . 1, 498; G RICHTING 1998, 16) zu stellen (cf. HLL Ä ÄREZ und E RZ ). Zu Mytyn vgl. HL M YTYN mit der (unsicheren) Deutung des Ganzen als ‘ in den Erzgesteinsblöcken ’ . Erchyns (PN) Erchyns (PN) ist nur 1305 in Baltschieder als Erchyns Aker ‘ der Acker des Erchin (PN) ’ belegt. Der Genitiv Singular Erchyns legt einen PN als Besitzer- oder Nutzername nahe. TGNB (1, 1, 454 s. v. Erchingen) geht von einem PN E RICHO aus, das als Suffigierung zu Ê RA ‘ Ehre ’ angesetzt wird. Auch F ÖRSTEMANN (1, 146) kennt Namen wie Ercho und ähnliche. Erdeschun Erdeschun f. ist nur 1304 in Stalden als an der Erdeschun ‘ beim Gut der Leute von Erden (PN oder FaN? ) ’ belegt. Es handelt sich um ein / - SCHA / - SCHU / Suffix im Dativ; in Erde müsste dann ein Besitzername vorhanden sein. Es ist wohl zu einem PN zu Hard zu stellen (F ÖRSTEMANN 1, 749 ff. erwähnt, aber unsicher, nhd. Erdt). Vermutlich ist damit das Gut eines Erd gemeint. Naheliegend ist der FaN Amherd (AWWB 9), doch ist er nicht für Stalden belegt. Erdtjunn Erdtjunn ist nur einmal 1570 in Eggerberg belegt als an der Erdtjunn. Der Dativ Singular verweist auf einen Nominativ Erdtja / Erdla f. Inhaltlich handelt es sich um eine Flur auf der Honalpe (belegt unter LT Honalpa, SK Hohenalpe). Es handelt sich wohl um eine Nebenform zu Erle (I D . 1, 451), das öfter auch mit einem / d/ erscheint (vgl. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 210 f. s. v. A LNUS VIRIDIS ‘ Grünerle ’ ). Diese Deutung wird durch das nahegelegene ts Erl ‘ das Erlengebüsch ’ (Mund) gestützt. Ergescher Ergescher ist nur in Ausserberg belegt. Die Belege sind wie folgt: 1699 auff dem Ergischer, 1740 auf den Ergeschen, 1747 auffumb Erÿescher, 1750 auff dem Ergescher, 1754 auf dem A ’ rgescher, 1776 auf der Ergeschern. Die Belege weisen meistens eine Präposition mit einem maskulinen Singular auf; zweimal ist aber ein femininer Plural erwähnt. Die Präposition auf legt einen Hügel oder ein hochgelegenes Stück Wiese nahe. Nicht in Frage kommt der Gemeindename Ergisch im Bezirk Leuk, der weit von Ausserberg weg liegt. Eine Deutung ist jedoch nicht möglich. Ergetten Ergetten f. ist nur als auf der Ergetten (1765, Raron) belegt. Es handelt sich um einen Weingarten. Der Name steht im Dativ Singular Feminin. Die Bearbeiterin denkt auch an Ergessen; beide Namen sind aber schwierig zu deuten. Möglicherweise ist Egerten gemeint (so 1806 Ergeten in Stalden verschrieben für Egerten), also Ägerta ‘ Brachland ’ , also ungenutztes Land, das auch für Reben gebraucht werden konnte. Ergien Ergien ist in Eggerberg 1774 belegt, wohl bei einer Grenzbeschreibung. Es handelt sich entweder ein feminines Ergia oder ein Plural Ergie. Beide Formen sind nicht belegt. Eine Deutung ist nur möglich, wenn das / g/ als / j/ interpretiert wird und dieses / j/ seinerseits zu einem / l/ zu stellen wäre. Dann ergibt sich die Lesart Erle, resp. im Plural Erlen (cf. HL E RLE ). Diese Deutung ist sehr spekulativ; sie wird deswegen in der Datenbank nicht erwähnt. Ergisch Ergisch ist der amtliche Name einer Gemeinde, die im Dialekt Äärgisch heisst und die sich auf der linken Rottenseite auf rund 1100 m am Eingang zum Turtmanntal befindet. Die älteste Form des Namens (10? ? u. später) Argessa lässt allgemein vermuten, dass dem Namen das kelt. Adj. argios ‘ glänzend, hell, weiss ’ zugrunde liegt (D ELAMARRE 2003, 54), und mit einem vorlat., eventuell kelt. / - IS ( S ) A / -Suffix, welches eine Zugehörigkeit ausdrückt, gebildet wurde (K RISTOL ET AL . 2005, 328 f.). Der älteste Beleg erweist, dass das / -s/ (/ -sch/ ) im Namen Ergisch zum Stamm gehört, und dass es hier nicht um ein rom. Plural-s handelt (S CHMID 1951, 53). Laut J ACCARD (1906, 152) soll das Dorf seinen Namen seiner sonnigen Lage verdanken, M EYER (1930, 22) wiederum meint, dass die von weitem sichtbare Lage des Dorfes zur Namengebung geführt habe, für andere Autoren ist das Vorkommen von weissem Quarzit oberhalb des Dorfes für die Erblun 75 76 <?page no="43"?> Benennung ausschlaggebend gewesen, kelt. *Argissa sei die ‘ Siedlung beim hell, glänzenden Gestein ’ (G UEX 1938, 375 und 1976, 177 f.; R ÜBEL 1950, 131; H UBSCHMID 1960, 285). Neben den vielen Belegen für Argessa und einigen wenigen für Argesa tritt der erste sichere ‘ deutsche ’ Beleg 1548 als Ergisch auf, 1574 ist es a ᵉ rÿsch, 1626 Ergies, 1655 Ehries, 1667 Ergesch, 1669 Eriesch, 1700 Ehriesch, 1742 u. später am Erjesch. Die schriftlichen Formen wechseln also zwischen / g/ und / i/ , was sich auch in anderen Belegen findet. Der heutige Name Ergisch (Äärgisch) lässt sich auf Argessa zurückführen, die Form mit / i/ , resp. / j/ für / g/ lässt sich als regelmässige Lautentwicklung ansehen (R HEINFELDER 4 1968, 193). Neben dem Gemeindenamen erscheint das HL als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita zu Alpa, Chumma, Flüö und Hooru. Komplexer sind Ärgischalphoru (Ergisch; LT Ergischalphorn) (zu unterscheiden von ts Äärgischhoru ‘ das Ergischhorn ’ (Eischoll), das sich nördlich davon befindet) und Erüesch (sic! ) Kummen Bort ‘ das Bord (Abhang, Böschung) bei der Ergischer Chumma (Mulde) ’ (1709, Ergisch). Ein Adjektiv auf / - ER / , das wohl als alter Genitiv Plural von Ortsbewohnern zu deuten ist (S ONDEREGGER 1958, 526), erscheint in t Ärgischerwasserleitu ‘ die Wasserleitung durch Ergisch ’ , jm Eriescher Ried ‘ im Ried unterhalb von Ergisch ’ (Turtmann). Deutlicher ist das im lat. antiquam viam Argessanorum ‘ der alte Weg der Leute von Ergisch ’ (1723, Ergisch), und almeniam Argessensium ‘ die Allmein (gemeinsamer Besitz) der Leute von Ergisch ’ (1630, Ergisch). Ein Problem geben die historischen Formen für Edlen Matten ‘ die Wiese bei den Erlen ’ (1761, Turtmann) (cf. HL E RLE ) auf, die 1453 in Eryes Matte, 1510? jn Ergissmatten, 1755 in der Edjo Matten haben. Es sieht so aus, dass hier wohl ‘ die Wiese von Ergisch ’ gemeint war, dass aber im 18. Jahrhundert die alte Form Edjo Matten als Edlen Matten interpretiert wurde, die wir als ‘ die Wiese bei den Erlen ’ gedeutet haben. Die Umdeutung könnte durch das nicht mehr verstandene Eryes für Ergisch entstanden sein. Erhynen Erhynen ist nur 1750 in Naters als in den Erhÿnen belegt. Laut Dokument handelt es sich um zwei Fischel Wiese im Natischerberg in Geimen, westlich des Baches Bruch (heute Bruchji). Die Form legt einen Dativ Plural nahe. Die Grundbedeutung ist unklar. Es lässt sich zwar zu Êr ‘ Erz ’ , resp. êrin ‘ erzen ’ (I D . 1, 399) stellen, aber das sonst dafür geläufige Wort ist Äärez, Eerez (Saastal), Eeriz (Lötschental), Ääräz oder Ärz ‘ Metall (Eisen, Bronze) ’ (G RICHTING 1998, 16); auch ist keineswegs klar, ob es in der Nähe von Geimen Erzabbau gab. Näher liegend ist wohl eher eine Ableitung zu Ächer ‘ Ähre ’ (I D . 1, 69) mit der Variante Äri. Geimen liegt auf 1037 m. über Meer, einem Ort, wo durchaus noch Getreide angebaut werden konnte, darum die Deutung ‘ die kleinen Ährenpflanzungen ’ . Auch wenn im lat. Dokument duo fiscillinata prati ‘ zwei Fischel Wiese ’ steht, kann das Land als Acker verwendet worden sein. Erich Erich n. ist primär der Name eines Gebietes oberhalb Rischinen in Naters. Vermutlich gehören auch Herichst (13. Jahrhundert, Naters), zen Herichstene ( ‘ zum Herich- Stein (? ) ’ , 1345, Gampel) und Herich (1352, Glis) hierher; das anlautende / h/ scheint eine Schreibtradition zu sein. Am besten belegt ist jedoch die Form Erich (1390 u. ö., Naters). Laut den lebenden Belegen ist der Anlaut lang und das Genus Neutrum. Als adjektivische Bildungen kommen vor ts Ober und ts Unner Erich (beide Naters). Belegt sind weiter aúff den Ericheggen (1762, Naters), t Ericheggini (Naters), auf den Erich Furen (1763, Naters), Erichwasser (Naters) und, nicht ganz klar, Erich-Hasul- Müelera (FLNK, Naters), vermutlich die Wasserleite nach Erich, Hasel und Müelera. Es bleibt unklar, ob Erich ein Kompositum ist und aus welchen Teilen es gegebenenfalls besteht. Eriola Eriola ‘ die Alpe beim Bord ’ wird 1642 eine Alpe in Zwischbergen genannt, die von den Italienern laut Text la Gurua ‘ die Biegung, die Kurve ’ (vermutlich eine Mulde) genannt wird. 1461 wird eine Alpe in Zwischbergen als Oriola bezeichnet, sie befindet sich in der Nähe der Alpe der Leute, die Zen Werrön ‘ Zurwerra ’ (cf. HL W ÄRRA ) heissen. Wo diese Alpe genau lag, ist unbekannt. Eriola lässt sich phonetisch als Entrundung von Oriola deuten. Es scheint, dass der ursprünglich wohl piemontesische Namen Oriola zum deutschen Eriola wurde; die Italiener nannten die gleiche Alpe später um. Oriola, resp. Eriola ist vermutlich identisch mit der heutigen Alpe Irrgili, die sich auf Oriola zurückführen lässt (cf. HL I RRGILI ). J ORDAN (2006, 288) erwähnt unter Irgili auch Orgliola (nach P. A RNOLD 1968 (1947), 21 f.). Dieses wiederum kann laut P ETRINI (1, 110) zu einer Ableitung zu ital. oro ‘ Bord, Grat, Erhebung ’ gestellt werden; er zitiert u. a. orell und orello für das Maggia- und Bedrettotal; cf. O LIVIERI (1965, 245 s. v. Orio). Dessen Deutung von Oriòla aus PN A UREOLA (1965, 246) trifft jedoch kaum zu. Erläbnis Erläbnis n. ist nur als Erläbniswäg ‘ der Erlebnisweg ’ (FLNK, Saas-Almagell) belegt. Es handelt sich um einen Höhenweg auf ca. 2190 m. ü. M. Der Ausdruck „ Erlebnis “ wird heute in Werbetexten als aufregendes Ereignis 77 78 Erläbnis <?page no="44"?> empfunden. Entsprechend ist die Kennzeichnung eines Weges als Erlebnisweg ein Weg, der ein (aufregendes) Erlebnis bietet. Erle Erle f. ‘ Erle ’ ist ein Baumname für verschiedene Erlen- Arten (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 210 - 212, s. v. A LNUS ), der zu schwdt. Erle f., Pl. Erle n , Dim. Erli, wie nhd. ‘ Erle ’ , ahd. erila und elira zu stellen ist; in G RICHTING (1998) ist er nicht belegt, dafür der Typ Troosla ‘ Schwarzerle ’ . Das neutrale Erli n. ‘ Erlengebüsch, -wald ’ (I D . 1, 451) ist wohl auf ahd. eril-ahi ‘ Erlengehölz ’ (so TGNB 2, 2, 174) zurückzuführen. Das HL kommt in rund 90 Namen vor. Das Simplex ts Erl (Eisten) und ts Erel (Mund, SK, LT und FLNK Erl) ist zweimal lebend belegt; die historischen Belege enthalten den Typ Zum Erill. Das Simplex Eril mit der Variante Erill, häufig mit einer Präposition zum, kommt in rund zehn Fällen vor; Erell (1702, Zermatt) ist nur einmal sicher belegt. Das Lötschental weist mehrfache Zem Errlä (Blatten, Kippel) auf. Der Kollektiv-Typ Erli ‘ die Erlen, das Erlengehölz ’ kommt rund zehn Mal vor. Im Fall von t Erlini ‘ die kleinen Gebiet mit Erlen ’ (Binn, zwei Belege) ist unklar, ob es sich um einen Plural eines Diminutivs, oder um den Plural des Kollektivs Erli handelt. Soweit erkennbar ist das einzige klare Simplex im Plural in den Erlen (1752, Zwischbergen). Ob das einmal belegte ts Äärli ‘ die Erlen ’ (Leukerbad) hieher gehört, ist unklar; zusammen mit dem Kompositum der Äärligrabu ‘ der Graben zum Äärli ’ (Leukerbad) stellt es die einzigen Fälle mit offenem / ä/ dar. Attributive Adjektive sind selten: die Lengen Erle ‘ das lange Gebiet mit Erlen ’ (1519, Törbel), t Nassu Erle ‘ das nasse Gebiet mit Erlen ’ (Ried-Brig), ts Ober Erli ‘ das obere Gebiet mit Erlen ’ und ts Unner Erli ‘ das untere Gebiet mit Erlen ’ (beide Filet) sind alle Belege, die dokumentiert sind. Einen vorangestellten Genitiv des Besitzers oder Nutzers zeigt Elsingo Erlen ‘ das Gebiet mit Erlen der Familie Elsig ’ (1519, Törbel). Der gleiche Typ, etwas komplexer, findet sich in Unner Erlerru Alpmattu ‘ die Alpwiese der Leute vom unteren Gebiet mit Erlen ’ (Mund). Das HL als Grundwort ist vor allem im Lötschental belegt als Bätzlärerlä, Biälerlä, Chaschtlärerlä und Schnäggunerlä (alle Kippel), wobei das Bestimmungswort jeweils die Lage des Erlengehölzes deutlich macht: Bätzla, Biäl, Chaschtlär sind auch sonst als Fluren belegt; Schnäggu ‘ Schnecke ’ scheint das Vorkommen von Schnecken im feuchten Erlengehölz zu bezeichnen. Zahlreicher tritt Erle mit seinen Varianten als Bestimmungswort auf. Grundwörter sind Acher, Ägerta, Biel, Bodu, Bord, Egg(a), Eia, Gand, Gartu, Gassa, Grabu, Haalta, Höu (Howata), Mad, Spitz, Steg, Wald und Wase. Eine / - ER / -Ableitung als Stellenbezeichnung (S ONDER- EGGER 1958, 541 ff.) stellt der Erler ‘ das Gebiet, wo es Erlen hat ’ (1542, Grächen) dar. Etwas problematisch sind Belege mit Edle, Edel (cf. HL E DEL ). I D . kennt Edle für das Berner Simmental (1, 451; nicht so B RATSCHI / T RÜB 1991); eine Beschreibung zum Namen t Edelgassu (Saas-Grund) nennt „ Edle “ als ‘ Erlen ’ . Historisch gibt es für die gleiche Gemeinde dÿ Erilgassen (1509) und die Erlingassen (1561). Komplexer ist eine Belegreihe aus Turtmann: 1453 in Eryes Matte, 1510? jn Ergissmatten, 1755 in der Edjo Matten, 1761 zúr Edlen Matten. Der Wechsel von / r/ zu / d/ geschieht offenbar nach dem 16. Jahrhundert; die Schreibungen mit / y/ , / g/ , / j/ und / l/ deuten darauf hin, dass hier ein palatalisiertes / l/ wiedergegeben wird. Da auch der Gemeindename Ergisch teilweise mit / i/ und / j/ an Stelle von / g/ geschrieben wird, kann auch ‘ die Wiese von Ergisch ’ gemeint sein. Dass im Übrigen eine Palatalisierung möglich ist, zeigt der Beleg ts Erjerli ‘ die kleine Wasserleitung nach Erl ’ (Eisten), eine sonst unbelegte Ableitung. Weitere Belege cf. HL E DEL . Zwei weitere Belege sind kurz zu erwähnen: Herle Waso ‘ der Wasen mit Erlen ’ (1300, Lalden), wo / h/ den Glottis-Verschluss-Anlaut wiedergibt, und di Teerlumatta ‘ die Wiese bei den Erlen ’ (Ried-Brig), wo der feminine Artikel an Erle agglutiniert wurde. Inhaltlich ist zu erwähnen, dass Erlen in feuchtem Gebiet gut gedeihen. Wenn die Gebiete entwässert wurden (z. B. durch die Rhonekorrektion), blieben die Namen erhalten, auch wenn die Erlen verschwunden sind. Ermiet Ermiet f., auch Ärmiet, ist nur in Zermatt belegt. Neben FLNK Ärmiete und dem historischen Beleg von 1702 an den Ermietten sind t Innru und t Üssru Ermiet (auch Ärmiet) belegt. Auf 1: 10000 findet sich Ärmiete. J ULEN ET AL . (1995, 211) kennen die Form t Ärmite und geben als Deutung „ Wiesland für Galt- oder Kleinvieh “ ; für die Ärmitfura ist angegeben „ Furche, längliche Erhöhung der Erde, begraste Halde von starker Neigung “ . Auf der Fotografie (S. 132) finden sich d Obru Ärmite und d Innru Ärmite. Ob d Ärmitfura (S. 133) hieher gehört bleibt unklar. Es handelt sich laut LT wohl um eine kleine Voralpen-Anlage (ob sich dort eine Siedlung befindet, lässt sich laut LT nicht entscheiden). Gwp. denkt offenbar an Wermuet ‘ Wermut ’ (I D . 16, 1508 ff.) und sagt, es habe dort „ viel Wermutkraut “ . I D . kennt aber keine Formen ohne anlautendes / w/ ; ob die Entrundung hieher gehört, ist unklar. Da auch sonst keine Flurnamen vom Typ Wärmieta ‘ Wermut ’ zu finden sind, sind die Belege Erle 79 80 <?page no="45"?> wohl anders zu deuten, wobei sie einen Plural nahelegen. M ARZELL (1, 420) kennt keine Formen ohne anlautendes / w/ . L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 1108) weisen für das Wallis Belege von Wermut auf; schweigen jedoch in Bezug auf Ermiet. Die wechselnden Formen (Ervs. Är-; miete vs. mite) lassen eine Deutung kaum zu. Ermitage Ermitage f., dial. Ermitaasch ist zu frz. ermitage m. ‘ Einsiedelei ’ (G PSR 6, 657) zu stellen. Belegt ist es nur in ts Ermitaasch ‘ das (Wirtshaus) Ermitage ’ (Leuk), auf LT als L ’ Ermitage (daneben Restaurant L ’ Ermitage) im Pfynwald. Ernen Ernen, dial. Äärne ist zunächst der Gemeindename Ernen, frz. Aragnon. Die ältesten Belege weisen alle Aragnon auf, erst 1619 ist Ärnen belegt. Der Gemeindename zählt darum zum vordeutschen Namengut (Z IMMERLI 1899, 86; Z INSLI 1977, 99 f.), aber die Deutung des Namens ist unsicher. S TUDER (1896, 48) leitet den Namen von lat. AREA ‘ Tenne, Feld ’ ab, Ernen sei ein ‘ aus Hofstätten bestehendes Dorf ’ . G UEX (1938, 356 und 2 1976, 176) und R ÜBEL (1950, 131) übernehmen H UBSCHMIEDS Vorschlag, der den Namen von kelt. *argraniono ‘ Gruppe von Schlehensträuchern ’ ableitet, was K RISTOL ET AL . (2005, 332) aus lautgeschichtlichen Überlegungen verwerfen. Aufgrund der rom. Lautentwicklung hätte sich kelt. *argraniono nicht zu dem gut belegten romanischen Namen mit / a-/ im Anlaut entwickeln können. Die frühesten Namenformen Aragnon lassen eher auf den lat. Personennamen A RANIUS schliessen (S CHULZE 1991 [1904], 125). Dies würde einen Deklinationswechsel (Aranius, *Aranione) voraussetzen, und die lautliche Entwicklung des / a-/ von Aragnon zu Ernen könnte laut K RISTOL ET AL . durch die palatale Lautgruppe [nj] > [ ŋ ] entstanden sein. Der Dorfname Ernen würde also ‘ Land, Besitz des Aranius ’ bedeuten (K RISTOL ET AL . 2005, 332). Neben dem Simplex sind lat. de Superiori Aregnon ‘ von Ober-Ernen ’ (13? ? , Ernen) und ts Niderärne ‘ bei Niederernen ’ (Ernen) belegt; FLNK kennt auch Ob Niderärne ‘ oberhalb von Niederernen ’ (Ernen). Zum Gemeindenamen gibt es Ableitungen auf / - ER / (S ONDEREGGER 1958, 525 f.), die als Genitiv Plural ( ‘ der Leute von Ernen ’ ) oder als Adjektiv verstanden werden können. Belegt sind Ärnerfäld ‘ das Erner Feld ’ (FLNK, Ernen), Ärnergale ‘ der Gale (begraster Bergrücken) oberhalb Ernen ’ (FLNK, Ernen), im Ärner Lehn ‘ im Lehen der Leute von Ernen / das zu Ernen gehört ’ (1813, Ernen), zum Erner Thirlin (1709 u. später, Betten) ‘ zum Durchgang auf dem Weg, der nach Ernen führt ’ , der Ärnerwaud ‘ der Wald oberhalb von Ernen ’ (Ernen), der Ärnerwäg ‘ der Weg nach Ernen ’ (Betten) und das komplexere Ärner Waudkapälla ‘ die zu Ernen gehörende Waldkapelle ’ (Ernen). Zu Niderärne gibt es ebenfalls eine Ableitung auf / - ER / : Niederärnerchäller ‘ der (Käse-)Keller der Leute von Niederernen ’ (LT, Mühlebach), im Niderärnermoos ‘ im Moos (sumpfiges Gebiet) von Niederernen ’ (1815, Ernen), Nider Ernen Wald ‘ der Wald, von Niederernen ’ (1701, Ernen) und ts Niderärnere Chäuere ‘ bei den (Käse-)Kellern der Leute von Niederernen ’ (Ernen). Eine Neu-Bildung ist Aragon, eine Feriensiedkung südwestlich von Ernen, die offenbar einen historischen Beleg aufgenommen hat. Erpen (FaN) Erpen (FaN) ist ein gut belegter FaN, der auch als Erben, Erpo, Erpon, Erbo, Herpos (AWWB 88) erscheint. Als kollektive / - IG / -Ableitung eines Simplex ist Zen Erpigen ‘ bei den Leuten des Erpen ’ (1571, Naters) für eine Alpe belegt. Sonst tritt der Name als Besitzername in Erpestafel (Filet, Mörel), Erpustadel (Mörel, Ried-Mörel) und Erpenmattun (1303, Niedergesteln) auf. Erpiguwald ‘ der Wald der Familie Erpen ’ (Bitsch) zeigt wiederum die kollektive / - IG / -Ableitung. Erpsen Erpsen ist nur 1345 belegt in in der Erpsenmaton ‘ bei der Erbsenwiese ’ (Bratsch). Obwohl die Bearbeiterin hier einen FaN vermutet (wegen der Genitiv-Form Erpsen), findet sich kein FaN oder PN hierzu. Vielmehr wird wohl die Pflanze (P ISUM SATIVUM ; cf. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 342) bei den Wiesen gemeint sein. Bratsch (gehört heute zu Gampel) ist im 14. Jahrhundert vermutlich schon deutschsprachig. Ersatz der Ersatz m. ist - laut I D . (6, 1544) - nicht volkstümlich. Es ist in der Ersatz (Niedergesteln) belegt. Laut Gewährspersonen erhielten die Besitzer für die bei der ersten Rottenkorrektur (1863 - 1893) enteigneten Güter ‘ Ersatzbesitz ’ . In Hohtenn wird 1880 der Ersaz als Biina (Pflanzplatz) im Grund (wohl Rottenebene) erwähnt. Es dürfte sich ebenfalls um Ersatzbesitz wegen der Rottenkorrektur handeln. Ersch Ersch ist im Wesentlichen belegt als der romanische Name der Gemeinde Erschmatt, die sich auf der linken Rottenseite auf einer Höhe von rund 1200 m erstreckt. Die ältesten Belege zeigen durchweg Huers, später Varianten davon. Die Zusammensetzung mit -matt kommt erst spät vor, nämlich im Buch des Pfrantier- 81 82 Ersch <?page no="46"?> Kehrwassers (1878 - 1963); als Ortsname ist aber immer noch Ersch geläufig (siehe unten). J ACCARD (1906, 152) sieht darin einen Plural zu huert ‘ Garten ’ , zu lat. HORTUS . K RISTOL ET AL . (2005, 333) lehnen diese Deutung ab: im den frpr. Dialekten des Wallis sei courtil die Bezeichnung für ‘ Garten ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 150). In der mittelalterlichen frz. Schreibtradition sei das anlautende, etymologisch unbedeutende h zur Unterscheidung eines am Wortanfang stehenden u von einem v verwendet worden. Deswegen setzen sie eine Lautung wers oder wersch zu einem germanischen Etymon auf / w-/ an und schlagen spätlat. * WERSICUS ‘ krumm ’ vor (2005, 333). Diese Deutung kommt dem Ortsnamen am nächsten. Ersch ist als Simplex an Ersch ‘ in Erschmatt ’ belegt; vgl. auch Eersch (G RICHTING 1998, 63). Lateinische Konstruktionen finden sich in iuxta torrentem de Huers ‘ neben dem Erschbach ’ (1242, Erschmatt) und cristam de Hoers ‘ der Hügel von Erschmatt ’ (1357). Ersch als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita ist belegt als mit du Erschleerchu ‘ bei den Lärchen von Erschmatt ’ (Guttet; kaum zu schwdt. erst und wdt. eerscht ‘ erst ’ (I D . 1, 470 f.; G RICHTING 1998, 63)), das Erschthall ‘ das Tal von Erschmatt ’ (1796, Erschmatt; 1701 Feschel), der Erschwäg ‘ der Weg von / nach Ersch (Erschmatt) ’ (Bratsch; 1722 u. später, Leuk) und das unsichere in der Ersmatten (Eschmatten? ) (1682, Feschel). Kaum hieher zu stellen ist aus räumlichen Gründen der Beleg Erswaso ‘ die Ers-Wiese ’ (1307, Eischoll); er ist jedoch isoliert, weswegen er unter diesem HL aufgeführt wird. Einen vorangestellten Genitiv einer Herkunftsangabe auf / - ER / zeigt an Erscherren Wengen ‘ an den Grasabhängen der Leute von Erschmatt ’ (1592, Erschmatt). Etwas schwieriger sind die zwei historischen Belege jn der Erschibinen (1746, Gampel) und in den Erschel Binen (1865, Gampel). Vermutlich sind die beiden Ableitungen Erschi und Erschel Bildungen, welche die Zugehörigkeit zu Erschmatt ausdrücken ‘ die zu Erschmatt gehörenden / Richtung Erschmatt liegenden Pflanzplätze ’ . Sehr unklar ist schliesslich Wanniersch (FLNK, Grächen), die bei einem kleinen See liegt (er ist schon auf SK belegt). Zwar ist die Trennung in Wanni ‘ die kleine Wanne ’ und Ersch möglich, aber Ersch bleibt in diesem Zusammenhang undeutbar. Grächen liegt im Übrigen zwischen Matter und Saaser Vispe auf rund 1620 m, ist also weit von Erschmatt entfernt. Erst Erst wird als Zahlwort erst meist wie ein attributives Adjektiv verwendet. Es tritt nie als Simplex auf und nur einmal als Bestimmungswort im Kompositum zer Wiissun Eerschtmälchun ‘ bei der weissen Ziege, die erstmals geworfen hat (wohl metaphorisch gemeint, auf der Hockenalp) ’ (Kippel). Laut R ÜBEL (1950, 91) wird der Terminus im Lötschtal für eine Ziege verwendet, die ihr erstes Junge geworfen hat. In den übrigen Fällen sind flektierte und nichtflektierte Formen des HL zu unterscheiden, wobei die Form Erschtuscht (wörtlich: ersteste) nur in Naters für Burg (hier wohl metaphorisch für einen Hügel) und in Ergisch für Läger (Ruhestelle für das Vieh) verwendet wird. Die übrigen HLL sind: Egg(a), Fall, Grabu, Hitta, Häärz, Höu, Läger, Legi, Lig, Löuwina, See und Stafel. Zum attributiven Adjektiv sind zweigliedrige Namen belegt: t Erscht Mässhitta ‘ die erste (Alp-)Hütte, in der die Milch gemessen wurde ’ (Ried-Mörel), ts Erscht Tschampematt ‘ die erste Mähwiese der Familie Tschampen ’ (Grengiols), biner Erschte Chummlegi ‘ bei der ersten Legi (Zaun) bei der Chumma (Mulde) ’ (Reckingen), Erschtä Stosswäg ‘ der erste Stossweg (Weg durch den Mittelwald) ’ (Erschmatt, FLNK), Erstes Dreieck ‘ das erste Dreieck (Felsspitze am Dreieckhorn) ’ (Fieschtertal, LT). Das HL ist zu schwdt. erst ‘ erst ’ und wdt. eerscht ‘ erster ’ (I D . 1, 470; G RICHTING 1998, 63) zu stellen. Meistens bezeichnet es in Flurnamen das erste Glied einer räumlichen Reihe (z. B. von Alpseen), seltener eine zeitliche Abfolge. Ertill Ertill ist nur belegt in bis an den Ertillschucken ‘ bis zum Ertill-Felsen ’ (Bratsch). FLNK hat Ertjitschuggu ‘ der Felsen beim kleinen Ort ’ . Ertjini ‘ kleine Orte ’ ist in Bratsch gleich daneben belegt und t Eertjitschugge finden sich am gleichen Ort in Gampel; Ertill ist also eine hyperkorrekte Form zum Diminutiv Ertji ‘ kleiner Ort ’ (cf. HL O RT ). Erz Erz ist nur dreimal in dieser Form belegt als ehemalige Erzgruben (Grengiols, LT; FLNK Ärzgrüöba), vff der Silber Ertz Gr ŭ ben ‘ auf der Silbererzgrube ’ (1586, Naters), zer Äärzwäschi ‘ bei der Erzwäsche ’ (Oberems). Das HL ist zu schwdt. Ärz, Ē r ę z, Ërez n. wie nhd. ‘ Erz ’ , mhd. erze, ahd. aruz m. (I D . 1, 498; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 258) zu stellen. Siehe auch HL Ä ÄREZ ; vgl. auch hierzu R ÜEGG ET AL . (2017). Esch Esch m./ n. ist zu schwdt. Esch, Ösch, Äsch m./ f., Pl. Esch (auch Esche n für m. und f.? ): ‘ das gemäss Dreifelderwirtschaft aus der Sommer- und Winterzelge bestehende, auch Wiesen umschliessende, eingezäunte, gewöhnlich vom Weidrecht ausgeschlossene Saatfeld einer Dorfgemeinde, Zelge, Flur, meist im Gegensatz zu Br ā ch Erst 83 84 <?page no="47"?> und Ägerte ’ , mhd. ezzisch, ezesch, ahd. ezzisc ‘ Saatfeld ’ (I D . 1, 569 ff.) zu stellen. Da das Wort nach Aussterben der Sache nur noch in FlN vorkommt, kann es nicht immer eindeutig von Esch n. ‘ Eschengehölz ’ (I D . 1, 568) oder dem Baumnamen Esche unterschieden werden (TGNB 2, 2, 175). Im Wallis herrschte im Übrigen im Allgemeinen eine Zweifelderwirtschaft (zu Details vgl. M ONHEIM 1955). Der FaN Im Esch / Imesch wird in AWWB (129) auf den Weiler Esch in Zeneggen zurückgeführt. Gwp. sieht den Namen im Zusammenhang mit dem Baumnamen ( „ Es hat hier Eschen “ ); es könnte sich aber auch um Esch ‘ Saatfeld ’ handeln. Von den vierzehn belegten Namen mit dem Simplex im Singular Esch sind fünf lebend belegt: Esch (LT, FLNK St. Niklaus), bim Esch (Mühlebach), im Esch (Zeneggen), zum Esch (Stalden, Täsch) - öfters wird der Baumname als Erklärung hinzugezogen; wieweit das jeweils eine Erklärung ad hoc ist, lässt sich nicht feststellen. Historisch erscheinen bei dem Esch (1673, Zwischbergen), bim Esch (1791 u. später, Ernen), im Esch (1477 u. später, Bürchen; 1536 u. später, Embd; 1580, Visperterminen), zum Esch (1520, Binn; 1848 zu den Eschen), und Esch (1463, Lax), daz Esche (1303, Visp; 1668 jn Eschen) - in allen Fällen kann sowohl das Saatfeld, wie der Baumname gemeint sein. Ein gerundeter, wohl nur schriftsprachlicher Beleg ist in den Öschen ‘ in den Eschen / in den Saatfeldern ’ (1614, Bellwald). Mit attributiven Adjektiven finden sich ts Ober Esch (St. Niklaus), jm Obren Esch (1684, Eggerberg), im Obren Esch (1669 u. später, Zeneggen), ts Unner Esch (St. Niklaus), das Vnder Esch (1540, Embd) und das seltsame Unneräschi (FLNK, Inden), (lat.: in anteriori) Esch ‘ im vorderen Esch ’ (1732, Stalden), zum Wiltun Esch ‘ zum wilden Saatfeld / Eschengehölz ’ (Hohtenn) und (lat.: jn exteriori) Esch ‘ im äusseren Esch ’ (1732, Stalden). Die Belege zem Grossen Eesch ‘ bei der grossen Esche ’ (Kippel, Wiler) gehören zum HL E SCHE ‘ Esche ’ . Ein vorangestellter Genitiv ist in ts Volke Esch ‘ das Saatfeld der Familie Volken ’ (Grengiols) belegt. Als Grundwort in zweigliedrigen Komposita ist das HL selten: jm Bundesch ‘ im Saatfeld beim Pflanzgarten ’ (1527, Grengiols), Als Bestimmungswort erscheint das HL zusammen mit folgenden Grundwörtern: Acher, Bach (Wasser), Blatta, Bodu, Bord, Grabu, Haalta, Löuwina, Matta, Räb-, Rigg, Rüüs, Wäg und Wald. Vermutlich hieher gehört Deschmatten ‘ die Wiese bei den Eschen / beim Saatfeld ’ (1782, Hohtenn) mit agglutiniertem Artikel. Komplexere Formen sind ob der Eschmatten ‘ oberhalb der Wiese bei den Eschen / beim Saatfeld ’ (1712, Leuk), t Obre Eschachra ‘ der obere Teil der Äcker bei den Eschen ’ (Ausserbinn), der Unner Eschacher ‘ der untere Teil des Ackers bei den Eschen / beim Saatfeld ’ (Mühlebach) und drei weitere in Ausserbinn und Binn, (lat.: ) in inferiori Essmatten ‘ in den unteren Eschmatten (Wiesen bei den Eschen / beim Saatfeld) ’ (1540 u. später, Feschel). Sicher zu Esche ‘ die Esche ’ sind die Belege apud Esschinon Matton ‘ bei den Wiesen bei den Eschen ’ (1390, Simplon) und Eschinu Staale (EK, Mund) ‘ der steile Abhang mit Eschen ’ zu stellen. Esche Esche m. / f. ‘ Esche ’ ist zu schwdt. Esch I ‘ Esche ’ und wdt. Escha, Eschä (Goms), Eescha (Lötschental) (alle w.), Esch m. ‘ Esche ’ (I D . 1, 568; G RICHTING 1998, 73) zu stellen. Aus lautlichen Gründen ist der Baumname häufig nicht vom HL E SCH ‘ Saatfeld ’ (cf. HL E SCH ) zu unterscheiden; wo das nicht möglich ist, werden beide HLL angegeben; im Einzelnen cf. HL E SCH . Das Simplex im Singular ist 1299 in Törbel als jm Esche, resp. jm Esse bezeugt. Hier ist aber ziemlich sicher Esch ‘ Saatfeld ’ gemeint; im ersten Beleg ist ein Speicher genannt, der darauf hinweisen würde; der Weinberg (vineam) im zweiten Beleg passt aber eher zur Deutung ‘ beim Eschengehölz ’ . Das Simplex im Plural ist als Zen Esche ‘ bei den Eschen ’ (Ausserbinn) und Zen Eschenn ‘ bei den Eschen ’ (1586, Naters), in Simplon als mid de Eschu ‘ bei den Eschen ’ belegt. Die Diminutive im Singular erscheinen als ts Eschji ‘ das kleine Gebiet mit Eschen ’ (Eggerberg), wo kaum ein Saatfeld liegt; zu diesem Namen gehören auch ts Inner Eschji ‘ das innere (taleinwärts liegende) kleine Gebiet mit Eschen ’ und ts Üsser Eschji ‘ das äussere (talauswärts liegende) kleine Gebiet mit Eschen ’ (beide Eggerberg). ts Eschji (Raron) und Eschji (FLNK, Embd) sind beide als ‘ kleines Gebiet mit Eschen ’ zu verstehen. ts Eschtji ‘ das kleine Gebiet mit Eschen ’ (Staldenried) wird laut V. A BGOTTSPON Eschji genannt und erscheint 1656 u. später als Zum Esch, hat also nichts mit Ascht zu tun. Der Plural des Diminutivs ist als die Eschlini ‘ die kleinen Gebiete mit Eschen ’ (1795, Naters) und ubern Eschini ‘ oberhalb der kleinen Eschen ’ (Ferden) belegt; letzteres befindet sich oberhalb von der Eschi Rigg ‘ der (Fels-)Rücken mit Eschen ’ , bei FLNK als Eschine Rigg ‘ der eschene (Fels-) Rücken ’ (Ferden). Alle Diminutive können auch als Ableitungen zu Eschi < Esch-ahi ‘ Eschengehölz ’ mit dem Suffix / - AHI / (S ONDEREGGER 1958, 466) verstanden werden. Das gilt auch für t Eschi f. ‘ das Eschengehölz ’ (Bürchen). Vermutlich ein Adjektiv liegt vor in t Eschini Chummu ‘ die Kumme mit Eschen ’ (Ergisch). Es handelt sich um 85 86 Esche <?page no="48"?> das Adjektiv eschin ‘ von der Esche herrührend ’ (I D . 1, 568). Als Bestimmungswort ist das HL wie folgt belegt: Eschigrund ‘ der Grund (Rottenebene) mit Eschen ’ (Baltschieder). Die historischen Belege von 1553 und 1697 haben jn Heschengrúndt, was den Verdacht nahelegt, dass hier ursprünglich ein PN Heschi oder ähnlich gemeint war, der allerdings sonst nicht belegt ist; das gilt auch für das 1548 belegte Heschen Eÿen ‘ die Aue mit Eschen (? ) ’ . aúf den Eschikúbel ‘ auf den Hügel bei den Eschen / der Familie Escher ’ (1774, Naters) ist unsicher; es könnte hier ein Eschig vorliegen ‘ die Leute der Familie Escher ’ . im Eschu Mos ‘ im Moos (sumpfiges Gebiet) mit Eschen ’ (Fiesch) enthält entweder einen vorangestellten Genitiv Plural oder bildet ein Kompositum. Die Adjektivbildung aschin-/ eschin- ‘ von der Esche herrührend ’ (I D . 1, 568) gehört hieher. Vermutlich ein Lesefehler liegt in am Hirgeschji (1855, Staldenried) vor, das auch als Girgeschji gelesen werden kann und dann zum HL G IRETSCH ‘ Vogelbeerbaum ’ gehört. Eschelleÿs Eschelleÿs ist als les eschelleÿs 1568 in Albinen belegt. Es handelt sich um eine frpr. Form zum lat. SCALA ‘ (die) Leiter ’ (T AGMANN 1946, 65; FEW 11, 263 ff.). Dazu gehören auch eys eschelers (1331, Varen) und eys eschelir (1405, Varen), die eine kollektive Ableitung, wohl auf / - ARIU ( M )/ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288) enthalten. Gemeint sind wohl die Leitern, die von Albinen und Varen nach Leukerbad führen. Escher (FaN) Escher (FaN) ist in den sicheren Fällen als Genitiv Singular Eschersch oder als Plural Escherro vertreten: ts Eschersch Balma ‘ das Gut der Familie Escher bei einem überhängenden Felsen ’ (Zwischbergen; LT und FLNK Escherschbalma), auch belegt bei J ORDAN (2006, 356) als Eschärsch Balma, weiter der Eschersch Bodo ‘ der Boden der Familie Escher ’ (Zeneggen; FLNK und LT Eschers Bode). Eine lateinische Form sub horto ist mit dem dt. Escherro ‘ unter dem Garten der Familie Escher ’ (Baltschieder) vertreten. des Escherbirchwaldes ‘ der Wald der Familie Escher im Bereich Birch (Birkengehölz) ’ (1896, Münster; Genitiv konstruktionsbedingt) vertritt einen endungslosen Genitiv. der Eschibubel ‘ der Hügel der Familie Escher ’ (Eggerberg) und Eschistafol ‘ der Stafel der Familie Escher ’ (FLNK, Törbel) vertreten wohl auch den FaN Escher, nicht einfach das Gehölz mit Eschen. Auch Eschigenmatten ‘ die Wiese der Familie Escher ’ (1651, Eggerberg) vertritt den FaN mit einem früheren Genitiv Plural; die / - IG / -Ableitung vertritt ein Kollektiv. Der FaN Escher, zum Esch, Fraxinodo, de Fraxino ist gut belegt (AWWB 89). Eschery Eschery ist 1292 als de la Eschyeri und 1407 in eys Eschery in Agarn belegt. In Leuk ist der gleiche Beleg von 1407 bezeugt; die Zuordnung ist unklar. Der Beleg von 1292 in Agarn benennt explizit einen Wilhelmus Escheri, dem der Besitz gehört. Die Wappenbücher kennen diesen FaN nicht. Zu vermuten ist, dass der FaN oder der Flurname zum frpr. Echert ‘ gerodetes Land ’ < lat. EXARTUM gehört, wobei wohl ein Suffix auf / - ARIU ( M )/ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288) anzunehmen wäre, was mit dem Erstbeleg Eschyeri ‘ die gerodeten Gebiete ’ übereinstimmen würde. Eschi (Esch) Mundereschi ist 1799 in Inden belegt. Wie unter dem HL M UNDERESCHI (F A N) ausgeführt, kann der Flurname auf einen FaN Monderesse (AWWB 171) zurückgeführt werden. Allerdings legt die Schreibung in die M ’ undereschi (1799, Inden) ein ursprüngliches under Eschi ‘ das untere Gebiet mit Eschen / beim Saatfeld ’ nahe, das zum lebenden Unneräschi ‘ das untere kleine Gebiet mit Eschen / beim Saatfeld ’ (FLNK, Inden) passen würde. Die beiden Deutungen entsprechen wohl unterschiedlichen Interpretationen des Flurnamens im 18. Jahrhundert. Escoujieres Escoujires ist nur 1502 in Leuk als en les Escoujires ‘ bei der Gerberei ’ belegt. Der Ort befindet sich laut Dokument unterhalb von Susten. Das Dokument stammt aus einem Kopialbuch und ist deswegen kaum original. Es handelt sich wohl um eine Gerberei (cf. G PSR 6, 682 s. v. escoferia und B OSSARD / C HAVAN (2006, 224 s. v. escofferie)). Belegt ist eine kollektive Ableitung auf / - ARIA / (B OSSARD / C HA- VAN 2006, 288). Esel Esel, wdt. Eschel m. ‘ Esel ’ ist zu schwdt. Esel, Eschel m., Pl. Esel und Esle n , wie nhd. das Haustier ‘ Esel ’ , ahd. esel, ahd. esil, wdt. Eschl, Eschul (Mattertal), Eschel (Saastal), Äschil (Leuker Berge), Eschil ‘ Esel; Schmoller ’ (I D . 1, 514 ff.; G RICHTING 1998, 73) zu stellen. In unserem Gebiet kann auch der Maulesel gemeint sein (R ÜBEL 1950, 80), der als Lasttier gebraucht wurde. Die ausgewogenste Deutung gibt LUNB (1, 1, 252), wonach das Tier selber oder eine übertragene Bedeutung gemeint sein könne. Das Simplex der Eschel ‘ das Gelände, das wie ein Esel aussieht ’ kommt in Glis, Martisberg, Reckingen und Ried-Mörel vor, historisch 1580 als Eschell auch in Lax. üfem Eschu (Fieschertal) hat / l/ -Vokalisierung und eine Präposition. Eschelleÿs 87 88 <?page no="49"?> Die übrigen Belege verbinden das HL als Bestimmungswort mit folgenden Grundwörtern: Acher, Balm, Bast, Biel, Blatt, Bode, Brand, Fääsch, Fall, Furgga, Gassa, Grabu, Mad, Rigg, Schluocht, Seick, Stapf, Tola, Tritt, Tschugge, Wäg und Weid. Die Motivationen sind nicht immer klar: bei t Eschilweid (Zeneggen) geht es zwar sicher um die Weide für die Esel, aber viele andere können entweder eine Ähnlichkeit des Geländes mit einem Esel oder eine nahe bei einer Flur namens Eschel gelegene Flur meinen, oder einfach eine enge Stelle (Eschultritt (Grächen)). Die Auskünfte der Gwpp. sind ernst zu nehmen, treffen aber manchmal kaum zu (z. B. der Eschulbodo (Grächen) als Alpe für Esel auf 1471 m, also tiefer als Grächen selbst (1623 m)). Hier könnte höchstens eine Voralpe in Frage kommen. Espinal Espinal ist nur 1485 in Salgesch im Text a paruo torrente de corbaz espinal belegt. Der Text spricht von einem Bach, der de corbaz espinal heisst. Unklar ist, ob espinal ‘ dornig ’ hier ein Adjektiv zu lat. SP Ī NA ‘ Dorn ’ (FEW 12, 176 ff.) mit dem adjektivbildenden Suffix / - ALE / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 289) ist, oder ob es selbst wieder substantiviert wurde zu ‘ Dorngestrüpp ’ oder ähnlich. Da auch corbaz (cf. HL C ORBE ) unklar ist (G PSR 4, 428 ss. geht vom Adjektiv COURBE aus), stellt sich die Frage, ob der Bach nun ‘ das gekrümmte Dorngestrüpp ’ oder ‘ die dornige Krümmung ’ bedeuten soll. In der Sache gibt es natürlich kaum einen Unterschied, wir gehen darum von einem kleinen gekrümmten Bach im Dorngestrüpp aus. Espion Espion ist nur 1322 als de espions (Guttet) belegt. M. S. weist es auf Grund des Textes totius communitatis de gottet et de espions der früheren Gemeinde Guttet zu, ist aber nicht sicher. Es scheint sich hier um einen Wechsel (vice) zwischen der ganzen Gemeinde Guttet und espions zu handeln. Vermutlich handelt es sich um den Ort, der heute als Spiiu oder Spien bekannt ist und früher als Weiler bewohnt war (cf. HL S PIEN ). Zu stellen ist dann der Name zu *spehôn (anfrk.) spähen (FEW 17, 173 ff.) in einer nominalen Form (bes. S. 174), die etwa ‘ Späh-Ort ’ entspricht. Essert Essert ‘ Rodung ’ wird nach M EYER (1914, 164) und T AG- MANN (1946, 34) und der dort angegebenen Literatur auf lat. EXSARTUM ‘ gerodetes Land ’ zurückgeführt (B OSSARD / C HAVAN 2006, 134). Das Simplex kommt ab dem 13. Jh. in Ergisch als in essertis, später in esserto (1328) und eys essers (1328) vor. In Salgesch ist es 1485 als en essers, 1494 eys essers und 1495 deys essers belegt. Mit assimiliertem Artikel kommt es in Leukerbad 1357 als en lessyert, 1361 en lessert und 1514 dou leseret vor; die schwankenden Schreibungen legen nahe, dass der Name nicht mehr verstanden wurde. Das gilt wohl auch für den Beleg prato de lensser (1651, Leukerbad). In Ergisch gibt es ein zweites essert, das in den Quellen als in esserto de larseler ‘ die Rodung beim Boden mit Ton ’ (13. Jh. und später) erscheint. In Salgesch ist ou clous de lessert (1353), in clevis dou lesyers (1370) belegt, also das eingefriedete Gut bei der Rodung. Ein attributives Adjektiv ist im Beleg in via dou lonc essert ‘ auf dem Weg zur langen Rodung ’ (1298, Leukerbad) zu finden. Etert Etert ist nur einmal 1339 in Agarn als Etert belegt. Der Flurname ist zu Eter(d) ‘ pré, champ gagné sur la forêt ’ zum participe passé masculin zu frpr. èterdre, étèdre (<lat. STERNERE ) ‘ étendre (ausweiten) ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 134) zu stellen. Es handelt sich also um einen frpr. Rodungsnamen. Etria Etria ist der Name einer Alpe oberhalb von Niederwald auf der linken Seite des Rottentales. Lebend belegt ist es als in Etria (Niederwald). Historisch sind in der Alpenn Eterian (1584, Steinhaus) und in Alpe Edrÿa (1808, Blitzingen) belegt. Als Komposita sind der Etriastand ‘ der Stand (höchster Punkt) der Alpe Etria ’ und der Etriawaud ‘ der Wald unterhalb der Alpe Etria ’ (Niederwald, mit / l/ - Vokalisierung) belegt. Die ältesten Belege haben 1584 Eteriang, 1484 Eterianeren, 1658 in Ettrian. Belege vor dem 16. Jahrhundert liegen nicht vor. Die ältesten Belege weisen den Typ Etteria auf, der als fem. Ableitung auf -ja zu schwd. Ätter, Etter ‘ Oheim; Vetter ’ (I D . 1, 586) und wdt. Ettere, Ettärä (Goms), Ettra (Mattertal), Ättru (Leuker Berge), Etro oder Etru ‘ Onkel ’ (G RICHTING 1998, 74) zu stellen ist. Die Deutung ist ‘ das Alpgebiet des Onkels ’ . Ettro Ettro ‘ Oheim ’ ist zu schwdt. Ätter, Etter, Attro, Ettro, Ättere, Ettere ‘ Oheim ’ , wdt. Ettere, Ettärä (Goms), Ettra oder Etterle, Ättru (Leuker Berge), Etru ‘ Onkel ’ (I D . 1, 586; G RICHTING 1998, 74) zu stellen. Das HL ist im Genitiv belegt in in des Ettren Schnitginen ‘ in den kleinen Schnitten des Onkels ’ (1530, Mühlebach). Aus dem Beleg geht nicht hervor, ob Ettro hier ein Rufname oder eine Verwandtschaftsbezeichnung ist. 89 90 Ettro <?page no="50"?> Etz Etz, auch Etzi f. ist zu schwdt. Etzi, Ätzi f. zu stellen, das laut I D . eine ‘ Weide, besonders als Massbezeichnung ein Stück Weide, das in einem Tag abgeätzt werden kann ’ (I D . 1, 629) bezeichnet. In den Bezirken Mörel und Goms wird diese vom Vieh für eine Verpflegung benötigte Weidefläche nicht Ätze sondern Weide f. genannt. Die Nahrungszufuhr erfolgte in drei Zehrungen in Morgen-, Tag- und Abendweid bzw. in Morgen-, Abend- und Nachtätze. Zwischen dem Morgen- und Abendmelken nahm das Vieh die erste, teilweise aus frischem, unberührtem Gras bestehende, und die zweite Mahlzeit auf einem abgeätzten Gebiet ein. Die letzte Mahlzeit wurde gegen sieben Uhr auf einem noch nicht betretenen Land der Abendweide bzw. der Nachtätze geboten (R ÜBEL 1950, 84). In den Namen wird Etz / Etzi als ‘ Viehfutter ’ ohne Rücksicht auf die Massbezeichnung gedeutet. Das Simplex im Singular ist als am Ezÿ ‘ am Etzi (kleines Gebiet mit Viehfutter) ’ nur in Gampel 1794 belegt; die Konstruktion mit einem n./ m. legt einen Diminutiv nahe. Einen Plural findet man in t Ezine ‘ die Weiden mit Viehfutter ’ (Randa). Als Grundwort ist das HL in die Voretzÿ ‘ das vor der Etzi (Weide mit Viehfutter) gelegene Gebiet ’ (1726, Mund) und t Mässeetzi ‘ die Weide mit Viehfutter, wo der Milchertrag gemessen wurde ’ (Ergisch) belegt. Sonst erscheint das HL als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita vor allem in den Typen Etzweid ‘ die Weide mit Viehfutter ’ (FLNK, Fieschertal, Goppisberg, Niederwald, FLNK Oberwald), in Oberwald auch t Ober und t Unner Etzweid ‘ die obere und die untere Weide mit Viehfutter ’ , und historisch als Etzweidt (1500, Fiesch) und Etzweid (1745, Visperterminen), das alternativ Ouvandium ‘ Üewand, Magerwiese ’ genannt wird, und ts Etzmad (Grengiols), das Etzmatt (1529 u. später, Binn), im Etzmatt (1529, Lax). Der Typ Etzweid zeigt, dass im Goms neben Weid auch Etzweid gebraucht wird (anders R ÜBEL 1950, 84). Nur einmal belegt ist t Etzegerten ‘ das Brachland mit Viehfutter ’ (1868, Birgisch). Lebend in Eisten belegt ist Etzibärg ‘ das bergwärts gelegene Gebiet mit Viehfutter ’ (FLNK, Eisten; LT Eziberg) mit dem zweimal im gleichen Dokument belegten Etziberg (1833, Eisten; 1833, Grächen). Komplexer sind ts Geistricheletzmad ‘ die Mähwiese mit Viehfutter, die so gross ist wie eine Ziegenglocke ’ und Schlänggeetzmad ‘ der schmale Streifen von Etzmad ‘ Mähwiese mit Viehfutter ’’ (beide in Grengiols für die gleiche Flur), sowie t Wanneetzmeder ‘ die Mähwiesen mit Viehfutter bei den Wannen (Mulden) ’ (Binn). Schwierig zu deuten ist di Banetzflüe ‘ die Fluh des Banet / die Fluh im Gebiet Bann-Etz (Etzweide im Banngebiet? ) ’ (Randa), wo aber kein Bann-Gebiet belegt ist. Der PN oder FaN Banet ist im Übrigen sonst nicht bezeugt; es kommt nur hier vor, sodass auf eine Lemmatisierung verzichtet wird. Etzel Etzel ist nur einmal im historischen Beleg in der kurtzen Etzelschl ů cht (1582, Münster) vertreten. SZNB (2, 146) diskutiert den Namen Etzel (Einsiedeln) ausführlich; die Deutung als Ableitung zu mhd. etze ‘ Weideplatz ’ (auch schwdt. Etzi (I D . 1, 629)) scheint auch in unserem Fall sinnvoll zu sein: ‘ in der kurzen Geländeeinbuchtung beim Weideplatz ’ . Eugen (PN) Geeni n. ist eine Kurzform des PN Eugen (I D . 2, 327). Das HL kommt nur einmal in di Geenipletschu ‘ die Pletschu (Ebene) des Eugen (Meichtry) ’ (Feschel) vor. Die Angabe des PN stammt von der Gwp. Europa Europa ist als Bestimmungswort belegt in Europaweg (Randa, St. Niklaus, Täsch, Zermatt), resp. Europawäg (FLNK) und Europahütte (Randa), resp. Europahitta (FLNK, Randa); die hdt. Belege stammen aus der LT. Der Weg wurde 1997 eröffnet, die Hütte zwischen 1998 und 1999 auf 2220 m gebaut. Mit Europa wird auf den Namen des Kontinents Bezug genommen, kaum auf die mythische Europa oder gar die Europäische Union. Euuistine Euuistine ist eine unsichere Lesung von 1252 apud asquere czumeuuistine czungun vna vinea (Stalden) (Lesung von P H . K ALBERMATTER , p. c.). Der Name bezieht sich nach dem Text auf einen Acker (asquere), der zum euuistine czungun heisst; dort befindet sich ein Weinberg. Zu vermuten ist, dass in euuistine ein Adjektiv vorliegt, doch ist unklar, ob das anlautende / e/ zum Adjektiv gehört oder nicht. Czungun ist ein Nomen im Akkusativ, vermutlich eine Fehl-Schreibung für Tschugge. Das Adjektiv kann nicht gedeutet werden. Ewen (PN) Ewen (PN) kommt nur in beÿ des Ewen Gaden (1795, Obergesteln) vor. Die Konstruktion legt einen Besitzer- oder Benutzernamen im Genitiv nahe. Es handelt sich um einen sonst unbelegten Kurznamen. Ewig Ewig Adj. ist zu schwdt. ē wig wie nhd. ‘ ohne Ende, immer oder wenigstens sehr lange dauernd ’ auch ‘ immer, d. h. oft wiederkehrend ’ und wdt. eewig ‘ ewig, andauernd ’ (I D . 1, 609 ff.; G RICHTING 1998, 63) zu stellen. Etz 91 92 <?page no="51"?> Belegt ist es in das Ewig Güldt ‘ die ewige Abgabe ’ (1728, Zeneggen), t Eewigu Reina ‘ die ewigen (wohl: sich lange hinziehende) Raine ’ (Wiler) und ts Ewigschneefäud ‘ das Feld mit dem ewigen Schnee ’ (Fieschertal; LT und FLNK, Ewigschneefäld; SK Ewig Schnee Feld), ein Gletscher östlich des Trugberg. Die drei Bedeutungen von ewig sind sehr unterschiedlich, entsprechen aber auch dem Hochdeutschen. Eyer (FaN) Eyer(FaN) ist ein FaN, der auch als Eier, Oeyer, In der Oye, Oyer, Hoyer (AWWB 90) erscheint. Es handelt sich um eine Ableitung von Eie ‘ Aue ’ (cf. HL E IE ). Das Simplex erscheint in der Eier ‘ das Gut der Familie Eyer ’ (Eyholz). Ein Genitiv liegt in Thomen Eyers Hauss ‘ das Haus des Thomas Eyer ’ (1635, Naters) vor. Vermutlich liegt auch in Eiro Matto ‘ die Wiese der Eyer ’ (1200, Ried-Mörel) ein Genitiv Plural vor. Das gilt auch für der Hoyerro ‘ die (Wiese) der Eyer ’ (1301, Niedergesteln) und Eieru Achra ‘ die Äcker der Familie Eyer ’ (Naters). Zusammensetzungen mit Eier als Bestimmungswort treten mit den Grundwörtern Acher, Balma, Blatta und Biz auf. Eine hochdeutsche Form ist wohl die Au ᵕ ermatten ‘ die Wiese in der Aue / der Familie Eyer ’ (1608, Ulrichen). Eyholzer (FaN) Der FaN Eyholzer kommt lebend nur einmal vor in ts Eyholtzersch Ried ‘ das Ried der Familie Eyholzer ’ (Betten). Vermutlich auch hieher gehört das 1307 belegte der Eikholzerro Acker ‘ der Acker der Familie Eyholzer / der Leute vom Eyholz ’ (Zeneggen). Eyholzer ist ein FaN in Betten, der wohl aus Visp stammt (AWWB 90). Eymons (FaN) Eymons ist nur 1404 in Albinen in Zenglo Eymons ‘ das Felsband der Aymon ’ belegt. Es handelt sich um einen FaN Aymon, Eymon, Aimon, Aimonis, Aymonis (AWWB 18). Der FaN ist auch als PN weit verbreitet und wird auf dt. Heimen (AWWB 122 f.) genannt; er ist auch im Oberwallis vertreten, cf. HL H EIME (PN). Eynluzingen Eynluzingen ist wohl ein Genitiv Plural einer kollektiven Ableitung auf / - ING / zu einem sonst nicht belegten PN Eynluz. Es liegt nur ein Beleg vor: Zen Eynluzingenhus ‘ beim Haus der Leute des Eynluz ’ (1303, Törel). Das Alter des Beleges macht einen eigentlichen FaN unwahrscheinlich. Eyreles Eyreles ist ein HL, das nur in Varen erscheint, aber in sehr unterschiedlichen Formen. 1473 eys les, 1509 les eyreles, 1585 eys lies, 1652 eÿs eÿschelet. Die beiden Belege von 1473 und 1585 legen einen Flurnamen eys Les / eys Lies ‘ bei der Felswand ’ nahe, der von B OSSARD / C HAVAN (2006, 249) zu Lex, Lay usw. gestellt wird und im Gebirge ein Felswand oder eine Steinplatte meint. Sie führen es - wohl mit FEW (5, 132 *lake (gall.) steinplatte) - auf kelt. *lake ‘ Steinplatte ’ zurück, während J ACCARD (1906, 231) und M EYER (1914, 166) es auf dt. Lei ‘ Fels ’ gründen wollen. Die keltische Herkunft dürfte sicherer sein. Die anderen Belege eyreles und eÿs eÿschelet scheinen den Artikel eys in den Namen Lex integriert zu haben, wobei das / r/ in eyreles unerklärt bleibt. Es kann sich aber auch um ein verschriebenes oder verlesenes Wort handeln. Eysson Eysson ist nur belegt in eys champeysson (1494, Salgesch) wobei die Lesung unsicher ist. Vermutlich liegt ein Kompositum aus champ (aus lat. CAMPUS ) + eysson vor, dessen zweiter Teil aber unklar ist, was durch die unsichere Lesung verstärkt wird. Eyster (FaN) Eyster (FaN), auch Eister, ist ein Walliser Familienname (AAWB 86) aus Eisten im Gantertal, der zum Ortsnamen Eischt (cf. HL E ISCHT ) zu stellen ist. Der FaN breitete sich in Brig und der Pfarrei Mörel aus. Belegt ist er in Greich (gehörte zur Pfarrei Mörel) als ts Eischtersch Birch ‘ das Birkengehölz der Familie Eyster ’ (Greich) und jn Eÿsters Kúmmen ‘ die Chumma (Mulde) der Familie Eyster ’ (1667, Greich). in Eÿstersacher ‘ im Acker der Familie Eyster ’ (1667, Baltschieder) ist wohl auch hieher zu stellen. 93 94 Eyster (FaN) <?page no="52"?> F (siehe auch V) Fa ts Fa n. ist der Name einer Alpe, die heute von einem Stausee (Fahsee) bedeckt ist. Hinzu gesellen sich der Fabiel ‘ der Hügel im Gebiet Fa ’ und t Faweng ‘ die Grasabhänge im Gebiet Fa ’ (beide Zwischbergen). Der einzige historische Beleg zu Fa gibt die Schreibung jn Fan (1461, Zwischbergen). J ORDAN (2006, 370) fügt Fágrabu ‘ der Graben bei Fa ’ hinzu und deutet den Namen vorsichtig aus ital. fango ‘ Schlamm ’ , was nach dem AIS (4, 849, Karte fango) kaum stimmen kann, da in den angrenzenden alpinlombardischen Dialekten der Typ palta verwendet wird. J ORDAN gibt neben den Belegen Fa und Fah auch Wann und All ’ Vaz nach Pfarrer J OLLER . Auffallend ist das Genus Neutrum. Es dient normalerweise zum Ausdruck eines Kollektivs. In Frage käme rein lautlich der alpinlombardische Name Fo für die Buche (ital. faggio) (AIS (3, 578), doch ist die Höhe von rund 1760 m zu hoch für Buchen. Wird der Name zum schwdt. Fang ‘ Einfriedung, eingehegtes Stück Land ’ gestellt (I D . 1, 855) stellt sich die Frage des Genus ebenso wie die nicht belegte Endung / -ng/ (cf. HL F ANG ). Eine sichere Deutung kann deswegen nicht gegeben werden. Fäändli Fäändli ist belegt in t Fäändlimatte ‘ die Wiese mit der kleinen Fahne (unklar, ob Pflanzenname) ’ (Geschinen, auch FLNK), t Fendlingruäba ‘ die Grube , wo die kleinen Fahnen versteckt wurden ’ (Ferden) und dr Fendlischleif ‘ der Schleif mit dem Fendli (Fähnlein ’ (Blatten). Zu allen drei Belegen gibt es Deutungen der Gwpp. In Geschinen vermutet die Gwp. einen Pflanzennamen, was zu I D . (1, 828 f., s. v. Fane n ) passt, wo unter 6. von einem Pflanzennamen die Rede ist; allerdings bleibt die Pflanze unbenannt. In Ferden ist die Rede davon, dass die Fähnlein während der Franzosenzeit in einer Grube auf dem Weg zur Faldumalp versteckt wurden. In Blatten geht es darum, dass im Schleif eine alte Lärche ein Fähnchen enthielt. Das HL ist in I D . (1, 828 f.) und wdt. Faane (w), Faanä (Goms), Faana (w., Mattertal), Faan (m., Lötschtal), Faanu ‘ Fahne ’ (G RICHTING 1998, 75) belegt; der Diminutiv erscheint dort als Fendli oder Fännli. Faar Faar ist als Simplex nur in der Faaru ‘ der Farn ’ und t Faarini ‘ die kleinen Farne ’ (beide Gampel) belegt. Die erste Form ist 1361 als in den Varne belegt. Es handelt sich darum wohl um eine dialektale Form zu Farn ‘ Farnkraut ’ (I D . 1, 1017 f.) mit der Entwicklung von / rn/ > / ru/ (vgl. fääru zu fäärn ‘ letztes Jahr ’ ). Bei G RICHTING (1998) ist das HL nicht belegt, auch nicht beim HL F ARN . Heute ist das Gebiet überbuscht, sodass sich keine klare Aussage machen lässt. Weitere Belege zu Farn finden sich unter dem HL F ARN . Fäärbi Fäärbi f. ist zu schwdt. Färbi, Färwi f. ‘ Färberei ’ und wdt. Fäärbi f. ‘ Färberei ’ (I D . 1, 991; G RICHTING 1998, 75) zu stellen. Es ist als t Fäärbi ‘ die Färberei, Dorfteil von Susten (rechtes Rottenufer) ’ (Leuk; FLNK und LT Färbi) und historisch als bÿ der Ferwÿ ‘ bei der Färberei ’ (1755 u. später, Glis) belegt. Vgl. zu Färbereien W. B ELLWALD (2011, 85, 88). Fääre Fääre n. ist nur einmal belegt als ts Fääre ‘ das abgelegene Grundstück ’ (Grengiols). Gwp. denkt an <fääre> ‘ vergangenes Jahr ’ , das G RICHTING (1998, 75) nachweist. Diese zeitliche Bestimmung ist kaum zutreffend. Eher kommt schwdt. fer(r), Adj. und Adv. ‘ fern, weit, ursprünglich rein räumlich ’ , ahd. vër, mhd. vërre ‘ fern, weit ’ in Frage. In FlN bedeutet es im übertragenen Sinn ‘ das abgelegene Grundstück ’ (I D . 1, 912 f.; BENB 1, 1, 128). Fäärli Fäärli n. ist nur in der Fäärlichrachu ‘ der Chrache (steiler Abhang) für die Schweine / wo man erbrechen muss (? ) ’ (Gampel) belegt. Am nächstliegenden ist das Bestimmungswort Fäärli zu schwdt. Fërli n n., mit den Nebenformen Fërkelti, Färtschi u. ä., mhd. verlin ‘ junges Schwein, Ferkel ’ (I D . 1, 921; R ÜBEL 1950, 13, 111 ff.) zu stellen. Auch G RICHTING (1998, 75) kennt das HL als ‘ Schwein, Ferkel ’ . R ÜBEL zeigt, dass u. a. in Gampel Fäärli als Bezeichnung für das Schwein generell ist. I D . erwähnt, dass Fäärli im Wallis aber auch für das Erbrochene verwendet wird; G RICHTING (1998, 75) kennt diese Bedeutung jedoch nicht. Die genaue Deutung bleibt unklar; der Kontext Chrachu ‘ Felstobel, Schlucht, Abgrund ’ (G RICHTING 1998, 53) hilft hier nicht weiter. Fäärschtun (PN) Fäärschtun (PN) ist in der Fäärschtunacher ‘ der Acker des Ferst (unklar) ’ (Staldenried, auch FLNK und LT) belegt. Die historischen Belege haben 1555 am Ferstenacher Fa 95 96 <?page no="53"?> (/ Feistenacher? ? ) [die zweite Lesung ist sehr unsicher, da auf dem Zeichen für / r/ kein Hinweis auf dem Zeichen für / i/ steht], 1700 im Fersten Acher, 1716 am Fersten Acher, 1785 im Ferschen Acher, 1806 im Ferschen Acher, 1820 im Fersten Acher, 1836 Wertschen Acher, 1839 im Ferschenacher, 1851 im Ferschen Acker. Das Bestimmungswort ist also wohl ein schwacher Genitiv Singular zu einem PN Fersta oder Ferst, der im Wallis jedoch nicht bekannt ist. Weiter ist belegt Färschtunachergrabu ‘ der Graben, der zum Fäärschtunacher hinunterführt ’ (FLNK, Staldenried). Faarw Faarw f. ‘ Farbe ’ ist nur als Bestimmungswort in ts Faarwasser (Zwischbergen) belegt. Es handelt sich um einen kleinen Bach, der als Wasserfall über die Felsen fällt und in die Doveria mündet. Das HL F AARW ‘ Farbe ’ ist im I D . (1, 987 s. v. Farb) und bei G RICHTING (1998, 76) als Farb, Fäärw (Lötschtal), Faarb ‘ Farbe ’ belegt. Gemeint ist hier nach der Beschreibung die Färbung bei Sonnenschein als Regenbogen. Fääsch Fääsch ist zu schwdt. Fääsch, Feesch m. (im Oberwallis auch f. und n.) als Toponym ‘ Grasband, Streifen im Gefels ’ , rom. Lehnwort aus lat. FASCIA ‘ Band, Binde ’ , ahd. fasca, mhd. fasch(e) und wdt. Fääscha, Fääschä (Goms), Feescha (Mattertal), Feeschu f. ‘ Wickelband ’ (Z INSLI 1984, 564; I D . 1, 1140 f.: G RICHTING 1998, 75) zu stellen; letzterer kennt nur die feminine Form. Der Name ist nur im Wallis als Appellativ für ein grösseres Grasband bekannt, das sich zwischen Felsen hinzieht (Z IMMERMANN 1968, 32; Z INSLI 1946, 146). Die toponomastische Bedeutung ‘ Landstreifen ’ ist in frz. und oberit. Dialekten verbreitet (REW 3214; Z INSLI 1984, 564; G PSR 7, 178 f.). Das HL kommt in rund 60 Flurnamen vor. Das Simplex im Singular ist belegt als t Fääsch ‘ das Grasband ’ (Fieschertal), ts Fääsch ‘ das Grasband ’ (Baltschieder, Mund), das Fäsch ‘ das Grasband ’ (1636, Naters), Fäsch ‘ das Grasband ’ (FLNK, Mörel; Genus unklar), ts Feesch ‘ das Grasband ’ (Eisten, Ferden). Das Simplex im Plural kommt als t Fääsche ‘ die Grasbänder ’ (Ulrichen), in den Fäschen ‘ in den Grasbändern ’ (1839, Staldenried), t Feschä ‘ die Grasbänder ’ (Ferden, FLNK Feeschä), in den Feschen ‘ in den Grasbändern ’ (1702, Eggerberg; EK Fääsch) vor. Diminutive erscheinen im Plural als t Feschine ‘ die kleinen Grasbänder ’ (Zermatt; aber FLNK Feesch) und in den Feschlinen ‘ in den kleinen Grasbändern ’ (1808, Naters). Mit attributiven Adjektiven sind belegt: t Glate Fääsch ‘ die glatten Grasbänder ’ (Bellwald), z Lengen Vesch ‘ beim langen Grasband ’ (1563 u. später, Eggerberg), inne Lengu Fääschu ‘ in den langen Grasbändern ’ (Glis), dr Mittluscht, dr Obruscht und dr Under Feesch ‘ das mittlere, das oberste und das untere Grasband ’ (Ferden), der Schee Feesch ‘ das schöne Grasband ’ (Ergisch), das Vnder Vesch ‘ das untere Grasband ’ (1466, Mund). Als Grundwort ist das HL in zweigliedrigen Komposita zunächst mit Tiernamen verbunden: ts Bärufeesch ‘ das Grasband, wo es Bären hatte ’ (Raron), ts Bockfääsch ‘ das Grasband, das wie ein Bock aussieht / wo Böcke weiden ’ (Birgisch), die Kalberfäsch ‘ die Grasbänder für die Kälber ’ (1651, Mund), die Kalberfeschen ‘ die Grasbänder für die Kälber ’ (1651, Birgisch), im Eselfesch ‘ im Grasband, das einem Esel gleicht / für die Esel ’ (1540, Naters), das Gitzefäsch ‘ das Grasband für die kleinen Ziegen ’ (1668, Bellwald), ts Gitzifääsch ‘ das Grasband für die kleinen Ziegen ’ (Goppisberg), ts Hasifääsch ‘ das Grasband, wo es Hasen hat ’ (Eggerberg), ts Hasufääsch ‘ das Grasband, wo es Hasen hat ’ , ts Tierfääsch ‘ das Grasband, wo es Gemsen hat ’ (Mund). In einigen Fällen sind Pflanzen erwähnt: Arbifääsch ‘ das Grasband mit Arven ’ (FLNK, Mund), Grifilfääsch ‘ das Grasband mit Preiselbeeren ’ (FLNK, Baltschieder) mit ts Inner und ts Üsser Griifelfäsch ‘ der innere und der äussere Teil des Grasbandes mit Preiselbeeren ’ (Baltschieder), der Heiminufääsch ‘ das Grasband mit Gutem Heinrich (Chenopodium bonus-henricus) ’ (Glis), ts Hewwfäsch ‘ das Grasband, wo Heu gewonnen wurde ’ (Naters), Dischterfeesch ‘ das Grasband bei der Dischtera (Gebiet mit Disteln) ’ (FLNK, Ausserberg) mit im Vndren Tisterfesch ‘ im unteren Grasband bei der Distera (Gebiet mit Disteln) ’ (1703, Ausserberg), auf dem Tisterfoesch ‘ auf dem Grasband mit vielen Disteln ’ (1765, Raron). Die übrigen Komposita beziehen sich auf das Gelände oder eine nahegelegene Flur: ts (e)Radfääsch ‘ das Grasband oberhalb des Rad (Geländeform) ’ (Brigerbad), t Alpufeescha ‘ die Grasbänder auf der Alpe ’ (Ferden), ts Balufäsch ‘ das Grasband im Gebiet des überhängenden Felsen ’ (Lalden), Bochtefääsch ‘ das Grasband im Gebiet Bochte (Bottich) ’ (Ulrichen), t Chrizjifääscher ‘ die Grasbänder beim kleinen Kreuz (auf dem Grat) ’ (Birgisch), ts Eifääsch ‘ das Grasband in / bei der Aue ’ (Eggerberg), t Sattulfääscher ‘ die Grasbänder beim Sattelhorn ’ (Naters), t Schtielfääscher ‘ die Grasbänder, die wie Stühle aussehen ’ (Naters), di Talfääscher ‘ die Grasbänder im Tal ’ (Naters). Zwei Namen beziehen sich auf die Farbe der Bänder: t Goudfääsch ‘ die goldenen Felsbänder (laut Gwp. rötliche Felsen) ’ (Bellwald) und ts Tiifolfääsch ‘ die Teufelsbänder (schwarzer Fels) ’ (Mund). Unklar ist ts Aabufääsch ‘ das Grasband im Westen (nur von Bettmeralp aus gesehen) / das abends bestossen wurde (? ) ’ (Naters). R ÜBEL (1950, 84) kennt zwar die Abendweide für das Vieh; es ist aber unklar, ob das hier gemeint ist. 97 98 Fääsch <?page no="54"?> Komplexer sind t Obru und t Undru Bodfeeschä ‘ die oberen und die unteren Grasbänder beim Boden ’ (Gampel), andere wurden oben erwähnt. Als Bestimmungswort erscheint das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern: Pletscha, Hooru, Tschugge, und Wald. Eine Ableitung (aqueductum) Fescheru ᵕ ‘ die Wasserleitung vom / zum Grasband ’ (1801, Unterems) gehört zu den Ableitungen auf / - ERA / für Wasserleitungen. Faber Faber ist nur belegt in roten Faber Stein (1663, Erschmatt). Der Name ist eine Übersetzung des lat. lapidem rubrum ‘ den roten Stein ’ . Der Einschub von Faber ist unklar. Lat. FABER ist dt. ‘ Schmied ’ ; man könnte sich eine Teilübersetzung von Schmitte n stei n (I D . 11, 891) ‘ Eisenschlacke ’ vorstellen, also ein Stein, der rot ist wie Eisenschlacke? Faber ist weiter im DRW (3, 341) für ‘ Schinder, Abdecker ’ belegt; das ergibt aber kaum einen Sinn (und das Wort ist nicht für unser Gebiet bezeugt). Eine Falsch-Schreibung für Farbe ist nicht ausgeschlossen und würde etwa ‘ der Stein mit roter Farbe ’ bedeuten; ein solcher Eingriff in das Geschriebene ist aber kaum möglich. Faborum Faborum ist historisch belegt in juxta campum faborum (1526, Varen). Es ist unklar, ob hier ein Appellativ oder ein Name übersetzt wird. Faborum ist Genitiv Plural m. zu lat. FABA , Nebenform FABUS m. ‘ Bohne ’ ; der lateinische Ausdruck meint also ein Bohnenfeld (G PSR 7, 380 ff.). Fabrik Fabrik ‘ Herstellungsgebäude ’ ist zu nhd. Fabrik f., entlehnt aus frz. fabrique ‘ Herstellungsgebäude ’ , dies aus lat. OFFICINA FABRICA ‘ Werkstatt ’ (I D . 1, 636; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 270) zu stellen. Fábrik (Glis) meint die Dynamitfabrik am Eingang zum Nanztal; die Fábrikstrass führt aus Glis hieher. Fabrik (Gampel) bezieht sich auf die Fabrik der Lonza AG (1999 aufgegeben). di Gipsfabrikch (Leuk) ist das Gebäude einer früheren Fabrik im Pfynwald, die Gips herstellte. Ganz anders zu beurteilen ist der historische Beleg casale cui dicitur fabrica (1392, Visperterminen) ‘ ein Gebäude, das fabrica genannt wird ’ , wo vermutlich eine Schmiede gemeint ist (Ableitung von faber ‘ Schmied ’ ) (FEW 3, 342 s. v. fabrica werkstatt; schmiede). Fach Fach n. ‘ das eingehegte Stück Land ’ ist zu schwdt. Fach(t) n., zum Teil F ā ch, Pl. Fach(t), seltener Fächer, ‘ Einhegung, markierter Teil eines Grundstückes von Kulturland, eines Weinberges, Gemüsegartens ’ ein Fach Reben ist ‘ ein zusammenhangendes, abgegrenztes Besitztum ohne Beziehung auf die Grösse ’ , mhd. vach n., die Grundbedeutung ist ‘ Umfassung, Abteilung ’ (I D . 1, 637 ff.; E GLI 1982, 71 und 353) zu stellen. Es gehört zum Verb f ā hen ‘ fangen ’ (I D . 2, 715 f.; cf. HL F ANG ). Das Simplex ist lebend als ts Fach ‘ das eingehegte Stück Land ’ (Simplon), historisch als im Fach ‘ im eingehegten Stück Land ’ (1848, Eisten, Staldenried) belegt. Komplexer ist die Situation in Stalden, wo 1671 das Vndrest Fach ‘ das unterste eingehegte Stück Reben ’ meint, 1671 in den Fachinen ‘ in den kleinen eingehegten Stücken Land ’ eine Wiese und 1767 im Fach ‘ im eingehegten Stück Land ’ eine andere Wiese. Vermutlich sind hier drei verschiedene Flurnamen vorhanden. Der Singular das Diminutivs erscheint als ts Fachji ‘ das kleine eingehegte Stück Reben ’ (Raron), im Plural sind belegt t Fachjini ‘ die kleinen eingehegten Stücke Land ’ (Binn, Eisten), wobei in Eisten ein Stück Land zwischen zwei Wasserleitungen gemeint sei (Gwp.). Attributive Adjektive sind belegt in im Langen Fach ‘ im langen eingehegten Stück Land ’ (1832, Eisten), im Schmalen Fach ‘ im schmalen eingehegten Stück Land ’ (1774, Staldenried), im u ᵕ ntern Fach ‘ im unteren eingehegten Stück Land ’ (1828, Staldenried). Vorangestellte Genitive erscheinen in: ts Fennersch Fach ‘ das eingehegte Stück Weinberg des Fenners (laut Gwp. ‘ Fenner ’ als Funktion) ’ (Staldenried), Niggenhansch Fach ‘ der Rebenbesitz (Fach) des Hans Niggen (Nikolaus) ’ (1825 u. später, Staldenried). Als Grundwort in zweigliedrigen Komposita ist das HL belegt in im Brinetfach ‘ im eingehegten Stück Land der Familie Brinet (? ) ’ (1832, Staldenried), di Büobufachjini ‘ die kleinen abgetrennten Teile des Weinbergs für die Buben(? ) ’ (Visperterminen), das Lenn Fach ‘ das abgegrenzte Stück (Reben), das als Lehen vergeben wurde ’ (1570, Visperterminen), ts Roossfach ‘ das umzäunte Grundstück, wo Flachs und Hanf geröstet wurden ’ (Goppisberg), Zeschfach ‘ das eingehegte Stück Land beim Saatfeld ’ (1570, Goppisberg), wohl mit agglutiniertem Artikel. Fächt Fächt m. ist zweimal als der Fächt (Simplon, auch LT) belegt. J ORDAN (2006, 94, 192) kennt die beiden. Historisch ist 1624 in Ried-Brig Wider Fächt als Name eines Besitztums in ts Bru (Teil der Mäderalp? ) benannt. Vermutlich handelt es sich um eine Abstraktbildung zum Verbum fëchten ‘ sich ängstlich bemühen, eifrig arbeiten; sich beeilen Etwas fertig zu bringen; sich lebhaft bewegen; streiten, zanken ’ (I D . 1, 663 ff.). Zu Wider Fächt ist das Verbum widerfëchten ‘ Widerstand, Gegenwehr leisten; angreifen, bestreiten ’ (I D . 1, 667) zu stellen. Das bei Faber 99 100 <?page no="55"?> R ÜBEL (1950, 101 f.), I D . (15, 597 ff.) und als Wider, Widr, Widär (Goms), Widri oder Widär (G RICHTING 1998, 238) belegte Wider ‘ Widder, Schafbock ’ ist wohl nicht einschlägig. Das I D . (1, 661) kennt Fächt ‘ gesetzliches Mass ’ , das kaum hieher gehört. In allen Fällen ist wohl ein Ort gemeint, den man mühsam erreicht. Dadurch würde auch das Genus maskulin erklärt. Anders sieht es BENB (1, 1, 122). Es verweist auf PN Fecht, der allerdings in Saanen (so BENB) nicht belegt sei, sowie auf Fächt f. ‘ einer Person rechtmässig zukommender Anteil ’ (Erbe) (I D . 1, 661) oder Fecke ‘ Fittig, Flügel ’ (I D . 1, 728 ff.). Alle drei sind für Simplon problematisch, wie die Beschreibungen von J ORDAN und die Karten zeigen. Fächtleren wird weiter von S ONDEREGGER (1958, 53) zum FaN Fächter gestellt, der im Oberwallis nicht belegt ist. Fad Fad m. ist zu schwdt. Fad, Fatt, F ā t, F ē d, Pf ă d m./ n., Pl. Fäder, Pfäder, Fed, F ā d (I D . 1, 670; G RICHTING (1998) kennt es nicht) zu stellen. Das Wort gehört zum typisch alpinen Namengut und bezeichnet einen engen steilen Felsdurchgang oder auch einen schwer zugänglichen Weideplatz in den Felswänden. Es ist umstritten, ob es sich bei Fad um eine Eigenprägung der Bergmundarten handelt oder ob das Wort von ‘ Pfad ’ , mit Auflösung des Verschlusslautes am Anfang, abgeleitet ist. Siehe dazu auch Färrich, ahd. pfarrih, pferrih ‘ Pferch ’ (Z INSLI 1963, 318 ff; I D . 1, 670 f.; BENB 1, 1, 106) und cf. HL P FAD . Das HL ist in mehr als 250 Flurnamen belegt. Als Simplex im Singular ist das HL als Fad (7 Gemeinden), Fat (3 Gemeinden), Fatt (2 Gemeinden) vertreten, im Plural als Fed (Täsch), Fedd (Saas-Almagell), Veden (1304, Saas-Fee), Fet (Zwischbergen), Fett (3 Gemeinden), Fäd (LT, Zermatt). Der Diminutiv erscheint im Plural als Fedjini (2 Gemeinden) und Fettiltini (Visperterminen). Mit einem attributiven Adjektiv oder einem Partizip sind belegt: t Afftru Fet ‘ die hinteren Felsbänder ’ (Saas- Almagell), der Grie Fad ‘ das grüne Grasband ’ (Eisten), des Grünen Fad ‘ das grüne Felsband ’ (1833, Grächen, Genitiv konstrutionsbedingt), t Hangundu Fet ‘ die hängenden (steilen) Grasbänder ’ (Saas-Balen), der Hibsch Fat ‘ das hübsche (schöne) Grasband ’ (Saas-Almagell), t Hibschu Fet ‘ die hübschen (schönen) Grasbänder ’ (St. Niklaus), der Hofad ‘ das hohe Felsband ’ (Randa und drei weitere Gemeinden), auch der Hofat (Simplon und Naters), der Holzig Fad ‘ das Felsenband mit Holz (Wald) ’ (Täsch und 2 weitere Gemeinden), der Ibjufad ‘ das üble (schlechte) Felsband ’ (Randa), t Inn(d)ru Fed ‘ die inneren Felsbänder ’ (Zermatt), der Kleÿnen Veden ‘ die kleinen Felsbänder ’ (Täsch, Genitiv konstruktionsbedingt), t Chleinu Fet (Saas-Almagell), t Kurzu Fedjini ‘ die kleinen kurzen Grasbänder ’ (Saas-Almagell), der Leng Fad ‘ das lange Felsband ’ (Randa, Saas-Almagell), auch der Läng Fad (St. Niklaus), t Mittlu Fed ‘ die mittleren Feslbänder ’ (Randa; FLNK Mittleru Fed), t Obru Fet ‘ die oberen Felsbänder ’ (Zwischbergen), der Breit Fad ‘ das breite Felsband ’ (Randa und zwei weitere Gemeinden), ‘ das schmale Felsband ’ der Schmal Fad (Eisten, Randa), t Schmalu Fed ‘ die schmalen Grasbänder ’ (Zermatt), der Spitz Fad ‘ der spitze Felsdurchgang ’ (St. Niklaus), der Steinig Fad ‘ das Felsband mit Steinen ’ (Täsch), t Steinigu Fed ‘ die Felsbänder mit Steinen ’ (St. Niklaus, auch FLNK), der Dirrgänd Fat ‘ der durchgehende Felspfad ’ (Simplon), di Diru Fet ‘ die dürren (trockenen) Felsbänder ’ (St. Niklaus), der Verbrunnu Fad ‘ das verbrannte Felsband ’ (Randa), dr Wit Fad ‘ der weite Felsdurchgang ’ (Glis) und t Üssru Fed ‘ die äusseren Felsbänder ’ (Zermatt). Die Farbe Gelb ist in der Älu Fad ‘ das fahlgelbe Felsband ’ (Randa, St. Niklaus) belegt. Komplexere Formen finden sich vor allem mit den Typen Ober und Unner, z. B. in der Ober Breit Fad ‘ das obere breite Felsband ’ (Saas-Almagell) und der Unner Rinnerfad ‘ das untere Felsband für die Rinder ’ (Täsch). Vorangestellte Genitive sind selten. Sie beziehen sich entweder auf die Umgebung oder einen Besitzer / Nutzer: Hebrigschfad ‘ das Felsband bei der Herberge (Weiler Herbrigg) ’ (St. Niklaus; FLNK Herbriggschfad) (M. S. schreibt Hebrigschfad, meint aber nicht eine hohe Brücke, sondern den Weiler Herbrigg), ts Hoipmasch Fat ‘ das Felsband des Hauptmanns / der Familie Hauptmann ’ (Simplon) (J ORDAN 2006, 272 berichtet, hier sei einst ein Geist als Hauptmann in Uniform und mit Degen herumgeganen), ts Korjobsch Fet ‘ die Grasbänder der Familie mit dem Beinamen Korjob ’ (Saas-Almagell), wobei Gwp. die Information gibt, eine Familie habe <ts koriersch> geheissen, was direkt nicht mit Korjob übereinstimmt, t Magunärufet ‘ die Felsbänder der Leute von Macugnaga / Richtung Macugnaga ’ (Saas-Almagell), ts Meischtersch Fad ‘ das Felsband des Meisters / der Familie Meister ’ (Randa), in dem Bilgerinsvede ‘ im Felsband des Pilgers / der Familie Bilger ’ (Törbel), Walkerschfed ‘ die Grasabsätze der Familie Walker ’ (St. Niklaus, FLNK Walkerschfad) (der FaN erklärt sich vom benachbarten Walkerschmatt), der Weginer Fadt ‘ das Felsband der Familie Wegener ’ (1762, Simplon). Als Grundwort erscheint das HL mit einer Reihe von Tiernamen wie der Geisfad ‘ das Felsband für die Ziegen ’ (Saas-Almagell), auch ts Geisfad (Oberwald), jm Geissfadt (1576, Zwischbergen) und der Geissfad (Täsch), der Gitzifad ‘ das Felsband für die kleinen Ziegen ’ (Randa), auch der Gitzufad (Saas-Almagell, Randa) und der Plural di Gitzufet (Eisten), di Glirfet ‘ die Felsbänder mit Siebenschläfern ’ (Simplon), der Gämschfad ‘ das Felsband mit Gämsen ’ (St. Niklaus), auch Plural di Gämschfed (Täsch), 101 102 Fad <?page no="56"?> di Güogufet ‘ die Grasbänder mit Käfern ’ (Eisten), t Hanufet ‘ die Felsbänder mmit Auer- oder Birkhähnen ’ (Simplon), t Hienerfet ‘ die Felsbänder mit (Birk-)Hühnern ’ (Glis), ts Hinner Oggsefad ‘ das hintere Felsband für die Ochsen ’ (Oberwald), Kalberfat ‘ das Felsband für die Kälber ’ (1833, Grächen), auch der Chalberfat (Eisten) und der Chalberfad (St. Niklaus), t Chiefett ‘ die schwer zugängliche Weide für die Kühe ’ (2 Gemeinden), der Chüefad ‘ das Grasband für die Kühe ’ (St. Niklaus), der Bockfad ‘ das Felsband, wo (Schaf-)Bökce weiden ’ (Randa, Saas-Almagell), Bärefad ‘ das schmale Felsband, wo es Bären hatte ’ (FLNK, Ernen und 2 weitere Gemeinden), auch ts Bärfett (Fiesch), der Bärufatt (Naters und 2 weitere Gemeinden) und di Bärufett (Simplon), der Rossfat ‘ das Felsband für die Pferde ’ (Zwischbergen) und Plural t Rossfed (St. Niklaus, unsicher), der Tierfad das Felsband mit Gämsen ’ (St. Niklaus), auch di Tierfett (Randa, zwei Namen) und Plural in dien Tierveden (1437, Baltschieder), der Vogelfad ‘ das Felsband mit Vögeln ’ (Täsch) und der Wolffad ‘ das Grasband im Gebiet mit Wölfen ’ (Randa). Etwas weniger verbreitet sind Baum- und Pflanzennamen: der Ahorifad ‘ das Felsband beim Ahorngehölz (laut Gwp. kein Ahorn) ’ (St. Niklaus), auch Plural t Ahorufet (St. Niklaus (laut Gwp. kein Ahorn) ’ (seltsam, dass bei beiden Namen offenbar kein Ahorn-Baum vorhanden ist; woher dann der Name? ), der Aspig Fad ‘ das Felsband mit Espen ’ (St. Niklaus; die Form Aspig ist ein Adjektiv zu Asp ‘ Espe ’ ), t Hasolfett ‘ die Felsbänder im Gebiet, wo es Haselstauden hat ’ (Törbel), Heiperfad ‘ das Felsband mit Heidelbeersträuchern ’ (FLNK, St. Niklaus), t Holzfet ‘ die Felsbänder mit Holz (Wald) ’ (Eisten), der Holzi Fat ‘ der Weideplatz in den Felsen mit Holz (Wald) ’ (Simplon; kein Eintrag bei J ORDAN (2006)), der Holzig Fad ‘ das Felsband mit Holz (Wald) ’ (Täsch und zwei weitere), t Koorufet ‘ die Grasbänder, wo es Korn hatte (unklar) ’ (St. Niklaus), der Chriterfad ‘ der Fad (Felsband) mit Kraut ’ (Saas-Almagell), der Löübfad ‘ das Felsband mit Laub ’ (Randa, Eisten), der Birchfad ‘ das Grasband mit Birken ’ (St. Niklaus), auch der Birchufad (Eisten), Tafad ‘ das Felsband mit Tannenwald ’ (St. Niklaus), Tannufad ‘ das Felsband mit Tannen ’ (Randa), der Ärbisfad ‘ das Grasband, wo Erbsen angepflanzt wurden ? (? ) ’ (St. Niklaus). Dieser letztere Beleg ist etwas seltsam, da normalerweise in einem Fad keine Nutzpflanzen angebaut wurden. Eine Reihe von Flurnamen geben Fluren an, die sich in der Nähe befinden oder ähnlich wie solche Fluren aussehen: Acherfed ‘ die Felsbänder bei den Äckern ’ (FLNK, St. Niklaus), auch t Acherfett ‘ die Felsbänder, die Äckern gleichen ’ (Eisten), der Attermänzfad ‘ das Felsband bei den Attermänzen (dunkle Gebiete ’ (Randa; FLNK Attermänzufad), die Eifetschfäd ‘ die Eifetsch-Felsbänder ’ (St. Niklaus, wohl zu Geifetsch ‘ Eisnebel ’ zu stellen), di Gennerfet ‘ die Felsbänder unterhalb der Genner (Geröllhalden, Plural zu Gand) ’ (Eisten), der Goldfad ‘ das goldene Felsband ’ (St. Niklaus), t Hostettfed ‘ die Felsbänder bei den Hofstätten ’ (Randa; FLNK Hofstettfed); die Flur befinde sich oberhalb von Hostett), t Kilchufet ‘ die Gras- oder Felsbänder unterhalb der Kirche ’ (Simplon; bei J ORDAN (2006, 122) als Çhillchufet, der es als „ Eigengut der Kirche “ bezeichnet), t Chippfet ‘ die Felsbänder bei der Kipfe (wohl: Kuppe) ’ (Täsch), t Chisifet ‘ die Felsbänder oberhalb der Chisine ’ (Saas-Balen), t Kummufedjini ‘ die kleinen Grasbänder bei der Chumma (Mulde) ’ (Täsch), t Mattfed ‘ die Grasbänder bei der Mähwiese ’ (St. Niklaus), ts Mattufad ‘ das Felsband bei der Alpe Matte (Wiese) ’ (Raron), der Mettie(n) Fadt ‘ das Felsband bei der Mettle ’ (1757, Simplon), t Nieschfed ‘ die Grasbänder mit dem Gelecktrog für die Schafe ’ (St. Niklaus), t Nolufet ‘ die Felsbänder beim Nollen (rundlicher Felsgipfel) ’ (Saas-Almagell), die Bockflu ͦ fatt ‘ der Felsdurchgang bei der Fluh, wo die Böcke weiden ’ (Zwischbergen; Problem mit dem Artikel, der wohl einen Plural anzeigt; J ORDAN (2006, 373) führt den Namen so nicht an), Reeschtifat ‘ das Felsband bei der Reschti (Raststelle) ’ (FLNK, Grächen), auch t Reschtifet (Grächen), t Riederfett ‘ die Grasbänder oberhalb des Weilers Ried ’ (St. Niklaus), t Rifelfed ‘ die Felsbänder im Gebiet der Riffelalpe ’ (Zermatt), t (e)Risigu Fet ‘ die Felsbänder mit Steingeröll ’ (Randa, Risigu ist ein attributes Adjektiv), der Roggifad ‘ das Felsband des Roggi / der kleinen roten Stelle ’ (Randa), der Rudufat ‘ das Felsband bei Ruden (Gondo) ’ (Zwischbergen; auch FLNK, LT Rudefad; bei J ORDAN (2006, 312 als Rudufat), Schoberveden ‘ das Grasband / die Grasbänder beim (Heu-)Schober ’ (1389, Täsch), der Seilfad ‘ das Felsband, das wie ein Seil aussieht ’ (Saas-Almagell, Saas-Fee), t Stockfet ‘ die gestuften (gestockten) Felsbänder ’ (St. Niklaus, formal Nomen und kein Adjektiv), der Stollufad ‘ das Felsband in den Stollen (Felsformationen) ’ (Randa), der Sänggfad ‘ der Felsdurchgang bei den Sänggini (kleine, durch Sengen gerodete Gebiete) ’ (St. Niklaus), der Tschingelfad ‘ das Felsband zum Tschingel (Felsband, Bergwiese) hinauf ’ (Saas-Almagell), Tschuggfet ‘ die Felsbänder bei den Felsen (Tschuggen) ’ (FLNK, Randa), di Twärfet ‘ die quer verlaufenden Felsbänder in den Felsen ’ (Täsch), auch der Twärufad (St. Niklaus) und der Plural di Twärufet (Eisten), t Wiissuflüefet ‘ die Grasbänder bei der weissen Fluh ’ (St. Niklaus), der Zagelfad ‘ der schmale Grasabhang ’ (Täsch, auch FLNK; Zagel ‘ Schwanz am Tier ’ )), di Zugfett ‘ die Felsbänder beim Zug (Hangrinne) ’ (Randa), Ämbdfad ‘ das Felsband bei Embd (Gemeinde) ’ (FLNK, Embd). Neben diesen inhaltlich zusammengehörenden Bildungen mit Bestimmungswörtern sind einige weitere Fad 103 104 <?page no="57"?> mit Einzelbedeutungen belegt: der Fleeckfad ‘ das Grasband beim Fleeck (? ) ’ (Saas-Almagell), wo Gwp. hinzufügt: Schöner Graspfad zum <chrütu>, also zum ‘ Gras gewinnen ’ . 1852 ist Fletzfad (Saas-Almagell) erwähnt, von uns als ‘ das nasse Grasband ’ zu Fl ȫ tz (I D . 1, 1240 ‘ nasse Stelle im Boden, wo immer Feuchtigkeit durchsickert ’ gestellt. der Gänu(d)sfad ‘ das Felsband des Gänu (? ) ’ (Täsch) würde Gänu als einen Besitzer oder Nutzer meinen. di Gattlafet ‘ die Felsbänder der Familie Gattlen ’ (Törbel) meinen die Familie Gattlen als Besitzer. Hannischfädt ‘ die Felsbänder der Hannigalp ’ (1738 Grächen, 1738 Stalden; beide Texte identisch) beziehen sich wohl auf Felsbänder bei der Hannigalp. Harnischfet ‘ die Felsbänder der Familie Harnisch ’ (Eisten) hat auch den historischen Beleg unter Hannischfädt, wahrscheinlich zu Unrecht. Hertzen Faad ‘ unter dem Felsband in Herzenform ’ (1699, St. Niklaus), der Howattritt ‘ (vermutlich) der Tritt unter dem Hofathorn (kaum zu Höüweta zu stellen) ’ (Mund), der Pútzfadt ‘ das Felsband beim Tümpel ’ (1744, Simplon; J ORDAN (2006, 187) hat den Flurnamen lebend als Putzfat), der Tirbilfat ‘ das Felsband unterhalb der Alpe Tirbje ’ (Eisten). Komplexere Konstruktionen mit dem Grundwort Fad sind schon erwähnt worden. Hinzu kommen etwa t Unnru Leerchfett ‘ die unteren Felsbänder oberhalb des Leerch (Lärchengehölz) ’ (Randa), t Nassu Brunnufet ‘ die nassen Felsbänder im Gebiet Brunne (Brunnen / Quellen) ’ (Saas- Balen) und uf de Nassu Brunnufedu ‘ auf den nassen Felsbändern im Gebiet Brunne (Brunnen / Quellen) ’ (Saas-Balen), der Mittluscht Brigifat ‘ das mittlere Felsband mit einem Bretterboden ’ (Eisten) und andere mehr. Als Bestimmungswort ist das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern belegt: Äbi, Acher, Färich, Flüö, Hooru, Stafel, Tritt und Wäg. Komplexere Formen sind der Bärfettgrabe ‘ der Graben beim Bärfett (Felsbänder, wo es Bären hatte) ’ (Fiesch) und weitere. Genitive des HL sind belegt in Faatsch Chriz ‘ das Kreuz beim Fat (Felsband) ’ (FLNK, Betten) und ts Breitu Fatsch Mälig ‘ des breiten Felsbandes Mällig (Felskopf über dem Fad) ’ (Saas-Fee). Eine Kollektivbildung mit dem Präfix G( I )ist in ts Gfätt ‘ das Gebiet mit Felsbändern ’ (Simplon), wobei nur der Beleg von 1757 sicher ist; vorher belegt sind 1391 Gývat und 1554 Gfodt (unsicher) und di Gifett ‘ die Felsbänder (Kollektiv) ’ (Saas-Almagell). Eine Ableitung (? ) auf / - ER / ist in ts Faderhoru ‘ das Horn mit den Felsbändern ’ (Saas-Almagell) und t Fäderschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung mit Felsbändern ’ (Ausserbinn) belegt. In beiden Fallen ist aber wohl eher ein Plural auf / - ER / gemeint. Fäderli (PN) Fäderli (PN) ist nur in ts Fäderlisch Weid ‘ die Weide der Familie Schmidt mit dem Beinamen ts Fäderlisch ’ (Grengiols) belegt. Das HL ist wohl zu Fädere ‘ Feder ’ und Fädra, Fädärä (Goms), Fädru ‘ Feder ’ (I D . 1, 667; G RICHTING 1998, 76) zu stellen. I D . gibt Fëderli (1, 680) als ‘ Name des Teufels in Hexenakten ’ an, was im hier belegten Beinamen wohl kaum gilt. Wörtlich ist ‘ die kleine Feder ’ zu übersetzen, doch ist nicht klar, was damit genau gemeint ist. Fadung Fadung f. kommt nur in die Alte Schweibenfadung (1702, Ried-Brig; Lesung überprüft von P H . K ALBERMATTER (p. c.)) vor. Schweiba ist in Ried-Brig der Name einer alten Wasserleite. Fadung ist wohl eine verhochdeutsche Ableitung zu Fad ‘ Grenzzaun zwischen Grundstücken, (selten) Grenze ’ (I D . 1, 671); gemeint ist also die alte Begrenzung durch die Wasserleite Schweiba. Fafler Fafler ist der Name einer Alp im Lötschental, wo das Simplex und eine Reihe von Komposita vorkommen. Es kann sich um eine Herkunftsbezeichnung zu Fafel oder eine Stellenbezeichnung auf - LER (S ONDEREGGER 1958, 541) handeln. I D . (1, 685) kennt ein Fafel ‘ Gegenstand des Gespöttes ’ (nur für Guggisberg im Kanton Bern belegt) und gibt dafür die vorsichtige Herkunft aus mhd. favele ‘ Fabel ’ an; diese Deutung ist für Fafler schwierig. Alternativ kann an eine Diminutiv-Ableitung zum rom. faba ‘ Saubohne (vivia faba) ’ gedacht werden (RN 2, 135; FEW 3, 339 f.; B RIDEL 1866, 159), das auch im mhd. fâve ‘ Saubohne ’ (L EXER 3, 34) vertreten ist. Die Alp befindet sich auf rund 1780 m - es ist möglich, dass V ICIA FABA hier wächst (aus der kleinen Verbreitungskarte bei L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 330 folgt eher, dass das nicht der Fall ist); es können aber auch andere Pflanzen gemeint sein. Die ältesten Belege stammen von 1531 Fafler und 1690 Faffler, geben also keinen näheren Aufschluss. Neben dem Simplex Faflär (Blatten, FLNK) sind mehrere Komposita mit dem Lemma als Bestimmungswort belegt, alle für Blatten: Fafleralp, t Faflärbletschä ‘ die ebenen Flächen auf der Fafleralp ’ , t Faflermattä ‘ die Wiesen der Fafleralp ’ , der Faflersee ‘ der See auf der Fafleralp ’ , t Faflärschluichen ‘ die Schluchten ob der Fafleralp ’ , dr Faflärstafel ‘ der Stafel der Fafleralp ’ und dr Faflerwald ‘ der Wald ob der Fafleralp ’ . Weiter werden komplexer unterschieden: Aeusser Faflerthal (SK) und Inner Faflerthal (SK), sowie Uistre Faflerbach ‘ der Bach, der durch das äussere Faflertal fliesst ’ und Indrä Faflerbach ‘ der Bach, der durch das innere Faflertal fliesst ’ . Oberhalb dieser beiden Täler befinden sich auf über 105 106 Fafler <?page no="58"?> 2600 m Foder, Hinder, Inder und Uister Faflärdischligen ‘ das vordere / hintere / innere und äussere Gebiet mit Disteln bei den Faflärtälern ’ . Namengebend ist hier in jedem Fall die Alp-Siedlung Fafler, die rund 800 m tiefer liegt. Fäg Fäg ist nur als Bestimmungswort in Fägfiir ‘ Fegfeuer ’ (FLNK, Lax) belegt. Es handelt sich um die dialektale Form von Fegefeuer (G R W B 3, 1412) zu lat. PURGATORIUM (cf. HL F IIR (F EUER )). Das Bestimmungswort ist zum Verbum fegen im Sinne von ‘ reinigen ’ zu stellen; dialektal ist schwdt. fëgen (I D . 1, 686) belegt, das allerdings im Schweizerdeutschen eine engere Bedeutung hat als im Hochdeutschen (vgl. A MMON ET AL . 2016, 228). Die Motivation für den Flurnamen (z. B. anstrengende Steigung oder bildliche Darstellung des Fegefeuers) lässt sich nicht eruieren (cf. HL F IIR (F EUER )). Faggs Faggs ‘ Borstengras, Knäuelgras ’ ist zu schwdt. Fachs, Faggs, Fax m., Pl. Faxe n , mhd. vachs m./ n., typisches Bergwort für ‘ glattes, kurzes, borstenartiges Gras, nie recht grün, das an Abhängen, etwa auch aus Felsenritzen hervor büschelweise und um Sennhütten wächst; besonders Borstengras oder Knäuelgras ’ , ‘ Heugras ’ als Pl. ‘ die Rasenbänder an felsigen Halden ’ (I D . 1, 655; C. S CHMID 1969, 26 u. 122; Z INSLI 1984, 563; Z INSLI 1946, 317) zu stellen. Die Pflanzen heissen auch Gemschfaggse (I D . 1, 655). L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 1492) kennen die Pflanze als N ARDUS STRICTA ‘ Borstgras ’ für die Berggebiete der Schweiz. Das Simplex kommt im Plural als uf de Faggse ‘ auf den Fachsen (Ort, wo es Borstengras hat) (Bellwald), t Faggse ‘ der Ort, wo es Borstengras hat ’ (Zeneggen) und jn den Faxen ‘ in den Fachsen (wo es Borstengras hat) ’ (1648, Eggerberg) vor. Als Grundwort erscheint es in der Gämschfaggs (Obergesteln, Oberwald), das auch nur das Borstengras bezeichnet (Gämsch wohl nur als Höhenangabe) und in t Forfaggse (Hohtenn) mit unklarer Deutung ‘ die vorne liegenden Gebiete, wo es Borstengras hat ’ . Als Bestimmungswort kommt es zusammen mit den Grundwörtern Biel, Egg(a), Grund, Rigg und Wang vor. Eine Sonderform kennt Ferden mit der Adjektivbildung Faggsig Bletscha ‘ die Ebene mit Borstengras ’ ; dieses Adjektiv ist in I D . nicht belegt. G RICHTING (1998, 76) kennt das Verb faggse ‘ heuen (Wildheu), faxen ’ und das Nomen Faxa, Faxä (Goms), Faxn (Lötschtal), Faxu ‘ Wildgras, Faxe (Spass, Dumheit), Unart ’ (G RICHTING 1998, 76); gemeint ist in den Flurnamen immer ‘ Wildheu ’ . Fahr Fahr ist zu schwdt. fare n , f ā re, ahd. faran, mhd. var(e)n ‘ fahren ’ , ‘ sich von einem Ort an einen andern begeben ’ , substantivierte Form Fart f., Pl. Fert(e), ‘ Fahrt, Ladung, Zug, Reise ’ , mhd. vart ‘ Fahrt, Zug, Reise, Lauf, Weg ’ und wdt. fare, farä (Goms), farn (Lötschtal), faaru ‘ fahren, laufen ’ (I D . 1, 888 ff., I D . 1026 ff.; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 271; G RICHTING 1998, 74) zu stellen. Belegt sind Fahrweg ‘ der Fahr-Weg (Weg für Fuhrwerke und Fahrzeuge ’ (1774, Binn), t Fargassa ‘ die Gasse, auf der man das Vieh treibt ’ (Fieschertal); beide Ausdrücke bezeichneten früher einen Viehtreibweg oder ‘ Weg für Fuhrwerke oder Fahrzeuge überhaupt ’ (I D . 15, 822; BENB 1, 1, 118). Der dritte Beleg di Züöfartstrass ‘ die Zufahrtsstrasse (wohl zum Weiler Bitzine) ’ (Visperterminen) ist neuer und meint die Strasse, die von der Hauptstrasse abzweigt und zum Weiler Bitzinen führt. Fälach Fälach m. ‘ Weide, Weidenbaum ’ , auch Felach m. ist zu schwdt. Fëlwe, Felbe, Pfelbe, Felme, im Wdt. F ě lach m. ‘ Weide, Weidenstock, lat. SALIX ALBA ’ , mhd. fëlwe m. und f., ahd. felawa (I D . 1, 822; M ARZELL 4, 8 ff.) zu stellen. Wohl eigentlich *felw-ahi ‘ Weidengehölz ’ , ahd. / - AHI / als Suffix für Pflanzenstandorte (E GLI 1982, 150). L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 410 - 426) geben S ALIX mit mehreren Unterarten an. Das Simplex im Singular Fälach ist in Törbel und Stalden belegt, historisch als bÿ dem Felach (1559, Münster), zum Felach (1578, Visp), zu ᵕ m Fellach (1663, Visperterminen), vnder / vor dem Velach (1380 u. später, Ulrichen), zúm Felach / zen Felachen (1715 u. später, Törbel). Ein Plural findet sich als die Felacha ‘ die Weidenbäume ’ (1674, Ried-Brig). Ein Diminutiv Plural ist zu sehen in t Fälachini ‘ die kleinen Weidengebüsche ’ (Ergisch), was allerdings nicht mit der Beschreibung übereinstimmt; es kann sich, wie unten ausgeführt, auch um eine Verbindung mit dem HL A CHER handeln. Attributive Adjektive finden sich in bim Grossu Fälach ‘ beim grossen Weidenbaum ’ (Eyholz) und Hohe Fälach ‘ der hohe Weidenbaum ’ (Eyholz). Das HL erscheint als Bestimmungswort in Fellach Bindelti ‘ der kleine Pflanzplatz beim Weidenbaum ’ (1773, Raron), Velachmatta (1418 u. später, Termen; 1391 u. später, Ried-Brig), das alte Feloch Schirli ‘ die alte, kleine Scheuer beim Weidenbaum ’ (1776 u. später, Ried-Brig). Eine Kurzform der Felibode ‘ der Boden mit Weidengebüsch ’ (Zermatt) enthält wohl einen Diminutiv. Zwei Belege am Felacher (1530, Mühlebach) und im Fehllacher (1720) enthalten entweder das HL A CHER ‘ Acker ’ , oder eine / - ER / -Ableitung mit der Bedeutung ‘ wo es Weidenbäume hat ’ . zum Fälacherstadol ‘ beim Fäg 107 108 <?page no="59"?> Stadel mit Weidenbäumen / der Bewohner des Gebietes Fälach ’ (Törbel) ist ein Kompositum mit mehrdeutigem Erstglied; die Deutung nach dem Flurnamen Fälach scheint sinnvoller zu sein. Fäld Fäld n. ist zu schwdt. Fëld, Fël Dim. Felli, Pl. Felder, auch Feld, Fël ‘ zu Ackerbau bestimmtes Land, einzelnes Stück oder kollektiv im Unterschied oder Gegensatz von Wiesen oder Weinbergen ’ und ‘ Wiesen oder Weideland ’ (I D . 1, 806) zu stellen. W IPF (1910, 76) kennt das Wort als Fäld (unsere Umschrift); G RICHTING (1998) und R ÜBEL (1950) erwähnen es nicht. Lat. CAMPUS ‘ Feld ’ erscheint in älteren Texten; es ist dabei nicht immer klar, ob ein Name oder ein Appellativ vorliegt. Der Typ Gampel (Gemeindename) oder jünger Tsa oder Tscha wird hier nicht behandelt. Inhaltlich ist zur Bearbeitung der Felder M ONHEIM (1955) zu beachten. Höhenlage, Regenhäufigkeit und davon abhängig Wachstumsperioden bestimmen mit, ob und wie im Oberwallis mehrfache oder einfache Kulturen im Agrarbereich möglich waren. Das Simplex ist im Singular als Fäld (FLNK, Leuk; FLNK, Mund; FLNK, Ried-Brig, FLNK, St. Niklaus), ts Fäld (Törbel), im Fäld (Naters, Reckingen, Termen), im Fäud (Binn, mit / l/ -Vokalisierung), am Feld (1638, Grächen; 1515 u. später, Mörel), am Felt (1553 u. später, Gluringen; 1675, Turtmann), an dem Velde (1235, Münster; 1356, Grengiols) belegt; phonetisch ist der Vokal meist lang (Fääld), entsprechend der Länge vor / l/ +Kons., wird aber nicht so geschrieben. Das Simplex im Plural ist belegt als an den Välden (1513, Brigerbad) und an den Velden (1613, Lalden). Der Diminutiv ist nur einmal im Singular belegt als im Fäldji ‘ im kleinen Feld ’ (Grächen). Eine Kurzform ohne / d/ ist im Plural als ze Fäle ‘ bei den Feldern ’ (Bellwald) (allerdings unsicher) und historisch 1335 als zun Felen (Niederwald) belegt, auch hier jedoch unsicher. Als Diminutiv erscheint üfem Fäli ‘ auf dem kleinen Feld ’ (Ulrichen) (wobei Gwp. angibt, das sei auch ein FaN gewesen, aber nicht in Ulrichen), ts Fäälji ‘ das kleine Feld ’ (Ernen, Lax, Mörel), wobei Ernen und Lax historische Belege mit / d/ aufweisen. Attributive Adjektive zum HL sind ts Alt Fäld ‘ das alte Feld ’ (Raron), am Endren Velde ‘ am jenseitigen Feld ’ (1387, Münster; 1661 im Ándren Feldt), am Endren Fäldt ‘ am jenseitigen Feld ’ (1584, Naters), im Endren Feldÿ ‘ im jenseitigen kleinen Feld ’ (1756, Naters), ts Fiischter Fäld ‘ das finstere Feld ’ (Naters), jm Fodren Felt ‘ im vorderen Feld ’ (1638, St. Niklaus), Gemeÿnvelt ‘ das Feld, das der Gemeinde gehört ’ (1389, Turtmann, später lateinisch), ts Gmei Fäld ‘ das Feld, das der Gemeinde gehört / das gemeinsam genutzt wird ’ (Oberems), Gmeind Feld ‘ das Feld, das der Gemeinde gehört ’ (1815, Salgesch), ts Hofäld ‘ das hohe Feld ’ (Lalden, Mund), das Hoväldt ‘ das hohe Feld ’ (1513 u. später, Brigerbad), am Hochen Feldt ‘ am hohen Feld ’ (1699 u. später, Visp), am Hoofäldt ‘ am hohen Feld ’ (1593 u. später, Eyholz), im Kleinen Feldlin ‘ im kleinen Feld ’ (1758, Naters), im Kleinen Fellji ‘ im kleinen Feld ’ (1839, Lax), jm Kleinen Feldÿ ‘ im kleinen Feld ’ (1680 u. später, Ernen), t Linggu Fäld ‘ die linken Felder ’ (Mund), mehrere Belege von ts Ober und ts Unner Fäld ‘ das obere Feld ’ (St. Niklaus und jeweils mehrere andere Gemeinden) mit verschiedenen Varianten inklusive / l/ -Vokalisierung. Die lateinischen Belege mit teilweise nachgestelltem Adjektiv sind campum curvum ‘ das krumme Feld ’ (1232, Ried-Brig), in campo curvo ‘ im krummen Feld ’ (12? ? u. später, Naters), in longo campo ‘ im langen Feld ’ (1338, Bratsch), in largo campo ‘ im breiten Feld ’ (13. Jh. u. später, Erschmatt), in nigro champo ‘ im schwarzen Feld ’ (1333 u. später, Unterems), in exteriori campo ‘ im äusseren Feld ’ (1346, Bratsch). In den lateinischen Belegen ist unklar, ob es sich um Namen oder Appellative handelt. Vorangestellte Genitive (ausser den ursprünglich genitivischen / - ER / -Formen) sind: des Atten Felt ‘ das Feld des Vaters / der Familie Agten ’ (1528, Ernen), im Eischen=Feld ‘ im Feld beim Schafstall ’ (1838, Ernen) (cf. HL E ISCHT ), ts Höupmischfäud ‘ das Feld des Hauptmanns (wohl Funktion) ’ (Ernen; FLNK Höüpmerschfäud), in Martis Feldt ‘ im Feld des Martin / der Familie Marti ’ (1722, Ernen), in Mattlis Feld ‘ im Feld der Familie Mattli ’ (1679 (ca.), Ernen), ts Pfaffufäld ‘ das Feld der Familie Pfaffen / des Pfarrers ’ (Ried-Brig), ts Sant Peetersch Fäld ‘ das Feld des Heiligen Peter ’ (Saas-Fee; Gwp. nennt Peter Josef Zurbriggen als ehemaligen Besitzer), Belege mit / - ER / (früherer Genitiv): ts Ärner Fäld ‘ das Feld bei Ernen ’ (LT, Ernen), ts Geschenerfäld ‘ das Feld bei Geschinen (Gemeindename) ’ (Geschinen), am / im Gluriger Feldt ‘ am / im Feld bei Gluringen (Gemeindename) ’ (1602 u. später, Gluringen; 1571 lat.: in campo Jllorum de Glu ᵕ rigen ‘ im Feld der Leute von Gluringen ’ ), Creútzero Väldt ‘ das Feld der Familie Kreuzer / der Leute vom Weiler Chriz (? ) ’ (1625, Eyholz), Leiggärfäld ‘ das Feld bei Leuk ’ (FLNK, Leuk; SK u. LT Leukerfeld: lat.: jn territorio camporum de Leuca ‘ im Gebiet der Felder von Leuk ’ ), Leigerfeld ‘ das Feld bei Leuk ’ (1741, Bratsch), Nateser Feld ‘ das Feld bei Naters ’ (1841, Naters; vorher lat.: in campo de Narres ‘ im Feld von Naters ’ ) und Stägärfäld ‘ das Feld bei Steg (Gemeindename) ’ (FLNK, Steg; LT Stägerfäld). Als Grundwort erscheint das HL zunächst mit Tiernamen: ts Geisfäld ‘ das Feld, wo die Ziegen weiden ’ (Ergisch), ts Geissfäld ‘ das Feld, wo die Ziegen weiden ’ (Eischoll), ts Geissufäld ‘ das Feld für die Ziegen (Gwp. 109 110 Fäld <?page no="60"?> meint, der Ort sei nach „ Geissrafe “ (S EMPERVIVUM TECTO- RUM , Dachhauswurz; cf. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 170) benannt) ’ (Bratsch; FLNK Geissifäld), ts Oggsefäud ‘ das Ochsenfeld (Alpe im Binntal) ’ (Binn), das Rinderfeld ‘ das Feld für die Rinder ’ (1852 u. später, Niedergesteln), ts (e)Rinderfäld ‘ das Rinderfeld ’ (Niedergesteln, wohl identisch mit dem historischen Beleg von 1852 u. später), hierzu gehört auch ts Rinderfäldalpji ‘ die kleine Alpe beim Rinderfeld ’ (Hohtenn), ts Widerfäld ‘ das Feld für den Widder ’ (Ried-Brig). Weitere zweigliedrige Komposita mit dem HL als Grundwort sind: ts Hubufälji ‘ das kleine Feld beim Hügel ’ (Ernen; FLNK Hubufäud), ts Iischefäud ‘ das vereiste Feld ’ (Ernen) (laut Gwp. der kälteste <Hirtweg> von Ernen), ts Jänefäud ‘ das Feld des Johannes ’ (Ernen), ts Meiefäld ‘ das Feld mit Blumen ’ (Grengiols), Seefäld (FLNK, Unterbäch; LT Seefeld) ‘ das Feld beim Grossen See (Alpsee auf 2546 m.) ’ (Unterbäch), di Dräckfäld ‘ die dreckigen (schlammigen) Felder ’ (Mund), das Túrtmanfeldt ‘ das Feld bei Turtmann ’ (1617 u. später, Turtmann; 1607, Unterems). Nur lateinisch ist belegt in campo de pertusio ‘ im Feld beim Loch ’ (13. Jh. u. später, Unterems; unklar, ob Appellativ oder Flurname). Als Simplex kommt Tagfeld ‘ das Tagfeld (Weide tagsüber) ’ (1691, Ergisch; 1691, Oberems; 1691, Turtmann) nur in diesem für die beiden Orte identischen Text für das Turtmanntal vor. Daneben gibt es aber eine Reihe von komplexeren Konstruktionen: ts Ängitagfäld ‘ das Tagfeld (Weide tagsüber) bei der Ängi (enge Stelle) ’ (Oberems), ts Giigitagfäld ‘ das Tagfeld (Weide tagsüber) der Alpe Giigi ’ (Oberems), ts Grindjitagfäld ‘ das Tagfeld (Weide tagsüber) der Alpe Grindji ’ (Oberems), ts Grüobtagfäld ‘ das Tagfeld (Weide tagsüber) der Alpe Grüoba (Grube) ’ (Oberems; FLNK, Ergisch), ts Jäniltigertagfäld ‘ das Tagfeld (Weide tagsüber) auf der Alpe Jäniltigu (der Familie Jenelten) ’ (Oberems), ts Chiemattjitagfäld ‘ das Tagfeld (Weide tagsüber) bei der kleinen Wiese für die Kühe ’ (Oberems), ts Niggelingtagfäld ‘ das Tagfeld (Weide tagsüber) der Alpe Niggeling (Familie Nicolin / Niggeli) ’ (Ergisch), ts Pletschtagfäld ‘ das Tagfeld (Weide tagsüber) der Alpe zer Pletschu (bei der Ebene) ’ (Ergisch), ts Blüomatttagfäld ‘ das Tagfeld (Weide tagsüber) der Alpe Blüomatt (blühende Mähwiese) ’ (Oberems), ts Brunnettagfäld ‘ das Tagfeld (Weide tagsüber) der Alpe Brunnetji ’ (Oberems), ts Brändjitagfäld ‘ das Tagfeld (Weide tagsüber) des Brändji (Alpe) ’ (Oberems), ts Rotigertagfäld ‘ das Tagfeld (Weide tabgsüber) der Alpe Rotigu (der Familie Roten / der Leute des Roten) ’ (Oberems), ts Simmigutagfäld ‘ das Tagfeld (Weide tagsüber) der Alpe Simmigu (Alpe der Familie Simmen / der Leute des Simon) ’ (Oberems), ts Tschafiltagfäld ‘ das Tagfeld (Weide tagsüber) der Alpe Tschafil (Schleif? ) ’ (Ergisch), ts Vorsastagfäld ‘ das Tagfeld (Weide tagsüber) des Vorsaasstafels ’ (Oberems). Das Simplex Tagfäld ist nur im Turtmanntal belegt, wo aber alle Alpen einen dieser Namen aufweisen; sonst heissen vergleichbare Fluren Tagweid. Komplexere Konstruktionen verschiedenen Typs sind: ts Ewigschneefäud ‘ das Feld mit dem ewigem Schnee (Gletscher) ’ (Fieschertal), ts Gläisig Oggsefäud ‘ das Ochsenfeld der Gläisigalpe (Alpe der Familie Gläisen) ’ (Binn), ts Grossseefäld ‘ das Feld (Alpweide) beim grossen See ’ (Unterbäch), Kretta Hofeld ‘ das hohe Feld der Familie Crettaz ’ (1852, Eyholz), ts Niw Leigerfäld ‘ das neue Feld der Leut von Leuk ’ (Leuk), ts Ober Hofäld ‘ das obere hohe Feld ’ (Brigerbad, Lalden), ts Ober Unnerfäld ‘ das obere Unterfeld ’ (Erschmatt), Schertigen Oxenfelldt ‘ das Ochsenfeld der Familie Schertig ’ (1714, Binn) und andere mehr. Als Bestimmungswort erscheint das HL in zweigliedrigen Konstruktionen mit folgenden Grundwörtern: Bach, Bäärg, Biel, Bodu, Bord, Brigga, Chriz, Egg(a), Gassa, Grabu, Halm, Kapälla, Los, Matta, Moos, Sparr, Tiri, Treije, Wäg und Züü. Ein Problem stellt t Fäldertanne ‘ die Feldertannen (unklar, laut Gwp. keine Tannen mehr, aber im Gebiet Tanne) ’ (Ulrichen) dar, wo wohl ein Besitzername gemeint ist; der FaN F ELDER ist für das Wallis allerdings im F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (1, 536 f.) nicht belegt. Komplexere Konstruktionen sind ans Hofeldtbordt ‘ das Bord (Abhang, Böschung) beim hohen Feld ’ (1703, Visp), das Hoofeldbord ‘ das Bord (Abhang, Böschung) beim hohen Feld ’ (1643, Lalden), der Litz Fäudbach ‘ das schattenhalb, nördlich gelegene Gebiet um den Fäldbach ’ (Binn), Ober Fäldbode ‘ der obere Teil des Boden beim Weiler Fäld (Feld) ’ (FLNK, Binn), Oberfäldhalte ‘ die Halden beim Gebiet ts Oberfäud (das obere Feld) ’ (FLNK, Gluringen), ts Oberfäudwasser ‘ die Wasserleitung für das Ober Fäld ’ (Blitzingen), Rarenfeldthu ᵕ rli ‘ der kleine Turm (ev. die kleine Tür) im Rarnerfeld ’ (1852, Raron), Raron Feldthürli ‘ die kleine Türe zum / im Rarner Feld ’ (1852, Niedergesteln) (wahrscheinlich identischer Ort zum gleichnamigen Beleg von Raron), der Unner Fäldkanaal ‘ der Kanal im Unterfeld ’ (Turtmann), Unnerfäldchriz ‘ das Kreuz im Unterfeld ’ (FLNK, Münster), Unnerfäldhalte ‘ die Halde beim unteren Feld ’ (FLNK, Gluringen), der Unnerfäldhubil ‘ der Hügel im Gebiet Unterfeld ’ (Erschmatt), Unnärfäldgrabu ‘ der Graben durch das Unterfeld ’ (Turtmann), ts Unnerfäldsch Bode ‘ der Boden beim Unnerfäld (Feld unterhalb des Dorfes) ’ (Reckingen) und andere. Ableitungen auf / - ERI / mit der Bedeutung ‘ Wasserleitung ’ (S ONDEREGGER 1958, 551) sind t Fälderri ‘ die Wasserleitung, die zum Fäld führt ’ , uf der Fälderri ‘ auf (oberhalb) der Wasserleitung, die zum Fäld führt ’ (beide Törbel), t Hofäldneri ‘ die Wasserleitung, die zum Hochfeld fliesst ’ (Brigerbad). Fäld 111 112 <?page no="61"?> Fäldnus Fäldnus ‘ die feldartige Gegend ’ (FLNK u. 1: 10000, Oberwald) erscheint auf SK als Feldnuss, auf LT als Feldnus. / - NUS / ist ein im Oberdeutschen verbreitetes Suffix für die hdt. Form / - NIS / (F LEISCHER / B ARZ 4 2012, 218 ff.). Historische Belege fehlen. Es handelt sich um ein heute leicht verbuschtes Gebiet auf ca. 1600 m. Am nächsten liegt eine Ableitung auf - NUS zum HL F ÄLD . Das Genus ist nicht eruierbar. Inhaltlich muss Feld ‘ Niederung, Ebene ’ (I D . 1, 806, Bed. 3) verstanden werden; das Suffix scheint hier eine konkrete Kollektivierung zu meinen ‘ die feldartige Gegend ’ . Faldum Faldúm ist der Name einer Alp in Ferden. Die historischen Belege sind: alpis de Veldommen (1539), an Veldt vmb (1656), an Faldun (1664), Feldummun (mehrfach) (1664), alpis Faldum (1665 u. später)). Ein weiterer Beleg in Erschmatt von 1683 hat Feldtúmmen Gradt ‘ der Faldumgrat ’ . Die heutige Lautform betont die zweite Silbe: Faldúm, was für einen ursprünglich romanischen Namen spricht. Zwar legen die Belege von 1539, 1656, 1664 und Erschmatt 1683 Feld nahe; dagegen spricht, dass dann die heutige Form ein betontes / ä/ enthalten müsste. F INSTERWALDER (1990, 683) kennt den Flurnamen Faldúm in R UM (Tirol) und führt ihn auf ein germanisch-romanisches Falda ‘ Falte ’ zurück, zusammen mit dem Suffix / - ÔNE / . Falda ist auch belegt in RN (2, 136) als ‘ Falte ’ mit Hinweis auf REW (3160) und FEW (3, 382), das S. 383 als Weiterentwicklung der Bedeutung ‘ unterer Teil einer Sache ’ hat, u. a. ‘ Bergabhang ’ . Dies wiederum passt zu einem latinisierten Ortsnamen Faldum ‘ Bergabhang ’ (B RUCKNER 1895, 44), auf den sich wohl K ÖBLER (2014, http: / / www.koeblergerhard.de/ ahd/ ahd_f.html, s. v. faldum) für das ahd. *faldum ‘ Hang ’ stützt. Es scheint also, dass in Faldúm ein ursprünglich romanischer Name auf der Grundlage von falda ‘ Falte ’ und einem Suffix wie / - ÔNE / > / - UM / in der Bedeutung ‘ Bergabhang ’ vorliegt. Mangels älterer Belege kann diese Hypothese nicht verifiziert werden. Ausser als Simplex tritt Faldúm in Ferden als Bestimmungswort zu den Grundwörtern Alp, Bach, Grat, Grund, Löuwina, Matta, Pass, Stafel und Toor auf. Dazu kommen die komplexeren Fälle Faldumrothoren ‘ das Faldumrothorn ’ (Ferden) und Faldumäb(e)ritz ‘ der begraste Bergabhang bei der Faldumalp ’ (Ferden). Nur lateinisch belegt ist 1665 communem viam alpis faldum ‘ der gemeine (zur Gemeinde gehörende) Weg auf die Alp Faldum ’ (unklar, ob Appellativ oder Name). Für Erschmatt sind belegt das schon erwähnte Feldtúmmen Gradt (1683), Faldumpass und Faldumrothoru. Fäle Fäle f. ist zweimal belegt und vermutlich zu Fälwe ‘ Weide, Weidenstock ’ (I D . 1, 822) zu stellen. Die Belege sind ze Fäle ‘ bei den Weiden (Weidenbäumen) ’ (Bellwald), das historisch als 1824 und später als zú Fehlen, resp. zur Fählen, belegt ist, sowie als zun Felen ‘ bei den Weiden (Weidenbäumen) ’ (1335, Niederwald). Die Deutung ist unklar, passt aber besser zum HL F ÄLACH , als die Zuordnung zum HL F ÄLL , wie sie laut Beschreibung durch die Gwp. ( „ die Tiere gehäutet und die Kadaver in diese Felslöcher hinuntergeworfen “ ) vorgenommen wurde. Falete Falete ist als t Falete (Agarn (mit Erstbetonung), LT Falleten) und historisch in Oberems als jn den Falleten (1774) belegt; beide sind pluralisch. Es handelt sich wohl um die gleiche Flur in der Rottenebene, da unklar ist, ob der historische Beleg zu Oberems gehört. In historischen Belegen wie 1614 ist von canaperio, später auch cannaberiae ‘ Hanfacker ’ , 1727 von Kabisgarten ‘ Kohlgarten ’ die Rede. Die Endung / -eta/ , Plural / -ete/ kann sowohl romanisch wie deutsch sein (S ONDEREGGER 1958, 482 ff.). J ACCARD (1906, 487) nimmt an, dass es sich um eine verdeutschte Form von frz. Vallettes oder Valettes handelt, eine feminine Form zu frz. vâlet ‘ kleines Tal ’ . FEW (14, 138) kennt ein afrz. valet ‘ vallon ’ ; der Typ Valletta mit dem Suffix / - ITTA / ist in RN (2, 361) häufig belegt. Die Deutung ist zwar durchaus möglich und meint dann vermutlich ein kleines Tal als Seitenarm des früher mäandrierenden Rottens; die inhaltlichen Beschreibungen als ‘ Hanfacker ’ und ‘ Kohlgarten ’ entsprechen dem jedoch kaum. M URET (1912, 16) stellt Falettes mit anlautendem / s/ zu Palettes, das laut FEW (7, 476 ff. s. v. pala schaufel) zu palette ‘ kleine Schaufel ’ (cf. J ACCARD 1906, 327) gehört. Dann wäre eher eine kleine Ebene gemeint. Zusätzlich ist schon der älteste Beleg von 1472 in Agarn deutsch; er stammt aus dem Pfarrarchiv in Ernen und bezieht sich auf eine Busse des Vizedominus Hans Perrini, von der der Zehnden Goms u. a. das Besitztum in Agarn erhielt (P HILIPP K ALBERMATTER , p. c.). Eine deutsche Herkunft müsste sich auf Fall (I D . 1, 734 ff.) beziehen, das mit einem kollektiven / -ete/ etwa die Deutung ‘ das Gefälle eines Gewässers ’ (gemeint ist laut SK ein Gewässer von Mühlackern (Milachru) her) meinen würde. Da es keinen älteren Beleg gibt, kann die Frage nicht entschieden werden. Fäli (FaN) Fäli (FaN) ist nur zweimal belegt: ts Fälisch Achru ‘ bei den Äckern der Familie Felder ’ und ts Fälisch Hüs ‘ das Haus der Familie Felder ’ (beide Unterems). Die histori- 113 114 Fäli (FaN) <?page no="62"?> schen Belege zeigen einen gekürzten FaN Feldi / Feldi zu Felder, wie er bei solchen FaN üblich ist. Der FaN wird in der Beschreibung von ts Fälisch Hüs erwähnt, kommt aber sonst in den üblichen Quellen nicht vor; ein Christian Felder ist jedoch in der Personennamendatenbank des FGA (Nr. 12776) enthalten. Falke Falke ist nur als Bestimmungswort in drei Belegen bezeugt: der Falkbodo ‘ der Falk-Boden (unklar, ob Vogel oder Gras) ’ (Visperterminen, FLNK Falkbode), Falkenfriedhof ‘ der Friedhof für die Falken ’ (SK, Ulrichen), wobei sich die Flur auf ca. 2380 m befindet und wahrscheinlich eher zu der Chalchefrithof ‘ der Friedhof bei den kalkhaltigen Stellen ’ (Ulrichen) zu stellen ist, und die Valkmatta ‘ die Wiese beim Ort, wo es Falken hat ’ (1660, Naters). Laut dem Dokument befindet sich die Wiese im Weiler Geimen oberhalb Naters. Zunächst ist damit wohl der schwdt. Tiername Falch m. ahd. falk(o), mhd. valke ‘ Falke ’ (I D . 1, 797; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 274) gemeint. G RICHTING (1998) kennt das Wort nicht. Zur Bedeutung der Falken für die Walliser Jagd siehe S CHEURER (2000, 92). Weiter ist auch schwdt. Falche n m. ‘ fahle dürre Gräser, bes. an Waldrainen ’ (I D . 1, 798) zu berücksichtigen. I D . vermutet, dass beide Bezeichnungen auf das Adjektiv falch ‘ falb, hellbraun ’ (I D . 1, 797) zurückzuführen sind. Die Überschneidung mit Chalch ‘ Kalk ’ (I D . 3, 229) lässt sich aus der Bodenbeschaffenheit erklären; SK ist im Allgemeinen nicht immer unproblematisch. BENB (1, 1, 108 f. s. v. Falke(n)) ist unsicher in Bezug auf die Herleitung. Es kann sich schliesslich um einen FaN handeln, der im F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (1, 522 f.) mit den Formen Falck, Falk und Falke gut belegt ist, aber nicht für das Wallis, vgl. aber N OTI (1975, 15), der als FaN 1536 Falke erwähnt. Eine sichere Deutung ist nicht möglich. Fall Fall m., auch Fell n. ist zu schwdt. Fall, F ā l m., ahd. fal, mhd. val m. wie nhd. ‘ das Fallen ’ , im Berggelände eine ‘ abfallende Wand im Gestein ’ , auch Fall eines Baches oder Flusses oder ‘ terrassenförmiges Gelände ’ , in FlN auch als Bezeichnung von Örtlichkeiten ‘ wo etwas herunterfällt ’ und wdt. Fall ‘ Fall, Absturz, Sachlage ’ (I D . 1, 734 ff.; B ENB 1, 1, 111; G RICHTING 1998, 76; Z IMMERMANN 1968, 104; Z INSLI 1946, 126, 212, 317 f.) zu stellen. Die Motivation der rund 100 Flurnamen ist nicht immer klar feststellbar. Überschneidungen mit Falle f. ‘ die Falle ’ sind möglich. Das Simplex ist als der Fall ‘ steil abfallende Felsen ’ (Salgesch; nicht bei M ATHIER 2015) nur einmal belegt; häufiger ist ts Fell ‘ das Gefäll (steile Wiese) ’ (Täsch), zum Fell ‘ beim steilen Abhang ’ , Fell ‘ der steile Abhang ’ (Blatten), historisch zum Fell ‘ beim Fell (unklar, mangels Kontext) ’ (1588, Eggerberg) und am Fell ‘ am Felsabhang (? ) ’ (1680, St. Niklaus). Die Belege mit dem Neutrum stellen wohl ein Kollektivum dar. Eine seltsame Form ist an den Felli ‘ der steile Abhang ’ (1807, Mörel), das als Maskulinum konstruiert ist, was sonst bei dieser Form nicht möglich ist. Unsicher ist, ob vff dij Fellji ‘ auf den Ort, wo man fällt ’ (1489, Mühlebach) ein feminines Simplex ist oder eine feminine Ableitung. Einen sicheren Plural stellt t Fele ‘ die Fälle (steiles Gelände mit Wasserfall) ’ (Reckingen; FLNK Fäle) dar. Attributive Adjektive zum HL in zweigliedrigen Konstruktionen sind: zum Ersten Fall ‘ der erste Fall (unklar) ’ (Mund), der Hoch Fall ‘ der hohe Fall (senkrechte Felswand, vgl. R. G RICHTING 1993, Blatt 7, Nr. 5), ts Inner und ts Uister Fell ‘ der innere (taleinwärts liegende) und der äussere (talauswärts liegende) steile Abfall ’ (Blatten), zum Lengu Fell ‘ beim langen steilen Abhang ’ (Staldenried), bim Niwwufall ‘ beim (Wasser-)fall der neuen Wasserleitung ’ (Ried-Brig), der Ober Fell ‘ das obere Gebiet mit einem (Wasser-)fall ’ (Saas-Balen, maskulin! ), ts Oberfäll ‘ das Oberfäll (FLNK Uberfäll ‘ oberhalb des Felsabhangs ’ ? ) ’ (Naters), ts Uberfäll ‘ das jenseits gelegene steile Stück / Feld (laut FLNK Uberfäld, Gegenstück zum Weiler Fäld? ) ’ (Törbel), ts Unner Fell ‘ das untere Gebiet mit einem (Wasser-)Fall ’ (Saas-Balen, Neutrum). Vorangestellte Genitive sind selten: der Brägjerrufall ‘ der Wasserfall der Wasserleitung, die zum Brägji führt ’ (Niedergesteln), der Chummerufall ‘ der Wasserfall der Chummerra (Wasserleituntg in die Chumma (Mulde)) ’ (Raron). In beiden Flurnamen sind Wasserleitungen betroffen. Als Grundwort erscheint das HL in zweigliedrigen Komposita vor allem als der Wasserfall ‘ der Wasserfall (des jeweiligen Baches) ’ u. a. in Zwischbergen und sechs weiteren Gemeinden (J ORDAN (2006, 279 und 296 kennt Wassärfall zweimal, meint aber an beiden Stellen den gleichen Wasserfall). Weitere Belege sind der Eschilfall ‘ der Fels, über den verendende Maultiere gestürzt wurden (laut Gwp.) ’ (Ergisch) (wohl vergleichbar mit Märufelli), Gibjerifall ‘ der Fall (wohl Wasserfall) der Gibjeri (Wasserleitung Wasserleitung aus dem Gibji) ’ (Ried- Brig) und ts Gugerfell ‘ der steile Abhang im Gebiet Guger ’ (Stalden). der Pfoisfall ‘ der (Wasser-)Fall beim Gebiet Pfois (Quelle / Brunnen) ’ (Leukerbad, auch bei R. G RICHTING 1993, Blatt 13, Nr. 13 u. Blatt 14, Nr. 14). Komplexere Konstruktionen sind etwa dr Chleiloiwinbachfall ‘ die Felswand / der Wasserfall des kleinen Baches in der Loiwina ’ (Blatten), der Längulöüwinufall ‘ die Fallstelle der Lawine im langen Lawinengraben ’ (Gampel), der Märetschuwasserfall ‘ der Wasserfall zwi- Falke 115 116 <?page no="63"?> schen den Märetschi-Seen (Sumpfgebiet) ’ (Leuk), das Obere Eischtbachfell ‘ der obere Teil des Eistbaches (Wasserfall, steile Stelle? ), ts Wiiss Stockfell ‘ der weisse Felsenabfall? ’ (Stalden) und weitere. Als Bestimmungswort verbindet sich das HL (als Fall oder Fell) mit folgenden Grundwörtern zu zweigliedrigen Komposita: Acher, Bach, Bodu, Egg(a), Flüö, Gletscher, Grabu, Gufer, Löuwina, Matta, Tschugge, Wald und Zug. Komplexer sind etwa: Fallflüeachär ‘ der Acker bei der Fallflüe (fallende Fluh) ’ (Leuk), der Fallflüeschleif ‘ der Schleif über die Fallflüe (steil abfallende Fluh) ’ (Leuk), z Fellacherschür ‘ bei der Scheuer am Fellacher ’ (1751, Bürchen), der Hinnerscht Fallgrabe ‘ der hinterste Graben mit einem Fall (senkrechtes Felsstück) ’ (Obergesteln) und andere. Einen seltsamen Sonderfall bietet Fällhäuser (SK, Ausserbinn), das sich nur auf SK befindet. Eine Deutung ist nicht möglich. Wohl ein Pflanzenname liegt vor in ts Faluchrüt ‘ Pflanzenname für Arnica Montana (Arnika) (I D . 3, 899), dt. auch Berg-Wohlverlei ’ (Täsch; bei L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1118 als A RNICA MONTANA belegt). Hingegen ist wohl der Faluwald ‘ der Wald beim Fall (steiles Gelände? ) ’ (St. Niklaus) zum HL F ALL zu stellen; die Gwp. sagt, er sei zuunterst „ in denu Fälu “ , wobei dieser Flurname nicht vorkommt. Die Ableitung Felli f. ‘ das Fallen, die durch Sturmwind oder andere Naturgewalt herbeigeführte Verheerung im Walde; gefährliche Stelle auf den Alpen, wo das Vieh leicht fällt ’ (I D . 1, 761) handelt es sich um eine Abstraktbildung auf - ÎN (S ONDEREGGER 1958, 497) zum Verb fallen, ahd. fallî f. fellîna für ‘ Felsabsätze ’ . Belegt ist t Feli ‘ das von der Lawine gefällte Holz ’ (Kippel). Plurale sind ine Felinu ‘ in den steilen Gebieten (Gwp. meint „ Holzschlaggebiete “ ) ’ (Saas-Grund) und ine Felinu ‘ in den steilen Abhängen ’ (Zeneggen), wo sich auch in der undren Fellelun ‘ im unteren Teil des steilen Abhangs ’ (1703, Zeneggen) findet, wohl eine Diminutivbildung. Dreimal ist das Grundwort im Kompositum belegt: t Märafelli ‘ der Ort, wo Mähren (Pferde) hinunterfallen ’ (Törbel), t Märufelli (Embd) und Märufelli (Zeneggen), wobei die Belege aus Törbel und Zeneggen den gleichen Ort meinen. Als Bestimmungswort findet Felli sich in t Fellischlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung, wo Lawinen fallen können ’ (Grengiols) und Fellÿwasserleitung ‘ die Wasserleitung mit einem Gefälle? ’ (1847, Binn). Von Verben abgeleitete Bildungen sind: der Falländ Bach ‘ der Bach mit einem Wasserfall ’ (Blatten), ts Gfalle Holz ‘ das gefallene Holz (wohl einzelne Bäume, bei Sturm oder Schnee umgefallen) ’ (Oberwald), der Gfallt Wald ‘ der abschüssige Wald ’ (Ried-Brig), t Verfalle Lamme ‘ der mit gefallenen Felsen gefüllte Graben ’ (Reckingen), im Zerfalnen Stadel ‘ im zerfallenen Stadel ’ (1738, Birgisch) und z Fallen Gaden ‘ beim verfallenen Gaden (Stall) (? ) ’ (1549, Niederwald). Nicht immer klar ist die Unterscheidung zum HL F ÄLE , das zu Fälach ‘ Weidebaum ’ gestellt wurde. Falle Falle f., ist zu schwdt. Falle n f., Dim. Fälleli, ahd. falla, mhd. valle f., ‘ Falltüre, Klappe ’ , und wdt. Falla, Fallä (Goms), Fallu ‘ Mäusefalle, Hinterhalt ’ (I D . 1, 747 ff; G RICH- TING 1999, 76) zu stellen. Die alten Tierfallen hatten eine Falltüre, während die häufigen Bärfallen in den Namen auf ehemalige Fallgruben weisen. In FlN auch für Mensch und Tier steile, gefährliche Geländestellen (I D . 1, 747 ff.; B ENB 1, 1, 112). Das Simplex ist als zer Fallen (1637, Ausserberg), t Fallä ‘ die Fallen ’ (Gampel) und in der Fallen (1701, Bratsch; identisch mit dem Beleg in Gampel) belegt; in Gampel schwankt der Name zwischen Singular und Plural. Die Simplizia geben nicht an, in Bezug worauf sich hier eine Falle befindet. Mit attributiven Adjektiven sind belegt: t Alti Fallu ‘ die alte Falle ’ (Oberems), sowie zen Obren Fallen (1784, Gampel) und au ᵕ f den u ᵕ ndren Fallen (1784 u. später, Gampel). Auch hier fehlen weitere Angaben zu den Fallen. Als Grundwort ist das HL in zweigliedrigen Komposita mit mehreren Tiernamen verbunden: di Bärufalla ‘ die Falle für Bären ’ (Ried-Brig), di Bärufallu ‘ die Falle für Bären ’ (Niedergesteln, Saas-Balen, Saas-Fee), Bärufalle ‘ die Fallen für Bären ’ (FLNK u. LT, Ferden; SK Bärenfällen), dazu die Kurzformen ts Bärfel ‘ die Bärenfalle (aber ntr.) ’ (Oberwald), jm Berfell ‘ in der Bärenfalle (aber ntr.) ’ (Obergesteln), weiter zer Chalberfallu ‘ bei der gefährlichen Stelle (Falle) für Kälber ’ (Blatten), t Maaderfalla ‘ die Marderfalle ’ (Eggerberg), Maaderfalla ‘ die Marderfalle ’ (FLNK, Ausserberg), zer Marderuallun ‘ bei der Marderfalle ’ (1301, Mörel). Zweimal belegt ist der Typ Chnebelfalla ‘ die Knebelfalle (Falle mit Rundhölzern für Gemsen) ’ (Randa) und t Knebilfalle ‘ die Knebelfallen (Fallen mit Rundhölzern für Gemsen) ’ (Visperterminen). Als Bestimmungswort tritt das HL in zweigliedrigen Komposita zusammen mit folgenden Grundwörtern auf: Schleif, Tschugge und Wald. Unklar ist t Fallucheera ‘ die Kehren bei den Fallen / des Weges zur Faldumalp (unsicher) ’ - es handelt sich um Kehren in einem steilen Weg zur Faldumalp, wo sowohl Fall (im Sinn von fallen), wie auch Falle f. oder gar eine sonst nicht belegte Form von Faldum (> Fallu) vorliegen kann. Komplexere Konstruktionen finden sich vor allem mit dem Typ Bärufalla mit den Grundwörtern Grabu, Stapfa, Treich, Tritt, Wäg und Wang. Dazu kommt (den) hintern Berfelwald ‘ (den) hinteren Berfelwald ’ (1850, Obergesteln) zu Berfel ‘ Bärenfalle ’ . 117 118 Falle <?page no="64"?> Faller (FaN) Faller (FaN) ist nur einmal als jn Fallero Bou ͦ mgarten ‘ im Baumgarten der Familie Faller ’ (1599, Baltschieder) belegt. Fallero ist ein Genitiv Plural für ‘ die Familie Faller / die Leute des Faller ’ . Dieser FaN ist nicht belegt, es gibt aber den FaN Bärenfaller (AAWB 22), von dem aus ein einfacherer FaN Faller abgeleitet sein könnte. Fallon Fallon ist 1353 als ou fallon in Leukerbad belegt. Der Text lautet: „ ou fallon apud boez supra aquam de dale (ou fallon bei Leukerbad über dem Bach Dala) “ . Die Konstruktion deutet auf ein romanisches Lexem; am ehesten ist wohl vallon gemeint, sodass der Name ‘ im kleinen Tal ’ ist. vallon ist in FEW (14, 138) belegt. Das bei B OSSARD / C HAVAN (2006, 20) belegte Valo als „ pente de terre (Bodenabhang) “ ist nicht auszuschliessen; es fehlt aber das auslautende / -n/ . Fällsch Fällsch Adj. ist nur belegt in ts Fällsch Lowwili ‘ das falsche (täuschende) kleine Rutschgebiet ’ (Simplon), von Gwp. als ‘ Lawine, die nicht gesehen wird, bis sie über den Felsen springt ’ gedeutet. Fällsch ist zu schwdt. Adj. falsch ‘ falsch, unrichtig ’ , mhd. vals(sch) (I D . 1, 815 f.) zu stellen; bei J ORDAN (1985, 160) für Simplon als ‘ unaufrichtig, hintersinnig ’ wiedergegeben. Die Form mit / ä/ ist bei G RICHTING (1998, 76) sonst nur für Zermatt erwähnt; I D . kennt sie nur für Appenzell. Faltginen Faltginen ist 1739 in Greich als aúff den Faltginen belegt. Die Schreibung verdeckt ein gesprochenes Faltjini ‘ die kleinen Falten ’ . hierzu gehören wohl auch t Falltini (Gampel) und Falti (FLNK, Saas-Balen). Sie sind zu schwdt. Falt, Fald m., mhd. falt wie nhd. ‘ Falte in einem Kleid ’ und wdt. Faalt ‘ Falte ’ (I D . 1, 817; G RICHTING 1998, 75), in FlN für ein mit Spalten und Rissen zerklüftetes Gelände zu stellen. Fälwig Fälwig ‘ falbfarben ’ ist nur einmal belegt in ts Fälwig Egg (Brigerbad), eine helle, schwach bewachsene, steile Felswand. Es ist zum schwdt. Adj. falw ‘ blassgelb, verblichen ’ , mhd. fal(w) ‘ bleich, entfärbt, verwelkt ’ (I D . 1, 822) zu stellen; die adjektivische / - IG / -Ableitung hat die Bedeutung ‘ Schattierung in der Art der Farbe falw ’ . Fang Fang m. ist zu schwdt. Fang m. ‘ Einfriedung, eingehegtes Stück Land, Wiese, Weinberg ’ (I D 1, 855) zu stellen (cf. HLL B I , I N ). Im Kompositum der Kiisfang (Niedergesteln), auch der Kisfang (Niedergesteln), ist jedoch eine Bachverbauung zu verstehen, die den vom Bach mitgeführten Kies auffängt; der Name scheint aus dem Hochdeutschen entlehnt. Belegt ist 1653 in Leuk jn Fange ‘ im Fang (eingehegtes Stück Land) ’ , wobei hier auch das synonyme I(n)fang gemeint sein kann. In Fiesch ist 1638 im Feng belegt. Wiler hat ts Feng und t Fengmatte ‘ die Wiesen beim eingehegten Stück Land ’ . Das sonst unbelegte Neutrum deutet auf ein Kollektivum hin: ‘ die eingehegten Stücke Land ’ . In Fiesch ist das Genus unklar. Das Verhältnis zu ts Fa (Zwischbergen), historisch 1461 als jn Fan, ist unklar (cf. HL F A ). Der Typ Bifang ist auf schwdt. Bîfang Pl. Bifäng ‘ Einzäunung; ein von Furchen oder Zaun umgebenes, mit Bäumen besetztes, meist als Wiese benutztes Stück Land ’ , ahd. b ī fang, mhd. bifanc zurückzuführen. Die phonetisch verkürzte Form Bifig erscheint im Walliserdeutschen sehr häufig (I D . 1, 856; LUNB 1, 1, 188 f.). Von den zwölf belegten Namen ist das Simplex im Singular als der Bifang (FLNK, Oberems), historisch als Bifang (1297, Lalden), Biuanc (1302, Mund) und Jmbifeng (1560, Steg, unsichere Lesart) belegt. Der Plural ist als di Bifäng (Gampel, Guttet) bezeugt. Nur historisch findet sich an den Byvyngue (1337, Bratsch). Einmal erscheint der Diminutiv Plural di Bifängjini ‘ die kleinen eingehegten Stücke Land ’ (Ergisch; FLNK hat Bifängji). Unsicher sind die Belege aus Unterems: in dem Biuanc (1306), ol Biwanc (1328), ou Biwant (1328, Leuk). Der romanische Artikel ol/ ou dürfte zum dt. Bifang gesetzt worden sein; ob der Ersatz von {f} durch {u}, resp. {w} eine stimmhafte Aussprache meint oder bloss eine Variante ist, bleibt unklar. Ein attributives Adjektiv ist in jm Niwen Bifang ‘ im neuen eingehegten Stück Land ’ (1516, Ergisch) belegt. Zweimal finden sich vorangestellte Genitive: Follins Byfang ‘ das eingehegte Stück Land beim Folli ’ (1516, Ergisch) und in Peter Hischiers Bifang ‘ das eingehegte Stück Land des Peter Hischier ’ (1682, Oberems). Der Genitiv Follins lässt sich wohl zum belegten ts Folli (Ergisch) stellen (cf. HL F OLLA ); der FaN Hischier ist für Oberems gut belegt (AWWB 125). Bifig m. ist als lautlich reduzierte Form (historisch auch Bifing) häufiger als die volle Form Bifang. Daraus abgeleitet ist im Wallis der FaN Biffiger (AWWB 32). Der Namenstyp fehlt im Bezirk Leuk. Die ältesten Belege zeigen grafische Unsicherheiten: 1292 wird in Visp apud Bynynguen ‘ beim eingehegten Stück Land ’ notiert, 1300 in Bürchen Bifingue ‘ das eingehegte Stück Land, 1301 in Eischoll ze dien Biuinguen ‘ bei den eingehegten Stücken Land ’ und apud Biuingue ‘ beim eingehegten Stück Land ’ , sowie in Saas-Balen jn dem Bifinge und in Mörel jn dem Bifingue, 1303 in Raron Faller (FaN) 119 120 <?page no="65"?> Biuyng und im gleichen Jahr in Ausserberg in dem Biuingue. Umstritten sind also die Schreibung von {f} vs. {u} und des Auslauts {ge} vs. {gue}. Die jeweils zweiten Schreibungen entsprechen eher der romanischen Tradition, die ersten der deutschen. Lebend belegt ist am häufigsten das Simplex im Singular der Bifig (Binn und zwölf weitere Gemeinden), manchmal als im / em / ufum Bifig. FLNK hat in Termen Biffig, in Staldenried und Kippel Bifig. Historisch kommen sehr unterschiedliche Schreibungen vor (siehe schon oben). Flektierte Formen wie de Byvingen (1336, Birgisch) und apud Bynynguen (1292, Visp, eventuell verlesen zu Byuynguen) können zu Bifing (Singular) gestellt werden. Einige wenige Gemeinden haben die Pluralform t Bifega (Blitzingen), di Bifige (Bellwald, Mund) als Feminin Singular reanalysiert; unklar ist, ob dies Grundstücke der Familie Biffiger sind. Im Fall von t Bifega (Fieschertal) ist unklar, ob ein Singular oder ein Plural vorliegt. Die übrigen Belege wie di Bifiga (Hohtenn und fünf weitere Gemeinden), historisch auch in den Bivingen (1388, Törbel) zeigen jedoch den Plural an. Seltsam ist das zweimal belegte ze Bifigu ‘ bei den eingehegten Stücken Landes ’ (Eischoll, Zeneggen), das auch den Wohnort der Familie Biffiger meinen kann. Mit attributiven Adjektiven ist das HL wie folgt konstruiert: der Inner Biffig ‘ das innere eingehegte Stück Land ’ (Eisten; 1866, Steg), das Klein Bifiglin ‘ das kleine eingehegte Stück Land ’ (1645, Simplon), ze den Nideren Bifingen ‘ bei den unteren eingehegten Stücken Land ’ (1309, Zeneggen), der Ober Bifig ‘ der obere Teil des Gebietes Bifig (eingehegtes Stück Land) ’ (Kippel, Unterbäch), t Obre Bifige ‘ die oberen eingehegten Stücke Land ’ (Münster), der Under und der Ober Biffig ‘ das untere und das obere eingehegte Stück Land ’ (1756, Betten), t Under Bifig ‘ die untere Bifig (das eingehegte Stück Land) ’ (Kippel, hier Fem. Sg.! ), t Unner Bifega ‘ das untere eingehegte Stück Land ’ (Blitzingen), t Unnere Bifige ‘ der untere Teil des Gebietes Bifige (die eingehegten Stücke Landes) ’ (Münster), in (lat.: ) inferiori (unter) Bifingen ‘ in den unteren eingehegten Stücken Land ’ (1354, Ulrichen), der Unner Bifig ‘ der untere Teil des Gebietes Bifig (das eingehegte Stück Land) ’ (Eisten), der Üsser Bifig ‘ der talauswärts liegende Teil des Weilers Bifig (das eingehegte Stück Land) ’ (Eisten). Zweigliedrige Komposita mit dem Grundwort Bifig sind selten: der Birchibifig ‘ das eingehegte Stück Wiese im Bereich Birchi (Birkengehölz) ’ (Obergesteln), Soppenbifing ‘ das eingehegte Stück Land, auf dem Soppen (Bocksbart) wächst ’ (1309, Törbel). Komplexer ist der Ho(f)stetterbifig ‘ das eingehegte Stück Land im Bereich Hostette (Hofstatt) ’ (Obergesteln), wo wohl ein ursprünglicher Genitiv ‘ der Leute von Hofstetten ’ vorliegt. Als Bestimmungswort ist das HL Bifig mit den Grundwörtern Acher, Alpa, Bord, Brunnu, Egg(a), Färich, Flüö, Kapälla, Matta, Schiir, Schleif, Spiss, Suon, Wald und Wier verbunden. Komplexer ist dr Bifigegguschleif ‘ der Schleif im Gebiet Bifigeggu (die Ecke im Bereich Bifig (das eingehegte Stück Land)) ’ (Kippel). Eine Ableitung auf / - ER / ist in di Bifigertola ‘ die Mulde im Gebiet Bifiga (das eingehegte Stück Land) ’ (Mund) vertreten; es geht wohl auf einen alten Genitiv Plural zurück. Eine Ableitung auf / - ERRI / , die Wasserleitungen kennzeichnet, ist in die Biffigerri ‘ die Wasserleitung, die zum Gebiet Bifig (das eingezäunte Stück Land) führt ’ (1597, Eisten) und Bifigerri ‘ die Wasserleitung, die zum Bifig (das eingehegte Stück Land) führt ’ (1759, Simplon) vertreten. I(n)fang m. ist zu schwdt. Infang m. ‘ Einhegung, eingehegtes Stück Land, Wiese, Weinberg ’ (I D . 1, 855) zu stellen. Die gut 20 Belege weisen die Singularformen der Einfang (1824, Bellwald), der Ifang (Bitsch und weitere acht Gemeinden), (im/ am) Jnfang (1304, Stalden und weitere sechs historische Belege), der Jnvang (1308, Saas-Balen), den Plural t Ifeng (Glis) und die Diminutive ts Ifangji (FLNK Eischoll, Unterbäch) und ts Ifengji (Mund, Täsch) auf. Fännä Fännä ‘ Frau ’ ist lebend in di Boonufännä und ts Boonufännugässi (beide Leuk) belegt. Zu Grunde liegt frpr. bonna fèna ‘ bonne-femme ’ (G PSR 2, 492 s. v. bonne-femme). Historisch gehört hieher auch in den Sonnenfenden (1757, Leuk); unklar ist dabei, ob der Name wirklich als Sonnenfenden oder doch als Bonnenfenden zu lesen ist; dann wäre der Name identisch mit den Boonufännä. Das Kompositum bezeichnet eine Hebamme, wird aber ebenfalls für eine Pflanze (Distel; vgl. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1140 - 1152 mit verschiedenen Pflanzen, die als C ARDUUS , C IRSIUM und E CHINOPS mit mehreren Unterarten und weiteren Pflanzen genannt werden) verwendet und kommt auch sonst als Flurname vor. Die genaue Motivation für einen Rebberg ist unklar. Fanöüschi Fanöüschi n. ist als ts Fanöüschi (Leuk, FLNK Fanöischi; LT Vanoischi) belegt. Die ältesten Dokumente haben 1563 in Fanussji, im gleichen Jahr in Vanusy, 1582 jn der Fanus, 1685 in Fanausche, im gleichen Jahr y Fanausche, 1784 in Fanausi, 1751 im Fanauschi und 1865 im Fannaúschi. Der Wechsel des zweiten Vokals (/ u/ vs. / öü/ vs. / au/ usw.) entspricht der Palatalisierung von / ou/ zu / öü/ , der Verhochdeutschung von / ou/ zu / au/ und in den 121 122 Fanöüschi <?page no="66"?> Belegen von 1563 und 1582 einer Vereinfachung von / ou/ zu / u/ . Inhaltlich handelt es sich um den Illgraben. Seltsamerweise ist auch schon in den ältesten Belegen ein / s/ oder / š / enthalten; diese zwei Konsonanten werden im Kontext eines deutschen Diminutivs als / ji/ umgedeutet. Zugleich ist die Betonung auf der ersten Silbe, was bei einem Diphthong in der zweiten Silbe mindestens problematisch ist. Wenn der Beleg von 1582 jn der Fanus als Ausgangspunkt dient, dann sind alle Belege mit einem Diminutiv davon abgeleitet; dieser Diminutiv scheint dt. zu sein, der Stamm jedoch romanisch. Vermutlich ist das HL zu fani (got.) schlamm (FEW 15, 2, 108) zu stellen. Die genaue Ableitung bleibt allerdings unsicher. Färdi (PN) Färdi (PN) ist nur in ts Färdiwaldji ‘ der kleine Wald des Färdi (Ferdinand) ’ (Ergisch) und ts Tamborfärdisch Intjeier ‘ der Eintuer (kleiner Stall) des Ferdinand, der Tambour ist ’ (Hohtenn) belegt. Beim Beleg aus Ergisch sagt Gwp., dass der kleine Wald einst einem Ferdinand gehört habe. Färdi ist zu Ferdi ‘ männl. Eigenn. Ferdinand ’ (I D . 1, 995) zu stellen. Färich Färich m. ‘ Pferch ’ ist zu schwdt. Pfärrich, Pfäärich, Fäärich, Fäderich, Pfärch, Färrig, Ferig u. ä. m./ n., Pl. unverändert und Fääriche n u. ä., ahd. parrih, mhd. pferrich m., ‘ eingefriedigter Platz, Pferch ’ und wdt. Färich, Färig (Saastal), Färrich (Lötschtal und Rarner Schattenberge), Ferich (Leuker Berge) ‘ Pferch, Gehege ’ (I D . 5, 1174 ff.; G RICHTING 1998, 76; R ÜBEL 1950, 110) zu stellen. In Grächen, St. Niklaus, Randa und Täsch ist auch ‘ Viehstall auf der Alpe ’ (SDS 7, 246) gemeint. Das Simplex erscheint im Singular in verschiedenen Formen: der Fääderich ‘ der Pferch ’ (Münster), em Färech ‘ im Pferch ’ (Bellwald), der Färich ‘ der Pferch ’ (Eyholz und sechs weitere Belege), im Färich ‘ im Färich ’ und andere Präpositionen (Goppisberg und drei weitere Belege), Färrich ‘ der Pferch ’ (Ausserberg, Eggerberg, Ried- Brig) und der Färig (Saas Almagell, zwei Belege). Historisch ist jm Ferrich (1688, Zeneggen und vier weitere, teilweise andere Präpositionen) belegt. Unklar ist in Unterbäch 1649 am Ferek, wo entweder ‘ am Pferch ’ oder ein Kompositum mit Egg(a) gemeint ist. Der Plural des Simplex ist ebenfalls unterschiedlich geformt: ts Färrchu ‘ bei den Pferchen ’ (Mund), t Färicha ‘ die Pferche ’ (Erschmatt, FLNK Zermatt), Färiche ‘ die Pferche ’ (Oberwald), Ze Färichu ‘ bei den Pferchen ’ (Eisten, Täsch) (Eisten hat LT u. FLNK Ze Färigu), t Färiga ‘ die Pferche ’ (Saas Almagell, Saas Grund), Ze Färigu ‘ bei den Pferchen ’ (Eisten, Saas Balen), t Färricha ‘ die Pferche ’ (Ausserberg, Simplon (SK Feriche)), Ze Färrichu ‘ bei den Pferchen ’ (Eischoll und vier weitere), ob de Färrichu ‘ oberhalb der Pferche ’ (Raron), Zen Ferrihen ‘ bei den Pferchen ’ (Blatten). Historisch sind belegt: die Ferracha (1528, Ernen; 1537 an den Ferricha), jn den Ferrichen (1653 u. später, Bister). Diminutive im Singular sind das Ferrichlin ‘ der kleine Pferch ’ (1677, Oberems) und Färrichi ‘ der kleine Pferch ’ (FLNK, Niederwald). Plurale des Diminutivs: t Färichjini ‘ die kleinen Pferche ’ (Visperterminen), t Färrichjini ‘ die kleinen Pferche ’ (Raron), in den Ferrichÿnen ‘ in den kleinen Pferchen ’ (1764, Naters; im gleichen Jahr die Ferrichini). Mit attributiven Adjektiven erscheint das HL wie folgt: der Alt Färich ‘ der alte Pferch ’ (Varen), zum Alten Ferrig ‘ zum alten Pferch ’ (1852, Saas-Almagell), zen Alte Färigu ‘ bei den alten Pferchen ’ (Saas-Grund), zen Alte Färrichjinu ‘ bei den alten Pferchen ’ (Niedergesteln), t Altu Färicha ‘ die alten Pferche ’ (Leuk, Leukerbad), der Aut Färich ‘ der alte Pferch ’ (Mühlebach), der Gross Färich ‘ der grosse Pferch ’ (Törbel), zenn Inndrä Färrihen ‘ bei den inneren (taleinwärts liegenden) Pferchen (Blatten), der Niib Färich ‘ der neue Pferch ’ (Varen), der Ober Färich ‘ der obere Pferch ’ (Steg), in Steinino Ferrich ‘ im steinernen Pferch ’ (1718, Baltschieder), vber denn Steinninen Fa ᵉ rrich ‘ über den steinernen Pferch ’ (1548, Saas-Balen), der Stenofärich ‘ der steinerne Pferch ’ (Visperterminen, 1576 Steinin Ferrich) (Steno liesse sich als gekürzte Form nach Brandstetters Gesetz verstehen, wenn der Name als Kompositum genommen wird), im Teiffen Ferrich ‘ im tiefen Pferch ’ (1584, Binn), zen Uisträ Färrichen ‘ bei den äusseren (talauswärts liegenden) Pferchen ’ (Blatten), ts Vergiischtig Färigi ‘ der kleine neidische Pferch (Motivation unklar) ’ (Saas-Almagell). Belege mit vorangestellten Genitiven sind: der Grunder Färig ‘ der Pferch der Leute von Saas-Grund ’ (Saas- Grund), ts Holzisch Färricha ‘ die Pferche der Familie Holzer ’ (Naters), zer Lidnerru Ferrich ‘ beim Pferch der Leute von Liden (oberhalb Tatz) ’ (Niedergesteln) (Genus Feminin erklärt sich aus Hofstatt), ts Meier Heimsch Färrich ‘ der Pferch des Meiers Heimen (PN) ’ (Blatten), Merjerrufärricha ‘ die Pferche der Leute von Mörel ’ (Naters), der Nanserfärich ‘ der Pferch der Alpe Nanz ’ (Visperterminen), der Pfannerfärich ‘ der Pferch des Pfanders (der das entlaufene Vieh pfändete) ’ (Blitzingen), der Borterfärrich ‘ der Pferch der Familie Borter ’ (Naters), der Reckiger Färich ‘ der Pferch der Reckinger (auf Ulrichener Boden) ’ (Ulrichen), ts Riedufärich ‘ der Pferch der Leute vom Ried / der Familie Rieder ’ (Grächen), Zschampigo Ferichs ‘ des Pferchs der Alpe der Familie Tschampen ’ (1714, Binn), Stoffels Ferrich ‘ der Pferch des Stoffel / der Familie Stoffel ’ (1672 u. später, Törbel), Stoffols Ferrich ‘ der Pferch des Stoffel / der Familie Färdi (PN) 123 124 <?page no="67"?> Stoffel ’ (1672 u. später, Embd) (die beiden Belege bezeichnen wohl die gleiche Flur), ts Taafidsch Färrich ‘ der Pferch des David (PN) ’ (Ferden), im Vischperfärich ‘ im Pferch der Leute von Visp (im Nanztal) ’ (Visperterminen). Die Namen im Nanztal beziehen sich auf Tärbinernanz und Vispernanz. Zweigliedrige Komposita mit dem HL als Grundwort beziehen sich häufig auf die Tiere für die Pferche: die Gaalgifärricha ‘ die Pferche beim Gaaltgi (Alpe für die jungen Ziegen, die noch nicht geworfen haben) ’ (Baltschieder), der Geissfärich ‘ der Pferch für die Ziegen ’ (Embd, Randa; Plural in Naters), der Gitzifärich ‘ der Pferch für die jungen Ziegen ’ (Ried Mörel), der Chalberfärich ‘ der Pferch für die Kälber ’ (Bratsch, Mund, Törbel und historisch Raron), ts Muttschfärrich ‘ der Pferch der ungehörnten Ziege ’ (Raron; formal ist ts Muttsch ein Genitiv! ), jm Rosferrich ‘ im Pferch für die Pferde ’ (1664, Oberems), der Schaaffufärich ‘ der Pferch für die Schafe ’ (Visperterminen, zwei Belege), der Schaffärich ‘ der Pferch für die Schafe ’ (Ernen, Salgesch, Plural Bratsch), der Stüedfärrich ‘ der Pferch für die Stuten ’ (Ausserberg), Vühfehrich ‘ der Pferch für das Vieh ’ (1839, Bellwald), jm Wolffärich ‘ im Pferch, der vor Wölfen schützte ’ (1488 u. später, Naters). Ob in der Fuggsfärrich ‘ der Pferch im Gebiet mit Füchsen / der Familie Fux ’ (Oberems) die Besitzer oder die bedrohenden Tiere gemeint sind, ist unklar. Die meisten zweigliedrigen Komposita weisen im Bestimmungswort auf eine nahegelegene Flur hin: di Bifigfäricha ‘ die Pferche auf der Alpe Bifiga (eingezäunte Stück Wiesen) ’ (Törbel), der Brandjifärich ‘ der Pferch im kleinen brandgerodeten Gebiet (Brandj) ’ (Visperterminen), Eggufärich ‘ der Pferch bei den Eggachra ’ (Eischoll), di Guggifärriha ‘ die Pferche auf der Alp Guggina ’ (Blatten) und andere mehr. Einige wenige Komposita enthalten Pflanzennamen: Blüemufärrich ‘ der Pferch mit Blumen ’ (Birgisch, ev. sind Heublumen gemeint), der Griffolfärrich ‘ der Pferch am Ort, wo Preiselbeeren wachsen ’ (Törbel), ze Heimefärichu ‘ bei den Pferchen der Familie Heimen / des Heimo / wo es Heimine (Guter Heinrich (Chenopodium bonus-henricus)) hat ’ (Embd; unklar, welche Deutung gilt), t Stockfäricha ‘ die Pferche im Stock (bestocktes Gebiet) ’ (Steg; nur wenn ‘ Stock ’ als Baumstock verstanden wird). Auf das Material der Pferche bezieht sich der Steifärich ‘ der Pferch aus Stein ’ (Ried-Mörel), dazu kommen Steifärrich (Ried-Brig), ts Steifärichji (Visperterminen), t Steifärricha (Glis), bim Steinigefärich (Oberwald; unsicher, ob ein Adjektiv vorliegt) und ze Steinefärigu (Eisten), sowie die schon genannten Adjektivbildungen mit Steinin ‘ steinig ’ . In allen Fällen sind Pferche aus Stein gemeint, während andere Pferche dauernd oder temporär aus Holzzäunen bestehen. Drei Namen sind besonders: der Boozufärich ‘ der Pferch mit Gespenstern ’ (Bürchen), Bsetzfärich ‘ der Pferch, der bei der Alpauffahrt (Bsetzi) gebraucht wird ’ (FLNK, Unterbäch) und der Nachtfärich ‘ der Nacht- Pferch (Pferch für das Vieh in der Nacht) ’ (Oberems). Komplexere Konstruktionen sind der Borertschuggufärrich ‘ der Pferch bei den Borertschugge (Felsen mit Bohrlöchern) ’ (Hohtenn), der Drispitzfärich ‘ der Pferch mit dem Dreispitz (dreieckige Mauer gegen Lawinen) ’ (Visperterminen), t Forsaasfäricha ‘ die Pferche bei der Vorsass (Voralpe) ’ (Blatten), t Hofattfärricha ‘ die Pferche beim hohen Felsband ’ (Mund), der Lochreeftufärrich ‘ der Pferch beim steilen Abhang zum Loch ’ (Hohtenn) und weitere. Als Bestimmungswort verbindet sich das HL mit folgenden Grundwörtern zu zweigliedrigen Komposita: Acher, Fad, Flüö, Gassa, Gletscher, Güet, Gufer, Hitta, Hooru, Licka, Löuwina, Matta, Müra, Pletscha, Schiir, Stafel, Stutz, Tschugge, Wäg und Wald. Einen Beleg für das HL im Genitiv bietet ts Fäärigsch Müüru ‘ die Mauer des Pferchs ’ (Saas-Almagell). Komplexere Fälle sind: der Färiwaldstafol ‘ der (Alp-) Stafel im Färiwald (Wald bei ze Färiche (bei den Pferchen)) ’ (Eischoll) und Zwischfärichflienu ‘ die Flühe zwischen den Pferchen ’ (Randa). Unklar ist Zen Gampinen der Ferrich Susta dem Treichweg (1787) in Leuk. Susta ist laut P H . K ALBERMATTER (p. c.) eine Fehllesung für juxta ‘ neben ’ , also ‘ der Pferch neben dem Treichweg ’ . Abgeleitet ist der FaN Ferricher (cf. HL F ERCHER ), zu dem Ferrihers Bidemlin ‘ der kleine Boden der Familie Fercher ’ (1425, Eggerberg) zu stellen ist. Farn Farn ‘ Farn ’ ist zu schwdt. Farn m./ n., Pl. ebenso, ahd. farn, farm, mhd. varm, varn ‘ Farn ’ , ‘ Farnkraut, verschiedene Spezies, oft als grobe Streue verwendet ’ (I D . 1, 1017 f.) zu stellen; im Oberwallis meist als Faare (C. S CHMID 1969, 190; bei G RICHTING (1998) fehlt das Wort), deswegen ist im Einzelfall auch eine Ableitung zum Verb fare ‘ fahren ’ (cf. HL F AHR ) möglich. Inhaltlich ist wichtig, dass Farn eine Nutzpflanze als Streu und eine Heilpflanze gegen Hexenschuss und Ischias (C. S CHMID 1969, 190) war. Das Simplex ist nur im Plural mit einem Adjektiv belegt: t Obru und t Undru Fare ‘ der obere und der untere Teil des Gebietes mit Farn ’ (Simplon). Sonst ist Faar- Bestimmungswort, am häufigsten zu Acher (Gampel, Hohtenn, Leuk, Niedergesteln, Steg), einmal historisch Farenhaltÿ ‘ die kleine Halde beim Farn ’ (1774, Naters); komplexer ist der Faarachercheer ‘ die Strassenkehre beim Farnacker ’ (Steg). 125 126 Farn <?page no="68"?> Als Ableitung auf / - I / (wohl älter / - AHI / , siehe BENB 1, 1, 119) kommt Faarni ‘ das Gebiet mit Farn ’ (Fieschertal) vor. Produktiver ist die Feminin-Ableitung auf / - ERA / (ahd. / - ARRA / (I D . 1, 1019; S ONDEREGGER 1958, 471 ff.) in Farnera ‘ Ort, wo Farnkraut in grösserer Menge gedeiht ’ , das als Simplex in Binn, Fieschertal, Grengiols und St. Niklaus belegt ist; historisch findet es sich als in der Varnaron (1399, Birgisch). Als Bestimmungswort tritt es als Farner auf: ts Farnerstäfulti ‘ der kleine Stafel bei der Farnere (Gebiet mit Farn) ’ und der Farner Graben ‘ der Graben beim Gebiet mit Farn ’ (1842, Turtmann). Unklar ist ts Farialp (Visperterminen). Wenn ts Artikel ist, passt er nicht zu Alp, das sonst immer feminin ist. Wenn ts ein Artikel im Genitiv ist, wäre Fari als PN oder Übername zu interpretieren ‘ die Alpe des Fari ’ ; Fari wäre dann ‘ jemand, der fährt ’ (I D . 1, 902); allerdings würde man dann einen Genitiv *ts Farisch Alp erwarten. Ein Konstruktion vom Typ ts Alp fare ‘ auf die Alp fahren (ziehen) ’ ist nicht möglich - sie erklärt weder die Stellung von Alp, noch die Form Fari. Z IMMERMANN (1968, 71) stellt t Farialp (Feminin! ) zu mhd. farn ‘ Farn ’ . Woher das neutrale Genus des Belegs von M. S. stammt, ist unklar. Fary Fary ist in zwei Formen vertreten; einmal als in d Fary ‘ die Fary (unsicher) ’ (1737, Albinen) und drei Mal als in den Fa ᵉ rys Sa ᵉ uinen ‘ die Sefinen (Juniperus sabina) beim Pferch / des Färy ’ (1550, Hohtenn; 1550 u. später, Niedergesteln; 1550, Steg), die sich wahrscheinlich in Niedergesteln befanden. Im zweiten Fall handelt es sich um ein maskulines Nomen, das wohl zu schwdt. Pfärrich ‘ Pferch ’ und wdt. Färich, Färig (Saastal), Färrich (Schattenberge), Ferich (Leuker Berge) ‘ Pferch, Gehege ’ (I D . 5, 1174; G RICHTING 1998, 76) zu stellen ist (cf. HL F ÄRICH ). Nicht auszuschliessen ist allerdings auch ein PN Färy. Im ersten Fall liegt ein feminines Fary in Albinen vor. Als romanisches Etymon ist es auch in Albinen nicht belegt. Eine Deutung ist aber auch sonst hier nicht möglich, da Fari im I D . (1, 902) nur als Maskulin oder Neutrum vorkommt und auch keine Deutung vorliegt, die passen würde. Ein dort erwähntes Ferig f. ‘ Waarentransport ’ wird auf S TALDER zurückgeführt, der allerdings in seinem Werk (1812, 364) das Wort nicht als Feminin und nur für das Schaffhausische angibt. Ob Fary trotz Feminin auch zum Beleg Pfärrich m. zu stellen ist, bleibt unklar. Fäsil Fäsil wird von I D . zu schwdt. F ă sel m. ‘ junges Vieh, junge Zucht, besonders von der selben Mutter, von Schafen, Ziegen, Schweinen; mageres, nicht zur Mastung bestimmtes Kleinvieh ’ bzw. Alpe für Schmalvieh oder junges Vieh, allgemein ‘ Zuchttier ’ , ahd. fasal, mhd. vasel m. ‘ männliches Zuchttier ’ und n. ‘ Nachkommenschaft ’ (I D . 1, 1055 f.) gestellt. R ÜBEL (1950, 113) kennt nur Faselschwii als Handelswort von ausserhalb des Wallis. Das HL kommt primär in Gampel vor und ist vermutlich ein romanisches Wort; der älteste Beleg von 1353 hat in alpibus de la vesla für die heutige Fäsilalpu (Gampel). M EYER (1914, 66) kennt vacivile. Es ist wohl zu FEW (14, 107 ff. s. v. vac ī vus leer) zu stellen. B OSSARD / C HAVAN (2006, 244) kennen das Etymon als Veisivi etc. und sagen dazu: „ au sens de bétail qui n ’ a pas encore porté [in der Bedetung von Vieh, das noch nicht getragen hat] “ . Die Alp in Gampel dürfte also auf deutsch in etwa Chalberalp oder ähnlich heissen. Ob das dt. Fasel zu einem rom. Bezugswort zu stellen ist, weiss I D . nicht, jedoch erwähnt es in der Anmerkung (I D . 1, 1056) eine sonst nicht belegte Fäsel-Alpe (Kanton Glarus) als „ eine Alp für Schmalvieh oder junges Vieh “ . Das HL tritt nur als Bestimmungswort in Fäsilalpu ‘ die Alpe Fäsil ’ (FLNK, Gampel) mit t Oberi und t Undri Fäsilalpu (Gampel), Obär und der Unner Fäsilstafil (Gampel), der Fäsilwald (Gampel) und historisch dem Fäsellzu ᵕ n nach ‘ dem Fäselzaun folgend ’ (1670, Gampel). Nicht hieher, sondern zum HL F ESCHIL gehört Fäselgrat (LT, Erschmatt), der sich oberhalb der Fäschillju (Bach bei Feschel vorbei) befindet. Ganz unsicher ist das 1720 in Gampel belegte jn der Fisilen. Zwar kennt I D . (1, 1074 f.) zwei Lemmata ‘ Hülsenfrüchte ’ und ‘ Rute ’ dazu, aber keines von beiden ist im Wallis bekannt; aus dem Beleg lässt sich im Weiteren nicht ablesen, ob eines der beiden gemeint ist. Eine Kurzform zu Fäsel liegt kaum vor, sodass eine Deutung nicht möglich ist. Fasnacht Fasnacht m. ist wohl zu schwdt. Fasnacht f., mhd. vastnaht, vas(e)naht (I D . 1, 947; I D . 4, 645 ff.) zu stellen. Was jedoch auffällt, ist das Genus Maskulin bei den zwei belegten Simplizia im Singular der Fasnacht (Fieschertal) und au ᵕ fem Fasnacht (1824, Bellwald). C. S CHMID (1968, 218) kennt für Bellwald allerdings nur den Brauch des Fasnachtsballs und des danach stattfindenden Fastnachtstischs. Das Nomen besteht laut K LUGE / S EEBOLD ( 25 2011, 279 f.) aus dem sicheren zweiten Bestandteil Nacht, während die Herkunft des ersten Teils des Namens Fas unklar ist. G R W B (3, 1353 ff.) hat nur Fastnacht und interpretiert es als die „ letzte derb ausgenossene fresszeit vor dem beginn der faste “ . G RICHTING (1998) kennt das Wort nicht. Im Beleg t Fasnachtschnitta ‘ das ausgeschnittene Stück Land (Benennung nach Fasnacht ist unklar) ’ (Ernen) nennt Gwp. ein Partizip <verfasnachtet> und deutet es Fary 127 128 <?page no="69"?> als <verfestet>. I D . (4, 654 s. v. fasnachte n ) kennt nur ‘ die Fasnacht begehen ’ und ‘ (i)n der Fasnachtszeit grössere Gesellschaften abhalten ’ . Für die beiden Simplizia im Singular mit dem Genus maskulin ist eine Deutung schwierig; wir geben deswegen nur ‘ der Fasnacht ’ ohne weitere Erklärung. Die übrigen Belege kennen Fasnacht nur als Bestimmungswort. Das häufigste davon ist der Fasnachtbiel ‘ der Fasnachtshügel ’ (Törbel) und historisch auffum Fasnachtbiel (1695, Ausserberg), im Fasnachtbiel (1774, Raron), am Fasnachtbiell (1693, Unterbäch), sowie das gleichbedeutende Fasnachthubel (FLNK, Obergesteln). In Törbel sagt Gwp. „ An <fasnachten> spielte man hier den <Wilden Mann> “ ; der „ Wilde Mann “ ist eine Art Sündenbock, der die Sünden und Untaten der Dorfeinwohner büssen muss. In Glis ist 1849 das Fasnach Feürlÿ ‘ das kleine Fasnachtfeuer ’ belegt; offenbar wurde hier das Fasnachtfeuer entzündet. 1659 ist in Glis Fasnacht Drähen (unklar) belegt. Fassnachtgassen ‘ die Fasnachtsgasse ’ (1685, Oberems) und t Fasnachtschnitta ‘ das ausgeschnittene Stück Land für die Fasnacht ’ (Ernen) sind die weiteren Belege. Bei Biel, Hubel und Fiir (Feuer) sind Orte gemeint, wo das Fasnachtfeuer (I D . 1, 947 s. v. Fasnachtfür) brannte oder wo ein Fasnachtsspiel stattfand. www.ortsnamen.ch belegt mehrere Fasnacht im Kanton Zürich als „ Kulturland “ ; das könnte auch für die Fasnachtschnitta gelten. Die in Oberems erwähnte Fassnachtgassen diente wohl einem Fasnachtsbrauch, der nicht näher beschrieben ist. Zum Thema vgl. S. C HAPPAZ -W IRTHNER (1995). Fassig Fassig ist viermal als t Wasserfassig ‘ die Wasserfassung ’ (Grengiols, Oberwald, Simplon, Zwischbergen) und in der mit / - ER / abgeleiteten Form Fasser in Fasserwald ‘ der Wald, wo man Wasser fasste ’ (LT, Biel) und der Fasserwaud ‘ der Wald, wo Wasser gefasst wurde ’ (Ritzingen, LT Fasserwald, FLNK Fasserwaud mit / l/ -Vokalisierung) belegt. Das HL ist zum schwdt. Fassig f. wie nhd. ‘ Fassung ’ hier Fassungsstelle des Wassers, Hauptfassung am Bach, / - IG / -Ableitung zum Verb schwdt. fasse n (I D . 1, 1058 ff.) zu stellen. Es handelt sich um eine Angleichung des hdt. Wasserfassung an das Wdt. Fasser ist zwar im I D . (1, 1062) belegt, aber in anderer Bedeutung. G RICHTING (1998, 76) kennt nur das Verb fasse, fassä (Goms), fassu ‘ einfüllen, fassen, begreifen ’ , wobei die letzte Deutung hier nicht einschlägig ist. Fätsch Fätsch n. ist lebend in ts Fätsch (Ergisch, auch FLNK und LT) belegt; statt Ergisch könnten laut historischen Belegen auch Ober- oder Unterems in Frage kommen. Nur von FLNK ist in Turtmann Fätsch und der Diminutiv ts Fätschi belegt, den aber FLNK auch für Unterems angibt. Nur historisch kommt Fetsch 1860 für Unterems vor. Die Belege liegen alle um Unterems herum und meinen wohl eine glatte, steile Wiese. Sie sind vermutlich zu schwdt. Fatsch, Fätsch (I D . 1, 1140) zu stellen, wobei die Deutung ‘ glatte, steile Wiese ’ so in I D . nicht vorkommt. I D . vermutet aber auch, dass Fäsch (cf. HL F ÄÄSCH ) vorliegt, sodass die Form hier nach Z INSLI (1946, 318, aber unsicher) eigentlich nur ‘ dichtes Gras ’ bedeuten würde. Eine Herleitung zu lat. FASCIA ‘ Binde ’ (FEW 3, 423 ff., bes. 425 ‘ Streifen Land ’ ) ist nicht auszuschliessen. Lebend kommt weiter in Betten Balifetscha (FLNK) vor. Bei Bali handelt es sich wohl um einen PN oder FaN (cf. HL B ALI (F A N)); Fetscha selbst könnte ein Plural ntr. oder ein (re-analysierter) Singular fem. sein. Der Name gilt heute für ein Waldgebiet; SK zeigt aber an der gleichen Stelle keinen Wald, sodass von einer glatten, steilen Wiese des Bali ausgegangen werden kann. Als Bestimmungswort kommt das HL nur 1621 in Ergisch als jm Fetschakerr ‘ im Acker beim Gebiet Fätsch (steile, glatte Wiese) ’ vor. Das in Ergisch ab 1621 erwähnte die Fetscherrun (1783 die Fetscherj) und das 1698 in Oberems belegte die Fetscheren meint in beiden Fällen eine Wasserleitung (Ableitung auf / - ERI / für Wasserleitungen), die vermutlich mit der 1801 in Unterems erwähnten Fescheru ᵕ (cf. HL F ÄÄSCH ) identisch ist. Es handelt sich um eine Wasserleitung zur Bewässerung des Fätsch oder Fätschi. Fatter Fatter ist nur in der Holzfatterlitschuggu ‘ der Fels des Holzväterchens (unklar, siehe Holzmüeterlitschuggu (Gampel)) ’ (Gampel) belegt. Das HL F ATTER ist zu schwdt. V ă ter m., Dim. V ă terli, Vätterli, Pl. Vättere n wesentlich wie nhd. ‘ leiblicher Vater ’ und im religiösen Sinn ‘ Gott ’ und wdt. Vatter, Vattr (Lötschtal) Vattär ‘ Vater ’ (I D . 1, 1126 f.; G RICHTING 1998, 219) zu stellen. I D . (4, 593) kennt Holzmüeterli als ‘ mythisches Wesen, Waldweiblein ’ . In Gampel wurden wohl zwei Felsen mit einem mythischen Paar Holzfätterli und Holzmüeterli verbunden und als metaphorische Namen betrachtet. Feck Feck ist als Simplex nur in Ergisch belegt und zwar 1337 als jn den Veche, 1345 wiederum jn den Veche und jn de Venche, 1355 als in Veche. Als Bestimmungswort erscheint es 1700 als im Feckboden (Bister); ob hier das gleiche Etymon vorliegt, ist sehr unsicher. Der erste Beleg Veche oder Venche könnte zum lat. V Ĭ CIA wicke (FEW 14, 413) gestellt werden und wäre dann aus dem Frankoprovenzalischen ins Deutsche übernom- 129 130 Feck <?page no="70"?> men worden. Wie L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 322 - 330) nachweisen, kommen verschiedene Wicken in der Schweiz vor. Ein deutscher Beleg zu diesem Flurnamen ist nicht zu finden. im Feckboden ist 1700 in Bister belegt. Während das Grundwort Boden (cf. HL Bodu) gut belegt ist, kann Feck als Bestimmungswort nicht bestimmt werden. I D . (1, 728) zu Fecke n ‘ Fittig, Flügel ’ und I D . (1, 731) Fëcker II ‘ Gauner, Landstreicher ’ kommen wohl beide nicht in Frage. Die Deutung bleibt deswegen unsicher. Fee (Schaf) Fee (Schaf) ist vor allem im Gemeindenamen Saas-Fee vertreten. Er ist auf spätlateinisch F Ē TA ‘ Mutterschaf ’ zurückzuführen und bedeutet in der Mehrzahl ‘ Schafweide ’ (FEW 3, 486a; G PSR 7, 216 f.). Volksetymologisch wird der Name oft als hdt. ‘ Fee ’ gedeutet; das lautgleiche Fee (Vieh) muss davon ebenfalls getrennt werden. Ausser im Gemeindenamen Saas-Fee kommt der Flurname als Grundwort nicht vor. In den ältesten Belegen erscheint der Name einfach als Vee (1304 u. später, Saas- Fee). In zweigliedrigen Komposita erscheint Fee als Bestimmungswort zusammen mit folgenden Grundwörtern: Blatta, Chi, Chopf, Gletscher, Joch und Wasser. In Saas- Grund kommen komplexere Konstruktionen vor: Feechi Kapällu ‘ die Kapelle beim Kinn (Schlucht), das Richtung Saas-Fee liegt ’ (FLNK, Saas-Grund), Ober und Unner Feechi ‘ der obere und der untere Teil des Kinns (Schlucht), das Richtung Saas-Fee liegt ’ (FLNK, Saas-Grund). Vermutlich gehört auch der Beleg Feegassu (FLNK, Saas- Grund) eher zum HL F EE (S CHAF ) als zum HL F EE (V IEH ) und meint dann ‘ die Gasse nach Saas Fee ’ ; es wurden in der Datenbank beide Deutungen hingeschrieben. Einen Genitiv findet man als Verro in (lat. quarterium) Verro ‘ der Viertel der Leute von Saas-Fee ’ (1553 u. später, Saas-Fee), im lebenden t Feeru Vischpu ‘ die Vispe (Fluss) vom Feegletscher herunter ’ (Saas-Fee; LT Feevispa, FLNK Feevischpa) und ts Feeruchi ‘ das Kinn (Schlucht) der Feeru-Vispe ’ (Saas-Fee). Das HL F EE (S CHAF ) ist ursprünglich frpr., wird aber heute als deutsches Etymon verwendet und ist deswegen nicht rot eingefärbt. Fee (Vieh) Fee (Vieh) kommt unter Vich ‘ Vieh ’ (I D . 1, 647), bei G RICHTING (1998, 219) als Vee ‘ Vieh ’ und bei R ÜBEL (1950, 49) als f ē (vereinfacht) vor. Dialektal ist langes / e: / belegt, das hdt. Vieh kommt in älteren Belegen ebenso wie hyperkorrektes Vüch vor. Das lautlich gleiche Fee (Schaf) ist für Saas-Fee und Saas-Grund belegt (cf. HL F EE (S CHAF )), das auf spätlateinisches F Ē TA ‘ Mutterschaf ’ zurückzuführen ist); es muss von Fee (Vieh) getrennt werden. Als Grundwort kommt das HL nur in der Komposition ts Salmufee (Ausserberg) vor, wo es aber unsicher ist; ein Bezug zum Fischnamen Salm (I D . 7, 866) liegt nicht vor. Mit Adjektiven ist belegt: an den Obren und an den Vndren Vieweiden ‘ an den Oberen und an den Unteren Vieweiden ’ (1473 und 1477, Visperterminen; im zweiten Fall vereinfacht) und aús dem Vnder Fieweir ‘ aus den unteren Vieh-Weier ’ (1703, Staldenried). Als Bestimmungswort (in verschiedenen Schreibweisen) ist es in zweigliedrigen Komposita mit den Grundwörtern Blatta, Chi, Färich, Gassa, Stäga, Tschugge, Weid und Wier verbunden; vermutlich gehört aber Feegassu (FLNK, Saas-Grund) nicht hieher, sondern zum HL F EE (S CHAF ) als ‘ Gasse nach Saas-Fee ’ . Komplexere Formen sind an Lochmattero Vüchtreyen ‘ an den Viehwegen der Familie Lochmatter ’ (1758, Visperterminen), an den Obren Vieweiden ‘ an den oberen Weiden für das Vieh ’ (1473, Visperterminen), an den Vndren Vÿeweÿden ‘ an den unteren Weiden für das Vieh ’ (1477, Raron), aús dem Vnder Fieweir ‘ aus dem unteren Weiher für das Vieh ’ (1703, Staldenried) belegt. Feele Feele ist nur belegt in Feelewasserleita (FLNK, Ausserbinn). Eine sichere Deutung ist nicht möglich. Am nächstliegenden wäre der sonst im Oberwallis als Fälach ‘ Weide ’ (I D . 1, 842 s. v. Fëlwe) belegte Baum- oder Pflanzenname, der aber ein offenes / ää/ erwarten lassen würde und nicht / ee/ . Ob ein verdeckter Diminutiv zu schwdt. Vich ‘ Vieh ’ , wdt. Vee ‘ Vieh ’ (I D . 1, 617; G RICHTING 1998, 219; vgl. auch R ÜBEL 1950, 49) vorliegt, ist unklar; die / e/ - Qualität würde dann zwar stimmen, die Endung / -le/ dagegen ist sonst nicht belegt. Allerdings ist 1847 in Binn die Fellÿwasserleitung belegt, vermutlich die gleiche Wasserleitung, obwohl Binn sich weiter im Tal befindet als die kleine Gemeinde Ausserbinn, die heute zur Gemeinde Ernen gehört. Die Deutung ist deswegen unsicher. Feer Feer ist nur in Zwischbergen belegt. Das Simplex kommt historisch seit 1391 als an Ver vor, wobei die Schreibweisen sich ändern; die jüngeren Belege zeigen deutlich einen Langvokal (1697 an Fehr, 1755 Feer). Historisch sind weiter am Obren Fehr (1656 u. später) und Feermatton (1650 u. später, dann als Feermatta und Fehrmatten) belegt. Lebend kommen der Feerbärg und der Feergrabu vor. Die Namen deuten darauf hin, dass sich am Feerbärg ein Grundstück ts Feer befand. Die lebenden Belege zeigen ein geschlossenes, langes / e: / , das für einige Dialekte auch beim schwdt. fer(r), Adj. und Adv. ‘ fern, weit, ursprünglich rein räumlich ’ , ahd. vër, mhd. vërre ‘ fern, weit ’ (I D . 1, 912 f.) angegeben wird. Gemeint wäre Fee (Schaf) 131 132 <?page no="71"?> dann ‘ das abgelegene Grundstück ’ (cf. HL F ÄÄRE ). Allerdings hat G RICHTING (1998, 75) mit fääre, fäärä (Goms), fäärn (Lötschtal), fääru ‘ letztes Jahr ’ durchwegs langes / ää/ , sodass ein Beleg hierzu scheitern muss. J ORDAN (2006, 250 f.) nennt Feerbärg und Feer, sowie Feerwäg, Feergrabu und Feerschtägi, gibt aber keine Deutung dafür. Eine Deutung von O LIVIERI (1965, 158 s. v. Fèra; er führt es auf lat. FERIA zurück) kommt kaum in Frage; ob ein auf lat. FERRUM ‘ Eisen ’ zurückzuführendes Lemma fêr (LSI 2, 422 f.) zu berücksichtigen ist, bleibt sehr fraglich. Insgesamt ist die Deutung deswegen unklar. Nicht hieher, sondern zum Gemeindenamen Saas-Fee gehört Feer Vischpu ‘ die Vispe (Fluss) aus Saas-Fee ’ (FLNK, Saas-Grund) (cf. HL F EE (S CHAF )). Fegnes Fegnes kommt zweimal vor: ol Fegnes (1338, Salgesch) und ol Fegnez (1338, Leukerbad). Der erste Beleg weist en la perrosery ol fegnes auf. Der Flurname ist zu lat. FENUM heu, frz. foin (FEW 3, 455 ff.; G PSR 7, 593 ss.; H AFNER 1950, 75 - 77) zu stellen. Die belegte Form ist ein Plural und dürfte eine Pflanze bezeichnen. Am nächsten scheint das in G PSR (3, 601) erwähnte P HALARIS ARUNDINACEA ‘ Rohr- Glanzgras ’ (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1534) zu sein, doch kommen auch andere Pflanzen in Frage. Wir geben den Namen deswegen als ‘ Heupflanzen ’ wieder. Fei Fei ist nur belegt in der Feiwald ‘ der Buchenwald ’ (Zwischbergen). J ORDAN (2006, 361) kennt neben dem Simplex Feiwaald auch Feiwaaldschtaaf u l. Der Wald befindet sich im Zwischbergental in einem Abhang auf rund 1650 m. Vermutlich liegt eine it. dialektale Form des Typs fay ‘ Buche ’ oder ‘ Buchenwald ’ (AIS 578, Nr. 114 Coppomorelli; O LIVIERI 2 1961; 223; 1965, 158; D EVOTO / O LI 2020, 822 s. v. faggio) zu Grunde. Feiwald ist also ‘ der Buchenwald ’ . Feist Feist ist ein attributiv verwendetes Adjektiv, das zu schwdt. Adj. feiss, feisst, ahd. feiz(i)t, mhd. veiz(e)t, allgm. ‘ fett ’ und wdt. feist ‘ fett ’ , in FlN in Hinsicht auf Pflanzenwuchs, Gras, Heu ‘ grasreiches, gedüngtes Land ’ (I D . 1, 1071 f.; G RICHTING 1998, 77; Z INSLI 1984, 564) zu stellen ist. Es ist nur in das feist Bidemgÿ ‘ der kleine, fette Boden ’ (1678, Martisberg) und jn dien veysten Matton ‘ in den fetten Wiesen ’ (1304, Törbel) belegt. Feitieru Feithieren, dial. Feitieru, Weiler der Gemeinde Leuk, liegt am linken Rottenufer, zwischen der Ausmündung des Illgrabens und dem Dorf Agarn (G EOGRAPHISCHES L EXIKON DER S CHWEIZ 2, 84). Die ältesten Belege für den Weiler haben 1338 ey foetyers, 1405 eys fuetiers (unsicher), 1412 eis fetyérs, 1428 eys feytyers, 1436 eys feityers usw. Erst 1593 wird ein dt. zum Feittier und vom Feÿtier verwendet. Die heutige Form ist 1788 als zen Feÿtieren, also einem Dativ Plural, belegt. Am ehesten liegt eine Ableitung auf / - ARIU ( M )/ - ARIA / zum frz. FAÎTE vor (G PSR 7, 120 s. v. faîtier mit Verweis auf FEW 15, 2, 129), wohl zu verstehen als ‘ das Bauen eines Hauses ’ oder ähnlich; als Name des Weilers wohl einfach ‘ bei den Häusern ’ . Das Wort ist auch im Deutschen früh entlehnt als feitiure ‘ Gestalt, Ausrüstung ’ (aus lat. FACTURA ) (L EXER 3, 50). Neben dem Weilernamen sind belegt: Oberfeitieru ‘ der obere Teil von Feithieren ’ (FLNK, Leuk), Unnerfeitieru ‘ der untere Teil von Feithieren ’ (FLNK, Leuk). Als Bestimmungswort kommt das HL mit Acher, Gassa und Matta vor. Komplexer sind ts Gross und ts Chlei Feitierugässi ‘ die grosse und die kleine kleine Gasse nach Feithieren (von Leuk aus) ’ (Leuk). Eine Kurzform findet sich in der Feierwald ‘ der Wald oberhalb Feithieren / der Leute von Feithieren ’ (Leuk), der bei FLNK als Feiruwald erscheint. Allerdings kann hier auch frpr. fao (vereinfacht) ‘ Buche ’ (FEW 3, 371 s. v. fagus buche; G PSR 7, 150 ff.) vertreten sein, das entrundet und zu Feithieren gestellt wurde. Feldmatter (FaN) Feldmatter (FaN) ist ein FaN, der in (terram) veltmattero ‘ (das Gebiet) der Feldmatter ’ (1478, Mund) vorkommt. J OSSEN (1986, 134; 1989, 73) erwähnt unter Nr. 42 Feldmatter als ausgestorbenen FaN für Mund. Felgarron Felgarron f. ist nur historisch in Glis belegt: 1338 ze Felgarron, 1392 zen Velgaren, 1398 zen Velgaron, 1406 zen Felgarren. Es ist zu schwdt. Fëlg e f., ahd. felga, mhd. felge, wie nhd. ‘ Felge; eines der krummen Holzstücke des Radkreises ’ , mit denominativer Suffixbildung ahd. / - AR- RA / , schwdt. / - ERE ( N )/ (I D . 1, 810; S ONDEREGGER 1958, 471 ff.) zu stellen. URNB (1, 1023) gibt als Benennungsmotiv die Geländeform an. Allerdings verweist schon I D . (1, 808) auf das Verb falge n ‘ den Boden auflockern (insbesondere bei der Dreizelgenwirtschaft) ’ und G RICHTING (1998, 76) kennt für die Rarner Schattenberge falgu ‘ bewässern ’ . Es käme also auch eine Tätigkeit oder ein Werkzeug im Bereich der Bodenlockerung in Betracht. Eine Erweiterung mit dem Suffix / - ING / zeigen zwei Belege von 1320 zen Velguerryngen und zen Velguerrunguen; gemeint sind hier wohl die Bewohner. Als Bestimmungswort erscheint der Name in Glis 1320 Velgerrogazzon und Velgerryngazza, also die Gasse nach dem Ort in der Form einer Felge. 133 134 Felgarron <?page no="72"?> Feliitzi (PN) Feliitzi (PN) ist nur belegt in der Feliitzihubil (Raron). Die Betonung liegt auf der zweiten Silbe, was einen PN vom Typ Felicia, Felicitas oder Felicius nahelegt. Feliizi ist eine Kurzform dazu (vgl. I D . 3, 1567 zu Litzi III, das auf Felicitas zurückgeführt wird). Felik Felik kommt nur in Felikhorn (it. Punta Felik) und Felikjoch vor, die als Feligshore und Feligsjoch (beide Zermatt, auch 1: 10000 mit {x} für {gs}) auf den PN Felix umgedeutet werden. Der Gipfel befindet sich laut LT auf der italienischen Seite. Dort ist auch ein Felikgletscher notiert, unterhalb des Felikhorns. Z INSLI (1984, 436 und 501) notiert die Namen s. v. Feligg für Gressoney und verweist S. 501 auf eine Sage, wonach hier früher eine Stadt Felick gestanden habe, die im Gletschereis verschwunden sei. LSI (2, 415 s. v. felécc ‘ Farn, Adlerfarn ’ ) gibt nahe Varianten, doch ist diese Deutung für einen Viertausender sehr unsicher. Insgesamt bleibt die Deutung darum unklar. Felis Felis ist nur einmal 1791 in Guttet als in Felismatten belegt. Die Schreibung des historischen Belegs ist nicht eindeutig lesbar; M. S. notiert in Klammern Selismatten. Wenn die erste Lesart stimmt, ist eventuell eine Variante von schwdt. Viole n und wdt. Viili, Viäli (Goms), Veili (Lötschtal) (I D . 1, 633 f.; G RICHTING 1998, 231)) gemeint, also ‘ die Veilchenwiese ’ . Möglicherweise ist aber auch der PN Felix (I D . 1, 772) oder der FaN Feliser (AWWB 94) vertreten, also ‘ die Wiese des Felix / der Familie Feliser ’ . Die Deutung ist in jedem Fall unsicher. Zur alternativen Lesart Selismatten gibt es keine naheliegende Deutung. Feliser (FaN) Feliser (FaN) ist der FaN Feliser, Felliser, Fellisen, Felison, Felyson, vom Vornamen Felisa, Feliz abgeleitet (AWWB 94); auch W. M EYER (1991, 97 ff.) erwähnt den FaN Feliser für Turtmann. Belegt ist der Name 1608 als Zen Feleseren ‘ bei der Familie Feliser ’ (Turtmann), sowie als Genitiv Plural der Feliseren Weid ‘ die Weide der Familie Feliser ’ (1734, Agarn; 1734, Leuk). Feller (FaN) Feller (FaN) ist ein FaN, der für Ausserberg alt belegt ist (AWWB 94). Im Beleg in Fellero Walt (1548, Ausserberg) ist darum wohl der FaN Feller gemeint. Ausserberg kennt im Übrigen keinen Flurnamen Fell, zu dem Bewohner gemeint sein könnten. Fels Fels ist zu schwdt. Felse(n), ahd. felis m. neben felisa f., mhd. vels(e) ‘ Fels, Felswand ’ (I D . 1, 814; Z INSLI 1946, 318) zu stellen. Wie schon BENB (1, 1, 126) feststellt, ist das Wort im Namenschatz kaum erhalten. Die wenigen Belege unterstreichen das; einige davon stammen aus der alpinistischen Namengebung. Das Simplex erscheint nur in der präpositionalen Form Uber de Felsu üss ‘ über den Felsen hinaus ’ (Saas- Almagell, Strassenstück auf die Alpe). Als Grundwort wird Fels in Kinfelsen ‘ Felsen beim Kinn (Schlucht) ’ (Randa), Russufelsen ‘ Felsen bei Russu (rom. für ‘ Bach ‘ ) ’ (Varen) und St. Barbara Felsen ‘ Felsen bei St. Barbara (Kapelle auf dem Weg nach Leukerbad) ’ (Leuk) verwendet. Als Bestimmungswort wird es zu Band, Chopf, Chinn (hier als Körperteil ‘ Kinn ’ ), Grat, Horu und dem dazu gehörenden Felshoruband verwendet. Einen Sonderfall stellt Felsenkirche (LT, Raron) dar, das die heutige in den Felsen gebaute Kirche meint, als Gegensatz zur alten Kirche auf dem Hügel, genannt di Burg. Felscher Felscher n. ist nur im Bezirk Östlich-Raron belegt. Lebend erscheint das HL als ts Felscher (Ried-Mörel), Felscher (SK, Mörel) (beide im gleichen Gebiet) und ts Felser (Bister, FLNK Felscher). Nur historisch belegt ist im Felscher (1646, Filet), lokalisiert beim Gifrisch (Filet, Grenze zu Bister) und im Nydren Felschor (1449, Ried- Mörel). Die ältesten Belege in Ried-Mörel sind 1388 apud Velschore, 1446 jm Felsor, 1449 im Velschor, 1449 im Velscher, 1474 jm Felschor. Die ältesten Belege zeigen also / o/ in der neben- oder unbetonten Silbe. Fest ist auch das betonte / e/ , auch wenn ein Beleg von 1422 für Mörel das Fo ᵉ lscher hat, was seinerseits zu den älteren frpr. Belegen passen würde (siehe unten). Trotz ts Felser (Bister) enthält das HL von Anfang an / š / ; in Bister liegt wohl eine nachträgliche Deutung zu Fels vor. BENB (1, 1, 113 s. v. Faltsche, Fältsche) übernimmt die Deutung von H UBSCHMIED (1940, 16 f.), der rom. filice „ Farn(kraut) “ auf der Stufe *fel(d) žə annimmt. Allerdings fehlt Felscher als n. in den Belegen. H AFNER (1955, 170) hat *F ILICARIA als Ausgangspunkt, das nach ihm im Afrprov. Feugeri (1237 als Feugeri belegt) ergibt; B OSSARD / C HAVAN (2006, 84) nennen eine Reihe von Flurnamen s. v. Fégière, aber - soweit erkennbar - keine Form, die direkt mit Felscher n. verbunden sein könnte. Wenn die Hypothese von H UB- SCHMIED stimmt, müsste / l/ in Felscher erhalten geblieben sein. Die Deutung bleibt aber unklar, da H UBSCHMIED kein Neutrum annimmt. Feliitzi (PN) 135 136 <?page no="73"?> Fen Fen ist zu frz. foin, patois fin ‘ Heu ’ (G PSR 7, 593ss.) zu stellen. Sicher ist diese Deutung für das 1611 in Albinen belegte eys Fen=Merrÿ. Weniger sicher ist es 1302 in Mund für supra Fen Akere, wo auch ein dt. Fenn II ‘ Sumpf ’ (I D . 1, 833) gemeint sein kann, das I D . aber nur noch als Flurnamen in der östlichen Schweiz kennt. Fengiu Fengiu ist nur belegt in zúm Fengiu Schirli (1712, Termen). Die Lesung Fengiu wurde von P H . K ALBERMATTER (p. c.) bestätigt. Es dürfte sich um eine palatalisierte Form mit Umlaut zum Nomen Fangele, Pfangola, Pfangila (I D . 1, 859), das von I D . zum Nomen Fang (I D . 1, 852 f.) im Sinn von „ die geronnene Milchmasse im Alpkessel od. der käsichte Teil der geronnen Milch “ gestellt wird. Wenn diese Deutung stimmt, wäre die kleine Scheuer für den Käse bestimmt gewesen, was allerdings gegen die Feststellung von V. S CHMID (2003, 75) spricht, wonach der Käse immer im Keller gelagert wurde. Wenn jedoch Fang nach Bedeutung 4 des I D . als „ eingefriedigtes Land “ verstanden würde, wäre die kleine Scheuer in einem solchen Fang zu verstehen. Diese Deutung ist zwar sachlich eher zutreffend, kann sich aber nicht auf die Ausführungen von I D . stützen. Formal könnte Fengiu auch ein Adjektiv sein, doch ist es nirgends so belegt. Fenner Fenner m. ‘ Fähnrich ’ ist zu schwdt. Fänner, Venner, Fänder m., mhd fenre, fener aus ahd. fanari, ‘ Fähnrich, Fahnenträger ’ im Wallis auch Vorsteher eines Zendens (Bezirks), wdt. Fenner, Fennär (Goms), Fänndr oder Fennr (Lötschtal), Fännr, Fännär ‘ Fähnrich ’ (I D . 1, 831; G RICHTING 1998, 77) zu stellen. Zum Fenner aus Staldenried siehe B RIGGER (2013, 341 ff.). In den Quellen ist das HL nicht als FaN, nur als Funktionsbezeichnung erwähnt; es kann aber als Übername oder Funktionsname für eine Familie gebraucht worden sein. Belegt ist das HL entweder als Bestimmungswort oder im vorangestellten Genitiv. Als Bestimmungswort ist es in dr Fenderbobem ‘ der Boden des Fähnrichs / der Familie Fenner ’ (Wiler), der Fenderhubel ‘ der Hügel des Fähnrichs / der Familie Fenner ’ (Kippel, laut Gwp. veraltet) und t Fennermatta ‘ die Wiese des Fähnrichs / der Familie Fenner ’ (Ried-Brig) belegt. Vorangestellte Genitive sind: in des Fenders Ried ‘ im Ried des Fähnrichs ’ (1770, Turtmann), ts Fendersch Waldmatta ‘ die Wiese des Fähnrichts / der Familie Fenner beim Wald ’ (Ferden), ts Fennersch Fach ‘ das eingehegte Stück Weinberg des Fenners (laut Gwp. Funktionsbezeichnung) ’ (Staldenried), ts Fennersch Hüs ‘ das Haus des Fähnrichs / der Familie Fenner ’ (Eyholz), ts Fennersch Schiir und Stall ‘ Scheuer und Stall des Fähndrichs (Staldenriedner Fenner) ’ (Staldenried). Eine erweiterte Form ist ts Fennerfrantsch Bärg ‘ der Berg des Franz Fenner / des Fähnrichs Franz ’ (Selkingen). Fenolz Fenolz ‘ beim Fenchel ’ ist nur 1363 in Albinen als osfenolz belegt. os ist ein agglutinierter Artikel zum Flurnamen fenolz. M. S. ist nicht sicher, ob der Flurname zu Albinen gehört. Das HL ist zu frz. fenouil m., älter fenol, fenoil, spätlat. FEN Ŭ C Ŭ LU ‘ Fenchel ’ (T AGMANN 1946, 53; FEW 3, 454; G PSR 7, 284s.) zu stellen. Gemeint ist wohl ein Stück Land, auf dem Fenchel wuchs. Laut L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 970) kommt Fenchel auch im Wallis vor, aber nur in tieferen Lagen. Fenster Fenster ist nur belegt in ts Chessifänschter ‘ das Fenster (des Wasserstollens) beim Chessigrabu ’ (Stalden) und die Pfeischtermatte ‘ die Fensterwiesen (unklar) ’ (Niedergesteln). Es ist zu schwdt. Fenster, Fënster, Feister n., mhd. venster, entlehnt aus lat. FENESTRA , wie nhd. ‘ Fenster, Luke, Öffnung ’ und wdt. Pfeischter, Pfeischtr (Lötschtal), Pfeischtär ‘ Fenster ’ (G RICHTING 1998, 151) zu stellen. Neben dem [f]im Anlaut erscheint häufig [pf]- (SDS 2, 129; I D . 1, 871 f.). Zum [n] vor Reibelaut (Staubsches Gesetz) siehe SDS (2, 129) und R ÜBEL (1950, 6). SDS (2, 130) zeigt, dass im Oberwallis auch die Lautung Fänschter entweder auf Grund des Einflusses des Hdt. oder als weniger lokale Lautung erscheint. Die Motivation für Pfeischtermatte ist unklar, jedoch könnte hier auch ein Artikel / t/ assimiliert worden sein, so dass ursprünglich ‘ die fetten (feisten) Wiesen (unsicher) ’ gemeint ist. Fentnera Fentnera f., Pl. ist in Bratsch als p ’ Fentnera, auch Fäntnära (FLNK u. LT) belegt; die Form ist ein Plural, wie die flektierte Form va du Fentneru ‘ von den Grundstücken des Fenners ’ zeigt. Die historischen Belege in den Vendien (1621), im Fentner (1701), im Fendner (1738) legen das schwdt. Fenner ‘ Fähnrich ’ , wdt. Fenner, Fännär (Goms), Fänndr oder Fennr (Lötschtal), Fännr, Fännär ‘ Fähnrich ’ (I D . 1, 831; G RICHTING 1998, 77) nahe (cf. HL F ENNER ). Die Form in der Mehrzahl ist wohl mit einer / -( ER ) A / -Ableitung (S ONDEREGGER 1958, 471 ff.) gebildet mit der Deutung ‘ das Grundstück des Fähnrichs ’ . Feraasche Feraasche ist in Salgesch (FLNK) belegt; M ATHIER (2015, 80) hat Feraaschä. T AGMANN (M S ., 13 ff.) gibt Feraschen und vermutet ein afrkpr. * FERADZO , das auf eine Grundform * FERRATICUM ‘ grünes Futtergetreide ’ zurückzuführen 137 138 Feraasche <?page no="74"?> sei (Literatur bei T AGMANN ). M ATHIER (2015, 44) vermutet zunächst ein lat. Adjektiv FERAX mit einem Suffix / - ATI- CUM / ‘ fruchtbar, ergiebig ’ , referiert dann aber auch T AG- MANN . B OSSARD / C HAVAN (2006, 264 f.) geben für die Namen Ferrage und Ferrajoz mehrere Deutungen, darunter auch die angeführten. Alle schliessen einen Zusammenhang mit lat. FERRUM ‘ Eisen ’ aus. Die historischen Belege weisen einen Typ ou feraio (1347), ou ferraio (1351) und einen Typ on ferrachoz (1346), on ferraut (1365) (beide wohl mit ou), eys ferragioz (1494) auf. Die konkurrierenden Schreibungen entsprechen wohl unterschiedlichen Wiedergaben des stimmhaften / dz/ . Die Deutung von T AGMANN dürfte zutreffen. Fercher (FaN) Fercher (FaN) ist ein Familienname, der in Mund belegt ist (NWWB 1, 101; E. J OSSEN 1989, 57 f.). J OSSEN gibt als ältere Formen Ferricher und Verricher an. Der FaN ist nach ihm auf den Weiler ts Ferrchu zurückzuführen. Belegt ist Ferrihers Bidemlin ‘ der kleine Boden der Familie Fercher ’ (1425, Eggerberg). Ferden Ferden, dial. Fäärda, ist zunächst der Ortsname der Gemeinde Ferden im Lötschental. Die erstbelegte Form für Ferden aus dem 14. Jahrhundert ist Verdan. Der Name setzt sich aus dem Adjektiv vert ‘ grün ’ (< lat. V Ĭ R Ĭ DIS (FEW 14, 507ss.)) und dem Suffix / - Ā NUM / zusammen (K RISTOL ET AL . 2005, 350 f.). Dieser Namentyp ist in der Westschweiz weit verbreitet (J ACCARD 1906, 499). S TUDER (1896, 104) führt den Namen auf lat. VIRIDARIUM ‘ Baum- oder Krautgarten ’ zurück, was so nicht haltbar ist. Als Substantiv bezeichnet verdan ‘ unreife Trauben ’ , ‘ spät reifende, lang grün bleibende Hanfsorte ’ , eine ‘ Birnensorte ’ aber auch ‘ Wiese ’ . Das genaue Benennungsmotiv für Ferden im Lötschental kann nicht bestimmt werden (K RISTOL ET AL . 2005, 350 f.). Neben dem Gemeindenamen gibt es eine ganze Reihe von weiteren Namen. Mit attributiven Adjektiven ist das Grundwort belegt in ts Ober Färda ‘ der obere Teil des Färda (Alpe) ’ (Ferden; SK Oberferden, LT Obers Färda, FLNK Ober Färda) ’ und ts Under Färda ‘ der untere Teil des Färda (Alpe) ’ (Ferden; SK Unterferden, LT Unders Färda, FLNK Under Färda). Ähnlich konstruiert sind ts Ober Färdariäd ‘ der obere Teil des Riedes bei Ferden ’ (Ferden), t Ober Färdasuän ‘ die obere Wasserleitung nach Ferden ’ (Kippel), die Obren Ferden Sun ‘ die obere Wasserleitung nach Ferden ’ (1616 u. später, Ferden), Oberferdengletscher ‘ der Gletscher oberhalb der Alpe Obers Färda ’ (LT u. SK, Ferden; FLNK Ober Färdangletscher), Oberfärdarothoren ‘ das Oberfärdarothoren (Gipfelname, LT Ferdenrothorn, das Rothorn oberhalb der Alpe Ober Färda) ’ (Ferden), ts Under Färdaried ‘ der untere Teil des Riedes bei Ferden ’ (Ferden), t Under Färdasuän ‘ die untere Wasserleitung nach Ferden ’ (Kippel), (lat.: jnferiorem ‘ die untere ’ ) Ferden Su ᵕ n ‘ die untere Wasserleitung nach Ferden ’ (1616, Ferden). Noch komplexer ist t Inder Ferdanbachegga ‘ die innere Ecke am Ferdenbach ’ (Kippel). Als Bestimmungswort tritt der Gemeindename in zweigliedrigen Konstruktionen zu folgenden Grundwörtern: Bach, Chumma, Egg(a), Fura, Gletscher, Pass, Ried, Suon, Wald und Wang. Teilweise sind diese Komposita getrennt geschrieben. Komplexere Formen sind: Färdarothorn ‘ das Ferdenrothorn (Gipfelname, benannt nach der Alpe Färda) ’ (FLNK, Ferden; SK Ferden Rothorn, LT Ferdenrothorn), ts Ferdurothoru ‘ das Ferdurothoru (Gipfelname, LT Ferdenrothorn, das Rothorn oberhalb Ferden, nach der Gesteinsfarbe benannt) ’ (Leukerbad; FLNK Färdurothoru), der Ferdan Fùren Weidt ‘ die Weide bei der Furche der Gemeinde Ferden ’ (1669, Ferden), t Färdanbachweidä ‘ die Weiden bei der Mündung des Färdanbachs in die Lonza ’ (Ferden), Färdariedbord ‘ das Bord (Abhang, Böschung) beim Färdaried (Ferdenried) ’ (FLNK, Ferden), in den Ferden=Riedhalten ‘ in den Halden beim Ried bei Ferden ’ (1767 u. später, Ferden), t Färdariedsuän ‘ die Wasserleitung, die vom / zum Ferdenried (Ried bei Ferden) fliesst ’ (Ferden). Die Belege zeigen, dass der Gemeindename im ganzen Gemeindegebiet, nicht nur in der zentralen Siedlung, verwendet wurde und wird. Ferien Ferien ist nur einmal belegt in Feriendorf Fiesch ‘ das Feriendorf Fiesch ’ (LT, Fiesch). Der heutige Name ist Sport Resort Fiesch. Es handelt sich um ein Resort mit Gruppen-Unterkünften. Das HL ist zum Pl. Ferien ‘ Ferien, Urlaub ’ zu stellen, das nicht als dialektal gilt (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 287). Ferrey Ferrey f. ist nur historisch in Albinen belegt: 1648 ÿ Fero, 1743 in die Ferreÿ. Aus den Belegen folgt, dass es sich ursprünglich um ein frpr. Wort handelt, das später eingedeutscht als Ferrey oder Ferri (so im Register der Gemeinde) verwendet wird. Unklar ist, ob das heutige Pfäri (FLNK, Albinen; M ATHIEU 2006, 13, Nr. 24), das von uns als ‘ die Pfarrei ’ wiedergegeben wurde, mit dem historischen Beleg verwandt ist. Albinen wurde erst 1737 eigenständige Pfarrei; Pfäri könnte daher auch ‘ das Pfarreigut ’ sein. Wenn aber das anlautende / pf/ als Agglutination zu Färi zu stellen wäre, liegt der traditionelle frpr. Name Ferrey (Ferri) vor. Eine überzeugende Deutung (weder frpr. noch dt.) kann nicht gegeben werden. Fercher (FaN) 139 140 <?page no="75"?> Fersin Fersin ist nur in uf Fersiin (Ferden) belegt. LT hat uf Fersyn, SK Ufersin und Fersin. Die Notation ist etwas verwirrlich, da der lebende Name auf der letzten Silbe betont ist; vermutlich liegt ein vor oder für sîn zu Grunde. Wie LT und 1: 10000 zeigen, scheint Uf Fersiin an den Restigrat anzuschliessen. Die in der Beschreibung erwähnte Restialp befindet sich laut LT deutlich tiefer auf rund 2098 m, während Uf Fersiin auf rund 2600 m liegt. Es liegt also wohl ein Kompositum für / vor + sii(n) vor, das hier räumlich zu verstehen ist: ‘ auf der für / vorseienden Stelle ’ . Konstruktionen dieses Typs sind unter vor-s ī n und für-s ī n (I D . 7, 1044) mit weiteren Verweisen auf Bd. 1 des I D . verzeichnet. Feschil Feschil, auch Fäschil ist der Name eines Dorfes (Feschel) und - mit einer Ableitung auf - JA , resp. - JU - eines Baches im Bezirk Leuk. K RISTOL ET AL . (2005, 424) führen die ältesten frpr. Namenformen vom Typ Veselly auf ein Adj. (terra) *veselia zurück, das vom lat. PN V ESELIUS abgeleitet sein könnte (S CHULZE 1991 [1904], 256, 445). Der Name würde also ‘ Besitz des Veselius ’ bedeuten. Das Simplex im Singular ist als Feschil nur für den Gemeindenamen Feschel belegt. Die ältesten Belege sind 1267 apud ueselli, 1300 de vesil, 1322 de veselly usw. Historisch erscheint 1707 in Feschel und Erschmatt alpis Fessol; der Text weist aber nicht auf Feschel, sondern auf die Fäsilalpu von Gampel hin. Als Grundwort fehlt das HL. Als Bestimmungswort findet es sich mit den Grundwörtern Rüüs und Wäg. Häufiger ist die Ableitung t Feschilju ‘ der Feschel- Bach ’ (Erschmatt, Feschel) und t Fäschilju ‘ der Feschel- Bach ’ (Leuk). Historisch erscheint es 1563 als Fesilla, resp. Feschilla, 1747 die Vexilen (alle Erschmatt). In Feschel ist es 1593 als in gulam vexilia ’ et flu ᵕ u ᵕ iu ᵕ m illius ‘ in der Schlucht des Feschelbaches und in diesem Bach selbst ’ (Feschel) belegt. Mit attributiven Adjektiven ist belegt t Kchleini Feschilju ‘ der kleine Feschel-Bach ’ (Feschel) und - als Diminutiv - das Klein Veschillj ‘ der kleine Feschel-Bach ’ (1592, Erschmatt). Als Grundwort fehlt die Ableitung; als Bestimmungswort kommt sie mit den Grundwörtern Loch, Wald, Wang und Wasser vor. Ein Genitiv Singular ist in bey der Veshien Brigen ‘ bei der Brücke über die Feschilja ’ (1870, Feschel) belegt. Das Adjektiv Veschier (aus dem Genitiv Plural Veschierro) mit einer Palatalisierung von / l/ zu / j/ findet sich in an Veschierro Matten (1629) und die Veschier Matten (1670), beide in Feschel. Das Verhältnis zum HL F ÄSIL ist unklar. Feschti Feschti ist zu schwdt. Festi f. ‘ Festung, Burg ’ , mhd. veste (I D . 1, 1120) zu stellen; als Flurname wird es auch für burgähnliche Geländeformen verwendet (BENB 1, 1, 132). In vielen Fällen ist der zweite, metaphorische Gebrauch des HL belegt; nur selten erscheint der erste. Das Simplex Feschti kommt in zwei Verwendungsformen vor: für schwer zugängliche, burgähnliche Geländeformen in Randa, Saas-Almagell, Saas-Fee und St. Niklaus und für die Ruine einer Burg in Niedergesteln, wo die geläufige Form als Pfeschti mit assimiliertem Artikel notiert ist. Namennester sind vorhanden in Randa, wo neben Feschti auch Feschtiflie, Feschtigletscher, Feschtigraad, Feschtijoch und Festi Kin Lücke belegt sind, alle unterhalb des Dom (Gipfelname). In St. Niklaus sind neben Feschti belegt: Feschtelwäng, Feschtihoru und Läz Feschti ‘ die linke Feschti (burgähnliches Gelände) ’ . In Niedergesteln sind bei der Feschti auch Feschtiloch und Feschti Weidgy erwähnt. Nur als Bestimmungswort kommt das Lemma vor in Feschtirigg und Feschtuwägji (beide Gampel). G RICHTING (1998) erwähnt das Lemma nicht. Fetschi Fetschi ist nur einmal in dr Fetschitschuggu (Hohtenn) belegt. Laut Gwp. handelt es sich um <fecci>, einen Aufseher beim Strassenbau, der sich oft auf diesem Felsen aufgehalten habe. Es handelt sich vermutlich um einen italienischen FaN. Der FaN Vetsch (laut F AMI- LIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ , 3, 1898) ist alt nur in Grabs (SG) belegt; S TRICKER in W ERDENBERGER NB (Bd. 7, 644) führt es auf Bonifatius zurück. Ob ein Herkunfts- oder Übername zum Flurnamen Fätsch (Ergisch, cf. HL F ÄTSCH ) vorliegt, ist unsicher, aber nicht unmöglich. Dennoch ist nach der Gwp. wohl ein italienischer FaN anzunehmen. Fid Fid f. ‘ Scheide ’ ist nur belegt in ze Fidlechru üs ‘ bei den engen Durchgängen (Arschlöchern) hinaus ’ (Saas-Almagell) und der Fidlich ‘ das Hinterteil (Geröllberg) ’ (Täsch). In beiden Fällen ist ein metaphorischer Gebrauch gemeint. I D . stellt das HL zu schwdt. F ŭ d, Fut f. ‘ Scheide ’ (I D . 1, 682) und zum Kompositum schwdt. Füdloch, Fütloch n., Pl. Füdlecher, Dim. Füdleni ‘ Arschloch ’ ; wdt. Fittle, Fittlä (Goms), Fittla (Vispertal), Fittluch (Lötschtal), Fittlo ‘ Hinterteil ’ (I D . 3, 1023; G RICHTING 1998, 79). Ein weiterer Beleg ist unter Fitla (HL F ITLA ) zu finden. Fiechterru Fiechterru f. ‘ Quelle ’ (Niedergesteln) ist eine / - ERRU / -Ableitung (sonst auch / - ERRA / ) zum schwd. Adjektiv fücht, 141 142 Fiechterru <?page no="76"?> auch füecht ‘ feucht ’ und wdt. fiecht, fiächt ‘ feucht ’ (I D . 1, 669; G RICHTING 1998, 77) oder einem Abstraktum davon. Die Ableitung (S ONDEREGGER 1958, 471 f. zu schwdt. / - ERE / ) meint etwas, das es am Ort mehrfach gibt; hier also Feuchtigkeit oder Wasser. Für ‘ Quelle ’ wird sonst das HL B RUNNU verwendet. Der FaN Fiechter (F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ 1, 547) ist alt bekannt in den Kantonen Basel- Land und Bern belegt, im Oberwallis ist er jedoch nicht bekannt. Fiel Fiel m. ist als Simplex sowohl in Bister, wie in Grengiols belegt, wobei die gleiche Flur gemeint ist. Historisch ist 1710 in Mörel bÿm Fiel Schirlin ‘ bei der kleinen Scheuer im Gebiet Fiel ’ belegt; vermutlich wieder für die gleiche Flur. am Füelspitz ‘ am spitzen Grundstück im Gebiet Fiel ’ (1740, Bister) enthält eine hyperkorrekte Rundung. Eine Deutung ist schwierig; am nächsten liegt ein romanisches Etymon mit einem / l/ wie in viol ‘ sentier (Pfad) ’ (FEW 14, 372 s. v. v ĭ a weg) vor. Fieli Fieli ist einer der zahlreichen Varianten der Ausdrücke für das Veilchen; bei G RICHTING (1998, 231) als Viili, Viäli, Veili belegt. Meist anlautend mit / f/ gesprochen. Entlehnt aus lat. VÍOLA , ahd. v ī ola, mhd. víole f., víole m., schwdt. v ī oli, v ī eli u. ä. ‘ Veilchen ’ (I D . 1, 633 f.; W IPF 1910, 38, 77, 104, 131). Im klassischen Latein wird der Name VÍOLA nicht nur für Märzveilchen, sondern auch für andere Pflanzen verwendet (M ARZELL 4, 1155 ff.). L AUBER / W AG- NER / G YGAX ( 5 2014. 396 - 405) kennen mehrere Veilchen, von denen die meisten auch für das Wallis belegt sind. Das Simplex erscheint als Im Fiolÿ (1749, Naters, 1843: Fieli). Eine Ableitung Filatten (Mund, erster Beleg 1399 als Violeton, 1838 Filatten) und Fielatte (Visperterminen), sowie der historische Beleg Violletten (1631, Stalden) bezeichnen wohl frz. oder ital. Diminutive. Das in Visperterminen historische belegte Weÿellatten (1570) ist wohl eine hyperkorrekte Umsetzung von Fielatte. Als Bestimmungswort ist Fieli in Filyi Garten ‘ Veilchen Garten ’ (1804, Obergesteln), ts Fielobidumji ‘ der kleine Boden mit Veilchen ’ (Embd), Fillolmatta ‘ Veilchenwiese ’ (1305, Zeneggen) und Fielubodme ‘ die Böden mit Veilchen ’ (Bürchen) belegt. Ganz unsicher jedoch ist t Füolweida (Zeneggen) - wenn Füolini laut Gwp. wirklich ‘ Veilchen ’ sind, läge hier eine rekonstruierte Form vor, die sonst nicht belegt ist. Bei Filimatten (Steg) liegt eigentlich entrundetes Fili ‘ junges Pferd, Fohlen ’ (I D . 1, 795; G RICHTING 1998, 78) näher. Bei Filbode (Zermatt) hat FLNK Vieliboden ‘ Veilchenboden ’ . Sehr unsicher ist schliesslich Violuhoru (Törbel), Violenhorn (Unterbäch), beide für den gleichen Gipfel - sonst gibt es keinen Beleg für Viola ‘ Veilchen ’ ; aber der Bezug auf das Musikinstrument Viola wirkt noch seltsamer, kann aber nicht ausgeschlossen werden; der Vorname Viola kommt kaum in Frage. Fies Fies f. ist als t Fiess (Leukerbad; LT Fiess, SK Füss, FLNK Pfiess) belegt, die historischen Belege zeigen ein rom. Etymon 1353 eys fuez, 1356 eys fuez, 1439 eis fiez, 1652 in die Fües, 1750 in die Füs, 1767 in d=Fües. 1439 ist in Leukerbad eis fiez juxta furnum de fyez dokumentiert. Historisch ist in dFiess 1783 in Albinen belegt. Lebend belegt ist t Fiessalmei ‘ die Allmein (gemeinsamer Besitz) bei der Voralpe Fiess ’ (Leukerbad). R. G RICHTING (1993, Blatt 4 Nr. 11 und 12) weist Pfiess und Pfiessallmey auf. M URET notiert 1881 in Leukerbad in Fí ̩ ę s ə und sagt, es handle sich um Mayens. Der Flurname ist ursprünglich zum lat. F Ŏ CU herd, feuer (FEW 3, 651; G PSR 7, 350 ss.; H AFNER 1950, 112) zu stellen, hier wohl als Plural. Der Beleg juxta furnum de Fyez, zeigt, dass hier ein Ofen vorhanden war. Es ist unklar, ob es sich um einen Köhlerofen oder einen Erzofen handelte. Später scheint der Name aber zum wdt. Füess, Fuäss (Lötschtal) Füöss, Pl. Fiess ‘ Fuss, Füsse ’ (G RICHTING 1998, 82) gestellt worden zu sein. Die Formen mit anlautendem / pf/ haben den Artikel / di/ assimiliert zu Pfiess ‘ die Füsse ’ . Fiesch Fiesch ist ursprünglich ein vordeutscher Siedlungsname (G AUCHAT 1907, 5; Z INSLI 1976, 100), der vermutlich aus lat. VICUS ‘ Gehöfte, Weiler, Dorf ’ (S TUDER 1896, 267; J ACCARD 1906, 168; G UEX 1938, 362; B RUCKNER 1945, 75) abgeleitet ist. Das ursprünglich lat. Schluss-[s], das in den romanischen Formen wegfällt, entwickelt sich im Oberwallis zu [sch]: Wious 1225, uiox 1233, vyes 1256, vies 1356, viesche 1435, viesch 1469, fiesch 1700 (S CHMID 1951, 53 f.; K RISTOL ET AL . 2005, 354). Rom. v wurde von der deutschsprachigen Bevölkerung als f übernommen (B ESSE 1997, 287). Ob zwischen dem Oberwalliser Siedlungsnamen und dem Flussnamen Vièze im Val d ’ Illiez ein Zusammenhang besteht, ist unklar (W ERLEN 1991, 245). Als Simplex im Singular ist nur Fiesch belegt. Dazu gehören auch Fieschertal (cf. Gemeindename Fieschertal) und das neuere Feriendorf Fiesch (LT u. FLNK, Fiesch). Nur einmal tritt Fiesch als Bestimmungswort in der Wiesch=Acker ‘ (unklar) der Acker, der zu Fiesch gehört / Richtung Fiesch liegt ’ (1836, Lax; 1844 Vieschacker) auf. Sonst tritt als Bestimmungswort das Adjektiv Fiescher, resp. der Genitiv Plural Fiescher ‘ der Leute von Fiesch ’ auf. Grundwörter mit zweigliedrigen Komposita sind: Alpa, Bach, Bodu, Brigga, Gletscher, Graat, Hooru, Joch, Rieba, Stafel, Mad, Twirgi, Wald und Wiiss. Fiel 143 144 <?page no="77"?> Komplexere Konstruktionen sind Chlii Fiescherhore ‘ das kleine Fiescherhorn (Gipfel neben dem Grossen Fiescherhorn (Gipfelname)) ’ (Fieschertal), ts Gross Fiescherhore ‘ das Grosse Fiescherhorn (Gipfelname, Gipfel, der zum Fieschertal gehört) ’ (Fieschertal), ts Hinner Fiescherhore ‘ das hintere Fiescherhorn (Gipfelname, Gipfel, der zum Fieschertal gehört) ’ (Fieschertal), Walliser Fiescherfirn ‘ der Walliser Fiescherfirn (beim Kleinen und Grossen Grünhorn) ’ (Fieschertal), Walliser Fiescherhörner ‘ die Walliser Fiescherhörner (Gipfelgruppe, im Unterschied zu den Grindelwaldner Fiescherhörnern) ’ (Fieschertal). Eine Ableitung auf / - ERI / f. für Wasserleitungen ist t Fiescheri ‘ die Wasserleitung nach Fiesch ’ (Fiesch). Figascian Figascian ist als Monte Figascian auf LT (Binn) auf der italienischen Seite belegt. Der Name auf der dt. Seite lautet Albrunhorn. LSI (2, 449) verweist unter figascia auf fogascia (488), das als ‘ Fladen ’ und ähnlich verstanden wird. Wenn diese Deutung stimmt, würde sich der Bergname auf die Form beziehen. O LIVIERI ( 2 1961; 1965) kennt den Namen nicht. Die Deutung ist insgesamt unsicher. Fige Fige ist 1581 in Salgesch belegt als im Fige (? ) mit unklarer Lesung; es handelt sich um ein Stück Wiese. T AGMANN (Ms.) und M ATHIER (2015) kennen es nicht. Die deutsche Präposition legt ein alemannisches Wort nahe, dessen Nominativ Fig(? ) lauten müsste; das Genus wäre maskulin oder neutrum. I D . (1, 688) kennt neben der Lesart ‘ Feige ’ u. a. ‘ Feigwarze ’ und lat. STERCUS ‘ Mist, Dünger ’ , aber das Etymon ist feminin. Die unsichere Lesart macht deswegen eine Deutung unmöglich. Figel Figel ist als Diminutiv im Figuti ‘ im kleinen Alpgebiet ’ (Steinhaus; LT Figulti, SK Figgelti) und im historischen Figeltÿ (1718, Ernen), Figilti (1718, Mühlebach), die beide die noch lebend erwähnte Flur von Steinhaus meinen, belegt. Hierzu gehört auch der Figuwaud ‘ der Wald beim Figuti ’ (Steinhaus). Formen mit / u/ enthalten die / l/ - Vokalisierung des unteren Goms. Unklar ist t Figja ‘ der kleine Alphang ’ (Bellwald) - es kann sich um einen femininen Singular oder um einen Plural handeln. In St. Niklaus schliesslich gibt es ts Figelchi ‘ das kleine, unbedeutende Kinn (Schlucht) ’ . Figel m. ist als ‘ unbedeutende Sache, Kleinigkeit ’ (I D . 1, 689) belegt. Die erste Deutung als ‘ harter, zusammengeballter Kot ’ dürfte kaum zutreffen und ist für das Wallis nicht bezeugt. R ÜBEL (1950, 114, Fn. 1) kennt Figler als ‘ Schweinestall ’ und leitet ihn nach L UCHSINGER von lat. VIGILARIUM ‘ Wachthaus ’ ab. I D . (1, 689 s. v. Figler) gibt ‘ Schweinestall ’ für das Wallis, und führt es zurück auf lat. VIGILIA ‘ Wache ’ . Der Zusammenhang der Lemmata Figel und Figler ist aber unklar. Figgeri Figgeri f. ist nur in Reckingen bekannt; es handelt sich eine hochgelegene Alpe mit Hinner Figgeri und Voder Figgeri (beide FLNK, Reckingen; LT Figgeri). Die Form ist so nicht in I D . (1, 715) erfasst; ob eine Ableitung zum Verb figge n ‘ reiben, unruhig hin und her rutschen ’ (I D . 1, 713 f.) vorliegt, ist unklar. Die beim HL F IGGERSCHA angenommene Beziehung zu FaN Fidginer (AWWB, 95) ist hier unsicher, aber nicht auszuschliessen; deswegen in Klammer in der Datenbank ‘ die Alpe der Familie Fidginer ’ . Das in RN (2, 691) belegte Figgerí (mit Endbetonung) ist fraglich. Insgesamt ist eine Deutung nur schwer möglich. Figgerscha Figgerscha ist in Binn als Figgerscha (FLNK, LT) und Figgerschen (SK) belegt. Lebend sind belegt t Hinner und t Voder Figgerscha (Binn). Alle Belege befinden sich im Binntal beim Zusammenfluss von Binna und Lengbach. / - SCHA / - SCHU / -Ableitungen beziehen sich häufig auf FaN, deren Gut sie bezeichnen. Hier kommt der FaN Fidginer (AWWB, 95) in Frage, also ‘ das Gut der Familie Fidginer ’ . Die Deutung ist aber unsicher. Figiller Figiller m. ist nur einmal historisch 1779 in Naters als bim Figiller belegt. Es ist zu schwdt. Figler m. ‘ Schweinestall vor allem auf den Alpen ’ , ‘ Schlafgemach der Hirten in einem Teil des obern Raumes unter dem Dach der Sennhütten ’ , auch ‘ Schutzhütte für Hirten und Schafe ’ (I D . 1, 689) zu stellen. R ÜBEL (1905, 114) kennt es als Figler ‘ Schweinestall ’ , weist aber darauf hin, dass W IPF (1910, 76 f.) nur ‘ kleiner Stall ’ angibt (in einem Kapitel zur stimmlosen Form / f/ zu lat. v). Die Herkunft zu rom. F Ǒ C Ā RIS ‘ zum Herd gehörig ’ und ‘ Herd ’ nach REW 3398 und RN (2, 143) setzt voraus, dass das / i/ aus einer Entrundung von / ü/ stammt. FEW (3, 648 ff.) zu f ǒ c ā ris kennt keine Formen mit / ü/ , G PSR (7, 893 ss. s. v. foyer) ebenfalls nicht. Wenn hingegen das Wort von lat. VIGILIA ‘ Wache ’ , resp. nach L UCHSINGER laut R ÜBEL (1950, 114) von lat. VIGILIARIUM ‘ Wachthaus ’ abzuleiten ist, muss nicht auf die Entrundung zurückgegriffen werden. BENB (1, 1, 136) glaubt an eine lombardisch-rätoromanische Herkunft von Figler, nennt aber das Wallis nicht explizit. Die Verbreitung im Wallis (Goms und Visperterminen) würde lombardisch-rätoromanische Herkunft nicht ausschliessen. Problematisch ist aber in jedem Fall die Form 145 146 Figiller <?page no="78"?> mit / g/ , die auf eine sehr frühe Übernahme aus dem Romanischen schliessen lässt. Insgesamt bleibt nur die Annahme, dass Figler und das historisch belegte Figiller romanischen Ursprungs sind (cf. HL F IGEL ). Figina Figina ist der Name einer Alpe in Zwischbergen und auch der dort stehenden Hütten. Dazu gesellen sich ts Figinuwaldgi ‘ der kleine Wald unterhalb der Figina ’ und der Figistäg ‘ der Steg über die Doveria unterhalb der Figina ’ (alle Zwischbergen). Nur historisch ist 1479 Letz Figina ‘ die jenseitige Figina ’ (Simplon) belegt. J ORDAN (2006, 260 ff.) kennt Lätzi Figina, Figischtägi, Figiwäg, Figiwaalg j i, Figina und Undri Figina. Als italienischen Namen der Figina gibt er Walína, Walínä an, das wohl von valle ‘ Tal ’ abgeleitet ist. Nach dieser Alpe Figinen in Ruden (Gondo) wurde eine inzwischen ausgestorbene Familie Fidginer, Figginer, Figgener, Filgener, Fitgener benannt (AWWB 95; J ORDAN 2006, 262). Eine Deutung von Figina ist kaum möglich. O LIVIERI ( 2 1961; 228; 1965, 160) vermutet zwar, dass Figino zu lat. *F AGE Ĭ NUS zum Nomen FAGUS ‘ Buche ’ zu stellen wäre; das würde zum Buchenwald (Búochuwaald) im Zwischbergental passen (bei J ORDAN 2006, 322), der sich allerdings weit von der Figina entfernt befindet. Der Name ist deswegen fraglich. Fiifi Fiifi n. ist nur als ts Fiifi ‘ die Fünf ’ (Salgesch) belegt. M ATHIER (2015, 141) kennt es als Fiifi. Es handelt sich um die Substantivierung zum schwdt. Zahlwort fü(n)f, füüf, fööif ‘ fünf ’ und zu wdt. füf, ffiifi (Lötschtal), füüfi ‘ fünf ’ (I D . 1, 852; G RICHTING 1998, 82). Die Lautform entspricht einem entrundeten / ü/ , das als Umlaut vor folgendem / i/ gebildet wurde. Inhaltlich liegt wohl eine Benennung eines umgekehrten römischen V (fünf) für die Runsen am Pfybärg vor. Fiir (Feier) Fiir ‘ Feier ’ ist nur im Kontext Fiirabend ‘ Feierabend ’ belegt, das zu schwdt. Fir-, F ĭ r-, Füürabend m. ‘ Ruhezeit nach Vollendung der gewöhnlichen Tagesarbeit oder eines bestimmten grösseren Werkes ’ und ‘ Abend vor einem Festtag ’ zu stellen ist. Laut I D . beruht Füür- ‘ Feuer ’ auf dem Anzünden des Feuers zur Bereitung der Abendmahlzeit; es handelt sich aber wohl um eine volksetymologische Umdeutung des Namens, der zu ‘ Feier ’ zu stellen ist. Wdt. Fiirabe, Fiiraabäd (Goms), Fieraabund (Vispertäler), Fiäraabmd (Lötschtal), Fiirabund ‘ Feierabend ’ bringt keinen näheren Aufschluss, da die Entrundung zum Zusammenfall von ‘ Feuer ’ und ‘ Feier ’ führt (I D . 1, 36; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 284; G RICHTING 1998, 78). Fiirabend kommt in drei Belegen vor: der Virabendo ‘ der Feierabend ’ (1391, Visperterminen), t Fierabundweid ‘ die Feierabendweide (Weide, auf die das Vieh abends (zur Feierabendszeit) getrieben wird) ’ und ts Fierabundloch ‘ die Höhlung bei der Fierabundweid ’ (beide Saas Almagell). Der Beleg Virabendo aus Visperterminen ist früher als die Belege bei K LUGE / S EEBOLD ( 25 2011, 284); er kann keine Entrundung aufweisen, ist also explizit zu vir ‘ Feier ’ zu stellen. Vermutlich handelt es sich um eine Weide, auf der das Vieh abends weidete. Fiir (Feuer) Fiir (Feuer) n. ist zu schwdt. Füür, F ī r n., ahd. fiur, mhd. viur, vi(u)wer ‘ Feuer ’ und wdt. Fiir ‘ Feuer ’ (I D . 1, 940 ff.M; G RICHTING 1998, 78) zu stellen. Das Simplex kommt nicht vor. Als Grundwort ist nur Fägfiir ‘ Fegfeuer ’ (FLNK, Lax) belegt. Wie K LUGE / S EEBOLD ( 25 2011, 283) ausführen, ist das Wort als Lehnübersetzung zum lat. PURGATORIUM zu verstehen, dem Ort, wo die weniger beschwerten Sünder vor ihrer Aufnahme in den Himmel verweilen mussten. Der Name kommt sonst nur als Fäck- oder Fägfüür im SZNB (2012, 2, 294) vor und bezeichnet einen steilen Aufstieg, der wohl auch in Lax eine Rolle spielt (cf. HL F ÄG ). Als Bestimmungswort kommt das HL in den Belegen Fiirgrabu ‘ der Feuergraben (wohl wegen der schwarzen Erde ’ (FLNK, Stalden) und der Fiirgrabo ‘ der Feuergraben (wohl wegen der schwarzen Erde) ’ (Törbel) vor; beide bezeichnen den gleichen Graben. Das in Visp 1617 belegte nebent dem Fürgasselti ‘ neben der kleinen Feuergasse ’ meint wohl eine Gasse, die für die Feuerwehr frei bleibt. Unklar ist schliesslich eine Ableitung Fiirär in Blatten zem Fiirärplatz ‘ beim Feierplatz (oder Feurer-Platz) ’ . Laut Beschreibung handelt es sich um eine Feierstelle für Freudenfeuer bei Festen, im ganzen Land sichtbar. Der Doppelsinn von Fiirär ‘ Feirer oder Feurer ’ ist wohl gewollt; die Beschreibung geht aber von Fiirär ‘ Feurer ’ aus, sodass der Beleg hier eingeordnet wird. Fiischter - Finschter Fiischter - Finschter finster ’ ist zu nhd. ‘ finster, dunkel ’ , ahd. finstar, mhd. vinster zu stellen. Zu den Walliser Orten mit n-Schwund und Dehnung (sog. Staubsches Gesetz) siehe R ÜBEL (1950, 6) und SDS (2, 126), davon abgeleitete substantivierte Formen m. und f. für ‘ Dunkelheit, Finsternis ’ . Wdt. ist finschter, fiischter (Saastal), fiischtr (Lötschtal), fiischtär ‘ finster ’ belegt (I D . 1, 873; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 296; G RICHTING 1998, 78). Inhaltlich sind meist Fluren oder Gebiete gemeint, die im Schatten liegen und wenig besonnt sind. Von den rund 60 Belegen sind die meisten attributive Adjektive zu verschiedenen Grundwörtern wie Äbnet, Figina 147 148 <?page no="79"?> Bellwald, Bode, Cheer, Chrache, Fäld, Folla, Grabe, Hitta, Hof, Lamma, Schleif, Schlüecht, Schlüche, Stafel, Taal, Tiri, Tola, Twära, Wald und Wildi. Einen Sonderfall bilden die Gipfelnamen Finsteraarhorn und Finsteraarrothorn, die beide nach der finsteren Aare (im Unterschied zur lauteren Aare) benannt sind. Eine Ableitung auf / - I / ist in Finstri (Zermatt) und Pfischteri (Mörel) belegt; der Name wird als ‘ finsteres Gebiet ’ gedeutet. Eine Ableitung auf -( L ) IG m. ist Finschterlig (Reckingen), hier als ‘ finstere Stelle ’ gedeutet. Sie erscheint auch als Bestimmungswort in Finschterligchäle ‘ die Felsrinne bei der finsteren Stelle ’ und Finschterligtwära ‘ die Querrinne bei der finsteren Stelle ’ (beide Reckingen). Fileemon (PN) Fileemon (PN) ist zum PN Philemon zu stellen. Gemeint ist hier wohl Philemon Abgottspon (1891 - 1986), Staldenried (nach freundlicher Auskunft der Familie). Der Beleg lautet Unner ts Fileemonsch Hüs ‘ unter dem Haus des Filemon ’ (Staldenried). Filet Filet ist der Name einer Gemeinde an der Einmündung des Gifrischbaches in den Rotten; sie ist heute Teil von Mörel-Filet. Der Gemeindename in älteren Texten ist Gifris / Gifrisch (cf. HL G IFRISCH ). Die ältesten Formen weisen auf einen romanischen Ortsnamen Villetta / Villete hin, der sich als / - ITTA / -Ableitung zu VILLA ‘ Landhaus, Landgut, Gehöft ’ als ‘ kleines Gehöft, kleines Landgut ’ (K RISTOL ET AL ., 2005, 355) verstehen lässt. Die Übernahme des rom. v als ahd. f ist im Oberwallis üblich (B ESSE 1997, 733). Neben dem Simplex als Gemeindenamen finden sich mehrere Konstruktionen mit attributiven Adjektiven: ts Inner Filet ‘ das innere Filet ’ , ts Ober Filet ‘ das obere Filet ’ und - nur historisch, aber undatiert - die vndere Fillette ‘ das untere Filet ’ . Hierzu sind dann als komplexere Konstruktionen belegt: die Philetwasserleiten ‘ die Wasserleite nach Filet ’ (1756, Filet), ob der Mittleren Filetwasserleiten ‘ oberhalb der mittleren Wasserleite nach Filet ’ (1823, Filet), (lat.: superior) die Obere Vilat Wasserleita ‘ die obere Wasserleite nach Filet ’ (1438, Filet), aus der Vndren Filetwasserleiten ‘ aus der unteren Wasserleitung nach Filet ’ (1650, Filet). Als Bestimmungswort ist das HL in jm Filetacher ‘ im Acker, der zu Filet (Gemeindename) gehört ’ (1735 u. später, Filet) vertreten. Eine Ableitung auf / - ER / (S ONDEREGGER 1958, 531 ff.) zeigen der Fileterstafel ‘ der Stafel der Leute von Filet ’ (Filet) und der Filetterchäller ‘ der (Käse-)Keller der Leute von Filet) ’ (Bister). Filipp (PN) Filipp (PN) ist zum männlichen PN Philipp (I D . 1, 779) zu stellen. Es ist einmal als vorangestellter Genitiv Singular belegt: ts Filippsch Hüs ‘ das Haus des Philipp ’ (Grengiols). Wie die Beschreibung der Gwp. angibt, ist dieses Haus inzwischen verschwunden. Fillalaio Fillalaio ist nur historisch 1353 in Leukerbad als ou fillalaio belegt. M EYER (1914, 164) kennt das Wort als filiolajo und stellt es zu lat. FILIOLATICU , dessen Deutung er S. 91 als vinea ‘ Rebberg ’ gibt. Laut FEW (3, 519 ff.) bedeutet filiolus im Galloromanischen ‘ Patenkind ’ . ou fillolajo wäre dann als ‘ beim Gut der Patenkinder ’ zu deuten (cf. HL F ILLOLASCHO ); ob ein Rebberg gemeint war, bleibt unklar. Fillar Fillar ist der Name der Alpe Fillar im Gebiet der Walsersiedlung Macugnaca (Z INSLI 1984, 301, ohne Namendeutung). Danach sind das Grosse und Kleine Fillarhorn (ts Gross und ts Chlei Fillaarhore), sowie ts Filaarjoch benannt (alle Zermatt; LT hat Grosses und Kleines Fillarhorn, LT und SK Fillarjoch). O LIVIERI (1965, 371) stellt Villàr zu piem. villàre ‘ kleines, dörfliches Haus ’ . Bezogen auf eine Alpe dürfte entweder die Deutung ‘ Alphütte ’ oder ein Besitzername zutreffen. Fillolascho Fillolascho ist nur einmal belegt in ou fillolascho (1602, Albinen). Wie unter dem HL L ASCHE erklärt, leitet M EYER (1914, 91) den Namen von lat. FILIOLU mit dem Suffix / - ATICU / ab. Laut FEW (3, 519 ff.) bedeutet filiolus im Gallormanischen ‘ Patenkind ’ . ou fillolascho wäre dann als ‘ beim Gut der Patenkinder ’ zu deuten (cf. HL F ILLA- LAJO ). Fillund Fillund ist nur einmal belegt in Fillundgrüeba ‘ die zu füllende Grube (Abfallgrube) ’ (Täsch, FLNK). Partizip Präsens des Verbums fülle n (I D . 1, 793), resp. fille, fillä (Goms), filln (Lötschtal), fillu ‘ füllen, essen ’ (G RICHTING 1998, 78; die zweite Deutung ist hier nicht einschlägig). Das Gelände ist heute überbaut, war es aber zum Zeitpunkt der Aufnahme noch nicht. Fine Fine ist zu lat. F Ī NIS ‘ Ende, Grenze, Grundstück ’ auch ‘ ein unmittelbar beim Dorf gelegenes Grundstück ’ (G PSR 7, 461 ff.; REW 3315; FEW 3, 560, B OSSARD / C HAVAN 2006, 143) zu stellen. Allerdings sind nicht alle Belege klar: In Salgesch ist 1646 en la fin damun ‘ die obere Zelg ’ belegt. 149 150 Fine <?page no="80"?> Die andern Belege in Salgesch sind jedoch lateinisch: jn fine superiori (1580, 1643) und jn fine inferiori (1580, 1621, 1643). T AGMANN (Ms., 140 f.) weist auf den lebenden Namen Undri Zell (von M ATHIER 2015, 121 zu Zelg gestellt) hin, den er für die dt. Übersetzung von in fine inferiori hält; deswegen wurde oben die Übersetzung Zelg gewählt. Es scheint, dass in Salgesch ein rom. Name fin als Repräsentant von lat. F Ī NIS existierte, der später als dt. Zelg übersetzt wurde. Ähnlich der lat. Beleg jn plano fine (1535, Inden), später frpr. als in plangnafing (1689) und im planafing (1720) belegt, der ein Kompositum aus lat. PLANU und lat. F Ī NIS ist ‘ die ebene Zelg ’ . Die Übersetzung als ‘ Zelg ’ folgt der Deutung in Salgesch. Finel Finel ist zu lat. FENILE , Plural FENILES , frz. fenil, schwdt. Finel ‘ Heustock, kleiner Schuppen zur Aufbewahrung von Streu und Heu ’ , ‘ einzeln stehende Alphütte auf Vorweide ’ (I D . 1, 838; J UD 1973, 369 f.) zu stellen. Z IM- MERMANN (1968, 32 f.) kennt den Weilernamen Finilu und davon abgeleitete Namen, lehnt aber das Appellativ ab, das auch G RICHTING (1998) nicht aufführt. Die über 30 belegten Namen weisen jedoch darauf hin, dass das HL weit verbreitet war, vor allem in den Bezirken Visp und Westlich-Raron, während die andern nur je einen Beleg aufweisen. Das Simplex tritt im Singular selten auf. Sicher ist nur: der Finäl ‘ der Finäl (Heuschober) ’ (Ferden), eine Flur etwas unterhalb der Faldumalp. Etwa unklarer sind Findlu oder Finilu (Eisten), laut historischem Beleg von 1311 der Name einer Alpe Finillen (was auf einen Plural hindeutet), die sich wohl im Gebiet des Weilers Finilu (Staldenried) befindet; die Grenzziehung ist hier nicht immer klar. Die Simplicia im Plural sind häufiger, wobei der Plural manchmal nur an den historischen Belegen erkennbar ist: t Finile ‘ die Heuschober ’ (Unterbäch), Finellen (1306) und später Ze Vinillen (1467 u. später) ‘ bei den Heuschobern ’ (Staldenried; gleiche Belege auch Visperterminen), Finilu ‘ bei den Heuschobern ’ (FLNK, Staldenried; historisch als Finellen). Vermutlich auch ein Plural ist das in Zermatt zweimal belegte ts Finndle ‘ bei den Heuschobern ’ . Die Form mit dem unorganischen / d/ erklärt sich entweder aus der De-Nasalisierung von / n/ vor / l/ oder aus dem fakultativen wdt. / nd/ -> / nn/ (finne vs. finde ‘ finden ’ ). Letzteres kann auch eine Re-Analyse des historischen ze Finellon (1400, Zermatt) sein, das volksetymologisch zum Verb finde gestellt wurde. Ein Diminutiv im Singular ist das historisch 1617 belegt z Finlinj ‘ beim kleinen Heuschober ’ (Münster); es ist der einzige Beleg im Bezirk Goms. Mit attributiven Adjektiven finden sich nur Oberfilinu und ts Unner Filinu ‘ bei den Oberen und bei den Unteren Heuschobern ’ (Staldenried), beides Teile von Filinu, einem Weiler von Staldenried. Als Grundwort findet sich das HL nur gerade in einem historischen Beleg von 1311 in Alpe Finellen ‘ auf der Alpe Finilu (bei den Heuschobern) ’ , wozu SK Finnelenalp (beide Eisten) beiträgt. Diese Alpe gehört - wie oben schon gesagt - wohl auch zu Staldenried. Als Bestimmungswort verbindet sich das HL zu zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern: Acher, Alpa, Bach, Bäärg, Bodu, Gletscher, Hubel, Matta, Schiir, See, Suon, Tal und Wäg. Komplexer sind au ᵕ s der Finiler Wasserleuthen (1801) ‘ aus der Wasserleitung, die an Finilen (Heuschober) vorbeiführt ’ (1801, Visperterminen) und Undri Finilmatte ‘ die untere Wiese beim Weiler Finil (Heuschober) ’ (Unterbäch). Eine Ableitung auf / - ERI / für Wasserleitungen zeigt sich in t Finileri ‘ die Wasserleitung nach Finilu (bei den Heuschobern) ’ (Staldenried), t Finnileri ‘ die Wasserleitung nach Finilu (bei den Heuschobern) ’ (Eisten), Niw Finnileri ‘ die neue Wasserleitung zur Alpe Finnelen ’ (FLNK, Eisten). Aus der Karte lässt sich schliessen, dass die so benannten Wasserleitungen teilweise identisch sind. Die Verteilung und die Form der Namen legt die Vermutung nahe, dass die Herkunft der Namen aus dem Frankoprovenzalischen nicht mehr erkannt wurde; an ihre Stelle trat in einigen Fällen die volksetymologische Herleitung aus schwdt. finde n ‘ finden ’ und wdt. finne, finnä (Goms), finnu ‘ finden ’ (I D . 1, 847 f.; G RICHTING 1998, 78 (mit der Entwicklung / nd/ -> / nn/ )), die rein lautlich bedingt ist. Finger Finger m. ‘ der Finger ’ ist zu schwdt. Finger wie nhd. ‘ das Glied der Hand ’ und wdt. Finger, Fingr (Lötschental), Fingär ‘ Finger ’ (I D . 1, 861 f.; G RICHTING 1998, 78) zu stellen. Als FlN erwähnt BENB (1, 1, 141) das Lemma Finger u. a. für einen Gipfel mit fünf fingerartigen Spitzen. Belegt ist es lebend als ufem Finger ‘ auf dem Finger ’ (Bitsch). Die übrigen Belege sind historisch: vf dem Finger (1664 u. später, Ried-Mörel), Fingerschleif ‘ der (Holz-)Schleif bei auf dem Finger ’ (1775 u. später, Bitsch), Fingerwaldt ‘ der Wald bei auf dem Finger ’ (1637, Ried-Mörel). Vermutlich handelt es sich um den gleichen Ort, da Bitsch und Ried- Mörel aneinander grenzen. Laut Beschreibung befindet sich dort ein „ leicht vorstehender Rücken “ , der wie ein Finger aussieht. Finel 151 152 <?page no="81"?> Finnig (PN) Finnig (PN) ist nur 1731 in Unterbäch als in den Finnig Matten ‘ in den Wiesen der Leute von Finel ’ belegt. Nahe liegt ein PN mit der Kollektivendung / - IG / . Unterbäch kennt den Flurnamen Finile zu Finel ‘ Heuschober ’ (I D . 1, 838) (cf. HL F INEL ), der vielleicht als Herkunft diente. Nicht auszuschliessen ist die Herkunft von Finnu (hdt. Finnen, cf. HL F INNU ), einem Weiler von Eggerberg. Etwas weiter hergeholt ist der FaN Winschen (AWWB 196), der u. a. in Eischoll unter dem FaN Schauben vertreten war; auch bei G ATTLEN (2006, 86) wird 1536 ein Schauben erwähnt. Der FaN Winschen geht laut AWWB auf den Vornamen Vincentius zurück (cf. HL F INTSCHEN ). Bei Finnig würde aber inlautendes / š / fehlen, sodass diese Herleitung wenig sinnvoll ist. Finnu Finnu ist ein Weiler von Eggerberg auf ca. 1400 m. Die ältesten Belege sind 1301 ab Fugnona, 1306 apud Fv ́ nnv ́ na, 1307 Funnuna, 1390 Fu ᵉ non, 1422 de Fúnnen, 1457 Fûnnon, 1457 Funnon, 1478 Fünnon usw. Nur 1425 wird Finnon erwähnt, doch dürfte dieses Dokument eine Kopie sein. Insgesamt ist deutlich, dass ursprünglich ein / u/ oder / ü/ in der betonten Silbe vorhanden war. Die Belege deuten auf ein rom. fontana ‘ Quelle, Brunnen ’ (FEW 3, 696) und frpr. fontan-na ‘ Quelle ’ (G PSR 7, 659 ss.) hin. Die Entwicklung zu Finnu beinhaltet die Entrundung von / ü/ > / i/ und die (optionale) Entwicklung von / nd/ > / nn/ . Das Simplex ist auch in Mund als Fúnnon (1449) mit späteren Veränderungen belegt. Mit attributiven Adjektiven sind belegt t Obru und t Undru Finnublatte ‘ die oberen und die unteren Felsplatten beim Weiler Finnen ’ (Eggerberg, Mund). Die meisten Belege enthalten das HL als Bestimmungswort; mit zweigliedrigen Komposita sind das folgende Grundwörter Alpa, Bach, Biel, Blatta, Grabu und Wäg. Komplexer sind Grabo Finnubach ‘ der Graben, durch den der Finnenbach fliesst ’ (EK, Eggerberg), Ober Finnublattu Wäg ‘ der Weg zu / von den oberen Finnenblatten (Felsplatten beim Weiler Finnen) ’ (EK, Eggerberg). Eine noch komplexere Konstruktion weist der Finnubachgrabo ‘ der Wassergraben, durch den der Finnenbach fliesst ’ (LT Eschilgrabu) auf. Ebenfalls hieher gehört den Fÿnnen Bach ‘ der Bach, der beim Weiler Finnen durchfliesst ’ (1603, Baltschieder; Akkusativ konstruktionsbedingt). Ein Genitiv Plural ist 1521 in Mund als Fünnero ‘ der Leute von Finnen ’ belegt, es handelt sich um einen Alpweg, der bis nach Finnen geht. Ein alter Genitiv liegt wohl vor in t Findneräbine ‘ die Abhänge, die den Leuten von Finnen (Weiler von Eggerberg) gehören ’ (Eggerberg) und Findner Giteiluwälder ‘ die Wälder, die den Geteilen von Finnen gehören ’ (FLNK, Eggerberg). Dieser Genitiv ist deutlicher sichtbar in Finderro Chilchu Wäg ‘ der Kirchweg der Leute von Finnu ’ (EK, Eggerberg) und Finnero Härte Weiden ‘ die harten Weiden der Leute von Finnen (Weiler von Eggerberg) ’ (1788, Mund). Fintschen (FaN) Fintschen (FaN) ist ein FaN, auch Finschen, Vintschen, Vinschen oder Winschen geschrieben, abgeleitet von Vincenz (AWWB 234). Der Name erscheint als Besitzer- oder Nutzername in Fintschú Biell ‘ der Hügel der Familie Fintschen ’ (1727, Betten), von dem Fintschengút ‘ vom Gut der Familie Fintschen ’ (1748, Mörel) und in Hauptman Vintschen Hanffachren ‘ in den Hanfäckern des Hauptmanns Fintschen ’ (1605, Leuk). Belege mit der kollektiven / - IG / -Ableitung im Genitiv Plural sind Fintschigen ‘ die Alpe der Familie Fintschen ’ (1720, Ernen), Fintzschigo Sentu ᵕ m ‘ das Senntum der Familie Fintschen ’ (1673, Bitsch), in Fintschigo Senthum ‘ im Senntum der Familie Fintschen ’ (1581, Binn) und in Fintschigú Staafell ‘ im Stafel der Familie Fintschen ’ (1692, Filet). Vermutlich gehören auch die Belege Vieschigen Matt (1629, Binn) und Füeschigen Senthu ᵕ mb (1655 u. später; Binn) hieher. Es handelt sich bei den Diphthongen um Wirkungen des Staubschen Gesetzes, die / n/ vor Reibelaut ersetzen. Die Zuordnung zum Siedlungsnamen Fiesch ist hier unzutreffend. Firbis Firbis (das HL mit einfachem / s/ ist nicht belegt) ist nur in Visperterminen als im Firbiss bezeugt. Laut Beschreibung handelt es sich um einen Garten, der als <läicha> (cf. HL L ÄICHA ), also als Sumpfgebiet bezeichnet wird . Ein historischer Beleg von 1629 hat vffum fürnüss; dieser Name findet sich bei den Bizinen von Ober- und Unterstalden (die Weiler gehören heute noch zu Visperterminen, vgl. Z IMMERMANN 1968, 77 und 112). I D . (1, 1020) kennt das ungerundete Firniess ‘ Firniss ’ , das zwar schon mhd. als firn ī s (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 297) belegt, aber kaum in einem Flurnamen zu finden ist. Eine Trennung in das Präfix fir ‘ vor ’ und ein Nomen Biss ‘ Biss ’ ergibt keinen erkennbaren Sinn. W IPF (1910) kennt den Namen weder lebend noch historisch; auch Z IMMERMANN (1968) hat keinen Eintrag. Das HL muss deswegen ungedeutet bleiben. Firelu Firelu f. ist nur einmal in Saas-Almagell als t Firelu ‘ die kleine Furche ’ belegt. Die Flur liegt westlich von Saas- Almagell auf ca. 1700 m. Am nächstliegenden ist eine entrundete Form zum HL F URA ‘ Furche ’ (I D . 1, 935 ff.; 153 154 Firelu <?page no="82"?> G RICHTING 1998, 82) anzunehmen. Auffällig ist die Endung / u/ , die üblicherweise / a/ heissen müsste (R ÜBEL 1950, 9 f.), es sei denn, dass eine oblique Form generalisiert wurde. Firly Firlÿ ist 1744 in Ritzingen belegt und das Fasnacht Feürlÿ 1849 in Glis. Beide Namen sind zu schwdt. Füür allg. wie nhd. ‘ Feuer ’ , ahd. fiur, mhd. viur und wdt. Fiir ‘ Feuer ’ (I D . 1, 940; G RICHTING 1998, 78) zu stellen. Der erste Beleg meint wohl einen Ort, wo ein kleines Feuer brannte. Der zweite Beleg meint den Ort, wo das Fasnachtsfeuer, das in vielen Kantonen am ersten Sonntag der Fastenzeit üblich war (I D . 1, 947), entzündet wurde; der Diminutiv bezieht sich auf eine kleine Stelle. Zu Fiir cf. HL F IIR (F EUER ). Firn Firn m. wird in der deutschen Schweiz primär verwendet, um ein vorjähriges Schneefeld am Rande eines Gletschers zu kennzeichnen. Es ist zum Adj. firn, ahd. firni, mhd. virne ‘ vorjährig ’ , dazu Substantiv schwdt. Firn, Fire(n) m. ‘ vorjähriger Schnee, Altschnee oder -eis ’ (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 297; I D . 1, 1020; Z INSLI 1984, 564) zu stellen. G RICHTING (1998) kennt den Ausdruck nicht. Belegt ist das HL in rund 20 Namen, wobei ein Simplex fehlt. Die Entwicklung von Firn zu Fire ist zu berücksichtigen. Mit dem Grundwort erscheinen in zweigliedrigen Komposita Ahnen Firn ‘ der Firn des Aanugletschers ’ (SK, Blatten), Eggfirn ‘ der Firn beim Eggstock ’ (LT, Oberwald), Grossfirn ‘ der Grossfirn (oberster Teil des Rhonegletschers) ’ (LT, Oberwald), Lötschen Firn ‘ der Firn des Langgletschers ’ (Blatten; der Name ist wohl nicht mehr bekannt), der Rhonefirn ‘ der Firn des Rhonegletschers ’ (Oberwald) (heute sind dort nur Grossfirn und Eggfirn belegt). Komplexer sind: Grieeggfirn ‘ der Firn beim Grünegg (grüne Ecke) ’ (FLNK, Fieschertal, LT Grüneggfirn, 1: 10000 Grieegggletscher), Gross Aletschfirn ‘ das Firnfeld des Grossen Aletschgletschers westlich vom Konkordiaplatz ’ (Fieschertal, LT Grosser Aletschfirn), Jungfraufirn ‘ der Firn südlich unterhalb der Jungfrau (Gipfelname) ’ (Fieschertal), Kranzbergfirn ‘ der Firn unterhalb des Kranzberg ’ (LT, Fieschertal; FLNK Kranzbärgfirn), Oberaletschfirn ‘ der Firn (Schneefeld) oberhalb des Oberaletschgletschers ’ (Naters; LT, SK, und FLNK), Walliser Fiescherfirn (FLNK, LT und SK, Fieschertal). Als Bestimmungswort findet sich das HL mit folgenden Grundwörtern: Gartu, Hooru und Meidu. Komplexer sind ts Ober und ts Unner Firrehore ‘ das obere und das untere Firnhorn ’ (Reckingen), sowie Firehorelicka ‘ Fusspass beim Firehorn (Firnhorn) ’ (Münster; LT Firehornlicke), der Firnegaartebach ‘ der Bach im Gebiet Firnegaarte ’ (Fiesch) - der Name bezieht sich nicht auf den vorjährigen Schnee, sondern auf ‘ Garten mit letztjährigem Gras ’ (Bedeutung 4 in I D . 1, 1020), dazu auch Firnegaarte (Fiesch). Unklar ist Firnun Meidon (1300, Oberems); das HL M EIDU ‘ Heuschober ’ (cf. HL M EIDU ) ist als Heuschober zu deuten; Firnun Meidon könnte dann den Heuschober mit letztjährigem Heu meinen. Firscht Firscht ist als Namennest in Ausserberg als t Firscht ‘ der First ’ (Ausserberg), der Fürstbiel ‘ der Hügel bei der First ’ (1760, Ausserberg), auffum Fürstboden ‘ auf dem Boden bei der First ’ (1735, Ausserberg) und die Fürstwasserleiten ‘ die Wasserleitung zum Gebiet First ’ (1735, Ausserberg) belegt. In Ulrichen ist 1545 an den Fürst Schluchen ‘ an der Schlucht bei der First ’ bezeugt. Das HL ist zu schwdt. First m. ‘ Bergrücken, hingezogene Anhöhe ’ , mhd. virst, sonst f. ‘ Dachgiebel, First ’ und wdt. Firscht w. ‘ First ’ (Z INSLI 1946, 57 f. u. 318; I D . 1, 1023 f; G RICHTING 1998, 78.) zu stellen. Im Fall von Ausserberg handelt es sich laut Beschreibung um unproduktiven, schlechten Boden; das Gelände sei beidseitg abfallend wie ein Dach. Ausgegangen wird also von der Bedeutung ‘ Dachgiebel, First ’ . In Ulrichen sagt das Dokument nicht genau, wie das hyperkorrekte Fürst zu verstehen ist. Der Adelstitel Fürst ist in beiden Fällen darum nicht gegeben. Fisch Fisch m. ‘ Fisch ’ ist zu schwdt. und wdt. Fisch, Pl. Fische, ahd. fisc, mhd. visch m. (I D . 1, 1098 ff.; G RICHTING 1998, 78) zu stellen. Die Ableitung Fischer ‘ jemand, der fischt ’ kann, wie Fisch selbst, auch ein FaN sein, worauf schon das I D . bei den Ortsnamen mit Fisch hinweist. Als Simplex kommt nur die feminine Ableitung t Fischerra (Baltschieder) vor; die so bezeichnete Flur befindet sich in der Ebene des Rotten und ist auf den Karten nicht als Teich oder Bach zu erkennen. S ONDEREGGER (1958, 479) führt den Flurnamen Fischeren auf den FaN Fisch zurück; das Suffix ist lat. / - ÂRIA / , ahd. / - ARRA / . In den meisten Belegen ist Fisch Bestimmungswort zu folgenden Grundwörtern: Biel, Brigga, Grabu, Moos, Pletscha und Zucht. Zum Fischbiäl (Wiler) gesellen sich t Fischbiältreichi ‘ die Tränkestelle beim Fischbiel ’ und t Fischbiälweidä ‘ die Weiden beim Fischbiel ’ (beide Wiler). Diese drei Namen enthalten Fisch als Metapher für die Form des Hügels. Die Ableitung Fischer ist in ts Fischerhüüsi ‘ das kleine Haus der Fischer ’ und ts Fischerseewji ‘ der kleine See der Fischer ’ (beide Leuk) enthalten; hier geht es tatsächlich um die Fischerei. Einen starken Genitiv weist Fischerschbiel ‘ der Hügel der Familie Fischer ’ (Ausserberg) auf, ein Weiler des Dorfes, der sich am besten mit dem FaN Firly 155 156 <?page no="83"?> Fischer deuten lässt. Der FaN Fischer ist im Register der HRBS bezeugt. Fischi Fischi n. ist üblicherweise ein Hohlmass, wird hier aber auch als Flächenmass für einen Acker verwendet, der ein Fischel Korn gibt. Es ist zu schwdt. Fischelin, Fischel, Fischi n. ‘ grosses Getreidemass ’ und wdt. Fischi ‘ Hohlmass ’ (I D . 1, 1109; G RICHTING 1998, 78) zu stellen. Das Simplex in dem Fÿschÿ n. ist 1791 in Ritzingen belegt; in Eggerberg erscheinen Fischi f. und t Fischini ‘ die Äcker von der Grösse eines Fischi ’ ; EK hat in Eggerberg an einem andern Ort Fischi (ohne Genus). Naters hat 1560 das mittlest Fischi ‘ der mittlere Acker für ein Fischi Korn ’ . Turtmann weist t Halbfischini ‘ die Äcker, die ein halbes Fischi umfassen ’ und t Stägifischini ‘ die Äcker von der Grösse eines Fischi beim kleinen Steg (über den Rotten) ’ auf. Unsicher ist in der Fischieren (1683, Turtmann). Fisi Fisi ist nur in uf Fisi ‘ auf Fisi ’ (Wiler) belegt. Nach der Beschreibung hätten Lötscher den Flurnamen aus dem Bernischen übernommen, wo sie heuen gingen. BENB (1, 1, 145) stellt den Flurnamen nach H UBSCHMIED zu altroman. *vesin < lat. V Ī C Ī NUS ‘ Nachbar ’ mit der Bedeutung ‘ benachbarter Berg, Beiberg ’ (H UBSCHMIED 1940, 17; REW 9312). Kaum hieher gehört das in K RISTOL ET AL . (2006, 358) besprochene Fisibach (AG), dessen erster Teil von Fusibach und anderen Formen stammt und entrundet ist. Fitla Fitla ‘ Hinterteil ’ ist zu wdt. Fittle, Fittlä (Goms), Fittla (Saastal), Fittluch (Lötschtal), Fittlo ‘ Hinterteil, Mut ’ (G RICHTING 1998, 79; die zweite Bedeutung ist nicht gemeint) zu stellen, nach I D . zu analysieren als zusammengesetzt aus Fud (1, 682) und Loch (3, 1023, s. v. Füdloch). Das Lemma kommt nur einmal vor in dr Fitluzeicher ‘ Fläche, die einer Person gleicht, die ihr Hinterteil zeigt ’ (Raron), hier wohl metaphorisch für ein Gelände, das einem Hinterteil gleicht. Flab Flab f. ‘ Flieger-Abwehr ’ ist einmal belegt in bim Flablager ‘ beim Lager der Fliegerabwehr (Flab) ’ (Gluringen). Es handelt sich um eine Truppenunterkunft, ursprünglich jene der Flieger-Abwehrtruppen, deren Abkürzung Flab (A MMON ET AL . 2016, 239) hier verwendet wird. Fläck Fläck m. ist zu schwdt. Flëck(e n ) m., Dim. Flëckli, ‘ Flicken, Lappen, Stück ’ , in FlN ‘ Ort, Platz, Stelle ’ auch Ortschaft, Weiler bei einem Dorf, ahd. flec, mhd. vlëck und wdt. Fläkke, Fläkkä (Goms), Fläkka (Mattertal), Fläkku (Saastal), Fläkkn (Lötschtal), Fläkku m. ‘ Fleck ’ (I D . 1, 1188 f.; G RICHTING 1998, 79) zu stellen. In den meisten Fällen ist in unserem Gebiet an ein Stück Land, eine Wiese z. B., zu denken und nicht an eine Ortschaft, auch wenn das Land heute überbaut ist. Selten kann auch ein andersfarbiger Fels gemeint sein. Das Simplex im Singular der Fläcke ‘ der Flecken ’ (Grengiols, Selkingen), der Flekko ‘ der Flecken ’ (1304, Staldenried) ist selten belegt; die Beschreibung ein Stück Mattland … genant aúf dem Flecken (1850, Selkingen) zeigt sehr klar, dass es sich um ein Stück Land handelt. Das gilt auch für den Plural des Simplex t Fläcke ‘ die Flecken ’ (Bitsch, Mund), inn Fläckun ‘ in den Flecken ’ (Blatten), die Flecken ‘ die Flecken ’ (1624, Ried-Brig), bei den Flecken (1725, Naters (vermutlich eher Bitsch)) und dem vermutlichen Plural Fläckä (FLNK, St. Niklaus). Der Diminutiv Singular ts Fläckji ‘ der kleine Flecken ’ (Grächen) ist isoliert, ebenso der Diminutiv Plural in den Fleckinen ‘ in den kleinen Flecken ’ (1736 Guttet; 1704 als in den Fleckhenen). Mit attributiven Adjektiven finden sich apud [beim] Spitzen Fleken ‘ beim spitzen Flecken ’ (1388, Simplon), Sýnwelle Flecko ‘ der runde Flecken ’ (1400, Termen), der Wiiss Fläcku ‘ der weisse Flecken ’ (Gampel; ein Fels ist gemeint), Wisse Flecko ‘ der weisse Flecken ’ (1389, Simplon) (genannt wird hier nur terram ‘ das Land, das weisser Flecken genannt wird ’ ). Einen vorangestellten Genitiv des Besitzers oder Nutzers enthält Tultzins Flecko ‘ der Flecken des Tultzin ’ (1401, Simplon), wobei der PN Tultzin sonst nicht belegt ist. Zweigliedrige Komposita mit dem HL als Grundwort sind t Aarbfläcke ‘ die Flecken mit Arven ’ (Randa), dr Bachfläckn ‘ der Flecken beim (Tänn-)Bach ’ (Wiler), Burken Fleko ‘ der Flecken beim Weiler Burgen ’ (1306, Törbel), Rosfleko ‘ der Flecken für die Pferde ’ (1436, Bellwald), der Rossflecko ‘ der Flecken für die Pferde ’ (1549, Ernen) und das schlecht erkennbare Rosflecquen (2. Hälfte 13. Jh.; Mund) (frühere Belege: 12? ? in Rofflecguen; 1320 in Roslecquen, unsicher). In allen Belegen mit Ross kann auch Roosse ‘ Röstplatz für Flachs und Hanf ’ gemeint sein; da die Belege aber alle kurz notiert sind, wurde diese Möglichkeit weggelassen. Ein einziger Beleg enthält das HL als Bestimmungswort: zem Fleckstein ‘ beim Fleckstein ’ (1487, Lax). Im Kontext ist von frustum terrae ‘ Stück Land ’ die Rede. Fläder Fläder ist nur als Bestimmungswort belegt in dr Fläderbobm ‘ der Boden mit Fläder ’ (Kippel) und zum Flederloch 157 158 Fläder <?page no="84"?> ‘ beim Flederloch ’ (Embd). Das schwdt. Fläder m. ‘ altes, baufälliges hölzernes Haus mit sehr niedrigem, breitem Dach ’ (I D . 1, 1170) kann kaum gemeint sein, da es laut I D . nur im Kanton Zürich verwendet wird. Auch Fläder, Fleder für ‘ Kuhfladen ’ wird im Oberwallis nicht gebraucht (SDS 8, 33). Ob das Verb flattern wie in Fledermaus zu Grunde liegt, ist sehr unsicher (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 301). Das Bestimmungswort bleibt darum ungedeutet. Flaggs Flaggs m. ‘ Flachs ’ ist zu schwdt. Flachs, Flax m. ‘ Kulturpflanze ’ (L INUM USITATISSIMUM und Verwandte; vgl. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 442 ff.) zu stellen; Flachsere f. ist eine ‘ Flachspflanzung ’ oder ‘ der darin wachsende Flachs selber ’ (I D . 1, 1165). Das HL tritt nur als Bestimmungswort auf. Neben der Flaggsacher ‘ der Acker mit Flachs ’ (Binn) ist der Typ t Flaggseie ‘ die Aue mit Flachs ’ (Ulrichen), in der Flaxeien ‘ in der Aue mit Flachs ’ (1741, Ritzingen), in der Flax=Eÿen ‘ in der Aue mit Flachs ’ (1850, Münster) belegt. Dazu kommt apud Flacxgarten ‘ beim Garten mit Flachs ’ (1388 u. später, Termen), der Flaggsgaartu ‘ der Garten mit Flachs ’ (St. Niklaus) und dazu der Flaggsgaartuwald ‘ der Wald beim Garten mit Flachs ’ (St. Niklaus). Schliesslich sind wohl zur Ableitung Flachsera auf / - ERA / (Stellenbezeichnung, vgl. S ONDER- EGGER 1958, 471 ff.) die Komposita t Flaggsermatta ‘ die Wiese bei der Flachspflanzung ’ (Termen) und jn der Flaxermatten ‘ bei der Wiese bei der Flachspflanzung ’ (1656 u. später, Ried-Brig) belegt. Flas Flas m. ist so nur in 1523 in Grächen als der Flas belegt; die Lesung ist unsicher. Es handelt sich um ein Stück Wiese im Waldgin ‘ im kleinen Wald ’ . L EXER (2, 385) nennt unter dem Stichwort vlahs ‘ Flachs ’ als Nebenform Flas ‘ Flachs ’ . Die Deutung ist sehr unsicher, aber die einzige (cf. HL F LAGGS ). Flasche Flasche ist in Albinen belegt als in t Flasche; FLNK hat Flasche, LT ebenfalls. M ATHIEU (2006, 39) gibt Pflaschä, wohl mit agglutiniertem Artikel, und dazu Pflaschähaaltu ‘ die Halde oberhalb der Flasche ’ . Die historischen Belege sind 1333 eys plazetes, 1353 eys plassetes usw. Der erste Beleg mit anlautendem / f/ erscheint erst 1638 als eÿ flaschette, 1650 dann als eÿ flaschete. Laut M URET (1912, 19), der diesen Namen erwähnt, ist anlautendes / f/ aus / sp/ entstanden; die Bedeutung wäre dann ‘ auf den Plätzen, Ebenen ’ (FEW 9, 37 ff. s. v. platea; M EYER 1914, 165). Vermutlich ebenfalls hieher gehört Pflaschete (FLNK, Albinen), das M ATHIEU (2006, 13) als Pflaschätä kennt. Auch hier scheint der Artikel agglutiniert zu sein und die Herleitung verlangt ein lat. / - ITTU / ‘ die kleinen Plätze, Ebenen ’ . Die beiden Namen bezeichnen unterschiedliche Fluren. Das in Agarn 1819 belegte in den Flaschigen Matten dürfte zum FaN Plaschy (AWWB 196) zu stellen sein, wobei das anlautende / f/ nach M URET (1912, 19) aus einem vorhergehenden / s/ (z. B. eys ‘ bei den ’ ) zu erklären wäre. Flät flät Adj. ‘ sauber, rein ’ ist nur belegt in Flätweng (FLNK, Münster). Es ist zum schwdt. Adj. flät und wdt. fläät, fleet ‘ sauber, rein ’ (I D . 1, 1227; G RICHTING 1998, 79) zu stellen und meint hier ‘ die sauberen Grasabhänge (ohne Hindernisse, heute allerdings bebuscht) ’ . Flätsch - Fletsch Flätsch - Fletsch: die beiden Lemmata unterscheiden sich im Vokalismus. In Simplon sind Flätschhoru, Flätschhorugletscher und Flätschhorujoch (auch: Fletschjoch) mit offenem / ä/ realisiert. In Saas-Balen hat das gleiche Fletschhoru ein geschlossenes / e/ ; die weiter belegten Fletschhorugletscher (Saas Grund), Fletschhorubach (Saas-Grund), Fletschhornhütte (Eisten) sind nicht phonetisch notiert, sodass die Vokalqualität unklar bleibt. Laut R ÜBEL (1950, 1) und SDS (1, 73 f.) unterscheiden sich Simplon mit offener bis überoffener und Saastal mit geschlossener Qualität in der Aussprache des Umlautes von mhd. â; das entspricht Flätsch vs. Fletsch, die beide gekürzt sind. In Glis gibt es ein Fletschbodi (mit / e/ ) und in Saas-Almagell einen nur historisch belegten Fletzfad ‘ nasses Grasband ’ (1852). Flätsch gehört zu schwdt. Flatsch, Flätsch, Pflatsch, Flatz m. ‘ Ausguss ’ , ‘ Regenguss ’ , ‘ von Schnee, soviel, als auf ein Mal vom Himmel fällt ’ , zu ahd. flaz ‘ flach ’ , in FlN in der Grundvorstellung der ‘ Ausdehnung in die Breite ’ (I D . 1, 1233). Das Flätschhorn ist dann ‘ das breite Horn ’ . Fletz dagegen ist wohl zu Flöz (cf. HL F LÖZ ‘ nasse Stelle ’ zu I D . 1, 1240) zu stellen. Wohl auch zu Flätsch mit einer / - GER / -Ableitung zu flätsche n (I D . 1, 1234) und der Bedeutung ‘ nasser Fleck ’ ist Flättschgereia ‘ die nasse Aue ’ (Blitzingen) zu stellen. Flawo Flawo f. ist nur einmal belegt: aúff der Flawo (1639, Bitsch). Der Nominativ müsste Flawa f. heissen. Vegleichbare Namen Fleuben (<flöbach) und Flä führt H AM- MER (1973, 53 f.) auf ahd. flouwen, mhd. vlöuwen ‘ spülen, waschen ’ zurück. Der erste Name ist ein Bachname, den er als ‘ Bach, der das Ufer oder die Umgebung auswäscht, unterspült ’ deutet. Flä führt er auf ahd. flewen als Nebenform zu flouwen zurück. Belegt ist ahd. flawjan, mhd. vlæjen (L EXER 2, 385) ‘ waschen ’ und G R W B (3, 1738) Flaggs 159 160 <?page no="85"?> flauwen ‘ waschen ’ . Obwohl so nicht belegt, dürfte Flawa, resp. Flawo die Stelle sein, wo gewaschen wird. Fleeck Fleeck ist in vier Namen als Bestimmungswort belegt. Z INSLI stellt ein Fleeckloch (Saley) zu schwdt. fleecke(n), flööcke(n), Faktitivbildung zu ‘ fliehen ’ , mhd. vloehen, ‘ fliehen, flüchten, in Sicherheit bringen ’ (Z INSLI 1984, 235 und 245; I D . 1, 1160 ff.). I D . (1, 1161) zählt neben den genannten Bedeutunsvarianten auch eine weitere auf: „ statt flössen, flötzen netzen? “ (Kursive von IW), vermutet aber einen andern Zusammenhang, der zu ahd. flewen ‘ waschen, wallen ’ führen würde. Belegt sind Ober und Unter Fleeckbode ‘ der obere und untere Boden, wo sich das Wasser sammelt ’ (Grengiols), der Fleeckfad ‘ das Grasband beim Fleeck (? ) ’ (Saas-Almagell, nahe beim Mattmark-Stausee) und Ze Fleecksteine ‘ bei den Fleeck-Steinen ’ (Zermatt), heute mehrere grosse Steine im Wald. Die Deutung ist in jedem Fall unsicher; es kann sich um zwei verschiedene Lemmata mit den Bedeutungen ‘ Ort, wo man etwas / jemand / sich in Sicherheit bringt ’ und ‘ Ort, wo Wasser zusammenfliesst ’ handeln. Fleeger Fleeger m. ist zweimal als der Fleeger und zum Fleeger (Randa) notiert. M. S. schreibt zweimal Fleek ə r. FLNK hat auch Fleeker, meint aber wohl eine Affrikata an Stelle des einfachen velaren Verschlusslautes. Auf LT steht Fleeker. Der zweite Beleg des Flurnamens liegt ziemlich nahe beim ersten. Es scheint sich aber dennoch um zwei verschiedene Fluren zu handeln. Vermutlich sind die beiden Namen als Entrundungen zu einem Verb fl ȫ che n (I D . 1, 1160 ff.) zu stellen, das in der Anmerkung als Kausativ zu fliehen gestellt wird. Die Form Flöker (I D . 1, 1162) ist ein Nomen agentis, während das sonst nicht belegte Fleeger wohl einen Ort meint, vor dem man fliehen muss. Das Verb ist veraltet (siehe VON G REYERZ / B IETENHARD 1976, 114), meint hier als Stellenbezeichnung aber einen steilen, abgelegenen Ort. Fleersch (PN) Fleersch (PN) ist nur belegt in ts Fleersch Üowenner ‘ die Magerwiesen der Familie Bumann aus Saas-Fee mit dem Beinamen Fleer (ev. zu ts Fliersch) ’ (Saas-Almagell). Es handelt sich um einen Genitiv Singular. Die Deutung bezieht sich auf eine Bemerkung der Gwp., die eine Familie Bumann mit dem Beinamen <ts fliersch> aus Saas-Fee vermutet, die in Saas-Almagell Boden besass. Fleig - Flug Fleig (< Flöüg) und Flug sind zum Verb fliegen, ahd. fliogan, mhd. vliegen ‘ fliegen ’ zu stellen. Flug m., in gleicher Bedeutung wie nhd., ahd. flug, mhd. vluc, ist ein Verbalabstraktum zu fliegen, Fleiger m. ‘ Flieger ’ ein Nomen agentis (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 302; I D . 1, 1177 ff.). G RICHTING (1998, 79) kennt das Verb wdt. fleige, fleigä (Goms), fleign (Lötschtal, fleigu ‘ fliegen, durchfliegen ’ . Belegt ist die Ableitung Fleiger (Greich) für einen Dorfteil von Greich über einem Steilhang; hierzu ist auch in den Fleiger Ritzen ‘ in den Ritzen (Grasbändern) beim Fleiger ’ (1677, Greich) zu stellen. Die Lage des Fleiger über einem Steilhang erweckt den Eindruck einer fliegenden Siedlung. Der Fleigeture ‘ Fliegenturm, der fliegende Turm ’ (Ulrichen) ist wohl ein Felsturm, der zu fliegen scheint und kaum ein Turm mit Fliegen. Flugplatz ist für Ulrichen und Raron belegt; es handelt sich um (frühere) militärische Flugplätze. Fleisch Fleisch ist nach BENB (1, 1, 148 s. v. Flisch - Flisch) zu schwdt. Fl ī se f. ‘ Erdschlipf, Runse ’ (I D . 1, 1204) zu stellen, das volksetymologisch zu ‘ Fleisch ’ umgedeutet worden sei. Im Oberwallis kommt das HL nur als Bestimmungswort vor, hauptsächlich als der Fleischwang (Bratsch, Gampel (zwei Belege), Glis, Niedergesteln) mit den komplexeren der Fleischwangbodu ‘ der Boden beim Fleischwang (Grasabhang beim Erdschlipf) ’ (Gampel), t Fleischwangschipfu ‘ der überhängende Fels beim Fleischwang (Grasabhang beim Erdschlipf) ’ (Niedergesteln), der Fooder und der Inner Fleischwang ‘ der vordere und der innere Teil des Fleischwang (Grasabhang beim Erdschlipf) ’ (Niedergesteln), im Plural als t Fleischweng ‘ die Grasabhänge beim Erdschlipf ’ (Ferden, Simplon) mit den komplexeren t Obru und t Undru Fleischweng ‘ die oberen und die unteren Teile der Grasabhänge beim Erdschlipf ’ (Ferden). Weiter sind belegt Fleischbrunnu ‘ die Quelle / der Brunnen beim Grasabhang beim Erdschlipf ’ (Simplon) und t Fleischgruäbä (Blatten), das auch Fleeschgruäbä ‘ die Grube bei der Wasserstelle ’ genannt wird; hier wäre Fleesch ‘ Wasserstelle ’ zu Fleisch umgedeutet worden. Das lautliche Hauptproblem aller Deutungen besteht in der Entwicklung von Flinsch im Staubschen Gesetz (Ersatzdehnung nach n-Schwund vor Frikativ). Laut R ÜBEL (1950, 6) müsste daraus eine Form Fliisch entstehen (cf. HL P FLIISCH ). Fleisch setzt ein *Flensch oder *Flänsch heraus, das aber so nicht belegt ist. Die Hypothese einer volksetymologischen Umdeutung zu Fleisch stellt deswegen die letztlich verbleibende Möglichkeit der Deutung dar. Mindestens die Gwp. von Gampel denkt an das 161 162 Fleisch <?page no="86"?> hdt. Fleisch, wenn gesagt wird, dass hier gelegentlich Vieh abstürze. Flesch Flesch m., n. ist die entrundete Form von schwdt. Flösch m., im Wallis auch n., mhd. vl ō z, ‘ Zisterne, zur Aufnahme von Regenwasser bestimmte Grube, besonders auf den Alpen zum Tränken des Viehs angebracht ’ und ‘ Teich, kleiner See ’ , mhd. vl ō z ‘ Fluss, Strom ’ (I D . 1, 1224). Die Bedeutungsangabe des I D . muss verallgemeinert werden: eine Wasserstelle für das Vieh, meist auf der Alp (vgl. URNB 1, 1052 ff. und die dort angegebenen Namen und Verweise); im Einzelfall kann es sich um einen Tümpel oder Teich handeln, der austrocknen kann. In den Deutungen wird aber durchwegs „ Wasserstelle “ verwendet; in manchen Fällen ist aber einfach auch nur sumpfiges Gebiet gemeint. Von den über 80 Belegstellen stammen die meisten aus den Bezirken Goms, Östlich-Raron und Brig. Westlich davon ist Flesch sehr selten. Sehr häufig ist das Simplex Flesch, im Plural Flesche; häufig sind auch die Diminutive Fleschi und Fleschji, selten die Plurale Fleschini. Adjektivische Bildungen sind Schwarz Flesch (Bitsch, Ried-Mörel) und Wiiss Flesch (Bitsch), sowie Obere und Unnere Flesche (Bitsch, Münster, Ritzingen; Bitsch, Geschinen, Münster, Fiesch). Als Grundwort verbindet Flesch sich mit dem Bestimmungswort Stock (Felsstock, in Blitzingen und Selkingen, der gleiche Ort). In allen andern Fällen ist Flesch Bestimmungswort zu einer Reihe von Grundwörtern: Bach, Bodu, Cheer, Gadu, Gletscher, Grüeba, Egg(a), Haalta, Hooru, Matta, Putz, See, Tola, Ture, Twära, Wäg, Wald und Wang. Sonderfälle sind der historische Beleg Z ’ Flaschen Gaden (1707, Lax), wo eine hyperkorrekte Form Flaschen statt Fleschen gebildet wurde, und t Pflesche (Simplon), wo vermutlich ein Artikel agglutiniert wurde, sodass anlautend pfentstand. Schliesslich wird in Blatten für Fleeschgruäbä alternativ Fleischgruäbä notiert, wohl eine sekundäre Motivierung für das nicht mehr verstandene Fleesch (cf. HL F LEISCH ). Fleseta Fleseta kommt nur vor in supra saxo de la fleseta (1439, Leukerbad). Nach M URET (1912) kann im Wallis anlautendes plzu flwerden. Das nächstliegende Etymon wäre * PLAXUS ‘ geflochten ’ (FEW 9, 54 f.) mit einer / - ETA / - Ableitung (< / - ITTA / , mit diminutiver Bedeutung), die meist als ‘ Hecke, Hag ’ übersetzt werden muss; B OSSARD / C HAVAN (2006, 138) geben Plait, Plex, Pley mit der Deutung ‘ haie, clôture (Hecke, Zaun) ’ . Die Umschreibung ist aber nicht sicher. Flig Flig ist nur einmal als Bestimmungswort belegt in ts Fligstafolti (Unterbäch). Ohne weiteren Kontext ist eine Deutung nicht möglich; die Sippe Fliege, fliegen usw. ist im Wallis als Fleiga, fleige (G RICHTING 1998, 79) (cf. HL F LEIG - F LUG ) vertreten; andere Anknüpfungspunkte fehlen bisher. Flintsch Flintsch m. ist nur in der Flintsch und ts Flintschgräbji (beide Binn, zweites FLNK) belegt. Laut Gwp. handelt es sich um einen ziemlich ebenen Stafel der Alpe Tschampige. I D . (1, 1204 s. v. Flinse n f.) ist sehr unsicher und verweist auf verschiedene mögliche Deutungen. G R W B (3, 1801) nennt Flins m. ‘ Silex, Feuerstein, Kiesel ’ . I D . nimmt eine Variante mit n-Tilgung und Ersatz-Dehnung (Staubsches Gesetz) zu Fliisch m. an, die aber im Goms fehlt (R ÜBEL 1950, 6 und Fn. 1). Z INSLI (1946, 318) kennt „ Erdrutschhang “ (Glarus), verweist aber sonst auf den Eintrag bei I D . Am nächstliegenden ist wohl Flins m., etwa in der Bedeutung ‘ Abhang ’ (so Z INSLI 1946, 318) mit der typischen Entwicklung von / ns/ zu / ntsch/ . Floo Floo ist als ts Floogässi (Gampel) ‘ die Gasse, die so klein ist wie ein Floh ’ belegt. Das HL ist zu schwdt. Fl ō h m. wie nhd. ‘ Floh ’ , mhd. vl ō ch, vl ō hier im übertragenen Sinne für ‘ klein ’ oder auch ‘ eng ’ und wdt. Floo ‘ Floh ’ (I D . 1, 1183 f.; G RICHTING 1998, 80) zu stellen. Flor Flor ‘ Gartenblumen ’ ist zu Flor (I D . 1, 1206) ‘ Gartenblumen ’ zu stellen. In Brig gibt es zwei Belege, die Flor als Bestimmungswort haben: Flurgarto (1355, Brig) und Slorgarto (1399, Brig), letzteres könnte auch Florgarto gelesen werden (das anlautende / s/ ist lang und verfügt über einen kleinen Haken, der auch zu einem / f/ gehören könnte). Flur ist vermutlich in Brig um 1355 mit einem Diphthong / ue/ oder / uo/ belegt, doch ist diese Lesung nicht sicher. An beiden Stellen liegt aber die Deutung des HL als ‘ Gartenblume ’ und des Kompositums als ‘ Blumengarten ’ nahe. Floret Floret ist historisch 1388 in Ried-Brig (genauer in Brey) als Floret, 1723 im Floret belegt. R. P FAMMATTER kennt es lebend als Florett ‘ kleiner Stall mit angrenzender Wiese ’ . Der frühe erste Beleg lässt sich auf mhd. fl ō re ‘ Blume, Blüte ’ (L EXER 2, 2, 412) mit einer urspr. / - ITTA / -Ableitung (G PSR 7, 541 ff. s. v. fleurette) zurückführen. Die Deutung wäre dann wohl ‘ das kleine Gebiet mit Blumen ’ . Flesch 163 164 <?page no="87"?> Flori Flori hat wohl verschiedene Deutungen. Es ist regelmässig bezeugt als in prato flori (Oberems), erstmals 1345. In einem Beleg von 1424 steht cui vulgariter dicitur pratum flory seu Bl ů mmatta ‘ die in der Volkssprache pratum flory oder Bluemmatta genannt wird ’ . Das gilt dann wohl auch für den Beleg 1473 in Varen: in prato florÿ. Es bleibt jedoch unsicher, ob hier eine latinisierte Form oder eine patois-Form vorliegt. M EYER (1914, 90) kennt zwar Florey, will es aber auf den PN Flori-hari (nicht so bei F ÖR- STEMANN 1, 511, wo nur F LOR belegt ist, das F ÖRSTEMANN auf lat. FLOS , FLORIS gründet) zurückführen, was im Fall der Belege kaum stimmen kann. Vermutlich ist eine Rückführung auf lat. FLOS , FLORIS sinnvoll. Unklar ist der Florigrabu (Inden); am Ort selbst gibt es keinen weiteren Beleg für Flori, es könnte sich aber um den FaN Florey (NWWB 102 f.) handeln, der im angrenzenden Randogne belegt war. Sicher ein PN Flori ist in ts Florisch Egga ‘ die Ecke des Flori ’ (Fieschertal) enthalten; wohl eine Kurzform zum PN Florian. Das I D . kennt die Form so nicht, verweist aber (Id. 1, 1207) unter Fluri auf Florian. Flottu Flottu ist nur in Salgesch belegt, historisch 1927 als im Flottenschleif, lebend als der Flottuwald (Salgesch, auch LT u. FLNK; SK Flottenwald). Es handelt sich um einen Wald nördlich von Salgesch auf ca. 1400 m. T AGMANN (1946, 24; Ms., 20) weiss nicht, woher Flottu stammt. M ATHIER (2015, 34) stellt es zu frz. flotter ‘ flössen ’ (FEW 15, 2, 147 ff. s. v. *flot- (anfrk.) ‘ das fluten, strömen, treiben ’ ). In den angrenzenen frpr. Patois ist flottage ‘ Flösserei ’ zu flotter ‘ flössen ’ belegt (G ERSTER 1927 s. v. f ɫ ot ā ‘ faire flotter du bois ’ und f ɫ ot ā zo ‘ Flottage ’ ). Diese Deutung würde auch dem nur historisch vertretenen Flottenschleif ‘ Holzschleif für das Flössen des Holzes ’ entsprechen. Die Deutung als ‘ Flösswald ’ dürfte näherliegen als andere. Die bei M ATHIER gegebenen Flurnamen leysier und lysier werden am entsprechenden Ort aufgeführt. Flöz Flöz ist nur einmal belegt in ts Fletschbodi (Glis) mit geschlossenem / e/ . Die entrundete Form Fletsch ist darum zu schwdt. Flöz ‘ nasse Stelle im Boden, wo immer Feuchtigkeit durchsickert ’ (I D . 1, 1240) zu stellen; sie fehlt bei G RICHTING (1998). Zusammen mit Bodi ‘ Boden (Diminutiv) ’ ergibt sich die Deutung ‘ der nasse, kleine Boden ’ . Da die Koordinaten (jedoch Angabe Sibelweng, das zu den HLL S INWEL und W ANG gestellt ist) fehlen, ist unklar, wo sich die Flur befindet. Flucht Flucht kommt nur in Fluchthoru (Saas-Almagell; LT u. SK Fluchthorn, FLNK Fluchthoru) und Fluchtpass (Saas-Almagell, LT und FLNK Fluchtpass) vor. Obwohl das I D . das Lemma unter Flucht f. als ‘ Kluft, Schlucht ’ (I D . 1, 1166) kennt, kommt diese Bedeutung kaum in Frage, da sie nur für den Kanton Appenzell belegt ist (APNB 2, 1, 554; auch Z INSLI 1945, 90). G RICHTING (1998) kennt das Lemma nicht. Im SAC Jahrbuch (1866, 333) weist J. J. W EILENMANN auf die jägersprachliche Bedeutung von „ Fluchtspitze “ als „ Rückzugsmöglichkeiten der gejagten Gemsen “ hin; diese Deutung gilt allerdings primär für das Fluchthorn in der Silvretta-Gruppe, nicht für das in Saas-Almagell. Auffallend ist, dass Flucht im Oberwalliser Ortsnamenwortschatz sonst nicht vorkommt. Da die Namengebung nicht bekannt ist, werden die Namen von Berg und Pass nicht gedeutet. Flüdtt Flüdtt ist nur einmal belegt in die Flüdtt (1607, Zwischbergen). In J ORDAN (2006) ist der Name nicht aufgeführt. Ob es sich um einen Singular Feminin oder um einen Plural handelt, ist unklar; ebenso ist unsicher, ob der Vokal / ü/ als sekundär gerundet betrachtet werden muss oder nicht. Der Flurname bezieht sich laut Dokument auf die Alpjen. Eine Deutung ist jedoch nicht möglich. Fluggsch (FaN) Fluggsch (FaN) kommt nur als Bestimmungswort in vier Namen vor, von denen drei vermutlich den gleichen Ort bezeichnen: Fluggscheriiti ‘ das gerodete Gebiet der Familie Fluggsch ’ (Raron, Niedergesteln), nur historisch belegt ist Flugsch Ritti (1825, Steg). Weiter weg - unterhalb von St. German - befindet sich t Fluggschunegga ‘ die Ecke der Familie Fluggsch ’ . Der Registerbeleg hat hier Flutscheneggen (Reben). Die Formen legen einen PN oder FaN Fluggsch nahe. Belege dafür finden sich bisher jedoch nicht, dennoch wird die Deutung als richtig angenommen. Flüö Flüö ‘ Fluh, Felswand ’ ist zu schwdt. Flueh, Fluech, Flue f., Pl. Flüe, Fluhe, Dat. Pl. Flüene n ‘ Felsabsturz, Felswand ’ , vereinzelt noch als Appellativ lebendig, ahd. fluoch, fluoh, mhd. vluo (I D . 1, 1184 f.; Z INSLI 1984, 564) und wdt. Flüe, Fluä (Lötschtal), Flüö, Flüo ‘ Fluh, Fels ’ (G RICHTING 1998, 80) zu stellen. In den Deutungen wird ‘ Fluh ’ verwendet (vgl. A MMON ET AL . 2016, 239). Das Lemma kommt in rund 890 Fällen vor; vom einfachen Simplex Flüe bis zum komplexen in der unteren Warpflüe Wildin ‘ in der unteren Wildi (unfruchtbares Gebiet) bei der Wartfluh ’ (1821, Mund). Die Formen- 165 166 Flüö <?page no="88"?> bildung zeigt drei unterschiedliche Prozesse: zum einen Palalatalisierung zu Flüö, die aber in Lötschental und Simplon unterbleibt (Typ: Fluä), zum zweiten Umlaut mit anschliessender Entrundung (Typ: Flie), zum dritten die Bildung des Diminutivs, meist mit gleichzeitigem Umlaut; hier interessiert vor allem die Tilgung des Hiatus, da Flüe vokalisch auslautet: Flieji, Flieli, Fliegi, Flietgi und Flieti sind belegt; Plurale werden meistens mit der Endung / -ni/ gebildet (z. B. Fliejini). Die 1723 in Naters bezeugte Wasserfuhr das Fluerli wird 1760 das Flieherli genannt; da Flur sonst im Dialekt nicht existiert, muss hier eine Diminutivableitung auf / - ERLI / angenommen werden (zur Problematik insgesamt siehe die Diminutivbildungen in SDS 3, 155 f.). Nur selten belegt ist die Kollektivbildung Gflie ‘ das Geflüh ’ (Oberwald) und der dazu gehörige Diminutiv Gflieli (Obergesteln). Das Simplex Flüö f. im Singular tritt etwa fünfundzwanzig Mal auf, häufig mit einer Präposition, meistens uf der Flüö, aber auch unner der Flüö (nicht zu verwechseln mit t Unner Flüö ‘ die untere Fluh ’ ). Das gilt auch für den Plural Flie f., der rund zwanzig Fälle aufweist; die Präposition mit Dativ führt zu Flienu, etwa in unner du Flienu (Täsch), in Bratsch sogar zu Flielu, insgesamt rund zehn Belege. Von den Diminutiven ist vor allem der Typ Flieli häufig (rund zwölf Belege), die andern kommen nur vereinzelt vor; Plurale sind selten, etwa Fliejini (Mund). Häufig sind Konstruktionen mit attributiven Adjektiven und Flüö / Flie; besonderes hervor sticht die rund fünfzig Mal belegte Kombination mit Ho / Hee ‘ hoch ’ wie in t Hoflüe ‘ die hohe Fluh ’ , deren wohl bekannteste die Kapelle Ze Heeju Flienu ‘ bei den hohen Flühen ’ (Bitsch, Ried-Mörel) zwischen Bitsch und Mörel ist. Weitere häufig bezeugte Adjektive sind die Farbnamen Wiiss ‘ weiss ’ (38 Belege), Rot (16 Belege), Schwarz (10 Belege) und Blau (3 Belege). Weitere Adjektive sind Leng / Läng ‘ lang ’ (gut 20 Belege), Grooss (8 Belege), Spitz (8 Belege), Beesch ‘ böse (im Sinn von steil) ’ (4 Belege) und einmal Blind, wobei hier nicht nur Konstruktionen mit Simplizia vertreten sind, sondern auch komplexere, wie etwa der Länguflüerüüs ‘ die Wasserleitung, die an der langen Fluh vorbeifliesst ’ (Niedergesteln). Die relativen Angaben Ober und Unner sind ebenfalls häufig, aber auch bei komplexeren Namen vorkommend; weitere solche Angaben sind vereinzelt belegt. Eine besonders interessante Form zeigen t Wasigu Flie ‘ die Flühe mit Wasen (Grasbewuchs) ’ (Saas-Fee) oder t Wasmig Flüe ‘ die Fluh mit Wasen (Grasbewuchs) ’ (Staldenried), die ein Adjektiv auf / - IG / vom Nomen Wase ‘ mit Gras bewachsener Boden ’ (cf. HL W ASE ) aufweisen; auch t Chrütiguflüö ‘ die Fluh mit Krautbewuchs ’ (Eisten) kennt ein solches Adjektiv zum Nomen Chrüt ‘ Kraut ’ , t Holzige Flie ‘ die Flühe mit Holz (Wald) ’ (Randa) eines zu Holz und t Miesig Flüe ‘ die mit Moos bewachsene Fluh ’ (Täsch) eines zu Mies ‘ Moos ’ . Auch t Sunnigu Flie ‘ die besonnten Flühe ’ (Randa) gehört hieher. Ein Partizip als attributives Adjektiv findet sich in di Gspalte Flüe ‘ die gespaltene Fluh ’ (Oberwald und weitere fünf Belege) und in an der Knakten Flu ᵕ h (1895, Embd), wo wohl ein Partizip Passiv von ggnage ‘ nagen ’ (G RICHTING 1998, 90) vorliegt. Ein besonderer Fall ist zer Gellondon Flu ᵉ ‘ bei der jähen, steilen Fluh ’ (1374, Stalden) zum Partizip gellend ‘ jäh, schroff, nackt ’ (I D . 2, 209). Als Grundwort kann Flüe mit vielen anderen Nomina auftreten. Ein besonders häufiger Typ ist Wandflüe ‘ die Fluh, die wie eine Wand aussieht ’ (rund 50 Belege) - hier ist das Namenmotiv die Ähnlichkeit einer senkrechten Fluh mit einer Wand (URNB 1, 1099 zum Typ Wandflue). Eine ähnliche Doppelbenennung ist uf der Tschuggflüo ‘ auf der Felsenfluh ’ (Naters), wo in Tschugge ‘ Felsen ’ und ‘ Fluh ’ kombiniert sind, ohne dass klar ist, ob es sich um einen Felsen bei einer Fluh handelt oder um eine Fluh, die wie ein Felsblock aussieht. Tiernamen sind als Bestimmungswort in Adlerflüo (Turtmann) und dem gleichbedeutenden Aariflüo (Eisten), resp. Aruflüe (Zermatt) belegt. Unsicher ist bei Eihoruflüe ‘ Eichhornfluh ’ (Hohtenn), ob wirklich das Eichhörnchen gemeint ist. di Geissinuflüo ‘ die Fluh mit Ziegen ’ (Mund), Gemsfluh (St. Niklaus) sprechen für sich; Graageflüe ‘ die Fluh mit Dohlen / Raben ’ (Oberwald) bezieht sich wohl auf Bergdohlen, die um die Fluh kreisen, während t Hüwweneflie ‘ die Fluh bei den Hüwwene (Eulen) ’ (Oberwald) auf einen anderen Flurnamen mit Tiermotivation Bezug nimmt. Bockflüe ‘ die Fluh, wo Böcke weiden ’ (Zwischbergen und andere) kann sich auf irgendwelche männlichen Weidetiere beziehen. Ob Bärufluä ‘ Bärenfluh ’ (Ferden) etwas mit dem Tier oder seiner Form zu tun hat, ist unklar. Das Gleiche gilt für t Schwiiflüo ‘ die Schweinefluh ’ (Naters). Und bi der Taksuflüo ‘ bei der Fluh, wo es Dachse hat ’ (Glis) verweist auf eine sonst selten erwähnte Tierart. Auch Baum- und Pflanzennamen sind als Bestimmungswörter geläufig: t Aarbflüä ‘ die Fluh mit Arven ’ (Steg) (auch als Adjektiv beÿ der Arfinen Fluho ‘ bei der Fluh mit Arven ’ (1753, Bister)), t Aspflüo ‘ die Fluh mit Espen ’ (Mund) (auch als Adjektiv t Aspini Flüo ‘ die Fluh mit Espen ’ (Oberems)), t Hasolflüe ‘ die Fluh mit Haselstauden ’ (Eisten), Heimiflüe (die Fluh mit Gutem Heinrich) (Gampel), t Chrüterflüe ‘ die Fluh mit Kraut ’ (Zermatt), die Lerchflu ᵉ o ‘ die Fluh mit Lärchen ’ (1776, Naters), Mälböumflüe ‘ die Fluh beim Weiler Mälböum (Mehlbaum) ’ (Naters) - etwas irreführend, da der Weiler nach dem Baum heisst, nicht die Fluh; die Bürchflien ‘ die Flühe mit Birken ’ (1558, Zeneggen), auch als Adjektiv di Bir- Flüö 167 168 <?page no="89"?> chini Flüo ‘ die Fluh mit Birken ’ (Ergisch), ts (e)Ramschflüö ‘ bei der Fluh mit Löwenzahn ’ (Eisten) und das nur einmal belegte in den Waldflühen ‘ in den Flühen beim Wald ’ (1837, Mund) und Wurzflüe ‘ die Fluh beim Wurzwald (Ergisch). Das Material der Fluh spielt eine Rolle bei zer Giltfluä ‘ bei der Fluh mit Giltstein (Ofenstein) ’ (Blatten und öfter), auch als Giltsteinflúo (1785, Naters); vermutlich gehört auch Ofeflue ‘ Fluh mit Ofenstein ’ (Simplon) hieher. Material nennt auch Chriiduflüe ‘ die Fluh aus Kreide ’ (Salgesch und öfter), Chalchuflüe ‘ Fluh aus Kalk ’ (St. Niklaus) und biner Tufflüe ‘ bei der Fluh aus Tuffstein ’ (Oberwald); unsicher dagegen ist t Straalflie ‘ die Flühe mit Bergkristallen ’ (Zwischbergen). In einer Reihe von Namen sind Besitzer- oder Nutzer genannt: Eggerschflüo ‘ die Fluh der Familie Egger / des Egger ’ (Birgisch), etwas unklar ist Hergotts Fluo ‘ die Fluh des Herrgott ’ (1693, Gampel) - ob hier an Gott gedacht ist oder nur ein Übername vorliegt, bleibt unsicher. Clawieflúh (Varen) verweist auf die Besitzer namens Clavien oder Clavioz, Lambers Flue (Ried-Brig) auf einen Lambert (PN), t Nigguflüo ‘ die Fluh des Niggi / der Familie Niggi (Nikolaus) ’ (Embd) auf einen Niggi oder ähnlich, Nägerschflieji ‘ die kleine Fluh des Näger (PN) ’ (Mund) auf einen Näger und aúff Bergersch Flúo (1748, Steg) auf einen FaN Berger. t Pfaffuflüo (Mund) heisst nach einer FaN Pfaffen (und nicht nach dem Pfarrherr). t Schalbetterflüe (Zermatt) enthält den FaN Schallbetter und in ts Siithofischflüo (Birgisch) ist vermutlich ein FaN Hofer versteckt, die Siithofi genannt wurde. Im Fall der St. Germanerflüe (Raron) sind die Einwohner von St. German bei Raron gemeint. Mehrfach erwähnt ist Wengerschfl ů (1548, Turtmann), wo entweder der FaN Wenger oder der gleichlautende Herkunftsname (von den Wengen) gemeint sein kann. Im Fall der Wängerschflüo (Ergisch) zeigen historische Belege, dass ein romanischer Familienname (Wangyer) zu Grunde liegt, der wohl später deutsch interpretiert wurde. In Zimmermasch Flieji ‘ die kleine Fluh des Zimmermanns / der Familie Zimmermann ’ (Glis) bleibt unklar, ob es sich um einen Berufs- oder Familiennamen handelt. Vermutlich die Form der Fluh spielt eine Rolle in t Kruchtuluflue ‘ die Fluh in der Form eines Fasnachtsgebäcks ’ (Simplon), wo das frpr. Lehnwort Chruchtela ‘ Fasnachtsgebäck ’ auf die Form verweist. Ähnlich ist Chroonuflüe ‘ die Fluh mit einer Bekrönung ’ (Ausserberg) zu verstehen. Bei einer grossen Zahl weiterer Namen mit Flüö als Grundwort ist das Bestimmungswort die Benennung einer nahegelegenen Flur, eines Gletschers, eines Sees oder eines Weilers. Sie im Einzelnen aufzuzählen, ist hier nicht möglich. Besonders auffällig ist der Name t Waartflüe ‘ die Fluh mit Aussicht ’ (Randa), mit Assimilation zu t Waarbflie ‘ die Flühe mit Aussicht ’ (Mund) - Waart ist hier als Aussichtspunkt zu verstehen, von dem aus man eine gute Aussicht über die Gegend hat. Ein anderer Typ mit einem Adverb ist Obfluh (St. Niklaus), also das Gebiet oberhalb einer Fluh (kommt auch in Obflie (1764, Obergesteln) und in der Ableitung Obfliejer (Naters) vor). In einigen Fällen ist die Motivation für die Bestimmungswörter nur schlecht erkennbar. Das gilt insbesondere für die Namen, die in lateinischer Form als SAXUM überliefert sind und ein nachgestelltes Bestimmungswort enthalten wie etwa a saxo de laz Paryz (1490, Varen), das vermutlich zum lat. PARIET - ‘ Wand ’ gestellt werden kann, also etwa der Wandfluh entspricht. Nicht in jedem Fall ist sicher, dass SAXUM hier ein Namensbestandteil ist; es kann sich auch einfach um ein lateinisches Appellativ handeln; dabei ist zu bedenken, dass die lateinische Form SAXUM im Patois etwa scex oder sei lauten müsste. Neben den zweigliedrigen Konstruktionen mit Flüö als Grundwort gibt es mehrgliedrige Konstruktionen, die zusätzlich modifiziert sein können. Ein komplexes Beispiel dafür ist t Voorder Holzig Flüe ‘ die vordere Fluh mit Holz (Wald) ’ (Täsch) oder bis au ᵕ f des Kolplatzes Flu ᵕ h ‘ bis auf die Fluh beim Kohlplatz ’ (Obergesteln). Als Bestimmungswort kommt Flüö in zweigliedrigen Konstruktionen mit den Grundwörtern Acher, Alp, Bach, Balm, Bodu, Brigga, Cheer, Fad, Gartu, Gletscher, Güed, Gufu, Hitta, Hooru, Hubel, Hüs, Kapälla, Läger, Sand, Schleif, Spitz, Stadel, Ture, Wald, Wang, Wasser, Wäg und Weid vor. Darüber hinaus gibt es einige komplexere Fälle, in denen Flüe entweder Bestimmungswort oder Grundwort eines Kompositums ist, das selbst Bestimmungswort sein kann: der Fooder Mässflüegrabu ‘ der vordere Graben bei der Mässflüe (Fluh beim Ort, wo der Milchertrag gemessen wurde ’ (Hohtenn), der Lengflüegletscher ‘ der Gletscher bei der langen Fluh ’ (Täsch) oder t Lenguflüoüowender ‘ die Magerwiesen bei der langen Fluh ’ (Saas- Balen). Fluss Fluss ist nur im hdt. Fluss Wiese (1927, Salgesch) belegt. Vermutlich eine hdt. Übersetzung, da weder Fluss noch Wiese sonst vorkommen. Fluss ist zu schwdt. Fluss m. ‘ Quelle, Flut ’ , ahd. fluz, mhd. vluz ‘ Fluss, Guss ’ (I D . 1, 1215 f.; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 307) zu stellen. Fne Fnè ‘ Ort, wo man Heu gewinnt ’ ist nach G AVUZZI (1895, 264) ein piemontesisches Verb, das er als „ Soleggiare il feno, Rivoltare il fieno nei prati “ ( ‘ das Heu der Sonne aussetzen, das Heu auf den Wiesen wenden ’ ) deutet, eine 169 170 Fne <?page no="90"?> verbale Ableitung von lat. FENUM ‘ Heu ’ , vermutlich FENARE ‘ heuen ’ , zu dem wohl ein adjektivisch-nominales FENARI- UM ‘ Ort wo man Heu gewinnt ’ (Prof. B RUNO M ORETTI , p. c.) gebildet wurde. Der AIS 1389 kennt das Verb fnè für ‘ rivoltare il fieno ’ nicht, was auf eine ältere Form hindeutet. Belegt sind Passo Fnè ‘ der Fnepass ’ und Pizzo Fnè ‘ die Fnespitze ’ (Zwischbergen) beide auch bei J ORDAN (2006, 293, ohne Deutung). Auf LT findet sich auch Fneseen ‘ die Seen bei Fnè ’ , die bei J ORDAN (2006, 293) Erschtä See, Zweitä See, Drittä See und Viertä See heissen; der Gesamtname ist Ze Seewe (ebenfalls bei J ORDAN 2006, 293) und unter HL S EE . Der LT-Beleg Fneseen ist in der Datenbank nicht erfasst. Fochja Fochja f. ist als t Fochja (Bellwald) belegt. Es handelt sich um eine / - LA / -Ableitung (mit späterer Palatalisierung) als Stellenbezeichnung (S ONDEREGGER 1958, 517 ff.). Die Ableitung ist zu mhd. vohe ‘ Fuchs ’ (L EXER 3, 432) zu stellen, also ‘ der Ort mit Füchsen ’ ; im Schweizerdeutschen wird sonst eher Fuchs, im Wdt. Fuggs ‘ Fuchs ’ (I D . 1, 655 ff.; G RICHTING 1998, 82) verwendet; die Ableitung ist in I D . und G RICHTING (1998) nicht verzeichnet. Foggleri Foggleri f. ‘ die Feuerstelle ’ ist nur zweimal belegt in t Foggleri ‘ das Gebiet, das einer Feuerstelle gleicht ’ (Blitzingen) und jn der Fogleren ‘ im Gebiet, das einer Feuerstelle gleicht ’ (1648, Bister). Das HL ist zum schwdt. Foglere f. ‘ Vertiefung in der Erde für das Feuer unter dem Käsekessel, Feuerherd in der Sennhütte ’ (I D . 1, 699) zu stellen; belegt ist es nur für das Berner Oberland. I D . leitet es von it. focolare mit deutscher Endung ab. AIS (5, 931) weist in Domodossola fogl ā r, in Antronapiana fugl ā r auf. Das Lehnwort wurde im deutschsprachigen Alpenraum erstbetont und die Endung an das Deutsche angepasst. Foggu Foggu ist unklar. Das Fogguhoru (auf LK Foggenhorn) ist ein Gipfel auf 2569 m zwischen Gredetschtal und Blatten (Naters), der für Mund, Birgisch und Naters belegt ist. In Ausserberg sind belegt: Im Fochen Akre (1309) und ts Foggunboord. In Ergisch gibt es eine Foggumattu. In Frage kommt ein Name wie Focco (F OERSTEMANN 1, 546); 1773 ist in Bürchen von einem Josephi Focken die Rede; es scheint sich hier um einen FaN zu handeln; allerdings ist die Form nicht klar. Die Belege vom Typ Foche liessen sich auf mhd. vohe ‘ Fuchs, Füchsin ’ (L EXER 3, 432) (cf. HL F OCHJA ) zurückführen; das Lexem ist aber sonst im Oberwallis mit möglicher Ausnahme von Fochja nicht belegt. Folla Folla f. ‘ Trichter ’ ist zu schwdt. Folle n f. ‘ trichterartiges Gefäss, durch welches die frischgemolkene Milch geseiht wird ’ (I D . 1, 786), wdt. Folla, Follä (Goms), Follu ‘ Blechtrichter ’ (G RICHTING 1998, 80) zu stellen; in FlN übertragen als ‘ trichterförmige Vertiefung ’ (Z INSLI 1946, 318). Laut E GLI (1982, 292) gehört Folla f. den schweizerdt. Bergmundarten an; seine Etymologie ist nicht geklärt. In der Datenbank normalerweise als ‘ trichterförmiges Gebiet ’ bezeichnet; die Funktion des Siebes ist eventuell beim Folligrabo (Mund), Foljigrabe (Ulrichen) mitgemeint. Das Simplex im Singular erscheint als Folla (Fiesch, Ferden), Pfolla (Eyholz, Zwischbergen) mit agglutiniertem Artikel, aber in beiden Fällen nach Präposition als van der Follu ‘ vom trichterförmigen Gebiet ’ , inner Folle ‘ im trichterförmigen Gebiet ’ (Martisberg, Münster, Selkingen), historisch als in der Follen (1637 Ritzingen; 1850, Biel), zer Follon (1346, Turtmann, 1785 als ob der Follen). Unsicher ist das 1363 in Oberems belegte zer Wollon; es gehört aber am ehesten hieher. Der Plural erscheint nur einmal 1736 auff den Follen (Gampel). Ein Diminutiv im Singular ist Folli n. (Ergisch, Oberems) und historisch 1742 im Folli (Ausserberg), sowie ts Foli (Zermatt) und ts Folji (Blitzingen). Mit einem attributiven Adjektiv ist 1796 in Ergisch im Finsteren Folli belegt. Ganz unsicher ist ein Beleg von 1448 in Zermatt in superiori Vyolun ‘ im oberen trichterförmigen Gebiet ’ , wo rein lautlich auch ein Zusammenhang mit dem Pflanzennamen Vi ō la ‘ Veilchen ’ (I D . 1, 633 f., im Wallis als V ī li) bestehen könnte. Einmal ist das HL als vorangestellter Genitiv Follins Byfang ‘ das eingehegte Stück Land im Bereich Folli ’ (1516, Ergisch) bezeugt; vermutlich handelt es sich um einen Genitiv zum Lokalnamen Folli (Ergisch); ein FaN ist kaum gemeint. Die übrigen Belegen enthalten das HL als Bestimmungswort, in einigen Fällen wohl als ehemaligen schwachen Genitiv (Follen) mit folgenden Grundwörten in zweigliedrigen Komposita: Bach, Bodu, Brigga, Chäschera, Grabu, Hooru, Matta, Steg, Stutz, Tschugge, Wald und Weid. Komplexer ist Follutschuggukapälli ‘ die kleine Kapelle auf dem Follutschuggu (Fels in der Form eines Trichters) ’ (Oberems). In einigen dieser Fälle kann der Bezug auf das Wort Fole m., f. ‘ Zuchthengst, Stute ’ (I D . 1, 785 f.) vorhanden sein, etwa bei t Folluweide ‘ die Weiden für den Zuchthengst / die Weiden beim trichterförmigen Gebiet ’ (Oberems). Folletsch (FaN) Folletsch (FaN) ist nur einmal belegt in ts Fouetschäbmet ‘ das ebene Land des Follet ’ (Bellwald, mit / l/ -Vokalisierung). Der Beleg sieht aus wie ein Genitiv eines FaN oder Fochja 171 172 <?page no="91"?> PN; auf der 1: 10 ’ 000 steht allerdings Volleggsch. I D . (1, 786) notiert nach Stalder Vollez „ Schnellkugel, womit die Kinder spielen “ , hält es aber für eine Fehlschreibung für Bolley. Inhaltlich kann aber Vollez, auch wenn es richtig wäre, für den Namen nicht in Frage kommen. Wir gehen deswegen von einem FaN oder PN Follet aus. In der Form Vollet ist der FaN im Register der HRBS belegt. Folljeret Folljeret ist ein Flurname in Leukerbad, der zwei Mal an nahe beieinander liegenden Orten belegt ist; dazu kommen Komposita mit den Grundwörtern Hubel, Stafel und Tritt. Das Lemma ist romanisch und zu lat. FOLIUM > feuilleret ‘ Laubbäume ’ , gebildet aus frz. feuille ‘ Blatt ’ sowie / - ARIU ( M )/ und / - Ĭ TTU ( M )/ (G PSR 7, 373; FEW 3, 678a; B OSSARD / C HAVAN 2006, 168) zu stellen; allerdings sind heute in diesem Gebiet nur Nadelbäume zu erkennen (vgl. auch R. G RICHTING (1993) Folljirät auf Blatt 14, Nr. 37 und Blatt 21 u. 22, mit den zusätzlichen Namen Folljiräthaltä ‘ die Halden bei der Alpe Folljirät ’ und Folljiräthubil ‘ der Hügel bei der Alpe Folljirät ’ ). Folong Folong, auch Pfolong ist wohl zu lat. FULLONEM > frz. foulon m., wdt. Follong m. ‘ Walkerei, Walkmühle ’ (M ATHIER 2015, 75) stellen. Im rom. Wallis ist es noch als Appellativ lebendig (T AGMANN 1946, 67). Belegt sind im Folong (Salgesch), jm Follong (1673, Varen), Folong Brücke (1880 ca., Salgesch), Pfolong (Leukerbad, FLNK Pfolung; auch bei R. G RICHTING (1993, Blatt 9, Nr. 66)). Fon Fon ist unklar, nur in t Fonegga (Bellwald) belegt. Bei der Aufnahme ist als seltenere Form Honegge ‘ hohe Ecke ’ erwähnt. Ein Zusammenhang mit der Präposition von ist unwahrscheinlich; dialektal wird va ‘ von ’ verwendet. Die seltenere Form Honegge gehört zum HL H EE ( HOOCH , HEEJ ). Fondo Fondo ist nur in Porteia di Fondo (Zwischbergen) belegt. Porteia ist der Ausdruck für das Tirli ‘ Übergang im Grenzzaun ’ (vgl. J ORDAN 2006, 403 ff.). Fondo ist zu it. fondo < lat. * F Ŭ NDUS ‘ Grund, Boden, Grundstück ’ (REW 3585; D EVOTO / O LI 2020, 883), hier als ‘ das Zauntor im Grund ’ zu stellen. Zum it. di Fondo vgl. auch das HL D FONND . Fons Fons erscheint einerseits als lat. FONTEM ‘ Quelle ’ und anderseits als frpr. fons ‘ Quelle ’ . Die lat. Form ist belegt als ad Fontem (1333 u. später, Albinen), ad Fontem Molendini de Schudanne ‘ beim Mühlenbach bei der warmen Quelle (Schudanne) ’ (1821, Varen) [gemeint ist wohl ein Bach zu einer Mühle beim Ort, der Schudanne heisst], ad fontem Rodani ‘ beim Wasser des Rotten ’ (1698, Leuk). Die lat. Belege deuten darauf hin, dass hier ein Appellativ und kein Flurname vorliegt. Anders bei den romanischen Belegen mit Fons (FEW 3, 695 s. v. fons quelle; G PSR 7, 667 s. v. Fonts). Belegt sind eys fonz (1353 u. später, Leukerbad; der Beleg von 1743 hat späteres im Fontanej zu lat. FONTANA , cf. HL F ONTANA ), eis fonz (1357 u. später, Oberems), heys fonz (1351, Salgesch) und mit einem Adjektiv ol bon fons ‘ bei der guten Quelle ’ (1338, Leukerbad). Fontana Fontana f. ‘ Quelle ’ ist zu lat. FONTANA f. ‘ Quelle ’ zu stellen (G PSR 7, 659a ff.). Im westlichen Bezirk Leuk tritt als Simplex in t Fontangna ‘ bei der Quelle ’ (Albinen; FLNK Fontangla, bei M ATHIEU 2006, 13 als Pfontangla mit agglutiniertem Artikel) auf; die historischen Belege zeigen, dass der Flurname ab 1681 in die Fontanna mit deutschem Artikel verwendet wird. Zu einer Ableitung mit Kollektivsuffix / - Ī LE / > afrkpr. *fontani ‘ Ort, wo kleine Wasseradern aus dem Boden treten ’ (G PSR 7, 659 ff.; REW 3426, T AGMANN Ms., 28) sind die Simplizia t Pfonteni ‘ die kleinen Quellen ’ (Salgesch; M ATHIER 2015, 122), ts Pfunntani ‘ die kleine Quelle ’ (Leuk) und ts Pfuntuni ‘ die kleine Quelle ’ (Leukerbad; R. G RICHTING 1993, Blatt 9, Nr. 60) zu stellen. Eine Diminutivform Fontaneta oder Fontanette ‘ kleine Quelle ’ ist mit - Ĭ TTA -Suffix gebildet und kommt vor in a la Fontaneta ‘ bei der kleinen Quelle ’ (1353, Varen), im Fontenett ‘ bei der kleinen Quelle ’ (1781, Ergisch), Pfontanette ‘ die kleinen Quellen ’ (Salgesch; historisch auch im Singular; in dieser Form nicht bei M ATHIER 2015), ts Pfuntinett ‘ die kleine Quelle ’ (Ergisch). Komplexere Belege sind: Fontenetgraben ‘ der Graben bei der kleinen Quelle ’ (1821, Ergisch), der Fontanette Wasser Fu ᵕ hr ‘ die Wasserleitung bei der Fontanette ’ (1494 u. später, Salgesch; bei M ATHIER 2015, 123 als Pfonteniwasserleitu), im Pfuntany Gässi ‘ in der kleinen Gasse bei der kleinen Quelle ’ (1756, Leuk). Fonteen (FaN) Fonteen (FaN) ist laut Gwp. zum frz. FaN Fontaine zu stellen. Der FaN ist nur belegt in ts Fonteengüed ‘ das Gut der Familie Fontaine ’ (Niedergesteln; FLNK Fontegüet). Der FaN ist im F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (1, 567) belegt, meist als FaN aus der westlichen Schweiz und Frankreich; für Nax (VS) ist der einzige FaN aus Frankreich von 1896 bezeugt. 173 174 Fonteen (FaN) <?page no="92"?> Fontine Fontine ist 1677 - 1679 in Zwischbergen als die Fontine belegt. Details fehlen. Zwar kennt man den Käsenamen Fontina (Aostatal), doch ist wohl an eine Ableitung von fonte ‘ Quelle ’ zu denken, also ‘ die kleinen Quellen ’ (vgl. auch O LIVIERI 2 1961, 231, 1965, 162, der aber keine Belege auf / i/ kennt). Foolini Foolini ist als t Foolini (Naters; FLNK Foolini) belegt. Es handelt sich um einen Plural des Diminutivs. Die Flur liegt oberhalb des Dorfes Naters, auf SK in einem weitgehend unbebauten Gebiet, heute bewaldet zwischen zwei Strassenstücken der Strasse nach Blatten und Birgisch. Eine naheliegende ‘ kleine Fohlenweide ’ kann nicht ausgeschlossen werden. Das hdt. Fohlen ist allerdings im Oberwallis als Fili n. ‘ Fülli ’ (G RICHTING 1998, 78) bekannt. Schwdt. Fole m./ f. ‘ Beschäler, Stute, Fohlen ’ , gespalten in m. und w., habe für das geschlechtsreife, erwachsene Tier verwendet werden können (I D . 1, 785 f.), doch hält I D . selbst diese Angabe für unsicher. BENB (1, 1, 153) stellt einfaches Fol- (mit langem / oo/ ) zu Fall, was aber im Oberwallis (keine Verdumpfung von altlangem â zu ô) nicht möglich ist. Der mögliche Anschluss an schwdt. Folle n ‘ trichterartiges (hölzernes) Gefäss, durch welches die frischgemolkene Milch geseiht wird ’ und wdt. Folla, Follä (Goms), Follu ‘ Blechtrichter ’ (I D . 1, 786; G RICHTING 1998, 80) ist zwar inhaltlich möglich (cf. HL F OLLA ); die Abfolge / oll/ wird jedoch im Oberwallis nicht gelängt. Insgesamt bleibt die Deutung also unsicher; am ehesten ist doch die Deutung als ‘ Fohlenweide ’ am sichersten. For For m. ist nur einmal belegt im Beleg ad cristam Du for de Varona (1556, Varen). M EYER (1914, 164) führt es auf lat. F Ŭ RNUM ‘‘ Ofen ’ zurück. Laut G PSR (7, 797ss. s. v. Four, als Ortsname ab 802s.) und B OSSARD / C HAVAN (2006, 225) ist der Typ als Orts- und Flurname sehr verbreitet; im Deutschen wird dafür das HL O FU verwendet. Vergleichbar ist etwa der Ofubiel (Naters). Forge Forge f. ‘ Gabel, Pass, (im Plural auch: ) Galgen ’ ist zum lat. FURCAS ‘ Gabel, Abzweigung ’ (G PSR 7, 2, 812 - 816 s. v. Fourche, B OSSARD / C HAVAN 2006, 203; T AGMANN 1946, 75 f.) zu stellen. Das Simplex erscheint in einigen Belegen als de laz Forchez (1490, Salgesch), eÿs Forÿes (1540, Leuk; 1592 als dÿs Forches). Komposita sind: Forches Ueÿes (1460, Leuk), Forches Veyes (1460, Agarn), wohl ‘ der alte Pass, der alte Galgen ’ . Forgenmarch (1728, Leuk; 1723 forzenmarch) dürfte dann die March (Grenze) beim Galgen sein. Fortsethubil (Salgesch, FLNK auch Fortschethubil) hat Belege von 1556 ad cristam deÿs forche und 1592 la cresta deis force, also ‘ der Hügel mit dem Galgen ’ (T AGMANN 1946, 76), ist aber eventuell zu frpr. for(t) š eta ‘ kleine Gabel ’ zu stellen (vgl. HL F URGGA ). Unklar ist der Beleg jn zinniere jn forcheri (1725, Albinen); es handelt sich vermutlich um zwei Namen. Der erste ist zum lebenden Beleg Tschingere (cf. HL T SCHINGERE ), einem Weiler von Albinen, zu stellen. forcheri ist nicht lebend belegt, ist aber wohl eine Ableitung zu Forge. Forner (FaN) Forner (FaN) ist zum FaN Daforna, da Forna zu stellen. Die Familie wanderte im 15. Jh. aus Italien ins Goms ein (AWWB 73). Belegt sind in Forners Bode ‘ im Boden der Familie Forner ’ (1629) und in Forners Spitz ‘ im spitz zulaufenden Grundstück der Familie Forner ’ (1594), beide in Fiesch. Forni (FaN) Forni (FaN) ist lebend bei FLNK als Pforni und bei M ATHIEU (2006, 25) ebenfalls als Pforni belegt. Die belegten Formen nehmen den agglutinierten Artikel auf. Die historischen Belege haben 1617 eÿs fornÿr, 1644 ÿ fournÿ und 1689 ÿ forni. Sollte ein rom. Appellativ vorliegen, ist es zu four ‘ Ofen ’ (G PSR 7, 797 ss.) zu stellen Es gehört hier aber wohl zum FaN Forni, Forny (NWWB 1, 105) und meint ein Grundstück, das einer Familie Forni gehörte. Hierzu gehört auch das weiter entfernte ts Forniwaldij ‘ der kleine Wald der Familie Forny ’ (Niedergesteln). Forst Forst m. ist zu schwdt. Forst m. (f.), ahd. forst, mhd. forst, vor(e)st m., f., ‘ Wald, bes. Bannwald, Fronwald ’ , nur in FlN erhalten, (I D . 1, 1024) zu stellen. Das HL scheint nur im Goms vorzukommen; zwei Belege in St. Niklaus und Raron sind vom Hdt. beeinflusst; G RICHTING (1998) kennt das HL nicht. Das HL ist als Simplex im Singular in der Forscht ‘ der Forst ’ (Biel, FLNK Forscht; Fiesch, FLNK Forscht; Ritzingen) belegt. Komplexer sind das Forst Thürlÿ ‘ die kleine Tür beim Forst ’ (Biel), Forstwald ‘ der Forstwald (erster Teil heisst schon ‘ Wald ‘ , unverstanden? ) ’ (LT und FLNK, Fiesch), bim Forschtbrunnestubji ‘ bei der kleinen Brunnenstube (Reservoir) beim Forst ’ (Ritzingen). Hdt. beeinflusst sind Forscht- und Jägerhitta ‘ die Hütte für die Förster und Jäger ’ (FLNK, Raron) und t Üfforschtung ‘ das Aufforstungsgebiet ’ (St. Niklaus). Fontine 175 176 <?page no="93"?> Fort Fort ist nur auf SK als Fort (Zwischbergen) oberhalb der Doveria erwähnt. Das Fort in der früher Gondo genannten Gemeinde ist eine ehemalig geheime Festungsanlage, die der Verteidigung strategisch wichtiger Geländepunkte diente. Das Wort stammt aus dem Französischen fort ‘ fest, stark ’ < lat. FORTIS . Heute wird es als Festungsmuseum Fort Gondo (Zwischbergen) weiterverwendet. Foscha Foscha ist lebend belegt als Pfoscha ‘ der Graben ’ (Salgesch), das zu lat. FOSSATUM > frpr. fo š á m. ‘ Graben ’ (T AGMANN Ms. 31; G PSR 7, 733 ss. s. v. fosse) zu stellen ist. Historisch ist schon 1631 au Foscha erwähnt; spätere Belege haben jn Foscha. Auch M ATHIER (2015, 81) notiert den Namen Pfoscha, ohne auf T AGMANN Bezug zu nehmen. Der Anlaut zeigt den assimilierten femininen Artikel. Nur historisch ist der Foscha Graben (1880 ca. Salgesch) belegt, den auch M ATHIER (2015, 81) als Pfoschagrabu erwähnt. Four Four ist nur 1438 in Leukerbad als juxta furnum de fyez belegt. Der Name ist latinisiert als furnum, das laut FEW (3, 902 ff. s. v. f ŭ rnus ofen; G PSR 7, 797 ss.) als ‘ Ofen ’ zu verstehen ist. Allerdings ist auch fyez ‘ Ofen ’ , sodass hier offenbar ein Appellativ (furnum) und ein Flurname (fyez) mit gleicher Deutung zusammentreffen; ob das lat. Appellativ FURNUM überhaupt ein Flurname ist, sei dahingestellt. Zu four vgl. auch HL F OR . Fouz Fouz ist nur 1337 in Salgesch als eys fouz belegt; die Rede ist von einem Stück Feld und einem Weinberg. Es ist zu lat. FAGUS buche (FEW 3, 371; B OSSARD / C HAVAN 2006, 169) sowie zu fao ‘ Buche ’ (G PSR 7, 150 ss.) zu stellen. Der Plural legt nahe, dass es sich um ein Gebiet mit mehreren Buchen handelte. Fracto Fracto ist nur historisch 1346 in Bratsch als jn saxo fracto ‘ beim gespaltenen Stein ’ belegt. Die Form ist lat.; FRACTO ist ein Partizip Praeteriti im Dativ zu FRANG Ě RE ‘ brechen ’ (FEW 3, 752 ff. s. v. frang ě re brechen). JN SAXO FRACTO ist eine lateinische Übersetzung; es ist unklar, ob hier ein Flurname oder ein Appellativ vorliegt. Francin Francin erscheint im Beleg Profrantsching (Salgesch), das frühere Belege vom Typ pra Francin (1651) aufweist. Weitere Belege sind Pranfranzing Wasser Fu ᵕ hr (1880 ca.) und Prafranzing Matten (1880 ca.) Der letzte Beleg zeigt, dass Pra ‘ Wiese ’ nicht mehr verstanden und deswegen das gleichbedeutende Matten angefügt wurde. Frantsching entspricht der alemannischen Aussprache mit inlautendem / tsch/ und auslautendem / - ING / für den PN Francin. M ATHIER (2015, 115 f.) fügt Profrantschinggillu ‘ der Tümpel bei Profrantsching ’ , Profrantschingwäg und Profrantschingwasserleitu hinzu. Er stellt den Namen zu pra < lat. PRATUM ‘ Wiese ’ und zu lat. FRAXINUS > frantsching ‘ Esche ’ . Allerdings ist ‘ Esche ’ in den Patois frano geworden, sodass die Ableitung nicht überzeugt. Es liegt hingegen ein PN oder FaN Francin vor, der in dieser Form jedoch sonst nicht belegt ist. Der Wechsel von Pra zu Pro lässt sich nicht aus dem Frpr. erklären; zwar weisen die Unterwalliser Patois pro ‘ Wiese ’ auf; ein direkter Einfluss kann aber räumlich ausgeschlossen werden. Eine Erklärung dafür fehlt gegenwärtig. Frannos Frannos ist historisch 1355 als eys frannos (Leukerbad) belegt. Es ist nach B OSSARD / C HAVAN (2006, 171) als Plural zu lat. FRAXINUS ‘ Esche ’ zu stellen: ‘ bei den Eschen ’ . ts Frassji ‘ das kleine Eschengehölz ’ (Albinen) erscheint in den ältesten historischen Belegen also ou fraschyer (1333) und ov fraschier (1433), also mit einem Kollektivsuffix lat. / - ÂRIA / (S ONDEREGGER 1958, 471 f.) als ‘ die Stelle, wo Eschen wachsen ’ . Ab 1650 erscheint die Form vereinfacht als frassier; die heutige Form ist eine hybride Diminutivform mit dem romanischen Stamm und der deutschen Diminutivendung [-ji]. Vgl. auch das HL F RANO . Frano Frano m. ist Lokalname für einen felsigen Steilhang, nach W IPF zu it. frana f. ‘ Absturz, Felsspalt, Bergsturz, Erdrutsch ’ (W IPF 1910, 25; Z IMMERMANN 1968, 34 f.) zu stellen. Ein italienisches Lehnwort, schon 1310 als frano belegt, ist jedoch unwahrscheinlich. Naheliegender ist pat. frano ‘ Esche ’ (B RIDEL 1866, 171; M EYER 1914, 164; T AGMANN 1946, 26) zu lat. FRAXINU . Das Simplex kommt in Visperterminen zweimal vor, einmal davon als Alpname auf 2029 m (wo Eschen wachsen können). Einmal ist es historisch in Eyholz als Name eines Teils eines Weinbergs erwähnt (1310). In Visperterminen ist es weiter Bestimmungswort zu Wasserleita und Wägji. In Mund erscheint es in Franenbu ᵉ le (1453) ‘ der Hügel mit Eschen / des Frano ’ ; hier und beim Simplex könnte auch ein PN Frano vorliegen, der in Visperterminen 1221 (de manso Franonis ‘ des Hauses von Frano ’ ) belegt ist. Fränschä Fränschä ist belegt als t Fränschä (Leukerbad; LT u. FLNK Fränschä). R. G RICHTING (1993, Blatt 25, Nr. 12 und Blatt 26, Nr. 16) hat ebenfalls Fränschä. Es handelt sich sicher um einen Plural. Vermutlich ist er zum frz. frange, frpr. 177 178 Fränschä <?page no="94"?> fri ̩ ndz ə ‘ Franse ’ (G PSR 7, 926) zu stellen. Das Gebiet ist wohl metaphorisch danach benannt. Wie I D . (1, 1310 s. v. Franse) feststellt, wir das Wort schon mhd. als franze, franse wohl aus dem frz. frange entlehnt. In Leukerbad ist aber direkte Übernahme aus dem früheren frpr. Patois möglich. Franziskus (PN) Franziskus (PN) ist ein mänlicher PN mit Kurzformen Franz, Franzel, Fränzel, Dim. Franzli, Franzji, nasalisiert und diphthongiert Fräisi oder Fräischi (I D . 1, 1311; Z IM- MERMANN 1968, 123). Der PN kommt in acht Belegen vor (zwei dieser Belege gehören zusammen), meist als vorangestellter Genitiv, was wegen des Auslauts in Franz aber nicht immer klar ist: ts Fennerfrantsch Bärg ‘ der Berg des Franz Fenner / des Fähnrichs Franz ’ (Selkingen), ts Kaarlifrantsch Chriz ‘ das Kreuz des Franz, Sohn des Karl (Imsand) ’ (Ulrichen), z Fransch Weidu ‘ die Weide des Franz ’ (FLNK, Gampel), Frantz=Stadel (1740, Gampel, 1701 des Fratz Stadel). Wohl ein Diminutiv liegt vor in der Franzischggigirbel ‘ der Steilhang des Franziskus ’ (Reckingen). Die restlichen Belege zeigen die Wirkung des Staubschen Gesetzes: der Fräisibodo ‘ der Boden des Franz ’ (Visperterminen) und der Freissugrabu, resp. der Freissigrabu ‘ der Graben des Franz ’ (Ergisch). Franzoos Franzoos ist nur belegt in der Franzoosutschuggo ‘ der Franzosenfelsen ’ (Eggerberg). Der Kommentar „ hier soll ein Franzose zu Tode hinuntergeworfen worden sein, als er Rinder holen wollte “ bezieht sich auf die französische Eroberung des Wallis (1798), das später als Département du Simplon zeitweise (1810 - 1813) zu Frankreich gehörte. Das HL ist zu schwdt. Franzós m. wie nhd. ‘ Franzose ’ (I D . 1, 1312) zu stellen. Frecke Frecke ist nur einmal in Freckeloch (FLNK, Ernen) belegt. Es handelt sich um eine Flur am Rotten im Wald, wohl eine Vertiefung. Das HL ist in dieser Form in den Wörterbüchern nicht aufgeführt; auch ein FaN ist nicht belegt. Am nächsten liegend scheint eine Nominalform zu schwdt. ver(r)recke n ‘ verenden, krepieren ’ und wdt. verekke, värekkä (Goms), verrikku (Vispertäler), vrekkn (Lötschtal), värrikku ‘ verreckken, verenden ’ (I D . 6, 810; G RICHTING 1998, 226) zu sein, also das Loch, wo Tiere verenden oder verendete Tiere hingebracht wurden. Freichi Freichi f. ‘ die Alpe des Frank ’ kommt nur in Binn und Mühebach vor. In Binn ist t Freichi 1532 als die Frenchi, 1551 jn der Freÿnchi, 1553 jn der Frenchi usw. belegt. Der älteste Beleg mit getilgtem / n/ jhn der Freiche stammt von 1757. Mühlebach weist 1530 in der Freinchi auf. Binn hat 1655 Freüchÿ, einen Beleg mit hyperkorrekter Rundung; 1737 wird die Alp in Claúsigen Freÿche genannt. 1714 kommt ZSchampigen Freÿchÿ dazu. Binn hat schliesslich einen lebenden Namen ts Freichimatt ‘ die Mähweise oberhalb der Alp Freichi ’ . Z INSLI (1984, 250) kennt in Agaro den Alpnamen Freehi und meint S. 259, er sei vielleicht kontaminiert aus Uf der Heehi. Das ist kaum möglich; der Name entspricht lautlich dem Staubschen Gesetz in den Südwalser Dialekten (vgl. SDS 2, 101 f. ‘ tränken ’ , vor allem für Macugnaga und Pomatt), ist also identisch mit Freichi. Die Belege legen eine / - I / -Ableitung, entweder von einem PN Frank, dem Besitzer oder Nutzer der Alpe, oder vom Adjektiv frank mit Umlaut und späterem Staubschem Gesetz vor Velarfrikativ nahe. I D . (1, 1309) kennt frank als ‘ frei, ungebunden, sicher, selbständig ’ . BENB (1, 1, 160) kennt Frank und die Form Frauch und stellt sie zum PN Franc, Franko (F ÖRSTEMANN 1, 515) oder den FaN Frank. NWNB (1, 608 f.) belegt Franckh Eeg und Francken Eeg, ohne nähere Angaben. Es handelt sich aber vermutlich um einen PN. Die Angaben deuten insgesamt auf einen PN mit einer Ableitung auf / - I / hin. Frene (PN) Frene (PN) ist zum weiblichen Taufnamen Ver ē ne (I D . 1, 915 ff.) zu stellen. Der PN erscheint nur als Erstglied in Frenenacherlin ‘ der kleine Acker der Verena ’ (1602, Ritzingen), Frenebärg ‘ der Berg (hochgelegenes Gebiet), der einer Verena gehörte ’ (Selkingen), Frenunmattun ‘ die Wiese der Verena ’ (1273, Birgisch) und Vrenuhüs ‘ das Haus der Verena ’ (FLNK, Zermatt; nicht in J ULEN ET AL . (1995) enthalten). Ob im Einzelfall an die Hl. V ERENA zu denken ist, bleibt unsicher. Frengyoz Frengyoz ist nur belegt in juxta saxum de la frengyoz (1527, Ergisch). Die Konstruktion legt nahe, dass saxum zum Namen gehört, aber latinisiert ist (entweder übersetzt aus dt. Fels / Stein / Fluh, oder frpr. scex oder ähnlich, das in Ergisch jedoch sonst nicht belegt ist). Frengyoz lässt sich am ehesten als eine Ableitung mit dem vermutlichen Suffix / - ATORIU ( M )/ zu frêne ‘ Esche ’ (FEW 3, 771 s. v. fraxinus; B OSSARD / C HAVAN 2006, 171) erklären, also etwa ‘ Eschengehölz ’ . Frescha Frescha m., auch Freschen m. ‘ Frosch ’ ist zu schwdt. Frösch bzw. Fresch m./ f. ‘ Frosch ’ , mhd. vrosch, Pl. vrösche, wdt. Frescha f. ‘ Frosch ’ (I D . 1, 1333 f.; W IPF 1910, 90) zu Franziskus (PN) 179 180 <?page no="95"?> stellen. Während W IPF (1910, 90) das Genus als feminin notiert, weisen die Flurnamen nur das Genus maskulin auf. Laut I D . (1, 1334) und G R W B (4, 250) ist das Wort schon im Mhd. teilweise ein schwaches Maskulinum frosce; das / e/ in Frescha muss auf die Entrundung von / ö/ zurückgehen, welches für das Schweizerdeutsche gut bezeugt ist. Belegt sind der Frescha (Randa), dr Freschen (Blatten), äm Freschen (Wiler) und in Randa zusätzlich Freschhalta ‘ die Halde beim Frescha ’ . Die Motivation ist unklar: es kann sich um ein Gebiet mit Fröschen handeln, oder auch um eines, das Fröschen gleicht. Fresur Fresur ist nur einmal in Leuk in ey Fresur Magning (1566) belegt. Es handelt sich um einen frpr. Ausdruck; Magning ist ein FaN oder PN vom Typ Magnin, das in der Datenbank dem FaN Grand (AWWB 112) zugewiesen wird. Fresur selbst ist nicht belegt. Zwar kennt G PSR (7, 2, 977) Fressure als ‘ Innereien von Schlachttieren ’ ; das Wort ist jedoch französisch und kommt kaum in Frage. Möglich wäre die Entwicklung von / p/ nach / s/ zu / f/ (M URET 1912), sodass ein sonst unbelegtes *Presur vorliegen könnte. Das frz. pressoir ‘ Kelter ’ , vgl. FEW (9, 368 f. s. v. PRESS Ō RIUS ) kommt kaum in Frage, da G IGNOUX (1902, 33 u. 62) das Wort nur für St. Maurice kennt; sonst ist lat. * TORCULUM das durchgängig im Patois gebrauchte Lexem (vgl. auch E GLI 1982, 329 s. v. dri ǝ l ‘ Kelter ’ ). Insgesamt lässt sich also keine sichere Deutung geben. Frewiiri Frewiiri kommt nur in Albinen vor; es hat alemannischen Erstakzent, aber ein langes / i: / in der zweiten, nicht akzentuierten Silbe, was auf ein frpr. Lemma hinweist. Bei M ATHIEU (2006, 21) ist es als Pfräwiiri belegt, wohl mit agglutiniertem Artikel. Laut M URET (1912, 17 [61]) ist das anlautende / f/ aus / p/ entstanden. Grundlage ist demnach lat. PRESBYTERUM ‘ Priester, Gen. Pl. ’ (cf. FEW 9, 357 ff. s. v. presbyter priester), also ‘ das Gut der Priester, das Kirchengut ’ . Freyd Freyd ist nur in Freÿd Luscha (1500, Fiesch) belegt. Ein sonst nicht belegtes Adj. freÿd ist in der Form vreide ‘ abtrünnig, flüchtig, geflohen; mutig, kühn ’ (L EXER 3, 495) belegt; im I D . (1, 1273 f.) ist es als freidig erwähnt, aber wohl falsch zu freudig gestellt; die Anmerkung erwähnt vreide für das Mhd. Im Kontext von Luscha (cf. HL L USCHA ) kann es sich wohl nur um ‘ steil ’ handeln, also ‘ ein steiles, winkelförmiges Stück Land ’ . Eine Herleitung aus Freide zu lat. FRIGIDUS ‘ kalt ’ (Z INSLI 1984, 477 und 505) ist wohl unwahrscheinlich. Frichgynen Frichgynen ist nur 1744 in Eischoll als zen Frichgÿnen belegt. Die Lesung ist nach M. S. unsicher. Es handelt sich laut Dokument um ein Stück Wiese. Eine Deutung zu Frucht ‘ Getreide ’ (I D . 1, 1272) ist deswegen kaum möglich, auch wenn sich eine Form Frichgÿnen als Diminutiv zu Frucht rechtfertigen liesse, weil dann die Flur als ager ‘ Acker ’ statt pratum ‘ Wiese ’ bezeichnet würde. G RICHTING (1998, 81) kennt im Übrigen Frucht nicht; das für ‘ Getreide ’ verwendete Wort ist Chire oder Chore ‘ Korn ’ (G RICHTING 1998, 49 und 52). Deswegen ist eine Deutung nicht möglich. Frid Frid m. ist ein HL, das zum schwdt. Fr ĭ de n m., mhd. ‘ Sicherung kultivierter Grundstücke gegen Schädigung durch Vieh; Einfriedung, eingehegter Raum, Bezirk ’ , Synonym Efrid, Feldfrid (I D . 1, 1279 f.; R ÜBEL 1950, 108) zu stellen ist. In neueren Namen wie z. B. Bärgfridu ‘ Bergfrieden ’ steht es für ‘ Frieden ’ (I D . 1, 1276 ff.); das I D . zählt die beiden Deutungen unter einem Eintrag auf. Die Bedeutung in Ortsnamen ist nicht immer klar bestimmbar (I D . 1, 1281). Friedhof m., mhd. vr ī thof, ahd. fr ī thof, bedeutete ursprünglich ‘ Vorhof, eingefriedetes Grundstück ’ zu ahd. fr ī ten ‘ hegen ’ , got. freidjan ‘ schonen ’ , der Name hätte sich eigentlich zu nhd. Freithof entwickeln sollen, das Wort ist jedoch als Bezeichnung des Kirchhofs an Friede angeglichen worden durch das Verständnis als ‘ Immunitätsland ’ , auf das die öffentlichen Beamten kein Eingriffsrecht hatten (I D . 2, 1027; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 318). G RICHTING (1998, 81) unterscheidet Fride, Fridä (Goms), Fridn (Lötschental), Fridu ‘ Frieden ’ und Fridhof, Friidhof ‘ Friedhof ’ . Möglicherweise ist die Form Friden ein Genitiv zu einem PN Frid(i) (abgeleitet von einem der Namen unter Frith bei F ÖRSTEMANN 1, 526 ff.). Das HL ist als Simplex nur in der Frid (Ernen), auch Alpe Frid, bezeugt. SK hat auf dem Fritt und zeigt mehrere Alphütten, während sich heute dort eine grosse Stallung befindet. Vermutlich dürfte eine frühere Einfriedung den Namen gegeben haben (erster Beleg 1592 jm Fridt). Ebenfalls wohl ein Simplex ist Friden (1749, Simplon Dorf), das als Variante zu die Laúbhalten bezeichnet wird (cf. J ORDAN 2006, 29 s. v. Frido), der auch Frid als Variante aufführt. Als Grundwort ist das HL nur in Bärgfridu (FLNK, Täsch) belegt; der Name stammt laut Gwp. von einem Wohnhaus Bergfrieden. Als Bestimmungswort tritt das HL im Typ Friithof ‘ Friedhof ’ auf. Lebend ist belegt: bim Friithof ‘ beim Friedhof ’ (Stalden), zem Friithof ‘ beim Friedhof ’ (Blatten) und 181 182 Frid <?page no="96"?> historisch am Frÿdhoff ‘ am Friedhof ’ (1740, Raron). Lateinisch erscheint dagegen retro cemiterium ‘ hinter dem Friedhof ’ (1507, Ernen), subtus Cemiterium ‘ unter dem Friedhof ’ (1573, Münster), subtus Cimiterium ‘ unter dem Friedhof ’ (1425, Fiesch) und in Cimisterio ‘ im Friedhof ’ (1280 (ca.), Raron). Komplexere Formen sind zem Änglischi Friithof ‘ beim englischen Friedhof ’ (FLNK, Blatten), laut Gwp. ein Dorfteil mit einem Gedenkstein an verschollene Engländer (frühe Bergsteiger), der Bätzlärfriithof ‘ die Mulde im Bereich der Bätzla, die einem Friedhof gleicht ’ (Kippel), der Chalchefriithof ‘ der Friedhof bei den kalkhaltigen Stellen ’ (Ulrichen, laut Gwp. Begräbnisort eines protestantischen Sennen), Falken Friedhof (1596, Ulrichen; auch SK), wohl identisch mit Chalchefriithof, und der Heidufriithof ‘ der Friedhof der Heiden (der vorgeschichtlichen Bevölkerung) ’ (Saas-Almagell). In Unterbäch ist 1544 in den Fridenmatten ‘ in den Wiesen des Frid(i) ’ belegt, wo wohl ein Besitzername vorliegt (vgl. HLL F RIDING (PN) und F RIDLEN (PN)). Friding (PN) Friding (PN) ist zweimal in Glis als zen Fridigen ‘ bei den Leuten des Frido ’ (1392) und Fridigs Boden ‘ der Boden der Leute des Frido ’ (1569) belegt. In Mund ist Friding ‘ das Gut der Leute des Frido ’ (1392) belegt. F ÖRSTEMANN (1, 528) weist den Namen Frido nach. Ob der PN auch zum FaN Freido zu stellen ist, der im 14. Jh. in Glis und Naters vorkommt, jedoch inzwischen erloschen ist (J OSSEN 2000, 80 und I MESCH 1908, 97), bleibt unsicher. Die Belege deuten insgesamt auf ein Besitztum in Gamsen hin. Fridlen (PN) Fridlen (PN) ist nur in der Fridlen Acker (1640, Ried- Mörel) belegt. Es liegt wohl ein schwacher Genitiv Singular zu einem PN oder FaN Fridl(i) vor (I D . 1, 1285 gibt Friderich und Fridolin als mögliche Vollnamen an; cf. aber auch HLL F RID und F RIDING (PN)); Fridli und Fridlin sind im Register der HRBS belegt. Frii Frii Adj. ‘ frei ’ ist zum Adj. fr ī ‘ frei ’ , ahd. fr ī , mhd. vr ī ˙ und wdt. frii ‘ frei ’ (I D . 1, 1256 ff.; G RICHTING 1998, 81) zu stellen. Belege mit frei sind entweder an das Hdt. angepasst oder enthalten die sog. Hiatusdiphthongierung, die für das Wallis nicht belegt ist. Das attributive Adjektiv ist in t friiu Stüde ‘ die freien Stauden ’ (Unterbäch) belegt; laut Gwp. sei ein Angeklagter mit kleinerem Vergehen, der bis hieher gelangte, frei gelassen worden. Als Bestimmungswort ist frii in t Friiblatte ‘ die freiliegenden Felsplatten ’ (St. Niklaus) und t Friiweng ‘ die freiliegenden Grasabhänge ’ (Randa) belegt. im Frÿgericht ‘ im Freigericht ’ (1742 u. später, Simplon) meint das Freigericht Waldernubärg (Walderoberg) (A RNOLD 2 1984 (1947), 236 ff.), das als ältestes Freigericht im Oberwallis gilt. Freigerichte gehörten den Einwohnern, waren vom Zehndenrichter unabhängig und übten auch die höhere Gerichtsbarkeit aus. Die Abstraktbildung t Friiheit ‘ die Freiheit ’ (I D . 1, 1265 ff.) bedeutet in den Flurnamen eine frei liegende Stelle, eine steile Felswand: t Friiheit ‘ die senkrechte Felswand ’ (Visperterminen), t Gämschfriiheit ‘ die frei liegende Felswand für die Gämsen ’ mit Obri Friiheit und Undri Friiheit ‘ die obere und die untere frei liegende Felswand ’ (alle Leukerbad) (letztere zwei auch bei R. G RICHTING 1993, Karte 5 Nrn. 5 und 6). Friiand (FaN) Friiand (FaN) ist zum FaN Friand, Fryand, Name einer alten Familie aus der Gegend von Gampel (NWWB 1, 107) zu stellen. Belegt ist es in t Friiandweidu ‘ die Weiden der Familie Friand ’ (Gampel). Frily (PN) Frily (PN) ist einerseits als FaN Frily (AWWB 100; M EYER 1923, 286) belegt (vom Vornamen Friedrich abgeleitet), auf der andern Seite ist ts Friili eine Alpe in Oberems, um die herum sich ein Namennest mit Friilihoru, Friilijoch, Friilistafil, Friilitelli und Friiliwang gebildet hat (alle Oberems). Zun Friligen ist 1686 als Alpname in Turtmann belegt; es kann sich um die Alpe der Familie Frily handeln. Davon weit entfernt ist domum Frilicho (1746, Randa) ‘ das Haus der Friliche ’ , das ebenfalls auf einen FaN hinweist. Vermutlich gehörte die Alpe Friili einer Familie Frily. Eine Ableitung vom Adjektiv frî ‘ frei ’ hingegen ist unwahrscheinlich. Frischig Frischig m. ist nur in ufem Frischig (Bellwald, Koordinaten fehlen) belegt. Gwp. erklärt, dass <frischig> ein <geheiltes> [kastriertes] männliches Schaf sei. Das passt zu schwdt. Frischi(n)g, Frischli(n)g m. ‘ junger, verschnittener Widder ’ und ‘ junges Schwein oder Schaf, als Lehensabgabe an die Grundherrschaft ’ , ahd. (auch friuscing) ‘ Opfertier ’ , weil man zu Opfern junge Tiere wählte, mhd. vrisching ‘ junges Lamm oder Schwein ’ (I D . 1, 1332; R ÜBEL 1950, 102). Die Umschreibung „ Breite Wiese am Ende der „ Sorgeri ““ weist leider auch keine Koordinaten auf, doch handelt es sich klarerweise um eine Wiese. Zu denken ist also an eine Wiese für verschnittene Widder. Frissyng (PN) Frissyng (PN) ist nur historisch 1320 in Naters belegt als Frissingscilla, auch zweimal als Fryssyngscilla (beide im Friding (PN) 183 184 <?page no="97"?> gleichen Jahr). Fryssings ist ein PN im Genitiv, wobei entweder der PN Frieso oder Friso (F ÖRSTEMANN 1, 525) oder die Leute des Frieso oder Friso gemeint sein können. Zu Chilla vgl. HL T SCHILL . Frist Frist f. ist nur 1851 in Selkingen als die Frist erwähnt. Es handelt sich um einen Teil der gemeinen Alpe von Selkingen. I D . (1, 1335) kennt eine Deutung als ‘ Ruhe, Sicherheit, Zuflucht, Aufenthalt (für eine gewisse Zeit) ’ , ohne Näheres dazu zu sagen. Vermutlich liegt eher eine Motivation im Verb înfristen ‘ einzäunen, einfriedigen ’ (I D 1, 1336) vor, also das eingezäunte Land auf der Alpe. Fritag t Fritaga, dr Fritag (Glis) und Fritagmatta (1398, Glis) sind auf den ersten Blick zu schwdt. Frî-Tag und wdt. Frittag, Friitag ‘ Freitag ’ (I D . 12, 849 ff.; G RICHTING 1998, 81) zu stellen. Auf der Karte 1: 10000 steht jedoch Am Fritgag, was eher eine vereinfachte Form zu Frid-hag ‘ Einfriedigung, Grenzzaun ’ (I D . 2, 1009) nahelegt. 1320 ist in Brig ein Matheus Fridtach belegt; doch fehlt der Name sonst. Da alle historischen Beleg Fritag enthalten, bleibt die Deutung unsicher. Frohennun Frohennun ist nur 1383 in Glis belegt als Frohennun Acher. Es handelt sich vermutlich um einen Besitzernamen im Genitiv, der so allerdings nicht belegt ist. Möglicherweise liegt ein verschriebener Name zu Frouw (Zerfrauwen ist in AWWB 99 belegt) vor. Die Deutung ist aber unsicher; das HL wird deswegen auch nicht als PN bezeichnet. Froles Froles ist nur einmal in Albinen 1685 als in die Froles belegt. Die Flur befindet sich laut Beleg en schiniere (in Tschingeren), wo M ATHIEU (2006, 19) jedoch den Beleg nicht kennt. Es handelt sich um ein frpr. Wort, das aber unklar ist. Das Verb frz. frôler ‘ jmdn. / etw. leich berühren ’ ist im G PSR (7. 1036 ss.) zwar aufgeführt, kann aber für einen Ortsnamen nicht beigezogen werden. Fromaal Fromaal mit Endbetonung ist in Ulrichen als ts Fromaal belegt. SK hat Fraumahl, FLNK Fröüwmal. Beide nehmen offenbar ein erstes Glied Fröuw ‘ Frau ’ an. Die ältesten Belege haben 1349 an dem Fromare, 1354 an dem Frodmare, 1410 am Fromar, 1418 in dem Fromar. Das auslautende / l/ erscheint erst ab 1625; 1686 ist Am Frouwmahl belegt. Diese sekundäre Deutung ‘ Frauenmahl ’ beruht wohl auf einer romanischen Wurzel, deren genaue Beschaffenheit sich uns entzieht. 1498 ist formar o ᵉ yun ‘ die Aue beim Fromaal ’ (Ulrichen) belegt. Das Schwanken zwischen fromar und formar ist vergleichbar mit der Entwicklung von frz. fromage aus lat. FORMATICUM ‘ Käse ’ . Da sich aber die Flur als Fröuwmal im ebenen Gebiet des Rottens im Tal befindet, ist ein Zusammenhang mit der Käseherstellung oder -aufbewahrung kaum sinnvoll. Zwar erwähnt der älteste Beleg hier eine Hütte (casale), aber alle andern Belege erwähnen diese Hütte nicht mehr, wohl aber die Siedlung, die heute in der Nähe zum Loch heisst. Eine Deutung ist nicht möglich. Froment Froment m. ‘ Weizen ’ ist zu frz. froment m., lat. FRUMENTUM ‘ Getreide, Weizen ’ (FEW 3, 828; G PSR 7, 2, 1050) zu stellen. Das HL kommt einmal 1651 in Salgesch als Champ du froment ‘ Weizenfeld ’ vor (allerdings bezeichnen B OSSARD / C HAVAN (2006, 144) Champ Froment von Saint-Oyens (VD) als „ patronyme “ , was in Salgesch kaum zutrifft); dazu ist belegt eys Fromenteres (1440, Varen), das aus FRUMENTUM und dem Suffix / - ARIA / entstanden ist und ein Weizenfeld bezeichnet (G PSR 7, 2, 1054; B OSSARD / C HAVAN 2006, 144). Fromier Fromier ist nur belegt in ol fromier (1346, Feschel). Am nächstliegenden ist die Bedeutung ‘ Ameisenhaufen ’ (FEW 3, 720 s. v. form ī ca ameise, bes. S. 720 unter II.; G PSR 7, 2, 833 s. v. fourmi ‘ Ameise ’ und 7, 2, 838 s. v. fourmiliére ‘ Ameisenhaufen ’ ). Die Ableitung geschah wohl mit dem kollektiven Suffix / - ARIU ( M )/ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288). Fron Fron ‘ Herr ’ , als Adj. fron zu ahd. frô, mhd. vr ō n ‘ was den Herrn (geistlichen oder weltlichen) betrifft, ihm gehört; heilig, herrschaftlich, öffentlich ’ (I D . 1, 1301). Im Einzelfall ist es schwierig zu entscheiden, ob das Nomen oder ein Adjektiv vorliegt. Die weibliche Form Fröu ‘ Frau ’ (cf. HL F RÖU ) wird gesondert behandelt. In den Flurnamen scheint Fron im Sinne von ‘ Frondienst ’ nicht gemeint zu sein. Das HL tritt nur als Bestimmungswort auf, wobei es entweder das auslautende / n/ verliert und zu Froo wird oder als Fron, resp. bei folgendem Labial als From erscheint. Das Bestimmungswort tritt mit folgenden Grundwörtern auf: Bach, Bärg, Bord, Brunnu, Haalta und Matta. Einen Sonderfall stellen Fronibiel ‘ der Hügel des Herrn ’ und Fronibielställi ‘ der kleine Stall beim Hügel des Herrn ’ (beide Birgisch) dar, die laut historischen Belegen auf einen schwachen Genitiv Fronen ‘ Frauen ’ zurückgehen könnten - lautlich lässt sich das aber nicht mehr erken- 185 186 Fron <?page no="98"?> nen. Zum Beleg Frosiil ‘ Gebiet, das aussieht wie ein Seil, das beim Frondienst verwendet wurde ’ (Münster) vgl. HL S EIL . Mehrgliedrige Komposita sind Fromattubrigga ‘ die Brücke über den Kelchbach bei der Fromatta ’ (Naters), Fromattuchriz ‘ das Kreuz / die Wegkreuzung bei der Fromatta ’ (Unterbäch), wobei Fromatta wohl ‘ die Wiese des Herrn ’ meint, Fronbachsita ‘ die (Tal-)Seite, durch die der Fronbach fliesst ’ (Ried-Brig), Fronwingarto ‘ der Weingarten des Herrn ’ (Raron; 1309 u. später) und Frowingartten ‘ der Weingarten des Herrn ’ (1587, Visp), wobei auch hier nirgends klar ist, welcher Herr genau gemeint ist. Frontier Frontier ist zweimal historisch belegt: ol Frantyer (1337, Bratsch) [kann auch als ol Frontyer gelesen werden] und im Frontier (1696, Feschel). Der ältere Beleg zeigt klar ein romanisches Wort, der jüngere hat eine deutsche Präposition. Es handelt sich um eine maskuline / - ARIU ( M )/ - Ableitung zum Nomen front (FEW 3, 821) in der Bedeutung ‘ Rand des Ackers (wo der Pflug gewendet wird) ’ . Fröu Fröu f. ‘ Frau ’ ist zu schwdt. Frau, ahd. frouwa, mhd. vrouwe f. ‘ Herrin ’ , und wdt. Froww, Frowwi, Fröww (Goms), Fröü (Saastal), Froiw (Lötschtal), Fröji oder Fröüiwi f. ‘ Frau ’ zu stellen; laut I D . bezieht sich dieses HL in Flurnamen oft auf die heilige Jungfrau, seltener auf die Ehefrau (I D . 1, 1241 in Ortsnamen bes. 1244 ff.; G RICHTING 1998, 81). Im Wallis sind die Lautungen -oww, -ouw, -öuw und -oib (R ÜBEL 1950, 4 und SDS 1, 120 und 122) möglich. In der älteren Sprache werden nur adlige Frauen so bezeichnet; Ehefrauen werden Husfrouw ‘ Hausfrau ’ genannt. Der Alltagsausdruck ist W ī b ‘ Weib ’ (I D . 15, 138 ff.) Der Wechsel von Weib zu Frau findet in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts statt. Diese Wortgeschichte erklärt, warum es häufig nicht möglich ist, die genaue Deutung von Frau zu erkennen. Das HL erscheint zunächst in der Formel ob Vnser Lieben Frauwenn ‘ ob (dem Bildstock oder der Kapelle) Unserer Lieben Frau (Maria) ’ (1602, Gluringen) und verkürzt in bÿ Unser Frowen ‘ bei / hinter / ob Unserer Frau (Kapelle oder Bildstock der hl. Maria) (1582, Ritzingen; 1592 hünder Vnser Frouwen; 1602 ob Vnser Frauwen). Ein festes Kompositum ist der Gipfelname t Jungfröü ‘ die Jungfrau ’ (Fieschertal). Der Gipfelname soll nach BENB (1, 2, 385; mit Zitat M ÜLLER (1952, 58)) nach der Alp Jungfrauenberg in Wengen benannt worden sein. Dazu gehören der Jungfröügletscher, Jungfröüjoch (Station der Jungfraubahn), Jungfraufirn (FLNK) und - laut LT - Wengen Jungfrau ‘ die Wengen Jungfrau (Gipfelname, Vorgipfel der Jungfrau, Wengen ist Dorfname) (alle Fieschertal). Das inzwischen abgebrannte Hotel Jungfrau (Fiesch; FLNK Alt Hotel Jungfröw) bezieht sich auf den Gipfelnamen. t Jungfröüblattu ‘ die Felsplatte der Jungfrau (unklar, welche Bedeutung) ’ (Saas-Balen) und der Jungkfrauwen Weg ‘ der Weg der Jungfrauen (wegen fehlendem Kontext unklar) ’ (Saas) beziehen sich nicht auf den Gipfelnamen, sind aber sonst unklar. Die meisten Belege weisen das HL als Bestimmungswort auf, wobei nicht entschieden werden kann, ob es sich um einen Genitiv handelt oder um das Erstglied der Komposition. Die Grundwörter sind Brunnu, Chrache, Gassa, Haalta, Matta, Platz, Schleif, Stafel, Stapf und Wang. Dazu kommt das komplexere der Frowen Wingarto ‘ der Weingarten der Herrin / der Familie Frauen ’ (1437, Niedergesteln). Der FaN der Frauen usw. ist in AWWB (99 f.) belegt (cf. HL F ROUWER (F A N)). Der komplexeste Beleg ist Michel Denen Haus Frauwen Gu ͦ dt ‘ das Gut der Hausfrau (Ehefrau) von Michel Dehnen (wohl: Michael Thenen) ’ (1605, Embd). Frouwer (FaN) Frouwer und der Frauen sind als FaNN (AWWB 99) belegt, vor allem für das Goms. Hierzu gehört wohl auch ts Fröuwestäfelti ‘ der kleine Stafel der Familie Fröuw ’ (Grengiols). Der Beleg Frouers Boden (1305, Niedergesteln) gehört mit Frauwengassen (erstmals 1702) und Fraúwen Matten (erstmals 1437), sowie Frowun Wingarto (1437) zu einem dieser FaNN in Niedergesteln. Keiner der Belege scheint mit der Heiligen Jungfrau Maria in Beziehung zu stehen, sodass der FaN näher liegt. Es kann aber natürlich auch eine der Bedeutungen von Frau als Muttergottes, als Herrin oder Hausherrin gemeint sein (cf. HL F RÖU ). Frowigen (FaN) der Frowigen ist 1472 in Oberwald ein Genitiv Plural im Beleg der Frowigen Luss ‘ das Los (zugeteiltes Land) der Familie Frow(ig) ’ . Es handelt sich um eine kollektive / - IG / -Ableitung, wohl zum FaN der Frauen (AWWB 99). Eine etwas andere Form ist 1563 als agrum vocatum Frouwligen ‘ der Acker, der der Frouwligen genannt wird ’ (Mund) belegt. Auch hier liegt ein Genitiv Plural einer kollektiven / - IG / -Ableitung vor, aber eher zum PN Frouwlîn ‘ Fräulein ’ . J OSSEN (1989, 81) belegt für Mund auch den FaN Zerfrauen (cf. HL F ROUWER ), der diesem Flurnamen zu Grunde liegen kann. Früe Früe Adj. ‘ früh ’ ist zu schwdt. Adj. früeh, früech wesentlich wie nhd. ‘ früh, früher als erwartet, als normalerwei- Frontier 187 188 <?page no="99"?> se eintretend, früh im Jahre ’ und wdt. frie, früö, friä ‘ früh ’ (I D . 1, 1292 ff.; G RICHTING 1998, 81) zu stellen. Das Adj. ist belegt in dr Friä Biäl ‘ der frühe Hügel (wohl: früh blühend) ’ (Steg) und dr Friä Wang ‘ der frühe Grasabhang (wohl: frühe Schneeschmelze) ’ (Blatten, zweimal, einmal am linken, einmal am rechten Talhang) (vgl. LUNB 1, 1, 299). Wohl aus dem hdt. Frühstück stammen die zwei Belege der Früestuckplatz ‘ der Platz, auf dem man das Frühstück einnimmt ’ (Randa, 3484 m) und der Früestucksplatz ‘ der Platz, auf dem man das Frühstück einnimmt ’ (Leukerbad, 2902 m). Es handelt sich um hochgelegene Stellen, auf denen die Berggänger ein Frühstück einnehmen. I D . (10, 1818) kennt Früestuck ebenso wie G RICHTING (1998, 81). Unsicher ist der Beleg die Fru ᵉ gillen (1630); es handelt sich um den abgegangenen Alpennamen Friela, der im Ortsregister HRBS erwähnt ist. Ob der Name ‘ die früh apere Alpe ’ bedeutet, ist unklar. Fruendion Fruendion ist 1383 in Termen als super der Fru ᵉ ndion, 12? ? in Ried-Brig als supra pratum Fruendillo, 1320 Fruendila belegt. Es dürfte sich um den gleichen Ort handeln, der als ‘ die Wiese des Fründilo ’ betrachtet werden kann. BENB (1, 1, 171 f.) stellt Fründe zu lat. FRONS ‘ Stirne ’ (REW 3532; FEW 3, 819) im Sinn von ‘ Felsenfront, -wand ’ und lehnt die Deutung von H UBSCHMIED (1940, 6) ab, der von einer Lehnübersetzung aus kelt. *en karantobos mit Bezug auf *karants ‘ Freund ’ ausgeht. Die Deutung von BENB stimmt nicht mit der Umschreibung als pratum ‘ Wiese ’ überein; die Deutung von H UB- SCHMIED setzt eine keltische Form voraus, die nicht belegt ist. Der älteste Beleg in Ried-Brig als pratum Fruendillo verweist jedoch auf einen PN Friuntili (cf. F ÖRSTEMANN 1, 540). Es handelt sich also wohl um einen Besitzernamen, wie er als Genitiv im ältesten Beleg erscheint. Die späteren Belege Fruendila und Fru ᵉ ndion nehmen diese Benennung auf, da sie kaum mehr durchschaubar war. Früm Früm ‘ Pflaume ’ ist zu schwdt. Pfl ū m f., wdt. Fr ū m(m)e, Früm(m)e, Früüm(m)e, Früümmu f., im Lötschental auch Pfluima, ahd. pfr ū ma, pfl ū mo, ‘ Pflaume, Frucht des Pflaumenbaums ’ (I D . 5, 1247; SDS 6, 165; G RICHTING 1998, 81) zu stellen, der Frumbaum ‘ Pflaumenbaum ’ (I D . 4, 1237) ist der Baum, der die Frucht trägt. Das Lemma ist nur als Bestimmungswort belegt: in dien Frvnboumen ‘ in den Pflaumenbäumen ’ (1309, Visperterminen), im Früümböum ‘ beim Pflaumenbaum ’ (Raron), zum Frumbaum ‘ zum Pflaumenbaum ’ (1751, 1816, Ausserberg). In Embd gibt es ein Namennest mit Frümacher ‘ Acker bei den Pflaumenbäumen ’ , Frümschlüocht ‘ die Geländeeinbuchtung beim Frümacher ’ , Frümstadol ‘ der Stadel beim Frümacher ’ und - nur historisch - jn der Frummattun (1300, 1307). Weiter sind belegt im Frümbode ‘ im Boden mit Pflaumenbäumen ’ (Ulrichen), an dem Frvmakere ‘ an dem Acker bei den Pflaumenbäumen ’ (1310, Grächen) und das komplexe ob der Fraúmbaúm Schÿr ‘ oberhalb der Scheuer beim Pflaumenbaum ’ (1724, Raron). Pflaumenbäume treten wild und kultiviert auf (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 290 als P RUNUS INSITITIA ). Frummätz Frummätz ist nur als t Frummätzmattä ‘ die Wiesen des Frumhold ’ (Gampel) belegt. Die ältesten Belege haben 1346 jn der Frumuls Matton, 1693 in Frometschmatten, 1693 im Fromoltsch Matten, 1744 Frumatzmatten, 1827 in den Frommetsch Matten. Das auslautende / s/ dürfte auf einen Genitiv zurückgehen, doch ist es wohl als Teil des Namens aufgefasst worden. Frumolt ist bei F ÖRSTEMANN (1, 546) belegt. Fruschier Fruschier ist nur in der Fruschiergrabu ‘ der Schmuggler- Graben ’ (Zwischbergen) belegt. Laut J ORDAN (2006, 312; 1985, 161) ist fruschièru die mundartliche Form für ‘ schmuggeln ’ (J ORDAN 2006, 312). Prof. B. M ORETTI (p. c.) weist auf das norditalienische sfros / fros ‘ Schmuggel ’ (aus it. frodo zu lat. FRAUDARE ) hin, das im RID (1, 340) s. v. CONTRABBANDO und den damit verbundenen Ableitungen dokumentiert ist, etwa sfrosirée ‘ Schmuggler ’ (Viganello); vgl. auch LSI (4, 879 s. v. sfròs). I D . (10, 1) hat sfrosiere n ‘ schmuggeln ’ (für Bosco-Gurin) und verweist auf piemont. sfrosè ‘ schmuggeln ’ . Frutt Frutt f. ‘ Felsabsturz ’ kommt im Wallis nur im Goms vor und bezeichnet ‘ tiefere und breitere Einschnitte an der Oberfläche des Bodens, Felsabstürze, Bacheinschnitte Schutthalden, zerrissene Bergreviere u. ä. ’ (I D . 1, 1339 f.; Z INSLI 1946, 318). Das Lemma ist ein Lehnwort aus alpinlomb. froda, fruda, gallorom. *fruta, kelt. *frutus ‘ Sturzbach auf felsigem Untergrund, Wasserfall ’ . Als Appellativ kommt der Name in schweizerdeutschen Mundarten nicht mehr vor (W ASER 2003, 237 ff.). Das Simplex Frutt ist für die Gemeinden Biel, Binn, Gluringen, Obergesteln, Oberwald, Reckingen, Ulrichen und Selkingen belegt. In Oberwald sind auch zwei Diminutive Fruttelti erfasst. Die relative Lage bezeichnen t Ober Frutt und t Unner Frutt (Obergesteln). Komposita mit Frutt als Bestimmungswort sind Fruttbieu, Fruttegg, Fruttstafu, Fruttwäg, Fruttwang / Fruttwäng und Fruttwase. Komplexer sind der Hinner Fruttwang und der Voder Fruttwang (Oberwald). Welche 189 190 Frutt <?page no="100"?> Bedeutung von Frutt im Einzelfall gemeint ist, muss aus der lokalen Situation erschlossen werden. Füess Füess m. ‘ Fuss ’ ist zu schwdt. Fuess m. ‘ Fuss als Körperteil ’ auch ‘ Masseinheit ’ , ahd. fuoz, mhd. vuoz und wdt. Füess, Fuäss (Lötschental), Füöss ‘ Fuss ’ (I D . 1, 1085 ff.; G RICHTING 1998, 82) zu stellen. Als Simplex ist nur belegt unner dum Füös ‘ unter dem Fuss ’ (Naters; gemeint sind t Füoshoru ‘ die Fusshörner ’ ). Hierzu gehören t Füesheerner ‘ die Fusshörner ’ (Gebirgename, FLNK, Naters; LT und SK Fusshörner), Füeshorubiwak ‘ das Fusshörnerbiwak ’ (FLNK, Naters; LT Fusshornbiwak), ts Füösläger ‘ die Lagerstätte für das Vieh bei den Fusshörnern ’ (Naters) und das Gross Füesshoru ‘ das Grosse Fusshorn ’ (Gipfelname, FLNK, Naters; LT Gross Fusshorn). Auch zu Naters, aber nicht hieher, gehört der Füöswäg ‘ der Weg, den man zu Fuss benützt ’ beim Weiler Geimen (Naters). Der Typ Füoswäg ‘ Fussweg ’ kommt als Füesswäg auch in Eischoll und Steinhaus, als am Füeswägi ‘ beim kleinen Fussweg ’ in Obergesteln vor. Historisch ist er wie folgt belegt: beÿm Fuosweg (1734, Gampel), beÿ dem Fúosweg (1782, Steg), beim Fúosweg (1589, Varen). Komplexer sind Amerfusweg ‘ der Fussweg zum Gebiet Ammeren (bei den Sauerkirschen) ’ (1644, Blitzingen) und t Füeswägmatta ‘ die Wiese am Fussweg ’ (Staldenried). I D . (15, 823) kennt schwdt. Fuesswäg m. auch als Benützungsrecht für einen Weg. der Füeswang ‘ der Grasabhang in der Form eines Fusses ’ (Leukerbad) ist auch bei R. G RICHTING (1993, Blatt 16, Nr. 15 als Fuesswang) belegt. t Firfüessjini ‘ die kleinen Vorderfüsse ’ (Raron) ist eine wohl metaphorische Kennzeichnung einer Flur bei Raron. Es ist zu schwdt. Fürfuess m. ‘ vorderer Teil des Fusses ’ (I D . 1, 1090) zu stellen. Zwei Belege mit Füesballplatz (Oberwald, Varen) zeigen eine komplexe Konstruktion, die einen Platz für die Sportart Fussball (Füesball) benennt. Füeter Füeter n. ‘ Futter ’ ist zu schwdt. Füeter n., Dim. Füeterli, ‘ Nahrung, Viehfutter ’ , ahd. fuotar, mhd. vuoter und wdt. Füeter, Füätär (Goms), Füöter (Saastal), Fuätr (Lötschtal), Füötär ‘ Tierfutter ’ (übrige Bedeutungsangaben sind nicht hilfreich) (I D . 1, 1136 f.; G RICHTING 1998, 82) zu stellen. Belegt ist nur t Füeterlische ‘ der sumpfige Boden mit Riedgras, das als Futter verwendet wird ’ (Ulrichen). Zur Lischa als Futter für Pferde und Schafe siehe R ÜBEL (1950, 69). Füf Füf ‘ fünf ’ ist ein Zahlwort und zu schwdt. fü(n)f, mhd. vünf, ahd. funf, wie nhd. ‘ fünf ’ und wdt. füf, fiifi (Lötschtal), füüfi ‘ fünf ’ (I D . 1, 852 f.; G RICHTING 1998, 82) zu stellen. Lautlich gesehen geht füüf im Oberwallis auf ein Grundform funf zurück, ausser im untersten Teil, der fiif (> fünf) hat (SDS 2, 125). Belegt sind ze Füf Stupfu ‘ bei den fünf Schritten ’ (Stalden), t Füf Turma ‘ die fünf Türme (Felstürme am Stockhorn ’ (Baltschieder), ts Füfugüod ‘ das Gut der fünf Geteilen ’ (Unterems), der Füüfilärch ‘ die Lärche, wo sommers um fünf Uhr der Schatten lag ’ (Blitzingen). Eine andere Zahl vertritt zum Wärterhüs 15 ‘ beim Wärterhaus (der BLS) fünfzehn ’ (Raron); hier ist 15 als Fufzä ‘ fünfzehn ’ zu lesen und meint die Nummer des Wärterhauses. Die kurze Lesart fufzä ist wohl auf das Brandstettersche Gesetz (Kürzung von ersten Langvokalen in mehrsilbigen Konstruktionen) zurückzuführen. Fuggs Fuggs m. bezeichnet zum einen das Tier, zum andern den FaN Fux (AWWB 102), auch Fuchs oder Leporis geschrieben. Der Tiername ist zu schwdt. Fuchs, Fux m., Pl. Fügsch, Dim. Fügschi, mhd. vuhs, ahd. fuhs ‘ das Raubtier (Fuchs) ’ und wdt. Fuggs, Pl. Figgsch ‘ Fuchs ’ (I D . 1, 655 ff; G RICHTING 1998, 82) zu stellen; in FlNN als Hinweis auf Örtlichkeiten, wo solche Tiere vorkommen. Der FaN ist laut F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (1, 613) in der Form Fux vor allem in Visp, den Vispertälern, aber auch in Filet belegt. Die Unterscheidung von FaN Fux oder Fuchs und dem Tiernamen ist nicht immer möglich, sodass die Belege hier zusammengenommen werden. Als Simplex ist das HL weder im Singular, noch im Plural vertreten. In den meisten Fällen tritt das HL in verschiedenen Formen als Bestimmungswort auf. Sicher das Tier ist gemeint, wenn das HL als umgelauteter und entrundeter Plural erscheint wie in im Figgschegufer ‘ im Steingebiet mit Fuchslöchern ’ (Münster), ts Figgschegufer ‘ das Steingebiet mit Fuchslöchern ’ (Münster), t Figschlecher ‘ die Fuchslöcher (Gebiet mit Fuchshöhlen) ’ (Visperterminen). Hingegen ist der häufig vorkommende Typ Fuggshüs (Eisten, Feschel, Grächen, Hohtenn, Stalden, Törbel, Visperterminen), auch Fuggshüüs (Zeneggen), Fuggshaus (17? ? , Bitsch), Fuhshuss (1599 u. später, Ausserberg), bim Fu ᵕ xhau ᵕ s (1650, Brigerbad) wohl als Ort zu verstehen, bei dem man Füchse anlockte (durch Luder), um sie zu fangen oder zu schiessen (G R W B 4, 347 s. v. Fuchshütte), es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass hier ein Haus der Familie Fux gemeint ist. Der Typ ts Fuggsloch ‘ das Fuchsloch (Höhle mit Füchsen) ’ (Unterbäch), ts Fuggsuloch (das Loch mit Füchsen (Fuchshöhlen) ’ (St. Niklaus, Täsch), im Füess 191 192 <?page no="101"?> Plural t Fuggslecher ‘ die Fuchslöcher (Fuchshöhlen) ’ (Ergisch, Wiler), t Fuggslicher ‘ die Löcher (Höhlen) der Füchse ’ (Kippel) und ze Fuggsulechru ‘ bei den Fuchsenlöchern (Fuchshöhlen) ’ (Saas-Grund) sind auf die Höhlen der Tiere zu beziehen. t Fuggsrichti ‘ die Falle für den Fuchs ’ (Naters) bezieht sich klar auf das Tier. Neben den hier aufgeführten Flurnamen kommt das HL mit folgenden Grundwörtern vor: Acher, Äbi, Balma, Biina, Biel, Bodu, Brunnu, Chitt, Egg(a), Flüö, Färich, Ggampanjia, Grabu, Grüeba, Gufer, Haalta, Matta, Platz, Pletscha, Schleif, Schluocht, Stall, Stei, Tritt, Ture, Wang und Wil. Komplexere Belege sind u. a. ts Ober und ts Unner Fuggshüüswägji ‘ der obere und der untere kleine Weg zum Fuchshaus (vermutlich Hütte für die Fuchsjagd) ’ (Gampel), aúsm Fuxwiller=Brunnen ‘ die Quelle / der Brunnen beim Fuchswiler (wohl Fuggswiler in der Datenbank Nr. 6556) ’ (Fiesch), t Fuggswasserleita ‘ die Wasserleitung im Gebiet mit Füchsen (unklar, da kein Flurname Fuggs vorhanden / FaN Fux ist möglich) ’ (Fieschertal) und andere mehr. Der Diminutiv kann sowohl ein kleines Tier wie in t Fuggsjichillcha ‘ die Kirche des kleinen Fuchses (Fels, der wie eine Kirche aussieht) ’ , wie auch eine Koseform des FaN sein t Fuggsjihaaltu ‘ die Halde der Familie Fux / mit kleinen Füchsen ’ (Leukerbad, auch bei R. G RICHTING 1993, Blatt 7, Nr. 25 und Blatt 11, Nr. 35). Als vorangestellter Genitiv sind belegt: ts Fuggsch Acher ‘ der Acker der Familie Fux ’ (Randa) und ts Fuggsch Stutz ‘ die steil ansteigende Stelle der Familie Fux ’ (Randa). Eine Ableitung findet sich in der Fuggser (Raron; LT Fuggser), einer Wiese, die entweder der Familie Fux gehört, oder wo es Füchse hat. I D . (1, 659) kennt zwar das Wort Fuchser, aber nur als ‘ Jagdhund für Füchse ’ (Innerschweiz) oder übertragen als ‘ Mädchenjäger ’ (Appenzell und Luzern). Als Flurname ist die Ableitung belegt (z. B. BENB 1, 1, 172 f; W ERDENBERGER NB 2, 159 f., wo als Deutung ‘ Ort, wo sich Füchse aufzuhalten pflegen ’ gegeben wird). Es handelt sich um eine Ableitung auf / - ER / als denominativer Stellenbezeichnung (S ONDER- EGGER 1958, 541 ff.), wo als Beispiel Füchseler ‘ Ort, wo Füchse sich aufhalten ’ (543) gegeben wird. Eine zweite Ableitung ist das feminine die Fuxerro (1444, Grächen), wo es sich um eine feminine / - ERRA / (auch / - ERRU / )-Ableitung (S ONDEREGGER 1958, 471 f.) handelt, die ebenfalls eine grosse Menge bezeichnet ‘ der Ort, wo es viele Füchse hat ’ . Eine dritte Ableitung ist belegt als in Fúgsigen Gietren ‘ in den Gütern der Familie Fux (mit / - IG / -Kollektiv) ’ (Mörel), wo ein Genitiv Plural eines Kollektivs auf / - IG / - (S ONDEREGGER 1958, 503 ff.) vorliegt, das hier auf den FaN zu beziehen ist. Fund Fund ist nur belegt in Fundoyia ‘ die Fund-Aue / die Aue im Grund ’ (1319, Lalden). Das lat. FUNDUS ‘ Boden, Grund ’ ist in den historischen Daten seit der Mitte des 13. Jahrhunderts geläufig. In Lalden ist im gleichen Dokument 1319 pratum meum cui dicitur Fundo Marta (Marca? ) erwähnt; es scheint also, dass das aus dem Lateinischen entlehnte Fund auch in Fundoyia verwendet wird. BENB (1, 1, 174) vermutet jedoch, dass es sich um Neurodungen (zum Verb finden) handelt; der Beleg aus dem 15. Jahrhundert in Ligerz und Twann an dem Fund dürfte aber auf eine romanische Grundlage zurückgehen (FEW 3, 869 ff. s. v. fu ᵕ ndus ‘ Boden, Grund ’ ). Funnti Funnti ist nur als ts Funti ‘ die kleine Quelle ’ in Zwischbergen (FLNK Funti) belegt. Bei J ORDAN (2006, 334) ist es aufgeführt; er führt es auf it. fonte ‘ Quelle ’ (D EVOTO / O LI 2020, 885) zurück. Da im It. das Genus Neutrum nicht existiert, muss eine wdt. Ableitung auf / - I / mit neutralem Genus und der Deutung ‘ klein ’ angenommen werden. Fuor Fuor f. ist zu schwdt. Fuer f. - meist ohne Palatalisierung - ‘ Beförderung von Waren und Personen auf der Achse oder zu Wasser, Fahrt ’ und wdt. Füer, Fuär (Lötschtal) Füör ‘ Fuhrladung ’ zu stellen (I D . 1, 970 f.; Grichting 1998, 81). Der einzige Beleg mit dem HL als Bestimmungswort ist die Fúergassa ‘ die Fuhr-Gasse (vermutlich für die Warenfuhr) ’ (1746, Bellwald). Alle andern Belege enthalten Wasserfuer (I D . 1, 974) als ‘ eine Wasserleitung, teils aus an- und ineinander geschobenen Röhren oder Känneln, teils als Kanal erstellt, um z. B. Wiesen zu bewässern ’ (I D . 1, 974). Belegt sind die Gemeine Wasserfuohr ‘ die Wasserleitung, die der Gemeinde gehört ’ (1666, Varen), ŭ nter der Gippi Wasserfuhr ‘ unter der Wasserleitung vom / zum Gippi (Gebiet mit Alpenrosensträuchern? ) (1849, Nater), wo Gwp. den Familiennamen Gischig vermutet, der Fontanette Wasserfuhr ‘ die Wasserleitung bei den Fontanette (kleine Quellen) ’ (1880 ca., Salgesch), wo frühere Beleg aqueductum dyz fontanetaz (1494) haben, die Fontani Wasser F ŭ hr ‘ die Wasserleitung bei der kleinen Quelle ’ (1880 ca., Salgesch), Pfrantir Wasserfuhr ‘ die Wasserleitung im Gebiet Pfrantieri ’ (1898, Feschel), Prafrancin Wasserfuhr ‘ die Wasserleitung zur Wiese des Franzin ’ (1880 ca., Salgesch; bei M ATHIER 2015, 116 Profrantsching Wasserleite), Salgescher Wasserfuhr ‘ (Genitiv konstruktionsbedingt: die Wasserleitung von Salgesch ’ (1927 Salgesch; so nicht bei M ATHIER 2015) und schliesslich die Wasserfuhr Rieben ‘ die Wasserleitung von / zu der Riebe ’ (1860, Mund). Die 193 194 Fuor <?page no="102"?> Belege zeigen, dass Wasserfuhr kein lebender Flurname ist und im westlichen Bezirk Leuk als schriftliche Übersetzung von aqueductum dient; dialektal geläufig ist Wasserleita. Fuossen (FaN) Fuossen (FaN) ist zum FaN Fussen aus Ems (AWWB 102) zu stellen und nur einmal belegt in Fuossen Huss ‘ das Haus der Familie Fussen ’ (1705, Oberems). Fura Fura ‘ Furche ’ ist zu schwdt. Fur(r)e n f., Dim. Füreli, Fürli ‘ Furche, Einschnitt in der Oberfläche des Erdbodens ’ zu stellen, in FlN kann es ‘ Rinne, Hang, Erdkamm, auch Abhang ’ bedeuten, ahd. furuh, mhd. furch, forch, wdt. Fura, Furä, Furcha, Furu ‘ Furche (Ackergrenze) ’ (I D . 1, 935, 937; Z INSLI 1984, 565 und 1946, 135 f., 318 f.; G RICHTING 1998, 82 und schon W IPF 1910, 98 u. passim). Das Lemma kommt in etwa 250 Belegen vor. Im Einzelfall ist ein Zusammenhang von Fura mit Ackerbau heute unklar; es ist aber daran zu denken, dass kleinräumiger Ackerbau noch in hohen Lagen (bis 2000 m) üblich war. Das Simplex im Singular Fura, resp. Fure oder Furu kommt in etwa vierzig Fällen vor, wobei die obliquen Fälle vom Typ vff der Furen und in den Furen nicht immer sicher zwischen Singular und Plural unterscheiden; wenn der Artikel fehlt, bleibt die Numeruszuweisung unklar. Das Simplex im Plural Fure ist auch etwa rund vierzig Mal belegt. Ein Diminutiv im Singular Furi kommt in fünf Belegen vor, der Plural Furini sieben Mal. Dreimal ist Pfura mit assimiliertem Artikel belegt (Birgisch, Eyholz, Raron). Mit attributiven Adjektiven findet sich vor allem der Typ t Hofura ‘ die hohe Furche ’ (auch Heeji Furu) in verschiedenen Varianten rund zwanzig Mal. Relative Ortsangaben bilden Änner Fura, Hinner Fure, Inder Fura, Ober Fura, Uister Fura, Unner Fura und Voder Fura. Dieser Typ ist besonders im Lötschental häufig, wo noch die Dorfnamen Chipel (Kippel), Färdan (Ferden) und Wilär (Wiler) hinzukommen. t Uistru Chipelfurä ‘ die äusseren (talauswärts liegenden) Furchen von Kippel ’ (Kippel) ist ein Beispiel für diese Konstruktion. Weitere Adjektive sind Chrumm Fura, Grosse Fura, Leng Fura / Lang Fura und Wildi Fura. Besonders zu notieren ist t Läze Fure ‘ die links liegenden, sonnabgewandten Furchen ’ (Fieschertal) mit einem selten verwendeten Adjektiv. Nur einmal kommt ein Zahlwort vor: zun Drÿ Furen ‘ bei den drei Furchen ’ (1598, Stalden). Fura als Grundwort verbindet sich meistens mit einem Bestimmungswort, das eine naheliegende Flur oder einen Besitzer / Nutzer bezeichnet. Vermutliche Besitzer sind Albres Fura ‘ unter der Furche (des) Albres (PN) ’ (1361, Gampel), t Bauzifure ‘ die Furche des Balthasar ’ (Ritzingen), in der Bieliger Furen ‘ in der Furche der Leute von Biel ’ (1756), t Hurrisch Fura ‘ die Furche der Familie Hurris ’ (Kippel), t Leiggerfure ‘ die Furchen der Familie Leigger (? ) ’ (Eischoll), in der Maxschen Fúrren ‘ in der Furche der Familie Maxen ’ (1756, Biel), zer Meýers Furun ‘ bei der Furche des Meiers / der Familie Meier ’ (Ausserberg), an Schrötter Fúren (1784, Gampel). Häufiger sind die Namen nahegelegener Fluren wie Aalegfura ‘ die Furche bei der Aalegin ’ (Blatten), t Moosfura ‘ die Furche beim Moos (sumpfiges Gebiet) ’ (Betten) und viele andere. Etwas seltsam ist dabei das mehrfach belegte Thenfuhren ‘ die Furche bei der Tenne ’ (so 1609 für Niedergesteln), das auch in Raron, Leuk und Turtmann belegt ist, aber immer im Zusammenhang mit der alten Landstrasse. Komplexere Konstruktionen wie t Wiichelmattfura ‘ die Furche beim Weiler Wiichelmatte (Winkelmatte) ’ (Zermatt) oder d Lerch Achers Furen ‘ die Furche beim Lerchacher (Acker bei den Lärchen) ’ (1576, Bürchen) sind selten. Fura als Bestimmungswort ist mit den Grundwörtern Acher, Biel, Bodu, Cheer, Chnubel, Egg(a), Färich, Gassa, Grabu, Haalta, Hee (hooch, heej), Rüüs, Sand, Schleif, Spitz, Stadel, Stäg, Stutz, Tschugge, Üowand, Wald, Wasser (Bach) und Wier verbunden. Besonders auffällig ist der Typ Furmatta ‘ die Matte (Wiese) bei der Furche ’ , der u. a. in Grächen, Naters, Simplon, Turtmann belegt ist. Komplexere Konstruktionen sind Furuburgertum ‘ das Eigentum der Burger beim Gebiet Fure ’ (Eggerberg) und t Furuwasserleita ‘ die Wasserleite, die von / zu der Fura führt ’ (Grengiols) und weitere. In Einzelfällen kann Furi auch eine Kurzform des FaN Furrer sein (cf. HL F URRER (F A N)). Furgga Furgga, auch Furka f. ist zu schwdt. Furke n zu stellen und zwar zu Bedeutung 7 ‘ Name vieler grosser und kleiner Pässe, welche tief eingeschnitten zwischen hohen Bergen liegen ’ , ahd. furcha, furkula, mhd. furke, aus lat. F Ǔ RCA f. bzw. F URCULA f. ‘ Gabel, Engpass ’ . Im Walserdeutschen bedeutet der Name noch halbappellativisch ‘ Bergeinschnitt, Pass ’ (REW 3593; I D . 1, 1012 f.; Z INSLI 1946, 319 und 1984, 565). Die Deutungen beziehen sich im Allgemeinen auf ‘ Pass ’ ; vor allem die Diminutive scheinen aber auch einfach ein hügeliges Weidegebiet zu bezeichnen. Die rom. Namen vom Typ Forclaz, Forclettaz (B OSSARD / C HAVAN 2006, 256; T AGMANN 1946, 66) gehen auf das gleiche lat. FURCULA ‘ kleine Gabel ’ zurück. Das frpr. for (t) š eta ‘ kleine Gabel ’ , gebildet aus lat. FURCA ‘ Gabel ’ und lat. Diminutivsuffix / - ITTA / , ist im Mittel- und Oberwallis Fuossen (FaN) 195 196 <?page no="103"?> ein Fachwort der Rebbearbeitung und bedeutet ‘ Einzelstockverjüngung ’ (E GLI 1982, 183 und 295). Diese Deutung könnte bei Fortsethubil ‘ die Hügel bei der kleinen Gabelung ’ (Varen; FLNK Fortschethubil) gemeint sein; vgl. aber auch HL F ORGE . Die romanischen und die entlehnten deutschen Formen werden hier gemeinsam behandelt. Da nur ein Beleg für Forca vorliegt, wird auch dieser hier aufgeführt. Obwohl das HL F URGGA < lat. FURCA gut belegt ist, erscheint als kürzeste Form das maskuline der Furg (Törbel), das von Gwp. als ‘ <Kehle> am Bach ’ beschrieben wird, also einen kleinen Einschnitt darstellt. Maskulin sind auch ufem Furgg (Blitzingen), das als ‘ unbedeutende Wölbung ’ beschrieben wird, und der Furgg (Zermatt), der sich am Furggbach befindet; SK zeigt, dass das Gebiet am unteren Ende eines Moränengebietes liegt, wo sich heute Seilbahnstationen befinden. Ein Furg (FLNK, Birgisch) ist bezüglich Genus nicht spezifiziert; es befindet sich heute oberhalb der Strasse von Birgisch nach Mund in einem bebuschten Gebiet. Ein auf den ersten Blick feminines Fu ᵕ rg (1853) meint wohl eine Wasserleitung, die von einer Flur Furg her oder zu ihr hin fliesst. Maskulines Furg lässt sich als (falsche) Rückbildung eines als Plural verstandenen Furgga ‘ die Pässe ’ verstehen. Häufiger ist das Simplex Singular des Feminins als auf der Furcko ‘ auf der Furgge (Pass) ’ (1760, Eisten; 1760 Grächen), an Furckon ‘ an der Furgge (Pass) ’ (1440, Mörel), ab Fu ᵕ rckon ‘ von der Furgge (Pass) ’ (1400, Naters), super Furckon ‘ über der Furgge (Pass und Alpe) ’ (1348 u. später, Simplon), t Furgga ‘ die Furgge (Pass) ’ (Zwischbergen), Furgge ‘ die Furgge (Pass und Alpe) ’ (Grengiols), Furggen ‘ die Furgge (Pass) ’ (SK, Grengiols), t Furggu ‘ die Furgge (Pass) ’ (Erschmatt), Furggu ‘ Furggen (Alpsiedlung auf Alpe Furggu) ’ (LT u. FLNK, Saas-Almagell), Pfurka ‘ die (Rieder-)Furgge ’ (Ried-Mörel; SK Furke). Einige dieser Simplizia können auch Plurale sein. Diminutive im Singular sind: ts Furggelti ‘ der kleine Pass ’ (Goppisberg; LT Münster), Furggeltin ‘ der kleine Pass ’ ((LT, Blatten; FLNK Furggelti), ts Furggilti ‘ der kleine Pass ’ (Oberems), ts Furggje ‘ der kleine Pass ’ (Zermatt, zweimal), Furgji ‘ der kleine Pass ’ (LT, Zermatt), Furggulti ‘ der kleine Pass ’ (LT, Bellwald; FLNK Furgguti), ts Furgguti ‘ der kleine Pass ’ (FLNK, Blitzingen; LT Furggelti), ts Furgguti ‘ der kleine Pass ’ (Fieschertal), vff das Furgli ‘ auf den kleinen Pass ’ (1657, Obergesteln), ts Furguti ‘ der kleine Pass ’ (Binn; LT Furggulti; SK Furggelti; FLNK Furgguti; mehrfach). Die sicheren Plurale dagegen sind selten: t Furggini ‘ die kleinen Pässe ’ (Eisten). Das seltsame t Furggje ‘ das Gebiet mit Pässen bei Saas-Fee ’ (Saas-Fee) scheint eine / - LA / -Ableitung zum Simplex zu sein (S ONDEREGGER 1958, 517 ff.) und nicht ein Plural des Diminutivs. Attributive Adjektive in zweigliedrigen Konstruktionen sind wie folgt belegt: t Chleinu Furgge die kleinen Furggen (hier Felsspitzen) ’ (Eisten; Grächen; FLNK an beiden Orten, Chleinu Furgge), als Gegenstück gehören dazu di Grossu Furgge ‘ die Grossen Furggen (hier Felsspitzen) ’ (Eisten, Grächen; FLNK an beiden Orten Grossu Furgge), ts Ober und ts Unner Furguti ‘ der obere und der untere Teil des kleinen Passes (Alpweide) ’ (Bellwald), t Obere und t Unnere Furggeltini ‘ die oberen und die unteren kleinen Pässe ’ (Münster), auf der Unteren Furgen ‘ auf dem unteren Pass ’ (1833, Eisten; 1833, Grächen). Vorangestellte Genitive sind Almagäller Furggu ‘ die Furgge (Pass) auf dem Gebiet von Almagell ’ (FLNK, Saas- Almagell), Grunner Furggu ‘ die Furgga (Pass) der Leute von (Saas)-Grund ’ (FLNK, Saas-Almagell), das Jeger Furggilti ‘ die kleine Furgge (Pass) der Jäger / der Familie Jäger ’ (Ried-Brig), Mandlischfurggu ‘ die Furgge (Pass) des Mandli (kleiner Mann, daneben Mannlihorn (auf LT Schwarzhorn)) ’ (Ferden). Mit dem HL als Grundwort finden sich vor allem Komposita mit naheliegenden Flurnamen oder Furggen, über die bestimmte Tiere gehen können: Chummefurgge ‘ die Furgge (Pass) beim Chummehore oberhalb der Alpe Chumme (Mulden) ’ (Mühlebach), t Eschilfurgga ‘ die Furgge (Pass), die wie ein Esel aussieht / über die ein Esel gehen kann ’ (Zwischbergen), di Gitzifurgga ‘ die Furgge (Pass) der kleinen Ziegen ’ (Ferden), di Gitzifurggu ‘ die Furgge (Pass) der kleinen Ziegen ’ (Leukerbad), von der Kúmmen Fúrg ‘ von der Furgge (Pass) bei der Chumma (Mulde) ’ (1826, Ernen), die Loúbfúrggen ‘ die Furgge (Pass) beim Laub ’ (1650 (ca.), Ried-Brig), ts Mattufurgg ‘ bei der Furgg(e) (Durchgang) bei der Alpe Matte (Wiesen) ’ (Raron; FLNK Mattufurggu), ts Mattufurggilti ‘ die kleine Furgge (Durchgang) bei der Alp Matte (Wiesen) ’ (Raron), t Mattufurggu ‘ die Furggu (Pass) oberhalb der Alpe Matte (Wiesen) ’ (Niedergesteln; gleicher Ort wie Raron), t Mittulfurgge ‘ die mittlere Furgge (Pass) ’ (Grächen), t Reschtifurgga ‘ die Furgge (Pass) oberhalb der Alp Resti (Raststelle) beim Restirothorn ’ (Ferden), t Ritzfurgge ‘ die Furgge (Pass) zwischen Ritzgletscher und Merezenbachgletscher; resp. Ritzhörner und Ritzberge ’ (Münster, Ulrichen; FLNK Ritzifurgge (Münster), Ritzfurgge (Ulrichen); gleicher Ort), t Schildfurgga ‘ die Schildfurgga (Pass zwischen Schilthorn und Gärsthorn) ’ (Mund), di Tellifurgga ‘ die Furgge (Pass) oberhalb des Telli (kleines Tal) ’ (Ferden), Wilerfurg ‘ die Wilerfurg (unklar, ob hier mit Furg einfach ein Übergang gemeint ist (sonst Furt); heute Steg über Wilerbach) ’ (Blitzingen). Als Bestimmungswort tritt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern auf: Alpa, Bach, Chi, Egg(a), Gletscher, Graat, Haalta, Hooru, Matta, Pass, Plangg, Sattel, Stalde, Tunnel, Wald und Wang. Seltsam 197 198 Furgga <?page no="104"?> ist das Namennest zu Furgguböüm (Ried-Brig) mit Furggubäumbach (LT; FLNK Furgguböümbach), Furgguböümgletscher, Furgguböümhoru und Furgguböümlicka (alle auch, anders geschrieben bei LT, SK und FLNK). Es handelt sich um eine Alpe auf über 2000 m, wo es keine Bäume gibt. Der älteste Beleg von 1457 hat an Furkunbun. Vermutlich handelt es sich um eine romanische Fügung. Die Endung bun wird ab 1593 als Böüm interpretiert; man hat sie vermutlich nicht mehr deuten können. Komplexere Konstruktionen sind, neben den genannten: Gross und Chli Furkahore ‘ das grosse und das kleine Furkahorn ’ (Oberwald), ts Furggwanghoru ‘ das Horn bei den Furggweng ’ und ts Furggwangjoch ‘ das Joch (Fusspass) beim Furggwanghorn ’ (beide Oberems und St. Niklaus). Eine sonst nicht belegte Form ist der Furrgetsch (Zermatt), dessen ältester Beleg von 1448 jm Furkecz lautet. Die Endung kann entweder zum HL E TZ ‘ Atzung (des Viehs) ’ passen, oder eine Ableitung auf / - ETSCH / sein (K LEIBER 1992); für Letzteres spricht die maskuline Form. Romanisches Forcletta ist nur in Pointe de la Forcletta (Oberems) vertreten, dem frz. Namen des Hirsihorn. Forcletta ist auch der frz. Name von ts Furggilti (Oberems). Italienisches Forca ‘ Pass ’ findet sich nur in Forca Aurona (Ried-Brig), dem it. Namen der Furggubäumlicke; der Name Aurona bezieht sich auf den Bach im it. Tal (cf. HL A URONA ). Furmulä Furmulä ist nur in Zwischbergen als t Furmulä (LT Furmule) und der Furmulugraad (LT Furmulegrat) belegt. J ORDAN (2006) kennt Furmulä, Furmuluegg, Furmulutolä (alle S. 359) und Furmulugraat (S. 241 u. 360), aber alle ohne Deutung. Zu Grunde liegt it. formèla, furmèla ‘ Käseform ’ (LSI 2004, 2, 524); es handelt sich um eine metaphorische Bezeichnung der Gegend. O LIVIERI ( 2 1961; 1965) kennt den Flurnamen nicht. Furnel Furnel ist belegt in an den Furneltschuggen ‘ an den Furnelfelsen ’ (1634, Zwischbergen) und in einer andern Form als ad summitatem lochiarum furnetti ‘ beim Gifpel der Lochiae (unklar) Furnetti ’ (1642, Zwischbergen). Vermutlich ist Furnel zu it. fórn, fórno, furn, fórm m. aus lat. FURNUS ‘ Ofen, Herd, Feuerstelle ’ (LSI 2, 528; D EVOTO / O LI 2020, 890 s. v. forno) zu stellen. Furnetti würde die davon abgeleitete Form fornetti (P ETRINI 1997, 75) meinen. In FlN werden sie zur Bezeichnung von ‘ Talsenke, Mulde, Felsgebirge ’ (P ETRINI 1993, 99) und allgemein für ‘ warme, der Sonne ausgesetzte Orte ’ (REW 3451; B OSSARD / C HAVAN 2006, 225) verwendet, ähnlich wie das HL O FU . Furni (PN) Furni ist laut Gwp. ein Personenname im Beleg der Furniwäg (Glis). In Frage kämen der frz. FaN Fourny oder die lateinische Übersetzung de Furno (Zumofen). Beide sind im Register HRBS aufgeführt; Zumofen erscheint ebenfalls in AWWB (302, auch als de Furno), wo auch Dufour (AWWB 83) belegt ist. Eine sichere Zuordnung ist auf Grund des Beleges jedoch nicht möglich. Furrer (FaN) Furrer (FaN) ist ein im Oberwallis verbreiteter Familienname (AWWB 101). Er kommt nur als Bestimmungswort vor, manchmal im Genitiv Singular: des Furers Brùnnen (1610, Ried-Mörel), ts Furerschhüs ‘ das Haus der Familie Furrer ’ (Visperterminen, Weiler), in Fúrersmatten (1831, Eischoll), ins Furrenboden ‘ in den Boden der Familie Furrer ’ (Ritzingen). Manchmal auch im Plural: der Furrero Wingarto ‘ der Weingarten der Furrer ’ (1305, Visp), syluam Fúrrero ‘ der Wald der Furrer ’ (1688, Staldenried), in Furrero Schÿr ‘ in der Scheuer der Furrer ’ (1637, Bürchen), siluam dictorum Furrero ‘ der Wald der obgenannten Furrer ’ (1477, Bürchen). Von einem I -Diminutiv des reduzierten Stammes Furrwerden Belege auf Furri n. gebildet. Dazu gehören: t Pfuritschugge ‘ die Felsen der Familie Furrer ’ (Birgisch), Furri Hütte ‘ die Hütte des Art Furrer (Hotelbesitzer) ’ (Martisberg) und dazu die Genitive ts Furisch Paragga ‘ die Baracke der Familie Furrer ’ (Baltschieder), Furrisch Weid ‘ die Weide der Familie Furrer ’ (Saas-Balen), Furrisch Bachtelu ‘ die Wasserrinne der Familie Furrer ’ (Saas-Grund). Furt Furt, im Lötschental Firt m. ‘ Furt ’ , ist zu schwdt. Furt m. und f. ‘ fahrbarer Durchgang durch einen Zaun; Bach-, Flussübergang; Rinnsal, Bett eines Flusses oder Baches; Wassergraben in Feldern und Wiesen, mhd. furt m./ f. ‘ Furt, Flussbett; Bann, Weg ’ (I D . 1, 1043 f.) zu stellen. Die Form Firt scheint aus einer vorderen gerundeten Form Fürt (wohl Plural) entstanden und auf den Singular übertragen worden zu sein. Das Simplex ist als der Furt (Grengiols; wohl Übergang am Holegrabe), an dem Furte (1306, Törbel) und zem Firt ‘ bei der Furt (wohl Übergang über die Gisentella (Bach)) ’ (FLNK, Blatten) belegt. Blitzingen kennt die alte Wasserfurt (1681), mit der femininen Form des Hochdeutschen. Alle andern Belege stammen aus dem Lötschental. In Blatten sind es ts Firtchin, t Firtschiirä, dr Firtstäg, dr Firtwald, t Firtwannä, sowie der Mittluscht, der Obruscht und der Undrusch Firt (alle im gleichen Bereich in Furmulä 199 200 <?page no="105"?> Blatten). In Wiler kommen t Obrun Firtbletschä und t Undru Firtbletschä ‘ die oberen und die unteren Ebenen bei der Firt (wohl Übergang über den Milibach) ’ hinzu. Furz Furz ist zum schwdt. Verb furze n ‘ furzähnliche Töne von sich geben ’ und wdt. furze, furzä (Goms), furzu ‘ furzen ’ (I D . 1, 1047; G RICHTING 1998, 82) zu stellen. Das HL ist nur einmal belegt als Furzbach ‘ der Bach, der furzende Töne hören lässt (? ) ’ (Zeneggen). Es handelt sich um einen steilen Bach, der von Zeneggen hinunter in die Vispa fliesst. Füül Füül ‘ faul ’ ist zum schwdt. Adj. f ū l, ahd. v ū l, mhd. f ū l ‘ faul, morsch, stinkend ’ , in FlNN ‘ verwittertes Gestein, verwitterter Felsen, stehende Gewässer ’ und wdt. fül, fuil (Lötschental), füül ‘ morsch, untätig ’ (I D . 1, 786 ff., G RICH- TING 1998, 82) zu stellen. Als attributives Adjektiv kommt das HL mit den folgenden Bezugswörtern in zweigliedrigen Konstruktionen vor: bim Füle Ture ‘ beim faulen (Fels-)Turm (Fels mit faulem Gestein) ’ (Grengiols), bim Füle Ture ‘ beim faulen (Fels-)Turm (Fels mit faulem Gestein) ’ (Martisberg) (die beiden Namen sind räumlich weit getrennt), unnerem Füüle Ture ‘ unter dem faulen (Fels-)Turm (Fels mit faulem Gestein) ’ (Binn), bim Füüle Ture ‘ beim faulen Turm (Felsturm mit faulem Gestein) ’ (Fiesch) (identisch mit dem Namen in Martisberg), Fül Böum ‘ der Faulbaum (F RANGULUS ALNUS ) ’ (Münster) (cf. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 296). Unklar ist der Bachname die Fula, der 1563 neben der Fesilla in Erschmatt belegt ist; 1563 wird der Bach auch hdt. die Faula genannt. In Leuk ist sie lebend als t Füülu ‘ die Walkmühle? ’ belegt. Es handelt sich vermutlich um ein romanisches Lemma, das nicht zum HL F ÜÜL ‘ faul ’ zu stellen ist, sondern zu einem romanischen HL. In Frage kommt foule ‘ Walkmühle ’ (G PSR 7, 783), das häufig als Flurname erscheint und auch als Bachname (für eine Mühle) Verwendung findet. B OSSARD / C HAVAN (2006, 224) beschreiben foule als ‘ local où s ’ exerçait le foulage ’ (Ort, wo das Walken ausgeübt wurde). Ob das Quartier von Visp, das als t Füüla benannt ist, auf den französischen Ausdruck für eine Walkmühle zurückgeht, ist unsicher. Zu den Walken im Wallis siehe W. B ELLWALD (2011, 93 ff.); für Visp ist keine erwähnt. 201 202 Füül <?page no="106"?> G (siehe auch C und K) G(e)rit G(e)rit ist zu schwdt. Ge-rüt ‘ gerodetes Gebiet ’ (I D . 6, 1805) zu stellen, mit entrundetem Vokal und r-Vorschlag (e). Es kommt nur vor in di Geriitschluächt ‘ die Geländeeinbuchtung beim gerodeten Gebiet ’ (Blatten). G … brich G … brich ist 1547 in G … brich(? )lammen (Binn) belegt. Die Lesung ist unsicher, darum keine Deutung. Gaa Gaa V. ‘ gehen ’ ist Infinitiv des Verbums schwdt. gan ‘ gehen ’ und wdt. gaa, goo (Saastal) ‘ gehen ’ (I D . 2, 322; G RICHTING 1998, 83). In den Orts- und Flurnamen ist es insgesamt viermal belegt, davon dreimal als Partizip Präsens, zusammen mit dem HL D URCH : der Dirrgänd Fat ‘ der durchgehende Felspfad ’ (Simplon), der Durchgeend (e)Ritz ‘ der durchgehende Ritz (Spalte im Fels) ’ und der Durchgeend (e)Ritzgrabu ‘ der Graben beim durchgehenden Ritz ’ (beide Niedergesteln). Anders zu deuten ist der Heiter Tirrgäne ‘ der heitere (helle) Durchgang ’ (Reckingen). I D . stellt gääne zu Um-g ǟ ne n f. ‘ magerer Heubezirk am Talbhange ’ (2, 326, für das Wallis belegt) und vermutet eine Nebenform zu umg ǟ nd (I D . 2, 16). Der Beleg in Reckingen ist allerdings maskulin, was die Nähe zu ‘ Durchgang ’ aber eher bestätigt. Zur Formenvielfalt des Verbums gân im Mhd. vgl. P AUL ( 25 2007, 276 ff.) und im Schwdt. vgl. SDS (3, 56 ff. und die dort angegebene Literatur). Gaaggu Gaaggu ‘ Rabe, Krähe, Bergdohle ’ ist zu wdt. Gaaggu, schwdt. Gaagg, Gaago m. (I D . 2, 164; G RICHTING 1998, 87 s. v. Ggaagge, Gaaggä (Goms) oder Gragggä, Ggääggu (Saastal), Ggaggn (Lötschtal), Ggaaggu ‘ Rabe, Krähe ’ (dritte Bedeutung hier ohne Relevanz)) zu stellen. Das Wort ist eine lautmalerische Bezeichnung für Rabenvögel als Ableitung zum Verb schwdt. gaagge n ‘ mit rauher Stimme schreien, krächzen, wie z. B. Raben, Elstern, Dohlen ’ (I D . 2, 164). Auch BENB (1, 2, 5 f.) verzeichnet das Lemma, ohne eine Erklärung. Als Simplex im Plural ist nur Zen Gagen ‘ bei den Dohlen / Raben ’ (1694, Eischoll) erwähnt. Gaaggu kommt sonst nur als Bestimmungswort vor. Die Grundwörter sind Färich, Höupt, Läger, Loch, Pliderra, Stei, Stüde, Wald, Wasser und Weid. Die Deutung ist im Einzelnen sehr unklar. Im Fall von Gaggenweid (1840, Leuk) ist auch an schwdt. Gagg ‘ Kot ’ (Id. 2, 165) oder eine aus dem romanischen cacare ‘ kacken ’ entlehnte Form zu denken (FEW 2, 16ss.), also ‘ die Weide mit Kot ’ . Ein Übername scheint bei in Gäägisch Grappu ‘ bei den Murmeltierbauten des Gäägi (Übername? ) ’ vorhanden zu sein (cf. auch HL G RAPPA ). Gääi Gääi ist ein Adj., das zu schwdt. g ā ch, gäch, gäj ‘ sich mit ungestümer Schnelligkeit bewegend, rasch oder plötzlich eintretend ’ (ahd. g ā hi, mhd. gaehe, g ā ch, g ā ‘ schnell, ungestüm ’ ), hier in der Bedeutung ‘ steil abfallend oder ansteigend ’ als Bezeichnung für eine sehr steile Wiese und wdt. gaa, gee ‘ plötzlich, überraschend, jähzornig ’ (I D . 2, 99 ff.; G RICHTING 1998, 83) zu stellen ist. URNB (3, 720) kennt Gäch Tod und deutet es als ‘ [s]ehr steile Felswand ’ . Der Beleg der Gäitood ‘ der jähe Tod (wohl: Steilheit des Geländes) ’ (Reckingen) ist auch bei Jagdverein Mässersee Binn (2018, 27) verzeichnet (Gäi Tod), auch dort mit dem Hinweis auf I D . (2, 99 ff.), aber mit der Deutung ‘ Herzinfarkt ’ . Gwp. sagt zu Reckingen: „ Entweder wegen der Steilheit des Geländes oder es sei hier jemand eines jähen Todes gestorben? “ . Beide Deutungen treffen zu, doch ist metaphorisch generell eher die Steilheit des Geländes zu verstehen. Gaajini Gaajini pl. ist als lebender Name nur als di Gaajini (Oberems; FLNK Gaajini) belegt. Auf 1: 10000 ist die Flur als Gajini notiert. Die historischen Belege notieren seit 1474 Caynon, 1676 zen Gaÿnen, 1680 zun Gaÿnen, 1707 zen Caienen usw. Hierzu gehört auch der historische Beleg das Caÿe Gessin ‘ die kleine Gasse vom / zum Gebiet Caino (unklar) ’ (1716, Oberems). Die heutige diminutive Form Gaajini scheint auf eine ältere Form Caynon usw. zurückzugehen. Diese könnte sich auf * CANIA hündin (FEW 2, 183 ff.; G PSR 3, 569 ss. s. v. chienne) zurückführen lassen; eine direkte Ableitung bleibt aber unsicher, weil anlautendes / g/ auf eine frühe Übernahme verweist (cf. Gampel), die hier problematisch ist. Der genaue Zusammenhang bleibt unklar. Hingegen hat I D . (2, 199) unter Gaja den Beleg ‘ Baumwanze (cimex baccarum), Käfer, Wurm ’ und verweist auf das Wallis mit der Alternative Gâji. Formal entspricht der Beleg der Form, inhaltlich ist sie aber problematisch. G(e)rit 203 204 <?page no="107"?> Gaaldi Gaaldi n. ist einerseits der Name eines Kanals in der Rottenebene als ts Galdi (Hohtenn) und ts Gaaldi (Steg), der früher Bietschi (cf. HL B IETSCH ) hiess. In Steg sind historisch 1412 Galden Graben und ab 1438 Galdingrabo belegt. 1556 ist der Altt Galdin Grabo (Steg) bezeugt. 1686 und später ist auff der Galdinen (Steg) belegt. Auch Niedergesteln hat 1438 Galdyngrabu und im gleichen Jahr Galdinon; gemeint ist wohl der gleiche Wasserlauf in der Rottenebene. In Leuk findet sich 1580 ad Caldaria (zum lat. CALDARIA kochkessel (FEW 2, 75 ff.), hier wohl in der Bedeutung ‘ Warmbad, warmes Wasser ’ ). Ob es gleichbedeutend mit auff der Galdinen (Steg), Galdinon (Hohtenn) und di Gaaldinu (Leuk) ist, das 1203 u. später als Caldana und ähnlich erscheint, wobei meist ein Drittel von Leuk gemeint ist, bleibt unklar. Manchmal ist aber auch von einem Fluss Caldana (z. B. 1346 iuxta aquam Caldane ‘ beim Wasser (Bach) Caldana ’ ) die Rede. Der Anlaut / g-/ verweist auf eine frühe Übernahme aus dem lat. CAL Ī DU ‘ warm ’ (FEW 2, 87 ff.). Das Drittel Gaaldinu (Leuk) hat seinen Namen wohl von einem Bach mit warmem Wasser erhalten, während das HL Gaaldi wahrscheinlich auf das wärmere Wasser des Kanals in der Rottenebene Bezug hat. Gaalt Gaalt Adj. ‘ milchlos ’ ist ein schwzdt. Adj. galt, wdt. gaalt ‘ milchlos ’ und dient in erster Linie zur Bezeichnung von Kühen und Ziegen, die keine Milch geben (I D . 2, 236; G RICHTING 1998, 83). Das Wort kann aber auch unangebaute, brach liegende Äcker bezeichnen oder übertragen werden auf versiegende Quellen, Brunnen (BENB 1, 2, 11). Es wird bei Flurnamen normalerweise als ‘ unfruchtbar ’ wiedergegeben. Das Adjektiv erscheint attributiv in der Gaalt Acher ‘ der unfruchtbare Acker ’ (Ergisch), di Gaalt Ägerta ‘ das unfruchtbare Brachland ’ (Törbel), t Gaalte Ritze ‘ die unfruchtbaren Ritze (Grasbänder) ’ (Binn), ts Gaalt Gufer ‘ das unfruchtbare Steingeröll ’ (Baltschieder), di Gaalti Matta ‘ die unfruchtbare Wiese ’ (Raron; FLNK, Gaaltumatte), die Gaalti Matta ‘ die unfruchtbare Wiese ’ (1631, Turtmann), di Gaaltun Bletsche ‘ die unfruchtbare, nicht genutzte Bletschä (Ebene) ’ (Ferden), di Gaaltu Schroote ‘ die unfruchtbaren Geländeeinschnitte ’ (Täsch), di Gaaltu Weng ‘ die unfruchtbaren Grasabhänge ’ (Kippel), der Galt Acher ‘ der unfruchtbare Acker ’ (1541, Bürchen), im Galten Aker ‘ im unfruchtbaren Acker ’ (1841, Ried-Brig), Galter Acher ‘ der unfruchtbare Acker ’ (1675, Turtmann), am Galten Haker (1337, Bratsch; 1701 in den Galten Ackhern), Galti Riifu ‘ der unfruchtbare Abhang ’ (FLNK, Bratsch) und Galt Rufi ‘ das unfruchtbare Rutschgebiet ’ (FLNK, Ausserberg). Als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita kommt das HL mit folgenden Grundwörtern vor: Acher, Bodu, Ägerta, Biel, Chi, Eie, Erb und Matta. Substantiviert wird das HL als Simplex in di Gaalta ‘ das unfruchtbare Gebiet ’ (Ausserberg) verwendet. Der Diminutiv ist belegt als ts Gaalgi ‘ die kleine Alpe für das Galtvieh ’ (Zwischbergen; LT Galki, SK Galgi); dazu kommt di Gaalgilicka ‘ die Lücke (Fusspass) oberhalb des Gaalgi ’ (Zwischbergen; LT Galkilücke, FLNK Galgilicka). In Baltschieder gibt es zwar den einfachen Diminutiv nicht, dafür ein Namennest mit ts Gaalgibord ‘ das Bord (Abhang, Böschung) der kleinen Alpe für das Galtvieh ’ , di Gaalgichumma ‘ die Chumma für das Galtvieh ’ (LT und FLNK Galkichumma, SK Galkichumme), di Gaalgifärricha ‘ die Pferche beim Gaalgi (kleine Alpe für das Galtvieh) ’ , ts Gaalgigufer ‘ das Steingeröll im Gebiet für das Galtvieh ’ , di Gaalgiparagga ‘ die Baracke (einer Firma) im Gaalgi (Alpe für das Galtvieh) ’ , di Gaalgispitza ‘ die spitz zulaufenden Weiden beim Gaalgi (Alpe für das Galtvieh) ’ . Ein vorangestellter Genitiv einer anderen Diminutivableitung ist ts Gaaltschisch Wengji ‘ der kleine Grasabhang für die junge Ziege, die noch nicht geworfen hat ’ (Täsch) wenn Galtschi sich, wie bei R ÜBEL (1950, 91) genannt, in Täsch auf ‘ die junge Ziege, die noch nicht geworfen hat ’ bezieht (vgl. auch I D . 2, 237 s. v. Galteli, wo auch Galtschi belegt ist). Eine feminine Ableitung auf / - INA / mit der Assimilation von / t/ zu / ck/ ist Galkina ‘ das Gebiet für das Galtvieh / das unfruchtbare Gebiet ’ (Fieschertal), wozu sich t Ober und t Unner Gaalckina ‘ der obere und der untere Teil der Gaalkina ’ , der Gaalckinegletscher ‘ der Gletscher oberhalb der Gaalckina ’ (beide Fieschertal) gesellen. Eine zweite feminine Ableitung ist Gallgeru ‘ das unfruchtbare Gebiet (Weiler von Eisten) ’ (Eisten; auch di Gallgera; LT u. FLNK Galgera, SK Galgeren). Die historischen Belege haben schon 1299 u. 1300 Galgerrun, 1304 Galgerra usw. Hierzu gesellen sich t Ober und t Unner Gallgera ‘ die obere und die untere Galgerra ’ (Eisten), sowie das historisch belegte Untern Galgetirli ‘ die untere (Zaun-)Türe auf der Gallgera ’ (1833, Eisten) und weiter ts Gallgerheejili ‘ die kleine Höhe, von der aus man die Gallgera sieht ’ , di Gallgersunna ‘ das sonnseitig gelegene Gebiet bei der Galgerra ’ und der Gallgerwald ‘ der Wald unterhalb der Gallgera ’ (alle Eisten). Die Zuordnung dieser Ableitung zum HL G AALT ist nicht sicher, weil alle Belege den Typ Galgerra aufweisen; es ist dann zu erklären, wie aus / t/ hier / g/ werden kann. Zu vermuten ist eine / - ERRA / -Ableitung (S ONDEREGGER 1958, 471 ff.), eine Stellenbezeichnung, die wohl von einem Gaalgi oder ähnlich abgeleitet wurde. An einen Galge 205 206 Gaalt <?page no="108"?> (I D . 3, 230) in irgendeiner Form kann man bei der Höhe und der geringen Besiedlung kaum denken. Ganz ähnlich lässt sich die maskuline Ableitung dr Galgginär (Kippel) erklären, das laut FLNK mit / ck/ auszusprechen ist; es handelt sich um eine maskuline Form, die der femininen Gaalckina entspricht. Ableitungen mit Umlaut zu / e/ sind belegt 1712 als in der Geltti (Eischoll), di Geltinä (Gampel), t Geltini (Bratsch, Feschel), di Geltjini (Raron). Die ersten zwei Belege sind Feminina, der eine auf / - I / , der zweite ein Plural von / - INA / ; die andern beiden sind Diminutive im Plural. Dazu kommt ein Gmeinne Geltin ‘ die Weide für das Galtvieh, die der Gemeinde gehört ’ (1784, Erschmatt) Inhaltlich geht es um Gebiete, die wenig fruchtbar sind, oder um Gebiete als Weide für das Galtvieh. Eine adjektivische / - IG / -Ableitung findet sich als di Galgig Flüe ‘ die unfruchtbare Fluh ’ (St. Niklaus) und historisch 1693 als Galgigen Fluo (Törbel); anders zu deuten ist das gleichzeitige Galginen Fluo (Embd, Törbel), wo wohl ein Adjektiv zum Diminutiv Galgi vorliegt. Gaalzeri t Gaalzeri ist nur in Geschinen als Weideebene in der Alpe „ Trützi “ belegt. Vermutlich handelt es sich um die Weide der galten Ziegen (Ziegen, die noch nicht geworfen haben) oder Rinder. I D . (2, 296) kennt Galz ‘ verschnittenes Schwein ’ m., älter auch f. Wahrscheinlicher ist aber das von I D . (2, 236) erwähnte galt ‘ keine Milch gebend ’ , das auch bei R ÜBEL (1950, 91) genannt wird (cf. HL G AALT ). Die etwas ungewöhnliche Lautung Gaalz erklärt sich wohl aus der Fügung Gaalts Vee ‘ keine Milch gebendes Vieh ’ . Die Ableitung auf / - ERI / ist eine Stellenbezeichnung (S ONDEREGGER 1958, 551 f.). Gäändu Gäändu ist nur in Ubergändu ‘ übergehend ’ in ts Ubergändu Stei ‘ beim übergehenden Stein ’ (Mund) belegt. Es handelt sich um ein Partizip Präsens zum schwdt. Verb überg ā n ‘ übergehen ’ (I D . 2, 10), wdt. ubergaa (G RICHTING 1998, 204), hier wohl zu verstehen als ‘ sehr gross ’ . Gaar Gaar f. ‘ Bahnhof ’ ist zum frz. gare f. ‘ Bahnhof ’ zu stellen (G RICHTING 1998, 83 s. v. Gaar). Dieses HL ist zu unterscheiden von Kaaru ‘ Ecke ’ , das manchmal auch im Plural als Gaare erscheint, und auf frpr. karo < lat. QUADRU ‘ place, côté, extremité ’ zurückgeht (T AGMANN 1946, 29; cf. HL K AARU ). Sichere Belege sind: Gaar ‘ Bahnhof ’ (Stalden), Unner der Gar ‘ unter dem Bahnhof ’ (Stalden), di Gaarmatte ‘ die Wiesen beim Bahnhof ’ (Turtmann), di Gaarstraass ‘ die Strasse zum Bahnhof ’ (Turtmann), Gampilgaar ‘ der Bahnhof von Gampel ’ (Niedergesteln). Problematisch ist uf di Gaar (Salgesch), das von M A- THIER (2015, 90) zu frz. la gare gestellt wird. Das kontrastiert auffällig mit der Lage der Flur: es handelt sich um ein Rebgebiet, das vom Bahnhof aus in etwa 500 m Entfernung liegt. Eher käme dann frpr. k ā r > lat. QUARTUS ‘ Viertel ’ (M EYER 1914, 87) in Frage; das Gleiche gilt für Varnergaar (FLNK, Varen), das sich neben Gaar in Salgesch befindet. Ähnlich unklar ist Gaar (Ergisch) auf rund 1420 m, bei der Kurve einer Alpstrasse, die man eventuell metaphorisch als Gaar ‘ Bahnhof ’ benannt haben könnte. Die Gaarmatta (Eisten) gehört kaum hieher; die Gwp. spricht von <gaarole>, womit er wohl A RC- TOSTAPHYLOS UVA - URSI ‘ Immergrüne Bärentraube ’ (siehe unten) meint (cf. HL G ARLE ). Ebenfalls nicht hieher gehören Gaaristett (Ferden), das nicht zugeordnet werden kann, und Gaarloib (Blatten); letzteres gehört zum Pflanzennamen Garlob ‘ Bärentraube ’ (I D . 10, 1353 und L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 704 s. v. A RCTOSTAPHYLOS ALPINA ). Gäärber (FaN) Gäärber (FaN) ist zum FaN Gerber, auch Gerwer zu stellen, bezeugt im Bezirk Brig als alte, ausgestorbene Familie (AWWB 109), aber auch zur Berufsbezeichnung Gerber ‘ der Gerber ’ . Der klarste Beleg enthält einen Genitiv Singular ts Gäärbersch Hüs ‘ das Haus der Familie Gerber / des Gerbers ’ (Visperterminen). Ebenfalls einen Genitiv Singular findet man in Gerwers Stall ‘ der Stall der Familie Gerber / des Gerbers ’ (1580, St. Niklaus). Weniger klar sind die Bestimmungswörter in der Gärberplatz ‘ der Platz der Familie Gerber / des Gerbers ’ (Bister), ts Gärberschiirli ‘ die kleine Scheuer der Familie Gerber / des Gerbers ’ (Bister) und t Gärberschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung der Familie Gerber / des Gerbers ’ (wobei hier auch der Pflanzenname Gärwerra ‘ Veratrum album, Weisser Germer ’ gemeint sein könnte (cf. HL G ÄRWER- RA )). Auch die Gerber Lischa (1803, Ernen) ‘ das Gebiet mit Lischgras der Familie Gerber / des Gerbers ’ gehört wohl hieher; es könnte aber auch zur Lischa bei der Gerberei gestellt werden (die 1791 als Gerbe belegt ist). Gäärbi Gäärbi ‘ Gerberei ’ ist zu schwzdt. Gärbi, Gärwi f. ‘ Gerbe, Gerberei ’ (I D . 2, 448) und wdt. Gäärbi f. (G RICHTING 1998, 83) zu stellen. Es ist eine Ableitung zum Verb gerben ‘ Tierhäute zu Leder verarbeiten ’ , ahd. gar(a)wen, mhd. ger(e)wen (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 350). Die meisten der rund 30 Belege weisen das Simplex Gäärwi / Gäärbi auf, historisch in verschiedenen Schreib- Gaalzeri 207 208 <?page no="109"?> weisen wie Gerbe, Gerby, Gerwe, Gerwi usw. Manchmal ist das Lemma mit einer Präposition wie ob, in, zu, unter usw. versehen. In Leuk und Varen ist die Adjektiv-Verbindung Wiissgäärbi ‘ Weissgerberei ’ belegt; der Weissgerber stellt helles, feines Leder her. Im Fall von Undri Wiissgäärbi ‘ der untere Teil der Weissgerberei ’ ist wohl nur ein Teil eines Grundstückes mit dem Namen Wissgäärbi gemeint. Unklar bleibt der Beleg Leegerb (1927, Eischoll): vermutlich dürfte es sich um ein läges Erb ‘ liegendes, sanft geneigtes Erb(gebiet) ’ handeln (zu läg vgl. I D . 3, 1166). Auch Geerber (Zermatt) ist unklar, da der Name auf ca. 2700 m vorkommt; es kann sich um eine Ableitung zu Goorb handeln (cf. HL G OORB ). Gäärlich Gäärlich ist nur als im Gäärlich (Bürchen, LT und FLNK Gärlich) belegt. G ATTLEN (2007) nennt den Namen nicht. Es muss sich um eine Komposition aus den beiden Bestandteilen Gäär und Lich handeln, wobei das Genus mask. oder ntr. aus dem zweiten Bestandteil folgt. Der erste Teil Gäär lässt sich am ehesten zu G ē r(e n ) ‘ Speer ’ (I D . 2, 400 ff.), ev. in der Bedeutung 6 ‘ spitzer Streifen Landes, dreiwinkliger Acker ’ - mehrfach auch in Orts- und Flurnamen (cf. HL G EER ) - stellen. Der zweite Teil gehört zu Lauch II ‘ Lauchgewächs ’ (I D . 3, 2006), das im Beleg Chnopflich (I D . 3, 754) als Lich belegt ist. Das engl. garlic ‘ Knoblauch ’ (nach O NIONS 1966, 390 und 522) ist parallel gebaut und lässt sich auf g ā r ‘ Speer ’ und le ā c ‘ Lauchgewächs ’ (zu leek) zurückführen. Welches Lauchgewächs mit Gäärlich genau gemeint ist, bleibt unklar. Gemeint ist aber ein Ort, wo es viele Lauchgewächse dieses Typs gab oder gibt (cf. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1278 ff. s. v. A LLIUM und Unterarten). Gaarsche Gaarsche ist nur als di Gaarsche (Leukerbad; LT Garschen, FLNK Gaarschä) belegt. R. G RICHTING (1993, Blatt 9, Nr. 13 und Blatt 22, Nr. 25) kennt es als Garschä. Historisch ist es 1718 als in Garge belegt. Es handelt sich um einen Plural. Langes / a: / ist im Oberwallis vor r+Kons belegt. Vermutlich liegt ein rom. Etymon vor, dessen Deutung aber umstritten ist. FEW (4, 54 ff. s. v. GARG - (schallwort)) stellt es zu einem Schallwort ohne Etymologie mit der Bedeutung ‘ Kehle, Schlund ’ . G PSR (5, 1086 s. v. dzèrdzé ̩ ) kennt die Schreibform gargé, die hier wohl am nächsten liegt und einen Fachterminus aus der Böttcherei bedeutet: Kimme ( ‘ Kerbe in den Fassdauben, durch die der Fassboden gehalten wird ’ (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 491)). Die Bezeichnung ist deswegen metaphorisch: die Wiesen, die von der Form her an Gaarsche (Kerben in der Daube) erinnern. Gäärscht Gäärscht f. dürfte in den meisten Fällen zu schwdt. Gërste n ‘ Gerste ’ (I D . 2, 430), wdt. Gäärschta, Gäärschtä (Goms), Gäärschtu ‘ Gerste ’ (G RICHTING 1998, 83) zur Pflanze H ORDEUM VULGARE oder einer andern Gerstenart (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1478 ff.) zu stellen sein. Das gilt insbesondere zu allen Ableitungen auf / - ERRA / , / - ERNA / (zur Ableitung auf / - ERRA / vgl. S ONDEREGGER 1958, 471 ff. u. bes. S. 475; / - ERNA / ist dort nicht belegt). In einigen Fällen (vor allem über der Baumgrenze) muss wohl auch an schwdt. Gerst ‘ A STRANTIA MAIOR , Grosse Strenze, Meisterwurz ’ , ahd. geres, gers, Doldengewächs mit handförmig geteilten, lang gestielten Grundblättern und kurz gestielten, meist dreiteiligen Stengelblättern (I D . 2, 404; BENB 2, 24; M ARZELL 1, 505 f.; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 950) gedacht werden. Allerdings belegt I D . die Form Gerst nur gerade für das bernische Saanen. Für das Wallis ist jedoch Gäruscht im Lötschental belegt. Ein Simplex des Plurals di Gärschte (Ausserberg) ist unklar; die Beschreibung spricht von ‘ Gerste ’ , doch könnte auch der Pflanzenname für A STRANTIA MAIOR gemeint sein. Sehr unklar ist jm Gersters (1628, Turtmann), wo ein Genitiv zu einem FaN Gerster (cf. HL G ERSTER (F A N) nicht ganz ausgeschlossen werden kann. Die attributiven Adjektive zum Grundwort in ts Ober Gärescht und ts Unner Gärescht (beide Ried-Brig) lassen sich eher als A STRANTIA MAIOR verstehen, da die gemeinte Alp auf ca. 2200 - 2700 m liegt. Ebenfalls unsicher sind die Belege zu t Gäärschteheerner ‘ die Gerstenhörner ’ , ts Hinner Gärschtehore, ts Mittlescht Gärschtehore und t Gäärschtelicke ‘ die Lücke zwischen den Gerstenhörnern ’ (alle Oberwald), die ihren Namen von Gärsten auf der Berner Oberländer Seite haben (BENB 1, 2, 24 ist unsicher, ob hier ‘ Meisterwurz ’ vorliegt oder gar Vordeutsches, aber ohne Erklärung). Auch in Mund ist ein Gäärschthoru ‘ Gerstenhorn ’ belegt, auch hier unklar, ob es sich um Gerste als HORDEUM oder als ‘ Meisterwurz ’ handelt. Die Belege mit dem HL als Bestimmungswort werden zu den Grundwörtern Acher, Blatta, Bodu, Haalta, Schiir, Schluocht, Tschugge und Wald zu Komposita verbunden; die meisten davon werden zu HORDEUM , einige aber auch zu ‘ Meisterwurz ’ zu stellen sein. Weitaus die meisten Belege sind jedoch Ableitungen zu Gäärscht ‘ Gerste ’ auf / - ERNA / und / - ERRA / (historisch flektiert auch / - ERRON / ) und meinen den Ort, wo Gerste angebaut oder angepflanzt wurde. Sie kommen in allen Bezirken vor. Einige Belege enthalten Gäärschterna oder ähnlich als Bestimmungswort zu den Grundwörtern Alpa, Tunnel und Wald. 209 210 Gäärscht <?page no="110"?> Gääschi Gääschi n. ‘ kleines, schlechtes Haus ’ ist zu schwdt. Gäschi n. ‘ Hüttchen, kleines, schlechtes Haus ’ , zu rom. casa ‘ Haus ’ und zu wdt. Ggääscha w., Gääschernu (Saastal), Ggeeschin (Lötschental), Ggääschi s. ‘ Gebäude (armseliges o. grosses) ’ (I D . 2, 479; RN 2, 412, Z IMMERMANN 1968, 35; URNB 1, 129; G RICHTING 1998, 87) zu stellen. Wie Z INSLI (1984, 566) ausführt, liesse sich nach A. S CHORTA auch it. cascina ‘ Hütte ’ als Quelle ansehen. URNB (2, 12) nimmt cascina auch für Göschenen an, identisch mit der Oberwalliser Gemeinde Geschinen. Auffällig ist jedoch der lange Vokal des HL G ÄÄSCHI . Das Simplex ist im Singular belegt als ts Gääschi ‘ das kleine, schlechte Haus ’ (Ausserbinn, Grengiols) und ts Geeschi ‘ das kleine, schlechte Haus ’ (Ergisch). Ein Diminutiv des Simplex liegt in Geschili ‘ das kleine, schlechte Haus ’ (1680, Zwischbergen) vor. Einen vorgestellten Genitiv weist ts Dräjerlisch Ggääschi ‘ das kleine, schlechte Haus des Drehers (Drechslers) ’ (EK, Mund) auf. Als Grundwort erscheint das HL in ts Bättelgäschi ‘ das kleine, armselige Haus ’ (Randa) und in Brandgescho (1760, Grächen), di Brandgääscha (Eisten, Stalden), wohl in den letzten drei Fällen die gleiche Flur für ‘ das kleine, schlechte Haus beim brandversehrten Platz ’ . Als Bestimmungswort erscheint das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern: Gassa, Schleif, Tschugge und Wald. Ein Adjektiv auf / - ER / (wohl früherer Genitiv) ist in Geescher Trog ‘ der Trog beim kleinen, schlechten Haus ’ (1753, Filet) vertreten. Gab Gab, auch Gaab n. ‘ Geschenk ’ ist belegt in Gaabacher ‘ (unklar) der als Geschenk erhaltene Acker ’ (1623, Grächen) und die Morgengab ‘ das Brautgeschenk (Liegenschaft in Naters) ’ (1849, Naters). Das Lemma ist zu schwdt. G ā b f. ‘ freiwilliges Geschenk ’ (I D . 2, 52) zu stellen. G RICHTING (1998) kennt das Nomen nicht. In beiden Belegen fehlen weitere Hinweise; der zweite Name scheint eher hdt. zu sein (cf. K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 635 s. v. Morgengabe). Gäb Gäb ‘ der Ort, wo etwas (hier: Salz) gegeben wird ’ . Bei den Namen finden sich drei Typen von Ableitungen zum Verb gë(ben) ‘ geben, austeilen ’ (I D . 2, 71 ff.): Gäb n., Gäba / Gäbu f. und Gäbi f. (BENB 1, 2, 1), die mit Salz verbunden werden zu Salzgäb, Salzgäba und Salzgäbi f. ‘ Stelle, wo man dem weidenden Vieh Salz zu lecken gibt ’ (I D . 7, 889; RN 2, 478). In Einzelfällen ist Salzgäbe als Plural zu verstehen; Salzgäbi n. vertritt einen Diminutiv im Singular. Von den 57 Belegen für den Namen ist nur Alpliggäbi ‘ die (Salz-)Gebe der Alpe Alpligu ’ (Ferden, FLNK) anders konstruiert; gemeint ist aber auch hier eine Salzgebe. Einen Sonderfall bietet der Sauzgäbu (Blitzingen), dem vor der / l/ -Vokalisierung Salzgäbel zu Grunde liegt. SK hat Salzgeben, LT Salzgäbul, FLNK Salzgäbu. Es scheint, dass Gäbel in Anlehnung an Gäbe verwendet wurde. BENB (1, 2, 2) stellt Gäbel m. inhaltlich zu Gabel; das dürfte für den Namen in Blitzingen kaum zutreffen. Das endungslose Salzgäb n. ist vor allem im unteren Goms und im Bezirk Östlich-Raron vertreten; der Typ Salzgäbi im oberen Goms und der Typ Salzgäba in den unteren Bezirken des Oberwallis; Ergisch hat die dort übliche Endung / u/ für / a/ : Salzgäbu. Die historischen und hochdeutschen Flurnamen enthalten typischerweise ein schliessendes / -n/ . Attributive Adjektive sind im Kleinen Saltzgebb (1706, Mörel), t Ober und t Unner Salzgäba (Unterbäch), ts Mittlescht Salzgäb, ts Oberscht Salzgäb und ts Unnerscht Salzgäb (alle Binn) belegt; das Genus Neutrum meint hier ein Kollektiv. Komplexere Formen sind ab dem Saltzgeb Eggero ‘ vom Salzgeb der Eggeralpe / der Familie Egger ’ (1574, Binn), der Saltzgebboden (1343, Törbel), der Salzgäbchnubel (Mörel, auch LT und FLNK), der Salzgäberwald (Eggerberg), wobei hier auch der FaN Salzgeber gemeint sein kann, die (laut AWWB 239) bis ins 18. Jahrhundert im Wallis bekannt war (aber nach dem F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (3, 1572) noch in Raron (VS) heimatberechtigt ist), und t Salzgäbrufina (Grengiols). Noch komplexer ist t Sauzgäbuwasserleita ‘ die Wasserleitung zum Sauzgäbu ’ (Blitzingen; mit / l/ -Vokalisierung). Gabi Gabi n. ist der Name eines Weilers an der Simplonstrasse zwischen Simplon und Gondo. Es ist als ts Gabi und Zentraala Gabi ‘ die Kraftwerkzentrale (bei) Gabi ’ (beide Simplon-Dorf) belegt. Gestellt wird der Name aber üblicherweise zu lat. CAVEA ‘ Höhlung, Käfig ’ zur Bezeichnung von Örtlichkeiten in Vertiefungen (cf. H UBSCHMIED 1940, 17; BENB 2, 2; REW 1789; FEW 2, 552). Das neutrale Geschlecht ist wohl durch die Endung auf / - I / bedingt, die als Diminutiv verstanden wird. J ORDAN (2006, 160) verzeichnet Gabi, gibt aber als Deutung it. al gabio ‘ in den Felsen, im Gestein ’ oder von den zwei Flüssen, die sich hier ‘ gabeln ’ . Die älteren Gwpp. hätten hierzu auch ts Gschtei verwendet. Er erwähnt daher (S. 195) als Variante zu Gschteinärbrigga auch Gabibrigga. Die Zentraala Gabi ist bei J ORDAN (2006, 182) nur beiläufig als Zentraala unter Nr. 81 Unnärs Chi erwähnt. Gääschi 211 212 <?page no="111"?> Gabla Gabla ‘ Gabel ’ ist zu schwdt. Gable n , mhd. gabel(e) ‘ Gabel ’ , zur Bezeichnung von Verzweigungen von Wegen, Bachläufen, gabelförmig eingeschnittenen Bergpässen oder Doppelgipfeln und wdt. Gabla, Gabblä (Goms), Gafela, Gaabla (Mattertal), Gablu (Saastal), Gabollu, Gablu ‘ Essgabel, Heugabel, Ast (verzweigt), Traggestell ’ (I D . 2, 57 f; B ENB 1, 2, 2; G RICHTING 1998, 84) zu stellen. Das Simplex Gabla kommt nur in di Gabla ‘ die Gabel (Felseinschitt am Dom) ’ (Randa) vor. Abgeleitet sind der Gäbu ‘ der Gäbel, wohl Wegverzweigung bei Bellwald ’ eine vokalisierte / - EL / -Ableitung (dazu I D . 2, 65 ‘ Name eines Rindes mit gegen einander stehenden Hornspitzen oder aufwärts gehenden Hörnern ’ , hier aber wohl auf die Wegverzweigung verweisend), und äm Gäbi ‘ in der kleinen Gabel (Wegverzweigung, Dorfteil von Wiler) ’ ; die Form ist analog zum Achi ‘ kleiner Acker ’ mit Weglassung von / - EL / und angefügtem Suffix / - I / . Unklar ist der historische Beleg Gablenstutz (1772, Oberwald), wohl ein steiler Anstieg bei einer Wegverzweigung. Alle andern Belege enthalten Gabel als Bestimmungswort zu Hoore / Hooru ‘ Horn ’ , also Doppelgipfel in Fieschertal, Eisten, St. Niklaus und Zermatt. Bei letzterem sind Ober, Unter und Mittel vertreten, desgleichen als Grundwörter zusätzlich Gletscher und Joch. Gabletaz Gabletaz ist nur im historischen Beleg die Gabletaz (1540, Feschel) belegt. Die Schreibweise legt einen romanischen Namen im Plural nahe; anlautendes / g-/ deutet auf einen relativ alten Namen, sonst wäre er zu [tsch- / ts-] verschoben. Zu denken ist an eine Ableitung auf / - ITTA / zum öfter belegten CABLO < CATABULU < KATABOLE das niederwerfen (FEW 2, 483 ff., bes. 2. S. 484) hier ‘ Schleif ’ , also ‘ der kleine Schleif ’ . Das Seltsame an dem Beleg ist, dass es sich um einen ältere Form handelt, die jünger als tsablo ‘ Schleif ’ (T AGMANN 1946, 65) belegt ist. Die Form könnte dann nur historisch verstanden werden. Gadron Gadron ist nur einmal belegt: in plan gadron ‘ die ebene Fläche des Gadron (unklar, ev. Planzadrong ‘ die ebene, gerodete Wiese ’ ) / die Ebene des Zadrong (FaN oder PN) ’ (1659, Albinen). Während plan ‘ ebenes Gelände ’ klar ist, kann gadron zu cadre ‘ Rahmen ’ oder dem dazu gehörenden Diminutiv cadret (G PSR 3, 25 ss.) gestellt werden, die beide allerdings nie als Flurnamen erscheinen und vermutlich aus dem Französischen entlehnt wurden. Ein FaN Gadron ist nicht belegt; dennoch wird die Deutung auf einen solchen FaN oder PN bezogen. Gadu Gadu m. ‘ Gaden ’ ist zu schwdt. Gadem, Gaden, wdt. Gade m. ‘ geringes, besonders der Ökonomie dienendes Gebäude, Nebengebäude, Viehstall, Scheune, bes. auf Bergen und Weiden ’ , auch ‘ Heuschober ’ ; ahd. gadum, -am, mhd. gaden, (Pl. gaden und gademer, gadmer) ‘ Haus von nur einem Gemach; Gemach, Kammer; hochgelegener Verschlag; Stockwerk ’ (I D . 2, 114 ff; W ASER 1996, 1, 310; G RICHTING 1998, 84) zu stellen. Während G RICHTING ‘ Wirtschaftgebäude, Stall ’ angibt, kennt R ÜBEL (1950, 37) Gade als ‘ Stall ’ nur für das obere Goms, notiert aber in der Fn. 37 Gade m., Gädi n. ‘ Stall ’ für das ganze Goms und Gädi n. als pejorativen Ausdruck in Visp und Umgebung, ähnlich V. S CHMID (2003, 99). Das stimmt mit der Verteilung der Namen überein: von den rund 160 Belegen mit Gadu sind rund 100 für das Goms belegt und rund 30 im Bezirk Visp. Auf der andern Seite ist der Bezirk Leuk mit nur zwei Belegen Gadu (Oberems) vertreten, die erst noch sehr atypisch als Wasserleitungen bezeichnet werden. Formal sind Singulare vom Typ Gade / Gado / Gadu und der schriftsprachlichen Form Gaden vertreten, während die Plurale meist ein -maufweisen wie Gadme / Gadmu, mit Assimilation Gabme, dazu ein zweimal belegtes Gädmere (Dat. Pl.) (Niederwald, Steinhaus). Der Typ Gädi n., Pl. Gädini kommt nur im Bezirk Visp vor. Im Goms und Östlich-Raron ist ein Diminutiv Gädumji n. mit mehreren historischen Varianten bezeugt. Simplizia sind selten, als Gade n. (Ulrichen) und beÿm Gaden (1817, Binn), Gaden (1531, Münster) und Gadu (Oberems, St. Niklaus) für den Singular belegt, va Gabme (Selkingen), ze Gabme (Blitzingen), di Gadme (Zermatt) und weitere Belege für den Plural; auffällig ist hier der Plural zen Gedmaren (1546, Lax). Diminutive wie Gädemji (Greich), des Gädemjesch-Weng ‘ die Grasabhänge beim kleinen Gaden ’ (1840, Selkingen), bÿm Gedemgÿ (1650, Biel), zúm Gedimgy (1699, Betten), zum Gedumgi (1696, Grengiols) sind fast nur historisch belegt; Plurale wie ze dien Gedemlynon ‘ bei den kleinen Gaden ’ (1306, Törbel) und zún Gademlin (1643, Selkingen) sind nur historisch belegt und zeigen im Fall von Törbel, dass die Geltung von Gadem wohl weiter reichte als heute. Einige attributive Adjektive mit dem HL Gade sind: der Alt Gade (Greich), beÿm Alten Gaden (1849, Bellwald), t Altu Gadme (Ried-Brig), zu Drii Gädinu ‘ bei den drei Gaden ’ (St. Niklaus), Hoongabm ‘ die hohen Gaden ’ (Blatten), zum Mittlen Gadmen ‘ beim mittleren Gaden ’ (1503, Niederwald), zem Nidren Gaden ‘ beim niederen (unteren) Gaden ’ (1531, Binn) und weitere, bim Niwwe Gade ‘ beim neuen Gaden ’ (Steinhaus) und weitere, Obergabme ‘ die oberen Gaden ’ (Ulrichen), der Ober Gade (Ulrichen) und weitere, bim Oberschte Gade ‘ beim obersten Gaden ’ (Ulrichen), t Obre Gadme ‘ die oberen Gaden ’ (Ernen), 213 214 Gadu <?page no="112"?> bim Unnerschte Gade ‘ beim untersten Gaden ’ (Ulrichen), t Unnre Gadme ‘ die unteren Gaden ’ (Ernen) und ts Zweigädine ‘ bei den zwei kleinen Gaden ’ (Ernen). Eine besondere Präposition weisen auf: vnterm Gaden ‘ unter dem Gaden ’ (1761, Fiesch) und zwÿschen Gadmen ‘ zwischen den Gaden ’ (1500, Fiesch). Mit Partizipia sind belegt bim Brochne Gade ‘ beim gebrochenen (zerstörten) Gaden ’ (Ritzingen) und das unklare z Fallen Gaden ‘ beim verfallenen Gaden (? ) ’ (1549, Niederwald). Sehr zahlreich sind Belege mit dem Grundwort Gade und einem vorangestellten schwachen oder starken Genitiv eines PN oder FaN, wobei nicht alle Fälle sicher sind. ts Ägersch Gade ‘ der Gaden der Familie Äger ’ (Ritzingen), z Ammensgaden ‘ der Gaden des Ammans (hier wohl Funktion) ’ (1592, Ritzingen), ts Angesegädi ‘ der kleine Gaden der Agnes / der Familie Angese ’ (Ernen), ts Brunnuniggisch Gädi ‘ der kleine Gaden des Nikolaus Brunner ’ (Randa), Choligu Gado ‘ der Gaden des Koller / der Familie Koller ’ (mit / - IG / -Kollektiv) (Eggerberg), ts Eppisch Gädi ‘ der kleine Gaden des Eppi / der Familie Eppi ’ (Randa) und viele andere, die unter dem HL des Namens verzeichnet sind. Bei den eigentlichen Komposita sind die Namen von Tieren, die im Stall untergebracht waren, sehr selten vertreten: Chalbergädi ‘ der kleine Gaden für die Kälber ’ (Zermatt), der Geissigade ‘ der Gaden für die Ziegen ’ (Greich), zer Gey`zso Gadme ‘ beim Gaden für die Ziegen ’ (1331, Mörel; mit einem formalen Genitiv) und ts Rossgädi ‘ der kleine Gaden für die Pferde ’ (Randa). Häufig sind lokale Kontextangaben, welche die Lage eines Gadens näher bestimmen; sie können als eigentliche Komposita oder mit vorangestelltem Genitiv erscheinen, wie ts Bäärgisch Gädi ‘ der kleine Gaden der Alpe Bärgji ’ (Randa), der Bordgade ‘ der Gaden beim Bord (Abhang, Böschung) ’ (Greich), ts Brunnugädi ‘ der kleine Gaden bei den Quellen / Brunnen ’ (Randa), Fleschegade ‘ der Gaden im Flesch (Wasserstelle) ’ (Fiesch), Hautegade ‘ der Gaden bei der Halde ’ (Selkingen; mit / l/ -Vokalisierung), beim Lehn Gaden ‘ beim Gaden, der sich im Gebiet Lehn befindet ’ (1701, Fieschertal), t Löwwigadme ‘ die Gaden beim Rutschgebiet ’ (Reckingen) und viele andere. Komplexere Fälle sind etwa t Obere Löuegabme ‘ die oberen Gaden beim Rutschgebiet ’ (Reckingen), der Santiglaisgade ‘ der Gaden beim St. Nikolaus (unklar) ’ (Ulrichen), bim Unnere Rigggade ‘ beim unteren Gaden im Gebiet Rigg (Rücken) ’ (Reckingen). Schwierig zu deuten ist der Beleg an den Treÿen Niv Gedmero (1540, Embd), vermutlich zu verstehen als ‘ an den Treien (Viehweglein) bei den neuen Gaden ’ . Eine eigene Kategorie bilden die Jahreszeitangaben: Summergädi ‘ der kleine Gaden für den Sommer ’ (Zermatt) und t Wintergadme ‘ die Gaden für den Winter ’ (St. Niklaus), ts Wintergadmu ‘ bei den Gaden für den Winter ’ (Embd). Mehrfach belegt ist auch der Typ Steigade ‘ der Gaden aus Stein ’ in Blitzingen, Naters, Oberwald und Ulrichen für Ställe aus Stein, während normalerweise eher Holz verwendet wurde. Manche Komposita bieten Deutungsprobleme, so etwa ts Schilfgädi ‘ der kleinen Gaden beim Schilf ’ (St. Niklaus), wo unklar ist, ob es sich hier einfach um einen Schilfbestand handelte oder eine Gegend namens Schilf gemeint ist, der Schlettergade (1436, Bellwald; 1568, Ernen; 1777 Niederwald), wo unklar ist, was Schletter (cf. HL S CHLATT ) sein soll: ein Pflanze oder etwas Verlottertes? Beide Deutungen sind möglich. ts Teerbjergädi ‘ der kleine Gaden der Leute von Törbel ’ (Binn) gibt nur dann einen Sinn, wenn irgendwelche Leute aus dem weit entfernten Törbel im Binntal einen Gaden besassen - wir haben jedoch keine diesbezüglichen Informationen. Schwierig ist auch das zwei Mal belegte ts Magadi (Geschinen; SK Magadin, LT Magady), im Magadin (1721, Münster; spätere Formen: 1749 Im Agadin, 1775 ob dem Magendÿ). Ob die Trennung in Mah / Mad- ‘ Mähwiese ’ und Gadi ‘ kleiner Gaden ’ dem Namen gerecht wird, bleibt unklar. Kaum in Frage kommt der Stamm ahd. magad ‘ Mädchen, Magd ’ . Als Bestimmungswort kommt das HL G ADU in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern vor: Balma, Biel, Flüö, Moos, Rüüs, Statt, Stutz und Wald. Komplexere Fälle sind etwa ts Meiersch Gade unnerm Wäg ‘ der Gaden des Meier (wohl Funktionsbezeichnung) unter dem Weg ’ (Mühlebach) ’ , ts Baläggschgadewasser ‘ das Wasser für den Gaden des Balägg (PN) / Balet (PN) ’ (Blitzingen). Gafene Gafene f. ist ein romanisches Lehnwort zu lat. CAPANNA ‘ Hütte ’ (FEW 2, 244; M EYER 1914, 161 s. v. capannas), dessen / f/ auf das stimmhafte / v/ zurückgeht; der Anlaut ist vor der Verschiebung von / k/ zu / ts/ übernommen worden. Der FaN Zengaffinen wird lat. als de Cabanis ‘ bei den Hütten ’ wiedergegeben (AWWB 49), was die Deutung bestätigt. Das Simplex ist belegt als di Gafene ‘ die Hütten ’ (St. Niklaus), ts Gafene ‘ bei den Hütten ’ (Obergesteln), dy Gaffyna ‘ die Hütte ’ (1477, Stalden), di Gafina ‘ die Hütte ’ (Staldenried), di Gafine ‘ die Hütten ’ (Visperterminen), di Gafine ‘ die Hütten ’ (Unterbäch), zen Gauenon ‘ bei den Hütten ’ (1345, Unterems), zer Gaffanun ‘ bei der Hütte ’ (1435, Zermatt). Die ältesten Belege sind 1304 gafanam (Stalden), 1304 gafannam meam (Grächen), beide mit der Bedeutung ‘ Hütte ’ , wobei der zweite Beleg auch lateinisch gemeint sein kann. Gafene 215 216 <?page no="113"?> Als Bestimmungswort wird das HL meist gekürzt zu Gafe, Gafen oder Gaffi. In zweigliedrigen Komposita sind folgende Grundwörter erwähnt: Acher, Bach, Biel, Haalta, Matta, Tiri, Wäg und Wald. Das ganze HL erscheint in ts Gafinuwägji ‘ der kleine Weg von / zu der Hütte (Gafina) ’ (Staldenried). Komplexer ist der Gafenmattuwald ‘ der Wald bei der Wiese beim Gafenbach ’ (Kippel). Ein Adjektiv auf / - ER / , das auch ein alter Genitiv Plural sein kann, ist belegt in aussm Gaffener Wald ‘ aus dem Wald der Familie Zengaffinen ’ (1716, Ulrichen, mit Varianten Gaffiner und Caffener). In Ulrichen ist das HL G AFENE sonst nicht belegt. Gaff Gaff kommt einmal als Bestimmungswort in di Gaffegga ‘ die Ausblicks-Ecke ’ (Wiler) vor. Es ist zu schwdt. und wdt. gaffe, gaffä (Goms, Lötschental), gaffu ‘ gaffen, herumschauen ’ (G RICHTING 1998, 84; I D . 2, 127 in Bedeutung 2) zu stellen. Der zweite Beleg ist das Grundwort Gäff in der Habergäff (Gampel). Beschrieben wird der Ort als ‘ spitzer Fels ’ ; Gäff wird von I D . (2, 127) als Ableitung zu gaffe n ‘ gaffen ’ betrachtet; hier könnte es sich um eine Bildung ‘ von wo aus man den Hafer sieht ’ handeln. Gafner (FaN) Gafner (FaN) ist nur in di Gafnerschmatte ‘ die Wiese der Familie Gafner ’ (Turtmann, auch LT; FLNK Gafnermattu) belegt. Laut Gwp. kam der FaN Gafner früher in Turtmann vor. Er ist unter de Cabanis, Zengaffinen, de Chabanis, Gafiner ( ‘ von den Hütten ’ ) in AWWB (49) belegt. Der FaN erscheint in mehreren Schreibweisen, teilweise bei den gleichen Individuen, und ist seit dem 14. Jahrhundert im Bezirk Leuk belegt. Die Wiese liegt heute im Gebiet des ehemaligen Flugplatzes. Gaillard (FaN) Gaillard (FaN) ist der FaN Gaillard, Gaillardi, Gaillardy, Familie aus Orsières, seit 1395 bekannt (AWWB 102). Belegt ist der Gaiarlärch ‘ die Lärche des Försters Elie Gaillard ’ (Ried-Brig). E LIE G AILLARD (1906 - 1964) war zuletzt Kantonsförster (1962 - 1964) des Kantons Wallis (Daten nach der kurzen Todesnachricht im Nouvelliste du Rhone vom 31. Mai 1964, S. 23). Die Burgerschaft von Ganter benannte den Gaiarlärch am 2. Oktober 1961 nach dem damaligen eidgenössischen stellvertretenden Forstinspektor, wie die Zeitung Confédéré in ihrer Ausgabe vom 4. Oktober 1961 (Nr. 116, S. 2) berichtete (Dank an Kantonsarchivar A LAIN D UBOIS für diese Informationen). Gälach Gälach m. / n. ist in Visperterminen als im Gälach belegt. Die historischen Belege haben 1310 zem Gelleke (sonst nicht belegt), 1587 zum Gelloch, 1604 zum Gelloch, 1619 zum Gelach. G R W B (5, 2841 s. v. Gelache) sieht darin ein Grenzzeichen an einem Grenzbaum oder ein so abgegrenztes Waldstück. Das Wort lässt sich zu schwdt. L ā ch ‘ Einschnitt, Grenzstein ’ (I D . 3, 398 ff. mit weiteren Bedeutungsangaben) stellen. Neben dem Simplex sind belegt: die Gälacheri ‘ die Wasserleitung zum Gälach ’ und historisch die Gelloch Wasserleÿtten ‘ die Wasserleitung zum Gälach ’ (1587 u. später, Visperterminen). Die Betonung der Erstsilbe in ‘ Gälacheri stellt die angegebene Herleitung in Frage, da ein Präfix [ge-/ gi-] normalerweise unbetont ist. Eine Alternative wäre das substantivierte Adjektiv gël w -acht ‘ gelblich ’ (I D . 2, 294), das aber nur schlecht zu den historischen Belegen passt. Die Deutung bleibt deswegen unklar. Galachtru Galachtru f. ist laut T AGMANN (1946, 7 f.) zu lat. * CALASTRA ‘ Schleuse, Rückhaltebecken ’ zu stellen, woraus in den frpr. Patois der Gegend Galachtru wurde; die Entwicklung von / st/ zu / xt/ ist gut bezeugt. Galachtru ist in Inden (FLNK) belegt; in Salgesch ist ca. 1880 von Pachjen Galachtren die Rede. Pachje ist Weideland (M ATHIER 2015, 88; cf. HL P ACHJE ), gemeint ist also wohl das Weideland bei der Galachtru. Gälb Gälb ist als attributives Adjektiv zu schwdt. gälw, gälb, mhd. gël, gëlwes ‘ gelb ’ und wdt. gälb, gäww (Goms), gälu (Vispertäler), gälw ‘ gelb ’ (I D . 2, 291; BENB 1, 2, 8; URNB 1, 1279; G RICHTING 1998, 84) zu stellen. Die Form gäww gilt nur für das / l/ -vokalisierende untere Goms. Belegt sind di Gälbu Achra ‘ die gelben Äcker ’ (Filet), Gälbe Totz ‘ der gelbe (Fels-)Block ’ (FLNK, Salgesch, im Pfynwald); LT Gelber Totz) (M ATHIER 2015, 136 kennt ihn als Gälbe Totz) und ein zweiter Beleg Gälbe Totz ‘ der gelbe (Fels-)Block (FLNK, bei M ATHIER 2015 nicht erfasst) ’ (Salgesch, bei den Rysche), di Gälu Heeji ‘ die gelbe Höhe ’ (Glis), ts Gälu Höit ‘ das gelbe Haupt (gelblicher Felskopf) ’ (Oberems), der Gälw Dräck ‘ der fahlgelbe Dreck (herausgespülte Lehmerde) ’ (Leuk), di Gälwu Bänner ‘ die fahlgelben (Fels-)Bänder ’ (Leuk), in der Gelún Schlüocht ‘ in der gelben Geländeeinbuchtung ’ (1708, Visperterminen). Als Kompositum notiert ist der Gäluschleif ‘ der gelbe Schleif ’ (Glis). Gwp. sagt, dass sich hier gelber Tuffstein befinde. 217 218 Gälb <?page no="114"?> Gale Gale m. ist zu schwdt. Gale n m. ‘ begraster Bergrücken zwischen zwei Taleinschnitten oberhalb der Waldregion; darauf liegende Alpen ’ , Galm ‘ Gipfel, Rücken eines Berges, bes. zulaufender ’ (I D . 2, 203, 233), beides zu kelt. *kalmis ‘ Bergweide ’ (RN 2, 64; BENB 2, 10; URNB 1, 1192) zu stellen; bei G RICHTING (1998) fehlt der Name. Das auslautende / m/ in Galm wird meist getilgt, nur selten erscheint Galum (1683, Erschmatt) (vgl. aber HL G ALM ). Bei Ableitungen wie ts Gälumji (Simplon) wird das / m/ wieder gesetzt, aber nicht in allen Fällen. Im Gebiet mit / l/ -Vokalisierung ist Gaumi neben Galmi zu finden (z. B. Bellwald). Das HL kommt in etwa 160 Namen vor. Einige Belege Gälmer (Obergesteln, Ulrichen) gehören wohl zum Pflanzennamen (Weisser) Germer (V ERATRUM ALBUM ) (cf. HL G ÄRWERRA ). Das Simplex im Singular tritt als der Galan (1557, Naters), der Gale (Binn und weitere acht Gemeinden, vor allem im Goms), aúff dem Galen (1675, Biel), auff dem Galen (1675 u. später, Ritzingen), vffem Galen (1607/ 08 u. später, Mühlebach), der Galun (1550 u. später, Oberwald), Galm (Grengiols, SK; Guttet; 1535 u. später, Feschel), Galn (Blatten), der Galo (Baltschieder, Eisten, Glis, Naters, Visperterminen), vffem Galo (1508 u. später, Termen), der Galu (Raron, Saas.Almagell, Saas-Balen, Saas- Fee, St. Niklaus, Simplon, Visperterminen, Zwischbergen), Galum (1683 u. später, Erschmatt) auf. Das Simplex im Plural ist kaum belegt: di Galma (Gampel, 1424 am Galen), die Galma (1393, Termen; 1449, Zermatt), in den Galmen (1469, Mund), Galmen (Saas-Almagell, LT). Der Diminutiv weist im Singular folgende Formen auf: ts Gälemji ‘ der kleine Galen ’ (Glis), ts Gali ‘ der kleine Galen ’ (Zwischbergen), ts Gäli ‘ der kleine Galen ’ (Ulrichen), üfem Gäli ‘ auf dem kleinen Galen ’ (Obergesteln), ts Gälumji ‘ der kleine Galen ’ (Ried-Brig, Simplon). Die Typen Galmi und Gaumi sind nicht als Simplizia belegt; sie kommen nur als Bestimmungswörter vor. Der Plural ist belegt als Gälemjini ‘ die kleinen Galen ’ (Biel), t Gälemjini ‘ die kleinen Galen (Reckingen), t Gälmjini (Biel, Niedergesteln). Mit dem Präfix Firfinden sich zwei Belege: der Firgale ‘ der vordere Teil des Galen (begraster Bergrücken) ’ (Binn, Niederwald). Attributive Adjektive zum HL G ALE finden sich wie folgt: t Foodrun und t Indrun Gälumjini ‘ die vorderen und die inneren kleinen Galen (begraste Bergrücken) ’ (Niedergesteln), au ᵕ f den Gemeinen Galen ‘ auf den Galen (begraster Bergrücken), der der Gemeinde gehört ’ (1462 u. später, Ulrichen), ts Ober Gali ‘ der obere Teil des kleinen Galen ’ (Binn), der Ober und der Unner Galu ‘ der obere und der untere Galen (begraster Bergrücken) ’ (Täsch), im Obru Galum ‘ im oberen Teil des Galen (begraster Bergrücken) ’ (Guttet), dr Rot Galln ‘ der rote Galen (begraster Bergrücken) ’ (Blatten), der Still Gale ‘ der windstille begraste Bergrücken ’ (Ulrichen). Die im Folgenden vorangestellten Genitive gelten heute auch als Adjektive: Ärnergale ‘ der Galen (begraster Begrücken), der sich oberhalb Ernen befindet ’ (LT u. SK, Ernen), Binnergale ‘ der Galen (begraster Bergrücken), der zu Binn gehört ’ (LT u. FLNK, Binn), der Geschenergale ‘ der begraster Bergrücken von Geschinen ’ (Geschinen), Gestler Galen ‘ der Galen (begraster Bergrücken) oberhalb Obergesteln (nur auf SK) ’ (Obergesteln), Üerlichergale ‘ der Galen (begraster Bergrücken), der zu Ulrichen gehört ’ (LT, FLNK, Üerlicher Gale; SK Ulricher Galen). Einen anderen Typ stellt ts Heejischgaln ‘ der Galen (begraster Bergrücken) bei der Heeju Fluä (hohe Fluh) ’ (Blatten). Als Grundwort kommt das HL G ALE in zweigliedrigen Komposita nur selten vor: ts Chleingali ‘ der kleine Galen (begraster Bergrücken) ’ (Visperterminen), der Schaafgale ‘ der Galen (begraster Bergrücken) für die Schafe ’ (Binn), ts Schaafgälemji ‘ der kleinen Galen (begraster Bergrücken) für die Schafe ’ (Glis), Schilfgalen ‘ der Schilfgalen (SK; LT, FLNK und M. S. haben Schilfgädi ‘ der kleine Stall im Schilf ’ ) ’ (St. Niklaus), der Sickeregale ‘ der Galen (begraster Bergrücken) bei der Alpe Sick ’ (Grengiols; formal ein Genitiv einer Ableitung auf / er/ ) und der Sälfgalu ‘ der Sälfgalen (LT Säldgalu) (begraster Berghang mit Salbei? ) ’ (St. Niklaus). Als Bestimmungswort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern vor: Acher, Alpa, Bäärg, Blatta, Bodu, Bord, Brunnu, Chella, Chriz, Egg(a), Färich, Gand, Gletscher, Graat, Hooru, Hitta, Joch, Licka, Matta, Pass, Sattel, Schluocht, Schniida, See, Sita, Stafel, Stei, Stock, Stutz, Tal, Tiri, Wald und Wang. Komplexere Bildungen sind der Galebrunnestafu ‘ der Alpstafel beim Galebrunne (Quelle / Brunnen auf dem Galen) ’ (Ritzingen), Galebrunnewäg ‘ der Weg zur Alp Galebrunne (Quelle / Brunnen auf dem Galen) ’ (Biel), Galmihorehitte ‘ die Galmihornhütte (Skiclub Münster, unterhalb des Galmihorns) ’ (FLNK, Münster; LT Galmihornhütte), ts Hinner Galmihore (Reckingen), ts Hinner Gaumihore ‘ das hintere Galmihorn ’ (Bellwald), das auf LT Hint. Galmihorn heisst, und andere. Eine Ableitung auf / - ER / (S ONDEREGGER 1958, 541 ff.) als Stellenbezeichnung liegt wohl in der Gellmer ‘ das Gebiet mit den kleinen Grasrücken (unsicher, ob zu Galm) ’ (Staldenried) und im bernischen Gelmer (BENB 1, 2, 10 s. v. Gälmer) vor, das in t Hinnere Gälmerheerner ‘ die hinteren Gälmerhörner ’ (Oberwald) vorkommt. Andere Gälmer-Belege (Obergesteln, Ulrichen) beziehen sich auf die Pflanze (Weisser) Germer (V ERATRUM ( ALBUM ) etc., L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1262) (cf. HL G ÄRWERRA ). Gale 219 220 <?page no="115"?> Galengg Galengg f. ist nur in di Galengg (Leukerbad, LT u. FLNK Galäng) belegt. R. G RICHTING (1993, Blatt 12, Nummer 16) kennt das HL im Kompositum Galängschlüüchu, sowie unter Nr. 15 vodri Galäng, unter Nr. 17 grossi Galäng und unter Nr. 18 chleyni Galäng. Zwar nennt FEW (17, 473 s. v. WALA ‘ gut ’ ) eine Reihe von einschlägigen Wörtern, z. B. galin ‘ galant ’ , und G PSR (3, 40 s. v. câlin) kennt ein entsprechendes Adjektiv (mit Verweis auf FEW 2, 92 f.), aber keines davon kann sinnvollerweise als Flurname verwendet werden. Der Name bleibt so ungedeutet. Galerii Galerii f., mit Endbetonung, ist zu hdt. Galerie (G R W B 4, 1163 ff.) und wdt. Galerii f. ‘ Laufgang, Ausstellungsraum ’ (G RICHTING 1998, 84) zu stellen. G R W B und G RICHTING kennen das HL nicht für ‘ Halbtunnel an einem Berghang mit fensterartigen Öffnungen an einer Seite ’ (A MMON ET AL ., 2016, 260). BENB (1, 2, 7) kennt nur einen Beleg für einen in die Felsen gesprengten Höhlenweg, URNB (1, 1193) hat zwei Belege, einen davon militärisch. Die Belege lassen sich in drei Kategorien aufteilen: die Galerien (Tunnels und Halbtunnels) der Simplonstrasse (gegen den Schnee), die Galerien (Tunnels und Halbtunnels) der Lötschbergbahn (BLS) und vereinzelt eine Galerie der heutigen Matterhorn-Gotthard-Bahn bei Embd. Zur Simplonstrasse gehören t Alt Galerii ‘ die alte Galerie ’ (Simplon), t Joseffgalerii ‘ die Galerie (Tunnel) mit der Statue des Heiligen Josef ’ (Simplon), t Kaschtulgalerii ‘ die Galerie (Tunnel) beim Chaschtulti (Gebiet, das wie eine Burg aussieht) ’ (Simplon), t Wintergalerii ‘ die Wintergalerie (Strassentunnel, der nur im Winter befahren wurde) ’ (Simplon), t Wassergalerii ‘ die Galerie (Strassentunnel mit Öffnungen) unterhalb des Gebietes Chaalt Wasser ’ (Ried-Brig). J ORDAN (2006, 18) kennt Joosefgalärii, Fiischtärgalärii, (167) Chaschtulgalärii, Galäriischtäg (fehlt bei VSNB). Die Galerien entlang der Simplonstrasse sind seit 1970 mehrfach verändert worden, sodass die alten Namen nicht mehr in jedem Fall gelten. Die Tunnels und Halbtunnels der Lötschbergbahn sind wie folgt vertreten: Schluichgrabengalerie ‘ die Galerie (Tunnel) beim schluchtartigen Graben ’ (LT, Ferden), Blattgalerie ‘ die Galerie (Tunnel mit fensterartigen Öffnungen) im Gebiet Blatt (Felsplatten, Kollektiv) ’ (Steg, LT und FLNK), Bubichopfgalerie ‘ die Galerie (Tunnel mit fensterartigen Öffnungen) im Gebiet Bubichopf (unklar) ’ (Steg, LT und FLNK), Rotloiwigalerie ‘ die (Tunnel)Galerie unterhalb des roten Lawinenzuges ’ (LT, Steg; FLNK Rot Löiwigalerie), Schintigalerie ‘ die Galerie (Tunnel) der Lötschbergbahn bei der Schinti ’ (LT und FLNK, Steg), Stockgalerie ‘ die Eisenbahngalerie (Tunnel) unterhalb des Stock (Alpe, bestocktes Gebiet) ’ (LT und FLNK, Steg). Nur einmal belegt ist Galerie ‘ die (frühere) Galerie (Tunnel) der Matterhorn-Gotthard-Bahn (frühere Visp- Zermatt-Bahn) ’ (FLNK, Embd). Galfra Galfra f. ist der Name einer Alpe auf dem Gebiet der Laxeralp, mit / l/ -Vokalisierung Gaufra. Neben dem Simplex sind auch t Ober und t Unner Gaufra (Lax) belegt. Weiter oben befindet sich ts Gauferbord (Lax), das auf SK als Galvernbord (Betten zugeordnet) erscheint. Die Karte 1: 10000 hat Galfera und Galferbort. Die Endung / - ERA / (S ONDEREGGER 1958, 471 f.) deutet auf eine Ableitung von Galf hin, das seinerseits auf ein keltische Wurzel vom Typ galba ‘ fett, dick ’ (D ELAMARRE 2008, 174) hinweist; also ‘ die fette (fruchtbare) Alpe ’ . Diese Deutung ist allerdings sehr spekulativ, da keine historischen Belege vorliegen. Galge Galge m. ‘ der Galgen ’ ist zu schwdt. Galge(n), ahd. galgo, galga, mhd. galge ‘ Galgen ’ zu stellen und bezeichnet in FlNN in der Regel Orte, wo sich früher eine Richtstätte befand (I D . 2, 230 f.; BENB 2, 8; URNB 1, 1193; kein Eintrag bei G RICHTING 1998) oder allgemeiner ‘ Gestell, woran etwas aufgehängt werden kann ’ (B RUCKNER 1945, 156). Das Simplex Galge oder Galgu ist in Ernen, Obergesteln, Oberwald, Simplon, St. Niklaus und Visp belegt. Am klarsten ist der Galgen von Ernen, wo noch die Originalsäulen des Galgens erhalten sind. In Ernen wird der Hügel mit dem Galgen der Gaugehubu genannt und der Weg dorthin Gaugewäg. Zu Visp gibt es eine Erwähnung von I. M ENGIS -I MHASLY (2005, 110 f.), dass die Kindsmörderin G ULI -B ABI 1824 auf dem Martiniplatz gehängt worden sei (Dank an P H . K ALBERMATTER , p. c.). In Zermatt gibt es di Galgegga, heute überbaut, wo früher ein Galgen gestanden haben soll. In Leuk gibt es ts Galguwaldji ‘ der kleine Wald beim Galgen ’ , wo früher der Galgen des Zendens Leuk stand. Ob der Galguhubol ‘ der Hügel mit dem Galgen ’ (Eggerberg, beim Weiler Finnu) tatsächlich einmal als Richtstätte diente, ist unbekannt. Ganz unsicher ist das auf über 2200 m gelegene Galgestääfelti ‘ der kleine Stafel mit einem Galgen ’ (Ulrichen), wo unklar ist, ob sich Galge auf einen Fels oder ein Werkzeug bezieht. Unsicher ist auch Galgilicka ‘ die Lücke (Fusspass) beim Galgi ’ (Zwischbergen), zu der es alternativ di Galilicka ‘ die Lücke (Fusspass) oberhalb des Gali (kleiner begraster Bergrücken) beim Galihoru ’ (Zwischbergen) gibt; Galgi dürfte hier ein Diminutiv zu Gale ‘ begraster Bergrücken ’ sein (cf. HL G ALE ). Unklar ist die Bildung der Galginär (Wiler), der als „ Pfad in Felsen, Grasfläche “ beschrieben wird. Der Name kann sich kaum auf Galge beziehen; eine Deutung würde 221 222 Galge <?page no="116"?> ein Kompositum aus galt + chin + er geben ‘ ein Ort, der wegen eines Kinns (Schlucht) keine Milch gibt, unfruchtbar ist ’ . Diese Deutung ist sehr unsicher (cf. HL G AALT ). Galicio Galicio ist nur 1355 in Albinen als ou galicio belegt. Es handelt sich wohl um frz. calice ‘ Kelch ’ (G PSR 3, 46), das in den patois älter als galiso oder gallicho erscheint. Laut G PSR (l. c.) handelt es sich um eine Entlehnung aus dem Lateinischen (FEW 2, 94 f. s. v. CALIX kelch). Das Motiv für den Namen ist metaphorisch; das Gelände gleicht einem Kelch (cf. HL C HELCH ). Gall Gall ist ein unklares HL, das zu schwdt. Galle n f. zu stellen ist (I D . 2, 204) und in Stalden wohl die Bedeutung 4.a) ‘ Niere im Mineralreiche, eine in einen Felsen eingesprengte, fremde, harte Steinart ’ oder etwas Ähnliches bezeichnet. I D . ist sich über die Herkunft des HL nicht sicher. Belegt ist das HL nur in Stalden als der Ober und der Unner Galgstei ‘ der Obere und der Untere Galgenstein / Gallstein ’ , sowie der Gallgsteischleif ‘ der Schleif beim Galgstei (Galgenstein? ) ’ . Seltsam ist, dass der Name das Genus Maskulin hat, was nicht zu Gschtei ‘ Gestein ’ passen würde. Offenbar nehmen einige an, dass der Name Galg-Stei heissen würde, also einen Galgen meine. Soweit belegt, ist ein Galgen in Stalden nicht erkennbar; darum sind die drei Flurnamen dem HL G ALL zugewiesen, das eine der Gwpp. auch als Gallstei erwähnt. Weitere Belege sind unter den HLL G ALE oder G ALM erwähnt. Galländ Galländ ist ein Partizip Präsens, das im I D . als gëllend ‘ steil, jäh ’ (I D . 2, 209) und bei G RICHTING (1998, 85) als wdt. gellend, gelländ (Goms), gällund (Saastal), galländ (Lötschtal), gellund ‘ blank und hart ’ verzeichnet ist; diese letztere Deutung scheint auf das Nomen Iisch ( ‘ Eis ’ ) bezogen. Belegt sind: cer gallendun Flue ‘ bei der jähen, steilen Fluh ’ (1252, Törbel), gellendor Flue ‘ die jähe, steile Fluh) (1245 u. später, Stalden) und ts galländ Loch ‘ das jähe, steile Loch ’ (Wiler). Weiterführend cf. HL G ÄLLI . Gälli Gälli ‘ Steilheit ’ und gäli ‘ steil ’ sind belegt in Gällitola ‘ Mulde beim steilen Hang ’ und Gälliwang ‘ Grasabhang beim steilen Hang ’ (beide Grächen), in Gälischegga (Simplon) (LT, FLNK Gäli Egga), sowie in den historischen Belegen gellendor Flue (1245, Stalden), resp. cer guellendun Flue ‘ bei der jähen, steilen Fluh ’ (Stalden, 13. Jh.) und cer gallendun Flue ‘ bei der jähen, steilen Fluh ’ (1252, Törbel). Zu Grunde liegt den Belegen das Adjektiv oder Partizip gëllig, gälig (I D . 2, 209 f.), resp. gëllend, in der Bedeutung ‘ jäh, steil ’ (cf. HL G ALLÄND ). Beide sind abgeleitet vom Verb gelle n (I D . 2, 207) ‘ durchdringend rufen, schreien ’ , das als Adjektiv oder Partizip auch einfach ‘ hell, grell ’ oder - von Felsen und Abhängen - ‘ steil, jäh ’ bedeuten kann. Bei der Gälischegga ist der lebende Beleg als / - ISCH / -Ableitung konstruiert, nicht jedoch bei LT und FLNK, wo ein Adjektiv gäl angenommen wird; hier könnte der Gedanke an das Farbwort GÄLW ‘ gelb ’ mitspielen (cf. HL G ÄLB ). Gallina Gallina kommt in zwei sehr verschiedenen Namen vor. der Pizo Gallina (Oberwald) ist ein Grenzgipfel zum Tessin (LT Pizzo Gallina, FLNK Pizzo Gallina, Piz Gallino) (vgl. P ETRINI 1993, 101 s. v. gallina). Das HL ist zu lat. GALLINA , it. gallina ‘ Henne ’ , meist zur Bezeichnung einer wild lebenden Hühnerart (Birkhenne, Auerhenne, kaum jedoch das Schneehuhn; cf. RN 2, 159; REW 3661, FEW 4, 38) zu stellen. Der zweite Beleg ist unklar: LT hat Gallenalp, SK Gaden A(lp) (beide Saas-Fee). Vermutlich sind diese Benennungen zum höher gelegenen Galu ‘ begraster Bergrücken ’ zu stellen (cf. HL G ALE ). Galm Galm lässt sich zu Galm ‘ Gipfel, Rücken eines Berges ’ (I D . 2, 233) stellen. Alternativ kommt Gale n (I D . 2, 203) in Frage (vgl. HL G ALE ). Das HL kommt nur als Bestimmungswort vor und zwar als auff der Gallf ŭ ren ‘ auf der Furche auf dem Galen (begraster Gipfel) ’ (1683, Martisberg), und dem Typ Galläger ‘ die Lagerstätte für das Vieh auf der Alpe Galn (begraster Bergabhang) ’ (FLNK, Blatten; SK Galleger) mit den attributiven Adjektiven Obruscht, Mittluscht und Undruscht Galläger (Blatten) und ts Ober und ts Unner Galläger ‘ die obere und die untere Lagerstätte des Viehs beim Galm (begraster Bergrücken) ’ (Naters). Vermutlich ist es zu Gale zu stellen (cf. HL G ALE ). Galopyn Galopyn ist nur 1361 in Leukerbad als ou Galopyn ‘ beim Galopyn ’ belegt. G PSR (7, 70) kennt den Ausdruck Galopin, der bei P IERREHUMBERT als Galåpin ‘ ungehobelter Bursche ’ erscheint. Diese Deutung erscheint als sehr unwahrscheinlich. Das Dokument besagt, dass es sich um ein Stück Land mit einer Scheuer handelt, das beim Galopyn liege. Eine Deutung ist nicht möglich. Gämi Gämi n. ist nur in Greich als ts Gämi ‘ die kleine Hütte (unsicher) ’ belegt. BENB (1, 2, 13 s. v. Gammen) vermutet ein alpines Reliktwort mit der Bedeutung ‘ Erdhütte ’ , das Galicio 223 224 <?page no="117"?> auch in schwdt. Gämmeli n. ‘ kleine Scheune oder Hütte auf den Weiden der Niederungen, worin etwas Stroh und das Vieh untergebracht wird ’ (Appenzell), ‘ Vorstall bei den Alphütten ’ (Berner Oberland) (I D . 2, 299) belegt ist. Die Vereinfachung der Geminate / mm/ zu / m/ ist in Greich möglich (vgl. SDS 2, 188). Ob auch der Alpname Gamilti ‘ die Alpe mit der kleinen Hütte (unsicher) ’ (1680, Zwischbergen), 1751 auch Gammelti, hieher gehört, ist unklar. In Zwischbergen sind italienische Flurnamen möglich, doch ist keine Deutung für Gamilti erkennbar. Gampel Gampel, dial. Gampil, ist der Name der früher selbständigen Gemeinde Gampel (heute Gampel-Bratsch). Der Ort liegt auf der Westseite der Lonza und auf der Nordseite des Rottentals; die Lonza bildet zugleich die Bezirksgrenze. Die ältesten Belege sind 1238 Champilz und Champiz, 1244 Champilz, 1288 Champilz, 1300 Champiz, 1303 Gampil, 1305 Campiz usw. Der heutige Ortschaftsname Gampel lässt sich auf lat. CAMPUS ‘ Feld ’ zurückführen (J ACCARD 1906, 182; G UEX 1938, 362; 1976, 185). Allerdings lassen sich mit der von J ACCARD vorgeschlagenen Form camp ĕ llu die historischen Formen und die heutige Mundartlautung mit / -i-/ (Champi(l)z / Gampil) nicht befriedigend erklären; das / -i-/ in der Endsilbe ist allerdings nach R ÜBEL (1950, 8) hier normal für hdt. / - EL / . K RISTOL ET AL . (2005, 377) vermuten zwar, dass Gampel deswegen auf lat. * CAMP - Ī LE ‘ in Wiese umgewandeltes Feld, das im Vorjahr gepflügt wurde ’ (G PSR 3, 294), eine Ableitung zu lat. CAMPUS , zurückgehe; das kann aber auch eine Fehldeutung sein. Die ältesten Belege haben ein auslautendes / -z/ , was einen Plural auf / -s/ nahelegt. Die Form mit anlautendem / g-/ legt eine Übernahme vor der jüngerem Entwicklung zu einem velaren Reibelaut oder einer velaren Affrikata nahe. Neben dem Gemeindenamen ist Nidergampil ‘ Niedergampel ’ (Bratsch, LT Niedergampel, SK Nieder Gampel) belegt, heute ein Teil von Gampel-Bratsch. Die historischen Belege von 1306 zer Niderun Gampuel, 1337 apud Champilz Inferiorem, 1346 apud Champilz Inferiorem, erst 1649 Nidergampell zeigen die nahe Verwandtschaft mit Gampel; desgleichen das kaum belegte Ober … Gampell (1667, Bratsch; 1578 de Superiori Gampil). 1649 ist zum Midtren Gampill (Bratsch) belegt, es dürfte sich aber um eine Verschreibung von Niedergampel handeln. Die komplexere Form in der Nider Gampell Zelg ‘ in der Zelg von Niedergampel ’ (1752, Bratsch; 1755 im Nidergampellzelgi) (cf. HL Z ELG ) ist nur historisch belegt. In Gampel selbst erscheint 1757 u. später im Gampellgrúnd ‘ im Grund von Gampel ’ , wobei Grund vermutlich einen Teil der Rottenebene meint. Hierzu gehört auch in Superiori Gampelgrundt ‘ im oberen Grund von Gampel ’ (1720, Gampel). der Gampilwäg ‘ der Weg von / nach Gampel ’ (Gampel; FLNK Gampjerwäg) meint einen Weg von Jeizinen (Weiler von Gampel) nach Gampel. Eine Brücke, die auf das Gebiet von Gampel führte, ist wohl in Zur Gampel Brüggen ‘ bei der Brücke (über den Rotten) nach Gampel ’ (1685, Turtmann) gemeint. Ebenfalls eine Ableitung zu lat. CAMPUS ‘ Feld ’ findet sich in Gampinu (Leuk; SK Gampenen; LT Gampinen; FLNK Gampinu). Die ältesten Belege sind champagnes (1267), deys champagnes (1322), zen Gampinen (1527), zum Gampinen (1537) usw. Sie deuten darauf hin, dass der romanischen Name champagnes dialektal einem älteren dt. Gampinu entspricht. Nach FEW (2, 152) ist champagne zu lat. CAMPANIA ‘ Gefilde ’ zu stellen; G PSR verweist unter dem Lemma champagne (3, 292) auf diese Fundstelle. Es handelt sich um einen kleinen Weiler von Leuk auf der linken Rottenseite mit einigen wenigen Häusern. Als Bestimmungswort verbindet es sich mit Brigga, Los und Matta. Einen unklaren Fall weist Staldenried in einem historischen Beleg von 1389 auf: in der Gampyerrun. Vermutlich handelt es sich um eine / - ERRA / -Ableitung (S ON- DEREGGER 1958, 471 f.), hier eventuell zu einem Besitztum eines Bürgers von Gampel; der Name wäre dann zu deuten als ‘ das Besitztum des Gampjers ’ . Diese Deutung ist aber vorläufig. Zu weiteren Flurnamen zu lat. CAMPUS cf. die HLL C AMPUS , C HAMP und Z A . Gampisch Gampisch ist zunächst in Simplon als Gammpisch und der Gammpischer Chnubul ‘ der Hügel im Gebiet Gampisch ’ belegt. J ORDAN (2006, 34 ff.) kennt neben Gampisch Gampischärbodu, Gampischwasu, Gampischärschtaaf u l, Gampischärhub u l, Gampischärgrabu, Gampischärtreijo. Der Name ist zu lat. CAMPUS ‘ Feld ’ mit dem Augmentativsuffix / - ACEU / ‘ grosses Feld ’ (RN 2, 66; BENB 1, 2, 14) zu stellen. Dazu gehört auch Campetsch (1651, Glis). In Bürchen sind Belege ohne / m/ vorhanden: Gapetsch (FLNK, Bürchen; SK Capetsch). G ATTLEN (2007, 492 ff.) erwähnt die Kapelle auf dem Capetsch, ohne aber eine Deutung zu geben. Gapetschkapälli ‘ die kleine Kapelle (des Hl. Sebastian) auf Gapetsch ’ (FLNK, Bürchen) und Gapetschwald ‘ der Wald beim Gebiet Gapetsch ’ (FLNK, Bürchen) sind in der Datenbank des VSNB belegt. Eine Form ohne / m/ ist auch bei RN (2, 66) erwähnt; sie wird auf die gleiche Ableitung zurückgeführt. Das anlautende / g-/ deutet auf eine frühe Übernahme hin (cf. HL G AMPEL ). Gamuschelli Gamuschelli n. ist der Name einer Alpe, die als Gamuschelli, sowie ts Ober und ts Unner Gamuschelli (Zwisch- 225 226 Gamuschelli <?page no="118"?> bergen) belegt ist. J ORDAN (2006, 333) kennt Ggamuschélligrabu und S. 336 Ggamuschélli, Unnärs und Obärs Ggamuschélli und Ggamuschéllihooru. Der Name ist zu it. camòscio m. ‘ Gämse (Rupicapra rupicapra) ’ , spätlat. CA- MOX , - OCIS (D EVOTO / O LI 2020, 244) mit / - ELLA / -Suffix zu stellen; also zu übersetzen als ‘ Gebiet mit Gämsen ’ . Das Gamuschellihoru (Zwischbergen; LT Camoschellahorn (sic! )) ist ein Berggipfel oberhalb der Alpe. Gamussetta Gamussetta ist nur einmal belegt als di Gamussetta (Zwischbergen, LT Camusseta). J ORDAN (2006, 340) kennt zwei Ggamussétta und einen Ggamusséttugrabu. Wie 1: 10000 zeigt, ist Camussetta ein grösseres Gebiet, das dem erstgenannten Ggamussetta bei J ORDAN entspricht. Sein zweites Ggamussetta auf 1560 m. scheint in der Datenbank nicht belegt zu sein. SK Gammen gehört wohl nicht hieher, lässt sich aber sonst nicht zuordnen. Das HL ist wohl zu it. camòscio m. ‘ Gämse (Rupicapra rupicapra) ’ , spätlat. CAMOX , - OCIS (D EVOTO / O LI 2020, 344) mit / - ETTA / -Suffix zu stellen. Mit abweichender Ableitung P ETRINI (1993, 84), der camoss zu einer Wurzel * KAMOSSO / * KAMUSSO stellt, das in verschiedenen piemontesischen Dialekten vertreten sei. Vgl. auch camóss ‘ Gämse ’ in LSI (1, 610 f.). Deutung ‘ das Gebiet mit Gämsen ’ . Gamuuna Gamuuna ist der Name einer Alp auf italienischer Seite (LK Alpe di Camona) von Zwischbergen. Lebend belegt ist der Gamuunagrabe ‘ der Graben von der Alpe Camona herunter ’ (Zwischbergen). Historisch erscheint 1759 [der] Alppen Camona. J ORDAN (2006, 338) kennt Ggamúnugassa, Ggamúnuegg und S. 340 Ggamúnugrabu. Am nächstliegenden kommt dem Namen laut RN (2, 64) die Nebenform * CAMANNA zum gut belegten CAPANNA ‘ Hütte ’ (REW 1624, FEW 2, 244) mit Formen wie chamona (Unterengadin) und camona (Surselva). Gand Gand n., seltener f., ‘ Geröllhalde ’ ist zu schwzdt. Gand n., m., f., Pl. Gänder, Gender, assimiliert Genner ‘ Schuttfeld, Geröllhalde, Masse von Felsstücken und Steinen im Hochgebirge, bes. von Gletschern verschoben; dem Steinschlag, Bergstürzen ausgesetzte, von Steinen oder Felstrümmern bedeckte Gegend ’ , Lehnwort aus mlat. bzw. rom. ganda, gonda, gonna ‘ Schuttmasse, Steingeröll, Moräne ’ zu vorröm. *ganda ‘ Geröllhalde, Steinhaufen ’ (I D . 2, 33; RN 2, 159; BENB 2, 15; URNB 1, 1202) zu stellen. Die Belege wurden generell als ‘ Geröllhalde ’ gedeutet, auch wenn im Einzelfall ebene Flächen mit Steinen gemeint sein können. Das HL kommt im ganzen Oberwallis vor, aber vor allem in den Bezirken Brig, Goms und Visp. Leuk und Östlich Raron weisen je nur einen Beleg auf. Das Simplex im Singular Feminin di Gand ist in Geschinen, Münster, Obergesteln, Oberwald, Reckingen belegt, das Neutrum ts Gand in Binn, Fieschertal und Naters. Das Neutrum kann, wie in anderen Fällen, ein Kollektivum sein. Das Simplex im Plural ist als Gender in Mund, Mühlebach, Wiler und Zermatt belegt, als Genner in Eisten, Randa und Simplon. Die lautliche Entwicklung von inlautendem / nd/ zu / nn/ ist im Oberwallis gut belegt (SDS 2, 119, 121). Attributive Adjektive zum HL finden sich in ts Lägu Gand ‘ das ebene Geröllgebiet ’ , t Läzun Genner ‘ die Geröllhalden auf der Schattenseite ’ (Randa), t Ober Gand ‘ die obere Geröllhalde ’ (Reckingen), t Unner Gand ‘ die untere Geröllhalde ’ (Reckingen), der Undren Gand … nach ‘ der unteren Geröllhalde nach ’ (1480, Oberwald), t Wiiss Gand ‘ die weisse Geröllhalde ’ (Oberwald). Als Grundwort erscheint das HL in zweisilbigen Komposita: ts Bleickungand ‘ die Geröllhalde bei den Bleicke (nackte Stellen im Gelände) ’ (Blatten), ts Brüchergand ‘ die Geröllhalde mit Erika (Heidegebüsch) ’ (Fieschertal), ts Drieschtgand ‘ die Geröllhalde beim Gebiet Driest (unfruchtbares Gebiet) ’ (Naters), ts Erlgand ‘ die Geröllhalde beim Gebiet Erl (Erlen) ’ (Blatten), t Galegand ‘ die Geröllhalde beim Gale ’ (Geschinen; LT und FLNK haben Balegand; in Geschinen ist Bale nicht belegt), ts Gläisiggand ‘ die Geröllhalde der Gläisigalpe (Alpe der Familie Gläisen) ’ (Binn), Rossgand ‘ die Geröllhalde für die Pferde ’ (Geschinen), ts Schuälgand ‘ die Geröllhalde, die dem Schulfonds gehörte ’ (Blatten), di Tännärgender ‘ die Geröllhalden im Gebiet Tänn (Tenne) ’ (Wiler), ts Wichugand ‘ die Geröllhalde beim Winkel (Weiler von Fieschteral) ’ (Fieschertal, l-Vokalisierungsgebiet). Komplexere Konstruktionen sind: ts Chiämadgand ‘ die Geröllhalde beim Weiler Kühmad ’ (Blatten), ts Unnerbärggand ‘ die Geröllhalde beim Unterberg ’ (Fieschertal) und ts Obfliejergand ‘ die Geröllhalde beim Gebiet Obflie (oberhalb der Flühe) ’ (Naters). Das HL ist als Bestimmungswort mit folgenden Grundwörtern verbunden: Baan, Balma, Bodu, Egg(a), Flüö, Grabu, Gufer, Hee, Hitta, Hooru und Stafel. Komplexere Konstruktionen sind t Aarbgandegga ‘ die Gandegga (Ecke mit Geröll) im Gebiet Aarb (Arve) ’ (Zermatt), Gandeggbahn ‘ die Seilbahn von der Lauchernalp auf die Gandegg ’ (Wiler), Gandegghütte ‘ die bewartete Hütte auf der Gandegga (Ecke mit Geröllhalde) ’ (Zermatt), di Gandhorehitte ‘ die zwei Militärhütten beim Gandhorn (Gipfelname) oberhalb der Alpe Gand (Geröllhalde) ’ (Binn) und t Hinndru und t Voodru Gandfet ‘ die hinteren und die vorderen Grasbänder in der Geröllhalde ’ (Randa). Gamussetta 227 228 <?page no="119"?> Gandolff (PN) Gandolff (PN) ist in Leuk als jm Gandolff (1602) belegt. Weitere Schreibweisen sind 1668 ihm Gandefil, 1671 jm Gandoff, 1675 im Gandtoffell (2 Belege), 1687 jm Gandoffil, 1696 jm Gandolff, 1711 im Gandolff, 1720 in Gandolff. Es handelt sich um einen PN Gandolf, der bei F ÖRSTEMANN (1, 595) als Gandulf oder Gandolf belegt ist. Gang Gang m. ist zu schwdt. Gang m., Abstraktbildung zu gehen, bergschwdt. ‘ Durchgang in unwegsamer Umgebung, Felspfad ’ und wdt. Gang m. ‘ Gang, Durchgang ’ (I D . 2, 339; G RICHTING 1998, 84; BENB 2, 17; URNB 1, 1219) zu stellen. Das Simplex ist nur im Diminutiv als ts Ganggi (Zwischbergen) belegt; J ORDAN (2009, 311) kennt es als Gganggi und führt es auf lat. CANTHUS ‘ Rand, Ecke, Winkel ’ zurück und nicht auf das dt. Gang. Eine direkte lateinischen Entlehnung ist kaum anzunehmen; it. canto erscheint bei P ETRINI (1993, 86) als cant (mit mehreren Varianten). Falls diese Herleitung richtig ist, wäre ein it. dialektales cant mit einem dt. Diminutivsuffix verbunden worden. Das ist zwar nicht unmöglich, aber sehr unwahrscheinlich. Die dt. Herleitung von Gang ist lautlich besser begründet; inhaltlich besteht kein grosser Unterschied. Mit attributiven Adjektiven kommen vor der Hinner Gang ‘ der hintere Gang (Felsdurchgang) ’ (Oberwald), der Lägund Gang ‘ der ebene Durchgang ’ (Täsch), der Mittlescht Gang ‘ der mittlere Gang (Felsdurchgang) ’ (Fieschertal, Oberwald), der Mittloscht Gang ‘ der mittlere Gang (Fussweg im Fels) ’ (Naters), der Mittluscht Gang ‘ der mittlere Gang (Felsdurchgang) ’ (Raron, Täsch), der Oberscht Gang ‘ der oberste Gang (Felsdurchgang) ’ (Fieschertal), der Obruscht Gang ‘ der oberste Gang (Felsdurchgang) ’ (Raron, Täsch), der Undruscht Gang ‘ der unterste Gang (Felsdurchgang) ’ (Raron), der Unnerscht Gang ‘ der unterste Gang (Felsdurchgang) ’ (Fieschertal), der Unnruscht Gang ‘ der unterste Gang (Felsdurchgang) ’ (Täsch). Als Grundwort kommt das HL wie folgt vor: dr Biälgang ‘ der Durchgang im Gebiet Biel (Hügel) ’ (Ferden), dr Fliälingang ‘ der Durchgang in der kleinen Fluh ’ (Ferden), dr Loihärgang ‘ der Felspfad zur Laucheren (Gebiet mit Mulden / mit Lauchgewächsen) ’ (Ferden; FLNK Loichärgang), der Spaziergang ‘ der Spaziergang (zu den Leitern) ’ (Leukerbad; auch bei R. G RICHTING 1993, Blatt 9, Nr. 37 und Blatt 23, Nr. 16), der Umgang ‘ der Umgang (Prozession) ’ (Grächen, FLNK Umgang). Ein Problem stellt der Weilername Fürgangen, dial. ts Firgange dar, der zur Gemeinde Bellwald gehört. Die ältesten Belege sind 1304 apud Furgangen ‘ (lat. apud) bei Fürgangen ’ , 1488 ze Furgangen ‘ bei Fürgangen ’ , 1508 de Furgangen ‘ (lat. de) von Fürgangen ’ , 1531 de Firgangen (lat. de) ‘ von Fürgangen ’ . Die naheliegende Deutung ‘ beim Ort, zu dem man vorwärts geht ’ ist wohl falsch. Zu Grunde liegt wohl ein zusammengesetzter PN zu Gang (F ÖRSTEMANN 1, 596) und Fara (F ÖRSTEMANN 1, 496) ‘ beim Gut des Fergang ’ . In W. R UPPEN (1979, 342) werden zwei ältere Formen Wrgangen und Wurgangeren (beide 1293) erwähnt, die von J. G REMAUD gesammelt worden seien. Es ist uns nicht gelungen, diese Stelle zu verifizieren. Ganntu Ganntu m. ist nur in Zwischbergen belegt, wo es neben der Ganntu historisch auch der Vsser und der Jnder Gandten (beide 1678) gibt. J ORDAN (2006, 323) kennt Ggántu und führt es nach der Literatur auf lat. CANTHUS ‘ Rand, Ecke ’ zurück. Ein direkter Einfluss des Lateinischen kann ausgeschlossen werden; it. canto ‘ Ecke ’ (D EVOTO / O LI 2020, 355 s. v. canto 2 ) ist eher möglich (vgl. AIS 875, wo das flektierte kantu ŋ im angrenzenden italienischen Dialekt vorkommt; Zwischbergen kennt solche Namen). Wahrscheinlicher scheint eine maskuline Form von Gand ‘ Schuttfeld, Geröllhalde ’ (I D . 2, 336, wo die Ableitung von it. canto abgelehnt wird), die allerdings zweisilbig ist (vgl. HL G AND , wo sich nur einsilbige Simplizia des Singulars finden); die italienische Form könnte die Zweisilbigkeit beeinflusst haben. Gans Gans ist nur historisch belegt. In Raron wird 1281 ad Games notiert, es folgen 1303 am Gams, 1307 am Gams, 1307 an dem Gams, 1309 am Gams, 1327 an das Gans, 1396 am Gans. Nach dem Beleg von 1327 liegt ein ntr. Substantiv vor. In Eyholz ist 1258 Gans belegt, das sich in longo prato befindet. Letzteres ist als t Lengmatta (Eyholz) belegt, aber die Situation vor der SK ist unbekannt. Vermutlich ist die Situation in Eyholz zum Dorf Gamsen zu stellen (cf. HL G AMSU ), hingegen scheinen die Belege in Raron eher auf lat. CAMPUS oder CAMPOS ‘ Feld ’ (FEW 2, 156 ff. s. v. CAMPUS feld; G PSR 3, 289 ss.; W ERDENBERGER N B 4 (2017, 172 Gams (Grabs) zu camps) zurückzuführen zu sein; das Genus Neutrum würde sich aus dem deutschen Genus erklären und die Form Gans als Assimilation von / m/ an / s/ . Gansnerrin (PN) Gansnerrin (PN) kommt nur einmal vor: Gansnerrin Wyngarto (1320, Naters). Vermutlich steckt darin eine Femininableitung zum FaN Gansner, der 1348 in Unterems als Ganssner belegt ist. Das Verhältnis zum häufigeren FaN Gasser (AWWB 105), auch Gasner und de Vico 229 230 Gansnerrin (PN) <?page no="120"?> ist unklar. Ebenfalls jenes zum Flurnamen an den Gansererun (Ausserberg), das wohl auch zum FaN Gasner gehört. Das ebenfalls belegte Gans (Raron) ist wohl eine assimilierte Form von Gams > campus ‘ Feld ’ (cf. HL G ANS ). Das Tier Gans war im Wallis kaum bekannt und kommt deswegen nicht in Frage. Ganter Ganter ist der Name einer Gemeinde und eines früher dauernd besiedelten Tales zwischen Schallberg und Berisal (P H . K ALBERMATTER www.hls-dhs-dss.ch/ de/ articles/ 008225/ 2005-05-12/ [10.08.2020IW]). Die ältesten Belege sind: 1279 Gantour, 1306 Ganthura (wohl latinisiert), 1344 Gantor, 1355 Gantor, 1386 Gantora (wohl latinisiert), 1389 Gantor usw. Der erste Beleg mit Ganter erscheint 1456. I MESCH / P ERRIG (1943, 4) vermuten einen Zusammenhang zu Gand ‘ Geröllhalde, Geschiebefläche, Steinhaufen ’ (Z INSLI 1984, 566). {o} in der Ableitungssilbe scheint eher eine traditionelle Schreibung zu sein; vermutlich liegt eine Ableitung auf / - ER / (S ONDEREGGER 1958, 541 ff.) als männliche Stellenbezeichnung mit der Bedeutung ‘ Ort mit Geröllhalde ’ vor. Das manchmal erwähnte neutrale Genus scheint zur Langform ts Gantertal mit weggelassenem Grundwort zu gehören. Neben Ganter sind belegt: Obergantor ‘ die Alpe Oberganter (heisst auch Rosswald) ’ (1391 u. später, Termen). Als Bestimmungswort erscheint das HL zusammen mit Bach, Brigga, Tal und Wald. Komplexer sind Alti Ganterbrigga ‘ die alte Brücke über den Ganterbach ’ (FLNK, Ried-Brig) und Niwwi Ganterbrigga ‘ die neue Brücke über den Ganterbach ’ (FLNK, Ried-Brig). Gantersch Gantersch ist nur in ts Gantersch Egg ‘ die Ecke der (Familie) Ganter ’ (Grengiols) belegt. Da einerseits ein FaN Ganter hier nicht belegt ist und anderseits kaum der Name Ganter in Ried-Brig gemeint sein kann, wird das Lemma gesondert angeführt. Familiennamen wie Gander, Ganter und ähnliche (F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ 1, 625 f.) sind für die deutsche Schweiz belegt, nicht aber für das Oberwallis. Mangels weiteren Belegen kann keine sichere Deutung gegeben werden. Gänu (PN) Gänu (PN) ist nur belegt als der Gänu(d)sfad ‘ der enge Durchgang, der Weideplatz des Gänu (PN) ’ (Täsch, auch FLNK) und der Gänusfadwald ‘ der Wald oberhalb des Gänusfad (enger Durchgang, Weideplatz des Gänu (PN)) ’ (Täsch). Gänu kann Personen- oder Beiname sein. Erwähnt sind PNN unter G AN bei F ÖRSTEMANN (1, 593 f.) und beim gleichen Autor unter G EN (1, 627 f.). Möglich ist aber auch das von I D . (2, 236) erwähnte Um-G ǟ ne n ‘ magerer Heubezirk am Talabhange ’ aus dem Wallis. I D . stellt es zu umgänd (I D . 2, 16), das wie folgt bestimmt ist: ‘ abseits liegendes, wenig sorgfältig bewirtschaftetes und darum wertloseres Besitztum ’ (Ringgenberg, Kt. Bern). Das [-s] deutet jedoch einen Genitiv an, der auf einen Personen- oder Beinamen hinweist. Hinzu kommt, dass G ǟ nen nur mit langem Tonvokal belegt ist, während der Beleg in Täsch kurzen Tonvokal hat, der so in der Literatur nicht belegt ist. Gappi (PN) Gappi (PN) ist als Gappisdrÿt, auch Za ᵉ gppis Tritt (1444, Obergesteln) belegt. Die Form legt einen PN Gappi nahe, der als Kurzbzw. Koseform zu Kaspar (I D . 2, 388 s. v. Gäppi) gedeutet werden kann. Gappistritt ist dann der Tritt, der dem Gappi gehört. Schwieriger sind drei lebende Belege in Zwischbergen: der Gappjigrabu, der Gappjigraad, di Gappjitola. Das Simplex fehlt. LT schreibt immer Cappji, SK hat nur das Simplex Gabji, scheint also an das sonst belegte ts Gabi (Simplon) zu denken (cf. HL G ABI ), das auf ein romanisches * CAVEA ‘ Höhlung, Käfig ’ (FEW 2, 552) zurückgeführt wird. Auslautendes / -ji/ ist normalerweise ein palatalisiertes Diminutivsuffix (/ - LI / ). Als Ausgangspunkt ergibt sich also Gapp + li, wobei der Stamm Gapp vermutlich auf it. capo ‘ Kopf, Führer, Spitze ’ (LSI 1, 662 s. v. capp) zurückgeht, also etwa als ‘ kleine Spitze ’ zu deuten ist. J ORDAN (2006, 389) kennt Ggaapji, Ggaapjihooru, Ggaapjigraat, Ggaapjitola, Gaapjigrabu, die auf dem Kartenausschnitt auf S. 499 als Capjigrat und Capjitola verzeichnet sind. Der ursprünglich wohl piemontesischlombardische Flurname kann nicht zu einem PN gestellt werden. Gappil Gappil n. kommt als ts Gappil (Törbel) vor, die ältesten Belege sind 1463 Capill, 1519 das Gappil. In Zeneggen ist 1306 an dem Gappli belegt. In Stalden sind 1710 im Gappilgraben und 1300 u. später Gappelmatta bezeugt. In Zeneggen ist 1306 jn der Gappelmatten belegt und in Törbel der Gappiltschuggo. Das URNB weist Gapil (Gurtnellen), bei welchem im Erstbeleg / -m-/ erhalten ist (um 1522 gampil, gampill, gamppill), lat. CAMPUS mit diminutivem Ableitungssuffix / - ELLU / (cf. URNB 1, 1222 f.; B OS- SARD / C HAVAN 2006, 143), genauer also * CAMPELLU ‘ kleines Feld ’ zu. Dagegen spricht jedoch, dass auch die ältesten Belege im Saastal kein / -m-/ aufweisen. Eine klarere Möglichkeit stellen schwdt. Gable ‘ Gabel ’ (I D . 2, 57 f.) und wdt. Gabla, Gabblä (Goms), Gafela, Gaabla (Mattertal), Gablu (Saastal), Gabollu, Gablu ‘ Essgabel, Heugabel, Ast (verzweigt) ’ , Traggestell ’ (G RICHTING 1998, 84) dar, wobei jedoch das Genus Neutrum des Namens ein Ganter 231 232 <?page no="121"?> Problem darstellt; die Belege sind sonst feminin. Das gilt nicht für den historischen diminutiven Beleg von 1306 an dem Gappli (Zeneggen), das als ‘ an der kleinen Gabel ’ verstanden werden kann. Der lebende zentrale Beleg ts Gappil (Törbel) muss dann als eine Stellenbezeichnung gedeutet werden: ‘ das gabelförmige Gebiet ’ . Garaasch Garaasch f. ist einmal belegt in ts Kaarlisch Garaasch ‘ die Autowerkstätte des Karlen (FaN) ’ und zum Lehnwort Garage aus dem frz. le garage zu stellen. In der Bedeutung ‘ Autowerkstätte ’ ist das HL in der Schweiz geläufig (A MMON et al., 2016, 261). Bei Kaarli handelt es sich wohl um den FaN Karlen (AWWB 50). Gäribil ts Gäribil n. ist eine heute weitgehend verwaldete Weide auf ca. 1670 m. in Zwischbergen. Erstmals belegt ist sie 1463 als Geribil, das dort als sepes seu limites „ Zäune oder Grenzen “ bezeichnet wird, was auf eine Einzäunung hinweist. Dazu kommt der Gäribilgrabu ‘ der Graben beim Gäribil ’ . J ORDAN (2006, 361) erwähnt weiter där Gäribiliwäg ‘ der Weg zum Gäribil ’ . Am gleichen Ort zitiert er Pfarrer J OLLER , der Gribel schreibt. SK hat Griebel. Die beiden deuten den Anlaut des Namens als Präfix ge-, was kollektiven Sinn ergibt und das Genus Neutrum rechtfertigt. RN (2, 421) stellt Gribel (Ausserferrara) zu Grube; da aber der älteste Beleg (Geribil) keinen gerundeten Vokal enthält, kann diese Deutung nicht herbeigezogen werden. I D . (6, 48) kennt Ribel als „ Scheuerwisch “ mit weiteren Bedeutungen, die sich aber kaum als Flurnamen eignen. Das einmal verzeichnete Gribel m. ‘ träger Mensch ’ (I D . 2, 688) kommt ebenfalls kaum in Frage. Z INSLI (1984, 228) erwägt für den Alpnamen Ribe nach H UBSCHMIED (1938, 77) eine Anlehnung an bair. Reiben f. ‘ Kehre ’ , das dieser von ahd. *wriba ‘ Abweichung eines Weges, einer Gasse, eines Flusses von der geraden Richtung ’ ableitet. Ob diese Deutung zutrifft oder ob das Wort zum Verbum r ī be n ‘ reiben ’ (I D . 6, 53) und dem davon abgeleiteten Rîbi ‘ Reibe ’ (I D . 6, 65) zu stellen ist und in welcher Bedeutung, bleibt unklar. Garle Garle ist bei S TEBLER (1928, 80) in Törbel für die Mehlbeere (A RCTOSTAPHYLOS UVA - URSI ) belegt. Der Pflanzenname könnte in Gaarmatta (Eisten) vertreten sein; Gwp. spricht von <gaarole>, die hier wachsen, und meint wohl Mehlbeeren (allgemein Bärentraube genannt). (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 704 haben als deutsche Namen dafür Bärentraube und Immergrüne Bärentraube). Garrjer Garrjer f. ist zu frz. la carrière ‘ der Steinbruch ’ (FEW 2, 1400 s. v. quadrus ‘ viereck ’ , davon abgeleitet carrière) zu stellen. Belegt ist das HL als di Garrier ‘ der Steinbruch ’ (Baltschieder), di Garrjer ‘ der (alte) Steinbruch ’ (Brigerbad), di Garrjer ‘ der Steinbruch (für Dachplatten) ’ (Eisten), di Garrier ‘ der (alte) Steinbruch ’ (Lalden; heute Reben, auf SK keine Reben erkennbar), di Garrier ‘ der Steinbruch ’ (Raron), di Garjer ‘ die Steinbrücke ’ (Salgesch; nicht bei M ATHIER 2015; die Deutung nach der Beschreibung), di Garier ‘ der (alte) Steinbruch ’ (Varen). Garson Garson ‘ im Garson (unklar, ev. Alpe eines jungen Dieners) ’ ist nur 1594 in Niederwald als jn Garson belegt; die Rede ist von einer Alpe. Zwar ist garson ‘ Knabe ’ (G PSR 8, 106a ss. s. v. garçon) als frpr. Form belegt; in Niederwald (Goms) gibt es jedoch im Allgemeinen keine derartigen Belege aus dem Frpr. Jedoch weist GrWb (4, 1427 s. v. Garzen) ein mhd. Garzun nach, das hier zu Grunde liegen könnte. R ÜBEL (1950, 79) kennt die Benennung im Übrigen für das Alppersonal nicht. Garter (FaN) Garter (FaN) ist zum FaN Garter zu stellen. Der Name ist unter Im Garten im Register der HRBS belegt; der Name der Familie Gärtner (AWWB 134) ist nicht einschlägig, da er erst um 1700 in Monthey belegt ist, aus Ulm herkommt und die Familie sich später J ARDINIER nennt. Er kommt zweimal als vorangestellter Genitiv Singular vor: beÿ Garters Hau ᵕ s ‘ beim Haus der Familie Garter ’ (1836, Greich), vff Garters Matten ‘ auf der Wiese der Familie Garter ’ (1537, Ernen) und einmal mit einem schwachen Genitiv der Gaartubodu ‘ der Boden der Familie Garten ’ (Betten). FLNK hat Garterbodu; der älteste Beleg jn Garterro Boden (1527) zeigt einen klaren Genitiv Plural zu Garter. Gartu Gartu ‘ Garten ’ ist zu schwdt. Garte n m., n., wdt. Gaarte, Gaartä (Goms), Gaarta (Mattertal), Gaartn (Lötschtal), Gaartu m. ‘ Garten ’ , ‘ mit Zaun, Hag, Weidengeflecht eingefangener Platz, auch im offenen Feld, worin man Flachs, Hanf, Kartoffeln zieht; wodurch er sich vom Ackerland unterscheidet, Pflanzland ’ , ‘ das in unmittelbarer Nähe neben der Wohnung gelegene, eingezäunte und besser gedüngte (Wies-) Land ’ , ahd. gart, garto, mhd. garte (I D . 2, 432 f.; G RICHTING 1998, 83) zu stellen; neben den genannten Bedeutungen kann Garten auch einfach ebenes, fruchtbares Land bedeuten. Das Lemma kommt in rund 500 Namen vor. Simplizia sind dabei sehr selten und meistens im Plural Gaarte, mit Umlaut Gäärte, 233 234 Gartu <?page no="122"?> häufig aber mit dem erweiterten Plural Gaartna, Gaartne. Nur zweimal belegt ist ts Gaard n., vermutlich als Kollektiv (Grengiols, Naters). Die Simplizia sind oft mit Präpositionen wie zen ‘ zu den ’ , bim ‘ beim ’ , im oder ine ‘ in den ’ verbunden. Diminutive im Singular und Plural sind häufig und variieren: ts Gaartni ‘ der kleine Garten ’ (Fiesch), di Gaartini ‘ die kleinen Gärten ’ (Embd, Staldenried), di Gäärtjini ‘ die kleinen Gärten ’ (Baltschieder, Binn, Brigerbad (mit zen), Eggerberg, Gampel, Hohtenn, Steg), ts Gärtli ‘ der kleine Garten ’ (Ferden), historisch als Gertginen ‘ die kleinen Gärten ’ (1623, Visperteminen). Adjektivische Fügungen sind mehrfach der Aalt Gaarte ‘ der alte Garten ’ (Grengiols) oder in dyen Alten Garten ‘ in den alten Gärten ’ (1448, Zermatt). Weitere sind Chli Garte ‘ der kleine Garten ’ (FLNK, Oberwald), in den Gemeinen Gärten ‘ in den Gärten, die der Gemeinde gehören ’ (1911, Reckingen), der Grie Gaartu ‘ der grüne Garten ’ (Randa), Grosse Garte ‘ der grosse Garten ’ (FLNK, Oberwald), am Lengen Garten ‘ am langen Garten ’ (1532, Fieschertal), t Nassu Gäärtu ‘ die nassen Gärten ’ (Gampel), zen Nidren Garttun ‘ zu den niederen (unteren) Gärten ’ (Saas-Balen), zen Nüwen Gartten ‘ zu den neuen Gärten ’ (1554, Ried-Brig), ts Ober Gaart ‘ die oberen Gärten ’ (Grengiols) und ts Unner Gaart ‘ die unteren Gärten ’ (Grengiols) - zitiert ist immer nur ein Beleg von mehreren. Nur einmal kommt ein Zahlwort vor: ze Drii Gäärtjinu ‘ zu den drei kleinen Gärten ’ (Staldenried). Selten sind auch attributiv gebrauchte Partizipia wie im Eingescheieten Garten ‘ im eingezäunten Garten ’ (1770, Termen) und der Hangend Gaarte ‘ der steile (hängende) Garten ’ (Grengiols). In Komposita ist das HL als Grundwort sehr häufig; besonderes prominent sind Komposita mit der Pflanze, die im Garten vorkommt: Böümgaartu (auch Baumgarten, Bongaartu, Boimgäärtu usw. im Singular und Plural, auch mit Diminutiven) ‘ Baumgarten ’ , Chabis- oder Chabusgaartu (auch Kabis- oder Kabus-) ‘ Kohlgarten ’ , Chrütgaartu ‘ Krautgarten, Gemüsegarten ’ , Flaggsgaartu ‘ Flachsgarten ’ , Hanfgaartu (auch Haif-, Häif-, Höüf-, Hamf-, Hanef-) ‘ Hanfgarten ’ , Safrangaartu (auch Saffer-, Saffrant-) ‘ Safrangarten ’ , Wäärchgaartu ‘ Garten mit Werg (Flachs, Hanf) ’ und - sehr häufig - Wiigaarte (auch Wiin-, Weinusw.) ‘ Weingarten ’ . Letzteres wird auch an Orten verwendet, wo es heute keine Weingärten mehr hat, oder an Orten, wo Weingärten unmöglich sind, so etwa ts Wiingaartu und der Wiingaartugletscher (Täsch), beide auf über 3000 m. Hier ist wohl metaphorisch die Geländebeschaffenheit gemeint. Einen Sonderfall stellt der Heim-Garten dar, meist in der Form Hengart oder Hängert; hier ist - nach I D . (2, 434 f.) - ein ‘ Ort der Zusammenkunft ’ , ‘ Platz unter Linden oder andern Bäumen, wo die Bekannten am Sonntag unter Bänken zusammensassen ’ , ‘ Belustigungsplatz ’ gemeint; die ursprüngliche Bedeutung wäre ‘ abgegrenzter Raum innerhalb mehrer Heimstätten ’ . Für das Wdt. gibt G RICH- TING (1998, 106, s. v. Hengert, Hängärt) nur noch ‘ Gespräch, Geschwätz, Gesprächsstoff ’ und das Verb hengerte ‘ plaudern, liebäugeln ’ . In den Flurnamen sind häufig zentrale Plätze in den Dörfern und danach auch Dorfteile gemeint. Die Bedeutung des Kompositums ist so idiomatisch geworden; sie lässt sich nicht mehr auf Heim und Garten zurückführen. Ein weiterer, anders gelagerter Spezialfall ist Pflanzgaartu ‘ Grundstück im Wald mit neu gepflanzten Bäumen ’ , ‘ Baumschule ’ (TGNB 2, 2, 428 s. v. Pflanzgarte). Doppeldeutig ist schliesslich der Typ Raafgaartu. Naheliegend für das Bestimmungswort wäre eigentlich R ā f (I D . 6, 634), resp. Rafen (I D . 6, 13) ‘ weisse Rübe ’ , oder Choolrafa ‘ Rübkohl ’ (G RICHTING 1998, 52). Es scheint aber, dass historische Belege und auch die Gewährsleute eher an den Ranft ‘ Rand ’ (I D . 6, 1059 f.) denken, der mit n-Schwund und Ersatzdehnung (Staubsches Gesetz) als Raaferscheint. Entsprechend kann es sich um den ‘ Garten mit Rübkohl, Rüben ’ handeln oder den ‘ Garten am Abhang ’ . Selten sind Blumennamen wie in der Filyi Garten ‘ der Veilchengarten ’ (1804, Obergesteln) und dr Nägiligaartu ‘ der Nelkengarten ’ (Hohtenn). Nicht immer ganz klar ist Tiergaartu oder Tiergäärtu ‘ Tiergarten ’ (Blatten, Naters, Reckingen); es ist wohl nicht immer zu schwdt. Tiergarte n 1. ‘ Schindanger ’ , 2. ‘ Wildpark, dgl. früher fast jede Burg besass ’ (I D . 2, 439) zu stellen; in Naters ist damit wohl ein hochgelegenes Gebiet gemeint, wo es viele Gemsen hat. In Brig sind zwei historische Belege überliefert: Flurgarto (1355, Brig) und Slorgarto (1399, Brig). Der zweite Beleg kann auch als Florgarto gelesen werden, der erste ist unsicher. Zu vermuten ist darum als Name Florgarto (mit Flor für ‘ Blumen ’ ), also der ‘ Blumengarten ’ . Komposita-artig sind Besitzer- oder Nutzernamen wie in Agttun Garttun ‘ im Garten der Familie Agten ’ (1595, Betten). Hier ist der Familienname im Genitiv gesetzt; diese Genitive lassen sich aber wie auch sonst nicht immer von Bestimmungwörtern oder Adjektiven unterscheiden. Weitere solche Fälle sind (Auswahl): zu Balisgarten ‘ der Garten des Bali / der Familie Bali ’ (1776, Unterbäch), wo unklar ist, ob es sich um einen Beinamen oder eine hypokoristische Form zum FaN Balet handelt, Bosgoltzgarto (1304, Visp), wo ein sonst nicht belegter PN Bosgolt erscheint. Unklar ist im Guriner Garten ‘ im Garten der Familie Gurin ’ (1787, Münster) - ohne weitere Informationen ist unklar, ob es sich hier um jemand aus der Gemeinde Bosco-Gurin (Tessin, Walsergemeinde) handelt (man vgl. den Namen Lamparter ‘ Person aus der Lombardei ’ ), oder um jemand, der den Namen Gurin als Gartu 235 236 <?page no="123"?> Beiname oder Familienname führte. Bei ts Heersch Gaartu (Niedergesteln) ist der Garten des Pfarrers (oder hier Priors) gemeint. in Karlen Garten (Zeneggen) ist doppeldeutig: ‘ im Garten des Karl / der Familie Karlen ’ . im Heinegaarte ‘ im Garten des Heinrich / der Familie Heinen ’ (Ulrichen) ist ebenfalls mehrdeutig. Ziemlich sicher ein Familienname ist jedoch in Minnigsgarten ‘ der Garten der Familie Minnig ’ (1673, Brig) enthalten. Anders wieder in Thomisch Garten ‘ im Garten des Thomas / der Familie Thomi ’ (1700, Mühlebach). Nur sehr selten ist ein nachgestellter Genitiv wie in sub horto Escherro ‘ unter dem Garten der Familie Escher ’ (1624, Baltschieder). Das lateinische Wort hortus ‘ Garten ’ braucht hier nicht ein Flurname zu sein; Escherro ist ein Genitiv Plural, der einen FaN wie Escher oder Imesch als Basis hat. Nicht selten sind Bestimmungswörter, die selbst Flurnamen sind oder lokal naheliegende Gebiete bezeichnen. So sind die Bielgäärtu ‘ Gärten beim Biel (Hügel) ’ (Zeneggen) nach einem Biel benannt, die Bietschgäärtu ‘ Gärten beim Bietschi ’ (Raron) nach dem Bietschbach, die Biinugäärtjjini ‘ die kleinen Gärten bei der Biinu (Pflanzplatz) ’ nach einer Biinu usw. Weitere derartige Bestimmungswörter sind Bode, Brunnu, Chriiz, Driell (Traubenpresse), Eril (Erlen), Flüe, Furu (Furche), Giessi (Wassertümpel), Hell (Hölle), Hubil, Mili (Mühle), Mischi (sumpfige Stelle), Mos, Ofu, Ried, Riti (gerodetes Gebiet), Saflisch, Zuba ‘ Wasserfuhr ’ und andere. Viele dieser Möglichkeiten gelten auch für die Komposita wie Böumgaartu und Wiingaartu, die im Einzelnen in der Datenbank verzeichnet sind. Hier nur zwei Beispiele für komplexe Bildungen: Brugger Bongarten ‘ der Baumgarten der Familie Brügger / Brigger ’ (Turtmann) und Sratwyngarto ‘ der Weingarten beim Schratt (Felsspalten) ’ (1327 Naters). Als Bestimmungswort tritt das HL mit seinen Varianten deutlich seltener auf. Grundwörter sind Acher, Gassa, Lowwi (Rutschgebiet), Matta, Schleif, Stüde, Stuck, Wäg, Wald und andere. Öfter kommt Gartstatt oder Gartstette (Bürchen, Ernen, Münster, Visperterminen) vor, das eine Stelle bezeichnet, die als Garten geeignet ist (vgl. I D . 11, 1727). Zu diesen einfachen Komposita können auch komplexere gebildet werden: Pfarriigaartustraas ‘ die Strasse vom / zum Pfarreigarten ’ (Visp), Schlüöchtgartweide ‘ die Weiden beim Schlüöchtgarte (Garten bei der Geländeeinbuchtung) ’ (Unterbäch) oder der Trútschardigen Weingarten ‘ der Weingarten der Familie Trutschard ’ (Leuk), die im 16. Jahrhundert belegt ist. Ableitungen zu Gaartu sind kaum belegt. In Mund und in Birgisch heissen Wasserleiten Gärggeri ‘ Wasserleite, die bei den Gärten vorbeifliesst ’ . Unsicher ist eine Ableitung auf / - EL / in Gärtelbodi ‘ der kleine Boden beim kleinen Garten / der gertelförmige kleine Boden ’ (Mund) und dem nur historisch belegten Gertilwasserleita (1391, Mund), wo unklar ist, ob Gartu oder Gertel zu Grunde liegt. Da letzteres aber sonst in den Namen fehlt, kann hier wohl eine seltene / - EL / -Ableitung zu Gartu angenommen werden, hier vermutlich mit diminutiver Bedeutung. Garun Garun ist nur historisch 1235 als in der Garun ‘ beim gerüsteten Gut ’ (Münster) belegt. Es handelt sich um ein feminines Nomen im Dativ. Der Flurname dürfte zum mhd. garwe ‘ Zubereitung, Zurüstung; Kleidung, bes. die priesterliche ’ zu stellen sein (L EXER 1, 892), hier wohl einfach als ‘ gerüstetes Gut ’ zu verstehen, also ein gepflegtes Gut. Garusch Garusch ist nur als im Garusch (Varen) belegt. Historisch wird dem Namen ou carro (1351) (cf. HL K AARU ) zugewiesen. Vermutlich wird im lebenden Namen ein früheres / z/ ausgesprochen, das als Carroz ‘ [c]oin de terre, angle, parcelle de terrain ’ (Ecke, Geländeparzelle) aufgeführt ist (B OSSARD / C HAVAN 2006, 104) und auf lat. QUADRARE und QUADROS zurückgeführt wird (M EYER 1914, 170; T AGMANN 1946, 29). Gäruscht Gäruscht ist nur in der Gäruschtschleif ‘ der Schleif im Gebiet, wo es Gäruscht (Meisterwurz) hat ’ (Gampel) belegt. Laut M ARZELL (3, 646) wird die Bezeichnung im Lötschental für den Meisterwurz verwendet (B ELLWALD 1956, 85; B LOETZER 1986, 309). L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 986) kennen den Meisterwurz als P EUCEDANUM OSTRUTHIUM , der ursprünglich alpin belegt ist. I D . (2, 404) kennt dafür Gërrisch und (16, 1730) Gërisch-. Der Schleif ist hier nach der Pflanze benannt. Gärwerra Gärwerra und seine Varianten Gärwela und Gärwola sind zu schwdt. Gërmere n , Gërwere ‘ V ERATRUM ALBUM , Weisser Germer ’ oder ‘ Weisse bzw. Schwarze Nieswurz; Herbstzeitlose ’ (I D . 2, 418; M ARZELL 4, 1015 f.) zu stellen. L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 1262) kennen V ERATRUM ALBUM ‘ Gemeiner Germer ’ . Nieswurz ist bei ihnen nur als H EL- LEBORUS ORIENTALIS (S. 100) belegt, die übrigen Formen sind nicht alpin. Hierher gehört nach A. B ELLWALD (1956, 86 Gemernä ‘ Veratrum album ’ ) auch der Beleg ts Geemernä (Ferden). Als Simplex ist im Plural belegt di Gärwole (Eisten), di Gäärwele (Saas-Almagell), di Gäärwerre (Eischoll), ts Geemernä (Ferden) und historisch Zer Gerwerren (1304, 237 238 Gärwerra <?page no="124"?> Raron). Diminutive sind ts Gäärwerli (Grächen, Mund) und im Plural di Gärwilini (Saas-Almagell). Ein Namennest bildet sich in Bürchen um den Weiler Ze Gäärwerru, der unklar ist - handelt es sich wirklich um den Pflanzennamen oder doch um eine Siedlung ‘ bei den Gerbern ’ als Berufsname oder als FaN - auch die ältesten Belege sind mehrdeutig (ca. 1280 van den Guerweren)? Zu diesem Weilernamen zu stellen sind di Gäärwermatte, die Gerwersuohn (1781), der Gärwerwaald, die Gerwerwasserleÿtu ᵕ n (1547); auch Gerber Dorff (1685, Bürchen) gehört wohl hieher. ts Gäärwerrutoli ‘ die kleine Mulde mit Weissem Germer ( VERATRUM ALBUM ) ’ (Randa) hingegen ist klar mit dem Pflanzennamen verbunden, ebenso der Gärberruwald (Niedergesteln). Etwas unklar bleibt di Gäruwase ‘ die Wiesen mit Weissem Germer ’ (Mund), das 1819 als Gernwasen erscheint, in Anlehnung an gääre ‘ gern ’ ; möglicherweise könnte aber auch an Gere n ‘ spitzer Streifen Landes ’ (I D . 2, 401, Bed. 6; cf. HL G EER ) gedacht werden. Einen Sonderfall bilden mehrere Belege für der Gälmer (Obergesteln) und ts Gälmer (Ulrichen), das nicht ein Plural zum HL G ALE ist, sondern laut Gwp. Unkraut meint, das bei Ziegen Brechreiz verursacht. Es gehört auch zu Gërmere n (wohl V ERATRUM ALBUM ). In Ulrichen bildet sich um Gälmer auch ts Hinner Gälmer, der Gälmerstafel, Gälmerbärge (FLNK) und an Gelmers Boden (16? ? (ca.)). Es handelt sich hier um ein Gebiet im Ägenetal, das wohl auch als Alpe diente, aber sicher kein Gale ist, während das bernische Gebiet Gelmer (LT, BENB 1, 2, 10 Gälmer; wo eine Ableitung zu Galm angenommen und die Deutung auf Gërmere n abgelehnt wird) namengebend für t Hinnere Gälmerheerner (Oberwald) sind. In Obergesteln finden sich zwei Belege, das schon genannte der Gälmer im Talboden und der Plural ine Gälmer, wo laut Gwp. keine <gälmer> (Pflanzen) wachsen; die Höhenlage (1811 m) und der Bewuchs deuten aber auch nicht auf einen Gale hin. Historisch tritt nur das maskuline jm Gälmer (1673 u. später) auf, sodass wohl die Pflanze V ERATRUM ALBUM gemeint ist. Unbestimmt bleibt ein Beleg von 1472 das Gelmer-Bort ‘ das Bord (Abhang, Böschung) mit V ERATRUM ALBUM ’ (Obergesteln). Gasa Gasa f. ist nur zweimal in Gagranda (Zwischbergen; LT Cagranda, SK Cagrandä) belegt; einerseits ist ein grosses, allerdings nicht mehr benutztes Haus und anderseits ist eine Alpe gemeint. J ORDAN (2006, 392) listet neben Ggagranda auch Ggasa Granda, Ggagraanda auf. Der Flurname ist ein Kompositum aus lat./ it. CASA ‘ Hütte, Haus ’ und dem Adj. lat. GRANDIS , it. grande ‘ gross ’ (RN 2, 8; REW 1728, FEW 2; D EVOTO / O LI 2020, 382 s. v. casa). Das dialektale ca ‘ Haus ’ ist in LSI (1, 551 ss.) belegt. Gasel Gasel f. ist einerseits 1356 in Ried-Mörel als Gaselmatta ‘ die Hauswiese ’ belegt. Vermutlich gehört das HL zu lat. CASALE ‘ zum Haus gehörig ’ (BENB 1, 2, 28). Anderseits ist der Gaselwäg ‘ der Weg bei der Villa Cassel ’ (Ried-Mörel) belegt, das nicht hieher gehört, sondern zum HL C ASSEL (FaN) zu stellen ist. Gaseten Gaseten ist nur in einem historischen Beleg von 1586 als die Gaseten ‘ die kleinen Häuser / die kleinen Teile von Getreidescheuern / wo Gras wächst ’ (unklar) belegt. Das Dokument spricht davon, dass die Leute gemeint sind, die diesseits der Turtmänna am Ort, der die Gaseten genannt wird, wohnen. Das spricht für den östlichen Teil von Turtmann. Ein romanischer Name müsste zum Etymon lat. CASA ‘ Hütte ’ (FEW 2, 449 ff., wohl mit dem Suffix / - ITTA / / / - ITTU / ) oder zu lat. CAPSU mit dem Suffix / - ITTU / (cf. G PSR 3, 520 s. v. chesset ‘ Teil einer Getreidescheuer ’ ) gestellt werden; beide sind allerdings in der Westschweiz nur selten belegt. Möglich ist auch ein Zusammenhang mit Grasatmi (1424), Grasseten (1752) und in den Graseten (1817) zum lebenden Beleg di Grasete, die deutlich östlich von Turtmann liegen. Ob die Ableitung von Gras, die hier vorliegt, eine Verdeutlichung des nicht mehr verstandenen Gaseten darstellt, ist unklar. Gasner (FaN) Gasner (FaN) ist als Gasner, Gasser, de Vico belegt Er betrifft mehrere Familien des Oberwallis, aber ohne bekannten Zusammenhang (AWWB 105). Das Simplex des FaN ist in Unterems als Zen Gasneru (auch LT Ze Gasneru) belegt; die ältesten Belege von 1636 u. später haben Zen Gasnern und verwandte Formen. Das F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ kennt sie jedoch nicht. In Unterems sind weiter Gaasneru Eggu ‘ die Ecke der Familie Gasner ’ , Gassnero Gu ᵉ tter ‘ die Güter der Familie Gasner ’ (1560, Unterems), Gasneruhalte ‘ die Halden bei Ze Gasneru (bei der Familie Gasner) ’ , in den Gasner Matten ‘ in der Wiese der Familie Gasner ’ belegt. Dazu kommen Oberems ts Gaasalpji ‘ die kleine Alpe der Familie Gasner (laut Gwp.) ’ und der Gaasuwald ‘ der Wald beim Gasalpij (kleine Alpe der Familie Gasner) ’ . In Ergisch ist 1707 z Gasen Schirlÿ ‘ die kleine Scheuer der Familie Gasner ’ belegt. In Salgesch ist 1494 von magna Gasnerraz die Rede: es handelt sich um ein Grundstück in campo duran (Tschangerang) und es lässt sich als ‘ der grosse Besitz der Familie Gasner ’ verstehen. Es bleiben zwei Belege aus Grengiols: t Gaasematta ‘ die Wiese der Familie Gasner ’ und der Gaasewald ‘ der Wald der Familie Gasner ’ . Beide befinden sich beim Gasa 239 240 <?page no="125"?> Gasiwald (LT, FLNK) und etwas tiefer bei der Gasematta (LT, FLNK). Die nächstliegende Deutung bezieht sich auf den FaN Gasner; eine romanische Grundlage ist hier sehr unwahrscheinlich. Unklar ist weiter Gansererun (1643, Ausserberg, mit weiteren Versionen, aber alle mit / n/ vor dem / s/ ). Es dürfte sich wohl um ein Stück Land handeln, das der Familie Gasner gehörte (cf. aber HL G ANSNERRIN PN). Gassa Gassa f. ‘ Gasse ’ ist zu schwdt. Gass f. ‘ Gasse, Durchgang zwischen Häuserreihen (oder sonstige Erhöhungen), gepflastert oder nicht ’ , 1) wie nhd. 2a) ‘ mit Rasen bewachsener Feldweg ’ 2b) ‘ tief ausgewaschener Weg, alter Hohlweg ’ (I D . 2, 449 f.) zu stellen. Die wdt. Form Gassa, Gassu ist zweisilbig (G RICHTING 1998, 84) Daraus abgeleitet sind die FaN Gasner und Gasser, in latinisierter Form de Vico (cf. AWWB 105), sowie An der Gassen; es ist nicht immer klar, ob ein Familienname vorliegt oder nicht. Die Belege sind deswegen zusammengenommen. Den lateinischen Appellativen strata ‘ Strasse ’ , via ‘ Weg, Strasse ’ und vicus ‘ Dorf, Gasse ’ entsprechen die deutschen Ausdrücke Gassa, Straass und Wäg und deren Diminutive. Im Allgemeinen ist Straass eher gebraucht für die grosse Landstrasse (lat. VIA REGIA ) und, in neuerer Zeit, für die breiten Strassen in grösseren Gemeinden, sowie für neuere Strassenverbindungen zwischen dem Tal und Bergdörfern. Gassen sind dagegen meist kleinere, manchmal gepflasterte, manchmal eingezäunte oder mit Einfriedungen versehene Verbindungswege zwischen oder innerhalb von Gemeinden oder Dorfteilen. Wege sind häufig schmaler, weniger breit und weniger ausgebaut als Gassen oder gar Strassen. Im Einzelfall können aber die Bezeichnungen auch ausgetauscht werden. Das Simplex Gassa ist meist verbunden mit einer Präposition wie In, Zu, Unner, Ob mit einer obliquen Form im Singular oder Plural (was in der geschriebenen Form nicht immer unterscheidbar ist, wenn der Artikel fehlt); einen Sonderfall stellt Zwisched Gasse ‘ zwischen den Gassen ’ (Ulrichen) für ein Gebiet zwischen zwei Gassen dar. Als Diminutiv tritt Gässi auf, daneben Gässilti, Gässji mit den schriftsprachlichen Äquivalenten Gessin, Gessiltin oder Gässelte. Plurale des Diminutivs fehlen. Adjektivische Konstruktionen mit Gassa als Grundwort sind das häufige Alt Gassa ‘ alte Gasse ’ , sowie Gmeine Gasse ‘ Gasse, die der Gemeinde gehört ’ , zem Grossu n Gässi (Raron), Engi Gassa, Holi Gassa ‘ Hohle Gasse (Gasse, die in einer Höhlung oder Einbuchtung verläuft) ’ , Lengi Gassa, Ober Gassa, Undri oder Unner Gassa, Teiff Gassa ‘ tiefe Gasse ’ , Voder Gassa ‘ vordere Gasse ’ und Wiit Gassa ‘ weite Gasse ’ (die Belege sind typisiert). Sehr häufig sind Konstruktionen mit Gassa oder Gässi als Grundwort und Ortsbezeichnungen als Bestimmungswort, die angeben, woher bzw. wohin eine Gasse führt. Öfter kommen vor Alpgassa oder Aupgassa ‘ der Weg zur Alpe ’ , Bärggassa ‘ der Weg auf das bergwärts gelegene Gebiet ’ , Bielgassa ‘ der Weg zum Hügel ’ , Bingassa ‘ der Weg zur Bina (Pflanzplatz), Chrizgassa ‘ Kreuzgasse ’ , wobei hier eine Gassenkreuzung ebenso gemeint sein kann, wie eine Gasse bei einem Weg- oder anderem Kreuz, Erilgassa ‘ die Gasse zu / bei den Erlen ’ , Geissgassa ‘ die Gasse, durch die man die Ziegen treibt ’ , Hergassa ‘ die Gasse, an der der Pfarrher wohnt ’ , Miligassa ‘ Gasse von / zu der Mühle ’ , Spitaal- oder Spittelgassa ‘ Gasse vom / zum Spital / Spittel ’ , Treichgassa ‘ Gasse, die zur Tränkstelle führt ’ und viele andere mehr. Nicht ganz einfach sind Staaldgassa und Stutzgassa; sowohl Staald-, als auch Stutz bezeichnen steile An- oder Abstiege. Wenn es sich um sogenannte Kopulativkomposita handelt, dann ist die Gasse selbst so ein Stalden oder ein Stutz; wenn nicht, dann führt sie zu einem Stalden oder einem Stutz. Auf Grund der Angaben und auf der Karte lässt sich hier meist nichts Genaueres sagen. Selten sind adjektivische Erweiterungen wie ts Chlei Feitierugässi und ts Groos Feitierugässi (beide Leuk) ‘ das kleine und das grosse Gässchen nach Feithieren (Ortsteil von Leuk) ’ . Geradezu ein Gegensatz scheint zunächst die Alten Junggassen (1653, St. Niklaus) zu sein, doch ist hier die Alte Gasse zur Alpe Jungen gemeint. Einen seltenen Fall mit nachgestelltem Genitiv (wenn wir richtig sehen) ist zer Gassen Rubiltin (1633, Martisberg) ‘ zur Gasse des kleinen Rubi ’ , wobei Rubi wohl ein PN oder ein FaN ist. Seltener ist Gassa als Bestimmungswort. Belegt sind etwa Gassenmatte (1543, 1679 Birgisch) ‘ die Wiese bei der Gasse ’ , in den Gasso Achra ‘ in den Äckern (bei) der Gasse ’ (1744, Erschmatt), Gassunachra ‘ die Äcker im Gebiet Gassun ’ (Blatten), Gassu Bodu ‘ der Boden beim Dorfteil zer Gassu ’ (Leukerbad) oder das Gassewägi ‘ kleiner Weg zum Gebiet Gasse ’ (Oberwald). Etwas unklar ist Gassen Schnitten (Bister) ‘ die Streifen Landes bei der Gasse ’ . Auch in Oberwald ist belegt Gasseteil ‘ das der Famile (an der) Gassen zugeteilte Gebiet ’ ; hier ist also vermutlich ein FaN vertreten. In Gassero Ledi, Gassero Halta, Gassero Wier (alle Ried-Brig) sind die Einwohner der Gassa, eines Dorfteils von Ried-Brig, gemeint; ähnlich ist wohl Gasseraloch (Ried-Brig) zu werten. Bei Gassero Wald (Stalden) könnte ein FaN Gasser vorliegen, ebenso in Gasserwaaldji (Naters). Gässi als ‘ enger Durchgang im Gebirge ’ ist in Gässijoch und Gässispitz (beide Oberems und St. Niklaus) vertreten. Nur einmal ist ein vorangestellter Genitiv vom Typ Gassigo (Eischoll) zu finden, der Beleg ist sonst latei- 241 242 Gassa <?page no="126"?> nisch: Alpem gassigo ‘ die Alpe der Leute von Gassen / der Familie Gassen ’ . Gasseling Gasseling ist als lebender Beleg für Albinen von FLNK aufgeführt. M ATHIEU (2006, 41) kennt es als Ggasseling. Vermutlich gehören auch historische Belege von 1657 au Cahseling und 1697 im Casselin dazu, die zum HL C AS- SELIN und zum FaN G ASNER gestellt werden. Auffallend ist, das anlautendes / k/ hier nicht zum sonstigen / sch/ oder ähnlich wurde. Das spricht eher gegen ein romanische Herkunft, sodass der FaN Gasner (cf. HL G ASNER (F A N)) wohl auch hier als Besitzername eines kleinen Gutes zu verstehen ist. Gasser (FaN) Gasser (FaN) ist der FaN Gasser, auch Gasner, de Vico, etc. und benennt mehrere Familien des Oberwallis (AWWB 105). Gasser kann auch Herkunftsname zu Gassa ‘ die Gasse ’ sein. Das gilt etwa zu den Belegen in Cumulo Gassero ‘ auf dem Hügel der Leute vom Ortsteil Gassa / der Familie Gasser ’ (1709, Ried-Brig), in Gassero Halten ‘ in der Halde der Leute vom Ortsteil Gassa / der Familie Gasser ’ (1679 (ca.), Ried-Brig), apud Gassaro Ledin ‘ bei der Ledi (Aufladestelle) der Leute vom Ortsteil Gassa / der Familie Gasser ’ (1393, Ried-Brig), Gassero Wÿer ‘ der Weiher der Leute vom Ortsteil Gassa / der Familie Gasser ’ (1716, Ried-Brig), die alle zum HL G ASSA gestellt sind. Auch in Gassero Walt ‘ im Wald der Familie Gasser / der Leute von der Gassa ’ (1761, Naters; 1685, Stalden) gehört hieher. In allen Fällen liegt ein vorangestellter schwacher Genitiv Plural vor. Einen starken Genitiv Singular findet man in Gassers Stadoll ‘ der Stadel der Familie Gasser ’ (1743, Gampel) und in Gassners Matten ‘ in der Wiese der Familie Gasser ’ (1762, Turtmann). Einen schwachen Genitiv Plural hat Gassern Bau ᵕ mgarten ‘ der Baumgarten der Familie Gasser ’ (1862, Naters). Eine / - ERE / -Ableitung (S ONDEREGGER 1958, 471 ff.) findet sich in Zen Gassneren ‘ bei den Gütern der Familie Gasser ’ (1685, Oberems). Gast Gast m ist zu schwdt. Gast m. ‘ Gast ’ , amhd. gast (I D . 2, 483 f.) zu stellen; bei G RICHTING (1998) findet sich kein Eintrag. Sicher hierzu gehören der Gaschthof und historisch 1452 Gasthus, 1609 Gasthuss in Simplon-Dorf; die beiden Namen gehören wohl zum gleichen Gasthaus. Die Namen Gast-Matten (1868, Feschel) und Gastmettilti (1544 u. später, Brig) gehören wahrscheinlich zu Gast als Fremdling, dem eine Wiese oder eine kleine Mähwiese gehörte. Gaster Gaster ist nur als im Gaschterlin (Blatten) belegt. Es handelt sich um den Teil der Alpe Aana auf ca. 2240 m. Soweit erkennbar, befindet sich dort kein Gebäude. Dennoch scheint es zu schwdt. Gast(e)re n f. ‘ enger, mit Balken eingefasster Verschlag auf dem Heuboden, unter dem Dach, über dem Melkgang einer Alpensennhütte, wo die Hirten ihr Notlager haben ’ (I D . 2, 486; BENB 1, 2, 31) zu stellen zu sein, hier aber wohl metaphorisch. Ob der Flurname zu lat. * CASTRONO / CASTRONA , wie das H UB- SCHMIED (1940, 17 f.) annimmt, zu stellen ist, bleibt unsicher. Alternativ wäre lat. CASTRUM (FEW 2, 476 ff. s. v. CASTRUM festung) zu berücksichtigen, eventuell in der Pluralform CASTRA ‘ Lager ’ . Im Lötschental sind zwar jüngere romanische Namen selten, ein Lehnappellativ ist aber durchaus möglich. Gasu Gasu ist als lebender Name nur in Gasuried ‘ Gasenried (Weiler von St. Niklaus) ’ (St. Niklaus) belegt. Gasu / Gasen ist die verdeutschte Form von St. Niklaus (Zaniglaas), dessen älteste Form Chouson heisst. K RISTOL ET AL . (2005, 793 f.) gehen davon aus, dass die ursprünglich romanische Form Chouson ab dem 13. Jhdt. langsam vom Patrozinium der Kirche von St. Nikolaus abgelöst wird. Die ältere Form Gasu / Gasen ist offenbar vor der Entwicklung von / g/ > / tz/ im Oberwallis übernommen worden. Die Autoren gehen generell von einem PN Calidius (S CHULZE 1991, 138 u. ö.) aus, der üblicherweise zu Calidionis entwickelt worden wäre. Das setzt voraus, dass die altfranzösische Vokalisierung von / l/ durchgeführt worden ist, was zu einem / a/ in Gasen führte; die Entwicklung von / d/ > / s/ wäre dann sekundär zu erklären. Zu einer Diskussion siehe den Gemeindenamen St. Niklaus. Gatjen (FaN) Gatjen (FaN) ist nur belegt in von der u ᵕ ntern Gatjen Alpe (1851, Brig). Gatjen lässt sich zum FaN Göttier, Gattier et al. (Register der HRBS) stellen und würde dann ‘ die Alpe der Familie Gattier ’ heissen (cf. HL G ETTJA ). Der FaN Gattlen (AWWB 106) wäre nur mit der Palatalisierung (/ l/ > / j/ ) möglich; er ist für Brig nicht belegt. Gattalf Gattalf ist zu lat. * CATABULUM (Nebenform zu lat. CATABULA ) ‘ Niederwerfen, Windbruch, Holzschneise ’ > altrom. *cad ā vel > (mit Lautsubstitution und Lautverschiebung d>t), altalem. *Gattafel, schwdt. Gattafel u. ä. (BENB 1, 2, 32 f.) zu stellen. Dieses Lehnappellativ (nach G LATTHARD 1977) lässt sich am ehesten durch das sonst gebräuchliche Schleif übersetzen. Das Lexem erscheint als Simplex im Singular in verschiedenen Formen als Gatauel (1342, Gasseling 243 244 <?page no="127"?> Bister), Gattalfen (1327 u. später, Naters), Gatolfo (1301 u. später, Raron), der Gattafel (Eyholz), zem Gatlof (1444, Ergisch), am Gattloff (1624, Eischoll), an den Gottafell (1601, Niederwald). Als Simplex im Plural erscheinen jn dÿe Gattlaffa (1587, Betten), di Gotthälffe (Unterbäch; 1396 als Gattalflin), in den Gothelfen (1552 u. später, Naters). Die Formen mit Gott sind wohl fromme Interpretationen des nicht mehr verstandenen Gattafel. Unklar, aber vermutlich auch hieher gehören ts Gatloch (Filet) und im Gattloch (1751, Eischoll), die eventuell durch das Lexem Loch mitbeeinflusst wurden. Sie könnten aber auch zu Ch ā t ‘ Kot; Exkrement von Menschen und Tieren; Kehricht, Schmutz, Unrat ’ (I D . 3, 557) gestellt werden. Bei G RICHTING (1998) ist das Lexem so nicht belegt. Als Bestimmungswort tritt das Lexem Gattlaf in ähnlichen Formen zu den Grundwörtern Acher, Grabo, Egga, Wald und Wasserleita auf. Gattloch und Gattlucht (der Gattluchtwald (Ried-Brig)) sind auch hier vertreten; sie werden zu Gattalf gestellt, auch wenn andere Lexeme mitspielen können. Einen Sonderfall stellt der Genitiv Plural Gatalverro Kromo (1320, Naters, mehrere Varianten) dar: ‘ die eingezäunte Wiese der Leute von Gattalfen ’ , also eine Herkunftsangabe im Genitiv Plural. Gattlen (FaN) Gattlen (FaN) ist zum FaN Gattlen, Gattelen, Cattlun, Catlo, Catlen, Cattlen zu stellen, eine alte Familie von Bürchen und Raron, seit dem 15. Jh. bekannt (AWWB 106). Die Belege enthalten den FaN im Genitiv: ts Gattlusch Balmu ‘ der überhängende Felsen der Familie Gattlen ’ (Hohtenn) und ts Gattlusch Stadol ‘ der Stadel der Familie Gattlen ’ (Stalden). Einen schwachen Genitiv Plural der kollektiven / - IG / -Ableitung zeigen: Gattligo Wald ‘ der Wald der Familie Gattlen ’ (1557, Zeneggen, später andere Formen) und Gatligen Gietji ‘ das kleine Gut der Familie Gattlen ’ (Stalden). Komposita sind ts Gattlugeesch ‘ das Geesch der Familie Gattlen ’ (Raron, oberhalb dem Weiler Geesch) und dr Gattluwang ‘ der Grasabhang der Familie Gattlen ’ (Raron). Unklar bleibt di Gattlafet ‘ die Grasbänder der Familie Gattlen ’ (Törbel), das u. U. auch zum HL G ATTALF ‘ (Holz-)Schleif ’ gestellt werden kann. Gattlo Gattlo ist nur in ts Gattlo (Eischoll) und ts Gattliloch (Grächen) belegt. Der erste Beleg könnte zum FaN Gattlen (cf. HL G ATTLEN (F A N)) gehören, doch sprechen dagegen die Belege von 1396 Zem Gatlane (Eischoll) und 1780 im Gatloss (wobei unklar ist, ob die historischen Belege zum lebenden Namen gehören). Der zweite Beleg ist Gattliloch (Grächen), wohl ein Diminutiv zu Gattlo. Ob ausser dem FaN Gattlen das ältere Gattalf < CATABU- LUM (cf. HL G ATTALF ) eine Rolle spielt, ist fraglich, aber nicht ausgeschlossen. Gattu Gattu ist an zwei Orten belegt: als Name einer Alpe im Lötschental (Kippel und Wiler) mit einem Namennest und isoliert im Kompositum ts Gattuvolch in Niedergesteln. Das Simplex Gattu (Kippel) und die Gattunalpa (Wiler) benennen eine langgezogene Alpe im Gebiet der Gemeinden Kippel und Wiler auf der linken Seite des Lötschentals. Dazu gehören die Komposita ts Gattun Brunnä, ts Gattundmandli, Gattustafel, Gattustapfa, Gattuwald und - komplexer - der Ober Gattustafel und der Under Gattustafel. Eine Deutung von Gattu ist schwer möglich, da alle in Frage kommenden deutschen Wörter, etwa das Verb gatte n ‘ ordnen ’ (I D . 2, 494) oder ‘ passen, paaren ’ (G R W B 4, 1494) und das davon abgeleitete Gatte ‘ zusammen passender Mensch ’ , keine erkennbare Motivation des Namens beinhalten. Auch das rom. cattus ‘ Katze ’ (FEW 2, 515) ist lautlich möglich und könnte auch semantisch (junge Murmeltiere) (cf. HL C HATZA ) passen, würde aber eine frühe Übername (vgl. etwa Gampel) aus dem Romanischen bedeuten. Der Beleg ts Gattuvolch (Niedergesteln) ist zum Grundwort Volch wie in Mannuvolch ‘ die Männer ’ gebildet: es benennt eine felsige Formation oberhalb von Niedergesteln. Der Name findet seine nächste Entsprechung im Ausdruck Gattenvolk der Imkerei - gemeint ist hier ein Bienenvolk mit einer Königin und den Drohnen, mit denen sie sich fortpflanzen wird (Beleg nach www. npz-ev.de/ wp-verein/ npz-geschichte / [14.08.2020IW]); der Ausdruck scheint nur im Norden Deutschlands verwendet worden zu sein. Wenn der Name aus diesem Bereich stammt, wäre er wohl metaphorisch zu verstehen - vielleicht der Weg, der sich so durch den Felsen windet wie eine Bienenkönigin mit den Drohnen fliegt (? ). Weiter gibt es den Beleg Noolevolch, Noolävolch (Goms), Nooluvolch ‘ Narren, Dumme ’ (G RICHTING 1998, 145). Auch hier ist die Deutung unklar, vgl. aber Noll II ‘ einfältiger, blödsinniger Kerl, Narr ’ (I D . 4, 716; im Wallis mit Dehnung). Ob eine der Deutungen zutrifft, kann nicht entschieden werden. Gauen Gauen ist nur einmal belegt in Gauen Wingarto (1310, Niedergesteln). Die Schreibung dürfte für Gaven oder Gafen stehen; die Form scheint ein schwacher Genitiv zu sein, eventuell zu einem PN, möglicherweise eine Kurzform zum FaN Zen Gaffinen (AWWB 49, lat. de Cabanis ‘ von den Hütten ’ ). Da die Deutung unsicher ist, wurde auf den Hinweis auf einen FaN verzichtet. 245 246 Gauen <?page no="128"?> Gauerchin Gauerchin ist nur 1353 in Albinen als au gauerchin belegt. M. S. ist bei der Lesung nicht ganz sicher. Wie P H . K ALBERMATTER (p. c.) mitteilt, kann an Stelle von Gauerchin auch Ganerchin oder Gaverchin gelesen werden. Normalerweise würde ein Name mit anlautendem cain den frpr. Patois, die im 14. Jahrhundert in Albinen gesprochen wurden, mit tsa- oder tschawiedergegeben werden. Es ist allerdings möglich, dass ein anlautendes quaals gaerscheint. Eine Deutung ist jedoch nicht möglich, da einerseits die Lesung unklar ist, und anderseits kein Anknüpfungspunkt gefunden werden konnte. Gaune Gaune Adj. ist nur 1817 in Mund als der Gaúne Acher ‘ der umstrittene Acker ’ belegt. Die Lesung ist nicht ganz sicher. Im Kontext wird der Flurname aúff dem Úndren Kreiz mit einem hyperkorrekten / ei/ geschrieben, sodass auch angenommen werden kann, dass Gaúne verändert wurde. Hdt. Gau wird lokal zu einem langen [u: ] oder [u: w] zu stellen sein. Da ein folgendes [n] im zweiten Fall eher unwahrscheinlich ist, bleibt als Möglichkeit gu: ne. Das ist zwar als Verb im I D . (2, 234) als g ǖ ne n ‘ heulen; sich laut beklagen, sich beschweren; streiten, zanken ’ belegt; die adjektivische Form dazu jedoch fehlt. Die Deutung als ‘ umstrittener Acker ’ ist aber zumindest wahrscheinlich. Gaussere Gaussere f. ist nur einmal 1801 in Eisten als u ᵕ nter der Gau ᵕ sseren belegt. Der Name ist in dieser Form nicht dialektal. Der Diphthong / au/ geht entweder auf ein langes / u: / zurück (das seinerseits im Walliserdeutschen aber zu / ü: / palatalisiert worden wäre), oder es handelt sich um ein Produkt des Staubschen Gesetzes, was zu einer Form *Ganserre führen würde. Das Tier Gans ist zwar im alpinen Raum unbekannt, es gibt aber den FaN Gasner, auch Gasser, latinisiert auch de Vico (AWWB 105), der vielleicht auch 1348 als Ganssner in Unterems belegt ist. Zu diesem Namen könnte später ein sonst nirgends belegtes Gausser entstanden sein. Gaussere wäre dann das Gebiet, das dem Ganssner gehört. Die Endung auf / - ERRA / (S ONDEREGGER 1958, 471 ff., bes. 478 ff.) für „ Besitz oder Wohnsitz des Trägers des betreffenden FaN “ ist gut bekannt. Dennoch bleibt die Deutung sehr spekulativ. Ein Zusammenhang mit dem alten Namen Gasen von St. Niklaus ist schon von der Lage von Eisten her kaum anzunehmen. Gavanon Gavanon ist 1337 in Bratsch als zen Gavanon ‘ bei den Hütten ’ belegt; es liegt bei Ängersch (apud ancheres), wie das Dokument sagt. Die Präposition zen ‘ bei den ’ ist deutsch, das HL ist dt. Gafene ‘ Hütten ’ (cf. HL G AFENE ). Dieses wiederum wird auf lat. CAPANNAS ‘ Hütten ’ zurückgeführt. Es sind hier also eine deutsche Präposition und ein deutsches Lehnwort involviert, das auf eine lat. Grundlage zurückgeht. Die Falschlesung Guvanon muss durch Gavanon ersetzt werden (P H . K ALBERMATTER , p. c.). Geburt Geburt f. ist zweimal historisch in Blatten (Lötschen) als in der Gebyrd (1616) und in der Gebúrtt (1646) belegt. In beiden Fällen handelt es sich um ein Stück Wiese. Vermutlich geht es um eine Form G e -bürt (I D . 4, 1352), die nach I D . (4, 1531) auf Ge-bür 2 zurückzuführen ist und meint „ was sich gebührt, Schuldigkeit, Pflicht “ . Diese Deutung ist für einen Flurnamen eher ungewöhnlich; gemeint ist wohl ‘ das gebührliche Gebiet ’ , also das Gebiet, das jemandem gebührt oder zukommt. Hdt. Geburt (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 338) trifft nicht zu. Gedersch Gedersch ist ein starker Genitiv, der nur in Törbel als Zangedersch ‘ das Gebiet des heiligen Joder (wohl St. Joder Patrozinium von Törbel) ’ (Törbel, FLNK Zangeedersch) und Zangeedersch Bord ‘ das Bord (Abhang, Böschung) bei Zangeedersch (wohl Sankt Joder, Patrozinium von Törbel) ’ (Törbel) belegt ist. Gwpp. nennen den gleichen Ort der Stotzund Brand ‘ das steile Gelände, das brandgerodet wurde ’ (Törbel). In Törbel ist 1542 die Kapellen Sant Jodren erwähnt, die unter dem HL J ODER (PN) belegt ist. Das HL Z ANGEDERSCH oder Z ANGEEDERSCH besteht aus der Verbindung von Sankt ‘ heilig ’ und Geeder (< Joder < Theodor), wobei das / g/ aus einer Assimilation von auslautendem / t/ und anlautendem / j/ entstanden ist. Das betonte / e/ dürfte aus einer Entrundung eines älteren / ö/ entstanden sein. Zu J ODER vgl. I D . (3, 11 f.), wo auch ein / ö/ belegt ist. Die Motivation für den Namen für eine hochgelegene Flur (ca. 2110 m) ist unklar, doch sind in Zermatt unter dem Namen Theodul mehrere hochgelegene Orte benannt (cf. HL T HEODUL (PN)) und der Heiligenname Joder wird oft als Personenname verwendet (cf. HL J ODER (PN)). Geduirne Geduirne ist nur 1309 in Niedergesteln als ze dem Gedv ᵢ rne ‘ bei dem Dorngestrüpp ’ belegt. Es ist zum Kollektiv Gedörn ‘ Dorngestrüpp ’ (I D . 13, 1645) zu stellen, wo auf mhd. gedürne verwiesen wird. G RICHTING (1998, Gauerchin 247 248 <?page no="129"?> 59) kennt nur die einfache Form Doore, Doorä (Goms), Doora (Mattertal), Doorn (Lötschtal), Dooru ‘ Dorn ’ (cf. HL D OORE ). Geedla Geedla ist belegt als zer Geedla (Täsch; LT Zer Geedla, FLNK Gedla) ‘ bei der Geedla ’ . Der Beleg ist auffällig, weil sonst in diesem Gebiet postkonsonantisches / l/ palatalisiert wird (also Geedla -> Geedja) und weil üblicherweise Feminina auf [-a] im Obliquus hier als [-u] erscheinen. Inhaltlich handelt sich um eine Hütte auf etwa 1640 m. Eine Deutung ist nicht möglich; ein Zusammenhang mit dem HL G ETTJA ist kaum gegeben, aber nicht auszuschliessen. Ob der Flurname zu godle n , gödle n ‘ schwanken, bes. von einer Flüssigkeit in einem bewegten Gefäss; kollern ’ (I D . 2, 122) zu stellen ist, ist unklar. Wenn ja, würde dann hier eine Hütte gemeint sein, deren Boden schwankend ist. Geengionen (PN) Geengionen (PN) ist nur einmal 1547 in Mund als super der Geengionen (? ) Hechin vnder der Badtwasserleÿtten ‘ über der Höhe der Leute des Gengel unter der Badwasserleite ’ belegt. Bei der Badtwasserleÿtten handelt es sich wohl um di Badneri (2) (Nr. 20512), wo sich auch eine Heeji ‘ Höhe ’ befindet. I D . (2, 362 s. v. Gangel) stellt das Wort zum PN Wolfgang und enthält auch Formen wie Gäng und Gengel. Geengionen könnte dann eine Form zu einem PN oder Beinamen Gengel, im Genitiv Plural Geengionen sein, zu verstehen als ‘ die Höhe der Leute des Gengel ’ . Diese Deutung ist aber sehr spekulativ. Geenu Geenu ist zu Geenubiel ‘ am steilen Hügel ’ (FLNK, Bürchen) zu stellen. LT zeigt den Namen südlich von Wüer auf etwa 1370 m Höhe. Geenu ist ein Adjektiv, das zu schwdt. gach (I D . 2, 99 ff. Bed. 4 ‘ steil abfallend oder ansteigend ’ ) und wdt. gää, gee ‘ steil ’ (G RICHTING 1998, 83) zu stellen ist. Die historischen Belege zeigen am, an dem und auf dem, also jeweils mit Dativ, sodass ‘ am steilen Hügel ’ die zutreffende Deutung ist. Geer Geer m. f. n. ‘ spitzer Streifen Landes ’ ist zu schwdt. Ger(e n ) ‘ spitzer Streifen Landes, in einem spitzen Winkel verlaufendes Grundstück, dreiwinkliger Acker ’ , zu amhd. g ē r(e) ‘ Wurfspiess, keilförmiges Stück, Schloss, Saum ’ (I D . 2, 400 f. (Bed. 6); BENB 1, 1, 44; URNB 1, 1284) zu stellen. Das HL fehlt im Bezirk Leuk. Das HL stellt einige Rätsel. Es kommt als Simplex im Singular ts Geer (Münster, Reckingen) vor; das Neutrum ist hier wohl ein Kollektiv wie in ts Ta ‘ der Tannenwald ’ . Als sicheres Maskulinum erscheint es in der Geere (Fieschertal, Niederwald, Oberwald, Ritzingen, Selkingen und Steinhaus). Unklar, ob ein Plural vorliegt, sind di Geere (Simplon, Randa). Es gibt weiter der Geero (Stalden) und der Geeru (Saas-Almagell, Unterbäch). Die historischen Belege sind mehrdeutig: Gehren (1816, Ernen), das aber auch Gerlinon (1469), im Geren (1531) und im Gehrÿn (1816) hat. in Geren (1568, Ausserberg) lässt kein Genus erkennen. Eine ganze Reihe historischer Belege hat Gero (1491, Biel; 1388, Mund; 1289, Staldenried; 1393 Termen; 1435 u. später, Zermatt). jm Geru (1304, Visperterminen) ist deutlich maskulin. Eine Reihe von Belegen zeigt den Diminutiv Singular ts Geeri ‘ der kleine spitze Streifen Landes ’ (Bellwald, Fieschertal. St. Niklaus (mehrfach), Zwischbergen) und einmal als Gehri (Eggerberg). Nicht hieher gehört ts Geri (Unterbäch) mit betonter Zweitsilbe und kurzem / e/ ; es ist wohl zum HL G RII zu stellen. am Gerli (1372, Biel) ist ebenfalls Diminutiv Singular. Der Plural des Diminutivs ist belegt als in den Gerinen (1629, Baltschieder) und di Gerlini (Visperterminen), resp. di Geerlini (Törbel). Attributive Adjektive zum HL finden sich in ts Ober Geer ‘ der obere spitze Streifen Landes ’ (Reckingen), im Obren Gern (1593, Fieschertal), ts Unner Geer (Reckingen), im Vndren Gern (1593, Fieschertal), im Vndren Geerÿ (1637, Fieschertal). Als Grundwort in Komposita kommt das HL nicht vor. Als Bestimmungswort bildet es vor allem in Oberwald und Fieschertal grössere Namennester. In Fieschertal ist dieses Nest um das Simplex der Geere gruppiert, zu dem es der Hinner und der Voder Geerbach, sowie der Geerstäg gibt. im Obren Gern (1592 u. später) und im Vndren Gern (1593) gehören wohl auch hierzu. Ein zweites Simplex ts Geeri ist an einem andern Ort; hierzu ist historisch im Vndren Geerÿ (1637) belegt. In Oberwald ist das Namennest mit der Siedlung Geere am Anfang des Geeretal verbunden. Der Name des Gerental (Oberwald), das historisch als Agerental (ab 1397 bis 1764) belegt ist (bestätigt von P H . K ALBERMATTER (p. c.)) und die Alpe Ageren, die 1548 als in Alpe Agerun (Oberwald) belegt ist, aber ab 1864 als Gerenalp erscheint, deuten auf einen Wechsel hin. Dieser Wechsel ist nicht erklärt; am ehesten dürfte der Anlaut / a/ als Präposition ‘ an ’ verstanden und abgetrennt worden sein (cf. HL A GER ). Das Namennest umfasst bim Geerechäller ‘ beim (Käse-)Keller der Gerenalpe ’ , der Geeregletscher ‘ der Gerengletscher unterhalb des Gerenhorns ’ , ts Geerehore ‘ das Gerenhorn (Gipfelname) benannt nach der Gerenalpe ’ , ts Geereloch ‘ das Loch (Schlucht) des Gerenwassers (Bach aus dem Gerental) ’ , Geerepass (FLNK) ‘ der Gerenpass (LT Östlicher Gerenpass) ’ , Geere Schattehalb 249 250 Geer <?page no="130"?> (FLNK) ‘ die Schattenseite des Gerentals ’ , Geeretal ‘ das Gerental ’ , Gerenweg ‘ der Weg von / nach Geren (spitzer Streifen Landes) ’ (1736), ts Geerewasser ‘ Bach im Gerental ’ , der Geernerwald ‘ der Wald beim Geere(wasser) ’ , ts Ober und ts Unner Geeredorf ‘ das obere und das untere Dorf im Gerental ’ , der Öschtlich und der Weschtlich Geerepass ‘ der östliche und der westliche Gerenpass ’ . Ausgangspunkt des Namennestes scheint die Kleinsiedlung Geere zu sein, die auch Geeredorf heisst. Weitere Grundwörter zum HL sind: Alpa, Bäärg, Bodu, Grabu, Hubel, Matta, Spitz, Stutz, Wald und Wasser. Komplexer ist die Gerwasserleita ‘ die Wasserleitung vom / zum Geer ’ (1783, Bitsch). Schwierig zu erklären ist im Geerig (Obergesteln). Es könnte sich hier um den PN oder FaN Gerung, auch Gerig (cf. HL G ERUNG ) oder um eine kollektive / - IG / -Ableitung zum HL G EER handeln. Letzteres ist allerdings eher unwahrscheinlich, da es um ebene Wiesen im Talboden des Rotten geht. Geesch Geesch ist der Name eines Weilers Geesch bei Raron und Niedergesteln. Zwar ist zu Geesch ein Beleg von 1616 am Geschin gestellt, doch handelt es sich hier um einen Weinberg bei St. German auf der Ostseite von Raron, nicht auf der Westseite. Hingegen scheinen einige historische Belege, die heute dem Weiler Giäsch (Steg- Hohtenn) zugeschrieben werden, zu Geesch zu gehören. So haben die ältesten Belege 1301 an dem Gues und 1302 am Ges, was eher auf Geesch hindeutet. Dagegen ist 1309 Giezo zu Giäsch zu stellen. Der Beleg apud Guers (1320) erwähnt eine Wasserleitung, die hieher führt - das passt zu beiden Weilern. Neben dem Simplex Geesch sind belegt: ts Gattlugeesch ‘ das Geesch der Familie Gattlen ’ (oberhalb Geesch selbst gelegen), Go ᵉ schgassa ‘ die Gasse nach Geesch ’ (1437, Niedergesteln), der Geeschtschuggo ‘ der Felsen bei Geesch ’ (Raron), am Endren Ge ʃ s ‘ am jenseitigen Geesch (Weiler von Niedergesteln) ’ (Niedergesteln), am Mittlen Gösch ‘ am mittleren Geesch (Weiler von Niedergesteln) ’ (1830, Niedergesteln), am Obern Gesch ‘ am oberen Geesch ’ (1799, Raron; 1661 u. später, Niedergesteln), ts Ober Geesch ‘ das obere Geesch ’ (Niedergesteln, zweimal), ts Unner Geesch ‘ das untere Geesch ’ (Niedergesteln). Vermutlich liegt dem Namen rom. CASA ‘ Hütte ’ (FEW 2, 449 f.) zu Grunde, wobei die Entwicklung von betontem / a/ zu / ee/ erklärungsbedürftig bleibt; vgl. auch Gäschi ‘ Hüttchen; kleines, schlechtes Haus ’ (I D . 2, 479) und HL G ÄSCHI . Geezi Geezi ist nur als der Geeziacher ‘ der Acker des Geezi ’ (Randa) belegt. Gwp. sagt, <geezi> sei vielleicht ein Übername. Als solcher ist er entrundet entweder zu Götz II (I D . 2, 582) oder zu Pankratius (I D . 2, 573) zu stellen. Der Acker befindet sich auf rund 1800 m. ü. M.; auf SK ist er im waldfreien Gebiet; heute ist der Ort überbuscht. Das HL G EEZI ist auf VSNB violett eingefärbt, weil vermutlich, aber nicht sicher ein PN vorliegt. Gef Gef m./ n. ist zu schwdt. Verb gaffe n ‘ schauen, zuschauen ’ und dem wdt. gaffe, gaffä (Goms, Lötschental), gaffu ‘ gaffen, herumschauen ’ (I D . 2, 127, mit Ableitung Gäff; G RICHTING 1998, 84) zu stellen, und meint wohl einfach ‘ Aussicht ’ . Es ist für Guttet und Feschel 1810 als auf dem sogenanten Hochen Gef belegt (cf. HL G AFF ). Geheimnus Das HL ist als Keimnussji ‘ der kleine Bildstock mit den Darstellungen der (Rosenkranz-)Geheimnisse ’ (FLNK, Salgesch) nur einmal und im Diminutiv belegt. I D . (2, 1281) kennt das Wort Geheimnus, aber nicht in der hier vorliegenden Bedeutung. M ATHIER (2015, 71) beschreibt den Bildstock und sagt, dass es sich beim Bildstock um Darstellungen der Rosenkranzgeheimnisse handle. Er gibt als weitere Aussprachen Kimbussji und Kimnussji. Wie G R W B (5, 2360, s. v. Geheimnis n., f.) ausführt, wird das Wort von Luther in religiöser Sprache für das griech. Mysterion, lat. M YSTERIUM verwendet. Die Rosenkranzgeheimnisse betreffen insgesamt fünfzehn (heute: zwanzig) Glaubensereignisse, die in das Ave Maria eingefügt werden und sich traditionell in den freudenreichen, den schmerzhaften und den glorreichen Rosenkranz gliedern. Papst Johannes Paul II. fügte 2002 den lichtreichen Rosenkranz hinzu. Gehüt Gehüt ist nur 1744 als Reckiger Gehüt ‘ die Hut von Reckingen ’ belegt. Das Dokument spricht von einem Stück Land zwischen dem Kúhethall (Chietal) und dem Reckiger Gehüt. Zu stellen ist der Flurname wohl zu schwdt. G e hüet n., wohl zu verstehen als ‘ wo das Vieh von Reckingen gehütet wurde ’ . Das machmal hdt. verwendet Hut, schwdt. Huet II als ‘ Teil einer Gemeinde ’ (I D . 2, 1793, Bed. 5) liegt ebenso nahe wie Bedeutung 4. ‘ [d]ie Herde der Gemeinde ’ (für das Wallis bezeugt). Geimmu Geimmu (Naters) ist der Name eines Weilers im Natischerberg, er wird lebend mit der Präposition ze (phonetisch ts) verwendet, die fest ist, in den historischen Geesch 251 252 <?page no="131"?> Belegen ohne Präposition. Historisch ist der Ort um 1207 als Goimuna, 1327 in dy`n Gu ᵛ mun, 1343 ab Gommo, 1399 apud Goy`mon benannt. Später wird der Name entrundet zu Geim- (ab 1526 Geymon). Die ältesten Belege deuten auf einen romanischen Namen, der zu *gaumjan (FEW, 16, 26) zu stellen ist und wohl einfach ‘ Schaum, Gischt ’ meint. Der Weilername bedeutet dann ‘ Ort, wo die Bäche zusammenfliessen ’ (Kelchbach und Bruchji). Deutungsversuche mit dem dt. Stamm Gaum-, ursprünglich wohl das Verb ahd. goumen ‘ hüten, sorgen für ’ (I D . 2, 299 ff.) - sind kaum zutreffend, da eine Entrundung nach der Palatalisierung hätte stattfinden müssen. I D . (2, 301) verweist auf einen Flurnamen Gaumberg im Saanenland, der aber im BENB nicht verzeichnet und daher auch nicht gedeutet worden ist. Neben dem HL als Bestimmungswort sind die folgenden Grundwörter in zweigliedrigen Komposita belegt: Blatt, Gufer, Hooru und Matta (alle Naters). Die Ableitung Jm Geiminer (1665) in Raron ist - anders als andere Bildungen - nicht direkt auf den Weilernamen zurückzuführen. Es könnte sich aber um einen Herkunftsnamen handeln (das Grundstück der Familie aus Geimen). Hinweise darauf sind allerdings nicht belegt. Geisantli Geisantli n. ist nur als ts Geisantli (Leukerbad, FLNK Geissantli) belegt. R. G RICHTING (1993, Blatt 9, Nr. 24, Blatt 10, Nr. 47 und Blatt 11, Nr. 42) kennt es als Geyssantli. Laut Gwp. handelt es sich früher um Äcker, heute erlegen und überbaut; auf SK befindet sich dieses Gebiet deutlich ausserhalb des damaligen Dorfes. Wenn der Name ein Kompositum ist, kann der erste Teil als Bestimmungswort zu Geiss ‘ Ziege ’ (I D . 2, 454) gestellt werden; der zweite Teil Antli als Diminutiv lässt sich als Grundwort zum PN Anna (I D . 1, 260) oder zum PN Anton (I D . 1, 350) stellen. ts Geisantli wäre dann ‘ der Acker der Ziegen-Anna oder des Ziegen-Anton ’ . Inhaltlich beschreibt R ÜBEL (1950, 96) den Vorgang detailliert; der Geisshirt, der vom Gemeinderat gewählt wurde, führte die Ziegen aus dem Dorf auf die Weide und wieder zurück. Er erhielt dafür von den Ziegenhaltern zu essen. Die vorgeschlagene Deutung gilt nur für ein Kompositum. Für eine Deutung als Einheit liegt kein Anknüpfungspunkt vor. Geischi Geischi n. ist in Unterbäch als ts Geischi, in Blatten als zem Geischin und di Geischischiirä ‘ die Scheuern bei zem Geischin ’ belegt. Obwohl sich zum HL G EISS ein Diminutiv ts Geischi bilden liesse, ist dieses nirgends belegt. In Unterbäch wird in einer Quelle von 1655 jm Gänsy angenommen. I D . (2, 369 s. v. Gans) führt zwar aus, dass Gänse im Gebirge unbekannt waren, zitiert danach aber eine Reihe von Belegen, die zeigen, dass von Gänsen (z. B. auch Schneegans) früher die Rede gewesen sei. SDS (2, 133) zeigt, dass das Wort im Wallis zwar bekannt war (ausser in den Vispertälern), aber nicht dem Staubschen Gesetz (Vokalisierung von n vor einem Reibelaut) unterliegt. Die Form aus Unterbäch könnte also durchaus auch hyperkorrekt sein. Dennoch bleibt die nächstliegende Annahme eine vokalisierte Form Geisch- ‘ Gans ’ mit Verschiebung von / s/ zu / š / , die hier in einem kleinen Gebiet (Unterbäch, Blatten) erhalten geblieben ist. Geislig Geislig f. ist nur als zer Geislig ‘ bei der Kapelle mit der Geisselungszene Jesu ’ (Visperterminen) belegt. Gemeint ist eine Kapelle mit der Darstellung der Geisselungsszene Jesu (Mt 27,26; Joh 19, 1). Das HL ist zu schwdt. Geislig f. ‘ Geisselung, Auspeitschen ’ (I D . 2, 465 f.; G R W B 5, 2622) zu stellen. Geiss Geiss f. ‘ Ziege ’ ist zu schwdt. Geiss f. ‘ Ziege ’ , wdt. Geiss f. (I D . 2, 454 f; URNB 1, 1278; BENB 2, 37; G RICHTING 1998, 85; R ÜBEL 1950, 92) zu stellen. R ÜBEL weist darauf hin, dass Geiss sowohl Gattungsbezeichnung wie Name für eine Mutterziege ist. Ziegen gelten als gewandte Klettertiere, die auf den Alpen sich selbst überlassen werden können. BENB (1, 2, 37) sagt, dass das HL auch „ Bezeichnungen von steilem, wenig ertragreichem Gelände “ meinen kann. Im Wallis spielt Geiss für ‘ Gans ’ (Staubsches Gesetz) keine grosse Rolle (nach SDS 2, 133 Gans: Gänse); Ausnahmen davon sind vermutlich für das HL G EISCHI anzunehmen. Das HL erscheint in rund 150 Namen. Das Simplex t Geiss ‘ Gebiet, das aussieht wie eine Ziege ’ (Binn) ist nur einmal belegt. Einen Genitiv Plural zeigt zer Gey`zso Gadme ‘ beim Gaden (Stall) für die Ziegen ’ (1331, Mörel). Unklar ist beÿ der Geissenen Flúo ‘ bei der Fluh für die Ziegen ’ (1774 (? ), Eggerberg) und dem ähnlichen di Geissinuflüo ‘ die Fluh für die Ziegen ’ (Mund). Es liesse sich zu Geissin ‘ weibliche Ziege ’ (I D . 2, 465) im Genitiv stellen und wäre dann eine Ableitung auf / - I / f. (S ONDEREGGER 1958, 488 ff.) im Genitiv Plural. Einen Sonderfall stellt der Pflanzenname di Geisleitre ‘ wo Geissleitern wachsen ’ (Zeneggen) dar. Gemeint ist wohl das Wald-Weidenröschen (E PILOBIUM ANGUSTIFOLIUM , vgl. M ARZELL 2, 220 und L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 562)). Das sonst gut belegte ts Geissufäld ‘ das Feld für die Ziegen ’ ist laut Gwp. nach dem Bewuchs mit ‘ Geissraafe ’ (S EMPERVIVUM TECTORUM , Dach-Hauswurz, vgl. L AUBER / 253 254 Geiss <?page no="132"?> W AGNER / G YGAX 5 2014, 170) benannt. In anderen Fällen ist es das Feld, auf dem die Ziegen weiden. In weitaus den meisten Fällen ist Geiss Bestimmungswort, meist in zweigliedrigen Komposita. Die Grundwörter sind Acher, Balma, Bäärg, Blatta, Bodu, Chrache, Chromu, Egg(a), Eie, Fad, Fäld, Färich, Gadu, Gassa, Grabu, Graat, Haalta, Hitta, Hooru, Läger, Lamma, Licka, Loch, Matta, Mad, Nälli, Pletscha, Rigg, Schiir, Spitz, Stafel, Stäga, Stall, Strich, Stutz, Tossu, Treije, Trifft, Tritt, Tschugge, Ture, Wäg, Weid und Zunga. In den meisten Fällen kann Geiss ‘ Ziege ’ wörtlich verstanden werden; beim Typ Geissacher ‘ der Acker mit geringem Ertrag ’ ist wohl einfach ein wenig fruchtbarer Acker gemeint. Beim Typ Geisshooru kann ein Bachlauf (geformt wie ein Ziegenhorn) oder ein Gipfelname gemeint sein. Komplexere Konstruktionen sind belegt: ts Chleingeisssänntumji ‘ das kleine Senntum für die Geissen (Ziegen) ’ (Visperterminen), der Gross und der Chlein Geisstein ‘ der grosse und der kleine Stein für die Geissen (Ziegen) ’ (Kippel), die Geiseiuläicha ‘ der Kanal / das Sumpfgebiet bei der Geiseia (Aue für die Ziegen) ’ (Baltschieder), t Geisfadlamme ‘ der Graben beim Felsband für die Ziegen ’ (Münster), t Indri und t Obri Geisbalmu ‘ der innere und der obere Teil des Gebietes beim überhängenden Felsen für die Ziegen ’ (Ausserberg) und andere mehr. ts Geisnieri (Zeneggen) und Geissnierigrabu (FLNK, Zeneggen) zeigen eine Ableitung im Diminutiv, wobei das Ableitungssuffix unklar ist; normalerweise sind Ableitungen auf / - IER -/ romanischen Ursprungs, was jedoch beim Stamm Geisskaum angenommen werden kann. Gedeutet wird es hier als ‘ kleiner Ort, wo Ziegen weideten ’ , aber ohne nähere Analyse der Bildungsform. Der Satzname Wasch di Geiss Zämuleend ‘ wo sie die Ziegen zusammenlassen ’ (Staldenried) benennt wohl den Ort, wo die Ziegen des Dorfes zu einer Herde vereinigt wurden, die auf die Alp getrieben wurde. Geli (FaN) Geli (FaN) ist nur belegt in ts Gelisch Eielti ‘ die kleine Aue der Familie Geli (Gely) ’ (Baltschieder). Es handelt sich um einen Genitiv zum FaN Geli, der in NWWB (1, 116) und im F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (1, 644) seit 1850 für Baltschieder verzeichnet ist, vorher in Naters. Der Name lebt heute in der Schreibweise Gely in Baltschieder weiter. Gemeinde Gemeinde ist historisch belegt als der Gemeindeacker ‘ der Acker, der der Gemeinde gehört ’ (1862, Eggerberg), der Gemeindewald ‘ der Wald, der der Gemeinde gehört ’ (1831, Goppisberg), vor der Gmeindt Ha ŭ s ‘ das Haus der Gemeinde ’ (1652, Oberems; 1745 als vnder dem Gmein Haus). Die Schreibung Gemeinde ist hochdt., Gmeindt ist eine der Schreibungen der älteren Urkundensprache. Die politischen Gemeinden entstehen erst während der Helvetik (www.hls-dhs-dss.ch/ de/ articles/ 010261/ 2013-04-05; [24.3.2020IW]), wozu wohl die ersten zwei Belege passen. Der dritte ist älter und meint das Haus der Burger der Gemeinde. Für das HL G MEI ( N ) wird normalerweise die Übersetzung ‘ der Gemeinde gehörend ’ verwendet; es handelt sich aber meist auch um das lat. COMM Ū NIS ‘ allgemein, der Allgemeinheit gehörend ’ (cf. FEW 2, 961 ff. s. v. COMM Ū NIS allgemein; gemeinsam). Gemmi Gemmi ist einerseits die ältere Form zum lat. CAMMINUS ‘ Weg ’ , das frpr. als chymyng und frz. CHEMIN erscheint (BENB 1, 2, 41), aber unsicher ist; (vgl. weiter FEW 2, 144 ff. s. v. CAMM Ī NUS (gall.) weg; G PSR 3, 479 ss. s. v. chemin). Keine Schwierigkeit bedeutet der Name des Gemmi-Passes in Leukerbad als t Gemmi (Leukerbad, auch FLNK) - allerdings ist unklar, warum das Genus hier feminin ist (das lat. Ausgangswort ist maskulin). Für einen älteren, wohl verstümmelten Namen cf. HL C UR- MILZ . Weiter erscheinen Gemmipass (LT und FLNK), Gemmi-Pass (SK) und der Gemmiwäg ‘ der Weg über die Gemmi ’ (Leukerbad, auch FLNK). Anderseits ist in Randa historisch im 17. Jahrhundert zum Gemmÿ belegt. Das maskuline oder neutrale Genus führt zu Gamme n ‘ Erdhütte, Schutzhütte ’ (I D . 2, 299 mit anderer Herleitung, BENB 1, 2, 13 f.), hier wohl als Diminutiv ‘ bei der kleinen Schutzhütte ’ . Gemscha Gemscha ‘ die Gämse ’ f. ist zu schwdt. Gams f., Gëmschi n., wdt. Gemscha, Gämschi (Goms), Gämscha (Lötschental), Gämschu f. ‘ Gämse ’ , mhd. gams, ahd. gamissa (I D . 2, 321; G RICHTING 1998, 86) zu stellen. Die Benennung geht vermutlich auf das spätlateinische camox ‘ Gämse ’ zurück (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 330; FEW 2, 148). Auch hieher gehört der frühere Gemeindename Gamsu (amtlich Gamsen) mit seinen Flurnamen. Der Ort ist heute Teil der Gemeinde Brig-Glis. Das Simplex im Singular ist nur einmal belegt als t Gams ‘ die Gams ’ (Fieschertal), laut Gwp. Gärten im Talgrund von Fieschertal, wo es kaum Gämsen hat. Es ist zu überlegen, ob hier das lat. CAMPUS ‘ Feld ’ vorliegt, vgl. HL G ANS . Der frühere Dorfname Gamsu ‘ Gamsen ’ (Glis) erscheint 1233 als Gamosun, 1301 als Gamsun und so weiter; der Beleg aus der 2. Hälfte des 13. Jh. apud Chamoson ist romanisch. Da die Gemeinde in der Rottenebene liegt, ist namengebend wohl der Bach Gamsa (Glis, Geli (FaN) 255 256 <?page no="133"?> Visperterminen, hier auch als Wasserleitung aus der Gamsa), der aus dem Nanztal in den Rotten fliesst. In Glis bildet sich ein Namennest mit der Gamsnergrund ‘ der Grund bei Gamsen ’ , ts Gamsuchi ‘ das Kinn (Schlucht) der Gamsa ’ , ts Gamsusand ‘ das Sandgebiet der Gamsa (Bach aus dem Nanztal) ’ (mehrere Belege), bim Gamsustäg ‘ beim Steg (über den Rotten) bei Gamsen ’ , Gamsner Eÿen Werk ‘ das Werk in den Auen von Gamsen / der Leute von Gamsen ’ (1851), in den Gamsner Driesten ‘ in den Driesten, die zu Gamsen gehören ’ (1849), Gamswasserleytta ‘ die Wasserleitung, die nach Gamsen fliesst ’ (1521). In Visperterminen ist ebenfalls ein Namennest zur Gamsa belegt: neben Gamsa selbst kommen vor der Gamsugletscher ‘ der Gamsagletscher (Gletscher, aus dem die Gamsa entspringt) ’ , Gamsenkhünn ‘ das Kinn (Schlucht) der Gamsa ’ (1700), di Gamsuschreeji ‘ der Wasserfall der Gamsa ’ , Gamserthal (SK) ‘ Gamsertal (SK) ist der Name auf SK für das Nanztal, durch das die Gamsa fliesst ’ (Glis), Gamserchopf ‘ der Felskopf oberhalb des Gamsgletschers ’ (FLNK; auch Eisten der Gamserchopf). In Visp ist die Gambsen Wasserleÿtten ‘ die Wasserleitung aus der Gamsa ’ (1530) belegt. Brigerbad kennt 1673 aúff dem Gambsensandt ‘ auf dem Sandgebiet der Gamsa ’ . In den meisten anderen Fällen ist das HL G EMSCHA in zweigliedrigen Komposita verbunden mit folgenden Grundwörtern Alpa, Bäärg, Blatta, Fad, Faggs, Flüö, Haalta, Hooru, Land, Licka, Ritz, Schiir, Schluocht, Spitz, Stafel, Tiri, Wäg, Wart und Wang. Komplexer sind di Gämschfriheit ‘ die frei liegende Felswand für die Gämsen ’ (Leukerbad), und ts Ober und ts Unner Gämschalpji ‘ der obere und der untere Teil der kleine Gämsalpe ’ (Guttet). Ein Diminutiv im Genitiv ist in ts Gämscherlisch Biel ‘ der Hügel der kleinen Gämse ’ (Mund) enthalten. Der Ort befindet sich auf ca. 2450 m, sodass kaum an einen Besitzernamen zu denken ist. In einigen wenigen Fällen kann auch an das lat. CAMPUS ‘ Feld ’ gedacht werden (cf. HL G ANS ). Gendarme Gendarme m. frz. ‘ Gratturm, Felsnadel ’ . eigentlich ‘ bewaffneter Person ’ . Der Ausdruck wird im Alpinismus für eine Felsformation gebraucht. Belegt sind drei verschiedene Grand Gendarme ‘ grosser Gratturm ’ : einer in Saas- Fee (Nebengipfel des Dom), zwei in Zermatt (Nebengipfel des Ober Gabelhorn, Nebengipfel der Dent Blanche). Die Belege stammen von LT; nur in Saas-Fee ist Gross Schandarm (FLNK) bezeugt. Cf. HL S CHANDARM . Gendraux (FaN) Gendraux (FaN) ist laut Gwp. ein FaN, der in di Tschändruweida ‘ die Weide der Familie Gendraux ’ (FLNK Tschänrusch Weida) (Grächen) belegt ist; der Name wird als <tschändro> umschrieben. Eine Suche im F AMILIEN- NAMENBUCH DER S CHWEIZ (1, 646) ergibt nur den FaN Gendroz, der für zwei Orte im Kanton Waadt gilt; die Schreibform Gendraux ist jedoch für Frankreich belegt. Soweit ersichtlich, gibt es den FaN heute in Grächen nicht mehr (NWWB 2, Index). Gendri Gendri ist nur als ufen Gendri (Ferden; LT und FLNK Gender) belegt. Es ist ein Plural zum HL G AND ‘ Schuttfeld, Geröllhalde ’ , wo für das Wallis auch ein Plural Gänder belegt ist (I D . 2, 336 f.). Die Realisierung eines / e/ vor Nasal ist im Lötschental nach SDS (1, 35 - 37) üblich. Zu Gand siehe auch Z INSLI (1946, 319). General General ist nur belegt in General Henri Guisanweg ‘ der Weg zur Erinnerung an General Henri Guisan (1874 - 1960) ’ (FLNK, Saas-Fee). Henri Guisan (1874 - 1960) war während des zweiten Weltkrieges General der Schweizer Armee, die nur in Kriegszeiten einen General hat (vgl. hls-dhs-dss.ch/ de/ articles/ 019083/ 2020-02-10 [29.1.2021IW]). Gengere Gengere ist nur als Bestimmungswort in Gengereweng (Binn) belegt. Gwp. erwähnt „ drei verschiedene Weidgänge “ , stellt es also wohl zu Gang. Der geschlossene Vokal / e/ ist in Binn vor Nasalkonsonanten gut belegt (SDS 1, 35 - 38). Die Ableitung auf / - ERE / findet sich allerdings sonst nicht. Am ehesten kommt es als Genus Feminin in Frage (vgl. S ONDEREGGER 1958, 471 f.), wohl mit kollektiver Bedeutung ‘ wo es mehrere Gänge hat ’ . Das Kompositum ist dann als ‘ Grasabhang mit mehreren Gängen ’ zu deuten. Gengill Gengill ist nur einmal historisch 1664 in Ausserberg als Gengill Matten ‘ die Wiese beim Gengill (unklar) / des Wolfgang (unsicher) ’ belegt. Das Dokument sagt, dass sich die Wiese in der Tisterren (heute ein Ortsteil von Ausserberg, genannt Dischtera) befindet. SK zeigt, dass die Matte früher nicht überbaut war. Es kann sich um den unter Gangel ‘ Wolfgang ’ (I D . 2, 362) aufgeführten FaN Gengel (cf. HL G EENGIONEN ) handeln, doch ist dieser sonst nicht belegt, sodass wohl eher der PN anzunehmen ist. Beide Deutungen sind aber unklar, sodass der PN oder FaN im VSNB nicht ausgezeichnet wird. 257 258 Gengill <?page no="134"?> Geni (PN) Geni (PN) kommt nur einmal als Geni Eggilti ‘ die kleine Ecke des Eugen ’ (EK, Eggerberg) vor. Das HL ist als G ē ni ‘ Eugen, Eugenie ’ (I D . 2, 237) belegt, wobei die feminine Form nur für Unterwalden bezeugt ist. Genille (PN) Genille (PN) ist nur einmal in Zeneggen 1663 als im Gennille (? ) Achren ‘ beim Acker des Jenillo ’ belegt. Die Lesung ist unklar. Ebenso unklar ist der Flurname. In den Wörterbüchern ist er nicht verzeichnet. Möglich ist ein PN Jenillo, also ‘ beim Acker des Jenillo ’ , vgl. hierzu AWWB (134), wo der FaN Jenelten auch als Genelten oder Genilten geschrieben wird; AWWB führt den FaN auf die Vornamen Johann oder Jenilto zurück. Gennet Gennet m. / n. ist in Zwischbergen als jm Gennedt (1623), jm Gennet (1649), jm Jennet (1649) und jm Gennet (1673) belegt. J ORDAN (2006) kennt den Flurnamen nicht. Eine Deutung zu wdt. Jenne, Jenno, Jenna ‘ Treber von Weintrauben ’ (I D . 3, 45) verbietet sich; in Zwischbergen wachsen keine Weintrauben. Eine Deutung ist aber auch sonst nicht möglich. Ein it. Flurname findet keine Erklärung (cf. O LIVIERI 2 1961; 1965). Gensch Gensch f. ‘ Gämse ’ kommt als Simplex nur in Biel (VS) als Name einer Alpe vor, wo es auch als Bestimmungswort zu Schluocht, Tosse und Wäg belegt ist. In Grengiols gibt es den Plural des Diminutivs Genschini. Vermutlich handelt es sich um eine assimilierte Form (/ m/ > / n/ vor / š / ) von Gemsch ‘ Gämse ’ zu Gensch. Georg (PN) Georg (PN) ist ein PN oder der Heiligenname Georg, der nach I D . (2, 51) in verschiedenen Formen wie Jörg, Jerig usw. erscheint; belegt ist auch der FaN Jergen (AWWB 134), auch Jerjen, Joergyen, Joergen, Gergen, Gergien, Gerger, Georgii geschrieben. Bei uns sind belegt St. Georgÿ ‘ (die Kapelle) des Heiligen Georg ’ (1698, Zermatt, wohl eine Kapelle? ), ts Gjerigi ‘ das Gut des Georg / der Familie Jergen ’ (LT Gierji, FLNK Gerjie, Grengiols; 1847 im Gerjen), Georgien Mos ‘ das sumpfige Gebiet des Georg / der Familie Jergen ’ (1398, Termen), beÿ Görigsbaúm ‘ beim Baum des Georg / der Familie Jergen ’ . Die von M. S. notierte Form Gjerigi (Grengiols) stimmt mit FLNK Gerje nicht überein; vermutlich ist das kollektive / - IG / -Suffix als Verstärkung vermerkt, das in Gerje fehlt. Gepsa Gepsa f. ist zu wdt. Gepsa, Gepsä (Goms), Gebsu (Saastal) und schwdt. Gepse n f. ‘ Gefäss, Zuber, Milchbecken (rund, flach, zur Rahmgewinnung) ’ zu stellen, in FlN übertragen auf muldenartige Bodenformen (I D . 2, 393 f; BENB 1, 2, 43; G RICHTING 1998, 86). Belegt ist es als Simplex Gepsä ‘ die Mulde ’ (FNLK, Bratsch) und im Kompositum Gepsebinna ‘ das Pflanzland in der Mulde ’ (Grengiols). Geralcha du Geralcha f. erscheint 1303 in Visp als Name einer Wiese. Der zweite Teil Alcha liesse sich zwar zu schwdt. Salche n , auch Alche ‘ sumpfige, aus Thon bestehende Wiese, Gras von saurem, nicht entwässertem Boden ’ usw. (I D . 7, 844 f.) stellen, doch wäre dann anlautendes Gerunerklärt. Schon 1279 ist eine Wiese erwähnt, die Gerertcha genannt wird. Vermutlich handelt es sich um den gleichen Namen, der aber in beiden Fällen unklar ist. Gerängol Gerängol ist nur einmal als Gerängol (EK, Eggerberg; LT kennt es nicht) belegt; das Genus ist nicht klar, aber vermutlich liegt ein Kollektiv vor. I D . (2, 780) kennt Granggel, Gränggel und gibt als erste Deutung ‘ verkümmertes, geringfügiges, verwachsenes Ding, von Pflanzen, Menschen, Tieren ’ . Dann wäre die Deutung: ‘ der Ort, wo es viele verkümmerte Bäume hat ’ . Alternativ kann eine Kollektivableitung zu Rängg fem. ‘ ein tiefer und langer Durchschnitt zwischen zween sich gegen einander senkenden Bergen ’ (nach S TALDER ) (I D . 6, 1121) angesetzt werden. Das Simplex wird laut Anmerkung mehrfach in Flurnamen gebraucht; die Deutungen seien wohl häufig nur aus den Lokalnamen abstrahiert. LUNB (1, 2, 773 ff.) kennt den Flurnamen Rängg ‘ Einsattelung im Bergkamm, Passübergang, Rank ’ (nach H UBSCHMIED 1940, 41 für Rengg). Für unser Gebiet würde nur die erste Bedeutung als Kollektiv zutreffen: der Ort, wo es viele Einsattelungen hat. Gegen beide Deutungen spricht im Übrigen die Fortis / gg/ , die I D . in beiden Fällen setzt. Gerber Gerber m. ist nur in Zermatt als der Geerber belegt; als Plural wird die Geerber angegeben. J ULEN ET AL . (1995, 222) haben die Gerber und die Gerbertola. Das erste wird als „ Auffallender Einschnitt oder Garten “ , das zweite als „ Mulde, Vertiefung …“ angegeben. Laut Eintrag spricht Josef Lauber davon, dass die Gegend seinerzeit „ Goortschugge “ hiess. Alle drei Namen sind in J ULEN ET AL . (1995, 50) erwähnt. Die Höhenangabe auf LT von ca. 2700 m spricht gegen einen Garten. Näher liegend ist wohl schwdt. Gërmere n ‘ weisse Nieswurz ’ (I D . 2, 418; Geni (PN) 259 260 <?page no="135"?> V ERATRUM ALBUM (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1262)) (cf. HL G ÄRWERRA ). Die Form mit / b/ kommt laut I D . vor. Gerdil Gerdil ist 1509 in Varen als Gerdil ‘ die Gärten ’ belegt; in Salgesch erscheint es 1337 als eys Gerdyz, 1494 eys Gerdys und in weiteren Formen. Zulezt ist es 1664 als ÿ Gerdÿ in Salgesch bezeugt. B OSSARD / C HAVAN (2006, 150) behandeln Gerdil und Zerdil (VS) als ‘ verger, jardin ’ , etymologisch als Kreuzung von germ. * GARD ‘ Garten ’ und lat. CORTILE ‘ Garten ’ . G PSR (8, 290) verweist unter Gerdil auf Jordil, das allerdings am 28. 1. 2021 [Endredaktion des Textes] noch nicht erschienen ist. Der Text der Dokumente von Salgesch weist darauf hin, dass es sich um einen Weinberg und / oder eine Wiese handelt, was zur Bedeutung ‘ Garten ’ passt, das ursprünglich auch für ein eingezäuntes Gebiet verwendet wurde (cf. HL G ARTU ). Gerertcha Gerertcha ist 1279 in Visp als Name einer Wiese belegt. 1303 ist eine Wiese als du Geralcha erwähnt. Vermutlich handelt es sich um den gleichen Namen, der aber unklar bleibt. Zum möglichen Zusammenhang mit Salche n (I D . 7, 844 f.) vgl. HL G ERALCHA . Geretun Geretun ist nur als Zer Geretun (1680, Täsch) belegt. Der Flurname ist wohl zu einem Grundwort Gereta f. zu stellen. In dieser Form ist das Grundwort nicht belegt, da aber unklar ist, auf welchem Vokal der Akzent liegt, kommen zwei Quellen in Frage: schwdt. Gerte f. (I D . 2, 440). für das Wallis nur m. ‘ Rute, Zaungeflecht ’ belegt, kommt als f. kaum in Frage oder schwdt. Gr ē t (I D . 2, 824), ein weiblicher Taufname, der auch als Appellativ für „ gemeine Bauernfrau, Bauerndirne, od. Weibsperson überhaupt “ betrachtet wird. Da im Beleg keine Betonung angegeben wird, ist eine Deutung nicht möglich. Gerit Gerit f. ist nur einmal als di Gerit ‘ das Wärterhäuschen ’ (Randa) belegt. Es handelt sich um eine Entlehnung aus frz. la guérite ‘ das Wärterhäuschen ’ (FEW 17, 526: „ petit bâtiment destiné à abriter les agents des chemin de fer en service “ ). Vermutlich stand hier ein Wärterhäuschen der damaligen Brig-Visp-Zermatt-Bahn (heute Matterhorn- Gotthard-Bahn) vor dem Bergsturz von 1991, nach dem die Bahnlinie verschoben wurde. German (PN) German (PN) ist primär als Sankt German (Dorfteil von Raron) belegt. Das Dorf ist nach dem Kirchenpatron (ursprünglich 9. Jahrhundert) benannt. Die ältesten Belege weisen lateinisches de Sancto Germano (1280, 1301) oder apud Sanctum Germanum (1385) auf. Der Name wird auf der letzten Silbe betont, was zur Kurzform Maan führt. Belegt sind neben dem Namen des Dorfteils St. Germanerflüe ‘ die Fluh bei St. German (FLNK u. LT, Raron) und di Zäntgermaanerstrass ‘ die Strasse nach St. German (von der Rottenebene aus) ’ (Raron). Die Kurzform Maan ist als t Maanerra ‘ die Wasserleitung nach St. German) (Ausserberg, Raron) belegt. In Ausserberg sind weiter t Maanerrubiela ‘ die Hügel bei der nach St. German führenden Wasserleitung ’ und t Manerrumatte ‘ die Wiesen der Leute von St. German ’ (1774 u. später, Ausserberg) belegt. P H . K ALBERMATTER (p. c.) weist darauf hin, dass mit St. German auch die Église de St. Germain in Savièse gemeint sein kann. Die vorher unbekannte Erwähnung von 1221 ist nach ihm jedoch auf St. German bei Raron zurückzuführen. Gerold (FaN) Gerold (FaN) ist ein FaN, auch Gerolt oder Gerolti geschrieben und auf den Taufnahmen Gerold zurückzuführen. Es handelt sich um eine alte Familie von Simpeln, die im 16. Jh. auch Zweige nach Brig und Mörel abgab (AWWB 108 f.). Der Name kommt nur in historischen Belegen im Genitiv vor, manchmal mit einer kollektiven / - IG / -Ableitung im Genitiv Plural: in Geroldigo Ebnet ‘ im ebenen Land der Familie Gerold / der Leute des Gerold ’ (1725, Naters), an Geroldo Äbnet ‘ am ebenen Land der Gerolde ’ (1611, Bitsch), wobei spätere Belege in Geroldigo Ebnet (1653; 1763) oder in Gerolds Ebnet (1651) haben, Geroldigo Riedt ‘ das Ried der Familie Gerold / der Leute des Gerold ’ (1659, Betten). Beim letzten Beleg zu Geroldigo Hisren ‘ bei den Häusern der Familie Gerold / der Leute des Gerold ’ (1638, Bitsch) weisen spätere Einträge die Formen zúo Görligen Hüsren (1724) und Gerligo Hÿschrun (1742) auf; diese Kurzformen sind sonst nicht belegt. Wir stellen sie hier trotzdem zu Gerold, auch wenn der Kurzname sonst nicht belegt ist. Gerster (FaN) Gerster (FaN) ist zum FaN Gerster (AWWB 109) zu stellen, der im Bezirk Visp nachgewiesen ist. Der einzige Beleg ist jn Gersters Alpen (1628, Visperterminen). Unsicher ist, ob der Beleg an der Gerstarin (1398, Mund) hieher gehört (zum FaN Gerster in Mund siehe J OSSEN 1989, 73) oder doch zum HL G ÄÄRSCHT ‘ Gerste ’ . Gertschen (FaN) Gertschen (FaN) ist der FaN Gertschen, ein wohl vom PN Gerhard abgeleiteter Name, einer sehr alten Familie von Naters und von Ulrichen, später auch von anderen Orten 261 262 Gertschen (FaN) <?page no="136"?> im Goms (AWWB 109). Die Form mit / -en/ ist ein schwacher Genitiv; der FaN Gertsch / Gerz ist für das Berner Oberland im BENB (1, 2, 47) als Kurzform Gerzo aus Gerhard gedeutet. Das Simplex ist als Gertsch (1700, Zeneggen) belegt; der Kontext macht klar, dass es sich um einen Weingarten handelt. Vermutlich ist ein Besitzername gemeint. Schwieriger ist di Gertscha (Visperterminen), wozu es einen unsicheren historischen Beleg zum Gertzet (1587) gibt. Die Gwp. scheint eine Herkunft vom Appellativ Gert ‘ Gerte, Rute, Zweig ’ (I D . 2, 440) anzunehmen; die Endung - SCHA könnte dann ein Kollektiv sein ‘ wo es viele Gerten (Ruten) hat ’ . Da ein HL G ERT sonst nicht belegt ist, kann aber auch eine Herkunft aus dem FaN Gertschen nicht ausgeschlossen werden. Einen vorangestellten Genitiv zeigt in Gertschen Lehn ‘ im Lehen der Familie Gertschen ’ (1636) (Oberems). Die dialektale Form Gertschi ist in t Geertschibiine ‘ der Pflanzplatz der Familie Gertschen ’ (Münster) und dem daneben liegenden der Geertschistäg ‘ der Steg (über den Münstiger Bach) der Familie Gertschen ’ (Münster) vertreten. Komposita mit anderen Grundwörtern sind ts Geertschelammulti ‘ die kleine Schlucht der Familie Gertschen ’ (Selkingen) und der Geertschustei ‘ der Stein der Familie Gertschen ’ (FLNK und LT haben allerdings Gerzustei). Eine Reihe von Belegen weist eine kollektive / - IG / - Ableitung auf: in der Gertschigen Eÿa ‘ in der Eie (Aue) der Familie Gertschen ’ (1711, Münster), ts Geertschigalpji ‘ die kleine Alpe der Familie Gertschen ’ (Unterbäch), wozu es die näheren Bestimmungen ts Ober und Unner Geertschigalpji (Unterbäch), sowie di Geertschigtola ‘ die Mulde der Familie Gertschen ’ (Unterbäch) gibt. In Unterbäch ist 1546 ein Hans Gerschun erwähnt, der einen Perschun Acher besitzt. Vermutlich handelt es sich hier um einen Verschreiber für Gerschun Acher; der FaN würde dann auch die noch lebenden Namen mit Gertschen erklären; in der Datenbank VSNB ist Perschun Acher als einziger Name zu einem sonst nicht belegten HL P ERSCHUN gestellt. Gerung (FaN) Gerung (FaN) ist ein PN oder FaN, der 1331 für Termen zweimal belegt ist: Gervngs und Gervngsgazzvn. Die Genitive legen einen Besitzernamen nahe. 1677 - 1679 ist in Zwischbergen des Gerungs Werra ‘ die Wärra der Familie Gerung ’ bezeugt; wiederum ist der Genitiv ein Hinweis auf den Namen des Besitzers. Ob der 1744 für Simplon belegte Gerong Gill Graben, resp. Geronggillgraben hieher gehört, ist unklar. Der Schreiber scheint Gerong und Gill im ersten Fall als zwei Namen anzusehen, im zweiten Fall als einen Namen Geronggill, der auch als Diminutiv verstanden werden kann. Der FaN Gerung wird schon für das 14. Jahrhundert angenommen (AWWB 108 s. v. Gerig); eine später eingewanderte Familie Gerig erhielt 1823 das Burgerrecht von Fiesch, kann hier aber aus zeitlichen Gründen nicht gemeint sein. Gerüny Gerüny ist nur belegt in die Obren Gerünÿ (1604) und jnn die Vnndren Gerünÿ (1604), beide in Eggerberg. Es handelt sich entweder um einen Plural zum HL G RII , das zu Rune ‘ umgehauene, umherliegende Baumstämme ’ (cf. HL G RII ) zu stellen ist, oder um eine Zirkumfigierung mit G ( I ) - I zum gleichen Stamm. Die Deutung ist in beiden Fällen: ‘ das obere und untere Gebiet mit umherliegenden Baumstämmen ’ . Gerwetsch Gerwetsch m. ist nur als der Gerwetsch (Zermatt, auch LT und 1: 10000) belegt. In J ULEN ET AL . (1995) fehlt der Name. Gwp. gibt an, dass es sich nicht um einen alten Namen handle. K LEIBER (1992) weist auf ein Suffix / - ETSCH / (< lat. / - ACEU / ) hin, das hier zu einem Verb gërwe n , wohl ‘ das Gras am Boden abmähen oder abätzen ’ (I D . 2, 448), zu mhd. gërwen ‘ zubereiten ’ zu stellen ist. Das geschlossene / e/ ist laut SDS (1, 31 f.) auch im Mattertal üblich. Gemeint wäre dann das Gebiet, das das Gras zum Mähen oder Abätzen hat. Geschina Geschina f. ist dial. als Geschene ‘ Geschinen ’ der Name einer Gemeinde im Goms und liegt auch der Gemeinde Göschenen (dial. Geschene, Kt. Uri) (URNB 2, 6 ff.) zu Grunde. Es wird auf it. cascina f. ‘ Sennhütte, Alphütte, Meierei, Viehweide, Käserei ’ zu lat. CAPSUM ‘ Wagenkasten, Behälter für Tiere ’ , dazu Nebenform * CAPSEUM (G AU- CHAT 1906, 348 f; RNB 2, 77; Z INSLI 1977, 76; S CHMID 1980, 176; BENB 1, 2, 84 f.; URNB 2, 12; K RISTOL ET AL . 2005, 384 f.) zurückgeführt. Das Simplex im Singular ist als Geschene (Geschinen), di Geschina (Brig, Glis), Geschina (1518, Binn; hier als edificium ‘ Gebäude ’ erwähnt), in der Geschinen (1782, Naters) belegt. Zur Gemeinde Geschinen gehört eine Reihe von weiteren Namen: ts Geschenerfäld ‘ das Feld unterhalb von Geschinen ’ (Geschinen), (lat.: pontem de) Go ᵉ schinen ‘ bei der Brücke von Geschinen ’ (1562, Geschinen), in Geschineralp ‘ in der Alp der Leute von Geschinen ’ (1571, Geschinen), jn Geschiner Ba ᵉ rg ‘ im Gebiet des Berges (Alp) von Geschinen ’ (1571, Geschinen), Geschinerbach ‘ der zur Gemeinde Geschinen gehörende Bach ’ (FLNK u. LT, Geschinen), der Geschenergale ‘ der Galen (begraster Gerung (FaN) 263 264 <?page no="137"?> Bergrücken) von Geschinen ’ (Geschinen), der Geschenerstock ‘ der Felsstock (Gipfel) bei Geschinen (FLNK u. LT Geschinerstock) ’ (Geschinen; Ulrichen), Geschinersee ‘ der See bei Geschinen (im Rottental) ’ (FLNK, Geschinen). In Ulrichen ist 1669 in den Gäschinen Halten ‘ in den Halden bei Geschinen ’ belegt. Ulrichen liegt östlich von Geschinen. Unklar ist ein historischer Beleg von 1843 in Binn im Gesch. Der Text lokalisiert zwar den Ort in Ausserbinn, aber dort ist der Name nicht bekannt. Es könnte sich jedoch um ts Gäschi (Ausserbinn) handeln, das dem HL G ÄÄSCHI zugeordnet ist. Die Belege zu Geesch (Niedergesteln, Raron) bilden ein eigenes HL G EESCH . Gespan Gespan ist nur 1307 in Törbel als ze dem Gespan belegt. Vermutlich liegt dem Namen das schwd. Gespan ‘ Lattenzaun ’ (I D . 10, 242 ff., Bed. 3.) zu Grunde, als Flurname bekannt (I D . 10, 244, aber ohne Erwähnung des Oberwallis). Die Deutungen sind jedoch sehr verschieden. SZNB (2, 488 s. v. Gspaa) nimmt ein spätes Neutrum zu Span (I D . 10, 279 ff.) an und deutet es als ‘ Ort, um den gestritten wurde ’ . LUNB (1, 2, 989 s. v. Span) stellt den Namen Spän (in Spänegg) als Plural zu ‘ Holzspan ’ (I D . 10, 228 ff.) und das Spansguet zu Span, G(e)span ‘ Gefährte, Gefährtin, Ehepartner(in) ’ (I D . 10, 293 ff.). Die von uns angenommene Deutung scheint sich besser auf den historischen Beleg zu beziehen, als die hier aufgeführten Deutungen, die natürlich im Einzelfall durchaus gelten können. Gesteln Gesteln ist eine schriftsprachliche Form, die vor allem in den Gemeindenamen Obergesteln (heute Obergoms) und Niedergesteln zu finden ist. Die dialektale Form für Obergesteln fehlt, jene zu Niedergesteln ist Geschtillu. Die historischen Belege zu den beiden Gemeindenamen sind nicht gleich: Obergesteln wird 1309 de Castellione genannt, ebenso 1322 und 1333 und in späteren Belegen, sofern nicht ein Gestilen (1347) erscheint. Es ist also zu lat./ rom. CASTELLIONE ( M ), Dim. zu mlat. CASTELLUM ‘ befestigtes Lager, Burg ’ (G UEX 1976, 185; W ERLEN 1991, 246) zu stellen. Niedergesteln dagegen erscheint im ersten Beleg zwischen 1179 und 1184 als Chastellon, 1189 - 1203 Chastellun, 1219 Chastelan und erst 1224 u. später als Castellione. Hier ist also zunächst die frpr. Form erwähnt, bevor das lat. CASTELLIONE ( M ) erscheint. Das Interessante daran ist, dass die Namen beider Gemeinden heute mit einem anlautenden / g/ , ursprünglich / k/ als Lehnappellativ (dazu G LATTHARD 1977, 281 f.) ausgesprochen werden. Diese Entlehnung ist sicher älter als das inlautende / š / von Niedergesteln, sodass mindestens zeitweise eine frpr. und eine ‘ deutsche ’ Form nebeneinander existierten. Während sich in Niedergesteln tatsächlich Ruinen einer Burg befinden, gilt das für Obergesteln nicht. Ebenfalls als Simplex erscheint Gäschtilju (Leuk), das als „ Felsplatten, dahinter Wiese “ beschrieben ist, also eine Felsformation wie für eine Burg aufweist. Hierzu gehört Gäschtiluheechi ‘ die Höhe beim Gebiet Gäschtilju ’ (Leuk), wo das HL als Bestimmungswort erscheint. Die Lautung mit / ä/ an Stelle von / e/ ist für Leuk nicht ungewöhnlich. Als Bestimmungswort erscheint das Geschtill in Niedergesteln zusammen mit den Grundwörtern Brigga, Grund und Matta, wobei die Gestelnbrüken auch in einem Dokument von 1852 aus Steg belegt ist. In Obergesteln ist das HL als Gestill, Gesteler und Gestler belegt, wobei die letzteren zwei wohl ursprüngliche Genitive Plural sind, die als Adjektiv verwendet werden (S ONDEREGGER 1958, 526 ff.). Sie treten zusammen mit den Grundwörtern Gale, Grimsel, Licka, Matta und Wäg auf. Komplexer ist Geschtjier Riedbärg (FLNK, Niedergesteln; auch LT), ein Teil eines Riedbärgwald benannten Gebietes auf der linken Rottenseite, der zu Niedergesteln gehört. Eine / - ER -/ Ableitung als Stellenbezeichnung (S ONDER- EGGER 1958, 541 ff.) findet sich in der Geschtiller ‘ der Ort, der wie eine Burg aussieht ’ (Visperterminen, FNLK Geschtiler). Ein komplexes Adjektiv erscheint in Obergesteler Wald ‘ der Wald, der zu Obergesteln gehört ’ (SK, Obergesteln). Ebenfalls ein Adjektiv ist in das Gestolen Wengi ‘ der kleine Grasabhang bei Gesteln (unklar, kaum PP gestolen) ’ (1752, Simplon) belegt. Die unklare Form könnte je nach Betonung auch ein Partizip Perfekt gestolen enthalten, das ist jedoch unwahrscheinlich. Ein Genitiv Plural ist in Gestillero Stadel ‘ der Stadel der Leute von Gesteln (unklar, welches Gesteln gemeint ist) ’ (Törbel) belegt. Nur auf LT ist Ruine Gestelnburg erwähnt, eine Burgruine, im 13. Jahrhundert erbaut von den Freiherren von Turn-Gestelnburg, die sich oberhalb von Niedergesteln befindet. Gestenlen Gestenlen ist nur 1704 in Oberems als z Gestenlen Gessin ‘ die kleine Gasse nach Gestelen ’ belegt. Es ist wohl eine kleine Gasse in Richtung Gestelen gemeint, doch ist die Flur nicht in Oberems verzeichnet. Das erste / n/ scheint eine schriftsprachliche Ergänzung zu Gestelen zu sein. Geteilen Geteilen heissen die Mitglieder einer Geteilschaft ‘ Gesamtheit der Teilhaber an einem gemeinsmaen Besitz 265 266 Geteilen <?page no="138"?> (zB. Alp, Wald, Bewässerungsanlage), Korporation, Genossenschaft ’ (I D . 12, 1567). G RICHTING (1998, 86) kennt für die Teilhaber den Ausdruck Geteile, Geteilä (Goms), Giteila (Mattertal), Giteilu ‘ Geteile, Genossenschafter ’ und für die Organisation Geteilschaft, Giteilschaft ‘ Geteilschaft, Genossenschaft ’ . Belegt ist das HL in Findner Giteiluwälder ‘ die Wälder, die den Geteilen von Finnen gehören ’ (FLNK, Eggerberg) und in Bÿndero Getheillen Walt ‘ der Wald der Geteilen von der Biina (Pflanzplatz) / der Geteilen-Wald beim Gut der Leute Biner ’ (St. Niklaus). Zu Bÿndero cf. HL B IINA , zu Biner cf. AWWB (131 s. v. Inderbinen); das Geschlecht Biner war u. a. im Nikolaital ansässig. Getschel Getschel m. ist nur einmal als der Getschel (Fiesch) belegt. Gwp. erwähnt en Getschleta als ‘ ungeringes Gebiet ’ , das sonst aber nicht belegt ist. Auffällig ist, dass hier die / l/ - Vokalisierung nicht notiert wird, wohl aber beim nicht allzu weit entfernten der Ggezu (cf. HL G GEZU ), dessen Beschreibung aber nicht mit Getschel übereinstimmt. Ein Anschluss an die im I D . (2, 558) unter Gätsch, Getsch ‘ Kot ’ belegten Etyma liegt nach der Beschreibung kaum vor. Auch schwdt. Gätsch m. ‘ Felserhebung; steiler Felshang; Absturz ’ (I D . 2, 559; Z INSLI 1945, 319) verbietet sich wohl wegen der Qualität des / ä/ ; im Übrigen ist der Name nur für den Kanton Uri belegt; vgl. dazu Geschtwiler in URNB (3, 1016 ff.). Die Autoren ziehen dafür einen PN G ōȝȝ o (siehe dort) heran. Da unsere historischen Belege aus dem 19. Jahrhundert stammen, ist auch unklar, ob eine Entrundung (/ ö/ > / e/ ) vorliegt. In allen Fällen liegt aber keine / - EL / -Erweiterung (wie auch beim HL G GEZU ) vor. Vgl. jedoch das Verb götscheln ‘ eine flüssigkeit plätschernd umrühren ’ (G R W B 8, 1017), das von der Bedeutung her zwar kaum zutrifft, formal aber mit Entrundung passen würde. Die Deutung ist insgesamt aber nicht möglich. Gettier (FaN) Gettier (FaN) ist ein FaN, der unter Gottier (AWWB 112), resp. Göttier (NWWB 1, 124) mit mehreren Schreibvarianten, darunter auch Gettjer, verzeichnet ist. Belegt sind Gettiers Wald ‘ der Wald der Familie Gettier ’ (1764, Bister) und ts Gettjisch Hüs ‘ das Haus der Familie Gettier ’ (Bister, FLNK Gettjerhiischi). Gettja Gettja ist ein Alpname, der in t Ober, t Mittel und t Unner Gettja (alle Glis) belegt ist; auf LT heisst die Alpe Geiggja, auf SK Geitje. Ein historischer Beleg von 1677 in Glis hat jn der Göttien. Es handelt sich um eine palatalisierte feminine / - LA / -Ableitung (S ONDEREGGER 1958, 517), gebildet zum FaN Göttier (cf. HL G ETTIER , NWWB 1, 124). Die Form Geiggja entspricht der Velarisierung von / t/ vor / j/ , wie z. B. in Gringji aus Grund+ji. Die Grundform Gettel erscheint in der Gettelgrabo ‘ der Graben bei der Gettja ’ und di Gettelheeji ‘ die Anhöhe bei der Gettja ’ (beide Glis). Ob sie zum FaN Göttier zu stellen sind, ist unklar. Vermutlich sind auch sie ursprünglich eher zu Gotla zu stellen (cf. HL G OTLA ). Geuerod Geuerod m. ist ein historischer Beleg in Agarn, der 1369 als ou geuerod erscheint; die Lesung ist unsicher und kann auch ou generod heissen. 1524 ist ov generod belegt. Ob das 1589 belegte zen Gerrigen hieher gehört, ist unsicher. Es könnte sich um den FaN Gindroz (AAWB 110), der auch Gener o. ä. geschrieben wird, handeln. In den Daten des VSNB sind 1308 in Gampel ein Anthonius Gener und 1448 in Zermatt terra heredum Johannis Generi ‘ das Land der Erben des Johannes Gener ’ erwähnt. Der Beleg Gerrigen wäre dann ein Genitiv Plural zu einer / - IG / -Ableitung: Generig > Gerrig ‘ die Familie Gener ’ . Als Deutung ergibt sich dann ‘ das Land der Familie Gener ’ . Geutscha Geutscha f. kommt nur in Ernen und Steinhaus vor. Es weist die dort übliche / l/ -Vokalisierung auf. So hat FLNK Geltscha (Nr. 6043). Belegt ist es in t Geutscha (Ernen), die als ‘ erlegene Äcker, hügelig ’ auf ca. 1219 m bezeichnet wird. Ein zweites t Geutscha (Ernen, FLNK Geltscha) befindet sich auf 2308 m und ist eine Ebene mit hartem Boden auf der Wasserscheide Mühlebach und Rappental. t Geutsche (Steinhaus) ist ein Plural und meint ein „ enges Tälchen, zuoberst in der “ Figulaup ” auf ca. 2250 m. Historisch ist in Ernen 1803 únder den Gelschen Achren und im gleichen Jahr hinter den Geltzen Achren belegt. Vermutlich liegt hier ein umgelautetes Nomen auf / - SCHA / - SCHU / zum einfachen Adjektiv galt im Sinn von ‘ unangebaut, brach, von Äckern ’ (I D . 2, 236, für das Wallis bezeugt unter Bed. 3) zu Grunde. Geutscha ist dann einfach unbebautes, braches Land. In den historischen Belegen aus Ernen (1803) wird ein Adjektiv mit gleicher Bedeutung verwendet, das auch formal (Geltschen, Geltzen) zum Nomen Achren passt. Geützi Geützi ist nur 1620 in Unterbäch als der Geütziacher ‘ der Acker mit schwerer Arbeit ’ belegt, der sich im Gebiet des Freigerichtes Holz (Z ENHÄUSERN 1998) befand. Die Deutung ist unklar, weil die Schreibung / eü/ unsicher ist. Wir gehen davon aus, dass eine hyperkorrekte Rundung des zweiten Elementes zu schwdt. Geize n ‘ Pflugsterz, Handhabe zur Führung des Pfluges; Krummholz ’ (I D . 2, 576) zu Getschel 267 268 <?page no="139"?> Grunde liegt. Bei G RICHTING (1998) fehlt das HL. Im Oberwallis wurde aber wenig mit dem Pflug gearbeitet, sodass eher die Bedeutung ‘ Krummholz ’ oder, wie I D . auch ausführt, ‘ schwere Arbeit … verrichten ’ vorliegt. Geweten Geweten ist nur 1551 in Zermatt als vff die Geweten belegt, vermutlich ein Singular Feminin. Laut Dokument befindet sich die Flur bei einem alten Weg dorthin. Da eine Angabe der Betonung fehlt, kann sowohl Erstbetonung (Géweten), wie Zweitbetonung (Gewéten) gemeint sein. Im ersten Fall würde ein Suffix / - ETE ( N )/ (S ONDER- EGGER 1958, 482) anzunehmen sein, das zu einem HL G IW (wohl zu Güw ‘ Gipfel ’ (I D . 2, 566), aber in I D . nur für Graubünden belegt) zu stellen ist. Zu deuten wäre das als ‘ das Gebiet mit Felszacken ’ . Im zweiten Fall liegt eine Bildung zu Ge-wëtt (I D . 16, 2230 ff.) vor, wohl in der Bedeutung 3 b) ‘ schwer zugängliche, unwegsame Stelle, auch abgelegenes, einsames Gebiet übh. ’ . Die historische Beschreibung lässt beide Deutungen zu. Gey Gey ‘ gehegter Wald ’ ist nur einmal 1887 in Binn als im „ Gey “ belegt. Die Schreibweise ist unsicher. Am nächsten kommt dem HL I D . (2, 851 s. v. G e -hei II), das auf mhd. hei(e) ‘ Hegung, gehegter Wald ’ zurückgeführt wird und das in Flurnamen vorkommt. Es ist als Hei(e) (BENB 1, 2, 218 f.) mit der Variante Ghei belegt mit Hinweis auf die Stelle im Idiotikon. Die Schreibung Gey zeigt, dass der Name nicht mehr gedeutet werden konnte. Geyns Geyns ist nur einmal belegt in Geynsmetdum (1265, Ernen), das sich auf einen clericus Willermus de Geynsmetdum bezieht. Gans ist für Ernen (WS 29) im SDS (2, 133) belegt und der Diphthong Geyns findet sich in I D . (2, 372) in der Anmerkung zum Artikel Gans in Zürich für das 13. und 14. Jahrhundert aufgeführt, hier als Vorstufe zum sog. Staubschen Gesetz, das im Wallis sonst aber nur ab dem späten 15. Jahrhundert belegt ist. Der zweite Teil des Namens (Medtum) könnte einen Dativ Plural von Mettla enthalten. Es kann sich also um Gansmettlen handeln, also ‘ Weiden für Gänse ’ . Geiss (Id. 2, 454 ff.) kommt wegen des inlautenden / n/ kaum in Frage. Ein PN Geyn im Genitiv Singular ist nicht unmöglich, da F ÖR- STEMANN (1, 570 f. s. v. Gain) einige Namen aufzählt. Er kann aber keine Deutung geben. Gfaard Gfaard ist zu schwdt. Gf ā r (I D . 1, 878) ‘ Risiko, Gefahr ’ zu stellen. Der einzige Beleg ts Eggisch Gfaard (Visperterminen) meint eine gefahrenreiche Stelle eines Schleifes bei einer kleinen Ecke. Das auslautende / d/ findet sich schon im mhd. gevaerde, das allerdings nur ‘ Hinterlist, Betrug ’ meint; die Entwicklung zu ‘ Gefahr, Risiko ’ geschieht später (G R W B 4, 2061 ff.). Gfell Gfell n. ‘ das Gefälle, steiler Abhang ’ ist zu schwdt. und wdt. Gfell, G(e)fäll n. ‘ steiler, steiniger Abhang, Trümmerhalde; Abteilung der Alpweide, welche gedüngt, ev. gemäht und darum eingezäunt wird, bes. der zunächst um die Sennhütte gelegene, ebene Platz; Weideplatz mit Sennhütte; Neigung (Strasse, Wasserleitung) ’ , ahd. gafelli, mhd. gevelle, Kollektivbildung zu Fall ‘ Gefälle, Wasserfall ’ , ‘ Abhang, Felsabsturz ’ (I D . 1, 745 f.; URNB 1, 967 f.; G RICHTING 1998, 86) zu stellen. Obwohl es eine Kollektivableitung zu Fall ist, wird es hier als eigenständiges HL behandelt. Gfell kommt als Simplex zehnmal vor als Gfell (FLNK, Eggerberg), ts Gfell (Eggerberg, Münster, Simplon), näbem Gfell (Ferden; FLNK Gfell), ts Gfeu (Blitzingen), dazu historisch das G ’ fell (1816, Bitsch), das Gfell (1861, Glis; 1790, Ried-Brig; 1554 u. später, Simplon, wobei hier wohl ein steiler Bach, eine steile Wasserleitung gemeint ist). Dazu kommen in Fieschertal ts Ober und ts Unner Gfell und in Geschinen ts Hinner und ts Voder Gfell. In Simplon ist Gfelwasserleitten (1759) belegt. Zwar gibt es dort auch ein Gfell; die historischen Belege deuten das aber als Bachname. Der Fellgraben (1761, Simplon) wird als Alternative zum Gúgilli genannt, das sich auf dem Gebiet von Zwischbergen befindet. Es könnte sich also um ein eigenständiges HL F ELL handeln, doch kommt ein solches sonst nie vor, sodass wir es zu Gfell stellen. ts Gfellerbächi ‘ der kleine Bach beim Gfell / der Familie Gfeller ’ (Oberwald) ist wohl von Gfell abzuleiten und meint den Ort, bei dem sich das Bächlein befindet. Der FaN Gfeller ist aber im Oberwallis nicht belegt. Ggaffe Ggaffe ‘ Kaffee ’ ist zu schwdt. Kaff ē , Kaffi, Kafi, Gaff ē , Gaffi m., n. ‘ Kaffee ’ (I D . 3, 154 f.) zu stellen. Falls die beiden Belege, die hierzu gehören, anlautende Fortis haben, geht das Lemma wohl auf die frz. Aussprache von café zurück, nicht auf die sonst verbreitete deutsche von Kaffee. Belegt sind der Ggaffestafu ‘ der Stafel, bei dessen Bau Kaffee getrunken wurde ’ (laut Gwp.) (Binn) und der Kaffesee ‘ der Kaffee-See ’ (Ferden), laut Gwp. der See, aus dem die Hirten Wasser für den Kaffee holten (cf. HL K AFFEE ). In beiden Fällen gibt es keine Hinweise auf andere Erklärungen, die aber ihrerseits einfach aus den Namen heraus erfolgt sein können. 269 270 Ggaffe <?page no="140"?> Ggalaabri Ggalaabri ist unklar. Es kommt an drei Orten in jeweils leicht unterschiedlicher Weise vor: Ggaláabri n. (Mörel), Gálaberr n. (Zwischbergen), Ggaláabri n. (Oberems) und Kalaabrikapälli ‘ die kleine Kapelle beim Kalaabri ’ (Oberems). Aus den Schreibweisen wird nicht klar, ob (a) der Anlaut die Affrikata / kch-/ oder die Fortis / gg-/ vertritt und (b) wo sich der Akzent befindet - in Mörel und Oberems offenbar auf der zweiten Silbe, in Zwischbergen auf der ersten (bei fehlender Länge der zweiten Silbe). Auch ist die Endung in Zwischbergen anders als in Mörel und Oberems. Der Name sieht zwar romanisch aus; die geografische Verteilung weist aber auf eine ältere Form. Mindestens in Oberems ist ein Verweis auf FEW (2, 51 s. v. *calabra schneehuhn) nicht ausgeschlossen. Ein Zusammenhang mit dem italienischen Namen Calabria ‘ Kalabrien ’ mit den frpr. Gegenstücken kalabrè (G PSR 3, 41) und kalabr(e) (G PSR 3, 41) (beide aber sehr unsicher) ist ebenfalls möglich. Galaberr (Zwischbergen) scheint anders motiviert zu sein, befinden sich dort doch das Galihorn und die Galilicka; Gwp. spricht von Alpenrosensträuchern. R ÜBEL (1950, 54) erwähnt solche Benennungen aber nicht, sodass ihre Herleitung zumindest zweifelhaft bleibt. Insgesamt bleiben aber alle Fälle unklar. Ggampanja Ggampanja ist als t Fuggsggampanja ‘ der Landsitz der Familie Fux ’ (Visp, FLNK Fux Campagna) belegt. Es handelt sich heute um ein Wohnheim für schwerbehinderte Menschen. Das Grundstück gehörte früher dem Schriftsteller Adolf Fux (1901 - 1974) (https: / / www.adolffux.com/ die-stiftung/ sein-leben/ [21.05.2021; IW]), wonach es benannt ist. Laut M. S. hiess der Ort auch Eimatt ‘ die Mähwiese in der Aue ’ . Ggamping Ggamping ist nur belegt in der Ggampingplatz ‘ der Campingplatz ’ (Ulrichen). Das HL ist zu nhd. Camping ‘ Zelten, Lagern ’ , Partizip des englischen Verbs to camp ‘ im Freien lagern ’ (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 167) zu stellen. Hier mit / a/ statt / ae/ ausgesprochen. Ggapager Ggapager ist nur als di Ggapagermatta ‘ die Wiese des Gapager ’ (Zwischbergen) belegt. Betont ist die zweite Silbe. J ORDAN (2006, 366)) kennt den Flurnamen als Uissri und Indri Kappagärmatta und fügt unter Uissri Brigga als Variante Kapaagärbrigga hinzu. In der Beschreibung ist von Etzweiden die Rede. Da sich kein entsprechendes Wort auf deutsch oder alpinlombardisch finden lässt, wird ein (nicht belegter) PN angesetzt. Ob es sich überhaupt um einen gemischt deutsch-alpinlombardischen Flurnamen handelt, ist unklar. Ggapänz Ggapänz m. ist nur belegt als der Gappänz (Zwischbergen), auf der zweiten Silbe betont. FLNK und LT haben Kapänz, wobei unklar ist, ob anlautend eine velare Fortis oder eine Affrikata erscheint. J ORDAN (2006, 392) führt Kapänz m. an und erklärt ihn als Bergbach. Es handelt sich um einen Bach, der aus dem Tschawinersee zum Wairasee und von dort in den (relativ neuen) Stausee bei Sera fliesst. 1764 heisst der Bach capens. SK zeigt, dass die oberen Seen (Tschawina und Waira) schon vorhanden waren, nennt den Bach aber Possettabach, der von der Alpe Possetta (heute Pussetta) herunterfliesst. Als Bachname ist Ggapänz m. sehr ungewöhnlich: die meisten anderen kleinen Gewässer haben Genus femininum oder sind mit Bach zusammengesetzt. Eine Deutung ist auch nach O LIVIERI ( 2 1961; 1965) nicht möglich. Ggardott Ggardott m. ‘ das kleine Gebiet mit Disteln ’ ist nur einmal belegt als der Ggardott (Zwischbergen). J ORDAN (2006, 288) kennt es als Kardót m. Es handelt sich um ein Stück Wald bei einem Sumpfgebiet mit einem kleinen See im Gebiet Alpje. Am nächstliegenden ist it. cardo ‘ Distel ’ (D EVOTO / O LI 2020, 371); es kann ein diminutives Suffix / - OTTU / vorliegen: ‘ das kleine Gebiet mit Disteln ’ . Ggarneera Ggarneera ist der Name eines Alpweidehanges in Zwischbergen, auf LT Carnera. Dazu gehören der Ggarneeragrat (1: 10000 Carneragrat), Passo Ggarneera (FLNK Garneerapass, LT Passo Carnera). Nur historisch belegt ist Laggi Carnera (1622, Zwischbergen), wobei wohl Seen (it. laghi) gemeint sind; neben der Alpe befinden sich drei Seen, die heute Ze Seewu heissen (so 1: 10000). J ORDAN (2006, 300) kennt Gaarneerä (auch Garneerusiita), Ggarneeruegg, Ggarneerutrittji, Ggarneerugrat und Ggarneerupass. Carnera könnte nach RN (2, 79 mit Carneras für Trin) zu lat. CARDUUS , CARDONE ‘ Distel ’ mit dem Suffix / - ARIA / passen, also ‘ das Gebiet mit Disteln ’ . Eine weitere Alpe Garnera zusammen mit Garnerabach, Garneragletscher, Garnerajoch und Garneratal ist in Gaschurn (Vorarlberg) belegt (V OGT 1973, 180); eine Deutung wird dort nicht gegeben. Auch Z INSLI (1984, 388) kennt Ggarneera für Alagna, gibt aber keine Deutung. Ggasäärna Ggasäärna ist nur belegt als t Alt Ggasäärna ‘ die alte Kaserne ’ (Simplon, FLNK Alti Kasärnu, LT und SK Alte Ggalaabri 271 272 <?page no="141"?> Kaserne). J ORDAN (2006, 17) kennt es als Alti Ggasäärna (früher Remise, heute Ausstellungsraum). Das HL ist zu nhd. Kaserne ‘ Gebäude(komplex) zur ständigen Unterbringung von Soldaten ’ , wdt. Kasäärna, Kasäärnä (Goms), Ggasäärnu, Kasäärnu f. ‘ Kaserne, Haus (gross, unschön) ’ . Lehnwort (< 17. Jh.) aus dem frz. caserne, Ableitung zu mlat. CASA ‘ Haus ’ (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 478; G RICHTING 1998, 121) zu stellen (cf. HL C ASERMETTA ). Ggaschinal Ggaschinal m. ist nur belegt als der Ggaschinal ‘ das zur Hütte gehörende Gebiet ’ (Zwischbergen; FLNK Gaschinal, LT Caschinal) mit Erstbetonung. J ORDAN (2006, 304) kennt Ggaschináll mit Endbetonung. Er leitet es vorsichtig von it. cascina ‘ Bauernhof ’ ab. P ETRINI (1993, 87) kennt u. a. Ableitung cassinal aus dem Bleniotal neben anderen Ableitungen. O LIVIERI ( 2 1961, 151; 1965, 117 s. v. Cascina) nennt ähnliche Formen; D EVOTO / O LI (2020, 383) verweisen auf cascinale als Ableitung von cascina. J ORDAN (2006, 304) erwähnt als Gegenstück wdt. Gääscha ‘ kleines minderwertiges Haus, Hütte ’ (vgl. G RICHTING 1998, 87). Das HL dürfte ein Gebiet meinen, das zu einer Hütte gehört. Ggätsch Ggätsch ist nur einmal belegt in ts Gätschhittji ‘ die kleine (Alp-)Hütte im Morast ’ (Ried-Mörel). Zu stellen zu wdt. Gätsch ‘ Morast, Kot ’ und Ggättsch, Ggettsch (Mattertal), Ggatsch ‘ Morast bei Regenwetter ’ (I D . 2, 558, G RICHTING 1998, 87). Das ähnliche HL G GETSCH muss wohl davon getrennt werden. Ggeiti Ggeiti ‘ kleine Schaukel ’ ist in Eisten zweimal belegt, als Name einer Alpe (Ggeiti, n.; 1: 10000 und FLNK Geiti) und eines Weges zu dieser Alpe (Ggeitiwäg, m.). Auch der Beleg Geiti (Eisten, SK Geitji) ist zu Geita f. ‘ Schaukel, Wippe ’ (I D . 2, 505 s. v. Geite n ; G RICHTING 1998, 88 s. v. Ggeita ‘ Schaukel, Wippe ’ (mit Varianten, nicht zitiert, da sehr vielfältig)) zu stellen; die Motivation ist die Geländeform. Es handelt sich um einen Diminutiv zu diesem Wort. SZNB (1, 350) kennt den Namen Geitenberg, lehnt aber eine Rückführung auf Geite(n) ab, weil das Lemma nur im Wallis belegt ist. Das gilt für die Belege in Eisten natürlich nicht. Ggetsch Ggetsch ist belegt in t Getschhaaute ‘ die steile Halde ’ (Gluringen, Ritzingen) und t Getschhauteije ‘ die Au unter der steilen Halde ’ (Ritzingen), beide mit / l/ -Vokalisierung. Zu stellen ist es wohl zu schwdt. Gätsch m. ‘ Felserhebung; steiler Felshang; Absturz ’ (I D . 2, 559; Z INSLI 1945, 319). Möglich ist auch das ähnliche HL G GÄTSCH , dann wäre die Deutung ‘ Halde oberhalb des Morastes ’ (was nur der Beschreibung für Ritzingen entspräche). Ggezu Ggezu m. ist nur einmal als dr Ggezu(l) (Fiesch) belegt; die Endung ist vokalisiert aus / - EL / . Wie auch das nahegelegene Getschel m. (cf. HL G ETSCHEL ) lässt sich der Name nicht deuten; die Beschreibung der beiden ist weiter unterschiedlich: Geezu wird als geringes, Getschel als ungeringes Gebiet bezeichnet. Ob es sich zu den HLL G GÄTSCH und G GETSCH stellen lässt, ist unklar, ebenso wie beim HL G ETSCHEL . Ggiissi Ggiissi n. ist ein Verbalabstraktum zu schwdt. günse n , güsse, g ī sse ‘ einen schrillen, durchdringenden Schrei ausstossen, gellen ’ , wdt. ggiisse, ggiissä, ggi(i)ssu ‘ kreischen, weinen, schreien ’ (I D . 2, 375 f.; G RICHTING 1998, 88). Laut Gwp. ist ts Giissi (Grengiols) ein Ort, wo es einen Brunnen gibt, der einen quiekenden Ton von sich gibt. Die Bildung ufe Gisju (Täsch) ist unklar. Es handelt sich um einen Dativ Plural zu Gisla, das ein offenes / i/ hat und darum kaum zu ggiisse zu stellen ist; auch ein langes, geschlossenes / i/ wie in Gîsel ‘ Geisel ’ ist unwahrscheinlich; I D . (2, 467) sagt jedoch, es gebe auch eine Kurzform Giso und deren feminine Ableitung Gisela, die in Ortsnamen belegt seien. BENB (1, 2, 60) meint, es könne sich beim einfachen Gisla auch um eine elliptische Form für Gisel(a)matte handeln. Beim vorliegenden Beleg handelt es sich laut Gwp. um eine felsige Weide auf rund 2130 m., die als Plural gekennzeichnet ist. Deswegen ist die Ableitung von einem femininen PN zwar möglich, aber eher unwahrscheinlich. Gginter Gginter ist unklar, könnte aber zum PN oder FaN Gunter, resp. Guntern gestellt werden. Alle Belege befinden sich in Obergesteln. Zentrum ist die Kleinsiedlung Gintrige. Als nächstliegende Hypothese kann man von einem PN Gunter oder FaN Guntern (AWWB 120 f.) ausgehen, mit einer kollektiven / - IG / -Ableitung und anschliessend entrundetem Umlaut ‘ die Siedlung der Leute von Gunter / der Familie Guntern ’ . Das wird unterstützt vom ältesten Beleg zu Gintermos ‘ der sumpfige Boden bei Gintrige ’ : vom Gunterrmos (1480). Gginter wird als Bestimmungswort mit folgenden Grundwörtern kombiniert: Blätz, Bode, Egg, Grabe, Los, Moos und Stutz. Ggipfja Ggipfia Pl. ist nur belegt in di Ggipfia (Eggerberg). Es handelt sich um eine entrundete und palatalisierte Plu- 273 274 Ggipfja <?page no="142"?> ralform zum Singular Güpf, das in I D . (2, 390 s. v. Gupf) als ‘ oberster, rundlicher Teil ’ und bei Z INSLI (1946, 323) als ‘ rundlicher Berggipfel ’ belegt ist. Ein Zusammenhang mit Gipfel ist inhaltlich möglich, aber wenig wahrscheinlich. Ggorl Ggorl ist nur belegt in t Ggorlega (Blitzingen; FLNK Gorlegga). Zwar kennt G R W B (8, 967) Gorl als ‘ umsponnenes Besatzgarn ’ und Görlein als ‘ Zuckerwurz, SIUM SISARUM L. ’ , ersteres schwdt. nicht, letzteres als Girgel (I D . 2, 417) belegt. L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 964) kennen nur S IUM LATIFOLIUM (kaum verbreitet) und das ähnliche B ERULA ERECTA unter S IUM . G R W B gibt unter Görlein an, dass diese Pflanze früher in Süddeutschland angebaut wurde. Beide kommen für eine Deutung kaum in Frage. Das Lexem bleibt unklar. Die Ecke (Egga) befindet sich laut LT auf rund 1400 m, was eine Deutung erschwert. Ggotschlete Ggotschlete Pl. ist nur in Brigerbad als di Ggotschlete belegt. Es handelt sich um ein steiles Wald- oder Buschstück oberhalb der BLS-Strecke. Die Ableitung auf / - ETE / (Plural) ist zu / - ETE / (wdt. / - ETA / ) (S ONDEREGGER 1958, 482) zu stellen und bezeichnet die Menge oder das Ergebnis einer Tätigkeit. Weder I D ., noch G RICHTING (1998) kennen jedoch das zugrunde liegende Verb ggotschle n . Der Flurname ist darum nicht deutbar. Ggrettu Ggrettu kommt nur in Ggrettubiinelti ‘ der kleine Pflanzplatz der Familie Crettaz ’ (Brigerbad) vor. Laut Gwp. handelt es sich um eine Form des FaN Crettaz (AWWB 71). Ob die in Glis 1859 belegte Grettenmatte ‘ die Wiese der Familie Crettaz / der Greta ’ zum FaN Crettaz oder zum PN Greta zu stellen ist, kann nicht entschieden werden. Ggrupasch Ggrupasch m. ist nur in der Grupásch (Zwischbergen) belegt. J ORDAN (2006, 313) kennt es als Gropásch (auch Gru(m)pasch) einen ‘ exponierten, fast unheimlich drohenden Felskopf ’ . Als Herkunft vermutet er italienische Mundart. P ETRINI (1993, 95 s. v. cropp) nimmt eine Deutung als ‘ Vorgebirge, Anhöhe ’ (so auch O LIVIERI 2 1961, 271 s. v. Groppe; 1965, 142 s. v. Croppo) an. Das pejorative Suffix / - ACCIO / ergibt dann eine Deutung als ‘ wüster Bergrücken ’ . Ggschoss Ggschoss ist nur belegt in ts Ggschosstrei (Selkingen). Gwp. vermutet einen „ Treien durch Gemsgebiet “ , meint also, dass es sich um einen Viehweg in Gebiet handelt, wo Gemsen geschossen wurden. Auffällig ist das Genus Neutrum. ts Trei könnte nach der üblichen Lesart für Neutra als eine Art Kollektiv ‘ wo es viele Viehwege hat ’ verstanden werden, doch gibt es dafür sonst keinen Beleg. Ggschoss selbst ist am ehesten zu Sch ō ss (I D . 4, 1451 ff.) zu stellen, dessen eine Deutung als 3b) „ Einsenkung des Erdbodens “ (I D . 4, 1459) am nächsten liegt. Anlautendes / Ge-/ lässt sich als Kollektiv verstehen. Insgesamt wäre dann der Name als ‘ Viehwege im eingesenkten Boden ’ zu verstehen. Ggüüsi Ggüüsi ist laut Gwp. ein Übername für einen Knaben (Arthur Marti), der vom Ggüüsiture ‘ Felsturm des Ggüüsi ’ (Reckingen) herunterfiel; Ggüüsi sei der Übername des Knaben gewesen. Eine unabhängige Bestätigung dafür fehlt. Ggwär Ggwär ist nur als ts Gwärholz ‘ das quer verlaufende Holz (Wald) ’ (Reckingen, auch FLNK) belegt. Das eigentliche Wort in I D . (14, 1852 f.) ist twër ch ‘ quer, schief, schräg); vgl. dazu auch G R W B (13, 2335), wo angenommen wird, dass sich quer aus twer entwickelt habe. Die Form mit gwer ist in Reckingen schon im 16. Jahrhundert belegt, muss also eine frühe Form von / tw/ > / gw/ sein. Ghaar Das Adjektiv ghaar kommt nur in die Ghaari Eggu (Hohtenn) vor; leider fehlen die Koordinaten. Es ist wohl zu schwdt. Haar in Bed. 4 ‘ ungehöriger Bestandteil, Hindernis ’ (I D . 2, 1504) und das geläufigere hârig ‘ unangenehm, widrig, schwierig ’ (I D . 2, 1511) zu stellen und meint dann eine wenig fruchtbare Ecke. Ghängil Ghängil ist lebend nur in Unterbäch als im Ghängil ‘ im steilen Gelände ’ belegt. Laut Beschreibung handelt es sich um sehr steile Weiden. Zu stellen ist der Name zu einer Kollektivableitung mit Umlaut auf / G ( I )- IL / zum Verb schwdt. hange n Bed. 2. ‘ (abwärts) geneigt sein ’ und wdt. hange, hangä (Goms, Lötschtal), hangu ‘ hängen ’ (I D . 2, 1442; G RICHTING 1998, 104). Ghiacciao Ghiacciaio ist nur in Ghiacciario del Pizzo Rotondo ‘ der Gletscher des Pizzo Rotondo (LT für Rotondogletscher) ’ (Oberwald) belegt. Es handelt sich um die it. Form; der Ggorl 275 276 <?page no="143"?> Name ist zu it. ghiacciaio m. ‘ Gletscher ’ (D EVOTO / O LI 2020, 947) zu stellen. Gi Gi n. ist nur in Saas-Almagell belegt: ts Gi und di Gifett ‘ die Grasbänder beim Gi ’ . LT und SK haben Giw; die Karte 1: 10000 Gy. Die phonetische Notation zeigt ein halblanges, offenes / i/ . Der Name ist sonst nicht belegt. Wenn Giw von LT stimmt, kann der Name zum HL G IWW gestellt werden. Hierzu ist G ÜW m. ‘ Gipfel ’ (Id. 2, 566) zu bedenken, mit Verweis auf güwe n , das seinerseits auf mhd. gewen, giwen ‘ gähnen ’ zurückgeführt wird (G R W B 4, 1539 f. s. v. gäuen; G RICHTING 1998, 85 s. v. geine; W IPF 1910, 96 notiert für Visperterminen als Partizip giginu). Gi wäre dann ein Ort, an dem man (vor Staunen) den Mund aufreisst. Giätrich Giätrich m. / n. ist belegt in Ufem Giätrich ‘ auf dem Giätrich ’ (Wiler). Der Name setzt sich wohl aus dem Nomen Güet ‘ Gut ’ (entrundet zu Giät) und einem Ableitungssuffix / - RICH / zusammen, dessen Bedeutung unklar ist (I D . 6, 167 kennt Feldrich und deutet es als volksetymologische Umdeutung zu Färrich ‘ Pferch ’ ); die Literatur zu / - RICH / ist nicht klar. Zu vermuten ist, dass Giätrich einfach ein ummauertes Gut meint. Darauf deutet die Bemerkung der Gwp. „ eine Ringmauer auf drei Seiten und Reste einer Hofstatt “ hin. Gibel Gibel m. ist zu schwdt. Gibel m., wdt. Gib(e)l, Gibäl (Goms), Gibul (Mattertal), Gibel (Saastal), Gibil ‘ Giebel ’ , ‘ Dachgiebel ’ , in Namen ‘ giebelförmiges Gelände; Gipfel, oberster Teil eines Hügels, spitziger Hügel, Berghöhe ’ , ahd. gibil, mhd. gibel (I D . 2, 97 f; BENB 2, 49 f; URNB 1, 1293; G RICHTING 1998, 94) zu stellen. Das HL kommt in rund 70 Namen vor. Die Formen Gibja, Gibji u. ä. sind palatalisiert aus Gibel (gibla > gibja; gibli > gibji), wobei wohl im Fall des femininen Singulars eine Re-Analyse des Plurals zum Singular stattgefunden hat. Das Simplex erscheint im Singular primär als (der) Gibel (FLNK, Grengiols; Fiesch), der Gibil (Embd), der Gibu (Lax), uf(em) Gibu (Bellwald) (beide mit / l/ -Vokalisierung) und der Gibul (Grächen). Nur historisch sind belegt: am Gibel (1530, Binn; 1803, Ernen, 1599, Stalden), an den Gebell (1594, Fieschertal; unsicher), an Gÿbell (1562, Zeneggen), im Gibell (1739, Guttet), am Gibell (1401, Naters, 1540 jn den Giblen seu Gibÿen). Im Plural kommt das HL als (di) Gibja (FLNK Birgisch, Eggerberg, FLNK Ernen), di Gibje (Zermatt), Gibla (1392, Birgisch), an den Gibÿen (1542, Termen) und jn den Giblen (1540, Naters) vor. Der Diminutiv Singular erscheint als ts Gibji (Ried- Brig), ts Gibli (Kippel, FLNK Gibli), ts Gibulti (Grächen, auch FLNK); der Diminutiv Plural als in den Gibeltinen (1801, Birgisch), in den Gibinen (1809, Birgisch, unsicher) und di Gibultini (Naters, FLNK Gibultini). Mit attributiven Adjektiven sind belegt: ts Chlei Gibelti (Grengiols), t Unnergibja (Törbel), am Vndren Gibilti (1636, Grächen), am Fodren Gibill (1644, Grächen). Als Bestimmungswort kommt das HL mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita vor: Acher, Bodu, Brunnu, Egg(a), Grabu, Hooru, Loch, Matta, Piische, Riife, Schluocht, Tschugge, Wäg, Wang und Wanna. Unklar sind di Gibeggu (Hohtenn) und der Gibgaartu (Hohtenn), die wohl eine Kurzform des HL enthalten. Eine Ableitung auf / - ERI / für Wasserleitungen ist in Gibjeri ‘ die Wasserleitung, die am Gibji (kleiner Giebel) vorbeifliesst ’ (FLNK, Ried-Brig; Termen, auch FLNK und LT) belegt; es handelt sich um eine Wasserleitung auf dem Rosswald. Vermutlich hierzu gehören auch Gibjerifall (Ried-Brig) und Gibjeriwäg (FLNK Ried-Brig; LT Gibjeriweg). Die Wasserleitung ist rund 10 km lang, sodass die beiden Flurnamen durchaus zur Wasserleitung gehören können. Gibiet Gibiet n. ‘ Gebiet ’ kommt nur in Saas-Almagell als di Gipieti vor, mit Akzent auf dem zweiten Teil des Diphthongs der zweiten Silbe. Laut Gwp. handelt es sich um Grundstücke, die zum <chrütu> ‘ Kraut sammeln ’ ausgelost würden, auf ca. 2600 m. Zu unterscheiden ist es vom HL Gibjet n. (mit Erstbetonung). Gibirg Gibirg und Birg sind zu schwdt. (Ge)Birg n., kollektiv zu Berg wie nhd. ‘ Gebirge ’ , ‘ Berg(e); gebirgiges Gebiet, Bergland; Bergweide ’ (I D . 4, 1572; RN 2, 413) zu stellen. Beide kommen nur selten vor. Als Simplex ist vielleicht zum Bürg (1645, Blatten) zu interpretieren, doch ist der Beleg unklar. Adjektivische Bildungen sind ts Hogibirg ‘ das hohe gebirgige Gebiet ’ (Naters), ufum Rotgibirg ‘ auf dem roten gebirgigen Gebiet ’ (Ferden) und ts Wiis Gibirg ‘ das weisse gebirgige Gebiet ’ (Zwischbergen). Birg kommt nur in Birghoren ‘ Gipfel im gebirgigen Gebiet ’ und Birgsattel ‘ Sattel beim Birghorn ’ (beide Blatten) vor. Gibjet Gibjet kommt in Ergisch als Simplex ts Gibjet (1: 10000 Gibjet) vor; dazu sind die Komposita Jm Gibbiet Gartun (1634), Im Gebiedbach (1768), In der Gibietfúren (1706), In der Gibietmatten (1633 u. ö.) und di Gibjettbedu ‘ die Böden im Bereich Gibjet ’ zu stellen. Die historischen Schreibweisen zeigen, dass die Schreiber an das dt. Wort 277 278 Gibjet <?page no="144"?> Gebiet dachten. M. S. hat in Gibjettbedu den Akzent auf der ersten Silbe notiert; das Wort kann deswegen nicht zu Ge ’ biet (mit Akzent auf der zweiten Silbe) gehören. Die ältesten historischen Belege stammen aus dem 16. Jahrhundert; eine Palatalisierung verbietet sich aber, weil einerseits alle Belege schon ein / j/ aufweisen und weil anderseits der Erstakzent den Anschluss an eine / G ( I )/ -Ableitung mit kollektivem Sinn zu Blatt nicht zulässt. Wahrscheinlicher ist eine romanische Wurzel, die allerdings unklar ist. Das HL bleibt deswegen ungedeutet. Gibsten (FaN) Gibsten (FaN), auch Guibsten ist ein FaN, der eine seit dem 14. Jh. bekannte Familie von Münster (AWWB 109) benennt. Belegt ist er an vier Orten: ts Gibschturiedgi ‘ das kleine Ried der Familie Gibsten ’ (Betten), Gibsten Acker ‘ der Acker der Familie Gibsten ’ (1802,Martisberg), Gÿbsten Acher ‘ der Acker der Familie Gibsten ’ (1824, Bellwald) und vermutlich ob Gytzpons Mattun ‘ ob der Wiese der Familie Gibsten ’ (1379, Ulrichen); dieser Beleg ist auch in AWWB 109 zitiert, wo er zum gleichen FaN gestellt wird. Gibyel Gibyel ist nur 1397 für Feschel als zen Gibyel belegt. Es handelt sich um einen Plural. Das schliesst eigentlich ein Präfix GI aus, das als Singular Neutrum konstruiert würde. Um 1397 kann auch die Entrundung (Bühel > Biel) noch nicht vorliegen. Die Entwicklung / l/ > / i, j/ (Palatalisierung des / l/ ) scheint im Wort Gibja u. ä. ‘ die Giebel ’ erst im 16. Jahrhundert einzutreten (der Beleg von 1540 jn den Giblen seu Gibÿen (Naters) ist wohl der früheste). Auffällig ist weiter, dass der Name mit / l/ endet. Trotz allem scheint Gibel ‘ giebelförmiges Gelände ’ (I D . 2, 97 f.; G RICHTING 1998, 94) (cf. HL G IBEL ) gemeint zu sein, also ‘ bei den giebelförmigen Felsen ’ . Erstaunlicherweise hat G PSR (8, 201 s. v. gébè ̩ ł ‘ Jatte en bois, avec couvercle [Holzschale mit Deckel] ’ ) ein Wort, das als quibil usw. auf das alem. Chübel ‘ Kübel ’ (Id. 3, 110) zurückgeführt werden kann. Dieses HL könnte also auch gemeint sein. Giesch Giesch, auch Giäsch, ist ein Weiler in der heutigen Gemeinde Steg-Hohtenn. Die meisten damit gebildeten Namen befinden sich in den Gemeinden Hohtenn und Niedergesteln. Giäsch ist 1301 als an dem Gues belegt, 1302 am Ges, 1306 am Ges, 1309 Giezo, 1320 Guers (im Kontext ist eine Wasserleitung erwähnt, die hieher führt), 1347 am Gu ᵉ s, 1387 apud Gu ᵛ s, 1389 am G ů es usw., die heutige Form erscheint erstmals 1522 als am Giesch. Diese Formen sind insgesamt sehr unklar; jene auf Ges könnten auch zum Weiler Geesch (cf. HL G EESCH ) bei Niedergesteln und Raron gehören. Geht man von den Formen mit einem / u/ aus, dürfte Gues in etwa die Ausgangsform sein. Dabei ist aber unklar, ob ein Diphthong / üe/ vorliegt oder eine romanische Schreibung für / e/ , die später diphthongiert zu / ie/ wurde. Ursprüngliches / s/ erscheint später als / š / . Leider findet sich hierzu kein historischer Beleg. Giezo (1309) hingegen legt ein Nomen wie Giesse n ‘ Wasserfall, Bachstrudel ’ (I D . 2, 470) nahe, was allerdings von der Lage her sehr unwahrscheinlich ist. Giez ist in G PSR (8, 319) als ‘ Chalet (aber unsicher) ’ zitiert, sodass auch dieses romanische Etymone möglich wäre. Als Bestimmungswort tritt das HL G IESCH zunächst zusammen mit den folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita auf: Gassa, Haalta, Matta, Schnitta und Suon. Schwierig ist hier in den Gÿeschmatten (1584, Ergisch). Da im Dokument zuerst Zubermatten ‘ die Wiesen mit einer Wasserfassung ’ steht, könnte in diesem Fall das mhd. gie ʒ e ‘ fliessendes wasser, schmaler u. tiefer flussarm, bach ’ (L EXER 1, 1011) gemeint sein. Komplexer sind t Alti Gieschsüe ‘ die alte Wasserleitung nach Giesch ’ (Hohtenn, Niedergesteln), di Gieschsüeabschlacht ‘ die Stelle, wo die Giesch-Suon (Wasserleitung nach Giesch) abgeleitet wird ’ (Hohtenn) und das seltsame Tatz-Giesch Süe (FLNK, Niedergesteln), eine Wasserleitung, die vom Jolital über Tatz (Weiler von Niedergesteln) nach Giesch (Weiler von Hohtenn) führt und laut www.bisses.ch [besucht am 11. 04. 2019] heute weitgehend in Rohrleitungen fliesst. Eine Form Giescher (ursprünglich ein Genitiv Plural, heute Adjektiv (cf. S ONDEREGGER 1958, 526 ff.); teilweise zusammengeschrieben) kommt mit folgenden Grundwörtern in zweisilbigen Komposita vor: Brunnu, Eie, Schnitta und Weid. Von diesen Belegen ist ein Genitiv Singular bemerkenswert: ts Gieschersch Weidu ‘ die Weiden des Mannes aus Giesch (Weiler von Hohtenn) ’ (Hohtenn). Eine seltsame Ableitung im Plural, vermutlich auf / - ERRA / (S ONDEREGGER 1958, 471 ff.). tritt in Zen Gieschierun (1687, Niedergesteln) auf. Man kann hierin einen Plural zum einfachen Flurnamen Giesch sehen: ‘ bei den Orten, die den Leuten von Giesch (Weiler von Hohtenn) gehören ’ . Hierzu gibt es Giescherrungrund ‘ im Grund der Leute von Giesch ’ (Niedergesteln) (Grund ist hier die Rottenebene) und Giescheruacher ‘ die Äcker der Leute von Giesch (Weiler von Hohtenn) ’ (FLNK, Niedergesteln). Aus den Belegen geht hervor, dass die Leute des Weilers Giesch Besitztümer in der Rottenebene hatten. Gibsten (FaN) 279 280 <?page no="145"?> Giesse Giesse f. ist zu schwdt. Giesse n m. oder f., ahd. giezo, mhd. giesse ‘ Wasserfall, Bachstrudel, Sturzbach, Stromschnelle; Seitenarm eines Flusses, Stelle mit stehendem oder nur schwach fliessendem Wasser ’ (I D . 2, 470 f.; RN 2, 416; BENB 1, 2, 52; URNB 1, 1296) zu stellen. Die komplexe Bedeutungsangabe macht klar, dass sowohl fliessende, als auch stehende Gewässer gemeint sein können. Dabei wird öfters ein Plural verwendet, der eher stehende oder schwach fliessende Gewässer meint. Lebende Belege des Simplex im Singular sind der Giessu ‘ der Giessen ’ (Saas-Grund), Giessu ‘ der Giessen ’ (FLNK, Saas-Balen; FLNK, Turtmann), wobei die Flur in Turtmann in der Rottenebene liegt. an den Giessen (1562, Geschinen), am Giessen (1603, Münster), Giessen (1509 u. später, Brigerbad; hier ripa ‘ Fluss, Bach ’ genannt), in dem Giesen (15? ? , Reckingen), jnter den Giessen ‘ zwischen den Giessen ’ (1303, Visp; spätere Belege haben der Gy`esso ‘ der Giessen ’ , lat. fossatum aque ‘ der Wassergraben ’ ), die Giessen (1828, Saas-Almagell; als „ das Wasser “ bezeichnet), die Giessen (1817 Agarn, lat. fossale ‘ der Kanal ’ ) lassen sich nicht genau deuten. Einige der Belege können auch Plural sein. Sicher ein Plural ist t Giesse ‘ die Giessen (Weiler von Binn) ’ , wo vielleicht der Englischbach gemeint ist. di Giesse (Visperterminen) ist ein Alpgebiet auf rund 2100 m mit Wasser. in den Giesen (1762, Oberwald) meint ein Gebiet in Unterwasser. Diminutive im Singular sind ts Giessi (Biel; FLNK Giessi), das ein Dorfteil bei einer Wasserleitung ist, ts Giessi (Obergesteln; FLNK Giessi) mit einer Quelle laut Gwp., ts Giessi ‘ Kanal ’ (Gampel), ev. auch Gross Grabu. Mit attributiven Adjektiven kommen vor: communem Güessen ‘ (lat. communem) der Giessen (Bach), der der Gemeinde gehört ’ (1599, Baltschieder), an den G ’ meinen Giessen ‘ an den Giessen (Graben), der der Gemeinde gehört ’ (1733, Turtmann), communem Güessenn ‘ (lat. communem) der Giessen (Bach), der der Gemeinde gehört ’ (1616, Visp). Nur Badtgiessen ‘ der Giessen (Graben) beim Brigerbad ’ (1571 u. später, Brigerbad) enthält das Grundwort. Alle anderen weisen das HL als Bestimmungswort auf: Acher, Balma, Egg(a), Gartu, Loch und Los. Unsicher ist Gýsen Ecka ‘ die Egga des Gisen ’ (1399, Ried-Brig). Wegen des fehlenden Diphthongs / ie/ kommt Giesse kaum in Frage; am ehesten ist an einen FaN Gischig oder ähnlich zu denken (AWWB 111). Ein ursprünglicher Genitiv Plural, heute eine als Adjektiv verstandene Ableitung auf / - ER / , ist in ts Giessersand ‘ das Sandgebiet beim Weiler Giesse ’ (Binn) zu finden. Giety Giety, auch Gietaz ist ursprünglich ein Patois-Wort, das mit anlautendem / g/ im Bezirk Leuk übernommen wurde. Die ältesten Belege sind 1338 la giety, 1339 l ’ agÿetÿ, 1346 la giety, 1353 lagiety (alle Albinen), also Belege ohne und mit Agglutination des / a/ des femininen Artikels la. Zu vermuten ist etwa die Bedeutung ‘ Voralpe ’ (cf. B OS- SARD / C HAVAN 2006, 243 zu Gite, Giète usw. und G PSR 8, 335 ss., vor allem 5 o Noms de lieux). Dazu gehört wohl auch de la gietiz (1527, Ergisch). Belegt sind neben Giety auch en la gieti damun ‘ in der oberen Voralpe ’ (1660, 1662 Albinen) und jn pede de la Gietetaz (1548, Albinen; 1631 in pede de la Giettÿ) ‘ am Fuss der Voralpe ’ . Gieteta ist in Albinen seit 1444 belegt; es handelt sich wohl um einen Diminutiv. Auch in Turtmann ist 1497/ 98 ein Gietetaz erwähnt, ist hier aber ein Beiname eines Anthonius Ogier. Eine Mischform weisen in der Obren Gietten (1708 u. später, Albinen) und in der Vndren Güetten (1682, Albinen) auf, deren ältere Formen jn superiori Gieti (1662) und in inferiori Gieti (1644) belegt sind. Da keine lebende Form überliefert ist, bleibt unklar, ob das anlautende grein schriftlich war, oder doch als / ʒ / ausgesprochen wurde. Gifft Gifft ist nur einmal belegt in ts Giffthittli ‘ die kleine Gifthütte ’ (Zermatt). Die Gwp. meint, dass sich Gift auf ‘ Alkohol ’ bezieht. J ULEN ET AL . (1995, 223) bezeichnen es jedoch als „ Souvenirladen, wo sich Engländer kleine Geschenke (gift) kaufen konnten “ . Die Website http: / / www.zermattportal.de/ zermattlexikon/ g/ gifthittli/ [21.04.2015IW] spricht von einem Gipfel, auf dem sich ein Souvenirshop befunden habe. Beide Erklärungen gehen auf das engl. Gift (das auch noch in dt. Mitgift steckt) zurück, also ‘ das Gegebene ’ . Eine Entscheidung zwischen Gift als ‘ poison ’ und Gift als ‘ Gabe, Schenkung ’ kann auf Grund des Namens nicht getroffen werden (vgl. I D . 2, 134 s. v. Gift), doch dürfte die zweite Deutung sinnvoller sein. Gifi Gifi f. ‘ Spalte ’ ist zu schwdt. Gif(f)e n f. ‘ Spalte ’ zu stellen, das von schwdt. g ī fe n , giffe n , gif(f)ele n ‘ bersten, voneinander klaffen ’ (I D . 2, 129f) abgeleitet ist. Das Simplex Gifi kommt in Münster und Reckingen vor; in Münster auch mit Präposition uf der Gifi; aus der Karte lässt sich schliessen, dass es um das gleiche Gebiet in beiden Gemeinden geht. In Geschinen ist yff der Gÿffi (1587) belegt. In Münster wird zwischen der Ober und der Unner Gifi ‘ der obere und der untere Teil der Gifi ’ unterschieden; historisch ist auch in der vodrigen Gÿffy (1678) 281 282 Gifi <?page no="146"?> belegt. Als Grundwort ist Gifi mit Bädel (Münster) verbunden. Häufiger ist es Bestimmungswort zu den Grundwörtern Biine, Egge, Grabe, Loch und Schlüecht, immer in Münster und Reckingen. Gifrisch Gifrisch n. ist der Name eines Weilers von Filet, heute zur Gemeinde Mörel-Filet gehörend. Die ältesten Belege sind 11? ? Cheurilz, 1250 Chivriz, 1301 Gyfris. Die heutige Form Gifrisch ist erstmals 1488 belegt. Schon J ACCARD (1906, 187) führt das HL auf caprilia ‘ Ziegenstall ’ (J AC- CARD 1906, 187) zurück. Die Endung legt einen Plural *caprilias ‘ die Ziegenställe ’ nahe (vgl. S CHMID 1951, 53). Gifris ist 1468 auch für Grengiols belegt; die Lokalisierung „ iuxta pontem ripe “ (neben der Brücke über den Fluss (Rotten)) deutet aber auf den heutigen Weiler hin. Attributive Adjektive sind belegt für Nider Gifrisch (1679), im Obren Gifrisch (1646, 1649), im Vndren Gifrisch (1399 (lat.), 1697), alle in Filet. Weiter sind eine Reihe von Komposita mit dem HL als Bestimmungswort belegt: Gifrischbach (Bister, Filet, Mörel) und Gifrischgrabe (Bister, Filet), Gifritschbrücke (sic, auch andere! ) (1818, Filet), Gifritschrúfina ‘ das Rutschgebiet bei Gifrisch ’ (1617, Filet; auch andere Schreibweisen im gleichen Jahr), der Gifritschstalden ‘ der Abhang bei Gifrisch ’ (1406, 1818 Filet) und der Giffris Zenden ‘ das Gebiet für den Zehnten in Gifrisch (Teil von Filet) ’ (1573, Filet) (laut P H . K ALBERMATTER (p. c.) handelt es sich hier um den Zehnten, der von den Leuten von Gifrisch an das Hospital der Johanniter auf dem Simplon entrichtet wurde). Giger (FaN) Giger (FaN) und Ableitungen davon sind zu schwdt. Giger m. ‘ Geigenspieler ’ zu stellen; als FaN ist er seit dem 13. Jh. belegt. Er bezeichnet in Flurnamen den Besitz einer Familie Giger (BENB 1, 2, 53; I D . 2, 151). Obwohl der Name heute im Oberwallis nicht mehr belegt ist, lässt er sich in den Daten des VSNB in einem Dokument aus Feschel (1400, Petrus Giger de Vesil) nachweisen. 1768 wird Josephi Jmhoff alias Giger in Binn erwähnt; Giger ist hier wohl ein Beiname für jemand, der die Geige spielt. Unklar ist die Verwendung des Simplex Giger als Flurname in Naters (1636, Gÿger), Obergesteln (1765, der Giger), Oberwald (erstmals 1687, Aúff dem Gÿger) und Ried-Brig (1726, Giger). Neben der möglichen Verwendung als FaN kann hier auch ein Ort gemeint sein, wo die Geige gespielt wird, oder einer, der einer Geige gleicht. In den übrigen Belegen ist Giger Bestimmungswort und zwar zuerst im Genitiv Singular: Gigers Holz (1388 als Holz Gýgarro ‘ der Wald der Familie Giger ’ , Ried- Mörel), ts Gigersch Schiirli ‘ die kleine Scheuer der Familie Giger ’ (Randa), dann auch im Kompositum: Güger Schiirli (1832, Blitzingen), der Giigerstei ‘ der Stein (Fels) der Familie Giger ’ (Blitzingen), das obere Gügerstücklein ‘ das ober kleine Landstück der Familie Giger ’ (1832, Blitzingen, hochdeutsch) und Giiger Weidgi ‘ die kleine Weide der Familie Giger ’ (FLNK, Ernen). Eine Ableitung auf / - I / zum Stamm Giig-, das Ganze im Genitiv, findet sich in ts Giigisch Hitta ‘ die Hütte der Familie Giger ’ (Filet) und ts Giigisch Stafil ‘ der Stafel der Familie Giger ’ (Gampel). Von dieser Konstruktion ist wohl das HL G IIGI zu trennen. Eine Ableitung auf / - I ( N )/ zu Giger ist in der Giigeribodo (Visperterminen) zu finden; vermutlich handelt es sich um ein feminines Giigeri ‘ Geigerin (eine Frau mit dem Namen Giger, eine Frau, die Geige spielt) ’ . Eine weitere Ableitung auf / - ERRA / - ERRU / oder ein Genitiv Plural ist belegt als jn der Gigerren ‘ am Ort, der der Familie Giger gehört (? ) ’ (1815, Guttet). Der isolierte Beleg lässt keinen Schluss zu, welche der beiden Konstruktionen zutrifft. Generell kann Giger auch ein Beiname sein, oder aus einer Tätigkeit als Geigenspieler stammen. Giigela Giigela f. ist als t Giigela ‘ der Hügel ’ (Binn) und Gigele ‘ die Hügel (Plural) ’ (Blitzingen) belegt. Die Form di Gigula ‘ der Hügel ’ (Naters) gehört ebenfalls hieher. Beide sind wohl wie Gigli (BENB 1, 2, 54) zum HL G UGEL / G ÜGEL (I D . 2, 155 u. 159) zu stellen. Anders als dieses bildet es für Binn und Naters ein Feminin (vgl. die Variante Gugla unter dem HL G UGEL ), in Blitzingen könnte ein Plural vorliegen. Ein Zusammenhang mit Gîge n ‘ Geige ’ (I D . 2, 148) liegt kaum vor. Giigi Giigi n. ist von der Bildung her ein Diminutiv; das lange / i: / zeigt die wahrscheinliche Herkunft von Gîge n ‘ Geige ’ (I D . 2, 148 f.) an. Eine Entrundung aus Güggi ‘ Aussichtspunkt ’ (I D . 2, 198; NWNB 2, 861 ff. s. v. Gigi mit Bezug auf Gugel, hier als ‘ rundliche Anhöhe ’ verstanden) kann nicht nachgewiesen werden, ist aber nicht auszuschliessen (vgl. HL G UGGINA und HL G UGGI , beide mit kurzem Haupttonvokal). Neben den historisch belegten im Giggi (1836, Glis) und am Gÿgÿ (1730, Blatten) ist lebend nur ts Giigi ‘ die kleine Geige (metaphorisch) ’ (Oberems; SK Gigialp, LT Gigi, FLNK Giigi) belegt, laut Beschreibung eine kleine, geringe Alpe. In allen Fällen dürfte eine Ähnlichkeit von Instrument und Gegend gemeint sein. Zum lebenden Beleg in Oberems gesellt sich ein ganzes Namennest mit Giigi der Ober Stafil, ts Giigi der Mittilstafil, ts Giigi der Unner Stafil, die Gigii Matte (1842), der Gifrisch 283 284 <?page no="147"?> Giigigraad, ts Giigihorli, der Giigischleif, ts Giigitagfäld, der Inner und der Vooder Giigiwald (alle Oberems). Giir Giir m. ‘ Geier, Adler ’ ist zu schwdt. G ī r m., mhd. g ī r ‘ Geier, speziell Lämmergeier, meist aber jeder grosse Raubvogel, bes. Adler (Steinadler) ’ und wdt. Giiri n. ‘ Geier ’ (I D . 2, 405; BENB 1, 2, 57 f; URNB 1, 1276 f; G RICHTING 1998, 94) zu stellen. Die Form bei G RICHTING ist ein Diminutiv. Es ist zweimal als Bestimmungswort belegt: ts Giirenäscht ‘ das Adlernest ’ (Ulrichen), wo es eine Felswand mit einem Adlernest benennt, und der Gireschnabu ‘ der Geierschnabel ’ (Gluringen), einer metaphorischen Benennung einer Felsnase, die wie ein Geierschnabel aussieht. Die genaue Zuordnung zu Adler oder Geier ist im Einzelnen unklar; W IPF (1910, 35) gibt dialektal G ī r und übersetzt es als „ Geier “ . Giisä Giisä Pl. ist belegt in di Giisä (Zwischbergen, LT und FLNK Gise). J ORDAN (2006, 297) hat es als Ggiisä; er geht von einem italienischen Ortsnamen aus. Die alpinlombardische Form gissa ‘ sehr steiler Abhang ’ (Fusio) (LSI 2, 716) würde das bestätigen. Weiter verweist BENB (1, 2, 59 s. v. Gis-) auf H UBSCHMIED (1946, 18 f.), der Gisen, Gysen (uf der Gise) auf eine frpr. Form *dyisa < lat. * JACITA ‘ Vorsass ’ zurückführt; B OSSARD / C HAVAN (2006, 243 s. v. Gite) stimmen ihm zu. Diese Deutung stimmt wohl inhaltlich, doch ist in Zwischbergen ein alpinlombardisch / piemontesisches Etymon zu erwarten. Ein gerundetes HL ist in I D . (2, 477) als Güsi ‘ daher brausender Wasserstrom, -Flut, Überschwemmung, Wolkenbruch ’ (für Graubünden und Schwyz) belegt. Diese Deutung liegt nicht nahe, da die Flur auf rund 2070 m in wasserloser Umgebung liegt. Insgesamt kann keine sichere Deutung gegeben werden. di Giisleri ‘ die leicht gefrorene Wasserleitung (unsicher) ’ (Mund, LT Gisleri) ist eine / - ERI / -Ableitung für Wasserleitungen zu einem HL G ISEL (mit / - EL / -Erweiterung) oder entrundet zu Güsel. Die Deutungen in I D . (2, 467 s. v. G ī sel ‘ Geisel, Bürge ’ 2, 468 s. v. Gisler ‘ Schuldeneintreiber ’ ) kommen für eine Wasserleitung kaum in Frage. Hingegen könnte G ī sel ‘ die dünne, leicht zerfallende erste Eiskruste beim Gefrieren des Wassers ’ (I D . 2, 468; RN 2, 417 mit Verweis auf I D .) bei einer Wasserleitung eine Rolle spielen. Wenn eine Entrundung vorliegt, dann könnte am ehesten eine Ableitung zu G ÜSI (s. oben) in Frage kommen. Giischi Giischi ist ein schwer zu deutendes Lemma. Das Simplex kommt als Giischi (Bratsch), historisch auch als in den Gischinen (1784) vor, das auch wohl hyperkorrekt als in den Güsinen (1740, Bratsch) belegt ist. 1850 ist in Bratsch in den Gischen bezeugt. Als Kompositum gibt es auch Gischimatten (Bratsch). Mit Präposition ist es belegt in Zer Giischu (Weiler von Staldenried); dazu stellt sich der Giischunacher ‘ der Acker bei Zer Giischu ’ (Staldenried). In Binn gibt es ein Namennest mit Giischihore, Giischijoch und Giischigletscher - das Simplex ist nicht belegt. Eine Ableitung auf / - ERI / , vermutlich für eine Wasserleite, ist Gischerÿ (1835, Baltschieder). Ein Zusammenhang mit dem FaN Gischig (AWWB 111) ist unklar; vermutlich liegt dem FaN jedoch eine / - ING / -Ableitung zu einem PN Giso (oder ähnlich) zu Grunde (F ÖRSTEMANN 1, 644). Giischi dagegen scheint am ehesten zu Güschi ‘ Sache von geringem Wert ’ (I D . 2, 482) zu passen; es würde dann kleine Siedlungen oder Gebiete ohne viel Wert meinen. Das Lexem ist allerdings sonst nicht belegt. BENB (1, 2, 59 s. v. Gis-) führt Gisi auf den PN Giso zurück. Im Oberwalliser Kontext wäre damit wieder der FaN Gischig betroffen. Giletsche Giletsche Pl. ist nur einmal belegt in t Giletsche (Ried- Mörel, LT und FLNK Giletsche). Weder M. S., noch FLNK notieren die Betonung. Im Goms würde aber ein anlautendes Präfix GI assimiliert, sodass von einem Stamm Giletscha ausgegangen werden muss. Da historische Belege fehlen, ist unklar, ob eine Entrundung (/ ü/ > / i/ ) vorliegt. Das nächstliegende HL G ILLA ‘ Wasserlache, Weiher ’ (G RICHTING 1998, 94; I D . 2, 222 s. v. Gülle n )) fehlt als Flurname im Goms und hätte hier geminiertes / ll/ . Am Ort des Namens sind im Übrigen weder Wasserlachen noch Weiher zu erkennen; auch die Beschreibung erwähnt keine. Der Name bleibt deswegen ungedeutet. Gili (PN) Gili (PN) ist entweder zum FaN Gilgen oder zu einem PN wie Ägidius (I D . 2, 213 s. v. Gill), Gillian (I D . 2, 213 s. v. Gillian) oder Wilhelm (so Gwp. für ts Gililärch (Blitzingen)) zu stellen. Die historischen Belege legen aber auch den Kontext zum Pflanzennamen Ilie ‘ Lilie ’ (I D . 1, 179) nahe (cf. HL G ILLJO ). Die FaNN Gilg, Gilgen und Gilgien sind aber im F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (1, 664 f.) nicht für das Wallis erwähnt. Belegt sind: des Gilyen Acker ‘ der Acker der Familie Gilgen / des Gilg ’ (1573 - 1644, Münster), des Gilyen Stadell ‘ der Stadel der Familie Gilgen / des Gilg ’ (1573 - 1644, Münster), Gilibort ‘ das Bord (Abhang, Böschung) des Ägidius / der Familie Gilgen (? ) ’ (1626, Ulrichen), ts Gililärch ‘ bei der Lärche mit Lilien / des Wilhelm ’ (Blitzingen), laut Gwp. ist Gili hier der Kurzname für Wilhelm. 285 286 Gili (PN) <?page no="148"?> Der Name Gýlio (1392, Visp) ist zum HL G ILLJO gestellt (siehe dort). Gilla Gilla f. ist zum schwdt. Gülle n f. ‘ Wasserlache, Tümpel ’ und wdt. Gilla, Gillä (Goms), Gillu ‘ Wasserlache, Weiher ’ (I D . 2, 222; G RICHTING 1998, 94) zu stellen. In den Deutungen wird es als ‘ Tümpel ’ wiedergegeben, wobei die Wasseransammlung auch temporär sein kann (Schmelzwasser, Wässerwasser). Der Name kommt knapp 40 mal, aber nur in den Bezirken Visp, Westlich-Raron und Leuk vor; in den Bezirken Goms, Östlich-Raron und Brig fehlen Belege. Das Simplex im Singular (manchmal Plural, nicht immer zu unterscheiden) erscheint als di Gile ‘ der Tümpel ’ (Saas-Almagell, zwei Belege), ob der Gillen ‘ ob dem Tümpel ’ (1591 u. später, Ausserberg), beÿ der Gillen ‘ beim Tümpel ’ (1670, Raron), zer Gillen ‘ beim Tümpel ’ (1677, Turtmann), di Gillu ‘ der Tümpel ’ (Ergisch), zer Gillu ‘ beim Tümpel ’ (Oberems, Varen), ob der Gillun ‘ ob dem Tümpel ’ (1691, Baltschieder), in der Gillun ‘ im Tümpel ’ (Blatten, zweimal). Ein sicherer Plural ist inn Gillun ‘ in den Tümpeln ’ (Blatten). Mit attributivem Adjektiv sind belegt: t Schwarzi Gillu ‘ der schwarze Tümpel ’ (Salgesch) und t Waarem Gilla ‘ der warme Tümpel (Tümpel mit warmem Wasser) ’ (Ferden). Vorangestellte Genitive sind belegt in bei Kúonen Gillen ‘ beim Tümpel der Familie Kuonen / des Kuoni ’ (1720 u. später, Niedergesteln; 1852, Steg) und zen Maxinen Gillen ‘ bei den Tümpeln der Familie Maxen ’ (1664 u. später, Leuk). Als Grundwort ist das HL in folgenden zweigliedrigen Komposita belegt: Baggilla ‘ der Tümpel zum Baden ’ (FLNK, Niedergesteln), t Eichgillu ‘ der Tümpel beim Eichji (kleines Gebiet mit Eichen) ’ (Hohtenn, Steg; die beiden Namen bezeichnen den gleichen Ort), t Martschinagillu ‘ der Tümpel im Sumpfland (? ) ’ (Leuk), t Rossgillu ‘ der Tümpel für die Pferde ’ (Leuk), ts Sandgilli ‘ der kleine Tümpel im Sandgebiet ’ (Ausserberg), t Schaafgillu ‘ der Tümpel für die Schafe ’ (Salgesch, auch bei M ATHIER 2015, 137 erwähnt), t Schwiigillu ‘ der Tümpel für die Schweine / der schmutzige Tümpel ’ (Albinen), Spirgilla ‘ der Tümpel für die Schwalben ’ (LT, Ausserberg; FLNK Spirgila). Komplexer sind Sant Gilli Biel ‘ der Hügel beim kleinen Tümpel im Gebiet Sand ’ (1729 u. später, Ausserberg; 1743, Raron) und Sandgillenruns ‘ der Wasserlauf aus / zu dem Tümpel im Gebiet Sand ’ (Ausserberg). Als Bestimmungswort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern vor Gassa, Egg(a), Haalta, Matta, Schiir und Stüde. Giller Giller n. ist nur belegt in ts Eichgiller (Raron). Da der Explorator häufig das phonetische Zeichen / k/ (velare Fortis) für das phonetischen Zeichen / kx/ (velare Affrikata) gebraucht hat, dürfte das Lexem Chiller n. ‘ enge, tiefe, wilde Schlucht ’ (I D . 3, 206 s. v. Chille) gemeint sein. Auf der Karte lässt sich nicht erkennen, ob im Eichenwald eine derartige Schlucht liegt. Gillian (PN) Gillian (PN) m. ist als Variante zu einem PN, vermutlich Julian, zu stellen (I D . 2, 213). Belegt ist der Name nur in der Genitivkonstruktion ob der Gillien Schÿr ‘ ob der Scheuer des Gillian (PN) ’ (1682, Lalden). Gillious (FaN) Gillious (FaN) ist nur für Agarn ab 1433 bis 1580 als eys Gillious belegt. M EYER (1914, 67, 165) deutet Guilla (Gilla) als germanischen Personennamen. Der FaN Gillioz (AWWB 110) ist dort für Martinach bis Siders belegt. Wahrscheinlich handelt es sich beim Flurnamen um ein Besitztum der Familie Gillioz. Gilljo Gilljo m. ist als der Gilljo (Visperterminen) belegt. Dazu kommen ts Gilljuwaldji ‘ der kleine Wald beim Gilljo ’ und di Gilljuwasserleite ‘ die Wasserleitung zum Gilljo ’ (beide Visperterminen). 1590 ist in Visperterminen dem Gilgiu ᵕ m belegt. W IPF (1910, 100) führt n ɛ Gilju ‘ in den Lilien ’ auf lilja > jilia > gilja zurück; wenn das stimmt, müsste eine Rekonstruktion des Dativ Plural als Nominativ Singular des Maskulins vorliegen. Auch Z IMMERMANN (1968, 52) führt Giljuachra auf ‘ Lilie ’ zurück und verweist auf I D . und W IPF (1910). Der Beleg von 1590 spricht von einem Acker; das maskuline Genus könnte daher kommen, so dass ‘ der Acker bei den Lilien ’ vorliegt. L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 1252 ff.) zeigen, dass Liliengewächse verschiedenster Art im Wallis vorkommen. Die Schriftform Gilgiu ᵕ m kommt dem dialektalen Gilge n (I D . 1, 179 s. v. Ilie) nahe. In Visp erscheint 1392 Gýlio, woraus folgt, dass eine Entrundung ausgeschlossen ist. Gwp. nimmt für der Gilljo eine Deutung ‘ Gewinnung von Giltstein ’ an, was eine sekundäre Erklärung auf Grund der lautlichen Ähnlichkeit ist. Es gibt 1646 u. später in Visperterminen eine Giltgruoben, doch lag diese Grube laut Text von 1690 beim Beiterbach, der weit südlicher ist als der Gilljo. Ob ein PN, ev. zu Ägidius (cf. HL G ILI ) vorliegt, lässt sich aus den Belegen nicht erschliessen. Die Deutung ‘ bei den Lilien ’ von W IPF scheint insgesamt am zutreffendsten. Gilla 287 288 <?page no="149"?> Gillo Gillo m. ist für Brigerbad (im Gillo) und Lalden (der Gillo) belegt; es handelt sich aber um den gleichen Ort. Bei beiden Belegen wird Wert darauf gelegt, dass es sich um einen trockenen Ort handelt. das Genus m. wird von R ÜBEL (1950, 87) explizit angegeben, in I D . (2, 222 s. v. Gülle n ) fehlt diese Angabe. Trotz der inhaltlichen Bestimmung dürfte eine maskuline Form dieses Wortes vorliegen; mindestens in Brigerbad wird als Beschreibung „ Mulde, Wiese “ gegeben - es kann sich also um eine Mulde handeln, in der sich Wasser ansammelt. Andere Deutungen liegen nicht vor. Gilt Gilt, auch Gült n. ist nicht immer eindeutig. Entweder ist es zu schwdt. Giltstei n , wdt. Giltschtei ‘ Giltstein, Speckstein, Ofenstein ’ (I D . 11, 822; G RICHTING 1998, 94), in den Belegen z. T. verkürzt zu Giltzu stellen, oder mit entrundetem Vokal zu schwdt. Gült, Pl. -e n f. ‘ Grundzins, jährliche Leistung, Rente ’ , ‘ Schuldverschreibung auf Grundstücke; Hypothekschein, Wertschrift auf Unterpfand von Haus und Land, die sich verzinst ’ , ‘ Abgabe, Steuer ’ , ‘ Schuld ’ , mhd. gülte ‘ Schuld, Zahlung, Einkommen, Rente, Zins ’ (I D . 2, 285 ff.; cf. auch HL G ÜLDT ). Zu Gült gehört wohl ts Gilt (Wiler), eine Wiese, deren Ertrag in einem Essen für die Armen bestand. Ebenfalls hierzu gehört wohl nach dem alten Gult ‘ nach der alten Schuldverschreibung ’ (1785, Unterems) und im Neüwen Gult ‘ in der neuen Schuldverschreibung ’ (1784, Turtmann); es dürfte sich hier um Grundstücke (petia prati) handeln, auf denen eine Gult (Schuldlast) bestand. Falsch ist der Beleg Stadt Gilt (1818, Raron), wo nach P H . K ALBERMATTER (p. c.) ein Schuldzins für die Flur Stadt (cf. HL S TATT ) gemeint ist. Die lateinische Umschreibung Ager seruicij von Giltacher (1587, Grächen) legt eine Deutung von Acker, der mit einer Gült belegt ist, nahe. Ähnliches gilt wohl auch von di Giltachra (Embd), Gilt Acher (1754, Ried-Brig) und ts Giltacherli (Raron). Unsicher sind Gilt=Matte (1864, Steg) und in den Giltschnitten (1826, Steg), wo Gült vorliegen kann, desgleichen in der Giltmatten (1789, Leuk). Hingegen sind die Belege von 1389 Gylmatta, 1398 Guilmatton, 1523 Gillmatta, 1535 die Gülmattvn usw. (Turtmann) vermutlich zum PN Gill (Ägidius, vgl. I D . 2, 213) zu stellen; eine Entrundung wäre 1389 nicht möglich. Die anderen Belege sind eher zu Giltstein ‘ Ofenstein ’ zu stellen. Gilt in diesem Sinn tritt nur als Bestimmungswort zu den Grundwörtern Bodu (unsicher), Flüö, Grabu, Grüeba, Miina, Ofu, Stei und Wang, sowie komplexeren Bildungen wie Giltsteinmiina ‘ die Mine, wo Gilststein abgebaut wurde ’ (Wiler) und ts Giltsteiwägi ‘ der kleine Weg zur Stelle mit Giltstein (Ofenstein) ’ (Grengiols). Soweit erkennbar, sind weder Gilt noch Gult, Gült (> Gilt) sonst als Flurnamen belegt. Ein Adjektiv auf / - IN / ist in die Gildtsteinini Gruben ‘ die giltsteinhaltige Grube ’ (1682, Zeneggen) enthalten. Unter dem HL G ÜLDT ist ein einziger Beleg das Ewig Güldt (1728, Zeneggen) erfasst, der zu Gült im Sinne von ‘ Grundzins ’ zu stellen ist. Ginals Ginals n. ist wohl auf die Weiterentwicklung von lat. CANALES ‘ Rinnen ’ vor der Sibilantisierung (siehe Zinal im Val d ’ Anniviers) zurückzuführen (vgl. G PSR 3, 493 ss. s. v. chenal). Das Simplex Ginals ist vor allem für Unterbäch belegt, das schon für 1286 Guinals aufweist; gemeint ist wohl das ganze Ginalstal. Die übrigen Erwähnungen in Bürchen, Eischoll und Ergisch beziehen sich auf das gleiche Tal. Ebenso die Verwendung als Bestimmungswort: Ginalshoru (Ergisch), Ginalspass (Embd, Pass ins Ginalstal), Ginalswald (Unterbäch) und Ginalswasserleita. Auf der SK sind neben dem Ginanzthal die Obere Ginanzalp und der Ginanzsee für Unterbäch verzeichnet; diese Nebenform orientiert sich u. U. am Nanztal (Gamsen), sind aber wohl ein falsch verstandenes Ginals. Gineten (PN) Gineten (PN) ist nur belegt als Gineten Schnitten (1576, Eischoll). Laut Dokument handelt es sich um zwei Stücke Land, das eine als Wiese, das andere als Acker. Gineten dürfte hier ein PN im Genitiv sein: ‘ das ausgeschnittene Stück Land des Ginet / der Ginet ’ . I D . (2, 327) kennt zwar ein Verb geine n mit der Nebenform gine n ‘ gähnen, klaffen ’ , doch kommt ein Partizip zu diesem Verb kaum in Frage. Belegt sind der FaN Ginet (de.namespedia.com/ details/ ginet[19.01.2022; IW) und der PN Ginette (de.wikipedia.org/ wiki/ Ginette[19.01.2022; IW). Ob sie, wie der Beleg von 1576 nahelegt, mit / g/ gesprochen werden, ist vor allem beim PN Ginette (wohl zu Genoveva) kaum gegeben. Ginntig Ginntig ist nur in Leuk als di Ginntig belegt. Wie SK zeigt, ist der Ort früher ausserhalb von Leuk angesiedelt. Beschrieben wird der Name als ‘ Strasse vom „ Bahnhof “ hinunter zum Café Alpenrösli ’ . Beim „ Bahnhof “ handelt es sich um die frühere Haltestelle der Bahn nach Leukerbad. Belegt ist der Name 1337 als eys quintyns. 1583 ist der Name verdeutscht als jn der Gintting belegt, wobei 1669 und 1751 jeweils ein maskuliner Name erscheint. Der Name muss aus dem Lat. entlehnt sein, bevor die Entwicklung zu / ts/ oder / t ž / stattgefunden hat. Vermutlich handelt es sich um einen PN oder FaN Quintin (AWWB 204), den ursprünglichen Besitzer des Grund- 289 290 Ginntig <?page no="150"?> stücks. Auslautendes / - ING / entspricht der Nasalierung des Namens. Ginoltz (PN) Ginoltz (PN) ist nur 1560 in Turtmann als Gÿnoltzmatten ‘ die Wiese des Ginolt ’ belegt. Der Personenname Ginolt ist zur frz. Form Guinault zu stellen, die ihrerseits auf Winevold oder ähnlich (F ÖRSTEMANN 1, 1498) zurückgeführt werden kann. Dass hier eine französische Form angenommen wird, hängt mit Turtmann zusammen, das auch sonst frz. oder frpr. Belege aufweist. Gintschu (PN) Gintschu (PN) tritt zweimal als Bestimmungswort auf in ts Gintschufuru (Ried-Mörel) und an Gÿntschi Schúren (1584, Ried-Mörel). In beiden Fällen handelt es sich um einen PN oder FaN. I D . kennt Günz (2, 387) als Koseform zu Günther, aber nur für Basel; dennoch würde der historische Beleg von 1574 zu ͦ Gÿntschi fúren dafür sprechen. BENB (1, 2, 155) nimmt den althochdeutschen PN Gunzo (F ÖRSTEMANN 1, 696) als möglich an. Ein Flurname ts Guntsi (Termen) hat historische Belege Gunzo (ab 1320), doch scheint das kein PN zu sein (cf. HL G UNZI ). Eine Ableitung zu lat. CONCHA ‘ Muschel, Mulde ’ (BENB 1, 2, 155) ist eher unwahrscheinlich, da zunächst ein Umlaut mit anschliessender Entrundung angenommen werden müsste; da kein Beleg vor 1500 vorliegt, kann hierzu nichts Sicheres gesagt werden. Das Lemma bleibt unklar; es dürfte sich aber um einen PN oder FaN handeln, der im F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ so nicht belegt ist. Gionta (FaN) Gionta (FaN) ist nur in der Giontacheer ‘ der Cheer (Kurve der Grimselstrasse), benannt nach einem Ingenieur (Chionta, Ghionda? ) ’ (Oberwald). Auf der Karte 1: 10000 heisst er Tschinotticheer. Wie K. A ERNI (p. c., inzwischen verstorben) auf Grund eines Artikels im W ALLISER B OTEN (23. 4. 1995, S. 9) mitteilte, wurden die Kurven der Grimselstrasse auf der Walliser Seite den „ verdiente[n] Staatsdiener[n] “ gewidmet. Der Ingenieur, der in den 70er Jahren, also rund zwanzig Jahre früher und vor dem Neubau der Strasse für diese Kurve, erwähnt wurde, ist uns nicht näher bekannt. Der Name Tschinotti ist ebenfalls nicht bekannt. Beide FaN sind im F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ nicht vertreten. Gipfel Gipfel m., hier als Berggipfel, ist zu schwdt. Gipfel m. wie nhd., als Name und Appellativ eher zum modernen, vom Tourismus geprägten Wortschatz gehörend (I D . 2, 390; URNB 1, 1299 f.), gestellt. Belegt sind der Grenzgipfel, der Oschtgipfel und der Weschtgipfel (alle Zermatt, erster in Monte Rosa-Gruppe, die andern im Liskamm), Mittelgipfel (FLNK, LT Leukerbad) ‘ der mittlere Gipfel des Wildstrubel ’ , der Hoiptgipfil, der Nordgipfil und der Südgipfil (alle Gipfel des Diablons, Oberems). Das HL stammt nicht aus dem Dialekt, sondern ist alpinistisch bedingt. Gipiisch Gipiisch ist nur als Gipiischbode ‘ der Boden mit kleinwüchsigen Tannen, Tannenreisern (Kollektiv) ’ (FLNK, Ausserberg) belegt. Das HL ist ein Kollektiv, das zu schwzdt. B ǖ sch ‘ junger Nadelholzbaum, bes. abgehauene junge Tanne ’ und wdt. Piischa (f.), Piischä (Goms), Piischn (Lötschental), Piischi oder Piischu ‘ Busch, Tännchen, Reiser, (Handvoll), Haarfrisur ’ (I D . 4, 17; G RICHTING 1998, 152)) zu stellen ist; die kollektive Form Gipiisch ist nicht erfasst. Es handelt sich um eine entrundete Form mit dem Präfix GI - und dem Akzent auf dem lexikalischen Kern, hier Piisch. Gippen Gippen f. ist nur als die Gippen (1554, Eggerberg) belegt. Gemeint ist wohl die Alpenrose (I D . 3, 55 s. v. Juppe), obwohl R ÜBEL (1950, 54) Gippi nur für das oberste Goms kennt. Wenn die Deutung stimmt, würde sie eine ältere Bezeichnung für die Alpenrose (R HODODENDRON FERRUGI- NEUM , cf. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 706) auch für Eggerberg bezeugen. Gips Gips ist nur zweimal belegt: zum Altu Gipsofu ‘ beim alten Gipsofen ’ und di Gipsfabrick ‘ die Gipsfabrik ’ (beide Leuk). Es handelt sich um eine frühere Gipsfabrik in Pfin, die auf der Karte 1 : 10000 als Alter Gypsofen und Gypsfabrik belegt sind. Das HL ist zu schwdt. Gips, Jips, Jeps m. ‘ Gips ’ (I D . 3, 56), spätahd., mhd. gips n. > lat. GYPSIUM < gr. GYPSOS (BENB 1, 1, 58) zu stellen. Bei G RICHTING (1998) fehlt das HL. Girbi Girbi n. ‘ Worb (Sense) ’ ist zu schwdt. Gürbe n ‘ Krummholz ’ und wdt. Girbi ‘ Worb (Sense) ’ (I D . 2, 415; G RICHTING 1998, 95) zu stellen. Belegt ist es in die Girbigräben ‘ die krummen Gräben ’ (1838, Zwischbergen). Die Motivation dürfte die krumme Form des Grabens betreffen. Ob der Franzischiggigirbel ‘ der trockene Steilhang des Franziskus ’ (Reckingen) hieher gehört, ist nicht ganz klar. Die Gwp. sagt, <en girbel> sei „ ein trockener Steilhang, nur in nassen Jahren guter Ertrag “ . Es könnte als Ableitung auf / - EL / zum entrundeten Gürbe n angenommen werden; doch passt keine Deutung. Dennoch wird Girbel hier als ‘ Steilhang ’ wiedergegeben; es kann sich dabei um eine Metapher ( ‘ krummes Gelände ’ ) handeln. Ginoltz (PN) 291 292 <?page no="151"?> Giretsch Giretsch m. (auch f.) ‘ Eberesche ’ ist zu schwdt. Gürgitsch und Varianten, wdt. Giretsch, Girntsch (Lötschental), Girätsch m. ‘ gemeine Eberesche, Vogelbeerbaum, Sorbus aucuparia ’ (I D . 2, 417; G RICHTING 1998, 95) zu stellen. Als Flurname erscheint es primär im Goms und vereinzelt in anderen Bezirken (cf. auch HLL G IRMSCH und G IRNTSCH ). L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 278 s. v. S ORBUS AUCUPA- RIA , Vogelbeerbaum) weisen den Baum für die ganze Schweiz nach. Das Simplex im Singular ist belegt als Giretsche m. ‘ die Eberesche ’ (FLNK, Bellwald; hist. Belege zeigen Singular), t Giritsche f. ‘ die Eberesche ’ (Biel), am Gÿretschen ‘ bei der Eberesche ’ (1594, Ritzingen). Das Simplex im Plural ist belegt als di Giritscha ‘ die Ebereschen ’ (Grengiols), di Giretsche ‘ die Ebereschen ’ (St. Niklaus). Diminutive im Singular sind das Gÿretschÿ ‘ das kleine Gebiet mit Ebereschen ’ (1550, Obergesteln), ts Giretschi ‘ das kleine Gebiet mit Ebereschen ’ (Oberwald) und das unklare am Hirgeschji oder am Girgeschji ‘ beim kleinen Gebiet mit Ebereschen ’ (1855, Staldenried). Als Bestimmungswort ist das HL mit folgenden Grundwörtern verbunden: Steg, Stüde und Wald. Girmsch Girmsch ist nur als ts Girmschä ‘ bei den Ebereschen / Vogelbeerbäumen ’ (Ferden) belegt. Das HL ist zu Gürmsch ‘ Vogelbeerbaum ’ (I D . 2, 419) zu stellen. B ELL- WALD (1956, 90) nennt Girntschber ‘ Vogelbeere (Eberesche) ’ und B LOETZER (1986, 309) Grimpsch ‘ Eberesche ’ . Auch Gwp. sagt, dass der Ort von „ den Büschen her benannt “ sei. Vermutlich sind eher Ebereschenbüsche gemeint. L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 278 s. v. S ORBUS AUCUPARIA , Vogelbeerbaum) weisen den Baum für die ganze Schweiz nach (cf. HLL G IRETSCH und G IRNTSCH ). Girntsch Girntsch ist nur in Blatten als ts Girntschä ‘ bei den Ebereschen ’ belegt. Das HL ist zu schwdt. Gürgitsch ‘ Eberesche, Sorbus aucuparia ’ und wdt. u. a. Girntsch (Lötschtal) zu stellen (I D . 2, 417; G RICHTING 1998, 95; M ARZELL 4, 406, bes. 416; B ELLWALD 1956, 90; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 278; cf. HLL G IRETSCH und G IRMSCH ). Giron Giron ist 1352 in Leukerbad als ov giron und im gleichen Jahr in Erschmatt (unsicher) als ou giron belegt; gemeint ist wohl derselbe Ort. 1358 hat Turtmann Giron. Unklar ist der Anlaut; M EYER (1914, 61) nimmt an, dass / g/ im Anlaut durchwegs wie vor / o/ , / u/ und / r/ ausgesprochen wurde. Ob eine spätere Entwicklung zu einem Frikativ oder einer Affrikata möglich war, ist unklar. B RIDEL (1866, 75 s. v. Chillon) hat Tsiron, Chiron für ‘ einen kleinen Heuhaufen auf dem Feld ’ , allerdings nur für die Waadt. G PSR (7, 332 s. v. giron 1) gibt als Bedeutung 7 für Savièse ‘ extremité, coin de terrain [Endpunkt, Geländeecke] ’ , das wohl zutrifft. Modernes frz. giron m. ‘ Schoss ’ kommt kaum in Frage. Girtil Girtil m. ist nur 1761 in Simplon als der Girtil ‘ der Gürtel ’ belegt. Es ist zu schwdt. Gürtel, wdt. Girtl, Girtul (Mattertal), Gurt (Saastal), Girtil m. ‘ Gürtel ’ zu stellen (I D . 2, 446; BENB 1, 2, 162; G RICHTING 1998, 95). In Flurnamen zur Bezeichnung schmaler Grundstücke. Gischig (FaN) Gischig (FaN) ist ein Familienname (auch Gyschig, Gisching, Gising, Gissing, Gysing (AWWB 111)), vor allem aus dem Bezirk Brig. Der Name kommt fast immer im Genitiv vorangestellt vor; nur einmal als Bestimmungswort in Giischigbodo ‘ der Boden der Familie Gischig ’ (Naters). Der älteste Beleg Gisingo Matten ‘ die Wiese der Leute des Gisi ’ (Glis) zeigt die Herkunft: eine / - ING / - Kollektivableitung zu einem Personennamen, hier wohl die Kurzform Gisi. Neben Giischigsch Bodi ‘ der Boden der Familie Gischig ’ in Eggerberg gibt es in Ausserberg ein Namennest mit Giischigschachra, Giischigsch Eggi, Giischigsch Hüs (1703) und Gischigsmatten (1765). Gisel Gisel m. ist nur belegt in der Gisel (1489, Greich), laut Dokument ein Acker. BENB (1, 2, 59 f.) bringt das HL mit dem schwdt. G ī sel m. ‘ Bürge, Geldschuldner ’ (I D . 2, 467) in Beziehung, sofern nicht ein PN Gisel (F ÖRSTEMANN 1, 649) vorliegt. Welche Deutung hier zutrifft, bleibt unklar. Gisentella Gisentella ist ein Bachname in Blatten, wobei Gisentella auf LT erscheint, SK hat nur Tellibach. Der Dorfteil ts Gisentell liegt westlich davon und hat keinen direkten Kontakt mit dem Bach. im Gisentellin ist am östlichen Dorfausgang bei der Einmündung der Gisentella in die Lonza belegt. Die historischen Belege sind: 1396 ze Gisiltil, 1443 das Gysental, 1616 die Giessen Tella, 1638 die Gisentellen, 1654 die Gisentella, 1661 die Gissenthällen usw. Die Schreibung Giessen von 1616 ist wohl verhochdeutscht; es gibt sonst keinen Hinweis auf einen Diphthong / ie/ . Der älteste Beleg deutet vielmehr auf einen PN Gisel oder ähnlich (vgl. F ÖRSTEMANN 1, 649 s. v. Gisal), der später als Genitiv Gisen belegt ist. Ob im zweiten Teil des Namens eine Ableitung zum HL T AL vorliegt, ist unklar, 293 294 Gisentella <?page no="152"?> doch hat F ÖRSTEMANN (1, 399 ff. s. v. Dala) auch hierzu PNN wie Tello oder Dalia aufgeführt. Die nächstliegende Hypothese ist also wohl, dass ursprünglich ein Besitzername vom Typ Gisiltel vorhanden war, von dem analog Gisentella, Gisentellin und Gisentell abgeleitet wurden. Gitsch Gitsch m. ‘ rundlicher Hügel ’ ist zu schwdt. G ŭ tsch, Gütsch m. ‘ kleine, rundliche Erhebung, Felskopf; Felsspitze, Gipfel, Bergvorsprung ’ < rom. *kukutsjo, spätlat. CUCUTIUM ‘ Haube, Kapuze ’ (I D . 2,563; Z INSLI 1945, 323; URNB 2, 127 f.) zu stellen. Bei G RICHTING (1998, 88) ist nur Gitsch, Gischtär ‘ Kleinarbeit der Hausfrau ’ belegt (cf. I D 2, 562), was als Flurname nicht in Frage kommt. auf der Gitschen (1774, Fiesch) enthält ein feminines Gitsche, das am ehesten zu G ū tsche ‘ Ruhebett ’ (I D . 2, 563) gestellt werden kann und dann wohl eine Geländeform meint. Auch als Genitiv Singular kann bei Gitsch Stadolti (1774, Mörel) analysiert werden; dann wäre ein PN Git (z. B. zu Ägidius (I D . 1, 131)) anzusetzen. Die übrigen Belege enthalten Gitsch (Wiler, Ferden) und den Diminutiv Plural Gitschini (Naters). Schwieriger ist ts Gittschä (Kippel), wo nach einer Präposition ze ein Plural steht, der sowohl mask. Gitsch ‘ rundlicher Hügel ’ wie auch f. Gittschä ‘ Ruhebett ’ sein kann; die andern Gitsch im Lötschental sprechen eher für Gitsch ‘ rundlicher Hügel ’ . Eine / - ER / -Ableitung (wohl Stellenbezeichnung nach S ONDEREGGER 1958, 541) als Gitscher ‘ Ort mit runden Hügeln ’ (FLNK, Erschmatt) ist historisch 1736 als an dem Gitzier belegt, was auf eine frühere Form Gitschler, mit / l/ -Palatalisierung für das Suffix / - LER / , mit gleicher Bedeutung wie / - ER / hindeutet. Gitschuipjutt Gitschuipjutt ist Part. Perf. des schwdt. Verbs tschûpe n , wdt. tschüppe, tschüggene oder tschüppänä (Goms), tschüppu (Saastal), tschuipu (Lötschtal), tschüüpu ‘ beim Schopf packen, an den Haaren ziehen, auch zerzausen ’ (I D . 14, 1773; G RICHTING 1998, 201), hier bezogen auf eine Lärche mit mindestens zwölf Spitzen und in dem Sinne ‘ zerzaust ’ aussehend. J ORDAN (2006, 151) kennt den Namen als Gitschuipjutä Läärch und beschreibt ihn als Riesenlärche; Gwpp. seien der Ansicht, früher sei hier eine zusammengewachsene Lärchengruppe gewesen. In Simplon ist mhd. û durch / ui/ vertreten. Gitschung Gitschung, auch Getschung kommt als Lemma in Täsch und Zermatt vor: ts Gitschung, auch Getschung, Getschunghorn (auf SK) und di Gitschungheeji ‘ die Gitschunghöhe ’ . In Zermatt ist im Getschong (nur Register) belegt; J ULEN ET AL . (1995, 222) geben für Getschong ‘ Zerklüfteter Felskopf ’ ; die Autoren erwähnen S. 179 zwei Getschong, von denen eines S. 132, D 42, N. 8 und das andere auf S. 157, E 29, Nr. 6 und S. 160, E 35, Nr. 1 belegt sind. Der Gipfel mit diesem Namen in Täsch befindet sich auf 2862 m Höhe. Der Name kann sich in Täsch auch auf die darunter liegende Alpe beziehen. Es scheint sich um ein Kollektivum mit Präfix / GI -/ GE -/ zu handeln. Das Simplex wäre dann Tschung. I D . kennt mehrere Tschungg, aber ohne Motivation für den Namen. Am ehesten wäre Tschongge (I D . 14, 1751) oder Tschunggo (E GLI 1962, 50) zu beachten, doch meint das Wort meistens eine grosse Traube. G RICHTING (1998, 201 s. v. Tschunggu) gibt ‘ Klumpen (Erde), Mann (grosser) ’ . Gitschung liesse sich dann etwa als ‘ Menge, Klumpen ’ oder ähnlich verstehen, wohl also ein Gipfel, der aus Steinblöcken besteht. Für Zermatt geben J ULEN ET AL . (1995, 222) die Deutung ‘ Zerklüfteter Felskopf ’ ohne Hinweis auf eine Herleitung; die Deutung entspricht in etwa der Umschreibung einer Gegend mit Steinblöcken. Gitwirrgi Gitwirrgi f. ist nur als di Gitwirrgi (Törbel) belegt. Der Name bezieht sich auf minderwertiges Gebiet zwischen Törbel und Embd, am steilen Abhang zum Mattertal. Es handelt sich um ein kollektives Zirkumfix / G( I )- I )/ . Es wird als Getwirgi (I D . 14, 1832) für das Wallis mit Verweis auf Getwingi (I D . 14, 1825) erwähnt, mit der Bedeutung ‘ enges Tal ’ (Z INSLI 1946, 317); es ist zu Twirgi ‘ steil ansteigender, gewundener Fußpfad in den Alpen, auch dessen Umgebung ’ für das Berner Oberland (I D . 14, 1832) gestellt. Im Beleg aus Törbel ist wohl der steile, unfruchbare Hang hinunter zum Mattertal gemeint, also der Abhang zum engen Tal. Gitzi Gitzi n. ‘ Zicklein, kleine Geiss ’ ist zu schwdt. Gitzi n., wdt. Gizz, Gizzi, Gizzini ‘ Zicklein ’ , ahd. chizzi, mhd. kiz, kitze (I D . 2, 577 f.; URNB 1, 1300 f.; G RICHTING 1998, 95) zu stellen; die Benennung ist auch bei R ÜBEL (1950, 91) belegt. Das HL tritt nur als Bestimmungswort auf. Die Grundwörter geben meistens den Ort an, wo sich die kleinen Ziegen aufhalten. Es sind: Bäärg, Bletz, Brunnu, Chi, Fääsch, Fad, Färich, Furgga, Graat, Loch, Pfad, Schipfa, Schluocht, Sprung, Stafel, Stelli, Tanna, Totz, Tschugge, Wald, Wang, Wanna und Weid. Komplexer sind der Hinnerscht, der Mittlescht und der Vorderscht Gitzibärg ‘ der hinterste, der mittlere und der vordere Teil der Alpe für die kleinen Ziegen ’ (Münster). Giwillin Giwillin ist nur einmal 1560 mit einer unsicheren Lesart als jm Giwillin (Feschel) belegt. Die Lesung ist wohl jm Gitsch 295 296 <?page no="153"?> Siwillin (P H . K ALBERMATTER , p. c.), also ein Diminutiv, der zum HL S INWEL ‘ rund ’ zu stellen ist. Gemeint ist also ‘ die kleine, runde Wiese ’ . Giww Giww n. ist wohl zu Güw ‘ Gipfel ’ (I D . 2, 566) zu stellen, ist aber dort nur für Graubünden und als maskulin belegt. Das Neutrum könnte ein Kollektivum sein; belegt ist es als ts Giww (Visperterminen). In Saas-Almagell ist es als Giw (LT, FLNK) und als Gy (1: 10000) bezeugt. In beiden Fällen ist ‘ Gipfel ’ nicht zutreffend; es handelt sich um ‘ Felszacken ’ , wie im Beleg ts Gäligiww ‘ das Gebiet mit Felszacken bei den kleinen Galen ’ (Randa) gesagt wird. In Ried-Brig ist der Giwwer belegt, historisch schon 1391 als am Gu ͦ wer, 1399 jm Gu ᵕ wer, laut Beschreibung ein begraster Rücken. 1700 ist hier weiter ob der Giwerschir ‘ ob der Scheuer beim Giwwer ’ bezeugt. In Eyholz sind ebenfalls der Giwwer, 1648 am Güwer, belegt. Hinzu kommt dort die Giwergassen ‘ die Gasse vom / zum Giwwer ’ (1551). Und in Visperterminen ist 1569 zem Giewer ‘ beim Giwwer ’ bezeugt. Die maskuline / - ER / - Ableitung ist wohl eine Stellenbezeichnung (S ONDEREGGER 1958, 541), also etwa ‘ der Ort mit Felszacken ’ oder ähnlich. Cf. HL G I . Glaabinu Glaabinu ist der Name einer Alp oberhalb von Leukerbad (R. G RICHTING 1993, Blatt 11, Nr. 7 und weitere). Dazu gehören Komposita mit Alp, Flüe, Grabu und Weidji als Grundwörtern. T AGMANN (1946, 78 f.) führt es auf eine Kontamination von * CLAP ‘ tas de pierres dans les champs ’ (FEW 2, 735) und * LAB Ī NA ‘ Lawine ’ zurück. Die Entwicklung von intervokalischem -wzu -b-, die sich aus den ältesten Belegen wie Clawyna (1338, Salgesch) ergibt, ist für den Dialekt typisch. Weniger klar ist der Beleg (k)lappinu (Leukerbad, Beleg so von M. S. notiert), der westlich des Dorfes liegt (Nr. 14 auf Blatt 5 von R. G RICHTING 1993, der Glappinu notiert). Der Vokal der Haupttonsilbe ist nicht lang und der ihm folgende Konsonant ist vermutlich eine gelängte Fortis. Mangels historischer Quellen ist nicht einmal sicher, ob es sich um einen romanischen oder deutschen Namen handelt. Kaum hieher gehört schliesslich ts Glaabetschir, bei R. G RICHTING (1993 Nr. 25 auf Blatt 9) als Glabitschier notiert, nördlich des Dorfes (Endung auf - ARIA / - ARIU ( M )? ). Gläärch Gläärch n. ist ein Kollektiv zu schwdt. Lärche n. ‘ Lärche ’ , ahd. larihha, mhd. larche und wdt. Läärch, Leerch ‘ Lärche ’ (I D . 3, 1380; G RICHTING 1998, 124) in der Bedeutung ‘ Lärchenwald ’ . Es ist belegt in ts Gläärch (Glis) und ts Glärch (Ried-Brig) (cf. HL L ERCH ). Die Präfigierung von G ( I ) für Kollektiva ist üblich; vor / l/ wird der Vokal getilgt; eine Assimilation unterbleibt. Glabiu (FaN) Glabiu ist nur in Priischuglabiu (Varen; FLNK Priischuglaabiu) belegt. T AGMANN (1946, 76 f.) deutet den Namen als Priischu ‘ (Privatgebiet) der Familie Clavioz (ausgesprochen klavyo) ’ (AWWB 62); der Name ist im F AMI- LIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (1, 357) als alteingesessen für Varen vermerkt. Die Entwicklung von / v/ zu / b/ ist in diesem Gebiet belegt (SDS 1, 159 zu WS 2 und 4, allerdings nicht zu WS 3 (Varen)). Glacier Glacier ist nur einmal belegt in den Belegen 1344 alpem dou glacièi und 1345 alpis dou glassier, resp. alpem dol glacier (alle Oberems). Zu Grunde liegt glacier ‘ Gletscher ’ (G PSR 8, 349 ss.; FEW 4, 139 ss. s. v. GLACIES ‘ Eis ’ ), also ‘ die Gletscheralp ’ . Da die Belege einen romanischen Namen vermuten lassen, werden sie nicht unter dem HL G LET- SCHER aufgeführt. Gläf Gläf n. ist von der Gwp. für Turtmann als „ Felsform ähnlich einem offenen Maul “ bestimmt worden. Gwp. stellt es also zu schwdt. Läff, für das Wallis auch G e -läff ‘ Maul des Rindviehs; Grob oder verächtlich vom Munde des Menschen ’ und wdt. Ggläff, Glääf (Lötschtal) ‘ Maul, Mund, Spalte ’ (I D . 3, 1110; G RICHTING 1998, 88). Ein historischer Beleg von 1333 hat allerdings in Cleuis, also ein romanisches Wort, das zum HL C LEVES gestellt wird. M EYER (1914, 162) und T AGMANN (1946, 11) stellen es ebenfalls zu Clives ‘ Halde, Abhang ’ . Die Um-Interpretation durch Gwp. führt zum Flurnamen Gläf; ob der romanische Flurname jedoch ursprünglich ist, liegt zwar nahe, ist aber nicht sicher, liegen doch zwischen den beiden Belegen rund 650 Jahre. Glaiwina Glaiwina f. kommt zwar als di Glaiwina (Blatten, Wiler; LT und FLNK Glaiwina) vor, gemeint ist aber in beiden Fällen die gleiche Flur in der Weritzalpe auf rund 2170 m. Der Name ist ein Kollektiv auf GI - (synkopiert) mit Umlautentrundung zum einfachen HL L ÖUWINA , hier als ‘ das Rutschgebiet ’ zu verstehen. Gländer Gländer ‘ Geländer ’ ist zu schwdt. Glande f. (I D . 2, 631) ‘ Geländer ’ zu stellen, doch nennt I D . das Wort als unbestätigt und stellt es zu hdt. Geländer; in I D . (3, 1483) kennt es aber G ’ länderlatt(e n ) ‘ Latte, sofern sie zu Zäunen verwendet wird ’ . G RICHTING (1998, 89) kennt Ggländer, 297 298 Gländer <?page no="154"?> Ggländr (Lötschental), Ggländär ‘ Geländer, Zaun ’ . In FlN wird es meist zur Bezeichnung eines geländerartigen Felsens, eines senkrechten Felsbandes, das aussieht wie ein Geländer, gebraucht. Als Simplex ist der Diminutiv Plural Gländerlini ‘ die kleinen Geländer ’ (Ritzingen) als Alpname belegt, benannt nach den Felsen dort. Bei der Gländercheer (Zeneggen) ist wohl eine Strassenkurve mit einem Geländer gemeint. Als Bestimmungswort erscheint es in der Glännderbode ‘ der Boden oberhalb eines geländerartigen Felsens ’ und dazu di Glännderbodehitta ‘ die (Alp-)Hütte auf dem Geländerboden (Alpname) ’ (beide Ritzingen). Glapin Glapin ist nur 1494 in Salgesch als eys glapin ‘ beim Steingeröll ’ belegt. Die Form ist unklar, da sie eigentlich auch im Plural (mit / s/ ) stehen müsste. Das Etymon ist wohl zu KLAPPA (vorrömisch) flacher stein (FEW 2, 735 ff.) zu stellen, obwohl die genaue Form nicht zitiert ist. Glaret Glaret, auch Glarey ist zu lat. GLAREA ‘ Kies ’ zu stellen (FEW 4. 149; M EYER 1914, 40, 164; B OSSARD / C HAVAN 2006, 62). Belegt sind: jn Glaret ‘ in Glaret (Sandgebiet / Kiesgebiet) ’ (1391, Agarn), ov Juglaret ‘ in Glaret (Sandgebiet / Kiesgebiet) ’ (1405 und später, Agarn) (vermutlich verlesen für jn Glaret), Glarey ‘ Glarey (im Sandgebiet / Kiesgebiet) ’ (1327 u. später, Leuk; mit verschiedenen Schreibweisen, wobei in Glar (1532 u. passim) wohl eine eingedeutschte Schreibweise darstellt), es Glarez ‘ es Glarez (im Sandgebiet / Kiesgebiet) ’ (1354, Inden), Glaretum Rhodani ‘ (lat.: Glaretum Rodani) das Sandgebiet / Kiesgebiet des Rotten ’ (1649, Leuk), les Glarez de Leuca ‘ les Glarez (im Sandgebiet / Kiesgebiet) von Leuk (1343, Leuk), aúf Belzers Glareto seu Sand ‘ am Ort Glaret (Sandgebiet / Kiesgebiet) der Familie Belzer ’ (1751, Raron), wo die Übersetzung ‘ Sand ’ für das lat. GLARETUM gegeben wird. Glaret und seine Varianten entsprechen also dem deutschen ts Sand n.(cf. HL S AND ). Glarie Glarie ist nur 1484 in einem Dokument enthalten, in dem vom Ursprung der Raspille die Rede ist. Wie unter dem HL D ONTANA berichtet wurde, ist hier Autannaz (T AG- MANN 1941, 51) gemeint. Glarie ist laut T AGMANN (1946, 30 f.) auf Glarey zurückzuführen doch ist dies unwahrscheinlich. Wir vermuten, dass es sich hier eher um einen Gletscher (glacier) gehandelt hat (FEW 4, 139 ff. s. v. GLACIES eis). Dann wäre die Lesung Glarie wohl zu Glacie zu korrigieren (cf. HL G LACIER ). Glas Glas ‘ Glas ’ ist zu schwdt. Glas n. hier ‘ Glas als (harter, durchsichtiger) Stoff ’ und wdt. Glas ‘ Glas ’ (I D . 2, 643 f.; G RICHTING 1998, 95) zu stellen. Das Lemma kommt dreimal als Bestimmungswort vor: Zer Glashitten (1585, Raron), die Glasshütten (1659, Turtmann), bi der Glas Schmitten (1687, Niedergesteln). Die Glashütte-Namen bieten wirtschaftsgeschichtliche Hinweise auf die frühere Glasherstellung (BENB 1, 1, 62 f.; B ADER 1973, 46); der Typ Glasschmitta ist in den üblichen Wörterbüchern nicht erwähnt, kann als Glasschmiede aber im Internet, etwa für das Schlössli in Ins (Kanton Bern) (www. schloessli-ins.ch[19.01.2022; IW]), als Name von Glas bearbeitenden Unternehmungen gefunden werden. Glaser (FaN) Glaser (FaN) ist als FaN weder in den Wappenbüchern, noch in anderen Quellen belegt, jedoch kommt Glaser als Berufsbezeichnung vor, die auch als Beiname Verwendung gefunden haben mag. So ist Glaser als Beiname eines Johann Josef Holzer 1810 in den Personennamen des FGA und mehrfach im Register zu den HRBS erwähnt. Belegt sind als vorangestellt Genitive des Glasers Acker ‘ der Acker des Glasers (wohl Berufsbezeichnung) ’ (1684, Ernen), z Glasersch Tosso ‘ der Fels / der steile Anstieg der Familie Glaser ’ (FLNK, Bitsch). Komposita sind: die Glasärbalma ‘ der überhängende Felsen des Glasers / der Familie Glaser ’ (Blatten), dr Glasersprang ‘ der Ort der Familie Glaser, wo das Holz Risse bekam ’ (Steg), in dem Glaser Wald ‘ im Wald der Familie Glaser / des Glasers (Beruf) ’ (1861, Glis). Ob jeweils ein FaN oder eine Berufsbezeichnung gemeint ist, kann nicht entschieden werden, doch ist der FaN in den Wappenbüchern nicht verzeichnet. Glassis (FaN) Glassis (FaN) ist nur 1749 in Leuk als in Glassismatten ‘ in den Wiesen der Familie de Clavibus ’ belegt. Es scheint, dass sich hinter Glassis der FaN de Clavibus etc. versteckt, der in AWWB (62) auf einen Ortsnamen Cla, westlich von Leukerbad, zurückgeführt wird (cf. HL G LABIU (F A N)). Unter anderen wird dort ein Johann de Clas erwähnt. Zu frz. glacis ‘ Abhang ’ gehört der Name daher nicht. Glatt Glatt ist zum schwdt. Adj. glatt ‘ eben, steil (Fels, Wang); ohne Steine (Weide, Heuland) ’ zu stellen (I D . 2, 652 f.; BENB 1, 2, 63 f.; URNB 1, 1301; G RICHTING 1998, 89); je nach Kontext können auch Bedeutungen wie ‘ glänzend ’ oder ‘ schlüpfrig ’ gemeint sein. Das Adjektiv kommt Glapin 299 300 <?page no="155"?> meistens in adjektivischen Bildungen oder als Bestimmungswort vor und wird in historischen Belegen auch mit {d} oder {dt} geschrieben. Grundwörter dazu sind Egg(g)a, Fääsch, Hooru, Schleif, Schmitta, Schnitta, Wang, Wase und Zug. Als Bestimmungswort ist glatt endungslos, als attributives Adjektiv hat es Endungen. Eine Abtraktbildung auf / - A / (Gletta) oder auf / - I / (zu ahd. / - Î N / ) Glätti, Gletti ‘ Glätte; glatte Hangfläche, ebene Stelle in Abhängen ’ ist mehrfach als Simplex belegt (Hohtenn, Mund, Visp) und einmal als Genitiv (oder Adjektiv? ) in Gletten Remy ‘ die glatte dunkle Stelle ’ (1774 Eggerberg), sowie als Bestimmungswort in Glättigrat ‘ Grat oberhalb der Gletta ’ (Mund) belegt. Zu Glätti f. siehe I D . (2, 654) und Z INSLI (1946, 132 u. 320). Schwierigkeiten bietet die Deutung von in der Gladschmitten ‘ in der glatten Schmiede ’ (1809, Turtmann), wo unklar ist, worauf sich glatt bezieht. Der Registerbeleg zeigt Glasschmitten, was zum Beleg in Niedergesteln passen würde (cf. HL G LAS ); dann wäre das HL G LATT hier falsch. Glawen (FaN) Glawen (FaN), auch Glawien, ist wohl der FaN Clavien (AWWB 68; T AGMANN 1946, 69). Belegt sind Glawien ‘ das Eigentum der Familie Clavien ’ (1671, Varen und Salgesch), Glawenstrich ‘ das langgezogene Stück Land der Familie Clavien ’ (1815, Guttet) und der Glawigen Wasserleiten ‘ die Wasserleitung der Familie Clavien ’ (1722, Leuk) mit der kollektiven / - IG / -Ableitung im Genitiv Plural. Gleiber Gleiber ist nur in di Gleiberäbi ‘ der Abhang mit Alpenrosen ’ (St. Niklaus) zu finden. Laut Gwp. ist Gleiber der Name für Alpenrosen. R ÜBEL (1950, 34) erwähnt für St. Niklaus den Ausdruck Gleiberstude für die Alpenrose; SDS (6, 120) erwähnt den Namen aber für St. Niklaus (WS 19) nicht, sondern das bekanntere Hienerlöüb. Bei Gleiber handelt sich um eine Ableitung mit dem Zirkumfix / G( E )- ER / zu Loub ‘ Laub ’ , umgelautet und entrundet. Gleif Gleif Adj. ‘ schief, schräg ’ wird zunächst als ts Gleif ‘ das schiefe Gebiet ’ (Raron), dann als in den Gleifu ‘ in den schrägen, schiefen Gebieten ’ (1735, Eggerberg) erwähnt. In Kippel ist t Hogleifa ‘ die hohe schräge Spitze ’ (Gipfelname) belegt, in Niedergesteln der gleiche Gipfel als t Hogleiffu. Das Adj. ist zu amhd. gleif n. ‘ schief, schräg ’ zur Bezeichnung von abschüssigem Gelände (I D . 2, 639; BENB 1, 2, 66) zu stellen, der Gipfelname ist bei W ERLEN (2008, 595) kurz diskutiert. Gleit Gleit ‘ Maultier ’ kommt nur vor in in der Gleidtfuren (1745 u. später, Selkingen). W IPF (1910, 124) kennt das Lemma als ‘ Maultier ’ , ebenso G RICHTING (1998, 89, s. v. Ggleit); I D . (3, 1490) nennt zwar drei mögliche einschlägige Bedeutungen: ‘ Gespann, Saumross ’ , ‘ Holzrutschbahn ’ , ‘ Weideplatz auf den Bergen ’ , ähnlich Z INSLI (1945, 319), aber die Walliser Quellen deuten auf ‘ Maultier ’ . Es handelt sich also um eine Furche für Maultiere, wohl eine Maultierweide. Gletscher Gletscher ist zu schwdt. Gletscher, wdt. Gletscher, Glätschär m. ‘ Gletscher, Eis, Eisfläche ’ , aus lat. * GLACI Ā RIUM , Weiterbildung zu lat. GLACIES ‘ Eis ’ (I D . 2, 65 f.; BENB 1, 2, 65 f.; URNB 1, 1306; G RICHTING 1998, 95) zu stellen. Der Orts- und Flurname Gletsch ist wohl eine Rückbildung aus Gletscher und nicht direkt aus lat. GLACIES abzuleiten. Das Lemma kommt in rund 280 Namen vor. Rückgebildetes Gletsch ist belegt für Oberwald (Verzweigung von Furka- und Grimselstrasse, alte Bahnstation und Hotel) und der Gletschbode (Oberwald), historisch als alpem an Gletschmattun / an Gletzmattun (1394, Oberwald), Vndergletz (1388 u. später, Oberwald), ze Vnderglecz (1480, Obergesteln), Ober vndt Nider Gletsch (1580, Oberwald), Vndergletsch (1543, Ritzingen) und Gletsch Alpen (1803, Gluringen). Die historischen Belege zeigen, dass Gletsch ursprünglich eine Alpe war, die erst später durch den Bau eines Hotels zu einer saisonalen Siedlung wurde. Gletscher ist als Simplex der Gletscher (Betten, Ried- Mörel) für den Grossen Aletschgletscher und historisch als Alpname Gletscher (1531 u. später, Blatten) für die heutige Gletscheralp (Blatten) belegt. Eine attributive Partizipbildung liegt mit dem Typ der Hangend Gletscher ‘ der steil abfallende Gletscher ’ (Saas- Almagell, Selkingen, Wiler) vor; zu hangend vgl. I D . (2, 1441 f.) und HL H ANGEND . Erweitert ist belegt: das Hangende Gletscher Joch ‘ das Joch beim Hangenden Gletscher ’ (Saas-Almagell). Ein attributives Adjektiv findet sich in der Schmal Gletscher ‘ der schmale, kleine Gletscher ’ (Randa). Weitaus die meisten Fälle sind mehrgliedrige Komposita mit Gletscher als Grundwort. Die Bestimmungswörter benennen Gipfel (z. B. Balfringletscher (Eisten, Saas-Balen)), entspringende Flüsse und Bäche (z. B. Gamsugletscher ‘ der Gletscher, aus dem die Gamsa entspringt ’ (Visperterminen)), Täler (z. B. der Inder Talgletscher ‘ der Gletscher beim inneren (taleinwärts liegenden) Tal ’ (Blatten), Alpen (z. B. Aletschgletscher (Bitsch, Ried-Mörel)), Siedlungen (z. B. der Feegletscher (Saas-Fee)), Grenzen (z. B. der Grenzgletscher (Zermatt)), Farben (z. B. der 301 302 Gletscher <?page no="156"?> Schwarzgletscher (Leukerbad)), Personen (z. B. der Stüdergletscher ‘ der Studergletscher ’ (indirekt über das Studerhorn, nach einem Berner Geologen Studer (W ERLEN 2008, 580) (Bellwald, Fieschertal)) und andere mehr. Die Bestimmungswörter können dabei mehrgliedrig sein, sodass Namen wie der Steghorugletscher ‘ der Gletscher unter dem Steghorn ’ (Leukerbad), der Holzzigjigletschter ‘ der Gletscher beim Holzzigji ’ (St. Niklaus) und viele andere entstehen. Bei der Namengebung ist nicht immer klar, woher der Name stammt - so liegt etwa der Schwarzbärggletscher (Saas-Almagell) unter dem Schwarzbärghoru (Saas-Almagell), das aber seinerseits nach der Alpe der Schwarz Bärg (Saas-Almagell) benannt ist, um die herum weitere Namen mit Schwarzbärg liegen. Nur dreimal kommt der Diminutiv Gletscherli vor in ts Fallgletscherli ‘ der kleine Gletscher, wo die Fall-Löübina losbricht ’ (Saas-Fee), Schmalgletscherli (Randa, nur FLNK, sonst der Schmal Gletscher) und ts Wannegletscherli ‘ der kleine Gletscher beim Kleinen Wannenhorn ’ (Fieschertal). Seltener sind Komposita mit Gletscher als Bestimmungswort. Ein Namennest findet sich in Blatten, wo neben dem schon erwähnten Simplex Gletscher auch Gletscheralp, Gletschärfluä, Gletschärgrund, Gletschärspitza, Gletschärstafel, Gletschärtor (heute ist das Gletschertor deutlich weiter oben), Gletschärtossen und Gletschärweng belegt sind. An andern Orten kommen die Grundwörter Alpa, Bahn (Seilbahn), Blick (Aussichtspunkt auf den Aletschgletscher), Bodu, Cheer, Grotte, Gufer, Hooru, Hubel, Joch, Matta, Saass, See, Stuba (heute Restaurant beim Märjelensee), Sturz, Uowand, Wasser (Bach) und Wang vor. Eine Besonderheit ist der Gletscherlehrpfad (Saas-Fee) bei der Gletschergrotta (heute Restaurant, Saas-Fee). Besonders auffällig ist der Gletscherhoregletscher ‘ der Gletscher beim Gletscherhorn ’ (Fieschertal). Komplexere Bildungen sind möglich, wie z. B. Griesgletscherpass ‘ der Pass beim Griessgletscher ’ (Reckingen). Eine Ableitung auf -( ER ) NA ist belegt in di Gletscherna (Simplon) mit der Beschreibung „ wurde einst vom „ Homattugletscher “ überschwemmt “ . Das Suffix wird normalerweise für Kollektive verwendet; hier dürfte es etwa ‘ von Gletscherstücken versaart ’ heissen. Einige der Gletschernamen bezeichnen Stellen, wo heute auf den Karten und Luftaufnahmen nur noch Moränen zu erkennen sind; hier wirkt sich der Rückzug der Gletscher in den letzten fünfzig Jahren auch auf die Namenkunde aus. Gleywiiss (PN) Gleywi (PN) ist nur in dem 1596 in Münster als Gleywiss Acher ‘ der Acker des Clewi ’ belegten bezeugt. Clewi ist eine entrundete Kurzform zu Chlaus (I D . 3, 687), wo ähnliche Formen aufgezählt sind. Gemeint sein kann auch ein Angehöriger der Familie Clausen oder Glaisen (AWWB 62), deren Namen sich wiederum vom PN Chlaus / Klaus herleiten lassen (cf. HL N IKOLAUS ). Gliich Gliich ‘ gleich ’ kommt zweimal vor in der Üsgliichbecke ‘ das Ausgleichbecken ’ (Ernen, FLNK Üsglichsbecki), wo das seltsame Genus Maskulin erstaunt, und Ausgleichsbecken Mattsand (LT, St. Niklaus). Das HL ist eine Übersetzung des hdt. Ausgleich(becken). Zum Fugen-/ s/ im zweiten Beleg siehe allgemein D UDEN -G RAMMATIK ( 7 2005, 723). Gemeint ist ein Speicherbecken bei Wasserkraftwerken (de.wikipedia.org/ wiki/ Ausgleichsbecken[6. 7. 2018iw]). Gliir Gliir ist in Simplon in di Gliirfet und in t Obru und t Undru Gliirfet belegt. Die drei Namen finden sich auch in J ORDAN (2006, 268), der keine Deutung angibt. Das HL ist vermutlich zu Gliir ‘ Siebenschläfer, glis myoxus ’ (I D . 2, 640) zu stellen. Das Grundwort wird zum HL F AD ‘ Grasband ’ gestellt, die Flurnamen bedeuten also ‘ die Grasbänder mit Siebenschläfern ’ . In Leuk ist der Gliirlischleif ‘ der (Holz-)Schleif, wo es Gliirli (Siebenschläfer) hat ’ bezeugt. Gliissi Gliissi kommt in di Gliissitwära ‘ das quer verlaufende Gebiet mit Silbermantel ’ zu schwdt. (Grindelwald) Gl ī ssi ‘ A LCHEMILLA ALPINA , Alpenpflanze (Rosenblütler) mit fünfbis siebenzähligen, auf der Unterseite seidig behaarten Blättern und kleinen grünlichen, unscheinbaren Blüten ’ zu gl ī sse n ‘ glänzen ’ , nach den auf der Unterseite seidig gehaarten, silbrig glänzenden Blättern (M ARZELL 1, 173; I D . 2, 648; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 268 ff. s. v. A LCHEMILLA ). Zum gleichen Verb zu stellen ist zer Gliissfluä ‘ bei der gleissenden Fluh ’ (Blatten), hier aber wohl nicht zum Pflanzennamen. Glimme Glimme oder Glymen ist ein PN oder FaN, der als Climens unter dem FaN Clemenz (AWWB 63) aufgelistet ist; in einem Dokument von ca. 1520 in Visperterminen ist ein Theodul Clÿmen von Gspon erwähnt. Die Belege sind entsprechend dem HL C LEMENZ (F A N) zugewiesen. Im Fall der Vermutung der Gwp. von Steinhaus für Glimmebieu und Glimmestadu (beide mit / l/ -Vokalisierung), bei Glim- Gleywiiss (PN) 303 304 <?page no="157"?> me handle es sich um einen scheinenden Stein, ähnlich wie Perlmutt, kann es sich wohl nur um eine sekundäre Ableitung zum Verb glimmen ‘ schwach leuchten ’ (G R W B 8, 86) und glimme n ‘ nhd. glimmen ’ (I D . 2, 624) handeln, eine Deutung für den nicht mehr bekannten PN oder FaN. Glimundri Glimundri kommt nur als FLNK-Beleg in Albinen vor. Bei M ATHIEU (2006, 57 u. 59) ist es als Gliimundrii belegt. Es handelt sich um ein steiles Gut, das heute bewaldet ist. Historische Belege fehlen. Vermutlich liegt ein frpr. HL vor; eine vorsichtige Deutung würde ein Kompositum oder eine Fügung aus Clou > Glüü (cf. HL C LOU ) mit Entrundung zu Glii- und einem FaN annehmen; am ehesten käme hier Mudry (NWWB 2, 159) in Frage, das allerdings in der Form Mundri nicht mehr klar zu erkennen ist. Die Deutung wäre dann ‘ eingefriedetes Gut der Familie Mudry ’ , wobei die Fotos von M ATHIEU (2006) hierzu in eine andere Richtung weisen, ohne dass der Flurname deswegen geklärt würde. Glingu Glingu ist einerseits als di Glingge (St. Niklaus) und anderseits als der Glingustäg ‘ der Steg über das Glinguwasser ’ (Fieschertal) und ts Glinguwasser ‘ der klingende (tosende) Bach ’ (Fieschertal, auch FLNK; LT Glingulwasser; Namen wohl mit / l/ -Vokalisierung) belegt. Der Flurname aus St. Niklaus ist problematisch: Gwp. sagt, di Glinge sei ein unterstes Gütchen vom „ Riedji “ , leicht ansteigend. Der Name ist auf der Karte jedoch deutlich höher, nicht mehr im Riedji belegt; der Unterschied beträgt rund 400 m. Während der Glingustäg und ts Glinguwasser sich klar auf einen Bach in Fieschertal beziehen, der ins Wysswasser mündet, ist der Flurname in St. Niklaus unbestimmt. Glingu ist zu schwdt. Chlinge n , Gling(g)e f. 1) ‘ tiefe Stelle in fliessendem Gewässer ’ , 2) ‘ Schlucht, Tobel ’ , [ … ] 4) Hügel zwischen zwei an seinem unteren Ende zusammenlaufenden Schluchten ’ , ahd. klingo m., klinga f., mhd. klinge ‘ rauschender Bergbach,. Schlucht; Quellwasser, Gebirgsbach ’ (I D . 3, 657; Z INSLI 1945, 327; BENB 1, 2, 66) zu stellen. Die Flurnamen bezeichnen einerseits einen Bach, anderseits eine klingenartige Lage eines Gütchens, wenn der Beschreibung von Gwp. gefolgt wird. Glis Der Kern der ehemals selbständigen Gemeinde Glis liegt auf der linken Talseite leicht erhöht über der Talsohle auf rund 684 m ü. M. um die Wallfahrtskirche ‘ Unserer Lieben Frau auf dem Glisacker ’ herum, die an der Stelle einer frühchristlichen Saalkirche aus dem 5. Jahrhundert steht (D ESCOEUDRES / S AROTT 1986); dazu kommen eine Reihe von Weilern wie Ze Hiischru, Holzji und Gamsen. Der Name Glis (älteste Belege 1230 Glisa, 1252 apud Glisam, 1279 Glisa usw.) wird zurückgeführt auf kirchenlateinisch ecclesia ‘ Kirche, Pfarrkirche ’ ; dieser Worttyp ist nach G PSR (6, 161) in den Diözesen Sitten und Genf verbreitet, während die restliche Romandie den Typ moutier > lat. MONASTERIUM aufweist, was nach K RISTOL ET AL . auf norditalienischen Einfluss hinweise (J ACCARD 1906, 191; O ETTLI 1945, 133; R ÜBEL 1950, 133; W ERLEN 1991, 246, n. 59; K RISTOL ET AL . 2005, 187). Am 01.10.1972 fusionierte Glis mit Brig, sowie Gamsen und Brigerbad heutigen politischen Gemeinde Brig-Glis. Neben dem früheren Gemeindenamen Glis kommt das HL als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern vor: Acher, Bäärg, Hooru, Matta und Wald. Komplexer sind: t Obru und t Undru Glismatte ‘ die oberen und die unteren Wiesen, die zu Glis gehören ’ (Glis). Das HL tritt im Genitiv Plural der Ableitung auf / - ER / einmal auf: Glyserro Wuor ‘ die Wasserleitung der Leute von Glis ’ (1349, Glis). Formal gleich ist der komplexere Beleg in den neu ᵕ en Gliser Gru ᵕ ndbieleÿen ‘ in den neuen Auen in den Grundbielen (Hügeln im Grund) von Glis ’ (1858, Glis), der aber meist als Adjektiv verstanden wird. Eine Ableitung auf / - ERI / für Wasserleitungen (S ONDER- EGGER 1958, 558 kennt Wasserleitungen bei diesem Typ nicht) ist 1397 als Glisarin, 1680 die Gliseri belegt. Komplexer kommen vor t Ober und t Unner Gliseri ‘ die obere und die untere Wasserleitung nach Glis ’ (Glis). Ein Diminutiv findet sich in einem historischen Dokument von 1679 aus Simplon ds Glÿserli ‘ das kleine Grundstück von Glis ’ , im Text als Etzweid ‘ Viehweide ’ bezeichnet. Glischer Glischer m. ist lebend in Simplon und historisch 1634 in Zwischbergen belegt, historisch zuerst in der Form Glu ͦ ser (1392 u. später, Simplon), was Entrundung und Schibilantisierung nahelegt. jm Grossen Glüscher (1609, Simplon) und das Klein Glüscher (1609, Simplon), sowie lebend der Glischergrabu ‘ der Graben beim Glischer ’ (Simplon) bilden ein kleines Namennest. Am nächstliegenden ist Lüsch ‘ Öffnung im Dach ’ (R ÜBEL 1950, 44; I D . 3, 1461 f.). Die belegte Form der Glischer legt eine / G( E )- ER / -Zirkumfigierung als Stellenbezeichnung nahe: ‘ der Ort, wo es eine Öffnung im Dach gab ’ . Glob Glob ist nur in ts Globwaldji ‘ der kleine Wald des Glob / der kleinen runden Erhöhung (unklar) ’ (Feschel) belegt. 305 306 Glob <?page no="158"?> BENB (1, 2 67) hat unter Globnur Globlisacherli und meint: „ Vielleicht Besitzerübername Globli zu Chloben von Menschen und Tieren mit gedungenem Körperbau (I D . 3, 619) oder Dim. zum PN Nikolaus “ . Möglich ist auch frz. globe (G PSR 8, 368), das allerdings als Flurname nur für Yverdon (Waadt) als petite éminence arrondie ‘ kleine, runde Erhöhung ’ belegt ist. Das Fehlen historischer Belege macht die Deutung unklar. Es werden darum beide Deutungen angeführt. Gloden (PN) Gloden (PN) ist nur einmal belegt in des Gloden Driesta ‘ das unfruchtbare Gebiet des Glod (PN) ’ (1714, Glis). Es handelt sich um den Genitiv eines PN, vermutlich zum frz. ausgesprochenen Claude (I D . 2, 604 s. v. Gladi). Der PN Claudius ist verschiedentlich belegt, so 1578 in Erschmatt, 1603 in Mund und 1622 in Betten, ist also im Wallis durchaus geläufig. Die Form Glodo für Claudius findet sich im Register der HRBS. Cf. HL G LOOD (PN). Glogg Glogg ist nur belegt in di Glogghiischer ‘ die Glogg- Häuser ’ (Kippel) sowie den dazu gehörenden ts Ober Glogghuis und ts Under Glogghuis (beide Kippel); auch I. B ELLWALD ( 2 2007, 922) kennt den Flurnamen. Laut Beschreibung handelt es sich um Wiesen. Das Ober Glogghuis wird als ‘ Pfrundwiese ’ bezeichnet. Vermutlich ist Glogg zu schwdt. Glogge ‘ Glocke ’ (I D . 2, 1609; cf. HL G LOGGA ) zu stellen; ein Zusammenhang mit kirchlichem Eigentum ist nicht auzuschliessen. Hingegen ist wohl schwdt. Glogge(n)h ū s ‘ Glockenstube im Turm ’ (I D . 2, 1710), mit bildlicher Übertragung auf Gipfelformen (BENB 1, 2, 67 f.) kaum anzuwenden; allerdings ist das Gelände heute wegen Unwetterschäden gesichert und in seiner früheren Form nicht mehr erkennbar. Glogga Glogga f. ‘ Glocke “ ist zu schwdt. Glogge n , wdt. Glogga f. ‘ Glocke, Kirchenglocke, Kuhglocke; Hausglocke ’ , auch in zahlreichen Pflanzennamen (I D . 2, 609 ff.; G RICHTING 1998, 89) zu stellen; als Benennungsmotiv kommt auch glockenförmig gerundetes Gelände in Frage (LUNB 1, 1, 340). Das HL ist belegt als di Glogga ‘ die Glocke ’ (Ausserberg), wohl benannt nach der Geländeform. Als Bestimmungswort kommt das HL in Gloggeäri (FLNK, Münster) vor; ein historischer Beleg von 1721 hat das Gloggner Ehrrÿ, wo sich Gloggner zu schwdt. Gloggner ‘ Glöckner ’ (I D . 2, 612) stellen lässt, also ‘ das Ährenfeld des Glöckners ’ (unsicher). Glood (PN) Glood f. ist der Name eines Dorfteils von Gampel als di Glood. Laut Gwp. hiess der Erbauer und Bewohner des ersten Hauses in diesem Dorfteil Claude (I D . 2, 604 s. v. Gladi mit Verweis auf I D . 2, 696 s. v. Glodi, Anmerkung); da ein FaN Claude im Wallis nicht belegt ist, dürfte es sich um einen PN handeln (cf. HL G LODEN (PN)). Die feminine Form ist die Bezeichnung der Gegend. Gloosil Gloosil ist nur als ts Gloosil (Ergisch, FLNK; auf 1: 10000 Glosil) belegt. Laut Beschreibung enthält die Flur Wald und Felsen. Das anlautende / g-/ lässt auf eine romanische Form schliessen; es ist wohl zu frz. closeau ‘ enclos, petit enclos ’ (eingezäuntes Grundstück) zu stellen, das älter als closel belegt ist (G PSR 4, 130, bes. 4 o Noms de lieux). Die heutige Situation legt eher ein bewaldetes Stück Land nahe; laut SK ist jedoch diese Stelle nicht bewaldet und könnte als Wiese genutzt worden sein. Glotto Glotto ist nur 1580 in Guttet als zum Glotto ‘ zum Tümpel ’ belegt. Die Präposition lässt eher an ein dt. Etymon denken als an etwas Romanisches. Es dürfte sich um schwdt. Glutte ‘ Tümpel ’ handeln, das für das Wallis belegt ist (I D . 2, 655; bei G RICHTING 1998 nicht belegt). Die Senkung von / u/ zu / o/ kann aus dem Dialekt erklärt werden. Das rom. klot ‘ Loch ’ (T AGMANN 1946, 17, mit Verweis auf M URET und REW 4717 * KLOTTON ‘ Graben, Loch, Wölbung ’ ) kommt eher nicht in Frage, da die Endung nicht übereinstimmt. Glotz Glotz ist zunächst einfach eine substantivische Ableitung zum Verbum lotze n ‘ scharf sehen, schauen, gucken ’ (I D . 3, 1568). Der technische Gebrauch beim Hausbau (I D . 3, 1568 s. v. G e -lotz ‘ Guckfensterchen ’ usw.) scheint bei den hier belegten Namen keine Rolle zu spielen (cf. auch V. S CHMID 2003, 104). In Martisberg ist lebend ts Klotzwasser, das laut Gwp. nach dem „„ Klotz “ … zur Verteilung des „ Deischwassers “ zwischen Lax und Martisberg “ benannt war. Das nur historisch 1849 belegte Glotzgräblein (Martisberg) dürfte nach diesem „ Klotz “ benannt sein. In Ried-Brig ist 1399 im Glotzboden belegt, wohl ein Boden mit Aussicht. t Chlotzjileitig ‘ die Leitung beim Chlotzji ’ (Leuk) ist schwer zu deuten. Naheliegend wäre statt dem HL G LOTZ das Lexem Chlotzji ‘ der kleine Klotz, der kleine Klumpen ’ (I D . 3, 707). Die Gwp. spricht von einem Fussweg, der sehr steil sei - leider fehlen die Koordinaten, sodass auch die Karte nicht weiter hilft. Das Grundwort Leitig ‘ Leitung ’ würde normalerweise eine Wasserleitung erwarten Gloden (PN) 307 308 <?page no="159"?> lassen; davon ist aber nicht die Rede; ob eine Art ‘ Schleif für kleine (Baum-)klötze ’ gemeint ist, bleibt offen. Nur historisch belegt sind in Varen Glotzette (1742), bzw. in die Glotscheten (1800). Wir stellen es zum frz. clochette, patois klòtsèta ‘ kleine Glocke ’ (cf. HL G LOTZETTE ). Glotzette Glotzette f. ist in Albinen 1741 als in d. Glotzette und 1800 in die Glotscheten belegt. Es ist wohl nicht zu Glotz (cf. HL G LOTZ ) zu stellen, sondern zum romanischen clochette und seiner Patois-Form klòtsèta ‘ kleine Glocke ’ (G PSR 4, 118). Als Flurname gibt G PSR (4, 119) nur einen Beleg an für einen Fels, der wie eine kleine Glocke aussieht. Der historische Beleg für Albinen enthält keinen Hinweis auf die genaue Bedeutung. Ob ein Pflanzenname (G PSR 4, 119) vorliegt, kann nicht gesagt werden. Glu Glu ist die deutsche Schreibweise (neben Glü), die zum HL C LOU zu stellen ist, das auch bei B OSSARD / C HAVAN (2006, 125) als Clos, Clou usw. zu finden ist. Die Belege sind unter dem HL C LOU aufgeführt. Gluringen Gluringen, dial. Glüürige, ist ein Siedlungsname gebildet aus dem Patronymikalsuffix / - INGUN / (> / - INGEN / > -/ IGEN / ) und dem althochdeutschen PN Gluro (F ÖRSTEMANN 1, 658) in der Bedeutung ‘ bei den Gefolgsleuten des Gluro ’ (K RISTOL ET AL . 2005, 393); der Beleg ist zum Dorfnamen Gluringen gestellt. Zur Fehlinterpretation der / - INGEN / - Namen in diesem Gebiet siehe u. a. Blitzingen. Das Dorf gehörte zwischenzeitlich zur Gemeinde Gluringen-Reckingen, heute zur Gemeinde Goms. Neben dem Siedlungsnamen ist eine Ableitung auf / - ER / (früher wohl ein Genitiv Plural auf / - ERRO / (S ONDER- EGGER 1958, 526)) mit folgenden Grundwörtern belegt: Bodu, Fäld, Matta, Riti, Stafel und Stiige. Glut Glut ‘ Glut ’ , dialektal eigentlich Glüöt (I D . 2, 655), ist nur im Kompositum Rhoneglut (Raron) belegt. Benannt ist so der Sportplatz des FC Raron am Ufer des Rotten (Rhone). Das Lemma kann sich auf die Sonnenglut, wie metaphorisch auch auf die glühende Art des Spielens beziehen. Zwei Interviewpartner, die früher beim Verein spielten, konnten sich an das Benennungsmotiv nicht erinnern. Glutte Glutte f., auch m. ‘ Tümpel, Pfütze ’ ist zu schwdt. Glutte n f., m. ‘ Ansammlung von Wasser, kleiner Teich, Lache, Tümpel ’ und wdt. Gglutte (Zermatt), Ggluttu (Saastal), Gluttn (Lötschental) ‘ Pfütze, Rinnsal, (schmutziges) Seelein ’ (I D . 2, 655; BENB 2, 71; RNB 2, 418; J UD 1945/ 46, 57; G RICHTING 1998, 90; s. v. Glungga) zu stellen. Die maskuline Form ist wie bei Gumpe n (I D . 2, 315 f.) alternativ möglich. Das Simplex ist im Singular als di Glutta ‘ die Pfütze ’ (Stalden) und der Gluttu ‘ die Pfütze, die Quelle ’ (Täsch, Zwischbergen) belegt. Im Plural finden sich Glutte ‘ die Pfützen ’ (FLNK, Bürchen), di Glutte ‘ die Pfützen ’ (Martisberg) und in den Glu ᵕ tten (1806, Visperterminen) ‘ im Gebiet mit Pfützen ’ . Ein Diminutiv im Plural ist in zen Gluttlinu ‘ bei den kleinen Pfützen ’ (Ferden) bezeugt. Ein vorangestellter Genitiv zum HL kommt in zr Jungis Gluttun ‘ des Jungi (PN) Teich ’ (1460, Bürchen) (cf. HL J UNG ) vor. Als Grundwort ist das HL in zweigliedrigen Komposita wie folgt belegt: dr Buäbunglutten ‘ der Tümpel für die Buben ’ (Ferden), Hannigglutto ‘ der Wassertümpel beim Hannig (Alpe) ’ (Grächen), der Schaafglutta ‘ der Tümpel für die Schafe ’ (Randa), ts Schäreglutte ‘ beim Tümpel beim Schutzunterstand ’ (Grengiols), wozu auch das komplexere Schäreglutteweng ‘ die Grasabhänge beim ts Schäreglutte (der Tümpel beim Schutzunterstand) ’ (Grengiols) gehört. Der einzige Beleg mit dem HL als Bestimmungswort ist der Gluttwang ‘ der Grasabhang bei zum Gluttu (zur Pfütze, zur Quelle) ’ (Täsch). Eine eher ungewöhnlich Ableitung ist di Glutsjera ‘ das Gebiet mit Pfützen ’ (Visperterminen). Es scheint, dass hier ein leicht verändertes Grundwort Gluts mit einer gut belegten / - ERA / -Ableitung für kollektive Stellenbezeichnungen (S ONDEREGGER 1958, 471 f.) vorliegt. Wie I D . (2, 636 s. v. Glunsch) anmerkt, ist die Wortsippe lautmalerisch und Belege mit / s/ kommen vor. Glüüding Glüüding kommt vor als Glüüding (Varen; FLNK Glüding) und meint ein Dorfquartier von Varen. Historisch erscheint der Name 1687 in d Cludeng. Wenn der erste Teil Glüü zum HL C LOU ‘ eingefriedetes Stück Land ’ gestellt wird, könnte -ding auch zu Doyen (G PSR 5, 924 ss., besonders 4 o Noms de lieux p. 925) gestellt werden. Es würde sich dann um ‘ das eingefriedete Gut des Din ’ (Ältester, ev. FaN) handeln. Glüüdri Glüüdri ist als Glüüdri (Varen, FLNK Glüdrü) belegt. Es bezeichnet einen Wald. Vermutlich ist der Flurname zu den zwei frpr. Wörtern clos (G PSR 4, 128 ss.) und dru (G PSR 5, 990 ss.) zu stellen und meint etwa ‘ das fette eingefriedete Gut ’ . 309 310 Glüüdri <?page no="160"?> Gluwi (PN) Gluwi (PN) kommt nur in Grächen als ts Gluwischji vor. Ein romanisches Glu (cf. HL CLOU ) mit einem nicht deutbaren Wischji lässt sich in diesem Dorf nicht annehmen. Hingegen dürfte der PN Clovis in der dial. Form als ‘ das kleine Gut des Clovis ’ gemeint sein. Clovis ist seinerseits eine französische Form von Chlodowich (Ludwig) (F ÖRSTEMANN 1, 855) Es handelt sich also um das kleine Gut eines Clovis. Gmach Gmach n. ‘ Gemach ’ ist zu schwdt. G(e)-mach n. ‘ Gebäude, Haus ’ , bes. ‘ Gebäude in den Voralpen, welches Wohnung und Stallung oder Scheune zusammenfasst ’ , ‘ kleiner Stafel in den Weiden und auf Bergen ’ (I D . 4, 17; URNB 1, 1279) und wdt. Ggmach ‘ Baute, Alphütte, Zimmer ’ (G RICHTING 1998, 90) zu stellen. In den Belegen ist nicht immer klar, ob es sich um Alphütten oder andere Gebäude handelt. Bei V. S CHMID (2003) ist die Bezeichnung nicht erwähnt. Belegt sind: zen Gemachen ‘ bei den Gebäuden ’ (1418, Binn), hinder den Gmachen ‘ hinter den Gebäuden ’ (1755, Niedergesteln), ts Lengu Gmachu ‘ bei den langen Gebäuden ’ (Randa) (heute wohl nur noch Wiesen); jn den Besen Gmechen ‘ in den bösen Gebäuden ’ (1615, Raron) und ts Schinere Pmache ‘ bei den Alphütten der Schiner-Alpe ’ (Binn) mit anlautender Assimilation von / gm/ zu / pm/ ; LT und FLNK haben Schineregmach. Der isolierte Beleg von 1839 in Martisberg beÿm Gmachÿ Stadel ‘ beim Stadel beim kleinen Gemach ’ ist der einzige mit einem Diminutiv Gmachy als Bestimmungswort. Gmei(n) Das Adjektiv gmei(n) ‘ allgemein, gemeinsam ’ (I D . 4, 299 ff.) und das Nomen G(e)mein(d) f. ‘ Gemeinde, Dorfschaft ’ , ahd. gameinida, mhd. gemeinde ‘ Gemeinschaft, gemeinschaftlicher Besitz, Grundeigentum einer Gemeinde ’ (I D . 4, 301 f; BENB 1, 2, 39 f; URNB 1, 1279 f.) gehen beide als Lehnübertragungen auf lat. COMMUNIS , resp. COMMUNITAS zurück. G RICHTING (1998, 90) kennt das Adjektiv ggmein, ggmei ‘ gemeinsam, öffentlich ’ und das Nomen Ggmeind, Ggmei ‘ Gemeinde ’ . Politische Gemeinden im heutigen Sinn sind im Allgemeinen nicht gemeint; wir übersetzen das Adjektiv aber als ‘ Gut (etc.), das der Gemeinde gehört ’ . gmei(n) bezieht sich dabei generell auf gemeinsamen Besitz (im Unterschied zum Privatbesitz) von Geteilschaften und anderen Formen von institutionellen Gruppen (vgl. auch das sogenannte Gmeiwärch (I D . 16, 1228 ff.)). G(e)mein(d) kommt weniger häufig vor, ist aber lautlich kaum vom Adjektiv zu unterscheiden. Assimilationen vom Typ gmei(n) -> pmei(n) sind bei lebenden Namen häufig. Auffallend ist, dass viele lateinische Formulierungen mit communis vorkommen; in solchen Fällen ist unklar, ob es sich wirklich um Flurnamen oder doch um Appellative handelt. Im westlichen Bezirk Leuk kann aber auch ein verdeckter Patois-Name gemeint sein. Ein Beispiel für beides ist etwa der 1653 in Leuk erwähnte cabulum commune ‘ der (Holz-)Schleif, der der Gemeinde gehört ’ . Beide Wörter sind in der zitierten Form klar lateinisch. cabulum wird in unseren Quellen als chablo, chabloz, auch als di Tschaable (Leuk) erwähnt. Zu communis siehe den Artikel commun (G PSR 4, 198). Das HL erscheint durchwegs entweder als attributives Adjektiv oder als Bestimmungswort in einem Kompositum, wo die Unterscheidung von Adjektiv und Nomen schwierig ist. Als attributives Adjektiv ist die geschriebene Form gemein (mit oder ohne Endung) etwa in die Gemein Alpen ‘ die Alpe, die der Gemeinde gehört ’ (1774 (? ), Eggerberg), das Gemein Len ‘ das Lehen, das der Gemeinde gehört ’ (1490, Ergisch), das Gemeýn Sant ‘ das Sandgebiet, das der Gemeinde gehört ’ (1400, Raron) und vielen anderen belegt. Die Grundwörter sind: Abschlacht, Acher, Ägerta, Alpa, Bad, Bäärg, Biel, Biina, Brand, Brunnu, Eie, Fäld, Gale, Gaalt, Gartu, Gassa, Giesse, Grund (lat. FUNDUS ), Gufer, Güet, Lee, Löuwina, Matta, Moos, Platz, Rüüs, Schleif, Schluocht, See, Sita, Stafel, Straas, Stüde, Teil, Treije, Ture, Wald, Wase, Wäg, Wang, Weri, Wärch (Wasserleitung), Wild und Wuer. Komplexere Bildungen mit gemein enthalten Abrüüs, Bachtela ‘ die Bachrinne ’ , Bachwasserleita, Bannwald, Dorfrüüs ‘ der Dorfwasserlauf ’ , Holzschleif, Landstrass, Leeschgraben ‘ der Abwassergraben ’ , Riedgassen, Sallwald ‘ der Wald beim Sall ’ , Talwäg, Treichwäg ‘ der Tränkweg ’ , Wagenleisen ‘ die Wagenspur ’ , Wasserabschlacht, Wasserfuor, Wasserleita, Zettwasserleita ‘ die Wasserleitung mit Zettwasser ’ . Die Schreibungen können wechseln; von selbst verständliche Kombinationen wurden nicht mit einer Deutung versehen. Lateinische Ausdrücke wie communem viam ecclesie ‘ der Kirchweg, der der Gemeinde gehört ’ (1431, Niedergesteln) sind hier nicht erfasst. Lebendes Gmei ist belegt als di Gmei Loiwina ‘ das Rutschgebiet, das der Gemeinde gehört / die gemeinsamen Lawinenzüge ’ (Ferden), der Gmei Stafel ‘ der Stafel, der der Gemeinde gehört ’ (Zwischbergen), di Gmeinu Sunna ‘ die Sonnseite, die der Gemeinde gehört ’ (Eisten). Die Assimilation zu Pmei ist belegt in di Pmeine Wasma ‘ die Wiesen, die der Gemeinde gehören ’ (Törbel), der Pmei Bode ‘ der Boden, der der Gemeinde gehört ’ (Ernen), t Pmei Eie ‘ die Aue, die der Gemeinde gehört ’ (Obergesteln) und weitere mit den Grundwörtern Eie, Matta, Sand, Stuck, Wang und Weid. Komplexer ist di Gluwi (PN) 311 312 <?page no="161"?> Pmei Wasserleita ‘ die Wasserleitung, die der Gemeinde gehört ’ (Niederwald). Einen Sonderfall bilden drei Flurnamen, die auf den ersten Blick nicht zu diesem HL zu gehören scheinen: ts Meiland ‘ das Land, das der Gemeinde gehört ’ (Ried-Brig), ein Stück Land im Steinutal auf über 2100 m, t Meinumatta ‘ die Wiese, die der Gemeinde gehört ’ (Mund), eine Voralpe von Mund, auf LT Meinimatte. Stärker verkürzt ist Mewäg ‘ der Weg, der der Gemeinde gehört ’ (Ernen); es handelt sich um einen Weg von Niederernen Richtung Unner Holz. In allen drei Fällen ist der Anlaut zu / m/ vereinfacht; im Fall von Ernen wird auch der Diphthong zu / e/ reduziert. Ein Zusammenhang mit dem in Ernen belegten HL M ENI existiert nicht. Wenn communis oder eine flektierte Form davon gesetzt wird, steht es meist hinter dem Bezugsnomen. Das gilt vor allem bei romanischen Nomina wie in sub crista communi ‘ unter dem Hügel, der der Gemeinde gehört ’ (1494, Varen), eÿs lex communes ‘ bei den Felsen, die der Gemeinde gehören ’ (1573, Varen), lo bez commune ‘ die Wasserleitung, die der Gemeinde gehört ’ (1345, Albinen), in platea comunali ‘ auf dem Platz, der der Gemeinde gehört ’ (1453, Albinen; 1581 als in platea communi) und andere. Nur einmal kommt ein vorangestellter Genitiv im Plural vor: Nanzero Gmeinen Walt ‘ der gemeinsame Wald der Leute von Nanz (Alpe) ’ (1659, Glis). Bei den Komposita wird als Kriterium die Zusammenschreibung genommen, auch bei phonetisch notierten Belegen. Zwischen Adjektiv und Nomen kann nicht immer unterschieden werden. Die Belege sind: beÿ dem Gemeinhaus ‘ beim Gemeindehaus ’ (1764, Mund), der Gemeinwald ‘ der Wald, der der Gemeinde gehört ’ (1850, Oberwald), di Gmei(n)alpa ‘ die Alpe, die der Gemeinde gehört ’ (Zwischbergen, 2 Belege), der Gmeiacher ‘ der Acker, der der Gemeinde gehört ’ (Hohtenn), di Gmeiacherlini ‘ die kleinen Äcker, die der Gemeinde gehören ’ (Turtmann), Gmeiachär ‘ die Äcker, die der Gemeinde gehören ’ (Bratsch), Gmeibärg ‘ der Berg (Alp) der Gemeinde (Ernen) ’ (FLNK, Ernen), bim Gmeihüs ‘ beim Haus der Gemeinde ’ (Albinen), Gmeimatta ‘ die Wiese, die der Gemeinde gehört ’ (FLNK, Niederwald), di Gmeimattu ‘ die Wiese, die der Gemeinde gehört ’ (FLNK, Agarn), aúff dem Gmeinbiell ‘ auf dem Hügel, der der Gemeinde gehört ’ (1683, Bürchen), der Gmeinbrunu ‘ die Quelle, die der Gemeinde gehört ’ (Saas-Balen), Gmeindmatta ‘ die Wiese, die der Gemeinde gehört ’ (FLNK, Kippel), bim Gmeindstadel ‘ beim Stadel, der der Gemeinde gehört ’ (1737, Albinen), in der Gmeindtmatten ‘ in der Wiese, die der Gemeinde gehört ’ (1685, Oberems), Gmeinewaud ‘ der Wald, der der Gemeinde gehört ’ (FLNK, Ernen), zur Gmeinhuss ‘ zum Haus der Gemeinde ’ (1682, Unterems; feminin? ), der Gmeintschuggu ‘ der Fels, der der Gemeinde gehört ’ (Gampel), Gmeisand ‘ das Sandgebiet, das der Gemeinde gehört ’ (FLNK, Stalden), zem Gmeistadel ‘ beim Stadel, der der Gemeinde gehört ’ (Ferden), der Gmeiwald ‘ der Wald, der der Gemeinde gehört ’ (Gampel), der Gmeiwang ‘ der Grasabhang, der der Gemeinde gehört ’ (Gampel), Gmeiweid ‘ die Weide, die der Gemeinde gehört ’ (FLNK, Inden), di Pmeinbiine ‘ die Pflanzplätze, die der Gemeinde gehören ’ (Brigerbad, Hohtenn), di Pmeind(e)räbe ‘ die Reben, die der Gemeinde gehören ’ (Brigerbad); di Pmeiräbe ‘ die Reben, die der Gemeinde gehören ’ (Stalden), di Pmeindgassa ‘ die Gasse, die der Gemeinde gehört ’ (Glis), di Pmeinegga ‘ die gemeinsame Ecke (Grenze zwischen den Gemeinden) ’ (Ried-Brig, Termen), di Pmeiwäga ‘ die Wege, die der Gemeinde gehören ’ (Ried-Brig, Termen). Komplexere Belege sind der Alt Gmeinacher ‘ der alte Acker, der der Gemeinde (Eischoll) gehörte ’ (Niedergesteln), der Alte Gemeinacker ‘ der alte Acker, der der Gemeinde gehörte ’ (1870, Feschel), t Egger Pmeiräbe ‘ die Gemeindereben der Leute von Zeneggen ’ (Stalden), di Foodri und t Indri Gmeindbiinu ‘ der vordere und der innere Pflanzplatz, der der Gemeinde gehört ’ (Niedergesteln), t Ännerscht, t Mittlescht und t Voderscht Pmeimatta ‘ die am weitesten jenseits gelegene, die mittlere und die vordere Wiese, die der Gemeinde gehörte ’ (Niederwald) und weitere derartige Belege. Die lateinischen Namen werden nicht unter einem eigenen Eintrag aufgeführt, sofern es sich nicht um erkennbare Patois-Namen handelt. Gnade Gnade ist nur in aúf Gnadenberg ‘ auf dem Gnadenberg ’ (1843, Fiesch) belegt. 1367 heisst es in prato dominarum sanctimonialium montis gratiae de Viesch ‘ auf der Wiese der heiligmässigen Frauen vom Gnadenberg in Fiesch ’ . Es scheint also, dass der Gnadenberg ursprünglich ein klösterliches Gut war. Auf dem Gnadenberg gibt es eine Kapelle (cf. hls-dhs-dss.ch/ de/ articles/ 002687/ 2017-06-04 [29.01.2021; IW]), wo das ursprünglich in Ernen angesiedelte Augustinerinnenkloster Gnadenberg (1339 in Ernen gegründet, 1383 nach Fiesch verlagt, 1489 aufgehoben) und die Kapelle des hl. Augustinus erwähnt werden. Gnad (I D . 2, 695 f.) und Gnade (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 365) weisen auf den christlichen Gebrauch des Wortes hin, der hier eine Rolle spielt. Gnappen Gnappen ist nur einmal als unsichere Lesung in Gnappengärtli (1796, Ried-Brig) belegt, alternativ auch als Guappengärtli (cf. HL G UAPPEN ). Ob das Lemma zur Wortfamilie Gnapp (I D . 2, 666 f.) zu stellen ist, bleibt 313 314 Gnappen <?page no="162"?> unklar; keine der dort aufgeführten Bedeutungen hat eine erkennbare Motivation für einen kleinen Garten. Gnippe Gnippe ist zunächst im Beleg t Nippa f. (Fiesch) vertreten, der 1411 u. später als an der Gnippen erscheint. Beim lebenden Beleg wurde anlautendes / g-/ als Artikel t(i) ‘ die ’ verstanden. Es ist wohl zu schwdt. Gn ī p f. ‘ Wiegemesser ’ zu stellen, mhd. gnippe (I D . 2, 669). In Fiesch handelt es sich um die Form des Grundstücks, genau so wie im Beleg t Gniepumattu ‘ die Wiese in der Form eines Wiegenmessers (unklar) ’ (Varen). Die in LUNB (1, 1, 345, s. v. Gnipere) erwähnten Bergrücken oder Vorsprünge sind im Oberwallis nicht belegt. Gochti Gochti n. ist nur in Leukerbad als ts Gochti belegt (auch FLNK). R. G RICHTING (1993) kennt es auf Blatt 9, Nr. 41, Blatt 10, Nr. 22 und Blatt 11, Nr. 44. SK zeigt es oberhalb des Dorfes Leukerbad. Heute ist es Teil des Dorfes. Der historische Beleg hat Zer Gassen seu gochtÿ, woraus zu schliessen ist, dass das HL frpr. sein muss. Die häufigen Flurnamen Côte usw. (B OSSARD / C HAVAN 2006, 21) werden dort auf lat. COSTA zurückgeführt (FEW 2, 1245 ff. s. v. COSTA rippe; G PSR 4, 354 ss. s. v. côte). Die Belege weisen auf eine später als Diminutiv interpretierte Form hin, etwa mit der Bedeutung ‘ Abhang ’ . G PSR ist sich über die genaue Deutung nicht sicher (cf. G PSR 4, 345 in Anmerkung). Zur Lautung mit / ch/ cf. HL G RECHTA . Göchtscherra Die Go ᵉ chtscherra wird 1591 in Visperterminen als Name eines Weinberges erwähnt. Es handelt sich vermutlich um eine hyperkorrekte Schreibung zu Gächt + Scherra. I D . (2, 109) kennt Gacht (Name von Bergschluchten) als Ableitung von gäch ‘ steil ’ (allerdings nur für Appenzell und Toggenburg). Scherra lässt sich zum Verb schërre n ‘ scharren, hacken ’ (I D . 8, 1140) stellen. Die Deutung wäre dann ‘ das steile Stück umzuhackendes Land ’ . Das inlautende / t/ kann aber auch ein Übergangslaut sein. Eine Deutung mit der Ableitung auf / - ERRA / ist wegen des / sch/ kaum möglich. Godel Godel n. und Godela f. sind nicht leicht zu fassen. Es gibt ein Godel m. (nach S TALDER 2. Aufl. n.), das laut I D . 2, 122 fünf Bedeutungen hat: ‘ 1) geräumiges, aber kunstlos gebautes, halb verfallenes Gebäude, 2) altes, lotteriges Hausgerät, bes. Bettgestell 3) schlechtes Fuhrwerk 4) schlechtes Messer 5) Schwanken, Zittern, Schütteln. ’ Keine der Bedeutungen wird für das Wallis angegeben, hingegen jedoch wohl das Verb godle n (I D . 2. 122), bei R ÜBEL (1950, 115) als godlu belegt für das behagliche Plätschern der Schweine mit ihren Rüsseln im Schweinetrank. Für dieses Verb nimmt I D . Schallnachahmung an; für die nominalen Formen wird keine Herleitung gegeben. Gemeinsam ist den nominalen Bedeutungen (mit Ausnahme von 5)) etwas Schlechtes, schlecht Brauchbares. Ein Gebäude scheint bei den einzelnen Belegen nicht gemeint zu sein; darum könnte etwa ‘ unfruchtbares Land ’ als Bedeutung angenommen werden; das widerspricht aber einzelnen Angaben der Gwpp. In den historischen Belegen tritt Gottlon oder Gotlon auf; das würde eine Femininform auf - LA voraussetzen; in welchem Verhältnis diese zu Gettla, Gettja steht, ist unklar. Das Simplex Godel n. ist belegt in Binn (1418 das codal), Blitzingen (1767 im Goddell), Geschinen (ts Godel), Greich (FLNK Godel), Münster (im Godel), Reckingen (ts Godel) und als am G ŭ dol in Niedergesteln. Godela f. kommt in Ernen (1342, Godella) und Mühlebach (t Godela) vor. Das Zentrum beider Formen ist also das Goms. Als Bestimmungswort kommt Godel mit den Grundwörtern Egge und Haalta vor. di Godilweide (Niedergesteln) könnten zu am G ŭ dol (1856, Niedergesteln) passen. Wohl kaum hieher gehört der Gudelhano (1347, Eggerberg) mit einer unsicheren Lesung; es könnte sich hier auch um den Gugel-Hane ‘ Haushahn, Auerhahn ’ (I D . 2, 1307) handeln. Wieweit die sonst undeutbare Form Gottlor (1531, Ernen, mit unsicherer Lesung ev. zu Gattlor) hieher passt, bleibt unklar. Goggaardu Goggardu ist nur als ze Goggaardu (Ergisch) erwähnt. Als Alternative hat M. S. ze Poggaardu notiert. Es handelt sich um steile Wiesen auf rund 900 m. Wenn der Name Goggardu lautet, ist er wohl zu frz. cocarde ‘ Hahnenkamm ’ zu stellen (G PSR 4, 137 s. s. v. cocarde; FEW 2, 857 ff. s. v. k ǒ k-, bes. S. 860; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 513). Die zweite Form Poggardu ist sonst nicht belegt; es kann sich um eine veränderte Form (/ G / -> / P / ) handeln, da das ursprüngliche Motiv nicht mehr erkennbar war. Goggwäärgi Goggwäärgi ‘ Zwerg ’ ist zu wdt. Ggoggwäärgi n. ‘ Zwerg ’ , mhd. twerc, querh m., n., ahd. twerg n. zu stellen. Die Form Goggwäärgi ist eine Weiterentwicklung von amhd. ge-twerc. Das Wort kann zur Bezeichnung von etwas sehr Kleinem verwendet werden; in FlN können auch Zwerge gemeint sein (G RICHTING 1998, 90; K LUGE / Seebold 25 2011, 1019). Das Lemma kommt zweimal im Diminutiv Plural Gotwäärgjini / Gitwaargjini ‘ die kleinen Zwerge (Äcker) ’ (Gampel) vor. Als Bestimmungswort erscheint 1760 in Martisberg Getwergihaus ‘ das Zwergenhaus, das kleine Haus ’ , der Goggwäärgiture ‘ der Zwergenturm, der Gnippe 315 316 <?page no="163"?> (Fels-)Turm, der von Zwergen gemacht wurde ’ (Fiesch) und di Gotzwärgblattu ‘ die Felsplatten der Zwerge ’ (Hohtenn) ( „ Zwerge “ bezieht sich auf kleine Fuss-Spuren). Gognet Gognet ist nur 1361 in Gampel als Zen Gognet belegt; laut Text befindet sich die Flur in einem Wald (lat.: IN NEMORE ). Es dürfte sich trotz des deutschen Zen ‘ bei den ’ um einen romanischen Beleg handeln (cf. T AGMANN 1946, 61 s. v. Cougni und B OSSARD / C HAVAN 2006, 105 s. v. Cugnet NE), der sich zu lat. C Ŭ N Ĕ US ‘ Keil ’ (FEW 2, 1530 ff.) stellen lässt mit der Bedeutung ‘ bei den abgelegenen und kleinen Stücken Land ’ . Göiggu Göiggu ist nur als Göiggu ‘ das Gerät für das Kälbertränken (hier metaphorisch: das Gebiet, das so aussieht) ’ (FLNK, Ausserberg) belegt. Die Flur befindet sich auf rund 1800 m im Baltschiedertal. Es handelt sich um ein Maskulinum; eine / l/ -Vokalisierung ist aber hier nicht möglich. Vermutlich liegt Gaugge n ‘ vorderer, keilförmiger Teil eines Holzgeschirres, aus welchem man den jungen Kälbern zu saugen gibt ’ (I D . 2, 170) zu Grunde, das auch R ÜBEL (1950, 36) als ‘ Gauggen ’ für das Lötschental erwähnt. Das Gelände im Baltschiedertal ist metaphorisch nach diesem Gerät benannt. Gol Gol wird vom I D . (2, 216) s. v. Gool, Goll als ‘ grober Steinschutt, Steingeröll ’ gedeutet; Z INSLI (1945, 320) kennt es S. 119 als „ übergandetes “ (versaartes) Stück Land, S. 162 als Steingeröll. Schon H ELEN P ROBST (1937) unterscheidet die verschiedenen Lemmata wie Gol, Gold, Goletta usw. Obwohl Gold ‘ Gold ’ ursprünglich ein germanisches Farbwort ist (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 366), wird es häufig euphemistisch für Gool-Bäche (Schuttbäche) verwendet. Die Herkunft wird entweder nach J. H UBSCHMIED als aus spätgall. *kowlo-n oder aus einem romanischen Stamm (J. J UD in der Besprechung der Dissertation von H. P ROBST in Vox Romanica 3 (1938, 334 - 336)) erklärt. Romanischer Herkunft sind sicher die verschiedenen Formen von Gol (Gollji, Golljet, Goletta usw.), die sich entweder zum lat. GULA ‘ Kehle ’ (cf. HL G ULA ) oder zum germ. * GOLYA ‘ Tümpel ’ stellen lassen (T AGMANN 1946, 8 f. und 18). Das Simplex im Singular ist nicht belegt. Nicht sicher ist der Diminutiv Singular ts Gollti ‘ das kleine Gebiet mit Steingeröll ’ (Täsch). Ob ts Ober und ts Unner Goli (Oberems) hieher gehören oder romanischen Ursprungs sind, lässt sich nicht entscheiden; es handelt sich um eine frühere Alpe im Turtmanntal, wo beides möglich ist. In Grengiols findet sich der Golebiel ‘ der Hügel mit dem Steingeröll ’ , der einzige Fall mit dem Simplex als Bestimmungswort. Im deutschsprachigen Wallis kommt sonst primär die Ableitung Goler m. / n. vor: am Goler (1454, Grengiols), ts Goler (Raron), jm Goler (1539 u. später, wohl n., Bürchen), jm Goler (1518, Zeneggen; ein Beleg von 1302 im Galere gehört nach P H . K ALBERMATTER (p. c.) hieher), jm Goler (1456, Ausserberg), dr Golär (Blatten, Ferden). Der Typ Goler ist in www.ortsnamen.ch für Hochwald (SO) als FaN und als Flurname für Valens (SG) belegt; sonst fehlen Hinweise. Es handelt sich wohl um eine / - ER / - Ableitung (S ONDEREGGER 1958, 541 ff.) als Stellenbezeichnung, wobei die neutrale Form ein Kollektiv darstellt, zu verstehen als ‘ Gebiet mit Steingeröll ’ . Die Belege von Raron, Bürchen, Zeneggen und Ausserberg beziehen sich vermutlich auf den früheren Weiler Goler auf der linken Talseite, wozu ts Läz Goler ‘ das linke Goler ’ (Raron) und der Läz Goler ‘ der linke Goler ’ (Bürchen) belegt sind, die verdeutlichen, dass hier die linke Talflanke gemeint ist. Auch die übrigen Belege meinen wohl einfach ‘ Steingeröll ’ . Als Bestimmungswort kommt Goler zusammen mit Grabu, Matta, Rufina und Wald vor; komplexer ist der Läz Golerschleif ‘ der Schleif, der zum Läz Goler (linkes Goler) führt ’ (Raron). Laut A RNOLD (1984 [1947], 255) ist in Goolehittu und di Goolulecher der FaN Golen (cf. HL G OLEN (F A N)) vertreten. Einen Genitiv Plural findet man 1479 in Bürchen, wo in aqueductu dictorum Golerro ‘ bei der Wasserleitung der genannten Leute von Goler ’ erwähnt ist. Es handelt sich hier wohl um die Bewohner des Weilers Goler im Gebiet Raron-Bürchen. 1712 wird diese Wasserleitung selbst als die Golerun ‘ die Wasserleitung zum Goler ’ (Bürchen) erwähnt. Anders t Goueri ‘ die Wiese mit dem Steingeröll ’ (Gluringen, mit / l/ -Vokalisierung), die historisch 1684 auch als Hagigen Golera ‘ die Wiese mit dem Steingeröll der Familie Hagi ’ (Gluringen) belegt ist: hier handelt es sich um ein Stück Land. Ob di Golderna (Naters) und aúff der Golderÿ (1764, Biel), sowie vff der Goldernen (1570 u. später, Gluringen, 1762 au ᵕ f der Golderÿ) hieher zu stellen sind, ist unsicher (cf. HL G OLD ). Die Typen Golm und Gollmu sind unter HL G OLLMU behandelt. Im westlichen Teil des Bezirkes Leuk sind romanische Belege (cf. HL G OLLIE ) vorhanden. Einfaches Gola ist in en la Gola Pollet (1326, Leuk) und in Gula Pollet (1357, Agarn) belegt, wo Gola wohl ‘ Tümpel ’ heisst; Pollet dürfte ein PN sein. en la Golly ‘ beim Tümpel ’ (1400, Turtmann) und Gollij (1435, Salgesch oder Varen) meint wohl ebenso ein Gewässer wie Gollia de Stroples (1484) und Gollia de Estrobles (1542), die beide nach T AGMANN (1946, 3) einen Bach vom Trublenstock her meinen. di 317 318 Gol <?page no="164"?> Gollje ‘ (unklar) sumpfiges Gelände (? ) ’ (Leukerbad, auch bei R. G RICHTING 1993, Blatt 21, Nr. 4 und Blatt 22, Nr. 2) weisen keine Gewässer auf. Eine / - ETA / -Ableitung findet sich in jn den Colletten (1704, Oberems), dann ad Cristam de Coleta ‘ beim Hügel mit dem kleinen Durchgang ’ (1794, Salgesch; 1721, Varen, als Golleta). via de la Goletta (1489, Albinen) und Golleten=Weg (1794, Albinen) meinen wohl wieder einen Weg zum Tümpel. Eine Reihe weiterer Belege sind: in den Goleten (1522, Unterems), en la Goletta (1526, Salgesch), en la Goletta (1590, Leuk), via de la Golleta (1490, Guttet), en laz Golletaz (1526 u. später, Varen; 1692 als in di Gollÿe), Kúmmen Goletta ‘ die Chumma (Mulde) beim kleinen Tümpel ’ (1804, Leuk; 1804, Salgesch). Einen nur teilweise durchsichtigen Beleg gibt im Pradekole (Varen), wo sicher rom. PRATU ‘ Wiese ’ vorhanden ist; der zweite Teil kann den Genitiv de Gole enthalten, der als Bach oder Tümpel zu deuten wäre. Insgesamt ist geht das HL G OL auf verschiedene Herkunftswörter zurück, die sich im Einzelnen nur schwer unterscheiden lassen. Gold Gold n. ist zu schwdt. Gold n. ‘ Gold, AURUM ’ und wdt. Gold ‘ Gold ’ zu stellen. Die Namen beziehen sich selten auf das Vorkommen des Edelmetalls. Meist wird damit eine gut besonnte oder gegen Sonnenuntergang geneigte Stelle bezeichnet (I D . 2, 224 f.; G RICHTING 1998, 95; BENB 1, 2, 77 f.; URNB 2, 1). Oft liegt aber auch volksetymologische Umdeutung eines ursprünglichen Namens mit schwdt. Gol ‘ Schutt, Geschiebe ’ in Gold vor, besonders etwa bei Gold-Bächen (I D . 2, 225; Z INSLI 1945, 320; BENB 1, 2, 76 und 77 f.; URNB 2, 1). Unklar ist das einzige Simplex im Singular zer Guld (Wiler). Zwar kennt auch I D . (2, 224) die ältere Form Guld, aber mit dem Genus maskulin, nicht feminin. Weiter kennt nur das Lötschtal das Adjektiv guldi in di Guldi Suän (Kippel, zwei Belege), di Guldisuän (Wiler), di Guldinu Siänä (Ferden; FLNK Goldini Suon); B ELLWALD / W ÜRTH (2006) erwähnen den Namen nicht. Die genannten Wasserleitungen, resp. die mit ihnen bewässerten Felder, lassen sich nicht alle auf den Flurnamen zer Guld zurückführen. Eine gemeinsame Deutung liesse sich durch einen Pflanzennamen geben. I D . (3, 892 s. v. Guldichrut) erwähnt den gemeinen Gamander. Laut L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2104, 814) kommt T EUCRUM MONTANUM (Berg-Gamander) in Frage. Dann ist di Guld der Ort mit Berg-Gamander und die Wasserleitungen sind von diesem Kraut begleitet. Es kann sich aber auch um die Sonnseite handeln. Das HL G OLD , im unteren Goms Goud, tritt sonst primär als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita zu den folgenden Grundwörtern auf: Bach, Bodu, Brunnu, Biel, Fad, Fääsch, Loch, Miina, Schmitta und Wang auf. Eine Ableitung Goldery ist in Biel (1764) und Gluringen (1570 u. später) erwähnt. Es handelt sich um eine / - ERI / -Ableitung (S ONDEREGGER 1958, 551) als Stellenbezeichnung. Die historischen Belege lassen keine Aussage darüber zu, ob es sich um den gleichen Ort handelt. Eine zweite Ableitung di Golderna (Naters) meint ebenfalls eine Stellenbezeichnung; unklar ist bei beiden Ableitungen, ob Gol ‘ Steingeröll ’ gemeint ist. Golen (FaN) Golen (FaN) ist ein FaN, der laut A RNOLD (1984 [1947], 255) um 1525 zu den Burgern von Simplon zählte. Nach ihm erinnert die „ Goluhüttu “ daran. Belegt sind Goolehittu ‘ die (Alp-)Hütte der Familie Golen ’ und di Goolulecher ‘ die Löcher (Einsenkungen) der Familie Golen ’ (beide Simplon). Die beiden Flurnamen sind auch bei J ORDAN (2006, 158) mit Hinweis auf den FaN Golen belegt. Goliat Goliat ist zu Goliath (PN) zu stellen, dem biblischen Riesen, der von David mit der Steinschleuder erschlagen wird (1 Sam, Kap. 17). Der Beleg der Riisugoliatgrind ‘ der Kopf des Riesen Goliat ’ (Leukerbad) erscheint als grosser Felskopf in der Gemmiwand. R. G RICHTING (1993) kennt den Ort als Goliath (Blatt 7, Nr. 6 und Sonderbild). Goliiri Goliiri n. ‘ couloir ’ ist mehrfach in Salgesch und einmal in Leukerbad belegt. Laut T AGMANN (Ms., 37 f.) ist es als / - ARIA / -Ableitung von lat. COLARE ‘ fliessen ’ zu verstehen, mit der Bedeutung „ Runse, Couloir in steilem Gelände “ (vgl. auch B OSSARD / C HAVAN 2006, 246 s. v. Coluire mit Verweis auf Couloir). M ATHIER (2015, 48 f.) leitet es dagegen von lat. COLYRUS ‘ Haselnussstrauch ’ ab und versteht darunter ein Gebiet mit vielen Haselnuss-Stauden. B OSSARD / C HAVAN (2006, 178) kennen für den Haselstrauch nur Typen wie Coudre oder Coudri, was die Deutung von M ATHIER als unplausibel aussehen lässt. Neben dem Simplex ist belegt (lat. Cabulum) de la Coliery ‘ der Goliiri-Schleif ’ (1494, Salgesch), Cliues de la Coliri ‘ der Goliiri-Hang ’ (1619, Salgesch), Goliiriwäg ‘ der Weg von / zu der Goliiri ’ . Unklar ist noch Jn la Coliriwaz (1579, Salgesch); vermutlich ist ein doppeltes Suffix vorhanden. Goliiriwald ‘ der Wald beim Goliri (Runse, steiles Coulior) ’ (Leukerbad) ist an diesem Ort isoliert. Er befindet sich auf ca. 2000 m. Die Beschreibung sagt, hier sei ein „ komischer “ Hauptakzent vorhanden. Betont ist die erste Silbe; erwartet würde die zweite. R. G RICHTING (1993) kennt es nicht. Gold 319 320 <?page no="165"?> Gollie Gollie ‘ Tümpel ’ ist nach T AGMANN (1946, 8s.) zum germ. * GOLYA zu stellen (cf. FEW 16, 99s. s. v. * GULLJA ‘ Pfütze ’ ). Die Belege wurden teilweise schon unter dem HL G OL behandelt; sie befinden sich alle in Bezirk Leuk. Es gibt eine Reihe weitere Namen mit dem HL G OL , die nicht mit Gollie und seinen Varianten verwechselt werden sollten. 1400 ist in Turtmann en la golly (auch: de la goll ỳ ) belegt, in Leuk 1591 ouz Golliet (wohl Plural), in Leukerbad di Gollje, in Salgesch 1553 ouz dyz golliet und 1435 aquae dictae gollij. Dieses Simplex ist als Grundwort in en la gola pollet (1326, Leuk), gollia des stroples (1484, Salgesch), gollia de estrobles (1542, Varen) vertreten; letztere bezeichnen wohl den Bach tropla (T AGMANN 1946, 3 mit dokumentarischen Belegen zu stroble). Nur einmal belegt ist ein Bestimmungswort in im pradekole (1837, Varen) ‘ bei der Wiese mit dem kleinen Tümpel / Bach ’ . Eine Ableitung auf / - ETTA / (< / - ITTA / ) mit Diminutiv- Bedeutung (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) enthalten de la goletta (1489 u . später, Albinen), de la golleta (1490, Guttet), en la goletta (1590, Leuk), jn den Colleten (1704, Oberems), en la goletta (1526 u. später, Salgesch), in den Goleten (1522, Unterems), en laz golletaz (1526 u. später, Varen) (mit der Variante in die gollÿe 1692). Der Typ erscheint auch in Komposita als Bestimmungswort: uia goleta´ ‘ der Weg zum Tümpel ’ (1490, Albinen), Gollete=Weg (1794, Leuk), kúmmen Goletta ‘ die Kumme (Mulde) beim Tümpel ’ (1804, Leuk; gleich in Salgesch), ad cristam de goleta ‘ beim Grat mit dem Tümpel ’ (1794, Salgesch, gleich in Varen). Gollmu Gollmu ist der Name einer Alpe in Goppisberg, erstmals 1343 erwähnt als alpem de Golmun ‘ die Alpe von Golmen ’ . Dazu gehört auch ts Gollmuegg ‘ die Ecke bei der Alpe Gollmu ’ (Goppisberg). Die nächstliegende Erklärung wäre das dem lat. CULMEN ‘ Gipfel ’ , ‘ Maiensäss, Bergwiesen, Berg, Bergübergang ’ entsprechende Lexem, das laut RN rom. auch mit gesenktem Vokal als colm belegt ist (I D . 2, 233; RN 2, 120; Z INSLI 1945, 329; BENB 1, 2, 533; URNB 2, 102 f.). Die Form mit anlautendem / g/ würde direkt aus dem Romanischen entlehnt worden sein; die Zweisilbigkeit (im Unterschied zum sonst belegten schwdt. Kulm oder Gulm) müsste aus einer Pluralform (Typ CULMINA ) stammen. Das 1602 in Gluringen belegte vf der Golmeren lässt sich dann als zum Feminin uminterpretierte Ableitung mit dem kollektiven Lehnsuffix lat. / - ARIA / , ahd. / - ARR Ā / , schwdt. / - ERE ( N )/ in der Bedeutung ‘ Ort, Stelle, mit vielen Gipfeln ’ (S ONDEREGGER 1958, 471 ff.) deuten. ufum Kull(u)m ‘ auf dem Kulm ’ (Simplon) verdeckt die anlautende Affrikata, die wohl auch bei J ORDAN (2006, 26 s. v. Kulm) gemeint ist. Goltsch (PN) Goltsch (PN) kommt nur in zwei Belegen aus Ferden vor: ts Goltsch(e)riäd ‘ das Ried des Gold ’ und di Goltsch(e)riädlitzi ‘ die Schattenseite beim Ried des Gold ’ Die historischen Belege zum ersten Flurnamen wie Z Goldts Riedt (1628) weisen auf einen PN oder FaN Gold im Genitiv Singular hin. Es kann sich dabei um eine Kurzform zu Goldo / Golda (F ÖRSTEMANN 1, 663) handeln. In unseren Daten ist sie sonst nicht belegt. Gom Gom ist zunächst ein Bestimmungswort in einem Beleg von 1768 aus der Gomhalto (Zeneggen). Am nächstliegenden dürfte das rom. Lehnwort Gomma < comba < cumba ‘ Tal, Schlucht ’ (T AGMANN 1946, 14; I D . 2, 390 s. v. Kum) sein, sofern nicht eine Fehlschreibung vorliegt. Gomma findet sich auch in Albinen bei den Namen in di Gomme ‘ bei den Einbuchtungen ’ und Gommeletschleif ‘ der (Holz-)Schleif bei den kleinen Einbuchtungen ’ wieder, das wohl auf eine Ableitung mit der diminutiven Suffixkombination / - ELL - ITTA / zurückgeht. Das HL G OM- MER (nicht in der Bedeutung: ‘ zum Goms gehörig ’ ) kann zum Teil hieher gehören (cf. HL G OMMER ). Gomarting Gomarting ist in Varen belegt. Die historischen Belege Commomarting (1728 u. später) deuten auf das älter bezeugte Comba Marting ‘ die Mulde des Martin ’ (1544 u. später, Varen) hin (cf. HL M AARTIN (PN)). Gommer Gommer n. ist hier primär nicht als ‘ zum Goms gehörend ’ zu verstehen, sondern als HL, das verschiedene Bedeutungen haben kann. Als Simplex kommt ts Gommer, auch ts Gummer (Turtmann) vor; dazu gehören in Turtmann t Gommer Haaltjini ‘ die kleinen Halden beim Gommer ’ , die auch Gummerhaaltjini heissen. Zu Grunde liegt wohl ein rom. Lehnwort Gomme < comba, das kollektiven Charakter hat: eine neutrale / - ER / -Ableitung zu Gomme / Gumme ‘ Einbuchtung, Schlucht, Tal ’ (cf. HL G OM ). Unklar ist Gommergraben (1856, Martisberg). Hier könnte das Adjektiv Gommer im Sinn von ‘ zum Goms gehörig ’ vorliegen, da Martisberg beim Deischberg, der Grenze des Goms, liegt. Anders bei den Belegen Gommermatta (1609, Simplon) und Gommershus (1540, Termen), wo ein FaN Gommer oder ein Herkunftsname ‘ aus dem Goms ’ gemeint sein kann. Schon 1304 ist in Baltschieder Gommerro Hofstatt ‘ die Hofstatt der Leute des Gommer ’ belegt, wo wiederum ein FaN oder eine Herkunftsbezeichnung gemeint sein können. Ein FaN ist in den Quellen nicht belegt; ein 321 322 Gommer <?page no="166"?> Herkunftsname erscheint deswegen als plausibelste Annahme. Insgesamt sind vor allem die Belege aus Turtmann schwierig, weil nicht klar ist, ob ein / o/ oder ein / u/ in der betonten Silbe vorliegt und welchen Sinn das neutrale Genus hat. W. M EYER (1991, 205) notiert zwar, die Familie Michlig aus dem Goms habe im Gommer gewohnt, doch erwähnt er nicht, dass die Namengebung sich auf das Goms bezieht. Im übrigen ist der älteste Beleg von 1604 in Turtmann älter, als die 1722 erwähnte Marie Michlig von Fiesch (W. M EYER 1991, 205). Goms Goms (frz. Conches), heute der östlichste Bezirk des Oberwallis und neu (ab 1.1.2017) Name von dreizehn früheren Ortschaften mit Münster als grösster Gemeinde, wird in der Forschung zu lat. CONCHA ‘ Muschelschale, Näpfchen ’ , hier in der übertragenen Bedeutung ‘ (Tal-) Mulde ’ gestellt (Z IMMERLI 1899, 87; G UEX 1938, 363; B OS- SARD / C HAVAN 2006, 34; K RISTOL ET AL . 2005, 629). Allerdings dürfte der deutsche Name Goms eher auf lat. C Ŭ MBA ‘ Talkessel; Trog ’ (FEW 2, 1524 f.; G PSR 4, 171, Nr. 6 o Noms de lieux) zurückgehen; die Form Goms und das Adjektiv Gommer (cf. HL G OMMER ) deuten darauf hin. Die Bezeichnung wurde wohl schon früh aus dem Lat. entlehnt (cf. Gampel); das Lehnappellativ Chumma (cf. HL C HUMMA ) wurde aus den alemannischen Dialekten übernommen. Der Name Goms bezeichnete zunächst die ehemalige Gemeinde Münster; als Talschaftsbezeichnung gilt er seit dem 15. Jh. Unter dem Namen Obergoms fusionierten am 01.01.2009 die drei ehemaligen Gemeinden und heutigen Ortschaften Ulrichen, Obergesteln, Oberwald. Alternierend für Goms wurde die Talschaft auch mit Bezug auf den Deischberg (in volksetymologischer Latinisierung Mons Dei) lat. a Monte Dei superius (1301 usw.) und dt. von Deisch uf (1487) genannt. Die ältesten Belege sind ab 1211 vertreten, wobei die Latinisierung Gomesia eine Rolle spielt, die 1879 zur Etymologisierung von lat. COMES (Graf) führt, das sich in Grafschaft wiederfindet (cf. HL G RAFSCHAFT ). Die übrigen Schreibweisen wie Conches (1344, 1392), Consches (1375, 1418), Comexii (latinisiert, 1403) usw. weisen auf die lat. Form CONCHA hin; erst 1514 erscheint Goms als Bezirksname, aber die Formen Consches usw. sind weiterhin belegt. Gondo Gondo ist der heutige Name des grössten Ortsteils von Zwischbergen (amtlicher Gemeindename), früher in älteren Texten auch Rudu (Ruden) genannt. Der Name ist nicht sicher gedeutet. J ACCARD (1906, 193) stellt ihn einerseits zu it. gonda ‘ vase à boire ’ , anderseits zu bündnerromanisch ganda ‘ Geröllhalde, Steinhaufen; Erdrutsch ’ (RN 2, 159), was laut K RISTOL ET AL . (2005, 995 f.) nicht zutreffen kann, da ganda feminin ist. K RISTOL ET AL . (2005, 995 f.) denken an eine Herleitung aus canthus ‘ Rand, Ecke ’ , einem Wort, welches im Bündnerromanischen in der Bedeutung ‘ Stutz, steiles Wegstück ’ , ‘ vorspringende, abschüssige Kante im Gelände, Hügelkamm, Anhöhe ’ weiterlebt und auch galloromanisch belegt ist (vgl. RN 2, 72; FEW 2, 227). Dagegen spricht, dass Gondo im piemontesisch-lombardischen Dialektgebiet liegt. O LIVIE- RI ( 2 1961, 263 s. v. gonte) kennt auch ein Gondo als germ. PN. P ETRINI (1993, 86 s. v. cant) nennt aber keinen derartigen Namen mit einem / o/ in der betonten Silbe. Neben Gondo (Zwischbergen) nennt FLNK Gondo-Ruden, also mit dem alternativen Namen des Ortsteils. Das Grundwort kommt auch in Dogana Gondo (LT, Zwischbergen) vor, Name der Zollstelle an der italienischen Grenze. Als Bestimmungswort kommt das HL in di Gonndoschlucht ‘ die Schlucht (der Doveria) bei Gondo ’ (Zwischbergen) vor; eine steile Schlucht, die erst durch die Ingenieure und Arbeiter Napoleons begehbar gemacht wurde (A RNOLD 1984 [1947], 173 ff.). Gone Gone m. ‘ Schöpfgefäss, muldenförmige Bodenform ’ ist zu schwdt. Goon m., Dim. Gooni, wdt. Goone n. ‘ Wasserschöpfgefäss (oval, langer Griff) ’ (I D . 2, 330; G RICHTING 1998, 95; BENB 1, 2, 82) zu stellen, toponomastisch auf eine muldenförmige Bodenform übertragen. Das Simplex des Diminutivs Goonerli ‘ kleine muldenförmige Alp ’ (Oberwald), auch Goneri (LT) ‘ Bach, der von der kleinen, muldenförmigen Alp herfliesst ’ verbindet sich als Bestimmungswort mit den Grundwörtern Gletscher, Licka, Stafel, Tal und Wasser und bildet als komplexere Namen ts Hinner Goonerli, ts Mittel Goonerli und Gonerlistafel, sowie der Hinner Goonerlistafel, der Voder Goonerlistafel (alle Oberwald). Die übrigen Belege sind mit Varianten von Gone als Bestimmungswort verbunden: zu einer Gon Müly ‘ bei einer Mühle mit einem Wasserschöpfgefäss ’ (1591, Visp), der Gonebäärg ‘ das bergwärts gelegene, muldenförmige Gebiet ’ (Blitzingen, mit unsicheren historischen Belegen), Goniberg (1686, Ritzingen; gleicher Beleg auch in Blitzingen), Gonnenberg (1847, Bellwald, unsichere Lesung), beÿ der Gonschlu ᵕ cht ‘ bei der muldenförmigen Schlucht ’ (1790, Obergesteln) und der Goonustei ‘ der Stein, der einem Schöpfgefäss gleicht ’ (Albinen). Gontor Gontor ist als im Gontor (Varen) ‘ Grenze des Feldes ’ belegt; Koordinaten fehlen. Historische Belege sind: 1375 eys contors und 1502 (unsicher) jm Contour. G PSR (4, 270 s.) gibt als erste Deutung ‘ Tournant d ’ une route, d ’ un Goms 323 324 <?page no="167"?> chemin ’ (Kurve einer Strasse, eines Weges) und führt eine Reihe von Noms de lieux auf, die meisten aus der Waadt. B OSSARD / C HAVAN (2006, 101) haben Contors etc. und deuten es als ‘ Extremité d ’ un champ, limite; mais aussi contour ’ ( ‘ das Ende eines Feldes, Grenze, aber auch Kontur ’ ). Die historischen Belege deuten auf ein Feld oder einen Weinberg hin. Gonzo (PN) Gonzo (PN) ist 1320 in Zwischbergen als Ackername belegt. Das Dokument erwähnt aber ganz zu Anfang den Namen Henricus Gonzo und seine Frau Agnes Gonza. Henricus Gonzo wird noch einmal kurz vor dem Ackernamen erwähnt. Es handelt sich also um einen FaN, der in Zwischbergen vorhanden war, aber in den Wappenbüchern fehlt. Es ist unklar, ob es sich um das it. gonzo ‘ Einfaltspinsel, Gimpel ’ (D EVOTO / O LI 2020, 976 s. v. gonzo) handelt oder um eine Kurzform zum PN-Stamm GUNDI: Gunzo, Gonzo (F ÖRSTEMANN 1, 696). Da Zwischbergen um 1320 sicher zweisprachig (deutscher / italienischer Dialekt) war, ist beides möglich. Goobe (FaN) Goobe (FaN) ist als Plural in Grächen lebend als di Goobe belegt. Hinzugefügt ist, dass das Verb goobu ‘ Garben haufenweise aufstellen ’ heisse; das sei jedoch in Grächen nicht gemacht worden. Der einzige Beleg für ein wdt. gopu findet sich in E GLI (1982, 278) für ‘ schwanken ’ von einem Weinfass, belegt für Brigerbad; es dürfte identisch sein mit g ō pe n ‘ spielen, schäkern, sich im Scherz herumbalgen ’ (I D . 2, 388), kommt aber als Motivation für den Namen nicht in Frage. In Grächen sind weiter der Goobuwald ‘ der Wald beim Gebiet Goobe ’ und historisch Gobenmatta ‘ die Wiese des Goben ’ (1307) belegt. In Staldenried findet sich in Goben Rittÿ ‘ im gerodeten Gebiet des Goben ’ (1543), das bei SK als Goppenrüti belegt ist. in Gobonrittÿ (1543, Visperterminen) meint vermutlich die gleiche Flur. Da in Staldenried 1371 Johanni Goben und 1432 Johannis Martini Goben, in Stalden 1477 dicti Goben erwähnt sind, dürfte es sich um einen FaN handeln. Das gilt wohl auch für das in Törbel 1252 belegte Gobignon, das eine kollektive / - IG / - Ableitung zu Goben darstellt, und das ebenfalls für Törbel im 13. Jh. belegte Gobingo ‘ der Leute des Goben ’ . Insgesamt handelt es sich bei Goobe um einen FaN, der vielleicht als Herkunftsname verstanden weden kann; dazu helfen aber unsere Belege nicht weiter. Ein Zusammenhang zu Goubing (T AGMANN 1946, 82, mit Verweis auf M EYER (1914, 67 u. 140, der einen germanischen Eigennamen zum Stamm Gubannimmt), ist nicht wahrscheinlich. Goofu Goofu Pl. ‘ die Kinder ’ ist nur belegt in der Goofustutz ‘ die steil ansteigende Stelle für die Kinder (laut Gwp. Schlittelhang für Kinder) ’ (Unterbäch). Das HL ist zu schwdt. G ō f ‘ Kind ’ und wdt. Goofa, Goofä (Goms), Goofu w. ‘ Kind ’ (I D . 2, 130; G RICHTING 1998, 95) zu stellen. Das Wort gilt allgemein als eher pejorativ und wird fast nur im Plural verwendet. G RICHTING nennt als Deutung auch ‘ Strohbündel ’ , was hier jedoch keinen Sinn ergibt. Goopjini di Goopjini Dim. Pl. ist in Visperterminen belegt. Die Gwpp. verweisen auf goopu ‘ mit dem Stuhl schaukeln ’ , das zu g ō pe n ‘ spielen, schäkern, sich im Scherz herumbalgen ’ (I D . 2, 388) zu stellen ist. Die Gwpp. scheinen das steile Gelände als schaukelnd zu deuten, also ‘ das steile Gelände, auf dem geschaukelt wird ’ . Ob eine Beziehung zu Goobe (cf. HL G OOBE ) besteht, ist unklar. Goorb Goorb n., Goorbe f. ist zu spätlat. *curbu (lat. CURVU ‘ gekrümmt ’ ), patois korbo, auch korb (G PSR 4, 428 ff.; B OSSARD / C HAVAN 2006, 101) zu stellen, in FlN zur Bezeichnung von einer gekrümmten Fläche, also von Senken oder Hügeln; in der Datenbank wird es als ‘ ansteigender Hang ’ wiedergegeben, obwohl das kaum immer sachgerecht ist. Das Lexem findet sich häufig in den Bezirken Goms, Brig, Visp und Westlich-Raron, kann also wohl keine Entlehnung aus dem frpr. Patois sein, sondern ist älter; darauf weist auch das anlautende / g-/ hin. BENB (1, 2, 83) kennt Gorpeli in Boltigen, ist aber in der Deutung unsicher. Hingegen stellt BENB (1, 2, 158) Gurbe / Gürbe zu vlat. * CURBU , kann dort aber den Umlaut nicht erklären. Im Fall Goorb bleibt auch der Vokal / o/ schwierig; eine Herleitung von corbis ‘ Korb ’ wäre also auch möglich. Das Simplex Goorb n. ist in Binn, Reckingen, Simplon und Ulrichen, als Gorb in Mund und Baltschieder, als Dativ im Gorpe in Naters und Zeneggen belegt, in Blatten als Goorpä n.; das Neutrum könnte in all diesen Fällen auch eine Kollektivbedeutung haben, da sonst Goorbe f. in Raron und Niedergesteln (historisch beide Male als Gorba f.) erscheint. Als Diminutive sind Goorbji (Eggerberg, Simplon, Randa), Goorpi (Lax, Fiesch) Goorpji (Ernen) und Gorbji (Mühlebach) und auf den Gorpinen (1744, Visperterminen) belegt. Als Bestimmungswort tritt Goorb oder ein Diminutiv zusammen mit Bach, Egg(a), Hubel, Rüüs, Stafel, Schiir, Stüde, Tosse, Tschugge, Wald, Wasser und Wasserleita auf. Als Ableitung auf / - ER / (ursprünglich ein Genitiv Plural) ist Goorber belegt, als Simplex Goorbärlini (Kippel), meist jedoch als Bestimmungswort zusammen mit Loch, Wäg und Wald. Als weitere Ableitung 325 326 Goorb <?page no="168"?> (auf / - ERRI / ) ist belegt Gorperry ‘ Wasserleite zum Gorp ’ (1762, Simplon) und Goorperri (Eggerberg) ‘ Wasserleite zum Goorbji ’ mit der Gorperischepfi ‘ Schöpfstelle der Gorperi aus dem Baltschiederbach ’ (Eggerberg). Unklar erscheinen die Belege zu Corbey Wasserleite (Albinen), die nur historisch belegt sind und als Corbe (1708), Corbeÿ (1782) und Gorbe (1783) erscheinen; es könnte sich hier um frpr. korbo ‘ Kurve ’ , eventuell mit einem Suffix wie / - ARIU ( M )/ (kollektiv; B OSSARD / C HAVAN 2006, 288) handeln (cf. HL G ORWEI ). Mindestens in Goorperwald (Eyholz) und Gorpers Haus (1844, Eyholz) ist schliesslich auch der FaN Gorper (u. a. im Register der HRBS) gemeint. Vermutlich nicht hieher gehören entrundete Formen vom Typ Gerber (Bürchen, Ernen, Zermatt); sie sind unter den HLL G ÄÄRBER (F A N), G ÄRWERRA und G ERBER aufgeführt. Goorete Goorete f. ist nur einmal in Oberwald als t Goorete belegt. Die Bildung ist zur Ableitung / - ETA / (im Goms / - ETE / ) (S ONDEREGGER 1958, 482), das eine gewisse Menge oder das Ergebnis einer Tätigkeit bezeichnen, deverbal oder denominal. Beim HL kommt das Verb gore n ‘ grübeln, stören, wühlen ’ (I D . 2, 408) in Frage. I D . bezieht sich einerseits auf ahd. gor ‘ Mist, Dünger, Kot ’ (so noch G R W B 8, 960 s. v. Gor n.) oder auf ein romanisches gor ‘ Wasserlache, natürlicher Weiher, kleiner See ’ (B RIDEL 1866, 183; G PSR 8, 449 s. v. gòr), das von G PSR auf spät-lateinisches gu ᵕ rgu ‘ Kehle ’ zurückgeführt wird. Die Deutungen sind spekulativ; es bleibt aber das Verbum gore im Walliserdeutschen (R ÜBEL 1950, 115 als ‘ Wühlen in der Erde (von Schweinen) ’ ), das hier als Ausgangspunkt dient. Problematisch bleibt allerdings die Länge (laut SDS 2, 21 f. wird vor / r/ nicht gedehnt, wohl aber vor / n/ im Wort Fahne (SDS 2, 24)). Die Deutung wäre dann ‘ das durchwühlte Gebiet (unsicher) ’ . Goorner Goorner ist zu vallis oder alpis *corn ā ria ‘ Felsental, -alp ’ , Ableitung aus lat. C Ŏ RNU ‘ Horn, Felskopf ’ (REW 2240; FEW 2, 1191 f.; RN 2, 107 f.; BENB 1, 2, 83) zu stellen. Als Simplex erscheint dreimal das Diminutiv Goornerli (Zermatt, Ulrichen) resp. Goonerli (historisch 1469 Jm Gornerlin, Oberwald). Das Lexem ist als Bestimmungswort verbunden mit Alpa, Gletscher, Graat, Gorsch (gorge), Hooru, Licka, Stafel, Tal, Wald und Wasser. Eine Rückbildung Gorni ‘ das kleine Horn ’ ist in Leukerbad zu finden, dazu die romanische Komposition Planggorni ‘ die Ebene mit dem kleinen Horn ’ (Goorni könnte auch eine direkte Ableitung zu lat. CORNU sein). Ableitungen sind auf / - ERI / in Gorneri ‘ Wasserleite vom Gifrischbach in das Goornerli ’ (Filet) und auf / - ERA / in Goornera ‘ der Bach von der Goorner-Alpe her ’ (Zermatt). Der historische Beleg Ober Gornügel (Leukerbad) ist zu CORNICULU zu stellen (siehe Gurnigel in BENB 1, 2, 161 f. nach H UB- SCHMIED 1940, 19 zu * CORNICULUM ). Goorpatt Goorpatt n. ist nur belegt als ts Goorpatt, der Goorpattbach und ts Goorpattwasser, sowie Gorpatwald (FLNK), (alle Eischoll). Namengebend ist eine steinige Alpe auf ca. 2250 m, von der ein Bach Richtung Eischoll herunterfliesst; neben dem Bach liegt der Gorpatwald. Vermutlich liegt ein romanisches Wort curbatum oder ähnlich zum Stamm CU ᵕ RVUS ‘ krumm, gebogen ’ vor (FEW 2, 1589 ff.; G PSR 4, 633 ff. s. v. courbet). Die alemannische Erstbetonung und das Genus Neutrum (wohl als Kollektivum) zeigen, dass das HL in den Dialekt von Eischoll intergriert wurde. Gooschi Gooschi n. ist zweimal belegt: im Gooschi ‘ im kleinen Gebiet, aus dem viel Wasser kommt ’ (Zeneggen) und der Go ᵉ schen (1544, Unterbäch). Ob es sich um das gleiche HL handelt, bleibt unklar. In Zeneggen sind Reben gemeint, in Unterbäch ist von einer Weide (pascua) die Rede. Die Form Gooschi kann ein Diminutiv auf / - I / sein (SDS 3, 156, III). URNB (1, 88) führt Gossalp auf ahd. g ōʒ ‘ Erguss, Ausströmen, Flüssigkeit ’ zurück, das nhd. als Gosse f. ‘ Gebiet, aus dem viel Wasser kommt ’ erscheint (zur Literatur siehe dort). der Go ᵉ schen erinnert zwar an den FaN Göschen, deren bekanntester Vertreter G EORG J OA- CHIM G ÖSCHEN (1752 - 1828), der Gründer des gleichnamigen Verlags in Leipzig (gegr. 1785), war (vgl. N EUE D EUTSCHE B IOGRAPHIE 6, 1964, 541 - 543); in der Schweiz ist der FaN nicht bekannt. Ein Zusammenhang zwischen dem FaN und dem Flurnamen besteht nicht. Goppertza Goppertza ‘ das Gut des Goppert ’ ist 1399 in Glis belegt; ein Grundstück beim Grindbiel heisst so. Es handelt sich wohl um das Suffix, das später als / - SCHA / - SCHU / ‘ das Gut von X ’ belegt ist. Dazu wäre ein PN Goppert (< Godbert oder Gotbert aus Goadpert (F ÖRSTEMANN 1, 661 u. 279)) zu stellen. Goppisch (PN) Goppisch (PN) ist ein Genitiv, wohl zu einem PN, der im Gemeindenamen mit dem Grundwort Berg und dem ahd. PN *Cobbilo, *Coppilo, Diminutiv zu den Kurznamen Cobbo, Coppo (F ÖRSTEMANN 1, 371) gebildet ist. Als Grundform kann *Cobbilinsberg, *Coppilinsberg (cf. Beleg goplinsperg 1291) ‘ Berg des *Cobbilo, *Coppilo ’ angesetzt werden (K RISTOL ET AL ., 2005, 396 f.). Goorete 327 328 <?page no="169"?> Die meisten Belege finden sich in Goppisberg, dazu in Filet und Mörel. Diese Belege verwenden den Gemeindenamen Goppischbärg, wobei die ältesten Belege 1200 Goplisberg, 1291 Goplinsberg, 1314 Goplisberg usw. enthalten. Entsprechend gibt es eine Reihe von Belegen mit Gopler: t Goplerlicka ‘ die Lücke von Gopplisberg ’ bezeichnet einen Übergang von der Gopplisberger Alp zu Bettmeralp. Gopplerlickawäg ‘ der Weg zur Gopplerlicka ’ (FLNK, Goppisberg) meint den Weg dorthin. Goppisbergeralp ‘ das Alpgebiet der Leut von Goppisberg ’ (LT, Goppisberg; SK Goppisbergalp) ist der Name der Alpe der Leute von Goppisberg. Sie heisst 1770 Gopillero … almeniam ‘ die Allmend der Leute von Goppisberg ’ (Goppisberg) und später (1809) in alpibus de Goppileren ‘ auf der Alpe der Leute von Goppisberg ’ ; 1839 in der Gorpiler Alpe. 1778 ist in Goppilleren Alpmatten ‘ in der Wiese der Alpe der Leute von Goppisberg ’ erwähnt. Filet und Mörel kennen 1746 beim Goplerweg ‘ beim Weg nach Goppisberg ’ . Filet nennt 1818 beÿm alten Gobbiler Kirchweg ‘ beim alten Kirchweg der Leute von Goppisberg ’ . ts Goppistein ‘ der Stein des Goppi (zu Goppenstein) ’ (Ferden) meint heute das südliche Portal des Lötschbergtunnels; die ältesten Beleeg reichen bis 1357 Coppensteyn und 1396 ze Goppenstein zurück. Ob Goopischchi ‘ das Kinn (Schlucht) des Goopi (PN) ’ (Ausserberg) zum gleichen PN gehört, ist unsicher, da es ein langes / o: / enthält. Da aber keine historischen Belege vorhanden sind, wird der Name hier zum gleichen HL gestellt. Goppu Goppu f. ist lebend in zer Goppu (Leukerbad) belegt (vgl. R. G RICHTING 1993, Blatt 9, Nr. 52). SK kennt Goppen als Kleinsiedlung ausserhalb des Dorfes. In Stalden sind t Ober und t Unner Goppuriti ‘ das obere und das untere gerodete Gebiet des Goben ’ belegt, vermutlich zum FaN Goben (cf. HL G OOBE (F A N)) zu stellen. Goppenstein (Gampel) und Goppistein (Ferden) - beide für den heutigen Bahnhof am Südende des Lötschbergtunnels - gehören wohl zu einem PN Goppi. Goppu selbst bleibt unsicher; der einzige historische Beleg Zer Copon (1703) gibt aber einen schwachen Hinweis auf frpr. Herkunft, da es sich zum lat. CUPPA ‘ Becher ’ (FEW 2, 1553) stellen liesse; das Lexem ist in schwdt. Goppe n ‘ eine der vier Farben im Tarokspiel ’ (I D . 2, 389) für das Wallis bezeugt, das von I D . auf it. coppa ‘ Becher ’ zurückgeführt wird; G PSR (4, 406 ss.) erwähnt frpr. kò ͎ pa ebenfalls als Tarokfarbe unter 7 o , jedoch nicht als Lokalname. G PSR (4, 405 ss., s. v. coupe) kennt jedoch die Deutung ‘ Holz schlagen ’ , die auch von B OSSARD / C HAVAN (2006, 165) für den Flurnamen Coupéé ‘ alter Platz für geschlagenes Holz ’ angenommen wird. Für Leukerbad dürfte also ein frpr. Name für eine Rodung angenommen werden. Gorete Gorete pl. ist belegt als di Gorete (Oberems, FLNK Gorete) und beschrieben als Dorfteil und Wiese. Historisch ist es 1677 als in den Korenten, 1686 in den Goreggÿnen, 1687 in den Goreten, 1707 in den Coretten, 1735 in den Gorrutu, 1742 in den Gorrito, 1744 in den Garreten belegt. Die Belege weisen - mit einer Ausnahme - das betonte Gorauf; das Suffix kann dt. / - ETA / (pl. / - ETE / ) oder rom. / - ATA / (beide S ONDEREGGER 1958, 482 ff.) sein. Der Stamm kann sowohl nominal wie verbal sein. Anlautendes / g/ weist im Allgemeinen eher auf einen romanischen Stamm hin. Am ehesten käme hier frz. goret, patois gòrè ‘ junges männliches Schwein, Milchschwein ’ (G PSR 8, 456) in Frage, hier wohl in der sonst nicht belegten Bedeutung ‘ Schweineweide ’ . Gorper (FaN) Gorper (FaN) ist nur 1730 in Lalden als in Niclas Gorpers Stand ‘ im Stand (ebenes Gebiet mit Aussicht) des Nikolaus Gorper ’ belegt. Der FaN ist im Register von HRBS als Gorper und jm Gorb belegt. Es ist unklar, ob diese Konstruktion einen Flurnamen bezeugt oder rein appellativ ist, also nur den FaN meint. Gorron (FaN) Gorron (FaN) ist historisch belegt in Salgesch. 1338 jn campis gorron, 1362 in campo gorron, 1439 en changoron, 1648 en Champgorron usw. Es handelt sich um einen FaN Gorro, der in den Minutaren des Kapitelarchivs und den Dokumenten, die von G REMAUD herausgegeben wurden, als Stephanus Gorro, Sohn des Johannes von Leuk, im 13./ 14. Jahrhundert mehrfach vorkommt. Der Name meint also ‘ das Feld der Familie Gorron ’ . Gorsch Gorsch f. ist nur in Zermatt als di Gorsch, alternativ auch als di Goornergorsch belegt. Es handelt sich um eine Schlucht des Baches, der Goornera (cf. HL G OORNER ) genannt wird und aus dem Gornergletscher fliesst. Gorsch ist die deutsche Form für frz. la gorge ‘ die Schlucht ’ . Gortet Gortet ist in einem nicht datierten Dokument aus Zwischbergen als Übersetzung einer Alpe Bodini oder Gortet belegt. Der Name ist eine diminutive Ableitung zu it. corte ‘ Hof ’ (D EVOTO / O LI 2020, 561) hier wohl auch ‘ Stafel einer Alpe ’ : ‘ der kleine Stafel ’ (P ETRINI 1993, 93 mit 329 330 Gortet <?page no="170"?> verschiedenen Ableitungen in Tessiner Dialekten). Zur Herleitung siehe auch das HL C OR . Gorwei Gorwei n. ist in Varen als ts Gorwei und in Albinen als in Gorwe (FLNK Gorwei) belegt; M ATHIEU (2006, 13) kennt es als Ggorwei. Die historischen Belege in Albinen (13. Jh. eis corbeiz; 1664 en corbè) schwanken zwischen einem Plural und einem Singular; alle Belege sind sicher romanisch. Sie sind vermutlich zum frz. courbet, alt-frpr. corbet ‘ leicht rundlich, gerundet ’ (G PSR 4, 433 ff.) zu stellen. G PSR (4, 435) gibt als Ortsnamen den Typ aux Champs Corbet ‘ bei den rundlichen Wiesen ’ an, meist als Adjektiv. In unseren Belegen, soweit erkennbar, ist jedoch ein substantiviertes Adjektiv gemeint. In Albinen ist mit en Corbereÿe (1644; 1759 in Corbereÿe) eine Erweiterung angegeben, die wohl auf eine Suffixkombination mit kollektivem / - ARIA / und / - ETA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288) zurückgeht. In Varen kommt weiter vor di Gorweichummu ‘ die Chumma (Mulde) beim Gebiet Gorwei ’ . Der Beleg die Corbe=Wasserleüthen (1708, Albinen; 1782 die Corbeÿ Wasserleiten; 1783 die Gorbe Wasserleite) ‘ die Wasserleitung vom / zum Gebiet Gorwei (rundliche Stelle) ’ gehört ebenfalls hieher. M ATHIEU (2006, 25) kennt für Albinen auch Obers und Unners Ggorwey, die sonst nicht belegt sind. Göry Göry ist ein unklares HL. Belegt sind einerseits ein feminines aúf der Gori (1839, Gluringen), anderseits ein neutrales ts Gori (Ausserberg) und zwei Belege, die maskulin oder neutral sein können: im Gören (1667, Blatten) und jm Vndren Görÿ (1647, Fiesch). BENB (1, 2, 159 s. v. Gure / Gore) führt die Belege auf schwdt. Gurre n , Gorre n f. mhd. gurre f. ‘ schlechte Stute, altes, schlechtes Pferd ’ (I D . 2, 409) zurück, meint jedoch, dass es sich einfach um ein „ schlechtes Ackerlandstück “ (nicht eine Stutenweide) gehandelt habe. Diese Deutung würde nur für ein feminines Gure / Gore zutreffen, also höchstens für den Beleg in Gluringen. Zu Göri nennt URNB (2, 687) Görimättelti und vermutet einen PN Georg oder Gregor dahinter. Möglicherweise sind die beiden Belege im Gören (1667, Blatten) und im Vndren Görÿ (1647, Fiesch) hyperkorrekte Schreibungen für Geer ‘ spitzes Stück Land ’ (cf. HL G EER ), doch weist keine der beiden Gemeinden einen solchen Flurnamen auf. In Blatten könnte auch im Gerin (LT Geryn) gemeint sein, das zum HL G RII zu stellen ist. Das in Ausserberg belegte ts Gori befindet sich heute an einer Kurve der Strasse zum Dorf; auf SK sieht man hier einfach einen Abhang zum Rottental hinunter. Ob eine Ableitung zum schwdt. Verb gore ‘ grübeln, stören, wühlen ’ , wdt. ggore, goorä (Goms), gooru (Mattertal), goorun (Lötschtal), ggoru ‘ wühlen, stochern, Nase bohren ’ (I D . 2, 408; G RICHTING 1998, 91) gemeint ist, bleibt unsicher. Goscht Goschte (Ausserberg) und Goschtelti (Ulrichen) sind wohl ursprünglich entlehnt aus dem rom. COSTA (hier: ‘ Abhang ’ ). Auch BENB (1, 2, 85 f.) stellt Gostzu lat. COSTA ‘ Seite, Rippe ’ ; die belegte Form Gostel wird als abgeleitet mit dem Suffix / - ELLU ( M )/ (REW 2279, FEW 2, 1245) betrachtet. Das Wort sei vielfach ins romanische Namengut eingegangen und benenne die Hanglage. Die beiden vereinzelten Belege im Oberwallis können als Spuren des historisch für den Bezirk Leuk gut bezeugten Coster gesehen werden (cf. HL C OSTA ). Gosso Gosso ist nur belegt in im Gosso Ried (1784, Ferden), wobei die Lesung unsicher ist. Es kann sich um einen Genitiv eines PN Gozzo (F ÖRSTEMANN 1, 611) oder einer Nebenform zu Giesse n ‘ Seitenarm, Nebenfluss ’ (I D . 2, 407) handeln. Im zweiten Fall wäre wohl ein sumpfiges Gebiet gemeint. Beide Deutungen sind unsicher. Gotla Gotla kommt vor als Gotla (1388, Ried Brig) und davon abgeleitet Gotillwäg (1399 Ried-Brig). Es dürfte verwandt sein mit Gettja (Glis) und Geiggja (Glis), die sich auf eine Entrundung (/ ö/ > / e/ ) nach Umlaut zurückführen lassen. Rein lautlich kann eine feminine Ableitung Gotla ‘ weiblicher Täufling, auch Taufpatin ’ (G R W B 8, 1016 s. v. Götlein) nicht ausgeschlossen werden. Allerdings ist die Normalform des Wortes für die Taufpatin im Wallis Gotta oder Gottu (I D . 2, 523; G RICHTING 1998, 95), für das Patenkind ist jedoch auch Götteli (I D . 2, 531) belegt, während G RICHTING (1998, 95) nur Gottechind, Gottächind (Goms), Gettichind kennt. Der Zusammenhang mit einem Flurnamen ist schwer herzustellen. Ob sich, wie bei Gettja ein Zusammenhang mit dem FaN Gettjer herstellen lässt, bleibt unklar. Kommt hinzu, dass die frühen Belege für Gotla vermutlich älter als der FaN sind und das Herkommen der Familie Gettjer (die Leute von der Gotla) kennzeichnen. Der umgekehrte Fall (Benennung des Gutes nach dem Besitzer) ist auch möglich, aber unwahrscheinlich. Gott Gott m. ist zu schwdt. und wdt. Gott ‘ Gott ’ (I D . 2, 507 ff.; G RICHTING 1998, 95) zu stellen. Das HL kommt im Genitiv Hergots Fluo ‘ die Fluh des Herrgott ’ (1693, Gampel) und Gorwei 331 332 <?page no="171"?> ts Hergotsch Fliäwaldji ‘ der kleine Wald bei der Fluh des Herrgott ’ (Gampel) vor. Die übrigen vier Belege enthalten den Typ Müetergottes ‘ die Muttergottes, die Gottesmutter Maria ’ , die unter dem HL M ÜETER behandelt sind. Gotta Gotta ‘ kleine Quelle, kleiner Bach ’ ist in Albinen (FLNK; M ATHIEU 2006, 319) belegt. T AGMANN (1946, 4) stellt es zum romanischen Gotta ‘ kleine Quelle, kleiner Bach ’ (B OS- SARD / C HAVAN 2006, 45; zu lat. GUTTA ‘ Tropfen ’ ). Der FaN Gottet (NWWB 1, 124) ist zwar in Albinen bezeugt, kommt aber kaum in Frage. Gotti Gotti ist zunächst nur belegt in di Gottissweng ‘ die Grasabhänge des Gotti ’ (Kippel). I D . (2, 527 s. v. Götti) gibt zwar eine Form Gottu ‘ männlicher Taufpate ’ für das Wallis an, doch findet sich schon bei W IPF (1910, 33 u. 123) nur Getti (mit entrundetem Umlaut). Näher liegt wohl eine Namensform - etwa zu Gottfried (I D . 2, 527 s. v. Gotti), die jedoch so nicht für das Wallis bezeugt ist. In Albinen ist Gotta (FLNK) belegt. Zwar gibt es dort einen FaN Gottet (NWWB 1, 124), der aber kaum in Frage kommt. Ohne historische Zeugnisse ist aber auch unklar, ob ein romanischer Name Gotta ‘ kleine Quelle, kleiner Bach ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 45; zu lat. GUTTA ‘ Tropfen ’ ) gemeint ist, wie T AGMANN (1946, 4) explizit für diesen Namen in Albinen annimmt (cf. HL G OTTA ). Gottlor Gottlor ist nur einmal 1531 in Ernen als Gottlor belegt. Die Lesung ist unsicher, als Alternative liest M. S. auch Gattlor. Im Dokument ist die Rede von einem Fussweg, der bis zum Gottlor / Gattlor führt. Die nächstliegende Deutung würde statt dessen Gattolf zum HL G ATTALF ‘ Schleif ’ lesen. Göttschell Göttschell ist nur 1824 in Bellwald als im Göttschell als Acker im Basper belegt. Es handelt sich wohl um eine hyperkorrekte Form zu Getschel (cf. HL G ETSCHEL ). Die Herleitung ist unsicher; am ehesten könnte eine Stellenbezeichnung auf / - EL / (S ONDEREGGER 1958, 513 f.) zu schwdt. Gätsch, Getsch ‘ Kot, Unrat ’ und wdt. Ggättsch, Ggettsch (Mattertal), Ggattsch ‘ Morast bei Regenwetter ’ (I D . 2, 558; G RICHTING 1998, 87) gemeint sein, also ‘ der Ort mit Morast ’ . Die hyperkorrekte Schreibung (/ ö/ für / e/ ) würde sich aus der verhochdeutschten Form erklären. Götzi (PN) Götzi ist nur historisch belegt: 1594 in Lax als z ů Go ᵉ tzi See und 1768 in Martisberg als ob dem Götzensee. Vermutlich bezeichnen die beiden den gleichen kleinen See im Bereich Laxeralp und Martisbergeralp (benachbarte Alpen). Es handelt sich wohl um den PN Götzi (I D . 2, 582 s. v. Götz II; BENB 1, 2, 87), der hier schriftlich nicht entrundet wurde. Goubler Goubler ist nur 1749 in Leuk als im Goubler belegt. Es handelt sich um einen Acker im Bräntjong, einem Weiler mit grossem Wiesen- und Ackerfeld, wo heute die Satellitenstationen stehen. Die Schreibung ist unklar: handelt es sich um einen Diphthong / ou/ oder um ein / u: / ? Der FaN Gubler, wohl eine Ableitung zu Gubel ‘ Hügel ’ (I D . 2, 98), ist im Oberwallis nicht belegt (NWWB 2; F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ 2, 729 f.). Auch Gubel selbst kommt im Oberwallis nicht vor (Z INSLI 1946, 322). T AGMANN (1946, 82) verweist auf Goubing, auch Gubing, einen Turm aus dem 12. Jahrhundert in Siders, auf einem Hügel mit Weingärten. M EYER (1914, 67, 140 und 165) stellt den Namen Gubin (PN) zu einem ahd. Stamm g ū b- (nach F ÖRSTEMANN , wo die Suche jedoch vergeblich ist). Wenn M EYER recht hat, dann wäre Goubler eine / - LER / - Ableitung zu diesem Stamm (vgl. S ONDEREGGER 1958, 531 ff., sofern es sich um eine schweizerdeutsche Ableitung handelt); eine Deutung ist dennoch nicht möglich. Göüch Göüch m. ist zu schwdt. Gouch m. ‘ Kuckuck; Bastard; Tor, Narr ’ , mhd. gouch, wdt. Göüch, Gööch (Goms), Goich (Lötschtal), Dim. Göichji, heute nur noch in der Bedeutung ‘ Dummkopf, Narr ’ , meist in der Zusammensetzung schwdt. Gouchheit, Gouchet f. ‘ Heide, auf der der Kuckuck ruft ’ (cf. auch HL H EID 2; I D . 2, 103 ff.; BENB 1, 2, 89 f.; G RICHTING 1998, 96). BENB (1, 2, 89 f.) unterscheidet zwischen einfachem Gouch 1 als ‘ Kuckuck ’ und Gouch- 2 wie oben. Als Grundwort erscheint das HL nur in zwei Ableitungen: di Geichi ‘ der Ort, wo der Kuckuck ruft ’ (Simplon) mit Entrundung. I D . (2, 106) kennt Gauche n f. nur noch als Ortsname für das Untertoggenburg; www.ortsnamen.ch gibt den Hofnamen de Gauche m. für Kirchberg (SG) mit Maskulinum, das vermutlich auf ‘ Hof ’ zurückzuführen ist; die historischen Belege zeigen jedoch keine / I / -Ableitung wie Geichi. Diese (S ONDEREGGER 1958, 493) bezeichnet wohl eine Stelle mit Kuckucksrufen. Die zweite Ableitung ist Göüchete (LT und FNLK) mit den näheren Bestimmungen t Obere Göüchete und t Unnere Göüchete (alle Münster, Plurale) zu einem Singular Göüchete ‘ Ort, wo es Kuckucks gibt ’ . Zur Ableitung 333 334 Göüch <?page no="172"?> vgl. S ONDEREGGER (1958, 482). Angesichts des sonst dominierenden Typs Göüchheit könnte aber auch einfach eine Abschwächung des Plurals Göüchheite vorliegen; darauf deuten einige historische Belege im folgenden Typ Göüchheit hin. In unseren Belegen dominiert di Göüchheit (Bister und zehn weitere Gemeinden) und di Göuchheit (Binn und fünf weitere Gemeinden), sowie eine Reihe von historischen Belegen: vff der Gåcheÿtt (1564, Steinhaus), die Gauchheit (1699, Brig; 1608, Simplon), jm (sic! ) der Gouket (1301, Mund; 1759 in der Gauchheit), der Gochheit Acher ‘ der Acker bei der Gauchheit (Heide, auf der der Kuckuck ruft) ’ (1493, Grengiols), in der Gouchet (1390, Glis; 1389 zer Goucheýt), jn der Gouchhait (1626, St. Niklaus; 1674 in der Gaúchet), Gouchheit (1448, Ried- Brig; 1540 di Gouchet), jn der Gu ᵛ kheit (1305, Baltschieder), in der Gu ᵕ cheit (1529, Fiesch). Dazu kommen einige komplexere Belege: aus der Oberen Gauchheit (1768, Zeneggen), zer Obren Gaúchheit (1711, Eischoll), in der Undren Gauchhet (1721, Eischoll). Als Bestimmungswort ist das HL weiter belegt: jn den Gau ᵕ chen Reben ‘ in den Reben, wo es Kuckucks hat ’ (1673, Raron; 1683 jn den Gaùchreben), der Gauchweg ‘ der Weg, wo der Kuckuck ruft (? ) ’ (1658, Raron), der Göüchtschuggu ‘ der Fels des Narren ’ (Täsch) und an den Guoch Buelen ‘ an den Kuckucks-Hügeln ’ (sofern ‘ guoch ’ für gouch; die Lesung ‘ guoch ’ ist bestätigt) ’ (1309, Niedergesteln). Die historisch frühen Belege zeigen, dass der Namenstyp Göüchheit alt ist; die historisch mehrfach belegten Verschleifungen, dass er vermutlich nicht mehr verstanden wurde. Gouchhart (PN) Gouchhart (PN) ist wohl ein PN, der nur in ze Go ᵛ chhartz Húse ‘ beim Haus des Gouchhart ’ (1382, Filet) belegt ist. Der PN steht im Genitiv zum Stamm HARDU, ahd. hart (F ÖRSTEMANN 1, 749 f.), wo der PN jedoch nicht belegt ist. Der erste Teil ist wohl zu Gauch ‘ Tor, Narr ’ (I D . 2, 103) zu stellen, das älter auch ‘ Kuckuck ’ bedeutet (G R W B 4, 1524 ff.). Der PN Gouchhart ist jedoch insgesamt sonst nicht belegt. Graafji Graafji n. ist nur einmal belegt in ts Graafji (Filet). Es ist zu schwdt. Ranft (I D . 6, 1049 ff.) zu stellen; die Form erklärt sich aus einem Präfix G ( E )-, der Vokalisierung des / n/ vor Reibelaut (Staubsches Gesetz, hier mit Dehnung), und dem Diminutiv-Suffix / - LI / , hier als / - JI / . Die Deutung ist nach Z INSLI (1945, 332) ‘ Felsrand, -absturz; Abhang ’ , hier ‘ kleiner Abhang ’ (cf. HL R ANFT ). Graag Graag ist verschieden zu deuten. Das Simplex Graag kommt historisch in Naters (1452; 1755) und als Diminutiv im Gra ᵉ gy (1676) vor; lebendig belegt ist es als Bitschergraagi ‘ das Graagi im Gebiet Bitschji ’ (Naters); der lebende Beleg gehört aber wohl als Diminutiv zum HL G RAAT . Dazu gehört Graagschblatta ‘ die Felsplatte beim Graat ’ (Naters; der Name liegt gleich oberhalb des Bitschergraagj). Ein weiteres Gragg (Ried-Mörel) verzeichnet LT; dazu gehört am gleichen Ort ts Graagi (Bitsch). Laut URNB (2, 39, s. v. Graggen) wäre eine Zuordnung zu schwdt., Gr ā gg f., m., wdt. Ggaagge ‘ Krähe ’ (I D . 2, 725; G RICHTING 1998, 87) anzunehmen, doch zeigt G RICHTING klar, dass - ausser im Goms - die Lautung Gaagge f. (mit wechselndem Auslaut) ist; der Vogel ist übrigens im Allgemeinen die (Berg)Dohle. Lautlich besser würde Grag ‘ Gemeine Bartflechte (Usnea barb.) ’ (I D . 4, 715, s. v. Rag) passen, das aber von URNB für Uri abgelehnt wird; hingegen kommt es für die Natischer und Bitscher Belege nach M ARZELL (4, 927 ff. s. v. U SNEA FLORIDA ) und I D . in Frage; L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014) kennen es so nicht, da es sich um eine Flechte handelt. Eine dritte Möglichkeit ist Ge-râggi n. ‘ verkrüppeltes Geschöpf ’ (I D . 6, 767), das aber wohl nur für di Graaggini ‘ die verkrüppelten Bäume ’ (Visperterminen) in Frage kommt. Die Graageflüe ‘ Fels mit Dohlen ’ (Oberwald) und aúff dem Graggen Biell ‘ auf dem Hügel, wo es Dohlen hat ’ (1779, Mund) sind wohl mit dem Vogelnamen gebildet. Unklar dagegen ist im Gragengraben ‘ im Graben mit Dohlen (? ) ’ (1847, Ernen). Graat Graat m. ist zu schwdt. Gr ā t, wdt. Graat, Dim. Greetji, Pl. Gräät, Greet ‘ länglicher, schmaler Bergrücken; der Höhenbereich im Bergland ’ , mhd. gr ā t ‘ Fischgräte, Rückgrat, Bergrücken ’ (I D . 2, 820 f.; Z INSLI 1945, 321; BENB 1, 2, 100 f.; URNB 2, 43 f.; G RICHTING 1998, 96) zu stellen. Es wird als Ableitung zum Adj. schwdt. grad, wdt. ggrad, ggärad, mhd. gerat, -de ‘ gerade ’ im Gegensatz zu krumm (I D . 4, 497; RN 2, 415; BENB 1, 2, 94; G RICHTING 1998, 91) verstanden. Das HL kommt in rund 230 Namen vor; teilweise geht es wohl auf den Alpinismus zurück. Das HL ist als Simplex der Graad (Geschinen, Naters, Ried-Brig, Ritzingen, St. Niklaus), ufem Graad (Ferden), an den Grad (1681, Blitzingen), in den Grad (1542, Biel), Grat (FLNK, LT Bürchen; FLNK, Lax; FLNK, St. Niklaus; FLNK, Bürchen) belegt. Das Simplex meint einen auffälligen Felsrücken, der im Allgemeinen zu einem Gipfel führt. Plurale des Simplex sind nicht bekannt. Diminutive finden sich im Singular als ts Gräätgi (Fieschertal) und ts Greetji (Törbel; FLNK, Unterbäch). Gouchhart (PN) 335 336 <?page no="173"?> Belege mit Graagi sind unter dem HL G RAAG aufgezählt. Ein Plural fehlt. Mit attributiven Adjektiven oder Partizipien kommen vor: ts Inner Graatgi ‘ der innere kleine Grat ’ (Naters), ts Chlei Greetji ‘ der kleine Grat (beim Ginalshorn) ’ (Ergisch), der Lägund Graad ‘ der leicht ansteigende Grat ’ (Baltschieder, Eisten, Mund), auf dem Mittlern Graetli ‘ auf dem mittleren kleinen Grat ’ (1896, Geschinen), dr Ober Graad ‘ der obere Grat (Faldumgrat) ’ (Ferden), der Bellgisch Graad ‘ der Belgische Grat (benannt nach dem Erstbesteiger, König Albert I. von Belgien) ’ (Simplon), der Rot Graad ‘ der rote Grat (Felsgrat beim Triftjigletscher) ’ (Zermatt), der Rot Graad ‘ der rote Grat (Grat am Alphubel, LT und FLNK Rotgrat, SK Rothengrat) ’ (Täsch), ts (e)Rot Greetji ‘ der kleine rote Grat (bei den Leiterspitzen) ’ (Randa), der Schwarz Graad ‘ der schwarze (Farbe des Gesteins) Grat ’ (Randa), der Schwarz Graad ‘ der schwarze Grat (zwischen Spitzi Flue und Fluehorn) ’ (Zermatt), dr Under Graad ‘ der untere Grat (Faldumgrat) ’ (Ferden), der Wiiss Graad ‘ der weisse Grat (zwischen Turtmannspitze und Burgihorn (beides Gipfelnamen)) ’ (Oberems, auch ein weisser Grat bei der Bella Tola), der Wiiss Graad ‘ der weisse (Fels-)Grat ’ (Zermatt), der Wiiss Graad ‘ der weisse (Fels-)Grat beim Ochsehorn (2912 m) ’ (Staldenried) und t Wiissu Greet ‘ die weissen (Fels-)Gräte ’ (Täsch). Selten sind vorangestellte Genitive: Nägelisch Graad ‘ der Grat mit Nelken / der Familie Nägeli ’ (Ernen), ts Nägelisch Gräätli ‘ der kleine Grat der Familie Nägeli / mit Nelken ’ (Oberwald), in Brunnero Gradt ‘ der Grat der Familie Brunner / der Leute von Brunnen ’ (1756, Betten), der Tiifelsgraad ‘ der Teufelsgrat (beim Täschhorn) ’ (Randa, Täsch) und dr Tiifelsgraad ‘ der Teufelsgrat (zwischen Breithorn und Breitlauihorn) ’ (Baltschieder, LT Tyfelsgrat, FLNK Tiifilsgrat; Blatten). Einige Bestimmungswörter auf / - ER / können ältere Genitiv sein: der Fieschergraad ‘ der Grat zum Fiescherhorn ’ (Fieschertal), der Goornergraad ‘ der Goorner Grat (Grat oberhalb des Goornerli ‘ kleine Felsalp ‘ ) ’ (Zermatt), ts Hienergreetji ‘ der kleine Grat mit (Wald-)Hühnern ’ (Unterbäch), Hühnergrat ‘ der Grat, wo es Hühner hat (SK, wohl hochdt. Form für Henna) ’ (Unterbäch, wohl identisch mit dem Hienergreetji), in den Matter Gradt ‘ (unklar) der Grat bei den Wiesen / der Familie Matter ’ (1756, Betten), Bättmergrat ‘ der Grat beim Bettmerhron (hier östlich) ’ (FLNK, Lax), Bettmergrat ‘ der Grat beim Bettmerhorn (hier östlich) ’ (LT, Fiesch; FLNK Bättmergrat), der Bobmergraad ‘ der Bodmergrat, der zum Bodmerhorn oberhalb von Bodme (die Böden) führt ’ (FLNK, Simplon, auch bei J ORDAN (2006, 108 und 135 als Botmärgraat), Stn. Bettmergrat ‘ die Station der Seilbahn auf dem Bettmergrat am Bettmerhorn (hier westlich) ’ (LT, Betten), Walchergrat ‘ der Walkergrat (unklare Motivation) ’ (LT und FLNK, Fieschertal), an den Indren Wÿlergradt ‘ der (innere) Wilergrat ’ (1654, Kippel). Sehr gross ist die Zahl der Namen mit dem HL als Grundwort. Die Bestimmungswörter beziehen sich entweder auf einen darüber liegenden Gipfel oder auf ein darunter liegendes Gebiet. So ist Aletschgrat ‘ der Grat zum Aletschhorn ’ (FLNK, Naters) durch den Gipfelnamen bestimmt, der aber seinerseits wohl auf einen Namen eines Alpgebietes (Aletschi) zurückgeht. dr Aanungraad ‘ der Grat oberhalb des Aanugletschers ’ (Blatten) bezieht sich direkt auf den Aanugletscher, der seinen Namen aber von der Aana, einem Alpgebiet bezieht. Noch komplexer ist etwa Aargrat ‘ der Grat oberhalb des Gebietes der Aare ’ (LT, Obergesteln), der seinen Namen wohl von der bernischen Seite mit dem Gebiet der Aare erhalten hat. Im Fall von der Eifischgraad ‘ der Grat gegen das Eifischtal (Val d ’ Anniviers) ’ (Oberems) dient der deutsche Name des benachbarten Tales als Namengeber. Bei dr Faldumgraad ‘ der Faldumgrat ’ (Ferden) dient der Alpname Faldum als Ausgangspunkt. Bei der Feschtigraad ‘ der Grat bei der Festi ’ (Randa), einem Grat beim Dom (Gipfelname), dient das Gebiet Feschti (Randa) als Namengeber. Ähnlich lassen sich sehr viele der zweigliedrigen Namen deuten. In einigen Fällen werden romanische Namen als Bestimmungswörter verwendet: der Furmulugraad ‘ der Grat oberhalb der Furmulä (Gebiet, das aussieht wie Käseformen) ’ (Zwischbergen), der Ggarneeragraad ‘ der Grat oberhalb des Gebietes Carnera (Gebiet mit Disteln? ) ’ (Zwischbergen, FLNK Garneeragrat), der Gorwätschgraad ‘ der Gorwätschgrat ’ (Leuk, LT Gorwetschgrat, SK Corbetschgrat, FLNK Gorwätschgrat), das vermutlich zu lat. CORVUS ‘ Rabe ’ und dem pejorativen Suffix / - ACEU / zu stellen ist, hier wohl als ‘ Rabenberg ’ zu verstehen. Anders verhält es sich mit Namen, die eine Eigenschaft des Grates kennzeichnen, etwa die Lage der Mittelgraad ‘ der Mittelgrat (zum Nollenhorn) ’ (Saas-Almagell), der Nordgraad ‘ der im Norden (des Weisshorns) liegende Grat ’ (Randa), der Oschtgraad ‘ der Ostgrat (des Allalinhorns) ’ (Saas-Almagell). die Farbe Schwarzgrat ‘ der schwarze Grat ’ (LT und FLNK, Inden), Schwarzgrätji ‘ der kleine schwarze Grat ’ (Leukerbad), Wissgrat ‘ der weisse (Fels-)Grat ’ (LT u. FLNK, Täsch), oder die Form der Zackugrat ‘ der Grat mit (Fels-)Zacken (auch R. G RICHTING 1993, Blatt 16, Nr. 2 u. Blatt 17, Nr. 2) ’ (Leukerbad). Nur selten kommt ein FaN vor wie in der Düübigrad ‘ der Grat zum Dübihorn (LT) ’ (Baltschieder) und ts Düübigreetji ‘ der kleine Grat zum Dübihorn ’ (Raron), die beide nach D R . H EINRICH A LBERT D ÜBI (1848 - 1942) benannt sind, der u. a. das SAC Jahrbuch (1891 - 1923) herausgegeben hat. 337 338 Graat <?page no="174"?> Unklar ist dagegen Walchergrat (LT u. FLNK, Fieschertal), ein Grat zum Walcherhorn (Fieschertal), das vermutlich auf einen FaN Walcher oder Walker zurückgeht (und nicht, wie F R . J. H UGI (1830, 108 f.) meint, auf Walliser). Manche Namen sind schwer deutbar: der Trinugraad ‘ der (Fels-)Grat der Triine (PN) ’ (Termen) befindet sich auf rund 2630 m beim Saflischpass. Welche Katharina hier gemeint ist, bleibt unklar. Ob der Trolerengrat ‘ der Grat, wo man trolen (stürzen) kann / der Grat, wo es Trollblumen hat ’ (Ausserberg) sich zu einem Blumennamen stellen lässt, oder doch eher zum darunter liegenden Troolund Grabe ‘ der Graben, wo man trolen (stürzen) kann ’ (Ausserberg) ist unsicher; näher liegt das Zweite. Komplexere Formen bilden sich, wenn das Bestimmungswort selbst schon mehrgliedrig ist. Das gilt etwa für Weissmies Nordgrad ‘ der Nordgrat des Weissmies (Gipfelname) ’ (FLNK, Saas-Grund), der Öugschtbordgrad ‘ der Grat oberhalb dem Öugschtbord (Bord (Abhang, Böschung), das erst im August bestossen wurde) ’ (Unterbäch), der Öugschtchummegraad ‘ der Grat oberhalb der Öugschtchumma (Augustmulde) ’ (Grengiols), der Eischolalpgraad ‘ der Grat auf der Alpe von Eischoll ’ (Eischoll) und andere mehr. Als Bestimmungswort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern vor: Acher, Alpa, Äbi, Gassa, Hooru, Pigger, Schleif und Schluocht. Dabei sind vor allem Verbindungen mit Schluocht häufig. Sie sind auch komplexer belegt mit der Graadschliechtgigrabu ‘ der Graben bei der kleinen Geländeeinbuchtung vom Grat herunter ’ (Zwischbergen; FLNK Gratschliechtgigrabu). Einen Sonderfall stellt Greetiguteiffi ‘ die Tiefe zwischen den Gräten ’ (Randa) vor, wo der Plural einer kollektiven Ableitung auf / - IG / zum HL vorliegt. Graaw Graaw ist ein Farbadjektiv zu schwdt. graw, grau, wdt. graaw, graab (Leuk, Leukerberge), mhd. gr ā , -wes, ‘ grau, schimmelig ’ (I D . 2, 830 f.; BENB 1, 2, 101 f.; URNB 2, 61; G RICHTING 1998, 96). Das HL kommt in rund 35 Belegen vor. Gemeint ist in den meisten Fällen die Gesteinsfarbe. Als Simplex erscheint es nicht; typischerweise ist es attributives Adjektiv oder Bestimmungswort zu einem Grundwort. Als attributives Adjektiv mit unflektierten und flektierten Formen kommt es vor mit den Grundwörtern (HLL): Bäärg, Blatta, Bord, Brigga, Bodu, Doore, Driest, Egg(a), Flüö, Gufer, Hooru, Stei, Stelli und Wang, wobei neben dem HL auch Graab (westlicher Bezirk Leuk) und Grau bezeugt sind. Als Bestimmungswort kommt es mit folgenden Grundwörtern (HLL) vor: Bord, Flüö, Hüs, Stelli und Tola. Komplexere Fälle sind selten: di Grawhorulicka ‘ die Lücke (Fusspass) beim Grauhorn ’ (Zwischbergen) und einmal nur historisch 1893 in Visp als Graubergwald (zum Beleg ts Graww Bärgji, LT Graubärg). Es handelt sich hier um einen Wald oberhalb des Rottentales, dessen Gestein grau gefärbt ist. Grab Grab n. ist zu schwdt., wdt. Grab n. ‘ Grab ’ (BENB 1, 2, 92; I D . 2, 677 f.; G RICHTING 1998, 96) zu stellen. Wie G R W B (8, 1476) feststellt, ist Grab n. im Deutschen nur in der Bedeutung ‘ Totengrab ’ belegt; auch BENB (1, 2, 92) spricht von prähistorischen Gräbern oder längst verlassenen Bestattungsstellen. Z INSLI (1984, 507) deutet Greber als Totengrab. Das Simplex im Singular Grab ist nur als ts Grab (Betten) belegt; die Beschreibung legt nahe, dass Gwp. an Graben m. denkt und nicht an ein Totengrab. Das Simplex im Plural Greber tritt als di Greber (Gampel, Simplon), sowie als Uf de Greber (Binn), Hinner de Greber (Ulrichen, FLNK hat Unner de Grebere) und in Grebrin (Ferden) auf, wobei letzteres wohl identisch ist mit Greber in Gampel. Aus den Beschreibungen ist zu vermuten, dass meist ein Gebiet gemeint ist, das wie eine Grabstätte aussieht. Als Grundwort findet sich ts Hännugrab ‘ das Hennengrab ’ (Niedergesteln) und t Heidugreber ‘ die Heidengräber ’ (Randa); letzteres ist als die Grabstätte einer vorgeschichtlichen Bevölkerung zu verstehen; ersteres ist vermutlich eine verhüllende Form Hännugrab zu Heidugrab. Als Bestimmungswort ist Grab / Greber mehrfach belegt: t Greberegga ‘ die Ecke am Ort, der Gräbern gleicht (? ) ’ (Betten), ts Greeberland ‘ das Land, das einer Grabstätte gleicht ’ (Varen, unklar), die Grebermatta ‘ die Wiese beim Gebiet in Grebrin ’ (Ferden), die Greberweidä ‘ die Weiden beim Gebiet Greber ’ (Gampel) und aus der Gräber Wasserleitten ‘ aus der Wasserleite vom / zum Gebiet Greber ’ (1759, Simplon). Zu Greber in Gampel gehören auch Näst dem Alten Gräber Steg ‘ beim alten Steg (über die Lonza) bei Greber ’ (1851, Steg) und Gräbersteg ‘ der Steg (über die Lonza) bei Greber ’ (1866, Steg). Als FaN ist nur Graber in Hohtenn belegt, 1924 aus Grossdietwil (Luzern) eingebürgert. Der gleiche FaN liegt aber wohl schon früher vor (cf. HL G RABER (FaN)). Die FaN Grab und Greber (F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ 2, 693 und 704) sind hingegen im Oberwallis nicht belegt. Graaw 339 340 <?page no="175"?> Graber (FaN) Graber(FaN) ist viermal belegt, vermutlich der FaN Graber, für den aber sonst keine Belege zu finden sind. Eine Herkunftsbezeichnung ‘ die Leute vom Graben ’ ist auch möglich, weniger ein Nomen agentis Graber (I D . 3, 685). Zwei Genitive im Singular sind: z Grabers Huss ‘ das Haus der Familie Graber ’ (1557, Mund), ein schwieriger Beleg, da als Besitzer Jacobus Gu ͦ ttheÿl genannt wird (ob Graber ein Beiname dazu ist, bleibt unklar), und Grabers Haus ‘ das Haus der Familie Graber ’ (1699, Turtmann). Genitive Plural findet man in Graberro Stadoll ‘ der Stadel der Familie Graber ’ (1593, Visperterminen) und hinder Graberen Wartbiel ‘ hinter dem Hügel mit Aussicht der Familie Graber ’ (1735, Fiesch). Als FaN ist nur Graber in Hohtenn belegt, 1924 aus Grossdietwil (Luzern) eingebürgert. Dieser FaN kann aber die älteren Belege nicht erklären, sodass anzunehmen ist, dass Graber als FaN schon vorher existierte. Grabu Grabu m. ‘ der Graben ’ ist zu schwdt. Grabe n , wdt. Grabe, Grabu m. ‘ Graben; natürlich oder künstliche Vertiefung des Bodens; tiefe, wilde Runse, mit oder ohne reissendes Wasser, Bergschlucht, Fortsetzung eines Krachen, länger und weniger tief als ein Tobel ’ , ahd. grabo, mhd. grabe (I D . 2, 678 f.; BENB 1, 2, 92 f.; URNB 2, 29; G RICHTING 1998, 96) zu stellen. Das HL kommt in rund 990 Namen vor. Das Simplex im Singular ist als der Grabe (Ausserbinn, Blitzingen, Reckingen), bim Grabe ‘ beim Graben ’ (Niederwald) und mehrfach historisch belegt, wo es aber meist als Graben (z. B. 1469 u. später, Ernen) (auch in anderen Schreibweisen und häufig) erscheint. Im Lötschental ist zem Grabem ‘ beim Graben ’ (Wiler) belegt. der Grabo (Eggerberg, Eisten, Naters und andere), zum Grabo (Termen), der Grabu (Mörel, Saas-Balen, Saas-Fee und andere), im Grabu (Goppisberg) sind weitere Belege. Das Simplex im Plural erscheint als di Gräbe (Grächen, Saas-Balen, Saas-Grund, Zermatt), di Gräbu (Ausserberg, Gampel), historisch auch als jn den Greben (1795, Saas- Fee), zen Greberen (1548, Bürchen), zwischen den Grebnen ‘ zwischen den Gräben ’ (1676, Mund). Im Diminutiv Singular sind belegt: vss dem Gra e bgin ‘ aus dem kleinen Graben ’ (1584, Eisten), im Gräbji (Täsch), ts Gräbji (Randa), in Gräbmi ‘ auf dem kleinen Graben ’ (Ferden), das Greblin ‘ der kleine Graben ’ (1519, Törbel), das Greby ‘ der kleine Graben ’ (1760, Martisberg). Der Diminutiv Plural ist sehr selten: di Gräbini (Saas- Almagell, zweimal). In zweigliedrigen Konstruktionen mit attributiven Adjektiven, sehr selten mit Partizipien, erscheinen: der Alt Grabu ‘ der alte Graben ’ (St. Niklaus), im Alten Graben ‘ im alten Graben ’ (1790, Ergisch), dr Breit Grabem ‘ der breite Graben ’ (Blatten), Chlei Grabu ‘ der kleine Graben ’ (FLNK, Albinen), Erscht Grabu ‘ der erste Graben ’ (FLNK, Birgisch), bim Erschtu Gräbji ‘ beim ersten kleinen Graben ’ (Visperterminen), der Farner Graben ‘ der Graben von Varen ’ (1842, Turtmann), Gemeinen Graben ‘ der Graben, der der Gemeinde gehört ’ (1611, Visperterminen), Grosse Grabu ‘ der grosse Graben ’ (FLNK, Greich), der Gross Grabe ‘ der grosse Graben ’ (Grengiols und fünf weitere Gemeinden), (lat.: interiorem) Graben ‘ der innere Graben ’ (1427, Visp), der Leid Grabe ‘ der hässliche Graben ’ (Geschinen, Ritzingen), der Leid Grabo ‘ der hässliche Graben ’ (Mund), der Leng Grabo ‘ der lange Graben (hier Holzschleif) ’ (Eisten), ts Nass Gräbji ‘ der nasse, kleine Graben ’ (Hohtenn), der Ober Grabu ‘ der obere Graben ’ (Salgesch), di Beeschu Gräbu ‘ die bösen Gräben ’ (Glis), di Beeschun Gräbem ‘ die bösen Gräben ’ (Blatten), di Beeschu Gräbu ‘ die bösen Gräben ’ (Glis), di Beeschun Gräbem ‘ die bösen Gräben ’ (Blatten), im Bösen Graben ‘ im bösen Graben ’ (1740 u. später, Ausserberg), vnder dem Bösen Graben ‘ unter dem bösen Graben ’ (1646, Geschinen), der Blaaw Grabo ‘ der blaue Graben ’ (Baltschieder), der Breit Grabem ‘ der breite Graben ’ (Blatten), ts (e)Rot Gräbji ‘ der kleine rote Graben ’ (Simplon), der (e)Rot Grabu ‘ der rote Graben ’ (Gampel) und weitere vier Namen mit Rot, der Schrijund Grabu ‘ der Graben, durch den das Wasser herunterströmt ’ (Zwischbergen), der Schwarz Grabe ‘ der schwarze Graben ’ (Greich) und weitere sechzehn Belege mit Schwarz, dr Steinig Grabem ‘ der Graben mit Steinen ’ (Ferden, Kippel), in Steinigen Gräbu ‘ in den Gräben mit Steinen ’ (FLNK, Ferden), Stiichund Grabu ‘ der stinkende Graben ’ (FLNK, Oberems), der Teiff Grabo ‘ der tiefe Graben ’ (Raron) und vierzehn weitere Belege mit Teiff, der Toib Grabu ‘ der ertragsarme Graben ’ (Leukerbad), Troolund Grabo ‘ der Graben, wo man hinunterrollen (stürzen) kann ’ (FLNK, Ausserberg; FLNK, Baltschieder), der Tschäb Grabem ‘ der schiefe Graben ’ (Ferden), der Under Grabu ‘ der untere Graben (Wasserleitung von der Raspille nach Osten) ’ (Salgesch), der Verloru Grabo ‘ der verlorene Graben ’ (Naters), der Wälsch Grabo ‘ der welsche Graben ’ (Raron), der Wiiss Grabo ‘ der weisse Graben ’ (Mund) und sieben weitere Belege mit Wiiss ‘ weiss ’ , Zweit Grabu ‘ der zweite Graben ’ (FLNK, Birgisch). Einige historisch belegte Adjektive sind hier nicht aufgeführt. Komplexere Konstruktionen sind etwa Aeusser Holzgraben ‘ der äussere Holzgraben (Graben zum Weiler Holz hinunter) ’ (SK, Glis), der Altt Galdin Grabo ‘ der alte Graben des Gaaldi (warmes Wasser) ’ (1556, Steg), der Fooder Bächigrabo ‘ der vordere Teil des Bächigrabens ’ (Steg), der Fooder Mitteleggigrabu ‘ der vordere Teil des Grabens bei der mittleren Ecke ’ (Hohtenn) und weitere fünf Belege mit Fooder, sowie sechs mit Voder, den Gmeinen Leeschgraben ‘ den Abwassergraben, der der Gemein- 341 342 Grabu <?page no="176"?> de gehört (Akkusativ konstruktionsbedingt) ’ (1573, Eyholz), der Gross Brenndugrabu ‘ der grosse Graben bei Brend ’ (Zwischbergen), der Hinner Brugrabe ‘ der Graben beim hintern Bru (Quelle / Brunnen (Kollektiv)) ’ (Oberwald) und drei weitere Belege mit Hinner, der Hinnerscht Fallgrabe ‘ der hinterste Graben mit einem Fall (senkrechtes Felsstück) ’ (Obergesteln), Hoosandtgraben ‘ der Graben beim hohen Sandgebiet ’ (1593, Niedergesteln) und vier weitere mit Hoo ‘ hoch ’ , der Inder Steinig Grabem ‘ der innere Teil des steinigen Grabens ’ (Ferden, Kippel), Inner Blattgrabo ‘ der Graben unterhalb des inneren (taleinwärts liegenden) Blatt (Felsplatten, Kollektiv) ’ (Mund) und weitere zehn Belege mit Inner, Längleessärgrabu ‘ der Graben (Kanal) bei den durch das Los zugeteilten langen Grundstücken in der Rottenebene ’ (FLNK, Turtmann), der Mittlescht Fallgrabe ‘ der mittlere Graben mit einem Fall (senkrechtes Felsstück) ’ (Obergesteln), der Nassleerchgrabo ‘ der nasse Graben im Lärchengehölz ’ (Visperterminen), der Ober Teiff Grabu ‘ der obere tiefe Graben ’ (Saas- Almagell), der Beeschtrittgrabo ‘ der Graben beim bösen Tritt ’ (Visperterminen), der Breit Wanggrabu ‘ der Graben oberhalb des breiten Wangs (Grasabhang) ’ (Zwischbergen), der Breitlöübgrabo ‘ der Graben beim breiten Laub ’ (Mund), Rot Löiwigrabu ‘ der rote Lawinengraben ’ (FLNK, Steg), der Dirreggrabu ‘ der Graben bei der Dirregga (dürre Ecke) ’ (Zwischbergen), der Uister Steinig Grabem ‘ der äussere Teil des steinigen Grabens ’ (Ferden, Kippel), der Unner Schlüöchgrabu ‘ der untere Teil des Grabens bei der Geländeeinbuchtung ’ (Saas-Almagell) und drei weitere mit Unner, der Üsser Chällgrabo ‘ der äussere Graben in der Kehle (Geländeeinschnitt) ’ (Mund) und weitere fünf Namen mit Üsser; einige weitere historische Namen wurden nicht aufgeführt. Mit besonderen Präposition sind belegt Ennent dem Graben ‘ jenseits des Grabens ’ (1688, Visperterminen) und Zwischund den Gräbu ‘ zwischen den Gräben ’ (Hohtenn). Vorangestellte Genitive benennen entweder Besitzer/ Nutzer oder den Ort, wo sich der Graben befindet. Nicht eingeschlossen sind hier getrennt geschriebene Komposita mit Fugen-s. ts Haslisch Grabu ‘ der Graben des Hasli (wohl FaN Imhasly) ’ (Saas-Balen), ts Horenmaasch Grabem ‘ der Graben der Familie Horenmann ’ (Kippel, aber eher ts Horenmaarchsch Grabem ‘ der Graben bei der Grenze zwischen altem und heutigem Stafel der Hockenalp beim Horn ’ ), ts Häärzisch Grabu ‘ der Graben im kleinen Gebiet mit Herzform ’ (Saas-Balen), Iischigsch Grabe ‘ der Graben beim Gebiet Iischig (wo es Eis hat) ’ (Grengiols), Coffengraben ‘ der Graben des Coffen (PN / FaN) ’ (1383, Glis), ts Lengi Wangsch Grabem ‘ der Graben beim langen Grasabhang ’ (Blatten), Maartischgrabem ‘ der Graben des Martin / der Familie Marti ’ (Ferden), Märitz Graben ‘ der Graben des Moritz ’ (1549, Ernen), jn Michels Graben ‘ im Graben des Michael ’ (1628, Gampel), ts Moritsch Grabe ‘ der Graben des Moritz ’ (Binn), dr Mätzungrabem ‘ der Graben der Mätza (unklar) ’ (Blatten), des Ofenmannsgraben ‘ der Graben des Ofenmannes (Gebiet, wo der Ofensetzer Ofensteine holte) ’ (1774, Naters), Peters Graben ‘ der Graben des Peter ’ (1866, Baltschieder), ts Bleetzersch Grabem ‘ der Graben der Familie Blötzer ’ (Ferden), ts Briggersch Grabo ‘ der Graben der Familie Brigger ’ (Eisten), ts (e)Räggisch Grabu ‘ der Graben des Tannenspechts oder Arvenhähers ’ (Eisten), tsch Schwalbungräbji ‘ der kleine Graben mit (Berg-)Schwalben ’ (Hohtenn, Steg), der Tschäppischgrabu ‘ der Graben des Tschäppi ’ (Gampel), der Wingerschgrabun ‘ der Graben beim Winger (unklar) ’ (Eisten), der Äntschgrabo ‘ der Graben beim Äntsch (Alpe des Enzo? ) ’ (Glis, Visperterminen), Vsseren Gwechten Graben ‘ der äussere Graben bei der Wächte (Schneeverwehung) ’ (1497, Obergesteln). Belege auf - ER , die alten Genitiven entsprechen, sind Gommergraben ‘ der Graben der Leute vom Goms / der Familie Gommer ’ (1856, Martisberg), am Grosen Briger Graben ‘ am grossen Graben der Leute von Brig ’ (1860), Jtalienergraben ‘ der Italienergraben (der Graben, der von Italienern gebaut wurde? ) ’ (1857, Glis). Einige andere Namen auf / - ER / sind anders zu deuten. Als Grundwort erscheint das HL sehr häufig in zweigliedrigen Komposita, wobei das Bestimmungswort bei vertikalen Gräben meistens einen FlN angibt, der das Gebiet am Anfang oder Ende des Grabens oder dazwischen benennt. Bei horizontalen Gräben (Wasserleitungen, Kanäle) gibt es auch Ortsnamen oder Eigenschaften der Gräben. Von den vielen Belegen dieser Typen werden hier nur wenige lebende aufgeführt: der Amjugrabo ‘ der Graben zur Ambja hinunter ’ (Termen; FLNK Amjigrabo), der Amosigrabu ‘ der Graben zum Amosi hinunter ’ (Ergisch, FLNK Amoosigrabu), der Aargrabu ‘ der Graben, der von der Ara (zu pflügendes Land) herunterführt ’ (Visp), der Eggergrabe ‘ der Graben zwischen den Ecken ’ (Oberwald), Eijegräbji ‘ der kleine Graben oberhalb der Eie (Auer) ’ (FLNK, Niederwald), der Feergrabu ‘ der Graben beim Feerberg ’ (Zwischbergen), Flintschgräbji ‘ der kleine Graben beim Flintsch (Abhang) ’ (FLNK, Binn), der Folligrabo ‘ der Graben bei den Follini (kleine trichterförmige Gebiete) ’ (Mund). Sicher der spektakulärste ist der Illgrabu ‘ der Ill-Graben (Graben des Ill-Baches vom Illi herunter) ’ (Leuk). Dazu kommen sehr viele andere Namen. Der Graben als Grenze erscheint im Typ Marchgrabe ‘ Grenzgraben ’ : der Marchgrabe ‘ der Graben, der die Grenze zwischen Binn und Ausserbinn bildet ’ (Binn) und rund zwanzig weiter Namen dieses Typs zeigen, dass Gräben sich als Grenzen eigneten. Grabu 343 344 <?page no="177"?> Die Beschaffenheit von Gräben (ausser den schon erwähnten Farbnamen) findet sich in der Chalchgrabu ‘ der Graben mit kalkhaltigem Gestein ’ (Simplon). In einer Reihe von Namen erscheinen Gemeinde- und Weilernamen als Bestimmungsworte: ts Albinergräbji ‘ der kleine Graben des Albiners (Einwohner von Albinen) ’ (Steg; laut Beschreibung sei hier ein Albiner verunglückt), Emsgraben ‘ der Emsgraben (Graben des Emsbaches) ’ (LT, Agarn), Finnengraben ‘ der Graben von Finnen (Weiler von Eggerberg) herunter ’ (Mund), der Gifrischgrabe ‘ der Graben nach Gifrisch (Ziegenstall) hinunter ’ (Bister, Filet), der Holzgrabu ‘ der Graben beim Holz (Wald) ’ (Glis, hier wohl zum Weiler Holz; sonst auch einfach Wald), Kapällugrabe ‘ der Graben beim Gebiet Zer Kapällu ’ (Embd) und andere mehr. Komposita mit Tiernamen sind nicht leicht deutbar: dr Fuggsgrabu ‘ der Fuchsgraben (der Graben, wo es Füchse hat) ’ (Hohtenn, Naters, Niedergesteln), Kalbergraben ‘ der Graben im Gebiet, wo die Kälber weiden ’ (1539, Ergisch), Krottengraben ‘ der Graben mit Kröten ’ (1850 u. später, Glis) und vor allem Wolfgrabu ‘ der Wolfgraben ’ (FLNK, Oberems) und Wolfgräbji ‘ der kleine Graben, wo es Wölfe hatte ’ (FLNK, Termen). Ob in der Munigrabu ‘ der Muni- Graben (der Graben, der einem Stier gleicht) ’ (Leukerbad) tatsächlich ein Stier gemeint ist, bleibt unsicher. Einige Komposita weisen Pflanzennamen als Bestimmungswörter auf: t Erlgräbem ‘ die Gräben mit Erlen ’ (Blatten), der Haselgrabo ‘ der Graben, der zur Haselmatta (Wiese bei den Haselstauden) führt ’ (Glis), der Hasilgrabu ‘ der Gaben beim Hasil (Gebiet, wo es Haselstauden hat) ’ (Hohtenn, Niedergesteln), Hasolgrabo ‘ der Graben beim Gebiet, wo es Haselstauden hat ’ (FLNK, Staldenried) und weitere, der Leertschigrabo ‘ der Graben beim Lärchenwald ’ (Visperterminen), Massoltergrabu ‘ der Graben beim Ahorngehölz ’ (FLNK u. LT, Gampel), Masholter Grabu ‘ der Graben beim Ahorngehölk ’ (1654 u. später, Mörel), Nussböumgrabo ‘ der Graben beim Nussbau ’ (FLNK, Grächen), Wohl metaphorisch, also übertragend gebraucht, sind der Eschelgrabo ‘ der Graben beim Gebiet Esel (Gelände, das wie ein Esel aussieht) ’ (Glis, Mund, Staldenried), den Fischgraben ‘ der Graben mit Fischen / von der Form eines Fisches ’ (1824, Obergesteln; Akkusativ konstruktionsbedingt), der Chammergrabu ‘ der Graben, der wie eine Kammer aussieht ’ (Visp) und andere mehr. Vermutlich eine metaphorische Bedeutung, verbunden mit einer inhaltlichen Bedeutung ist in der Tintegrabu ‘ der tintenschwarze Graben ’ (Geschinen) enthalten, ein Name, der schon 1753 als im Dintengraben ‘ im tintenschwarzen Graben ’ (Münster) überliefert ist. Funktionsbestimmungen drückt das Bestimmungswort vor allem im Typ Leeschgrabe ‘ Entleerungsgraben ’ aus, der als der Leeschgrabu (Hohtenn, Saas-Grund), Leschgrabu (FLNK, Niedergesteln), (lat.: communem ‘ gemeinsam, der Gemeinde gehörend ’ ) Leschgraben (1714, Lalden), den Leschgraben (1690, Stalden; Akkusativ konstruktionsbedingt), Löschgraben (1609 u. später, Baltschieder; 16? ? , Eggerberg; 1860, Eyholz; 1749, Visp), Lösgraben (1727, Turtmann; 1751 Löschgraben) belegt ist. Dazu kommen komplexere Konstruktionen wie Sage=Löschgraben ‘ der Entleerungsgraben bei der Sägerei ’ (1827, Visp), Auslösch=graben ‘ der Abwassergraben ’ (1733, Turtmann), den Gmeinen Leeschgraben (1573, Visp; Akkusativ konstruktionsbedingt). Inhaltlich hierzu gehört auch am Abzu ᵕ gs Graben ‘ am Graben, mit dem das Wasser abgezogen wird (wohl Entwässerungsgraben) ’ (1872, Eyholz). Einen Sonderfall stellen Komposita dar, deren Erstglied einen PN oder FaN enthalten: Albrechtgigrabe ‘ der Graben der Familie Albrecht ’ (FLNK, Oberwald), ts Antograbu ‘ der Graben des Anton ’ (Visperterminen; FLNK Zantograbo), der Florigrabu ‘ der Flori-Graben (FaN Florey? ) ’ (Inden), an den Geronggillgraben ‘ der Graben der Familie Gerung (unklar) ’ (1744, Simplon; Präposition mit Akkusativ konstruktionsbedingt), den Ku ᵕ nndtschi Grabu ᵕ n ‘ der Graben beim kleinen Gut des Kunz (PN) ’ (1634, Stalden, Akkusativ konstruktionsbedingt), Stückigrabo ‘ der Graben der Familie Stucky / beim abgeteilten Stück Land ’ (FLNK, Ried-Brig; LT Stückigrabe). Ein Missverständnis scheint bei Metallgraben (SK, Hohtenn) vorzuliegen, wo es nicht um Metall geht, sondern um einen Graben, der nach Mittal hinunter führt, wie FLNK Mittalgrabe (Hohtenn) nahelegt. Daneben gibt es eine Reihe weiterer Flurnamen, die hier aus Platzgründen nicht behandelt werden können. Komplexere Namen sind verbreitet, so der Finnubachgrabo ‘ der Wassergraben, durch den der Finnenbach fliesst (auf Karte Eschilgrabu) ’ (Mund), der Fooder Bächibachgrabu ‘ der vordere Teil des Bächigraben ’ (Steg), der Fooder Niggelinnggrabu ‘ der vordere Graben auf der Alpe Niggeling (Familie Nicolin / Niggeli), der Fooder Sänntumgrabe ‘ der vordere Graben vom Senntum herunter ’ (Ergisch), der Nussböumgrabo ‘ der Graben beim Nussbaum ’ (FLNK, Grächen), und viele andere. Als Bestimmungswort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita mit Acher, Bord, Gassa, Graat, Gufer, Hooru, Land, Lischa, Loch, Matta, Roor, Schiir, Schluocht, Sunna, Stüde, Wang, Wald, Wäg und Wasser vor. Der komplexeste Beleg ist wohl der Graadschliechtgigrabu ‘ der Graben bei der kleinen Geländeeinbuchtung vom Grat herunter ’ (Zwischbergen; FLNK Gratschliechtgigrabu), laut Karte ein Graben, der vom Graatschliechtgi hinunter zum Grossen Wasser führt. 345 346 Grabu <?page no="178"?> Grächen Grächen orientiert sich an der amtlichen Schreibung des Gemeindenamens Grächen, das dial. Greechu ‘ Grächen ’ (Bezirk Visp) heisst. Ein zweiter Gemeindename zum gleichen HL ist Gräich, amtl. Greich (Bezirk Östlich- Raron). Beide sind zu galloromanisch * GRAN Ĭ CA ‘ Scheune, Kornspeicher ’ , spätlat. auch ‘ Meierei, Bauernhof ’ , daraus das ahd. Lehnappellativ *grencha ‘ Scheune ’ (cf. REW 3845; FEW 4, 225 f.; BENB 1, 2, 102 f.; SONB 1, 319 f.; K RISTOL ET AL . 2005, 402) zu stellen. Ein romanisches Lehnappellativ (G LATTHARD 1977, 288 ff.) ist nicht direkt im Oberwallis aus dem Romanischen entlehnt, sondern in den alemannischen Dialekten vor der Einwanderung ins Oberwallis übernommen. Der ursprüngliche Vokal wurde teilweise vor Nasal zu / e/ gehoben, woraus sich die Formen vom Typ Grecherklären. Die Wirkung des sog. Staubschen Gesetzes (Vokaldehnung oder Diphthongierung an Stelle des / n/ , auch vor velarem Reibelaut) erklärt Belege wie Gräich (Greich) oder ts Gräächi ‘ die kleine Kornscheuer ’ (Ried-Brig); bei diesem Beleg wurde der Name der Scheuer auf das Gebiet übertragen; eine Scheuer existiert nicht. Die ältesten Belege sind 1279 Greneche (Greich), 1300 Grenkunboden (Bürchen), 1301 apud Grenekun (Grächen), 1301 de Grenekun (Grächen), 1303 apud Grenekin (Grächen). Sichere Belege ohne / -n-/ sind 1426 de Grechon (Grächen), 1463 Grech (Greich), daneben sind aber die Formen mit / -n-/ durchaus erhalten. Unklar ist der Beleg von 1210 Willermi de Grachan. Das Dokument stammt aus Turtmann, ist ein Original und die Lesung ist Grachan (Dank an C HANTAL A MMANN und P H . K ALBERMATTER ). Eine Form ohne inlautendes -nfür *G RAN Ĭ CA ist um 1210 nicht möglich. Daraus folgt, dass es sich nicht um eine frühe Form von Grächen handelt; eine genaue Deutung ist jedoch nicht möglich. Ein Diphthong ist erstmals 1583 als Zengreichen (Reckingen) belegt, 1624 als Greich (Greich), 1585 Gra ᵉ inch (Greich), 1626 Greicher Achren (Mörel) und später. Die Entwicklung scheint also von Grenekun über Grenchun zu Grechun und später zu Greich und ähnliche Formen gelaufen zu sein. Das HL kommt in rund neunzig Namen vor. In Einzelfällen kann auch das Substantiv Grëch ‘ Alphütte mit Stall und Stube ’ (I D . 2, 701) oder eine Form von grëch ‘ fertig ’ (I D . 2, 699) vorliegen. Das Simplex im Singular ist im Gemeindenamen Gräich ‘ Greich ’ belegt; ein erweiterter Singular ist t Gräiche ‘ der Kornspeicher ’ (Selkingen). Unklar ist Grencha (Ernen), wo der Kontext fehlt. Im Dativ steht zer Greechu ‘ beim Kornspeicher ’ (Grächen, bei Niedergrächen). Vermutlich ein Plural ist im Gemeindenamen Grechu ‘ Grächen ’ (Grächen), in ze Gräiche ‘ bei den Kornspeichern ’ (Lax), t Gräiche ‘ die Kornspeicher ’ (Reckingen) und di Greechnä ‘ die Kornspeicher ’ (Gampel; 1723 zun Grenchen, 1736 zen Grechnen) belegt. Auch zen Greüchen ‘ bei den Kornspeichern ’ (1789, Binn; 1835 in den Greichen) gehört hieher. Diminutive des Simplex im Singular sind im Graichelte ‘ beim kleinen Kornspeicher ’ (1816, Ernen), ts Gräichji ‘ der kleine Kornspeicher ’ (Bister), ts Gräichuti ‘ der kleine Kornspeicher ’ (Steinhaus; mit / l/ -Vokalisierung), ts Greechi ‘ der kleine Kornspeicher ’ (Eisten), ts Greechilti ‘ der kleine Kornspeicher ’ (Hohtenn), jm Grenchelti ‘ im kleinen Kornspeicher ’ (1616, Münster), zem Grenchiltin ‘ beim kleinen Kornspeicher ’ (1477, Bürchen) und einige weitere. Plurale fehlen. Mit attributiven Adjektiven finden sich: zer Mitlen Grenchen ‘ beim mittleren Kornspeicher ’ (1521, Täsch), zer Mittlen Grächen ‘ beim mittleren Kornspeicher ’ (16? ? , Randa), zer Neuwen Grenchen ‘ zum neuen Kornspeicher ’ (1616, Mund), zun Neüwen Greüchen ‘ bei den neuen Kornspeichern ’ (1778, Binn), ts Niwwe Gräiche ‘ bei den neuen Kornspeichern ’ (Grengiols), ze Niwwu Greechu ‘ bei den neuen Kornspeichern ’ (Bürchen), zu ᵕ der Niwen Grechen ‘ beim neuen Kornspeicher ’ (1634 u. später, Raron) und zun Obren Grenchun ‘ bei den oberen Kornspeichern ’ (1536 u. später, Gampel). Vorangestellte Genitive sind selten: bÿ Abign Grenchenn ‘ beim Kornspeicher der Familie Abig ’ (1570, Greich, auch andere Lesarten für Abign möglich), bi Aspero Grenchi ‘ beim kleinen Kornspeicher der Familie Asper ’ (1521, Täsch), zu ᵉ Eggeren Grechun ‘ beim Kornspeicher der Leute von Eggen (Weiler von Eggerberg) ’ (Mund), z Heimen Grenchen ‘ der Kornspeicher des Heimen (PN) ’ (1521, Täsch), ts Mutzungreechu ‘ beim Kornspeicher des Mutz / beim kleinen Kornspeicher ’ (Törbel; Mutz ist unklar). Als Grundwort in zweigliedrigen Komposita ist das HL wie folgt belegt: Füülegrächu ‘ der faule Kornspeicher (historisch belegt, aber unklar) ’ (Mund), zem Lerchgrenchiltin ‘ beim kleinen Kornspeicher beim Lerch (Lärchenwald) ’ (1544, Unterbäch), Niedergrächen ‘ Niedergrächen ’ (Grächen), Dschaaff=Grencha ‘ der Kornspeicher für die Schafe (im Kontext ist von Pferch die Rede: der Schafpferch) ’ (1582, Mund), ze Schwiingreechu ‘ bei den Kornspeicher bei den Schweinen / den geringen Kornspeichern ’ (Staldenried; Schwiin ist doppeldeutig), der Schwÿngrechen ‘ der Kornspeicher bei den Schweinen / der geringe Kornspeicher ’ (1581, Visp), tsch Steingräächu ‘ beim Kornspeicher / Wohnhaus aus Stein ’ (Birgisch), in der Steingrechen ‘ im Kornspeicher aus Stein ’ (1544 u. später, Eggerberg), zer Steingrenchen ‘ im Kornspeicher aus Stein ’ (1703, Raron), bÿ der Stein Grechun ‘ beim Kornspeicher aus Stein ’ (1557 u. später, Visp), in der Steingrechen ‘ der Kornspeicher aus Stein / das Wohnhaus Grächen 347 348 <?page no="179"?> aus Stein ’ (1675 u. später, Turtmann), zer Steingreechu ‘ beim Kornspeicher aus Stein ’ (Gampel), Steÿngräncha ‘ der Kornspeicher aus Stein ’ (1583, Mund). Zweimal belegt ist die Studgrenchen ‘ der Kornspeicher mit einem Pfosten ’ (1515, Grächen; 1525, Stalden), wo vermutlich Stud ‘ Pfosten ’ und nicht Stüda ‘ Staude ’ gemeint ist (cf. HL S TUTT ). Die Komposita legen nahe, dass mit dem HL manchmal auch Pferche gemeint sein können. Die normalen Scheuern waren aus Holz (cf. HL S CHIIR ), deswegen wurde der Steinbau gesondert betont. Komplexer ist Brunmatgrenchon ‘ die Scheuer bei der Brunnmatte (Wiese mit Quelle / Brunnen) ’ (1388, Täsch). Als Bestimmungswort tritt das HL zusammen mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita auf: Acher, Biel, Bodu, Egg(a), Grabu, Loch, Matta, Schiir, Tschugge und Wald. Komplexer sind der Grechbielspitz ‘ das spitze Waldstück beim Gräächbiel (Hügel, der zu Grächen gehört) ’ (St. Niklaus), Grecheggenschleiff ‘ der Schleif bei der Greechegga (Ecke bei der Grecha (Kornspeicher)) ’ (1729, Ausserberg), di Grechmattutolu ‘ die Mulde bei der Wiese mit dem Kornspeicher ’ (Guttet), der Obere Grechboden ‘ der obere Boden mit dem Kornspeicher ’ (Mund), der Ober und der Unner Greechtschuggu ‘ der obere und der unter Fels beim Kornspeicher ’ (Bratsch). Eine Reihe von Namen enthalten die Ableitung Gräicher zum Dorfnamen Gräich, ursprünglich ein Genitiv Plural, heute meist als Adjektiv verstanden: Greichero Almein ‘ die Allmein (gemeinsames Gebiet) (1677) der Leute von Greich ’ , Greicheralp ‘ die Alpe der Leute von Greich ’ , Gräicher Alpmatte ‘ die Wiesen auf der Greicher Alp ’ , ob dem Greicher Kirchweg ‘ oberhalb des Kirchweges der Leute von Greich ’ (1863), an den Greincher Matten ‘ an den Wiesen der Leute von Greich ’ (1634), vnder Grenckero Stafell ‘ unter dem Stafel der Leute von Greich ’ (1679), t Gräicherstüde ‘ die Stauden bei Greich ’ , Greichertal ‘ das Tal bei Greich ’ , Greicherachra ‘ die Äcker, die zu Greich gehören ’ , Greicherwald ‘ der zu Greich gehörende Wald ’ (alle Greich). Weitere solche Konstruktionen: Grecher Weg ‘ der Weg nach Grächen ’ (1646, Grächen), únter dem Grecher Weeg ‘ unter dem Weg nach Grächen ’ (1802, Embd), in den Greicher Achren ‘ in den zu Greich gehörenden / Richtung Greich liegenden Äckern ’ (1626, Mörel), Greicherwäg ‘ der Weg von / nach Greich ’ (Mörel), in den Grencher Achren ‘ in den Äckern, die zu Greich gehören / Richtung Greich liegen ’ (1590, Ried- Mörel). Einen gemischtsprachigen Beleg hat (lat.: in inferiori aqueductu) Grencharro ‘ in der unteren Wasserleitung der Leute von Grächen ’ (1388, Grächen). In den Belegen sind Grächen und Greich nicht immer klar zu trennen. Graden Graden ist nur 1576 in Bürchen als an die Graden Dorna belegt. Es handelt sich wohl um einen Verschreiber zu Grawen ‘ grauen ’ , das in Bürchen (FLNK u. LT Grawi Dorne) und auch historisch 1737 als zen Grawen Dornen, 1745 als in den Grawen Dornen und 1885 in den Craven Dornen belegt ist. SK zeigt, dass die Flur früher unbebaut war; heute stehen dort vereinzelt Gebäude. Graf (FaN) Graf (FaN) kann sowohl zu schwdt. Graf m. ‘ Graf, vornehmer, reicher Herr ’ (I D . 2, 707; BENB 2, 94 f.), wie zum FaN Graf oder Graven (AWWB 115) gestellt werden. Schwdt. Gr ā ve f. ‘ Bergabhang, wo Rutschungen von Erde und Steinen stattfinden ’ (< vorröm. *grava ‘ Kies ’ ) (I D . 2, 708; Z INSLI 1945, 321; FEW 4, 254 ff.; BENB 2, 94; URNB 2, 38 f.; RN 2, 165) ist im I D . und bei Z INSLI nur für Graubünden belegt; G RICHTING (1998, 97) kennt nur das aus dem Frz. entlehnte Grawjer ‘ Kies ’ , sodass dieses Wort ausser Betracht fällt. Das HL kommt in rund einem Dutzend Belegen entweder als vorangestellter Genitiv oder als Bestimmungswort vor. Graffigo in Graffigo vnd Helnero Restin ‘ die Resti (Rastplatz) der Leute des Graf / der Familie Graf und der Familie Heldner ’ (1625, Lalden) ist kein Simplex, sondern durch den Text als Genitiv Plural einer kollektiven / - IG / -Ableitung zu Graf erwiesen. Einen sicheren Genitiv zeigt Jans Graphún Eÿa ‘ die Aue des Jan Graven ’ (1545, Visperterminen). Schwierig zu deuten ist der Name Gravenanne ‘ des Grafen Anne ’ (Grengiols), der Anlass zu einer Sage über eine Gräfin Anna (G UNTERN 1963, 91) gegeben hat. Klar ist der Genitiv auch in ts Grawisch Bodu ‘ der Boden der Familie Graven / des Grauen ’ (Betten), wo die Endung / -isch/ eher auf einen FaN deutet. Ob es sich in den folgenden Fällen um ein Kompositum mit Grafen als Bestimmungswort oder als vorangestellten Genitiv handelt, bleibt unsicher: in Graffenachern ‘ in den Äckern der Familie Graven ’ (1619, Agarn), Grafenbiel ‘ der Hügel des Grafen ’ (1634, Ausserberg; 1753 Naters), jn Graffenboden ‘ im Boden der Familie Graven ’ (1702, Unterems), auf Graffen Boden ‘ auf dem Boden der Familie Graven ’ (1744, Oberems; 1761 z Graffsboden), die Graffuheehi ‘ die Anhöhe des Grafen (wohl FaN) ’ (Leuk), der Grafuwald ‘ der Wald der Familie Graven ’ (Glis), im Grafen Zel ‘ in der Zelge des Grafen ’ (1835, Leuk), dazu auch di Graffitselch ‘ die Zelg der Familie Graven ’ (Agarn, mit hist. Belegen in Graffen Zelg). In Visp hat FLNK Gräfibiel ‘ der Hügel der Gräfin ’ , der historisch zwischen Cristam contisse (1471), und der Grawÿun Buel (1576) schwankt, was einen Adelstitel nahelegt. Unklar ist Gräfboden (Saas-Balen, nach LT und FLNK), das auch als Unter und Ober Grefbodu 349 350 Graf (FaN) <?page no="180"?> (Saas-Balen) belegt ist. Gräf / Gref mit Umlaut bleibt unklar. Der FaN ist normalerweise Graven (AWWB 115) geschrieben, doch kommen auch Belege mit Graffo, Grafen usw. vor. Graff Graff f., auch Graft (FLNK), ist als Simplex di Graff (Täsch) belegt, mit der Erklärung <weri>, also Abwehrbaute, Sperre für die Rinder, hier wohl eine gegrabene Sperre. Es handelt sich um eine feminine / T / -Ableitung (Verbalabstraktum nach S ONDEREGGER (1958, 556) zum Verb graben, vgl. auch G R W B 8, 1732 f. s. v. Graft: „ das wort graft bezeichnet sowohl das ergebnis als auch den vorgang der grabarbeit “ ) (cf. HL G RAFFT ). Grafft Grafft f. ist einmal belegt in t Murmundugrafft ‘ der Ort, wo man nach Murmeltieren gräbt (oder grub) ’ (Eisten). Es handelt sich um eine feminine / T / -Ableitung (Verbalabstraktum nach S ONDEREGGER (1958, 556), vgl. auch G R W B 8, 1732 f. s. v. Graft: „ das wort graft bezeichnet sowohl das ergebnis als auch den vorgang der grabarbeit “ ). Eine andere Ableitung führt im Lötschental zu Grappa (cf. HL G RAPPA ); (cf. auch HL G RAFF ). Grafschaft Grafschaft f. ist ein Gemeindename, der die früheren Gemeinden Biel, Ritzingen und Selkingen umfasste, die sich inzwischen mit Münster und anderen Orten zur Gemeinde Goms zusammengeschlossen haben (http: / / www.hls-dhs-dss.ch/ de/ articles/ 050195/ 2017-01-16[IW]). Grafschaft ist die traditionelle Bezeichnung einer Landschaft, die vom Walibach bei Selkingen bis zum Reckingerbach reichte und deren Zentrum Biel war. Das Gebiet war 1237 durch Schenkung des Boso de Granges, Bischof von Sitten und letzter Spross der alten Grafenfamilie de Granges (auch von Gradetsch genannt) in bischöflichen Besitz gekommen und besass bis 1799 eine eigenständige Blutgerichtsbarkeit (K RISTOL ET AL ., 2005, 403). Zum Suffix / - SCHAFT / vgl. F LEISCHER / B ARZ ( 4 2012 , 221 ff.). Der älteste uns vorliegende Beleg von 1344 spricht von Comitatus, den Bischof Guichard gekauft hat. Woher Comitatus und Grafschaft stammen, ist unklar (zur Diskussion vgl. N OTI 1975 und HL G OMS zur Deutung). Dialektal zeichnet sich dieses Gebiet mit dem unteren Goms durch eine / l/ - Vokalisierung zu / -u/ aus (SDS 2, 147, 149 u. 150), die sonst im Oberwallis inexistent ist (vgl. auch R ÜBEL 1950, 13 f.). Gräischä Gräischä f. ist nur belegt in t Ängräischä und t Ängräischtschuggen ‘ die Felsen bei der Ängräischä ’ (beide Wiler). Auszugehen ist vom Adjektiv äng ‘ eng ’ und einem Nomen, das bei G RICHTING (1998, 96) als Gräischa, Greischa (Saastal), Gräwwscha (Schattenberge), Graischu ‘ Gesichtsausdruck (grinsender) ’ belegt ist. I D . (2, 782 ff.) verweist auf ein Stichwort Grans und nimmt für Flurnamen die Deutung ‘ schnabelförmig vorspringende Berghöhe ’ an. Zu vermuten ist aber eher die Ableitung Gränse n II ‘ Maul von Menschen und Vieh ’ (Id. 2, 784). Das Staubsche Gesetz würde zur Form Gräischa führen. Wenn diese Deutung stimmt, ist t Ängräischa ‘ die enge maulförmige Stelle ’ . Gram Gram f. ist belegt in die Gramere (Raron; M. S. notiert auch Grammere), das zu wdt. Gramme n , Grammä (Goms), Gramme und Gramma (Mattertal), Grammu m. ‘ Queckweizen; Gartenunkraut ’ (Id. 2, 732; Marzell 1, 145 ff. (bes. 151); G RICHTING 1998, 96) zu stellen ist; laut L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 1472) handelt es sich um E LYMUS REPENS ‘ Kriechende Quecke ’ , früher auch A GROPYRON RE- PENS genannt. Bei der / - ERE / -Ableitung (< / - ERRA / ) handelt es sich um ein Grundstück, wo es viele dieser Pflanzen hat (S ONDEREGGER 1958, 471 f.). Belegt ist nur di Gramere ‘ die Wiese mit viel Elymus repens ’ (Raron). Grammeling Grammeling ist in Albinen von FLNK und LT erwähnt. M ATHIEU (2006, 15) kennt es als Ggrammeling. Historisch ist der Name 1337 als ol cramelin und 1359 als ou cramelin belegt. Es handelt sich um einen frpr. maskulinen Namen; die nasale Endung erscheint im Deutschen als / - ING / . Gemeint ist wohl eine doppelte Diminutiv- Ableitung auf / - ELLU / und / - INU / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) zu gramon ‘ Quecke ’ (G PSR 8, 610 ss.; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1472 s. v. E LYMUS REPENS und weitere, bei M ARZELL 1, 145 ff. als A GRIOPYRUM REPENS ), also ‘ das kleine Gebiet mit Quecken ’ . Grämmpu Grämmpu ist nur belegt in ts Grämmputoli ‘ die kleine gekrümmt Mulde / die kleine Mulde mit Steingeröll ’ (Simplon). J ORDAN (2006, 168) kennt daneben auch Ggrämpunegg und Ggrämpuschpitz, die bei M. S. fehlen. Weder I D . noch G RICHTING kennen das HL in dieser Form. Die Form mit anlautendem [gr-] legt ein romanisch basiertes Nomen als Ausgangspunkt nahe. Ob die anfrk. Basis *kramp ‘ gekrümmt, Krampf ’ (FEW 16, 353 ff.) zu Grunde liegt, die im Hochdeutschen zu Krampe ‘ Türhaken, Klammer ’ (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 537) geführt hat, Graff 351 352 <?page no="181"?> ist unklar. Das bei G RICHTING (1998, 91) belegte Ggramper, Grampär ‘ Geleisearbeiter ’ ist vermutlich vom Gebrauch eines frz. crampon ‘ Krampe ’ motiviert; vgl. auch das Verb grampe n ‘ Kies unter die Schwellen, Schienen der Eisenbahn klopfen ’ (I D . 6, 936, s. v. rampen, Bed. 2). Im Kontext des Flurnamens ts Grämmputoli kann Grämmpu sowohl ‘ gekrümmtes Gebiet ’ wie ‘ Steingeröll ’ heissen. Da der Ausgangspunkt romanisch ist, wird das HL auf VSNB rot eingefärbt. Grampieu Grampieu ist die lokale Ausspracheform im Binntal mit / l/ -Vokalisierung für das italienische Crampiolo. Der Pizzo Crampiolo ist nach dem Weiler Crampiolo im Val Dévero benannt. Der Name ist zweimal belegt für ts Grampieuhore und der Grampieupass. Die italienische Form liesse sich auf Gran Piolo zurückführen (Grosser Holzblock zu piolo (D EVOTO / O LI 2020, 1610)). O LIVIERI ( 2 1961; 1965) kennt den Flurnamen nicht. Gran Gran ist ein mehrdeutiges Adjektiv oder Nomen. Zunächst ist es als Adjektiv wohl romanisch zu grand, grande ‘ gross ’ (M EYER 1914, 106; G PSR 8, 612 ss.) zu stellen; hierzu sind zu rechnen u gran clu ‘ im grossen eingefriedeten Gebiet ’ (1698, Salgesch, zu lat. in magno clauso), in Grantschang ‘ beim grossen Acker ’ (1676, Varen), eventuell en grano lambane ‘ bei grossen (Stück Land) des Lambaner (FaN) ’ (Varen), wobei hier grano auch etwas anderes, z. B. Scheuer, bedeuten kann. Die deutschen Belege mit Gran sind nicht sehr klar. Es scheint, dass lat. GRANUM ‘ Korn ’ (vgl. G RICHTING 1998, 96 s. v. Grani) gemeint ist. Da sind vor allem der Granacher ‘ der Acker mit Körnern ’ (1578, Binn; 1568, Ernen; Fiesch) und di Granachra ‘ die Kornäcker ’ (Ried-Brig) gemeint. Ebenfalls hieher gehört das Gran Acherli ‘ der kleine Acker mit Körnern ’ (1803, Ernen). Weiter sind im Obern (1758) und im Vndren Granacker (1712, Fiesch) belegt. Auch hieher sind wohl in der Gram Matten ‘ in der Wiese mit Unkraut / Körnern ’ (1679 (ca.), Termen) und die Granmatta ‘ Wiese mit dem Unkraut / mit Körnern ’ (1536 u. später, Ried-Brig) zu stellen; in beiden Fällen kann aber auch schwdt. Grammen ‘ Queckweizen, triticum rep. ’ (wobei L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1482 ff. diesen Weizen nicht kennen) oder wdt. Gramme, Grammä (Goms), Gramme / Gramma (Mattertal), Grammu ‘ Gartenunkraut ’ (I D . 2, 732; G RICHTING 1998, 96) gemeint sein. Da nur einige der Belege zum frz. grand, grande gehören, wird das HL im VSNB nicht rot gekennzeichnet. Granatu Granatu ist nur einmal in der Handgranatustand ‘ der Handgranaten-Stand ’ (Salgesch) belegt. Laut Beschreibung handelt es sich um einen Armee-Schiessplatz in der „ Unner Eiu “ (auf der linken Seite des Rotten). Auf der Karte sind keine Spuren davon zu erkennen, auch M A- THIER (2015) kennt den Flurnamen nicht. Grand (FaN) Grand (FaN) ist zum FaN Grand, Grandis, seit dem 13. Jh. bekannt, v. a. in Sitten, Hérens und Leuk (AWWB 113) zu stellen. Hierzu gehören: die Grantscheiä ‘ die Auen der Familie Grand ’ (Steg) und jhn der Grandigen Güedtlein ‘ beim kleinen Gut der Familie Grand / der Leute des Grand ’ (1664, Leuk) mit der kollektiven / - IG / -Ableitung im Genitiv Plural. Das Adjektiv grand ist zu lat. GRANDIS ‘ gross ’ (FEW 4, 219) zu stellen. Das Adjektiv ist auch als Eigenschaftswort in Namen vertreten (cf. HL G RANDE ). Der FaN Magnin (AWWB 158) ist zu lat. MAGNUS ‘ gross ’ (FEW 6, 1, 43 ff.) zu stellen und wird historisch auch für den FaN Grand verwendet. Wir führen deswegen die Belege auch hier auf und verweisen unter M AGNIN (F A N) auf den Artikel G RAND (F A N). Die Belege sind Cabulum Mangein (sic! ) ‘ der Schleif der Familie Magnin ’ (1721, Varen), ol clous eys magnyus ‘ im umzäunten Gut im Gebiet der Familie Magnin (Grand) ’ (1345, Ergisch), ey Fresur Magning ‘ im Fresur (unklar) des Magnin / der Familie Magnin ’ (1566, Leuk), jn Mangins Clau ᵕ ss ‘ im eingefriedeten Gebiet des Magnin / der Familie Magnin ’ (1638, Agarn), in Magnins=Claús / in Manings Claúss ‘ im eingefriedeten Gebiet des Magnin / der Familie Magnin ’ (beide 1709, Leuk). Wieweit hier statt Magnin auch Grand gemeint ist, bleibt unklar. Grande Grande ‘ gross ’ Adj. ist zum Adj. lat. GRANDIS , it. grande ‘ gross ’ und frz. grand ‘ gross ’ (RN 2, 8; REW 3842, FEW 4, 219 f.) zu stellen. Die italienische Form ist in Punta Valgrande ‘ die Spitze des Grosstales ’ (Zwischbergen) belegt; der Name wurde wohl von Italien aus gegeben. In Zwischbergen ist weiter zweimal belegt Cagranda ‘ das grosse Haus ’ , der Name von zwei Alpen (auf LT als Cagranda erfasst und zum HL G ASA gestellt). Zu it. grande ‘ gross ’ vgl. D EVOTO / O LI (2020, 983 f.) Eine französische Form des Adjektivs m. ist erfasst in Grand Gendarme ‘ grosser Gratturm ’ , das einmal in Saas- Fee (Nebengipfel des Dom), und zweimal in Zermatt (Nebengipfel des Ober Gabelhorn, Nebengipfel der Dent Blanche) belegt ist. In der Sprache des Alpinismus ist 353 354 Grande <?page no="182"?> ein Gendarm ein ‘ Gratturm ’ , eine ‘ Felsnadel ’ (cf. HL G ENDARME ). Grandulphoz Grandulphoz kommt nur 1538 in Agarn als ov Grandulphoz vor. Die Schreibung ist unklar, am ehesten könnte es sich um einen PN oder FaN Grandulfo handeln. Der FaN ist im Franzöischen als Grandolphe, im Italienischen als Grandolfo bekannt (www.geneaservice.com/ genealogielink2/ GR.htm[20.01.2022; IW]), im Wallis sind sie dagegen ohne Beleg. Bei F ÖRSTEMANN (1, 665) ist nur das / -n-/ -lose Gradulph m. Varianten belegt; Randulf ohne anlautendes / g-/ erscheint in F ÖRSTEMANN (1, 1247). Eine Deutung ist darum nur bedingt möglich. Grangen Grangen ist nur belegt in im Grangenstutz ‘ die steil ansteigende Stelle des Grang (? ) ’ (1791, Ernen). Es scheint sich am ehesten um einen PN oder FaN im Genitiv zu handeln. Zwar sind Grange, Granges und Granger (NWWB 1, 126) belegt; es handelt sich aber um FaNN aus dem frankophonen Wallis, die wohl als [gr- ʃ ] ausgesprochen würden. Ein Zusammenhang mit dem galloromanischen * GRAN Ĭ CA ‘ Scheune, Kornspeicher ’ ist kaum möglich, da der Beleg aus dem 18. Jahrhundert stammt und die Form Grächen normalerweise ein betontes / ä/ enthält. Auch ein Anschluss an den Stamm G RANGG ‘ unfruchtbarer, steiler Abhang ’ (I D . 2, 780, nur für die Lenk (BE) belegt) ist eher unwahrscheinlich, da Grangen keine Fortis enthält; der Name wäre weiter seltsam, bezeichnet doch schon Stutz einen steilen Abhang. Insgesamt ist die Deutung deswegen unsicher. Gränggil Gränggil ist nur als di Gränggilbedu ‘ die Böden mit verkümmerten Tannen ’ (Leukerbad) zu stellen. Das HL ist zu Granggel, Gränggel ‘ verkümmertes, geringfügiges, schwächliches, verwachsenes Ding, von Pflanzen, Menschen, Tieren ’ (I D . 2, 780) zu stellen. R. G RICHTING (1993) kennt es als Gränggilbädu (Blatt 19, Nr. 7; Blatt 20, Nr. 4) auf der Maijing-Alpe. Grangia Grangia f. ist ein spätlateinisches Wort, das zu * GRAN Ĭ CA ‘ Scheune, Kornspeicher ’ , spätlat. auch ‘ Meierei, Bauernhof ’ (cf. REW 3845; FEW 4, 225 f.; BENB 1, 2, 102 f.; SONB 1, 319 f.) zu stellen ist. Es kommt in prope Grangiam ‘ bei der Scheuer ’ (1733, Albinen) und Grangia Halterron ‘ (lat.: grangia) die Scheuer der Familie Halter / der Leute an der Halde ’ (12? ? , Naters) vor. Eine frz. oder frpr. Form ist les / eys granges ‘ bei den Scheuern ’ (1328 u. später, Agarn), granges / es granges / eys granges ‘ bei den Scheuern ’ (1267 u. später, Leuk), in grangys / eys granges / eÿ granges ‘ bei den Scheuern ’ (1560 u. später, Albinen). G PSR (8, 630 ss. s. v. grange) führt eine Reihe von Ortsamen dazu auf (636). Die davon abgeleiteten Formen sind gesondert unter dem HL G RÄ- CHEN erwähnt. Die diminutive Form Granschetta ‘ die kleine Scheuer ’ (G PSR 8, 642 s. v. grangette) ist belegt als di Grantscheta ‘ die kleine Scheuer ’ (Albinen; FLNK Granscheta), auch bei M ATHIEU (2006, 31 u. 33) als Granschäta und dort (14) als frz. grangette ‘ kleine Scheune ’ gedeutet, Grantschite ‘ die kleine Scheuer ’ (Leukerbad; FLNK Granschetä, LT Granscheten), auch bei R. G RICHTING (1993) als Grantschitä (u. a. Blatt 5, Nr. 29). Eine ältere Form zeigt ol clos de la grangeta ‘ beim eingefriedeten Gut bei der kleinen Scheuer ’ (1337, Agarn). Als Kompositum ist belegt Granschetugrabu ‘ der Graben durch die Grantschite ’ (FLNK, Leukerbad), ein Graben durch das Gebiet Grantschite oberhalb des Dorfes Leukerbad, auch bei R. G RICHTING (1993, Blatt 6, Nr. 24 und Blatt 10, Nr. 3, als Grantschätugrabu). Gräni Gräni ist belegt in di Gränibalma ‘ das dünne, magere Gebiet beim überhängenden Felsen (unklar) ’ (Zwischbergen, auch FLNK; LT Gränibalme). J ORDAN (2006, 201) kennt Gräänibalma, Undri und Obri Gräänibalma. Während das Grundwort Balma ‘ überhängender Fels ’ (cf. HL B ALMA ) bekannt ist, kann Gräni nur schwer zugewiesen werden, da schon die Sprache unklar ist. Weil nur der lebende Beleg aufgeführt wird, ist am ehesten I D . (6, 893 s. v. ram) anzunehmen, von dem im Oberwallis ran ‘ dünn, schlank, schmächtig, hager ’ belegt ist. Eine kollektive Nominalisierung Gräni wäre dann ‘ das dünne, magere Gebiet beim überhängenden Felsen ’ . O LIVIERI (1965, 139) verweist unter Grana auf Crana, wo steile Anhöhen gemeint wären. Vgl. hierzu auch créna (LSI 2, 79), das allgemein ‘ Einschnitt, Kluft ’ meint, was unwahrscheinlich ist. Der FaN Gräni ist nur für den Kanton Luzern (F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ 2, 695) belegt. Das HL bleibt deswegen ungedeutet. Gränntsch Gränntsch ‘ die schnabelförmige Berghöhe ’ ist dreimal belegt: der Gräntsch (Simplon), der Gräntsch (Steg), ts Gräntsch (St. Niklaus). Das neutrale Genus im Fall von St. Niklaus deutet auf eine Kollektivum hin. J ORDAN (2006, 95) kennt Ggräntsch für Simplon. I D . (2, 782 f. s. v. Grans) kennt die Bedeutung 6. ‘ schnabelförmig vorspringende Berghöhe ’ als Flurname. Die Lautentwicklung von Grans zu Gräntsch (Umlaut und Verschiebung von / s/ zu / sch/ ) Grandulphoz 355 356 <?page no="183"?> findet sich auch sonst. Das in BENB (1, 2, 98) erwähnte Gräntschel m. wird auf lat. * GRANICELLU (zu lat. * GRANICA ‘ Scheune ’ ) zurückgeführt; für unsere Belege trifft es nicht zu. Grappa Grappa f. ist als HL nur im Lötschental belegt. Es handelt sich vermutlich um eine nominale Ableitung auf -( E ) TA zum Verb grabe n ‘ (aus)graben ’ (I D . 2, 683); in einer Bemerkung steht dort „ Bed. 2 entlehnt vom ‘ Graben ’ (ausgraben) der Murmeltiere in ihrem Baue “ . (Bed. 2: ‘ einen Kiltgänger im Hause der Geliebten belagern und ausheben ’ ). Die vermutete Form *G RAB - E - TA entwickelt sich im Lötschental nach der Tilgung des ersten Vokals der Ableitung zu Grapta und diese mit Assimilation des / t/ an das vorausgehende / p/ zu Grappa ‘ die ausgegrabene Stelle; die Murmeltiergrabstelle ’ . Das Grundwort Grappa ist mit einem attributiven Adjektiv vertreten in t Sandigun Grappä ‘ die sandigen Murmeltiergrabstellen ’ (Blatten) und im Kompositum di Plonnjärgrappa ‘ die Murmeltiergrabstelle des Jägers Apollonius ’ (Ferden). Mit einem Genitiv konstruiert ist in Gäägisch Grappu ‘ bei der Murmeltiergrabstelle des Gäägi (Übername? ) ’ , W. B ELLWALD (p. c.) vermutet jedoch, dass es sich um eine stehende Redewendung handelt und nicht um einen Lokalnamen. Als Bestimmungswort ist das HL vertreten in di Grappustucklini ‘ die kleinen abgeteilten Stücke Land bei der Murmeltiergrabstelle ’ . Gräppi Gräppi n. ist nur in Leukerbad belegt: der Gräppistutz. Es handelt sich um eine steile Stelle im Gemmiweg, bei der man Gräppini ‘ Klettereisen ’ benötigt, vgl. I D . (2, 787, s. v. Grapple, mit Gräppi für das Wallis); vgl. auch G RICHTING (1998, 91 s. v. Ggräppi ‘ Steigeisen ’ ); die erste Angabe ‘ Traubenkamm ’ kommt klarerweise nicht in Frage. Gras Gras n. ‘ Gras ’ ist zu schwdt. Gras n. ‘ Gras, Weide für das Vieh; Unkraut auf dem Acker ’ (I D . 2, 792 f.) zu stellen; G RICHTING (1998) kennt das Nomen nicht. Belegt ist das Simplex ts Gras (Ried-Brig) und dazu Grasgrabo (FLNK, Ried-Brig). Wohl romanisch ist dagegen di Grasete (Turtmann; FLNK Grasätä) und di Grasetulecher ‘ die Löcher bei der Grasete ’ (Turtmann), die das Patoiswort Grassetta (B RIDEL 1866, 187) für die Pflanze P INGUICULA VULGARIS (Gemeines Fettblatt) (vgl. auch L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 944) enthalten. Eine dt. Ableitung Grasete ist im I D . nicht belegt. Grässäte Grässäte ist der lebende Beleg für historisches Gresiten, das 1776 in Bratsch als im Gresit und 1779 in die Gresiten am gleichen Ort belegt ist. Albinen hat 1732 in die Gressetta; FLNK fügt Grässäte hinzu; M ATHIEU (2006, 31) hat Ggrässätä. Ein Bezug zu graisse ‘ Fett ’ (G PSR 8, 601 ss.) ist zwar lautlich möglich, ergibt aber keinen Sinn. Das dt. Verb gräsen ‘ schaudern, frösteln ’ ist vor allem im Nieder- und Mitteldeutschen gebräuchlich, kommt also nicht in Frage (G R W B 8, 1959). Hingegen dürfte das unter dem HL G RAS behandelte Grasete (Turtmann) hieher gehören, das dort zu Grassetta (B RIDEL 1866, 187) für die Pflanze P IN- GUICULA VULGARIS (Gemeines Fettblatt) (vgl. auch L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 944) gestellt ist. Grauben Grauben ist nur 1710 in Selkingen als in den Grauben belegt. Vermutlich liegt eine falsche Diphthongierung zum hdt. Grube, dial. Grüöba ‘ Grube ’ (zu I D . 2, 292 f. s. v. Grueb und G RICHTING 1998, 98 s. v. Grüeba, Grüäbä (Goms), Grüebu (Saastal) Gruäba (Lötschtal, Grüöbu ‘ Grube ’ ) vor, also ‘ in den Gruben ’ , das als t Grüebe (Selkingen; 1623 jn den Grúoben) belegt ist. Graui Graui ist nur belegt in Sas Dulgraui ‘ der Bockfels ’ (1678, Zwischbergen). Während Sas zu it. Sasso ‘ Fels ’ zu stellen ist und Dul einen agglutinierten Artikel mit der it. Präposition de darstellt, muss Graui ein dialektales it. Nomen sein. Das Ganze wird auf lat. als FOSSAM ‘ Graben ’ bezeichnet. Am nächstliegenden scheint piemontesisch Crava (O LIVIERI 1965, 140) zu liegen, das mit Metathese aus capra ‘ Ziege ’ entstanden wäre (cf. AIS 1079 zu den Nrn. 116 u. Umgebung); O LIVIERI ( 2 1961, 201 s. v. cravarezza) verweist auf lat. CAPRARIUS ‘ Ziegenhirt ’ . Es könnte aber auch einfach it. capro ‘ (Ziegen)bock ’ (D EVOTO / O LI 2020, 365) gemeint sein, darum ‘ der Bockfels ’ . Ein Zusammenhang zu dt. Graw ‘ Grau ’ liegt kaum vor, da der Name klarerweise italienisch, resp. piemontesisch oder lombardisch ist. Grawier Grawier ‘ Kies ’ ist wdt. Grawjer n. ‘ Kies, Schotter ’ , Lehnwort aus frz. gravier > kelt. * GRAVA ‘ Kies ’ (cf. REW 3851; FEW 4, 254 f.; G RICHTING 1998, 97). Es ist nur belegt in ts Grawierloch ‘ das Loch, wo Kies / Schotter gewonnen wurde ’ (Selkingen) mit den dazu gehörenden FLNK- Belegen ts Ober und ts Unner Grawierloch. Grechta Grechta erscheint in unserem Gebiet lebend nur im Bezirk Leuk und dort wohl als Reflex eines frpr. Lexems. 357 358 Grechta <?page no="184"?> Es entspricht lat. CRISTA , CRESTA ‘ Kamm, Grat ’ , in welcher Form es auch in den Urkunden in den Bezirken Brig und Visp erwähnt wird. Neben Grechta und Crista kommen auch Cresta und Cretta vor; einmalig ist Gretta Zat (Varen). G PSR (4, 532b ss.) gibt die Formen an und erwähnt unter 3 o die Bedeutung „ Arète de montagne, sommet; monticule, renflement, avancée; aussi pente escarpée [Bergkrete, Gipfel, kleiner Berg, Buckel, Vorbau; auch steiler Hang] “ . Die bei Z INSLI (1984, 501 Fn. 208) erwähnten Formen dürften wohl eher aus den Umgebungsdialekten des Walserdeutschen übernommen worden sein. Die dt. Übersetzung der lateinischen Formen ist nicht immer klar; meistens trifft wdt. Biel ‘ Hügel ’ zu. Von den rund 40 Belegen sind mehrere appellativ. Wir geben zunächst die Formen von crista: als Simplex ist es in Bratsch (1337 u. später) belegt, wohl nur appellativ. Unsicher ist 1474 Cristam Duozge (Varen); ob Duozge überhaupt zum Namen gehört, ist unklar. Der Plural ad Cristas (12? ? u. später, Naters) kann ebenfalls appellativ sein. Ganz unsicher ist schliesslich der in Salgesch als en Crestinan (1346), in Cristinam (1353) belegte Name, der später als en Chrichtinam (1579) und schliesslich als jn Critenon (1708) erscheint. M ATHIER (2015, 100) belegt in Salgesch ein Grichtinaheechi, das die beiden Lexeme Grechta ‘ Kamm, Hügel ’ und Heechi ‘ Höhe ’ verbindet, die im Wesentlichen gleichbedeutend sind; vermutlich handelt es sich bei Cristinam um einen Diminutiv (eine Ableitung aus einem PN Cristina ist möglich, aber eher unwahrscheinlich). Cristyn ist weiter in Leuk als ol cristyn belegt. Das maskuline Genus ist auch bei B OS- SARD / C HAVAN (2006, 28) als Crêt zu Crête belegt. Das auslautende / - IN / muss laut B OSSARD / C HAVAN (2006, 28s.) auf das Suffix / - INU ( M )/ zurückzuführen sein; zu deuten ist dann das Ganze als ‘ beim kleinen Hügel ’ . Crista wird auch mit (meist nachgestellten) Adjektiven verwendet, wie Crista Communi ‘ (unter) dem Hügel, der der Gemeinde gehört ’ (1494, Varen), ad Cristam Plangnaz ‘ beim Hügel mit einer Ebene ’ (1580 u. später, Salgesch), das wohl dem lebenden Grechtaplangna entspricht (siehe unten) und das historisch erstmals 1357 belegte ad Cristam Saracenam (Salgesch), das zuletzt 1651 als en la Cretta Serrasina belegt ist, also ‘ beim Hügel des Saracenus ’ (wobei unklar ist, ob Saracenus ein PN oder ein Verschreiber für Salgesch ist). Häufiger sind aber nachgestellte Genitive, entweder ohne Artikel oder mit. Ohne Artikel findet man: Crista Bertholdi ‘ der Hügel des Berchtold (PN oder FaN) ’ (13. Jh. u. später, Ergisch), retro Cristam Hartmans ‘ hinter dem Hügel des Hartmann (PN oder FaN) ’ (1429, Visperterminen), supra Cristam Marie ‘ auf dem Hügel der Maria ’ (13. Jh. u. später, Ergisch), iuxta Cristam Pastorum ‘ beim Hügel der Hirten ’ (12? ? u. später, Termen), jn Crista Rodulfi ‘ auf dem Hügel des Rudolf (PN oder FaN) ’ (1337, Leuk). Mit Artikel kommen vor: in Crista de Dorbons ‘ auf dem Hügel von Dorbu (Weiler von Albinen) ’ (1358, Albinen), Willermus de Crista de Jndes ‘ Wilhelm am Bühl von Inden ’ (1328, Inden), wobei de Crista dem FaN Ambühl entsprechen kann, in Crista eis Alamanz ‘ der Hügel der Deutschen ’ (13. Jh., Ergisch; später auch deys Alamanz und 1453 sogar latinisiert in Crista Alamanorum), de Crista de Varona ‘ vom Hügel von Varen ’ (1241, Varen). Vermutlich verschrieben ist jn Crista don Clov ‘ der Hügel beim eingefriedeten Gut ’ (1602, Albinen), wo dov Clov erwartet würde. 1484 ist in Varen in Christa dou Svon belegt; wenn nicht ein Verschreiber vorliegt, wird hier Svon ‘ Suone, Wasserleitung ’ als romanisches Wort betrachtet (vgl. aber HL S UON ). Einige Belege weisen den Akkusativ Cristam auf: retro Cristam de Albignon ‘ hinter dem Hügel von Albinen ’ (1361, Albinen), vltra Cristam de Hoers ‘ jenseits des Hügel von Erschmatt ’ (1352, Erschmatt), Cristam de Goleta ‘ der Hügel von Goleta ’ (1794, Salgesch), Cristam de Golleta (1721, Varen) (zu Golleta vgl. T AGMANN 1946, 18 mit der Angabe ‘ petit couloir, vallon ’ ), supra Cristam de Vespia ‘ über dem Hügel von Visp ’ (1351, Visp), ultra Cristam de Hoers ‘ jenseits des Hügels von Erschmatt ’ (1352, Erschmatt), apud Cristam dol Marchande ‘ beim Hügel der Frau Marchand (? ) ’ (1319, Leuk; eine Bearbeiterin stellt Marchande zum HL M ARISSE ; diese Deutung ist u. E. unzutreffend). Auch Plurale sind belegt: juxta Cristas dy Milliere ‘ bei den Hügeln beim Hirsefeld ’ (1563, Leukerbad). Ein unsicherer Beleg ist zwischen 1473 und 1515 in Varen dokumentiert: 1473 Cristam de Nolarses, 1483 Cristam de Monlarses, 1485 Cristam des Nouos Larses, 1509 Cristam campi tassonores (? ) und 1515 Cristam de Molarsis. Die Schreibweisen sind unklar, doch das auch sonst belegte Monlarses (1484, Varen) deutet auf ‘ Berg mit Lärchen ’ hin. Seltsam ist der Beleg in Crista dov ba deys Clananes (1479, Salgesch) - es handelt sich hier wohl um einen Hügel, der unterhalb von Clananes (wohl ein Verschreiber für Chauanes ‘ Hütten? ) liegt. Eine besondere Präposition findet sich in sub Crista ultra Torrentem (12? ? , Mund). Cresta kommt als Simplex im Singular in a la Cresta ‘ auf dem Hügel ’ (1357, Leukerbad) vor; ob das dem späteren Grächtu (FLNK) entspricht, ist unklar. In Leuk ist 1407 ad lapidem dov Crest ‘ beim Felsen zum Hügel ’ belegt, ein sonst fehlendes Maskulinum, das bei B OSSARD / C HAVAN (2006, 28) auch lebend erscheint. Sicher Italienisch ist Cresta di Saas ‘ die Krete von Saas ’ (FLNK u. LT, Saas-Almagell). Ältere frpr. Formen sind Cresta Muscatella (1671, Leuk), la Cresta Plana ‘ der ebene Grat / der Hügel mit einer Ebene (siehe Grechtaplangna) ’ (1591, Leuk) und en la Cresta Roz ‘ beim felsigen Hügel ’ (1436 u. später, Leuk) (sofern Roz < roche ‘ Felsen ’ (FEW 10, Grechta 359 360 <?page no="185"?> 435)). Zu diesem Beleg gehört wohl auch das sonst schwer erklärbare jm Grechterud (1776, Leuk), das 1582 in la Gredtero, 1719 in der Grecht(r)eten, 1723 jn der Grechdito (? ), 1738 im Crechtrus und 1742 im Crechterud belegt ist; der seltsame Genuswechsel nach 1738 kann aber auch auf einen andern Namen verweisen. Einem älteren retro Cristam (1333, Albinen; 1508 retro Cristas) steht 1708 das halb-deutsche Hinder die Cresta ‘ hinter dem Hügel ’ (Albinen) entgegen; vermutlich gehört auch das seit 1600 belegte la Chrechta, Grechtam und sur la Cretta, deutsch auch hin die Creta (1783), alle in Albinen belegt, hieher. Ob es sich immer um den gleichen Ort handelt, ist unklar. Grechta entsteht aus cresta durch die Entwicklung von / st/ zu / xt/ (M URET 1912, 22 f.; T AGMANN 1946, 12 f.; an beiden Stellen auch die Alternative Cretta(z)). Die Qualität von / e/ kann als / ä/ offen sein. Belegt sind Grechten (1610 u. später, Leuk), das auch als FLNK Grächtu erscheint. zum Grechten (1742, Leukerbad) ist maskulin; am gleichen Ort kommt aber auch Grächtu (FLNK; R. G RICH- TING 1993, Blatt 7 Nr. 28, Blatt 10 Nr. 27 und Blatt 11 Nr. 37) vor. In Agarn ist das ab 1338 belegte jn Crista schon 1358 als eys Crestanyos erwähnt, 1545 heisst es eys Crestes und erst 1595 zen Grechten, 1687 zun Crechtun. Mit Adjektiven sind belegt: Obergerächtu und Unndergerächtu ‘ der obere und der untere Teil von Grächtu ’ (Leuk), sowie zen Undren Crechten ‘ beim unteren Teil von Grechten ’ (1657, Agarn), wohl die gleiche Flur wie der Beleg in Leuk. Unsicher ist in Salgesch 1579 jn Lagra Crechta ‘ auf dem grossen Hügel ’ , das auch Petra Custodis ‘ der Fels des Hüters ’ genannt werde; hier kann ein Fels gemeint sein, von dem aus ein Feldhüter die bebauten Weinberge beobachten konnte. Vermutlich ebenfalls zu einem Adjektiv gehört di Planiggrächti ‘ der ebene Grat / der Hügel mit einer Ebene ’ (Varen), eine Alpe, die auf SK Planigrechten, auf LT Planigrächti und bei FLNK Planiggrächti genannt wird; der erste Teil geht wohl auf eine Substantiv-Bildung zu planne ‘ eben ’ zurück (T AGMANN 1946, 19). Als Bestimmungswort kommt Grechta mehrfach vor. Mit R -Vorschlag in di Gerächtuachra ‘ die Äcker bei Obergrächten (Hügel), der Gerächtuwald ‘ der Wald oberhalb Grächtu (dt. Hügel) ’ (Leuk). Dann Grechtaplangna ‘ der ebene Hügel ’ (Salgesch; M ATHIER 2015, 126 als Grechtuplangnä), Grechtaplangnahubil ‘ der Hügel im Gebiet Grechtaplangna (Hügel mit einer Ebene) ’ (Salgesch; so nicht bei M ATHIER 2015), der Grächtschabluhubil ‘ der Hügel beim Schleif der Grächta (Grat, Krete) ’ (Leuk), der Grächtuwäg ‘ der Weg von / zu der Grächtu (dt. Hügel) ’ (Leuk). Vermutlich eine Ableitung liegt in en Grechtenan (1628, Salgesch) vor, das zum früher belegten in Cristinam (1353, Salgesch) gehört, also vermutlich ein Diminutiv. Cretta ist nach T AGMANN (1946, 12 f.) die am häufigsten belegte Form. In unseren Daten kommt sie historisch in Varen als de la Cretta (1664; 1514 als de dicta crista) vor. de la Cretta (1664, Salgesch) meint die gleiche Flur wie in Varen. Der Beleg von 1721 a Gretta Zat ‘ die hügelige Weide ’ (Varen) enthält wohl Gretta als feminines Adjektiv und Zat ‘ Weide, Alpe ’ (T AGMANN 1946, 46). Den gleichen Namen weist Cretta Chat (1640) in Salgesch auf; dieser Name wird auch Muschichat (wohl zu Muschkat ‘ Muscat (Pflanze) ’ (T AGMANN 1946, 97) zu stellen) bei der Eie der Leute von Salgesch genannt. Vermutlich ist dieser letzte Name identisch mit den Namen ad Christam Mouscatella (1664, Salgesch; 1671 cretta Muscatella) und ad Cristam Muscatelle (1664, Varen; 1721 a la Gretta de Muscatel) (E GLI 1982, 23 für die Rebe und den Wein); die beiden Gemeinden haben hier eine Grenze gemeinsam, die 1671 Bichel ‘ Bühl, Hügel ’ genannt wird, der sich in Tschudanen (heute Tschüdangna ‘ warme Quelle ’ ) befindet. In Varen ist weiter 1680 v Pradelcretta ‘ bei der Hügel-Wiese ’ (1699 falsch getrennt in prad el cretta) belegt. Bis auf die Namen mit Grechta - Grächtu sind die Belege primär historisch. Gredetsch Gredetsch ist der Name des Tales, durch das der Mundbach vom Gredetschgletscher her fliesst, hauptsächlich auf dem Gebiet der früheren Gemeinden Mund und Birgisch. Die ältesten Belege sind: 1391 in Gredetz (Mund); 1423 in alpe de Gredecz (Birgisch); 1463 jn alpe de Gredetz (Mund). Die Form mit auslautendem / tsch/ erscheint erstmals 1527 als Gredetzsch (Mund für Gredetschtal), 1548 als Gredesch (Birgisch). Jünger sind die Formen Gradetz (1634, Birgisch und Mund) und Gradesch (1861, Mund). Neben dem nur historisch belegten Simplex kommt Gredetsch als Bestimmungswort zu Gletscher, Hore, Joch, Licka, Tal und Wald vor. Nur lateinisch belegt ist nouum aqaeductum de Gredetsch ‘ die neue Wasserleitung von Gredetsch ’ (1658, Mund). SK hat Gredetschod. Mundbach; geläufig ist heute nur noch Mundbach. Gradetsch ist laut J ACCARD (1906, 198), AWWB (113 f.), M EYER (1914, 164) und B ESSE (1997, 155) auch das dt. Exonym für Granges, das heute zu Siders gehört. Es ist 1269 als Gradetsch, Gradensche belegt; die Familie de Granges wird auch von Gradetsch genannt. Da Granges auf lat. * GRANICA zurückzuführen ist, kann Gradetsch kein direkter Nachfolger sein; auch B ESSE (1997, 155) gibt keine Deutung, nimmt aber an, dass es sich um einen [s]-Namen handelt, also um „ vorgermanische Namen, 361 362 Gredetsch <?page no="186"?> die in der deutschen Doppelform bis heute das romanische Final-s bewahrt haben “ (B ESSE 1997, 738 f.). Allerdings ist Gradetz als Exonym für Granges Jahrhunderte vor den Gradetz-Formen für Gredetsch belegt; es könnte sich also auch um eine nachträgliche Deutung des Schreibers handeln. Was deutschsprachige Deutungen betrifft, denkt J OSSEN (1989, 151) an dt. gerade. Die Endung bleibt dadurch unerklärt. Eine andere Deutung bezieht sich auf Grêd ‘ breite Stufe längs eines Gebäudes ’ (I D . 2, 704), das aus lat. GRADUS ins mhd. grêde ‘ Treppe, Leiter, Stufe, Podest, Abschnitt ’ übernommen sein soll. Hier ist einerseits die Länge von / ê/ problematisch (Gredetsch hat immer Kurzvokal in der betonten Silbe), und anderseits stellt sich die Frage der Ableitung. / - ACEU / , das von K LEIBER (1992) als Quelle des Lehnmorphems / - ETSCH / identifiziert wurde, könnte als Kollektiv- oder Augmentativsuffix verstanden werden: also eine ‘ Mehrzahl von Stufen ’ oder ‘ grosse Stufen ’ . Diese sehr spekulative Deutung setzt aber eine doppelte Entlehnung aus dem Lateinischen voraus. Insgesamt findet sich keine wirklich überzeugende Deutung. Gredig (FaN) Gredig (FaN) ist ein Familienname, der in NWWB (1, 126) für Fiesch und Birgisch erwähnt ist. Als Simplex im Singular erscheint jm Gredig ‘ im Stück Land der Familie Gredig ’ (1660, Greich) und im Plural in den Gredigen ‘ in den Stücken Land der Familie Gredig ’ (1536, Naters). In Martisberg ist 1648 in Gredigo Acheren ‘ im Acker der Familie Gredig ’ und 1840 der Úntere Gredig Acker ‘ der untere Acker der Familie Gredig ’ erwähnt. In Birgisch erscheint ts Grediggibrachi ‘ das kleine Stück Brachland der Familie Gredig ’ und in Brig der Genitiv Singular Gredischbodo ‘ der Boden der Familie Gredig ’ . Während alle diese Belege wohl den FaN Gredig enthalten, ist der Beleg Gredi=Biel ‘ der gerade Hügel ’ (1832, Lax; FLNK Gredibiel) unsicher; auch hier kann der FaN enthalten sein, doch ist er nicht belegt. In diesem Fall wäre wohl an das Adj schwdt. gerad, wdt. ggredi, ggäredi ‘ gerade; Gegensatz zu krumm ’ (I D . 6, 497 f.; BENB 1, 2, 94; G RICHTING 1998, 91) zu denken. Ob der FaN Gredig daraus abgeleitet ist, bleibt unsicher. Das F AMILIENNAMEN- BUCH DER S CHWEIZ (2, 705) verzeichnet den FaN u. a. für Fiesch und Birgisch. Grediz Grediz ist so nur in Salgesch belegt: 1353 eys Grediz, 1366 ey`s Gredyezs, 1466 eys Gredis ‘ bei den kreidehaltigen Stücken Land (? ) ’ . Es handelt sich um einen Plural, der in der Literatur nicht behandelt ist. Am nächsten käme wohl eine ältere Form apr. greda zum lat. CR Ē TA ‘ Kreide ’ (FEW 2,1330), das aus dem Germanischen entlehnt wurde. Intervokalisches / d/ < / t/ ist allerdings normalerweise geschwunden (cf. G PSR 4, 501 ss. s. v. craie), sodass die Deutung sehr problematisch ist. In der Deutung gibt Sch[ülé] an, dass Savièse den Typ ékri ̩ da aus dem Deutschen entlehnt habe; dann wäre Grediz in Salgesch eine romanisierte Form zum dialektalen Chr ī de n II ‘ Kreide ’ (I D . 3, 787). Greef Greef ist nur belegt in der Greefzug (St. Niklaus; auf LT Grefzug), sowie der Ober und der Unner Grefbodu (Saas- Balen; auf LT Gräfbodu). Die Notationen des Vokals sind unklar: eine ist lang (aber nicht auf LT), die andern zwei sind kurz, auf LT jedoch / ä/ statt / e/ . Am nächstliegenden scheint eine Kollektivableitung G(e)-räff zum Grundwort schwdt. Rëff I ‘ Tragreff ’ und wdt. Rääff, Räff ‘ Traggestell für Käse ’ (I D . 6, 644; G RICHTING 1998, 158; die zweite Bedeutung ist nicht relevant) zuzutreffen. Als Motivation dient vermutlich die Ähnlichkeit der Flur mit dem Tragreff. Die Unsicherheit bei der Notation des Vokals hängt wohl mit der bei R ÜBEL (1950, 1 f.) behandelten Unsicherheit im Bereich des Umlautes von mhd. â und des mhd. ë zusammen. Greeji Greeji ist nur belegt in Greeji (Zwischbergen, LT Greji). J ORDAN (2006, 302) kennt es als Gré m., notiert aber als Variante auch Greeji. Er nennt den Ort: „ extrem steile Felskehle “ ; es handelt sich tatsächlich um eine felsige, steile Stelle. Die Diminutivendung auf [-ji] ist deutsch; der Stamm Gree lässt sich laut I D . nicht deuten. O LIVIERI (1965, 140) kennt Crè, führt es nach S ALVIONI auf lat. * CARRALE ‘ strada carregiabile (fahrbare Strasse) ’ zurück, was hier nach der Beschreibung sicher nicht der Fall ist. Falls der Name des Grabens als Ganzer deutsch sein soll, wäre er wohl mit Entrundung (/ ö/ > [e]) und Palatalisierung zu G e -röll ‘ Steingeröll ’ (I D . 6, 880) zu stellen; das I D . gibt an der Stelle W IPF (1910, 107) an, die karell ‘ Geröll ’ notiert. führt dabei aus, dass in Visperterminen ein / -ar-/ an Stelle des einfachen / -r-/ ausgesprochen wird. Ganz unsicher ist allerdings die Entwicklung von / ll/ vor / ji/ ; normalerweise ist eine Reduktion zu Greeji nicht möglich. Das HL kann deswegen weder dt., noch piemontesisch gedeutet werden. Greetschu Greetschu ist zunächst in Hohtenn als der Greetschuhubil und di Greetschumatte belegt. Hohtenn kennt kein Simplex Greetschu. Historisch sind die Belege Gretschenmatten (1775, Niedergesteln), in der Gretschen Matten (1716, Agarn) und die Gretschen Matten (1712, Leuk) belegt. Letzteres könnte zu Grechten (< lat. CRISTA ‘ Hügel ’ ) Gredig (FaN) 363 364 <?page no="187"?> gestellt werden (das Register hat Grechtmatten), doch ist die Beleglage sehr unsicher. Für Hohtenn ist diese Herleitung kaum haltbar, da es keine ursprünglichen Patois- Namen kennt und der betonte Vokal lang ist. Schwdt. G(e)rätsch n. ‘ Vorgangs-, Schallbezeichnung; Brechen des Hanfes und das dabei entstehende Geräusch; Geschwätz ’ usw. und wdt. Ggrätsch, Grrätsch (Lötschtal) ‘ Geschwätz, Lärm der Ratsche ’ (I D . 6, 1846 f.; G RICHTING 1998, 91) trifft wegen des / ä/ ebensowenig zu, wie die Entrundung von Röötsche n ‘ Rothaarige(r) ’ (I D . 6, 1854), die zwar formal passen würde, aber inhaltlich nicht sinnvoll ist. Zu vermuten ist deswegen wohl ein PN, dessen genaue Ausgestaltung jedoch unklar ist. Gregor (PN) Gregor (PN) ist ein PN zu Gregorius (I D . 2, 723 f.). Er ist in ts Gregoorisch Grund ‘ der Grund des Gregor (PN) ’ (Brigerbad, heute laut Gwp. veraltet und ts Perrigsch Grund genannt) und ts Volkegregorsch Weid ‘ die Weide des Gregor Volken (einstiger Besitzer) ’ (Grengiols) belegt. Greli (FaN) Greli (FaN) ist nur historisch belegt als Grelisbodo ‘ der Boden der Familie Greli ’ (Brig). Die Belege stammen von 1744 unter Greilisboden, 1758 in Grelisch Boden und 1850 im Grelisboden. Der FaN Greli, eine Nebenform zum FaN Groely (AWWB 117), gelangte aus dem Formazzatal zunächst nach Brig und dann nach Sitten. Gren Gren ist 1412 historisch in Steg als Grenmatta belegt; der Schreiber hat gren und matta getrennt und zitiert den Namen ohne Artikel bei der Grenzbeschreibung. BENB (1, 2, 102) verweist unter Gren auf Grän (BENB 1, 2, 96). Dort wird auf Gréina und seine Ableitungen verwiesen (RN 2, 715). Da in Steg eine Ableitung zu einer bündnerromanischen oder tessinischen Form eher unwahrscheinlich ist, müsste hier wohl ein lat.-rom. Etymon angesetzt werden; in Frage kommt granum ‘ Korn ’ (FEW 4, 227 ff.; G PSR 8, 591 ss. s. v. grain), wobei die genaue Deutung unklar ist. Traditionell wächst auf einer Matta Gras, nicht Korn. Darum ist ‘ die Kornwiese ’ als Deutung unsicher. Grengiols Grengiols, dial. Gränglsch, ist der Name einer Gemeinde im Bezirk Östlich-Raron, links des Rotten. Der Name wird entsprechend den ältesten Belegen zu lat. AD GRA- NARIÓLAS ‘ kleine Speicher ’ , Dim. zu lat. GRANARIUM ‘ Speicher ’ (J ACCARD 1906, 201; G UEX 1938, 363; 1976 2 , 186; R ÜBEL 1950, 133; K RISTOL ET AL ., 2005, 410) gestellt. G RICHTING (1998, 96) verzeichnet ihn als Gränglsch, Grängälsch (Goms), Grängulsch (Mattertal), Grängilsch. Neben dem Gemeindenamen, der auch in die Greniolsbrúgga ‘ die Brücke bei Grengiols ’ (1539, Grengiols) belegt ist, kommt ein Genitiv Plural als in Greniaro Geschnitt ‘ im Geschnitt (Gemeindegebiet) der Leute von Grengiols ’ (1645, Grengiols; gemeint ist ein Wald) vor. Ein Adjektiv Grängjer / Grengjer ist belegt in der Grengjerturu ‘ der Turm am Weg nach Grengiols ’ (Betten), Grengierweg ‘ der Weg nach Grengiols ’ (1818, Filet) und der Grängjerwäg ‘ der Weg nach Grengiols ’ (Betten). Die Aussprache von / ä/ vor / n/ als / e/ ist im Oberwallis möglich (vgl. SDS 1, 36). Grenien (PN) Grenien (PN) ist nur 1481 in Naters als in Grenien Acher belegt. Es scheint sich um einen Genitiv zu einem PN Greni zu handeln, wobei der PN eher auf eine Frau als auf einen Mann verweist; möglich wäre auch ein Beiname oder FaN Greni (bei F ÖRSTEMANN 1, 665 ist Grani belegt, aber unsicher). Zu deuten wäre also ‘ im Acker des / der Greni (PN) (unklar) ’ . Grenze Grenze f. ist zu schwdt. Grënze n f. ‘ Grenze ’ (I D . 2, 785) zu stellen. Als Grundwort kommt nur die Lötsch=Grentzen (1796, Erschmatt) vor. Gemeint ist hier wohl die Grenze zum Lötschental, deren Verlauf beim Faldumrothorn unsicher ist. Sonst kommt das HL nur als Bestimmungswort Grenz in Grenzstein (1869), wohl zwischen Münster und Geschinen (cf. HL M ARCH ) , sowie als der Grenzgipfel, der Grenzgletscher und der Grenzsattel (alle Zermatt) vor. Die drei Namen bezeichnen Gipfel, Gletscher und Sattel in der Mone Rosa-Gruppe an der Grenze zu Italien. Das HL ist nicht dialektal. Greppon Greppon ‘ Fels ’ ist nur in Varen 1716 als im Greppon und 1730 als im Creppon belegt. Der Flurname gehört zu Creppon, auch Greppon ‘ Fels ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 246), die es auf ein vorlat. *crepp zurückführen. Gress (PN) Gress (PN) ist nur 1392 in Visp als Gressacgin ‘ der kleine Acker des Gress ’ belegt. Gelegentlich wird der FaN Gretz oder Grätz (AWWB 115) auch Gres genannt (z. B. 1776 in Zwischbergen eine verstorbene Anna ‘ Catharina ’ Gres). Ob diese Familie auch in Visp begütert war, ist unsicher. Wir geben deswegen nur den PN Gress an. 365 366 Gress (PN) <?page no="188"?> Greta (PN) Greta (PN) ist der PN Greta, eine Kurzform zu Margareta (I D . 2, 824 f; BENB 1, 2, 104). Zu diesem PN gehören Komposita mit dem PN als Bestimmungswort oder einem vorangestellten Genitiv: z Greten Acher ‘ der Acker der Greta ’ (1545, Ritzingen), jn Gretun Matten ‘ in den Wiesen der Greta (Margareta) ’ (1645 u. später, Unterbäch), jn Greden Matten ‘ in den Wiesen der Greta ’ (1726 u. später, Guttet; der Beleg von 1726 hat jn Gredo Matten, was an einen starken Genitiv denken lässt), Grettenmatte ‘ die Wiese der Greta ’ (1859, Glis) ist zusammengesetzt. Zweimal schliesslich ist in Wiler dr Greetuschleif ‘ der Schleif der Greta ’ und underm Greetuschleif ‘ unter dem Schleif der Greta ’ belegt. Der zweite Name befindet sich weiter unten als der erste. Ob Gretawäsch ‘ der Waschplatz der Greta (unsicher) ’ (Zwischbergen) hieher gehört, ist unklar. Die beschriebene Sage, wonach dort eine von zwei Schwestern gewaschen habe, genügt als Deutung kaum. Sicher nicht hieher gehört Gretta Zat (Varen), das zum HL G RECHTA zu stellen ist. Gretilen (PN) Gretilen (PN) ‘ der Gretli ’ ist belegt in im Gretilen Weingarten ‘ im Weingarten der Gretli ’ (1755, Raron). Es handelt sich um einen Genitiv zu Gretli (I D . 2, 824 s. v. Gret), einem weiblichen Taufnamen. Im Beleg bezeichnet es wohl eine frühere Besitzerin des Weingartens. Gretz Gretz ist nur als ts Tangrets ‘ das Gebüsch im Tannengehölz ’ (Glis, FLNK Tangretz) belegt. Es ist zu schwdt. G(e)gretz n. ‘ allerlei Ruten und Stauden, dorniges, rauhes Strauchwerk; dürres Tannreisig ’ und wdt. Grezza, Grezzä (Goms), Gräzzu, Grezzu ‘ Zweig (dürrer), Rute ’ (I D . 2, 836; G RICHTING 1998, 97) zu stellen. Gribeliir Gribeliir ist als Gribeliir ‘ der Ort, wo sich ein Sieb befand ’ (Leukerbad; FNLK Gribeliir) mit Erstbetonung belegt; die Endsilbe ist lang und nebenbetont. 1358 erscheint ou cribler, ebenso 1467, die beide ein ältere Form zeigen. R. G RICHTING (1993, Blatt 9, Nr. 55 und Blatt 19, Nr. 28) kennt es als Gribälier. Der Flurname ist wohl von frz. crible ‘ Sieb ’ (FEW 2, 1334; G PSR 4, 556 s. v. cribleire ‘ Sieb ’ mit unsicherer Deutung im Einzelnen) und dem Ableitungssuffix / - ARIA / oder / - AT Ō RIA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288), hier wohl zu verstehen als ‘ Ort, wo sich ein Sieb befand ’ zu verstehen. Als Flurname ist das Etymon sonst nicht bekannt. Gribieren Gribieren f. ist 1706 in Turtmann als der Gribieren (Genitiv ist konstruktionsbedingt) belegt. Der Name kann nicht zugeordnet werden. Einerseits deutet die Endung / - IERE / auf ein frz. Fremdwort hin, andererseits ist unklar, ob es sich um eine Entrundung (/ ü/ > / i/ ) handelt. Die Form kann deswegen nicht gedeutet werden. Gricht Gricht n. ist zu schwdt. Ge-richt, G ’ richt n. ‘ Gericht ’ zu stellen. I D . (6, 3245 ff.) unterscheidet eine Ableitung zu richten ‘ Balkengerüst, Gerippe eines Neubaus; Einfassung einer Tür; Falle zum Fangen von Mäusen, Murmeltieren, Vögeln, Hasen ’ , so z. B. schwdt. Hase n gericht nur als Lokalname ‘ Ort, wo man den Hasen richtete (Fallen stellte) ’ (I D . 6, 356) oder als Rechtswort ‘ Recht, Gerechtigkeit; Handhabung des Rechts; Rechtsverfahren; Gerichtsstätte ’ , H ō chgricht ‘ peinliches Gericht (Verfahren, Gerichtshof); hohe Gerichtsbarkeit; Bezirk, in dem eine einheitliche Blutgerichtsbarkeit besteht; Richtstätte, Galgen ’ , Fr ī gricht ‘ aus Freien bestehender Gerichtshof für Freie; als Name eines Territoriums (= Freiamt) ’ (I D . 6, 325 f., 345, 350). Die zweite Bedeutung ist in sieben von acht Fällen gemeint. Am häufigsten ist der Typ ts Hogericht ‘ das Hoch-Gericht (Galgen) ’ (Unterbäch), beÿm Hogericht ‘ beim Hochgericht ’ (1736, Leuk), ts Hogricht ‘ das Hochgericht (wo Verbrecher hingerichtet wurden) ’ (Mörel). Nur historisch ist belegt im Frÿgericht ‘ im Freigericht (Walderoberg) ’ (1742, Simplon) und in Vlricherro Alt Gericht ‘ beim alten Gericht der Leute des Ulrich ’ (1657, Ausserberg). Als Bestimmungswort ist das HL belegt in an dem Gerichtsbanck ‘ der Ort, wo sich die Gerichtsbank (auf der das Gericht Platz nahm) befand ’ (1699 u. später, Steg) und am Gricht Banch ‘ der Ort, wo sich die Gerichtsbank (auf der das Gericht Platz nahm) befand ’ (1528, Ernen). ts Hasegricht ‘ der Ort, wo man den Hasen Fallen stellte ’ (Ritzingen) ist der einzige Fall mit der ersten Bedeutung von Gricht. Grichtina Grichtina f., ist nur einmal in Grichtinaheechi (FLNK, Salgesch) belegt. M ATHIER (2015, 100) stellt es zu rom. CRISTA ‘ Kamm, Hügel ’ , das im westlichen Bezirk Leuk normalerweise als Grechta erscheint (cf. HL G RECHTA ). G PSR (4, 532bff.) kennt jedoch keinen einzigen Beleg mit / i/ . In unserer Datenbank ist aber in Salgesch ein Name bekannt, der 1346 als en crestinan, 1353 in cristinam, 1494 en cristinan, 1579 en crichtinam, 1674 in Chrittinant und 1708 jn Crittenon belegt ist. Es handelt sich hier wohl um Greta (PN) 367 368 <?page no="189"?> eine Diminutivableitung mit / - INA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) von CRISTA , die vermutlich auch die Form mit Grichtina mit / i/ in der betonten Silbe bestimmt. Das nicht mehr verstandene Grichtina ‘ kleine Anhöhe ’ wird durch Heeji ‘ Höhe ’ verdoppelt. Ein PN zu Christina ist kaum gemeint (I D . 4, 760 s. v. N ī na). Grie Grie, auch grien Adj., ist zu schwdt gruen, grüen, wdt. mehrheitlich entrundet grie, griän ‘ grün ’ , auch ‘ frisch ’ (im Gegensatz zu ‘ dürr ’ ) (I D . 2, 749; G RICHTING 1998, 97) zu stellen. In Einzelfällen kann auch Grien ‘ Kies ’ (I D . 2, 747 f.) gemeint sein, doch ist dieses Lemma im Oberwallis sonst nicht belegt. Das Farbwort erscheint in etwas über 25 Fällen. Das Adjektiv ist zunächst attributiv flektiert oder unflektiert belegt. Gemeint ist meistens die Farbe, im Gegensatz zur Umgebung. Hierzu gehören etwa ts Grie Bidi ‘ der kleine, grüne Boden ’ (Glis), ts Grie Chummelti ‘ die kleine grüne Chumma (Mulde) ’ (Mund), der Grie Schleif ‘ der grüne (Holz-)Schleif ’ (Leuk), der Grie Wald ‘ der grüne Wald ’ (Visperterminen), der Grien Blätz ‘ das grüne kleine Stück Land ’ (Saas-Fee), der Grien Tschuggu ‘ der grüne Felsen ’ (Saas-Balen) und andere mehr. Als Bestimmungswort kommt das HL vor in ts Grieegg ‘ die grüne Ecke (Felsgrat) ’ (Fieschertal), wozu ein Namennest mit Grieeggfirn (FLNK), der Grieegggletscher, ts Grieegghore, t Griehorelicka, ts Griehorli, ts Gross Griehore, Klein Grünhornlücke (LT), Chlii Griehorelicka (FLNK), ts Chlii Griehore (alle Fieschertal) im Bereich des Konkordiaplatzes gehört. Weiter Belege sind etwa Grielöb ‘ das grüne Laub ’ (Reckingen), t Grielöwene ‘ der grüne Lawinenzug ’ (Reckingen) und Grielöuwenelöb ‘ das Laub beim grünen Rutschgebiet ’ (FLNK, Reckingen) und andere mehr. Substantiviert erscheint di Griänn ‘ die grüne Stelle ’ (Wiler), wobei die Angabe ‘ Jägerdurchgang ’ auch an das sonst im Oberwallis nicht belegte Grien ‘ Sand, Geröll ’ denken lässt (I D . 2, 747), ähnlich wie in Grüe ‘ beim Grün, beim Sand, Geröll ’ (1715, Fiesch; unklar). Sonst ist eine Substantivierung di Grieni ‘ die grüne Stelle ’ (Mund, Saas- Almagell Täsch) oder di Griäna (Wiler) belegt. Einen Plural zur Ableitung auf - IG weist di Grieniga ‘ die grünfarbenen Stellen ’ (Simplon) auf, wo J ORDAN (2006, 152) von einem aufgelichteten Bergwald spricht, während Gwp. von grünen Parzellen mit ‘ Ggaarluberr ’ (Bärentraube; vermutlich A RCTOSTAPHYLOS ALPINA , vgl. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 704) redet. Griebier (FaN) Griebier (FaN) ist nur 1638 in Bitsch als Griebieroholtz Schleif belegt. Es geht um einen Genitiv Plural zu einem FaN, der laut AWWB (119 s. v. Gruber) auch in Mörel im 15. Jahrhundert mit den Schreibweisen Gruebier, Griebier, Grubler und Grübler belegt war. Hierzu ist Griebieroholz Schleif ‘ der Holzschleif der Familie Griebier ’ zu stellen. Gries Gries n. ist zu schwdt. Gries, ahd. grioz, mhd. griez n. ‘ grobkörniger Sand, Kies; Geschiebe, angeschwemmte Schuttmasse, Sandbank ’ (I D . 2, 801 f.; Z INSLI 1945, 321; BENB 1, 2, 105 f.; URNB 2, 63 f.) zu stellen; das bei G RICHTING (1998, 97) erwähnte wdt. Gries, Griäs ‘ Gries, Krankheit ’ gehört nicht hieher. Gries (FLNK) ist als Simplex in Ulrichen belegt, vermutlich als Name einer Alpe, mit einem Namennest, das der Griesgletscher, ts Grieshore, der Griespass, Griessee (FLNK u. LT), Griesstäg (1756) und t Griesweng umfasst. Nur historisch belegt ist Zgryess (1549, Niederwald), das als zu Gries oder das Gries gelesen werden kann; der Ort ist nicht mit Gries in Ulrichen identisch. Die meisten Belege weisen Gries als Bestimmungswort auf, mit einem Namennest in Bellwald (der Griesbach, t Grieschumma, ts Griesgufer, der Grieswang), daneben sind Acher, Bach, Chumma, Satz, Tola und Tschugge belegt. Komplexer ist Griesgletscherpass (LT, Reckingen), der zum Umfeld der Alpe Gries in Ulrichen gehört. Eine adjektivische / - IG / -Ableitung findet sich in der Griesig Aker ‘ der Acker mit Steingeröll ’ (1860, Ried-Brig). Eine substantivische Ableitung auf / - ERNA / - ERNU (mit dem kollektiven Suffix / - ERNA / ‘ Ort, Stelle, mit viel Gries ’ findet sich in di Griessera (LT hat Griesserna), der Griessernugletscher und ts Griessernuhoru (Simplon), die zusammen gehören. J ORDAN (2006) hat Grièssärna, Undri Grièssärna, Alti Grièssärna, Obri Grièssärna (105f), Grièssärnurand (105), Grièssärnuhooru, Grièssärnugletschär (107) und Grièssärnuwasser (102), weist also mehr Flurnamen auf, als die Datei des VSNB kennt. Grii Grii n., im Lötschental Griin (mit vokalischem Vorschlag des / r/ Ge ’ riin), ist eine Kollektivbildung mit G ( I )zu einem Stamm Rune (cf. HL R ONE ) in der Bedeutung ‘ umgehauene, umherliegende Baumstämme ’ (I D . 4, 1015, LUNB 1, 361). Z INSLI (1984, 168) hat Gri(i) für Pomatt; er hält es für ungedeutet, sieht aber als Möglichkeit Grien ‘ Kies ’ (S. 224) und lehnt eine Herleitung von grien ‘ grün ’ ab. Das gilt auch für unser Gebiet, da eine Monophthongierung, gerade in Simplizia, nicht anzunehmen ist (in Komposita könnte allerdings das sog. Brandstettersche Gesetz der Kürzung von Langvokalen und Diphthongen in mehrsilbigen Wörtern eine Rolle spielen). Das Lemma kommt als Simplex ts Gri in Binn, Fiescher- 369 370 Grii <?page no="190"?> tal, Saas-Balen (mit leichtem Vorschlag vor / r/ ) und Simplon vor, als Griin (auf LT Geryn geschrieben) in Blatten (mit einem Bildstock). Vermutlich gehört auch ts Geri (Unterbäch) mit Betonung der zweiten Silbe und kurzem / e/ hieher (und nicht zum HL G EER ); hierzu gehören auch ts Ober Geri und ts Unner Geri (beide mit Zweitbetonung, Unterbäch). Bildungen mit Adjektiven sind Hinner Gri, Vorder Gri (Binn), Ober Gri (Simplon, J ORDAN 2006, 129 kennt neben Ggärí auch Innärs Gärí mit der Variante Obärs Ggärí (alle mit Betonung des / i/ )), sowie Inder Geriin, Ober Geriin, Uister Geriin in Blatten. Als Bestimmungswort erscheint das Lexem mit Eggi, Tschugge, Wald und Zü. In Blatten umfasst ein Namennest neben den Simplizia und den Bildungen mit Adjektiv auch Gerinärn, Gerin Baann, Grin Blatten (1845, Blatten), Gerinbobm, Griinloiwina, Gerinschiirä, Gerinstein, Gerintschuggn, Griinweidä, sowie Geringasse (1870, Blatten). Die Belege sind hier verkürzt zitiert. Griibil Griibil m. ist wohl zu schwdt. Grübel m. ‘ Hacke, Picke ’ (I D . 2, 691) zu stellen; G RICHTING (1998, 97) kennt allerdings nur das Verb grible ‘ herumwühlen, grübeln ’ , sodass auch ‘ das Ausgegrübelte ’ gelten kann. Belegt ist es nur in der Griibil ‘ die Hacke, das Ausgegrübelte ’ (Zeneggen), wobei der Beleg von 1687 in den Griebginen ‘ in den kleinen Gruben ’ nicht hieher gehört, sondern zu Grüeba ‘ Grube ’ zu stellen ist, und die Grübelalpe ‘ die Alpe, die wie eine Hacke / wie Ausgegrübeltes aussieht ’ (1795, Unterems). Formen mit Griebil gehören zum HL G RÜEBA . Griidu Griidu ist nur in Ergisch als di Griidu belegt. Historisch ist es 1745 als zer Gridú bezeugt. Die Form ist etwas seltsam. Das anlautene / g/ führt eigentlich auf ein romanisches Etymon zurück, das aber so nicht existiert (vgl. G PSR 4, 501 s. v. craie, das aber in der Anmerkung auf S. 502 von Sch[ülé] auf Savièse mit einer deutschen Herkunft verweist). Auf der andern Seite ist schwdt. Chride n und wdt. Chriida, Chriidä (Goms), Chriidu ‘ Kreide ’ (I D . 3, 787; G RICHTING 1998, 53) mit anlautendem / g/ nicht belegt. Es handelt sich also wohl um eine an das Französische angelehnte Form. Der Anlaut weist auf eine französische Form hin, das inlautende / d/ auf eine deutsche Form (cf. HL C HRIIDA ). Griifel Griifel ‘ Preiselbeere ’ ist zu schwdt. Gr ī fle n , wdt. Griifle, Greeflä (Lötschtal) f. ‘ Preiselbeere; vaccinium vitis-idaea ’ (I D . 2, 722; RN 2, 419; J UD 1945/ 46, 42 f.; BENB 1, 2, 106; G RICHTING 1998, 97; M ARZELL 4, 974; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 708) zu stellen. Es tritt nur als Bestimmungswort auf. Grundwörter sind Brunnu, Färich, Fäsch, Egg(a), Schluocht und Tschugge. Zweimal sind Komposita mit Adjektiven versehen: Üsser und Inner Griifelfäsch (Baltschieder) und Obru und Undru Griifileggini (Oberems). Als Motivation wird für gewöhnlich das Vorkommen von Preisel- und anderen Beeren angegeben. M ARZELL führt den Namen auf das Werkzeug (Riffel, siehe G R W B 14, 956) zurück, mit dem die Beeren abgestreift werden. Griinisch Griinisch ist nur belegt in ts Griinisch Sand (Saas-Balen). Es handelt sich um einen Genitiv Singular. Das Wort ist bei J ORDAN (1985, 162) für Simplon als Griina ‘ feuchter Bodennebel ’ erwähnt. I D . (2, 745) kennt das Adjektiv grinn u. a. vom Wetter als ‘ grau, kalt ’ und stellt es zu grimm. I D . (2, 749) erwähnt weiter das synonyme gr ǖ n und zitiert ‘ ein grüner Luft ’ als „ schneidend kalter Wind “ . Mit der im Wallis üblichen Entrundung würde sich daraus Griini ableiten lassen. Gwp. erwähnt, dass am so genannten Ort „ Kalter Talwind “ wehe. Vermutlich ist mit Griinisch ein solcher Wind gemeint. Grimsel Grimsel f. ist nicht nur als Passname belegt, sondern auch für zwei grössere Alpgebiete südlich davon. Die Belege sind Grimsel (1428 u. später, Oberwald) und Grimsle (1514 u. später, Obergesteln), wobei die historischen Belege teilweise gleich sind und meistens den Passnamen meinen. t Hinner Grimsle (Oberwald) meint den zu Oberwald gehörenden Teil der Grimsel-Alpe, t Voder Grimsle den zu Obergesteln gehörenden Teil. Entsprechend gibt es Oberwaldergrimsle (FLNK, Oberwald; LT Oberwalder Grimsle) und Geschler Grimsle (FLNK, Obergesteln; LT Gestler Grimsle). Als Bestimmungswort erscheint das HL mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita Bodu, Chäller, Pass und Spittel. Komplexere Konstruktionen sind: der Alt Grimselwäg ‘ der alte Weg auf die Grimsel ’ (Oberwald) (die Alpe ist gemeint), di Grimselpassheeji ‘ die Höhe des Grimselpasses ’ (Oberwald) (höchste Stelle der Pass-Strasse), das Obere Grimselboden=Bort ‘ das obere Bord (Abhang, Böschung) des Grimselbodens ’ (1846, Obergesteln) und der Oberwalder Grimselbode ‘ der auf Oberwalder Gebiet gelegene Boden im Gebiet Grimsle ’ (Oberwald). Eine Erklärung muss davon ausgehen, dass primär ein Alpname vorliegt, der auf den Pass ausgedehnt wurde. Die ältesten Belege sind 1428 apud consches in domo grimsle, 1434 apud consches in domo grimsle (beide Münster); sie zeigen eine Form mit / i/ , sodass keine Griibil 371 372 <?page no="191"?> Entrundung vorliegen kann. 1428 wird auch eine Kirche der Heiligen Jungfrau Maria erwähnt. Es ist davon auszugehen, dass das Haus Grimsel sich im 15. Jahrhundert in Münster befand, das damals die einzige Pfarrei im Goms war (N OTI 1982, 9 - 11; P H . K ALBERMATTER p. c.); der genaue Bezug zu Grimsel ist nicht bekannt. Die späteren Belege erwähnen 1514 by dem Berg Grimslen (Oberwald), wobei der Pass gemeint ist. 1567 wird eine Allpenn genampt Grümbslenn erwähnt, wo die Leute von Törbel, welche die Alpe Ober Aar bestiessen, durchfahren durften; das / ü/ in dieser Form ist eine hyperkorrekte Rundung. BENB (1, 2, 107 f.) diskutiert den Passnamen Grimsel auf Grund der Literatur, hält ihn aber für ungeklärt. Vorgeschlagen wird eine deutsche Deutung, die vom Alpennamen Grimmi ausgeht, der auch von I D . (2, 764) zusammen mit Grimsel s. v. Grimme n ‘ Zähneknirschen, Wut, Grimm ’ erwähnt wird. Unklar bleibt, ob sich der Name in Grim + sel oder Grims + el segmentieren lässt. G R W B (9, 368) kennt ein Verb grimsen ‘ jammern, schreiend klagen ’ und stellt es zu ahd. grimmisôn ‘ wüten, toben; wütend, grimmig sein ’ . Eine deverbative Ableitung auf / - ELA / - ELE / als Stellenbezeichnung (S ONDEREGGER 1958, 519) ist deswegen nicht ausgeschlossen: ‘ der Ort, wo man jammert ’ ; die Deutung wäre dann an jene von I D . (2, 764) anzuschliessen. Die Annahme einer romanischen Bildung mit dem Hinweis auf Grimisuat (am Hang zwischen St. Léonard und Sion; dt. Grimseln) bringt laut K RISTOL ET AL . (2006, 413) keine Klarheit, da auch dieser Name nicht gedeutet werden kann. Für weitere Erklärungsversuche wird auf die zitierte Literatur verwiesen. Grind Grind ist zu schwdt., wdt. Grind m. zu stellen, in der Geländebezeichnung ‘ Felskopf, -kuppe, -vorsprung, isolierter, kleiner Felsen, kegelförmige Bodenerhebung, hervorragende, steile Bergspitze; Sandbank ’ , eigentlich ‘ Ausschlag auf dem Kopfe, eine harte Kruste bildend; knorrige, borkige Wucherung, Missbildung an Bäumen, am alten Holz der Rebstöcke; Flachsseide; Kopf (am tierischen und menschlichen Körper) ’ (I D . 2, 759 f.; Z INSLI 1945, 321; BENB 1, 2, 108 f.; URNB 2, 68; G RICHTING 1998, 97). Das Lemma ist lautlich identisch mit der entrundeten Form von Gründ (cf. HL G RUND ), vor allem beim Typ Grindji ‘ kleiner (Tal-)Grund ’ . Sichere Fälle von Grind sind selten: Riisugoliatgrind ‘ der (Fels-)Kopf, der aussieht wie der Riese Goliath ’ (Leukerbad). Weniger sicher sind mehrere Belege Grindbiel (assimiliert auch: Grimbiel) ‘ Hügel, der wie ein Kopf aussieht ’ (Brig, Eggerberg, Ernen, Glis, Simplon), die sowohl zu Grind wie zu Grund gehören können. Wir stellen sie hier zu Grind, weil die ältest erreichbaren Belege schon ein / i/ aufweisen, so Grimpuel (1279, Glis), Grimpuel (1304, Simplon), Grintbu ᵉ l (1399, Glis), Grind Bu ᵉ l (1453, Ernen); die Entrundung von / ü/ zu / i/ wäre normalerweise erst im 16. Jahrhundert zu erwarten. Dass spätere Belege auch ein / ü/ aufweisen, kann als hyperkorrekte Schreibung verstanden werden. In Ausserberg ist di Grinda ‘ die (Fels-)köpfe ’ belegt, doch ist schon 1483 neben an den Grinden auch an den Gründen belegt; später werden an den Grunden (1528), in den Grindun (1529) erwähnt - es ist deswegen nicht klar, ob der Name zum HL G RIND oder zum HL G RUND zu stellen ist; Grinda kann eine Um-Interpretation sein. Für Brig-Glis finden sich nebeneinander Grundbiel wie Grindbiel. Beide sind schon vor 1500 so belegt. Leider ist das Gebiet heute so überbaut, dass das frühere Gelände sich nicht mehr genau identifizieren lässt; die Siegfriedkarte zeigt jedenfalls mehrere Hügel im Bereich des Gliser Grundes, so dass wohl mehr als ein Geländename angenommen werden muss. Grindel Grindel ‘ Bergrücken ’ , ist nur auf SK für Hohtenn im Gipfelnamen Grindelspitzen ‘ die Felsspitzen, die einen Bergrücken bilden ’ belegt, für die schon SK auch Kistenhorn angibt, das auf den Karten heute Chistehorn (LT), resp. Chistuhorn (1: 10000) heisst. SK hat auch Grindel (Blatten) für eine Flur, die heute als Chrindällun belegt ist (vgl. HL C HRINNA - C HRINNU ). Das HL kommt auch in BENB (1, 2, 109 s. v. Grindel) vor; dort wird es zu Grendel, Grindel (I D . 2, 757 ff.) gestellt, das eigentlich als ‘ Riegel, Querriegel, bes. Schlagbaum, Pfahlwerk ’ definiert ist, sich aber in Flurnamen nicht unter einer Bedeutung vereinigen lässt. BENB (1, 2, 110) resümiert die Deutung von H UBSCHMIED , ohne ihr zuzustimmen, und referiert Autoren, die auch ‘ Bergrücken ’ darunter verstehen. Wichtig ist, dass nur SK dieses HL kennt; die neueren Aufnahmen sind unter HL C HRINNA - C HRINNU dargelegt. Grippe Grippe f. ist der entrundete Plural zu Gruppa ‘ Hinterteil, Kreuz der Pferde, auch des Rindviehs ’ (I D . 2, 791; G R W B 11, 2472 s. v. Kruppe) (cf. HL G RUPPA ) und kaum zu schwdt. G(e)ripp(i) n. wie nhd. ‘ Gerippe, Skelett ’ , ‘ Gerippe eines Holzbaues ’ , ‘ Rippenstück ’ (I D . 6, 1194 f.) bzw. T ō te(n)g(e)ripp n. ‘ Totengerippe ’ (I D . 6, 1195) zu stellen, obwohl die Gwp. meint, dass an dieser Stelle Totengebeine gefunden worden sein sollen oder dass die Pestkranken dorthin ausquartiert sein sollen. Der Name ist eher zum Singular Totgruppen (1391, Ried-Brig) zu stellen. In Visperterminen ist neben di Todgrippe auch ts Todgrippuwierli ‘ der kleine Weiher beim Gebiet Todgrip- 373 374 Grippe <?page no="192"?> pe ’ belegt. Die Flur Todgrippe (so auch 1: 10000) befindet sich auf halber Höhe zwischen Niederhäusern und Visperterminen und ist als ‘ das dem Hinterteil von Pferden gleichende Gelände, das steil ist (? ) ’ zu deuten. Tod bezieht sich hier wohl auf die Steilheit des Geländes. Gris Gris n. ‘ Holzbahn, Holzschleif (? ) ’ ist schwierig zu deuten. Sichere Belege finden sich nur in ts Niww Gris ‘ der neue Holzschleif ’ (Ulrichen), ts Unnergris ‘ das Gebiet unter dem Holzschleif ’ (Grengiols) und der Unnergrisgrabe ‘ der Graben zum Unnergris hinunter ’ (Grengiols). Unsicher ist der historische Beleg Grýzbach ‘ der Bach beim Holzschleif ’ (1325, Ernen). Die phonetischen Schreibungen zeigen ein geschlossenes, kurzes / i/ . Das anlautende / g/ kann aus einer Vorsilbe / g(e)-/ entstanden sein. I D . kennt sowohl für Gris wie für Ris und Ge-Ris verschiedene Einträge. Wie der Name ts Niww Gris deutlich macht, handelt es sich um eine von Menschen gemachte Einrichtung. Am ehesten kommt deswegen die Deutung Ris ‘ Holzbahn, Holzschleif ’ in Frage (I D . 4, 1357), verbunden mit dem kollektiven Präfix / g(e)-/ . Grisch Grisch ist zu Gr ī sch n., wdt. Ggrischl, Ggärischil n. ‘ Geröllhalde ’ ; ‘ schmale Bodensenkung, Rille ’ (cf. I D . 2, 815; G RICHTING 1998, 92) zu stellen. Das einfache Grisch ist in Saas-Almagell vertreten, und ein Genitiv des PN Grischen in Grischen Acherlin (1479, Bürchen). Der FaN Grischig (eine kollektive / - IG / -Ableitung zu Grisch) ist zwar nirgends als FaN belegt, doch deuten die Namen auf Weiler hin, in denen Leute siedelten, die zum Namen gehörten. Das Simplex kommt meistens im Plural vor: t Grischiga ‘ der Ort, der den Grischig gehört ’ (Unterbäch, Bürchen), auch Zen Grischigen (Agarn). In Unterbäch werden auch die Obru und die Undru Grischiga unterschieden, in Agarn ist Grischigu als Bestimmungswort in Grischiguschleif ‘ der Schleif der Familie Grischig ’ vertreten. In Reckingen ist ein Grischigegg vertreten, also eine ‘ Ecke der Familie Grischig ’ . Von den historischen Belegen zien Grissinguen (1300, Eischoll) und zen Grissingen (1309, wohl zu Unterbäch) gehört der zweite zu Unterbäch (G. Z ENHÄUSERN , p. c.). Ob der FaN de Grésy (AWWB 1116), der auch als Gryssie und ähnlich erscheint, dabei eine Rolle spielt, ist unklar. Z ENHÄUSERN (1998, 229) vermutet einen Zusammenhang für Unterbäch, ist aber nicht sicher. Grischen Grischen ist nur historisch 1479 in Bürchen in Grischen Acherlin belegt; der Name wird laut Dokument als Alternative zu das Birch verwendet. G ATTLEN (2007, 34 f.) kennt in Birch Riische, wo 1479 auch ein Haus erwähnt ist; G ATTLEN bezieht sich auf das gleiche Dokument. Grischen Acherlin enthält ein kollektives (g(i)-) und ist als ‘ der kleine Acker im Gebiet Riische ’ zu verstehen. Das HL G RISCH kann aber auch als Nominalisierung zu gris ‘ grau ’ und wdt. griisch (Mattertal) ‘ grau, gräulich ’ (I D . 1, 799 f.; G RICHTING 1998, 97) gestellt werden, sodass die Bedeutung ‘ der kleine Acker des Grauhaarigen ’ gegeben wäre. Grischetu Grischetu ist in Varen als Simplex Griischetu und einmal als Bestimmungswort in Griischetugrabu belegt. T AG- MANN , Ms. 40, kennt es auch für Salgesch. Er stellt die Belege zu afkp. *krwizéta ‘ croisette ’ , also ‘ beim kleinen Kreuz ’ (cf. G PSR 4, 598 ff., FEW 1, 2, 1376 zu croisette). Das inlautende (-sch-) bezeichnet nach ihm eine spätere Entwicklung. Crisetta ist die historische Form (belegt 1610 als Criseta in Leukerbad und Crisetta (1580 u. später) in Salgesch) zu Griischetu. Grisig Grisig kommt nur vor in Grisigpass (Naters), Grisiglicka (Mund) und Grisighoru (Naters), hier phonetisch als Geriisighoru notiert, wohl mit Uminterpretation des r- Vorschlags. Es scheint, dass hier eine Kollektivbildung mit dem Zirkumfix / GI - IG / zu Ris II ‘ Schutthalde ’ (I D . 6, 1356) gemeint ist, also etwa Horn, Pass und Lücke in einem Felsschuttgebiet. Alternativ könnte eine adjektivische / - IG / -Ableitung zu Ge-Ris ‘ Schutthalde ’ (I D . 6, 1362) vorliegen. Gritschia Gritschia ist zu it. grigio Adj. ‘ grau ’ (D EVOTO / O LI 1991, 859) zu stellen. Es kommt nur im Gipfelnamen Teschta Gritschia ‘ grauer Gipfel ’ (3479 m) in Zermatt, Grenze zu Italien, vor, wo es auf der Internet-Karte als Testa Grigia und auch als Tête Grise erscheint. O LIVIERI (1965, 339) kennt den Namen, führt aber dt. Graushaupt an, das Z INSLI (1984, 441) als Groabhopt (mit Varianten) benennt; Z INSLI führt es auf ahd. grâo, grâwe (Plural) ‘ grau ’ zurück (G R W B 8, 2071 s. v. grau). Gritta Gritta f. ‘ die Beinspreizung, die Geländegabelung ’ ist zu schwdt., Gritte n f. ‘ die gespreizte Stellung der Beine; Zwischenraum zwischen den gespreizten Beinen, wie der Winkel von zwei Ästen ’ und wdt. Grittu, Ggritta, Grittärnu ‘ Beinspreizung ’ (I D . 2, 827; G RICHTING 1998, 98) zu stellen. Die Ableitung schwdt., wdt. Grittele n f. ‘ die Stelle, von der die Beine am menschlichen Körper aus- Gris 375 376 <?page no="193"?> gehen, der Schritt ’ , auch ‘ die gespreizte Stellung der Beine selbst ’ , ‘ die Stelle, wo ein Baumstamm oder Ast sich in zwei spaltet, gabelt ’ (I D . 2, 826 f.) hier bezogen auf die Geländeform als Geländegabelung, ist häufiger vertreten. Das Simplex ist nur im Plural als di Gritte ‘ die Geländegabelungen ’ (Visperterminen) vertreten. Dazu gehört di Grittmatte ‘ die Wiese beim Gebiet Gritte ’ (Visperterminen). Das Simplex der Ableitung Grittele n ist vertreten als Grittle (Blitzingen) und t Grittele (Geschinen, Reckingen), historisch auch als Grittella (1399, Ried-Brig). In Reckingen werden t Voder und t Hinner Grittele unterschieden. Dazu kommen Komposita mit dem HL als Bestimmungswort zu den Grundwörtern Bodu, Egg(a), Grabu, See, Tschugge und Zug. Die Umschreibung als ‘ Geländegabelung ’ nimmt den Vergleich mit gespreizten Beinen auf. Blosses Grit kommt als Bestimmungswort in fünf Belegen vor: zen Gryd Ouen ‘ bei den gespreizten Auen ’ (1339, Glis), die Gritflu ᵉ ‘ die gespaltene Fluh ’ (1405, Glis), Gritflu ᵉ ‘ die gespaltene Fluh ’ (1401, Naters), ts Griitfäsch ‘ das gespreizte Grasband ’ (Baltschieder) und die Grÿdt Tschúggen ‘ die gespaltenen Felsen ’ (1569 und später, Glis). Sofern die Belege nach 1500 erscheinen, kann auch Grit < Ge-rüt ‘ gerodete Fläche ’ in Frage kommen. Gritti Gritti ist nur belegt in der Grittistutz ‘ die steil ansteigende Stelle des Gritti ’ (Fieschertal). Laut Gwp. handelt es sich um den Beinamen Gritti des früheren Besitzers. Formal entspricht das HL dem schwdt. Ge-rüti ‘ gerodetes Gebiet ’ (I D . 6, 1816). Es kann aber auch zu schwdt. Gritte n ‘ gespreizte Stellung der Beine ’ und wdt. Grittu , Ggritta, Gritterna (Matteral), Gritta (Saastal), Grittärnu ‘ Beinspreizung ’ (I D . 2, 828; G RICHTING 1998, 98) in Verbindung gebracht werden. Aus dem Beleg kann das Genus nicht erschlossen werden. Gritze Gritze f. Pl. ist nur in Glis als di Gritze Pl. belegt. Wie SK zeigt, handelt es sich um ein Stück Land ohne Bebauung oberhalb von Glis. Die Gwp. ist sich offenbar nicht sicher, sagt sie doch fragend: „ zäh zu mähen? “ Die Zuordnung zum I D . ist unklar. Es kennt Gritze n f., n. ‘ dürres Reisig; kleiner Zweig; junger Keim ’ (2, 836) und Grütze n ‘ etwas Kleines, Unscheinbares, z. B. ein Häuschen, eine verkrüppelte Tanne ’ (2, 840). G RICHTING (1998, 97) kennt wdt. Grezza, Grezzä (Goms), Gräzzu (Leuk), Grezzu ‘ Zweig (dürrer), Rute ’ . Das HL G RETZ ‘ Gebüsch ’ kommt jedoch vor und zwar in Glis als ts Tangretz ‘ das Gebüsch im Tannengehölz ’ . Gritze scheint deswegen eher zu Grütze n zu stellen zu sein in der Bedeutung ‘ das kleine Stück Land ’ . Griwi Griwi ist nur einmal 1624 in Raron als auff die Grÿwÿ belegt. TGNB (2, 2, 449 s. v. Reuetaal) sagt, der Name Reuetaal werde für Terrassen grösserer Flusstäler verwendet, deutet den Namen als ‘ Jammertal ’ und lehnt die Interpretation von K RISTOL ET AL . (2005, 372, s. v. Reuenthal) ab, die den Ortsnamen auf den PN Riuwo zurückführen. In Griwi müsste man ein Präfix (g(i)-) annehmen, was einen PN ausschliesst. Der Stamm wäre dann schwdt. R ǖ w ‘ Reue ’ (I D . 6, 1876). G RICHTING (1998, 93) kennt einerseits ein Verb ggrüwwe (mit Varianten) ‘ reuig werden ’ und anderseits (163) riwwe (mit Varianten) ‘ reuen ’ . Griwi lässt sich dann als feminine Ableitung mit Präfix (g(i)-) interpretieren und meint in etwa ‘ das Stück Land, das einen reut ’ . Grob Grob n. ist in ts Grob (Törbel) belegt, wo es auch ts Ober und ts Unner Grob ‘ das obere und das untere Grob ’ gibt. Nur historisch belegt ist apud Grobun (1301, Eischoll). In den Wörterbüchern ist grob ‘ grob ’ nur als Adj. vertreten (I D . 2, 688; G RICHTING 1998, 98). In Törbel ist Grob ein Nomen mit neutralem Genus, was wohl kollektiv als ‘ das grobe Gebiet ’ zu deuten ist. Der in der deutschen Schweiz weit verbreitete FaN Grob (F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ 2, 714 ff.) ist für das Wallis nicht belegt. Grogrü Grogrü n. ‘ der grosse Graben ’ ist nur belegt in ts Grogrü (Varen). Historische Belege fehlen; es handelt sich aber wohl um eine ursprünglich romanische Konstruktion: ein attributives Adjektiv gros ‘ gross, dick ’ (M EYER 1914, 56; T AGMANN 1946, 10) zu einem Nomen Grü ‘ Graben ’ (< frpr. crou ‘ creux, fosse ’ (T AGMANN 1945, 15) ist als Grüü n. ‘ Graben ’ in Leukerbad belegt (vgl. auch R. G RICHTING 1993, Blatt 9, Nr. 9 und Blatt 14, Nr. 33 als Grü) (cf. HL G RÜÜ ). Gromels (PN) Gromels (PN) ist nur 1430 belegt als Gromels Matta ‘ die Wiese des Gromel ’ (Leuk); der Beleg ist unsicher und könnte auch zu Steg gehören. Gromels ist ein Genitiv Singular zu einem PN Gromel, der sonst für unser Gebiet nicht belegt ist. Gröös Gröös m. ist zweimal belegt als Gröös und der Gröös (beide Zwischbergen). J ORDAN (2006, 298) kennt Ggröös und die bei uns nicht belegte Ggröössiita ‘ die Gröös- 377 378 Gröös <?page no="194"?> Seite ’ , die früher (bis 1950) gemäht wurde. Es ist zu crös ‘ Höhle ’ zu stellen (P ETRINI 1993, 95 s. v. crös), das seinerseits auf kelt. * KROSU ‘ Höhle ’ zurückgeführt wird und auch zu frz. creux ‘ ausgehöhlt; Höhlung ’ zu stellen ist. Wie J ORDAN (2006, 298) schreibt, handelt es sich um einen Graben, dessen Wasser über eine gewaltige Felswand in die Gondoschlucht hinabfällt. Grooss Grooss ‘ gross ’ Adj. ist zu schwdt., wdt. gr ō ss ‘ gross ’ , mhd. gr ō z, öfters als attributives Adjektiv im Gegensatz zu klein (I D . 2, 803 f.; BENB 1, 2, 116; G RICHTING 1998, 9) zu stellen. Das HL kommt in rund 380 Namen vor. In den meisten Belegen ist es attributives Adjektiv, manchmal flektiert. Der häufigste Typ ist der Gross Stei oder di Grossu Steina mit über 40 Belegen, wobei auch komplexere Bildungen wie di Grosssteihaalta ‘ die Halde beim Gross-Stein (Weiler von Hegdorn) ’ (Naters) oder di Grosssteiüowenner ‘ die Magerwiesen im Gebiet mit grossen Steinen ’ (Embd) vorkommen. Weitere häufig belegte Substantive sind Acher (19 Belege), Hooru (18 Belege), Matta (15 Belege), Wang (15 Belege), Grabu und Gufer (je 12 Belege) und Schluocht (10 Belege). Weitere sind: Ab, Äbi, Alaliin, Alpa, Altana, Arsch, Bann, Biel, Bietsch, Biina, Binn, Blatta, Bleicka, Bodu, Brunnu, Bäärg, Chaschtel, Chella, Cheer, Chumma, Costergium, Crosum, Dili, Egg(a), Eie, Esch, Flüö, Furgga, Fura, Färich, Gartu, Gasner (FaN), Glischer, Grund, Gufer, Haalta, Höupt, Hilla, Hitta, Hooru, Hubel, Huwwez, Kanaal, Kapälla, Lamma, Läicha, Lerch, Licka, Los, Lischa, Löüb, Löuwina, Läger, Müra, Mitt-, Moos, Müra, Pletscha, Putz, Räbe, Rigg, Riss n., Ritz, Rufina, Rüüs, Saass, Schandarm, Schild, Schiir, Schleif, Schnitta, Schnüär, Schuss - Schutz, Schwung, See, Stadel, Stafel, Stall, Stelli, Stock, Strich, Stüde, Tola, Triel, Trog, Ture, Twära, Tunnel, Wald, Wang, Wanna, Wasser, Weid, Wickert, Wier, Wiescht, Wild und Zälg. Auch hier gibt es komplexe Formen, auf die nur hingewiesen wird. Einen besonderen Fall bilden die Gipfelnamen, wo oft einem Simplex ein Groos- und ein Chlei- / Chliigegenüberstehen, z. B. Huwetz, der Gross Huwez, der Chlei Huwez (alle Termen); ähnliches gilt von Gletschernamen. Einen zweiten Sonderfall stellen Baumnamen dar wie zum Grossu Leerch ‘ bei der grossen Lärche ’ (Staldenried), zem Grossen Eesch ‘ bei der grossen Esche ’ (Kippel, Wiler), beÿm Grossen Núsbaúm (1663, Eggerberg) und andere. Die elliptisch gebrauchten Simplexbildungen (Grossen, Grossu, Grossa u. ä.) bezeichnen in der Regel Wasserleiten, ausgenommen Grossen (1548, Visp), welches dem historischen Beleg nach (vnum cum dimidio sectorio prati situm sub villa vespie cui (dicitur) in der grossen) entweder eine Wiese oder eine Aue meinte. Beim Beleg ts Grossmeiersch Hüs (Baltschieder) handelt es um das Haus des Grossmeiers (Amtsbezeichnung, kaum FaN). Bei der Grossmüeterrigg ‘ der Rücken der Grossmutter ’ (Oberwald) ist wohl ein Felsrücken gemeint, der so gektümmt ist, wie der Rücken einer alten Frau. In komplexeren Fällen wie z. B. di Gross Ahoruschlüocht ‘ die grosse Geländeeinbuchtung beim Ahorn ’ (Glis) bezieht sich das attributive Adjektiv normalerweise auf das Grundwort; im genannten Fall gibt es auch t Chlei Ahoruschlüocht ‘ die kleine Geländeeinbuchtung beim Ahorn ’ (Glis). Zum FaN Grossen cf. HL G ROSSEN (F A N). Grossen (FaN) Grossen (FaN) ist zum FaN Grossen, alte, ausgestorbene Familie des Bezirks Westlich-Raron (AWWB 118) zu stellen. Das HL kommt nur als Bestimmungswort vor. Das Simplex ist in ts Grossu(n) Gässi ‘ die kleine Gasse, in der die Familie Grossen wohnte ’ (Raron) belegt. Hierzu gehört auch ts Grossuhüs ‘ das Haus der Familie Grossen ’ (Glis). Eine kollektive / - IG / -Ableitung im vorangestellten Genitiv Plural erscheint in jn Grossigo Achren ‘ in den Äckern der Familie Grossen ’ (1644, Ausserberg), in Grossigo Kromun Acher ‘ im Acker beim Kromen (eingezäuntes Stücke Wiese) der Familie Grossen) (1628, Ausserberg), in Grossigo Baumgarten ‘ im Baumgarten der Familie Grossen ’ (1635, Naters) und in Grossigo Haús ‘ im Haus der Familie Grossen ’ (1761, Bitsch). Unklar bleibt der Beleg in Grossilen Boden ‘ im Boden der Familie Grossil ’ (1772, Birgisch). Ein FaN Grossilten ist 1449 in Naters belegt, ebenso 1449 Gro ᵉ ssiltingen, wobei hier wohl ein Gut der Familie Grossilten gemeint ist. Da wir sonst über keine Belege verfügen, wird Grossil unter Vorbehalt zu Grossen gestellt. Grotte (rom.) Grotte ‘ Grasflecken ’ ist als frpr. Name nur belegt in t Kchrotte ‘ die Grotte ’ (Albinen; FLNK Chrotte); M ATHIER (2006, 17) kennt es als Krotte; LT hat sowohl Krotte wie Chrotte. Die historischen Belege zeigen 1540 eÿs crochte, 1602 ÿ crotte, ebenso 1662, danach Krotte und Grotte. Der älteste Beleg legt ein lat. CR Ŭ STA ‘ Kruste ’ (FEW 2, 1371; G PSR 4, 614 s. v. croûte) nahe; es liegt ein Plural vor. Ein Beleg von 1731 hat grotte ‘ Grotten ’ , doch passt das nicht zum ältesten Beleg. G PSR gibt an der angegebenen Stelle u. a. auch Bed. 7. 1. „ Corniche herbeuse au milieu d ’ une parois de roches (VMaréc[ottes], Finh[aut]), petit morceau de pré ou de champ au milieu de rochers (Finh [aut]) “ , also etwa dt. ‘ Grasflecken ’ . Ein Bezug zu la grotte Grooss 379 380 <?page no="195"?> ‘ die Grotte ’ liegt nicht vor (trotz B OSSARD / C HAVAN 2006, 38). Grotte Grotte f., auch Grotta ‘ Grotte ’ ist weder im I D . noch bei G RICHTING (1998) verzeichnet. Es gehört zum hdt. Grotte f. ‘ Grotte, Felsenhöhle von geringer Tiefe ’ (< it. grotta nach K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 377). Belegt sind bi der Grotte ‘ bei der Grotte ’ (Oberwald), wo eine Statue der in Lourdes erschienenen Jungfrau Maria in einer Grotte aufgestellt ist, t Grotte ‘ die Grotte ’ (Reckingen) mit gleicher Motivation, Eisgrotte ‘ Eisgrotte (künstliche Grotte im Gletschereis beim Hotel Belvedere) ’ (LT, Oberwald) und di Gletschergrotta ‘ die Grotte im Gletscher (früher Eishöhle bei einem Restaurant) ’ (Saas-Fee, LT Gletschergrotte). Grotze Grotze m. ist zu schwdt. Grotze n f. ‘ junge Tanne, unregelmässig gewachsene, kleine, verkrüppelte, abgestorbene, dürre Tanne; wilde Tanne mit vielen Ästen; Wettertanne; Rottanne; wilder, gesträuchartiger Baum ’ (I D . 2, 837; BENB 1, 2, 117; URNB 2, 73) zu stellen. Das Genus scheint im Oberwallis Maskulin zu sein; so gibt C. S CHMID (1968, 175) als älteren Plural Grotzna m. G RICHTING (1998, 92) erwähnt wdt. Ggrozz, Ggrozzä (Goms), Ggrozza (Mattertal), Ggrozzn (Lötschtal) als Maskulin ‘ Baum (verkümmerter), Holzstück (kleines) ’ (weitere Bedeutung nicht einschlägig). Das Simplex erscheint nur im Plural t Groze ‘ die kleinen Bäumchen ’ (Münster, Reckingen). Einen Diminutiv weist ts Grozji ‘ das kleine Gebiet mit kleinen Bäumchen ’ (Grächen) auf. Als Grundwort erscheint das HL in zweigliedrigen Komposita Mittelgrotza (FLNK, Randa; LT Mittelgrotzen), wozu die beiden Namen der Gross Mittelgrotza und der Chlei Mittelgrotza gehören, zwei Felsen im Gebiet Mittelgrotza, das nur ganz schwach bewaldet und im Wesentlichen eine Schafweide ist. bis an den Mittelgrotzen (1653, Visperterminen) ist nur historisch belegt, aber sicher maskulin. Unsicher ist der Beleg t Nesselgruze (Ulrichen, FLNK hat Nesselgroze), das einen Wald kleiner Bäumchen beim Gebiet Nessel meint. Sehr unsicher ist der Beleg Grútzingo Halbhu ᵉ ba ‘ die Halbhube der Leute vom Grutz / des Grutz ’ (1328, Visp); es handelt sich um einen Genitiv Plural des kollektiven / - ING / -Suffixes, also entweder einen Herkunftsnamen oder einem FaN. Da z. B. in Visperterminen 1412 Grutz für ‘ Kreuz ’ vorkommt, kann auch letzteres gemeint sein. I D . (2, 839 ff.) kennt mehrere Lemmata Grütz und Grützen, die aber kaum in Frage kommen. Gröüchu Gröüchu ist nur belegt in ts Gröüchuschiirli (Raron). Während das Grundwort Schiirli ‘ die kleine Scheuer ’ leicht deutbar ist, bietet Gröüchu Schwierigkeiten. Es scheint sich um ein seltenes starkes Partizip Passiv eines sonst schwachen Verbums röüche, röüchä (Goms), röichu (Mattertal), roichun (Lötschtal), röüchu ‘ rauchen, Dampf entsenden ’ (G RICHTING 1998, 164), resp. rauche n ‘ Rauch entwickeln, von sich geben ’ (I D . 4, 99) zu handeln, das sich zusammen mit Schiirli als ‘ die vom Rauch geschwärzte kleine Scheuer ’ deuten lässt. Laut Gwp. befinden sich heute dort Reben; LT zeigt dort heute einen kleinen Platz mit einem Gebäude. Grüeba Grüeba ‘ Grube ’ f. ist zu schwdt. Grueb (e) f. wdt Grüeba, Grüäba (Goms), Grüebu (Saastal), Gruäba (Lötschental), Grüöbu ‘ Grube, Graben, Mulde, Abgrund, Vertiefung, Delle; Bodenvertiefung, kesselförmige Talerweiterung, Mulde ’ (I D . 2, 692 f. (Bed. 6); Z INSLI 1945, 321; BENB 1, 2, 120; URNB 2, 74 f.; G RICHTING 1998, 98) zu stellen. Das Lemma kommt in rund 200 Namen vor. Die Formenbildung ist komplex, weil Palatalisierung (von / ue/ zu / üe/ , mit unterschiedlicher Realisierung) und Umlaut mit Entrundung (von / üe/ zu / ie/ mit unterschiedlicher Realisierung) eine Rolle spielen. Vereinfacht steht dem Singular Grüeba der Plural Grüebe, den diminutiven Singularen Grüebi und Griebji die Plurale Grüebini und Griebjini entgegen. Historisch sind auch Gruoba und Gruoben für das Simplex belegt. Eine Ableitung auf - LA mit Palatalisierung von / l/ liegt in Griebja, Plural Griebje vor. Diese Ableitung hat kollektiven Charakter ( ‘ das Gebiet mit Gruben ’ ), ebenso wie ts Grüeb n. (Grengiols, Leukerbad). Die Zahl der Simplizia ist hoch - rund die Hälfte aller Belege; häufig sind sie mit Präpositionen wie in und uf verbunden. Singulär ist der Grüebu m. (Ergisch). Attributive Adjektive zu Grüeba sind die Giltsteinini Gruben ‘ die giltsteinhaltige Grube ’ (1682, Zeneggen), t Hinner Grüebe (Geschinen), t Indrun Gruäbä (Blatten), Mittelgrüebe (Geschinen), der Mittluschte Grüebu (Ergisch), t Obru Grüebe (Täsch, Zeneggen), der Obruschte Grüebu (Ergisch), jn der Tieffen Gru ͦ ben (1581, Ferden), t Uistrun Gruäbä ‘ die äusseren Gruben ’ (Blatten), t Undru Grüobe (Täsch, Zeneggen), t Voder Grüebe (Geschinen, Münster), die Wilde Gruben (1716/ 17, Glis). Die meisten Adjektive sind relative Lagebezeichnungen. Ein Partizip Präsens enthält Fillundgrüeba ‘ die zu füllende Grube (Abwasser) ’ (Täsch, FLNK): Als Grundwort ist Grüeba mit seinen Varianten verbunden mit Tiernamen - entweder als Falle (Wolfgrüeba) oder als Lebensraum (zer Hasengrubun (1638, Stalden- 381 382 Grüeba <?page no="196"?> ried)). Neben Wolfgrüeba mit elf Nennungen und mit Erweiterungen wie bis zuo der althun Wollffgruobu ᵕ n (1588, Staldenried) kommen vor: die Bärugrüeba ‘ die Bärengrube ’ (Visp), in den Fúx Grúben (1770 u. früher, Naters) und t Schlangugrüeba (Täsch, Zermatt). Sehr häufig ist eine Gruppe von Bezeichnungen mit Materialien, die aus einer Grube stammen: Cholgrüebe ‘ die Gruben, wo Kohle gebrannt wurde ’ (Oberwald und mehrfach), ehemalige Erzgruben (LT, Grengiols), in der Gildgru ᵕ ben ‘ in der Grube mit Giltstein (Ofenstein)) (1729, Visp, mehrfach auch lebendig), t Iisegrüebe ‘ die Eisengruben ’ (Binn), t Kalchgrüebe ‘ die Kalk-Gruben ’ (Oberwald), t Leimgruäbä ‘ die Lehmgruben ’ (Blatten, ähnlich Grächen und Salgesch), Mineraliengrube (Binn, Grube im Lengtal), Ofegrüebe ‘ Grube mit Ofenstein (Giltstein) ’ (Oberwald und mehrfach), t Sandgrüebe ‘ die Grube mit Sand / beim Sand ’ (Biel und öfters), vff der Silber Ertz Gru ᵕ ben ‘ auf der Silbererz-Grube ’ (1586, Naters), t Straalgruäba ‘ die Grube mit Bergkristall ’ (Ferden) und Talggrüeba ‘ die Grube mit nasser, weicher Erde ’ (Stalden, FLNK). Während Fleeschgruäbä ‘ die Gruben mit Wasserstellen ’ (Blatten) hierzu gehören kann, ist Fleischgruäbä (Blatten) am gleichen Ort wohl eine Umdeutung des nicht mehr verstandenen Fleesch (cf. HL F LESCH ). Komplexere Formen weist etwa di Griebjini der Unner Stafil ‘ der untere Stafel der Alpe Griebjini (kleine Gruben) ’ (Oberems) auf; sie sind selten, auch jene vom Typ t Lengbachgrüeba ‘ die (Mineralien-)Grube am Lengbach ’ (Binn). Grüeba als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita vom Typ der Gruäbustutz ‘ der Anstieg / Abhang bei Gruäbä (Gruben) ’ (Blatten) sind eher selten belegt. Grundwörter mit verschiedenen Varianten von Grüeba sind Acher, Bach, Bodu, Cheer, Egg(a), Gassa, Gletscher, Hooru, Lerch, Matta, Schleif, Schluocht, Schnitta, See, Stadel, Stutz, Tal, Tola, Wald und Wasser. Komplexere Konstruktionen sind Grüobchalbärspitz ‘ die spitz zulaufende Weide für die Kälber beim Weiler Grüobu (Gruben) ’ (Oberems), ts Grüobtagfäld ‘ die Weide tagsüber der Alpe Grüob ’ (Ergisch, Oberems), dr Chollgruebuschleif ‘ der Schleif bei der Chollgruebu (Kohlengrube) ’ (Kippel) und die Gru ᵕ ebwasserleita ‘ die Wasserleite von / zu der Grube ’ (1653, Raron). Grüeber (FaN) Grüeber (FaN) ist zum FaN Gruber (schwzd. Grueber, entrundet Grieber) zu stellen, einer der ältesten Familien des Nikolaitales, die auch in Lötschen und Steg verbreitet war (AWWB 119). Vier Belege zeigen einen vorangestellten starken Genitiv: Gruäberschloch ‘ das Loch der Familie Gruber ’ (Wiler), Grubers Wasserleite ‘ die Wasserleitung der Familie Gruber ’ (1604 u. später, Visperterminen), ts Grüebersch Wasu ‘ der Wasen der Familie Gruber ’ (Törbel) und ts Grüebersch Wildi ‘ das unfruchtbare Gebiet der Familie Gruber ’ (Goppisberg). Ein Beleg ist ein Kompositum mit dem FaN als Bestimmungswort: Gru ͦ bermatta ‘ die Wiese der Familie Gruber ’ (1406, Turtmann). Statt des FaN kann auch ein Herkunftsname zum HL G RÜEBA ‘ Grube ’ gemeint sein. Grüese Grüese ist in di Grüese (Ausserberg, auch LT und FLNK) belegt. Unklar ist, ob es sich um einen Singular oder einen Plural handelt. Der Name ist zu Gruese n (I D . 2, 813; RN 2, 421) zu stellen, hier wohl einfach in der Bedeutung ‘ kurzes, dichtes Gras ’ . Es erscheint aber auch in einer Ableitungsform auf / - ERRA / (S ONDEREGGER 1958, 471 ff.) lebend als Grüäsmärrä (Steg, auch FLNK), hier wohl Plural. Die historischen Belege haben 1705 in der Gruoseren, 1742 in den Gruesnerren usw.; / m/ erscheint erst in den heutigen Formen. Auf SK ist an der Stelle ein unbebautes Gebiet zu sehen, auf dem viel junges, grünes Gras wuchs. Beide Flurnamen gehen laut I D . (2, 813) auf ahd. gruoen, mhd. grüjen ‘ grünen ’ mit / - N / -Ableitung zurück. Grüess Grüess m. ‘ Gruss ’ ist zu schwdt. Gruess m., wdt. Grüess, Gruäss, Grüoss m. ‘ Gruss ’ (I D . 2, 812; G RICHTING 1998, 66) zu stellen. Das HL kommt hauptsächlich als Englisch Grüess ‘ der Gruss des Engels ’ , das sich auf L K 1, 28 bezieht, wo der Engel Gabriel Maria begrüsst; dieser Vers ist zugleich der erste Teil des Ave Maria (I D 1, 335; G RICHTING 1998, 66), das traditionell beim Läuten des Angelus gebetet wurde. Der FlN kommt in Baltschieder, Binn, Bürchen, Glis und Visp vor. Mit Ausnahme von Visp befinden oder befanden sich dort Kapellen oder Bildstöcke. Vereinzelt ist der Beleg der Grüesstadil ‘ der Gruss- Stadel ’ (Agarn), bei dem sich ein Kreuz befand, das durch das Abnehmen des Hutes gegrüsst worden sei (laut Gwp.). Unsicher ist der Beleg zúm Neúen Grús ‘ beim neuen Gruss ’ (1717, Embd), wo unter Umständen ein anderes HL (z. B. Rüüs) vorliegt, doch kann aus dem einzelnen Beleg nichts Weiteres geschlossen werden. Grumela Grumela f., auch Grummela, kommt als Simplex in Grengiols und Ausserbinn vor; erwähnt ist es auch für Ernen als Grummellen (1531), vermutlich identisch mit dem Beleg in Grengiols, wo es auch als Bestimmungswort in der Form Grumele / Grummele zu Schluocht und Grüeber (FaN) 383 384 <?page no="197"?> Wald vorkommt. G RICHTING (1998, 98) kennt Grummälu für die Leuker Berge als ‘ Brotrest ’ und bestätigt damit I D . (2, 734, s. v. Grummele n ). Vermutlich ist die Form des Brotrestes für den Flurnamen verantwortlich. Den ähnlichen Namen Grumel führt NWNB (2, 945) auf ein lat. GRUMUS ‘ Erdhaufen, Hügel ’ mit dem Suffix / - ELLU / - ELLA / zurück. Im Goms dürfte eine romanische Ableitung dieses Typs eher unwahrscheinlich sein. Ob die Andeutung im I D ., Grummele n auf Krume zurückzuführen, als Erklärung taugt, sei dahingestellt. Grumpul Grumpul ist zweimal als Bestimmungswort in di Grumpulheeji ‘ die Höhe mit (Stein-)Gerümpel ’ und di Grumpulsetz ‘ die Felsabsätze mit (Stein-)Gerümpel ’ (beide Saas-Balen) belegt. Das HL ist zu schwdt. G(e)rümpel (wohl zur Bedeutung 3) ‘ Unordnung, Durcheinander; durcheinandergeworfener, alter, verlegener Hausrat, Werkzeug; Plunder, Trödelkram ’ , mhd. gerümpel n. (I D . 6, 943 ff.) zu stellen, hier wohl als ‘ (Stein-)Gerümpel ’ zu verstehen. G RICHTING (1998, 92 s. v. Ggrumpl, Ggrumpäl (Goms), Ggrumpul (Mattertal), Ggärumpil) kennt nur ‘ Lärm, Krach ’ . Gwp. spricht von „ allerlei wertloses Zeug (Abfall) “ . Grund Grund m. ist zu schwdt., wdt. Grund m., Pl. wdt. Grind auf die Landschaft bezogen ‘ Talgrund, -sohle, Niederung, Ebene ’ , auch ‘ Boden ’ (I D . 2, 772 f.; Z INSLI 1946, 321; BENB 1, 2, 122 f.; URNB 2, 84 f.; G RICHTING 1998, 98) zu stellen. Es ist in rund 180 Flurnamen belegt. Das Simplex im Singular erscheint als Grund ‘ der Grund ’ (FLNK u. LT, Blatten; LT, Gampel; FLNK, Raron), der Grund (Glis; Ried-Brig; Täsch, FLNK u. LT Grund), im Grund ‘ im Grund ’ (Blitzingen, Niederwald, Saas-Grund, Wiler), im Grund ‘ im Grund (wohl Wohnort des Peter Schröter) ’ (1576, Agarn), jm Grundt ‘ im Grund ’ (1631 u. später, Stalden; 1733, Turtmann) und andere. Unsicher ist die historisch belegte Schreibung Grun (1692, Ulrichen). Eine halb latinisierte Form ist in de Grunde ‘ vom Grund ’ (1391, Naters) belegt, wo ein dt. Grund mit einem lat. Ablativ verbunden wurde. Der Plural des Simplex ist sehr selten belegt: di Grind ‘ die Gründe ’ (Saas-Grund; FLNK ine Grinu), Gründen ‘ die Gründe ’ (SK, Baltschieder), in den Grinden (1703, Ausserberg), vgl. aber hierzu auch HL G RIND . Die frühere Gemeinde Gründen (gespr. Grinda) war bis 1922 selbständig und wurde dann zu Ausserberg überführt (P H . K ALBERMATTER in https: / / hls-dhs-dss.ch/ de/ articles/ 00330 4/ 2007-6-26/ [26.05.2021; IW]). Die Gemeinde lag auf dem Gebiet von Baltschieder, wurde aber Ausserberg zugeteilt. In verschiedenen Formen vertreten ist der Singular des Diminutivs: ts Grindji ‘ der kleine Grund ’ (Gampel, Oberems, St. Niklaus, Stalden (zweimal), Staldenried), im Grindji (FLNK, Zeneggen), im Gringji ‘ im kleinen Grund ’ (Brig), ts Grinndji (Embd), ts Gringji (Ried-Brig), jm Grinnÿ (1829, Leukerbad), das Grundgi (1512 u. später, Visp), ts Grundle (Blitzingen). Die Formen erklären sich aus vier phonologischen Prozessen: Entrundung / ü/ > / i/ , Assimilation / nd/ > / nn/ , Palatalisierung / l/ > / j/ , Assimilation / nd/ vor / j/ > / ŋ / vor / j/ . Plurale des Diminutivs sind: jn den Grindginen (1620, Visperterminen), di Grindjini (Täsch, zweimal), Mit attributiven Adjektiven finden sich: jm Alten Grundt ‘ im alten Grund ’ (1573, Eyholz), der Änner Grund ‘ der jenseitige Grund ’ (Baltschieder), der Gross Grund (Baltschieder, Lalden, Visp), in den Nidern Grv ᵢ nde (1306, Lalden; Konstruktion unklar), der Nider Grund (Niedergesteln, Raron), im Neiwen Gru ᵕ ndt ‘ im neuen Grund ’ (1677, Raron), Obergrund (FLNK, Steg; 1789 (? ) im Oberen Grund), sampt dem Vsseren Grindgi ‘ samt dem äusseren kleinen Grund ’ (1706, Stalden), der Wiiss Grund (Brigerbad), im Wilden Grúnd (1824, Gampel), im Wilden Grúndt (1705, Glis), ts Wilt Grindji (Turtmann, FLNK Wildgrund, 1398 Viltengrund). wild ist normalerweise ‘ unbebaut ’ oder ‘ unfruchtbar ’ . Vorangestellte Genitive kennzeichnen meist den Besitzer: in Bilgischero Grund ‘ im (Tal-)Grund der Familie Bilgischer ’ (1716, Visp), in Dichtilen Grúndt ‘ im Grund der Familie Benedikt ’ (1716, Visp), in Eychero Grundt ‘ im Grund der Leute vom Eich / der Familie Eicher ’ (1714, Lalden), in Eÿschlerro Grund ‘ im Grund der Leute von Eischoll ’ (1651, Eischoll; 1651, Niedergesteln), ts Emilsch Grund ‘ der Grund des Emil ’ (Baltschieder), der Gamsnergrund ‘ der Grund bei Gamsen ’ , Giescherrungrund ‘ der Grund der Leute von Giesch ’ (Niedergesteln, ev. ist Gäsch gemeint), ts Gregoorisch Grund ‘ der Grund des Gregor (heute ts Perrigsch Grund) ’ (Brigerbad), der Gurtugrund ‘ der Grund der Familie de Courten ’ (Vispk), der Jesuitergrund ‘ der Grund des Ordens der Jesuiten ’ (Glis), in Kronügsgrund ‘ im Grund der Familie Kronig ’ (1599, Baltschieder), in Kúmmers Grúndt ‘ im Grund der Familie Kummer ’ (1697, Baltschieder), beÿ Maffien Grund ‘ beim Grund der Familie Maffien ’ (1667, Baltschieder), ts Manngisch Grund ‘ der Grund der Familie Mangisch ’ (Visperterminen), der Mariluwis Grund ‘ der Grund der Marielouise ’ (Baltschieder), der Massonigrund ‘ der Grund der Familie Massoni ’ (Baltschieder), Michligo Grund ‘ der Grund der Familie Michlig / der Leute des Michel ’ (1629, Baltschieder), ts Perrigsch Grund ‘ der Grund der Familie Perrig ’ (Brigerbad), der Petersgrund ‘ der Grund des Peter ’ (Visp), ts (e)Rubisch Grund ‘ der Grund der Familie Rubi ’ (Baltschieder), der Schniidrigungrund ‘ der Grund beim 385 386 Grund <?page no="198"?> Weiler Schnidrigu (bei der Familie Schnidrig) ’ (Niedergesteln), in Schuomachrigo Grund ‘ îm Grund der Familie Schumacher / der Leute des Schuhmachers ’ (1564, Eyholz; 1643, Raron), in Triegerro Grúndt ‘ im Grund der Familie Zen Triegen ’ (Niedergesteln), des Truffers Gru ᵕ ndt ‘ das Gebiet im Talgrund der Familie Truffer ’ (1562, Brigerbad), Waaltschungrund ‘ der Grund des Waaltschun (unklar) ’ (Hohtenn), dr Waldsch Grund ‘ der Grund (Talboden) der Familie Walden / Waldin ’ (Niedergesteln). Einige Konstruktionen auf / - ER / , die auf einen Genitiv Plural / - ERO / zurückgehen, werden (sofern noch nicht erwähnt) nachgetragen: im Balziedergrúndt ‘ im Grund von Baltschieder ’ (1709, Baltschieder), der Chritsergrund ‘ der Grund (Grundstück im Talboden) der Familie Kreuzer ’ (Visp), der Eischlergrund ‘ der Grund der Leute von Eischoll (füherer Besitz? ) ’ (Brigerbad), der Leiggergrund ‘ der Grund der Leute von Leuk (südlich des Rotten) ’ (Leuk), Schallengru ᵕ nd ‘ der Grund der Familie Schaller ’ (1860, Eyholz), im Stegergrúnd ‘ im Grund (wohl Rottenebene) der Leute von Steg ’ (1707 u. später, Steg). Bei den zahlreichen Belegen zum HL G RUND als Grundwort sind zunächst Pflanzen erwähnt: der Birchugrund ‘ der (Tal-)Grund mit Birken ’ (Raron, FLNK Birchugrund), der Chleegrund ‘ der Talboden, wo Klee wächst ’ (Brigerbad, zweimal), Eschigrund ‘ der Grund (Rottenebene) mit Eschen) ’ (Baltschieder), der Faggsugrund ‘ der Grund (Talboden) mit Borstengras ’ (Brigerband), jm Massotero Grundt ‘ im Grund der Leute vom Ahorngehölz ’ (1570, Baltschieder; 1599 jn Massolters Gründgÿ), des Rohren Grúndts ‘ der Grund (Ebene) beim Röhricht ’ (1681, Steg), der Stüdugrund ‘ der Grund (Talboden) mit Stauden ’ (Brigebad). Viele andere Belege beziehen sich auf nahegelegene Fluren: der Bielgrund ‘ der Grund beim Biel (Hügel) ’ (Glis), der Chrizigrund ‘ das Grundstück im Talboden beim kleinen Kreuz (wohl Weiler zum Kreuz) ’ (Lalden), der Faldumgrund ‘ der Grund (beim Faldumbach) der Faldumalp ’ (Ferden), im Gampellgrúnd ‘ im Grund von Gampel ’ (1757 u. später, Gampel), jm Göstilgrundt ‘ im Grund von (Nieder-)Gesteln ’ (1625 - 1678, Niedergesteln, 1696 u. später im Gestillgrúndt), der Gletschärgrund ‘ der Grund (ebene Fläche) der Gletscheralp ’ (Blatten), der Litternagrund ‘ der Grund im Gebiet mit Schwemmsand (heute überbaut) ’ (Visp), der Radgrund ‘ der Grund beim Gebiet Rad (radförmiges Gebiet, in Brigerbad) ’ (Lalden, FLNK Radgrund) und andere mehr. Komplexere Konstruktionen sind Bilder Aker Gru ᵕ nd ‘ der Grund beim Bilder-Acker ’ (Brigerbad), der Büüchhüsgrund ‘ der Teil des Talgrundes, wo das Waschhaus stand ’ (Brigerbad), in superiori Gampelgrundt ‘ im oberen Grund von Gampel ’ (1720, Gampel), der Taleiugrund ‘ der Grund (Rottenebene) bei der Taleia (Aue beim Tal) ’ (Baltschieder), im únteren Túrtig Grúnd ‘ im unteren Turtiggrund (Rottenebene bei Turtig) ’ (1803, Niedergesteln). Das HL tritt als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern auf: Acher, Alpa, Bäärg, Biel, Brigga, Egg(a), Eie, Fura, Gassa, Matta, Ritz, Sand, Satz, See, Sol, Stalde, Stapfa, Stei, Viertel und Wald. Komplexer sind: der Fooder und der Inner Grindjiwald ‘ der vordere und der innere Teil des Waldes unter der Alpe Grindji (kleiner Grund) ’ (Oberems), ts Grindji der Unner Stafil ‘ der untere Stafel der Alpe Grindji (kleiner Grund) ’ (Oberems), Grindji Oberstafel ‘ der Oberstafel der Alpe Grindji (kleiner Grund) ’ (FLNK u. LT, Oberems), ts Grindjtagfäld ‘ das Tagfeld (Weide tagsüber) der Alpe Grindji (kleiner Grund) ’ (Oberems), der Gross(grund)kanal ‘ der Kanal im grossen Grund (Rottenebene) ’ (Raron), der Grossgrundkanal ‘ der Kanal im grossen Grund ’ (Visp, FLNK Grossgrundkanal), der Grundacherwald ‘ der Wald beim Grundacher (Acker im Grund) ’ (1745, Eyholz), Grumpillmatton ‘ die Wiese beim Grundbiel (Hügel im Grund) ’ (1399, Glis) (es scheint sich hier um eine Erstbetonung mit Verkürzung des Nebentons zu Grundbüel (im Dokument erwähnt) zu handeln; eine Entrundung im strengen Sinn ist 1399 noch nicht zu erwarten), im Gru ᵕ nd zu ᵕ m Badt ‘ im Talgrund beim Brigerbad ’ (1669, Brigerbad). Eine Ableitung auf / - ER / (S ONDEREGGER 1958, 525 ff.) findet sich in agros Gründerro ‘ den Äckern der Leute vom Grund ’ (1615, Visperterminen), Grunderro Wasserleiton ‘ die Wasserleitung der Leute vom Grund ’ (1715, Termen), Grunder Färig ‘ der Pferch der Leute von Saas- Grund ’ (FLNK, Saas Grund) ’ , der Gruneru Biz ‘ das kleine Stück Alpe der Leute von Saas Grund ’ (Saas-Almagell), Grunneru Hitte ‘ die (Alp-)Hütten der Leute aus Saas- Grund ’ (Saas-Almagell), Grunneru Stafel ‘ der Stafel der Leute von (Saas)-Grund ’ (Saas-Almagell). Die Formen sind Genitive im Plural; nur der Beleg Grunder kann auch als Adjektiv gedeutet werden. Einen Diminutiv hierzu weist jm Grúnderli ‘ im kleinen Grund ’ (1679 (ca.), Glis) auf, wobei unklar ist, ob ein Diminutiv auf / - ERLI / vorliegt oder eine Diminutiv zu Grunder. Der Kontext gibt darüber keine Auskunft. Gruonach (FaN) Gruonach (FaN) ist ein FaN , der historisch in Mund belegt ist (J OSSEN 1989, 74 als Grunach (Gruonach)). Der einzige Beleg lautet jn sorte Gru ͦ nacho ‘ im Los der Familie Gruonach ’ (1463, Mund); in sorte ist lateinisch. Gruonach (FaN) 387 388 <?page no="199"?> Gruonz (FaN) Gruonz (FaN) ist ein FaN, der in zu ᵕ Gru ᵕ onzen Haús ‘ beim Haus der Familie Gruonz / des Gruonz ’ (1736, Naters) und Grüenzuhüs ‘ das Haus der Familie Gruonz / des Gruonz ’ (Birgisch) im Genitiv belegt ist. Der Name ist sonst nicht dokumentiert, auch nicht bei J OSSEN (1986). Es kann sich auch um einen PN handeln, der so nicht belegt ist. Grüper Grüper ist laut Gwp. der Übername einer Familie Michlig, weil sie immer im Dorf wohnte. Das HL ist zu schwdt. Grûper (wörtlich: ‘ Kauernder ’ , aber auch ‘ Zwergbohne ’ ) zum schwdt. Verb grûpe n ‘ kauern ’ (I D . 2, 798 ff.) und zu wdt. Ggrüpper, Ggrüppär (Goms), Gruippär (Lötschental) (wörtlich: ‘ Kauernder ’ , aber auch ‘ Buschbohne ’ ) zum Verb ggrüppe ‘ kauern, sitzen (auf den Fersen) ’ (G RICHTING 1998, 92) zu stellen; die Bohnen heissen auch Hockere (I D . 2, 1125 mit Verweis auf Grûper). Das Motiv ist, dass jemand wie eine Buschbohne (P HASEOLUS VULGARIS ) an Ort bleibt (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 318; als „ Garten- Bohne “ bezeichnet). Gruppa Gruppa f. kann einerseits zu Gruppe n ‘ Hinterteil, Kreuz der Pferde, auch des Rindviehs ’ (I D . 2, 791; G R W B 11, 2472 s. v. Kruppe), anderseits zu Ggruppa, Gruppu ‘ Gruppe, Hüfte ’ (ersteres aus frz. groupe (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 378)) (G RICHTING 1998, 92) gestellt werden; die beiden Wörter sind homophon. I D . kennt Gruppe im Sinn von frz. groupe und Kruppe nicht. Belegt ist das Simplex die Gruppa (1587, Grächen) und lebend als ts Gruppji (Grächen), vermutlich die gleiche Flur. Gwp. vermutet <eine Gruppe von Ställen>. Diese Deutung ist angesichts des Alters des Namens unwahrscheinlich; gemeint ist einfach eine Flur, die dem Rücken oder Hinterteil eines Pferdes gleicht. Weiter ist in Ried-Brig 1763 u. später auf den Grúppen belegt; lebend sind di Gruppini belegt. Auch hier dürfte es sich um die gleiche Flur handeln. Gemeint ist eine leicht ansteigende Flur, die dem Hinterteil von Pferden gleicht. Unklarer ist das schon 1391 in Ried-Brig belegte Totgruppen, das aus dem Adjektiv tot und dem HL G RUPPA besteht (cf. aber HL G RIPPE ). Gruppul Gruppul n. ist nur als ts Gruppul (Zwischbergen) belegt. J ORDAN (2006, 349) kennt Ggrúpp u l und Ggrúpp u lsiitä ‘ Steiler Waldweidehang, der vom Ggrúppul zum Schreebachgrabu hinabfällt ’ , ohne eine Erklärung zu geben. Vermutlich ist der Name zum Lemma Gruppe n ‘ Hinterteil, Kreuz der Pferde, auch des Rindviehs ’ (Id. 2, 791, cf. HL G RUPPA ) zu stellen, mit einer neutralen / - UL / -Ableitung mit kollektiver Bedeutung, hier metaphorisch zu verstehen als ‘ die den Hinterteilen von Pferden gleichenden Geländestücke ’ . Grüü Grüü n. ‘ Graben ’ ist in ts Grüü (Leukerbad) belegt. Obwohl historische Belege fehlen, lässt es sich auf frpr. crou ‘ creux, fosse ’ (T AGMANN 1946, 15; G PSR 4, 542 ss. s. v. 2. creux) zurückführen. Der Name ist als Grü auch bei G RICHTING (1993, Blatt 9 Nr. 9, Blatt 14 Nr. 33) verzeichnet. Vgl. auch Grogrü n. ‘ der grosse Graben ’ (Varen). Gruuni Gruuni ist als ts Gruuni ‘ die kleine Einbuchtung, Mulde ’ (Leukerbad, FLNK Gruni) und der Gruunibodu ‘ der Boden bei der kleinen Einbuchtung, Mulde ’ (Leukerbad) belegt. R. G RICHTING (1993, Blatt 9, Nr. 26 und Blatt 10, Nr. 45) kennt es als Gruni. Der Ort wird beschrieben als Wiesen und Äcker, die heute zum Teil überbaut sind. Historische Belege fehlen. / u: / kann nur als gelängtes, ursprünglich kurzes / u/ verstanden werden, sonst müsste es palatalisiert werden. Vermutlich handelt es sich um eine Patois- Form zu frz. creux ‘ Einbuchtung, Mulde ’ (G PSR 4, 542 ss.) mit einer dt. diminutiven Endung auf - I (vgl. SDS 3, 155) und einem hiatustilgenden / n/ . Grüüsch Grüüsch n. ist nur einmal in Obergesteln belegt. Lautlich müsste ein schwdt. Gr ū sch zu Grunde liegen; wobei unklar ist, ob der Anlaut ein / g(i)/ -Präfix ist oder nicht. Das Genus Neutrum legt einen Kollektivbegriff nahe. Zum Namenstyp schwdt. Gr ī sch n. ‘ Geschiebe, Geröll (halde); schmale, schroffe Bodensenkung, Rinne ’ (I D . 2, 815; URNB 2, 94) lässt sich der Name kaum stellen, es sei denn, eine ungerundete Form Gr ū sch würde als Ausgangsform angesetzt, was laut I D . nicht der Fall ist. Eine Ableitung zu Rùsch ‘ Rausch ’ (I D . 6, 1472) in seinen verschiedenen Bedeutungen ist inhaltlich schwierig; zu Alp- R ū sch ‘ Alpenrose ’ (I D . 6, 1475) lässt es sich kaum stellen; vielleicht liegt ein anderer Pflanzenname (Typ: Rausch (beere) (G R W B 14, 305 und L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 710 als V ACCINIUM ULIGINOSUM )) vor; M ARZELL (3, 958 f.) weist auf Rausch als ‘ niedriges Gebüsch ’ hin). Dennoch bleibt der Name unklar. RN (2, 716) führt den Ortsnamen Grüsch auf lat. CRUX zurück, was hier kaum der Fall sein kann; die Deutung von Grüsch (RN 2, 421) auf schwdt. Grüsch ‘ Kleie, Abfall von Holz, Holzstücke ’ zu I D . (2, 817) spielt wohl auch keine Rolle. Der Hinweis auf G e -rüst (I D . 6, 1540 f. in RN 2, 421) ist ebenfalls nicht hilfreich. 389 390 Grüüsch <?page no="200"?> Gsägnet Gsägnet ist als attributves Part. Perf. zu schwdt. sëgne n , insbes. g e -sëgnet ‘ benedictus ’ und wdt. gsägne, gsägnä (Goms), gsägnu, auch sägne, sägnä (Goms), sägnu ‘ segnen ’ (I D . 7, 456 ff.; G RICHTING 1998, 98 und 167) zu stellen. Belegt ist es in bim Ksägnete Brunne ‘ bei der gesegneten Quelle / dem gesegneten Brunnen ’ (Binn), ts Gsägnut Brunnji ‘ die kleine gesegnete Quelle / der kleine gesegnete Brunnen ’ (Saas-Almagell), zem Gsegnute Brunne ‘ bei der gesegneten Quelle / beim gesegneten Brunnen ’ (Zermatt) und zer Gsägnutu Tannu ‘ bei der gesegneten Tanne ’ (Gampel). In drei dieser Fälle hat laut Beschreibung ein Priester die Quelle oder die Tanne gesegnet. Im vierten Fall wird eine Quelle als der Gesundheit dienend bezeichnet. Gsatzt Gsatzt ist nur als der Gsatzt Wald ‘ der gesetzte Wald ’ (Varen) belegt. Die Beschreibung sagt, dass hier Bäumchen gesetzt wurden. Das Attribut ist ein Part. Perf. mit Rückumlaut zu schwd. setze n und wdt. sezze, sezzä (Goms), sezzn (Lötschtal), sezzu ‘ setzen (sich), senken ’ (I D . 7, 1604 ff.; G RICHTING 1998, 188)). G RICHTING kennt den Rückumlaut nicht, vgl. aber W IPF (1910, 151). Gscheft Gscheft n. ist nur als ts Gscheft (Hohtenn) belegt. Es ist wohl als Kollektiv-Ableitung mit / G(e)/ - und Umlaut zu Schaft, resp. Schaftele n ‘ Schachtelhalm ’ (I D . 7, 398) zu stellen (vgl. SZNB 2, 487). L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 50 ff. s. v. E QUISETUM ) führen eine Reihe von Schachtelhalm-Arten für die ganze Schweiz an; welches genau für Hohtenn gilt, ist unklar. Laut Gwp. handelt es sich bei ts Gscheft um einen schlechten Boden. Schachtelhalme wachsen nur auf feuchten Böden. Der Pflanzenname ist sonst als Chatzeschwanz ‘ Katzenschwanz ’ im Oberwallis (z. B. Lax, B IELANDER 1948, 100) bekannt, jedoch nicht als Flurname. Gscheigil Gscheigil n. ist nur in Raron als ts Gscheigil belegt. FLNK hat Gsteigil. Die Form von FLNK ist wohl zu Steigle n (I D . 10, 1518) zu stellen, das nur in Namen vorkommt. Die Form Gsteigil, resp. Gscheigil ist ein Kollektiv mit einem / g(i)/ - Präfix. Gemeint ist dann ein steiles Gebiet. Die phonetische Form von M. S. ist direkt nicht deutbar; die FLNK- Form hingegen gibt eine Motivation für den Namen. Gscheinät Gscheinät n. ist nur in Kippel als ts Gscheinät belegt. LT hat aber Gsteinät. Es handelt sich um eine Allmein auf der linken Seite der Lonza, die hier viel Steingeröll aufweist. Vermutlich ist deswegen das Kollektiv ts Gsteinät ‘ das Steingeröll ’ gemeint, eine Ableitung von Stein auf - ÄT (S ONDEREGGER 1958, 524 zu ahd. - ÔDI , - ÔTI ), vgl. Steinet (I D . 11, 933), das auch G e -steinet für Guggisberg (BE) enthält. Die Form von M. S. ist entweder verhört oder verschrieben oder vereinfacht. Gschetter Gschetter ist nur 1772 in Ritzingen als im Gschetter belegt. Das HL ist nirgends belegt. Nächstliegend ist I D . (8, 1497) G e -schätter ‘ Geräusch eines Wagens, bei einem Gewitter ’ , das jedoch kaum zum Flurnamen passt. Eine Entrundung aus Schotter, resp. Schötter ‘ Schüttelfrost ’ (I D . 8, 1529) ist sehr unwahrscheinlich. Das HL kann deswegen nicht gedeutet werden. Gschiip Gschiip n. ist nur als ts Gschiip (Gampel) belegt. Die Beschreibung sagt, es handle sich um Wald, zuunterst seien steile <chrachä> ‘ Krachen ’ (Schluchten). Es handelt sich um ein Kollektiv zum Adjektiv und Adverb g e -sch ī b (I D . 8, 37) und zum Nomen Schîbe n ‘ Scheibe ’ (I D . 7, 38 ff.). I D . (7, 51) gibt eine Reihe von Flurnamen an, doch ist keine mit der Form Gschiip belegt. Die Deutung ‘ das Gebiet, das einer Scheibe gleicht ’ ist sehr unsicher. LT zeigt jedoch eine kleine Lichtung im Wald, die als Scheibe gedeutet werden kann. Gschitzji Gschitzji n. ist als ts Gschitzji (Ergisch) belegt; laut dem historischen Beleg von 1745 handelt es sich um eine Alpe. Wegen der Beschreibung „ Hier lauerte man den Gemsen auf “ wird der kollektive (Präfix / g(i)-/ ) Name als Diminutiv zum entrundeten Schitzu ‘ Schütze ’ gestellt, genauer zu schwdt. G e -schütz ‘ das Schiessen ’ (I D . 8, 1742), hier wohl eher als ‘ der kleine Schiessplatz ’ . Diese Deutung ist allerdings unsicher; es könnte sich auch um eine vergleichbare Bildung zum HL S CHUTZ ‘ Schutzdach, -stall, -hütte, -mauer auf höhern Alpen für das Weidevieh ’ (I D . 8, 1751; G RICHTING 1998 kennt das Wort in dieser Bedeutung nicht) handeln, also etwa ‘ der kleine Schutz für das Weidevieh ’ . Diese Deutung ist allerdings unsicher, da I D . das Wort als „ nicht echt ma. [mundartlich] “ bezeichnet. Weiter hat Ergisch auch zwei historische Belege (Nr. 45934 in der Datenbank), den ersten von 1616 als im Zschitsch, den zweiten von 1744 als Schitzgÿ, das explizit als eines von drei Staffoltinen (kleine Alp-Stafel) bezeichnet wird. Vermutlich meint mindestens der zweite Beleg von 1744 den gleichen Ort wie das HL G SCHITZJI . Schitzgÿ wurde zum HL S CHITZU ‘ Schütze ’ gestellt. Gsägnet 391 392 <?page no="201"?> Gschpa Gschpa n. ‘ das Gespann ’ ist nur in ts Hogschpa (Saas-Fee) belegt. I D . (10, 242 ff.) kennt G e -span in mehreren Bedeutungen und zählt in der Anmerkung auch mehrere Flurnamen auf. RN (2, 416) kennt Gespan