Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuch (VSNB)
Bd. 3: Flurnamen K–R
1218
2024
978-3-3811-1622-5
978-3-3811-1621-8
A. Francke Verlag
Iwar Werlen
10.24053/9783381116225
CC BY-SA 4.0https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de
Das Besondere an den Oberwalliser Orts- und Flurnamen ist ihr relativ spätes Auftreten. Während die deutsche Schweiz im Wesentlichen seit dem 5. Jahrhundert langsam alemannisiert wurde, war das Oberwallis noch eine gallo-romanische Sprachlandschaft, in der es kaum Spuren des Alemannischen gab. Die früheste alemannische Besiedlung scheint im 9. Jahrhundert geschehen zu sein. Das "Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuch" erschließt den Bestand der alemannischen Oberwalliser Namen sprachhistorisch und sprachgeographisch. Es schließt somit eine Lücke zwischen dem schon vollendeten "Urner Namenbuch" und dem im Erscheinen begriffenen "Berner Namenbuch", die das Oberwallis zwar berührten, aber seinen Namenschatz weitgehend ungedeutet ließen.
Die verzeichneten Orts- und Flurnamen wurden in den Siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts erhoben. Sie stammen aus dem agrarischen, alpinistischen und touristischen Bereich, seltener handelt es sich auch um Namen von Straßen und Plätzen. Die Hauptlemmata der Orts- und Flurnamen werde in den Bänden ausführlich dargestellt, etymologisch kommentiert und geografisch verortet. Sie führen als Grundwörter, Bestimmungswörter, in ihrer flektierten und unflektierten Form und begleitet von Adjektiven zur Deutung der Orts- und Flurnamen. Ergänzt wird die Darstellung der Hauptlemmata durch eine Datenbank, die umfangreiche Informationen zu den Lemmata bietet (Belege, geographische Angaben, Kartenangaben etc.). Es entsteht auf diese Art und Weise ein umfassendes Bild der Orts- und Flurnamen des Oberwallis.
<?page no="0"?> Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuch (VSNB) Iwar Werlen (Hrsg.) Bd. 3: Flurnamen K-R K-R <?page no="1"?> Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuch (VSNB) Band 3: Flurnamen K - R Herausgegeben von Iwar Werlen unter Mitarbeit von Anne-Lore Bregy, René Pfammater und Gabriele Schmid und Valentin Abgottspon, Claude Beauge, Werner Bellwald, Milda Christen, Martin Clausen, Gabriela Fuchs, Dominique Knuchel, Gisèle Pannatier und Stefan Würth sowie mit zwei Beiträgen von Philipp Kalbermatter <?page no="2"?> Umschlagabbildung: Bearbeitete Version der Abbildung „ Gemeinden des Kantons Wallis “ von Tschubby (https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Kanton_Wallis#/ media/ Datei: Karte_Gemeinden_des_ Kantons_Wallis_farbig_2021.png), CC BY-SA 4.0 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. Publiziert mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Das Gesamtprojekt des Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuchs wurde gefördert durch die Walliser Delegation der Loterie Romande, im Kanton Wallis durch das Erziehungsdepartement und die Dienststellen für Kultur und Hochschulwesen, die Stadtgemeinde Brig sowie anonyme Spender. Prof. em. Dr. Iwar Werlen Wangenhubelstrasse 5 3173 Oberwangen bei Bern SCHWEIZ DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783381116225 © 2024 · Iwar Werlen Das Werk ist eine Open Access-Publikation. Es wird unter der Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen | CC BY-SA 4.0 (https: / / creativecommons.org/ licenses/ by-sa/ 4.0/ ) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, solange Sie die/ den ursprünglichen Autor/ innen und die Quelle ordentlich nennen, einen Link zur Creative Commons-Lizenz anfügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Werk enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der am Material vermerkten Legende nichts anderes ergibt. In diesen Fällen ist für die oben genannten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Satz: typoscript GmbH, Walddorfhäslach Druck: Elanders Waiblingen GmbH ISBN 978-3-381-11621-8 (Print) ISBN 978-3-381-11622-5 (ePDF) ISBN 978-3-381-11623-2 (ePub) Bestellbar im Bundle mit den Bänden 1 bis 4 unter ISBN 978-3-381-10831-2 <?page no="3"?> Inhalt K (siehe auch C und G) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 L . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 M . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 N . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 O . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 P (siehe auch B) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 Q . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 R . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 Verbunden mit dieser Publikation ist eine Datenbank der einzelnen Orts- und Flurnamen. Zusätzlich sind darin die folgenden Informationen hinterlegt: Gemeinde, Kennzahl, Umschrift des jeweiligen Namens, Kartenangaben, geographische Höhe und geographische Länge und Breite, Hauptlemma und Lemma, zusätzliche Angaben; dazu kommen geographische Lage und Höhe, Beschreibung, lebende Belege und historische Angaben mit der Jahreszahl und einem Zitat mit den historischen Belegen der Namen. Das alles ist natürlich nur vorhanden, wenn die Namen lebend sind; wenn nur historische Belege vorhanden sind, werden nur sie dargestellt. Die Installations- und Systemdateien für die Datenbank können Sie unter diesem Link herunterladen: https: / / files.narr.digital/ 9783381108312/ Datenbank.zip. <?page no="5"?> K (siehe auch C und G) Kaal Kaal ‘ kahl ’ ist nur belegt in di Kaalhalte ‘ die kahle Halde (ohne Bäume) ’ (Stalden). Laut Gwp. ein kahler Abhang, der früher bewaldet war. I D . (3, 192 s. v. chal) kennt das Wort nur in der Redensart das ist chal [niedrig, unedel] von im für Basel-Stadt. Siehe auch G R W B (11, 27 ff.). Obwohl das HL nicht dialektal zu sein scheint, gibt es keinen Hinweis auf ein anderes Wort. Kaaru Kaaru ‘ Ecke, Teil ’ , auch Name von Dorfquartieren, ist zu frpr. karo < lat. Q UADRU (T AGMANN 1946, 29; G PSR 3, 112ss.) zu stellen, wozu nach M ATHIER (2015, 60) auch Salgesch Kaaru gehört. In Salgesch ist es historisch als eys quarros (1339 u. später) belegt. Auch in Kaaru (Albinen; auch bei M ATHIEU 2006, 13)) gehört hieher, das 1352 u. später ebenfalls als eys quarros belegt ist. Turtmann hat 1328 lo quarro und 1338 deys Karos. In Salgesch ist 1644 Ey Carro Superiori ‘ im oberen Teil ’ belegt. di Gaare ‘ die Gaare (Gärten, Stücke Land) ’ (Agarn) und di Gaarustraass ‘ die Strasse in die Gaare (Gärten, Stücke Land) ’ (Agarn) sind ebenfalls hieher zu stellen, wie auch di Gaare (Leuk) und Obri Gaarä (FLNK, Leuk). Unklar bleiben uf di Gaar (Salgesch) und Varnergaar (FLNK, Varen). Beide Belege sind östlich von Salgesch und weit vom Bahnhof (gare) von Salgesch entfernt (M ATHIER 2015, 90 stellt es hieher). Es handelt sich vermutlich um eine feminine Ableitung quadra, die auch bei B OSSARD / C HAVAN (2006, 104) als Carre ‘ Ecke, Teil einer Parzelle ’ belegt ist. Kaffee Kaffee m. ist nur in dr Kaffesee ‘ der Kaffee-See (laut Gwp. holten Hirten dort Wasser für Kaffee) ’ (Ferden) belegt. I D . (3, 154 s. v. Kaffe) kennt das HL, wo auch dialektale Varianten wie Ggaffe (cf. HL G GAFFE ) (wohl zu frz. café) vertreten sind. Kaiser (FaN) Kaiser (FaN), auch Keiser, ist zum FaN Kaiser zu stellen. Der FaN ist im Register zu den HRBS und für Zwischbergen in den Quellen (1634 Simone Keiser, 1675 Christian Keiser, 1697 Antonius Keiser usw.) gut belegt. Eine Diminutivableitung Keyserlin ‘ das kleine Gebiet der Familie Keyser ’ (1392, Ried-Brig) ist der einzige Simplexbeleg. Hierzu ist auch die Keisermatten ‘ die Wiesen der Familie Kaiser ’ (1723, Ried-Brig) zu stellen. Ein starker Genitiv auf / -s/ findet sich in in Keisers Halten ‘ in der Halde der Familie Keiser ’ (1845, Blatten). Es kann sich hier auch um einen Übernamen handeln. Die andern Flurnamen gruppieren sich in Mund: Kaiseracher ‘ der Acker der Familie Kaiser ’ , Kaiserstadel ‘ der Stadel der Familie Kaiser ’ , di Kaisertola ‘ die Mulde der Familie Kaiser ’ . J OSSEN (1989, 76) erwähnt den Namen, der aus Zwischbergen nach Mund kam. In Zwischbergen erscheint der FaN als Keisrigo, einem schwachen Genitiv Plural der kollektiven / - IG / -Ableitung: in Keisrigo Boden ‘ im Boden der Familie Keiser ’ (1660 u. später) und in Keisrigo Wildÿ ‘ in der Wildi (unfruchtbares Gebiet) der Familie Keiser ’ (1673). Zu Chäiserstüol cf. HL K AISER . Kaiser Kaiser, abgeleitet von der Amtsbezeichnung, findet sich nur in Chäiserstuol ‘ Kaiserstuhl, hier Felskanzel mit Aussicht ’ (Ried-Brig) (I D . 11, 306, auch K RISTOL ET AL . 2005, 472, G R W B 11, 46). Es handelt sich um eine metaphorische Bezeichnung, hier einer Felskanzel. Kal Kal ist nur historisch 1574 in Ernen als der Kalacher belegt. Für das Saastal wird 1821 zú Kalmatten angegeben. In Saas-Fee hat FLNK Chalmattu; historisch ist ab 1836 als zú Kalmatten belegt. 1844 wird ein Peter S ŭ persaxo erwähnt, 1821 in Saastal ein Franz S ŭ persaxo, beide scheinen an Kalmatten gewohnt zu haben oder begütert gewesen zu sein. LT ist gespalten: einerseits heisst die Gegend Chalbermatten, anderseits ist etwas westlicher Ober Chalmattu erwähnt. 1: 10000 unterscheidet am gleichen Ort Ober- und Unner Chalmattu. Daraus lässt sich wohl folgern, dass Chalmattu eine Assimilation von / b/ und / m/ aufweist, also aus Chalbmattu folgt. Schwieriger ist Kalacher, da Kälber normalerweise nicht auf Äckern weideten. Es ist eher wahrscheinlich, dass Kal hier schwdt. Challe n ‘ Glockenschwengel; Klöppel ’ und wdt. Challe, Challä (Goms), Challn (Lötschtal), Challu ‘ Glockenköppel ’ (I D . 3, 194; G RICHTING 1998, 47; R ÜBEL 1950, 120) meint, wobei wohl metaphorisch die Form des Grundstückes bezeichnet wird. Das HL K AAL ist hier kaum gemeint. Kalbermatter (FaN) Kalbermatter (FaN) ist zum FaN Kalbermatter, auch Kalbermatten (AWWB 140) zu stellen, der im ganzen Oberwallis verbreitet war; der Name ist auch belegt bei W. 1 2 Kalbermatter (FaN) <?page no="6"?> M EYER (1991, 153 ff.) für Turtmann. Der FaN ist nur im Genitiv Singular ts Chalbermattisch Ledi ‘ die Aufladestelle der Familie Kalbermatten / Kalbermatter ’ (FLNK, Visperterminen) und im Genitiv Plural in pratulum Kalbermattero ‘ die kleine Wiese der Familie Kalbermatter ’ (1722, Eischoll) und Kalbermattero Alpÿ ‘ die kleine Alpe der Familie Kalbermatter ’ (1687, Ergisch; 1687 Turtmann) belegt. Kalpetran Kalpetran ‘ der felsige Fussweg (? ) ’ ist der Name eines Ortsteils von Embd und befindet sich an der Mattervispa. Der Name ist endbetont, also romanisch. M. S. notierte Kalvutra und Kalfutra, wobei unklar ist, ob der Anlaut bei ihm eine Affrikata / kx/ oder eine Fortis / gg/ darstellt. Historisch erscheint 1304 Galpotram, 1305 Galpotran, 1307 Galpatran, 1388 Galpertran usw. Ein Genitiv Plural der Burger des Ortes erscheint 1301 in Embd als an dien Galpotrammerro Akern ‘ an den Äckern der Leute von Kalpetran ’ . Belegt ist weiter Kalpetraner Wasserleita ‘ die Wasserleitung der Leute von Kalpetran ’ (FLNK, Embd). Eine Deutung des Weilernamens gibt es bisher nicht. Da der Name dreisilbig mit Endbetonung ist, muss ein romanisches (oder gallo-romanisches) Kompositum oder Nomen mit Adjektiv vorliegen, was zu den Namen Gasen, Randa und dem alten Pratobornum (Praborgne) für Zermatt passt. Ob ein lat. CALLIS ‘ Fussweg ’ (FEW 2, 98) und lat. P Ě TRA ‘ Stein, Fels ’ (FEW 8, 313) zu Grunde liegen, also ‘ felsiger Fussweg ’ , ist unklar, da ältere historische Belege fehlen. Kamil (PN) Kamil (PN) ist nur belegt in ts Kamilsch Bildji ‘ das kleine Bild Kamils ’ (Gampel). Laut Gwp. handelte es sich um ein Bildchen eines verunglückten Knaben. Der PN Kamil ist als Kamill in AWWB (167 s. v. Meichtry) erwähnt. Es handelt sich um die deutsche Schreibweise des frz. Vornamen Camille für Männer. Im Übrigen erwähnt J ORDAN (2006) die in der Datenbank nicht belegten Namen Kamilsch Chriiz ‘ das Kreuz des Kamil ’ (224, mit der Bemerkung, dass dort 1910 Kamil Kluser abstürzte), Kamilsch Läärch (323, mit der Bemerkung, dass dort ein Mann namens Kamil verunglückt sein solle), Kamilsch Mat (84, mit der Bemerkung, dass diese Mähwiesenparzelle früher Camille Arnold (1901 - 1990) gehörte) und Kamilsch Úawand (87, mit der Bemerkung, dass ein früherer Besitzer där Kamil war). Die beiden letzteren Namen gehören zu Simplon, die ersten zwei zu Zwischbergen. Kammer (FaN) Kammer (FaN) ist 1715 in Ernen als Kammeroholtz ‘ das Holz (Wald) der Familie Kammer ’ und 1716 in Visp als Kamero Waldt ‘ der Wald der Familie Kammer ’ belegt. Kamero, resp. Kammero ist ein Genitiv Plural, der für Besitzer oder Nutzer, hier eines Waldes, steht. Der FaN Kammer kommt im Register zu den HRBS vor. Kammer Kammer ist ein komplexes HL. Kammer f., schwdt. Chammer (I D . 3, 248 ff.), im wdt. Chammra, Chammru f. ‘ Kammer ’ (G RICHTING 1998, 47; V. S CHMID 2003, 68) meint zunächst ein ‘ Schlafgemach, jedes zimmerähnliche i. d. R. unheizbare Nebengemach ’ , in Flurnamen aber wohl häufig eine kammerähnliche Geländeformation (TGNB 2, 2, 118). Belegt ist ein Simplex im Plural t Kammrä ‘ die Kammern ’ (Gampel), wo auf der Karte keine Gebäude zu erkennen sind, weiter uf Grosschammrun ‘ auf den grossen Kammern ’ (Blatten), ebenfalls ohne Gebäude. Als Bestimmungswort kommt das HL vor in der Chammergrabu ‘ der Kammergraben ’ , der als Holzschleif bezeichnet wird; auch hier ist kein Gebäude zu sehen. 1391 ist in Glis Kamersleýf belegt (die Lesung Kremersleyf kann wohl ausgeschlossen werden), ob hier ein FaN Kammer vorliegt, ist unklar. In Törbel findet sich lebend ze Chämmbrinu ‘ bei den Kammern ’ , benannt wohl nach den Stadeln, die es hier gibt. Dazu gesellt sich der Chämbricheer ‘ der Cheer (Kurve der Strasse) bei ze Chämbrinu ’ . Mehr Schwierigkeiten bietet ts Chammer mit neutralem Geschlecht (Naters). Es kann sich um ein neutrales Kollektiv handeln; hier fliessen in einem wohl kammerartigen Graben der Kelchbach und andere Bäche zusammen. 1445 heisst einer dieser Bäche Kamberbach ‘ der Bach beim Chammer ’ und 1736 ist an den wilden Kamer Knubel ‘ an den wilden Hügel im Chammer ’ (Naters) belegt. Vermutlich ein FaN ist in Kammers Sand ‘ das Sandgebiet der Familie Kammer ’ (1860, Eyholz) belegt. Der FaN Kammer ist mehrfach im Register der HBRS bezeugt (cf. HL K AMMER (F A N)). Kämpfen (FaN) Kämpfen (FaN) (AWWB 141), bis heute lebendig, tritt in der Form Chempfe / Chempfu und als Chempfigo (Gen. Plur. mit / - IG / -Ableitung) auf. Die Genitivform ts Chempfe ‘ des Kämpfen ’ ist als Plural ‘ die Leute des Kämpfen ’ zu verstehen. Belegt ist es in ts Chempfe ‘ das Gut der Familie Kämpfen ’ (Ernen), mit einem Genitiv ts Chempfe Hitgi ‘ die kleine Hütte der Familie Kämpfen ’ (Obergesteln, FLNK Kämpfe Higgi), auf Kempfen Bielen ‘ auf dem Hügel der Familie Kämpfen ’ (1772, Naters), mit einem Genitiv Plural Kempfigo Wald ‘ der Wald der Kalpetran 3 4 <?page no="7"?> Familie Kämpfen ’ (1716/ 17, Glis) und zusammengesetzt als der Kämpfigwald ‘ der Wald der Familie Kämpfen ’ (Randa). Kanaal Kan ’ aal ist zu hdt. Kanal (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 458) und schwdt. Kanal m. wie nhd. ‘ Kanal, künstlich angelegter Wasserlauf, Wasserleitung ’ zu verstehen. G RICHTING (1998, 121) kennt wdt. Kanaal ‘ Wasserlauf (künstlicher) ’ . Die historisch belegten canalem bzw. canalis (Inden und Salgesch) gehen auf lat. CAN Ā LIS ‘ Kanal, künstlich angelegter Wasserlauf ’ zurück ( CAN Ā LIS m./ f., eine Substantivierung von lat. CAN Ā LIS ‘ rohrförmig ’ , zu lat. CANNA f. ‘ kleines Rohr, Schilf ’ FEW 2, 168 ff.). Belegt sind: ad Canalem (1356, Inden) und ad Canalem (1337, Salgesch; später jn Canali). Vermutlich handelt es sich hier um eine Wasserleitung. der Kanaal (Leuk) ist zweimal belegt: zum einen meint der Name den Abflusskanal des Kraftwerkes Millachru (Agarn), zum andern ist der Wasserkanal durch den Pfynwald zur Alusuisse in Chippis gemeint. Die Firma existiert in dieser Form nicht mehr. Bei der Kanaal ‘ Wassergraben vom Brigerbad her ’ (Lalden) handelt es sich um einen Entwässerungsgraben in der Rottenebene. Als Grundwort erscheint das HL in folgenden zweigliedrigen Zusammensetzungen: Hennebique-Kanal (FLNK, Bitsch; benannt nach dem Erbauer François Hennebique), Muttkanal ‘ der Kanal bei ts Mutt (flaches Stück Land) ’ (FLNK, Niedergesteln), dr Nordkanaal ‘ der im Norden (der Rottenebene) verlaufende Entwässerungskanal ’ (Raron; FLNK Nordkanal), der Schipferkanaal ‘ der Kanal beim Gebiet Schipfer ’ (Raron), Tüüchkanal ‘ der Kanal beim Tüüch ’ (FLNK, Bratsch). Komplexer sind: der Gross(grund)kanaal (Raron, LT und FLNK Grossgrundkanal) ‘ der Kanal im grossen Grund (Talebene des Rotten) ’ (Raron), der Grossgrundkanal ‘ der Kanal im grossen Grund ’ (Visp) [die beiden Namen betreffen den gleichen Kanal], der Unner Fälkanaal ‘ der Kanal durch das untere Feld ’ (Turtmann; FLNK Unnärfäldkanal), Wannumosskanal ‘ der Kanal durch das Wannumoss (sumpfiges Land bei der Wanna (Mulde)) ’ (Niedergesteln). Als Bestimmungswort erscheint das HL nur in Zusammenhang mit Brigga ‘ Brücke ’ . Belegt sind di Kanalbrigga ‘ die Brücke über den Kanal (des Kraftwerkes Mörel) ’ (Grengiols) und ts Unner Kanalbriggi ‘ die untere kleine Brücke über den Kanal ’ (Baltschieder). Das HL bezieht sich in der Rottenebene vor allem auf Kanäle, die zur Entwässerung dienten. Kanndere Kanndere ist als t Kchandere, vadu Chandere (Agarn, FLNK Channerä) belegt. FLNK und die flektierte Form legen ein Chandere nahe; die anlautende Form mit / kch/ ist offenbar nur durch eine Assimilation des anlautenden Artikels entstanden. Die historischen Formen sind 1308 choudanna, 1380 eys choudanyers, 1338 eys chandaneys, 1334 eys chaudan ỳ ers(? ), 1355 eys chandaneuz, 1358 eys chandanyers, 1364 eis chaldonyers. Sie beziehen sich auf chaudanne ‘ warme Quelle ’ , vgl. B OSSARD / C HAVAN (2006, 48). Die belegte Form Chandere legt jedoch eher Chintre etc. nahe, das laut B OSSARD / C HAVAN (2006, 109) auf lat. CANCERE ‘ der Zaun, das Absperrgitter ’ (G PSR 3, 581) zurückgeht. Darum wird als Deutung ‘ das Grenzgebiet ’ gegeben. Als Kompositum mit dem HL als Bestimmungswort kommen der Cenderacker (1693) und im Kander Acker (1694) (beide Agarn) vor; gemeint ist wohl der Grenzacker. Kanoona Kanoona f. ist nur in ts Kanoonuroor ‘ das Kanonenrohr (steile Ski-Abfahrt) ’ (Blatten; Saas-Fee) belegt. Zu stellen ist es zu schwdt. Kanone n f. wie nhd. ‘ Kanone ’ und wdt. Kanoona, Kanoonä (Goms) ‘ Kanone ’ (I D . 3, 309; G RICHTING 1998, 120). Die Anwendung von ‘ Kanonenrohr ’ auf eine steile Ski-Abfahrt ist metaphorisch. Kantiina Kantiina f. ist in zwei verschiedenen Formen übernommen: eine mit anlautendem / g/ und eine mit anlautender Affrikata / kx/ . Als ze Gantinu ‘ bei der Kantine ’ (Naters) bezeichnet es einen Dorfteil, in dem sich beim Bau des Simplontunnels (1898 - 1905; 1912 - 1921) die Arbeiterkantinen befanden. Vermutlich ist es direkt aus it. cantina ‘ Keller, Weinschenke ’ in der übertragenen Bedeutung ‘ Speiseraum ’ übernommen (s. unten). In Oberwald ist der Kantiinecheer ‘ die Kurve der Furkastrasse bei der (Arbeiter-)Kantine ’ und der gleiche Name für ‘ die Kurve der Grimselstrasse bei der (zerstörten) Kantine ’ belegt. Letztere wurde um 1890 von einer Lawine verschüttet. Auf der Karte 1: 10000 sind beide Orte als Kantiniercheer belegt. Kantine ist laut K LUGE / S EEBOLD ( 25 2011, 471) aus dem frz. cantine ‘ Soldatenschenke, Weinkeller ’ übernommen und verallgemeinert; es wurde aus dem it. cantina entlehnt. Die Ableitung Kantinier ist wohl aus dem Frz. cantinier ‘ Kantinenwirt ’ übernommen. Die Strassen wurden in der Zwischenzeit umgebaut; die Kurvennamen gibt es amtlich so nicht mehr. Kapaa Kapaa n. ist als ts Kapáá (Naters; FLNK Kapaa) auf ca. 1900 m (Alpwiesen) belegt. Historisch kommt 1736 im Kapaag vor. Gwp. meint, es handle sich um “ Kap(l)aa ” ; 5 6 Kapaa <?page no="8"?> bei den Alpwiesen handle es sich um das Eigentum des früheren Kaplans Bammatter. Der Anlaut ist unsicher, da M. S. {k} auch für die Affrikata [kx] schreibt. Nimmt man die historische Form im Kapaag ernst, dann liegt wohl ein Kollektivum zu wdt. belegten Paagg ‘ Brei (nass, aus Erdreich) ’ (G RICHTING 1998, 149) vor; der gleiche Stamm erscheint als pakk (FEW 7, 475 mit mehreren Verweisen auf frpr. pakot ‘ boue ’ (Schlamm), ebenso B RIDEL 1866, 274 s. v. pakot). Kapaag wäre dann ‘ das schlammige Gebiet ’ , mit einem romanischen Stamm und einem deutschen Kollektivsuffix. Stellt man sich auf den Standpunkt, dass der historische Beleg unsicher ist, lässt sich der Name nicht deuten. Das würde auch die volksetymologische Umdeutung durch die Gwp. erklären. Kapälla Kapälla f. ist zu schwdt. Chappel en f., wdt. Kapälla, Kapällä, Chappla, Dim. Kapälli, Kapällu f. ‘ Kapelle ’ (I D . 3, 382 f.; G RICHTING 1998, 121) zu stellen. Formal ist zu unterscheiden zwischen der lat. Form C APELLA , der verdeutschten Form Capellen, der dialektalen Form Chappla oder Chapplu und der zweitbetonten Form Ka ’ pälla, die an hdt. Kapelle angelehnt ist. Capella und die deutschen Formen beziehen sich ursprünglich auf ein Gebäude, in dem ein Umhang des Hl. Martin von Tours als Reliquie aufbewahrt wurde (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 472). Diminutive sind Ka ’ pälli und Chapelti. Inhaltlich sind damit nicht nur kleine Kapellen gemeint, sondern manchmal auch Bildstöcke mit Heiligenbildern oder Kruzifixen. In einigen wenigen Fällen werden damit Geländeformationen bezeichnet, die an Kapellen erinnern. In lateinischen Texten erscheint auch der Terminus Sacellum ‘ kleines Heiligtum, Kapelle ’ . Das HL kommt in rund 200 Namen vor. Das Simplex Kapälla / Kapälle / Kapällu ist zusammen mit Capellen, Chapällu, Chapolu, Chapulu und Chaplu rund dreissig Mal im ganzen Gebiet belegt, häufig mit Präpositionen wie bi, hinner, mit, ob, unner, zer verbunden, womit meist der Bezirk um die Kapelle herum gemeint ist. Simplizia im Diminutiv sind seltener: Kapälli ist sieben Mal belegt, zum Chappeli einmal in Randa, obem Chapelti und unnerem Chapelti je einmal in Münster. Attributive Adjektive sind selten, am häufigsten ist t Aalt Chappla (Wiler), zer Aaltu Chappelu (Saas-Balen), zer Aaltu Chappolu (Visperterminen) und einmal Latein: infra Capellam antiquam ‘ unter der alten Kapelle ’ (1739, Zeneggen). Weitere Adjektive: zum Chleinu Kapäli ‘ zum kleinen Kapellchen ’ (Saas-Balen), im Grosen Capellÿ ‘ in der grossen kleinen Kapelle ’ (1768, Leuk), vnder dem kleinen Capeltÿ (1756 u. später, Ritzingen), únder der Niwen Kapellen (1692, Oberwald), zur Nÿwen Capellen (1753, Ausserberg), Rot Kapälli ‘ die kleine rote Kapelle ’ (Gampel) und tsch Schreejend Chappelti ‘ die kleine Kapelle, bei der es stark zieht ’ (Ferden). Als Grundwort in zweigliedrigen Komposita ist Kapälla mit seinen Varianten sehr häufig. Das geläufigste Muster ist die Angabe des Ortes der Kapelle, sei das eine Alp, ein Dorfteil, ein Weiler, ein Wald oder eine andere Flur. Beispiele dafür: Albukapälli ‘ die kleine Kapelle auf der Alba ’ (Visp), t Bleickukapälla ‘ die Alpe in den Bleiken ’ (Simplon), Gsteikapälli ‘ die kleine Kapelle im Gestein ’ (Mund), Hiischerkapälla ‘ die Kapelle beim Weiler Ze Hiischru (Zenhäusern) ’ (Bürchen; bei G ATTLEN 2007 so nicht bekannt), ts Saagikapälli ‘ die kleine Kapelle (Bildstock) bei der Säge ’ (Zwischbergen), Waldkapälla ‘ die Kapelle im Wald ’ (Visperterminen) und viele andere. Ein zweites, selteneres Muster ist die Angabe der Heiligen, denen die Kapelle geweiht ist: St. Annakapälla ‘ die Kapelle der Hl. Anna ’ (Raron), ts Sant Joosopsch Kapälli ‘ die kleine Kapelle des Hl. Josef ’ (Visperterminen), ts Jopsch Kapälli ‘ die kleine Kapelle des Hl. Josef ’ (Saas-Fee). Dieses Muster kann alternativ ersetzt werden durch einen nachgestellten Genitiv: die Kappellen Sant Jodren ‘ die Kapelle des Hl. Theodul (Landespatron) ’ (1542, Törbel) oder - lateinisch - capella ‘ S. S. Anna ’ et Jacobj ‘ die Kapelle der Hll. Anna und Jakob ’ (1672, Zwischbergen). Komplexere Konstruktionen entstehen, wenn der Bezugsort einen mehrgliedrigen Namen hat, wie in t Oberwaldchapla ‘ die Kapelle im oberen Wald ’ (Wiler), zer Riätholzchaplun ‘ bei der Kapelle beim Rietholz ’ (Kippel) oder ts Scheitwägunkapälli ‘ die kleine Kapelle beim Scheideweg ’ (Hohtenn). Als Bestimmungswort ist Kapälla mit folgenden Grundwörtern zu zweigliedrigen Komposita verbunden: Acher, Bäärg, Biel, Bodu, Egg(a), Eie, Gartu, Güed, Hubel, Lischa, Matta, Schleif, Schluocht, Spiicher, Stuck, Tschugge, Viertel, Wald, Wang und Wäg. Nur einmal kommt hier eine Ableitung auf / - ER / vor, eine Stellenbezeichnung: t Kappelermatta ‘ die zur Kapelle (St. Anna) gehörende Wiese ’ (Raron). Auch hier sind komplexere Formen möglich, aber nur eine ist belegt: der Aalt Chappoluwäg ‘ der Weg bei der alten Kapelle vorbei ’ (Visperterminen). Kapetschiiner Kapetschiiner ist nur als bim Kapetschiinerbrunne ‘ bei der Kapuzinerquelle ’ (Ulrichen) belegt. Das HL ist zu schwdt. Kapuziner, wdt. Ggapputschiner, Ggappäschinär (Goms), Kappeschiner, Chappuschinär (Leuk), Ggapputschinär m. ‘ Kapuziner ’ oder Pflanzenname ‘ Kapuzinerle, Bach- Kapuziner, Geum rivale, Bach-Nelkenwurz ’ (I D . 3, 402 f.; Kapälla 7 8 <?page no="9"?> G RICHTING 1998, 87) zu stellen. G EUM RIVALE (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2011, 246) kommt in der ganzen Schweiz vor und ist auch subalpin und alpin nachgewiesen. Der Pflanzenname dürfte hier einschlägiger sein als der Orden der Kapuziner, der in Ulrichen keine Niederlassung hatte. Kapil Kapil ist nur historisch 1747 in Staldenried als im Kapilacher ‘ im Kapellen-Acker ’ belegt. Vermutlich liegt eine Schreibform zum HL K APÄLLA ‘ Kapelle ’ vor, das dialektal auch als Chappel (I D . 3, 382 f. s. v. Chappel) erscheinen kann. Kapitol Kapitol n. ist nur als ts Kapitol (Visperterminen, auch FLNK, LT Kapittol) belegt. G RICHTING (1998, 121) kennt Kapittl, Kapittäl (Goms), Kappittul (Mattertal), Kappittil ‘ Kapitel, Vorwürfe ’ . Der Akzent liegt überall auf der zweiten Silbe. Wie die historischen Belege von 1569 ds Cappittell und 1572 aúffm Capitell zeigen, ist der Auslaut ein unbetonter Vokal. Da es sich um ein Neutrum handelt, tritt die Regel der Vokalharmonie mit / i/ nach R ÜBEL (1950, 7) nicht ein. Die Deutung ist schwierig. I D (3, 399 f. s. v. Kapitel) und G R W B (2, 606 s. v. Capitel) unterscheiden den Teil eines Buches von der geistlichen Bedeutung. Ersteres kommt kaum in Frage, das zweite wäre als Besitztum des (Dom-)Kapitels in Sitten zu verstehen; damit stimmt überein, dass der Ort im Mittelalter dem Domkapitel abgabepflichtig war (G RICHTING in http: / / www.hls-dhs-dss.ch/ de/ articles/ 002820,2014-12-27 [21.09.2020; IW]). RN (2, 74) kennt CAPITELLUM ‘ Köpfchen ’ (REW 1637, FEW 2, 257) für einen ‘ Bildstock ’ , der in Visperterminen jedoch nicht belegt ist. Die Deutung als “ Vorwürfe ” kommt kaum in Frage. Insgesamt bleibt sie aber unsicher. Weiter ist das HL als Bestimmungswort in der Kapitolcheer ‘ der Cheer beim Kapitol (Wegkehre beim Gebiet Kapitel) ’ (Visperterminen, auch FLNK) belegt; die Motivation dafür ist unbekannt. Kaplaa Ka ’ plaa m. ‘ Kaplan ’ ist zu wdt. Kaplaa m. ‘ Kaplan ’ , mhd. kapellân (aus lat. CAPELLANUS ‘ Hilfsgeistlicher ’ ) zu stellen. Davon abgeleitet ist Kaplanii f. ‘ Kaplanei ’ zu mhd. kaplânîe; zur Bezeichnung von Gütern, die dem Unterhalt des Kaplans und der Kaplanei dienten (BENB 1, 2, 419; LUNB 1, 1, 506; G RICHTING 1998, 121). Das HL erscheint als vorangestellter starker Genitiv Singular in ts Kaplaasch Eie ‘ die Aue des Kaplans, die der Kaplanei gehörte ’ (Münster). Als Bestimmungswort Ka ’ plaa ist es belegt in di Kaplaahüsmatte ‘ die Wiese beim Haus des Kaplans ’ (Münster) und t Kaplaamärweri ‘ der Acker des Kaplans / der Kaplanei ’ (Münster). Das Simplex der Ableitung Kaplanii ist 1691 in Raron als in der Kaplanÿ ‘ im Gut, das zur Kaplanei gehört ’ belegt. Dazu ist die Ableitung auch als Bestimmungswort belegt: Kaplaneigút ‘ das Gut, das der Kaplanei gehört ’ (1853, Stalden), nebet dem Caplaneÿ Gúoth ‘ neben dem Gut, das der Kaplanei gehört ’ (1803, Ernen), in den Kaplaneÿ Reben ‘ in den Reben, die der Kaplanei gehören ’ (1838, Visp), di Kaplaniimattu ‘ die Wiese, die der Kaplanei gehören ’ (Leuk) und t Chaplaniischiir ‘ die Scheuer, die der Kaplanei gehört ’ (Kippel). Karf Karf ist nur 1642 in Zwischbergen als an den Karf belegt. Das Genus ist maskulin. Es scheint, dass der Flurname zu einem Pflanzennamen C ARUM CARVI ‘ Kümmel ’ (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 980; G R W B 11, 207 s. v. Karbe) zu stellen ist. G R W B gibt an der Stelle mehrere Belege aus den nordischen und südlichen Ländern an. K LUGE / S EE- BOLD ( 25 2011, 474 s. v. Karbe) nehmen eine Entlehnung aus mlat. CARE ( I ) UM an, das auf arab. kar ā wij ā ‘ Kümmel ’ zurückgehe. Die maskuline Form entspricht dem frz. le carvi ‘ Echter Kümmel ’ . Ob diese Herleitung stimmt, ist unklar. Sie kann sowohl aus dem Italienischen wie aus dem Deutschen stammen. Für Zwischbergen kommen beide Sprachen in Frage. Karisier Karisier kommt nur einmal vor in der Karisiertstei ‘ der Stein der Liebespärchen ’ und ist zum Verb schwdt. karessiere(n), karisiere(n) ‘ schön tun, den Hof machen, (lieb)kosen; um ein Mädchen werben und es abends besuchen; eine Liebschaft unterhalten, verliebten Umgang haben, Buhlschaft treiben, z. T. auch im unzüchtigen Sinn ’ (I D . 3, 428; G RICHTING 1998, 121) zu stellen; übernommen aus dem frz. caresser ‘ zärtlich berühren ’ (FEW 2, 439 ff. zu lat. CARUS teuer). Karl (PN) Karl (PN) ist einerseits wohl zum PN Karl (I D . 3, 460 ff.) zu stellen, anderseits auch zu den FaN Carlen oder Karlen (beide AWWB 50). Belegt ist als Simplex ts Kaarli ‘ der Ort, wo ein Karl Seiler 1847 hinunterfiel ’ (Simplon). J ORDAN (2006, 1872) kennt den Ort und berichtet auch den Unfall eines Karl Seiler 1847. Weiter nennt er di Kaarligalärii, die an der Stelle 1958 - 1961 gebaut worden sei. Heute ist sie mit der Siitibrunnugalärii zusammengebaut. Ein vorangestellter Genitiv ist in ts Kaarlisch Garaasch ‘ die Autowerkstätte des Karlen (FaN) ’ (Stalden) erwähnt; früher habe der Ort Chimatta ‘ die Wiese beim Kinn 9 10 Karl (PN) <?page no="10"?> (Schlucht) ’ geheissen. Heute befindet sich dort die Rallye Garage. Komplex ist der vorangestellte Genitiv in ts Kaarlifrantsch Chriz ‘ das Kreuz des Franz, Sohn des Karl (Imsand) ’ (Ulrichen). Es handelt sich um ein Erinnerungskreuz an einen Mann namens Franz Imsand, dessen Vater Karl geheissen habe (so die Beschreibung). Sicher ein PN-Beleg liegt vor in Karl Böschweg (FLNK, Saas-Fee), der zur Erinnerung an Karl Bösch, Ingenieur (1914 - 1992), benannt wurde (cf. HL B ÖSCH (F A N)). Als Bestimmungswort erscheint das HL in Karliblätze ‘ die kleinen Stücke Land, die dem Karl / der Familie Karlen gehören ’ (Ried-Brig) und der Ggaarlowang ‘ der Grasabhang des Karl / der Familie Carlen ’ (Birgisch). In beiden Fällen ist nicht klar, ob ein PN oder ein FaN vorliegt. Karlen (FaN) Karlen (FaN) ist der FaN Carlen oder Karlen, zum Taufnamen Karl gebildet und unterschiedlich geschrieben (AWWB 50, 141). Im Einzelfall kann aber auch der PN Karl gemeint sein (cf. HL K ARL (PN)). Karlen kommt als Erstglied vor in in Karlen Garten ‘ im Garten der Familie Karlen / des Karl ’ (1700, Zeneggen), der Kaarlustafil ‘ der Stafel der Familie Karlen ’ (Oberems) und Karleegga ‘ die Ecke der Familie Karlen ’ (FLNK, Lax). Die kollektive Ableitung auf / - IG / im Genitiv Plural Carligo / Karligo ‘ der Leute des Karl ’ ist belegt als terram Karligo ‘ der Boden der Familie Karlen ’ (1656, Zeneggen) und an Carligo Waltt ‘ am Wald der Familie Karlen ’ (1628, Grächen). Die Formen Karlen Hau ᵕ s (1661) und vnder Carligo Haus (1682) ‘ das Haus der Familie Karlen ’ sind für Mund belegt; der FaN ist auch in J OSSEN (1989, 72) als ausgestorben erwähnt. Kaschlaa Nur in Grengiols befinden sich die Kaschlää (gespr. ‘ kcha ’ schlää ’ ) Pl.; Sg. ist Kaschlaa (gespr. ‘ kcha ’ schlaa ’ ) des Auxilius Heynen und daneben die Kaschläärischä ‘ Geröllhalden neben den Kaschlää ’ . Lautlich lässt sich der Name zu Kastlan (cf. HL K ASTLAN ) stellen; am ehesten kann ein metaphorischer Gebrauch ( ‘ aussehen wie ein Kastlan ’ ) vorliegen. Kastlan Das Lemma Kastlan (gespr. Chascht ’ laa) ist in Flurnamen nur als Bestimmungswort belegt; es ist zu wdt. Kastellán, Kastlan m. ‘ Burgvogt; höherer Beamter, spez. Oberhaupt und Richter eines Zehndens bzw. einer Gemeinde ’ (I D . 3, 535; siehe auch Ph. K ALBERMATTER , Rechtshistorische Begriffe s. v. Kastlan) zu stellen. Dazu gehören die historischen Belege Castlans Acher (St. Niklaus) und Castlans Biel (Visperterminen), sowie ts Chaschlaasch Brannd (Stalden) und t Kaschtlaweid (Leukerbad). Das Lemma ist verwandt mit anderen Ableitungen zu lat. CASTELLUM (FEW 2, 468). Kastor Kastor, dial. auch Kaschtor, ist einer der beiden Gipfel, die nach den Dioskuren oder Zwillingen Castor (4223 m) und Pollux (4092 m) von Domherr J OSEF A NTON B ERCHTOLD (1780 - 1859, Mitarbeiter an der D UFOUR -Karte) so benannt wurden. Schreibweise auf LT ist Castor. Der italienische Name ist Punta Castore (LT). Katharina (PN) Katharina (PN) ist nur in Tsangkatriine Bode ‘ der Boden, der zum Altargut der Heiligen Katharina gehörte (zum Altar der Hl. Katharina vgl. W. R UPPEN (1979, 28 ff.)) ’ (Ernen); FLNK St. Katrinebode). Der Name der Heiligen ist als Katar ī ne (I D . 3, 560 f.) mit dialektalen Varianten verzeichnet; der Text nimmt Bezug auf den Altar der hl. Katharina. Kaufmann (FaN) Kaufmann (FaN) ist nur belegt als Choifmasch Chumma ‘ die Chumma (Mulde) des Kaufmanns / der Familie Kaufmann ’ (Ferden). Es ist unklar, ob hier ein FaN oder eine Berufsbezeichnung vorliegt. Der starke Genitiv würde für beide gelten. Die Mulde befindet sich auf rund 2500 m auf der Kummenalp. Wenn der FaN Kaufmann vorliegt, dürfte eher ein bernischer Name gemeint sein; im Wallis selbst ist Kaufmann als FaN nur für eine Person in Leuk auf Grund unsicherer Verhältnisse belegt (F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ 2, 959). Kauften Kauften ist nur 1769 in Leuk als des Kauften Bodens ‘ des gekauften Bodens ’ (Genitiv konstruktionsbedingt) belegt. Der hier gemeinte Boden wurde gekauft, nicht vererbt. Das Partizip Perfekt ist zu schwdt. chaufe n ‘ kaufen ’ und wdt. chöüffe, chöüffä (Goms), choiffn (Lötschtal), chöüffu od. choiffu ‘ kaufen, einkaufen ’ (I D . 3, 170; G RICHTING 1998, 52) zu stellen. Das sonst zu erwartende / g(e)-/ wird hier assimiliert. Kech Kech ist zu schwdt. chëch, chäch, käch ‘ lebenskräftig, -frisch, rüstig ’ , von Sachen z. T. in den Begriff des Ausserordentlichen, Gewaltigen übergehend, mhd. quëc ‘ lebendig, frisch, fest ’ und wdt. chäch, käch ‘ kräftig, gesund ’ (I D . 3, 120; G RICHTING 1998, 46) zu stellen. Es ist belegt in dr Chächbrunn ‘ die lebendige Quelle / der lebendige Brunnen ’ (Kippel), sowie zem Kechbrunnen ‘ beim der lebendigen Quelle / dem lebendigen Brunnen ’ (1382, Karlen (FaN) 11 12 <?page no="11"?> Ulrichen) und bÿm Kechgraben ‘ beim lebendigen Graben ’ (1543 u. später, Ulrichen). Zu Kechbrunne(n) > mhd. quëcbrunne eig. ‘ lebendiger Quell ’ vgl. I D . (5, 687 f.). Khoreten Khoreten ist nur einmal belegt 1759 in Simplon als in den Khoreten. Es handelt sich um einen Dativ Plural, der auf dial. (- ETA ) auslautet. Letzteres ist laut S ONDEREGGER (1958, 524) zu / - ETA / (< / ÔDI / ÔTI / ) zu stellen. Gemeint ist wohl ein Ort, an dem Korn (Getreide) angebaut wurde, vgl. schwdt. Chorn ‘ Korn, Getreide ’ und wdt. Choore, Choorä (Goms), Choorn (Lötschental), Chooru ‘ Korn, Getreide ’ (I D . 3, 469 f.; G RICHTING 1998, 52). Kiechler (FaN) Kiechler (FaN) ist nur 1549 in Selkingen als Kiechlers Boden ‘ der Boden der Familie Kiechler ’ belegt. Der FaN ist als Kiechler (NWWB 2, 127) im 16. Jhdt. im Zehnden Goms bekannt. Kienzner (FaN) Kienzner (FaN) ist zu FaN Kienzner zu stellen. Das heutige Zienzihiischinu ‘ bei den Häusern des Zienzi ’ (Mund) wird historisch z Kienzenheisren ‘ bei den Häusern des Kienzi ’ (1638, Mund) genannt. J OSSEN (1989, 76) erwähnt den FaN Kienzner für Mund. t Chienzleri ‘ die Wasserleitung der Familie Kienzner ’ (Mund) wird historisch aqueductum Kuenzinerro ‘ die Wasserleitung der Familie Kienzner ’ (1344) genannt. Dem FaN liegt demnach ein umgelautetes und entrundetes Kuonz (zu Kuonrad) zu Grunde (I D . 3, 379 f.). Kilchenmann (FaN) Kilchenmann (FaN) ist nur als starker Genitiv Singular belegt in ob Kilchenmanns Huss ‘ ob dem Haus des Kilchenmannes / der Familie Kilchenmann ’ (1615, Grächen). Der FaN kann in dieser Form nicht nachgewiesen werden; es existiert aber ein FaN Zurkirchen (AWWB 303). Kilometer Kilometer m. ist nur als bim Kilometerstei ‘ beim Kilometerstein ’ (Oberwald) belegt. Die Flur weist heute keinen Stein mehr auf. Sie liegt südwestlich von Oberwald: von der Kirche in Oberwald bis hieher sei es genau einen Kilometer weit gewesen. Das HL ist zum hdt. Kilometer m. (K LUGE / S EEBOLD 25 2011 s. v. kilo-) zu stellen; Masseinheit, die 1000 m entspricht. Kind Kind ist als Simplex nicht belegt. Als Diminutiv erscheint nur Chingjunu (St. Niklaus, FLNK Chingene) und laut M. S. auch Kinndjini. Laut Beschreibung handelt es sich um Steinhaufen zwischen Wiesen. Dieser Name ist wohl nicht zu Kind, resp. schwdt. Chind und wdt. Chind (I D . 3, 336; G RICHTING 1998, 48) zu stellen, sondern als Diminutiv zu schwdt. Chinn ‘ Spalte im Erdreich oder Fels ’ , wdt. Chi ‘ Schlucht, Felsgrund ’ (I D . 3, 320; G RICHTING 1998, 48; cf. HL C HI ) zu stellen. Hingegen gehören ts Chinderheim ‘ das Kinderheim ’ (Turtmann), t Kimmbetti ‘ die Kindbette ’ (Niederwald), der Chindobiel ‘ der Hügel der Kinder ’ (Ausserberg, auch FLNK und LT) und t Kchinnumatta ‘ die Wiese der Kinder ’ (Grächen, auch FLNK), historisch 1304 als der Kyndo Matta mit einem Genitiv Plural, zum HL K IND . Ebenfalls Genitiv Plural ist der Kindo Acher ‘ der Acker der Kinder ’ (1527, Ried-Mörel). Die Belege mit Chindo / Kindo bezeichnen ursprünglich Erbstücke der Kinder des vorherigen Besitzers. Anlautendes / k/ in lebenden Namen ist als agglutinierter Artikel im Plural zu verstehen. t Kimmbetti meint einen Bildstock, wobei wohl auf das Kindbett (Schwangerschaft) der Muttergottes Maria Bezug genommen wird. Kinderen Kinderen ist nur einmal belegt in beÿ der Kinderen Schür ‘ bei der Scheuer der Kinder (? ) ’ (1775, Binn). Ob hier wirklich ein Genitiv Plural des Nomens Kind (schwdt. Chind (I D . 3, 336; G RICHTING 1998, 48)) vorliegt, ist unklar (cf. HL K IND ). Es könnte sich auch um eine verhochdeutschte, wohl falsch verstandene Form zum HL C HI ‘ Schlucht ’ handeln, das in Ausserbinn als ts Chinneschiir ‘ die Scheuer beim (Binne-)Kinn (Schlucht der Binna) ’ vorkommt. Kinting Kinting ist nur 1712 in Leuk als in der Kinting ‘ im Gut des Quintin ’ belegt. Es handelt sich vermutlich um di Ginntig (cf. HL G INNTIG ), die auf einen früheren PN vom Typ Quintin zurückgeführt wird. Der Name ist ursprünglich wohl lateinisch. Kipp Kipp f. ist sicher nur in Mühlebach als Kipp (FLNK) und ob der Kipp (FLNK) erwähnt. Es könnte sich um das hdt. Wort Kippe ‘ künstlich aufgeschüttete Halde ’ handeln, das aber dialektal nicht belegt ist; die Karten zeigen an der Stelle einen künstlichen Abhang. Der Beleg t Chippfet (Täsch) lässt sich sowohl als Chipf + Fet, wie auch als Chipp + Fet analysieren (cf. HL C HIPF ); eine Assimilation zu Chid/ t + Fet liegt wohl nicht vor. Bei der Deutung gehen wir von Chipf + Fet aus, also ‘ die Grasbänder bei der Kipfe ’ . 13 14 Kipp <?page no="12"?> Kippel Kippel, dial. Chiipel ist zunächst der Name einer der Gemeinden des Lötschentals. Historisch ist es 1320 als Kybuel, 1437 Kypill (zweimal), 1440 Kypil, 1440 Kÿpill, 1445 Kipu ᵕ l, 1482 Kippil usw. belegt. 1508 gibt es apud Kupuell, das eine falsche Entrundung im ersten Teil und eine Deutung zu Büel ‘ Hügel ’ im zweiten Teil annimmt. Die ältesten Belege machen klar, dass eine Entrundung (/ ü/ > / i/ ) nicht möglich ist, da das / i/ schon im 14. Jahrhundert vorhanden ist; die Entrundung erscheint sonst erst um 1500. Der wechselnde Vokal im zweiten Teil wird gelegentlich auf Büel zurückgeführt, was nur bei einer Erstbetonung mit Abschwächung des zweiten Teils zur Endung -bil möglich wäre. Laut K RISTOL ET AL . (2004, 481) ist eine romanische Herkunft des Namens, wie sie z. B. bei S TUDER (1896, 141) zu finden ist, der den Namen zu lat. CAPELLA ‘ Kapelle ’ stellt, unwahrscheinlich. Eine Herkunft von hd. Küppel, Kippel m. ‘ Berg, Hügel ’ (G R W B 11, 2771 und 2775 s. v. Kuppe) (nach K RISTOL ET AL ., 2004, 481) ist kaum möglich, da die Form im Schweizerdeutschen Gupf (I D . 2, 390) heissen würde. Nicht haltbar ist die Annahme, dass anlautendes / k/ vorhanden gewesen sei; auch in anderen Fällen ist heutiges dialektales / ch/ schriftlich als / k/ realisiert worden, z. B. Kiematt ‘ Kühmatt ’ (1662, Blatten), das heute Chiämad ausgesprochen wird. Lautlich würde eine Ableitung auf / - EL / - IL / (S ONDER- EGGER 1958, 523) als Stellenbezeichnung zum Nomen Ch ī b ‘ Zorn, Wetteifer, Zank, Streit ’ (I D . 3, 105 f.), also etwa ‘ der Ort, um den es Streit gibt ’ , passen (was auch das sonst undeutbare lange / i: / erklären wurde), aber das Nomen ist sonst für das Oberwallis nicht belegt (vgl. aber HL S TRIT ). Insgesamt ist so für den Gemeindenamen keine Deutung möglich. Neben dem Gemeindenamen tritt das HL nur als Bestimmungswort auf, in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern Chumma, Egg(a), Fura, Ried und Wald. Komplexer sind ts Inder und ts Uister Chiipelriäd ‘ das innere (taleinwärts liegende) und das äussere (talauswärts liegende) Ried bei Kippel ’ , nur historisch auch im Obren Kippellried ‘ im oberen Ried bei Kippel ’ (1715), Indru und t Uistru Chiipelfurä ‘ die inneren (taleinwärts liegenden) und die äusseren (talauswärts liegenden) Furchen von Kippel ’ , in den Kipelriedhalten ‘ in den Halden beim Ried bei Kippel ’ (1855 u. später), in Innern Kippelriedhalten ‘ in der Halde beim inneren Ried bei Kippel ’ (1870 (oder davor)) und Chiipelwaldwäg ‘ der Weg durch den Kippelwald ’ (FLNK) (alle Kippel). Kiri Kiri ist nur einmal belegt in Kirihanselöübe ‘ die Lauben des Kirihans ’ (Ulrichen), eine Alpweide. Vermutlich liegt ein assimilierter Artikel / di/ vor, sodass sich Chiri ergibt, das entweder ein Kurzname oder ein Übername eines Mannes ist, der mit Vornamen Hans hiess. Chiri lässt sich zu Chorn ‘ Korn, Getreide ’ (I D . 3, 469) (vgl. Chire, Kiru (Leuker Berge), Chiri (Schattenberge, Leukerberge) ‘ Obstkern, Weizenkorn ’ (G RICHTING 1998, 49)) stellen; ein PN oder FaN dazu ist jedoch nicht belegt. Kitzen Kitzen ist nur belegt in Kitzenboden (1411, Ausserberg) und zwar zum PN Hans Gertzen a dem Kitzenboden ‘ Hans Gertschen a(b) dem Kitzenboden ’ . Es handelt sich vermutlich um eine verschriebene oder verlesene Form von Ritzenboden zum Weilernamen Ritzubodo ‘ der Boden bei den Ritzen (Grasbändern) ’ , der seit 1306 in Ausserberg und Raron belegt ist. Klaa Klaa f. ist nur in Leukerbad belegt. t Klaa ist eine langgestreckte Wiesenzone (vgl. R. G RICHTING 1993, Blatt 2, Nrn. 7, 18, 19, Blatt 3, Nrn. 3, 9, 16), durch die der Klaagrabu (FLNK) zieht; der Glaagrabu ist die etwas irreführende Form unter Nr. 40162, wo LT Glaagraben und SK Claagraben haben. Unterschieden werden t Ober und t Unner Klaa. Historisch erscheint das HL 1358: eys clax, 1367: deyc clas, 1437: eys claa, 1628: in d Claa. Gedeutet wäre der Name am ehesten zu lat. CLARU ‘ klar ’ zu stellen (M EYER 1914, 113; G PSR (4, 84ss. s. v. clair)) und meint dann etwa ‘ die Lichtung ’ (vgl. im Deutschen HL P LUTT ). Klaara (PN) Klaara (PN) ist in Klaarahaselbodo ‘ der Boden mit Haselstauden der Klara ’ (Glis) belegt. Es handelt sich um den PN Klara (I D . 3, 685 s. v. Chl ā re). Unklar ist, ob es sich um eine (frühere) Besitzerin handelt. Klachten Klachten ‘ abgegrenzt ’ ist nur 1338 in zer klachten Wason (Täsch) belegt. Es handelt sich um ein Partizip Perfekt zum Verb lâche n ‘ im Wald die Grenzzeichen aufsuchen und auffrischen ’ (I D . 3, 1001). Die seltsame Form ‘ bei der abgegrenzten Wiese ’ lässt sich eventuell durch die Formulierung apud zer klachten Wason erklären; der Schreiber hat zunächst das lat. APUD , dann das gleich bedeutende dt. zer gewählt, was auf ein fehlendes Verständnis des Namens hindeutet. Klägen Klägen ist nur belegt in in den Steinklägen (1788, Unterbäch). Laut D R . G REGOR Z ENHÄUSERN (p. c.), der in Unterbäch wohnt, handelt es sich um Steinschläge in Ginals, wofür jedoch Belege fehlen. Alternativ könnte Klägen zu wdt. Chlakk ‘ Spalte, Riss ’ (G RICHTING 1998, 49) und Kippel 15 16 <?page no="13"?> schwdt. Chlack, Chläck, Pl. Chleck (neben -ä-) m. ‘ Spalte, Riss, Ritze, in Holz, Gestein, Gemäuer, Erdreich, Eis und Firn ’ , ( … ) ‘ Erdschrunde, kleines Bergtal, Einschnitt, Bachbett, Schlucht, Tobel ’ , mhd. klac (I D . 3, 639 f.) zu stellen sein. Klarei Klarei ist nur einmal belegt als Klarei (Salgesch, auch FLNK). Die Beschreibung sagt, es handle sich um einen Dorfteil im Osten. M ATHIER (2015, 68) kennt den Namen. Er zitiert hierzu T AGMANN (1946, 30), der den Namen auf lat. GLAREA ‘ Kies ’ (FEW 4, 149; cf. HL G LARET ) und das Kollektivsuffix / - ETU / zurückführt und es als ‘ Gebiet mit viel Kies, kieshaltiges Gebiet ’ bezeichnet. B OSSARD / C HA- VAN (2006, 62) erwähnen u. a. Glarey als ‘ [s]ol graveleux ’ . Der Anlaut von Klarei wird als Fortis / k/ ausgesprochen, nicht als Affrikata. Klause Klause ist nur einmal als Grundwort in Baltschieder Klause SAC (Baltschieder) vertreten. Es handelt sich um eine SAC-Hütte auf dem Gebiet der Gemeinde Baltschieder auf 2783 m ü. M. Das HL ist wohl zu Klause (G R W B 11, 1035 f.) zu stellen und meint eine ‘ [v]erschlossene, schwer zugängliche, enge behausung ’ . Klufner Klufner m. ist nur einmal 1860 in Steg als zúm Klúfner belegt. Es handelt sich um eine männliche Stellenbezeichnung auf / - ER / (S ONDEREGGER 1958, 541 ff.) zum Nomen Chl ŏ be n ‘ Geräte zum Einklemmen, Festhalten, -Haken, Verpflöcken ’ (I D . 3, 617 f.), das von I D . für das Wallis auch als Chl ŏ fe n verzeichnet wird, also ‘ der Ort, wo man Geräte zum Einklemmen gewinnt ’ . G RICHTING (1998, 50) kennt es als Chlofe, Chlofo (Schattenberge), Chlofn (Lötschtal), Chlofu ‘ Kloben (Türzapfen), Kastriergerät, Riegel ’ ; (vgl. auch V. S CHMID 2003, 77 f. zu Chlobo und Chlofo beim Hausbau). Das / u/ kann auch aus Chluppe n ‘ Geräte zum Festklemmen, Kneipen; Klammer ’ stammen (I D . 3, 666 ff.). Klummerte Klummerte ist nur als t Klummerte (Inden; FLNK u. LT Klummärte) belegt. Die Form ist wohl ein Plural. Das anlautende / k/ ist als Affrikata / k χ / notiert. Der Anlaut könnte deswegen auch einen agglutinierten Artikel enthalten. Das offene / ä/ der zweiten Silbe kann einen jüngeren Dialektstand notieren als das / ə / von M. S. Es bleibt unklar, ob das zu Grunde liegende HL dt. oder frpr. ist. Am nächstliegenden ist Chlummere (Thun, BENB 1, 2, 478), wo das Wort nach H UBSCHMIED auf lat. COLUMBARIUM ‘ Taubenschlag, Friedhof mit Asche-Urnen ’ zurückgeführt wird (die Lage macht allerdings heute diese Herleitung schwer erklärbar). Diese Deutung verbietet sich in Inden allerdings aus zwei Gründen: zum einen befindet sich t Klummerte laut LT ausserhalb eines bewohnten Gebietes, zum andern enthält es ein / t/ , das im zitierten Namen nicht enthalten ist und auch nicht erklärt werden könnte. Eine frpr. Deutung ist schwierig, da clos in Clos Martin ‘ eingefriedetes Gut (des Martin) ’ (G PSR 4, 128 ss.) in Inden als Glüü erscheint. Die Entwicklung von Martin zu -merte, resp. -märte ist eher unwahrscheinlich; in Salgesch wird t Bismerting auf aqueductum dou martini ‘ die Wasserleitung des Martin ’ zurückgeführt; hier ist klar, dass aus Martin das frpr. Marting wird. Beide Deutungen müssen also zurückgewiesen werden; der Name bleibt so ungedeutet. Kluschite Kluschite ist als Kluschite ‘ die Glockenblumen ’ (Leukerbad; SK und LT Kluscheten; FNLK Kluschitä) belegt. Historisch ist es 1695 als in die Kluschette bezeugt. R. G RICHTING (1993, Blatt 2, Nr. 16 und Blatt 3, N4. 4) kennt es als Kluschitä, dazu noch Kluschitubodu (Blatt 2, Nr. 17). Das anlautende / k/ ist wohl als Fortis / k/ zu lesen, nicht als Lenis / g/ . Am nächstliegenden dürfte das frz. clochette ‘ kleine Glocke ’ (G PSR 4, 118 ss.) sein, in seiner botanischen Bedeutung als ‘ Glockenblume ’ (unter 4°); vgl. hierzu die verschiedenen Pflanzen unter dem Namen C AMPANULA (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1030 - 1040). Kluser (FaN) Kluser (FaN) ist lebend nur als der Chlüüserbodo ‘ der Boden der Familie Kluser ’ (Ried-Brig) belegt. Historisch erscheint er 1746 in Simplon als in Klúsero Boden ‘ der Boden der Leute von Klusen ’ / der Familie Kluser. Der FaN ist als Kluser (AWWB 141) für den Bezirk Brig belegt und auch als Zenklusen bekannt. Knakten Knakten ‘ abgenagt ’ kommt nur einmal vor in an der Knakten Flu ᵕ h (1895, Embd). Es handelt sich wohl um ein attributiv verwendetes Partizip Passiv zum schwdt. Verb g e -nage n ‘ abnagen ’ (I D . 4, 695 f.). Deuten lässt sich der Name als ‘ Fluh, die abgenagt aussieht (wie ein abgenagter Knochen? ) ’ . Die Schreibung Knakten lässt sich aus der Fortisierung von an- und inlautendem / g/ zu / k/ erklären. Knecht (FaN) Knecht (FaN) ist in den meisten Belegen wohl als FaN zu sehen. In den Quellen erscheint der FaN Knecht mehrfach, so 1400 Johann Knecht, 1690 Antonius Knecht (beide Eischoll) und 1683 Anthony Knecht (Raron). Von den 17 18 Knecht (FaN) <?page no="14"?> Namenbelegen stammen drei aus Eischoll: 1648 in Knechtsachren ‘ in den Äckern der Familie Knecht ’ , 1740 die Obrun Knechtsmatten ‘ die oberen Wiesen der Familie Knecht ’ , 1697 ob Knechts Treien ‘ oberhalb der Viehwege der Familie Knecht ’ . Für Niedergesteln ist 1685 in Knechtigo Halten ‘ in der Halde der Familie Knecht ’ mit dem Genitiv Plural der / - IG / -Ableitung bezeugt. Der einzige lebende Beleg ist Chnächtschmatta ‘ die Wiese der Familie Knecht / des Knechtes ’ (Blatten). In diesem Beleg könnte auch eine der Deutungen von Chnëcht ‘ Knecht; junger Bursche ’ (I D . 3, 720 ff.) gemeint sein. Knoden Knoden ist nur historisch in am Knodenlandt (1707 u. später, Ausserberg) und am Knodenland (1803, Raron) belegt. Es handelt sich um die gleiche Flur. Knoden ist zu schwdt. Chnode n ‘ Knoten; Gelenkknoten ’ usw. (I D . 3, 734) und wdt. Chnode, Chnodä (Goms), Chnoda (Mattertal), Chnodo (Schattenberge), Chnodn (Lötschtal), Chnodu m. ‘ Knöchel (Fussgelenk) ’ (G RICHTING 1998, 51) zu stellen. BENB (1, 2, 481) kennt ein historisches Knoden und verweist auf die Stelle im I D . www.ortsnamen.ch kennt für Kirchberg (SG) den Flurnamen im Chnode. Vermutlich liegt eine metaphorische Deutung vor: ‘ das Land, das wie ein Knoden (Knöchel) aussieht ’ . Knou Knou ist nur belegt in t Knouhitta (Steinhaus mit / l/ - Vokalisierung, auch FLNK; LT Chnollhitta). Es handelt sich um eine Assimilation des anlautenden Artikels zum Nomen Chnolle, verbunden mit der / l/ -Vokalisierung, also eine (Alp-)Hütte bei einem Knollen, einem Erdklumpen. Zu schwdt. Chnolle ‘ Knollen, Klumpen; Erdscholle, etc. ’ und wdt. Chnolle, Chnollä (Goms), Chnolla (Mattertal), Chnolln (Lötschtal), Chnollu ‘ Knolle ’ (I D . 3, 740; G RICHTING 1998, 51). Koch (FaN) Koch (FaN) ist in ts Chochbielti ‘ der kleine Hügel der Familie Koch / eines Koch ’ (Glis) und der Chochbieltischleif ‘ der (Holz-)Schleif beim Chochbielti (kleiner Hügel der Familie Koch) ’ (Glis) belegt. Der FaN scheint nicht belegt, doch ist im Register zu den HRBS der FaN Kechli, Köchli usw. belegt. Es kann aber auch eine Berufsbezeichnung vorliegen. Der FaN oder die Berusbezeichnung sind zu schwdt. Choch ‘ Koch ’ und wdt. Choch, Chooch (Lötschtal) ‘ Koch ’ (I D . 3, 124 f.; G RICHTING 1998, 52) zu stellen. Kocher Kocher, auch Chocher ist nur in Birgisch belegt. Zentral ist der Name ts Chocherli ‘ die kleine heisse Stelle ’ (Birgisch, FLNK Chocherli). Es handelt sich um ein Diminutiv zu einer Stellenbezeichnung (S ONDEREGGER 1958, 541). Als Bestimmungswort ist es mit folgenden Grundwörtern verbunden: t Kocherachini ‘ die kleinen Äcker beim Chocherli ’ (Birgisch), das Kochergässlein ‘ die kleine Gasse vom / zum Gebiet Chocherli ’ (1802, Birgisch), Chochertola ‘ die Mulde im Chocherwald (Wald oberhalb des Chocherli) ’ (FLNK, Birgisch), ts Chocherturrli ‘ der kleine Turm (Vermessungspunkt) im Chocherwald (beim Chocherli) ’ (Birgisch), Chocherwald ‘ der Wald oberhalb des Chocherli ’ (Birgisch). Die Beschreibung nennt das Chocherli ‘ im Sommer sehr heiss ’ . Das verbindet schwdt. choche ‘ kochen, sieden ’ und wdt. choche, chochä (Goms), chochun (Lötschental), chochu ‘ kochen ’ (I D . 3, 126 f., G RICHTING 1998, 52) im Sinn von ‘ heiss sein ’ mit den übrigen Belegen. Kolben Kolben ist dreimal belegt. Einmal als Cholbini (FLNK, Termen), das vermutlich identisch ist mit auf den Kolbenen (1730, Ried-Brig). Als Bestimmungswort erscheint es 1824 in Bellwald in au ᵕ f dem Kolben Platz. Letzteres dürfte der sonst Cholplatz ‘ Platz, wo Kohle gebrannt wurde ’ genannte Platz sein. Die ersten zwei Belege könnten sich auf einen Pflanzennamen beziehen, wobei unklar ist, auf welche Pflanze genau. Cholbe(n) werden im Schweizerdeutschen aufgrund ihrer Blütenform zum einen der Schlaf-Mohn (P APAVER SOMNIFERUM ), aber auch die Kohldistel (C IRSIUM OLERACEUM ) genannt; weitere Pflanzen zählt I D . auf (M ARZELLL 1, 583 ff.; 3, 561 ff.; I D . 3, 225 ff.; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 , 2014, 152 s. v. P APAVER SOMNIFERUM und 1148 s. v. C IRSIUM OLERACEUM machen allerdings klar, dass die beiden Pflanzen im Oberwallis nicht vorkommen; jedoch sind andere, ähnlich benannte, dort bekannt). In der Literatur zu den Pflanzen im Oberwallis fehlt jedoch Cholbe. G RICHTING (1998, 52 s. v. Cholbe) kennt nur den Motorkolben, sodass die Deutung unsicher ist. Kollegium Kollegium n. ist zu schwdt., wdt. Kollegium n. ‘ Lateinschule der älteren Zeit; Mittelschule ’ und wdt. Kollegium ‘ Gymnasium ’ (I D . 3, 211; G RICHTING 1998, 122) zu stellen. Es ist nur in Brig belegt und allgemein der geläufige Name des Kollegiums Spiritus Sanctus an diesem Ort. Anlautendes / k/ wird hier normalerweise als Affrikata ausgesprochen, manchmal auch nur aspiriert, aber nie als Fortis ohne Hauchlaut. Kolwir Kolwir kommt in einem Dokument von 1304 als Jm Kolwirgarten (1304, Visp und Lalden) vor. M. S. hat ein- Knoden 19 20 <?page no="15"?> mal Kolwin notiert (Lalden), einmal Kolwir (Visp); die Nachprüfung durch P H . K ALBERMATTER (p. c.) ergab Kolwirgarten. Der Kontext legt zwar Wingarten nahe, aber dann bliebe Kolunerklärt. Kolwir kann nicht gedeutet werden; am nächstliegenden wäre Kolbwurz (G R W B 11, 1612), das hier wohl als ‘ zwiebelartiger Knollen ’ zu umschreiben wäre. Da jedoch eine direkte Bestätigung fehlt, kann eine Deutung nicht gegeben werden. Komabara Komabara ist nur als Komabara (Salgesch, FLNK Gomabara) mit Erstbetonung und Nebenbetonung auf der dritten Silbe belegt. M ATHIER (2015, 46) kennt Gomabara und führt es auf gallorom. *cumba ‘ Tal, Schlucht ’ und ein unklares zweites Element zurück, das er als Adjektiv interpretiert. Es scheint aber, dass das zweite Element frz. barre, patois bara ‘ Zaun, Deich, Damm ’ ist (G PSR 3, 262; B OSSARD / C HAVAN 2006, 136 s. v. Barre mit der Bemerkung, im Wallis sei mit barre frz. digue ‘ Deich, Damm ’ gemeint). Die Bedeutung wäre dann ‘ das Tal mit dem Damm ’ . Es handelt sich um einen Graben im Waldgebiet Brinju nördlich des Dorfes Salgesch. Kon Kon ist nur 1638 in Grengiols als im Kon (Kor? ) belegt. Im Dokument wird die Flur als pasturagjium ‘ Weide ’ bezeichnet. Am nächstliegenden wäre das HL C HOORE ‘ Korn ’ . Da aber das HL unsicher ist, weitere Angaben fehlen und das Dokument keine näheren Informationen gibt, lässt das HL sich nicht sicher deuten. Kongkordia Kongkordia ‘ Konkordia ’ ist das Bestimmungswort für das nach der Place de le Concorde in Paris benannte Firnfeld (Kongkordiaplatz (Fieschertal)), wo sich die Ströme des Grossen Aletsch- und Jungfraufirns, des Ewig Schnee Felds und des Grünhornfirns vereinigen und von wo der Grosse Aletschgletscher ausgeht (GLS 1, 584). Konrad (PN) Konrad PN ist nur 1356 in Grengiols als am Ku ͦ nrat Schleyff ‘ am Schleif des Konrad (PN) ’ belegt. Das HL ist zu schwd. Kuen(e)rat ‘ Konrad ’ (I D . 3, 335) zu stellen. Der PN geht zurück auf Conrad et al. (F ÖRSTEMANN 1, 373). Konsul Konsul ist nur belegt in der Konsulhubel ‘ der Hügel mit dem Haus der Familie Konsul ’ (Oberwald). Dies folgt aus der Angabe der Gwp. Unsere Quellen erwähnen den FaN Konsul nicht. Wie P H . K ALBERMATTER (2008, 339) ausführt, sind jedoch in den historischen Quellen die Ausdrücke “ consules ” , “ gunsel ” , “ procuratores ” und “ sindici ” vertreten, um lokale Amtsinhaber (Gewalthaber) zu bezeichnen. Es ist deswegen unklar, ob hier noch eine Spur dieser Amtsbezeichnung vorhanden ist, oder ob ein Übername vorliegt. Kopli Kopli f. ist nur einmal in di Kopli (Ried-Brig; FLNK Kobli) belegt. In den historischen Belegen erscheint der Name auch als n. (1707 u. 1770), sonst als f. Das Grundstück befindet sich unterhalb des Weilers Schlüecht (Ried-Brig) in relativ ebenem Gelände. Historisch ist 1700 u. später ein Hanffeld dort erwähnt, 1790 ist von Matten die Rede. Der Name scheint eine feminine Ableitung oder (historisch) ein Diminutiv zu einem wohl ital. coppa ‘ Becher ’ zu sein, einer Farbe im Tarockspiel, das im Wallis verbreitet war, vgl. Goppe n (I D . 2, 389). Eine Ableitung vom Verb g ō pe n ‘ spielen, schäkern ’ (I D . 2, 388) ist ebenfalls möglich, wobei der Vokal dann ein langes / o: / wäre. Beide Deutungen sind sehr unsicher. Ein Anschluss an den PN Goppi (wie in Goppisberg, Goppenstein u. HL G OPPISCH ) ist unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich. Kopüür Koppür f. ist nur in Simplon als di Kópüür belegt, wobei / k/ für eine anlautende Affrikata / k χ / steht. LT hat Cupür, 1: 10000 Kopür. J ORDAN (2006, 30) kennt Ggópüür. Er verweist auf F AVRE , der 1876 in einem französischen Text coupure schreibt. Es handelt sich um frz. coupure in der Bedeutung “ grévasse dans une montagne ” (Spalte im Berg) (FEW 2, 871 s. v. c ŏ l ă phus; G PSR 4, 421 s. v. coupure). Korjobsch Korjobsch ist nur belegt im Genitiv ts Korjobsch Fet ‘ die Grasbänder der Familie mit dem Beinamen Korjob ’ (Saas-Almagell). Laut Gwp. handle es sich um den Beinamen ts Koriersch einer Almageller Familie; der Beiname dürfte auf das frz. courrier ‘ Post(bote) ’ (FEW 2, 1565 ff. s. v. c ŭ rr ĕ re laufen; G PSR 4, 444) zurückgehen. Der Flurname und die Angabe der Gwp. für Saas-Almagell stimmen aber nicht zusammen; am ehesten ist eine Verkürzung aus courrier und Jakob (I D . 3, 32) zu erkennen. Aus den zur Verfügung stehenden Angaben lässt sich jedoch der Beiname nicht rekonstruieren. Kotynguen Kotynguen ist ein Plural, der nur in Glis 1320 belegt ist, und zwar als in dien Kotynguen, resp. in dyen K(/ h? )otynguen. Die Schreibung / gu/ ist auch sonst im Dokument für / g/ vorhanden. Der Stamm kann zum PN Goda ‘ Guter ’ (F ÖRSTEMANN 1, 659) gestellt werden; der Name wäre dann zu übersetzen als ‘ die Güter der Leute des Goda ’ . Diese Deutung ist jedoch sehr unsicher. 21 22 Kotynguen <?page no="16"?> Kraegen Kraegen ist nur 1527 in Ulrichen als Zen Kra ᵉ gen, 1567 als Zen Kraogenn belegt. Es handelt sich um einen Teil des Ulricher Blasen. Zu Grunde liegt wohl Chrage n ‘ Hals, Schlund, Gurgel ’ (I D . 3, 789 ff.), das als ‘ enge Stelle ’ (BENB 1, 2, 498 f.) verstanden werden kann, also ‘ bei den engen Stellen ’ . Der Hinweis an der zitierten Stelle auf Z INSLI (1946, 323) verweist nicht auf Chrage(n), das nicht behandelt ist, sondern auf Gurgel. Kram Kram ist 1395 in Naters als Kramgassa ‘ die Kram-Gasse (Gasse, wo man einkauft) ’ und 1577 als superius der Kramgassen ‘ oberhalb der Kramgasse ’ belegt. Ebenfalls hierzu gehört in der Kremmer Matten ‘ in der Wiese des Krämers / der Familie Krämer ’ (1807, Ergisch). Der FaN Kremer ist im Register zu den HRBS belegt, ebenso Krämer als Berufsbezeichnung am gleichen Ort. Das HL ist zu schwdt. Chram m. ‘ Krambude, Krämerware ’ , mhd. kr ā m(e) (I D . 3, 809; BENB 1, 2, 501 f.) zu stellen; Chramgasse ‘ Gasse mit Kramladen ’ (I D . 2, 452) hat einen eigenen Eintrag. Kraphen (FaN) Krapphingo ist 1305 in Kraphhingo Hv ᵢ sern (1305, Stalden) und, kürzer, als Kraphenstadel (1391, Stalden) belegt. Im ersten Beleg sind die Leute des Krappho mit einem / - ING / - Suffix gemeint, im zweiten wohl einfach die Familie. Laut P H . K ALBERMATTER (p. c.) ist der FaN Kraphen in einem Beleg von 1396 in Raron bezeugt, wo ein Johannes, Sohn des Matheus Kraphen von Stalden erwähnt ist. Es ist also davon auszugehen, dass Kraphen ein FaN (wohl aus Stalden) ist. AWWB stellt den Namen zum FaN Graven (AWWB 115) und situiert ihn vor allem in Eyholz. Kre Kre ist nur in Krewaldt ‘ Krähenwald ’ (1597, Eisten) und Krewaldt ‘ Krähenwald ’ (1695, Staldenried) belegt. Es handelt sich wohl um den gleichen Wald, da die beiden Gemeinden aneinander grenzen. Kre ist hier zum Vogelnamen Chrääja (Krähe) zu stellen, das unter schwdt. Chräje n ‘ Krähe ’ und wdt. Chrääja, Chrääjä (Goms), Chreeja ‘ Krähe ’ (I D . 3, 803 f.; G RICHTING 1998, 52) belegt ist. Gemeint ist dann ein Wald mit Krähen. Krebs Krebs ist nur als Bestimmungswort belegt und zwar zu Krebzbrunne ‘ die Quelle / der Brunnen mit Krebsen ’ (1309, Raron), Krepsbrunno ‘ die Quelle / der Brunnen mit Krebsen ’ (1304, Visp), Krepzbrunnen ‘ die Quelle / der Brunnen mit Krebsen ’ (1308, Baltschieder) und Krezpzbuinda ‘ der Pflanzplatz mit Krebsen (Krezpzbuinda ist wohl verschrieben aus Krepz-) ’ (1305, Raron). Spätere Belege mit Krebs sind nicht bekannt. Das HL ist zu schwdt. Chrëbs ‘ das Tier (Krebs) ’ und wdt. Chräbs, Chrebs ‘ Krebs ’ (I D . 3, 781; G RICHTING 1998, 53) zu stellen. Als FaN ist Krebs im Oberwallis nicht belegt. Kreinznelen Kreinznelen ist nur 1804 in Bratsch als in den Kreinznelen belegt. Es handelt sich laut Dokument um ein Stück Garten (eingehegtes Stück Land) in Niedergampel (das damals zur Gemeinde Bratsch gehörte). Da die Lesung unsicher ist, könnte der Name zu einem anderen Beleg von 1774 gestellt werden, der ebenfalls in Niedergampel als jn den Creütz Reben ‘ in den Reben beim Kreuz (unklar) ’ belegt ist (vgl. Nr. 42921). Ob diese Deutung stimmt, ist unklar. Kreis Kreis m. ist nur 1794 in Steg als im Kreis belegt. Laut Dokument handelt es sich um ein Stück Wiese im Stegergrund, das im Kreis genannt werde. Der nächstliegende Beleg ist schwdt. Chreis m. ‘ Kreis ’ (I D . 3,852), allerdings kennt G RICHTING (1998) das Wort nicht, während W IPF (1910, 78 und 121) Chreis aufweist. Ob Ge-reis ‘ Herrichtung ’ (I D . 6, 1297 ff.) in einer seiner Bedeutungen hier zutrifft, bleibt unsicher, da der Kontext unklar ist. Laut TGNB (2, 2, 341 s. v. Kreis) bezeichnen solche Flurnamen den Besitzer eines Grundstücks. Im Wallis ist der FaN jedoch nicht belegt. Eine Deutung ist deswegen nicht möglich. Kres Kres ist nur 1308 in Eischoll als Kresaker ‘ der Acker mit Kresse (L EPIDIUM SATIVUM ) ’ belegt. Laut L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 532) handelt es sich wohl eher um L EPIDIUM CAMPESTRE ‘ Feld-Kresse ’ , die in der ganzen Schweiz belegt ist und wohl auch etwas höher wächst. Das HL ist als schwdt. Chresse n ‘ Brunnenkresse, auch Gartenkresse ’ belegt (I D . 3, 852); bei G RICHTING (1998) fehlt es. Hingegen erwähnt es B IELANDER (1985 [1948], 100) als Chresche. Kreuzer (FaN) Kreuzer (FaN) ist zum FaN Kreuzer, auch Kreutzer, Chritzer und weiteren Varianten zu stellen (AWWB 142). Belegt sind: Creútzero Feld ‘ das Feld der Familie Kreuzer ’ (1652, Eyholz), Cricero Geblet ‘ die Felsplatten (Kollektiv) der Familie Kreuzer ’ (1693, Raron), der Beleg von 1693 ist auch in Ausserberg belegt, wo weiter in Creützern Geblet ‘ die Felsplatten (Kollektiv) der Familie Kreuzer ’ (1780) steht, in Krizero Tschill ‘ in der Tschill (unklar) der Familie Kreuzer ’ (1716, Visp), der Chritsergrund ‘ der Kraegen 23 24 <?page no="17"?> Grund (Grundstück im Talboden) der Familie Kreuzer ’ (Visp, heute Areal der Lonza AG), Chrizerhalte ‘ die Halde der Familie Kreuzer ’ (FLNK, Eischoll), t Chrizerhaaltjini ‘ die kleinen Halden der Familie Kreuzer ’ (Visperterminen), in Chrützeri Matten ‘ in den Wiesen der Frau Kreuzer ’ (1748, Ausserberg; 1806 als in der Kreútzerin Matten). Vermutlich liegt überall der FaN Kreuzer vor; im letzten Beleg könnte auch die Wasserleite / Suon der Familie Kreuzer gemeint sein. Kriffon Kriffon f. ist nur 1389 in Lalden als Zer Kriffon belegt. Es handelt sich um eine Wiese. Das Wort ist klarerweise feminin, sodass wohl nur schwdt. Griffe n ‘ Rind oder Kuh von dunkler Farbe oder mit weissen Streifen, Flecken an den Seiten des Bauches ’ (vereinfacht; auch für das Oberwallis belegt; I D . 2, 719) anzunehmen ist. Ein Anklang an den Gr ī ff ‘ Greif ’ (I D . 2, 709) ist kaum gemeint, da dieses Nomen maskulin ist. Zu Grunde liegt aber wohl das Verb gr ī ffe n ‘ greifen ’ (I D . 2, 713). Kristall Kristall n. ist zu hdt. Kristall, schwdt. Christall ‘ Kristall, Bergkristall ’ (I D . 3, 868 f.) zu stellen. Belegt ist es 1602 in Simplon als das Kristall, ein Gut (in weiterem Kontext als predium bezeichnet; Dank an P H . K ALBERMATTER , p. c.) jenseits des Krummbaches in Simplon. Ungewöhnlich ist das Genus Neutrum für ein Wort, das normalerweise nur als maskulin erscheint. Ein Kollektiv, wie sonst bei neutralen Nomina, ist wohl nicht gemeint. Die Benennung nach einem Kristall ist sehr ungewöhnlich. Eine alternative Deutung kann jedoch ausgeschlossen werden. 25 26 Kristall <?page no="18"?> L Laa Laa ‘ lassen ’ ist der Infintiv eines Verbs, das im Beleg wasch di Geiss zämuleend ‘ der Ort, wo sie die Ziegen zusammenlassen (vermutlich die Bildung der Ziegenherde vor dem Alpauftrieb) ’ (Staldenried) vorkommt. Der Ort befindet sich heute im Wald bei einem Kreuz; unweit davon ist ein Sportplatz zu sehen. Gwp. sagt, dass im Frühjahr die Ziegen erstmals an diesem Ort <zusammengelassen> wurden; als Datum wird der 25. Juni angegeben. Das Verb ist zu schwdt. l ā n , l ō n , wdt. la, laa ‘ lassen ’ , im Beleg präfigiert mit wdt. zämu, schwdt. z(e) sämme n - ‘ zusammen ’ zur Bezeichnung einer Flur, wo die Ziegen im Frühjahr erstmals ‘ zusammengelassen ’ werden (I D . 3, 1393ff, 1412; G RICHTING 1998, 124). Vgl. auch HL Z ÄMU . Laag Laag f. ist nur einmal historisch in Brig als Zer Laag (1537 u. später) belegt; es wird als Haus mit Stall und Speicher bezeichnet. Der Hausname geht wohl auf eine der Bedeutungen von schwdt. L ā ch, L ā g m., f., n. ‘ Einschnitt; Kerbe, Scharte ’ , mhd. l ā che(ne) f. ‘ Einschnitt, Grenzzeichen ’ und wdt. Laag ‘ Lage, Schicht ’ (I D . 3, 998 ff.; G RICHTING 1998, 124) zurück. Das alternative Lag II ‘ Lage ’ (I D . 3, 1163; wohl auch G RICHTING ) kommt kaum in Frage, da es nach G R W B (12, 58 f. s. v. Lage) ein mittel- und niederdeutsches Wort war. Vermutlich liegt ein Besitz vor, der als Grenze diente oder in einem Geländeeinschnitt lag: ‘ beim Geländeeinschnitt / beim Grenzzeichen ’ . Laagil Lagil, auch Lagel oder Lagol ist nur als die Lagelmatten ‘ die Wiese in der Form eines Lagels (Weinfässchen) ’ (1790, Embd), t Lagolmatte ‘ die Wiesen in der Form eines Lagels (Weinfässchen) ’ (Törbel; FLNK Lagolmatte) und der Laagiltotz ‘ der (Fels-)Block, der einem Lagel (Weinfässchen) gleicht ’ (Oberems) belegt. Das HL ist schwdt. L ā gel n., L ō gel m., n., f., wdt. L ā gel, L ā gil, L ā gol: L ā gel n. ‘ Gefäss für den Weintransport mit Maultieren, Weinfass (oval) ’ (I D . 3, 1167 ff; E GLI 1982, 211, 273; G RICHTING 1998, 124), zur Bezeichnung von etwas (Felskopf, Wiese), das von der Form her aussieht wie ein L ā gel. Laalu Laalu ist die lokale Aussprache des Gemeindenamens Lalden. R ÜBEL (1950, 131) führt den Namen Lalden nach einem Vorschlag von H UBSCHMIED auf kelt. *loudon ‘ Blei ’ zurück, ihm folgen Z IMMERMANN (1968, 19) und W ERLEN (1991, 248) (K RISTOL ET AL . 2005, 503). Diesen Erklärungsversuch lehnt K RISTOL ab. Nach ihm müsste ein * LOUDON das intervokalische / d/ spätestens im 10. Jh. verlieren; die walliserdeutschen Mundarten würden es aber als / t/ erhalten (vgl. Rotten vs. Rhone). K RISTOL nimmt deswegen ein Etymon *laldona oder *laldonia an, das vor der französischen / l/ -Vokalisierung übernommen worden wäre. Das Suffix / - ONA / findet sich im Wallis häufig in Flussnamen (z. B. Massona für die spätere Massa). Zu *Lald-ona ist jedoch kein alteuropäischer oder keltischer Gewässernamenstamm bekannt, der zur Erklärung dienen könnte. Die ältesten Belege für den Gemeindenamen sind 1218 Laudona, 1220 Laongne, 1224 Laudona (so auch 1240 und 1246), 1250 (ca.) Laodonam, 1267 - 1276 Laudona, 1276 Laudun, 1277 Lauduna, 1277 Laudona usw. Der erste Beleg mit der heutigen Form Lalden erscheint 1438. Danach wechseln sich Formen mit / ud/ und Formen mit / ld/ ab. Erst ab 1547 erscheinen nur noch Formen mit / ld/ . Daraus folgt, dass zunächst eine gallo-romanische Form Laudona notiert wurde, wobei nach R HEIN- FELDER ( 4 1968, 235) die / l/ -Vokalisierung im Vordergrund stand, die zu einer Form *Laldona führt, die nicht belegt ist. Der gallo-romanischen Form steht ein späteres Lalden (und ähnlich) entgegen. Die älteste Form muss deswegen Laldona gelautet haben. Dazu gibt es, wie oben ausgeführt, keine überzeugende Deutung. Die heutige Form Laalu ‘ Lalden ’ erklärt sich aus ähnlichen Formen von Staalu ‘ Stalden ’ . Neben dem Dorfnamen ist das HL zunächst als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern belegt: Blatta, Eie, Steg und Stei. Komplexer ist die Lalen Blatten Matta ‘ die Wiese bei den Richtung Lalden liegenden Felsplatten ’ (1820, Eggerberg). Ein Adjektiv oder Genitiv Plural auf / - ER / (S ONDEREGGER 1958, 526) ist belegt in Laudunerro Gu ᵉ t ‘ das Gut der Leute von Lalden ’ (1304, Baltschieder), Laudunerro Leen ‘ das Lehen der Leute von Lalden ’ (1305, Baltschieder), Laudunerro Wasserleyta ‘ die Wasserleitung der Leute von Lalden ’ (1320 u. später, mit verschiedenen Formen, Lalden) und Laldnerbrigga ‘ die Brücke (über den Rotten) nach Lalden ’ (FLNK, Eyholz). Komplexer ist der Laaldnerru Brigguwald ‘ der Wald für die Brücke von Lalden (oberhalb Rohrberg) ’ (Glis). Vermutlich handelt es sich Laa 27 28 <?page no="19"?> um einen Wald, dessen Holz für die Brücke bei Eyholz über den Rotten nach Lalden verwendet wurde. Eine Ableitung auf / - ERI / meint primär die Wasserleitung nach Lalden, sekundär dort liegende Güter: t Laaldnerri ‘ die Wasserleitung nach Lalden ’ (Eggerberg), t Laaldnerri ‘ Wiesen an der Wasserleitung nach Lalden ’ (Eggerberg) (beide auch historisch), aúff der Laldnerin ‘ auf dem Gut bei der Wasserleitung nach Lalden ’ (1678, Baltschieder), die Ladneri ‘ die Wasserleitung nach Lalden ’ (1548, Eyholz, wohl Verschreiber statt Laldneri), die Laldnerin (1570 u. später, Lalden), Obri und Undri Laldneri ‘ die obere und die untere Wasserleitung nach Lalden ’ (EK, Eggerberg), Laldneri Bodi ‘ der kleine Boden bei der Wasserleitung nach Lalden ’ (EK, Eggerberg) und Laldneri Toli ‘ die kleine Mulde bei der Wasserleitung nach Lalden ’ (EK, Eggerberg). Auffällig ist, dass viele Namen nach Eggerberg und Baltschieder gehören, wo die Wasserleitung nach Lalden durchführt. Auch Eyholz und Visp sind mehrfach vertreten. Das Dorf selbst liegt am Rand der Rottenebene, die von Visp und Eyholz dominiert war. Laas Laas ist nur einmal als Femininum t Forlaas (Baltschieder) belegt und als ‘ Schafweide ’ bezeichnet. Die Koordinaten fehlen. Der Flurname ist undurchsichtig, auch wenn die Bestandteile for ‘ vor ’ und Laas f. ‘ das Lassen (? ) ’ mehr oder weniger klar sind, bis auf das Genus von Laas. Das sonst belegte Vorsass ‘ Voralpe ’ (R ÜBEL 1950, 80 für das Lötschtal) ist hier nicht einschlägig. Eventuell wurden jedoch hier die Schafe hinausgelassen. Das Kompositum der Ladundurchlaas ‘ der Durchlass (Unterführung der Lötschbergbahnstrecke) unterhalb des Weilers Ladu ’ (Hohtenn) ist nur einmal belegt. Durchlaas ist ein Verbalabstraktum zum Verb durchlassen; es ist so in I D . nicht belegt, doch zeigt der Eintrag Chrüz-Durch-Lass ‘ Durchgang durch eine Hecke …’ (I D . 3, 1393), dass das HL bekannt war (vgl. auch G R W B 2, 1638 s. v. Durchlasz). Läbä Läbä ist nur in Blatten (FLNK) als Leitläbä belegt. Läbä selbst ist zum Nomen schwdt. Läbe n ‘ Leben ’ und wdt. Läbe, Läbä (Goms und Lötschtal), Läbu ‘ Leben ’ (I D . 3, 967; G RICHTING 1998, 124) zu stellen. Der erste Bestandteil Leit ist zum Adj. leid ‘ schwierig, unangenehm ’ (cf. HL L EID ) zu stellen. Der Flurname bezieht sich also darauf, dass am Ort das Leben schwierig und unangenehm war (oder ist). Labarry Labarry ist nur 1494 in Salgesch als en labarry ‘ beim kleinen Damm ’ belegt. Es handelt sich um einen Weinberg und eine Weinpresse. Vermutlich liegt ein agglutinierter Artikel la zu einem Nomen barry vor. Es ist wohl zu frz. barre zu stellen (G PSR 2, 262 s.; M EYER 1914, 159 s. v. barra). Wie B OSSARD / C HAVAN (2006, 136 s. v. Barre) ausführen, wird der Name im Wallis für la digue ‘ der Deich, der Damm ’ verwendet. Die Form in Salgesch dürfte eine diminutive Ableitung sein. Läber Läber ist nur als ts Läberbrunnji ‘ die kleine Quelle / der kleine Brunnen aus Mergelgestein (? ) / mit Leberblümchen (? ) / in der Form einer Leber ’ (Mund) belegt. Die Zuweisung ist unklar. Einerseits ist schwdt. Lëber, Lëbere (n) f. als Bedeutung 4 ‘ Mergel, Mergelschicht, -Ader im Gestein (Molasse, Sandstein) ’ belegt (I D . 3, 975 f.), doch ist diese Bedeutung nur in Luzern, Thurgau und Zürich genannt, dazu wohl der Leberberg für den Jura. Bedeutung 5 nennt den Odermennig (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 242 s. v. A GRIMONIA EUPATORIA ). Nicht erwähnt wird im Artikel das Leberblümchen (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 114 s. v. H EPATICA NOBILIS ). Für beide Pflanzen sind allerdings keine Bezeichnungen im Oberwallis belegt. Schliesslich kann auch die Form der Leber für die Quelle ausschlaggebend gewesen sein, obwohl auch hier keine weiteren Belege vorliegen. Letztlich bleibt die Deutung darum unklar. Läbni Läbni f.ist nur einmal in Oberwald als uf der Läbni belegt. Als Beschreibung steht “ Ebene im Wald bei dem Strassentunnel ” . Wenn Läbni zu Äbni ‘ Ebene ’ zu stellen ist, muss der Anlaut l erklärt werden. I D . (1, 46 s. v. Ebni) gibt neben ‘ Ebene ’ auch das Kompositum H ō lebni ‘ Unterlage auf der Vorderachse des Wagens ’ (allerdings nur für das solothurnische Thal belegt). Anlautendes l könnte also durch falsche Abtrennung gedeutet werden. Eine Ableitung zu Lëbe n ‘ Leben ’ (I D . 3, 967) liegt nicht vor. Labolet Labolet kommt 1556 in Varen als en labolet und seit 1602 in Albinen als in Labolet vor, wobei die ältesten Belege 1602 y labelett und 1638 en labelet haben, was auf romanische Herkunft schliessen lässt. Im Fall von Varen ist als erster Name y dude (cf. HL D UUDE ) erwähnt, das auch en labolet heisse. Der Beleg in Varen meint ein Gebiet, das heute Weingarten ist, aber noch auf der SK von 1882 - 84 als Ackerland erscheint. Der Name in Albinen meint überall einen Acker. Eine Deutung ist schwierig, weil nicht klar ist, ob der Anlaut ein agglu- 29 30 Labolet <?page no="20"?> tinierter Artikel la ist oder nicht und ob bolet oder belet zu lesen ist. Im 16. und 17. Jahrhundert kann auch auslautendes / t/ gesprochen worden sein oder nicht. Der Name lässt sich deswegen nicht deuten. Labrelyn Labrelyn ist 1468 in Albinen als en labrelyn belegt. M. S. ist nicht sicher und notiert auch labielyn. Die Flur befindet sich laut Beleg in Signieres, das heute als Tschingere bekannt ist, eine Siedlung in Albinen (M A- THIEU 2006, 19). Die nächstliegende Deutung wäre das bei T AGMANN (1946, 40) belegte Aprili, das er als eine agglutinierte Form von laz praly, später laz prely, erklärt. Er führt es auf lat. * PRATALIA , eine derivierte Form von PRATU zurück. Labrelyn hätte dann eine agglutinierte Form des Artikels mit brely (< prely) verbunden und wäre als ‘ die Wiese ’ zu deuten. Lächa Lächa f. ‘ Lache ’ ist zu schwdt. Lache n , wdt. Lächa f. ‘ Boden (feuchter) ’ (I D . 3, 1004 f.; G RICHTING 1998, 124) zu stellen. Es handelt sich um Grundstücke in der Rottenebene, die feucht waren. Das Simplex ist zweimal belegt: t Lächa (Brigerbad) und Lächu (FLNK, Bratsch). Einen Besitzernamen im Genitiv Singular weist ts Stupfsch Lächa ‘ die Lache (feuchter Boden) der Familie Stupf ’ (Brigerbad) auf. Nach einer daneben liegenden Wannu ‘ Wanne ’ sind t Wannuleche ‘ die feuchten Böden bei der Wanne ’ (Niedergesteln) benannt. Lachen Lachen n. ist nur in das Tischlachen ‘ das Tischtuch ’ (1500, Fiesch) belegt. Gemeint ist ein kleines Stück Land, das so gross ist wie ein Tischtuch. Das HL ist zu schwdt. Lache n n. ‘ Leintuch, Laken, meist nur in Zusammensetzung; weit ausgedehnte Fläche, bes. Bodenfläche ’ , mhd. lachen, ahd. lahhan (I D . 3, 1004) zu stellen; bei G RICHTING (1998) ist das HL nicht belegt. Lächschanschi Lächschanschi n. ist nur in Leukerbad belegt. Historische Belege fehlen. Bei R. G RICHTING (1993, Blatt 10, Nr. 32 s. v. Blächschansche) ist ein anlautendes / b/ notiert, das bei M. S. fehlt. Wenn wdt. Lächa, Lachu ‘ Saastal ’ , Lachu ‘ Boden (feuchter) ’ (I D . 3, 1003; G RICHTING 1998, 124) als erstes Glied angenommen wird, dann würde Schanschi ‘ des Johannes ’ ein Genitiv zu einem PN Schan ‘ Johannes ’ sein; der Name wäre also als ‘ der feuchte Boden des Johannes ’ zu deuten. R. G RICHTING (1993) nimmt als ersten Teil schwdt. Blëch ‘ Blech ’ (I D . 5, 6) an; der zweite Teil lässt sich dann kaum als Genitiv eines PN deuten. Läck Läck, auch Gläck n. ist zu schwdt. Lëck m., n. ‘ Salz, oder ein Gemisch von Salz, Kleie, Hafer usw. für das Stallvieh ’ , kollektiv Gläck (I D . 3, 1244 f.; R ÜBEL 1950, 54) zu stellen. In Flurnamen sind meistens Stellen gemeint, an denen dem Vieh, vor allen den Schafen und Ziegen, Salz gegeben wird. Dieses Salz kann sich auch im Boden selbst befinden. Läck selbst ist nur einmal als Bestimmungswort belegt in der Läckgrabo ‘ der Graben bei der Leckstelle für das Vieh ’ (Naters). Gläck n. ist nur als Bestimmungswort belegt in der Gläckbiel ‘ der Hügel mit der Leckstelle für das Vieh ’ (Raron) und der Gläckhubel ‘ der Hügel mit der Leckstelle für das Vieh ’ (Niedergesteln). Läcki f. ist ein Verbalabstraktum auf / - I / (S ONDEREGGER 1958, 497) zum Verb lëcke n ‘ (Salz) lecken ’ (I D . 3, 1246 u. 1249; URNB 2, 528 ff.) und ist als Simplex belegt in Saas- Almagell (vierfach) und Saas-Balen. In Oberwald sind attributive Adjektive hinzugefügt: t Ober Läcki (LT Oberi Lecki), t Unner Läcki (LT Underi Lecki) und t Niw Läcki ‘ die neue Leckstelle für das Vieh ’ , dazu gesellen sich dort ts Gross Läckihore und ts Chli Läckihore, beide an der Grenze zu Uri. In Raron heisst das Verbalabstraktum Gläcki f. (I D . 3, 1249); es tritt als Obruschti Gläcki und als Undri Gläcki, sowie mit dem vorangestellten FaN ts Blantschisch Gläcki ‘ die (Salz-)leckstelle der Familie Blantschen ’ auf. Ein Diminutiv ts Läckerli ‘ die kleine Leckstelle für das Vieh ’ (Ergisch) ist nur einmal belegt. Die Ableitung t Läckerna ‘ die Leckstelle für das Vieh ’ (Eisten) mit dem Suffix / - ERNA / bezeichnet die Bodenbeschaffenheit zum Salz-Lecken. Lad Lad n. ‘ die beladene Alpe ’ ist mehrfach im Goms belegt, teilweise als Latt geschrieben; im Singular Neutrum. Im I D . (3, 1057) ist nur (Chäs-)Lad n. ‘ Käsepresse ’ verzeichnet, allerdings nicht für das Wallis belegt und mit unklarer Zuordnung zu Lad f. ‘ Behälter ’ . R ÜBEL (1950, 43) kennt Unnerlat n. für die Unterlage, welche Schindeln oder Steinplatten des Daches trägt; das Wort zeigt aber wohl nur, dass ein Lat n. gebildet werden kann. Da es sich um Alpnamen handelt, ist ein Zusammenhang mit dem Verb lade n ‘ die Alpe laden, befahren ’ (Id. 3 m 1059, Bed. 4 b.) am wahrscheinlichsten, also etwa zu bestimmen als ‘ das Beladene, die beladene Alpe ’ ; die übrigen Bedeutungen sind wohl kaum einschlägig. Der Name ist sonst in der Literatur nicht belegt. Das Simplex ist in der Form ts Lad und üf Lade in Ulrichen belegt, in Ritzingen nur historisch jm Ladt (1637). In Ulrichen bildet sich ein Namennest mit t Lad- Labrelyn 31 32 <?page no="21"?> fääsche ‘ das Grasband bei der Alpe Lad ’ , der Ladstafel ‘ der Stafel der Alpe Lad ’ , t Ladabeweid ‘ die Abendweide der Alpe Lad ’ , der Ladstäg ‘ der Steg über die Ägene auf der Alpe Lad ’ und t Ladstägabeweide ‘ die Abendweiden beim Ladstäg (Steg über den Bach Ägene auf der Alpe Lad) ’ . Die Form Latt ist auch in Ulrichen belegt, weiter in Selkingen, auch hier als Alpname, und Blitzingen, wo ts Ober und ts Unner Latt (Blitzingen) am gleichen Ort hinzukommen; hier könnte es sich um Voralpen handeln. Unsicher ist bine Latte ‘ bei den Latten ’ (Niederwald), wo die historischen Belege im Latt (1573) haben; da der lebende Beleg im Dorf liegt, muss wohl wie Lattenstúck (1806, Ulrichen) und die übrigen Latte das HL L ATTUN vorliegen. Läder Läder ‘ Leder ’ ist zu schwdt., wdt. Läder n. ‘ Leder ’ (I D . 3, 1072 f.; G RICHTING 1998, 125) zu stellen. Belegt ist es nur in t Läderacherlini ‘ die Wiesen, die schwer zu schneiden sind ’ (Hohtenn) und der Läderma ‘ der Ledermann ’ (Fieschertal), eine Alpweide mit dunklen Felspartien. Hierzu kennt I D . (4, 267) Lëder-Männli (Zürcher Oberland) und verweist auf Lëder-Chnëcht (I D . 3, 725) ‘ Lederstück an der Peitschenschlinge, an dem man [ … ] die Schmitze befestigt ’ (ebenfalls Zürcher Oberland). Laedermann und Lädermann kommen auch als FaN vor (F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ 2, 1057 f.), aber nicht für das Wallis. Die beiden Belege verwenden Läder metaphorisch. Ladi Ladi f. ist nur als t Chääsladi ‘ der Ort, wo man den Käse auf den Schlitten lud ’ (Zwischbergen). Gwp. sagt, dass bis hieher der Alpkäse (Bestimmungswort Chääs) getragen und dann auf den Schlitten verladen wurde. Das HL ist zum schwdt. Verb lade n ‘ eine Last aufladen (hier: Käse) ’ und wdt. lade, ladä (Goms), ladn (Lötschtal), ladu ‘ laden ’ (I D . 3, 1052; G RICHTING 1998, 124 f.) als Verbalabstraktum auf / - I / zu stellen (S ONDEREGGER 1958, 497 ff.). Verwandt ist mit Umlaut schwdt. Ledi f. ‘ Ladeplatz; Ort, wo man Lasten aufnimmt; eine ansteigende Gegend ’ , mhd. lede f. (I D . 3, 1074 ff.; E GLI 1982, 220 u. HL L EDI ). Lädi Lädi ist als t Lädimatta ‘ die Wiese beim Brett / bei den Brettern (Brücke aus Brettern) ’ (Bitsch) und der Lädiwang ‘ der Grasabhang mit einem Brett ’ (Zwischbergen) belegt. An beiden Stellen handelt es sich um eine Brücke aus Brettern (Massaschlucht) oder eine Passierhilfe aus einem Brett (Zwischbergen). J ORDAN (2006, 261) kennt diesen Beleg als Lädiwang und ewähnt das Holzbrett zur Überwindung der Passage. Das HL ist zu wdt. Lädi (Diminutiv) zu Lade, Ladä (Goms), Lada (Zermatt), Ladn (Lötschtal, Lädi o. Ladu ‘ Brett, Verkaufladen ’ (G RICHTING 1998, 125) zu stellen; I D . (3, 1064 s. v. Lade n ‘ 2. Brett ’ ) gehört wohl dazu, erwähnt ist dort u. a. für das Wallis Lado, Ladu. Ladu Ladu ist zunächst der Name eines Weilers von Hohtenn auf 1372 m, auf SK Laden, der auch ts Ladundorf ‘ das Dorf Laden ’ (Hohtenn) genannt wird. Die ältesten Belege sind: 1301 Laduna, 1302 apud Ladonam, 1387 apud Ladona, 1396 de Ladon, ab dem 16. Jahrhundert steht Ladun und Laden. Die Herkunft dürfte romanisch sein; darauf deutet schon das ursprünglich keltische Suffix / - ONA / hin (T AGMANN 1946, 31 f., 90), wobei Ladu eventuell zum lat. LATUS ‘ breit ’ zu stellen ist (FEW 5, 203). Der Name wäre dann etwa ‘ Breitdorf ’ . Darum herum gibt es ein eigentliches Namennest mit Ladumatte ‘ die Wiesen beim Weiler Laden ’ , t Ladusüe ‘ die Wasserleitung nach dem Weiler Laden ’ , der Laduwald ‘ der Wald oberhalb des Weilers Laden ’ , t Laduweide ‘ die Weiden beim Weiler Laden ’ mit der Ober Laduwald und der Unner Laduwald. der Ladundurchlass ist eine Unterführung der Lötschbergbahnstrecke unterhalb von Ladu. In Niedergesteln findet sich wieder t Ladusüe ‘ die Wasserleitung zum Weiler Laden ’ und weiter mit de Ladusüechänju ‘ bei den Känneln der Wasserleitung nach Laden ’ . Unsicher ist t Ladunblatte ‘ die Felsplatten, die wie Laden (Bretter) aussehen ’ (Hohtenn) - die Felsen befinden sich weit vom Weiler Laden entfernt und der Weg, der dort verläuft, führt nicht nach Laden. Zu vermuten ist deswegen der Bezug zum schwdt. Lade, wdt. Ladu, Lado ‘ Balken, Brett ’ (I D . 3, 1064; G RICHTING 1998, 125). Hierzu gehören wohl auch t Laduntola ‘ die Mulde, die wie ein Brett aussieht ’ (Eggerberg) und Ladun (1557, Lalden). Laffe Laffe f. ist nur einmal belegt als ts Laffilti ‘ das kleine Schulterstück ’ (Niedergesteln; auch FLNK). Es handelt sich um ein Diminutiv zu schwdt. Laff f., m., sonst Laffe n f., wdt. Laffe, Laffu ‘ Schulterblatt, -stück, oberer Teil des Vorderschenkels von (geschlachteten) Tieren, bes. Kühen, Schweinen, auch Pferden ’ (I D . 3, 1107 f.; R ÜBEL 1950, 18, 119), hier auf die Geländeform übertragen. Laffnetz Laffnetz ist nur historisch belegt: Laffnetz (1600, Zwischbergen; 1680 Laffetschgi) und in Alpe de Lafenetzer (1393, Saas-Almagell). RN (2, 728) kennt Lavétscha, Name einer Geröllhalde bei Scuol, und führt sie vorsichtig auf lat. LAPIDEUS 33 34 Laffnetz <?page no="22"?> ‘ steinern ’ zurück, das dank eines Suffixvertauschs mit / - ICEA / entstanden sei. Die Deutung ist zweifelhaft. I D . (11, 844 s. v. Lavezstei n ) führt Lavez auf it. laveggio zurück und gibt als mailändischen Namen Lave ž (vgl. auch AIS 5, 958 Legende zu laveggio) an. Das HL kann in unseren Belegen deswegen als Lehnwort aus dem italienischen Sprachbereich für den Giltstein oder Speckstein genommen werden; O LIVIERI ( 2 1961; 1965) verzeichnet den Namen nicht. Ähnlich ist zwar der Name der Rebsorte Lafnitscha, Lafnetscha, Lafnescha, Laffetschu, Lafnetschga f.: weisse Rebsorte, im östlichen Teil des Deutschwalliser Weinbaugebietes heimisch (E GLI 1982, 17, 22; G RICHTING 1998, 125). E GLI (1982, 22) nennt die Etymologie dunkel; seine Vermutung bezieht sich auf it. (la) vernaccia, das vor allem im südtirolischen Vernatsch weiterlebt. Die beiden Belege als Flurnamen beziehen sich allerdings nicht auf den Weinbau; die Orte liegen deutlich zu hoch dafür. Lafranggi (FaN) Lafranggi (FaN) ‘ Lafranchi ’ ist nur einmal belegt in ts Lafranggiloch (Niedergesteln). Es handelt sich um den FaN Lafranchi oder ähnlich, der im Gebiet Schnidrigu in Niedergesteln eine Grube betrieb. Laut Gwp. stand diese Grube im Zusammenhang mit dem Bau der Eisenbahnlinie durch das Oberwallis (1878 vollendet, damals durch die Compagnie du Simplon, später betrieben durch die Jura-Simplon-Bahn, ab 1902 die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB)). Genaueres über den Unternehmer ist uns bisher nicht bekannt. Läg Läg und davon abgeleitete Varianten sind zum schwdt. Adj. läg, l ē g ‘ liegend, sanft geneigt, fast eben, flach, von Dächern, Treppen; Gras, Getreide (am Boden liegend) ’ , mhd. laege ‘ niedrig, flach ’ zu stellen; daraus schwdt. Läg, wdt. Lägi f. ‘ (schiefe) Ebene ’ und schwdt., wdt. glegnen und lägend ‘ flach liegend, eben ’ , daraus das Substantiv schwdt. Lägendi, wdt. Lägni, Lägendi (Goms), Lägi (Lötschtal), Lägundi f. ‘ ebenes Land, Ebene ’ (I D . 3, 1166, Z INSLI 1945, 329; G RICHTING 1998, 125) gestellt werden. Die Ableitungen Lägi (Raron, Wiler) und Lägni (Binn, Steinhaus, Oberwald) sind als Simplizia belegt, der historische Beleg Lägen (erstmals 1649, Ernen) ist laut FLNK zu Lägni zu stellen. Als Grundwort ist das HL als di Bellwaldlägi ‘ die Ebene der Familie Bellwald ’ (Blatten), t Cholerlägi ‘ die Lägi (Ebene) im Cholerwald, wo Kohle gebrannt wurde ’ (Hohtenn), t Eigelägni ‘ das ebene Grundstück, das Eigengut ist ’ (Grengiols), t Rooslägi ‘ die ebene Roosse (Röstplatz für Hanf und Flachs) ’ (Wiler), t Schindellägi ‘ der Ort, wo man Schindeln lagerte (? ) ’ (Kippel), di Trischtälläginä ‘ die Ebenen beim Heustock ’ (Wiler), di Tschorrillägi ‘ die Ebene bei den Tschorrini (kleine Felsen) ’ (Ferden) belegt. Einen Sonderfall stellt t Nazleenerlägi (Kippel) dar: der Eigenname Ignaz Lehner bezieht sich auf jemand, der dort verunfallt ist. Lägni ist als Grundwort nur mit Eige (Grengiols) (siehe oben) und in die obren Bru ᵕ nnen Lägnÿ ‘ das ebene Land bei den oberen Brunnen / Quellen ’ (1610, Ried-Mörel) vertreten. Attributive Adjektive zum komplexen HL sind etwa t Mittluscht, t Obruscht und t Undruscht Horilägi ‘ der mittlere, der obere und der untere Teil der Ebene beim Horn ’ (Ferden), t Ober und t Under Bellwaldlägi ‘ der obere und der untere Teil der Ebene der Familie Bellwald ’ (Blatten), t Ober und t Under Chrindällägi ‘ der obere und der untere Teil der Ebene in der Chrindällun (Ritze, Spalte) ’ (Blatten). Als Bestimmungswort tritt Lägi in Lägiacher (Hohtenn) auf. Das Adjektiv Läg erscheint als Bestimmungswort in Läghoru / Läghorn (Niedergesteln, Steg; Gipfel auf rund 2877 m; auf LT auch Inners und Üssers Läghorn). Als flektiertes Adjektiv kommt es in ts Lägu Gand ‘ der ebene Platz mit Felsgeröll ’ (Randa) und t Lägun Achra ‘ die ebenen Äcker ’ (Blatten) vor. Das Partizip Präsens Lägund (historisch auch Legend) wird als Attribut häufig verwendet, mit Nomina wie Biel, Bodu, Gang, Graat, Gufer, Matta, Moos, Schleif, Tschugge, Treije, Wäg, Wald und Wasser (hier: Bach). Das Partizip Perfekt Glegnen ist als Glegnen Wald ‘ der eben gelegene Wald ’ (1525, Stalden) und als G ’ legnen Waldt ‘ der eben gelegene Wald ’ (1525, Grächen) belegt. Lager Lager n. kommt in zwei Belegen vor, einmal als bim Flablager ‘ beim Lager der Fliegerabwehr (Flab) ’ (Gluringen) und mid de Lagerhiischru ‘ bei den Lagerhäusern (der SBB) ’ (Brig). Im ersten Fall ist ein Lager für die Angehörigen der Fliegerabwehr gemeint; im zweiten Fall ein Lager für die Güter, die von der Bahn transportiert werden. Zu Lager insgesamt vgl. G R W B (12, 63 ff.). Das dialektale Wort ist Läger (G RICHTING 1998, 125) ‘ Ruheplatz (Vieh) ’ ; seine Bedeutungen sind hier jedoch nicht gemeint (cf. HL L ÄGER ). Läger Läger ‘ Lagerstätte für das Vieh ’ ist zu schwdt., wdt. Läger n. ‘ Lagerstelle für das Vieh im Stalle oder im Freien ’ , mhd. lëger n. ‘ Lager (u. a. der Tiere) ’ , dazu kollektiv G(e) läger und wdt. Läger, Lägr (Lötschtal), Lägär ‘ Ruheplatz (Vieh) ’ (I D . 3, 1169 ff.; Z INSLI 1945, 329; G RICHTING 1998, 125) zu stellen. Das Lemma kommt in rund 150 Flurnamen vor. Es bezeichnet ebene Flächen, meist auf den Alpen, die den Tieren Platz zum Sich-Hinlegen bieten, in Lafranggi (FaN) 35 36 <?page no="23"?> wenigen Fällen sind auch Wildtiere gemeint. Im Einzelfall ist damit aber auch einfach eine ebene Fläche bezeichnet, die als Läger geeignet ist. Das Simplex Läger kommt rund fünfzigmal vor, meist im Singular, selten im Plural. Sehr selten ist ein Diminutiv Lägerli belegt, das nie als Simplex, wohl aber in Komposita vorkommt wie in ts Schlegillägerli ‘ die kleine Lagerstätte für das Vieh bei den Schlegeln (Schlaghämmer der Wasserleitung) ’ (Törbel). Mit attributiven Adjektiven verbundene Konstruktionen sind Aut Läger (Blitzingen, mit / l/ -Vokalisierung), ts Erscht Läger (Ergisch), ts Erschtuscht Läger (Ergisch), ts Grie Läger ‘ die grüne Lagerstätte für das Vieh ’ (Ausserberg), ts Gross Läger (Betten und andere), ts Hinner Läger (Fieschertal, Binn), ts Holäger (Visperterminen), ts Mittluscht Läger (Ergisch), ts Ober Läger (Leukerbad und andere), ts (e)Rot Läger (Naters), ts Stotzund Läger ‘ die steile Lagerstätte für das Vieh ’ (Törbel), ts Under Läger (Ferden und andere) und ts Voder Läger (Binn, Fieschertal). Vorherrschend sind relative Lagebezeichnungen. Bei den Komposita mit Läger als Grundwort sind zunächst die Kategorien der Tiere für das Läger zu nennen: ts Chalberläger ‘ die Lagerstätte für die Kälber ’ (Naters, Staldenried), ts Chieläger ‘ die Lagerstätte für die Kühe ’ (Ulrichen), ts Geisläger ‘ die Lagerstätte für die Ziegen ’ (Ried-Mörel, Eyholz), ts Hienerläger ‘ die Lagerstätte für die (Birk-)Hühner ’ (St. Niklaus), ts Oggsoläger ‘ die Lagerstätte für die Ochsen ’ (Visperterminen), ts Rinnerläger ‘ die Lagerstätte für die Rinder ’ (Filet und andere), ts Schaafläger ‘ die Lagerstätte für die Schafe ’ (Blatten und andere), ts Schaafuläger ‘ die Lagerstätte für die Schafe (Plural) ’ (Mund), ts Stiärläger ‘ die Lagerstätte für die Stier(kälber) ’ (Blatten). Unklar ist das in Oberems und Ergisch vorkommende Gaagguläger ‘ die Lagerstätte für das Vieh mit Krähen / Raben ’ . Das Bestimmungswort Ggaagge (u. Varianten; G RICHTING 1998, 87) bezieht sich normalerweise auf Krähen, Raben oder Bergdohlen; der Zusammenhang mit Läger bleibt unbestimmt. Die zweite, häufig belegte Gruppe benennt die Alpe oder Flur, zu der das Läger gehört: ts Egguläger ‘ die Lagerstätte für das Vieh bei der Ecke ’ (Ried-Mörel), t Flüeläger ‘ die Lagerstätten für das Vieh auf der Flüe- Alp ’ (Leukerbad), ts Füosläger ‘ die Lagerstätte für das Vieh bei den Fusshörnern ’ (Naters), Galläger ‘ die Lagerstätte für das Vieh bei der Alpe Galn (Galen) ’ (Blatten) und viele weitere derartige. Komplexere Formen sind selten: ts Indruscht Dischligläger ‘ die innerste Lagerstätte für das Vieh der Alpe Distligen (wo es Disteln hat) ’ (Blatten) oder im Undru Stockwaldläger ‘ in der unteren Lagerstätte für das Vieh im Stockwald ’ (Niedergesteln). Als Bestimmungswort kommt Läger sehr selten vor, etwa in Lägerflühe ‘ die Flühe bei der Lagerstätte für das Vieh ’ (1772, Fieschertal; ähnlich 1584, Steinhaus) und das komplexere Holägerwald ‘ der Wald beim Holäger (hochgelegene Lagerstätte für das Vieh) ’ (Naters). Zwei Sonderfälle: in Saas-Balen ist Lägert (FLNK) belegt. Zwar kennt I D . (3, 1171) Lägeret, Lägret, Legert mit zwei Bedeutungen ‘ Wiege ’ , ‘ Felsbank ’ (nur im Walserort Alagna), doch dürfte hier dennoch das Gleiche wie bei Läger gemeint sein. Das zweite Problem: in Blitzingen ist Autleger (mit einem neutralen / e/ und / l/ -Vokalisierung) belegt; allerdings kennt FLNK Aut Läger ‘ die alte Lagerstätte ’ sodass hier von einer Notationsunsicherheit ausgegangen werden kann. Laggii Laggii mit Zweitbetonung bildet ein Namennest auf dem Gebiet von Simplon, Zwischbergen und Saas Grund. Unklar ist zunächst, ob der Bachname Laggina, auch Lagginbach, oder der Alpname Laggin (auf LK Üssre Laggin) im Laggintal, das auch selbst Laggii (Zwischbergen) heisst, primär sind. Ein weiteres Laggin (FLNK, Saas-Grund) befindet sich auf einem Vorgipfel des Lagginhorns, das in Saas-Grund auch Lagwiihoru und das dazu gehörende Joch Laggwiijoch heisst, vermutlich in Anlehnung an die Schreibform Laquinhorn der SK. J OR- DAN (2006, 209 ff.) führt eine ganze Reihe von Namen zum HL auf, die er unter Laggi - Laggintal versammelt: Laggii, Laggiina, Laggiinärschtraass, Laggiihooru, Laggiijoch, Laggiigletschär, S. 94 und S. 247 Laggiina, ohne genauere Bestimmung. Die ältesten Belege sind 1354 de Laquinescha, 1388 apud Laquineschon, 1389 de Laquineschon. Vermutlich ist damit der Bach gemeint. 1723 heisst dieser Bach dann torrentem seu aquam vocatam Laqquinum ‘ der Bach oder das Wasser, das Laqquinum genannt wird ’ , wohl eine Latinisierung des Namens. Zu vermuten ist eine Ableitung von lat. AQUA mit agglutiniertem Artikel und einer Suffixverbindung / - IN - ESCA / oder ähnlich. Das Verhältnis dieses Namens zum ebenfalls in Simplon früh belegten de Laqu ᵉ sson (1348), de Lachneschon (1399) und späterem Lagnisch (1577, 1764) ist sehr unklar. Es dürfte sich aber immer um eine ursprünglich lat. Form zu AQUA handeln. Die weiteren Formen enthalten die Bestimmungsform des HL neben Bach, Biwak, Gletscher, Hooru, Joch und Tal. Komplexer ist Lagginhorngletscher ‘ der Gletscher unterhalb des Lagginhorns ’ (LT, Saas-Grund). Unklar bleibt der Flussname Lyestinaschi (cf. HL L YESTINASCHI ) von 1296, der von den Historikern zu Laggina gestellt wird. Es müsste sich um eine verballhornte Form handeln, doch ist sie nicht analysierbar. 37 38 Laggii <?page no="24"?> Läggs (PN) Läggs (PN) ist nur in t Läägsinmatta ‘ die Wiese des Läggsi (Lazarus oder Alexander) ’ (Wiler) belegt. Ältere Namen sind laut Gwp. in Romanmatta und Rootpeetermatta belegt; es handle sich um die früheren Besitzer. Zu stellen ist Läägsin zu Läggi ‘ Lazarus oder Alexander ’ (I D . 3, 1231). Lago Lago ist it. für dt. See (D EVOTO / O LI 2020, 1183). Belegt ist 1622 in Zwischbergen der Laggi Carnera; der deutsche Artikel hat einen Genitiv Plural. Wenn das richtig ist, sind wohl die Seen gemeint, die heute als Ze Seewu (Zwischbergen; LT ze Seewe) und bei J ORDAN (2006, 293) als Seewä belegt sind. Die Ggarneera (cf. HL G GARNEERA ) befindet sich auf der Karte von swisstopo zwar östlich davon, die ältere Angabe dürfte aber trotzdem stimmen. Lagra Lagra ist wohl ein Adjektiv mit vorangehendem Artikel, das nur 1759 in Salgesch als jn Lagra Grechta ‘ beim grossen Hügel ’ belegt ist. Ein alternativer Name ist, laut Dokument, Petra Custodis ‘ der Wächterstein ’ . Lagra ist zu la gran zu stellen, meint also ‘ der / die grosse ’ (G PSR 8, 612 ss. s. v. grand). Lagrächtu Lagrächtu enthält den agglutinierten Artikel la fem. und das Nomen Grächtu ‘ Kamm, Hügel ’ (cf. HL G RECHTA ), das auf lat. CR Ĭ STA kamm, frz. crête (FEW 2, 1351 ff.; G PSR 4, 532 ss.) zurückgeht. Es kommt in Leuk vor, als Lagrächte ‘ der Hügel ’ (FLNK; auf 1: 10000 Lagrechten) und den lebenden Belegen t Laggerächtu Leesser ‘ die durch das Los zugeteilten Güter in Lagrächte ’ und t Laggerächtumattu ‘ die Wiese bei Lagrächte ’ . Läicha Läicha ist die aus dem HL L ANCHEN sich ergebende Form mit n-Tilgung und Ersatzdehnung, resp. -diphthongierung vor Velar (Staubsches Gesetz). Die Belege sind im Wesentlichen auf Baltschieder und Brigerbad beschränkt. Letzteres hat t Läicha als Name eines Kanals und Baltschieder weist mehrere Namen auf wie di Geiseiuläicha ‘ der Kanal / das Sumpfgebiet bei der Geiseia (Aue für die Geissen? ) ’ , zer Rotu Läicha ‘ beim roten Kanal, Sumpfgebiet ’ , die Schwarze Leiche (1843, Baltschieder) und t Windspaltläicha ‘ das Sumpfgebiet, das den Wind spaltet ’ . Unklar sind historische Belege von 1599 (die Leüschon) und 1833 (in der Leischu ᵕ n), die wohl zum HL L EISCHA gehören. Die sicheren Belege in Brigerbad und Baltschieder bezeichnen Sumpfgebiete oder Kanäle im früheren Schwemmland des Rottens. Das lautlich ähnliche HL L ÖÜCHA hat eine andere Bedeutung. Lalamant Lalamant ist nur im 13. Jhdt. in Ergisch belegt als pratum a lalamant. Während PRATUM ‘ Wiese ’ hier wohl appellativisch ist, kann a lalamant zu allemand (G PSR 1, 281) gestellt werden, also ‘ die Wiese des Deutschen ’ . Die belegte Form enthält den agglutinierten Artikel. Der Beleg ist verwandt oder identisch mit Nr. 42187 Crista des Alamanz (Ergisch), das jedoch statt PRATUM CRISTA enthält. Laljet Laljet ist in Albinen belegt (auch bei M ATHIEU 2006, 13, 15), zusammen mit Laljethubel ‘ der Hügel im Gebiet Laljet ’ , der auch bei M ATHIEU (2006, 25) belegt ist. M ATHIEU (2006, 15) kennt weiter Laljettlittni / Laljetligni, die sich an einem andern Ort als Laljet befinden und auf S. 25 erwähnt er Unnärs Laljet und Laljetweid, die auch auf S. 26 erwähnt ist. Die ältesten Belege haben en Lallet (1548), en Lalett (1602) und ÿ Laliett (1602). Die Präpositionen zeigen, dass es sich um einen frpr. Namen handelt. Man muss wohl annehmen, dass das anlautende / l/ als Agglutination dem Artikel la entspricht. Das Grundwort ist eine Ableitung von lat. ALLIUM ‘ Knoblauch ’ , wobei auch eines der anderen Lauchgewächse gemeint sein kann, etwa der Ross-Lauch (A LLIUM OLERACEUM ; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1278 - 1286 nennen mehrere A LLIUM und 170 - 180 mehrere S EDUM ), oder ein Gewächs wie der Scharfe Mauerpfeffer (S EDUM ACRE ). B OSSARD / C HAVAN (2006, 82) weisen darauf hin, dass Toponyme wie Allère(s) und Alliets von ALLIUM abgeleitet sind. Möglich ist aber auch eine Ableitung zu pat. alyi ‘ Mehlbeerbaum (S ORBUS ARIA ) ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 82; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 278 - 280 nennen mehrere S ORBUS ). Die überlieferte Form in Albinen deutet auf ein Diminutiv auf / - ITTA / hin, ohne dass sicher ist, um welche Pflanze es sich handelt. Die bei M ATHIEU (2006, 15) erwähnten Laljetlittni und Lajetligni sind wohl doppelte Diminutive auf / - ITTA / und / - INA / . Lalusex Lalusex ist einmal belegt in subtus lalusex darnesý (1365, Salgesch). darnesý enthält einen Genitiv d ’ und Arneschie, das zum Bachnamen Larnessi (M ATHIER 2015, 52 f. gibt zu Larnässi keine befriedigende Deutung) zu stellen ist. Bei lalusex ist wohl der feminine Artikel la abzutrennen; zu lusex gibt es jedoch auch keine Erklärung. Lautlich wäre in Salgesch am nächsten t Lüschei, das 1589 als a Lusche erscheint. Von der Lage her ist das jedoch unwahrscheinlich, da die Larnessi in den Russu mündet, der deutlich östlicher als der Bach Lüschei ist. Hingegen würde sich eine Deutung ergeben, wenn sex in lalusex zu lat. SAXUM felsen (FEW 11, 258 ff.) und lu zu lat. Läggs (PN) 39 40 <?page no="25"?> L Ū PUS wolf (FEW 5, 657 ff.) zu stellen ist: der Wolfsfelsen. Aber diese Deutung ist sehr spekulativ; sie wird deswegen nicht berücksichtigt. Lambane Der Beleg en grano Lambane (1598, Varen) ist unklar; P H . K ALBERMATTER und Dr. G. Z ENHÄUSERN lesen en grang lambane, sie deuten grang entweder als grand ‘ gross ’ oder als grange ‘ Scheuer ’ ; Lambane ist auch ihrer Ansicht nach unsicher. Auch Lamony (1751, Albinen), erstmals 1648 als en Lambani, 1721 dann als en Lammonÿ, 1734 als in Lamanÿ belegt, ist unklar. Lambaner (FaN) ist ein alter FaN (AWWB 144, 100 s. v. Frily, 146 s. v. Lauber), der in Leukerbad vertreten war. Belegt ist er als in Campo Lambaner ‘ im Feld der Familie Lambaner ’ (1351, Varen). Die beiden Hauptlemmata, unter denen dieser FaN erscheint, sind die beiden FaNN Frily und Graven (AWWB 100 und 115). Lambien (FaN) Lambien (FaN) ist vertreten in Lamjen Acher ‘ der Acker der Familie Lambien ’ (1791, Mund) und in Lamgisacher ‘ beim Acker der Familie Lamgi ’ . Ebenfalls hieher gehört Agnyg Boden ‘ der Boden der Leute des Agnus (Lambien) ’ (1388, Termen). Der FaN ist zu Lambien zu stellen (AWWB 145). Die historisch belegte Form Lamgis kann als Lamjis gelesen werden, es lässt sich somit zum FaN Lambien stellen. Bei Agnyg Boden von 1388 in Termen handelt es sich um die latinisierte Form des FaN, der volksetymologisch zu Agni ‘ des Lammes ’ gestellt wird (AWWB 145). Lambrigger (FaN) Lambrigger (FaN) ist zum FaN Lambrigger, historisch auch Lantbrucken, de Lanbrucun, ze Lambriecun, de Lanbrucun, de Lamprucun zu stellen. Die nach dem Weiler Lambriggen in Fieschertal benannte Familie des Bezirkes Goms (AWWB 145) hat als einzigen Beleg 1555 in Fiesch de alpe Lampriggero ‘ von der Alpe der Familie Lambrigger ’ . Dieser Genitiv Plural kann deswegen sowohl den FaN, wie die Einwohner des Weilers Lambrigga ‘ die Brücke über die Lamm (Schlucht) ’ meinen. Lami Lami ist nur belegt in ts Lami Rootsch Tritt ‘ der Tritt des lahmen Rot(en) ’ (Ferden). Es handelt sich um ein Adjektiv schwdt. lam ‘ lahm ’ und wdt. lam, laam (Lötschtal), lamm ‘ lahm ’ (I D . 3, 1263; G RICHTING 1998, 125) im Genitiv, also um einen Übernamen, entweder zum FaN Roten oder zu einer Person, die als ‘ Roter ’ bezeichnet wurde und z. B. rotes Haar hatte. Lamm Lamm n., Pl. Lammer (R ÜBEL 1950, 101) ist zu schwdt. Lamb, Lamm n., wdt. Lamm, Dim. Lammji, Lämmer n. ‘ Lamm ’ , mhd. lamp, -es (I D . 3, 1271; G RICHTING 1998, 125) zu stellen. Der unumgelautete Plural Lammer, auch Lamber ist in den Flurnamen häufiger als das umgelautete Lämmer. Das HL kommt in Flurnamen nur als Bestimmungswort vor. Als Typ dominiert Lammerbodu ‘ der Boden für die Lämmer ’ (Eischoll, Glis, Ried-Brig, Termen), Lammjibodo (Visperterminen) und der Lämmerbodu (Leuk), in Glis sind zusätzlich ts Ober und ts Unner Lammerbodi ‘ der obere und der untere kleine Boden für die Lämmer ’ belegt. In Täsch gibt es der Lammerwang ‘ der Grasabhang für die Lämmer ’ ; der Ober Lammerwang und der Unner Lammerwang. t Lammjimatta ‘ die Wiese für die Lämmer ’ (Termen) und der Plural t Lammjimatte ‘ die Wiesen für die Lämmer ’ (Niedergesteln) sind je einmal belegt. Isoliert ist der Lammergrabo ‘ der Graben für die Lämmer ’ (Eggerberg). Es handelt sich um ein felsiges Gebiet, in dem wohl Lämmer weiden können; an anderen Orten wird der erste Teil eher zu Lamma ‘ Schlucht ’ gestellt. Ähnlich ist der Lammertschuggu ‘ der Felsen für die Lämmer ’ (Saas Fee) zu verstehen. Schwieriger ist Lämmerenalp (LT), resp. Lämmeraalpu in Leukerbad: hier ist die Ableitung Lämmera auf / - ERA / (S ONDEREGGER 1958, 471 ff. zu lat. / - ÂRIA / ) mit der Bedeutung ‘ wo es viele Lämmer hat ’ bezeugt (cf. HL L ÄMMERA ). Lamma Lamma f. ‘ Schlucht, Runse, Felstobel ’ , ist zu schwdt. Lamm, wdt. L ā me n f., Lammi n. ‘ vom Wasser ausgehöhlte und durchströmte Felsenkluft, enger Durchpass eines Baches oder Flusses, Tobel; tiefe Runse in Gletschern; abschüssiger, glatter (durch Gletscherschliff polierter) Felsabhang, der in ein Gewässer abfällt ’ (I D . 3, 1266; Z INSLI 1945, 329) zu stellen. Bei G RICHTING (1998) fehlt das HL. Die Herkunft ist umstritten (BENB 1, 3, 23). S CHMELLER ( 2 1872, 1470) zitiert Lam als Ortsname im Bairischen mit slavischen Quellen, sodass die geläufigen Etymologien für das Höchstalemannische problematisch sind. Eine eigene Deutung können wir angesichts der schwierigen Situation nicht geben. Für die einzelnen Namen geben wir ‘ Felstobel ’ , ‘ Runse ’ , ‘ Abhang ’ , ‘ Felsabhang ’ und ähnliche; im Einzelfall ist nicht genau zu entscheiden, was als Lamma bezeichnet wird; sofern vorhanden, sind auch die Beschreibungen der Namen beizuziehen. Im Bezirk Leuk fehlt das HL vollständig; in Westlich-Raron ist es nur in Hohtenn belegt. Das Simplex erscheint im Singular als t Lamma (Grengiols und weitere drei Gemeinden), t Lamme (Fiesch und weitere drei Gemeinden) und t Lamu (Saas Balen). Im 41 42 Lamma <?page no="26"?> Plural stehen die Simplizia als t Lame (St. Niklaus, Zermatt), t Lamme (Ried-Brig), vff den Lammen (1549, Binn), jn den Lamen (1415 u. später, Obergesteln). Ein einziger Beleg liegt für den Diminutiv im Plural vor: unner de Lammeltini (Oberwald). Mit attributiven Adjektiven sind belegt: ts Eng Lammelti ‘ das enge kleine Felstobel ’ (Oberwald), ts Finschter Lammuti ‘ das kleine, finstere Felstobel ’ (Bellwald, mit / l/ -Vokalisierung), t Gross Lamme ‘ die grosse Lamme (Schlucht) ’ (Oberwald), t Hääl Lamme ‘ das glatte, schlüpfrige Felstobel ’ (Münster), t Häärdig Lamme ‘ das Felstobel mit Erde ’ (Münster), t Hei Lamme ‘ das hohe Felstobel (LT Holamme) ’ (Reckingen), t Nass Lamme ‘ das nasse Felstobel ’ (Reckingen), t (e)Root Lamme ‘ die rote Lamme (Felstobel, nach der Gesteinsfarbe; LT Rotlamme) ’ (Ulrichen), t Rüüch Lamme ‘ das rauhe Felstobel ’ (Münster), t Schpät Lamme ‘ die späte Runse (wohl spät reifendes Gras) ’ (Ulrichen), t Steinig Lamme ‘ das steile Felstobel mit Steinen ’ (Münster), Steinig Lammelti ‘ das kleine Felstobel mit Steinen ’ (FLNK, Ulrichen), t Teif Lamma ‘ das tiefe Felstobel ’ (Bellwald), t Verfalle Lamme ‘ der mit gefallenen Felsen gefüllte Graben ’ (Reckingen), t Wiit Lamme ‘ die weite Schlucht ’ (Münster) und t Wit Lamma ‘ die weite Schlucht ’ (Fieschertal). Unklar ist der historische Beleg die Vorlamina ‘ das Gebiet vor der kleinen Lamme (Schlucht)? ’ (1548, Obergesteln). Auffallend ist, dass die relativen Ortsangaben (vorder, hinter usw.) bei diesen Konstruktionen fehlen. Vorangestellte Genitive sind t Engguschlamma ‘ die Runse des Engels / der Familie Engel (unsicher) ’ (Fieschertal), in Húgs Lamen ‘ das Felsentobel des Hug / der Familie Hug ’ (1815, Ernen) und das Wallisers Lamen ‘ das Felstobel, das der Familie Walliser / Walser gehörte ’ (1516, Ulrichen; FLNK Walserlamme). Komposita mit FaN sind: t Broglilamma ‘ der brüchige Felsabhang der Familie Brogli ’ (Bellwald), ts Geertschelammuti ‘ die kleine Lamme (Felstobel) der Familie Gertschen ’ (Selkingen), t Gurtelamme ‘ das Felstobel der Familie Courten (? , unsicher) ’ (Oberwald). Einen PN enthält auch Tsantanne Lammelti ‘ die kleine Lamme (Felsabhang) der Heiligen Anna ’ (laut Gwp. jedoch weder Statue, noch Bild, noch Bildstock) ’ (Oberwald). Eine Reihe von Komposita sind mit Tiernamen gebildet: Chalberlamme ‘ die Lamme (Felstobel) für die Kälber ’ (FLNK, Oberwald), t Geislamma ‘ das Felstobel für die Ziegen ’ (Bellwald), ts Geislammuti ‘ die kleine Lamme (Felstobel) für die Ziegen ’ (Selkingen, mit / l/ - Vokalisierung), t Guggerlamme ‘ die Lamme (Felstobel) beim Guggerbärg (Alp, wo man den Kuckuck hört) ’ (Münster), t Murmetlamma ‘ die Lamme (Schlucht) mit Murmeltieren ’ (Fieschertal) und ts Schaaflammelti ‘ der kleine Graben für die Schafe ’ (Geschinen). Baumnamen finden sich in Aschpi Lamma ‘ die Lamme (Felstobel) beim Aspi (Ort, wo es Espen hat) ’ (Bellwald) und ts Talammelti ‘ die kleinen Schlucht beim Tannengehölz ’ (Reckingen). Hierzu ist auch das komplexere t Sandbletterlamme ‘ der Graben mit Sandblättern (laut Gwp. Sandblachte (Huflattich; T USSILAGO FARFARA ) ’ (Münster) (cf. W AGNER / L AUBER / G YGAX 5 2014, 1114) zu stellen, das den Bewuchs der Lamme benennt. Der Inhalt der Lamme ist weiter Gegenstand bei t Guferlamme ‘ das Felstobel mit Steinen ’ (Oberwald). Isolierte Fügungen sind t Zelamma ‘ bei der Lamme (Schlucht) ’ (Fieschertal), t Jagtlamma ‘ die Runse für die Jagd ’ (Bellwald), t Joodlamme ‘ die Lamme (Felstobel), die einem Jot gleicht / die klein wie ein Jot ist ’ (Reckingen) und ts Tangerelammuti ‘ die kleine Schlucht bei Tangre (unklar) ’ (Fieschertal). Die meisten Komposita bezeichnen naheliegende Fluren, so etwa t Blatgilamme ‘ der Graben unterhalb der kleinen Blatten (Felsplatte) ’ (Münster), t Brudellamme ‘ das Felstobel vom Brudelhorn herunter ’ (Münster), Hammerlamme ‘ die Lamme (Felstobel) unterhalb des Hammer (kleiner Gipfel, ca. 2700 m) ’ (FLNK u. LT, Ulrichen), Horelamme ‘ die Lamme (Felstobel) unter dem Horn (hier: Blashorn) ’ (Ulrichen) und viele andere mehr. Komplexere Konstruktionen sind t Foder und t Hinner Chalberlamme ‘ die vordere und die hintere Runse für die Kälber ’ (Oberwald), t Hinnerscht, t Mittlerscht und t Vorderscht Bruchbäärglamme ‘ das hinterste, mittlere und vorderste Felstobel am Bruchberg ’ (Münster), t Hinner und t Voder Spisslamme ‘ die hintere und die vordere Lamme (Felstobel) bei den Spissbärge ’ (Münster) und andere mehr. Als Grundwort erscheint das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern: Brigga, Chi, Chrüt, Grabu, Hooru, Matta, Sand, Tschugge, Wald, Wang und das zusammengesetzte Wasserleita. Komplexere Formen sind: ts Alt Lamischchelli ‘ die kleine Kelle (kellenförmiges Gebiet) bei der alten Lamme (Schlucht) (ev. Übername ts Aalt Lami ’ ‘ der alte Lahme ’ ) (Oberwald), der Steilammugrabo ‘ der Graben bei der Steinlamma (Felstobel mit Steinen) ’ (Naters) und andere. Lämmera Lämmera ist der Name einer Alpe in Leukerbad westlich der Gemmi (R. G RICHTING 1993, Blatt 26). Um den Alpnamen herum bildet sich ein Namennest mit Lämmerablatte, Lämmerabodu, Lämmerachumme, Lämmeradalu ‘ die Dala aus der Alpe Lämmera ’ , Lämmeragletscher, Lämmeragraad / Lämmeragreed, Lämmerahittu (SAC- Hütte der Sektion Angenstein), Lämmerahoru, Lämmerajoch (am Wildstrubel, auch für Lenk (BE) bezeugt), ts Lämmerasand, Lämmerasee und Lämmeratal. Der äl- Lämmera 43 44 <?page no="27"?> teste Beleg stammt von 1361 apud Lemmera ‘ bei der Lämmera ’ . Obwohl Leukerbad selbst bis ins 16. Jahrhundert romanisch war, liegt kaum eine direkte romanische Quelle vor. Die / - ERA / -Ableitung ist entweder eine Stellen- oder eine Kollektivbezeichnung (S ONDEREGGER 1958, 471 f.). Als Grundwörter kommen Lamm n. ‘ Lamm ’ (I D . 3, 1271) und Lamm f. ‘ Felsabsturz ’ , (I D . 3, 1266) in Frage (vgl. BENB 1, 3, 21 ff.). Bedeutungsmässig lassen sich beide Herleitungen rechtfertigen: es kann sich um eine Schafalpe handeln, oder um ein vom Gletscher ausgeschliffenes Tal. Lautlich ist der Umlaut beim Plural Lämmer von Lamm n. zu erwarten, sodass wir von der Bedeutung ‘ Alpe für Lämmer, für Schafe ’ ausgehen. Dafür spricht auch, dass sich gleich daneben eine Chalberweidji ‘ kleine Weide für die Kälber ’ befindet (laut R. G RICHTING 1993, Bl. 26, Nr. 10). Lampert (PN) Lampert (PN) ist ein PN oder, aber unsicher, ein FaN. Zwar kennt AWWB (146) einen FaN Lampert, Lambert für eine Familie ursprünglich aus Vorarlberg stammend und im Wallis um 1800 verbreitet. Die älteren Belege sind aber eher auf einen PN Lambert oder Lampert aus Land-pert (F ÖRSTEMANN 1, 1005) zurückzuführen. Das Simplex ist im Diminutiv Singular historisch 1670 in Gampel als jm Lambertgi ‘ im kleinen Gebiet des Lambert (PN) ’ belegt. Im Diminutiv Plural erscheinen lebend t Lampertjini ‘ die kleinen Gebiete des Lambert (PN) ’ (Gampel, FLNK Lambertjini); vermutlich handelt es sich um das gleiche Gebiet im Rottengrund. Ein vorangestellter Genitiv im Singular erscheint in Lambers Flue ‘ die Fluh des Lambert (PN) ’ (1399, Ried- Brig) und in Lampertschaker ‘ der Acker der Familie Lampert ’ (1818, Filet; 1837 im Lambortsacker). Laut dem Beleg von 1818 dürfte es sich um die Flur Lampitsch Acher (Grengiols) am Rotten handeln. Diese veränderte Form Lampitsch (FLNK, Grengiols) kommt zusammen mit ts Lampitsch Acher ‘ der Acker der Familie Lampert / des Lampert ’ (Grengiols, zweimal belegt) vor; ein derartiger Flurname befindet sich in der Nähe des einfachen Lampitsch, der andere westlich von Grengiols am Rotten. ts Lampertal ‘ das Tal des Lampert (PN) / der Lämmer ’ (Eggerberg) ist unklar, da der Flurname sowohl als Lamper-Tal, wie als Lampert-Tal verstanden werden kann. Lampon Lampon (1776, Varen) ist wie folgt belegt: 1241 Lampum (so auch bei G REMAUD 1, 359), 1375 ou Lampon, 1714 im Lampong ist wohl romanisch; der Name ist auch unter dem HL L AMBERT (F A N) behandelt. Varen weist weiter der Landböüm und ts Landböümgässi auf, die vermutlich auf das gleiche Etymon zurückgehen, aber später wohl umgedeutet wurden (vgl. I D . 4, 1241 siehe unten). Die nächstliegende Form findet sich bei B RIDEL (1866, 219) als Lampé, Lappé ‘ Rumex alpinus, Alpenampfer ’ oder für andere Ampferarten, dt. auch Blacke (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 688 ff.) genannt. Wenn die Herleitung stimmen sollte, müsste die Endung durch eine andere Ableitung (z. B. auf - ONE ( M )) (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) erklärt werden. Das in I D . (4, 1241) belegte Lande n -Baum ‘ Deichselstange ’ kommt für eine Deutung nicht in Frage. Lamunierä Lamunierä pl. ist nur in Agarn als t Lamunierä belegt. Die historischen Belege sind: 1536 zer Lambanyeres, 1631 zer Lammennieri, 1729 in der Lammoniere, 1801 in die Obern Lammeniere, 1803 in die Laminiere. W ULF M ÜLLER (p. c.) nimmt an, dass hier der feminine Artikel la und meunière ‘ Müllerin ’ < moulin ‘ Mühle ’ , im romanischen Wallis verbreitetes Appelativ für ‘ Mühlen- oder Sägekanal ’ (E ICHENBERGER 1940, 65) verbunden sind. Wie T AG- MANN (1946, 66) ausführt, besass jedes Dorf früher eine Mühle; die Wiesen am Mühlenbach gehörten dem múnir ‘ Müller ’ . Lamunierä ist dann die Weiterführung des älteren ‘ das Gebiet am Mühlekanal ’ . Läna Läna f. ‘ Lehne ’ ist zu schwdt. Lëne(n), wdt. Lääna, Läänä (Goms) Läänu (Saastal), Länn (Lötschtal), Leenu f. ‘ Lehne, Geländer, Schranke, z. B. an einer Bank oder Treppe, an einer Brücke ’ , mhd. lëne (I D . 3, 1283; G RICHTING 1998, 124) zu stellen; S ONDEREGGER (1958, 245) nimmt für FlN zusätzlich die Deutung ‘ Abhang ’ an. Die Zuordnung der Belege zu den beiden Lemmata Läna f. ‘ Lehne ’ , Leeni f. ‘ Lehne ’ und Lee ‘ Lehen ’ n. ist bei Bestimmungswörtern und im Plural nicht immer eindeutig. Das HL kommt rund zwanzig Mal vor. In einigen Belegen verstehen die Gwpp. Läna oder Läno als ‘ Zaun ’ (z. B. Stalden, Visperterminen). Das Simplex ist im Singular als zer Länu ‘ bei der Lehne (Zaun, Geländer) ’ (Visperterminen) belegt, häufiger ist der Plural t Läänä ‘ die Lehnen (Wiesen am Abhang bei Gampel) ’ (Gampel; FLNK Leenä), t Läne ‘ die Lehnen (Zaun, Geländer) ’ (Eisten, Saas Almagell), ts Länu ‘ bei den Lehnen (Zäune, Geländer) ’ (Stalden, Törbel), t Leenä ‘ die Lehnen (Wiesen mit Zäunen, Geländer gegen die Lonza) ’ (Steg), t Leene ‘ die Lehnen beim Abhang ’ (Agarn), sowie mehrfach mit Präpositionen: jn die Lenen ‘ in die Abhänge ’ (1656, Birgisch), in den Lenen ‘ in den Lehnen (Abhänge) ’ (1672, Brig), an dien Lehnen (1391, Simplon), in den Lehnen (1685, Naters; 1330 allerdings zen Len, was auch als ‘ Lehen ’ verstanden werden kann), 45 46 Läna <?page no="28"?> (lat. apud (bei)) Lenen ‘ bei den Lehnen (Zaun, Geländer) ’ (1399, Baltschieder). Mit einem attributiven Adjektiv findet sich jn den Nidren Lenen ‘ in den niederen (unteren) Lehnen ’ (1522, Steg) und jn Úndren Lehnen (1768 u. später, Steg); beide beziehen sich wohl auf t Leenä (Steg). Das HL kommt in einigen wenigen Fällen auch als Bestimmungswort mit den Grundwörtern Matta, Rigg und Wald vor. Land Land n. ist zu schwdt., Land n. ‘ der ertragfähige Boden, Acker-, Heuland … ; Grund; das weite, offene, flache, tiefe Land (bes. im Gegensatz zu den Bergen (eig. das für den Ackerbau günstige Land)); Tal, Niederung; im Allgem. wie nhd. als politischer bzw. geografischer Begriff, bes. das eigene Land ’ , ahd., mhd. lant und wdt. Land ‘ Land, Region, Erdreich ’ (I D . 3, 1297 ff.; G RICHTING 1998, 125; URNB 2, 494 ff.; LUNB 1, 1, 588 ff.) zu stellen. Was genau das HL bedeutet, erschliesst sich häufig nur aus dem Kompositum. Das Simplex kommt als Land (FLNK, Zwischbergen) nur einmal vor; es ist auch bei J ORDAN (2006, 284) als ‘ Wiesen- und Weidemulde ’ belegt; er unterscheidet Obärs und Unnärs Land, die als ts Ober und ts Unner Land ‘ das obere und das untere Land ’ (Zwischbergen) belegt sind. Andere Konstruktionen mit attributiven Adjektiven sind das Vnder Landt (16? ? , St. Niklaus) und ts Unner Land (Randa). Mit vorangestellten Genitiven sind belegt: der Manno Land ‘ das Land der Mannen ’ (1540, Embd), ts Maartisch Land ‘ das Land des Martin / der Familie Marti ’ (Eggerberg), ze Wernhersland ‘ beim Land des Werner ’ (1305, Visp), am Willums Land ‘ das Land des Willum / Willem ’ (1548 u. später, Eggerberg), ts Wirmschland ‘ das Land des Wirm ’ (ev. identisch mit Willums Land) (Eggerberg), Zerikun Land ‘ das Land der Erika ’ (1300, Baltschieder). Komplexer sind: an Martig Land Rúss ‘ die Wasserfuhr beim Land der Familie Martig ’ (1785, Eggerberg), Als Grundwort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita wie folgt vor: im Biederland (Bellwald, FLNK Biederland), ein FaN Im Biederland, der früher wohl Bielerland ‘ das Land beim Hügel ’ hiess und als FaN auch für Bielander verantwortlich ist. Hierzu gehört auch Biellerlandt (1725, Niederwald). ts Birrmoland ‘ das Land bei der Böschung ’ (Visperterminen) ist unklar. ts Chabesland ‘ das (flache) Landstück, wo Kohl angebaut wurde ’ (Selkingen), Äbuland ‘ das ebene Land ’ (FLNK, Bürchen), ts Gemschland ‘ das Gebiet mit (vielen) Gemsen ’ (Niederwald), Grabuland ‘ das Land am Graben (Kanal) ’ (FLNK, Niedergesteln), ts Greeberland ‘ das Land bei den Gräbern (Land beim Friedhof) ’ (Varen), am Knodenland ‘ das Land, das wie ein Knoden (Knöchel) aussieht ’ (1707 u. später, Ausserberg; 1803, Raron), ts Liesland ‘ das Liesland (unklar) ’ (Oberwald), ts Meiland ‘ das Land, das der Gemeinde gehört ’ (Ried-Brig), ts Niiwland ‘ das neue Land (erst spät kultiviert) ’ (Fieschertal), Niwland ‘ das neue (neugewonnene) Land (zwischen Rotten und Ägene) ’ (FLNK, Ulrichen), jm Rossland ‘ im Land für die Pferde ’ (1564, Ausserberg), Schelbland ‘ das schiefe Land ’ (1358, Visperterminen), das Straffelland ‘ das Land mit Heuschrecken (unklar) ’ (1527, Fiesch), ts Straffuland ‘ das Land mit Heuschrecken (unklar) ’ (Mühlebach), im Wisland ‘ im weissen Land (unsicher, aber kaum Wiesland, da “ Wiese ” im Wallis nicht geläufig (LT) ’ (Visp). Wisland ist sehr unsicher: phonetisch deutet ein offenes / i/ nicht auf ‘ weiss ’ ; inhaltlich handelt es sich um Wald (schon auf SK). Möglicherweise liegt eine Umdeutung zu Wisla ‘ Wiesel ’ (I D . 16, 240 s. v. Wisel; G RICHTING 1998, 240) oder gar zu Wiso / Wischo ‘ Gerichtsdiener ’ (cf. HL W ISCHO ) vor. Wohl ein Plural liegt vor in die Howländer ‘ (unklar) die Landstücke mit (Holz-)Hau ’ (Bürchen). Komplexere Konstruktionen sind: der Lieslandgraad ‘ der Grat beim Liesland (unklar) ’ (Oberwald), ts Niwwland Oscht ‘ das neue Land Ost ’ und ts Niwwland Wescht ‘ das neue Land West ’ (beide Ulrichen), Wirmschlandtschuggo ‘ der Felsen beim Wirmschland (unklar, vgl. Nr. 14892) ’ (FLNK, EK Eggerberg). Als Bestimmungswort kommt das HL vor allem im Typ Landstraass ‘ Landstrasse ’ vor, dem Namen der Hauptstrasse durch das Land Wallis von Sitten bis Oberwald. Belegt ist es als an der Landstras ‘ an der Landstrasse (Strasse durch das Wallis, via regia) ’ (1741, Geschinen und drei weiteren Gemeinden in verschiedenen Formen), dazu kommen t Aalti Landstraass ‘ die alte Landstrasse (Strasse durch das Land Wallis, auch via regia) ’ (Niedergesteln) und drei historische Belege, bei der Gmeinen Landstrass ‘ die Landstrasse beim (Briger-) Bad, die allen gemeinsam gehört ’ (1673, Brigerbad), Vnder der Neüwen Landstrass ‘ unter der neuen Landstrasse (Strasse durch das Wallis, auch via regia) ’ (1684, Agarn), Unner der Landstraass ‘ unter der Landstrasse (neue Kantonsstrasse) ’ (Agarn). Ein zweiter Typ ist Landbord (FLNK, Niedergesteln), ts Landpord (Bratsch, Gampel, Hohtenn) und der Landbordgrabu ‘ der Graben (Kanal) beim Landbord ’ (Gampel). Wörtlich meint der Typ wohl ‘ die Böschung aus Erde ’ , gemeint ist aber die Eindämmung des Rotten mit einer Böschung, wobei Land einerseits das Material, anderseits auch das Land Wallis sein kann, das dieses Bord errichtet hat. Diese Bedeutung (Land Wallis) ist auch belegt in Landbrigga ‘ die Landbrücke (d. h. die Brücke, über die die Landstrasse verlief ’ (Visp), ze Lantbruggen (1407, Nieder- Land 47 48 <?page no="29"?> wald), ze Lantbrucken (1356, Fiesch), de (von) Landt Muren ‘ von der Landmauer (unklar, wohl Landmauer bei Gamsen gemeint) ’ (Mund), t Aalt Landmüüra ‘ die alte Landmauer (Mauer quer durch das Tal bei Gamsen; heute restaurierte Überreste) ’ (Glis), die Landwo ᵉ ry ‘ die Wehre des Landes (gemeint ist wohl die Landmüüra bei Gamsen) ’ (1538 u. später, Glis). Es bleibt der Beleg u ᵕ nder dem Landtboden ‘ unter dem Landboden (unklar) ’ (1775, Staldenried). Komplexer ist in Owlandschboden ‘ im Boden Eilands / der Magerwiese ’ (1779, Staldenried), wo unklar ist, ob Owland zum Typ Üewand ‘ Magerwiese ’ zu stellen ist, ob ein FaN oder PN vorliegt (der allerdings nicht belegt ist). Komplexer ist Driländerschtei ‘ der Stein, an dem drei Länder zusammenstossen (gemeint ist ein Grenzstein der drei Gemeinden Eggerberg, Baltschieder und Lalden) ’ (EK, Eggerberg). Unklar ist der Beleg dr Ländinär (Wiler). Es handelt sich laut SK um ein Gebiet zwischen Kippel und Wiler, das heute mit einer Strasse erschlossen ist. Am ehesten dürfte eine Ableitung mit Umlaut auf - ÎN aus Land mit einer weiteren Ableitung mit der Stellenbezeichnung / - ÄR / (< / - ER / ) gemeint sein, die etwa ‘ der Ort des Landes ’ meint (vgl. S ONDEREGGER 1958, 488 ff., 541). Ein Adjektiv auf / - IG / (S ONDEREGGER , 1958, 487) liegt in der Landig Tschuggo ‘ der von Land (Erde) umgebene Fels ’ (Staldenried) vor. Landboim der Landboim ‘ Landbaum ’ ist lebendig in Ergisch und Varen (der Landböüm) belegt; die beiden Benennungen liegen an weit entfernten Stellen. Weiter kommen t Landboimstüde ‘ das Gebiet mit Stauden beim Landboim ’ (Ergisch) und ts Landböümgässi ‘ die kleine Gasse vom / zum Gebiet Landböüm (Lampon) ’ (Varen) vor. Die naheliegende Deutung eines Kompositums Land + Baum ist kaum zutreffend; I D . (4, 1241) kennt Lande n baum nur für ‘ Deichselstange ’ oder ‘ Doppeldeichsel ’ , beides trifft hier nicht zu. Die historischen Belege in Ergisch weisen auf eine frpr. Form ou lanpon oder lampon hin; deutsch ist auch von zem Bu ᵉ l ‘ beim Hügel ’ die Rede. Varen hat schon 1242 in campo Lampum, 1375 ou lampon; laut den Dokumenten muss es sich um einen Weingarten handeln. Nahe liegt also eine Re-Interpretation des nicht mehr verstandenen Lampon zu Land-Baum. Die Deutung von Lampon (cf. HL L AMPON ) ist jedoch unklar. Lang (PN) Lang (PN) ist nur als ts Langsch ‘ des Langs Rebberg ’ (Visperterminen) belegt. Es handelt sich um einen Teil des Rebberges von Visperterminen. Die Konstruktion mit einem alten Genitiv legt einen PN oder FaN nahe. Da aber der FaN Lang nicht belegt ist, dürfte ein Übername vorliegen. Länges Länges, auch Lenges m., ist der Name einer Alp in Oberwald; lebend ist sie als t Lenges(alp), zusammen mit der Lengesbach (Oberwald), Lengeschäller ‘ der (Käse-)Keller der Lengesalpe ’ (FLNK, Oberwald) und t Lengestraas ‘ die Strasse zur Lengesalpe ’ belegt. SK hat Längis Alp, LT Lenges und Lengisbach, 1: 10000 Lenges und Lengesbach. Obergesteln erwähnt die gleiche Alp 1472 als Lengos, 1550 jm Langos, 1717 Länges. Biel nennt eine oberhalb des Dorfes liegende Flur ts Lengels, hat aber 1649 u. später im Lengoss und verwandte Formen. APNB (2, 2, 1131) kennt Langes als Kurzform zu *Langes [hof] und interpretiert es als genitivisch-elliptischen Hofnamen zum einem Beinamen Lang. Im Oberwallis würde man einen Genitiv Lengsch oder Längsch erwarten; der FaN Lengen kommt nicht in Frage, da er im Goms fehlt. Ob eine Bildung zu langlecht (mit Formen auf längschilocht) ‘ länglich ’ vorliegt (I D . 3, 1335), die nicht mehr durchschaut wurde, ist unklar. Insgesamt kann keine sichere Deutung gegeben werden. Langgse Langgse ‘ Frühling ’ ist zu schwdt. Lang(g)si, Lanzig, Lanzi wdt. Lang(g)se, Lang(g)si m. ‘ Frühling ’ , ahd. langiz, langez, mhd. langez, lenz zu stellen. Sprachgeografisch hat schon R ÜBEL (1950, 72) festgestellt, dass Goms und Östlich-Raron Langgse verwenden, weiter unten gilt der Typ Üstag ‘ Austag ’ (cf. HL Ü SSTAG ). G RICHTING (1998, 125) kennt wdt. Langsä, auch Langsi, ‘ Frühling ’ , beide nur für das Goms und verweist auf den Eintrag Ü SSTAG . Wenn die Analyse der Flurnamen für das Lemma richtig ist, muss der Typ Langgse / Langsi / Lanzi früher im ganzen Untersuchungsgebiet verwendet worden sein. Das Lemma bezeichnet in FlN Stellen, die im Frühjahr besonders genutzt werden oder die aufgrund ihrer gut besonnten Lage im Frühjahr früh beweidet oder bestellt werden können (I D . 3, 1339; URNB 2, 497, 499 f.). Als Simplex ist der Diminutiv Plural t Langsini ‘ die Gebiete, die schon im Frühling genutzt werden können ’ (Eggerberg), historisch Jn den Lantzinen (auch Lanxsinen) (1614, Zeneggen) belegt; einmal mit einem Adjektiv Zen Afftren Lantzinen (1629, Visperterminen). Häufig sind Ableitungen vom Typ Langcinerra (Embd, Raron, Stalden, Törbel) oder Langsera (Bürchen, Gampel, Grächen), in Gampel auch als in den obren Lanxern (1827). Das Ableitungssuffix ist das stellenbezeichnende / - ERRA / ; es wird entweder an die erweiterte Lemmaform Langsin- oder direkt an Langgseangefügt. 49 50 Langgse <?page no="30"?> In den übrigen Fällen ist Langgse Bestimmungswort zu Acher, Bodo, Hitta, Gaarte, Matta und Stadel und meint dann eine Flur, die schon im Frühling genutzt werden kann, oder ein Gebäude bei einer derartigen Flur. Lapp Lapp ist in vier Belegen erwähnt: der Lappbrunno (Ried- Brig, Termen), in beiden Fällen auch Latbrunno, wobei die beiden Namen den gleichen Bach bezeichnen, historisch als Latwang (1629, Ried-Brig; mit Lapwang als rekonstruiertem Namen) und mit einer Ableitung zer Lapperna (Täsch). Der Lappbrunno ist ein Bach, der auf der Karte 1: 10000 Lagbrunnu genannt wird. Die drei Formen Lapp / Lat / Lag können durch Assimilationen von Lat oder Lag an das folgende Brunnu entstehen; das gilt auch für Latwang oder Lapwang. Schwdt. Lab und wdt. Laab, Lab (Mattertal), Chaaslob (Leuker Berge) und Lob ‘ Lab ’ (I D . 3, 952; G RICHTING 1998, 124) lässt sich für die Farbe der Quelle und des Grasabhangs anführen. Zu Lad und Lag findet sich bei G RICHTING (1998) kein Eintrag. Der Kurzvokal in Lappbrunno und Lapwang lässt sich durch Einwirkung des sog. B RANDSTETTER schen Gesetzes (Kürzung von Langvokalen in Komposita) erklären. Die Ableitung zer Lapperna mit dem Suffix / - ERNA / ist schwierig. Das Suffix wird normalerweise für Kollektive von Pflanzen oder der Bodenbeschaffenheit verwendet. Es liesse sich dann als Boden betrachten, der die Farbe des Labs hat. Diese Deutung ist allerdings problematisch. Das in Sevelen (SG) belegte Lap (W ERDENBERGER NB 2, 299) wird dort nicht gedeutet. Laproe Laproe ist 1233 oder 1234 belegt als (illi) de Laproe ‘ die Leute von Laproe ’ (Raron). Aus dem Kontext erhellt, dass es sich um die Bietschalpe handelt, an der ein Minister Mattheus und (illi) de Laproe Rechte haben. Laut P H . K ALBERMATTER (p. c., e-mail v. 5. 1. 2022) handelt es sich um eine Verschreibung für de Lapide (zum Stein). Die Frage der Deutung ist bei der neuen Lesung klarer. Cf. HL S TEI und zum Stei (Raron). Larbarez Larbarez ist historisch in Salgesch belegt und zwar 1353 als larbareyr, 1544 als de larbarez und 1570 en larbarij. Die erste Erwähnung meint einen Vldricus de larbareyr; es kann sich also um einen FaN oder eine Herkunftsbezeichnung handeln; eine FaN ist jedoch nicht belegt. 1544 ist ein Weinberg gemeint, 1570 ein Weinberg und eine Weinpresse. Vermutlich liegt in allen Fällen ein agglutinierter Artikell / l/ zu einem Flurnamen Arbarey vor (B OSSARD / C HAVAN 2006, 173) ‘ Silber- oder Weisspappel ’ (FEW 24, 294 ff. s. v. alb ā ris weiss; G PSR 1, 566 s. v. Arbarey; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 426 s. v. P OPULUS ALBA ). Larchi Larchi ist 1628 in Albinen als jm Larchi, im gleichen Jahr auch als en Larsch ŭ la belegt. Wie der zweite Beleg deutlich macht, handelt es sich um einen frpr. Namen. Die kürzere Form Larchi ist mit (T AGMANN 1946, 26) zu l ā r žį ‘ Lärche ’ zu stellen. Die längere Form ist wohl eine diminutive Ableitung auf / - ICULA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) zum gleichen Etymon: ‘ das kleine Lärchengehölz ’ . Largelet Largelet ist nur 1710 in Albinen als im Largelet ‘ bei der kleinen Lärche / beim kleinen Lärchengehölz ’ belegt. Die Lesung ist laut M. S. unsicher. Es dürfte sich um eine Diminutiv-Ableitung auf / - ELLU ( M )/ und / - ITTU ( M )/ zu frpr. large (T AGMANN 1946, 26) ‘ die kleine Lärche / das kleine Lärchengehölz ’ handeln. Largnyon Largnyon ist 1408 in Turtmann als pratum de largnyon belegt. Es handelt sich wohl um einen frpr. Flurnamen. Der Artikel ist hier vermutlich agglutiniert; zu Grunde liegt wohl das unter frz. arène ‘ Sandgebiet ’ oder arenel (G PSR 1, 594 s.) erwähnte Wort, das hier ein diminutives Suffix / - IONE ( M )/ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) erhalten hat ‘ (die Wiese) beim kleinen Sandgebiet ’ . Einzelne Belege enthalten das sonst betonte / è/ nicht. Largus Largus Adj. m. ist nur im 13. Jh. und mehrfach 1328 in Ergisch als in largis ripis ‘ bei den langen Ufern ’ belegt. Diese lateinische Form ist ein Ablativ von larga ripa. Largus ist laut FEW (5, 182 ff.) zu lat. LARGUS reichlich, freigebig zu stellen, das auch lang oder breit meinen kann. Ob im vorliegenden Fall ein Appellativ oder ein Flurname vorliegt, ist unklar. Vgl. aber hierzu das als Breitmatten übersetzte in largis pratis aus Turtmann (Nr. 39414 der Datenbank). Lari Lari n. ist nur in Naters belegt als das Larÿ (1658, Naters; auch vnder dem Lary), das 1658 als aqua ’ ductum ‘ Wasserleitung ’ bezeichnet wird. FLNK hat Lariwasser ‘ die Wasserleitung vom Lari her ’ . J ACCARD (1906, 223) kennt Larri und ähnliche Schreibweisen als ‘ Heide, unbebautes Land ’ , die auch B OSSARD / C HAVAN (2006, 22) als ‘ steiles Land, häufig unkultiviert ’ angeben. Bei der Etymologie verweisen B OSSARD / C HAVAN auf ein lat. * LATERICIUS ‘ Sei- Lapp 51 52 <?page no="31"?> tenflanke ’ , während J ACCARD es auf anfrk. lâri ‘ unbebaute Gegend ’ (FEW 16, 445) zurückführt. Die erste Hypothese würde eine junge Entlehnung mit getilgtem intervokalischem / t/ annehmen. Die zweite Hypothese setzt eine Entlehnung aus dem Altniederfränkischen ins Romanische voraus. Die späte Überlieferung im 17. Jahrhundert lässt jedoch keine sichere Deutung zu, auch nicht in Bezug auf die etymologischen Erklärungen. Kommt hinzu, dass es sich deutlich um eine Wasserleitung handelt. Larnessi Larnessi, laut FLNK auch Larnässi, ist der Name eines Baches in Salgesch, der historisch auch ohne anlautendes / l/ als Arneschie (cf. HL A RNESCHIE ) belegt ist. T AGMANN M S . (48 f. s. v. Larnesse) hält nur die Endung lat. / - Ĭ SCA / , afrpr. *-ést š i (geschrieben -eschi), später -é ŝ i, -é ŝə für sicher und kann sich nicht entscheiden, ob der Stamm Larn- oder Arnist; er überprüft einige Vorschläge anderer Autoren, insbesondere einen Gewässernamen auf *arn, ohne jedoch einen sicheren Schluss zu ziehen. M ATHIER (2015, 52) ist ebenfalls unsicher, bezieht sich aber auf eine Quelle von 1303 mit ad aquam de la Ressi (G REMAUD 3, Nr. 1193, 70); es handelt sich wohl um den Bach, der unter Ressie behandelt ist (cf. HL R ESSIE ). Er erklärt Ressi im Anschluss an M EYER (1914, 170) aus lat. * RADICEA > ressy; M EYER gibt keine Bedeutungsangabe. M ATHIER selbst plädiert für eine deverbale Ableitung aus lat. RESECARE ‘ schneiden, abschneiden, trennen ’ , was sich angesichts der klaren Belege für den Stamm nicht halten lässt. Der Bachname ist als Bestimmungswort in ou chang de Larnessi (1649, Salgesch) ‘ beim Feld der Larnessi ’ , ov Mulyn de Larnechy (1494, Salgesch) ‘ zur Mühle (an) der Larnessi ’ , saxum de Lerneschi (1353, Salgesch) ‘ der Stein bei der Larnessi ’ , der Larnese Ru ᵕ s (1880 (ca.), Salgesch) ‘ der Bachlauf der Larnessi ’ und ob “ Larneze ” Quelle (1927, Salgesch) ‘ oberhalb der Quelle der Larnessi ’ enthalten. Eine sichere Deutung des Bachnamens ist nicht möglich. Larnua Larnua ist 1561 in Varen als de larnuua belegt; die Schreibung kann verzerrt sein, da es sich um eine spätere Kopie handelt. Der Name wird im Text für eine Wasserleitung oder einen Bach verwendet. Unklar ist, ob der Anfang einen agglutinierten Artikel enthält. G. P ANNATIER (p. c.) vermutet, dass la nuua ‘ die Neue ’ ein substantiviertes feminines Adjektiv (z. B. G ERSTER 1927, 53; FEW 7, 210 ff. s. v. n ǒ vus neu) ist und dass / r/ hier nur als falsche Erweiterung steht. Dies passt gut zum dt. Niiwa oder Niba (cf. HL NI ( I ) W ), das für Wasserleiten verwendet wird. Larseler Larseler ist nach M EYER (1914, 159) auf argilla, argillarium, argilletum ‘ Ton (Erde) ’ mit agglutiniertem Artikel zurückzuführen. Auch B OSSARD / C HAVAN (2006, 58 s. v. Argile) führen eine Reihe von Lokalnamen dazu auf und weisen darauf hin, dass der Artikel agglutiniert werden kann. G PSR (1, 605) nennt den Typ (l)arsele unter Argill(i)ez. Die Belege sind nicht zahlreich: 1429 a larseler (Albinen). Ergisch hat im 13. Jh. in esserto de larseler mit späteren Varianten wie larzelei (1320) oder larseleyr (1328). Varen weist 1664 den Namen le termine de Larselleÿ ‘ die Grenze beim Ton (Erde) ’ auf und Salgesch hat im gleichen Jahr le termino de larsolei und le termine de larsolleÿ. Es handelt sich wohl um die gleiche Flur wie in Varen mit dem gleichen Namen. Larseler entspricht am ehesten dem dt. Namen Leim ‘ Lehm ’ . Larsi Larsi ist zunächst eine frpr. Form, die zu lat. LARIX , LARICEM , frpr. l ā r ž e, l āž e, l āžį ‘ Lärche ’ zur Bezeichnung eines Lärchenwaldes oder einer Lärchenplantage zu stellen ist, ein typischer FlN für das Wallis und die Waadtländer Voralpen (B OSSARD / C HAVAN 2006, 184; T AGMANN 1946, 26). Die Formen auf Leertschi und Lärtschi lassen sich auf it. larice ‘ Lärche ’ zurückführen (cf. I D . 3,1387 s. v. Lörtschine(n) etc.). Belegt ist das Simplex in verschiedenen Formen als ts Larschi (Inden), Laarsche (Salgesch, bei M ATHIER (2015, 114) als Laarschä), historisch als eys Larses (13. Jh. u. später, Ergisch), eÿ Larsez (1581, Albinen) und Larsy (1361, Gampel). Seltsam sind zwei Belege aus dem Jahre 1484 in Varen: deys Monlarses ‘ bei der Alpe mit Lärchen ’ und deus (? ) Nouos Larses ‘ bei den neuen Lärchen ’ - es ist unklar, ob der Schreiber die Namen verstanden hat oder nicht. Auch aus Varen stammt Mont Larges (1843), das zu Monlarses ‘ bei der Alpe mit Lärchen ’ passt. Ebenfalls unklar ist in prato de la larsy ‘ auf der Wiese beim Lärchenwald ’ (1344, Oberems). in prato kann hier einfach ein Appellativ ‘ auf einer Wiese, die Larsy genannt wird ’ sein. Ein attributives Adjektiv zum HL enthält ts Holaarssi ‘ der hohe Lärchenwald ’ (Birgisch) mit Betonung der zweiten Silbe. Als nachgestelltes Bestimmungswort tritt das HL in au clos dou lasey (sic! ) ‘ im eingefriedeten Gut beim Lärchenwald ’ (1361 u. später, Salgesch) und ou clou du largi ‘ im eingefriedeten Gebiet beim Lärchenwald ’ (1353 u. später, Salgesch) auf, die vermutlich beide den gleichen Ort meinen. Als vorangestelltes Bestimmungswort ist in Inden das Namennest Larschitrittji, Larschiwäg und Larschiwald neben Larschi belegt; hier bietet jedoch der 53 54 Larsi <?page no="32"?> historische Beleg ou paz de laschyrina (1566, Inden) ein Problem. Der gleiche historische Beleg findet sich auch für Leuk und für Salgesch, hier ow paz de la Schyrina (1566), wo das anlautende la als Adjektiv interpretiert wird, wobei der Beleg für Salgesch original ist, die beiden andern stammen aus einem Kopialbuch aus Leuk. Dennoch findet sich kein Beleg für Schyrina (cf. HL L ASCHY- RINA ). In allen drei Belegen ist die Endung unklar; es müsste sich um eine Ableitung von La(r)schi handeln, also etwa ein kollektives / - ARIA / , gefolgt von einem diminutiven / - INA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287f) mit der Bedeutung ‘ der kleine Lärchenwald ’ , das sonst nicht belegt ist. Weiter sind Lärtschigrabu (Zwischbergen) und Leertschiacherlini, sowie Leertschigrabo (beide Visperterminen) belegt. Als Ableitungen lassen sich Larsilli (1242, Erschmatt) auf / - ELLU ( M )/ und Larseleir (1328, Turtmann), wohl auf / - ELLU ( M )/ mit / - ARIU ( M )/ deuten (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287 f.) Unklar sind zwei weitere Belege: Larzeschengtzÿ (1566, Leuk) - wohl ein Bach - und Larsy Guywetten (1804, Unterems). Ob im ersten Beleg überhaupt das HL vorhanden ist, kann nicht entschieden werden. Im zweiten Fall ist Guywetten am ehesten ein nachgestellter Genitiv eines PN oder eines FlN. Lartins Lartins ist nur 1796 in Varen als in die Lartins belegt. Es handelt sich um eine Wiese. Der Name ist frz. oder frpr. Vermutlich ist der Artikel agglutiniert; der zu Grunde liegende Name wäre Arty (G PSR 2, 27), das schwierig zu erklären ist. Vermutlich ist die Argot-Bedeutung ‘ Brot ’ hier nicht einschlägig. Letztlich fehlt deswegen eine Deutung. Lasa Lasa ist nur 1490 in Varen als lasa dÿs chargiour belegt; der Beleg stammt laut P H . K ALBERMATTER (p. c.) aus einer späteren Kopie, wohl des 18. Jahrhunderts. G. P ANNATIER (p. c.) vermutet zwar, dass es sich um la tsâ ‘ Alpweide von wenig Wert ’ handelt, wobei der feminine Artikel la agglutiniert wurde (vgl. auch T AGMANN 1946, 57 mit der Aussprache sa ŋ für CAMPU ‘ Feld ’ ). Allerdings weist auch T AGMANN (1946, 56) darauf hin, dass das Part. Perf. glacée als la ł á š ya ‘ der / die / das Gefrorene ’ (vgl. G PSR 8, 348) belegt ist. Ein entsprechender Beleg von 1490 jedoch ist unter Nr. 51237 (Salgesch) als Casa dys chargiour belegt; es handelt sich um ein Verlesen von lasa, das im gleichen Jahr in Varen belegt ist. Diese Meinung vertritt auch P H . K ALBERMATTER (p. c.), der von einer Falsch-Schreibung ausgeht. Zu chargiour cf. HL C HARGIOURS . Lasche Lasche ist belegt in Praadelasche (Albinen) und historisch 1602 ou Fillolascho, ebenfalls in Albinen. Die älteren Belege für Praadelasche sind 1628 aux prade l ’ ascia; 1677 en pra de lassa; 1727 im pra de lassa. M ATHIEU (2006, 11) deutet Pra ‘ Wiese ’ richtig, hingegen Lasche als frz. hache ‘ Beil, Axt ’ , was kaum zutrifft; vielmehr ist von lat. LARICE ‘ Lärche ’ auszugehen, das in den Patois als l ā r ž e, l āž e erscheint (T AGMANN 1946, 26); es geht also um die ‘ Wiese bei den Lärchen ’ . Der Beleg ou fillolascho scheint dagegen zu Filiacio und filiolagio (M EYER 1914, 91) zu stellen zu sein; M EYER sieht darin eine / - ATICU / -Ableitung zu lat. FILIOLU . Laut FEW (3, 519 ff.) bezeichnet dieser Diminutiv im Galloromanischen die Patenkinder. M EYER gibt keinen weiteren Hinweis auf eine Deutung. / - ATICU / ist eine Stellenbezeichnung; der Name könnte dann als ‘ Gut der Patenkinder ’ bestimmt werden, hat also mit Lasche als frz. hache nichts zu tun. Laschyrina Laschyrina ist nur einmal in ou paz de laschyrina ‘ der Saumpass gegen Abend ’ (1566, Leuk) belegt (zu weiteren unsicheren Belegen vgl. auch HL L ARSI ). la ist wohl ein agglutinierter femininer Artikel. G. P ANNATIER (p. c.) stellt das HL zu frz. sereine (FEW 11, 508 ff. s. v. s ĕ r ē nus heiter, hell). Am ehesten käme dann serayne ‘ Abend ’ (FEW 11, 509) in Frage; es kann sich also um den Saumpass gegen Abend (Westen) handeln. Diese Deutung ist aber sehr unsicher. Läser Läser m. ist laut R ÜBEL (1950, 22) der Blättermagen bei den Wiederkäuern. Dasselbe gibt die Gwp. an. I D . (3, 1419) gibt es als Bedeutung 5 ‘ der Psalter, einer der Mägen des Rindviehs ’ für das Berner Simmental an. G RICHTING (1998, 126) hat Läser, Läsär ‘ Leser, Kuhmagen ’ . Der Flurname ist metaphorisch: unzugänglich wie ein Blättermagen ist das Gebiet. Lass Lass m. ist zu schwdt. L ā ss, Las m., n. ‘ eine kleine Wasserleite, wodurch das Wasser z. B. auf die Wiesen geführt wird; nackte, gerade hinunterführende Rinne an einem Bergabhang; Spalte, Riss, der z. B. in Folge von Regenwetter an einem Abhang entsteht ’ (I D . 3, 1388 f.) zu stellen. Es kommt nur in der Hee Üüslass ‘ der hohe Auslass (Wasserfall) ’ (Eggerberg) vor. Das HL ist bei B ELLWALD / W ÜRTH (2006) nicht verzeichnet; I D . (3, 1392) kennt Us-L[ass], aber in anderer Bedeutung. Ilass ist als In-lass ‘ Einlass ’ zu verstehen, wie historische Belege wie im Jnlas (1424, Stalden) zeigen (I D . 3, 1392 s. v. In-L[ass]). Es ist belegt als der Ilass (St. Niklaus), Lartins 55 56 <?page no="33"?> im Ilaass (Zeneggen), der Illaas (Eischoll), ts Illaas (Unterbäch), Illas (FLNK, Stalden), ts Illaass (Ausserberg), auffm Jnlas (1706, Baltschieder). Komplexer sind Illasbrigga ‘ die Brücke (über die Mattervispe) beim Gebiet Ilass (wo die Tiere zur Weide zugelassen werden) ’ . (FLNK, Stalden), t Illassheeji ‘ die Höhe beim Ilass, wo die Tiere zur Weide zugelassen wurden ’ (Stalden), Illaswaldt ‘ der Wald beim Ilass (wo die Tiere zur Weide zugelassen wurden) ’ (1754, Baltschieder), Illaswäg ‘ der Weg von / nach Ilass (wo die Tiere zur Weide zugelassen werden) ’ (FLNK, Stalden). Einen Genitiv Singular findet man in ts Illasch Heeji ‘ die Höhe beim Ilass, wo die Schafe zur Weide zugelassen wurden ’ (Saas Fee). An mehreren Stellen ist mit der falschen Agglutination des / m/ (von im oder am) ein ts Millassi ‘ der kleine Ilass, wo die Tiere zur Weide zugelassen wurden ’ (Stalden), hierzu auch der Millaszug ‘ der Holzzug beim Ilass (wo die Tiere zur Weide zugelassen wurden) ’ (Stalden) und hinter den Millas Tschu ᵕ gen ‘ hinter den Felsen beim Ilass (wo die Tiere zur Weide zugelassen wurden) ’ (1895, Embd) entstanden. Lasseling PN) Lasseling (PN) n. ist in Inden lebend als ts Lasseling belegt. Dazu gesellen sich ts Ober und ts Unner Lasseling. Der älteste Beleg ist 1338 ol Clos de Lazelin ‘ das eingefriedete Gut des Lacelin ’ . Lasseling dürfte aus dem PN entstanden sein. In Albinen hat FLNK Lassali, das bei M ATHIEU (2006, 41) als Lässäli belegt ist. Soweit erkennbar, handelt es sich um einen Abhang mit einer Wiese. Es kann der PN Lacelin zu Grunde liegen; da historische Angaben aber fehlen, ist diese Annahme schwierig zu sichern. Lasserres Lasserres ist nur 1353 in Albinen als lasserres ‘ bei der Sägerei ’ belegt. Wenn la einen femininen Artikel meint, ist s ě rra säge (FEW 11, 524) naheliegend. Latesa Latesa ist 1439 in Leukerbad als jn Latesa belegt. Unklar ist, ob der Anlaut als Artikel zum Nomen Tesa ‘ Mess- Stab; frz. toise ’ (D U C ANGE s. v. Tesa) gestellt wird oder nicht; der Flurname wäre im positiven Fall dann eine metaphorische Grösse, die der frz. toise entspricht. Sofern der Artikel als agglutiniert betrachtet wird, könnte aber auch der unter HL T IISCHE erwähnte Flurname in Leukerbad hieher gestellt werden. Eine Deutung ist jedoch in jedem Fall unsicher. Lator Lator enthält einen Artikel, zu verstehen ist der Beleg pra de lator (1433, Inden) als pra de la tor. M EYER (1914, 173) kennt tor für lat. TURRE ‘ Turm ’ . Wie unter HL T URE aufgeführt, kann auch ein Fels oder ein steiles Gelände Turm heissen. Gemeint ist ‘ die Wiese beim Turm ’ . Latra Latra kommt nur vor im Beleg in piero so latra (1702, Salgesch). so ist hier wohl als sous ‘ unter ’ zu verstehen. latra ist zwar unter âtre (G PSR 2, 84) als ‘ emplacement où on fait le feu [Ort, wo man Feuer macht] ’ erwähnt, wenn der Artikel als agglutiniert verstanden wird. T AGMANN (1946, 7) kennt nur kalatra als ‘ Schleuse ’ . so kann also entweder sous heissen oder falsch für anlautendes / ka-/ stehen. Der Flurname wäre dann ‘ der Stein bei der Schleuse ’ . Latschet Latschet n. ist nur als ts Latschet (Inden, auch FLNK und LT) belegt. Wenn es sich um ein rom. Etymon handelt, kommt ladasca zecke (FEW 5, 127 f.) in Frage, hier versehen mit einem Suffix / - ITTA / ; das Neutrum deutet auf ein Kollektivum hin. Die Deutung wäre dann ‘ der Ort, wo es viele kleine Zecken hat ’ . Wenn es sich um einen dt. Namen handelt, wäre eine Kollektivableitung auf / - ET / (< ahd. / -ôdi/ -ôti/ nach S ONDEREGGER 1958, 524 ff.) zum (allerdings nur im Ostoberdeutschen belegten) Latsche ‘ Legföhre ’ (G R W B 12, 278 s. v. Latsche 5); K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 561) ‘ Ort, wo es viele Legföhren hat ’ . Diese zweite Deutung ist aber unwahrscheinlich. Lätt Lätt m. ‘ fette Tonerde, tonartiger Mergel, Lehm ’ ist nur in Täsch als der Lätt ‘ der Lehmboden ’ belegt. Es ist zu schwdt. Lëtt m. ‘ fette Tonerde, tonartiger Mergel, Lehm ’ , mhd. lëtte und wdt. Lätt ‘ Lehm ’ (I D . 3, 1488 f.; G RICHTING 1998, 126) zu stellen. Weitaus häufiger ist der Typ Leim (cf. HL L EIM (L EHM )). Latta (rom.) Latta (rom.) kommt nur in Varen 1587 in drei Dokumenten als la latta, de la latta und juxta latta vor. Der feminine Artikel la weist auf ein romanisches Wort hin. FEW (23, 6 ff. s. v. latte) verzeichnet u. a. S. 7 latta für das Aostatal; auch G ERSTER (1927, 47) hat in Montana lata für frz. latte. Dieses wird weder in FEW, noch bei K LUGE / S EEBOLD ( 25 2011, 561) zum dt. Latte (cf. HL L ATTA ) gestellt, sodass es hier getrennt zum romanischen Wortschatz gerechnet wird. Gemeint ist hier wohl ein Zaun, der die Gemeinden Varen und Leukerbad trennt. 57 58 Latta (rom.) <?page no="34"?> Latta Latta f. ‘ Latte ’ ist zu schwdt. Latte(n) f., Pl. unver., Dim. Lättli, Lattji ‘ hochaufgeschossener, sehr dünner Baum mit wenig Ästen ’ , ‘ vierkantige oder auch nur auf einer Seite abgeflachte, seltener ganz runde Holzstange zu verschiedenem Gebrauch ’ , mhd. latte, wdt. Latta, Lattä (Goms), Lattu f. ‘ Latte ’ (I D . 3, 1482 f.; G RICHTING 1998, 126) zu stellen. Von den verschiedenen Bedeutungen sind in den Namen wohl einerseits Zaunlatten zu verstehen, die etwas abgrenzen, anderseits auch lange, hochaufgeschossene Bäume. BENB (1, 3, 58 f.), LUNB (1, 1, 604) und URNB (2, 503) beziehen sich auf die gleiche Stelle im I D ., sind aber im Detail unsicher. Verbreitet ist vor allem in den Bezirken Goms und Östlich-Raron der Typ bine Latte ‘ bei den Latten ’ (Niederwald), beÿ den Latten (1667 u. später, Münster); hier sind wohl einfach Zäune aus Latten gemeint. Belegt ist der Typ auch in Ernen, Oberwald, Ried-Mörel und Steinhaus. Ähnlich ist an den Latton (1478, Törbel). In Bratsch gibt es ein ganzes Namennest um zen Latten (1621) herum: in den Lattenackhern (1694), Lattmattä (FLNK; schon 1859 Lattmatte), das Latten Strichgi ‘ der kleine Strich bei zen Latten ’ (1784), ts Lattuwaldji ‘ der kleine Wald bei Zen Latten ’ (alle Bratsch). Die übrigen Belege haben Latta als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita mit den Grundwörtern Biina, Matta und Schleif. Vor allem das letzte Kompositum scheint auf lange, hochaufgeschossene Bäume Bezug zu nehmen: Lattschleif (Stalden), Lattuschleif (Kippel, Leuk) und Latuschleif (Wiler) weisen diesen Typ auf, ohne dass in den Orten auch ein einfaches Latten vorkommt. Lattel Lattel ist nur belegt in ts Lattelhoru und Vorder Latelhorn (beide Saas Almagell). Das Lattelhoru heisst it. Punta di Saas, das Vorder Latelhorn ist neben dem Passo di Camposecco. Da nur zwei Belege vorliegen, ist eine Deutung von Lattel nur schwer möglich. Die it. Namen führen auch nicht weiter. Ein Anschluss von Lattel an Latta ‘ Holzstange ’ (I D . 3, 1482 ff.) ist nicht auszuschliessen; eine / - EL / -Ableitung ist jedoch nicht belegt. Lauber (FaN) Lauber (FaN), dial. Löüber ist ein FaN, auch Im Laub, zer Lauben, Lober, Loubert geschrieben, eine alte Familie von Brig, die aus Simpeln stammt, wo sie im 14. Jh. den Namen im Laub trug. Familien gleichen Namens sind für das Nikolaital, Leuk und andere Orte belegt (AWWB 146). Der FaN kann einerseits vom HL Löüb n. ‘ Laub ’ (G RICHTING 1998, 129), anderseits auch von Löüba ‘ Laube, Empore ’ (G RICHTING 1998, 129) abgeleitet sein. Im Einzelfall ist nicht immer klar zu entscheiden, ob der FaN oder das HL L ÖÜB ‘ Laub ’ gemeint ist. Das Simplex ts Loiber n. (Ergisch) steht wohl für den FaN, da auch Jm Lau ᵕ bersacker (1703, Ergisch) und in Loubers Bongarten (1648, Ergisch) ‘ im Baumgarten der Familie Lauber ’ belegt sind; gleiches gilt für Bratsch Löibersch Acher. Ein Simplex im Diminutiv ist für Visp als Löüberli (FLNK) belegt, historisch 1716 als das Lauberli, also wohl ‘ das kleine Grundstück der Familie Lauber ’ . Klare Genitive sind weiter Laúbersacher ‘ der Acker der Familie Lauber ’ (1735, St. Niklaus) und Laubers Eggen (1719, Saastal, Eisten). Weitere Komposita mit Lauber als Bestimmungswort sind: im Laúber Gietli ‘ im kleinen Gut der Familie Lauber ’ (1706, Bister), in den Laúberhaltinen ‘ in den kleinen Halden der Familie Lauber ’ (1775, Bister) und vermutlich auch ts Löüberschirli ‘ die kleine Scheuer der Familie Lauber ’ (Bister, obwohl Gwp. den FaN Lauber für Bister nicht kennt), ts Löüberwägji ‘ der kleine Weg der Familie Lauber ’ (Visperterminen), Lauberstafel ‘ der Stafel der Familie Lauber ’ (laut SK und historisch 1700, Visperterminen) und der Löüberstafel ‘ der Stafel der Familie Lauber ’ (Glis); letztere zwei bezeichnen den gleichen Stafel. Vermutlich ist der Beleg uf Löübernisch ‘ auf dem Gut der Familie Lauber ’ (Martisberg) auf einen Genitiv zum FaN Lauber zurückzuführen, wobei die einfache Genitiv- Endung (ts Löubersch) durch eine erweiterte Form mit / n/ ersetzt wurde. Laubi Laubi ist nur 1845 in Blatten als im Laubirein ‘ der Abhang bei der Loibi (Rutschgebiet) ’ belegt. Es handelt sich um eine Verhochdeutschung von Loibi (< HL L ÖU- WINA ) und Rein ( ‘ Abhang ’ , zu hdt. Rain). Laubscher (FaN) Laubscher (FaN) ist nur 1506 in Saas Almagell im Beleg dem Lau(b)scherrenguffer ‘ dem Steingeröll der Familie Laubscher ’ belegt. Es scheint sich um einen FaN Laubscher zu handeln, doch ist dieser im Wallis sonst nicht belegt; im F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (2, 1074 f.) ist der Name zwar für den nördlichen Kanton Bern, nicht aber für das Wallis belegt. Es könnte sich aber auch um ein Steingeröll beim Gebiet Im Löüb auf rund 2000 m handeln. Beim sonst nicht belegten Adjektiv Laubscher kann es sich um einen Herkunfts- oder Besitzernamen handeln: ‘ die Leute aus im Laub ’ . Beide Deutungen sind unsicher. Latta 59 60 <?page no="35"?> Lauentsche Lauentsche ‘ Erdrutsch, Rutschgebiet ’ kommt nur in Albinen vor, 1678 als in die Lauentschen und 1680 als in die Lauentsche. Es ist zu lat. LAB Ī NA erdrutsch (FEW 5, 101) zu stellen; nicht zu verwechseln ist es mit avalanche (G PSR 2, 129 s.). Das dt. Lowwi, Lowwina (cf. HL L ÖÜWINA ) geht ebenfalls auf das lat. LAB Ī NA zurück; es wurde schon früh entlehnt. Der Flurname in Albinen ist aber direkt aus dem Frpr. übernommen. Laueunta Laueunta ist nur 1341 in Salgesch erwähnt als de laueunta. Die Lesung ist nicht sicher. Es geht offenbar um eine Grenze, die bis zur petram grassam ‘ der dicke Fels ’ von laueunta von Salgesch geht. Möglich ist, dass ein femininer Artikel l ’ oder la an ein Nomen aueunta oder ueunta agglutiniert wurde. Trotzdem bleibt der Beleg ungedeutet. Laug Laug ist nur in in der La ŭ gmatten (1852, St. Niklaus) belegt. Ob es sich um das früher belegte La ŭ bmatten (1620, St. Niklaus) handelt, ist unklar. Dieses wäre zum HL L ÖÜB zu stellen; Laug ist hingegen sonst nicht belegt. Lauiour Lauiour ‘ der Ort, wo die Wäsche gewaschen wurde ’ ist 1281 in Varen belegt. Spätere Belege haben 1664 en lauieur und 1706 in d Lavien. Der Name ist wohl zu lat. LAVARE ‘ waschen ’ (FEW 5, 213 ff.) zu stellen. Wie B OSSARD / C HAVAN (2006, 50 s. v. Laviau, Lavioret) ausführen, handelt es sich um einen Ort oder ein Gebäude, wo die Wäsche gewaschen wurde. Laupas Jm Laupas Kinn ist nur 1658 in Raron für Turtig belegt. Während Kinn als Chi ‘ Schlucht ’ bekannt ist, bleibt Laupas unklar. Ein Genitiv ist an dieser Stelle nach einer Präposition unsicher. Der FaN Lauber (AWWB 146) ist zwar so belegt, hier aber wohl nicht gemeint. Für die Deutung im VSNB wurde auf das HL L ÖÜB zurückgegriffen, doch ist die Form Laupas sonst nicht bezeugt. Laurentzen (PN) Laurentzen (PN) ist nur belegt als des Laurentzen Acker ‘ der Acker des Laurenz ’ (1573 - 1644, Münster). Das HL ist ein Genitiv zu Laurenz (I D . 3, 1365), einem PN oder der FaN Lorenz, alte Familie des Bezirks Visp, die seit dem 15. Jh. in Embd und seit dem 17. Jh. in Törbel bekannt ist (AWWB 152). Da der FaN im Goms nicht belegt ist, liegt wohl ein PN vor. Lauw Lauw ‘ lauwarm ’ Adj. ist zu schwdt. läw, läuw, wdt. leew ‘ lauwarm ’ (I D . 3, 1538; G RICHTING 1998, 126) zu stellen. Es ist nur belegt in im Lauw Waser ‘ im lauwarmen Wasser ’ (1711, Mörel). Gemeint ist wohl eine Wasserleitung mit lauem Wasser. Lavanchy Lavanchy ‘ Erdrutsch, Lawine ’ ist einerseits historisch 1328 in Leukerbad als lo lauanch ỳ walbot et la lauenchi dou vel und inter lo lauanchier belegt, anderseits in Ergisch ebenfalls 1328 als la lavanchi Walbor et la lavanchi dol vel und inter duos lavenches. Es handelt sich offensichtlich um die gleichen zwei Fluren; genauere Überprüfungen wie das Vorkommen von Ortsnamen wie Walbor zeigen, dass Ergisch gemeint ist, nicht Leukerbad (P H . K ALBERMATTER , p. c.). Die Namen stammen alle aus dem lat. LABINA < LABINCA ‘ Erdrutsch; Lawine ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 248). Auffällig ist, dass das Genus (lo vs. la) in Leukerbad ändert, was aber auch ein Lesefehler sein kann. Die Ableitung lauanchier ‘ das Rutschgebiet ’ lässt sich vermutlich auf das kollektive Suffix / - ARIU ( M )/ zurückführen (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288). Hingegen scheint lavenches in Ergisch auf einem Plural zu beruhen. Lavien Lavien ist nur 1671 als die Lavien ‘ das Rutschgebiet ’ (Leuk) belegt. Im Kontext ist von der Russfluo die Rede. Der Artikel ist deutsch; der Beleg ist vermutlich eine Kopie. Das HL ist wohl zu lat. LAB Ī NA erdrutsch (FEW 5, 101) zu stellen; die Form ist im Wdt. auch als Lawiina (G RICHTING 1998, 129 s. v. Lowwena) belegt. Unklar ist, ob das HL eine hdt. Form sein soll, was das auslautende / -n/ nahelegt. Lax Laggsch, geschrieben Lax, ist zu lat. LACUS in der Grundbedeutung ‘ trogartige Vertiefung ’ (FEW V, 126) bzw. ‘ See, Tümpel, Teich ’ mit Bezug auf die Geländemulde unterhalb des Dorfes im Bereich des heutigen Bahnhofs, die anscheinend in jüngerer Zeit trockengelegt worden ist (K RISTOL ET AL . (005, 515) zu stellen (cf. Lax bei den Gemeindenamen). Als Bestimmungswort kommt das HL nur in Lagxbach ‘ der Bach, der zu Lax gehört ’ (1483, Lax), Lagsbach ‘ der Bach, der zu Lax gehört / nach Lax fliesst ’ (1633 u. später, Martisberg) und Laxgraben (SK, Martisberg) vor. Lagger ist ein Adjektiv, in einigen Fällen auch ein ursprünglicher Genitiv Plural. Es kommt wie folgt vor: t Laggerwiissa ‘ die weisse Wasserleitung nach Lax ’ (Fiesch), am Lagger Stalden ‘ am steilen Abhang von 61 62 Lax <?page no="36"?> Lax / der Leute von Lax ’ (1529 u. später), Laggeralpa ‘ die Alpe der Leute von Lax ’ (FLNK, Lax), Laggerputz ‘ der Tümpel auf der Laxeralp ’ (FLNK, Lax), Laggerstafel ‘ der Stafel der Leute von Lax (auf der Laxer-Alp) ’ (FLNK, Lax), Laggerwald ‘ der zu Lax gehörende Wald ’ (FLNK, Lax), in Laggeren Rÿtenen ‘ in den gerodeten Gebieten der Leute von Lax ’ (1746, Martisberg) und das lat. aqueductum Laggero ‘ die Wasserleitung der Leute von Lax ’ (1487, Lax). Ebenfalls eine / - ER / -Ableitung ist in Laxer vorhanden: Laxerwald ‘ der Wald, der den Leuten von Lax gehört ’ (LT und SK, Lax), Laxeralp ‘ die Alpe der Leute von Lax ’ (LT und SK, Lax), Laxerstafel ‘ der Stafel der Laxeralpe ’ (LT, Lax) und die Laxer Weiden ‘ die Weiden, die zu Lax gehören ’ (1849, Martisberg). Als Wasserleitungsnamen finden sich t Laggera (Fieschertal) und t Laggeri (Fiesch), vermutlich die gleiche Wasserleitung zur Bewässerung von Lax. Wohl zum FaN Lagger, der laut AWWB (144) im Goms beheimatet war, aber nicht in Lax, sind der Laggipetschibrunne ‘ die Quelle, der Brunnen des Peter Lagger ’ (Reckingen) und ts Martilaggersch Balma ‘ der überhängende Fels des Martin Lagger ’ (Naters) zu stellen. Läz Läz Adj. ‘ verkehrt, falsch ’ ist zu schwdt. Adj. lëtz ‘ verkehrt ’ und wdt. läzz ‘ falsch, unrecht, verletzend ’ (I D . 3, 1549 ff.; G RICHTING 1998, 126) zu stellen. In FlNN ist es meist als ‘ schattseitig ’ , manchmal als ‘ links ’ zu verstehen, vgl. auch schwdt. Lëtzi f.: ‘ Nordseite, Schattenseite ’ (I D . 3, 1555). Von den rund 50 Flurnamen enthalten die meisten das Adjektiv als flektiertes oder unflektiertes Attribut. Zu unterscheiden ist die Schreibform Letz mit den Grundwörtern Acher, Bodu, Haalta, Hasel, Matta und Wang von der gesprochenen Form Läz / Lätz. Die Grundwörter sind Acher, Ägerta, Blatta, Burg, Egg (a), Feschti, Figina, Fura, Gand, Gole, Haalta, Hasel, Lüege, Matta, Satz, Schnitta, Sita, Sinwel, Stäga, Wald, Wang und Zwinge. Komplexer sind etwa t Läz Brunnigbletscha ‘ die schattseitige Ebene beim Gebiet mit Quellen / Brunnen ’ (Blatten), der Läz Golerschleif ‘ der Schleif, der zum Läz Goler (schattseitiges Goler) führt ’ (Raron), der Läz Torembach ‘ das Gebiet links des Dornbaches ’ (Ferden), ts Läz Üsserbi ‘ das schattseitige Ausserbinn ’ (Ausserbinn), im Läzu Wiingäärtji ‘ im schattseitig gelegenen kleinen Weingarten ’ (Visperterminen) und weitere. Nur einmal belegt ist eine neutrale Substantivierung ts Lätza ‘ die Schattseite ’ (Oberems). Das HL kommt in allen Oberwalliser Bezirken vor. Lechi Lechi ist nur 1337 in Inden als en lechi belegt. Im Dokument wurde ein ursprüngliches / o/ in lochi durch / e/ (vermutlich Bleistift) ersetzt. Im zweiten Eintrag ist en lochi erhalten. Beides bestätigt von P H . K ALBERMATTER (p. c.). Vermutlich liegt also der Flurname en lochi vor (cf. HL L OCHI ). Lechuet Lechuet ist historisch in Salgesch erwähnt, 1346 als en lescuet, 1494 als en lechu ᵛ et. Es handelt sich um ein Stück Land. Die Schreibweisen sind leider nicht ganz klar. Der Anlaut könnte deswegen einen Artikel le darstellen, dem ein scuet oder chuet (vereinfacht) folgt. Es könnte zu lat. CAUDA schwanz (FEW 2, 521 ff.) gestellt werden. B OSSARD / C HAVAN (2006, 102 s. v. Cua) beziehen sich auf die Benennung für ein ‘ langgezogenes Stück Land ’ . Bei dieser Deutung müsste die Endung auf / - ET / erklärt werden, die auf diminutives / - ITTU ( M )/ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) hinweist, also ‘ ein kleines langgezogenes Stück Land ’ . Ledi Ledi f. ist zu schwdt. Ledi f. hier: ‘ Ladeplatz; Ort, wo man Lasten aufnimmt; eine ansteigende Gegend ’ , mhd. lede f. (I D . 3, 1074 ff.; E GLI 1982, 220) zu stellen, ein Verbalabstraktum auf / - I / (S ONDEREGGER 1958, 499) zu lade n ‘ laden, beladen ’ (I D . 3, 1059 f.). Es handelt sich im Allgemeinen um Orte, an denen Lasten auf- oder abgeladen werden können. Manchmal sind das aber auch einfach ebene Plätze. Wie BENB (1, 3, 69) ausführt, kann Ledi auch mit Legi (cf. HL L EGI ) verwechselt werden. Das Simplex tritt vor allem im Singular, häufig mit Präpositionen wie an oder in auf; Anderledi (AWWB 10) ist auch FaN (hier jedoch nicht belegt): t Ledi (Binn, Eyholz, Glis, Lax, Reckingen, Ried-Brig, Saas Grund), uf der Ledi (Törbel), Ledi (FLNK, Termen), an der Ledin (1399, Naters; 1530, Ernen), an dÿ Ledin (1521, Mund) und in der Ledi (1724, Mühlebach). Der Plural des Simplex ist seltener: t Ledine (Ried-Brig) und in dyen Ledinnen (1320, Glis). Mit attributiven Adjektiven findet man au ᵕ f der Wilden Ledi (1845, Glis), t Wilt Ledi (Termen). Wild heisst hier ‘ unfruchtbar, ungenutzt ’ . Vorangestellte Genitive sind Gassaro Ledin ‘ die Ledi (Ladestelle) der Leute vom Ortsteil Gassa / der Familie Gasser ’ (1393, Ried-Brig), in Jÿllo Leedÿ ‘ in der Ledi (Ladestelle) des Jillo ’ (1680, Blitzingen), wobei Jÿllo einen schwachen Genitiv aufweist, ts Chalbermattisch Ledi ‘ die Ledi (Ladestelle) der Familie Kalbermatten ’ (Visperterminen; FLNK Z Chalbermattersch Ledi), in Colten Ledin ‘ die Ledi (Ladestelle) des Colten (PN oder FaN) ’ (1299, Ried-Brig), in Martigo Ledi ‘ in der Ledi (Ladestelle) der Läz 63 64 <?page no="37"?> Familie Martig ’ (1725, Ried-Brig), an der Troger Ledi ‘ an der Ledi (Ladestelle) der Familie Troger ’ (1645 (ca.), Termen), in der Trogers Ledÿ ‘ in der Ledi (Ladestelle) der Familie Troger ’ (1700, Ried-Brig). Als Grundwort erscheint das HL wie folgt: t Sattelledi (Ried-Brig, Termen), wohl ursprünglich Sattellegi (cf. HL L EGI ); die beiden Flurnamen bezeichnen die gleiche Flur, die Schuttel Ledin ‘ die Schuttel-Ledi (Ladestelle) ’ (1388, Ried-Brig), wo Schuttel unklar ist; di Dooruledi ‘ die Ledi (Ladestelle) bei den Dooru (Dornen) ’ (Ried-Brig). Als Bestimmungswort kommt das HL mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita vor: Gassa, Scheid, Schleif, Schluocht, Ture und Wald. Komplexer ist Mitlesten Ledischlucht ‘ die mittlere Geländeeinbuchtung bei der Ledi (Ladestelle) ’ (1547 u. später, Reckingen). Auffällig ist, dass der Name nur in den Bezirken Goms, Brig und Visp erscheint. Lee Lee n. ‘ Lehen ’ ist zu schwdt. Lehe(n), Lee(n) n. ‘ Pacht, Lehen, Lehensvertrag; Lehenhof; Pfarrpfründe ’ , mhd. l ē hen (I D . 3, 1236 f.) zu stellen. Die beiden HLL L EENI f. und L ÄNA f. sind vor allem im Dativ Plural (Lenen) schwer von Lee n. zu unterscheiden. Zum Lehenswesen vgl. den Artikel Lehen von B. A NDENMATTEN im HLS (https: / / hlsdhs-dss-ch/ de/ articles/ 008972/ 2008-01-21/ [06.07.2020; IW]). Das Simplex im Singular erscheint als Lee, oft mit Präpositionen wie im Lee in rund 20 Belegen im ganzen Oberwallis. Historische Belege mit Lehen, Lehn, Leen oder Len sind teilweise unsicher. So ist in Turtmann 1592 in den Lehnen belegt, 1632 dagegen jm Lehen. Der Erstbeleg könnte auch zu Leeni oder Läna gestellt werden. In Eischoll ist 1624 am Lehn belegt, aber FLNK hat Leene, was wiederum zu Leeni oder Läna gestellt werden kann. Saas Fee hat 1592 jn dem Lehnen und 1603 in den Leene; es kann durchaus sein, dass hier der lebend als t Leeni belegte Name gemeint ist. Wohl verschrieben ist jm Lan ‘ im Lehen ’ (1793, Unterems). Plurale des Simplex sind nicht sicher belegt. Attributive Adjektive zum Grundwort Lee sind wie folgt belegt: das Gemein Leen ‘ das Lehen, das der Gemeinde gehört ’ (1490, Ergisch), im Hintern Lehn ‘ im hinteren Lehen ’ (1817, Bellwald), z Innerscht Lee ‘ das innerste Lehen ’ (FLNK, Saas Balen), ts Ober Lee ‘ das obere Lehen ’ (Bellwald, Saas Almagell; 1573, Münster), ts Unner Lee ‘ das untere Lehen ’ (Bellwald, Saas Almagell) und z Unnerscht Lee ‘ das unterste Lehen ’ (FLNK, Saas Balen), also zumeist relative Lagebezeichnungen. Vorangestellte Genitive sind: Ahornerro Len ‘ das Lehen der Leute vom Ahorn (Weiler von Naters) ’ (1383, Naters), im Ärner Lehn ‘ im Lehen der Leute von Ernen ’ (1813, Ernen), de Brungners Lene ‘ vom Lehen der Familie Brunner (? ) ’ (1301, Bürchen, mit einer Form Lene im Ablativ / Dativ), in Gertschen Lehn ‘ im Lehen der Familie Gertschen ’ (1636, Oberems), Kumberro Leen ‘ das Lehen der Leute von der Chumme (Mulde) / der Familie Kummer ’ (1307, Bürchen), Laudunerro Leen ‘ das Lehen der Leute von Lalden ’ (1305, Baltschieder), Milebacher Lee ‘ das Lehen von Mühlebach / der Leute von Mühlebach ’ (FLNK, Mühlebach), Phafenlen ‘ das Lehen des Pfarrers / der Familie Pfaffen ’ (1300, Raron), feudum Salten ‘ das Lehen des Salten (Weibels) ’ (1454, Raron, nachgestellt wegen lat. feudum), Tazero Len ‘ das Lehen der Leute von Tatz ’ (1302, Steg), Wichers Len ‘ das Lehen des Wicher (PN Wighart) ’ (1314, Mörel; 1344: Wyckerleen), Wigrello Len ‘ das Lehen der Leute vom Wigler ’ (1347, Hohtenn), der Zuberro Leen ‘ das Lehen der Familie Zuber ’ (1304, Törbel). Als Grundwort erscheint das HL in zweigliedrigen Komposita. Bestimmungswörter sind Baumnamen wie in ts Birchle ‘ das Lehen bei der Flur Birch (Birkengehölz) ’ (Bellwald) (nach Gwp. wachsen hier allerdings Eschen), ts Hasellehn ‘ das Lehen im Gebiet Hasel (wo es Haselsträucher hat ’ (Ferden), ts Hasillee ‘ das Lehen beim Gebiet, wo es Haselsträucher hat (LT hat falsch Hasenlehn) ’ (Raron), Hasulee ‘ (unklar, ob Hasenlehen oder Hasellehen) ’ (FLNK, Ausserberg, aber 1654 jm Hasollehn). Auch Tiernamen sind belegt: ts Bärulee ‘ das Lehen, wo es Bären hatte (G RICHTING 1993, Blatt 11, Nr. 6 u. ö. hat Bäruley) ’ (Leukerbad) - die Form G RICHTING s orientiert sich wohl am hdt. Verb leihen - , ts Schaafle ‘ das Lehen für die Schafe ’ (Binn). Wohl bestimmte Rechtsbegriffe finden sich in im Halblehn ‘ im Halblehen ’ (1771, Fiesch) (zu Halblehen ‘ zeitlich eingeschränktes Lehen, meist auf 9 Jahre ’ vgl. G R W B 10, 208) und am Manlhenn ‘ am Mannlehen ’ (1585 u. später, Münster) und zem Manlech ‘ beim Manlehen ’ (1471, Münster) (dazu I D . 3, 1238 ‘ nur im Mannesstamm vererbliches Lehen ’ ). In den übrigen Belegen sind meistens naheliegende Flurnamen vertreten, wie in au ᵕ f dem Alpenlehn ‘ auf dem Alpenlehen ’ (1821, Blitzingen), an dem Brunlene ‘ an dem Lehen bei der Quelle / dem Brunnen ’ (1303, Raron), ts Gasslee ‘ das Lehen bei zu Gassen ’ (Bellwald) und weitere. Unsicher sind in den Waiglehenen ‘ in den Waiglehen ’ (1856, Bürchen) und t Wengerle ‘ die Lehen bei den Grasabhängen / die Lehen der Familie Wenger ’ (Törbel). Als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita findet sich das HL zusammen mit den Grundwörtern Acher, Bach, Brunnu, Chäschera, Egg(a), Eie, Fach, Gadu, Gassa, Grabu, Güot, Haalta, Matta, Sand, Schiir, Schlund, Strich, Tschugge, Wald, Wasser, Weid und Wild. Vermutlich verschrieben ist die Lanhn=Gassen ‘ die Gasse vom / zum Lehen ’ (1793, Unterems). 65 66 Lee <?page no="38"?> Eine schwierig zu erklärende Form ist Leenera ‘ das Gebiet, das der Familie Lehner gehört / die Wasserleitung beim Lehen ’ (FLNK, Mühlebach). Es kann sich um eine feminine Ableitung zum FaN Lehner handeln, dann wäre ‘ das Gebiet der Familie Lehner ’ zutreffend; es gibt allerdings diesen FaN in Mühlebach nicht. Oder es handelt sich um eine / - ERA / -Ableitung für Wasserleitungen. Dann handelt es sich vermutlich um einen lokalen Namen für eine sonst Trusera (Ernen) genannte Wasserleitung. Der in Zermatt belegte Flurname Z Leenisch (Dorfteil von Zermatt) dürfte auf den FaN Lehner zurückgehen. Das unter Lee belegte en len sert (1333, Albinen) gehört nicht hieher, sondern zum rom. HL E SSERT . Leeji Leeji n. ist nur in Visperterminen als ts Leeji, sowie als ts Ober und ts Unner Leeji belegt. Die Flur ist auf 1: 10000 als Leeji verzeichnet. Es handelt sich um ein Diminutiv zum Substantiv Lehen ‘ Lehn ’ (W IPF 1910, 123; cf. HL L EE ), also ‘ das kleine Lehen ’ , kaum zu Lei(m) ‘ Lehm ’ (Z IM- MERMANN 1968, 121), wie der lange Stammvokal zeigt. Leemänglu Leemänglu ist zweimal belegt: t Leemänglä (unklar) (Leukerbad) und der Leemänglugrabu ‘ der Graben bei der Leemänglu ’ (Leukerbad). Beide sind auch bei R. G RICH- TING (1993) belegt: Lemänglä (Blatt 15, Nr. 13 und Blatt 16, Nr. 9) und Lemänglugrabu (Blatt 16, Nr. 6). Der Akzent ist jeweils auf der ersten Silbe, sodass unklar ist, ob es sich um ein dt. oder rom. Wort handelt, ob der Name ein Kompositum ist und wie er zu gliedern wäre. Da historische Belege fehlen, kann keine Deutung gegeben werden. Leeni Leeni f. ‘ Lehne ’ ist wohl zum schwdt. Lëne n f. ‘ Lehne ’ (I D . 3, 1283) zu stellen. Seltsam daran ist das geschlossene / e/ auch im oberen Teil des Oberwallis, wo eigentlich ein offenes / ä/ (wie in Läna) zu erwarten wäre. Allerdings ist der Vokal im zugrundeliegenden Verb lëne n ‘ lehnen ’ problematisch (P AUL 25 2007, 91 kennt linen und lënen). Zu vermuten ist, dass nachfolgendes / i/ zu einem gehobenen / e/ führte, während nachfolgendes / a/ (wie in Läna) ein gesenktes / ä/ zur Folge hatte. Leeni ‘ Lehne ’ ist sicher bezeugt in Grengiols, wo es auch t Inner Leeni und t Ober Leeni gibt. Die Grengjer Formen machen deutlich, dass / e/ angesetzt werden muss, liegt doch die Gemeinde im Gebiet, das hier sonst / ä/ hat. Die übrigen Gemeinden sind: Grächen, wo es ein Diminutiv im Plural t Leenini gibt; die Gwp. meint zwar, diese Flur sei früher <verlehnt> worden, doch dürfte diese Erklärung eher sekundär sein. Der Leenibach führt zu den Leenini hinunter; in Saas Fee gibt es eine Leeni (wohl schon 1393 als Lene belegt), zu der auch t Inner und t Üsser Leeni gehören; eine Üsser Leeni ist auch für Saas Balen belegt - es handelt sich aber um die gleiche Flur wie in Saas Fee. Der Leenistäg ‘ Leni-Steg ’ (Saas Grund) überquert die Vispe bei der Leeni. Zeneggen hat ebenfalls eine Leeni und dazu t Inner Leeni. In allen Fällen scheint Leeni eine leicht geneigte ‘ (Berg-)Lehne ’ zu sein. Leeonii (PN) Leeonii (PN) f. ‘ Leonie ’ ist nur einmal in Gampel als ts Schgüüserleeoni belegt, der auch Schgüüserwaldji heisse. Leeonii ist wohl der Name einer Frau, die entweder im betreffenden kleinen Wald den Schgüüser ‘ Durchfall ’ (G RICHTING 1998, 170) bekam (cf. HL S CHGUISER ) und dort ihre Notdurft verrichtete, oder die als unstete Frau herumwanderte (G RICHTING 1998, 170 s. v. Schggüüsa). Der PN Leonie ist nicht in I D . enthalten, vgl. D UDEN TB 4, 138: Leonie ist ein aus dem Frz. übernommener weibl. Vorname und eine Bildung zum männlichen Vornamen Léon (Leo). Leere Leere Vb. ‘ lehren, lernen ’ ist nur einmal belegt im ursprünglich wohl hdt. Gletscherlehrpfad (FLNK, Saas Fee). G RICHTING (1998, 126, s. v. leere mit Varianten) kennt das Verb als ‘ lehren, lernen ’ , ebenso I D . (3, 1367). Das Kompositum Lehrpfad hingegen ist nicht aufgeführt, aber im G ROSSEN W ÖRTERBUCH DER DEUTSCHEN S PRACHE (Mannheim 3 1999, Bd. 5, 2391) erwähnt. Ein Gletscherlehrpfad vermittelt Wissen über Gletscher. Leeri Leeri f., auch Leera f., ist als zunächst umgelautete und dann entrundete Form zu schwdt. L ō re n f. ‘ ein Haufe zusammengelesener Steine, z. B. auf der Alp ’ , ‘ mit Steinen oder Steingeschiebe erfülltes oder verschüttetes Gelände, steiniges Land ’ (I D . 3, 1374; zur Herkunft des Wortes cf. TGNB 2, 2, 369) zu stellen. Darauf deuten die ältesten historischen Belege hin: in Visp ist 1278 in dien Loren und 1383 dv ᵢ Lo ᵉ r bezeugt, in Filet 1382 vf dien Lo ᵉ ren und in Fieschertal 1482 jn den Lo ᵉ ren. Die historische Form bey der Leeri ‘ beim steinigen Gebiet ’ (1808, Bister) wird durch die lebenden t Ober Leeri ‘ der obere Teil des steinigen Gebietes ’ und t Unner Leeri ‘ der untere Teil des steinigen Gebietes ’ (beide Bister) ergänzt; die feminine I -Form ist der Umlautung und Entrundung förderlich. Die ebenfalls feminine Form auf / - A / ist als t Leera ‘ das steinige Gebiet ’ (Fiesch) Leeji 67 68 <?page no="39"?> bezeugt, dazu kommen jn den obren Leren ‘ in den oberen steinigen Gebieten ’ (1541, Fiesch), die Lergassa (1643, Fiesch; schon 1541 als Loergassen) und an dÿ Lo ᵉ rwasserleytton ‘ an die Wasserleitung vom / zum steinigen Gebiet ’ (1500 u. später, Fiesch). In Mund ist Ze Leeru ‘ bei den steinigen Gebieten ’ (FLNK) belegt, das historisch ab 1448 als Lo ᵉ rmatta ‘ die Wiese beim steinigen Gebiet ’ erscheint. t Obru Leere ‘ die oberen steinigen Gebiete ’ und t Undru Leere ‘ die unteren steinigen Gebiete ’ (beide Mund) sind am Ort Ze Leeru belegt. Historisch gibt es hier auch an die Lerenwasserleita ‘ an die Wasserleitung von / zu den steinigen Gebieten ’ (1785, Mund). im Lerbrunnen ‘ die Quelle / der Brunnen im steinigen Gebiet ’ (1553, Grächen) ist nicht ganz klar - es handelt sich wohl um ein wasserführendes Gebiet mit vielen Steinen. Ganz unsicher ist Leerschiir ‘ die Scheuer beim steinigen Gebiet ’ (FLNK, Geschinen); da hier kein Simplex bezeugt ist, bleibt die Deutung unsicher. Im Beleg Lory (1301, Mund) ist unklar, ob eine Diminutivform zu Lor vorliegt (also ein früher Beleg für Ze Leeru), oder ein PN Lory (Lorenz). Es ist gegenwärtig zum HL L OORI gestellt, wo sich auch weitere gerundete Belege finden, die zu Leeri gehören könnten. Leeschi Leeschi f. ist zu schwdt. Lösi ‘ eine Lache Flüssigkeit ’ (I D . 3, 1445) und wdt. Leeschi f. ‘ Wasserguss, Regenguss ’ (G RICHTING 1998, 126) zu stellen (cf. auch HL L ESCH ). Beide gehören zum Verb schwdt. löse n ‘ ausleeren ’ und wdt. leesche, leeschä (Goms), leeschn (Lötschental), leeschu ‘ leeren, ausschütten ’ (I D . 3, 1442; G RICHTING 1998, 1236). Das Nomen ist in t Leeschine ‘ Wasserfälle über die Bachverbauungen ’ (Visperterminen) als “ Wasserfälle ” und in t Sandleeschi ‘ die Wasserfassung (der Lonza AG) im Sandgebiet ’ als “ Wasserfassung ” belegt. Leess Leess f. ist in Leukerbad und Varen historisch belegt: 1328 es leýz, 1355 deys loez (beide Leukerbad), 1473 eys les, 1581 de la Lees (Varen). In Leukerbad und Inden ist es belegt als Lees. Es handelt sich sicher um einen romanischen Namen. Nach B OSSARD / C HAVAN (2006, 249) kommt am ehesten Lex mit den Varianten Lé, Li, Ly und der Bedeutung ‘ paroi rocheuse, dalle ’ (dt. etwa Blatten) in Frage. Darauf weist auch T AGMANN (1946, 46) für l ẅ é ̣ i (Miège) hin, der sich auf J ACCARD (1906, 231) bezieht, aber dessen Deutung von dt. Lei ‘ Fels ’ (so auch bei M EYER 1914, 166) zurückweist. Der Name wird von ihm nach REW 5094c auf kelt. *loce ‘ terrain en pente ’ zurückgeführt; B OSSARD / C HAVAN (2006) schlagen kelt. *lake ‘ Felsplatte ’ vor. FEW (5, 132 f.) zu kelt. *lake ‘ Steinplatte ’ und FEW (5, 399 f.) zu kelt. *l ō ke ‘ glatter Hang ’ lassen vermuten, dass eher die Bedeutung ‘ Felsplatte ’ vorliegt. Die Photo von R. G RICHTING (1993, Blatt 2) zeigt einen begrünten Felshang; es kann auf Grund des Realbefundes nicht zwischen den Bedeutungen entschieden werden. Das auslautende / s/ in Leess deutet auf einen romanischen Plural hin. Unklar ist Praales (Leukerbad); der Ort befindet sich bei Leess, die erste Silbe ist auf lat. PRATU ‘ Wiese ’ zurückzuführen; es würde sich also um ‘ die zur Leess gehörende Wiese ’ handeln. Leess ist weiter als Bestimmungswort in Leeshalte (Leukerbad, Varen), Leesherner (Inden) und Leeshoru (Leukerbad) enthalten. Der Varner Name bezieht sich im Übrigen auf einen anderen Ort, sodass mindestens zwei Flurnamen Leess zu unterscheiden sind. R. G RICH- TING (1993, Blatt 2) zählt als weitere Namen auf: Lees- Chrächu, Leestotz ‘ der Felsklotz bei Leess ’ und Leeswaldji; sie sind in der Datenbank nicht vorhanden. Leet Leet ist nur von FLNK für Albinen belegt. M ATHIEU (2006, 29) kennt es als Leet. In d Leet liegt also ein Feminin vor; historische Belege fehlen. Es ist wohl mit B OSSARD / C HAVAN (2006, 249) zu Lette, Letton zu stellen: ‘ bande de gazon au-dessus ou entre des rochers, surtout Valais et Alpes, étym.: inconnue ’ - also Grasstreifen oberhalb oder zwischen Felsen; die Etymologie ist unbekannt. Leeti Leeti f. ist ein steiles Felsgebiet in Grengiols. Danach ist das Leetihore benannt, ebenso der Leetibode (bei Grengiols). Der Name ist wohl über die Ableitung lötig (I D . 3, 1502) ‘ völlig, baar, lauter ’ als / - ÎN / -Abstraktum zu Lôt gebildet mit der Bedeutung ‘ leeres Gebiet, Gebiet ohne Bewuchs ’ . Die von G RICHTING (1998, 126) für Leeti angegebene Bedeutung ‘ Rausch ’ erklärt sich aus der übertragenen Bedeutung des Verbums leete ‘ löten, saufen ’ . Während hier das vollständige Betrunkensein gemeint ist, wird im Lokalnamen auf die Nacktheit, das vollständige Fehlen von Bewuchs hingewiesen. Leetitschier Leetitschier ist in Leukerbad (FLNK Letitscher; LT Letitschier), seltener auch als Letetschier belegt. Hinzu kommen der Leetetschiergrabu ‘ der Graben bei Letitschier ’ (Leukerbad) und - nur historisch - im Oberen Letischier (sic! ) (1817, Leukerbad). R. G RICHTING (1993) kennt Letitscher (Blatt 5, Nr. 31 und Blatt 6, Nr. 25) und Letitschergrabu (Blatt 6, Nr. 26 und Blatt 10, Nr. 6). Die ältesten zwei Belege stammen von 1749 mit im Letizier und 1795 in Letet Zier. Vermutlich liegt ein romanischer Name vor; die späten Belege (erst 1749) verunmöglichen eine Deutung. 69 70 Leetitschier <?page no="40"?> Leetschi Leetschi n. ist der Kurzname für Personen aus dem Lötschtal. Belegt sind ts Leetschisch Weidu ‘ die Weiden des Lötschtalers ’ (Hohtenn), ts Leetschisch Wildi ‘ das unfruchtbare Gebiet des Lötschtalers ’ (Hohtenn) und 1820 des Lötschis Matta ‘ die Wiese des Lötschtalers ’ (Eggerberg) mit / ö/ anstelle des entrundeten / e/ . Leetzine Leetzine ist nur von FLNK für Oberwald als Leetzine ‘ die schlecht besonnten Halden ’ belegt. Der Name scheint ein Plural zu sein; es handelt sich um ein steiles Wald- und Wiesengebiet entlang des Eggergrabens südlich von Oberwald. Der Name passt am ehesten zum HL L ITZI und meint dann u. a. die schlecht besonnte Halde (I D . 3, 1566). Die Leetzine befinden sich auf der linken Seite des Rotten, sind steil und schlecht besonnt. Der Wechsel von / i/ und / e: / ist nicht unmöglich, aber schlecht belegt. Kaum infrage kommt eine Deutung zum HL L ÄTZ . Lefful Lefful ‘ Löffel ’ m. ist zu schwdt. Löffel, wdt. Leffel, Leffu o. Leffäl (Goms), Lefful (Mattertal), Leffl (Lötschtal), Leffil m. ‘ Löffel ’ , in FlNN mit Bezug auf die löffelähnliche Form des Geländes (I D . 3, 1152 ff.; LUNB 1, 1, 637 f.; G RICHTING 1998, 126) zu stellen. Belegt ist ein Namennest um das Löffelhorn (Münster), dial. ts Leffelhore (Geschinen) herum, wo sich t Leffje ‘ die Löffel (Felszacken beim Löffelhorn (Gipfelname)) ’ (Münster), der Leffelgraad ‘ der Löffelgrat (LT Löffeltätsch (vgl. Nr. 46349) beim Löffelhorn (Gipfelname) ’ (Geschinen), Löffeltätsch ‘ der Löffeltätsch (FLNK Leffeltätsch), Fleck beim Löffelhorn (Gipfelname) ’ (Geschinen) befinden. Das Simplex erscheint als dr Leffel ‘ der Löffel (SK Im Löffel) (Gebiet von der Form eines Löffels) ’ (Ferden) mit dem zugehörigen dr Leffelwäg ‘ der Weg zum Gebiet Löffel ’ (Ferden). Mit einem attributiven Adjektiv ist nur belegt zum Silberne Leffel ‘ zum silbernen Löffel (Mulde mit weissem Gestein) ’ (Zermatt). Als Bestimmungswort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern vor: Blatte, Brunnu, Char und Ture. Die Motivation ist normalerweise das Aussehen des Gebietes oder des Berges wie ein Löffel, also ein metaphorischer Gebrauch. Leger (FaN) Leger ist historisch belegt als Legerro (1356, Visp), ein Genitiv Plural zu einem FaN Leger oder zu einer Herkunftsbezeichnung zu Legi (cf. HL L EGI ) und lebend in ts Legerhaaltji ‘ die kleine Halde der Familie Leger / bei den Leuten von der Legi ’ (Randa). Leger ist als FaN in unseren Quellen nicht belegt, kommt aber in der französischen Form Léger (NWWB 1, 153) im Unterwallis vor. Historisch ist zwar nicht sicher zu unterscheiden zwischen Leger und Läger ‘ Liegestelle für das Vieh ’ ; im Fall von Legerro schliesst der Kontext Läger allerdings aus, da sich das Grundstück im heutigen Grund (Brig-Glis) befand, der im 14. Jahrhundert unter ständiger Überschwemmungsgefahr stand und sich nicht als Läger ‘ Lagestelle für Vieh ’ eignete. Legi Legi f. ist zu schwdt., wdt. Legi ‘ Lage, Schicht; primitive Verzäunung auf Viehweiden, bestehend aus sammt den Wurzeln und Ästen ausgehobenen Tannen oder sehr starken Latten, die schief, treppenartig übereinander gelegt werden; ein Zaunübergang aus treppenartig übereinander angebrachten Latten, Stangen oder Brettern; Sperrvorrichtung (bzw. gesperrter Durchgang) in einem Weidezaun, einer Hecke oder Mauer, bes. für Fuhrwerke oder Tiere, bestehend aus je einem mehrfach durchbohrten Seitenpfosten und 3 - 5 in jene Bohrlöcher passenden, verschiebbaren Stangen, die man am Schluss der Weidezeit ganz wegnimmt, um den Winterweg offen zu halten; Querstange über eine Strasse oder einen Weg; Lagerplatz, Ort, wo etwas abgelegt wird ’ (I D . 3, 1196 f.; LUNB 1,1, 615) zu stellen. R ÜBEL (1950, 111) erwähnt Legi als schmalen Durchgang für die Schafe bei der Schafscheide. Das HL bedeutet normalerweise einen Zaun oder einen Zaundurchgang oder -übergang. In wenigen Fällen scheint es andere Bedeutungen zum Verb legge, leggä (Goms), leggn, leggu ‘ legen ’ (G RICHTING 1998, 126; s. a. BENB 1, 3, 67 ff. s. v. Legi) zu vertreten. Das Simplex im Singular ist als mit der Legi ‘ bei der Legi (Zaun, Zaundurchgang) ’ (Randa), zer Legi ‘ Zaun, Zaundurchgang ’ (Niedergesteln), Legi ‘ Zaun Zaundurchgang ’ (FLNK, Münster; FLNK, Reckingen; FLNK, Ulrichen), historisch als bey der Legi ‘ bei der Legi (Zaun, Zaundurchgang) ’ (1804, Oberwald) und beÿ der Legi ‘ bei der Legi (Zaun, Zaundurchgang) ’ (1697 u. später, Selkingen) belegt. Der Plural des Simplex erscheint als bine Legene ‘ bei den Leginen (Zaundurchgänge) ’ (Obergesteln) und t Legine ‘ die Leginen (laut Gwp. Weiden, erlegene Äcker; heute teilweise bewaldet) ’ (Unterbäch, FLNK Legine), wo eventuell auch eine wohl gelegene Fläche gemeint sein kann. Attributive Adjektive, auch Numeralia, finden sich in bey der Ersten Legi ‘ bei der ersten Legi (Zaun, Zaundurchgang) ’ (1678, Münster), bey der Obren Legi ‘ bei der oberen Legi (Zaun, Zaundurchgang) ’ (1676, Münster), die Wiesten Legi ‘ die wüste, öde Legi (Zaun, Zaundurch- Leetschi 71 72 <?page no="41"?> gang) ’ (1766 u. später, Münster). di Breit Lägin ‘ die breite Ebene ’ (Blatten) weist ein offnes / ä/ und lässt sich zu Lägi ‘ ebene, flache Lage ’ (I D . 3, 1167) stellen. Mit einem vorangestellten Genitiv erscheinen gegent Hengertesch Legi ‘ bei der Legi (Zaundurchgang) der Familie Hengartner ’ (1720, Ritzingen), beÿ Hoferslegi ‘ bei der Legi (Zaun) der Familie Hofer ’ (1667, Reckingen), bey der Bachers Legi ‘ bei der Legi (Zaundurchgang) der Familie Bacher ’ (1805, Ritzingen), ts Bielersch Legi ‘ mit einer Legi (Zaun) abgetrennte Wiese der Familie Bieler ’ (Obergesteln), bey der Tscheinen Legy ‘ bei der Legi (Zaundurchgang) der Familie Tscheinen ’ (1752, Selkingen), beÿ Willisch Legÿ ‘ bei der Legi (Zaundurchgang) der Familie Willisch ’ (1749, Niederwald). Unklar ist der Beleg beÿ Wille Leginen (1821, Reckingen), wo Wille sich entweder auf Wiler oder auf eine Person namens Willi beziehen kann; formal ist jedoch kein Genitiv erkennbar. Als Grundwort kommt das HL vor allem beim Typ Sattellegi vor. BENB (1, 3, 68) kennt die Kombination zwar, gibt aber keine Deutung. www.ortsnamen.ch kennt (besucht am 21. 6. 2018 von IW) drei Vorkommen von Sattellegi (alle in Bichelsee-Balterswil TG) und gibt zwei Deutungen: ‘ Ort, wo der Sattel (beim Ausruhen) abgelegt wurde ’ oder ‘ Sattelförmiger Übergang über Weidzaun ’ (in TGNB nicht belegt, soweit erkennbar). Der Typ erscheint als Sattelleguyn (1320 u. später, Termen), in der Sattelleginn (1581, Visp), die Sattollegin (1657, Baltschieder), Sattollo e gi (1583, Eggerberg), t Satlegi (Kippel), t Sattolegi (Bürchen, Unterbäch), t Sattulegi (Bellwald), in der Sattelleguyn (1320 u. später, Zwischbergen), sowie erweitert als t Ober und t Under Satlegi ‘ der obere und der untere Teil der Sattellegi ’ . Mit attributiven Adjektiven ist in der Obern Satellegÿ (1548, Brig), die Ober Sattellegin (1563, Eggerberg), im Kontext als saxum ‘ Fels ’ benannt, und t Ober und t Under Sattlegi ‘ der obere und der untere Teil der Sattellegi ’ (Ferden) belegt. Die Belege lassen keine klare Deutung zu. Der unter dem HL Satelledi aufgeführte Beleg von 1397 in der Satellegin (Ried-Brig) zeigt, dass dieser Beleg zu einem sonst unbekannten Sattellegi gehört (wobei schon BENB 1, 3, 69 auf die Vertauschung von Legi und Ledi hinweist). t Hoggusattlegi ‘ die Sattlegi auf der Hockunalp ’ (Ferden, Kippel) (auf 1: 10000 nur Sattlegi) meint wohl einen Zaunübergang auf der Hockenalp. 1656 ist in Reckingen beÿ der Ku ᵕ mmen Legi belegt; hierzu sind biner Erschte Chummelegi, t Zweit Chummelegi und biner Dritt Chummelegi (alle Reckingen) bezeugt; der historische und die lebenden Belege zeigen, dass es drei Legine (Zaundurchgänge) gab, die dem Vieh den Durchgang verboten. Heute sei keine <legi> mehr vorhanden. Nur in Ulrichen ist biner Söumlegi und in der Söumlegi, historisch ab 1573 und später bey der Saumlegi belegt. Die Belege finden sich in der Nähe der Söüme ‘ streifenförmige Stücke Wiesen in der Talebene des Rottens ’ (Ulrichen) und meinen Zäune oder Zaundurchgänge bei den Söüme. t Wolflegi (St. Niklaus) ist unklar. Gwp. sagt, es handle sich um ein ebenes Plätzchen unter einem Felsen, wo wohl ein Wolf erlegt worden war. Vermutlich handelt es sich eher um einen Zaun gegen Wölfe. di Baanlägin (Blatten) meint eine ebene Fläche beim Wyssried-Baan, also dem Banngebiet von Wyssried. Zu Lägin vgl. oben (I D . 3, 1167). Lehmann (FaN) Lehmann (FaN) ist einerseits Appellativ (Lëche n -Mâ nn ‘ Lehenmann, Pächter ’ I D . 2, 266) und anderseits FaN. Belege für den FaN fehlen zwar in AWWB und anderen Sammlungen, doch ist im Einzelfall nicht zu entscheiden, was vorliegt; in Münster und Ritzingen war laut Gwp. ts Leemisch ‘ die Leute des Lehensmannes ’ ein Beiname einer Familie. Das Lemma kommt nur als Bestimmungswort im Genitiv vor, entweder in der Vollform Lehnmanns (so in Lehnmans Eggen (1759, Biel) oder in Kurzformen wie t Leemischeige ‘ die Eigengüter der Familie Lehmann ’ (Binn), ts Leemeschgade ‘ der Gaden der Familie Lehmann ’ (Niederwald) und ts Leemasch Hüüs ‘ das Haus der Familie Lehmann ’ (Eggerberg). Mit einer kollektiven / - IG / -Ableitung ist belegt Lemannigo Wald (1668, Stalden), also der ‘ Wald der Leute des Lehenmannes ’ . Weitere Grundwörter sind Stadol und das Kompositum Löubegg. Lehner (FaN) Lehner (FaN) ist der FaN Lehner, Lener, Imlehn. Die Familie ist in neun Gemeinden eingebürgert (AWWB 148). Belegt ist einerseits t Nazleenärlägi ‘ der Ort, wo Jgnaz Lehner niederlag ’ (Kippel), der dort laut Gwp. von einem Baum erschlagen wurde. In Zermatt ist der Genitiv ts Leenisch ‘ der Ort, wo die Lehner wohnten ’ belegt, ein Dorfteil von Zermatt. Leeni ist die dialektale Kurzform von Lehner. Unklar ist Leenera (FLNK, Mühlebach), eine / - ERA / -Ableitung, die sowohl als ‘ das Gebiet beim Lehen ’ wie als ‘ das Gebiet der Familie Lehner ’ gedeutet werden kann. Leid Leid ‘ hässlich, unansehnlich ’ , Adj., ist zum schwdt. und wdt. Adj. leid ‘ missgestaltet, hässlich, übel aussehend, schwächlich, wenig ertragreich; gering, unansehnlich, schlecht; übel; widerwärtig, misslich ’ , mhd. leit ‘ betrü- 73 74 Leid <?page no="42"?> bend, unlieb, widerwärtig, verhasst, böse ’ (I D . 3, 1079 ff.; G RICHTING 1998, 126) zu stellen. Das Adj. kommt in flektierter und unflektierter Form nur in attributiver Stellung zu den Grundwörtern Ägerta, Bach, Chapf, Egg(a), Grabu, Haalta, Matta, Stalde, Tritt, Tschugge, Wang und Weid vor. Komplexere Grundwörter sind Bachtela, Tänbach, Wätterhaalta und Morgundbrootji. Eine komplexe Konstruktion enthält Arnolcz Leitwang ‘ der hässliche Grasabhang des Arnold ’ (1380 u. später, Termen). Unklar ist der Beleg Leitläbä (FLNK, Blatten), das sich als ‘ der Ort mit dem schwierigen, unangenehmen Leben ’ deuten lässt. leid bezieht sich meistens auf eine schwierig zu bearbeitende, steile oder gefährliche Stelle. Im Alltag kann das Adjektiv auch einfach eine pejorative Steigerung sein (ä leidä Göüch ‘ ein fürchterlicher Narr ’ ). Leigetschu Leigetschu kommt nur in Eischoll als Beleg der FLNK vor. In Eischoll ist weiter t Leiggerfure ‘ die Furchen der Familie Leiggener ’ belegt; der FaN Leigginer ist 1567 für Eischoll bezeugt. Leigetschu liesse sich dann als eine / - SCHA / - SCHU -/ Ableitung zum FaN Leiggener mit der Bedeutung ‘ das Gut der Familie Leiggener ’ deuten. Allerdings würde die Vereinfachung von / gg/ zu blossem / g/ dadurch nicht erklärt. Das Endungs-/ t/ kann durch den Übergang zum Ableitungssuffix / - SCHA / - SCHU / zu Stande kommen. Leigg Leigg, hdt. Leuk (SK, LT) oder Leuk Stadt (1: 10000) ist der Hauptort des gleichnamigen Bezirkes. Nicht damit zu verwechseln ist der Weiler Leiggere (Ausserberg) (cf. HL L EIGGERN ), von welchem der FaN Leiggener abgeleitet ist. Der Ort befindet sich auf der nördlichen Talseite oberhalb des Rottens auf einem leicht ansteigenden Plateau. Zur Gemeinde gehören auch mehrere südlich des Rottens gelegene Weiler, darunter Susten, wo sich die Bahnstation befindet. Seit 2013 verband sich Leuk mit der früher selbständigen Gemeinde Erschmatt. Die latinisierte Form Leuca des deutschen Namens Leuk, dialektal Leigg, frz. Loèche, wird erstmals 515 in der Gründungsurkunde des Klosters St-Maurice erwähnt. Der Name wäre so der älteste belegte Ortsname des heutigen Oberwallis, allerdings ist die Urkunde von 515 nur in späteren Abschriften aus dem 12., 14. und 18. Jahrhundert überliefert (A MMANN 1983, 119). In den frühen Urkunden aus dem 12. Jahrhundert lesen wir Formen wie Leuca, Leuce, Leucam und Luchiam. Zu Grunde liegt diesen latinisierten Schreibformen ein ursprünglich keltisches Wort *leucos mit der Bedeutung ‘ hell, glänzend, weiss ’ (D ELAMARRE 2003, 200). K RISTOL ET AL . (2005, 531) haben die wechselhafte Geschichte der Deutung des Namens zusammengestellt. Klar ist, dass der Name vordeutsch sein muss; die meisten Autoren inkl. der Autorin M ARIA B ESSE schliessen sich dem Argument an, dass Leuk auf ein kelt. *leucos zurückzuführen ist. K RISTOL (2005, 531) weist allerdings darauf hin, dass die frz. und frpr. Formen wie Loêche, [lwitsi] (Montana) und [l ɛ tsi] (Val d ’ Anniviers) sich nicht auf *leucos, sondern auf *leucca zurückführen liessen. Begründet wird dies mit der Lautgeschichte des Lateinischen. W. M ÜLLER (p. c.) ist weiter der Meinung, dass die diphthongischen Lautungen wie Loêche und [lwitsi] sich nur durch eine Metathese erklären lassen, welche - anders als das vorausgesetzte *leuca - den betonten Vokal auf die zweite Stelle gesetzt hätten. Auch M ÜLLER ist der Meinung, dass ein Gewässername zu Grunde liegt. Während aber die meisten Autoren die Dala als Ausgangspunkt nehmen (sie fliesst in einer tiefen Schlucht an Leuk vorbei), nimmt er einen Bach an, der bei St. Martischbrunnu ‘ die Quelle des Hl. Martin ’ entspringt. Insgesamt ist der Ortsname also unsicher. Die deutsche Form Leigg muss eigentlich aus einer gerundeten Form Loigg entstanden sein, die nicht im Wallis, wohl aber ausserhalb 1417 als Loigg, 1419 als Löygg bezeugt sind. Im Wallis ist Leig erst 1669 bei Stockalper belegt. Später, also etwa 1671, erscheinen Leügg, Leügk, 1673 Leück usw. Die dialektale Form Leigg hat, im Unterschied zu den hdt. Formen keine Affrikata, sondern eine Fortis (notiert als - {gg}). Bis heute ist deswegen die dialektale Aussprache [leik], die hdt. aber [l ɔɩ kx]. Neben dem Ortsnamen gibt es eine Reihe von Flurnamen. Das vordeutsche Leuca erscheint 1255 im Zusammenhang mit einem FaN de Curia ‘ im Hof ’ (AWWB 129) als de Leuca ‘ von Leuk ’ und 1343 in les glarez de leuca ‘ les Glarez (im Sandgebiet / Kiesgebiet) von Leuk ’ . In Agarn ist seit 1543 zer Briggen Leuce ‘ bei der Brücke von Leuk ’ belegt; die späteren Belege (1669 und 1725) erwähnen aber Leuce ‘ von Leuk ’ nicht. Das hdt. Leuk ist nur in Stn. Leuk ‘ die Station (Bahnhof) der SBB ’ (Leuk, LT) erwähnt. Sonst ist der Ortsname vor allem als Genitiv Plural oder Adjektiv in der Form Leigger ‘ der Leute von Leuk ’ (S ONDEREGGER 1958, 526 ff.), manchmal auch Leiggeru erwähnt. Die Grundwörter in zweigliedrigen Komposita sind: Fäld, Brigga, Grabu, Grund, Kapälla und Matta. Komplexere Formen sind: den Alten Leigger Kehr ‘ der alte Leuker Kehr (Wegkehre der Strasse nach Leuk) ’ (1840, Leuk), der Leiggerburgerwald ‘ der Wald, der den Burgern von Leuk gehört ’ (Agarn), ts Niw Leiggerfäld ‘ das neue Feld der Leute von Leuk ’ (Leuk). Nur lateinisch belegt ist infra pontes Leuca ‘ unterhalb der Brücken von Leuk (unklar, ob Name) ’ (1607): gemeint sind mit dem Leigetschu 75 76 <?page no="43"?> Plural wohl die Brücken über die Dala, den Rotten und östlich davon führende Brücken (dank an H. R. A MMANN für die Auskunft). Eine seltsame Verhochdeutschung ist in Leucker Preussen (1761, Salgesch) und Leucker Preissen (1761, Varen) zu finden, die vermutlich beide auf frpr. Preises ‘ das / die Lehen ’ zurückgehen (B OSSARD / C HAVAN 2006, 129 s. v. Prise). Eine andere Ableitung auf / - ERA / - ERU / kennzeichnet Wasserleitungen: t Leiggere ‘ die Wasserleitungen, die von Unterems zum Leukergrund führen ’ (Unterems), aqua ’ ductum vocatum die Alten oder Leiggero ‘ die Wasserleite, die man die Alte oder jene der Leute von Leuk nennt ’ (1746, Leuk), Alti Leiggeru ‘ die alte Wasserleitung zum Leukergrund ’ (Ergisch), Ober Leiggeru ‘ die obere (Druck)Wasserleitung nach Leuk ’ (Unterems). Ganz unklar ist Leiggeru (FLNK, Turtmann), das vermutlich eine Wasserleitung im Rottental von Turtmann ins Leukerfeld kennzeichnet. Leiggener (FaN) Leiggener (FaN) ist ein FaN, auch Leigginer (AWWB 148), der vom Weiler Leiggere (Ausserberg) abgeleitet wird. Belegt ist er nur in ts Leigginerschiirli ‘ die kleine Scheuer der Familie Leiggener ’ (Niedergesteln). Ebenfalls zu diesem FaN wird t Leiggerfure (Eischoll) gestellt, obwohl dort nicht von Leiggener die Rede ist (cf. HL L EIGGERN ). Leiggern Leiggern, dial. a Leikru ist zunächst ein Weiler von Ausserberg. Die ältesten Belege haben 1280 (ca.) ab Leucrun, 1299 ab Lov ᵢ gerun, 1301 ab Leucrun, 1304 de Loevcrun, 1306 in Loevcrun, 1378 de Leucrun, 1381 ab Loucron usw. Erst 1548 ist erstmals ein entrundetes Leÿgerun belegt. Ausgangspunkt ist deswegen ein gerundetes Leuggra oder ähnlich. Eine deutsche Wurzel ist nicht bekannt. Der Name scheint eine Ableitung zum Etymon zu sein, das in Leuk (dial. Leigg) steckt und normalerweise auf kelt. leucos ‘ klar, glänzend ’ (D ELAMAR- RE 2003, 200) zurückgeführt wird; der Autor gibt u. a. Leucaro als Toponym an. Versuchsweise liesse es sich als ‘ die Glänzende ’ deuten. Neben dem Weilernamen selbst sind in Ausserberg belegt: t Leiggeralpa ‘ die Alpe der Leute von Leiggern ’ (Ausserberg), an Leigon Berenfad ‘ das Grasband mit Bären bei Leiggern ’ (1688, Ausserberg), in Leigginero Mure ‘ (die Wasserleitung) zur Mauer von Leiggern / der Familie Leiggener ’ (1703, Ausserberg). Das nur bei FLNK belegte Leiggeru Mettja ‘ die Mettle der Leute von Leiggern ’ (Ausserberg) enthält ebenfalls einen Genitiv, der auch zum FaN Leiggener gehören kann. Dieser FaN bezieht sich auf die Herkunft aus Leiggern (AWWB 148). In Raron ist 1656 jn Leigginero Biel ‘ auf dem Hügel der Bewohner von Leiggern / der Familie Leiggener ’ belegt. Gampel hat 1744 jn den Leiggeren, was als Teil von Obergampel (vermutlich als Gegenstück zu Niedergampel) bezeichnet wird. Lebendig ist hier t Leiggernäschä belegt, ein Stück Land mit Lischgras westlich von Gampel in der Rottenebene; die Endung Näschä (cf. HL N ÄSCHÄ ) lässt sich nicht erklären. Ob es sich um die gleiche Flur handelt, ist unklar. t Leiggerfure ‘ die Furchen der Familie Leiggener ’ (Eischoll) lassen sich nicht direkt mit dem Weilernamen in Verbindung bringen. Als Deutung wird hier der FaN genommen. Leim (Lehm) Leim m. ‘ Lehm ’ ist zu schwdt. Leim, wdt. Leim, Lein, Lei m. ‘ Lehm ’ , mhd. leim(e) (I D . 3, 1267; G RICHTING 1998, 126) zu stellen; jünger ist die hd. Bezeichnung Lehm, die bei G RICHTING (1998, 126) auch verzeichnet ist. Lehm wurde sowohl als Baustoff, wie auch zu medizinischen Zwecken verwendet. Lehmige Böden eignen sich aber schlecht für Gras- und Getreidebau. Gebiete mit viel Lehmboden heissen oft einfach der Leim oder die Leime; gemeint sind also lehmige Böden, manchmal auch eigentliche Lehmgruben. Das Simplex Lei oder Leim, im Plural Leima ist im ganzen Gebiet weit verbreitet. In einem Fall erscheint ts Leimm (Staldenried): es ist unklar, ob hier die Präposition tse ‘ zu ’ oder das Neutrum vorliegt; in letzterem Fall wäre wohl ein Kollektiv gemeint. Von Leim gibt es eine Ableitung Leimmer(r)a, auch Leemera (entspricht etwa Leimere n ‘ Lehmgrube ’ (I D . 3, 1268)), eigentlich eine Stellenangabe ‘ wo es Lehm hat ’ ; manchmal ist es explizit eine Lehmgrube, manchmal einfach ein Lehmboden - das ist nicht immer zu entscheiden. Der Typ kommt etwa zehn Mal vor, einmal als Diminutiv Leimerli (Lax). In Komposita ist Leim immer Bestimmungswort. Am häufigsten ist mit rund zehn Belegen Leimegga ‘ die Ecke mit lehmigem Boden ’ . Mehrfach ist auch Leimgrabo ‘ der Graben mit lehmigem Boden ’ belegt. Weitere Grundwörter sind Acher, Bach, Blatta, Gassa, Grabu, Grüeba, Halta, Matta, Schleif, Schlüecht, See, Sita, Stein und Tola (mehrfach). Eine adjektivische / - IG / -Ableitung Leimig ist belegt in bey dem Leimigen Bild ‘ bei dem Bild(stock) aus Lehm ’ (1823, Betten), beÿm Leimigen Stutz ‘ beim steilen Anstieg mit Lehmboden ’ (1758, Greich) und zu ᵕ Leimigo Weg (1639, Greich), wo unklar ist, ob ein Adjektiv ( ‘ zum lehmigen Weg ’ ) oder eine Herkunftsangabe ( ‘ der Weg der Leute vom Lehm ’ ) gemeint ist. Eine unsichere Ableitung ist jm Leynden Beke ‘ im Gebiet des lehmigen (? ) Baches ’ (1300, Törbel), das wohl zum Verb leine n ‘ Lehm graben ’ (I D . 3, 1268) zu stellen ist, 77 78 Leim (Lehm) <?page no="44"?> aber wohl in der Bedeutung ‘ Lehm führen ’ . Vermutlich führte der Bach Lehm, wenn er mehr Wasser hatte als üblich. Nur einmal belegt ist die Ableitung Leimina im Beleg in der Leiminen ‘ im lehmigen Gebiet ’ (1753, Ried-Brig); es handelt sich hier um ein Ableitungssuffix, dessen Herkunft unklar ist. Leisa Leisa f. ‘ Spur, Geleise ’ ist zu schwdt. Leis, G ’ leis n., Leise n , Leisse n , wdt. Leissa (Mattertal), Leis (Saastal), Leisu (Lötschtal) Leisi f. ‘ Spur, (auch Schleifspur), Feldweg; Geleise; Wagenbreite; rechtlich festgesetzte Wegbreite zum Durchpass eines Wagens ’ , mhd. leise, ‘ befahrbarer Feldweg ’ zu stellen (I D . 3, 1420 f.; G RICHTING 1998, 127). Vgl. auch Wage n -G e leis (I D . 3, 1421). Bei den Belegen sind der Typ Leisi f. ‘ Weg, Feldweg ’ (nur in Agarn und Leuk) und der Typ Waguleisa ‘ befahrbarer Feldweg ’ (Niedergesteln, Raron und Turtmann) zu unterscheiden. Zu Leisi finden sich Haslerleisi ‘ der Weg des Herrn Hasler ’ (Agarn), Rongguleisi ‘ der Weg beim Gebiet Ronggu ’ , Seroleisi ‘ der Weg zum Sero ’ , und t Mittleri, t Obri und t Undri Heteeluleisi ‘ der mittlere / obere / untere Weg bei den hohen Dählen (Föhren) ’ (alle Leuk). Der Typ Waguleisa / Waguleisu ‘ befahrbarer Feldweg ’ tritt in Raron und - nur historisch - Turtmann an der Wagenleisen ‘ beim befahrbaren Feldweg ’ (1738 u. später) auf. Komplexer sind di Blagerruwaguleisa ‘ der befahrbare Feldweg zur Blagerra (minderwertiges Land) ’ (Raron), t Eigässiwaguleisa ‘ der befahrbare Feldweg zum Eigässi (kleine Gasse in der Eie (Aue)) ’ (Turtmann), die Eryll Wagenleise ‘ der befahrbare Feldweg im Gebiet Eril (Erlen) ’ (1736 u. später, Turtmann), die Gmeine Wagenleisen ‘ der befahrbare Feldweg, der der Gemeinde gehört ’ (1683, Turtmann), t Herimattuwaguleisu ‘ der befahrbare Feldweg bei der Herrenwiese ’ (Turtmann), t Mittilwaguleise ‘ der mittlere befahrbare Feldweg ’ (Raron), t Niwgüödwaguleisu ‘ der befahrbare Feldweg zum neuen Gut ’ (Turtmann), t Schlussilwaguleisu ‘ der befahrbare Feldweg zum Gebiet Schlussil (Schlüssel) ’ (Turtmann), di Turtigwaguleisu ‘ der befahrbare Feldweg zum Weiler Turtig ’ (Niedergesteln). Ein sehr unsicherer Beleg ist zer Leisnierrun, das auch als Linsnierrun gelesen werden kann, 1489 in Raron belegt. Bildungen mit / - ERRA / (S ONDEREGGER 1958, 471 f.) können Orte bezeichnen, an denen eine Pflanze häufig wächst; hier wäre das wohl die Linse, also ein ‘ Gebiet mit vielen Linsen ’ . Wenn die Deutung stimmt, müsste der Name zum HL L INSEN (mit Staubschem Gesetz) gestellt werden. Das HL L EISA ‘ Spur, Geleise ’ bietet hingegen zu diesem Flurnamen mehr Schwierigkeiten. Leischa Leischa f. kommt in rund zwanzig Namen vor. Das HL ist zwar bei Z INSLI (1984, 103, 112 und 605 (Karte 7)) als Leischu zusammen mit Leisu aufgeführt, doch gibt er keine Bedeutung an. Auch BENB (1, 3, 81 f. s. v. Leische) hat keine sichere Deutung und lehnt die Gleichsetzung mit Leisu ab. RN (2, 567) führt Laischa in Malans auf einen FaN oder PN Laisch, Leysch zurück und kennt leischen als Adjektiv ‘ glatt, schlüpfrig ’ zum lat. LENIS (RN 2, 187); beide Stellen führen kaum weiter. ZGNB (3, 188) erklärt Leischen aus Lei-isch ‘ einem Laien (Nicht-Geistlichen) gehörend ’ , was in unserem Kontext nicht zutreffen kann. C. S CHMID (1969, 186 Fn. 67) kennt Leischete als niedergetretenes Gras. Und zum Flurnamen Leischä (Gampel) gibt eine Gwp. die Erklärung <leischuchti rustig> “ wenn das Gras dem Boden nach geht ” , also etwa niedergetreten ist. Ähnlich eine Gwp. aus Visperterminen: <a leischa> “ Spur, wenn man durch stehendes Gras oder durch liegendes Heu geht ” . Den Zusammenhang dieser Deutungen zum Verb leische n (Id. 3, 1458) ‘ schleppen, rutschen ’ ist unklar. S TALDER (1812, 166) kennt das Verb als Leischen, leitschen und sagt dazu: “ ziehen, schleppen; uneigentlich mit einer Weibsperson unanständig schäkern (Saan) ” ; er erwähnt auch Leitschete ‘ zerwühlte Sachen ’ . Die ältesten historischen Belege haben bi der Leýchvn (1304, Törbel), Leyscha (1388, Termen; 1388, Törbel) und super der Leyschun (1390, Törbel). Damit ist auch klar, dass keine ursprünglich gerundete Form (Typ: Leuscha) zu Grunde liegt und dass eine Herleitung von Leisa ‘ Spur, Weg ’ kaum begründet werden kann. Leischa ist am ehesten zum Verb leische n zu stellen; die Deutung von Leischete als ‘ niedergetretenes Gras ’ weist darauf hin, dass etwas Schweres das Gras niederdrückte. Eine indirekte Deutung gibt der historische Beleg von 1552 in Binn: die Leymscha. Der Autor schliesst den ihm unbekannten Namen an das Wort Leim für Lehm an; diese Deutung muss wohl als volksetymologisch bezeichnet werden. Eine genaue Deutung steht jedoch aus. Der unsichere Beleg zen Holöuschen ‘ bei den hohen Leischen ’ (1717, Glis; 1717 Visperterminen) wurde von der Bearbeiterin zum HL L ISCHA gestellt, doch weist die hyperkorrekte Form Löuschen eher auf Leischen hin. Ebenfalls zu Leischa ist wohl der zweite Beleg in der Leÿschen ‘ in der Leischa ’ von 1542 in Mund zu stellen - hier ist von einem Acker die Rede; der erste gehört jedoch zu Lischa; hier spricht der Text von einer Viehweide. Zwölf Mal ist das Simplex Leischa belegt, im Obliquus meist als in / an der Leischu; zwischen Singular und Plural lässt sich nicht sicher unterscheiden. In Hohtenn kommt eine erweiterte Form in der Leischinu vor, und in Niedergesteln t Leischini, vermutlich mit diminutiver Leisa 79 80 <?page no="45"?> Bedeutung. Der Singular des Diminutivs erscheint in Naters als ts Leischi (historisch 1586 Leischa), in Ausserberg zweimal als ts Leischji (FLNK Leischi). Inner Leischu (Visperterminen) enthält assimiliertes in der und nicht das Adj. inner. Unsicher ist auch Holeischu ‘ die hohe Leische ’ , das im einzigen Beleg von 1717 zen Holöuschen aufweist; zu vermuten ist eine Hyperkorrektur, die zu einer falschen Rundung führt. Das einzige Kompositum mit Leischa als Grundwort ist t Chüeleische (Täsch), das im Kommentar als ‘ Moräne, Schafweide ’ bezeichnet wird; dennoch darf angenommen werden, dass hier auch Kühe weideten. Als Bestimmungswort kommt das HL vor in der Leischacher (Randa), t Leischuachra ‘ die Äcker bei der Leischina ’ (Hohtenn), Leischbode (Fieschertal) und historisch beÿ dem Leischen Thirlin ‘ bei der kleinen Türe bei der Leische ’ (1695, Eggerberg). Leischier Leischier ist als Leischier (Leukerbad; LT Leischier; bei R. G RICHTING (Blatt 9, Nr. 1 und Blatt 21, Nr. 20) als Leyscher) und ts Leischier (Varen; FLNK Leischer) belegt. Historisch sind lo lesyer (1361, Leukerbad) und ou lesier (1346, Varen; 1722 im Leischer) belegt. T AGMANN (1946, 24) kennt Leischier für Varen und schlägt vor, es auf li ž y ē ̜ r ‘ ein (Kiesel-)Stein ’ zurückzuführen (cf. HL L ESIER für Salgesch), erwähnt aber auch andere, seiner Ansicht nach falsche Deutungen. Leita Leita f. ist zu schwdt. Leiti f., wdt. Leita, -ä, -u f. ‘ Leitung; Wasserleitung, Wasserrinne; Runse; Waldweg ’ , mhd. leite ‘ Leitung, Führung; Weg, auf dem gefahren wird ’ (I D . 3, 1494 f.; URNB 2, 539 ff.; G RICHTING 1998, 127 s. v. leite, leitn (Lötschental), leitu ‘ lenken, führen ’ , 237 s. v. Wasserleita, Wasserleitä (Goms), Wasserleitu ‘ Wasserrinne ’ ) zu stellen. Von den über 400 Belegen enthalten mit wenigen Ausnahmen alle den Typ Wasserleita (I D . 3, 1496; G RICHTING 1998, 237). Es handelt sich dabei um künstliche Bewässerungskanäle, die unter den Namen Suon für das Wallis bekannt geworden sind (cf. B ELLWALD / W ÜRTH 2006). In den historischen Belegen wird statt Wasserleita häufig das lateinische aquaeductus ‘ Wasserleitung ’ gebraucht; nicht immer ist dann klar, ob es sich um einen Flurnamen oder um ein blosses Appellativ handelt. Im westlichen Bezirk Leuk kommt hinzu, dass nicht sicher ist, ob und wenn ja, ab wann ein Name deutsch verwendet wird. Ein Beispiel für die Komplexität zeigt etwa ein Beleg von 1328 aus Turtmann: supra nouum aqueductum de la tortemagny - also ‘ über der neuen Wasserleitung aus der Turtmänna ’ . 1616 steht für die vermutlich gleiche Wasserleitung nur Niwen, also ‘ die Neue (Wasserleitung) ’ . Es ist davon auszugehen, dass letzteres der deutsche Name ist, während der erste Beleg wahrscheinlich nur als Appellativ zu verstehen ist. Das Simplex im Singular steht als Wasserleita (FLNK, Saas Fee), t Wasserleita (Ausserberg), zer Wasserleite (Bellwald, Fieschertal), uf der Wasserleite (Binn), unner der Wasserleite (Binn) und in einigen historischen Belegen, darunter z Wasserleitten ‘ bei der Wasserleitung ’ (1620 u. später, St. Niklaus). Die Präpositionen zeigen an, dass es sich um Fluren bei und um die Wasserleiten herum handelt. Die Form Wasserleitu ist in uf der Wasserleitu (Stalden), zer Wasserleitu (Randa) belegt. zer Wasserleitung ‘ bei der Wasserleitung ’ findet sich in Ferden, wo aber 1665 zúr Wasserleúten steht, also nicht die heutige / - UNG / -Form. Noch seltsamer ist am gleichen Ort die Wasserleúten Súon (1665, Ferden), wo offenbar Suon (die Bezeichnung in Teilen von Westlich-Raron) als Name für eine Wasserleitung aufgefasst wird. Wohl ein Verschreiber liegt vor in Thwasserletta ‘ die Wasserleitung ’ (1573, Ausserbinn), die als villagium ‘ kleine Siedlung ’ bezeichnet wird. Ein Plural ist in t Wasserleite ‘ die Wasserleitungen ’ (Niedergesteln) belegt, wobei eine heute nicht mehr bewohnte Kleinsiedlung gemeint ist. In Raron ist unner de Wasserleitu ‘ unter den Wasserleitungen ’ belegt. Historisch sind auff den Wasserleiten (1741, Guttet), zwischen den Wasserleiten (1753, Fiesch) und an den Wasserleÿtton (1478, Mund) bezeugt, auch hier wieder mit Fluren bei Wasserleitungen. Das Diminutiv ist im Singular nur in zum Wasserleitji ‘ bei der kleinen Wasserleitung ’ (Hohtenn) vertreten. Attributive Adjektive zum HL können hier wegen ihrer Anzahl nur als Typen behandelt werden: uf der Altu Wasserleitu ‘ auf der alten Wasserleitung ’ (Stalden). Fast alle dieser rund zehn Belege heissen entweder Aalti (FLNK, Ergisch) oder sind lateinisch als subtus antiquum aqueductum ‘ unter der alten Wasserleitung ’ (1400, Termen) oder de aqueductu ueteri ‘ (das Wasser) der alten Wasserleitung ’ (1322, Unterems; 1825 die Alten) belegt. Nur eines ist ein Diminutiv ts Alt Wasserleitji ‘ die alte kleine Wasserleitung ’ (Visperterminen). Auch der Typ dy Gemeynun Wasserleytun ‘ die Wasserleitung, die der Gemeinde gehört ’ (1351, Törbel) kommt in den neun Belegen meistens lateinisch als communem aqueductum ‘ die Wasserleitung, die der Gemeinde gehört ’ (1488, Kippel) oder ähnlich vor. di Grossi Wasserleitu ‘ die grosse Wasserleitung ’ (Hohtenn, Salgesch) ist auch als sub magno aquaductu ‘ unter der grossen Wasserleitung ’ (1540, Ernen) und die Gross Wasserleÿtta ‘ die grosse Wasserleitung ’ (1570, St. Niklaus) historisch belegt. die Höchen Wasserleitten ‘ die hohen Wasserleitungen ’ (1695, Zermatt) kommt ähnlich auch in Gluringen in Reckingen 81 82 Leita <?page no="46"?> vor. das Klein Wasserleittlin ‘ die kleine Wasserleitung ’ (1575, Steg) findet sich nur einmal. die Mitleste Wasserleiten ‘ die mittlere Wasserleitung ’ (1691, Guttet) und der Mittlen Wasserleyten ‘ (das Wasser aus) der mittleren Wasserleite ’ (1553 u. später, Visperterminen) ist neben andern auch lateinisch als subtus aqueductum medium ‘ unter der mittleren Wasserleitung ’ (1279, Glis) belegt. Ein seltsames Durcheinander findet sich als Mittla Suon ‘ die mittlere Wasserleitung ’ (LT, Ausserberg), wo die historischen Belege medius … aqueductus ‘ die mittlere Wasserleitung ’ (1483 u. später, Ausserberg) haben. t Niiwi Wasserleitu ‘ die neue Wasserleitung ’ (Varen) ist nur lebend belegt. In Leuk kommt Niiwi Wasserleitu (FLNK, Leuk) lebend vor, wozu aber der historische Beleg aqua ’ ductum noua ‘ der neuen Wasserleitung ’ (1530, Leuk) zu stellen ist. In Biel ist 1643 ein lateinischer Beleg zu sehen, 1733 ist aber ob der Niwen Wasserleiten ‘ oberhalb der neuen Wasserleitung ’ bezeugt. Von den rund zehn Belegen sind mehr als die Hälfte nur lateinisch überliefert. Ähnliches gilt für Ober Wasserleite ‘ die obere Wasserleitung ’ (FLNK, Biel) und t Oberu Wasserleitu ‘ die obere Wasserleitung ’ (Saas Almagell), das meist lateinisch als ab aqeductu superiori ‘ von der oberen Wasserleitung ’ (1322, Guttet) oder ähnlich belegt ist. Ein Diminutiv findet sich in ts Ober Wasserleitji ‘ die obere kleine Wasserleitung ’ (Gampel, Visperterminen). die Oberste Wasserleiten ‘ die oberste Wasserleitung ’ (1810, Feschel und Guttet) ist schon 1322 lateinisch für Guttet belegt. Zweimal kommt die Bess Wasserleÿtten ‘ die böse Wasserleitung ’ (1569 u. später, Visperterminen), resp. die Bösschwasserleiten ‘ die böse Wasserleitung ’ (1550, Naters) vor. Nicht ganz klar ist die Rechtun Waszerley`tun ‘ die rechte Wasserleitung ’ (1334, Törbel), aber der Kontext gibt darüber keine Auskunft. Der Typ t Unneru Wasserleitu ‘ die untere Wasserleitung ’ (Saas Almagell) tritt lateinisch als subtus inferiori aqueductu (1548, Törbel, aber auch deutsch als bey der Untern Wasserleiten ‘ bei der unteren Wasserleitung ’ (1896 u. später, Feschel) oder gar nur als die Undren ‘ die untere (Wasserleitung) ’ (1743, Ausserberg) auf. Auch hier gibt es zwei Diminutive ts Unner Wasserleitji ‘ die untere kleine Wasserleitung ’ (Gampel, Visperterminen). Vorangestellte Genitive sind: der Glawigen Wasserleiten ‘ die Wasserleitung der Familie Clavien ’ (1722, Leuk), vff Grubers Wasserleÿtta ‘ auf der Wasserleitung der Familie Gruber ’ (1604 u. später, Visperterminen), Grunderro Wasserleiton ‘ die Wasserleitung der Leute vom Grund (vermutlich Grund im Gantertal) ’ (1400, Termen), Kalpetraner Wasserleita ‘ die Wasserleitung der Leute von Kalpetran ’ (FLNK, Embd), Kromisch Wasserleitten ‘ die Wasserleitung des Kromi / beim Kromji (kleines eingezäuntes Stück Wiese) ’ (1634, Naters), Laudunerro Wasserleyta ‘ die Wasserleitung der Leute von Lalden ’ (1312, Lalden; früher und später andere Bezeichnungen), aqueductum Laggero ‘ die Wasserleitung der Leute von Lax ’ (1487, Lax), aqua ’ ductum vocatum … Leiggero ‘ die Wasserleitung, die man jene der Leute von Leuk nennt ’ (1746, Leuk), t Lüegjerruwasserleitu ‘ die Wasserleitung, die an der Lüogju (Aussichtsstelle) vorbeiführt ’ (Niedergesteln), die Martisberger Wasserleütten ‘ die Wasserleitung von / nach Martisberg ’ (1683, Martisberg), aqueductum petri ‘ bei der Wasserleitung des Peter ’ (1579, Salgesch), Bo ᵉ tsch Wasserleytaz ‘ die Wasserleitung des Peter (PN) ’ (1551, Zermatt), ts Brunnjisch Wasserleitu ‘ die Wasserleitung der kleinen Quelle / des kleinen Brunnen (unklar) ’ (Saas Almagel), wo auch eine umgangssprachliche Form des FaN Brunner vorliegen kann, aqueductus Rodani ‘ die Wasserleitung vom / zum Rotten ’ (1320, Leuk), Sewero Wasserleytun ‘ die Wasserleitung der Familie Sewer ’ (1448, Zermatt), t Stägerru Wasserleitu ‘ die Wasserleitung der Leute von Steg ’ (Niedergesteln), aqueductum Dale ‘ die Wasserleitung aus der Dala ’ (1534, Salgesch) (Dale [eig. Dalae] ist ein Genitiv zu Dala), die Deischerwasserleita ‘ die Wasserleitung nach Deisch (Mist) ’ (Grengiols), Zupgiss aqueductum ‘ die Wasserleitung von der kleinen Wasserfassung her ’ (1584, Reckingen; 15? ? des Zugbis Wasserleiten), t Ärgischerwasserleitu ‘ die Wasserleitung für das Territorium Ergisch, von der “ Turtmänna ” her ’ (FLNK, Ergisch). Ein Teil der / - ER / - Ableitungen lassen sich auch als Adjektive lesen. Die meisten betreffen Eigentümer oder Nutzer, einige wenige nahe gelegene Fluren. Die Zahl der mehrgliedrigen Komposita mit dem Typ Wasserleita ist sehr hoch. Mehrfach belegt ist vor allem Hauptwasserleita ‘ die wichtigste Wasserleitung ’ , das in dieser und anderen Formen rund zehn Mal, allerdings nur historisch belegt ist, u. a. in Betten, Eggerberg, Fieschertal, Geschinen, Gluringen, Münster, Niederwald und Reckingen, also im Goms und in Östlich-Raron. Es ist unklar, ob hier wirklich ein Name vorliegt, oder einfach die wichtigste Wasserleitung gemeint ist. Die meisten anderen Konstruktionen geben den Ausgangs- oder Zielort der Wasserleitung an, manchmal auch eine Flur, an der die Wasserleitung vorbeiführt. Für die Einzelbelege sei auf die entsprechenden HLL verwiesen. Auch komplexere Fälle sind zahlreich. So gibt es z. B. dÿ Obre Bietzwasserleitta ‘ die obere Bietschwasserleitung ’ (1420, Ausserberg), in inferiori aqueductu Grencharro ‘ in der unteren Wasserleitung der Leute von Grächen ’ (1388, Grächen), die Grosacherwasserleiten ‘ die Wasserleitung vom / zum Grossen Acker ’ (1666, Eyholz), t Chüonubodowasserleita ‘ die Wasserleitung vom / zum Boden der Familie Kuonen ’ (Glis) und viele andere mehr. Seltsam ist di Biwässrigswasserleita ‘ die Bewässerungs- Leita 83 84 <?page no="47"?> wasserleitung (ca. 1950, vom Rotten her) ’ (Brigerbad), welche die Funktion der Wasserleitung im Bestimmungswort betont. unter der Riziger Dorfwasserleite ‘ unter der Dorfwasserleitung von Ritzingen ’ (1857) nennt nicht nur den Ort, sondern auch das Ziel der Wasserleitung. Auf die weiteren Konstruktionen wird aus Platzgründen nicht eingegangen. Sehr selten ist Wasserleita ein Bestimmungswort- Kompositum. Die Grundwörter sind: Bodu, Suon (sic! ) und Wald. Neben diesem Typ gibt es eine Ableitung Leitig f. ‘ Leitung ’ auf / - IG / , das dem hdt. / - UNG / entspricht. Die Belege sind di Truckleitig ‘ die Druckleitung (für das Wasser) zum Kraftwerk “ Milachru ”’ (Turtmann) und t Chlotzjileitig ‘ die Leitung beim Chlotzji (unklar) ’ (Leuk), t Niiwi Illwasserleitig ‘ die neue Wasserleitung aus dem Illbach ’ (Leuk). Unklar ist die Segmentation in ts Leitigufer ‘ das Steingeröll mit der Leitung (wohl Leitung der Seilbahn auf das Gibidum? ) ’ und der Leitiguferschleif ‘ der Schleif hinunter zum Leitigufer ’ (beide Eyholz). Hier kann sowohl Leitig + Gufer, wie das sonst nicht belegt Leiti + Gufer analysiert werden. Leiter Leiter, auch Leitra f. ist zu schwdt. Leitere(n) und wdt. Leitra, Leiträ (Goms), Leitru f. ‘ Leiter; Name von leiterähnlichen Gegenständen ’ , in Flurnamen ‘ leiterähnliches Gebilde, das als Stegersatz zur Querung von Bächen dient oder in Bergen den Durchstieg durch steiles Gelände erleichtert ’ (I D . 3, 1497; URNB 2, 542 ff.; G RICHTING 1998, 126) zu stellen. Als Simplex im Singular ist belegt t Leitere ‘ die Alpe, die einer Leiter gleicht ’ (Reckingen). Das Simplex im Plural erscheint als t Leiträ ‘ die Leitern (steiler Weg und Hang) ’ (Gampel), Leiträ ‘ die Leitern (von Leukerbad nach Albinen) ’ (FLNK, Leukerbad; R. G RICHTING (1993, Blatt 24, Nr. 5); 1: 10000 Leitern, LT Albinenleitern), t Leitre ‘ die Leitern (steiler Weg) ’ (Bratsch, Koordinaten fehlen), t Leitre ‘ die Leitern von Varen (steiler Weg) ’ (Varen). Das Simplex Singular im Diminutiv ist belegt als ts Leiterli ‘ die kleine Leiter (laut Gwp. war dort früher eine Leiter) ’ (Randa), Leiterli ‘ die kleine Leiter ’ (FLNK, Eischoll; Motivation unklar), ts Leiterli ‘ die kleine Leiter (Tritte durch den Felsen) ’ (Leukerbad, auch 1: 10000; R. G RICHTING (1993, Blatt 26 Nr. 4; Blatt 4, Nr. 13 ist bei uns nicht belegt), Als Grundwort findet sich das HL mit Ortsbezeichnungen: Albinerleitre ‘ die Leitern von Leukerbad nach Albinen ’ (FLNK, Leukerbad; LT und SK Albinenleitern), die Badner Leÿtren ‘ die über den Felshang führenden Leitern auf dem Weg nach Leukerbad ’ (1660, Albinen), Varnerleitre ‘ die Varner Leitern (steiler Weg) ’ (FLNK, Leuk; LT Varner Leitern). Singulär belegt ist di Geisleitre ‘ wo Geissleitern wachsen (Pflanzenname, wohl E PILOBIUM ANGUSTIFOLIUM (Wald-Weidenröschen) ’ (Zeneggen). Den Pflanzennamen belegen I D . (3, 1498) und M ARZELL (2, 220); vgl. auch L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 562). Als Bestimmungswort kommt das HL mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita vor: Bäärg, Grabu, Spitz und Wäg. Komplexer ist t Leiterbachtele ‘ die Wasserrinnen beim Leiterberg ’ (Münster). Im Einzelnen ist die Motivation des HL unklar, soweit nicht feste Leitern gemeint sind. Leitsch Leitsch ist nur belegt in der Leitschwaso (Eyholz). Der Kommentar von Gwp. legt nahe, dass Leitsch zum Verb leite n ‘ leiten ’ (I D . 3, 1491, G RICHTING 1998, 127) zu stellen ist. Allerdings erklärt dies die Form Leitsch nicht, die auch zum Verb leitsche n ‘ schleppen ’ (I D . 3, 1536) gestellt werden könnte. Inhaltlich ist ‘ die (das Wasser) führenden Rasenstücke ’ sinnvoll, aber die Deutung scheint sekundär zu sein, um dem Namen einen Sinn zu geben. Die Annahme eines PN im Genitiv ist möglich, wird aber durch keine weiteren Angaben gestützt. Lemeschon Lemeschon ist nur 1252 in Embd als citra uillam de Lemeschon belegt, was sich als ‘ beim Dorf Lemeschon ’ verstehen lässt. Der Name ist unklar. Vermutlich steht er im Dativ; es könnte sich auch um eine romanische Form handeln. Eine Deutung ist mangels weiterer Hinweise nicht möglich. Lena (PN) Lena (PN) f. ist wohl eine Kurzform zu Magdalena oder Helene (I D . 3, 1283, s. v. L ē ne). Es kommt vor in ts Leenuhüs ‘ das Haus der Lena ’ (Niedergesteln), z Lenenhau ᵕ ss ‘ das Haus der Lena ’ (1733, Eischoll) und beÿ Leni Brúnnen ‘ bei der Quelle / dem Brunnen der Leni ’ (1807, Mörel). Auch hieher gehört die 1527 in Unterems erwähnte Lenae Querreÿ ‘ (das Land) der Lena Querrey ’ (Genitiv ist konstruktionsbedingt). In einigen Fällen könnte aber auch eine Ableitung zu Lee n. ‘ Lehn ’ vorliegen. Lendi Lendi ist sicher nur im Namen t Pfaffelendi (Lax) belegt. Der erste Teil betrifft den FaN Pfaffen. Das Grundwort Lendi hingegen ist unklar. Laut Beschreibung und Karte handelt es sich um ein steiles Gelände am rechten Ufer des Rottens, der dort eine tief eingeschnittene Schlucht 85 86 Lendi <?page no="48"?> gebildet hat. Das Lemma ist wohl eine feminine Ableitung auf / - I / zu Land, vermutlich eine Art Kollektiv: ‘ das Stück Land ’ . URNB (2, 545 f.) interpretiert Lende als “ Stelle, wo man Flössholz aus dem Bach holte ” (mit Verweis auf I D . 3, 1309 f., 1311); in unserem Fall angesichts der Topografie eher unwahrscheinlich. Auch die anderen Bedeutungsangaben s. v. Ländi II (I D . 3, 1311) beziehen sich auf “ Landungsplatz ” und kommen deswegen kaum in Frage. Wieweit die zwei Belege für Abenlende (1304 Eischoll; 1307 Bürchen) als ‘ im Westen liegendes Land ’ zu verstehen sind oder als ‘ abgelegenes Gebiet ’ (cf. HL A BEND ), ist unklar. Lendine Lendine ist der Plural eines Feminins und zweimal belegt: t Lendine (Baltschieder; EK) und Lendine (EK, Eggerberg). Die beiden Belege befinden sich auf etwa der gleichen Höhe, aber deutlich voneinander entfernt. Der Beleg für Baltschieder ist nördlicher und im Gebiet Galkichumma, der Beleg für Eggerberg befindet sich am Hosehiligrabo am Rothorn. Beide Belege bezeichnen Gebiete, die so hoch liegen, dass ein Bezug zu Ländi ‘ Landungsplatz ’ (I D . 3, 1311) ausgeschlossen ist. Lautlich würde zwar Lendi, im Plural Lendene n ‘ die Lendengegend ’ (I D . 3, 1314) passen, aber inhaltlich lässt sich kaum ein Zusammenhang herstellen, auch nicht zu den abgeleiteten Formen wie ‘ starker Körperbau ’ . Insgesamt bleibt der Name unklar. Leng Leng ‘ lang ’ Adj. ist zu schwdt. lang, ‘ räumlich: lang; hochgewachsen; dünn, kraftlos ’ , mhd. lanc, langes, Nebenform lenge und wdt. leng, läng ‘ lang ’ (I D . 3, 1321 ff.; G RICHTING 1998, 127) zu stellen. leng bezeichnet in Namen grundsätzlich die räumliche Eigenschaft (Ausdehnung) eines Grundstücks oder einer Geländepartie, selten ist damit der zeitliche Aspekt (Dauer) gemeint, z. B. bei Längu Schnee (Niedergesteln, St. Niklaus), Leng Iisch (Eisten) (vgl. URNB 2, 497). Schriftlich erscheint das Adjektiv auch als lang; lautlich ist zwischen leng und läng zu unterscheiden (vgl. SDS 1, 35 zu eng); generell überwiegt / e/ , ausser im mittleren Oberwallis. Das HL kommt in rund 380 Namen vor. Die meisten Belege enthalten ein flektiertes oder unflektiertes attributives Adjektiv zu nominalen Grundwörtern im Singular oder Plural, die im Folgenden in ihrer HL-Form angegeben sind: Acher, Äbi, Äbnet, Ägerta, Balma, Biel, Biina, Bleicka, Bodu, Bord, Brand, Brigga, Chännel, Cheer, Chumma, Egg(a), Eie, Erb, Erle, Fach, Fad, Fäld, Fall, Fääsch, Flüö, Fura, Gadu, Gartu, Gassa, Gletscher, Grabu, Gufer, Haalta, Hitta, Höu, Hüs, Iisch, Lischa, Luscha, Los, Mad, March, Matta, Mischi, Moos, Müra, Mutt, Ort, Rieba, Rischinu, Riti, Ritz, Sand, Schiir, Schleif, Schluocht, Schlüche, Schnee, Schnitta, Schnüär, Seich, See, Sita, Söüm, Stafel, Stapfa, Stei, Strich, Strick, Stuck, Stüde, Tal, Teiff, Tranner, Treije, Tschugge, Wang, Wasser, Weid, Wild und Zett. Die beiden weitaus häufigsten sind dabei Matta (über 50 Belege) und Acher (über 40 Belege). Komplexere Konstruktionen enthalten entweder zwei attributive Adjektive wie t Chlei Leng Flüe ‘ die kleine lange Fluh ’ (Täsch; LT Chli Längflue; FLNK Chlei Lengflüe), Längi Ängschti Chumma ‘ die lange engste Chumma (Mulde) / die lange Chumma (Mulde) der Familie Engscher ’ (Raron; wenn Ängschti als Adjektiv gesehen wird), in den Vnderen Langen Rieben (1731, Visperterminen), in den Vnderen Langen Achren (1607, Visperterminen), t Unner Leng Matta (Mund) und andere, oder wenn das Grundwort schon selbst ein Kompositum ist, wie in Langen Matten Maúer ‘ die Mauer bei der langen Wiese ’ (1866, Steg), der [Gen.] Langen Wandflúh ‘ die lange Fluh, die wie eine Wand aussieht ’ (1834, Varen), t Längi Leerchbletschu ‘ die lange Bletschu (Ebene) mit Lärchen ’ (Niedergesteln) und andere mehr. Das Adjektiv tritt auch als Erstglied in Komposita auf: Längegg ‘ die lange Ecke ’ (FLNK, Birgisch), Langgassen ‘ die lange Gasse ’ (1816, Oberems), t Längimatta ‘ die lange Wiese ’ (Turtmann), Längseewji ‘ der lange kleine See ’ (Oberems; LT Meidsee), Längwald ‘ der lange Wald ’ (LT, Naters), Lengacher ‘ der lange Acker ’ (FLNK, Ausserbinn und weitere Gemeinden), ts Lengbord ‘ das lange Bord (Abhang, Böschung) ’ (Blatten; LT Lengs Bord; FLNK Leng Bord), ts Lengärggi ‘ der kleine lange Garten ’ (Ried- Brig), zem Lenggufer ‘ beim langen (langgestreckten) Steingeröll ’ (Kippel), Lenghaute ‘ die lange Halde ’ (FLNK, Selkingen), ts Lengmaad ‘ die lange Mähwiese ’ (Ferden), t Lengmatta ‘ die lange Wiese ’ (Eyholz und weitere Gemeinden), ts Lengtal ‘ das lange Tal (auch der Name von Tal und Heiligkeuz) ’ (Grengiols) und weitere mehr. Auch hier gibt es komplexere Konstruktionen wie der Lengacherschleif ‘ der (Holz-)Schleif beim Lengacher (langer Acker) ’ (Eyholz, Visp), t Lengbachgrüeba ‘ die Mineraliengrube am langen Bach ’ (Binn), Lengflüebärg ‘ der Berg (Alpe) bei der langen Fluh ’ (FLNK, Randa), der Lengflüegletscher ‘ der Gletscher bei der langen Fluh ’ (Täsch; LT Längfluegletscher, SK Langenfluh Gletscher), Lengmooswäg ‘ der Weg am Lengmoos (langes sumpfiges Gelände) vorbei ’ (FLNK Ried-Mörel; LT Lengmoosweg) und andere mehr. Entgegen den Erwartungen ist aber t Lengeschtrass (Oberwald) nicht eine lange Strasse, sondern die ‘ Strasse zur Alpe Lenges ’ (cf. HL L ÄNGES ). Eine seltene Form stellt der vorangestellte Genitiv in ts Lengi Wangsch Grabem, ts Lengi Wangsch Loib und ts Lengi Wangsch Läger (alle Blatten) dar, wobei Graben, Laub und Läger zur Voralpe Lenge Wang gehören. Lendine 87 88 <?page no="49"?> Als Simplex erscheinen Formen zu schwdt. Längi f. ‘ Länge (räumlich und zeitlich) ’ und wdt. Lengi, Längi ‘ Länge, Zeitraum ’ (I D . 3, 1337; G RICHTING 1998, 127), das eine / - I / -Ableitung zum Adjektiv enthält (S ONDEREGGER 1958, 495); im Kontext der Flurnamen ist die räumliche Länge gemeint. Belegt sind ein Plural t Lengine (Filet) ‘ die langen Grundstücke ’ und zwei Diminutive ts Lengji ‘ der kleine lange Wiesenstreifen ’ (beide Mund). Nur einmal belegt ist dr Lengigen Wildi ‘ die Wildi der Familie Lengen ’ (Simplon), das zum FaN Lengen zu stellen ist; das ebenfalls belegte Lengilla (Varen) (cf. HL L ENGGILA ) kann auch eine weibliche Form des FaN Lengen darstellen. Einen eigenartigen Fall stellen Uiflengun (Blatten) und das zweimal in Gampel belegte Üflängä dar. Beide enthalten die ursprüngliche Präposition uif (Lötschental) und üf ‘ auf ’ und eine Ableitung des HL, vermutlich auf Länga ‘ das langgestreckte Grundstück ’ (vgl. S ONDEREGGER 1958, 511, der diese Fälle als feminine JÔ -Bildungen bezeichnet, wobei germ. ô im ahd. als a erscheint). In Blatten findet sich ein Namennest mit t Uiflenguschiirä ‘ die Scheuern im Gebiet Uiflengun (auf dem langgestreckten Stück Land) ’ und dr Uiflenguwald ‘ der Wald oberhalb der Uiflengun (langgezogenes Stück Land) ’ ; nur historisch ist 1669 beÿ dem Vfflengenhaús ‘ beim Haus bei Uiflengun ’ belegt. Lengen (FaN) Lengen (FaN) ist ein FaN, auch Längen, Langen und Varianten (AWWB 148). Er ist belegt in ts Lengusch Weidu ‘ die Weide der Familie Lengen ’ (Hohtenn) und dr Lengigen Wildi ‘ das unfruchtbare Gebiet der Familie Lengen ’ (1759, Simplon) mit einer kollektiven / - IG / -Ableitung. Die unter HL L ENGGILA aufgeführten Flurnamen können zu einer weiblichen Form von Lengen gehören. Lenggila Lenggila kommt lebend in Ausserberg als t Lenggila vor; es ist dort auch historisch 1694 als an der Lengilenmatten, 1796 Lengillo Matta beelegt. Der Beleg von 1796 deutet auf einen Genitiv; im Register der HRBS ist unter Lengen (FaN) auch Lengilla für eine Frau erwähnt; es kann sich hier also um das Besitztum einer Frau Lengen handeln. I D . (3, 1336) kennt Länggele n als ‘ Birnsorte, Langbirne, beliebtes Dörrobst ’ , doch ist es unüblich, dass Wiesen nach einer Birnensorte benannt werden. Gwp. dagegen scheint an das HL G ILLA ‘ Pfütze ’ zu denken: “ Daneben Pfütze ” . Dagegen spricht die Betonung (Akzent auf der ersten Silbe) und das Vorkommen von / l/ an Stelle von / ll/ . Ein anderer historischer Beleg von 1722 in Varen ist als petiam vineae Varonae in d Lengilla bezeugt. Ein weiblicher FaN zu Lengen ist die wahrscheinlichste Deutung. Lengnon Lengnon ist nur belegt in zen Lengnon Alnon (1320, Termen). Es liegt wohl ein Dativ Plural zu mhd. lanc ‘ lang ’ (I D . 3, 1321) vor. Da Alnon wohl zu lat. ALNUS ‘ Erle ’ zu stellen ist, ergibt sich ‘ bei den langen Erlen ’ (cf. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 210 ff. s. v. A LNUS mit Unterarten). Lenz (PN) Lenz (PN) ist ein PN, der zu Lorenz oder Leonhard zu stellen ist (I D . 3, 1346 s. v. Lenz). Während Lentz Stadell ‘ (beim) Stadel des Lentz ’ (1648, Betten) einen Genitiv enthält, weist in der Lenzi Matten ‘ auf der Wiese des Lenz ’ (Unterems) wohl ein Diminutiv auf. ts Läntsch Heehi ‘ die Höhe des Lenz ’ (Randa) enthält wie ts Läntsch Bildtanna ‘ die Bildtanne des Lenz ’ (Birgisch) einen Genitiv. Die lebenden Belege zeigen ein offenes / ä/ , während die historischen ein / e/ aufweisen; die Aussprache wird gleich sein. Das homografe Lenz ‘ Frühling ’ (G R W B 12, 753 ff.) kommt im Oberwallis nicht vor (cf. HL L ANGGSE ). Lenz Lenz m. ist ein Gipfelname. Sir William Conway benannte den Südlenz (J ULEN 1951, 32) so. Das Bennenungsmotiv ist unbekannt, vermutlich aber zu Lenz ‘ Frühling ’ (G R W B 12, 752 ff.) zu stellen. Der Gipfel ist auch als Lenzspitze (LT Saas-Fee; SK West-Lenzspitze) bekannt. der Südlännz (Saas Fee) und ts Lännzjoch ‘ das Lenzjoch (Joch zwischen Dom und Felsspitze) ’ sind die lebenden Belege in Saas Fee. Randa hat ts Lenzjoch und der Südlenz. Lenz ist als Wort für ‘ Frühling ’ im Oberwallis sonst nicht belegt. Leo (PN) Leo (PN) ist nur einmal belegt in ts Leosch Schiirli ‘ die kleine Scheuer des Leo ’ (Ried-Mörel). Laut Gwp. von 1973 handelt es sich um Leo Minnig, der Nälluleosch genannt wurde. Es handelt sich in der Vollform um den PN Leopold, der in anderer Form als L ē pold in I D . (3, 1352) belegt ist, oder den selteneren Leonhard, im I D . (3, 1286 s. v. Lienert). Leoone Leeone ist als Monte Leoone ‘ der Monte Leoone ’ (Zwischbergen; SK und FLNK Monte Leone) und ts Montiljoone ‘ das Monte Leone (Restaurant/ Hotel auf der Passhöhe) ’ (Simplon) belegt. Das Wort lehnt sich zwar an it. leone m. ‘ Löwe ’ an, doch S T . V ASSERE (p. c.) geht davon aus, dass 89 90 Leoone <?page no="50"?> einfach Montilione oder Monteleone ‘ grosser Berg ’ gemeint ist. Lepollti (PN) Lepollti (PN) ist ein Diminutiv zum PN Leopold (I D . 3, 1352 s. v. L ē pold). Belegt ist der PN in t Lepolltitanne ‘ die Tannen des Leopold (keine Tannen mehr, aber im Gebiet Tanne) ’ (Ulrichen). Die Diminutivform auf / - I / ist für Männer geläufig; um welche Person es sich handelt(e), wird nicht gesagt. Laut Gwp. befindet sich dort keine Tanne. Es scheint aber, dass sich mehrere Fluren im Gebiet Tanne (FLNK Ulrichen) befinden, die auf Besitzernamen zurückgehen (t Baarbitanne ‘ die Tannen der Barbi (Barbara) ’ , t Fäldertanne ‘ die Feldertanne ’ (wobei Felder nicht näher bestimmt ist), Ulrichen). Der Beleg weist keinen Genitiv auf, sondern bildet ein Kompositum mit Lepollti als Bestimmungswort. Lerbinen Lerbinen ist nur 1714 in Lalden als in der Lerbinen belegt. In Klammer notiert der Explorator Kerbinen (? ), er ist also nicht sicher. Es handelt sich vermutlich um ein Feminin im Dativ Singular, doch ist das zu Grunde liegende Wort nicht zu erkennen. Im lateinischen Text ist von einem petiam fundi syluestris ‘ ein Stück eines Waldgutes ’ die Rede, doch führt auch diese Stelle nicht zu einer Deutung. Lerch Lerch m., auch Lärch m. ‘ Lärche ’ ist zu schwdt. Lärch m., n., f. Lärche(n), L ē rch(en), Lorche(n), Lörche(n)), wdt. Lercha, Lerchä ( G oms), Leerchu ‘ Lärche, Larix europea; Lärchenholz ’ , als ON ‘ Ort, wo viele Lärchen stehen oder standen ’ , mhd. larche (I D . 3, 1380; G RICHTING 1998, 127) zu stellen. Da bei flektierten Formen wie am / im Lärch nicht unterschieden werden kann, ob es sich um ein Maskulinum (einzelne Lärche) oder ein Neutrum (Lärchengehölz) handelt, wird normalerweise Lärchengehölz oder Lärchenwald angenommen. Die Bäume stehen im Allgemeinen vereinzelt, nicht sehr dicht, im Unterschied zu Tannen, sodass sich Lärchengehölz eher anbietet. Wenn jedoch explizit von Lärchwald die Rede ist, wird auch die Umschreibung ‘ Wald mit Lärchen ’ oder ‘ Lärchenwald ’ gewählt. In einigen Fällen geben die Gwpp. an, dass sich keine Bäume am Ort Lärch befinden; auf Grund dieser Angaben muss angenommen werden, dass sich früher dort oder in der Umgebung Lärchen befanden. Lautlich enthält das ursprüngliche Lehnwort (aus lat. LARIX ) im oberen Teil des Oberwallis bis zur Grenze zwischen den Bezirken Brig und Visp ein offenes / ä: / , weiter unten / e: / (vgl. SDS 1, 31 f. zu Lärche Sg.Pl.). Geschrieben erscheint das HL jedoch immer als Lerch oder ähnlich. Sicher neutral ist das Simplex im Singular als ts Lärch (Binn 2 Belege; Blitzingen; Mühlebach), das Lerch (1469, Ernen), ts Leerch (Ausserberg und drei weitere Gemeinden), ts Lerch (Inden) und ts Lerchä (Blatten; Dativ: im Lerchä). Sicher maskulin ist der Lärch (Eggerberg). Unklar sind die FLNK- oder LT-Belege ohne Artikel: Lärch (Binn; Randa, Reckingen), Lärche (Reckingen, wohl Plural), Leerch (FLNK, Randa). Unklar sind, wie gesagt, Belege wie am Lerch (1509, Turtmann), beim Leerch (1744, Staldenried), bim Lärch (Gluringen), hinder em Lerch (Blatten), im Lärch (Bellwald), im Lerch (1693 u. später, Gampel), zum Lärch (Baltschieder), zem Lerch (1542, Mund) und weitere Belege, wozu auch die ältesten Belege wie Lerhc (1301, Bürchen), de Lerke (1309, St. Niklaus), Lerke (1342, Grächen) und weitere gehören. Gelegentlich zeigen die historischen Belegreihen Varianten wie am Lerche (1396, Raron) und jn den Lerchen (1695, Raron). Eigentliche Plurale des Simplex sind selten: ine Lärche ‘ in den Lärchen ’ (Bellwald; LT Lärcha), in den Lerchen (1665, Greich; 1699, Ried-Mörel; 1740, Selkingen) und vereinzelt historische Belege. Der Beleg supra Laricem (Lerch) ‘ oberhalb des Lärchengehölzes ’ (1655, Salgesch) ist latinisiert; ob er tatsächlich ein ursprünglich frpr. Larze enthielt, ist unklar. Attributive Adjektive (auch Partizipien und Zahlwörter) sind: der Alt Lärch ‘ die alte Lärche ’ (Zwischbergen), zem Gibranndi Lärch ‘ bei der verbrannten Lärche ’ (Blatten), der Gitschuipjut Lärch ‘ die zerzauste Lärche ’ (Simplon), zum Grossu Leerch ‘ bei der grossen Lärche ’ (Staldenried), dr Hangänd Leerch ‘ das hängende (steile) Gebiet mit Lärchen ’ (Blatten), ts Hinner Lärch ‘ der hintere Teil des Weilers Lärch ’ (Blitzingen), ts Hinner Lärch ‘ das hintere Lärchengehölz (Alpe von Lax) ’ (Lax) mit dem dazu gehörenden Hinnerlärchcheer ‘ der Kehr (Wegkehre) bei der Alpe Hinner Lärch (hinteres Lärchengehölz) ’ (FLNK, Lax), Hool Lärch ‘ die hohle Lärche ’ (FLNK, Obergesteln) (aber eventuell Umdeutung von ‘ der hohe Lärchenwald ’ ), der Typ Holeerch ‘ der hohe Lärchenwald ’ (Törbel und acht weitere Gemeinden), Jungellärcha ‘ das Alpgebiet mit jungen Lärchen ’ (FLNK, Grengiols), t Junglärcha ‘ das Gebiet mit jungen Lärchen ’ (Ried-Brig), der Chrumm Lärch ‘ die krumme Lärche ’ (Ried-Mörel), das Nijderlerch ‘ das untere Lärchengehölz ’ (1489 u. später, Mühlebach), der Ober Lärch ‘ der obere Teil des Lärchengehölzes ’ (Mühlebach), ts Ober Leerch ‘ der obere Teil des Lärchengehölzes ’ (Randa, Weiler), jm Oberlerch ‘ im oberen Lärchengehölz ’ (1652, Grächen), am Obren Lerch ‘ am oberen Lärchengehölz ’ (1676, St. Niklaus), im Rechten Lerche ‘ bei der rechten (sonnseitigen) Lärche ’ (1401, Naters), ze Rote Leerchu ‘ bei den roten Lepollti (PN) 91 92 <?page no="51"?> Lärchen ’ (Raron), ze Drii Leerchu ‘ bei den drei Lärchen ’ (Gampel), zen Dri Lerchen ‘ bei den drei Lärchen ’ (1700, Visperterminen), zun Dryn Lerchen ‘ bei den drei Lärchen ’ (1462 u. später, Ulrichen), ts Drilärchu ‘ bei den drei Lärchen ’ (Glis) und dazu gehörend di Drilärchnerrischa ‘ die Riische (Steingeröll) beim Gebiet zu den drei Lärchen ’ (Glis), der Unner Lärch ‘ der untere Teil des Lärchengehölzes ’ (Mühlebach), ts Unner Leerch ‘ der untere Teil des Lärchengehölzes ’ (Randa; ähnlich FLNK Unterbäch), bi de Zwelf Läärche ‘ bei den zwölf Lärchen ’ (Geschinen). Selten sind vorangestellte Genitive zum HL: Luczen Lerch ‘ das Lärchengehölz des Lutz ’ (1401, Naters) (das Adjektiv lützel ‘ klein ’ (I D . 3, 1570) kommt aus lautlichen Gründen nicht in Frage), ts Bobmer Lärch ‘ das Gebiet Lärch (Lärche) bei Bodmen ’ (Blitzingen), wobei die / - ER / - Form ursprünglich wohl ein Genitiv Plural war, ts Bodumasch Lärch ‘ die Lärche des Bodenmann / der Familie Bodenmann ’ (Simplon) (Gwp. gibt eine Entstehungsgeschichte mit einem Fuhrmann namens Bodenmann), in Büschen Lerch ‘ im Gebiet mit kleinen Lärchen ’ (1813, Ernen), wenn Büschen ein Genitiv Plural zu B ǖ sch ‘ junger Nadelbaum ’ (I D . 4, 1768) ist, ts Wiligerlärch ‘ das Gebiet Lärch (Lärchengehölz) bei Wiler (Weiler von Blitzingen) ’ (Blitzigen), wobei Wiliger ein Genitiv Plural der kollektiven Ableitung / - IG / mit der Bedeutung ‘ die Leute von Wiler ’ ist. Zweigliedrige Komposita mit dem HL als Grundwort sind mit du Erschleerchu ‘ bei den Lärchen von Ersch (matt) ’ (Guttet) (wobei Ersch hier wohl eine Alpe von Erschmatt meint), der Füüfilärch ‘ die Lärche, wo sommers um fünf der Schatten lag ’ (Blitzingen), der Gaiarlärch ‘ die Lärche des Herrn Gaillard (Kantonsförster) ’ (Ried-Brig), ts Gililärch ‘ die Lärche mit Lilien / des Wilhelm ’ (Blitzingen) (Gili ist laut Gwp. ‘ Wilhelm ’ ; die historischen Belege vom Typ Gilgen-Lerch legen eher die Lesart ‘ Lilie ’ oder den FaN Gilgen nahe), Gr ů ben Lerch ‘ die Lärche bei der Grube ’ (1608 u. später, Ulrichen), bim Chrizinuleerch ‘ bei der Lärche mit den Kreuzen (wo man Kreuze machen kann) ’ (Guttet), t Chrizleercha ‘ die Lärchen, in die man ein Kreuz machte ’ (Gampel), t Krizlärcha ‘ die Lärchen bei der Wegkreuzung ’ (Simplon), der Bildjileerch ‘ die Lärche mit dem kleinen Bild (Kruzifix) ’ (Oberems), der Bleschilärch ‘ die Lärche bei der ebenen Fläche ’ (Mund) (Gwp. verweist auf eine Sage mit einer Kuh namens Bleschi ‘ die kleine Blässe ’ (vgl. I D . 5, 161 für den Kuhnamen) cf. HL B LESCHU ), dr Büchelärch (Mühlebach) (laut Gwp. eine Scheune; historische Belege weisen aber auf Pische < B ǖ schen ‘ junger Nadelbaum ’ (I D . 4, 1768) hin), zum Reschlerch ‘ bei der dürren Lärche ’ (Guttet) (wohl zu resch < rösch ‘ dürr ’ ; hier wegen Unsicherheit nicht als attributives Adjektiv betrachtet), Ritlärch ‘ das Lärchengehölz im gerodeten Gebiet ’ (FLNK, LT Binn), Schattlerchen ‘ die Lärchen im Schatten ’ (1869, Münster) (der Beleg ist unsicher; 1582 steht bÿ den Schottlerchen und könnte zu schottlächt ‘ unordentliches, wirres Haar habend ’ (I D . 8, 1529) gestellt werden, also die ‘ struppige Lärche ’ wie die folgenden), t Schottlärche ‘ die struppigen Lärchen ’ (Geschinen, Ulrichen), der Tifellärch ‘ die Lärche des Teufels (grosse Lärche) ’ (Baltschieder), ts Toggulärchji ‘ der kleine Wald mit alten Lärchen ’ (Grächen), der Tonileerch ‘ die Lärche mit einer Statue des Heiligen Anton ’ (Wiler), bim Tubellärch ‘ beim Lärchenbaum, der einem Holzpflock gleich ’ (Geschinen), der Tüübelärch ‘ die Lärche, die einer Taube gleicht (unklar) ’ (Ulrichen) und t Zeiselärche ‘ die Lärchen, die wie gerupfte Wolle aussehen ’ (Reckingen). Komplexer sind unter anderen jn Heinitzen Alp Lerch ‘ die Lärche der Alpe der Familie Heinzen (? ) ’ (1539, Mühlebach) (die Alpe heisst lebend t Heizenaup (mit / l/ -Vokalisierung); da keine historischen Belege vorliegen, ist der Bezug zur Familie Heinzen unklar), der Ober und der Unner Ritlärch ‘ das obere und das untere gerodete Gebiet mit Lärchen ’ (Binn). Neben den eigentlichen Diminutiven gibt es eine Ableitung ts Lärchi (Naters), im Lärchi (Obergesteln), im Lerkinn (1679 (ca.), Birgisch), die vermutlich alle zu Lerch-ahi ‘ das Lärchengehölz ’ zu stellen sind (vgl. S ON- DEREGGER 1958, 466). Vermutlich sind auch bim Lärchistadul ‘ beim Stadel beim Wald mit Lärchen ’ (Ried- Mörel), aúf Lerchibiell ‘ auf dem Hügel beim Lärchengehölz ’ (1765, Stalden) und Mattlärchi ‘ die Lärchen bei der Mähwiese ’ (FLNK, Oberwald) mit der Mattlärchibode ‘ der Boden beim Mattlärchi (Gebiet mit Lärchen bei der Matt) ’ (Oberwald) hieher zu stellen. Ob Lerchisgufer ‘ das Steingeröll bei den Lärchen ’ (1469, Ernen) hieher gehört, ist unsicher; ein möglicher PN Lerchi ist jedoch nicht belegt. Als Bestimmungswort kommt das HL Lerch mit den Grundwörtern Acher, Bach, Bäärg, Bodu, Cheer, Dorf, Egg (a), Eie, Flüö, Fura, Gassa, Grächen, Haalta, Hee (hoochheej), Matta, Pletscha, Schleif, Stafel, Tola, Wäg, Wald, Wang, Wasser, Weid und den komplexeren Bachtola und Wasserleita vor. Andere komplexe Konstruktionen sind: der Nassleerchgrabo ‘ der nasse Graben im Lärchengehölz ’ (Visperterminen), der Ober und der Under Lärchepobem ‘ der obere und der untere Boden, wo es Lärchen hat ’ (Blatten) und andere mehr. Am komplexesten ist der Vierleerchewangschlüche ‘ die Schlucht beim Grasabhang bei den vier Lärchen ’ (Oberwald). 93 94 Lerch <?page no="52"?> Lerjen (FaN) Lerjen ist zum FaN Lerjen, auch Lergen, Lergien, Hilarii zu stellen Der Name wurde zum Taufnamen Hilarius gebildet (AWWB 148 f.). Die lautlich erfassten Namen weisen den offenen Vokal / ä/ auf; schriftlich dagegen ist auch {e} zu finden. Als Simplex eines Diminutivs erscheint ts Läärji ‘ das Gebiet der Familie Lerjen ’ (Stalden). In allen anderen Fällen liegt ein vorangestellter Genitiv oder ein Bestimmungswort vor. Der Genitiv Singular ist belegt in ts Lärjisch Weid ‘ die Weide der Familie Lerjen ’ (Fiesch), wobei die Gwp. unsicher ist und auch ts Lärchisch Weid ‘ die Weide bei den Lärchen ’ (Fiesch) angibt, weil es den FaN Lerjen in Fiesch nicht gebe; es könne sich aber um eine Form des PN Hilarius handeln. Ein schwacher Genitiv Plural kommt vor in Lerginen Brúngi ‘ die kleine Quelle / der kleine Brunnen der Familie Lerjen ’ (1678, Eggerberg), Lerienmatta ‘ die Wiese der Familie Lerjen ’ (1371 u. später, Staldenried), jn Lerÿenachren ‘ im Acker der Familie Lerjen ’ (1624, Eischoll, früher Lergigo Acher). Weiter ist der schwache Genitiv Plural der kollektiven / - IG / - Ableitung zu sehen in z Lergigen Huss ‘ das Haus der Familie Lerjen ’ (1589 u. später, Baltschieder), Lergigo Stadel ‘ der Stadel der Familie Lergjen ’ (1548, Baltschieder), ts Läärjigublad ‘ die Felsplatten (kollektiv) der Familie Lerjen ’ (Raron, auch FLNK). Die übrigen Belege sind ts Läärjebord ‘ das Bord (Abhang, Böschung) der Familie Lerjen ’ (Grengiols, unsichere Gwp., eher ‘ Lärchebord ’ ), ts Läärimattu ‘ die Wiese der Familie Jerjen ’ (Visperterminen), wobei das anlautende ts sowohl ein Genitiv ‘ des Lääri ’ wie eine Präposition ze ‘ bei der Läärimattu ’ sein kann. ts Lääri Huis ‘ das Haus der Familie Lerjen ’ (Kippel) ist eine Zusammensetzung. Die Unsicherheiten zwischen Lerjen und Läärch in Fiesch und Grengiols haben mit dem Fehlen des FaN zu tun; vermutlich gehen sie aber auf den PN Hilarius zurück und nicht auf das HL L ERCH ‘ Lärche ’ . Lersch Lersch ist nur als im Lersch (1737, Selkingen) belegt. Der Flurname ist in dieser Form nirgends sonst belegt. Eine Deutung ist nicht möglich. Lerwant Lerwant ist nur 1320 in Termen belegt als Lerwant. Laut Text handelt es sich um eine Wiese. Eine Anlehnung an Wand IV (I D . 16, 397) wie in Uewand ‘ Magerwiese ’ ist nicht ausgeschlossen, aber der erste Teil Ler (ev. zu l ǟ r ‘ leer ’ (I D . 3, 1363)) wird dadurch nicht erklärt. Lesch Lesch, auch Leesch, ist zum Verb schwdt. löse n ‘ ausschütten, leeren ’ (I D . 3, 1440 f.), wdt. leesche, leeschu ‘ leeren, ausschütten ’ (G RICHTING 1998, 126) zu stellen. Der vorwiegende Typ Leeschgrabu ‘ der Entleerungsgraben ’ ist zu Löschgrabe(n) ‘ Graben, welche in sumpfigen Ebenen ausgestochen werden, um das Wasser abzuziehen ’ (I D . 2, 682) zu stellen. Historisch ist es als Löschgraben fünf Mal belegt, als Leschgraben drei Mal, lebend als der Leeschgrabu (Saas Grund), dr Leeschgrabu (Hohtenn) und Leschgrabu (FLNK, Niedergesteln). Komplexer sind den gemeinen Leeschgraben ‘ der Entleerungsgraben, der der Gemeinde gehört ’ (1573, Eyholz) und dem Sage=Löschgraben ‘ dem Entleerungsgraben bei der Sägerei ’ (1827, Visp). Mit einem Präfixverb uslöse (I D . 3, 1443) ist in die Auslösche ‘ die Entleerungsstelle ’ (1720, Gampel; 1744 die gmeine Ausleschi) vertreten; davon gebildet ist Auslösch=Graben ‘ der Entleerungsgraben ’ (1733, Turtmann). Lescheler Lescheler ‘ die Treppe ’ kommt nur in Albinen vor, 1345 als ol crous de lescheler und 1435 als Aymonis de lescheler. Es ist nicht ganz klar, ob es um eine Flur oder eine Herkunftsbezeichnung geht. Auch ist unklar, ob das anlautende / l/ ein agglutinierter maskuliner Artikel ist oder nicht. Ein Lescheller ist in G PSR (6, 673) als historischer Name (1398) belegt; er ist zu frz. escalier ‘ Treppe ’ (G PSR 6, 672 s.; FEW 11, 270 f. zu lat. SCALARIUM treppe) zu stellen. Leschery Leschery ist in Albinen belegt, 1516 als en leschery und 1581 als ad portam de leschersez. Ob die beiden Belege den gleichen Ort meinen, ist sehr zweifelhaft. Der Beleg von 1516 lässt sich zu *lisca (vorröm.) lische (FEW 5, 372) stellen, wozu B OSSARD / C HAVAN (2006, 73) die Reihe Lèches etc. aufführen, die sie als Zeichen eines nassen Bodens betrachten. Unter den Ableitungen führt FEW (5, 372) u. a. lechere ‘ marais, étang ’ (Sumpf, Teich) auf. Schwieriger ist der zweite Beleg leschersez. Das lat. porta kann auch eine Türe in einem Zaun sein, als Zugang zu einem Grundstück. Es dürfte zu ètsèrts ǝ ‘ [p]assage difficile dans les rochers; chemin escarpé ’ (schwieriger Durchgang in den Felsen; steiler Weg) (G PSR 6, 945) zu stellen zu sein, mit agglutiniertem Artikel. Gemeint ist hier also die Türe, die zu einem steilen Weg führt. Leschili Leschili ist nur 1733 in Leukerbad als im Leschili belegt. Vermutlich handelt es sich ursprünglich um einen romanischen Namen, dessen Endung wohl zum Diminutiv / - ILI / verdeutscht wurde. Zu Grund liegt vermutlich das Lerjen (FaN) 95 96 <?page no="53"?> bei T AGMANN (1946, 10) belegte Lauchelet, Lèchelette, das er auf Luissel ‘ kleiner See ’ zurückführt (B OSSARD / C HAVAN 2006, 52 s. v. Luissel). Leseret Leseret ist 1514 in Varen als dou Leseret belegt. Unter dem HL E SSERT ‘ Rodung ’ ist der Flurname in Leukerbad im gleichen Jahr und im gleichen Dokument als dou Leseret belegt, wobei unsicher ist, ob wirklich Leukerbad oder doch Varen gemeint ist. Jedenfalls ist hier Essert ‘ Rodung ’ mit agglutiniertem Artikel gemeint (cf. M EYER 1914, 164 s. v. EXARTUM ) und die unter HL E SSERT angegebene Literatur. Lesier Lesier ist in Salgesch historisch belegt: 1353 lesser, 1361 eys lesiers, 1362 en lesier, 1376 on lesier (wohl ou zu lesen), 1485 eys les (unsicherer Beleg), 1494 eys lisier, 1576 ou lissier, 1579 ov lysier. T AGMANN (1946, 24) kennt Leischier für Varen und schlägt vor, es auf li ž y ē ̜ r ‘ ein (Kiesel-) Stein ’ zurückzuführen (cf. HL L EISCHIER ), erwähnt aber auch andere, seiner Ansicht nach falsche Deutungen. Die Schreibungen in Salgesch können u. U. auch zu anderen HLL gehören. Lespitel Lespitel ist nur 1654 in Salgesch als en lespitel belegt; es handelt sich um einen Acker. Der Beleg enthält wohl einen agglutinierten Artikel / l/ und espitel. Letzteres ist zu lat. H Ŏ SP Ĭ TALIS gastfreundlich (FEW 4, 493 ff., wo einige Formen mit espitel erwähnt sind) zu stellen, hier wohl als ‘ beim Spital, dem Spital zugehörig ’ . Die späte Erwähnung könnte auch dt. Spital, Spittel (I D . 10, 604) mitmeinen. Lestalda Lestalda ist nur im 14. Jahrhundert in Inden belegt als Name eines Baches: iuxta torrentem de Lestalda. Der Name des Baches muss romanisch sein; es ist aber unklar, ob der Anlaut einen Artikel enthält, und wenn ja, welchen. Ein Zusammenhang mit dem HL S TALDE besteht kaum. Lestnit Lestnit ist nur mit einem agglutinierten Artikel im Beleg von 1605 in Leuk als en l ’ estnit alias zum Getwing zu verstehen. Getwing ist deutlich östlicher als Leuk. Der Beleg bleibt unklar. Lestra Lestra ist nur einmal belegt in ou Mulyn de Lestra ‘ in der Mühle am Weg ’ (1345, Leuk). Falls der Artikel agglutiniert ist, gehört der Beleg zu Estra ‘ Weg, Strasse ’ (G PSR 6, 862a, s. v. Etraz). Lestreyt Lestreyt ist ca. 1350 in Bratsch, genauer Niedergampel, als aletreyt, 1361 u. später als lestreyt belegt. Es scheint sich um eine Siedlung zu handeln, die in der Nähe von Niedergampel lag. Da eines der Dokumente einen Weinberg erwähnt (1440), dürfte sich die Siedlung auf der Nordseite des Rottentales befunden haben. Es scheint sich um lat. STRICTUS ‘ eng ’ gehandelt zu haben (FEW 12, 298 ff. s. v. strictus eng; M EYER 1914, 172) und meint wohl einen engen, eingezwängten Ort. Lestyn Lestyn ist nur einmal 1474 in Ergisch als das Lestyn belegt. Der Artikel weist auf ein deutsches Wort als Diminutiv hin. Nächstliegend ist das substantivierte Adjektiv lest ‘ letzt ’ , wdt. letscht ‘ letzt ’ (I D . 3, 1467; G RICH- TING 1998, 127), zu verstehen als ‘ das letzte kleine Gut ’ . Letst Letst, Adj., ist nur 1774 in Eggerberg als die Dritte únd Letste Schnarre ‘ die dritte und letzte Felskante ’ belegt. Es handelt sich um das Adj. schwdt. letst, wdt. letscht wie nhd. ‘ letzt ’ , ahd. lessist, mhd. lest, hier als FlN im räumlichen Sinn (I D . 3, 1467 f.; G RICHTING 1998, 127). Leutrinen Leutrinen ist 1683 als Leütrünon in Martisberg für eine Alpe verwendet, die 1443 im Alemannischen als an Leytrinun bezeichnet wird. Es handelt sich bei der HL- Form um eine hyperkorrekte Rundung. Vermutlich der gleiche Name liegt 1364 in Lax vor, wo von Leytrellun, 1413 vz Leytrella und 1573 an Leittrinen die Rede ist. In Fiesch erscheint schon 1231 der Name einer Alpe, die Leytrun genannt wird. Die nächstliegende Form ist schwdt. Leitere n ‘ Leiter ’ und wdt. Leitra, Leiträ (Goms), Leitru ‘ Leiter ’ (I D . 3, 1497; G RICHTING 1998, 127). Der Autor des I D . sagt: “‘ Leitere n , Leiterli ’ als Name gewisser schwieriger Durchgänge im Gebirge beruht darauf, dass den von einer Felsenpartie unterbrochenen Weg früher eine wirkliche Leiter vermittelte, die später durch Verbesserung des Weges überflüssig wurde ” . Ob hier eine solche Motivation vorliegt, ist unklar. Der Name kann als ‘ bei den Leitern ’ verstanden werden; die Form Leytrellun und ähnlich wird dann als leiterähnliches Gelände verstanden. Lex Lex f. ist nur als la lex (1359, Oberems) und eÿs lex comunes (1473, Varen) belegt. Laut B OSSARD / C HAVAN 97 98 Lex <?page no="54"?> (2006, 249) bedeutet das HL ‘ paroi rocheuse (Felsenwand) ’ . Sie führen es auf kelt. *lake ‘ Felsplatte ’ zurück. In Oberems ist deswegen eine Felswand gemeint. Der Beleg in Varen weist einen Plural auf; die Deutung wäre dann ‘ die Felsen, die der Gemeinde gehören ’ . Leyen Leyen geht wohl auf verschiedene Quellen zurück. Es ist zunächst 1300 in Törbel jm Leynden Beke ‘ im lehmigen (? ) Bach ’ belegt. Man kann diesen Bach dem in Törbel bezeugten der Schreejund Bach ‘ der Bach mit einem Wasserfall ’ gegenüberstellen, wobei unklar ist, ob Leynd zu Leim ‘ Lehm ’ , zu legge ‘ legen ’ oder zu ligge ‘ liegen ’ zu stellen ist. Der Beleg Leynmad (1442, Brig) wird als lat. PRATUM ‘ Wiese ’ bezeichnet. Wahrscheinlich ist Leyn hier zu Leim ‘ Lehm ’ (I D . 3, 1267) zu stellen (cf. HL L EIM ), also ‘ die Mähwiese im Lehmgebiet ’ . Der Beleg jn Leyentals (1454) ist im Text als der Ort bezeugt, wo eine Besitzung longynalz sich befindet. Letzteres ist ziemlich sicher eine romanische Form zu LONGU CANALE ‘ der lange Bach ’ ; Leyentals dürfte also das Lengtal meinen, das in Grengiols lebend gut belegt ist. 1621 ist in Bratsch jn den leingen Achren ‘ in den langen Äckern ’ belegt, also eine vergleichbare Form von leng. In allen Fällen sind aber alternative Deutungen möglich. Leyz Leyz ist nur 1360 als la seynti leyz ‘ der breite Pfad ’ (Leuk) belegt. Leyz ist eine Form zu lat. LATUS breit (FEW 5, 203 f.). Lichre Lichre ‘ Löcher ’ kommt in Ze Lichre (Oberwald) vor. Es handelt sich um einen Dativ Plural mit Entrundung von / ü/ zu / i/ , wie I D . (3, 1016) mit dem Plural Lücher nachweist. G RICHTING (1998, 129) hat Lichr als Plural nur für das Lötschtal; diese Annahme ist wohl für den FlN nicht gerechtfertigt. Cf. HL L OCH . Licka Licka f. ‘ Lücke ’ ist zu schwdt. Lucke n , Lücke n , Licke n und wdt. Likka, Likkä (Goms) Likku f. ‘ Lücke; bes. als Durchfahrt auf Viehweiden; Einsenkung, Lücke in Bergzügen ’ , mhd. lücke, lucke (I D . 3, 1255 f.; G RICHTING 1998, 128) zu stellen. Die rund 120 Namenbelege meinen meistens Lücken in hochgelegenen Bergzügen. In einigen Fällen ist die Notation von M. S. als Ligge oder ähnlich unsicher; als Beispiel ist t Sattelligga (Blatten) zu nennen, wo FLNK Sattellicka notiert: ‘ die Lücke (Fusspass) beim Sattelhorn ’ . Als Simplex im Singular sind belegt: üf der Licke ‘ auf der Lücke ’ (Mulde mit Steilhang) ’ , zer Luykkun bei der Lücke ‘ wohl Durchgang für das Vieh? ) ’ (1309, Reckingen), Lika ‘ die Lücke (Teil des Weilers Eggu von Eggerberg) ’ (Eggerberg). Im Plural kommen vor: bi de Licke ‘ bei den Lücken (heute keine Lücken erkennbar, früher vielleicht Durchgang (? ) ’ (Gluringen), t Liggä ‘ die Lücken ’ (unsicher, Ferden), t Ligge ‘ die Lücken (wohl falsche Transkription) ’ (Mund, FLNK u. LT, Licke), t Liigge ‘ die Gräben ’ (Niedergesteln, unsicher, ob richtig notiert). Es ist auffällig, dass die Simplizia im Allgemeinen keine Fusspässe oder Durchgänge im Hochgebirge meinen; es ist deswegen unklar, welche Deutung hier genau vorliegt. Mit attributiven Adjektiven sind belegt: di Grossi Liicka ‘ die grosse Lücke ’ (Niedergesteln; LT Grossi Lyka, FLNK Grossi Liika, MS di Groossi Liika) - der Beleg ist unklar, die Transkriptionen schwanken, gemeint ist ein Graben, t Ober und t Unner Licke ‘ die obere (Fusspass zwischen Wasenhorn und Vord. Galmihorn, auf LT auch Bieligerlicke) und die untere Lücke (Fusspass zwischen Bieligertal und Bächigletscher) ’ (Biel; letztere auch Gluringen), t Rot Licka ‘ die rote Lücke ((1: 10000 Roti Licka), rotes Gestein im Gegensatz zur Schwarz Licka) ’ (Wiler), t Schwarz Licka ‘ die schwarze Lücke ((1: 10000 Schwarzi Licka), schwarzes Gestein im Gegensatz zur Rot Licka) ’ (Wiler). Vorangestellte Gemeinde- und Flurnamen auf / - ER / (ursprüngliche Genitive Plural) enthalten: Gestlerlicke ‘ die Gestlerlücke (Fusspass) (FLNK Geschlerlicke) (wohl von bernischem Gebiet aus die Lücke von Obergesteln) ’ (Obergesteln), t Gopplerlicka ‘ die Lücke von Goppisberg ’ (Goppisberg), Baltschiederlicka ‘ die Lücke (Fusspass) zwischen Gredetschgletscher und Baltschiedergletscher ’ (Mund; unsicher, ob Baltschieder hier einfach Gemeindename oder ursprünglicher Genitiv), Bieligerlicke ‘ die Lücke der Gemeinde Biel (auch Obere Licke (obere Lücke) genannt ’ (Biel), di Boorterlicku ‘ die Lücke beim Borterhorn oberhalb des Bortertälli (nach der Familie Borter benannt) ’ (Oberems). Als Grundwort kommt das HL mit sehr vielen Bestimmungswörtern in zweigliedrigen Komposita vor. Die meisten beziehen sich auf die Lage der Lücke als Fusspass oder Durchgang zwischen Gipfeln, Gletschern, Tälern. Dazu gehören u. a. t Färichlicka ‘ die Lücke (Fusspass) beim Färichhorn (Gipfelname) ’ (Eisten, St. Niklaus), di Gaalgilicka ‘ die Lücke (Fusspass) oberhalb des Gaalgi ’ (Zwischbergen), Galgilicka ‘ die Lücke beim Galihorn (Gipfelname) ’ (FLNK, Zwischbergen, südlich des Horns), di Galilicka ‘ die Lücke beim Galihorn (Gipfelname) ’ (Zwischbergen, nördlich des Horns) - diese Namen zeigen, dass die Gwpp. sich über die Lage der einzelnen Lücken nicht immer klar sind; das gilt etwa auch für Leyen 99 100 <?page no="55"?> t Magulicka ‘ die Lücke (Fusspass) beim Magehorn (Gipfelname) ’ (Simplon, Visperterminen), die sich laut Karte neben dem Bistinepass befindet, auf der nördlichen Seite des Magehorn, während LT die Magelicke südlich davon lokalisiert. Weiter nördlich davon befinden sich Nanzlicke ‘ die Lücke (Fusspass) vom Simplonpass ins Nanztal ’ (LT, Visperterminen), Inneri Nanzlicke ‘ die innere Lücke (Fusspass) vom Simplonpass ins Nanztal ’ (Simplon, SK Inner Nanzlücke; FLNK, Visperterminen Inner Nanzlicka) und t Üsser Nanzlicka ‘ die äussere Lücke (Fusspass) vom Simplonpass ins Nanztal ’ (Visperterminen, SK Aeusser Nanzlücke, LT Üsseri Nanzlicke, FLNK Üsser Nanzlicka). In andern Fällen sind sich die Gwpp. nicht einig, wie ein Fusspass heisst: t Elselicka (Fiesch) heisst auf SK Elsilücke, in Ried-Mörel t Elsulicka, in Betten t Elsigelicke, alle beziehen sich auf einen Fusspass zwischen Bettmerhorn und Fiescherhorli. Die einen denken dabei offenbar an den PN Elsa, die andern an den FaN Elsig. Manchmal spielen einfach lautliche Besonderheiten eine Rolle: t Galmilicke ‘ die Lücke (Fusspass) zwischen dem Hinteren Galmihorn und dem Oberaarrothorn ’ (Münster) heisst in Bellwald und Fieschertal (beide mit / l/ -Vokalisierung) t Gaumilicka. Bei der t Leetschlicka ‘ die Lötschenlücke ’ (Blatten), LT Lötschenlücke (Fieschertal) ist das Bestimmungswort ein Talname; die Lücke befindet sich zwischen dem Grossen Aletschfirn und dem Langgletscher. Wenige Komposita enthalten Tiernamen: Geisslicka ‘ die Lücke (Fusspass) nördlich des Geisshorn (Gipfelname) ’ (Naters), t Gemschlicka ‘ die Lücke für die Gemsen (LT Gemschlicke) ’ (Bellwald, Fieschertal), t Schaaflicka ‘ die Lücke (Durchgang) für die Schafe ’ (Grengiols). Einen Sonderfall bilden Zahlwörter und Zeitangaben: t Elfilicku ‘ die Lücke, aus der im Winter um 11 Uhr die Sonne scheint ’ (Salgesch) (auch M ATHIER 2015, 141), t Mittaglicku ‘ die Mittaglücke (Berglücke im Süden, von Leuk aus gesehen; dort scheint im Winter die Sonne um 12 Uhr) ’ (Leuk), di Zäänilicku ‘ die Zehn-Uhr- Lücke (Berglücke im Süden, von Leuk aus gesehen; dort scheint im Winter die Sonne um 10 Uhr) ’ (Leuk), Zänilicku ‘ die Lücke, durch die im Winter die Sonne um 10 Uhr scheint (FLNK, etwas westlich LT Zehnerlücke) ’ (Salgesch; fehlt bei M ATHIER 2015) - alle Belege betreffen den südlich der Gemeinden Leuk und Salgesch gelegenen Gorwätschgraad, durch dessen Lücken die Wintersonne scheint. Ein sonst wenig auftretender Fall ist die Benennung von Berner Seite her: so ist t Triebseelicke ‘ die Lücke (Fusspass) von der Grimsel zum Triebtenseewi (Berner Gebiet; LT Triebtenseelicke) ’ (Obergesteln) nach einem See im Berner Gebiet benannt und t Gäärschtelicke ‘ die Lücke zwischen den Gärstenhörnern ’ (Oberwald) ist nach den Gärstenhörnern benannt (BENB 1, 2, 24 f.) Komplexere Fälle enthalten entweder ein Bestimmungskompositum wie z. B. Firehorelicke (FLNK, Münster, LT Firehornlicke) ‘ die Firehornlicka (Fusspass) beim Firehorn (Firnhorn) ’ (Münster), t Furgguböümlicka ‘ die Lücke (Pass, it. Forca d ’ Aurona) beim Furgguböumhore ’ (Ried-Brig) oder ein attributives Adjektiv wie in zer Indru Chrindällickun ‘ bei der inneren (taleinwärts liegenden) Lücke (Fusspasss) bei der Chrindällun (Ritze, Spalte) ’ (Blatten) und Chlii Griehorelicka ‘ die Lücke (Fusspass) beim Kleinen Grünhorn ’ (Fieschertal) und andere mehr. Als anderes Grundwort ist nur Wäg in Gopplerlickawäg ‘ der Weg zur Gopplerlicka (Lücke der Leute von Goppisberg) ’ (FLNK, Goppisberg) belegt. Licstes Licstes ist nur 1549 u. später in Salgesch als eys licstes deys pasquier ‘ die Borde mit Weideland ’ belegt. 1643 ist alternativ auch von eÿs licstro de pasquier die Rede. Es handelt sich wohl um das gleiche HL wie Listes, das später als Lichte(n) erscheint (cf. HL L ISTES und M EYER (1914, 166)). Lid Lid ist nur 1554 in Zeneggen als am Lidboden ‘ der Boden, der einem Deckel gleicht ’ belegt. Das HL ist wohl zu Lid ‘ Deckel ’ (I D . 3, 1088; bei G R W B 12, 982 s. v. Lied n. ‘ deckel ’ ) zu stellen. In I D . wird als Synonym auch Helse II (I D . 2, 1214) angegeben. Liderongge t Liderongge Pl. ist in Inden belegt. Das Grundwort könnte Rongg ‘ Einfang auf der Allmende, Wiese im Wald ’ (I D . 6, 1129; T AGMANN 1946, 33 als “ terrain défriché, lieu esserte ” ) sein. Das Bestimmungswort kann entrundet sein und eine Präposition de für den Genitiv enthalten. Das nächstliegende Wort ist nach T AGMANN (1946, 46) Lui, Lué < * L Ŏ CE ‘ terrain en pente ’ (REW 5094c). Das Ergebnis wäre etwa ‘ der steile Teil des gerodeten Landes ’ . Diese Deutung ist allerdings sehr spekulativ. Lidu ts Lidu ‘ das Liden, beim Liden ’ ist ein Weiler von Niedergesteln mit einem ausgedehnten Namennest, das auch die frühere Alpnutzung zeigt. Dazu gehören an Ober Liden (1687, Niedergesteln), an Nidren Liden, bzw. am vndren Liden (1522, Niedergesteln), zer Lidunblattu ‘ bei der Felsplatte im Bereich des Weilers Liden ’ und - jünger - Lidublattutunnel ‘ der (Eisenbahn-)Tunnel im Gebiet Lidublatt (Felsplatten beim Weiler Liden) ’ , t Lidunkapällu ‘ die Kapelle im Weiler Lidu (Liden) ’ , t Liduliwwi ‘ die Liwwi (Raststelle) bei Lidu (Weiler von Niedergesteln) ’ , ts Lidusieli ‘ die kleine Wasserleitung nach Liden ’ , ts Li- 101 102 Lidu <?page no="56"?> duwägji ‘ der kleine Weg von / nach dem Weiler Lidu ’ , der Liduwald ‘ der Wald oberhalb des Weilers Lidu ’ und die komplexeren t Altu Liduräbe ‘ die alten Reben von Liden ’ und t Schiirmattu im Lidu ‘ die Wiese bei der Scheuer im Weiler Lidu ’ . Auf den Alpen kommen hinzu zer Lidnerru Ferrich ‘ beim Pferch der Leute von Liden (oberhalb Tatz) ’ und das heute zu Hohtenn gehörende ts Lidnersch Weidu ‘ die Weide der Leute von Liden (auf dem Spilbielalpji) ’ (Hohtenn). Das Genus von Lidu ist entweder n. oder m. Die ältesten Belege sind 1438 an dem Lidden, 1522 am Liden, 1575 am Liden, 1703 am Lidu ᵕ n etc. Es ist unklar, ob ein deutscher oder romanischer Name vorliegt. URNB (2, 938 f.) kennt einen Namen Lidplanggen oder Libplanggen, ist aber unsicher, ob überhaupt Lid vorliegt, würde es dann zu Lid n. ‘ Deckel ’ (I D . 3, 1087 f.) stellen. Das deckt sich nicht mit der zweisilbigen Struktur von Lidu. Romanisch könnte das Wort zum germanischen Lehnwort LÎSTA ‘ leiste, rand ’ (FEW 16, 469 ff.) gestellt werden - hier wohl als ‘ Streifen Land ’ , doch müsste die Entwicklung von / st/ zu / d/ erklärt werden. M EYER (1914, 166) gibt Listes als Schreibung im 13. Jahrhundert, im Bezirk Leuk ist die übernommene Form Lichte cf. HL L ISTES . Eine Entlehnung ohne / s/ kommt nur auf Grund der dialektalen Entwicklung im Spätmittelalter in Frage; dafür lassen sich keine Belege in Niedergesteln finden. Letztlich kann der Name nicht gedeutet werden. Lieben Lieben ist ein Adjektiv im Dativ, das nur im Beleg ob Vnser Lieben Frauwenn ‘ ob (dem Bildstock oder der Kapelle) unserer lieben Frau (Maria) ’ (1602, Gluringen) belegt ist. Unsere (liebe) Frau als Name der hl. Jungfrau Maria ist nach I D . (1, 1242, 1d)) belegt. Eine Kapelle ist in Gluringen nicht erwähnt; vermutlich handelt es sich um einen Bildstock oder ein Stück Land, das ihr gewidmet war. Liebig (FaN) Liebig (FaN) kann eine kollektive Ableitung auf / - IG / zum FaN Liebo oder Lieben sein, die laut AWWB (252) ursprünglich für den FaN Streler verwendet wurde. Das Lemma ist nur belegt in Liebig Garttlÿ ‘ der kleine Garten der Familie Lieben ’ in Brig (1708). Liecht Liecht n. ist einerseits zum Adj. liecht ‘ hell ’ (I D . 3, 1055) und anderseits zu schwdt. Ho(ch)liecht n. ‘ Himmel um den Zenit; die Höhe des Himmels, der helle über und an den Bergkämmen von der Tiefe des Tals aus sichtbare Sonnenglanz bzw. die betr. Luftschicht; Morgendämmerung; Bergkamm, -Grat; Horizont, Gesichtskreis ’ und wdt. ds Hoo Liecht ‘ Himmel ’ (I D . 3, 1053 f.; G RICHTING 1998, 127; Z INSLI 1946, 324; Z INSLI 1975, 53 ff.) zu stellen. Belegt ist der Typ ts Holiecht ‘ das hohe Licht (Aussichtspunkt) ’ (Münster und vierzehn weitere Gemeinden, teilweise historisch), dazu ts Hinner und ts Voder Holiecht ‘ der hintere und der vordere Teil des hohen Lichtes ’ (Geschinen), ts Ober Holiecht ‘ der obere Teil des Holiecht (hohes Licht) ’ (Simplon) und das komplexe Holiecht mit folgenden Grundwörtern Brunnu, Gletscher, Pass, Tschugge und Wäg. Im zweiten Fall kommt das Adjektiv als Bestimmungswort zum Grundwort Biel ‘ Hügel ’ vor: ts Liechtbiel ‘ der helle Hügel ’ (Stalden), dazu mehrere historische Belege. Der Typ Liechtbiel erscheint weiter mit den Grundwörtern Hubel, Rufina, Schleif und Wäg. Nur einmal belegt ist die Liechteggen ‘ die Licht-Ecke ’ (1764, Zwischbergen), wo auch zweimal t Liechtholzegga ‘ die Ecke mit Lichtholz (Kienspan) ’ erscheint. Hier ist wohl an Liechtholz ‘ Kienspan ’ (G RICHTING 1998, 127) zu denken, also an eine Ecke mit Holz, das leicht angezündet werden konnte und lang brannte. Typischerweise war dies das Holz von Dählen (Kiefern). Liele Liel n. ist als Simplex in Brigerbad endungslos belegt. Es handelt sich um ein Kollektivum zu Liela, das zu schwdt. Niele n , Liele n wdt. Niela, Niälju f. ‘ C LEMATIS VITALBA , Echte Waldrebe ’ , ahd. liela, liola, mhd. liel(e), alemannisch dissimiliert zu Niele, daraus degluttiniert Iele (I D . 3, 1260; I D . 4, 715; M ARZELL 1, 1046 f.; G RICHTING 1998, 144) zu stellen ist. Zur Pflanze vgl. L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 118 s. v. C LEMATIS VITALBA ) mit Verbreitung in der ganzen Schweiz. Neben dem Simplex kommt Liel als Bestimmungswort in Lielflu ᵕ ‘ die Fluh mit Echten Waldreben ’ (1586, Naters), Lielgraben (1525, Brigerbad), wohl beim Liel gelegener Graben, und Liel Reben (1902, Hohtenn, unsichere Lesung und unsichere Deutung) vor. Der Typ Niela ist nur belegt im Diminutiv Plural t Nieltini ‘ das kleine Gebiet mit Echten Waldreben ’ (Mund). Lienhärto (PN) Lienhärto ist ein schwacher Genitiv zum PN Lienhard ‘ Leonhard ’ (I D . 3, 1286 s. v. Lienert). Es ist nur einmal belegt in Lienhärto Halmera ‘ das ehemalige Getreideland des Lienhard ’ (1581, Unterbäch). Bei F ÖRSTEMANN (1, 1053) ist Lienhard bezeugt. Lies Lies ist nur belegt in ts Liesland (FLNK u. LT Liessland) und der Lieslandgraad ‘ der Grat beim Liesland ’ (beide Oberwald). Weder I D . noch G RICHTING (1998) kennen Lieben 103 104 <?page no="57"?> Lies(s). Ein Anschluss an Lischa ‘ Sumpfgras ’ (I D . 3, 1459 s. v. L ī sch; G RICHTING 1998 , 128 s. v. Lischa) ist nicht unmöglich, wenn unter Lies eine Form von C AREX CUR- VULA ‘ Gewöhnliche Krumm-Segge ’ oder ähnlich (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1386) gemeint ist. Allerdings ist im Wallis üblicherweise nur Lischa belegt; Lies mit Diphthong (so von M. S. notiert) ist sonst unbelegt; das zeigen auch J ACCARD (1906, 228) und J UD (1945 - 46, 60). G R W B (12, 1019) kennt Liese f. in drei Bedeutungen, doch keiner der Einträge trifft zu. Auch ein Anschluss an mhd. liesen (L EXER 1, 1913) zu verliesen ‘ verlieren ’ ist nicht gegeben. Nicht ganz auszuschliessen ist eine Form von Linse (I D . 3, 1343) mit der Deutung ‘ ein Stück Land, das so gross ist wie eine Linse ’ , das dem Staubschen Gesetz unterliegen würde; allerdings hat R ÜBEL (1950, 6) ausgeführt, dass das Goms hier dem Staubschen Gesetz nicht folgt. Daraus ist zu schliessen, dass eine Deutung für das HL nicht möglich ist. Lietja Lietja ist eine assimilierte Form zu Liegja ‘ der Aussichtspunkt ’ (cf. HL L ÜEGE und das dort belegte Liedji ‘ der kleine Aussichtspunkt ’ (Naters) mit den historischen Belegen). Es ist nur einmal belegt als t Lietja ‘ der Ort mit Aussicht ’ (Grengiols) mit der / - LA / - JA / -Ableitung (S ONDEREGGER 1958, 517). Die volks-etymologische Umdeutung zu Lied ‘ Lied ’ ist nicht zutreffend. Liffinen Liffinen ist ein Dativ und nur einmal 1653 in Ulrichen belegt als die Alpa der Herren von Liffinen. Es handelt sich um die heutige Leventina, früher Livinen oder Livinental genannt, das sich im Kanton Tessin befindet. Wer genau die Herren dieses Tals sind, wird aus dem Text nicht klar. Lift Lift m. ist belegt in Märwiglift ‘ der Skilift am Määrwig (mürbes Gestein) vorbei ’ (FLNK, Wiler), Unnerratlift ‘ der Skilift am Unnerat (Gebiet mit Futter fürs Vieh) vorbei ’ (FLNK, Bürchen) und bim Aute Schiglift ‘ beim alten Skilift ’ (Ernen, mit / l/ -Vokalisierung). Das HL ist zum hdt. Lift m. (cf. K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 578) zu stellen, hier zur Bezeichnung von Skiliften. Lifti Lifti ist nur 1874 in Steg als den Liftigraben ‘ der Graben beim Ort mit Luftzug ’ (Akkusativ ist konstruktionsbedingt) belegt. Lifti ist zu schwdt. lüfte n , und wdt. lifte, liftä, liftn (Lötschental), liftu ‘ lüften, versteigern, aufheben ’ (I D . 3, 1161; G RICHTING 1998, 127) zu stellen. Die Substantivierung ist ein Verbalabstraktum auf / - I / (S ON- DEREGGER 1958, 497 ff.). In FlN wird das HL zur Bezeichnung eines Ortes verwendet, wo ein Luftzug oder Wind vorherrscht. Liger Liger ist nur in im Altliger ‘ in der alten Lagerstätte (für das Vieh) ’ (Münster, auch FLNK) belegt; die Flur befindet sich nicht auf der Alp, sondern auf ca. 1460 m Höhe zwischen Münster und Geschinen. Das HL ist zu schwdt. G e -Liger ‘ Lagerstätte ’ (cf. I D . 3, 1215) zu stellen, hier wohl ohne das Präfix (ge-), vgl. auch Liger ‘ Lagerplatz ’ und Chüe-Liger ‘ Lagerplatz der Kühe ’ (beide I D . 3, 1215). Ligg Ligg n., Liggi f. ist zum Verb schwdt. lige n , ligge n , und wdt. ligge, liggä (Goms), liggn (Lötschental), liggu wie nhd. ‘ liegen; von Tieren, liegen, sich niederlegen, im Wallis wird das Wort an einigen Orten nur von Tieren gebraucht; von gemähtem, zum Dörren bestimmtem Gras, Getreide ’ (I D . 3, 1204 ff.; G RICHTING 1998, 127) zu stellen. Als Simplex kommt nur Liggi ‘ der Liegeplatz für die Kühe ’ (FLNK u. LT, Saas Almagell) vor. Hierzu gehören auch t Erschtu, di Zweitu und di Drittu Liggi ‘ der erste, der zweite und der dritte Liegeplatz für die Kühe ’ (Saas Almagell). In Blatten sind ts Foder und ts Hinder Ligg ‘ der vordere und der hintere Liegeplatz ’ belegt. Eine unklare Form ist di Bälliggjini ‘ die kleinen Liegeplätze beim Bäll (aber 987 m) / für die Schafe (Bänz) (? ) ’ und im Ligbodo ‘ der Boden, wo das Vieh liegt ’ (1895, Eggerberg; 1478, Naters). Der Beleg Ligbodo Tag (Eggerberg) ist vermutlich falsch gelesen: der Beleg besagt, dass am Tag aus dem Viertel des morgendlichen Wassers der Ligboden gewässert wird (aber der Text ist unklar). Vom Verb abgeleitet sind die Partizipien Präsens: únter den Ligenden Blatten ‘ unter den liegenden (horizontalen) Felssplatten ’ (1829, Guttet) und die wol ligend Matta ‘ die gut gelegene Wiese ’ (1577, Ried-Brig). Ligner Ligner ist nur 1361 in Gampel (Jeizinen) als in der Ligner Matta ‘ in der Ligner Wiese ’ belegt. Ligner ist weder als FaN, noch als PN belegt; da das Dokument von 1361 stammt, ist eine Entrundung nicht möglich. Zur Bildung - NER vgl. S ONDEREGGER (1958, 525 ff.). Der Flurname könnte auch zu den HLL L IGER und L IGG gestellt werden, doch ist eine Bildung mit - NER dort nicht bekannt. Die Deutung bleibt deswegen unklar. Ligsch Ligsch kommt nur einmal vor in üf ts Ligsch Äbmetgi (Münster). Ligg liesse sich zum Adjektiv lugg (Id. 3, 1232 ff.) stellen, dann in der Bedeutung ‘ ein wenig, klein ’ 105 106 Ligsch <?page no="58"?> (I D . 3, 1235), doch müsste die Form *üf ts ligge Äbmetgi heissen. Alternativ wäre an einen Genitiv eines PN Ligg(i) zu denken, der allerdings nicht belegt ist. Die HLL L IGER und L IGG kommen bei einem Genitiv auf {sch} kaum in Frage. Die Deutung bleibt deswegen unsicher. Lihetsch (PN) Lihetsch (PN) ‘ des Lichert ’ ist nur 1857 in Gampel als Lihetschboden ‘ der Boden des Lichert ’ und t Liihetschmattä ‘ die Wiesen des Lichert ’ (Gampel) belegt. Der historische Beleg von 1749 enthält jn Lichertzmatten; spätere Formen zeigen, dass der Name nicht mehr präsent war. Vermutlich liegt jedoch ein Genitiv eines PN Lichert zu Grunde, der wohl auf den alten Personennamen Liuchart (F ÖRSTEMANN 1, 750) zurückzuführen ist. Liibji Liibji ‘ Leibchen ’ findet sich nur in Randa mit dem Zentrum t Liibjini und den Namen Liibjiwäg (FLNK), der Liibjitritt, sowie der Ober und der Unner Liibjiboda ‘ der untere und der obere Boden bei den Liibjini ’ . Das HL lässt sich zu Liibji ‘ Leibchen ’ (G RICHTING 1998, 127) stellen; am ehesten käme die Form der Moräne als Motivation in Frage, wie A. B RANTSCHEN (p. c.) ausführt, der in Randa aufgewachsen ist und über die dortigen Orts- und Flurnamen gearbeitet hat. Der Bezug zu Lîbi n g ‘ Dicke z. B. einer Wand, einer Röhre ’ (I D . 3, 980) (hdt. Leibung, vgl. G R W B 12, 609) trifft kaum zu; I D . erwähnt nur Zürich und verweist auf die bautechnische Bedeutung. Liich Liich ‘ Leiche ’ ist zu schwdt. L ī ch (n.) f. ‘ Leib, menschlicher Körper; Leiche; Leichenbegängnis ’ und wdt. Liich ‘ Leiche ’ (I D . 3, 1013 ff.; G RICHTING 1998, 128) zu stellen. Belegt ist das Lemma nur als Bestimmungswort in zwei Belegen. Das Kompositum schwdt. Liche(n)brëtt ist ein ‘ Brett, auf das die Leiche gelegt und das nachher, bemalt, im Freien als Denkmal aufgestellt wurde ’ , bezeichnet in FlNN aber v. a. in Übertragung ‘ glatte Wände und Platten ’ (I D . 5, 903; Z INSLI 1945, 125 nimmt explizit auf Zermatt Bezug). Belegt ist t Liichubretter ‘ die Leichenbretter ’ (Zermatt). Vermutlich gehört auch Liichflie ‘ die Flühe mit Leichen ’ (Birgisch) hieher; die mögliche Deutung durch schwdt. L ĭ che(n) koll. ‘ Leberkraut ’ (I D . 3, 1016) ist sehr unwahrscheinlich, da das Nomen nur für Werdenberg, Kt. St. Gallen, belegt ist. Es handelt sich um eine Flechte, die bei L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014) nicht belegt ist. Liiri Liiri n. ist als ts Liiri ‘ das schlechte Wässerwasser ’ (Ried- Brig) im Gantertal belegt. Laut Beschreibung handelt es sich um eine Wässerwasserleitung. Am nächstliegenden ist eine entrundete Form zu Lüre n ‘ wässriger Wein, schlechte Brühe ’ (I D . 3, 1378), hier wohl als Wässerwasser zu verstehen. I D . gibt keine Belege aus dem Oberwallis und führt das Wort auf lat. LORA ‘ Tresterwein ’ zurück (L ORA ist bei D U C ANGE 5, 141c belegt als Potionis mellitae genus ‘ eine Art Getränk mit Honig gesüsst ’ ). Ob diese Herleitung stimmt, ist unklar. Lilie Lilie ‘ Lilie ’ ist zu schwdt. Ilie ‘ weisse Lilie ’ und weitere Pflanzennamen (I D . 1, 173 f.). bzw. Lilie n m. ‘ Lilie; Bergveilchen bzw. gesporntes Veilchen ’ , f. ‘ Frühlingsenzian ’ (I D . 3, 1260) zu stellen. Die Deutung ist unsicher; von der Verbreitung her kommt am ehesten die Weisse Trichterlilie (Paradisea liliastrum, vgl. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1264) in Frage. Belegt ist es in Lilien Acher ‘ der Acker bei den Lilien ’ (1788, Betten). Sehr unsicher ist t Eilimatte ‘ die Wiese bei der kleinen Aue / wo lilienartige Blumen wachsen (unklar) ’ (Ausserberg). Zwar verzeichnet I D . (1, 173 f.) die Form Eile für Herzogenbuchsee (Bern), doch fehlen Belege für das Wallis. Limmi Limmi f. ist zu schwdt. Limmi (Lummi, Lümmi) f. Dim. Limmetli ‘ Einschnitt, Kerbe, Einsattelung an einem Felsrücken, einer Bergkette usw.; Pass zwischen Felszacken; kesselförmige Vertiefung oder eine kleine Ebene zwischen den mit Gras bewachsenen Bergen; Einsenkung des Bodens, Schlucht, Talmulde; Einbiegung in einer Fläche ’ (I D . 3, 1270; BENB 1, 3, 107; URNB 2, 552 f.; Z INSLI 1945, 330) zu stellen. Bei G RICHTING (1998) fehlt das HL. Belegt ist das HL als in der Lÿmin ‘ in der Talmulde? ’ (1711, Ausserberg). Alle anderen Belege finden sich in Oberwald: Sidellimmi ‘ Einkerbung, die wie eine Sitzgelegenheit aussieht ’ (auf LK jedoch Sidelini; nordöstlich Sidelhorn), t Ober und t Unner Triftlimmi ‘ der obere und der untere Teil der Einkerbung oberhalb der Trift im bernischen Gadmental ’ und der Limistock ‘ der Limistock (Gipfelname; Grenzgipfel zwischen Bern und Wallis, BENB 1, 3, 107) ’ . Limmil Limmil ist nur als der Limmilbode (Visperterminen) belegt. Gwp. stellt den Flurnamen zu <a limmil>: ein im Verhältnis seines Alters grossgewachsener junger Bursche. G RICHTING (1998, 128) kennt Limmel, Limmäl (Goms), Limmul (Zermatt), Limml (Lötschtal), Limmil ‘ Mann (grosser, gewalttätiger) ’ . Das ist zweifellos als entrundete Form zum schwdt. Lümmel m. ‘ wie nhd. ’ (I D . 3, 1270) zu stellen. Diese Deutung ist kaum nachzuvollziehen. Die Alternative wäre eine Deutung zu Lihetsch (PN) 107 108 <?page no="59"?> Lummi, wdt. auch Limmi (I D . 3, 1270; Z INSLI 1946, 81 und 330), wobei letzterer vor allem von einer kleinen Mulde, einer kleinen Vertiefung in der Wiese spricht. Allerdings fehlt eine Form auf / - IL / , das als maskuline Stellenbezeichnung zu verstehen wäre (vgl. S ONDEREGGER 1958, 513). Bei der Deutung im VSNB (Datenbank) wurden beide Lesungen verwendet, obwohl keine von beiden überzeugt. Lind Lind, resp. linn Adj. ist zum Adjektiv lind (lint, linn) ‘ weich; locker, vom Regen durchfeuchtet ’ (I D . 3, 1315 ff.; BENB 1, 3, 108; G RICHTING 1998, 128) zu stellen. Die Belege sind nicht immer vom teilweise homophonen Baumnamen Linde ‘ die Linde (Tilia platyphyllos, Tilia cordata) ’ (cf. HL L INDE ) zu unterscheiden. Die Entwicklung von / -nd-/ zu / -nn-/ einerseits, die Fortisierung von / -nd/ zu / -nt/ anderseits führen zum Nebeneinander von Linn und Lint (cf. G RICHTING 1998, 128, der neben dem Adjektiv lind ‘ weich ’ , auch das Verb linne, lintä (Goms), linde, lindä (Lötschental), lintu ‘ einweichen, aufweichen, prügeln ’ kennt; auch I D . (3, 1317) kennt das Verb als linde n ). Das HL erscheint in einer substantivierten Form ts Lind ‘ das weiche, wässrige Gebiet ’ (Glis, Visperterminen), ts Lint ‘ das weiche, wässrige Gebiet ’ (Naters) und als jm Lind (1479, Ried-Brig; 1604, Lindj), das in I D . so fehlt. In Eyholz ist 1545 das Lÿndt belegt, an dem vorbei eine Wasserleitung führt; es handelt sich wohl um den Ort in Glis und Visperterminen. der Lindwald ‘ der Wald im weichen, wässrigen Gebiet ’ (Glis, Visperterminen) meint den gleichen Ort, dr Lindwald ‘ der Wald im weichen, wässrigen Gebiet ’ (Hohtenn, Steg) bezeichnet ebenfalls einen solchen Wald. Hinzu kommt in Visperterminen t Lindhitta ‘ die Hütte im Lindwald ’ . In Hohtenn findet sich t Lindwaldbletschu ‘ die Bletscha (Ebene) im Lindwald (Wald im weichen, wässrigen Gebiet) ’ , in Steg dr Lindschlüüchu ‘ die Schlucht beim Lindwald (Wald im weichen, wässrigen Gebiet) ’ . Das HL erscheint als attributives Adjektiv oder als Bestimmungswort in t Linnuachra ‘ die Äcker im weichen, wässrigen Gebiet ’ (Gwp. denkt an Linden (Bäume) ’ (Visp), der Lin(d) Bodu ‘ der weiche Boden ’ (Saas-Balen), ts Lindbächi ‘ der kleine Bach aus dem weichen, wässrigen Gebiet ’ (Oberwald), in Münster als ts Linnebächi (FLNK u. LT, Linnebächi), in Ulrichen als ts Linnebächi ‘ der kleine Bach aus dem weichen, wässrigen Gebiet ’ (die Namen in Münster und Ulrichen bezeichnen den gleichen Bach), in dem Lindberg (1540, Visperterminen) mit unklarer Bedeutung, ‘ im Berg im weichen, wässrigen Gebiet ’ , (Berg ist im allgemeinen ein höher liegendes Gebiet, könnte also auch ‘ Berg oberhalb von Linden ’ sein), ts Lind Bärgji ‘ der kleine, mit Linden bestandene Berg / der kleine Berg mit einem weichen (linden) Boden (Naters) ’ - ein unklarer Name, der auch als Blindbärgji belegt ist, wohl benannt nach dem Blindtal daneben - , t Lindflüe ‘ die Fluh im weichen, wässrigen Gebiet ’ (Täsch), obwohl Gwp. sagt, es sei nicht weicher Boden, die Lindpletschen ‘ die Ebene im weichen, wässrigen Gebiet / die Ebene mit Linden ’ (1860, Steg) und t Linn Bina ‘ der Pflanzplatz im weichen, wässrigen Gebiet ’ . Die genaue Bedeutung von lind als ‘ weich, feucht, locker, wässrig ’ bleibt häufig unklar. Lautlich kann auch eine Assimilation zu Limeintreten. Linde Linde f., auch Linda, ist zu schwdt. Linde n f. ‘ Linde ’ (I D . 3, 1319 f.) zu stellen; in G RICHTING (1998) fehlt ein Eintrag dazu. Wie I D . ausführt, handelt es sich um zwei Formen der Linde (T ILIA PLATYPHYLLOS , T ILIA C ORDATA nach L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 448), die meist als Einzelbäume oder in kleinen Gruppen auftreten. Das HL kann mit dem gleichlautenden HL L IND (Adj.) verwechselt werden, sodass die Deutungen unsicher sind. Sicher hierzu gehören zer Linnu ‘ bei der Linde (Ortsteil von Naters) ’ (Naters; FLNK bi der Linna), zer Lindu ‘ bei der Linde ’ (Baltschieder, heute keine Linde mehr), t Lindä ‘ die Linde ’ (Gampel), heute galte (aufgelassene) Äcker, zer Linnu ‘ bei der Linde ’ (Ergisch), zwischen Turtmann und Ergisch liegende Flur. Ein Beleg von 1570 in Visp hat vnder der Linden ‘ unter der Linde ’ . Bei lateinischen Belegen vom Typ sub tilia ‘ unter der Linde ’ lässt sich nicht sagen, ob wirklich ein Name vorliegt; sie wurden deswegen gestrichen. Auch die Belege zen Linden (1669, Naters), Linden- Sleýfe (1383, Glis; in anderem Dokument Lunden Sleyffen), der Linduwäg ‘ der Weg an der Flur zur Linde vorbei ’ (Gampel) (es handelt sich um den Weg nach Jeizinen, der am Ort t Lindä (siehe oben Gampel) vorbeiführt), der historische Beleg von 1615 vnder der Linden ‘ unter der Linde (Niedergesteln) ’ (1615, Niedergesteln) und vff den Linden (1564 u. später, Ausserberg) gehören hierzu. Unsicher ist ts Linni (Mund; 1564 zur Lindun (? )), wo der historische Beleg auf eine Linde hinweist. Die übrigen Belege sind eher zum Adjektiv lind (cf. HL L IND ) zu stellen. Linett Linett ist nur bei FLNK für Albinen belegt. Bei M ATHIEU (2006, 41 und 43) ist es als Linet / Linethaaltu belegt. Vermutlich ist es zu lat. L Ī NUM flachs (FEW 5, 367 ff.) zu stellen; belegt sind die Bedeutungen ‘ Leinsamen ’ oder ‘ Hänfling ’ (so FEW 5, 368 f.); in unserem Kontext ist wohl einfach ein früheres Feld mit Flachs gemeint. 109 110 Linett <?page no="60"?> Linggu Linggu ist ein attributiv verwendetes Adjektiv im Beleg t Linggu Fäld ‘ die linken Felder ’ (Mund), das schon 1509 apud (lat.: bei) den Linggen Velden und 1850 als in dem Linken Feld belegt ist. Das HL ist zu schwdt. lingg ‘ link ’ , ‘ verkehrt, rückwärts liegend ’ , mhd. linc, lënc und wdt. lingg ‘ links, linkisch, faul ’ (I D . 3, 1340 f.; G RICHTING 1998, 128) zu stellen und meint nicht primär links, wie Gwp. meint, sondern eher ‘ mit wenig Ertrag ’ . Lingjele Lingjele kommt als in Lingjele (Albinen, FLNK u. LT Lingele) vor. M ATHIEU (2006, 43) kennt es als Lingelä, S. 45 als Lingälä; in beiden (identischen) Fällen oberhalb der Baumgrenze. Eine Deutung zu Lignière(s) als ‘ Parzelle mit Leinen ’ nach B OSSARD / C HAVAN (2006, 148) kommt auf dieser Höhe nicht in Frage. Da historische Belege fehlen, lässt sich der Name nicht deuten. Ob er romanisch oder deutsch ist, lässt sich nicht eruieren, doch weisen die Belege auf ein romanisches Wort hin. Lingwuru Lingwuru ist zweimal belegt: als ts Lingwuru (Ried-Brig) und der Linngwurm (Visperterminen). Zum ersten Beleg liegen auch historische Belege vor: 1349 Lynt Wurm, 1354 zem Lyngwu ͦ erme, 1389 de Lincwurme, 1390 apud Lincwu ͦ rme, 1394 de Lincwurme usw. Der älteste Beleg legt einen Bezug zu Lindwurm nahe. Ob daraus die Sage, dass hier ein Drache hauste, entstanden ist, bleibt unklar, ist aber wahrscheinlich. Die seltsame Entwicklung von / nt/ zu / ng/ , sonst nur im westlichen Mittelland (SDS 2, 119 ff.) oder bei der Assimilation von / nd/ zu / ng/ vor Velarhalbkonsonant (Typ: Gringji für Grindji (< Gründ+ li ‘ kleiner Grund ’ )) belegt, lässt sich eventuell mit dem Einfluss des wdt. Adjektivs leng, läng ‘ lang ’ (G RICHTING 1998, 127) erklären. Die Vokalisierung von / rm/ zu / ru/ ist laut SDS (2, 143 s. v. Darm) im Oberwallis üblich; bei G RICHTING (1998, 241) ist auch Wurum ‘ Wurm ’ belegt, entgegen den Bemerkungen in SDS (2, 143). Es kann also angenommen werden, dass Lingwuru ursprünglich auf Lindwurm zurückgeht. Wie K LUGE / S EEBOLD ( 25 2011, 579 s. v. Lindwurm) ausführen, handelt es sich dabei um eine im 18. Jahrhundert wieder eingeführte, ursprünglich mhd. Form, die letztlich eine verdeutlichende Komposition zu anord. linnr ‘ Schlange, Drache ’ und dt. Wurm (hier auch als Schlange und Drache) darstellt. W ERLEN (1991, 231) referiert einige Erklärungsversuche, ohne die ältesten Belege zu berücksichtigen. Das gleiche Motiv ist auch in Visperterminen zu erkennen, wo Gwp. sagt, dass die Alpweide, die so benannt ist, die Form einer <chäderna>, eines Wurmes, habe. Linnju Linnju ist nur als t Linnju ‘ die Linie (Wasserleitung nach Chippis) ’ (Salgesch) belegt. Beschrieben ist es als “ Wasserkanal nach Chippis ” . M ATHIER (2015) kennt den Namen nicht. G RICHTING (1998, 128) kennt wdt. Linja, Lingä (Goms), Lingju ‘ Linie ’ . I D . hat (3, 1285; gedruckt 1895) nur Linne n mit der Bedeutung ‘ Linie ’ (1. Bedeutung). Da sich Chippis (damals noch mit Aluminiumfabrik) im frz. Mittelwallis befindet, dürfte sich der Name auf eine unterirdische Wasserführung dorthin beziehen. Die Leitung kommt wohl aus dem Pfynwald und der Flurname dürfte frpr. oder frz. sein (cf. FEW 5, 350 ff. s. v. ligne schnur; linie). Linsen Linsen ist nur als Bestimmungswort in Linsenacher ‘ Acker, auf dem Linsen angebaut werden ’ (1547 - 1552, Binn) vertreten (vgl. I D . 3, 1343 s. v. Linsen). die zugehörige Pflanze ist unter L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 332) als L ENS CULINARIS ‘ Linse ’ verzeichnet. Wahrscheinlich gehört hierzu auch die Ableitung Linsmerra oder Linsinerra (cf. HL L INSMERA ). Linsmera Linsmerra ist in Visp 1309 vertreten, in Raron 1424 Linsmera (mit unsicherer Lesart). Dazu kommt t Liisnera (Lalden) mit einem historischen Beleg Linsinerra (1306). Zu vermuten ist eine / - ERRA / -Ableitung zum Pflanzennamen Linse n ‘ Linse ’ (I D . 3, 1343 f.) mit der Bedeutung ‘ Ort mit vielen Linsen ’ (S ONDEREGGER 1958, 471 ff.). Passend hierzu der Beleg Linsenacher (1547 - 1552, Binn) (cf. HL L INSEN ). Lippa Lippa f. ist schwierig zu deuten. Belegt ist das Simplex in Eggerberg und Mund, wo es die gleiche Voralpe bezeichnet; in Raron ist 1733 an der Lypen als Alpe verzeichnet. Ausgehend vom Lippbodo ‘ der flache (liegende) Boden ’ finden sich t Lipboduachra und t Lipbodomatte. Hier scheint sich aus Lig + Bodo > Lipbodo gebildet zu haben; alle drei Namen wären deswegen zu lige n ‘ liegen ’ (I D . 3, 1203 ff.; G RICHTING 1998, 127 s. v. ligge (mit Varianten)) zu stellen, wobei die genaue Deutung fraglich ist. Hingegen sind der Alpenname und das 1774 in Eggerberg bezeugte Lüppenmarch ‘ die Grenze der Alpe Lippa ’ wohl eher zum hdt. Lüppe f. ‘ Salbe, zusammenziehender Saft, auch Lab ’ (G R W B 12, 1312) zu stellen, das auf ein ahd. luppi, mhd. lüppe, luppe ‘ Gift ’ (L EXER 1, 1988) zurückzuführen ist. Zu vergleichen ist das endungslose Lupp n. ‘ Lab ’ (I D . 3, 996). Im Kontext der Alpwirtschaft kann hier ein Bezug zur Käseherstellung eine Rolle spielen. Da der Linggu 111 112 <?page no="61"?> Alpname unklar bleibt, wird in VSNB (Datenbank) jeweils ‘ die Alpe Lippa (unklar) ’ als Deutung gegeben. Das ebenfalls in Eggerberg belegte Lippetscha (1859 auch in den Lippertschen) scheint zum Pflanzennamen Luppertschen ‘ Eisenhut ’ (I D . 3, 1353; M ARZELL 1, 105 s. v. A CONITUM N APELLUS ; vgl. auch L AUBER / W AGNER / G YGAX 52014, 104) zu stellen zu sein (cf. HL L IPPETSCHA ), der seinerseits auf das schon erwähnte ahd. luppi, mhd. lüppe ‘ Gift ’ zurückzuführen ist; der Eisenhut ist giftig. Lippert (PN) Lippert (PN) ist nur 1542 in Mund als Lipertz Matta und im gleichen Jahr als an Lüpertzmatten ‘ die Wiese des Lippert (PN) ’ belegt. Beide enthalten den PN Lippert im Genitiv, der wohl auf den PN Liutpert (F ÖRSTEMANN 1, 1936) zurückzuführen ist. Belegt ist der PN nicht, hingegen dürfte der Beleg unter Nr. 14913 in den Lippertschen (1859, Eggerberg), das als Pflanzenname gedeutet wurde, unter Umständen ‘ das Gut des Lippert ’ meinen; diese Deutung ist jedoch unklar. Lippetscha Lippetscha f. ‘ Eisenhut ’ ist zu schwdt. Luppertsche n , Lupritsche n , Lubritschen, Lubscheten, Laubritsche n f. ‘ Eisenhut, A CONITUM N APELLUS , Echter Sturmhut ’ (I D . 3, 1353; M ARZELL 1, 98 ff.; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 104 als Blauer Eisenhut) zu stellen. Das HL ist nur in Eggerberg als t Lippetscha belegt (1859 in den Lippertschen) und bildet zusammen mit t Inner Lippetscha und t Üsser Lippetscha ein kleines Namennest. I D . und M ARZELL führt es auf ahd. luppi ‘ Gift ’ zurück; die Pflanze ist giftig. Lippi (PN) Lippi (PN) ist nur in ts Lippisch Chrizji ‘ das kleine Kreuz des Lippi (PN) ’ (Grächen) belegt. Laut Gwp. handelt es sich um ein Kreuz an einem Baum zur Erinnerung an einen Mann namens <lippi>, der hier verunglückte. Zu stellen ist das HL zum PN Lipp, auch Lippi ‘ Philipp ’ (I D . 3, 1352). Lire Lire ‘ der kieshaltige Boden ’ ist nur 1737 in Varen als in die De Lire belegt. Das Notat ist sehr unklar, weil De Lire ein Genitiv ist, was aber mit in die nicht übereinstimmt. Lire lässt sich laut FEW (4, 149) zu lat. GLAREA ‘ Kies ’ stellen. Auch B OSSARD / C HAVAN (2006, 62) kennen Gleyre, Glère, Glière, Lière usw. mit der Bedeutung ‘ sol graveleux, assez souvent en bordure de rivières (alluvions) ’ (kieshaltiger Boden, häufig am Ufer von Flüssen (Schwemmgebiet). Das ist wohl auch in Varen so zu verstehen, wo ein kleiner Weinberg auf einem Gebiet mit kieshaltigem Boden gemeint ist. Lireta Lireta ‘ das kleine kieshaltige Gebiet ’ ist nur einmal in Albinen als t Lireta belegt (FLNK Lireta). M ATHIEU (2006, 31) kennt Liiretä. Die Flur befindet sich in Unnerdietu. Der Flurname ist wohl als diminutive / - ITTA / -Ableitung (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) zum gleichen Etymon wie Lire (cf. HL L IRE ) zu stellen. B OSSARD / C HAVAN (2006, 62) kennen neben Gleyre auch Lyérette, das ‘ [s]ol graveleux ’ (kieshaltiger Boden) bedeutet. Das schwdt. Lirete n ‘ einfältige, faule Weibsperson ’ (I D . 3, 1371) kommt nicht in Frage. Lirschi Lirschi ist nur in der Lirschigrabu (Albinen) belegt; FLNK hat Liirschigrabu, ebenso M ATHIEU (2006, 33). M ATHIEU (2006, 13) kennt auch Liirschibriggu, eine Brücke über den Lirschigrabu. Das Simplex ist bei M ATHIEU (2006, 31) als Liirschi belegt. Die Endung -schi deutet auf einem Diminutiv hin, doch ist das zentrale Nomen nicht klar. J ACCARD (1906, 247) kennt Lyre und stellt es vorsichtig zu l ’ Ire ‘ l ’ Aire ’ mit agglutiniertem Artikel. Die hybride Form mit einem frpr. Nomen und einem wdt. Suffix ist sehr spekulativ und lässt sich nicht sicher deuten. Lis Lis ist einerseits der Name des Lyskamms oder Liskamms, eines Gebirgszuges südlich von Zermatt. Z INSLI (1984, 422 s. v. Liisu) gibt den Bachnamen an (auf LT Lyso), der durch das Tal von Gressoney (Italien) fliesst. Der Kamm wurde danach benannt. Ähnlich ts Lisjoch (Zermatt) am Ende des Lyskamms, das einen Übergang zum Lystal benennt. Zum andern ist Lismatta (1305, Gampel; 1320, Visperterminen) zweimal belegt. Das Bestimmungswort kann sich nicht auf den Bachnamen beziehen. Es scheint, dass hier l ī s ‘ langsam, mild, unpässlich, leise ’ (I D . 3, 1422) vorliegt, das - auf eine Wiese angewandt - in etwa eine wenig fruchtbare Wiese meint. Lischa Lischa f. ‘ Schilf, Riedgras; sumpfiger Boden ’ ist zu schwdt. L ī sch, Liesch n. f., wdt. Lischa, Lischä (Goms), Lischu f. ‘ Schilf, Riedgras; geringeres, gröberes, auf nassem Boden wachsendes Gras, als Futter für Pferde und Schafe, bes. bei Futtermangel, benützt; langes, über Felsabhänge herunterhängendes Gras; langes Waldgras zu Streue; kurzes, dichtes Riedgras zur Streue und Füllung von Betten verwendet; Segge; Binse; Schilfrohr; sumpfiges, mit L ī sch bewachsenes Grundstück, Moor ’ , ahd. lisca, mhd. lische (I D . 3, 1459; G RICHTING 1998, 128) zu stellen. Das HL wird auf ein vorromanisches *lisca zurückgeführt (FEW 5, 372, J UD 1945/ 46, 60), das sich 113 114 Lischa <?page no="62"?> auch im Namengut der Westschweiz wiederfindet (B OS- SARD / C HAVAN 2006, 73 s. v. Lèches). Das HL ist in rund 100 Namen belegt. Das Simplex tritt im Singular als Lischa (zwölf Belege), im Plural als Lische (zwölf Belege), im Obliquus inn Lischun ‘ im sumpfigen Boden mit Riedgras ’ (Blatten) und historisch als Lischen (1684, Fieschertal; 1752, Zwischbergen) auf. Gemeint sein kann in beiden Fällen entweder der sumpfige Boden, auf dem Riedgras oder Schilf wächst, oder diese Pflanzen selbst, die auf feuchten Böden wachsen. Dass Lische ‘ Riedgras ’ als Futter (vor allem für Pferde und Schafe) beliebt waren, führt R ÜBEL (1950, 69) aus. Mit attributiven Adjektiven erscheinen: t Foder Lischa ‘ der vordere Teil des sumpfigen Bodens mit Riedgras ’ (Fiesch), die Gross Lischa ‘ der grosse, sumpfige Boden mit Riedgras ’ (Kippel; 1832, Geschinen), die Heylische ‘ der hohe sumpfige Boden mit Riedgras ’ (1681, Blitzingen), t Hinner Lischa ‘ der hintere Teil des sumpfigen Bodens mit Riedgras ’ (Fiesch; 1707, Lax), t Indru Lische ‘ die inneren (taleinwärts liegenden) sumpfigen Böden mit Riedgras ’ (Törbel), in den Lengen Lischen ‘ bei den langen sumpfigen Böden mit Riedgras ’ (1778, Ulrichen), in den Obren Lÿschen ‘ in den oberen sumpfigen Böden mit Riedgras ’ (1537, Fiesch), die Vierschretzÿs Lischa ‘ der viereckige sumpfige Boden mit Riedgras ’ (1788, Ulrichen), Vodru Lische ‘ die vorderen (talauswärts liegenden) sumpfigen Böden mit Riedgras ’ (Törbel). Als Grundwort erscheint das HL in zweigliedrigen Komposita. Im Bestimmungswort werden Nutzer oder Besitzer erwähnt: die Gerber Lischa ‘ der sumpfige Boden mit Riedgras der Familie Gerber / des Gerbers ’ (1803, Ernen), die Hensli Lischa ‘ der sumpfige Boden mit Riedgras des Hensli (im Gebiet Hänzli) ’ (1740, Ulrichen), die Murman Lischa ‘ der sumpfige Boden mit Riedgras der Familie Murmann ’ (1803, Ernen), die Schiner Lÿscha ‘ der sumpfige Boden mit Riedgras der Familie Schiner ’ (1697, Ulrichen), das Úrselenlischÿ ‘ der kleine sumpfige Boden mit Riedgras der Ursula ’ (1806, Ulrichen; unsicher). Wohl nur eine Lageangabe ist in Ulricher Lische ‘ der zu Ulrichen gehörende Boden mit Riedgras ’ (1830, Ulrichen) zu sehen. Eine zweite Gruppe gibt an, wo sich die Lischa befindet: t Eggerlische ‘ die sumpfigen Böden mit Riedgras bei der Egga (Weiler) ’ (Naters), t Kappelelische ‘ der sumpfige Boden mit Riedgras bei der Kapelle ’ (Ulrichen, auch FLNK), t Moserlische ‘ die sumpfigen Böden mit Riedgras beim Weiler Moss ’ (Naters), die Melbaúmlischa ‘ der sumpfige Boden mit Riegras beim Weiler Mälbböum ’ (1764, Naters), Sannt Jodren Lüschenn ‘ der sumpfige Boden mit Riedgras beim Hl. Theodul ’ (1602, Geschinen) (nach P H . K ALBERMATTER (p. c.) wurde um 1446 hier eine Kapelle des Hl. Theodul erwähnt), t Seelische ‘ der sumpfige Boden mit Riedgras beim See (in der Rottenebene) ’ (Oberwald). Nur vereinzelt sind die Tiere erwähnt, denen die Lische verfüttert wurde: t Schaaflischa ‘ der sumpfige Boden mit Riedgras für die Schafe ’ (Binn) oder der Zweck des Riedgrases: t Füeterlische ‘ der sumpfige Boden mit Riedgras, das als Futter diente ’ (Ulrichen). In mehreren Fällen wird eine benachbarte Flur angegeben: die Graben Lischa ‘ der sumpfige Boden mit Riedgras beim Graben ’ (1832, Geschinen), in der Hammerlischa ‘ im sumpfigen Boden mit Riedgras beim Hammer (werk? ) ’ (1832, Geschinen), jm Hofflischi ‘ im kleinen sumpfigen Boden mit Riedgras beim Hof ’ (1671 u. später, Ulrichen), in den Knúbellischen ‘ in den sumpfigen Böden mit Riedgras im hügeligen Gebiet ’ (1789, Naters), t Chrapflischa ‘ der sumpfige Boden mit Riedgras bei den Krapfen (Felszacken) ’ (Naters) und einige weitere. Auch komplexere Bildungen sind vertreten, so di Brundmadlischä ‘ die sumpfigen Böden bei der Brunnmatta ’ (Blatten) Schratwasserlischa ‘ der sumpfige Boden beim Schrattwasser ’ (1824, Ulrichen) und die Gross Hofflischa ‘ der grosse sumpfige Boden mit Riedgras beim Hof ’ (1603, Münster). Selten tritt Lischa als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita auf; die Grundwörter sind Acher, Biel, Bodu, Bord, Chnubel, Gassa, Haalta, Hitta, Schleif, Wald und Weid. Komplexer ist das Trio der Obroscht Lischbodo ‘ der oberste sumpfige Boden mit Riedgras ’ , der Mittloscht Lischbodo ‘ der mittleste sumpfige Boden mit Riedgras ’ und der Undroscht Lischbodo ‘ der unterste sumpfige Boden mit Riedgras ’ (alle Törbel). Mehrere Ableitungen zu Lischa sind belegt; die erste (nach S ONDEREGGER 1958, 471 f.) ist / - ERA / , im Plural / - ERE / in t Lischere ‘ das Gebiet mit viel Riedgras ’ (Turtmann), wobei in Agarn 1758 in dú Lischerú ‘ am Ort mit viel Riedgras ’ belegt ist, während 1407 de Leschiery steht, also die romanische Form; ob es sich um eine Übersetzungspaar handelt, oder einfach eine Anpassung an das Deutsche, sei dahingestellt. In Gampel ist eine andere Ableitung belegt: t Lischernu ‘ das Gebiet mit viel Riedgras ’ , das 1305 Lissera genannt wird; hier wird das Suffix / - ERNA / (Ort, wo es viele Pflanzen des Typs hat, der im Nomen erwähnt wird) verwendet (das von S ONDEREGGER 1958 nicht erwähnt wird). Ein Adjektiv scheint in der Lÿchin Acher ‘ der Acker mit sumpfigem Boden ’ (1548, Eggerberg) vorzuliegen. Lischi ist aber auch Diminutiv und Ausgangspunkt für die Formen in den Lischÿnen ‘ in den kleinen sumpfigen Böden mit Riedgras ’ (1834, Ergisch) und Lischiner ‘ das Gebiet mit sumpfigem Boden mit Riedgras ’ (1769, Raron), sowie t Lischinerru ‘ das Gebiet mit kleinen sumpfigen Lischa 115 116 <?page no="63"?> Böden mit Riedgras ’ (Hohtenn); das Suffix ist hier / - ERRA / - ERRU / (wie oben / - ERA / ). In den Ableitungen auf (- ERA / und / - ERNA / sind wohl die Pflanzen gemeint, von denen es dort viele hat, und nicht so sehr der sumpfige Boden. Lischeliir Lischeliir n. ist als ts Lischeliir ‘ das Gebiet mit Riedgras (Lische) ’ (Leukerbad, LT Lischilir, FLNK Lischelir) belegt. R. G RICHTING (1993, Blatt 7, Nr. 24, Blatt 9, Nr. 56, Blatt 10, Nr. 21 und Blatt 11, Nr. 39) kennt es als Lischälier. Historisch ist es 1670 als jm Liselier, 1690 jm Lisilir, 1749 im Lihsilir, 1754 in d Lischiere (Acker) bezeugt. Die Flur liegt im Norden von Leukerbad, oberhalb der Talstation der Luftseilbahn auf die Gemmi. Auf SK ist die Flur im Gebiet der Allmend. G. P ANNATIER (p. c.) sieht den Namen am ehesten als Wiedergabe des Types Léchaire, Léchire ‘ Gebiet, das von einer Art von Carex (Segge) besiedelt wurde ’ , meist feucht; abgeleitet wurde es nach B OSSARD / C HAVAN (2006, 52) vom vorröm. *lisca lische (FEW 5, 372 ff.). Die Endung ist wohl auf eine Abfolge von zwei Suffixen / - ELLU ( M )/ und / - ARIU ( M )/ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287 f.) zurückzuführen. Das Genus Neutrum entspricht vermutlich einem Kollektiv. Lisiers Lisiers kommt historisch 1430 und 1432 in Leuk als eys lisiers, eÿ lisier und lisies (sic! ) vor. In allen drei Fällen ist es zusammen mit littes / lichtes aufgeführt. T AGMANN (1946, 24 f.) kennt den Typ als Leischier (Salgesch), zitiert aber auch einen Beleg von 1459 ou lisyer in Salgesch. Leider kann er dazu keine überzeugende Deutung bringen. Er schlägt vor, einen in Miège und Mollens verbreiteten Typ le lí ž y ę ̄ re ‘ petits cailloux ’ als Ausgangspunkt zu nehmen für eine Gegend, die mit solchen kleinen Kieseln bedeckt war. Ob HL L ISIR ‘ Grenze, Waldrand ’ zu vergleichen ist, bleibt unklar. Insgesamt ist die Deutung unklar. Lisir Lisir ist nur 1783 in Albinen als die Lisir belegt; es handelt sich um eine Allmende. Es geht um die lokale Form von frz. lisière, wohl in der Bedeutung ‘ Grenze, Waldrand ’ , das nach FEW (5, 312 f. s. v. licium aufzug am gewebe) zur kollektiven Ableitung licaria ‘ Grenze, Waldrand ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288) zu stellen ist (cf. HL L ISIERS ). Lismer Lismer ist nur in t Lismerstüde (Naters) belegt. I D . kennt schwdt. Lismer m. ‘ männliche Person, die sich mit Stricken abgibt ’ , ‘ Stricker, Pullover, Arbeiter (langsamer) ’ (I D . 3, 1425; G RICHTING 1998, 128), auch FaN (I D . 3, 1425; BENB 1, 3, 121). Die Motivation des Flurnamens ist unklar. Lissen Lissen ist zunächst 1824 in Bellwald als in Lissen Weid belegt. Die artikellose Form lässt an einen PN im Genitiv denken. Das Register der HRBS verzeichnet s. v. Luyso auch Lisson, doch stammt der FaN aus Martinach. Das HL L ISCHA ‘ Lischengras ’ kennt nur Belege um 1300 mit / ss/ statt / sch/ ; man kann sich aber eine verhochdeutschte Form Lissen vorstellen; dann wäre der Name als ‘ in der Weide mit Lischengras ’ zu deuten. Der zweite Beleg ist die Ableitung Lissil oder Lischtil in t Lissiltole (Visperterminen, FLNK Lischtiltola). Während das Grundwort zum HL T OLA ‘ Mulde ’ zu stellen ist, bleibt das Bestimmungswort unklar. Das gilt auch für die Form der Flurnamenkommission. Weder I D ., noch G RICHTING (1998) helfen weiter. Inhaltlich scheint die Gwp. an das HL L ISCHA zu denken, betont dann aber den trockenen Weideboden, was gegen die Deutung spricht. Z IMMER- MANN (1968, 69) hingegen stellt Lischiltola (sic! ) in Visperterminen zum HL L ISCHA und deutet ‘ Mulde mit Gras, welches das Vieh nicht gerne frisst ’ . Listes Listes, auch Lichtu ist laut M EYER (1914, 166) zu lat. LISTA ‘ Leiste, Rand ’ zu stellen (FEW 16, 469 - 472). / st/ wird im Patois zu / xt/ . Die Deutung ist am ehesten ‘ Bord ’ . Als Simplex im Singular ist t Lischtu (Ergisch; FLNK Lischtu, LT Liste) belegt, das jedoch in den historischen Belegen seit 1616 im Plural als Lischten erscheint; später sind der Singular und ein Diminutiv belegt. Die Form mit / s/ erscheint als es Listes (1354, Inden). Die Form mit / xt/ im Plural ist belegt als t Lichte (Leukerbad, R. G RICHTING (1993, Blatt 9, Nr. 47 und Blatt 10, Nr. 38, beide als Lichtä), t Lichte (Leuk), y Lichte (1580 u. später, Salgesch). Eine deutsch interpretierte Form kennt Bratsch 1346 als an der Liston ‘ am Bord ’ . Mit atttributiven Adjektiven sind t Obru und t Undru Lichte ‘ das obere und das untere Bord ’ (Leuk) belegt. Einen nachgestellten Genitiv enthalten Belege aus dem 14. Jahrhundert für Albinen li Lista Salteri ‘ das Bord des Försters ’ (1320 heisst der gleiche Ort la lista psalteri ‘ das Bord des Psalteriums ’ - offenbar eine fromme Umdeutung des älteren Namens). Unklar ist der 1333 belegte Name eys listes lyebor ‘ beim Bord der Burga ’ (Albinen), dessen Genitiv vermutlich einen femininen PN, etwa Burga, enthält (cf. HL L YEBOR ). Ebenfalls einen Genitiv - hier mit Präposition - enthält in listis de cabulo ‘ am Bord des Schleifes ’ (13. Jh., Ergisch; später eys listes dol chablo und ähnlich). Vermutlich ein Adjektiv steht in eys plangnes lystes ‘ in den ebenen Borden ’ (1543) an erster Stelle. Als Bestimmungswort ist das HL in im Listacher ‘ am Acker beim Bord ’ (1621, Bratsch), der Lichtucheer ‘ der 117 118 Listes <?page no="64"?> Kehr im Bereich Lichte (Kehre des Weges nach Lichten) ’ (Leuk) und Lichtugrabu ‘ der Graben nach Lichten ’ (Leukerbad, R. G RICHTING (1993, Blatt 10, Nr. 17); LT Lichtengraben) vertreten. Zu vgl. ist HL L ICSTES . Literscha Literscha f. ist nur belegt in t Literscha ‘ die helle Stelle ’ (Binn). Der Flurname ist zum Adjektiv schwdt. l ū ter ‘ hell, klar, durchsichtig, rein ’ und wdt. lütter, lüttär (Goms), luitr (Lötschental), lüüter ‘ dünnflüssig, hell ’ (I D . 3, 1513 ff.; G RICHTING 1998, 130) mit einer / - SCHA / - SCHU / - Ableitung zu stellen, die hier mit Umlaut eine Stellenbezeichnung enthält: ‘ die helle Stelle ’ , also eine Lichtung. Litsch Litsch ‘ der Leute ’ ist ein Genitiv Singular zu schwdt. L ǖ t, wdt. Lit n. ‘ Leute ’ (I D . 3, 1516, G RICHTING 1998, 128). Die Belege t Litschchumme ‘ die Chumme (Mulde) der Leute ’ (Reckingen) ist als Gegensatz zu t Herchumme ‘ die Chumme (Mulde) des Pfarr-Herrn ’ (Reckingen) zu verstehen, die beide zu einer Alpe Chumme unter dem Chummehorn (2754 m) gehören. der Litschchummegrabe (Reckingen) ist ein Graben von der Litschchumme herunter. Ebenfalls hieher gehören Litschchummeegg und Litschchummeloch (beide FLNK, Reckingen). Litta Litta f. ist zu wdt. Litta f. zu ahd. letto, ledto, amd. leddo, mhd. lette ‘ Tonerde; Schwemmsand (feiner) ’ (S CHMID 1969, 84, n.4; G RICHTING 1998, 128) zu stellen. Das gedruckte I D . enthält das HL nicht, es ist jedoch im Zusatzmaterial enthalten (H.-P. S CHIFFERLE , p. c.). Das Simplex im Singular ist als t Litta ‘ das Gebiet mit Schwemmsand ’ (Brigerbad) belegt. Im Plural erscheint es als t Litte ‘ die Gebiete mit Schwemmsand ’ (Salgesch, FLNK Litte), das M ATHIER (2015, 104) als Littä kennt; die dort als Beleg angegebene Stelle des I D . (3, 1488) kennt nur Lëtt; das gilt im Übrigen auch für Z IMMERMANN (1968, 36) unter dem Namen Litterna für Visp. Nicht ganz sicher ist der Beleg Salzlütten ‘ das Sandgebiet (Litta) mit Salz ’ (1510, Visperterminen). Eine Ableitung auf / - ERA / - ERU / (bei S ONDEREGGER 1958, 471 ff. zu lat. / - ÂRIA / , ahd. / - ARRA / gestellt) findet sich in die Littera ‘ das Gebiet mit Schwemmsand ’ (1632 u. später, Raron), die Littera ‘ das Gebiet mit Schwemmsand ’ (1632 Bürchen, das Stück Land befindet sich aber bei Raron), auf der Literú ‘ auf dem Gebiet mit Schwemmsand ’ (1803, Niedergesteln), vff den Litteren ‘ auf den Gebieten mit Schwemmsand ’ (1653 u. später, Visp). Eine Ableitung auf / - ERNA / , das als Kollektiv die Bodenbeschaffenheit benennt, ist der Litternagrund ‘ der Grund im Gebiet mit Schwemmsand (heute überbaut) ’ (Visp). Das HL L ITTY gehört als Diminutiv hieher, wurde aber aus Sicherheitsgründen gesondert aufgeführt. Litty Litty kommt nur 1734 in Biel als aufm Littý (? ) vor; die Lesung ist unsicher. Anzunehmen ist, dass es sich um ein Diminutiv handelt und zwar zu Litta, Littä (Goms), Littu ‘ Schwemmsand (feiner) ’ (G RICHTING 1998, 128). I D . kennt das Stichwort nicht, erwähnt es aber in Bd. 9, 2054 passim im Zusammenhang mit schwarzem Wasser, das mit feinem Schlamm (Litta) durchsetzt sei (nach Dekan J. S CHALLER (1880 - 1954, Ehrenbürger von Leuk laut H.-P. S CHIFFERLE , p. c.)). J UD (1947, 75) vermutet, dass hier ein ossolan. Lehnwort lita ‘ Schlamm ’ vorliegt; s. auch C. S CHMID (1969, 84) und laut H.-P. S CHIFFERLE (p. c.). Das Littý ist also wohl ein kleines Gebiet mit Schwemmsand (cf. HL L ITTA ). Litzi Litzi f., ‘ Schattenseite, Nordseite ’ ist zu schwdt. Litzi f. hier ‘ Schatten-, Nordseite eines Berges, Hügels ’ , auch ‘ schattige Wiese, Schattenplatz, Stück Feld, das die Sonne nur kümmerlich bescheint, gegen die Morgenseite gekehrte Halde, ein Stück Land in einer abschüssigen Ecke ’ (I D . 3, 1566 f.; Z INSLI 1945, 330) zu stellen; G RICHTING (1998, 129) kennt es als Lizzin (Lötschental) und Lizzi (Leuker Berge) als ‘ Mulde ’ , synonym zum HL L ÖÜCHA . Es ist wohl als feminine Nominalbildung zum Adjektiv lätz (cf. HL L ÄZ ) zu stellen. Das HL kommt in rund 45 Namen vor, allerdings nicht im Bezirk Leuk, für den G RICHTING Lizzi explizit angibt. Weitaus die meisten Belege betreffen das Simplex im Singular, entweder als t Litzi ‘ der Schattenhang ’ (Bitsch und zwölf weitere Belege) oder iner Litzi (Unterbäch) oder historisch in der Litzi (1703 u. später, Embd und andere) oder beÿ der Litzi (1809, Raron). Hdt. in der Litze (1744, Fiesch; 1832 Saas Almagell) ist nur zweimal belegt. Der Plural des Simplex findet sich nur in t Litzine ‘ die Schattenhänge ’ (Zermatt). Mit attributiven Adjektiven zum HL finden sich: t Ober und t Unner Litzi ‘ der obere und der untere Teil des Schattenhangs ’ (Ried-Brig) und in der Obern Litzi ‘ im oberen Schattenhang ’ (1841, Eisten). Als Grundwort in zweigliedrigen Komposita ist das HL wie folgt belegt: t Aarblitzi ‘ der Schattenhang mit Arven ’ (St. Niklaus), t Arschlitzi ‘ die Litzi (Schattenhang) beim Arsch ’ (Randa), t Asperlitzi ‘ der Schatthang beim Asp (Gebiet mit Espen) ’ (Eisten), di Brandlitzi ‘ der Schattenhang beim brandgerodeten Gebiet ’ (Eisten), t Siwwilitzi ‘ der Schattenhang bei der Alpe Siwine ’ (Eisten). Dazu kommen komplexere Formen wie di Goltscherriädlitzi ‘ der Schattenhang beim Ried des Gold (PN) ’ Literscha 119 120 <?page no="65"?> (Ferden), t Ober und t Unner Brandlitzi ‘ der obere und der untere Teil des Schattenhang bei den kleinen Bränden (brandgerodete Gebiete) ’ (St. Niklaus), t Santjohansch Litzi ‘ der Schattenhang des Heiligen Johannes (Motivation unklar) ’ (Zermatt, auch LT St. Johanneslitzi) und Schreinlibächji Litzi ‘ der Schattenhang des kleinen Baches mit einem Wasserfall ’ (1818, Staldenried). Als Bestimmungswort erscheint das HL mit folgenden Grundwörtern: Acher, Bach, Bodu und Mischi. Ein sonst nicht belegtes litz Adj. ‘ schatthalb, schattseitig ’ ist wohl in Litzenacke ‘ der schatthalb liegende Nacken ’ (LT, FLNK Binn), Litzeturbe ‘ der Schatthang in Turbe ’ (Binn) und der Litz Fäudbach ‘ das schattenhalb, nördlich gelegene Gebiet um den Fäldbach ’ (Binn), bezeugt. Liu Liu ist nur in t Liumatta ‘ die geliehene Wiese ’ (Naters; FLNK Liematta) belegt. Eine ältere Form (1687 und 1796) hat in Lÿen Matten. Das Gebiet ist heute überbaut; auf SK ist es noch als Wiese erkennbar. Das HL dürfte zum Verb l ī he n ‘ leihen ’ (I D . 3, 1241) und zum Nomen Lihen, auch Lie ‘ das Lehen ’ (I D . 3, 1243) zu stellen sein, meint also eine Wiese, die als Lehen zur Verfügung gestellt wurde. Liwwi Liwwi f. und Varianten gehören zu schwdt. Lüwi, wdt. Liwwi, Liiwi f. ‘ Ruhepause, Ruheplatz ’ (I D . 2, 1545 f.; G RICHTING 1998, 128) oder ‘ Strecke Weges, die man mit einer Bürde ohne zu rasten machen kann, Weg von einem Ruheplatz zum anderen ’ (schwdt. Lüwi(-Platz), I D . 2, 1608 f. unter Hirmi, G ’ hirmi, Kirmi) zum Verb schwdt. lüüw(w)e n , leuwe n , lüje n , lüüe n , leu(j)e n ‘ während und nach der der Arbeit ruhen ’ (I D . 3, 1545). Das Verb liwwe (G RICHTING 1998, 128) ist im westlichen Walliserdeutschen verbreitet; sein Gegenstück hirme oder ghirme (G RICHTING 1998, 108) im östlichen (SDS 4, 113). Liwwi kommt als Liibi (Leukerbad), Liiwi (Wiler, Gampel), Liiwin (Blatten, Ferden), auf der Liuuen (1729, Ausserberg) und Liwwi (Eisten) vor. Attributive Adjekte erscheinen in Obru Liwwi und Unner Liwwi (beide Eisten). Vorangestellte Genitive sind belegt für Binersch Liwwi (Grächen), Valetisch Liwwi (Eisten) und Steinhúsers Lÿwillgi (erstmals 1670, Gampel). Nähere Bestimmungen enthalten: Lidulliwi (Niedergesteln) und Tatzliwwi (Niedergesteln). Als Bestimmungswort findet man Liwwi in Liwwigrabo (Eisten), Liiwingrabem (Ferden), Liwwihaaltji (Oberems), Liwwistei (Embd) und Liiberstei (Leukerbad). Komplexer sind dr Inner Liwwigrabo und dr Üsser Liwwigrabo (beide Eisten). Eine Partizipialbildung ts Liiwänd Horen ‘ das Horn, auf dem man ausruhen kann ’ (LT Liwends Horn, Blatten) kommt nur einmal vor. LLB LLB ist nur in Leuk als zer LLB belegt. Die Abkürzung meint Leuk-Leukerbad-Bahn. Der Flurname benennt den früheren Bahnhof dieser Bahn in Leuk, die schon seit 1967 durch einen Busverkehr ersetzt wurde. Die Benennung war 1973, als der Name aufgenommen wurde, noch lebendig. Lob Lob n. ist nur in der Chaaslobbodu ‘ der Boden, der die trübe Farbe von Chaaslob (Käselab) hat ’ (Ergisch, FLNK Chaslobbodu), der Chaaslobputz ‘ der Tümpel mit trübem Wasser (Farbe des Käselabs) ’ (Ritzingen) und der Chaaslobstei ‘ der Stein mit trüber Farbe ’ (Täsch) belegt. Das HL ist zu schwdt. Lab, wdt. Chaaslab, Chaasloib, Chaaslob, schwdt. Chäslab n. ‘ (Käse-)Lab; Stoff, den man der Milch zusetzt, um sie zum Zweck der Bereitung von Käse gerinnen zu machen; Salzwasser, Lauge ’ (I D . 3, 952; G RICHTING 1998, 46) zu stellen; hier wohl zu Bezeichnung der laugenartigen, trüben Färbung des Wassers bzw. des Bodens und des Steins. Das HL ist dreimal in Chaaslob vertreten, das unter den HLL C HÄS und L OB aufgeführt ist. Loch Loch n. ‘ Loch, Höhle, Vertiefung, Geländeeinbuchtung ’ ist zu schwdt. Loch, wdt. Loch, Looch n., Pl. schwdt. Löcher, wdt. Lecher, Licher als FlN zu Bezeichnung von Vertiefungen im Erdboden, Höhlen, Berglücken, Schluchten, mhd. loch, ahd. loh ‘ Verschluss, Versteck, Höhle, Öffnung ’ (I D . 3, 1016ff, bes. 1020 f.; LUNB 1, 1, 630 ff.; G RICHTING 1998, 129) zu stellen. Daraus abgeleitet findet sich auch der FaN Locher (cf. HL L OCHER (F A N)). In einigen Fällen ist die Zuweisung zum HL L OO ‘ Wald ’ möglich. Das HL kommt in rund 400 Flurnamen vor. Die genaue Deutung als Höhle, Durchgang, Vertiefung, Graben, Schlucht usw. kann meist nur bei genauer Ortskenntnis gegeben werden. Einige wenige Belege sind zum Verbum loche n ‘ ein Loch (Löcher) machen ’ und wdt. loche, lochä (Goms), lochru oder lochu ‘ lochen ’ (I D . 3, 1041; G RICHTING 1998, 129) zu stellen; I D . weist darauf hin, dass Zusammensetzungen wie dür ch -loche n üblich sind. Häufig ist das Simplex im Singular Loch mit rund 50 Belegen im ganzen Oberwallis, teilweise mit Präpositionen wie im Loch. Der Plural des Simplex ist Lecher (6 Belege), die flektierte Form Lechru (3 Belege) und die ältere Pluralform Licher (2 Belege). Unklar ist die 121 122 Loch <?page no="66"?> Form Lochre (Stalden, Staldenried), Lochrä (Stalden), die auch als / - ERE / -Ableitung mit kollektivem Sinn gedeutet werden kann (S ONDEREGGER 1958, 471 ff.). Ähnlich ist t Luchre ‘ die Löcher ’ (Eischoll, Zermatt) unsicher; es kann sich um einen Plural zu Luch ‘ Loch ’ handeln oder um die genannte Ableitung. Das Diminutiv des HL ist Lochi ‘ das kleine Loch ’ mit rund 10 Belegen, vor allem im Goms, (wobei Lochi in Inden und Leukerbad auch ein romanisches HL sein kann, cf. HL L OCHI ). Nur einmal belegt ist t Lochini ‘ die kleinen Löcher ’ (Fiesch). Das HL kommt selten mit attributiven Adjektiven vor: ds Beesch Loch ‘ das böse Loch ’ (Saas Almagell), ts Chaalt Loch ‘ das kalte Loch ’ (Gampel), zum Chaaltu Loch ‘ beim kalten Loch ’ (St. Niklaus), ts Waarum Loch ‘ das warme Loch ’ (Leukerbad), ts Grie Loch ‘ das grüne Loch ’ (St. Niklaus), ts Ober Loch ‘ das obere Loch ’ (Ernen, Zeneggen), t Obru Licher ‘ die oberen Löcher ’ (Ferden), t Obru Lochre ‘ die oberen Löcher (Staldenried), ts Root Loch ‘ das rote Loch ’ (Fieschertal), t Roote Lecher ‘ die roten Löcher ’ (Betten), t Rootu Lecher ‘ die roten Löcher ’ (Ried-Mörel), ts Schwarz Loch ‘ das schwarze Loch ’ (Gächen, Naters, Raron), ze Schwarze Lechru ‘ bei den schwarzen Löchern ’ (Eisten), ts Unner Loch ‘ das untere Loch ’ (Ernen), ts Wiiss Loch ‘ das weisse Loch ’ (Ferden). Attributive Partizipia sind vertreten in ts Galländ Loch ‘ das jähe, steile Loch ’ (Wiler), das Stinckende Loch ‘ das stinkende Loch ’ (1483, Ausserberg), Sturund Loch ‘ das sturm (schwindlig) machende Loch ’ (Grächen). Vorangestellte starke Genitive mit Besitzer- oder Nutzernamen kommen vor: ts (e)Rüoffsch Loch ‘ das Loch des Ruof / der Familie Ruof ’ (Törbel), ts Büümisch Lecher ‘ die Löcher der Familie Bumann ’ (Randa), Gruäbärschloch ‘ das Loch der Familie Gruber ’ (Wiler), z Josisch Loch ‘ das Loch des Josef ’ (Randa), ts Müetersch Loch ‘ das Loch der Mutter / der Familie Mutter ’ (Leuk), ts Murisch Loch ‘ das Loch des Moritz ’ (Zermatt), ts Ofumannjisch Loch ‘ die Höhle des kleinen Ofenmannes (der dort die Giltsteine holt) ’ (Selkingen), ts Paatisch Loch ‘ das Loch des Paati (PN) ’ (Varen), ts Turandsch Loch ‘ das Loch des Turand / der Familie Turand ’ (Ferden), ts Wachmeischtersch Loch ‘ das Loch des Wachtmeisters ’ (Grächen). Schwache derartige Genitive im Singular sind: ts Bielantuloch ‘ das Loch der Familie Bielander ’ (Saas Fee), Elsuloch ‘ das Loch der Elsa ’ (Simplon), ts Stiinuloch ‘ das Loch der Stine (Christine) ’ (Naters), bei des Thomo Loch ‘ beim Loch des Thomas ’ (1766, Simplon). Nur einmal belegt ist der schwache Genitiv eines FaN mit kollektivem / - IG / - Suffix im Plural: in Gunthrigen Lochÿ ‘ im kleinen Loch der Familie Guntern ’ (1733, Mühlebach). Und auch unveränderte Bestimmungswörter als FaN sind belegt: ts Jaaggiloch ‘ das Joch der Familie mit dem Beinamen Jaaggi (Jakob) ’ (Selkingen), ts Lafranggiloch ‘ das Loch (Grube) des Unternehmers Lafranchi ’ (Niedergesteln), ts Ofemanjiloch ‘ die Höhle des kleinen Ofenmannes (der dort die Giltsteine holt) ’ (Blitzingen) und ts Schüemacherloch ‘ das Loch des Schuhmachers / der Familie Schumacher ’ (Staldenried). Als Grundwort tritt Loch mit vielen Bestimmungswörtern in zweigliedrigen Komposita auf. Eine erste Gruppe sind Tiernamen: Chatzuloch ‘ das Katzenloch ’ (Bratsch u. andere) und t Chatzulecher ‘ die Katzenlöcher ’ (Eisten) und andere (total 10 Belege), wobei hier enge Durchgänge gemeint sind, ts Fuggsuloch ‘ das Fuchsloch ’ (Täsch u. andere) und t Fuggslecher ‘ die Fuchsenlöcher ’ (Wiler und andere) (total 8 Belege) - gemeint sind meistens Höhlen für Füchse, manchmal auch Fuchsfallen. Der Typ Bäruloch ‘ Bärenloch ’ (Leuk u. andere) ist fünf Mal belegt; ob der Typ Mutzloch ‘ das Mutzloch ’ (Bitsch, Ried-Mörel, Naters) auch hieher gehört (Mutz wird manchmal für Bär gebraucht), ist unklar. Mehrfach belegt ist mit Varianten ze Murgundlechru ‘ bei den Löchern der Murmeltiere ’ (Saas Almagell) und zem Murmdloch ‘ beim Murmeltierloch ’ (Wiler). Dreimal belegt ist Geisloch ‘ das Loch für die Ziegen ’ (Gluringen und zweimal Ferden), wobei meist ein Unterschlupf für die Ziegen gemeint ist. di Taggsulecher ‘ die Dachslöcher ’ (Simplon) und das 1540 in Embd belegte hinder den Thaxen Lochren ‘ hinter den Dachslöchern ’ bezeichnen wohl Dachsbauten, während t Wouflecher ‘ die Wolflöcher ’ (Bellwald, Binn; beide mit / l/ -Vokalisierung) eher Fallen für die Wölfe meinen. Vereinzelt sind weiter: im Haseloch ‘ im Hasenloch ’ (Bellwald) (Hasen leben im Unterschied zu Karnickeln nicht in Röhren! ) und Hienerloch ‘ das Hühner-Loch ’ (FLNK, Oberwald), dessen Deutung unklar ist. Gaagguloch ‘ die Höhle für die Raben / Krähen ’ (Saas Grund) ist schwierig; der Ort liegt auf über 2600 m. und könnte der Schlafplatz von Bergdohlen sein. Ein sagenhaftes Tier ist in ts Naaterloch ‘ das Loch der Natter (Drachen) ’ (Naters) vertreten; es bildet den Hintergrund für eine volkstümliche Erklärung des Ortsnamens Naters. Negativ erscheinen auch Menschen, so in den vier Belegen für Diebuloch ‘ das Diebenloch ’ (Emdb, Ried-Brig, St. Niklaus, Täsch); gemeint ist hier ein Versteck für Diebe. In eine ähnliche Richtung gehen ts Mirderloch ‘ das Mörderloch ’ (Glis) und Mörderloch (1680, Ulrichen). Körperteile des Menschen werden meist metaphorisch verwendet: ze Fidlechru üs ‘ bei den engen Durchgängen (Arschlöchern) hinaus ’ , t Nasulecher ‘ die Nasenlöcher ’ (Raron), inne Nasulechru ‘ in den Nasenlöchern ’ (Glis). Hierzu gehört auch das nicht mehr analysierte Fitle ‘ Hinterteil ’ (< Fud + Loch) in der Fitluzeicher ‘ der Ort, der den Arsch zeigt ’ (Raron). Loch 123 124 <?page no="67"?> Eine kleine Gruppe von Namen verweist auf das, was sich im Loch befindet: ts Straalloch ‘ das Loch mit Bergkristallen ’ (Birgisch und andere), t Goldlechär ‘ die Goldlöcher (bei der Goldmine) ’ (Gampel, auch Unterbäch, aber hier vielleicht nur metaphorisch), ts Grawierloch ‘ das Loch mit Kies ’ (Selkingen), ts Äruloch ‘ das Loch mit Erz (unsicher) ’ (Baltschieder), ts Tuftloch ‘ das Loch mit Tuffstein ’ (Birgisch). Einige Bachnamen verweisen auf eine Schlucht: ts Bietschiloch ‘ das Loch (Schlucht) des Bietschi (Bietschbach) ’ (Raron), ts Daaluloch ‘ das Loch (Schlucht) der Dala (Bach) ’ (Inden), Daluloch (FLNK, Leuk), ts Fäschiljuloch ‘ das Loch (Schlucht) der Fäsilju (Bach) ’ (Leuk). Sehr viele Komposita verweisen auf Flurnamen, bei denen ein Loch liegt, so z. B. ts Aanuloch ‘ das Loch im Felsen bei der Aana (Alp bei Blatten) ’ (Blatten), ts Engiloch ‘ das Loch bei der Engi ’ (Simplon), Erbjiloch ‘ das Loch beim Erbji (kleines Erbe) ’ (Embd) und viele andere mehr. Einige Sonderfälle lassen sich nur schlecht deuten: ts Rulipuliloch (Glis, Leuk) enthält ein wohl lautmalerisches Ruli-Puli; ein englisches Gegenstück roly-poly (mit mehreren Bedeutungen) ist belegt; ob es eine Rolle spielt, ist unklar. Ähnlich ist ts Poliloch (Mund), wo es jedoch auch ts Poli gibt, das als kleiner Hügel (zu Bohl) verstanden werden kann. ts Gommerloch (Eischoll) ist zwar durchschaubar, doch ist nicht klar, worauf Gommer sich hier genau bezieht; ein Bezug zum Goms ist geografisch schwer vorstellbar. Auch das erstmals 1655 in Embd belegte zum Flederloch ‘ beim Flederloch ’ ist unklar; ob ein Anklang an Fledermaus vorliegt, sei dahingestellt. Der Name das Schvaichel Loch (1852, Hohtenn und Steg) ist mit dem Schweichel Loch (1852, Niedergesteln) wohl identisch; das sog. Staubsche Gesetz legt eine Ausgangsform Schwänkel oder Schwängel nahe. Weitere Sonderfälle finden sich auch bei komplexeren Bildungen: im Búobenbergloch ‘ im Bubenbergloch ’ (1709, Fieschertal), das zu einer Voralpe Büebebärg gehört; ob hier Buben das Vieh hüteten, lässt sich nicht eruieren. Weiter ist eine komplexe Form ts Mässflüäloch ‘ das Loch bei der Mäss- Flüe (Fluh beim Gebiet, wo der Milchertrag gemessen wurde) ’ (Steg) belegt. Unklar ist weiter Freckeloch (FLNK, Ernen), dem wohl eine nominale Form des Verbs verrecken zu Grunde liegt: also das Loch, an dem Tiere verenden oder wo verendete Tiere hingebracht wurden. Loch als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita ist vor allem in den Typen Lochacher ‘ der Acker im Loch ’ (Singular acht Belege, Plural drei Belege), Lochmatta ‘ Wiese im Loch ’ (11 Belege, 1 Diminutiv) und Lochwald ‘ Wald im Loch ’ (7 Belege) vertreten. Dazu kommen die Grundwörter Äbni, Blatta, Bodu, Egg(a), Flüö, Grabu, Haalta, Holz, Pletscha, Ried, Steg, Tschugge, Wang, Wasser, Weid, Wäg und Zug. Eine Reihe von attributiven Adjektiven der Lage sind in der Ober Lochbodo (Visperterminen), der Ober Lochfad (Randa), der Ober Lochwald (Ergisch), der Unner Lochfad (Randa), der Unner Lochwald (Ergisch), der Voder Locherwang (Oberwald) und anderen vertreten. In dr Wiisslochtritt ‘ die Felsstufe beim Wissloch ’ (Ferden) wird ein attributives Adjektiv im Bezugsflurnamen übernommen. Noch komplexer sind Konstruktionen wie der Miischulochbrand ‘ die durch Brand gerodete Stelle mit Mäuselöchern ’ (Betten) oder t Murmdlochweidä ‘ die Weiden beim Loch der Murmeltiere ’ (Wiler). Ableitungen zum Verb lochen enthalten zúm Dirlochen Stein ‘ beim durchlochten Stein ’ (1653, Ulrichen), beÿ den drÿlochigen Steinen ‘ bei den Durchlöcherten Steinen ’ (1678, Zwischbergen; 1713 beÿ den Dirlochrigen Steinen), die erste Form scheint eine Umdeutung zu drii ‘ drei ’ zu enthalten, lässt sich aber auch als Schreibfehler deuten, und der Durchglochet Stei ‘ der Stein mit einem Loch ’ (Ernen). Auch hierher gehört wohl ts Dirrlacherhoru ‘ das Dirrlacherhorn ’ (Grächen, FLNK Durlochhorn, SK Durchlochhorn). Die dialektale Form scheint eine Weiterentwicklung zum sonst belegten Durlochhoru zu sein; siehe aber auch das HL D URCH zu einer anderen Interpretation. Unsicher ist der seltsame Beleg bÿ dem Zingen Lochten Stein (1675, Biel), wo vermutlich zum eingelochten Stein gemeint ist. Lochelletaz Lochelletaz ist nur 1568 in Albinen als en Lochelletaz ‘ bei der kleinen Pflanzung ’ belegt. Am nächsten kommt diesem Namen das von B OSSARD / C HAVAN (2006, 150) als Lochettaz mit agglutiniertem Artikel zu ǒ lca (gall.) pflügbares land (FEW 7, 339 ff.) gestellte Etymon. Lochelletaz hätte aber zusätzlich eine diminutive Ableitung auf / - ICELLA / und / - ITTA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) erfahren. Als Deutung geben die Autoren ‘ [p]lantage ’ (Pflanzung, wohl auch Garten). Locher (FaN) Locher (FaN) gehört zum FaN Locher, einer alten Familie des Bezirks Leuk (AWWB 152). Der Name erscheint meist als vorangestellter Genitiv: jn Lochers Acher ‘ im Acker der Familie Locher ’ (1701, Gampel), auff Lochers Biell ‘ auf dem Hügel der Familie Locher ’ , jn Peter Lochers Egerden ‘ im Brachland des Peter Locher ’ (1540, Erschmatt und Feschel). Ein Genitiv Plural ist belegt in auf Lochero Biel ‘ auf dem Hügel der Familie Locher ’ (1828, Raron). Als Bestimmungswort in einem Kompositum kommt vor: ts Locheralpji ‘ die kleine Alpe der Familie Locher ’ (Ergisch). 125 126 Locher (FaN) <?page no="68"?> Lochi Lochi ist in Leukerbad (nach P H . K ALBERMATTER p. c. aber in Inden) 1346 als en Lochi und in Inden 1535 als en Lochy belegt. Lechi (Nr. 42606) ist vermutlich nachträglich durch eine Bleistiftkorrektur aus en lochi gebildet worden. Auf der gleichen Seite findet sich noch einmal en lochi in Inden. Die Konstruktion zeigt, dass der Flurname romanisch sein muss. M EYER (1914, 103; 168) kennt Lochi als Name eines Dorfviertels und führt es auf O ᵕ lca ‘ pflügbares Land ’ (FEW 7, 399) mit assimiliertem Artikel zurück. Eine Herleitung vom dt. Loch ‘ Loch, Höhle, Einbuchtung ’ ist zeitlich und vom Kontext her unwahrscheinlich. Lochmatter (FaN) Lochmatter (FaN) ist belegt als der Lochmatterschandarm ‘ der Gratturm (Gendarm), der von Franz Lochmatter (1878 - 1933) als erstem bestiegen wurde ’ (Randa), in der Lochmatter Schl ŭ cht ‘ in der Geländeeinbuchtung der Familie Lochmatter ’ (1841, Oberwald) und an Lochmattero Vüchtreÿen ‘ an den Viehwegen der Familie Lochmatter ’ (1785, Visperterminen). Der letzte Beleg enthält einen Genitiv Plural. Der FaN Lochmatter ist in AWWB (152) nachgewiesen, ursprünglich eine Familie aus Zermatt und St. Niklaus. Loegeressy Loegeressy ist nur 1337 in Ergisch als en la loegeressy ‘ im Gebiet mit Wölfen (unsicher) ’ belegt. Es könnte sich um die gleiche Bildung wie im HL L UEGERESSI handeln, das allerdings früher belegt ist. Möglich ist auch eine Bildung mit auslautendem Parasitlaut zu lat. L Ŭ PUS wolf (FEW 5, 457 ff.); M EYER (1914, 61) ist in dieser Hinsicht sehr unklar. Da es sich um ein Dokument aus dem 14. Jahrhundert handelt, wäre ein Parasitlaut sehr früh. Das Ableitungssuffix wäre / - ARICIA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 289) und ist als ‘ im Gebiet mit Wölfen ’ zu deuten. Loegyn Loegyn n. ist eine historische Form, die 1303 zunächst als Lv ͦ gelun, 1310 Lv ͦ gelon, 1452 Lo ᵉ ygyn und 1709 am Lunglÿ (alle Visperterminen) und 1452 in Glis als Lo ᵉ ygyn erscheint; gemeint ist die gleiche Flur. Zu stellen ist es zum Abstraktum Luegi ‘ Ort des Sehens, Ort mit schöner Aussicht ’ (I D . 3, 1230). Dazu kommt zweimal der Beleg Lo ᵉ gyngrabo ‘ der Graben bei der Luegi ’ (1452, Glis, Visperterminen), der sich wiederum auf den gleichen Graben bezieht. Zu vergl. ist das HL L ÜEGE . Loet Loet ist nur einmal 1351 als Loet domini Martini ‘ die Galerie (metaphorische Bezeichnung einer Weide eines Herrn Martin) ’ in Oberems belegt. Im Dokument ist von einer Weide die Rede, die so heisst. M EYER (1910, 166) führt loet (auch loyet) auf LAUBJA - ITTUM zurück. Vgl. FEW (16, 446 ff. s. v. laubja (anfrk.) laube; hier insbesondere p. 448 f.) ‘ Galerie ’ , vermutlich als metaphorische Bezeichnung der Weide eines Herrn Martin. Loez Loez ist ab dem 13. Jhrdt. in Ergisch als eis loez belegt. Während die meisten Belege diese oder eine ähnliche Form haben, ist 1328 auch eys lez belegt. Die historischen Belege setzen eys loez meistens oberhalb von lo pisiour und zwischen zwei Bächen an. Anders sind die beiden Belege von 1270 in Leuk als de la laes (wo sich ein casamentum ‘ Gebäude ’ befindet) und 1544 de lez in Pfyn zu verstehen. Zum ersten scheint das von B OSSARD / C HAVAN (2006, 249) als Loex erwähnte Lemma zu gehören, das zu kelt. *loke ‘ glatter Abhang ’ zu stellen ist (FEW 5, 399 f. s. v. *l ō ke (gall.) glatter abhang); zum zweiten eher das als Lé und Lex belegte Lemma auf der gleichen Seite, das zu kelt. *lake ‘ Steinplatte ’ (FEW 5, 132 f. s. v. * LAKE (gall.) steinplatte) zu stellen ist. Bei B OSSARD / C HAVAN (2006) sind zwar die beiden Herleitungen nicht belegt, doch lassen sie sich zu FEW stellen. Die Belege loez, lez und laes gehören vermutlich nicht zusammen, wie FEW zeigt. Vgl. auch HL L EX . Loggien Loggien ist 1673 in Zwischbergen als in den Loggien belegt. Die Form ist klarerweise ein Plural. Das im Text erwähnte Úwand ‘ Magerwiese ’ (I D . 16, 397) und der Register-Eintrag legen den lebenden Namen Loggä (J OR- DAN 2006, 286) nahe, der sonst bei uns nicht belegt ist. O LIVIERI (1965, 199 f.) kennt ein it. La Loggia, ohne die Deutung klar zu machen. Der lebende Name Loggä spricht dagegen, da sonst Lotscha entstehen müsste. Diese Situation lässt den Namen ungedeutet. Lommelii Lommelii (mit Endbetonung) ist in Albinen belegt; M A- THIEU (2006, 13) kennt es als Lommälii. Historisch erscheint es 1716 und 1735 als in Lommani. Die Endbetonung ist im Wdt. nur bei romanischen Lehnwörtern und davon abgeleitenen Suffixen möglich. Der Wechsel von / l/ im lebenden Beleg und / n/ in den historischen Belegen lässt sich nicht erklären. Ob im Anlaut das Adjektiv long ‘ lang ’ steckt, ist unklar. Eine Deutung ist deswegen nicht möglich. Lompera Lompera ist als t Lompera (Leukerbad, LT u. FLNK Lompera) belegt. R. G RICHTING (1993, Blatt 9, Nr. 11, Blatt 10, Lochi 127 128 <?page no="69"?> Nr. 50, Blatt 14, Nr. 39 und Blatt 22, Nr. 23) kennt es als Lompära. Die Flur (Wiesen) befindet sich südlich von Leukerbad und ist heute mit einem asphaltierten Strässchen erschlossen. Auf SK ist die Flur im flachen Gebiet oberhalb des Dorfes zu sehen. Historische Belege fehlen. Ohne solche Belege ist davon auszugehen, dass der erste Teil des Flurnamens wohl longue ‘ lang ’ meint. Der zweite Teil bleibt unsicher, am ehesten ist wohl Patois perra ‘ Stein ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 64 s. v. Perrey) anzunehmen. Der Name wäre dann etwa ‘ das lange Grundstück mit Steinen ’ . Long Long ‘ lang ’ Adj. wird aus dem lat. Adj. L Ǒ NGUS abgeleitet (FEW 5, 406 ff; M EYER 1914, 170 s. v. PRATU LONGU ). Normalerweise ist es nachgestellt, wie in Tschalong ‘ auf dem langen Acker ’ (Salgesch), das 1338 als jn compo longo (sic! ) und 1341 jn campo longo belegt ist, 1346 als chanlon (vgl. auch M ATHIER 2015, 101). In zwei anderen Fällen ist es jedoch vorgestellt: in via dou lonc essert ‘ auf dem Weg zur langen Rodung ’ (1298, Leukerbad) und im long pra ‘ auf der langen Wiese ’ (1675, Albinen). Unsicher ist der Beleg en longuerron ‘ beim langgezogenen Stück Land ’ (1363, Albinen). Die geschriebene Form longuerron enthält wohl ein / u/ , um die Sibilantisierung des vorausgehenden Konsonaten zu verhindern. Vermutlich liegt eine frpr. Suffixkombination von kollektivem / - ARIU ( M )/ und diminutivem / - ONE ( M )/ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287s.) vor. Longynalz Longynalz ist 1454 in Grengiols belegt; es handelt sich um das rom. LONGU CANALE ‘ der lange Bach ’ und entspricht wohl dem heutigen Lengtal. In Albinen ist 1501 und 1552 torrentem de laz logynaz erwähnt. Es handelt sich um einen Bach, der vermutlich ebenfalls zu rom. LONGU CANALE zu stellen ist, wobei die Form einen Plural impliziert. Vgl. dazu Chenal (G PSR 3, 493 ss.) mit den älteren Formen. Zu LONGU vgl. FEW (5, 406 ff. s. v. l ŏ ngus). Lonion Lonion ist nur einmal 1672 in Brig als Lonion Matta belegt. Das Dokument sagt, dass sich die Wiese vltra Rhodanum in den Lenen befunden habe. Diese Angabe ist sehr problematisch: das Gebiet vltra Rhodanum ‘ jenseits des Rottens ’ gehörte nicht zu Brig, sondern zu Naters. Lonion ist dann wohl der Name des Besitzers dieser Wiese, wobei unklar ist, ob es sich hier um einen PN oder einen FaN handelt (cf. HL L UNGIUN ). Lontsche Lontsche ist ein attributives Adjektiv im Namen Lontschetschüümu (Albinen). M ATHIEU (2006, 55) kennt den Flurnamen als Lontschätschüümu. M ATHIEU (2006, 10) deutet den Namen als zusammengesetzt aus frpr. longe (cf. T AGMANN 1946, 60) und frpr. tsouma (G PSR 4, 5 s. v. chôme) verstanden als langer ‘ Ort, wo sich die Tiere - im Schatten - ausruhen ’ . Lonza Lonza (dial. Loonza) ist der Name des Lötschentaler Talflusses, der die Rhone-Ebene zwischen Gampel und Steg durchquert und in den Rotten fliesst. Der Name des Lonza-Werks in Visp leitet sich vom ersten Werk am gleichnamigen Fluss ab. Die ältesten Belege für den Flussnamen sind 1304 Lodentza und 1307 Lodenza. Der erste Beleg mit Lonz ist Lonzmatta (1368, Gampel), der erste sichere kurze Beleg für den Fluss ist Lonzen (1616, Wiler). G UEX (1976, 178) nimmt nach H UBSCHMIED (1938, 56) eine Ableitung von kelt. loudon ‘ Blei ’ zu *Loudantia ‘ Bleibach ’ als Ausgangspunkt an, die sowohl zu Lonza wie zu Lötschen führen soll. Es ist allerdings schwer zu verstehen, warum hier Blei eine Rolle spielt (auch wenn es im Lötschental Bleigruben gegeben hat); K RISTOL (2020, p. c.) nimmt an, dass Lötschen auf Leuccina ‘ rivière claire, brillante [heller, glänzender Bach] ’ zurückgeht. Die historischen Belege aus dem 14. Jahrhundert deuten jedoch auf eine andere Herkunft für den Flussnamen hin. Intervokalisches / d/ schwindet im Romanischen (siehe Sierre vs. Siders); die Oberwalliser Namen weisen aber häufig eine ältere Form auf, sodass die Herleitung von K RISTOL sehr spekulativ ist. Bessere Lösungen liegen aber bisher nicht vor. Das Simplex Lonza (auch Lonzu) für den Fluss ist in allen Gemeinden des Lötschentales und in Gampel und Steg belegt. Als Bestimmungswort kommt der Flussname mit Matta, Weri, Heerner, Schiir, Sand, Stäg und Boden vor; eine Erweiterung ist das historisch belegte die alte Lontzen Werri ‘ die alte Wehrbaute gegen die Lonza ’ (1730, Gampel). Der Firmenname Lonza findet sich in Lonzastraass (Visp), Lonzagüöd (Baltschieder) und vermutlich auch in Lonza Biwouack ‘ Lonza-Biwak ’ (Zermatt; 2001 durch Lawine zerstört). Loo Loo n. ist zu schwdt. L ō m., n., Lö f., Dim. Lööli ‘ Wald, Wäldchen, Waldparzelle ’ , mhd. l ō ch, (l ō hes) m., n. ‘ Gebüsch, Wald, Gehölz ’ (I D . 3, 951) zu stellen und findet sich meist nur in Flurnamen. Soweit das Genus erkennbar ist, erscheint Loo im Oberwallis meistens als Neu- 129 130 Loo <?page no="70"?> trum. Die Zuweisung der Belege zu den HLL L OO und L OCH ist - etwa bei den Komposita der Typen Lomatta und Lochmatta - nicht immer eindeutig. Das Simplex ist als ts Loo ‘ das Loo (Wald) ’ (Ausserbinn, Eischoll und Ernen) belegt, dazu historisch als in Lo (1748, Leuk), vfen Loh (1663, Ried-Mörel), am Loo (1443, Ergisch) und mit Anfügung eines unorganischen / n/ in jm Lohn (1647, Binn) und am Lohn (1785, Steg). Ein Plural ist nicht belegt. Nur einmal erscheint ein Diminutiv Singular an das Loelin ‘ an das kleine Loo (Wald) ’ (1315 u. später, Visperterminen); der lebende Beleg t Loojini ‘ die kleinen Wälder ’ (Eischoll) (nicht weit vom Loon entfernt) sind wohl als Plural des Diminutivs zu verstehen und nicht zu Looji (Mattertal) ‘ Notunterkunft, Dachlukarne, Guckloch, Dachzimmer ’ (G RICHTING 1998, 129) zu stellen zu sein. Einen vorangestellten Genitiv findet man nur im Beleg Wolfs Lowatte ‘ der sumpfige (feuchte) Wald des Wolf ’ (1301, Unterbäch); die Lesung Lowatte ist bestätigt. Als Grundwort in Komposita fehlt das HL, es ist aber als Bestimmungswort zusammen mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita belegt: Acher, Chriz, Flüö, Mad, Matta, Spitz, Stei und Wäg. Komplexere Formen sind vor allem zum Typ Lomad / Lomatta belegt: t Lomatthaaltu ‘ die Halde beim Weiler Lomattu ’ (Saas Fee) und t Lomattgassu ‘ die Gasse von / nach Lomattu (Wiese am Wald, Ortsteil von Saas Fee) ’ (Saas Fee), an den Lomatruns ‘ an den Runs (Wasserlauf) bei der Lomatta (Wiese beim Wald) ’ (1741, Eischoll), aber auch dÿe Lowasserleytten ‘ die Wasserleitung vom / zum Loo (Wald) ’ (1585 u. später, Ernen) und dÿe Obrun Loowasserleyttu ᵕ n ‘ die obere Wasserleitung vom / zum Loo (Wald) ’ (1585, Ernen) und weitere. Looje Looje ist der Name eines Dorfdrittels von Leuk und belegt als t Looje und t Loojä. Die historischen Belege zeigen schon 1337 einen Übersetzungstext: jn tercio Lobji siue de la loy ‘ im Drittel Lobji oder de la loy ’ . Das lateinische Lobia geht auf LAUBJA (anfrk.) laube (FEW 16, 446 ff.) zurück, was schon M EYER (1914, 166) annimmt. B OSSARD / C HAVAN (2006, 52) weisen diese Deutung zurück und favorisieren die Deutung von H UBSCHMIED (1938, 55), der die Lautung auf kelt. lokwa ‘ See ’ zurückführt. Im Fall des Leuker Namens spricht aber die lateinische Form Lobia für die Herkunft von LAUBJA . Das gilt auch für die Realprobe: es ist nicht anzunehmen, dass sich in diesem Drittel von Leuk ein See befand (cf. HLL L OY und L OYES ). Loori (PN) Loori (PN) ‘ Lorenz ’ ist zu wdt. Loori, Lori als Kurzform zu PN Lorenz, Laurenz, Laurentius (I D . 3, 1365 f.) zu stellen. Das Lemma kommt zweimal als Simplex vor: ts Loori ‘ das Lori ’ (Grengiols) und Lory (1201, Mund) - in diesen beiden Fällen ist die Zuordnung zu einem PN nicht sicher; L ō re n ‘ Steinhaufe ’ (I D . 3, 1374) ist zwar als Flurname belegt (URNB 2, 590, mit Hinweis auf vorrömische Herkunft), aber nicht für das Wallis; ein Diminutiv auf / - I / ist nicht belegt. Ebenso mehrdeutig ist in der Loorschluocht ‘ in der Geländeeinbuchtung beim Loor / des Loori ’ (1640, Fiesch), während der Loriacher ‘ der Acker des Lorenz ’ (Martisberg, Ergisch) zum PN zu stellen ist. Sicher hieher gehören die Genitive Singular ts Loorisch Brand ‘ das brandgerodete Gebiet des Lori ’ (Grengiols), ts Lorisch Stafol ‘ der Stafel des Lori ’ (Mund) und Lorischerb ‘ das geerbte Gut des Lori ’ (Ausserberg), sowie der Plural agrum Loriggero ‘ der Acker der Leute des Lori ’ (1759, Eischoll) und sub spicarijs Lorigo ‘ unter den Speichern der Leute des Lori ’ (1637, Raron). Die kollektive / - IG / -Ableitung ist aus vielen anderen Fällen bekannt. Loot Loot ist zweimal am gleichen Ort belegt als im Loot (Oberwald, Obergesteln, auch FLNK). Gemeint sind leicht ansteigende Äcker, Weiden und Wiesen. Dazu ist auch beÿm Lothgaden ‘ beim Gaden im Looth ’ (1772, Oberwald), auch unter dem Ladgaden (1795, Oberwald) zu stellen. Die Deutung unter L ō t, L ō d n. ‘ Lötmasse, bestimmtes Gewicht ’ (I D . 3, 1500) ist kaum zielführend. Das B ERNDEUTSCHE W ÖRTERBUCH ( VON G REYERZ / B IETENHARD 1976, 194) kennt Lod n. als ‘ gedrehte Papiertüte, dann überhaupt Papiersack zum Einpacken der Ware ’ . Beide Deutungen sind unklar. Das Gleiche gilt für G RICHTING (1998, 129 s. v. Loot ‘ Senkblei ’ ). Ein Zusammenhang mit dem biblischen Personennamen Lot (Gen 11, 27 - 31) ist möglich, aber sehr unsicher. Die Deutungen zu Lad (I D . 3, 1057 f.) im Sinn von Käsladen und Laden führen nicht weiter. Eine Deutung ist deswegen nicht möglich. Loraccio Loraccio ist nur in Punta Loraccio (Saas-Almagell) belegt, einem Grenzgipfel zu Italien auf 3237 m. Da sich weiter unten die Alpe Loraccio befindet, stammt der Bergname wohl daher. Eine Deutung ist nicht möglich; ein FaN jedoch nicht ausgeschlossen. O LIVIERI ( 2 1961; 1965) erwähnt den Flurnamen nicht. Loranco Loranco ist nur in Pizzo di Loranco (Saas Almagell) auf 3362 m Höhe belegt, das dafür auch den Namen Mittelrück (1: 10000 Mittelrigg) kennt. O LIVIERI ( 2 1961; 456) verweist auf Ranco, ohne einen Hinweis zu geben. Auch D EVOTO / O LI enthalten das HL nicht. Eine Deutung ist nicht möglich. Looje 131 132 <?page no="71"?> Lorizen Lorizen ist 1708 in Fiesch belegt. Es handelt sich um den Namen einer Wasserleitung: die Lorizen. Ob ein Zusammenhang mit dem in Fiesch belegten Loorschluocht (1640) besteht, ist unklar; Lorizen liesse sich dann als ‘ Wasserleitung vom / zum Loor(i) ’ verstehen (cf. HL L OORI ). Ob ein Zusammenhang zum PN Laurenz, auch Lori und Loro (I D . 3, 1365) besteht, ist unklar; das feminine Genus lässt sich allerdings auf die Wasserleitung zurückführen. Ohne zusätzliche Belege bleiben die Deutungen aber unklar. Lormet Lormet ist nur einmal 1729 in Albinen als im Lormet ‘ am Ort, wo es kleine Ulmen hat ’ belegt. Es handelt sich vermutlich um das frpr. Ormet ‘ die kleine Ulme ’ mit agglutiniertem Artikel (B OSSARD / C HAVAN 2006, 174). 1729 wird es in Albinen mit der dt. Präposition mit Artikel im verwendet. Lorschelet Lorschelet ist in Albinen (FLNK) belegt; M ATHIEU (2006, 13) kennt es als Lorschulet. Die historischen Belege sind: 1543 en Lorselet, 1728 im Lorschelet, 1829 jn Losselet. Vermutlich ist der Artikel agglutiniert worden; es handelt sich wohl um eine Ableitung l ’ orgelette ‘ das kleine Gerstenfeld ’ , die allerdings so nicht belegt ist (cf. FEW, 4, 481s.); zu den Suffixen vgl. / - ELLA / und / - ITTA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287). Los Los n., Pl. Leesser ist zu schwdt. L ō s, L ō ss, Pl. Lös(s)er, L ō s n. als FlN ‘ der einem zufallende Anteil: a) derjenige, den der einzelne Bürger bei Holzverteilungen aus dem Gemeindewald erhält (Loosholz), b) derjenige am Gemeindeland, wo das Gemeindegut in Löser aufgeteilt ist, c) einzelnes, abgegrenztes Fischereirecht bzw. der Bezirk, auf welchen es sich bezieht ’ und wdt. Looss, Loos (Lötschental) ‘ Los, Grundstück ’ (I D . 3, 1426 f.; G RICHTING 1998, 129) zu stellen. Die meisten der etwas über 60 Namen bezeichnen Grundstücke im Rottengebiet, die erst nach den ersten zwei Korrektionen des Flusses (ab 1863) verfügbar waren. Das Hauptgebiet der Namen bezieht sich dabei auf die unteren drei Bezirke Visp, Westlich-Raron und Leuk. Das Simplex ist im Singular nur einmal historisch belegt: jm Los ‘ im Los ’ (1703, Ausserberg). Es muss sich um ein Grundstück gehandelt haben, das den Burgern gehörte und durch das Los zugeteilt wurde. Sonst ist das HL nur im Plural belegt: t Leessär (FLNK, Bratsch), t Leesser (Niedergesteln), t Lesser ‘ die Lösser (Gemeindewiese an der Lonza) ’ (Kippel), t Lesser (Lalden; FLNK Leesser). In allen Fällen sind Grundstücke gemeint, die ursprünglich zum Burgerlos gehörten, später auch Privateigentum wurden. Nur einen Beleg für einen Diminutiv im Plural findet man in t Loossjini ‘ die kleinen Lose ’ (Guttet), das sich auf ca. 1520 m oberhalb von Guttet befindet; hier wurden wohl früher Teile der Lichtung als Ackerland unter den Burgern ausgelost. Mit attributiven Adjektiven finden sich: t Altu Leesser ‘ die alten Lose (Boden für Nutzer, die durch das Los bestimmt wurden) ’ (Steg), t Chleinu Leesser ‘ die kleinen Lose (Grundstücke, die ausgelost wurden, im Talgrund) ’ (Leuk), di Grossu Leesser ‘ die grossen Lose (durch Los zugeteilte Grundstücke) ’ (Leuk), t Längu Leesser ‘ die langen Lose (durch das Los zugeteilte Grundstücke in der Rottenebene) ’ (Turtmann), die Neuen Löser ‘ die neuen Lose (durch das Los zugeteilte Grundstücke) ’ (1818, Gampel), t Niwwu Leesser ‘ die neuen Lose (durch das Los zugeteilte Grundstücke) ’ (Raron), t Obru Leesser ‘ die oberen Lose (durch das Los zugeteilte Grundstücke) ’ (Hohtenn), t Obruschtu Leesser ‘ die obersten Lose (durch das Los zugeteilte Grundstücke) ’ (Steg; heute Fabrikareal). Vorangestellte Genitive der Nutzer oder Besitzer sind: Hohtener Lösser ‘ die durch das Los zugeteilten Grundstücke der Leute von Hohtenn ’ (1852, Steg), Seyterrun Los ‘ das Los der Leute von Seit (ehemaliger Weiler von Selkingen) ’ (1394, Selkingen), Selgigerrun … Los ‘ das Los der Leute von Selkingen ’ (1394, Selkingen), Stegers Los ‘ das ausgeloste Stück Land der Familie Steger ’ (1394, Biel), Weltschen Walthers Los ‘ das ausgeloste Gebiet des Walther Welschen ’ (1394, Gluringen). Laut dem Dokument aus Selkingen ist Los die Übersetzung von lat. PARS ‘ Teil ’ ; es handelt sich also wohl um einen Teil (Los) der Burgergemeinde. Als Grundwort kommt das HL sehr häufig vor. Zu unterscheiden ist dort der Singular vom Plural. Zunächst werden Singulare in zweigliedrigen Komposita belegt: ts (e)Riifloosi ‘ das kleine zugeloste Stück Land beim Abhang ’ (Gampel), schon 1824 belegt, also kein Grundstück, das erst nach 1863 zugeteilt wurde; ts Eiulos ‘ das Los (zugeteiltes Stück Land) in der Aue ’ (Glis), laut Gwp. kein Burgerlos, Üsserloos ‘ das äussere durch das Los zugeteilte Stück Land ’ (FLNK, Visp; heute Industriegebiet), sowie die komplexeren ts Unner Eiulos ‘ das untere Los (durch das Los zugeteiltes Grundstück) in der Aue ’ (Glis) und dem Plural in den Neu ᵕ en Eÿenloosen ‘ in den neuen zugeteilten Gebieten in der Aue ’ (1857, Glis). Viel häufiger sind die Belege mit dem Plural Leesser: Altleesser ‘ die alten Grundstücke, die durch das Los zugeteilt wurden ’ (FLNK, Hohtenn), di Blagerruleesser ‘ die (Burger-)Lose im Bereich der Blagerra (minderwertiges 133 134 Los <?page no="72"?> Land) ’ (Raron), di Brigguleesser ‘ die durch das Los zugeteilten Grundstücke bei der Brücke ’ (Niedergesteln), di Burgerlesser ‘ die Losgebiete, die den Burgern gehören ’ (Baltschieder, zweimal), Burgerleesser ‘ die durch das Los zugeteilten Grundstücke, die den Burgern gehören ’ (FLNK, Salgesch; auch bei M ATHIER 2015, 126), t Eiuleesser ‘ die zugeteilten Grundstücke bei der Aue ’ (Gampel, Steg, Turtmann, Visp), t Fäldleesser ‘ die durch das Los zugeteilten Gebiete im Feld ’ (Gampel, Steg), di Gampinuleesser ‘ die Lose (durch das Los zugeteilten Grundstücke) beim Weiler Gampinu ’ (Leuk), di Giessuleesser ‘ die durch das Los zugeteilten Grundstücke im Bereich Giessen (Bach, Sumpfgebiet) ’ (Turtmann), t Hofleesser ‘ die durch das Los zugeteilten Grundstücke beim Weiler Hof ’ (Baltschieder), t Laggerächtu Leesser ‘ die durch das Los zugeteilten Grundstücke bei Lagrächte (la grächtu ‘ Hügel ’ ) ’ (Leuk), Mittel Eyen=Löser ‘ die durch das Los zugeteilten Grundstücke in der mittleren Eie (Aue) ’ (1927, Salgesch), t Mosleesser ‘ die durch das Los zugeteilten Grundstücke im Moos (sumpfiges Gebiet) ’ (Hohtenn, Steg), t Muttileesser ‘ die durch das Los zugeteilten Grundstücke im flachen Land ’ (Steg), Ober Eyen=Löser ‘ die durch das Los zugeteilten Grundstücek in der oberen Eie (Aue) ’ (1927, Salgesch), di Pletschuleesser ‘ die durch das Los zugeteilten Grundstücke in der Pletscha (Ebene) ’ (Baltschieder), t Schitzuleesser ‘ die durch das Los zugeteilten Grundstücke bei den Schützen ’ (Steg), di Tännuleesser ‘ die durch das Los zugeteilten Grundstücke bei Tännu ’ (Turtmann), t Weidleesser ‘ die durch das Los zugeteilten Gebiet, wo das Vieh weiden konnte (heute teilweise Lonza) ’ (Visp). Komplexer sind Grossi Burgerleesser ‘ die grossen Losgrundstücke der Burger ’ (LT, Gampel), t Hosandleesser ‘ die Lose (Grundstücke, die durch Los zugeteilt wurden) im Hoosand (hohes Sandgebiet) ’ (Niedergesteln), t Kalchofuleesser ‘ die Lösser (durch das Los zugeteiltes Grundstück) beim Kalkofen ’ (Gampel), di Brüederschaftsleesser ‘ die durch das Los zugeteilten Grundstüeck der Bruderschaft ’ (Gampel), di Turtigeiuleesser ‘ die durch das Los zugeteilten Grundstücke im Gebiet der Aue bei Turtig (Ortsteil von Raron) ’ (Niedergesteln), t Ubermäleesser ‘ die Lose (durch das Los zugeteilte Grundstücke, die jenseits liegen (unsicher)) ’ (Gampel), t Undru Hofleesser ‘ der untere Teil der durch das Los zugeteilten Grundstücke beim Weiler Hof ’ (Baltschieder), t Wannumosleeser ‘ die Lose (durch das Los zugeteilte Grundstücke) im Wannumoss (feuchtes Gebiet bei der Wanne (Mulde)) ’ (Niedergesteln), t Wereiuleesser ‘ die Lose (durch das Los zugeteilte Grundstücke) bei der Aue beim Wehr (gegen die Vispe) ’ (Visp). Komposita mit anderen Grundwörtern sind sehr selten: Längleessärgrabu ‘ der Graben (Kanal) bei den durch das Los zugeteilten langen Grundstücken in der Rottenebene ’ (Turtmann) und der Ober Loosholzbodu ‘ der obere Teil des Bodens, wo man Losholz lagerte ’ (Leuk). Nicht zu dieser Deutung gehört das einmal belegte Suffix / - LOS / ‘ nicht habend ’ (I D . 3, 1427) in Namenlosä ‘ der / die Namenlose ’ (FLNK, Wiler); ein Gipfel ohne Namen. Losel Losel ist in Salgesch in verschiedenen Formen belegt, von denen nicht ganz klar ist, ob sie zusammen gehören. Die historischen Belege sind: 1353 luysellum, 1358 ou losel, 1367 e ỳ s losezs, 1594 ou lusel, 1594 ouz losel, 1644 ey luschel, 1644 eys louschÿ, 1644 eÿs louscheÿ, 1658 en lousse. Es scheint, dass einige der Belege zum HL L ÜSCHEI gehören (cf. HL L ÜSCHEI und M ATHIER (2015, 109)). Losel würde zu T AGMANN (1946, 10) gehören, ist aber ziemlich unsicher und nimmt unter Gros Lac ‘ grosser See ’ eine Etymologie von H UBSCHMIED auf, die unseres Erachtens für Losel nicht direkt anwendbar ist. Es ist davon auszugehen, dass Losel ‘ kleiner Bergsee ’ zwar zu kelt. lokw ā ‘ See ’ zu stellen ist, wie das H UBSCHMIED will, dass aber die belegten Namen Weiterbildungen sind. Zumindest deuten die Belege mit / - EL / Fragen an; sie könnten zum diminutiven Suffix / - ELLU ( M )/ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) gehören. Loter der Loter ‘ der Loter (unklar; laut Gwp. Quelle und Sumpfmulde) ’ (Bellwald) ist zu schwdt. Lotter m. zu stellen, hier als FlN in der Grundbedeutung des ‘ Unfesten, Lockeren ’ , zum Verb schwdt. lottere, wdt. lottere, lottärä, lottru ‘ wackeln, klappern ’ (I D . 3, 15; URNB 2, 594; G RICHTING 1998, 129). Lötschen Lötschen ist die hdt. Form, die normalerweise mit dem Namen Lötschental (LT) oder Lötschenthal (SK) verbunden ist, das aber im lokalen Dialekt Leetschtal heisst. Die dial. Kurzform wäre Leetschn. Die ältesten Belege sind: 1233 de Lyche, 1254 de Liech, 1278 de Liesc (zweimal), 1282 de Liech usw.). Aber schon 1300 ist de Lechun vertreten und 1303 in Lochen, im gleichen Jahr fan Loechun. 1305 ist in valle Loechen belegt. Es überwiegen aber die Namen vom Typ Lÿech und ähnlich. Erst (ca.) 1470 ist wieder von Lo ᵉ tschen die Rede. 1501 erscheint Letschen, ebenso 1503. Erst spät erscheint eine Gleichsetzung mit dem Val d ’ Illiez um 1643 in Valle Jlliacensi, ähnlich 1663. Der Name ist zunächst romanisch, wohl mit keltischer Wurzel: de Lyche, de Liech sind vermutlich auf ein romanisches Etymon vom Typ *lie(s)c zurück zuführen, das aber nicht belegt ist. Möglicherweise könnte ein kelt. Losel 135 136 <?page no="73"?> leucos, leucet(i)o ‘ klar, glänzend ’ (D ELAMARRE 2003, 200) zugrunde liegen, welches ursprünglich den Fluss bezeichnet hätte (und wohl auch dem Namen Leuk zu Grunde liegt) (cf. dazu auch A. K RISTOL (p. c. 2020)). Die deutschen Einwanderer übernehmen den Namen als Lechun oder Loechun oder Lo ᵉ tschen. Später wird dieser Name entrundet zum heutigen Leetschun. Die Benennung Vallis Illiacensis scheint eine spätere Parallelisierung zum Val d ’ Illiez zu sein, die Lötschen selbst nicht betrifft. Der Talname ist etwas seltsam, wenn man überlegt, dass (vielleicht mit Ausnahme von Ferden und vielleicht Kippel) die Dorf- und Weilernamen weitestgehend deutsch sind wie Blatten, Wiler und Ried. Es könnte also sein, dass der Talname von unten her dem Lauf der Lonza folgte. Mit einem attributiven Adjektiv ist 1730 belegt des Obren Lötschen ‘ das obere Lötschtal ’ , vermutlich das besiedelte Gebiet des Lötschtales. Die übrigen Namen enthalten das HL als Bestimmungswort, entweder als Leetsch- oder als Lötsch-. Belegt sind Verbindungen von Leetsch mit Band (Leukerbad; auch bei R. G RICHTING (1993, Blatt 9, Nr. 5 als Leetschbändär)), Bäärg, Licka und Pass. Mit Lötschen sind verbunden Firn (SK), Grenze, Lücke (Licka), Tal, also verhochdeutschte Formen und dann komplexere Formen wie Lötschbergtunnel und Lötschepasshütte. Einen Genitiv Plural enthält Lötscheren Binnen ‘ der Pflanzplatz der Leute von Lötschen ’ (1773, Gampel). Der Lötschberg, um das nachzutragen, ist ein Passübergang zwischen dem Berner Oberland und dem Lötschtal. Lottscha Lottscha f. ist zweimal als Lottschabella ‘ der schöne Aussichtspunkt ’ (Zwischbergen, LT Locciabella) belegt. J ORDAN (2006, 302) führt die beiden Namen ebenfalls als Lottschabella auf. Beim ersten stellt er die Vermutung auf, dass sich der Name aus it. loccia ‘ Gebäude ’ und bella ‘ schön ’ ableiten lasse. Während das eine einen grossen Waldabhang kennzeichnet, ist das andere ein steiler Graben. Zu Grunde liegend sind wohl it. loggia (das stimmlos wiedergegeben wird) und bella. Da es sich bei loggia, das sonst Gebäude oder Teil davon ist, nicht um ein Gebäude handeln kann, wurde es metaphorisch als ‘ Aussichtspunkt ’ wiedergegeben. Löüb Löüb n., Pl. Leiber, selten Löüber ‘ Laub ’ ist zu schwdt. Laub, wdt. Löüb, Löb, Loib ‘ Laub ’ n., Pl. unveränderlich oder Läuber, wdt. Leiber ‘ einzelnes Blatt der Laubbäume und Sträucher ’ , kollektiv wie nhd. ‘ Laub von Holzpflanzen ’ , mhd. loup, -bes (I D . 3, 954 ff.; G RICHTING 1998, 129) zu stellen. Z INSLI (1984, 573, s. v. Laub) kennt das HL für die Südwalser und gibt als weitere Bedeutung ‘ Anteil, welchen ein Gut an dem Genuss des Waldes hat ’ , was in unseren Daten wohl nicht zutrifft. Hingegen gibt BENB (1, 3, 155 - 158) eine Deutung, die auch für unser Gebiet weitgehend gilt: “ Namen mit Loub bezeichnen Standorte von Laubgehölzen, auch im Alpenraum über der Baumgrenze, wo sich der Name meist auf die Grünerle (Alnetum / Alnus viridis oder Betula viridis) bezieht ” (158). ts Wiiss Löüb ‘ das Weisslaub ’ ist nach S TEBLER (1927, 67) der Name von S ALIX L APPONUM (ssp. H ELVETICA ), der Schweizer Weide (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 422). ts Süürlöüb ‘ das saure Laub ’ (Ried-Brig) bezieht sich laut Beschreibung auf eine saure Pflanze; in Frage kommt der Sauerampfer (R UMEX ACETOSA oder R UMEX ACETOSELLA ; vgl. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 684 ff.), der mehrfach als Süür bezeichnet wird (I D . 7, 1282; M ARZELL 3, 1497). Das HL fehlt im Bezirk Leuk, ist aber in allen andern Bezirken belegt. Das Simplex im Singular ist als ts Löüb ‘ das Laub ’ etwa ein Dutzend Mal belegt, dazu kommen in dem Laub (1681, Niederwald) und ts Loib (Blatten, Simplon). Im Plural ist das Simplex als t Leiber vier Mal belegt, dazu kommen in den Leübren (1626, Ulrichen), die Löüber (1610, Mühlebach) und t Löüb(e)re (Zermatt, ohne Entrundung! ). Als Diminutiv des Singulars findet sich ts Löübji (Binn, zweimal), im Löüpi (Grengiols), im Plural t Löbjini (Reckingen, FLNK Löübjini). Bildungen mit attributiven Adjektiven: das schon erwähnte ts Wiiss Löüb ist rund ein Dutzend Mal belegt, historisch auch als das Weis Laúb (1774, Eggerberg), einmal als Diminituv Wiiss Löübji (Baltschieder). Daneben sind belegt ts Breit Loib (Simplon, zwei Mal), ts Breit Löüb (Baltschieder), ts Grielöb ‘ das grüne Laub (eventuell: das Laub mit Kies) ’ (Reckingen), ts Gross Loib (Wiler), ts Holoib ‘ das hohe Laub ’ (Ferden), ts Ober Löb (Reckingen), jm Obren Laúb (1679 u. später, Simplon), ts Süürlöüb ‘ das saure Laub (z. B. Sauerampfer oder saurer Boden) ’ (Ried-Brig), ts Unner Löb (Reckingen) und im Undren Laúb (1679, Simplon). Ein attributives Partizip findet sich in ts Hangänd Loib ‘ das hängende (steile) Laub ’ (Wiler) mit den Varianten t Hangändu Leiber ‘ die hängenden (steilen) Gebiete mit Laub ’ (Blatten), ts Hangend Löüb (Binn), ts Hangund Löüb (Raron) und die verkürzte Form ts Hangelöb (Reckingen). Vorangestellte Genitive zum HL sind selten: Lengi Wangsch Loib ‘ das Laub beim langen Grasabhang ’ (Blatten) und Stafflero Wÿslaúb ‘ das Weisslaub (Name für S ALIX L APPONUM ) der Leute vom Stafel ’ (1726, Mund). Als Grundwort in zweigliedrigen Komposita finden sich eher selten Namen von naheliegenden Fluren wie 137 138 Löüb <?page no="74"?> ts Äbilöüb ‘ das Laub beim Abhang ’ (Reckingen), ts Bochtelöb ‘ das Laub bei der Bochte (Bottich) ’ (Reckingen), Mettellöub ‘ das Laub bei der Mettle ’ (Münster), ts Sattellöup ‘ das Laub beim Sattel ’ (Münster), t Sattelleiber ‘ die Gebiet mit Laub beim Sattel ’ (Baltschieder), die Schrikleiber ‘ die Gebiete mit Laub bei der Alpe Schrigg ’ (1629, Ried-Brig), ts Seelöüb ‘ das Laub unterhalb der Seemettja ’ (St. Niklaus), t Stockleiber ‘ die Gebiet mit Laub beim Stock ’ (Steg). Unsicher ist ts Gaarloib ‘ das Laub mit Mehlbeerstauden ’ (Blatten), das wohl zum Pflanzennamen Garle oder Garlob ‘ Mehlbeere ’ zu stellen ist (cf. HL G ARLE ). Ebenfalls unsicher ist ts Schnitzlöüb ‘ das Laub, das als Futter geschnitten wird ’ (St. Niklaus) (cf. HL S CHNIZ ). Komplexere Bildungen sind Grielöuwenelöb ‘ das Laub beim Rutschgebiet mit Kies ’ (FLNK, Reckingen). t Obru Sattelleiber ‘ die oberen Gebiete mit Laub beim Sattel ’ (Baltschieder), t Undru Sattelleiber ‘ die unteren Gebiete mit Laub beim Sattel ’ (Baltschieder). Als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita findet sich Löüb mit folgenden Grundwörtern: Acher, Alpa, Bach, Bodu, Blatta, Egg(a), Fad, Furgga, Gartu, Grabu, Haalta, Heid 2, Hüs, Matta, Ort, Ranft, Schiir, Stadel, Stafel, Stei, Stüde, Tola, Tschugge, Wäg, Wald, Wang, Weid und Wild. In mehreren Fällen ist das HL hier als Löüber vertreten, das entweder ein Adjektiv oder der FaN Lauber sein kann; manchmal kann hier nicht entschieden werden, was vorliegt. So ist etwa ts Löüberwägji ‘ der kleine Weg der Familie Lauber (? ) ’ wohl zum FaN zu stellen und kaum als Herkunftsname zu verstehen; es handelte sich um den Kirchenweg von Rüspeck (im Nanztal! ) nach Naters, wohin dieses Gebiet kirchengenössig war (Dank an P H . K ALBERMATTER (p. c.) für die Auskunft). Vielleicht auch zum FaN gehört der seltsame Name uf Löübernisch ‘ auf dem Gut der Familie Lauber ’ (Martisberg) - es scheint sich um einen Genitiv des Besitzers zu handeln, wobei die Langform Löübernisch (statt Löübersch) ungewohnt ist. In einem Fall liegt ein vorangestellter Genitiv vor: Leemisch Löübegg ‘ die Ecke mit Laub der Familie Lehmann / des Lehensmannes ’ (Geschinen). Komplexere Formen sind etwa: Löübbachwald ‘ der Wald, bei dem der Laubbach durchfliesst ’ (Bürchen), der Mässloibgrabu ‘ der Graben beim Mässloib (Laub, wo Milch gemessen wurde? ) ’ (Simplon; auch bei J ORDAN (2006, 85 und 95; gleicher Graben)), der Unner Löübfad ‘ das untere Grasband im Laub ’ (Eisten), t Unner Löübheid ‘ die untere Heide beim Laub / mit Laub ’ (Visperterminen), der Üsser Löubbach ‘ der äussere (talauswärts liegende) Laubbach ’ (Saas Almagell). Auch zum Wiisslöüb gibt es komplexere Formen: dr Wissloibwang ‘ der Grasabhang beim Weisslaub (Name von S ALIX L APPONUM ) ’ (Blatten), das Wissloubeggiltin ‘ die kleine Ecke beim Weisslaub (Name von S ALIX L APPONUM ) ’ (1457 u. später, Ried-Brig) und andere. Zwei verschiedene Adjektivableitung erscheinen in t Löübigu Bobme ‘ die Böden mit Laub ’ (Saas Balen), resp. t Löübinubodme ‘ die Böden mit Laub ’ (Saas Grund) - es handelt sich um die gleiche so benannte Flur. Eine seltene Ableitung auf ahd. - AHI (S ONDEREGGER 1958, 466 ff.) ist t Löüppa ‘ das Gebiet mit viel Laub ’ (Törbel). Neben der Unsicherheit bei Löüber als FaN Lauber, ist auch die Zuordnung der Belege zu Löüb ‘ Laub ’ oder zu Löube ‘ Laube ’ (cf. HL L ÖÜBE ) nicht immer klar. Und in einigen Fällen kann Löüb auch zum HL L ÖUWINA gehören, wo dieses HL mit / b/ realisiert wird, etwa im Bezirk Visp. So erscheint in Saas Almagell di Breitu Löübinu ‘ die breiten Rutschgebiete ’ mit einem historischen Beleg von 1528 ‘ an die Breitten Lowinen ’ . Hier dürfte es sich also um ein Rutschgebiet und nicht um ein Laub-Gebiet handeln. Löube Löübe, auch Löuba ist zu schwdt. Laube n , wdt. Löüba, Löübä (Goms), Löiba (Mattertal), Loiba (Lötschtal), Löibu (Saastal und Leuker Berge) f., Dim. schwdt. Läub(e)li, wdt. Laubelti ‘ leicht und luftig gebauter, meist nach einer oder mehreren Seiten offener, auf den andern mit Brettern eingewandeter Raum, als selbständiges Gebäude, untergeordnetes Gemach in einem (Wohn-)Gebäude bzw. an ein solches angebaut, meist neben, vor oder über den eigentlichen, solider gebauten Wohnräumen befindlich und als Zugang oder zur Unterbringung von allerlei Geräten und Vorräten verwendet.; Halle, Vorhalle, Hausflur; Gemach, Räumlichkeit im Wohnhaus, auch in Scheune, Stall und Schuppen zur Unterbringung z. B. von Heu; Dachboden; Vor-Haus oft zu einem grösseren Treppenhaus (Treppenlaube) oder zu einer hölzernen Galerie oder einem Balkon erweitert; Bogengang an der Seite eines Marktes oder einer Strasse; Schützenhaus ’ , ahd. louba, mhd. loube (I D . 3, 962 ff.; G RICHTING 1998, 129) zu stellen. Das Wort, eine Ableitung zu Laub, bezeichnet zunächst ein Schutzdach aus Laub, dann verschiedene leichte Vorbauten zum Schutz vor Witterung (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 562; G R W B 12, 290; LUNB 1, 1, 606; V. S CHMID 2003, 129 f.). In FlNN auch übertragen auf laubenartige Geländestellen (URNB 2, 506). Von den Belegen sind die historischen zer Lovbun (1304 u. später, Stalden) und zer Loubun (1504, Zermatt) klar zu diesem HL zu stellen. Die Diminutive im Plural ts Löubutini ‘ bei den kleinen Lauben ’ (Blitzingen) und uf de Löubutine ‘ auf den kleinen Lauben ’ (Niederwald) bezeichnen Geländeformen, die laubenartig aussehen. Löube 139 140 <?page no="75"?> Das Grundwort ist vor allem im Typ Schitzulöüba ‘ die Schützenlaube ’ vertreten - es handelt sich um ein Haus, von dem aus (früher) geschossen wurde. Belegt sind t Schitzulöüba (Raron), t Schitzulöübu (Leuk), Schitzulöübu (FLNK, Oberems; FLNK, Salgesch), t Schitzuloibu (Turtmann). Historisch ist auch hinder der Schützenlauben ‘ hinter der Schützenlaube ’ (1747 u. später, Leuk) bezeugt. t Aalti und t Niiwi Schitzulöübu ‘ die alte und die neue Schützenlaube ’ (Salgesch) steht neben dem historisch belegten hinter den Alten Schützen Lauben ‘ hinter den alten Schützenlauben ’ (1869, Feschel). Nur einmal belegt ist Kirihanselöübe ‘ die Lauben des Kirihans ’ , wo wohl eine Geländeformation auf der Alpe gemeint ist; der PN ist vermutlich ein Beiname. Unklar ist im Loiburaaft ‘ im Abhang mit Rutschgebiet ’ (Saas Almagell), wo vermutlich das HL L ÖÜWINA gemeint ist, weist doch Saas Almagell auch der Heloibizug ‘ der hohe Lawinenzug ’ auf. Die Deutung mit dem HL L ÖUBE ist zwar formal zutreffend, inhaltlich aber nicht. Löücha Löücha ‘ Mulde ’ ist zu schwdt. Lauch, wdt. Loucha, Löücha f. ‘ Name von Bergübergängen, meist durch die Lücke eines Felsgrates, Berglücke; wellenförmiges Terrain im Gebirge ’ , zum Sg. des Prät. von ahd. l ū hhan ‘ schliessen ’ (I D . 3, 1006; Z INSLI 1945, 329), resp. ‘ Mulde ’ (G RICHTING 1998, 129, der auch Laicha, Intimrin, Lizzin (alle Lötschental) und Laichu, Lizzi in gleicher Bedeutung angibt (vgl. HL L AICHA und HL L ITZI ), zu stellen. Die feminine Form Löücha geht wohl auf eine reanalysierte Pluralform zu Löüch zurück. In einigen Fällen kann auch schwdt. Lauch m. ‘ Name verschiedener Lauchgewächse, die in den Alpen wild wachsende Abart des Schnittlauchs ’ (I D . 3, 1006; M ARZELL 1, 209; G RICHTING 1998, 175 s. v. Schnittlöib, Schnittlöüf, Schnittloich, Schnittlöich) gemeint sein. Das Simplex t Löücha ‘ Mulde ’ ist nur in Täsch belegt. Ein Diminutiv kommt zusammen mit einem Attribut als ts Warem Löüchli ‘ die warme kleine Mulde ’ (Zermatt) vor. Als Kompositum mit dem HL als Grundwort ist Schnittlöich ‘ Schnittlauch ’ (Bratsch) - hier ist vermutlich ein Gebiet gemeint, in dem Schnittlauch wuchs. Als Bestimmungwort ist das HL in dyen Lovckgartvn ‘ den Lauchgarten ’ (1333, Naters) vertreten, hier ist vermutlich ein Garten mit Lauchgewächsen gemeint. Am verbreitetsten ist eine / - ERRA / -Ableitung t Loichärra. Neben der bekannten, verhochdeutschten Form für die Lauchernalp oberhalb von Wiler, die heute touristisch genutzt wird, gibt es zweimal Loihärra (Ferden) und einmal Löichere (Bratsch). In allen diesen Fällen ist unklar, ob es sich um eine Mehrzahl von Mulden oder um Lauchgewächse (vgl. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1278 ff. mit den verschiedenen Arten von A LLIUM ) handelt; das Suffix / - ERRA / (S ONDEREGGER 1958, 471 f.) kann kollektive Bedeutung für Sachen und Pflanzen haben, sodass beide Deutungen möglich sind. In t Under Loihärra (Wiler) tritt ein attributives Adjektiv zur Ableitung hinzu. Die Ableitung ist weiter als Bestimmungswort mit den Grundwörtern Alpa, Bach, Gang, Graat, Hitta, Spitz, Wald und Wäg verbunden. Komplexere Formen entstehen durch attributive Adjektive wie Obrä und Undrä Loicheruwäg ‘ der obere / untere Weg in das Gebiet Loicheru ’ (FLNK, Erschmatt). Löucka Löucka ‘ wellenförmiges Terrain im Gebirge ’ ist als Simplex und im komplexen Namen t Gross Löuckeschlüecht ‘ die grosse Geländeeinbuchtung bei der Löucka ’ (beide Blitzingen) belegt; die Form t Löuggeri (Selkingen) mit einer / - ERI / -Ableitung könnte vielleicht dazu gestellt werden; sie enthält aber eine Fortis an Stelle der Affrikata und ist wohl eher eine Stellenbezeichnung ‘ der Ort, wo Lauch wächst ’ . Löucka könnte als Intensivbildung zum HL L ÖUCHA (schwdt. Lauch, wdt. Loucha, Löücha f. ‘ Name von Bergübergängen, meist durch die Lücke eines Felsgrates, Berglücke; wellenförmiges Terrain im Gebirge ’ , zum Sg. des Prät. von ahd. l ū hhan ‘ schliessen ’ (I D . 3, 1006; Z INSLI 1945, 329) oder zu schwdt. Lauch m. ‘ Name verschiedener Lauchgewächse, die in den Alpen wild wachsende Abart des Schnittlauchs ’ (I D . 3, 1006; M ARZELL 1, 209; G RICHTING 1998, 175; cf. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1278 - 1286 mit mehreren Unterarten von A LLIUM ) gestellt werden. Beide Deutungen sind aber vorsichtig zu werten, weil das Nebeneinander von Reibelaut, Fortis und Affrikata schwierig zu erklären ist. Löüf Löüf m. ‘ Lauf ’ ist zu schwdt. Lauf, wdt. Luff, Loif, Löüf m., wie nhd. ‘ Lauf ’ , ahd. (h)louf, mhd. louf zu stellen. Das HL bezeichnet in FlN Stellen, wo jemand oder etwas läuft, in Bewegung ist oder speziell einen Durchgang für das Wild oder einen Geländeausläufer (I D . 3, 1111 ff.; LUNB 1, 1, 614). Das HL kommt nur einmal als Simplex im Lauff (1814, Simplon) vor; laut Beschreibung ein Stück Wiese, sodass unklar ist, wie Lauf hier zu deuten ist. Weiter ist belegt der Rosslöüf ‘ der Pferdelauf ’ (Binn). I D . (3, 1118) gibt als Bedeutungen ‘ Wettlauf von Pferden, Pferderennbahn, Wegmass = Stadium ’ . Von diesen drei ist am ehesten das Wegmass als Motivation anzunehmen; alternativ kommt das so nicht belegte ‘ Wiese, die dem Auslauf von Pferden dient ’ in Frage. Ableitungen mit dem Präfix UM sind Im Umloif ‘ im Umlauf ’ (Blatten) und t Umlöüffjini ‘ die kleinen Umläufe ’ 141 142 Löüf <?page no="76"?> (Eggerberg). I D . (3, 1114) gibt für Umlauf mehrere Bedeutungen, G R W B (23, 998 ff.) dazu einige mehr, G RICH- TING (1998, 209 s. v. Umlöüf) als zweite Bedeutung ‘ Umweg (schlechter L[ötschental]) ’ , dessen Deutung hier übernommen wird. Die Namen mit Lufu sind unter HL L UFU zu finden (cf. HL L UFU ). Löuwina Löuwina f. ‘ Rutschgebiet ’ mit verschiedenen Varianten ist zu schwdt. Lauwele n f. ‘ etwas (über einen Abhang) in die Tiefe gleitendes, stürzendes, von Massen von Erde, Schnee, Eis, Steinen usw.; Erd-, Schneerutsch, -sturz, bes. im Bergland und Hochgebirge ’ , ahd. lewina aus dem rom. vglat. rätorom. lavi(n)na, tess. luvina (neben slavina) (I D . 3, 1539 ff.) zu stellen. G RICHTING (1998, 129) nennt als Formen neben Lowwena auch Lawiina, Löwännä, Lowwuna, Lobena, Löübinu, Loiwina, Löibinu, Lowwi oder Loiwinu und gibt als Deutung ‘ Lawine ’ . K LUGE / S EEBOLD ( 25 2012, 564) betont, dass älteres Laue, Lauene ‘ Wildbach, Bergsturz ’ in den oberdeutschen Mundarten weiterlebe. Auch Z INSLI (1946, 329) nennt als Deutungen “ Rüfen-, Lawinenhang ” , “ Rinnen ” und “ Schuttkegel ” . In den Flurnamen sind meistens Rinnen und Hänge gemeint, wo Schnee- und Erdrutsche möglich sind; in den Deutungen wird deswegen generell ‘ Rutschgebiet ’ gegeben. Dabei ist zu bedenken, dass das HL auch Siedlungen benennt (etwa t Lowwina als Dorfteil von Ried-Brig). Wenn jedoch von Grabu oder Zug die Rede ist, sind Lawinengräben und -züge gemeint. Die verschiedenen Formen gehen auf die Behandlung von -ouwim Walliserdeutschen zurück (vgl. R ÜBEL 1950, 4 u. SDS 1, 120 u. 122); geschriebene Belege weisen auch {auw} auf. Die betonte Silbe ist normalerweise die erste Silbe; in Namen, die nhd. beeinflusst sind, kann auch die zweite Silbe betont sein (Typ: La ’ vi: na). Das Verhältnis der kürzeren Form Löuwi / Lowwi usw. zur längeren Löuwina / Lowwina usw. kann hier nicht diskutiert werden; zu vermuten ist, dass die kürzere Form älter und gängiger ist, die längere dagegen schriftsprachlich beeinflusst wurde. Das HL ist in rund 390 Namen belegt. Wie schwierig die Zuweisung zu einer Namenform ist, zeigen exemplarisch die historischen Belege in Mörel: 1247 Loynon, 1400 Lowinon, 1440 Lowynon, 1440 Lowyne (Genitiv! ), 1558 die Louwinon, 1668 vff der Lauwenen, 1663 aúf der Loúwinen, 1684 aúff der Laúwinen, 1747 aúff der Lowinen usw. Das HL ist häufig als Simplex im Singular oder Plural belegt. Als Formen finden sich: Lauwenen (1715, Selkingen; 1744 Niederwald), Lauwinen (1698, Steg; Mörel und Geschinen mit wechselnden Schreibungen), t Lobena (Täsch), zer Lobenu (Zermatt), uf dr Loibinu (Ferden), zi Loiwinun (Blatten), t Loiwinä (Kippel), Louwinen (1549; Ernen), in der Lowinen (1531, Binn), Lobana (Täsch), Lowinon (1383 u. später, Glis), an der Lowinen (1719, Unterbäch), t Lowwene (Täsch), t Lowwine (Raron und andere), t Löuena (Fieschertal und andere), t Löuwena (Fiesch), t Löuwene (Münster und andere), t Löuwina (Bellwald und andere), uf der Löwwene (Reckingen), ze Löibinu (Saas Grund und andere), t Löüwina (Ried-Mörel; LT Läubina). Hingegen ist die Kurzform Lowwi (Eischoll, hist. auch Lauwi) als Simplex nur einmal belegt. Diminutive im Singular des Simplex sind jedoch nur zu dieser Kurzform belegt: Lauili (FLNK, Niedergesteln), im Lowwili (Stalden), ts Lowwili (Eggerberg, Simplon), ts Löueli (Fiesch, FLNK Löuweli, SK Lauweli). Attributive Adjektive zum HL sind vor allem vom Typ Ho(ch) in Holowina (Glis) in rund einem Dutzend Belegen, wobei meist ein hoch gelegener Lawinenzug gemeint ist. Daneben finden sich in den Alten Louwinen ‘ in den alten Rutschgebieten ’ (1560, Naters), ts Fälsch Lowwili ‘ das falsche (täuschende) kleine Rutschgebiet ’ (Simplon), Grielöuwene ‘ der grüne Lawinenzug ’ (Reckingen), t Indru Loiwinä ‘ die inneren Rutschgebiete ’ (Kippel), t Längi Löüwinu ‘ der lange Lawinenzug ’ (Gampel), an der Lengen Lowinen ‘ am langen Lawinenzug ’ (St. Niklaus), t Mittelloiwinä ‘ der mittlere Lawinenzug ’ (Blatten), t Ober Löuena ‘ das obere Rutschgebie ’ (Blitzingen und sieben andere), t Breit Löuena ‘ das breite Rutschgebiet ’ (Bellwald und drei andere), t Rot Lowwina ‘ das rote Rutschgebiet ’ (Eisten und fünf andere), Schmallowina ‘ das schmale Rutschgebiet ’ (Simplon und andere), die Schwarz Lowina ‘ das schwarze Rutschgebiet ’ (1498 u. später, Eisten), die Diirlouwinen ‘ das dürre (trockene) Rutschgebiet ’ (1552, Binn), in der Tou ᵛ ffun Lowinon ‘ im tiefen Rutschgebiet ’ (1400 Glis; 1388, Ried-Brig), t Uistru Loiwinä ‘ die äusseren Rutschgebiete ’ (Kippel), t Unner Löuena ‘ das untere Rutschgebiet ’ (Blitzingen und sechs andere), Wysun Louwina ‘ das weisse Rutschgebiet ’ (1323 u. später, Fieschertal und Fiesch). Mit attributiven Zahlwörtern erscheinen t Erscht, di Zweit und di Dritt Lowwina (alle Visperterminen) mit einer motivierenden Erzählung. Ein attributives Partizip ist belegt in t Schriijund Lowwina ‘ das wasserfallartige Rutschgebiet ’ (Zwischbergen), das zum HL S CHRÄÄJE - S CHREEJE zu stellen ist. Einen vorangestellten Genitiv findet man in ts Schwärisch Löüwina ‘ das Rutschgebiet der Familie Schwery ’ (Ried-Mörel); sonst liegen keine derartigen Konstruktionen vor. Als Grundwort ist das HL in zweigliedrigen Komposita mit anderen Lemmata belegt; am häufigsten ist t Harlowena ‘ die Schlammlawine ’ (Täsch), zer Horlöübinu ‘ bei der Schlammlawine ’ (Saas Grund) und weitere Belege, die Löuwina 143 144 <?page no="77"?> das HL H ORB ‘ Schlamm ’ aufweisen. In anderen Belegen kennzeichnen die Bestimmungswörter Bäume wie Aarblöüwinu ‘ der Lawinenzug bei den Arven ’ (Gampel), t Birchlöuene ‘ das Rutschgebiet im Bereich Birch ’ (Ritzingen), t Eschlowwi ‘ der Lawinenzug bei den Eschen ’ (Raron), iuxta der Hassolowinon ‘ neben dem Rutschgebiet bei den Haselstauden ’ (1374 u. später, Glis, 1400, Ried-Brig). Weitere HL sind: t Alplowi ‘ der Lawinenzug bei der Alp ’ (Raron), uf der Faldúmloibinu ‘ auf dem Rutschgebiet des Faldumbaches ’ (Ferden), Griinloiwina ‘ das Rutschgebiet beim Grin (wo umgehauene Baumstämme herumliegen) ’ (Blatten), t Iischlowwina ‘ das Rutschgebiet mit Eis ’ (Zwischbergen), die Kaarlowwena ‘ das Rutschgebiet beim Chaar (wohl: Karstgebiet) ’ (Randa), t Cheerlöuene ‘ das Rutschgebiet am Cheerbach ’ (Obergesteln) und viele andere. Schwierig sind mehrere Namen vom Typ t Mäslowwi (Mund), t Mäslowwina (Eisten, Staldenried), wo das HL M ÄSS unklar ist; es wurde hier als Ort, wo Milch gemessen wurde, umschrieben; verschiedene Mäslöüb wurden zum HL L ÖÜB ‘ Laub ’ gestellt, gehören aber wohl hieher (z. B. Saas Almagell); das Problem der Zuweisung von Löüb zu Lowwina ist vor allem dort vorhanden, wo letzteres als Löubina oder ähnlich erscheint. Komplexere Konstruktionen sind etwa: t Hinner Hosandlöüwi ‘ der Lawinenzug beim hinteren Hosand (hohes Sandgebiet) ’ (Ulrichen), t Hinner Grie Löwwene ‘ der hintere grüne Lawinenzug ’ (Reckingen), t Üsser Steilowwina ‘ das äussere Rutschgebiet mit Steinen ’ (Eisten). Häufig sind Komposita mit dem HL und seinen Varianten als Bestimmungswort zu den Grundwörtern Acher, Bach, Bann, Biel, Bodu, Bord, Damm, Cheer, Egg(a), Fall, Flüö, Gadu, Gartu, Grabu, Haalta, Hooru, Matta, Mad, Räb-, Schiir, Schleif, Schluocht, Schlund, Schwung, Stock, Strich, Stutz, Suon, Tschugge, Verbüwung, Wald, Wang, Wanna, Wasser, Weid, Weri, Wild, Zü und Zug. Auch hier sind komplexere Bildungen leicht möglich: dr Gross Loiwin Bach ‘ der grosse Loiwinbach (Bach aus der Loiwina) ’ (Blatten), der Hinner Löwwischleif ‘ der hinter Schleif bei der Löuwene ’ (Reckingen), der Holöuenewang ‘ der Grashang beim hohen Lawinenzug ’ (Fieschertal), dr Chleilowinbachfall ‘ die Felswand / der Wasserfall des kleinen Baches in der Loiwina ’ (Blatten), t Horloiwingräbem ‘ die Gräben bei der Schlammlawine ’ (Blatten), der Ober Längulöüwinubodu ‘ der obere Teil des Bodens beim langen Lawinenzug ’ (Gampel), Breitlauihorn (Baltschieder) und Breitlauijoch (Baltschieder) und weitere mehr Eine seltene Appositionsform ist Kapällu ze Löübinu ‘ die Kapelle beim Weiler Ze Löubinu (beim Rutschgebiet) ’ (Saas Grund). Schwierig zu deuten ist t Löwiggene (Geschinen, LT Löuwiggene, FLNK Löuwieggene). Zu vermuten ist wohl, dass sich die Form aus Löwwi ‘ Erdrutsch ’ und Wieggi ‘ Erdlawine ’ gebildet hat, wobei das sog. B RANDSTETTERsche Gesetz die Verkürzung zu Wiggene erklärt. Keine gute Erklärung gibt es für den Beleg die Allowina (1547, Simplon), die im Kontext it. als fossale ‘ Graben ’ bezeichnet wird. Lowers Lowers ist vermutlich zu zwei sehr unterschiedlichen Quellen zu stellen. Im Beleg an Lowers Eggen (1623, Stalden) ist wohl ein PN oder FaN im Genitiv zum Flurnamen Lowi ‘ Rutschgebiet ’ gemeint; der volle Name ist als Lauwiner (AAWB 146) bekannt. Hingegen sind die Belege In Closo Lowers (1509, Agarn und Leuk), y Loveret (1594, Agarn), ov Loveres (1406, Salgesch) und ol Crous Loueres (1337, Agarn) wohl alle zu Loveresse (J ACCARD 1906, 242) zu stellen, das von T AGMANN (1946, 72) auf * LUPARICIA zurückgeführt wird, eine Ableitung von LUPU + - ARICIA ‘ endroit, où il y a des loups [Gebiet, wo es Wölfe hat] ’ , siehe auch B OSSARD / C HAVAN (2006, 197). Lowesch Lowesch ist nur 1835 in Leuk als Lowesch Graaben belegt. Das Dokument stammt aus Turtmann; es ist nicht sicher, dass es sich um einen Namen aus Leuk handelt. Die Form legt jedoch eine frpr. Form Loèche oder Louèche für Leuk nahe. Der Graben wäre dann ein Kanal, der für die Leuker Bürger gebaut wurde. Es gibt in Gampel dr Landbordgrabu ‘ der Graben (Kanal) beim Landbord (Böschung aus Erde am Rotten) ’ , der - laut Beschreibung - für die Leuker Burgerlose gebaut wurde, damit Gampel sich kirchlich von Leuk lostrennen konnte. Dieser Graben ist wohl in Bratsch (Niedergampel) als der Leiggerbrabu ‘ der Graben der Leuker Bürger ’ bekannt (ohne Koordinaten), der sich beim Landbord befunden habe; der Name benennt einen Dammweg am rechten Rottenufer. Da die erste Rottenkorrektion erst 1863 - 64 stattfand, kann Lowesch Graaben sich auf einen Bewässerungskanal von Leuk beziehen. Loy Loy ist nur einmal im Singular 1328 in Ergisch als en loy dol chablo ‘ bei der Wasserlache des Schleifs ’ und zweimal als Plural es Loyes ‘ bei den Wasserlachen ’ (1320, Unterems; 1351 - 1365, Oberems) belegt. Zu stellen ist es laut B OSSARD / C HAVAN (2006, 52) zu Loye, Louye, Loyetta ‘ flaque d ’ eau ’ , das nach H UBSCHMIED (1938, 54 f.) zu kelt. *lokwa ‘ See ’ zu stellen ist (vgl. D ELAMARRE 2003, 206 s. v. locu ‘ lac ’ ). Die Deutung zu laubja (anfrk.) ‘ laube ’ (FEW 16, 446 ff.), die auch von M EYER (1914, 166) angenommen wird, lehnen B OSSARD / C HAVAN (2006, 52) ab. Die Realprobe spricht aber eher für die Herkunft aus L AUBJA . 145 146 Loy <?page no="78"?> Lucen Lucen ist ein HL, das vermutlich aus mehreren Quellen stammt. Das Simplex zer Lúken (1743, Eggerberg) ist wohl zu schwdt. Lucke n ‘ Lücke ’ (I D . 3, 1255) (cf. HL L ICKA ) zu stellen; was für eine Lücke gemeint ist, geht aus der Quelle nicht hervor. Das Kompositum die Wolfflucen ‘ die Lücken, in denen Wölfe leben ’ (1552, Grengiols) ist wohl auch hier anzuschliessen, wohl vergleichbar mit dem belegten t Wouflecher ‘ die Wolflöcher ’ (Bellwald, Binn, beide mit / l/ -Vokalisierung). Der Beleg Luczen Lerch ‘ die Lärche des Lutz ’ (1401) enthält wohl einen PN Lutz (I D . 3, 1559) zum PN Ludwig, auch als FaN, der als Lutz im F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (2, 1138 f.) für einen grossen Teil der Schweiz, nicht aber für das Wallis, belegt ist. Lüchren Lüchren ‘ Löcher ’ kommt vor in Niederwald: in den Lüchren (1529) und in den Lúcheren (1763). Der Flurname ist zu Loch zu stellen (cf. HL L OCH ). Ebenfalls hierzu gehört die Lu ᵉ cherflu ᵉ ‘ die Fluh mit Löchern ’ (1519, Törbel). Luck Luck ist ein unsicheres HL, das 1300 als jn dien Lukern belegt ist. Ein zweiter Beleg von 1399 in Naters hat in der Lueckmaton. Am nächsten kommt dem HL schwdt. Loch und wdt. Loch, Looch (Lötschtal) ‘ Loch, Vertiefung, Gefängnis ’ (I D . 3, 1016 ff.; G RICHTING 1998, 129) (cf. HLL L OCH und L ÜCHREN ). Die Formen mit / u/ und / k/ sind auch sonst historisch belegt (z. B. apud Katzenlukern (1299, Eisten s. v. Chatzulecher)). Die Bedeutung von Loch ist jeweils von Kontext abhängig. Ludi (PN) Ludi (PN) kommt nur in i Ludischweid ‘ in der Weide des Ludi ’ (Wiler) vor. Der FaN Ludi oder ähnlich ist im Oberwallis nicht geläufig; im F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (2, 1127) ist er bodenständig nur für die Lenk und Meiringen (beide Kanton Bern) belegt. Vermutlich liegt der PN Ludi als Kurzform zu Ludwig vor (I D . 3, 1102; s. auch LUNB 1, 640 f.). Ludwig (PN) Der Personenname Ludwig erscheint einerseits in im Lúdwischgi ‘ im kleinen Gebiet des Ludwig ’ (1688, Grächen) und anderseits in t Ludwigsheeji ‘ die Ludwigshöhe (Grenzgipfel des Monte Rosa, benannt von Ludwig von Welden nach sich als Erstbesteiger) ’ (Zermatt) (vgl. VON W ELDEN 1824, 36; er spricht von seinem Namenspatron). Der FaN Ludwig ist laut F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (2, 1127 f.) an mehreren Orten in der Schweiz belegt, nicht aber im Wallis. Lüege Lüege ‘ schauen ’ ist ein Verb, das zu schwdt. luege n ‘ schauen, ansehen, betrachten ’ , mhd. luogen ‘ aufmerksam (aus dem Versteck luege, hervor? ) blicken ’ , wdt. lüege, lüegä (Goms), lüoge, lüegu (Mattertal), luägä (Lötschtal), lüöge (Saastal), lüogu oder lüägu ‘ schauen ’ (I D . 3, 1221 ff.; G RICHTING 1998, 130) zu stellen ist; es ist weit verbreitet (BENB 1, 3, 176 ff. mit Verweisen). In FlNN wird es in unseren Daten nicht in der Form Lueg, sondern vor allem in nominalen Ableitungen wie Lüegja - Liegja f. ‘ Aussichtsstelle ’ , die sich auf Luog-il-a (Stellenbezeichung nach S ONDEREGGER 1958, 517) mit anschliessender Palatalisierung des / l/ zu / j/ zurückführen lassen, gebraucht; in Komposita kann deswegen auch der Typ Lüegilerscheinen. Während die lebenden Belege palatalisierte oder umgelautete und später entrundete Diphthonge aufweisen, sind historisch Belege mit altem luogebenso zu finden wie schriftlich hdt. Formen vom Typ lug-. Umlaut und Entrundung ist dabei in den östlichen Bezirken Goms, Östlich-Raron und Brig vorherrschend; sonst der unumgelautete Typ mit Palatalisierung. Das HL kommt in etwa 60 Namen vor, wobei sich vor allem Namennester in Hohtenn, Niedergesteln und Steg herauskristallisieren. Das Simplex im Singular Liegja ‘ Aussichtsstelle ’ ist in Betten, Niederwald und Steinhaus bezeugt. Lüägju (Steg), Lüegja (Törbel), Lüegju (Niedergesteln), Lüogju (Oberems) und - historisch - in der Lu ᵕ ogien (1667, Unterbäch), in der Luegiun (1703, Raron) sind unumgelautete Formen. In Oberwald sind zwei Formen belegt: auf der Luegern (1718) und au ᵕ f der Lu ᵕ egenen (1824); unklar ist, ob die Form mit / r/ so ausgesprochen wurde; es ist, soweit erkennbar, die einzige. In Geschinen hat die SK Auf Lugen, das sonst nicht belegt ist. Ferden hat gar drei Formen: 1658 aúff der Lüeglen, 1832 Lu ᵕ ggien, 1850 Luogiun. Der Plural des Simplex ist als Liegje in Ried-Brig und Simplon belegt, als Lüogje in Bratsch (aber historisch mit mehrheitlich Singular-Belegen). Diminutive im Singular sind ts Liedji (Naters, laut historischen Belegen Liegia; vermutlich liegt beim lebenden Beleg eine Rückumbildung zu einem vermuteten *Lied ‘ Lied ’ vor), ts Lüegelti (Zermatt), ts Lüegji (Ausserberg) und ufum Lüögji (Zeneggen). Mit attributiven Adjektiven finden sich t Läz Liegja ‘ der schattseitige Teil der Aussichtsstelle ’ (Simplon) und an der Vndren Lu ͦ gÿon ‘ an der unteren Aussichtsstelle ’ (1497, Zermatt). Die übrigen Belege enthalten das HL meist in der Form Liegil oder Lüegil als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita. In einigen Fällen ist auch ein Diminutiv wie Lüegilti o. ä. vertreten. Die Grundwörter Lucen 147 148 <?page no="79"?> sind Bach, Biel, Bodu, Chi, Gassa, Egg(a), Hee (hooch, heej), Loch, Matta, Meiss, Räb-, Stei, Tschugge, Wäg, Wand und Wang. Einen Sonderfall bildet t Leilegga ‘ die Ecke bei der Aussichtsstelle ’ (Ried-Brig), historisch als Lüegel Egge belegt ist; es ist der einzige Fall mit der Tilgung des inlautenden / g/ ; es kann nur vermutet werden, dass die im Mhd. weit verbreitete Kontraktion / eg ǝ / zu / ei/ vorliegt (P AUL 25 2007, 137). Einen komplexen Fall bildet der historische Beleg von 1519 Beren Luog Tschuggen (Visperterminen), der wohl als ‘ Fels, von dem aus man Bären sehen kann ’ zu verstehen ist; andere Deutungen sind aber auch möglich. Eine Ableitung auf / - ERRA / für Wasserleitungen stellt t Lüegjerru ‘ die Wasserleitung von / zur Lüegju ’ (Hohtenn) dar, die auch mit Süe ‘ Suon ’ und Wasserleitu ‘ Wasserleitung ’ als Grundwörtern auftritt. Hierzu passt auch das historische Luoggÿrus ‘ die Wasserleitung von / zu der kleinen Aussichtsstelle ’ (1712, Oberems). Zu weiteren historischen Belegen vgl. HL L OEGYN . Luegeressi Luegeressi ist nur historisch in Leuk belegt, 1273 la luegeressi, 1346 en la luegeressi, 1524 en laz lugeressy. In allen drei Belegen ist ein Weinberg in diesem Gebiet genannt. Es handelt sich um eine Ableitung auf / - ARICIA / (vgl. T AGMANN 1946, 72 s. v. L OVERESCHI < *L UPARICIA ‘ der Ort, wo es Wölfe hatte ’ ; B OSSARD / C HAVAN 2006, 289). Das dazu gehörende Nomen ist in unserem Fall Lueg, dessen Auslaut nicht zu lupa ‘ Wölfin ’ passt; zwar kennt FEW (5, 482 s. v. lynx luchs) das Wort für das Tier aus dem Lateinisch-Griechischen, aber nur als Lehnwort. Dt. Luchs (FEW 16, 486) käme auch in Frage mit der mfrz. Form luche. Wir gehen davon aus, dass la luegeresse ‘ das Gebiet, in dem es Luchse / Wölfinnen gab ’ heisst, wobei wahrscheinlich auch das Wort für lupa ‘ Wölfin ’ eine Rolle spielt. Luf Luf ist nur 1766 in Zwischbergen als Sass de Luf ‘ der Wolfsstein ’ belegt. Luf ist dialektal als lupo ‘ Wolf ’ (LSI 3, 216 s. v. lüv; D EVOTO / O LI 2020, 1248 s. v. lupo) aufgeführt. Luft Luft ist nur in beim Lúfftkenel ‘ beim Kännel in der Luft ’ (1782, Mund) belegt. Es ist zu schwdt. Luft m. und wdt. Luft, Luftji f. hier ‘ Luftzug, -strömung, Wind ’ (I D . 3, 1157 ff.; G RICHTING 1998, 130) zu stellen. Vermutlich ist hier ein (Holz-)Kännel gemeint, der an senkrechten Felsen befestigt war. Lufu Lufu n. ist der ungedeutete Name einer Kleinsiedlung bei Niedergesteln. Belegt sind weiter ts Oberlufu (Niedergesteln) und das halb lateinische jn Jnferiori [unteren] Lufu ‘ im unteren Lufen ’ (1572, Niedergesteln). Als Komposita sind belegt t Lufualmei ‘ die Allmende bei (Ober-) Lufen ’ (Niedergesteln) und t Lufusüe ‘ die Wasserleite nach Lufen ’ (Niedergesteln). Historisch ist am Lúfen (1698 u. später, Eischoll), am obren Lúffen (1691, Eischoll) und t Lufusüe ‘ die Wasserleite nach Lufen ’ (Eischoll) belegt. Auch Raron kennt am Luffen (1741 u. später). Alle diese Belege betreffen das gleiche Gebiet auf der Nordseite des Rhonetales oberhalb von Niedergesteln, unterhalb von Eischoll. Isolierter sind zwei weitere Komposita: ts Luffu Stei (Törbel) und bis an den Luffonstein (1489, Mühlebach). Ob sie zum gleichen Lemma gehören, ist unklar. Die Deutung von Lufu ist sehr unsicher. Lautlich würde die alemannische Form des Präteritums des starken Verbums loufen ‘ laufen ’ (7. Ablautreihe) luffen lauten (P AUL 25 2007, 258), doch dürfte eine solche Form kaum für die Deutung in Frage kommen, trotz Lüff m ‘ in der Eile ’ (I D . 3, 1156), das entrundet zu Liff wird und für das Wallis belegt ist. I D . (2, 1254) kennt Luffenholz ‘ Art Balken oder Bretter, beim Häuserbau gebraucht ’ ohne weitere Angaben. Anders verhält es sich mit dem in Hérémence belegten louwa ‘ Wölfin ’ (FEW 5, 457 ff. s. v. l ŭ pus wolf), das hier überlebt haben könnte. Lufu wäre dann ein Ort, wo Wölfe lebten. Eine sichere Deutung kann jedoch nicht gegeben werden. Lugener Lugener ist nur belegt in der Lugenergrabe (Ulrichen) mit geschlossenem / u ̩ / . Auch wenn es sich um den FaN Luggen (AWWB 155; cf. HL L UGGEN (F A N)) handelt, wäre mindestens die Ortsangabe (in F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (2, 1134) nur für Ried-Brig und Termen belegt) sehr ungewöhnlich. AWWB (155) erwähnt aber eine nicht näher bekannte Familie in der Luggen, die hier eine Rolle spielen könnte. Die Deutung bleibt aber unsicher. Luggen (FaN) Luggen (FaN) ist ein FaN, der im AWWB auf de Lucca zurückgeführt wird, eine Familie am Brigerberg, die um 1520 aus Mailand eingewandert sein soll (AWWB 155). Vermutlich stammt aber der FaN eher von einem PN Ludwig. Belegt sind: der Lúggen Acker ‘ der Acker der Familie Luggen ’ (1793, Termen), an des Lúggen Bielti ‘ am kleinen Hügel der Familie Luggen ’ (1673, Ried-Brig), vnder Lugigo oder Eckertigo Haus ‘ unter dem Haus der Familie Luggen oder der Familie Eckert ’ (1742), ts Lü- 149 150 Luggen (FaN) <?page no="80"?> gisch Wildi ‘ das unfruchtbare Gebiet der Familie Luggen ’ (Bitsch); es könnte hier auch ein PN Lukas gemeint sein. Wieweit das HL L UGENER hierher zu stellen ist, bleibt unsicher. Luggien Luggien ist nur historisch belegt. In Unterems erscheint 1798 in der Luggien. In Steg ist 1834 die Rede von zu ᵕ r Lu ᵕ ggienmau ᵕ ren ‘ bis zur Luggienmauer ’ . Und in Bratsch ist 1740 auf der Lúggien=Wasserleüthen ‘ auf der Luggien- Wasserleitung ’ belegt. Alle drei Belege stammen aus verhochdeutschten Texten und gehen vermutlich auf das sonst belegte Lüegja - Liegja ‘ Aussichtsstelle ’ zurück (cf. HL L ÜEGE ), das in Bratsch und Steg belegt ist. In Unterems ist das Lemma jedoch isoliert, dürfte sich aber von den andern Gemeinden nicht unterscheiden. Lugi Lugi f. ‘ Lüge ’ kommt nur einmal vor in ts Lugibächi ‘ der kleine Bach, der täuschend wenig Wasser führt ’ (Oberwald). Das HL ist zu schwdt. und wdt. Lugi ‘ Lüge ’ (I D . 3, 1219; G RICHTING 1998, 130) zu stellen. Luig Luig ist nur 1769 in Leuk als Luigacher Wäglein ‘ der kleine Weg zum Lueg-Acher ’ belegt. Während Acher und Wäglein wohl Gegenstücke zu Acher ‘ Acker ’ und Wägji ‘ kleiner Weg ’ sind, ist Luig unklar. Vermutlich liegt aber das Nomen Lueg ‘ Name von aussichtsreichen Orten ’ (vgl. HL L ÜEGE ) oder Lüeg, Lüog ‘ Pflege ’ (I D . 3, 1221; G RICHTING 1998, 130) zu Grunde. Die Form Luig ist allerdings für diese Gegend seltsam. Dennoch ist weder ein frpr., noch gar ein bairisches Etymon gemeint. Lukas (PN) Lukas (PN) ist ein PN (I D . 3, 1253), der nur in der Form ts Lükasch Binnelti ‘ der kleine Pflanzplatz des Lukas ’ (Grengiols) belegt ist. Laut Gwp. hiess ein früherer Besitzer des Gutes so. Lumasch Lumasch ist belegt als der Lumásch (Zwischbergen; FLNK Lumaschg). J ORDAN (2006, 340) kennt Lumáschg. Auf LT heisst der Grenzberg P.[izzo] L ’ Omasca, auf 1: 10000 Lumaschg, auf SK P zo l ’ Omo (wohl verhört? ). Unklar ist nicht nur der Name, sondern auch das anlautende / l/ als agglutinierter Artikel. In der Kletter-Literatur erscheint der Gipfelname nach LT als Pizzo L ’ Omasca. O LIVIERI ( 2 1961; 1965) kennt weder Lumaschg, noch Omasca. Eine Deutung ist darum nicht möglich. Lunggi Lunggi n. ist in Turtmann als ts Lunggi, die gleiche Flur in Eischoll als Lunggi (SK; 1717 am Lungi) belegt. ts Lunggi (Ergisch) liegt an einem andern Ort, es heisst auch Unner Alber. Historisch ist belegt Lungÿweg (1694, Turtmann) und lebend Lunggiwassärleitu ‘ die Wasserleitung zum Lunggi ’ (FLNK, Turtmann). Die historischen Belege zu Lunggi sind 1607 in den Lungginen, 1653 jm Lunskin, 1677 jm Lunggÿn, 1684 vom Lungÿ, 1690 am Lunggÿ usw. Ausser dem wohl verschriebenen Beleg von 1653 entsprechen alle dem lebenden Lunggi. Am nächstliegenden ist entweder ein Diminutiv zu schwdt. Lungge f. ‘ Lunge ’ und wdt. Lunga, Lunggä (Goms), Lunga, Lunggu ‘ Lunge ’ (I D . 3, 1342; G RICHTING 1998, 130) oder ein Diminutiv zu Lung ‘ Achsnagel, Pflock ’ (siehe unten) anzunehmen. URNB (2, 615) kennt ein historisches Lungi (Realp) und sieht als Motiv für Lungen-Namen die Steilheit (Anstrengung beim Aufwärtsgehen) oder ev. auch die Form des jeweiligen Geländeabschnitts; die Autoren schliessen einen Pflanzennamen nicht aus. BENB (1, 3, 183., s. v. Lung(e)) ist differenzierter und sieht u. a. schwdt. Lung ‘ Achsnagel, Pflock ’ (I D . 3, 1296 s. v. Lunn, als Lung auch für das Wallis belegt), schwdt. Lungge(n) ‘ Lunge ’ oder einen Pflanzennamen mit Lun(g)e(n). Pflanzennamen dieses Typs sind in unseren Daten nicht belegt. Die Deutung der belegten Namen deutet eher auf eine Herkunft von Lunge her, verbunden mit der Anstrengung, dorthin zu gelangen. Luniung Luniung ist nur 1654 in Naters als die L ŭ ni ŭ ngmatta ‘ die Wiese des Luniung ’ belegt. Vermutlich handelt es sich um einen Besitzer, vgl. HL L ONION . Dort ist die Flur Brig zugeordnet, was aber vermutlich unzutreffend ist. Naters ist gemeint, das auch hier erscheint. Der PN ist sonst nicht belegt. Ein Nomen Union (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 942) ist hier kaum gegeben. Lüntschi Lüntschi ist als ts Lüntschi ‘ das kleine, längliche Grundstück ’ (Inden, Salgesch) und ts Lunntschi ‘ das kleine, längliche Grundstück ’ (Leuk, FLNK Lüntschi) belegt. Als Bestimmungswort kommt das HL nur in Lüntschicheer ‘ der Kehr (Strassenkehre) beim Lüntschi ’ (Inden, FLNK) vor. An allen drei Orten liegt die Flur nahe beim Ortskern. Historische Belege für das Simplex sind vor allem in Leuk und Salgesch gegeben. Leuk hat 1669 im Lúchtschi als Acker, 1677 und 1682 einen Garten im Lutschi, 1709 Luggien 151 152 <?page no="81"?> einen Garten und Weinberg jm Luntschi, 1717 ist wieder ein Garten im Luntschi belegt, 1733 ein Garten im Luschi, 1736 ein Weinberg im Lunzi und 1746 ein Weinberg im Fontanei vel [oder] Lunzi. In Salgesch ist 1730 ein Weinberg im Lunzi, 1767 ein Stück Wiese im Luntschi und 1795 ebenfalls eine Wiese im Lúntschi belegt. M ATHIER (2015, 32) gibt weitere historische Belege für Salgesch an: 1777 in Luschny (ohne Spezifikation), 1838 eine Wiese en Lutschy, 1845 im Lutschy anstossend an du Lutsche-Wasserleite und 1871 Lunschy Reben. Er führt Lüntschi in Salgesch auf lat. L Ŏ NGUS zurück und schildert den Flurnamen als Wasserleitung, die allerdings nur einmal erwähnt ist und wohl durch das gleichnamige Gebiet führte. Die heutige Form Lüntschi dürfte auf Grund der Palatalisierung eine Rundung des Vordervokals enthalten. Vermutlich ist das / n/ in älteren Belegen nur als nasaler Vokal wahrgenommen und deswegen nicht immer geschrieben worden. Dass lat. L Ŏ NGUS vorliegt, zeigen u. a. FEW (5, 406 ff.), M EYER (1914, 166) und T AGMANN (1946, 58); eine zu / u/ gehobene Form ist nach M ATHIER möglich und auch belegt (G ERSTER 1927, 48 für Montana). Dass die deutsche Form überall neutral erscheint, legt die Annahme nahe, dass auslautendes - TSCHI als Diminutiv verstanden wurde (vgl. SDS 3, 158 zum Diminutiv -(d/ t) schi). Ursprünglich scheint eher ein substantiviertes feminines Adjektiv zu Grunde zu liegen. Lüoji Lüoji ist nur belegt in t Lüojini und ze Lüojutschuggu (beide Staldenried). Z IMMERMANN (1968, 43 f.) kennt Lüoje für Staldenried und Törbel und stellt es zum Verb löje, liwe ‘ während oder nach der Arbeit ausruhen ’ (I D . 3, 1545). In unserer Datei weist Törbel Lüegja auf (cf. HL L ÜEGE ), ist also zu lüege ‘ schauen ’ zu stellen. Die Verbform liwe ‘ ausruhen ’ ist im unteren Deutschwallis zwar bekannt, für eine Form Lüoje müsste aber *L UOJE vorausgesetzt werden, was unwahrscheinlich ist. Im Fall von t Lüojini ist eher eine frühere Form Lüogjini anzusetzen ‘ die Orte mit schöner Aussicht ’ . Weniger klar ist ze Lüjotschuggu, aber auch hier nehmen wir eine ursprüngliche Form Lüogja an, die etwas mit der Aussicht zu tun hat (zu luege n ‘ sehen, schauen ’ (I D . 3, 1221)). Lurdes Lurdes ‘ Lourdes ’ ist nur einmal belegt in zum Lurdesstei ‘ beim Lourdes-Stein ’ (Saas Almagell). Ob sich dort eine Lourdes-Grotte oder eine Marienstatue befindet, ist unklar. Der Name Lourdes nimmt Bezug auf einen französischen Wallfahrtsort, wo 1858 Bernadette Soubirou Marien-Erscheinungen gesehen haben soll. Lurman (FaN) Lurman (FaN) ist nur 1527 in Ried-Mörel als Lurmans Acher ‘ der Acker der Familie Lurman ’ belegt. Der FaN Lurmann kommt nicht in den Wappenbüchern vor, ist aber im Register zu den HRBS als Lurman, Lurmann usw. mehrfach belegt. Lurtier Lurtier ‘ der Ort mit Nesseln ’ ist in Varen seit 1473 als en Lurtÿer belegt. Spätere Belege weichen etwas davon ab: 1491 eys de luères, 1559 de Lurtÿe (kurz zuvor en Lurtia), 1559 de Lurthier, 1559 gen Lurtier. Die letzten zwei Belege stammen aus einem Kopialbuch, sind also wohl jünger als die Jahrzahl angibt. Es handelt sich wohl um eine Ableitung auf / - ARIUM / zu lat. URTICA ‘ Brennessel ’ mit agglutiniertem Artikel l ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 80; FEW 14, 66 ff. s. v. Ŭ RT Ī CA nessel). Lurtingo (PN) Lurtingo (PN) ist nur belegt in apud Lurtingo Hùsser ‘ bei den Häusern der Leute des Lurto ’ (1342, Ernen). Es handelt sich wohl um einen schwachen Genitiv Plural einer kollektiven / - ING / -Ableitung zu einem PN Lurto oder ähnlich, der jedoch nicht belegt ist, auch nicht bei F ÖRSTEMANN . Lüs Lüs ist nur in ts Lüschrüt ‘ das Läuse-Kraut ’ (Täsch; auch 1: 10000 und FLNK Lüs Chrüt) belegt. Es ist zu schwdt. Lüszur Bezeichnung von Pflanzen, welche besonders gegen die Läuse der Haustiere angewendet werden (Sumpfläuskraut, Weisser Germer, Niesswurz, Läuserittersporn, Haarmoos, blauer Eisenhut) (I D . 3, 900; M ARZELL 1, 181 ff., 307ff, 3, 595 ff., 963 ff., 4, 1015 ff.; B ELLWALD 1956, 86) zu stellen. Genauer ist wohl P EDICULARIS VERTICILLATA ‘ Quirlblättriges Läusekrat ’ (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 934) gemeint. Lusane Lusane ist nur 1685 in Albinen als in Lusane belegt. Es handelt sich um ein Stück Wiese, das sich laut Dokument im Gebiet des heutigen Tschingere (1294 signieres) befand. Da ältere historische Belege fehlen, ist eine Deutung nicht möglich. Luscha Luscha f. ist 1500 in Fiesch als Freÿd Luscha und im gleichen Jahr als das Leng Luschilty belegt. Es handelt sich wohl um das im I D . (3, 1461 f.) belegte Lüsch in der Bedeutung 2 b) unter Gibel (I D . 2, 97) als ‘ winkelförmiger Einschnitt ’ , ‘ Heueinwurf ’ (V. S CHMID 2003, 128 s. v. Lisch). R ÜBEL (1950, 44) merkt in Fn. 5 an, dass er das Nomen nur 153 154 Luscha <?page no="82"?> in Zeneggen mit weiblichem Genus vorgefunden habe. Formal ist das Nomen entrundet, was um 1500 in der Schreibung noch kaum erscheint. Die beiden Belege meinen wohl ein winkelförmiges Stück Land; im zweiten Fall langgezogen im Diminutiv. Zu Freyd vgl. HL F REYD . Lüschei Lüschei f. ist als t Lüschei (Salgesch) belegt. Die ältesten Belege haben 1589 a Lusche, 1628 ÿs Lusches, 1644 Ey Luschey. M ATHIER (2015, 109 f.) hat 1644 Ey Loschey und Ey Luschey usw. Er führt den Namen auf lat. * LACUSCELLUS ‘ kleiner See ’ zurück und bezieht sich dabei u. a. auf T AGMANN (1946, 10). Laut SK mäandrierte der Rotten in diesem Gebiet; er konnte auch einen Tümpel hinterlassen haben. Das feminine Genus erscheint bei M ATHIER erstmals 1845 in die Luschey. Ob dabei lautlich die Endung Ey für ‘ Aue ’ eine Rolle spielte, ist unklar. Luss Luss m. ‘ Los ’ ist zu schwdt. Luss m. ‘ durch das Los bestimmter Anteil an Grund und Boden; Flächenmass (1/ 3 Juchart) ’ (I D . 3, 1455) zu stellen. BENB (1, 3, 187 - 193) weist auch auf Luus ‘ Laus ’ und Luuss ‘ Ausschau halten ’ hin; in unseren Daten wären diese Lemmata palatalisiert zu / üü/ ; sie kommen deswegen nicht in Frage. Als alternative Form ist Los, Pl. Leesser verbreiteter (cf. HL L OS ). Geografisch auffällig ist, dass fast alle Belege aus dem Bezirk Goms stammen. Ausserhalb des Goms sind nur die Belege t Lusse ‘ die durch das Los bestimmten Anteile an Grund und Boden ’ (Randa) und der Luss ‘ der durch das Los bestimmte Anteil an Grund und Boden ’ (Zwischbergen); J ORDAN (2006, 222 und 230) kennt den Bachnamen Luss und seine Umgebung; gleichnamiges Luss auf S. 294 befindet sich an einem andern Ort und ist ziemlich sicher Luss zuzuschreiben (was auch J ORDAN (2006, 230 und 294) angibt). Im Goms weit verbreitet ist das Simplex der Luss (Bellwald, Ernen, Fiesch, Fieschertal, Geschinen), nur Ulrichen kennt das Feminin t Luss (aber 1467 am Luss). Dazu passt, dass Blitzingen t Lussa kennt (aber 1366 in den Lusse). Diese feminine Form scheint eine Rückbildung aus dem Plural t Lusse zu sein, der in Ausserbinn, Binn, Biel, Obergesteln, Oberwald und Reckingen vorkommt; in Reckingen jedoch als Singular des Feminins interpretiert wird. Historische Belege Lussen (Plural) finden sich in Geschinen, Ritzingen und Selkingen. Münster hat 1411 den Plural in dien Lussun. Zwei verschiedene Diminutive sind ts Lussji (Blitzingen) und das Lussli (1766, Oberwald). Attributive Adjektive weisen auf: t Ännre Lusse ‘ die jenseits gelegenen Lose ’ (Binn), der Gros Lu ᵕ s (1795, Oberwald), im Oberen Lu ᵕ ss (1832, Geschinen), den u ᵕ ntren Lu ᵕ s (Geschinen), t Vodre Lusse (Binn). Wohl ein ursprünglicher Genitiv eines FaN oder ein Lokalname liegt vor in im Taffiner Lúss (Oberwald); ähnlich ist wohl auch der Beleg der Frowigen Luss (1472, Oberwald) zum FaN Frauen (AWWB 99) zu beurteilen. Als Grundwort kommt Luss vor in der Brúnnen Lús ‘ das durch das Los zugeteilte Gebiet mit Quellen / Brunnen ’ (1754, Obergesteln) und in den Brúnnen Lússen (1718, Oberwald), sowie ts Ginterlus ‘ das durch das Los zugeteilte Gebiet beim Weiler Gintrigen ’ (Obergesteln); ob das Genus Neutrum vorliegt, ist unklar; es könnte sich auch um die Präposition ze handeln. Als Bestimmungswort kommt Luss in Lusenschnitta (1532, Fiesch) und im Lúsboden (1754, Fieschertal) vor. Wohl anders zu erklären sind die folgenden Namen: In Varen ist 1587 juxta saxa dÿ Luss belegt; vermutlich liegt hier ein frpr. Wort für frz. lac ‘ See ’ vor (T AGMANN 1946, 10), zu übersetzen also etwa als ‘ Seefluh ’ . Die Form Lusi n. (St. Niklaus) dürfte eher zum Nomen L ū si ‘ (altertümliche) Lampe ’ (I D . 3, 1456) zu stellen sein; gemeint ist wohl die Form des Geländes (heute bewaldet). Sehr unklar ist der Beleg im Laúsacker (1820, Bürchen); es liegt kaum das Lemma hdt. Laus vor, sondern eher eine hyperkorrekte Schreibung von Lusacher. Hier könnte das Lemma Luss gemeint sein; da weitere Kontexte fehlen, lässt sich das nicht entscheiden. Lutschen (PN) Lutschen (PN) ist vermutlich ein Genitiv zu einem PN oder FaN wie Lutz, der im Verzeichnis der Personennamen des FGA in Brig mehrfach belegt ist. Lutschen kommt zweimal vor in Lutschen Húss ‘ das Haus des Lutz ’ (1555, Visperterminen) und in aúf Lútschen Eggen ‘ auf der Ecke des Lutz ’ (1685, Raron). Letzterer Beleg könnte identisch sein mit Fluggschunegga ‘ die Ecke der Familie Fluggsch ’ (Raron) (cf. HL F LUGGSCH ). Lutsunner Lutsunner, ist nur belegt in Mund als ts Lutsunner; die Betonung liegt auf der zweiten Silbe. Der Artikel ist entweder neutrales ts ‘ das ’ oder die Präposition ze ‘ zu, bei ’ . Der Ort wird als ‘ Schafweide ’ beschrieben und befindet sich auf rund 2600 m unter dem Hofathoru im Gredetschtal. Der Name lässt sich kaum deuten. Die nächstliegende Annahme ist, dass ein Nomen wie Weid ‘ Weide ’ oder ähnlich erspart wurde. Der Name wäre dann aus lutz + unner zusammengesetzt; Lutz (I D . 3, 1569 zu Ludwig) ist als PN nur in Lutschen (Visperterminen) (cf. HL L UTSCHEN (PN)) belegt; es könnte sich also um die ‘ untere Weide des Lutz ’ handeln, doch ist das unsicher. Lüschei 155 156 <?page no="83"?> Lutte Lutte f ist nur 1390 in Termen auf dem Rosswald als in der Lvtte belegt. Dort muss sich, laut Dokument, auch ein Haus befunden haben. Eine erneute Lesung ergibt Lotte. / u/ müsste eigentlich einen Akzent oder eine Kennzeichnung eines Diphthongs enthalten haben; beides fehlt. I D . (3, 1512) kennt eine Nebenform Lutte n ‘ Kotlache, sumpfige Stelle ’ für Zürcher Oberland und Weinland und führt es fragend auf it. loto, luto ‘ Schlamm, Kot ’ zurück. Es handelt sich um ein älteres italienisches Wort (D EVOTO / O LI 2020, 1239 s. v. loto, 1250 s. v. luto). Im Italienischen ist das Wort maskulin; der Genuswechsel bleibt unklar. G R W B (12, 1209) kennt Lotte f. primär aus dem Bergbau als Kanal oder Röhre, um der Grube Luft zum Atmen zuzuführen oder Wasser abzuleiten; weitere Deutungen kommen kaum in Frage; auch dieser Beleg aus dem Bergbau ist unsicher. Es ist aber möglich, dass es auf dem Rosswald im 14. Jahrhundert Bergbau gab (vgl. R ÜEGG ET AL . 2017, 69 - 81 mit späteren Zeugnissen). Lüübe Lüübe ist als in t Lüübe (Albinen) belegt; M ATHIEU (2006, 13) hat Lüübä / In d Lüübä. Die ältesten Belege zeigen en la Luua (1640), en la Louwa (1653), in die Luwa (1685) usw. Es handelt sich um ein romanisches Etymon, das wohl zu lat. L Ŭ PUS ‘ Wolf ’ zu stellen ist (FEW 5, 457s.), also ‘ bei den Wölfinnen ’ . Die Entwicklung von / w/ zu / b/ ist in Albinen gut belegt. Als Bestimmungswort kommt das HL in Lüübuwäg ‘ der Weg in die Lüübe (Wölfinnen) ’ vor (FLNK, Albinen). Lüüs Lüüs kommt in zwei Belegen als Bestimmungswort vor: t Lüüsegga (Törbel) und der Lüüstschuggo (Visperterminen), einmal auch in der Lötschentaler Lautung als Luisbiel (Blatten). I D . hat schwdt. L ū ss f. ‘ Lauer ’ , und l ū ss(e), l ū sse(n) ahd. l ū z ē n, mhd. l ū ssen ‘ lauern ’ (I D . 3, 1455). Die Deutung ‘ Lauer, lauern ’ setzt Jagd voraus, primär ist Lüüs aber wohl einfach als ‘ Ausschau ’ , ‘ Ausschau halten ’ zu verstehen: ‘ die Ecke, von der man Ausschau hält ’ , ‘ der Fels, von dem man Ausschau hält ’ , ‘ der Hügel, von dem man Ausschau hält ’ . Unklar ist der Lüüsett (Bellwald). Es könnte sich um eine / - ET / -Ableitung handeln (S ONDEREGGER 1958, 485 für maskuline Bildungen) mit der Deutung ‘ der Ort, von dem man Ausschau hält ’ . C. S CHMID (1969) erwähnt den Namen nicht. Lüüsga Lüüsga ‘ der Ort, an dem man auflauert ’ ist der Name einer Alpe in Naters. Der Name ist zum schwdt. lûsse n ‘ lauern ’ (I D . 3, 1455; G R W B 12, 363 s. v. lauszen) zu stellen. Es handelt sich um eine Nominalisierung zu einem in I D . nicht belegten lüüsge; hingegen ist schwdt. blinzge n (I D . 5, 126) und wdt. blinzge, blinzgä (Goms), blinzgu ‘ blinzeln ’ (G RICHTING 1998, 39) gut belegt. In Naters sind um den Namen der Alpe weiter belegt: Lüsgengrat ‘ der Grat oberhalb der Alpe Lüüsga ’ (SK, Naters), Lüsgersee ‘ der See auf der Alpe Lüüsga ’ (FLNK, Naters; 1: 10000 Lüsgasee) und Lüsgeru Scheenu Biel ‘ auf dem schönen Hügel der Leute von der Alpe Lüüsga ’ (FLNK, Naters; LT uf Lüsgeru Schenu Biel). In Glis ist der Lüüsgerwald ‘ der Wald beim Ort, wo man auflauert ’ (Glis; LT Lusgerwald ) belegt. Lüüter Lüüter ‘ lauter ’ wird als Adj. verwendet; es ist zu schwdt. l ū ter, wdt. lütter, lüttär (goms), luitr (Lötschtal), lüütär ‘ hell, klar, durchsichtig, durchscheinend ’ , von Grundstücken ‘ offen, nicht eingezäunt; freiliegend ’ , von Stellen im Gebirge, wo der Blick ungehindert in die Ferne und in die Tiefe geht ‘ schwindlig; beängstigend ’ , mhd. l ū ter (I D . 3, 1513 ff.; G RICHTING 1998, 130) zu stellen. Das Adjektiv wird in folgenden Konstruktionen verwendet: der Lüterbrunno ‘ die Quelle / der Brunnen mit lauterem Wasser ’ (Mund), der Lüüter Bodu ‘ der lautere (freiliegende) Boden ’ (Leukerbad), der Lüüter Cheer ‘ der lautere (helle) Kehr ’ (Blitzingen, Hohtenn) (gemeint ist eine Kurve mit weitem Ausblick), t Lüüter Flüo ‘ die lautere (freiliegende) Fluh ’ (Naters) (eine Fluh mit weiter Aussicht), der Lüüterwang ‘ der lautere (freiliegende) Grasabhang ’ (Naters, mehrfach). Die Bemerkung “ gefährlich ” beim Lüüterwang neben der Lüüter Flüo bezieht sich auf den Blick in die Tiefe, der beängstigend ist. Lux (PN) Lux (PN) ist nur 1607 als jn L ŭ x Boden ‘ im Boden des Lux ’ und 1655 ab ihrem Luxboden ‘ ab ihrem (d. h. ihnen gehörigen) Luxboden ’ (Binn) belegt. Lux ist eine Kurzform zum PN Lukas (I D . 3, 1254 f.) mit häufiger historischer Erwähnung von Lux. Lychen Lÿchen ist nur einmal als in den Lÿchen (1759, Bitsch) belegt. Aus dem Kontext und dem zusätzlich genannten die Lizÿ ‘ Schattenseite, Nordseite ’ (cf. HL L ITZI ) liesse sich am ehesten eine entrundete Form des Plurals zum HL L OCH , auch Luch ‘ Loch, Höhlung ’ (I D . 3, 1016 f.) annehmen, doch ist dieses HL im Plural sonst in der Form t Licher (Ferden) u. ä. vertreten. Eine sichere Deutung ist nicht möglich. Das Fremdwort Lichen ‘ Flechte ’ ist hier kaum gemeint. 157 158 Lychen <?page no="84"?> Lye Lye ist 1337 in Turtmann als zer Lye ‘ beim Ahorn ’ belegt. Oberems hat 1697 in den Lÿne, wobei M. S. auch Lÿen für möglich hält, also ‘ bei den Ahornen ’ . Beide Belege weisen deutsche Präpositionen auf. I D . (3, 1285) kennt dafür nur Lie n ‘ Spitzahorn (acer platanoides) ’ . L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 550) kennen die Pflanze für die ganze Schweiz, allerdings im Wallis nur selten, wo A CER CAMPESTRE und A CER PSEUDOPLATANUS häufiger sind. Ob allerdings die glarnerische Form Lie n hiefür herangezogen werden kann, bleibt unklar. Eventuell ist ein rom. lie (vermutlich zu leuga (kelt.) ‘ Meile ’ anzunehmen, oder gar ein lie, liez (S UTER , Noms de lieux de Suisse romande s. v. Liaisettes et al. zu glaise (Lehm, Ton)). Insgesamt bleiben die Namen unsicher. Lyebor Lyebor ist nur einmal 1333 in Albinen belegt als eys listes lyebor. Zu listes cf. HL L ISTES . lyebor wird von W. M ÜLLER (p. c.) als femininer Name interpretiert; Bor ist als PN Burga oder ähnlich zu verstehen. eys listes lyebor heisst dann ‘ das Bord der Burga ’ . Lyestinaschi Lyestinaschi ist nur 1269 als aqua (wohl: Bach) bezeichnet. Im gleichen Dokument wird auch Forcla de Conches (also wahrscheinlich: die Furka von Goms) genannt; das Dokument bezieht sich aber auf das ganze Wallis. Es ist bei G REMAUD (2, 139 f., Nr. 751) abgedruckt und enthält die Statuten, die vom Bischof und von den Bürgern von Sitten erlassen wurden. Auf S. 140 wird festgelegt, dass niemand als Gesellschafter von Händlern auftreten solle, von der Säule des Grossen St. Bernhard und von Octans (Ottans) aufwärts und vom Bach, der Lyestinaschi heisst, und von der Furka von Goms abwärts, noch irgendwoher aus dem Gebiet innerhalb der Herrschaft und dem Bezirk des Herrn Bischofs. Der Bach Lyestinaschi dient also hier der Abgrenzung des Herrschaftsgebietes des Bischofs. Wie J ORDAN (2006, 194) unter Gschtei ausführt, ist der it. Name dieses Ortes Lattinasca. Hier mündet die Laggina in die Doveria. J ORDAN (2006, 210 s. v. Laggiina) gibt die älteren Namen (Laquesson, Lagnesson) dieses Flusses, der “ die natürliche Grenze zur Lombardei ” gewesen sei. P H . K ALBERMATTER (p. c.) nimmt - auch deswegen - an, dass es sich bei Lyestinaschi um eine Verballhornung des älteren Bachnamens Laquesson handle. Wie diese Verballhornung zu Stande kam, entzieht sich unserer Kenntnis. Lye 159 160 <?page no="85"?> M Ma Ma ‘ Mann ’ m. ist zu schwdt. M ā n, M ā m., Dat. Sg. M ā ne, Pl. Männer, Menner, Manne n im Allgemeinen wie nhd. ‘ Mann ’ und wdt. Ma, Mangi (Goms) ‘ Mann ’ (I D . 4, 239 ff.; G RICHTING 1998, 131) zu stellen. Im Walliserdeutschen ist der Vokal kurz, darum das HL M A . Das schliessende / n/ erscheint in Diminutiven und (teilweise) obliquen Formen. Das Simplex Singular kommt nur im Diminutiv mim Mandji ‘ beim kleinen Steinmann ’ (Zwischbergen), ts Männli ‘ der kleine Steinmann ’ (Ulrichen) vor. Die Verwendung ist eine Kurzform ohne Stei n , das sonst gesetzt wird. Der Diminutiv Plural t Mandlini ‘ die kleinen Männer (die wie Steinmänner aussehen) ’ (Kippel) und t Männlini ‘ die stufenartigen kleinen Ebenen ’ (Steinhaus) erinnert an die Steinmännchen. Mit einem attributiven Adjektiv finden sich der Rot Ma ‘ der rote Mann (Fels, der einem Mann gleicht) ’ (Oberems) und - mit Zahlwort - bine Dri Mannlini ‘ bei den drei kleinen Steinmännern ’ (Gluringen) und ze Dri Manlini ‘ bei den drei kleinen Steinmännern ’ (Biel). Als Grundwort ist das HL in zweigliedrigen Komposita wie folgt belegt: ts Gattunmandli ‘ der kleine Mann (Fels) auf der Alpe Gattun ’ (Kippel), dr Läderma ‘ der Ledermann (Alpweide mit dunklen Felspartien) ’ (Fieschertal, wohl metaphorisch, kaum in der Bedeutung ‘ Lederstück an der Peitschenschlinge ’ (I D . 3, 725 mit Verweis auf 4, 267)), Spilman ‘ der Spielmann(acker) (unklar) ’ (1320, Ried-Brig, kaum FaN (beim Register HRBS ist aber ein Spillmann aus Zug erwähnt), eher ‘ Musikant, Schauspieler ’ , vgl. I D . 4, 279), zem Steimandli ‘ beim kleinen Steinmann ’ (Fiesch), Steimannjini ‘ die kleinen Steinmänner ’ (FLNK, Unterbäch), zem Steinmandli ‘ beim kleinen Steinmann ’ (Blatten). Das Steinmannli n. ist ein ‘ pyramidenförmig geschichteter Steinhaufen, der als Wegweiser auf den Schneefeldern der Alpenpässe dient ’ , Syn. Steinhirt, und es wurde ‘ als Zeichen der Besteigung einer Bergspitze von Bergsteigern, Touristen errichtet ’ (I D . 4, 280; I D . 2, 1649). In einigen Fällen kann auch eine Felsformation so heissen. Nicht verzeichnet sind hier FaN mit dem Grundwort Mann wie Achermann (FaN) und viele weitere. Komplexer ist ts Oigschtchummunmandli ‘ der kleine Steinmann in der Oigschtchumma (Mulde, die erst im August bestossen wird) ’ (Blatten, FLNK Oigschtchummunmandlin). Als Bestimmungswort kommt das HL vor allem im Typ Mamatt ‘ Mann-Mahd ’ vor. Es ist aus der Verkürzung des Wortes Mann und dem Grundwort Matt entstanden und bezeichnet eine Wiesenfläche, die ein Mann an einem Tag zu mähen vermag, dies sind im Wallis je nach Gelände 800 bis 900 Klafter (I D . 4, 73 f.; J ULEN ET AL . 1995, 233). Belegt sind jm Mamadt ‘ in der Mähwiese, die ein Mann in einem Tag mähen kann ’ (1653, St. Niklaus) und weitere fünf historische Belege, lebend ts Mamatt ‘ die Mähwiese, die ein Mann in einem Tag mähen kann ’ (Ausserberg, Zermatt). Nur einmal belegt ist jm Momat (1731, Brigerbad). Komplexer ist im Halb Mamatt ‘ in der Mähwiese, die ein Mann in einem halben Tag mähen kann ’ (1652 u. später, Guttet) und weitere fünf historisch belegte Gemeinden. Mit einem Adjektiv erscheint Affter Manmad ‘ die hintere Mähwiese, die ein Mann an einem Tag mähen kann ’ (1443, Zermatt). Vorangestellte Genitive zeigen jn Arnoldtz Jodrenn Mamatt ‘ in der Mähwiese des Joder Arnold, die ein Mann an einem Tag mähen kann ’ (1580, St. Niklaus), des Sippisch Momat ‘ die Mähwiese des Sippi / der Familie Sippen, die ein Mann an einem Tag mähen kann ’ (1761, Simplon), Struben Manmatt ‘ die Mähwiese der Familie Struben, die ein Mann an einem Tag mähen kann ’ (1495, Zermatt). Weiter tritt das HL mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita auf: Acher, Bodu, Horu und Lee. Letzteres ist in I D . (3, 1238) als Mann(s)lehen n. mit der Bedeutung ‘ nur im Mannsstamm vererbliches Lehen ’ verzeichnet; C ARLEN (1967, 31) sagt, dass im Goms mit freies Mannlehen ein Lehen gegen eine Dienstleistung, nicht gegen Jahreszins gemeint war. Komplexere Konstruktionen sind der Mannliboderigg ‘ der Rücken oberhalb des Mannliboden (Boden mit Steinmann) ’ (Reckingen), Mannlibodenrügg ‘ der Rücken oberhalb des Mannliboden (Boden, wo ein Steinmann stand) ’ (SK, Ritzingen), die beiden Namen kennzeichen den gleichen Felsrücken, und das Drei=Männlein=Bord ‘ das Bord (Abhang, Böschung) mit drei Steinmännern ’ (1596, Ulrichen), Drimännelibode ‘ der Boden oberhalb des Drimännelibord (Bord, wo drei Steinmänner standen) ’ (Obergesteln) und ts Drimännelibord ‘ das Bord (Abhang, Böschung), wo sich drei Steinmänner befanden ’ (Obergesteln). In einer weiteren Reihe von Belegen tritt das HL im vorangestellten Genitiv auf: Mandlischfurggu ‘ die Furgga (Pass) des Mandli (kleiner Mann, daneben Mannlihorn (auf LT Schwarzhorn)) ’ (Ferden), ts Manndjisch Matt ‘ die 161 162 Ma <?page no="86"?> Mähweise des kleinen Mannes (auch PN zu Hermann oder ähnlich`? ) ’ (Eggerberg), ts Mannotoli ‘ die kleine Mulde für die Mannen ’ (Ausserberg, laut Gwp. eine Schafweide im Baltschiedertal), zer Manstreichi ‘ bei der Tränke des Manz (PN) / des Mannes (? ) ’ (Kippel, unklar ob PN oder Genitiv von Ma), Mannuland ‘ das Land der Mannen ’ (FLNK, Embd; 1540 der Manno Land), die Manseggen ‘ die Ecke des Mannes ’ (1554 u. später, Visp; 1394 die Menschecca, wohl ein Adjektiv zu ahd. mennisk ‘ menschlich, männlich ’ ), Komplexere Genitive sind ts Chleinu Masch Weri ‘ des kleinen Mannes Wehrmauer (unklar, wer mit kleiner Mann gemeint ist; die Wehrmauer befindet sich am Glishorn; der “ Grossgraben ” heisst auf der Karte “ Holzgraben ” ) ’ (Glis), des Richen Mans Waldt ‘ der Wald des reichen Mannes ’ (1731, Zeneggen), Spilmansmattun ‘ die Matte des Spielmanns (Musikant) ’ (1310, Visperterminen), ts Spillmasch Brunn ‘ die Quelle / der Brunnen des Spielmanns (Musikant) ’ (Blatten), sowie eine Reihe von Genitiven des Typs Hauptmann, wo es sich um einen politischen Amtsträger, im Militär den Führer einer Kompanie oder einfach einen FaN handeln kann: in Haubt Mansacker ‘ im Acker des Hauptmanns / der Familie Hauptmann ’ (1703, Ried-Brig), des Haubtmanns Eggen ‘ die Ecke des Hauptmanns / der Familie Hauptmann ’ (1668, Brig), ts Höüpmasch Bodu ‘ des Hauptmanns Boden ’ (Stalden), ts Höüpmaschtäfuti ‘ der kleine Stafel des Hauptmanns / der Familie Hauptmann ’ (Fieschertal; falls Genitiv ist eine Assimilation der Endung anzunehmen), Höüpmesch Wang ‘ der Grasabhang des Hauptmanns / der Familie Hauptmann ’ (Binn), ohne Genitiv ist wohl bi Höüpmatisch ‘ beim Tisch des Hauptmanns (wohl metaphorisch: Felsplatte) ’ (Mund) zu analysieren. Ebenfalls mehrfach kommt der Typ Ofuma ‘ Ofenmann ’ vor: Ofumannjisch Loch ‘ die Höhle des kleinen Ofenmannes (der dort die Giltsteine holt) ’ (FLNK, Selkingen), des Ofenmansgraben ‘ der Graben des Ofenmannes (Gebiet, wo der Ofensetzer Ofensteine holte) ’ (1774, Naters), ohne Genitiv schliesslich ts Ofemannjiloch ‘ das Loch (Höhle) des kleinen Ofenmannes (der dort die Giltsteine holt) ’ (Blitzingen). Die wohl zum HL M A (genauer Mann-lîch ‘ das Bild des Menschen ’ ) zu stellenden Mälig, Mannlich, Aliich sind unter den HLL M ÄLIG und A LIICHJI gedeutet. Unklar ist Manschaal (FLNK, Erschmatt). Ob hier überhaupt ein Kompositum mit dem HL Ma vorliegt, ist unklar; darum wird das HL M ANSCHAAL gesondert behandelt. Mää Mää ist zum Verb schwdt. mä(i)je n , m ē (i)je n , maihe n , määhe n , määe n , wie nhd. ‘ mähen ’ , ahd. m ā jan, mhd. määjen, im Unterschied zu ‘ grasen ’ und wdt. määje, määjä (Goms), määju (Zermatt), meejen (Lötschtal), meeju ‘ mähen ’ (I D . 4, 135 f.; G RICHTING 1998, 131) zu stellen. Belegt ist es als t Määmatta ‘ die Mäh-Wiese (Wiese, die gemäht wurde) ’ (Baltschieder), Mee-Matta ‘ die Wiese, die gemäht wurde ’ (EK, Mund) und t Ubermäleesser ‘ die jenseits liegenden durch das Los zugeteilten Stücke Land, die gemäht wurden ’ (Gampel). Maader Maader m. ‘ Marder ’ ist zu wdt. Maader m., Maarder m., Maadri n., ahd. mardar, allgemein wie nhd. ‘ Marder ’ (G RICHTING 1998, 131; I D . 4, 395; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 601) zu stellen. Laut Gewährspersonen hatte die Familie Jossen in Mund den Beinamen t Maadrini. Mader kommt im Wallis auch als FaN vor (G REMAUD VS, 8, 402), allerdings für das untere Wallis (erwähnt ist Hérens). Das Simplex erscheint als ts Maader ‘ das Gebiet mit Mardern ’ (Ergisch). In ts Madrisch Drieschta ‘ das unfruchtbare Gebiet der Familie Jossen mit dem Beinamen t Maadrini ’ (Mund) erscheint ein starker Genitiv. In allen anderen Fällen ist Maader Bestimmungswort zu den Grundwörtern Bodu, Falle, Hüs, Schleif und Weid. In Einzelfall lässt sich nicht immer entscheiden, ob das Tier oder ein FaN gemeint ist. Maal Maal n. ist als Flurname zu schwdt. M ā l n., ‘ Mal, Zeichen, Merkmal, Grenzmal ’ (I D . 4, 143; BENB 1, 3, 214) zu stellen; die Bedeutung ‘ Mahlzeit ’ oder ähnlich liegt kaum vor. G RICHTING (1998, 131) kennt nur Maalin (Lötschtal), Mali als ‘ Zeichnung ’ ; das von ihm ebenfalls erwähnte Maal, Meeli ‘ Mahl, Speise ’ (G RICHTING 1998, 131) spielt, wie erwähnt, kaum eine Rolle. Das Simplex ist im Singular nur historisch als im Mall ‘ beim Grenzzeichen ’ (1663 u. später, Bürchen; 1687 u. später, Zeneggen; in beiden auch Maal) belegt. Das Grundwort kommt zunächst im Typ Denkmal vor: bim Denkmal ‘ beim Denkmal (der Schlacht von Ulrichen) ’ (Obergesteln), bim Denkmal ‘ beim Denkmal (an vier verunglückte Soldaten) ’ (Grengiols), ts Dänkmaal ‘ das Denkmal (an die Schlacht bei Pfyn) ’ (Leuk), auf LT Pfyndenkmal, FLNK Pfydänkmal ‘ das Denkmal an die Schlacht bei Pfyn ’ (Leuk), bim Schawedenkmal ‘ bei Denkmal für den Flieger G. Chavez (1887 - 1910) ’ (Ried-Brig). Mit vorangestelltem Genitiv ts Tindelsch Denkmal ‘ das Denkmal für Tyndall (John Tyndall (1820 - 1893), irischer Physiker und Alpinist) ’ (Naters) (cf. HL D ENK -). Vermutlich der Familienname Theiler liegt in ts Ober und ts Under Teilärmaal ‘ das obere und das untere Grenzzeichen der Familie Theiler ’ (Ferden) vor. Allerdings ist die Familie im Lötschental sonst nicht erwähnt, Mää 163 164 <?page no="87"?> sodass auch das Merkzeichen einer Aufteilung gemeint sein kann. Unsicher ist ts (e)Rittmaal (Eisten, Saas-Balen) mit ts Ober (e)Rittmaal (Eisten), Unner Rittmaal (FLNK, Saas-Balen), Rittmalschleif (FLNK, Saas-Balen), ts Rittmaalsch Brunnu ‘ die Quelle / der Brunnen im Gebiet Rittmal ’ (Saas-Balen). BENB (1, 3, 214) kennt den Namen für Saanen, gibt aber keine Deutung von Ritt. Da Saanen nicht im Entrundungsgebiet liegt (vgl. SDS 1, 55 s. v.), liegt kaum Rigg ‘ Rücken ’ vor. Darum ist das in Unterbäch belegte ts (e)Riggmaal (Unterbäch) und Riggmalwald (FLNK, Unterbäch) kaum zu Rigg, sondern wohl auch zu Ritt ‘ Erdrutschgebiet ’ zu stellen (vgl. HL R ITT ); die Form Rigg kann als ‘ falsche ’ Wiederherstellung eines assimilierten Rippmaal (< Rittmaal) oder als volksetymologische Umdeutung verstanden werden. Im Allgemeinen heisst Rittmal dann einfach ‘ das Zeichen eines Erdrutsches ’ und nicht die in Saas-Balen erwähnte Sage von drei Rittern, die hier ein <Mahl> gehalten hätten. Maalesse Maalesse ‘ das Sumpfgebiet ’ ist nur als t Maalesse (Varen) belegt. Die Beschreibung sagt, es handle sich um einen teilweise überbauten Garten. Der Registerbelegt gibt Maressen an. Letzteres würde zum frz. marais ‘ Morast, Sumpf ’ passen, das laut FEW (15, 519 ff. s. v. marisk (anfrk.) sumpf) zu einem ursprünglich germanischen Wort zu stellen ist. Der Wechsel von / r/ zu / l/ (Liquidenwechsel) ist möglich, aber nur über das Register dokumentiert. B OSSARD / C HAVAN (2006, 74) verweisen s. v. Marais darauf; in Varen liegt wohl ein Plural vor. Das bei B OSSARD / C HAVAN (2006, 134) erwähnte Malessert kommt kaum in Frage, da dort alle Belege ein auslautendes / r/ enthalten. Maarful Maarful m., ist zu schwdt. Marfel m. ‘ Marmor ’ und ‘ kleine (Glas)kugel zum Spielen, Marbel ’ , mhd. *marwel, sowie wdt. Maarfl m. Varianten ‘ Murmel, Kügelchen ’ (I D . 4, 399; G RICHTING 1998, 131) zu stellen. Belegt ist als Kollektivum ts Maarfi ‘ das Gebiet mit kugelförmigen Hügeln ’ (Bellwald; LT und FLNK Marfi). Als Bestimmungswort findet das HL sich in ts Maarfulbodi ‘ der kleine Boden, wo man mit Murmeln spielen kann ’ (Zwischbergen) und im historisch belegten zu ᵕ m Marfillenstein ‘ zum Marmelstein (Stein aus Marmor) ’ (1642, Zwischbergen), sowie Marfulplatzji ‘ der kleine Platz, wo man mit Murmeln spielen kann ’ (Birgisch). Maarisse Maarisse pl. ist die lebende Form; sie kommt in Leukerbad als t Obri und t Undri Marisse vor; R. G RICHTING (1993, Blatt 9, Nr. 19 und Blatt 10, Nr. 34) kennt die Namen. Das Gebiet ist heute überbaut, daneben befinden sich aber klar erkennbare Sumpfgebiete. Die historischen Belege in Mareschjis (1610) und v Maresse (1680) verweisen auf frpr. Herkunft. Zu stellen ist das HL zu afrpr. *maré > le mares > les mares, les maret ‘ sumpfiges Land ’ , Pl. Maarisse aus afrz. maresche oder maresse ‘ Sumpf ’ (M URET , Bulletin G PSR 1912, 3, 53 und 69). Der Name kommt als Appellativ im Wallis weiterhin vor, in der Region Leuk hat er vor seiner Übernahme ins Alemannische den für das romanische Wallis typischen Lautwandel / -sc-/ > / *-st š -/ > / -s-/ mitgemacht. Neben den Flurnamen in Leukerbad sind als Simplizia belegt: t Mare ‘ die Sumpfgebiete ’ (Salgesch; T AGMANN Ms. 64 - 66; M ATHIER 2015, 104 s. v. Marä, mit teilweise anderen historischen Belegen), historisch seit 1281 es Mares (Leuk, später auch andere Formen), 1337 eys Maresches (Leuk), Marässe (FLNK, Varen). Lebend kommt es vor in t Marina ‘ in den Sumpfgebieten ’ (Albinen, M ATHIEU 2006, 38 f.); die Betonung auf der ersten Silbe zeigt, dass es sich um einen Plural zum Singular t Mare handelt. Ein nachgestelltes Nomen mit Präposition de zeigt in Marechjis de Finioz ‘ in den Sumpfgebieten von Pfyn ’ (1563, Leuk). Nachgestelltes HL mit Präposition dagegen haben v Clou dÿ Marest ‘ im umzäunten Gebiet mit Sumpf ’ (1681, Salgesch) und in Pede dou Mares ‘ am Fuss des Sumpfgebietes ’ (1353 u. später, Salgesch). Als Bestimmungswort findet sich das HL in Marenweg ‘ der Weg von / zu den Maren (Sumpfgebiet) ’ (1660, Leuk), der Marigrabu ‘ der Graben beim Sumpfgebiet ’ (Salgesch; M ATHIER 2015, 104 kennt den Namen). Insgesamt ist nicht immer sicher, ob der Flurname tatsächlich zum HL gehört. HL M AALESSE ist mit dem HL verwandt. Määrjela Määrjela f. ist zu zwei verschiedenen Quellen zu stellen. Unproblematisch ist der Beleg Zantmärjelebieu ‘ der Hügel der Heiligen Maria ’ (Binn, SK Marienbiel, LT Zantmärjelebiel, FLNK Santmärielebiel), wo der PN Maria als Märjele erscheint. Schwieriger ist der Flurname Määrjela. Es gibt in Betten, Fieschertal und Lax drei verschiedene Orte, die Määrjela heissen; dazu kommt historisch Martisberg, wo 1736 Märielen und 1747 die Meriela belegt sind. Für Fieschertal gibt es früheste Beleg von 1510 jm Mergilan, 1593 die ku ͦ len Ma ᵉ rgilen, 16? ? , Merielen; ein Beleg von 1595 betrifft eine Wasserleitung, die schon 1592 als die Ma ᵉ rgill Wasserleitten, 1689 die Meriell Wasserleÿtten (Fieschertal) erscheint. Fraglich ist, ob das / g/ in den frühesten Belegen eine blosse Schreibvariante ist (inlautendes / j/ wird im Alemannischen häufig als / g/ ge- 165 166 Määrjela <?page no="88"?> schrieben (P AUL 25 2207, 40)), oder ob es als ursprünglich anzusetzen ist. Letzteres nimmt G UEX (1976, 63) an, der laut B OSSARD / C HAVAN (2006, 63 s. v. Murgier) Määrjela auf frpr. murgère < lat. MURICARIUM ‘ tas de pierres ’ zurückführt. Dagegen gibt es zwei Einwände: zum einen ist die Gegend im östlichen Oberwallis kaum direkt mit den späteren frpr. Patois im Kontakt gewesen; zum andern haben schon die frühesten Belege klarerweise ein / e/ oder / ä/ ; vor allem das überoffene / ä/ , das heute in allen Namen vorhanden ist, lässt sich nur schwer aus dem vorgeschlagenen Etymon erklären. Die Form des Namens findet sich seltsamerweise als Peter-Märje(la)n (I D . 4, 356) in der Bedeutung ‘ Trompete blasen, spec. am Feste des hl. Valentin ’ mit dem Hinweis, es handle sich um eine Neckerei auf die Bewohner des Goms. Zurückgeführt wird der Name auf den PN Maria. Trotz der lautlichen Ähnlichkeit scheint aber diese Deutung eher unwahrscheinlich zu sein. Ob es sich um eine Ableitung zum HL M ÄÄRE ‘ Mähre, Stute ’ handelt, ist unklar. In Frage käme ein Diminutiv vom Typ ‘ das Füllen ’ und Määrjela wäre dann etwa ‘ die Füllen-Weide ’ . Diese Deutung ist jedoch sehr spekulativ, weswegen wir Määrjela nicht zum HL M ÄÄRA stellen. Dennoch liegt hier die nächstliegende Deutung vor. Neben den Simplizia und der Wasserleitung sind belegt: Märjelesee ‘ der See bei der Märjela ’ (Fieschertal), der Märjelewang ‘ der Grasabhang bei der Märjela ’ (Fieschertal), Märjelewäg ‘ der Weg von / zur Määrjela ’ (FLNK, Betten) und Märjeluwäg ‘ der Weg von / zur Märjela ’ (Ried-Mörel). Auf der heutigen LT sind neu die Namen Märjelenseen und Märjelen-Stausee (Fieschertal; früher Vordersee) vertreten. Maartig (FaN) Maartig (FaN) ist zum FaN Martig (AWWB 161) zu stellen. Das HL kommt vor als starker vorangestellter Genitiv Singular in ts Martigsch Acher ‘ der Acker der Familie Martig ’ (Eggerberg) und als schwacher Genitiv Plural: z Martigo Haúss ‘ das Haus der Familie Martig ’ (1615, Ausserberg), in Martigo Ledi ‘ am Ladeplatz der Familie Martig ’ (1725, Ried-Brig) und in Martigo Wald ‘ der Wald der Familie Martig ’ (Glis) im Genitiv Plural. Die übrigen Belege sind Komposita mit Maartig als Bestimmungswort: der Maartigwald ‘ der Wald der Familie Martig ’ (Eggerberg, Eyholz) und t Maartigweidu ‘ die Weiden der Familie Martig ’ (Gampel). Nur Maartisch ist in ts Maartisch Land ‘ das Land des Martins / der Familie Martin ’ belegt; der historische Beleg von 1785 hat Martigs Landt. Und der Beleg von 1785 hat an Martig Land Rúss ‘ an der Wasserfuhr beim Land der Familie Martig ’ (1785, Eggerberg). Maartin (PN) Maartin (PN), auch Maarti ist zum Taufnamen Martin oder zu FaN Marti, Marty, im romanischen Wallis Martin (AWWB 161) zu stellen. In einigen Fällen ist auch der Heilige Martin gemeint. Der FaN Martig (AWWB 161) ist wohl eine kollektive / - IG / -Ableitung zu Maartin, doch ist ihr ein eigenes HL zugewiesen worden. Da auslautendes / n/ (ausser im Lötschental) getilgt wird, erscheint die Form häufig als Maarti. Romanische Namen können auch Marting aufweisen. In lat. Texten wird Martini im Genitiv Singular gebraucht. Das Simplex Martin ist nur 1566 in Mund als jm Martin ‘ im Gut des Martin / der Familie Marti(n) ’ belegt. Vermutlich gehört aber auch Marting ‘ das Gut des Martin / der Familie Martin ’ (Zwischbergen) hierzu. Ein Genitiv des Singulars ist in Martis ‘ im Gut des Martin ’ (1691, Turtmann) belegt. Unklar ist der Plural t Marte (Inden), das u. U. auch zu frz. marteau ‘ Hammer ’ (FEW 6, 1, 308 s. v. marc ŭ lus hammer) gestellt werden könnte; da historische Belege fehlen, bleibt das Spekulation. Der Plural t Maartine ‘ die Gebiete des Martin / der Familie Martin ’ (Baltschieder) gehört hieher, wie auch Martinon ‘ die Alpe des Martin / der Familie Martin ’ (1424, Eggerberg). Vorangestellte Genitive vom Typ Martis oder Martisch sind häufig: Maartischegga (Wiler), Maartischeiu (Turtmann), Maartischerb (Ergisch), Maartischgrabem (Ferden), Martins Brúnnen (1860, Steg), z Martins Mettiltin (1570, Lalden), ts Maartisch Arsch (Binn), ts Martisch Bach (Visperterminen), ts Martischbiäl (Kippel), ts Martischbiel (Ried-Mörel), ts Martischbrunnu (Betten), ts Martisch Chumma (Simplon), t Martischegga (Bister, Grengiols), d Martisch Erb (1682, Turtmann), ts Martisch Hitta (Lax), ts Martisch Land (Eggerberg), in Martischmatten (1676, Binn), ts Martisch Matte (Grengiols), Martischpletschu (FLNK, Hohtenn), ts Martisch Wasu (Betten), in Martis Feldt (1722, Ernen), Martiswald (1298 u. später, Saastal; 1527, Stalden; 1309, Eisten). Der Gemeindename Martischbärg (Martisberg) versammelt ein Namennest um sich: in alpe illorum de Martis ‘ auf der Alpe derer von Martisberg ’ (1648, Martisberg), Martisbergeralp, Martisbergero Ort, Martissberger Wasserleütten ‘ die Wasserleitung von Martisberg ’ , t Martischbärgeri ‘ die Wasserleitung von Martisberg ’ (Fiesch), Martisbergeren ‘ die Wasserleitung von Martisberg ’ (1580, Lax). Einen Genitiv Plural der kollektiven / - IG / -Ableitung hat zuo Martingo Milin ‘ bei der Mühle der Familie Martin ’ (1525, Baltschieder). Der FaN ohne Genitiv ist selten: dr Martibiäl ‘ der Hügel des Martin ’ (Ferden), Martibiel ‘ der Hügel des Martin ’ (Kippel), t Maartischipfa ‘ der Unterschlupf bei der Alpe des Martin ’ (Baltschieder). Maartig (FaN) 167 168 <?page no="89"?> Komplexer sind Amman Martis-Boden ‘ der Boden des Ammanns Marti ’ (1780, Biel), ts Martilaggersch Balma ‘ der überhängende Fels des Martin Lagger ’ (Naters), t Maartibiälsiänä ‘ die Wasserleitungen, die vom Hügel des Martin her führen ’ (Ferden). Bei den ursprünglich romanischen Namen ist der PN nachgestellt: lo bez domini Martini ‘ die Wasserleitung des Herrn Martin ’ (1353, Salgesch), t Bismerting ‘ die Wasserleitung des Herrn Martin ’ (Salgesch), ov clous Martin ‘ das eingefriedete Gut des Martin ’ (1440 u. später, Varen), en laz combaz Martyn ‘ in den Mulden des Martin ’ (1544 u. später, Varen), später Gomarting (Varen), in t Glümarte ‘ das eingefriedete Gut des Martin ’ (Salgesch, vgl. auch M ATHIER (2015, 108) zu Glümarting), ov lomarting ‘ beim Gut des Martin ’ (1579, Salgesch), wobei lo wohl ein Artikel ist, der als solcher nicht mehr erkannt wurde. Eine Ableitung auf / - IÈRE / (< lat. ARIA ) enthält t Martiniere ‘ das Gut des Martin ’ (Salgesch, vgl. auch M ATHIER (20015, 119)) und in d ’ Martiniere (1707, Varen) mit gleicher Bedeutung. Die Belege den Heiligen Martin betreffend sind: Sanct Martini Platz ‘ der Platz vor der Kirche des Hl. Martin ’ (Visp), jm Zanemartiÿ ‘ beim Heiligen Martin ’ (1829, Salgesch), Zanmaartisch Bletschu ‘ die Ebene des Hl. Martin ’ (Steg), Zant Maartisch Brunnu ‘ die Quelle / der Brunnen des Hl. Martin ’ (Leuk) und Zant Martisch Brunne ‘ die Quelle / der Brunnen des Hl. Martin ’ (Oberwald). Soweit Heiligtümer nicht belegt sind, spielen wohl ältere Bildstöcke eine Rolle. Im Fall von Zanmaartisch Bletschu liegt wohl eine fromme Überlieferung für das heutige Martischpletschu (FLNK, Hohtenn) (G. I MBODEN , p. c.) vor. Määrwig Määrwig ‘ mürbes Gestein ’ m. ist als Gipfelname (Wiler) Zentrum eines Namennestes mit Määrwiggletscher, Määrwiggrat, Määrwiglicka und Määrwiglift (Skilift); LT kennt Märwig als Ausgangspunkt des Skiliftes. Auf bernischer Seite ist ein Märbegg belegt (BENB 1, 3, 225 f. s. v. Märb). Die Wiler Form scheint eine maskuline / - IG / - Ableitung zum Adj. schwdt. marw, ahd. marawi, mhd. mar(-wes) ‘ mürbe, zart, fein, weich ’ , wdt. määrw, määrb ‘ weich, frisch ’ (G RICHTING 1998, 132) zu sein; in FlN im übertragenen Sinn für die Beschaffenheit des Gesteins (I D . 4, 430; H UBSCHMIED 1940, 40) gebraucht. Die Berner Form Märbegg f. ist dagegen ein Kompositum mit dem Grundwort Egg. Ob eine der beiden Formen als Grundlage für die andere dient, ist unklar, doch spricht das unterschiedliche Genus dagegen (s. auch BENB 1, 3, 226). Mabiljong (FaN) Mabiljong (FaN) ist in Albinen als Mabiljong (auch FLNK und LT) belegt. M ATHIEU (2006, 31) enthält den Namen Mabiljong. Er ist zum FaN Mabillard, urkundlich auch Mabillon, Mabyly, Mabillyn, Mabilliard, Mabilar, Mabillar, abgeleitet vom PN Mabilia, Mabilie (AWWB 156) zu stellen und als ‘ das Gut der Familie Mabillon ’ zu deuten. Mabillarsa Mabillarsa ist nur einmal 1346 in Salgesch als Wiese ‘ das Grundstück der Familie Mabillard ’ erwähnt. Es handelt sich um eine Wiese der Familie Mabillard (AWWB 156), die im angrenzenden unteren Teil des Wallis belegt ist (vgl. auch M EYER 1914, 167 s. v. eys mabillars) und HL M ABILJONG . Die Endung - SA scheint der dt. / - SCHA / - SCHU / ‘ das Grundstück des X ’ zu entsprechen. Macherel (FaN) Macherel (FaN) ist als Mascherel (1340 u. später, Agarn) belegt. Es kommt weiter als en Macherel (1492, Leuk) und apud (lat. bei) Macherel (1353, Albinen), sowie in SK Mascherel Wald (Leukerbad cf. HL M ASCHERI ) vor. In allen Fällen dürfte es sich um den FaN M ACHEREL (AWWB 164) handeln; cf. HL M ASCHERI für weitere Hinweise. Mack Mack ist nur zweimal in Bürchen belegt: 1632 als Z ’ Mack, 1774 als zu Mak (wobei laut M. S. die Lesung unsicher ist, Madt ist eine weitere Möglichkeit). Im ersten Dokument ist als Lage jm Muracher angegeben, das als ts Mürächru heute ein Weiler von Bürchen ist (vgl. dazu G ATTLEN 2007, 50 ff.). Es dürfte sich um die Agglutination des / m/ von zum an Acke m., auch Äcken ‘ (Bed 2.) ‘ kleine Erhöhung des Bodens auf einem Wege, holperig ’’ (I D . 1, 164) handeln. Die Wiese wurde als holprig bezeichnet. Macugnaga Macugnaga ist der Name einer Walser-Siedlung auf der südlichen Seite des Monte-Moro-Passes. Bisher wurde der Ortsname Macugnaga, deutsch Makaná, nicht gedeutet (Z INSLI 1984, 86 f., urkundliche Belege siehe bei Z INSLI 1984, 293). Die Leute aus Macugnaga werden von der Saaser Bevölkerung Magunär genannt. Belegt ist nur t Magunärufet ‘ die Felsbänder der Leute von Macugnaga / Richtung Macugnaga ’ (Saas-Almagell). Magunäru ist ein Genitiv Plural und meint entweder die Leute von Macugnaga oder ein Gebiet in Richtung von Macugnaga. Eine Deutung des Ortsnamens ist nicht möglich. Mad Mad, ts ‘ das Mähen, das zu Mähende ’ (in den Deutungen ‘ Mähwiese ’ ) ist zu schwdt. Mad n., mit Auslautverhär- 169 170 Mad <?page no="90"?> tung Mat(t), besonders im 2. Glied von FlN, Pl. Mäder, Meder ‘ Boden, wo das Gras gemäht und gedörrt wird, im Gegensatz zur Weide, wo man es abweiden lässt, aber auch im Gegensatz zum eigentlichen, kultivierten Wiesland, Wiesenfläche ’ , mhd. m ă d, mit kurzem a, das oft sekundär gedehnt wird, Mad und Heu(w)mad ‘ magere, des Jahrs nur einmal gemähte, nie gedüngte Wiese an den untersten Bergabhängen ’ zu stellen. Mad ist auch Name eines Flächenmasses (I D . 4, 71 ff.; Z INSLI 1984, 575; S ONDEREGGER 1958, 241). G RICHTING (1998, 132) kennt nur Mad, Mada (Mattertal), Maad f. ‘ die Mahd ’ , aber nicht das Neutrum; W IPF (1910, 109) nennt Mado m. ‘ Mahd, Schwade ’ neben Matta ‘ Wiese ’ . Als Bestimmungswort ist Mad nicht klar von Matt(a) zu unterscheiden; wenn klarerweise ein Beleg mit Matta zu finden ist, wird das Kompositum zu Matta gestellt, vgl. t Wiichelmattfura (Zermatt) zum Dorfteil ts Wiichelmattu ‘ bei der Winkelwiese ’ ; wenn hingegen Mad belegt ist, wird das Kompositum zu Mad gestellt, vgl. Blüomattbach zu Blüomatt ‘ die blühende Mähwiese ’ (Oberems). R ÜBEL (1950, 66) kennt weiter zwar Mattland, scheint es aber nur als Matta ‘ Wiese ’ zu verstehen. Das HL kommt in gut 300 Namen vor. Das Simplex im Singular ist als üfem Mad ‘ auf der Mähwiese ’ (Obergesteln), in ts Mad ‘ in die Mähwiese ’ (Simplon), ts Matt (Bitsch und rund fünzehn weitere Gemeinden, einige auch historisch, die meisten im Goms, dazu Östlich-Raron, Brig und Visp) belegt. Der Plural des Simplex ist als t Meder (Bitsch und vier weitere, zwei historisch), zun Medero (1731, Unterems) belegt. Die Form Mäder ist als Simplex nicht belegt, kommt aber in Komposita (Baltschieder, Ried-Brig) vor. Das hyperkorrekte die Möder (1684, Ried-Mörel) ist einmal bezeugt. Ein Diminutiv im Singular ist ts Medji ‘ die kleine Mähwiese ’ (St. Niklaus, zwei Belege). Vermutlich ein Diminutiv im Plural ist in in den Mädinen ‘ in den kleinen Mähwiesen ’ (1869, Feschel) belegt. Attributive Adjektive zum HL sind: am Andrun Matt ‘ an der andern / jenseitigen Mähwiese ’ (1550, Bitsch), wo Andrun auch verschrieben für Ändrun stehen kann, ts Ärenschtlich Matt ‘ die ernstliche, gefährliche Mähwiese ’ (Binn), Alte Meder ‘ die alten Mähwiesen ’ (1714, Binn), an dem Alten Mad ‘ an der alten Mähwiese ’ (1368, Fiesch), ts Beesch Mad ‘ die böse Mähwiese ’ (Ausserbinn), die Beeschun Meder ‘ die bösen Mähwiesen ’ (Blatten, zwei Belege), in Bösmat ‘ in der bösen Mähwiese ’ (1790, Binn), ts Churz Mad ‘ die kurze Mähwiese ’ (Simplon), ts Din Mad ‘ die dünne Mähwiese ’ (Wiler), am Dirren Madt ‘ an der dürren Mähwiese ’ (1686 u. später, Blatten), di Dirrun Meder ‘ die dürren Mähwiesen ’ (Blatten), di Driiu Meder ‘ die Mähwiese, die von drei Männern bis Mittag gemäht werden können ’ (Simplon, nach Gwp.), im Gmeinen Metje ‘ in der kleinen Mähwiese mit Viehfutter, die der Gemeinde gehört ’ (1781, Binn; Metje wird als depascuationem (etwa: Etzmad) bezeichnet und gehört darum zu Mad! ), ts Hääumatt ‘ die glatte, schlüpfrige Mähwiese ’ (Blitzingen, drei Belege), ts Halbmad ‘ die halbe Mähwiese ’ (Ried-Mörel und sechs weitere, teilweise mit Varianten), wohl zu verstehen als die Hälfte der Mad gedeutet als Mass, ts Homatt ‘ die hohe Mähwiese ’ (Grengiols), ts Inner Mad ‘ die innere Mähwiese ’ (Mund, Saas-Balen, Törbel), uf Längschmatt ‘ auf der langen Mähwiese ’ (Grengiols), ts Lengmad ‘ die lange Mähwiese ’ (Ferden), Niedermatt ‘ die untere Mähwiese ’ (1849 u. später, Eggerberg), ts Obermatt ‘ die obere Mähwiese ’ (Fiesch, Münster, Randa, Termen) und Ober Matt (1699, Ausserberg), tsch Spät Matt ‘ in der späten Mähwies (Mähwiese, die spät grün wird) ’ (Birgisch), ts Unner Matt ‘ die untere Mähwiese ’ (Münster, Termen), ts Üsser Matt ‘ die äussere Mähwiese ’ (Mund, Saas-Balen), Vordermatt ‘ die vordere Mähwiese ’ (LT Münster, FLNK Vodermatt), Wild Maad ‘ die wilde Mähwiese ’ (FLNK, Kippel), ts Wilt Maad ‘ die wilde Mähwiese ’ (Wiler) und ts Wilt Mad ‘ die wilde Mähwiese ’ (Unterbäch). Vorangestellte Genitive von Besitzern oder Nutzern sind: Bodmeren Mat ‘ die Mähwiese der Familie Bodmer / der Leute vom Boden ’ (1714, Binn), ab Bobmeren Mädren ‘ die Mähwiesen der Leute von Bodmen / der Familie Bodmer ’ (1655, Binn), Vieschigen Matt ‘ die Mähwiese der Familie Fintschen ’ (1629, Binn) (trotz der seltsamen Schreibweise, die sich auf das Staubsche Gesetz zurückführen lässt; Fintschigo ist belegt für das Senntum), im Húedsmat ‘ die Mähwiese beim Gebiet, wo das Vieh gehütet wurde ’ (1786, Naters; ein PN oder FaN Hued ist nicht bekannt), ts Mangisch Matt ‘ die Mähwiese der Familie Mangisch ’ (Mund), ts Mandjisch Matt ‘ die Mähwiese des kleinen Mannes (auch PN zu Hermann oder ähnlich? ) ’ (Eggerberg), ts Richulschmat ‘ die Mähwiese des Richolt ’ (Steinhaus), Rÿcholtzmatt ‘ die Mähwiese des Richolt ’ (1528, Fiesch), Stäffisch Mad ‘ die Mähwiese des Stefan / der Familie Steffen ’ (Blatten), Tschampematt ‘ die Mähwiese der Familie Tschampen ’ (Grengiols), Tschampigen Matt ‘ die Mähwiese der Familie Tschampen ’ (1629, Binn), ts Turianig Matt ‘ die Mähwiese des Turian / der Leute des Turian ’ (Baltschieder) und ts Walkerschmatt ‘ die Mähwiese der Familie Walker ’ (St. Niklaus). Als Grundwort verbindet sich das HL vor allem mit dem Typ Mamatt n., im Wallis ein Mass von 800 - 900 Klafter, ‘ Wiesenfläche, die ein Mann an einem Tag zu mähen vermag ’ (I D . 4, 71ff). Neben dem Simplex jm Mamadt (1653, St. Niklaus), das Mamat (1742, Simplon), aúf Mamat (1803 u. später, Eisten), jm Mamath (1761, Unterems; 1721 im Manat (unsicher)), ts Mamatt (Aus- Mad 171 172 <?page no="91"?> serberg, Zermatt), im Mamatt (1696, Zeneggen) und im Mamat (1736 u. später, Staldenried) erscheint auch der Typ Halbmamat ‘ die Mähwiese, die ein Mann an einem halben Tag mähen kann ’ in im Halbmamat (1652 u. später Guttet; 1822, Oberems), z Halb Ma Matt (1852, St. Niklaus), das Halbmammat (1539, Mörel) und daz Halbmanmat (1368, Staldenried). Komplexere Formen hierzu sind Affter Manmad ‘ die hintere Mähwiese, die ein Mann am Tag mähen kann ’ (1443, Zermatt), jn Arnoldtz Jodrenn Mamatt ‘ die Mähwiese des Joder Arnold, die von einem Mann an einem Tag gemäht werden kann ’ (1580, St. Niklaus) und Struben Mamatt ‘ die Mähwiese der Familie Struben, die ein Mann in einem Tag mähen kann ’ (1495, Zermatt). Ein zweiter Typ ist ts Heimad ‘ die Mähwiese mit Heu ’ (Binn), im Heimad ‘ in der Mähwiese mit Heu ’ (Binn), im Heimat ‘ in der Mähwiese mit Heu ’ (Fieschertal), t Heiwmeder ‘ die Mähwiesen mit Heu ’ (Binn), also Mähwisen, aus denen Heu gewonnen wird. Dazu gehören auch jhn Glaúsigen Heiwmat ‘ in der Mähwiese mit Heu der Familie Clausen (Nikolaus) ’ (1757, Binn), ab Hofferen Heüwmatt ‘ von der Mähwiese mit Heu der Familie Hofer ’ (1655, Binn), im Lengen Heÿwmatt ‘ in der langen Mähwiese mit Heu ’ (1631, Binn). jm Obren Heuwmatt ‘ in der oberen Mähwiese mit Heu ’ (1601, Binn) und in Schinero Heüwmat ‘ in der Mähwiese mit Heu der Familie Schiner ’ (1657 u. späte, Binn). Der Typ ist stark in Binn vertreten. Vermutlich ist der ebenfalls häufig belegte Typ Etzmad ‘ Mähwiese mit Viehfutter ’ ähnlich zu deuten: ts Etzmad (Grengiols), das Etzmatt (1529 u. später, Binn), im Etzmatt (1529, Lax). Verwandt ist wohl ts Chrütmatt ‘ die Mähwiese mit Kraut ’ (Baltschieder), das auch in ts Chrütmatt (Raron), das Crutmatt (1527, Naters), im Crutmatt (1797, Ausserberg) und jm Krautmat (1661, Niedergesteln) belegt ist. im Blüematt ‘ die Mähwiese mit Heublumen ’ (Hohtenn) und Blüomatt (Oberems) mit frühen Belegen für lat. oder rom. a prato flori und komplexeren Formen wie der Blüomattbach, di Blüomatthewmatte, ts Blüomatttagfäld, ts Blüomattelli und Blüomattwald (alle Oberems) beziehen sich auf das HL B LÜEMU , das als ‘ Heublumen ’ zu verstehen ist (vgl. R ÜBEL 1950, 51). Nur zwei Belege weisen auf den Typ Vormad n. hin, den I D . (4, 73) deutet als die Wiese, auf der beim Mähen der Anfang zu machen ist. Ob diese zeitliche Dimension stimmt, ist unklar. Belegt sind: im Fürmat ‘ die vorn liegende Mähwiese ’ (1829, Ulrichen) und ts Vormatt (Binn) ‘ die vorn liegende Mähwiese ’ . Weitere Pflanzennamen als Bestimmungswörter finden sich in ts Edelmaad ‘ die Mähwiese bei den Erlen ’ (Kippel), aúf dem Erelmad ‘ auf der Mähwiese bei den Erlen ’ (1841, Kippel), ts Stockmaad ‘ die Mähwiese mit (Baum-)Stöcken ’ (Blatten). Etwas unsicher sind t Roosmeder ‘ die Mähwiesen mit Roosse (Röstplätze für Hanf und Flachs) / für die Rösser (Pferde) ’ und an dem Rosmad ‘ an der Mähwiese für die Pferde ’ (Blatten) - an beiden Orten können sowohl Röstplätze wie Pferde gemeint sein. Tiernamen sind aber selten: Chiämad ‘ die Mähwiese für die Kühe ’ (Blatten) mit einer ganzen Reihe von komplexeren Belegen: t Chiämadfurä, ts Chiämadgand, t Chiämadhaltä, uff dr Chiämadheejin, t Chieämadmattä, t Chiämadschiirä, dr Chiämadwald, Chiemattweng (alle Blatten), dazu Chiemattbodo (Unterbäch), Chiemattbord (Naters, Saas-Balen), ts Chiemattflüo und ts Chiemattsand (Baltschieder) und der Chiemattbodu (Niedergesteln), sowie di Geismeder ‘ die Mähwiesen für die Ziegen ’ (Blatten) und dazu di Geismadschiir ‘ die Scheuer bei den Mähwiesen für die Ziegen ’ (Blatten). Nur indirekt gehört hieher Geistricheleetzmad ‘ die Mähwiese mit Viehfutter, die so gross ist wie eine Ziegenschelle ’ (Grengiols), die auch Schlänggeetzmad ‘ der schmale Streifen von Etzmad (Mähwiese mit Viehfutter) ’ genannt wird. Wohl als Begünstigte wird die Kirche in im Kirchenmath ‘ in der Mähwiese, die der Kirche gehört ’ (1827, Blatten) erwähnt. Eine Reihe weiterer Belege bezieht sich auf nahegelegene Fluren, auf die wir hier nicht eingehen. Besondere Belege stellen dar: ts Erscht Tschampematt, ts Zweit Tschampematt und ts Dritt Tschampematt ‘ die erste, zweite und dritte Mähwiese der Alpe Tschampigen / der Familie Tschampen ’ (alle Grengiols). Als Bestimmungswort ist das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern verbunden: Acher, Alpa, Bach, Bärg, Chrache, Fad, Fura, Gadu, Grabu, Egg(a), Hee (hoch, heej), Hitta, Sand, Schluocht, Tola, Wäg, Wald, Wang, Weid und Wasser. Die Form ts Magadi ‘ der kleine Gaden bei der Mähwiese ’ (Geschinen) und im Magadin ‘ im kleinen Gaden bei der Mähwiese ’ geht auf die Verbindung von Mad und Gadu ‘ Gaden ’ zurück, hier als Diminutiv, der vermutlich einen Heuschober meint. Der Name Mattmark (heute Stausee) und die meisten damit verbundenen Namen gehem wohl auf ein älteres Muntmar ‘ Murmeltierberg ’ zurück. Davon zu unterscheiden ist Mattmarkbrigga ‘ die Brücke zum Werk der Mattmark AG ’ (Stalden), die nach der Firma benannt ist. Unter den zahlreichen komplexeren Formen stechen t Mattwasserleitu ‘ die Wasserleitung bis zur Mähwiese ’ (St. Niklaus) und ts Mattwasserleitgji ‘ die kleine Wasserleitung nach zer Mattu (zur Wiese) ’ (Eisten) hervor, wobei letztere auch zum HL M ATTA gehören kann. Zu f. Zermatt vgl. das HL Z ERMATT . Mader (FaN) Mader (FaN) ist entweder zu einem FaN Mader (1392 in St. Niklaus belegt) oder als Herkunftsname zum HL M AD 173 174 Mader (FaN) <?page no="92"?> ‘ Mähwiese ’ zu stellen. Belegt ist es in Grächen als in quarterio Madero ‘ im Viertel der Leute von Mad ’ (1676). Ähnlich ist ein Beleg von 1736 in quarterio Madero (St. Niklaus), der zum Namen t Mattmatte gestellt wird, also einen Herkunftsnamen meint. Die beiden Gemeinden Grächen und St. Niklaus grenzen aneinander, ob der Herkunftsname den gleichen Ort meint, lässt sich nicht entscheiden. Der FaN Mader ist auch unter dem HL M AADER erwähnt. Madleen (PN) Madleen f. ist ein weiblicher Personenname; es wird von I D . (4, 118) zu Magdalena, Dim. Meeni gestellt. Belegt sind: t Madleenerschnitte ‘ die ausgeschnittenen Stücke Land der Magdalena ’ (Ergisch), der Madleenibodu ‘ der Boden der Madeleine ’ (Leuk; frz. Pleine Madeleine) und t Meenimattu ‘ die Wiese der kleinen Magdalena ’ (Ergisch), sofern nicht zu Meeni (cf. HL M EENI ) zu stellen. Maffien (FaN) Maffien ist ein im Wallis inzwischen erloschener FaN Maffien (G REMAUD VS, 8, 347) von Visp. Der Name ist 1667 in Baltschieder in beÿ Maffien Grúndt ‘ beim Grund der Familie Maffien ’ erwähnt. Mageran (FaN) Mageran ist zum FaN Mageran zu stellen, der in Leuk seit dem 14. Jh. vorkommt, der Name ist im Wallis inzwischen erloschen (AWWB 157 f.). t Magerannipletschu ‘ die Ebene der Familie Mageran ’ (Hohtenn, Steg) war wohl eine Besitzung der Familie. Magg Magg ist nur einmal belegt in der Maggstafu ‘ der Magg- Stafel ’ (Binn). Laut Gwp. heisst der gleiche Ort auch Steihitta oder Schmitterstaful. Ebenfalls laut Gwp. enthält Magg den FaN Maggi (nach dem Hersteller der gleichnamigen Fertigsuppe). Diese Deutung ist kaum zutreffend; am ehesten könnte ein PN oder FaN zu Max vorliegen. AWWB (165) kennt den FaN Maxen, doch ist er in Binn nicht belegt. Da weitere Belege fehlen, kann keine Entscheidung getroffen werden. Magu Magu ist nur belegt in Maguhoru ‘ Magenhorn ’ und Magulicka ‘ Magenlücke ’ (beide je Simplon und Visperterminen). J ORDAN (2006, 37) enthält Magulicka und Maguhooru (für Simplon) und erklärt Letzteres aus der Form eines Magens. Auch laut Gwp. sehe das Horn aus wie ein Magen. Das Lemma wäre also zu schwdt. Mage n m., wie nhd. ‘ Magen ’ und wdt. Mage, Magä (Goms), Maga (Mattertal), Magn (Lötschtal), Magu ‘ Magen ’ zu stellen (I D . 4, 99; G RICHTING 1998, 132). TGNB schliesst in FlN einen Bezug zu ‘ Lab, womit die Sennen die Milch gerinnen machen, eigentlich der Kälbermagen, woraus das Lab bereitet wird ’ nicht aus (I D . 4, 96 ff.; TGNB 2, 2, 375). Ein Anschluss an M ā g ‘ Verwandter ’ (I D . 4, 96) ist lautlich möglich, es fehlt aber die Motivation. Mage im Sinn von ‘ Mohn ’ (G R W B 12, 1435) trifft wohl auch nicht zu. S TUDER (1896, 161) leitet Mage von mlat. MAGISCA , it. magesse ‘ der im Mai bestellte Neubruchacker ’ ab, was bei dem über 2000 Höhenmeter liegenden Gipfel keinen Sinn ergibt und was auch aus lautlichen Gründen zu verwerfen ist. Vollständig überzeugen kann keiner der Vorschläge. Mäische Mäische f. kommt dreimal als Bestimmungswort vor, einmal in t Mäischumatte ‘ die Wiese für die jungen Rinder ’ (Betten), einmal historisch die Mensch Eggon ‘ die Ecke für die jungen Rinder ’ (1473, Visperterminen) und - aber unklar - ebenfalls historisch Manschegga (1544, Saastal), wo aber auch Ma ‘ der Mann ’ vorliegen könnte. Das Lemma ist zu schwdt. Manse n , Mänse n f., wdt. Meische n , Mäntsche n f., Dim. Meischi, Meischelti ‘ Rind vor oder seltener während der ersten Trächtigkeit, wobei nicht der Umstand, ob das Rind trächtig sei oder nicht, sondern die Altersstufe als geeignetster Zeitpunkt der ersten Trächtigkeit das wesentliche Moment bildet ’ , im Wallis auch ‘ junge Kuh nach dem ersten Kalben ’ zu stellen. Da die Wortfamilie bis in den Norden Deutschlands, zumindest in der Bedeutung ‘ Kuh ’ , vertreten ist, ist eine direkte Entlehnung aus it. manzo ‘ Rind ’ auszuschliessen, beiden Sprachen liegt mlat. MANSUETUS ‘ gezähmt, an den Pflug gewöhnt ’ zugrunde (I D . 4, 334 f.; R ÜBEL 1950, 24). Zur Auflösung von / -n-/ vor dentalem Reibelaut und Ersatzdiphthongierung im Walliser Deutschen siehe R ÜBEL (1950, 6); der Vorgang ist als Staubsches Gesetz bekannt. Maisons Maisons ist nur in Varen 1714 als schu les maison und 1728 als schu les maisons belegt. schu ist zu su ‘ oberhalb ’ (cf. HL S CHU ) zu stellen. Frz. maison f. ‘ Haus ’ ist laut FEW (6, 1, 234 ff.) zu lat. MANSIO ‘ aufenthalt, unterkunft ’ zu stellen, das im Patois von Montana als m ī ̩ žųɳ erscheint, hier also frz. geschrieben wird. Insgesamt entsteht dann ‘ oberhalb der Häuser ’ (Weinberg). Mäl Mäl n. ist zu schwdt. Mël(w), Me(e)l n. ‘ Getreidemehl ’ , ahd. mëlo, mhd. mel(wes) und im übertragenen Sinne ‘ mehlartige Stoffe wie z. B. Staub, mehlartig zerbröckelte Erde ’ und wdt. Mäll, Määl (Lötschtal) ‘ Mehl ’ (I D . 4, 217 f.; G RICHTING 1998, 132) zu stellen. Belegt ist das HL nur als Madleen (PN) 175 176 <?page no="93"?> Bestimmungswort, am häufigsten zu Mëlwböüm m. Der Name bezeichnet sowohl den weissen Elsbeerbaum, dessen Frucht sauer, aber im überreifen Zustand geniessbar ist, als auch die Eberesche oder die Vogelbeere mit ihren orange- oder scharlachroten Beeren, die für den Menschen roh ungiftig, jedoch ungeniessbar sind (I D . 4, 1242; I D . 1, 568; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 278 ff.). Belegt sind am Melboum (1624, Bürchen), an den Melbon et de Melbu ᵛ me usque … ‘ an den Mehlbaum und vom Mehlbaum bis …’ (1302, Stalden), ts Mälböüm ‘ das Mehlbaum (Weiler am Natischerberg) ’ (Naters, FLNK Mälböüm, LT Mehlbaum, SK Ober und Unter Mehlbaum), Dazu kommen folgende Grundwörter zu Mehlbaum: Acher, Biina, Egg(a), Flüö, Grabu, Lischa, Rieba, Schräaje - Schreeje und Wald, wobei die meisten sich auf Naters, also den Weiler Mehlbaum, beziehen. Ab dem 14. Jh. kommt Mehlbaum im Wallis auch als FaN vor, dieser ist inzwischen erloschen (AWWB 167). Weniger häufig ist Mël(w)ber(i) f. belegt, der Name verschiedener mehliger Beeren der Eberesche, lat. SORBUS (I D . 4, 1469; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 278 s. v. S ORBUS AUCUPARIA ): 1768 in Stalden als beÿm Melberbaúm ‘ beim Mehlbeerbaum ’ und t Mälbertschugge ‘ die Felsen mit Mehlbeerstauden ’ (Eisten). Die weiteren Belege enthalten Mälbiela ‘ der Hügel mit mehlartiger Beschaffenheit ’ (FLNK, Bürchen), die Mehleggen ‘ die mehlfarbene Ecke ’ (1772, Fieschertal), Meleggen ‘ die mehlfarbene Ecke ’ (1772, Bellwald) (wohl gleicher Flurname der beiden), auf der Melfluh ‘ unklar, ob Mehl oder mälch gemeint ist ’ (1577, Stalden), die Melmatta ‘ die Wiese beim Weiler Mehlbaum (? ) ’ (1634 u. später, Naters) und Mältschuggji ‘ der kleine Fels (unklar, ob Mehl oder mälch) ’ (FLNK, Embd). Einige Belege gehören wohl auch zum HL M ÄLCH (s. dort). Maläi Maläi ist nur 1837 als im Maläi (Ulrichen) belegt. Es handelt sich um ein Stück Land. Es geht um ein Diminutiv, wohl zu schwdt. Male n ‘ Tasche ’ und wdt. Mala, Malu (Leuker Berger) ‘ Vorratsack (lederner), Hirtentasche, Brottasche ’ (I D . 4, 168; G RICHTING 1998, 132), als ‘ das Stück Land, das einer kleinen Tasche gleicht ’ . Ob der Auslaut - ÄI zum HL E IE ‘ die Aue ’ zu stellen ist, kann nicht entschieden werden, da das Dokument hierzu keine Angaben enthält. Malaschier (PN) Malaschier (PN) ist nur 1297 in Visp als Malaschiers Buve belegt. Während Malaschier hier ziemlich sicher ein PN ist (die Form ist ein Genitiv), kann Buve entweder zu Buw ‘ bebautes Land ’ oder zu Buw ‘ Gebäude ’ stehen. Im Dokument ist vltra aquam que dicitur vespia ‘ jenseits des Flusses, der Vispe genannt wird ’ belegt. Zu Malaschier findet sich jedoch kein Beleg. Dass es sich um einen PN handelt, wird aus dem Dokument abgeleitet. Malavez Malavez ist nur 1494 in Salgesch als en malavez notiert. Es handelt sich um eine Wiese und einen Weinberg neben der Gemeindestrasse. Der Name scheint inkonsequent geschrieben zu sein. Zum femininen mala ‘ schlecht ’ passt vez (zu ve ‘ Kalb ’ nach B RIDEL 1866, 402) nicht, das im Frz. maskulin ist. Deswegen ist wohl voz zu lesen, das dem bei B OSSARD / C HAVAN (2006, 36) belegten Malavaux ‘ schlechtes (i. e. enges) Tälchen ’ entspricht. Mälch Mälch geht auf das Adj. schwdt. mälch, mhd. mëlk, ‘ Milch gebend, den Milchertrag förderndes Viehfutter, ertragreich; dem Gedeihen milchreicher Futterkräuter günstig ’ oder auf das Verb schwdt. mälche n ‘ melken ’ zurück, ahd. melchan, Nomen agentis Melker (I D . 4, 193 f., 195 ff.; Z INSLI 1984, 575). Die Substantivbildungen Mälch f., Pl. Mälcha, Mälche, Mälchär sind vom Adjektiv mälch abgeleitet (I D . 4, 195); im Kontext der Flurnamen sind aber meist ertragreiche, Milch fördernde Alpweiden gemeint. Das gilt auch für die oblique Form Mälchju zur palatalisierten / - LA / -Ableitung Mälchja ‘ die ertragreiche Weide ’ . mälch Adj., ‘ Milch liefernd, milchfördern ’ , mälche, mälchä (Goms), mälchn (Lötschtal), mälchu ‘ melken ’ (G RICHTING 1998, 132) sind als Adjektiv und Verb im Walliserdeutschen belegt. Das Adjektiv kommt allein nicht vor. Eine Substantivierung auf / - A / im Singular ist in Mälcha ‘ die ertragreiche Alpweide ’ (Ried-Mörel) belegt. Ein Plural Mälchä (Grengiols), Mälche (Betten, Mund, Täsch), Mäuche (Binn, mit / l/ -Vokalisierung), historisch jn den Melchen (1444, Obergesteln) kommt häufiger vor - er wird für ertragreiche Alpweiden verwendet (das Gegenstück sind die mit Galt ‘ unfruchtbar ’ gebildeten Namen, cf. HL G AALT ). Ein Diminutiv Mälchini ‘ die kleinen ertragreichen Alpweiden ’ (Birgisch) ist nur einmal belegt; das homophone Mälchini ‘ Beeren einer nicht näher bekannten Staude ’ ist unter HL M ÄLGI näher behandelt. Als Grundwort ist Mälch nur einmal belegt in zer Wiissun Eerschtmälchun (Kippel). Eerschtmälcha ist laut R ÜBEL (1950, 24) die Bezeichnung für ein weibliches Tier, das zum ersten Mal geworfen hat (sonst auch Mäntscha, Meischa, Ersterli). Als Toponym kann hier nur ein Gebiet gemeint sein, das einem solchen Tier ähnlich sieht. Mälch tritt als attributives Adjektiv oder Bestimmungswort mehrfach auf. Mehrfach belegt ist der Typ Mälchbode ‘ ertragreicher Boden ’ (Singular, auch Plural); 177 178 Mälch <?page no="94"?> der abgeleitete Typ Mälchärbode ist doppeldeutig. Mälchär kann sich auf den Mëlcher ‘ Melker ’ (I D . 4, 197) beziehen, meint dann den Boden des Melkers, oder dann flektiert den melken Boden ‘ der ertragreiche Boden ’ ; diese Deutung wird bevorzugt, da nirgends Angaben zum Melkvorgang zu finden sind. In anderen Fällen bezieht sich das Kompositum auf eine nahegelegene ertragreiche Alpweide wie in Mälchgrat ‘ der Grat bei der Mälcha ’ (Mund) oder Mälchgrabu ‘ der Graben von Mälch herunter ’ (Simplon), wozu dann auch der historische Beleg Melllowinen ‘ das Rutschgebiet bei Mälch ’ (1755, Simplon) gehört. In einigen Fällen ist wohl der Ort gemeint, wo gemolken wurde, so in Mälchflüe (Randa) oder Mäuchstatt (Binn, mit / l/ -Vokalisierung), die in Ober und Unner aufgeteilt ist. Auch Mäuchplatz (Biel, mit / l/ -Vokalisierung) ist wohl hieher zu stellen; die Angabe “ Sammelplatz für das ‘ Losholz ’” legt aber eher die Deutung ‘ reichlich fliessend, gewinnbringend ’ nahe. In einigen Fällen ist unklar, wie Mäl(ch) zu deuten ist, so in t Mälachini ‘ die kleinen Äcker im fruchtbaren Gebiet ’ (Naters), wo unklar ist, ob nicht ein anderes Lemma anzunehmen wäre. Dazu gehört auch das Mälacherchi ‘ die Schlucht beim Mälacher ’ (Naters). Nur metaphorisch kann der Mällchstüol ‘ der Melkstuhl ’ (Naters) gemeint sein - ein Gebiet, das einem Melkstuhl gleicht. Der Mälchjugletscher (LT Mellichgletscher) (Täsch) ist der Gletscher oberhalb der Mälche. Die Form legt die Ableitung Mälchja nahe (siehe oben), die aber sonst nicht belegt ist. Die Form Mellich und Mellichgletscher bei LT muss beim HL M ÄLLICH miteinbezogen werden. Ein letzter Beleg ist sehr unsicher: Melkers G ů tt (1616, Visp), wo eher der PN Melchior (I D . 4, 98; cf. HL M ELCHIOR (PN)) gemeint ist als die Bezeichnung Melker. Maler Maler n. ‘ Maler ’ ist dreimal belegt. Das Simplex als jm Maler (1572, Erschmatt); das Bestimmungswort zweimal in ts Malergietji ‘ das kleine Gut der Familie Zenzünen, die Maler genannt wurde ’ (Grengiols, nach Gwp.) und ts Malärsch Huis ‘ das Haus des Malers Albert Nyfeler (1893 - 1969) ’ (Kippel) (dank an W. B ELLWALD , p. c.). Im Fall des Kunstmalers Nyfeler ist das Nomen Maler zum Verb malen zu stellen. Die beiden andern Fälle können auch zu Maler ‘ Mühlknappe; wer Getreide zum Mahlen in die Mühle gibt ’ (I D . 4, 169), bzw. zur Stellenbezeichnung ‘ wo gemahlen wird ’ gestellt werden. Mäler Mäler ist nur als der Mäler ‘ die wilden Apfelbäume ’ (Feschel; FLNK Mälär) belegt. Historisch erscheint 1560 jn Meler, 1572 jm Maler, 1713 im Meler, 1775 in den Melleru, 1870 im Mäler. Trotz der deutschen Präposition ist ein frpr. mélai ‘ pommier sauvage ’ (wilder Apfelbaum) gemeint (B OSSARD / C HAVAN 2006, 155; FEW 6, 1, 122 s. v. m ā lum apfel). B OSSARD / C HAVAN (2006, 288) nehmen ein Suffix / - ARIU ( M )/ für die Ortsnamen Mellère und Méllire an (anders als A EBISCHER ). Maletrez Maletrez ist nur 1579 in Salgesch als jn Maletrez ‘ das schlechte (i. e. mühsam zu bewirtschaftende? ) enge Gebiet ’ belegt. Trotz der Präposition jn handelt es sich wohl um einen frpr. Namen. Das Dokument erwähnt Weinberg und Wiese im Gebiet, das so heisst. Es liegt wohl eine Kombination von mal ‘ schlecht ’ und etrez ‘ enges Gebiet ’ vor (FEW 12, 298 ff. s. v. strictus eng; G PSR 4, 929 ss s. v. étroit, das auch als Substantiv erscheinen kann, p. 930, cf. auch B OSSARD / C HAVAN 2006, 35). Mälgi Mälgi f. ist zu schwdt. Melge f. ‘ weisser oder gemeiner Gänsefuss ’ und ‘ guter Heinrich ’ (I D . 4, 212) oder zu Mël(w)ber(i) ‘ 2. Beere mehrerer Arten der Eberesche ’ (I D . 4, 1469) zu stellen. Belegt sind zer Melchstuden (1564 und später, Guttet). Feschel hat 1810 Melkien Stauden (das so auch in Guttet belegt ist). Lebendig ist t Melchstüde ‘ die Stauden mit Mällchiä (hier wohl Preiselbeeren, unklar) ’ (Gamsen) belegt, sie befinden sich oberhalb von Jeizinen. Weiter ist belegt: t Mälgitetz ‘ die Fels(blöcke) mit Mehlbeeren ’ (Steg) und t Määlgitetz ‘ die Fels(blöche) mit Mehlbeeren ’ (Hohtenn) - die beiden Fluren befinden sich am gleichen Ort. Die Bestimmung der Beeren ist nicht ganz einfach. In den Dörfern der Südrampe werden hohe Sträucher mit roten Beeren wdt. Mä(ä)lggini, Mälchini Pl. genannt (P ETER K ALBERMATTER , p. c.). Es handelt sich um Mehlbeerbäume mit essbaren Mehlbeeren, die ihren Namen ihrem mehlartigen Nebengeschmack verdanken (I D . 4, 222 f., 1242 und 1469; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 480) Aber I NDERMITTE (1980, 246) nennt in Steg Beeren “ ähnlich den Heidelbeeren, zum Essen ” . Aus den Belegen wird deswegen nicht klar, welche Beeren genau gemeint sind. Mälig Mälig gehört zu einer Reihe von Varianten wie Mällich, Mallich, Mällig, Mällisch, die als Steinhirt oder Steinmann bezeichnet werden: ‘ ein als Wahrzeichen auf Berghöhen aufgeschichteter Steinhaufen ’ (I D . 2, 1647). I D . verzeichnet es als Mellig m. und führt es nach M. T SCHEINEN auf Mëlw ‘ Mehl ’ zurück mit der Begründung, der Steinhirt erscheine oft ‘ wie mit einem mehlartigen Staub überzogen, der sich besonders an kalkhaltigen Steinen als Verwitterungsprodukt bildet ’ (I D . 4, 223). Zu vermuten ist vielmehr eine Verwandtschaft mit Maler 179 180 <?page no="95"?> dem auch ausserhalb des Wallis belegten Männlichen (BENB 1, 3, 223), das dort allerdings wohl zu Unrecht nach G ATSCHET auf Mann(s)lehe(n) ‘ nur im Mannesstamme vererbliches Lehen ’ zurückgeführt wird. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die verschiedenen Formen sich auf ahd. manlîha ‘ statua, figura humana: Menschenbild ’ (G RAFF 1836, 2, 118), mhd. manlîch ‘ das dem Menschen Gleiche, sein Bild ’ (L EXER 1, 2033) zurückführen lassen; die Bedeutung wird verengt auf die Steinmänner als Bilder des Menschen und später einfach auf Steine als Teil dieser Bilder. Die Form Mällich lässt sich durch Assimilation von / n/ an das folgende / l/ erklären, die Form Mällig oder Mälig zusätzlich durch eine Analogie zu Adjektiven auf / - IG / . Dabei können Umdeutungen des Namens zu ‘ mehlig ’ eine Rolle spielen. Im Lötschental kommt eine unassimilierte und nicht umgelautete Form im Mannlich ‘ im Mannlich ’ und hinderim Mannlich ‘ hinter dem Mannlich (Gebiet mit Steinen) ’ (Blatten) vor; assimiliert, aber nicht umgelautet ist Mallich (n., wohl ‘ Gebiet mit Steinen ’ ) in Niedergesteln und teilweise in Hohtenn (auf LK). Die Schreibform im Mellich (1723, Naters) und Mellichen (nur LK) (Täsch) sind wohl auch hierzu zu stellen. Das Genus schwankt zwischen Maskulin und Neutrum. Ein Plural ist t Mälliga ‘ grosse, schwarze Steine ’ (Saas-Grund), ein zweiter di zwei Mällicha ‘ die zwei Steinmänner ’ (Embd). Ebenfalls Plural hat tse Mäligu ‘ bei den Steinmännern ’ (Saas-Almagell). Ganz unklar ist ein Beleg Mellingen (1626, Oberwald), das vermutlich eine Alpe bezeichnet und verhochdeutscht ist (der Ortsname Mellingen (AG) ist anders zu erklären, vgl. K RISTOL ET AL . 2005, 587). Bildungen mit Adjektiven sind ts Ober Mallich und ts Unner Mällich (sic! ) (Hohtenn, die Variation geht wohl auf die Landeskarte zurück). Als Grundwort ist Mällig belegt in der Einumällig ‘ der eine Steinmann (im Gegensatz zu den zwei Mällicha) ’ (Embd) und dazu wird auch noch t Einumällichbletscha ‘ die Ebene bei dem Einumällich ’ gebildet. Embd weist auch den Schalbeggimällich ‘ der Mällich beim kleinen Schalbet ’ und den Torumällich ‘ der Mällich beim Gebiet Tore ’ auf. Weitere Bildungen sind der Chummimällich ‘ der Steinman auf den Chummini (kleine Kummen) ’ (Embd), ts Breitu Fatsch Mälig ‘ der Mällig des breiten Fads (breites Grasband) ’ (Saas-Fee) (gemeint ist ein Mällig genannter Felskopf, der sich über dem breiten Fad befindet). Als Bestimmungswort wird Mällig teilweise zu Mäli gekürzt: Mälieggu ‘ die Ecke mit dem Steinmann ’ (Saas- Almagell), Mälizug ‘ Graben mit Steingeröll ’ (Staldenried), ts Melisand ‘ das Sandgebiet am Melibach ’ (Täsch); es ist aber auch in anderen Formen belegt: Mällich Riischu ‘ das Steingeröll beim Mällich ’ (Hohtenn), Mellichbach (auch Mälchbach) ‘ der Bach von der Alpe Mellichen herunter ’ (Täsch), Mälligagletscher ‘ der Gletscher oberhalb der Mälliga (Steinmänner) ’ (Saas-Grund), ts Mällischhoru ‘ das Mällischhorn (Gipfelname, auf der SK Mellichhorn) ’ (Niedergesteln). Unklar ist der Beleg t Mäuchsteina (Fiesch), die sich wohl auf Mällich (mit / l/ -Vokalisierung und Synkope) zurückführen lassen. Unklar sind weiter zum Mälachji ‘ das Signal ’ (Staldenried) und Ritzumälachji ‘ das kleine Signal auf den Ritzen (begraste Bergabhänge ’ (FLNK, Staldenried). Das Signal dürfte hier eine Form des Steinmanns sein. Es scheint aber auch eine Anlehnung an das HL A CHER vorzuliegen, obwohl die Angabe der Höhe von über 2500 m einen solchen ausschliesst. Insgesamt ist die Rückführung von Mällich et al. auf man-lîha zwar ungewöhnlich, aber sinnvoller als die andern erwähnten Deutungen. Ob das mehrfach belegte HL A LIICHJI hieher gehört, ist zu diskutieren. Malinam Malinam ist nur 1749 in Leuk als in Malinam belegt. Die Rede ist von einer Weide. Malinam ist wohl eine lateinische Form, doch kennen die üblichen Wörterbücher das Wort nicht. D U C ANGE erwähnt Malina für die “ Flut ” (als Gegensatz zur “ Ebbe ” ) des Meeres, was für Leuk keinen Sinn macht. Falls ein Verschreiber / Verleser für lat. MOLINUM ‘ Mühle ’ vorliegt (vgl. FEW 6, 3, 37 s. v. molinum mühle), würde das Feminin wohl aus dem wdt. Mili ‘ Mühle ’ übernommen worden sein. Die Deutung hängt von der falschen Lesart ab, wäre dann aber als ‘ bei der Mühle ’ zu verstehen. Malische Malische f., pl. ‘ Sumpfgebiet ’ ist belegt in p ’ Malische (Greich) und Malischugrabe ‘ der Graben bei den Malischen ’ (Greich). Der Flurname ist heute erstbetont; die ältesten Belege zeigen Marischen (1489 u später), was auf ein rom. Lehnwort maresch < fränk. MARISK ‘ Sumpf ’ (T AGMANN 1946, 9; M EYER 1914, 167) schliessen lässt. Der Wechsel von / r/ zu / l/ lässt sich in den historischen Belegen (alle mit / r/ ) nicht nachvollziehen, ist aber geläufig. Romanische Namen im Gebiet sind zwar selten, aber nicht unmöglich (cf. HLL F ILET , G IFRISCH ). Malle Malle ist nur zweimal in Münster als im Malle belegt. Dazu kommt ein historischer Beleg von 1795 in Male Spiz ‘ im spitz zulaufenden Gebiet beim Malle ’ . Die Fluren für die beiden lebenden Namen befinden sich links und rechts des Rottens oberhalb Münster. In Münster ist 1585 u. später auch am Manlhenn ‘ das im Mannesstamm vererbliche Lehen ’ belegt, das sich laut dem Beleg von 1610 bei der Möritzmatten (wohl heutige Merezenmatte) 181 182 Malle <?page no="96"?> befand, also in der Nähe eines der beiden Malle. Es ist deswegen nicht auszuschliessen, dass Mannlehn sich zu Malle entwickelte; allerdings kann auch die umgekehrte Entwicklung mit einer volksetymologischen Deutung stattgefunden haben; lautlich passt die Entwicklung nur schlecht, da Malle erstbetont mit einem kurzen, unbetonten Schwa in der Zweitsilbe ist. Das in I D . (4, 168) als Male und G RICHTING (1998, 132) als Mala, Malu (Leuker Berge) belegte feminine Nomen ‘ Vorratsack (lederner), Hirtentasche, Brottasche ’ kommt kaum in Frage, da Malle m. oder n. ist und ein inhaltlicher Zusammenhang nur schwer hergestellt werden kann. Deswegen ist eine Deutung unsicher. Malus Malus lat. Adj. ‘ schlecht, unfruchtbar ’ erscheint in unterschiedlichen Belegen. Das Simplex ist 1443 in Unterems belegt als aqueductum de malo communi und aqueductum mali communis. Es handelt sich also um eine Wasserleitung, die der Gemeinde gehört; die beiden Konstruktionen behandeln aber malo resp. mali wie ein Substantiv. Es könnte sein, dass das 1837 belegte der Gemeine Abrus (Unterems) gemeint ist. Abrus (< Ab-Runs) ist im I D . (6, 1150) so nicht belegt; es fehlt bei B ELLWALD / W ÜRTH (2006), könnte aber einfach ‘ Abwasser ’ heissen. Gemeint wäre dann mit malus communis ‘ das gemeine Abwasser ’ . Als attributives Adjektiv erscheint das HL einmal in in malo prato (1634, Zeneggen), das 1666 in der Bösen Matten genannt wird; der erste Beleg ist also eine lateinische Übersetzung. Anders ist der Beleg malacort (1337 u. später, Turtmann) zu erklären, das 1356 als ad malam curiam ‘ beim schlechten Hof ’ übersetzt wird. Etymologisch liegt Cor vor, das zu lat. COHORTE gestellt wird, hier in der Bedeutung ‘ landwirtschaftliches Gut ’ , also ‘ der schlechte Hof ’ . Mandelu Mandelu ist nur in ts Mandeluwaldji ‘ der kleine Wald in Mandelform (unklar) ’ (Gampel) belegt. Der Name bezeichnet eine steile Flur auf etwas über 1100 m; Mandelbäume sind dort nicht möglich (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 288 s. v. P RUNUS DULCIS ). Die Beschreibung nennt den Wald <tel>-wald, also eine Waldung mit Dählen; ein Telwald (Gampel; LT Telwald, FLNK Teelwald) ist in diesem Gebiet belegt. Der Zusammenhang des Flurnamens damit ist jedoch nicht klar; ob Mandelu das Wort für D ÄHLE enthält, bleibt unsicher. Mander (PN) Mander (PN) ist nur 1567 in Betten als Manders Kumbun ‘ die Chumma (Mulde) des Mander ’ belegt. Es handelt sich wohl um eine Kurzform zu einem PN. Belegt ist im Korpus nur Reimander (1676, Zwischbergen), das kaum herangezogen werden kann. F ÖRSTEMANN (1, 1093 f.) kennt einen Stamm M AND , der hier einschlägig sein könnte. I D . (1, 216) verweist auf Amändel als Kurzform zu Amandus. Mangel Mangel ist nur einmal als Simplex in der Mangel (Obergesteln) und, davon abgeleitet, als ts Mangelschliechtji ‘ die kleine Geländeeinbuchtung beim Mangel ’ (Obergesteln) belegt. Da Mangel als Flurname in der deutschen Schweiz nicht vorkommt, lässt sich eine falsche Trennung aus im Angel annehmen, das im Register belegt ist. Als historischer Beleg würde dann das unter dem HL A NGEL aufgeführte Am Angel (1714, Obergesteln) zu dieser Flur gehören. Angel ist im BENB (1, 1, 31) nach I D . (1, 326) ‘ Ecke, Winkel ’ gedeutet (cf. HL A NGEL ). Mangelsch (FaN) Mangelsch ist zum FaN Mangold, auch als Manegoldi, Manegold belegt, der vom Taufnamen Manegoldus abgeleitet ist (AWWB 159), zu stellen. Formal handelt es sich um einen Genitiv, der hier wohl als Plural zu verstehen ist. Belegt sind: Mangelsch ‘ das Gut der Familie Mangold ’ (Betten) und Mangulschbode ‘ der Boden der Familie Mangold ’ (Martisberg). Manggipa Manggipa, auch Mancapan, Mankupan, Mangepan oder Manggepan ist eine Burgruine auf einem Felsen oberhalb von Mörel auf dem Gebiet von Ried-Mörel (heute Riederalp). Die Feste ist zu Beginn des 12. Jh. durch die Herren von Gradetsch erbaut, im 13. Jh. durch die Grafen von Mörel erneuert und wahrscheinlich um 1260 von Peter II. von Savoien zerstört worden. In der älteren Walliser Geschichtsschreibung wird der Name auf it. mange pane ‘ Brotesser ’ zurückgeführt, der Name kann jedoch nicht sicher gedeutet werden (R UPPEN 1991, 231 f. und 264 f.; B LONDEL 1954, 175 - 182). Der lebende Name hat Erstbetonung, was gegen die italienische Deutung spricht; auch würde it. mange mit einem / dž / ausgesprochen, was in den deutschen Formen fehlt. Die Lage ist auf den Karten nicht immer klar; eine Burgruine wird auf LT auf rund 1108 m angegeben. Eine Deutung ist nicht sicher. Historische Belege von 1356 und 1579 sprechen von bonis (Güter) und agri (Acker, Genitiv konstruktionsbedingt), sodass der Name der Burg wohl auch das Land in deren Umfeld meinte. AWWB (159) gibt einen FaN von Mangepan an, welche die Burg errichtet haben soll; die Angaben sind aber sehr unsicher. Malus 183 184 <?page no="97"?> Mangisch (FaN) Mangisch (FaN) ist zum alten, aus Betten und Visperterminen stammenden FaN Mangisch (AWWB 159) zu stellen; für Mund ist er bei J OSSEN (1989, 77) erwähnt. Belegt sind: ts Manngisch Grund ‘ der Grund der Familie Mangisch ’ (Visperterminen), Mangisch Matt ‘ die Mähwiese der Familie Mangisch ’ (Mund) und ts Mangisch Ried ‘ das Ried (gerodetes Gebiet) der Familie Mangisch ’ (Betten). Z IMMERMANN (1968, 97) zitiert S ONDEREGGER (1958, 264 u. 434) für den FaN Magnus mit Metathese. AWWB (159) gibt keine Deutung; es ist aber eher zu einem Diminutiv Mangi ‘ des kleinen Mannes ’ auszugehen, der hier mit einem Genitiv verbunden wird, als von einer Metathese von magnus ‘ gross ’ zu mangus. Mani (PN) Mani (PN) ist wohl die Kurzform eines PN wie Mánuel (I D . 4, 295 zu Emanuel, Germann oder Hermann) oder zu einem FaN zu stellen; das F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (2, 1159) kennt den FaN Mani allerdings im Wesentlichen nur für Zwieselberg im Kanton Bern. Das HL ist dreimal belegt: Manibode ‘ der Boden des Mani / der Familie Mani ’ (Binn), z Manisstadel ‘ beim Stadel des Mani ’ (1564, Guttet) und z Manigen Haus ‘ das Haus der Leute des Mani / der Familie Mani ’ (1726, Unterems) mit einer kollektiven / - IG / -Ableitung. Mänig (FaN) Mänig (FaN) ist als FaN (AWWB 159, auch Menig) belegt. In den Ortsnamen erscheint aúf Mänigeggÿ (1694, Bister) und auf der Mänig Eggen (1723, Bister); bezeichnet ist damit eine Ecke (Felsrücken), die der Familie Mänig gehörte. Weiter der Mänigbode ‘ Boden der Familie Mänig ’ in Grengiols und von Männigen Guott ‘ vom Gut der Familie Mänig ’ (1709, Filet). Örtlich sind die Namen alle im Bereich Grengiols, Bister und Filet angesiedelt. Manjo Manjo ist nur belegt in Pne di Manjo (Oberwald) oder Poncione di Manjo (FLNK, Oberwald, auch LT, Gipfelname, 2910 m.). Manjo bezieht sich auf einen Weilernamen Manió und Alpe di Manió auf Tessiner Seite, wonach der Berg benannt wurde. Eine Deutung ist in LSI nicht erwähnt; ob Magno zum PN Magnus (O LIVIERI 2 1961; 318) oder zu magnus (O LIVIERI 1965, 206) zu stellen ist und mit welchem Sinn, bleibt unklar. Mannig (FaN) Mannig (FaN) ist nur belegt in der Mannigjichnubel ‘ der Hügel der Familie (Klein-)Mann ’ (Glis). Belegt ist der FaN Kleinmann (AWWB 141); er gilt allerdings als erloschen. Die Form Mannigji ‘ des kleinen Mannes ’ ist eine kollektive / - IG / -Ableitung zu Mann im Diminutiv, setzt also vermutlich Klein in den Diminutiv um. Ob der Name heute noch auf den FaN Bezug nimmt oder einfach eine erweitere Diminutivform zu Mann darstellt, lässt sich nicht entscheiden. Wenn ja, wäre der FaN M ANGISCH (cf. HL M ANGISCH (F A N)) gleichbedeutend. Mannin Mannin ist nur 1677 in Albinen als ÿ mannin belegt. Das Register hat Mannji (Acker), stellt also den Namen zum wdt. Diminutiv Mannji ‘ der kleine Mann ’ (G RICHTING 1998, 131); auch M ATHIEU (2006, 17) kennt Mannji. Diese Deutung ist eine Um-Interpretation, da der historische Beleg mit ÿ mannin eine frpr. Form hat. Deswegen könnte der FaN Magnin (AWWB 158., ev. auch als Grand, AWWB 113) hier vertreten sein; gemeint wären dann die Äcker der Familie Magnin. Manschaal Manschaal ist nur einmal in Erschmatt (FLNK) belegt. Es handelt sich um einen Teil des Fäselgrat auf rund 2560 m. Aus dem Beleg geht nicht hervor, ob es sich (a) um ein deutsches Kompositum oder (b) um ein frpr. oder romanisches Wort oder Kompositum handelt. Auch ist die Akzentstelle nicht wiedergegeben. Eine Deutung ist deswegen nicht möglich. Mantel (rom.) Mantel m. ist belegt in campum dol mantel (1250, Leuk) und jn campo dou mantel (1338, Salgesch) - die späteren Belege wie au schan du mantel (1594) oder 1822 im Tan de Mantey sind teilweise etwas verstümmelt. Die Herleitung aus den beiden möglichen Etyma MANT Ē LUM ‘ hand-, tischtuch ’ (FEW 6, 1, 267 ff.) und MANTUS ‘ kurzer Mantel ’ (FEW 6, 1, 272 ff.) ist aus inhaltlichen Gründen schwierig; eher in Frage kommt ein PN oder FaN Mantel, der im F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (2, 1160) belegt ist, allerdings nicht für das Wallis. Die Konstruktion wäre also zu lesen als ‘ das Feld des Mantel ’ . Mantel Mantel m. ‘ Mantel ’ ist nur einmal in ts Tolemäntuti ‘ der kleine Mantel mit einer Mulde ’ (Binn) belegt. Es ist wohl zu schwdt. Mantel m., Dim. Mänteli wie nhd. und wdt. Mantl, Mantäl (Goms), Mantul (Vispertäler), Mantol (Schattenberge), Mantil ‘ Mantel ’ (I D . 4, 340 ff.; G RICHTING 1998, 133) zu stellen. Gwp. meint, hier habe das Gebüsch um eine freie Mulde herum wie ein Mantel gewirkt. Mit einem Pflanzennamen wie dem belegten Frauemänteli (I D . 4, 342; M ARZELL 1, 174 ff. s. v. Alchemilla vulgaris) steht der Flurname zwar kaum in Verbindung. Die unter A LCHEMILLA versammelten Pflanzenarten in L AUBER / W AG- 185 186 Mantel <?page no="98"?> NER / G YGAX ( 5 2014, 268 - 274) kommen jedoch im Oberwallis zum grössten Teil vor (die Unterart VULGARIS ist dort nicht erwähnt). Von daher ist eine Deutung als Pflanzenname nicht auszuschliessen. Manuel (PN) Manuel (PN) ist nur belegt in ts Manuelschtola ‘ die Mulde des Manuel ’ (Baltschieder). Der PN ist zu Manuel, Emanuel (I D . 4, 295) zu stellen. Manye Manye kommt nur in Glummanÿe (1685, Varen) vor. Der Anlaut Glu ist zum HL C LOU zu stellen (cf. HL C LOU ). Die Form Manye gehört zu lat. MANICA ärmel (FEW 6, 1, 206 ff.), das laut B OSSARD / C HAVAN (2006, 103) zu patois mandze gehört und ein Stück Land mit länglicher Form meint, die an einen Ärmel erinnert. Glummanye wäre dann ein ‘ längliches, eingezäuntes Stück Land ’ . Manz (PN) Manz (PN) ist zum PN Manz, Kurzform zu Amantius (I D . 4, 346) oder zum FaN Manz auch Mans, Mancs, Mancz, Mantz (AWWB 159) zu stellen. Belegt sind: im Mantz ‘ im Gut des Manz / der Familie Manz ’ (1393 u. später, Grengiols), Mantzers Matta ‘ die Wiese der Familie Manz / des Manz ’ (1531, Binn), in Manschigo ‘ im Gebiet der Familie Manz ’ (1756, Betten) mit dem Genitiv Plural der kollektiven / - IG / -Ableitung. Unklar ist, ob zer Mannstreichi ‘ bei der Tränke der Familie Manz / des Mannes ’ (Kippel) hieher zu stellen ist. I. B ELLWALD ( 2 2007) erwähnt den FaN in seiner Familienchronik von Kippel nicht. Das spricht allerdings nicht dagegen, dass ein Manz hier eine Tränke besessen hätte. Die Deutung als Mann bereitet dagegen Schwierigkeiten, wenn Treichi als Tränke verstanden wird: dann wäre gemeint, dass Menschen am betreffenden Ort trinken würden. Diese Deutung entspricht nicht dem sonstigen Gebrauch von Treichi als Ort, wo das Vieh getränkt wird. Mänz Mänz ist 1866 in Niedergesteln als von der Menzen belegt. Es handelt sich wohl um eine Grenzbeschreibung; von der Menzen ist als Dativ Singular eines Feminins zu verstehen. Die nächstliegende Deutung ist ein Vorname, der als Menz f. ‘ Clementia, Emerentia, Clementine ’ (I D . 4, 346) belegt ist, also einen weiblichen Vornamen meint. Der zweite Beleg ist der Tittermänz (Niedergesteln, auch FLNK). Die Flur befindet sich auf rund 1700 m in einem Gebiet mit Gebüsch und Felsen. Ein nicht näher benannter Zufluss zum Seebach entspringt dort. Sofern es sich überhaupt um ein Kompositum handelt, wäre Mänz ein Maskulinum im Singular. Eine Deutung dafür lässt sich weder als Kompositum, noch als Simplex finden. Maocschy Maocschy ist für Täsch als jm Maocschi belegt und undatiert. Aus dem Kontext geht nur hervor, dass es sich ein Maskulinum oder Neutrum handelt. Die Endung -schy legt einen Diminutiv nahe. Die Kombination / ao/ ist sonst in den Orts- und Flurnamen nicht belegt. Das HL ist deswegen nicht deutbar. Maquen Maquen ist nur 1305 in Raron als Maquen Aker ‘ der Acker der Verwandten ’ belegt. Am nächstliegenden ist schwdt. Mag ‘ Verwandter ’ (I D . 4, 96), sodass die Bedeutung ‘ der Acker der Verwandten ’ gegeben ist. Geschrieben ist Maquen auf französische Art mit der Vermeidung von / g/ als / š / vor / e/ . Marani (FaN) Marani (FaN) ist in Punta Marani, dt. Schwarzhorn (LT, Binn) belegt. Die Spitze wurde nach dem it. Bergsteiger Lorenzo Marani (1855 - 1933) benannt, der als Führer Riccardo Gerla auf den Berg führte. Die Information stammt aus verschiedenen Internetquellen (z. B. www. sac-cas.ch/ huetten-und-touren/ sac-tourenportal/ schwa rzhorn-punta-marani-1744/ berg-und-alpinwandern/ [26.01.2021; IW]). Der dt. Name bezieht sich auf die dunkle Farbe des Gesteins. March March f. ist zu schwdt. March f., Pl. Marche n auch unverändert, ahd. marca, mhd. marke, march ‘ Zeichen, speziell Grenzzeichen, wie Marksteine, Gräben, Mauern oder Hecken; Grenzgebiet, Flur- oder Landesgrenze allgemein ’ und ‘ abgegrenztes Gebiet, besonders einer Mark- oder Dorfgenossenschaft ’ (I D . 4, 388 f.) zu setzen. G RICHTING (1998, 131) hat Maarch, Maarchstei ‘ Grenzstein, Markstein ’ mit der Dehnung vor / r+Kons/ . Letzteres kennt auch I D . als March-, Marg(g)stein oder -ste n m. im Sinne von Stein in bearbeitetem Zustand ‘ gesetzter Stein, Grenzstein ’ (I D . 11, 774 f., 853 ff.). Das Simplex t March ist mehrfach belegt, wobei die Nennung in Bürchen, Törbel und Unterbäch den gleichen Gipfel bezeichnet, der den Grenzpunkt der drei Gemeinden bildet. Die fünf weiteren Belege in Fieschertal, Glis, Grengiols, Reckingen und Mund benennen andere Grenzverläufe. Mit attributiven Adjektiven findet sich Heeji March ‘ der hohe Grenzstein ’ (Agarn, Turtmann), beÿ der Höchen March (1781 u. später, Turtmann) und an der Lengen March ‘ an der langen Grenzlinie ’ (1703, Ausserberg). Manuel (PN) 187 188 <?page no="99"?> Als Grundwort ist March in zweigliedrigen Komposita belegt in in der Dorffmarch ‘ in der March (Grenzgebiet) des Dorfes ’ (1589, Niedergesteln), Forgenmarch ‘ die March (Grenze) bei der Forge (wohl: Gabel, Galgen) ’ (1728, Leuk, 1723 under der Forzenmarch), die Lüppenmarch ‘ die March (Grenze) bei der Alpe Lippa ’ (1774, Eggerberg), auf die Rosmarchen (unklar, ob Roossen (Röstplatz für Hanf und Flachs) oder Ross(matte) (Pferdeweide) gemeint), (1732, Visperterminen). Als Bestimmungswort tritt das HL vor allem mit dem HL G RABU (rund 25 Belege) auf; ein Marchgrabu bildet eine Grenze zwischen zwei Gemeinden, Alpen oder Eigentümern. Ähnlich sind Komposita mit den Grundwörtern zu den HLL Bodu, Licka, Schleif, Schluocht, Wang und Wäg zu verstehen. Anders der Marchstei ‘ Grenzstein zwischen Täsch und Zermatt ’ . Hierzu gehört auch bim Drimarchstei ‘ der Grenzstein der drei Gemeinden Bürchen, Törbel und Zeneggen ’ , wobei I D . (11, 855) von einem dreieckigen Marchstein (der Kantone Bern, Solothurn und Baselland) spricht. Unklar ist die Rolle von Tschugge ‘ Fels ’ , der in den komplexeren Konstruktionen Obärmarchtschuggu und Unnärmarchtschuggu (beide Gampel) belegt ist. Vermutlich sind hier der obere und der untere Marchtschuggu gemeint, wo die March (Grenze) zwischen Gampel und Bratsch (früher zwei Gemeinden, heute nur noch eine Gemeinde) durchging. Weitere komplexe Bildungen sind etwa der Inner und der Üsser Marchgrabo ‘ der innere und der äussere Graben, die eine March (Grenze) zwischen den (damals noch getrennten) Burgerschaften von Glis und Brig bilden ’ (Glis) und Marchschliechtgibode ‘ der Boden bei der kleinen Geländeeinbuchtung mit der March (Grenze) ’ (Reckingen). Einen Sonderfall stellt der Name Mattmark (Saas- Almagell) dar. Er erscheint in den ältesten Belegen wie folgt: 1300 Mundmar, 1395 in alpe de montmar, 1475 de monte marino wulgariter jn Montmar, 1511 Montmarch, 1539 am Mundmarg, 1562 jn Muntmar, 1763 die Matmargalpen, 1852 in Matmark. Diese Reihe zeigt, dass ursprünglich ein romanisches Kompositum vorliegt, das wohl die lat. Lemmata MONTEM ‘ Berg ’ und MUREM (eig. ‘ Maus ’ , hier aber wohl) ‘ Murmeltier ’ (nach T AGMANN 1946, 52) enthielt, also der Name ‘ Murmeltierberg ’ für eine Alpe. Erst ab dem 16. Jahrhundert findet eine deutsche Umdeutung statt: Mund wird zu Matt, mar zu Mark, wohl in Anlehnung an das HL M ARCH . Wie SK zeigt, befindet sich auf dieser Alp ein kleiner See, der später mithilfe einer Staumauer zum Stausee Mattmark wurde; das alte Hotel Mattmark (Saas-Almagell) befindet sich heute in diesem See, der als Stausee Mattmark (Saas- Almagell) belegt ist. Die Mattmarkbrigga ‘ die Brücke zum Werk der Mattmark AG ’ (Stalden) jedoch ist nach der Firma benannt, die dort ein Kraftwerk betreibt. Der Name muss heute als Kompositum aus Matt ‘ Mähwiese ’ und Mark ‘ Grenzzeichen ’ verstanden werden, obwohl das keinen vernünftigen Sinn ergibt. Marchande Marchande kommt zunächst im Beleg apud Cristam dol Marchande (1319, Leuk) vor. Vermutlich ist die Form trotz der Endung maskulin, worauf der Artikel hinweist. Ob ein FaN / PN oder die Berufsbezeichnung vorliegt, ist unklar. Das HL ist als marchand in FEW (6, 2, 6) verzeichnet und kommt als Marchandt im Register der HRBS vor, allerdings viel später. Die Deutung ist ‘ beim Hügel des Händlers / des Marchand (FaN/ PN) ’ . Vermutlich gehört auch eys Marchanz ‘ bei den Händlern / bei der Familie Marchand ’ (1355, Agarn) hieher; die alternative Lesung marchauz ist wohl nicht richtig. Marchis Marchis ist nur 1358 in Leuk als eys rees marchis ‘ bei den Sumpfgräben ’ belegt. Nach P H . K ALBERMATTER (p. c.) kann auch marachis gelesen werden. In beiden Fällen ist entweder ein PN oder FaN Marchi gemeint (cf. HL M ARCHY ) oder das HL M ARSCHEN ‘ Sumpf ’ zu marisk (anfrk.) sumpf (FEW 16, 519). Als Deutung wird ‘ Sumpf ’ angenommen, weil supra crossum Rodani ‘ oberhalb der Vertiefung des Rotten ’ zu lesen ist; laut D U C ANGE (2, 627a) ist crossum zu crosum zu stellen, das sich als ‘ Vertiefung ’ wiedergeben lässt; zu rees ist wohl raye ‘ Furche, Graben ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 104) anzunehmen, sodass am ehesten ‘ bei den Sumpfgräben ’ zu verstehen ist. M EYER (1914, 170) stellt rees allerdings zu lat. REGE und meint damit einerseits eine Flur, anderseits den FaN Rey. Letztlich bleibt damit die Frage nach der Deutung offen. Marchy Marchy ist nur belegt in pratum Marchy (1510 u. später, Agarn). Die Konstruktion legt einen PN oder FaN nahe: ‘ die Wiese des Marchy ’ . Der Name ist sonst nicht belegt; es geht aus der Konstruktion nicht hervor, ob es sich um eine latinisierte Form (dann wäre Marchy zum PN Marcus zu stellen) handelt oder nicht. Marcon Marcon ‘ bei den Grenzsteinen ’ ist 1740 in Inden als in Marcon belegt. Da das Dorf noch Jndes genannt wird, ist unklar, ob es sich bei in Marcon um einen deutschen oder einen romanischen Flurnamen handelt. Deutsch käme wohl schwdt. March ‘ Grenzstein, Grenze ’ und wdt. Maarch ‘ Grenzstein, Markstein ’ (I D . 4, 388; G RICHTING 1998, 131) in Frage; die Endung würde dann einen Plural 189 190 Marcon <?page no="100"?> meinen und wäre als ‘ bei den Grenzsteinen ’ zu deuten. Ein romanischer Flurname würde auf lat. MARCUS schmiedehammer (FEW 6, 1, 319 f.) zurückgehen, vgl. G ERSTER (1927, 49 s. v. mark ųɳ ‘ pièce de bois qu ’ on met sur les raisins quand on les presse (Stück Holz, das man beim Pressen auf die Trauben legt) ’ ). Dieser Terminus scheint sich in der Terminologie des Weinbaus (E GLI 1982, 297 f.) erhalten zu haben, ist aber in der Toponomastik kaum vorhanden. Hinzu kommt, dass in Inden selbst kein Weinbau betrieben wurde. Die Deutung geht deswegen vom deutschen Wort aus. Märe Märe f., auch Mära ist zu schwdt. Märch f., in der lebenden Mundart durchgängig Mä(ä)re n ‘ Mähre, Stute ’ , ahd. mer(i)ha, mhd. mehre (I D . 4, 394) zu stellen; bei G RICHTING (1998, 131) hat Määra, Mära ‘ Mähre, Stute ’ sowohl Länge wie Kürze. Unklar ist, warum in den lebenden Belegen von Naters und Ried-Brig ein Typ Mera (mit geschlossenem / e/ ) belegt ist, während sonst lebend ein offenes Mära - Märu erscheint. Das widerspricht eigentlich allen sonst belegten Verteilungen. Das Simplex ist als Mera (Naters) belegt, wo es mit der Merichnubel und der Meritritt ein Namennest bildet. Die Flur liegt direkt an der Massaschlucht in felsigem Gebiet; eine Stutenweide kommt kaum in Frage, eher das Aussehen eines Felsen. Als Plural erscheint t Mere in Ried- Brig auf rund 2000 m im Steinutal; hier könnte eine Stutenweide gemeint sein. Mera ist 1839 auch für Termen belegt, ohne nähere Angaben. Der Typ t Mära ‘ die Mährenweide ’ (Baltschieder, Stalden) ist zweimal belegt; ein Plural findet sich nicht. die Jnder Mera ‘ die innere Mährenweide ’ (1543, Staldenried) weist ein attributives Adjektiv auf. Das HL erscheint als Bestimmungswort vor allem in t Märafelli (Törbel), t Märufelli (Oberems, Zeneggen), wo es auch t Obri und t Undri Märufelli gibt. Historisch kennt auch Embd 1895 an der Oberen Merofelli. Überall sind Stellen gemeint, an denen Stuten hinunterfallen können. Die übrigen Belege sind historisch und nicht immer einfach zu deuten: der Mehre Acher (1792, Ernen) und die Mehre Weith (1792, Ernen) sind wohl ein Acker und in der Nähe die ‘ Mährenweide ’ . an den Meren Bak ‘ an den Mähren-Bach ’ (1306, Saas-Balen), die Mehrebinen ‘ die Pflanzplätze bei der Mährenweide ’ (1755, Gampel) und zúr Mehren Schnitte ‘ bei dem abgeschnittenen Stück der Mährenweide (unsicher) ’ (1839, Eisten) sind weitere Belege. Es ist möglich, dass hier auch mehrere verschiedene HLL vorliegen, doch gibt es keinen Hinweis darauf in den Wörterbüchern. Unklar ist, ob das HL M ÄÄRJELA als Ableitung hieher zu stellen ist (cf. HL M ÄÄRJELA ). Märetschu - Märetschi Märetschu - Märetschi lässt sich aus afrpr. marést š i < *marisca f. ‘ Sumpfland ’ ableiten, das wie frz. marais auf fränkisch *marisk m., mit Suffix-Ersatz / - ISCA / , zurückgeführt werden kann (J ACCARD 1906, 258; M URET 1912, 53; freundliche Mitteilung von W ULF M ÜLLER vom 14.03.2007). Es wird hier als eigenes Lemma behandelt, da seine Verwandtschaft mit Mare und seinen Varianten (cf. HL M AARISSE ) nicht mehr direkt durchschaubar ist. Das Zentrum des Namens liegt in Agarn und Leuk: in beiden Gemeinden liegen Alpe, Seen, Bach und eine Siedlung Meretschi (LT, Leuk) und Märetschuviertil (Agarn), beide am Märetschibach (Leuk, Agarn), auch Märetschubach (Leuk). Zentral ist dabei die Alpe Märetschu (Agarn), (auch Leuk). Für Agarn sind weiter belegt Märetschichar ‘ Mulde auf der Alpe Märetschi ’ , Märetschigletscher, der Märetschugrabu, am Märetschugrabu, der Ober und der Unner Märetschisee und ts Unner Märetschi. Nur historisch belegt ist lateinisch in monte Meretschen ‘ auf der Alpe Meretschi ’ (1809, Agarn). Für Leuk ist neben den schon erwähnten Namen belegt: Märetschiarb ‘ die Arven auf der Alpe Märetschi ’ , Meretschihorn (LT und SK), Märetschimatte, Märetschiritza, Märetschisattil, Märetschiwald, Märetschuwasserfall, der Ober Märetschistafil, der Ober und der Unner Märetschusee, die Obri und die Unner Märetschialpu. Isoliert ist in Ergisch pratum dol marech ‘ die Wiese beim Sumpfgebiet ’ (1328). In Hohtenn gibt es Märetschu (FLNK, LT) und dazu der Määretschuhubil, der Määretschugrabu und t Märetschuweide. Nur 1798 ist in Eischoll Jn Meretzhalten belegt; hier kann auch ein PN Meret im Genitiv vorliegen (I D . 4, 375). In Niedergesteln findet sich 1852 die Meritschen, ohne näheren Kontext. Die Belege im Bezirk Westlich-Raron (Eischoll, Hohtenn und Niedergesteln) können nicht aus dem direkten Kontakt mit Patois-Sprechern stammen, im Unterschied zu Agarn und Leuk. Sie müssen, wenn die Herleitung überhaupt zutrifft, früh ins Walliserdeutsche übernommen worden sein. Marflosa Marflosa ist wie folgt belegt: 1551 die Marflosa, 1598 Marfloosa, 1607 die Marbflosa, 1680 Marlosam flumen. Es handelt sich um einen Bachnamen; laut Eintrag um den heutigen Alpjerbach (J ORDAN 2006, 276 kennt den Namen als Alpjärwassär; gibt aber die verschiedenen historischen Benennungen an). Dieser Bach stammt aus verschiedenen Quellen und fliesst an verschiedenen Orten Märe 191 192 <?page no="101"?> vorbei in die Doveria. Die Schreibungen variieren; eine Deutung ist nicht möglich. Margel Margel n. ‘ Margel ’ ist zu schwdt. Märgel m. ‘ Mergel ’ (I D . 4, 403) zu stellen. K LUGE / S EEBOLD ( 25 2011, 616) geben für mhd. mergel eine Entlehnung aus mlat. MARGILA an, das seinerseits wohl auf ein keltisches Wort zurückgeht. Belegt ist es als ts Maargu (Binn) (1: 10000 Margul); das Neutrum bezeichnet wohl ein Kollektiv, also ‘ sandiger Boden ’ . In Betten ist ts Mergelstei ‘ das Gut im Gebiet, wo es zu Stein verhärteten Mergel hat ’ belegt; Margelstein findet sich in G R W B (12, 2092) als ‘ zu einem Stein verhärteter Mergel ’ . Auch hier gibt das Genus ein Kollektiv an. Als kleines Namennest kommen t Margelsteisita ‘ der steile Abhang beim Gut Margelstein ’ und ts Margelsteiwägi ‘ der kleine Weg zum Gut Margelstein ’ (beide Betten) hinzu. Margellon ist nur 1487 in Lax belegt. Der Text lautet: in der Lowinon de Margellon; die Konstruktion enthält ein lateinisches de, was normalerweise einen Ablativ verlangt. Es ist unklar, ob Margellon ein solcher Ablativ ist, oder den Dativ von Margella ‘ Mergel ’ meint, also ein Rutschgebiet aus Mergel. Es kann sich aber auch um eine Form von Märjela (cf. HL M ÄRJELA ) handeln. 1633 ist in Martisberg von zwei Wasserleitungen die Rede, von der die zweite ihn der Mergillen gefasst wird. Vermutlich handelt es sich hier nicht um das HL M ARGEL , sondern um eine geschriebene Form von Märjela (cf. HL M ÄRJELA ). Margrettun (PN) Margrettun (PN) ist ein Genitiv Singular zum Frauennamen Margar ē ta, Márgr ē t (I D . 4, 402), der erstmals 1613 in Visp als Margrettvn Matta ‘ die Wiese der Margaretha ’ belegt ist. Der gleiche Vorname findet sich in Rifugio Regina Marguerita CAI ‘ die Schutzhütte der Königin Margherita CAI ’ , die auf den Karten auch als Capanna ‘ Hütte ’ erscheint. Gemeint ist die Gattin Margherita (1851 - 1926) des it. Königs, die durch eine Spende die Hütte ermöglichte. Maria (PN) Maria (PN) ist ein PN, der zunächst zur Mutter Jesu gehört; weiter wird er als PN Maria, Marja, Marji, Mar ī , Maja und Kurzformen wie Marjeli, Märjeli, Marili, Majeli u.ä verwendet (I D . 4, 354 ff.). In den Flurnamen erscheint es wie folgt: Cristam Marie ‘ der Hügel der Maria ’ (13. Jh. u. später, Ergisch), wo die Belege supra Cristam Marie de Argessa (1328, Ergisch) (mit Abweichungen) haben. Der Beleg ist als ‘ auf dem Hügel der (hl.) Maria von Ergisch ’ zu verstehen. Die übrigen Belege sind sehr unterschiedlich: Maria am Wäg (FLNK, Randa) ist der Name eines früheren Hotels, das heute als Lager- und Kurhaus dient. 1814 ist in Stalden ein Maria Matten genannt, mit unklarer Deutung. In Bellwald hat FLNK Maria zum Schnee (FLNK, Bellwald, auf rund 2000 m), das aber bei S CHMID (1968) fehlt. In Naters erscheint Mariiahilf als Name einer Kapelle oberhalb des Dorfes (zur Mariahilf-Verehrung cf. HL H ILF ). In Oberems ist ein ts Mariahoru ‘ Marienhorn ’ belegt, in Ergisch ein Mariiuhoru ‘ Marienhorn ’ ; die beiden Gipfel sind aber nicht am gleichen Ort; ob sie überhaupt nach Maria, der Mutter Gottes, benannt wurden, ist unklar. Anders ist Tschanta Maria Flüe (FLNK, Albinen) zu verstehen (M ATHIER 2006, 45 (Nr. 9)): es handelt sich um eine Fluh auf ca. 2200 m, die wohl nach Maria, der Mutter Gottes, benannt wurde. Ganz anders lässt sich ts Marjibaabisch Chieli (Hohtenn) verstehen: es handelt sich um einen Felsblock, der nach einer Frau von Hohtenn benannt wurde: ‘ die kleine Kuh (Felsblock) der Maria Barbara (PN) ’ . Marielouise (PN) Mariluwi f. ist zu Marielouise, einem weiblichen PN zu stellen, der so nicht in I D . aufgeführt ist. Der Name ist nur belegt in dr Mariluwis Grund ‘ der Grund der Marielouise ’ (Baltschieder), eine Wiese in der Rottenebene. Es handelt sich um den Namen der (früheren) Besitzerin. Marjunne Marjunne ist nur in t Marjunne (Varen, LT Marjunne) belegt und benennt ein Gebiet mit Reben, das allerdings auf SK noch ohne Reben erscheint. Ob es sich um einen frpr. Flurnamen handelt, ist unklar. Er wird deswegen nicht als frpr. gekennzeichnet. Historische Belege fehlen; eine Deutung ist deswegen nicht möglich. Markus (PN) Markus (PN), it. Marco, ist zum PN Markus (I D . 4, 407) zu stellen. Belegt sind San Marco ‘ San Marco (heute Pfarrei Sankt Markus, auch Gebiet an der Landesgrenze zu Italien bei Gondo ’ (FLNK, Zwischbergen; SK St. Marco, LT S. Marco) und ts Maarkusch Acher ‘ der Acker des Markus (? ) / an der Grenze (March) ’ (Ergisch). Der lebende Beleg legt einen Genitiv von Markus nahe, die historischen Belege sind unklar: 1398 Marken Acker, 1453 zum Marchon Aker, 1510 (? ) zem Marchenacher, 1555 zum Marken Achers (mit einem Genitiv, der eher an March orientiert ist), 1580 zu ᵕ Marcken Achers, 1630 (ca.) Zs Marckun Acher usw.: der PN Markus erscheint relativ spät; vorher scheint eher March gemeint zu sein, also ‘ der Acker an der Grenze ’ . 193 194 Markus (PN) <?page no="102"?> Marolf (FaN) Marolf (FaN) tritt nur einmal im Genitiv Marolfsmatta (1307, Raron) auf. Zum FaN Marolf siehe G REMAUD (5, 188), wo ein Petrus, Sohn des Willelmus Marolf, als Zeuge in einem Akt von 1360 verzeichnet ist. Im F AMILIEN- NAMENBUCH DER S CHWEIZ (2, 1170) ist M AROLF als FaN primär für den Kanton Bern (Erlach, Finsterhennen, Müntschemier und Walperswil) verzeichnet; das Wallis ist hier nicht vertreten. Maroli Maroli ist nur historisch in Salgesch belegt und bezeichnet einen Weinberg (lat. VINEA ). Die Formen sind: 1413 ov Marroley`, 1699 jm Maroli, 1790 Marlè, 1802 im Marrli, 1880 (ca.) im Marrelÿ. Der älteste Beleg legt einen frpr. Namen nahe. Er gehört wohl zum Pflanzennamen M AR- RUBIUM VULGARE (dt. Gemeiner Andorn), der laut L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 818) auch im Wallis belegt war. Vgl. FEW (6, 1, 377 ff. s. v. M ARR Ŭ BIUM ), wo u. a. Belege zu marroil usw. gegeben werden. Marschen Marschen ist nur historisch als Marschen Strase ‘ die Strasse in die Martsche ’ (1880, Salgesch) belegt. in t Maartsche (Salgesch) ist ab 1494 als eys marches und ähnlich belegt; Maartschä ist so in M ATHIER (2015, 97) zitiert, der es zu frz. marche ‘ Grenzland ’ stellt, während T AGMANN (Ms., 71) Martschen notiert, das er vorsichtig zu afrprov. *mart š é(s), einer Entsprechung zu frz. marchais ‘ marchais, mare ’ stellt. In Leuk ist ein neutrales ts Maartschi belegt, das schon 1650 und auch später als jm Martschi erscheint. J ACCARD (1906, 257) stellt Namen des Typs Marche einerseits zum frz. marche ‘ Grenzland ’ und anderseits auch zum frz. marèche ‘ Sumpfland ’ . Hieher dürfte wohl auch die Ableitung t Martschinagillu ‘ der Tümpel im Sumpfland ’ (Leuk) passen. Insgesamt lässt sich die Bedeutung der Namen nicht sicher fassen. Märt Märt ist nur als Bestimmungswort belegt. Es ist zu schwdt. Märkt, Märet, Märit, Märt, Mart m., Pl. Märite n , Märt allgemein wie nhd. ‘ Markt, Marktplatz ’ , mhd. mark(e)t, merket und wdt. Märt ‘ Markt, Handel ’ (I D . 4, 409 ff. und 5, 261; G RICHTING 1998, 133) zu stellen. Am häufigsten ist der Märtplatz ‘ der Marktplatz ’ (Brig, Naters, Stalden, Turtmann, Visp) belegt, also jener Platz, auf dem der Markt stattfand. Heute ist dieser Platz teilweise überbaut. t Märätmatta (Kippel) ist eine Wiese für den Markt, während t Märtmatta (Visp) den gleichen Ort wie der Märtplatz meint; der Märtwendschleif ‘ der Schleif bei der Wende zum Markt ’ (Visp) ist unklar, da die Koordinaten fehlen. In Kippel ist zer Märätmattstapfu ‘ die Stapfe (Zaunübergang) bei der Marktmatte ’ belegt, doch sagt Gwp., es handle sich um die Einmündung der Kirchstrasse in die Talstrasse; die Benennung sei veraltet. Nur historisch belegt ist 1427 in Bitsch Mertweg ‘ der Weg zum Markt ’ , der auch Brigerweg heisst. Marta (PN) Marta (PN) ist ein weiblicher Taufname Marta, Marte (I D . 4, 425). Es sind nur zwei historische Belege überliefert. Sicher ist z Martún Acher ‘ der Acker der Marta ’ mit einem Genitiv (1736, Ergisch). Unklar dagegen der Beleg von 1319 in Lalden fundo Marta (Marca? ). Es handelt sich um eine Wiese, die lat. FUNDUS ‘ Gut, Boden ’ genannt wird. Da Marta als PN eigentlich einen Genitiv aufweisen müsste (Martae od. Marte) ist unklar, ob es sich wirklich um einen PN handelt. Marca ist als Lesart ({c} ist {t} sehr ähnlich) möglich, müsste aber ebenfalls im Genitiv stehen. Der Beleg ist darum unsicher. Martereryr Martereryr ‘ beim Friedhof ’ ist in Ergisch wie folgt belegt: ol martereryr (1328, zweimal), 1453 in martirio, 1510 (? ) jn martirio, 1535 in martirio. Der erste Beleg ist romanisch und kann eine erweiterte Ableitung auf / - ARIU ( M )/ (B OS- SARD / C HAVAN 2006, 288) aufweisen, die späteren sind wohl an das Lateinische angelehnt. Zu stellen ist der Name zu lat. * MARTYRETUM ‘ Friedhof ’ (vgl. griech. martyr märtyrer (FEW 6, 1, 394 ff. und besonders die Bemerkungen zu martyretum S. 396; B OSSARD / C HAVAN 2006, 228)). Laut letzteren Autoren schwankt die Endung sehr. Die an das Lateinische angelehnten Formen beziehen sich eher auf lat. MARTYRIUM märtyrergrab, märtyrertum (FEW 6, 1, 397 ff.) Marunglii Marunglii ist lebend als im Marunglii (Albinen) belegt. M ATHIEU (2006, 17 und 19) kennt es als Marungglii. Historisch ist es 1602 als v maroglir (mit Varianten), 1611 als ouz marugli, 1659 als im Marugi, 1675 als ou marugli usw. belegt. Das inlautende / n/ erscheint erstmals 1831. Historisch ist 1794 in Leuk im Marigli und 1694 ebenfalls in Leuk im Maring erwähnt. Das ersterwähnte Marigli dürfte mit dem in Albinen belegten Marunglii identisch sein, sollte doch dort laut Dokument Kalk gebrannt werden. Hingegen ist im Maring laut Beleg ein Garten, der sich in Leuk befindet. Ersteres lässt sich am ehesten zu *marr- (vorröm.) stein (FEW 6, 1, 368 ff.) stellen; falls [-gl-] in den Belegen ursprünglich als mouilliertes / l/ zu verstehen wäre. In FEW ist marre einmal für Couze (Dordogne) als ‘ calcaire ’ belegt. Die Marolf (FaN) 195 196 <?page no="103"?> Herleitung ist aber so unsicher, dass eine Deutung nicht möglich ist. Märweri Märweri f. ist nur in Münster belegt: in der Merwereiu ‘ in der Aue beim (gemeinsam bearbeiteten) Acker ’ (1750, Münster) und t Kaplaamärweri ‘ der (gemeinsam bearbeitete) Acker des Kaplans ’ (Münster). Der Name ist wohl eine Ableitung auf / - ERI / zum Verb märwen (I D . 4, 429) ‘ sich verbinden, sich vereinigen ’ , verwendet für ein gemeinsames Ackern eines Ackers (vgl. G ’ märber, I D . 4, 429). Das HL ist sonst nicht belegt. Marx (PN) Marx (PN) ‘ des Markus ’ ist als Genitiv zum PN Markus (I D . 4, 407) zu stellen, im Wallis auch als Familienname Marx (AWWB 163) belegt. In Flurnamen wird der Genitiv des Besitzers oder Nutzers vorangestellt: Marggsch Halta ‘ die Halde des Markus / der Familie Marx ’ (Kippel), Zmargs Stadel ‘ der Stadel des Markus / der Familie Marx ’ (1692, Mörel), das Marx=Mättelti ‘ die kleine Wiese des Markus / der Familie Marx ’ (1762, Termen), beÿ Marx Stadel ‘ beim Stadel des Markus / der Familie Marx ’ (Greich). Auch t Maartschweng ‘ die Grasabhänge des Markus / der Familie Marx ’ (Bellwald) gehört hieher, nach Ausweis der historischen Belege von 1824: Margx Wengen. Mascheri (FaN) Mascheri (FaN) m. ist in Leukerbad belegt. Laut Gwp. sei jedoch das anlautende / m/ agglutiniert; der Name werde Ascheri geschrieben. Als Aschere ist er bei R. G RICHTING (1993, Blatt 11, Nr. 10) belegt, weiter sind dort Ascherebodu (Blatt 11, Nr. 17) und Ascherehoru (Blatt 11, Nr. 11) genannt, teilweise auch auf andern Blättern. Ascherehoru (FLNK, Leukerbad) steht in der Datenbank des VSNB. Neben im Mascheri (mit Erstbetonung) sind in Leukerbad belegt: t Mascheriheechi ‘ die Höhe beim Mascheri ’ , der Mascheri Bodu ‘ der Boden im Gebiet Mascheri ’ . SK hat Mascherel Wald gleich daneben. In Guttet ist historisch Mascheresweyd (1670) belegt. Wenn der Name Mascheri original ist, dann ist er wohl zum rom. FaN Masserey, Masserelli, Mascherel (AWWB 164) zu stellen. M EYER (1914, 167) führt für das Einfischtal den FaN Masarei auf Macherel zurück; J ACCARD (1906, 248) hat Macherel für den Ortsnamen Masserey und den Weilernamen Mâcherey, beide im romanischen Wallis. Mascheri dürfte also ein FaN sein. Mäscherne Mäscherne ist wohl zu schwdt. Maschele n , Mäschele n , Meschele n , Mäsch, Mäsche n , Mäschel, Meschel f. ‘ weiblicher Hanf ’ (I D . 4. 502) mit dem fem. Suffix / - ERNA / zu stellen, das als Kollektiv eine Menge von Pflanzen meint (cf. Blackerna ‘ Ort, wo es viele Blacken hat ’ ). Das HL ist wohl aus dem lat. MASC Ŭ LUS ‘ männlich, männchen ’ (FEW 6, 1, 425 ff.) in der Bedeutung Weibliche Hanfpflanze übernommen. Belegt ist nur der Plural t Mäscherne ‘ die weiblichen Hanfpflanzen ’ (Leukerbad) und der Mäschernugrabu ‘ der Graben bei den Mäscherne ’ (Leukerbad), der auch bei R. G RICHTING (1993, Blatt 21, Nr. 3) als Mäschärnugrabu erscheint. Vermutlich auch hieher gehört zuo Mäschginen ‘ bei den kleinen weiblichen Hanfpflanzen ’ (1663, Bratsch), das das HL ohne das Suffix / - ERNA / aufweist. Zum Vorkommen der Pflanze cf. HL H ANF . Maschi (FaN) Maschi (FaN) ist nur belegt in Maschihuis ‘ das Haus der Familie Masen ’ (Simplon). Nach A RNOLD (1984 [1947], 235, 256) und J ORDAN (2006, 57) ist es zum FaN Masen zu stellen, der später zu Maschen (erstmals 1561) wird; historische Belege mit Magen (1384, 1669) lehnen sich eventuell an Mage ‘ Verwandter ’ (G R W B 12, 1435) an. Ein früher Beleg in Camascha (1357) ist wohl eine italienische Übersetzung von Maschihuis. Maschiinu Maschiinu f., oblique Form, ist belegt in ts Maschiinuhüsi ‘ das kleine Maschinenhaus (des Elektrizitätswerks) ’ (Visperterminen). Das HL ist zu schwdt. Maschine n f. ‘ Maschine, mechanische Einrichtung ’ und wdt. Maschiina, Maschiinu ‘ Maschine ’ zu stellen, entlehnt aus frz. machine f., dieses aus lat. M Ā CHINA (I D . 4, 502; G RICHTING 1998, 133; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 604). Mascht Mascht m. ist nur als bim Maschtu Vieri ‘ bei Masten Vier ’ (Saas-Fee; LT Maste 4) belegt. Gemeint ist eine Haltestelle der Seilbahn auf das Fels-Chin. Zu stellen ist Mascht zu nhd. ‘ Segelbaum ’ , ahd. und mhd. mast (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 606); die Bedeutung als Mast einer Seilbahn ist eine Adaptation der alten Belege. G RICHTING (1998, 133) hat wdt. Mascht (w. u. m.) ‘ Mast, Elektromast ’ . Mäss Mäss n. ‘ das Mass ’ ist zu schwdt. Mës(s) n. ‘ Mass, bes. Längen-, Hohlmass, Messgerät ’ , den Verben mësen und mëssen ‘ messen ’ und wdt. Määss, Maass ‘ Ausmass ’ , resp. mässe, mässä (Goms), mässn (Lötschental), mässu ‘ messen ’ (I D . 4, 450 ff.; I D . 4, 456 ff.; G RICHTING 1998, 133) zu stellen. In Alpengebieten bezeichnen die Namen meist Stellen, die mit der Milchmessung in Zusammenhang standen; an den Mess-Tagen wurde der Milchertrag der 197 198 Mäss <?page no="104"?> Kühe gemessen und damit bestimmt, wie gross der Anteil der Besitzer am Alpnutzen ist. Als Grundwort kommt das HL nur im Kontext ts Wiichilmäs (Niedergesteln) und historisch als das Wichelmes (1832, Blitzingen), im Wichelmes (1846, Selingen), Winkelmäs (1860, Mund) vor. Es ist zu Winkelmass (I D . 4, 456) zu stellen, wobei Winkel dem sog. Staubschen Gesetz unterliegt und zu Wiichel o. ä. wird (G RICHTING 1998, 239). Die Benennung ist metaphorisch für die Form des Geländes. Typischerweise erscheint das HL jedoch als Bestimmungswort, meist in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern: Biel, Brunnu, Chumma, Etz, Flüö, Grabe, Hitta, Matta, Stafel, Tola, Wang und Weid. Hier ist meistens Mäss im Sinn von ‘ Ort der Messung des Milchertrags der Kühe ’ zu verstehen. Sicher anders ist Mess Stein (1880 (ca.), Salgesch), wo ein ‘ Vermessungsstein ’ gemeint ist. Unsicher ist t Mäszig ‘ die Mess-Züge ’ (Unterbäch), wo laut Gwp. “ Lawinenzüge mit Lawinenverbauung ” gemeint sind; hier könnte eine Messung der Lawinentätigkeit gemeint sein (unklar); ähnlich ist der Mässtschuggu ‘ der Fels, dessen Bewegungen gemessen werden (nach Gwp.) ’ (St. Niklaus) zu verstehen. In Blatten ist dr Äswang belegt, der auch als dr Mäswang ‘ der Grasabhang, wo der Milchertrag der Kühe gemessen wurde ’ benannt ist. Wahrscheinlich ist, dass der erste Name durch Abtrennung von / m/ aus dem zweiten entstanden ist. Ein Problem stellen das mehrfach belegte t Mäslowwi (Mund), t Mässlowwina (Eisten, Staldenried) und die komplexeren der Mäslowwigrabo (Mund, Staldenried), der Mäslowitritt (Mund), der Mäslowwizug (Staldenried) dar. Das HL L ÖUWINA meint normalerweise einfach ein Rutschgebiet; es kann - wie in Staldenried - auch ein Stafel einer Alpe sein. Darum dürfte, trotz aller Bedenken, auch hier generell von einem Rutschgebiet die Rede sein, bei dem der Milchertrag der Kühe gemessen wurde. Ebenfalls schwierig ist t Mässleiber ‘ die Gebiet mit Laub bei der Mässflue ’ (Steg), ein Plural, zu dem es der Mässloibgrabu (Simplon), der Mäslöübgrabu (Saas-Almagell), der Mäslöübrigg ‘ der Rücken beim Mäslöübgrabu ’ (Saas- Almagell) gibt. Es scheint, als sei hier ein Pflanzenname Mässlöüb vorhanden, doch findet sich in der verfügbaren Literatur kein derartiger Hinweis. Und der Plural Leiber (Steg) deutet nicht auf eine Vereinfachung von Mässlowwi hin. Mit attributiven Adjektiven finden sich mehrere Komposita: t Alt Mässhitta (Grengiols) und Niwi Mässhitta (LT, Grengiols), t Erscht, di Zweit und Dritti Mässhitta (alle Ried-Mörel), der Chli und der Gross Mäswang ‘ der kleine und der grosse Grasabhang, wo der Milchertrag der Kühe gemessen wurde ’ (Münster) und viele andere. Noch komplexer ist etwa der Fooder Mässflüegrabu ‘ der vordere Graben bei der Mässfluh (Fluh beim Ort, wo der Milchertrag der Kühe gemessen wird) ’ (Hohtenn) und andere. Eine / - ERA / -Ableitung (S ONDEREGGER 1958, 471 ff.) findet sich in t Mässera (Grengiols) und Mässere (FLNK, Binn), historisch wohl auch in Dmesseru ‘ die Mässera ’ (1692, Filet) und meint ‘ der Ort, wo der Milchertrag der Kühe gemessen wurde ’ . Der Name in Grengiols bezeichnet eine Wiese, die sich auf rund 1750 m befindet, der Name in Binn eine Alpe auf etwa 2000 m. Zu letzterer gibt es eine Reihe von Komposita wie t Mässeraupa ‘ die Alpe Mässer ’ (mit / l/ -Vokalisierung), der Mässerbach ‘ der Bach, der aus der Mässeralp herunterfliesst ’ (Binn), Mässerchäller ‘ der (Käse-)Keller der Mässeralp) ’ (FLNK, Binn), ts Mässerseewji ‘ der kleine See auf der Mässeralp ’ (Binn). Grengiols kennt der Mässerestäg ‘ die Brücke über den Mässerebach ’ , der sich bei der Mässera befindet; unklar ist, ob der hier erwähnte Mässerebach (auf SK als Messerbach) identisch ist mit dem Saflischbach. Hingegen ist der Mässerwald (Bister, Grengiols) - identischer Ort - zwischen Bister und Grengiols weit entfernt von jedem anderen namengebenden Ort. In den meisten Fällen dürfte also der Flurname auf den Ort zurückzuführen sein, wo der Milchertrag der Kühe bei der Alpung gemessen wurde; manche der Benennungen sind so aber nicht deutbar. Massa Massa ist der Name des Baches, der vom Grossen Aletschgletscher zum Rotten hinunterfliesst und dabei das Massachi, eine tiefe Schlucht, ausgewaschen hat. Heute ist der Bach im Gebiet Gebidum gestaut; das Wasser wird im Kraftwerk Bitsch zur Stromproduktion durch Turbinen verwendet. Im Bereich des Stausees gibt es heute einen Klettersteig mit Hängebrücke. Die ältesten Belege für den Bachnamen sind 1235 Masona, 1255 Massona, 1287 Massona, 1301 la Massonna. Es liegt also wohl ein romanischer Bachname auf / - ONA / vor, der für Bäche und Flüsse typisch ist. J ACCARD (1906, 264) schlägt gall. *mass- ‘ schön ’ und -ona ‘ Fluss, Quelle ’ vor. G UEX (1938, 358; 1976, 178 f.) hingegen beruft sich auf H UBSCHMIED und leitet den Namen vom Stamm mag > lat. MAGNUS ‘ gross ’ ab. Massa, ursprünglich *Magsa, soll ‘ die Starke, die Mächtige ’ bezeichnen, wobei damit nicht der Fluss selber, sondern die Gottheit des Flusses gemeint ist. Da in der Walliser Belegreihe ein Hinweis auf ein früheres / -g-/ im Namen fehlt, bleibt diese Herleitung spekulativ (W ERLEN 1991, 249). Einfacher wäre die Hypothese, lat. MASSA ‘ die Masse ’ (FEW 6, 1, 441 ff.) als Grundwort zu nehmen; die Massa bringt während der Schneeschmelze nicht nur viel Wasser, sondern auch Massa 199 200 <?page no="105"?> tonnenweise Sand mit sich, der für die Fruchtbarkeit des Talgrundes zwischen Bitsch und Naters (im Massaboden) sorgte. Das Simplex Massa ist belegt in Naters, Ried- Mörel und Bitsch. Als Bestimmungswort tritt es zusammen mit Bodo, Bord, Brigga, Chi, Egg(a), Schlüecht, Wäg und Wasserleita auf. Ein Sonderfall ist das für Ried-Mörel belegte Massa-Wasserteilung (1660); es handelt sich vermutlich nicht um einen Namen, sondern ein Appellativ. Adjektivische Bildungen sind der Obere und der Untere Massabodo und die Obere und Untere Massegga. Rätselhaft sind drei Belege, die unmittelbar wohl nicht mit der Massa zu tun haben können: An der Maseggen (1679, Birgisch), An der Maseggen (1425, Mund) und Massenbrúck (1732, Mörel). Während der letzte Beleg etwas mit der Bezirksgrenze zwischen Brig und Westlich-Raron zu tun haben könnte, sind die beiden ersten schwer zu erklären; in Mund könnte es sich auch um einen FaN handeln, in Birgisch dagegen ist der Ort (beim Safrangarten) zu weit von der Massa weg. Was aber sonst für ein Namenmotiv vorliegt, ist unklar. Massholter Massholter ist zu schwdt. Massholder(e n ) f., ahd. mazzoltar, mazzaltra, mhd. massalter, massolter ‘ Berg-, Feldahorn ’ (I D . 2, 1187) zu stellen. Als Flurname kommt das HL im Neutrum als Kollektiv oder im Plural vor. Feminine Formen fehlten. Die Simplizia ts Massolter und ts Massholter ‘ das Ahorngehölz ’ kommen sieben Mal vor. Zweimal sind die Plurale ze Massoltru ‘ bei den Ahornen ’ (Oberems, Unterems) belegt. Die unter A CER genannten Baumarten sind bei L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 550) belegt, die meisten kommen auch im Wallis vor. Als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita kommt das HL zusammen mit folgenden Grundwörtern vor: Egg(a), Grabu, Grund, Riische und Stock. Einzelne Bemerkungen der Gwpp. (z. B. ‘ Eichenart ’ (Ausserberg)) zeigen, dass nicht immer klar ist, welche Baumart gemeint ist. Das lat. arbusculum carpineum (1592, Leuk und Salgesch) - eigentlich ‘ das Hagebuchenbäumchen ’ - wird mit Massholterstock übersetzt. Massoni (FaN) Massoni (FaN) ist zum FaN Massoni zu stellen, der nicht mehr belegt ist. Er kommt vor in der Massonibitz ‘ das kleine Stück Land der Familie Massoni ’ und der Massonigrund ‘ der Grund der Familie Massoni ’ (beide Baltschieder), Laut Gwp. zum zweiten Eintrag war der Besitzer aus Visp; das F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (2, 1182) kennt den aus Italien stammenden Namen nur für den Kt. Glarus; für Visp liegt keine Einbürgerung vor. Matarooni Matarooni ist nur belegt in Tschiima Matarooni (Zwischbergen), einem Gipfel, der laut LT Cima Mattaroni (2236 m) heisst. Vermutlich liegt ein italienischer FaN vor, doch ist diese Deutung unklar. Der Gipfel liegt nach VSNB noch auf Schweizer Territorium; auf der Karte ist er aber als Grenzgipfel eingezeichnet. J ORDAN (2006, 296) verzeichnet ihn als Tschima Mattaróni, ohne Deutung. O LIVIERI ( 2 1961; 1965) hat hierzu keinen Eintrag. Mathieu (FaN) Mathieu (PN) ist nur in t Mattjubedu ‘ die Böden der Familie Mathieu ’ (Unterems, FLNK Mattjibedu) belegt. Dass es sich hier um einen FaN handelt, legen die historischen Belege von 1839 Mathieu Boden und 1846 Mathj ŭ Boden nahe. Der FaN Mathieu ist in AWWB (164 f.) belegt; die Familie stammte ursprünglich aus Albinen und breitete sich später im Oberwallis aus. Mathilde (PN) Mathilde (PN) ist nur als Mathildespitze ‘ die Spitze (Felsspitze) der Mathilde (Gipfelname, unklar, zwischen Jungfrau und Jungfraujoch) ’ (LT, Fieschertal) auf 3554 m (Höhenangaben unterschiedlich) belegt (vgl. W ERLEN 2008, 604). Es ist nicht bekannt, von wem dieser Name warum gegeben wurde. Matta Matta (Matte im Goms, Mattu im Bezirk Leuk) ist das am häufigsten (rund 2500 Belege) verwendete Lemma. Es ist zu schwdt. Matte f., Pl. Matte n , Dim. Mattli, Mätt(e)li ‘ ebene Grasfläche, Wiese, bes. im Talgrunde, die das Heu für den Winter liefert, daher dem Viehtrieb nicht geöffnet wird, auch Bergwiese, im Flachland Wiese überhaupt ’ , mhd. mate und wdt. Matta, Mattä (Goms), Mattu ‘ Wiese ’ (I D . 4, 548; G RICHTING 1998, 133) zu stellen. R ÜBEL (1950, 66) führt bei der Besprechung der Bodennutzung aus, dass Matta “ als eng umgrenzter Nutzungsbegriff ” verwendet wird: “ eine im Privatbesitz bewirtschaftete Grasfläche, die gemäht wird und deren Ertrag Viehfutter für den Winter liefert ” . Sobald das Gras jedoch vom Vieh abgeätzt wird, wird die Matte zur Weide (auch Etzweide). Wird eine Matte bebaut, kann sie auch Acker genannt werden, genau so, wie ein erlegener Acker wiederum zur Matte werden kann; Gwpp. sprechen dann von ‘ gezierten Äckern ’ (zu ziere siehe G RICHTING 1998, 246). Formal tritt Matta als Simplex Matta f., Pl. Matte recht selten auf. Diminutive sind Matti n., Pl. Mattini, Mattji n., Pl. Mattjini, Mattelti n., Pl. Matteltini, Mättji n., Pl. Mättjini, Mättelti n., Pl. Mätteltini, Mettji n., Pl. Mettjini, Mettelti n., Pl. Metteltini, wobei im Einzelfall die Nebenvokale variieren können. Aber auch hier sind Simplizia 201 202 Matta <?page no="106"?> eher selten. Plurale und Singulare wechseln generell ab - Plurale bezeichnen im Allgemeinen eher grössere Flächen. Als Präposition tritt häufig in der / in den auf; gemeint ist dann das Gebiet, wo sich die Wiesen befinden. Verwechslungen mit den Typen Mad n. und Mettle - Mettja f. sind in Einzelfällen möglich; der FaN und Zugehörigkeitsname Matter kann zu Matta ebenso wie zu Mad gehören. Die weitaus meisten Belege von Matta enthalten dieses als Grundwort. Dazu gibt es einige häufig auftretende Kombinationen: Hüsmatta (nach R ÜBEL 1950, 68) und Hofmatta sind nahe beim Haus gelegene, bewässerte Wiesen, Kirchmatta und Kapällumatta gehören meist zum Kirchen-, resp. Kapellengut, ebenso wie Spittelmatta zum Gut eines Spitals. Bewässerungseinrichtungen prägen die Trogmatta, die Brunnenmatta, die Chänelmatta, während die Lage bei einem Kreuz oder einer Wegkreuzung die Chrizmatta kennzeichnen. Zu diesen Komposita stellt sich eine lange Reihe von weiteren, die etwa die Besitzer oder Nutzer nennen (z. B. Diezigmatten ‘ die Wiese der Familie Diezig ’ (Ried-Brig)), darunter auch die Alusuisse in Chippis, die t Aleminjummattu ‘ die Aluminium-Wiese (Wiese der Alusuisse in Chippis) ’ (Leuk) besass, die Lage (z. B. Milimatta ‘ die Wiese bei der Mühle ’ (Bellwald u. ö.), die Weidetiere (Chiematta ‘ Wiese für die Kühe ’ (Mund) oder Chalbermatta ‘ Wiese für die Kälber ’ (Mund)). Doppeldeutig ist Rossmatta ‘ Wiese für die Pferde ’ (Mund) vs. Roosmatta ‘ Wiese mit Röstplatz für Hanf und Flachs ’ (Ried-Mörel). Was auf den Wiesen wächst, findet sich in Lischmatta ‘ Wiese mit Lischgras ’ (Fiesch) oder Dischtulmatta ‘ Wiese mit Disteln ’ (Ried-Brig). Viele Wiesen werden nach ihrer Lage bei einem Weiler oder einer andern Siedlung benannt (z. B. Ladumatte (Hohtenn) beim Weiler Ladu). Eine Rolle spielen auch Lagen beim Wald wie in Waldmatta ‘ Wiese beim Wald ’ (Visperterminen), Holzmatta ‘ Wiese beim Holz (Wald) ’ (Blatten), Loomatta ‘ Wiese beim Loo (Wald) ’ (Eischoll) oder bei Bäumen (Eschmatta ‘ Wiese bei den Eschen ’ , Teelmattu ‘ Wiese bei den Dählen ’ , Eichmatta ‘ Wiese bei den Eichen ’ , Haselmatta ‘ Wiese bei den Haselstauden ’ , Tammatta ‘ Wiese bei den Tannen ’ ), aber auch bei Schluchten (Chimatta ‘ Wiese beim Kinn (Schlucht) ’ (Stalden), Ecken (Eggumatte ‘ die Wiesen bei der Ecke ’ (Zeneggen)) oder Felsen (Tschugge) Tschuggmatta ‘ die Wiese bei den Felsen ’ (Zwischbergen)). Unklar ist manchmal, ob die Beschaffenheit oder die Lage gemeint ist, etwa bei Steimatta ‘ die Wiese mit Steinen / bei den Felsen ’ (Ausserbinn). Und in einigen Fällen ist ein metaphorischer Gebrauch wahrscheinlich: die Wiese sieht aus wie ein Giebel (Gibelmatta (Visp)), wie eine Geige (Gigimatta (Oberems, wohl nach Alpe Giigi) oder wie eine Ahle (Allesenmatten (Raron)), sofern es sich nicht um einen PN handelt. Neben den Komposita im engeren Sinn gibt es Attributbildungen, die auch zu Adjektiv-Nomen-Komposita werden können. Wir finden Lengi Matta ‘ lange Wiese ’ Zwischbergen, Churzi Mattu ‘ kurze Wiese ’ (Ergisch), Beeschi Matte ‘ böse (schwer zu bearbeitende) Wiesen ’ (Steg), Gaalti Matta ‘ die brach liegende, unfruchtbare Wiese ’ (Turtmann), Leidi Mattä ‘ unschöne, unfruchtbare Wiesen ’ (Bratsch); neben Adjektiven auch andere Attribute wie Stotzundi Mattu ‘ steile Wiese ’ (Ergisch). Unklar ist jn der Affreton Matton (1345, Gampel), wo wahrscheinlich eine Form von AFTER ‘ hinten ’ erscheint (also: ‘ in der hinteren Wiese ’ ). Komposita dieser Art sind: Lengmatta (Mund), Breitmatta (St. Niklaus) und andere, die oft nicht fest zu sein scheinen. Weiterbildungen zu Komposita sind eher selten: so kennt Wiler den Namen t Nidrun Mattuschiirä ‘ die niederen (tiefer liegenden) Scheuern bei den Wiesen ’ . Hier werden einige Scheuern, die im Gebiet der niederen Wiesen stehen, näher bezeichnet. Die Koordinatensysteme der Höhe ober - nider, ober - unter, der Lage im Tal vorder - hinter und auch mittlerwerden, wie üblich, häufig verwendet; Beispiele finden sich in der Datenbank. Selten ist Matta- (auch endungslos als Matt-, oft mit Madverwechselbar) als Bestimmungswort. Neben dem Typ Mattachra ‘ die Äcker bei der Wiese ’ ist prominent die Fügung Mattwald ‘ Wald bei einer Wiese, bei einer Mähwiese ’ und sie ist doppeldeutig (zu Matta oder zu Mad); im Fall des Gipfelnamens Mattwaldhoru (Visperterminen) ‘ erbt ’ der Gipfel den Namen von der Mattwaldalp (Eisten), die ihreseits vom Mattwald her benannt ist. Unklar ist der Gemeindename Zermatt: die Fügung deutet auf ein Femininum (also Matta) und nicht auf ein Neutrum (also Mad) hin; das stimmt mit dem älteren, romanischen Name Praborgne überein, der lat. PRATUM ‘ Wiese ’ enthält. Matterhorn, Mattertal und die Matter Vispe sind vom Gemeindenamen abgeleitet. Die Vielfalt der Namen ist so gross, dass eine Reihe von Einzelbelegen nicht gedeutet werden kann. Näheres dazu findet sich in den Artikeln zu den verwendeten Lemmata. Besonders zu erwähnen ist der Typ Allmatte (Agarn, Leuk, Leukerbad), der wohl Allzu zum frpr. aulne ‘ Erle ’ enthält (cf. HL A LL ). Matter (FaN) Matter (FaN) ist zum FaN Matter, Mattere (AWWB 165) zu stellen; für Mund erwähnt ihn J OSSEN (1989, 77). Belegt sind durchwegs Genitive: (lat.: decima) Mattero ‘ der zehnte Teil der Familie Matter ’ (1393, Mund), Matteren Schleif ‘ der Schleif der Familie Matter ’ (1731, Leuk), Matterogwald ‘ das waldige Gebüsch der Familie Matter ’ (1890, Täsch, wobei Gwald zu Mattero gesetzt ist und Matter (FaN) 203 204 <?page no="107"?> wohl zusätzlich kollektiv ist), Mattero Schleif ‘ der Schleif der Familie Matter ’ (1742, Ried-Mörel) und Matters Eÿa ‘ die Aue der Familie Matter ’ (1531, Brigerbad). Matthäus (PN) Matthäus (PN) ist der Personenname Matthäus, schwdt. auch Matt ē , oder der FaN Mathieu, Mathiodi, Matheodi, Mathiud, Mathiou (I D . 4, 551 f.; AWWB 164). Nicht immer ist das HL zu unterscheiden vom PN Matthias. In Ergisch könnte der FaN Mathieu gemeint sein. Das HL ist nur als Genitiv oder Bestimmungswort belegt: in prato Mathei ‘ (lat.: ) in der Wiese des Matthäus ’ (1351, Agarn), die Mathien Bine ‘ der Pflanzplatz des Matthäus / Matthias ’ (1861, Lalden), die Matjen Matten ‘ die Wiesen des Matthäus / Matthias ’ (1794, Ried-Brig), in Mattiu Acker ‘ im Acker des Matthäus / der Familie Mathieu ’ (1798, Ergisch), t Mattjuntschugge ‘ die Felsen des Matthäus / Matthias ’ (Törbel), ts Mattjusch Sand ‘ das Sandgebiet des Matthäus / Matthias ’ (Baltschieder). Matthias (PN) Matthias (PN) ist zum Taufnamen Matthias, schwdt. auch Matt ī s, oder zu dem wahrscheinlich von diesem abgeleiteten Walliser FaN Mathier, Mathie, Mathieri (AWWB 164; I D . 4, 553 f.) zu stellen. Der PN ist belegt in das … Mathias Stücklein ‘ das kleine Stück Land des Matthias (PN) ’ (1832, Geschinen), Mathesbodun ‘ der Boden des Matthes (Matthias, Matthäus) ’ (1532, Raron), an des Mathes Eggen ‘ an der Ecke des Matthes (Matthias, Matthäus) ’ (1758, Münster). Der FaN findet sich in der Matjerschleif ‘ der Schleif der Familie Mathier ’ (Visp). Mattig (FaN) Mattig (FaN) ist zum FaN Mattig (AWWB 165) zu stellen, der laut AWWB auch als Mattisch belegt ist, hinter dem auch ein PN wie Matthias oder Matthäus stehen kann (cf. HL M ATTHÄUS (PN) und HL M ATTHIAS (PN)). Belegt sind als allein stehende Genitive Mattigsch ‘ das Gut der Familie Mattig ’ (EK, Eggerberg) und ts Mattigjisch ‘ das Gut der Familie Mattig ’ (Bister), wobei der Diminutiv eine übliche Alltagsform für FaN darstellt. Weitere vorangestellte Genitive auf / - IG / sind Mattjigoschlüocht ‘ die Geländeeinbuchtung der Familie Mattig / der Leute des Matti ’ (Ausserberg), der Mattjiguwald ‘ der Wald der Familie Mattli (zu Matthias, Matthäus) ’ (Raron), vff Mattügo Tschuggen ‘ auf dem Felsen der Familie Mattig / der Leute des Matti ’ (1599, Baltschieder). 1675 ist in Biel der Mattiger Briggen und 1678 beÿ der Mattliger Briggen belegt. Hier sind vermutlich die Einwohner oder Besitzer des Weilers t Bieligermatte in Biel gemeint. Mattji (PN) Mattji (PN) tritt nur ein Mal im Beleg ts Mattjisch Hitta ‘ die Hütte (heute Hofstatt) des Mattji ’ (Naters) auf. Laut Gwp. handelt es sich um eine Hofstatt (also Ort, wo eine Hütte gebaut werden könnte), aber ohne Hütte. Es ist unklar, ob hier ein Kurzname zu einem Vornamen wie Matthias vorliegt, oder ein Familienname zu Matter oder ähnlich. Das Diminutivsuffix / - JI / wäre dann an den reduzierten Stamm Mattangefügt worden. Eine ebenfalls mögliche Diminutivbildung zum HL M ATTA ist nicht auszuschliessen, aber in der vorliegenden Genitivkonstruktion eher unwahrscheinlich. Mattlis (FaN) Mattlis (FaN) ist ein alter, erloschener FaN Matlis, Mattlis, Mattli (AWWB 165), vermutlich im Genitiv. Belegt ist er in Mattlis Hüs ‘ das Haus der Familie Mattli ’ (1711, Ulrichen), in Mattlis Boden ‘ im Boden der Familie Mattli ’ (1679, Ernen) und in Mattlis Feld ‘ im Feld der Familie Mattli ’ (1679 (ca.), Ernen). Mättwa Mättwa f. ist einmal belegt als ine Mättwu ‘ in den zu mähenden Wiesen ’ (Visperterminen, FLNK und LT Mättwe). Laut Beschreibung handelt es sich um einen Alpstafel der Alpe Visperanz im Nanztal. Der Beleg enthält einen Plural. Z IMMERMANN (1968, 67) führt den Namen auf eine Grundform *matt-i-wa ‘ zu mähende Wiese ’ im Gegensatz zur Weide zurück. Die von ihm zitierte Quelle (S TEINHAUSER , W ALTER (1952), Germanische Graswirtschaft und deutsche Wortgeographie. In: Zeitschrift für Mundartforschung 20, S. 83) enthält auf der angegebenen Seite vergleichbare Formen, nicht aber die hier vorausgesetzte *matt-i-wa. Dennoch dürfte die Deutung zutreffen. Mätza Mätza f. ist unklar. Zwar kennt I D . (4, 613) ein Mätze f. in der Bedeutung ‘ weibliches Tier ’ , als Flurname kann dieses Wort jedoch kaum gebraucht werden. Das Simplex Mätza ist in Bellwald belegt, historisch erscheint Jn der Mazen (1702, Steg), weiter ist ein Diminutiv im Plural Mätzini in Gampel dokumentiert. Als Bestimmungswort findet sich ts Mätsuhof (Ried- Mörel), wohl zu lesen als des Mätzen Hof, vermutlich liegt hier ein PN Mätz (eventuell zu Matthias) vor. Auf der Karte 1: 10000 steht jedoch Märzuhof, offenbar der heute geläufige Name, worauf sich wohl auch die Bemerkung der Gwp. bezieht, das Gelände sei im Frühling früh aper. Der Mätzungrabem (Blatten) ist ein Graben, das Bestimmungswort könnte auch ein Personenname sein, was aber bei einem Graben eher ungewöhnlich ist. 205 206 Mätza <?page no="108"?> Die Ableitung Mätzig (Bellwald), historisch 1824 Metzig ist schwierig zu deuten. Die / - IG / -Ableitung ist zwar normalerweise kollektiv, also in etwa ‘ die Leute des Mätz ’ ; da aber die Deutung von Mätz als PN unsicher ist, bleibt der Flurname insgesamt unklar. Die Flur befindet sich im Übrigen an einem andern Ort als Mätza (Bellwald). Maxen (FaN) Maxen (FaN) ist zum FaN Maxen zu stellen, in den Urkunden auch Magsen, Magxen, Magschen, Magscho, Magschon geschrieben (AWWB 165). Der FaN kommt in verschiedenen Formen als Bestimmungswort oder im Genitiv neun Mal vor. Belegt sind z Maxen Gadu ‘ der Gaden der Familie Maxen ’ (1741, Raron), in der Maxschen Fúrren ‘ in der Furche der Familie Maxen ’ (1756, Biel), z Magschen Stadel ‘ der Stadel der Familie Maxen ’ (1614, Bürchen). Ein / - I / -Ableitung zeigen zen Maxinen Gillen ‘ beim Tümpel der Familie Maxen ’ (1664 u. später, Leuk), Maxschinen Runs ‘ der Wasserlauf der Familie Maxen ’ (1689, Unterems), zu Maxschinen Huss ‘ beim Haus der Familie Maxen ’ (1697, Turtmann), Magschinen Matten ‘ die Wiesen der Familie Maxen ’ (1589, Leukerbad). Einen starken Genitiv weist ts Maggschisch Böüm ‘ der Baum der Familie Maxen ’ (Niedergesteln) auf, während apud Maxigo Hauss ‘ beim Haus der Familie Maxen ’ (1731, Unterems, früher andere Formen) die kollektive / - IG / - Ableitung im Genitiv Plural zeigt. Mayen Mayen, im Wdt. M ā ji, Maiji, Maiing n. ist zu rom. mayen ‘ Majensäss, Vorsäss ’ zu stellen; das Dim. mayentset wird laut T AGMANN (1946, 48 ff.) im deutschsprachigen Salgesch auch Mantschet ausgesprochen (cf. HL M AYENZET ). Nach dem FlN wurde später die dort ansässige Familie benannt (J ACCARD 1906, 268; M URET , Bulletin G PSR 1908, 27 ff.; R ÜBEL 1950, 81). In Leukerbad bildet Maing / Majing ein Namennest mit der Voralpe Majing als Zentrum: ts Maingbärgji, Majinggletscher, der Mainggrabu, ts Majinghoru, Majingalp, Majingsee und Unner Majing (R. G RICHTING 1993, Blatt 19 u. 20). Majinghoren und Majinglicka sind auch für Ferden belegt; es geht um das gleiche Horn, von der Lötschtaler Seite her. Majing als Simplex, aber an anderem Ort, ist auch für Inden belegt, ebenso für Albinen, wo es als Mayen auch historisch seit 1516 auftritt. In Salgesch wird 1927 Schallbetter Mayen ‘ die Voralpe der Familie Schallbetter ’ erwähnt. In Betten ist ts Maiji belegt; laut R ÜBEL (1950, 81) gilt diese Form eigentlich nur für den westlichen Bezirk Leuk; I D . (4,3) stellt es direkt zu Mai ‘ der Mai ’ und leitet es nicht aus dem rom. mayen ab. Mayenzet Mayenzet ist nach T AGMANN (1946, 48 f.) als Diminutiv zu Mayen ‘ Maiensäss ’ zu verstehen. Belegt ist der Name als eÿs Maÿnchet (1439 u. später, Salgesch), dov Maÿenchet (1413, Leuk), jünger als ts Mantschet (Leukerbad). In Leuk ist Mayentzets Pfaueret 1704 belegt, wohl mit dem FaN Mayentzet (AWWB 166). In Varen kommen vor: alpis dov Maienchet (1388), torrentem dou Majenzet (1388 u. später), de saxo Mayhenchet (1433 u. später) und t Mantschethaltu. In Leukerbad sind belegt der Mantschetgrabu und ts Mantschetsch Hubil. Letzteres enthält den FaN Mantschet (M URET 1908b, 23; AWWB 166) im Genitiv. Meceyr Meceyr ist nur 1320 in Leuk als Meceyr belegt. Laut Dokument handelt es sich um ein Feld (campo, Abl. Sg. konstruktionsbedingt). Es ist zu maceria gartenmauer (FEW 6, 1, 9) zu stellen. B OSSARD / C HAVAN (2006, 214 s. v. Mézières) stellen es zu lat. MACERIAS , das sie als “ murailles ” (Gemäuer) übersetzen, hier wohl als ummauertes Feld, Feld mit einem Gemäuer. Mechtral Mechtral ist 1310 in Steg als Mehcttals Matta ‘ die Wiese des Mechtral ’ belegt. Beim Mechtral (mistralis) handelt es sich um einen Beamten des Bischofs, der administrativpolizeiliche Befugnisse hatte (nach G. Z ENHÄUSERN (https: / / hls-dhs-dss.ch/ de/ articles/ 008560/ 2014-09-25 [27. 04. 2020; IW]). Die Schreibung Mehcttals zeigt, dass der Schreiber unsicher war. Die Form Mechtral entspricht der Entwicklung von / st/ zu / xt/ in den frpr. Patois. Medel Medel m./ n. ist in Randa als zum Medel (LT und FLNK zum Medul) belegt, dazu kommen t Medelblatta ‘ die (Fels-)platte beim Medel ’ und ts Medelgufer (FLNK Medulgufer) ‘ das Steingeröll beim Medel ’ . Den gleichlautenden Gemeindenamen Medel (GR) erklären K RISTOL ET AL . (2005, 581) als ungeklärt; die dort angegebenen Deutungen aus lat. META , rom. MEIDA ‘ Heuschober ’ und lat. METALLUM ‘ Metall ’ würden zu einer Betonung auf der zweiten Silbe führen, was weder in Graubünden noch in Randa der Fall ist. Der Name bleibt daher unklar. Meer Meer ist entweder ein Adj. und zu schwdt. m ē r, wdt. meer ‘ gross, erwachsen ’ (I D . 4, 362; G RICHTING 1998, 134) oder zu Meer n. ‘ das Meer ’ zu stellen (I D . 4, 374), in dieser Bedeutung meist übertragen (TGNB 2, 2, 2007, 384 s. v. Meer und meer). Das HL ist nur als Bestimmungswort Maxen (FaN) 207 208 <?page no="109"?> belegt: im Meerackher ‘ im grossen Acker ’ (1696, Bratsch), im Meeracker ‘ im grossen Acker ’ (1854, Leukerbad), Meerheeji ‘ die grosse Höhe / die Höhe mit viel Wasser (wie ein Meer) ’ (FLNK, Eggerberg), Meerstei ‘ der grosse Stein ’ (FLNK, St. Niklaus), der Meer Ture ‘ der grosse (Fels-)Turm / der (Fels-)Turm beim Meer (grosse Geröllhalde) ’ (Ritzingen), Meerwang ‘ der grosse Grasabhang / der Grasabhang beim Meer (grosse Geröllhalde) ’ (FLNK, Gluringen). Die letzten zwei Namen liegen nahe beieinander, bei einem grossen Geröllhang, der u. U. metaphorisch als Meer bezeichnet wird. Eine Überschneidung mit dem HL Märe kann in historischen Belegen mit Mera und gesprochenem Meri auftreten (cf. HL M ÄRE ). Meetu Meetu ‘ Heuschober ’ ist primär in Ergisch als zer Meetu ‘ beim Heuschober ’ belegt, wozu der Meetschleif ‘ der Schleif bei der Meetu (Heuschober) ’ , ts Meetukapälli ‘ die Kapelle der Alpe Meetu ’ , der Meetutschuggu ‘ der Felsen unterhalb der Meetu (Heuschober) ’ , t Meetuwaldjini ‘ die kleinen Wälder bei der Meetu (Heuschober) ’ zu stellen sind. Weiter sind belegt 1363 in Gampel de la Meyta ‘ vom Heuschober ’ (Herkunftsname eines Warnerius) und tse Meeteru ‘ bei den Heuschobern ’ (Unterems). Zu stellen sind die Belege zu lat. M Ē TA f. > mea, meya ‘ kegel- oder pyramidenförmige Figur, Heuschober ’ > afrpr. *meides ‘ (bei den) Heuhaufen ’ (H UBSCHMIED 1938, 129 Anmerkung 4; J ACCARD 1906, 267 f.; M EYER 1914, 71; Z INSLI 1984, 349; FEW 6, 2, 52 ff. s. v. m ē ta heuschober; spitzsäule). Dazu cf. HL M EIDU . Megams Megams ist nur 1289 in Visp als am Megams belegt; das Genus kann maskulin oder neutral sein. Der Name lässt sich nicht deuten. Megetschen (FaN) Megetschen (FaN) ist nur in Naters 1674 als siluam Megetschigo ‘ der Wald der Familie Megetschen ’ belegt. Megetschigo ist ein Genitiv Plural zu einer kollektiven / - IG / -Ableitung. Der FaN ist als Magenschen mit mehreren Varianten (AWWB 157) für den Bezirk Brig erwähnt. Auch J OSSEN (2000, 80) erwähnt den FaN Megetschen, Megentschen, Magenschen, Mägentschen für Naters. Megge Megge ist zunächst lebend als Simplex Plural t Megge (Oberwald) belegt. Ähnlich, aber mit offenem / ä/ , erscheint 1836 aúf de Mäggen (Fiesch). Die drei übrigen Belege sind historisch: 1300 - 1330 sub Meggen Botme ‘ unter dem Boden des Megge ’ , Meggen Rúty ‘ die Riti (gerodetes Gebiet) des Megge ’ (1414, Ernen) und Mecken Halta ‘ die Halde des Megge ’ (1391, Naters). Während diese drei Belege einen vorangestellten Genitiv eines PN Mecco (F ÖRSTEMANN 1, 1122) oder eines (ausgestorbenen) FaN Mecho (I MESCH 1908, 96) zeigen, sind die beiden Simplizia im Plural unklar. Nimmt man nicht, wie E RIKA W ASER für den luzernischen Siedlungsnamen Meggen eine Agglutination des Artikels an (was im Plural sehr schwierig wäre) (LUNB 3, 607 ff., mit einer Darstellung der Geschichte der Deutungen), bleibt die Deutung unsicher. I D . verzeichnet zwar mehrere Einträge zu einem Schallwort mägge n ‘ meckern von Ziegen ’ und Me 1 gge n ‘ Kosename der Ziege ’ (I D . 4, 106 u. 122 für das Berner Mittelland), doch findet sich in R ÜBEL (1950) kein Hinweis auf eine derartige Bezeichnung von Ziegen oder Schafen oder deren Lautgebung. Megi Megi n. ist zweimal in Ried-Brig als ts Megi ‘ die Alpe, die man mag ’ (im Sinn von ‘ gern haben ’ oder von ‘ ersteigen ’ ) belegt. Das HL ist in dieser Form in der Literatur nicht belegt. Es scheint sich um eine diminutive Nominalbildung zum schwdt. Verb möge n ‘ kräftig, gesund sein; vermögen, können; Lust, Neigung haben zu, gerne wollen; sollen, müssen ’ und wdt. mege, megä (Goms), megu (Vispertäler), megn (Lötschtal), mägu ‘ mögen, wünschen, lieben, betrübt sein ’ (I D . 4, 107 ff.; G RICHTING 1998, 134) zu handeln. Die Deutung ist deswegen unsicher. Meidu Meidu ‘ Heuschober ’ ist einerseits eine Alpsiedlung im Turtmanntal, anderseits die Bezeichnung einer Alpe im gleichen Tal, wo sich ein Namennest mit etwas über zwanzig komplexeren Namen befindet. In Embd ist uf de Meidu ‘ auf den Meiden (Heuschobern) ’ belegt; dazu kommt ts Meidubächji ‘ der kleine Bach, der an den Meidu vorbeifliesst ’ . H UBSCHMIED führt Meidu auf lat. M Ē T Ā S ‘ kegel- oder pyramidenförmige Figur, Heuschober ’ > afrpr. *meides ‘ (bei den) Heuhaufen ’ zurück (H UBSCHMIED 1938, 129 Anmerkung 4; J ACCARD 1906, 267 f.; M EYER 1914, 71; Z INSLI 1984, 349; FEW 6, 2, 52 ff. s. v. m ē ta heuschober; spitzsäule; cf. HL M EETU ). Später ersetzt M EYER seine ursprüngliche Deutung mit der Begründung, dass der Ort Meiden der Treffpunkt alter Handelswege war und somit Pferde an Ort waren, es soll sogar eine Schmiede gegeben haben. M EYER (1923, 285) führt den Namen neu auf mhd. meiden ‘ Zelter, Pferd ’ (L EXER 1, 2071) zurück. Die historischen Belege (u. a. 1345, alpem de la Meyda) sprechen dagegen; die Deutung von H UBSCHMIED u. a. ist vorzuziehen. Das erwähnte Namennest umfasst einen frühen Beleg Firnun Meidon ‘ der Firn von Meiden ’ (1300, Oberems), 209 210 Meidu <?page no="110"?> den Beleg alpem de la Meyda ‘ die Alpe Meiden ’ (1345, Oberems), noua meya ‘ das neue Meiden ’ (1358, Oberems), Meidlin ‘ das kleine Meiden ’ (1572, Oberems), dann Meidbach, Meidhewwmatte ‘ die Heumatten von Meiden ’ , Meidhooru (dazu inner dum Meidhooru und unner dum Meidhooru), Meidlowwi, Meidpass, Meidreefte ‘ die Meidhänge ’ , Meidsee, Meidspitz, Meidtälli (mit Fooder und Inner Meidtelli), Meidwang, Meidzänd sowie Meid Mittilstafil und Meid Oberstafil. Meie Meie m. ‘ Mai, Blume ’ ist zu schwdt. Mai(e n ) m., vorwiegend mit zweisilbiger Form, Monatsname ‘ Mai ’ auch ‘ junges Grün, frische Weide ’ , besonders im Plural auch einzelne Blumen, mhd. meie und wdt. Meija f. mit Varianten ‘ Blume ’ (I D . 4, 1 ff.; G RICHTING 1998, 134)) zu stellen. Maji, Mai u n. ‘ Voralp; Bergweide im untern Revier, wo das Vieh im Frühling weidet, bevor das obere Revier bezogen werden kann, und im Spätsommer, nachdem jenes verlassen werden musste ’ (I D . 4, 1 ff. bes. 8; I D . 1, 195). Wie R ÜBEL (1950, 81) zeigt, ist der Typ Maji ‘ Mayen ’ nur im Bezirk Leuk gängig (s. unten). Meie als Terminus für die Voralpe ist nicht belegt. Deswegen ist Meie schwierig zu deuten. In Oberwald gibt es der Meiebach und der Meiewang und in Obergesteln Meyenbach (1480; 1850 Maÿenbach). Der Bach fliesst aus dem Totensee auf der Grimsel entlang dem Meiewang. Gwp. meint, es habe hier viele Alpenrosen. Meie wäre hier als ‘ Blumen ’ zu deuten. In Binn gibt es Meili (so LT, SK und FLNK), im Meili (1418 u. später), ts Unner Meili ‘ der untere Teil des Meili ’ , am Obren Meÿli (1530; auch Ernen zugeschrieben) und Meilischbach ‘ der Bach aus dem Gebiet Meili ’ . Das Gebiet befindet sich auf über 1950 m, ist aber kaum eine Voralpe, sondern wohl einfach ein kleines Gebiet mit Blumen. Ein weiteres Simplex ist belegt in am Meÿen ‘ am Ort mit Blumen ’ (1570, Ried-Mörel). Ein Diminutiv das Meÿiltin (1668, Goppisberg) könnte ein kleiner Ort mit Blumen sein. In Filet ist im Meÿenbortt ‘ im Bord (Abhang, Böschung) mit Blumen ’ (1657) belegt. Und in Grengiols ts Meiefäld ‘ das Feld mit Blumen ’ . Meiuputzji ‘ der kleine Tümpel mit Blumen / der im Mai Wasser führt ’ (Greich) befindet sich hoch über dem Bettmersee und ist unklar. Alle bisherigen Namen stammen aus den Bezirken Goms und Östlich-Raron. Ganz aus dem Rahmen fällt Meije (FLNK, Leukerbad), das so bei R. G RICHTING (1993) nicht belegt ist; er kennt nur Majing (Karte 20), das zum HL M AYEN ‘ Voralpe, Maisensäss ’ zu stellen ist. Sollte aber Meije so richtig sein, müsste es wohl als ‘ Gebiet mit Blumen ’ verstanden werden. Meier Meier ‘ Meier ’ ist entweder zum FaN Meier oder zur Funktion Meier m. ‘ Meier, Oberaufseher, Bewirtschafter, Pächter, Dorfvorsteher ’ , ahd. meior, meiur, meiger, mhd. mei(g)er (I D . 4, 11 f.; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 612) zu stellen. Das Simplex Meier ist nur einmal in Raron belegt; vermutlich gehörte das Grundstück dem Meier. Einen vorangestellten Genitiv im Singular findet man in ts Meiersch Boimgartu ‘ der Baumgarten der Familie Meier ’ (Turtmann), ts Meiersch Gade ‘ der Gaden des Meiers ’ (Mühlebach), ts Meiersch Gade unnerm Wäg ‘ der Gaden des Meiers unter dem Weg ’ (Mühlebach), ts Meiersch Müüre ‘ die Mauer des Meiers ’ (Ulrichen), zer Meýers Furun ‘ bei der Furche des Meiers ’ (1548, Ausserberg), sowie t Meierischbäch ‘ die Bäche im Gebiet der Alp der Familie Meier ’ (Grengiols). Das erweiterte ts Grossmeiersch Hüs ‘ das Haus des Grossmeiers ’ (Grächen) gehört auch hierzu. In zwei Fällen wird der Name des Meiers genannt: ts Meier Heimsch Färrich ‘ der Pferch des Meiers Heimen (PN) ’ (Blatten) und des Meÿers Werlen Matten ‘ die Wiesen des Meiers Werlen ’ (1677, Raron). Ein Genitiv Plural findet sich in Meierestafel ‘ der Stafel der Familie Meier ’ (Grengiols), der bei LT und FLNK Meirischstafel heisst. in Meyrer Ried ‘ im Ried der Familie Meier ’ (1754, Turtmann) enthält ebenfalls einen alten Genitiv. Als Bestimmungswort findet sich Meier in der Meierhubel ‘ der Hügel der Familie Meier ’ (Wiler), in der Meÿer Matten ‘ in der Wiese des Meiers ’ (1698, Gampel), der Meiertschugga ‘ der Felsblock des Meiers ’ (Randa) und in der Weiterbildung der Meierhaaltwald ‘ der Wald bei der Halde des Meiers ’ (Randa). Die Ableitung Meiertum ist nur einmal in Mörel belegt und bezeichnet Besitztum des Meiers. Eine lateinische Form pratum Maioris ‘ die Wiese des Meiers ’ (1392, Leuk) nennt wohl die Funktion. Vom gleichen lat. MAJOR ist ts Majoorsch Hof ‘ der Hof des Majors ’ (Leuk) abzuleiten; laut G. C ARLEN ET AL . (1975, 144 f. s. Nr. 114) bezieht sich Mayorshof auf den Meier Franz von Abondance (P H . K ALBERMATTER , p. c.), der 1505 einen Blockbau an ein bestehendes Gebäude anbauen liess. Vermutlich auch zu Meier gehören zwei Belege auff der Meÿri Biel ‘ auf dem Biel der Meierin ’ (1689, Raron), wo Meÿri auch das Meiertum meinen könnte, und der Meirobach ‘ die Wasserleite der Familie Meier / vom oder zum Gebiet der Meier ’ (1531, Ernen). Meigge Meigge ist ein gut belegtes und dennoch schwer deutbares Lemma. Die Grundform ist Meigga f.; sie kommt so nur in Eischoll vor (LT hat Meigge), in Gampel als Meiggu Meie 211 212 <?page no="111"?> (und 1337 jn der Meycon) und in Oberems Zer Meiggu. Der Plural ist schon 1306 in Raron als an dien Meycun vertreten, wo 1280 ein Meycon belegt ist - die älteste dokumentierte Form. Diese und andere frühe Formen zeigen, dass Meigga auch historisch die Ausgangsform ist; diese Form ist vor allem mit Bezirk Leuk vertreten. Viel häufiger als das einfache Meigga ist die Ableitung Meiggera, die erstmals 1301 in Zermatt als zer Meiggerrun belegt ist. Das Suffix ist / - ERRA / (S ONDEREGGER 1958, 471 f. führt es auf lat. / - ÂRIA / , ahd. / - ARRA / zurück), das sich auf Sachen oder Personen beziehen kann. Bei Sachen geht es um eine grosse Menge davon (z. B. Dischtlerra ‘ wo es viele Disteln hat ’ ), bei Personen um Besitz oder Wohnsitz. Im Wallis kann / - ERRA / auch für Wasserleitungen verwendet werden. Kaum belegt ist Meiggeri (Biel), das historisch Zer Meiggerun (1372) aufweist, also die / - ERRA / - Ableitung. G ATSCHET (1867a, 29 f.) deutet Meigern im Saastal mit ‘ Sitz des Meyers und Pächters ’ . Diese Etymologie wurde auch von M EYER (1930, 26) übernommen. Richtig ist, dass mhd. ab und zu {g} für {j} schreibt (P AUL 25 2007, 144 f.), doch wird es nicht so ausgesprochen; Familienname und Funktion sind in den Daten als Meier oder Meyer belegt. BENB (1, 3, 261 f.) stellt den Namen zu mlat. MEDIETARIA ‘ Halbpachthof, befristete Pacht für die Hälfte der Ernte ’ , frz. métayage, it. mezzadria. Die lautliche Entwicklung des frpr. Lehnworts *meitera zu meiggera wird mit jener von einzelnen Diminutiven im Walliserdeutschen, z. B. Blattji zu Blaggje, Meitji zu Meiggji, verglichen (FEW 6, 1, 606 ff. s. v. m ě d ĭě t ā s mitte; hälfte kennt keine Formen mit - GG -). Diese Deutung übersieht, dass (a) die Entwicklung zu einem velaren / g/ oder / gg/ erst nach der Palatalisierung von / l/ zu / j/ eintreten kann und dass (b) für Meigga eine Form *meit+ja (wie bei Meiggja ‘ Mädchen ’ (I D . 4, 76 f., G RICHTING 1998, 134) vorausgesetzt wäre - die Form ist aber nicht belegt; Meyta (13. Jh., Ergisch) ist zu m ē ta ‘ Heustadel ’ (M EYER 1914, 71) zu stellen. Ein Namentyp, der einschlägig ist, wäre das zum HL L ÜÖG zu stellende Liegja < Luegila; das erstmals 1502 für Simplon belegt ist, also sicher zu spät für die Berner Etymologie. Frühere Belege sind nur im HL M ETTLA - M ETTJA von 1343 in Törbel mit zen Mettyon belegt; wenn diese Deutung stimmt, wäre die Palatalisierung von / la/ zu / ja/ in die Mitte des 14. Jahrhunderts anzusetzen. Ob das weiterführt, ist unklar. Weiter kennen alle Oberwalliser Bezirke den Namenstyp, was eine frankoprovenzalische Grundlage unwahrscheinlich macht. Die vorgeschlagenen Erklärungen überzeugen nicht, eine bessere Deutung liegt aber nicht vor. In den Namen wird deshalb Meigge nicht weiter gedeutet. Neben dem schon erwähnten Simplex Meigga und dem Obliquus Meiggu sind die Ableitungen Meiggera und Meiggeru mehrfach erwähnt, so in Binn, Bürchen, Eggerberg, Embd, Grächen, Glis, Lax, Martisberg, Randa, Ritzingen, Saas-Almagell, St. Niklaus, Unterbäch, Visperterminen und Zermatt; dazu kommen Meiggerli in Saas-Balen, Unterbäch und Visperterminen. Mit adjektivischen Bildungen werden Obere und Untere Meiggu, Obere und Untere Meiggera mehrfach unterschieden. Nur einmal ist di Mittlescht Meiggera (Binn) belegt. Meigg-, resp. Meiggererscheinen als Bestimmungswort zu Aliichji, Alpa, Bach, Bletscha, Bord, Chi, Egg(a), Hooru, Grabu, Sand, Schipfa, Stäg, Stapfu, Suon, Tal, Tiri, Wäg, Wald und Wang. Komplexere Konstruktionen sind der Ober und der Unner Meiggertätsch ‘ der ober und der untere Fleck der Alpe Meiggeru ’ (Visperterminen) und der Ober und der Unner Meiggustafil ‘ der obere und der untere Stafel der Alpe Meiggu ’ (Gampel). Aus der Übersicht erhellt, dass Meigga und Meiggera vor allem als Namen von Voralpen, Alpen und Weiden verwendet werden; ob es sich dabei um eine Geländeform, den Bewuchs mit einer Pflanze oder etwas Anderes gehandelt hat, ist im gegenwärtigen Stand der Untersuchung nicht entscheidbar. Meilen Meilen ist ein Dativ Plural, der nur in zen Meilon (1345, Bratsch) belegt ist. Die deutsche Präposition zen ‘ bei den ’ legt zwar ein deutsches HL nahe, doch könnte auch ein älteres romanisches Etymon eine Rolle spielen. Die Endung [-on] ist deutsch, wenn man von Meilausgeht. Ein deutsches HL mit einer sinnvollen Bedeutung existiert jedoch nicht (vgl. I D . 4, 354 ff. für Maria, das im Oberwallis zwar als Maji bekannt ist, aber keine Formen mit / l/ aufweist). Einen Zusammenhang mit lat. MILIUM hirse (FEW 6, 2, 83 ff.) weist mfr. meil auf, das aber sonst kaum belegt ist. Eine unsichere Deutung wäre also ‘ bei den Hirs(ackern) ’ . Meisch Meisch ist nur einmal belegt in ts Meisch Fure ‘ die Furchen des Meisch ’ (Bellwald). Zwei historische Belege von 1848 schreiben vnder der Meistfúren, bzw. zu Meistfúren. Der letztgenannte Beleg legt eine Präposition ze ‘ bei ’ nahe; der lebende Beleg kann auch mit dem Genitiv ‘ des Meisch Furche ’ gelesen werden; dann läge ein PN vor. Das ist allerdings unsicher. Ob der Beleg die Meisten Deffin (1540, Stalden) hieher gehört, ist unklar (cf. HL M EIST ). Der Monatsname Mei ‘ Mai ’ im Genitiv wäre möglich (I D . 4,1), dann wäre eine im Mai bebaute Furche gemeint; allerdings passen dann die historischen Belege schlecht. Der Typ Mense ‘ Kuh mit einem ersten Kalb ’ (I D . 4, 334 s. v. Manse n ) kommt kaum in Frage, da laut 213 214 Meisch <?page no="112"?> R ÜBEL (1950, 6) in Bellwad das sog. Staubsche Gesetz unterbleibt; die Form ist Mäntscha (C. S CHMID 1968, 117). Die Deutung ist deswegen unsicher. Meischter Meischter m. ‘ Meister ’ ist zu schwdt. Meister m. wie nhd. ‘ Bezeichnung für Angehörige verschiedener gelehrter Berufsarten ’ , ‘ Handwerkmeister im allg. ’ , ‘ Titel gewisser Beamter, Aufseher Leiter ’ , ‘ Dienstherr, Arbeitsgeber ’ , auch FaN (I D . 4, 511 f.; G RICHTING 1998, 134) zu stellen. Der Name ist dreimal im vorangestellten Genitiv Singular belegt: ts Meischterschbode ‘ der Boden des Meisters / der Familie Meister ’ (Ernen), ts Meischters Fad ‘ das Grasband des Meisters / der Familie Meister ’ (Randa), Meischterschwang ‘ der Grasabhang des Meisters / der Familie Meister ’ (Zermatt). Ob hier ein FaN oder ein Titel vorliegt, ist schwierig zu deuten; der FaN Meister ist in den Quellen nicht belegt, kommt aber als Berufsbezeichnung im Register der HRBS häufig vor. Als Kompositum erscheint das HL in ts Wachmeischtersch Loch ‘ das Loch des Wachtmeisters ’ (Grächen) wobei hier ein militärisches Amt gemeint ist (I D . 4, 532). Meise Meise bildet ein Namennest um den Weilernamen Z Meise ‘ bei den Meisen ’ (Grächen), mit dem Adjektiv Vooder Meisu (Grächen) und dem Diminutiv t Meisini ‘ die kleinen Meisen ’ , sowie den historisch belegten Meisbrunno (1304, Grächen), Meysmatta (1307, Grächen) und zúm Meisistein (1647, Grächen). In Martisberg ist im Meisebode belegt. Die Deutung ist unklar; es kommt am ehesten Meise f. ‘ Tragreff ’ (I D . 4, 465) in Frage, vielleicht auch metaphorisch: Gelände, das wie ein Tragreff aussieht. Der Vogelname Meise f., ahd. meisa, mhd. meise, meist für Finkenmeise, aber auch für Kohl- und Blaumeise (I D . 4, 465 f.) ist möglich, aber eher unwahrscheinlich. In Martisberg ist 1840 auch im Eisenboden belegt, vermutlich eine falsche Trennung zu im Meisebode. Meiss Meiss ‘ (Holz-)Schlag ’ ist zu schwdt. Meis(s) m., ‘ Einschlag der Axt in einen Baum, den man fällen will ’ , mhd. meiss ‘ Einschnitt ’ , Verb meissen ‘ hauen, schneiden ’ (I D . 4, 465). Holzmeis(s) bedeutet wie Holzhauw ‘ Holzschlag, Ort und Recht desselben ’ , mit Meisshauw wird im Wallis das Recht bezeichnet ‘ mit der Axt oder dem Gertel in den Wald zu gehen [und dort Holz zu schlagen] ’ (I D . 2, 1803; BWG 1890, 1, 176 f.). G RICHTING (1998, 134) kennt Meiss als ‘ Heustockteil (abgeschnittener ’ ); das Verb dazu ist meisse ‘ Heu schneiden (aus Heustock) ’ , dazu dient der Meissel. Der Typ Holz-Meiss ‘ Holzschlag ’ ist am verbreitesten. 1300 ist Holzmeize (Bürchen) und 1619 Holzmeiss (Feschel) belegt, lebend Holzmeiss (Eggerberg), ein ganzes Namennest um t Holzmeissä ‘ die Holzschläge ’ (Gampel) mit den Grundwörtern Blatta, Treija, Schleif, Tritt und Wald. Komplexer ist ts Heersch Holzmeiss ‘ der Holzschlag des Pfarrherrn ’ (Mund). Eine andere Deutung hat das HL in der Lüegilmeis (Niedergesteln) - ein ausgemeisseltes Stück Fels für die Stegerwasserleitung beim Lüegil ‘ Aussichtsstelle ’ . Unklar sind zwei Belege an dye Meisun Engin (1509, Ried-Mörel) und an die Meyscun Engyn (1305, Törbel) - vermutlich kann das als eine ausgemeisselte enge Stelle verstanden werden. Ein Partizip Präsens des Verbums meisse findet sich in zem meyssenden Stein ‘ der Stein, mit dem man meissen kann ’ (1412, Visperterminen). Die Bedeutung des Verbums bei I D . (4, 465) als ‘ hauen, schneiden ’ ist dabei unklar. Meist Meist ist nur 1540 in Stalden in die Meisten Deffin belegt. Es ist wohl zum nhd. Adj. meist, Superlativ zu viel (I D . 4, 511) zu stellen, kommt aber sonst nicht vor. Deffin wird alternativ zu Teiffi ‘ Tiefe ’ gestellt, meist als Partizip zu einem Verb meisse n ‘ Heu schroten ’ ((I D . 4, 465; G RICHTING 1998, 134 mit Varianten). Diese Deutung ist ebenso unsicher wie die Deutung von Deffin, das auch zu Defin ‘ Grenze ’ (FEW 3, 558 mit finir “ limiter ” ) gestellt werden kann. Melchior (PN) Melchior (PN) ist als Melchi ‘ Melchior ’ belegt in ts Melchiloch (Oberwald) und Melchis Matten (1776, Mund). Weitere Formen sind Melchers Bodo ‘ der Boden des Melchior ’ (1593, Ried-Brig) und Melchers Brannd ‘ das brandgerodete Gebiet des Melchior ’ (1667, Zeneggen). Ebenfalls hieher gehört Melkenbiel ‘ der Hügel des Melchior ’ (Wiler). Alle Formen sind zum PN Melcher, Melchi Kurzform bzw. Diminutiv des PN Melchior (I D . 4, 198) zu stellen. Melchuz (PN) Melchuz (PN), auch Meklyz ist 1570 in Eischoll erwähnt; in beiden Fällen wird Ruhus als Bezugsnomen gesetzt. Aus dem Kontext geht hervor, dass es sich um einen Bach (torrentem) handelt. Es geht also um den Runs (Wasserlauf) des Melchuz oder Meklyz. Welcher PN darunter zu verstehen ist, bleibt unklar. Mellir Mellir ist nur 1697 in Albinen als im Mellir belegt. FLNK hat lebendes Mälir, das auch in M ATHIEU (2006, 15) so erscheint. Frpr. Méllire ist bei B OSSARD / C HAVAN (2006, Meischter 215 216 <?page no="113"?> 155) erwähnt. Sie stellen es zum spätlat. MELUM ‘ Apfel ’ , ursprünglich MALUM , das im Patois zu mélai wird und mit dem Kollektivsuffix / - ARIU ( M )/ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288) zusammen ‘ die Wildapfelbäume ’ meint. Das offene / ä/ bei FLNK und M ATHIEU entspricht einer Tendenz der deutschen Dialekte im westlichen Bezirk Leuk. Meng Meng ist belegt in Mengis n. (Salgesch) und historisch auch in Maimbiis (1664), Maimbys (1664) und Mengbis (1721) in Varen. Es ist zu lat. MEDIANU > aprov. meja(n) > afrpr. mein ‘ in der Mitte befindlich ’ zu stellen. *mein bis bezeichnet die zwischen der Varnerwasserleitu und dem Bismerting verlaufende mittlere Wasserleitung (H AFNER 1955, 71 - 73; T AGMANN Ms., 62 f.; M ATHIER 2015, 42). Meni Meni f. ist zu schwdt. Menni, Meeni f., das mehrere Bedeutungen aufweist, von denen für das Wallis die Bed. 1 ‘ Gespann, Fuhrwerk mit Zugtieren, meist je zwei Stücke Hornvieh, auch Pferde ’ belegt ist, zu stellen (I D . 4, 298 f.). In Flurnamen des Oberwallis, ist das HL als Simplex vor allem im Bezirk Goms vertreten und meint dort ein Grundstück, das sich an einem Weg befindet, der als Fussweg oder Durchgangsweg gilt; statt dem Simplex Meni wird auch das Kompositum Mennwëg als ‘ Fuhrweg ’ verwendet (I D . 15, 835). Im G R W B (12, 1464) ist das Verb als mähnen, auch als mehnen (12, 1870) aufgeführt. Es wird zu ahd. men(n)an aus manjan, mhd. men(n)en gestellt und gilt als ein aus dem Lat. übernommenes Lehnwort zu vlat. MINARE ‘ führen ’ . Schwdt. bedeutet mene(n) beim Pflügen oder Fahren das Vieh antreiben und führen. In Gebirgsgegenden bezeichnet das Verb vor allem das Führen von Holz, Ernte oder Mist auf einem Schlitten (I D . 4, 296; G RICHTING 1998, 134). Die Deutung als ‘ Platz, Stelle, wo eine Last auf das Fuhrwerk, bes. den Schlitten, geladen werden kann ’ ist nicht für das Wallis belegt und wird deswegen nicht aufgeführt. Dank an P H . K ALBERMATTER (p. c.), vor allem für das Simplex des Bezirkes Goms. Das Simplex im Singular erscheint als inner Meni ‘ im Gebiet beim Weg mit Meni-Recht ’ (Ritzingen), unner der Meni ‘ unter dem Gebiet beim Weg mit Meni-Recht ’ (Reckingen) und mehrfach historisch an der Menÿ (1596, Münster), bei der Mehni (1932, Gluringen; 1550 u. später, Reckingen; 1669, Ulrichen), jn der Meni (1685, Ernen) sowie die Rechte Mehnin (1662, Geschinen) (wobei hier wohl rechts im Gegensatz zu links gemeint ist). Mit attributiven Adjektiven sind belegt t Mittler Meni (Geschinen), t Ober und t Unner Meni (Geschinen; FLNK, Ernen). Als Grundwort erscheint das HL in in die Hauptmeni (1684, Gluringen) und die Längacker=Meni (1896, Münster). Als Bestimmungswort ist das HL vor allem im Typ Menwäg vertreten (vgl. Mennwëg (I D . 15, 835)): Menewegue (1300, Törbel), Menniwäg (EK, Eggerberg; EK, Mund), Menweg (1643, Biel; 1304 u. später, Lalden; 1573, Münster; 1433 u. später, Obergesteln; 1414, Simplon; 1314 u. später, Visperterminen; 1448 u. später, Zermatt), am Menweg (1544, Unterbäch) und der Plural die Mendwega (1655 u. später, Termen; 1374 Menweg). Daneben kommt 1357 in Turtmann Mengarten vor. Die Deutung ‘ der Garten im Gebiet am Weg mit Meni-Recht ’ ist unklar; die Lesung ist aber bestätigt. Merdesson Merdesson ist in Agarn seit 1280 als Merdesson belegt; gemeint ist nach Ausweis der Belege in Agarn eine Wasserleitung. SK Merdesson, das hier fälschlicherweise hinzugenommen wurde, befindet sich auf dem Gebiet von Chandolin (T AGMANN 1946, 44). In Varen ist 1473 von einer Alpe de Merdeson die Rede. Und in Leuk ist 1710 die obere, der Gemeinde gehörende Wasserleitung de Merdesson belegt. Nach T AGMANN (1946, 44 f.) bezieht sich Merdechon auf eine Ableitung zur frpr. Patois-Form mé ͅ rda, nämlich zur Ableitung mit / ASS + ON / mit der Bedeutung ‘ morastiger, schlammiger Bach oder Boden ’ ; diese Deutung kennt schon M EYER (1914, 99 und 167). L EBEL (1956, 163) führt den Namen jedoch auf *Merdantione mit einem keltisch-lateinischen Suffix / - ANTI / - ENTI / zurück. Da sich in unseren Belegen keine Nasalierungen finden, dürfte die Ableitung von T AGMANN sinnvoller sein. Merel Merel ist nur 1832 in Feschel als im Merel belegt. Die Lesung ist unsicher. Vermutlich dürfte eine Agglutination von Präposition und Artikel im an ein Erel ‘ Erle ’ gemeint sein, sodass die Deutung ‘ im Gebiet mit Erlen ’ ist. Der späte Beleg macht eine Deutung mit einem frpr. Namen unnötig. Merguerda Merguerda ist 1358 in Bratsch (Ängersch) belegt. Die Schreibung ist korrigiert; das / u/ ist nachträglich über den Namen gesetzt. Die Flur befindet sich bei der Via publica, also dem Weg der Gemeinde. Das HL könnte zu Margarita (FEW 6, 1, 323 ff. s. v. margar ī ta perle) in der PN-Form Margarita oder in einer der abgeleiteten Formen als Blumenname Margerite zu stellen sein. Genaueres lässt sich nicht sagen, doch handelt es sich wohl um einen romanischen PN. 217 218 Merguerda <?page no="114"?> Merje Merje ist der Name einer Kleinsiedlung bei Stalden, historisch schon 1213 als Morgi erwähnt (Belege unter Gemeindename Staalu (Stalden)). Die Bedeutung des als Fluss- und Flurnamen weit verbreiteten Worttyps war in der Forschung lange umstritten. H UBSCHMIED (1938a, 139 ff.) gefolgt von Z IMMERMANN (1968, 20 f.), führt den Namen auf ein kelt. Etymon *morg ā ‘ Grenze ’ zurück, das mit lat. MARGO ‘ Rand ’ und germ. marka verwandt sein soll, mit der Begründung, dass viele Flüsse im Lauf der Geschichte Grenzen bildeten. Mehrere von H UBSCHMIED als Begründung seines Vorschlags aufgeführten Grenzen sind jedoch jünger als die entsprechenden Gewässernamen. Die neuere Forschung postuliert eine Zurückführung der Namen auf den weit verbreiteten keltischen Worttyp *morg ā ‘ Sumpf, Sumpfbach ’ , was auch erklären würde, warum diese Namen nicht nur Flüsse oder Bäche, sondern auch Fluren bezeichnen können (P OKORNY 1948/ 49, 264 f.; G REULE 1973, 208; K RISTOL ET AL . 2005, 849). Die frühere Namenform des heutigen Stalden war Morgi / Morgia. (vgl. auch L. E. I SELIN (1894 - 1897, 37 - 42). Das HL ist für Stalden belegt als Merje, dann auch als t Obru Merje, t Undru Merje und Mittul Merje. Weiter sind belegt in der Merchienachren ‘ bei den Äckern beim Weiler Merjen ’ (1716, Stalden), t Merrjubrigga ‘ die Brücke beim Weiler Merjen ’ und t Niww Merrjubrigga ‘ die neue Brücke beim Weiler Merjen ’ (beide Stalden). Nur historisch belegt ist für Törbel ob den Mittelsten Merÿen (1869), wohl identisch mit Mittul Merje (Stalden), da Stalden und Törbel direkt aneinander grenzen. Zum gleichen Etymon wird auch der Gemeindename Mörel gestellt, cf. HL M ÖREL . Merle Merle f. ‘ Amsel ’ ist zu schwdt. Merle f., ‘ Schwarzdrossel, Amsel ’ , frz. merle m. aus lat. MERULA (I D . 4, 417) zu stellen. Das gilt vor allem für die Belege Zer Merlen ‘ bei der Amsel ’ (1637, Leuk), Zenn Merlien ‘ bei den Amseln ’ (1337, Bratsch), in der Mehrlen Acher ‘ beim Acker mit Amseln ’ (1676, Leuk; FLNK hat Märacher, was eher zu Mära ‘ Pferd, weibliches Ross ’ passen würde), jn Merlen Achers ‘ im Acker mit Amseln ’ (1519 u. später, Guttet). Schwieriger ist zu interpretieren ts Merle (Betten), wo eher eine falsche Abtrennung von tsem Erle ‘ bei der Erle ’ vorliegt (cf. HL M EREL ). Unklar sind die Mehrlin (1661, Oberwald) und am obren Mo ᵉ rlyn (1437, Binn; 1734 als Ma ᵉ rli). Hier könnte ein Diminutiv vorliegen, wobei unsicher ist, ob in Binn vor 1500 wirklich eine Rundung vorliegt, die später zu / ä/ entrundet wurde. Insgesamt bleiben die Belege unsicher. Merrer Merrer m. ist eine unsichere Lesart des historischen Beleges von 1836 in Eisten: zum Merrer. Der gleiche Beleg wird unter Erl ‘ das Gebiet mit Erlen (LT Erl) ’ aufgeführt. Dieser Name erscheint neben den Formen Erl und Erill auch 1690 zum Örill, 1704 zum Mörel, 1736 im Merill usw., sodass die Form zum Merrer wohl ursprünglich zum Merrel zu lesen ist; anlautendes / m/ wird aus einer Agglutination erklärt und der Name meint dann einfach ‘ das Gebiet mit Erlen ’ (cf. HL M EREL ). Die Schreibweisen deuten darauf hin, dass der Name nicht mehr durchsichtig war. Merrgasch Merrgasch ist als ts Merrgasch (Oberems; FLNK Mergasch) belegt. LT hat über den Mergasch, laut Beschreibung ein steiler Durchgang in einer Felswand zwischen “ Brunegg- ” und “ Turtmanngletscher ” auf einer Höhe von rund 3400 m. SK benennt den Brunegg-Gletscher als Turtmanngletscher. Wie der Passname über den Mergasch sagt, wird der Felsrücken als der Mergasch benannt; mit maskulinem Genus. Dagegen scheint der Flurname ts Merrgasch ein Neutrum zu sein, das ein Kollektivum meint. Es gibt weiter einen FaN Merga, der im Tessin (Monte Cassano) beheimatet ist (F AMILIEN- NAMENBUCH DER S CHWEIZ 2, 1222). Er könnte theoretisch in ts Merrgasch ‘ das Gebiet der Familie Merga ’ vorhanden sein. Es ist aber nicht bekannt, dass irgend jemand aus dieser Familie - etwa als Bergsteiger - in diesem Gebiet gewirkt hätte. Möglich wäre aber auch ein Übername, der aber ebenfalls nicht belegt ist. Ein frz. oder frpr. Name ist nicht ausgeschlossen, ist aber ebenfalls nicht belegt. Der Name kann deswegen nicht gedeutet werden. Merri Merri ist nur 1611 in Albinen als eys Fen=Merrÿ ‘ beim Heu des Merri (unklar) ’ belegt. Fen (cf. HL F EN ) ist hier wohl zu frz. foin, patois fin ‘ Heu ’ (G PSR 6, 593 ss.) zu stellen. Merrÿ wird von J ACCARD (1906, 271 s. v. les Mérils, les Méris) zum Verb “ regarder ” (= pat. meri, mirâ (B RIDEL 1860, 245)) gestellt. B OSSARD / C HAVAN (2006, 30) führen Namen wie Méribé auf “ mirer ” (< lat. MIRARE ) zurück. A-L. B REGY (p. c.) nimmt einen PN oder FaN an, allerdings ohne Belege. Die Datenlage ist daher sehr unsicher, eine Deutung ist nicht möglich. Merschen (FaN) Merschen (FaN) ist nur 1469 belegt als an den Merschen Howaton ‘ beim Gebiet mit (Holz-)Hau der Familie Mersch / Merschen ’ (Mund). Es handelt sich wohl um einen vereinfachten FaN, der sich zu Maritz (AWWB 161) und den davon abgeleiteten Formen stellen lässt, die Merje 219 220 <?page no="115"?> auf den Namen Mauritius zurückgehen. Voraussetzung wären eine Synkope (Mörisch > Mörsch) und Entrundung (Mörsch > Mersch); beide sind um 1500 durchaus möglich. Merst Merst kommt nur einmal 1514 in Varen als Saxum dou Merst vor; er wird als in pede dou leseret ‘ am Fuss der Rodung ’ angenommen. Der Flurname muss romanisch sein, kann aber nicht zugeordnet werden. Er erhält deswegen keine Deutung. Meryond (PN) Meryond (PN) m. ist nur einmal 1328 belegt in do meryond (Unterems). Im Dokument ist die Rede von einem Stück Land, das sich über dem Gut do meryond befindet. Aus dem Dokument wird nicht ganz klar, ob es sich um einen PN oder einen Flurnamen handelt. Zwar gibt es mehrere Flurnamen vom Typ Rionda (cf. HL R IONDA ), doch liegt in Meryond eher ein PN vor. 1412 ist ein Johannes Meryon (Ried-Mörel) belegt; ob der Name identisch ist mit Meryond, ist wahrscheinlich, aber nicht sicher. Meschigo (FaN) Meschigo (FaN) ist nur 1676 in Zwischbergen als Meschigo G ŭ tt ‘ das Gut der Familie Mesch (Escher) ’ belegt. Meschigo ist ein Genitiv Plural zu einer kollektiven / - IG / -Ableitung. Wie J ORDAN (2006, 271 s. v. Esch) ausführt, wurde das Gebiet auch Zum Esch genannt; der dazugehörige FaN sei Escher gewesen. Zum Esch ist 1682 als prati Zum Esch ‘ die Wiese zum Esch ’ belegt. Die falsche Abtrennung von Zum Esch zu Mesch ist nicht ungewöhnlich. Zu Escher vgl. AWWB (89). Meschler (FaN) Meschler (FaN) ist ein seit dem 14. Jh. bekannter Familienname von Leuk und Turtmann (AWWB 168). Die lebenden Belege aus Leuk weisen die Form Mäschler auf; es gibt dort ein Namennest ausgehend von den historischen Belegen Jm Meschler ‘ im (Maiensäss der Familie) Meschler ’ (erstmals 1637, Leuk), lebend als ts Ober Mäschler und ts Unner Mäschler, also der obere und der untere Teil der Voralpe. Weitere Namen sind ts Mäschlerhoru (Gipfelname, auch Meretschihorn), Mäschlärwald ‘ der Wald oberhalb des Meschler ’ (FLNK), Mäschlertotz ‘ Fels oberhalb des Meschler ’ , der Mäschlerwäg ‘ Alpweg in die Mäschleralpe ’ und das Mäschlerzugji ‘ kleiner Wassergraben vom Mäschler herunter ’ , sowie der Obere und der Unnere Mäschlerwald, die bei LT als Obermeschlerwald und Untermeschlerwald, resp. bei FLNK als Obermäschlärwald und Unnermäschlärwald erscheinen. W. M EYER (1991, 164) vermutet, dass der FaN Meschler vom Lokalnamen “ Im Meschler ” abgeleitet sind. Die Frage lässt sich nicht entscheiden; die historischen Belege stammen alle aus dem 17. Jahrhundert, als der FaN schon bekannt war. Weit von Leuk entfernt findet sich aúf Meschlers Eggen (1764, Bister), das sich vermutlich auf den gleichen FaN im Genitiv bezieht; der Name wird hier sonst nicht erwähnt. Meschti Meschti f. ist nur einmal belegt in t(p) Meschtilecher ‘ die Löcher, wo man mästen kann ’ (Brigerbad). Das HL ist wohl zu schwdt. Masti, Mästi f. ‘ Mast von Schweinen usw. ’ auch ‘ Kuh, Stier, die auf der Mast sind ’ (I D . 4, 510, R ÜBEL 1950, 34) zu stellen. Meseins (FaN) Meseins (FaN) ist 1467 in Ulrichen als Zen Meseins erwähnt. Nach P H . K ALBERMATTER (p. c.) ist 1374 in Geschinen (GA Geschinen D 1b) super Humberto Mesans de Consches erwähnt; in späteren Dokumenten aus dem Goms erscheint dieser FaN nochmals, neben den FaN Metzis, Metzun und dem Kollektiv Metzingo. Consches ist der ältere Name für das heutige Münster. Zu vermuten ist, dass Zen Meseins ‘ bei den Mesans (FaN) ’ , ev. ‘ den Metzis (FaN) ’ meint. Metall Metall n. ist nur zweimal als Bestimmungswort belegt: Metallgraben ‘ der Graben mit Metall (wohl ein Verschreiber für den Graben nach Mittal hinunter) ’ (SK, Hohtenn) und an den Vooderen Metall Graben ‘ an den vorderen Graben mit Metall (wohl ein Verschreiber für den Graben nach Mittal hinunter) ’ (1860, Steg). Das HL ist wohl nicht zu schwdt. Metall n. wie nhd., ‘ doch meist eingeschränkt auf Legierungen, wie Nickel, Neusilber, Messing u. ä. ’ (I D . 4, 555) zu stellen, sondern zum FlN Mittal (cf. HLL T AL und M IT -). Metry (FaN) Der FaN Metry kommt in t Meetrihaaltu ‘ die Halde der Familie Metry ’ (Leuk) vor. Metry, auch Métry und Mettri geschrieben, ist der Name einer Familie, die ursprünglich aus Albinen stammte und die sich später nach Leuk verzweigte (AWWB 168). Metten Metten Adj. ‘ mittler ’ ist auf Grund der lateinischen Konstruktion im Beleg von 1414 in Steg “ de mediis montibus ” für den lebenden Namen dr Mättunbärg ‘ der mittlere Berg ’ zu deuten; Bäärg meint hier, wie auch sonst häufig, ein bergwärts liegendes Gebiet (hier im Tal der Lonza). ts Mättunbärgläger ‘ die Lagerstätte im Bereich 221 222 Metten <?page no="116"?> des mittleren Berges ’ (Steg) gehört dazu. Sehr unsicher ist ts Mättimoss ‘ das mittlere Moos (sumpfiges Gebiet) ’ (Naters), das 1818 als Metten Moss belegt ist. Ob Metten mit dem HL M ETTLE - M ETTJA zusammenhängt, ist unklar. Mettires Mettires ist nur einmal 1242 in Erschmatt als apud Mettires belegt. Während apud ‘ bei ’ eine lat. Präposition ist, muss Mettires wohl ein frpr. Patois-Wort sein. Es ist vermutlich zum lat. M Ĕ DI Ĕ TAS hälfte, mitte (FEW 6, 1, 606 ff.) zu stellen (vgl. insbesondere FEW 6, 1, 610), obwohl kein direkter Beleg vorliegt. Gemeint ist die Hälfte des Ertrages, die abgegeben werden soll. Mettle - Mettja Mettle f., in unseren Dialekten häufig auch Mettja f. und weiteren Varianten, ist zu schwdt. Mettle n f. ‘ kleineres, urbar gemachtes, auf zwei oder drei Seiten von Wald umgebenes und darum meist schattiges, feuchtes und wenig ertragfähiges Stück Land ’ , heute nur noch in Namen von Allmenden oder anderen Örtlichkeiten (I D . 4, 558; Z INSLI 1984, 576) zu stellen. Laut S ONDEREGGER (1958, 68) ist der Name ein substantiviertes Adj. oder elliptischer Gebrauch des ahd. Adj. mëtal / mittil ‘ mittlerer ’ . Diese Deutung ist allerdings umstritten. LUNB (1, 2, 669) fasst die Diskussion zusammen und kommt zum Schluss, dass Weideland gemeint, aber ein Wechsel zum nahestehenden Matte ‘ Wiese, Mattland ’ nicht auszuschliessen sei. Die Umschreibung ‘ Mettle - Mettja ’ in der Datenbank trägt dieser Unsicherheit Rechnung. Lautlich interessiert die Frage, ab wann die sog. Palatalisierung / l/ > / j/ (R ÜBEL 1950, 13) in den schriftlichen Daten erscheint. Der älteste Beleg erscheint in Visp 1292 als apud Metelun ‘ bei der Mettle ’ . 1304 ist in Zeneggen ze dien Mettelon ‘ bei den Mettlen ’ erwähnt. 1305 hat Stalden ze der Mettelun ‘ bei der Mettle ’ . 1306 wird für Eisten dv ᵢ Mettela ‘ die Mettle ’ belegt; im gleichen Jahr haben Steg in der Metlun und Eischoll Mettla ‘ die Mettle ’ . Diese Belege zeigen, dass um 1300 keine Palatalisierung belegt ist. Die ersten Belege mit Palatalisierung sind 1343 zen Mettÿon ‘ bei den Metteln ’ (Törbel, noch 1311 zen Mettellon), 1359 Mettye ‘ die Mettle (unklar ob Sg. oder Pl.) ’ (Grächen), gefolgt von 1361 in den Metyen ‘ in den Mettlen ’ (Gampel) und 1369 in den Mettyon ‘ in den Mettlen ’ (Feschel). Diese Belege zeigen, dass um 1350 die Palatalisierung in den Belegen fassbar wird. Beim Schreiben kann an Stelle von {j} auch {g} gesetzt werden. Diese Schreibung erscheint im 16. Jahrhundert: 1531 de Metgen ‘ von der Mettle ’ (Bellwald), 1565 Zen Mettgien ‘ bei den Mettlen ’ (Visperterminen), 1595 an der Mettgien ‘ an der Mettle ’ (Zeneggen). Die Schreibung ist zweideutig: zwar ist bekannt, dass schon das Mhd. {g} für {j} schrieb (P AUL 25 2007, 144), doch weist das Walliserdeutsche eine lautliche Entwicklung eines Dentalkonsonanten vor / j/ zu / g/ auf (vgl. Meiggji aus Meitji ‘ Mädchen ’ ). Dies kann zu Formen wie in der Meggen ‘ in der Mettle ’ (1854, Oberwald) oder in der Meggien ‘ in der Mettle ’ (1839, Bellwald) führen. Es scheint, dass diese Form in einzelnen Orten zum Zusammenfall mit dem Wort Meitja ‘ Mädchen ’ führte; so lassen sich etwa t Meigja ‘ die Mettle ’ (Blitzingen), ts Meitje ‘ das Gebiet Mettle / bei den Mettlen ’ (Bellwald), zer Meitju ‘ bei der Mettle ’ (St. Niklaus) erklären. Unklar sind die Formen mit / ä/ in Eggerberg, Gampel, Hohtenn und Niedergesteln. Da sie auch lautlich so erscheinen (z. B. t Mättjä (Gampel) liegt wohl einfach eine lautliche Angleichung an die Reflexe von germ. ë oder Sekundärumlaut vor. Insgesamt zeigt die Formenvielfalt, dass die Namennutzer den Namen zwar noch verwenden, aber ihn nicht mehr mit einem Appellativ in Verbindung bringen. Inhaltlich geben zwei Belege klar an, dass es sich bei Mettle - Mettja um eine Weide (für Tiere) handelt: depascuare per dij Metthye Jn ‘ weiden durch die Mettle hinein ’ (1485, Steinhaus), supra depascuationem sitam in Bundolo l. v. im Gmeinen Metje ‘ oberhalb der Etzweide im Binntal am Ort, der im Gmeinen Metje (in der kleinen Mettle, die der Gemeinde gehört) heisst ’ (1781, Binn). Während das einfache lat. pascua ‘ Weide ’ häufig vorkommt, ist das davon abgeleitete depascuare ‘ abweiden ’ , resp. depascuatio ‘ die Etzweide ’ sehr selten. Das Simplex im Singular weist verschiedene Formen auf: in der Mättgien (1599, Eggerberg), Medty`a (1435, Bitsch), t Meggja (Simplon; mit der Bemerkung: “ Auch “ Mettja ”” ), t Megja (Eisten; FLNK Mettja), t Meigja (Blitzingen; FLNK Meiggja), zer Meitju ‘ bei der Mettle (Weiler) ’ (St. Niklaus; FLNK Zermeitju), apud Metelun ‘ bei der Mettle ’ (1292, Visp), an der Metgien (1688, Grächen; 1359 Mettye), Metle (1388, Grächen; 1390 Metla), jn der Metlon (1346, Ulrichen), in der Metlun (1306, Steg), ze der Mettelun (1305, Stalden), Zmettgien (1568, Ernen), dij Metthye ‘ die Mettle (unklar, ob Sg. od. Pl.) ’ (1485, Steinhaus), auff d ’ Mettien ‘ auf die Mettle (unklar, ob Sg. od. Pl.) ’ (1685, Unterems), die Mettele (1308, Visperterminen, bis 1470 Singular, 1565 Zen Mettgien ‘ bei den Mettlen ’ ), t Mettja (Ausserberg und vier weitere Gemeinden), t Mettje ‘ die Mettle ’ (Eischoll, mehrere Belege; Naters), Zer Mettyon ‘ bei der Mettle ’ (1410 u. später, Zermatt), t Mettju (Ergisch), zer Mettju (Täsch), die Mettÿa (1542, Mund; auch in der Mettÿen) und Zmettien ‘ bei der Mettle ’ (1687 u. später, Fieschertal). Das Simplex im Plural ist ebenfalls häufig: t Mättjä ‘ die Mettlen ’ (Gampel), ts Mättju ‘ bei den Mettlen ’ (Hohtenn), inne Meigge (Ulrichen), ts Meitje ‘ bei den Mettlen ’ (Bell- Mettires 223 224 <?page no="117"?> wald), in den Mettgiún ‘ in den Mettlen ’ (1699 u. später, Oberwald), in den Mettgien ‘ in den Mettlen ’ (1663 u. später, Selkingen), in dien Metion ‘ in den Mettlen ’ (1411, Münster), in den Metlen (1797, Wiler), zen Metellon ‘ bei den Mettlen ’ (1311 u. später, Törbel), t Mettgje (Zwischbergen), in den Mettien ‘ in den Mettlen ’ (1775, Erschmatt), jn den Mettien (1754, Steg), in den Mettigen ‘ in den Mettlen ’ (1726 u. später, Ulrichen), in den Mettyon (1369, Feschel), t Mettja (Zeneggen, laut hist. teilweise Plural), t Mettje (Binn, mehrfach), Mettje (LT, Bratsch) und t Mettje (Unterbäch, Visp). Das Diminutiv im Singular ist nur in ts Mettji ‘ die kleine Mettle ’ (Binn) belegt, der Plural gar nicht. Attributive Adjektive zum HL sind selten: in den Kleÿnen Mettÿen ‘ in den kleinen Mettlen ’ (1582, Ergisch), im Gemeinen Metje ‘ in der kleinen Mettle, die der Gemeinde gehört ’ (1781, Binn), Inner und Üsser Mettju ‘ die innere (taleinwärts liegende) und die äussere (talauswärts liegende) Mettle ’ (FLNK, Täsch), t Obru und t Undru Mettje ‘ der obere und der untere Teil der Mettlen ’ (Bratsch). Der Genitiv ist nur einmal vorangestellt: Leiggeru Mettja ‘ die Mettle der Leute von Leiggern ’ (FLNK, Ausserberg). Unsicher ist der Beleg Geynsmetdum ‘ die Mettlen der Gänse ’ (1265, Ernen) (cf. HL G EYNS ). Komposita mit dem HL als Grundwort sind selten: Chiemettlä ‘ die Mettle für die Kühe ’ (FLNK, Blatten), die Hermettja ‘ die Mettle des Herrn ’ (1486 (ca.), Visperterminen), ts Herrmettje ‘ bei der Mettle des Herrn ’ (Zermatt), t Obru und t Undru Herrmettje ‘ die oberen und die unteren Mettlen des Herrn ’ (Visperterminen), Alp Hermetje (LT, Zermatt) und Tärbinernanz Hermettje ‘ die Mettle des Herrn auf der Alpe Tärbinernanz (Nanztal) ’ (Visperterminen). Der Typ Herrmettja kommt nur in Visperterminen und Zermatt vor und bezeichnet eine Alp oder Teile davon. Ob tatsächlich eine Komposition von Herr und Mettle vorliegt, ist unklar. Welche Art von Herr (Pfarrherr, Grundherr) gemeint ist, bleibt unsicher. Weiter sind belegt: t Seemettja ‘ die Mettle beim See ’ (St. Niklaus), t Steimätje ‘ die Mettle mit Steinen ’ (Törbel). Komplexer sind t Obri und t Undri Ielumättju ‘ die obere und die untere Mettle bei der Alpe Joli / Jeli ’ (Niedergesteln). Auch hieher kann Eggeltinen Zmeittien ‘ die kleinen Ecken Zmeittjen (bei der Mettle) ’ (1772, Fieschertal), wobei Zmettjen historisch für Fieschertal 1687 u. später belegt ist. Als Bestimmungswort kommt das HL (häufig in der Form Mettel oder Mettil) mit folgenden Grundwörtern vor: Acher, Bäärg, Bodu, Brigga, Färich, Fad, Gletscher, Graat, Grabu, Gufer, Hooru, Licka, Löüb, Löuwina, Matta, Sand, Schleif, Stafel, Stei, Trog, Wäg, Wald, Wasser und Zug. Komplexer sind: der Innder Chiämettlun Bopem ‘ der innere (taleinwärts liegende) Boden bei der Chiemettlu (Kühmettle) ’ (Blatten) und der Uister Chiämettlun Bopem ‘ der äussere (talauswärts liegende) Boden bei der Chiemettlu (Kühmettle) ’ (Blatten). Metz (FaN) Metz (FaN) ist ein Familienname, der in der Datenbank 1659 und 1677 für Täsch bezeugt ist. Metz / Mätz f. kann jedoch auch eine Kurzform eines weiblichen Vornamens (wohl Mechthild) sein (I D . 4, 611 f.). Das Lemma kommt in vier Belegen vor: aúf z Metzisch Biel ‘ auf dem Hügel der Familie Metz ’ (1791, Mund), z Metzun Gaden ‘ der Gaden der Metza / der Familie Metz ’ (1559, Ried-Mörel), ts Mättsisch Matta (Zwischbergen, auf Karte 1: 10000 Mätzischmatta) kann sowohl ein FaN Mätz(i), wie die Kurzform Mätzi zum PN Matthias oder die Kurzform Mätzi zum PN Mechthild sein; ohne weitere Angaben kann hier nicht entschieden werden. Ganz unklar ist an den Guggen Metz (1852, Niedergesteln), wo aber ein FaN kaum möglich ist. Unsicher auch das mehrfach belegte Zwischend den grossen Metzg Zugen vnd dem kleinen Metz Zuggen (1593, Feschel) und Varianten, wo noch nicht einmal klar ist, ob Metz oder Metzg steht, und ob überhaupt ein FaN oder PN vorliegt oder nicht. Metzg Metzg ist zu schwdt. Metzg f., mhd. metzje, metzige ‘ Fleischbank, Schlachthaus ’ zu stellen. Die Ableitung auf / - ER / ist entweder die Berufsbezeichnung Metzger m. allgemein ‘ Fleischer, Schlächter ’ , oder ein FaN (I D . 4, 623 f.; I D . 4, 627 f.). TGNB (2, 2, 388): “ in FlN bezeichnet METZG den Ort bei einem Schlachthaus ” . Insgesamt kommt das HL in sechs Belegen vor. Das Simplex Metzg (Feschel) wird für eine Flur gebraucht, wo keine Schlachtstätte in der Nähe ist - die Gwp. spricht von Schlachten in der Franzosenzeit (nach 1798), doch ist diese Angabe vermutlich eher volksetymologisch. Historisch erscheint Metzg in zwischend den grossen Metzg Zugen vnd dem kleinen Metz Zuggen (1593, Feschel), also ‘ zwischen dem grossen Metzg-Tschuggen und dem kleinen Metzg-Tschuggen ’ (Feschel), wobei Felsen (Tschuggen) gemeint sind, die sich bei der Metzg befinden (cf. HL M ETZ (F A N), wo die gleichen Flurnamen als unsicher gelten). In Leukerbad ist t Metzgweide ‘ die Weide, wo man schlachtete ’ belegt; Gwp. sagt, hier seien Pferde geschlachtet worden, weil man nicht gesehen werden wollte. Die beiden restlichen Belege enthalten die / - ER / -Ableitung im schwachen Genitiv Plural: z Metzgerro Hau ᵕ s 225 226 Metzg <?page no="118"?> ‘ das Haus der Familie Metzger ’ (1659, Zwischbergen) und Metzgerru Bodu ‘ der Boden der Familie Metzger ’ (Simplon), wo vermutlich der FaN Metzger gemeint ist, der im Register HRBS für Simplon und Zwischbergen mehrfach genannt wird. Miarzji Miarzji n. ist als ts Miarzji (mit Erstbetonung) (Randa) belegt und bezeichnet eine Wasserleitung, die vom Dorfbach (Randa) ausgehend t Eggini und t Lusse bewässert, laut Gwp.; 2019 von A. B RANTSCHEN (p. c.) bestätigt. Es handelt sich sicher um ein Diminutiv; der Stamm Miarz ist allerdings nur in Steinerne Miarz am Wölkerkogl (Maria Lankowitz, Österreich) belegt, eine Marienstatue auf einem aus Stein gebauten Sockel aus den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts. Vermutlich handelt es sich hier um eine Form des Namens Maria (zu den schweizerischen Formen siehe I D . 4, 354 ff., wo nichts Entsprechendes zu finden ist). Insgesamt muss der Name ungedeutet bleiben. Michael (PN) Michael (PN) und die Formen Michel, Michil, Michol und Michul sind zum Heiligen- und Taufnamen Michael, Michel zu stellen (I D . 4, 59 f.). Die Familiennamen Michel und Michlig, Michals (1383), Michalius (1389), Michaels (1480), Michahelis, Michaelis, Michel(s), Michling (1502) sind vom Taufnamen Michael abgeleitet (AWWB 169 f.; cf. HL M ICHLIG (FaN)). Nicht auszuschliessen ist, dass einige, vor allem attributive Adjektive, zum mhd. michel ‘ gross ’ (L EXER 1, 2131) gehören. Das gilt für die Belege jn den Michil Achnen (? ) Achren (? ) (1628, Bürchen, mit Leseunsicherheit) ‘ in den grossen Äckern / in den Äckern Michaels ’ , vff dem Michel Bu ᵉ l ‘ auf dem grossen Hügel / auf dem Hügel des Michael ’ (1477, Bürchen) und der Michol Acher ‘ der grosse Acker / der Acker des Michael ’ (1793, Termen). In den drei Fällen liegt kein Genitiv eines PN vor, sodass eher an das Adjektiv zu denken ist; der PN kann aber nicht ausgeschlossen werden. Das HL ist als Simplex im Singular 1391 als Mÿchel (Stalden) belegt; es handelt sich gemäss Kontext um ein Stück Land, wobei unklar ist, worauf sich der Name stützt. Die meisten Belege enthalten den PN im Genitiv: t Michaelsbrigga (Stalden) ‘ die Brücke des Hl. Michael ’ (Stalden), (lat.: molendinum Michaelis) ‘ die Mühle des Michael ’ (12? ? , Naters), Michälschweng ‘ die Grasabhänge des Michael ’ (Kippel), jn Michels Graben ‘ im Graben des Michael ’ (1628, Gampel), Michels Hÿtta ‘ die (Alp-)Hütte des Michael ’ (1550, Obergesteln), an Michelsweng ‘ an den Grasabhängen des Michael ’ (1825, Ferden), ts Micholsch Brand ‘ das brandgerodete Gebiet des Michael ’ (Stalden), ts Micholsch Wäng ‘ die Grasabhänge des Michael ’ (Stalden), Michols Hitta ‘ die (Alp-)Hütte des Michael ’ (1550, Oberwald), ts Michulsch Brennd ‘ die brandgeoreten Gebiete Michaels ’ (Zwischbergen), ts Michutisch Eie ‘ die Aue des kleinen Michael ’ (Ritzingen; Micheltisch als Beiname einer Familie) und Sant Michelsch Brunne ‘ die Quelle / der Brunnen des Hl. Michael ’ (Münster). Einen komplexeren Fall zeigt Michel Denen Haus Frauwen Gu ͦ dt ‘ das Gut der Hausfrau (Ehefrau) von Michel Denen (wohl: Michael Thenen) ’ (1605, Embd). Eine Ableitung t Michilju ‘ das Gut des Michael ’ und t Undri Michilju ‘ der untere Teil des Gutes des Michael ’ (beide Turtmann) entspricht einer femininen - LA Ableitung in Stellenbezeichnungen (S ONDEREGGER 1958, 517, mit einem Verweis auf PN S. 517 unten). Michi Michi ist nur als der Michibach ‘ der Bach des Michael / der Bach beim kleinen Moor ’ (Binn, auch FLNK, 1: 10000 und SK) belegt. Laut Gwp. kommt der Bach aus den Spisse herunter. Auf LT heisst der gleiche Bach Mischibach, früher Michibach. Da das HL Mischi ‘ das kleine Moor ’ weitaus häufiger ist als Michi, dürfte wohl Mischibach gegeben sein. Allerdings ist ts Mischi ‘ das kleine Moor ’ (Binn, auch FLNK und LT) im Einzugsbereich des Lenge Bach, während der Michibach / Mischibach deutlich östlich davon fliesst. Es bleibt unklar, ob einfach eine Verwechselung von / x/ und / š / vorliegt, ob die Bäche verwechselt wurden, oder ob tatsächlich ein Name Michibach ‘ der Bach des Michael ’ vorliegt, der zum PN Michael (I D . 4, 59) zu stellen wäre. Es werden in VSNB darum zwei Deutungen angegeben. Michlig (FaN) Michlig (FaN) ist zum FaN Michlig, Michals (1383), Michalius (1389), Michaels (1480), Michahelis, Michaelis, Michel(s), Michling (1502) zu stellen, der vom Taufnamen Michael abgeleitet ist (AWWB 170). Die Bildung mit dem kollektiven / - IG / -Suffix zeigt, dass die Familie des Michel gemeint ist. Der FaN kommt als vorangestellter starker Genitiv in ts Michligsch Platz ‘ der Platz der Familie Michlig ’ (Ausserbinn) vor. Ein schwacher Genitiv Plural erscheint in Michligo Valdÿn ‘ der kleine Wald der Familie Michlig ’ (1674, Naters) und Michligo Grund ‘ der Grund der Familie Michlig ’ (1629, Baltschieder). Zusammensetzungen mit Michlig als Bestimmungswort sind der Michligbode ‘ der Boden der Familie Michlig ’ (Ernen) und t Michligschroota ‘ der Dorfteil (Geländeeinschnitt) der Familie Michlig ’ (Ernen). Zum Vornamen cf. HL M ICHAEL (PN). Miarzji 227 228 <?page no="119"?> Mieless Mieless m. ist als der Mieless (Leukerbad), als Mieläs bei R. G RICHTING (1993, Blatt 5, Nr. 4, Blatt 6, Nr. 8, Blatt 7, Nr. 3) belegt. Historische Belege fehlen. Eine vorsichtige Deutung des frpr. Namens würde anlautendes Mie zu Mi ‘ halb, in der Mitte ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 98) und einem Plural auf / -s/ zu Lex ‘ Fels, felsiger Abhang ’ etc. (J ACCARD 1906, 231) stellen. Die Deutung wäre dann entweder ‘ der halbe Felsen ’ oder ‘ Felsen in der Mitte ’ . Der Flurname bezieht sich auf eine Schafweide inmitten von Felsen. Mies - Miesch Mies - Miesch ‘ Moos ’ ist zu schwdt. Mies, Miesch n./ m. ‘ Moos, auch von einzelnen Flechtenarten allgm. ’ , ahd. mios, mhd. mies n./ m. (I D . 4, 467; C. S CHMID 1969, 139 u. 162; SDS 8, 45 2 ) zu stellen. Auch als Adjektiv gebildet durch Suffixableitung auf / - IG / : miesig, mieschig ‘ moosig ’ (S TALDER 1994, 447; C. S CHMID 1969, 162). Das Simplex kommt allein nicht vor, aber es ist zusammen mit dem Artikel in ts Wis Mies ‘ das weisse Moos ’ (Saas-Almagell, LT und Saas-Grund haben Weissmies), der gleiche Gipfel heisst in Simplon ts Wiismiesch, belegt; das Gegenstück dazu wird ts Schwarzmies ‘ das schwarze Moos ’ (Saas-Grund, auch laut LT) genannt, ein Nebengipfel zum Weissmies. Im gleichen Umfeld finden sich der Wiismieschgletscher (Simplon), Weissmies Nordgrat (Saas-Grund, FLNK), t Wissmieshittu ‘ die Hütte beim Weissmies ’ (Saas-Grund, laut LT und FLNK Weissmieshütte) und der Wismiessattul ‘ der Sattel beim Weissmies ’ (Zwischbergen). Nicht in diesem Gebiet ist belegt t Miesbobme ‘ die Böden mit Miesch / Moos ’ (Randa). In den übrigen Fällen wird das Adjektiv mieschig ‘ moosig ’ verwendet: Mieschigäbi ‘ der Abhang mit Moos ’ (St. Niklaus, FLNK), der Miäsig Bode (Gampel), der Miesig Bodu (Bratsch) und Mieschigbode ‘ der Boden mit Moos ’ (Oberwald, FLNK), t Miesig Flüe ‘ die Fluh mit Moos ’ (Täsch), Miesygun Flue ‘ die Fluh mit Moos ’ (1302, Mund) und ts Miesig Tossji ‘ der kleine Stein mit Moos ’ (St. Niklaus). Mieta Mieta f. ist ein Pflanzenname, der aus Wërmuet (I D . 16, 1508 f., im Wallis als Wärmieta) zurückgebildet erscheint. Belegt sind t Wässermieta (Blitzingen), wobei die Beschreibung von Minze als ‘ Wermutkraut ’ spricht. Es handelt sich wohl um A RTEMISIA ABSINTHIUM (Echter Wermut, L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1108) oder um M ENTHA AQUATICA (Wasser-Minze, L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 850). Beide Pflanzen erwähnt etwa auch C. S CHMID (1969, 189) für Bellwald als Heilpflanzen. In Grächen ist t Mietubobmetole ‘ die Mulden bei den Mietuböden (wohl Pflanzenname) ’ belegt. Ob hier die gleichen zwei Pflanzenarten gemeint sind, ist unklar. Miggi (PN) Miggi (PN) ist nur belegt als der Miggibodo ‘ der Boden des Miggi (laut Karte auch Niggil) ’ (Visperterminen). Miggi, Migg(e)li n. ist eine Kurzform verschiedener Taufnamen wie Maria, Emil oder Remigius (I D . 4, 122; 4, 123; 6, 900). Das auf LT ebenfalls belegte Niggilbode ist unter Nigg für den Taufnamen Nikolaus (I D . 4, 705) belegt. Da im Wallis Niggil und seine Formen deutlich häufiger sind, dürfte trotz der Aufnahme als Miggibodo die Form Niggilbodo vorliegen (cf. HL N IKOLAUS (PN)). Miina Miina f. ‘ Mine ’ ist ein Lehnwort aus dem Hdt. Mine f. ‘ Mine, Erzgrube ’ (G R W B 12, 2235 ff., Bed. 3.). Belegt ist das Grundwort in Komposita wie folgt: Bliimina ‘ die Bleimine ’ (Ferden, SK Bleimine, LT Ehemalige Bleimine), t Cholmiina ‘ die Mine, aus der Kohle gewonnen wurde ’ (Ferden), di Giltmiina ‘ die Mine, in der Giltstein abgebaut wurde ’ (Wiler), Giltsteinmiina ‘ die Mine, in der Giltstein abgebaut wurde ’ (FLNK, Wiler), zer Goldmiinu ‘ bei der Goldmine ’ (Gampel). Als Bestimmungswort erscheint das HL in der Miinugrad ‘ der Grat mit der (Erz-)Mine ’ (Oberems) und der Minubodu ‘ der Boden bei der (Gold-)Mine ’ (Zwischbergen). Vermutlich zum PN Minna gehört Minnunmatta ‘ die Wiese der Minna (? , unklar) ’ (1305, Grächen). Milacher (FaN) Milacher (FaN) ist zum FaN Mülacher, Zmilacher (AWWB 177) mit weiteren Varianten zu stellen. Sicher belegt ist er nur in Milachersch Wanng ‘ der Grasabhang der Familie Mühlacker ’ (Ergisch). Milch Milch f. ist zu schwdt. Milch f. und wdt. Milch f. wie nhd. allgemein (I D . 4, 198; G RICHTING 1998, 135) zu stellen. In Gewässernamen bezeichnet Milch schäumiges und weissliches Wasser, für Weideplätze deutet der Name auf milchförderndes Futterkraut hin (BENB 1, 3, 290). Das Lemma kommt nur als Bestimmungswort vor. Milchbach ‘ der Bach, der weisslich schäumt ’ (Birgisch, Naters) und Hinner und Vorder Miuchbach ‘ der hintere und der vordere weiss schäumende Bach ’ (Ernen, mit / l/ - Vokalisierung), sowie an den Milchbachgraben (1758, Birgisch) vertreten den Typ des weisslichen Wassers, Milchritz ‘ der mit milchfördernden Gräsern bewachsene Grasabhang ’ (Blatten) und t Milchbletschu ‘ die Ebene mit 229 230 Milch <?page no="120"?> milchfördernden Gräsern ’ (Eischoll) den Typ mit milchförderndem Futterkraut. Mili Mili f. ‘ die Mühle ’ ist zu wdt. Mili f., ahd. mul ī , mulin, mhd. mül(e) ‘ Mühle ’ , Lehnwort aus lat. MOL Ī NAE zu noch älterem lat. MOLA ‘ Mühlstein ’ (I D . 4, 187 f.; I D . 11, 850 ff., FlN bes. 852; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 638; G RICHTING 1998, 135) zu stellen. Die zahlreichen Walliser Mili-Namen (rund 290 Flurnamen mit dem HL M ILI ) betreffen auch Sägemühlen; nicht alle können jedoch mit Mühlen in Zusammenhang gebracht werden. LUNB (1996, 1, 2, 691 ff.) vermutet deswegen, dass es früher in abgelegenen Orten viele kleinere Mahlvorrichtungen gab. Daneben ist auch die metaphorische Namengebung möglich: etwas, das aussieht wie eine Mühle oder wie ein Mühlstein, kann den Namen erhalten. Das Simplex ist im Singular meistens als Zer Mili ‘ bei der Mühle ’ (Albinen und 15 weitere) belegt; dazu kommen t Mili ‘ die Mühle ’ (Simplon und drei weitere), biner Mili ‘ bei der Mühle ’ (Bellwald, Bister und Niederwald) und einmal uf der Mili (Niedergesteln). Historisch sind belegt: zer Mv ᵢ lin (1307 u. später, Staldenried), zer Mulin (1383 u. später, Glis), an der Mili (1529 u. später, Ernen), bÿ der Mÿli (1573, Münster), bis zu ᵕ der Millin ‘ bis zu der Mühle ’ (1638, Bitsch), aúff der Milli ‘ auf der Mühle ’ (1738, Mund), zer Mu ᵉ li (1743, Raron). Hdt. Mühle (SK, Ried- Mörel) ist eine verhochdeutschte Form auf der SK. Lateinisches ad molendinum ‘ bis zur Mühle ’ (1622, Eischoll) ist so oder ähnlich mehrfach belegt, meint aber vermutlich nicht einen Namen, sondern ein Appellativ. Wohl nicht zu Mili ‘ Mühle ’ , sondern zum frpr. Muling ‘ Mühle ’ gehören dov mulyn (1494, Salgesch) und de muling ‘ von der Mühle ’ (1581, Varen). Im westlichen Bezirk Leuk ist nicht immer klar, welches der beiden HLL vorliegt. Das Simplex im Plural ist sehr selten belegt: t Miline ‘ die Mühlen ’ (Baltschieder, Simplon, Zwischbergen), zem Milinon ‘ bei den Mühlen ’ (1505, Stalden), ze Milinu ‘ bei den Mühlen ’ (Törbel), beÿ den Millinen ‘ bei den Mühlen ’ (1786, Gampel). Diminutive erscheinen kaum: ts Milti ‘ die kleine Mühle ’ (Turtmann), Milyij ‘ die kleine Mühle ’ (1648, Leuk, aber unsicher, kann auch zum HL M ILLE ‘ Hirse ’ gehören). Attributive Adjektive zum HL sind ebenfalls belegt: zer Altun Mili ‘ zu der alten Mühle ’ (Embd), by der Bösen Mili ‘ bei der bösen Mühle ’ (1674, Niederwald), zen Jndren Milinen ‘ bei den inneren (taleinwärts liegenden) Mühlen ’ (1773, Gampel), ze der Niderun Muili ‘ bei der niederen (unteren) Mühle ’ (1309, Törbel), Ober Mili ‘ die obere Mühle ’ (FLNK, Bellwald), t Obri Mili ‘ die obere Mühle ’ (Gampel, Leuk), beÿ der Stinckenden Milli ‘ bei der stinkenden Mühle ’ (1778, Raron), t Undri Mili ‘ die untere Mühle ’ (Gampel), de molendino inferiori ‘ bei der unteren Mühle ’ (1353, Salgesch, unsicher, ob Name vorliegt). Genitive des Besitzers oder Nutzers, im Lateinischen nach-, sonst vorgestellt, sind selten: zuo Martingo Milin ‘ bei der Mühle der Leute des Martin / der Familie Martin ’ (1525, Baltschieder), der Gmeindt Mühle ‘ die Mühle, die der Gemeinde gehört ’ (1765, Turtmann), supra molendinum Michaelis ‘ oberhalb der Mühle des Michael ’ (12? ? , Naters), z Tambursch Mili ‘ die Mühle des Tambours ’ (FLNK, Staldenried), laut Karten wohl nur metaphorisch. Ein besonderer Fall scheint zer Mili Milti ‘ bei der Mühle der Familie Miller ’ (EK, Eggerberg) zu sein, während dort sonst nur das einfache t Mili ‘ die Mühle ’ belegt ist. Das HL ist als Grundwort in zweigliedrigen Komposita wie folgt vertreten: Bäckmili (FLNK, Leuk) ‘ die Mühle für das zu Backende ’ , Gon Müly ‘ die Mühle mit einem Wasserschöpfgefäss ’ (1591, Visp), zer Schibemilli ‘ bei der Mühle bei der Scheibe (Schützenscheibe? ) ’ (1728, Grengiols), zúr Schiben Mÿlle ‘ bei der Mühle bei der Scheibe (Schützenscheibe? ) ’ (1681 u. später, Leuk), in der Schùdangnen Mihle ‘ in der Mühle in der Schüdangna (warme Quelle) ’ (1793, Leuk; 1791, Salgesch). Einen Sonderfall stellt t Barmili (Visperterminen, LT Parmili), Name eines Weilers von Visperterminen, dar. Die ältesten Belege sind 1307 berMüllen, 1328 Bermúlin, 1343 Bernmùlin, Bermùlen usw., erstmals 1453 Barmúllin, 1566 wieder Bermulin, 1553 Bermili, 1555 an der Bermilin usw. Der Name ist auch in Visp (1591, an der Barmyli) und Stalden (1622, subtus der Bermülin) belegt; gemeint ist jeweils wohl der gleiche Ort. Z IMMERMANN (1968, 26 f.) gibt drei vorsichtige Deutungen: (a) eine Ableitung zu Balma / Barma auf / - ELLA / , mit Beibehaltung der romanischen Betonung und späterer Umdeutung zu Mühle, (b) ein FaN Bär / Ber, der inzwischen in Visperterminen ausgestorben, aber belegt ist, also ‘ die Mühle der Familie Bär ’ , (c) eine Ableitung aus dem dt. Berme ‘ Abhang ’ (I D . 4, 1596) zu frz. berme ‘ Wallabsatz ’ mit Diminutiv (würde aber eine Betonungsverschiebung voraussetzen). Die ältesten Belege deuten alle auf ein Kompositum mit dem Grundwort Mulin ‘ Mühle ’ , auch wenn es laut Gwp. im Weiler keine Mühle gibt. Zu erklären bleiben dann das Bestimmungswort Ber- / Bar- und die seltsame Betonung der zweiten Silbe in Bar ’ mili; W IPF (1910, 21) sagt aber hierzu “ bei substantivischen Kompositen sind es vorzüglich die Lokalnamen, welche den Starkton auf dem zweiten Namen tragen ” und gibt als ein Beispiel Barmíli. Sie nimmt also eine normale Betonung von Lokalnamen an. Gegen eine Ableitung von Barma sprechen die frühen Belege mit Ber- und das Fehlen von Barma ausserhalb des westlichen Bezirkes Leuk im Oberwallis. Eine Deutung auf Grund des Weinbaus scheint möglich: danach wäre das Erstglied Ber ‘ Beere, Weinbeere ’ (E GLI 1982, Mili 231 232 <?page no="121"?> 45 f.) und di Bermili ‘ die Beerenmühle, die Weinpresse ’ . Letzteres ist allerdings nicht belegt, sodass der Weilername unklar bleibt. Als Bestimmungswort tritt das HL vor allem in drei Typen auf: im Singular der Millacher ‘ der Mühlenacker ’ , im Plural t Milachra / t Milachru ‘ die Mühlenäcker ’ an mehreren Orten im Oberwallis. Seltsam ist, dass ts Millachru ‘ bei den Mühlenackern ’ (Stalden), ein Weiler im Vispertal zwischen Visp und Stalden, schon sehr früh mit einem / i/ statt / ü/ erscheint: 1297 Milleakern, 13. Jh., Milascar, 1304 Milleakern (zweimal), 1306 Milleakern, 1320 Milasquer und erst 1346 Mulakren. Das deutet darauf hin, dass hier nicht von einer Mühle die Rede ist, sondern vom Getreide ‘ Hirse ’ , das auf lat. MILIUM und frz. mil, millet (FEW 6, 2, 83 ff.) beruht (cf. HL M ILLE ). Erst später wird das nicht mehr verstandene Mille auf ‘ Mühle ’ bezogen. Das gilt allerdings wohl nur für jene Namen, die früh als Milleaker belegt sind, neben den schon genannten auch 1250 Millaschar (u. später, Eggerberg; heute ts Müülachru) und 1306 Milleakren (Törbel, wohl gleicher Ort wie Stalden). Der zweite Typ ist der Milibach ‘ der Mühlenbach ’ , rund 45 Mal auch mit komplexeren Namen im ganzen Oberwallis belegt; die frühere Gemeinde Milibach (Mühlebach, heute Ernen) ist nur der bekannteste dieser Fälle. Wie auch sonst kann die Umgebung des Baches selbst auch der Milibach heissen. Ein dritter Typ betrifft ebenfalls rund 40 Belege t Milimatta ‘ die Wiese bei der Mühle ’ (z. B. Mund). Weitere Grundwörter in zweigliedrigen Komposita zum HL M ILI (in Komposita auch Mill) sind: Bodu, Bord, Brigga, Egg(a), Eie, Eige, Gartu, Gassa, Grabu, Gufer, Haalta, Holz, Hooru, Hüs, Mettla-Mettja, Pletscha, Rüüs, Schluocht, Schlüche, Söüm, Stalde, Statt, Stei, Stutz, Steg, Tschugge, Ture, Wäg, Wald, Wase, Wasser, Wier und Wuer. Komplexere Bildungen sind t Under Milinegga ‘ die untere Ecke bei der Mühle ’ (Blatten), der Milisteigletscher ‘ der Gletscher oberhalb der Alpe Milistei (Mühlstein) ’ (Oberwald), der Miligaartgrabo ‘ der Graben beim Mühlengarten ’ (Grächen), der Milibachgletscher ‘ der Gletscher, aus dem der Mühlenbach entspringt ’ (Wiler) und andere mehr. Genitive zeigen das frühe Mulimbachquers Boden ‘ der Boden der Leute von Mühlebach (? ) ’ (1237 u. später, Stalden), Milineggers Haús ‘ das Haus der Leute von der Mühlenecke ’ (1703, Ried-Mörel) und ts Milibachsch Brunne ‘ die Quelle (Brunnen) des Mühlebachs ’ (Bister), wobei eine Wasserfassung gemeint ist. Die Ableitung Milacheri - belegt als Inner und Üsser Milacheri (FLNK, Stalden) und historisch als Millacherri (1595, Stalden) - bezeichnet eine Wasserleitung nach dem Weiler ts Milachru (Stalden). Der Ableitungstyp für Wasserleitungen auf / - ERI / ist gut belegt. Der FaN Mülacher, Zmilacher ist auch ein alter Walliserfamilienname, der vom Ortsnamen abgeleitet ist (AWWB 177), es kann nicht immer eindeutig zwischen Orts- und Familienname unterschieden werden (cf. HL M ILACHER (F A N)). Zu der Terminologie der Bauernmühle im Wallis siehe S TÄHELI (1951). Militeer Militeer n. ist zum schwdt. Kollektivum Militeer n. wie nhd. Militär; allgemein, weniger volkstümlich als Dienst (I D . 13, 792). Entlehnt aus frz. militaire m. ‘ hoher Offizier ’ , zu lat. M Ī LIT Ā RIS ‘ soldatisch, den Kriegsdienst betreffend ’ , zu lat. MILES m. ‘ Soldat ’ (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 622) zu stellen. Belegt ist das HL nur als Bestimmungswort. Die Belege sind: t Militeerbaragge ‘ die Militärbaracke ’ (Geschinen), t Militeerbaragge ‘ die Militärbaracken ’ (Oberwald), Militeerhitte ‘ die Hütten des Militärs ’ (FLNK, Termen), (der) Militeerwäg ‘ der Weg, den das Militär baute ’ (FLNK Ausserbinn, Oberwald, Saas-Almagell, Visperterminen), Militärweg ‘ der Weg, den das Militär baute ’ (LT, Täsch; FLNK Militeerwäg) und 36er Militeerweg ‘ der Weg, der im 2. Weltkrieg vom Gebirgsbataillon 36 gebaut wurde ’ (FLNK, Termen). Mille Mille ‘ Hirse ’ ist wohl zu lat. MILIUM ‘ Hirse ’ (FEW 6, 2, 83 f.), vermutlich in der Ableitung frz. millet zu stellen. J ACCARD (1906, 275) kennt Millière für das frz. Wallis als Hirsefeld, B OSSARD / C HAVAN (2006, 147) zitieren es als ‘ champ de millet ’ . In unseren Belegen erscheint es früh in der Form Mille, die später offenbar als entrundetes Mili ‘ Mühle ’ verstanden wird; die Entrundung ist erst für das Ende des 15. Jahrhunderts belegt. Sichere Zeugnisse sind 1309 Millebv ᵢ nda ‘ der Pflanzplatz mit Hirse ’ (Visp) und frühe Belege für ts Milachru (Stalden): 1297 apud Milleakern ‘ bei den Hirseäckern ’ , 13. Jh. apud Milascar ‘ beim Hirseacker ’ , 1304 apud Milleakern ‘ bei den Hirseäckern ’ usw. Erst 1364 erscheint Mulakren ‘ die Äcker bei der Mühle ’ . Auch in Törbel ist 1306 apud Milleakren ‘ bei den Hirseäckern ’ belegt, aber im gleichen Jahr steht auch super Múlinakere ‘ oberhalb des Mühlenackers ’ . In Ausserberg steht 1307 apud Milakern ‘ bei den Hirseäckern ’ ; 1396 jedoch an dem Múllachren ‘ am Mühlenacker ’ . Unsicher ist das 1369 in Feschel belegte in der Myllon Bydunn ‘ bei der Hirse-Bünde ’ (Feschel). Miller Miller ist zu schwdt. Müller m., Berufsname wie nhd. allg., mhd. mülnaere, ahd. mulinari, aus mlat. MOLINARIUS , dazu die feminine Form Mulera (I D . 4, 184 ff.) zu stellen. Miller, Müller ist aber auch ein verbreiteter FaN (AWWB 233 234 Miller <?page no="122"?> 178). Im Einzelfall ist unklar, ob Beruf oder FaN gemeint sind. Das HL kommt in etwa 25 Namen vor. Das Simplex tritt als Miller (Eggerberg) und 1824 Aúf Miller (Reckingen) auf. Vermutlich ist hier jeweils ein Gut des Müllers oder der Familie Müller gemeint. Wohl ein Genitiv Plural liegt in terram Millerrun ‘ das Land der Familie Müller ’ (1704, Zeneggen) vor; ein Genitiv Singular zur Ableitung Millera ist unwahrscheinlich, jedoch nicht ausgeschlossen. Als Bestimmungswort ist Miller zusammen mit Acher, Biina, Egga, Wäg und Wald belegt. Ein vorangestellter Genitiv Plural Millers oder Millersch ist belegt mit den Grundwörtern Acher, Arsch, Bach, Eischt, Hüs, Schiir und Stei. Da sowohl die Berufsbezeichnung wie der FaN Personen bezeichnen, können in jedem Fall beide gemeint sein. Einmal ist ein Genitiv Plural belegt in Millern Acher (1880, Hohtenn). Die Ableitung Millerra bezeichnet einen Ort oder ein Stück Land, das dem Müller oder der Familie Müller gehörte (zum Suffix / - ERRA / < lat. / - ÂRIA / siehe S ONDER- EGGER 1958, 471 f.). Es kommt schon 1356 in Törbel als Mullerra vor und ist als t Millere (Unterbäch) und t Millerra (Mund) belegt. Eine Ausnahme bildet Zer Millere (Grengiols), das an einer Wasserleite liegt, die den Namen Milleri, auch Millerwasserleita trägt und die aus dem Milibach ‘ Mühlebach ’ stammt, der hier namengebend ist. Entprechend ist der Millerwald hier nach Zer Millere (alle Grengiols) benannt, also letztlich auch nach dem Milibach. Die Ableitung Millji n. ist in Eggerberg als Kurzname für den FaN Miller / Müller belegt in der Milljihubol ‘ der Hügel der Familie Miller ’ (Eggerberg). Wohl auch hieher gehört zer Mili Milti ‘ bei der milden (Stelle) der Familie Miller ’ (EK, Eggerberg). Wieweit statt Mili und Miller auch das HL M ILLE ‘ Hirse ’ betroffen ist, wird dort diskutiert. Milliere Milliere ist als t Milljere (Leuk, Salgesch) belegt. Die beiden Nennungen beziehen sich auf das gleiche Gut (LT Millieren). Wie M ATHIER (2015, 139) ausführt, wurde hier wohl früher Hirse angebaut, also ‘ bei den Hirsefeldern ’ . Er stellt es zum lat. MILIUM > frz. mil m. ‘ die Hirse ’ , davon abgeleitet miliere ‘ Hirsefeld ’ (FEW 6, 2, 84; G ENDRON 2003, 226). Weiter ist 1333 in Turtmann eys millieres ‘ bei den Hirsefeldern ’ belegt. 1794 ist in Leuk in clevis ubi dicitur eÿs millieres ‘ in den Abhängen, die in den Hirsefeldern benannt werden ’ bezeugt. Leukerbad schliesslich hat 1563 cristas dy milliere ‘ bei den Hügeln beim Hirsefeld ’ . Milljoon Milljoon ist zweimal belegt: der Milljoonocheer ‘ der Millionen-Cheer (teure Kurve der Nufenenstrasse) ’ (Ulrichen) und Millionucheer ‘ der Cheer (Strassenkehre), der sehr teuer war ’ (Leukerbad) (R. G RICHTING 1993, Blatt 23, Nr. 14 und Blatt 24, Nr. 6 haben Millionuchehr). Zu Grunde liegt das schwdt. Zahlenwort Million f. wie nhd. (I D . 4, 171; in anderer Bedeutung; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 623). Es wird hier als Bestimmungswort im Plural verwendet. Der Name ist auf den kostspieligen Strassenbau zurückzuführen. Milljüt Milljüt n. ist in Leukerbad als ts Milljüt und in Inden als ts Miljüt belegt. Dazu kommt Ober Miljüt (FLNK, Inden). Alle drei Belege befinden sich ungefähr am gleichen Ort. Rom. Millot ist eine / - OTTU ( M )/ -Ableitung von MILIUM ‘ Hirse ’ (FEW 6/ 2, 83b, mit Dank an W ULF M ÜLLER ; B OSSARD / C HAVAN 2006, 287), die im Dialekt zu Milljut und anschliessend mit Palatalisierung zu Milljüt wurde, wohl in der Bedeutung ‘ Gebiet mit Hirse ’ . In Frage kommen P ANICUM MILIACEUM ‘ Echte Hirse ’ und E CHINOCHLOA CRUS - GALLI ‘ Hühnerhirse ’ (beide L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1532 mit weiteren Unterarten) vgl. auch HLL M ILLE und M ILLIERE , wo die gleichen Pflanzenarten gemeint sind. Milloch Milloch ist nur belegt in einem Beleg von 1293 für Inden: apud Milloch. Zeitlich und örtlich ist die Deutung ‘ Mühlenloch ’ nicht möglich; es handelt sich wohl um einen rom. Namen. Er gehört zu lat. MILIUM hirse (FEW 6, 2, 83 ff., bes. S. 83); cf. HLL M ILLE , M ILLIERE und M ILLJÜT . Milon Milon ist zum Gipfelnamen Teet de Milo (frz. Tête de Milon) (Oberems) zu stellen. Der Gipfel findet sich neben einer Crête de Milon und einem Col de Milon (ausserhalb des Oberwallis, im Val d ’ Anniviers bei Zinal). Es scheint sich um eine Ableitung zum lat. MUT Ŭ LUS kragstein (FEW 6, 3, 307 ff.) zu handeln, das häufig auch einfach als tas ‘ Haufen ’ oder tas de foin ‘ Heuhaufen ’ bezeichnet wird; B RIDEL (1866, 244) notiert es als Melhon, Millon ‘ Moëllon (Bruchstein) ’ , bei M EYER (1910) findet sich das Stichwort nicht. Zu vermuten ist, dass es sich um eine vereinfachte Form des frpr. Wortes handelt. Milt Milt ‘ milde ’ Adj. ist zu schwdt. milt, im Allgemeinen wie nhd. ‘ freigebig, nicht rauh (von Wegen) ’ , mhd. milde, milte (I D . 4, 215), in FlN für sanfte Gefälle. Zu dieser Deutung passt einigermassen der Miltstockh ‘ der sanft abfallende Stock ’ (1550, Obergesteln). In den lebenden Milliere 235 236 <?page no="123"?> Belegen der Miltsack und der Miltsackgrabe (beide Oberwald) könnte eine entrundete Form zum Mül-sack ‘ Mühlensack ’ mit Übergangskonsonant / t/ zu Grunde liegen - es handelte sich wörtlich um den Sack, in dem das Getreide zur Mühle gebracht wurde, laut I D . (7, 629) ein starker und mit hübscher Malerei versehener Sack. Diese Deutung bleibt aber vorläufig. Mindele Mindele f., ist als Zer Mindele (Grengiols) und Ze Mindle (FLNK, Grengiols) belegt. Historisch erscheint es 1569 als zer Mÿndolún. Der Name bezeichnet ebene Wiesen, zum Teil etwas feucht bis sumpfig, beim Weiler Hockmatta. Am nächstliegenden ist an eine feminine / - LA / -Ableitung zum Nomen Mund mit Umlaut und anschliessender Entrundung zu denken (S ONDEREGGER 1958, 517), das eine Stellenbezeichnung beinhaltet. Laut I D . (4, 322 s. v. Munda) ist unter Mundi n. im Wallis eine Kuh oder Ziege mit weissem Maul zu verstehen. R ÜBEL (1950, 90) nennt Mundi für Ziegen mit einem weissen Schlaps auch an der Nase. Zer Mindele wäre dann als ‘ bei der Weide für die Kühe oder Ziegen mit einem weissen Maul ’ zu verstehen. Der Flurname ist so sonst nicht belegt. Minder Minder ist nur zweimal historisch belegt als im Mindren Holtz ‘ (vermutlich Agglutination des Artikels, eigentlich: ) im inneren Holz (Wald) ’ (1712, Oberems) und vnder dem Mindren Thossen ‘ unter dem kleineren Felsen ’ (1582, Münster). Während der Beleg aus Oberems vermutlich zu inner ‘ innerer ’ zu stellen ist, muss der zweite Beleg aus Münster zum schwdt. Adj. minder allgemein wie nhd., in FlN ‘ räumlich kleiner, ökonomisch geringer, minderwertiger, schlechter ’ , mhd. minre, minner, ahd. minniro und wdt. minner, mindr (Lötschtal), minnär ‘ kleiner ’ (I D . 4, 320 f.; G RICHTING 1998, 135) gestellt werden. Mineral Mineral ist einerseits in Mineraliengrube (LT, Binn) und anderseits in Mineralquella (FLNK, Termen) und Mineralquelle (SK, Binn) belegt. Zu stellen sind alle drei zu hdt. Mineral n., entlehnt aus mlat. ( AES ) MINERALE ‘ Erzgestein ’ n., einer Ableitung aus mlat. MINARIUM n. ‘ Grubenerz, Erzgrube ’ (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 625). Im ersten Beleg geht es um Erze, in den zwei anderen um Wasser, das Spuren von Mineralien enthält. Minge Minge m. ist in Reckingen als der Minge (auch auf 1: 10000 und bei FLNK als Minge) auf einer Höhe von 1764 m belegt. Dazu gehört der Mingeblätz ‘ das kleine Stück Land im Gebiet Minge ’ (Reckingen). Nur historisch belegt sind Myngenberg (1379, Reckingen; ? , Münster; 1379, Ulrichen), wohl die gleiche Gegend, und Myngenbach (1445, Ulrichen). Da schon die ältesten Belege ein / i/ aufweisen, muss die Grundform Minge sein. Das in I D . (4, 329) belegte minge ‘ Ausruf der Verneinung ’ wird dort auf das Oberitalienische zurückgeführt; es ist nur für den Kanton Uri belegt und klärt den Flurnamen nicht, der so ungedeutet bleibt. Minnche Minnche Pl. ist nur einmal belegt in t Minnche ‘ die Mönche (verschnittene Hengste) ’ (Binn). Es ist wohl zu schwdt. Münch m. ‘ (verschnittenes) männliches Tier ’ (I D . 4, 318) zu stellen und meint vor allem kastrierte Hengste. Das HL scheint jedoch in dieser Bedeutung in den walliserdeutschen Dialekten nicht geläufig gewesen zu sein. Andere Deutungen (G R W B 12, 2487 ff.) treffen kaum zu. Minnig (FaN) Minnig (FaN) ist ein FaN, der als Minnig, Mynnyng, Minnich, Minning, Minnix, Menik, Mönich verschriftet wird. Der Name wird von von Mönch < lat. M ONACHUS abgeleitet (AWWB 171). Der FaN ist als Simplex Minnig (1631, Binn) für eine Alpe belegt. Sonst kommt er nur historisch als vorangestellter Genitiv oder als Bestimmungswort vor: z Minnigs Huss ‘ Das Haus der Familie Minnig ’ (1570, Betten), Minnigs Boden ‘ der Boden der Familie Minnig ’ (1536, Filet), bÿ Minnigs Gaden (1576, Gluringen) ‘ beim Gaden (Stall) der Familie Minnig ’ , Minnigsgarten ‘ der Garten der Familie Minnig ’ (1673, Brig), z Minnigo Hittenn ‘ die Hütte der Familie Minnig ’ (1571, Greich), Minnigohaús ‘ das Haus der Familie Minnig ’ (1666, Ried-Mörel). Eine Diminutivableitung Minniggi ‘ der Mann namens Minnig ’ ist in ts Minnigisch Azig ‘ das Weideland der Familie Minnig ’ und ts Minniggisch Haaute ‘ die Halde der Familie Minnig ’ (beide Selkingen, letzteres mit / l/ - Vokalisierung) vertreten. Mintuniere Mintuniere f., Plural, ‘ die Alpweiden ’ ist der Name einer Alpe in Leukerbad (vgl. auch R. G RICHTING 1993, Blatt 4, Nr. 7 und Blatt 6, Nr. 9 als Mintunierä). Dazu kommt Mintunierutotz ‘ der (Fels-)Totz oberhalb von Mintuniere ’ (FLNK, Leukerbad) (vgl. auch R. G RICHTING 1993, Blatt 4, Nr. 5, Blatt 5, Nr. 3 und Blatt 6, Nr. 7 als Mintunierätotz). Es dürfte sich um eine umgelautete und entrundete Form zu muntáña ‘ Weide auf der Alpe mit einem Chalet ’ (T AGMANN 1946, 44; vgl. auch FEW 6, 3, 100 ff. s. v. *montanea ‘ Gebirge ’ ) handeln, mit einer Ableitung, wohl auf / - ARIA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 30 s. v. Montaneire). 237 238 Mintuniere <?page no="124"?> Mirg Mirg ist einerseits als Bestimmungswort in einer Reihe von Flurnamen in Staldenried belegt: an dem Mûrkakere (1309, Staldenried), daz Mûrkbort (1309, Staldenried), Murkgraben (1398, Staldenried), Mirgweÿer (1681 u. später, Staldenried). Dazu kommt eine Ableitung Murkilla (1320 u. später, Termen). Die frühen Belege mit / u/ weisen auf eine Entrundung hin, die wir auch beim HL M IRGGA nachweisen können. Die Belege aus Staldenried gehören wohl alle zum Flurnamen t Mirgga (Staldenried) (cf. HL M IRGGA ), die Z IMMERMANN (1968, 21) zu kelt. *morga stellt; unter dem HL M IRGGA lehnen wir diese Herleitung ab und schlagen das gut belegte Mirgga ‘ waagrechtes Stück Land ’ als Ausgangspunkt vor. Die Ableitung auf / - ILLA / (S ONDER- EGGER 1958, 517 f.; die dt. Ableitung ist aber nicht sicher) Murkilla (Termen) ercheint auch als Murquilla und Murquilli und ist nur für das 14. Jahrhundert belegt. Mangels weiterer Belege lässt sie sich nicht deuten; M. S. selbst ist nicht sicher und hat sie auch als Zusammensetzung unter K ILLA angesetzt, was unseres Erachtens unsinnig bleibt. I D . (3, 206 s. v. Chille n II. ‘ enge, tiefe, wilde Schlucht ’ ) will das Wort von Chinn ‘ Schlucht ’ ableiten, was dann etwa ‘ die Mauerschlucht ’ ergeben würde. Das entspricht aber nicht der durchgehenden Kennzeichnung des Flurnamens als frustum terre ‘ ein Stück Land ’ . Der Name bleibt darum ungedeutet. Mirgga Mirgga ist ein schwer zu deutender Flurname. Die ältesten Belege legen ein Murcka (1398, Staldenried) nahe, also mit einem / u/ -Laut, der später zu / ü/ umgelautet und dann zu / i/ entrundet wurde. R ÜBEL (1950, 39) kennt Mirgge für Zermatt und das Lötschental als Ausdruck für die “ waagrechten Wandbalken ” und verweist u. a. auf das I D . (4, 406). Z IMMERMANN (1968, 21) stellt Mirgga in Staldenried als Ableitung zu kelt. *morga ‘ Grenze, Steinwall, Hang, Steingeröll ’ (cf. H UBSCHMIED 1938, 139 ff.; zu denken ist eher an ‘ Sumpf, Sumpfbach ’ ), diese Zuordnung ist jedoch sehr unsicher (A EBISCHER 1971, 23; P O- KORNY 1948/ 49, 264 ff.). Sie ist eher bei Mörel und Merje angebracht. Belegt ist - mit einer Ausnahme - nur das Simplex. Lebend ist es als t Mirgga (Blitzingen, Ernen, Mund, Staldenried), iner Mirgge (Niederwald), historisch als dÿ Murgga (1500 u. später, Fiesch), an / in den Mirggen (1573 u. später, Gluringen), an der Mirggen (1625, Ritzingen), an der Mürgen / Müngen (? ) (1547, Reckingen; unsicher Lesung), auff der Mürgen (1735, Visperterminen). Das einzige Kompositum ist z Mirggen Achren ‘ bei den Äckern der Mirgga ’ (1675, Ergisch). Die Verteilung lässt an eine toponomastische Verwendung von Mirgge ‘ waagrechte Balken ’ (R ÜBEL 1950, 39) denken, also etwa an ‘ waagrechtes Stück Land ’ . Vermutlich besteht für Staldenried ein Zusammenhang mit dem unter dem HL M IRG behandelten Namen; für den Beleg Murkilla (Termen) ist der Zusammenhang unklar. Miribel Miribel, auch Meribel, ist nur in Varen als de plano de Miribel (1433), de plano de Meribel (1473, 1474) ‘ die Ebene mit schönem Ausblick ’ belegt. T AGMANN (1946, 47) führt den Namen auf ein Äquivalent zu frz. bellevue zurück, hier bestehend aus dem Imperativ von miry ę ‘ schauen, betrachten ’ und dem Adjektiv b ẹ i < BELLU ‘ schön ’ . B OSSARD / C HAVAN (2006, 30 s. v. Méribé) weisen auf die älteren Formen vom Typ Miribel hin. Mischabel Mischabel ist als Simplex für ein Bergmassiv (Randa, Saas-Fee; LT und FLNK) belegt. der Mischabelgraad (Täsch) ist als Grenzgrat zwischen Saas-Fee und Täsch bezeugt. t Mischabelhittu ‘ die Mischabelhütte ’ (Saas-Fee; FLNK Mischabelhitta; LT Mischabelhütten AAC Zürich) ist eine Hütte des Akademischen Alpenclubs Zürich im Gebiet von Saas Fee auf 3329 m. Das in Saas-Fee und Täsch belegte ts Mischaabeljoch / ts Mischabeljoch (LT Biwak Mischabeljoch SAC, FLNK Biwak Mischabeljoch SAC, Mischabeljoch) meint ein kleines Biwak zwischen Täschhorn und Alphubel. Der Name Mischabel erscheint 1835 auf einer von W ÖRL herausgegebenen Schweizerkarte (Die Karte der Schweiz, 1835/ 36) als Mischabel-Hörner und bezeichnet den mächtigen, Saas und Zermatt trennenden Gebirgszug. Ob die Bergkette schon früher so benannt wurde, ist nicht eindeutig nachweisbar. Im 19. Jh. wurde behauptet, dass der Name sarazenischen Ursprungs sei (G ATSCHET 1867, 40) und auf arabisch muschbil oder muschabil zurückzuführen sei, was ‘ Löwin mit ihren Jungen ’ bedeuten soll (J ULEN 1951, 32 ff.). G ATSCHET (1880, 407) schreibt, dass die Übersetzung für ‘ montagne mezze alle valli ’ , deutsch Mettenhörner lauten sollte. In Zermatt gibt es zwar ein Mettelhorn, die Form Mettenhorn ist jedoch nicht belegt (W ERLEN 2008, 589). I D . (8, 22) setzt für den Namen ein Etymon (Mist)-schappla auch -schabla f. an und erklärt es mit ‘ Furken, Mistgabel ’ . I SELIN (1894 - 1897, 131) führt den Namen auf ein Walserwort von Alagna missobla f. ‘ Dreizack ’ oder ‘ dreizinkige Gabel ’ zurück. Nach R ÜBEL (1950, 52) kommt aber im Wallis nur die Form Mistgabla vor. J ULEN (1951, 34 ff.) sieht im Namen eine ‘ sprachliche Missbildung ’ : Mischabel soll aus ursprünglich ‘ mittlere ’ (vgl. mitsch in G RICHTING 1998, 136) und ‘ Gabel ’ entstanden sein, zur Begründung seiner Deutung gibt er einen einzigen Beleg mit der Lautung Mirg 239 240 <?page no="125"?> Mitsgabel aus C HARLES -L OUIS DE B ONS ’ ‘ Topographie du Canton du Valais ’ an. Diese Namenform ist aber wahrscheinlich durch einen Druckfehler entstanden. Nach heutigem Stand der Forschung kann der Name nicht befriedigend erklärt werden (W ERLEN 2008, 589), doch ist die Deutung über Mistschabla (I D . 8, 22) wahrscheinlich, da ein solches Gerät (Schaber für den Mist) für die Bauern wichtig war. Mischi Mischi n. ‘ das kleine Moor ’ , (wörtlich: ) ‘ das kleine Moos ’ wird von Z IMMERMANN zu mhd. mies ‘ Moos ’ mit Palatalisierung von [s] zu [ š ] und Monophthongierung (Z IM- MERMANN 1968, 69) gestellt. BENB (1, 3, 328) gibt jedoch eine Form Mus ‘ Moos (im Sinn von ‘ feuchte Stelle ’ ) ’ , betrachtet sie aber als historisch älter als Moos (BENB 1, 2, 331 mit Verweis auf K ULLY 1997). Mischi (< Müschi) wäre dann eine ältere Form mit späterer Entrundung und Diminutivendung. URNB (2, 826) kennt Müsche f. (1568, Gurtnellen), ist aber unsicher und interpretiert es als ‘ Ort, wo etwas gemischt wird oder sich etwas mischt ’ . Es liegt nur ein Beleg mit dem Genus feminin vor, so dass die Aussagekraft beschränkt ist. Das Simplex Mischi kommt lebend in zehn Gemeinden vor, historisch im Mischi (1864, Unterbäch), und ist auch als ts Mischji (Niederwald, Reckingen), das Mischÿ (1865, Hohtenn) und das Mÿschgÿ (1628, Martisberg; 1849 Mischÿ) belegt; isoliert ist das Misij (1551, Bürchen). Der Plural ist Mischini (Bratsch, Termen, Törbel, Visperterminen). Sehr selten taucht ein Plural in den Mischren (1770 u. später, Termen) und die Mischer (1725, Gluringen) auf. Das HL im Genitiv findet sich 1673 in Zwischbergen als in des Mischis Acker ‘ im Acker beim kleinen Moor ’ (bei J ORDAN 2006 nicht belegt). Ein FaN Mischi oder ein PN Mischi, die beide in Frage kommen, sind jedoch nicht belegt. Mit attributiven Adjektiven finden sich ts Leng Mischi ‘ das lange Moosgebiet ’ (Törbel), ts Litz Mischi ‘ das schattige kleine Moor ’ (Binn), ts Ober und ts Unner Mischi ‘ das obere und das untere kleine Moor ’ (Gluringen). Als Bestimmungswort kommt das HL mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita vor: Bach, Blatta, Bletz, Egg(a), Gartu, Läger, Schiir, Schluocht, Weid und Wäg. Komplexer sind t Mischischluachbrigga ‘ die Brücke über die Mischischlucht ’ (Zwischbergen) (J ORDAN 2006, 113 kennt Mischi (Simplon) und S. 324 Mischischluach und Mischischluachbrigga (Zwischbergen)) und der Ober Mischiwäg ‘ der Weg vom / zum oberen Mischi (Moorgebiet) ’ (Gluringen). Mischt Mischt m. ist nur zweimal belegt: t Mischtheff ‘ die Misthöfe ’ (Hohtenn) und zen Mitschhefnin ‘ bei den Misthöfen ’ (Blatten). In beiden Fällen sind Misthöfe ausserhalb des Dorfes gemeint, in denen die einzelnen Bauern u. a. den Mist des Viehs abladen. Das HL ist zu schwdt. Mist m. wie nhd. ‘ Mist, Gülle ’ und wdt. Mischt ‘ Mist ’ (I D . 4, 538; G RICHTING 1998, 136) zu stellen; G RICHTING erwähnt dort auch Mischthof ‘ Mistablage (ummauert) ’ . Der Misthof fasst unverdauliche Abfälle aus der Futterkrippe und andere Überreste aus Ställen (R ÜBEL 1950, 52). Missong Missong ist in Albinen als Missong (FLNK) und bei M ATHIEU (2006, 13) belegt, in Leukerbad als Missong (auch bei R. G RICHTING 1993, Blatt 5, Nr. 21 und weitere) und Missonggrabu (FLNK) ‘ der Graben bei Missong ’ ; R. G RICH- TING (1993) hat weiter Missongbalmu ‘ der überhängende Fels bei Missong ’ (Blatt 5, Nr. 20 und weitere). In Albinen ist weiter 1602 en Mÿssonette ‘ im kleinen Haus ’ belegt. Die Belege lassen sich auf die frpr. Entsprechung für frz. maison ‘ Haus ’ , Diminutivformen im 13. Jh.: mesoneta, meysoneta (T AGMANN 1946, 35; M EYER 1914, 167) zurückführen. Schwieriger ist y schuramischong (1709 u. später, Varen), wo wohl ein Kompositum von Mischong ‘ Haus ’ und Schura (< Jura ‘ Bergwald ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 161; FEW 5, 82), also ‘ der Bergwald beim Haus ’ , vorliegt. Mitleyt Mitleyt ‘ Mitleid ’ müsste eigentlich getrennt werden, kommt aber 1361 in Gampel als zen Mitleyt (? ) Brune ‘ bei den Mitleid-Brunnen / bei den Mitleid-Quellen ’ vor. Mitleid ist hier wohl als Compassio (wohl Mariae) zu verstehen, also das Mitleiden am Kreuzestod Jesu. Ob dies in der Form eines Compassio-Bildes geschah, kann nicht bestimmt werden. Die unsichere Lesart bezieht sich auf das erste / t/ , das untypisch klein geraten ist und auch als / c/ gelesen werden kann; das dann entstehende Micleyt ist jedoch nicht belegt. Mitt- Mitt- ‘ Mitte, mittel, mittler ’ ist zum schwdt. Adj. mitt und mittel wie nhd., ahd. mittil, mhd. mittel, Komparativ mittler, Superlativ mittlescht, mittloscht, mittluscht ‘ in der Mitte befindlich, mittler ’ , in FlN örtliche Bestimmung zu stellen. Auch substantivierte Formen für allgemein ‘ Mitte ’ wie schwdt. Mitti f. und Mittel n., Mitzi f. zum Adj. mittes, mhd. mittes, adv. Genitiv zu mitt mit auslautendem -t wie auch in iezt (I D . 4, 560 ff.; I D . 12, 1315) sind zu berücksichtigen. G RICHTING (1998, 136) unterscheidet das Nomen Mitti f. ‘ Mitte ’ , von der Partikel mitti ‘ mitten ’ und dem Adj. mittler, mittlär ‘ mittel, mittler ’ . 241 242 Mitt- <?page no="126"?> In den rund 350 Namenbelegen sind verschiedene Typen zu unterscheiden. Als Simplizia erscheinen im Singular die substantivierten Adjektive t Mittla ‘ die mittlere Wasserleitung ’ (Baltschieder, Raron, Visperterminen), historisch als die Mitla (1615 u. später, Ausserberg), mit Präposition Zer Mittlu ‘ bei der mittleren Wasserleitung (? ) ’ (Zermatt) oder ‘ die mittlere Alpe ’ (Wiler), im Plural t Mittle ‘ die mittleren Alpen ’ (Greich), historisch als an den Mittlen (1634, Goppisberg). Ein vermutlich maskulines zum Mittel (Betten), ts Mittle (Blitzingen, wohl Stafel gemeint) und gesteigertes der Mitletsch ‘ Stafel in der Mitte der Alpe Chietal ’ (Münster), sowie feminines t Mittloschta ‘ der mittlere Alpstafel ’ (Unterbäch) gehören ebenfalls zu den substantivierten Adjektiven. Der einzige Beleg zum Nomen Mitti f. ‘ Mitte ’ scheint in den Mittinen ‘ in den Mitten ’ (1808, Geimen) zu sein. Einfaches Mitttritt vor allem im Typ Mittal ‘ Mitte des Tales ’ (Gampel, Steg) und den darum herum liegenden Mittalbach, Mittalbodi, Mittalgrabu (Steg, Hohtenn; auch verschrieben als Metall Grabu) und anderen auf. ts Mittstuidu ‘ bei den mittleren Stauden ’ (Ferden) ist das einzige andere Beispiel. Weit verbreitet als Adjektiv oder erstes Kompositionsglied ist Mittel / Mittil / Mittol / Mittul und Mittu: es handelt sich hier meistens um mittlere Objekte, wobei vier Fälle zu unterscheiden sind: mittlere Teile von Siedlungen (Typ Mitteldorf / Mittildorf), zwischen zwei Objekten wie Bächen oder Gräben liegende Gebiete (Typ ts Mittelsand (Saas-Almagell)), mittlere Gebiet in einer vertikalen (vs. Ober- und Unter-) oder horizontalen (vs. Vorder- und Hinter-) Achse. Das als Beittelblatt (cf. HL B EITTEL ) gelesene Wort ist zu Mittelblatt zu stellen (P H . K ALBERMATTER , p. c.). Die Grundwörter zweigliedriger Komposita hierzu sind (ohne Differenzierung nach Typ): Äbi, Acher, Aletsch, Alaliin, Arb, Bach, Bäärg, Biina, Blatta, Bodu, Bord, Brand, Brei, Brunnu, Chriz, Dorf, Egg(a), Ems, Erb, Fad, Gadu, Geesch, Gettja, Gipfel, Gone, Grabu, Graat, Grotze, Grüeba, Grund, Hüs, Löuwina, Matta, Merje, Moräne, Rigg, Ripp, Ritz, Sand, Schiir, See, Stafel, Steg, Stazjo, Tal, Tritt, Tschugge, Tuff, Wäg, Wald, Wase, Wasser und Zug, sowie das zusammengesetzte Wasserleita. Komplexere Bildungen sind etwa ts Fooder Mittoleggi ‘ die vordere, kleine Mittel-Ecke ’ (Hohtenn), der Gross Mittelgrotza ‘ der grosse Fels im Gebiet Mittelgrotzen ’ (Randa), Hungerli der Mittilstafil ‘ der Mittelstafel der Alpe Hungerli ’ (Oberems) und viel andere mehr. Flektierte Formen des Adjektivs mittel sind seltener: zer Mitlen Grenchen ‘ beim mittleren Kornspeicher ’ (1521, Täsch) und zer Mittlen Grächen (16? ? , Randa), der Mittlebärg ‘ der mittlere Berg (Alpe) ’ (Binn), ts Mitlohüs ‘ das mittlere Haus ’ (Visperterminen), zum Mitlún Badún ‘ zum mittleren Teil des Brigerbades ’ (1581, Brigerbad), ts Mittlebord ‘ das mittlere Bord ’ (Blitzingen), ts Mittlegade ‘ beim mittleren Gaden (Stall) ’ (Grengiols), in den Mittlen Matten ‘ bei den mittleren Wiesen ’ (1589, Visp; 1617 u. später, Erschmatt), im Mittlen Turtig ‘ im mittleren Teil von Turtig (Dorfteil von Niedergesteln) ’ (1574 u. später, Raron), ts Mittluwierli ‘ der kleine Weiher an der Mittla (Wasserleitung) ’ (Visperterminen). Komparative (mittler) und Superlative (mittlescht) des Adjektivs sind sehr häufig; die Bedeutung ist meist jedoch auf ‘ in der Mitte liegend ’ beschränkt. Zu mittler finden sich die Grundwörter Bäärg, Chitt, Eie, Graat, Grüeba, Gufer, Hüs, Meni, Stafel, Treije, Wäg und Wil. Den häufigeren Fall bilden Konstruktionen mit dem Superlativ Mittlescht / Mittloscht / Mittluscht und den Grundwörtern Ägerde, Balma, Bärg, Birch, Bode, Bord, Brigga, Burg, Burgu, Chäla, Chi, Egg(a), Feesch, Furt, Grabe, Gang, Läger, Hellela, Ill, Matta, Meigga, Merje, Riti, Ritz, Schnitta, Schwand, See, Stafel, Treije, Tritt, Tumscha, Üüdri, Viertel, Waart und Wier. Komplexere Konstruktionen sind häufig, etwa t Mittluscht Stamppachwanna ‘ die mittlere Wanne (Mulde) beim Standbach ’ (Blatten), ts Mittluscht Schaafläger ‘ die mittlere Lagerstätte für die Schafe ’ (Blatten), der Mittloscht Lischbode ‘ der mittlere Boden in der Lischa (sumpfiges Gelände mit Lischgras) ’ (Törbel) und viele andere mehr. Bei einzelnen Konstruktionen ist es unsicher, wozu das HL Mittgerechnet wird: in der Fooder Mittoleggigrabu (Hohtenn) ist der vordere Graben bei der Mittelecke gemeint, in Mittelaletschbiwak SAC (Betten) die Hütte des SAC beim Mittelaletschgletscher, der sich zwischen Oberaletschgletscher und dem Grossen Aletschgletscher befindet. Ein vom adverbialen mittsch ‘ mitten ’ abgeleitetes Mittscha f. ‘ in der Mitte liegendes Gebiet ’ erscheint in die Mitscha (1645, Fiesch), die Mittscha (1664 u. später, Mörel), an der Mitzschen (1530, Ausserbinn u. Binn), ein gwissi Mitzschen (1659, Betten), vnder der grosen Mitzen (1666, Ried-Mörel). Ein verschriebener Name ist wohl zum Midtren Gampil (1649, Bratsch), wo vermutlich von Niedergampel die Rede ist, das heute zu Gampel-Bratsch gehört. Mittag Mittag ist zu schwdt. und wdt. Mittag m. ‘ Mittag als Tageszeit, als Mitte des Tages, als mittägliche Arbeitspause ’ und ‘ als Himmelsrichtung Süden ’ , ahd. mittitag, mhd. mitt(en) tac, mittach(e), mittertag zu stellen. Sowohl die Tageszeit, als auch die Himmelsrichtung Süden ist vom Standort aus zu beurteilen (I D . 12, 940 ff.; G RICHTING 1998, 136; Z INSLI 1946, 180). Die Bildung müsste eigentlich Mittag 243 244 <?page no="127"?> in die HL M ITT - und T AG getrennt werden, ist aber aus inhaltlichen Gründen hier zusammengenommen. Mittag wird in den Belegen häufig für die Himmelsrichtung Süden verwendet (Morgen für Osten, Abend für Westen und Mittnacht für Norden). So ist es wahrscheinlich auch in den beiden historischen Belegen im afftrun Mittag ‘ im hinteren Mittag (Dorfteil im Süden) ’ (1560, Brigerbad) und aúffem halben Mittag ‘ auf dem halb südlich gelegenen Gebiet (? ) ’ (1720, Unterbäch) zu verstehen. Ausser diesen zwei Belegen tritt Mittag nur als Bestimmungswort auf. Dabei ist ‘ Süden ’ vorherrschend bei der Bildung Mittaghoru / Mittaghorn ‘ südlich gelegener Gipfel ’ , das in Fieschertal, Mühlebach, Oberwald, Reckingen, Ulrichen, Blatten, Saas-Fee und Saas-Almagell belegt ist. Die Gipfel in Blatten und Ulrichen müssen von Berner Seite her so benannt worden sein. Weiter gibt es die Grundwörter Chapf, Licka, Bach, Blatta, Flüe und Schipfa, letztere laut Gwp. ein überhangender Fels, wo Hirten zu Mittag assen. Unklar ist der Mittaagpfad (Hohtenn) - auf der zweiten Silbe betont. Die Umschreibung “ Grasband ” deutet auf das Grundwort Fad hin; vielleicht wird dieses Band erst gegen Mittag von der Sonne beschienen? Ebenfalls nicht im Süden befindet sich heute der Mittagstadel (Zermatt), jetzt überbaut. Auf der SK liegt der Ort jedoch im Süden des Weilers Egg ausserhalb von Zermatt. Moeren Moeren ist nur 1560 in Geschinen als jn Mo ᵉ renbach und 1580 in Lax dem Mo ᵉ renbach vff nach belegt. Die Deutung ist unsicher: das HL kann sich auf M ō r I m. ‘ Mohr, Schwarzer ’ (I D . 4, 376), M ō r II f. ‘ unverschnittenes, weibliches Schwein ’ (I D . 4, 377; R ÜBEL 1950, 112 s. v. m ō re) und M ŏ s n. ‘ Moor, feuchtes, sumpfiges Land ’ (I D . 4, 469) beziehen; G RICHTING (1998, 137) kennt nur Moora, Moorä (Goms) ‘ Mutterschwein ’ (die zweite Deutung ist hier irrelevant). Da der Bach nicht lokalisiert werden kann, ist wohl am ehesten die Farbe ‘ schwarzer Bach ’ oder die Herkunft aus einem Moor ‘ Moorbach ’ anzunehmen. Der Zusammenhang mit einem Schwein dürfte deutlich geringer sein (vgl. R ÜBEL 1950, 111 ff.), wo von einer geringern Wichtigkeit der Schweinehaltung die Rede ist. Moli Moli n. ‘ kleine Kaulquappe ’ ist nur belegt in der Moliputz ‘ der Tümpel mit Kaulquappen ’ (Naters). Das HL ist zu schwdt. Mol, M ō l n., Pl. Molle n , Dim. Mööli, ‘ Name verschiedener Weichtiere; Kaulquappe von Fröschen und Kröten ’ (I D . 4, 172) zu stellen. Molybdän Molybdän ist nur in Molybdänwärch (FLKN, Baltschieder) belegt. Auf der früheren Karte 1: 25000 ist Ehem. Bergwerk notiert. Die Karte 1: 10000 hat am Ort einige Symbole für Gebäude, kennt aber keinen Namen. Die heutige LT zeigt dort einige Gebäude. Molybdän n., ist ein silberweisses Schwermetall, das am rund 2600 hoch gelegenen Bergwerk während der zwei Weltkriege von der Kriegsindustrie abgebaut wurde. Es diente vor allem zur Härtung von Stahl. In der Literatur wird das Molybdänwärch auch Roti Chumma genannt. Dieser Flurname ist jedoch laut LT, SK und FLNK weit vom Molybdänwärch entfernt. Der Flurname Molybdänwärch übernimmt die chemische Bezeichnung Molybdän und kombiniert ihn mit Wärch ‘ Werk ’ . Moming Moming ist ein Passname im Einfischtal, der auch in der Moming (Randa), sowie in Pointe Nord de Moming (LT, Randa) und Pointe Sud de Moming (LT, Randa) belegt ist. J ACCARD (1906, 281 s. v. Momaing, Moming) sieht darin Mont-Maing < MONTEM MAGNUM ‘ grosser Berg ’ , während M EYER (1930, 26) als Adjektiv lat. MINIUM > minii ‘ zinnoberrot ’ anführt. Weder magnus noch minium sind jedoch im Galloromanischen belegt (FEW 6, 1, 49 ff. und FEW 6, 2, 122). G UEX (1935, 434; 1976, 103) wiederum führt den Namen auf lat. MONS MEDIANUS ‘ mittlerer Berg, mittlere Alpe ’ zurück. W ULF M ÜLLER (p. c.) sieht die Entwicklung MEDIANUS > min im Material des G PSR kaum belegt (vgl. auch FEW 6, 1, 578 s. v. MEDIANUS ‘ in der mitte liegend ’ ). Eine Entscheidung für eine der Hypothesen ist mangels historischer Belege nicht möglich; inhaltlich scheint die Deutung von G UEX am sinnvollsten. Mönch Mönch m. ist zu schwdt. Münch, Mönch m. wie nhd. ‘ Mönch, Klosterbruder ’ , entlehnt aus mittellat. MONICUS m., auch in der Bedeutung ‘ verschnittenes Tier ’ zu stellen (I D . 4, 318; K LUGE / S EEBOLD 5 2011, 631). Der Mönch (Fieschertal) ist ein Berggipfel auf der Grenze zwischen den Kantonen Bern und Wallis. Er galt lange nur als zweiter Gipfel des Eiger. Bevor er im 19. Jh. zu seinem jetzigen Namen kam, hiess er Innereiger, Hintereiger, Eigers Schneeberg, Eigers Breithorn, Jungfrauberg, Gross- Mönch und Weiss-Mönch (W ÄBER 1892 - 1893, 256; I D . 4, 318 f.). Einerseits soll der Berg nach einer Alpweide, die sich an seinem Fuss befindet, der Münchenalpe, wo früher Münche ‘ kastrierte Tiere, Wallache ’ sömmerten, benannt worden sein, anderseits wird eine in Bergnamen häufig belegbare Personifizierung, Mönch als analogisches Gegenstück zu Jungfrau, nicht ausgeschlossen (S ONDEREGGER 2 1977, 63; BENB 1, 3, 364 ff.; F ETZER / W ERLEN 245 246 Mönch <?page no="128"?> 2010, 89). Die Lautung ist erkennbar nicht dialektal. Das Wort selbst ist im Wallis nicht gebräuchlich, die Benennung geschah auf Berner Seite. Neben dem Gipfelnamen selbst kommen Mönchsjochhitta ‘ die Schutzhütte des SAC auf dem Mönchsjoch ’ (FLNK Fieschertal; LT Mönchsjochhütte), ts Ober und ts Unner Mönchsjoch ‘ das obere und das untere Joch (Fusspass) beim Mönch (Gipfelname, 4107 m) ’ (Fieschertal) vor. Mond Mond ist nur in historischen Belegen als Mondwaldt (1666, Zeneggen), Montwald (1391, Saastal), Montwaldt (1568, Saas-Balen), Montwalt (1348, Stalden), Mundwaldbak (1307 u. später, Eisten) und Montwaldwasserleiten ‘ die Wasserleitung vom / zum Montwald ’ (Staldenried) belegt. Es handelt sich, wie der Bearbeiter unter Nr. 18220 belegt, wohl um den heutigen Mattwald (Eisten), wie die historischen Nachweise unter Mattwaldbach (Nr. 33924) nachweisen. Darum ist Mond nicht zu schwdt. M ō n bzw. M ā n ‘ Mond, der Himmelkörper ’ , ahd. m ā no, mhd. m ā n(e) m./ f. (I D . 4, 234 f.) zu stellen, sondern wohl zum gleichen HL wie das Dorf Mund, also zu lat. MONTEM ‘ Berg ’ (FEW 6, 3, 84 ff. s. v. mons berg) (cf. HL M ONT ). Der Montwald ist also ursprünglich der Bergwald; erst später entstand daraus durch Umdeutung Mattwald. Das Gebiet heisst heute Mattwaldalpa, verstanden wohl zum Mattwaldhorn. Mondelli Mondelli ist ein Name von Weiler und Bach im Anzascatal (Italien). Er ist belegt in Mondelligletscher und der Mondellipass (beide Saas-Almagell). Der Pass ist benannt nach dem Passweg Richtung Mondelli; der Gletscher liegt daneben; ein Grenzgipfel heisst Pizzo Mondelli (in VSNB nicht belegt). Der Bach nennt sich Rio Mondelli. Ob der Name etwas mit mondéll (LSI, 3, 477) zu tun hat, bleibt unsicher. O LIVIERI ( 2 1961; 1965) kennt den Namen nicht. Z INSLI (1984, 336) kennt Mundjeije, ohne weitere Deutung; vermutlich einfach eine dialektale Form. Monetzs Monetzs ist nur 1581 in Albinen als eÿ monetzs belegt. Ein Blick auf eÿ larsez ‘ bei den Lärchen ’ in Albinen zeigt, dass eÿ monetzs ein alternativer Name ist. Ob ein FaN wie Monnay (AWWB 171, NWWB 1, 177)) oder Monnet (NWWB 1, 178) vorliegt, ist unklar; beide FaNN sind vor allem im Unterwallis belegt. Wenn ein FaN vorliegt, dann ist ‘ beim Gut der Familie Monnet / Monnay ’ gemeint. Eine andere Deutung ist unklar. Monlarses Monlarses kommt in Varen als deys Monlarses vor. Der Flurname findet sich auch in verschiedenen Versionen 1473 als Cristam de Nolarses, 1474 als Christam de Nolarsis, 1484 als ad Cristam de Molarses, 1485 als ad Cristam des Nouus Larses, 1509 als Cristam campi Tassonores und 1515 als Cristam de Molarsis. Larses ist laut FEW (5, 193) zu lat. LAR Ĭ X lärche zu stellen, vgl. auch B OSSARD / C HAVAN (2006, 184) zu Larze, Larse, Large etc. ‘ Lärche ’ . Unklar bleibt Mon, das wohl eher zu Mont ‘ Berg ’ (zu lat. MONS berg vgl. FEW 6, 3, 84 ff.) zu stellen ist, als - wie der Beleg von 1485 nahelegt - zu Nouus (FEW 7, 210 ff. s. v. n ǒ vus neu). Der Beleg von 1509 enthält entweder einen ganz anderen Namen oder ist einfach missverstanden. Monlarses ist dann mit ‘ Berg mit Lärchen ’ zu übersetzen. Crista (cf. HL G RECHTA ) ist üblicherweise ‘ der Hügel ’ . Mont Mont m. steht für frpr. und frz. mont m. ‘ Berg, Hügel, Gebirge ’ , aus lat. MONS , MONTIS m. (FEW 6, 3, 84 ff.). Das Diminutiv ist Mountet (B OSSARD / C HAVAN 2006, 30). Belegt sind Mont Durand ‘ Gipfelname (deutsch Arbenhorn) beim Col Durand oberhalb des Glacier Durand (Val d ’ Anniviers) ’ (LT. Zermatt; cf. HL T URANT (PN)), Mont larges ‘ Lärchen-Alp ’ (1843, Varen). Genitive sind in Montis du Plan ‘ die Alpe du Plan (ebene Fläche) ’ (1585, Varen) und Montis Uechil (1388, Embd (unsichere Zuordnung)) belegt. Da im Dokument von 1388 Vispa im Genitiv als Uespe erscheint, bleibt der Bergname Uechil unsicher; es könnte sich zwar um den Typ Wichil ‘ Winkel ’ handeln, doch ist normalerweise die Vokalisierung von n vor Velar erst viel später sichtbar. Z IMMERMANN (1968, 124) gibt die ersten sicheren Belege erst im 17. Jahrhundert; in unserer Datenbank sind erste Formen ohne / n/ erst um die Mitte des 16. Jahrhunderts belegt. Unklar ist En Montenwall (1643, Salgesch; im gleichen Jahr Eÿs Montevall); vermutlich liegt hier nicht Mont vor, sondern das auch lebend belegte Munta ‘ Steigung ’ (cf. HL M UNTA und M ATHIER (2015, 69 f.)); der Name wäre dann etwa ‘ die Steigung zum Tal ’ (HL W ALL ( ROM .) entspricht dem rom. Val ‘ Tal ’ oder aval ‘ Abhang ’ ). Als Diminutiv sind Col und Pointe du Mountet (LT, Zermatt) (dazu kommen Cabane und Glacier du Mountet auf der Seite von Zinal) belegt. Gemeint ist ein kleiner Berg (3839 m) beim Zinalrothorn. Monte Monte ist zu it. monte m. ‘ Berg, Hügel, Gebirge ’ aus lat. M Ō NS , MONTIS m. zu stellen (D EVOTO / O LI 2020, 1973). In den folgenden Belegen ist monte als ‘ Gipfel, Gebirge ’ zu verstehen: Monte Figascian (LT, Binn; dt. Albrunhorn), Mond 247 248 <?page no="129"?> Monte Leone (Zwischbergen), Monte Moro (Saas-Almagell), t Monte Roosa (Zermatt). Als ‘ Alpe ’ ist monte in t Muntschera und in Passo di Monscera (Zwischbergen) (cf. HL S CERA ) zu verstehen (P ETRINI 1993, 108). Als Name eines Hotels ist ts Montiljoone ‘ das Monte Leone ’ (Simplon; Restaurant / Hotel auf dem Simplonpass) belegt. Komplexere Formen sind der Montemorogletscher ‘ der Montemorogletscher beim Monte Moro (LT hat Tälliboden Gletscher) ’ (Saas-Almagell), dr Montemoropass ‘ der Pass beim Monte Moro (schwarzer Berg) nach Italien ’ (Saas-Almagell; FLNK Monte Moro Pass; SK Monte Moropass), dr Monteroosagletscher ‘ der Gletscher am Monte Rosa (Gebirgsmassiv) ’ (Zermattt; LT u. SK Monte Rosa Gletscher), t Monteroosahitta ‘ die Monte-Rosa-Hütte (SAC-Hütte, früher auch Bétemps-Hütte) ’ (Zermatt, LT Monte Rosahütte SAC). Bei den Bergen und Pässen ist durchwegs die Grenze zu Italien betroffen. Moor Moor ist mehrdeutig. Im Kontext des Oberwallis kann damit nicht hdt. Moor gemeint sein, dafür wird normalerweise Moos verwendet. Schwdt. M ō r, M ō re n f., Pl. M ō re n , Dim. Mööri, M ō ri, Möörli, mhd. m ō r(e) ‘ Sau, Zuchtsau ’ (I D . 4, 377 f.) ist laut R ÜBEL (1950, 112) nur unterhalb von Naters gebräuchlich. Laut Z IMMERMANN bezeichnet der Name Moracher im Vispertal ‘ Ackerland mit schwärzlicher Erde ’ (Z IMMERMANN 1968, 53); er stellt Morzu mhd. more ‘ schwarz ’ (L EXER 1, 2202 hat mor-gevar ‘ schwarz ’ ); zurück geht diese Farbbezeichung auf das Nomen M ō r ‘ Mohr, Schwarzer ’ (I D . 4, 376). Allerdings sind die Belege für Moracher möglicherweise zu Morach (auch Moracher) ‘ Morchel, Möhre ’ (I D . 4, 379 f.) zu stellen, wobei I D . (1, 65) die Form Moracher als Weiterentwicklung eines Lemmas Acher ‘ Apfel, Frucht ’ sieht und es nicht zu Acher ‘ Acker ’ stellt. Belegt ist das HL 1328 in Visp apud Morakeren und ts Morachru (Visperterminen), das schon 1305 als Morakern erscheint. Trotz Z IMMERMANN (1968, 53) liegt wohl Moracher (I D . 1, 65) zu Grunde, also ‘ beim Ort, wo Morcheln / Möhren wachsen ’ . t Moorechumme (Grengiols) ist unklar; am ehesten kommt das Adjektiv ‘ schwarz ’ in Frage; Moore als ‘ Mutterschwein ’ ist wegen der dialektgeografischen Verteilung nach R ÜBEL (1950, 112) unwahrscheinlich. Moorhalte ‘ die schwarze Halde ’ (Staldenried, FLNK) ist problematisch: sie befindet sich auf rund 2440 m und weist keinen sumpfigen Boden auf - am ehesten also die Farbe gemeint. t Moorgsteina ‘ die schwarzen Gesteine ’ (Saas-Grund). Hier scheint die Trennung Moor + Gsteina sinnvoller als das ursprünglich angenommene Moorg + Steina. ts Moorsch Hüs ‘ das Haus des Moor ’ (Bister) enthält einen PN oder FaN, der sich an Maurus (> Moor) anlehnen kann. 1669 ist in einem Dokument aus dem Lötschental (Ferden) ein Hans Moor belegt (historische Belege von VSNB); der FaN war also bekannt. Moos Moos n. ‘ Moor, sumpfiges Land ’ ist zu schwdt. M ŏ s, M ō s n., Pl. Möösren, ‘ Moor, feuchtes, sumpfiges Land, wo nur kurzes Streugras wächst ’ (I D . 4, 469, bei G RICHTING 1998 nicht belegt) zu stellen. An den meisten Orten des Oberwallis bleibt der Vokal kurz; in den Schreibungen erscheint deswegen häufig {Moss}. Als HL wird dennoch Moos gewählt, um die Deutung zu erleichtern. Das Simplex im Singular ist als Moos, Mos oder Moss über 50 Mal im ganzen Oberwallis belegt; der Plural hingegen ist nur einmal historisch in jn den Mösren (1648, Visp) und einmal lebend als zen Mosä ‘ bei den Moosen ’ (Ferden) bezeugt; ob hier der FaN Moos belegt ist, bleibt unsicher. Der Diminutiv Singular erscheint als Moosji (Eggerberg), im Mosi (Visperterminen), ts Mosji (Betten und fünf weitere), im Mosli (1854, Selkingen), ts Mossi (Grengiols), ts Mossje (Zermatt, mehrfach), ts Mossji (Bellwald und neun weitere), Mu ᵕ slin (1392, Termen), Mu ᵉ slin (1399, Ried-Brig) und Mu ͦ slin (1389, Brig). Die letzteren Formen zeigen eine Hebung (P AUL 25 2007, 97). Auch hier ist der Plural sehr selten; der einzige Beleg ist Moosjini (FLNK, Bratsch). Mit attributiven Adjektiven finden sich folgende Belege: ts Breit Moss (Leukerbad; 1410, Glis), jm Endren Mos ‘ im jenseitigen Moos (sumpfiges Gebiet) ’ (1437, Binn), ts Fooder Moss (Niedergesteln), ts Fül Moss ‘ das faule Moos (sumpfiges Gebiet) ’ (Eisten, mit Varianten Naters, Visperterminen), Gemeyn Mos ‘ das Moos (sumpfiges Gebiet), das der Gemeinde gehört ’ (1408, Niedergesteln), ts Gross Moss (Ernen, Saas-Fee, Steg), im Hindren Moss (1530, Ernen), ts Hinner Mos (Münster, Hinner fällt meistens weg), ts Inner Moss ‘ das innere (diesseits des Galdikanals gelegene) Moos (sumpfiges Gebiet) ’ (Niedergesteln), das Klein Mosgÿ (1635, Ernen), dass Lägendt Moss ‘ das ebene Moos (sumpfiges Gebiet) ’ (1683, Martisberg), ts Lägund Moos ‘ das ebene Moos (sumpfiges Gebiet) ’ (Betten), ts Leng Mos ‘ das lange Moos (sumpfiges Gebiet) ’ (Ried-Mörel), ts Ober Moos (Blatten und fünf weitere), ts Rot Moos ‘ das rote Moos (sumpfiges Gebiet) (Wiler), im Schwartzen Moos (1596 u. später, Münster, dazu drei weitere historische Belege in Ried-Mörel, Reckingen und Ulrichen), ts Under Moos (Blatten und sieben weitere mit Varianten), jm Vierschretzen Moos ‘ im viereckigen Moos (sumpfiges Gebiet) ’ (1687 u. später, Oberwald), ts Voder Mos (Münster), jm Welchen Mos ‘ im feuchten Moos (sumpfiges Gebiet) ’ (1631, Greich). Un- 249 250 Moos <?page no="130"?> klar ist der Beleg das Roetinges Mos (1307, Stalden); formal kann es sich um ein flektiertes Adjektiv einer Ableitung röting ‘ rötlich ’ handeln, die allerdings nicht belegt ist, oder um einen starken Genitiv ‘ des Röting ’ , wobei dieser Name zum FaN Roten (AWWB 218) gestellt werden könnte. Ebenfalls unsicher ist im Firmús (1792, Oberwald), das sich als Vor Moos analysieren lässt. Ein Adverb liegt wohl in Uber Moss ‘ das jenseits gelegene Moos (sumpfiges Gebiet) ’ (Ernen) vor, das weit entfernt vom Dorf liegt. Komplexere Bildungen sind selten: ts Ober und ts Unner Fül Moss (Visperterminen), Vorder Mosshubu ‘ der vordere Teil des Hügels beim Moos (sumpfiges Gebiet) ’ (FLNK, Ernen) und der Ubermosswäg ‘ der Weg vom / zum Ubermoss (jenseits gelegenes sumpfiges Gebiet) ’ (FLNK, Ernen) sind Beispiele. Vorangestellte Genitive liegen sehr selten vor: Sippingo Mos ‘ das Moos (sumpfiges Gebiet) der Leute des Sippen / der Familie Sippen ’ (1374, Termen) ist ein schwacher Genitiv Plural einer Kollektiv-Ableitung auf / - ING / . Einen alten Genitiv Plural zeigt das Steger Moos ‘ das Moos (sumpfiges Gebiet) der Gemeinde Steg ’ (1852, Steg); er wird heute wohl eher als Adjektiv verstanden. Ähnlich verhält es sich mit Nessjermoss (FLNK, Ernen), wo vermutlich ein Moos bei einer Flur mit Nesseln gemeint ist, weniger sicher ein Moos, das einer Familie Nessjer gehört. Auch im Niderärnermoos ‘ im Moos (sumpfiges Gebiet) von Niederernen ’ (1815, Ernen) liegt ein alter Genitiv Plural vor. Unklar ist Georgien Mos ‘ das Moos des Georg ’ (1398, Termen), wo vermutlich der PN Georg enthalten ist, der aber auch als FaN Jergen oder ähnlich (AWWB 134) belegt ist. Als Grundwort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita häufig mit einem Bestimmungswort vor, das eine nahegelegene Flur bezeichnet. Beispiele dafür sind ts Briggumos ‘ das Moos (sumpfiges Gebiet) bei der Rottenbrücke ’ (Raron), ts Gadmemoos ‘ das Moos (sumpfiges Gebiet bei den Gaden (Ställe) ’ (FLNK, Blitzingen), Gintermos ‘ das Moos (sumpfiges Gebiet) bei der Siedlung Gintrige ’ (FLNK, Obergesteln), ts Ritimoos ‘ das Moss (sumpfiges Gebiet) im gerodeten Gebiet ’ (Goppisberg), im Tellinmoos ‘ im Moos (sumpfiges Gebiet) im Tellin (kleines Tal) ’ (Blatten) und viele andere. Nicht immer ist jedoch die Motivation erkennbar: jm Fischmos ‘ das Moos (sumpfiges Gebiet) mit Fischen ’ (1704 u. später, Oberwald) etwa ist unklar, ob es sich hier tatsächlich um Fische handelt, ts Hanumos ‘ das Moos (sumpfiges Gebiet) mit (Auer)Hähnen ’ (Raron) liegt auf rund 2070 m, wo es keinen Wald für Auerhähne hat; vermutlich liegt also eine andere Motivation vor, aber das ist nicht sicher. Und die zwei Belege Zwiebelmos (1845, Raron) und ts Zibilunmoss (Niedergesteln), vermutlich die gleiche Flur, bezeichnen ein Gelände in der Rottenebene bei Raron, wo vermutlich keine Zwiebeln wuchsen - es kann sich hier um die Form des Geländes handeln, aber das ist sehr unsicher. Als Bestimmungswort kommt das HL mit den Grundwörtern Acher, Alpa, Bäärg, Biel, Biina, Bodu, Cheer, Egg (a), Eie, Eng, Flüö, Färich, Fura, Gadu, Gassa, Grabu, Haalta, Hubel, Los, Matta, Pletscha, Rufina, Sand, Schluocht, See, Stafel, Tola und Wald vor. Die meisten dieser Namen sind nur ein- oder zweimal belegt; am häufigsten ist der Typ Mosmatta ‘ die Wiese beim Moos (sumpfiges Gebiet) ’ mit etwa zehn Belegen. Komplexere Formen sind etwa ts Mosmattebächi ‘ der kleine Bach von der Alpe Mossmatte (Wiese beim sumpfigen Gebiet) herunter ’ (Münster), und der Wannumosskanal ‘ der Kanal durch das Wannumoss (sumpfiges Land bei der Wanna (Mulde)) ’ (FLNK, Niedergesteln). Eine adjektivische Ableitung mosig ‘ moorig, sumpfig ’ (I D . 4. 472) ist in t Mosighaalte ‘ die sumpfigen Halden ’ (Naters), eine andere Ableitung Mosin in in den Mosinen Bieltinen ‘ in den Hügeln im Bereich Moos ’ (1796, Naters) enthalten (wobei es sich im zweiten Fall um den Weiler Moos bei Naters handelt). Moräne Moräne f. ‘ Moräne ’ ist zum nhd. Moräne f. ‘ Gletscherablagerung ’ , entlehnt aus frz. moraine m., eigentlich ‘ Geröll ’ (K LUGE / S EEBOLD 25 2002, 634), wdt. Morääna, Moränä (Goms), Moreena (Saastal), Moränu ‘ Moräne ’ (G RICHTING 1998, 137) zu stellen. Das eigentlich fachsprachliche Wort wurde in den wdt. Wortschatz übernommen. Das Simplex ist in verschiedenen Formen im Singular belegt: t Mareena ‘ die Moräne ’ (Saas-Balen), t Moreena ‘ die Moräne ’ (Ferden, Zermatt), t Moräänu ‘ die Moräne ’ (Oberems); einmal erscheint ein Plural t Morääne ‘ die Moränen ’ (Oberems). Mit attributiven Adjektiven findet sich: t Mittelmoreena ‘ die Mittelmoräne ’ (Blatten), t Mittilmoräänu ‘ die Mittelmoräne ’ (Oberems). Komplexer sind t Hinner Aleliimoreenu ‘ die hintere Allelinmoräne ’ (Saas-Almagell), t Nordaleliinmoreenu ‘ die Nordmoräne des Allalingletschers ’ (Saas-Almagell), Vordere Allelinmoräne ‘ die Vordere Allelinmoräne ’ (LT, Saas-Almagell). Nur einmal erscheint das HL als Bestimmungswort in t Moränebucht ‘ die Einbuchtung im Gebiet der Moräne (des Rottengletschers) ’ (Oberwald). Moranginen Moranginen ist nur in Mörel 1775 als Moranginen und Morangien belegt. Es ist unklar, ob es sich überhaupt um einen walliserdeutschen Namen handelt. Das HL ist unklar. Moräne 251 252 <?page no="131"?> Mord Mord m. ist zu schwdt. Mord m. in der gleichen Bedeutung wie nhd. allgm., mhd. mort m./ n., ahd. mord m./ n. Verb morden; Nomen agentis: nhd. Mörder m., mhd. mordaere, im Wdt. auch mit Entrundung Mirder m. und wdt. Moord ‘ Mord ’ (I D . 4, 396 ff.; G RICHTING 1998, 137) zu stellen. Die Namengebung bezieht sich laut BENB (1, 3, 313 f.) häufig auf Orte, wo sich Mörder aufhielten, oder auf steile, gefährliche Orte oder schwer bebaubare Böden. mords, wohl ein ursprünglicher Genitiv, ‘ sehr, sehr gross ’ (so I D . 4, 396, Bed. 5) kann als Präfix verstärkend wirken. Das Lemma tritt in jedem Fall nur als Bestimmungswort auf: der Mordstei ‘ der Mordstein ’ (Saas-Balen), laut Gwp. wurden hier Kinder vom herabfallenden Stein erschlagen, ze Moordsteinu ‘ bei den Mordsteinen ’ (Törbel), wobei unklar ist, ob hier nicht verstärkendes mords ‘ sehr gross ’ vorliegt. Die übrigen Belege weisen Merder, Mirder und Mörder auf: di Merderpsetzi ‘ der ebene (gepflasterte? ) Mörderplatz ’ (St. Niklaus) mit unklarer Motivation, ts Mirderegg ‘ die Mörderecke ’ (Blitzingen), ein schwieriger Felsdurchgang für das Vieh, ts Mirderloch ‘ das Mörderloch ’ (Glis), ein enger Graben, wo sich Mörder verborgen haben sollen, t Mirderschipfa ‘ der Unterschlupf für Mörder ’ (Eggerberg), auch hier sollen sich Mörder verborgen haben, der Mirderstei ‘ der Mörderstein ’ (Salgesch), wo ein Mörder ein Kind erschlagen haben soll, Mörderloch ‘ das Mörderloch ’ (1680, Ulrichen), wo ein Überfall stattgefunden haben soll. In allen Fällen ist unklar, ob die Motivation aus dem Namen folgt; häufig dürfte einfach ein mögliches Versteck für Menschen mit bösen Absichten gemeint sein. Mörel Merl, als Gemeindename hdt. Mörel, ist der Hauptort des Bezirks Östlich-Raron; seit 2009 ist auch Filet Teil dieser Gemeinde (cf. HL F ILET ). Die historischen Belege (1203 Morio, 1203 de Morgi, 1207 de Morgi, 1219 de Morgia usw.) legen einen vordeutschen Siedlungsnamen nahe, der heute auf ein *morg ā ‘ Sumpf, Sumpfbach ’ zurückgeführt wird (K RISTOL ET AL ., 2005, 615 mit der Darstellung der Deutungen). Da Morgia auch sonst vorkommt (heute Merje bei Stalden, cf. HL M ERJE ), ist in den Texten manchmal von morgia superior die Rede. Der Dorfname Merl (< Mörel) erscheint erst 1539 und später als Meril oder Möril. Das / l/ scheint hier eine Art Re-Analyse des vorhergehenden / j/ < / g/ zu sein; die gut belegte Palatalisierung von / l/ zu / j/ wird hier rückgängig gemacht. Ein Beleg Meryerbach (1525) ‘ der Bach der Leute von Mörel ’ (Mörel) erscheint auch als in ripam de Morgia (1459) und in ripam dictorum Mergerro ‘ im Bach der schon genannten Leute von Mörel ’ (1459), de ripa Morgiensi (1460) und 1569 an Mo ᵉ rgero Bach ‘ am Bach der Leute von Mörel ’ . Es gibt einen Bach, der durch den grossen Graben und dann durch Mörel fliesst; er trägt aber auf den Karten keinen Namen; vermutlich ist dieser Bach gemeint. Weiter ist 1664 in den Morgien Breÿtten ‘ in den breiten Feldern von Mörel ’ erwähnt; der Flurname Breiten (heute ein Dorfteil) ist auch sonst erwähnt. 1617 ist von iuxta pontem Morgiae ‘ bei der Brücke von Mörel ’ erwähnt, eine Brücke östlich von Mörel im Gebiet Gifrisch. 1649 ist in silua Mergigo (Mörel) erwähnt, also ‘ im Wald der Leute von Mörel ’ . 1738 erscheint in Ried-Mörel ein am Mergig; es geht hier um ein Wasserrecht aus der Massa und das deutet darauf hin, dass der oder das Mergig eher nicht auf dem Boden von Mörel lag, sondern auf jenem von Ried-Mörel; die genaue Deutung ist unklar. t Merrjerbrunnjini ‘ die kleinen Quellen / Brunnen, die zu Mörel gehören (? ) ’ (Ried-Mörel) sind, laut Beschreibung, Zisternenbrunnen, von denen man nach Mörel hinuntersehe. Die Flur befindet sich auf dem Gebiet der (damaligen) Gemeinde Ried-Mörel. Vermutlich ebenfalls zu Mörel gehören Merjerrufärricha ‘ die Pferche der Leute von Mörel ’ (Naters), Pferche, in denen die Merjer ihre Tiere scheiden konnten; die Alp befindet sich im Bereich des Inneren Aletschi auf der Nordseite des Grossen Aletschgletschers. Ganz unklar sind folgende Belege: am Mörill (1761, Baltschieder); ohne nähere Angaben lässt sich hier nichts sagen. 1715 ist in Bürchen am Mörill belegt; im gleichen Jahr an den Mörill Tschuggen. Beide Belege (ausser Tschugge ‘ Fels ’ ) sind undeutbar. Auch das 1519 belegt zem Meril Wyer ‘ beim Weiher von Mörel / des Meril ’ (Visperterminen) ist nicht deutbar; ob hier eventuell ein PN vorliegt, ist sehr unsicher. Noch schwieriger scheint uns an der Moria Emdere (13. Jh., Embd) zu sein. Moria wird hier wie ein deutsches Wort mit Genus feminin behandelt. Das gleiche Wort erscheint als cermoria (1252, neben cergallendenunflue, Törbel) und cer moria (13. Jh., Stalden). Die Belege lassen sich nicht deuten. Morell (FaN) Morell, auch Morel (FaN) ist der Name einer ab dem 18. bis ins 20. Jh. im Lötschental ansässigen Familie, die ursprünglich aus dem Unterwallis stammte (B ELLWALD 2 2007, 514 f.). Belegt ist t Morellschweid ‘ die Weide der Familie Morell ’ (Kippel). Morenschi (FaN) Morenschi (FaN) ist in Leukerbad zweimal belegt: Morenschi im Dorf selbst, und ts Morenschi (FLNK und LT Morentschi) südlich des Dorfes im Gebiet Lees. R. G RICH- 253 254 Morenschi (FaN) <?page no="132"?> TING (1993) kennt es als Moräntschi, im Dorf auf Blatt 9, Nr. 50 und Blatt 10, Nr. 36, in Lees auf Blatt 2, Nr. 13. Historisch sind belegt: 1589 zer Mörentschi; 1719 in Morenschi, 1752 im Morency, wobei unklar ist, um welches Gebiet es sich genau handelt; das feminine Genus des Beleges von 1589 ist wohl dem Appellativ Mattu ‘ Wiese ’ zu verdanken. Der Name ist zum FaN Morency (mit weiteren Schreibweisen) zu stellen, einer seit dem 13. Jh. bekannten Familie des Bezirkes Leuk (AWWB 175 f.). Die Quelle nimmt allerdings an, dass der FaN vom Ort Morency bei Leukerbad stamme, was auf frz. in NWWB (2, 158 s. v. de Morency) wiederholt wird. Wenn diese Annahme stimmt, lässt sich Morenschi nicht vom FaN her deuten. M EYER (1910, 71, 168) führt den im 13. Jahrhundert als moren, morein notierten Flurnamen auf ahd. muor + ĕ nu zurück, was kaum stimmen kann. Morenschi lässt sich deswegen nicht deuten, ist hier aber wohl auf den FaN zurückzuführen. Morge Morge m. ‘ der Morgen ’ ist zu schwdt. Morge n m. wie nhd. allg. und wdt. Morge, Morgät (Goms), Morgn (Lötschtal), Mooru, Morgu oder Morgund ‘ Morgen ’ (I D . 4, 403 f.; G RICH- TING 1998, 137) zu stellen. Das HL ist nur als Bestimmungswort belegt. Am häufigsten ist t Morgeweid ‘ die Morgenweide ’ (Fieschertal), die Morgundweid ‘ die Morgenweide ’ (1852, Saas- Almagell), t Morrguweide ‘ die Morgenweiden ’ (Birgisch): alle sind zu verstehen als die Weide, auf die die Tiere morgens getrieben werden (I D . 15, 518; R ÜBEL 1960, 84 sagt, damit sei die für die Morgenmahlzeit des Viehs benötigte Weidefläche bezeichnet). Das gilt auch für der Morgundwang ‘ der Grasabhang, wo das Vieh morgens ist ’ (Visperterminen). in der Morgen Sunnen ‘ im Gebiet, das morgens von der Sonne beschienen wird ’ (1850, Staldenried) ist wohl nicht, wie in I D . (7, 1100) die morgendliche Sonne gemeint, sondern ein besonntes Stück Land. Unklar ist Morguwasser (Unterems). Es könnte sich um eine Wasserleitung handeln, die nur morgens fliesst. Zu Morgengab siehe das HL G AB . Komplexer ist ts Leid Morgundbrootji ‘ der hässliche kleine Ort, der für die Morgenmahlzeit des Viehs reicht ’ (Saas-Almagell). Morgudbroot ist nach R ÜBEL (1960, 84, Fn. 1) der Ausdruck für die für die Morgenmahlzeit des Viehs benötigte Weidefläche. Das Adjektiv leid (cf. HL L EID ) bezeichnet dann einen unangenehmen Ort. Morgieri Morgieri kommt nur 1539 und 1544 in Albinen als en la morgiery, resp. en laz morgieryz (? ) (mit unsicherer Lesung) ‘ beim Steinhaufen ’ vor. Das Stück Land befindet sich laut Dokument im Gebiet von Tschingere. Der Flurname scheint zu *m ū r ĭ carium steinhaufe (FEW 6, 3, 229; B RIDEL 1860, 254 s. v. Mordju) zu stellen zu sein, wobei die feminine Form wohl eine kollektive Ableitung auf / - ARIA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288) darstellt. Mori Mori ist nur als t Mori ‘ das Gebiet mit Maulbeeren ’ (Salgesch, auch LT und FLNK) belegt. Die historischen Belege seit 1407 enthalten eÿs moriers, eys morys, ouz morÿ usw. M ATHIER (2015, 59) führt den Flurnamen mit T AGMANN (1946, 60) auf frpr. muri, frz. mûrier ‘ Maulbeere ’ zurück. Er führt teilweise andere historische Belege auf als die Datenbank. Moriego Moriego kommt nur vor im Beleg Moriego Schnitten (1645, Mörel). Es handelt sich wohl im einen latinisierten Genitiv Plural zu Morgia (Mörel) und meint ‘ die Schnitten (abgetrennte Stücke Landes) der Leute von Mörel ’ . Mörisch (FaN) Mörisch, Moerisch (FaN) ist ein ausgestorbener Walliser FaN (J OSSEN 2000, 81), auch im Register der HRBS als Merisch usw. erwähnt. Vermutlich ein erstarrter Genitiv Singular ‘ des Möri ’ (ev. zu M ō r ‘ Schwarzer ’ (I D . 4, 376)) oder zum PN Mauritius (I D . 4, 362)). Belegt ist der FaN zweimal, beide Belege 1794 in Naters: Mörisch Egeltin ‘ die kleine Ecke der Familie Mörisch ’ und Mörisch Eÿeltin ‘ die kleine Aue der Familie Mörisch ’ . Da die Pfarrkirche Naters dem Hl. Mauritius geweiht ist (vgl. Artikel Naters von A. R IVA : http: / / www.hls-dhs-dss.ch/ de/ articles/ 002665/ 2017-01-04[10.10.2020; IW]), dürfte es sich eher um den PN Mauritius handeln (cf. HL M ORITZ (PN)). Moritz (PN) Moritz (PN) ist ein PN, der im Wallis auch als Muri, Maurus erscheint oder zum FaN Maritz, früher auch Maris, Mauritz, Maurice, Mauricii, Mauritii, Moritzen, Mörizen, Meritzen, Meretzen, Meritz, Merytz, Meriz zu stellen ist. Neben Kloster und Gemeinde St. Maurice im Unterwallis, als Exonym auch Sankt Moritz, sind im Wallis verschiedene Stätten und Kirchen dem Hl. Mauritius, Führer der thebäischen Legion, die ihr Martyrium in St-Maurice im Wallis erlitten haben soll, gewidmet (AWWB 161; H ELVETIA S ACRA 4, 1, 1997, 281 - 494; I D . 4, 362). In Naters führt der St. Merez-Verein am Gedenktag (22. September) des Kirchenpatrons St. Mauritius einen Umzug des Vereins durch; gleiches gilt für Fronleichnam. Als Simplex ist nur die schwache Genitiv-Form Mereze ‘ des Moritz ’ (LT; Münster) für eine Alp belegt, an die sich Morge 255 256 <?page no="133"?> ein ganzes Namennest anlehnt: ts Merezebächji ‘ der kleine Bach von der Merezenalp herunter ’ (Münster), t Merezebachschiie ‘ die einer Zaunlatte gleichenden Felsen im Merezenbachtal ’ (Münster, Ulrichen), ts Merezebachseewji ‘ der kleine See des Merezenbachs ’ (Ulrichen), der Meretzebachgletscher ‘ der Gletscher, aus dem der Merezenbach entspringt ’ (Münster), t Merezematte ‘ die Wiese beim Merezenbach ’ (Münster) und Meretzen=Biene ‘ der Pflanzplatz des Moritz ’ (1879, Ulrichen). Wahrscheinlich ist der Alp-Name Merezen ‘ des Moritz ’ für die übrigen Namen verantwortlich. Einen vorangestellten starken Genitiv findet man in ts Moritsch Grabe ‘ der Graben des Moritz ’ (Binn), des Muris Acher ‘ der Acker des Moritz ’ (1711, Ried-Brig), ts Murisch Loch ‘ das Loch des Moritz ’ (Zermatt), z Murisch Schür ‘ die Scheuer des Moritz ’ (1643, St. Niklaus), Müüreschbode ‘ der Boden des Moritz ’ (Blitzingen) und das gemischtsprachige tz Murisch Claussli ‘ das kleine eingefriedete Gut des Moritz ’ (1663, Agarn). Eine unklare Form ist Märitz Graben ‘ der Graben des Moritz ’ (1549, Ernen), wo ein Genitiv oder ein blosses Bestimmungswort gemeint sein kann. Komplexere Formen sind Gu ᵕ ntren Moritz Matte ‘ die Wiese des Moritz Guntern ’ (1832, Geschinen; 1755 Möritzmatten), von der Mauren Zschampigen Abentweÿt ‘ von der Abendweide des Moritz Tschampen ’ (1714, Binn), Meritz Nellen Stadel ‘ der Stadel des Moritz Nellen ’ (1661, Biel) und zum Murihiischi ‘ zum Haus des Moritz ’ (Embd). Ursprünglich romanisch ist der Beleg sub saxo Sentýmarýz ‘ unter dem Fels des Heiligen Moritz ’ (1435, Albinen), wo wohl der Heilige der thebäischen Legion gemeint ist und nicht die Heilige Maria. Moro Moro Adj. ‘ schwarz ’ ist in Monte Moro ‘ der schwarze Berg ’ (Gipfelname, 2985 m.), Montemorogletscher (LT Tällibodengletscher) und dr Montemoropass (alle Saas-Almagell) belegt. Der Pass ist seit alters bekannt; vermutlich meinte Monte ‘ Berg ’ ursprünglich primär den Pass. Die Namengebung erfolgte wohl von heute italienischer Seite aus. Das Adjektiv moro hat zu verschiedenen Deutungen Anlass gegeben; VON W ELDEN (1824, 52) sagt: “ Man hat über die Benennung dieses Gebirgs mehrere Meinungen; nach einigen soll es seinen Namen von Ludwig Sforza, il Moro genannt, erhalten haben, der, nach dem er Novara verlassen musste, im September 1449 hier durch, nach der Schweiz zog. ” G ATSCHET (1880, 407) zieht neben ‘ schwarz ’ auch mlat. MORO ‘ Brombeerstrauch ’ oder das Simplex des lat. MURENA , MURENULA ‘ Steinhaufen ’ in Betracht. J ACCARD (1906, 286 f.) resümiert die bestehenden Deutungen, sagt dann aber, dass die ältesten Belege von Monti Molli sprechen und nimmt an, dass it. molle ‘ leicht ’ den leichten Übergang zum Wallis bilden. Z INSLI (1984, 311) gibt einige frühere Benennungen, lehnt aber J ACCARD s Deutung S. 334 ab und bezeichnet die Etymologie als “ umstritten ” . Die nächstliegende Deutung als ‘ schwarz ’ ist zwar unspektakulär, macht aber weniger Voraussetzungen als alle andern Vorschläge. Zu verstehen ist also Monte Moro als ‘ schwarzer Berg ’ . Morsez Morsez ist nur einmal 1242 in Erschmatt als es morsez belegt. Im Dokument handelt es sich um eine Flur oder einen Weiler, in dem ein Stück Feld erwähnt ist. Ob es mit FEW (6, 3, 143, bes. 144 unter 2)) zu lat. M Ŏ RSUS biss zu stellen ist, bleibt unsicher. Es würde dann etwa ‘ bei den (Land-)Stücken ’ bedeuten, da es deutlich einen Plural darstellt. Mösch (FaN) Mösch (FaN) ist wohl ein PN oder FaN. Belegt ist er zwei Mal, einmal im Genitiv Singular des Möschen Stall ‘ der Stall des Mösch ’ (1761, Simplon) und einmal im Genitiv Singular einer kollektiven / - IG / -Ableitung in Möschigen Haus ‘ im Haus des Mösch ’ (1760, Simplon). Der FaN ist im Wallis so nicht belegt, wohl aber ausserhalb des Kantons (F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ 2, 1255). Er lässt sich zu Mösch ‘ Messing ’ (I D . 4, 505) stellen (cf. HL M ÖSCH ). Vermutlich liegt aber eine Hyperkorrektion zu Mesch vor, einer falschen Abtrennung zum FaN Im Esch oder Zum Esch (AWWB 89, 129), die im Register HRBS belegt ist. In Simplon ist der FaN normalerweise Escher oder Zum Esch (AWWB 89). Mösch Mösch ist zu zwei unterschiedlichen Quellen zu stellen: einerseits schwdt. Mösch ‘ Messing ’ und wdt. Meesch (Lötschtal), Mesch (Goms) ‘ Messing ’ (I D . 4, 505; G RICHTING 1998, 134)) und anderseits zum schwdt. Adj. mäusch, im Wallis auch m ȫ sch für ‘ trockenfaules Obst, morsches Holz ’ (I D . 4, 503 f.). Die belegte Form m ȫ sch ist nur für die Bezirke Goms und Östlich-Raron möglich (R ÜBEL 1950, 3, Anm. 2). Belegt sind Zuem Mösch ‘ beim Mösch (wohl Messing) oder: beim schlechten Gebiet ’ (1680, Zwischbergen) und jm Möschacker ‘ im schlechten Acker (kaum: Messing) ’ (1640, Betten). Moser (FaN) Moser (FaN) m. kann entweder zum FaN Moser (AWWB 176) gestellt, als Herkunftsname ‘ die Leute im Moss ’ oder als Lokalisierung ‘ beim Moss ’ verstanden werden. Weil es auch FaN ist, wird es hier gesondert behandelt und nicht zum HL Moos gestellt. 257 258 Moser (FaN) <?page no="134"?> Moser kommt nur als vorangestellter Genitiv oder als Bestimmungswort vor. Genitive im Singular sind: aúff Mosersch Wilde ‘ auf dem unfruchtbaren Gebiet der Familie Moser ’ (1715, Eyholz), vf Mosers Eggen ‘ auf der Ecke der Familie Moser ’ (1627, St. Niklaus), beÿ Mosers Haús ‘ beim Haus der Familie Moser ’ (1746, Simplon), ts Mosisch Fad ‘ das Grasband der Familie Moser ’ (Randa) mit der typisch verkürzten Form Mosi n. für Moser m. Einen Genitiv Plural weist auf in Mosero Boden ‘ im Boden der Leute vom Moss / der Familie Moser ’ (1766, Simplon). In Simplon-Dorf heisst ein Dorfteil im Moss; es kann sich also auch um den Boden beim Dorfteil Moss handeln. In Naters findet sich ein eigentliches Namennest mit Fluren, die sich um den kleinen Weiler Moss befinden: t Moseralmei ‘ die Allmein (Burgergebiet) beim Weiler Moss ’ , t Moserblatte ‘ die Felsplatten beim Weiler Moss ’ , t Moserlische ‘ das Sumpfgebiet (mit Lischengras) beim Weiler Moss ’ , der Moserwald ‘ der Wald oberhalb des Weilers Moss ’ . FLNK hat Moserbiela ‘ die Hügel beim Weiler Moss ’ ; nur historisch belegt ist in der Moserhalton ‘ in der Halde der Familie Moser / beim Moss ’ (1399, Naters), wo unklar ist, ob der Weiler Moss gemeint ist. In Münster findet sich 1744 die Mosserbinna ‘ das Pflanzland der Familie Moser / beim Moss ’ ; vermutlich ist hier der lebende Name Moss für das Gebiet links des Rotten gemeint. Mott Mott m. kommt als im Aisser Moott ‘ im äusseren Mott (Morast) ’ (1725, Leuk) und lebend als ts Mottji ‘ der kleine Mott (Morast) ’ (Leukerbad, auch FLNK und LT) vor. R. G RICHTING (1993, Blatt 7, Nr. 16 und Blatt 10, Nr. 12) kennt es als Mottje. Das HL ist zu Mott (I D . 4, 568 mit Verweis auf G R W B 12, 2600 f.) zu stellen, hier wohl im Sinn von Morast. G R W B (12, 2600) kennt Mott m. ‘ schlamm, schwarze torfartige erde ’ und führt es auf frz. motte ‘ erdstück ’ zurück. Ob der Name aus dem Frz. stammt, ist unklar; die Belege in Leuk und Leukerbad sind sicher jünger. Mottiscia Mottiscia kommt nur vor in Punta Mottiscia (dt. Hillehorn (Grengiols)). Der Name ist auf italienischer Seite auch in Bocca di Mottiscia ‘ Pass Mottiscia ’ , Ghiaccaio Mottiscia ‘ Gletscher Mottiscia ’ , Conca Mottiscia ‘ Mulde Mottiscia ’ und Rio Mottiscia ‘ Mottisciabach ’ belegt. Der Flurname ist wohl von it. motta, pl. motte ‘ Hügel, Erhebung, Anhöhe, Erdhaufen ’ abgeleitet, die Herkunft ist jedoch umstritten (LSI 3, 515; P ETRINI 1993, 109). Mouenk Mouenk ist nur 1254 in Naters belegt. Gemeint sind Leute, deren Gut dem Aussteller des Dokumentes gehörte. Aus dem Dokument wird deutlich, dass sich das Gut bei Nr. 17594 Äbinegga (cf. HL Ä BI ), also dem Gut bei einer Egga bei einem Abhang befand. Mouenk ist jedoch nicht belegt und eine Deutung ist nicht möglich, da sich kein entsprechendes HL in der Nähe befindet. Mü Mü ist nur in ts Mübach ‘ beim Maultierbach ’ (Mühlebach; FLNK Mübach, LT Z ’ Mübach) belegt. Es handelt sich um einen Alpstafel am Milibach im Rappental, der bei Mühlebach in den Rotten mündet. Nahe liegt die Ableitung von Mübach aus Mülibach. Diese Deutung ist allerdings unwahrscheinlich, da Müli mit Entrundung zu Mili wird (cf. HL M ILI ). Da Mühlebach im / l/ -Vokalisierungsgebiet des unteren Goms liegt, dürfte Mü zu einem der beiden Belege für schwdt. Mul ‘ Maul ’ und Mul ‘ Maultier ’ und wdt. Mül, Müül ‘ Maul ’ und Mülti, Muilti (Lötschtal), Müülti ‘ Maultier ’ (I D . 4, 174 ff.; G RICHTING 1998, 138) zu stellen sein. Aus sachlichen Gründen ist wohl das ursprüngliche Maul ‘ Maultier ’ (< lat. MULUS , vgl. G R W B 12, 1795) anzusetzen, mit Palatalisierung, / l/ -Vokalisierung und Kürzung nach B RANDSTETTER s Gesetz (SDS 2, 79 f.). Müäme Müämu f. ist nur in der Müämu Schleif ‘ der Schleif der Müämu ’ (Gampel) und historisch 1527 in Naters als der M ŭ men Matta ‘ die Wiese der Muhme (hier wohl Tante) ’ belegt. Das HL ist zu schwdt. Mueme n , Muem f. ‘ Muhme, Tante ’ , mhd. muome ‘ Mutterschwester, weibliche Verwandte ’ und wdt. Müema, Müämä (Goms), Muäma (Lötschtal, Müöma ‘ Tante ’ (I D . 4, 230; G RICHTING 1998, 137) zu stellen. Das Wort ist zunächst als Mutterschwester zu verstehen, kann hier aber in der Bedeutung Tante generell verwendet werden (vgl. SDS 4, 133 f. für die ältere und jüngere Bezeichnung der Tante; zu Muhme vgl. G R W B 12, 2644 ff.). Much Much ist nur belegt in drei historischen Belegen aus Visperteminen: Myktroyen (1304), der Muchtreyo (1338), Muchtroyo (1338). Während Treiju ‘ Viehweg ’ klar ist, bleibt Much unsicher. Zwar kennt G R W B (12, 2603, s. v. much) eine Interjektion “ den laut des rindes malend ” und daraus ist ein baselstädtisches Mucheli (I D . 4, 64) für die Kuh belegt. Danach wäre der Name als ‘ der Viehweg der Muhenden ’ zu verstehen. Mott 259 260 <?page no="135"?> Müeter Müeter f. ‘ Mutter ’ ist zu schwdt. Mueter f., Pl. Müeter n , wie nhd. Mutter allg., wdt. Müetter, Müettär (Goms), Muättr (Lötschental), Müöttär ‘ Mutter ’ (I D . 4, 589 ff., G RICHTING 1998, 137) zu stellen. Manchmal kann auch der FaN Mutter (cf. HL M UTTER F A N) gemeint sein. Belegt ist ein vorangestellter Genitiv ts Müetersch Loch ‘ das Loch der Mutter / der Familie Mutter ’ (Leuk), eine kleine Mulde mit Reben. Wie gesagt, ist hier unklar, ob ein von der Mutter geerbtes Stück Land oder ein Stück Reben der Familie Mutter gemeint ist. In vier Fällen kommt der Typ Müettergottes ‘ Muttergottes, Gottesmutter Maria ’ vor: bi der Muottergottes ‘ beim Marienbild in einem Felsen ’ (Bitsch), zer Muetergottis ‘ bei der Marienstatue in einer Lärche, einem Bildstock ’ (Simplon), bi der Müettergottis ‘ bei der Marienstatue an einem Felsen ’ (Naters) und ts Müetergotestannestäfuti ‘ der kleien Stafel mit der Statue der Muttergottes (Maria) an einer Tanne ’ (Selkingen). Der Typ findet sich zwar mehrfach im I D ., hat jedoch keinen eigenen Eintrag. Zum Typ Grossmutter (I D . 4, 592) gehört der Grossmüeterrigg ‘ der Rücken der Grossmutter (gekrümmter Rücken? ) ’ (Oberwald). Hier ist wohl an den krummen Rücken einer alten Frau gedacht. Ein Paar bilden der Holzmüeterlitschuggu und der Holzfatterlitschuggu (beide Gampel), die je einen Felsen mit einer Ebene oben benennen. Ob hier eine mythische Figur Holzmüeterli ‘ Erdfräulein ’ (I D . 4, 593) vorliegt, ist unklar; zu Holzfatterli gibt es keinen Eintrag im I D . ts Müotergüod ‘ das Gut von der Mutter her / der Familie Mutter (? ) ’ (Eisten) meint am ehesten das von Mutterseite ererbte Gebiet (I D . 2, 550). Der FaN Mutter ist kaum anzunehmen. Müettergottes (Verweis) Müettergottes f. ist zu schwdt. Muetergottes f. ‘ Maria ’ (G R WB 12, 2816 f. und 2804 ff.; cf. auch I D . 2, 507) zu stellen. Zu den Belegen siehe die HLL G OTT und M ÜETER . Mugga Mugga f. ‘ Mücke ’ ist zu schwdt. Mugge n f., Muggi n. ‘ Mücke ’ allg. im Lötschental Miggli n. auch ‘ Fliege ’ , mhd. mucke und wdt. Mugga, Muggä (Goms), Muggu ‘ Mücke ’ (I D . 4, 127 ff.; G RICHTING 1998, 137) zu stellen. Das HL kommt nur als Bestimmungswort vor. Belegt sind: der Mugguchnubel ‘ der Hügel mit Mücken (feuchtes Gebiet) ’ (Blatten), ts Muggunäscht ‘ das Mückennest (wo es viele Mücken hat) ’ (Albinen), ts Mugguseewji ‘ der kleine See mit Mücken ’ (Leuk) und t Muggutolu ‘ die Mulde mit Mücken (feuchtes Gebiet) ’ (Salgesch, auch bei M ATHIER (2006, 137)). Mücken zeigen feuchte Gebiete an. Mulda Mulda w., auch Müelta w., ist zu schwdt. Multe n , Muelte n f., Dim. Mueltli, Mueltji, Müeltli ‘ Mulde als Gefäss, ausgehöhlter Baumstamm als Wasserbehälter; hölzernes, offenes Gefäss ’ , ahd. muolt(e)ra, mulhtra, muolter, multa, mulde, mhd. mulde, mu(ol)ter und zu wdt. Müelta, Müölta, Müältä (Goms), Muälta (Lötschental), Müöltu ‘ Holzbecken (zum Brühen von Schweinen) ’ zu stellen. Es ist entlehnt aus lat. MULCTRA ‘ Melkfass ’ , zu lat. MULG Ē RE ‘ melken ’ . In FlN für ‘ muldenförmige Vertiefung des Erdbodens, Grube, Talabsenkung ’ (I D . 4, 215 f. und I D . 3, 420; Z INSLI 1946, 78). Belegt ist es einerseits in Gampel als t Müältä und historisch als in den Múltachren ‘ in den Müeltäckern ’ (1758), sowie der Alt Múltweg (1628) und Multweg (1822). In Hohtenn sind t Obru und t Undru Mültje (beide im Laduwald) bezeugt. Es handelt sich hier um Mulden im Laduwald. Mulgsüür Mulgsüür n. Der Flurname ist nur einmal in Raron als ts Mulgsüür belegt. Der Ort befindet sich auf 1895 m. über Meer in einem Seitental zum Bietschtal in felsigem Gebiet. Historische Belege fehlen. In der vorliegenden Form ist der Name nicht deutbar. Es könnten aber Mulche n ‘ das Gemolkene ’ (I D . 4, 207) und Sûr ‘ saure Molken ’ (I D . 7, 1281), resp. sur ‘ sauer ’ (I D . 7, 1274), gemeint sein: eine Weide, auf der die Molke sauer wird. Diese Deutung ist sehr unsicher. Muling Muling ‘ Mühle ’ ist zu afrpr. *mul ĭ ́ ƞ ‘ moulin ’ ‘ Mühle oder anderes, vom Wasser getriebenes Werk ’ < lat. MOLINUM , Dim. M ULINET , gebildet mit / - ITTU / -Suffix (FEW 6, 3, 37b; T AGMANN MS, o. A., 77 ff.) zu stellen. Lebend ist Muling in Salgesch zweimal belegt, einmal als nördlicher Dorfteil, einmal etwas höher gelegen. T AGMANN (Ms., 77 f.) gibt für 1353 ein lateinisches in Molendino als ältesten Beleg. M ATHIER (2015, 51) kennt es für den Dorfteil. Historisch sind die ältesten Belege in unserer Datenbank 1347 Amulyns, 1351 Mulin, 1358 Mulin usw. Neben dem Simplex kennt M ATHIER (2015, 5sf.) Mulingblattä, Mulingstrass, Mulingwasserleitu. In der Datenbank sind verzeichnet: Muling-Reben (1927, Salgesch), Mu ᵕ ling Strasse (1880 (ca.), Salgesch) und Mulingschleif ‘ der Schleif zum Gebiet Muling (Mühle) ’ (FLNK, Salgesch). Dazu kommt Ober Muling (1927, Salgesch). In Leuk findet sich ou Mulyn de Lestra ‘ bei der Mühle am Weg ’ (1345) (vgl. HL L ESTRA ). Ein älteres ou Moleng ‘ bei der Mühle ’ (1589, Albinen) ist wohl in Anlehnung an das Lateinische so geschrieben. 261 262 Muling <?page no="136"?> Nur einmal ist ts Mulinett ‘ die kleine Mühle ’ (Varen) belegt. Die lat. Form MOLENDINUM ‘ die Mühle ’ erscheint mehrfach: 1203 uinea Molendini ‘ der Weingarten bei der Mühle ’ (Leuk), 1356 de Molendino ‘ von der Mühle ’ (Leuk), ol clos de Molendino ‘ beim eingefriedeten Gut bei der Mühle ’ (1328 u. später, Leuk), und ad fontem molendini de Schudanne ‘ bei der Quelle der Mühle von Schudannen (warme Quelle) ’ (1821, Varen). Mully Mully ist nur historisch 1346 in Salgesch als de Mull ỳ de Rappilly belegt. Zu verstehen ist das als ‘ bei der Mühle von der Raspille ’ . Mully ist zu FEW (6, 3, 37 f. s. v. molinum mühle) zu stellen (vgl. HL M ULING ). Mummel Mummel m. Der Name kommt nur in Münster als der Mummel vor. Dazu ist unnerm Mummel (Name einer Alpweide in Münster) belegt. Weiter bezeugt sind der Mummelblätz ‘ das kleine Stück Land im Gebiet Mummel ’ und der Mummelbrunne ‘ die Quelle / der Brunnen unter dem Gebiet Mummel ’ (beide Münster). Zwar ist das HL im I D . (4, 227) und im G R W B (12, 2661) mehrfach belegt, aber keine der Bedeutungsangaben passt hieher. Am ehesten ist an eine metaphorische Übertragung aus Mummel ‘ derjenige, der den Sami-Chlaus darzustellen hat ’ (I D . 4, 227, Bed. 4), also etwa der Vermummte, zu denken. Der Zusammenhang mit einem Flurnamen bleibt allerdings unklar. Mun Mun ist nur belegt in t Muneiu ‘ die Munaue, die Aue am Berg (? ) ’ (Varen). SK zeigt recht gut, dass der heutige Dorfteil im 19. Jahrhundert noch ausserhalb des Dorfes lag. Die Lage an der Wasserleitung erklärt, dass von einer Aue (Eiu) die Rede ist. Mun selbst ist unklar. Wenn es sich um ein rom. Wort handelt, liesse es sich wohl auf mont ‘ Berg ’ zurückführen. Das dt. Wort Munni ‘ Zuchtstier, Bulle ’ (I D . 4, 316) ist im Wallis nicht bekannt; R ÜBEL (1950, 26) kennt zwar den Ausdruck Munibrand ‘ Brand nach dem Bespringen der Kuh durch den Stier ’ , doch fehlen genauere Angaben (cf. HL M UNI ). Von den beiden Deutungen ist eher die erste inhaltlich begründet: ‘ die Aue beim Berg ’ (wobei Berg einfach eine ansteigende Stelle sein kann). Mund Mund ist eine heute zu Naters gehörende, früher selbständige Gemeinde auf rund 1207 m (Dorfzentrum). Der Name geht auf rom. mont, lat. MONTE ( M ) ‘ Berg ’ zurück (J ACCARD 1906, 301). Schwdt. Bërg m., lat. MONS , bezeichnet im Wallis eine am Hang liegende Siedlungs- und Kulturlandschaft (A NDEREGG 1983, 13). K RISTOL ET AL . (2005, 628) stimmen J ACCARD zu. Die ältesten Belege sind 1250 - 1299 apud monz ‘ bei Mund ’ , 1259 de Munt ‘ von Mund ’ , 1289 de Month usw. In der älteren Überlieferung heisst der Ort meistens Mont, manchmal auch Munt und Mund. Um 1558 ist auch de monte Mundt ‘ vom Berg Mund ’ belegt, also eine doppelte Form. Die lateinische Form von 1716 super monte oris ‘ auf dem Berg des Mundes ’ enthält eine volksetymologische Umdeutung von Mund als ‘ Mund ’ (vgl. lat. OS , Gen. ORIS n. ‘ Mund ’ ). Mit attributivem Adjektiv findet sich nur Ob[er] Mund auf SK; heute heisst der Weiler Dichtuhüs. Das Bestimmungswort Mund erscheint zusammen mit folgenden Grundwörtern in zweisilbigen Komposita: Bach, Chi, Gassa, Stei und Wald. Komplexer ist der Mundbachbodo ‘ der (Tal-)Boden an der Mündung des Mundbaches in den Rotten ’ (Mund). Getrennt geschrieben ist die Mu ᵕ ndbach Byne ‘ der Pflanzplatz beim Mundbach ’ (1858, Glis). Eine präpositionale Fügung erscheint 1363 als Capelle de Mont ‘ die Kapelle (Genitiv konstruktionsbedingt) von Mund ’ (Mund). Ein Genitiv Plural ist belegt in Alpes Munderro ‘ die Alpen der Leute von Mund ’ (1527, Baltschieder; 1527, Mund). Als Adjektiv wird dagegen Munder ‘ zu Mund gehörig, nach Mund führend ’ wohl in folgenden Belegen verstanden: der Múnder Berg ‘ das bergwärts gelegene Gebeit von Mund ’ (1679 (ca.), Mund), Munder Chumma ‘ die zu Mund gehörende Chumma (Mulde) ’ (EK, Mund; FLNK Chumma), in der Mu ᵕ nderdriesten ‘ in der Driesten (unfruchtbares Gebiet) von Mund ’ (1840, Mund; 1850 Mu ᵕ nderdriesten (Plural), Munder Schtafel ‘ der Stafel der Leute von Mund ’ (EK, Mund), t Mundergassa ‘ die Gasse nach Mund ’ (Brigerbad). Komplexer ist Munder Mattwald ‘ der zu Mund gehörende Wald bei der Mähwiese ’ (EK, Mund). Mundereschi (FaN) Mundereschi (FaN) ist 1799 in Inden als in die M ’ undereschi belegt. Eine erste Deutung gibt AWWB (171), das den rom. FaN Monderessi (mit weiteren Formen) erwähnt. T AGMANN (1946, 66 f.) erwähnt Monderesse mit anderen Formen und führt es auf MOLINARIA ‘ meunière [= Müllerin] ’ zurück. Neben dieser romanischen Deutung, die in Inden wohl den FaN betreffen würde, gibt die Bearbeiterin den Hinweis, dass es in Inden auch den Flurnamen Unneräschi ‘ das untere kleine Gebiet mit Eschen / beim Saatfeld ’ gibt, wozu das HL E SCHE anzuführen ist. Die Schreibweise des Beleges von 1799 deutet eher auf die deutsche Deutung hin, doch ist der Mully 263 264 <?page no="137"?> Wechsel vom FaN zu einem Flurnamen durchaus möglich. Gemeint ist hier aber wohl der FaN. Muni Muni ist nur in der Munigrabu (Leukerbad) belegt (auch bei R. G RICHTING 1993, Blatt 11, Nr. 12). Ob es zu schwdt. Munni m. ‘ Zuchtstier, Bulle ’ und wdt. Muni ‘ Stier ’ (I D . 4, 316 f.; G RICHTING 1998, 138) zu stellen ist, bleibt unklar. Zwar sagt I D ., das Fehlen des HL im Wallis sei bemerkenswert, es ist aber bei R ÜBEL (1950, 26) als Munibrand ‘ Brand der Kuh nach dem Bespringen durch einen Stier ’ und bei G RICHTING belegt, muss also vorhanden gewesen sein. Ob in der Munigrabu ‘ der Graben, der einem Stier gleicht ’ wirklich dieses HL vorliegt, bleibt jedoch unsicher. Historische Belege fehlen, die Deutung ist deswegen unsicher. Muniers (FaN) Muniers (FaN) ist nur 1580 in Salgesch als vsque ad possessionem deÿs Muniers ‘ bis zum Besitz der Familie Munier ’ belegt. Munier ist zum FaN Monnier, Munier (AWWB 171, NWWB 1, 182 s. v. Mounir) zu stellen, die vor allem in Miège umd Mollens (beide westlich angrenzend an den Bezirk Leuk) belegt ist. Alternativ kann der Flurname auch als Berufsbezeichnung meunier ‘ Müller ’ dienen. Ein Flurname im engeren Sinn liegt nicht vor. Munig Munig ist nur zwei Mal belegt: der Munig und der Munig Staful (beide Simplon). Beim zweiten Beleg scheint Munig ein Adjektiv zu sein, was auf eine Adjektivableitung zu Munni ‘ Stier ’ (I D . 4, 316 f.) hindeutet. Das Wort ist im Wallis jedoch nicht üblich (siehe etwa R ÜBEL 1950, 172 s. v. Stier und HL M UNI ), obwohl es bei C. S CHMID (1969, 117) und G RICHTING (1998, 138) belegt ist. Es könnte sich also um eine junge Bildung mit einem Adjektiv munnig ‘ taurinus, stierbezogen ’ (I D . 4, 318) handeln. Der Munig wäre dann ein stierartiger Felsblock, bei dem sich der Munigstafel befindet. Munko Munko ist zweimal als Bestimmungswort in Raron (beide 1302) belegt: Muynkosl ů cht und Munko Sluohct. Das Grundwort ist Schluocht ‘ Geländeeinbuchtung ’ ; das Bestimmungswort ist unklar. Zwar kennt G R W B (12, 2895) munk als Adjektiv im Sinn von ‘ aufgetrieben, dick und breit ’ und Munk (G R W B 12, 2896) als Nomen ‘ finsterer Mensch, der nicht reden will ’ und auch I D . (4, 332 f.) erwähnt Mungg und Munggel, jedoch scheint keiner der Einträge sich für einen Flurnamen zu eignen. Wahrscheinlicher ist deswegen ein PN, der auch FaN sein kann (I D . 4, 332 erwähnt die Möglichkeit für den FaN einer Frau). Die Endung / -o/ würde jedoch einen Männernamen nahelegen, der sich entweder auf das Adjektiv im Sinn von ‘ dick ’ oder auf das Nomen im Sinn von ‘ Mensch, der nicht reden will ’ beziehen kann. Insgesamt bleibt aber Munko unklar. Münster Münster, dial. Minschter, ist zunächst der Gemeindename Münster (heute Goms) aus kirchenlat. M Ō NAST Ē R Ī UM > ahd. munistar, ursprünglich ‘ Einsiedelei ’ , später ‘ Kloster, Pfarrkirche ’ (K RISTOL ET AL . 2005, 629). Der ältere Name des Dorfteils westlich des Baches sei ursprünglich Goms, frz. Conches gewesen, der als Talname erhalten blieb (Z IMMERLI 1899, 87; G AUCHAT 1907, 6; K RISTOL ET AL . 2005, 629). Er lässt sich aus den Quellen nicht direkt nachweisen; belegt sind sowohl Conches / Goms wie Münster. Vermutlich erscheint dieser Dorfteil später als ‘ ennet ’ oder ‘ über Bach ’ (N OTI , 1982, 7; WB 1964, Nr. 2, 6). Neben dem Simplex ist ein Bestimmungswort Minschter mit den Grundwörtern Bäärg, Haalta, Joch und Matta in zweigliedrigen Komposita erhalten, wobei die Schreibweise in einigen Fällen auch ein attributives Adjektiv meinen kann. Das Adjektiv ist aber meist Minschtiger, das seinerseits auch als Genitiv Plural ‘ der Leute von Münster ’ verstanden werden kann. Belegt sind die Grundwörter Bach, Gletscher, Chitt und Tal. Komplexer sind ts Minschtiger Hosand ‘ der zu Münster gehörende Teil der Alpe Hohes Sandgebiet ’ (Ulrichen), der Minschtiger Hosandstafel ‘ der Stafel der Leute von Münster auf der Alpe Hosand (hohes Sandgebiet) ’ (Ulrichen) und der Minschtiger Rossbode ‘ der Rossboden (Alpe) im Münstiger Tal ’ (Münster). Munta Munta, historisch auch Monta ist lebend in Salgesch als t Munta belegt. T AGMANN (Ms., 73 ff.) stellt Monta in Salgesch und Varen zu afpr. *muntá ‘ Stutz, Aufstieg, steil ansteigendes Weg- und Geländestück ’ , *montée ist eine Ableitung von spätlat. * MONTARE auf / - ATA / (T AGMANN MS, o. A., 75 mit Bezug u. a. auf M EYER 1914, 168 und FEW 6, 3, 108). M ATHIER (2015, 69 ff.). kennt neben Munta auch Muntastadil und Muntastutz. Weiter sind belegt: in der Munta (1670, Leuk, aber unsicher), la Munta (1338, Varen; 1346 u. später Monta), Monte Strasse (1880 (ca.), Salgesch), in die Monta Sarqueni ‘ im Stutz von Salgesch ’ (1822, Salgesch). Einen Plural weist ein Weinberg jn comba dys montez ‘ in der Kumme bei den Abhängen ’ (1495, Salgesch) auf. T AGMANN (Ms., 79) kennt zwei Belege eys Muntes (1494) und eys Montez (1519, aber Kopie), die er vorsichtig hieher stellt; die Schreibweise mit / z/ passe nicht hieher. Die späte Verschriftung lässt jedoch diesen Schluss kaum zu. 265 266 Munta <?page no="138"?> Muntanji Muntanji n. erscheint nur in Montanji ‘ die kleine Alpe ’ (LT, Leukerbad), ts Hinner Muntanji ‘ die hintere kleine Alpe ’ (Leukerbad; FLNK, Hinner Montanji), ts Vooder Muntanji ‘ die vordere kleine Alpe ’ (Leukerbad; FLNK Voder Montanji). R. G RICHTING (1993) hat Blatt 16 zu Hinnärs Montanji und Blatt 17, Nr. 7 zum gleichen Namen. Es handelt sich um einen im Deutschen als Diminutiv begriffenen Namen zu einem lat. * MONTANEA (Ableitung zu MONTEM ‘ Berg ’ ). Im Patois hat montagne die gleiche Bedeutung wie frz. alpe, alpage, dt. ‘ Alpe, Alm f. ’ (G PSR 1, 312; T AGMANN 1946, 42 f. und 44 zu muntàña). Munter Munter m./ n. ist eine Kleinsiedlung von Eischoll auf 1367 m., und zugleich das Zentrum eines (vorwiegend historischen) Namensnestes mit jm Munterboden (1620), d Muntergassen (1572 u. später), in der Mu ᵕ nterhaltu ᵕ n (1665), t Muntersüo ‘ die Wasserleitung zum Gebiet Munter ’ und bi dem Múntertrog (1702 u. später) (alle Eischoll). Das HL erscheint im 14. Jh. als muntor und montor. Am ehesten könnte es zu einem lat. MONTEM ‘ Berg ’ gestellt werden, dann aber mit einem Suffix, etwa / - ORIU / (RN 2, 1033). Der Akzent würde bei der Germanisierung auf die erste Silbe verschoben. Mont wird in den frpr. Patois als ‘ Alpe ’ verstanden (T AGMANN 1946, 42), während Bärg im Oberwallis häufig einfach ein bergwärts gelegenes Gebiet meint. In Ausserberg ist zum Salmunter (1628) belegt, das sich zu den HLL S ALL und M UNTER stellen, aber trotzdem nicht deuten lässt, da der Beleg keinen weiteren Kontext enthält. Das schwdt. munter ‘ wach, gesund, recht, gehörig, wacker ’ (Id. 4, 344) kommt kaum in Frage; G RICHTING (1998) verzeichnet es für das Walliserdeutsche nicht. Muntinery (FaN) Muntinery (FaN) ist nur einmal 1494 in Salgesch als lyz Muntinery belegt, das laut Dokument eys Munte (vgl. HL M UNTA ) gelegen sei. Es dürfte sich um einen FaN Montani handeln, der der Weinberg gehört: ‘ das der Familie Montani gehörende Gut ’ (T AGMANN 1946, 50 f. mit der Herleitung aus lat. M ONTANARIUS ‘ Bergbewohner ’ ). Allerdings ist laut M ATHIER (2015, 69 f.) Munta als ‘ Stutz ’ zu lesen; die lautliche Übereinstimmung kann aber auch zufällig sein. Müolerra Müolerra ist zunächst der Name eines Weilers von Blatten bei Naters, der schon 1333 als an der M ů lerron belegt ist. Naters kennt weiter Müelerwasser ‘ die Wasserleitung, die an der Müolerra vorbeifliesst ’ (FLNK, Naters) und Erich-Hasul-Müelera ‘ (wohl) die Wasserleitung nach Erich, Hasel und Müolerra ’ (FLNK, Naters), wobei die drei Flurnamen Weiler von Blatten bei Naters benennen. t Müolera gibt es auch in Mund; die Gwp. sagt, hier fliesse das Bergwasser vorbei. In Glis ist 1862 in den Mu ᵕ oler Stu ᵕ den genannt, die auch in des Tÿrolers Driesten ‘ im unfruchtbaren Gebiet des Tirolers ’ heissen. Der lat. Beleg von 12? ? in Ried-Brig lautet apud Molerron, was wohl als ‘ das an der Mühle vorbeifliessende Wasser ’ zu verstehen ist; lat. MOLA ist als ‘ Mühle ’ zu verstehen. In Brig meint der damalige Bearbeiter zer Mûlren zu erkennen; eine neue Lesung von P H . K ALBERMATTER sieht darin loco vocato zer Núwen also ‘ am Ort, der zer Núwen heisst ’ - es dürfte sich um die Alpe Niwwa in Simplon handeln; der Beleg gehört also nicht hieher. Die Belege legen (mit Ausnahme des lat. M OLERRON ) eine / - ERRA / -Ableitung zu einem Nomen Muolnahe. Das Suffix / - ERRA / wird für Wasserleitungen, kollektiv auch für Pflanzen oder andere Dinge verwendet. Zu Muolfindet sich als nächstliegendes Wort G ’ müel n. als Variante zu G ’ müll ‘ kleiner mehlartiger Abfall ’ (I D . 4, 184 und 192). Die Deutung wäre dann entweder eine Wasserleitung, die an einem Ort vorbeiführt, wo sich solcher Abfall gebildet hat, oder ein Ort, an dem es viel von diesem Abfall gibt. Der Gliser Beleg meint dann einen Ort bei der Muolera, wo Stauden wachsen. Müra Müra f. ‘ Mauer ’ ist zu schwdt. M ū r, M ū re n , Pl. Müür, Müüre n , M ū re n f. allgemein für ‘ Mauer ’ auch ‘ Mauerwerk ’ , mhd. m ū r(e), miure, mür; im Lötschental und Simplongebiet mit Diphthong / ui/ für mhd. û Muira f. ‘ Mauer ’ und wdt. Müüra, Muira (Lötschental), Müüru ‘ Mauer ’ (I D . 4, 381; SDS 1, 106; G RICHTING 1998, 138; J ORDAN 2006, 27) zu stellen. I D . bemerkt, dass das HL in Orts- und Flurnamen “ besonders für Örtlichkeiten, wo früher römische Niederlassungen bestanden ” vorkomme. Das gilt für das Oberwallis kaum, da ursprünglich römische Bauten selten sind. URNB (2, 777) führt das HL unter Mauer an und bemerkt, dass neben alten Mauerstellen auch mauerähnliche Geländestellen (Felsformation, Steinhaufen) gemeint sein können; das genaue Namenmotiv lasse sich oft nicht mehr feststellen. Im Oberwallis ist das HL in rund 140 Namen vertreten. Neben Stützmauern, Grenzmauern, Wehrmauern, Mauern aus herumliegenden Steinen und Mauern, die Schafe und anderes Vieh von gefährlichen Stellen abhalten sollen, gibt es modernere Formen wie Staumauern und Lawinenverbauungen. Manchmal ist nur noch der Name zu finden. Eventuell ist auch der FaN Murmann (AWWB 179) hieher zu stellen ist. Das HL ist ein Lehnwort aus dem Lateinischen MURUS ‘ Mauer ’ (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 608) für den römischen Muntanji 267 268 <?page no="139"?> Hausbau mit Ziegeln. Hier ist nicht immer klar, ob ein Flurname vorliegt, etwa in murum villae Brigae ‘ die Stadtmauer von Brig ’ (1624, Brig) oder einfach ein lateinisches Appellativ. Das Simplex ist im Singular als vnder der Maúren (1824, Bellwald), der Mu ᵕ ren ‘ der Mauer ’ (1699, St. Niklaus), t Müüra ‘ die Mauer ’ (Blitzingen), ufer Müüra ‘ auf der Mauer (Quartiername, Wehrmauer) ’ (Visp), uf der Müüre ‘ auf der Mauer ’ (Fiesch), uf der Müüru ‘ auf der Mauer ’ (Zermatt), zer Müüru ‘ bei der Mauer ’ (Gampel, Zermatt) belegt. Der Plural des Simplex ist häufiger: beÿ den Muren ‘ bei den Mauern ’ (1828, Biel), bine Müüre ‘ bei den Mauern (Lawinenverbauungen) ’ (Obergesteln), bine Müüre ‘ bei den Mauern (aus ausgeschiedenen Steinen) ’ (Münster), binne Müüru ‘ bei den Mauern (Lawinenverbauungen) ’ (Ried-Brig), in den Muren (1644, Geschinen; 1642, Zermatt), jn dien Muron (1301, Mörel), ze Müüre ‘ bei den Mauern (Lawinenverbauungen) ’ (Oberwald), ze Müru ‘ bei den Mauern (Lawinenverbauungen) ’ (Eisten), zu Müru ‘ bei den Mauern (Lawinenverbauungen) ’ (Täsch (langes / üü/ ), Randa), t Müüre ‘ die Mauern (Stützmauern von Gärten) ’ (Saas-Balen) und t Müüre ‘ die Mauern (aus ausgeschiedenen Steinen) ’ (Ulrichen). Einen unklaren Fall stellt ein neutrales ts Muirä (Kippel, Blatten), auch historisch als das Mure (1767, Kippel) dar. Es kann sich um einen Genuswechsel zum Neutrum oder um ein Kollektivum handeln; Letzteres wählen wir in der Datenbank VSNB als Deutung: ‘ das Gebiet mit Mauern ’ . Das Diminutiv ist im Plural als Mürine ‘ die kleinen Mauern ’ (Zermatt), t Müürini ‘ die kleinen Mauern ’ (Staldenried und drei weitere), t Müürlini (LT Mürlini, FLNK, Muirlini, Zwischbergen) belegt; entrundet als t Miirlini ‘ die kleinen Mauern ’ (Hohtenn). Mit attributiven Adjektiven ist das HL vor allem mit lang, läng, leng (16 Mal) belegt, lebend in t Leng Müüra (Baltschieder), t Leng Müüre (Obergesteln, Reckingen) und weitere, als Plural inne Lenge Müüre ‘ in den langen Mauern ’ (Ulrichen), historisch beÿ der langen Mu ᵕ ren (1700, Varen) und weitere in verschiedenen Formen, darunter lat. a longo muro ‘ von der langen Mauer ’ (1356, Mörel; Kontext ist eine Balma). Weiter findet man die Alte Mauren ‘ die alte Mauer ’ (1683, Erschmatt), die Grosen Mauren (1675, Stalden), beÿ der Grossen Mauren (1779, Niederwald), die Gross Mu ᵕ ra (1633, Reckingen), bi der Grossen Múre (1672, Biel), ad murum magnum ‘ bei der grossen Mauer ’ (1304, Saas-Fee), ts Hee Müürli ‘ die hohe kleine Mauer ’ (Leuk, Ried-Mörel), ts Heeju Müru ‘ bei den hohen Maueren ’ (Randa), uf der Heejun Muiru ‘ auf der hohen Mauer ’ (Wiler), subtus der Ho ᵉ chen Muren ‘ unter der hohen Mauer ’ (1519, Törbel), Hohi Müre ‘ die hohen Mauern ’ (FLNK, Raron), die Hohu ᵕ n Múrún ‘ die hohe Mauer ’ (1646, Grächen), Chinesischi Müru ‘ die chinesische Mauer ’ (FLNK, Saas-Fee; LT Chinesische Mauer), beÿ der Krumen Múren ‘ bei der krummen Mauer ’ (1770, Oberwald), die Nüwe Mu ᵕ ren ‘ die neue Mauer ’ (173? , Glis; unsicher, ob Name, da anschliessend steht genempt die Matten Múren), di Beesch Muira ‘ die böse Mauer (einer Kapelle) ’ (Ferden), zer Beeschu Müüru ‘ bei der bösen Mauer (wohl steile Felsmauer) ’ (Oberems), t (e)Roti Müüru ‘ die rote Mauer (Fels im Weg auf die Gemmi) ’ (Leukerbad), die Runde Mauer ‘ die runde Mauer ’ (1896, Münster), au ᵕ ff der Wüschen Mau ᵕ ren ‘ auf der weissen Mauer ’ (Raron, unsicher), bine Zwei Müüre ‘ bei den zwei Mauern (Lawinenverbauungen) ’ (Obergesteln), ze Zwei Müüru ‘ bei den zwei Mauern (Strasse im Ganterwald zwischen zwei Mauern) ’ (Ried-Brig). di Trommüüra ‘ die Quermauer ’ (Visperterminen; 1701 u. später, Staldenried) enthält wohl das Adjektiv trom ‘ quer ’ (I D . 14, 1014) und nicht das Nomen Trom (I D . 14, 1002 ff.) Vorangestellte Genitive sind selten: ts Fäärigsch Müüru ‘ die Mauer beim Pferch ’ (Saas-Almagell), beÿ der Gùgen Múren ‘ bei der Gugen Mauer (unklar, ob Gugel gemeint ist oder Goger Mauer ‘ schlechte Mauer ’ (I D . 4, 382) ’ (1804, Obergesteln), in Leigginero Mure ‘ (die Wasserleitung zur) Mauer von Leiggern / der Familie Leiggener ’ (1703, Ausserberg), zu ᵕ r Lu ᵕ ggienmau ᵕ ren ‘ zur Mauer bei der Aussichtsstelle ’ (1834, Steg), ts Meiersch Müüre ‘ des Meiers Mauer ’ (Ulrichen) (Grenzmauer zwischen Alpen), murum villae Brigae ‘ die Stadtmauer von Brig ’ (1624, Brig; lat. Genitiv ist nachgestellt), t Saasermüüra ‘ die Saaser Mauer (laut Gwp. von Maurern aus dem Saastal erstellte Wehrmauer gegen den Rotten) ’ (Naters), vermutlich eine volksetymologische Umdeutung von Saasimüüra ‘ die (gesetzte? ) Mauer ’ (Baltschieder). Als Grundwort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita zunächst als t Stöümüüre ‘ die Staumauer des Kraftwers Gries ’ (Ulrichen) und t Stöümüüru ‘ die Staumauer (des Illsee und des Obersee bei der Alpe Meretschi) ’ (Leuk, zwei Belege) vor; hier handelt es sich einfach um eine Übernahme von hdt. Staumauer. Den Ort benennen Alpenmauer ‘ die Mauer auf der Alpe ’ (1895, Embd), Alpu Müüra ‘ die Mauer auf der Alpe ’ (EK, Mund), zur Hirinmuren ‘ bei der Mauer beim kleinen Horn (unklar) ’ (15? ? , Reckingen), t Hofmuira ‘ die Hofmauer ’ (FLNK, Ferden), in dr Hofmuirun ‘ in der Hofmauer (Dorfteil von Blatten) ’ (Blatten) (vgl. HL H OF ), Krachen=Mauer ‘ die Mauer beim Chrachen (steiler Hang) (unklar) ’ (1843, Steg), die Matten Múren ‘ die Mauer bei der Wiese ’ (173? , Glis), zer Setzmüüru ‘ bei der Mauer in den Felsabsätzen (Schutzmauer für die Lötschberglinie) ’ (Niedergesteln), di Tallmuira ‘ die Talmauer (soweit erkennbar natürlicher Fels, der wie eine Mauer wirkt) ’ (Blatten), die Thallmau ᵕ ren ‘ die Talmauer ’ (1601, Mühle- 269 270 Müra <?page no="140"?> bach; 1607/ 08 das Thall Mührlin). Wahrscheinlich Besitzer oder Nutzer sind in ts Heermiirli ‘ die kleine Mauer des Herrn (unklar, welcher Herr) ’ (Eggerberg), ts Jägermüürli ‘ die kleine Mauer für die Jäger / der Familie Jäger ’ (Leuk) gemeint. Das Material scheint bei t Steckmüüra ‘ die Mauer mit Stöcken (Holzstöcken) ’ (Visp) vertreten zu sein. Ein Vergleich mit einem Stier liegt t Stiermüra ‘ die Mauer (Felsband), die einem Stier gleicht) ’ (Zermatt) vor. Die Form der Mauer ist in beÿ den Ringmaúren ‘ bei den Ringmauern ’ (1825, Binn), biner Ringmüüre ‘ bei der Ringmauer ’ (Obergesteln) und t Winkelmüüru ‘ die winkelförmige Mauer (Lawinenverbauung) ’ (Saas-Grund) enthalten. Eine volksetymologische Deutung der Erbauer ist in t Heidimüüra ‘ die Mauer der Heiden (von der vorgeschichtlichen Bevölkerung erbaut) ’ (Simplon) enthalten. Unklar ist auf der Wandelimúren ‘ auf der Mauer beim Wandeli (kleine Wanne / Greifvogel? ) ’ (1842, Oberwald). Komplexer sind t Alt Landmüüra ‘ die alte Landmauer (Mauer quer durch das Tal bei Gamsen, heute restaurierte Überreste) ’ (Glis) - eine sog. Letzi (vgl. S TEFFEN 2010), die wohl auch in Landt Muren (1675, Mund) gemeint ist, t Inner und t Uisser Tirrlimuira ‘ die innere und die äussere Mauer mit den kleinen Türen ’ (Zwischbergen) - gemeint ist eine Mauer mit einem Durchgang, welche die Schafe vom Weitergehen abhält - , und das seltsame Langen Matten Maúer ‘ die Mauer bei der langen Wiese ’ (1866, Steg), wo auch die lange Mauer bei der Wiese gemeint sein kann. t Naturschutzmüüra ‘ die Mauer, die das Naturschutzgebiet von der Alpe (Riederalp) trennt ’ (Ried-Mörel), lässt sich nur aus dem Naturschutzgebiet Riederalp erklären. t Obri und t Undri Bächimüüra (Gampel) ‘ die obere und die untere Mauer beim Gebiet Bächi ’ grenzte die Messweide ab, also die Weide, wo das Vieh an den Tagen weidete, an denen der Milchertrag gemessen wurde. Als Bestimmungswort kommt das HL mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita vor: Acher, Bild, Hooru, Matta, Schiir, Schnitta, Wasser und Zill (Ziel). Komplexer sind Muracherro Wasma ‘ die Wiesen der Leute vom Muracher ’ (1726, Törbel) und Mürächerkapälla ‘ die Kapelle im Ortsteil Mürächer (Maueräcker) ’ (FLNK, Bürchen). Die Form zer Miirlu ‘ bei der Mauer ’ (Niedergesteln) ist eine Ableitung auf - LA (fem. Stellenbezeichnung nach S ONDEREGGER 1958, 517 ff.) mit Entrundung. Eine kollektive Ableitung mit dem Präfix G ( I )- und Entrundung zeigt ts Gmiir ‘ das Gemäuer (Felssturz) ’ (Erschmatt). Muraille Muraille f. ‘ Festungs-, Burgmauer, hohe Mauer ’ ist zweimal belegt: eys murailles ‘ beim Gemäuer (im Weinberg) ’ (1266, Leuk: spätere Erwähnungen sind 1502 eys murallies, 1544 eys morallies, 1589 in den Morallen (Pergola), 1606 eÿs Morallies) und eys Muralles ‘ beim Gemäuer (im Weinberg) ’ (1354, Varen). B OSSARD / C HAVAN (2006, 214) kennen Murailles als Flurnamen; es ist auch in FEW (6, 3, 242 s. v. murus) belegt; zur Bildung auf / - AILLE / vgl. FEW (6, 3, 245). Die historischen Belege weisen im Übrigen eine Pluralform auf und sind daher dt. als ‘ Gemäuer ’ zu übersetzen. Muressi Muressi ist nur 1449 in Zermatt als Muressi belegt, wobei die Lesart unsicher ist. Es handelt sich um eine Flur apud Hermetyon ‘ bei der Hermetje ’ auf rund 2040 m. Es ist wohl ein romanisches Wort zu MURUS ‘ Mauer ’ , in FEW (6, 3, 240 ff.), auf S. 242 für murassy ‘ vieille masure [alte Bruchbude] ’ einfach als ‘ altes Gemäuer ’ zu deuten. Murmann (FaN) Murmann (FaN) ist der FaN Murmann, historisch auch Murman, Mormann, Mormant (AWWB 179), heute vor allem im Lötschental vertreten, früher auch im Goms und im Bezirk Brig. Belegt sind nur: die Murmann Lischa ‘ der sumpfige Boden mit Riedgras der Familie Murmann ’ (1803, Ernen) und in Múrmannigo Haúffen ‘ im Haufen (Heu, Korn? ) der Familie Murmann ’ (1652, Brig) mit der kollektiven / - IG / -Ableitung im Genitiv Plural. Murmete Murmete f. ‘ Murmeltier ’ ist zu schwdt. Múrmende n , Murwende n , Murme n te n , Murmuta u. ä. f. manchmal auch n., oft Dim. Murmetli, Murmeli, Murmelti ‘ Murmeltier ’ , mhd. mürmendin aus lat. MUREM MONTIS (I D . 4, 418 f.). G RICHTING (1998, 138) gibt Murmolta, Murmelta, für das Goms Murmätä, für Zermatt Murmenda, für Lötschental Murmda und für den westlichen Bezirk Leuk Murmundu. Eine ähnliche Verteilung zeigt der SDS (6, 260). K LUGE / S EE- BOLD ( 25 2011, 641) hält die Herleitung aus lat. MUREM MONTIS für eine sekundäre Deutung und gibt selbst eine allgemeine Herleitung aus einer Alpensprache. In den rund dreissig Flurnamen tritt das HL meistens als Bestimmungswort auf. In zwei Fällen könnte jedoch ein vorangestellter Genitiv vorliege: der Murmezbode ‘ der Boden mit Murmeltieren ’ und der Murmezwang ‘ der Grasabhang mit Murmeltieren ’ (beide Niederwald). Die Form Murmez erklärt sich aus Murmete und einem Genitiv-s, mit Tilgung des auslautenden / e/ : Murmet(e) +s. Muraille 271 272 <?page no="141"?> In allen anderen Fällen steht Murmete oder eine der Varianten des HL vor den Grundwörtern Balma, Bäärg, Biel, Bodu, Chumma, Grafft, Haalta, Lamma, Loch, Ritz, Stei, Tangel und Wang. Besonders auffällig sind die Varianten Murgund (Saas-Almagell) und Murmd (Wiler), wo Murmdloch, Murmdlochbiel und Murmdlochweidä ein kleines Namennest bilden. Muscatella Muscatella ist zu mlat. MUSCATELLUM VINUM , schwdt. Muschgeteller m. ‘ Traubensorte ’ , ‘ Würzwein ’ , der nach der Muskatnuss, afrz. noix muscat, benannt ist (I D . 4, 508; E GLI 1982, 23; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 642), zu stellen. Belegt ist der Name nur historisch; wahrscheinlich beziehen sich alle Belege auf den gleichen Hügel, der wie folgt belegt ist Cresta Muscatella (1671, Leuk), Christam Mouscatella (1664, Salgesch; 1671 Cretta Muscatella), ad Cristam Muscatelle (1664, Varen; 1671 Cretta Muscatella; 1721 a la gretta de muscatel), ad Cristam vocatam Muskateller (1526, Salgesch; 1526 ad cristam vocatam moscatella; 1644 ad Cristam Moscatellae), ad Cristam vocatam Muskateller (1562, Varen), von dem Musskatellhubel (1728, Varen), Muscatellhubell (1723, Leuk). Die Belege sprechen von einem Hügel, auf dem Muskateller Reben wachsen (oder gewachsen sind) und der als Grenzhügel zwischen Leuk, Salgesch und Varen diente, vermutlich im Gebiet Tschüdangna (cf. HL T SCHÜ- DANGNA ). Die Belege zeigen eine lateinische Variante mit CRISTA , eine frpr. Variante mit cretta und eine dt. Variante mit Hubel, das als Äquivalent zu cretta genommen wird. Muschi Muschi ist kaum ein HL. Belegt ist es in Muschichat (1640, Salgesch). Gemeint ist ein Hügel, auf dem Muschkat ‘ Muskat ’ (T AGMANN 1946, 97) wuchs, also die Rebe für den Muskatellerwein (cf. HL M USCATELLA ). Im Kontext wird vorher aber cretta Chat verwendet, das wohl auf ein feminines cretta (< lat. CRISTA ) und das frpr. Lexem Tsat ‘ Weide ’ (T AGMANN 1946, 46) zurückgeht, also eine ‘ hügelige Weide ’ . Es ist möglich, dass der Schreiber auch Muschichat fälschlicherweise zum Substantiv Chat < Tsat stellte. Muschur Muschur ist nur 1683 in Albinen als im Muschur belegt, wo sich laut Dokument ein Wald befindet. Ein deutscher Name liegt wegen der Endung kaum vor. FEW (19, 126) kennt eine Form des Mittelfranzösischen musur m. ‘ arbre qui produit les muses ’ (Baum, der die muses [Paradiesäpfel] trägt), zum arabischen Wort mauz banane. Es könnte sich um einen Apfelbaum handeln, der allerdings nur in tieferen Lagen vorkommt; laut L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 276) kommen in der Schweiz nur der Holz- Apfelbaum (wild) und der Kultur-Apfelbaum (kultiviert) vor. Der zweite Teil des HL kann sich auch auf gall. j ŭ ris bergwald (FEW 5, 82 ff.; T AGMANN 1946, 23) beziehen; dann wäre der erste Teil des Namens wohl zu mont ‘ Berg ’ (T AGMANN 1946, 79) zu stellen: der Bergwald. Im historischen Beleg ist allerdings der Nasal von mont nicht notiert. Müsig Müsig ‘ Musik ’ kommt nur einmal in Salgesch als Bestimmungswort in t Müsigtolu ‘ die Mulde mit Musik ’ (FLNK) vor. M ATHIER (2006, 111) schreibt “ Mulde in Form eines antiken Theaters ” . Da Müsig neben ‘ Musik ’ als Tonkunst auch ‘ Musikgesellschaft ’ (G RICHTING 1998, 138 s. v. Müüsig, Muisig (Lötschtental)) meint, kann auch die halbkreisförmige Aufstellung einer Blasmusik gemeint sein. I D . (4, 485 s. v. Músik) gibt nur die Deutungen ‘ Musik, Musikinstrument ’ , kennt hingegen ‘ Musikgesellschaft ’ nicht. Musirin Musirin kommt nur einmal 1301 in Naters vor: sub via cui dicitur Musirin. Vermutlich handelt es sich um die ‘ Mooserin ’ , den Weg nach Moos, einem Weiler von Naters auf dem Natischer Berg. Musot Musot ist nur 1703 für Salgesch als ad [bei] Musot erwähnt. J ACCARD (1906, 302) erwähnt den Namen für den Weiler Muzot von Veyras, kann aber die Herkunft nicht deuten. Am nächstliegenden wäre wohl das von FEW (6, 3, 246 ff.) behandelte m ū s araneus spitzmaus zu erwähnen, das im Mittelwallis etwa als mu ž e ͎ t (G ERSTER 1927, 52) erscheint. Eine Diminutivableitung auf / - OTTU ( M )/ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) ist nicht ausgeschlossen. Allerdings ist die Bedeutung ‘ (das Gebiet mit) kleiner Spitzmaus ’ kaum aussagekräftig. Musseling Musseling ‘ kleines Moos, sumpfiges Gebiet ’ ist zweimal in Leuk belegt: Musseling (1703 u. später) und t Musselingmatte ‘ die Wiese, die Musseling genannt wird ’ . Es handelt sich wohl um einen Diminutiv Mousselin zu Mousses (B OSSARD / C HAVAN 2006, 75), vermutlich identisch mit dem HL M OOS , aber hier auf romanischer Grundlage (zu frz. mousse). Musul Musul ist nur belegt in der Musulgrabu (Zwischbergen, auch FLNK). J ORDAN (2006, 235) kennt Muslä, Mus u legga und S. 234 Mus u lgrabu. S. 234 sagt er: “ Ein Mus u l ist ein 273 274 Musul <?page no="142"?> Maulkorb ” . Das nächstliegende Wort ist daher schwdt. Musel m., Muschel, Muschele n f. ‘ Maulkorb ’ , der dem Kalb umgebunden wird, damit es auf der Weide nicht an der Kuh saugen kann, frz. muselière, zu museau ‘ Schnauze ’ und wdt. Musl, Muschäl (Goms), Musul (Zermatt), Musil ‘ Maulkorb ’ (R ÜBEL 1950, 34; I D . 4, 483; G RICHTING 1998, 138). Die Motivation liegt vermutlich in der Gestalt des Grabens, der einem Musel gleicht. Mutenet Mutenet ist nur 1734 als Mutenet in Albinen belegt. Das Register kennt Mütenet (Wiese) und M ATHIEU (2006, 19) hat Mütunät. In der Datenbank ist es als lebender Name nicht enthalten. FEW (6, 3, 294 ff. s. v. m ŭ tt (vorröm.) bodenerhebung) kennt für Hérémence motána und motóna als Ableitungen und G ERSTER (1927, 52) kennt m ų t ē ̩ ‘ motte de terre ’ . Mutenet enthält eine diminutive Ableitung auf / - ITTA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) und ist dann als ‘ die kleine Bodenerhebung ’ zu übersetzen. Mutt Mutt hat mehrere Bedeutungen. Der Flurname ts Mutt ‘ beim Mutt ’ ist im Oberwallis am häufigsten. Am bekanntesten ist der Weiler ts Mutt (Zermatt), auf LK Zmutt, SK Z ’ Mutt. 1410 ist hier von einem Petrus Mathei de Mutte ‘ Peter, des Matthäus von Mutt ’ die Rede, 1435 von einem Weg, der jn das Mút führt. Ein Blick auf die Karten zeigt, dass sich Zmutt auf einer Ebene befindet. Das gilt etwa auch für Raron, wo ts Mutt in der flachen Rottenebene liegt; heute ist dort teilweise die Rollpiste des Flugplatzes; ganz ähnlich ist ts Mutt (Gluringen) zwischen Bahnlinie und dem ehemaligen Flablager beim Rotten. Auch ts Mutt (Bister, Ried-Mörel) liegt auf einer nur leicht ansteigenden Ebene. Das alles spricht gegen die üblicherweise angenommene, wohl vorrömische Grundlage motta ‘ Erdhaufe ’ (Z INSLI 1984, 228; URNB 2, 830; RN 2, 213 ff.), die im Romanischen ‘ Hügel, Anhöhe, Kuppe ’ (RN 2, 213) bedeutet. FEW (6, 3, 294 s. v. mu ᵕ tt (vorröm.) Bodenerhebung) führt darauf frz. motte ‘ Klumpen, Erdscholle ’ zurück und B OSSARD / C HAVAN (2006, 32) kennen Mottaz, Motte(s) und Mottey ‘ kleine Anhöhe, kleiner Hügel ’ . M EYER (1914, 71) notiert eine Ableitung / - ETU / zu * M Ŏ TTA . Auch wenn lautlich ein enger Zusammenhang besteht, stellt sich inhaltlich die Frage, ob sich Mutt n. auf motta zurückführen lässt. Auch URNB (2, 830) ist nicht ganz sicher und weist auf Mutte f. ‘ flaches rundes Holzgefäss zum Speichern der Milch ’ (I D . 4, 577, G R W B 12, 2804) hin. Das neutrale Genus der meisten Oberwalliser Namen deutet auf ein Kollektivum hin. Das im Oberwallis sonst bekannte Wort ist die ‘ ungehörnte Ziege ’ , zu schwdt. Mutte n f. ‘ ungehörnte Ziege ’ (I D . 4, 570 f.; R ÜBEL 1950, 89 kennt Mutte, Mutti, Muts und Mutilgeiss für ‘ ungehörnte Ziege ’ ). Das zugrundeliegene Adjektiv mutt ‘ ungehörnt, abgestumpft ’ (I D . 4, 570) liesse sich mit der Bedeutung von ts Mutt als ‘ etwas Flaches, z. B. flaches Stück Land ’ verbinden. Eine dritte Deutung von Mutt nimmt LUNB (1, 2, 710; s. v. Mutt) im Kompositum Muthüf(f)li ‘ Brandhaufen ’ (I D . 2, 1048) zu mhd. mot n. ‘ torfartige Erde, Morast ’ an. Diese Deutung ist für die Flurnamen im Wallis nicht geläufig. Das Simplex im Singular ist als ts Mutt (Bitsch, Gluringen, Niedergesteln, Raron, Ried-Mörel, Zermatt) belegt, historisch als am Mutt (1593, Ritzingen). Ein möglicher Plural die Mutten (1634, Mund) ist unsicher und kann auch als Matten gelesen werden. Ein Diminutiv im Simplex ist ts Mutti ‘ das kleine flache Stück Land ’ (Bellwald) als Singular zum grösseren t Mutteni ‘ die flachen Stücke Land ’ (Bellwald). In Bellwald gehören t Muttschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung bei den Mutteni ’ und iner Muttschlüecht ‘ in der Geländeeinbuchtung unterhalb der Mutteni ’ , sowie ts Schafmutti ‘ das flache Stück Land für die Schafe ’ zum gleichen Namennest. Ein weiteres Diminutiv im Singular ist ts Mutji ‘ das kleine flache Stück Land ’ (Visperterminen, beschrieben als Alpe mit Hütte im “ Aftru Wald ” ), wozu sich drei neuere Belege Mutjitünnel (Visperterminen) ‘ der Tunnel (Wasserleitung) zum Mutji ’ gesellen; der Tunnel ersetzte die früheren Wasserleitungen. Weiter finden sich hier Muttjischleif, ts Muttjiwägji und der Muttjiwaso. Nur historisch ist hier belegt dü Mut Ecca (1448 + 1445, Visperterminen), die als alpem bezeichnet wird. Ried-Mörel hat 1582 am Múttgi und 1586 am Múttli. Blatten hat einen Diminutiv Plural t Muttini und dazu inn Muttinun ‘ bei den kleinen flachen Stücken Land ’ , wobei die Karte 1: 10000 Muttrinä notiert - eine sonst nicht belegte Form. Auch Bratsch hat Muttini ‘ die kleinen flachen Stücke Landes ’ . Attributive Adjektive sind selten: im Hindren Mútt ‘ im hinteren Mutt ’ (1773, Bitsch), ts Inner Mutt ‘ das innere Mutt ’ (Zermatt, Teil von Zmutt), jm Obrun Mutgi ‘ im oberen Muttli ’ (1599, Ried-Mörel), jm Vndrun Mutgi (1599, Ried-Mörel; 1710 im úndren Mútt), ts Üsser Mutt ‘ das äussere Mutt ’ (Zermatt, Teil von Zmutt). Als Grundwort ist das HL in zweigliedrigen Komposita nur belegt im schon erwähnten ts Schaafmutti (Bellwald). Komplexer ist an den obren Ebmu ᵕ tten ‘ an den oberen Ebmutten ’ (1494, Zermatt), das sich mangels Kontextes nicht deuten lässt. Als Bestimmungswort erscheint das HL mit den folgenden Grundwörtern: Bach, Brigga, Egg(a), Gartu, Gletscher, Graat, Haalta, Hooru, Kanaal, Licka, Los, Pass, Schleif, Schluocht, Tossu, Tunnel, Wäg, Wald, Wase und Wasser. Ein schwieriger Fall ist Z Muttentschuggen (LT, Mutenet 275 276 <?page no="143"?> Täsch; FLNK hat Muttlentschuggen). Es dürfte sich um ein Felsgebiet handeln, auf dem ungehörnte Ziegen gealpt wurden. Komplexere Formen sind etwa t Aalt Muttschiir ‘ die alte Scheuer bei Mutt ’ (Ried-Mörel), bi der Aaltu Muttschiir ‘ bei der alten Scheuer bei Mutt ’ (Bitsch), ts Chli und ts Gross Mutthore ‘ das Kleine und das Grosse Mutthorn (Gipfelname) ’ (Oberwald), dazu ts Stotzig Mutthore ‘ das steile Mutthorn ’ (Oberwald) und andere. Besonders selten ist Station Muttbach-Belvédère ‘ die Station (der früheren Furkabahn) beim Muttbach und dem Hotel Belvédère ’ (Oberwald). Eine Ableitung t Mutta f. ‘ die Mutta (Stafel der Alpe Schinnere) ’ (Binn) wird historisch 1629 das Motgi, 1652 Mu ᵕ dty, 1655 im Mutt genannt. Ebenfalls eine feminine Ableitung ist in die Mutgia (1598, Zwischbergen) belegt; mangels weiterer Angaben lässt sich diese Ableitung nicht deuten. Eine maskuline Ableitung der Leng Mutta ‘ der lange, vom Wässerwasser angeschwemmte Hügel ’ (Randa) scheint zum rom. motta zu gehören. Zu Mutte ‘ ungehörnte Ziege ’ gehört wohl ts Muttschfärrich ‘ der Pferch für die ungehörnte Ziege ’ (Raron) und eventuell auch das schon erwähnte Muttetosse ‘ der Felsgipfel, der einer ungehörnten Ziege gleicht ’ (LT, Zwischbergen). Eine Umdeutung hat wohl ts Müeterseeli ‘ der kleine See der Mutter ’ (Oberwald) erfahren; LT und FLNK haben Mutterseewji und in der Nähe ist t Mutterschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung beim Mutt / der Familie Mutter ’ . Das HL M UTT ist deswegen unklar und nur in Einzelfällen zu deuten. Mutter (FaN) Mutter (FaN) ist ein FaN, der in AWWB (179) belegt ist. Zwei Flurnamen mit vorangesetztem starkem Genitiv weisen den FaN auf: ts Muttersch Gade ‘ der Gaden der Familie Mutter ’ (Ernen) und ts Muttersch Matta ‘ die Wiese der Familie Mutter ’ (Eyholz). Unsicher ist der Beleg der Mútter Acher ‘ der Acker der Familie Mutter / beim Gebiet Mutt ’ ; allerdings ist Mutt in Eischoll nicht belegt. Unsicher sind die Namen t Mutterschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung beim Gebiet Mutt / der Familie Mutter ’ (Oberwald) und ts Müeterseeli, das bei LT und FLNK Mutterseewji ‘ kleiner See beim Gebiet Mutt / der Familie Mutter ’ (Oberwald) heisst. In Oberwald gibt es zwar den Bergnamen Mutteheerner ‘ Muttenhörner ’ , doch sind diese nach Mutten im Kanton Uri benannt (URNB 2, 830). Unklar ist auch ts Müetersch Loch ‘ das Loch der Familie Mutter ’ (Leuk), wo der vorangestellte Genitiv eher für einen FaN spricht. Sehr unsicher ist schliesslich ts Müotergüod (Eisten), wo laut Gwp. das HL M ÜETER ‘ Mutter ’ vertreten ist; der historische Beleg dazu von 1851 hat Mu ᵕ ttergu ᵕ t, was auch zum FaN Mutter gestellt werden könnte; der Diphthong im lebenden Beleg spricht aber eher für ‘ das Gut von der Mutter her ’ . Muttler Muttler ist nur in t Muttleräbi (Mund) belegt. Gwp. nennt Muttler jemand, der kurz geschoren ist; in der Beschreibung wird ‘ kurzes Gras ’ erwähnt. Historisch wird 1565 die Mutten Ebin genannt. I D . (4, 572) kennt muttle n II “ die Haare schlecht und zu nahe am Kopf scheren ” für das Wallis und verweist auf mutz (I D . 4, 615, Bed. 1 d) von Pflanzen, z. B. gemähte Wiese). Im Oberwallis wird weiter ein Tier mit keinen oder nur ganz gering ausgebildeten Hörnern Muttler m., Mutte f., Mutz m., Pl. Mutze n , und Muttilgeis f. genannt (R ÜBEL 1950, 17 und 89; I D . 4, 571 f.; I D . 4, 616; I D . 2, 463). Die genaue Bedeutung lässt sich kaum eruieren; am ehesten dürfte der Bezug auf das kurze Gras eine Rolle spielen. Mutz Mutz m. ist zu schwdt. Mutz m. ‘ etwas Kurzes, Stumpfes, Abgenütztes ’ von Menschen, Tieren und Sachen (I D . 4, 616 ff.) zu stellen, das seinerseits zum Adj. mutz ‘ abgestumpft, stumpf, kurz ’ (I D . 4, 615 ff.) gestellt werden kann. G RICHTING (1998, 139) kennt das Substantiv Muzz ‘ Apfelgehäuse, Socken, Stümpchen ’ und das Adjektiv muzz ‘ klein bemessen, fett ’ . BENB (1, 3, 406) verweist auf H UBSCHMIED (1940, 9), der am angegebenen Ort jedoch nur sagt, Mutz sei der Name zweier Alpen im Gebiet von Frutigen, “ beide auf einer stumpfen Erhebung, einem Begrücken ” . In den Oberwalliser Flurnamen kommt zunächst das Substantiv der Muz (Fiesch, Zwischbergen) vor. In Fiesch heisst der gleiche Ort auch der Muzwaud ‘ der Wald beim Muz ’ (mit / l/ -Vokalisierung). Häufiger und wohl auch älter ist eine feminine Form t Mutzä (Steg) - die historischen Belege geben als Singular Mutza (1300) und in der Mutzen (1698 u. später). Der Ort wird im Beleg als “ Sumpfgelände und Grasbüschel ” beschrieben. Auch Gampel hat 1305 ab der Mutzzun, also eine Form des Dativ Singular. Zwar kennt I D . (4, 621) ein feminines Mutze n für ‘ vulva ’ (weibliches Geschlechtsorgan), doch dürfte diese Bedeutung eher unwahrscheinlich sein. Die übrigen Fälle weisen Mutz(a) als Bestimmungswort auf, wobei im Einzelnen unklar ist, ob die maskuline oder feminine Form verwendet wird: ts Muzenarve ‘ die Arve des Mutzen / bei den kleinen Arven ’ (Grengiols) könnte einen PN im Genitiv enthalten; es kann sich aber auch um eine Alp mit kleinen Arven handeln. Das Mutzloch, auch Muzenloch ist historisch mehrfach in 277 278 Mutz <?page no="144"?> Bitsch (1684, 1755), Naters (1755) und Ried-Mörel (1684) belegt, ohne das näher angegeben wird, worum es sich handelt; BENB (1, 3, 405) kennt es für “ kleines Heimet am Wald, finster ” ; das scheint nach der Beschreibung in Bitsch, Naters und Ried-Mörel nicht der Fall zu sein, was aber den Namen nicht erklärt; ein Anklang an Mutze n ‘ vulva ’ ist unwahrscheinlich. In Niedergesteln ist 1303 von einer Muzunmattun die Rede. Lebendig ist schliesslich ts Mutzungreechu ‘ beim Kornspeicher des Mutzen / beim kleinen Kornspeicher ’ belegt. Mutz als Übername für ‘ kleiner, dicker Mensch ’ (BENB 1, 3, 406) ist möglich. In der Literatur zum Walliserdeutschen findet sich einerseits der Ausdruck mutzes Brot (W IPF 1910, 60; C. S CHMID 1968, 88, 210 f.) für ein Festtagsbrot aus Weizen, anderseits wird Mutz eine Kuh oder Ziege ohne oder mit nur kleinen Hörnern genannt (R ÜBEL 1950, 17, 89; C. S CHMID 1968, 118). Die genaue Deutung von Mutz oder Mutza in den FlN ist im Einzelfall schwierig. Müül Müül ‘ Maul ’ (falsche Übertragung aus mor / mur; nicht zum hdt. Maul) ist nur als Bestimmungswort verwendet und zwar nur im Typ Milber (Maulbeere) und im Typ Mülböum ‘ Maul(beer)baum ’ . Belegt sind Milberschleif ‘ der Schleif mit Milber (Maulbeeren) ’ (FLNK, Termen), bim Millberböüm ‘ beim Maulbeerbaum ’ (Visperterminen) mit der Bemerkung, dass hier bis vor wenigen Jahren ein <uralter> Maulbeerbaum stand. Weitere Belege sind Mülböum ‘ der Maul(beer)baum ’ (FLNK" Hohtenn), der historische Beleg Mulboumacher ‘ der Acker beim Maul (beer)baum ’ (1396, Niedergesteln) und t Müülböümachra ‘ die Äcker beim Maul(beer)baum ’ (Hohtenn). I D . (4,1469) kennt nur Mûlber ‘ Beere des weissen und schwarzen Maulbeerbaums ’ . G R W B kennt Maulbeere (12, 1798; dort auch zur Herkunft, sowie K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 609) und Maulbeerbaum (12, 1798 f.; früh nur als Mulbaum). L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 216) kennen M ORUS ALBA und M ORUS NIGRA mit ihren Früchten. Müülti Müülti ‘ Maultier ’ n. ist nur einmal als der Müültigrabu ‘ der Maultier-Graben ’ (Naters) belegt. Gwp. sagt, dass hier wohl ein Maultier <erfallen> sei. Der Graben befindet sich auf rund 2250 m. Unklar ist ein zweiter Fall ts Müülachru (Eggerberg). Es wurde zu Müül ‘ Maultier ’ gestellt, weil der lebende Beleg ein langes / ü: / enthält, während das sonst belegte Milacher ‘ der Acker bei der Mühle ’ eine Entrundung aufweist. Die historischen Belege sind sehr unterschiedlich: schon frühe Belege wie z. B. 1250 (ca.) millaschar, 1347 ze Millakren haben / i/ , die meisten jedoch / u/ . Es scheint, dass Mulacher ein eigenständiger Dorfteil von Eggerberg war. P H . K ALBERMATTER (https: / / hls-dhs-dss.ch/ de/ articles/ 002663/ 2004-08-27; [01.05.2020; IW]) erwähnt den Weiler Mühlackern am Anfang seines Artikels. Ob dieser zu Müülti gehört, bleibt sehr unsicher; alternativ könnte er unter dem HL M ILI ‘ Mühle ’ erscheinen, allerdings ohne Entrundung. Sonst ist das HL zu schwdt. M ū l n., Dim. Mülti, M ū li ‘ Maultier ’ , mhd. m ū l aus lat. MULUS und wdt. Mülti, Muilti (Lötschtal), Müülti ‘ Maultier ’ (I D . 4, 184; G RICHTING 1998, 138) zu stellen. Das Synonym schwdt. Mûltier bzw. Müültier u. ä., ahd. m ū ltier, ist allgemein bekannt, jedoch weniger volkstümlich als die Diminutivformen zu M ū l (I D . 13, 1229 f.). Müür Müür n. ist dreimal belegt: zs Müür ‘ beim Mauerwerk ’ (Eisten), ts Müür ‘ beim Mauerwerk ’ (Stalden), ins Mur ‘ in das Gebiet des Mauerwerks ’ (1740, Staldenried). Im letzten Beleg ist von einer Wasserleitung die Rede, die auch ins Mur führt. Die beiden lebenden Belege sind unterschiedlich: der Beleg aus Stalden meint die Rebmauern am Ort, der Beleg aus Eisten meint wohl eher einen steilen Hang. Das Neutrum legt ein Kollektivum zu Müüra f. ‘ die Mauer ’ , wie schwdt. M ū r ‘ Mauer, Mauerwerk ’ und wdt. Müüra, Müürä (Goms), Muira (Lötschtal), Müüru ‘ Mauer ’ (I D . 4, 381; G RICHTING 1998, 138) nahe; vgl. auch HL M ÜRA . I D . gibt kein Neutrum an, zitiert aber einen Beleg von R UEF 1550 (Ein nüw und lustig spyl von der erschaffung Adams und Heva … ) ein m.(ur), was ein anderes Genus als möglich erweist. Möglich ist auch ein Kollektiv mit assimiliertem G ( I )wie in Gmiir ‘ Gemäuer ’ (Erschmatt) (vgl. auch I D . 4, 384 s. v. G e -mür als Flurname im Aargau). Müürer (FaN) Müürer (FaN) m. ist zu schwdt. Mûrer m., wdt. Müürer, Müürär im Lötschental Muirär m. Berufsbezeichnung ‘ Maurer ’ allgemein (I D . 4, 384; G RICHTING 1998, 138) zu stellen. Es handelt sich hier wohl auch um einen FaN; Murer ist im Register HRBS bezeugt. Das HL kommt nur vor in ts Müürersch Hiischi ‘ das kleine Haus des Maurers / der Familie Murer ’ (Gampel). Müüs Müüs ‘ Maus ’ ist nur als Bestimmungswort belegt. im Maus Eggeltÿ ‘ in der kleinen Ecke mit Mäusen ’ (1824, Bellwald) ist unsicher, da der eine Beleg die Formulierung im Haús oder Maús Eggeltÿ hat, der andere im Mús Eggeltÿ. Die Mehrheit entscheidet hier für Müüs. Weiter sind ts Müüsetellti ‘ das kleine Tal, das klein wie eine Maus ist ’ (Ulrichen; FLNK Miischetellti, SK Müsen Thal) und der Müüsostadol ‘ der Stadel mit Mäusen ’ (Unterbäch) Müül 279 280 <?page no="145"?> bezeugt. der Miischulochbrand ‘ die verbrannte / durch Brand gerodete Stelle mit Mäuselöchern ’ (Betten) enthält das HL im Plural mit Entrundung. Eine Spezifizierung enthält t Schärmüseweid ‘ die Weide mit Maulwurfhügeln ’ (Reckingen) und das historisch 1899 in Münster belegte Scherenmausi-Weid, das vermutlich die gleiche Flur bezeichnet wie der Beleg in Reckingen. Zu stellen ist das HL zu schwdt. M ū s ‘ Maus ’ f. und wdt. Müüs, Muis (Lötschtal), Müüss f. ‘ Maus ’ (I D . 4, 473 ff.; G RICHTING 1998, 138). Der Plural Miisch weist paradigmatisch die Entrundung und die Entwicklung von / s/ zu / š / auf, während der Singular typischerweise die Palatalisierung von / u: / zu / ü: / , resp. / ui/ zeigt. In FlN wird das HL im übertragenen Sinn oft für klein, winzig gebraucht. Der Tiername schwdt. Schärmüs f. ‘ Maulwurf ’ , resp. wdt. Schära (Schattenberge), Schärä (Goms) ‘ Maulwurf ’ (I D . 4, 479; G RICHTING 1998, 168) wird in FlN wohl für Orte, wo Maulwürfe vorkommen oder ihre Hügel hinterlassen, gebraucht. Myneta Myneta ist nur einmal 1328 in Ergisch als de la Myneta de Argessa belegt. Es handelt sich um einen Warnerus, dessen Beiname de la Myneta ist und der aus Argessa (Ergisch) kommt. Myneta lässt sich nicht deuten; DU C ANGE meint, es handle sich um eine Art Acker ( DU C ANGE 1883 - 1887, Bd. 5, Spalte 392c). Nach FEW (6, 2, 96 f. min-, bes. 97 s. v. minette) könnte es sich auch um einen Pflanzennamen wie E RIOPHORUM ‘ Wollgras ’ (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1366) handeln. Die Ableitung würde dann dem diminutiven Suffix / - ITTA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) entsprechen. Beide Deutungen sind sehr unsicher. Mytyn Mytyn ist nur 1361 in Gampel als in den Erce Mytyn belegt. Im Dokument sind Erce und Mytyn getrennt, sodass sie auch hier gesondert behandelt werden. Der Kontext zeigt, dass es sich um einen Dativ Plural des Gesamtnamens handelt, wobei nur Mytyn flektiert ist. Das im Kanton Schwyz belegte (die) Mythen (SZNB 3, 490; Singular) wird auf lat. META ‘ Heuschober ’ zurückgeführt, das üblicherweise im Wallis als Meidu (cf. HL M EIDU ) oder Meetu (cf. HL M EETU ) belegt ist. Die Deutung in SZNB als “ grossen, aufragenden Fels- oder Steinblöcken ” (Dativ Plural) würde dann eine Deutung von ‘ in den Erzgesteinblöcken ’ oder ähnlich ergeben. Diese Deutung ist jedoch sehr unsicher. 281 282 Mytyn <?page no="146"?> N Naater Naater ‘ Natter ’ Natter f. ‘ Schlange ’ (I D . 4, 849) ist nur einmal belegt in ts Naaterloch ‘ die Höhle der Natter (Drachen) ’ (Naters). Laut einer Volkssage hauste östlich des Dorfes Naters in einer Felsenhöhle ein Drache. Nachdem dieser von einem mutigen Mann besiegt worden war, soll die Natter dem Dorfe den Namen gegeben haben (G UNTERN 1979, 75); zum Dorfnamen siehe HL N ATERS ; zu historischen Belegen siehe HL N ATTER . Naaz (PN) Naaz (PN) m. ‘ Ignaz ’ ist zu schwdt. N ā z, N ā zi, der Kurzform des Personennamens Ignazius (I D . 4, 885; I D . 2, 676), zu stellen. Der PN ist zweimal belegt: in ts Naazuloch ‘ das Loch des Ignaz ’ (Dorfteil von Täsch) und ts Petternatsch Hiischi ‘ das kleine Haus des Peter Ignaz ’ (Embd). Cf. HL J GNAZ . Näbel Näbel ist zu schwdt. Nëbel m. wie nhd. ‘ Dunst, Nebel ’ , wdt. Näbl ‘ Nebel ’ (I D . 4, 631; G RICHTING 1998, 142) zu stellen. Es ist als Simplex der Nebel ‘ der Nebel ’ (1767, Grengiols) und als Bestimmungswort in Näbulloch ‘ das Nebelloch ’ (FLNK, Saas-Grund) belegt. Motivation ist wohl Nebelbildung (aus verschiedenen Gründen) am so genannten Ort. Näbund Näbund ist nur in Näbund dum Bach ‘ neben dem Bach ’ (Naters), Näbem Bach ‘ der Dorfteil neben dem Bach (der durch Zermatt fliesst) ’ , Näbem Gfell ‘ neben dem steilen Abhang ’ (Ferden) und Neben Acker ‘ der Ort neben dem Acker ’ (1854, Filet) belegt. Es ist zu schwdt. nëbe n wie nhd. Präp. ‘ neben ’ , in FlN ‘ bei, neben einer Stelle, an der Seite davon ’ und wdt. näbet, näbunt ‘ neben, daneben ’ (I D . 4, 633; G RICHTING 1998, 142) zu stellen. Nacht Nacht f. ist mehrfach belegt, aber nur als Bestimmungswort. t Nacht(e)richti ‘ der Weideplatz, der für die Nacht eingerichtet wird ’ (Baltschieder) und der zugehörige Nachtrichtigrabo ‘ der Graben beim Weideplatz, der für die Nacht eingerichtet wird ’ (FLNK, Baltschieder) weisen auf einen in der Nacht benutzten Weideplatz im Baltschiedertal hin. der Nachtfärich ‘ der Nach-Pferch (Pferch für das Vieh in der Nacht) ’ (Oberems, auch FLNK und 1: 10000) meint eine eingezäunte Weide für das Vieh in der Nacht. Gwp. meint, dass hier früher ein Lagerplatz für das Vieh gewesen sei, als man noch keine Stallungen hatte. t Nachttolini ‘ die kleinen Mulden für die Nacht (laut Gwp. lagerte hier nachts das Vieh) ’ (Visperterminen) dienten für die Nacht-Lagerung. der Nachtzug ‘ der Nacht-Zug (Stelle, wo in der Nacht Wasser abgeleitet werden konnte) ’ (Niedergesteln) meint eine Stelle, an der nachts das Wässerwasser <eingeschlagen> werden konnte. Der Flurname ist bei B ELLWALD / W ÜRTH (2006) nicht erwähnt. Das HL ist zu schwdt. ‘ Nacht ’ und wdt. Nacht ‘ Nacht ’ (I D . 643 ff.; G RICHTING 1998, 142)) zu stellen. Typischerweise sind alle Fälle für die Weidezeit bestimmt, nicht für den Winter. Nacke Nacke m. ist zu schwdt. Nacke n , Näcke n m. ‘ Nacken ’ auch ‘ runde Erhöhung des Bodens auf einem Wege ’ , mhd. nac, nacke, ahd. nac, naco ‘ Hinterhaupt, Nacken ’ zu stellen. G RICHTING (1998) kennt den Ausdruck nicht, auch nicht Äcke; Z INSLI meint, dass Äcke wohl zu Nacke zu stellen ist (I D . 1, 164 f.; I D . 4, 712 f.; SDS 4, 25 f.; Z INSLI 1946, 311). Im Oberwallis kommt nur Nacke vor. Gemeint sind Geländestellen, die einem oder mehreren Nacken gleichen. Im appellativen Wortschatz kommt Nacke nur beim Stier vor (R ÜBEL 1950, 18). Das Simplex im Singular ist nur als der Nacku ‘ der Nacken ’ (Saas-Balen, zweimal) bezeugt. Im Plural sind die Simplizia Nacke ‘ die Nacken ’ (FLNK, Binn; laut historischen Belegen Plural), t Nacke ‘ die Nacken ’ (Visperterminen, Zermatt) und bin(n)e Tnacke ‘ bei den Nacken ’ (Mühlebach) belegt. Das Diminutiv im Singular erscheint als Nakÿ ‘ der kleine Nacken ’ (1637 u. später, Ried-Brig), Nacki ‘ der kleine Nacken ’ (FLNK, Ulrichen), im Nacklin ‘ im kleinen Nacken ’ (1696 u. später, Oberems), ts Naggji ‘ der kleine Nacken ’ (Hohtenn). Mit einem attributiven Adjektiv ist nur t Sunnige Nacke ‘ die sonnseitigen Nacken ’ (Binn) belegt. Als Grundwort ist das HL nur in Litzenacke ‘ der schatthalb liegende Nacken ’ (LT u. FLNK, Binn) bezeugt. Als Bestimmungswort erscheint das HL in zweigliedrigen Komposita mit den Grundwörtern Acher, Biel, Biina, Bord, Loch, Platz, Spitz, Twära und Wald. Komplexer sind dr Ober und dr Unner Nackestafu ‘ der obere und der untere Stafel bei den Nacken ’ und t Obre und Naater 283 284 <?page no="147"?> t Unnre Nackebinne ‘ die oberen und die unteren Pflanzplätze bei den Nacken ’ (alle Binn). Nadel Nadel ist zu schwdt. N ā dle n ‘ Nadel, Nähnadel ’ , wdt. Naadla, Naadlu, in Bergnamen zur Bezeichnung nadelförmiger Felsspitzen, zu stellen (I D . 4, 666 f.; G RICHTING 1998, 140; Z INSLI 1946, 331). Das Simplex kommt nur einmal mit einem Adjektiv im Dativ historisch vor in vffún dirren Nadlen ‘ auf den dürren Nadeln ’ (1667, St. Niklaus) - aus dem Kontext lässt sich nicht erkennen, welche Deutung von Nadel vorliegt. Alle übrigen Belege haben Nadel als Bestimmungswort. ts Nadelhoru (Randa, Saas-Fee, St. Niklaus) - überall der gleiche Gipfel - mit Nadelgrat und Nadeljoch / Naduljoch bilden ein Namennest. Ein zweiter Nadelgrat (Saas-Balen) befindet sich beim Balfringletscher. In St. Niklaus gibt es einen Nadelstein ‘ Felsblock in Nadelform ’ . Ebenfalls ein Gipfelname ist das erweiterte Stecknadelhooru (Randa, St. Niklaus) mit dem Stecknadeljoch zum Kompositum Stecknadel (so nicht belegt in I D ., siehe aber G R W B 17, 1366). Einen Sonderfall bildet Nadelhús (1780, Reckingen), mit den Diminutiven Nadelhüsi (Münster) und Naadilhüüsini (Leukerbad), die zu schwdt. Nadelhüsi n. ‘ Nähnadelbüchschen ’ zu stellen sind; in FlN kann der Name ein Hinweis für Form, Grösse oder Bepflanzung des Geländes sein (I D . 2, 1719; URNB 2, 195). Ein dreigliedriges Kompositum ist Naadelhüüsiwald ‘ der Wald beim Nadelhüsi (heute nicht mehr bekannt) ’ (Eyholz). Näffen (FaN) Näfen, Neffen (FaN), hist. auch Nefen, Neven (AWWB 179), ist als in cumulo Näffigo ‘ auf dem Hügel der Familie Näfen ’ (1641, Ried Brig) belegt. Es handelt sich um einen Genitiv Plural der kollektiven / - IG / -Ableitung. Lat. CUMU- LUS lässt sich als Hubel ‘ Hügel ’ übersetzen. Nagel (FaN) Nagel (FaN) ist nur als Znagelschbalmen ‘ die Palmen (Stechpalmen) der Familie Nagel ’ (1681 u. später, Greich) und ts Nagulschbalma ‘ die Palmen (Stechpalmen) der Familie Nagel ’ (Ried-Mörel, auch FLNK) belegt. Es handelt sich nicht um Balma im Sinn von ‘ überhängender Fels ’ , sondern um Stechpalmen oder Wacholderstauden, die u. a. am Palmsonntag geweiht wurden (vgl. wdt. Balma, Balmä (Goms), Palma (Zermatt), Balmu ‘ Stechpalme ’ (G RICHTING 1998, 32)). Nagelsch ist hier ein Genitiv und zu einem FaN oder Beinamen Nagel zu stellen, der jedoch nicht belegt ist; im Register zu den HRBS ist Nagelschmied als Beruf erwähnt. Nagel Nagel m. ist nur einmal belegt als ts Nagelzigji ‘ der kleine Zug mit nagelartigem Fels ’ (St. Niklaus). Zug wird hier auch als Graben verstanden. Es ist zu schwdt. Nagel m. und wdt. Nagl, Nagäl (Goms), Nagul (Vispertal), Nagol (Schattenberge), Nagil ‘ Nagel ’ (I D . 4, 682 ff.; G RICHTING 1998, 142) zu stellen. Am ehesten ist ein nagelartiger Fels gemeint, ähnlich wie in Nagelflueh ‘ Nagelfluh ’ (I D . 1, 1186). Nägeli Nägeli n. kann entweder zur Pflanzennamen Nelke (z. B. D IANTHUS SYLVESTRIS , M ARZELL 1, 113 f.; I D . 4, 692; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 672) oder zum FaN Nägeli gestellt werden, wobei letzterer im Oberwallis nicht belegt ist, im Unterschied zum Kanton Bern (BENB 1, 4, 5 f.); wie das F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (2, 1313) zeigt, ist der FaN in verschiedener Schreibweise auch im Osten und Nordwesten der Schweiz belegt. Die Formen vom Typ ze Nägilinu ‘ bei den Nelken (Rebengebiet) ’ (Visperterminen) und dr Nägiligaartu ‘ der Garten mit Nelken ’ enthalten den Pflanzennamen. Die Formen des Typs Nägelisch Graad ‘ der Grat mit Nelken ’ (Ernen), ts Nägelisch Gräätli ‘ der kleine Grat mit Nelken / der Familie Nägeli ’ (Oberwald), ts Nägilisch Brunnu ‘ die Quelle / der Brunnen des Nägeli ’ (Saas- Almagell) können den Pflanzennamen oder den FaN enthalten. Der Beleg in Oberwald ist in BENB (1, 4, 5 f.) für Guttannen belegt und meint dort wohl den FaN; S TUDER (1896, 179 f.) weist ihn jedoch den Pflanzennamen zu. Nager (FaN) Nager (FaN) auch In Ager geschrieben, war der Name einer alten, inzwischen erloschenen Familie aus dem Goms (AWWB 180), eventuell erhalten auch in Äger (cf. HL Ä GER ). Er kommt in vier Belegen vor: in den Nager Achren ‘ in den Äckern der Familie Nager ’ (1815, Ernen), t Nagereia ‘ die Aue der Familie Nager ’ (Fiesch), enet der Nageren Gaden ‘ jenseits des Gaden der Familie Nager ’ (1547 u. später, Reckingen) und mit Umlaut Nägerschflieji ‘ die kleine Fluh der Familie Näger ’ (Mund), wobei hier auch ein Übername vorliegen könnte; der FaN ist in J OSSEN (1986) nicht enthalten. Nais Nais ist als lo Nais (1242, Erschmatt) und mit Varianten lo Nex (13. Jh.), ol Neyz (1328) und ou Nay`z (1328) in Ergisch belegt. M EYER (1914, 22 u. öfter) übersetzt “ Nässe ” = “ Rösteplatz ” und im Register (168) “ Sumpfgebiet ” . FEW (7, 24 ff. s. v. *nasiare hanf rösten) führt u. a. für savoyisch naisiá ‘ chanvre roui [grösteter Hanf] ’ an, also die Bedeutung, die auch M EYER gibt. Das HL ist deswegen zu 285 286 Nais <?page no="148"?> einem Nomen zur Basis *nasiare ‘ Hanf rösten ’ zu stellen; als Deutung ergibt sich ‘ wo man Hanf röstet ’ . Nälli Nälli n. ist in drei Fällen wohl die dialektale Kurzform zum FaN Nellen (AWWB 181): Nälli Äbi ‘ der Abhang der Familie Nellen ’ (Eggerberg), Nällischleif ‘ der Schleif im Nälliwald (Wald der Familie Nellen) ’ (Bitsch) und Nälliwald ‘ der Wald der Familie Nellen ’ (Bitsch). Anders zu bewerten ist der Beleg ts Geissnälli (Grengiols). Der historische Beleg von 1505 hat Geisnella ‘ Ziegenhang ’ . Das Lemma ist wohl zu ahd. nëlla f. ‘ Gipfel, Spitze, Scheitel ’ , in FlN ‘ rundliche Erhöhung, Hang, runder Vorsprung, Berggipfel ’ (I D . 4, 715; BENB 1, 4, 7; Z INSLI 1946, 331) zu stellen und hier einfach als steiler Hang für die Ziegen zu verstehen. Name Name m. ist zu schwdt. Name n ‘ Name ’ , wdt. Name (I D . 4, 721; G RICHTING 1998, 142) zu stellen. Das HL kommt in zwei Belegen vor: der Namejesustritt ‘ der Name-Jesus- Tritt ’ (Glis), ein gefährlicher Durchgang, wobei unklar ist, ob hier auf die Verehrung des Namens Jesus, auf ein Notgebet oder gar einen Fluch Bezug genommen wird. Der zweite Beleg ist Namenlosä ‘ der / die Namenlose ’ (FLNK, Wiler), wohl ein kleiner Gipfel (2911 m), der keinen Namen hat. Zum Wort allgemein siehe G R W B (13, 338 f.). Das Genus geht aus dem Beleg nicht hervor. Namu Namu ist nur belegt in ts Namuloch (Mund). Das HL ist wohl zum 1819 belegten Ammenloch ‘ das Loch des Ammanns ’ zu stellen. Das anlautende / n/ dürfte eine volksetymologische Deutung nach schwdt. Name n ‘ Name ’ , wdt. Name (I D . 4, 721; G RICHTING 1998, 142; cf. HL N AME ) sein, da Amu ‘ Ammann ’ kaum mehr bekannt war (cf. HL A MMANN ). Nang Nang ist historisch ab 1672 in Salgesch belegt. 1672 wird ÿ pradelang erwähnt, 1692 en pra de nang, 1706 in pra denang, 1747 pradunang und 1778 in pra dy lang. Während pra < pratum ‘ Wiese ’ klar ist und das folgende de / dy eine Präposition darstellt, die dt. mit von wiederzugeben ist, bleibt unklar, ob die Flur zu lang oder zu nang zu stellen ist. Eine Deutung zu nang liegt vor in FEW (7, 7 s. v. *nantu- (gall.) tal), das auch als ruisseau ‘ Bach ’ belegt ist (cf. B OSSARD / C HAVAN 2006, 46 zu Nant ‘ [r]uisseau, torrent [Bach, Wildwasser] ’ ). Die Deutung ist deswegen ‘ die Wiese am Bach ’ . Statt ‘ Bach ’ kann hier auch ‘ Schlucht, Tal ’ verwendet werden. Eine Deutung zu lang liegt nicht vor. Nanz Nanz ist zum Lexem Nant, auch Nans und Nan zu stellen; es steht in der frz. Südwestschweiz für ‘ Waldbach, Bergstrom, Giessbach ’ , aus gall. *nantu ‘ Schlucht, Runse, Bachtobel ’ (G ATSCHET 1867, 69; S TUDER 1896, 180; B OSSARD / C HAVAN 1990, 46; Z IMMERMANN 1968, 18; G UEX 1938, 360 und 2 1976, 181; A EBISCHER 1971, 23). Zwischen dem FaN Nanzer (AWWB 180) und der Herkunftsbezeichnung kann nicht immer klar unterschieden werden. Die verkürzte Form Anz ist vier Mal in Visperterminen belegt. Die meisten Belege sind zum Tal der Gamsa zu stellen, das Nanztal genannt wird, wobei es wohl früher ein Dorf Nanz im Tal gegeben hat; heute ist Nanz auch der Name eines Dorfteils von Gamsen, das zu Brig-Glis gehört. Die Alpe Nanz gehört Geteilen von Visperterminen; sie wird deswegen auch Tärbinernanz genannt; eine verkürzte Form davon ist Täärbineranz; es gibt aber auch die Vischperanz ‘ die Alpe der Visper im Nanztal ’ (Visperterminen); historisch ist Anz (1682, Visperterminen) und in Valle Antz (im Nanztal) (1724, Visperterminen) belegt; hier wurde wohl das anlautende / n/ als Teil einer Präposition in verstanden und deswegen weggelassen. Der Übergang vom Simplonpass ins Nanztal sind die Nanzlicke ‘ die Lücken (Fusspässe) vom Simplonpass ins Nanztal ’ , wobei die Innere und Üssere Nanzlicka unterschieden werden (Simplon und Visperterminen). Zur Alpe Nanz gehören auch Nanserchäller ‘ der (Käse-)Keller der Alpe Nanz ’ , der Nanserfärich ‘ der Pferch der Alpe Nanz ’ , der lateinisch überlieferte Nanser Alpwäg (viam alpis Nanz; 1601, Visperterminen), das ebenfalls lateinische in pratis de Nancz ‘ bei den Wiesen von Nanz ’ (1341, Visperterminen), wobei hier unklar bleibt, ob es sich um die Alpe oder das Dorf Nanz handelt. Weiter wird eine Wasserleitung genannt, die im Text dv ᵢ Heydenschv ᵢ Wasserleyta de Nantz ‘ die Heidensche Wasserleitung von Nanz ’ (1305, Visperterminen) genannt wird; heute heisst sie Heido. Ein schwierig zu deutender Name ist ts Nanserhubolti ‘ der kleine Hügel der Nanzer ’ (Visperterminen), der sich nicht im Nanztal und nicht auf der Alpe Nanz befindet. Laut Gwp. nähmen die Geteilen von Nanz das reife Korn auf diesem Hügel als Zeichen für die Bestossung der Alpe Nanz; es könnte sich aber auch um einen Besitzernamen handeln. Komplexer sind Tärbinernanz Hermettje ‘ die Mettle des Herrn auf der Alpe Nanz der Leute von Visperterminen ’ und Tärbinernanz Stallig ‘ die Stallung auf der Alpe Nanz der Leute von Visperterminen ’ (beide FLNK, Visperterminen). Sonst ist Nanz 1454 in Grengiols belegt. Zu Glis (eig. Gamsen) gehören neben Nantz ‘ die Alpe Nanz ’ auch unter Nanzer Dörflein ‘ das kleine Dorf unterhalb des Nanztales (? ) ’ (1857, Glis) und Nanzero Gmeinen Walt ‘ der gemeinsame Wald der Leute von Nanz (Alpe) ’ (1659, Nälli 287 288 <?page no="149"?> Glis). Diese Gliser Belege sind alle im Zusammenhang mit dem Nanztal zu sehen. Wohl eher zum FaN sind zu stellen: Nanzerwald ‘ der Wald der Familie Nanzer ’ (FLNK, Birgisch), z Nantzero Hüssrenn ‘ bei den Häusern der Familie Nanzer / der Leute von Nanz ’ (1596, Brigerbad). Napoleon (PN) Napoleon (PN) ist eigentlich der Vorname von Napoleon Bonaparte, resp. Buonaparte (1769 - 1821). Belegt sind Napoleonsbrücke (Brig, LT und SK) und Napoleons Strasse (1849, Glis). Benannt sind die beiden nach ihm, obwohl er nicht persönlich dort anwesend war. Ende des 18. Jh. forderte Napoleon den Bau einer befestigten und befahrbaren Strasse durch das ganze Wallis und insbesondere über den Simplon, die Jahre später vollendet wurde (P. A RNOLD 1984 [1947], 154 - 190; VON D ESCHWANDEN 1997, 9 - 51; F LÜCKIGER -S EILER 1997, 53 - 90). Die beiden genannten Bauwerke gehören zur alten Simplonstrasse in Glis und Brig. Nappelti (PN) Nappelti (PN) ist nur in der Nappelticheer ‘ der Nappelti- Cheer (Wegkehre einer Strasse, benannt nach dem Beinamen einer Familie Eggs) ’ (Reckingen) belegt. Laut Gwp. Beiname einer Familie Eggs (AAWB 85) aus Reckingen. Ob eine Verballhornung zu Napoleon (cf. HL N APOLEON (PN)) vorliegt, ist unklar. Der Cheer befindet sich in der Blinnenstrasse, wo zwei Strassenstücke beim Bauen höhenmässig unterschiedlich waren. Nasa Nasa f. ‘ Nase ’ ist zu schwdt. Nase f. wie nhd., Dim. Nasi n., in FlN Name von ‘ scharf vorspringenden Berg- oder Felsgräten, Landzungen, u. ä. ’ und wdt. Nasa, Nasä (Goms), Nasu ‘ Nase ’ (I D . 4, 794 ff.; Z INSLI 1946, 331; G RICH- TING 1998, 143) zu stellen. Das Simplex ist im Singular als t Nasa ‘ die Nase (Felsvorsprung) ’ (Mund, Naters), inner Nase ‘ in der Nase (Felsvorsprung) ’ (Obergesteln), um t Nase ‘ um die Nase (Felsvorsprung), Alpe ’ (Ulrichen), zer Nasun ‘ bei der Nase (Felspvorsprung), Alpe ’ (1388, Oberwald; 1364 u. später, Ritzingen) belegt. Ein attributives Adjektiv findet sich in t Rot Nasa ‘ die rote (Fels-)Nase (LT Rote Nase, SK Rothe Nase) ’ (Zermatt). Einen vorangestellten Genitiv findet man in ts Bächersch Nasu ‘ die Felsnase der Familie Bächer / des Bäckers ’ (Bitsch). Bei den Bestimmungswörtern ist t Nasulecher ‘ die Nasenlöcher (Höhlen, die aussehen wie Nasenlöcher) ’ (Raron), inne Nasulechru ‘ in den Nasenlöchern (wohl Höhlenfelsen, die Nasenlöchern gleichen) ’ (Glis) und im Naslöcherwang ‘ im Grasabhang bei den Nasenlöchern ’ (1774 (? ), Eggerberg) belegt. Nur Einzelbelege sind der Nasewäg ‘ der Weg über die (Felsen-)Nase ’ (Geschinen, FLNK Nasewäg) und ts Nasibord ‘ das Bord (Abhang, Böschung) mit der Nase (nasenförmiges Gelände) ’ (Bister). In allen Fällen sind metaphorische Bedeutungen (Felsnase, Höhlen) gemeint. Näschä Näschä ist nur in t Leiggernäschä (Gampel) belegt. Historisch erscheint der Name 1577 als jn der Leykernu ᵕ ssioz. Vermutlich handelt es sich nicht um ein eigenes HL, sondern um eine Ableitung zu Leigger, das sich aber kaum auf Leuk bezieht, sodern eher den FaN Leiggener enthält. Da aber der historische Beleg Nu ᵕ ssioz nicht mit Näschä übereinstimmt, ist eine Deutung nicht möglich. Näscht Näscht ist zu schwdt. Nëst n., Pl. Nëster, Dim. Nëstli, Nësti wie nhd., im eigentlichen Sinne ‘ Vogelnest ’ aber auch ‘ Lagerstätte anderer Tiere ’ , oder der Nestähnlichkeit wegen für ‘ verworrenes Gebüsch ’ (I D . 4, 836 ff.; BENB 1, 4, 12 f.; G RICHTING 1998, 143) zu stellen. Das Simplex Näscht (Eggerberg, Blatten) ist selten; die Motivation ist unklar. Als Grundwort kommt Näscht mit Vogelnamen vor wie Aarenäscht ‘ Adlernest ’ (Ulrichen), Giirenäscht ‘ Geiernest ’ (Ulrichen), Hennenäschter ‘ Hühnernester ’ (Oberwald), Huwwinäscht ‘ Eulennest ’ (Randa), Schwalbunäscht ‘ Schwalbennest ’ (Albinen), Vogolnäscht ‘ Vogelnest ’ (Embd) vor. Fliegende Insekten sind in Muggunäscht (Albinen) gemeint. Eine Erweiterung bildet Aarenäschtstafel ‘ Stafel beim Adlernest ’ (Ulrichen). Bei diesen Namen ist jeweils unklar, ob es sich tatsächlich um einen Nistplatz der Tiere handelt oder um eine Metapher. Als Bestimmungswort findet sich Näscht in den Verbindungen, Näschgufer / Näschtgufer, Näschmatta / Näschtmatta, Näschtalpa, Näschtbach, Näschtchinn, Näschtgletscher, Näschthoru, Näschtwald, Nesthorn und Nestmatta. Erweiterungen sind z. B. Näschthoruwang, Näschwaldbord, Näschwaldrigg und ts Chlein Näschthoren. Dieses und andere Namen mit Näscht in Blatten sind nach dem Gebiet Näscht unterhalb des Horns benannt. Sonst ist im Einzelnen unklar, worauf sich das Lemma Näscht bezieht. Näsi (PN) Näsi (PN) ist 1783 als in der Näsi Baumgarten ‘ im Baumgarten der Näsi (Agnes) ’ (Raron) belegt. Der zweite Beleg ist ts Nässisch Biel ‘ der Hügel der Nässi (Agnes) / bei einer nassen Stelle (? ) ’ . Während der erste Beleg eine 289 290 Näsi (PN) <?page no="150"?> diminutive Kurzform von N ē sa von Agnes ist (I D . 4, 804 u. HL N EESA (PN)), kann der zweite Beleg zum gleichen PN, aber auch zum Adj. nass (cf. HL N ASS ) gestellt werden. Nass Nass, Adj., ist zum schwdt. Adj. nass ‘ nass ’ (I D . 4, 791 f.) zu stellen. Es kommt nur als attributives Adjektiv vor; eine Substantivierung ist unter dem HL Netz dokumentiert. In attributiver Fügung mit unveränderter oder flektierter Form sind folgende Simplizia belegt: Bircha, Blatta, Bodu, Erle, Gartu, Gassa, Grabu, Lamma, Pletscha, Rufina, Schlüche, Schluocht, Stäga, Stei und Zug. Komplexer sind: der Nass Leerchgrabo ‘ der nasse Graben im Lärchengehölz ’ (Visperterminen), t Nass Trogschlüocht ‘ die nasse Geländeeinbuchtung in Trogform ’ (Glis), sowie t Nassu Brunnufet ‘ die nassen Felsbänder im Gebiet Brunne (Quelle / Brunnen) ’ und uf de Nassu Brunnufedu ‘ auf den nassen Felsbändern im Gebiet Brunne (Quellen / Brunnen) ’ (beide Saas-Balen). Nater (FaN) Nater, auch Natter, ist zum heute erloschenen FaN Nather (AWWB 181) zu stellen. Belegt ist er durchwegs im Genitiv Singular als Naters in Natersaker ‘ der Acker der Familie Nater ’ (1300, Steg), Naters Bleicha ‘ die Bleiche / nackte Stelle der Familie Nater ’ (1309, Niedergesteln), in Naters Matten ‘ in der Wiese der Familie Nater ’ (1684, Unterbäch), Naters Wang ‘ der Grasabhang der Familie Nater ’ (1702 u. später, Niedergesteln) und bÿ z Natters Schirli ‘ bei der kleinen Scheuer der Familie Nater ’ (1716, Ulrichen). Mit dem Dorfnamen Naters ist der FaN nicht verwandt. Naters Naters (dial. Naatersch) ist der Name der zweitgrössten Gemeinde des Bezirkes Brig, die sich von der Rottenebene (rund 673 m) bis zum Aletschhorn (4193 m) erstreckt; sie umfasst mehrere Weiler wie Hegdorn, Geimen, Mehlbaum, Rischinen und Blatten und heute auch die früheren Gemeinden Birgisch und Mund. Die ältesten Namenformen Nares (1018), Natres (1079), Natrensis (1131), Nares (1210), Narres (1222) legen eine romanische Form Narres und eine deutsche Form Natres, später Naters (erstmals 1519) nahe. Die früheren Deutungen mit kelt. nader, natri ‘ Schlange, Natter ’ , gebildet mit dem Adjektivsuffix / - ISC / , nhd. / - ISCH / , also ‘ ein mit Nattern besetzter Ort ’ (G ATSCHET 1867, 199 f.; S TUDER 1896, 180; J ACCARD 1906 303) oder lat. NÁRDUS STRICTA ‘ Borstgras ’ , schwdt. Nätsch (I D . 4, 877) sind aus lautlichen Gründen nicht haltbar (G ATSCHET 1867, 199 f.; S TUDER 1896, 180). H UBSCHMIED geht von einer Pluralform zu kelt. *(s)n ā tro ‘ Schutzhütte ’ aus. Diese Deutung ist spekulativ, da es für diese Form keinen Hinweis im Keltischen gibt (H UB- SCHMIED 1938, 115 f.; R ÜBEL 1950, 132; G UEX 1976 2 , 179; P OKORNY 1948/ 94, 256). A NREITER sieht als Benennungsmotiv die feuchte Bodenbeschaffenheit - der alte Dorfkern von Naters lag im Mündungstrichter des Kelchbaches - und leitet den Namen von einer indoeuropäischen Grundform *(s)notros ‘ nass ’ ab, Deutung, die nach heutigem Stand der Forschung am wahrscheinlichsten scheint (A NREITER 1996/ 1997, 100 f.; K RISTOL ET AL . 2005, 636). Die erwähnte Doppelform gleicht der Lautentwicklung von rom. Sierre und dt. Siders, wobei nicht ganz klar ist, warum in Naters (< *(s)natros) ein / -t-/ und in Siders (< *Sitrius) ein -/ d-/ erhalten blieb (W ERLEN 1991, 250; K RISTOL ET AL . 2005, 636). Das auslautende / s/ , bzw. / sch/ ist der Reflex eines lateinischen Schluss-/ s/ . Belegt ist neben dem Dorfnamen ts Naatersch ‘ in Naters ’ (Naters) historisch Z Naters Obdorf ‘ ob Dorf bei Naters (Gebiet oberhalb von Naters) ’ (1719 u. später, Naters) und Naterschhalta ‘ die Halde oberhalb von Naters ’ (FLNK, Naters). Die übrigen Belege weisen ein attributives Adjektiv oder einen Genitiv Plural Natischer auf: au ᵕ f dem Natisser Berg ‘ auf dem bergwärts gelegenen Gebiet der Gemeinde Naters ’ (1849, Naters; 1625 (lat.: ) in monte nathrensi), Nateser Feld ‘ das Feld von Naters ’ (1841, Naters; 1388 (lat.: ) in campo de Narres). In Glis ist 1859 Natischer Wald belegt (Glis), also ein Wald, der den Leuten (oder Burgern) von Naters gehörte. der Natischerwald ‘ der Wald, der den Leuten von Naters gehört ’ (Visperterminen; FLNK Natischer Wald) ist vermutlich der gleiche Wald unterhalb der Wyssi Flüe auf der Visperterminer Seite des Nanztales. Natter Natter f. ist 1712 u. später ist in Bürchen als Zen Natteren ‘ bei den Nattern ’ bezeugt. 1409 gibt es in Naters Zen Nattreron ‘ beim Gebiet mit vielen Nattern ’ . Beide sind zum schwdt. Tiernamen N ā tere n f., mhd. n ā ter(e), ahd. n ā t (a)ra, n ā ter wie nhd. ‘ Natter, Schlange ’ (I D . 4, 849; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 649 f.) zu stellen; G RICHTING (1998) kennt es nicht. Die Nattern gehören im Allgemeinen zu den ungiftigen Schlangen. In Naters liegt eine kollektive / - ERA / -Ableitung vor (S ONDEREGGER 1958, 471 f.). Zum lebenden Namen Naaterloch ‘ das Loch (Höhle) der Natter ’ (Naters) cf. HL N AATER . Natur Natur ist nur zweimal belegt als Teil des Kompositums Naturschutz. Gemeint ist der Verein Schweizerischer Naturschutz, der heute den Namen Pro Natura trägt. Die Belege sind: t Naturschutzhitta ‘ die Hütte des Schweize- Nass 291 292 <?page no="151"?> rischen Naturschutzes ’ und t Naturschutzmüüra ‘ die Mauer, die Naturschutzgebiet und Alpe trennt ’ (beide in Ried-Mörel). Neczen Neczen kommt nur in Neczenbùnda (1448 u. später, Zermatt) vor. Das Grundwort ist Biina ‘ Pflanzplatz ’ ; dazu kann Neczen ein schwacher Genitiv eines PN Necz(e) sein, der aber nicht belegt ist. Eine Zuweisung zu Netz ‘ nasse Stelle ’ ist eher unwahrscheinlich (cf. HL N ETZ ), es sei denn, es handle sich um einen feuchten Pflanzplatz. Beide Lösungen bleiben deswegen spekulativ. Neesa (PN) Neesa (PN) ‘ Agnes ’ ist zu schwdt. N ē sa, N ē se, N ē si, Nesa Kurzform des Frauennamens Agnes, N ē si auch ‘ verächtliche Bezeichnung von Frauenpersonen ’ und wdt. Neesa ‘ Frau (bösartige) ’ (I D . 4, 804 f.; Z INSLI 1984, 174 und 225; G RICHTING 1998, 143) zu stellen. Belegt sind Nesaker ‘ der Acker der Agnes ’ (1304, Stalden), in Nesen Acher ‘ im Acker der Agnes ’ (1665, Unterbäch), in den Nesu ᵕ n Matten ‘ in den Wiesen der Agnes ’ (1611 u. später, Unterbäch) und ts Neesuschiirli ‘ die kleine Scheuer der Agnes ’ (Eggerberg). Neesch Neesch ist in Albinen (FLNK) belegt und findet sich auch auf LT. M ATHIEU (2006, 31) kennt es als Neesch / Im Neesch, was ein Maskulinum oder Neutrum nahelegt. M EYER (1914, 163) legt natian zu Grunde, das als Naix oder Nes erscheint und als ‘ Sumpfgebiet ’ bezeichnet wird. Wie er S. 22 ausführt, handelt es sich um ein Gebiet, in dem Hanf und Flachs zum sog. Rösten ausgelegt wurden (cf. HL R OOSSE ). Neesch ist also ein Gebiet, wo Flachs und Hanf geröstet wurden (cf. HL N AIS ). Nellen (FaN) Nellen (FaN) ist der Name einer Familie, die ursprünglich aus dem Bezirk Goms kommt (AWWB 181). Er ist sechs Mal belegt: ob Meritz Nellen Stadell ‘ oberhalb des Stadels von Moritz Nellen ’ (1661, Biel), des Schriber Nellen Alpgut ‘ das Alpgut des Schreibers Nellen ’ (1741, Greich), im Nellenboden ‘ im Boden der Familie Nellen ’ (1856, Fiesch), ts Nällu Stadel ‘ der Stadel der Familie Nellen ’ (Glis), Näueacher ‘ der Acker der Familie Nellen ’ (Fieschertal), hier mit / l/ -Vokalisierung. Eine kollektive / - IG / -Ableitung findet sich in aúff Nelligen inferior ‘ auf dem unteren Gut der Familie Nellen ’ (1716). Vermutlich ebenfalls zum FaN Nellen gehören Nälli Äbi ‘ der Abhang der Familie Nellen ’ (Eggerberg), Nällischleif ‘ der Schleif im Nälliwald (Wald der Familie Nellen) ’ (Bitsch) und Nälliwald ‘ der Wald der Familie Nellen ’ (Bitsch). Nälli n. ist die dialektal rückgebildete Form des FaN Nellen. Nemus Nemus ist im 13. Jahrhundert in Oberems als nemus de cabana ‘ der Wald bei den Hütten (zen Gafinen) ’ belegt. Die lateinische Form von nemus ‘ Wald ’ legt ein Appellativ nahe, doch ist der Beleg nemus de cabana wohl eine Übersetzung eines frz. oder frpr. Namens. Nero Nero ist nur in der Piz Nero ‘ die schwarze Spitze ’ (Oberwald) belegt. LT hat Pizzo Nero (Gipfelname, 2904 m). Nach P ETRINI (1993, 110) ist es zu it. nero ‘ dunkel, schwarz ’ zu stellen (cf. D EVOTO / O LI 2020, 1413); gemeint ist wohl die dunkle Farbe des Berges. Die Benennung erfolgte von der Tessiner Seite her. Nessier (FaN) Nessier (FaN) ist der Name einer Familie, die ursprünglich aus dem Bezirk Goms kommt (AWWB 182). Sicher belegt ist der Name im Beleg Nessier=Biene ‘ der Pflanzplatz der Familie Nessier ’ (1879, Ulrichen). Doppeldeutig ist Nessjermoss (FLNK, Ernen), das sowohl ‘ das Moos (sumpfiges Gebiet) der Familie Nessjer ’ , wie ‘ das Moos (sumpfiges Gebiet) bei den Nessjere (wo es Nesseln hat) ’ meinen kann. Wahrscheinlicher ist wohl der FaN. Nessle Nessle f. ‘ Nessel ’ ist zum schwdt. Pflanzennamen Nessle f., im Wallis auch Nessje f. ‘ Brennnessel ’ und - laut G RICHTING - im westlichen Wallis Nässja, Nässju (I D . 4, 805 f.; G RICHTING 1998, 143) zu stellen. Im Gebiet mit / l/ - Vokalisierung auch Nessu. L AUBER / W AGNER G YGAX ( 5 2014, 218) nennen U RTICA DIOICA (Grosse Brennessel) und U RTICA URENS (Kleine Brennessel) als Formen. Nessel n. bezeichnet wie üblich das häufige Vorkommen der Pflanzen. Das HL kommt in rund siebzig Namen vor. Das Simplex im Singular Neutrum bezeichnet ein Kollektivum; ts Nessel ‘ das Gebiet mit Nesseln ’ (Ried- Mörel, Ulrichen) und ts Nässil (Ergisch) ist historisch auch als jm Nessell (1670, Münster) und im Nessel (1839, Termen) belegt. Als Alpname ist Nessel für Birgisch bezeugt. Der Plural des Femininums erscheint als ze Nässju ‘ bei den Nesseln ’ (Grächen, Hohtenn). Mit einem relativen Ortsadjektiv findet man ts Vooder Nässju ‘ der vordere Teil des Gebietes mit Nesseln ’ (Grächen) und ts Hinner Nässju ‘ der hintere Teil des Gebietes mit Nesseln ’ (Grächen), sowie historisch de exteriori Neseln ‘ vom äusseren Teil des Gebietes mit Nesseln ’ (1388, Grächen). Häufig kommt das HL N ESSEL als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita vor. Die Grundwörter sind: 293 294 Nessle <?page no="152"?> Acher, Alpa, Bach, Bäärg, Beggi, Biina, Bodu, Grabu, Grotze, Hee (hooch, heej), Matta, Schleif, Schluocht, Schlüche, Schlund, Tal, Teif, Tola, Tschugge, Twära, Wäg, Wald, Wang und Wild. Komplexere Konstruktionen sind der Nesselschlichten Wald ‘ der Wald bei der Nesselschlüecht ’ (1846, Niederwald), ts Ober und ts Unner Nesseltal ‘ das obere und das untere Nesseltal (durch das der Nesselbach fliesst) ’ (Glis), t Obru und t Undru Nässjuwildine ‘ die oberen und die unteren wilden (unfruchtbaren) Gebiete bei Ze Nässju (bei den Nesseln) ’ (Hohtenn). Eine Ableitung mit / - ERA / (Stellenbezeichnung, vgl. S ONDEREGGER 1958, 471 ff.) ist als t Nesjere ‘ die Gebiete, wo es Nesseln hat ’ (Bister), t Nessjere ‘ die Gebiete, wo es Nesseln hat ’ (Baltschieder), Nässjeru ‘ das Gebiet, wo es Nesseln hat (Ortsteil von Bürchen) ’ (Bürchen) belegt. Historisch erscheint schon 1306 an der Nezzelerrun (Eischoll, 1466 Necierron). 1679 ist in Feschel in den Nessieren ‘ in den Gebieten, wo es Nesseln hat ’ bezeugt. Komplexer sind t Obri Nässjerru ‘ der obere Teil des Gebietes, wo es Nesseln hat (Ortsteil von Bürchen) ’ und das 1575 belegte an der Vndru ᵕ n Nessÿeru ᵕ n (Bürchen). Einen anderen Ableitungstyp für Wasserleitungen auf / - ERRI / zeigt t Nessjerri ‘ die Wasserleitung durch die Alpe Nessel ’ (Birgisch, Naters). In zwei Fällen scheint der FaN Nessier (cf. Nessier FaN) belegt zu sein: Nessjermoss ‘ das Moos (sumpfiges Gebiet) der Familie Nessier / mit Nesseln ’ (Ernen) und Nessier=Biene ‘ der Pflanzplatz der Familie Nessier ’ (1879, Ulrichen) (cf. HL N ESSIER (F A N)). Netz Netz f. ‘ nasse Stelle ’ ist eine deverbale Bildung zu netzen. Im I D . ist nur Netzi II (4, 887) ‘ Feuchtigkeit ’ belegt, G R W B (13, 640 s. v. Netze) hat auch die Nebenform Netz ‘ Nässe ’ ; s. auch mhd. nezze (L EXER 2, 42 f.). G RICHTING (1998) kennt das Substantiv nicht. Das Nomen in dieser Form kommt im Oberwallis als Name nur im Lötschental vor. Als Simplex uf Netz ist es belegt für Wiler; dazu kommen Ableitungen mit Netz als Bestimmungswort: Netzbobem ‘ der Boden beim Netz ’ (Wiler), Netzstricha ‘ die Striche beim Netz ’ (Wiler) und ein zweites Nest, etwas östlich davon, aber ohne das Simplex: ts Netzbord ‘ das Bord bei der nassen Stelle ’ (Blatten), sowie Netzbordschiirä ‘ die Scheuern beim Netzbord ’ (Blatten), Netzbordsuän ‘ die Wasserleite, die am Netzbord vorbeiführt ’ (Blatten) und das nur historisch belegte auf dem äussern Netzunggrabeneggun ‘ auf der Ecke beim äusseren Netzgraben ’ (1772, Blatten). Ni(i)n Ni(i)n ‘ neun ’ ist zum schwdt. Zahlwort nüün, wdt. ni(i)n ‘ neun ’ , ahd. und mhd. niun, wdt. nin, niin, nii, niini ‘ neun ’ (I D . 4, 767; G RICHTING 1998, 144) zu stellen. Das HL ist nur belegt in der Ableitung der Nineninzger ‘ der Neunundneuziger ’ (Biel, Selkingen). Die Koordinaten legen zwei benachbarte Fusswege nahe, deren viele Kehren zum Namen führten (so Gwp. an beiden Orten). Cf. HL N INZG . Ni(i)w Ni(i)w Adj. ‘ neu ’ ist zu schwdt. Adj. nüüw, wdt. ni(i)w, in Albinen, Erschmatt, Bratsch, Leukerbad, Varen, Inden und Guttet-Feschel auch niib, wesentlich wie nhd. ‘ neu ’ , ahd. niuwi, mhd. n(i)uwe (I D . 4, 882; SDS 1, 156, 158 f.; G RICHTING 1998, 145) zu stellen; im SDS dominieren Formen mit kurzem Vokal; im unteren Oberwallis sind aber auch Langvokale zu finden. In schriftlichen Texten erscheinen die Schreibungen {nüw} und {neu}, in hyperkorrekten sogar {neiw} oder ähnlich. Substantivierte Formen wie Niwa / Niwu / Nibu oder Niwi kennzeichnen Alpen, Wasserleitungen und neu kultivierte Gebiete. Einige Namen sind nur lateinisch als nouum ‘ neu ’ belegt. Das HL kommt in rund 340 Namen vor, zumeist als attributives Adjektiv, weniger häufig in substantivierten Formen. Die attributiven Adjektive sind weitaus am häufigsten vertreten. Unter ihnen sind der Typ zer Niwe Schiir ‘ zu der neuen Scheuer ’ und seine Varianten mit insgesamt rund 40 Belegen im ganzen Oberwallis vertreten. Danach folgt t Niw Hitta ‘ die neue (Alp-)Hütte ’ in etwas über zwanzig Fällen. Die weiteren Grundwörter sind Wäg (19 Belege), Güet (17 Belege), Matta (15 Belege), Brigga (13 Belege), Hüs (11 Belege). Es folgen Stafel, Teil, Bodu, Biina, Bruch, Eie, Gadu, Alpa, Land, Stadel, Acher, Erb und viele weitere. Als wichtigstes Kompositum ist Wasserleita (mit Varianten) ‘ Wasserleitung ’ vertreten; Suon ist vier Mal belegt; in manchen historischen Belegen ist auch aqueductum (mit Varianten) ‘ Wasserleitung, Wasserfuhr ’ zu finden. Generell lässt sich sagen, dass entweder Gebäude wie Brücke, Haus, Gaden, Scheuer und Stadel, aber auch Wasserleitungen und neu kultivierte, erworbene oder gerodete Flächen wie Alpe, Aue, Boden, Brand, Bruch, Erbe, Land, Teil, Los usw. so benannt werden. In einem Fall heisst ein Gipfel Niwen (so auf LT), der benannt ist nach der Alpe Nibu (Bratsch, Erschmatt), um den herum ein Namennest Niiwungraad und Niiwunpass (beide Ferden), Alti Niibuhittu, Nibubedu mit dem Obrä und Unner Niibubodu, Niibuwäg (alle Bratsch), Niibuballmu, Niibubodu, Niibugrat, Niibuhittu, Niwenpass (alle Erschmatt) existiert - ein schönes Beispiel für die Benennung eines Gipfels und seiner Umgebung nach der darunter liegenden Alpe, deren Namen Nibu als Bestimmungswort zu Teilen der Alpe wie Bodu und Hittu erscheint. Netz 295 296 <?page no="153"?> Komplexere Bildungen sind möglich wie vnder der Neüwen Landstrass ‘ unter der neuen Landstrasse ’ (1684, Agarn), t Niwwärschegga (sic! ) ‘ die Ecke beim Niwwärch (neue Wasserleitung) ’ (Eisten), t Niiwbruchcheerlini ‘ die kleinen Kehren beim Neubruch ’ (Gampel) und andere mehr. Substantiviert erscheint zunächst der Typ t Niwwa f. als Bezeichnung für eine (damals) neue Wasserleitung (Ausserberg; 1593 u. später, Embd; Glis; Mund; Raron; 1703 u. später, Ried-Brig; Törbel; Visperterminen) oder eine neue Alpe (Naters, Simplon); flektiert ist zer Niwwu (Zermatt) als Alpname, der auch bei Bratsch und Erschmatt als Nibu vorliegt. Als die Niwe (ab 1548 zunächst Latein, später in Varianten, Eyholz) wird eine Wasserleitung bezeichnet; in Fiesch dagegen ist zer Niwe ‘ bei der Neuen ’ eine Alpe. Gelegentlich sind Kombinationen mit attributiven Adjektiven belegt wie t Alt Niwwa ‘ die alte Neue Wasserleitung ’ (Embd) oder t Inner Niwwu ‘ die innere neue Voralpe ’ (Visperterminen), der im gleichen Dorf t Ober Niwwa ‘ die obere neue Wasserleitung ’ und t Unner Niwwa ‘ die untere neue Wasserleitung ’ gegenüberstehen. Der Typ t Niwwi f. (Täsch, Zeneggen), bzw. t Niiwi (Saas-Balen, Saas-Grund) und das historische aúf der Niwi (1840, Stalden) benennen neu kultiviertes Land, auch Alpen; in einem Fall ist t Niwwi (Oberems) jedoch eine neue Wasserleitung. Die Ableitungen auf / - A / und auf / - I / können also sowohl Wasserleitungen wie neue Alpen oder neu kultiviertes Land benennen. Komplexere Formen mit einem Partizip finden sich in in der Nüwen ausgetheilten Eÿen ‘ in der neuen, zugeteilten Eie (Aue) ’ (1717, Turtmann) - es handelt sich hier um eine Aue im Eigentum der Gemeinde, die den Burgern zur Nutzung zugeteilt wurde. t Niwwgüodwaguleisu (Turtmann) ist ein befahrbarer Weg zum neuen Gut in der Rottenebene. Einen Sonderfall stellt ts Niww Wiisstor ‘ das Neue Weisstor ’ (Zermatt) dar, das auf LT als Neues Weisstor (SK Neu Weissthor) erscheint. Neu heisst es im Gegensatz zum Alt Wiisstoor (Zermatt) und zum Wisstoor (Saas- Fee), auch Schwarzbärgwiisstoor ‘ das Weisstor beim Schwarzberg ’ (Zermatt) genannt. In allen drei Fällen ist ein Pass gemeint: im letzten zwischen Saas-Fee und Zermatt, in den zwei ersten zwischen Zermatt und Italien. Nible Nible ‘ bei den Mispeln ’ ist laut FLNK ein Flurname nahe der Bahnlinie in Salgesch. M ATHIER (2015, 98) kennt ihn als Niblä. Er hat einen älteren historischen Beleg: 1494 en champo niblo, die Datenbank erwähnt 1751 in Niblo, 1800 in Niblo und 1806 im Nibli. Spätere Belege bei M ATHIER bringen keine weiteren wesentlichen Belege. Wenn der älteste Beleg stimmt, muss es sich um einen romanischen Namen handeln. M ATHIER führt ihn auf lat. M Ĕ SP Ĭ LUM ‘ Mispel, Mispelbaum ’ zurück, das aber schon ahd. als mespila, mhd. als mispel belegt ist (FEW 6, 2, 44 ff., bes. S. 45 zu unserem Beleg). B OSSARD / C HAVAN (2006, 158 s. v. Niplay et al.) führen den Flurnamen auf eine Dissimilation wegen des / p/ zurück. L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 286) zeigen allerdings, dass Mespilus germanica ‘ echte Mispel ’ im Wallis kaum vorkommt. Es müsste sich also um eine volksetymologische Umdeutung handeln. Nicta Nicta ist nur 1809 in Salgesch belegt als jn ville nicta, wo ein Garten (petiam horti) liegen soll. Auffällig ist, dass noch 1809 ein lateinisch basierter Name eingeführt wird. Allerdings ist nicta eine unsichere Lesung; das lateinisch nächstliegende nictare ‘ mit den Augen zwinkern ’ passt hierzu jedoch kaum. Eine Deutung ist deswegen nicht möglich. Nider Nider Adj. ‘ unter ’ ist zum schwdt. Adj. nider, ahd. nidar, mhd. nider, wie nhd. ‘ nieder, unten, abwärts, hinab, hinunter ’ , in FlN in Bezug auf Lage im Gegensatz zu ober und wdt. nider, nidr (Lötschental), nidär ‘ niedrig ’ (I D . 4, 670 f.; G RICHTING 1998, 143) zu stellen. Die Gemeindenamen Niedergesteln und Niederwald (vs. Obergesteln, Oberwald) zeigen den Gebrauch als ‘ unter ’ vs. ‘ ober ’ am deutlichsten. Die Deutung ‘ niedrig ’ ist dagegen sehr selten. Das HL kommt in rund 150 Namen vor. Als attributives Adjektiv erscheint das HL in flektierter und unflektierter Form zusammen mit folgenden HLL Äbnet, Acher, Alpa, Aar, Arsch, Arbe - Arva, Bach, Barlei, Biel, Biina, Bircha, Bodu, Burg (Burgu), Dili, Dorf, Egg(a), Eie, Ems, Flüö, Felscher, Gadu, Gartu, Getwing, Gifrisch, Gletscher, Grund, Hellela, Hof, Hubel, Hüs, Läna, Lerch, Mad, Matta, Mili, Ried, Riti, Rüüs, Ranft, Sall, Schlund, Stafel, Stalde, Tal, Wald, Wang, Wasser, Wier, Wil und Zälg. Komplexer sind ze den Nideren Bifingen ‘ bei den unteren eingehegten Stücken Land ’ (1309, Zeneggen), ze dem Nidern Klebodeme ‘ bei dem unteren Kleeboden ’ (1305, Stalden), das Nyder Halbhu ᵉ byde ‘ die untere kleine Halbhube ’ (1349, Niederwald), zer Nideren Wartflie ‘ bei der niederen (unteren) Wartflühe (Flühe mit Aussichtspunkt) ’ (1547 Mund; 1591 u. später Nider Warbflien), an der Nidrun O ᵕ gstkumbun ‘ am unteren Teil der Chumma (Mulde), die erst im August bestossen wurde ’ (1448, Zermatt), apud Nidren Helvn Blatten ‘ bei der niederen (unteren) glatten Felsplatte ’ (1345, Naters) und andere mehr. Eine sehr komplexe Form ist dr Fiischter Cheer im 297 298 Nider <?page no="154"?> Nidri Wald ‘ die finstere Kehre im niederen (unteren) Wald ’ (Wiler). Fast etwas Gegensätzliches ist im Beleg bim Obren Nidren Hüsli ‘ beim oberen niederen kleinen Haus ’ (1792, Ernen) zu sehen, wo wohl mehrere kleine Häuser einen Weiler bilden, der einen oberen und unteren Teil hat. Als Bestimmungswort tritt das HL zusammen mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita auf: Acher, Alpa, Bach, Dorf, Ernen, Gadu, Gampel, Grächen, Güot, Hüs, Ried, Matta, Stafel und Wald. Hier fallen vor allem die Komposita mit Gemeindenamen oder dem HL D ORF auf, die Gemeinden oder Teile von Gemeinden oder den unteren Teil des Dorfes meinen. Komplexere Formen sind hier in der Nidergampil Zelg ‘ in der Zelg von Niedergampel ’ (1752 u. später, Bratsch), t Niderhischerachra ‘ die Äcker, die zum Weiler Niderhischer (Niederhäusern) gehören ’ (Visperterminen), ts Niderstafubächi ‘ der kleine Bach im Gebiet des Niderstafel ’ (Selkingen), Nidertalstafel ‘ der Stafel oberhalb des Nidertal (unteres Tal) ’ (LT, Ulrichen), Niderwalderwäg ‘ der Weg durch den Niederwald / nach Niederwald ’ (FLNK, Bellwald) und andere mehr. Als vorangestellter Genitiv einer Ableitung der Bewohner auf / - ER / (S ONDEREGGER 1958, 526) sind belegt in Niderriedero Boden ‘ im Boden der Leute von Niederried ’ (1678, Staldenried), ts Niderärnere Chäuere ‘ bei den (Käse-)Kellern der Leut von Niederernen ’ (Ernen), Niederärnerchäller ‘ der (Käse-)Keller der Leute von Niederernen ’ (LT, Mühlebach). Eine substantivierte Form ist in t Nidru ‘ die untere Alpe ’ (Feschel) belegt. Ebenfalls substantiviert erscheint der Superlativ als an der Nidresten ‘ an der untersten Alpe (im Nanztal) ’ (1578 u. später, Glis), t Nidroschta ‘ die unterste Alpe (im Nanztal) ’ (Visperterminen, SK Niedersten, LT Nidrista), wozu als Namennest gehören der Nidroschterbodo ‘ der Boden der Nidrosta (unterste Alpe) ’ , ts Nidroschterläger ‘ die Lagerstätte des Viehs der niedersten (untersten) Alpe ’ (Visperterminen), der Nidroschterwald ‘ der Wald bei der Nidrosta (unterste Alpe) ’ (Visperterminen). Niele Cf. HL L IELE . Niesch Niesch ‘ Gelecktrog ’ ist zu schwdt. Nüesch m., im Wallis entrundet Niesch m./ n. ‘ Rinne, Kännel, in dem man in den Alpen den Schafen das Salz gibt ’ , ahd. nuosk, mhd. nuosch und wdt. Niesch (Schattenberge), Niäsch ‘ Futtertrog, (länglicher Lecktrog) ’ (G RICHTING 1998, 144) zu stellen. Im Obergoms und im Lötschental wird der Gelecktrog Miesch m./ n. genannt (R ÜBEL 1950, 105 und 137; I D . 4, 836); letzteres ist nicht zu verwechseln mit Miesch n. ‘ Moos ’ . Das Simplex Niesch n. (in einigen Fällen kann ts Niesch als z(e) Niesch gelesen werden) ist belegt in Filet, Mund, Ried-Mörel und St. Niklaus. Die Diminutiv-Ableitung ist Nieschji (Ried-Mörel) oder (im Plural) Ze Nieschjinu (Steg, Täsch). Mit einem vorangestellten Genitiv ist belegt ts Brägisch Niäschji ‘ der kleine Gelecktrog der Familie Bregy ’ (Steg). Unklar ist die Bildung das Kniescherli (1658, Mund) - hier könnte eine Kollektivbildung mit dem Zirkumfix / G ( I )- ER / und dem Diminutiv / - LI / zu Giniesch-er-li ‘ der kleine Ort mit Gelecktrögen ’ führen. Nicht ganz klar ist Nieschgeren (1563, Mund), wo vermutlich der gleiche oder ein ähnlicher Name vorliegt. Die übrigen Belege weisen Niesch als Bestimmungswort zu den Grundwörtern Acher, Bode, Bord, Brunne, Egga, Fad, Flüö, Matta und Wald auf. Komplexer sind t Nieschmattuheeji ‘ die Höhe bei der Nieschmatte ’ (Hohtenn) und die Nieschwasser Leytten ‘ die Wasserleite vom / zum Niesch ’ (16? ? , St. Niklaus). Nietschigen Nietschigen ist nur 1768 in Eischoll als in den Nietschigen belegt; laut M. S. ist jedoch die Lesart unsicher. Formen auf / - IGEN / beziehen sich zumeist auf den Dativ Plural einer kollektiven / - IG / -Ableitung. Es finden sich jedoch keine Belege zu Nietsch oder ähnlich. Eine Deutung ist deswegen nicht möglich. Niger N IGER ist ein lat. Adj. mit der Bedeutung ‘ schwarz, schwärzlich, dunkelfarbig, düster ’ . Es ist auch in FEW (7, 129 ff. s. v. N Ĭ GER schwarz) belegt; H AFNER (1955, 126) kennt nigra als neiri. Es kommt nur in lo sapey nigrum (1346, Unterems) mit der Variante in nigro sapey (1358, Unterems) vor (hier maskulin). Da sapey die Tanne bezeichnet (cf. HL S APEY ) ist hier eine schwarze oder dunkle Tanne gemeint. Das ebenfalls belegte silva nigra ‘ der schwarze Wald ’ (1566, Salgesch) ist sicher lateinisch; die späte Form spricht dafür, dass hier ein Appellativ und kein Flurname gemeint war. Nigroll der Nigroll ist 1553 in Eggerberg belegt; die Lesung ist unsicher. Der Name lässt sich nicht deuten. Nikolaus (PN) Nikolaus (PN) bezieht sich auf den populären hl. Nikolaus von Myra (3./ 4. Jahrhundert n. Chr.), manchmal auch den hl. Bruder Niklaus von der Flüe (1417 - 1487). Davon abgeleitet sind in den Orts- und Flurnamen neben Nikolaus die Lemmata Clausen (FaN), Gläis (PN), Klaus (PN) (AWWB Niele 299 300 <?page no="155"?> 62) und diverse weitere Formen wie Nigg, Niggis, Niggli, Niggelis und der FaN Niggeli (AWWB 184). Häufig kommt als erster Teil des Namens Sankt oder eine seiner Varianten vor (cf. HL S ANT ). Im Einzelfall kann nicht immer zwischen Heiligennamen, PN und FaN unterschieden werden. Das I D . verzeichnet den Namen unter den Lemmata Chlaus (3, 687), Nigg (4, 705), Niklaus (4, 717), wobei im Einzelfall neben dem PN auch deonymische Bedeutungen wie ‘ Dummkopf ’ , ‘ verschlagener Kerl ’ , aber auch der am 6. Dezember herumziehende Samichlaus gemeint sind. Die Namen können sich auch auf Kirchen, Kapellen oder Bildstöcke des Heiligen oder von Bruder Klaus beziehen. Prominent ist der Gemeindename St. Niklaus (Zaniglaas), benannt nach dem Kirchenpatron. Der FaN Clausen (AAWB 62) tritt als Nutzername in Gláusigen Heiwmat ‘ die Heumad der Familie Clausen ’ (1757, Binn), in Claúsigen Freÿche ‘ in der Freichi (Alpe) der Familie Clausen ’ (1737, Binn) und in Claúsigen Senthum (1601, Binn und später) auf. Unklar ist Glausenberg (1344, Fiesch), wo vermutlich ein Berg (Alpe) eines Klaus gemeint ist. Der FaN Gläisen (AAWB 62) ist vertreten in Gleisen- Matten (1781, Steinhaus) und Gläisuschiir ‘ die Scheuer der Familie Gläisen ’ (Mörel). Mit einem kollektiven / - IG / - Suffix erscheinen ts Gläisig Oggsefäud ‘ das Ochsenfeld auf der Alpe der Familie Gläisen ’ (Binn), ts Gläisiggand ‘ das Steingeröll der Alpe der Familie Gläisen ’ (Binn) und der Gläisigstau ‘ der Stall auf der Alpe der Familie Gläisen ’ (Binn). Einen Genitiv Singular enthält ts Gläisisch Drieschtu ‘ das unfruchtbare Gebiet der Familie Gläisen ’ (Mund). Vermutlich nur zum PN Gläis gehört in den Glaÿschwengen ‘ in den Grasabhängen des Gläis ’ (1824, Bellwald). Der PN Gläis ist vertreten in di Glaisbletscha ‘ die Ebene des Klaus ’ (Wiler); daneben gibt es eine Reihe von Namen mit Santiglais: im Santiglais ‘ in der Gegend des Heiligen Nikolaus ’ (Münster), wobei laut Gwp. ein Pfarreigut gemeint ist (auf der SK ist eine Kapelle oder ein Bildstock erkennbar; daneben steht St. Niklaus - es scheint hier also eine Namenmotivation zu geben, die auf eine Kapelle zurückgeht). Dazu sind der Ober Santiglais ‘ der obere Teil des Gebietes des St. Niklaus ’ und der Unner Santiglais ‘ der untere Teil des Gebietes des St. Niklaus ’ zu stellen. Santegläis ‘ das Gebiet des St. Niklaus ’ (Mühlebach) und Santigleis ‘ das Gebiet des St. Niklaus ’ (Binn) werden beide auf einen Bildstock des Heiligen zurückgeführt. In Oberwald gibt es den Zantigglaischeer ‘ die Kehr der Strasse bei der Kapelle des St. Nikolaus ’ und in Reckingen t Zantiglaisschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung beim St. Nikolaus ’ , wobei die Namenmotivation hier unklar ist, ebenso wie in der Santiglaisgade ‘ der Gaden beim St. Nikolaus ’ (Ulrichen). In Ritzingen ist historisch (erstmals 1592, letztmals 1834) beÿm St. Niclaus erwähnt, in Geschinen 1662 St: Niclaus und in Oberwald Zantnikolaus (LT hat St. Niklaus). In diesen Fällen ist wohl mit einer Kapelle oder einem Bildstock zu rechnen, ähnlich auch beim Saniklöis in Oberems mit der Sannikloisbodu und der Sannikloiswald (bei diesem Namen wird explizit eine Statue des Heiligen erwähnt). Weitere historische Belege nennen beÿm H. Niclaús (1754, Mund) und bei dem Heiligen Nicolai (1717, Obergesteln) - auch hier geht es um Kapellen oder Bildstöcke. Vornamen von Personen sind gemeint in ts Brunnuniggisch Gädi ‘ der Gaden des Nikolaus Brunner ’ (Randa), in Niclas Gorpers Stand ‘ im Stand von Nikolaus Gorper ’ (1730, Lalden), Niglas Weidlin ‘ die kleine Weide des Nikolaus ’ (1821, Kippel), ts Niggisch Äbi ‘ der Abhang des Nikolaus ’ (Visperterminen), sowie eine Reihe von Niggen/ Niggu mit Grundwörtern: Niggen Bÿnda ‘ der Pflanzplatz des Nikolaus ’ (1636, Baltschieder), in Niggen Halton ‘ in der Halde des Nikolaus ’ (1477, Bürchen), Niggenhansch Fach ‘ das Fach des Niggen Hans ’ (1836, Staldenried) (unklar, ob PN oder FaN), Niggen Thomen Scheÿr ‘ die Scheuer des Nikolaus Thomas ’ (1589, Saas- Balen) (unklar, ob PN oder FaN), Niggen Wingarto ‘ der Weingarten des Nikolaus ’ (1310, Stalden), der Niggistäg ‘ der Steg der Familie Jordan, die Niggi genannt wurde ’ (Zwischbergen), der Niggistei ‘ der Stein des Nikolaus ’ (Gluringen, unklar), t Nigguflüo ‘ die Fluh der Niggi ’ (Embd, wohl Übername), t Nigguhäisini ‘ das Gebiet der Familie des Johannes Niggen ’ (Eggerberg, unsicher) und t Niggumatte ‘ die Wiesen des Nikolaus ’ (Leuk). Unklar sind die Simplizia uf Nigge ‘ auf Niggen ’ (Bellwald) und in der Niggen ‘ im Gebiet der FaN Niggen ’ (1835, Fiesch), sofern in diesem Beleg tatsächlich etwas ausgelassen ist und der Niggen Genitiv Plural ist. Der FaN Niggeli oder ähnlich ist vertreten in ts Niggelematgi ‘ die kleine Wiese der Familie Niggeli ’ (Fieschertal) und Nigglisbodu ‘ der Boden des Nikolaus, der FaN Niggeli ’ (Zwischbergen). Vermutlich eher zu Nicolin zu stellen ist ein eigentlich Namennest in Ergisch mit dem Simplex Niggelingu ‘ die Alpe der Niggeli / Nicolin ’ (Ergisch) mit Niggelinglicku ‘ die Lücke (Fusspass) oberhalb der Niggelingalp ’ , ts Niggelinngtelli ‘ das kleine Tal bei der Niggelingalp ’ , ts inner Niggelinngtelli ‘ das taleinwärts liegende kleine Tal der Niggelingalp ’ , ts Niggelinngtagfäld ‘ die Tagwiese der Niggelingalp ’ , t Niggelinngwänng ‘ die Grasabhänge bei der Niggelingalp ’ , sowie die Alpstafel Niggelinngu der Mittluschtu ‘ der mittlere Stafel der Niggelingalp ’ und Niggelinngu der Obruschtu ‘ der oberste Stafel der Niggelingalp ’ . Weiter kommen vor der Inner Niggelinnggrabu und der Fooder Niggelinnggrabu, zwei Gräben auf der Niggelingalpe, der eine taleinwärts, der andere talauswärts, Niggeling und Niggelinglicka sind auch im angrenzenden Unterbäch 301 302 Nikolaus (PN) <?page no="156"?> belegt. Zu Niggeli gehört wohl auch Niggolingo Schür ‘ die Scheuer der Leute des Niggeli ’ (1652, Raron) mit der kollektiven / - IG / -Ableitung im Genitiv Plural. Explizit ist schliesslich der Hl. Bruder Klaus erwähnt in Brüederchlöis ‘ die Kapelle des Hl. Bruder Klaus ’ und Brüederchlöiswäg ‘ der Weg, der zur Kapelle des Hl. Bruder Klaus führt ’ (beide Ernen). Nur historisch belegt ist an Nu ᵕ ggun Matten ‘ an der Wiese des Nikolaus ’ (1611, Lax). Die Schreibform ist hyperkorrekt: das / i/ von Niggun wurde falsch als gerundetes / u ᵕ / geschrieben, weil die gesprochene Form fälschlicherweise als entrundet angenommen wurde. Einen Sonderfall stellt der Suwnigel ‘ schmutziger Mensch ’ (Naters), hier vermutlich verstanden als Gebiet, bei dessen Bearbeitung man sich beschmutzt. Das I D . (1, 150) stellt das Wort zu Igel, verweist aber auch auf S ū - Niggel ‘ Schweinekerl ’ (I D . 4, 105). Die in Naters vorliegende Form dürfte eher zu Niggel zu stellen sein, also zum HL N IKOLAUS gehören. Zu den in diesem Artikel erwähnten Familiennamen Clausen, Gläisen, Niggeli, Niggeling vgl. die Artikel in AWWB (62, 184), wo weitere Formen verzeichnet sind. Vgl. auch die HLL C LAUSEN (FaN), G LÄIS (PN) und K LAUS (PN). Nill Nill n. ist ein schwierig zu deutendes HL, das lebendig in Naters als ts Nill auf ca. 1880 m vorkommt. Dazu gehören auf dem Obern Nil (1765, Naters) und ts Nilltrittji ‘ der kleine Tritt beim Nill ’ (Naters). ts Nillti ‘ das kleine Nill ’ (Birgisch) liegt an einem andern Ort auf etwa 1200 m; die historischen Belege hierzu weisen durchwegs Nill auf. Das HL ist so nirgends belegt; am ehesten liesse sich eine Verwandtschaft mit Nolle ‘ rundlicher Berggipfel ’ denken; die Voraussetzungen dafür wären eine Hebung von / o/ zu / u/ , Umlaut zu / ü/ , anschliessende Entrundung zu / i/ und Endungslosigkeit als Kollektiv. BENB (1, 4, 41 s. v. Nille und 48 ff. s. v. Nolle(n)) vermutet eine ähnliche Entwicklung. Das Neutrum bezeichnet wohl ein Kollektivum: ‘ die Gegend mit Spitzen ’ . Ninzg Ninzg ‘ neunzig ’ ist zum schwdt. Zahlwort nüünzg, wdt. ni(i)nzg ‘ neunzig ’ (I D . 4, 770) zu stellen. Die Endung - ZIG zum Zahlwort neun gilt als Angabe einer Dekade (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 1010). Belegt ist nur die Ableitung der Nineninzger ‘ der Neunundneuziger ’ (Biel, Selkingen). Die Koordinaten legen zwei benachbarte Fusswege nahe, deren viele Kehren zum Namen führten (so Gwp. an beiden Orten). Es handelt sich um die Nominalisierung auf / - ER / zum Zahlwort (S ONDEREGGER , 1958, 547). Cf. HL N I ( I ) N . Noger Noger m. ist nur einmal in Ausserberg als der Noger belegt; LT hat ebenfalls Noger. Ein historischer Beleg von 1714 im gleichen Ort spricht von auf Noger; hier ist von einem Acker die Rede. G RICHTING (1998, 145) kennt ein sonst nicht belegtes Nogger, Noggi (Leuker Berge), Noggär ‘ Schwein ’ , das als Flurname kaum in Frage kommt. Eine Deutung ist deswegen nicht möglich. Nolle Nolle ‘ Nollen ’ ist zu schwdt. Nolle n m. ‘ rundlicher Berggipfel, Fels, Bergvorsprung ’ , ahd. hnollo, hnol m., mhd. nol m. (I D . 4, 716; Z INSLI 1984, 576) zu stellen; bei G RICH- TING (1998) ist es nicht belegt. Nolle ist eine der Bezeichnungen für einen runden Fels oder Felsgipfel. Das Simplex kommt mehrfach vor als Nolla, Nolle, Nollo, Nolu und hdt. Nollen in Binn, Fieschertal, Randa, Oberwald, Lalden und Saas-Almagell. Ein Diminutiv ts Nollji ist in Münster belegt, in Reckingen historisch als tz Nolgy (1532). Als Grundwort kommt Nolle vor in Chietalnolle (Münster), der Wiisnolle (Fieschertal), der Wysse Nollen (Oberwald) sowie Ober und Under Chietalnolle (beide Münster). Als Bestimmungswort ist es belegt in Nolljitole (Münster), Nollugufer (Randa) und in einem Namennest in Saas-Almagell mit Noluhoru, Nolugletscher, Nolufet und Nolusitu. Da einfaches Nolu in Saas-lmagell auf den Karten als Nollen (SK, LT) erscheint, wird es hieher gestellt. 1: 10000 hat Nulluhorn und Nullugletscher für Nollenhorn und Nollengletscher (SK, LT); diese Lesart ist sonst nur in Obergesteln als t Nulljini (cf. HL N ULLJINI ) belegt. Noos Noos ist nur in der Nooswäg ‘ der Weg der kleinen Kälber ’ (Randa) belegt. Laut Gwp. handelt es sich um <noos> ‘ kleine Kälber ’ . R ÜBEL (S. 91, Fn. 4) kennt diese Bedeutung nicht für Randa, wohl aber für die Umgebung. Er verweist auf (I D . 4, 819 f.), wo die Bedeutung ‘ junges, noch nicht ausgewachsenes (hübsches) Rind ’ belegt ist, das wohl auch im Flurnamen vorkommt. Wdt. Noos, Noosji (Goms), Noossi (Saastal), Noossji ‘ Vieh (Rind, Schaf, Ziege ’ (G RICHTING 1998, 145) entspricht dem Flurnamen. Die sonst häufig belegte Deutung ‘ Schmalvieh ’ ist hier kaum gemeint. Noot Noot ‘ Not ’ f. ist zu schwdt. N ō t f., Pl. Nööt(en), allgemein wie nhd. ‘ Not, Nötigung, Zwang, Notwendigkeit, Dringlichkeit ’ , ahd. und mhd. n ō t (I D . 4, 854 ff.; G RICHTING 1998, 145 s. v. Noot) zu stellen. LUNB (2, 729) sieht darin “ Örtlichkeiten, die auf irgendeine Art mit Mangel oder Nill 303 304 <?page no="157"?> Schwierigkeiten behaftet waren ” ; BENB (1, 4, 51 ff.) nimmt diese Deutung auf; dort vorgeschlagenen Deutungen 2 und 3 sind für unser Gebiet nicht relevant. Das Simplex kommt als Nood (Ausserberg, Baltschieder) vor, wobei wohl der gleiche gefährliche Steilhang gemeint ist; auch die Konstruktionen mit relativen Lagebezeichnungen t Ober Nood und t Unner Nood (beide Baltschieder) gehören hierzu, wie vermutlich auch der Beleg von 1437 sub saxo zer Nodt ‘ unter dem Felsen Zur Not ’ (Baltschieder). Zwei weitere Belege gehören in andere Bereiche: der Nootspitaal ‘ das Not-Spital ’ (Eisten) soll eine Stelle bezeichnen, an der eine Frau in Not gebären musste. Und beÿ den Vierzehn Noth=Helferen (1726, Ritzingen) bezieht sich auf eine Kapelle in Ritzingen, die den Vierzehn Nothelfern (vierzehn Heilige aus dem 2. bis 4. Jahrhundert) geweiht ist. Nord Nord ist schwdt. zur Himmelsrichtung Norden m., ahd. nordan, mhd. norden ‘ Norden, im Norden gelegenes Gelände ’ I D . 4, 787) zu stellen. Frz. nord und it. nord haben die gleiche Bedeutung. Das HL kommt nur als Bestimmungswort vor, im Frz. und It. nachgestellt. Belegt sind: der Nordend (sic! ) ‘ der nördliche Endgipfel des Monte Rosa ’ (Zermatt; nach L UDWIG VON W ELDEN 1824, 37 f. benannt), der Nordgipfil ‘ der Nordgipfel des Diablon ’ (Oberems), der Nordgraad ‘ der im Norden (des Weisshorns) liegende Grat ’ (Randa), der Nordkanaal ‘ der im Norden (der Rottenebene) verlaufende Entwässerungskanal ’ (Raron). Komplexer sind t Nordaleliinmoreenu ‘ die Nordmoräne des Allelingletschers (LT Vordere Allalinmoräne) ’ (Saas-Almagell), Pizzo Cingino Nord ‘ die Cingino-Spitze Nord (auch Jazzihorn) ’ (Saas-Almagell), Pointe Nord de Moming ‘ die Nordspitze des Moming ’ (LT, Randa) und Weissmies Nordgrad ‘ der Nordgrat des Weissmies (Gipfelname) ’ (LT, Saas-Grund). Eine Adjektivableitung ist in der Nördlich Teiffesattel ‘ der nördliche Sattel (Bergübergang) beim Tiefenstock (so LT) ’ (Oberwald) enthalten, der in den Kanton Uri führt. Nordmann (FaN) Nordmann (FaN) ist nur in der Nordmannstei ‘ der Stein des Herrn Nordmann (FaN) ’ (Grächen) belegt. Der Stein wurde anfangs des 20. Jh. nach einem Feriengast namens Nordmann aus Basel benannt, der 1896 erstmals nach Grächen kam, um den Geburtsort von Thomas Platter zu sehen, und sich später wiederholt dort aufhielt. Der FaN ist laut F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (2, 1336) in Basel aus Deutschland und Frankreich bekannt. Nosy Nosy ist nur 1355 in Agarn als de Walle Nosy belegt. A. - L. Breg vermutet, dass es sich um ts Fanöüschi (Leuk, FLNK Fanöischi) handelt, einen Teil des Illgrabens. Die historischen Belege zu Fanöüschi lauten jedoch 1563 Fanussji, 1563 Vanusy, 1582 in der Fanus, 1685 in Fanausche usw. Ein direkter Zusammenhang besteht also kaum. Hingegen kann de Walle Nosy eine Deutung von Fanöüschi sein, die Walle (Tal) und Nosy trennt. Da sich sonst keine derartigen Trennungen nachweisen lassen, ist die Deutung sehr unsicher. Nosy selbst scheint auf Noussey (T AGMANN 1946, 47, der es nach M URET als u + sei ‘ hin zum Fels (Alpe Sei) ’ deutet) zurückzugehen. Die Alpe befindet sich laut T AGMANN östlich der Raspille, im Bereich der Varneralp. Walle Nosy wäre dann ‘ das Tal bei der Alp Nusei ’ und Agarn nicht zutreffend, sondern entweder Leuk oder Varen (cf. HL N USEI ), was aber aus dem historischen Dokument nicht hervorgeht. Nova N OVA ‘ neu, die Neue ’ ist vom lat. Adj. NOVUS abzuleiten; Formen wie Nouel sind vom lat. Adj. NOVELLUS , NOVELLA , frz. nouveau, nouvelle, frpr. novò, novèla ‘ neu(e), jung(e) ’ , in FlN für landwirtschaftliche Nutzung neu erschlossenes Kulturland oder Neubauten (B OSSARD / C HAVAN 2006, 135; L AGGER 2010, 509) abgeleitet. Belegt ist Nova in Agarn 1543 la nova, wobei der Text von einer Wasserleitung spricht. Ein nachgestelltes Adjektiv ist 1783 für eine Wasserleitung in Albinen als bis nove ‘ die neue Wasserleitung ’ belegt. Nachgestelltes nouel ist 1352 für Leukerbad in in prato nouel ‘ auf der neuen Wiese ’ belegt. Beide Formen finden sich in Albinen: 1468 prati vocati nouel und 1488 in pratis nouys, sowie 1602 ou pranouel. 1552 wird eine Wasserleitung pratorum nouell ‘ zu den neuen Wiesen ’ erwähnt. Vermutlich stellt ou pranouel ‘ bei der neuen Wiese ’ den Namen dar; die andern Belege können auch als Appellative gelesen werden, sodass das Adjektiv nouel ‘ die Neue ’ den eigentlichen Namen bildete. Das für Termen belegte Noofia (FLNK) lässt sich zum Typ Noflen (BENB 1, 4, 42) stellen, einem Lehnwort aus lat. N Ŏ V Ā LE ‘ Brachfeld; Feld, welches nur jedes zweite Jahr bepflanzt wird; neu für die Kultur gewonnenes Land; Rodung ’ . Das Appellativ novale (1708, Visperterminen) oder agri novalis (1829, Leuk) findet sich mehrfach in den historischen Texten, ist also den Schreibern bekannt gewesen; als lateinisches Wort wird es jedoch kaum in Flurnamen gebraucht worden sein. Noyer Noyer m. ist belegt in ts Noojer ‘ beim Nussbaum ’ (Leukerbad, SK Noyer, LT Nojer), auch bei R. G RICHTING (1993, 305 306 Noyer <?page no="158"?> Blatt 24, Nr. 9 als Noyär), historisch 1361 als eys noyers, später jm Noyer, lo Noyer ‘ beim Nussbaum ’ (1320 u. später, Oberems) und als eys noierelles ‘ bei den kleinen Nussbäumen ’ (1543, Leuk). B OSSARD / C HAVAN (2006, 158 s. v. Noyer) verweisen auf lat. * NUCARIUS ‘ Nussbaum ’ (FEW 7, 224 ff.). Die Form in Leuk wurde mit dem Diminutiv-Suffix / - ELLU ( M )/ gebildet (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287). Nuer Nuer ist nur 1774 in Selkingen als im Nuer Acker ‘ im neuen Acker ’ belegt. Die Form scheint ein Adjektiv im Singular zu sein, die eigentlich auf / -n/ enden sollte: im Nüwen Acker. Diese Form ist schriftsprachlich zu schwdt. n ǖ w nhd. ‘ neu ’ und wdt. niww, niib (Leuker Berge), niiw ‘ neu ’ zu stellen (I D . 4, 883; G RICHTING 1998, 145; cf. HL N I ( I ) W ). Der in Selkingen ebenfalls belegte Name der Müracker ‘ der Acker mit Mauern ’ ist nicht auszuschliessen (cf. HL M ÜRA ), entspricht aber der Beleglage nicht. Nuescherro Nuescherro ist 1521 in siluam Nuescherro (Mund) belegt. Es handelt sich um einen Genitiv Plural einer Herkunftsangabe ‘ die Leute vom Weiler Niesch (Gelecktrog für Schafe) ’ . In einem Dokument von 1299 oder 1308 wird Johannes zem Nuesche ab Mont ‘ Johannes zum Niesch von Mund ’ erwähnt. Es handelt sich wohl um einen FaN, der als Nüesch im F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (2, 1339) primär für Balgach (SG), aber auch für Huttwil (BE) erscheint. Niesch ist in Mund 1634 entrundet als Weilername belegt (cf. HL N IESCH ). Nufene Nufene ist die schwdt. Form zu Nufenenpass / Passo della Novena. Laut Z INSLI (1975, 68 f.) wurde der Pass nach einer neuangelegten Rodung benannt (cf. auch LSI 3, 600 s. v. Növéna). Belegt sind Nufenebach, Nufenestock, Nufene bim See und Alt Nufenepass (alle Ulrichen); lezterer befindet sich zwischen Nufene bim See und Nufenestock. Die Namen weisen darauf hin, dass der Passübergang vor der heutigen Strassenführung bekannt war. Die lombardische Bezeichnung des Passes ist aber wohl im Tessin gegeben worden; im Oberwallis ist nur die ans Deutsche angelehnte Form belegt. Nulljini t Nulljini ist nur in Obergesteln als Name einer Alpe belegt. Formal handelt es sich um einen Diminutiv Plural, der wohl zu Nolle n m. ‘ rundlicher Berggipfel, Fels, Bergvorsprung ’ (I D . 4, 716) zu stellen ist (cf. HL N OLLE ). Eine Ableitung zum Zahlwort Null im Sinn von kleinflächigem oder minderwertigem Land ist kaum gemeint. Nuntzen Nuntzen ist in den historischen Belegen jn der Nuntzen Eÿen ‘ die Aue des Nuntz ’ (1608) und jn der Nÿntzeÿen (1609, beide Ried-Brig) belegt. Der erste Beleg ist wohl ein schwacher Genitiv Singular, vermutlich zu einem PN. I D . (3, 1347, s. v. Lonzi) kennt Nunzi für den Nuntius (Gesandter, heute Gesandter des Papstes). Beim zweiten Beleg liegt wohl eine entrundete Form Nÿntz > Nüntz vor, die sonst nicht belegt ist. Nüschelät Nüschelät ‘ die neue Alphütte, der neue Stafel ’ ist nur als Nüschelät (Varen, auch LT und 1: 10000) belegt. Es befindet sich auf rund 2200 m auf der Varner Alp. Es dürfte sich um eine Verbindung des Adjektivs nü ‘ neu ’ (G ERSTER 1927, 53) mit einer leicht veränderten Form von frz. chalet, pat. tsalè ̩ (G PSR 3, 270 ss.), wohl in der Bedeutung 1° Alphütte, aber auch in der Bedeutung 5° Grasland um die Alphütte herum (G PSR 3, 271), also ‘ Stafel ’ , handeln. Die Form Nüschelät erklärt sich aus der Erstbetonung auf dem Adjektiv und der Reduktion des folgenden Wortes. Auslautendes / t/ findet sich in den historischen Belegen. Nusei Nusei ist nur belegt in Nuseyhorn (Varen). Es ist zu Ussey, Noussey zu stellen (T AGMANN 1946, 47), der ausführt, dass die deutsche Aussprache Nusei auf eine Agglutination von ye ͅ ̄ n u sei ‘ in den Fels ’ zurückgeht. Zu Grunde liegt der frpr. Bergname Sex, Sei < lat. SAXUM ‘ Fels, Felswand ’ (M URET 1926, 83; T AGMANN 1946, 47). Verwandt ist wohl das HL N OSY . Nussa Nussa f. ist zu wdt. Nussa ‘ Nuss ’ (G RICHTING 1998, 145, mit Varianten) und zu schwdt. Nuss f. ‘ Baumnuss ’ (I D . 4, 825) zu stellen. Das Simplex kommt als Diminutiv nur in ts Nussji ‘ das kleine Gebiet mit Nussbäumen ’ (Eggerberg) vor; zu vermuten ist, dass das sonst nicht belegte ts Nuss ‘ Gebiet mit Nussbäumen ’ analog zu anderen Baumnamen mit neutralem Genus (z. B. ts Ta) kollektive Bedeutung hat. Das gilt auch für das Kompositum Nussböüm ‘ Nussbaum ’ , das zu Nussbaum m. wie nhd. allg. (I D . 4, 1242) zu stellen ist. Als ts Nussböüm wird ein Gebiet mit Nussbäumen bezeichnet. Häufig lässt sich nicht entscheiden, ob maskulines oder neutrales Genus vorliegt. Sofern ein Artikel vorliegt, lässt sich das entscheiden: so sind sicher n. ts Nussböum ‘ das Gebiet mit Nussbäumen ’ (Betten), das Nùsbau ᵕ m ‘ das Gebiet mit Nussbäumen ’ (1549, Ernen), an das Nusbovm ‘ an das Gebiet mit Nussbäumen ’ (1393 u. später, Grengiols), unklar aber im Nu ᵕ sbau ᵕ m ‘ im Gebiet mit Nussbäumen ’ (1856, Fieschertal), Nu ᵕ sbau ᵕ m Nuer 307 308 <?page no="159"?> ‘ das Gebiet mit Nussbäumen ’ (1673, Brigerbad), zem Nusbo ᵛ me ‘ beim Nussbaum / beim Gebiet mit Nussbäumen ’ (1317, Mund; 1305, Stalden), zum Núsbaúm ‘ beim Nussbaum / beim Gebiet mit Nussbäumen ’ (1693, Raron), zem Nussbom (1453 u. später, Unterems), zem Nussbomb ‘ zum Nussbaum / zum Gebiet mit Nussbäumen ’ (1569, Visperterminen), zum Nussböüm ‘ beim Nussbaum / beim Gebiet mit Nussbäumen ’ (Bürchen). Unklar bleibt auch super Nuzpo ᵛ ma ‘ ob dem Nussbaum ’ (1200, Ried-Mörel). Zu diesem Kompositum gibt es komplexere Konstruktionen wie beÿm Grossen Núsbaúm ‘ beim grossen Nussbaum ’ (1663, Eggerberg), ts Ober Nussböüm ‘ das obere Gebiet mit Nussbäumen ’ (Grengiols) und Obers Nussböüm ‘ das obere Gebiet mit Nussbäumen ’ (Betten), im Obersten Núsbaúm ‘ im obersten Teil des Gebietes mit Nussbäumen ’ (1849, Goppisberg), ts Unner Nussböüm ‘ der untere Teil des Gebietes mit Nussbäumen ’ (Grengiols), an den Nusbòmbach ‘ an den Bach beim Nussbaum ’ (1434, Filet), Nussböumgrabo ‘ der Graben beim Nussbaum ’ (Grächen), t Nussböümbrigga ‘ die Brücke (über den Rotten) beim Gebiet mit Nussbäumen ’ (Grengiols) und t Nussböümwasserleita ‘ die Wasserleitung in das Gebiet mit Nussbäumen ’ (Grengiols). Sonst sind nur noch belegt: Nuss Bodme ‘ die Böden mit Nuss(bäumen) ’ (unsicher, da auf 1686 m) (EK, Baltschieder) und t Nussmattu ‘ die Wiese bei den Nussbäumen ’ (Ergisch). Nydo Nydo ist zweimal belegt. 1337 als aquam noui aqueductus de nydo ‘ das Wasser der neuen Wasserleitung von / zu Nydo ’ in Unterems. Der zweite Beleg stammt aus Oberems und erwähnt 1345 u. später eine alpis (Alpe) de nydo. Unsicher ist ein lat. N Ī DUS ‘ Nest ’ im Ablativ (wobei die Motivation sehr unklar ist) (FEW 7, 119 ss.); es liegt aber nach den Belegen und Daten ein romanischer Name vor. 309 310 Nydo <?page no="160"?> O Ob Ob ‘ oberhalb von ’ ist zu schwdt. und wdt. ob Präp. ‘ ob, oberhalb, über ’ (I D . 1, 58 ff.; G RICHTING 1998, 146) zu stellen. Die Präposition wird normalerweise mit dem Dativ konstruiert. In einigen Fällen wird das HL auch in einem Kompositum (z. B. der Obtschuggo ‘ der darüber liegende Fels ’ (Eischoll)) verwendet. Ganz selten sind erweiterte Adjektive. Als Präposition - teilweise mit unbetontem Artikel (obem) - erscheint das HL mit folgenden Grundwörtern: Acher, Bach, Bäärg, Biina, Burg, Chriz, Chircha - Chilcha, Dorf (mehrfach), Flüö, Gadu, Gartu, Gassa, Geer, Hag, Kapälla, Laalu, See, Spiicher, Straas, Stäga, Tiri, Trog, Wäg, Wald, Weid, Wüer, Zilla und Züü. Komplexer sind ob der Fäudkapäue ‘ ob der Feldkapelle (Kapelle im Ritzingerfeld) ’ (Ritzingen), obem Ginterstutz ‘ oberhalb der Stutzes (steil ansteigende Stelle) bei der Siedlung Gintrige ’ (Obergesteln), ob der Hollérstuden ‘ oberhalb der Holunderstaude ’ (1573 - 1644 u. später, Münster), ob em Chiuchwäg ‘ oberhalb des Kirchweges (der Gluringer und Ritzinger) ’ (Gluringen und Ritzingen; mit / l/ -Vokalisierung), ob der Wasserleiten ‘ oberhalb der Wasserleitung ’ (1669 u. später, Ulrichen), ob dum Ämsbach ‘ das Gebiet oberhalb des Emsbaches ’ (Agarn). Das HL entspricht lat. SUPERIUS wie in superius der Gassen ‘ ob der Gasse ’ (1726, Birgisch) mit einem Genitiv. Als Kompositum erscheinen Obfluh (St. Niklaus, SK), Obflie (1764, Obergesteln), t Obflieregga ‘ die Ecke beim Gebiet Obflie (oberhalb der Flühe) ’ (Naters), ts Obfliejergand ‘ die Geröllhalde beim Gebiet Obflie (oberhalb der Flühe) ’ (Naters, auch LT und FLNK), t Obfliejerspissa ‘ die Spissen im Gebiet Obflie (oberhalt der Flühe) ’ (Naters), der Obtschuggo ‘ der darüber liegende Fels ’ (Eischoll; FLNK Obtschuggo). Ein Adjektiv ist in apud Obnechtigen (1392, Ried-Brig) und Obnechtigen Beche ‘ beim Bach im Bereich Obnechtigen ’ (1390 u. später, Ried-Brig) belegt. I D . (1, 51) kennt Obenächtig ‘ obenerwähnt ’ und stellt es zu einem Adjektiv auf / - ÄCHTIG / , das zum Adjektiv auf / - OCHT / passt. (Der Verweis auf die Deutsche Grammatik von J ACOB G RIMM , (2, 285) ist wohl falsch; gemeint ist eher (2, 385), wo vom Suffix / - ACHTIG / die Rede ist). In den Belegen von 1390 u. später wird von einer oberhalb gelegenen Alpe gesprochen. Ober Ober Adj. ‘ ober ’ ist zum Adj. ober, ahd. obaro, mhd. ober, einem Komparativ zu ob zu stellen und bezeichnet in räumlichen Ortsbestimmungen eine ‘ obere, höher gelegene Stelle ’ (I D . 4, 51; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 663). Ober ist das Gegenstück zu Unner ‘ unter ’ , seltener Nider ‘ nieder ’ auf einer vertikalen Achse. Gemeindenamen wie Oberwald und Niederwald, Obergesteln und Niedergesteln, aber auch Oberdorf und Niderdorf, resp. Unnerdorf, sind Beispiele dafür. Oft kann auch eine Flur in einen oberen und unteren Teil aufgeteilt werden. In lateinischen Texten werden dann die Termini SUPERIOR und INFERIOR verwendet (nicht immer als Lokalnamen). Das HL erscheint in verschiedenen Formen in rund 1700 Belegen. Die weitaus meisten dieser Belege enthalten das attributive Adjektiv Ober, flektiert oder nicht flektiert. Einige Beispiele dafür: Obär Lagär ‘ die obere Lagerstätte für das Vieh ’ (FLNK, Bratsch), t Ober (e) Reschti ‘ der obere Teil der Reschti (Raststelle) ’ (Naters), t Ober Aara ‘ der obere Tiel der Ara (zu pflügendes Land) ’ (Vispeterterminen; FLNK Obri Aara), Obre Bodo ‘ der obere Boden ’ (FLNK, Birgisch), t Obri Balmu ‘ der obere Teil der alp Balmu (beim überhängenden Fels) ’ (Leukerbad), t Obru Äbnete ‘ die oberen ebenen Stücke Land ’ (Termen), im Obru Dorf ‘ im oberen Dorf ’ (Teil von Jeizinen), t Obrun Biäla ‘ die oberen Hügel ’ (Ferden; FLNK Obru Biela) und viele andere mehr, natürlich auch mit komplexeren Flurnamen wie ts Ober Banbodi ‘ der obere Teil des kleinen Bodens im Banngebiet ’ (Unterbäch), ts Ober Bahouz ‘ der obere Teil des Gebietes Bannholz (Bannwald), heute gerodet ’ (Blitzingen, mit / l/ -Vokalisierung), der Ober Lerchäbopem ‘ der obere Boden, wo es Lärchen hat ’ (Blatten) und t Obru Wicheriedjini ‘ der obere Teil der kleinen Riede beim Winkel ’ (Zeneggen), um nur einige zu nennen. In wenigen Fällen sind zwei attributive Adjektive belegt: únder der Althen Ober Riederÿ ‘ unter der alten Wasserleitung nach Oberried ’ (1684, Mörel; 1684 u. später, Ried-Mörel), in den Alten Obren Alpweg ‘ in den alten oberen Weg auf die Alpe (unklar, ob Name oder Appellativ) ’ (1755, Eisten). Einen seltenen Fall zeigt zem Vndrun Oberhus ‘ bei untern Teil des Oberhauses ’ (1545, Bürchen), wo wohl ein Teil einer Flur mit dem Namen Oberhus gemeint ist. Belege mit dem HL als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita sind etwa ts Oberbru ‘ der obere Teil des Gebietes mit Quellen / Brunnen (Ortsteil von Ob 311 312 <?page no="161"?> Eischoll) ’ (Eischoll), ts Oberbrunne ‘ zu Oberbrunne (der obere Teil des Gebietes mit Quellen / Brunnen) ’ (Selkingen), ts Oberchritz ‘ das obere Kreuz (Gelände in Kreuzform) ’ (Binn), ts Oberdorf ‘ das Oberdorf (Teil von Glis) ’ (Glis) und weitere rund 11 Belege vom gleichen Typ an verschiedenen Orten, Obereiu ‘ die obere Aue ’ (Turtmann; FLNK Obäreiju; LT Obereiu) und andere mehr, teilweise als Varianten zum attributiven Adjektiv Ober. Komplexere Fälle sind ts Oberaarhore ‘ das Oberaarhorn (Gipfelname, oberhalb des Oberaargletschers) ’ (Bellwald), ts Oberaarjoch ‘ das Oberaarjoch (südlich des Oberaarhorns) ’ (Bellwald), t Oberaarjochhitta ‘ die (Schutz-) Hütte des SAC beim Oberaarjoch ’ (Fieschertal), ts Oberaarrothore ‘ das Oberaarrothorn (Gipfelname, Gipfel mit rotem Felsen bei Oberaarhorn) ’ (Bellwald, Fieschertal, Münster), Oberaletschbach ‘ der Bach, der aus dem Oberaletschgletscher entspringt ’ (FLNK, Naters), Oberbordwald ‘ der Wald beim Ober Bord (Abhang, Böschung) ’ (Eyholz, Visp) und viele andere. Komplexere Konstruktionen sind vor allem im Turtmanntal belegt: Bitzu der Oberstafil ‘ der Oberstafel der Alpe Bitzu ’ (Oberems), Brändji der Oberstafil ‘ der Oberstafel der Alpe Brändji (kleines brandgerodetes Gebiet) ’ (Oberems), Gigi der Ober Stafil ‘ des Gigi (Alpname) der Oberstafel ’ (Oberems), Grindji Oberstafel ‘ der Oberstafel der Alpe Grindji (kleiner Grund), ’ Niggelingu der Obruschtu ‘ der oberste Stafel der Alpe Niggeling (Familie Nicolin / Niggeli) ’ (Ergisch) und andere mehr. Als Substantiv erscheinen Obera ‘ die obere Alpe ’ (FLNK, Bellwald), die Obere ‘ die obere Driest (unfruchtbares Gebiet) ’ (1849, Naters), dazu kommt ts Unner Obra ‘ der untere Teil des oberen Stafels der Wangalpe ’ (Ausserbinn). Der Superlativ ist zunächst wieder als attributives Adjektiv belegt: t Oberscht Bauma ‘ der oberste Stafel auf der Alpe Balma ’ (Binn), der Oberscht Bieu ‘ der zuoberst liegende Hügel (Alpe) ’ (Fieschertal), der Oberscht Boda ‘ der oberste Boden ’ (Randa), zúm Obresten Haus ‘ beim obersten Haus ’ (1674, St. Niklaus), ts Obroscht Birch ‘ das oberste (zuoberst gelegene) Birch (Birkengehölz) ’ (Bürchen), ts Obroschtoscht Schiirli ‘ die oberste kleine Scheuer ’ (Unterbäch), im Obroschtu Viertel ‘ im obersten Viertel (von Visperterminen) ’ (Visperterminen), Oberscht Trejo ‘ der oberste Viehweg ’ (EK, Mund), ts Obruscht Dorf ‘ das oberste Dorf (Inden) ’ (Inden), t Obruschtu Ritine ‘ die obersten gerodeten Gebiete ’ (Ergisch) und andere mehr. Substantiviert sind belegt t Oberschta ‘ die oberste Wasserleitung ’ (Grengiols), Oberschta ‘ die oberste Wasserleitung ’ (FLNK, Mund; FLNK, Naters), ts Oberschta ‘ das Oberste (Oberster Stafel der Wangalpe) ’ (Ausserbinn), t Obroschta ‘ die oberste Wasserleitung ’ (Birgisch) und ts Obroschta ‘ die oberste Alpe ’ (Visperterminen), resp. ‘ der oberste Stafel der Rinneralpu ’ (Unterbäch). Zu unterscheiden vom Adj. oben ist die Präposition ob ‘ oberhalb ’ (cf. HL OB ). Belegt ist mit zu ein Superlativ Zoberscht dem Dorf ‘ zuoberst im Dorf ’ (Reckingen). Obscha Obscha f., laut phonetischer Umschrift von M. S. mit langem Anlaut, ist als Flurname nur in den Rarner Schattenbergen (Bürchen, Eischoll, Unterbäch) bekannt: Vor allem in Bürchen, wo es ein Namennest mit t Obscha (schon 1296 Obschun), an der Obrun Obschun (1541 u. später), an der Vndren Obschen (1596 u. später), t Obschachra ‘ die Äcker bei der Obscha ’ , an der Obschgassen ‘ an der Gasse zur Obscha ’ (1701), an der Obschmatten ‘ an der Wiese bei der Obscha ’ (1614), únder dem Obschweg ‘ unter dem Weg von / zu der Obscha ’ (1751), Blatters Obschenacher ‘ der Obschacher der Familie Blatter ’ (1504 u. später) und Obscherro Walldt ‘ der Wald der Leute von der Obscha ’ (1578) gibt. Auch Unterbäch kennt t Obscha (schon 1396 an der Obschun) und dazu Obschacher (1544) und t Obschsüe ‘ die Wasserleitung zur Obscha ’ (FLNK). Eischoll hat einen historischen Beleg von 1434 Obscha, der vermutlich identisch ist mit Obscha in Unterbäch. In der Literatur wird das HL zu ahd. obasa, opasa, opisa, obisa f. ‘ Vorhalle, Vorraum, Vordach ’ , mhd. obese, obse f. ‘ Dachrinne, Dachtraufe ’ (M EYER 1930, 27; G ATTLEN 2007, 57 ff.; G R W B 13, 1117; L EXER 2, 136) gestellt. Die genaue Deutung als Flurname bleibt unsicher. Das Wort selbst ist G RICHTING (1998) nicht bekannt und auch sonst für das Oberwallis nicht belegt. Es handelt sich deswegen um ein Relikt mit unklarer Deutung. Observatorium Observatorium ist nur auf LT als Observatorium (Fieschertal) belegt. Auf LT ist es auch als Sphinx-Observatorium benannt. Es handelt sich um das Gebäude der Forschungsstation auf dem Jungfraujoch. Observatorium n. ‘ Beobachtungsstation ’ , zu lat. OBSERV Ā RE ‘ auf etwas achten ’ , wohl nach frz. observatoire (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 665). Ochs Ochs m., auch Oggs, ist zu schwdt. Ochs m., wie nhd., doch nicht recht volkstümlich, mhd. ohse, ahd. ohso, ‘ Ochse, kastrierter Stier ’ und wdt. Oggs ‘ Stier ’ (I D . 1, 76; G RICHTING 1998, 147) zu stellen. R ÜBEL (1950, 35) kennt den Ausdruck “ für das zuchtunfähig gemachte männliche Tier ” für das Goms und jenseits des Simplon; sonst würden andere Ausdrücke verwendet. In den Flurnamen ist Ochs m. verbreiteter; er kommt in allen Bezirken ausser Brig vor, am meisten in Visperterminen (Bezirk Visp). 313 314 Ochs <?page no="162"?> Das Simplex im Singular ist der Gipfelname Ochs (auch: Klein Fiescherhorn) (Fieschertal) auf der Kantonsgrenze zu Bern, wohl benannt nach dem Aussehen (BENB 1, 4, 83 ff.). In allen anderen Fällen ist das HL Bestimmungswort, neben Oggs auch Oggse, Oggso und Oggsu, zumeist in zweigliedrigen Komposita mit den Grundwörtern Bodu, Chumma, Fäld, Hooru, Läger, Matta, Strich, Tal, Treich, Wang und Weid. Komplexere Fälle sind ts Gläisig Oggsefäud ‘ das Ochsenfeld der Gläisigalpe (Alpe der Familie Gläisen) ’ (Binn), vom Schertigen Oxenfelldt ‘ vom Ochsenfeld der Familie Schertig ’ (1714, Binn), der Hinner und der Voder Oggsefad ‘ das hintere und das vordere Felsband für die Ochsen ’ (Oberwald), t Oggsestrichtosse ‘ die Felsen beim Oggsestrich (langgezogenes Stück Land für den Ochsen) ’ (Grengiols). Offiner (FaN) Offiner (FaN) ist nur in Offiners Gütgÿ ‘ das kleine Gut der Familie Offner ’ (1782, Visperterminen) belegt. Das HL ist zum FaN Offner, Ofen, zum Ofen zu stellen, der in Visperterminen inzwischen ausgestorben ist (S TUDER -F REULER 1984, 280). AWWB 302 s. v. Zumofen listet den FaN auch als Zum Ofen auf, aber nicht für Visperterminen. Ofu Ofu ist zu schwdt. Ofe n , wdt. Ofe, Ofä (Goms), Ofa (Mattertal), Ofn (Lötschental), Ofo (Schattenberge), Ofu, m. ‘ Ofen ’ (I D . 1, 109 f.; G RICHTING 1998, 147) zu stellen. Z INSLI (1984, 577 mit Literaturangaben) schreibt unter Ofe(n): “ In der Namengebung meist auf Kalköfen bzw. deren Ruinen bezogen, aber auch auf Höhlen ” . In unserem Kontext sind auch metaphorische Benennungen möglich, also Felsen, die wie Öfen aussehen, oder die schwarze Farbe wie vom Rauch der Öfen aufweisen; an einigen Stellen kann auch ein warmes Gebiet (geschützt, unter Sonneneinstrahlung) gemeint sein. Auch Backöfen in Backhäusern können der Namengebung zu Grunde liegen (siehe C. S CHMID 1968, 87 zu Bellwald). Zum HL Ofu finden sich rund 190 Belege. Die Formbildung ist für den Plural und die Diminutive komplex: Plurale sind Ofna, Ofne und Efu, Diminutive im Singular Ofili, im Plural Ofini, Ofine, Ofili, Oflini, Ofulini und Eflini. Simplizia sind rund 35mal belegt. Ihre Deutung ist öfters unklar; in einigen Fällen liegt, wie gesagt, auch ein sehr warmer Ort vor. Attributive Adjektive zum HL Ofu und seinen Varianten sind eher selten: der He Ofo ‘ der hohe Ofen ’ (Fels in Ofenform? ) (Eisten), t Hinnere Ofne ‘ der hintere Teil der Öfen (Alp) ’ (Oberwald), Hochofen (Steg, laut SK, ev. Hochofen der Lonza bei Steg? ), t Obru Efu ‘ die oberen Öfen ’ (Baltschieder, Mund) und t Obru Ofulini ‘ die oberen kleinen Öfen ’ (Termen), t Undru Efu ‘ die unteren Öfen ’ (Baltschieder) und t Undru Ofulini (Termen) - meistens relative Lagebezeichnungen. Bei den Komposita mit Ofu als Grundwort dominiert der Typ Chalchofu ‘ Kalkofen ’ mit rund 90 Belegen im gesamten Oberwallis, einige davon mit Erweiterungen wie zum allten Kallchoffen (1623, Visperterminen), der Chalchofuschleif ‘ der Schleif beim Kalkofen ’ (Visp) und vielen anderen Belegen. Nur sechs Mal ist ein Bachofe ‘ Backofen ’ (Blitzingen und Varianten in Blatten, Ferden, Hohtenn, Randa, Wiler) belegt. Nur einmal findet sich im Giltofe ‘ bei der Stelle, wo Giltstein für Öfen ausgebeutet wurde ’ (Münster). in Schineren Offnen ‘ beim Ofen der Alpe der Familie Schiner ’ (1714, Binn) enthält einen Besitzernamen. Eine komplexere Form zum Altu Gipsofu ‘ zum alten Gipsofen (der früheren Gipsfabrik) ’ (Leuk) ist der einzige Beleg für einen Gipsofen. Ofu ist als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita mit den Grundwörtern Acher, Blatta, Biel, Bord, Chnubel, Chrache, Flüe, Garte, Gletscher, Grabe, Grüeba, Gufer, Hore, Hüs, Lamma, Loch, Schiir, Schlüche, Spitz, Tal und Wang belegt. Ein Namennest bildet sich um Ofutal ‘ Ofental ’ (Saas-Almagell) mit Ofutalbach, Ofutalheeji, Ofutalhoru, Ofuntalpass und Ofuntalgletscher. Interessant sind auch die Namen Ofumannjisch Loch (Selkingen), ts Ofemanjiloch (Blitzingen), des Ofenmansgraben (Naters) - in allen Fällen ist der Ort gemeint, wo der Ofenmann (Ofensetzer) die Giltsteine für die Stubenöfen holte. Der Beleg t (e)Rüoduofuschipfa ‘ der Felsüberhang mit dem Ofen des Rüodu / der Felsüberhang des Rüodu Ofen ’ (Mund) ist uneindeutig: Ofu kann hier auch ein FaN sein (s. AWWB 302 s. v. Zumofen). Unklar ist die Ableitung Ofner (ursprünglich wohl ein Genitiv zu Ofu) in der Ofnerchrache, t Ofnerlamme, der Ofnerwang (alle Münster). Ein Simplex ist nicht belegt, sodass die Deutung unklar bleibt. Oggier (FaN) Oggier (FaN) ist der FaN Oggier, auch Otschier, Otschyer, Oetschier, Hogier, Otzier geschrieben (AWWB 187) und laut W. M EYER (1991, 209) im Bezirk Leuk belegt. Belegt sind: Ogier ‘ (in den Reben) der Familie Oggier ’ (1440 u. später, Varen). Die ältesten Belege haben 1440 eys ogier, 1589 ÿs oggier, 1649 eÿs Ogier, 1662 in die Ogiers usw. Der isolierte Beleg Jus Othschier (1767) ist wohl verschrieben aus Jns und basiert auf dem 1749 belegten in des Oggiers. jn Otschiersmatten ‘ in der Wiese der Familie Oggier ’ (1617, Niedergesteln) bezieht sich auf den gleichen FaN. Offiner (FaN) 315 316 <?page no="163"?> Ohri Ohri n. ist als im Ohri (1900, Binn) belegt. Es ist zu schwdt. Or, wdt. Oori, Dim. Oorli; Oore, -ini n. ‘ Ohr ’ (I D . 1, 412 f. bes. 414; G RICHTING 1998, 147) zu stellen. Es handelt sich um metaphorische Bezeichnung von Geländestellen, wie auch Chopf ‘ Kopf ’ und andere Körperteile. Oittzen Oittzen ist nur 1582 in Goppisberg als jn den Oittzen belegt. Die Lesung des Namens ist unsicher, wie eine Nachprüfung durch P H . K ALBERMATTER (p. c.) ergeben hat; insbesondere ist die Fortsetzung nach dem anfänglichen / oi/ problematisch. Als nächstliegende Form kommt ein noch gerundeter Beleg zum HL E ISCHT ‘ Schafstall ’ , der etwa 1304 in Eisten Oysten heisst. Eine Ableitung zum HL E TZ ‘ Weide ’ mit einem Diphthong / oi/ am Anfang ist nicht belegt; es gibt aber in Goppisberg den Namen Etzweid ‘ die Weide mit Viehfutter ’ . Beide Deutungen sind unsicher. Öl Öl ist nur 1795 in Agarn als in Öhlbaúm ‘ im Ölbaum (Olivenbaum) ’ belegt. Laut L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2104, 900) ist der Ölbaum (Olea europaea) nur auf felsigen Hängen und kultiviert zu finden. Wenn es sich beim belegten im Öhlbaum tatsächlich um einen solchen Baum gehandelt haben sollte, ist dieser im Rottental doch sehr selten. Es kann sich aber auch um einen ähnlichen Baum handeln. Eine metaphorische Deutung ist nicht ausgeschlossen, aber nicht erkennbar. Ob eine Anspielung auf den Ölberg (Lk 22,39) vorliegt, ist unklar. Oleren Oleren ist nur 1527 in Turtmann als an der Oleren zum Tschuggen belegt. Weder in I D ., noch in G RICHTING (1998) findet sich ein Hinweis. Der historische Beleg gibt keine Deutung, die irgendwie auf eine ölhaltige Pflanze oder etwas Derartiges hinweist. Der Name bleibt deswegen ungedeutet. Oliverii (FaN) Oliverii (FaN) ist ein Genitiv zu einem FaN Olivier, der in Leuk und Varen inzwischen erloschen ist, geschrieben Olivier, Oliverii, Oliveri, Olivieri (AWWB 187). Belegt ist nur campum Oliverii ‘ das Feld der Familie Olivier ’ (1241 Varen). Ollme Ollme f. ‘ Ulme ’ (Betten) ist laut den historischen Belegen (1399, 1401, 1435 in Vlmon) zum Baumnamen Ulme zu stellen. Die frühen Belege stehen jedoch im Gegensatz zum dt. Baumnamen mhd. elmboum; die Form Ulme ist laut K LUGE / S EEBOLD ( 25 2011, 940) erst im 15. Jhdt. aus dem lat. ULMUS entlehnt worden (auch I D . 1, 193). Lautlich würde Ollme eher dem romanischen olme, später orme entsprechen (FEW 14, 5), die historischen Belege liessen sich dann als Latinisierungen verstehen. Der Ortsname bezeichnet eine hochgelegene Alpe (2569 m). Laut L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 214) ist jedoch die Berg-Ulme kollin-montan, also nur bis ca. 1000 m zu finden. Eine Deutung ‘ Ort, wo Ulmen wachsen ’ ist deswegen ausgeschlossen. Näher liegend wäre ein anderer Pflanzenname oder ein metaphorischer Ausdruck. I D . (1, 193) und G R W B (13, 1283) kennen Olm als Bezeichnung für den Molch. Dagegen sprechen aber die historischen Belege. Nach der Alpe wurde das Ollmehore (Betten), auch Ollmuhoru (Ried-Mörel), SK und LT Olmenhorn, 1: 10000 Olmehorn benannt, ein Gipfel mit 3314 m Höhe über dem Grossen Aletschgletscher. Olympia Olympia ist nur belegt in Olympiaplatz ‘ der Olympiaplatz ’ (Kippel). Der Platz liegt auf rund 2400 m. Vermutlich ist als Motivation an die Ähnlichkeit mit einem Ort für Olympische Skirennen gedacht. Olympia ist in Anlehnung an das griech. Olympos, den Götterberg, gebildet, zu dessen Ehren die Olympischen Spiele durchgeführt wurden. Olympiade - im Griechischen eigentlich die vier Jahre zwischen den Olympischen Spielen - wird als Benennung für diese verwendet (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 669 f.). Olz Olz ist nur 1266 als deys olz ‘ beim Bärlauch / bei den wilden Pflanzen im Weinberg ’ belegt; laut Dokument handelt es sich um einen Weinberg ( VINEA ). Es ist zu frz. ail ‘ Knoblauch, Lauch ’ zu stellen. G PSR (1, 217) nennt eine Reihe von Ortsnamen hierzu, etwa Auz und Aulx, die als / o/ ausgesprochen werden. Vgl. auch B OSSARD / C HAVAN (2006, 82 s. v. Ail, Aulx). Sie verstehen es als Ail sauvage, genauer Bärlauch (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1284 s. v. A LLIUM URSINUM ). Laut G PSR (1, 218) kann das HL aber auch einfach wilde Pflanzen, auch in Weinbergen, bezeichnen. Omen (FaN) Omen (FaN) ist nur in hinder Elsa Omen Acher ‘ hinter dem Acker der Elsa Omen ’ (15? ? , Reckingen) belegt. Der Beleg aus dem 16. Jahrhundert bezieht sich auf einen Besitzernamen. Er kommt sonst nicht vor, liesse sich aber zu Öchi ‘ Oheim, mütterlicher Oheim ’ (I D . 1, 74) stellen (vgl. G R W B 13, 1198 ff.), wo auch Ohm belegt ist, (cf. HL O MLI (F A N)). Allerdings kennt SDS (4, 131) das 317 318 Omen (FaN) <?page no="164"?> Lexem Echi nur für die Walserorte, nicht für das Oberwallis. Wenn das HL hiervon abzuleiten ist, dann dürfte es sich um eine alte, nicht mehr lebendige Form handeln. Omli (FaN) Omli (FaN) ist nur ab 1548 in Reckingen als in Omlimatten ‘ in der Wiese der Familie Omli ’ belegt. Jüngere Dokumente von 1838 und 1842 haben Tomilimatten und Thomilimatten, da die ursrpünglich Form wohl nicht mehr verstanden wurde und der Name zu Thomas (als FaN Thomi, laut F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (3, 1840) ursprünglich nur im Kanton Bern verbreitet) gestellt wurde. Es handelt sich im historischen Beleg von 1548 um den gleichen FaN wie unter dem HL O MEN , der wohl zu O HM ‘ Onkel ’ (G R W B 13, 1198 ff.) zu stellen ist. Das Wort ist zwar im Wallis nicht bekannt (SDS 4, 131), dürfte aber als ältere Form, so noch bei einigen Walserorten, bekannt gewesen sein. Der FaN ist ein Diminutiv. Der FaN Omlin ist im F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (2, 1254) für Sachseln und Sarnen im Kt. Obwalden belegt. Onz Onz ist nur 1335 in Agarn als eys onz belegt. Die Rede ist von einem Weingarten. Formal handelt es sich um einen Plural. Es kann sich fast nur um das Numerale lat. UNDECIM ‘ elf ’ handeln (FEW 14, 14 s. v. ŭ nd ĕ cim elf). Die nächstliegende Erklärung wäre, dass es sich um einen Weingarten handelt, der erst um elf Uhr Sonne hatte. Open Open ist nur in den Belegen Opental (FLNK, Kippel, zwei Belege), Oppemtal (FLNK Wiler, gleicher Ort wie ein Opental in Kippel), ts Opemtal (Blatten) und - etwas anders - ts Hoppuntal (Steg) belegt. Vermutlich handelt es sich um eine lexikalisierte präpositionale Konstruktion ob dem Tal (vgl. I D . 1, 68 f. s. v. ob; G RICHTING 1998, 146), die im Fall von Steg durch ein sonst unbelegtes Hoppun ersetzt wurde. Das in Ferden belegte ts Ottental erscheint auch als ts Opemtal, ist also gleich zu verstehen als ‘ ob dem Tal ’ . Alle Flurnamen benennen hochgelegene Orte (alle über 2500 m). Opfer Opfer n. ist nur einmal belegt in der Opfertschuggu (Täsch). I D . (1, 384) kennt das HL nur für das ‘ kirchliche Almosen ’ (I D . 1, 384). G R W B (14, 1293 ff.) kennt eine Reihe weiterer Bedeutungen als SACRIFICIUM etc. Vermutlich ist Opfertschuggu zu verstehen als ein Fels, auf dem man Opfer hätte darbringen können oder ein Felsen, dessen Besteigung ein Opfer darstellte, also metaphorische Benennungen. Beide Deutungen entsprechen aber nicht der Beschreibung “ Kleiner Felsen: Felsecke, unten steil, oben Weg hinein ins Tälchen ” . Opmi (PN) Opmi (PN) ist ein PN, nur belegt in ts Opmisch Hubil ‘ der Hügel des Opmi ’ (Bratsch). Es handelt sich um eine Kurzform des PN Otmar (I D . 1, 605) mit Assimilation des / t/ zu / p/ vor / m/ und der üblichen neutralen Kurzform auf / - I / für Männer; die Endung / sch/ kennzeichnet den Genitiv Singular. Or Or ist nur belegt in Goppisberg als im Haberor. Laut der phonetischen Umschrift ist das / o/ lang. Gwp. meint, der Name heisse ursprünglich im Haberort; vielleicht habe man hier den Maultieren Hafer gegeben. Diese Deutung versucht, den unverständlichen Namen durchsichtig zu machen. Soweit erkennbar, wächst an der Stelle heute kein Hafer; die Höhe von rund 1800 m lässt auch keinen erwarten. I D . (1, 412) gibt mehrere Deutungen von Or, doch kommt keine davon als Flurname in Frage. Da die Deutung unklar ist, bleibt auch die Segmentierung problematisch. G R W B (10, 86) kennt ein Haberrohr “ Hirtenpfeife, Schalmei ” , bezeichnet es aber als (damals) neues Wort im poetischen Kontext. Ob der Name ein HL R OHR aufweist (cf. HL R OHR ), ist sehr unsicher. Insgesamt ergibt sich keine Deutung. Oreletta Oreletta ist nur in Agarn belegt: 1349 Oreletta, 1495 pratum de Lorellieta, 1637 jn der Oriletten. Der Name dürfte zu lat. AURICULA oreille (FEW 25, 988 ss.) und frpr. orollhetta ‘ Petite oreille, oreillete ’ (B RIDEL 1866, 268) passen. B RIDEL erwähnt auch den Pflanzennamen A SARUM EUROPAEUM ‘ Europäische Haselwurz ’ , der allerdings nach L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 96) im Oberwallis nur im Simplongebiet wächst. Das Suffix entspricht diminutivem / - ITTA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287). Es dürfte sich also, wenn die Herleitung stimmt, um einen metaphorischen Ausdruck handeln; das Stück Wiese würde dann einem kleinen Ohr gleichen. Orgelen Orgelen f. ist nur belegt in das Orgelen Lischlj ‘ der kleine sumpfige Boden mit Riedgras, dessen Ertrag der Orgel zu Gute kam ’ (1792, Ulrichen). Das HL ist zu schwdt. Orgele f. ‘ Orgel ’ (I D . 1, 447) und wdt. Oorgela (G RICHTING 1998, 147) zu stellen. Das URNB führt den Namen auf die erhöhte Lage des Grundstückes gleich der Kirchenempore mit Orgel zurück (URNB 2, 880). Im Fall von Ulrichen scheint das nicht zuzutreffen, da ein Lischlj kaum höher gelegen ist; vielmehr dürfte die Pfründe für die Orgel mit Omli (FaN) 319 320 <?page no="165"?> dem Ertrag des Lischlj beglichen worden sein. Etwas später ist Úrselenlischÿ (Ulrichen) belegt (cf. HL U RRSELE ). Die beiden sind wohl aus sprachgeografischen Gründen nicht zum “ Gerstenkorn am Lid ” (SDS 4, 53) zu stellen, da der Typ orgelet im Goms fehlt. Orgilischt Orgilischt m. ‘ der Organist ’ ist erwähnt in dr Orgilischtstuck ‘ das abgeteilte Stück Land des Organisten ’ . Das HL ist zu schwdt. Orgelist, Orgalist, Orgenlist m. ‘ Organist, Orgelspieler ’ , wdt. Oorgelischt, Organischt, Oorgälischt ‘ Organist ’ (I D . 1, 448; G RICHTING 1998, 147) zu stellen. Aus dem Beleg ist nicht zu ersehen, ob es sich um ein Stück Land für den jeweiligen Organisten oder für eine Person handelt, die als Organist bezeichnet wurde. Da aber Kippel auch dr Sigrischtustugg ‘ das abgeteilte Stück Land des Sigrists (Sakristans) ’ kennt, ist anzunehmen, dass es sich um den jeweiligen Funktionsinhaber handelt. Oriaccia Oriaccia ist nur in der Oriaschapass (Zwischbergen, auch FLNK; LT Passo di Oriaccia) belegt. Der Fusspass ist nach der Alpe di Oriaccia und dem Weiler Oriaccia (beide Italien) benannt. J ORDAN (2006, 395) kennt Oriaschgapass (Zwischbergen); die Gwpp. können den Namen jedoch nicht bestätigen. O LIVIERI ( 2 1961; 1965) kennt den Namen von Weiler, Pass und Alpe nicht. Eine Deutung ist deswegen nicht möglich. Orme Orme m. kommt als eys ormes ‘ bei den Ulmen ’ (1355, Agarn; 1563 dys ormes), dÿss ormes ‘ bei den Ulmen ’ (1691, Leuk) und eys ormez ‘ bei den Ulmen ’ (1355, Turtmann) vor. Es ist zu frz. orme m. ‘ Ulme ’ , aus lat. Ŭ LMUS m. (f.) (FEW 14, 5 ff.; B OSSARD / C HAVAN 2006, 174) zu stellen. Belegt sind nur Pluralformen. Ornavassu Ornavassu ist als Ornavasso der Name eines adligen Geschlechtes aus Oberitalien. Durch die Heirat mit Mathilde von Aosta, deren Familie seit 1249 das Vizedominat von Naters innehatte, wurde Jocelin von Ornavasso 1275 Viztum von Naters. Von den Aosta erbte er den wuchtigen Wohnturm in Naters (1899 in ein Schulhaus umgebaut) sowie Grund- und Herrschaftsrechte im Simplongebiet und im Goms. 1285 gingen Amt und Besitz an seinen Bruder Guido über und um 1300 an dessen Sohn Jocelin (nach B. Truffer: https: / / hls-dhs-dss.ch/ de/ artickles/ 023915/ 2009-10-27[18.12.2020; IW]). Der Ornavassuwäg (FLNK) in Naters erinnert an diese Familie. Zugleich ist der Ort Ornavasso im Valle d ’ Ossola eine alte Walsersiedlung, die von Naters aus besiedelt wurde. Ort Ort, Pl. Eerter n. ist zu schwdt. Ort, Pl. Ort, Örter, n. zu stellen, in FlN zur Bezeichnung einer rechtlichen Grenze oder eines äussersten Teils einer Stelle ‘ Ecke, Ende, Rand, Spitze ’ , mhd. ort n./ m., die Grundbedeutung war ‘ Spitze, Ecke ’ (Z INSLI 1984, 577; I D . 1, 480 ff., bes. 482; TGNB 2, 2, 420). In Komposita mit Pflanzennamen im Bestimmungswort sind wohl Gärten gemeint. Das Simplex erscheint in den Formen ts Oord (Saas- Almagell, Saas-Fee), am / äm / em Oord (Ausserberg, Ferden, Steinhaus, Zermatt), Ort (1399, Ried-Brig; 1396 Steg), das Ort (1305, Baltschieder; 1541 Bürchen), jm Ort (1436 u. später, Ernen; 1616 u. später, Raron) und jm Ortt (1507, Grächen). Soweit erkennbar, handelt es sich meist um abgelegene Stellen. Einen seltenen Plural t Orte (FLNK Orte) weist Gluringen auf, einen Plural des Diminutivs t Eertjini ‘ die kleinen Orte ’ (Bratsch); hierzu gehören die auf dem Gebiet von Gampel liegenden Eertjinitschuggä ‘ die Felsen bei den kleinen Orten ’ . Attributive Adjektive zum HL finden sich in das Bos o ᵉ rtt ‘ der böse Ort ’ (1527, Naters), vermutlich ein abgelegener, unfruchtbarer Platz, sowie am Fodren Ort ‘ am vorderen Ort ’ (1643, St. Niklaus), im Lengen Ohrt ‘ am langen Ort ’ (1791, Bellwald), ts Uister Ord ‘ der äussere Ort ’ (Ferden), am Undren Ort ‘ am unteren Ort ’ (1529, Binn) und an Fodren Ortt ‘ am vorderen Ort ’ (1577, Stalden). Vorangestellte Genitive zum HL sind: jn Bethen Ordt ‘ am Ort der Beth (PN) ’ (1565, Turtmann) und Martisbergero Orth ‘ der Ort der Leute von Martisberg ’ (1573, Martisberg). Als Grundwort in zweigliedrigen Komposita erscheint das HL primär im Typ Hanf-Ort ‘ Hanf-Garten ’ und zwar als t Häifeerter ‘ die Hanfgärten ’ (Eggerberg), Haifortji ‘ der kleine Hanfgarten ’ (Eggerberg), in den Hanfertren ‘ in den Hanfgärten ’ (1650, Bitsch), bÿ dem Hanffordt ‘ beim Hanfgarten ’ (1716, Visp), Heifort ‘ der Hanfgarten ’ (FLNK, Ried-Mörel). Hierzu gehört auch an den Wercho ᵉ rtern ‘ an den Orten (Gärten), wo Werch (Hanf und Flachs) gezogen wurde ’ (1542, Mund). Vermutlich ebenfalls eine Art Garten sind t Löübeertär ‘ die Laub-Orte (Gebiet, wo Laub gesammelt wurde? ) ’ (Bitsch). Als Bestimmungswort tritt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern auf: Bodu, Haalta, Matta und Stei. Komplexere Formen sind nicht belegt. Oschinu Oschinu ist eine Variante in einem Beleg von 1694 in Bratsch in den Aschinú vel Oschinú. Wie unter HL A SCHINU ausgeführt, legt die Konstruktion einen Plural nahe; es handelt sich um einen Teil eines Weingartens bei Getwing (Weiler von Bratsch). Es dürfte sich wohl um eine Diminutiv-Form des Baumnamens schwdt. Esch, 321 322 Oschinu <?page no="166"?> wdt. Escha, Eschä (Goms), Eescha (Lötschental), Esch ‘ Esche ’ handeln (I D . 1, 568; G RICHTING 1998, 73). Oscht Oscht ist zu Osten m. als Himmelsrichtung ‘ gegen Morgen, östlich ’ , ahd. ō stana, mhd. ō sten ā n zu stellen; es kommt im Namengut nur in jüngeren FlN vor. Die Kurzform Ost ist im Deutschen erst spätmittelhochdeutsch bezeugt (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 674). Die Himmelsrichtung ist jeweils vom Standpunkt des Benennenden aus zu sehen. Belegt ist es als ts Niwland Oscht ‘ das Neuland Ost ’ (Ulrichen; Koordinaten fehlen). Als Bestimmungswort erscheint es in der Oschtgipfel ‘ Gipfelname (4533 m), östlicher Punkt des Liskamms ’ (Zermatt), der Oschtgraad ‘ der Ost-Grat (des Allalinhorns) ’ (Saas-Almagell) und der Oschtviertil ‘ der östliche Viertel (Dorfteil von Agarn) ’ (Agarn). Als Adjektiv erscheint der Öschtlich Geerepass ‘ der östliche Geerenpass (LT Gerenpass; 1: 10000 Östlicher Gerenpass) ’ (Oberwald). Oskar (PN) Oskar (PN) kommt nur im Beleg z Osgisch Egg ‘ die Ecke des Oskar (PN) ’ (FLNK, Staldenried) vor. Es ist zu Osgi ‘ Oskar ’ (I D . 1, 570) zu stellen; im Beleg kommt es im Genitiv Singular vor. B RIGGGER (2017, 316) erwähnt den Vornamen als Osgisch für einen Grossvater. Otolfi (PN) Otolfi (PN) ist ein Genitiv Singular im Beleg in alpe Otolfi ‘ auf der Alpe des Otolf ’ (1232, Ried-Brig). Es handelt sich im einen PN. Bei F ÖRSTEMANN (1, 205) sind Namen dieses Typs als Otolf und ähnlich erwähnt. Ottafa Ottafa f. ist ein rom. Lehnwort zu lat. OCTAVA HORA (I D . 1, 604 s. v. Ottava; G RICHTING 1998, 148 s. v. Ottaafa, Ottafan (Mattertal), Ottaafu ‘ Hütezeit (Alpkühe, nachmittags), Ackerende (unten, Mattertal) ’ ). Der Name bezeichnet nach alter Zeitrechnung die achte Tagesstunde, also zwei Uhr nachmittags, der Zeitpunkt zu dem früher gemolken wurde. Später hat sich das Wort in der Walliser und Walser Mundarten östlich und westlich des Gotthards für die Melkzeiten am Nachmittag, die von Ort zu Ort unterschiedlich ausfallen können, durchgesetzt, aber auch für den eingepferchten Melkplatz oder den nach dem Melken benutzten Weideplatz (Z INSLI 1946, 184 f.; J UD 1945/ 46, 47 ff.; R ÜBEL 1950, 84). G ATTLEN (2007, 245 f.) gibt als Melkzeit zwischen 15 und 16 Uhr an. G RICHTING (1998, 148) spezifiziert für das Mattertal auch ‘ Ackerende ’ . Das Simplex Zer Ottafen ‘ bei der Stelle, wo nachmittags gemolken wurde ’ ist belegt in Bratsch, Erschmatt, Feschel und Guttet; ein Beleg von 1747 beÿ Ottaffen gilt für alle vier Gemeinden; zwei davon haben weitere Belege. Eine falsche Trennung führt zur Form Rotafen (Leuk); die historischen Belege zeigen 1544 u. später zer Ottafen, ab 1711 zum Rottafen, 1722 Zen Rottaffen. Letztere Namenform ist 1681 auch für Erschmatt, 1722 für Feschel belegt. Es handelt sich aber immer um den gleichen Ort. In Leuk gibt es weiter ts Oberrotafu ‘ der obere Teil von Rotafen ’ und ts Unnerrotafu ‘ der untere Teil von Rotafen ’ , sowie der Rotafuchanzil ‘ der Kanzel (m.), vorstehendes Gelände in Rotafen (Ottafen), das einer Kanzel gleicht ’ ; auch diese Namen bezeichnen in etwa den gleichen Ort. Das Simplex Otave (LT Ottafe) ist der Name einer Alpweide in Täsch. In Bitsch gibt es eine Ottovatola ‘ die Mulde bei der Abendweide ’ , die laut Gwp. auch Tabernaggel ‘ Tabernakel ’ heisst. In Brigerbad ist 1560 der Ottaffiertil belegt, also wohl der Teil des Dorfes im Westen (die Sonne steht zur Melkzeit westlich). Im Mattertal ist der Flurname nicht bekannt. Otto (PN) Otto ist nur in an der Ottenmatton ‘ an der Wiese des Otto (? ) ’ (1544, Unterbäch) belegt. Es handelt sich wohl um einen schwachen Genitiv des PN O TTO (cf. I D . 1, 606 s. v. Ötti; nur für Leerau), der jedoch schlecht belegt ist. Öüg Öüg n. kommt nur zweimal in Feschel und Guttet vor. In Feschel ist es als t Öügmattu belegt; dort ist auch die Rede davon, dass die Matte in Guttet Öügschtmatte heisse. In Guttet ist aber 1580 Augmatten belegt. Auf LT heisst die Wiese Teugmatte. Letzteres kann mit Agglutination des femininen Artikels erklärt werden. Der Name Öügschtmatte ist sonst nicht belegt, hingegen ist das HL Ö UGSCHT mehrfach erwähnt. Das HL Ö ÜG ist nur in diesem Kontext belegt und müsste metaphorisch erkärt werden: eine Wiese, die die Form eines Auges hat. Öugscht dagegen würde jene Wiese meinen, die erst im August bestossen wird. Die Sachlage ist aber so unklar, dass keine Deutung gegeben werden kann. Öugscht Öugscht ist ein HL, das zum Monatsnamen A UGUST zu stellen ist: schwdt. Augst, Augste m. Monatsname ‘ August ’ und wdt. Öugschte, Ögschte (Goms), Oigschtn (Lötschtal), Öügschtu ‘ August ’ (I D . 1, 153 f.; G RICHTING 1998, 148). Als FlN zur Benennung von Alpen und Weiden, die im August bestossen werden (RN 2, 380). Belegt sind rund 60 Flurnamen. Der anlautende Diphthong wird unterschiedlich geschrieben, neben dem hdt. Oscht 323 324 <?page no="167"?> Augst sind mehrere Diphthonge enthalten, die von R ÜBEL (1950, 3) behandelt wurden. Das Simplex ist als t Oigschtu (fem.! ) (Ergisch, FLNK Öigschtu) belegt. Die Beschreibung sagt, dass es sich um Wiesen und Äcker handle, die der Sonne abgekehrt und deswegen etwas später reif seien. Es handelt sich um ein Gebiet, dessen Gras erst im August gemäht wurde. Generell wurde das HL verwendet, um die Bestossung oder Nutzung eines Gebietes erst im August zu bezeichnen; die Deutung als ‘ Gebiet im Süden ’ scheint zwar ab und zu vorhanden gewesen zu sein, wurde aber in der Datenbank schliesslich nicht verwendet. Die historischen Belege enthalten alle / g/ , sind also nicht zu Awist oder ähnlich ‘ Schafstall ’ zu stellen. Eine Ausnahme könnte das in Naters 1697 belegte a ŭ f dem Augst Stall sein, das eventuell als ‘ Schafstall ’ zu deuten ist. Das HL tritt sonst nur als Bestimmungswort auf und ist verbunden mit den Grundwörtern Bord, Chumma, Matta, Stall, Tal, Tola, Wang und Weid. Häufig ist der Ausgangspunkt ein Bord oder eine Chumme, die als Alpe dient und erst im August bestossen wurde. Von diesen Namen ausgehend gibt es komplexere Konstruktionen, teilweise mit Adjektiven wie t Chleini Öügschtchumma und di Gross Öügschtchumma (beide Raron). Weiter können danach auch ts Öügschtchummuhoru (Raron), ts Öügschtchummtälli (Saas-Almagell) und weitere Bestandteile der Alpe benannt werden. Auffällig sind auch die Namen von Wasserleiten wie die Augst Borteri (1587 u. später, 1587 Ambolderi) ‘ die Wasserleitung vom / zum Öügschtbord (Bord, das erst im August bestossen wurde) ’ , Öügschtbortery (1768 u. später, Embd), Öügschtbordwasserleita ‘ die Wasserleitung vom Augstbord ’ (Zeneggen) und weitere. Oummli Oummli ist nur einmal in Reckingen 1632 im Oummli belegt. Der Name lässt sich unmittelbar nicht deuten. Am nächstliegenden ist wohl eine verlesene oder verschriebene Form im Ouwli ‘ bei der kleinen Aue ’ , wobei Aue sowohl eine kleines Stück Schwemmland, wie ein weibliches Schaf sein kann. Owlig (FaN) Owlig (FaN) ist zum FaN Owlig, Owling, Owlingz, Ouwling, Ouwlig, zen Owligen, Ovlig, Ovlinger, Aovling, Aulig zu stellen, einer alten, jetzt erloschene Familie des Oberwallis, die sich in mehrere Zweige teilte (AWWB 189). Sicher hierzu gehören zen Owillinguen ‘ bei den Leuten der Familie Owlig ’ (1320 u.später, Glis) und Owligo Wald ‘ der Wald der Familie Owlig ’ (1697 u. später, Glis). Weniger sicher sind die Belege der Offlich Bodu ‘ der Boden der Familie Owlig ’ (Ried-Mörel) mit historischen Belegen Offligo Boden (1636 u. später), sowie in Offligo Kummen ‘ in der Chumme (Mulde) der Familie Owlig ’ (1662 u. später, Ried-Mörel) und Ofligú Haús ‘ das Haus der Familie Owlig ’ (1679, Ried-Mörel). In diesen Belegen muss eine Entwicklung von / w/ zu / f/ angenommen werden, die möglich, aber nicht sicher ist. 325 326 Owlig (FaN) <?page no="168"?> P (siehe auch B) Paaji Paaji n. ist als lebender Name ts Paaji in Naters bezeugt; FLNK kennt den Flurnamen als Baji. der Paajichrachu ‘ der Chrache (Tobel) der Paajini (Welsche, hier Italiener? ) ’ (Zwischbergen) enthält das gleiche HL. Paaji, Baaji, Caaji (Leuker Berge) ‘ Welschwalliser ’ (G RICHTING 1998, 149; bei I D . 4, 1100 zu b ā je n ‘ unverständlich reden, kauderwelschen, plappern ’ und dem Plural Bâjini m. Bed. 2: ‘ Spitzname der Bewohner von Einfisch, Siders und andern französisch redenden Orten ’ ) ist belegt; das Benennungsmotiv in Naters und Zwischbergen scheint also ein Ort zu sein, der Menschen gehörte, die seltsam reden (also Welschwalliser und Italiener). Paalini Paalini ‘ die kleinen Schaufeln ’ ist ein Diminutiv Plural, der nur einmal belegt ist: di Paalini (Glis). Es handelt sich ursprünglich um mehrere kleine Äcker unterhalb des Weilers Holz (Glis) an der sog. Briggassa (Gasse nach Brig). Das HL ist isoliert und deswegen unklar. Am nächsten scheint eine Übernahme von lat. PALA ‘ Schaufel ’ aus dem Französischen (pale) oder Italienischen (pala) (cf. REW 6145, FEW 7, 476 und AIS 1427) zu sein. I D . (4, 1147) kennt P ā le(n) f. ‘ Schaufel mit bes. Bez. auf den breiten, flachen Teil derselben; Brotschaufel, womit der Teig in den Ofen geschoben wird; kleine, hölzerne Schaufel, womit der Ball geschlagen wird; Schaufel am Wasserrad; Ruderblatt ’ , doch ist das Wort praktisch nur für Graubünden belegt und wird auf das it. und rätorom. Wort pala ‘ Schaufel ’ zurückgeführt, das auch in RN 227 mehrfach erwähnt wird und dort als ‘ abschüssige Grasfläche, Weide ’ bezeichnet wird. Unser Wort scheint eher die kleine, flache Form der Äcker analog einer kleinen Schaufel zu bezeichnen. In jedem Fall ist es aber im Oberwallis isoliert, cf. aber HL P ALA . Paatisch (PN) Paatisch (PN) ist nur belegt in ts Paatisch Loch ‘ das Loch des Paati ’ (Varen). Es handelt sich wohl um den Genitiv der Kurzform eines PN wie z. B. Baptist (I D . 4, 1429). Paccot Paccot ist historisch seit 1346 als ol paccot ‘ beim Sumpf ’ in Leuk belegt. In Turtmann erscheint 1333 pons du paccot ‘ die Brücke beim Sumpf ’ . Das HL ist zu frpr. paccot m. ‘ Schlamm, Schmutz, Sumpf ’ (FEW 7, 475; B OSSARD / C HAVAN 2006, 75) zu stellen. Pachje Pachje ist als lebender Name di Pachje in Salgesch bezeugt. Die übrigen Belege sind historisch: in die obere Pachié (1767), Pachjen Brücke (ca. 1880), Pachjen Galachtren (ca. 1880) und die Pachjen … Strasse (ca. 1880). T AGMANN (Ms., 83 ff.) führt es auf spätlat. PASCUARIUM zurück; M ATHIER (2015, 88) stellt es s. v. Pachjä ebenfalls hierzu und deutet es als ‘ Weideland ’ (weitere Literatur bei den zitierten Autoren). Eine ältere Form findet sich beim HL P ASQUIER . Päggler Päggler ist als Päggler (Ergisch, FLNK und LT) belegt. Historisch erscheint 1634 jm Peckler, 1654 jm Pegler, 1742 im Begler und 1852 im Peckler. Das Register verzeichnet unter dem Namen Pägler ‘ Ödland, Weide, Eia, Moss ’ . Auf der Karte handelt es sich heute um ein etwas verbuschtes Stück Land. Die Form Päggler ist weder in I D ., noch in G RICHTING (1998) aufgeführt. Am nächsten kommt ihm der Eintrag Päggeta, Päkkätä (Goms), Päggluta (Mattertal), Päggleta (Schattenberge), Päggläta oder Päggäta, Päggläta (Leuk), Pägglätu ‘ Holzsplitter, Späne ’ (G RICHTING 1998, 149; E GLI 1982, 110 u. 126 f. kennt Pägglete als ‘ Holzabfälle ’ und stellt es versuchsweise zu baggle ‘ mit einem schlechten Messer an etwas herumschneiden ’ (I D . 4, 1073), (was kaum zutrifft). Es würde sich um eine kollektive / ETA / -Ableitung zum Stamm Pägghandeln (S ONDEREGGER 1958, 482 ff.). Das alternative Paagg ‘ Brei (nass, aus Erdreich), Teig ’ (G RICHTING 1998, 149) kommt kaum in Frage, da der Vokal lang ist, während das HL einen Kurzvokal enthält. Das HL bleibt deswegen in VSNB ungedeutet. Painasgga Painasgga erscheint in zwei Formen als Painasca ‘ die ebene Alpe ’ (Zwischbergen, SK Pajanasca Alp, LT Alpe Paianascia, FLNK Paianasca) und Pianasgga. J ORDAN (2006, 381) kennt sie als Pjanaschg, mit verschiedenen weiteren Varianten. Er vermutet eine Ableitung aus it. pianura ‘ Ebene ’ (D EVOTO / O LI 2020, 1597), was wegen der Endung kaum zutreffen kann. Laut P ETRINI (1993, 112) liegt pian oder piano ‘ eben ’ zu Grunde, zu dem auch Ableitungen wie pianasc (Maggiatal) gehören, die unserem HL in der Form von J ORDAN entsprechen. Die alternative Form Painasgga oder Paianasca scheint eine deutsche Umformung von Pjanaschg zu sein, deren Bedeutung unklar ist. Paaji 327 328 <?page no="169"?> Pala Pala ist nur belegt in t Ober und t Unner Pala (Zwischbergen). J ORDAN (2006, 340) kennt die beiden Namen und stellt sie zu it. pala ‘ Schaufel ’ . Der Name wird dialektal in der alpinen Bergnamengebung auch zur Bezeichnung von Steilhängen oder von begrasten Abhängen gebraucht, die bis unter eine Felswand reichen (D EVOTO / O LI 2020, 1509 s. v. pala 2 ). Paläntu Paläntu ‘ Polenta, Gericht aus Mais ’ ist zu schwdt. Polënte n , wdt. Palänta, Poläntu, Paläntu f. ‘ Maiskörner, das daraus bereitete Mehl, Gericht, Brei aus Maismehl ’ (I D . 4, 1182; G RICHTING 1998, 149) zu stellen. Das HL ist nur belegt in der Paläntuplatz ‘ der Platz, wo man Polenta (Gericht aus Maismehl) kochte ’ (Gampel); der Platz befindet sich auf 1551 m ü. M. in einem Felsen mit kleinem Boden. Das it. Wort polenta geht ursprünglich auf lat. POLENTA ‘ Gerstengraupen ’ zurück (D EVOTO / O LI 2020, 1630). Palete Palete ist in Varen als di Pálete ‘ die kleine Schaufel ’ (wohl nach der Form des Grundstücks) belegt. Historisch erscheint 1649 in den Paleten, 1649 in den Palete, 1665 en Pallette, 1699 in die Palette, 1741 in die Paletten. Es ist zu fr. pala f., dim. palet(t)e ‘ Schaufel ’ (FEW 7, 476 ff.; B RIDEL 1866, 275 s. v. Paletta; B OSSARD / C HAVAN 2006, 18) zu stellen (cf.HL P AALINI ). Palionascha Palionascha ist nur 1461 in Zwischbergen als Palionascha belegt. Mangels näherer Angaben lässt sich der Name nicht deuten. Pallischji Pallischji n. ist nur einmal als ts Pállischji (Täsch, FLNK Palischji) belegt. Das HL ist sonst nicht belegt. Nahe dabei befindet sich das Plischi (FLNK), das in der Datenbank zu Pallischji gestellt wird, wohl aber zu schwdt. Lisch und wdt. Lischa, Lischä (Goms), Lischu ‘ Schilf, Riedgras ’ (I D . 3, 1459; G RICHTING 1998, 128) zu stellen ist, mit anlautendem P( E )-. Wie L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 1384 - 1428 s. v. C AREX ) ausführen, ist diese botanische Oberart sehr weit und in unterschiedlichen Unterarten verbreitet. Pallischji dagegen ist nach BENB (1, 4, 173) zu Palesse, ein Rebstück bei Ligerz zu stellen, das in der Anmerkung auf lat. PALICIUM ‘ Holz-, Palisadenzaun ’ mit regulärer Entwicklung zu frpr. palesse zurückgeführt wird. Das HL P ALLISCHJI in Täsch ist wohl ein Diminutiv hierzu, also wohl zu deuten als ‘ der kleine Zaun ’ , obwohl in der Beschreibung kein Zaun erwähnt wird. Palma Palma f. ‘ Palme ’ wird an einigen Orten im Oberwallis für den Wacholder (J UNIPERUS COMMUNIS ) verwendet (M ARZELL 2, 1087 - er erwähnt Törbel und Lax; I D . 4, 1217 f.). Bei Belegen zum HL B ALMA kann Palma ‘ Palme ’ gemeint sein, etwa üf unner Baume ‘ auf dem Gebiet mit Palmen (Wacholder; J UNIPERUS COMMUNIS ) ’ (Blitzingen) (laut Gwp.). L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 92) geben als Verbreitung die ganze Schweiz an. Palma wird als Gegenstück zum hdt. Palme verwendet! Panorama Panorama n. ist nur in Panoramabriggu ‘ Panoramabrücke ’ (Saas-Almagell) und Panoramawäg ‘ Panoramaweg ’ (Ernen) belegt. Auf der interaktiven Landeskarte ist Panorama auch für Naters belegt; es bezeichnet eine Flur direkt uterhalb der Strasse nach Blatten am Ausgang des Dorfes Naters. Das HL ist eine Neubildung aus dem Griechischen und meint heute im Deutschen ‘ Ausblick, Rundschau ’ (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 680). Panter Panter kommt nur einmal in di Panterflüe (St. Niklaus) vor. Am nächstliegenden ist die Annahme, dass es sich um eine Fluh handelt, deren Form oder Farbe an einen Panther erinnert. Zum Lemma Panther siehe G R W B (13, 1424). Eine andere Deutung liegt nicht vor. Paradiis Paradiis n. ist nur als ts Paradiis ‘ das Paradies ’ (Wiler) belegt. Es ist zu schwdt. Parad ī s, Pared ī s n. ‘ Paradies ’ (im alttestamentarischen Sinn), in FlN zur Bezeichnung eines besonders schön gelegenen Ortes oder scherzhaft verhüllend für Orte in wilder, abgelegener Gegend (I D . 4, 1436 f.; URNB 2, 886 f.; LUNB 1, 2, 749 f.) zu stellen. Der Name ist erstbetont. G RICHTING (1998) kennt ihn nicht; hingegen weist G R W B (13,1453) das Wort auf; zur Herkunft siehe dort. Es handelt sich um Wiesen an der Lonza bei Wiler (Lötschen). Paragge Paragge f. ‘ Baracke ’ , auch Paragga ist zu schwdt. Baragg, Baragge f. ‘ Baracke, verächtliche Bezeichnung eines elenden, baufälligen Gebäudes; Soldatenunterkunft ’ , entlehnt aus frz. baraque ‘ Feldhütte ’ und it. baracca (I D . 4, 1437; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 90; G RICHTING 1998, 150) zu stellen. Das Simplex Paragge tritt in Binn auf, Paragga in Eisten. 329 330 Paragge <?page no="170"?> Einen vorangestellten Genitiv findet man in ts Furisch Paragga ‘ die Baracke der Familie Furrer ’ (Baltschieder). Als Grundwort in Komposita tritt das HL in Militeerbaragge ‘ Militärbaracke(n) ’ (Singular in Geschinen, Plural in Oberwald), Gaalgiparagga ‘ die Baracke (einer Firma) im Gaalgi ’ (Baltschieder) und Bärgparagga ‘ die Baracke am Berghang (früher Bleimine) ’ (Ferden) auf. Komplexer ist zer Indru Waldparaggu ‘ bei der Baracke im inneren (taleinwärts liegenden) Wald ’ (Steg). Als Bestimmungswort findet sich das HL in Baraggeschleif ‘ der (Holz-)Schleif bei der Baracke ’ (Lax) und Paragguwäg ‘ der Weg an den Baracken vorbei (? ) ’ (St. Niklaus). Pärätä (PN) Pärätä (PN) ‘ das Gebiet des Perrodus ’ ist nur in Leukerbad (FLNK) belegt und zwar unterhalb des Sportplatzes, R. G RICHTING hat Pärätä auf Blatt 10, Nr. 11 und zwar deutlich nordöstlich oberhalb des Sportplatzes. Trotz der unterschiedlichen Zuordnung handelt es sich wohl um ein grösseres Gebiet, das auf einen früheren Besitzer zurückgeht. Die Deutung ist identisch mit dem in Varen belegten Pärätu (cf. HL P ÄRÄTU ), also ‘ das Gebiet des Perrodus ’ . Der FaN ist in NWWB (1, 196) unter Perroud erwähnt. Pärätu (PN) Pärätu (PN) ‘ der Weinberg des Perrodus ’ , auch Bärätu, ist dreimal belegt: Bärätu (Varen, auch LT und FLNK), der Päretuwäg ‘ der Päretu-Weg ’ (Varen) und der Chlei Pärätuwäg ‘ der kleine Päretu-Weg ’ (Varen). Bärätu selbst ist der Flurname eines Weinbergs. Die historischen Belege haben ou perrotho (1589), jn die Perrotte (1661), Perrotto (1664), jm Perrothun (1667), in Perrotto (1679) usw. Später ändert der Vokal / o/ und wird entrundet; 1794 zu in Perretu. Die historischen Belege zeigen ein Maskulinum; der Beleg von 1661 ist offenbar als Plural gedacht. Es handelt sich entweder um einen PN Perrodus, der im 14. Jahrhundert im ganzen Oberwallis belegt ist (z. B. 1325 Perrodi de Turre, 1331 Perrodus de Turre (beide Niedergesteln), 1342 Perrodum filium Cristini (Albinen)), also ‘ der Weinberg des Perrodus ’ , oder um eine Ableitung von lat. PETRA ‘ Fels ’ (M EYER 1914, 169). B OSSARD / C HAVAN (2006, 64) führen eine ganze Reihe von Orts- und Flurnamen wie Perrey, Perres usw. auf, die zu petra zu stellen sind, doch ist keiner mit einem / t/ in der dritten Silbe dabei. Deswegen ist der PN Perrodus sinnvoller. Die Wege führen in das Gebiet des Perrodus. Der FaN ist unter Perroud (NWWB 1, 196) erwähnt. Pärgola Pärgola ‘ Weinlaube ’ ist zu lat. PERGULA f. ‘ Vorbau, Weinlaube ’ , it. pergola bzw. frpr. b ε rkla, daraus (w)dt. Pergola f. ‘ Vorbau, Laubengang ’ (< 17. Jh.) (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 693; E GLI 1982, 20, 299, 311 ff.; RN 2, 238) zu stellen. Für Branubergla (Salgesch) nimmt M ATHIER (2015, 115 s. v. Pranobergla) eine Zusammensetzung von Pra und dem FaN Berclaz an (AWWB 27) - so auch T AGMANN (Ms. 98 f.) - und bezieht den FaN auf das Appellativ Berkla ‘ Weinlaube, Reblaube, Rebspalier ’ . Der älteste Beleg hat pra de la Berclaz (1845), was eher auf das Appellativ verweist als auf einen FaN. Beide Hypothesen lassen sich mit einem Flurnamen verbinden. Die übrigen Belege beziehen sich auf das Lehnwort Pärgola in verschiedenen Schreibweisen: zen Berggellen (1572, Mörel), zvo Berkelle (1304, Lalden - im Kontext ist von vinee ‘ des Weinbergs ’ die Rede), dye Byell Bergolla ‘ die Weinlaube beim Hügel ’ (1620, Raron), tser Pärkolu ‘ bei der Weinlaube ’ (Visperterminen) und di Pärggolmatta ‘ die Wiese bei der Weinlaube ’ (Eggerberg). Der früheste Beleg von 1304 deutet darauf hin, dass das Lehnwort direkt aus dem Frpr. übernommen und nicht über das Hdt. entlehnt wurde. Pariiser Pariiser ist in ts Pariiserbodi ‘ der kleine Boden wie in Paris (unklar) ’ (Glis) belegt. Pariiser ist hier ein Adjektiv, kann aber auch als Nomen verwendet werden (I D . 4, 1445 mit vermutlich anderer Bedeutung). Laut Beschreibung handelt es sich um eine ebene Wiese zwischen “ Ännerholz ” und “ Holz ” . Auf SK befinden sich hier noch keine Gebäude; heute ist die Gegend überbaut. Das Benennungsmotiv könnte die Ebene sein. Pariser ist im Übrigen auch historisch 1927 unter Nr. 43165 Perischuhubil als ‘ Pariserhübel ’ aufgeführt, gehört aber wohl nur als Falsch-Schreibung zu diesem Flurnamen. Park Park m. ist als Grundwort zu der Steibockpark ‘ der Park mit Steinböcken ’ (Zermatt) - hier beschrieben als ‘ eingezäunter Felskopf ’ - und Tierpark ‘ der Tierpark (in Fiesch neben der Talstation der Luftseilbahn auf die Fiescheralp) ’ (LT, Fiesch) belegt. Als Bestimmungswort erscheint das HL zweimal in der Parkplatz ‘ der Parkplatz ’ (Grächen, Kippel). Während das Grundwort einen Park mit Tieren bezeichnet, ist das Bestimmungswort wohl vom Verb (ein Fahrzeug) parken abgeleitet. Vgl. Park und parken (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 684), die das Nomen aus frz. parc, das Verb aus neu-englisch to park ableiten. Pärätä (PN) 331 332 <?page no="171"?> Parniisa Parniisa f. ist nur als der Parnissachnubil ‘ der Hügel mit Parniise (Rebhühner, Steinhühner) ’ (Hohtenn) belegt. Das HL ist zu schwdt. Parn ī’ s (Pl. Parn ī ser) und wdt. Parniisa f. ‘ Steinhuhn; Rebhuhn ’ zu stellen. I D . führt es auf it. pernice, aus lat. PERDIX zurück (I D . 4, 1596 f.; G RICH- TING 1998, 150; D EVOTO / O LI 2020, 1581). Parnisch (PN) Parnisch (PN) ist nur belegt in in Parnisch Eÿen (1757, Agarn). Es handelt sich vermutlich um einen PN oder FaN im Genitiv: ‘ in der Aue des Parni / der Familie Parni ’ . Vermutlich handelt es sich aber um das 1711 belegte Perrini in in Perinis Eÿen ‘ in der Aue der Familie Perrin ’ (Agarn), cf. HL P ERINI (F A N). Pärrolji Pärrolji ist nur in Ausserberg als ts Pärrolji ‘ die kleine Perle; das kleine Gut der Familie Perren ’ belegt. Laut Gwp. seien dort früher Wohnhäuser gestanden, jetzt nur noch Wiesen und Scheunen. Es handelt sich um ein Diminutiv, vermutlich zu schwd. Bërli, auch Përle n ‘ Perle ’ und wdt. Päärla, Päärlä (Goms), Päärlu ‘ Perle ’ (I D . 4, 1592 f.; G RICHTING 1998, 149). Der Zwischenvokal / o/ verhindert die Dehnung des Stammvokals. Eine alternative Deutung würde das Diminutiv auf einen Besitzernamen zurückführen, etwa eine Form von Perren (NWWB 1, 192 ff.), wobei ein Diminutiv auf - LJI angenommen werden müsste. Da historische Belege fehlen und der Familienname für Ausserberg nicht belegt ist, kann keine Entscheidung getroffen werden. Parrot (FaN) Parrot (FaN) ist nur belegt in die Parrotspitza ‘ die Parrotspitze ’ . Es handelt sich um einen der Gipfel des Monte Rosa (4432 m), benannt von VON W ELDEN (1824, 36) nach J OHANNES F RIEDRICH W ILHELM P ARROT , einem deutschen Physiker und Arzt (1791 - 1841) (J ULEN 1951, 48; W ERLEN 2008, 559). Pärrti Pärrti n. ‘ Loch, Öffnung ’ ist nur als ts Pärrti und ts Unner Pärrti (beide Leuk) belegt. Die ältesten Belege sind 1405 ov Pertnix (Pertiox? , unsicher), 1543 ov Pertui, 1672 ou Pertuit, 1717 im Perthe. Auf LT ist Perti belegt. Der Name ist zu frz. pertuis m. ‘ Loch, Öffnung ’ zu lat. * PERTUSIARE ‘ durchstossen ’ (FEW 8, 285 ff.; B OSSARD / C HAVAN 2006, 256) zu stellen. Parvus Parvus ‘ klein ’ ist nur in parui Zucky`n (? , Saastal) belegt; aus dem Dokument ist klar, dass es sich um einen Plural handelt.. Es geht um das lat. PARVUS ‘ klein ’ , also eine lateinische Übersetzung von chlei / chlii ‘ klein ’ . Das Nomen ist zum HL T SCHUGGE zu stellen: ‘ die kleinen Felsen ’ ; das Adjektiv parui kann kaum volkssprachlich sein, ist also ein gelehrtes Adjektiv. Paryz Paryz ist nur belegt in a saxo de laz paryz ‘ von der Fluh, die wie eine Wand aussieht ’ (Varen). saxum ist vermutlich ein Appellativ, hier als ‘ Fluh ’ übersetzt. la paryz gehört wohl zu lat. PARIES (Akkusativ: PARIETEM ) (cf. FEW 7, 652 f. s. v. paries wand). B OSSARD / C HAVAN (2006, 151) listen Flurnamen wie Parey, Paraz und Pare ‘ [p]aroi de rochers, sommet (Felswand, Gifpel) ’ auf. Das dt. Wandfluh entspricht diesem HL. Der Beleg ist auch unter Nr. 43165 Perischuhubil aufgeführt, gehört aber wohl nicht dorthin. Pas Pas ist zu frz. pas m. ‘ (enger, steiler) Durchgang, Übergang in den Bergen ’ , zu lat. PASSUS ‘ Schritt; Gangart des Pferdes, Fusspur; Durchgang; Stufe, Schwelle ’ (FEW 7, 736 ff.; B OSSARD / C HAVAN 1986, 256) zu stellen. Das HL ist dreimal belegt als der Padöböff ‘ der Pas de boeuf (Ochsenpass) ’ (Oberems), Pas d ’ Illsee ‘ der Illsee-Pass (LT), (Pass beim Illhorn Richtung Chandolin) ’ (Leuk) und historisch als ou paz de laschyrina ‘ der Saumpass gegen Abend (Westen) ’ (unsicher) (1566, Leuk). Ein pas ist im Gebirge nur ein Saumpass, kleiner als ein eigentlicher col ‘ Pass ’ . Päschäring Päschäring ist als lebender Beleg für Albinen nur bei M ATHIEU (2006, 13) bezeugt. Ein historischer Beleg jn Zeschering (1761) meint vermutlich den gleichen Ort. Beide Formen deuten auf romanischen Ursprung. Ohne weitere Belege lässt sich nichts Genaues sagen; am ehesten liegt eine Diminutiv-Ableitung auf lat. / - INA / zum Verb * PASSARE ‘ durchgehen ’ (FEW 7, 707 ff., bes. 715) vor, also etwa ‘ der kleine Durchgang ’ (vgl. B OSSARD / C HAVAN 2006, 138 s. v. Passière). Die Schreibform von 1761 ist entweder ein Lesefehler oder verschrieben. Päschta Päschta ist als di Päschta (Zwischbergen; SK Päste, LT und FLNK Pästa) belegt, eine Alpe im Laggintal. Daneben ist in der Datenbank auch der Päschtuwald ‘ der Wald bei der Päschta ’ genannt. J ORDAN (2006, 233 f.) kennt Päschta, Päschtusand, Päschtuschtäg, Innärs Päschtusand, Uissärs Päschtusand, Päschtugrabu, Päschtuwaald, Uissrä Päschtuwaald, Indru Päschtuwaald. Er vermutet italienische Herkunft, da die Alpe früher Italienern gehörte (J ORDAN 333 334 Päschta <?page no="172"?> 2006, 233). Das HL ist wohl zu it. pesta Pl. ‘ Spur ’ (cf. D EVOTO / O LI 2020, 1589) zu stellen, wohl in Bezug auf den Fussweg an der Laggina (Bach im Laggintal). Pasquier Pasquier ‘ Weideland ’ ist nur historisch erhalten und zu rom. Pa(s)quier u. ä., zu lat. PASCUUM ‘ Weide ’ (FEW 7, 704 ff.; B OSSARD / C HAVAN 1986, 140), resp. der Ableitung PASCUARIUM zu stellen. Das Simplex ist als ol pasquier (1335 u. später, Agarn und Salgesch), und ou pasquyer (1346, Varen) belegt. Glis hat 1279 de pascua, 1320 u. später dann pasquyer. In Salgesch sind weiter belegt 1630 ÿ pasquier jnferioribus ‘ in den unteren Weiden ’ und 1594 u. später eys licstes deys pasquier ‘ die langgezogenen Stücke Weideland ’ (cf. HLL P ACHJE und L ISTES ). Pass Pass ist zu schwdt. Pass m. wie nhd. ‘ Durchgang, Übergang (im Gebirge) ’ , aus mlat. PASSUS ‘ Engpass im Gebirge und in Wegen ’ (I D . 4, 1655 ff.; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 686; G RICHTING 1998, 150; URNB 2, 888 ff.) zu stellen Das HL kommt fast nur als Grundwort in rund 100 Belegen vor. Neben den bekannten Pässen Furgge (Furka), Gemmi, Gries, Grimsel, Nufenen und Simplon sind meist Übergänge von einem Tal in ein anderes gemeint. Die Namen beziehen sich auf den Ausgangs- oder Zielort oder auf naheliegende Fluren oder Gipfel. So gibt es der Adlerpass, der vom Mattertal ins Saastal führt, am Adlerhorn vorbei (Zermatt, Saas-Almagell), der Alaliinpass (Täsch) oder der Aleliinpass (Saas-Almagell) ebenfalls vom Mattertal ins Saastal am Allalinhorn vorbei und viele andere mehr. Solche Pässe sind Fusspässe im Hochgebirge, wie auch etwa der Fluchtpass beim Fluchthorn (Saas-Almagell). Manche der Pässe führen nach Italien, wie die verschiedenen Pässe in Zwischbergen: der Andollapass ‘ der Pass zur Andolla-Alpe ’ (Zwischbergen, LT Passo d ’ Andolla), der Oriaschapass ‘ der Pass zur Alpe von Oriaccia ’ (Zwischbergen. LT Passo di Oriaccia), der Potimmiapass ‘ der Pass bei der Alpe Pontimia (Zwischbergen) ’ (Zwischbergen, LT Passo di Pontimia), der Büsingpass ‘ der Pass zur Alpe Büsing ’ (Zwischbergen, LT Passo del Büsin), der Ragozzapass ‘ der Ragozza-Pass ’ (Zwischbergen; kleiner Pass noch auf Schweizer Seite bei der Bochetta Gattaschosa), der Russupass ‘ der Pass bei der Cima del Rosso ’ (Zwischbergen, LT Passo del Rosso), der Wallaropass ‘ der Pass nach Vallaro ’ (Zwischbergen, benannt nach der Kleinsiedlung Vallaro in Italien) ’ - nicht erfasst wurden hier weitere Pässe, die vom Zwischbergental in andere Oberwalliser Täler führen. Ausser den Pässen nach Italien gibt es einige in den Kanton Bern, neben dem Grimselpass (Oberwald) etwa der Gemmipass (Leukerbad) oder der Trützipass ‘ der Pass von der Alp Trützi über den Aargrat in den Kanton Bern ’ (Geschinen), den Kanton Uri, wie der Dammapass ‘ der Dammapass (Pass zwischen Dammastock und Rhonestock von Oberwald nach Uri) ’ (Oberwald) und der Mutpass ‘ der Mutpass (LT Muttpass) bei den Muttenhörnern (benannt nach Mutten im Kanton Uri) ’ (Oberwald) und den Kanton Tessin mit der Nufenepass ‘ der Nufenenpass ’ (Ulrichen) und der Ggornopass ‘ der Pass, der ins Val Corno (Horn) ’ (Ulrichen) führt. Als frpr. Element ist der Traguipass ‘ der Pass oberhalb der Alpe Tracuit (LT Col de Tracuit) ’ (Oberems) belegt. Fast überall lassen sich noch weitere Pässe aufführen. Neben den zweigliedrigen Komposita gibt es auch eine Reihe von komplexeren Konstruktionen: Alt Nufenepass ‘ der alte Nufenenpass (heutige Strasse ist nordöstlich davon) ’ (FLNK, Ulrichen), der Breithorepass ‘ der Pass unterhalb des Breithorns ’ (Zermatt), der Breithorupass ‘ der Pass beim Breithorn ’ (Simplon, Zwischbergen), Chaltwasserpass ‘ der Pass beim Kaltwassergletscher ’ (FLNK und LT, Ried-Brig; SK Kaltwasserpass), Chaschtlertellipass ‘ der Pass ins Chaschtlertelli (kleines Tal beim Chaschtler) ’ (FLNK u. LT, Niedergesteln) und viele andere mehr. Mit attributiven Adjektiven sind besonders der Öschtlich und der Weschtlich Geerepass ‘ der östliche und der westliche Gerenpass ’ (Oberwald) und Hinter Allalinpass ‘ der Pass über dem hinteren Allalingrat ’ (FLNK u. LT, Saas-Almagell) zu erwähnen. Speziell ist auch Waldesertapass ‘ beim Pass ins Val Deserta (Deserta- Tal in Italien) ’ (Binn). Nur ganz seltene Belege weisen das HL als Bestimmungswort auf: di Grimselpassheeji ‘ die Höhe des Grimselpasses ’ (Oberwald), Lötschepasshütte ‘ die bewartete Hütte auf dem Lötschenpass ’ (Ferden). Ein Diminutiv ist nur einmal belegt: ts Galupassji ‘ der kleine Pass oberhalb des Galenbergs (begraster Berghang) ’ (St. Niklaus). Neben dem HL P ASS werden auch die HLL F URGGA und J OCH häufig für Bergübergänge verwendet. It. ist das HL P ASSO , frz. HL P AS und C OL . Passeraub (FaN) Passeraub (FaN) ist nur belegt in ts Passeröitsch Acher ‘ der Acker der Familie Passeraub ’ (Erschmatt). Der FaN Passaraub, Passeraub ist als Familie von Erschmatt und Bratsch (AWWB 191) belegt. Passo Passo ist zu it. passo m. ‘ Pass, Übergang in den Bergen ’ (D EVOTO / O LI 2020, 1547 s. v. passo 2 ) zu stellen (cf. HL P ASS ). Die belegten Namen befinden sich entweder auf der Grenze zum Kanton Tessin: Passo dei Sabbioni (LT, Pasquier 335 336 <?page no="173"?> Oberwald; FLNK Passo del Sabbioni), benannt nach einem Gebiet auf der Tessiner Seite (cf. HL S ABBIONI ), und den daneben liegenden Passo Superiore di Pesciora und Passo Inferiore di Pesciora (LT, Oberwald), die beide neben dem Pizzo Pesciora liegen (cf. HL P ESCIORA ), oder der Grenze zu Italien. In Binn sind belegt: Passo della Rossa ‘ Rotpass ’ (FLNK, LT) neben der Punta della Rossa ‘ Rothorn ’ (LT), Passo di Cornera (it. Name für Chriegalppass) neben dem Pizzo Cornera (dt. Gischihorn), beide wohl zu Corno ‘ Horn ’ (P ETRINI 1993, 92), Passo di Valdeserta ‘ der Pass hinüber zur Alpe di Valdeserta ’ . In Ried-Brig gibt es den Passo Terrarossa ‘ der Pass bei der roten Erde ’ , (LT), der beim Wasenhorn (it. Punta Terrarossa (LT) durchführt, der ‘ Spitze mit der roten Erde ’ . In Zwischbergen sind belegt Passo Alto ‘ der hohe Pass ’ (LT), Passo d ’ Avino ‘ der Pass von Avino ’ , ein Name auf it. Seite (cf. HL A VINO ), Passo del Rosso ‘ der Rosso-Pass) bei der Cima del Rosso ’ Passo di Monscera ‘ der Pass hinüber zur Alpe di Monscera ’ (LT; FLNK, Monscheerapass), Passo Fnè ‘ der Pass Fnè ’ (LT, auch J ORDAN 2006, 293) und Passo Ggarneera ‘ der Pass bei der Garneera ’ (Zwischbergen; FLNK, Garneerapass, auch J ORDAN 2006, 300) neben dem Monte Carnera (heute Monte Valgrande) oberhalb eines Gebietes Carnera (J ORDAN 2006, 300 Garneerä) (cf. HL G GARNEERA ). In Saas-Almagell sind belegt: Passo di Antigine (dt. Ofentalpass) beim Pizzo di Antigine (dt. Spechhorn), wohl nach einem Gebiet in Italien benannt, Passo di Camposecco, der sich oberhalb des Gletschers von Camposecco befindet, bei einem Gebiet Camposecco (cf. HLL C AMPO und S ECCO ) auf it. Gebiet, Passo di Cingino (dt. Jazzilücke) zwischen Pizzo Cingino Nord (dt. Jazzihorn) und Pizzo Cingino Sud, benannt nach der Alpe Cingino (cf. HL C INGINO ). In Zermatt ist Passo di Ventina Sud (LT) belegt, ebenso wie Passo di Ventina Nord (LT) (cf. HL V ENTINA ). Die Namengebung erfolgte teilweise von italienischer Seite her, teilweise wohl von den Kartografen. Das HL meint aber immer einen ‘ Pass, Übergang in den Bergen ’ . Pastor Pastor ‘ Hirte ’ ist nur 12? ? und 1320 in Termen als Cristam pastorum ‘ beim Hügel der Hirten ’ belegt. Vermutlich ist dies die lat. Übersetzung eines Namens, der auf deutsch jedoch nicht vorliegt. Pastours Pastours ‘ die Weiden ’ ist 1328 in Ergisch als eys Pastours und eys Postours belegt. In beiden Fällen scheint es sich um eine kleine Alpe (l ’ Alpeta) zu handeln. Der Beleg gehört zu lat. PAST Ū RA ‘ Weide ’ (FEW 7, 763), ist aber im FEW nicht verzeichnet. B OSSARD / C HAVAN (2006, 140) führen den ähnlichen Typ PASCUUM ‘ pâturage ’ (Paquier etc.) auf; am nächstliegenden könnte das von ihnen belegte Patier (VS) zum vorliegenden HL passen. Pater Pater ist als Paterwäg (FLNK, Ried-Brig; auch 1: 10000) im Tal der Taferna belegt. Es ist unklar, welche Patres (geistliche Ordensangehörige) hier gemeint sind; es gab in Brig die Jesuitenpatres und auf dem Simplon die Chorherren von St. Bernard. Paterwe Paterwe ist 1589 für Leuk im Beleg in pra paterwe (mit unsicherer Lesung) bezeugt. pra ist ‘ Wiese ’ . paterwe ist am ehesten zu putarwa ‘ schlechter Weg ’ (T AGMANN 1946, 64) zu stellen, das für Cordona belegt ist. T AGMANN führt es auf put, putta ‘ schlecht, hässlich ’ aus lat. PUTIDA und rwá ‘ Weg ’ (M EYER 1916, 171) zurück. Der Name ist also zu deuten als ‘ die Wiese beim schlechten Weg ’ . Patiänza Patiänza f. ‘ die Blacken (französisch: patience sauvage) ’ ist nur in di Patiänza (Glis) belegt, wo es Wiesen östlich des Weilers Holz bezeichnet. Dem HL liegt der französische Pflanzenname patience (sauvage) ‘ Blacke ’ (R UMEX OBTUSIFOLIUS , cf. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 290) im dialektalen Plural zu Grunde (FEW 5, 168 s. v. lapathium sauerampfer). Die Aussprache mit / t/ an Stelle des französischen / s/ ist wohl schriftsprachlich. Patiljott Patilljott n. (mit Endbetonung) ist der Name einer Flur in Visperterminen, wozu di Patiljottschugge ‘ die Felsen beim Gebiet Patiljott ’ und ts Patiljotwägji ‘ der kleine Weg durch das Gebiet Patiljott ’ gehören. Es dürfte sich um eine Weiterbildung auf / - OT / n. zu Patillu (cf. HL P ATILLU ) handeln; die Endbetonung deutet auf eine romanische Ableitung. E GLI (1982, 290 u. 309 ff.) notiert zwar keine derartige Ableitung; B OSSARD / C HAVAN (2006) erwähnen aber das Suffix / - OTTU ( M )/ mit einer diminutiven Bedeutung. Daraus lässt sich schliessen, dass der Name ungefähr ‘ das Gebiet, das aussieht wie ein kleines Trinkfass ’ bedeutet. Patillu Patillu f. ‘ Holzfässchen ’ ist zu schwdt. Batílle n , wdt. Batilla ‘ kleines Weingefäss, Holzfässchen, dergleichen die Fuhrleute und Säumer mit sich führen ’ , ‘ Trinkfässchen aus Holz ’ zu it bottiglia ‘ Flasche ’ (I D . 4, 1805; G RICHTING 1998, 32 f. und 150) zu stellen. Es ist belegt in ts Patilluloch ‘ das Loch, wo man das Trinkfässchen aus Holz füllen kann ’ oder ‘ das Loch, das einem Trinkfässchen aus Holz gleicht ’ (Stalden). 337 338 Patillu <?page no="174"?> Patrii Patríí ‘ Batterie ’ f. ist nur in di Patríí ‘ die Batterie ’ (Simplon) belegt. J ORDAN (2006, 119 f.) kennt Patrii und als Variante zu Unnärs Louwwigrabunegg auch Patriiv ͦ heer. Es handelt sich um den Dorfteil von Simplon beim Fletschorn im Südosten des Dorfes. Nach A RNOLD (1984 [1947], 154) hätten hier Österreicher 1815 unter dem General Bubna ihre Kanonen aufgestellt. Der Name ist zum urspr. frz. batterie (d ’ artillerie) ‘ Reihe der Geschütze ’ und dt. Batterie im gleichen Sinn (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 96) zu stellen. Patrull Patrull ist nur belegt in di Patrullaarba (Zermatt). Nach J ULEN ET AL . (1995, 210) bezieht sich der Name auf eine Arve, bei der eine französische Patrouille 1798 niedergemacht wurde. Patrull ist zu schwdt. Patroll, Patrulle(n), Patrulie(n) f. ‘ Patrouille ’ (I D . 4, 1807) zu stellen; G RICHTING (1998) kennt das Wort nicht. Inwieweit die Namensmotivation heute durch die Patrouille des Glaciers, einen Hochgebirgswettlauf der Schweizer Armee von Zermatt (bzw. Arolla) nach Verbier (www.pdg.ch[gs/ 04.10.10]) ersetzt ist, bleibt unklar. Patschi Patschi ist nur als di Patschini (Bitsch) und Patschiwald (FLNK, Bitsch; 1: 10000 Batschiwald) belegt. Das HL kommt sonst nicht vor. Es gehört am ehesten zu Patsch; Pätsch, Batsch m. ‘ Schall eines Schlages, Falles; klatschender Schlag, Fall, z. B. von einem flach ins Wasser fallenden Gegenstande ’ , ‘ breit geschlagene, formlose Masse, Klumpen, z. B. von Teig, Kot, Schnee, geronnenem Blut u. ä. ’ , ‘ Masse, Haufen, Menge ’ , ‘ Unterlage (unter Tragriemen, Kindbettchen), Lappen ’ (I D . 4, 1425). Der Plural Patschini weist wohl auf die dort wachsenden Lärchen hin; das HL ist aber so nicht belegt. Paueret Paueret ist nur einmal 1669 für Leuk als im Paueret belegt. Trotz der deutschen Präposition liegt ein frz. oder frpr. Name eines Ackers vor. Wenn / au/ als / o/ zu lesen ist, wäre zu vergleichen Boveret, das laut B OSSARD / C HAVAN (2006, 187) mit dem Suffix / - ARICIU ( M )/ gebildet wurde und ‘ die Rinderweide ’ bedeutet. Paulus (PN) Paulus (PN) ist nur 1639 in Unterbäch als in Paulus Matten ‘ in der Wiese des Paulus ’ belegt. Der PN ist zu Paul(us) (I D . 4, 1157 f.) zu stellen. Pausset Pausset erscheint 1804 als beim Paússet in einem Beleg, der sowohl Leuk wie Salgesch zugeordnet ist. Es handelt sich wohl um eine Grenze zwischen den beiden Gemeinden. Der Name ist nicht ganz klar, da 1804 ein bestehendes / ou/ auch als hdt. / au/ geschrieben werden kann. T AGMANN (1946, 3) führt die verschiedenen bei ihm belegten Namen auf ein Verbalsubstantiv zu frz. pauser ‘ ausruhen ’ zurück. Eine maskuline Ableitung auf / - ITTU ( M )/ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) bezeichnet eine kleine Ruhestelle. Payno Payno ist nur 1745 als in Payno (Zwischbergen) belegt. Es handelt sich um das heute so geschriebene Paglino (Italien), so nach R. A RNOLD (p. c.), der eine Reihe von Notizen aus den Taufbüchern von Gondo hat: 1667 Palgino, 1694 loco Paglini, 1706 de Palino, 1708 ex Palyno, 1716 bis 1841 Paino (fünf Mal)). O LIVIERI ( 2 1961, 399) kennt Paìna und erwähnt it. paglia ‘ Stroh ’ ; O LIVIERI (1965, 250) stellt Pagliaro zu ‘ Bauten, die der Aufbewahrung von Stroh dienten ’ . D EVOTO / O LI (2020, 1508) haben it. paglia ‘ Stroh ’ . Ob die Deutung auch für Paglino, bzw. Payno, gilt, ist unklar. Pe Pe ist nur belegt in di Periebe (Unterbäch), mit der Betonung auf der zweiten Silbe. LT notiert ebenfalls Periebe, FLNK hat Parieba, offenbar ein Singular. Zu vermuten ist, dass sich der Name aus einem Präfix / BI -/ BE -/ , dem vokalischen Vorschlag zum anlautenden / r/ und dem HL R IEBA (cf. HL R IEBA ) gebildet hat. Bi-Rieba ist sonst nicht belegt, dürfte aber ein Kollektiv darstellen. Die Deutung von Rieba ist unklar (am ehesten ‘ geripptes Gelände ’ ). Pe ist hier also kein selbständiges HL, sondern vermutlich das Präfix / BE -/ BI -/ , wie beschrieben. Parieba (FLNK) ist eine Rekonstruktion des Singulars aus dem nicht mehr verstandenen pluralen Periebe. Pede Pede ist vermutlich zu lat. P Ē S , PEDIS fuss (FEW 8, 293 ff.) zu stellen; es kommt immer als in pede vor. Historisch ist es in vier Belegen bezeugt: in pede de la Giety ‘ am Fuss der Gieti (Voralpe (frpr.) ’ (1548 und 1631, Albinen), in pede dou mares ‘ am Fuss des Sumpfgebietes ’ (1353 u. später, Salgesch), in pede dov Perty ‘ am Fuss des Loches ’ (1495, Salgesch) und jn pede de la Pierra ‘ am Fuss des Felsens ’ (1579, Salgesch). in pede wurde hier wörtlich als ‘ am Fuss von ’ übersetzt, dürfte aber einfach ‘ unten ’ heissen. Die Form in pede ist etwas überraschend, vermutlich lateinisch, denn sonst würde pyá ‘ Fuss ’ (e. g. G ERSTER 1927, 58) oder ähnlich erwartet. Patrii 339 340 <?page no="175"?> Peetschig (PN) Peetschig (PN) ist nur in Peetschig ‘ das Stück Land des Peter ’ (Eggerberg) belegt, das historisch 1859 als im Petschig erscheint. Es dürfte sich zum PN oder FaN Peter oder seinem Diminutiv Peetschi, mit einer kollektiven / - IG / -Ableitung, stellen lassen. Während die Personen- und Familiennamen Peter (cf. HL P ETER (PN)) und Petrig (AWWB 194) mehrfach belegt sind, fehlt zwar Peetschig, muss aber wohl hierzu gestellt werden. Peisch Peisch ist nur als Bestimmungswort in Peischchumma (LT), t Obri und t Undri Peischchumma (alle Ausserberg) belegt. Historisch erscheint der Name 1729 auff der Peschkummen. Am nächsten kommt dem HL das Verb beiste n ‘ schwer, stossweise atmen, keuchen, stöhnen, ächzen, jammern ’ (I D . 4, 1793), wenn angenommen wird, dass das auslautende / t/ an das folgende / x/ assimiliert wurde. G RICHTING (1998, 152) kennt zwar das Verb nur als piischte, piischtä (Goms), biischtä (Lötschental), piischtu ‘ keuchen, seufzen, klagen ’ . I D . (4, 1793) nimmt jedoch an, dass der Vokal ein altes / ei/ sei, im Ablautverhältnis zu piischte. Zu verstehen wäre der Name dann als Chumme, deren Ersteigung einen keuchen lässt. Peleryn (PN) Peleryn (PN) ist nur einmal in la comba peleryn ‘ die Mulde des Peleryn ’ (1375, Varen) belegt. Es handelt sich um den PN Peleryn (W. M ÜLLER , p. c.), der aus lat. P Ĕ R Ĕ GR Ī NUS freund (FEW 8, 232 ff.) mit Liquidendissimilation abgeleitet wird. Pelline Pelline ist - zusammen mit Val ‘ Tal ’ - in den beiden nur auf LT belegten Col de Valpelline und Tête de Valpelline (beide Zermatt) belegt. Das Tal und die Gemeinde Valpelline liegen nördlich von Aosta. J ACCARD (1906, 487) führt den Namen auf lat. VALLIS PENNINA ‘ das Penninische Tal ’ zurück; lat. A LP Ē S P OEN Ī NAE ist der Name für die südlichen Alpen des Wallis, der MONS POEN Ī NUS ist der Grosse St. Bernhard, auf dem ein ursprünglich keltischer Berggott des gleichen Namens verehrt wurde (laut https/ / hls-dhs-dss.ch/ de/ articles/ 00852/ 2009-02/ 23/ [12.03.2019; IW]). Pelnea Pelnea ist nur 1544 in Leuk belegt als ad pelnea. Es handelt sich vermutlich um eine Falschschreibung zu lat. BALNEA ‘ Bad ’ , das sich auf Leukerbad bezieht. Pen Pen ist nur zweimal historisch belegt als Pen Akere (1302, Mund), wobei die Lesung unsicher ist und auch Fen heissen könnte, und 1527 in Naters als das Ben Mettilti. Die in I D . belegten Ben (4, 1288) (für ein Öl, das aus dem Meerrettichbaum (Moringa oleifera) gewonnen wurde) und P ē n ‘ Marter ’ (4, 1286) kommen kaum in Frage. Die Alternative Fen (für Fen Akere) könnte zu Fenn II ‘ Sumpfland ’ (I D . 1, 833) gestellt werden, von dem angenommen wird, dass es nur noch in Flurnamen vorkomme (cf. HL F EN ). Eine romanische Form für Fen ‘ Heu ’ ist eher unwahrscheinlich. Während die Deutung für Fen möglich ist, lässt sich für Ben Mettilti keine geben. Per Per ist eine Nebenform von HL B ERR ‘ Beere ’ und kommt wie folgt vor: Heiperfad ‘ das Felsband mit Heidelbeersträuchern ’ (FLNK, St. Niklaus), t Heiperpletschu ‘ die Pletschu (Ebene) mit Heidelbeersträuchern ’ (Ergisch), zer Heiperschiir ‘ bei der Scheuer mit Heidelbeersträuchern ’ (Visperterminen), der Heiperwald ‘ der Wald mit Heidelbeersträuchern ’ (Oberems, auch LT und FLNK) und mit attributivem Adjektiv der Wiiss Heitpertschuggu ‘ der weisse Heidelbeerfels ( ‘ weiss ’ bezieht sich laut G. I MBODEN (p. c.) auf den Fels, die ‘ weissen ’ Heidelbeeren der Gwp. sind unbekannt) ’ (Hohtenn), wo Gwp. sagt, dass die Heidelbeeren weiss bleiben, auch wenn sie reif seien. Heiper ist zu Heid-Ber(i) ‘ Heidelbeere ’ (I D . 4, 1465) zu stellen. G RICHTING (1998, 105) kennt ein Verb heippere, heippru (Vispertäler), heitu ‘ Heidelbeeren sammeln ’ , das Nomen allerdings nicht. Pera Pera ist nur 1369 in Salgesch als a la pera ‘ beim Felsen ’ belegt. Es ist wohl als Singular zu lat. PETRA ‘ Fels ’ zu stellen (M EYER 1914, 169; T AGMANN 1946, 21; B OSSARD / C HAVAN 2006, 64) (cf. HLL P ETRA und P IERRA ). Perini (FaN) Perini (FaN), auch Perrini ist der FaN Perren, auch Perrini usw. zum Taufnamen Perrinus (AWWB 176). Er ist belegt in in Perinis Eÿen (1711, Agarn) und in der Perrinigen Zelg ‘ in der Zelg der Familie Perrin ’ (1702, Agarn). Vermutlich gehört auch das HL P ARNISCH hieher. Pernig (FaN) Pernig (FaN) ist nur 1544 in Unterbäch als iuxta dem Pernigschleiff belegt. Während FaNN wie Perrig und Perren als Verschreiber in Frage kommen, scheint am nächstliegenden Bërnhart (I D . 4, 1597) gemeint zu sein, zu dem es auch Kurzformen, darunter Bërnig gibt, das allerdings nicht für das Wallis belegt ist. Alle drei 341 342 Pernig (FaN) <?page no="176"?> Deutungen sind unsicher, deswegen wird nur der FaN Pernig gegeben; der PN ist aber unsicher. Peroldo (FaN) Peroldo (FaN) erscheint 1549 als in Peroldo Kumben ‘ in der Chumma (Mulde) des Peroldus / der Familie Perroud ’ (Guttet). Peroldo ist hier wohl ein Genitiv Singular, obwohl es formal als Dativ oder Ablativ erscheint. Eine starke Form jn Perrols Kumma (1560) und eine verdeutschte, schwache Form jn Perrolten Kumben (1572) sind weitere Formen. Laut F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ sind Perron (2, 1392) und Perroud (2, 1393) im französischsprachigen Wallis belegt (vgl. auch NWWB 1, 196). Guttet gehört zum westlichen Bezirk Leuk, und war weit ins 16. Jahrhundert zweisprachig. Perren (FaN) Perren ist ein gut bezeugter FaN. Belegt sind ts Peremättelti ‘ die kleine Wiese der Familie Perren ’ (Grengiols), der Genitiv in Perischmatten ‘ in der Wiese der Familie Perren ’ (1745, Blitzingen) und in Perris Egerden ‘ das Brachland der Familie Perren / des Perri (Peter? ) ’ (1603, Steg). AWWB (192 f.) führt den FaN Perren, auch Perrin, Perrini, Perris, Perrisch usw., vermutlich zum Taufnamen Perrinus auf. Es handelt sich um eine noch bestehende Familie des Bezirks Goms, die seit dem 14. Jh. in Fiesch, im 16. Jh. auch in Bellwald und später auch an anderen Orten des Oberwallis bekannt ist. Perreri Perreri f. ist nur in Gampel 1355 als en la perrery ‘ im Geröll ’ belegt. G. P ANNATIER (p. c.) versteht es als pierrière, also zu p ě trarium ‘ Steinbruch ’ (FEW 8, 323), das u. a. als perrière belegt ist. Wie B OSSARD / C HAVAN (2006, 64) ausführen, werden Namen dieses Typs im Gebirge für Geröll (éboulis), im Flachland für einen Steinbruch (carrière) verwendet. In Gampel dürfte von der Lage her der erste Sinn gelten. Perrey Perrey ist belegt als ol perer ‘ beim Stein ’ (1337, Albinen; 1602 ÿ pereÿ), dou perer ‘ vom Stein ’ (1354, Leuk) und ol perrey ‘ beim Stein ’ (13. Jh., Turtmann). B OSSARD / C HAVAN (2006, 64) führen s. v. Perrey eine Reihe von Namen auf, die sie zu lat. P Ě TRA ‘ Stein, Fels ’ stellen (FEW 8, 313 ff.). Es handelt sich um Ableitungen von P Ě TRA , deren genaue Formen aus den Schreibungen nicht hervorgehen. Perri Perri ist zweimal belegt in im pra perri (1710, Leuk) und in praperri (1718, Leuk). Vermutlich ist der Name identisch mit dem lebendigen Propäri (cf. P ROPÄRI ), das 1716 als in properri, 1763 als im Properi erscheint. Es liegen wohl pra ‘ Wiese ’ und der PN Perri ‘ des Petrus ’ vor. Die Entwicklung zu pro (cf. HL P RA ) ist schwer zu erklären, kommt aber auch in Salgesch vor (Profrantsching). Perrig (FaN) Perrig (FaN) ist zum FaN Perrig, Perig, Perrini, Perini, Perring, Perrins zu stellen, der Name einer Familie des Bezirks Brig, wo sie seit dem 15. Jh. vorkommt und sich später auch nach Grengiols verbreitete (AWWB 193). Als Simplex im Diminutiv kommt Perrigji ‘ das kleine Gut der Familie Perrig ’ (Eyholz) vor. Im vorangestellten starken Genitiv Singular sind belegt: ts Periggsch Bodo ‘ der Boden der Familie Perrig ’ (Visperterminen), ts Perrigsch Grund ‘ der Grund der Familie Perrig ’ (Brigerbad), ts Perigsch Steibruch ‘ der Steinbruch der Familie Perrig ’ (Ried-Brig) und ts Pärrigsch Weidu ‘ die Weide der Familie Perrig ’ . Eine schwacher Genitiv Plural erscheint in Perrigo Acher ‘ der Acker der Familie Perrig ’ (1615, Leuk), terram Perrigo ‘ das Land / das Gut der Familie Perrig ’ (1547, Eyholz), Perrigo Valdt ‘ der Wald der Familie Perrig ’ (1625, Eyholz). Hierzu gehört auch in Perrigen Eÿen ‘ in der Aue der Familie Perrig ’ (1717, Leuk). Der FaN als Bestimmungswort in Komposita ist belegt in ts Perrigalpji ‘ die kleine Alpe der Familie Perrig ’ (Glis), di Perrigmatta ‘ die Wiese der Familie Perrig ’ (Ried-Brig) und an den Perrig Wald ‘ an den Wald der Familie Perrig ’ (1850, Glis; frühere Belege haben 1569 ad Perrigen Wa ᵉ ldt und 1669 in silua Perrigo). Perrliet Perrliet ‘ beim kleinen Felsgebiet ’ ist nur 1628 in Albinen als v perrliet belegt. Laut Dokument handelt es sich um einen Acker in Dorbu. Es ist unklar, ob das bei M ATHIEU (2006, 39) belegte Peterli hieher gehört; in der Datenbank der lebenden Namen ist es nicht belegt. Der belegte Name ist romanisch und kann zu lat. P Ě TRA stein, fels (FEW 8, 313 ff.; B OSSARD / C HAVAN 2006, 64) gestellt werden. Der Name enthält wohl zwei diminutive Ableitungssuffixe: / - ELLA / und / - ITTA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287). Perron Perron ist in Salgesch 1371 als prato perron belegt. Wie B OSSARD / C HAVAN (2006, 252) ausführen, ist bei Praz Perron an ein Patronym abgeleitet von Pierre zu denken: also ‘ die Wiese des Perron ’ ; die Bedeutung ‘ die Wiese mit einem Felsgipfel ’ wäre aber auch möglich. 1579 wird in Salgesch jn prato de la piera ‘ auf der Wiese mit dem Stein ’ erwähnt (cf. HL P IERRA ). T AGMANN (1946, 21) nennt p ī rra ‘ Stein ’ als frpr. Wort. Es ist unklar, ob die beiden Peroldo (FaN) 343 344 <?page no="177"?> Benennungen die gleiche Flur betreffen. Falls die erste Benennung einen PN enthält, dürften zwei verschiedene Fluren gemeint sein. Perrosery Perrosery ist nur 1351 in Salgesch als en la perrosery belegt. Zu Grund liegt eine Ableitung zu lat. P Ĕ TRA stein, fels (FEW 8, 313 ff.), vermutlich zu einem Adjektiv (cf. afrz. peirous ‘ plein de pierre ’ FEW 8, 318) und einer nominalen Ableitung auf / - ARIA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288), das wir hier als ‘ Steingeröll ’ wiedergeben (zum Ganzen vgl. auch B OSSARD / C HAVAN (2006, 64) und HL P ERROSSET . Perrosset Perrosset ist seit dem 13. bis ins 14. Jahrhundert (1353) in Ergisch belegt. Wie B OSSARD / C HAVAN (2006, 64) ausführen, ist Perroset als Derivation zu lat. P Ě TRA ‘ Stein ’ zu verstehen. Es handelt sich wohl um eine Suffixkombination aus / - OSA + - ETA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288s.). / - OSA / bildet ein Adjektiv, / - ETA / ist kollektiv, also etwa ‘ das steinreiche Gebiet ’ . Der Beleg von 1353 mit peloset ersetzt / r/ durch / l/ ; offenbar versteht der Schreiber den Zusammenhang mit PETRA nicht. Perrotyers Perrotyers kommt nur einmal im Beleg eys plans perrotyers (Leuk, 1346) vor. Es scheint sich um eine / - ARIU ( M )/ - Ableitung (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288) zum PN Perrod zu handeln, der in den Urkunden gut belegt ist, also etwa als ‘ in der Ebene, die den Leuten des Perrod gehört ’ . Unklar ist das Verhältnis zu perrotho (1589, Varen) (cf. HL P ÄRÄTU (PN)). Perruchoud (FaN) Der FaN Perruchoud ist in AWWB (194) vor allem für das Val d ’ Anniviers belegt. In Salgesch könnte dr Perischuhubil ‘ der Hügel der Familie Perruchoud ’ hieher gehören. Die Entrundung von / ü/ zu / i/ passt zur Aussprache des FaN. Die beiden historischen Beleg von 1490 a saxo de la parrÿz (HL P ARRYZ ) und Pariserhübel (cf. HL P ARIISER ) sind sehr unsicher. M ATHIER (2015, 138) kennt Perüschuhubil und meint, darin verberge sich das Etymon perrü < lat. P Ě TRA ‘ Stein ’ und übersetzt ‘ Hügel voller Steine ’ . Letztlich ist die Deutung unklar; ob die Familie Perruchoud im Gebiet von Pfyn Besitz hatte, bleibt unsicher. Perscho Perscho ist nur 1676 in Albinen als en perscho ‘ im dunklen Gebiet ’ belegt, das sich in Dorbu befindet. Die französische Präposition en deutet auf einen romanischen Namen. Eine Deutung ist jedoch schwierig. Am nächsten könnte wohl das in FEW (8, 277 s. v. p ě rsus dunkelfarbig) erwähnte, als pers, persa ‘ blau ’ (B RIDEL 1860, 286) im Frpr. häufige Wort gemeint sein, das hier substantiviert ist. Das HL P ERSCHUN (Eischoll) dagegen ist wohl verlesen für den FaN Gertschen, siehe dort. Perschun Perschun ist nur 1546 in Eischoll als Perschun Acher belegt. Im Kontext heisst es, dass das Grundstück im Norden an das Land des Thomas Brunner und des Hans Gerschun grenze. Es ist also vermutlich Gerschun zu lesen, das als FaN Gertschen (AAWB 109, wo es zum PN Gerhard gestellt wird) zu interpretieren ist. Falls keine Verlesung vorliegt, wäre ein PN oder FN Perschen anzunehmen (AWWB 29 s. v. Bertschen vom Taufnamen Berchtold). Das HL P ERSCHO in Albinen gehört wohl nicht hieher. Pertuis Pertuis ‘ Loch ’ wird von B OSSARD / C HAVAN (2006, 256) zu *p ĕ rt ū siare ‘ durchstossen ’ (FEW 8, 285 ff.) gestellt. Als weitere Formen werden von ihnen Perte m., Perté, Pertet erwähnt. Belegt sind im Pertit ‘ im Loch ’ (1691 u. später, Albinen), in pede doy perty ‘ am Fuss des Loches ’ (1494, Salgesch), das T AGMANN (Ms., 87 f.) zu pertuis ‘ Loch ’ stellt, zen Loch seu Pertuis (1398, Unterems), ol pertuys (1334 u. später, Salgesch) und in campo de pertusio ‘ im Feld mit dem Loch ’ (13. Jh. u. später, Unterems). Pescher Pescher ist nur einmal belegt: in die Peschereye ‘ in das Erbsenfeld ’ (1706, Salgesch). Die Trennung in Pescher und Eye ist unsicher; zu vermuten ist eher ein romanisches Etymon mit Suffixen. J ACCARD (1906, 342) kennt Pesières und Pezeyres ‘ Erbsenfeld ’ (vgl. auch B OSSARD / C HAVAN 2006, 147 s. v. Pesey); M EYER (1914, 169) kennt dafür im 13. Jh. peseriz. Wenn diese Herleitung stimmt, ist die Endung wohl nicht das HL E IE , sondern ein Suffix mit kollektiver Bedeutung, z. B. auf / - ETA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288). In Analogie zu Eie kann die Endung aber auch ausgestaltet worden sein. M ATHIER (2015) kennt den Beleg nicht. Ein Adjektiv mit Entrundung vom Typ beesch ‘ böse ’ ist kaum gemeint. Es ergibt sich dann die Deutung ‘ Erbsenfeld ’ . Pesciora Pesciora ist tessinisch zu pescia ‘ Rottanne ’ nach P ETRINI (1993, 112) zu stellen. Es handelt sich um eine Ableitung auf / - ORA / ; ihre genaue Deutung ist unklar (vgl. aber Pesciora in LSI 3, 846, wo als Bedeutung ‘ Equiseto, coda cavallina [Schachtelhalm] ’ angegeben wird; es handelt sich hier um einen Pflanzennamen vom Typ Schachtel- 345 346 Pesciora <?page no="178"?> halm vgl. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 50 - 56). Pesciora ist eine Alpe im Bedretto-Tal, wo es weitere Flurnamen dazu gibt. Belegt sind Pizzo Pesciora ‘ die Pesciora-Spitze ’ (LT und FLNK, Oberwald), Passo Superiore di Pesciora ‘ der obere Pass nach Pesciora ’ (LT, Oberwald). Auch auf der Karte, aber nicht erfasst, ist Passo Inferiore di Pesciora ‘ der untere Pass nach Pesciora ’ (Oberwald). Pesper Pesper ist als Päschper (Ulrichen) und Pesper (1687, Obergesteln) belegt. Ausser dem Simplex gibt es v ͦ lricher Besper (1574, Ulrichen). In Ulrichen war eine Allmein im Sand des Rottenufers gemeint, in Obergesteln ist von einem Garten (hier meist Land, das mit Gemüse bepflanzt wurde) die Rede. Vermutlich ist Pesper mit Baschper zu verbinden, das auf lat. PASCUARIUM ‘ Weideland ’ zurückzuführen ist (cf. HL B ASCHPER ). Pesserill Pesserill ist 1543 in Albinen als eys pesserill und 1638 als v pesserill belegt. M EYER (1914, 169) stellt den Namen zu lat. PISARIU + / ILE / . FEW (8, 605 ff. s. v. p ĭ sum felderbse) kennt afr. und mfrz. pesiere ‘ champ planté de pois ’ , wozu die von M EYER zitierte Form eine diminutive Ableitung auf / - ILE / (oder / - ICULA / ) wäre, also ‘ das kleine Erbsenfeld ’ . W. M ÜLLER (p. c.) schlägt dagegen einen FaN Passer vor, der jedoch nicht belegt ist. M ATHIEU (2006, 13) kennt einen Flurnamen Päschäring unterhalb des Dorfes Albinen; es könnte sich um die gleiche Flur handeln. Die heutige Form ist sonst in der Datenbank nicht belegt. Peter (PN) Peter (PN) ist zum Namen des Hl. Petrus bzw. zum PN Peter, Dim. Peterli (I D . 4, 1840 f.) zu stellen. Peter kommt in rund 40 Namen vor, meistens in einem vorangestellten Genitiv oder als Kompositum mit einem Grundwort. Einen blossen Genitiv des Diminutivs bildet ts Peterlisch ‘ (das Gut) des kleinen Peter ’ (Bister), wozu sich historische Belege gesellen, die wohl die gleiche Flur meinen: des Petterlisch Gúth ‘ das Gut das kleinen Peter ’ (1831 u. später, Bister). Ein vorangestelltes Attribut findet sich in Zanpeter ‘ der Heilige Petrus ’ (Reckingen), wozu weiter Genitive belegt sind: Zanpeetersch Gaarte ‘ der Garten des Heiligen Petrus ’ (Oberwald), Sant Peters Matta ‘ die Wiese des Heiligen Petrus ’ (1573, Ulrichen), ts Sant Peetersch Fäld ‘ das Feld des Heiligen Petrus ’ (Saas-Fee), di Zantpeterschchilchu ‘ die Kirche des Heiligen Petrus ’ (Leuk, heute Feuerwehrlokal). Vorangestellte Genitive sind weiter: ts Peetersch Ballma ‘ der überhängende Fels des Peter ’ (Simplon), ts Peetersch Bodo ‘ der Boden des Peter ’ (Visperterminen), ts Peetersch Geis(e)rik ‘ der (Erd)-Rücken des Peter, wo die Ziegen weiden ’ (Saas-Almagell), ts Peetersch Üüfbruch ‘ das neu aufgebrochene Land des Peter ’ (Brigerbad), zu ᵕ o Petersacher ‘ beim Acker des Petrus ’ (1675, Raron) (der Beleg von 1617 zum Peter Lichss Acher ist wohl als ‘ beim Acker des Peterli ’ zu lesen), Peters Acherlin ‘ der kleine Acker des Peter ’ (1466, Mund), Peters Boden ‘ der Boden des Peter ’ (1448 u. später, Ried-Brig), dr Peetersgraad ‘ der Petersgrat ’ (Blatten; vgl. auch BENB 1, 4, 282 f.), Peters Graben ‘ der Graben des Peter ’ (1866, Baltschieder), der Petersgrund ‘ der Grund des Peter ’ (Visp), Peters Hús ‘ das Haus des Peter ’ (1689, Visperterminen), Peters Matta ‘ die Wiese des Peter ’ (1527, Naters; 1836, Feschel; 1836, Guttet), der Peterswang ‘ der Grasabhang des Peter ’ (Reckingen). Einen nachgestellten lateinischen Genitiv findet man in aqueductum Petri ‘ die Wasserleitung des Peter ’ (1579, Salgesch). Komplexere Namen mit Genitiven sind: ts Peterantenisch Üowand ‘ die Magerwiese des Peter Anthenien ’ (Saas-Almagell), in Peter Hischiers Bifang ‘ im eingezäunten Stück Wiese des Peter Hischier ’ (1682, Oberems), jn Peter Lochers Egerden ‘ im Brachland des Peter Locher ’ (1540, Erschmatt; 1540 - 1588 Feschel), ts Petternatsch Hiischi ‘ das kleine Haus des Peter-Ignaz ’ (Embd). Komposita mit Peter als Bestimmungswort finden sich zu folgenden Grundwörtern: Chumma, Gartu, Hitta, Rigg, Stutz und Teil. Dreimal kommt die Koseform Petschi ‘ der kleine Peter ’ vor, der auch für erwachsene Männer verwendet wird: der Laggipetschibrunne ‘ die Quelle / der Brunnen des Peter Lagger ’ (Reckingen), Peetschiwald ‘ der Wald des kleinen Peter ’ (Bitsch) und zúm Petschibrúnnen ‘ bei der Quelle / dem Brunnen des Peter ’ (Visperterminen). Unsicher ist t Rotpetermatta ‘ die Wiese des Peter Roth ’ (Wiler), wobei auch einfach der rote Peter (z. B. mit roten Haaren) gemeint sein kann. In den meisten Fällen geht es beim HL P ETER um Besitzernamen oder den Namen des Heiligen; in anderen Fällen ist die Motivation schwieriger. Petites Petites ist nur einmal in Varen 1652 als y petites clives ‘ bei den kleinen Abhängen ’ . Das Adjektiv petit, fem. petite ist zu *pett ī tus klein (FEW 8, 342 ff.) zu stellen. Wie der Artikel des FEW zeigt, ist / tt/ des maskulinen Adjektivs in den Patois des Wallis erhalten, vgl. auch G ERSTER (1927, 56). Peyer (FaN) Peyer (FaN) ist nur 1388 und 1391 in Glis als Peýrskrachen und Peýerskrachen ‘ der Chrachen (Tobel) der Familie Pesper 347 348 <?page no="179"?> Peyer ’ belegt. Ob ein FaN oder ein PN vorliegt, ist unklar. Der FaN oder PN Peyer ist sonst für diese Zeit nicht belegt. Das F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (2, 1401 f.) kennt den FaN für vor allem für die deutsche Schweiz, nicht aber für das Wallis. Pfääwi Pfääwi f. ‘ der Ort mit Pfauen ’ ist nur belegt in di Pfääwi (Filet) und Pfewi (SK, Mörel; bezeichnet den gleichen Ort). Das HL ist wohl zu Pfää(u)wi f. ‘ Pfauenweibchen ’ (I D . 5, 1205) oder zu Pfâwe n f. ‘ halb weisse und halb schwarze Ziege ’ (I D . 5, 1205) zu stellen. Die / - I / -Ableitung ist parallel zu den sonstigen Verbalnomina vom Typ Riti ‘ Ort, wo gerodet wurde ’ zu sehen, hier aber denominal. Die Motivation für den Namen ist unklar, vgl. aber den Gebrauch von Pfau bei Häusernamen (I D . 5, 1205). Der im 17. Jahrhundert in Sitten tätige M ICHAEL P FAU (C URIGER 1960, 13) stammte aus Schwaben; es kann sich also nicht um den Herkunftsort des FaN Pfau handeln. Pfad Pfad m. ist zu schwdt. Pfad m. ‘ Fussweg, Pfad ’ , n. ‘ gebahnter, nachher wieder verschwindender Pfad, Fährte; von Menschen gebahnter Pfad durch den Schnee; längs der Grenze einer Wiese mit einem Fuss ziehend das Gras niedertreten als Merkzeichen für den Mähder ’ (I D . 5, 1051 f.; Z INSLI 1963, 318 f.) zu stellen; I D . bezeichnet es “ in dieser Bed. und als Masc. nicht volkstümlich ” . Im Plural kann Pfeder auch einen agglutinierten Artikel zu Feder (Plural von Fad) enthalten. (cf. auch HL F AD ). In manchen Fällen ersetzt neueres Pfad älteres Fad (BENB 1, 1, 106 f.). Das Simplex kommt im Singular nicht vor. Im Plural ist nur di Pfeder ‘ die Grasbänder ’ (Hohtenn) belegt; Gwp. spricht von Grasbänder für Ziegen. Die Form ist deswegen zu Fad zu stellen. Mit attributiven Adjektiven erscheinen der Leng Pfad ‘ das lange Grasband ’ (Blatten) und ob dem Breiten Pfad ‘ oberhalb des breiten Pfades (wohl Grasband) ’ (1896, Stalden). Einen vorangesetzten Genitiv findet man in Haichsch Pfad ‘ der Pfad des Häich (Heinrich? ) ’ (Blatten), wohl ein Grasband beim Guggistafel. Als Grundwort erscheint das HL zunächst mit Tiernamen in zweigliedrigen Komposita: der Gitzipfad ‘ das Grasband für die kleinen Ziegen ’ (Hohtenn), Bärupfad ‘ der Pfad (wohl: Fad ‘ Grasband ’ ), wo es Bären hatte ’ (FLNK, Unterems), Daggspfad ‘ der Pfad der Dachse ’ (FLNK, Unterems) und das komplexere Steiwildpfad ‘ der Pfad für das Steinwild ’ (FLNK, Saas-Balen). Weitere Belege mit zweigliedrigen Komposita sind: t Ahorupfätter ‘ die Grasbänder mit Ahornen (laut Gwp. keine Ahorne) ’ (Feschel), t Hoggunpfeder ‘ die Grasbänder ob der Hockenalpe ’ (Kippel) und t Hoorenpfeed ‘ die Grasbänder im Gebiet Horn ’ (Ferden). Komplexer sind dr Honblattunpfad ‘ der Weg durch die hohe Felsplatte ’ (Blatten), der Mittaagpfad ‘ das Grasband, das mittags von der Sonne beschienen wird (? ) ’ (Hohtenn; FLNK Mittagpfad), dr Ober und dr Under Ramschtpfad ‘ der obere und der untere Teil des Grasbandes mit Löwenzahn ’ (Blatten). Eine klar andere Bedeutung hat Gletscherlehrpfad ‘ der Gletscher-Lehrpfad bei der Gletchergrotte ’ (FLNK, Saas- Fee). Diese Bildung stammt aus dem Hochdeutschen. Pfaffen (FaN) Pfaff (FaN), auch Pfaffen (FaN) ist bei etwa 35 Namen als Bestimmungswort belegt und zu schwdt. Pfaff m. Pl. Pfaffen, Dim. Pfäffli, Pfaffji wie nhd. ‘ Weltgeistlicher, Geistlicher überhaupt ’ in alter Zeit ohne verächtliche Nebenbedeutung (I D . 5, 1058 ff.) zu stellen. Daraus abgeleitet ist der FaN Pfaffen, Pfaffo, seit dem 16. Jh. bekannte Familie von Mund, die sich nach Brig verbreitete und in Naters vorkommt (AWWB 194; J OSSEN 1989, 63 f.)). Bei den einzelnen Belegen ist es nicht immer klar, ob sie auf den Familiennamen oder auf die Amtsbezeichnung, resp. ein Pfarrgut, zurückgehen; Belege vor 1500 dürften eher Amtsbezeichnungen sein; in jüngeren Namen wird auf den Pfarrer eher als Heer ‘ Herr ’ Bezug genommen. Danach kann auch der FaN eine Rolle spielen; in den Deutungen wurden immer beide Möglichkeiten angenommen, ausser bei der Lautung Pfaffigo / Pfaffigu, die ein kollektives / - IG / -Suffix im Genitiv Plural enthält und zum Familiennamen zu stellen ist. Die Form Pfaff (ohne Endung) kommt in Pfaffacher (Lalden), Pfaffmatte, Pfaffmatteschlüecht, Pfaffmattewäg (alle Selkingen) vor. Der Genitiv Pfaffen (resp. Pfaffu) ist am häufigsten belegt, zusammen mit den Grundwörtern Acher, Biel, Biina, Egg(a), Eie, Fäld, Flüe, Holz, Lee, Lendi, Matta, Mad, Rohr, Schiir, Schnitta und See. Komplexere Konstruktionen wie Pfaffuacherhubil ‘ der Hügel beim Acker des Pfarrers / der Familie Pfaffen ’ (Hohtenn) sind selten. Die Ableitung Gen. Pl. Pfaffigo / Pfaffigu ‘ der Familie Pfaffen / der Leute des Pfaffen ’ ist zweimal belegt in di Pfaffigu Haalte (Mund) und Pfaffigo Wildi (1664, Mund). Einen Sonderfall stellt der Name Pfaffuseewji (Leuk, auch FLNK) dar, der auf der LK Pfafforetsee, auf der Karte 1: 10 ’ 000 Pfaffaretsee benannt wird. Es scheint, dass hier ursprünglich ein romanischer Name mit einem assimilierten Artikel zur Wurzel faba ‘ Bohne ’ mit den vermuteten Suffixen / - ARIA / und / - ITTA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287s.) vorliegt, also etwa ‘ kleiner Bohnengarten ’ , das uminterpretiert wurde zu Pfaffu (siehe FEW 3, 229 ff. 349 350 Pfaffen (FaN) <?page no="180"?> zu faba und G PSR 7, 1, 208 zu faveta ‘ Erbse ’ und 380 ff. zu fève). Pfallung Pfallung m./ n. ist nur 1714 in Leukerbad belegt. Es handelt sich wohl um den gleichen Namen wie das 1353 ebenfalls in Leukerbad belegte ou Fallon mit der Bedeutung ‘ im kleinen Tal ’ . Vermutlich ist es mit Pfolong (FLNK Pfolung, R. G RICHTING 1993, Blatt 9, Nr. 66) nicht identisch (cf. HL F OLONG ). Pfammatter (FaN) Pfammatter (FaN) ist ein FaN, der als Pfammatter, Phomatter seit dem 16. Jh. in Eischoll, Zeneggen, Mund und Törbel belegt ist. Die Familie verbreitete sich nach Visp, Brig u. a. O. (AWWB 194). Der Familienname ist dreimal belegt: das Pfanmatter Súonli ‘ die kleine Wasserleitung der Familie Pfammatter ’ (1738, Eischoll), ts Pfammatisch Saagu ‘ die Sägerei der Familie Pfammatter ’ (Oberems), Pfanmattersstapfen ‘ die Stapfe (Zaunüberstieg) der Familie Pfammatter ’ (1849, Steg). Der Genitiv ts Pfammatisch ‘ der Familie Pfammater ’ enthält die Kurzform des FaN Pfammatter. Pfand Pfand n. ist zu schwdt. Pfand n. Rechtswort, ‘ Gegenstand, womit eine Forderung sichergestellt wird ’ (I D . 5, 1135 ff.) zu stellen. Im Kontext der Viehwirtschaft des Wallis wird Vieh, das zu Unrecht auf einer Weide oder einer Alpe steht, vom Pfander auf eine Pfandmatte oder in einen Pfandstall geführt, wo es der Eigentümer gegen Entgelt auslösen kann (P HILIPP K ALBERMATTER , p. c.). Der Flurname Pfanderstein (Jenaz, GR) wird in RN (2, 465 f.) ähnlich erklärt; I D . (5, 1145 f.) kennt Pfander in diesem Sinn (als Bed. 2) aus dem Goms und aus GR. die Pfänder setzen kennt R ÜBEL (1950, 106) als “ ein vom Gemeinderat bestimmtes Datum [ … ], an dem die Gemeinatzung aufgehoben wird. ” Ab diesem Datum kann fremdes Vieh vom Pfander als Pfand genommen werden. Das Simplex Plural ist in di Pfenner ‘ die Pfänder ’ (Eggerberg) belegt; es handelt sich wohl um Pfandmatten. Das Simplex Pfand erscheint als Bestimmungswort zu Acher, Matta und Stadel. Die Pfand-Matta dient dem gepfändeten Vieh für die Atzung. Bei Acher und Stadel ist unklar, ob der Ertrag der Äcker dem Pfander gehört und ob der Stadel der Aufbewahrung solcher Erträge dient. Die Erweiterung Pfandu ist belegt in Pfanduräbe (Brigerbad); die genaue Deutung ist unklar. Die Erweiterung Pfandär in Pfanndärbletscha (Blatten) ist als Adjektiv zu verstehen: der Platz, auf dem “ gepfändert ” wird (wohl: Pfänder auslösen? ). In Unterbäch ist 1645 eine Pfammatten Su ᵕ on belegt, also eine ‘ Wasserleite, die von / zur Pfammatta führt ’ . Der FaN Pfammatter liegt hier kaum vor, obwohl in Eischoll 1738 das Pfanmatter Súonli belegt ist, vermutlich identisch mit der Wasserleite in Unterbäch. Pfander als Nomen agentis meint nach I D . (5, 1144 f.) Vögte, die die Einhaltung der Dorfordnung bewachen und Pfänder erheben können (Quelle aus Ulrichen); die Form kann aber auch ein Adjektiv, oder - in seltenen Fällen - ein PN oder ein FaN sein. Belegt ist Pfander als Bestimmungswort zu Gassa, Färich, Matta, Stei und Wäg. Im Fall von Gassa hat FLNK in Bürchen Fännerschgassa, während 1727 von Pfannersgassen die Rede ist. Hier könnte es sich um das HL F ENNER handeln (cf. HL F ENNER ). Während Färich und Matta wohl dem gepfändeten Vieh diente, ist der Pfanderwäg jener Weg, auf dem der Pfander gepfändetes Vieh zur Pfandmatte führte. Unklar ist Pfanderstei - es kann sich um den Grenzstein handeln, von dem aus ein Pfand genommen werden kann. Pfäniss Pfäniss kommt lebend als in Pfäniss (Albinen; FLNK Pfänis) vor. 1640 ist y foenis belegt. Die späteren Belege sind Fenis (1708), Fenes (1719), Fänis (1733) und Fennis (1759). Der älteste Beleg legt einen romanischen Namen nahe. M ATHIEU (2006, 31) kennt Pfänis und führt es als Pfänis (10) auf frz. fénice ‘ Scheune ’ zurück. G PSR (7, 282 s. s. v. Fenil) stellt den Plural Fenis dazu. Es handelt sich also um einen Plural zu fenile ‘ Scheune ’ . Pfannu Pfannu f. ‘ Pfanne ’ ist zu schwdt. Pfanne n und wdt. Pfanna, Pfannä (Goms), Pfannu ‘ Pfanne ’ f. (I D . 5, 1104 f.; G RICHTING 1998, 151) zu stellen. Belegt ist es in der Zusammensetzung schwdt. Pfannestil, mhd. phannestil m. Der Name des länglichen Gegenstandes wurde auf längliche Grundstücke und Höhenzüge übertragen (LUNB 1, 2, 752): dr Pfannustiil ‘ der Pfannenstiel (langgezogenes Stück Land) ’ (Kippel), der Pfannustill ‘ der Pfannenstiel (langgezogenes Stück Land) ’ (Ried-Brig) und ts Pfannustillgräbji ‘ der kleine Graben durch den Pfannenstiel ’ (Ried-Brig). Weiter kommt vor di Pfannustricha ‘ die langgezogenen Stücke Land, die wie eine Pfanne aussehen ’ (Blatten). Weitere Belege mit Pfannsind zum HL P FAND zu stellen. Pfarr- Pfarrbezieht sich entweder auf die Pfarrei wie in schwdt. Pfarr f., wdt. Pfarr ī f. ‘ Pfarre, Kirchspiel, Pfarrbezirk; Pfarrstelle; Pfarrkirche ’ , im Wdt. mit Zweitbetonung, oder auf schwdt. Pfarrer, wdt. Pfarrheer, Pfarrer, Pfarrär m. ‘ Pfarrer; geistlicher Inhaber einer Pfründe, der Pfallung 351 352 <?page no="181"?> sie aber nicht selbst versieht, sondern durch einen Lütpriester versehen lässt ’ (I D . 5, 1169 f.; I D . 5, 1174; G RICH- TING 1998, 151). Das HL kommt fast nur als Bestimmungswort vor. Der Typ Pfarrerscheint in ts Pfargued ‘ das Gut, das der Pfarrei gehört ’ (Zwischberen), ob dem Pfargarten ‘ ob dem Garten des Pfarrers / der Pfarrei ’ (1770, Simplon), der Pfarrwald ‘ der Wald, der dem Pfarrherrn gehörte ’ (Leuk; FLNK Pfarrheeruwald), Pfarrwald ‘ der Wald, der der Pfarrei / dem Pfarrer gehörte ’ (FLNK, Birgisch), der Pfarwald ‘ der Wald, der der Pfarrei gehörte ’ (Glis) und di Pfarrweidu ‘ die Weiden, die der Pfarrei gehören ’ (Leuk). Der Typ Pfarrii ist belegt in Pfarriigarte ‘ der Garten, der der Pfarrei gehört ’ (FLNK, Visp), unnerm Pfariigüed ‘ unter dem Gut, das der Pfarrei gehört ’ (Münster), di Pfariiräbe ‘ die Reben der Pfarrei ’ (Visp), Pfarriiräbe ‘ die Reben der Pfarrei ’ (FLNK, Salgesch), ts Pfariiüowand ‘ die Magerwiese, die der Pfarrei gehört ’ (Saas-Grund) und dem komplexeren di Pfariigartustraas ‘ die Strasse zum / beim Garten der Pfarrei ’ (Visp). Vorangestellter Genitiv ist: ts Pfarheersch Alpa ‘ die Alpe des Pfarrherrn ’ (Naters). Die Ableitung Pfäri (FLNK, Albinen) enthält weder Angaben zum Genus noch zur Betonung. Der Name bezeichnet in etwa den Platz der Kirche in Albinen, sodass an eine Ableitung aus Pfarrii ‘ Pfarrei ’ gedacht werden kann. Pfarschong Pfarschong ist nur als Pfarschong (Varen, auch LT und FLNK) belegt. Der Ort befindet sich oberhalb von Varen auf ca. 1800 m und wird als Alpweide und Wald beschrieben. Das Genus ist Maskulin oder Neutrum, nicht Feminin. Das nächstliegende Patois-Wort scheint frz. farçon, frpr. farchon zu sein (G PSR 7, 164 s.), das aber ein Küchenterminus zu dt. ‘ Farce, Füllung ’ ist. Das anlautende pflässt sich aus am ehesten aus dem lat. ad ‘ bei ’ erklären. Eine Deutung kann nur metaphorisch sein: ‘ der Ort, wo man eine Farce bekam ’ . Pfaueret Pfaueret ist nur historisch in Leuk bezeugt. Zwei Namen sind belegt: jm Pfaueret (1700, Leuk) mit den früheren Belegen 1545 jn Fawret, 1670 (ca.) jm Faúret, 1692 im Pfawaret, 1692 jm Pfaweret. 1704 ist Mayenzets Pfaueret belegt. Mayenzet ist hier ein FaN (T AGMANN 1946, 49.) Der Flurname gehört wohl zu Faverette ‘ das kleine Bohnenfeld ’ (cf. B OSSARD / C HAVAN 2006, 147; zu fève cf. G PSR 7, 380 ss.). Der Anlaut mit pfenthält einen agglutinierten Artikel mit der Assimilation von / t/ zu / p/ . Pfeiffer (FaN) Der FaN Pfeiffer bzw. Pfiffer ist im Register der HRBS mehrfach belegt. Es kann sich aber auch um die Funktionsbezeichnung Pfîffer ‘ Pfeifer ’ (I D . 5, 1081) handeln, der zu den Pfeifern und Tambouren gehörte, die an festlichen Tagen auftreten. Belegt ist nur die Form mit / i: / und zwar in drei vorangestellten Genitiven ts Pfiifersch Giblätt ‘ die Felsplatten (Kollektiv) der Familie Pfeiffer / Pfiffer / des Pfeifers ’ (Ausserberg), ts Pfiiferlisch Chlee ‘ das Klee (Gebiet mit Klee) des Pfifferli (Name des Pfeifenspielers Hans, laut Gwp.) ’ (Hohtenn) mit einem Diminituv und ts Pfiifisch Ballma ‘ der überhängende Fels des Pfeifers / der Familie Pfeiffer / Pfiffer ’ (St. Niklaus), mit der typischen Form auf / - I / n. und Tilgung der Endsilbe / - ER / . Als Bestimmungswort ist ts Pfifferschiirli ‘ die kleine Scheuer der Familie Pfeiffer / Pfiffer, des Pfeifenspielers ’ (Niedergesteln) belegt. Gwp. nennt einen “ Pfiffer-Christi ” , also wohl einen Christian, dessen FaN Pfiffer war oder der die Pfeife spielte. Pfeiru Pfeiru ist nur einmal in Leukerbad belegt; R. G RICHTING (1993) kennt Pfeyru (Blatt 9 Nr. 17; Blatt 10 Nr. 49) und Pfeyruschtutz (Blatt 9 Nr. 27). Historisch ist 1646 ÿ Feiro bezeugt, also ein frpr. Wort. In Frage kommt Feira ‘ Markt ’ oder Feiron ‘ kleiner Markt ’ (B RIDEL 1866, 169; FEW 3, 462 s. v. FERIA ‘ feiertag ’ ; zu frz. foire cf. G PSR 8, 605 ss). Der heutige Anlaut ist erklärbar aus dem agglutinierten Artikel, der sowohl Singular Feminin wie Plural sein kann. Der Name bezieht sich auf einen Ort nördlich ausserhalb des eigentlichen Dorfes Leukerbad (siehe vor allem SK von 1884); wenn die Deutung stimmt, müsste hier ein kleiner Markt stattgefunden haben. Pfenjen Pfenjen ist nur 1860 in Feschel als in den Pfenjen ‘ bei den Heuschobern ’ belegt. Am nächstliegenden wäre fenil ‘ Heuschober ’ (G PSR 8, 282 s.; fen ī le FEW 3, 457), hier im Plural mit agglutiniertem Artikel und Palatalisierung des / l/ . Eine Deutung zu einem deutschen HL ergibt sich nicht. Pfennigmann (FaN) Pfennigmann (FaN) ist als FaN nach den historischen Zeugnissen in ts Fennumanuhüs ‘ das Haus der Familie Pfennigmann ’ (Birgisch) belegt. Der älteste Beleg von 1651 hat domum Pfennigmannigo ‘ das Haus der Leute des Pfennigmann ’ . Der Weiler ist auch in AWWB (33, s. v. Birgisch) erwähnt. Bei J OSSEN (1989, 78) wird der FaN für das benachbarte Mund aufgeführt. Die heutige Form gibt den Namen vereinfacht wieder. 353 354 Pfennigmann (FaN) <?page no="182"?> Pfi Pfi ist lebend als ts Pfi ‘ Pfyn ’ (Leuk) belegt. Die traditionelle Deutung führt den Namen wie das thurgauische Pfyn auf lat. AD FINES ‘ bei der Grenze ’ zurück. Laut M URET (1908, 401) lässt die frz. Form Finges jedoch auf einen Besitzernamen Affianus oder Fidianus schliessen. Diese Deutung ist zwar weniger spektakulär als die übliche, entspricht dafür aber den historischen Belegen besser. Im Übrigen wäre es auch sehr seltsam gewesen, mitten im Pfynwald eine Grenze (die sonst überhaupt nicht belegt ist) zu sehen. Dass ein Nebeneinander von Finio und Pfin bestanden hat, zeigt ein Ehevertrag von 1693, in dem ein Joannis hofer de Fingio Pfin ‘ Hans Hofer von Fingio Pfin ’ erwähnt wird. Die ‘ romanische ’ und die ‘ deutsche ’ Form sind hier nebeneinander erwähnt; dass das Deutsche ein anlautendes / pf/ kennt, während das Romanische nur anlautendes / f/ aufweist, lässt sich durch Paare wie Fawret (1545, Leuk) und Pfaweret (1692, Leuk) (cf. HL P FAUERET ) nachweisen. Die romanischen Belege sind historisch: aqueductus de finio ‘ die Wasserleitung von Pfyn ’ (1361, Leukerbad, aber eigentlich in Leuk), eys preyses de finio ‘ in den Gütern von Pfyn ’ (1558, Leuk) (cf. HL P REUSSEN ), in marechjis de finioz ‘ in den Sumpfgebieten bei Pfyn ’ (1563, Leuk) und jn campis de fingoz ‘ bei den Feldern von Pfyn ’ (1578, Leuk). Als Grundwort erscheint Pfi in deutschen Belegen als jm Endren Pfin ‘ im jenseitigen Pfin ’ (1698, Leuk; zuvor apud fingio). Sonst ist Pfi nur als Bestimmungswort mit den HLL Acher, Bäärg, Dorf, Riische und Wald erwähnt. Komplexer sind der Ober Pfiiwald (Leuk) ‘ der obere Teil des Pfinwaldes ’ , der Unner Pfiwald ‘ der untere Teil des Pfinwaldes ’ (Leuk), in den Obren Pfinackern ‘ in den oberen Ackern im Pfin ’ (1749, Leuk), die Pfÿnwasserleiten ‘ die Wasserleitung nach Pfyn ’ (1645, Leuk; auch als aquaeductum de Pfin (1679)) und Pfydänkmal ‘ das Pfyndenkmal (Erinnerung an die Schlacht von Pfin (1799)) ’ (FLNK, Leuk; auch LT Pfyndenkmal). Pfister (FaN) Pfister m. ‘ Bäcker ’ ist nur einmal belegt in in der Pfisterhalten ‘ in der Halde der Familie Pfister / des Pfisters ’ (1744, Ulrichen) und zu schwd. Pfister (I D . 5, 1193 ff.) zu stellen. Die Berufsbezeichnung ist im Register der HRBS vertreten. Dennoch ist der Name unsicher: Einen Bäcker gab es vermutlich in Ulrichen nicht (zum Brotbacken im Goms siehe K REUZER 2 1976, 155; die Dörfer verfügten über ein Backhaus, das “ im Kehr ” von den verschiedenen Familien benutzt wurde). Aber auch der FaN Pfister ist nicht belegt. Es könnte sich alternativ auch um eine Schreibform zu t Fi(n)ster Halte ‘ die finstere Halde ’ handeln; allerdings ist der n-Schwund im Goms nicht belegt (R ÜBEL 1950, 6). In Ulrichen ist im Äginental der Name Finschterli ‘ das kleine finstere Gebiet ’ belegt; ob hier ein Zusammenhang besteht, ist unklar. Pflan Pflan, auch Flan(g) ist nach M URET (1912, 20) zu flan < plan ‘ eben, Ebene ’ zu stellen, wohl mit agglutiniertem Artikel Pflantschang ‘ ebenes Feld ’ (Varen, 1663: en flan chan) und der Pflantschanghubil ‘ der Hügel beim ebenen Feld ’ (Varen), sowie jn Flandtschang (1669, Varen), wohl die gleiche Flur. Ebenfalls in Varen ist ts Pflang ‘ die Ebene ’ und dazu der Pflangcheer ‘ die Strassenkehre beim Pflang (Ebene) ’ belegt. Nur einmal ist en Flan de Cliuingnÿ (1655, Varen) belegt, wo ebenfalls Flan ‘ Ebene ’ vorliegt. Pflangne Pflangne ist in Salgesch belegt; die ältesten Belege sind y flagnes. M ATHIER (2015, 93) führt den Namen direkt auf PLANU zurück, mit anlautender Affrikata, die weiter nicht erklärt wird. Wie schon T AGMANN (1946, 19) zeigt, muss wohl der Plural PLANA als Ausgangspunkt angenommen werden. Anlautendes p wird nach M URET (1912, 21 zu Flagnen in Salgesch) nach / s/ zu / f/ . Die Affrikate pf entsteht durch Agglutination des Artikels. Das anlautende im ist aus in mit Assimilation zu erklären: ‘ in den ebenen Gebieten ’ ; die Form Pflangne ist ursprünglich Dativ Plural. Pflano Pflano ist nur in Pflanuwinnje ‘ die ebenen Weinberge ’ (Varen; FLNK Pflanowinnje) und Pflanuwinnjewäg ‘ der Weg in die Pflanowinnje (ebene Weinberge) ’ (Varen) belegt. Die historischen Dokumente enthalten 1352 jn planis vineis, 1566 jn plane viniët, 1687 in flanduvinÿe usw. Die lebende Form enthält wohl einen assimilierten Artikel, der zu anlautend pfführt, während PLANUS im frpr. flaufweist (M URET 1912, 20). Zu vergleichen sind auch die HLL P FLAN und P FLANGNE . Pflantei Pflantei ist als im Pflantei (Salgesch) und historisch 1880 der Flantej R ŭ ss ‘ der Runs (Wasserleitung, Bach) beim Flantey ’ belegt. M ATHIER (2006, 79) kennt Pflantei und führt es auf das feminine Partizip plantata zurück (vgl. FEW 9, 20 ff. s. v. plantare pflanzen; B OSSARD / C HAVAN 2006, 154). Seine Annahme einer Entwicklung von / p/ > / pf/ ist wohl falsch, da sie im Deutschen nach H AAS (2000, 21) schon zwischen 550 und 650 n. Chr. durchgeführt worden war. Weiter stimmt eine feminine Form mit dem maskulinen Artikel des lebenden Belegs nicht überein. Pfi 355 356 <?page no="183"?> Wie H AFNER (1955, 20 f.) ausführt, sind jedoch im Walliser Patois von Montana nach G ERSTER die Formen des Maskulin und des Feminin beim Partizip zusammengefallen. Das würde erklären, warum hier auch eine maskuline Form auftaucht, obwohl das Partizip ursprünglich feminin war. Das vereinfacht anlautende Flantey erklärt sich im Übrigen wohl aus der Kombination mit vorausgehendem / s/ , wie M URET (1912, 18 ff.) ausführt. Bei den historischen Belegen fällt der Wechsel zwischen in plantatis (1353), eys plantes (1357 und spätere Varianten), ÿ planteis (1629), ÿ flante (1651), eys flantes (1685) und in der flantey (1789 und spätere Varianten) auf. Der Wechsel kann auch damit zu tun haben, dass nicht immer die gleichen Grundstücke gemeint sind. Pflantschu Pflantschu ist nur belegt in der Pflantschutrog ‘ der (Tränke-)Trog bei Pflantschu ’ (Oberems). Die namengebende Flur heisst bei FLNK Plantschu. Es handelt sich aber hierbei wohl um den FaN Blantschen (AWWB 35), der 1711 als z Blanschen Gassen und 1687 u. später als z Blantschen Trog (beide Oberems) belegt ist. Die Form Pflantschu dürfte eine Umdeutung zum Lexem Pflanz- ‘ Pflanze ’ darstellen. Pflanz- Pflanzist der Stamm eines Verbums pflanze n ‘ pflanzen, anpflanzen ’ (I D . 5, 1254), das “ weniger häufig und volkstümlich als speziellere Verben ” (z. B. sääje) sei; entsprechend fehlt es z. B. bei W IPF 1910, R ÜBEL 1950, C. S CHMID 1969 und G RICHTING 1998. Das HL erscheint in den Namen einerseits als Bestimmungswort im Typ Pflanzgaarte und anderseits als / - ETA / -Ableitung im Typ Pflanzeta / Flanzeta. Die Vereinfachung des Anlauts im zweiten Typ scheint alt zu sein; für das Verb ist schon ahd. flanzon ‘ pflanzen ’ belegt. Auch I D . erwähnt s. v. Pflanz (m. ‘ Pflanzung ’ ) (5, 1251 ff.) Formen mit anlautenden Fl-, ohne sie zu erklären; es wird auch nicht deutlich, wo das der Fall ist. Der Einfluss eines frpr. flantsete ‘ planchette, kleines Brett ’ ist unwahrscheinlich (siehe unten). Der Typ Pflanzgaarte meint in Flurnamen normalerweise eine ‘ Pflanzung mit Jungbäumen im Wald ’ ; G R W B (13, 1720) verzeichnet es als “ Garten, in welchem die Setzpflanzen aus Samen gezogen werden ” . Wie üblich ist Gaarte auch als Gaartä, Gaartu, Gaarto, manchmal ohne Kennzeichnung der Länge des Vokals, vertreten. Der Typ kommt vor in Baltschieder, Blatten, Blitzingen, Ergisch, Kippel, Leuk, Obergesteln und Visperterminen. Die Ableitung Pflanzeta / Flanzeta mit dem Suffix / - ETA / und der Bedeutung “ eine gewisse Menge ” (S ONDER- EGGER 1958, 482 ff.) ist zu schwdt. Pflanzeten (I D . 5, 1257) “ ein Stück Pflanzland für Gemüse udgl. [und dergleichen] ” zu stellen; in den Deutungen wird ‘ Anpflanzung ’ verwendet, da im Einzelfall unklar ist, was angepflanzt wurde. Der Typ Flanzeta ist deutlich älter als Pflanzeta, wie die ältesten Belege zeigen: Flanzata (1301, Raron), Flanzatta (1356, Mörel) in der Flanczaton (1399, Lalden), Flantzata (1470, Visperterminen). Lebende Belege hingegen haben durchwegs den Typ Pflanzeta: t Pflanzeta (Binn), di Pflanzeta (Lalden), t Pflanzete (Mörel), di Pflanzetä (Stalden) und di Pflanzetta (Visp); dazu kommen historische Belege. Z IMMERMANN (1968, 59), kennt den Namen Pflanzeta für Lalden, Stalden und Visp als “ Wies- und Ackerland in der Nähe einer Siedlung ” ; auch er leitet den Namen vom Verbum pflanze n mit der Ableitung / - ETA / her. Da im Oberwallis der Typ Pflanz-Blëtz nicht vertreten ist, muss Pflanzeta / Flanzeta als ältere Bildung angesehen werden. Eine direkte Entlehnung aus dem Romanischen kann ausgeschlossen werden, da die T - Verschiebung von plantata > (p)flanzeta vor dem 8. Jahrhundert stattfand. Weiter ist auffällig, dass der Typ im westlichen Bezirk Leuk fehlt, der sonst die klarsten frpr. Namen hat, weswegen eine Entlehnung unwahrscheinlich ist. Die Diminutivbildung das Flantzegin (1579, Niedergesteln) ist nur einmal belegt; sie kann analysiert werden als Flanzet(a) + gi(n), wobei das auslautende / a/ getilgt, und das t vor j (lautliche Realisierung von {g}) zu / g/ velarisiert wurde. Nur wenige andere Komposita sind belegt: Flantzmatta ‘ die Wiese, auf der etwas gepflanzt werden kann ’ (1332, Goppisberg; 1398, Simplon), des Flanzetbachs ‘ des Baches bei der Pflanzeten ’ (1642, Stalden; 1706 Pflanzetbach), am Pflanzetbach ‘ am Bach bei der Pflanzeten ’ (1606, Visperterminen; 1636 den Sedolbach seu Flantzetbach). P ETER J OSSEN (1979, 29) erwähnt für Lalden eine Pflanzetagasse und meint, ein Kastlan Flantzeter, dessen Name in der Burgerstube von Lalden erscheint, sei danach benannt worden. Ein FaN Pflanzeter ist im Register der HRBS erwähnt, erscheint aber nicht in den Wappenbüchern. Pfläschini Pfläschini ist nur in Visperterminen als t Pfläschini belegt. Laut Beschreibung handelt es sich um eine frühere Tränke der Bodmer, um einen Brunnen. Südlich des Flurnamens befindet sich eine kleine Siedlung, die auf der Karte als t Bodma und näher als beeschi Bodma ‘ böse Böden ’ bezeichnet wird. Vermutlich liegt im HL ein agglutinierter Artikel vor, sodass der Flurname zu Fläsche II ‘ Flasche ’ (I D . (1, 121) zu stellen ist. Die diminutive Endung auf / - INI / ‘ die kleinen Flaschen ’ lässt sich zum Etymon Fläsche (SZNB 2, 320 ff.) stellen. Vermutlich ist also ‘ die kleinen Tränkestellen ’ gemeint. 357 358 Pfläschini <?page no="184"?> Pfliisch Pfliisch n. ist nur einmal belegt: ts Pfliisch ‘ das schiefrige Gebiet ’ (Raron). Historisch sind 1524 und 1545 z Blisy belegt. Laut dem Dokument befindet sich dieses Gut a parte Rodani ‘ auf der Seite des Rotten ’ . Da ts Pfliisch laut Karte auf 838 m rechts des Rotten liegt, z Blisy aber links, handelt es sich um zwei verschiedene Namen. ts Pfliisch enthält eine Assimilation des ursprünglichen kollektiven Artikels an das Wort Fl ī sch ‘ Flyschschiefer ’ (I D . 1, 1224). Gwp. spricht von <pfliisch> als Schiefer. Das historische z Blisy lässt sich unter Umständen als ‘ abgelautetes Diminutiv ’ zu Bleiss II (I D . 5, 154) stellen, das laut RN (44 ff.) zu *blese ‘ steile Grashalde ’ gehört. Die Deutung ist aber unsicher. Pfluder Pfluder ist nur in ts Pfluderschiirli ‘ die kleine Scheuer bei den Rauschbeeren ’ (Oberwald) belegt. Gwp. stellt es zu Pfluderberr (V ACCINIUM ULIGINOSUM ‘ Rauschbeere ’ , für Lax, Wallis bezeugt; M ARZELL 4, 953 ff.; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 710 weist es als Rauschbeere für den gesamten Alpenraum der Schweiz nach). Pfluder selbst ist wohl zu schwdt. Pfluder m. ‘ dickflüssige Masse (Strassenkot, halbflüssiger Schnee) ’ (I D . 5, 1219 f.; G RICHTING 1998, 151) zu stellen; die Motivation für den Pflanzennamen scheint der dickflüssige Inhalt der Beere zu sein. Pflüeg Pflüeg m. ‘ Pflug ’ ist zu schwdt. Pflueg, wdt. Pflüeg, Pflüäg, Pflüög m. ‘ Pflug ’ (I D . 5, 1243 ff.; G RICHTING 1998, 151) zu stellen. Das HL kommt nur zweimal als Bestimmungswort vor: jn den Pflu ͦ gachren (1633, Stalden) und im Pflúgacher (1695, Staldenried), beide wohl zu verstehen als ‘ Acker, den man pflügen kann ’ . In vielen Gebieten des Oberwallis war der Ackerbau mit dem Pflug unbekannt; hier wurde die Haue (cf. HL H ÖU ) verwendet. Pfois Pfois, in Leuk Pföüs, kommt je in Leuk und Leukerbad vor. Die ältesten Belege finden sich in Leuk: 1278 Fouz, 1544 deys Fongs, 1656 jn die Fons. Der Anlaut entsteht durch die Agglutination des femininen Artikels / t/ an das folgende / f/ ; zu Grunde liegt lat. FONTES ‘ Quelle, Brunnen ’ ; wobei das auslautende / s/ nach dem / n/ die Bedingung für die Vokalisierung von / n/ (Staubsches Gesetz) erfüllt; es entsteht t Fous und daraus mit Palatalisierung Pföüs, resp. Pfois. Das HL ist ein gutes Beispiel für eine alemannische Weiterentwicklung eines rom. Lexems. In Leukerbad sind weiter belegt: Pfoisfall ‘ der (Wasserfall) im Gebiet Pfois ’ und Pfoisgrabu ‘ der Graben im Gebiet Pfois ’ (auf LT Buljessgraben). Die Namen sind auch bei R. G RICHTING (1993) belegt und zwar Pfois auf Blatt 11, Nr. 24; Blatt 13, Nr. 15 und Blatt 14, Nr. 15, Pfoisfall auf Blatt 13, Nr. 13 und Blatt 14, Nr. 14, Pfoisgrabu auf Blatt 13, Nr. 14 und Blatt 14, Nr. 13. In Leuk sind neben Pföüs auch di Undri und di Obri Pföüs belegt; dazu kommt Pföüshaltu ‘ die Halde beim Gebiet Pföüs ’ . Pfoorness Pfoorness ist nur in Inden als t Pfoorness belegt. FLNK und LT haben Fornäss. 1837 ist in Fornes belegt. Es ist zu frz. fournaise f. ‘ Ofen ’ im übertragenen Sinne ‘ Feuer, Hitze, Glut ’ , in FlN für ‘ warme, der Hitze ausgesetzte Örtlichkeiten ’ (G PSR 7, 839 f. bes. 840) zu stellen. Das anlautende / pf-/ im Beleg von M. S. entspricht einem agglutinierten Feminin-Artikel. Pfraanowe Pfraanowe ‘ das neue Gebiet mit Eschen ’ ist als in Pfraanowe (Albinen, auch FLNK) belegt. M ATHIEU (2006, 17 und 19) kennt es als Pfraanowe und stellt es S. 11 zu frpr. fraano ‘ Esche ’ , wozu es auch nach T AGMANN (1946, 26) gehört. Dabei ist der Artikel / t/ an das folgende / f/ agglutiniert und assimiliert. Das zeigen auch die historischen Belege, die 1648 en franoué, 1698 in franve usw. haben. Allerdings ist die Endung wohl ein nachgestelltes Adjektiv zu lat. N Ǒ VUS neu (FEW 7, 210), wo u. a. afr. nove aufgeführt ist. L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 898 s. v. Fraxinus excelsior) führen Eschen für die ganze Schweiz (ausser Höhenlagen) auf. Pfraje Pfraje ‘ in die Wiesen ’ ist nur in Varen als in t Pfraje (auch FLNK) belegt. Historisch erscheinen 1695 in die Fraÿe und 1707 en fraÿli. Anlautendes pfkommt durch die Agglutination des femininen Artikels zu Stande. T AG- MANN (1946, 36) erwähnt einen Flurnamen für Varen als üf im pfráiz ǝ , doch ist der Name in der Datenbank nicht vertreten, wohl maskulin und befindet sich in Cordona, während Pfraje sich deutlich tiefer und westlich von Varen befindet. Heute ist es teilweise überbaut. Hingegen kennt T AGMANN zum gleichen Etymon auch historisches eys prays und stellt es zu lat. PRATA ‘ Wiesen ’ . Anlautendes / f/ erklärt er aus dem von M URET (1912, 15) beschriebenen Prozess von / s/ + / p/ -> / f/ . in t Pfraje ist also als ‘ in die Wiesen ’ zu deuten. Pfrantieri Pfrantieri ist in Feschel als (t) Pfrantieri belegt. FLNK hat Pfrantier, ebenso LT. Die historischen Belege haben 1706 pranthier, 1736 in frangieri, 1738 und 1769 im Frantier. Der lebendige Beleg von M. S. bezieht sich wohl auf die in Pfranthier Kehrwasser (1878) belegte und als Pfrantir Pfliisch 359 360 <?page no="185"?> Wasserfuhr (1898) erwähnte Wasserleitung im Gebiet Pfrantier. Auf den Karten ist sie heute nicht mehr sichtbar, aber es scheint, dass mehrere Wasserfassungen in der Nähe durchliefen. Vermutlich dürfte die Ausgangsform frano ‘ Esche ’ (T AGMANN 1946, 26 mit Verweis auf FEW 3, 771 frax ĭ nus esche) mit agglutiniertem Artikel und dazu einer kollektiven / - ARIU ( M )/ oder -/ ARIA / -Ableitung (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288) ‘ das Gebiet mit Eschen ’ sein. Pfriische Pfriische ist als di Pfriische (Turtmann; FLNK u. LT Pfriischu, 1: 10000 Pfrischen) belegt. Die Beschreibung ist ‘ Wiesen, Hang ’ ; auf LT sind kleine Gebäude zu sehen, vermutlich Landwirtschaftsbauten. Der belegte Name ist wohl ein Plural, FLNK u. LT können auch ein Singular sein. Ob der Anlaut einen assimilierten Artikel enthält (der dann wiederholt würde), ist unklar. Es scheint sich um ein frz. friche ‘ Brache, unbebautes Land ’ (FEW 17, 424 s. v. versch (mndl.) frisch) zu handeln. Dafür spricht das lange, geschlossene / i: / , während schwdt. Frischi ‘ Kälte ’ (I D . 1, 1332) ein offenes, kurzes / ĭ / enthält. Pfrüemd Pfrüemd f. ‘ Pfrund ’ , ist zu schwdt. Pfruend, wdt. Pfrüemd, Pfrüänd, Pfrüämd f. ‘ geistiges Amt, Pfarrstelle, eig. die dafür gestifteten oder ausgesetzten Einkünfte; Pfarrei ’ (I D . 5, 1284 ff.; G RICHTING 1998, 152) zu stellen. Im Oberwallis scheint durchwegs eine geistliche Pfründe gemeint zu sein, G RICHTING notiert nur ‘ Pfarrei ’ . In den Deutungen geben wir trotzdem an, dass die Erträge ‘ dem Pfründer ’ zu Gute kommen, auch wenn das meist die Pfarrei ist. Das HL erscheint in den FlNN nur als Bestimmungswort zu den Grundwörtern Acher, Biina, Eie, Güet, Schiir, Wald und Weid. Der Beleg Pfundacher (1679, Lalden) ist wohl verschrieben für Pfrundacher. Pfullwe Pfullwe f. ist als di Pfullwe (Täsch; LT u. FLNK Pfulwe) und di Pfulwa (Zermatt; FLNK ze Pfulwu, LT Pfulwe) belegt. Die Karte zeigt, dass der Beleg aus Täsch einen Plural darstellt, der ein Gebiet westlich des Mellichbaches auf ca. 2500 m bezeichnet. Der Beleg aus Zermatt bezeichnet einen Berggipfel auf 3313 m. und darunter ein felsiges Gebiet, von dem aus vermutlich der Gipfel benannt wurde. J ULEN ET AL . (1995, 52 f. und 235 f.) kennt di Pfulwa und gibt dafür ‘ Mulde, Vertiefung zwischen zwei Gipfeln ’ und ds Pfulwugufer mit der Deutung ‘ Geröllhalde, Steingeröll ’ . BENB (1, 4, 304 f.) kennt einen Namen Pfulw-/ Pful(b) in Bellmund und Wilderswil. Es stellt ihn zu schwdt. Pfulw(en), Pfulbe(n) m. ‘ grosses Federkissen am Hauptende des Bettes, auf das das kleinere eigentliche Kopfkissen gelegt wird ’ , davon abgeleitet ‘ als Unterlage und Tragvorrichtung dienende Geräteteile, z. B. Stange an einem Pflug oder das bewegliche Tragholz auf der vorderen Achse eines Wagens, auf dem das Wagengestell ruht ’ , zu mhd. phulwe, pfülwe, pfulbe, pful swm./ n. ‘ Federkissen ’ < ahd. pfulwo swm., pfuluwîn stn. ‘ Kissen, Kopfkissen ’ , aus lat. PULVINUS , PULVINAR n. ‘ Polstersitz, Lagerstätte ’ (I D . 5, 1099 ff.). Als Motivation lässt sich am ehesten eine metaphorische Übertragung des HL auf die (hier gebirgige) Landschaft annehmen. Philpen Philpen, Adj., kommt nur einmal vor in zem philpen Steyne (1305, Niedergesteln). Das Adjektiv ist so sonst nicht belegt, kann aber als flektierte Form von be-hilbverstanden werden. Die Fortisierung von / b/ zu / p/ entspricht der lautlichen Realisierung. Diese Form ist wohl zum Adjektiv hilw / hilb (I D . 2, 1244 f.) oder zum Partizip be-hilt (I D . 2. 1245) zu stellen. Allerdings sind die Bedeutungsangaben für das Wallis ( ‘ bedeckt, überzogen ’ für das Wetter) schlecht mit Stein vereinbar. Die Bedeutungsangabe ‘ geschützt vor Zugluft, auch windstill, warm ’ usw. würde eher zutreffen, ist aber im I D . für das Wallis sonst nicht bezeugt. Piäneza Piäneza ist zu it. pianezza f. ‘ ebene Fläche, Ebene ’ zu piana ‘ eben ’ (D EVOTO / O LI 2020, 1594) zu stellen. O LIVIERI ( 2 1961; 491; 1965, 263 f.) führt pianezza auf lat. PLANITIES ‘ Ebene ’ zurück. Alle Belege liegen in Zwischbergen. Das Simplex ist zweimal belegt als di Piäneza ‘ die Ebene ’ . Um das tiefer gelegene Piäneza finden sich auch der Piänäzgrabu ‘ der Graben bei der Piäneza ’ , der Piänäzstäg ‘ der Steg über das Gross Wasser bei der Piäneza ’ und der Piänäzwald ‘ der Wald bei der Piäneza ’ . Bei J ORDAN (2006, 537) finden sich im Register neben den genannten Belegen auch Pjänezuboort ‘ das Bord bei der Piäneza ’ , Pjänezugalerii ‘ die (Strassen-)Galerie bei der Piäneza ’ , Pjänezuheeji ‘ die Höhe bei der Piäneza ’ , Pjänezukapälli ‘ die Kapelle bei der Piäneza ’ und Pjänezuschtaful ‘ der Stafel der Piäneza ’ . Piär Piär ist nur in di Piärmatta ‘ (unklar) die Bier-Wiese (? ) ’ (Ferden) belegt. Die Wiese befindet sich auf rund 1900 m und erscheint bei FLNK als Biermatte. Das HL ist wohl zu schwzdt. Bier ‘ Bier ’ und wdt. Pier, Biär (Lötschtal), Bier (Saastal), Piär ‘ Bier ’ (I D . 4, 1504; G RICHTING 1998, 152) zu stellen. Unklar ist die Motivation: handelt es sich hier um eine Wiese, wo ein Bier getrunken wurde? Der PN Pierre ‘ Peter ’ spielt kaum eine Rolle. 361 362 Piär <?page no="186"?> Piaz Piaz ist zweimal als Bestimmungswort in Piazeggu und Piazgrabu (FLNK, Saas-Balen) belegt. Kommentare fehlen; vermutlich liegt ein it. piaz oder piazza ‘ Platz ’ (O LI- VIERI 2 1961, 420 f.; 1965, 265; D EVOTO / O LI 2020, 1599) vor. Die Motivation ist unklar; es muss sich um eine moderne Fügung handeln, da das Gebiet nicht direkt an Italien grenzt. Pier Pier ist nur in der Pralipieritotz ‘ der (Fels-)Block bei der Wiese mit dem Felsen ’ (Varen) belegt. Während pra zu lat. PRATUM ‘ Wiese ’ und Totz ‘ (Fels-)Block ’ klar sind, ist wohl li pieri zum HL P IER ‘ Stein, Fels ’ zu lat. P Ě TRA ‘ Fels ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 64) zu stellen. Der PN Pierre ‘ Peter ’ (I D . 4, 1505) ist nicht auszuschliessen, aber wohl nicht primär. li ist als Artikel laut M EYER (1914, 27) nicht klar. Pierra Pierra ‘ Fels, Stein ’ ist zu lat. P Ě TRA ‘ Fels, Stein ’ zu stellen. T AGMANN (1946, 21) nennt p ī rra als lokale Form des Patois von Miège. B OSSARD / C HAVAN (2006, 64) nennen Pierre, Pierraz, Piraz (VS). Das Lemma kommt als Grundwort vor in einer Reihe historischer Belege mit wechselnder Schreibweise in Salgesch: en la pera de la warda (1346), in petra de la warda (1353), en la pierra de la garda (1644) bis hin zu Pidolo=Varda (1831), zu deuten als ‘ Wachtstein ’ . In Varen sind belegt 1649 eys Pierre Zuinte und 1720 im Piero Schinte - das Bestimmungswort bleibt unklar. Wiederum in Salgesch ist 1702 in piero so latra belegt. Es könnte sich um eine unverstandene Verschreibung von kalátra ‘ Schleuse zum Regeln des Wässerwassers ’ (T AGMANN 1946, 7) handeln. Der Flurname wäre dann ‘ der Stein bei der Schleuse ’ . Als Bestimmungswort im Genitiv ist 1579 in Salgesch belegt: jn pede de la piera ‘ am Fuss des Felsens ’ , wobei jn pede lateinisch ist (FEW 8, 293 s. v. p ē s fuss zeigt durchwegs Formen mit -ie- und ähnlich). Die Schreibweise piera ist im 16. Jahrhundert nicht erstaunlich. Pieruwa Pieruwa ist als ts Pieruwa (Varen, auch LT und FLNK) belegt. Das Register hat Piruwa und Pierre; ob letzteres ein PN oder einfach ‘ Fels ’ ist, bleibt unklar. Es handelt sich um Wiesen und Weiden westlich des Dorfes Varen oberhalb der Weinberge. Der anlautende Artikel ist Neutrum. Der Flurname ist wohl eine Zusammensetzung aus lat. P Ě TRA stein fels (FEW 8, 313 ff.), frpr. pirra ‘ Fels ’ (G ERSTER 1927, 56) und lat. Ō VUM ‘ Ei ’ (vgl. G ERSTER 1927, 69 mit ū ̩ , das als ‘ vielli ’ (älter) bezeichnet wird). Ob die Deutung ‘ Fels, der wie ein Ei aussieht ’ zutrifft, ist unsicher; jedenfalls wäre der Flurname usprünglich frpr. Pigger Pigger kommt nur vor in der Graatpigger (Gampel). Das HL ist zu schwdt. Bigger II und wdt. Pigger, Piggär ‘ Mann (kleiner), Penis ’ (I D . 4, 1080 f.; G RICHTING 1998, 152) zu stellen, hier wohl von der Form her ‘ Penis des Grates (Felsgrat) ’ zu verstehen. Es handelt sich um einen Schmelzwassersee im Sommer. Ganz unsicher ist Piggumatta ‘ (unklar) die Piggu- Wiese ’ (FLNK, Grächen, auch auf LT). Der Name kann sich auf einen Beinamen beziehen; ohne nähere Hinweise ist eine Deutung unmöglich. Pigne Pigne ist nur in Oberems als Pigne de combavert zwischen Turtmanntal und Val d ’ Anniviers belegt. Es handelt sich wohl um den patois-Namen für das dt. Meidzänd ‘ die (Fels)Zähne bei Meiden ’ (Oberems). Pigne ist zu frz. le peigne ‘ der Kamm ’ zu stellen (FEW 8, 101 ff. s. v. P Ě CTEN , - INIS kamm). Was dt. Zänd ‘ Zähne ’ meint, kann hier als Kamm (der auch Zähne hat) verstanden werden. Piipji Piipji ‘ die kleine Pfeife ’ ist nur in Oberems belegt. Das Simplex benennt eine Alpe auf rund 2300 m. Darum herum sind belegt: Piipjigletscher, Piipjilicku, Piipjitelli, Piipjiwang. Pipistadil und Pipimatten (nur historisch seit 1809) befinden sich jedoch an einem klar anderen Ort in Oberems selbst. Unklar ist das Verhältnis zu di Pipe (Varen). In Oberems liegt vermutlich ein Diminutiv Piip+li > Piipji vor. Laut FEW (8, 465) könnte es zu lat. * P Ī PULA kleine Pfeife zu stellen sein. Motivation scheint die Form der Flur zu sein. Ein deutsches Lemma ist kaum gegeben. Piis Piis ist ein unklares HL, das einerseits in Albinen mit di Pjiss (M ATHIEU 2006, 31 und S. 11, wo es auf frpr. buol (bwil) als ‘ Teich, Wasserloch ’ zurückgeführt wird) und dem historischen Ripa Büsz (1602), anderseits in Eisten mit di Piise und der darunter liegenden di Piisbachtola belegt ist. Die Belege in Albinen sind sicher romanisch: 1602 ÿ buÿs, 1675 in die Bues, 1677 in die Buis (unsichere Lesung), 1680 in die Buis, 1688 in die Bües, 1704 in die Bÿs, 1708 in die Bÿes, 1730 ind Bÿss. Die ältesten Belege weisen auf ein frpr. Buez (T AGMANN 1946, 23 mit Verweis auf M EYER 1914, 160) aus *boscu ‘ Busch ’ (FEW 15, 1, 192 ff. s. v. *bosk- (germ.) ‘ Busch ’ ) hin. di Pjiss ist wohl ursprünglich ein Plural ‘ in den Büschen ’ und Ripa Büsz Piaz 363 364 <?page no="187"?> meint den Bach bei den Büschen. Hierzu sind auch die Belege en Riwa Bÿs (1650) und in Riua Bÿs (1703) zu stellen, die kaum zu frpr. bisse ‘ Wasserleitung ’ gehören. Die Deutung bei M ATHIEU (2006, 17 mit Verweis auf buil S. 11) ist wohl unzutreffend, da das auslautende / l/ in den Belegen nicht auftritt. di Piise in Eisten und das zugehörige Piisbachtola lassen sich nicht deuten. Eine romanische Grundform ist zwar nicht auszuschliessen, aber eher ungewöhnlich. Die beiden Namen werden deswegen ohne Deutung wiedergegeben. Piische Piische m. ist zu schwdt. Büsch, Büsche(n), Püsche(n) bzw. P ī sche(n) (W) m. ‘ junger Nadelholzbaum (bes. Tanne oder Föhre) bis etwa zu 6 m Höhe ’ (I D . 4, 1768 f.; G RICH- TING 1998, 152) zu stellen. Das Simplex ist im Singular als der Biischu (Simplon, Zwischbergen) und beim Pischen (Oberwald, SK, unsicher) belegt. Der Plural ist als t Piische (Oberwald, Ulrichen, Zwischbergen) und in den Pischen ‘ im Gebiet mit kleinen Nadelbäumen ’ (1717, Geschinen) bezeugt. Als Grundwort ist das HL in zweigliedrigen Komposita belegt in Bletschunpiischen ‘ die Nadelholzbäume bei den Bletschun (Ebenen) ’ (Blatten), di Giblipischen ‘ die Nadelholzbäume beim Gebiet Gibli (kleiner Giebel) ’ (Kippel), in Leerchpÿschen ‘ beim Gebiet mit kleinen Lärchen ’ (1624, Bürchen), t Mattun Piischen ‘ die kleinen Nadelholzbäume bei der Matte (Wiese) ’ (Blatten), ts Ruppupiischu ‘ bei den kleinen Nadelholzbäumen der Familie Ruppen ’ (Grächen), in den Tanpischen ‘ im Gebiet mit kleinen Tannen ’ (1840, Bellwald). Unsicher ist der Beleg der Piisschiwang ‘ der Grasabhang mit Büschen ’ (Leukerbad), wo keine Bäume, nur Büsche zu erkennen sind. R. G RICHTING (2003, Blatt 16, Nr. 14 Pieschiwang) geht von einem HL Pieschi aus, das sonst nirgends belegt ist; da sich unweit davon ts Taalersch Wang (bei G RICHTING Stahlärsch Wang) befindet, also der Grasabhang einer Person namens Taler oder Stahler, könnte Pieschi auch ein PN sein. Als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita verbindet das HL sich mit den Grundwörtern Grabu und Wald. Pilantsch (PN) Pilantsch (PN) ist nur einmal belegt in im Pilantschacker ‘ im Acker des Pilant / der Familie Pilant ’ (1629, Ergisch), wobei auch Pilentschacker gelesen werden kann. Es handelt sich wohl um einen PN oder FaN im Genitiv. Zwar gibt es die FaNN Biland und Byland (F AMILIENNAMEN- BUCH DER S CHWEIZ , 1, 163 und 306). Die Bürgerorte befinden sich aber im Aargau, sodass der FaN kaum in Frage kommt. Pillet (FaN) Pillet ist als ts Pillet (Ergisch; FLNK Pillettji) belegt; die historischen Belege von 1710 u. später haben im Piletgÿ und im Pilletÿ. Laut T AGMANN (1946, 70) handelt es sich um den heute unbekannten FaN Pillet, der in mehreren Dokumenten belegt ist. NWWB (2, 175) kennt den FaN, weist ihn aber Aosta und Martigny zu. Pilottu Pilottu pl. ist nur als in de Pilottu ‘ in den Holzpfählen ’ (Ried-Brig) belegt. Gwp. fügt hinzu, dass es sich früher um eingerammte Holzpfähle als Lawinenverbauung gehandelt habe. <pilotte> seien ‘ Holzpfähle ’ , die oberhalb der Strasse auf die Alpe Resti standen. Es handelt sich um ein Fremdwort aus dem französischen le pilot ‘ der Grundpfahl ’ (vgl. FEW 5, 475 ff. s. v. p ī la pfeiler, bes. S. 475 s. v. pilot). Die Aussprache mit / tt/ ist vermutlich dem Schreibbild geschuldet; le pilote ‘ der Steuermann, der Pilot ’ ist nicht gemeint. Pinntärne Pinntärne ist in Visperterminen als di Pinntäärne (FLNK u. 1: 10000 Pintärne) belegt. Komplexer ist der Pinntäärnerwier ‘ der Weiher bei den Pintäärne ’ (Visperterminen); als Ableitung für eine Wasserleitung ist di Pinntäärneri ‘ die Wasserleitung von / zu den Pintäärne ’ (Visperterminen) belegt. Eine Deutung für das HL entfällt; es ist wohl identisch mit dem historisch belegten Binternon in Glis (cf. HL B INTERNON ). Eine Deutung ist jedoch nicht möglich. Pioda Pioda und das dt. geschriebene Pjooda sind als Pioda ‘ glatter Fels ’ (LT, Zwischbergen), in Preesa Pjooda ‘ das Haus beim glatten Felsen ’ (Zwischbergen) und Reál della Pjooda ‘ der Graben mit glatten Felsen ’ (Zwischbergen) belegt. Beide kennt auch J ORDAN (2006, 304). Er stellt sie zu it. pjoda ‘ Steinplatte ’ und real zu it. real ‘ Graben ’ . O LIVIERI (1965, 267) und P ETRINI (1993, 114 s. v. pioda ‘ lastra di pietra (Steinplatte) ’ ) nennen pioda einen dialektalen lombardischen und piemontesischen Ausdruck. In Ortsnamen wird es nach P ETRINI für glatte Felsen verwendet. Ein verdeutschter Beleg findet sich in Piodejoch (LT, Zermatt) im Monte Rosa-Gebiet zwischen Ludwigshöhe und Parrotspitze. Gemeint ist wohl ein Joch im glatten Fels. 365 366 Pioda <?page no="188"?> Pioltone Der Pizzo Pioltone (LT, Zwischbergen) ist ein Grenzgipfel, der sich südwestlich des Camoscellahorn (LT) / Camuschellihorn (1: 10000) befindet. Auf den Internetseiten werden die beiden Gipfel zusammen genannt; auf der Karte besteht ein Unterschied. Bei O LIVIERI ( 2 1961; 1965) findet sich keine Deutung. Pipe Pipe ist als di Pipe ‘ die Bach-Nelkenwurz ’ (Varen) belegt, ein Plural. 1346 ist von pipin die Rede, 1749 von in piba. In beiden Fällen ist ein Weinberg erwähnt. Es scheint sich hier um einen Pflanzennamen zu handeln (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 246 s. v. G EUM RIVALE ‘ Bach-Nelkenwurz ’ ) nach B RIDEL (1860, 294). Der Flurname ist sonst nicht belegt. Die Flur befindet sich direkt neben dem Gulantschi, einem Bach, der Varen und Salgesch trennt. Pisschür Pisschür ‘ Wasserfall ’ ist in Leukerbad als Simplex belegt, historisch als lo Pissiour (1328). Das Lemma ist zu p įš our etc. ‘ Wasserfall ’ zu stellen (T AGMANN 1946, 5). In Leukerbad kommt auch der Pisschürgrabu ‘ der Graben beim Wasserfall ’ vor. R. G RICHTING (1993) kennt neben Pischürgrabu (Blatt 4, Nr. 14, Blatt 5 Nr. 34 u. Blatt 6, Nr. 10), Pischürchrächu (Blatt 4, Nr. 3 u. Blatt 5, Nr. 2) und Pischürfall (Blatt 5, Nr. 24 u. Blatt 6, Nr. 14). Historisch hat Salgesch Pyssiour (1365 u. später) und Varen Plan Pischeur ‘ die Ebene beim Wasserfall ’ (1561), sowie sub saxo dov Pyssyour ‘ von der Fluh mit dem Wasserfall an ’ (1490). In Turtmann ist jm Pischier ‘ im Gebiet mit einem Wasserfall ’ (1653) mit einer Hütte belegt. In Ergisch findet sich die diminutive Ableitung ts Bischierli ‘ der kleine Wasserfall ’ ; die historischen Belege haben 1320 ol pissiour, 1328 lo pisiour usw., also eine ältere frz. oder frpr. Version. Pisung Pisung m. ist als der Pisúng (Zwischbergen) belegt, Name eines Grenzgipfels. J ORDAN (2006, 300) kennt ihn nur als Variante zu Wallgraand, das auf LT als Punta Valgrande (2865 m) belegt ist. SK hat Monte Carnera. In allen Fällen handelt es sich um einen Grenzgipfel zu Italien. Pisung stammt aus einem piemontesischen oder lombardischen Dialekt, ist aber sonst nicht bekannt. Die einschlägigen Wörterbücher und Verzeichnisse (O LIVIERI 2 1961; 1965, P ETRINI 1993) kennen keinen entsprechenden Beleg. Pitro Pitro kommt 1666 in Varen im Beleg in Chang Pitro vor. Es handelt sich jedoch nicht um ein Wort, sondern ist nach M EYER (1914, 79, 113) zu lat. CAMPESTRE ‘ zum Feld gehörend ’ zu stellen. Die Notation in zwei Wörtern verfälscht den Namen (cf. HL T SCHAMPIICHTRU ). Pitsch Pitsch ist nur als Bestimmungswort in Gampel als Pitschbalmu ‘ der überhängende Fels im Pitschwald ’ , der Pitschwald ‘ der Wald bei der Pitsche (die Form einer kleinen Hacke? ) / die Anhöhe ’ , der Ober und der Unner Pitschwäg ‘ der obere und der untere Weg im Gebiet Pitschwald ’ , sowie in Bratsch als der Pitschwald ‘ der Wald in der Form einer Pitsche (kleine Hacke? ) / die Anhöhe ’ belegt. Die beiden Wald-Namen beziehen sich auf den gleichen Wald. In Ausserberg kommt hinzu der Pitschibiel ‘ der Hügel der Familie Bitschin ’ , der zum FaN Bitschin (AWWB 33) zu stellen ist. Pitschi dagegen kann zu wdt. Pitsche(n) f. ‘ die kleine Spitze an der Spitzhacke ’ (I D . 4, 1933; E GLI (1982, 115, 131 f., 248 f.; G RICHTING 1998, 153) zurückgeführt werden. E GLI (1982, 132) gibt Pitscha als rom. mda. p ǝ ts ā ‘ Hacke ’ an; er führt als Bedeutung ‘ kleine Hacke ’ an. Pitsch kann aber auch auf das entrundete HL B ÜTSCH (BENB 1, 4, 769 ff.) zurückgehen, das als Lehnappellativ zum lat. PODIUM ‘ Erhöhung, Anhöhe ’ gedeutet wird. Die Deutung E GLIS scheint sinnvoller zu sein, da sich die Pitsche als Werkzeug des Rebbauern auch als Flurname eignet. Pizzo Pizzo ist zu it. Pizzo ‘ Spitze, Berggipfel ’ (D E V OTO / O LI 1990, 1420; RN 2, 246; URNB 2, 903) zu stellen. Die aufgeführten Gipfel befinden sich an der Grenze zum Kanton Tessin (Oberwald) und an der Grenze zu Italien (Binn, Saas-Almagell, Oberwald). Zu Oberwald gehört der Pizo Gallina ‘ die Spitze, die einem Huhn gleicht ’ . der Pizo Gallina (Oberwald) ist ein Grenzgipfel zum Tessin (LT Pizzo Gallina, FLNK Pizzo Gallina, Piz Gallino) (vgl. P ETRINI 1993, 101 s. v. gallina). Das HL ist zu lat. GALLINA , it. gallina ‘ Henne ’ , meist zur Bezeichnung einer wild lebenden Hühnerart (Birkhenne, Auerhenne, kaum jedoch das Schneehuhn; cf. RN 2, 159; REW 3661, FEW 4, 38) zu stellen. der Piz Nero (FLNK Pizzo Nero; LT Pizzo Nero) ‘ die schwarze Spitze (vom Tessin aus benannt) ’ ist ein Grenzgipfel vom Wallis zum Tessin. Piz Rotondo ‘ der Pizzo Rotondo (Spitz der Rundung) ’ (Oberwald, LT u. FLK Pizzo Rotondo) ist ein östlicher Grenzgipfel zwischen Wallis und Tessin; hierzu gesellt sich Ghiacciaio del Pizzo Rotondo ‘ der Gletscher des Pizzo Rotondo (LT für Rotondogletscher) ’ . Der Pizzo Pesciora (Oberwald, auch FLNK) ist ein Grenzgipfel östlich des Gerenhorns, benannt nach einem Gebiet mit Rottannen. Der Pizzo Cornera (it. Name des Gischihorns) ‘ die kleine Hornspitze ’ (LT, Binn) ist ein Grenzgipfel im Pioltone 367 368 <?page no="189"?> Süden des Binntals und nach einem Gebiet südlich des Horns benannt (Passo di Cornera, Guglie di Cornera). O LIVIERI ( 2 1961, 196) kennt Cornèra und sieht darin eine Ableitung zu lat. CORNUS . O LIVIERI (1965) kennt den Namen jedoch nicht. Der Pizzo Fnè ‘ die Spitze Fnè ’ befindet sich als Grenzgipfel neben dem Passo Fnè bei Zwischbergen zu Italien. Zu Fnè vgl. HL F NÈ . Zu Pizzo d ’ Avino ‘ die Spitze von Avino ’ (Zwischbergen) kennt J ORDAN (2006, 293) Pizzo dAwino. Avino ist der Name einer Piana d ’ Avino und des Lago d ’ Avino auf der italienischen Seite der Grenze. Der Name ist bei O LIVIERI (1965) nicht belegt; eine Deutung lässt sich deswegen nicht geben. Pizzo Straschugo ‘ die Spitze Straschugo ’ (Zwischbergen, LT und FLNK, Pizzo Straciugo) hat seinen Namen wohl von der Alpe Straciugo erhalten, eine Deutung fehlt aber bei O LIVIERI ( 2 1961; 1965). Pizzo d ’ Andolla (LT, Zwischbergen) ist ein Gipfel am Portjengrat, nach den Alpi di Andolla benannt. Der Pizzo Pioltone (Zwischbergen) ist ebenfalls ein Grenzgipfel zu Italien. O LIVIERI (1965) kennt den Namen nicht. Der Pizzo Cingino Nord (dt. Jazzihorn) (Saas-Almagell) und der in Italien liegende Pizzo Cingino Sud sind nach der Alpe Cingino benannt; O LIVIERI ( 2 1961; 1965) hat dafür keine Erklärung. Auch für den Pizzo di Loranco (Saas- Almagell; dt. Mittelrück), einen Grenzgipfel zwischen dem Saastal und Italien, findet sich keine Erklärung; bei O LIVIERI ( 2 1961; 1965) findet sich der Name nicht. Weiter ist der Pizzo Scarone (Saas-Almagell, dt. Kehrenrück) in der Cresta di Saas belegt, wo wir den FaN eines Bergsteigers vermuten. O LIVIERI ( 2 1961, 493; 1965, 316) stellt den Namen zu it. scara ‘ Treppe ’ und meint damit eine grosse Treppe. Die meisten dieser Gipfel sind von it. Seite aus benannt, weswegen eine Deutung jeweils schwierig ist. Plääna Plääna f. ‘ die Ebenen ’ ist nur belegt in di Plääna ‘ die Ebenen ’ (Glis, 1: 10000 Pläna), vermutlich einem Plural. Laut Beschreibung handelt es sich um mehrere kleine Ebenen. I D . (5, 104) kennt Pl ā n ‘ freier Platz, Ebene ’ (vgl. auch BENB 1, 4, 362 f.). Die dt. Form Plan und die frz. Form plaine lassen sich auf das mlat. PLÂNUM ‘ Ebene ’ zurückführen. Die genaue Herkunft des HL ist jedoch nicht klar. Der Umlaut ist im I D . mindestens für den Diminutiv belegt; dennoch sind sowohl dt. Plan wie frz. plaine als Quelle des Flurnamens möglich. Plagnez Plagnez, auch Plagney ‘ kleine Ebene ’ ist nur historisch belegt als ov plagmez (1444, Unterems; wohl verschrieben), plagney (1328, Turtmann), ol plagney (1337 u. später, Unterems), ov plagnyez (1523, Oberems), eis plagnuelz (13. Jh., Ergisch; 1320 playnes, 1328 plagne ỳ , eys plageys, eys plagnez, es plagn ỳ es usw.), eys blagnyz (1338, Varen) sowie die komplexen ou plagney de cabana (1328, Oberems), ol plagney de cabana (1328, Unterems). Trotz den verschiedenen Schreibweisen ist der Name nach B OSSARD / C HAVAN (2006, 18) zu Plagne, Plaigne: ‘ petit plateau, terrain plat ou relativement plat, étym. lat. *plania ‘ terrain plat [ebenes Gelände] ’ zu stellen. Plagnoul Plagnoul ist nur 1328 als cabulum dou plagnoul (Ergisch) belegt. Ob sich hier eine Ableitung von *plania ebene (FEW 9, 18) verbirgt, ist unklar. Wenn dem so wäre, ist der Name als ‘ Schleif von / zu einer Ebene ’ zu verstehen. Doch das bleibt unklar. Plammis Plammis ist nur in Varen belegt; es handelt sich um einen hochgelegenen Teil der Varneralpe über der Baumgrenze (was eine Rückführung auf plambois (T AGMANN 1946, 23) ausschliesst). Die lebenden Belege Plammis und ts Unner Plammis werden ergänzt von historischen Belegen juxta saxa de plambis (1587) und juxta saxa de plangbis (1587). Es handelt sich also wohl um die Verbindung von plan und bis ‘ Bach, Wasserleite ’ (T AGMANN 1946, 5; G PSR 2, 387 ss. s. v. bief), also ‘ die ebene Fläche mit dem Bach ’ . HL P LAMMIS wird beibehalten, da die Konstruktion nicht durchsichtig ist. Plan Plan ist ein aus dem lat. Adj. PL Ā NU ‘ eben ’ (FEW 9, 27 ff.) stammendes Lemma, das entweder als rom. pla(n), plang oder als dt. Lehnwort Pl ā n (I D . 5, 104: Pl ā n m. ‘ freier Platz, Ebene ’ , auch als Gegensatz zur Alp für den ebenen Grund (Viehweiden, mhd. plan) gedeutet werden kann. In manchen Belegen ist das Lemma lateinisch; dann lässt sich nicht entscheiden, ob ein Appellativ oder ein Name vorliegt und zu welcher Sprache letzterer gehört. Das Adjektiv wird auch als Substantiv gebraucht, dazu kommen einige Ableitungen. Das Simplex ist als y plang (1610, Leukerbad; älterer Beleg 1356 im Plural eys plans, 1460 y planz) und in di Plang (Albinen, FLNK Plang) belegt; in Albinen ist das Genus unklar, haben doch historische Belege im plang (1717 u. später). Albinen hat auch Plaanu, das wohl auf die Ableitung PLANNA ‘ Ebene ’ (T AGMANN 1946, 19) zurückzuführen ist; die Ableitung Planju (Albinen, FLNK Planji) wird von FLNK als Diminutiv verstanden, ist aber wohl einfach eine phonetische Wiedergabe von Patois plangna, das zum HL P LANNA gehört. In Gampel bildet Plaa (als Simplex nicht belegt) ein Namennest mit Plaabodu, Ober Plabodu, Plamatta, Pla- 369 370 Plan <?page no="190"?> wäg, Plawald und Unner Plabodu. Da Gampel nicht zum ursprünglichen Patois-Gebiet im Bezirk Leuk gehört, kann sowohl rom. plan wie dt. Plaa (mit n-Schwund) Ausgangspunkt sein. Unsicher ist ebenfalls ts Plaaneggi ‘ die kleine Ecke bei der Ebene ’ (Ergisch) In den übrigen Gemeinden mit Patois-Einfluss erscheint plan oder plang als Adjektiv oder als Grundwort; im Einzelnen kann das nicht immer entschieden werden. Klare Fälle sind etwa in plano cudry ‘ im ebenen Gelände mit Haselnuss-Sträuchern ’ (1358, Albinen), plan du rafour ‘ ebenes Gelände beim Kalkofen ’ (1644, Varen) oder plan pischeur ‘ das ebene Gelände beim Wasserfall ’ (1561 Varen). Lateinische Fügungen wie jn plano campo ‘ auf dem ebenen Feld ’ (1338, Varen) oder jn planis vineis ‘ auf den ebenen Weingärten ’ (1352) enthalten offenbar ein Adj. plan- und sind nicht als Grundwörter zu deuten: ob es sich dabei um den Namen Pflantschang (Varen) handelt, lässt sich nicht entscheiden, obwohl das nahe liegt. Eine Reihe von Namen sind nur schwer zu deuten: so ist in Varen 1587 saxa de plangbis ‘ die Felsen bei Plangbis ’ belegt, wozu offenbar das lebende Plammis (Varen) gehört; sieht man sich den Ort auf der Karte an, erkennt man, dass ein Wasserlauf quer über diesen Teil der Varneralpe läuft und dass Plammis deswegen als ‘ ebenes Gelände mit einem Bach / einer Wasserleite ’ zu deuten ist (cf. HL P LAMMIS ). Schwierig oder unmöglich zu deutende Ableitungen wie Plaabitscher (Inden), Plampulet (Albinen), plan gadron (1656, Albinen) und weitere sind unter dem Bestimmungslemma aufgeführt; die jeweiligen HLL sind in der Datenbank aufgeführt. Ableitungen sind nicht immer leicht erkennbar. Planigy (Salgesch, SK) ist nach T AGMANN (1946, 19) zu PLANITIA ‘ pays de plaine (ebenes Gelände) ’ zu stellen. Bei unsicheren Fällen wird ein gesondertes HL erstellt, etwa HL P LANÜNUNG . Einen schwer zu interpretierenden Sonderfall bilden Konstruktionen mit nachgestelltem plan, wie in procuratores montis du plan ‘ die Alpvögte der Alp Plan ’ (1585, Varen) oder cabulum plan ‘ der Schleif bei der Ebene? ) (1721, Varen), der auch Trenchien plan ‘ die Ebene bei der Tränke? ’ (1721, Varen) heisst. Nicht belegt sind die Weiterentwicklungen zu pyàn, pyánna (T AGMANN 1946, 19) in den patois. Planet Planet ist zunächst historisch 1610 als ÿ planet und 1709 in Planet belegt. Es handelt sich um das HL P LAN ‘ Ebene ’ und eine Diminutiv-Ableitung auf / - ITTU ( M )/ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 18 und 287) und G. P ANNATIER (p. c.), also ‘ die kleine Ebene ’ . Die mögliche Zuordnung zu Planoz etc. ‘ Spitzahorn ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 171) ist unwahrscheinlich, da die Dokumente von agrum ‘ Acker ’ sprechen. Anders zu verstehen und auf der zweiten Silbe zu betonen ist das in Stalden und Visperterminen belegte Planeetuwäg (FLNK, Stalden) und Planetuwäg (FLNK, Visperterminen). Beide bezeichnen den gleichen ‘ Planeten-Weg ’ (von Visp bis Stalden mit Abbildungen der Planeten). Plangg Plangg n, Plangge f. ist zu schwdt. Plangg II, Plangge(n) f. ‘ lichter, holzfreier Raum in einer weitschichtigen Waldung; offen daliegende ( ’ helle ‘ ) Stelle eines Berges, mit Gras [ … ] bewachsen; langgestreckte, steil abfallende, bewachsene Fläche in Waldungen, zumeist aber zwischen nacktes Gestein eingebettet, oft fürs Vieh unzugänglich und daher fürs Wildheuen benutzt ’ , rätorom. plaunca, cf. frz. planche, mlat. PLANCHA , - IA (I D . 5, 119 f.; zu Namen siehe URNB 2, 904 s. v. Plangge mit Verweis auf Z INSLI (1946, 312) u. a.; SZNB 4,9 ff. s. v. Plangg). Während das HL in UR und SZ sehr häufig ist, sind im Oberwallis nur belegt Furkaplangge ‘ die steilen Halden auf dem Furkapass ’ (FLNK, Oberwald), ts Plangg ‘ das Gebiet mit steilen Wiesen ’ (Binn), di Plängge ‘ steile Wiesen ’ (Naters) und ts Plänggerli ‘ steile Wiese ’ (Oberwald, Grimselpass). Die beiden Namen in Oberwald sind wohl vom benachbarten Kanton Uri beeinflusst. Plangna Plangna ‘ Ebene, eben ’ ist entweder ein Substantiv zu lat. PL Ā NU oder ein feminines Adjektiv dazu, vgl. T AGMANN (1946, 19) “ Plana, Planne, pyanne, planne, terrain assez plat, étym. app. pat. la pya ŋ na, pyanna, la pla ŋ na ‘ la plaine ’” . Das HL kommt einmal als Plangna ‘ Ebene ’ (1488, Salgesch) vor. Der älteste Beleg hat eys planes (1488), der jüngste en la plangna (1544). Es ist unklar, ob sich die historischen Belege alle auf die gleiche Flur beziehen. In Salgesch ist 1580 ad cristam plangnaz ‘ beim Hügel mit der Ebene ’ belegt, das lebendig als Grechtaplangna und in Grechtaplangnahubil ‘ der Hügel im Gebiet Grechtaplangna ’ erscheint (cf. HL G RECHTA ); M ATHIER (2015, 126) kennt den Namen als Grechtuplangnä. die Plangna Veÿ ‘ die alte Ebene (unsicher) ’ (1689, Albinen), en la Plangnasin (1649, Inden) und eys plangnes listes ‘ in den ebenen Grasbändern (? ) ’ (1543, Leuk) sind schwierig zu deuten, enthalten aber das HL. Planna Planna ist in Varen 1659 als im Planna und im gleichen Jahr als jn di Planna belegt. Auch der erste Beleg lässt sich als Feminin deuten, wenn die anlautende Präposition assimiliert wurde. Gemeint ist ‘ die Ebene ’ (T AGMANN 1946, 19 s. v. Planne) zu lat. PL Ā NU . Planet 371 372 <?page no="191"?> Planngerwa Planngerwa ist nur belegt in ts Planngerwa (Varen). Die jungen historischen Belege sind 1703 in plaugunrun / plangnerun (unsichere Lesung) und 1727 plangna geraut. Es dürfte sich um ein Kompositum mit dem Erstglied Plan, Plangna ‘ Wiesland ’ (T AGMANN 1946, 19) handeln; das Zweitglied lässt sich verlässlich aus den drei Belegen nicht gewinnen. Am nächstliegenden scheint pat. rwá ‘ schlechter Weg ’ (T AGMANN 1945, 64 s. v. Rua) zu sein; die Form plánngerwà würde dann aus planng + rwa mit einem r-Vorschlag entstanden sein: ‘ das Wiesland beim schlechten Weg ’ . Wenn das zutrifft, dann dürften zwei weitere historische Belege hierzu zu stellen sein: 1589 y planno rua ‘ beim Wiesland beim schlechten Weg ’ und 1747 im plangierva ‘ im Wiesland beim schlechten Weg ’ . Der späte Beleg ist offensichtlich nicht mehr verstanden worden. Das HL P LANNGERWA wird hier beibehalten, weil die Deutung unsicher ist. Planniout Planniout ‘ die kleine Ebene ’ ist nur 1701 in Varen als jm Planniout belegt. Die Präposition jm kann assimiliert sein. Vermutlich liegt das von T AGMANN (1946, 19) beschriebene Planeoit vor, das laut M URET (1912) auf Planu + EOLU zurückzuführen wäre; M URET selbst spricht von / - IOLUS / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 187 haben diminutives / - EOLU ( M )/ ). Das auslautende / t/ wäre dann nicht gesprochen worden. Plans Plans ‘ ebene Flächen ’ ist der nur zweimal belegte Plural zu Plan, das zum lat. Adj. PL Ā NU zu stellen ist. In Varen ist 1369 eys plans belegt, in Leuk 1346 eys plans perrotyers (unsicher, ev. ‘ in der Ebene der Leute des Perrod ’ ). M EYER (1914, 169) stellt plans zu lat. PLANOS ‘ die ebenen Flächen ’ . Planself Planself, auch Blanself ist nur historisch für Baltschieder (1300: blanselpf, blanselphf, 1306: blanself) und Bürchen (1301: plansef (unsicher), 1302: in blanself) belegt. Der Name ist wohl identisch mit dem Ursprung von Plasselb (FR): plana silva ‘ ebener Wald ’ (K RISTOL ET AL ., 2005, 46, mit Verweis auf J ACCARD 1906, 350). Baltschieder und Bürchen sind im 14. Jahrhundert deutschsprachig; der Name war wohl nicht mehr durchsichtig. Darum wird er hier als HL beibehalten. Plantä Plantä ist die Form von FLNK und M ATHIEU (2006, 31), das auf S. 11 zu frpr. planta, frz. plantée ‘ Pflanzung ’ gestellt wird. Die historischen Formen haben 1602 Planthen, 1611 prato deÿ Blanten, 1628 aux Planten, 1646 en Planten, später in Plante. Die Endung ist schon in den ältesten Belegen verdeutscht. B OSSARD / C HAVAN (2006, 154) führen Planta(z), Plantaie und Plantèe auf. Es handelt sich um eine Pflanzung von jungen Reben, jungem Wald oder jungen Obstbäumen. Verwandt hiemit sind die unter dem HL P LANTAA und P FLANTEI aufgeführten Flurnamen. Plantaa Plantaa ist im Wallis bekannt als der Name des Platzes vor dem Regierungsgebäude in Sitten; der Name ist wohl auf lat. PLANTATA ‘ die Anpflanzung ’ zurückzuführen. Der gleiche Name kommt als Simplex in Leuk, Ulrichen und Varen vor, wobei Ulrichen - anders als die beiden andern Orte - sicher früher germanisiert war; es kann sich hier um eine Entlehnung handeln. In Leuk ist 1768 die kleine Planta und 1760 die undre Planta belegt. In Salgesch ist mit Pflantei, resp. Flantey wohl der gleiche Name in frpr. Form aufgenommen. Die historischen Belege weisen verschiedene Typen auf: 1353 in plantatis (latinisierte Form), danach 1357 u. später eys plantes, 1579 y plantes, 1628 ÿ planteis, 1710 in der planta und 1774 in planteÿ. M ATHIER (2015, 79) gibt Pflantei, reiht aber auch eys plantes (1494) hier ein. M URET (1912, 21) zitiert für Salgesch in Flantey. Als Kompositum ist ca. 1880 Flantej Ru ᵕ ss ‘ der Wasserlauf bei Flantei ’ belegt. Pflantei, Flantey, plantatis und eys plantes sind eng miteinander verwandt. Das geht zumindest auch aus T AGMANN (Ms., 18 f.) hervor, der Flantey auf älteres PLANTATAS zurückführt, das ursprünglich ‘ Neuanpflanzung, speziell von Reben ’ bedeutet habe, heute aber nur noch in Lokalnamen vorkomme. Vermutlich gehört hieher auch der hybride, ins Alemannische übernommene Typ Pflanzete / Flanzete (cf. HL P FLANZ ); eine mögliche Herleitung dieser Namen von frpr. plantse ‘ planche ’ muss jedoch auch in Rechnung gestellt werden (vgl. M URET 1912, 21 s. v. plantsètè). Planünung Planünung ist in Leukerbad und Inden belegt; es handelt sich aber um die gleiche Flur. In Leukerbad haben LT und FLNK Planinong. Historisch sind 1460 planenong und 1745 im úndren planenong belegt. In Inden hat FLNK ebenfalls Planinong. Historisch sind 1337 ol plagnanon und 1523 du planenon belegt. Anzunehmen ist ein Kompositum oder eine Ableitung zu lat. PL Ā NU ‘ eben ’ (T AG- MANN 1946, 18 f.). Am ehesten kommt eine Suffixkombination mit den Diminutivsuffixen lat. / - INU -/ und lat. / - ONE ( M )/ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) ‘ die kleine Ebene ’ in Frage. Plaschy (FaN) Plaschy (FaN) ist der FaN Plaschy, auch Plaschi, de Plan, de Platen, Plaschin, Blasi geschrieben. AWWB führt den 373 374 Plaschy (FaN) <?page no="192"?> Namen auf den Ort Plan (jetzt Bodmen) bei Inden zurück. Die Familie kommt im 14. Jh. in Inden vor und verzweigte sich nach Leuk, Albinen, Leukerbad und Varen (AWWB 196). Der FaN ist nur in zwei eng verwandten Stellen belegt: 1733 sub rascardo Plaschi ‘ unter dem Stadel der Familie Plaschy ’ (Salgesch) und 1759 bei des Plaschis Stadel ‘ beim Stadel der Familie Plaschy ’ (Salgesch). Im romanischen Text ist der FaN nachgestellt, im deutschen im Genitiv vorangestellt. Plassete Plassete ist als di Plassete in Salgesch belegt. M ATHIER (2015, 85) kennt es als Plascheta. Nach ihm bezeichnet es den Platz zwischen Ober- und Unnerdorf im Zentrum des Dorfes. Der Namen ist zu lat. PLATEA strasse in einer stadt (FEW 9, 37 ff.) zu stellen, wohl als Diminutiv placette ‘ petite place dans une ville ’ (FEW 9, 39). Anzunehmen ist eine Diminutiv-Ableitung auf / - ITTA / (B OS- SARD / C HAVAN 2006, 287). Weiter belegt ist sub aqueductu deys plassetes ‘ unterhalb der Wasserleitung bei den kleinen Plätzen ’ (1580, Albinen), das vermutlich sonst als Flasche belegt ist. Platea Platea kommt als Ortsname in Agarn 1407 apud plateam de ayert und in Albinen 1453 in platea comunali, 1581 in platea comuni vor. de Platea ist der lateinische Name für den dt. FaN Amhengart (AWWB 9). Platea ist auch der lateinische Ausdruck für den zentralen Platz im Dorf (vgl. T AGMANN 1946, 29). Das gilt auch für platea comunali ‘ der Gemeinde-Platz ’ , resp. platea communi ‘ der Gemeinde-Platz ’ . In allen Fällen liegt eine Latinisierung vor; der Patois-Ausdruck der Zeit ist laut M EYER (1910, 169) placy, plazzi, plazzau. Plateau Plateau ist als Simplex ts Blatto ‘ das Plateau (des Turtmanngletschers) ’ (Oberems) belegt. Die übrigen drei Belege stammen aus Zermatt: ts Plato Rosa ‘ das Plateau Rosa (wörtlich: Gletscherplateau) ’ (LT Plateau Rosa), ts Breithoreplato ‘ das Breithornplateau (Gletscherfläche unterhalb des Breithorns) ’ (SK und LT: Breithornplateau), Triftjiplateau ‘ das Triftjiplateau (Gletscherplateau oberhalb des Triftji ‘ kleine Alpweide ’ ) ’ (LT). J ULEN ET AL . (1995) und G RICHTING (1998) verzeichnen das HL nicht. Es ist zu hdt. Plateau n. ‘ Hochebene, Hochfläche ’ (< 19. Jh.), zuvor ‘ Aufsatzplatte, Tischaufsatz ’ (um 1800), Übernahme von gleichbed. frz. plateau, eig. ‘ Scheibe, flaches Stück, flacher Gegenstand ’ (afrz. platel), abgeleitet von afrz.-frz. plat ‘ flach ’ (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 710) zu stellen; im Kontext wird es nur für Gletscherflächen verwendet. Platz Platz m. ‘ Platz ’ ist zu schwdt. Platz, Blatz m. wie nhd. ‘ Platz (in Städten und Dörfern); freier Platz vor Häusern; Weideplatz; Stelle, Ort ’ , mhd. platz m. und wdt. Plazz ‘ Platz, Raum ’ (I D . 5, 254 ff.; G RICHTING 1998, 153) zu stellen. Die von Z INSLI (1984, 78) erwähnte Deutung von Platz als “ der Hauptort des Tales ” ist für das Oberwallis so nicht belegt. Das HL kommt aber in rund 130 Namen vor. Das Simplex im Singular der Platz, ufem Platz ‘ auf dem Platz ’ (Zermatt und weitere zehn lebende, sowie drei historische Belege) meint häufig den Dorfplatz, manchmal auch den Teil des Dorfes um diesen Platz herum. Das Diminutiv im Singular ist als das Platzgÿ (1636, Brigerbad, als Alternative steht Hängärtlÿ, cf. HL G ARTEN und HL H EIM ), ufum Platzji (Oberems), Platzji (Lax), Plazzji (Eggerberg) und uf dem Platzÿn (1707, Ried-Brig) belegt; auch hier sind meistens der Dorfplatz oder ein Teil des Dorfes gemeint. Der Plural des Diminutivs des Simplex ist nur in aúff den Platzgÿnen (1735, Törbel) belegt. Attributive Adjektive zum HL sind: ufem Chlein Platz ‘ auf dem kleinen Platz ’ (Kippel) und an den Gemeinen Blatz ‘ der Platz, der der Gemeinde gehört ’ (1485, Kippel). Vorangestellte Genitive sind selten: Hotschplatz ‘ der Platz der Familie Hotz ’ (Naters, FLNK Hotzplatz), ts Hunzikersch Platz ‘ der Platz, wo der Herr Hunziker Schiefer, Kalk und Giltsteine ausbeutete (Gwp.) ’ (Stalden), ts Michligsch Platz ‘ der Platz der Familie Michlig ’ (Ausserbinn), Sankt Martiniplatz ‘ der Platz vor der Kirche St. Martin ’ (FLNK, Visp), ufum Sebaschtiansplatz ‘ auf dem Platz bei der Kapelle des hl. Sebastian ’ (Brig), der Zeichnigsplatz ‘ der Platz, wo das Vieh gekennzeichnet wird ’ (Turtmann). Ein komplexer Fall ist ts Schülliersch Chollplatz ‘ der Platz, wo ein Mann namens Julier Kohle gebrannt hat ’ (Gampel). Von den zweigliedrigen Komposita mit dem HL als Grundwort ist primär der Typ der Chollplatz ‘ der Platz, wo Kohle gebrannt wurde ’ (Stalden) zu erwähnen, der (einschliesslich historischen Belegen, Diminutiven und / l/ -Vokalisierung zu Chou ‘ Kohle ’ ) rund 45 Mal belegt ist - es handelt sich durchwegs um Orte, an denen Holzkohle gebrannt wurde. Dazu kommen komplexe Formen wie ts Cholbrännerplatzji ‘ der kleine Platz für das Brennen von Kohle ’ (Oberems), der Ober Chouplatz und der Unner Chouplatz (beide Ausserbinn; Gwp. meint allerdings, es sei im unteren Kohlplatz Kalk gebrannt worden), sowie der Reckiger Cholplatz ‘ der Platz, wo die Leute von Reckingen Kohle gebrannt haben ’ (Ulrichen). Fünf Mal belegt ist der Märtplatz ‘ der Marktplatz ’ (Brig, Naters, Stalden, Turtmann, Visp), wozu in Visp noch der Chöüfplatz ‘ der Kaufplatz (Platz in der Visper Altstadt mit Läden) ’ (FLNK) kommt. der Dorfplatz ‘ der Dorfplatz ’ (Grächen, Naters, Reckingen, Termen) kommt vier Mal Plassete 375 376 <?page no="193"?> vor. Mit sportlichen oder spielerischen Tätigkeiten kommen vor: der Füesballplatz ‘ der Fussballplatz ’ (Oberwald, Varen), der Ischplatz ‘ der Platz mit Eis (Eisbahn) ’ (Grächen), zum Chegelplatz ‘ beim Kegelplatz (Platz, auf dem gekegelt wurde) ’ (Varen), Marfulplatzji ‘ der Platz, wo man mit Murmeln spielen kann ’ (Birgisch), Olympiaplatz ‘ der Olympiaplatz (unklar) ’ (Wiler) (auf 2400 m gelegen, wohl ein Ort für den Skirennsport bei Olympischen Spielen), dr Schwingplatz ‘ der Schwingplatz ’ (Ferden), der Sportplatz ‘ der Sportplatz ’ (Embd, Randa, Stalden). der Zältplatz ‘ der Zeltplatz (ebener Platz am Rhonegletscher, der aussieht wie ein Zeltplatz) ’ (Oberwald) ist - im Gegensatz zu der Ggampingplatz ‘ der Campingplatz ’ (Ulrichen) - gerade kein Zeltplatz, sondern sieht nur so aus. Mit dem Essen haben der Früestuckplatz ‘ der Platz, wo man das Frühstück eingenommen hat ’ (Randa) und der Früestucksplatz ‘ der Platz, wo man das Frühstück eingenommen hat ’ (Leukerbad) zu tun, beide Plätze liegen hoch auf dem Weg zu den Gipfeln. der Paläntuplatz ‘ der Platz, wo man Polenta (Gericht aus Maismehl) kochte ’ (Gampel) wurde beim Holzschlagen besucht. Mit dem Bergsteigen hat auch der Schlaafplatz ‘ der Platz zum Schlafen (für die Bergsteiger vor dem Bau der Mischabelhütte) ’ (Saas-Fee) zu tun. Gebäude, an denen ein Platz liegt, sind in Namen wie Chirchplatz ‘ der Kirchplatz ’ (FLNK, Zermatt), der Bildjiplatz ‘ der Platz mit einem kleinen Bild (Kreuz an einem Speicher) ’ (Visperterminen), der Schuelhuisplatz ‘ der Schulhausplatz (in Gondo) ’ (Zwischbergen), der Schüelhüsplatz ‘ der Schulhausplatz ’ (Brig), ufum Wäginerplatz ‘ der Platz beim Haus der Familie Wegener ’ (Brig), der Zollplatz ‘ der Platz beim Zollamt (in Gondo) ’ (Zwischbergen) belegt. Einen mythischen Sinn hat wohl t Seelunplatzjini ‘ die kleinen Plätze für die (Armen) Seelen ’ (Eggerberg), die sich wohl auf die Erzählungen von den Seelentagen (W ALLISER - S AGEN 1872, 211) beziehen. Einer Reihe weiterer Bestimmungswörter nennen nahegelegene Fluren, Pflanzen oder Tätigkeiten, auf die bei den einzelnen HLL eingegangen wird. Ausser den schon erwähnten Fällen gibt es nur einen komplexen Beleg: den alten Bleüwe Platz ‘ der Platz bei der alten Hanf- oder Flachsmühle ’ (1860, Glis). Als Bestimmungswort ist das HL mit nur zwei Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita belegt: Gassa und Matta. Dazu kommt das komplexe Platzwasserleiten ‘ die Wasserleitung vom / zum Platz ’ (1849, Martisberg). Plendoll Plendoll tritt dreimal auf: 1540 in Erschmatt als am Plendoll, 1866 in Feschel als im Plendel, und lebend als FLNK-Beleg in Ausserberg als Bländole (auch auf LT). Die Namen sind zu keinem bekannten Etymon zu stellen. In Erschmatt und Feschel könnten rom. Etyma eine Rolle spielen, in Ausserberg kaum. Eine Deutung ist nicht möglich. Pletscha Pletscha f. ist zu schwdt. Plätsche n , Pletsche n , wdt. Pletscha, Pletschä (Goms), Bletscha, Bletscherna, in Leuk und den Leukerbergen auch Plätschu f. ‘ Fläche (erhöhte, ebene), lange, kompakte Schicht (Eis, Gestein) ’ , ‘ breite, zusammenklebende Masse, besonders von Schnee; mehr oder weniger ausgedehnte Schneeschicht, Schneeflecken, die sich an schattigen Stellen bis in den Hochsommer hinein halten; grosse Schneeflocken ’ , zu afrpr. *platsji aus lat. PLATEA , frz. place (I D . 5, 232 f.; Z INSLI 1945, 313; G RICHTING 1998, 153; G LATTHARD 1977, 285 f.) zu stellen, einem Lehnappellativ. In unseren Belegen erscheint es auch mit anlautendem bl-; es wird in den Namen normalerweise als ‘ Ebene ’ gedeutet und meint im Allgemeinen eine ebene Fläche. Das HL kommt in allen Bezirken vor, ist aber in Westlich-Raron und Leuk besonders viel häufiger als in den oberen Bezirken, und ist in rund 120 Namen belegt. Das Simplex ist in den Formen Bletscha / Pletscha, Bletschä / Pletschä, Bletsche / Pletsche, Bletschu / Pletschu, Plätschu und weiteren Varianten wie Bletschen / Pletschen im ganzen Oberwallis rund vierzig Mal belegt. Darunter finden sich auch Plurale. Diminutive des Simplex sind selten: ts Bletschelti ‘ die kleine Ebene ’ (Birgisch) und im Plätschy (1740 u. früher, Bratsch) sind die einzigen sicheren Zeugen. Attributive Adjektive zum HL sind ebenfalls selten: ts Chlein Pletschilti ‘ die kleine Ebene ’ (Ergisch), t Chrumm Bletscha ‘ die krumme Ebene ’ (Blatten), t Faggsig Bletscha ‘ die ebene mit Borstengras ’ (Ferden), di Gaaltun Bletschä ‘ die unfruchtbare, nicht genutzte Ebene ’ (Ferden), di Gross Bletscha ‘ die grosse Ebene ’ (Wiler), Nassi Pletscha ‘ die nasse Ebene ’ (Bürchen, Raron; 1857, Törbel), zer Obren Pletschen ‘ bei der oberen Ebene ’ (1700, Ergisch), t Obrun Bletschä ‘ die oberen Ebenen ’ (Wiler), Spächten Bletschun ‘ die Ebene, von der man ausspähen kann ’ (Blatten) und t Undrun Bletschä ‘ die unteren Ebenen ’ (Wiler). Unklar ist t Süüripletschu ‘ die Ebene mit Sauerampfer ’ (Ergisch), wo Süüri wohl ein vom Adjektiv süür ‘ sauer ’ abgeleiteter Pflanzenname für saure Pflanzen wie Sauerampfer (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 684 - 692 zu R UMEX mit verschiedenen Unterarten) ist. Ein Partizip Präsens liegt in t Schreeiendun Bletschu ‘ die Ebene, durch die das Wasser herabströmt ’ (Ferden) vor. Besitzerangaben sind sehr selten. di Geenipletscha ‘ die Ebene des Eugen (Meichtry) ’ (Feschel), di Glaisbletscha ‘ die Ebene des Glais (Klaus) / der Familie Gäisen ’ (Wiler), 377 378 Pletscha <?page no="194"?> t Magerannipletschu ‘ die Ebene der Familie Mageran ’ (Hohtenn, Steg), t Schmidig Bletscha ‘ die Ebene der Familie Schmid / der Leute des Schmieds ’ (Kippel), Schmidigi Bletscha ‘ die Ebene der Familie Schmid / der Leute des Schmieds ’ (Ferden), di Trogerpletsche ‘ die Ebenen der Familie Troger / der Leute von der Alpe Trog ’ (Ergisch) ist uneindeutig - da der Trogstafel in der Nähe liegt, ist wohl an die Leute von der Alpe Trog zu denken. t Wolfrätschbletschä ‘ die Ebene des Wolfrat ’ bezieht sich ursprünglich auf einen PN Wolfrat, dessen Name aber zu einem Lokalnamen ts Wolfrätsch geworden ist. Unklar ist Zanmaartisch Bletschu (Hohtenn), die heute nur Martisch Pletschu heisst (G. I MBODEN , p. c.). Es scheint, dass hier ein Martin oder Marti ein Stück Land besass, das von einer frommen Überlieferung zum Gut des heiligen Martin wurde; ein Bildstock ist an der Stelle nicht feststellbar. Der grösste Teil der Belege umfasst zwei- und mehrgliedrige Komposita mit dem HL als Grundwort. In einigen Fällen sind Pflanzennamen belegt, wie das schon erwähnte t Süüripletschu (Ergisch), dann t Aamatbletscha ‘ die Ebene mit dem Spätheu ’ (Törbel), di Bärnbletscha ‘ die Ebene, auf der es Bärenkraut hat (nach Gwp.) ’ (Blatten), di Bärupletschu ‘ die Ebene mit Bären / mit Bärenkraut (? ) ’ (Oberems), t Edelwiisbletscha ‘ die Ebene mit Edelweiss ’ (Ferden), auff den Eichpletschen ‘ auf den Ebenen mit Eichen ’ (1690, Turtmann), t Hasolpletscha ‘ die Ebene mit Haselsträuchern ’ (Bürchen), t Heiperpletschu ‘ die Ebene mit Heidelbeeren ’ (Ergisch), ts Leerchbletschi ‘ die kleine Ebene mit Lärchen ’ (Raron), die Lindpletschen ‘ die weiche Ebene / die Ebene mit Linden ’ (1860, Steg) sowie di Ober und Under Dischelbletscha ‘ die obere und die untere Ebene mit Disteln ’ (Ferden). Mehrfach belegt sind t Fuggsbletscha ‘ die Ebene mit Füchsen (ev. der Familie Fux) ’ (Ferden, Kippel, Törbel, Wiler), zer Roosbletschu ‘ bei der Ebene, wo Hanf und Flachs geröstet wurden ’ (Hohtenn, Niedergesteln), und di Bsetzpletschu (Ergisch), auch di Psetzbletschu (Oberems, Steg), Orte, wo man das Vieh am ersten Tag der Alpauffahrt weiden (oder stechen) liess. Mehrfach belegt sind auch t Stägbletscha ‘ die Ebene beim Steg ’ (Kippel, Wiler), während t Schtägnbletschun ‘ die Ebene bei den Treppenstufen ’ (Kippel) eine Wiese oberhalb eines treppenartigen Weges meint. Einen Sonderfall stellt Eÿbÿetschun ‘ die Ebene bei der Aue ’ (1588, Brigerbad) dar; es ist der einzige Fall, bei dem / l/ im Anlaut nach / p, b/ palatalisiert wird zu Bÿetschun. Weitere Komposita sind meist mit den Namen nahegelegener Fluren gebildet. Komplexere Konstruktionen sind etwa t Längi Leerchbletschu ‘ die lange Ebene mit Lärchen ’ (Niedergesteln), t Lindwaldbletschu ‘ die Ebene im Lindwald ’ (Hohtenn) und t Mittoleggipletschu ‘ die Ebene in der kleinen mittleren Ecke ’ (Hohtenn). Ein eigentliches Namennest gibt es bei Leuk, wo es einen Weiler Plätschu hat, zu dem sich die Namen di Plätscheiu ‘ die Aue beim Weiler Plätschu ’ , ts Gross und ts Chlei Plätschgässi ‘ das grosse und das kleine Gässchen zum Weiler Plätschu ’ , di Plätschmattu ‘ die Wiese beim Weiler Plätschu ’ , di Plätschgässimatte ‘ die Wiesen am Plätschgässi ’ und di Plätschustrass ‘ die Strasse zum Weiler Plätschu ’ gesellen. Nur historisch belegt sind Pletschgassen (1773, Leuk) und das Plätz=Gässi (1775), wo vermutlich ebenfalls Plätschu gemeint ist. Ein zweites Namennest bildet sich um den Alpnamen Zer Pletschu (Ergisch), wozu sich der Pletschbach, der Pletschwald, ts Pletschtagfäld ‘ das Tagfeld der Alpe Zer Pletschu ’ , ts Pletschtelli ‘ das kleine Tal bei der Alpe Zer Pletschu ’ , Pletschu der Mittluscht Stafil und Pletschu der Ober Stafil gesellen. Weitere Belege mit dem HL als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita sind mit folgenden Grundwörtern konstruiert: Chrumm, Hooru, Hüs, Los, Matta, Pische, Schiir, Stei, Rüüs, Wäg und Weid. Komplexere Fälle sind etwa dr Stockbletschuschleif ‘ der Schleif bei der Ebene mit Baumstöcken ’ (Kippel) und t Schtägnbletschuweidä ‘ die Weiden bei der Ebene bei den Treppenstufen ’ . Pliderra Pliderra ist nur einmal belegt in di Gaagupliderra (Naters). Es ist wohl zu Blüdere n , im Wallis Plidra ‘ grosser Kuhfladen ’ (I D . 5, 31) zu stellen; R ÜBEL (1950, 52) kennt Plid ǝ r ǝ ta für ‘ weichen, halbflüssigen Kot ’ des Viehs. Im Flurnamen scheint der Boden gemeint zu sein, der vom getrockneten Mist hart geworden ist. Gaaggu bezieht sich auf Bergdohlen oder Raben, die hier wohl Futter suchen. Pliisch Pliisch ist nur in ts Pliischi (Baltschieder) belegt; SK hat daneben Plischgraben (Baltschieder). Das neutrale Pliischi ist wohl ein Kollektivum zu schwdt. Pl ī sch f. ‘ weisse oder zittergrasartige Segge, Carex alba ’ , auch als Name von steilen Grashalden (I D . 5, 161), wobei I D . selbst auf den Pflanzennamen Liisch verweist (cf. HL L ISCHA ). Zu CAREX ALBA vgl. L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 2747). Das hieher gehörende HL ist jedoch nur für Flums und Quarten belegt. Auffällig ist weiter der lange betonte Vokal, der in Lischa fehlt. Das HL Bliisch f. ist zumindest für Ergisch romanisch; für Baltschieder wird ein romanisches HL schwerlich in Frage kommen. Die Deutung nach dem I D . ist deswegen wahrscheinlicher. Pliderra 379 380 <?page no="195"?> Plonnjär (PN) Plonnjär (PN) ist nur in di Plonnjärgrappa ‘ die Murmeltiergrabstelle des Apollonius (Name eines Jägers) ’ (Ferden) belegt, allerdings ohne Koordinaten. Es handelt sich um eine Stelle, wo Murmeltiere eingegraben waren. Sie wurde von einem Jäger namens Apollonius ausgebeutet, der dann an dieser Stelle verunglückte. Plutt Plutt Adj. ‘ bloss, bar, öd ’ ist zum schwdt. Adj. blutt ‘ weich, schlaff, von allerlei Stoffen; dünn, durchscheinend (Papier) ’ , ‘ bar, bloss, unbekleidet ’ , von Pflanzenteilen: ‘ kahl, leer ’ ; vom Erdboden: ‘ kahl, bes. Bergabhänge, Felswände; auch öd ’ , mhd. blut, blutter und wdt. plutt ‘ nackt ’ (I D . 5, 210 ff.; G RICHTING 1998, 154) zu stellen. Das Adjektiv selbst erscheint nur in di Plutti Eggu ‘ die nackte Ecke (früher abgebrannter Wald) ’ (Leuk). Eine entrundete / - I / -Ableitung Plitti f. (S ONDEREGGER 1958, 495) ist zu schwdt. Blütti f. ‘ Waldblösse, Waldlichtung ’ , wdt. Plitti, Plutti ‘ Waldlichtung, Dürregebiet ’ (I D . 5, 217 f.; G RICHTING 1998, 154) zu stellen. Belegt ist di Plitti ‘ Waldlichtung ’ (Betten, Simplon). Auch hieher gehört wohl in den Blutinu ‘ in den Waldlichtungen ’ (1869, Feschel), das zum nicht umgelauteten schwdt. Blutti ‘ Waldblösse, Waldlichtung ’ (I D . 5, 216) zu stellen ist. Als Bestimmungswort erscheint es in Blittischleif ‘ der Schleif im Blittiwald ’ und Blittiwald ‘ der Wald mit der Blitti (Lichtung) ’ . Vermutlich eine (maskuline? ) / - EL / -Ableitung (S ONDER- EGGER 1958, 513), die so in I D . fehlt, ist in Pluttelbalma ‘ die Höhle unter einer nackten Felswand (nach J ULEN ET AL . 1995, 236) ’ (Zermatt) belegt. Pluuisyn Pluuisyn oder Plunisyn ist 1433 in Leuk als pluuisyn resp. plunisyn ‘ das kleine karge Stück Land ’ belegt. T AGMANN (1946, 22) kennt pyeiyóu ž a, ply ę iyóu ž a, pyoyóu ž a, das er zu plyouyóu ž a, adj. f.; masc. plyouyóu ‘ pouilleux, -se ’ (Miège), fr. pouilleuse < lat. PEDUCULOSA ‘ pouilleuse, pauvre (terre) ’ stellt. Die Form in Leuk ist älter und zu FEW (8, 148 ff., s. v. p ĕ d ŭ c ŭ lus laus) mit der diminutiven Ableitung auf / - INU ( M )/ oder / - INA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) zu stellen. Aus der Schreibweise geht nicht klar hervor, ob es sich um eine maskuline oder eine feminine Form handelt. Pne Pne wird auf Karten als Abkürzung für it. poncione ‘ spitzer Berg ’ (P ETRINI 1993, 114 s. v. poncione und die dort angegebene Deutung) verwendet. Belegt ist die Abkürzung als Pne di Manjo (Oberwald) für den Gipfelnamen Poncione di Manio (FLNK, Oberwald; auch LT, 2910 m) auf der Grenze zum Kanton Tessin. Manio ist als Alpe di Manió und den Weiler Manió im Tessin belegt. Eine Deutung dafür ist bei P ETRINI (1993) nicht belegt; ob Magno zu magnus (OLIVIERI 2 1961, 318; 1965, 206) zu stellen ist und mit welchem Sinn, bleibt unklar (cf. HL M ANJO ). Pochin zer Altun Pochin ‘ bei der alten Poche ’ (Ferden) meint eine Erzwäscherei oberhalb von Goppenstein (zur Grube siehe R OSSI 1949, 347 ff.). Laut der Angabe bei M. S. liegt sie auf ca. 1600 m. LT benennt allerdings so einen kleinen Bach und hat eine Höhenangabe von 1783 m. Die Benennung des Baches scheint der Funktionsbenennung zu folgen. Formal ist das HL ein feminines Verbalabstraktum auf / - I / zum Verb poche n / boche n ‘ poltern, sich lärmend gebärden ’ (I D . 4, 969). Das Nomen ist so sonst für das Walliserdeutsche nicht belegt, stammt aber aus der Sprache der Eisengewinnung, wo Pochwerk (G R W B 13, 1964) und andere geläufiger sind. Pochon Pochon ist nur 1292 in Agarn als lou (sic! ) pochon belegt; aus dem Kontext geht hervor, dass nicht weit enfernt davon auch die Wiese dicti Petri dou pocho lag. Hier wird wohl einfach auf ein Stück Land referiert, das dem Petrus gehörte (AWWB 198); der FaN Pochon ist jedoch nur für St. Maurice erwähnt. Ob dieser FaN oder die Zugehörigkeit zu FEW (16, 638 ff. s. v. *pokka (anfrk.) tasche) für die Benennung gilt, ist unklar. Poczos eys Poczos ist laut Dokument 1395 in Susten belegt. G REMAUD (6, 434) zitiert es ohne weitere Angaben. Es lässt sich wohl zu lat. PAUSARE ruhen (FEW 8, 60 ff.) stellen, wobei der Name einen Plural enthält. Vermutlich ist ein Ort gemeint, wo man sich ausruht. Poge Poge m. ist nur als der Poge (Zermatt; FLNK Pooge) belegt. Beschrieben wird die Flur als ‘ Felskopf mit wenigen Äckerlein ’ auf ca. 1815 m. Es ist wohl zu schwdt. Boge n ‘ Bogen ’ und wdt. Boge, Bogä (Goms), Boga (Zermatt), Bogn (Lötschtal), Bogu ‘ Bogen ’ zu stellen (I D . 4, 1060 ff.; G RICHTING 1998, 40). BENB (1, 4, 459 f.) kennt wie andere Namenbücher das HL. Die Deutung ist vielfältig, ein Felskopf mit Äckern ist allerdings nicht darunter. Der Flurname kann aber als Biegung aufwärts, statt abwärts bei einer Einsattelung im Gelände, wie BENB an der genannten Stelle formuliert, verstanden werden. Der fortisierte Anlaut ist im Wdt. gängig. 381 382 Poge <?page no="196"?> Poils (PN) Poils (PN) ist 1301 als Poils Bahctalun ‘ die Wasserrine des Poil ’ und 1551 als Peils Bodun ‘ der Boden des Peil ’ (beide Bürchen) belegt. Es handelt sich um einen Genitiv Singular, vermutlich zu einem PN Poil, der nach 1500 entrundet als Peil erscheint. Die naheliegende Vermutung, es handle sich um den PN Paul, eventuell in einer romanischen Aussprache, die zu / oi/ und / ei/ führt, bleibt mangels Alternativen als einzige übrig; vgl. I D . (4, 1157) zum PN Paul(us). Pointe Pointe f. ‘ Spitze, Gipfel ’ wird auf LT von einer Reihe von Gipfeln verwendet. Belegt sind Pointe de la Forcletta ‘ die Spitze beim kleinen Pass ’ (dt. LT Hirsihorn) ’ (LT, Oberems), Pointe de Zinal ‘ der Gipfel von Zinal ’ (LT, Zermatt), Pointe du Mountet ‘ der Gipfel beim kleinen Berg ’ (LT, Zermatt), Pointe Nord und Pointe Sud de Moming ‘ die Nord- und die Südspitze von Moming ’ (LT, Randa) (auf der neuesten Karte von swisstopo ist an Stelle von Pointe der Name Crête vertreten). Frz. pointe ist zu lat. P Ŭ NCTA spitze (FEW 9, 574) zu stellen. Poir Poir ist nur in der Poirhubil (Salgesch) vertreten. FLNK hat Böuerhubil. M ATHIER (2015, 93) nennt ebenfalls Böuerhubil und gibt einen historischen Belege am Boverighubul (1794); die zwei anderen Belege sind nicht direkt einschlägig. Dennoch scheint Poir zu Bowerig (cf. HL B OWIIRI ) zu gehören. Poirhubil wäre dann ‘ der Hügel bei der Böiwerig (Ochsenweide) ’ und verbindet eine frpr. und eine dt. Form. Poja Poja f. ‘ Anstieg ’ ist zweimal in Salgesch belegt, als di Poja und am Poia Stu ᵕ tz (1880 (ca.)). Es ist zum frpr. poya ‘ Anstieg ’ (frz. montée) zu stellen (B OSSARD / C HAVAN 2006, 22), die es in Übereinstimmung mit FEW (9, 111 ff.) von lat. P Ŏ DIUM ‘ Erhöhung ’ ableiten. M ATHIER (2015, 108) gibt die gleiche Deutung und die Quellen dazu. Poli Poli n. ‘ der kleine Hügel ’ ist als Simplex je einmal in Grächen und Mund belegt; dazu kommt ts Poliloch ‘ das Loch beim Gebiet Poli ’ (Mund). Am nächstliegenden dürfte ein Diminutiv zu schwdt. Boll, B ō l m. ‘ rundlicher, kuppenförmiger Hügel, Höhe, Anhöhe ’ (I D . 4, 1170 f.) sein (so auch BENB 1, 4, 463 ff.); das ähnliche Wort Boll(en), Poll(en) m., f. ‘ runder, kugeliger Gegenstand ’ (I D . 4, 1171 ff.; G RICHTING 1998, 154 s. v. Polle) kann aber nicht ausgeschlossen werden. Pollen Pollen ‘ runder Hügel, Anhöhe ’ ist zu schwdt. Boll(en), Poll(en) m., f. ‘ runder, kugeliger Gegenstand ’ , mhd. bolle, ahd. bolla ‘ etwas Kugeliges; kugelförmiges Gefäss; Knospe ’ (I D . 4, 1171 ff.), wie schwdt. Boll, B ō l m. ‘ rundlicher, kuppenförmiger Hügel; Höhe, Anhöhe ’ (I D . 4, 1170 f.). zu stellen, wdt. Polle ‘ Bommel, Pollen ’ (G RICHTING 1998, 154). In den Daten ist der Typ Pollen gegenüber dem einsilbigen Boll stärker vertreten. Das Simplex ist nur einmal im Plural vertreten als die Bollen ‘ die runden Erhebungen ’ (1747, Feschel); ein Diminutiv Polti ‘ der kleine runde Hügel ’ (Ried-Brig, Termen) kommt zwei Mal vor. Als adjektivische Bildung erscheint Hopollen ‘ der hohe runde Hügel ’ (Ernen, Mühlebach, Steinhaus). Die Ableitungen Pollerna (Glis) und Polleru (Stalden), historisch auch Pollerun (1632, St. Niklaus) sind als Kollektiva zu lesen: ‘ Gebiet mit runden Erhebungen ’ . Unklar sind Eerunpolle und Eerunpolluschipfu (beide Niedergesteln); es kann sich bei Eeru um ein Adjektiv handeln, doch ist die Bedeutung nicht sicher zu eruieren (cf. HL Ä RI , aber unsicher). Bei den Komposita mit Pollen als Bestimmungswort ist unklar in Pollen Schnitten (1637, Fiesch), wo ein PN gemeint sein könnte (wohl zu Paul), aber auch ‘ des runden Hügels ’ möglich ist. Weitere Komposita enthalten Poller mit den Grundwörtern Brand, Chi, Wäg und Wald, und dazu Polti mit Acher und Egg. Polless Polless ist nur in Leukerbad als Polless (ohne Artikel! ) und der Pollessgrabu belegt. R. G RICHTING (1993, Blatt 6, Nr. 27 u. weitere Belege, Blatt 17, Nr. 19 u. Blatt 10, Nr. 10) kennt den Namen als Polläs und Polläsgrabu. Die Flur befindet sich westlich von Leukerbad auf rund 1400 m. Historisch belegt ist in Agarn eys pollez (1346), es wird dem HL P OLLET zugeordnet. Polless geht auf eine romanische Form zurück, doch lässt sich diese nicht deuten (ev. zu chanvre ‘ Hanf ’ in FEW 21, 149, wo polle für Montbéliard als ‘ fibre du chanvre ’ belegt ist; diese Deutung ist aber unsicher). Pollet Pollet ist in verschiedenen Schreibweisen als eys Pollez (1361, Agarn) und in d. Bollette (1725, Varen, als vinea ‘ Weinberg ’ bezeichnet), in Leuk 1326 en la Gola Pollet und 1544 jn Gulaz Pollet belegt. In Agarn ist 1357 in Gula Pollet bezeugt. Es kann sich einerseits um den FaN Balet, auch Baulet (cf. HL B AULLET ) (AWWB 20) handeln, oder um eine Ableitung von P Ŭ LLUS ‘ junges Tier ’ (FEW 9, 535 ff.), insbesondere auf / - ITTA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) mit der Bedeutung ‘ junges Huhn ’ . Vermutlich sind Poils (PN) 383 384 <?page no="197"?> hier nicht primär Haushühner, sondern wilde Hühner (Rebhun, Auerhuhn) gemeint. Pollorum Pollorum / Pollarum ist ein Genitiv Plural zu Pollus / Polla ‘ Huhn ’ (D U C ANGE 6, 397a). Die historischen Belege von 1328 (Turtmann und Unterems) haben in prato pollorum und in prato pollarum, beides zu übersetzen als ‘ auf der Hühnerwiese ’ (eine Lesung zu pellarum ist wahrscheinlich falsch). Dank an R ENATO P IVA für die Hinweise. Ob hier einfach ein lateinisches Appellativ oder ein Flurname vorliegt, ist unklar. Pollux Pollux, dial. der Polluggs, ist einer der beiden Gipfel, die nach den Dioskuren oder Zwillingen Castor (4223 m) und Pollux (4092 m) von Domherr J OSEF A NTON B ERCHTOLD (1780 - 1859, Mitarbeiter an der Dufour-Karte) so benannt wurden. Schreibweise auf LT ist Pollux. Der italienische Name ist Punta Polluce (LT). Der Klein Pollux (LT, heute Kleiner Pollux) ist ein Nebengipfel des Pollux auf 3306 m (Zermatt). Pols (PN) Pols (PN) ist nur 1483 in Grengiols als Pols Boden ‘ des Pol (Paul? ) Boden ’ belegt. 1307 ist in Lax Petro dicto Pollen belegt, 1592 ist in Fiesch ein Hanns Pollen belegt und 1594 am gleichen Ort ein Johanni Pollen. Der FaN oder PN Pol (len) ist also bekannt. Ob er von Paulus abzuleiten ist, bleibt unklar, vgl. aber Paul(us) als Taufname (I D . 4, 1157 f.) mit u. a. auch Pol (aus dem Kanton Graubünden). Der Genitiv auf / -s/ deutet auf einen PN oder FaN hin. Cf. HL P OILS . Pomatt Pomátt n. ist bisher unerklärt. Es kommt zwei Mal als Simplex Pomatt (Eggerberg, Brigerbad), einmal als Aalterpomatt (Naters) und zweimal als Adjektiv Bomatter Bode (Gluringen) und Pomatter Haalte (Obergesteln) vor. Bekannt ist es auch als Name für das Val Formazza (Z INSLI 1984, 142; 220). Wie Z INSLI ausführt, scheint es sich um ein Kompositum mit Matt als Grundwort zu handeln; das anlautende Po bleibt unerklärt. Frühere Erklärungen schlagen Bohn- und Buechvor; beide sind kaum richtig. Ein deutsches Kompositum hätte Anfangsbetonung; soweit feststellbar, liegt der Akzent aber auf der zweiten Silbe; deswegen ist ein Kompositum mit Matt generell unwahrscheinlich. Die Höhe des Aalterpomatt (2245m) lässt die Vorschläge auch inhaltlich als unrichtig erscheinen. Die Belege mit dem Adjektiv Bomatter stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Der FaN Bomatter ist im Kanton Uri bekannt (URNB 1, 584), wo er aber als Herkunftsname aus dem Pomatt (Val Formazza) verstanden wird. Aus der Beleglage ist nicht entscheidbar, ob es sich bei den zwei Namen um den FaN Bomatter handelt, oder um ein Adjektiv zu einem sonst nicht belegten Pomatt oder einer Person aus dem Val Formazza (in Obergesteln naheliegend). Pomatt selbst bleibt damit weiterhin unerklärt. Pomerio Pomerio (Dativ Singular) ist nur einmal in Raron 1433 als jn Pomerio belegt. Die Form geht wohl auf lat. P Ō M Ā RIUM ‘ Obstgarten ’ (und nicht lat. P Ō M Ē RIUM ‘ Maueranger ’ (zu beiden Seiten der römischen Stadtmauern)) zurück. Auffällig ist, dass in Raron im 15. Jahrhundert ein als lateinisch empfundener Name verwendet wird; im Dokument heisst es jedoch cui dicitur jn pomerio ‘ [am Ort], dem man jn pomerio sagt ’ . Vgl. hierzu B OSSARD / C HAVAN (2006, 156), die Namen wie Pomy, Pomey, Pomeret, Pomeiry, Pomeyriaz auf “ Pommier, petit pommier, pommeraie, dérivé de pomum ‘ fruit ’ , puis ‘ pomme ’” zurückführen. Eine frpr. Form liegt in Raron kaum vor; ein Appellativ kann aus der Formulierung nicht erschlossen werden. Pometta (FaN) Pometta (FaN) ist der Name einer Familie aus Broglio (https: / / hls-dhs-dss.ch/ de/ articles / 024721/ 2008-08-22/ [19.10.2020; IW]). Der Name ist belegt in ts Pomettasch Huis ‘ das Haus des Dr. Pometta ’ (Kippel, heute Chalet Pometta). Es heisst auch ts Doktorsch Huis, benannt nach dem Briger Spitalarzt Dr. med. Daniele Pometta (1869 - 1949), der ab 1914 in Kippel ein Ferienchalet besass (A RNOLD 1978, 45; 54). Pomoona Pomoona f. ist laut Gwp. ein Obstgarten im Dreieck von Eisenbahn und Rotten, benannt nach der röm. Göttin Pomona ‘ Göttin des Obstes ’ . Heute befindet sich dort ein Industriequartier mit der Pomonastrasse. Der Flurname ist älter belegt; es scheint, dass hier ursprünglich ein Obstgarten vorhanden war, der später überbaut wurde und heute ein Industriequartier von Visp ist. Pompieri Pompieri ist zwar in Varen für die Varneralp belegt, gehört aber heute zu Miège, wobei es bei T AGMANN (1946) nicht belegt ist. Es handelt sich um das Gebiet bei einer Brücke (FEW 9, 168 ss. s. v. p ō ns brücke). Vermutlich liegt ein kollektives Suffix auf / - ARIA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288) vor, in der Bedeutung ‘ Brückengebiet ’ . 385 386 Pompieri <?page no="198"?> Ponset Ponset ist nur in Leuk 1806 als la montagne de ponset ‘ die Alpe von Ponset ’ und 1881 de la montagne de ponschet ‘ der Alpe von Ponschet ’ belegt. M. S. weiss nicht, ob der Flurname wirklich zu Leuk gehört. Wie T AGMANN (1946, 42 f.) ausführt, verstehen die Einwohner unter montagne eine hochgelegene (2000 - 2500 m) Alpe. B RIDEL (1866, 298) kennt ponso ‘ kleine Brücke ’ (zu frz. ponceau). In unserem Namen würde dann ein Diminutivsuffix auf / - ITT ( U )/ oder / - ITTA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) stecken und die Deutung wäre ‘ die kleine Brücke ’ (cf. HL P ONT ). Pont Pont hat im Namenbestand wohl zwei Bedeutungen: zum einen als ‘ Brücke ’ nach B OSSARD / C HAVAN (2006, 71): Pontet usw. “ peut parfois désigner un pont sur un ruisseau ” . Hierzu gehören die Belege Pons du Pacot (1333, Leuk), ts Ponntet (Agarn, Varen) und die Komposition der Pontetrüüs (Varen). Zum andern ist in Pontschlüecht (Fiesch) und Pontschlüechtgrabe (Lax) vermutlich ein Lemma Pont(e) ‘ Spundloch, Zapfen ’ (I D . 4, 1399; E GLI 1982; 285, G RICHTING 1998, 154) gemeint, dessen Herkunft umstritten ist. Pontemalliot (FaN) Pontemalliot ist in Agarn 1407 als ov pontemalliot belegt. Der FaN Pontemallyo ist im Dokument Nr. 2486 von Band 6, S. 468 f. der von J. G REMAUD herausgegebenen Documents relatifs à l ’ histoire du Vallais erwähnt als Petri Pontemallyo (Genitiv ist konstruktionsbedingt), S. 469 als Petro Pontemallyo (Dativ ist konstruktionsbedingt). Der gleiche FaN erscheint in Nr. 2502, S. 504 von Band 6 als Petrus Pontemallio. In beiden Fällen handelt es sich zwar um eine spätere Kopie; der FaN ist aber deutlich. Der Flurname enthält den FaN als Besitzernamen. Pontimula Pontimula ist nur 1461 als Pontima seu Pontimula (Zwischbergen) belegt; lat. SEU ist als oder zu verstehen. J ORDAN (2006, 382) stellt Pontimula zu Potimmja, einem Alpgebiet, das den Leuten von Stalden gehörte. Er führt den Namen auf it. po(n)te ‘ Brücke ’ (D EVOTO / O LI 2020, 1639) zurück. Der Beleg ist vermutlich ein Diminutiv zu Pontima, das seinerseits wohl zu den Belegen zu LT Pontimia gehört (cf. HL P OTIMMIA ). Pontulla Pontulla f. ist nur als di Pontulla ‘ die kleine Brücke ’ (Naters, FLNK Pontula) belegt. Die historischen Belege sind 1684 in der Pontellen, 1684 in der Pondelen, 1727 in der Pontelo, 1750 die Pontillen. Laut Beschreibung handelt es sich u. a. um einen Fussweg über eine Wasserleitung. Der Flurname ist eine Ableitung auf / - ICULA / zum lat. P Ō NS ‘ Brücke ’ (FEW 9, 168 ff., bes. pontel ‘ petit pont ’ 170; zum Suffix vgl. B OSSARD / C HAVAN 2006, 287). Der Flurname stammt aus einer romanischen Sprache der Umgebung. Anders die Deutung von Pont in I D . (4, 1399 s. v. Bontje n ‘ Wassertanse ’ ), das als Chäs-Lob-Pontji ‘ Behälter für das Käslab ’ auch für das Wallis belegt ist. Die erste Deutung erscheint als FlN sinnvoller als die zweite. Pool Pool ‘ rundlicher, kuppenförmiger Hügel ’ ist nur 1657 in Termen als jm Pool belegt. Es ist wohl zu schwdt. Boll, B ō l m. ‘ rundlicher, kuppenförmiger Hügel; Höhe, Anhöhe ’ (I D . 4, 1170 f.) zu stellen. Im Oberwallis ist dieser Flurname sonst kaum bekannt (cf. HL B OLLA als romanisches Etymon), jedoch kennt es BENB (1, 4, 463 ff.), sodass die Deutung als nicht unmöglich erscheint. Poolu Poolu ‘ Polen ’ ist in di Poolustrass ‘ die Strasse, die von Polen (in der Schweiz internierte polnische Soldaten) erbaut wurde ’ (Glis) und dr Poolustutz ‘ der steile Weg, der von Polen (in der Schweiz internierte polnische Soldaten) erbaut wurde ’ (Blatten) belegt. Zu den internierten Polen im Wallis vgl. W ILLISCH (2016, 143 ff.), wo der “ Polenstutz ” (S. 145) erwähnt wird. Poppel Poppel ist nur einmal in Embd als Registereintrag belegt; FLNK hat Popol. Lautlich ist es zu schwdt. Popel, Poppel, P ō pul, P ō pol (W), Poppel (BO, W) m., ‘ eine in der Sirte (der nach dem ersten Käsen zurück bleibenden Milch) durch erneutes Sieden entstehende Art zweiten Käses, der aus der wallenden Flüssigkeit an die Oberfläche emporsteigt und dort eine schwimmende Schicht bildet ’ , mhd. ( ū f-)popelen ‘ bullern, quallen, Blasen werfen, z. B. vom (siedenden) Wasser ’ , wdt. Poppleta, Popluta (Mattertal), Poppol (Schattenberge), Poppil f. ‘ Käsemasse ’ (I D . 5, 1422, G RICHTING 1998, 154). Der Name ist sonst nirgends belegt, das Benennungsmotiv bleibt unklar. Porprüsa Porprüsa ist nur historisch 1337 in Salgesch als apud porpreson und 1558 als en la proprüsa und de la porprÿsa belegt. T AGMANN (1946, 76) führt Porprisat (so die Form nach Z IMMERLI ) auf afr. pourprise ‘ enclos, enceinte, clôture [Einzäunung, Umfassungsmauer, Zaun] ’ aprov. porpreza ‘ superficie de terre, terrain [Bodenoberfläche, Bodenfläche] ’ zurück. Vermutlich gehört auch das in Salgesch belegte Prissagget hieher, das bei M ATHIER (2015, 62) als Prisaget erwähnt wird. M ATHIER selbst geht von Pra Saget aus, das in der Datenbank von 1774 als Pra Sagget belegt Ponset 387 388 <?page no="199"?> ist (cf. HLL P RISS und S AGGET ). Die Deutung von Sagget als Ableitung aus idg. *sapp- ‘ Tanne ’ mit dem Wechsel von / pp/ zu / gg/ ist nicht überzeugend. Die Deutung von Priss ‘ eingezäuntes Stück Land ’ als Pra ‘ Wiese ’ ist jung und geschieht wohl in Anlehnung an andere Flurnamen mit Pra ‘ Wiese ’ . Das HL jedoch ist wohl, wie bei T AGMANN (1945, 76) ausgeführt, zum afr. pourprise zu stellen (cf. HL P RUPRÄSU ). Port Port f. ‘ Türe ’ ist nur einmal in Saas-Almagell belegt; SK hat Portje ‘ kleine Tür ’ . Der Name ist die Basis für den Portju(n)graat (cf. HL P ORTJU ( N )). Es ist zu schwdt. Porte n f., im Wallis auch Port f. ‘ Pforte, Tür ’ (I D . 4, 1632 f.; G RICHTING 1998, 154) zu stellen. Gemeint ist hier ein enger Felsdurchgang, der Grat und Horn den Namen gegeben hat. Porta Porta f. ‘ Tür ’ geht ursprünglich auf lat. PORTA ‘ Tor, Eingang, Pforte ’ zurück. Die Belege zu porta aus Leuk und Salgesch jedoch sind zu frpr. porta ‘ Tür ’ zu stellen. Die Belege zu Poort ‘ Türe ’ und Poortji ‘ kleine Tür ’ weisen das walliserdeutsche Lehnwort Poort ‘ Türe ’ auf. Die Belege zu Porteia ‘ Zauntor ’ sind alpinlombardisch (Dank an S TEFANO V ASSERE , p. c.). 1580 ist in Salgesch belegt: jn prato de la porta ‘ auf der Wiese bei der Tür ’ . 1543 in Leuk: pratum de laz portaz ‘ die Wiese bei den Türen ’ (die Schreibung weist auf einen Plural hin). In Varen ist das Kompositum t Chummupoort ‘ die Türe (Durchgang) zur Chummu (Mulde) ’ belegt; in Leuk eine Konstruktion mit attributivem Adjektiv: ts (e)Rot Poortji ‘ die kleine rote Tür ’ . Zwischbergen kennt Porteia di Fondo ‘ das Zauntor im Grund ’ und Porteia di Sopra ‘ das obere Zauntor ’ . Hier ist als Ursprung wohl ein lombardisch-piemontesisches Wort anzunehmen, das zwar bei O LIVIERI ( 2 1961; 1965) nicht belegt ist, aber unter porta (P ETRINI 1993, 115) als porteia mit unsicherer Herleitung erscheint. Porteta Porteta ‘ kleine Türe ’ ist zweimal belegt. Einmal 1552 in Albinen als en laz portetaz und 1602 als en la porteta, zum zweiten in Salgesch 1629 als en la porteta und 1725 in die Portata. Der Beleg von 1590 en la Portellaz weicht davon ab. G. P ANNATIER (p. c.) führt porteta auf eine diminutive Ableitung auf / - ITTA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) von porta ‘ Türe ’ zurück. FEW (9, 198 ff. s. v. p ŏ rta tor) kennt porteta auf S. 200 als ‘ kleine Türe ’ . Vermutlich ist im Zusammenhang damit ein kleiner Durchgang in einem Zaun gemeint. Auf der gleichen Seite weist FEW auch portela ‘ kleine Türe ’ nach, das wohl das diminutive Suffix / - ELLA / verwendet (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287). Cf. im Übrigen HL P ORTA mit Belegen aus Leuk. Portiju(n) Portiju(n) gehört als Ableitung zu Port ‘ Türe ’ (I D . 2, 1632 s. v. Porte n II; G RICHTING 1998, 154); vermutlich liegt eher eine Form von ital. porta ‘ Türe ’ (D EVOTO / O LI 2020, 1644) vor als von frz. porte. Auf SK heisst der namengebende Punkt Portje ‘ kleine Türe ’ , sonst Port. Danach benannt sind ts Portjuhoru und der Portjengraad (beide je in Saas- Almagell und Zwischbergen). J ORDAN (2006, 379) kennt Poortjugraat und Poortjuhooru. Der Grat führt vom Portjuhoru zum Pizzo d ’ Andolla. Die Motivation des Namens: ein türartiger Felsübergang (Port) auf dem Grat. Posa Posa ist in Ergisch 1361 als a la posa belegt. In Salgesch erscheint es als Bachname 1486 und als Bach- und Wasserleitungsname 1490, immer als de la posa oder de laz posaz. In Varen ist es als 1486 als torrens de la posa (gleicher Beleg wie in Salgesch), 1449 als torrentem de la posa und 1561 als torrentem de la puscha belegt. Die Namen in Salgesch und Varen beziehen sich auf einen Bach, den T AGMANN (1946, 3) als La Posa kennt, heute auf LT als La Pauja. Er geht davon aus, dass der Name des Baches sich an einer kleinen Terrasse orientiert, die pó ̩ u ž a ‘ Ort zum Ausruhen ’ genannt wurde. Vermutlich ist dieser Name zum Verb reposer ‘ ausruhen ’ zu stellen; auch der Beleg posa in Ergisch meint wohl eine solche Ausruhestelle. Poschinet Poschinet ‘ der kleine Ruheplatz ’ ist nur als ts Poschinet (Inden, FLNK und LT) belegt. Das Register hat Poschenet. Die Flur befindet sich etwas ausserhalb südlich von Inden und wird als ‘ Wiesen ’ beschrieben. Der Flurname dürfte zu lat. PAUSARE ruhen (FEW 8, 60 ff.) zu stellen sein. T AGMANN (1946, 3) führt Pogett (mit / g/ für / ž / ) und andere darauf zurück, B OSSARD / C HAVAN (2006, 19) haben u. a. Posette. Der Flurname enthält vermutlich eine Kombination von zwei diminutiven Suffixen: / - INA / und / - ITTA / (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287). Die Lage der Flur zwischen Rumeling und Inden deutet auf einen kleinen Ruheplatz vor der Gemeinde Inden hin. Das Genus Neutrum ist später als die frpr. Wurzel. Possa (FaN) Possa (FaN) ist nur in di Possamattu ‘ die Wiese der Familie Possa ’ (Leuk, FLNK Possumatte) belegt, die sich südlich von Susten befindet. Gemeint ist der FaN Possa, aus Bonanco dentro (Italien) stammende Familie, die sich 389 390 Possa (FaN) <?page no="200"?> in Visp und Leuk niederliess und an verschiedenen Orten (Baltschieder, Feschel, Guttet) im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert eingebürgert wurde (AWWB 200). Posse Posse pl. ist als Simplex belegt in eys postzoz (1535, Agarn), mit späteren Belegen in die Posce (1699), in den Possen (1708) und in die Posse (1729). In Leuk ist 1427 eys possos belegt, später in die Possen (1701 u. später). Die ältesten Belege legen einen frpr. Namen nahe, doch findet sich kein diesbezügliches Etymon. 1669 sind in Leuk die Obren vnd Vnren Possen belegt, doch ist unklar, ob nicht Pollen zu lesen ist. 1795 erscheint in Leuk das Possen Gessi ‘ die kleine Gase zum / vom Gebiet Possen / der Familie Possa ’ , wobei der FaN Possa auch sonst erscheint (cf. HL P OSSA (F A N)). Unklar, ob es überhaupt hieher gehört, ist ts Priischubossi (Varen; FLNK Priischuposso) ‘ das kleine Privatgut der Familie Boson / des Boso ’ , wo eher ein FaN Boson (NWWB 1, 45, aber nur für das Unterwallis belegt) oder ähnlich gemeint ist. Insgesamt ist Posse nur schwer deutbar. Das in Varen belegte Püüschu (cf. HL P ÜÜSCHU ) nimmt den Namen des Baches la Posa (T AGMANN 1946, 3) auf. Da aber die Belege unter Posse alle ein doppeltes / ss/ aufweisen, kann dieser Name kaum gemeint sein. Post Post f. ‘ Post ’ ist zu schwdt. Post f. ‘ Posthaus ’ und wdt. Poscht ‘ Post, Postgebäude ’ (I D . 4, 1796 ff.; G RICHTING 1998, 154) zu stellen. Das HL wurde aus dem it. posta ‘ festgelegter Ort ’ , Benennung für die Wechselstationen des frühen Postwesens (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 217 s. v. Post), entlehnt. Als Simplex ist uf der Poscht ‘ beim Posthaus (Dorfteil) ’ (Reckingen) belegt. Mit attributivem Adjektiv erscheinen bÿ der Alten Post ‘ bei der alten Post ’ (1679 (ca.), Brig; der Kontext legt allerdings den Riedbach nahe, sodass auch Ried-Brig in Frage kommt) und t Aalti Poscht ‘ die alte Post (beim Hotel Post) (Dorfteil) ’ (Turtmann). Als Bestimmungswort kommt das HL in der Poschtplatz ‘ der Postplatz (auch Parkplatz von Saas-Balen) ’ (Saas-Balen) vor. Unklarer ist ts Postrafisch Weidu ‘ die Weiden des Postrafi (Rafael von der Post) ’ (Gampel). Der Beiname Poschtrafi bezieht sich wohl auf einen Raphael, der Posthalter war oder das Wirtshaus Post besass. Potimmia Potimmia kommt in Zwischbergen als Name einer Alpe vor, die den Leuten von Stalden gehört. Das Simplex ist als Potimmia (Zwischbergen, SK Pontimia) zweimal belegt, einmal für die Alpe, ein zweites Mal für den Stafel der Alpe. Dazu kommen Potimiahoru (FLNK), Potimmiapass (LT Passo di Pontimia) und di Potimmiuseewjini ‘ die kleinen Seen auf der Alpe Potimia ’ . J ORDAN (2006, 382 f.) kennt Potimmja, Potimmjiwäg, Potimmjuschaaf u l, Potimmjuseewjini, Potimmjupass, Potimmjuhooru. Generell wird der Name auch Pontimmia geschrieben; J ORDAN führt den Namen auf it. ponte ‘ Brücke ’ (D EVOTO / O LI 2020, 1639) zurück. Unklar ist, ob eine Ableitung vorliegt und, wenn ja, welche genau. Eine Zusammensetzung ist nicht gegeben. Pra Pra ‘ Wiese ’ ist zu lat. PRATU zu stellen (M EYER 1914, 169 f.; T AGMANN 1946, 35). Soweit in den Texten lat. PRATUM oder eine davon abgeleitete Form vorkommen, ist unklar, ob es sich um ein Appellativ oder ein Nomen proprium handelt. Abgeleitete Formen wie Pfraje (Varen) (siehe dazu T AGMANN 1946, 36 fráye ‘ pré dans la forêt ’ (Ayer)) werden gesondert verzeichnet. Das Grundwort wird zunächst mit Adjektiven (voran- oder nachgestellt) gebildet wie in im Long Pra ‘ in der langen Wiese ’ (1675, Albinen), ts Praariong ‘ die runde Wiese ’ (Albinen), in Pra riont ‘ bei der runden Wiese ’ (1301, Leukerbad), ou pranouel ‘ bei der neuen Wiese ’ (1602, Albinen), in prato nouel ‘ bei der neuen Wiese ’ (1352, Leukerbad) und in pratis superioribus ‘ in den oberen Wiesen ’ (lateinisch, Sprache des Namens ist unklar, 1358, Albinen). Entsprechend der französischen Grammatik folgen Genitive dem Grundwort. Einige davon sind PN oder FaN: Prawiljerang ‘ die Wiese des Willerant ’ (Salgesch; M ATHIER 2015, 76 f. schlägt eine andere Deutung vor, die nicht zu den ältesten Belegen passt), ts Praaschüljer ‘ bei der Wiese der Familie Julier ’ (Varen), Praz Bocard ‘ die Wiese(n) der Familie Boccard ’ (1713, Albinen), pra de lo Cina ‘ die Wiese der Familie Cina ’ (1589 u. später, Varen) und weitere. Daneben sind auch Bestimmungswörter anderen Gehaltes möglich: im Pra de Dala ‘ in der Wiese bei der Dala (Fluss) ’ (1706, Leuk), y pra dou Thorren ‘ bei der Wiese am Bach ’ (1589, Leukerbad), eÿ pra deÿ chann ‘ in den Wiesen bei den Feldern ’ (1650 u. später, Albinen, lat. in pratis camporum), y pra dy rachar ‘ bei der Wiese beim Speicher ’ (1693 u. später, Albinen), v praclout ‘ bei der eingefriedeten Wiese ’ (1675 u. später, Salgesch), im pra de Rosche ‘ bei der Wiese bei den Felsen ’ (1731, später auch Rotschi, Albinen; als Praderotschi bei T AGMANN 1946, 30), pra de lator ‘ die Wiese beim Turm ’ (1433, Inden; s. M EYER 1914, 173), Praales ‘ die Wiese bei der Alpe Leess ’ (Leukerbad), in prato pollarum / pollorum ‘ auf der Hühnerwiese ’ (1328, Turtmann u. Unterems) usw. Einen Sonderfall stellt die Prafranzig Matten (1800 (ca.), Salgesch) dar; offenbar versteht man Prafranzig ‘ die Wiese des Franzin ’ nicht mehr und setzt deswegen Matten ‘ die Posse 391 392 <?page no="201"?> Wiese ’ noch einmal; der heutige Name von Prafranzig lautet Profrantsching (Salgesch), wobei die historischen Belege zu diesem Namen durchgehend Pra ‘ Wiese ’ statt des sonst nur im eigentlichen Unterwallis üblichen Pro aufweisen. M ATHIER (2015, 116) will Frantsching auf lat. FRAXINUS , frpr. frano ‘ Esche ’ zurückführen; ein PN Francin liegt aber näher. Pro statt Pra findet sich nur noch 1693 in Albinen pro de Dala ‘ die Wiese bei der Dala (Fluss) ’ . Wie ausgeführt, ist bei pratum nicht immer klar, ob ein einfaches Appellativ, frpv. pra oder das alemannische Matta gemeint sind. In einem Beleg von 1405 vocatam pratum de la comba ‘ genannt die Wiese in der Mulde ’ (Salgesch) ist deshalb ganz unklar, wie der Name genau gelautet hat. Lebende Belege können nicht immer erklärt werden. So hat FLNK für Albinen Praalesong, das Register notiert Pratesong und die Belege von 1783 haben in Pradisson und im Pradissong. Zu vermuten ist, dass Pra im Namen steckt, vermutlich auch ein altes lat. DE SUBTUS ‘ unten ’ (T AGMANN 1946, 25 u. ö.), doch erklärt das nicht den Endnasal. Der Name bleibt also unklar. Unsicher ist der Beleg aquam de la prata (1407, Leuk), wo ein Bach oder eine Wasserleitung gemeint ist. Der Genitiv zeigt ein feminines prata, das sicher nicht direkt von pratum abgeleitet werden kann. Man muss wohl eine Form wie prat+ ANA ‘ der Bach bei der Wiese ’ als Ausgangspunkt annehmen. Praani Praani ist belegt in im Praani (Salgesch), wozu Praniwald und Pranibriggu (M ATHIER 2015, 42) gehören. Praani scheint zu Pra ‘ Wiese ’ zu stellen zu sein. Da keine historischen Belege vorliegen, ist unklar, ob die Endung -ni frpr. oder alemannisch ist. Im ersten Fall müsste ein entrundetes Adjektiv ni aus nüzu lat. N Ū D - ‘ nackt, bloss ’ (FEW 7, 228 f.) ‘ die blosse Wiese ’ postuliert werden; im zweiten Fall ein Neutrum auf / - I / mit diminutiver Bedeutung und einem / n/ als Hiatustilger ‘ die kleine Wiese ’ . Keine Deutung ist aber durch historische Belege gestützt. Die Komposita mit den Grundwörtern Wald und Brigga verstehen sich von selbst. Pradetsch Pradetsch ist nur in der Pradetsch ‘ die schlechte Wiese ’ (Zwischbergen) belegt. J ORDAN (2006, 327 f.) kennt Prádetsch und Prádetschgrabu. Er führt den Namen auf lat. PRATUM ‘ Wiese ’ zurück (cf. D EVOTO / O LI 2020, 1659 s. v. prato). Es handelt sich genauer um eine Ableitung auf / - ACEU / zu lat. PRATUM ‘ Wiese ’ (RN 2, 270), häufig pejorativ. Pradisson Pradisson ist der Name einer Flur, die für 1783 in Albinen belegt ist als im pradissong und in pradisson. FLNK hat Praalesong, das Register Pratesong. M ATHIEU (2006, 37) hat Praalesong. Wenn es sich um ein Kompositum handelt, dann ist von pra ‘ Wiese ’ auszugehen. Der Rest ist in verschiedenen Quellen unklar. Die späten Belege lassen eine Rekonstruktion der Bedeutung nicht zu. Der Name wird deswegen hier als Ganzer dokumentiert. Pradium Pradium ist eine vereinfachte Lesung von pra ’ dium de bolla (1764, Leuk). Das HL ist ein lat. Wort PRAEDIUM landgut (FEW 9, 292). Es kann sich aber auch um eine falsche Etymologisierung von pra (< PRATU ) ‘ Wiese ’ handeln (cf. HL P RA ). 1350 ist nämlich in Leuk (Agarn zugeschrieben, das aber wohl zu Leuk gehörte) super pratis de la bolla belegt. Vermutlich gehört darum pra ’ dium de bolla (1764) hieher. Prales Prales und Pralet sind zwei mögliche Diminutive von Pra ‘ Wiese ’ . Belegt sind in Albinen 1602 ÿ prales und 1607 eis pralet; in Varen 1473 ou pralet, 149 dov brÿlet und 1834 Prilet. T AGMANN (1946, 37) führt s. v. Prilet ‘ kleine Wiese ’ auch ältere Formen zu Pralet auf; sein Hinweis auf Pralis (1946, 36), das er zu lat. PRATALIA ‘ die Wiesen (Kollektiv) ’ stellt, könnte auch für Prales gelten. B OSSARD / C HAVAN (2006, 140) führen eine Reihe von Varianten, darunter Pralet und Pralis, auf lat. PRATELLUM und PRATELLA zurück. Insgesamt sind die Belege in Varen und Albinen aber sehr karg. Prali in Pralipieritotz (Varen) scheint eher zum Typ Pra de la Pierra ‘ Wiese beim Felsen ’ (in Salgesch belegt) zu gehören; hier gibt es jedoch keine historischen Daten. Pranum Pranum, auch prauum (die Lesung ist unklar) ist nur 1453 in Inden als pranum (prauum? ) torrentem ‘ der krumme Bach (aber unsichere Lesung, daher unklar) ’ belegt. Die lateinische Form ist kaum so ausgesprochen worden; im 15. Jahrhundert ist aber Inden wohl noch primär romanischsprachig. Während torrentem ‘ Bach ’ kein Problem darstellt, ist pranum oder prauum unsicher. PR Ā VUS ist lat. für ‘ krumm, schief ’ , also ist wohl ‘ der krumme Bach ’ gemeint. Prässchteru Prässchteru ist nur ze Arumprässchteru ‘ bei den Armbrustern ’ (Törbel, FLNK Arumbräschteru) belegt. Laut O. K ARLEN stamme der Name aus <Armbrust>. I D . (5, 865) kennt neben Arm-Brust auch Arm-Bräst und weitere; zu 393 394 Prässchteru <?page no="202"?> den Formen vgl. I D . (5, 869). Zur Herkunft aus afrz. arbalestre vgl. K LUGE / S EEBOLD ( 25 2011, 60 s. v. Armbrust). Wie unter dem HL A ARO aufgeführt, kann hier entweder der FaN Armbruster oder ein Träger der Armbrust gemeint sein. Prebarrona la Prebarrona kommt 1642 in Zwischbergen vor; es wird übersetzt als zu ᵕ m Marfillenstein ‘ beim Marmorstein ’ . Der Name setzt sich vermutlich aus einem unbetonten pre ‘ Stein ’ (< PREDA < PETRA ) und barra ‘ Riegel, Stab, Sterre ’ mit der Ableitung / - ONA / ‘ gross ’ zusammen, also ‘ der grosse Steinriegel ’ (Dank für die Herleitung an P ROF . B. M ORETTI , p. c.). Predigt Predigt f. ist nur als der Bredigstüöl ‘ der Predigtstuhl ’ (Saas-Grund, FLNK Predigtstüel) belegt. Metaphorisch gemeint ist ein Aussichtspunkt auf einem grossen Stein am Weg in die Triftalp, der an einen Predigstuhl erinnert. Zu stellen ist das HL zu schwdt. Bredig f. ‘ Predigt als Teil des Gottesdienstes, Rede überhaupt ’ , ahd. predi(g)a, br-, mhd. predi(g)e, br- (I D . 5, 400) und schwdt. Bredig-Stuel m. ‘ Kanzel ’ , mhd. bredigestuol (I D . 11, 314f). G RICHTING (1998, 41) kennt Bredig, Predig ‘ Predigt ’ , jedoch nicht das Kompositum Bredig-Stuel. Zu Predigstuhl ‘ der Sitz oder Stand für den Prediger ’ vgl. G R W B (13, 2085 f.). Preedlti Preedlti ist nur in ts Preedlti ‘ das kleine Steingebiet ’ (Zwischbergen) belegt. J ORDAN (2006, 369) kennt es als Preed u lti und dazu Uissärs und Innärs Preed u lti, Preed u ltigrabu und Uissrä Preed u ltigrabu (alle Zwischbergen). Er beschreibt es als mässig geneigte Bergweideterrasse und nimmt an, dass der Name aus lat. PREHENDERE ‘ nehmen, besetzen ’ stamme. Diese Deutung stimmt kaum; rom. preda ergibt sich mit r-Methathese aus rom. petra ‘ Stein, Fels ’ (RN 2, 240; P ETRINI 1993, 116). Preedlti enthält wohl das dt. Dim.-Suffix -( E ) LTI . Preesa Preesa ist zu it. presa, in FlN ‘ Haus mit umliegendem Gelände ’ (O LIVIERI 2 1961, 446; 1965, 279; P ETRINI 1993, 116; allgemein D EVOTO / O LI 2020, 1674) zu stellen. Das HL kommt nur in Zwischbergen vor. Das Simplex la presa ist 1766 belegt; im gleichen Jahr erscheint il rial oder den Graben da presa ‘ der Graben bei der Preesa ’ , wo der Autor rial durch Graben übersetzt. Weiter sind belegt Preesa Brutschata ‘ das (von der Sonne) versengte Haus ’ , Preesa Danschelo ‘ das Haus des Angelo ’ , Preesa Dfonnd ‘ das untere Haus ’ , Preesa Pjooda ‘ das Haus bei den Steinplatten ’ (nach J ORDAN 2006, 304), Preesa Tschima ‘ das Haus bei der Spitze ’ . J ORDAN (2006, 303 f.) hat Preesä, Obri Preesä, Undri Preesä und die oben erwähnten weiteren Namen. Pregontji Pregontji n. ist nur in Varen belegt. M. S, notiert ts Prekonji; FLNK hat Pregontji, LT Preggontji, SK Preguntie. Dazu kommt di Pregontjiheehi ‘ die Höhe im Bereich Pregontji ’ (Varen). Die Endung deutet auf einen dt. Diminutiv; das HL insgesamt scheint aber eher romanisch zu sein. Die historischen rom. Entsprechungen zu profundus tief (FEW 9, 431 ff.) wie pregont (vgl. B RIDEL 1866, s. v. prévon ‘ profond ’ ) dürften hieher gehören, also ‘ die kleine tiefe Stelle ’ . Die Entwicklung von / v/ zu / g/ bleibt allerdings unklar. Preises Preises ist ein ursprünglich romanisches HL, das ein Stück Land meint, das gegen Zins genutzt wurde, so B OSSARD / C HAVAN (1986, 129): Prise, Preisaz (Pl. Preises) ‘ terrain pris en acensement (contre redevance) ’ (FEW 9, 345). Das HL ist 1558 in seiner romanischen Form als eys Preyses de Finio ‘ in den Gütern von Pfyn ’ (Leuk) belegt. Die lebende, dt. Form ist di Preise ‘ die Güter ’ (Leuk), 1443 als in presiis Leuce belegt. 1804 ist von Preisen Sand ‘ das Sandgebiet bei den Preisen ’ (Leuk) die Rede, dann folgen di Preisubriggu ‘ die Brücke über den Kanal bei den Preisen ’ (Leuk), der Preisuwald ‘ der Wald bei den Preisen ’ (Leuk) und di Preisuwasserleitu ‘ die Wasserleite zu den Preisen ’ (Leuk). Etwas davon entfernt findet sich ts Pröüsugüed ‘ das Gut der Preisen ’ ; laut Gwp. war Prejsini der Zuname der Besitzerfamilie Loretan (AWWB 152). Die gerundete Form Pröüsugüed erinnerte offenbar an Preussen (darum wohl auch LT Prüssugüet und HL P REUSSEN ), doch ist dieser Zusammenhang nicht gegeben. ts Pröüssiguwaldji ‘ der kleine Wald der Leute, die Preisjini hiessen ’ (Salgesch) befindet sich weiter westlich und bezieht sich auf die Besitzer des Waldes (wohl die Familie Loretan). Prellung Prellung ‘ die lange Wiese ’ ist unter Varen aufgeführt, wo es aber der Gemeinde Mollens zugeordnet wird; es befindet sich etwas unterhalb der Varner Alpe. Es ist wohl zu Pralong ‘ die lange Wiese ’ (T AGMANN 1946, 60) zu stellen. T AGMANN erwähnt an der zitierten Stelle auch die pré ̨ lo ŋ mått ǝ in Salgesch, die ebenfalls / e/ an Stelle von / a/ an der betonten Silbe zeigt. Presarium Presarium ist nur 1610 in einem nicht sicher Leukerbad zugeordneten Dokument als Jns ŭ lia Presarium belegt. Es Prebarrona 395 396 <?page no="203"?> handelt sich um einen Genitiv Plural zu presia, das dem frpr. preise ‘ eingezäuntes Stück Land ’ entspricht. jnsulia ist wohl zu insula ‘ Aue ’ zu stellen. Es geht also um die eingezäunten Auen, die sich in der Ebene des Rottens bei Leuk befanden. Ob die lateinische Form einem Flurnamen entspricht, ist unklar. Presbiter Presbiterorum ist ein Genitiv Plural zu lat. PRESBITER ‘ Priester (eig. Älterer) ’ . Es kommt nur 1468 in Albinen als in campis presbiterorum vor. Es handelt sich wohl um ein Feld, dessen Ertrag den Priestern zukam. Dass es hier erwähnt wird, hängt mit der Formulierung l(oco) d(icto) zusammen: der Ort, der so genannt wird. Andernfalls wäre die lateinischen Beschreibung als Appellativ gewertet worden. Preses Preses ‘ die Wiesen, die Weingüter ’ ist in Varen belegt: 1338 als eys prayz, 1346 als es prazes, 1360 als eys preses. 1338 ist von einem Stück Land bei Varen, 1346 von einem nicht-kultivierten Stück Land und 1360 von einem Weinberg die Rede. Während die ersten zwei Belege zu lat. PRATA ( S ) ‘ Wiesen ’ (M EYER 1916, 169; FEW 9, 333 ff.) zu stellen sind, entspricht der dritte Beleg eher frz. Prise, frpr. Preises (B OSSARD / C HAVAN 2006, 129), bei T AGMANN (1946, 76 f.) in der Form Prigea, die zu lat. PR Ē H Ě ND Ě RE ergreifen (FEW 9, 339 ff.) zu stellen sind. eys preses kann hier einfach ‘ die Wiesen, die Weingüter ’ heissen (cf. HL P RESIS ). Presis Presis ist eine nur historisch belegte Form in Leukerbad (1589 la preisa; 1589 presys; 1610 in Jns ŭ lis Presiarum) und in Salgesch (1572 jn presÿs). Hier sind weiter belegt: jn presijs tam jn presijs de laz birlaz quam jn aliis presijs (1520); in presys de la bierla (1564) (beide Salgesch) und jn presija inferioribus (1536), resp. jn presÿs inferioribus (1556). Die Belege sind historisch, teilweise latinisiert, zum Namen, den B OSSARD / C HAVAN (2006 129) zu Prise, Prisette stellen, wozu sie preisaz (pl. preises) als Patois-Form angeben. Die Deutung ist ‘ Grundstück, das vom Grundherrn mit einem Zins zum Bebauen gegeben wird ’ . Weitere Belege finden sich unter dem HL P REISES . Zum hier erwähnten Birlaz vgl. HL B IRLAZ . Pretes Pretes ist eine nur historisch belegte Form in Leukerbad (1439 eis pretes). Sie wurde zum HL P RESIS gestellt, kann aber kaum dazu gehören. Das lat. PRATUM kann hier als Plural les prés ‘ die Wiesen ’ verstanden werden; troztdem bleibt eis pretes unklar, wird aber als ‘ bei den Wiesen ’ übersetzt. Preussen Preussen ist ein HL, das nur in den Belegen Leucker Preussen (1761, Salgesch) und Leucker Preissen (1761, Varen) vorkommt. Es handelt sich um eine Form mit / öü/ zu di Preise (Leuk, FLNK Preisse, LT Preisen). In allen Fällen liegt das HL P REISES (frpv.) ‘ das Lehngut ’ zu Grunde. B OSSARD / C HAVAN (2006, 129) kennen den Namen als Prise und notieren dabei, der Patois-Name heisse im Plural Preises. Preyez Preyez ist ein HL, das historisch in Salgesch belegt ist, aber offensichtlich verschiedene Fluren meint. 1495 ist von einem Weinberg lyz brelliaz die Rede, 1594 von einer Gemeindestrasse eys preyez und 1679 von einem Acker en preiez. T AGMANN (1946, 36) ist unentschlossen; den älteren Beleg lyz brelliaz stellt er zu lat. PRATALIA > frpr. praille (B RIDEL 1866, 304); die jüngeren eys preyes und en preiez stellt er zu lat. PRATAS . Beide werden als ‘ ensemble des prés [Wiesengelände] ’ verstanden. Unerklärt bleibt hier das frz. [é] für [a]. Prisarschi Prisarschi ist in der Prisarschiwald (Varen) belegt. Historische Belege fehlen, doch ist der Wald Teil der Varneralpe auf dem Boden der Gemeinde Mollens, also wohl romanisch. Vermutlich liegt dem Flurnamen eine Kombination von prise (T AGMANN 1946, 76 f.) und arschi (B RI- DEL 1866, 18 s. v. arzé; FEW 25, 140 s. v. ard ē re bruler, bes. p. 145) ‘ das verbrannte eingezäunte Stück Land ’ zu Grunde. Prisaz Prisaz ist nur 1494 in Salgesch als en la prisaz und a laz prisaz ‘ beim eingezäunten Stück Land ’ belegt; 1583 ist en la proprissa bezeugt, das sinnvollerweise zum HL P OR- PRÜSA zu stellen wäre. T AGMANN (1946, 76 f.) kennt Prigea und Priza, die er zu prise ‘ eingezäuntes Stück Land ’ stellt. Prison Prison ist nur 1346 in Turtmann als zer Prison mit Leseunsicherheit belegt. Der Beleg ist unklar. Nächstliegend wäre la prison ‘ das Gefängnis ’ (vgl. I D . 5, 799, aber mit viel späteren Belegen). Inhaltlich liegt aber la prisa ‘ das eingehegte Stück Land ’ (T AGMANN 1946, 76) näher (vgl. HL P RISAZ ), das hier mit der deutschen Endung / - ON / (Dativ Singular) für ein auslautendes / - A / im Nominativ erscheint (vgl. auch FEW 9, 339 ff. s. v. pr ĕ h ĕ nd ĕ re, bes. S. 344). 397 398 Prison <?page no="204"?> Priss Priss kommt nur in Salgesch als Prisssagget vor. M ATHIER (2006, 62) kennt es als Prisaget. In der Datenbank werden die beiden HLL P RISS und S AGGET getrennt, weil es für Salgesch auch einen Beleg in pra sagget gibt. Die Deutung von M ATHIER ist unsicher; er stellt den Namen zu lat. * PRATELLUM ‘ die kleine Wiese ’ und einem idg. *sapp- ‘ Tanne ’ , wobei in sagget / pp/ zu / gg/ geworden sei. Da sagget offenbar nicht deutbar ist, wird ein PN angenommen. Priss lässt sich dann zu prigea (T AGMANN 1946, 76) stellen ‘ das eingezäunte Stück Land des Sagget ’ . Pritsche Pritsche ist belegt als di Pritsche ‘ der Lagerplatz, die Holzladestelle ’ (Ried-Brig) im Tafernatal. Es ist zu schwdt. Britsche n , Brütsche n , Britschi, Brütschi f. und wdt. Pritscha, Pritschä (Goms), Pritschu f. ‘ dünnes Brettchen (aus Tannenholz), Schindel; ( … ) schlechte aus Brettern zusammengefügte Lagerstätte in ( … ) Sennhütten; Lagerstätte, Standort des Viehs im Stalle; Kornboden; ( … ) Knüppel-, Holz- oder Steindamm über sumpfige Stellen auf Wegen, Strassen (wie Brügi) ’ (I D . 5, 1020 ff.; G RICHTING 1998, 155) zu stellen. Die Flur befindet sich im Tafernatal, eine Hütte ist nicht zu sehen. Es geht also um einen Lagerplatz oder eine Holzladestelle. Prodeeni ts Prodeeni (Leuk) ‘ das Gebiet bei der Wiese des Denis (? ) ’ ist auf Karte 1: 10000 auch in Pradeeniboden belegt. Der Akzent liegt auf der ersten Silbe, die zweite ist gedehnt; die Endung auf / - I / wird als Diminutiv interpretiert. Vom Typ her liegen wohl ein Pra / Pro ‘ Wiese ’ und ein PN als Besitzername wie Denis oder ähnlich vor. Da historische Belege fehlen, kann nichts Näheres gesagt werden. Der Wechsel von Pra zu Pro ‘ Wiese ’ ist normalerweise nur unterhalb von Sitten nachzuweisen; der Name auf der Karte hat die sonst belegte Form Pra. Profässer Profässer m. ‘ Professor ’ ist nur belegt in ts Profässersch Weid ‘ die Weide des Professors ’ (FLNK, Ernen), wo das HL im Genitiv Singular steht. Vermutlich ist hier ein Professor des Kollegiums Spiritus Sanctus in Brig gemeint, die üblicherweise den Titel tragen, vor allem, wenn sie - wie früher üblich - Priester waren. Der Eintrag unter I D . (5, 504) ist nicht weiterführend, G R W B (13, 2160 s. v. Professor) enthält mehr Information. Profinu Profinu f. ‘ der Spaltgraben (Graben zur Verjüngung der Reben) ’ ist in di Profinu (Hohtenn) belegt, dazu kommen historische Belege in der Profinú (1811 Niedergesteln; 1671 als in der Profinen) und in den Profinen (1840, Raron). Es handelt sich vermutlich immer um die gleiche Flur. I D . (5, 502) kennt Profene n ‘ Absenker (eines Weinstocks) ’ , das aber nur für den Bielersee belegt ist. Zu vermuten ist eher der bei E GLI (1982, 1898) für den Weinbau belegte Terminus Prowi ŋ ‘ Spaltgraben ’ , den er auf lat. PROPAGO ‘ Absenker ’ zurückführt. Im Gebiet gibt es heute noch (oder wieder) Weinberge. Der ‘ Spaltgraben ’ diente dazu, einen neuen Graben für junge Reben zu legen. Propäri ts Propäri n. ist in Leuk belegt. Die historischen Belege sind in properri (1716) und im Properi (1763). Es liegt wohl der gleiche Name wie in pra Perri ‘ die Wiese des Petrus ’ vor (cf. HL P ERRI ). Alternativ liesse sich Päri auch zu lat. P Ě TRA ‘ Fels ’ stellen. Das Diminutiv erklärt sich aus der Endung auf / - I / . Schwierig zu erklären sind jedoch pro für pra (auch in Salgesch bei Profrantsching) und Päri für Perri (allerdings ist die Schreibung im 18. Jahrhundert unsicher). Providoli (FaN) Providoli (FaN) ist in di Providolimatta ‘ die Wiese der Familie Providoli ’ (Visp) belegt und geht auf den FaN Providoli, Previdoli zurück, eine aus Bognanco dentro (Italien) stammende Familie, die um 1795 nach Steg kam (AWWB 202; F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ 2, 1444, Burger von Stalden, Steg und Visp). Prupräsu Prupräsu n. ist in Unter- und Oberems, historisch auch in Ergisch vertreten. Zentral ist ts Prupräsu (Unterems), eine Kleinsiedlung im Turtmanntal auf ca. 1150 m, die bei FLNK auch für Oberems belegt ist. Dazu gesellen sich ts Inner und ts Vooder Pupräsu ‘ das innere (taleinwärts liegende) und das vordere (talauswärts liegende) Prupräsu ’ (Unterems). Nur historisch belegt ist Prupress Gassen ‘ die Gasse vom / zum Prupräsu ’ (1676 u. später, Unterems). Hieher gehört auch ZBruggpresen (1722, Ergisch; 1821 an die Brupressern; beide heute Unterems), wo der frpr. Name wohl nicht mehr präsent war. Die ältesten Belege haben 1306 de purpreson ‘ von Purpräsu ’ , 1320 la porpresa, 1328 apud porpressa, 1353 de la porpressa, 1419 la porpresa, 1544 jn der propreyssem, 1548 de la porpressa, 1597 (ca.) zprupesen usw. Es handelt sich um einen frpr. Namen, den T AGMANN (1946, 74) auf afrz. pourprise ‘ enclos, enceinte, clôture ’ , aprov. porpreza ‘ superficie de terre, terrain ’ zurückführt; er erwähnt den Namen Prupresen (Unterems) explizit in diesem Zusammenhang. Gemeint ist wohl einfach ein Stück Land (cf. HL P ORPRÜSA ). Priss 399 400 <?page no="205"?> Pschisse Pschisse ‘ schmutzig ’ ist formal ein Partizip Perfekt zum schwdt. b e -sch ĭ sse n ‘ schmutzig im phys. Sinn, von Mensch und Tier, Kleidern und Wäsche überhaupt, von Geräten und Gegenständen, Wetter, Wirtshäuser ’ , ‘ schmutzig im moralischen Sinn, betrogen, betrügerisch ’ und wdt. bschiisse, bschiissä (Goms), bschiissu ‘ betrügen ’ (I D . 8, 1342 ff.; G RICHTING 1998, 43), als FlN zur Bezeichnung eines minderwertigen Stücks Land. Die Bedeutungsangabe bei G RICHTING (1998) trifft auf das Partizip nicht zu. Substantiviert ist nur Pschissna (FLNK, Eggerberg) belegt, wobei unklar ist, ob Neutrum oder ein Feminin vorliegt. Vermutlich ist ‘ das minderwertige, feuchte Gebiet ’ gemeint. Hierzu gehört auch der Pschissnugrabo ‘ der Graben beim Gebiet Pschissna ’ (Eggerberg, Mund). Weitere Belege sind Bschissne Sicke (FLNK, Oberwald), das auch als bine Pschissne Seicke (Oberwald) vorkommt; beide sind wohl als ‘ minderwertige, feuchte Böden ’ zu verstehen. t Pschissne Matte ‘ die schlechten, unfruchtbaren Wiesen ’ (Binn) und di Pschissi Weid ‘ die minderwertige Weide ’ (Ferden) sind weitere Flurnamen. Publo Publo ‘ Pappel ’ ist nur in Agarn 1308 und 1338 als ol publo, 1343 oul publo, 1519 eys publo belegt. Es handelt sich um die Patois-Form zum lat. P Ō P Ŭ LUS pappel (FEW 8, 181), vgl. auch Publoz (B OSSARD / C HAVAN 2006, 173). Pucros Pucros kommt nur 1468 als eys pucros (Albinen) vor. Es handelt sich um einen Plural; die Flur bezeichnet einen Acker mit Hanf (chentre). Nach P H . K ALBERMATTER (p. c.) ist die Lesart unsicher; es handelt sich um ein Gut in Tschingeren. Das HL selbst bleibt ungedeutet. Püeläte Püeläte ist nur in Varen belegt. Dazu gehört der Püeläturüüs ‘ der Wasserlauf von / zu den Püeläte ’ . Historische Belege fehlen. Die Flur befindet sich im Weinberg zwischen Salgesch und Varen. Das Gebiet ist ursprünglich frpr.; als Etymon bietet sich Buill (T AGMANN 1946, 8) an, das er auf * BULLI ‘ Gefäss ’ zurückführt. Eine diminutive Ableitung ist auf / - ITTA / oder / - ITTU ( M )/ (dann Plural) (cf. B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) anzunehmen. Püeläte wären dann die Wasserlachen, an denen der Rüüs vorbeiführt. Diese Deutung ist sehr unsicher. Puffetji Puffetji ‘ das kleine Buffet ’ ist nur einmal in Baltschieder als ts Puffetji belegt. Es handelt sich nach der Beschreibung um einen Felsen im Baltschiedertal im Bereich Üssers Senntum. Der Beleg ist als Diminutiv zu schwdt. Buffet II ‘ kleiner Schrank ’ und wdt. Büffe ‘ Geschirrschrank ’ (I D . 4, 1047; G RICHTING 1998, 44; V. S CHMID 2003, 55) zu stellen, als FlN hier wohl auf einen Felsen übertragen, der wie ein kleiner Schrank aussieht. Es scheint, dass die Form mit / u/ eher aus dem It. buffetto stammt als aus dem frz. buffet, das mit [ü] ausgesprochen wird. Puggil Puggil m. ‘ Buckel ’ ist zu schwdt. Buggel II m. ‘ rundliche Anschwellung, Erhöhung ’ , ( … ), = Hoger, ( … ), mhd. buckel und wdt. Puggl, Puggäl (Goms), Puggul (Saastal), Puggol (Schattenberge), Puggil ‘ Buckel, Rücken ’ (I D . 4, 1087 ff.; Z INSLI 1946, 314; G RICHTING 1998, 156) zu stellen. Der einzige Beleg ist ts Puggilweidji ‘ die kleine Weide beim Erdbuckel, Erdrücken ’ (Ergisch). Puggse Puggse ist als t Puggse ‘ das Gebiet der Tannen mit Hartholz ’ (Fieschertal) belegt. Gwp. sagt, das Holz sei <puppsiges> gewesen, hartes Holz. Es lässt sich zu buggsig ‘ buchsig (Holz, hartes) ’ (G RICHTING 1998, 45) stellen (I D . kennt es so nicht). Unklar ist der Buggs ‘ der Hügel ’ (Unterbäch), das wohl zu Buck, auch Bugg (I D . 4, 1139 f.) in der Bedeutung Hügel gehört; das finale / s/ fehlt dort allerdings, sodass die Deutung unsicher ist. Eine Zuweisung zum Pflanzennamen Buchs ‘ Buchs ’ (I D . 4, 999; bei G RICHTING 1998 nicht belegt) ist unwahrscheinlich, da nach L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 164) B UXUS SEM- PERVIRENS auf dieser Höhe (rund 2340 m) nicht wächst. Pulet Pulet ist nur in Plampulet und der Plampuletbodu (beide Albinen) belegt. M ATHIEU (2006, 11) stellt es zu plan ‘ ebene Fläche ’ und frpr. bulet ‘ Tränke ’ . T AGMANN (1946, 8 s. v. Bouillet) kennt mehrere Flurnamen dieses Typs, Diminutiv zu Buill, das er auf * BULLI ‘ Gefäss ’ (FEW 1, 617, G PSR 2, 477) zurückführt. Die Fortisierung des Anlauts zu / p/ ist dadurch nicht erklärt, kann aber aus dem Anlaut des Flurnamens und aus den Eigenschaften des Dialekts in Albinen gefolgert werden. W. M ÜLLER (p. c.) postuliert aber deswegen einen PN Pulet, der allerdings nicht belegt ist. Puli Puli ist zum HL R ULIPULI zu stellen, das in Glis und Leuk als ts Rulipuliloch belegt ist. Zur unsicheren Deutung vgl. HL R ULIPULI . Puljetschier Puljetschier kommt als Puljetschier (Albinen) vor. M ATHIEU (2006, 31) kennt den Namen als Buljetschiär bei Ober- 401 402 Puljetschier <?page no="206"?> dietu. Die Beschreibung der Gwp. sagt, es handle sich um einen Trog, um geringen Boden. T AGMANN (1946, 8) zitiert den Beleg als búl ǝ t š ier ‘ source qui se déverse dans une auge [Quelle, die sich in eine Mulde entleert] ’ . Pullingen (PN) Pullingen (PN) kommt 1607 in Agarn als Zen Pullingen vor. Lebend ist es als Pulligu (Leuk; LT Pulligu) und di Pulligeiu ‘ die Aue bei zen Pulligen ’ (Leuk) belegt. Es handelt sich um ein Gebiet am Ende des Illgrabens. Vermutlich liegt hier ein PN oder FaN Pullo vor (vgl. F ÖRSTEMANN 1, 325 s. BOL); gebildet ist der Name mit einer kollektiven / - ING / - IG / -Ableitung, die als ‘ der Leute des Pullo ’ übersetzt wurde. Pulver Pulver ist nur in ts Bulverturrli ‘ der kleine Pulverturm ’ (Visp; FLNK Pulverturrli, LT Pulferturli, SK Pulverthurm) belegt. Auf SK befindet sich der Pulverturm in der Rottenebene zwischen Visp und Eyholz, in unüberbautem Gebiet. Heute ist das Gebiet überbaut. Das HL ist zu schwdt. Bulfer n. hier ‘ Schiesspulver ’ (I D . 4, 12) bzw. schwdt. Bulferturm ‘ kleines staatliches Pulvermagazin auf dem Lande, meist eingefriedet, an einsamer Stelle, mit einem kleinen Türmchen ’ (I D . 13, 1665) zu stellen. G RICHTING (1998, 45) kennt nur das Verb bulfere, bulfärä (Goms), pulfru, bulfru ‘ abschiessen (Gewehr) ’ ; die übrigen Bedeutungen sind abgeleitet. Pump Pump ‘ Pumpe, pumpen ’ ist zu nhd. Pumpe f. ‘ eine Maschine, die das Wasser oder eine andere Flüssigkeit in einer Röhre emporhebt und zum Ausfluss bringt ’ (G R W B 13, 2227 f.; Orthografie angepasst) zu stellen. Belegt ist es nur in zum Pumphüüsi ‘ zum kleinen Haus mit der Pumpe ’ (Baltschieder). Die Bildung legt eher eine Verbalableitung von pumpen (G R W B 13, 2228 f.) nahe. Punkt Punkt ‘ Punkt ’ ist nur im FLNK-Beleg (Zeneggen) als Üssichtspunkt belegt. Wie I D . (4, 1391) ausführt, ist Punkt zwar belegt, gilt aber nicht als dialektal. Die Form Üssichtspunkt ist eine Übersetzung aus dem hdt. Aussichtspunkt ‘ der Ort, von dem man eine schöne Aussicht hat ’ . Punt Punt kommt einmal vor in im Punteg (Bellwald), das laut Gwp. eine sumpfige Wiese in der “ Summlimatta ” (heute: Simmlimatta) bezeichnet. Vermutlich ist das Grundwort Egg (cf. HL E GG ( A )); der Flurname kommt beim Weiler Egga vor. Ein Zusammenha