Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuch
Bd. 4: Flurnamen S–Z
1218
2024
978-3-3811-1632-4
978-3-3811-1631-7
A. Francke Verlag
Iwar Werlen
10.24053/9783381116324
CC BY-SA 4.0https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de
Das Besondere an den Oberwalliser Orts- und Flurnamen ist ihr relativ spätes Auftreten. Während die deutsche Schweiz im Wesentlichen seit dem 5. Jahrhundert langsam alemannisiert wurde, war das Oberwallis noch eine gallo-romanische Sprachlandschaft, in der es kaum Spuren des Alemannischen gab. Die früheste alemannische Besiedlung scheint im 9. Jahrhundert geschehen zu sein. Das "Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuch" erschließt den Bestand der alemannischen Oberwalliser Namen sprachhistorisch und sprachgeographisch. Es schließt somit eine Lücke zwischen dem schon vollendeten "Urner Namenbuch" und dem im Erscheinen begriffenen "Berner Namenbuch", die das Oberwallis zwar berührten, aber seinen Namenschatz weitgehend ungedeutet ließen.
Die verzeichneten Orts- und Flurnamen wurden in den Siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts erhoben. Sie stammen aus dem agrarischen, alpinistischen und touristischen Bereich, seltener handelt es sich auch um Namen von Straßen und Plätzen. Die Hauptlemmata der Orts- und Flurnamen werde in den Bänden ausführlich dargestellt, etymologisch kommentiert und geografisch verortet. Sie führen als Grundwörter, Bestimmungswörter, in ihrer flektierten und unflektierten Form und begleitet von Adjektiven zur Deutung der Orts- und Flurnamen. Ergänzt wird die Darstellung der Hauptlemmata durch eine Datenbank, die umfangreiche Informationen zu den Lemmata bietet (Belege, geographische Angaben, Kartenangaben etc.). Es entsteht auf diese Art und Weise ein umfassendes Bild der Orts- und Flurnamen des Oberwallis.
<?page no="0"?> ISBN 978-3-381-11631-7 Das Besondere an den Oberwalliser Orts- und Flurnamen ist ihr relativ spätes Auftreten. Während die deutsche Schweiz im Wesentlichen seit dem 5. Jahrhundert langsam alemannisiert wurde, war das Oberwallis noch eine gallo-romanische Sprachlandschaft, in der es kaum Spuren des Alemannischen gab. Die früheste alemannische Besiedlung scheint im 9. Jahrhundert geschehen zu sein. Das „Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuch“ erschließt den Bestand der alemannischen Oberwalliser Namen sprachhistorisch und sprachgeographisch. Es schließt somit eine Lücke zwischen dem schon vollendeten „Urner Namenbuch“ und dem im Erscheinen begriffenen „Berner Namenbuch“, die das Oberwallis zwar berührten, aber seinen Namenschatz weitgehend ungedeutet ließen. Die verzeichneten Orts- und Flurnamen wurden in den Siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts erhoben. Sie stammen aus dem agrarischen, alpinistischen und touristischen Bereich, seltener handelt es sich auch um Namen von Straßen und Plätzen. Die Hauptlemmata der Orts- und Flurnamen werden in den Bänden ausführlich dargestellt, etymologisch kommentiert und geografisch verortet. Sie führen als Grundwörter, Bestimmungswörter, in ihrer flektierten und unflektierten Form und begleitet von Adjektiven zur Deutung der Orts- und Flurnamen. Ergänzt wird die Darstellung der Hauptlemmata durch eine Datenbank, die umfangreiche Informationen zu den Lemmata bietet (Belege, geographische Angaben, Kartenangaben etc.). Es entsteht auf diese Art und Weise ein umfassendes Bild der Orts- und Flurnamen des Oberwallis. S-Z Bd. 4: Flurnamen Werlen (Hrsg.) Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuch (VSNB) Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuch (VSNB) Iwar Werlen (Hrsg.) Bd. 4: Flurnamen S-Z S-Z <?page no="1"?> Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuch (VSNB) Band 4: Flurnamen S - Z Herausgegeben von Iwar Werlen unter Mitarbeit von Anne-Lore Bregy, René Pfammater und Gabriele Schmid und Valentin Abgottspon, Claude Beauge, Werner Bellwald, Milda Christen, Martin Clausen, Gabriela Fuchs, Dominique Knuchel, Gisèle Pannatier und Stefan Würth sowie mit zwei Beiträgen von Philipp Kalbermatter <?page no="2"?> Umschlagabbildung: Bearbeitete Version der Abbildung „ Gemeinden des Kantons Wallis “ von Tschubby (https: / / de.wikipedia.org/ wiki/ Kanton_Wallis#/ media/ Datei: Karte_Gemeinden_des_ Kantons_Wallis_farbig_2021.png), CC BY-SA 4.0 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. Publiziert mit Unterstützung des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung. Das Gesamtprojekt des Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuchs wurde gefördert durch die Walliser Delegation der Loterie Romande, im Kanton Wallis durch das Erziehungsdepartement und die Dienststellen für Kultur und Hochschulwesen, die Stadtgemeinde Brig sowie anonyme Spender. Prof. em. Dr. Iwar Werlen Wangenhubelstrasse 5 3173 Oberwangen bei Bern SCHWEIZ DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783381116324 © 2024 · Iwar Werlen Das Werk ist eine Open Access-Publikation. Es wird unter der Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen | CC BY-SA 4.0 (https: / / creativecommons.org/ licenses/ by-sa/ 4.0/ ) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, solange Sie die/ den ursprünglichen Autor/ innen und die Quelle ordentlich nennen, einen Link zur Creative Commons-Lizenz anfügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Werk enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der am Material vermerkten Legende nichts anderes ergibt. In diesen Fällen ist für die oben genannten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Satz: typoscript GmbH, Walddorfhäslach Druck: Elanders Waiblingen GmbH ISBN 978-3-381-11631-7 (Print) ISBN 978-3-381-11632-4 (ePDF) ISBN 978-3-381-11633-1 (ePub) Bestellbar im Bundle mit den Bänden 1 bis 4 unter ISBN 978-3-381-10831-2 <?page no="3"?> Inhalt S . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 T . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 U . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 449 V . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 W . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 X . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 589 Y . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 591 Z . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593 Verbunden mit dieser Publikation ist eine Datenbank der einzelnen Orts- und Flurnamen. Zusätzlich sind darin die folgenden Informationen hinterlegt: Gemeinde, Kennzahl, Umschrift des jeweiligen Namens, Kartenangaben, geographische Höhe und geographische Länge und Breite, Hauptlemma und Lemma, zusätzliche Angaben; dazu kommen geographische Lage und Höhe, Beschreibung, lebende Belege und historische Angaben mit der Jahreszahl und einem Zitat mit den historischen Belegen der Namen. Das alles ist natürlich nur vorhanden, wenn die Namen lebend sind; wenn nur historische Belege vorhanden sind, werden nur sie dargestellt. Die Installations- und Systemdateien für die Datenbank können Sie unter diesem Link herunterladen: https: / / files.narr.digital/ 9783381108312/ Datenbank.zip. <?page no="5"?> S Saaga Saaga f. ‘ Sägerei ’ ist zu schwdt. Sage n , Säge n ; Sagi, Sägi, wdt. Saaga, Saagä (Goms), Saagu f. ‘ Säge ’ (I D . 7, 423 ff.; G RICHTING 1998, 166) zu stellen. In den Flurnamen ist meist eine mit Wasser betriebene Sägerei gemeint, nicht primär das Werkzeug. Das HL kommt insgesamt in rund 80 Namen vor. Am häufigsten ist ein Simplex im Singular mit der Präposition zer ‘ zur, bei der ’ oder einer andern Präposition wie bi ‘ bei ’ , üf ‘ auf ’ und den Kombinationen unner der ‘ unter der ’ , hinner der ‘ hinter der ’ . Die Formen sind t Saaga (Ernen, Mund, St. Niklaus), t Saage (Blitzingen, Ergisch (1853), Münster, Oberwald, Reckingen), t Saagu (Albinen (auch Mathieu 2006, 13), Gampel, Leuk, Saas-Balen, Saas-Grund, Staldenried, Varen, Visperterminen), zer Saagun (Blatten, Kippel), Saga (FLNK, Unterbäch), Sage (Obergesteln, bÿ / vnder der Sagen (1620 u. später, Selkingen), bei der Sagen (1683, Biel), hinder der Saagen (1603, Obergesteln), vnder der Saagen (1604, Münster), unter der Sagen (1786, Obergesteln; 1778, Raron), zer Saagen (1794, Salgesch), zer Sagen (1565 u. später, Baltschieder), zer Sagu ᵕ n (1412 Brig), zer Sagun (1390, Glis), zúr Saagen (1709 u. später, Leuk) iuxta der Sagu ᵕ n (1580, Visp), bei der Säge (1803 u. später, Raron). Diminutiv im Singular sind selten: im Saagerli ‘ im Gebiet der kleinen Sägerei ’ (1761, Naters) und ts Saagi ‘ die kleine Sägerei ’ (Zwischbergen). Attributive Adjektive finden sich zum HL primär in der Konstruktion t Alti Saagu und Varianten (Binn, Oberems, Randa, Salgesch, Ulrichen). Eine erweiterte Form ist der Alt Saaguwald ‘ der Wald bei der alten Sägerei ’ (Oberems). Ein vorangestellter Genitiv ist in ts Pfammatisch Saagu ‘ die Sägerei der Familie Pfammatter ’ (Oberems) bezeugt; die Form entspricht der üblichen Verkürzung des FaN zu Pfammatti mit der Endung des Genitiv Singular. Als Bestimmungswort ist das HL in zweigliedrigen Komposita mit den Grundwörtern Acher, Bach, Bodu, Cheer, Gufer, Hüs, Kapälla, Matta, Sand, Schiir, Schleif, Straas, Tole, Wäg, Wald, Wier und Wuer verbunden. Komplexer ist Ober Sagematte (Saas-Fee). Unklar sind zwei Belege mit Sägu: Säguacher (FLNK, Albinen) und t Sägutola (Naters). Das HL Saaga erscheint im Wallis sonst nie mit Umlaut und kurzem Vokal; es stellt sich hier die Frage, ob ein sonst nicht belegtes Sägu ‘ Segen ’ (I D . 7, 444; G RICHTING 1998, 166, mit Varianten) anzusetzen ist; die beiden Belege könnten z. B. bei einer Segens-Prozession eine Rolle gespielt haben. Eine Ableitung auf - ERA ist in Ober und Unner Saagera (Grächen) belegt; es handelt sich um eine Ableitung von Verben (S ONDEREGGER 1958, 551) als Stellenbezeichnungen, hier als ‘ wo gesägt wurde ’ . Säältina Der heute Säältina genannte Bach zwischen Brig und Glis heisst erst nach dem Zusammenfluss von Ganterbach, Taferna und Nesselbach so. Die ältesten Belege sind: 1279 Saltenna (Glis), 1331 Saltena (Glis, Brig), 1335 de Saltenon (Glis), 1336 de Saltennon (Glis), 1349 Saltana (Glis), 1383 super Saltanam (Glis). Es gibt Saltana auch in Steg, aber nur historisch belegt, 1299 als apud Saltanon, 1303 apud Saltanum, 1306 apud Saltana, 1310 Saltanmatta … apud Saltanun. J ACCARD (1906, 413) führt den Bachnamen in Brig-Glis auf lat. SALTARE ‘ springen ’ zurück und lehnt eine Ableitung von SALICE ( M ) ‘ Weide ’ (nach S TUDER 1896) ab. Die ältesten Belege zeigen ein Suffix vom Typ - EN ( N ) A , in Steg - ANA . Letzteres scheint eine latinisierte Ableitung zu sein; die Weiterentwicklung zu Säältina in Brig-Glis (mit Umlaut und gehobenem / i/ ) lässt vermuten, dass die Form Saltena als Ausgangspunkt für den Bachnamen diente und nicht direkt die Form Saltana. In Steg ist anzunehmen, dass kein Bachname vorliegt, sondern das Gut eines Weibels (frz. sautier > lat. SALTUARIUS ‘ Waldhüter ’ zu lat. saltus ‘ Wald ’ , FEW 11, 122 f.) gemeint ist; dafür hat I D . (7, 871 s. v. Saltner/ Salter ‘ Alpvogt ’ ) noch Belege aus dem Oberwallis. Dieses Saltliegt wohl auch vor im historischen Beleg von 1454 (Raron) Feudum Salten ‘ das Lehen des Salten (Weibel) ’ und in der Salten ‘ (wohl) in der (Siedlung des) Salten (Weibels) ’ (1890, Täsch) - dies ist jedoch unsicher. Ein Beleg von 1300 apud Saltanum (Lalden) meint wohl den gleichen Namen wie Saltana in Steg. Alle übrigen Belege beziehen sich auf den Bach zwischen Brig und Glis und seine Umgebung. Das Simplex t Säältina (Brig), t Sältina (Glis) - die Länge des Vokals hängt von der Gliederung nach vermuteter Morphemgrenze Säält#ina vs. Silbengrenze Säl%tina ab - ist historisch als Saltanam (1674), resp. Saltine (1842) für Ried- Brig belegt. In den andern Belegen ist Säältina ein Bestimmungwort oder ein Genitiv, wie in uf der Säältinubrigga ‘ auf der Brücke über die Saltina ’ (Brig), das 1 2 Säältina <?page no="6"?> historisch als vltra pontem Salthane (1580), resp. trans pontem Seltina ‘ (1680) für Glis belegt ist. Ebenfalls in Glis sind 1714 supra Barreriam Saltana ’ ‘ oberhalb der Saltina- Wehr ’ , 1844 in dem Saltinen Kinn ‘ in der Schlucht der Saltina ’ und 1792 antiquum alveum Saltanae ‘ das alte Bett der Saltina ’ belegt. t Sältinuschlüocht ‘ die Geländeeinbuchtung der Saltina ’ (Glis) ist im südlichen Teil eine tiefe Schlucht, im nördlichen läuft sie in ein etwas breiteres Tal aus. In einigen Belegen ist das Lemma zu Salten oder Salti gekürzt, so in Saltenwasserleita (1388, Ried-Brig) und Salti-Sand ‘ das Sandgebiet der Saltina ’ (1795 (ca.), Brig). Das schon zitierte Feudum Salten ‘ Salten-Lehen ’ (1454, Raron) weist zwar die gleiche Form auf, ist aber wohl, wie ausgeführt, auf Salt- ‘ Weibel ’ zurückzuführen. Saarbu Saarbu ist nur belegt in t Saarbuachra ‘ die Äcker mit den Pappeln ’ (Eggerberg, EK Sarbucachra). Saarbu ist wohl eine Kurzform zu Sar-baum ‘ Pappel ’ (I D . 4, 1245); der Baum heisst sonst im Oberwallis Sarbach (cf. HL S AR ). Welche Pappelart genau gemeint ist (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 426 ff.), ist unklar: die Höhe über Meer spricht für eine Zitterpappel (P OPULUS TREMULA ). Saas Saas ist zunächst der Name des Saastales; die vier Gemeinden Almagell, Balen, Fee und Grund erhalten das Präfix erst nach der Trennung der Grossgemeinde Saas 1392. Die Namen im ältesten erhaltenen Dokument, einem Friedensschluss von 1291 (bei G REMAUD 2, Nr. 1021, ist ein Vidimus von 1311 abgedruckt), sind - der Reihe nach - de valle Solxa, vallis Solxe [Genitiv], vallis Salxe [Genitiv], vallis Salxe [Genitiv], de valle Solxa, de valle Solxa, vallis Solxe [Genitiv], de val de Soxa, de val Seyxa, de valle Solxa. (Bei G REMAUD sind nicht alle Teile abgedruckt). Der Notar V IRGILIUS VON D OMO ( DOSSOLA ) stammte aus der Diözese Novara, der Notar des Vidimus J OHANNOD D 'A UBOREYNGES aus Vevey (nach G REMAUD 2, 420). P H . K ALBERMATTER (p. c.) hat anhand eines Faksimiles der Dokumente in Z ANZI / R IZZI (1999) die Lesungen überprüft und kommt zu den oben erwähnten Belegen. Saorh in K RISTOL ET AL . (2005, 776) ist eine falsche Schreibung. Die Belege von 1291, die M. S EEBERGER notiert hat, sind nicht vollständig. Der Notar aus Domodossola notiert den Namen latinisiert (das zeigen Formen des Genitivs wie Solxe), schreibt meistens das vokalisierte / l/ als {l}, schreibt den Diphthong / au/ meist als {o}. Zweimal ersetzt er {o} durch {a} und einmal erscheint die seltsame Form Seyxa statt Solxa; wieweit hier der Notar des Vidimus eingegriffen hat, ist unklar. Da die sonst belegte Hauptform Sausa ist, dürften die frühesten Belege Umdeutungen des Notars von Domodossola darstellen. Die ältesten Belege sind oben erwähnt; in historischen Dokumenten aus dem Wallis ist die vorherrschende Form Sausa. Die heutige Form Saas kommt 1569 als Sass vor, ebenso 1570, 1626 als Saass, 1631 als Sas. Das zugrunde liegende romanische Wort enthält sicher ein / l/ , das vokalisiert wurde; die Schreibweise Solxa (1291) enthält wie erwähnt noch Reflexe des vokalisierten / l/ und eine Wiedergabe eines romanischen / al/ -> / ol/ , das später als / au/ erscheint. Als frühesten Zeitpunkt für eine solche L -Vokalisierung gibt R HEINFELDER ( 4 1968, 235) das 7. Jahrhundert an. Auch wenn im Wallis diese Entwicklung später stattgefunden hat, ist doch im Saastal ein Ausgangspunkt / salsa/ -> / sausa/ -> / sosa/ anzunehmen, wobei hier / s/ unsicher ist, wie die Belege um 1300 zeigen; vermutlich lag eine Art Affrikate vor. J ACCARD (1906, 401) führt Saas auf ein spätlat. *sauica (zu lat. SALICETA ‘ Weidengebüsch ’ , aus lat. SALIX , SALICEM ‘ Weide ’ ) zurück; allerdings kann sich laut K RISTOL ET AL . (2005, 776) spätlat. *salic ē ta (frz. saussaie) unmöglich zu einer Form wie *saucia entwickeln. G UEX (1938, 363), R ÜBEL (1950, 133) und Z INSLI (1965, 338) stellen den Namen direkt zu lat. SALICEM ‘ Weide ’ . Auch diese Herleitung ist laut K RISTOL ET AL . (2005, 776) nicht überzeugend: Zum Zeitpunkt der Germanisierung des Saasertals müsse für die Entwicklung des lat. -cvor -esehr wahrscheinlich eine affrizierte Lautung [dz] angenommen werden. Jedenfalls seien die mit -sgeschriebenen Formen aus dem 13. Jh. auf dieser Grundlage nicht zu erklären. Zudem können die gut belegten Formen vom Typ Solxa, Sausa (mit Schluss-a) nicht auf salicem zurückgehen. K RISTOL ET AL . (2005, 776) erwägen, den Namen zu lat. salsus, salsa ‘ salzhaltig, gesalzen ’ zu stellen. Die fem. Form von Salsa ( ‘ saures oder salziges Wasser ’ ) wäre in diesem Fall der ursprüngliche Name der Saaser Vispa, der auf das Tal und später die Gemeinden übertragen worden wäre. Die dt. Form Saas muss in jedem Fall nach einer Vokalisierung von / l/ , aber vor einer Entwicklung von / au/ zu / o: / gebildet worden sein. Das / s/ am Schluss der dt. Form deutet auf ein altes / s/ hin; die Hypothese von K RISTOL ET AL . (2005, 776) ist deswegen vorzuziehen. Von den schon genannten vier Gemeinden ist Saas- Balen nur als Balu erfasst, auch wenn auf LT Saas-Balen steht. Saas Almagell Dörfli ‘ das kleine Dorf von Saas Almagell ’ (LT, Saas-Almagell) ist eine Kombination von Dörfli und Saas-Almagell, die so nicht auf der Karte steht; es handelt sich um einen Dorfteil von Saas-Almagell. Das it. Cresta di Saas ‘ die Cresta di Saas ’ (FLNK u. LT, Saas- Saarbu 3 4 <?page no="7"?> Almagell) benennt einen Felszug auf italienischer Seite, der aus italienischer Sicht einen Felsrücken zum Saastal meint. Saastal (LT, u. a. in Saas-Almagell) bezieht sich auf das Tal der Saaser Vispe von Saas-Almagell bis Stalden. Das Adjektiv Saaser, auch ein alter Genitiv ‘ der Leute von Saas ’ (S ONDEREGGER 1958, 526 ff.), ist belegt in Saaserberg (1787, Saas-Grund), Saaser Vischpa ‘ die Saaser Vispe (Fluss durch das Saastal) ’ (FLNK, Eisten; FLNK u. LT, Stalden, SK Saaservisp; FLNK, Staldenried). Unklar ist in Sasers Boden ‘ im Boden des Saaser ’ (1554, Törbel), in Saasers Boden ‘ im Boden des Saaser ’ (1751, Bürchen), wo wohl ein Einwohner von Saas oder jemand mit dem FaN Saaser gemeint ist (cf. HL S AASER (F A N)). Komposita mit Saaser sind: Saaservispa (LT, Saas-Almagell; FLNK Saaser Vischpa, SK Saaser Visp), Saaser Vispa (LT, Saas Grund; FNLK Saaser Vischpu), únter dem Saaserweg ‘ unter dem Weg der Leute von Saas ’ (1803, Eisten; früherer Beleg von 1584 als stratam (tendentem) in vallem Sausa ’ ‘ der Weg, der ins Saasertal führt ’ u. später), Saaserwäg ‘ der Weg entlang der Saaser Vispe ’ (FLNK, Stalden). Das komplexere der Alt Saaserwäg ‘ der alte Weg ins Saastal ’ (Stalden) benennt heute die Überreste eines alten Fussweges in das Saasertal (auf SK als Weg noch deutlich erkennbar). Anders zu verstehen sind offenbar t Saasermüüra ‘ die Saaser Mauer (laut Gwp. von Maurern aus dem Saastal erstellte Wehrmauer gegen den Rotten) ’ (Naters), t Saasimüüra ‘ die (gesetzte? ) Mauer ’ (Baltschieder; EK Saasi Müra, FLNK Saasimüra). In beiden Fällen ist die Deutung von Saaser / Saasi als ‘ Maurer aus dem Saastal ’ unsicher; es wird wiedergegeben, was in den Daten steht. Vermutlich ist in beiden Fällen eine gesetzte Mauer gemeint. Saaser (FaN) Saaser (FaN) kommt nur 1743 in Eggerberg als in Saasero Achren ‘ die Äcker der Familie Saaser ’ vor. Saasero ist ein Genitiv Plural, der entweder Einwohner des Saastales oder den FaN Saaser meinen kann. In der Datenbank des VSNB ist 1751 in Bürchen Saasers Boden belegt; es dürfte sich um den gleichen Fall handeln. Das F AMILIENNAMEN- BUCH DER S CHWEIZ (3) kennt keine FaN Saaser. Das Register zu den HRBS führt aber den FaN Saaser mehrfach auf. Gemeint sein kann aber auch eine Herkunftsform ( ‘ aus dem Saastal ’ ). Saass Saass f. ist zu schwdt. S ā ss, S ā sse(n) f. ‘ Einschnitt in den Erdboden, den man beim Bauen eines Hauses macht, um festen Grund für die Mauern zu haben (WLö) ’ , mhd. s ā sse f. ‘ Sitz, Wohnsitz, Versteck, Lauer ’ (I D . 7, 1371) zu stellen. URNB (3, 13) zitiert zwar diese Stelle, nimmt aber als Bedeutung ‘ Alp(sitz) ’ , ‘ Mulde ’ an. In Blatten kommt der Typ Sässen m. vor, meistens im Plural. Das maskuline Genus findet sich sonst nur in S ā ss ‘ Bewohner ’ (I D . 7, 1345), was hier nicht gemeint sein kann. Es kann sich um eine Rekonstruktion aus dem Plural Sässen ‘ Alpsitze ’ handeln. Die Bedeutung ‘ Alpsitz, Alpstufe ’ findet sich auch in schwdt. Vor-S ā ss, S ā sse(n) f. ‘ die unterste der zwei oder drei Alpstufen ’ (I D . 7, 1371) und schwdt. Sëss n. ‘ Hauptsitz in den Alpen, d. h. dort wo das Obdach für Menschen und Vieh ist ’ , ‘ verhältnismässig ebener, plateau- oder kesselartiger Teil einer Alpweide (im Ggs. zu den steilen Planggen), Alpstufe, -station (die Alp ist häufig in zwei oder mehrere Stationen eingeteilt, die abwechselnd benutzt werden); gedüngter Grasplatz um die Alphütte ’ , amhd. sëss n. m. (I D . 7, 1381). Die geografische Verteilung der Namen ist ziemlich klar: der Typ Saass ‘ Alpgebiet ’ findet sich fast nur im Goms und zwar in Oberwald, Reckingen und Ulrichen. Da der Typ laut URNB (3, 13) auch im angrenzenden Kanton Uri vorkommt, liegt ein regionaler Zusammenhang um den Gotthard herum vor (L ÖTSCHER 1983, 169 f.). In Simplon kommt in drei Namen t Hosaas ‘ die hohe Alpe ’ vor; der gleiche Typ ist jünger auch in Saas-Grund belegt. Der Typ Vorsass / Vorsess ‘ Voralpe ’ wird bei R ÜBEL (1950, 81) nur für das Lötschental erwähnt; in unseren Daten kommt es historisch auch in Goppisberg, Mühlebach, Münster und Turtmann, lebend in Blatten, Ergisch und Oberems vor. Nur in Randa finden sich ts Chlei und ts Gross Saas vor. Das Neutrum ist sonst nicht belegt; die Motivation der Namen ist sehr unsicher, da die beiden Namen im Bergsturzgebiet lokalisiert sind. Die SK zeigt an der Stelle steile Felsen; Näheres lässt sich nicht erkennen. Es gibt aber in der gleichen Gemeinde t Saasse mit der Beschreibung ‘ Grasterrassen, Steine, zwischen Felsen ’ . Das in Täsch erwähnte t Saasjini wird von Gwp. als ‘ stufenförmige Böden ’ genannt und gehört wohl zum gleichen Typ wie der Name in Randa; es ist als Diminutiv zum HL S AASS zu stellen und hat nichts mit dem Talnamen Saas zu tun. Mehrfach findet sich das Kompositum der Sasstei (Reckingen), Sasstein (1659, Betten), vff die Alten Sassteina (1666, Ried-Mörel), auff die Saas Steina (1691, Ried- Mörel) vnder den Sasssteinen (1560, Täsch) vor. Es muss sich um grössere Felsblöcke oder Steine auf einer Saass - einer Alpe - handeln. Ganz unsicher ist ein historischer Beleg Zen Zassen (1424, Baltschieder, Eggerberg), der in Baltschieder 1437 Zem Zassen genannt wird. Das Genus spricht für einen Zusammenhang mit Sässen (Blatten), wobei das anlautende / z/ wohl ursprünglich aus dem assimilierten Artikel des Plurals stammt. 5 6 Saass <?page no="8"?> Neben den Simplizia, resp. den Komposita Vorsass und Hosaas kommt Saass als Grundwort vor in Gletschersaas ‘ die Alpe beim Gletscher ’ (Oberwald), di Tschafilvorsass ‘ die Voralpe beim Tschafil ’ (Ergisch) und di Boortervorsaas ‘ die Voralpe der Familie Borter ’ (Oberems). Neben dem Simplex Sässen sind belegt die Komposita t Seesässen ‘ die Alpe beim See ’ (Blatten), t Oigschtchummusässen ‘ die Alpe bei der Augstkumme (Mulde, die erst im August bestossen wird) ’ (Blatten). Eine Ableitung auf - ERRI hat Hosaasserrÿ ‘ die Wasserleite zur Hosaas ’ (Simplon). Attributive Adjektive weisen auf t Ober Saas und t Unner Saas (beide Oberwald), ts Chlei Saas und ts Gross Saas (beide Randa), t Indru und t Uistru Sässen (Blatten), sowie dr Ober und dr Under Sässen (Blatten). Zu den Seesässen gibt es ebenfalls dr Ober und dr Under Seesässen (Blatten). Bildungen mit Saass und seinen Varianten als Bestimmungswort sind folgende Namen: t Forsaasfärricha ‘ die Pferche auf der Voralpe ’ (Blatten), t Forsassuän ‘ die Wasserleite zur Voralpe ’ (Blatten), der Hosaasstutz ‘ der Anstieg zum Hosaas ’ (Simplon) und - komplexer - ts Vorsastagfäld ‘ das Tagfeld der Alpe ’ (Oberems, es handelt sich um eine Alpe auf ca. 2300 m). Zu Saass selbst gibt es Bach, Egga, Gletscher, Grabe, Hore, Lamma, Licka, Pass, Stafel, Tal, Stei und Wang. Eine seltsame Bildung eines Adjektivs Saasig kommt nur in St. Niklaus vor als ts Saasig Brunnji ‘ die kleine, saasige Quelle ’ , der Saasig Tossu ‘ der saasige Fels ’ , Saasigstei ‘ der saasige Stein ’ (FLNK). Die drei Fluren befinden sich an drei verschiedenen Orten und können nicht zum Talnamen Saas gestellt werden; St. Niklaus befindet sich im Tal der Matter Vispe und ist durch hohe Berge von der Saaser Vispe getrennt. Das Adjektiv ist sonst nicht belegt; wir geben es daher als ‘ saasig ’ wieder. Nicht hieher gehören die Namen der Gemeinden Saas Almagell, Saas Balen, Saas Fee und Saas Grund, des Saastals und der Saaser Vispe (cf. HL S AAS ). Sabbione Sabbione kommt als Plural Sabbioni nur in Passo dei Sabbioni (LT, Oberwald; FLNK Passo del Sabbioni) vor. Gemeint ist hier das im Kanton Tessin liegende Geröllgebiet. Vgl. P ETRINI (1993, 119 s. v. sabbione ‘ ghiaia (Kies, Geröll) ’ ) und D EVOTO / O LI (2020, 1925 s. v. sabbia ‘ Kies, Geröll ’ ). Der Singular erscheint als Punta del Sabbione ‘ Geröllspitze ’ (dt. Hohsandhorn) in Binn. Sabonet Sabonet ist in Albinen (FLNK) belegt; M ATHIEU (2006, 13) kennt es als Zabonet, das auch für Inden (cf. HL T SCHA- BONET ) belegt ist. Die beiden Fluren sind nicht identisch. Die historischen Belege in Albinen sind sehr unterschiedlich; vermutlich gehören sie nicht alle zu diesem HL. Der älteste Beleg von 1363 hat ou saruaio. 1648 ist ‘ E sauana ’ belegt, 1650 Eÿ Sawane, 1691 in die Sauanirÿ, 1708 Ey Sawonete, 1783 in Savonete. Es handelt sich um ein Diminutiv auf lat. - ITTA , entweder zum lat. SABUCUS ‘ Holunder ’ (FEW 11, 6; M EYER 1914, 105), also etwa ‘ das kleine Gebiet mit Holunder ’ , oder zu lat. ( JUNIPERUS ) SABINA ‘ der Sefistrauch ’ (FEW 11, 5), also etwa ‘ das kleine Gebiet mit Sefisträuchern ’ zu stellen. Die belegte Form mit / o/ deutet eher auf die erste Möglichkeit, die historische mit / a/ auf die zweite. In den historischen Belegen nach 1600 ist / n/ gut belegt, was besser zur zweiten Möglichkeit passt, die insgesamt wohl wahrscheinlicher ist. Die Entsprechung von / w/ durch / b/ (z. B. Nib statt Niw ‘ neu ’ ) ist in Albinen gut belegt. Sack Sack m., Pl. Seck ist zu schwdt. Sack m., Pl. Seck und wdt. Sakk, Sekk, Säkk wie nhd. ‘ Sack ’ , ahd. sach, mhd. secchi (I D . 7, 604 ff., bes. 617 f.; G RICHTING 1998, 167) zu stellen. In FlN ‘ sackförmige Geländevertiefung; Geländeerhebung ’ (TGNB 2, 2, 477 f.; URNB 3, 1 ff.). Die rund 30 Namen kommen im ganzen Oberwallis vor. Als Simplizia im Singular sind belegt der Sack (Reckingen und fünf weitere Gemeinden), im Sack (FLNK, Bratsch (hier Dorfteil); Bellwald; Hohtenn), Sack (FLNK, Gluringen), am Sack (1532, Fieschertal), im Sack (1693 u. später, Törbel; 1304 jn dien Sekken; 1307 jn dem Sekke) und der Sagg (Blatten, Mund; ev. Transkriptionsfehler). Simplizia im Plural sind t Seck (Münster, Naters, Ried- Brig, Saas-Almagell), Seck (FLNK u. LT, Termen). Vermutlich das Präfix F IR -/ V OR ist in Z'Versack ‘ im vorderen Teil des Sack (sackförmige Geländevertiefung) ’ (1691, Fieschertal) vorhanden. Attributive Adjektive in zweigliedrigen Konstruktionen sind: t Foodru Seck ‘ die vorderen Säcke ’ (Gampel), der Hinner Sack ‘ der hintere Sack ’ (Bellwald, Randa), t Indru Seck ‘ die inneren Säcke ’ (Gampel), der Voder Sack ‘ der vordere Sack ’ (Bellwald), der Vooder Sack ‘ der vordere Sack ’ (Randa). Die Bemerkung ‘ sackförmige Geländevertiefung ’ wurde hier weggelassen; manchmal handelt es sich um Grasbänder in den Felsen. Das Grundwort ist nur in der Miltsack (Oberwald) vertreten; dazu kommt der Miltsackgrabe ‘ der Graben beim Miltsack ’ . Zu vermuten ist, dass hier nicht das Adjektiv mild belegt ist, sondern entrundetes Mühlmit eingeschobenem t, also ‘ Mühlsack ’ , dem die Flur gleicht. Als Bestimmungswort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern vor: Acher, Blatta, Egg(a), Grabu, Hooru und Rufina. Gemeint sind dabei meist naheliegende Fluren mit dem HL S ACK . Sabbione 7 8 <?page no="9"?> Saflisch Saflisch ist der Name eines Passes, der vom Rosswald (Ried-Brig, Termen) nach Heiligkreuz (Binntal) führt und ein Namennest bildet, das die Gemeinden Binn, Ernen, Grengiols, Ried-Mörel (wohl allgemein für Östlich-Raron) und Termen betrifft. Die ältesten Belege sind Safenes (1297, Ried-Mörel), Safnes (1390, Binn), Safness (1293, Grengiols), Saffnesch (1531, Ernen). Die Formen vom Typ Saflisch sind klar jünger. Auszugehen ist vom Typ Safenes, wobei das auslautende / s/ wohl romanisch ist. Das Wort ist zu lat. (juniperus) sabina, wdt. Sefina ‘ Sade-, Sevebaum ’ (I D . 7, 341) zu stellen, vgl. auch B RIDEL (1866, 346 s. v. savena), FEW (11, 5 s. v. SAB Ī NA ‘ Sadebaum ’ ) und die Deutung von Safnern bei K RISTOL ET AL . (2005, 797). Die Lautform erklärt sich aus der germanischen Erstbetonung und der Übernahme mit aus dem Romanischen mit erhaltenem / a/ , während der Pflanzenname Sefina jünger ist. Der Strauch ist laut L AUBER / W AGNER / G YGAX (2014, 92) im Oberwallis kollin-subalpin bis alpin belegt. Vermutlich liegt der Ursprung des Namens auf der Alpe Safnes in Grengiols / Binntal. Neben den historischen Belegen ist Saflisch als Simplex nicht erwähnt. Ältere Formen sind: ab der Saffneschmatten (1531, Ernen) im Saffnetschgarten (1771, Binn), der lebendig als Saflischgaarte belegt ist, und die wohl verschriebene Safrischmatta (1817, Binn), die neu als Saflischmatta (Grengiols, Termen) erscheint. Die übrigen Belege weisen Saflisch als Erstglied auf: Saflischbach (Grengiols), Saflischhitta (Termen), Saflischpass (Grengiols, Termen), Saflischtal (Grengiols), Saflischwäg (Termen), Saflischwalgi ‘ der kleine Wald bei der Saflischmatta ’ (Termen). Komplexer ist bim Saflischmatterchriz ‘ beim Kreuz die der Saflischmatte ’ (Grengiols), sowie der Ober Saflischgaarte ‘ der obere Saflischgarten ’ (Grengiols). Wenn unsere Annahme stimmt, geht die Benennung von einer Alpe im Binntal aus; die Benennung im Raum Termen ist davon abgeleitet. Die Ersetzung von / n/ durch / l/ ist nicht dokumentiert. Safran Safran ‘ Safran ’ ist zu schwdt. Sáffran, Saffere(n), Saffre(n), Saffer, Saff(e)ret, m. ‘ offizineller Safran, Crocus sat., Herbst-Safran ’ (I D . 7, 333 ff.) zu stellen. In einigen Texten wird lat. crocus explizit für Safran verwendet, z. B. 1610 hortum crocinum ut vocant Saffrantgarten (Leuk). Der Pflanzenname ist bei W AGNER / L AUBER / G YGAX ( 5 2014, 1298) als Crocus sativus belegt. Der Name ist nur historisch belegt. Als Simplex kommt beÿm Saffrand (1766 u. später, Leuk) vor. Sonst ist Safran Bestimmungswort in Safran Acher (1862, Naters), Saffergarten (1679, Birgisch), Saffrantgarten (1610, Leuk), Saffrantgärten (1660 u. später, Naters), der Safrandtgarten (1716, Visp). Safran wird heute noch in Mund angebaut, doch sind in unseren Daten (VSNB) keine Flurnamen dazu überliefert. Sägesu Sägesu f. ist in der Sägesuacher ‘ der Sensen-Acker (Acker in Sensenform) ’ (Visperterminen) belegt. Zu stellen ist das HL zu schwdt. Sëgens ‘ Sense ’ und wdt. Sägessa, Seissä (Goms), Sägusa (Zermatt), Sägesu (Saastal), Sägässa (Lötschtal), Sägässu ‘ Sense ’ (I D . 7, 472 ff.; G RICHTING 1998, 166), hier aufgrund der Form des Ackers einer Sense. Sagget Sagget ist 1774 in Salgesch als in pra Sagget belegt. Ein lebendes Prissaagget (Salgesch) kommt dazu. M ATHIER (2015, 62) hat Prisaget und stellt es zu lat. PRATELLUM (ergäbe nach T AGMANN 1946, 37 Prilet) und einer idg. Wurzel *sapp- ‘ Tanne ’ mit einem - ETU -Suffix, wobei -ppzu -ggverändert wurde. Bedeutung wäre danach ‘ Wiesenplatz mit Tannen und Fichten ’ . Diese Herleitung kann die aktuellen Formen nicht erklären. Während die historisch belegte Form ein klares Pra ‘ Wiese ’ (< lat. PRATUM ) enthält, bleibt Sagget unklar. Im Fall von Prisssaagget wäre eher an Prigea ‘ eingezäuntes Stück Land ’ zu denken (T AGMANN 1946, 76), auch dann bleibt sagget (ev. auch agget) unklar; angenommen wird deswegen ein PN S AGGET , das aber so nicht belegt ist. Sägsch Sägsch ‘ sechs ’ ist nur als adjektivisches Numerale belegt in Sägschfischi ‘ das Gebiet, das sechs Fischi (Korn) ergab / das Äcker für sechs Fischi enthält ’ (FLNK, Goppisberg), t Säggsch Chännja ‘ die sechs Kännel ’ (Bitsch), Sägschudriisger Militeerwäg ‘ der Weg, der im 2. Weltkrieg vom Gebirgsbatallion 36 gebaut wurde ’ (Termen; FLNK 36er Militeerwäg), ts Säggschhiischere ‘ bei den sechs Häusern ’ (Selkingen, FLNK Säggschhiischere, LT Sächshischere) und t Säggschhiischereschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung bei den sechs Häusern ’ (Biel). Das HL ist zu schwdt. sëchs bzw. sëx und wdt. säggsch, säggschi Zahlwort ‘ sechs ’ (I D . 7, 239 f.; G RICHTING 1998, 167) zu stellen. Saifti Saifti ist nur belegt als Saiftibode ‘ der leicht gesenkte Boden ’ (FLNK, Oberwald). Saifti ist ein Nomen, das zum Adjektiv sanft gebildet wurde (I D . 7, 1168); zu stellen ist es wohl zu Sänfti (I D . 7, 1174), allerdings mit Staubschem Gesetz (n-Dehnung vor Spirans), wobei hier der Typ saift ‘ sanft ’ mit einer I -Abstraktbildung ‘ die Sanftheit ’ vorliegt, die so in I D . nicht behandelt ist. G RICHTING (1998) 9 10 Saifti <?page no="10"?> kennt das HL nicht. Wörtlich ist zu deuten ‘ der Boden mit Sanftheit ’ , warscheinlich ist der Boden, der nur wenig geneigt ist, gemeint. Saits Saits ist nur belegt in pratum de saits (1328, Inden). Die Lesung ist unsicher. M EYER (1914, 118 u. 171) nennt eine Form seytiz, die er auf lat. SECTILES (wohl: ‘ Schnitte ’ ? ) zurückführt. Mangels Kontext kann keine gesicherte Deutung gegeben werden. Salche Salche ist nur in an der Salchon Matten (1392, Goppisberg; 1469 Selchenmatta) belegt. Laut I D . (7, 844 f.) bezeichnen Alche n f. und Salche n f. eine ‘ sumpfige, aus Ton bestehende Wiese ’ bzw. ‘ Futter, das auf diesem Boden wächst ’ (I D . 7, 844 f.). Im Beleg ist wohl eine Wiese mit solchen Pflanzen gemeint. L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 1432) nennen dafür B ROMUS ERECTUS ‘ Aufrechte Trespe ’ und andere B ROMUS Arten. M ARZELL (1, 676) kennt B ROMUS ERECTUS dialektal für das WS nur als Alchen. Salé Salé, mit Endbetonung, ist in Zwischbergen belegt. J OR- DAN (2006, 301) kennt es und vermutet eine ital. Form zu sala ‘ Saal ’ oder sale ‘ Salz ’ . Wenn die Endbetonung stimmt, müsste eine Weiterbildung, wohl zu sale ‘ Salz ’ , angenommen werden. In LSI (4, 499) ist salée als saliera ‘ Salzbehälter ’ aufgeführt. Hierzu könnte das HL gehören, obwohl die Form nicht ganz entsprechend ist. Ob Salé zum HL Sall ‘ Gebäude ’ gehört, ist unklar; da sich dort ein zerfallenes Gebäude befindet (laut Beschreibung), könnte das HL auch hieher gestellt werden. Das HL wird auch unter dem HL S ALI aufgeführt, gehört aber ziemlich sicher nicht dazu. Saleydo Saleydo ist nur historisch belegt 1353 in Ergisch ou saleydo. Es handelt sich um eine Ableitung von lat. SAL ‘ Salz ’ ; vergleichbare Formen ist š al ę do (Lens, FEW 11, 78) ‘ Salzgabe für das Vieh ’ , wohl etwa dt. Gläck, also etwa ‘ Ort, wo man dem Vieh Salz gegeben hat ’ . Wohl identisch mit Schalido (cf. HL S CHALIDO ). Saleyr Saleyr ist nur historisch belegt 1351 in Salgesch sub closo dou saleyr. Laut B OSSARD / C HAVAN (2006, 219) ist Saleire zu einer Wurzel *sal ‘ cours d'eau (Flusslauf, Bach) ’ zu stellen. Das Ableitungssuffix dürfte - ARIU ( M ) als Kollektiv sein (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288). Die Deutung wäre dann ‘ unter dem eingefriedeten Gut beim Bach ’ . Sälf Sälf kommt nur einmal als Bestimmungswort in der Sälfgalu (St. Niklaus) vor. Auf LT heisst er Säldgalen; FLNK hat Sälfgalu. Lautlich würde Sälf zu schwdt. Salbei (I D . 7, 816) passen; vergleichbare Formen wie Salfi, Selfi sind aber primär im Kanton Graubünden belegt (RN 2, 478; jedoch auch Hinweis auf SILVA ‘ Wald ’ ). Laut L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 858) ist am ehesten S ALVIA PRATENSIS (Wiesensalbei) möglich; die Pflanze müsste aber wohl tiefer vorkommen. Das alternative Säld würde als Flurname zu Seld ‘ Haus, Herberge ’ (I D . 7, 848) zwar in Frage kommen; im betreffenden Gebiet ist aber kein Gebäude zu erkennen. Insgesamt ist ein Zusammenhang mit dem Pflanzennamen wahrscheinlicher. Salgesch Salgesch, dial. Salggesch (mit Erstbetonung), frz. Salquenen, patois Sarqueno, ist der Name der westlichsten Gemeinde des Oberwallis an der Sprachgrenze zum Mittelwallis. Die ältesten Belege sind 1075 - 1125: in Salconio, 1225 (ca.): (A)pud Salquenun, 1225 (ca.), 1238 ff.: de Salqueno, 1287: de Sarqueno, 12? ? : de Saquenu, 1309: de Salqueno, 1333: de Sarqueno usw., 1423: apud Sarquinum, de Sarquino, 1428: apud Sarquenoz; 1483 Salquini (lat. Genitiv konstruktionsbedingt). 1590 erscheint erstmals die heutige dt. Form Salgesch. Der frühe Wechsel von / l/ und / r/ findet sich auch sonst (cf. HL A LBINEN und balma vs. barma). Der Wechsel von / c/ und / qu/ ist primär grafisch, wird aber von K RISTOL ET AL . (2005, 787) als Zeichen eines ursprünglichen Kompositums gedeutet. Die Gemeinde ist zunächst romanisch und wird erst im 16. und 17. Jahrhundert zweisprachig, danach primär deutsch. Bisherige Deutungen führen den Namen auf lat. salicetum ‘ Weidengehölz ’ (G ATSCHET 1867, 80; G UEX 1938, 363) bzw. die romanischen Namenformen vom Typ Salquenen (und den Erstbeleg Salconio) auf eine deutsche Form Salchen ebenfalls mit der Bed. ‘ Weidengehölz ’ , zu ahd. salaha ‘ Salweide ’ (J ACCARD 1906, 413) oder lat. saliconem ‘ kleine Weide ’ (G UEX 1938, 363) zurück. R ÜBEL (1950, 132) deutet den Namen aufgrund eines Hinweises von H UBSCHMIED als kelt. *salikonios ‘ die Leute beim Weidengebüsch ’ . In der bisherigen Forschung werden diese Deutungsansätze regelmässig zitiert (O ETTLI 1945, 72; W ERLEN 1991, 251; M ATHIER 1996, 28 f. u. 2015, 20 ff.; B ESSE 1997, 252). M URET (1907, 152) und K RISTOL ET AL . (2005, 787) weisen sie aber wie folgt zurück; eine deutschsprachige Deutung sei äusserst ungewöhnlich und sprachlich nicht plausibel. K RISTOL ET AL . (2005, 787) führen weiter aus, Salgesch/ Salquenen sei erst im 16. Jh. Saits 11 12 <?page no="11"?> germanisiert worden (Z IMMERLI 3, 57; W ERLEN 1991, 251), daher sei für die Deutung des Namens sicher von einer lat./ rom. Grundlage auszugehen, doch finden die Autoren keine sichere Grundlage. K RISTOL ET AL . (2005, 787) denken darum an eine Bildung aus kelt. salico ‘ Weide ’ (urverwandt mit lat. salix, cf. D ELAMARRE 2001, 225) und dem vermutlich kelt. Stamm venn- (spätlat. venna ‘ Fischreuse, Weidegeflecht ’ , cf. Tavannes BE). In der modernfrz. Form Salquenen beruhe das -lauf einer Beeinflussung durch die deutsche Form Salgesch. Weiter wird erklärt, die Entwicklung von Salquénno zu Sálgesch sei weitgehend regelmässig und weise auf eine frühe Entlehnung der romanischen Form ins Deutsche hin (seit dem 9. Jh.): (1) Verlegung des Haupttons auf die erste Silbe; Schwund des Auslautvokals. (2) Entlehnung des romanischen k als g (cf. Gampel). (3) Analogische Anfügung eines -s als Endkonsonant (S CHMID 1952, 21 f., cf. Klosters GR; Coters GR) und Wandel des auslautenden -s zu -sch (K RISTOL ET AL . 2005, 787). Neben dem Gemeindenamen ist 1822 die Monta Sarqueni ‘ der Stutz (Abhang) von Salgesch ’ (mit lateinischem Genitiv des Ortsnamens), den M ATHIER (2015, 69 ff.) als Munta kennt (cf. HL M UNTA ), belegt. Nur Latein hat 1490 jpsarum alpium de Sarqueno ‘ der Alpen von Salgesch (Genitiv Plural in alpium bedingt durch Konstruktion) ’ . 1602 ist ‘ Chapella ’ Sarqueni ‘ die Kapelle von Salgesch ’ (mit lat. Genitiv des Ortsnamens) bezeugt. Zwei Belege beziehen sich auf die Leute von Salgesch: 1640 ad insulam Sarquenensium ‘ bei der Aue der Leute von Salgesch ’ und 1721 a Sarquenensium Torente ‘ vom Salgesch-Bach ’ . Zwei weitere Belege enthalten das HL als Bestimmungswort: beÿm Salgesch Stútz ‘ beim steilen Weg in / nach Salgesch ’ (1783) und Salgescher Wasserfuhr ‘ die Wasserleitung von Salgesch ’ (1927), wobei hier die Gemeinde, wie ihre Bewohner gemeint sein können (S ON- DEREGGER 1958, 526 ff., ursprünglicher Genitiv Plural auf - ER als indeklinables attributives Adjektiv). Alle aufgeführten Belege beziehen sich auf Salgesch. Eine genaue Deutung ist nicht möglich. Sali (PN) Sali (PN) ist vermutlich ein Kurzname im Beleg Salis Brÿggelti ‘ die kleine Brücke des Sali ’ (1712, Münster; 1712 Oberwald). I D . (7, 693) stellt den Kurznamen zu Salomon. Nicht ganz auszuschliessen ist, dass ein Flurname Sali (cf. HL S ALI ) vorliegt, doch ist das eher unwahrscheinlich. Die beiden historischen Belege befinden sich an zwei verschiedenen Orten, beziehen sich aber wohl auf das gleiche Brücklein. Denn im gleichen Pergament von 1712 ist Salis Brigeltÿ (Obergesteln, Oberwald) ein zweites Mal belegt, hier dem Flurnamen Züreten Studen zugeordnet. In Münster findet sich zum Graúwen Stein ‘ zum grauen Stein ’ nicht, das im gleichen Text erwähnt wird, während Oberwald Graustei (FLNK) aufweist. Zu vermuten ist daher, dass der Beleg Oberwald betrifft, während Münster nur als Hauptort des Obergoms involviert ist. Sali Sali n., auch Saala f. gehört zu schwdt. Sale n I, S ă la f., Pl. unverändert, Dim. (o. Dim-Bed.) S ā li n. ‘ Salweide, S ALIX CAPREA ’ , ahd. salaha, mhd. salhe (I D . 7, 692; M ARZELL 4, 20 ff.; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 418 s. v. S ALIX CAPREA ) oder eine andere Weide-Art. Der Stammvokal ist im Allgemeinen lang, im Unterschied zum HL S ALL . In einigen Fällen ist jedoch nicht zu entscheiden, welches HL vorliegt. Die Simplex-Form im Singular Sali ist als ts Sali (Grengiols, Oberwald), historisch als das Sali (1677, Ried-Mörel) und - unsicher - zum Sali (1707, Saas- Grund) belegt. Historisches beÿm Salin ‘ beim Gebiet mit Salweiden ’ (1766, Ulrichen) ist ein hyperkorrekt verhochdeutschter Beleg. Die Form Sale erscheint als im Sale (1388, Täsch), jn dem Sale (1305, St. Niklaus), zem Sale (1303 u. später, Stalden) - in allen Fällen ist unklar, ob das HL S ALI oder S ALL ist. Feminines t Saala (Greich) und t Sala (Ernen) meint wohl ein Gebiet mit Salweiden. Saal (FLNK, Törbel) gehört wohl zum HL S ALL - es handelt sich um ein kleines Gebiet mit einem Gebäude. Hierzu ist wohl auch ts Säli (Törbel) zu stellen (cf. HL S ALL ). Vermutlich zu einem rom. Etymon zu stellen ist Salé (Zwischbergen, mit Zweitbetonung) auf ca. 2050 m nahe der Grenze zu Italien; bisher gibt es dafür jedoch keine Deutung. Historisches jn der Salen ‘ bei der Salweide ’ (1704 u. später, Guttet) gehört wohl hieher; unklar bleibt den Salens (1650, Visperterminen), wo von einer Wasserleitung die Rede ist. Attributive Adjektive zum HL sind: ts Ober und ts Under Salä ‘ der obere und der untere Teil von Salä (Gebiet mit Salweiden) ’ (beide Ferden) und am Vssern Sale ‘ am äusseren Gebiet mit Salweiden ’ (1309, Saas- Balen). Komplexer ist der Ober Saliwald ‘ der obere Teil des Waldes oberhalb des Sali (Gebiet mit Salweiden) ’ (Grengiols). Als Bestimmungswort tritt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern auf: Bodu, Blatta, Brunnu, Grabu, Höu, Stei, Trog, Twära, Wald, Wang, Wasser und Weid. Letzteres kommt vor als Salweide (LT, Oberems; SK, Salweid), in den Saalweiden (1869, Turtmann) und t Obru und Undru Salweide (beide Oberems). Es handelt sich um den gleichen Ort, der sich im Turtmanntal befindet. Dialektal meint Weid ‘ die Weide für das Vieh ’ , während die Pflanze Wiida oder Wiidu ‘ Weide 13 14 Sali <?page no="12"?> (Baum) ’ heisst. Salweide wären dann die Weiden (für das Vieh), auf denen Salweiden (hier wohl: Sträucher) wachsen. Komplexere Belege sind: der Salabodegrabo ‘ der Graben beim Salaboden (Boden mit Salweiden) ’ (Visperterminen) und der Salabodenzau ᵕ n ‘ der Zaun beim Salaboden (Boden mit Salweiden) ’ (1881, Visperterminen). Sälig Sälig, bzw. Selig ‘ selig ’ ist nur zweimal belegt als t Säligematte ‘ die Wiese des Selig (PN) ’ und t Seliggkeite ‘ die Seligkeiten ’ (Saas-Almagell). Im ersten Beleg liegt zunächst ein Adjektiv vor, das zu schwdt. sälig ‘ vom Glück begünstigt, gesegnet, glücklich (und weitere Bedeutungen) ’ und wdt. sälig, seelig ‘ selig, glücklich, verstorben ’ (I D . 7, 695 ff.) und der Ableitung auf - HEIT , - KEIT zu schwdt. Säligkeit ‘ Herzensgüte und weitere Bedeutungen ’ , wdt. Säligkeit, Seeligkeit ‘ Seligkeit ’ (I D . 7, 698 f.; G RICHTING 1998, 167) zu stellen. Bei näherem Zusehen kann aber die Zuordnung nicht stimmen. Der Beleg aus Betten ist 1662 als jn der Säligen Matten, 1725 in der Seligú Matten, 1769 in der Seeligi Matten, 1835 im Ort Senligen Matten, 1849 in der Seeligen Matten belegt. Statt des Adjektivs ist hier wohl ein PN oder FaN vorhanden: ‘ die Wiese des Selig (PN) ’ (F ÖRS- TEMANN 1, 1290 zu Salga, das er zu salig beatus stellt) (cf. hierzu auch TGNB 2, 2, 541 s. v. Selig, das sich auf den Besitzer eines Grundstücks beziehe; cf. HL S ELIG (F A N)). Der Beleg aus Saas-Almagell ist eine der seltenen Ableitungen auf - HEIT / - KEIT , die sonst meist Abstrakta darstellen (F LEISCHER / B ARZ 2012, 209 ff.). Gwp. meint, der Name beziehe sich darauf, dass selig (= tot) sei, wer in diese steilen Felsen hineingehe; t Seliggkeite wären dann Orte. wo jemand zu Tode kommen könne. Diese Deutung ist sonst unbekannt. Sall Sall m. ‘ Saal ’ ist zu schwdt. Sal ‘ Saal ’ , Wallis auch Sall ‘ Saal ’ , ‘ Vorratsraum ’ und wdt. Sall, Saal (Lötschental) ‘ Saal, Vorratskammer ’ (I D . 7, 687 ff.; G RICHTING 1998, 167) zu stellen. V. S CHMID (2003, 165) legt die gleichen Deutungen nahe. In den Flurnamen kommt neben dem maskulinen Genus der Sall (Simplon) auch das Neutrum ts Sall (Ried-Mörel) und das Femininum t Sal (Reckingen) vor. Wo keine Gebäude vorhanden sind, ist an ein saalartiges Gelände (entweder relativ eben oder dann höher gelegen, wie eine Vorratskammer) zu denken. Wie TGNB (2, 2, 477 s. v. Saal) ausführt, sind auch schwzdt. Sale ‘ Salweide ’ und Sali ‘ PN, Kurzform zu Samuel ’ , aber auch ‘ Weidengehölz ’ möglich. Im Oberwallis hat jedoch Sall kurzen Hauptvokal, Sal(weide) dagegen langen; bei Schreibformen lässt sich das aber nicht immer entscheiden. Das Simplex im Singular erscheint meist als der Sall (Eisten, Simplon, Unterbäch), t Sall (Mund, Reckingen (FLNK Sal)), ts Sall (Ried-Mörel), im Sall (Bürchen), historisch im Saall (1655, Turtmann, 1706 im Saal; 1727 im Sall), Sal (1779, Naters), zem Sale (1303, Zeneggen; 1677 jm Saall). Ein Beleg von 1650 für Naters hat jm Tsall, wo der Artikel agglutiniert ist. Unsicher ist Saal ‘ der Saal ’ (FLNK, Törbel) mit einem Gebäude; Salweiden sind wohl nicht gemeint; das Gleiche gilt für ts Säli ‘ das kleine, saalartige Gelände ’ (Törbel). Simplizia im Plural fehlen. Das Diminutiv ist ebenfalls nur im Singular belegt: ts Säli ‘ der kleine Saal ’ (Törbel), ts Sälli ‘ der kleine Saal ’ (St. Niklaus, doppelt), ts Sälti ‘ der kleine Saal ’ (Ried-Brig), beim Sälty ‘ beim kleinen Saal ’ (1731, Visperterminen), zum Selti ‘ beim kleinen Sall ’ (Visperterminen). Mit attributiven Adjektiven erscheint das HL in zweigliedrigen Konstruktionen wie folgt: ts Hinner Sall ‘ der hintere Teil des Sall ’ (Ried-Mörel, FLNK Hinnersal), im Indren Saall ‘ im inneren Sall (saalartiges Gelände? ) ’ (1720, Greich), jn dem Nidern Sale ‘ im niederen (unteren) Teil des Saal (saalartiges Gelände) ’ (1304, Zeneggen), ts Ober Sall ‘ der obere Teil des Sall (saalartiges Gelände) ’ (Zeneggen), der Ober Sall ‘ der obere Teil des Saal (saalartiges Gelände) ’ (Unterbäch), ts Teiff Sal ‘ der tiefe Saal ’ (Ergisch), ts Teiff Sall ‘ der tiefe Saal (saalartiges Gelände) ’ (Eischoll), ts Teif Sal ‘ der tiefe Saal (saalartiges Gelände ’ (Turtmann), t Unner Sal ‘ der untere Teil des Saal (saalartiges Gelände) ’ (Zeneggen), der Unner Sal ‘ der untere Teil des Saals (saalartiges Gelände) ’ (Unterbäch), im Aússren Sall im äusseren Teil des Saal (saalartiges Gelände) ’ (1753, Ried-Mörel), jm Vsren Saall ‘ im äusseren (talauswärts liegenden) Teil des Saal (saalartiges Gelände) ’ (1619 u. später, St. Niklaus). Nur ein Beleg enthält wohl einen vorangestellten Genitiv Plural: jn Steineren Sall ‘ im Saal (saalartiges Gelände) der Familie Steiner ’ (Ried-Mörel). Als Grundwort kommt das HL nur einmal in einem zweigliedrigen Kompositum vor: Hosal ‘ das hohe Sall (saalartiges Gelände) ’ (FLNK, Stalden). Die übrigen Belege sind komplexer: der Chlei und der Gross Salltschuggo ‘ der kleine und der grosse Fels beim Saal (Fels beim saalartigen Gelände) ’ (Eisten). Das HL S ALL erscheint als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern: Acher, Bodu, Brigga, Chnubel, Egg(a), Flüö, Grabu, Höu, Kapälla, Matta, Stapfa, Wäg, Wald und Wase. Unsicher ist das historisch 1628 in Ausserberg belegte zum Salmunter. Komplexer sind an den Gemeinen Salwald ‘ der Wald beim Saal (saalartiges Gelände), der der Gemeinde ge- Sälig 15 16 <?page no="13"?> hört ’ (1850, Mund; der Beleg könnte auch zu Sal(weide) gestellt werden, doch bilden Weiden kaum Wälder), t Sallbachtola ‘ die Wasserrinne im Gebiet Sall ’ (Eisten), t Sallflüotschugge ‘ die Felsen bei der Sallflüe (Fluh beim saalartigen Gelände) ’ (Eisten), ts Teifsalbord ‘ das Bord (Abhang, Böschung) unterhalb des tiefen Sall ’ (Turtmann), Teiffsaalbort ‘ das Bord (Abhang, Böschung) beim tiefen Sall ’ (1881, Eischoll). Sallient Sallient ist in Agarn 1312 als doul sallient, 1338 lo sallent, 1345 ol sallent, 1367 dou sallyent usw. belegt. In Leuk ist 1453 via dov Sallient belegt; es handelt sich um den auch in Agarn erwähnten Weg nach Sallient. In Ergisch ist 1328 lo chablo dol sallent erwähnt. G. P ANNATIER (p. c.) führt die Form auf afr. saillant zu lat. SALIRE ‘ springen ’ (FEW 9, 95) zurück. Es handelt sich um ein Nomen, wohl mit der Bedeutung ‘ Höhenlage ’ . Das Nomen ist auf der linken (Ergisch), wie der rechten Talseite (Agarn, Leuk) zu finden. Salmina Salmina ‘ Salbei ’ ist als Simplex in Ried-Brig belegt, dort auch das Kompositum Salminuchnubel ‘ der Hügel bei der Salmina ’ . Daneben kommt es vor als die Sallminen Eggen ‘ die Ecke mit Salbei ’ (1708, Mörel). Es ist zu Salbei (I D . 7, 818; W AGNER / L AUBER / G YGAX 5 2014, 856 ff. s. v. S ALVIA mit mehreren Unterarten) zu stellen; es enthält ein nasaliertes / m/ an Stelle des / b/ im dort auch für das Oberwallis belegten Salbina. Salmins (PN) Salmins (PN) ist der Genitiv von Salmin im Beleg Salmýns Gaden ‘ der Gaden des Salmin ’ (1388, Täsch). Es handelt sich um einen PN, vermutlich zu Salome oder Salomon (beide I D . 7, 693). In den historischen Belegen kommt nur der weibliche Name Salomea (z. B. 1304, Zwischbergen) vor. Salmu Salmu ist nur in ts Salmufee ‘ das / zum Salmenfee ’ (Ausserberg) belegt. 1645 erscheint die Flur als zum Salmenfhee. Die Hauptbetonung liegt auf der ersten Silbe, die dritte Silbe ist nebenbetont. Laut Beschreibung handelt es sich um Scheunen, Äcker, Wiesen und Weiden auf 1197 m. Es ist unklar, ob ein Kompositum mit dem Grundwort Fee (Vieh) vorliegt, das sonst in Flurnamen nicht erscheint, oder ob der Name anders zu deuten ist. Der Fischname Salm ‘ Lachs ’ (I D . 7, 866) kommt nicht in Frage, da es den Fisch im Oberwallis nicht gab. Eine Deutung ist deswegen nicht möglich. Salt- Salt- ‘ Weibel ’ ist wohl in Belegen aus Steg, Lalden, Steg und Täsch enthalten, cf. HL S ÄÄLTINA . Saluayos Saluayos ist nur 1328 in Ergisch als in pratis saluayos ‘ in den Saluayos-Wiesen ’ belegt. Das HL scheint am ehesten eine Adjektivbildung zu sein. Zu einem Adjektiv saluayo oder ähnlich ist jedoch kein Beleg zu finden. Eine Deutung ist deswegen nicht möglich. Salyr Salyr ist nur 1602 in Albinen als ou bou du Salyr ‘ beim Stall von Salyr ’ belegt. Laut B OSSARD / C HAVAN (2006, 219) handelt es sich beim sehr ähnlichen Saleire um einen Bachnamen, der sich auf *sal ‘ Wasserlauf ’ (mit ligurischer Herkunft? ) zurückführen lasse. Die Etymologie ist im Buch nicht näher spezifiziert. J ACCARD (1906, 411) kennt Salaire, Sallaire und weitere, die er als Gipfel und Mulde in Étivaz und Mulde in Champéry beschreibt. Er führt sie auf lat. solarium zurück, das bei FEW (12, 36 ff.) als terrasse, altan übersetzt wird, das aber nirgends mit / a/ wie in Salyr wiedergegeben wird. Die Deutungen wie fénil ‘ Heuboden ’ wären zwar nahe zu bou ‘ Stall ’ , können aber wegen des Vokalismus nicht beigezogen werden. Letztlich bleibt Salyr deswegen ungedeutet. Salz Salz n. ist zu schwdt. Salz n. wie nhd. ‘ Salz ’ , amhd. salz (I D . 7, 879 ff.) und wdt. Saalz (G RICHTING 1998, 166) zu stellen. Salz kommt nur als Bestimmungswort in meist zweigliedrigen Komposita vor. Salz wird dem Vieh als Teil der Fütterung verabreicht. Die Orte, wo das geschieht, heissen meist wdt. Salzgäbi f. ‘ Stelle, wo man dem weidenden Vieh Salz zu lecken gibt ’ (I D . 7, 889; RN 2, 478), auch Salzgäb n. und Salzgäba f. (cf. HL G ÄB ). Es gibt aber auch salzige Stellen, an denen das Vieh Salz schlecken kann, vermutlich der Säälzibodo ‘ der salzige Boden ’ (Zeneggen), mit einem umgelauteten Adjektiv auf - IG : säälzig ‘ salzhaltig ’ . Daneben finden sich Komposita wie t Salzreschti ‘ der Rastplatz mit Salz (wohl ein Platz, wo man dem Vieh Salz zu lecken gab) ’ (Ried-Mörel), der Salzbiel ‘ der Hügel mit Salz ’ (1772, Fieschertal), t Salzgräbe ‘ die Gräben mit Salz ’ (Grächen, St. Niklaus), t Salztole ‘ die Mulden mit Salz ’ (Visperterminen), Saltzlütten ‘ das sandige Gebiet (Litta) mit Salz ’ (1510, Visperterminen), t Salzbedu ‘ die Böden mit Salz ’ (Agarn, Oberems), der Salzbodu ‘ der Boden mit Salz ’ (Bratsch), t Salzbädu ‘ die Böden mit Salz ’ (Leuk), der Salzacher (auch: Sulzacher) ‘ der Acker mit Salz ’ (Eggerberg). im Salzhof ‘ im Hof, wo das Salz gelagert wurde ’ (Brig) bezeichnete früher ein Gebäude, das zeitweise als Salz- 17 18 Salz <?page no="14"?> lager diente. Heute ist das Gebäude zerstört; dort befindet sich jetzt der Vorplatz der Pfarrkirche von Brig. Komplexere Konstruktionen mit Salzgäbi und Varianten sind unter dem HL G ÄB erwähnt; dort findet sich auch Sauzgäbu ‘ Salzgäbel ’ (Blitzingen) gedeutet. der Saalzibielbrunno ‘ die Quelle / der Brunnen beim salzigen Hügel ’ (Birgisch) enthält ein unumgelautetes Adjektiv saalzig ‘ salzig ’ . Salzgäberwald ‘ der Wald bei der Salzgäba ’ (Eggerberg) könnte auch den FaN Salzgeber (AWWB 221) enthalten. Samet Samet ist nur in jm Sametacker ‘ (unklar) der Samt-Acker ’ (1652, Ried-Brig) belegt. I D . (7, 940) s. v. Samet ‘ Samt ’ und wdt. Sammatt, Sammätt (Goms), Samad (Vispertal) ‘ Samt ’ (G RICHTING 1998, 167) weisen beide auf Samt hin; in der Anmerkung des I D . (7, 941) werden mehrere Pflanzennamen mit Samt erwähnt, allerdings ohne Details. Es muss sich um eine Ackerpflanze oder -blume handeln, die hier wächst. Am nächsten ist das Sammetblüemli ‘ Samtblümchen ’ (V IOLA TRICOLOR ; M ARZELL 4, 1197 f.; I D . 5, 87; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 408), doch ist diese Zuordnung nicht sicher. Samp Samp kommt nur im Beleg terram que vocatur Samptag (1398, Glis) vor. Samstag gilt als naheliegende Ergänzung. TGNB (2, 2, 481) kennt einen Flurnamen Langsamstig, weiss ihn aber nicht sicher zu deuten. Uns scheint eine Deutung ausgehend von Sand mit Assimilation an das Grundwort Tag sinnvoll zu sein (cf. HL T AG ). Gemeint wäre dann ein Grundstück im Gebiet Sand, der in einem Tag bearbeitet werden kann. Das HL Sand kommt in Glis mehrfach vor (cf. HL S AND ). Sämsu Sämsu f. ist als Simplex belegt in t Sämsu (Guttet) und historisch als Semsen (1810, Feschel). In Guttet sind weiter bezeugt: Semsentrogli (1713), Semswald (1670), t Sämsuweid ‘ die Weide oberhalb Sämsu ’ . Der älteste Beleg von 1428 hat für Guttet sensen, spätere haben semsun und semsen. SK notiert Gemsen, während LT und FLNK Sämsu haben. Vermutlich liegt eine romanische Form vor. FEW (22, 1, 246) erwähnt ein hochsavoyisches sensa ‘ Scheide der Kuh ’ , das allerdings nicht erklärt werden kann. Die Sämsu (Guttet) ist ein langgezogenes, ansteigendes und gerodetes Stück Land, das in seiner Form an eine Kuh-Scheide denken lässt. Ob diese Deutung stimmt, bleibt mangels weiterer Quellen unklar. Sand Sand n. ‘ das Sandgebiet ’ ist zu schwdt. Sand n., auch m., Pl. Sänder, Sender wie nhd. ‘ Sand ’ , ‘ Stück sandigen Erdbodens, Sandbank ’ , amhd. sant m. (mhd. auch n.) (I D . 7, 1110 ff.) zu stellen. G RICHTING (1998, 167) kennt nur das maskuline Sand ‘ Sand ’ . Neutrales Sand betrifft entweder sandige Ablagerungen von Flüssen und Bächen oder Moränen. Seltener sind Orte gemeint, wo Sand abgebaut wurde (z. B. für den Häuserbau) oder generell sandige Böden. Ganz selten sind Pflanzennamen für den Huflattich (T USSILAGO FARFARA ; Sandbletter, Sandblacke; vgl. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1114) oder für das Weisslaub (S ALIX HELVETICA ; vgl. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 422). Von den rund 270 Flurnamen mit diesem HL betreffen rund 50 das Simplex im Singular ts Sand ‘ das Sandgebiet an der Vispe ’ (St. Niklaus) und ähnlich; häufig sind Präpositionen wie im Sand ‘ im Sandgebiet der Gamsa (Bach im Nanztal) ’ (Visperterminen), ufum Sand ‘ auf dem Sandgebiet (Schwemmgebiet des Walibaches ’ (Simplon) oder zum Sand ‘ beim Sandgebiet ’ (Unterems) belegt. Einige dieser Namen sind nur historisch bezeugt oder das Gebiet ist inzwischen überbaut worden, etwa in Visp Sand ‘ das Sandgebiet (der Vispe) ’ (FLNK, Visp). Das Simplex des Plurals ist viel seltener, meist mit Umlaut, als t Sändär ‘ die Sandgebiete der Lonza (Talbach aus dem Lötschental) ’ (Steg), t Senner ‘ die Sandgebiete (der Saaser Vispe) ’ (Saas-Almagell, mit dem Prozess inlautend nd > nn), ufe Sendru ‘ auf den Sandgebieten ’ (Saas-Grund; SK Sänder, FLNK Sendru), jn dien Sendern ‘ in den Sandgebieten ’ (1303 u. später, Visp). Der Diminutiv des Simplex erscheint im Singular als im Sandji ‘ im kleinen Sandgebiet (der Gamsa, Bach im Nanztal) ’ (Visperterminen), ts Sangi ‘ das kleine Sandgebiet ’ (Lax; FLNK Sangji; ähnlich Mühlebach) und ts Sendji ‘ das kleine Sandgebiet (des Hofergraben) ’ (Stalden, heute Sportplatz); im Plural als t Senn(d)jini ‘ die kleinen Sandgebiete ’ (Randa) und t Sennjini ‘ die kleinen Sandgebiete ’ (Saas-Almagell; 1832 als Sändgÿ; ähnlich Randa). Mit attributiven Adjektiven verbunden ist das HL vor allem im Typ Heesand ‘ das hohe Sandgebiet ’ (FLNK, Täsch), ts Hesand ‘ das hohe Sandgebiet ’ (Zermatt), der Hosand ‘ der hohe Sand ’ (Binn; Genus maskulin ist ungewöhnlich), ts Hosand ‘ das hohe Sandgebiet ’ (Niedergesteln), Hosand ‘ das hohe Sandgebiet (Alpe) ’ (LT, FLNK Ulrichen), wozu sich etwa in Binn eine ganze Reihe von Gipfel- und Jochnamen gesellen wie Hohsandhore, Hohsandgletscher, Hohsandjoch und Ober Hohsandjoch, in Ulrichen ein ganzes Namennest mit Hosandbärge (FLNK), t Hosandstüde ‘ die Stauden im hohen Sandgebiet ’ , ts Minschtiger Hosand ‘ der zu Münster gehörende Samet 19 20 <?page no="15"?> Teil der Alpe hohes Sandgebiet ’ , Reckiger Hohsand ‘ der zu Reckingen gehörende Teil der Alpe hohes Sandgebiet ’ (FLNK), der Minschtiger Hosandstafel ‘ der Stafel der Leute von Münster auf der Alpe Hosand (hohes Sandgebiet), der Reckiger Hosandstafel ‘ der Stafel der Leute von Reckingen auf der Alpe Hosand (hohes Sandgebiet) ’ , t Reckiger Hosandbärge ‘ die zu Reckingen gehörenden Berge bei der Alpe Hosand ’ , t Fodre Hosandwäng ‘ der vordere Teil der Grasabhänge beim Hosand (hohes Sandgebiet) ’ , der Foder Hosandbärg ‘ der vordere Teil des Berdes beim Hosand (hohes Sandgebiet) ’ , Vorder Hosandlöuwi ‘ das vordere Rutschgebiet oberhalb des Hosand (hohes Sandgebiet) ’ (FLNK), t Hinnre Hosandweng ‘ der hintere Teil der Grasabhänge beim Hosand (hohes Sandgebiet) ’ , der Hinner Hosandbärg ‘ der hintere Teil des Berges beim Hosand (hohes Sandgebiet) ’ , Hinner Hosandlöuwi ‘ das hintere Rutschgebiet oberhalb des Hosand (hohes Sandgebiet) ’ . Das Namennest in Ulrichen zeigt sehr schön, wie - ausgehend vom Namen einer Alpe - die ganze Umgebung benannt wird. Die übrigen attributiven Adjektive sind seltener: ts Inner und ts Üsser Sand ‘ das innere (taleinwärts liegende) und das äussere (talauswärts liegende) Sandgebiet ’ (Täsch), aúff dem Langen Sandt ‘ auf dem langen Sandgebiet ’ (1708, Brigerbad), ts Mittelsand ‘ das mitten (im Rotten) gelegene Sandgebiet ’ (Mörel und drei weitere), aúf dem Neúen Sant ‘ auf dem neuen Sandgebiet ’ (1836, Saas-Grund), ts Ober und ts Unner Sand ‘ das obere und das untere Sandgebiet (der Vispe) ’ (Visp), ts Pmei Sand ‘ das Sandgebiet, das der Gemeinde gehört ’ (Stalden; FLNK Gmeisand), ts Wiiss Sand ‘ das weisse Sandgebiet ’ (Naters; Oberems (hier mit Hinweis auf Weisslaub (S ALIX HELVETICA )) und ts Wiit Sand ‘ das weite Sandgebiet ’ (Glis, Saas-Almagell). Vorangestellte Genitive zum HL sind: ts Bifigersch Sand ‘ das Sandgebiet, das der Familie Bifiger gehört ’ (Baltschieder), ts Chempfusand ‘ das Sandgebiet der Familie Kämpfen ’ (Glis), ts Griinisch Sand ‘ das Sandgebiet mit kaltem Wind (unklar) ’ (Saas-Balen), ts Hälisch Sand ‘ das Sandgebiet des Häli (hier wohl zu Wilhelm) ’ (St. Niklaus), uf ts Heeresand ‘ auf dem Sandgebiet des (Pfarr-) Herrn ’ (Niederwald), ts Irmänzusand ‘ das Sandgebiet bei Irmänze (wohl PN) ’ (St. Niklaus), Kammers Sand ‘ das Sandgebiet der Familie Kammer ’ (1860, Eyholz), ts Mattjusch Sand ‘ das Sandgebiet des Matthäus / Matthias ’ (Baltschieder), ts Steinersand ‘ das Sandgebiet der Leute von Gstei (Gestein) ’ (Zwischbergen), Triegerro Sand ‘ das Sandgebiet der Familie Zen Triegen ’ (1692, Niedergesteln), vff Wÿestinerro Sandt ‘ auf dem Sandgebiet der Familie Wiestiner ’ (1597, Visp). Unsicher ist ts Seilersand ‘ das Sandgebiet der Familie Seiler ’ , wo der FaN Seiler ist und ein formaler Genitiv Seilersch lauten müsste, und der Beleg aúf Belzers Glareto seu Sand (1751, Raron), wo unklar ist, ob Sand einfach die Übersetzung des latinisierten Glaretum ‘ Kiessand ’ ist, oder ob es Belzers Sand ‘ das Sandgebiet der Familie Belzer ’ als Flurname gab. Als Grundwort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita vor. Häufig sind dabei Fluss- und Bachnamen als Bestimmungswörter: ts Bietschisand ‘ das Sandgebiet beim Bietschbach ’ (Raron), Bietschisänder ‘ die Sandgebiet beim Bietschbach ’ (Niedergesteln), Blinnesand ‘ das Sandgebiet bei der Einmündung der Blinne in den Rotten ’ (FLNK, Reckingen), Gambsensandt ‘ das Sandgebiet der Gamsa ’ (1673, Brigerbad), ts Gamsusand ‘ das Sandgebiet der Gamsa ’ (Glis, mehrfach), ts Giessersand ‘ das Sandgebiet beim Weiler Giesse ’ (Binn; Giesse ist Wassername), ts Ielisand ‘ das Sandgebiet beim Jolibach ’ (Niedergesteln, FLNK Jolisand), das Lodentzen Sand ‘ das Sandgebiet bei der Lonza (Talbach aus dem Lötschental) ’ (1522, Steg), ts Melisand ‘ das Sandgebiet beim Mellichbach ’ (Täsch), ts Rhonesand ‘ das Sandgebiet des Rotten (früherer Verlauf des Rottens links vom heutigen Bahnhofsgelände) ’ (Brig; ältere Leute sagen Rottesand), ts (e) Rottusand ‘ das Sandgebiet beim Rotten ’ (Naters), ts Rottusand ‘ das Sandgebiet beim Rotten ’ (Mörel, Leuk) und aúf dem Salti Sand ‘ auf dem Sandgebiet der Saltina ’ (1795 (ca.), Brig). Nahegelegene Flurnamen sind ebenfalls vertreten: ts Bildernusand ‘ das Sandgebiet gegenüber dem Bereich Bilderne (Zahnfleisch) ’ (Mörel), ts Blattusand ‘ das Sandgebiet beim Gebiet Blatten (Felsplatten) ’ (Saas-Almagell), ts Bordsand ‘ das Sandgebiet beim Bord (Abhang, Böschung) ’ (Saas-Almagell), ts Chummusand ‘ das Sandgebiet bei Ze Chummu (bei der Mulde) ’ (Raron), under dem Driest Sand ‘ unter dem Sandgebiet beim Driest (unfruchtbares Gebiet) ’ (1676, Zeneggen) und viele weitere. Besitzer- oder Nutzernamen sind selten, am ehesten mit vorangestellten Genitiven. Am klarsten ist ts Hügsand ‘ das Sandgebiet der Familie Hug ’ (Glis), unsicher dagegen auff dem Bernersandt ‘ das Sandgebiet des Bernhard (kaum FaN Berner) ’ (1716, Visp), wo unklar bleibt, welche Motivation Berner hat. ts Guldersand ‘ das Sandgebiet des Rottens bei der Guldernä ’ (Grengiols) bezieht sich wohl auf den Flurnamen Guldernä ‘ der Ort mit Türkenbund (L ILIUM MARTAGON , vgl. W AGNER / L AUBER / G YGAX 5 2014, 1260) ’ und nicht auf einen Besitzer oder Nutzer. Einen Problemfall stell ts Risand (Termen) dar; es ist vermutlich zum Verb rîsen ‘ fallen ’ (I D . 4, 1335 ff.) zu stellen und ist entweder das Partizip ‘ das Fallende ’ oder - mit Sand verbunden - ‘ das gefallene Sandgebiet ’ (cf. HL R I ). Vermutlich auf die Farbe bezieht sich Silbersand ‘ das silberne Sandgebiet ’ (Ried-Mörel), laut Beschreibung eine Moräne mit feinem, hellem Sand. Komplexere Konstruktionen sind etwa ts Ober und ts Unner Bietschisand ‘ das obere und das untere Sandgebiet 21 22 Sand <?page no="16"?> beim Bietschbach ’ (Raron), das historische bim Kräytz vffum Sandt ‘ beim Kreuz auf dem Sandgebiet ’ (1655, Niedergesteln), Hinner und Vor dum Sandbank (FLNK) ‘ das Gebiet hinter und vor der Bank aus (Fluss-)Sand ’ (Täsch) und andere mehr. Als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita ist das HL mit folgenden Grundwörtern belegt: Acher, Bank, Bodu, Egg(a), Eie, Gassa, Gilla, Grabu, Grüeba, Höupt, Hubel, Leeschi, Matta, Pletscha, Räb-, Riife, Stuba, Tola und Wasser. Komplexer sind t Undru Sandmatte ‘ die unteren Wiesen im Sandgebiet ’ (Glis), der Sandblackuschleif ‘ der (Holz-)Schleif, wo Sandblacken (Huflattich, T USSILAGO FARFARA ) wachsen ’ (Gampel), t Sandbletterlamme ‘ der Graben mit / bei den Sandblättern (laut Gwp. Sandblachte (Huflattich; T USSILAGO FARFARA ) ’ (Münster), im Sandgillibiel ‘ der Hügel im Bereich des Tümpels im Gebiet Sand ’ (1743, Raron) und andere mehr. Das Adjektiv sandig erscheint in der Sandig Bodu ‘ der sandige Boden ’ (Zermatt), Sandigbodu ‘ der sandige Boden ’ (FLNK, Saas-Grund), t Sandigen Grappä ‘ die sandigen Murmeltiergrabstellen ’ (Blatten), t Sandigu Tole ‘ die Mulden mit Sand ’ (Glis). Ebenfalls hieher zu stellen ist ts Santigufer ‘ das sandige Steingeröll ’ (Eyholz; FLNK Visp), das wohl in Anlehnung an Sant ‘ Heilig ’ ein / t/ erhalten hat. Die Ableitung der Sander kann eine Stellenbezeichnung auf - ER (S ONDEREGGER 1958, 541 ff.) zum HL S AND sein, also ‘ das Sandgebiet, das Gebiet mit Sand ’ , aber auch einen PN Sander (cf. HL S ANDER (PN)) vertreten; die Belege sind dort aufgeführt. Diminutive dazu sind: auffm Sanderli ‘ auf dem kleinen Gebiet mit Sand ’ (1651 u. später, Ried-Brig), im Sanderli ‘ im Gebiet mit Sand ’ (1809, Eischoll). Die Ableitungen Sanderna und Sanderra weisen jeweils eine Kollektivableitung auf und meinen ein Gebiet mit Sand. Belegt sind: t Sanderna ‘ das Gebiet mit Sand ’ (Staldenried), Sandernen ‘ das Gebiet mit Sand ’ (1869, Stalden; Dativ ist konstruktionsbedingt), zer Sandernu ‘ beim Gebiet mit Sand ’ (Salgesch), z Sandernu ‘ beim Gebiet mit Sand ’ (Bratsch), zer Sanderrun ‘ beim Gebiet mit Sand ’ (Ergisch; FLNK Sanderu) und Ze Sanderu ‘ beim Gebiet mit Sand ’ (Visperterminen). Eine Ausnahme ist Ze Sandru ‘ bei den Sandern (Sandfänge der Wasserleitung) ’ (Saas-Fee), das sich zum Verb sanndre ‘ Sand fangen ’ stellen lässt; das Verb ist in I D . und G RICHTING (1998) so nicht belegt. Sander (PN) Sander (PN) ist ein unsicherer Personenname, der am klarsten im Genitiv Singular des Beleges an Sanders Bu ᵉ l ‘ am Hügel des Sander (PN) ’ (1472, Ried-Brig) vertreten ist; aber auch hier kann Sander eine Stellenbezeichnung auf - ER (S ONDEREGGER 1958, 541 ff.) zum HL S AND sein, also ‘ das Sandgebiet, das Gebiet mit Sand ’ . Weitere Belege sind: der Sander ‘ das Sandgebiet / das Stück Land des Sander (PN) ’ (Ried-Brig), vffem Sander ‘ auf dem Sandgebiet / auf dem Stück Land des Sander (PN) ’ (1669, Visperterminen), auffm Sanderli ‘ auf dem kleinen Sandgebiet / auf dem kleinen Stück Land des Sander (PN) ’ (1651 u. später, Ried-Brig), im Sanderli ‘ im kleinen Sandgebiet / im kleinen Stück Land des Sander (PN) ’ (1809, Eischoll), der undere Sander ‘ das untere Sandgebiet / das untere Stück Land des Sander (PN) ’ (1795, Glis), der Sanderacker ‘ der Acker in sandigem Gebiet / der Acker des Sander (PN) ’ (1796, Ried-Brig), ts Sandereg ‘ die Ecke des Sander (PN) ’ (Reckingen), (wozu Gwp anmerkt, es sei dort kein sandiger Boden, eher komme ein FaN in Frage, doch könne es auch ts Ander Eg heissen), im Sandergarten ‘ im Garten im Sand / des Sander (PN) ’ (1752 u. später, Oberwald), der Sander Stück ‘ das abgeteilte Stück Land im Sandgebiet / des Sander (PN) ’ (1832, Geschinen). I D . (7, 1115) kennt das Wort für einen Arbeiter, der im Winter mit dem ‘ Sanden ’ der Strassen beauftragt ist (regional allerdings vor allem Ostschweiz), G RICHTING (1998) kennt es jedoch nicht. C. B ÜRCHER -C ATHREIN (1927) verwendet Sander jedoch für jemand, der die Wasserleitungen vom Sand reinigen muss. Als PN kann Sander eine Kurzform zu Alexander, resp. Xander sein (I D . 1, 173; 16, 2395 f.). Sang Sang ist das gemeinsame Hauptlemma für die HLL G SANG und S ANG . Belegt ist mit einer Ausnahme das Kompositum Vogel(g)sang (mit und ohne G -Präfix) zu schwdt. Sang, G(e)sang n., m. ‘ das Singen, Gesang ’ , Vogel(ge)sang ‘ Vogelgesang ’ , mhd. vogel(ge)sanc ‘ häufiger FlN für waldige, wasserreiche Orte, wo die Vögel sich gerne aufhalten ’ (I D . 7, 1175; I D . 7, 1178f). Der isolierte Beleg ts Gsang (Binn) ist ein kollektiver (Brand-)Rodungsname zum schwdt. Sang ‘ Sengen ’ (I D . 7, 1187) (cf. HL S ENG ). Sannu Sannu ‘ sammeln ’ ist einmal belegt in Sannustadil ‘ der Stadel, in dem der Zehnten gesammelt wurde ’ (Eischoll). Der Beleg ze Sanndru ‘ bei den Sandern ’ ist wohl nicht zum gleichen HL zu stellen (siehe unten). Vermutlich ist sannu ‘ sammeln ’ zu schwdt. sam(e)ne n , sampnen, sammnen, sannen, sanden, sandu, sannu (WLö) ‘ sammeln ’ zu stellen (I D . 7, 912 ff.; R ÜBEL 1950, 110 kennt es für das Einsammeln des Viehs; ebenso G RICHTING 1998, 167 ‘ Vieh zum Stall holen ’ ). Ze Sanndru hingegen ist eher zu Sanderna ‘ Sandfang ’ zu stellen (B ELLWALD / W ÜRTH (2006) Sander (PN) 23 24 <?page no="17"?> zitieren das Wort nach E ICHENBERGER 1940, 79): an dieser Stelle wurden die Wasserleitungen mit Sand verstopft und mussten gereinigt werden (V. S CHMID 2003, 166). Gwp. selbst spricht jedoch generell von der Fassung der Wasserleitung mit einem Holzbrett. Sant Sant ist als Sankt, Sant wie nhd. vor Heiligennamen, it. als San, zu lat. sanctus ‘ heilig ’ (I D . 7, 1215 f.) zu stellen. In Orts- und Flurnamen ist oft ein Patrozinium einer Kirche oder Kapelle gemeint, manchmal auch ein Bildstock oder ein Heiligenbild (für den Bezirk Goms dienen die drei Bände von W. R UPPEN (1976; 1979; 1991) als Nachweis, sofern möglich. An anderen Orten bedeutet das HL ein Stück Land, dessen Ertrag für eine Kirche oder Kapelle bestimmt war. Gelegentlich stellt fromme Umdeutung einen Heiligennamen her, wo nur ein Vorname gemeint war. Das Adjektiv erscheint zunächst als Attribut in der lateinischen Form Sanctus oder der deutschen Form Sant, so etwa als Abkürzung in cappella ‘ S. S. Anna ’ et Jacobj ‘ die Kapelle der Heiligen Anna und Jakobus ’ (1672, Zwischbergen), (lat. prata sancti Theoduli) ‘ die Wiese des Heiligen Theodul (Landespatron) ’ (1531, Münster), St. Anna ‘ das Gebiet der heiligen Anna (heute Bildstock, früher Kapelle, vgl. W. R UPPEN 1979, 146) ’ (SK, Ausserbinn), St. Anna ‘ die Kapelle der heiligen Anna; W. R UPPEN 1979, 337 ff.) ’ (Bellwald), St. Annakapälla ‘ die Kapelle der heiligen Anna ’ (FLNK, Raron; LT St. Anna), St. Anton ‘ Sankt Anton (die dort bestehende Antonius-Kapelle wurde am 24. 2. 1970 durch eine Lawine zerstört; heute erinnert ein Bildstock daran; W. R UPPEN 1976, 324 ff.) ’ (SK, Reckingen), St. Barbara Felsen ‘ der Felsen bei St. Barbara (Kapelle auf dem Weg nach Leukerbad und Weiler von Leuk) ’ (1794, Leuk), St. Barbarae Strasse ‘ die Strasse nach St. Barbara (Kapelle auf dem Weg nach Leukerbad und Weiler von Leuk) ’ (1794, Leuk), Sankt German ‘ Sankt German (Weiler von Raron) ’ (SK, LT und FLNK, Raron), St. Georgy ‘ (die Kapelle) des Heiligen Georg ’ (1698, Zermatt), Sankt Jakob ‘ Sankt Jakob (früher stand hier eine Kapelle, vgl. W. R UPPEN 1979, 236) ’ (FLNK, Blitzingen), St. Johanneslitzi ‘ der Schattenhang des Heiligen Johannes ’ (LT, Zermatt), St. Josefsheim ‘ das St. Josefheim (heute Oberwalliser Alters-, Pflege- und Behindertenheim) ’ (FLNK u. LT, Leuk), Sankt Martiniplatz ‘ der Platz vor der Kirche St. Martin ’ (FLNK, Visp). Die Kurzform Sant erscheint als Sannt Jodren Lüschenn ‘ der sumpfige Boden mit Riedgras des Heiligen Joder (um 1446 ist eine Kapelle des Hl. Theodul erwähnt, laut P H . K ALBERMATTER ) ’ (Geschinen), die Kapellen Sant Jodren ‘ die Kapelle des Hl. Theodul (Landespatron) ’ (1542, Törbel), z Sant Jodrumacher ‘ beim Acker des heiligen Theodul (Landespatron) ’ (1695, Ausserberg), Sant Johannshöüpt ‘ das Haupt des heiligen Johannes des Täufers (Bildstock in Naters laut R. P FAMMATTER (Foto, p. c.); vgl. Mt 14, 1-12) ’ (FLNK, Naters), Sant Josef ‘ Sankt Josef ’ (unklar, Teil des Weilers Hegdorn) (FLNK, Naters), Sant Joosopsch Kapälli ‘ die kleine Kapelle des Heiligen Josef ’ (Visperterminen), ts Sant Josopsch Kapälliwägji ‘ der kleine Weg bei der kleinen St- Josefs-Kapelle vorbei ’ (Visperterminen), Sant Michelsch Brunne ‘ die Quelle / der Brunnen des heiligen Michael ’ (Münster), Sant Niclaus ‘ von St. Niklaus her (fehlender Kontext, wohl ein Ort mit einer St. Nikolaus- Kapelle) ’ (1662, Geschinen), Sant Peters Matta ‘ die Wiese des heiligen Petrus ’ (1573, Ulrichen), ts Sant Peetersch Fäld ‘ das Feld des Heiligen Peter (laut Gwp. nach einem Peter Josef Zurbriggen benannt) ’ (Saas-Fee). Nur einmal ist die it. Form San in San Marco ‘ San Marco (heute Pfarrei Sankt Markus; auch Gebiet an der Landesgrenze zu Italien bei Gondo) ’ (FLNK, Zwischbergen; SK St. Marco, LT S. Marco). Ungewöhnlich ist Tschanta Maria Flüe ‘ die Fluh der heiligen Maria (unklar) ’ (FLNK, Albinen). Eine doppelte Attributform findet sich in der Alt Sant Antoni ‘ der alte Sankt Anton (Bildstock) ’ (Ergisch). Als Bestimmungswort (häufig nur geschriebene Variante) tritt das HL mit den folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita auf: Anton (PN), Gedersch (Genitiv zu Joder), Jaakob (PN), Nikolaus (PN), Peter (PN) und Wändeliin (PN). Komplexere Konstruktionen sind Sanktjodernkwel ‘ die Quelle des Hl. Joder (Theodul, Landespatron) ’ (Unterbäch), der Sannikloisbodu ‘ der Boden im Wald mit dem Bild des St. Nikolaus ’ (Oberems), Sannikloiswald ‘ der Wald mit dem Bild des St. Nikolaus ’ (Oberems; FLNK Saniklöiswald, LT Sanikloiswald), ts Santantoniwaldji ‘ der kleine Wald mit einer Kapelle des Heiligen Antonius ’ (Naters), der Santiglaisgade ‘ der Gaden (Stall) beim St. Nikolaus (Pfarrei ist zwar dem Hl. Nikolaus geweiht (W. R UPPEN 1976, 218 ff.), die Flur ist aber weit entfernt (ev. Pfarreigut? ) ’ (Ulrichen), Tsangkatriine Bode ‘ der Boden, der zum Altargut der Heiligen Katharina gehörte (zum Altar der Hl. Katharina vgl. W. R UPPEN 1979, 28 ff.) ’ (Ernen), Zangeedersch Bord ‘ das Bord ’ (Abhang, Böschung) bei Zangeedersch (wohl: Sank Joders, Patrozinium von Törbel), Zanmartisch Bletschu ‘ die Bletschu (Ebene) des Heiligen Martin ’ (Steg, LT Martischpletschu; Zan ‘ Sankt ’ scheint eine fromme Umdeutung zu sein (G. I MBODEN , p. c.)), Zanpeetersch Gaarte ‘ der Garten des Heiligen Peter ’ (Oberwald, FLNK St. Petersch Garte) (die Flur befindet sich im Gerental, weit von einer Siedlung entfernt), di Zanpärtlameehaaltu ‘ die Halde, die erst am Tag des Hl. Bartholomäus (24. August) beweidet werden durfte ’ (Ergisch), Zantanne Lammelti ‘ die kleine Lamme (Felstobel) der Heiligen Anna (laut Gwp. weder Statue, noch Bild oder Bildstock) ’ (Oberwald), der Zan- 25 26 Sant <?page no="18"?> tiglaischeer ‘ der Cheer der Strasse bei der Kapelle des St. Nikolaus (Furkastrasse) ’ (Oberwald), t Zantiglaisschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung beim St. Nikolaus (unklar) ’ (Reckingen, FLNK Santiglaischlüecht), Zantmärjelebieu ‘ der Hügel der Heiligen Maria ’ (Binn; SK Marienbiel), vermutlich zum PN Maria zu stellen, die Deutung Zant ‘ Sankt ’ ist wohl fromme Umdeutung, di Zantpeterschchilchu ‘ die Kirche des Hl. Petrus (heute Feuerwehrlokal) ’ (Leuk), di Zäntgermaanerstraass ‘ die Strasse nach St. German (von der Rottenebene aus) ’ (Raron, FLNK St. Germanerstrass). Einen Sonderfall bildet das 1435 in Albinen belegte sub saxo sentýmarýz ‘ unter dem Felsen des Heiligen Moritz ’ . G. P ANNATIER sieht hier den Namen der Heiligen Maria und P H . K ALBERMATTER mit R. P FAMMATTER nehmen an, dass der Beleg identisch sei mit dem späteren Beleg Tschanta Maria Flüe (FLNK, Albinen). Wenn das stimmt, müsste das auslautende / -z/ von marýz erklärt werden. Bei der Deutung wurde entschieden, dass marýz zu Mauritius zu stellen sei; diese Deutung kann aber mit M EYER (1914, 62) als verstummtes / z/ gedeutet werden, dem kein Lautwert mehr entsprach. Dann wäre damit tatsächlich Maria gemeint. Sapey Sapey ist laut B OSSARD / C HAVAN (2006, 184) einer der Flurnamen für die Tanne, vgl. FEW (11, 214 s. v. *sappus tanne). G. P ANNATIER (p. c.) führt die Form sapey auf das vorlat. sapp- und die Ableitung - ECTU > - EY zurück. Belegt ist es 1346 und 1358 in Untrems als lo sapey nygrum, resp. in nigro sapey ‘ bei der schwarzen Tanne ’ . Sar Sar ist belegt in schwdt. Sar(r), S ā r n. ‘ Flussgeschiebe; Seeschlamm ’ (I D . 7, 1258 f.) bzw. S ă r-Bach, S ā r-Bach, -Bachen, S ā ren-Bachen m., f. ‘ Sumpfbach, Bach mit Geschiebe; Schwarzpappel; FaN ’ , zu mhd. sarbach(boum). Der Standort wurde zum Namen der Pflanze (I D . 4, 954 f.; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 428). Belegt ist vor allem der Typ Sarbach als ts Saarbach ‘ das Gebiet, das sumpfig ist / wo Schwarzpappeln stehen ’ (Lalden, FLNK Sarbach), wobei hier in der alten Rottenebene kaum Bäume stehen, jn den Sarbachen ‘ bei den Sumpfbächen / bei den Schwarzpappeln ’ (1689, Eggerberg), bÿ den Sarbachenn ‘ bei den Sumpfbächen / bei den Schwarzpappeln ’ (1552, Visp). Dazu kommen ze Drii Sarbachu ‘ bei den drei Schwarzpappeln ’ (Baltschieder) und dem Endren Sarbach ‘ (Dativ konstruktionsbedingt) die jenseitigen Sumpfbäche / die jenseitigen Schwarzpappeln ’ (1491, Baltschieder). Komplexer sind Sarbachrus ‘ der kleine Bach im Gebiet Sarbach (Sumpfbäche / Schwarzpappeln) ’ (1774, Ausserberg) und t Saarbachschlüocht ‘ die Geländeeinbuchtung der Familie Sarbach / der Schwarzpappeln ’ (Ausserberg; FLNK Saarbachschlüecht). Der FaN Sarbach ist in AWWB (230) erwähnt; er ist im Wallis seit dem Ende des 16. Jahrhunderts belegt. Davon weicht ab t Saarschliecht ‘ die Geländeeinbuchtungen mit Geschiebe ’ (Naters). Die verschiedenen Flurnamen sind jeweils unsicher; auch die Karten helfen nicht immer weiter. Sarrasin (FaN) Sarrasino (FaN), resp. Saracenorum ist belegt 1399 in Simplon als Sarrasino Matta ‘ die Wiese der Familie Sarrasin / des Sarrasin ’ und 1454 in Raron als saxum saracenorum ‘ der Stein / Fels der Sarazenen / der Familie Sarrasin ’ . Der FaN oder Beiname Sarrasin (AWWB 230) ist im Wallis mehrfach, auch für Simplon, bezeugt. Vermutlich handelt es sich um einen Beinamen, der sich auf das Aussehen bezieht, oder es wird ein Zusammenhang mit den Raubzügen der Sarazenen im 9. Jahrhundert angenommen. Sässel Sässel m. ist in der Sässelbode ‘ der Boden in der Form eines Sessels ’ (Saas-Balen) belegt. Zu stellen ist das HL zu schwdt. Sëssel m. wie nhd. ‘ Sessel ’ , in FlN zur Bezeichnung von sesselförmigen Geländestellen, und wdt. Sässl, Sässäl (Goms), Sässul (Zermatt), Sässel (Saastal), Sässil ‘ Sessel ’ (I D . 7, 1384 f.; G RICHTING 1998, 167). Die Beschreibung sagt aber, dass es sich um keinen eigentlichen Boden handle, sondern ein steiniges Gebiet. Das deutet darauf hin, dass tatsächlich eine Sesselform gemeint ist; der Boden selbst kann dann sesselförmig sein; der Name befindet sich auf rund 2500 m oberhalb der Baumgrenze. Sasso Sasso ist belegt als Sass Dell Luf ‘ Wolfsstein ’ (Zwischbergen) und Sas Dulgraui ‘ der Bocksfels ’ (1678, Zwischbergen). Das piemontesisch-lombardisch dialektale Sass (P ETRINI 1993, 120) ist zu it. sasso m. ‘ Felsmasse, -haufen, schicht ’ , ‘ felsige Oberfläche, Felsblock von gewissem Ausmass ’ (D EVOTO / O LI 2020, 1949) zu stellen, hier einfach ‘ Fels, Stein ’ . Es geht auf lat. SAXUM ‘ Fels, Steinblock ’ zurück. Sastztien Sastztien ist nur 1418 in Binn als am Sastztien belegt. Laut Beleg befindet sich dort ein Acker. Das Nomen muss ein Maskulinum oder Neutrum im Dativ sein. Am nächstliegenden würde eine Lesart wie Sass-Stein oder Setz- Stein ‘ Grenzstein ’ (beide I D . 11, 884) gelten, doch ist diese Deutung spekulativ und damit sehr unsicher. Sapey 27 28 <?page no="19"?> Satellit Satellit (mit Endbetonung) ist nur in Satellitenbodenstation Brentjong (LT, Leuk) vertreten. Die Satellitenbodenstation Leuk kommuniziert mit einer Vielzahl von Satelliten über dem atlantischen und indischen Ozean sowie mit anderen Bodenstationen in aller Welt. Der Flurname ist inhaltlich bestimmt (vgl. K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 787 s. v. Satellit). Zum Flurnamen Brentjong cf. HL B RÄNNT- JONG . Satellite Satellite ist nur belegt in t Satellíte ‘ die Satelliten ’ (Zwischbergen). J ORDAN (2006) kennt den Flurnamen nicht. Gwp. gibt an: <setzligä> stufenförmiges Gelände, Weide. Es handelt sich um eine Flur auf rund 2000 m. Der Name kann italienischer Singular (cf. D EVOTO / O LI 2020, 1949) oder deutscher Plural sein. Die einschlägigen Wörterbücher (z. B. K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 787) führen das Wort auf lat. satelles ‘ Trabant, Gefolge, Anhänger, Begleiter, Helfershelfer ’ zurück, das wohl aus etruskischer Herkunft stammt (cf. HL S ATELLIT ). Vermutlich ist hier nur eine metaphorische Lesart möglich; ob it. oder dt. bleibt unklar. Satt Satt ist nur in jm Ibgenn Satt (1560, Täsch) belegt. Vermutlich handelt es sich um eine Fehlschreibung oder einen Lesungs-Fehler für das im gleichen Jahr in Täsch belegte an den Ubjenn Vatt ‘ an den üblen (schlechten) Felspfad ’ (cf. HLL U BJENN und F AD ). Sattel Sattel m. ‘ Sattel ’ ist zu schwdt. Sattel, im W[allis] -ol, auch -il m. Pl. Sattla, Sättel ‘ der Form nach einem Sattel ähnliches, z. B. sattelförmige Einsenkung eines Bergrückens ’ , ahd. satul, mhd. satel und wdt. Sattl, Sattäl (Goms), Sattul (Vispertäler), Sattol (Schattenberge), Sattil ‘ Sattel ’ (I D . 7,1434 ff., bes. 1436; G RICHTING 1998, 167) zu stellen. Z INSLI (1946, 335) gibt als Deutungen 1) ‘ Berglücke ’ , 2) ‘ Erhebung ’ . Der erste Typ benennt vor allem Lücken und Übergänge zwischen Gipfeln; der zweite Typ sattelförmiges Gelände, im Plural das Vorkommen mehrerer kleiner sattelartiger Hügel. Das HL ist insgesamt in rund 170 Namen belegt. Das Simplex im Singular ist als Sattel, Sattil, Sattol, Sattul und Sattu in allen Bezirken belegt. Seltener ist der Plural t Sattle (Lax, Martisberg, Naters, St. Niklaus) und t Sättle (Mund). Das Diminutiv im Singular erscheint als Sattelti, Sattolti, Sattulti und Sattuti in gut 10 Belegen; der Plural als Sattoltini (Eisten) und Sattultini (Simplon) je zweimal. Mit attributiven Adjektiven werden nur relative Lageangaben ausgedrückt: ts Hinner Sattelti ‘ der hintere kleine Sattel ’ (Reckingen), am Hindren Sattol (1647, Visperterminen), der Typ Ober Sattel (mehrfach), t Obru Sättle (Mund), der Typ Unner Sattel (mehrfach), t Undru Sättle (Mund) und t Unnru Sattle (Täsch) kommen mehrfach vor, ts Voder Sattelti ‘ der vordere kleine Sattel ’ (Reckingen) und am Endren Sattel ‘ am jenseitigen Sattel ’ (1503, Visp) sind selten. Als Grundwort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita zunächst mit Gipfel- oder Gletschernamen vor: der Birgsattel ‘ der Sattel (Bergübergang) beim Birghoren ’ (Blatten), der Chummesattu ‘ der Sattel (Bergübergang) beim Chummehorn ’ (Ritzingen), der Furgsattel ‘ der Sattel (Bergübergang) beim Furgghorn ’ (Zermatt), der Galesattel ‘ der Sattel (Bergübergang) vom Galegletscher zum Sidelegletscher ’ (Oberwald), der Grenzsattel ‘ der Sattel (Bergübergang) beim Grenzgipfel nach Italien im Monte Rosa ’ (Zermatt), der Rimpfischsattel ‘ der Sattel (Bergübergang beim Rimpfischhorn ’ (Zermatt), der Rindersattel ‘ der Sattel (Bergübergang) zwischen Rinderhorn und Chli Rinderhorn ’ (Leukerbad), der Sirwoltesattel ‘ der Sattel (Bergübergang) beim Sirwoltuhoru ’ (Simplon), der Trifftjesattel ‘ der Sattel (Bergübergang) beim Triftji (kleine Alpweide) ’ (Zermatt). Komplexere Belege stellen der Chlei Trifftjesattel ‘ der Sattel (Bergübergang) beim kleinen Triftje (Alpweide) ’ (Zermatt), der Gabuhorusattu ‘ der Sattel (Bergübergang) beim (Fiescher) Gabelhorn ’ (Fieschertal), der Grüenbergsattel ‘ der Sattel (Bergübergang) beim Grünberghorn ’ (Saas-Almagell), der Nördlich Teiffesattel ‘ der nördliche Sattel (Bergübergang) beim Tiefenstock ’ (Oberwalld), der Rottausattu ‘ der Sattel (Bergübergang) zwischen Rottalhorn und Jungfrau ’ (Fieschertal), der Südlich Teiffesattel ‘ der südliche Sattel (Bergübergang) beim Tiefenstock ’ (Oberwald), der Tiereggsattil ‘ der Sattel (Bergübergang) beim Tieregghorn ’ (Raron), der Wannenhoresattel ‘ der Sattel (Bergübergang) beim Chly Wannenhorn ’ (Fieschertel), der Wismiessattul ‘ der Sattel (Bergübergang) beim Weissmies ’ (Zwischbergen) dar. Einen Sonderfall bildet der Hügisattu ‘ der Sattel (Bergübergang) beim Finsteraarhorn, benannt nach Fr. J. Hugi ’ (Fieschertal). Nicht immer sind die Erstglieder Gipfel- oder Gletschernamen: Burschtsattel ‘ der Sattel (Bergübergang) oberhal des Burst ’ (Blatten), der Märetschisattil ‘ der Sattel (Anhöhe) oberhalb der Märetschi-Alpe ’ (Leuk), der Schiltisattel ‘ der Sattel (Einsattelung) bei den Schiltine (kleine Schilde) ’ (Reckingen), der Seewinusattel ‘ der Sattel (Einsattelung)bei Ze Seewinu (bei den kleinen Seen) ’ (Saas-Almagell), der Silbersattel ‘ der Sattel (Bergübergang) zwischen Nordend und Dufourspitze im Monte Rosa ’ (Zermatt), Steintällisattel 29 30 Sattel <?page no="20"?> ‘ der Sattel (Bergübergang) oberhalb des Steintälli zwischen Plattenhorn und Sonnighorn ’ (Saas-Almagell). Als Bestimmungswort verbindet sich das HL mit folgenden Grundwörtern: Acher, Bäärg, Bord, Brunnu, Chnubel, Egg(a), Fääsch, Graat, Grabu, Haalta, Hooru, Lamma, Läger, Ledi, Legi, Löüb, Licka, Löuwina, Riische, Schleif, Schluocht, Spis, Spitz, Stäga, Sunne, Tola, Twära, Wäg, Wang und Zug. Unsicher ist die Ableitung Sattler in Sattlertola (Eyholz, Visp) und Sattlerwald (Eyholz). In den Daten findet sich kein Sattel in der Nähe; zu vermuten ist deswegen ein Besitzername. In Frage kommen: Sattler als FaN im F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (3, 1758) belegt für Visperterminen, oder der alt für den Bezirk Visp bezeugte FaN Vomsattel (AWWB 286). Einen Sonderfall bildet der Typ Sattellegi (cf. HL L EGI ), der für Baltschieder, Bellwald, Brig, Bürchen, Ferden, Eggerberg, Kippel, Reckingen, Termen, Unterbäch, Visp und Zwischbergen belegt ist. TGNB (1, 2, 1106) gibt dafür in Bichelsee-Balterswil (TG) als Deutungen: ‘ Ort, wo der Sattel (beim Ausruhen) abgelegt wurde ’ oder ‘ Sattelförmiger Übergang über Weidzaun ’ . BENB (1, 3, 67 ff. s. v. Legi) kennt den Typ Sattellegi nicht; es deutet aber Legi vor allem als Zaundurchgang oder als Ort, wo etwas abgelegt wird. Es verweist auf I D . und URNB (2, 533), wonach Ledi und Legi im Schweizerdeutschen teilweise identisch sind; Sattellegi kann also sowohl das Auf-, wie das Ablegen eines Sattels (auf ein Lasttier z. B.) meinen. Der Typ Sattellegi findet sich als Alpname ebenso wie in der Nähe der Siedlungen; auf den Alpen sind Zaundurchgänge kaum zu erwarten, sodass wohl eher die Ab- oder Auflegestelle einer Last auf das Lasttier gemeint ist. Sattermänt Sattermänt ist nur in Gampel als ts Sattermänt belegt. Vermutlich handelt es sich um einen mit Attermänz ‘ das dunkle Gebiet ’ (cf. HL A TTERMÄNZA ) verwandten Namen, mit dem anlautenden Artikel verbunden. Historische Belege fehlen allerdings. Satz Satz m. ist zu schwdt. Satz m., Pl. Sätz, Setz, Dim. Sätzli, Setzli (Pl. Setzleni) m. ‘ Felsstufe, schmale Terrasse an einem Abhang, Fels ’ , mhd. saz m. (I D . 7, 1517 ff., bes. 1526, 6a; Z INSLI (1946, 335)) zu stellen. G RICHTING (1998, 167) kennt zwar Sazz m., Pl. Sezz und gibt ‘ Satz, Sprung, Reichtum ’ als Deutung, jedoch nicht die hier angenommene Deutung für Flurnamen. Als Simplex im Singular kommt das HL als der Satz ‘ der Felsabsatz ’ oder im Satz ‘ im Felsabsatz ’ in Fieschertal, Niedergesteln, Randa und Visperterminen vor. Der Plural t Setz ‘ die Felsabsätze ’ ist in Täsch und Törbel belegt. Der Obliquus steht in uf de Setze ‘ auf den Felsabsätzen ’ (Betten, Grengiols), sowie uf de Setzu (Ried- Mörel), ine Setzu (Baltschieder), ufe Setzu (Eisten). Ein Diminutiv im Plural ist t Setzjini ‘ die kleinen Felsabsätze ’ (Ritzingen). Mit attributiven Adjektiven ist das HL wie folgt konstruiert: der Blaaw Satz ‘ der blaue Felsabsatz ’ (Randa), die Finstere Sastz (? ) ‘ der finstere Felsabsatz (unsichere Lesung und Genus Feminin) ’ (1801, Salgesch), der Lägend Satz ‘ die ebene Terrasse ’ (Fieschertal), t Läze Setz ‘ die sonnabgewandten Felsabsätze ’ (Blitzingen), Ober Satz ‘ der obere Felsabsatz ’ (SK, Niedergesteln). Komplexere Konstruktionen sind der Ober Blau Satz ‘ der obere blaue Felsabsatz ’ und der Unner Blau Satz ‘ der untere blaue Felsabsatz ’ (beide Zermatt). Als Grundwort ist das HL in zweigliedrigen Komposita wie folgt belegt: t Dischtelsetz ‘ die Felsabsätze mit Disteln ’ (Fieschertal), t Griessetz ‘ die Felsabsätze oberhalb der Griestolä (Mulden mit Steingeröll) ’ (Grengiols), di Grindjisetz ‘ die Felsabsätze im Bereich der Alpe auf dem kleinen Grund ’ (Oberems), die Grumpulsetz ‘ die Felsabsätze mit (Stein-)Gerümpel ’ (Saas-Balen), der Reschtisatz ‘ der Felsabsatz bei der Reschti (Raststelle) ’ (Fieschertal) mit der Ober Reschtisatz ‘ der obere Teil des Felsabsatzes bei der Reschti (Raststelle) ’ und der Unner Reschtisatz ‘ der untere Teil des Felsabsatzes bei der Reschti ’ (beide Fieschertal). Als Bestimmungswort kommt das HL zusammen mit folgenden Grundwörtern vor: Acher, Matta und Wald. Zum Verb setze n im Sinn von ‘ pflanzen, anbauen ’ (I D . 7, 1617) sind wohl das Verbalabstraktum auf - I (S ON- DEREGGER 1958, 497) Setzi f. ‘ der Ort, wo man Pflanzen / Reben setzt ’ und das Bestimmungswort Setzin Setzgrabu ‘ Setzgraben (Graben, der zur Verjüngung der Reben dient) ’ und Setzräbe ‘ Setzreben (Setzlinge, die zur Verjüngung der Reben dient) ’ zu verstehen (E GLI 1982, 170 und 200). Das Simplex Setzi ist nur historisch belegt: Setzi (1632, Raron - im Kontext steht an der Alten Bÿnden ‘ am alten Pflanzplatz ’ ; Setzi scheint einfach eine Alternative dazu zu sein), an der Setzi ‘ am Ort, wo man Pflanzen setzt ’ (1674, Hohtenn), d Setzi ‘ der Ort, wo man Pflanzen setzt ’ (1571, Unterbäch). Auslautendes / n/ ist erhalten in jn der Setzin ‘ am Ort, wo man Reben setzte ’ (1304 u. später, Eyholz; im Kontext steht vinea ‘ Weinberg ’ ), in der Seycin ‘ am Ort, wo man Reben setzte ’ (1245, Stalden; später Setzin, ebenfalls vineam ‘ Weinberg ’ ), an die Setzin ‘ an den Ort, wo man Pflanzen setzte ’ (1653, Bürchen). Das Kompositum Setzgrabe ist als der Setzgrabo und t Setzgräbna (beide Visperterminen), Setzgraben (1822, Salgesch), Setzgräbu (FLNK, Stalden) und Setzgräbe (FLNK, Zeneggen) belegt. Der Typ Setzräbe kommt Sattermänt 31 32 <?page no="21"?> als Setzräben (1629, Zeneggen), Setzreben (1845, Salgesch), die Setzreben (1708, Leuk) vor. Unklar ist Setzi im dreimal belegten Setzihore (Bellwald, Fieschertal, Selkingen), das auf LT als Setzehorn belegt ist. Die Gwp. aus Selkingen sagt, es sei ein Gipfel mit “ Felssätzen ” , jedoch liegt kein Simplex Setzi unterhalb des Gipfels. Nur einmal ist das Bestimmungswort Setzil in Setzilried ‘ das Ried beim Gebiet, wo Pflanzen gesetzt wurden (unklar) ’ (Bürchen) belegt. Es lässt sich als Stellenbezeichnung auf - IL zu Satz, pl. Setz auffassen (S ONDEREGGER 1958, 513) Die Form t Satzig (Stalden) mit dem wohl dazugehörenden au ᵕ f der Obren Satzig (1824) scheint eine Stellenbezeichnung auf - IG (<ahd. -ing) zu sein (S ONDEREGGER 1958, 506), hier wohl mit kollektiver Bedeutung ‘ die Felsabsätze ’ . Satzi n g (I D . 7, 1582 ff.) ist zwar erwähnt, aber in ganz anderen Bedeutungen. Ob das nur einmal belegte t Satzge (Visperterminen) hieher zu stellen ist, bleibt offen. I D . kennt satzge nur als Verb für Baselstadt im Sinn von ‘ springen ’ (I D . 7, 1581). Ein sonst nirgends belegtes ts Fersetz ist als ts Ober und ts Unner Fersetz (Gampel) belegt. Laut Gwp. handelt es sich um Schutzmauern für den Fluss Lonza. Da das Gebiet, in dem sie liegen, der Steischlag heisst, dürfte es sich um eine Schutzmauer vor Steinschlag handeln; auf der Karte erkennt man in diesem Gebiet zwei Mauern. Vermutlich handelt sich bei Fersetz um ein Verbalabstraktum zum Verb versetze (I D . 7, 1678 ff.), entweder in Bedeutung 1 ‘ sperren ’ oder in Bedeutung 4 ‘ versetzen von Bauteilen ’ . Ob das einmal belegte zer Setzmüüru ‘ bei der Mauer zum Schutz der Lötschberglinie ’ (Niedergesteln) das Wort für ‘ sperren ’ enthält oder doch eine Mauer auf den Felsabsätzen meint, ist unklar. In beiden Fällen ist jedoch klar, dass die Mauer dem Schutz der Lötschberglinie gegen Steinschlag dient. Sautier Sautier ist die frz. Form für Salteri, das im 13. Jh. in li lista salteri ‘ das Bord des Gerichtsdieners ’ (Albinen, 13. Jh.) erscheint. 1320 heisst der gleiche Ort in Albinen aber la lista psalteri. Wie uns P H . K ALBERMATTER (p. c.) mitteilt, ist die Schreibung psalteri für salteri jedoch häufig. Im Übrigen ist Sautier s. v. Sauthier und anderen Formen als FaN in AWWB (230) gut belegt. Es ist also unsicher, ob ein FaN oder eine Amtsbezeichnung vorliegt. Saxum Saxum ist ein lat. Wort für ‘ Fels, Stein ’ ; das frpr. Gegenstück ist sex (B OSSARD / C HAVAN 2006, 32) und die dort erwähnten anderen Formen. Die belegten Namen enthalten die lat. Grundform SAXUM oder eine flektierte Form ( SAXI (gen. sg.), SAXO (dat./ abl. sg.), SAXA (nom. / acc. pl).). Vermutlich handelt es sich in den meisten Fällen um Latinisierungen des Notars. Als einziges Simplex ist belegt iuxta saxum ‘ beim Fels ’ (1356, Varen). Das dort 1474 belegte de saxo ist vermutlich ein Alpname, der kaum zum ersten Beleg gehört. Alle anderen zu diesem HL gehörenden Belege sind zu anderen HLL zu stellen; normalerweise geben sie nur an, dass ein Fels oder ein Steinblock gemeint ist. Die meisten dieser Belege sind mit einer Präposition angeschlossen. Solche Belege im Singular oder Plural sind: de Dorbons (1291, Albinen), de Campo Cort (13. Jh. u. später, Ergisch), de Berdes (1326, Inden), de Dala (1295 u. später, Leuk), dÿ Replang (1566, Leuk), dou Plang (1485, Salgesch; unklar 1566), de Plambis (1587, Varen; auch de Plangbis), dÿ Luss (1587, Varen), jllorum de Varona (1587, Varen), de crista de Varonna (1339, Varen), de la Ravij (1490, Varen, unklar), de laz Paryz (1490, Varen), dov Prylet (1490, Varen), dov Pyssyour (1490, Varen), Mayenchet (1433, Varen; unklar), de Dala (1490, Varen), di Curs (1587, Varen; 1577 Leukerbad). Eine einzige andere Form ist jn saxo fracto ‘ beim gespaltenen Stein ’ (1346, Bratsch), wo lat. fractus ‘ gespalten, gebrochen ’ verwendet wird; laut Dokument handelt es sich um einen Flurnamen, der aber lateinisch notiert wird. Die mit Präpositionen wie de, dÿ, ov usw. angeschlossenen Namen zum HL S AXUM lassen sich als Bestimmungswörter zum Grundwort Saxum ‘ Fels, Stein ’ verstehen. Vermutlich ist aber das HL S AXUM eine Latinisierung, die nicht einem Flurnamen entsprach, sondern einfach ein Appellativ wiedergab. Scarone Scarone ist einmal belegt in Pizzo Scarone (LT, Saas- Almagell, 3268 m), einem Grenzgifpel zu Italien. Dazu gehört wohl die Alpe Scarone (auf it. Gebiet) Es handelt sich vermutlich um einen FaN. D EVOTO / O LI (2020, 1974) verweisen jedoch unter scarognato auf eine Ableitung zu scarogna, einem Pflanzennamen zu A LLIUM ASCONLONICUM (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1286, dt. Schalotte), die auf dieser Höhe kaum gewachsen ist. Die Ableitung von einem FaN ist deswegen wohl sinnvoller. Scera Scera kommt nur im Kompositum t Muntschera (Zwischbergen; 1: 10000 Muntscherapass) und Passo di Monscera (LT, Zwischbergen) vor. Der Name ist auf der italienischen Seite als Alpe di Monscera belegt. J ORDAN (2006, 393) kennt Munschäära und Munschäärusiita; letzteres ist ein Bergweideabhang in der Munschäära. Die einschlägigen Wörterbücher geben keine Deutung für Scera oder 33 34 Scera <?page no="22"?> Monscera. Die vorgeschlagene Trennung in Monte und Scera sieht in M ONTEM einen lokalen it. Ausdruck für eine Alpe (vgl. P ETRINI 1993, 308). Schaaf Schaaf n. ‘ Schaf ’ ist zu schwdt. Sch ā f(f) n., amhd. sch ā f n. und wdt. Schaaf ‘ Schaf ’ (I D . 8, 285 ff.; G RICHTING 1998, 167) zu stellen. R ÜBEL (1950, 101 f.) gibt die verschiedenen Benennungen für weibliche und männliche, junge und ältere Schafe an; als generellen Terminus für die älteren Tiere nennt er Schaafji ‘ kleines Schaf ’ . In den Flurnamen kommt Schaaf nur als Bestimmungswort und fast ausschliesslich in dieser Form vor; auf Ausnahmen wird später hingewiesen. Es sind etwa 100 Flurnamen mit dem HL belegt. Als Bestimmungswort kommt das HL vor allem in den Typen der Schaafbärg ‘ der Schafberg (Schafalpe) ’ (Albinen und 13 weitere Belege, darunter historische), ts Schaafläger (Blatten und fünf weitere), t Schaafläger (Ulrichen und fünf weitere, Plural) ‘ die Lagerstätte für die Schafe ’ , wobei in Mund ts Schaaffuläger ‘ die Lagerstätte für die Schafe ’ belegt ist, also eine flektierte Form des Bestimmungsworts im Plural. Weitere Grundwörter mit zweigliedrigen Komposita, teils mehrfach belegt, sind: Acher, Alpa, Balma, Blatt, Brunnu, Dili, Egg(a), Färich, Gale, Gassa, Gilla, Glutte, Grabu, Grächen, Grund, Hitta, Lee, Licka, Lischa, Matta, Mutt, Schiir, Stafel, Tola, Wald, Wang, Weid, Wäg, Wäschi und Zel. Der Plural des HL kommt auch in jn den Schafen Matten (1752, Gampel), der Schaaffufärich ‘ der Pferch für die Schafe ’ (Visperterminen, zwei Belege), ts Schaaffuhittji ‘ die kleine (Alp-) Hütte für die Schafe / Schafhirten ’ (Visperterminen) und ts Schaaffutal ‘ das Tal der Schafe ’ (Randa) vor. Komplexere Bildungen sind u. a. der Hinner und der Voder Schaftreie ‘ der hintere und der vordere Weg für die Schafe ’ Reckingen), der Gross und der Chlei Schafwang ‘ der grosse und der kleine Grasabhang für die Schafe ’ (Leuk), mim Geis und Schafchromu ‘ beim eingezäunten Stück Weide für Ziegen und Schafe (Ortsteil von Hohtenn) ’ (Hohtenn), ts Mittluscht, ts Obruscht und ts Undruscht Schaafläger ‘ die mittlere, oberste und unterste Lagerstätte für die Schafe ’ (Blatten), bim Altu Schaaffufärich ‘ beim alten Pferch für die Schafe ’ (Vispeterminen) sowie di Turtmaschafalpu ‘ die Schafalpe von Turtmann ’ und t Ämser Schafalpu ‘ die Schafalpe der Gemeinde Ems (heute Ober- und Unterems) ’ (Oberems, Turtmann). Nur einmal belegt ist die Ableitung Scheefer in der Scheefersprung ‘ der Ort, wo die Schäfer einen Mutsprung machten ’ (Hohtenn). Es handelt sich um eine - ER -Ableitung für ein Nomen actoris (S ONDEREGGER 1958, 531 ff.). Schaafman Schaafman ist unklar. Der älteste Beleg an den Schafmannen (1634, Zwischbergen) FaN, später Schaafman (1764, Zwischbergen), explizit als Alpe bezeichnet, ist mehrdeutig: es kann sich um einen PN Schafmann handeln, aber auch um eine Berufsbezeichnung (Schäfer, Schaffner). Der einzige lebende Beleg ist der Schaafnuwald (Zwischbergen), historisch unsicher ist Schaffenstafel (1642, Zwischbergen). J ORDAN (2006, 391) kennt Schaaffnuwald auch Schaafmawald und Schaafinuwaald, ohne Deutung. Das Register zu den HRBS kennt Schaafman und Varianten davon als FaN. Es dürfte sich also um den Wald der Familie Schaafman handeln. Schaalta Schaalta ist als zer Abschaaltu ‘ bei der Abschaltstelle (Stelle zur Ableitung des Wassers) ’ (Visperterminen) belegt. Es ist zu schwdt. Abschalte n f. ‘ Abzugskanal ’ (I D . 8, 710) zu stellen, hier eine Schleusenvorrichtung zum Ableiten des Wassers einer Wasserleitung (früher wohl t Niwa ‘ die Neue ’ ). Formal abgeleitet vom Verb abschalte n ‘ fliessendes Wasser ablenken, ableiten ’ (I D . 8, 714). Bei G RICHTING (1998) sind weder Schaalta, noch Abschaalta belegt, vgl. aber B ELLWALD / W ÜRTH (2006) s. v. Anschalta. Schaalteri t Schaalteri (Reckingen) ist der Name einer Alp (auf 1: 10000 Schaltere). Dazu gibt es der Schaalterigrabe ‘ der Graben von der Schaalteri herunter ’ und Schalteribach ‘ der Bach, der von der Alp Schaalteri herunterfliesst ’ (FLNK). Es handelt sich um eine Ableitung auf - I oder - ERI (S ONDEREGGER 1958, 471 ff. und 551), wohl zu Schalte n f. (I D . 8, 709 f.) zu stellen, beide als Stellenbezeichnung möglich. Im Wallis ist häufig im Zusammenhang mit Wasserleiten von Schalta oder Abschalta die Rede (cf. HL S CHAALTA und I D . 8, 710 s. v. Abschalte n ). Es kann sich also um eine Alpe mit einer Wasserleitung handeln. Schäärt Schäärt m. ist zu schwdt. Schart m., Pl. Schärt, Scharte(n) f. wie nhd. ‘ Scharte; Einschnitt, scharfe Einsenkung in einem Bergrücken ’ mhd. scharte f. (I D . 8, 1307 f.; NWNB 3, 1818) zu stellen. Das Simplex Schäärt ist in Betten und Grengiols belegt. In Grengiols ist mit den Grundwörtern Brigga, Egge, Höu, Moss und Wald, sowie dem Schärteggwald ein Namennest vorhanden, das aber nicht mit dem Simplexbeleg zusammenzuhängen scheint, der davon entfernt ist; hierzu gehören auch Belege aus Ernen wie Schärtegg und Schärtmoss. An andern Orten (Binn (1761 u. später) und Ausserbinn sind ebenfalls Brigga, Egga und Moss als Grundwörter vertreten. Unsicher ist der bei Raron 1307 als Scherteccun belegte Flurname, der Schaaf 35 36 <?page no="23"?> sich laut Dokument bei St. German befindet. Unklar ist weiter am Scherttÿweg (1572, Niedergesteln), wo ein Diminutiv zu vermuten ist, aber auch Schrettyweg gelesen werden kann. Eine Ableitung stellt im Schertig (1843, Fiesch) dar, wo das Suffix wohl eine Stellenbezeichnung ( ‘ schartiges Gebiet ’ ) meint. Insgesamt ist das HL sehr unsicher. Schääru Schääru ‘ Schirm, Schutzraum ’ ist die wdt. Form zu schwdt. Schërm, wdt. Schëre n , Schëru n , Schërme n m., f., Pl. Schërme n , Schërne n , Dim. Schërmji ‘ was Schirm, Schutz gewährt, als Teil von Baulichkeiten, namentlich mit Bezug auf den Schutz gegen Wind und Wetter; als selbständiges, mehr oder weniger primitives, provisorisches Gebäude, Verschlag, Unterstand; Heustall in den Alpen; krippenloser Schutzstall auf Alpen, seltener auch auf Talweiden, in dem die Kühe bei Unwetter, etwa auch bei Nacht eingestellt wurden; andere Wetterschutz gewährende Gegenstände ’ , ‘ Dach, Obdach, Unterstand, Schutz ’ , ahd. scërm m., mhd. schërm, schërme (I D . 8, 1275 ff.; G RICHTING 1998, 168; C. S CHMID 1969, 81). Die walliserdeutschen Formen ohne -merklären sich aus der Entwicklung von -rm# wie z. B. auch in Aare ‘ Arm ’ . Das Lemma kommt als Simplex in sechs Belegen vor als der Schero (1591, Ried-Mörel), bim Schäre (drei Belege in Binn), Schäre (Ernen) und bim Schere (Ernen, FLNK, gleicher Ort wie Schäre). Als Diminutiv ist belegt ts Scheerumji ‘ der kleine Wetterschutz ’ (Zwischbergen). Unsicher ist Schääri (Binn, FLNK), da Angaben zu Genus und Numerus fehlen. Nur einmal ist Schääru Grundwort in der Sickerschääre ‘ die Schutzhütte auf der Alpe Sick ’ (Grengiols). Die übrigen rund zwanzig Belege enthalten das Lemma als Bestimmungswort in t Schäärembalmä ‘ die überhängenden Felsen, die Schutz bieten ’ (Blatten), der Schäru Böum ‘ der Baum, der Schutz bietet ’ (Randa), t Schärflüe ‘ die Fluh, die Schutz bietet ’ (Bellwald) und das Gleiche historisch 1392 als Scherenflu ᵉ (Naters), t Schääremhuisini ‘ die kleinen Häuser (Hier: Steine), die Schutz bieten ’ (Wiler), tsch Schäärutach ‘ das Dach, das Schutz bietet (hier Dach über Dorfbrunnen) ’ (Eggerberg), ts Schäärutach ‘ das Dach, das Schutz bietet ’ (Lalden, kein Hinweis auf Gebäude oder Stein), dazu zwei weitere Belege in Visp (identisch mit Eggerberg) und Baltschieder (identisch mit Lalden), t Schäärutanna ‘ die Tanne, die Schutz bietet ’ (Ried-Mörel), bin der Schäärutannu ‘ bei der Tanne, die Schutz bietet ’ (Betten), dazu drei weitere Schärtanna (Blitzingen, Grengiols, Oberwald) und der Schärutrog ‘ der Brunnentrog mit einem Schutzdach ’ (Mund). Etwas unklar ist ts Schäreglutte ‘ zum Tümpel beim Schutzunterstand (? ) ’ (Grengiols). Komplexer sind das dazu gehörende t Schäreglutteweng ‘ die Grasabhänge bei ts Schääreglutte ’ (Grengiols) und ts Schäärutachschiirli ‘ die kleine Scheuer beim Dach, das Schutz bietet ’ (Baltschieder). Noch komplexer sind der Schäre in Tschampige Wiissi ‘ der Schutzunterstand bei der Stelle mit weissen Felsen der Alpe Tschampigen ’ (Binn) und das historische beÿ Christen Andres Scherentach ‘ bei Christen Andres ’ Schermdach (Dach als Schutz vor Wetter) ’ (1703, Zeneggen). Schaatet Schaatet ist einmal in Leukerbad als t Schaatet ‘ der kleine Hügel ’ belegt. Historisch belegt ist 1756 im Schantet, eine maskuline Form. Auf SK wird deutlich, dass das Stück Wiese sich ausserhalb des alten Dorfes befand, aber im relativ flachen Teil; heute ist die Gegend überbaut. Der Name ist wohl zu frz. chanteau im Sinn von ‘ kleiner Hügel, Anhöhe ’ zu stellen (G PSR 3, 321, 5°). / n/ ist in dieser Umgebung geschwunden (Denasalierung im Patois). Das auslautende - ET deutet auf eine maskuline Ableitung auf - ITTU hin, eine sonst unbelegte diminutive Form des Etymons (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287). R. G RICH- TING (1993) kennt den Flurnamen nicht. Schachel Schachel ‘ Gruppe von Pflanzen ’ m. ist nur einmal in der Schachel (Betten) belegt. Es ist zu schwdt. Schachel m., Dim. Schacheli ‘ Gruppe zunächst von Bäumen, dann auch von Stauden, Pflanzen überhaupt ’ , Nebenform von Schache(n) (I D . 8, 102) zu stellen. G RICHTING (1998) kennt das Wort nicht. I D . weist das Wort nur für Graubünden nach, laut der Datenbank www.ortsnamen.ch ist es 1541 als ts Schachel (Wallisellen ZH) belegt. Das deutet auf weitere Verbreitung hin. Schadaratz (FaN) Schadaratz (FaN) ist nur 1530 in Mühlebach als Schadaratzmatten ‘ die Wiese der Familie Schadarat ’ belegt. 1528 ist eine Anne Schadarratz in Ernen bezeugt; es handelt sich wohl um einen Genitiv zum FaN Schadarat oder ähnlich; der FaN ist sonst nicht belegt. Schafinu Schafinu ‘ J UNIPERUS SABINA , Sefistrauch ’ (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 92) ist als Tschafine (FLNK, Leukerbad) und der Tschafinuwald (Leukerbad) belegt. R. G RICHTING (1993, Blatt 21 Tschafinä und Blatt 22, Nr. 9) kennt den Namen als Tschafinä. Anlautendes / t/ wird als agglutinierter Artikel verstanden. Vermutlich ist der Flurname aus dem Frpr. übernommen, vgl. FEW (11, 5 s. v. sab ī na sadebaum), vgl. aber auch schwdt. Sefi m., n. ‘ Sade-, 37 38 Schafinu <?page no="24"?> Sevebaum, Juniperus Sabina ’ , ahd. sevin, sevina, aus lat. (herba) sabina (I D . 7, 341; M ARZELL 2, 1094 ff.). Schäfrätschä Schäfrätschä ist ein Plural, der nur in t Schäfrätschuweng ‘ die Grasabhänge bei den Schäfrätschä ’ (Blatten) belegt ist. FLNK hat Tschäfrätschuwang. Gwp. sagt, <schäfrätschä> seien “ plattenförmige Steine ” . Zu vermuten ist, dass das HL eine Zusammensetzung des Adjektivs wdt. tschëb ‘ schief ’ , wdt. tschäb ‘ schief, schräg ’ (I D . 14, 1687; G RICHTING 1998, 199) und des schwdt. Nomens Rätsche n ‘ Hanfbreche ’ , wdt. Rätsche, Rätscha (Lötschental, Flachs), Rätschu ‘ Flachs-Brechgerät ’ (I D . 6, 1843 ff.; G RICHTING 1998, 160) ist, womit die Felsplatten verglichen werden. Der Flurname trennt den femininen Artikel / t/ hyperkorrekt vom Stamm; das / f/ an Stelle des / b/ lässt sich aus der Zusammensetzung erklärgen. Der Name meint also den metaphorischen Vergleich einer schiefen Hanfbreche mit den Felsen. Schalch Schalch m. ist nur 1470 in Naters als am Schalchberg belegt. Da das Dokument den Schalchberg der Pfarrei Naters zuschreibt, die damals den ganzen späteren Bezirk Brig umfasste, kann der Schalchberg auch in Ried- Brig vorhanden gewesen sein. Der im Dokument erwähnte Nikolaus Wala (AWWB 289) könnte aus Ried- Brig kommen. 1386 ist tatsächlich der spätere Schallberg als Schalchberg für Ried-Brig belegt (er ist dort zum HL S CHELB gestellt). Obwohl das HL S CHALCH in I D . (7, 673 ff. s. v. Schalk, Schalch) als ‘ Knecht ’ usw. belegt ist und auch als FaN gebraucht wird, ist vermutlich der Schalchberg identisch mit dem Schallberg in Ried-Brig. Diese Deutung versteht den Namen gegen den Wortsinn, sodass als Deutung ‘ der Berg, der dem Schalch (Diener, ev. Personennamen) gehört ’ erscheint. Sinnvoller wäre wohl ‘ der steile Berg ’ . Schaldonier Schaldonier ist lebend als t Schaldonier (Leuk, FLNK, 1: 10000 und LT Schaldonier) belegt. auch 1589 im Tschaldenier, das sich bei Agarn befindet, aber zu Leuk gestellt ist, gehört hieher. Weitere historische Belege sind 1670 Zschaldenier, 1703 jm Zschaldenier, 1703 jm Tschaldonier, 1706 jm Schaldenier usw. Der Genuswechsel ist 1711 in die Tschaldeniere (Wiese) angedeutet; heute scheint das Femininum usuell geworden zu sein, wenn nicht ein Plural gemeint ist. Die Deutung ist sehr schwierig, weil üblicherweise / l/ vor / d/ früh vokalisiert wurde (vgl. frz. chaud < lat. C Ă L ( Ĭ ) DUS ). Zwar ist in Leuk di Galdinu (1203 caldana) belegt, aber vor der Veränderung von anlautendem / c/ zu / t š / . Das sonst etwa gebrauchte caldana ‘ warme Quelle ’ orientiert sich am Lateinischen. Das hier weiter verwendete Ableitungssuffix müsste maskulin sein, also wohl - ARIU (B OSSARD / C HAVAN 2009, 288). Da aber der älteste Beleg von 1589 stammt, kann der Flurname nicht gedeutet werden. Schales Schales ist nur 1514 in Varen als ad cristam dou schales belegt. Während crista ‘ Bergkamm ’ gut belegt ist, kann dou schales vermutlich zu FEW (17, 8 ff. s. v. *s ă l (anfrk.) einraumhaus) gestellt werden, wobei das auslautende -s dem generalisierten Akkusativ entspricht. Vgl. hierzu auch B OSSARD / C HAVAN (2006, 219 s. v. Sala, Sales) ad cristam dou schales wäre dann ‘ der Bergkamm beim Sall (Haus) ’ . Schali Schali ist zu Schali ‘ kleine Schale ’ (I D . 8, 553) zu stellen; die Form mit kurzem Vokal ist als Beleg von M ORITZ T SCHEINEN (damals Pfarrer in Grächen) angegeben. Ob Schali auch zu Sch ă le n ‘ Schale ’ und wdt. Schala, Schalä (Goms), Schalu ‘ Schale ’ (I D . 8, 542; G RICHTING 1998, 168)) zu stellen ist, bleibt zwar unsicher, ist aber wohl naheliegend. Die weitaus meisten Belege bilden ein Namennest mit dem namengebenden Zentrum Schali ‘ kleine Schale ’ (Randa, Täsch), eine sandige Ebene im Mattertal zwischen Täsch und Randa, die an eine Schale erinnert. Hierzu gehören das Inner und das Üsser Schali, das Voder und das Hinner Schali, dann Schaliäbi, Schalibach, Schalibrigga, Schalichi, Schaligrat, Schalihorn, Schalijoch, Biwak Schalijoch SAC, Schalisand und wohl auch der historische Beleg in Schalen (1680, Täsch). Die SK schreibt übrigens immer Schalli und hat als einzige auch das Ober Schallijoch (Randa). In St. Niklaus gibt es drei historische Belege, die vermutlich zum Lemma Schali gehören: Jn Schalun (1506, wohl Wohnort des im Beleg Genannten), am Schalen Sandt (1620, St. Niklaus), wohl das Sandgebiet bei Schalen, im Schalenberg (1700) (unklar mangels Kontext). Ganz unklar ist der Beleg Schalam (1659, Eggerberg); es handelt sich um eine latinisierte Form im Akkusativ Singular Feminin; das Grundwort ist wohl Schale n in einer seiner Bedeutungen, die ohne Kontext nicht spezifiziert werden kann. In Erschmatt wird eine Wasserleite (aquaeductum) Schalen (1709) genannt, ebenso in Varen ob der Schalen Wasserleÿtten (1665) - es ist also eine Wasserleite, die von oder nach Schalen führt. Auch hier bleibt unklar, ob es sich um Schali ‘ kleine Schale ’ handelt oder das sonst belegte Sch ă le n . Eine Diskussion dazu bringt URNB (3, 50 f.), das auch lat. scala ‘ Leiter, Treppe ’ ins Spiel bringt. Das dürfte für Randa und Täsch kaum zutreffen (lat. SCALA wird frz. Schäfrätschä 39 40 <?page no="25"?> échelle (T AGMANN 1946, 65), it. scala würde zu Schgala). Auch die Belege zu Schalen in Erschmatt und Varen legen diese Herleitung nicht nahe. Schalido Schalido kommt zweimal in Albinen vor: 1695 en schalido und 1683 in planschalÿdo. Es handelt sich wohl um den gleichen Namen wie Saleydo zu lat. SAL ‘ Salz ’ : ‘ der Ort, wo dem Vieh Salz gegeben wurde ’ (cf. HL S ALEYDO ). Schaliiri Schaliiri ist nur als Schaliiri (FLNK, Albinen) belegt, aber auch bei M ATHIER (2006, 35) erwähnt. Er führt es S. 11 auf lat. CARRARIA , frpr. tsariri ‘ Weg ’ zurück (cf. G PSR 3, 369 ss. s v. charrière; FEW 2, 412 ff. s. v. *carraria fahrweg; T AG- MANN 1946, 15). Die Wiedergabe von / r/ als / l/ entspricht einer Dissimilation im Romanischen. Schaliwie Schaliwie ist eine nur historisch belegte Form in Albinen. 1640 ou Saliuie, 1670 jn Schaliwie, 1675 en Schalauie, 1693 im Schalaui, 1716 im Schaluwe, 1717 in Schaloweÿe. Das von FLNK notierte Schaliiri gehört kaum hieher, sondern zum HL S CHALIIRI . Es handelt sich um einen frpr. Namen, der allerdings spät überliefert ist. Die Form - zunächst mit / s/ am Anfang, später immer / š / - legt ein Wort š ala ‘ Saal ’ (T AGMANN 1946, 81 mit Verweis auf M EYER (1914, 84) als ‘ Schuppen, Remise ’ gedeutet) nahe, das mit dem Patois- Wort ivoue ‘ Wasser ’ (G PSR 6, 2b s. v. eau) zusammengesetzt wäre; wir gehen dann davon aus, dass š ala hier ähnlich wie im HL S ALL verwendet wird und das Ganze etwa ‘ saalartiges Gelände mit Wasser ’ heisst. G. P ANNA- TIER (p. c.) setzt frpr. châ ‘ Salz ’ (FEW 11, 76 s. v. sal) und ivoue ‘ Wasser ’ an, hat aber dann das Problem, dass das dialektal verschwundene / l/ wieder erscheint. Schall Schall ist als HL sehr unsicher. Einige Belege gehören zum HL S CHELB ‘ schräg ’ mit Assimilation des auslautenden Konsonanten an das folgende HL (z. B. t Schallmatta (Zeneggen) mit historischen Belegen wie 1310 Schelbmatta), andere wohl zum HL S CHALI ‘ kleine Schale ’ . Als relativ sichere Belege bleiben: der Schallture ‘ der Schallturm (Felsturm mit Echo) ’ (FLNK, Oberwald) und t Schaumeder ‘ die Mähwiesen mit Echo (? ) ’ (Binn). Die l-Vokalisierung spricht eher gegen das HL S CHELB ; historisch ist seit 1817 Schal oder Schall belegt; es kann sich aber trotzdem um das HL S CHELB mit Assimilation handeln. Ganz unklar ist Manschaal (FLNK, Erschmatt; cf. HL M ANSCHAAL ). Die Betonung ist nicht notiert, das Genus auch nicht. Da Erschmatt in ursprünglich bilingualen Bezirk Leuk liegt, könnte auch ein rom. Wort vorliegen. Es handelt sich um eine hochgelegene Stelle (2563 m) im Fäselgrat oberhalb Erschmatt. Eine Deutung ist nicht möglich. Schallbetter (FaN) Schallbetter (FaN) ist entweder der FaN Schallbetter, Schalbetter, Schelbetter, seit dem 15. Jh. bekannte Familie des Nikolaitales (AWWB 233), laut Register HRBS aber auch sonst im Oberwallis vorkommend, oder generell bezogen auf eine Flur Schallbett (cf. HL S CHELB ). FaN sind wohl der vorangestellte Genitiv in Schalbettersbrúnnen ‘ die Quelle der Familie Schallbetter ’ (1745, Ergisch) und in turri Schalbettero ‘ im Turm der Familie Schalbetter ’ (1661, St. Niklaus). Die übrigen Belege enthalten Schallbetter als vorangestellten Namen Schallbetter Mayen ‘ das Maiensäss der Familie Schallbetter ’ (1927, Salgesch), t Schallbetterflüe ‘ die Fluh der Familie Schallbetter ’ (Zermatt). Unklar ist die Situation in Gampel. Es gibt dort einen Namen t Schallbletträ, der wohl als nachträgliche Semanitisierung des zweiten Teils zu Blatt gebildet würde. Der Weg dorthin heisst aber Schalbetterwäg, was wiederum das sonst gut bezeugte Schalbett erwarten lässt. Davon deutlich entfernt liegt tiefer Schalblettischteelu ‘ die Dähle (Föhre) der Familie Schalbletter ’ , wo das / l/ wohl in Anlehnung an t Schallbletträ gesetzt wurde. Schaller (FaN) Schaller (FaN) ist ein FaN, auch Schaler. Ihn trägt eine alte Familie des Bezirks Visp, die ihren Namen vom Amte eines Schallers (Ausrufer) oder vom Weiler Schali (bei Täsch) übernommen hat, ebenso wie die Familie von Schallen, deren Zweig sie vielleicht ist (AWWB 233). Der Name ist im Simplex Singular als Schaller (FLNK u. LT, Visp) belegt, in einem Wald auf ca. 1300 m Höhe auf der linken Seite von Vispertal und Rottental. Die gleiche Flur ist bei M. S. als der Schallerwald (Visp, FLNK Schallerwald) belegt. Es könnte sich beim Simplex um eine abgekürzte Form des Namens handeln. Der Genitiv erscheint zweimal als ts Schalisch Äbi ‘ der Abhang der Familie Schaller ’ (Eggerberg) und ts Schalisch Brunni ‘ das Gebiet mit Quellen / Brunnen der Familie Schaller ’ (Törbel). Er bezieht sich wohl auf die Kurzform ts Schali ‘ der Mann mit dem Namen Schaller ’ . Als Bestimmungswort ist Schallengru ᵕ nd ‘ der Grund der Familie Schaller ’ (1850, Eyholz) und der Schalerwald ‘ der Wald der Familie Schaller ’ (Eggerberg) belegt. Im ersten Fall kann auch ein verhochdeutschter schwacher Genitiv Singular vorliegen. 41 42 Schaller (FaN) <?page no="26"?> Schälmu Schälmu ist in der Schälmuturu ‘ der Schelmenturm ’ (Leuk) belegt. Laut Beschreibung handelt es sich um das alte Bischofsschloss. Schälmu ist zu schwdt., Schel, ‘ verbrecherisch veranlagter, ehrloser, schlechter Mensch, Bösewicht, Schurke ’ , ‘ schlauer, neckischer Mensch, Schalk ’ , ahd. scelmo, mhd. schelm(e) und wdt. Schelm, Schelum ‘ Schelm ’ (I D . 8, 692 ff.; G RICHTING 1998, 169) zu stellen. Das offene / ä/ des Wortes entspricht der Leuker Aussprache. Heute ist das Bischofsschloss restauriert und von Architekt Mario Botta mit einer Glaskuppel versehen. Schamoniere Schamoniere (FLNK) ist in Albinen belegt; M ATHIEU (2006, 15) kennt es als Schamoniiri / Saboniiri, S. 29 wird es als Hinner Schamonieri erwähnt. Historische Belege sind: 1675 in die Schauanirÿ, 1675 in die Schauaniere, 1693, in die Schauanire, 1722 ind Schawoniere, 1753 in die Schammoniere. In M ATHIEU (2006, 11) wird es versuchsweise auf frpr. tsavannes ‘ die Hütten ’ zurückgeführt (FEW 2, 244 ss.). Die Endung -iere oder - ist auf das kollektive lat. - ARIA zurückzuführen. Die Deutung wäre dann ‘ bei den Hütten ’ . Heute befindet sich hier Wald; von Hütten ist nichts zu sehen, sodass die Deutung unsicher ist. Die Zuweisung zum HL T SCHARMONIIRI ist kaum haltbar. Schandarm Schandarm m. (frz. Gendarm) ist zu schwdt. Schandarm m., Pl. Schandarma ‘ Gendarm ’ und wdt. Schandarm, Schandaarum ‘ Gendarm, Polizist ’ (I D . 8, 900; G RICHTING 1999, 168) zu stellen. Im alpinistischen Gebrauch ist ein aufragender Felsturm gemeint, auch Gratturm genannt. Belegt sind der Gross Schandarm ‘ der grosse Gratturm ’ (Randa), der Lochmatterschandarm ‘ der Gratturm, der von Franz Lochmatter (1878 - 1933) als erstem bestiegen wurde ’ (Randa) und Schandarm (Grand Gendarme) ‘ der Gratturm ’ (Randa). Schaneessli Schaneessli ist in Varen als im Schaneessli belegt. Es handelt sich um eine Wiese, die als Schafweide gebraucht wurde, am alten Weg zur Dala-Schlucht. Die Form ist sehr unklar; während das Wort Tsang oder Tschang (> Schan) zu lat. CAMPU - ‘ Feld ’ zu stellen ist (T AGMANN 1946, 57), ist die Endung wohl zusammengesetzt aus - EESS - (vermutlich einer Ableitung auf - ICIA (? )) und - LI ; letzteres wäre ein deutscher Diminutiv. Mangels historischer Belege kann nichts Sicheres gesagt werden; als Übersetzung wird gegeben ‘ das Feld für das Kleinvieh ’ , wobei die Deutung unklar ist. Schangenare Schangenare ist nur historisch in Leuk 1697 als jn Jangenare, 1709 und 1783 als jn Schangenare und in Schangenare belegt. Es handelt sich wohl um eine patois-Form schang zu lat. campus ‘ Feld ’ und frz. champ (T AGMANN 1946, 57). Unklar ist, ob das auslautende / g/ hier auch zum zweiten Teil gehört. Wenn ja, könnte ein PN vom Typ Genare gemeint sein. F ÖRSTEMANN (1, 682) kennt Genard und Genear, die ansatzweise vergleichbar sind. Wenn das / g/ nicht zum zweiten Teil gehört, ist entweder ein PN zum Typ Enare (vgl. hierzu Einhard und Einhart bei F ÖRSTEMANN (1, 39)) oder eine Kombination von Ableitungen möglich. Die späte Überlieferung des Flurnamens macht eine sichere Deutung unmöglich. Schantram Schantram ‘ die kleine Weide-Parzelle ’ ist nur 1550 in Inden als per Schantram belegt; mehr wurde von M. S. nicht notiert. Da per lateinisch ist und den Akkusativ verlangt, ist wohl Schantra die Form des Flurnamens. Die Etymologie des Flurnamens ist umstritten: M EYER (1914, 162) setzt cinctra an, ohne es zuweisen zu wollen, T AG- MANN (1946, 58) gibt für das deutsche Salgesch t š é ̨ ntre an und führt als Deutung ‘ petite parcelle de pâturage ’ (kleine Weide-Parzelle) an. B OSSARD / C HAVAN (2006, 109) haben unter anderem Chentre an, deuten es aber eher als ‘ [b]ord, limite ’ (Rand, Grenze), besonders aber als Ort, wo der Pflug gewendet werden konnte. Da im Oberwallis Pflüge kaum vorkamen, gilt wohl die erste Deutung, die von G PSR (3, 581 ss.) auf lat. canc ě re ‘ grillage, clôture ’ (Drahtzaun, Umfriedung) zurückgeführt wird. J ACCARD und andere führen es auf lat. cinctura ‘ Gürtel ’ zurück, was den Anlaut nicht erklären würde. Lautlich ist wohl G PSR zu folgen. Schaping Schaping ‘ bei der Tanne ’ ist 1736 in Leuk als im Schaping belegt. Vermutlich ist frz. sapin ‘ Tanne ’ zu Grunde liegend (FEW 11, 214 s. v. *sappus tanne), z. B. sapin ‘ abies ecxelsa ’ . wohl eher Abies alba ‘ Tanne ’ (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 84). Schappel Schappel, mit l-Vokalisierung Schappu, ist nur in Binn belegt. Hier gibt es ein Namennest, teilweise mit Schapler gebildet, dessen Kern unklar ist. ts Schaputi (FLNK Schapelti) ist als Diminutiv der einzige Beleg mit dem Simplex. Sonst treten Schapel und seine Varianten als Bestimmungswörter auf. Betrachtet man die Lage der Namen, ziehen sie sich vom Schaputi und der Schapulmatta über den Schaplerstafel und den Schappelerchäuer bis hinauf zur Schapleralpa mit dem Schaplersee. Mit Schälmu 43 44 <?page no="27"?> Schapel / Schapu gebildet finden sich neben den schon genannten auch Schapelbach (1485), Schappubode, Schappugrabe, Schappumatta, Schappumattewaud und Schappuwase. Eine Deutung ist schwierig. Es gibt schwdt. Schappel, Schäppel m., Pl. Schäppel, Tschäppel, Tschäppla, Dim. Schäppeli ‘ Kranz (aus natürlichen oder künstlichen Blumen, Laub) ’ , übertragen nach der Ähnlichkeit der Form, mhd. schapel n., aus frz. chapel (I D . 8, 990 ff.). Eine andere Möglichkeit geht aus vom Diminutiv von Schable n ‘ Schabwerkzeug, Mist-, Heugabel ’ (I D . 8, 20), das auch metaphorisch verstanden werden kann. Ein FaN (wie ursprünglich auf Grund von Schabler angenommen) ist eher unwahrscheinlich; der Kern der Namen enthält sicher Schappel / Schappla, das aber unklar ist. Schärlich Schärlich m. ist ein Pflanzenname, der zu schwdt. Schärling, Schärlech m., (f.) ‘ Schierling; gem. Bärenklau; Wiesenkerbel ’ , ahd. scer(i)ling < scer(i)ning (I D . 8, 1261 ff.) zu stellen ist. Belegt ist das HL in der Schäärlich (Mund) und der Schärlichwang ‘ der Grasabhang mit Schärlich ’ (Oberwald). In Oberwald nennt Gwp. die Pflanze ‘ wilder Rhabarber ’ . I D . kennt mehrere Pflanzen, von denen am meisten H ERACLEUM SPHONDYLIUM ‘ Wiesen-Bärenklau ’ oder eine seiner Subspecies genannt wird (M ARZELL 2, 819 ff.; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 992). Es kommen aber auch andere Pflanzen in Frage. Scharsü Scharsü, ist als Tscharsü (Salgesch, FLNK, Tscharsü) mit integriertem Artikel t belegt. M ATHIER (2015, 55) nennt Tscharsü und führt es auf frpr. chargeoir ‘ Aufladeplatz ’ zurück. Auch T AGMANN (Ms. 120) kennt den Namen als Scharsü und führt ihn auf einen Beleg von 1353 chargjours zurück, einen altfrankoprovenzalischen Ausdruck, der dt. als ‘ Aufladeplatz ’ zu verstehen ist. In Salgesch sind neben dem HL auch t Scharsüblattu ‘ die Felsplatten oberhalb des Gebietes Scharsü (Aufladeplatz) ’ und t Scharsü Matten ‘ die Wiese beim Gebiet Scharsü (Aufladeplatz) ’ (1880, Salgesch) belegt. Beide finden sich nicht in M ATHIER (2015). Scharte Scharte f. kommt nur in Eggerscharte (FLNK u. LT, Binn) vor. Das HL ist zu schwdt. Scharte n f. eig. ‘ Scharte (in der Schneide eines Messers, Beils etc.) ’ , übertragen auf die Geländeform ‘ Einschnitt, scharfe Einsenkung in einem Bergrücken ’ (nur in FlN), mhd. scharte f. (I D . 8, 1307 f.) zu stellen. Egger bezieht sich auf die Eggeralpe (cf. Nr. 4606 und seine Beschreibung). Schatiour Schatiour ist nur einmal belegt in la La dÿs Schatiour (1490, Salgesch). Eine Deutung ist nicht möglich, da La als feminines Substantiv nicht belegt ist und Schatiour auch nicht. Die Konstruktion legt einen Genitiv Plural nahe, was für einen FaN Schatiour spricht; er ist allerdings auch nicht belegt. Schatonnji Schatonnji n. ist in Salgesch als Schatonji (FLNK), historisch als Cathony (1485, Salgesch) und in Varen als Schatonnji (nur historische Belege) belegt. Weiter kommen Schatonnjiheehi (FLNK, Varen) und der Schatonnjiwäg (Salgesch, Varen) hinzu. Es handelt sich in beiden Fällen um die gleiche Alpe. Die historischen Belege für Varen haben 1388 chattonÿe (Kopie), 1388 chattoniÿe, 1409 de catthogny, 1473 de chatogny und de chatognye, 1474 de chatonie, 1569 chattonier, 1834 Schattonji. M ATHIER (2015, 30) weist für Salgesch zwei weitere historische Belege nach (1388, 1444) und stellt den Namen zu tsan < lat. campu ‘ Feld ’ und to(g)no / tü(g)ni ‘ Berggipfel ’ , wobei er sich bei Letzterem auf T AGMANN (1946, 46 u. 79) bezieht, der den PN Antoine in den genannten Formen für den Steinmann angibt. Die Herleitung von tsan ist kaum haltbar, da keiner der Belege ein / n/ enthält (vgl. M EYER 1914, 161 mit chan, champ). Bei einer Alpe ist ein Baumname wie castanea kastanie, kastanienbaum (FEW 2, 463 ff.; G PSR 3, 428 ss.) ausgeschlossen. Auch hat kein dort beleges Etymon ein / o/ an Stelle des / a/ in der zweiten Silbe. Nicht ausgeschlossen hingegen wäre ein FaN wie Chastonay (AWWB 58) als frühere Besitzer der Alpe. Das auslautende -ji wurde offenbar sekundär als dt. Diminutiv verstanden und das Genus deswegen als Neutrum gedeutet. Kaum hieher gehört der Beleg la La dÿs Schatiour (1490, Salgesch) (cf. HL S CHATIOUR ). Schatt Schatt ‘ Schatt(en) ’ ist zu schwdt. Schatt, Schatte(n), Schatto m. ‘ Schatten ’ , ahd. scato m. (Gen. scat(a)wes), mhd. schate, schatewe, wdt. Schatte (I D . 8, 1488; G RICHTING 1998, 169) zu stellen. Davon abgeleitet ist das Adjektiv schwdt. schattig, schattmig (Assim. aus spätmhd. schat(e)wic) (I D . 8, 1488 ff.). Flurnamen mit diesem HL bezeichnen Gebiete, die nördlich ausgerichtet sind und wenig Sonneneinstrahlung aufweisen. Das Simplex zum Schatto ‘ beim Schatten ’ (Guttet, 1580) ist unsicher (es könnte sich hier auch um einen rom. Namen, ev. zu frz. château (G PSR 3, 429 f.; B OSSARD / C HAVAN 2006, 214, das allerdings in den patois-Formen immer tshat) handeln). Ebenfalls nicht ganz klar ist im Schatte ‘ im Schatten ’ (1390, Zermatt). Eine - ER -Ableitung 45 46 Schatt <?page no="28"?> stellt am Schatter (1634, Naters) dar; ähnlich unklar ist im Schattet ‘ im Gebiet mit Schatten ’ (1710, Leuk), wo ein rom. Name (siehe oben) ebenfalls nicht ausgeschlossen ist. Als Bestimmungswort ist Schatt vor allem in ts Schattehalb ‘ die Schattseite ’ vertreten (Oberwald, Obergesteln), hierzu auch Geere Schattehalb ‘ die Schattseite des Gerentals ’ (Oberwald); zu Halb siehe I D . (2, 1165 ff.) dazu kommen Schatbalmon ‘ der nördlich liegende überhängende Felsen ’ (Täsch, 1388), t Schattblatte ‘ die Felsplatten auf der Schattseite ’ (Binn), Schattenbrunnen ‘ die Quelle im Schatten ’ (Bratsch, 1703) und im gleichen Jahr am gleichen Ort zum Schatten Rothen ‘ der Rotten im Schatten ’ , zem Schatthuisin ‘ beim kleinen Haus mit Schatten ’ (Blatten), Schattuflüe ‘ die Fluh auf der Nordseite ’ (Inden, Varen), Schattuwald ‘ der Wald auf der Schattseite ’ (Visperterminen). der Schattmerplatz ‘ der schattige Platz ’ (Gluringen, FLNK Schattmetplatz) nimmt die Adjektivform auf und erweitert sie je nach Lesart mit - ER oder - ET . Letzterem liegt wohl das sonst nicht belegte Schattmet ‘ das schattige Gebiet ’ zu Grunde (beide ev. zum Verb schattmen ‘ schattig werden ’ (I D . 8, 1494; zum Suffix - ET vgl. S ONDEREGGER 1958, 524) Die Adjektivildung ts Schatmig Erb ‘ das schattige Erbe ’ (Visperterminen), t Schatwigu Haalte ‘ die schattigen Halden ’ und - unsicher - Schüáttig Graben ‘ der schattige Graben ’ (1587, Eyholz) nehmen die ältere Form des Adjektivs auf. Ganz unklar ist das dreimal belegte Schotlerchen (1582), resp. Schattlerchen (1896) (Münster), das zum HL L ÄRCHE passt; dennoch ist ‘ die Schattenlärche ’ unsicher, es könnte sich um eine Uminterpretation von schatte n lächtig ‘ schattig ’ (I D . 8, 1495) oder ähnlich handeln. Die Ableitung Schattärra ‘ Gebiet mit Schatten ’ (Kippel, Wiler) verwendet das Suffix - ERRA (S ONDEREGGER 1958, 471), hier wohl einfach für ein Gebiet, das viel Schatten hat. Schatz Schatz ist als Flurname gut belegt, aber schlecht deutbar. Es ist zu schwdt. Schatz m., Pl. Schätz, Schetz ‘ reicher Vorrat, bes. an Geld, Kostbarkeiten u. ä. ’ , ‘ Auflage, Abgabe, Steuer ’ , ‘ amtliche Schätzung, auch Ergebnis einer solchen ’ , ‘ gerichtliche Schätzung; Pfändung, Konkursverfahren ’ , amhd. sc(h)az m. ‘ Geld(eswert), Abgabe ’ (I D . 8, 1637) zu stellen. Wie URNB (3, 61) ausführt, ist kaum eine Stelle mit einem verborgenen Schatz gemeint (wie von I D . vorgeschlagen), sondern entweder eine ‘ Schätzung ’ (z. B. des Viehs) oder ‘ wertvolles, ertragreiches Gut ’ ; die genaue Bedeutung lässt sich meist nicht feststellen. Bei G RICHTING (1998, 169) ist wdt. Schazz nur in der Bedeutung ‘ Schatz, Liebste, Liebster ’ vertreten. Das Simplex ist nur im Plural uf de Schatzu (Törbel) belegt, beschrieben als Waldebene, trockener Boden, was unmittelbar keine Deutung zulässt. Komposita mit Schatz als Bestimmungswort enthalten die Grundwörter Balma, Blatta, Egga, Matta, Rundell und Ture. Einen Spezialfall bildet das nur historisch belegte Scha ᵉ tzigo Treiun (1584, Eisten), wo entweder ein Familienname mit kollektiver - IG -Ableitung im Genitiv Plural vorliegt, also ‘ die Viehweglein der Familie Schätzig ’ , oder ein Herkunftsname, also ‘ die Viehweglein der Leute von Schatz ’ . Beide Deutungen lassen sich nicht durch weiteres Material unterstützen. Schauben (FaN) Schauben (FaN) ist belegt in Schauben Matta ‘ die Wiese der Familie Schauben ’ (Unterbäch), zer Schauben Matten ‘ bei der Wiese der Familie Schauben ’ (Oberems), Schöübumatta ‘ die Wiese der Familie Schauben ’ (FLNK, Bürchen) und ts Schöübuneggi ‘ die kleine Ecke der Familie Schauben ’ (Unterems). Der FaN ist als Schauben oder Schouben bezeugt, eine seit 1455 genannte Familie von Eischoll, die sich später auch in Leuk, Raron, Niedergesteln, Steg und an anderen Orten niederliess (AWWB 234). Schauinen Schauinen ist nur einmal belegt: jn Schauinen Haús ‘ im Haus der Familie Schauwi ’ (1675, Mörel). Es handelt sich um einen Genitiv zu Schauwi, das ev. zum FaN Schauben gestellt werden kann (AWWB 234). Intervokalisches / b/ kann zu / w/ werden, doch gibt es sonst keine Belege für diesen Prozess beim FaN Schauben. Eine Herleitung von Schöüb ‘ Strohbündel ’ (G RICHTING 1998, 176) ist inhaltlich schwierig, lautlich aber möglich. Schauren Schauren ist nur als zer Schauren ‘ bei der Scheuer ’ (1718, Agarn) belegt. Es handelt sich um eine hyperkorrekte Form zu Scheuer, das im Dialekt als t Schiir (entrundet aus t Schüür; vgl. I D 8, 1210 ff.; G RICHTING 1998, 170 zu wdt. Schiir) erscheint (cf. HL S CHIIR ). Schecherna Schecherna ist ein HL, das nur 1652 als Schecherna in Zwischbergen belegt ist. Der historische Beleg sagt, es handle sich um einen Wald, der an dem Thÿribi entlang bis an das Tÿrli geht. Es handelt sich vermutlich um den heutigen Namen Chäscherna (cf. HL C HÄSCHERA ) in Zwischbergen. Schatz 47 48 <?page no="29"?> Schee Schee Adj. ‘ schön ’ ist zu schwdt. sch ō n, schö: n, sch ē n ‘ glänzend, leuchtend; klar, hell, heiter; rein, sauber, hübsch ’ , ahd. sc ō ni, mhd. sch œ n (I D . 8, 838 ff.) zu stellen. Ein Blick in G RICHTING (1998, 168) zeigt das Adverb schee ‘ viel, stark, schnell ’ , das Adjektiv scheen ‘ gross, stattlich ’ mit dem Beispiel scheeni Fröi ‘ stattliche Frau ’ und das Verb scheene, scheenä (Goms), scheenu ‘ abschälen, schinden ’ . Das Adjektiv für ‘ schön ’ dagegen ist v. a. hibsch ‘ schön, hübsch, viel ’ (G RICHTING 1998, 106 u. HL H IBSCH ). Neuerdings wird schön (mit / ö/ ) wieder verwendet, vermutlich unter hdt. Einfluss (Daten des Projekts Üsserschwyz). Daraus folgt, dass schee und das davon abgeleitete Scheeni meistens Bedeutungen wie ‘ schön gelegen, nutzbringend, gut bearbeitbar ’ , teilweise vielleicht auch ‘ gerodet ’ oder ‘ von Steinen gesäubert ’ aufweist (vgl. dazu auch BENB 1, 5, 779 f. mit den dortigen Verweisen). Das Adjektiv erscheint in den meisten Fällen als Attribut, seltener als Bestimmungswort in Komposita, wobei der Typ der Schee(n) Biel ‘ der schöne Hügel ’ mit rund 40 Belegen weitaus an erster Stelle steht (die Komposita vom Typ Scheenbiel und komplexere Fälle sind miteinbezogen). Der Typ ist als der Schee Biel (Naters, Raron), der Scheen Biel (Hohtenn, Saas-Almagell, Saas-Fee, Zermatt), der Scheen Bieu (Binn), inu Scheenu Biel (Mund), ufum Scheenu Biel (Glis, Ried-Brig) und in den Pluralen t Scheene Biela (Fieschertal, Lax, Mühlebach), t Scheene Biele (Gluringen, Reckingen) belegt. Historisch erscheinen auch am Schönen Biel (1614 u. später, Ried-Mörel), am Scho ᵉ nen Biell (1560, Täsch) und der Scho ᵉ n Bu ᵉ l (1477 u. später, Stalden) und dem Diminutiv au ᵕ f dem Schönen Bieltin (1462 u. später, Ulrichen). Das Kompositum ist belegt als der Scheenbiäl (Ferden, zwei Belege), der Scheenbiel (Ausserberg, Eggerberg, FLNK Ferden), Schönbiel (FLNK u. LT, Betten), jn den Schonenbu ᵉ l (1485, Steinhaus), zem Schenenbu ᵉ l (1465 u. später, Baltschieder, mit der unüblich frühen Entrundung bei / ö: / ). Auch komplexere Konstruktionen sind bei diesem Typ zu finden: der Ober und der Unner Scheenbiel (Betten, Törbel), Bälärru Scheenun Biel ‘ auf dem schönen Hügel der Leute von der Alpe Bäll ’ (Naters), uf Lüsgeru Scheenu Biel ‘ auf dem schönen Hügel der Alp Lüsga (Aussicht) ’ (FLNK, LT, Naters), t Hinnere und t Vodere Scheene Biela ‘ der hintere (taleinwärts liegende) und der vordere (talauswärts liegende) Teil der schönen Hügel (Schafalpe) ’ (Fieschertal), dr Scheenbieältreien ‘ der Schafweg im Bereich Scheenbiäl (schöner Hügel) ’ (Ferden), dr Scheenbiältritt ‘ der Tritt (Durchgang) beim Scheenbiäl (schöner Hügel) ’ (Ferden), der Scheen Bielgletscher ‘ der Gletscher beim schönen Hügel (SAC-Hütte) ’ (Zermatt, LT Schönbielgletscher), Schönbielhorn ‘ das Schönbielhorn (Gipfelname, benannt nach Schönbiel (Scheene Biel) darunter) ’ (LT, Zermatt), Schönbielhütte SAC ‘ die SAC- Hütte im Bereich Schönbiel (Scheene Biel) ’ (LT, Zermatt), der Schebieugletscher ‘ der Schönbühlgletscher beim Schönbühlhorn, benannt nach der Alpe Scheeni Biele ’ (Fieschertal, auch LT Schönbühlgletscher, SK Schönbühl Gletscher, FLNK Scheenbielgletscher), ts Schebieuhoore ‘ das Schönbühlhorn über dem Schönbühlgletscher, benannt nach der Alpe Scheeni Biele) ’ (Fieschertal, LT u. SK Schönbühlhorn, FLNK Scheenbielhore), ts Schenbieujoch ‘ das Joch beim Schönbühlhorn ’ (Fieschertal, LT Schönbühljoch, FLNK Scheenbieljoch). Ein zweiter, häufiger Typ ist der Schee Bode ‘ der schöne Boden ’ mit rund 20 Nennungen. Er ist belegt als der Sche Bode (Reckingen, Ulrichen), der Sche Bodu (Goppisberg), der Schee Bode (Bellwald, Oberwald), der Schee Bodu (Zwischbergen), der Scheen Bodo (Unterbäch), der Scheen Bodu (Saas-Almagell), im Schene Bode (Zermatt), Schönboden (LT, Betten). Historisch sind jm Scho ᵉ nen Boden (1504, Naters), im Schonen Bodme (1388, St. Niklaus), jm Schoenen Bodme (1307 u. später, mit Varianten, Grächen) belebt. Historisch findet sich weiter im Schenen Boden (1775, Simplon). Ein Plural ist im Kompositum t Scheebobma ‘ die schönen Böden ’ (Embd) belegt; Gwp. meint allerdings ‘ Schnee- ’ , was wohl nicht zutrifft) belegt. Komplexere Formen sind Scheeboduegg ‘ die Ecke beim schönen Boden ’ (Goppisberg), ts Scheneboduwaldji ‘ der kleine Wald beim schönen Boden ’ (Visperterminen; FLNK Scheeneboduwald) Weitere Grundwörter mit dem attributiven Adjektiv sind die Hauptlemmata Blick, Bach, Balma, Bäärg, Chumma, Egg(a), Fääsch, Grabu, Häärd, Matta, Rieba, Schluocht, Tola, Wald, Wang und Wase. Komplexer sind Scheeboduegg ‘ die Ecke beim schönen Boden ’ (FLNK, Goppisberg), uf Scheerippei ‘ auf dem schönen Ripp-Bein, der schönen Rippe (wohl Geländeform) ’ (Termen), der Schemattestock ‘ der (Fels-)Stock oberhalb der schönen Wiese ’ (Münster; SK Schönmattenstock), historisch auch Schönmattstock (1879, Ulrichen; wohl identisch mit Schemattestock). Unklar sind zwei Belege, die sich hier anschliessen lassen: in Grächen erscheint der Seelowwizug ‘ der schönen Lawinenzug ’ ( ‘ See ’ wohl eine falsche Notation), der bei FLNK Scheelowwizug, auf 1: 10000 Schelowizug, auf LT Schelowizig heisst. Vermutlich liegt hier also schee ‘ schön ’ und nicht See ‘ See ’ vor. Gleich verhält es sich mit t Selobbobme (St. Niklaus), die etwas südlicher liegen, aber vermutlich ebenfalls zu Scheelowi ‘ schönes Rutschgebiet ’ zu stellen sind. Nur zwei Belege enthalten das unumgelautete schôn: der Schoritz ‘ der schöne Ritz (Grasband) ’ (Blitzingen) und auf dem Schoritz Turm ‘ der (Fels-)Turm auf dem Schoritz 49 50 Schee <?page no="30"?> (schönes Grasband) ’ (1681, Blitzingen); die unumgelautete Form ist auch im Kanton Bern selten (vgl. BENB 1, 5, 779 f.). Als substantivierte Ableitung kommt Scheeni vor; übersetzt wird es als ‘ das schöne Gebiet ’ . Wie schon erwähnt, ist hier vermutlich ein gerodetes oder von Steinen befreites Gebiet gemeint. I D . (8, 872) sieht es als Abstraktbildung zu schön, vermutet aber auch eine Ableitung zu schönen (I D . 8, 866), wozu es sich auch hier stellen lässt, vgl. schö ̂ ne n ‘ reinigen, sauber machen ’ (I D . 8, 867). Belegt sind t Scheeni (Baltschieder, Mund, Oberwald, Ried-Brig, Zermatt), dazu kommen t Ober und t Unner Scheeni (Oberwald, Mund). Weiter gehören hierher der Scheenibrunno ‘ die Quelle / der Brunnen bei der Scheeni (schönes Gebiet) ’ (Baltschieder), Scheenigrabo ‘ der Graben hinunter zur Scheeni (schönes Gebiet) ’ (FLNK, Baltschieder), Scheeniwald ‘ der Wald bei der Scheeni (hier wohl Rodung) ’ (Oberwald), ts Scheeniwaldji ‘ der kleine Wald bei der Scheeni (schönes Gebiet) ’ (Baltschieder). Scheg Scheg ‘ die bleiche Stelle im frischen Gras ’ ist nur 1708 in Inden als jm Scheg belegt. Der Dorfname wird als Indes notiert, der Flurname aber mit der dt. Präposition jm, sodass vermutlich ein deutscher Name vorliegt. Am nächstliegenden ist Schëgg (I D . 8, 423), wohl in der Bedeutung 6. b) ‘ infolge von Alchengras, das der Sense entschlüpfte, bleiche Stelle im neu spriessenden Grün der Wiesen ’ oder 6. c) ‘ grasiger Teil der Furche, Rasen ’ . Das HL ist bei G RICHTING (1998, 199) so nicht belegt. Schenkel Scheichil m. ist belegt als der Scheichilwald ‘ der Wald in der Form eines Schenkels ’ (Ergisch, auch FLNK und LT) und Schenkel=Walt ‘ der Wald in der Form eines Schenkels ’ (1716, Turtmann); es handelt sich vermutlich um den gleichen Wald. Das HL ist zu schwdt. Schänkel, Scheichel m. ‘ Schenkel ’ (I D . 8, 968 ff.), in FlN übertragen auf schenkelähnliche Geländestellen, und wdt. Scheiche, Scheichäl (Goms), Scheichul (Zermatt), Scheichel (Saastal), Scheichl (Lötschtal), Scheichil ‘ Schenkel, Beine ’ (G RICH- TING 1998, 169) zu stellen. Die Form Scheichil ist dem Staubschen Gesetz vor / k/ zu verdanken. Scheid Scheid ist einerseits zu einem schwdt. Verb scheide n II ‘ trennen ’ und wdt. scheide, scheidä (Goms), scheidn (Lötschtental), scheidu ‘ scheiden, trennen, absondern ’ (I D . 8, 227 ff.; G RICHTING 1998, 168) und anderseits zum zugehörigen Nomen Scheid f., auch Scheide f. (I D . 8, 221 ff.) zu stellen, vgl. auch LUNB (1, 2, 879). Zum einen sind die Orte gemeint, wo die Schafe oder das gealpte Vieh nach den Besitzern geschieden wurden. Zum andern die Trennung von Wegen. In einigen Fällen ist unklar, welches Motiv genau vorliegt; es kann sich um Grenzen zwischen Gemeinden oder Alpen handeln oder um anders motivierte Trennungen; manchmal ist aber nicht erkennbar, welchen Sinn ein Name mit dem HL hat. Das Simplex kommt in unseren Daten nicht vor. Als Grundwort ist das HL vor allem im Typ t Wägscheite ‘ die Wegscheiden (Plural) ’ (Täsch), unner der Wägscheita ‘ unter der Wegscheide ’ (Geschinen), ts Wägscheitu ‘ bei der Wegscheide ’ (Mund) und historischen Belegen wie Zwegscheitten ‘ bei den Wegscheiden ’ (1554 u. später, Filet) und drei weiteren belegt. Verschrieben sind wohl zen Wegseitun ‘ bei den Wegscheiden ’ (1300, Raron) und zien Wegseyton ‘ bei den Weg-Seiten (unklar, Sita ist ein steiler Abhang, ev. verschrieben für Wegscheide? ) ’ (1307, Bürchen). Ein einziger Beleg zu diesem Typ ist komplexer: am Wegscheidacher ‘ der Acker bei der Wegscheide ’ (1477, Bürchen). Daneben gibt es zwei Fälle: Hagscheitji ‘ die kleine Scheide mit Zaun ’ (FLNK, Naters), das sonst ts Hagstettji ‘ die kleine Stette (Hofstatt) mit Zaun ’ (Naters) heisst; warum der Name der FLNK anders lautet, ist unklar. Der Beleg in der Ledÿscheithen ‘ die Wegscheide bei der Ledi (Aufladestelle) ’ (1631, Lax) meint wohl einen Ort, wo die geladenen Güter einer Ledi aufgeteilt wurden; das ist aber unsicher. In den andern Fällen ist das HL Bestimmungswort. Es fällt auf, dass auch die Formen t Scheidwäga ‘ die Scheidwege ’ (Birgisch, St. Niklaus, Visperterminen), Scheidwegen ‘ die Scheidwege ’ (1762, Embd), zen Scheydwegen ‘ bei den Scheidwegen ’ (1660, Raron), zen Scheidwegen (1714, Ausserberg), ze Scheitwägu ‘ bei den Scheidwegen ’ (Gampel, Hohtenn) mit dem Diminutiv t Scheitwägjini ‘ die kleinen Scheidwege ’ (Glis) und zen Scheÿdwegen ‘ bei den Scheidwegen ’ (1546, Termen) vorkommen. Es handelt sich um das Gegenstück zu den Wegscheiden. Hieher gehören wohl auch t Scheidgassa ‘ die Gasse, die vom Hauptweg abzweigt (scheidet) ’ (Fieschertal), resp. Scheidgassa ‘ die Gasse, die zu einer Weggabelung führt ’ (FLNK, Bister). Komplexer ist ts Scheitwägukapälli ‘ die kleine Kapelle bei den Scheidwegen ’ (Hohtenn). Im Zusammenhang mit dem Scheiden des Viehs, besonders der Schafe, auf der Alpe stehen: der Scheidchromu ‘ der Pferch, wo die Schafe (für ihre Besitzer) geschieden (getrennt) wurden ’ (St. Niklaus; LT Scheidchrommo, FLNK Scheidchrommu), t Scheidchrome ‘ die Pferche, wo die Schafe (für ihre Besitzer) geschieden (getrennt) wurden ’ (Eisten) und Scheidchremu ‘ die Pfer- Scheg 51 52 <?page no="31"?> che, wo die Schafe (für ihre Besitzer) geschieden (getrennt) wurden) ’ (FLNK, Embd). t Scheidfäricha ‘ die Pferche zum Scheiden der Schafe (Aufteilen der Schafherde nach Besitzern ’ ) (Staldenried) sind hier anzuschliessen, ebenso wohl die Belege für der Scheidbodo ‘ der Boden, wo das Vieh ausgeschieden wurde ’ (Staldenried), der Scheibode (Bellwald), eine assimilierte Form von Scheidbode ‘ der Scheid-Boden (wo man früher die Schafscheid vornahm) ’ , der Scheitbodo ‘ der Scheid-Boden (wo das Vieh geschieden wird? ) ’ (Grächen). In Staldenried findet sich auch Scheidbodohitta ‘ die (Alp-)Hütte auf dem Scheidboden ’ (FLNK) und t Scheitbobmeri ‘ die Wasserleitung, die zum Scheidboden (Boden, wo das Vieh geschieden wird) führt ’ . Weitere Namen in diesem Umfeld sind: in den Scheitmatten ‘ in den Wiesen, wo das Vieh geschieden (auf die Besitzer aufgeteilt) wurde ’ (1752, Obergesteln), in der Scheidtmatten ‘ in der Wiese, wo das Vieh geschieden (auf die Besitzer aufgeteilt) wurde ’ (1687, Leuk), der Scheidplatz ‘ der Platz, wo die Schafe (nach Besitzern) geschieden wurden ’ (Mund), der Scheidtrog ‘ der Trog, bei dem das Vieh geschieden wurde ’ (Ferden) mit t Scheidtrogegga ‘ die Ecke beim Scheidtrog ’ (Ferden). Zu anderen Deutungen von Scheid sind wohl zu stellen: t Scheidachra ‘ die Scheidäcker ’ (laut Beschreibung eine Rechtsgrenze zwischen zwei Alpen, wobei die Höhe (über 2100 m) kaum einen Acker zulässt) (Saas-Balen), t Scheidballma ‘ der überhängende Fels (an der Grenze, Wegscheide? ) ’ (St. Niklaus), in den Scheidprachen ‘ das Brachland (Plural), wo das Vieh getrennt (geschieden) wurde ’ (1614, Bürchen; Deutung unklar), t Scheidega ‘ die Ecke, welche die Gemeinden Eischoll und Unterbäch scheidet ’ (Eischoll), auch als t Scheidegga (Unterbäch), während t Scheidegga (Törbel) laut Gwp. der Schafscheid diente. Das gilt vielleicht auch für der Scheidegade ‘ der Gaden (Stall), wo das Vieh geschieden (nach Besitzern getrennt) wurde ’ (Blitzingen), während t Scheidflüe ‘ die Fluh, die zwei Gletscherzungen voneinander scheidet ’ (Oberwald) meint. der Scheitgrabem ‘ der Scheidgraben (unklar, oberhalb der Scheitloiwina) ’ und t Scheitloiwina ‘ das Rutschgebiet (laut Gwp mit einer Kuppe, die den Schnee in zwei Teile scheidet) ’ (beide Blatten) sind unklar wie auch t Scheitbachfliä ‘ die Flühe am Scheitbach ’ (Wiler), wobei der Scheitbach sonst nicht belegt ist. Ähnlich ist der Fall von Scheidhofstadel ‘ der Stadel beim Scheidhof ’ (1825, Naters), wo der namengebende Hof nicht belegt und unklar ist, welche Deutung Scheid hier hat. Eine hdt. Umdeutung liegt SK Scheiter Thäli (Ulrichen) zu Grunde, das auf LT Schitertellti, bei uns ts Schiitertälli (Reckingen) heisst; ob Schiiter wirklich als Scheiter zu verstehen ist, bleibt unklar (cf. HL S CHIITER ). Scheitel Scheitel m. ist nur als Bestimmungwort belegt. Ein Namennest ist in Hohtenn vorhanden, wo dr Scheitilacher (auch FLNK), t Scheitilhaalte (auf FLNK Scheitilhalte), t Scheitilmatte und zum Scheitilwäg (alle Hohtenn) belegt sind. Daneben ist noch t Scheitelmatten (1797, Niedergesteln) belegt, die laut Dokument am Gestelberg (wohl höher liegendes Gebiet von Niedergesteln) liegt. Zu stellen ist das HL zu schwdt. Scheitel m., wdt. Scheitla, Scheitl, Scheitäl (Goms), Scheiggju (Saastal), Scheitla (Lötschtal), Scheitju f. ‘ Scheitel ’ (I D . 8, 1502; G RICHTING 1998, 169). Im Kontext ist wohl ein Geländekamm gemeint. Schelb Schelb ‘ schräg ’ Adj., auch schalb, ist zu schwdt. schëlw, schalb, schälb, schëlb ‘ von einer normalen, geraden (senk- oder wagrechten) Richtung abweichend, schief, schräg ’ , von einem schief stehenden Gegenstand, mhd. schël, -wer (I D . 8, 750 ff.) zu stellen. Das Adjektiv selbst ist nur in attributiver Stellung vertreten und zwar in an der Schalb Binden ‘ am schrägen Pflanzplatz ’ (1653, St. Niklaus); die übrigen Fälle wie t Schalbbinna ‘ der schräge Pflanzplatz ’ (Betten) sind dagegen als Komposita mit dem HL als Bestimmungswort zu betrachten. Ein nominales Simplex im Singular ist der Schalb ‘ das schiefe Gelände ’ (Ausserberg, Embd), Schälp (FLNK, Staldenried) gehört wohl auch hieher, mit Umlaut. Zeneggen hat 1768 die Schelb, im Kontext wird aber klar, dass eine Wasserleitung gemeint ist, die früher Schelb (wasserleite) hiess. Zu diesem Typ kommt ein Plural t Schalba ‘ die schiefen Gelände ’ (Mund), wozu auch ein unklarer Beleg Schalbe (FLNK, Törbel) gehört, der historisch als zen Schelben (1305) und Zschalben (1684) belegt ist, also wohl auch einen Dativ Plural darstellt. Auch Betten hat 1583 u. später in den Schalben. Ein Diminutiv im Singular ist Schalbi n. ‘ das kleine schiefe Gelände ’ , das nur historisch in Eischoll (1446, auch Zalbyn), Eisten (1858), Glis (1849) und Mund (1772) belegt ist. Ein Diminutiv mit Umlaut findet man in ts Schälbji ‘ das kleine schiefe Gelände ’ (Eisten). Mit attributiven Adjektiven sind diese nominalen Bildungen verbunden in Obre Schalb m. ‘ das obere schiefe Gelände ’ (Embd), ts Oberschallbu ‘ beim oberen schiefen Gelände ’ (Törbel), der Unner Schalb ‘ das untere schiefe Gelände ’ (Embd) und ts Unner Schallbu ‘ beim unteren schiefen Gelände ’ (Törbel). Zweigliedrige Komposita mit dem Bestimmungswort Schelb / Schalb treten mit den folgenden Grundwörtern auf: Acher, Bord, Land, Matta und Wald. In zwei Typen lassen sich phonetische Prozesse feststellen: t Schallmat- 53 54 Schelb <?page no="32"?> ta (Zeneggen) und die komplexeren Schallbärgegga, Schallbärgtünnel (beide Ried-Brig), t Unnri Schallmatta (Zeneggen) weisen eine vereinfachte Form Schall auf, die sich als assimiliertes Schalb lesen lässt. Der Typ in der Ober und der Unner Schaltbärg (Ried-Brig) stellt eine falsche Korrektur von Schalb zu Schalt dar; das Zentrum dieser Namen lautet immer Schallbärg. Komposita mit attributiven Adjektiven sind Ober Schälbmatta (Zermatt), an der unteren Schalbmatten (1776 Zermatt) und - mit einer Präposition - Unner der Schälbflüe ‘ unter der schiefen Fluh ’ (Zermatt). Komplexer sind Schelbwasserleitta ‘ die Wasserleitung vom / zum Schelb ’ (1412, Visperterminen) und Schalwengwald ‘ das schiefe Waldgebüsch / der Wald bei den steilen Grashängen ’ (1809, Täsch). Die doppelte Deutung erklärt sich aus zwei verschiedenen Lesarten: (im) Schalwen Gwald vs. im Schalwen Weng Wald. Die weitaus häufigste Ableitung ist die auf - ET (S ONDER- EGGER 1958, 524) vom Typ Schalbet ‘ der steile Grashang ’ . Das unverstandene Nomen führt zu Schreibungen wie Schallbett, die noch Z INSLI (1984, 580) ein Kompositum mit Bett n. annehmen lassen, was angesichts der Verbreitung des HL im ganzen Oberwallis unnötig ist. Das Simplex im Singular erscheint als ts Schalbett (Ergisch), ts Schalbett (Eggerberg, Goppisberg, Naters, Ried-Brig, Zeneggen), jm Schalbeth (1738, Gampel), ts Schälbet (Zermatt), am Selbette (1308, Eischoll), an dem Schelbette (1299, Stalden), dr Schälbät (Blatten, Kippel), wobei unklar ist, woher das Maskulinum in diesen beiden Belegen stammt. Einen Plural weisen t Schälbet ‘ die steilen Grashänge ’ (Täsch) und ts Schalbettu ‘ bei den steilen Grashängen ’ (St. Niklaus) auf. Einige Belege im Plural lehnen sich offenbar an den Plural Bletter ‘ Blätter ’ an: t Schallbletträ (Gampel) und iuxta den Schelblettren ‘ neben den steilen Grashängen ’ (1454, Raron). Als Diminutiv im Singular findet sich ts Schälbeggi und Schälbettji (Randa) mit der komplexeren Konstruktion t Schälbeggiäbi ‘ der Abhang bei der Schälbeggi ’ (Randa), Schallbettji (Grächen), ts Schalbetgji (Zwischbergen). Die Assimilation von / t/ zu / g/ vor / j/ führt auch zum Plural t Schalbeggini (Embd), hier mit den kleinen Namennest Schalbeggimällich ‘ der Mällich (Steinmann) bei den Schalbeggini ’ und Schalbeggitola ‘ die Mulde bei den Schalbeggini ’ (beide Embd). Eine isolierte Feminin-Ableitung auf - I ist belegt in t Schaubeti f. ‘ der steile Grashang ’ (Ausserbinn) mit l- Vokalisierung. Es handelt sich um ein Abstratkum zu Schalbet, das sonst nicht belegt ist. Mit attributiven Adjektiven begegnen dr Ober Schälbät (Kippel), ts Ober Schallbett (Ried-Brig), ts Unner Schallbett (Ried-Brig) und jm Vndren Schalbett (1649, Grächen). Zu Schalbet und seinen Varianten als Bestimmungswort gesellen sich folgende Grundwörter (soweit nicht schon erwähnt): Acher, Alp, Bloos, Matta, Schiir, Sita, Stadel, Tschugge und Wald. Schellen (FaN) Schellen (FaN) ist ein FaN und u. a. 1629 als Christiana Tschellen und 1635 als Christanni Schellen in Betten belegt. Als Lokalnamen sind belegt: z Schelligo Hau ᵕ s ‘ das Haus der Familie Schellen ’ (1687, Betten) mit der kollektiven - IG -Ableitung im Genitiv Plural, sowie ts Scheuwenerb ‘ das geerbte Gut der Familie Schellen ’ (Lax). Schelli Schelli ist nur als Bestimmungswort für der Schelligletscher (Oberems, St. Niklaus), ts Schellihoru (Oberems, St. Niklaus) und ts Schellijoch (Oberems, St. Niklaus) belegt. Auf LT finden sich hier Schölligletscher, Schöllihorn und Schöllijoch. Nur in St. Niklaus ist im Dorf auch ts Schelliloch belegt, wozu die Beschreibung sagt, es führe hier ein Weg durch ein Haus; dann wäre wohl Schelli zum FaN Schellen zu stellen (cf. HL S CHELLEN (F A N)). Da historische Belege fehlen, ist unklar, ob die dial. Form Schelliauf ein älteres Schöllizurückzuführen ist, oder ob es sich bei Schöllium eine hyperkorrekte Form der Kartografen handelt. URNB (3, 125 f.) führt Schöllenen auf Schellen(d)en zurück, das sich als eine vermutlich alpinlombardische Form von lat. scala ‘ Treppe, Leiter ’ erklären lässt. Diese Deutung kann im Fall von Oberems und St. Niklaus kaum zutreffen; eine Form von lat. scala müsste hier laut G PSR (6, 65) eine Form vom Typ etsela oder ähnlich ergeben. Wahrscheinlicher ist ein schwdt. Schëlle f. ‘ Schelle, Glocke ’ und wdt. Schälla, Schällä (Goms), Schällu ‘ Schelle ’ (I D . 8, 560 ff.; G RICHTING 1998, 168). Die Namengebung für Horn, Joch und Gletscher geht auf D ÜBI (1921, 21) zurück, der so einen vorher namenlosen Gipfel benannte. Schemmera Schemmera ist 1690 in Leukerbad als in Schemmera ‘ im öden Land ’ belegt. Der Flurname könnte aus einem früheren Patois-Form von calma ödes land (FEW 2, 100 f.; G PSR 4. 6 s. v. chômette, das allerdings vlat. CAUMARE (FEW 2, 583) als Grundlage annimmt) stammen, mit einer kollektiven Ableitung auf - ARIA (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288), wobei die belegte Form eine Monophthongierung mit anschliessender Entrundung aufweist. Eine Zwischenform *Schömmera wäre dafür Voraussetzung, doch ist diese nicht belegt. Die Endung - ERA kann auch deutsch sein (vgl. S ONDEREGGER 1958, 471 ff.), wobei hier wohl nicht von den sonst gemeinten Sachen in grosser Menge Schellen (FaN) 55 56 <?page no="33"?> oder Wohnsitz oder Besitz von Personen gemeint sind. Die Deutung ist insgesamt sehr unsicher, weil der einzige Beleg von 1690 auf keine älteren Beispiele zurückgreift. Schengtzy Schengtzy ist nur belegt in Larzeschengtzÿ (1566, Leuk). Vorausgesetzt, dass Larze zum HL L ARSI ‘ Lärche, Lärchenwald ’ gesetzt werden kann, ist Schengtzÿ ein nicht deutbares Element. Zwar kennt FEW (5, 193 s. v. lar ĭ x lärche) auch Ableitungen wie larz ǝ na ‘ résine, poix du mélèze [Harz, Pech der Lärche) ’ , aber die hier vorliegende Form ist nicht belegt. Der vollständige Name bezieht sich auf ein Wasser (usque ad aquam), vermutlich einen Bach. Da es sich um eine Kopie handelt, kann auch eine Fehlschreibung eines nicht mehr verstandenen Namens vorliegen. Schepfi Schepfi f. ist zu schwdt. Schepfi (-ö-) f. ‘ Ort, wo man Wasser schöpft; Stelle, wo eine Wasserleitung gefasst, von einem Bach abgeleitet wird ’ (I D . 8, 1052 f.; B ELLWALD / W ÜRTH (2006 s. v. Schepfi)) zu stellen. Im Oberwallis ist hier meistens die Wasserfassung einer Wasserleitung oder die Ableitung von einem Bach oder einer Wasserleitung gemeint. G RICHTING (1998, 169) kennt nur Schepf ‘ Flüssigkeitsmenge ’ und schepfe (mit Varianten) ‘ schöpfen ’ . Das HL ist als Simplex im Singular t Schepfi (Bister, Eischoll, Ulrichen), zer Schepfi (Saas-Grund), bÿ der Schepfÿ (1686, Reckingen), die Schopffy (1519, Visperterminen), die Schöpfe (1715, Fiesch) und die Schoepfin (1657, Baltschieder) belegt. Ein Plural des Simplex ist t Schepfine (Saas-Almagell). Nur einmal kommt ein attributives Adjektiv vor: Inner Schepfi ‘ die innere Wasserschöpfstelle ’ (Binn). Als Grundwort findet sich das HL in di Brägjerruschepfi ‘ die Wasserschöpfstelle der Brägjerra (Wasserleitung nach Brägi) ’ (Niedergesteln), Eggerischepfi ‘ die Schöpfstelle der Wasserleitung nach Eggen ’ (FLNK, Eggerberg), Goorperischepfi ‘ die Schöpfstelle der Wasserleitung nach Gorp aus dem Baltschiederbach ’ (FLNK, Eggerberg), zu ᵕ r Riedjiwasserschöpfi ‘ die Wasserschöpfstelle beim kleinen Ried / bei der Wasserleitung zum Riedji ’ (1881, Visperterminen), zer Suäschepfi ‘ bei der Schöpfstelle der Wasserleitung ’ (Ferden, Kippel). Nachgestellt findet sich ein Genitiv Plural in Schepffij Hasslero ‘ die Schöpfstelle der Leute vom Hasel (Gebiet, wo es Haselstauden hat) ’ (1540, Embd). Nachgestellt ist auch der Name Oberriederi in Schepfi Oberriederi ‘ die Schöpfstelle der Wasserleitung Oberriederi ’ (FLNK, Staldenried). Als Bestimmungswort findet sich das HL im Beleg Schepfegg ‘ die Ecke mit der Schöpfstelle ’ (Grengiols) und als Schepfi zusammen mit den Grundwörtern Acher, Chännel und Wald. Schwierig zu deuten sind zúr Schepfelscheir ‘ bei der Scheuer bei der Wasserschöpfstelle ’ (1815, Staldenried) und zum Schepfillbrúnnen ‘ zum Brunnen / zur Quelle, aus der geschöpft werden kann ’ (1708, Staldenried). Die Ableitung auf - EL ist im I D . so nicht belegt, dürfte aber eine maskuline Stellenbezeichnung sein (S ONDEREGGER 1958, 531). Scher Scher ist als HL nicht immer eindeutig. Möglich sind schwdt. Schër, Schëro m., f. ‘ Maulwurf ’ , ahd. scëro, mhd. schër m. und wdt. Schära ‘ Maulwurf ’ (I D . 8, 1114 ff.; G RICHTING 1998, 168), schwdt. Schä: r, Schä: ri f. W (in Blatten, Lötschental Schä: rin) ‘ Schere ’ , übertragen aufgrund der Ähnlichkeit u. a. ‘ Schnittpunkt, Vereinigungsstelle zweier Bäche ’ , ahd. scari, scara, mhd schære und wdt. Schääri, Scheeri ‘ Schere ’ (I D . 8, 1106 ff.; G RICHTING 1998, 168) oder das Verb schwdt. schëre(n), schiru(n), g'schore(n) ‘ schneiden ’ , ahd. scëran, mhd. schërn und wdt. schäre, schärä (Goms), schärn (Lötschental), schärärlinu (Diminutiv), schäre ‘ scheren, schneiden (Haare) ’ (I D . 8, 1119 ff.; G RICHTING 1998, 168). Eine feminine Form t Scheri ‘ die (Weg-)schere ’ (Ferden) ist unklar; die Flur befindet sich am (steilen) Weg auf die Faldumalp auf ca. 1910 m. Heute schneidet sich in der Umgebung der Weg und die Fahrstrasse auf die Alp, was zur Deutung ‘ Schere ’ passt. Ein Ort, wo die Schafe geschoren wurden, ist es kaum (steil und deutlich unterhalb der Alpe). Den Plural dazu bilden t Scherinä ‘ die (Weg-)Scheren ’ (Blatten) auf ca. 2050 m. Der Name kann sich auf die Wegführung beziehen. Ein Diminutiv im Singular weist 1768 Filet als bÿm Schärli ‘ bei der kleinen Schere ’ auf - der Kontext besagt, es handle sich um ein Stück Wiese in den Halden. Eine - ER -Ableitung zu Scherer ist ab 1660 in Raron als vnder dem Scherer oder jm Scherer belegt. Die historischen Belege scheinen sich auf zwei Orte zu beziehen: der eine liegt im Turtig (also auf der linken Talseite), der andere bei St. German (also auf der rechten Talseite). Ein Diminutiv Sherrerly`n ist 1303 ebenfalls in Raron belegt; auch er liegt bei St. German, wie die Erwähnung von Steyn Wingarten zeigt, das sich bei St. German befindet. Ob hier der Ort gemeint ist, wo die Schafe geschoren wurden, ist unklar. Als Bestimmungswort erscheint das HL in t Scherumatta ‘ die Wiese mit Maulwürfen / in Scherenform ’ (Grächen). 57 58 Scher <?page no="34"?> Sicher zur Bedeutung ‘ Maulwurf ’ gehören die sogenannte Scherenmausi-Weid (Münster) und t Schärmüseweid ‘ die Weide mit Maulwurfhügeln ’ (Reckingen) - es handelt sich um die gleiche Flur zwischen Münster und Reckingen auf der linken Talseite. Ein Partizip ist in ts Gschoru Erb ‘ das geschorene Erbgut ’ (Zwischbergen, LT u. FLNK, Gschorus Erb) enthalten. 1639 ist als erster Beleg am Bschornen Erb belegt. I D . (7, 1127 ff.) stellt das Partizip zu be- oder geschëren ‘ schneiden, scheren ’ . Gemeint ist wohl, dass das Gut von Unrat befreit wurde. Scherbadung Scherbadung m. ist als der Scherbadung (Binn; FLNK Scherbadung, SK Cherbadung) belegt. Es handelt sich um einen Gipfel (3211 m), der it. Pizzo Cervandone (SK Pizzo del Cervendone) heisst. Die deutsche Version stammt entweder aus einer piemontesischen Dialektform oder ist aus dem Italienischen übernommen; weder O LIVIERI (1965) noch LSI (1, 771) kennen den Namen, auch bei D EVOTO / O LI (2020) ist kein entsprechender Eintrag zu finden. Scherber Scherber ist nur einmal in der Scherbergrabo ‘ der trockene Graben ’ (Raron) belegt. Es handelt sich um einen Graben, der zum Bietschbach hinunterführt. Er führt wohl wenig Wasser und dürfte deswegen nach schwdt. schërb ‘ trocken ’ (I D . 8, 1230) benannt worden sein. Eine Benennung nach Schërb ‘ Scherbe ’ (I D . 8, 1231 f.) ist aber nicht auszuschliessen. Das HL selbst ist nicht belegt. Schertigen (FaN) Schertigen (FaN) ist 1655 in Binn als Schertigo Matten ‘ die Wiese der Familie Schertig ’ und 1714 am gleichen Ort als vom Schertigen Oxenfelldt ‘ vom Ochsenfeld der Familie Schertig ’ belegt. Der FaN gehört zu Schertig, Schärtig, Scherter, Zscherter, einer im 18. Jh. erloschene Familie von Ernen, die dort seit dem 14. Jh. bekannt ist (AWWB 233). Das Suffix - IG ist kollektiv für FaNN. Schertz Schertz ist nur 1701 in Bratsch als im Schertz belegt. Es handelt sich um ein Stück Wiese. Ein Anschluss an dt. Etyma ist kaum gegeben; Schertz liesse sich zum HL E SSERT ‘ Rodung ’ stellen, doch ist die Beleglage in Bratsch in dieser Hinsicht karg. Daher muss die Deutung als unklar gekennzeichnet werden. Scheschelp Scheschelp ist in Stalden (1304) und in Embd (1305 u. später) historisch belegt. Die Belege sind: 1304 apud Scheschelp supra der Trogmattun ‘ bei Scheschelp über der Trogmatta ’ (Stalden), 1305 apud Scheschelp (Embd), 1307 in silua de Scheschelb (Embd), 1328 apud Scheschelp (Embd). Im Dokument von 1307 findet sich noch eine Erwähnung: in aquaeductu quae vadit de Scheschelp (Embd). Es muss sich um eine Flur zwischen Stalden und Embd handeln. Das anlautende Schekann aus historischen Gründen nicht zum HL S CHEE ‘ schön ’ gestellt werden, da die Entrundung um 1300 noch nicht belegt ist. Man kann das Grundwort zu I D . (8, 750 s. v. schëlw ‘ schief ’ ) stellen. Es gibt bei Embd einen Beleg zu Schalb (cf. HL S CHELB ), in dessen Nähe auch eine Trogmatta notiert ist. Scheschelp und Schelb befinden sich deswegen vermutlich am gleichen Ort; die “ Reduplikation ” des anlautenden / sche-/ in Scheschelp lässt sich jedoch nicht deuten. Scheül Scheül ist nur 1733 in Turtmann als der Scheülwald belegt. Das Dokument spricht von laricam siluam ‘ der Lärchenwald ’ (vgl. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 86). Die Karte 1: 10000 kennt in Turtmann Lärchwaldji, das so nicht belegt ist. Der Beleg Scheül ist unsicher. Der Name ist verhochdeutscht und wohl zu Schülle n (I D . 8., 601) zu stellen, das als wdt. Schila ‘ (Toten-)Schädel ’ verstanden wird. BENB (1, 5, 840 f.) kennt Schül(l)e und verweist, wie I D . auf den Willisauer Siedlungsnamen Schülen. Als Flurname würde das HL ‘ an gefässartige Vertiefungen ’ erinnern. Scheweten Scheweten ist nur einmal 1766 in den Scheweten (Simplon) belegt. Es handelt sich um den Namen, den J ORDAN (2006, 143) lebend als Schgäwättä kennt. Die hier gegebene Form ist vereinfacht, weil die Herkunft nicht mehr bekannt war. Zu stellen ist es zu lombardisch scav ‘ Graben ’ (LSI 4, 639), wohl mit einer - ETA -Ableitung (cf. HL S CHGEWÜTTE ). Schgatta Schgatta ist nur in t Schgattaschguusa (Zwischbergen, auch FLNK) belegt. Die Beschreibung sagt, es handle sich um eine Alpweidemulde zwischen hohen Bergen. LT hat an der Grenze den Namen Bocchetta Gattascosa ‘ Pass Gattascosa ’ und in Italien eine Alpe di Gattascosa, von der der Flurname stammt. 1: 10000 setzt Schgattaschugusa. J ORDAN (2006, 396) hat Schgattaschuisa, mit Varianten Schgattaschgusa, Ggattaschguisa, Ggattaschguusa und Gattaschgoosa. Er führt den Namen auf it. catta ‘ Katze ’ und it. scossa ‘ Stoss, Schlag ’ oder it. scottare ‘ brennen ’ zurück. Der Anlaut / sch/ könnte aus dem zweiten Bestandteil schguusa übernommen worden Scherbadung 59 60 <?page no="35"?> sein; er ist nur in Zwischbergen dokumentiert. Die Herleitung von it. gatta ‘ Katze ’ ist wohl unrichtig. P ETRINI (1993, 88 s. v. cata) und LSI (1, 727) nennen als Bedeutung in den alpinen Dialekten u. a. ‘ tacca, taglio ’ (dt. ‘ Einschnitt ’ ), hier also das, was auf deutsch Joch oder Pass heisst. Der zweite Teil des Flurnamens hat in Zwischbergen langes / u: / oder Diphthong / ui/ . Er bleibt unklar (cf. HL S CHGUUSA ). Schgeisellen Schgeisellen ist nur 1576 in Zwischbergen als die Schgeisellen belegt. Es ist unklar, ob es sich um einen Singular oder einen Plural handelt. Am nächstliegenden scheint das in I D . (10, 18) erwähnte Skizle n ‘ Herbstzeitlose, C OL- CHICUM AUTUMNALE / Alpenzeitlose, C OLCHICUM ALPINUM ’ (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1252) oder ‘ Frühlingssafran, C ROCUS ALBIFLORUS ’ (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1298) gemeint zu sein (cf. HL S CHGUTZEL ). Laut I D . ist die Herkunft unklar. Schgentte Schgentte ist nur 1592 in Zwischbergen als die Schgentte belegt. Der Name ist im Text als nuncupatum theüthonice ‘ auf deutsch genannt ’ bezeichnet. Ein dt. Wort hierzu lässt sich jedoch nicht finden. (LSI 4, 652) verweist unter scenté auf sentée (LSI 4, 837), wo als Bedeutung “ sentiero, viotto, viale (Weg, Pfad) ” angegeben ist. Diese Deutung ist möglich, aber nicht sicher. Schgewütte Schgewütte ist nur 1608 in Simplon als d Schgewütte belegt. J ORDAN (2006, 143) stellt es zu Schgäwättä, das auch auf LT verzeichnet ist, neben dem Chummilti. Er gibt keine Deutung. Historisch ist auch in den Scheweten (1706) in Simplon belegt (cf. HL S CHEWETEN ). Es handelt sich um eine Entlehnung aus lombardisch scava ‘ Graben ’ (LSI 4, 639), das etwa in Castasegna schev heisst. Die Ableitung auf - ETA kann sowohl it. auf - ADA , wie dt. auf - ETA (S ONDEREGGER 1958, 482 ff.) sein und bedeutet dann ‘ Ort, wo es einen Graben hat ’ . Neben den Schgäwättä fliesst ein kleiner Bach in einem Graben in den Krummbach. Schgguisär Schgguisär m., auch Schgüüser m. ist zu Skûser ‘ Durchfall ’ und wdt. Schggüüser, Gschggüüser (Mattertal), Schgguisär (Lötschental), Schggüüsär ‘ Durchfall ’ (I D . 10, 15; G RICH- TING 1998, 170) zu stellen. Die Herkunft des Ausdrucks ist unbekannt. Belegt ist das HL als dr Äischtnerru Schgguisär ‘ der Durchfall(ort) bei Eisten (Lötschental, Gebiet beim Schafstall) ’ , laut Gwp. eine Schneise, bei der vor allem im Frühjahr bei Föhnwetter am gleichen Tag mehrmals kleine Lawinen herunterkamen. ts Schgüserwaldji ‘ der kleine Wald des Schgüser (Person mit Durchfall) ’ (Gampel) und ts Schgüüserleonii ‘ die Leonie mit Durchfall / als herumwanderde Person ’ (Gampel, gleicher Ort) meinen wohl einen Wald, in dem sich eine Person mit Durchfall erleichterte, oder einen Wald, der einer Person gehörte, die als Übername Schgüüsa (herumwandernde Person, vgl. G RICHTING 1998, 170 s. v. Schgüüsa) hatte. Das bei J ORDAN (2006, 396) für Zwischbergen belegte Schgattaschguisa gehört nicht hieher (vgl. HLL S CHGATTA und S CHGUUSA ). Schgi Schgi ‘ Ski ’ kommt einmal vor: Bim aute Schgilift ‘ beim alten Skilift ’ (Ernen). Es ist zu Sch ī ‘ Schneeschuh (sic! ) ’ (I D . 8, 1; vgl. auch Sk ī in I D . 10,1) zu stellen; in G RICHTING (1998) fehlt das Wort. Laut Karte ist der Skilift heute abgebaut. Schginter Schginter ist als ts Schginter (Simplon) belegt. Der älteste Beleg hat Schku ͦ nter (1390, Simplon), ohne Genusangabe. J ORDAN (2006, 176) kennt Schggintär und nennt maskulines Genus. Die Flur befindet sich an einem bewaldeten Steilhang zum Chrummbach hinunter, südwestlich oberhalb des Dorfes Simplon an der alten Simplonstrasse. Der älteste Beleg legt eine gerundete Form nahe, die später zu / i/ entrundet wurde. LSI (4, 757, s. v. scóntro 2 ) kennt auch scuntra als ‘ Terreno spoglio, prato in pendio, collinetta ’ , hier wohl als ‘ abschüssige Wiese ’ zu verstehen. Der Genuswechsel zum Neutrum ist wohl als Kollektiv zu verstehen: ‘ das abschüssige Gebiet ’ ; die Herkunft ist vermutlich lombardisch oder piemontesisch. Schgitsi Schgitsi f. ‘ der Ort, wo die Lawine herausspritzt ’ ist zum schwdt. skitz(g)e n ‘ herausspritzen ’ und wdt. schggizze, schggizzä (Goms), gschggizzu (Matteral), schgizzn (Lötschental), schggizzu ‘ spritzen, herausspritzen ’ (I D .10, 18; G RICHTING 1998, 170) zu stellen. I D . stellt das Verb zu it. schizzare, das auch als ‘ stieben ’ (von Schnee) verwendet wird; D EVOTO / O LI (2020, 1986) kennen das Verb, geben aber diese Bedeutung so nicht an. Die Bildung auf - I ist ein Verbalabstraktum (S ONDEREGGER 1950, 497), das den Ort kennzeichnet, wo die Lawine (ungesehen) herausspritzt. Schgutzel Schgutzel ist nur in t Schgutzelegga ‘ die Ecke mit Rauschbeeren (V ACCINIUM ULIGINOSUM ) ’ (Ferden) belegt. Das HL ist 61 62 Schgutzel <?page no="36"?> zu wdt. Skuzelber, Schgutzlä = schwdt. Fluderber ‘ Vaccinium uliginosum, Rauschbeere ’ (M ARZELL 4, 958 ff.; I D . 4, 1473 und 1465; B ELLWALD 1956, 90; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 710) zu stellen. Schguusa Schguusa ist nur in t Schgattaschguusa (Zwischbergen, auch FLNK) belegt. Die Beschreibung sagt, es handle sich um eine Alpweidemulde zwischen hohen Bergen. LT hat an der Grenze den Namen Bocchetta Gattascosa ‘ Pass Gattascosa ’ und in Italien eine Alpe di Gattascosa, von der der Flurname stammt. 1: 10000 setzt Schgattaschugusa. J ORDAN (2006, 396) hat Schgattaschuisa, mit Varianten Schgattaschgusa, Ggattaschguisa, Ggattaschguusa und Gattaschgoosa. Er führt den Namen auf it. catta ‘ Katze ’ und it. scossa ‘ Stoss, Schlag ’ oder it. scottare ‘ brennen ’ zurück. Wie unter Schgatta ausgeführt, ist der Anlaut / sch/ wohl unter dem Einfluss des zweiten Elementes gesetzt worden. Cata wiederum ist als ‘ Einschnitt, Pass ’ zu verstehen (P ETRINI 1993, 88 s. v. cata; LSI 1, 727). Schguusa / Scosa hingegen bleibt unklar. LSI (4, 766 s. v. scös) nennt u. a. bruciare ‘ verbrennen ’ , das hier eventuell als Abbrennen von Bäumen auf der Alpe verwendet wurde. Schieffer Schieffer ist belegt als der Schiefferbach (Oberwald). Es handelt sich um einen kleinen Bach, der durch Fels zum Rottengletscher hinunterfliesst, auf ca. 2500 m. Die Gwp. spricht von <schiefriger> Felsen und Boden und meint damit wohl Schiefer. Allerdings ist M. S. mit dem Diphthong / ie/ eher auf der Seite des Adjektivs schief. Sicher Schifer ‘ Schiefer ’ ist in Schifertünnel (FLNK, Termen) belegt, wo Schiefer in einem Tunnel (Stollen) gewonnen wurde. Das Adjektiv schief ‘ schief ’ (I D . 8, 380 f.) gilt als nicht bodenständig - geläufig wäre das Adj. chrumb; das Nomen Schifer ‘ schiefriges, abblätterndes Gestein ’ (I D . 8, 377) würde auch zum ersten Beleg passen, kann aber den Diphthong / ie/ nicht erklären. Schiess Schiess ist zu schwdt. schiesse(n), g'schosse(n) ‘ schiessen; schnell bewegen ’ , von rasch strömenden Flüssigkeiten, fliessenden Gewässern; vom Schleudern eines Geschosses und wdt. schiesse, schiässä (Goms), schiessu (Vispertäler), schiässn (Lötschental), schiässu ‘ schiessen, herausschiessen ’ (I D . 8, 1357 ff.: G RICHTING 1998, 170) zu stellen. Das HL kommt als Bestimmungswort und einmal als attributives Partizip vor. Belegt sind einerseits der Schiessbach ‘ der schnell dahinschiessende Bach (auch Mischibach) ’ (Ried-Brig, Termen) und die dazu gehörende t Schiessbachsite ‘ die (Tal)Seite, durch die der Schiessbach fliesst ’ (Ried-Brig, Termen), tsch Schiässend Bächli ‘ der kleine, dahinschiessende Bach ’ (Ferden) und t Schiessblatta ‘ die steile Felsplatte, über die das Wasser / die Lawine hinunterschiesst ’ (Ried-Brig). Anderseits kommt der Schiessstand ‘ der Schiess-Stand ’ (Oberwald und vier weitere Gemeinden), zum Schiessstand ‘ beim Schiess-Stand ’ (Staldenried), zem Schiässstand ‘ beim Schiess-Stand ’ (Kippel), der Alt Schiessstand ‘ der alte Schiess-Stand (Beschreibung stimmt vermutlich so nicht) ’ (Brig), Alte Schiessstand ‘ der alte Schiess-Stand ’ (FLNK, Ried-Brig), bim Altu Schiessstand ‘ beim alten Schiess-Stand ’ (Stalden) vor. Isoliert ist der historische Beleg in dem Schieshús ‘ im Haus, wo geschossen wird ’ (1749, Ernen; 1803 enet dem Schiesshús). Schiff Schiff n. ist als Flurname nur einmal 1705 in Ritzingen als an dem Schiff belegt. Es ist zu schwdt. Schiff n. ‘ Schiff; Fuhrwerk mit allem Zubehör; Haus-, Ackergerät ’ , übertragen auf schiffähnliche Gegenstände, amhd. sc(h)if, sc (h)ëf, in FlN wohl urspr. Hausname, und wdt. Schiff ‘ Schiff ’ (I D . 8, 352 ff.; G RICHTING 1998, 170) zu stellen. 1581 wird in einer Urkunde für Binn (PA Ernen, D. 93 Perg., Ernen) das lat. in rebus vtensilibus übersetzt als in Schiff und Geschir. Das ist kein Flurname, es wird aber für alles Nutzgerät gebraucht. Der Flurname bezieht sich darauf. Schii(n) Schii(n) ‘ Schein, Glanz ’ ist zu schwdt. Sch ī n m. ‘ Glanz, (Licht-)Schein ’ , amhd. sc(h) ī n m. (I D . 8, 799 ff.) zu stellen. G RICHTING (1998, 170) kennt es als ‘ Helligkeit ’ . URNB (3, 65) Schein und (3, 78) Schin diskutieren ‘ Schein ’ neben anderen Möglichkeiten, von denen aber im Oberwallis wohl nur das ähnliche Schiie ‘ Pfahl ’ in Frage kommt. Die Formen Scheinigu (Adjektiv) und Schiinundu (Partizip Präsens) sind je einmal belegt, jeweils mit HL B LATTA ‘ Felsplatte ’ (Zermatt, Saas-Almagell). Am häufigsten ist Schii(n) als Bestimmungswort zu Hooru ‘ Horn ’ belegt, in Binn gibt es die Schiinhörner (sic! ) und dazu das Unter Schinhorn und das Chlii Schinhore, beide Teil der Schiinhörner. Unterhalb der Hörner sind der Schingletscher und die Schinbachtle (Plural) ‘ die kleinen Wasserrinnen unterhalb der Schinhörner ’ . Die andern Gipfelnamen Schiihoru und Schiinhoren (Zwischbergen, Naters und Blatten gleicher Gipfel) sind nicht beide klar; in Zwischbergen notiert LK Schijenhorn, also Schiie ‘ Pfahl ’ . Ganz unklar ist Schigartuchriz (Bürchen); hier ist unsicher, ob Schi zu ‘ Schein ’ oder zu Schiie ‘ Pfahl, Einzäunung ’ zu stellen ist. Von der Form her ist die erste Möglichkeit sinnvoll, vom Inhalt her die zweite: ‘ das Kreuz beim umzäunten Garten ’ . Schguusa 63 64 <?page no="37"?> Schiiba Schiiba f. ‘ Scheibe ’ ist zu schwdt. Sch ī be(n) f. ‘ flacher, runder Körper; Scheibe ’ , ahd. sc ī ba, mhd. sch ī be ‘ Scheibe ’ und wdt. Schiiba, Schiibu ‘ Fensterscheibe, Scheibe ’ (I D . 8, 38 ff.; G RICHTING 1998, 170) zu stellen. Prominent in unseren Belegen ist das HL für die Schützen- oder Schiessscheibe, in Flurnamen weiter zur Bezeichnung von scheibenförmigen Geländestellen. Der Plural Scheib zum Singular Schöüb m. ‘ Strohbündel ’ (G RICHTING 1998, 176; vgl. I D . 8, 26 ff. s. v. Schaub) spielt kaum eine Rolle, ausser vielleicht beim FaN Scheiber, der sonst nicht belegt ist. Das Simplex ist im Singular historisch als bei der Scheibe (1872 (ca.), Ergisch; Randa (Register)) und bÿ der Scheiben (1623, Münster), beÿ der Scheiben (1806, Stalden; 1853, Guttet), zúr Scheiben (1869, Blatten), in der Schibun (1721, Bellwald) belegt. In Leuk ist 1712 under der Schibben, 1713 zur Scheiben belegt, beide als Weingärten, also wahrscheinlich scheibenförmige Grundstücke. In Grächen ist an Scheýben (1457) mit Variante an Schweýben belegt; die Lesung ist aber unsicher und der Kontext gibt den FaN Schweybers an; es geht also wohl um das HL S CHWEIBA . Lebende Belege sind biner Schibe ‘ bei der (Schützen-)Scheibe ’ (Reckingen) und zer Schiibu ‘ bei der (Schützen-)Scheibe ’ (Ferden, Hohtenn, Unterems, Varen, Visperterminen). Plurale sind nicht belegt, Diminutive ebenfalls nicht. Mit attributiven Adjektiven erscheint das HL als bei der Alten Scheiben ‘ bei der alten Scheibe (wohl Schützenscheibe) ’ (1854, Stalden), zer Alten Scheibe (Zermatt, Register), zer Altu Schibu ‘ bei der alten Scheibe (Schützenscheibe) ’ (Embd). In zweigliedrigen Komposita ist Schiiba nur als Bestimmungswort belegt. Der häufigste Typ ist dr Schiibustand ‘ der Scheibenstand (der Schützen) ’ (Kippel und sechs weitere Belege). Die übrigen Grundwörter sind: Acher, Haalta, Matta, Mili, Pletscha, Räb-, Schleif, Schluocht, Stadel, Wald und Weid. Ob zi Schiibstein ‘ bei den Scheibensteinen (unklar: runde Steine? ) ’ (Ferden) hieher zu stellen ist, bleibt unsicher. Eine Ableitung Schibi ist in Schibiachrun o ᵉ y`un ‘ die Aue beim Schibiacher ’ (1383, Ulrichen) belegt; vermutlich handelt es sich um einen Diminutiv ‘ die kleine Scheibe ’ . Eine Ableitung auf - IL ist in an dien Schibilachren (1399, Ried-Brig), Schibilwang (1770, Naters; 1859 Schibelwang), der Schibilwasu (Hohtenn) belegt. Es handelt sich vermutlich um die maskuline Stellenbezeichnung auf - IL (S ONDEREGGER 1958, 513). Da der älteste Beleg das ungerundete / i/ aufweist, ist eine Entrundung nicht sinnvoll anzunehmen. Das in Grächen (Register) belegte Scheiberweide deutet auf einen PN Scheiber, der aber nicht belegt ist. Das Adjektiv schibocht ist in Schibochten Eyen ‘ die runde, scheibenförmige Aue ’ (1717, Obergesteln) vertreten. Die Endung - OCHT ist in K. M EYER (1960, 124 ff.) gut belegt. Schiid S CHIID n. ‘ Scheit ’ ist zu schwdt. S CH Ī T , wdt. S CHIT , im Lötschental auch S CHID ‘ (Holz-)Scheit ’ (Id. 8, 1506 ff.; Grichting 1998, 171) zu stellen. Es kommt in Steg als ts Wiiss Schiid ‘ das weisse Scheit ’ vor, offenbar ursprünglich als Bezeichnung eines Vermessungssignals. In Ferden gesellt sich dazu dr Wiiss Schiidtritt ‘ der Tritt beim weissen Scheit ’ . Eine -i-Ableitung (Sonderegger 1958, 479, Verbalabstrakta auf ahd. - Î ( N )) S CHIIDI ‘ der Ort, wo man Bäume entrindet ’ , wohl zum Verb wdt. schiide ‘ behauen (Rundstamm in Längsrichtung), zerkleinern ’ (G RICHTING 1998, 170), ist in den beiden Namen t Ober und t Unner Schiidi (Visperterminen) belegt. Schiie Schiie f. ‘ Zaunlatte ’ ist zu schwdt. Sch ī e n und wdt. Schija, Schijä (Goms), Schiju f. ‘ Zaunlatte ’ , ‘ dünne Latte, schmales, langes Brett; Zaun-, Haglatte, besonders bei Hausgärten ’ , mhd. sch ī e f., m. (I D . 8, 1 ff.; G RICHTING 1998, 170) bzw. Verb schwdt. schîe n , schîje n ‘ Hagpfähle (bzw. ein Holz zu Hagpfählen) machen ’ (I D . 8, 6), hier als Kompositum einschîe(n) ‘ mit Zaunlatten, Hagpfählen einfassen, umgeben ’ zu stellen. In FlN auch übertragen auf sch ī enartige Geländeformationen. Das HL enthält ein langes / i: / gefolgt von einem / j/ . Im nördlichen Schweizerdeutschen kann dafür auch / ei/ + / j/ eintreten. Das Simplex ist meist im Plural als bine Schiie ‘ bei den Felsen, die wie Zaunlatten aussehen ’ (Reckingen), Zenschien ‘ bei den Zaunlatten ’ (1706 u. später, Leuk; es ist von einem Weingarten die Rede), t Schihä ‘ die Felsen, die wie Zaunlatten aussehen ’ (Blatten), t Schiije ‘ die Felsen, die wie Zaunlatten aussehen ’ (Simplon, Zwischbergen), unner de Schiije ‘ unter den Felsen, die wie Zaunlatten aussehen ’ (Ulrichen), ze Schiiu ‘ beim Gebiet, das wie Zaunlatten aussieht (laut Dokument ein Weingarten) ’ (Zeneggen), Zen Schÿgen ‘ bei den Zaunlatten ’ (1610, Leuk) belegt. Die Belege zeigen entweder Weingärten mit einem Zaun oder Gebiete, die wie Zaunlatten aussehen. Mit attributiven Adjektiven kommen vor: t Rote Schiie ‘ die roten Felsen, die wie Zaunlatten aussehen ’ (Reckingen), t Wiissu Schiie ‘ die weissen Felsen, die wie Zaunlatten aussehen (Gipfelname 3386 m) ’ (Randa). Als Grundwort kommt das HL vor in t Merezebachschiije ‘ die Zaunlatten gleichenden Felsen im Merezen- 65 66 Schiie <?page no="38"?> bachtal ’ (Münster, Ulrichen (hier beim Merezenbachgletscher)), Thalschien (SK; LT Talschien) ‘ der Thalschien ’ (LT Talschien, Gipfelname, 2997 m), wohl die Bergspitzen, die Zaunlatten gleichen, über dem Tal (sofern nicht Schiin = Schein). Dazu kommt Talschienpass ‘ der Pass (Fusspass) zwischen Roossehörner und Blatthörner bei den Talschien (Bergspitzen beim Tal) ’ (Münster). Unklar ist Hoschiiugrabe (Baltschieder, Eggerberg), hier verstanden als ‘ der Graben bei den Felsen, die wie Zaunlatten aussehen ’ , der bei Nr. 20818 der Hoschtiiugrabo ‘ der Graben bei der hohen Stiia (Schweinekoben) ’ heisst. Die Form ohne / t/ scheint sinnvoller. Wohl ans Hochdeutsche angeglichen ist Scheÿenboden ‘ der Boden mit den Zaunlatten ’ (1683, Martisberg). Sonst erscheint das Bestimmungswort mit folgenden Grundwörtern: Bodu, Gartu, Hag, Hooru und Matta. Nur einmal belegt ist das Partizip des Verbums einschîe(n) in im eingescheieten Garten ‘ im eingezäunten Garten ’ (1770, Termen). Die Form ist an das Hochdeutsche angeglichen. Schiir Schiir f. ‘ Scheuer ’ ist zu schwdt. Sch ǖ r f., Pl. meist Sch ǖ re(n) ‘ Scheuer, Scheune ’ , zusammenfassend für die der Ökonomie dienenden Räumlichkeiten: Stall und (Dresch-, Futter-)Tenne mit der darüber liegenden Heubzw. Garbenbühne, oft mit einem Schopf, zuweilen auch mit Ställen für das Kleinvieh, z. T. mit dem bäuerlichen Wohnhaus unter einem Dach vereinigt; Stall mit Heubühne; Ort, wo das Alpheu untergebracht wird, Heugaden am Hause; freistehender Heuspeicher auf entlegenen Matten, Bergwiesen, ahd. sk ū ra, skiura, mhd. schiure ‘ Scheuer ’ , Weiterbildung zu amhd. sc(h) ū r m. ‘ Wetterdach ’ und wdt. Schiir ‘ Scheune ’ (I D . 8, 1210 ff.; G RICHTING 1998, 170) zu stellen. Über die Konstruktion einer Schiir im Wallis vgl. R ÜBEL (1950, 38) und V. S CHMID (2003, 170 f.). Rund 440 Namen enthalten das HL Schiir. Auffällig ist, dass das Simplex Schiir praktisch inexistent ist: es gibt nur 1652 in Goppisberg beÿ der Schür mit einem rekonstruierten / ü/ . Auch der Plural des Simplex ist selten: 1697 zen Scheiren ‘ bei den Scheuern ’ (Albinen) mit einem hyperkorrekten / ei/ , zen Schiren (1723, Leuk; 1726 zun Scheüren). Hingegen ist das Diminutiv des Singulars häufig: ts Schiirli (auch mit Präpositionen zum und bim) ist rund 28 Mal belegt; einmal steht zum Scheu ᵕ erlein ‘ bei der kleinen Scheuer ’ (1837, Oberems). Der Plural ze Schiirlinu ‘ bei den kleinen Scheuern ’ ist viermal belegt, einmal als zen Schirlenen (1634, Betten). Mit attributiven Adjektiven und dem HL als Grundwort ist vor allem der Typ t Niw Schiir ‘ die neue Scheuer ’ und deren Varianten wie zer Niwe Schiir ‘ bei der neuen Scheuer ’ , zer Niwwu Schiir ‘ bei der neuen Scheuer ’ usw. rund 40 Mal belegt - auch historisch als zer Nÿwen Schyr (1548, Agarn), hinder der Nüwen Schür (1640 u. später, Gluringen), zu ᵕ r Neu ᵕ en Scheu ᵕ er ‘ bei der neuen Scheuer ’ (1733 u. später, Oberems). Das Gegenstück zer Altu Schiir ‘ bei der alten Scheuer ’ (FLNK, St. Niklaus) ist mit Varianten sieben Mal belegt. Weitere Belege sind: di Gross Schiir ‘ die grosse Scheuer ’ (mit Varianten) (Lax, Martisberg, Baltschieder), Heeji Schiir ‘ die hohe Scheuer ’ (FLNK, Ernen), zum Heeju Schiirli ‘ zur hohen kleinen Scheuer ’ (Randa, Termen), Heeschiirli ‘ die hohe kleine Scheuer ’ (FLNK, Grächen), bÿm Höchen Schürli ‘ bei der kleinen hohen Scheuer ’ (1723 u. später, Ried-Brig), Hee Schiirli ‘ die hohe kleine Scheuer ’ (FLNK, Ried-Mörel), beÿ dem Hochen Scheirlin ‘ bei der hohen kleinen Scheuer ’ (1724 u. später, Naters), ts Chlei Schiirli ‘ die kleine Scheuer ’ (Ried-Mörel), ze Lenge Schiiru ‘ bei den langen Scheuern ’ (Mund), t Mittlescht Schiir ‘ die mittlere Scheuer ’ (Ernen), Mittulschir ‘ die mittlere Scheuer ’ (FLNK, Birgisch), t Ober Schiir ‘ die obere Scheuer ’ (St. Niklaus und weitere zwei) und zer Obru Schiir ‘ bei der oberen Scheuer ’ (Eggerberg, mit weiteren fünf Belegen), zum Schwarzu Schiirli ‘ bei der schwarzen kleinen Scheuer ’ (St. Niklaus), zu Dri Schiiru ‘ bei den drei Scheuern ’ (Täsch, mit Zahlwort), zen Uisträ Schiiru ‘ bei den äusseren Scheuern ’ (Wiler), zer Vndren Schir ‘ bei der unteren Scheuer ’ (Grächen), in der Verbranten Schir ‘ in der verbrannten Scheuer ’ (1782, Simplon, mit Partizip), zu Vier Schiiru ‘ bei den vier Scheuern ’ (Randa, mit Zahlwort), t Wissi Schiir ‘ die weisse Scheuer ’ (Raron, weitere vier Belege), zen Zwei Schiiru ‘ bei den zwei Scheuern ’ (Unterbäch, Täsch, mit Zahlwort), der Zweÿfachen Scheir ‘ die doppelte Scheuer ’ (1767, Kippel, Genitiv in der Konstruktion), Üsser Schiir ‘ die äussere Scheuer ’ (FLNK, Embd) und ze Üssru Schiiru ‘ bei den äusseren Scheuern ’ (Eisten). Superlative finden sich in ts Obroschtoscht Schiirli ‘ die oberste kleine Scheuer ’ und ts Unroschtoscht Schiirli ‘ die unterste kleine Scheuer ’ (beide Unterbäch). Ein ungeklärtes Problem stellt zúm Fengiu Schiirli (Termen) dar (cf. HL F ENGIU ); es könnte sowohl ein Adjektiv, wie ein Besitzer oder Nutzer gemeint sein. Vorangestellte Genitive des Besitzers oder Nutzers finden sich z. B. in ts (e)Randjerru Schiirli ‘ die kleine Scheuer der Familie Randier ’ (Unterbäch), ts (e)Rittersch Schiir ‘ die Scheuer der Familie Ritter ’ (Termen), ts (e) Rufinärsch Schiirli ‘ die kleine Scheuer der Familie Ruffiner ’ (Ferden, Kippel). Unklar ist der Beleg ts Baschters Schiirli ‘ die kleine Scheuer des Baster (PN zu Bastian) / Bastard ’ (Törbel), wo unklar ist, ob es sich um einen PN oder um einen Übernamen handelt. zer Eggschuschiir ‘ bei der Scheuer der Familie Eggs ’ (Törbel) enthält einen schwachen Genitiv Plural. Bei ts Fennersch Schiir und Schiir 67 68 <?page no="39"?> Stall ‘ des Fenners (Fähnrichs) Scheuer und Stall ’ (Staldenried) ist ein Funktionsträger (Gemeindefenner) gemeint, nicht ein FaN. Der historische Beleg Zgasen Schirlÿ ‘ die kleine Scheuer der FaN Gasner ’ (1707, Ergisch) weist eine Kurzform des FaN im schwachen Genitiv Singular auf. Unklar ist auch, wer in z Habisch Schir ‘ die Scheuer des Habi (PN) ’ (1682, Greich) gemeint ist; ein FaN Habi ist nicht belegt (cf. HL H ABI ). Dass nicht immer klar zwischen einem vorangestellten Genitiv und einem Kompositum unterschieden werden kann, zeigen die Belege ts Gigersch Schiirli ‘ die kleine Scheuer der Familie Giger ’ (Randa), wobei Giger ein Beiname ist, und únter dem Güger Schirlÿ ‘ unter der kleinen Scheuer der Familie Giger ’ (1832, Blitzingen). Manchmal ist auch nicht zu entscheiden, ob ein Genitiv vorliegt oder nicht: beÿ Heinen Schir ‘ bei der Scheuer des Heinrich / der Familie Heinen ’ (1817, Binn), wo Heinen ein fest gewordener Genitiv als FaN oder einfach ein PN Hein im Genitiv sein kann. Als Grundwort ist das HL sehr häufig in zweigliedrigen Komposita belegt. Öfters belegt ist der Typ Steischiir ‘ Scheuer aus Stein ’ (Embd und rund 15 weitere Belege, auch historisch), der die Konstruktion mit Stein statt Holz betont. t Schtiidischiir ‘ die Scheuer mit einem kleinen (Stütz-)Pfosten ’ (Kippel) und die Stúdschÿr ‘ die Scheuer mit einem Pfosten ’ (1694, Baltschieder) wurden wohl mit einem stützenden Holzpfosten (cf. HL S TUTT ) gebaut. Tiernamen sind in zer Schaafschiir ‘ bei der Scheuer für die Schafe ’ (Eisten und vier weitere Belege), zum Geisschiirli ‘ bei der kleinen Scheuer für die Ziegen ’ (Grächen, Randa), di Geischischiirä ‘ die Scheuern für die kleinen Ziegen ’ (Blatten), Chieschiirli ‘ die kleine Scheuer für die Kühe ’ (FLNK, Embd), ze Rosschiiru ‘ bei den Scheuern für die Pferde ’ (Stalden) und die Rosschir ‘ die Scheuer für die Pferde ’ (1751, Turtmann) belegt. Hier kann sowohl ein Stall für die jeweiligen Tiere, wie ihre Fütterung gemeint sein. Auch Besitzernamen ohne Genitiv sind möglich: Briggerschiirli ‘ die kleine Scheuer der Familie Brigger ’ (FLNK, Niedergesteln), ts Stäffuschiir ‘ die Scheuer der Familie Steffen / des Stefan ’ (Naters), Sigerschtuschiir ‘ die Scheuer des Sigrists / der Familie Sigrist ’ (Ried-Mörel), t Chirchuschiir ‘ die Scheuer, die der Kirche gehörte ’ (Randa) und (vielleicht) die Klosterschür ‘ die Scheuer, die dem Kloster gehörte ’ (1741, Fiesch) zeigen institutionelle Besitzer. Der grösste Teil der Komposita weist aber den Namen einer nahegelegenen Flur auf, wie z. B. di Balmuschirä ‘ die Scheuern beim Gebiet Balma (überhängender Fels) ’ (Blatten), ts Bielschiirli ‘ die kleine Scheuer beim Gebiet Biel (Hügel) ’ (Ried-Mörel), bim Chlosischiirli ‘ bei der kleinen Scheuer beim Chlosi ’ (Nates) und viele andere. Dabei entstehen auch komplexere Formen wie z. B. in t Lengunmattuschiirä ‘ die Scheuern bei der langen Wiese ’ (Blatten), ts Schärutachschiirli ‘ die kleine Scheuer beim Schärutach (Dach, das Schutz bietet) ’ (Baltschieder), zen Uisträ Wiäschtänmattuschiirun ‘ bei den Scheuern bei der äusserem wüsten, unfruchtbaren Wiese ’ (Blatten) und andere. Als Bestimmungswort ist das HL nur selten vertreten; in zweigliedrigen Komposita tritt es nur auf mit Bodu und Matta; in mehrgliedrigen in Schlüechtschiircheer ‘ der Cheer (Wegkehre) bei der Schlüechtschiir (Scheuer in der Geländeeinbuchtung) ’ (Törbel). Schiisse Schiiss(e), auch Schiss in Flurnamen gehört zum Verb schwdt. sch ī sse n ‘ scheissen (von Tieren), (derb) von Menschen ’ , ahd. sc ī zan (I D . 8, 1326). Das HL hat pejorativen Charakter und bezeichnet z. T. ‘ dreckige, häufig mit Geröll und Schlamm überflutete, z. T. auch einfach unangenehm wirkende oder zu durchgehende Stellen ’ u. ä. (URNB 3,66). G RICHTING (1998, 170) kennt das Wort Schiissa, Schiissu nur als ‘ Toilette ’ . Das HL selbst erscheint nur als Bestimmungswort in verschiedenen Formen. Schiiss ist belegt in den Schÿssgraben ‘ der Graben mit Dreck ’ (1763, Naters) und der Schiisschracho ‘ der Chrachen (Tobel) mit Dreck, Abfällen (beim Hotel Belalp) ’ . Vermutlich gehört auch zer Schisbachtalun ‘ bei der Wasserrinne mit Dreck ’ (1521, Täsch) hieher. Schiisse ist belegt in t Schiisseblätze ‘ die kleinen, wertlosen Stücke Land ’ (Ulrichen), t Schiissetole ‘ die Mulde mit Dreck ’ (Ritzingen), der Schiisseture ‘ der (Fels-)Turm mit Dreck / wo man sich erleichtern kann ’ (Blitzingen, mit unklarer Deutung). Schiisser ist eine Ableitung, die bei G RICHTING (1998, 170 s. v. Schiisser mit Varianten) u. a. als ‘ Durchfall ’ bezeichnet wird. Entsprechend ist der Name t Schiisserteelu ‘ die Dähle (Föhre), wo man sich erleichtern kann ’ (Hohtenn). Eine weitere Ableitung auf - ERNA , Pl. - ERNE mit Kollektivbedeutung, zeigt t Schisserne ‘ der Geröllhang ’ (Embd). Einen anderen Bildungstyp hat Gscheis in den beiden Belegen ts Arigscheis ‘ wo es Exkremente von Adlern hat ’ und t Arigscheisflüe ‘ die Fluh beim Arigscheis (wo es Exkremente von Adlern hat) ’ (beide Täsch). Zwar kennt I D . (8, 1324) Scheiss ‘ Bauchwind ’ ; es ist aber wohl eher zu G e -schîss ‘ Exkremente ’ (I D . 8, 1325) zu stellen. Allerdings weist O TT (1970, 76) darauf hin, dass man bei den Raubvögeln von Geschmeiss spricht, dass aber auch scheissen verwendet wird. Gscheis wäre dann beim Diphthong vom gleichbedeutenden Geschmeiss beeinflusst. Schiiter Schiiter ‘ (Holz-)Scheite ’ kommt in fünf Belegen als Bestimmungswort vor. Es ist zu schwdt. Sch ī t, Pl. Sch ī ter, Schiter n., wdt. Schit, Schiitje (Mattertal), Schid (Lötschtal) 69 70 Schiiter <?page no="40"?> Schiit n. wie nhd. ‘ Scheit ’ , amhd. sc(h) ī t n. (I D . 8, 1506 ff.; G RICHTING 1998, 171) zu stellen. Zum Namen gab entweder scheitförmiges Gelände oder eine Stelle Anlass, wo man scheitet, Brennholz zurüstet, oder die man gerodet hat (cf. URNB 3, 85 ff.). Die Belege sind Schiterflüe ‘ die Fluh, die wie Holzscheite aussieht ’ (Oberwald), ts Schiitertälli ‘ das kleine Tal in Scheiterform ’ (Reckingen), ts Schitertäli, resp. ts Schitertälti (Münster) und der dazu gehörende Schitertelltigrat (Münster). Wohl zu diesem HL, aber im Singular, gehört der Schittibode ‘ der Boden, wo Holz gescheitet wurde ’ (Reckingen). Schild Schild m. ist zu schwdt. Schilt, Schild m. Pl. unverändert oder Schilta, -ë ‘ Schild ’ , ‘ dreieckige, von einer kleinen Lawine herrührende Schneeablagerung; abgetretenes und infolgedessen abgerutschtes zusammenhängendes Stück gefrorenen Schnees; an steiler Halde angewehter Schnee ’ , ‘ von abgegrenzten Bodenteilen; Stück Land, Parzelle ’ , ‘ (in einzelne Beete zerfallende) Abteilung eines Gartens, auch Kirchhofs ’ , ‘ Stelle, die sich durch abweichende Färbung von ihrer Umgebung abhebt, z. B. schneefreier Fleck ’ , amhd. sc(h)ilt m. (I D . 8, 727 ff., bes. 739; Z INSLI 1946, 334 mit Beschränkung auf ‘ schneefreier Fleck ’ und ‘ Schneefleck ’ ) zu stellen. G RICHTING (1998, 171) kennt nur Schiltji, Schilt (Lötschental) n. ‘ Heiligenmedaille ’ . Das HL kommt in rund 50 Flurnamen vor, aber nie im Bezirk Leuk. Das Simplex ist im Singular lebend als der Schild (Martisberg, Mund), der Schilld (Randa), der Schillt (Saas-Balen, Zwischbergen), ufum Schillt (Embd), zum Schillt (Täsch), der Schilt (Ausserberg, Baltschieder, Eisten, St. Niklaus), dr Schilt (Blatten, Kippel, Wiler) belegt. Mit l-Vokalisierung kommt in Binn bim Schiut vor, wobei Gwp. meint, es handle sich um ein früheres Schild mit der Aufschrift “ Nebenzollamt Binn ” ; dann wäre auch das Genus neutrum möglich. Historisch ist am Schildt (1714 u. später, Zeneggen) bezeugt. Der Plural des Simplex erscheint als t Schilta (Zermatt, FLNK Schilte), t Schilta (Simplon), t Schilte (Glis, Termen, Ulrichen) und t Schiute (Binn, mit l-Vokalisierung). Als Diminutiv im Singular kommt mit agglutiniertem Artikel ts Tschiilti ‘ der kleine Schild ’ (Ried-Brig) vor. Problematisch ist der Beleg in den Schildlinen ‘ in den kleinen Schilden ’ (1795, Naters), wofür 1737 in den Schildÿnen steht, ein Plural zur Ableitung Schildi (vgl. unten). Mit attributiven Adjektiven sind belegt ts Chlei und ts Gross Schild (St. Niklaus), ts Chlei Schillgji ‘ der kleine Schild ’ (Saas-Balen), ts Chlei Schiltji ‘ der kleine Schild ’ (Mund), auf dem oberen Schild (1771, Bellwald), der Ober und der Unner Schilt (Randa). Einen Sonderfall stellt di Parschilte (Naters) dar. Wenn angenommen wird, dass das Grundwort Schilte ‘ die Schilde ’ ist, dann kann sich par nach I D . (4, 1429) als ‘ einige, etliche ’ , ev. ‘ zwei ’ verstehen lassen: ‘ die zwei Schilde ’ . Sonst erscheint das HL nie als Grundwort. Als Bestimmungswort tritt das HL vor allem im Typ Schilthorn ‘ Schilthorn ’ auf; belegt sind tsch Schilthoren (Kippel, FLNK, LT und SK Schilthorn), Schilthorn (Mund), ts Schilthoru (FLNK, Saas-Balen; LT Schilthorn; Eisten), ts Schilthoru (Simplon, LT und SK Schilthorn) und historisch 1774 (? ) aús dem Schilthorn (Eggerberg, unklar). Es handelt sich um mindestens drei verschiedene Gipfel; die vermutlich nach den Schnee-Flecken benannt sind. Die übrigen Grundwörter sind Äbi, Bodu, Bord, Brunnu, Egg(a), Furgga, Grabu, Sattel, Schrääje -Schreeje, Schluocht, Wald und Wang. Unklar ist die Ableitung Schiltine (Plural). Sie ist belegt in Schiltine (FLNK, Reckingen), t Hinnere und t Vodere Schiltine (Reckingen). Ein Diminutiv liegt wohl nicht vor, wohl aber eine feminine Ableitung auf - I . I D . (8, 748) kennt das Wort in der Bedeutung eines Tiers mit weissen Flecken, doch erwähnt es in der Anmerkung auch einen Flurnamen in Morschach (SZ); im SZNB (4, 298 f.) wird der Name möglicherweise auf eine I -Ableitung (feminine Movierung) zurückgeführt. Schilf Schilf ist nur belegt in ts Schilfgädi und t Schilfgädiflüe (beide St. Niklaus); die SK hat am gleichen Ort Schilfgalen. Galen für Gädi ‘ kleiner Gaden ’ ist dabei wohl ein Versehen. Ob der Pflanzenname Schilf n. wie nhd. ‘ Schilfrohr, Röhricht ’ (THNB 2, 2, 500; I D . 8, 672) zutrifft, ist schwer zu beurteilen; die Lage auf rund 2000 m spricht eher nicht dafür. Das Wort gilt als schriftsprachlich und spät übernommen. I D . weist aber Schilfgalen diesem Lemma zu. Fehlende historische Belege verunmöglichen eine fundiertere Deutung. Tschilferne und Tschilfernugrabu (beide Niedergesteln) sind wohl von Schilfen ‘ weiche Haut einer Frucht ’ (I D . 8, 672) mit assimiliertem Artikel gebildet; laut I D . (8, 672) ist Schilferen als abgeschälte Haut von Obst zu verstehen. Die Belege stammen aber nicht aus dem Wallis, das dafür das Wort Scheenete (I D . 8, 872) hat. Die Lage auf rund 2100 m in felsigem Gebiet weist kaum auf Obst hin. Die Deutung ist deswegen unklar. Schill (FaN) Schill (FaN) ist ein FaN, der im Genitiv Plural einer kollektiven - IG -Ableitung von 1389 in Zeneggen als Schillingo belegt ist; allerdings ist hier kein Flurname gemeint, sondern die Besitzer der Flur Saltzgeba. Hingegen ist der FLNK-Beleg Schilligwiichil ‘ der Winkel der Schild 71 72 <?page no="41"?> Familie Schilling ’ (Agarn) als Flurname bezeugt. Der FaN ist insgesamt als Schilling (AWWB 234) bekannt. Schilljinu Schilljinu ‘ das kleine Roggenfeld ’ ist nur als t Schilljinu (Inden, auch FLNK und LT) belegt. Laut Beschreibung handelt es sich um Wiesen und harten Boden. Es ist wohl zu lat. s ē cale roggen (FEW 11, 360 ff.) zu stellen (G ERSTER 1927, 63 s. v. šī ̩ la ‘ seigle ’ (Roggen) und enthält ein Diminutivsuffix - INA , das im Dialekt von Inden zu - INU wurde. Schimpfe Schimpfe ‘ Kleinigkeiten ’ ist ein unklares Lemma, das in Fieschertal, Münster und Ritzingen vorkommt. In Münster sind belegt t Schimpfe, dazu historisch vor den Tschinffen vff Zinffen (1560), auf LT 1: 10000 steht Schimfe. In Ritzingen nennt die FLNK Schimpfine, dazu gibt es Schimpfenestäfulti und Schimpfenewaud. Fieschertal hat Tschimmfi und historisch jn Tschinffi (1532), beides wohl Diminutive. Vermutlich liegt dem HL Schimpf (I D . 8, 782 ff.) zu Grunde, das ursprünglich einen Scherz, ein Spiel bezeichnet (so noch W IPF 1910, 72 ‘ Neckerei ’ für Visperterminen), hier aber wohl einfach für etwas Kleines, Unwichtiges, vielleicht auch wenig Ertragreiches verwendet wird (vgl. bes. I D . 8, 783, Bed. 2)). Schina Schina f. ist in drei Belegen aus Mund belegt: t Kesselschine ‘ die Kesselschiene ’ (FLNK Chessilschine), Obri und Undri Chessilschine ‘ die obere und die untere Kesselschiene ’ (beide EK, Mund). Alle Belege befinden sich auf ca. 2300 m. Es handelt sich wohl um eine metaphorische Bezeichnung, die auf der Kesselschiene beruht. Zu Grunde liegt schwdt. Sch ĭ n ‘ Schiene ’ und wdt. Schina, Schinä (Goms), Schinu ‘ Schiene (Bahn), Holzsplitter ’ (I D . 8, 833 ff.; G RICHTING 1998, 171). Zu verstehen ist hier eine Einrichtung beim Chessil ‘ Kessel ’ , der auf Schienen bewegt wird. Die Ähnlichkeit mit dieser Einrichtung erklärt den Namen. Der Beleg mit anlautendem / k/ ist entweder assimiliert mit dem Artikel / t/ oder ein Transkriptionsfehler von M. S. Schindel Schindel f. ist zu schwdt. Schindle(n), Schindla, Schinnla f., wie nhd. ‘ Schindel ’ zur Bedachung oder als Wandverkleidung, ahd. scintala, mhd. schindel f. und wdt. Schindla, Schinnla, Schinnlä (Goms), Schindlu ‘ Dachschindel ’ (I D . 8, 919 ff.; G RICHTING 1998, 171) zu stellen. Das HL tritt fast nur als Bestimmungswort in der vorwiegenden Form Schindel auf. Die Namen bezeichnen i. d. R. Stellen, wo man Schindelholz fand oder wo solches zugerüstet wurde (URNB 3, 79 ff.; LUNB 1, 2, 886 f.); in anderen Fällen spielt wohl die Geländeform eine Rolle. Der Schindelzü ‘ der Schindelzaun ’ (Zermatt) besteht aus Holzschindeln. Als Grundwort erscheint das HL nur in Engschindle (Saas-Grund). Durch das Gebiet führt ein steiler Weg, also eine enge Stelle, die einer Schindel gleicht. Als Bestimmungswort ist das HL mit Holz und Wald verbunden: das Schindelholz (1601, Naters), ts Schindelholz (Termen), im Vnderen Schinnenholtz ‘ im unteren Schindelholz ’ (1770, Termen) und Schindolwald (Ausserberg). Hier sind Wälder mit Schindelholz gemeint. t Schindilbodini ‘ die kleinen Böden, wo Schindeln hergestellt wurden ’ (Gampel) sind der Ort, wo Schindeln gemacht wurden. t Schindellägi ‘ der Ort, wo Schindeln gelagert wurden ’ (Kippel) entspricht Schindellegi (SZNB 3, 271). Und vermutlich diente auch den Schindelschleyff (1540, Glis, Akkusativ aus der Konstruktion) dem Transport von Schindelholz. Hingegen ist der Schinndelzug ‘ Lawinenzug zum Schindelmättelti ’ nach dem darunter liegenden Schindelmättelti (beide Täsch) benannt, das wohl nach seiner Form so heisst. Unklar ist das Namennest t Schindelschluächt, t Schindelschluächtegga, t Läz Schindelschluächt und t Rächt Schindelschluächt (alle Blatten). Die Fluren liegen links und rechts der Einmündung des Uister Talbachs ins Lötschental; ob hier Schindelholz gewonnen wurde, ist unklar; eine Schluächt (Einbuchtung) sieht kaum wie eine Schindel aus. Die übrigen Grundwörter Biel, Spitz, Stock, Tola und Wäg sind unterschiedlich: t Schindeltola (Zwischbergen) ist eine Weide ohne Bäume; es scheint also hier die Form einer Schindel entscheidend. J ORDAN (2006, 383 und 388) kennt Schind u ltola zweimal; der zweite Fall ist nur alternativ für Irrgilisiitä; auch bei ihm dürfte die Form der Flur ausschlaggebend sein. Bei den übrigen ist es schwierig, zwischen den Bedeutungen zu unterscheiden. Schinder Schinder ‘ Abdecker, Henker ’ ist nur in auf dem Schinderboden (1762, Raron) belegt; es wird aber auch Schniderboden gelesen. Im ersten Fall ist das Bestimmungswort zu schwdt. Schinder, Schinter m. ‘ Abdecker ’ , ‘ Scharfrichter, Henker ’ , mhd. schinder (I D . 8, 911 ff.) zu stellen, im zweiten Fall zum FaN Schnider (unter HL S CHNEIDER (F A N)). G RICHTING (1998, 171) kennt Schinter, Schintär nur in der übertragenen Bedeutung ‘ Geizkragen ’ , die als Motivation für einen Flurnamen nicht in Frage kommt. Sonst sind beide Lesarten möglich. Schiner (FaN) Schiner (FaN) ist der FaN Schiner, Schyner, Schinner, eine alte Familie, welche seit dem 14. Jh. in Mühlebach be- 73 74 Schiner (FaN) <?page no="42"?> kannt ist; sie verzweigte sich nach Ernen, Fiesch und Fieschertal (AWWB 234 f.). Der FaN kommt unverändert als Schiner vor mit den Grundwörtern Acher (1770, Termen), Lischa (1697, Ulrichen), Matta (1785, Münster), Stall (Binn) und Tosse (Binn). Der vorangestellte starke Genitiv des Singulars Schiners findet sich in z Schinersgaden ‘ der Stall der Familie Schiner ’ (1570 u. später, Ernen; der Beleg z'inersgaden von 1803 ist wohl falsch getrennt), in Schiners Wang (1755 u. später, Bellwald) und beim Diminutiv ts Schinnerlisch Weid ‘ die Weide der Familie Schiner ’ (Ernen), das Diminutiv hier ist üblich für Männer einer Familie. Der schwache Genitiv Plural Schinero oder Schinere kommt vor in Alpem Schineren (1530, Binn), ts Schinere Pmache ‘ die Alphütten der Alpe der Familie Schiner ’ (Binn), in Schinero Heüwmat ‘ in der Heumahd der Familie Schiner ’ (1657 u. später, Binn), in Schineren Offnen ‘ die Öfen (warme Stellen) der Alpe der Familie Schiner ’ (Binn), in Schinero Sentum (1610 u. später; Binn) ‘ im Senntum der Familie Schiner ’ , ts Schinnere Wiissi ‘ die Weisse (weisse Stellen) der Alpe der Familie Schiner ’ (Binn) und Schinero Matten ‘ die Wiese der Familie Schiner ’ (1530, Mühlebach). In Binn behält die Alpe Schinere ihren Namen, auch wenn sie nicht mehr der Familie Schiner gehört. Schint Schint ist als einfache Ableitung Schinti (Steg) belegt; dazu kommen t Schintigalerie ‘ die Galerie (Tunnel) der Lötschbergbahn im Gebiet Schinti ’ , dr Schintigrabu ‘ der Graben bei der Schinti ’ , ts Schintiläger ‘ die Lagerstätte für das Vieh beim Gebiet Schinti ’ , t Schintischnaarä ‘ der schmale Felsrücken beim Gebiet Schinti ’ , t Schintitreiu ‘ die Viehweglein beim Gebiet Schinti ’ . Schinti ist zu Schindi f. (I D . 8, 917) im Sinn von Entrinden von Baumstämmen (schinde n 1b)) zu stellen. Dazu gehört auch Schintilicka ‘ die Lücke (Fusspass) beim Schintigrat ’ (Niedergesteln). ts Schintfärichji ‘ der kleine Pferch, wo das Vieh sich plagte ’ (Visperterminen) ist zum Verb schinde n (I D . 8, 901 ff.) in der Bedeutung ‘ plagen ’ zu stellen. der Schinterfiertel ‘ das Viertel, wo der Schinder wohnte ’ (Gampel) ist ein Dorfteil von Gampel, der zu I D . (8, 911 ff.) Schinder, Schinter m. ‘ Abdecker ’ zu mhd. schinder zu stellen ist (cf. HL S CHINDER ). G RICHTING (1998, 171 s. v. Schinter, Schintär) kennt das Wort nur für die übertragene Bedeutung ‘ Geizkragen ’ ; das Verb schinte, schintä (Goms), schintn (Lötschtal), schintu für ‘ häuten, geizen ’ . Beide weisen die nötige Motivation nicht auf. Schintere Schintere ist nur 1327 in Nateres als apud Schintere ‘ bei der Schinteren (wohl: Gut des Henkers) ’ belegt, wobei als Lesevariante auch Schinfere erscheint. Im Dokument ist die Rede von einem Zehnten, der aus dem stamme, was bei der Gattalfen und der Schinteren gesammelt (recolligitur) werde. Während Schinfere so nicht belegt ist, kann es sich bei Schintere um eine Ableitung zu Schinder, Schinter m. ‘ Abdecker ’ , ‘ Scharfrichter, Henker ’ , mhd. schinder (I D . 8, 911 ff.) handeln; gemeint wäre dann das Gut, das dem Henker zur Verfügung stand. Zu vgl. wären dann die HLL S CHINDER und S CHINT . Schipfa Schipfa f. ist zu schwdt. Schupfe n , auch Schüpfe n , bzw. Schipfa ‘ kleinerer, etw. überhängender Felsen ’ und wdt. Schipfa, Schipfä (Goms), Schipfi ‘ Felsnische, Unterschlupf ’ (I D . 8, 1091 ff.; G RICHTING 1998, 171) zu stellen. Das HL kommt in rund 75 Namen vor. Dass Schipfa ‘ überhängender Fels ’ von der Bedeutung her mit Balma ‘ überhängender Fels ’ verwandt ist, zeigt eine Bemerkung einer Gwp. aus Törbel, die <balma> als ‘ Höhle unter Felsenvorsprung ’ und <schipfa> als ‘ Plateau auf Felsenvorsprung ’ bezeichnete. Das Simplex im Singular tritt als t Schipfa ‘ der überhängende Fels ’ (Ausserberg, Embd), historisch die Schipffön (1425, Eggerberg; 1704 die Schipffe), unner der Schipfu ‘ unter dem überhängenden Felsen ’ (Embd), t Schipfu (Oberems) auf. Häufiger ist das Simplex im Plural t Schipfä (Gampel), t Schipfe (Bitsch, Fieschertal, Mund, Naters, Törbel, Ergisch), historisch als vff den Schipffen (1579 u. später, Ried-Mörel), aúff der Schÿpffen (1774, Stalden), auff der Schipffen (1694, Zeneggen), aúf der Schippfen (1795, Staldenried), wo wieder der Singular des Simplex erscheint. Das Diminutiv im Singular ist als zum Schipfelti ‘ beim kleinen überhängenden Felsen ’ (Staldenried), ts Schipfi (Bellwald, Ried-Brig) belegt; ein Plural fehlt. Attributive Adjektive zum HL sind: zer Heeju Schipfu ‘ beim hohen überhängenden Felsen ’ (Hohtenn), ze Schwarze Schipfu ‘ bei den schwarzen überhängenden Felsen ’ (Raron), t Schwarz Schipfa ‘ der schwarze überhängende Fels ’ (Blatten), t Schwarzu Schipfä ‘ die schwarzen überhängenden Felsen ’ (Blatten) und Undru Schipfe ‘ der untere überhängende Fels ’ (Bitsch). Bei den Komposita mit dem HL als Grundwort überwiegt der Typ Hundschipfa mit rund zwanzig Fällen, wobei URNB (2, 295) zum HL H UND notiert, dass es “ meist pejorativen Charakter ” habe; URNB (3, 85) hat Hundschipfen, URNB (3, 129) Hundschopf. In der Datei des Oberwalliser Namenbuches dominiert die Konstruktion mit Schipfa, wobei ältere Belege vor 1500 meist eine Schint 75 76 <?page no="43"?> Notation wie Hundschv ᵢ pphen (1306, Eggerberg), Hundschv ᵢ pphon (1306, Lalden), Huntschupfin (1391, Ulrichen) aufweisen, die auf die erst später entrundete Form Schüpfen verweist. Das alternative Schepfi kommt in den ältesten Formen als Huntschepfin (1395, Ulrichen), Hundtschepphi (1519, Ernen) vor, wobei der älteste Beleg aus Ulrichen vermutlich aus einer Kopie stammt, da Schepfi aus Schöpfi (zu Schopf) entrundet wurde. Sichere lebende Belege mit Schepfi sind: Hundschepfe (SK, Visperterminen, historisch 1779 aber als Húndtschipfen), t Hundschepfene (Ulrichen; 1391 Huntschupfin), Hundschepfi (FLNK, Steinhaus) und t Huntschepfi (Mühlebach). In diesen Belegen ist das sonst dominierende Schipfa ersetzt durch Schepfi zu Schopf (I D . 7, 1067 ff.; Bed. 2)a ‘ vorspringender, hervorstehender Fels ’ I D . 7, 1071) in etwa gleicher Bedeutung. Als Deutung wird generell ‘ der unangenehme überhängende Fels ’ gegeben, auch wenn im Einzelfall andere Deutungen zutreffender wären. Neben diesem Typ gibt es einige Komposita mit einem Tiernamen als Erstglied: t Arischipfa ‘ der überhängende Felsen für die Adler ’ (Grächen), wo ein Felsnest von Adlern gemeint ist, di Gitzischipfu ‘ der überhängende Fels für die kleinen Ziegen ’ (Gampel), Hiener Schipfe ‘ der überhängende Fels für die Hühner ’ (EK, Eggerberg) und t Schwiischipfa ‘ der überhängende Fels für die Schweine ’ (Baltschieder) - hier sind Unterschlupfmöglichkeiten für die genannten Tiere gemeint. Schwieriger ist t Hüotschipfa ‘ der überhängende Fels bei der Hüotegga (Ecke, wo die Hut (Wache? ) steht? ’ (Eisten), wobei Hüot sowohl die Hut wie der Hut sein kann; hier ist wohl das Feminine Hut ‘ Wacht ’ gemeint; der Wächter muss in solchen Fällen auf das Wässerwasser achten. t Maartischipfa ‘ der überhängende Fels bei der Alpe Martini (des Martin / der Familie Martin) ’ (Baltschieder) benennt eine nahegelegene Alpe, t Meiggeruschipfa (Eggerberg) eine nahegelegene Flur Meiggere, t Mirderschipfa ‘ der überhängende Fels für die Mörder ’ (Eggerberg) soll bösen Menschen als Unterschlupf gedient haben, t Mittagschipfa ‘ der überhängende Fels, wo die Hirten am Mittag assen ’ (Täsch) diente Hirten als Unterkunft, di Balumschipfa ‘ der Unterschlupf beim überhängenden Felsen ’ (Baltschieder) verbindet Balma und Schipfa (beides überhängende Felsen), t Seilschipfa ‘ der schnurgerade, senkrechte überhängende Fels ’ (Niedergesteln) nimmt eine Metapher auf, dazu gibt es ts Seilschipfungräbji ‘ der kleine Graben bei der Seilschipfa ’ und die Tirbelschipfa ‘ der überhängende Fels bei der Tirbja ’ (Eisten; historisch als Thürbelschüpfe 1833 auch in Grächen) liegt bei der Voralpe Tirbja. Komplexere Fälle sind: t Eerunpolluschipfu ‘ der überhängende Fels bei den runden Erhebungen mit Erlen ’ (Niedergesteln, unsicher), t Fleischwangschipfu ‘ der überhängende Fels beim Grasabhang beim Erdschlipf ’ (Niedergesteln), der Ober Schipfacher ‘ der obere Acker beim überhängenden Fels ’ (Stalden), t Obru und t Undru Hundschepfe ‘ der obere und der untere Teil der unangenehmen überhängenden Felsen ’ (Visperterminen), t Obru und t Undru Hundschipfe ‘ der obere und der untere Teil der unangenehmen überhängenden Felsen ’ (Staldenried), Boden Hu ᵕ ntschuffin ‘ der Boden beim unangenehmen überhängenden Felsen ’ (1402, Termen), t (e)Rüeduofuschipfa ‘ der überhängende Fels mit dem Ofen des Rüedu (FaN) ’ (Mund). Als Bestimmungswort kommt das HL vor mit folgenden Grundwörtern: Acher, Bodu, Haalta, Stäga und Wald. Unklar ist t(s) Schipfäfnet ‘ das flache Land beim überhängenden Felsen ’ (Hohtenn). Eine Ableitung auf - ER als Stellenbezeichnung (S ONDER- EGGER 1958, 541 ff.) ist der Schipfer ‘ das Gebiet beim überhängenden Fels ’ (Raron, Unterbäch); in Raron kommen Schipfer Grabo ‘ der Graben beim Schipfer ’ (1825) und der Schipferkanal ‘ der Kanal beim Schipfer ’ hinzu. Schippja Schippja f. ‘ das Gebiet, das einem (Holz-)Kübel gleicht ’ ist nur belegt in Bellwald. Laut C. S CHMID (1969, XVII) wird von älteren Gwpp anlautendes / ch/ vor / i/ als / sch/ ausgesprochen. Der Name ist darum zu schwdt. Chübel, wdt. Chibel m. ‘ kleineres, mehr tief als weites Gefäss aus Holz, doch auch aus Leder, Glas und anderen Stoffen ’ , mhd. kübel (cf. HL C HIBEL ; I D . 3, 110 f.; G RICHTING 1998, 24). Schippja ‘ Kübel ’ kann als Plural verstanden werden, ist hier aber femininer Singular und verweist als FlN auf ein Stück Land, das einem ‘ (Holz-)kübel für Milch ’ (C. S CHMID 1969, 18) gleicht. Schirm Schirm m. ist nur als Bestimmungswort belegt. Es kommt vor als t Schirmhitte ‘ die Schutz-Hütte ’ (Oberwald), wobei hier die Beschreibung lautet: Hüttengemäuer am “ Nägelisch Grätli ” ; die Hütte befindet sich auf der Kantonsgrenze VS/ BE. Weiter ist zweimal belegt t Schirmhütte ‘ die Schirmhütte ’ (SK, Fieschertal). Beide Belege finden sich nur auf der SK, sind also aus dem 19. Jahrhundert. Die zweite Schirmhütte könnte mit den Konkordiahütten des SAC übereinstimmen, doch ist das nur eine Annahme auf Grund der Lage. Die erste Schirmhütte am Rothhorn (so SK; heute Finsteraarrothorn) existiert nicht mehr. Das Bestimmungswort Schirm ist zu schwdt. Schirm m. wesentlich wie nhd. ‘ Schirm ’ , von Geräten, Bauwerken (bzw. deren Teilen) und wdt. Schirm, Schirum ‘ Schirm, Regenschirm ’ (I D . 8, 1284 ff.; G RICHTING 1998, 171) zu stellen. Gemeint ist jeweils eine 77 78 Schirm <?page no="44"?> Hütte, die Schirm bietet. Häufiger ist im Wdt. das HL S CHÄÄRU . Schirpfe Schirpfe pl. ist bei G RICHTING (1998, 171) als Schirpfi f. ‘ Schürfung, Schramme ’ belegt. I D . kennt schwdt. Schurff, Schurpf m., Pl. Schürff, Schürpf m. ‘ abgeschürfte Stelle ’ (I D . 8, 1247 f.), Schurffe n , Schürpfe n f. ‘ von Rasen entblösste Stelle an einem Abhang ’ (I D . 8, 1247). Das HL ist als Grundwort in t Hundschirpfe (Münster), einer Grabenmulde bei der Löuene, belegt. Da Hund in vergleichbaren Namen (Typ Hundschipfe) eine unangenehme Flur bezeichnet, dürfte hier die unangenehme Schürfstelle im steilen Gebiet der Löuene gemeint sein. Als Bestimmungswort kommt das HL in der Schirpfwang ‘ der Grasabhang mit Schürfstelle ’ (Saas-Almagell), einem steilen Lawinenhang oder Grasabhang vor. Das HL S CHIRPFE lässt sich als ‘ Schürfstelle ’ deuten. Schissla Schissla f. ist zu Schwdt. Schüssle n f. ‘ Schüssel ’ und wdt. Schissja, Schissjä (Goms), Schissla (Leuk), Schissju ‘ Schüssel ’ (I D . 8, 1476 ff.; G RICHTING 1998, 171) zu stellen. Belegt sind: t Schissje ‘ das Gebiet, das Schüsseln gleicht ’ (Saas-Fee) und die Diminutive t Schisseltini ‘ die kleinen Schüsseln (Mulden) ’ (Birgisch) und t Schissutini ‘ die kleinen Schüsseln (Mulden) ’ (Bellwald), hier mit l- Vokalisierung. Schitte Schitte f. ist zu schwdt. Schütti, Schüttin, [eine] Vorgangsbezeichnung zum Verb schütte n als Vorrichtung zum schütte n , mhd. schüt(t)e (I D . 8, 1576 ff.; G RICHTING 1998, 171) zu stellen. t Rossuschitte ‘ die Schütte für das Roossen (Rösten von Hanf und Flachs) ’ (Betten) ist wohl der einzig sichere Beleg für das Lemma. Das ebenfalls hieher gestellte ts Tschitt(e)risch ‘ die mit nassem Gras bedeckte Schütte ’ (Ferden) bezeichnet nach der Beschreibung einen <lischen> Boden. Lischa, Lischä (Goms), Lischu (I D . 3, 1459 s. v. Lisch; G RICHTING 1998, 128) ist der Name für ein nasses Gras; hier ist eine Art der Binse (J UNCUS ) gemeint. L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 1324 - 1352) kennen rund 25 verschiedene Arten von Binsen. Wenn Tschitt zum gleichen Etymon wie Schitte gehört, ist wohl ein Ort gemeint, an dem man Wasser auf einen mit nassem Gras bedeckten Boden ausschüttet. Schitter Schitter ist der Name einer Voralpe im Bereich Naters, Mund (nur historisch) und Birgisch. Der älteste Beleg stammt von 1398 im Schu ᵕ ttar (Birgisch). Auch andere ältere Belege weisen / u/ auf. Die heutige Form müsste also aus *Schütter entrundet worden sein. Das stimmt nicht zusammen mit dem Adjektiv schitter (I D . 8, 1524 f.) ‘ dünn, schwach, gebrechlich, dürftig ’ , das etym. kein / ü/ aufweist. Eine - ER -Ableitung zum Verb schütten ‘ schütteln, schütten ’ (I D . 8, 1524) ist formal möglich, inhaltlich aber unklar. Laut R ÜBEL (1950, 85) wird mit schittle das Schütteln der Geissel bei der Viehhut benannt. Dies dürfte als Motivation des Namens aber kaum genügen. Eine Ableitung zu Schutt ‘ Geschiebefläche ’ (Z INSLI 1945, 338) liegt kaum vor, da das Wort laut I D . (7, 1539) nicht volkstümlich und die Voralpe fast vollständige mit Gras bewachsen ist. Ein Zusammenhang mit dem HL S CHIITER ‘ Scheite ’ ist wohl nicht gegeben. Die Belege für das Simplex sind älter Schutter (Birgisch, Mund, Naters), jünger Schitter (Naters). Mit adjektivischen Attributen werden der Ober Schitter (Birgisch, Naters) und der Unner Schitter (Birgisch, Naters) benannt. Als Bestimmungswort erscheint Schitter mit den Grundwörtern Bord, Brunne, Flüö und Wald (Naters, Birgisch). Vermutlich gehört auch Zschittwasserleütten ‘ die Wasserleite vom / zum Schitter ’ (1639, Birgisch) hieher. Der komplexeste Name ist ts Ober Schitterbord ‘ der obere Teil des Bordes (Abhang, Böschung) der Voralpe Schitter ’ (Naters). Eine Deutung für das HL S CHITTER kann jedoch insgesamt nicht gegeben werden. Schitzu Schitzu ‘ Schützen ’ (Plural) ist zu schwdt. Schütz, Schitz(e) m., Pl. Schütze n wie nhd. ‘ Schütze ’ , ahd. scuzzo, mhd. schütze und wdt. Schizz, Schizzu (Lötschental) ‘ Schütze ’ (I D . 8, 1734 ff.; G RICHTING 1998, 171) zu stellen. Die Belege der rund 45 Flurnamen weisen meistens den Plural auf, da es um Angehörige der Schützenzünfte handelt, die häufig ein eigenes Schützenhaus oder eine Schützenlaube und weitere Güter besassen. Als einziger Beleg eines Simplex ist der Diminutiv Schitzgy (1744, Ergisch) belegt; ein Dokument von 1616 erwähnt im Zschitsch. Deswegen kann der Name auch zu Schutz (cf. HL S CHUTZ ) ‘ der kleine Ort, wo man geschützt ist ’ gestellt werden. Vgl. auch den lebenden Namen ts Gschitzji (Ergisch) unter dem HL G SCHITZJI , der wohl mit dem Schitzgy identisch ist. Alle übrigen Belege enthalten das HL als Bestimmungswort, das in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern belegt ist: Acher, Ägerta, Biina, Bord, Brand, Chäller, Haalta, Hubel, Hüs, Loos, Löube, Matta, Räb-, Stadel, Stei und Weid. Komplexer sind hinter den Alten Schützen Lauben ‘ hinter den alten Schützenlauben ’ (1869, Feschel), t Alti Schitzulöübu ‘ die alte Schützenlaube ’ (Salgesch), t Niiwi Schitzulöübu ‘ die neue Schützenlaube ’ (Salgesch). Schirpfe 79 80 <?page no="45"?> Schlaaf Schlaaf ist nur einmal als Grundwort, sonst als Bestimmungswort belegt. Das Grundwort kommt vor in ts Hirteschlaf ‘ der Ort, wo die Hirten ein Mittagsschläfchen halten ’ (Bellwald), nach der Beschreibung. Die übrigen Belege enthalten das HL als Bestimmungswort zusammen mit den Grundwörtern Balma, Biel, Bodu, Brunnu und Platz. Das HL ist zu schwdt. Schl ā f(f) m. wie nhd. ‘ Schlaf ’ , amhd. sl ā f (I D . 9, 91 ff.), in FlN als Bezeichnung von Stellen, wo geschlafen wurde oder wird und wdt. Schlaaf ‘ Schlaf ’ (G RICHTING 1998, 171) zu stellen. Unklar ist hier der Beleg der Schlaafbrunnu ‘ die Quelle / der Brunnen, der nicht genutzt wurde (geschlafen hat? ) ’ (Saas-Fee) auf rund 2180 m. Es könnte auch sein, dass an dieser Stelle geschlafen wurde, doch ist das schon von der Höhe her sehr unwahrscheinlich. Vermutlich handelt es sich einfach um eine Quelle, die nicht genutzt wurde (daneben fliesst der Torrenbach vorbei). Die übrigen Belege betreffen wohl Orte, an denen Menschen oder das Vieh geschlafen hat. Schlacht Schlacht f. ist zu schwdt. Schlacht f. ‘ Schlachten ’ , ‘ Schlägerei ’ , ‘ Schlag, Art ’ , amhd. slaht f., ahd. slahta, mhd. slaht (e) f. ‘ Tötung, Schlacht, Geschlecht, Art ’ und wdt. Schlacht ‘ Schlacht, Unordnung ’ (I D . 9, 19 ff.; G RICHTING 1998, 172) zu stellen. Das Simplex ist nur einmal als t Schlachta ‘ Wasserleitung im Weritzstafel ’ (Blatten) belegt; die Wörterbücher weisen diese Form nicht auf. Der Typ Abschlacht f. ‘ Umleitungsschleuse in der Wasserleite ’ , wdt. Abschlacht ‘ Wässern (Beendigung) ’ (G RICHTING 1998, 20; I D . 9, 21) kommt in rund 20 Flurnamen vor. Es ist zum Verb abschlahe n ‘ Wasser abschlagen (im Sinn von ableiten) ’ (I D . 9, 332 f., bes. 336.f) zu stellen; das Nomen Abschlacht kommt laut I D . (9, 21) nur in Flurnamen vor. Das Simplex ist als Abschlacht (FLNK, Leuk), t Abschlacht (St. Niklaus und fünf weitere Gemeinden), historisch als in den Abschlächten (1572 u. später, Zeneggen; 1610 in den Abschlachten, 1762 in den Abschlichten) belegt. Mit attributiven Adjektiven kommen vor die Gemeine Abschlecht ‘ die Stelle, wo das Wasser abgeleitet wurde, die der Gemeinde gehört ’ (1731, Zeneggen), Gmeine Wasserabschlacht ‘ die abgeleitete Wasserleitung, die der Gemeinde gehört ’ (1730, Oberems), t Oberi und t Unneri Abschlacht ‘ der obere und der untere Teil der Abschlacht (Stelle, wo das Wasser abgeleitet wird) ’ (Leuk). Als Grundwort ist Abschlacht nur in di Gieschsüüeabschlacht ‘ die Stelle, wo die Giesch- Suon (Wasserleitung nach Giesch) abgeleitet wird ’ (Hohtenn) belegt. Abschlacht ist bei B ELLWALD / W ÜRTH (2006, unter 7.) mit Verweis auf E ICHENBERGER (1940, 79 u. passim) belegt. Als Bestimmungswort kommt Abschlacht mit den Grundwörtern Matta, Rüüs und Tschugge vor. Nur einmal belegt ist wdt. Anbüschlacht ‘ Anbauschlacht ’ (während des zweiten Weltkrieges) (Gampel), Boden, der während des Krieges (1939 - 1945) umgebrochen wurde. Unsicher sind die lebend belegten t Iiferschlacht (Raron) und Iwärschlachtji (Bratsch), wozu die historischen Belege die Innuer Schlacht (1722, Turtmann), in der Inúerschlacht (1778, Steg), ÿn der ÿn u ᵕ er Schlacht (1815, Guttet), bi der Jnverschlacht (1546, Visp), jn der Jnverschlacht (1589, Erschmatt) gehören. Am nächstliegenden ist hierzu bei I D . (9, 27) Verschlacht ‘ Verbauung, Eindämmung eines Gewässers ’ oder Fürschlacht ‘ Zaun (zur Abhaltung des Weideviehs) ’ , auch spätmhd. vürslaht ‘ Damm ’ , wobei in zum Namen gezogen wurde; gemeint ist dann wohl ein Stück Land im Bereich einer Einhegung oder eines Dammes. Der lebende Beleg Iiferschlacht (Raron) zeigt den Einfluss der Vokalisierung von / n/ vor einem Reibelaut (sog. Staubsches Gesetz) und zugleich Erstbetonung. Vermutlich ist der Flurname ähnlich zu verstehen wie das ebenfalls belegte Î n -Schlag ‘ Verschlag, Einhegung, eingehegtes Stück Land ’ (I D . 9, 220). Schlag Schlag m. ist zu schwdt. Schlag, Schl ā g m. ‘ Schlag ’ , amhd. slag, in FlN ‘ ganz oder teilweise ausgeholzter Waldteil, den man mit dieser Nutzungsart verjüngt ’ , ‘ vertiefte Stellen im Erdboden; Graben ’ , ‘ zum Zwecke des Weidewechsels provisorisch abgezäunte Abteilung einer Weide, gewöhnlich in der Nähe des Hofes ’ (I D . 9, 185 ff.; URNB 3, 90 ff.; LUNB 1, 2, 890) zu stellen. G RICHTING (1998, 172) kennt zwar Schlag, aber nicht als FlN. Das Simplex ist nur in Münster 1598 als jm Schlag belegt; die genaue Deutung lässt sich aus dem Dokument nicht erheben. In Glis gibt es einen Plural t Schlegg (auch auf LT), wo vermutlich Holzschläge zum Namen geführt haben. Abschlag ist nur 1832 in Saas-Balen belegt, wo laut Dokument eine Üewand (Magerwiese) im Wald gemeint ist; also wohl ein Holzschlag (vgl. I D . 9, 198). Der Typ Ischlag m. ist zu Î n schlag (I D . 9, 220 ff.) zu stellen, von dessen Bedeutungen vor allem ‘ Verschlag, Einhegung, eingehegtes Stück Land ’ zutreffen; meist sind Gebiete gemeint, die sich in das gerodete Waldgebiet hinein erstrecken. Der Typ kommt als Jnschlag (1664, Geschinen; 1623, Gluringen; 1724, Ulrichen) und der Ischlag (Biel, Münster, Oberwald, Täsch) vor. Als Plural erscheint ze Ischleg ‘ bei den Einschlägen ’ (Stal- 81 82 Schlag <?page no="46"?> denried). Mit attributiven Adjektiven sind belegt: der Ober und der Unner Ischlag ‘ der obere und der untere Teil des Einschlags ’ (Münster). Dazu gibt es mit vorangestellten Genitiven ts Benisch Ischlag ‘ der Einschlag (gerodetes Stück Land) des / der Familie Benedikt ’ (Staldenried) und ts Truffersch Ischlag ‘ der Einschlag (gerodetes Stück Land) der Familie Truffer ’ (Staldenried), sowie ts Witusch Ischleg ‘ die Einschläge (gerodete Stücke Landes) des Vitus (PN) ’ (Staldenried). Als Grundwort erscheint Ischlag als in der Ischlaghalten ‘ in der Halde beim Einschlag ’ (1744, Oberwald). Der Typ Steinschlag (I D . 9, 245 f.) meint meistens einen Ort, wo Steine herunterfallen, häufig auch einen Ort mit Steinlawinen. Belegt ist historisch 1782 in Mund Steinschlag. Lebende Belege dr Steischlaag (Kippel), Steischlag ‘ der Steinschlag ’ (FLNK, Birgisch und rund 25 weitere Gemeinden), historisch 1672 in Stalden im Steischlag zeigen, dass Felsenstürze an verschiedenen Orten Namen geprägt haben. Der Plural t Steischleg ‘ die Steinschläge ’ ist nur zweimal in Eisten belegt. Ein Diminutiv ts Steischleglin ‘ der kleine Steinschlag ’ findet sich in Blatten (FLNK Steischlegli). Ein attributives Adjektiv kommt nur in der Alt Steischlag ‘ der alte Steinschlag (Felssturz) ’ (St. Niklaus) vor. Komplexere Formen zu diesem Typ weisen die Grundwörter Grabu, Hitta und Wald auf. dr Holzschlag (Blatten) meint wohl die Schlagstätte von Bäumen, wie auch ein Holzschlag beim FLNK-Beleg Rotteschlag (Mühlebach) gemeint ist. Ganz isoliert ist der Tierschlag ‘ der Ort mit einer Falle für die Gemsen ’ (Fieschertal), wo Tier die Gemsen meint. t Schlegmattä (Steg) und t Schlegmatte (Gampel) bezeichnen die gleiche Flur und meinen Wiesen in den Holzschlägen (FLNK t Schlegmatte, LT und SK Schlegmatte). Ob ein Zusammenhang mit der hier laut Beschreibung angesiedelten Blei- und Silberwäscherei besteht, ist unsicher. Schlämpe Schlämpe m. ist zu schwdt. Schlämpe n m., f. ‘ etwas Herabhangendes, gewöhnlich von länglicher Form (Lappen, Fetzen u. dgl.) ’ , in FlN ‘ (längliches) Stück, schmaler Streifen Land ’ (I D . 9, 560 ff.). R ÜBEL (1950, 56; ihm folgend C. S CHMID 1969, 122) erwähnt das HL für die Schlingen, die an die Futterschürze genäht wurden. Das HL ist dreimal belegt: t Schlämpe (Baltschieder), Schlämpe (FLNK u. EK, Eggerberg), der Schlämpe (Münster). Ob es sich bei der femininen Form von Baltschieder in Wirklichkeit um einen Plural handelt, ist unklar. Die Deutung betrifft immer ‘ der schmale Streifen Land ’ oder ‘ schmale Streifen Land ’ . Schlange Schlange f. ist nur als Bestimmungswort belegt. Es ist zu schwdt. Schlang e m., f. ‘ Schlange ’ , Nachbildung einer Schlange, auch übertragen auf Schlangenähnliches und wdt. Schlanga, Schlangä (Goms), Schlangu ‘ Schlange ’ (I D . 9, 577 ff.; G RICHTING 1998, 172) zu stellen. Die Grundwörter in zweigleidrigen Komposita sind Acher, Biel, Bodu, Brunnu, Grüeba, Hubel, Matta und Schleif. Gemeint ist jeweils ein Ort, wo sich Schlangen aufhalten, oder das schlangenartige Aussehen eines Gebietes. Unklar ist der Schlengen Acker ‘ der Acker, der wie eine Schlange aussieht / wo es Schlangen hat ’ (1851, Ernen), der zum gleichen HL gestellt wird; das / e/ in diesem Beleg scheint einen Umlaut anzudeuten, doch ist Schlengen nicht belegt. Schwdt. Schlängge n (mehrere Bedeutungen) und wdt. Schlängge, Schlänggä (Goms), Schlängga (Zermatt), Schlänggu ‘ Vorlegeriegel ’ (I D . 9, 587 ff.; G RICHTING 1998, 192) kommen kaum in Frage. Schlängge Schlängge m. ‘ schmaler Streifen Landes ’ ist zu schwdt. Schlängge n , Gschlänggen, m., f. eigentlich ‘ etwas (ordnungsgemäss oder ungehörigerweise) beweglich Herabhängendes ’ , in FlN ‘ schmaler Streifen von Land, Wald (z. B. am Bergeshang), kleiner als Planggen; Wiesen- oder Waldzunge ’ , ahd. *slenggo m., *slengga f., mhd. slenge f. ‘ Schleuder ’ (I D . 9, 588 ff., bes. 592,4.b) zu stellen. G RICH- TING (1998, 172) kennt Schlängge m. Varianten nur als ‘ Vorlegeriegel ’ , nicht in der hier anzunehmenden Bedeutung (cf. HL S CHLANGE ) Das HL ist nur in den Bezirken Goms und Östlich- Raron belegt, normalerweise als Simplex der Schlängge (Geschinen, Fieschertal, Münster) und im Schlängge (Bellwald, Ulrichen), sowie historisch 1777 in Niederwald als Schlenggen. Der einzige Beleg ausserhalb des Goms findet sich in Schlänggeetzmad ‘ der schmale Streifen Etzmad (Mähwiese mit Viehfutter ’ (Grengiols), der laut Gwp. heute Geistricheletzmad heisst. Unsicher ist der historische Beleg der Schlengen Acher (1851, Ernen), der zu diesem HL oder zum HL S CHLANGE gestellt werden kann. Wenn der Name zu diesem HL gestellt wird, dann ist die Deutung wohl ‘ der schmale Streifen Acker ’ . Die geografische Verteilung der Namen unterstützt diese Deutung. Schlapf Schlapf m. ist bei I D . (9, 620) als Flurname Im Schlapf (Münster) erwähnt, der auch bei M. S. so steht und laut Beschreibung einen grossen Graben zwischen zwischen Eigetwald und Egge bezeichne. Die Deutung von Schlapf als ‘ Schwall einer Flüssigkeit ’ ist nur für Chur (GR) belegt. Verwiesen wird auf Schlapp (I D . 9, 611) ‘ ziemli- Schlämpe 83 84 <?page no="47"?> ches Quantum von einer Flüssigkeit ’ , auch hier ohne Beleg aus dem Wallis. Dennoch könnte der Flurname sich auf das ganze Gebiet mit einem namenlosen Bach (auf LT sichtbar) beziehen: ‘ der Graben mit einem Schwall Wasser ’ . Schlatt Schlatt ist zu schwdt. Schlatt n., m. mit der Hauptbedeutung ‘ Abhang, Bodensenkung ’ (I D . 9, 762 ff.), das nach I D . nur in PNN und Flurnamen vorkommt, dann auch Schlatt n., Pl. Schletter Pflanzenname ‘ kurze Streue in Sümpfen; auf feuchten, fetten Wiesen wachsendes, als Viehfutter beliebtes Gras; grossblättrige Pflanzen, Blacken ’ (I D . 9, 761; LUNB 1, 2, 891 ff.; TGNB 2, 2, 503) zu stellen. Wieweit das ebenfalls belegte Schlätter (I D . 9, 764; G RICH- TING 1998, 172) zum gleichen HL gehört, ist unklar. In Flurnamen bezeichnet es etwas Altes, Verlottertes oder Kotiges, sofern nicht der Pflanzenname Schletter gemeint ist, zu dem wohl Schlettere ‘ Ort mit vielen sumpfigen Stellen ’ (I D . 9, 762, URNB 3, 97 mit Namen auf Gschletter) zu stellen ist. Im Fall von t Schlettere (Grengiols) sagt die Gwp. “ Die Lawine schlage hier alles zusammen; viele Himbeeren ” , ersteres wohl mit Bezug auf das Verb schlaa ‘ schlagen ’ . Die Deutung zeigt aber auch, dass der Zusammenhang zum Pflanzennamen Schlatt, Pl. Schletter nicht verloren gegangen ist. Allerdings ist unklar, auf welche Pflanzenbezeichnung der Name, der so für das Oberwallis nicht belegt ist, zu beziehen ist (I D . bleibt die Antwort weitgehend schuldig; am ehesten ist das bei W AGNER / L AUBER / G YGAX ( 5 2014, 688) belegte R UMEX ALPINUS (Alpen-Ampfer) gemeint, aber auch das ist nicht sicher). Die Belege kommen mit ganz wenigen Ausnahmen primär im Bezirk Goms vor. Das Simplex Schlatt kommt durchwegs historisch als im / in Schlatt in Fiesch, Fieschertal, Niederwald und Selkingen vor und bezeichnet den Wohnort von Personen. Ein diminutives Schlattgÿ (1531, Münster) ist nur einmal belegt. Mit einem Attribut in dem obren Schlat (1709, Fieschertal) kommt das HL nur einmal vor. Als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita ist das HL in der Schlattbode ‘ der Boden im Gebiet Schlatt (Abhang) ’ (Fieschertal), ts Schlatt Bord ‘ das Bord (Abhang, Böschung) im Gebiet Schlatt (Abhang) ’ (Fieschertal), Schlatflu ͦ ‘ die Fluh im Gebiet Schlatt ’ (1508, Fieschertal), zer Schlatt Flu ͦ ‘ bei der Fluh im Gebiet Schlatt ’ (1575, Fiesch) belegt. Die Form Schletter pl. kommt nur als t Schleter ‘ der Ort mit vielen sumpfigen Stellen ’ (Simplon) vor. Häufiger sind Schlettere ‘ der Ort mit vielen sumpfigen Stellen ’ (Bellwald, Grengiols); dazu sind Slettergaden (1436, Bellwald) und der Schlettergaden (1568, Ernen) belegt - in beiden Fällen ist unklar, ob ein alter, verlotterter Gaden oder ein Gaden bei den Schletteren ‘ Ort mit vielen sumpfigen Stellen ’ gemeint ist. der Schlättergrabe (Ausserbinn) enthält dagegen wohl Schlätter, hier im Sinn von ‘ der Graben mit Unrat ’ . Vermutlich zu einem ganz anderen Wort gehören Schleduwang (FLNK, Raron) und im Schledenwang (1737, Bürchen). Hier ist wohl das Adjektiv schl ē d ‘ öde ’ (I D . 9, 86, G RICHTING 1998, 172 mit der eingeschränkten Bedeutung ‘ bleich aussehend ’ ) anzunehmen, also ein öder oder unfruchtbarer Grasabhang. Insgesamt sind unter dem HL S CHLATT mehrere Wörter vertreten, die teilweise wohl nicht miteinander verwandt sind. Schlatter (FaN) Schlatter (FaN) ist zum FaN Schlatter (AWWB 235 mit Verweis auf Bortis, AWWB 40) zu stellen. Belegt ist der FaN nur in ts Schlattersch Hüs ‘ das Haus der Familie Schlatter ’ (Grengiols). Schle Schle, auch Schlee m. ist zu schwdt. Schl ē he n , Schl ē che n f. ‘ Schlehe, Schwarzdorn, P RUNUS SPINOSA ’ , amhd. sl ē ha, -e f. (I D . 9, 500 f.; M ARZELL 3, 1152 ff.; L AUBER / W AGNER / G YGAX , 5 2014, 288) zu stellen. Das HL kommt nur als Bestimmungswort vor. Belegt sind Schleacher ‘ der Acker bei den Schlehen (Schwarzdorn) ’ (1449, Eischoll), zen Schledornen ‘ bei den Schlehdornen ’ (1543 u. später, Termen), zer Schlestuden ‘ bei der Schlehenstaude ’ (1554, Unterems), zer Schleestuden ‘ bei der Schlehenstaude ’ (1530, Leuk), zer Schleestüdu ‘ bei der Schlehenstaude ’ (Oberems). Etwas verändert: der Schliechdooru ‘ der Schlehdorn ’ (Niedergesteln). Bei diesem Beleg erscheint 1520 dÿ Schlechdoren Bachtalun ‘ das kleine Bachtal mit Schlehdornen ’ , 1575 die Schlecht Dorentbachtholen und im gleichen Jahr Schlechtdoren Bachtholen. Die Schreibung legt nahe, dass man um 1575 Schlech ‘ Schleh ’ nicht mehr verstand und es mit Schlecht ‘ schlecht, schlicht ’ ersetzte. Die heutige Form ist wohl eine Verbindung der beiden. Schlecht Schlecht ist nur 1867 in Baltschieder als das Schlechte Matt ‘ die schlechte Mähwiese ’ belegt. Das attributive Adjektiv ist zu schwdt. schlëcht Adj. ‘ glatt, eben; gerade (im Gegensatz zu krumm); richtig, erledigt, ausgeglichen; einfach (wie schlicht) ’ , mit Bezug auf Körperkraft, -verfassung ‘ schwach ’ , wie nhd. ‘ schlecht ’ , amhd. slëht und wdt. schlächt ‘ verhängnisvoll, schlecht, übel ’ (I D . 9, 46 ff.; G RICHTING 1998, 172 [er erwähnt auch eine Partikel schlächt ‘ übel ’ ]) zu stellen. Die unter HL S CHLE erwähnten Fälle mit Schlecht sind zu Schleh zu stellen. 85 86 Schlecht <?page no="48"?> Schlechter (FaN) Schlechter (FaN) ist nur einmal 1531 in Ernen belegt als Schlechters Bu ᵉ l ‘ der Hügel der Familie Schlechter ’ . Der FaN ist in dieser Form unbekannt; ein FaN Schlüchter mit Nebenformen Schluchter, Schliechter und Schlichter ist in Visp und Steg, später in Unterbäch und Eischoll belegt (AWWB 235). Ernen wird nicht erwähnt und auch die Form Schlechter (FaN) erscheint sonst nicht. Schleden Schleden ist nur belegt in im Schledenwang (1737, Bürchen) und jn den Schledunwang (1547 u. später, Raron). Vermutlich handelt es sich um die gleiche Flur. Am nächstliegenden ist das Adj. schwdt. schlöd, wdt. schleed ‘ bleich aussehend ’ (I D . 9, 86 f.; G RICHTING 1998, 172). Von den Bedeutungen beim I D . dürfte wohl Bed. 2. ‘ wirkungslos, brachliegend ’ oder Bed. 3. ‘ ärmlich, dürftig, schlecht ’ zutreffen. Es handelt sich vermutlich um einen wenig ertragreichen Grasabhang. Schlegel Schlegel m. ist nur belegt in bim Schlegel ‘ beim Wasserhammer ’ (Visp), ts Schlegillägerli ‘ die kleine Lagerstätte für das Vieh bei den Schlegeln (Schlaghämmer der Wasserleitung) ’ und t Schlegiltschugge ‘ die Felsen mit den Schlegeln (Kontrollhammer der Wasserleitung) ’ . In allen Belegen ist das HL zu schwdt. Schlegel m. ‘ Schlägel; in der Wasserleitung angebrachter Hammer ’ und wdt. Schlegl, Schlegäl (Goms), Schlegul (Mattertal), Schlegel (Saastal), Schlegil ‘ Schlegel ’ ) (I D . 9, 253 ff.; G RICHTING 1998, 172) zu stellen. Inhaltlich geht es darum, dass ein Hammerwerk (normalerweise ein Klöppel auf ein Brett) beim Durchfliessen des Wassers anzeigt, dass die Wasserleitung in Betrieb ist. Schleicka Schleicka f. ist zweimal in Randa belegt. t Schleicka ist zunächst eine Wasserleitung, die vom Wilibächji (FLNK, LT u. SK Wildibach) her mehrere Güter bewässert, und zum zweiten ein Durchgang ohne Erlaubnis (so <i schleicka> übersetzt), der sich in der Wildi beim Wildibach befindet. Das HL kann zu schwdt. Schleik, Schleicke n (I D . 9, 517) gestellt werden, das auf Schleiff, Schleipf II, Schleiffe n , Schleipfe n f. (I D . 9, 132 f.) ‘ Holzbahn; Spur, die entsteht, wenn etwas durchs Gras geschleift wird, Wagenspur ’ , Schleipfa ‘ Matte, die (unrechtmässigerweise) viel betreten wird ’ (Wallis) verweist. Bei G RICHTING (1998) fehlt ein Eintrag. Vermutlich ist die Wasserleitung nach dem Flurnamen benannt; der Katastereintrag hat Wildi Schleika (Wiese und Acker) für die Flur, die im Bereich der Wasserleitung liegt. Schleif Schleif m., ‘ Rinne zum Schleifen ’ ist zu schwdt. Schleiff, Schl ī ff, Schleipf, m. ‘ das Schleifen, Schleppen, Gleite(lassen), auch die dabei entstehende Spur und die betr. Örtlichkeit, Bahn ’ , ‘ von der Beförderung von Heu, Holz in den Bergen durch Hinabschleifen oder Hinabgleitenlassen ’ , ahd. *sleif m. (I D . 9, 129 ff.)., wdt. Schleif ‘ Rinne, Schlittweg, Spur ’ (G RICHTING 1998, 172) zu stellen. Schleife sind meist natürliche Rinnen in steilem Gelände, durch die Holzstämme und Heu, im Winter auch mit Schlitten befördert werden. Da heute andere Transportarten im Vordergrund stehen, wachsen viele Schleife zu; nur noch der Name erinnert an die frühere Funktion. Schleif ist mit über 400 Belegen vertreten. Das Simplex Schleif m., manchmal mit einer Präposition wie Im, Zum, Am Schleif ist deutlich häufiger als der Plural Schleifa, Schleife oder Schleiffa, der mehrere zusammentreffende Schleife bezeichnet; nur einmal belegt ist der Plural Schleifna ‘ die Schleife ’ (Erschmatt). Die Diminutivform Schleiffji, Schleifji ‘ der kleine Schleif ’ ist selten, die Pluralform Schleifjini ‘ die kleinen Schleife ’ (Ergisch) kommt nur einmal vor. Eine Kollektivform stellt die GI - Präfigierung Gschleyf ‘ die Schleife (Kollektiv) ’ (Visp, Baltschieder) dar; ähnlich ist wohl das Zirkumfix ( GI - I ) Gschleifi f. (Eggerberg) zu verstehen, das 1661 als in den Gschleiffen erscheint (beide so nicht im I D . s. v. G e -schleiff 9, 136). Bei den attributiven Formen mit Schleif als Grundwort sind Adjektive und Partizipien zu unterscheiden. Als Adjektive erscheinen etwa Breit, Eng, Fiischter, Glatt, Grie, Gross, Mittler, Obroscht, Unner, Unnerscht, Rot, Teiff und Wiit - also im Wesentlichen Eigenschaften, Farben und Lagebezeichnungen. Einen besonderen Fall bezeichnet der Gmeine Schleif, also ein der Gemeinde (im Sinn von öffentlicher Gemeinschaft) gehörender Schleif (Ausserberg, Termen, Naters). Als Partizipien finden sich Lägund ‘ eben ’ und Stotzund ‘ steil ’ . Ebene Schleife sind mühsamer als steile: man muss die Holzstämme dort herausziehen. Konstruktionen mit einem vorangestellten Genitiv bezeichnen meist Besitzer oder Nutzer wie etwa ts Ambortsch Schleifji ‘ der kleine Schleif der Familie Ambort ’ (Visperterminen), Bro ᵉ yerro Sleiff ‘ der Schleif der Leute von Brei ’ (1374, Ried-Brig) oder an Mattero Schleiff (1742, Ried-Mörel), wobei unklar ist, ob der Familienname Matter oder die Herkunft von einer Matta gemeint ist. Einen komplexen Genitiv zeigt dr Treesawisischleif ‘ der Schleif des Treesawiisi (Alois, Sohn der Treesa (Theresa)) ’ (Steg). Als Grundwort verbindet sich Schleif mit einer Reihe von einfachen oder selbst wieder zusammengesetzten Bestimmungswörtern, die den Ausgangs- oder Zielort Schlechter (FaN) 87 88 <?page no="49"?> des Schleifs bezeichnen, oder seine Lage in einem Wald, bei einem Felsen, unter einer Alp oder über einem Weiler. Auch Besitzer- oder Nutzernamen sind belegt, wie in Schüülischleif ‘ der Schleif der Familie Julier ’ (Visp). Die Beschaffenheit eines Schleifes ist in Sickerschleif ‘ Schleif mit Sickerwasser, feuchter Boden ’ (Ernen), Mossschleif ‘ Schleif mit feuchtem Boden ’ (Turtmann) oder Steischleif ‘ Schleif mit Steinen ’ (Selkingen, Ritzingen, Blitzingen, Törbel) enthalten. Was in den Schleifen transportiert wird, ist in Holzschleif ‘ Schleif für Holz ’ (Grengiols, Birgisch, Stalden, Ergisch), (e)Räbstäckuschleifji ‘ kleiner Schleif für Rebstecken ’ (Gampel) und Schlittschleif ‘ Schleif für den Schlitten ’ (Termen, Stalden) enthalten. Ungewöhnlich sind Pflanzennamen wie Häärperschleiffji ‘ der kleine Schleif mit Erdbeeren ’ (Gampel), Heiperschleif ‘ der Schleif mit Heidelbeeren ’ (Oberems) oder Schwiderschleif ‘ der Schleif mit Moosbeeren / Sauerdorn ’ (Eischoll, Niedergesteln); hier sind Pflanzen erwähnt, die im oder am Schleif wachsen. Ebenfalls auffallend sind Tiernamen wie Bäruschleif ‘ Schleif des Bären ’ (Leuk, Varen) oder Fuggsschleif ‘ Schleif des Fuchses ’ (Blatten, Wiler); ob dabei angenommen wird, dass solche Tiere hier lebten, oder ob FaNN vorliegen, ist nicht immer klar. Komplexere Bildungen können auch Adjektive enthalten, wie etwa der Fooder Rinderschleif ‘ der vordere Schleif, wo Rinder weideten ’ (Gampel), oder sie enthalten drei Bestandteile wie der Häischalpjischleif ‘ der Schleif unterhalb der kleinen Alpe des Hans (oder des Hahns im Sinn von Auerhahn) ’ (Visperterminen) oder der Zigerblattuschleif ‘ der Schleif, auf dem man Zigerplatten holte ’ (Gampel) - laut Gwp. sind Zigerplatten Steine, auf denen Zigerstöcke geräuchert wurden. Als Bestimmungswort ist Schleif deutlich weniger vertreten. Grundwörter dazu sind etwa Acher, Egg(a), Tschuggu, Matta, Stafel, Wäg und Wald. Einen seltenen Fall weist Zwischbergen mit der Schleifund Tschuggu ‘ der Fels, der als Schleif diente ’ auf; hier scheint das Partizip Präsens des Verbs schleife n ‘ etwas zu einem Schleif machen ’ (I D . 9, 136) verwendet worden zu sein. J ORDAN (2006, 366) erwähnt den Flurnamen als Schleiffunds Tschuggi und sagt dazu, es handle sich um einen steilen Felsabsturz am Berghang; ob unsere Deutung das Gleiche ausdrückt, sei dahingestellt. Schlepf Schlepf ist nur 1721 in Eischoll als jm Schlepffacher belegt. Der Ort befindet sich laut Dokument im Drittel der Leute von Ried, also deutlich westlich vom Dorfkern von Eischoll. Schlepf ist so nicht belegt. Es könnte aber zu schwdt. Schlopf und wdt. Schlopf ‘ Abstellraum, Nische, Stallabteil ’ mit dem Plural Schlepf (I D . 9, 629; G RICHTING 1998, 173) gestellt werden, wobei die Deutung unklar ist (cf. HL S CHLOPF ). Zu schwdt. Schleiff I und II und wdt. Schleif ‘ Rinne, Schlittweg, Spur ’ (I D . 9, 129 und 132) ist es kaum zu stellen. Wir geben als Deutung ‘ im kleinen Acker ’ und beziehen uns dabei auf Schopf nach I D . (9, 629 in Bed. 3b) ‘ Stück Wiese oder Weide zw. zwei ‘ Gufern ’’ im Lötschtal). Schliifi Schliifi f. Die hier versammelten Belege scheinen zu verschiedenen Etyma zu gehören. t Schliiffi (Grächen; FLNK Schliifi) ist, laut Gwp., ein Hang, der nach unten in ein Loch “ schlüpft ” . Das dazu gehörende ts Schliiffiwasser (Grächen; FLNK Schliifiwasser) ist ein Bach, der von der Schliifi herunterfliesst (nach Gwp.). t Schliiffi (St. Niklaus) ist ein Loch unter einem Felsen, durch das man hindurchschlüpfen muss. Und in Randa ist ts Schlifloch ‘ das Loch, durch das man schlüpfen muss ’ . Dagegen ist beÿ der Schliffi ‘ beim Ort, wo geschliffen wird ’ (1715, Leuk) eine Schleifmühle. In Ernen ist t Schliifene, historisch Schlifferen (1469) ein Gebiet, wo man ausgleiten (ausschlüpfen) kann, wie auch das historische Slyfferen (1438, Steinhaus) eine solche Alp ist. Die meisten Belege sind also zum Verb schwdt. schlupfe n , schlüpfen, schlipfen ‘ schlüpfen ’ und wdt. schliiffe, schliifä (Goms), schliifn (Lötschental), schliiffu ‘ schleifen, schärfen, schlüpfen ’ (I D . 9, 156; G RICHTING 1998, 173) zu stellen, obwohl G RICHTING hier die beiden hdt. Verben schleifen und schlüpfen miteinander verbindet. Das Substantiv hierzu wäre Schl ī ffe n n. ‘ das Ausgleiten ’ (I D . 9, 151) oder Schlupfen m., f. ‘ Winkel, Ecke; eine enge. schmale Höhle; Schlucht, bes. schmale, doch lange Vertiefung, z. B. an einem Berge, Felsen ’ (I D . 9, 636). Für den Leuker Beleg kommt eher schwdt. Schl ī ffi f. ‘ Schleifmühle ’ , spätmhd. sl ī fe f. (I D . 9, 156) in Frage. Zur Komplexität des HL siehe TGNB (2, 2, 507); im Oberwallis kommt noch die Rolle der Entrundung hinzu. Schlim Schlim ist nur belegt in t Schlimböümblatte ‘ die Felsplatten mit Schlingbäumen ’ (Eggerberg). Es handelt sich um einen Pflanzennamen Schlingbaum (G R W B 15, 723 ff. mit mehreren Angaben), der zu Schlimböüm assimiliert wurde. Am ehesten kommt der kleine Mehlbaum (V IBUR- NUM LANTANA ; L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 1002) in Frage. Schling Schling ist belegt in der Schlingstei (Grächen) und danach benannt auch der Schlingacher (1544, Grächen). Zu Grund liegt wohl Schlingge ‘ Schleuder ’ (I D . 9, 599, Bed. 89 90 Schling <?page no="50"?> 2; bei G RICHTING (1998) nicht belegt), also der Schleuderstein und der Acker dabei. Vermutlich eher zu Schlinge ‘ Schlinge ’ (I D . 9, 584 f.) bzw. schwdt. schlinge(n) ‘ schlingen, i. S. v. winden ’ (I D . 9, 585, THNB 2, 2, 107; bei G RICHTING (1998) nicht belegt) gehört eine I -Ableitung (S ONDEREGGER 1958, 497) in Schlingÿ Boden ‘ der gewundene Boden ’ (1832, Bürchen). Das assimilierte HL S CHLIM kommt in einem eigenen Eintrag vor. Schlirgga Schlirgga f. ist nur einmal in Bellwald als t Schlirgga ‘ der Schmutzfleck ’ belegt. Es ist zu schwdt. Schlargg(e n ), Schlärgg(e n ), Schlirgg(e n ) m. ‘ (verstrichener) Schmutzfleck, Sudelfleck ’ (I D . 9, 643 f.) zu stellen; dass es sich um ein Feminin handelt, erklärt I D . aus der Umdeutung des Plurals (I D . 9, 644). Laut Beschreibung handelt es sich um Wasserpfützen, die in der Strasse versickern. Das bei G RICHTING (1998, 173) erwähnte S CHLIRGG ‘ Mann (vernachlässigter), Linkshänder ’ gehört nicht zum FlN. Schlitt Schlitt m. ist nur als Bestimmungswort belegt. Es ist zu schwdt. Schlitte(n) m., wesentlich wie nhd. ‘ Schlitten ’ und wdt. Schlitte, Schlittä (Goms), Schlitta (Zermatt), Schlittn (Lötschtal), Schlittu ‘ Schlitten ’ (I D . 9, 767; G RICH- TING 1998, 173) zu stellen. Am häufigsten ist schwdt. Schlittwëg ‘ Gleitbahn für Schlitten ’ , ‘ Schlittenspur ’ , mhd. slitewëc (I D . 15, 844 f.) erwähnt. Das HL ist mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita gebildet: Schleif und Wäg. Komplexer sind Obruscht, Mittluscht und Undruscht Schlittwäg (FLNK, Ergisch). Schlopf Schlopf m., Schlopfa f., auch Schloff ist zu schwdt. Schlopf m., Schlopfa f., Schloff, Schloffe(n) m. ‘ enger Raum, Schlupfwinkel; enge, kleine Wohnung ’ , ‘ enge Schlucht zwischen Felsen ’ , ‘ Stück Wiese oder Weide zwischen Felsen (Wlö[tschen]) ’ , ahd. kislof n., mhd. slopf ‘ Schlupfwinkel ’ (I D . 9, 629) zu stellen. Z INSLI (1984, 582) deutet ‘ enger Raum, Schlupfwinkel ’ auch ‘ enge Schlucht zw. Felsen ’ , aber auch ‘ Abhang ’ . G RICHTING (1998, 173) hat ‘ Abstellraum, Nische, Stallabteil ’ . In den Deutungen wird meist ‘ Schlupfwinkel ’ gegeben, um eine versteckte, geschützte Lage zu kennzeichnen (cf. HL S CHLEPF ). Von den zehn Belege ist einer ein Simplex im Singular: der Schlopf (Eggerberg). Drei sind Plurale: t Schlopfa (Simplon) und t Schlopfä (Kippel, Wiler). Vier weisen ein Diminutiv im Plural auf: t Schlopfjini (Bellwald), t Schloffjini (Fieschertal), t Schlopfjini (Visperterminen) und t Schlopfini (Hohtenn). Zwei Belege enthalten das Lemma als Bestimmungswort: Schlopfeye ‘ die Aue im Schlupfwinkel ’ (1470, Visp) und der Schlofstei ‘ der Stein, der einen Schlupfwinkel für den Stall bildete ’ (Binn). Schloss Schloss n. ‘ das Schloss ’ ist zu schwdt. Schloss, auch Schl ō s n. ‘ Vorrichtung zum Schliessen ’ oder ‘ Schloss als Gebäude ’ , amhd. sl ō ss, sloss n. und wdt. Schloss ‘ Schliesseinrichtung, Schlossgebäude ’ (I D . 9, 725 ff.; G RICHTING 1998, 173) zu stellen. In FlN wird es auch in Übertragung von Schloss als Gebäude als markante Erhebungen (Berge) (URNB 3, 101) oder auf stattliche Häuser, die an ein Schloss erinnern (LUNB 1, 2, 895 ff.), gebraucht. Das Simplex im Singular ist belegt als ts Schlos ‘ Schloss als Gebäude auf einer Alp ’ (Fieschertal), zum Schlos ‘ beim Schloss (altes Haus) ’ (Gampel), ts Schloss ‘ das Schloss (Dorfteil) ’ (Ausserberg, Biel), ts Schloss ‘ (früheres) Schloss des Barons von Werra, heute Alters. und Pflegeheim ’ (Leuk), ufem Schloss ‘ auf dem Schloss (Anhöhe, die an ein Schloss erinnert) ’ (Mühlebach). Ein Diminutiv im Singular ist ts Schlosgi ‘ das kleine Schloss (Haus in der Alben) ’ (1596, Visp). Der Plural des Diminutivs findet sich in in den Schlosginen ‘ in den kleinen Schlössern ’ (1701, Filet; andere, eher unwahrscheinliche Lesart ist Schlofginen), in den Schlossÿnen ‘ in den kleinen Schlössern ’ (1790, Blitzingen). Unsicher ist auch die Lesung in den Schloffginen (1678, Fiesch) - die Schreibung von / ff/ und / ss/ ist nicht immer klar zu unterscheiden. Als Grundwort erscheint Schloss vier Mal als ts Wasserschloss ‘ das Wasserschloss (Quellsammelbehälter) ’ (Gampel, Grächen, Stalden, Varen) (vgl. G R W B 27, 2498 s. v. Wasserschlosz, Bed. 2), dann ts Stockalperschloss ‘ das Schloss, das von Kaspar Stockalper (1609 - 1691) erbaut wurde ’ (Brig), ts Wäraschloss ‘ das Schloss, das der Familie von Werra gehörte ’ (Leuk) (nicht identisch mit dem ehemaligen Schloss des Barons von Werra) und der Plural t Alpjuschlesser ‘ die Schlösser (Abhang? ) der Alpja (Alpe auf ca. 2120 m) ’ . Als Bestimmungswort steht das HL in zweigliedrigen Komposita mit den Grundwörtern Bäärg, Biina, Grabu, Hubel, Matta, Wäg und Wang. Schlosser (FaN) Schlosser (FaN) ist nur 1674 u. später in St. Niklaus als in Schlossers Boden (1672 in Schlosserboden) belegt. Der Genitiv Singular deutet auf einen FaN oder eine Berufsbezeichnung hin. Als FaN ist Schlosser jedoch nicht belegt. Als Berufsbezeichnung kommt das HL in den Registern der HRBS mehrfach vor. Schlirgga 91 92 <?page no="51"?> Schlüche Schlüche m., selten f. Kommt in rund 80 Namen vor. Es ist zu schwdt. Schl ū che n , Schl ū he n m., f. ‘ Schlucht ’ , im Übergang zum Ortsnamen, ahd. *sl ū ho m., *sl ū ha f. (I D . 9, 18) zu stellen. In Einzelfällen kann auch Schluocht gemeint sein (cf. HL S CHLUOCHT ). In den meisten Fällen handelt es sich um eine Schlucht oder einen Graben; die Deutung ist durchwegs ‘ Schlucht ’ . Die lautliche Nähe zu Schluocht, das eher eine Geländeeinbuchtung meint, kann zu Unsicherheiten führen. I D . stellt es in die Nähe von Schlûch ‘ Schlauch ’ (I D . 9, 16); S EEBOLD / K LUGE ( 25 2011, 808 f.), G R W B (15, 505 ff.) und G RICHTING (1998) kennen jedoch das HL nicht. Das Simplex erscheint als der Schluch (1634, Naters (unklar)), t Schlücha (Randa; seltenes Feminin), der Schlüche (Grengiols und fünf weitere Gemeinden), bÿ dem Schlu ͦ chen (1550, Oberwald), im Schluchen (1693, Fiesch), dr Schluichen (Kippel), im Schluichen (Blatten), dr Schluihen (Ferden, Kippel), der Schlüüchu (Gampel, Niedergesteln (mehrfach)). Der Plural des Simplex ist selten belegt: t Schlüche (Ritzingen). Das Simplex ist im Diminutiv als Schlüchji (FLNK, Eisten), im Plural als t Schlüchjini (Randa) und t Schlüüchjini (Eisten) erwähnt. Mit attributiven Adjektiven erscheinen dr Aarbi Schluichen ‘ die Schlucht mit Arven oder Arvengebüsch ’ (Aarbi ist hier Adjektiv) (Blatten), d Beesch Schluichen ‘ die bösen Schluchten ’ (Ferden), der Dick Schlüüchu ‘ die breiteste Schlucht ’ (Steg, eine von mehreren Schluchten), dr Fiischter Schluichen ‘ die finstere Schlucht ’ (Ferden), der Hee Schlüche ‘ die hohe Schlucht ’ (Reckingen), der Inner Schlüchu ‘ die innere Schlucht ’ (Oberems), an den Kru ᵕ mmen Schlúchen ‘ an die krumme Schlucht ’ (1462 u. später, Ulrichen), an den Lengen Schluchun ‘ an die lange Schlucht ’ (1550, Oberwald), der Lang Schlúho ‘ die lange Schlucht ’ (1550, Obergesteln), der Nass Schluichen ‘ die nasse Schlucht ’ (Blatten), Ober und Unner Schlüche ‘ der obere und der untere Teil der Schlucht ’ (Blitzingen), der Unner Schlüchu ‘ die untere Schlucht ’ (Niedergesteln), der Voder Schlüchu ‘ die vordere Schlucht ’ (Oberems). Als Grundwort erscheint das HL zunächst mit adjektivischen Erstgliedern; Lengschlüche ‘ die lange Schlucht ’ (FLNK, Ulrichen), der Rootschlüüchu ‘ die rote Schlucht ’ (Niedergesteln, zweimal), Twärschlüche ‘ die quer laufende Schlucht ’ (FLNK, Ulrichen). Die übrigen Belege lassen keine klaren Gruppen erkennen; t Aarbschluichen ‘ die Schluchten mit Arven ’ (Wiler), der Aupschlüche ‘ die Schlucht bei der Alpe “ Schorne ”’ (Steinhaus), Brandschluichen ‘ die Schlucht beim brandgerodeten Gebiet ’ (FLNK, Blatten), Bruckschluchen ‘ die Schlucht bei der Brücke ’ (1568, Ernen), der Brunneschlüche ‘ die Schlucht mit einer Quelle / einem Brunnen ’ (Reckingen, zweimal) und viele andere, die häufig eine nahegelegene Flur kennzeichnen. Unklar ist das historisch belegte Horensluoch ‘ die Hornschlucht ’ (1457 (? ), Unterems), wo nicht erkennbar ist, worauf sich Horen ‘ Horn ’ genau bezieht: es kann sich um eine Schlucht in Hornform handeln oder um eine Schlucht unterhalb eines Gipfels oder um etwas Anderes. Komplexer sind etwa dr Brandschluichischleif ‘ der Holzschleif bei der Schlucht beim brandgerodeten Gebiet ’ (Blatten), t Hinnerscht Blattschlüche ‘ die hinterste Schlucht unterhalb des Gebietes Blatt (Felsplatte) ’ (Münster), der Ober und der Under Brandschluichen ‘ der obere und der untere Teil der Schlucht beim brandgerodeten Gebiet ’ (Blatten), ts Stärchbalmuschlüüchji ‘ die kleine Schlucht bei der Stärchbalmu (starker überhängender Fels) ’ (Hohtenn), der Vierleerchewangschlüche ‘ die Schlucht beim Grasabhang bei den vier Lärchen ’ (Oberwald), t Voderscht Blattschlüche ‘ die vorderste Schlucht unter dem Gebiet Blatt (Felsplatte) ’ (Münster). Als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita findet sich das HL mit folgenden Grundwörtern: Acher, Grabu, Matta, Tunnel, Wald und Wang. Komplexer sind t Gross Schlücheschlüecht ‘ die grosse Geländeeinbuchtung beim Schlüche (Schlucht) ’ (Blitzingen), t Mischischluachbrigga ‘ die Brücke über die Mischischlucht ’ (Zwischbergen) (J ORDAN (2006, 324) hat Mischischluach und Mischischluachbrigga), ob dem Schlúchmattenstadol ‘ oberhalb des Stadels bei der Schluchmatta (Wiese bei der Schlucht) ’ (1776, Bürchen), Schluichgrabegalerie ‘ die Galerie (Tunnel) beim Schluichgrabe ’ (LT, Ferden) und andere. Schluchter (FaN) Schluchter (FaN) ist nur 1545 in Bürchen als Schluchteroz Bodmen ‘ der Boden der Familie Schluchter ’ belegt. Die Form Schluchteroz enthält einen Genitiv Plural, wobei das auslautende / z/ vermutlich ein weiteres Genitiv-s sein soll. Der FaN ist als Schlüchter mit u. a. Schluchter (AWWB 235) belegt, der auch in Unterbäch und Eischoll im 16. Jh. bekannt war. Schluck Schluck m. ist belegt in im Schluck ‘ in der Enge ’ (Blatten) und ts Schluckwasser ‘ der Bach, der nur wenig (einen Schluck) Wasser führt ’ (Randa). Laut Gwp. handelt es sich beim Beleg aus Blatten um eine <Enge> zwischen der Alpe Weritzen und der Tellialp. Beim Beleg aus Randa geht es um einen Bach, der nur wenig Wasser zur Bewässerung der Alpe führt. Das HL ist zu schwdt. Schluck m. und wdt. Schlukk m. ‘ Schluck ’ (I D . 9, 529 ff.; G RICHTING 1998, 173) zu stellen. Im Beleg aus Blatten steht es zur Bedeutung 3. ‘ irgend etw. Enges, ein Engpass, enger Durchgang, Isthmus ’ ; im Beleg aus Randa zur 93 94 Schluck <?page no="52"?> Bedeutung 1 b) ‘ typisch für eine (kleinere) Menge einer Flüssigkeit ’ . Schlund Schlund m. ist zu schwdt. Schlund m., Pl. mit Umlaut, wesentlich wie nhd. ‘ Schlund ’ , übertragen: ‘ (natürliche oder künstliche) Öffnung, Eingang eines Wasserlaufs; Enge, Schlucht, Abgrund ’ , amhd. slunt m. (I D . 9, 575 ff.) zu stellen; G RICHTING (1998) kennt das HL nicht, wohl aber Z INSLI (1946, 336, der es für das Lötschental noch als Appellativ nennt, obwohl dort kein Beleg vorhanden ist). Von den rund 20 Belegen befindet sich der grösste Teil (16) im Goms; das HL ist darüber hinaus nur in Naters und St. Niklaus bekannt. Das Simplex Schlund kommt dreizehn Mal vor; dazu sind Nider und Ober Schlund (Ulrichen) belegt. Komposita mit Schlund als Grundwort sind: Löuwischlund ‘ der Schlund beim Rutschgebiet ’ (Fiesch) und der Nessuschlund ‘ der Schlund (Graben) mit Nesseln ’ (Fiesch; historisch auch Fieschertal); alternativ heisst der untere Teil dieses Grabens auch der Mosgrabe ‘ der Moosgraben ’ (Fiesch), der hinunter zum Weiler Moss führt. Komposita mit Schlund als Bestimmungswort sind: Schlinttosna ‘ die Hügel in den Schlünden ’ (Naters), das Schlintt Waltlin ‘ der kleine Wald in den Schlünden ’ (1795 u. später, Naters), den Schlúndgraben (1791, Naters) und der Schlundwaud ‘ der Wald beim Schlund ’ (Ernen). Schluocht Schluocht ‘ Schlucht, Geländeeinbuchtung ’ ist zu schwdt. Schluecht, Schlüecht, Schliecht f., Pl. -e(n), Dim. Schluechtji, Schlüechti ‘ Schlucht; (längliche, wasserlose, unter Umständen sehr tiefe) Einsenkung, Wanne in einer Wiese, Weide ’ , mhd. wassersluoht f. ‘ Wassergraben ’ (I D . 9, 81 ff.), wdt. Schlüecht, Schluächt (Lötschental), Schlüocht, Schlucht ‘ Schlucht ’ (G RICHTING 1998, 173) zu stellen. In den Deutungen wird ‘ Geländeeinbuchtung ’ als allgemeiner Terminus verwendet, da das hdt. ‘ Schlucht ’ heute stärker eingeschränkt ist auf tiefe Felsschluchten, die sonst eher Chi n. oder Lamm f. heissen; in einigen Fällen wird heute aber Schlucht verwendet, etwa für die Gondoschlucht (Zwischbergen), die tief eingeschnittene Schlucht der Doveria. Von den rund 530 belegten Namen sind etwa 200 Simplizia im Singular (Schluocht, Schlüecht, Schluächt, Schlucht usw.) oder Plural (Schliecht), Diminutive im Singular (Schliechgi, Schliechtgi, Schliechtji, Schlüöchtji usw.) oder Plural (Schliechtjini usw.). Adjektivische Attributbildungen sind etwa zu ͦ der Bösen Schlu ͦ cht (1543, Geschinen), t Breit Schlüecht (Reckingen), Chalt Schlüecht (Münster), ts Chlei Schliechtgi (Betten), di Drii Schliecht (Naters), t Eng Schlüecht (Reckingen, auch Glis und Oberwald), t Fiischter Schlüecht (Raron und sieben weitere), in der Gelún Schlúocht ‘ in der gelben Geländeeinbuchtung ’ (1708, Visperterminen), an die Gmeinen Schlúocht (1662, Martisberg), ts Grie Schliechtgi (Fieschertal), Gross Schlüecht (Obergesteln und vier weitere), vff die Ho ᵉ chi Schlu ͦ cht (1653, Ulrichen), Längi Schlüecht (Ausserberg, mit anderer Lautung Betten) und weitere, besonders t Ober Schlüecht (Ulrichen und sechs weitere), t Schee Schlüecht (Gluringen und vier weitere), t Teiff Schlüecht (Münster und neun weitere), t Unner Schlüecht (Fiesch und vier weitere) und t Wit Schlüecht (Binn und elf weitere). Besonders schön ist t Unckiirig Schlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung, in der es nicht geheuer ist ’ (Geschinen) mit einer älteren Lesart von ‘ ungeheuer ’ . Als Grundwort verbindet sich Schlüecht mit einer stattlichen Reihe von Bestimmungswörtern, die meistens naheliegende Flurnamen betreffen, wie etwa Ahoruschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung beim Weiler Ahoru ’ (Naters) zum nahegelegenen Weiler Ahoru. Nicht immer ist klar, ob das Bestimmungswort tatsächlich als Flurname vorkommt, so in t Burgschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung bei einem burgähnlichen Felsen ’ (Binn), der selbst nicht als Burg verzeichnet ist. Als Sachgruppen lassen sich Tiernamen wie t (e)Rinnerschlüocht ‘ die Geländeeinbuchtung für die Rinder ’ (Mund), t Amselschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung, wo es Amseln hat ’ (Blitzingen, Niederwald), Bäreschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung, wo es Bären hatte ’ (Reckingen), Chalberschlüocht ‘ die Geländeeinbuchtung für die Kälber ’ (Naters, Unterbäch), t Fuggsschlüocht ‘ die Geländeeinbuchtung, wo es Füchse hat / der Familie Fux ’ (Ausserberg), t Gämschschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung, wo es Gemsen hat ’ (Obergesteln), t Gitzischliecht ‘ die Geländeeinbuchtung für die Ziegen ’ (Reckingen), ts Häremjischliechtggi ‘ die kleine Geländeeinbuchtung, wo es Wiesel hat ’ (Reckingen), di Tüübuschlüocht ‘ die Geländeeinbuchtung, wo es Tauben hat ’ (Naters) (es ist allerdings umstritten, ob es sich hier um einen Vogelnamen handelt) und t Voguschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung mit Vögeln ’ (Binn). Eine zweite Gruppe von Bestimmungswörtern benennt Dinge, die sich in der Geländeeinbuchtung befinden: in der Gärschtuschlüecht ‘ in der Geländeeinbuchtung, wo Gerste angebaut wurde ’ (Blatten), di Griffelschlüöcht ‘ die Geländeeinbuchtung mit Preiselbeeren ’ (Unterbäch), t Marchschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung mit der March (Grenze) ’ (Gluringen und fünf weitere), t Massaschlüecht ‘ die Schlucht der Massa (Bachname) ’ (Bitsch), t Nessuschliecht ‘ die Geländeeinbuchtungen mit Nesseln ’ (Bellwald und weitere, teilweise nur historisch), Raspille-Schlucht ‘ die Schlucht der Raspille (Bachname) ’ (1927, Salgesch), di Trogschlüecht ‘ die Ge- Schlund 95 96 <?page no="53"?> ländeeinbuchtung mit einem Trog / in der Form eines Troges ’ (Stalden und sieben weitere) - wobei hier unklar ist, ob die Form gemeint ist oder ein Trog, der sich in der Geländeeinbuchtung befindet - , und t Wasserschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung mit Wasser ’ (Ulrichen und sechs weitere). Eine Reihe von Bestimmungswörtern benennen Besitzer oder Benutzer, meist in der Form von Genitiven im Singular oder Plural wie Bobmerroschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung der Leute von Bodmen / der Familie Bodmer ’ (Ausserberg), t Diepischlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung des Diepi ’ (Ritzingen), in Dirrigo Schlu ᵕ cht ‘ in der Geländeeinbuchtung der Familie Dirren ’ (1653, Bürchen), jn der Eccartzslu ᵉ kte ‘ in der Geländeeinbuchtung der Familie Eckart / des Eckart ’ (1308, Stalden), in Elsigo Schluocht ‘ in der Geländeeinbuchtung der Familie Elsig ’ (1695, Ausserberg), Jau ᵕ ns Schluocht ‘ die Geländeeinbuchtung des Jaun ’ (1588, Zeneggen), t Mutterschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung der Familie Mutter ’ (Oberwald), d Pfaffenschlúocht ‘ die Geländeeinbuchtung der Familie Pfaffen / des Pfarrers ’ (Brigerbad) (mit unklarer Doppeldeutigkeit), t Schniiderschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung der Familie Schnider ’ (Niederwald) und t Wiisseru Schlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung der Familie Weissen ’ (Ausserberg). In diesen und weiteren Fällen ist allerdings nicht immer sicher, ob es sich um FaN, PN oder Wohnsitznamen handelt. Bei di Blattnerschliecht ‘ die Geländeeinbuchtungen beim Weiler Blatten ’ (Naters) sind nicht Besitzer oder Nutzer gemeint, sondern die Nähe zum Weiler Blatten, und auch bei t Werrligschlüocht ‘ die Geländeeinbuchtung beim Weiler Ze Werrligu (bei den Häusern der Familie Werlen) ’ (Unterbäch) ist der Weilername, der seinerseits vom FaN abgeleitet ist, der Ursprung des Bestimmungswortes. Ähnlich verhält es sich mit t Schmiderschlüocht ‘ die Geländeeinbuchtung bei Zen Schmidu (bei der Schmiede) ’ (Eisten). Sehr selten sind komplexere Bildungen wie t Schweifbodeschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung beim gewundenen Boden ’ (Binn), t Uister Spaaltschluächt ‘ die äusseren Geländeeinbuchtungen beim Spalt (unklar) ’ (Wiler) und das schwer zu deutende t Zantiglaisschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung des St. Nikolaus ’ (Reckingen), das sich auf einen Bildstock des Heiligen oder etwas Ähnliches beziehen kann. Als Bestimmungswort ist Schluocht selten. Belegt sind Konstruktionen mit Acher, Blätz, Bodu, Brigga, Garte, Grabe, Halta, Heeji, Hüüs, Schiir, Sunna, Stadel, Tola, Wald und Weid. Komplexere Bildungen sind etwa t Schlüochtgartweide ‘ die Weiden beim Schlüochtgarten (Garten bei der Geländeeinbuchtung) ’ (Unterbäch), ts Schliechtchriesböümji ‘ der kleine Kirschenbaum bei der Geländeeinbuchtung ’ (Eggerberg) und t Schindelschluöchtegga ‘ die Ecke bei der Schindelschluächt (Geländeeinbuchtung in Schindelform? ) ’ (Blatten) und weitere mehr. Soweit erkennbar ist nur einmal der FaN Schluechter (I D . 9, 83; AWWB 235) in ts Schlüechterschwald ‘ der Wald der Familie Schluechter ’ (Ergisch) vertreten. Das Lemma ist inhaltlich verwandt mit Schlüche (cf. HL S CHLÜCHE ). Schlur Schlur ist zweimal als Bestimmungswort belegt, beide Male 1584 als Schlúrbiela (Niederwald) und die Schlürbiela (Steinhaus). Die Belege sind beide pluralisch und identisch. Das HL ist auch in URNB (1, 720) als Schlurbüel in Realp verzeichnet. Zitiert wird dort mhd. sl ū r ‘ das Schleudern, Stoss; das Herumstreifen, Faulenzen, Faulenzer ’ (L EXER 2, 992). I D . (9, 641) kennt Schl ū r als ‘ langsamer, träger Mensch ’ (Basel-Stadt). URNB gibt als Benennungsmotiv eine ‘ Stelle für Faulenzer ’ , weil sich das Vieh hier gut überblicken lasse oder eher beisammenbleibe. Die beiden Formen in Niederwald und Steinhaus erklären sich aus dem langen / u: / , das im Oberwallis normalerweise zu / ü: / palatalisiert wird. Die Deutung von URNB wird hier übernommen. Schluss Schluss m. ist nur 1489 in Mühlebach als an dij Schlusskennileggon ‘ an die Ecke beim Schlusskännel ’ belegt. Zu stellen ist es zu schwdt. Schluss m. ‘ Abschluss, Ende ’ , spätmhd. sluss ‘ Schluss, Knoten ’ (I D . 9, 741 f.; kein Eintrag bei G RICHTING 1998). Wenn die Lesung richtig ist, muss sich hier ein abschliessender Kännel (wohl Wasserkännel) bei einer (Felsen-)Ecke befunden haben. Diese Deutung ist unsicher. Schlussel Schlussel m. ist zu schwdt. Schlüssel (-il), Schlussel (-il) m., wie nhd. ‘ Schlüssel ’ , Pflanzenname ‘ Schlüssel-Blume, Schlüsseli, Primel ’ , Wallis: Schlussi: Name für eine Kuh mit weissem Strich am Kopf, ahd. slussil, mhd. slüssel (I D . 9, 748 ff.; bes. 754) zu stellen. Bei G RICHTING (1998) fehlt das HL. BENB (1, 5, 720) gibt als Motivation die Schlüssel-Form eines Grundstücks, neben weiteren wie z. B. Wirtshausnamen. Im Oberwallis sind nur knapp 20 Namen mit diesem HL belegt. An Simplizia finden sich im Slussel (1398, Ried-Mörel), hier als Teil einer Alpe, im Schlússel (1740, Obergesteln) und der Schlussil (Turtmann), laut Gwp. hat das Gut die Form eines Schlüssels. Von den übrigen Belegen mit dem HL als Bestimmungswort dominiert der Typ Schlusselacher. Belegt 97 98 Schlussel <?page no="54"?> sind: t Schlisselachra ‘ die Schlüssel-Äcker (Äcker in der Form eines Schlüssels) ’ (Naters), der Schlusselacher ‘ der Schlüsselacker (der Acker in der Form eines Schlüssels) ’ (Visp), der Schlusselacker ‘ der Acker in der Form eines Schlüssels ’ (1767, Kippel), im Schlusselacher ‘ im Acker in der Form eines Schlüssels ’ (Obergesteln), im Schlusselacker ‘ im Acker in der Form eines Schlüssels ’ (1770, Münster), die Schlu ᵕ sselachra ‘ die Äcker in der Form eines Schlüssels ’ (1520 u. später, Zeneggen), an dien Slusilachren ‘ an den Äckern in der Form eines Schlüssels ’ (1470, Visperterminen), Schlussilachra ‘ die Äcker in der Form eines Schlüssels ’ (FLNK, Leuk), t Schlussilachra ‘ die Äcker mit der Form eines Schlüssels ’ (Guttet). Die übrigen Grundwörter zum Lemma sind: Egg(a), Matta, Schiir, Rüüs und das komplexere Schlussilwageleisu ‘ der befahrbare Feldweg beim Gebiet Schlussil (Schlüssel) ’ (Turtmann). Schmaadri Schmaadri ist im Oberwallis nur für Blatten als ts Schmaadrijoch belegt, einen Passübergang zwischen Breithorn und Grosshorn zum Kanton Bern. Der Name dürfte aus dem Kanton Bern stammen. BENB (1, 5, 721 f.) zählt unter Schmaadri eine Reihe von weiteren Namen auf, ohne aber eine klare Deutung geben zu können. Wie BENB sagt, hat I D . (9, 852) einen Verweis auf ein Verb schmadere n ‘ schmudeln d. i. sudeln; sudelig machen, von Flüssigkeiten ’ nach S TALDER für den Kanton Freiburg. Diese Deutung ist kaum haltbar; eine bessere liegt aber nicht vor. Schmal Schmal ‘ schmal ’ Adj. ist zu schwdt. Adj. schmal, schm ē ler, schm ē lst ‘ klein (an Ausdehnung, Mass, Umfang) ’ , ‘ Kleinvieh, bes. Ziegen und Schafe ’ , ‘ schmächtig, schlank, dünn (von Lebewesen) ’ , ‘ knapp, karg, dürftig (von Sachen) ’ , wie nhd. schmal als Gegensatz zu breit, amhd. smal(l) und wdt. schmal ‘ schmal, schmächtig, klein ’ (I D . 9, 921 ff.; G RICHTING 1998, 173) zu stellen. Das Adjektiv erscheint in flektierter und unflektierter Form als Attribut zu den folgenden Grundwörtern: Acher, Egg(a), Fach, Fad, Gletscher, Holz, Löuwina, Riemo, Schnitta, Strich, Rigg, Ritz und Wang. Das Nomen Schmali ist als Neutrum auf - I ein Diminutiv, sonst ein Feminin auf - I (mit Umlaut) und zu Schmäli (I D . 9, 929) ‘ Schmäle, Schmalheit ’ zu stellen. Das Neutrum ist belegt als ts Schmali, ts Ober Schmali und ts Unner Schmali (alle Blitzingen) - gemeint ist der Schmalibach, der allerdings nicht belegt ist. Das Feminin ist als t Schmäli (Termen) und t Schmeli (Ausserberg; Ried-Brig) belegt. In Ausserberg vermutet die Gwp., dass t Schmelini ‘ (wilder) Lauch ’ (wohl A LLIUM OLERACEUM , bei L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 1282) als Ross-Lauch) gemeint sind. I D . (9, 930, s. v. Schmale n ) gibt als Pflanzenname jedoch alle nicht-blühenden Graspflanzen an. Die Quellen zu den Pflanzennamen des Wallis kennen nur Josefsschmäle ‘ Pyrenäen-Hahnenfuss ’ (R ANUNCULUS KUEP- FERI ) (I D . 9, 933; W AGNER / L AUBER / G YGAX 5 2014, 136 als Wegerich-Hahnenfuss) für das Lötschtal. Schmelzi Schmelzi f. ist als Simplex nur einmal in Leuk 1759 als zur Schmelzi ‘ bei der Schmelze ’ belegt; laut Dokument handelt es sich aber um Reben. Als Grundwort ist es lebend in Naters (genauer: Blatten) als t Bliischmelzi ‘ die Bleischmelze ’ belegt. Gwp. fügt aber bei, von einer Bleischmelze sei nichts bekannt. Das HL ist als I -Ableitung (S ONDEREGGER 1958, 497 ff.) zu einem Verb schmelze n ‘ schmelzen ’ (I D . 9, 959) zu stellen; die Ableitung ist als schwdt. Schmelzi f., hier ‘ Schmelzanlage, Schmelzofen; Glashütte ’ (I D . 9, 965) belegt. G RICHTING (1998, 174) kennt nur das Verb wdt. schmelze, schmelzä (Goms), schmälzn (Lötschtal), schmelzu ‘ schmelzen ’ und gibt als Beispiel Blii schmelzu ‘ Blei schmelzen ’ . I D . nimmt in Flurnamen die oben genannte Bedeutung an, im weitesten Sinn also eine Metall- oder Glasschmelze. Im Bereich Belalp / Blatten ist beim Grisighorn eine Erzmine belegt (Rohstoffinformationssystem Schweiz, s. v. Grisighorn), die u. a. Blei enthalten hat (W. B ELLWALD , p. c.). Der Flurname dürfte auf eine Bleischmelze zu diesem Ort Bezug nehmen, obwohl Gwp. diesen Zusammenhang nicht mehr annimmt. Schmid Schmid ist zu schwdt. Schmid m. ‘ (Grob)Schmied, insbes. auch Hufschmied ’ (I D . 9, 855 ff.) zu stellen; dazu gehören auch die FaNN Schmid und Schmidig(er) (AWWB 235 f.). Die Werkstatt des Schmiedes ist unter Schmitta f. ‘ Schmiede ’ (cf. HL S CHMITTA ) verzeichnet, doch sind Nomina vom Typ Schmidi / Schmida f. ‘ die Schmiede ’ unter dem HL S CHMID eingereiht. Da sich Handwerkername, Handwerkerort und Familienname nicht immer unterscheiden lassen, sind alle drei unter dem HL S CHMID versammelt; nur HL S CHMITTA wird gesondert behandelt. Als Simplex im Singular kommt Zer Schmidu ‘ bei der Schmiede ’ (Unterems) vor. Im Plural sind belegt Zen Schmiden ‘ bei den Schmieden ’ (1827, Oberems), wo unklar ist, ob der FaN oder eine Schmiede gemeint ist, und Ze Schmidu ‘ bei den Schmieden ’ (Eisten), wo wohl die Handwerker gemeint sind. Eine Ableitung auf - INA ist Schmidina (1700, Mund), am ehesten zu verstehen als Wiese, die der Familie Schmid gehört; der Plural t Schmidinä (Steg) meint nach der Beschreibung nicht eine Schmiede, sondern wohl eben- Schmaadri 99 100 <?page no="55"?> falls ein Stück Land der Familie Schmid. Eine weitere Ableitung Schmideri f. ist 1683 in Stalden belegt, wohl für ein Gut der Familie Schmid; hingegen benennt Schmideri (1660, Eisten) eine Wasserleite im Gebiet Ze Schmidu in Eisten. Eine kollektive - IG -Ableitung im Plural ist belegt in ts Schmidige ‘ die Alpe der Familie Schmid / der Leute des Schmied ’ (Binn) und um 1500 in Reckingen Schmidigen ‘ das Gut der Familie Schmid / der Leute des Schmiedes ’ . Der Diminutiv Zum Schmidji ‘ beim kleinen Gut der Familie Schmid ’ (Grächen) ist historisch auch im Plural belegt; vermutlich ist auch hier der Besitz der Familie Schmid gemeint. Ein grosser Teil der Belege enthält einen Genitiv im Singular: einen schwachen in der Schmido Bodo ‘ der Boden der Familie Schmid ’ (Ausserberg) (wozu sich weitere Belege mit Brand, Hüs, Matta, Riti, Wasser und Wildi gesellen) und dem komplexen Fall jn der Kalt Smydinmattun ‘ in der Wiese des Kaltschmiedes ’ (1389, Ulrichen); einen starken als Schmids oder Schmitsch wie in Schmidts Hoúwetten ‘ der Holzhau der Familie Schmid ’ (1615, Raron) oder Schmittschmatte ‘ die Wiese des Schmieds / der Familie Schmid ’ (Oberems); weitere Grundwörter sind Bach, Egg(a), Hüs und Stock. Einen Genitiv Plural der kollektiven - IG -Ableitung findet man zunächst in Schmidige Hischere ‘ bei den Häusern der Familie Schmid / der Leute des Schmieds ’ (Binn) und dem zugehörigen Zmidigo Heüsseren ‘ bei den Häusern der Familie Schmid ’ (1726, Ernen), sowie Ze Schmidige Stadlu ‘ bei den Stadeln der Familie Schmid ’ (Niedergesteln). Weitere Belege sind zu folgenden Grundwörtern zu finden: Hüs, Pletscha, Teil, Wald und Wiiss. Einen starken Genitiv dieser - IG -Ableitung weist ts Schmidigsch Acher ‘ der Acker der Familie Schmid(ig) ’ (Ulrichen) auf. Die übrigen Belege enthalten Schmid als Bestimmungswort zu folgenden Grundwörtern: Acher, Bodu, Gassa, Haalta, Hubel, Chumma, Schnitta, Statt und Räb-. Nur einmal belegt ist ein PN mit FaN: im Hans Schmid Acker ‘ im Acker des Hans Schmid ’ (1643 u. später, Oberems). Relative Lagen kennzeichnen Ober Schmiedmatten ‘ der obere Teil der Wiesen des Schmiedes / der Familie Schmid ’ und t Undru Schmidmatte ‘ der untere Teil der Wiesen des Schmiedes / der Familie Schmid ’ , die sowohl in Ried-Brig wie in Termen belegt sind. Eine vorangestellte Ableitung auf - ER ist in Schmiderbirche ‘ die Birken bei Ze Schmidu ’ (Eisten) und Schmiderschlüocht ‘ die Geländeeinbuchtung bei Ze Schmidu ’ (Eisten) bezeugt. Und eine - I -Ableitung findet sich in t Schmidi Binna ‘ das Pflanzland der Familie Schmid / der Schmiede ’ (Betten). Eine komplexe Bildung ist in den Goldschmiedinen ‘ im Gebiet der Goldschmiede ’ (1852, Salgesch). Ebenfalls komplex sind der Zen Schmieden Wingarten ‘ der Weingarten bei den Schmieden / der Familie Schmied ’ (1445, Visperterminen) und ts Schmidhüseru Schiir ‘ die Scheuer der Leute von Schmiduhüs ’ (Visperterminen), sowie weitere Belege. Schmili Schmili ist nur 1570 in Greich als d Schmilimatta ‘ die Wiese des kleinen Schmid / Schmiedes ’ belegt. Vermutlich handelt es sich bei Schmili um eine assimilierte Form zu Schmid-li ‘ der kleine Schmid / Schmied ’ , wobei unklar ist, ob eine Berufsbezeichnung oder ein FaN (AWWB 235 f.) vorliegt. Schmitta Schmitta f. ‘ Schmiede ’ und seine Varianten sind zu schwdt. Schmitte(n), -a, -u f. ‘ Schmiede ’ , amhd. smitta, -e, wdt. Schmitta, Schmittä (Goms), Schmittu (I D . 9, 1029 ff.; G RICHTING 1998, 174) zu stellen. Das HL kommt auch in den FaN Zurschmitten, Inderschmitten (AWWB 303) vor. In einigen Belegen können Schmied als Berufsbezeichnung oder Schmid als FaN gemeint sein (cf. HL S CHMID ). Das Simplex Schmitta kommt meist im Singular, oft mit einer Präposition wie bei, in, zu verbunden vor. In historischen Belegen tritt es als Schmitten / Schmidten auf. Die rund 15 Belege sind über das ganze Oberwallis verteilt. Mit Adjektiven sind Alt Schmitte (Bürchen, Münster, Stalden) und der Niwen Schmitten (1744, Simplon), der neúen Schmitte (1859, Steg) belegt. Relative Lagen finden sich in zu der Obren Schmitten (1744, Simplon, ähnliche Belege in Leuk und Leukerbad) und t Undri Schmittu (Leukerbad). Schmitta als Grundwort findet sich als Glas Schmitten (1687, Niedergesteln; 1809, Turtmann) und zwei Hammerschmittu (Leuk), Hamerschmitten (1864, Brig). Schmitta als Bestimmungswort verbindet sich mit Grundwörtern vom Typ Ägerte, Bodu, Brigga, Garte, Gassa, Matta, Rüüs, Schiir, Stafel, Wäg und Wald. Im Einzelfall, z. B. die Schmidtenschür ‘ die Scheuer der Schmiede / des Schmieds / der Familie Schmid ’ (1664, Raron) lässt sich nicht entscheiden, ob Werkstatt, Handwerker oder FaN gemeint ist. Schnaare Schnaare ist zu schwdt. Schnarre n m., f., Schn ā re n in FlN ‘ schmaler Felsrücken, scharf vorspringende Felskante, in scharfen Zinken und Ecken auslaufender Felsen ’ (I D . 9, 1271) zu stellen. G RICHTING (1998, 174) kennt nur Schnaa- 101 102 Schnaare <?page no="56"?> ra, Schnaari ‘ Jungmädchen ’ (das auch bei I D . belegt ist), aber hier nicht zutrifft. Das HL erscheint als der Schnaare ‘ Felsrücken ’ (Blitzingen), wo sich heute Lawinenverbauungen befinden. Die übrigen Belege sind Feminine, teilweise im Plural: Schnarren ‘ die Felskanten ’ (1774 (? ), Eggerberg; im zweiten Teil letste Schnarre), t Schnaara ‘ die Felskante ’ (Eisten; Gwp. verweist auf <schnura> der Schweine, wohl volksetymologisch), t Schnaara ‘ die Felskante ’ (Naters), die Schnaren ‘ die Felskanten ’ (1726, Mund), Schnaare ‘ die Felskanten ’ (FLNK, Staldenried), t Schnaarä ‘ die Felskanten ’ (Steg) und di Schnaren ‘ die Felskanten ’ (1652, Visperterminen). Mit attributivem Adjektiv erscheint im Obern Schnarren ‘ im oberen Teil der Felskante ’ (1681, Blitzingen). Als Gundwort erscheint das HL in t Howurzuschnaarä ‘ das hochgelegene Gebiet mit Wurzeln bei den Felskanten ’ (Steg), resp. t Hüwurzuschnaarä (Steg, laut Gwp. bei der (damals) jüngeren Generation) und t Schintischnaarä ‘ die Felskante beim Gebiet Schinti ’ (Steg). Schnabel Schnabel m. ist zu schwdt. Schnabel m., wie nhd. ‘ Schnabel ’ , vom menschlichen Mund, von schnabelähnlichen Dingen, amhd. snabul, -el und wdt. Schnabl, Schnabäl (Goms), Schnabul (Vispertäler), Schnabol (Schattenberge), Schnabil ‘ Mund, Schnabel ’ (I D . 9, 1061 ff.; G RICHTING 1998, 174) zu stellen. In FlN wird es zur Bezeichnung von schnabelähnlichen Flurstücken, z. B. langgezogenen, vorstehenden Geländestellen (TGNB 2, 2, 512) verwendet. Das HL ist als Simplex im Singular Schnabel (FLNK, Oberwald), bim Schnabel (Oberwald), der Schnabel (Naters, Zermatt) belegt. Motiv ist in allen Fällen ein schnabelähnliches Felsstück. Als Grundwort ist das HL auch in der Giireschnabu ‘ der Geierschnabel (Felsnase, die wie ein Geierschnabel aussieht) ’ (Gluringen) belegt. Schnäggen Schnägge(n) m. ‘ Schnecke ’ ist zu schwdt. Schnëgg, Schnëgge n m., f. ‘ Schnecke ’ , amhd. snëcko, -e zu stellen (I D . 9, 1183 ff.; URNB 3, 117). G RICHTING (1998, 174) hat nur feminines Schnägga ‘ Schnecke ’ . Als Bestimmungswort ist es ein Hinweis auf schneckenreiche Stellen. Das Simplex ist belegt in Schnäggen m. (Wiler, FLNK), wozu auch dr Ober und dr Under Schnäggen (Wiler) gehören. Am gleichen Ort belegt ist t Schnäggu(e)riifä ‘ der schmale Streifen Landes im Gebiet Schnäggen ’ (Wiler) Als Bestimmungswort kommt eine wohl ursprüngliche Genitivform Schnäggun (hist. Schneggen) vor: ts Schnäggunerlä ‘ bei den Erlen mit Schnecken ’ (Kippel), die Schnegen Weidt ‘ die Weide mit Schnecken ’ (1824, Binn) und in der Schnegen Matta ‘ in der Wiese mit Schnecken ’ (1770, Unterbäch). Schnägg kommt auch in Schnägghaaltä ‘ die Halden mit Schnecken ’ und Schnäggmattä ‘ die Wiesen mit Schnecken ’ (beide Blatten) vor. Die beiden Namen benennen nahe beieinanderliegende Fluren; das Simplex Schnägga ist jedoch nicht belegt. Schnaps Schnaps ist nur zweimal als Bestimmungswort belegt: ts Schnapsbodi ‘ der kleine Boden (wo die Schäfer Schnaps tranken) ’ (Mund) im Gredetschtal und ts Schnapsgässji ‘ die kleine Gasse, in der sich Schnapstrinker aufhielten ’ (Turtmann); laut Beschreibung die Dorfstrasse hinter dem Hotel Post, wo die alten <Schnapsler> verborgener Weise ins Laposte schleichen konnten. Zu schwdt. Schnaps m. ‘ Schnaps, Branntwein ’ , oft mit der Nebenbedeutung des Geringen oder doch in geringschätzigem Sinne und wdt. Schnaps ‘ Branntwein ’ (I D . 9, 1265 ff.; G RICHTING 1998, 175). Schnättwig Schnättwig ist nur in Visperteminen in der Schnättwiggrabo ‘ der Graben beim Schnättwig ’ und der Schnättwigtreio ‘ der Viehweg beim Schnättwig ’ belegt. Das HL ist wohl zu schwdt. Schnatt m., Schnatte(n) m., Schnätte(n) f., Schnattwe(n) (Wallis), neben Schnättwe(n)) ‘ Einschnitt, Kerbe, Scharte ’ , mhd. snat(t)e f. und wdt. Schättwa, Schnäppä (Goms), Schnatta (Mattertal), Schnattwu (Saastal), Schnättwu ‘ Strieme ’ (I D . 9, 1338 ff.; G RICHTING 1998, 175) zu stellen. Die Endung auf - IG entspricht einer Stellenbezeichnung (S ONDEREGGER 1958, 506), ist also als Gegend mit Einschnitten zu deuten. Schnätzil Schnätzil ist zu schwdt. Schnëtzel m. ‘ Abschnitzel, Tuchläppchen (beide nicht für das Wallis belegt) ’ oder schwdt. Geschnëtzel n. verächtlich für einen Haufen von kleinen Dingen (I D . 9, 1394) zu stellen. Das HL ist nur belegt in der Schnätziltschuggu ‘ der Fels mit kleinen Abschnitten ’ (Ergisch). Der Beleg Schnätziwald (FLNK, Bitsch) wird diesem HL zugewiesen; ist aber eher nur Schnätzi, Diminutiv zu Schnätz (I D . 9, 1392), hier wohl in der Bedeutung ‘ kleines, abgeschnittenes Stück ’ . Schnee Schnee m. ist ein rund 20 mal vorkommendes HL, das zu schwdt. Schn ē w m., Pl. unver., wie nhd. ‘ Schnee ’ und wdt. Schnee ‘ Schnee ’ (I D . 9, 1372 ff.; G RICHTING 1998, 175) zu stellen ist. Das Simplex tritt nicht auf, doch gibt es Schnabel 103 104 <?page no="57"?> attributive Adjekte zum HL als Grundwort: zum Längu Schnee ‘ beim lange liegenbleibenden Schnee ’ (Niedergesteln, St. Niklaus (LT Längenschnee, FLNK Länge Schnee)), zum Breitu Schnee ‘ zum breiten Schnee (wo lange Schnee liegt) ’ (Steg). Komplexer ist Maria zum Schnee ‘ Maria zum Schnee (Kapelle oder Bildstock bei Richenen) ’ (FLNK, Bellwald), das eine der Jungfrau Maria gewidmete Kapelle oder einen Bildstock kennzeichnet. Die meisten übrigen Belege sind zweigliedrige Komposita mit dem Bestimmungwort Schnee zu den Grundwörtern Balma, Bletz, Bodu, Graat, Hooru, Joch, Stock, Tola, Wald und Weid. Meist ist eine Flur oder ein Fels bezeichnet, bei dem Schnee lange liegen bleibt. Komplexer sind Schneehoorupass ‘ der Schneehornpass (Pass beim Schnee-Horn, Übergang von Leukerbad zum Plaine-Morte-Gletscher) ’ (FLNK, Leukerbad; LT Schneehornpass), ts Schneelowwiloch ‘ das Loch, durch das die Schneelawine kommt ’ (St. Niklaus), ts Ewigschneefäud ‘ das Feld mit dem ewigen Schnee (Gletscher) ’ (Fieschertal; SK Ewig Schnee Feld; LT und FLNK Ewigschneefäld). Eine Adjektivableitung auf - IG (S ONDEREGGER 1958, 487 f.) zum Stamm mit -wim Auslaut ist belegt in ts Schneewig Eg ‘ die Ecke mit Schnee ’ (Reckingen). Schneider (FaN) Schneider (FaN) und Schnider sind Formen eines FaN Schneider, Schnider, Schnyder, Schnieder, Sartoris, ursprünglich nach dem Handwerk des Schneiders benannt (AWWB 237). Als Simplizia sind Ableitungen belegt: dÿe Schnyderre (1561, Eischoll), t Schniideri (Fiesch) - beide wohl zu schwdt. Schnîderi n ‘ Schneiderin ’ (I D . 9, 1137), wobei unklar bleibt, ob ein Grundstück einer Schneiderin gemeint ist. Zen Schnÿderrun (1522, Steg) ist ein Plural, wohl zu verstehen als ‘ bei den Gütern der Familie Schnider ’ . Im Beleg In tertio Schniderro (1624, Raron) wird ein Genitiv Plural zu Schnider einem lateinischen tertio (Drittel) hinzugefügt; hier ist ebenfalls unklar, ob es sich um eine Berufsbezeichnung oder einen FaN handelt. Alle übrigen Belege enthalten das Lemma entweder als vorangestellten Genitiv oder als Bestimmungswort. Genitiv: ts Schniidersch Acher ‘ der Acker des Schneiders / der Familie Schnider ’ (Staldenried), Jn Schnÿders Bäechen ‘ im Gebiet Bächi der Familie Schnider ’ (1622, Unterbäch). Ein Genitiv Plural findet sich Jn Schnÿdero Drittill ‘ im Drittel der Familie Schnider ’ (1624, Eischoll), u. U. der gleiche Beleg wie oben tertio Schniderro. Ebenfalls in Eischoll ist belegt die Schnider Ruffinen (1721) ‘ die Rufine (Rutschgebiet) der Familie Schnider ’ , was zu t Schniiderru Rufi ‘ das Rutschgebiet der Familie Schnider ’ (Niedergesteln) passt. Die Schniiderschlüecht ‘ Geländeeinbuchtung der Familie Schnider ’ (Niederwald) und das Schniiderwaldji ‘ kleiner Wald der Familie Schnyder ’ (Gampel) gehören wohl zum FaN wie t Schniiderbiela (Blitzingen) und im Schnidergút ‘ im Gut der Familie Schnider ’ (Münster). In zwei Fällen ist Schneider notiert, wohl hochdeutsche Formen: der Schneider Acher (Bellwald) und Schneideren Wald (Guttet) - in beiden Fällen dürfte ein FaN Schnider zu Grunde liegen. Schneit Schneit f. ist zu schwdt. Schneit, Schneite f., ahd. sneida, mhd. sneite ‘ durch den Wald gehender Weg ’ (I D . 9, 1344 f.) zu stellen; bei G RICHTING (1998) fehlt es. Das HL kommt vor allem in Orts- und Flurnamen vor. Belegt ist es einmal in t Schneitheeji ‘ die Höhe beim Weg durch den Wald ’ (Visp). Schnidrig (FaN) Schnidrig (FaN) ist der FaN Schnidrig, Schnydrig, Schniderig, Schneidrig, Sartor, eine kollektive - IG -Ableitung zum einfachen Schnider oder Schnyder. Die Benennung ist vom Handwerk übernommen (AWWB 237). Ze Schnidrigu ‘ bei der Familie Schnidrig ’ (Niedergesteln, 1852 Steg) ist ein Weiler von Niedergesteln auf der linken Talseite. Dazu gehört Schnidrigungrund ‘ der Grund (Talboden) bei Schnidrigen ’ (Niedergesteln). Ein Genitiv Plural ist in bona Schnidringo ‘ die Güter der Familie Schnidrig ’ (1521, Mund) und in Schnydrigo … Wildi ‘ das unfruchtbare Gebiet der Familie Schnidrig ’ (1664, Mund) (zum FaN Schnydrig in Mund vgl. J OSSEN 1989, 65) belegt; ein starker Genitiv Singular in Schnidrigs Acher ‘ im Acker der Familie Schnidrig ’ (1681, Raron). Eine erweiterte Form findet sich als Schnydrigerwald ‘ der Wald der Familie Schnydrig ’ (Birgisch). Als Kompositum lässt sich betrachten Schnidrigen Wald ‘ der Wald der Familie Schnydrig ’ (1862, Eggerberg und Mund). Schniida Schniida f. ‘ Schneide ’ und Schniidi f. ‘ Schneide ’ ist zu schwdt. Schn ī d, Schn ī de n f., auch m. ‘ Schneide an Messer, Beil usw.; Messerklinge; Vorrichtung zum Zerschneiden des gedörrten Roggenbrotes, bestehend aus einem langen Messer, das durch ein Gelenk auf einer hölzernen Unterlage befestigt ist ’ , Schn ĭ da ‘ Berggrat ’ und wdt. Schniidi (Zermatt) ‘ Schneide ’ (I D . 9, 1978 ff.; G RICHTING 1998, 175; Z INSLI 1945, 337) zu stellen. Das Simplex kommt als t Schniidi ‘ Grat ’ (Guttet), Schniidi ‘ Grat ’ (Albinen, LT Schnydi) (befindet sich auf der Grenze der beiden Gemeinden) vor. Hierzu gesellt sich in Guttet Schniidigrat (etwas nördlicher als t Schniidi). Turtmann hat Windschnidi ‘ die Windschneide ’ 105 106 Schniida <?page no="58"?> (FLNK) in der Rottenebene, eine Hecke, die den Wind vom früheren Flugplatz abhalten sollte. Als Grundwort ist das HL in t Stockschnida ‘ die Schneide (scharf abfallender Grat) beim Felsstock (Simplex fehlt) ’ (Blatten) und dem Plural di Galmschnidinä ‘ Grat beim Galmpass ’ (Ferden) vertreten. Schnippil Schnippil m. ist nur in Raron als der Schnippil ‘ das kleine Stück Land ’ belegt. Der Name ist in dieser Form nur als ‘ Frack, Schwalbenschwanz ’ (I D . 9, 1248) belegt. Im I D . wird vermutet, dass es sich um ein ‘ burschikoses Lehn- (oder Mode-) Wort ’ handle. Die schwdt. Form wäre Schnipfel oder Schnëpfel ‘ Papierschnitzel ’ (I D . 9, 1259). G R W B (15, 1336 ff. s. v. Schnippel, schnipfel) kennt das Wort als ‘ kleines abgeschnittenes Stück, Schnitzel ’ . Man darf daher annehmen, dass der Flurname ein kleines Stück Land bezeichnet. Das HL ist sonst im Oberwallis nicht belegt. Schnitta Schnitta f. ist zu schwdt. Schnitte n f., wie nhd. ‘ der einzelne Streifen einer in regelmässigen Abschnitte geteilten Wiesenfläche; abgemarkte, langgestreckte Fettwiese ’ und wdt. Schnitta, Schnittä (Goms), Schnittu ‘ Schnitte, Scheibe ’ (I D . 9, 1359 ff.; G RICHTING 1998, 175) zu stellen. In Flurnamen ist mit Schnitta ein ausgeschnittener Teil eines Grundstücks gemeint; faktisch sind das meistens langgezogene, schmale Grundstücke. Um den Zusammenhang mit dem HL herzustellen, wird hier aber normalerweise die Deutung ‘ ausgeschnittenes Stück Land ’ gegeben, ausser wenn der Kontext sehr deutlich etwas anderes angibt. Das HL scheint nur noch im Walsergebiet Graubündens belegt zu sein, vgl. RN (2, 285 s. v. Schnitte). Z INSLI (1984) kennt es nicht, was den Schluss nahelegt, dass die Bündner Walser den Flurnamen aus dem Oberwallis mitgenommen haben, wo er in allen Bezirken mit rund 130 Flurnamen gut belegt ist. Davon zu unterscheiden ist das Kollektiv G(e)schnitt ‘ das Gebiet einer Gemeinde ’ (I D . 9, 1358), siehe unten. Das Simplex im Singular ist belegt als t Schnitta ‘ das ausgeschnittene Stück Land ’ (Staldenried), historisch als die Schnitta (1484 u. später, Ernen; 1586 Naters). Unsicher ist die Schnida (1534, Steg), zu vermuten ist aber auch hier das HL S CHNITTA . Historisch häufig ist an der Schnitten (1532, Fieschertal) in der Schniten (1751, Bürchen; 1837, Obergesteln; 1772 Oberwald; 1774, Raron; 1677, Steinhaus; 1605, Varen; 1752, Zwischbergen), die Schnitten (1781, Binn), under der Schnitten (1680, Münster). In einigen Fällen wechseln Singular und Plural, so hat etwa Greich 1789 in den Schnitten, ebenso 1802, aber 1814 in der Schnitten, oder Ausserberg 1693 in den Schnitten, 1729 jn der Schnitten, 1770 in den Schnitten, 1795 auf der Schnitten. t Schnittu (Leuk) weist die typische Endung der Nomina auf - A im Bezirk Leuk auf. Sicher Plurale des Simplex sind: t Schnittä (Gampel), t Schnitte (Embd, Ergisch, Erschmatt, Hohtenn, Niedergesteln, Saas-Almagell (zweimal), Salgesch, Zeneggen). Unterbäch hat laut FLNK Schnitte; die historischen Belege sind 1641 in den Schnitten, 1667 jn der Schnitten, 1738 in der Schnitten. Auch weitere Belege haben in den Schnitten (1818, Oberems; 1746, Ried-Mörel; 1605, Varen), in die Schnitten (1687, Albinen). Die hohe Variabilität deutet darauf hin, dass Singular und Plural nicht klar unterschieden sind. Diminutive sind nur im Plural belegt: t Schnittjini ‘ die kleinen ausgeschnittenen Stücke Land ’ (Niedergesteln) und in den Schnittlinen (1709, Eischoll). Attributive Adjektive in zweigliedrigen Konstruktionen kommen wie folgt vor: in der Andren Schnitten (1745, Visperterminen) - hier ist zu vermuten, dass Andren als Endren ‘ jenseitig ’ zu lesen ist - , in der Breiten Schnitten ‘ im breiten ausgeschnittenen Stück Land ’ (1708, Ernen), ähnlich Breiti Schnittu (FLNK, Bratsch) und die Breit Schnitta (1679, Betten). beÿ den Dreÿ Schnitten ‘ bei den drei ausgeschnittenen Stücken Land ’ (1661, Münster) enthält ein Zahlwort, dagegen nicht t Eeberi Schnittu ‘ das apere ausgeschnittene Stück Land ’ (Gampel), wobei das Adjektiv wohl ein unfruchtbares Stück Land meint. di Glatti Schnittu ‘ das glatte ausgeschnittene Stück Land ’ (Hohtenn) und di Glattu Schnitte ‘ die glatten ausgeschnittenen Stücke Land ’ (Raron) meinen abschüssige Stücke. Vnder der Grossen Schnitten (1779, Ernen) und iner Grossen Schnitten ‘ im grossen ausgeschnittenen Stück Land ’ (1684, Blitzingen) sind ebenso belegt wie t Lägendi Schnitta ‘ das ebene ausgeschnittene Stück Land ’ (Blitzingen; FLNK Lägend Schnitta). In mehreren Belegen kommt Lang vor: beÿ der Langen Schnitten (1761, Salgesch), in der Längen Schnitten (1754, Eischoll), in der Lengen Schnitten (1685, Bürchen), die Lengschnitta (1505 u. später, Lax), an der Lengen Schnitten (1532 u. später, Fieschertal), t Leng Schnitte (Fiesch). die Mittleste Schnitten (1686, Eischoll), die Mittlest Schnitta (1528, Mühlebach), die Mittlost Schnitta (1545, Unterbäch) sind Belege für eine mittlere Schnitte. t Schmalu Schnitte ‘ die schmalen ausgeschnittenen Stücke Land ’ (Stalden), jn der Stozenden Schnitten ‘ im steilen ausgeschnittenen Stück Land ’ (1650, Ausserbinn) und in der Stotzenttenen Schnitten ‘ im steilen ausgeschnittenen Stück Land ’ (1702, Ernen) beziehen sich auf die Steilheit. Unklar ist z Trÿgen Schnitten ‘ bei den drei ausgeschnittenen Stücken Land ’ (1753, Mühlebach) (vgl. oben beÿ den Drey Schnitten). in der Untern Schnitte ‘ im unteren ausgeschnittenen Stück Schnippil 107 108 <?page no="59"?> Land ’ (1872, Glis) findet sich neben d Wissu Schnitta ‘ das weisse, ausgeschnittene Stück Land ’ (1832, Bürchen). der Schwarz Schnitt ‘ der schwarze Schnitt ’ (Oberwald) bezieht sich auf einen dunklen Felszug, der wie ein Schnitt aussieht; es ist der einzige Beleg, der Schnitt m. aufweist. Vorangestellte Genitive zum HL S CHNITTA sind die Brindlen Schnitten ‘ das ausgeschnittene Stück Land der Familie Brindlen ’ (Termen), in Elsenn Schnitten ‘ im ausgeschnittenen Stück Land der Elsa ’ (Ernen), in des Ettren Schnitginen ‘ in den kleinen ausgeschnittenen Stücken Land des Onkels ’ (Mühlebach), Gineten Schnitten ‘ das ausgeschnittene Stück Land des Ginet / der Ginet ’ (1576, Eischoll), des Haubtmansschnitta ‘ das ausgeschnittene Stück Land des Hauptmanns (wohl Funktion) ’ (1768, Ernen), Jaggun Schnitta ‘ das ausgeschnittene Stück Land des Jaggen (PN Jakob) ’ (Raron), Jostsch Schnittú ‘ das ausgeschnittene Stück Land der Familie Jost ’ (1704, Ried-Mörel), t Madleenerschnitte ‘ die ausgeschnittenen Stücke Land der Magdalena (Marx) ’ (Ergisch), zúr Mehren Schnitte ‘ bei dem ausgeschnittenen Stück der Mährenweide (unsicher) ’ (1839, Eisten) Moriego Schnitten ‘ die ausgeschnittenen Stücke Landes der Leute von Mörel ’ (1645, Mörel; ein latinisierter Genitiv Plural), di Pfaffuschnitta ‘ das ausgeschnittene Stück Land des Pfarrers / der Familie Pfaffen ’ (Ried-Brig), Rieders Schnitta ‘ das ausgeschnittene Stück Land der Familie Rieder ’ (1465, Lax), Schwickingen Schnitta ‘ das ausgeschnittene Stück Land der Familie Schwick / der Leute des Schwick ’ (1772, Bellwald). Das HL erscheint mehrfach als Grundwort in zweigliedrigen Komposita, wobei die Bestimmungswörter meist nahegelegene Fluren, manchmal auch Gemeinden oder Einzelbesitzer kennzeichnen. So enthält im Ritterbarbi=Schnittelti ‘ im kleinen ausgeschnittenen Stück Land der Barbara Ritter ’ (1842, Binn) den Namen einer Besitzerin, in die Ritterschnitta ‘ das ausgeschnittene Stück Land der Familie Ritter ’ (1842, Binn) ist die gleiche Familie oder eine gleichen Namens gemeint. die Brindlen Schnitten ‘ das ausgeschnittene Stück Land der Familie Brindlen ’ (1791, Termen) erwähnt eine Besitzerfamilie genau wie Schmidschnitte ‘ die ausgeschnittenen Stücke Land der Familie Schmid ’ (FLNK, Ernen) auf der Alpe Frid. in Alberschnitten ‘ im ausgeschnittenen Stück Land beim Alber ’ (1771, Ergisch) ist ein Flurname Alber (wohl: Pappel) genannt, in der Aspschnitten ‘ im ausgeschnittenen Stück Land beim Asp ’ (1785, Ergisch) sind Espen gemeint, jn den Birchschnitten ‘ in den ausgeschnittenen Stücken Landes beim Birch ’ (1762, Ergisch) bezieht sich auf ts Birch ‘ das Birkengehölz ’ , t Eichschnitte ‘ die ausgeschnittenen Stücke Land beim Eich ’ (Raron) meint eine Flur namens Eich (wo es Eichen hat). In Raron ist auch t Erbschnitte ‘ die ausgeschnittenen Stücke Land beim Erb ’ belegt, wo aber das Erb nur historisch vorkommt. Zum Weiler Giesch sind Giesch Schnitte (1902, Hohtenn) zu stellen, während im Giescherschnitten (1775, Eischoll; 1825 in der Giescherschnitten) bei ts Breiu undeutbar ist; ob hier jemand aus Giesch ein Stück Land besass, ist unklar. Unklar ist auch t Fasnachtschnitta ‘ im ausgeschnittenen Gebiet, wo ein Fasnachtsbrauch stattfand ’ (Ernen), wo man einen Fasnachtsbrauch nur vermuten kann (cf. HL F ASNACHT ). in den Giltschnitten (1826, Steg) kann sowohl bei einem Giltsteinbruch, wie eine Wiese mit einer Gült (Schuldverschreibung) meinen aus dem Kontext lässt sich das nicht erkennen. Unter den übrigen Namen fällt ein weitere auf: in Pollen Schnitten ‘ in den ausgeschnittenen Stücken Land beim runden Hügel / des Pollen (PN) ’ (1637 u. später, Fiesch), wo unklar ist, ob das HL B OLL oder ein PN vorliegt; im zweiten Fall würde übrigens ein Genitiv Singular vorliegen, also kein Kompositum. Weitere Belege sind unter den verschiedenen Bestimmungswörtern behandelt. Komplexer sind die Heimen Haús Schnitten ‘ die ausgeschnittenen Stücke Land beim Haus des Heimen (PN) ’ (1852, Hohtenn), wobei Heimen ein FaN oder ein PN sein kann, in den Oberhaus Schnitten ‘ in den ausgeschnittenen Streifen Land beim oberen Haus ’ (1755, Bürchen) gemeint ist wohl der Weiler zum Oberhüs. t Steihüserschnitta ‘ das ausgeschnittene Stück Land der Leute von Steinhaus ’ (Binn); ob hier die Gemeinde Steinhaus gemeint ist, bleibt unklar. Der Beleg Her Lusenschnitta (1432, Fiesch) lässt sich nicht deuten; es ist unklar, ob Her tatsächlich als Herr zu deuten ist (und in welcher Bedeutung); wenn ja, wäre dann Lusen der Genitiv eines PN oder FaN Luse, das allerdings unbelegt ist. Als Bestimmungsname kommt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern vor: Bodu und Matta. Seltsam ist zen Schnittengebineren ‘ bei den Pflanzplätzen im ausgeschnittenen Stück Land ’ (1808, Raron), wo ein Kollektiv zum Grundwort Biina erscheint. Formal gehört auch Schnittlöich ‘ der Schnittlauch; der Ort, wo wilder Schnittlauch wächst ’ (FLNK, Bratsch) (I D . 3, 1007 f.; G RICHTING 1998, 175 s. v. Schnittlöib) zu den Komposita; es wird hier nur wegen des Bestimmungswortes Schnitt zu schnîden ‘ schneiden ’ (I D . 9, 1080) erwähnt; Schnittlech ist als Flurname u. a. in LUNB (1, 2, 919 s. v. Schnitt) und RN (2, 450), dort als Schnittlauch (Davos), belegt. Das Kollektiv G(e)schnitt ‘ das Gebiet einer Gemeinde ’ (I D . 9, 1358) ist mehrfach belegt: das Egger-Geschnitt ‘ das Geschnitt der Egga ’ (1824, Naters) (gemeint ist wohl der Weiler Egga oberhalb Blatten), in Greniarro Geschnitt ‘ im Geschnitt (Gemeindegebiet) der Leute von Grengiols ’ (1645, Grengiols), das Rischiner Geschnitt ‘ das Geschnitt 109 110 Schnitta <?page no="60"?> (Gebiet) der Leute von Rischinen ’ (1824, Naters) (gemeint ist der Weiler Rischine von Naters), im Seiter Geschnidt ‘ im Geschnitt (Gebiet) von Seit ’ (1740, Selkingen) (gemeint ist der frühere Weiler Seit), im Urlicher Geschnitte ‘ im Geschnitt (Gemeindegebiet) der Leute von Ulrichen ’ (1833, Ulrichen). Schniz Schniz m. ‘ Schnitz ’ ist nur einmal belegt in ts Schnizlöüb (St. Niklaus). Löüb meint normalerweise eine bebuschte Alpweide (hier für Schafe); Schnitz könnte sich dann auf das dort geschnittene Futter beziehen. Es wäre zu schwdt. Schnitz m., Pl. Schnitze, ‘ Schnitt ’ und wdt. Schnitt ‘ Schnitt, Handel ’ (I D . 9, 1404 ff.; G RICHTING 1998, 175) oder als Genitiv zu schwdt. Schnitt m., Dim. Schnittli, wesentlich. wie nhd. ‘ Ergebnis des Schneidens ’ , ‘ Akt, Zeit des Schneidens ’ (von der Getreideernte), ‘ von dem auf dem Felde stehenden, erst zu schneidenden Getreide ’ , übergehend in die Bed. ‘ was man durch Schneiden, d. i. Ernten gewinnt; Ertrag ’ , ‘ vom Rebenschnitt ’ , ‘ Steuer, die auf die Haushaltung oder das Vermögen gelegt wird ’ , ‘ Anteil an einer gemeinsamen Nutzung ’ , ‘ Teil einer Landschaft (als steuerliche und nutzungsrechtliche Einheit) ’ und wdt. Schnizz ‘ Zerschnittenes, Gedörrtes ’ (I D . 9, 1359 ff.; G RICH- TING 1998, 175) zu stellen. Da der FlN so nur einmal belegt ist, kann keine klare Deutung gegeben werden. Schnod Schnod Adj. ist einmal in t Schnodegga (Baltschieder) belegt. Es ist wohl zu schwdt. schnot ‘ spärlich gemessen, kärglich, kaum L[uzern]; W[allis] ’ (so Raron ( ‘ sparsam, kurz ’ )) zu stellen (I D . 9, 1267; der ursrpüngliche Eintrag stammt von S TALDER ). Die betreffende Ecke ist ein schmaler Felsrücken am Baltschiederbach auf ca. 2050 m. Schnüär Schnüär f. ‘ Schnur ’ ist zu schwdt. Schnuer f., Pl. -üe-, Dim. Schnüerli, Schnüerji wie nhd. ‘ Schnur ’ , dünner als Seil, Strick, dicker als Faden, ( … ) übertragen auf schnurähnliches ‘ schmales Rasenband an einer Felswand ’ , ahd. snuor zu stellen (I D . 9, 1289 ff., bes. 1298; G RICHTING 1998, 176). Schnüär kommt als Simplex Schnuor (Ried-Mörel), historisch der Schnúer (Bitsch, wirklich maskulin? ) und als Schnuär (Ferden) vor. Das Simplex im Plural Schniere ‘ die Schnüre ’ ist in Ulrichen belegt. Mit Adjektiven finden sich Gross Schnuär, Leng Schnuär, t Undruscht Schnuär und t Leng Schnuär (alle Blatten). Als Grundwort findet sich Schnuär in Horischnuär und dessen Variante Horenschnuär ‘ schmales Gras- oder Felsband beim Hori ’ (Blatten). Der Plural ist in t Aanuschniärä und undern Anuschniärun (beide Blatten) belegt. Als Bestimmungswort findet sich das Simplex in Schnuorgrabo ‘ Graben, der so schmal ist wie eine Schnur ’ (Bitsch), Schnüerwald (Bitsch) und - unsicher - Schnürgarten (1786, Gampel); hier könnte es sich auch um Schnura ‘ Schwiegertochter ’ (I D . 9, 1286; C. S CHMID 1969, 112) handeln, was nicht entscheidbar ist. Im Plural sind belegt ts Schnierewägi ‘ der kleine Weg zu den Schnüren (Rasenbänder im Felshang) ’ (Oberwald) und das Schnierhoru ‘ Horn bei den Schnüren (Rasen- oder Felsbänder) ’ (Mund). Schober Schober m. ist nur 1389 in St. Niklaus als Schoberveden belegt. Das Dokument spricht von einem Acker namens Schoberveden, der sich oberhalb des Sandes befindet. Während Veden vermutlich zu Fad (cf. HL F AD ) zu stellen ist, kann Schober laut I D . (8, 82) und G R W B (15, 1426 ff.) nicht als volkstümlich gelten. Allerdings kennt es L EXER (2, 765) ‘ Schober, Haufen ’ , was auf eine früher grössere Verbreitung hindeutet. Schoberveden wäre dann ein Grasband, an dem man Schober gebildet hat: ‘ das Grasband / die Grasbänder beim (Heu-)Schober ’ . Ob diese Deutung stimmt, ist allerdings unsicher. Schochu Schochu m. ist nur als t Schochna ‘ die Haufen ’ (Eisten, FLNK, LT Schochne) und t Schochna ‘ die Haufen ’ (Zermatt) belegt, in beiden Fällen ein Plural. Das HL ist zu schwdt. Schoch m., Pl. Schochna, Dim. Schöchli ‘ Heuhaufen ’ , ‘ Haufe überhaupt, auch grosse Quantität ’ , mhd. schoche m. und wdt. Schoche, Schochä (Goms), Schocha (Mattertal), Schochn (Lötschtal), Schochu ‘ Haufen ’ (I D . 8, 112 ff.; G RICHTING 1998, 176) belegt. Die Höhe der beiden Fluren (je rund 2300 m.) legt nahe, dass es sich eher um Steinhaufen als um Heuhaufen handelt. Schoenigs Schoenigs ist nur gerade in Reckingen als Schoenigs Egge (1558; 1573) und einmal entrundet als Schenigs Egga (1639) belegt. Die Form lässt sich als Genitiv Singular zu Schoenig verstehen, das seinerseits eine Kollektivform auf - IG zu Schoendarstellt. Zugrunde liegt wohl das Verb schöne n ‘ reinigen, säubern, putzen ’ (I D . 8, 867), bei G RICHTING (1998, 169) ‘ abschälen, schinden ’ in Bezug auf Kartoffeln oder Äpfel verstanden. Es handelt sich also wohl um einen Besitzer- oder Nutzernamen vom Typ Schön oder Schönig, der für das Wallis jedoch sonst nicht belegt ist: ‘ die Ecke der Schön-Leute ’ . Scholle Scholle f. ist zu schwdt. Scholle n , Tscholle n m., Dim. Schölli, Schölleli ‘ (Erd-, Acker-)Scholle ’ , ‘ Klumpen, Stück, Bro- Schniz 111 112 <?page no="61"?> cken überhaupt ’ , WVt[Visperterminen] ‘ Schneeklumpen ’ , ‘ Haufe, Masse ’ , ahd. scollo m., scolla f., mhd. scholle m. und wdt. Tschollä, Tscholla (Mattertal), Tschollo (Schattenberge), Tscholln (Lötschental), Tschollu ‘ Knollen, Mensch ’ (I D . 8, 598 ff.; G RICHTING 1998, 200) zu stellen. Belegt sind t Obru und t Unnru Scholle ‘ die oberen und die unteren Schollen (Eisschollen auf dem Monte Rosa- Gletscher) ’ (Zermatt), sowie Scholle (LT und SK, Zermatt) in gleicher Bedeutung. Die Namen vom Typ Schöllihorn usw. sind unter dem HL S CHELLI behandelt. Schonerly Schonerly ist nur 1824 in Eggerberg als im Schonerlÿ belegt. Die Lesung ist unsicher, M. S. notiert als Variante Sponerlÿ. Es handelt sich um ein Stück Wiese mit Garten im Gebiet Millachern (heute ts Müülachru). Wenn die erste Lesung stimmt, ist das HL wohl zu schon / schön (I D . 8, 838 ff., bes. 856 f. zu Ortsnamen) zu stellen, auch wenn die Bildung selbst nicht vorliegt; es handelt sich um ein Diminutiv auf - LI (SDS 3, 155) zu einem mit - ER (S ONDEREGGER 1958, 541 ff.) als Stellenbezeichnung abgeleiteten Schoner ‘ der schöne Ort ’ . Die Deutung wäre dann ‘ der kleine, angenehme Ort ’ . Die alternative Lesung Sponerlÿ dagegen findet keine klare Deutung. Die FaN Abgottspon, Gsponer usw. beziehen sich sonst alle auf den Weiler Gspon (Staldenried). Schoos Schoos m. ist zu schwdt. Sch ō ss f., m., in FlN ‘ Einbuchtung der Erdoberfläche; See-, Meeresbucht; Einsenkung des Erdbodens ’ , übertragen vom Kleider-, Rockschoss; ahd. scôzz(o) m., scôzza f., mhd. schôze f., schoz m., n. und wdt. Schooss ‘ Schoss ’ (I D . 8, 1451 ff. (bes. 1559); G RICHTING 1998, 176; URNB 3, 131 f.) zu stellen. Das Simplex im Singular ist lebend belegt als im Schoos ‘ im Schoss (Geländeeinsenkung) ’ (Ferden), wo die Gwp. den Schoss einer Frau erwähnt. Gemeint ist damit eine sichere Sitzgelegenheit, meist für einen Säugling, im Schoss einer sitzenden Frau. In Flurnamen ist damit eine flache Mulde gemeint, die hier als ‘ Geländeeinsenkung ’ bezeichnet wird. Weiter sind belegt Schooss ‘ der Schoss ’ (Geländeeinsenkung) (EK, Eggerberg; FLNK Schoos) und Schoos ‘ im Schoss (Geländeeinsenkung) ’ (FLNK, Oberwald) Die anderen Simplizia kommen nur historisch vor: am / im Schoos (1643 u. später, Grengiols), der Schoos (1832, Saas-Grund), im Schos (1639, Niederwald). Plurale fehlen. Das Diminutiv erscheint im Singular als Schoossje ‘ der kleine Schoss (Geländeeinsenkung) ’ (FLNK, Zermatt), im Schoosji ‘ im kleinen Schoss (Geländeeinsenkung) ’ (1841, Eisten), beim Schoosslin ‘ beim kleinen Schoss (Geländeeinsenkung) ’ (1699, Raron), im Schoslÿ ‘ im kleinen Schoss (Geländeeinsenkung) ’ (1598, Bürchen). Der Plural des Diminutivs ist lebend belegt in t Schoossjini ‘ die kleinen Schosse (Geländeeinsenkungen) ’ (Oberems), hier verstanden als Geländeabsätze in den Felsen. Mit attributiven Adjektiven sind belegt: im Oberen Schoss (1785, Oberwald) und das Vnder Schos (1643, St. Niklaus), der einzige klare Beleg mit Neutrum; der unklare Kontext macht aber die Lesart unsicher. Einen vorangestellten Genitiv findet man in ts Aberhamsch Schoos ‘ in Abrahams Schoss ’ die metaphorische Benennung eines schönen Alpgebietes; Quelle ist Lk 16,22-23, wo der arme Lazarus nach seinem Tod in Abrahams Schoss sitzt. Als Grundwort erscheint das HL nur in der Howurzuschoos ‘ der Schoss (Geländeeinsenkung) beim Gebiet Howurzu ’ (Steg). Als Bestimmungswort kommt das HL zweimal in t Schossmatte ‘ die Wiese bei der Geländeeinsenkung ’ (Münster; 1471, Reckingen) vor. Schopf Schopf ‘ Schopf ’ m. ist zu schwdt. Schopf m. ‘ (an ein Gebäude angefügtes) Vordach; Schuppen, Remise für Holz, Fuhrwerke, Geräte ’ , in alpwirtschaftlichen Verhältnissen ‘ Gaden; an Stall anschliessender, an Stelle des Zustalls tretender, zur Aufbewahrung von Streu, Laub dienender Raum der Maiensässe; Teil der Alphütte, wo man melkt ’ , bei Geländeformen ‘ vorspringender, hervorstehender Fels, Felsvorsprung, -absatz; Höhle in einem Felsen ’ , ‘ kleiner, rundlicher Felsenkopf; (kleine) Felswand, kleiner Felsblock ’ , ahd. scopf, mhd. schopf, -e (I D . 8, 1067 ff.; URNB 3, 127; für Hausbau auch S CHMID 2003, 174) zu stellen. Die Belege betreffen durchgehend Geländeformen, die meist als ‘ Felsabsatz ’ , bzw. ‘ Felsabsätze ’ gedeutet wurden. Im Einzelfall kann das eine bestimmte Felsformation sein, aber auch - vor allem bei den Pluralen - eine Ansammlung von Felsabsätzen oder Felsblöcken. Das Simplex Schopf m. kommt in Randa, Täsch, Törbel und Zermatt, der Plural Schopfa oder Schopfe in Mund, Ried-Brig, St. Niklaus, Saas-Fee, Schopfen in Naters und Stalden vor. Der Diminutiv Singular Schopffji ‘ der kleine Felsabsatz ’ ist zweimal in St. Niklaus belegt. Das feminine Schopfine, Schopfina (Eisten) für die Schopfialpa (Eisten) ist wohl eine Rekonstruktion aus einem Diminutiv und nicht eine eigentliche - INA -Ableitung. Attributive Adjektivbildungen finden sich in der Rot Schopf (Täsch) und in t Oberu und t Unneru Schopfe (beide Saas-Fee), sowie dem Kompositum Hoschopf ‘ der hohe Felsblock ’ (Eggerberg). Als Grundwort ist Schopfa in di Bärgschopfa ‘ die Felsabsätze im bergwärts gelegenen Gebiet ’ (St. Niklaus) belegt. 113 114 Schopf <?page no="62"?> Alle übrigen Belege enthalten Schopf als Bestimmungswort zu den Grundwörtern Egg(a), Flüö, Grabu, Tschugge, Räbe, Wald und Zug; zu Schopfi finden sich Alpa und Wäg. Schoppler Schoppler m. ist nur einmal als der Schoppler ‘ der erschütterte Ort ’ (Ausserberg) belegt. Die Beschreibung ‘ Wiese, Steilhang, Rutschgebiet ’ legt eine Stellenangabe auf -( L ) ER (S ONDEREGGER 1958, 541) nahe. Das zugrunde liegende Verb ist wdt. schopple, schopplä (Goms), schopplu ‘ schütteln ’ und das dazu gehörende Schoppleta, Schopplätä (Goms), Schoppluta (Mattertal), Schoppläta (Lötschtal), Schopplätu ‘ Erschütterung ’ (beide G RICHTING 1998, 176). Schor Schor ist zu schwdt. Schorre(n), Sch ō re(n) m., selten f., nur in Namen, ahd. scorro m., scorra f. (I D . 8, 1204 f.; Z INSLI 1946, 337), ‘ Fels, -vorsprung ’ zum Verb ahd. scorr ē n ‘ ragen, hervorragen ’ , mhd. schor(re) m. ‘ schroffer Fels, Felszacke, steil abfallendes Gelände ’ (URNB 3, 130 f.; TGNB 2, 2, 518 f.) zu stellen. Belegt sind zwei Arten von Simplizia, nämlich ts Tschorr (Eischoll; 1576 u. später, Turtmann) und ts Gschor (Naters). Beide sind mit dem Präfix G ( I )gebildete Kollektiva, im Fall von Tschorr mit Assimilation von / g/ zu / t/ vor Dental, und bezeichnen einfach Felsvorsprünge, die sich auf Alpen befinden. Der Diminutiv Plural di Tschorini (Ergisch) grenzt an die Alpe Tschorr (Eischoll) an und meint wohl ein Gebiet mit kleinen Felsvorsprüngen, wie auch di Tschorrini (Ferden). Schor selbst ist als Bestimmungswort in das Schor Mettilti ‘ die kleine Matte beim Felsvorsprung ’ (1697, Eggerberg) und dr Schorrwang ‘ der Grasabhang mit Felsvorsprüngen ’ (Kippel) belegt. Die übrigen Komposita liegen jeweils bei einer Flur Tschorr oder Tschorini: di Tschorillägi ‘ die Lagerstätte für das Vieh bei den Tschorrini ’ (Ferden), das Tschorsenthum (1729, Eischoll), der Fooder und der Inner Tschorrschleif (beide bei den Tschorini in Ergisch). Die Abgrenzung gegenüber den beiden HLL S CHORN und S CHORNER (F A N) ist nicht immer klar. Schorn Schorn ergibt mit der Vokalisierung von / rn/ zu / ren/ und n-Apokope Schorre n . Das ist zu Schorren (I D . 8, 1204) zu stellen, auch bei Z INSLI (1945, 227) als ‘ Felszacken, Abstürze ’ . In Steinhaus ist das Simplex ts Schorne ‘ auf der Alpe mit Felszacken ’ belegt, Tschornen treten in Ernen (1718 u. später), Mühlebach (1718) und Niederwald (1548 u. später) historisch auf, beziehen sich aber auf die gleiche Alpe wie in Steinhaus. Vermutlich gehören auch ts Tschorrä (Blatten, Wiler) hieher. Als Bestimmungswort erscheinen Tschorrä in Tschorrägrabm ‘ der Graben bei ts Tschorrä ’ (Blatten) und der alte Genitiv, inzwischen als Adjektiv interpretiertes Schorner zusammen mit Alpa, Stand, Wald und Wäg. Schosangi (PN) Schosangi (PN) ist nur belegt als der Schosangischleif (Visp). Laut Gwp. handelt es sich um einen Schleif, der einem Johann Josef gehörte oder von ihm benutzt wurde. Josef wird üblicherweise frz. als Schoseff ausgesprochen (I D . 8, 1472), Johann frz. als Schang, hier auch als Sang, -ji ist die übliche Diminutivform bei Personennamen (I D . 8, 926). Die vorliegende Form ist jedoch so nicht belegt. Schotscher Schotscher ist zweimal belegt: als t Schotscher (Varen, FLNK und LT Sotscher) und als der Schotscherwäg ‘ der Weg in die Schotscher (unklar) ’ (Varen). Das Simplex ist ein Plural. Der älteste historische Beleg von 1514 hat dou Sotschet, was einen maskulinen Singular nahelegt. Später (1670 und 1760) ist von in die Sotschie die Rede, wobei unklar ist, ob ein Singular oder Plural vorliegt. Danach ist 1787 in Sotzier und 1799 jn die Sotschin die Rede. Anlautendes / š / kommt also nur in der Form vor, die M. S. notiert hat. Dies gilt auch für den einzigen Beleg zum Kompositum der Schotscherwäg. FEW (2, 790 ff. s. v. clocca glocke) führt auf S. 792 die Form sots ę ta als ‘ Glockenblume ’ für das Pays d'Enhaut auf; vgl. auch G PSR (4, 118 s. v. clochette, bes. S. 119 4° und 5°). Da unsere Belege den Plural haben, dürfte einer der Formen von C AMPA- NULA ‘ Glockenblume ’ (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1030 - 1040) gemeint sein: also ‘ der Ort mit den Glockenblumen ’ . Der historische Beleg von 1514 weist auf eine Ableitung clochette hin. Die heutigen Formen mit / r/ am Schluss scheinen eine Rekonstruktion der Endung zu sein. Schotta Schotta f. ‘ Molke ’ ist zu Schotte(n) f., m. ‘ Molke ’ , ahd. scotto, mhd. schotte m. (I D . 8, 1531 ff.; G RICHTING 1998, 176 s. v. Schotta) zu stellen. Die Ableitung der Schottler ‘ der Ort, wo man durchgerüttelt wird (? ) ’ (Niedergesteln) ist unklar, dürfte aber wohl zum Verb schottle n ‘ schütteln, rütteln, schaukeln ’ (I D . 8, 1530) gehören; die Ableitung auf - ER ist eine deverbale Stellenbezeichnung (S ONDEREGGER 1958, 548 ff.). Eine Ableitung von Schotta ‘ Molke ’ ist zwar nicht augeschlossen, aber kaum wahrscheinlich. In vier Belegen erscheint das HL als Bestimmungswort: ts Schotteloch ‘ das Loch mit der Farbe von Molke ’ Schoppler 115 116 <?page no="63"?> (Ulrichen), t Schottlärche ‘ die Lärchen mit der Farbe von Molke ’ (Geschinen, Ulrichen) und der Schottuwald ‘ der Wald mit der Farbe von Molke ’ (Staldenried). Ob die Namenmotivation immer mit der Farbe der Molke zu tun hat, ist unsicher. Schöubu Schöubu ist als Schöibeggi ‘ die kleine, geringe Ecke ’ (FLNK und LT, Ergisch) und Schöübubrunnu ‘ die geringfügige Quelle / der geringfügige Brunnen ’ (FLNK, Eischoll) belegt. Das HL ist zu schwdt. Schaub ‘ Stroh ’ und wdt. Schöüb, Schöb (Goms), Schöib (Zermatt), Schoib ‘ Strohbündel ’ (I D . 8, 26 ff.; G RICHTING 1998, 176) zu stellen. I D . (8, 33) zitiert es als erstes Glied von Orts- und Flurnamen. Gemeint ist wohl im ersten Fall eine kleine, geringe Ecke. Im zweiten Fall eine geringfügige Quelle; es ist auf der Karte ein kleiner Bach erkennbar, der später in die Eischler Suon mündet. Schrääje - Schreeje Schrääje - Schreeje ist entweder zum schwdt. Schräje(n), -a f. (Schreien, Schreyen, Schräen) ‘ bogenförmiger Wasserfall (von mässiger Höhe und starkem Geräusch); (kleiner) Wasserfall, Wasserrinne aus einer Brunnenröhre; Ablauf des Wassers, wo es immer spült und sprudelt ’ (I D . 9, 1440 f.; G RICHTING 1998, 179 s. v. Schrääja) oder zum Verb schwdt. schräje(n) (-un), schr ē je(n), schr ē jn (in Lö[tschen]) ‘ rauschend von einer Höhe herabströmen, plätschern von Wasser oder sonst etwas, das von einer Höhe auf den Boden fällt ’ , mhd. schræjen (I D . 9, 1441 f.; G RICHTING 1998, 179 s. v. schrääje) zu stellen. Unklar sind zwei Belege: der Schriijund Grabu und t Schriijund Lowina (beide Zwischbergen), die von J ORDAN (2006, 316) bestätigt und durch t Schriijund Galärii ergänzt werden. Alle Belege scheinen formal eher zum Verb schwdt. schrî(j)e(n) ‘ schreien ’ (I D . 9, 1464) zu gehören, sind aber inhaltlich zu schräje ‘ rauschen herabströmen ’ (I D . 9, 1441) zu stellen. Das Simplex tritt als Nomen im Singular in der Form Schreeja - Schreeju ‘ Wasserfall ’ , ‘ Gegend beim Wasserfall ’ (Blatten, Kippel, Wiler) auf; die Schreÿ (1664, Reckingen) ist unsicher, aber aus dem Text geht hervor, dass es sich um einen Bach oder eine Quelle handelt. Als Grundwort ist das HL vertreten in folgenden Komposita: Beitruschreeji ‘ der Wasserfall des Beiterbaches ’ (Visperterminen), Gamsuschreeji ‘ der Wasserfall der Gamsa ’ (Visperterminen), Mälböumschräja ‘ der Wasserfall (des Kelchbachs) beim Mehlbaum (Weiler am Natischerberg) ’ (Naters) und Schiltschreji ‘ der Wasserfall des Tumigbaches beim Schild ’ (St. Niklaus). Als Bestimmungswort tritt der Stamm Schrää - Schree auf: ts Schrääbächu ‘ bei den wasserfallartigen Bächen ’ (Betten), der Schräbach ‘ der Bach mit einem Wasserfall ’ (Simplon; J ORDAN 2006, 221 hat Schrääbach und Schrääbachtola), ts Schräbachtela ‘ bei der Wasserrinne, durch die ein Wasserfall strömt ’ (Mund), der Schreebach ‘ der Bach mit einem Wasserfall ’ (Zwischbergen) (J ORDAN 2006, 347 hat Schreebach und Schreebachgrabu; das Verhältnis zu Schrääbach und Schrääbachtola (S. 221) ist unklar), der Schreegrabo ‘ der Graben, durch den das Wasser herunterströmt ’ (Zeneggen), der Schrewang ‘ der Grasabhang beim Schrebach ’ (Niedergesteln; der Name Schrebach ist dort nicht erfasst). Der Wechsel von / ä: / und / e: / in Simplon und Zwischbergen ist nach R ÜBEL (1950, 1) und SDS (1, 73 f.) nicht unproblematisch: es scheint, dass Simplon hier mit dem oberen Wallis geht, während Zwischbergen eher dem Vispertal folgt. Etwas unklar sind die beiden Fälle Schreinlibach ‘ der kleine Bach mit einem Wasserfall ’ (1818, Staldenried) und Schreinlibächji Litzi ‘ der Schattenhang des kleinen Baches mit einem Wasserfall ’ (1818, Staldenried). Vermutlich handelt es sich um eine hochdeutsche Form von Schreeji ‘ Wasserfall ’ . In den übrigen Fällen ist ein Partizip Präsens des Verbums als Attribut vorhanden. Die Formen sind vielfältig: der Schräjend Bach ‘ der Bach mit einem Wasserfall ’ (Binn), der Schräjund Bach ‘ der Bach mit einem Wasserfall ’ (Naters), Schreejund Bach ‘ der Bach mit einem Wasserfall ’ (Embd), t Schreeiendun Bletschu ‘ die Ebene, durch die das Wasser strömt ’ (Ferden), der Schreejend Bach ‘ der Bach mit einem Wasserfall ’ (Ferden), ts Schreejend Chappelti ‘ die kleine Kapelle beim Gebiet mit stark strömendem Wasser ’ (Ferden), der Schreejund Bach ‘ der Bach mit einem Wasserfall ’ (Leuk, Törbel), ts Schreejund Bächji ‘ der kleine Bach mit einem Wasserfall ’ (Täsch), ts Schreejund Zigji ‘ der kleine Zug (Bach) mit einem Wasserfall ’ (Randa), zem Schregenden Bach ‘ (die Alp) beim wasserfallartigen Bach ’ (1404 u. später, Ried- Mörel), Schregenden Bache ‘ der Bach mit einem Wasserfall ’ (1309 u. später, Saas-Balen), an den Schreÿenden Bach ‘ an den Bach mit einem Wasserfall ’ (1577, Eisten), zem Sregendenbeche ‘ beim wasserfallartigen Bach ’ (1453, Bitsch), der Sreiend Bach ‘ der wasserfallartige Bach ’ (1414, Eggerberg, 1424 u. später, Baltschieder), ze Strendenbach ‘ (die Alpe) beim wasserfallartigen Bach ’ (1456, Ried-Mörel). Die historischen Schreibungen mit / g/ für [j] entsprechen dem Schreibgebrauch (P AUL 25 2007, 158). Schrack Schrack m. ist nur in der Schrackbode ‘ der Boden nach einer längeren Wegstrecke ’ (Münster, auch FLNK) belegt. Das HL ist zu schwdt. Schrack m. ‘ (ziemlich grosse) Wegstrecke ’ und wdt. Schrak, Schtrack ‘ Strecke (grössere, mühsame), Riss ’ (I D . 9, 1600 f.; G RICHTING 1998, 179) zu 117 118 Schrack <?page no="64"?> stellen, wobei G RICHTING wohl eine zweite Bedeutung für Strack (I D . 11, 2154) hinzunimmt, die nicht hieher gehört. Schragen Schragen ist zunächst belegt in die Schragen Matte ‘ die Wiese, die einem Schragen (Holzgestell, Schlachtbank) gleicht ’ (1846, Brigerbad). Das HL ist wohl zu schwdt. Schrag, Schrage(n) ‘ Gestell aus verschränkten Hölzern, bes. aber mit gekreuzten (oder schrägen) Beinen ’ , ‘ durch Lattenwerk abgeschlossener Verschlag unter der Dachschregi, auch Rumpelkammer ’ , ‘ altes Möbel ’ , abstr. von schragenähnlicher Stellung der Beine, mhd. schrage und wdt. Schrage, Schragä (Goms), Schraga (Mattertal), Schragn (Lötschtal), Schragu ‘ Schragen ’ (I D . 9, 1591 ff.; G RICHTING 1998, 179) zu stellen. Das Nomen wird in Relation zum Adj. schreg ‘ schräge ’ (I D . 9, 1597) gesehen, sodass in unserem Beleg auch nur ‘ die schräge Wiese ’ gemeint sein könnte. Sehr schwierig zu deuten ist der lebende Beleg ts Schraagguloch ‘ das schräge Loch ’ (Saas-Almagell). Der Langvokal passt nicht zum HL S CHRAGEN ; die Fortis nach dem Langvokal ebenfalls nicht. Das in I D . 9, 1600 f. belegte Schrack ‘ (ziemlich grosse) Wegstrecke ’ (I D . 9, 1600 f.) hilft nicht weiter. Welches Lemma genau hier vorliegt, ist unklar. Schranni Schranni ist zu schwdt. Schrann II, Schranne(n), Schrande (n), Schränne(n) f., in Flurnamen ‘ Felsritze, Berg-, Felsenschrunde, Gletscherspalte ’ , ‘ nacktes Gestein, Felsweg, mhd. schranne f. ‘ Schrunde, Felskluft ’ (I D . 9, 1622 ff.; Z INSLI 1946, 337) zu stellen. Das HL ist nur dreimal belegt. Ein Simplex im Diminutiv ist ts Schranni ‘ das felsige Gebiet ’ (Bellwald). Dazu kommt in Binn 1844 Schrannen-Graben ‘ der Graben im felsigen Gebiet ’ und in Bitsch Schränniwald ‘ der Wald im felsigen Gebiet ’ (FLNK). Die Herkunft des HL ist unklar. Schrapf Schrapf m. ist zu schwzdt. Schrapf m., Schrapfe n , Schrapfa f., Dim. Schrapfji ‘ Stelle, wo ein kleiner Wassergraben von der Hauptleitung (Suen) abzweigt ’ und wdt. Schrapf ‘ Wasser-Verteilleitung (kleine, quer zur Suon) ’ (I D . 9, 1652; G RICHTING 1998, 179) zu stellen; vgl. auch B ELL- WALD / W ÜRTH (2006, Abschnitt 5.3.1). Als Flurname tritt das HL selten auf. im Schrepff (1784, Bratsch; 1795 in Schrepff) ist wohl ein Plural und meint ‘ das Gebiet mit Abzweigungen aus einer Wasserleitung ’ . auff den Schrapffen (1702, Ausserberg) ist ebenfalls Plural, aber nicht umgelautet, mit der Deutung ‘ auf dem Gebiet mit Abzweigungen aus einer Wasserleitung ’ . Mit adjektivischem Attribut ist belegt t Heeju Schräpf ‘ die hohen Abzweigungen aus einer Wasserleitung ’ (Gampel). Breggischrapff (1756, Niedergesteln) meint ‘ die kleine Abzweigung von der Brägi-Wasserleitung ’ . t Schrapphaalta (Bitsch) müsste laut Gwp. eigentlich “ Schrapfhalta ” heissen und meint eine ‘ Halde mit Schrapfen (Wassergräben) ’ . Die Belege zeigen, dass der Plural des HL mit oder ohne Umlaut auftreten kann; auch ist ein sekundärer Ausgleich zu Schrepf im Singular nicht ausgeschlossen (cf. oben Beleg bei Bratsch). Schratt Schratt ist zu schwdt. Schratt, Schratte(n) m. f. pl., ‘ Riss, Spalte; enge Kluft im (Kalk-)Gestein; Felsklüfte ’ (I D . 9, 1672 f.; Z INSLI 1946, 337) zu stellen; in pluralen Formen ist unklar, ob das HL maskulin oder feminin ist. Bei G RICH- TING (1998) fehlt das Wort. Das Simplex der / die Schratt kommt in rund zehn Gemeinden vor; gemeint sind enge Felsklüfte oder Risse in den Felsen. Die Form der Schrattä ist in Blatten und Ferden vertreten. Schratte (wohl Plural) ist in Betten und Gluringen bezeugt. Ein historisch belegtes am Sratte ‘ am Schratten (Felskluft) ’ kommt 1390 in Ried-Brig vor. Als Diminutive sind belegt ts Schratti (Fiesch, Oberwald), ts Schrattji (Naters, mehrfach), ts Schraggji (Mund). Unklar ist t Schrättjini ‘ die kleinen Felsklüfte ’ ), das historisch als jm Schretz (1621) und bei FLNK als Schrätz erscheint, ein Wort, das sonst nicht belegt ist. Mit attributiven Adjektiven der Lage finden sich ts Hinner Schratte ‘ beim hinteren Teil des Schratten (Felskluft) ’ (Fieschertal), zum Obru Schratt ‘ beim oberen Teil des Schratt (Felskluft) ’ (Törbel), zum Undru Schatt ‘ bei unteren Teil des Schlatt (Felskluft) ’ (Törbel), ts Voder Schratte ‘ beim vorderen Teil des Schratten (Felskluft) ’ (Fieschertal). Als Adjektiv oder als Genitiv Plural kann ts Heggdorner Schrattji ‘ die kleine Felskluft beim Weiler Hegdorn (Naters) ’ (Naters) auftreten. Ein präpositionales Attribut weist underim Schrattä ‘ unter dem Schratte (Felskluft) ’ (Ferden) auf. Als Bestimmungswort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern vor: Blatta, Brigga, Egg(a), Färich, Gassa, Grabu, Hubel, Schluocht, Sidel, Steg, Suon, Wäg, Wald und Wasser. Komplexer sind: an den Schrattwassergraben ‘ beim Graben mit dem Schrattwasser (Bach von den Schratten (Felsklüften) her) ’ (1792, Ulrichen), die Schratwasserlischa ‘ der sumpfige Boden mit Riedgras beim Schrattwasser ’ (1824, Ulrichen), Sratwyngarto ‘ der Weingarten beim Schratt (Felskluft) ’ (1327, Naters) und andere. Schragen 119 120 <?page no="65"?> Schrätz Schrätz ist nur belegt als t Schrätzbriggu ‘ die Brücke über den Wasserfall ’ (Gampel). Das HL ist wohl als Alternative zu schwdt. Schr ǟ je n ‘ Wasserfall ’ und wdt. Schrääja, Schrääjä (Goms), Schreeja (Zermatt und Lötschtal), Schreeja ‘ Wasserfall ’ (I D . 9, 1440; G RICHTING 1998, 179) zu stellen. Die Form ist verbunden mit schwdt. Str ǟ z ‘ hervorbrechender Strahl einer Flüssigkeit, Guß ’ (I D . 11. 2465), sodass das aulautende / j/ durch / tz/ ) ersetzt wurde. Schriber Schriber m. ‘ Schreiber ’ ist zu schwdt. Schriber ‘ wer schreiben kann; Schreiber von Berufs oder Amts wegen ’ (I D . 9, 1530) zu stellen. G RICHTING (1998, 179) kennt nur das Verb für ‘ schreiben ’ . Von den drei Belegen ist des Schriber Nellen Alpgut ‘ das Alpgut des Schreibers Nellen ’ (1741, Greich) als Amtsbezeichnung zu verstehen. In ts Schribisch Brunni ‘ die kleine Quelle / der kleinen Brunnen ’ des Schribi (Beiname) ’ (Törbel) kann jemand gemeint sein, der mehr oder weniger berufsmässig schreibt. Im Beleg jn der Schribenmattun ‘ in der Wiese des Schreibers ’ ist vermutlich eine Wiese gemeint, deren Ertrag dem (Berufs- oder Amts-) Schreiber zustand. Schrigg Schrigg ist ein unklares HL, das nur in Schriggbodo ‘ der Boden der Alpe Schrigg ’ (Ried-Brig) und dem dazu gehörenden Schriggleiber ‘ die Gebiete mit Laub bei der Alpe Schrigg ’ (1629, Ried-Brig) belegt ist. I D . (9, 1608) führt den Alpnamen ‘ Schrick-Boden ’ oberhalb Berisal auf und stellt es versuchsweise zu Schrëck (I D . 9, 1607) in der Bedeutung ‘ Spalte ’ . Das HL ist sonst in den Wörterbüchern nicht belegt, sodass keine sichere Deutung gegeben werden kann. Schriss Schriss m. kommt nur mit dem Präfix umzweimal in der Umschriss ‘ wo der Wald zu Boden gerissen wurde ’ (Grengiols) und einmal in im Umschrisstoli ‘ in der kleinen Mulde, wo der Wald zu Boden gerissen wurde ’ (Grengiols) vor. Das HL ist zu schwdt. Schriss m. ‘ das Zerreissen, Reissen, Zerren, insbes. einzelner, heftiger Zug ’ (I D . 9, 1658 ff.) und schwdt. umschrîsse n ‘ zu Boden reissen ’ (I D . 9, 1664), daraus schwdt. Umschriss m. ‘ das zu Boden Reissen, wo etwas zu Boden gerissen wurde ’ zu stellen. G RICHTING (1990, 180) kennt nur Schriss ‘ Riss ’ für das Saastal. Schroota Schroota f. ist zu schwdt. Schr ō te n f., m. ‘ Werkzeug zum Schroten (Abstechen, Zerkleinern) ’ , ‘ (durch Schnitt zweier Linien sich ergebender) Winkel, Ecke ’ , ‘ spezielle Abteilung des Stadels ’ , ‘ Winkel auf Landgütern ’ , ‘ enge, einsame, schattige Stelle ’ , auch ‘ enger, zumal überbrückter Durchgang ’ (I D . 9, 1687 ff.) und zu wdt. Schroota, Schrootä (Goms), Schrootu ‘ Abteil (Geteilenscheune) ’ , Holzablage, Zimmerecke; Häckselmesser (G RICHTING 1998, 180) zu stellen. Z INSLI (1984, 583) verweist auf I D ., hat aber auch S. 270, Anm. 88 ‘ Geländeeinschnitt ’ für Schrooti. URNB (3, 135) nimmt für FlN ‘ winkelbildende Stelle, Stelle in einem Winkel ’ an. LUNB (1, 2, 926 f.) sieht in FlN auch die ‘ Bezeichnung abgeholzter Waldstücke ’ . In der Datenbank wird normalerweise ‘ Geländeeinschnitt ’ verwendet; das Gelände sieht aus, wie wenn ein Einschnitt gemacht worden wäre. Ausgenommen ist das einmal belegte Gschroot ‘ das Schrot (zum Schiessen des Wildes) ’ (I D . 9, 1686) in Gschrootwägji ‘ der kleine Weg, wo mit Schrot (auf Füchse) geschossen wurde ’ (Hohtenn, nach der Gwp.). Der Namenstyp fehlt nur im Bezirk Leuk. Die meisten Belege enthalten das Simplex im Singular als Schroota oder ähnlich (zehn Belege) oder im Plural als Schroote oder ähnlich (acht Belege). Schriftlich sind mehrere Schroten oder Schrotten belegt. Je einmal kommen die Diminutive im Singular ts Schroottji (Zeneggen) und t Schrootjini (Randa) vor. In Eyholz (auch für Visp belegt) ist t Schrote der Name eines Dorfteils. Mit attributiven Adjektiven zum HL sind belegt: di Gaaltu Schroote ‘ die unfruchtbaren Geländeeinschnitte ’ (Täsch), t Obru und t Undru Schrote (St. Niklaus), in den Spaten Schroten ‘ in den späten (blühenden, zu mähenden) Geländeeinschnitten ’ (1795, Bitsch), in den Vndren Schrotten ‘ in den unteren Geländeeinschnitten ’ (1685, Naters). Einen vorangestellten FaN weist t Michligschroota ‘ der Geländeeinschnitt der Familie Michlig ’ (Ernen) auf. Komplexere Formen zeigen der Hinner Schrooturigg und der Voder Schrooturigg ‘ der hintere Teil und der vordere Teil des Rückens beim Geländeeinschnitt ’ (Täsch). Als Bestimmungswort kommt das HL zusammen mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita vor: Acher, Bodu, Brunnu, Egg(a), Gufer, Schiir, Wald und Wasser. Schröter (FaN) Schröter ist ein FaN, meistens entrundet zu Schreter. Es handelt sich um eine seit dem 14. Jh. in Eischoll vorkommende Familie, die im 16. Jh. auch in Gampel, Raron und Leukerbad, im 17. Jh. in Unterbäch beurkundet ist (AWWB 237). Einige der Simplizia vom Typ Schredre (Greich) (aber auch Schrederputz ‘ der Tümpel der Familie Schröter ’ (Greich)), in den Schrettern (1849, Bellwald) und Sredron (1509, Turtmann, unsichere Lesung) sind nicht 121 122 Schröter (FaN) <?page no="66"?> sichere Belege, die sich auch auf den Beruf ‘ Holzhauer ’ (I D . 9, 1700 s. v. Schr ȫ ter) zurückführen liessen. In Eischoll gibt es um ze Schreetru ‘ zum Gebiet, das der Familie Schröder gehörte ’ herum ein Namennest mit Schreeteralpji, Schreeterrüüs (auch Niedergesteln), Schreeter Mattu und Schreeter Weide. In Gampel gibt es an Schrötter Fúren (1784) ‘ an den Furchen der Familie Schröter ’ und Schreeterlitschuggu ‘ der Fels der Familie Schröter ’ , wobei die Diminutivform Schreeterli umgangssprachlich ist. Ebenfalls umgangssprachlich ist der Schreetistutz ‘ steiler Weg des Schröter / der Familie Schröter ’ (Albinen); bei dieser Form fällt das auslautende -er weg und wird ersetzt durch -i - eine bekannte Kurzform der Familiennamen (z. B. ts Kämpfi ‘ der Herr Kämpfen ’ ). Schrundy Schrundy ist nur 1711 in Leuk als im Schrundÿ ‘ beim kleinen Schrund ’ belegt. Es handelt sich um ein Diminutiv auf I - (SDS 3, 155) oder - JI (< -li mit Palatalisierung) zu schwdt. Schrund m., Schrunde n f. ‘ (durch Aufspringen, Bersten entstandene) Spalte, Ritze; lange, tiefe Fesspalte, Kluft, Abgrund ’ , ahd. scrunte, mhd. schrunde f. (I D . 9, 1627 ff.). G RICHTING (1998) kennt das Wort nicht, es ist aber in I D . für das Oberwallis als maskulin bezeugt; vgl. auch Z INSLI (1946, 338). Schu Schu ist in Varen 1714 als schu les maison und 1728 als schu les maisons belegt; es handelt sich um einen Weinberg. Das HL ist wohl zu su ‘ oberhalb ’ (zu lat. sursum ‘ aufwärts ’ ) (B RIDEL 1860, 360; B OSSARD / C HAVAN 2006, 94) zu stellen und meint dann ‘ oberhalb der Häuser ’ . Schubun Schubun ist 1411 in Raron als Schubunmatta neben einer Stadlermatta erwähnt. In Unterems ist 1682 in der Hindren Schüben belegt. Letzteres ist ein Dativ Singular des Feminins. Beide Fälle sind unklar. Beide Belege meinen ein Stück Wiese. In Raron kann Schubun der Genitiv eines Besitzernamen sein, der aber nirgends belegt ist. Im Fall von Unterems ist eine Hyperkorrektion zu Schiibu ‘ Scheibe ’ (cf. HL S CHIIBA ) möglich, das in Unterems als t Schiibu belegt ist. Schudangnen Schudangnen ist in Leuk 1793 als in der Schùdangnen Mihle ‘ in der Mühle beim Gebiet Tschüdangna (warme Quelle) ’ belegt und in Varen 1821 als ad fontem molendini de Schudanne ‘ (lat.: ad fontem molendini) beim Mühlenbach bei der warmen Quelle (Schudanne) ’ . In beiden Fällen ist Schudangnen zu lat. calidus warm (FEW 2, 87 ff.) zu stellen, insbesondere als chaudanne ‘ warme Quelle ’ . Cf. HL T SCHÜDANGNA . Schüel Schüel f. ‘ die Schule ’ ist zu schwdt. Schuel, wdt. Schüel, Schüöl (Saastal), Schuäl (Lötschtal), Schüol wie nhd. ‘ Schule ’ (I D . 8, 602 ff., G RICHTING 1998, 185) zu stellen. Das HL tritt nur als Bestimmungswort auf. Die meisten Belege sind zum Kompositum ts Schuelhuis ‘ das Schulhaus ’ (Simplon, Zwischbergen) und beim Schüelhüs ‘ beim Schulhaus ’ (Stalden) mit den Erweiterungen der Schüelhüsstutz ‘ der steile Anstieg beim Schulhaus ’ (Biel), der Schüelhüsplatz ‘ der Schulhausplatz ’ (Brig), der Schuelhuisplatz ‘ der Schulhausplatz ’ (Zwischbergen), t Schüelhüsstraass ‘ die Schulhausstrasse ’ (Raron) verbunden. J ORDAN (2006, 113) kennt für Simplon Schuolhuis und Schuolhuisplatz, S. 309 f. für Zwischbergen Schuolhuis und Schuolhuisplatz und S. 326 für Zwischbergen noch einmal Schuolhuis für das ältere Schulhaus. Andere Belege sind t Schüeleie ‘ die Auen, deren Ertrag der Schule zugute kam ’ (Obergesteln; heute Golfplatz), ts Schuälgand ‘ die Geröllhalde, die dem Schulfonds gehörte ’ (Blatten), jn den Schuolmatten ‘ in den Wiesen bei der / für die Schule ’ (1744, Gampel) und únter den Obern Schúlmatten ‘ unter den oberen Wiesen bei der Schule / für die Schule ’ (1829, Leuk); hier kann es sich um Wiesen handeln, deren Ertrag der Schule zukam. Schüelerra Schüelerra f. ist nur als t Schüelerra, t Ober und t Under Schüelerra (alle Baltschieder) belegt. Die Flur befindet sich in der Rottenebene, auf der linken Seite des Flusses. Die Ableitung auf - ERRA meint sonst häufig eine Wasserleitung, doch ist hier entweder eine Ableitung zum Appellativ Schüel ‘ Schule ’ oder zum FaN Schuler gemeint. Im ersten Fall geht es um eine Flur, deren Ertrag der Schule (von Baltschieder) zu Gute kommt, im zweiten Fall um ein Gut der Familie Schuler. Einen solchen FaN kennt NWWB (2, 203), aber nicht für Baltschieder. Beide Deutungen sind möglich. Schuf Schuf ist nur 1390 in Ried-Brig als Schufbort und 1398 als Schupphbort belegt. Das Grundwort ist zum HL B ORT zu stellen. Das Bestimmungswort gehört wohl zu Schupf ‘ kleiner, überhängender Felsen ’ (schwdt. Schupfen (I D . 8, 1091 f., Bedeutung 2), also ‘ das Bord (Abhang, Böschung) beim kleinen, überhängenden Felsen ’ . Schrundy 123 124 <?page no="67"?> Schülier (FaN) Schülier (FaN) kommt in ts Praaschülier (Varen) vor. Die ältesten Belege haben in prato Solier (1453), ab 1642 en pra Schullier. Es handelt sich um einen FaN, heute in Varen Julier geschrieben (AWWB 137) (cf. HL S OLIER (FaN)). Zum Flurnamen gehört auch Praschullier Wasserleiten (1709, Erschmatt). Schumacher (FaN) Schumacher (FaN) ist der FaN Schumacher, Schuhmacher, Suter, Sutor, Calceator, eine alte, erloschene Familie, vom Handwerk abgeleiteter Name (AWWB 237). Belegt sind vorangestellte Genitive Plural der kollektiven - IG -Ableitung: in Schu ͦ machrigo Eÿen ‘ in der Aue der Familie Schumacher / der Leute des Schuhmachers ’ (1592, Visp), in Schuomachrigo Grund ‘ im Grund der Familie Schumacher / der Leute des Schuhmachers ’ (1564, Eyholz; 1643, Raron) und lat. sÿlua Schu ᵕ omachrigo ‘ der Wald der Familie Schumacher / der Leute des Schuhmachers ’ (Eggerberg). Nur einmal belegt ist das HL als Bestimmungswort in ts Schüemacherloch ‘ das Loch des Schuhmachers / der Familie Schumacher ’ . Schunck Schunck ist nur 1666 als vom Schunck ‘ vom Felsen an ’ die Rede; beschrieben wird der Lauf einer Wasserleitung namens Staldneri, die von Embd über den Schunck bis in den Totgraben geht. Das Nomen Schungge n ‘ Schinken ’ (I D . 8, 929 f.) ist wohl nicht gemeint. Die Schreibung könnte zu schwdt. Tschugge n ‘ Felsblock, Felskopf ’ und wdt. Tschugge, Tschuggä (Goms), Tschugga (Mattertal), Tschuggn (Lötschtal), Tschuggu ‘ Fels, Felsblock ’ (I D . 14, 1718; G RICHTING 1998, 200; Z INSLI 1946, 316) gehören; das inlautende / n/ wurde wohl in Anlehnung an das Staubsche Gesetzt (n-Tilgung mit Ersatzdehnung vor Affrikata) falsch eingesetzt. Schunery Schunery ist nur 1783 in Albinen als jn Schunerÿ belegt und als Stück Wiese bezeichnet. Es ist unklar, ob der Flurname deutsch oder romanisch ist; die späte Abfassungszeit deutet zwar eher auf einen deutschen Flurnamen hin, aber Aussprache und Form sind unsicher. Weitere Belege fehlen. Eine Deutung ist deswegen nicht möglich. Schüppla Schüppla ist nur als t Schüppla (Leukerbad) belegt. R. G RICHTING (1993, Blatt 7, Nr. 17 und Blatt 10, Nr. 14) kennt es als Tschüpplang. Es handelt sich um Wiesen westlich von Leukerbad, ausserhalb der bebauten Zone. G. P AN- NATIER (p. c.) meint, es könnte sich um ein Nomen ‘ chuplòn handeln. Im Wörterbuch von Evolène (F OLLONIER - Q UINODOZ 1989, 56) ist nur das adjektivische Partizip chuplà, chublà ‘ Brûlé par le soleil ou un incendie ’ erwähnt, also etwa dt. Brand. Das von R. G RICHTING erwähnte Tschüpplang enthält ursprünglich einen auslautenden Nasalvokal, der bei M. S. und bei F OLLONIER - Q UINODOZ nicht bezeugt, aber von G. P ANNATIER erwähnt ist. Eine entsprechende Form findet sich jedoch nicht. Schur Schur ‘ Bergwald ’ ist zum weit verbreiteten rom. Lexem Jour- ‘ Bergwald ’ (Djeur, Djor, Jeur in B RIDEL 1866, 116; *J OR bei T AGMANN (1946, 23); Jeur und diverse Varianten bei B OSSARD / C HAVAN (2006, 161)) zu stellen, das auf einen urspr. kelt. Stamm jurzurückgeführt wird. Belegt ist t Schura f. (Inden). In Albinen ist 1713 im pra de la schur ‘ bei der Wiese am Bergwald ’ , ebenfalls f. belegt. In Varen ist 1709 ÿ schuramischong und 1710 in schuromischong ‘ der Bergwald beim Haus ’ belegt (cf. HL M ISSONG ). Vermutlich gehört hieher auch Pradischü ‘ Wiese im Bergwald ’ (Leukerbad) mit der Palatalisierung von Schu zu Schü. Varianten ohne schliessendes / r/ sind bei B OSSARD / C HAVAN (2006, 161) erwähnt. Schurrtig Schurrtig m. ist der Name kleiner Wiesen, die Bergheu liefern, bei Randa. Dazu gehört auch Schurtiggädi ‘ der kleine Gaden beim Schurtig ’ . Vermutlich zum gleichen Stamm gehört in den Schu ᵕ rtten Riggen ‘ auf den Schurten- Rücken ’ (1860, Steg). Wenn das HL zu Schurt ‘ Tonsur ’ , resp. schurte n ‘ beschneiden, stutzen ’ (I D . 8, 1312) zu stellen ist, würde es sich etwa als ‘ geschorenes, gemähtes Gebiet ’ verstehen lassen. Diese Deutung ist aber unsicher. Schuss - Schutz Schuss m., auch Schutz m. ist zu schwdt. Schutz m., Pl. Schütz, Dim. Schützli, wesentlich wie nhd. ‘ Schuss; schnelle (ruck-, stossweise) Bewegung ’ , ‘ Stoss ’ , von Flüssigkeiten ‘ Wasserguss, Strahl ’ , ‘ (kleine) Entfernung ’ , ‘ Wasserfall, reissender Strom ’ , amhd. sc(h)uß, -z und wdt. Schuzz ‘ Zeitraum, Sicherheit, Menge ’ , ‘ Gewehrschuss ’ (I D . 8, 1695 ff.; G RICHTING 1998, 186, der die beiden Bedeutungen getrennt gibt) zu stellen. Das HL wird hier vom HL S CHITZU getrennt, obwohl beide zum Verb schiesse n (I D . 8, 1357 ff.) zu stellen sind. In einigen Fällen kann auch Schutz (I D . 8, 1751 ff.) ‘ Schutz ’ zu ‘ schützen ’ gemeint sein (vgl. HL S CHUTZ ). So ist ein Diminutiv Schu ͦ tzlin 1392 für Ried-Brig belegt; gemeint ist wohl eine kleine Schutzvorrichtung. Auch in dien Schutzmatton (1398, Termen) meint eine 125 126 Schuss - Schutz <?page no="68"?> Wiese mit einer Schutzvorrichtung für die Tiere vor dem Wetter. Die andern Belege sind Schussbach ‘ der schnell fliessende Bach ’ (Zermatt) und der Schutzbach (1551, Zermatt), ts Schussbächi ‘ der kleine, schnell fliessende Bach ’ (Saas-Balen) und die Alternative ts Schutzbächi (Saas- Balen), t Schusslobina ‘ der steile, schnelle Lawinenzug ’ (Zermatt), t Schutzlowwina ‘ der steile, schnelle Lawinenzug ’ (Randa), sowie bim Schutzchännu ‘ beim Schuss- Kännel (wohl Teil der schnell fliessenden Binna) ’ (Binn). Die Bedeutung ‘ Gewehrschuss ’ ist nicht belegt. Schuterella Schuterella ist nur 1610 in Varen als a la schuterella belegt. Alternativer Name ist v contor (cf. HL G ONTOR ). Der Eintrag stammt aus einem Kopialbuch, ist also wohl jünger als 1610. Der Name kann zu frz. sauterelle ‘ Heuschrecke ’ gestellt werden, vgl. FEW (11, 112 ff. s. v. saltare tanzen, bes. S. 117 s. v. Heuschrecke). Eine diminutive Ableitung auf - ELLA (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) zu FEW (12, 357 ff. s. v. s ŭ bstare standhalten) auf S. 358 mit der Bedeutung frz. abri ‘ Schutzraum, Unterschlupf ’ ist nicht belegt und wird an der betreffenden Stelle kaum anzunehmen sein. Schuttel Schuttel ist 1388 in Ried Brig in in die Schuttel Ledin belegt. Das Lemma ist in dieser Form nicht belegt, aber als nominale Ableitung wohl zum Verb schwdt. schütte n ‘ wie nhd. schütteln ’ , wdt. schitte, schittä (Goms), schittn (Lötschtal), schittu ‘ schütteln, rütteln, giessen, regnen ’ (I D . 8, 1539; G RICHTING 1998, 171) zu stellen. Die nähere Bezeichnung der Ledi ‘ Ladeplatz ’ dürfte also wohl als ‘ wo man etwas ausschüttet ’ sein. Schutz Schutz m. ist zu schwdt. Schutz m. abstrakt wie nhd. ‘ Schutz ’ , ‘ Schutzdach, -stall, -hütte, -mauer auf höheren Alpen für das Weidevieh ’ , mhd. schuz (I D . 8, 1751 ff.) zu stellen. Bei G RICHTING (1998, 186) findet sich u. a. wdt. Schuzz als ‘ Sicherheit ’ (neben anderen Bedeutungen). Das auch belegte schwdt. Schutz ‘ Schuss ’ und wdt. Schuzz ‘ Gewehrschuss ’ (I D . 8, 1695 ff.) sind unter dem HL Schuss - Schutz behandelt; kommen aber in FlN nicht vor. Zum HL S CHUTZ sind nur belegt: im Windschutz ‘ im Windschutz ’ (Raron), t Naturschutzhitta ‘ die Naturschutzhütte ’ (Ried-Mörel) und t Naturschutzmüüra ‘ die Mauer zwischen Naturschutzgebiet und Alpgebiet ’ (Ried-Mörel). Schüüfla Schüüfla f. ‘ Schaufel ’ ist zu schwdt. Sch ū fle n , Schufle n f. ‘ Schaufel ’ , ahd. sc ū vala, sc ū fla, mhd. sch ū vel, sch ū fel(e) und wdt. Schüüfla, Schüüflä (Goms), Schuifla (Lötschtal), Schüüflu ‘ Schaufel ’ (I D . 8, 382 ff.; G RICHTING 1998, 186) zu stellen. In FlN wird die Form des Geräts auf die Geländeform übertragen (URNB 3, 62; LUNB 1, 2, 929 f.). Das HL kommt in rund 40 Namen vor. Das Simplex im Singular ist als t Schüüfla oder mit Präpositionen wie a der, üf der, zer Schüüfla / Schüüflu zwölf Mal, im Plural uf de Schüüfle (Binn) und ähnlich sechs Mal vertreten. Historische Belege wie in dien Schuflon ‘ in den Schaufeln (Geländeform) ’ (1390 u. später, Naters) sind hier eingeschlossen. Wohl ein Verschreiber liegt 1302 im Beleg an der Suflun vor, das auch etwa in Geschinen 1349 als dy Suflen erscheint. Einen Sonderfall stellt Schu ͦ fflen (1400. Brigerbad) dar; die Notierung mit {u ͦ } legt einen Diphthong / uo/ nahe, der in schwdt. Schueffe n ‘ Schöpfgefäss ’ (I D . 8, 393 ff.) belegt ist; allerdings gibt es keine Angabe für das Wallis; das Wort fehlt auch in G RICHTING (1998) und bei R ÜBEL (1950). Es dürfte sich also um eine Abweichung vom HL S CHÜÜ- FLA handeln. Der Diminutiv Singular ist als ts Schüüfelti (Baltschieder), ts Schüüfolti (Eggerberg), Schuffeltin (1443, Zermatt), im Schauffolti (1691, Bürchen mit späteren Varianten) vertreten. Zwei Belege weisen attributive Adjektive auf: zer Indru Schuiflu und zer Uistru Schuiflu ‘ bei der inneren und bei der äusseren Schaufel (Geländeform) ’ (Ferden) auf. Die übrigen Belege betreffen das HL als Bestimmungswort zu folgenden Grundwörtern: Acher, Bodu, Grabu, Matta, Rüüs, Tola, Tschugge und Wald. Komplexer sind: Schu ͦ ffelwasserleyta ‘ die Wasserleitung von / zu der Schaufel (Geländeform) ’ (1400, Brigerbad; zum Problem mit {u ͦ } siehe oben) und t Schúnfelwasserleÿtta ‘ die Wasserleitung von / zu der Schaufel (Geländeform) ’ (1563, Mund) - letzteres wohl mit der Herstellung einer dem Staubschen Gesetz zugrundeliegenden, hyperkorrekten Form Schunfel statt Schuufel. Schvaichel Schvaichel, auch Schweichel ist die Form unter Einfluss des Staubschen Gesetzes (n-Ersatzdiphthongierung vor der Verbindung / nk/ ), die schwdt. Schwänkel m., mhd. swenkel (I D . 9, 2002 f.) annimmt. Im den Oberwalliser Dialekten häufig in der Bedeutung ‘ Vorhang ’ (cf. Schwenkl, Schwenkäl (Goms), Schwenkul (Mattertal), Schwenkel (Saastal), Schwänkil ‘ Vorhang ’ bei G RICHTING 1998, 187). Das HL kommt nur an einer mehrfach belegten Stelle als Schvaichel Loch (1852, Hohtenn, Steg) und Schweichel- Schuterella 127 128 <?page no="69"?> loch (1852, Niedergesteln) vor. Die genaue Deutung von Schvaichel / Schweichel ist unklar; die Belege aus I D . und G RICHTING führen nicht weiter. Schwaarb (FaN) Schwaarb (FaN) ist als tsch Schwaarbschachra ‘ die Äcker der Familie Schwarb / Schwab ’ (Eggerberg, EK Schwabs Acher, FLNK Schwabsch Achra) belegt. Es handelt sich vermutlich um einen FaN, wie der Genitiv belegt. Unklar ist, ob M. S. mit Schwaarbsachra oder FLNK (und EK) mit Schwabsch Achra recht hat. In Ergisch (Nr. 42116) ist ts Schwabsch Acher (cf. HL S CHWAB (F A N)) belegt und im Register zu den HRBS ist Schwaben als FaN mehrfach belegt. Es dürfte sich also um den FaN Schwab und nicht um Schwarb handeln. Schwab (FaN) Schwab (FaN) kommt als ts Schwabsch Acher ‘ der Acker der Familie Schwab / des Schwaben ’ (Ergisch) vor. Ein Beleg von 1767 in Ergisch hat jedoch auf Schwarbacker. Umgekehrt haben die zu tsch Schwaarbschachra (Eggerberg) gestellten Belege von EK Schwabs Acher und FLNK Schwabsch Achra. Vermutlich dürfte also der FaN Schwab verbreiteter sein als Schwaarb. Belegt ist sonst nur Schwaben im Register der HRBS.; zur weiteren Diskussion siehe HL S CHWAARB (F A N). Schwäfel Schwäfel m. ‘ Schwefel ’ ist zu schwdt. Schwëbel, Schwëfel m. ‘ Schwefel ’ , ahd. swëbal, mhd. swëbel (I D . 9, 1725 ff.) zu stellen. G RICHTING (1998, 186) kennt nur das Verb schwäflu ‘ Reben mit Schwefelpräparat spritzen ’ ). Das HL ist nur als Bestimmungswort belegt, vor allem in Schwebell Brunnen ‘ die Quelle mit Schwefel ’ (1520, Geschinen), der Schwäfelbrunne ‘ die Quelle mit Schwefel ’ (Ulrichen) und beÿ dem vndren Schwebelbrúnen ‘ bei der unteren Quelle mit Schwefel ’ (1741, Ritzingen). Die Belege zu die Schwäbel Lyschen ‘ der sumpfige Boden mit Riedgras beim Schwefelbrunnen ’ (1619 u. später, Ulrichen) zeigen, dass sich die Lischa bei der Quelle befand. ts Schwäfelbord ‘ das Bord mit Schwefel (Abhang, Böschung) ’ (Glis) ist unklar; vermutlich war auch hier eine Schwefelquelle vorhanden. Schwalbun Schwalbun ist als Bestimmungswort in tsch Schwalbungräbji ‘ der kleine Graben mit (Berg-)Schwalben ’ (Hohtenn, Steg; die beiden Namen bezeichnen den gleichen kleinen Graben) und Schwalbunäscht ‘ Schwalbennest ’ (FLNK, Albinen) belegt. Es ist zu schwdt. Schwalw(e(n)), Schwalb, Schwalbe(n) f. ‘ Schwalbe ’ , ahd. swalwa, mhd. swalwe, swalbe swf. und wdt. Schwalba, Schwalbä (Goms), Schwalbu ‘ Schwalbe ’ (I D . 9, 1805 ff.; G RICHTING 1998, 186) zu stellen. Der Name in Albinen bezieht sich wohl auf eine Geländestelle, die einem Schwalbennest gleicht. Schwall Schwall ‘ grosse Menge ’ ist belegt in tsch Schwaalgufer ‘ grosses Steingeröll ’ (Wiler). Sofern die Deutung stimmt, ist schwdt. Schwall, Schw ā l und wdt. Schwall (Flüssigkeitsmenge (grössere)) (I D . 9. 1808 ff.; G RICHTING 1998, 186) gemeint. Die übrigen Belege sind sehr unsicher: Schwaaldmatta ‘ die Schwaldwiese ’ und Schwaldmattuschiir ‘ die Scheuer bei der Schwaldwiese ’ (beide Kippel) lassen sich zu Schwaltweg (I D . 15, 845) stellen, doch gibt das Wörterbuch nur den Hinweis auf einen (ungedeuteten) Lokalnamen - der Weg des Gratzugs durch das Lötschental. Ebenfalls unsicher sind Schwallacher (1644 und 1656, Raron) und t Schwalimatte ‘ die Wiese des Schwali? ’ (Ulrichen). Die Deutungen blieben unklar. Schwamm Schwamm ist als Simplex nur in Ried-Brig (FLNK) Schwamm und als Bestimmungswort in ts Schwammwaldji (Täsch) belegt. Schwdt. Schwamm m. ‘ abgedorrter, noch aufrecht stehender Baumstamm ’ (I D . 9, 1854 f.), zum Verb schwdt. schwämme(n) ‘ einen Baum (der im Winter oder übernächsten Sommer gefällt werden soll, im Frühling) unten herum schälen, so dass er abstirbt ’ , Syn. schwänden (I D . 9, 1855 f.) ist nur für die östliche Schweiz belegt. Im Oberwallis kommt eher Schwumm III (I D . 9, 1870) in Frage, das auch als wdt. Schwamm, Schwumm ‘ Schwamm, Pilz ’ (G RICHTING 1998, 186) belegt ist. Gemeint ist wohl ein feuchter Boden, auf dem Schwämme und Pilze wachsen. Schwand Schwand m., im Oberwallis fast nur Schwenni f. oder Schwendi f., ist zu schwdt. Schwand ‘ Hau, Kahlschlag in einem Walde ’ , ‘ (nach der Talsohle abfallender, sich absackender) Teil einer Alp; spitz zulaufende Wiesenhalde; Sumpfwiese am Fuss und Abhang eines Berges, die nicht geweidet, sondern bloss gemäht wird ’ , ahd. swant m., mhd. swant, -des m. ‘ Verwüstung, Zerstörung, Aushau des Waldes ’ (I D . 9, 1928 ff; URNB 3, 147 ff.) zu stellen. Wie I D . (9, 1930) ausführt, ist das HL in Orts- und Flurnamen sehr häufig; meist wird es als Rodungsname verwendet, bei dem die Stämme geschwendet; d. h. ihre Rinde entfernt wurde. Die Form Schwenni f. ist durch den Prozess -nd- -> -nn- (cf. anner aus ander) aus Schwendi f. abgeleitet, das sich seinerseits als I -Ableitung zum Verb schwände n (I D . 9, 1939, Bed. 2) verstehen lässt. G RICHTING 129 130 Schwand <?page no="70"?> (1998, 187) kennt nur das Verb schwente, schwändu ‘ ausholzen ’ . Das HL ist in rund 30 Flurnamen vertreten. Schwand ist nur in Unterbäch (1688) als im Schwandt ‘ im durch Schwenden gerodeten Gebiet ’ belegt. Das Simplex im Singular erscheint als t Schwendi (Selkingen), in der Schwendi (1531, Münster), uf der Schwenndi (Reckingen), t Schwenni (Bellwald, Blitzingen, FLNK Mühlebach, Mund, Naters, Törbel, Täsch). Simplicia im Plural sind: t Schwännine (FLNK, Gärchen) und Zen Swendinen (1320 u. später, Termen). Als Diminutiv des Simplex ist belegt: ts Schwennili (Törbel). Mit attributiven Adjektiven kommen vor: die Mittlen Schwendi ‘ die mittlere Schwendi ’ (1519, Törbel), t Ober und t Unner Schwenni (Mühlebach, Täsch). Als Grundwort kommt das HL vor in di Bäruschwenti ‘ das geschwendete Gebiet, wo es Bären hatte ’ (Eyholz, FLNK Visp; gleiche Flur). Als Bestimmungswort kommt das HL in der Form Schwenni oder Schwendi mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita vor: Biela, Bord, Loch, Matta, Rigg, Schleif und Wald. Vereinzelt ist eine Form Schwendter (1504, Kippel), das nach I D . (9, 1946) einen Agenten ‘ wer auf der Alp das Schwenden besorgt ’ meint; in Kippel wird aber ein Stück Land (eine Egerda) so benannt, sodass wohl eher eine Stellenbezeichnung auf - ER gemeint ist (cf. S ONDEREGGER 1958, 541), also ‘ das Gebiet, wo die Bäume geschwendet wurden ’ . Schwännjig Schwännjig m. ist nur einmal in Zeneggen als der Schwännjig belegt. Es handelt sich um ein gerodetes Gebiet mit einigen Wirtschaftsgebäuden auf rund 1630 m. Der Flurname ist zu schwdt. Schwendling m. ‘ (infolge Entrindung unten rings um den Stamm) dürr gewordener (noch aufrecht stehender) Waldbaum ’ (I D . 9, 1935 s. v. Schwandele n , mit Verweis auf I D . 9, 1949; RN 2, 490) zu stellen (cf. HL S CHWAND ). Die wdt. Bildung geht auf das schwdt. Verb schwände n ‘ schwenden ’ , wdt. schwente, schwäntu ‘ ausholzen ’ (I D . 9, 1939; G RICHTING 1998, 187) mit der Entwicklung nd -> nn und der palatalisierten Ableitungssilbe - JIG (< hdt. -ling) (S ONDEREGGER 1958, 503 ff.) zurück. Schwannza Schwannza, laut vanne Schwanzu ein Plural, ist nur in als t Schwannza (Zermatt) belegt. Die Beschreibung sagt, es handle sich um Wald, Allmein, leichter Hang. <chrache>: Felsen-, Weide-, Felsenstreifen. Der Name Schwanz ist zwar in der östlichen Schweiz (TGNB 2, 2, 532 f.) gut belegt als Nominalisierung von ‘ hin- und herbewegen ’ ; in der westlichen deutschen Schweiz fehlt er aber. G RICHTING (1998, 186) kennt neben Schwanz ‘ Schwanz ’ auch schwanzu (Rarner Schattenberge) und schwanzä (Goms) als ‘ herumlaufen, Peitschen des Kuhschwanzes ’ , doch ist im ersten Fall der Plural mit / e/ oder / ä/ notiert, im zweiten Fall ist eine Herleitung unsicher. Dennoch könnte t Schwannza zum Verb schwanzu zu stellen sein, in der Bedeutung ‘ Ort, wo man herumläuft ’ . Diese Deutung ist aber sehr unsicher. Schwanz Schwanz ist nur 1757 in Simplon als in der Schwantzmatten ‘ in der Wiese von der Form eines Schwanzes ’ belegt. Das HL ist zu schwdt. Schwanz m. wie nhd. ‘ Schwanz ’ ( … ) in weiterem Sinne was einen Anhang, Abschluss zu etwas bildet, Ende, mhd. swanz, in FlN längliche, teils gewundene Grundstücke, die einen Anhang zu einer grösseren, regelmässig geformten Fläche bilden, länglich vorspringendes, allenfalls gewundenes Grundstück, Anhang eines Grundstücks und wdt. Schwanz ‘ Schwanz, Ende ’ (I D . 9, 2014 ff.; TGNB 2, 2, 532 f.; G RICHTING 1998, 186) zu stellen. Schwar Schwar ist in ts Schwarbach (Leukerbad) belegt, das als ‘ Gasthaus ’ bezeichnet wird und auf der Karte als Berghotel Schwarenbach erscheint. R. G RICHTING (1993, Blatt 27, Nr. 9) hat Schwarubach, das auch auf FLNK als Schwarubach vorkommt, auf LT und SK als Schwarenbach. Wenn die Deutungen stimmen, heisst die Gegend Schwarubach und das Restaurant oder heutige Berghotel ts Schwarbach oder Schwarenbach. Weiter hat M. S. der Schwarbachstutz (Leukerbad, FLNK Schwarubachstutz) und R. G RICHTING hat Schwarubachstutz (Blatt 28, Nr. 4 und Blatt 29, Nr. 13). Das naheliegende bernische Schwarzbach scheint keine Rolle zu spielen. Das HL ist wohl zu Schwarm (I D . 9, 2154), im Wallis als Schw ā ru oder Schwar belegt, ‘ eine Menge von Tieren z. B. ’ oder wdt. Schware, Schwäräm (Goms), Schwara (Zermatt), Schwaro (Schattenberge), Schwarm (Lötschtal), Schwaru ‘ Schwarm (Bienen, Vögel), Viehherde ’ (G RICHTING 1998, 186) zu stellen. Unklar bleibt das Grundwort Bach. Auf SK sieht man jedoch einen kleinen Bach, der bis zu einem See fliesst, in dessen Nähe sich das Restaurant befindet. Der Bach ist noch auf der LT von 1992 zu sehen, der See nicht mehr. Auf der neuesten LT ist auch der Bach verschwunden. Gemeint ist also ‘ der Schwarm-Bach ’ , wobei unklar ist, worauf sich Schwarm genau bezieht. Schwärtole Schwärtole f. ist nur in t Schwärtoluhaalta ‘ die Halde mit Schwärtole (I RIS GERMANICA ) ’ (Visperterminen) belegt. Es Schwännjig 131 132 <?page no="71"?> handelt sich um den Pflanzennamen Schwërt(e)le n ‘ Schwertlilie ’ (I D . 9, 2170; M ARZELL 2, 1020 ff.; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1296). Schwarz Schwarz ist zum schwdt. Farbadjektiv schwarz ‘ schwarz ’ , amhd. swarz und wdt. schwaarz ‘ schwarz ’ (I D . 9, 2171 ff.; G RICHTING 1998, 186) zu stellen. Es weist in FlN auf die dunkle Färbung der Erde, des Gesteins oder des Wassers hin. Auch Örtlichkeiten, die bewaldet waren oder / und im Schatten lagen und deshalb dunkel erschienen, konnten mit dem Adj. schwarz charakterisiert werden (LUNB 1, 2 ,968 ff.). Das Adjektiv (flektiert oder unflektiert; in Komposita oder als Attribut) und seine Ableitungen kommen in rund 220 Flurnamen vor. Das attributive Adjektiv kommt unflektiert in Belegen wie der Schwarz Acher ‘ der schwarze Acker ’ (Agarn, Turtmann) vor, wobei aber eine oblique Form flektiert erscheinen kann, wie vam Schwarzu Acher ‘ vom schwarzen Acker ’ (Agarn) oder jm Schwartzen Acher (1636 u. später, Unterems). Manchmal unterscheidet nur die Schreibung von Attributen wie der Schwarz Bach ‘ der schwarze Bach ’ (Ried-Mörel, Visperterminen und weitere) vom Schwarzbach ‘ der Bach, der im Schwarzgletscher entspringt ’ (FLNK, Leukerbad). Ein eigentliches Namennest ist in Saas-Almagell mit der Schwarz Bärg ‘ der schwarze Berg (Alpe) ’ , der Schwarz Bärgbach ‘ der Bach, der von der Alpe Schwarzberg herunterfliesst ’ , der Schwarzbärgchopf ‘ der Felskopf oberhalb der Schwarzbergalp ’ , der Schwarzbärggletscher ‘ der Gletscher unterhalb des Schwarzberghorns bei der Alpe Schwarzberg ’ , t Schwarzbärghitte ‘ die (Alp-)Hütten auf der Schwarzbergalp ’ , ts Schwarzbärghoru ‘ das Schwarzberghorn (Gipfel oberhalb der Schwarzbergalp) ’ (auch in Zermatt), Schwarzbärg Wiisstor ‘ das Weisstor beim Schwarzberg ’ (FLNK, Saas-Almagell; Schwarzbärgwiisstoor in Zermatt), Schwarzbärgalpu ‘ die Alp Schwarzberg ’ (FLNK, Saas- Almagell) belegt. Dieses Beispiel zeigt, dass die Unterscheidung von attributiver Fügung und Kompositum unklar ist, auch wenn in obliquen Formen unterschiedliche Konstruktionen erscheinen. Sicher flektierte Atttribute finden sich etwa in t Schwarze Bächini ‘ die kleinen, schwarzen (dunkeln) Bäche ’ (Oberwald, zweimal), bine Schwarze Brunne ‘ bei den schwarzen Quellen / Brunnen ’ (Blitzingen; ähnlich Niederwald) (gleiche Flur ist gemeint), vaner Schwarzu Eggu (St. Niklaus, zum Nominativ t Schwarz Egga) und viele andere mehr, die hier nicht im Einelnen aufgezählt werden können. Auch das häufig vorkommende ts Schwarzhore ‘ das Schwarzhorn (Gipfelname nach dunklem Fels; it. Punta Marani) ’ (Binn) erscheint als ts Schwarzhoren (Ferden, Wiler) und als ts Schwarzhoru (Saas-Fee, St. Niklaus, Törbel und andere), wobei sich die Namen nicht auf die gleichen Gipfel beziehen, historisch 1674 in Eischoll als das Schwartz Horen (Eischoll; ein Beleg von 1618 ist unsicher) und andere mehr. Häufig kommen auch Belege zu der Schwarz See ‘ der schwarze See (auf der Alpe Hermetje) ’ (Zermatt) oder der Schwarzsee ‘ der schwarze See (LT Lac noir; 1: 10000 Schwarzsee) ’ (Leuk) vor. Ebenso häufig ist der Schwarzwald ‘ der schwarze Wald ’ (Visperterminen) gegen dr Schwarz Wald ‘ der schwarze Wald ’ (Ferden; FLNK Schwarzä Wald). Hierzu gibt es eine Reihe von komplexeren Konstruktionen wie Inner und Uisser Schwarzwald ‘ der innere (taleinwärts liegende) und der äussere (talauswärts liegende) Teil des Schwarzwald ’ (Simplon), der Ober und der Unner Schwarzwald ‘ der obere und der untere schwarze Wald ’ (Eisten, Ergisch), wobei LT in Ergisch Undere Schwarzwald hat. der Schwarzwaldcheer (FLNK, Ergisch) meint eine (Weg-)Kehre im Schwarzwald. Eigenartig ist ts Schwarztor ‘ das Schwarztor (Übergang zwischen Pollux und Roccia Nera (beides Gipfelnamen)) ’ (Zermatt). Namen auf Tor sind selten (cf. HLL T OOR und T OR (rom.)). Eine Ableitung zu femininen Adjektivabstrakten auf - I (S ONDEREGGER 1958, 495) liegt in t Schwerzi ‘ das schwarze Gebiet ’ (Zermatt) und t Schwerrzi ‘ das schwarze Gebiet ’ (Randa) vor. Mit einem Umlaut sind weiter t Schwerzbedu ‘ die schwarzen Böden ’ (Zwischbergen; LT Schwarzbede) (Zwischbergen) (auch bei J ORDAN 2006, 204, der weiter Obrä und Undrä Schwerzbodu unterscheidet), der Schwerzigletscher ‘ der Gletscher bei der Schwerzi (schwarzes Gebiet) ’ (Zermatt), der Schwerz(e)rigg ‘ der geschwärzte Rücken ’ (Gampel) und der Schwerzture ‘ der Turm mit Schwärze (Felsturm mit schwarzem Gestein) ’ (Münster) belegt. Ein ganz isolierter Beleg erscheint 1309 in Gampel als Swarzinga. Das Gebiet, das ihnen gehört, wird als terram dictorum Swarzinga bezeichnet. Es handelt sich um eine kollektive - ING -Ableitung zu swarz, also ‘ die Leute des Schwarz ’ . Um 1300 handelt es sich kaum um einen FaN, sondern um eine Personenbezeichnung (jemand, der schwarze Haare oder eine dunkle Hautfarbe hat). Als Herkunftsort kommt das Adjektiv zwar auch in Frage, aber in Gampel ist das nicht belegt. In lateinischen Belegen erscheint die feminine Form nigra ‘ schwarz ’ für einige Belege, die nicht gesondert gekennzeichnet sind. 133 134 Schwarz <?page no="72"?> Schweggje Schweggje f., Plural, ist in Brig als t Schweggjie und in Ried-Brig als Schweggje (FLNK und LT) belegt, am gleichen Ort. Die ältesten Belege haben 1448 Schwedya (Ried-Brig) und 1532 Schwendia, 1543 Schwedia, 1578 Schwedgia (Brig). Am ehesten liegt hier eine vereinfachte Form von Schweig f. ‘ Viehherde, Viehweide ’ (I D . 9, 1770 ff., Flurnamen S. 1772) vor. Schweggje wäre dann als ‘ Viehweide ’ zu deuten; der Plural entspricht einem Kollektivum. Schwegil Schwegil ist in Eischoll 1622 als jn den Schwegil Achren ‘ bei den Äckern, die einer Hirtenflöte gleichen ’ belegt. Das HL erscheint 1674 als Schweggol, 1703 als Schwegoll und 1765 Schwegell. Weiter ist in Eischoll 1622 jn den Undren Schwegellachrenn ‘ bei den unteren Äckern, die einer Hirtenflöte gleichen ’ bezeugt. Es handelt sich um das schwdt. Schwëgle n f. ‘ ländliche Flöte, Hirtenflöte aus Rohr ’ , wobei hier wohl ein Stück Land in dieser Form gemeint ist: ‘ bei den Äckern, die einer Hirtenflöte gleichen ’ . Schweibu Schweibu f. ist mehrfach belegt, erstmals 1305 als Sweybun (Eisten), 1343 dy Sweybe (Goppisberg) und 1397 in der Sweybon (Bister). Auch in Termen ist es 1402 als Sweýba erwähnt, 1400 jedoch als Swebu ͦ n - beide als Wasserleite. Der Name ist also alt, vermutlich gebildet zu einem Verb mhd. sweiben, nhd. schweiben ‘ schwanken, schweben ’ (G R W B 15, 211). I D . (9, 1720) kennt das Verb schweibe n ‘ sich schwingend hin und her bewegen ’ (und weitere, damit verbundene Bedeutungen) und das Nomen Schweib, Schweibe n (I D . 9, 1719) mit mehreren Bedeutungen, die das Wörterbuch auch auf verschiedene Arten der Bewegung zurückführt; es erwähnt auch ONN, darunter den von Eisten, ohne eine Deutung zu geben. Die meisten Belege bezeichnen Alpen: t Schweibe (Betten), Schweibe (Goppisberg), dazu t Obru Schweibe und t Undru Schweibe (beide Goppisberg) - diese Alpen befinden sich am gleichen Ort in der Umgebung der Bettmeralp. In Grächen sind 1833 die Getheilen von Schweiben erwähnt - unklar, ob es sich um Geteilen einer Alp handelt oder einer Wasserleitung. In Eisten ist Schweibu ein Weiler auf ca. 1680 m, also eher eine Voralpe, während in Stalden 1553 in monte apud Schweybun zu lesen ist, mit monte ist eine Alp gemeint. Einen Zusammenhang mit Wasserleitungen oder Wasserfuhren gibt es bei t Schweiba (Ried-Brig, Name einer Wasserleitung), dann 1402 Sweýba (Termen) als “ aqueductu ” bezeichnet (also Wasserleitung, wohl die gleiche wie in Ried-Brig). Bister hat 1397 aque in der Sweybon ‘ des Wassers in der Schweibe ’ - hier könnte eine Wasserleitung gemeint sein, das ist aber nicht ganz sicher. Als Bestimmungswort kommt Schweibu vor mit Bach, Flüö, Matta und Wald. Hinzu kommt das komplexere Schweibwaldkapälla (Eisten). Alle Komposita befinden sich in der Nähe eines Ortes Schweibu. Unklar ist der historische Beleg an die alte Schweibenfadung (1702, Ried-Brig), wo wohl die Fassung der Wasserleitung Schweiba gemeint ist. Eine präzisere Deutung der Namen verbietet sich; wir gehen aber davon aus, dass die wellenförmige Gestalt des Geländes und der Wasserfuhren gemeint ist. Schweif Schweif m. ‘ der Schweif ’ ist zu schwdt. Schweiff m. ‘ Schweif eines Tieres ’ , ‘ (schlangenförmig gewundene) Wurzel des Wiesenknöterichs ’ , ‘ Schleppe eines Kleides ’ , amhd. sweif (I D . 9, 1757 ff.) zu stellen, hier übertragen auf geschweifte Geländeformen. Der Flurname kommt vor allem im Goms vor. Das Simplex im Singular ist der Schweif ‘ das geschweifte Gebiet ’ (Gluringen, Oberwald, Reckingen), im Plural t Schweifä ‘ das geschweifte Gebiet ’ (Grengiols) und t Schweiffe ‘ das geschweifte Gebiet ’ (Binn). Einen zweiten Plural t Schweiffine ‘ die geschweiften Gebiete ’ (Mund, Zermatt) kann man auch als Plural des Diminutivs lesen; t Schweiffjini ‘ die kleinen geschweiften Gebiete ’ (Simplon) gehören sicher hieher. In Binn gibt es neben den Schweiffe auch der Schweiffegraad ‘ der Grat oberhalb der Schweiffe ’ und ts Schweiffeloch ‘ das Loch unterhalb der Schweiffe ’ . Davon entfernt sind in Binn ts Schweifbodeek ‘ die Ecke beim geschweiften Boden ’ , t Schweifbodeschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung beim geschweiften Boden ’ und t Schweifbodetola ‘ die Mulde beim geschweiften Boden ’ belegt. Einen Schweifegrat ‘ der geschweifte Grat ’ (FLNK) kennt Mühlebach östlich von jenem in Binn. der Schweiffärich ‘ der Pferch im Schweif (geschweiftes Gebiet) ’ (Oberwald) und t Schweifschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung beim Schweif (geschweiftes Gebiet) ’ (Reckingen) sind weitere Belege. Unklar ist das 1857 in Simplon belegte das Schweifi Bord ‘ das Bord bei der Schweifi (geschweiftes Gebiet) ’ , das ein Feminin oder ein Neutrum (dann Diminutiv) enthalten kann. Schweig Schweig ist zunächst als ts Schweiggmattu ‘ bei der Wiese für das Vieh ’ (Zermatt, FLNK Schweigmatte, LT Schweigmatten, SK Schwegmatten), dann am gleichen Ort auch für das Namennest ts Schweiggmattubriggi, ts Schweiggmattubächje, der Schweiggmattuhang und der Schweiggmattuwang belegt. J ULEN ET AL . (1995, 245) ken- Schweggje 135 136 <?page no="73"?> nen die Schweigmatte als “ Wiesen mit sumpfigen Stellen ” und die zugehörigen Schweigmattuwang, Schweigmattustäg und Schweigmattuweng. In Naters erscheint ab 1328 an der Sweygmatton, 1435 Sweigmatton 1640 Schwigmatta, 1730 in der Schweigmatten. Offenbar wurde 1640 das hdt. Schweig zu einem dialektalen Schwig ‘ Schweigen ’ umgedeutet; gemeint ist immer eine Viehwiese. In Obergesteln ist t Schweitmatte belegt, die 1650 u. später als Schweigmatten erscheint. Ebenso ist Schweitmatte (Oberwald, LT und FLNK Schweitmatte) bezeugt. In beiden Fällen liegt eine Veränderung von / g/ zu / t/ vor; gemeint ist immer die Wiese für das Vieh. Die beiden Belege gehören zur gleichen Flur zwischen Oberwald und Obergesteln auf der rechten Rottenseite. Zu stellen sind die Belege zu schwdt. Schweig f. ‘ Vieh-, auch Ross-, Schweineherde; Viehweide ’ , ahd. sweiga, mhd. sweige (I D . 9, 1770 ff.). Schweinernu Schweinernu ist ein Dativ fem., der sich nur in Visperterminen als zer Schweinernu findet. Die ältesten Belege sind von 1309 ze der Sweynerrun, 1412 zur Sweynerron, 1555 zen Schweinerrun. Es handelt sich um eine Ableitung auf - ERRA (S ONDEREGGER 1958, 551 f.) zum Verb schweine n ‘ abnehmen machen, mindern, schmälen ’ (I D . 9, 1881 ff.). Die Motivation für den Namen betrifft die Teilentnahme von Wasser aus der Wasserleitung; es war der Ort, wo man das Wasser ‘ schmälerte ’ . Schwelli Schwelli f. ‘ Schwelle, Sperre, Wasserverbauung ’ ist zu schwdt. Schwelli, Schweli f. ‘ Schwellung, Stauung; Stauvorrichtung in einem Wasserlauf, Schleuse; Wasserschloss, -kasten, von dem aus mittels Schleusen das Wasser für die Bewässerung von Wiesen und Äckern in die Suenen verteilt wird; Damm, steinerne oder hölzerne Schutzbauten zur Sicherung der Ufer ’ (I D . 9, 1830 ff.) und wdt. Schwelli, Schwälli ‘ Sperre (Wasserumlenkung), Flüssigkeitsmenge (grosse) ’ (G RICHTING 1998, 187) zu stellen. Die Flurnamen scheinen zum grossen Teil nicht mehr als Bezeichnungen von Wasserverbauungen erkennbar zu sein; manchmal sind auch nur einfach Wasseransammlungen gemeint. Als Deutung wird meist ‘ Wasserverbauung ’ gegeben, ausser in Fällen mit klaren Funktionsbezeichnungen. Das Simplex im Singular kommt als Schwelli, manchmal mit Präpositionen wie ze oder bei vor in Gampel, Münster, Salgesch, Oberwald, Zeneggen und Wiler, im Plural als Schweuene (Ernen, LT Schwelline). Nur in Wiler ist klarerweise eine Wasserleitung gemeint. Mit attributivem Adjektiv ist nur beÿ der Hohen Schwelle (1685 u. später, Turtmann) belegt. Zweigliedrige Komposita mit dem HL als Grundwort sind: bei der Binenschwellin ‘ bei der Wasserverbauung beim Pflanzplatz ’ (1762, Gampel) und bei der Holzschwelli ‘ die der Schwelle (Wasserverbauung) aus Holz / beim Holz (Wald) ’ (1707 u. später, Guttet). Komplexer sind der Foder und der Inner Schwelliwald (Gampel), die sich südlich der Schwelli befinden. Als Bestimmungswort ist das HL mit folgenden Grundwörtern belegt: Bord, Wasser und Wier. Schwemmi Schwemmi f. ist dreimal belegt: Schwemmi (Lax, FLNK), t Schwemmi (Saas-Balen, auch FLNK) und t Schwämmi (Turtmann; 1723 in der Schwemi). Die geschlossenen / e/ - Laute in Lax und Saas-Balen entsprechen dem Primärumlaut, der offene / ä/ -Laut in Turtmann wohl Sekundärumlaut. Die Beschreibungen für Saas-Balen und Turtmann legen ein feuchtes Gebiet nahe; der Beleg für Lax (FLNK) liegt auf rund 1390 m. beim Alten Bach, also wohl auch einer feuchten Wiese. In allen drei Fällen liegt also nicht die vor allem in der östlichen Schweiz übliche Deutung “ Stellen, wo Pferde gebadet wurden ” (TGNB 2, 2, 532) vor. Vielmehr ist von einer Abstraktbildung auf - I zu einem Verb schwdt. schwämme(n) ‘ wie nhd. schwemmen ’ , mhd. swemmen (I D . 9, 1857 f.) auszugehen: hier einfach eine Stelle, die vom Wasser geschwemmt wird. R ÜBEL (1950) und G RICHTING (1998) kennen das HL nicht. Schwery (FaN) Schwery (FaN), lebend Schwäri oder Schwääri ist zum FaN Schwery zu stellen. Diese Familie kommt im 18. Jh. in Ried und Tunetsch vor, besteht noch in Ried-Mörel und Bitsch (AWWB 238). Belegt ist meist ein vorangestellter starker Genitiv: ts Schwärischbodu ‘ der Boden der Familie Schwery ’ (Ried- Mörel) und dazu ts Schwärischbodu der Putz ‘ der Tümpel des Bodens der Familie Schwery ’ (Ried-Mörel), ts Schwärisch Löüwina ‘ das Rutschgebiet der Familie Schwery ’ und ts Schwärisch Stadel ‘ der Stadel der Familie Schwery ’ (Greich). Als Erstglied im Kompositum ist belegt: der Schwäriwald ‘ der Wald der Familie Schwery ’ . Schweschter Schweschter f. ‘ Schwester ’ ist zu schwdt. Schwester f., als Verwandtschaftsbezeichnung wie nhd. ‘ Schwester ’ , in kirchlich, religiösem Sinne ‘ geistliche Schwester; Nonne, Klosterfrau; Einsiedlerin, Klausnerin ’ , ‘ Krakenpflegerin ’ , amhd. swëster, swester (I D . 9, 2228 ff.) zu stellen; G RICHTING (1998) hat keinen Eintrag. 137 138 Schweschter <?page no="74"?> Belegt sind Schweschterewang ‘ der Grasabhang der Schwestern ’ (Reckingen), von der Schwestren Acher ‘ vom Acker der Schwester ’ (15? ? , Reckingen) und der Schwesteracher ‘ der Acker der Schwester ’ (1793, Termen). Die Namen lassen nicht erkennen, ob es sich um die Verwandtschaftsbezeichnung oder um eine religiöse Deutung für Nonnen handelt, jedoch ist die Verwandtschaftsbezeichnung wohl eher sinnvoll. Schwick (FaN) Schwick (FaN) ist der FaN Schwick, auch Svick, Schwik, Schwig geschrieben. Familie des Bezirks Goms, in Bellwald, Fiesch und Ernen seit dem 14. Jh. bekannt, später auch in Naters (AWWB 238). Belegt ist zweimal das Simplex der Schwick (1687, Fieschertal) und zem Schwyck (1443, Zermatt; 1776 im Schwick). Ob sie zum FaN oder zu Schwick ‘ kurze Strecke ’ (I D . 9, 1801 ff., Bed. 3) zu stellen sind, ist unklar. Sie werden hier als ‘ das Grundstück der Familie Schwick ’ gedeutet. Vorangestellte Genitive sind: Schwickigen Schnitta ‘ die abgeschnittenen Stücke Landes der Familie Schwick / der Leute des Schwick ’ (1772, Bellwald), Schwicks Grencha ‘ der Kornspeicher der Familie Schwick ’ (1492, Ried-Brig), Schwicks Matta ‘ die Wiese der Familie Schwick ’ (1492, Ried-Brig). Schwick erscheint als Bestimmungswort in: der Schwickbode ‘ der Boden der Familie Schwick ’ (Geschinen), t Schwickschnitta ‘ die abgeschnittenen Stücke Landes der Familie Schwick ’ (Fieschertal) und im Schwick Schnittenwald ‘ im Wald bei den Schnitten (abgeschnittene Stück Landes) der Familie Schwick ’ (1920, Bellwald). Schwider Schwider ‘ Berberitze ’ ist zu schwdt. Schwider m., Schwideren, Schwiderra, Schwidra, Schwidru, Schwiderna f. ‘ Sauerdorn, Moosbeere ’ und wdt. Schwiderbär, Schwiderberr, Schwidärbär ‘ Berberitzenfrüchte ’ (I D . 9, 1756; M AR- ZELL 1, 568 ff., bes. 579; G RICHTING 1998, 187) zu stellen. Laut L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 708 u. 148) wächst die Gemeine Moosbeere (V ACCINIUM OXYCOCCOS ) im Wallis nicht. Es kommt also nur die Berberitze (B ERBERIS VULGA- RIS ) in Frage. Das Simplex ist belegt als jm Schwider (1457, Niedergesteln) und zem Schwÿder (1463, Visp). Das Diminutiv erscheint als jm Schwiderli (1677 u. später, Ernen) und ts Schwiderli (Fiesch, Eggerberg). Weiter sind belegt: zúm Schwiderne (1830, Blatten), zen Schwidernen (1728, Stalden), ze Schwidernu (St. Niklaus) und ts Schwidernä (Kippel, Wiler). Komposita mit dem HL als Bestimmungswort sind: t Schwider(e)rufi ‘ das Rutschgebiet bei den Berberitzen ’ (Niedergesteln), Schwiderschleif (1927, Eischoll), Schwiderschleif ‘ der Schleif oberhalb der Schwiderrufi ’ (Niedergesteln) und Gschwiderschleifs ‘ des Schleifs beim Gschwider ’ (1877, Steg, wohl Kollektiv), sowie der Schwiderwald ‘ der Wald beim Weiler Z Schwidernu (bei den Berberitzen) ’ (St. Niklaus). Dazu kommt t Schwidernäweidä ‘ die Weiden unterhalb ts Schwidernä ’ (Wiler). Schwii Schwii ‘ Schwein ’ ist zu schwdt. Schw ī n n., Pl. unverändert, Dim. Schw ī n(d)li, Schw ī ndelti, Schw ī ntji, Schw ī nggi, Schwillji ‘ Schwein ’ (I D . 9, 1890 ff.), wdt. Schwii, Schwinggi ‘ Schwein ’ (G RICHTING 1998, 187) zu stellen. Wie R ÜBEL (1950, 111 ff.) ausführt, ist die Schweinehaltung im Oberwallis weitgehend auf die Selbstversorgung beschränkt gewesen und spielte nur eine geringe Rolle. Das Tier gilt als schmutzig, weswegen auch Orte oder Personen gemeint sein können, die schmutzig sind. Das Lemma erscheint immer als Bestimmungswort. In Einzelfällen könnte auch schw ī nen ‘ schwinden ’ (I D . 9, 1910 f.) zugrunde liegen (cg. HL S CHWIINEN und S CHWIEB ). Der Typ Schwiibalma ‘ überhängender Fels für die Schweine, Schweinepferch oder -stall ’ ist auch sonst verbreitet (URNB 1, 264 f.). Die Grundwörter sind Acher, Balma, Bode, Burscht, Chäla, Flüö, Gilla, Grächen, Haalta, Matta, Schipfa, Stuck und Wang. Einen schwierigen Sonderfall bildet der Name Schwiitoortji (Eggerberg) / Schwiitootji (Baltschieder). Am ehesten erscheint hier als Grundwort der Diminutiv Toortji ‘ die kleine Torte ’ sinnvoll. Eine Schweine-Torte ist zwar nicht belegt, doch verweist R ÜBEL (1950, 32) auf die Biescht-Torte. Dennoch ist der Name unklar. Unklar bleibt letztlich auch der Typ Schwiingreechu (Staldenried, Visp). Grächu meint eine Kornscheuer; es geht hier also wohl um einen Weideplatz der Schweine um eine solche Scheuer herum. Wie oben gesagt, ist in Einzelfällen auch eine Herleitung von schw ī nen ‘ schwinden ’ im Sinne auch von ‘ klein sein ’ möglich. Eine nicht alltägliche Konstruktion liegt vor im Beleg an den Schwino Stuckin (1466, Mund), wo wohl ein Genitiv Plural ‘ die kleinen Stücke Landes der Schweine ’ gemeint ist; es könnte sich aber auch um einen Besitzernamen ‘ des Schwino ’ handeln (cf. HL S CHWIINEN ). Schwiib Schwiib ist als der Schwiiboge ‘ der Schwibbogen (steinerne Brücke über das Wiisswasser) ’ (Fieschertal) und 1680 als Schwiebbogen ‘ der Schwibbogen (steinerne Brücke über die Ägina) ’ in Ulrichen belegt. Das HL ist zu schwdt. Schwiboge(n), Schw ī bboge(n) ‘ steinerner Bogen über Gewässern; Tor-, Fensterbogen ’ , ahd. swibogo (I D . 4, 1068) Schwick (FaN) 139 140 <?page no="75"?> zu stellen. Die genaue Deutung und die Herkunft von Schwiibist unklar (G R W B 15, 2609 s. v. Schwibbogen). Schwiinen Schwiinen ist wohl ein Partizip zum schwdt. und wdt. schw ī ne n ‘ schwinden ’ (I D . 9, 1910 ff.; G RICHTING 1998, 187). Es ist belegt in ze Schwiinen Brunne ‘ bei den versiegenden Quellen / Brunnen ’ . Vermutlich auch hieher und nicht zum lautlich ähnlichen HL S CHWII ‘ Schwein, Sau ’ gehören an den Schwino Stuckin ‘ bei den verschwindend kleinen abgeteilten Stücken Land ’ (1466, Mund) und der Schwinacher ‘ der verschwindend kleine Acker ’ (1466, Staldenried). Schwimmilli Schwimmilli ist nur 1702 in Zermatt als ob dem Schwimmilli, auch ob dem Schwimelli belegt. Es handelt sich um eine entrundete und diminutive Form von schwdt. Schwumm ‘ Schwamm, Pilz ’ und wdt. Schwamm, Schwumm ‘ Schwamm, Pilz ’ (I D . 9, 1870 ff.; G RICHTING 1998, 186). Wie TGNB 2, 2, 531 f. s. v. Schwammer, Schwummer ausführt, geht es wohl um einen Fundort von Feuerschwamm ( FOMES FOMENTARIUS ), der sehr begehrt war und deswegen gesammelt wurde, also ‘ der kleine Ort mit Schwämmen (Pilzen) ’ . Schwing Schwing ist nur in dr Schwingplatz ‘ der Schwingplatz ’ (Ferden) belegt. Das HL ist zu schwdt. schwinge(n) hier ‘ ringen ’ als Kampfspiel der Älpler und wdt. schwinge, schwingä (Goms), schwing o. schwingn (Lötschtal), schwingu ‘ schwingen, ringen ’ zu stellen. Nach I D . findet der Wettkampf, wo nicht wie bei Schwingfesten und dgl. ein eigener Kampfplatz dafür hergerichtet wird, gewöhnlich auf einem weichen Rasenplatz statt (I D . 9, 1973 ff.; G RICHTING 1998, 187). Schwingji Schwingji n. ist zweimal belegt: der Schwingjbode und der Schwingjitotz (beide Gampel). In beiden Fällen ist auch Schwinnji belegt. Am ehesten kommt das Nomen Schwinge n I, Dim. auch Schwingli (Entlebuch) zum mhd. swinge ‘ Hanf-, Flachs-, Getreideschwinge ’ , auch einfach ‘ Holzlatte ’ in Frage. Der älteste Beleg von 1495 hat jm Schwingiboden. Vermutlich ist Schwingi hier metaphorisch gemeint: ‘ der Boden, der einer (kleinen) Schwinge gleicht ’ . Schwira Schwira f. ‘ Pfahl, Pflock ’ ist zu schwdt. Schwir, Schwire n m. Schwür, Schwüre n f., Schwirne n ‘ Holzpflock, Pfahl, gewöhnlich unten zugespitzt zum Einschlagen, -rammen in den Boden ’ , ‘ Zaunpfahl als Absperrung, Hindernis, zum Anbinden von Weidetieren, zur Befestigung des Erdbodens bei Verbauungen ’ , ahd. *swiro, mhd. swir (I D . 9, 2132 ff.) und wdt. Schwira ‘ Pflock, Pfahl ’ (G RICHTING 1998, 187) zu stellen. Belegt ist es 1480 in Obergesteln als von den Schwÿren u ͦ har ‘ von den Pfählen (Abgenzung? ) aufwärts ’ . Komposita sind der Schwirenstuck (1848, Oberwald) ‘ das abgeteilte Stück Land mit Pfählen (zur Abgrenzung) ’ und in der Schwüribinnen ‘ im Pflanzplatz mit Pfählen (zur Abgrenzung) ’ (1844, Betten), vermutlich in beiden Fällen eine Abgrenzung mit Pfählen gegenüber anderen Grundstücken. Schwiz Schwiz ist nur in im Schwizerbatzen ‘ im Schweizerbatzen (wohl kleines Stück Land) ’ (1752, Oberwald) belegt. Es gehört nicht zu Schwizer (FaN), sondern meint ein Stück Land, das so klein ist wie ein Schweizerbatzen (cf. HL S CHWIZER (F A N)). Die Form ist wohl ursprünglich ein Genitiv Plural, die aber auch als Adjektiv verstanden wird (siehe S ONDEREGGER 1958, 526 ff.). Schwizer (FaN) Schwizer (FaN) ist ein FaN, auch Schwitzer, Schwyzer, Schweyzer, Schweitzer geschrieben, eine Familie von Leuk und Turtmann, die dort im 16. und 17. Jh. in Ansehen stand und im 18. Jh. erlosch (AWWB 238). Anders der Schwîzer-Batze(n) Münze, hier zur Bezeichnung einer Flur, die von der Grösse und der Form her dem Batze(n) ähnlich ist (I D . 4, 1964 ff.) (cf. HL S CHWIZ ). Der FaN kommt in Schwitzer Ried (1737, Turtmann) und t Schwiizär Bibemdlini ‘ die kleinen Böden der Familie Schwizer ’ (Kippel) vor. Schwung Schwung ‘ Kehre, Wendung, Biegung ’ ist zu schwdt. Schwung m., Pl. Schwüng, Dim. Schwüngli, zu schwingen ‘ Kehre; Wendung, Biegung von einem Flusslauf; geschwungene Linie (z. B. von einem Bergrücken) ’ (I D . 9. 1991 ff.) zu stellen; G RICHTING (1998, 187) kennt Schwung primär als Begriff aus dem Kuhkampf. Als Flurname kommt das Lemma nur im Goms vor; es wird also nur hier für die Biegung des Rottens oder die geschwungene Form eines Waldes oder Rutschgebietes verwendet. Das Simplex Schwung ist in Münster (nach der Form des Gebietes), Obergesteln und Ulrichen (jeweils Wiesen in früherer Biegung des Rotten, der später begradigt wurde) belegt. Mit einem Adjektiv kommt 1752 in dem grossen Schwúng (Obergesteln) vor - aus dem historischen Beleg lässt sich nicht erkennen, was genau gemeint ist. Eine Biegung des Rotten meinen auch jm 141 142 Schwung <?page no="76"?> Rotten Schwu ᵕ ng (1655 und später, Obergesteln) und das erweiterte beim únteren Rottenschwu ᵕ ng (1797, Ulrichen). der Löuischwung (Oberwald) bezeichnet die Biegung eines Rutschgebietes; 1846 steht allerdings Lauischwu ᵕ nd = Graben (Oberwald), doch entscheidet die lebende Form für Schwung. Schynes Schynes ‘ bei den Hunden ’ ist nur 1602 in Albinen belegt und zwar als Alternativname: ÿ pereÿ alias eÿs schÿnes. pereÿ (cf. HL P ERREY ) ist zu petra ‘ Stein, Fels ’ zu stellen. Schÿnes dagegen scheint zu frz. chien ‘ Hund ’ (G PSR 3, 563 ss.) zu stellen zu sein, siehe vor allem 19° Noms de lieux. In Albinen ist wohl ein Fels, der an einen Hund erinnert, gemeint. B OSSARD / C HAVAN (2006, 189) weisen unter Chin, Chien auf den Flurnamen hin. Scinte Scinte und Zuinte sind 1649 als eys pierre zuinte und 1720 als im piero scinte in Varen belegt. Vermutlich gehört ein attributives Adjektiv zu pierre ‘ Stein, Fels ’ hierzu, das sich zum Verb j ŭ ng ĕ re ‘ verbinden ’ (FEW 5, 57 ff.) stellen lässt, wohl frz. jointe (l. c. 68) mit der Bedeutung ‘ verbunden ’ : ‘ der benachbarte Fels / Stein ’ . Scuwillen Scuwillen ist nur 1539 in Bellwald als an den Scuwillen Matton belegt. W IPF (1910, 89) stellt schiwju ‘ nach der Weinlese in den Reben nach vergessenen Trauben suchen ’ zu germ. *skuwwilôn und will dieses Verb zu nhd. schauen stellen (vgl. auch I D . 8, 1636 zu schüwle n ). Wenn das stimmt, würde der Beleg in etwa ‘ an den nach der Ernte durchsuchten Wiesen ’ bedeuten. Eine andere Deutung würde in Scuwillen einen PN oder FaN annehmen, doch sind beide nicht belegt. Sebastian (PN) Sebastian (PN) (I D . 7, 40), auch Bastian, ist ein PN mit verschiedenen Kurzformen, von denen Baschi für das Wallis belegt ist (I D . 4, 1757 f.). Der PN ist nur als vorangestellter Genitiv oder in Zusammensetzungen als Bestimmungswort belegt. Starke Genitive im Singular sind: in Bastians Boden (1830, Niedergesteln), bi Bastians Haús (1697, Niedergesteln), in Bastians Matten (1639, Törbel) und ufum Sebaschtiansplatz ‘ auf dem Platz mit der Kapelle des hl. Sebastian ’ (Brig). Einen schwachen Genitiv enthält das Paschen Haús ‘ das Haus des Sebastian ’ (1791, Ried-Brig). Zusammensetzungen sind: der Baschibode ‘ der Boden des Sebastian ’ (Ulrichen) und ts Baschuwaldji ‘ der kleine Wald des Sebastian ’ (Naters). Sebliethe Sebliethe ist nur 12? ? in Naters als Sebliethe und im 13. Jh. am gleichen Ort als Sebliehte oder Seblieche belegt. Die Belege sind so früh, dass eine Entrundung nicht möglich ist. Eine Deutung ist nicht möglich. Secco Secco Adj. ist zu it. secco ‘ trocken ’ zu stellen. Belegt ist es nur in Passo di Camposecco ‘ der Pass zum Camposecco ’ (Saas-Almagell). Auf italienischer Seite gibt es Cimone di Camposecco, Coronette di Camposecco, Lago di Camposecco und Bivacco Camposecco CAI (alle LT). Camposecco meint hier ‘ trockenes Feld ’ . Zu secco cf. D EVOTO / O LI (2020, 2020). Sedel Sedel m. / n. ist zu schwdt. Sëdel und wdt. Sädl, Sädäl (Goms), Sädul (Mattertal), Sädil m., n. ‘ Sitzstange für Hühner, Tauben usw.; Käfig; Leitersprosse; festgetretener, schmaler und erhöhter Weg im Schnee in den Bergen ’ , ahd. sëdal, mhd. sëdel m., n. ‘ Sitz (Sessel, Sattel), Ruhesitz, Wohn-, Landsitz ’ (I D . 7, 296 ff.; G RICHTING 1999, 166) zu stellen. Das Simplex im Singular findet sich als der Sädel (Münster) ein Alpname auf rund 2250 m - und ts Sädel (Fieschertal) auf rund 1440 m, ohne Besiedlung. In Ausserberg ist ts Sädol belegt, laut LT ein Weiler von Ausserberg. Der Diminutiv ts Sädolti (Staldenried, Visperterminen) ist auf der LT als Studersädolti belegt, wozu Z IMMERMANN (1968, 98) Stüdersch Sädolti kennt, ohne mehr als den FaN Studer - in Visperterminen gut belegt - zu erwähnen, ausser, dass es sich um eine Voralpe handle. Auch M. S. kennt ts Stüdersädolti ‘ der kleine Sädel der Familie Studer ’ (Stalden) am gleichen Ort. Mit Adjektiven findet sich t Ober Sädolti (FLNK, Ober Sädolti; Staldenried), ts Unner Sädolti (Staldenried) und historisch 1881 im u ᵕ ntern Sädolti (Staldenried; Visperterminen). Bei den Bestimmungswörtern ist der Typ Hiendersedel ‘ Hühnersedel ’ oder ähnlich dominierend. Er kommt als ts Hennusädel (Naters), das Hiender Sedel (1542, Visperterminen), am Hiendersedel (1528, Ernen), Hiendersedel (1532 u. später, Fiesch), am Hiender Sedel (1482, Fieschertal), ts Hienersädu (Blitzingen), ts Hiänersädel (Kippel), Hu ᵉ ndersedel (1396 (? ), Staldenried), am Hu ᵉ nersedel (1463, Niederwald), Hu ᵉ nrsedel (1353, Münster), am Hüender Sedel (1438, Stalden), jn Hirmsedel (1351, Martisberg, zu hirmen ‘ ausruhen ’ ? ) vor. Dazu kommt das Ober Hu ᵉ ndersedel (1519, Visperterminen). Alle Belege lassen sich als eine kleine Alpe oder Voralpe deuten; die Ausnahme Schynes 143 144 <?page no="77"?> Hirmsedel (Martisberg) dürfte eine Fehldeutung zu Hienersedel darstellen. Die Ableitung Sädler ist im I D . nicht belegt. In Ergisch kommt der Sädler vor, in Blatten der Sädlär. In beiden Fällen ist kaum ein Nomen agentis gemeint, sondern eine Stellenbezeichnung (S ONDEREGGER 1958, 541 ff.), hier wohl zu verstehen als ‘ Ort, wo es einen Sädel hat ’ . An beiden Orten sind keine Gebäude erkennbar; es geht also um kleine Alpen oder Voralpen. Als Bestimmungswort verbindet sich das HL mit folgenden Grundwörtern: Bach, Bodu, Brigga, Dorf, Hee (hooch, heej), Flüö, Gassa, Grabu, Hooru, Wäg und Wald. See See m. ‘ See ’ ist zu schwdt. S ē (w) m., Dim. wdt. S ē wji, S ē wi ‘ See, auch für stehende Gewässer kleinen und kleinsten Umfangs ’ , ahd. s ē (o), (Pl. s ē wi, gew. s ē wa), mhd. s ē (Pl. s ē we) m. und wdt. See, Seewji, Seeji (Mattertal), Seeli (Lötschental), Seelji (Leuker Berge), Seewji ‘ See, Seelein, Weiher ’ (I D . 7, 1479 ff.; G RICHTING 1998, 187) zu stellen. Das Oberwallis verfügt über keinen der grösseren Seen, aber über viele relativ kleine Alp- und Stauseen. Das / -w-/ in vielen Formen entspricht dem Ahd. Rund 360 Belege sind für das Oberwallis bezeugt. Das Simplex See ist als der See (Naters, LT Bitschjisee; Fieschertal; Niedergesteln; Saas-Balen, mehrfach), bim See (Ulrichen, Zwischbergen), ob dum See (Zermatt), zem See (Zermatt, Siedlung ohne See), zum See (Martisberg, Saas-Balen), historisch jm See (1611, Visperterminen) belegt; einige Fälle weisen lateinische Formen auf: subtus lacum ‘ unter dem See ’ (1751, Reckingen), ultra lacunam ‘ jenseits des Sees ’ (1716, Visp). Formen mit / w/ sind ts Seew ‘ bei den Seen ’ (Grächen, Visperterminen), die kollektive Bedeutung aufweisen. Plurale sind t Seewe ‘ die Seen ’ (Eischoll), bine Seewe ‘ bei den Seen ’ (Bellwald, Reckingen), zu Seewe ‘ bei den Seen ’ (Obergesteln), ze Seewu ‘ bei den Seen ’ (Zwischbergen). Das Diminutiv im Singular ist als ts Seewji ‘ der kleine See ’ (Termen) bim Seewji ‘ beim kleinen See ’ (Binn, Münster, Reckingen), ts Seewlin ‘ der kleine See ’ (Blatten), am Sewji ‘ am kleinen See ’ (1850, Mund), am Sewi ‘ am kleinen See ’ (1555 u. später, Eggerberg) belegt. Der Plural des Diminutivs erscheint in t Seewjini ‘ die kleinen Seen ’ (Ausserberg, Eggerberg, Eyholz, Mund, St. Niklaus, Visp, Zeneggen, Zwischbergen), bine Seewjene ‘ bei den kleinen See ’ (Ulrichen), ze Seewjinu ‘ bei den kleinen Seen ’ (Baltschieder, St. Niklaus, Zermatt), zu Seewjinu ‘ bei den kleinen Seen ’ (Varen). Für Simplon und Zwischbergen verweisen wir global auf J ORDAN (2006, 540 und passim), der im Register eine Reihe von Namen mit dem HL S EE aufweist. Attributive Adjektive zum HL sind der Blaaw See ‘ der blauen See ’ (Grengiols, Obergesteln, Visperterminen), ts Blaaw Seewji ‘ der kleine blaue See ’ (Obergesteln), ts Blau (w) Seewji ‘ der kleine blaue See ’ (Niederwald), ts Blau Seewji ‘ der kleine blaue See ’ (Ernen, Simplon), zim Blaawi See ‘ beim blauen See ’ (Ferden), zem Blaawi Seelin ‘ beim blauen See ’ (Blatten), zu ᵕ m Blaúen See ‘ zum blauen See ’ (Münster), im Blawen Se ‘ im blauen See ’ (1571, Reckingen), ts Blind Seewji ‘ der kleine, blinde (= trübe? ) See ’ (Törbel), ts Chlei Seewji ‘ der kleine See ’ (Oberems), der Chrumm See ‘ der krumme See ’ (Unterbäch), ze Dri Seewjinu ‘ bei den drei kleinen Seen ’ (Saas-Balen), Dritte See ‘ der dritte See (von vier Alpseen) ’ (Zwischbergen), Erschte See ‘ der erste See (von vier Alpseen) ’ (Zwischbergen), der Giteilt See ‘ der geteilte See (bei Niedrigwasser in zwei Teile geteilt) ’ (Oberems), der Gross See ‘ der grosse See (Alpsee) ’ (Unterbäch), ts Gross Seewji ‘ der grosse kleine See (im Pfynwald) ’ (Leuk), zum Grossu See ‘ beim grossen See ’ (Naters), ts Indroscht Seewji ‘ der innerste kleine See ’ (Törbel), zem Kleinen See ‘ beim kleinen See ’ (1433, Ulrichen), ts Läng Seewji ‘ der lange kleine See ’ (Oberems, zwei Belege), Lenge See ‘ der lange See (Alpsee) ’ (Blitzingen), bim Lenge Seewji ‘ beim langen kleinen See (LT Lenge See) ’ (Niederwald), der Leng See ‘ der lange See (LT u. 1: 10000 Lengsee) ‘ der lange See ’ (Obergesteln), ts Leng Seeli ‘ der lange kleine See ’ (Oberwald), der Mittlescht See ‘ der mittelste See (einer von drei Alpseen) ’ (Bellwald), ts Mittloscht Seewji ‘ der mittlere kleine See (von mehreren Alpseen) ’ (Törbel), bim Oberschte Seewji ‘ beim obersten kleinen See ’ (Niederwald), der Oberscht See ‘ der oberste See ’ (Bellwald, Ulrichen), Oberscht Seewji ‘ der oberste kleine See ’ (FLNK, Törbel), ts Ober Seeli ‘ der obere kleine See ’ (Oberwald), Oberst Seewji ‘ der oberste kleine See ’ (FLNK, Ulrichen), t Obru Seewe ‘ die oberen Seen ’ (Simplon), ze Rote Seewe ‘ bei den roten Seen ’ (Selkingen), der Rund See ‘ der runde See (auf SK Tittersee (der See, der einem Ei-Dotter gleicht) ’ (Obergesteln), der Schwarz See ‘ der schwarze See ’ (Guttet, Oberems, Zermatt), ts Schwarz Seewji ‘ der kleine schwarze See ’ (Binn), ts Stiichund Seewji ‘ der stinkende kleine See ’ (Gampel), der Tot See ‘ der tote See ’ (Oberwald, unklar), t Undru Seewe ‘ die unteren Seen ’ (Simplon), Unnerscht Seewji ‘ der unterste kleine See ’ (Törbel), ts Unner Seeli ‘ der untere kleine See ’ (Oberwald), ts Üssroscht Seeli ‘ der äusserste kleine See ’ (Törbel), Vierte See ‘ der vierte See ’ (FLNK, Zwischbergen), der Wiiss See ‘ der weisse See ’ (Guttet), Zweite See ‘ der zweite See ’ (FLNK, Zwischbergen). Unklar ist Wiss Kuei Sewlin ‘ der kleine See, der wie eine weisse Kuh aussieht (? ) ’ (1580, Guttet). Latinisiert ist ad lacum ceruleum ‘ beim blauen See ’ (1668, Reckingen). Zwei Attribute sind in in der Mitte der obristen zwei Seen ‘ in der Mitte der obersten zwei Seen ’ (1681, Blitzingen) vertreten, doch ist hier unklar, ob einfach ein Appellativ vorliegt. 145 146 See <?page no="78"?> Vermutlich einen Genitiv Plural enthält der Bonig See (Törbel; FLNK u. LT Boniger See; SK Bonigersee), als ‘ der See der Leute des Boner / der Familie Boner (? ) ’ zu deuten. Ein FaN oder PN ist in ts Josch See ‘ der See der Familie Jost / des Jost ’ (Obergesteln; FLNK Joschtsee; LT Jostsee) vertreten. Als Grundwort ist das HL mit einer Reihe von Bestimmungswörtern in zweigliedrigen Komposita vertreten. Einen Sondertyp bilden Namen mit einem Adjektiv als Bestimmungswort: der Blausee ‘ der blaue See ’ (Greich, Ritzingen), Griesee ‘ der grüne See ’ (FLNK, Ried-Mörel; LT Grünsee), der Griensee ‘ der grüne See ’ (Zermatt; LT Grüensee; SK Grünsee), der Lengsee ‘ der lange See ’ (Blitzingen; FLNK u. LT Lengsee; SK Langen See), Längseewji ‘ der kleine lange See (LT, Oberems; 1: 10000 Meidsee), der Mittelsee ‘ der mittlere See (von mehreren Alpseen) ’ (Ulrichen), der Mittusee ‘ der Mittelsee (von drei Alpseen) ’ (Blitzingen), Schwarzsee ‘ der schwarze See ’ (FLNK, Birgisch; FLNK, Ferden; Leuk) und Trübensee ‘ der trübe See ’ (SK, Blitzingen; wohl identisch mit ts Trüebuti ‘ die kleine, trübe Gegend ’ (Niederwald)), Vordersee ‘ der Vordersee (Stausee auf Märjela) ’ (Fieschertal). Auf die Farbe bezieht sich auch der Sirwoltusee ‘ der Sirwoltusee (See, dessen Wasser trübe ist wie Molke) ’ (Simplon). Einige Namen enthalten ein Bestimmungswort auf / -er/ , das wohl ein ursprünglicher Genitiv Plural von Nutzern oder Besitzern ist. In einigen Fällen ist auch einfach die nahegelegene Alp oder Flur gemeint: der Bättmersee ‘ der (Stau)-)See auf der Bettmeralp ’ (Betten), ts Bätzlärseeli ‘ der kleine See im Gebiet der Bätzla ’ (Wiler), der Bruchersee ‘ der See beim Bruchi (kleiner Bruch) ’ (Naters), Geschinersee ‘ der See bei Geschinen (Gemeindename) im Rottental ’ (FLNK, Geschinen), der Goornersee ‘ der See beim Gornergletscher ’ (Zermatt), ts Imigerusee ‘ der See der Leute von Imine ’ (Hohtenn; der Ort befindet sich etwas tiefer), Lüsgersee ‘ der See auf der Alpe Lüsga ’ (FLNK, Naters), ts Müeterseeli ‘ der kleine See beim Gebiet Mutt (Hügel) / der Familie Mutter ’ (Oberwald), Wasmerseewji ‘ der kleine See auf der Wasenalp ’ (Ried-Brig). In einigen Fällen wird der Stausee als solcher benannt: der Stausee (Grengiols (zweimal), Zwischbergen), bim Stausee (Oberems), Stausee Gibidum ‘ der Stausee (der Massa) im Gebiet Gibidum (Böden (Kollektiv)) ’ (Bitsch, Naters, Ried-Mörel), Stausee Mattmark ‘ der Stausee Mattmark (umgedeuteter romanischer Name) ’ (Saas-Almagell), wobei das Bestimmungswort Stau aus dem Hochdeutschen übernommen wurde. Der grösste Teil der Komposita nimmt im Bestimmungswort Bezug auf die nächstliegende Alp oder Flur. Einige Belege: dr Aanusee ‘ der See auf der Aana (Alp bei Blatten) ’ (Blatten), der Faflärsee ‘ der See auf der Fafleralp ’ (Blatten), Fahsee ‘ der (Stau-)See im Gebiet Fa ’ (Zwischbergen), Finilusee ‘ der See beim Heuschober (im Finiltelli) ’ (FLNK Visperterminen; LT Findlesee), Fleschsee ‘ der See im Gebiet Flesch (Wasserstelle) ’ (Blitzingen), ts Fleschseewji ‘ der kleine See auf der Alpe Flesch (Wasserstelle) ’ (Binn) und viele andere mehr. Tiernamen oder davon abgeleitete Namen sind: ts Fischerseewji ‘ der kleine See, wo Fische gefangen werden ’ (Leuk), der Hobschulsee ‘ der Hopschelsee ’ (Simplon, See bei den Hobsche ‘ Gebiet mit Fröschen ’ ), der Lämmerasee ‘ der See auf der Alpe Lämmera ’ (Leukerbad), ts Mugguseewji ‘ der kleine See mit Mücken ’ (Leuk), der Buäbusee ‘ der See für die Buben ’ (Ferden) meint wohl einen See, in dem Buben gebadet haben. ts Müeterseeli ‘ der kleine See beim Gebiet Mutt (Hügel) (LT und FLNK Mutterseewji) / der Familie Mutter ’ (Oberwald) kann sowohl nach dem Flurnamen Mutt, wie nach dem FaN Mutter benannt sein. dr Üelisee ‘ der See, der zu Ulrichen gehört ’ (Ulrichen) übernimmt eine Kurzform der Gemeinde, zu der er gehört. Ein Baumname ist verteten in der Aarbsee ‘ der See mit Arven ’ (Gampel); sonst fehlen Baumnamen. Einen Sonderfall stellt Baggersee ‘ der Baggersee ’ (FLNK, Raron) dar, der heute auf LT Steineji See ‘ der See bei der Aue beim Weiler zum Stein ’ heisst. Komplexere Fälle sind der Fäudbachsee ‘ der See am Fäldbachgletscher ’ (FLNK, Binn), der Geisfadsee ‘ der See beim Geissfad (LT Geisspfadsee) ’ (Binn), ts Hockmatteseewji ‘ der kleine See, der zur Hockmatta (Wiese mit einem Höcker) gehört ’ (Binn), ts Chaltwasserseewji ‘ der kleine See beim Kaltwassergletscher ’ (Ried-Brig), ts Merezebachseewji ‘ der kleine See des Merezenbachs ’ (Münster), der Ober und der Unner Märetschisee (Agarn), sowie der damit identische der Ober und der Unner Märetschusee ‘ der obere und der untere See auf der Märetschi-Alpe (Sumpfgebiet) ’ (Leuk) und andere mehr. Umschreibungen sind: an der Eggu mim See ‘ an der Ecke beim See (wohl Umschreibung: zwischen Weiler Egga und See (Ausgleichsbecken) ’ (Simplon), Nufene bim See ‘ auf dem Nufenen(pass) beim See ’ (Ulrichen). Als Bestimmungswort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern vor: Bach, Bäärg, Biel, Bodu, Bord, Brunnu, Egg(a), Fäld, Flüö, Fura, Gassa, Gletscher, Haalta, Hooru, Licka, Lischa, Löuwina, Mad, Matta, Mettle - Mettja, Saass, Sattel, Schleif, Schluocht, Stafel, Stutz, Suon, Tal, Tola, Wald und Wang. Komplexer ist das mehrfach belegte Seebachtala (FLNK, Grächen), die Sebachtellen (1666, St. Niklaus), Seebachtillen (1732, Visperterminen), t Seebachtola (Visperterminen, zweimal), Seebachtulen (1802, Embd), alle ‘ Wasserrinne ’ . See 147 148 <?page no="79"?> Komplexere Fälle sind ts Seetalhoru ‘ das Seetalhorn (Gipfelname, oberhalb des Seetal) ’ (Grächen, Eisten), ts Seetaltreii ‘ der kleine Weg ins Seetal (Niedergestler Gebiet) ’ (Hohtenn) und Seetaltreiju ‘ der Weg ins Seetal (Niedergestler Gebiet) ’ (FLNK, Hohtenn) und t Obru und t Undru Seemattä ‘ die oberen und die unteren Wiesen beim See (Schwarzsee) ’ (Blatten) und andere. Als Genitiv erscheint das HL in Seewlisch Bord ‘ das Bord (Abhang, Böschung) des kleinen Sees ’ (Blatten), das dort auch Siiwlisch Bord heisst; nicht auszuschliessen ist jedoch, dass es hier nicht um den Grundsee geht, der sich in der Nähe befindet, sondern um den Übernamen eines Besitzers. am Seúisbiell ‘ am Hügel beim kleinen See (unklar) ’ (1717, Eggerberg) enthält wohl einen Genitiv Seewis ‘ des kleinen Sees ’ , kann aber wohl auch ein Besitzername sein. Rätsel gibt einerseits dr Kaffesee ‘ der Kaffee-See (laut Gwp. holten dort Hirten Wasser für Kaffee) (Ferden) und anderseits Seen mit zwei Namen wie Majingsee (LT, Leukerbad), der bei FLNK Hoslisee heisst (so auch bei R. G RICHTING 1993, Blatt 21, Nr. 17); während der erste Name von der Lage unterhalb des Majinggrabu herstammt, ist die Deutung des zweiten unklar. Es könnte sich um einen PN oder Übernamen handeln. Seeberger (FaN) Seeberger (FaN) ist ein FaN aus Österreich, der seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts in Kippel nachgewiesen ist (NWWB 1, 233). Der FaN ist nur belegt in t Seebärgersuän ‘ die Wasserleitung der Familie Seeberger ’ (Kippel). Seebinette Seebinette ist nur in Bratsch als t Seebinette (Plural) belegt. Laut Gwp. handelt es sich um eine Wasserfuhr; die Koordinaten fehlen. Es handelt sich wohl um eine Ableitung mit dem Suffix - ETA (Pl. - ETE ) (S ONDEREGGER 1958, 482 ff.) zu Sefina ‘ Sadebaum, J UNIPERUS SABINA ’ (I D . 7, 341). Die Aussprache von / b/ für / f/ ist in Bratsch möglich (im SDS 2, 157 s. v. blau nicht verzeichnet, aber für Feschel belegt). Die Deutung wäre dann ‘ (Wasserleitung) durch das Gebiet mit Sefine (Sadebaum, Juniperus sabina) ’ (cf. L AUBER / W AGNER / G YGAX 52014, 92 zu J UNIPERUS SABINA ). Die Schreibung lässt unklar, ob es sich um einen aus dem Deutschen oder aus dem Frankoprovenzalischen Namen handelt; im Register der HLL bleibt er deswegen unmarkiert. Seel Seel ‘ Seele ’ ist in fünf Namen belegt. Es ist zu schwdt. S ē l f. ‘ Seele ’ und wdt. Seel ‘ Seele ’ (I D . 7, 699 ff.; G RICHTING 1998, 187) zu stellen. Wieweit sich die Namen auf die Seele oder die Armen Seelen beziehen, die in den Oberwalliser Sagen eine grosse Rolle spielen, ist unklar (I D . 7, 710; TGNB 2, 2, 539). Von den vier Namen ist der Armuseelubrunnu ‘ der Brunnen / die Quelle der Armen Seelen ’ (Ergisch) am klarsten der Sage von den Armen Seelen (unerlöste Tote) verbunden. Vermutlich auch religiös zu verstehen ist der Seelenheilstúck ‘ das Grundstück für das Heil der Seelen ’ (1830, Obergesteln); ohne weiteren Kontext lässt sich das allerdings nicht belegen. Nach den Kommentaren der Gwp. ist wohl auch t Seelunplatzjini ‘ die kleinen Plätze für die Seelen ’ (Eggerberg) auf die Armen Seelen zu beziehen. Unklar blieben Selenvald ‘ der Seelenwald ’ (1437 Naters) und t Seelegga ‘ die Ecke für die Seele ’ (Baltschieder), zu denen es keine Deutungen gibt. Seematter (FaN) Seematter (FaN) ist der FaN Seematter, Sematter. Der FaN ist von FlN Seematte abgeleitet. Die Familie ist im Nikolaital belegt und blühte im 15. und 16. Jh. in Zermatt (AWWB 239). Belegt ist 1772 in Oberems Seematter Weiden ‘ die Weide der Familie Seematter ’ ; es scheint sich um einen Genitiv zu handeln, der als Adjektiv aus am Anhornen (beim Ahorn) folgt. Das 1762 in Embd belegte Semattero Brandt meint ein durch Feuer gerodetes oder verbranntes Stück Land der Leute, die Seematter hiessen. Seera Seera ist nur als t Seera (Zwischbergen) belegt. Auf SK steht Serra, auf LT und 1: 10000 Sera; Der Stausee heisst auf LT Sera Stausee. J ORDAN (2006, 329) kennt Seera, Hinnär där Seeru, Seeruchi, Seerusiita und Zobärscht zär Seeru. Er führt den Namen auf it. serra ‘ Engpass, Verschluss ’ zurück; D EVOTO / O LI (2020, 2047) kennen serra 2 als ‘ altura … che si protende in linea retta e senzo avallamenti (Höhe, die sich in direkter Linie und ohne Täler erstreckt) ’ , was sich hier kaum anwenden lässt. P ETRINI (1993, 124 s. v. sera) kennt den Flurnamen mit der Bedeutung ‘ Stauwerk für das Holzflössen ’ , auch ‘ Engpass, Engstelle ’ . Hinter der Staumauer ist das Tal sehr eng, wohl daher der Name. Seeser Seeser ist ein Adjektiv, eventuell ein alter Genitiv Plural ( ‘ der Leute von der Sesia ’ ) und nur in ts Seeserjoch ‘ das Joch Richtung Val Sesia ’ (Zermatt) belegt. es ist nach dem angrenzenden Val Sesia (Italien) benannt, dieses wiederum trägt seinen Namen nach dem Fluss Sesia, der bei O LIVIERI (1965, 321) auf ein lat. SESITEM zurückgeführt wird, wozu der Autor eine vorromanische Deutung vorlegt. 149 150 Seeser <?page no="80"?> Sefinu Sefinu ‘ der Sefistrauch ’ ist zu schwdt. Sefi m., n. ‘ Sade-, Sevenbaum, Juniperus sabina ’ , ahd. sivin, sevina (I D . 7, 341 f.; M ARZELL 2, 1094 ff.; L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 92) zu stellen. Das HL kann als Simplex im Singular oder Plural vorkommen und meint dann einen Ort, wo ein oder mehrere Sefisträucher wachsen. An einigen Orten werden Zweige davon als Palmen am Palmsonntag kirchlich gesegnet und verteilt. Belegt ist das Simplex im Singular in Zer Sefinu ‘ bei der Sefine (Juniperus sabina) ’ (FLNI, Zermatt). Häufiger ist der Plural die Säfine (1732, Brigerbad), in den Seffinen (1727, Zeneggen; Beleg von 1594 im Seffinot), t Sefine (Embd, Hohtenn). Ein attributives Adjektiv findet sich in t Waarmu Sefine ‘ das warme Gebiet mit Sefinen (Juniperus sabina) ’ (Niedergesteln); die Flur befindet sich auf der warmen Talseite oberhalb Niedergesteln. Ein vorangestellter Genitiv findet sich in in den Fa ᵉ rys Sa ᵉ uinen (1550, Hohtenn; 1550 u. später, Niedergesteln, 1550, Steg). Es handelt sich wohl immer um die gleiche Flur, wobei Niedergesteln spätere Belege hat (in die Versefinen (1626), an d Fers Seffinen (1627), in den Feres Sefinen (1678)), die zeigen, dass der PN F ÄRY den Schreibern wohl unklar war. Als Grundwort ist das HL nur in z Hoseuinun ‘ bei den hohen Sefinen (Juniperus sabina) ’ (1532 u. später, Raron), z Hoseuinun ‘ bei den hohen Sefinen (Juniperus sabina) ’ (1534, Niedergesteln) und - komplexer - als der Hosefitritt ‘ der Tritt bei den Hosefine (hohe Sefinen (Juniperus sabina)) ’ (Raron) belegt. Als Bestimmungswort kommt das HL in der Kurzform Sefi mit den Grundwörtern Acher, Balma, Biel, Egg(a), Stei und Tschugge vor. Längere Formen sind Sephinen Rús ‘ der Wasserlauf bei den Sefinen (Juniperus sabina) ’ (1816, Ausserberg) und der Savienen Matten ‘ die Wiese bei den Sefinu (Juniperus sabina) ’ (1712, Leuk); hier dürfte ein frpr. Form Savena ‘ Sabine, Juniperus sabina ’ (B RIDEL 1866, 346; B OSSARD / C HAVAN 2006, 179 s. v. Savenay) zu Grunde liegen. Einen Genitiv Plural des HL enthält Sefinero Waldt ‘ der Wald der Leute von Sefinen (Juniperus sabina) ’ (1667, Zeneggen). Eine neutrale Ableitung auf - ET / - OT (S ONDEREGGER 1958, 524 zu ahd. -ôdi / -ôti) liegt vor in ts Sefinot ‘ das Gebiet mit Sefinen (Juniperus sabina) ’ (Visperterminen), im Seffinot ‘ im Gebiet mit Sefinen (Juniperus sabina) ’ (1594, Zeneggen; 1727 in den Seffinen), im Sefinet ‘ im Gebiet mit Sefinen (Juniperus sabina) ’ (1668, Stalden). Wie der Beleg von 1646 im Seffinet cis et trans Vespiam ‘ im Gebiet mit Sefinen dies- und jenseits der Vispe ’ (Visperterminen) nahelegt, war das Gebiet direkt an der Vispe; heute sind dort auf LT Sevenett und Sefinot zu finden. Vermutlich gehören die beiden Nennungen in Stalden und Zeneggen hierzu. Zu vergleichen ist auch das HL S EBINETTE . Einen schwer zu deutenden Namen enthält ein Beleg von 1372 in Biel, wo das Land des Martini Jo ᵛ chs de Säfiun erwähnt wird. Es fragt sich, ob hier wirklich ein Sefinu gemeint ist (im Goms ist das HL sonst nie belegt), oder ob eine Form einer andern Gemeinde vorliegt, z. B. Safien im Bündnerland. Segg Segg f. kommt nur als t Segg (Termen) vor. Beschrieben wird die Flur als Steilhang östlich der Saflischhitta. Koordinaten fehlen. Wenn es sich um die bei M. S. ab und zu vorkommende Notation / k/ für die Affrikate / kx/ handelt, liegt ein Plural zum Singular Sack m. ‘ eingefangenes, sackartiges Gebiet ’ vor (Z INSLI 1984, 580 mit Verweis auf I D . 7, 617 Anm. und HL S ACK ). M. S. hat als Lötschentaler Mühe mit der velaren Affrikate, die dort häufig nur als Fortis erscheint (vgl. SDS 2, 95 f. drücken für WS 6 und 7). Z INSLI (1984, 533 f.) interpretiert Sagga in Niel (zu Issime) als Plural von Sagg ‘ Sack ’ , sieht also ebenfalls eine Fortis statt Affrikata vor. Eine andere Deutung kann nicht gegeben werden. Sei Sei m. ist laut I D . zu schwdt. Sei(j) f., m. Sei(j)e n m. ‘ Schätzung der Ertragfähigkeit einer Alpe, nach dem Futterbedarf bemessen, den eine Kuh zur Sömmerung nötig hat ’ (BO), ‘ Benutzung des Gemeindegutes, der Bürgeralpen und der Allmende ’ (BO), auch das Recht dazu, Sei f. ‘ eine engere Burgerkorporation, welche seigenössig ist, d. h. am Sei-Gut Teil hat, welches eben wesentlich in Alpen und Weiden bestand ’ , aus dem rom., cf. mlat. sagium ‘ experimentum, examen, exagium in re monetaria ’ , it. saggio, zu lat. exagium, frz. essai etc. (I D . 7, 600 f.), schwdt. Seiji(n)g, Seijung f. ‘ die Schatzung der Alpen nach Kuhrechten nennt man in U W Bestuhlung, in A P Kuhrechtung, in BO Seyung ’ (I D . 7, 603) zu stellen. Belegt sind jm Saii (1666, Zwischbergen), im Sei (Visperterminen), wo aber ein quer laufender länglicher Wiesenstreifen so genannt wird, der Seig (1831, Goppisberg), Säÿig (1716, Ulrichen), der Sääig (Greich), der Sääjig (Martisberg). Die Belege im Goms (Typ Sääjig) passen zu I D . (7, 603) und bezeichnen als FlN wohl einfach die Allmein. Der historische Beleg aus Zwischbergen lässt sich nicht beurteilen, wird aber hier auch als Allmein gedeutet. Die Form aus Visperterminen wird von Gwp. analog zu Seimji ‘ kleine Säume, Ackerränder ’ (I D . 6, 943 s. v. Saum) Sefinu 151 152 <?page no="81"?> verstanden; diese Deutung ist volksetymologisch sinnvoll, etymologisch aber nicht haltbar. W IPF (1910) und Z IMMERMANN (1968) kennen den Namen nicht. Ob der Beleg aus Visperterminen zu I D . (7, 600 f.) gehört, ist darum unklar. Seich ts Seich n. ‘ das Eingesenkte, die Einsenkung ’ ist nur einmal belegt in ts Leng Seich ‘ die lange Einsenkung ’ (Törbel). Die Beschreibung ‘ Teil des Bodens oder der Decke zwischen zwei Binden ’ legt ein HL *Sänk nahe, das mit Staubschem Gesetz zu Seich wird. Am nächsten liegt das Verb sänke n ‘ senken ’ (I D . 6, 211). G RICHTING (1998, 188) gibt als Form des Saastals seichju für senkle ‘ richten (gerade) ’ . Die Homophonie mit Seich ‘ Harn ’ ist zufällig, kann aber bei sekundären Deutungen zum Tragen kommen. Weitere Belege fehlen wohl, doch hat Eisten 1309 den Beleg jm Senke, der jedoch eher zu Seng ‘ durch Sengen gerodetes Gebiet ’ zu stellen ist. Seick Seick ‘ Harn ’ ist zu schwdt. Seich m., amhd. seich m. ‘ Harn ’ (I D . 7, 138 f.) und wdt. Seik ‘ Urin ’ , m., seikke ‘ urinieren ’ (G RICHTING 1998, 188) zu stellen. Die Affrikata / kx/ kann im Walliserdeutschen an Stelle eines einfachen / x/ verwendet werden (z. B. röucke ‘ rauchen ’ ). In Flurnamen steht meist eher das Verb im Vordergrund (I D . 7, 141 ff.). Das in Oberwald belegte bine Pschissne Seicke ‘ bei den minderwertigen feuchten Stellen ’ erscheint auch als Bschissne Sicke (FLNK, Oberwald); beide HLL haben etwas mit feuchten Böden zu tun. t Eschelseika ‘ die Quelle, die Wasser führt, wie ein Esel, der uriniert ’ (Glis) enthält eine Fortis / k/ , die aber vermutlich von M. S. verschrieben wurde; es ist von einer Affrikata / kx/ auszugehen. Das Kompositum ist auch in I D . (7, 139 s. v. Esels-Seich ‘ Harn des Esels ’ ) belegt. dr Seickschleif ‘ der Schleif, wo die Pferde Harn liessen ’ (Ried-Brig) wird so nach der Beschreibung der Gwp. gedeutet; der Name kann auch als ‘ feuchter (Holz-) Schleif ’ verstanden werden (cf. HL S EICH ). Das 1503 in Naters belegte Seÿchwasserleitta ist wohl zu deuten als ‘ die nässende Wasserleitung ’ . ts (e)Rossseickgräbji ‘ der kleine Graben mit Wasser, das wie Rossharn fliesst ’ ist zu Ross-Seick (I D . 7, 140, s. v. Rossseich ‘ Rossharn ’ ) zu stellen. Eine Ableitung auf - ERA (S ONDEREGGER 1958, 471) ist in t Seick(e)re ‘ das Gebiet mit vielen kleinen Quellen (die wie Harn fliessen) ’ (Zermatt) belegt. Seil Seil ist zu schwdt. Seil, Seili n. wie nhd. ‘ Seil ’ aus Hanf o. ä. oder Metall, in Namen i. d. R. Hinweis auf Stellen, wo man Wildheu abseilte oder wo man ein Seil zwecks leichterer Begehung angebracht hatte; appellativisch auch für Luftseilbahn (I D . 7, 738 ff.). R ÜBEL (1950, 72) kennt Seili f. als ‘ Anbindestelle für Vieh im Stall ’ ; der Ort, wo es ‘ eingeseilt ’ wird. G RICHTING (1998, 188) verweist unter Seili auf ‘ Platz im Stall, Ordnung, Seilvoll ’ , letzteres etwa für Heu. I D . erwähnt Seili f. Abstraktbildung auf ahd. -î(n) zum Verb schwdt. seile(n) ‘ an einem Seil heraufziehen oder hinunterlassen ’ , z. B. Wildheu (I D . 7, 759 f.; URNB 3, 207 f.). Das mehrfach vorkommende Seilrichti ist wohl identisch mit Schnuer-Richti oder Faden-Richti (I D . 6, 463 f.), hier häufig als ‘ schnurgerade senkrecht abfallend ’ zu verstehen. Die Simplizia Seil und Seili fehlen in den Namen. Als Grundwort kommt Seil vor in Ober und Unner Draatseil ‘ oberes ’ und ‘ unteres Drahtseil ’ (beide Mund) für eine Einrichtung zum Holztransport. Unklar ist ts Draatseilbächji ‘ der kleine Bach, der einem Drahtseil folgt / der so gerade ist wie ein Drahtseil ’ (Ulrichen). Für Bäruseil (Eisten) fehlt eine vernünftige Deutung, es sei denn, es handle sich um eine phonetische Umdeutung von Bärusall (cf. HL S ALL ). Frosiil n. (Münster) gehört nach SDS (1, 112) ‘ Seil ’ hieher, der erste Teil ist wohl Fron ‘ Herr ’ , aber die Deutung bleibt unklar. Es könnte sich auch um Sil m. ‘ Zuggeschirr für Zugtiere ’ (I D . 7, 763 f.) handeln (hdt. Siele f. G R W B 16, 953 f.); Z INSLI (1984, 226, Anm. 612) verweist auf *silja ‘ lange Ackerstreifen ’ (RN 2, 313 ff.), was aus lautlichen und sachlichen Gründen kaum überzeugt. Am ehesten ergibt sich so etwas wie ‘ Gebiet wie ein Seil, das beim Frondienst verwendet wurde ’ . Als Grundwort kommt Seili vor in Summerseili (Greich, Ried-Mörel); anzunehmen ist, dass hier ein Ort gemeint ist, der einer Anbindestelle für Vieh im Sommer gleicht, also angenehm ist; hierzu gehört auch die Summerseilwasserleita ‘ die Wasserleite, die vom / zum Summerseili führt ’ (Ried-Mörel). Bei Schaafseilini (Ritzingen) geht die Deutung wohl in die Richtung eines Gebietes, in dem sich die Schafe gern aufhalten. Bei den Bestimmungswörtern ist zu unterscheiden zwischen den Bildungen mit Seilbaan (Hohtenn), Station Seilbahn (Leukerbad) und Seilbaastazjoo ‘ Station der Seilbahn Hannigalp ’ (Grächen) einerseits und mehreren weiteren Bildungen mit Seil, die jeweils unklar sind: Seilegga, Seilerrichti, Seilrichti, Seilfad, Seilloch, Seilschipfu, Seilmatte, Silacher und andere, sowie dem Seilschipfugräbji (Niedergesteln). Wie oben gesagt, ist Seilrichti und Seilerrichti als ‘ schnurgerade senkrecht abfallendes Gebiet ’ (Fels, Graben) zu verstehen. In anderen Fällen wie Seilfad und Seilloch sind schmale oder enge Stellen 153 154 Seil <?page no="82"?> gemeint, die die Form eines Seiles haben, oder bei der man ein Seil zum Durchkommen braucht. Doch sind diese Deutungen jeweils vorläufig. Gelegentlich könnte auch der FaN Seiler einen Einfluss haben. Seiler (FaN) Seiler (FaN) ist als FaN, auch Seyler, Seilers, Seylers geschrieben, belegt für drei Familien im Oberwallis ohne bekannten Zusammenhang (AWWB 238 f.). Der FaN kommt mehrfach vor: Seilerhütten ‘ die Hütten der Familie Seiler ’ (1866, Steg), ts Seilersand ‘ das Sandgebiet der Familie Seiler ’ (Täsch), Seilerweid ‘ die Weide der Familie Seiler ’ (Blitzingen) und die Seilerweide ‘ die Weide der Familie Seiler ’ (1927, Eischoll). Genitiv Singular ist belegt in Seilers Matte (1572, Niedergesteln) und ts Seilersch Räbe ‘ die Reben der Familie Seiler ’ (Visperterminen). Im Einzelfall kann es sich auch um die Berufsbezeichnung des Seilmachers handeln. Seischer Seischer ist nur 1676 in Salgesch als ÿ seischer ‘ im Felsengebiet ’ belegt. Laut Dokument handelt es sich um einen Weinberg. Wenn der erste Teil nach T AGMANN (1946, 78) zu sei > lat. saxum ‘ Fels ’ zu stellen ist, müsste der zweite Teil eine sonst unbelegte kollektive Form * SAXARIU ‘ das Felsgebiet ’ sein, die im Dialekt von Salgesch aus *scheiser zu seischer umgestellt worden wäre. Diese Deutung ist aber sehr unsicher. Seit Seit n. ist der Name eines früheren Weilers (auf der Dufourkarte Dörfli) von Selkingen. Die ältesten Belege für den Namen stammen aus dem 15. Jahrhundert, latinisiert als de Seyto (1428, Selkingen) oder de Seÿt (1433, Selkingen); auf der Landeskarte ist es als Zeit notiert, also wohl mit dem Artikel ts Seit zu Zeit verbunden. Daraus abgeleitet ist der Familienname Zeiter (cf. HL Z EITER (F A N)). Der Diphthong / ei/ ist alt; das einzige entsprechende deutsche Wort ist Seite ‘ Saite ’ (I D . 7, 1443); es gibt aber keinen Hinweis auf einen Ortsnamen dieses Typs. Näher liegend ist eine Ableitung zu frz. seyer ‘ mähen ’ (P IERREHUMBERT 1926, 570), aus lat. secare ‘ schneiden ’ , auch seiteur ‘ Mäher, Mannmahd ’ (P IERREHUMBERT 1926, 500). Romanische Namen sind im Goms selten und meist in älterer Form belegt; fehlende ältere Belege machen aber eine Plausibilisierung der Herleitung unmöglich. Der Name ist als Simplex Seit / Zeit für den ehemaligen Weiler belegt. Nur historisch erscheint Zeütt (1603, Ritzingen) mit einem hyperkorrekten Diphthong / eü/ . Die Ableitung Seiter / Zeiter bezeichnet die Zugehörigkeit oder die Herkunft der Besitzer aus Seit. Grundwörter dazu sind Bach, Biina, Bode, Brigga, Egg(a), Fura, Eie, Los und Wald. Komplexer ist Zeiterwaudwäg ‘ der Weg durch den Zeiterwald ’ . Nicht zu Seit als ehemaligem Weiler gehören zwei Namen, die unter diesem HL erscheinen: Seital (1599, Ritzingen) ist vermutlich ein Tal im Bereich von Unter- oder Oberaargletscher im Haslital (Berner Oberland). Seitmattu (1730, Steg) ist im Dokument als in der Seÿtmaten verzeichnet; es könnte sich auch um eine hochdeutsche Version von Sita ‘ Seite ’ handeln, doch gibt es dafür in Steg keinen weiteren Beleg. Selig (FaN) Selig oder Sellig (FaN) ist vermutlich ein FaN von Goppisberg. Belegt sind Seligi Turren ‘ der Turm der Familie Selig ’ (1770) und In Selligo Staffel ‘ auf dem Stafel der Familie Selig ’ (1822), mit der kollektiven - IG -Ableitung im Genitiv Plural. Die Karte 1: 10000 kennt dazu noch den Seligturmwald ‘ der Wald beim Turm der Familie Selig ’ (fehlt in der Datei), alle in Goppisberg. Vermutlich liegt schon dem Namen Selig eine - IG -Ableitung eines Kurznamens wie Sello (F OERSTEMANN 1, 1291) zu Grunde. Zu einem verwandten Flurnamen cf. HL S ÄLIG . Selisch (PN) Selisch (PN) ist nur 1675 in Guttet belegt als in Selischmatten. 1811 ist bezeugt in der Selis Matten, 1815 ÿn Sellisch Matten. Es handelt sich wohl um einen PN Seli im Genitiv mit der Bedeutung ‘ in der Wiese des Seli ’ . Es kann damit Sele n ‘ Kurzform des männl. Taufnamens Selest ī n Cölestin ’ (I D . 7, 737) gemeint sein. Seljeonjeur Seljeonjeur erscheint nur 1670 als Alternativname: in die Bouiri alias in Seljeonieur. Bowiiri ‘ Ochsenweide, Ochsenstall ’ ist bei M ATHIEU (2006, 41) gut belegt (cf. HL B OWIIRI ) und befindet sich auf rund 1650 m. G. P ANNATIER (p. c.) vermutet, dass der Name zu mfr. seillon (FEW 11, 417) ‘ tranchée qu'ouvre dans la terre le socle de la charrue ’ (der Graben, den der Sockel des Pfluges in der Erde hinterlässt), das seinerseits zu *selj- (ev. keltisch) mit unklarer Herkunft und Bedeutung gehört (FEW 11, 416 ff.). Die Form enthält wohl eine weitere lokalisierende Ableitungssilbe wie - ATORIA (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288); da afr. sellon auch einfach ‘ ein Stück Land ’ heisst, dürfte der Name wohl einfach als ‘ das Stück (pflügbarer? ) Boden ’ verstanden werden. Die Schreibweise legt auf jeden Fall nahe, dass der Sinn des Ganzen nicht vollständig klar war. Selkige Selkingen (dial. Selkige oder Seukige) ist ein ursprünglicher Gemeindenamen, der als Siedlungsname aus einem ahd. PN und dem Patronymikalsuffix - INGEN ent- Seiler (FaN) 155 156 <?page no="83"?> standen ist. Die ursprüngliche Form des zu Grunde liegenden PNs kann nicht sicher bestimmt werden, da entsprechende historische Belege fehlen. Der Vorschlag von S TUDER (1896, 230), den Namen zu ahd. salahi ‘ Weidegebüsch ’ zu stellen, scheint unwahrscheinlich, da sich das Suffix - INGEN i. d. R. mit einem ahd. PN im ersten Glied verbindet. Der u. a. von B RUCKNER (1945, 107) angenommene Zusammenhang mit den -ingen-Namen der deutschen Schweiz ist nicht gegeben, da das kollektive Suffix - ING im Oberwallis bis heute lebendig ist. Die historischen Belege schwanken zwischen Selgingen (1374) und Selkingen (1376); der Name müsste Selgo oder Selko gelautet haben; hierzu passt der ahd. Personenname Salicho oder Selke bei F OERSTEMANN (1, 1291). Die ehemalige Gemeinde Selkingen fusionierte am 01.10.2000 mit Biel und Ritzingen zur neuen Gemeinde Grafschaft, die ihrerseits 2017 in der Gemeinde Goms aufging. Neben dem früheren Gemeindenamen Seukige (Selkingen) sind Adjektive (oder ursprüngliche Genitive Plural) vertreten: Selkiger Eije ‘ die Auen der Leute von Selingen ’ (FLNK, Selkingen), der Seukigerbach ‘ der Bach, der aus dem Bieliger Tal noch Selkingen fliesst (auch ‘ Walibach ’ ) ’ (Biel), auf dem Selkiger Boden ‘ auf dem zur Gemeinde Selkingen gehörenden Boden ’ (1826, Selkingen), am Selgigerberg ‘ am / im Berg, der zu Selkingen gehört ’ (1620 u. später, Selkingen), zem Seukiger Chäuer ‘ beim (Käse-)Keller der Leute von Selkingen ’ (Selkingen), in der Selckiger Grúeben ‘ in der Selkinger Grube (Grube von Selkingen) ’ (1810, Selkingen), Selgingerrun … Los ‘ das Los der Leute von Selkingen ’ (1394, Selkingen), Selkiger=Bach ‘ der Bach, der zu Selkingen gehört ’ (1851, Selkingen), ts Seukigertau ‘ das Selkiger Tal (auf LT auch Bieligertal), durch das der Selkigerbach (auch: Walibach) in den Rotten fliesst ’ (Selkingen), der Seukigerwaud ‘ der Wald, der zu Selkingen gehört ’ (Selkingen). Selkun (PN) Selkun (PN) ist nur in an der Selkun Mattun (Zeuge eines Dokumentes von 1302 in Mörel) belegt. Es handelt sich wohl um einen PN im Genitiv, wobei vermutlich Selko gemeint ist. F ÖRSTEMANN (1, 1291) kennt Salecho oder ähnlich (cf. HL S ELKIGE ). Selle Selle ist die Bezeichnung eines Gipfels (3842 m) auf der LK in St. Niklaus. Der Name ist wohl zu it. sella f. ‘ Sattel ’ zu stellen, hier zur Bezeichnung eines Bergsattels (URNB 3, 218 mit Verweis auf lat. und auf RN 2, 308). I D . (7, 711 s. v. Sell I) kennt das Lemma nur für Obersaxen, doch ist Sella als Bergname durchaus bekannt (vgl. P ETRINI 1993, 124). Da auch frz. selle (FEW 11, 418 ff. s. v. sella stuhl) aus dem Frz. oder Frpr. möglich ist, wird das HL nicht markiert. Sellingen Sellingen ist nur 1397 in Naters als zen Sellingen ‘ bei den Sellingen ’ belegt; laut Dokument befindet sich die Flur in exteriori Aletz ‘ im äusseren Aletsch(i) ’ . Der Flurname erscheint später so nicht mehr. Von der Lage her ist der Pflanzenname Selliga (I D . 7, 738) gemeint, der auf G ESNER zurückgeht. Belegt ist in der Schweiz nur N ARDUS STRICTA ‘ Borstgras ’ (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1492), das in dieser Höhe wachsen kann. G ESNER erwähnt Nardus Celtica vel Gallica, das so nicht mehr belegt ist. Zu vergleichen ist auch Seliung ‘ Magdalenenkraut ’ (G R W B 16, 537). Sellun Sellun kommt nur historisch als Bestimmungswort in Sellunmatta (1430, Törbel) vor. Ohne Kontext ist nicht sicher zu erklären, welches Lemma zu Grunde liegt. Am ehesten kommt Sella ‘ Türschwelle ’ (cf. HL Z EL und I D . 7, 711 ff., auch V. S CHMID 2003, 179) in Frage, doch ist diese Deutung sehr unsicher. It. sella ‘ Sattel ’ liegt eher fern, ebenso Frz. selle ‘ Stuhl ’ (cf. HL S ELLE ). Seltin Seltin ist 1699 in Mörel als das Seltin Morgiae belegt. Es handelt sich um ein Diminutiv, wohl zu Sall (cf. HL S ALL ). Auch hierzu gehört zum Selti (Visperterminen), das unter dem HL S ALL aufgeführt ist. In Steg ist t Sältimattä ‘ die Sälti-Wiese (unklar, wohl Bachname) ’ belegt. Die ältesten Belege sind: 1310 Saltan Matta, 1369 Saltenmatta, 1427 Saltunmatta. Erst 1507 erscheint jn den Seltinmatten, später sind beide Formen belegt. Saltana (1299 u. später, Steg) ist in Steg belegt; unklar ist, ob es sich um das Gut des Weibels (Salten) handelt, oder um einen Bach. Ähnlich unklar ist Kriz Selti Matte (1840, Steg), das als pratum ‘ Wiese ’ bezeichnet wird. Ob ‘ das Wegkreuz in der Sältiwiese (Wiese beim Gebiet Sälti) ’ die Bedeutung wiedergibt, ist unklar. Falls Saltana tatsächlich zu Salter (Weibel, frz. Sautier) zu stellen ist, dürfte der Bachname (aus Säältina bei Brig/ Glis abgeleitet) unzutreffend sein; insgesamt ist das HL S ELTIN aber unklar. Senf Senf m. ist nur einmal als Bestimmungswort im Gipfelnamen Senfspitze (LT), Senfspitza (FLNK) (Fieschertal) belegt. Laut K. H AUSMANN / B. R ATHMAYR (Eiger) ( 10 2010, 513) vom Erstbesteiger nach den ockergelben Felsen so benannt, also ‘ die senffarbene Spitze ’ . 157 158 Senf <?page no="84"?> Seng Seng ist zu schwdt. Sang ‘ Sangen ’ , ‘ Sengen ’ , das in Flurnamen häufig ist (I D . 7, 1187 f.). zu stellen. Sengen ist eine Form des Rodens durch das Abbrennen von Bäumen. Es sind gut 80 Belege vorhanden. Das Simplex ist als der Seng ‘ das durch Sengen gerodete Gebiet ’ (Geschinen), unnerm Seng ‘ unter dem Seng ’ (Geschinen), ts Seng ‘ das durch Sengen gerodete Gebiet ’ (Ernen, auch FLNK; LT Sengg) (Ernen), ts Sengg ‘ das duchr Sengen gerodete Gebiet ’ (Naters; LT und FLNK Seng), zum Sengg ‘ im Sengg (durch Sengen gerodetes Gebiet) ’ (Saas-Balen; FLNK Seng, LT Sengg, SK Im Seng), Sengg (Simplon, auch LT Sengg und SK Seng) ‘ das durch Sengen gerodete Gebiet ’ und andere mit historischen Belegen vertreten. Zweisilbig ist ts Sengä ‘ zum durch Sengen gerodeten Gebiet ’ (Kippel) und jm Senke ‘ im durch Sengen gerodeten Gebiet ’ (1309, Eisten). Ein Plural erscheint als t Sengge ‘ in den durch Sengen gerodeten Gebieten ’ (Staldenried, auch FLNK und LT; SK Seng). Diminutive sind belegt als im Sengÿ ‘ im kleine, durch Sengen gerodeten Gebiet ’ (1831, Ried-Mörel; alternative Lesung wohl falsch), jm Sengi ‘ im kleinen, durch Sengen gerodeten Gebiet ’ (1618, Binn), Sengji ‘ das kleine, durch Sengen gerodete Gebiet ’ (Eisten), ts Senngi ‘ das kleine, durch Sengen gerodete Gebiet ’ (Visperterminen, FLNK Senggi), im Sendgi ‘ im kleinen, durch Sengen gerodeten Gebiet / im kleinen Sandgebiet ’ (1750, Niedergesteln) und der Plural t Sengjini ‘ die kleinen, durch Sengen gerodeten Gebiete (Ortsteil von Baltschieder) ’ und weitere. Mit / ä/ sind belegt: im Säng ‘ im durch Sengen gerodeten Gebiet ’ (1843, Bitsch) und ts Sängg ‘ das durch Sengen gerodete Gebiet ’ (Eischoll). Dass auch / ä/ auftreten kann, hängt mit der Verteilung von / e/ und / ä/ vor / n/ zusammen. Mit attributiven Adjektiven sind belegt: ts Hinner Sängg ‘ der hintere Teil des durch Sengen gerodeten Gebietes ’ (Eischoll), Chlei Sengi ‘ das kleine, durch Sengen gerodete Gebiet (unterhalb von Seng) ’ (FLNK, Saas- Balen), ts Ober Sengg ‘ der obere Teil des durch Sengen gerodeten Gebietes ’ (Grengiols), t Ober und t Under Sengga ‘ das obere und das untere durch Sengen gerodete Gebiet ’ (Wiler, FLNK Obri und Undri Sengga), im Obren und im Úndren Seng (im oberen und im unteren Teil des durch Sengen gerodeten Gebietes ’ (1736 u. später, 1738, Naters), t Obru und t Undru Sänggini ‘ der obere und der untere Teil der kleinen, durch Sengen gerodeten Gebiete ’ (St. Niklaus; FLNK Ober und Unner Sänggini), Unner Seng ‘ der untere Teil des Sengg (durch Sengen gerodetes Gebiet) ’ (FLNK, Saas-Balen), ts Unner Sengg ‘ der untere Teil des Sengg (durch Sengen gerodetes Gebiet) ’ (Simplon) und ts Unner Sengg ‘ der untere Teil des durch Sengen gerodeten Gebietes ’ (Grengiols) sowie ts Änner Sängg ‘ der jenseitige Teil des durch Sengen gerodeten Gebietes ’ (Eischoll). Als Grundwort ist das HL nur in t Mosssenngi ‘ das kleine, durch Sengen gerodete Gebiet auf der Moosalpe ’ (Törbel) belegt. Als Bestimmungswort kommt das HL mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita vor: Alpa, Bach, Bodu, Bord, Chännel, Egg(a), Fad, Flüö, Gartu, Guppa, Grabu, Haalta, Joch, Licka, Matta, Rufina, Spitz, Suon, Tal, Wald, Wäg, Wasser und Wild. Komplexere Konstruktionen sind als der Ober und der Unner Sengbodu ‘ der obere und der unter Boden oberhalb Sengg (durch Sengen gerodetes Gebiet ’ (Saas-Balen), der Ober und der Unner Senggiwald ‘ der ober und der unter Teil des Senggiwaldes (Wald oberhalb des Senggi) ’ (Grengiols) und andere mehr. Eine Form mit sog. Rückumlaut zum Verb be-sengen ist t Psanngta ‘ die Versengte (Stelle) ’ (Ausserbinn). Hierzu gehören auch di Bsanggthaalte ‘ die versengte Halde ’ (Betten) und am Bsangt ŭ n Biel ‘ am versengten Hügel ’ (1587, Ried-Mörel). Ohne das Verbpräfix / be-/ ist jn der Sangen Matten ‘ im der versengten Wiese ’ (1736, Goppisberg) belegt. Senntum Senntum, im unteren Oberwallis auch Sänntum, ist zu schwdt. Sennt ŭ m, wdt. Senntum, Senntem (Goms), Sänntum n. (im Oberwallis nur n.) ‘ Herde Kühe unter der Aufsicht von Sennen von unbestimmter Anzahl ’ , ‘ eine Herde Vieh, vorzugsweise Milchvieh oder Kühe auf einer Alp mit Sennhütte, Sennen, Hirten und Zubehör; überhaupt alles, was zu der oder auf die Alp während eines Sommers gehört ’ , ‘ Alp; Melkviehalp, Gemeindealp ’ , ‘ Sennereigenossenschaft; gemeinsame Sennerei ’ , ‘ der Ertrag je einer Alp an Milchprodukten, spec. Käse ’ , ‘ Aufenthaltsort auf einer Alp ’ (I D . 7, 1007 ff.; G RICHTING 1998, 188) zu stellen. In den Namen stehen Alpen und Hütten, in denen Sennen ihren Aufenthalt hatten, im Vordergrund. Senntum ist eine Ableitung mit dem Suffix - TUM zum Nomen Senn / Sänn in der Bedeutung ‘ Bereich des Sennen ’ (wie Fürstentum als ‘ Bereich des Fürsten ’ ). Das Simplex Senntum n. ist belegt in Baltschieder (auf ca. 1400 m), Staldenried und Visperterminen (hier bei FLNK auch Sänntum) und Sänntum n. in Albinen, Embd und Ergisch. Attributive Adjektive geben vor allem die relative Lage an: ts Foder Sänntum ‘ das vordere Senntum ’ (Oberems), ts Inner Sänntum ‘ das innere Senntum ’ (Oberems), ts Inner Senntum ‘ das innere Senntum ’ (Baltschieder, Mund), ts Ober Sänntum ‘ das obere Senntum ’ (Unterbäch), ts Ober Senntum ‘ Visperterminen ’ , ts Unner Sänn- Seng 159 160 <?page no="85"?> tum ‘ das untere Senntum ’ (Unterbäch), ts Unner Senntum ‘ das untere Senntum ’ (Visperterminen), ts Üsser Sentum ‘ das äussere Senntum ’ (Baltschieder, Birgisch, Mund). Eine Reihe von ursprünglichen Familiennamen (die nicht heutigen Besitzern entsprechen) im Genitiv Plural finden sich im Binntal: jn Bognero Senthumb ‘ im Senntum der Familie Bodmer ’ (1573 u. später, ab 1634 in Bodtmero Senthum), in Claúsigen Senthum ‘ im Senntum der Familie Clausen ’ (1601 u. später), in Dietzigo Sentum ‘ im Senntum der Familie Dietzig ’ (1607 u. später), in Fintschigo Sentum ‘ im Senntum der Familie Fintschig ’ (1581 u. später, hieher gehören auch Fintzschigo und Füeschigen), in Hoffero Sentu ᵕ mb ‘ im Senntum der Familie Hofer ’ (1653 u. später), in Holtzero Sentumb ‘ im Senntum der Familie Holzer ’ (1625 u. später), Jennigo Senthúmb ‘ im Senntum der Familie Jennen ’ (1576 u. später), in Schinero Sentum ‘ im Senntum der Familie Schiner ’ (1610 u. später), Sÿberen Senthu ᵕ mb ‘ im Senntum der Familie Siber ’ (1655 u. später), in Zampiggen Sentum ‘ im Senntum der Familie Tschampen ’ (1672 u. später) und Wellschigo Senthúmb ‘ im Senntum der Familie Welschen ’ (1584 u. später). In einem Dokument von 1685 sind diese dreizehn Senntume mit ihren Namen erwähnt: Glausigen, Schineren, Schmidigen, Siberen, Tschampigen, Welschigen, Holzeren, Eggeren, Bodmeren, Hoferen, Jennigen, Diezigen et Fünschigen. Eggeren fehlt in unserer Übersicht; die Alpe ist als in Eggeren Sentum (1691, Ritzingen) belegt; es dürfte sich aber kaum um das gleiche Senntum handeln. Weitere Komposita mit dem HL als Grundwort sind das Baltschiederthal Sentu ᵕ m ‘ das Senntum im Baltschiedertal ’ (1866, Baltschieder), das Tschorrsenthum (1729) ‘ das Senntum der Alpe Tschorr (Felsvorsprünge) ’ sowie ts Gross Geisssäntum ‘ das grosse Senntum für die Ziegen ’ und ts Chleingeisssänntumji ‘ das kleine Senntum für die Ziegen ’ (beide Visperterminen auf ca. 1750 und 1900 m). Das HL verbindet sich als Bestimmungswort mit zweigliedrigen Komposita mit den Grundwörtern Bach, Bodu, Biel, Graat, Hitta, Läger, Matta, Stadel, Tola und Wald. Komplexere Konstruktionen sind: der Ober und der Unnersäntumfärich ‘ der Pferch auf dem oberen und dem unteren Senntum ’ (Visperterminen), der Ober Säntumstafil ‘ der Stafel der Alpe Ober Senntum ’ (Ergisch) und andere. Ein Sonderfall ist die Form der Sännihubol ‘ der Hügel beim Senntum ’ (Visperterminen), der laut Gwp. die Grenze zwischen den Alpen Stafel und Senntum bildet. Sennu Sennu oder Sännu kommt als Simplex nicht vor; ein vermutlicher Diminutiv ist in Sennje (FLNK, Zermatt) belegt. Das auslautende -je ist in Zermatt als Diminutiv zu deuten, doch gibt es keinen Hinweis auf das Gebiet eines Sennen. Da sich nicht weit davon ein Flurname zum See befindet, kann ein Zusammenhang nicht ausgeschlossen sein. Die übrigen Belege betreffen ein Bestimmungswort zu schwdt. Senn, Senno m., Pl. Sen(n)e n , Sen(n)u n , Dim. (verächtlich) Senni, Sennli ‘ Haupt der (mindestens aus zwei, in Grossbetrieben 6 - 15 durchweg männlichen Personen bestehenden) Älplerfamilie und Betriebsleiter einer (meist genossenschaftlichen) Sennerei auf einer Alp, dessen besondere Aufgabe die Butter- und Käsebereitung bildet ’ , auch als FaN (I D . 7, 1000 ff.) belegt. G RICHTING (1998, 188) kennt Senne, Sennä (Goms), Senna (Mattertal), Sennu (Saastal), Sännu. Dazu ist die Ableitung schwdt. Senner ī , Sennerei f. ‘ Sennengewerbe, Hirtenwesen ’ , ‘ Kollektiv dessen, was zu einer Alpwirtschaft gehört ’ , ‘ Wirtschaft des Sennen, spec. die Sennhütte, Käserei ’ und wdt. Senneri, Sännärii ‘ Sennerei ’ (I D . 7, 1006; G RICHTING 1993, 1800) zu betrachten. Im Oberwallis ist ausser dem schon erwähnten Sennje ‘ das kleine Senntum ’ (Zermatt) nur das HL als Bestimmungswort überliefert in zweigliedrigen Komposita zu den Grundwörtern Hitta, Hüs, Platz, Schiir, Schluocht, Tätsch und Wäg. In Grächen ist Sänneriistraass erwähnt, wobei die Rede davon ist, dass dies ein Dorfteil von Grächen ist, wo sich früher die Sennerei (= Molkerei) befand. Senty Senty ist nur 1435 in Albinen in sub saxo sentýmarýz ‘ unter dem Felsen des Heiligen Moritz ’ belegt (cf. HL M ORITZ ). Die Annahme, dass es sich um die heilige Maria handelt (G. P ANNATIER , p. c.), ist wohl falsch. Senty ist zu sanctus ‘ heilig ’ (FEW 11, 149 f.) zu stellen.; vgl. hierzu auch M EYER (1910,170 s. v. SANCTU ). Zu anderen Verwendung vgl. HL S ANT . Sentz Sentz n. ist mehrfach historisch in Visperterminen belegt als das Sentz (1519). Es scheint sich um eine Kurzform des PN Crescens zu handeln (I D . 7, 1220) und meint dann wohl ‘ das Gut des Crescens ’ . Serag Serag ist nur im Plural als t Serak (Oberems) belegt. Es handelt sich um das frz. sérac ‘ Eisturm ’ , das hier auf den Turtmanngletscher angewandt wurde. Das Etymon wird nach FEW (11, 494 ff. s. v. ser ā ceum zieger) auf das Wort für Zieger zurückgeführt, das nach S. 495 auch als ‘ grande masse de glaces plus ou moins compactes (grosse Menge von Eis, die mehr oder weniger kompakt sind) ’ (H. B. DE S AUSSURE ) verstanden wurde. 161 162 Serag <?page no="86"?> Serggen Serggen ist nur 1658 in Mund als auff der Serggen belegt. Der Beleg zeigt das Genus Feminin und spricht von einem Stück Acker. Das HL ist sonst nicht belegt. Eine Deutung ist darum nicht möglich. Sero Sero m. ist nur belegt in der Sero (Leuk) und t Seroleisi ‘ der Weg zum Sero ’ . Laut Beschreibung handelt es sich um den Ort, wo das Kanalwasser in einem Tunnel verschwindet. Es scheint sich um eine Entlehnung aus dem Frz. zu handeln; lautlich am nächsten liegt zéro ‘ Null ’ (I D . 7, 1269, s. v. Sero); die Deutung ‘ Null im Rechnen ’ trifft jedoch kaum zu, hingegen könnte ‘ der Nullpunkt ’ des Kanals gemeint sein. Serra Serra ist der lateinische Terminus für ‘ Sägerei ’ . Belegt ist es in prope serram ‘ bei der Sägerei ’ (1723, Albinen; 1721 Varen) und in einem Beleg von 1527 in Visp “ vbi antiquitus fuit molendium et serra situm Vespie ” (wo früher eine Mühle und eine Sägerei waren, gelegen in Visp). Dieser letztere Beleg ist ziemlich sicher rein appellativ, also kein Name. Die ersten zwei sind unsicher. Vermutlich ist aber nirgends ein Name gemeint, vgl. zum Ganzen auch FEW (11, 524 s. v. s ĕ rra säge). Die übertragene Bedeutung für ‘ Berggrat ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 252) ist nicht belegt. Sert Sert ist nur in Albinen 1333 als en len sert ‘ beim gerodeten Land ’ belegt. Vermutlich handelt es sich um eine Form von frz. essart, patois èsè ̩ r ‘ gerodetes Land ’ (G PSR 6, 711 s.), das hier um 1333 als en len sert wiedergegeben wird. Es ist wohl zu en l'essert ‘ beim gerodeten Land ’ zu stellen. Serze Serze ist nur belegt als Alpname üf Serze und in der Komposition Serzestafel (FLNK) ‘ der Stafel der Alpe üf Serze ’ (beide Oberwald). Der Name ist unklar. Sewal Sewal ist nur belegt in die Sewal Oya ‘ die Aue des Sewal (PN? ) ’ (1348, Blitzingen). F ÖRSTEMANN (1, 1313) kennt Sebald (vgl. auch I D . 7, 39) und Sewald. Beide PNN sind sonst nicht belegt. Der andernorts belegte Flurname der Sewaldt ‘ Seewald ’ (1656, Blatten) ist in Blitzingen nicht belegt; das HL S EE ‘ See ’ kommt nur auf den Alpen vor, während der Flurname sich auf ein Stück Land am Rotten bezieht. Insgesamt kann Sewal nicht sicher gedeutet werden. Sewer (FaN) Sewer (FaN) ist der FaN Sewer, auch Seewer, Name einer alten Familie des Bezirks Leuk, die dort noch besteht und von Visp stammen soll (AWWB 238). Belegt sind die Genitive juxta siluam Sewero ‘ beim Wald der Familie Sewer ’ (1448, Zermatt) und Sewero Wasserleytun ‘ die Wasserleitung der Familie Sewer ’ (1448, Zermatt). Nur lebend belegt ist Seewerwald ‘ der Wald der Familie Sewer ’ (FLNK, Leuk). im Sewitzacher ‘ im Acker der Familie Seewer ’ (1676, Münster) ist etwas unsicher; es handelt sich wohl um einen Genitiv Singular zu einer umgangssprachlichen Form ts Sewi ‘ der Angehörige der Familie Sewer ’ . Seynti Seynti ist nur 1360 als la seynti leyz ‘ der breite Pfad ’ (Leuk) belegt. Seynti ist zu Sendey, Sendi, Sendier, Sendeley: Sentier < lat. s ĕ m ī ta fussweg, pfad (FEW 11, 440 f.; B OSSARD / C HAVAN 2006, 204) zu stellen. Sggiena Sggiena ist nur als t Sggiena ‘ der (Fels-)Rücken ’ (Zwischbergen, LT Schiena, FLNK Schgiena) belegt. J ORDAN (2006, 384) kennt Schgéna, als Variante Schgjéna (so auch 1: 10000) und leitet ihn aus it. schiena ‘ Rücken ’ (D EVOTO / O LI 2020, 1984 s. v. schiena) ab, so auch die Gwpp. von M. S. In Flurnamen meint it. schiena f. ‘ rundliche Bergerhebung, Wasserscheide zwischen zwei Abhängen ’ (D E- VOTO / O LI 2020, 1984, Bed. 2). Sibem Sibem ist nur als t Sibem Eggä ‘ die sieben Ecken ’ (Kippel) belegt. Die Form Sibem für Sieben ist einer regressiven Assimilation zu verdanken, die ein / m/ aus einem / n/ nach einem / b/ veranlasste. FLNK hat hier Sibeneggä. Die Deutung wäre also ‘ die sieben Ecken ’ . Vgl. aber Nr. 38610 Sidenbobm. Siber (FaN) Siber (FaN) ist ein FaN ursprünglich aus Ernen, auch Syber geschrieben (AWWB 240), bezeugt auch in Binn. Belegt ist der Name laut den folgenden Namen auch in Bellwald, Filet und Grengiols. Die Belege sind: Sibern ‘ der Familie Siber ’ (1720; Ernen), hier wohl Genitiv Plural, dann Genitiv Singular beÿ Sibers Haús ‘ beim Haus der Familie Siber ’ (1693, Filet), weitere Genitive Plural sind Siberen Sentum ‘ das Senntum der Familie Siber ’ (1655 u. ö., Binn) und Sibere Stafu ‘ der Stafel der Familie Siber ’ (Binn). Als Komposita kommen vor: ts Siberschiirli ‘ die kleine Scheuer der Familie Siber ’ (Grengiols), der Siberacher (1824, Bellwald) Serggen 163 164 <?page no="87"?> und ts Siberblati ‘ die kleine Platte der Familie Siber ’ (Bellwald). Sibilia (PN) Sibilia (PN) ist nur 1802 in Oberems als a ŭ f Sibilÿen Matten ‘ auf der Wiese der Sibilia ’ belegt. Der PN ist zu Sibille n (I D . 7, 62 f.) in der Bedeutung 1 b) weiblicher Taufname ‘ Sybilla ’ zu stellen. Sibneten Sibneten ist nur belegt als jn den Sibneten ‘ im siebenten Teil des Gebietes ’ (1658, Glis), lokalisiert als vltra stratam regiam versus Rhodanum ‘ jenseits der Landstrasse gegen den Rotten zu ’ . Zu Grunde liegt wohl die Zahl s ĭ be ‘ sieben ’ (I D . 7, 46 ff.; zu Orts- und Flurnamen 57), hier genauer zu sibunt (I D . 7, 57). Gemeint ist wohl der siebente Teil des Gebietes. Der Gemeindename Siebnen wird im SZNB (4, 433 f.) auf Siebeneich zurückgeführt. Sichja Sichja f. ist nur als t Sichja (Bürchen; LT Sichja) erwähnt. Beschrieben ist der Ort als ‘ Sichelförmige Vertiefung im “ Heiminugrad ”’ . Der Name ist zu schwdt. Sichle n f. ‘ Sichel ’ , übertragen auf Dinge von ähnlicher Form, ahd. sihhila, mhd. sichel und wdt. Sichja, Sichla (Goms und Lötschtal), Sichju ‘ Sichel ’ (I D . 7, 186 ff.; G RICHTING 1998, 188) zu stellen. Die Vertiefung wird metaphorisch als Sichel bezeichnet; die Palatalisierung von / l/ zu / j/ ist üblich (R ÜBEL 1950, 13). Sicht Sicht f. ist nur in Üssichtspunkt ‘ der Ort, von dem aus man eine schöne Aussicht hat ’ (FLNK, Zeneggen) belegt. Es gehört zum Nomen Üssicht, das in I D . (7, 247, bes. 2.) als ‘ Aussicht ’ bezeugt ist. Aus Gründen der Konsistenz wurden hier die HLL S ICHT und Ü S getrennt. Das Fugens (kein Genitiv, da feminines Genus! ) entspricht dem Hochdeutschen. Sicka Sicka f. ‘ das sumpfige Gebiet ’ ist zu schwdt. Sücke(n) bzw. Sügge(n), Sicke(n) (Sicka) f. ‘ durchsickerndes Wasser, z. B. aus einer Wasserleitung ’ , ‘ mit Wasser durchsetzte, sumpfige Stelle, Pfütze, Wasserlache ’ (I D . 7, 685 f.) zu stellen. G RICHTING (1998, 189) kennt nur die Ableitung Sikkete (m. Varianten) ‘ Sumpfgegend, Morast ’ . Das in SZNB (4, 432) erwähnte Sicke ist laut dem Beleg aus dem 13. Jahrhundert nicht entrundet und kann deswegen kaum zum hier behandelten HL gestellt werden, wenn die Rundung laut I D . anzunehmen ist; anders das in URNB (3, 220) erwähnte Sicke. Das Simplex im Singular ts Sick ‘ die Alpe Sick ’ (Grengiols) begründet ein Namennest mit Sickerchäller ‘ der (Käse-)Keller der Alpe Sick ’ , der Sickeregale ‘ der Grasrücken bei der Alpe Sick ’ , der Sickergrabe ‘ der Graben bei der Alpe Sick ’ , der Sickerschäre ‘ die Schutzhütte auf der Alpe Sick ’ und ts Sickimoss ‘ das sumpfige, feuchte Gebiet auf der Alpe Sick ’ (alle Grengiols). Nicht direkt zur Alpe Sick, aber zu Grengiols gehören ze Sicke ‘ bei den sumpfigen, feuchten Böden ’ und ts Sickalpji ‘ die kleine sumpfige, feuchte Alpe ’ . Das Simplex im Singular ist als t Sicka ‘ der feuchte, sumpfige Boden ’ (Mörel, Simplon) und als Sicku (FLNK, Bürchen) belegt; ob t Siichu ‘ der feuchte, sumpfige Boden ’ (Saas-Almagell) hieher zu stellen ist, bleibt unklar, da es der einzige Beleg dieses Typs ist. Der Plural Sicke ‘ die feuchten, sumpfigen Böden ’ (Ulrichen) und beÿ den Sicken (1808, Oberwald) ist zweimal belegt. Unsicher ist auch in den Schicken (1799, Mund), der einzige Beleg dieses Typs. Adjektivische Attribute finden sich in Bschissne Sicke ‘ die minderwertigen, feuchten Gebiete ’ (Oberwald), t Obere Sicke und t Unner Sicke ‘ die oberen und die unteren Teile der sumpfigen, feuchten Böden ’ (Ulrichen). Das HL ist als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern (ausser in Grengiols, s. oben) belegt: Bletz, Bodu, Schleif, Schiir und Matta. Eine Adjektivableitung Sickocht ist in der Sickocht Wang ‘ der feuchte Grasabhang ’ (Münster) belegt; Adjektive auf - OCHT sind bei M EYER (1960, 124 ff.) aufgeführt. Als Attribut erscheint auch ein Partizip Präsens t Sickundu Bodme ‘ die feuchten Böden ’ (Saas-Almagell). Sidel Sidel ‘ Sitzgerät, Wohnsitz, Aufenthaltsort ’ ist zu schwdt. Sidel, Sidele(n), Sidle(n) f., Dim. Sideli ‘ Sitzgerät von verschiedener Form und Grösse; (altmodischer) Stuhl, Sessel, meist mit vier schräg nach auswärts gestellten Beinen, die in das flache Sitzbett eingepflanzt sind, und mit (herzförmig) durchbrochener Rücklehne ’ , Syn. Stabelle(n), ‘ Übergang in den Zäunen, treppenartig aus Prügeln gemacht ’ , ‘ Wohnsitz, Aufenthaltsort ’ , ahd. sidil (l)a, mhd. sidel(e) (I D . 7, 300 ff.; URNB 3, 221) zu stellen. Als Simplex kommen Sidel (1484, Fiesch, Alpname) und Zidla (wohl agglutinierter Artikel) (1661, Zwischbergen, Allmein) vor. Diminutiv sind Sidelini ‘ die Grasplätzchen zwischen Felsen, die wie Sitzgelegenheiten aussehen ’ (Oberwald, zwei Belege). Mit Bestimmungswörtern (ursprünglich Genitiv Plural) sind belegt: t Kchummliger Sidla und t Schratter Sidela (beide Blitzingen) gleicher flacher Ort, von dem ein Teil den Leuten von der Alpe Chummulti, der andere denen von der Alpe Schratt 165 166 Sidel <?page no="88"?> gehören. Alle andern Belege finden sich in Obergesteln zwischen den Kantonen Bern und Uri, sowie Italien, gehören aber zu verschiedenen Quellen. Der Sideligletscher, die Sidelenlücke und das Sidelenseewji gehören zu den Sidelini an der Grenze zu Italien. Das Sidelehore, der Sidelegraad und die zu Uri gehörenden Sidelegletscher und Sidelenhütte liegen Richtung Uri. Ein Sidelhore liegt an der Grenze zum Kanton Bern und ist wohl nach der Sidellimmi (auf LK Sidelini) benannt, nach der auch der Sidelbach heisst. Westlich davon liegt das Gross Sidelhore, ebenfalls an der Grenze zu Bern. Siden Siden ist als ts Sidenbobm (Kippel) belegt; historisch erscheint es 1838 als Sitenboden und 1843 als Zittenboden. FLNK hat hier Sibenbobm. Nr. 35204 hat Sibem Eggä. Es scheint, dass Sibem ‘ sieben ’ eine spätere Deutung zu Siden darstellt, wobei Eggä und Bobm sehr unterschiedliche Formen sind: Eggä sind (Fels-)Ecken, ein Bobm ist ein flaches Stück Land. Wenn die historischen Belege stimmen, ist nicht schwdt. Siden ‘ Seide ’ , sondern schwzdt. Siten ‘ Seite ’ gemeint, zu dem auch wdt. Sita, Sittä (Goms), Siitu ‘ Seite ’ (I D . 7, 1448; G RICHTING 1998, 189) passt, das hier in der Bedeutung 1 b) α ) ‘ Abhang eines Berges, Talseite ’ zu berücksichtigen ist. Das HL S IDEN ‘ Seide ’ würde nur als Pflanzenname (C USCUTA EPITHYMUM ‘ Quendel-Seide ’ oder C USCUTA EUROPAEA ‘ Nessel-Seide ’ , (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 808)) eine Rolle spielen. Die Datenlage ist nicht so gut, dass eine Entscheidung getroffen werden kann. Sidero Sidero ist belegt in Sidero Hús (1710, Visp) und zer Sideren (1697, Baltschieder). Sidero ist ein Genitiv Plural zu einem FaN oder Herkunftsnamen Sider, der wohl identisch ist mit zer Sideren. I D . (7, 308) kennt Sidere n f. als Pflanzenname für A LCHEMÍLLA ALPÍNA (M ARZELL 1, 173), allerdings ist der Name für das Oberwallis nicht belegt; die Pflanze heisst hier Silberfrauemänteli (nach S TEBLER 1928, 74 für Törbel). Ob sich hier Spuren eines früheren PN handelt, der im Namen Baltschieder erhalten geblieben ist (interpretiert als Brücke des Sitrius nach K RISTOL ET AL . 2005, 119), ist unklar. Da zer Sideren eine feminine Bildung ist, müsste der Name etwa als ‘ bei der Wiese des Sider ’ gedeutet werden. Beide Deutungen sind aber unsicher. Siedu Siedu V. ist zum attributiven Partizip Präsens t Siedundu Brunne ‘ die siedenden (sprudelnden) Quellen ’ (Mund, FLNK Siedundi Brunne) zu stellen. Es gehört zu schwdt. siede n , süüde n , s ī de n ‘ sieden ’ , mhd. sieden und wdt. siede, siädä (Goms), siedu (Vispertäler), siädn (Lötschtal), siädu ‘ sieden, kochen ’ (I D . 8, 310 ff.). Als FlN werden hier Quellen bezeichnet, die nur sporadisch Wasser führen und dann als sprudelnd bezeichnet werden. Auf den Karten ist nur eine sporadisch Wasser führende Rinne zu sehen. Siesse Siesse ist nur als int Siesse ‘ bei den Gräten ’ (Leukerbad) belegt. R. G RICHTING (1993, Blatt 5, Nr. 12 und Blatt 7, Nr. 8) kennt es als Siessä. Es handelt sich um ein ursprünglich romanisches Wort; das wdt. siess, siäss ‘ süss ’ (G RICHTING 1998, 189) kommt nicht in Frage. B OSSARD / C HAVAN (2006, 252) kennen Siaz und andere als arête, crête de montagne ‘ Grat, Bergkrete ’ und stellen es zu lat. *seca oder secata, von s ĕ care schneiden (FEW 11, 363 ff.). Der Plural wird von den Autoren in Toponymen wie Sie (s) angenommen. Die Endung auf -e entspricht dem Plural im Walliserdeutschen (vgl. R ÜBEL 1950, 9, Ortspunkt 53). Siessi Siessi f. ‘ Süsse ’ ist Teil des Pflanzennamens Engelsiessi, zu schwzd. Engelsüess (I D . 7, 1409), bei M ARZELL (3, 945) unter P OLYPODIUM VULGARE , einer Farnpflanze, als ‘ Engelsüss ’ (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 82 als Gemeiner Tüpfelfarn). Belegt in der Engelsiessistei ‘ der Stein mit der Pflanze Engelsüss ’ (Reckingen). Die Wurzel schmeckt süsslich (cf. HL E NGEL ). Sig Sig, auch Sigg, ist dreimal belegt: der Sigg ‘ das sumpfige Gelände ’ (Ausserberg), aúff den Sigen ‘ auf dem sumpfigen Gelände ’ (1704, Eischoll), t Sigmatte ‘ die Wiese im sumpfigen Gelände ’ (Glis). Der Beleg in Eischoll wird bei Tscherggu (LT T SCHERRGE ) lokalisiert, einem relativ flachen Gelände, das sumpfig sein kann. Die Flur in Ausserberg befindet sich am Rand eines gegen einen Bach abfallenden Geländes, das feucht sein kann. Die Sigmatte befinden sich im ebenen Gelände des Rottengrundes, der von mehreren Kanälen entwässert wird. URNB (3, 881f: s. v. Sigwald) stellt Sig zu schwdt. Gsig n. ‘ sumpfiges Gelände ’ , ahd. gasig, gisig m., n. ‘ Pfuhl, Sumpf, See, Teich ’ , zum Verb schwdt. s ī he, s ī ge ‘ seihen, sieben ’ , ahd. s ī han ‘ seihen ’ , s ī gan ‘ sinken, (tröpfelnd) fallen ’ (I D . 7, 490 und 586 ff.). G RICHTING (1998) kennt es nicht. Signal Signal n. ist zu nhd. Signal n. (<17. Jh.) entlehnt aus frz. signal m., zu lat. S Ī GN Ā LIS ‘ bestimmt, ein Zeichen zu geben ’ , zu lat. S Ī GNUM ‘ Zeichen, Kennzeichen, Merkmal ’ Siden 167 168 <?page no="89"?> (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 849) zu stellen. Signalpunkte sind weithin sichtbare Zeichen (meist Pyramiden), die zum Zweck der Landesvermessung aufgestellt werden (TGNB 2, 2, 543). Das Simplex Signal, teilweise mit Präpositionen zum, bim kommt mehrfach vor; in Naters einmal mit französischer Aussprache Sinjaal. Das Signalhorn / Signalhoru gehört zu Eischoll, Ergisch und Unterbäch und ist nach einem Vermessungszeichen benannt. Die Signalkuppe / Signalkuppa (Monte Rosa) wurde von L. VON W ELDEN (1824, 36) so benannt, weil dort ein Signal aufgestellt worden war, der italienische Name ist Punta Gnifetti und nach dem Pfarrer A NTONIO G NIFETTI (W ERLEN 2008, 600) benannt. Die Signalegga (Birgisch; 1: 10000 Signalegg) ist ebenfalls nach einem Vermessungszeichen benannt. Sigrischt Sigrischt m. ist zu schwdt. Sigrist m. ‘ Messmer ’ , ahd. sigi-, sigeristo, sigristo, sigersto, mhd. sigrist(e) und wdt. Sigerscht, Sigrischt, Sigroscht ‘ Sakristan ’ (I D . 7, 508 ff.; G RICHTING 1998, 189) zu stellen. Der Name ist auch als FaN Sigristen (AWWB 242) belegt. Als Simplex kommt der Sigresto ‘ der Sigrist ’ (1306, 1308 Stalden) vor - hier wohl ein Grundstück, das dem Sigrist zur Verfügung stand. Ähnlich ist zer Sigerschun ‘ beim Gut des Sigristen ’ (1468, Ernen) zu verstehen - es handelt sich um eine - SCHA / - SCHU -Ableitung zu einem PN oder einem FaN mit der Bedeutung ‘ das Gut von N ’ . Einen vorangestellten Genitiv findet man in ZSigresten Matten ‘ die Wiese des Sigrists / der Familie Sigrist ’ (1660, Lalden) und in an Sigristen Akern ‘ am Acker des Sigrists / der Familie Sigrist ’ (1305, Staldenried). In den übrigen Fällen liegt ein zweigliedriges Kompositum mit Sigrischt als Bestimmungswort vor: Sigerschtuschiir ‘ die Scheuer des Sigrists / der Familie Sigrist ’ (Ried-Mörel), Sigrestakera ‘ die Äcker des Sigrist / der Familie Sigrist ’ (1308 u. 1310, Lalden), der Sigrischtuacher ‘ der Acker des Sigrists / der Familie Sigrist ’ (Mörel), t Sigruschtmatta ‘ die Wiese des Sigrist / der Familie Sigrist ’ (Simplon) und ein Namennest mit drei Belegen: t Sigruschtuhaltä ‘ die Halden des Sigrist / der Familie Sigrist ’ , dr Sigrischtustugg ‘ das Landstück des Sigrist / der Familie Sigrist ’ und t Sigruschtuweid ‘ die Weide des Sigrist / der Familie Sigrist ’ (alle drei Kippel). Ob es sich jeweils um die Funktionsbezeichnung oder den FaN handelt, ist im Einzelfall nicht zu entscheiden; die Kommentare der Gwpp. tendieren generell eher zur Funktionsbezeichnung. Siidu Siidu ist nur in t Siidumatta ‘ die Seidenwiese ’ (Mörel, FLNK Siidumatta) belegt. Laut Beschreibung ist hier heute ein Schulhaus; früher wurden hier auf Maulbeerbäumen Seidenraupen gezüchtet. Zu stellen ist der Flurname zu schwdt. S ī de n , Side n f. ‘ Seide ’ , ahd. s ī da, mhd. s ī de (I D . 8, 305ff). Silber Silber kommt nur als Bestimmungswort vor. Belegt ist es als vff der Silber Ertz Gr ŭ ben ‘ auf der Silbererzgrube ’ (1586, Naters), zer Silberblattun ‘ zu der silberfarbenen Felsplatte ’ (Blatten), Silbersand ‘ das Silbersand (Teil des Gebietes Sand, heller Sand) ’ (Ried-Mörel, auch FLNK und LT), der Silbersattel ‘ der Silbersattel (Bergübergang bei der Dufourspitze) ’ (Zermatt), Siuberschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtng, die silberfarbig ist ’ (Niederwald). Als Adjektiv erscheint zum Silberne Leffel ‘ beim Silbernen Löffel (Mulde mit weissem Gestein) ’ (Zermatt). Das Metall Silber kommt also nur im ersten Beleg von der Alpe Bel vor; alle anderen beziehen sich auf die Farbe des jeweiligen Gebietes oder Gesteins. Zu stellen ist es zu schwdt. Silber n. wie nhd. ‘ Silber ’ (I D . 7, 838 f.). Silios Silios ist nur 1628 in Salgesch als ÿ silios belegt. Es dürfte sich um lat. c ĭ ngula gürtel (FEW 2, 681 ff.) handeln, vgl. B OSSARD / C HAVAN (2006, 246 s. v. Cinglo), die es als ‘ Band, begraster Felsabhang ’ kennzeichen. Dagegen spricht, dass / n/ in der betonten Silbe Silios nicht erscheint. Nasalierte Vokale werden jedoch häufig ohne Nasal wiedergegeben. Deshalb wird silios als ‘ das Band, der begraste Felsabhang ’ wiedergegeben. Silva Silva ist das lateinische Wort für ‘ Wald ’ . Normalerweise tritt es in den Dokumenten für ein Appellativ ‘ Wald ’ auf und ist kein Flurname. Hier seien nur zwei Belege gegeben, die eventuell einen Flurnamen übersetzen: Silva Nigra ‘ (lateinisch: silva nigra) der schwarze Wald ’ (1566, Salgesch) und in pratis siluestribus ‘ (lateinisch: in pratis silvestribus) in den Waldmatten (unklar, welche Sprache der Name hat) ’ (Ergisch). Zu Wald cf. HL W ALD . Simi (PN) Simi (PN) ist eine Kurzform zum PN Simon (I D . 7, 956 s. v. Simeon) und belegt in ts Simisch Hell ‘ die Hölle des Simon ’ (Glis) und in Simonjini ‘ die kleinen Güter des Simon ’ (Grächen). Unsicher ist beÿ Similen Haús ‘ beim Haus des kleinen Simon ’ (1741, Mund), das auch zum HL S INWEL ‘ rund ’ gestellt werden kann, aber dann wohl eine atypische Form aufweisen würde. 169 170 Simi (PN) <?page no="90"?> Simigen Simigen, heute Simmigu, ist der Name einer Alpe im Turtmanntal, belegt in Ergisch, Oberems und Turtmann, mit einem Namennest in Oberems. Es handelt sich vermutlich um eine kollektive - IG -Ableitung zu einem PN wie Simon (häufig belegt, I D . 7, 956 s. v. Sime ō n) oder einem FaN wie Simmen (das sich auch auf den Typ Simon zurückführen lässt; es ist in der Sammlung A RNOLD vertreten, vgl. auch URNB 3, 236, 301), also ‘ die Alpe der Familie Simmen / der Leute des Simon ’ . Historisch belegt ist der Name erstmals 1759 Zen Simigen (Turtmann); aus dem Kontext wird klar, dass es sich um eine Alpe im Turtmanntal handelt. Einfaches Simmigu ist in Oberems und Ergisch belegt. Komposita in Oberems sind: Simmiggreetji, Simmiglicku, Simmigtelli, Simmigwang und - komplexer - Simmigutagfäld. Dazu kommen Simmigu Mittelstafel, Simmigu Oberstafel und Simmigu der Unner Stafel. Ein Zusammenhang zum Namen des Flusses Simme im Kanton Bern ist kaum gegeben; wohl auch nicht zum HL S INWEL , das als Simmel erscheinen kann. Hingegen ist zu vergleichen das HL S IMI (PN) ‘ Simon ’ . Simplon Simplon, gespr. ts Simpilu ‘ bei Simpeln ’ (Simplon; SK Simpeln) ist zunächst der Gemeindename Simplon (frz. Simplon, it. Sempione). Die frühesten Belege sind 1257 Simplun, 1267 Simpilion, 1273 de Semplono (zweimal), 1275 de Simplono, 1285 Xeinplon (Kopie), 1290 de Simplono usw. Später gibt es Varianten wie 1357 Sempiono, 1386 de Sumplono und andere. Die heutige dialektale Form erscheint erstmals 1402 als de Simpillon und kommt 1590 als Simpillen vor. Die Deutungen sind kontrovers: J ACCARD (1906, 437) stellt den Namen zu einem lat. PN Sempronius. Dieser Vorschlag wird von den historischen Belegen nicht gestützt. G UEX (1938, 359) und R ÜBEL (1950, 132) beziehen sich auf H UBSCHMIED , der den Namen als keltische Bildung *seno pelion ‘ alte Weide ’ deutet. Der Name soll wie (Col du) Pillon und Val Pellina (Aostatal) etc. - auf einen indoeuropäischen Stamm *kwel ‚ vermutlich mit der Bedeutung ‘ Weide ’ zurückgehen, keltisch *senos ‘ alt ’ ist gut belegt. Allerdings wären von *Sen-pelióne ausgehend rom. Formen vom Typus *Sempillon zu erwarten, in der Belegreihe finden sich jedoch keine analogen Namenformen (K RISTOL ET AL ., 2005, 835). L URATI (2004, 102 ff.) führt den Namen auf ein romanisches summu planu ‘ die auf dem Gipfel, in der Höhe gelegene Ebene ’ zurück. Allerdings finden sich keine analogen Belege, in denen sich die Lautgruppe Plazu Ploentwickelt hätte; summu kann zeitlich nicht zu sim/ sem führen (eine Entrundung wäre erst um 1500 möglich); deswegen bleibt der Deutungsvorschlag ebenfalls zweifelhaft. Da sinnvolle Deutungen fehlen, bleibt der Ortsname unerklärt. Der Name bezeichnet zunächst die Talschaft und das Dorf und erst sekundär den Pass, welcher 1246 collibus de Semplon und 1290 monte de collibus genannt wird (A R- NOLD 1984 [1947], 202). Neben dem Gemeindenamen kommt das HL als Bestimmungswort in Simplon-Tunnel ‘ der Simplon-Eisenbahn-Tunnel ’ (LT, Ried-Brig) und in Simplonblick ‘ der Blick vom Simplon (Gasthausname) ’ (Simplon), Simplonpass ‘ der Pass über den Simplon ’ (LT u. SK, Simplon) und t Simplonstrass ‘ die Strasse über den Simplon entlang der Doveria ’ (Zwischbergen) vor. J ORDAN (2006, 541) kennt mehrere Einträge zu Simplon und der dazu gehörenden Strasse, auf die hier verwiesen wird. Ein Adjektiv, das auf einen alten Genitiv Plural zurückgeht, findet sich in Simpeler Weizstadel ‘ der Weizenstadel von Simplon (Gipfelname, in Simplon auch Sirwoltehooru) ’ (LT, Simplon), resp. Simpiller Weizstadol ‘ der Weizenstadel der Leute von Simplon (Gipfelname, heisst in Simplon Sirwoltuhooru ‘ das Horn oberhalb des Sirwoltesee ’ ) (Visperterminen). Ebenfalls einen alten Genitiv Plural zeigt Simpellero Erbe ‘ das Erbe der Familie Simpiler ’ (1291, Stalden). Ein FaN wird in AAWB 243 ohne Details benannt; A RNOLD (1984 [1947], 255) erwähnt eine Familie Simpiler. Simundig (FaN) Simundig (FaN) ist eine kollektive - IG -Ableitung zu einem FaN Simmúndt, der im Beleg von 1587 in Agarn Simundigen Hÿsren ‘ bei den Häusern der Familie Simmundt ’ im Kontext zweimal genannt ist. Es kann sich nicht um den FaN Sigmund (NWWB 2, 208) handeln, da die Familie erst im 20. Jahrhundert aus Österreich einwanderte. Sin Sin ist nur 1649 in en la plangnasin (Inden) belegt. Die Bearbeiterin hat die HLL Plangna und Sin angesetzt. Vermutlich handelt es sich hier um ein diminutives Suffix - INE (< INA ) (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) zu einem nicht belegten pl ā nasina ‘ die kleine Ebene ’ zu FEW (9, 27 ff. s. v. PL Ā NUS eben). Sinder Sinder ‘ kalkartiger Niederschlag aus dem Wasser ’ ist nur in Eischoll belegt. Die lebenden Namen haben die auch sonst mögliche Entwicklung von / nd/ zu / nn/ mitgemacht. Das Simplex Sinner erscheint 1651 und 1818 als am Sinder. Nur historisch belegt ist die Sinder Acker (1624), resp. am Sinderacher (1788), sowie in den Obren Sünderachren (1825). 1803 ist in der Sinderschnitten be- Simigen 171 172 <?page no="91"?> legt. Zu Grund liegen dürfte das Lexem Sinder (I D . 7, 1129) ‘ Sinter, kalkartiger Niederschlag aus dem Wasser ’ . I D . findet es nur noch in Flurnamen. Acker und Schnitta ‘ ausgeschnittenes Stück Land ’ befinden sich wohl in der Nähe des Sinder. Zu einem ähnlichen Namen cf. HL S INDRUN . Sindrun Sindrun pl. ist nur 1496 in Gampel als einer Alpe jn Sindrun belegt; die Lesung des Dokumentes ist unklar. I D . (7, 1129) kennt einen Flurnamen zu Sinder ‘ kalkhaltiger Niederschlag aus dem Wasser ’ , das aber nur noch in Flurnamen vorkommt. Der einzige Beleg in ortsnamen.ch befindet sich als Sinder 1423 in Rohr (SO). Falls unser Name hieher gehört, ist wohl eine Alp mit Wasser gemeint. Singenden Singenden kommt nur einmal 1746 in Grächen vor und zwar in einem schwer zu deutenden Kontext: die Singenden undt Grabwasser. Der Text ist unvollständig; gemeint sind wohl ein Bach oder eine Wasserleitung. Singenden kann ein Partizip Präsens zum schwdt. Verb singe n und wdt. singe, singä (Goms), singn (Lötschtal), singu ‘ singen ’ (I D .7, 1190 ff.; G RICHTING 1998, 189) sein. G RICHTING (1998, 189) gibt zusätzlich singgu ‘ pfeifen (verdampfendes Wasser) ’ für das Mattertal. Aus dem historischen Beleg geht nicht hervor, ob singe oder singgu zu Grunde liegt. Sinig (PN) Sinig (PN) ist nur belegt in Sinigschiir (FLNK, Oberems) und den dazu gehörenden Sinigsscheir (1754) und Zinisch=Scheúr (1819). Sinig ist ein PN, 1754 und 1819 im Genitiv. Ein FaN Sinig ist nirgends belegt. Die Form von 1819 legt einen wohl abgekürzten Vornamen nahe und wäre wohl als ‘ des Ini Scheuer ’ zu lesen. Sinig ist vermutlich in Anlehnung an andere FaN auf - IG (Schmidig usw.) gebildet; der Anlaut / s/ könnte ein Reflex des Artikels im Genitiv sein. Diese Überlegungen führen aber nicht zu einer klaren Deutung. Sinkend Sinkend ist nur als Sinkende Erde ‘ die sinkende Erde ’ (LT, Saas-Almagell) belegt. Zwar gehört Sinkend als Part. Präs. zum schwdt. sinke(n) wie nhd. ‘ sinken ’ (I D . 7, 1213), doch zeigt Nr. 33034 für den gleichen Ort t Sickundu Bodme ‘ die sumpfigen Böden ’ . Der Flurname Sinkende Erde dürfte aus dem Nicht-Verstehen des Flurnamens t Sickundu Bodme stammen. Tatsächlich zeigt die Karte mehrere Bäche, die auch einen sumpfigen Boden bedeuten. Sintar Sintar ist nur 1393 in Ried-Brig als in dien Sintarmatton belegt. Sie befinden sich laut Dokument im oberen Bärisal. Das HL ist zu Sinter (GrWb 16, 1215 ff.) zu stellen; in I D . ist es als Sinder (I D . 7, 1129) belegt, das laut I D . nur noch in Flurnamen vorkommt (cf. HL S INDER ). Im Wesentlichen sind hier kalkartige Niederschläge aus dem Wasser gemeint. Sintarmatton wurde deswegen als ‘ die Sinter-Wiesen (Wiesen mit kalkhaltigem Niederschlag) ’ wiedergegeben. Sinwel Sinwel ‘ rund ’ Adj. ist zu schwd. sinwël (I D . 15, 1202) zu stellen; vgl. ahd. sin(e)wëlb, mhd. sin(e)wël, sinbel, simbel, sibel ‘ rund, kreisförmig oder oval ’ , nur noch in Ortsnamen (L EXER 2, 898; LUNB 1, 2, 984). Das Lemma erscheint in vielen Ortsnamen, meist aber verdeckt, weil es zu Simel, Sibel oder Siwil usw. umgestaltet und nicht mehr verstanden wurde; es kann deswegen auch als Zibela ‘ Zwiebel ’ oder Simmela ‘ Griess ’ verstanden werden (vgl. auch TGNB 2, 2, 546). Möglicherweise wird Simeli auch als Diminutiv zum PN ‘ Simeon ’ (I D . 7, 956) gestellt. Die folgenden Belege gehören deswegen nicht immer sicher zu diesem Lemma. Das Simplex tritt im Singular in der Form t Sibela (Randa) und t Simmla (Blatten, Ferden) auf, wohl zu verstehen als ‘ der runde Fels ’ . Ein Plural liegt vor bei in den Siwüllen (1740, Feschel), auch als jn der Sivillio (1824) und Siwilin (1834) belegt. Die Simplexbelege der Siwwe (Blitzingen), an die Sÿwen (1636, Naters; FLNK hat Suwe) und der Plural t Siwine (Saas-Balen) gehören wohl nicht hieher, da das Endungs-/ l/ fehlt; ob sie gegebenenfalls zu Suw ‘ Sau ’ zu stellen sind, ist unklar. Das gilt auch für die Konstruktionen der Läz Siwwe (Blitzingen) und Sÿwinweg (1540, Saastal). Attributive Adjektive finden sich in t Schwarz Simmla ‘ der schwarze runde Fels ’ (Ferden, Kippel) und eine Präposition ist belegt in Zwischän Simmlu ‘ zwischen den runden Felsen ’ (Ferden). Sinwel tritt als Adjektiv auf in Synwelle Blecz ‘ das runde Stück Land ’ (1402, Mörel) und Sýnwelle Flecko ‘ der runde Flecken ’ (1400, Termen). Ein möglicher PN Simeon, resp. die Kurzform dazu, ist in der Simelen Matten (1747, Niederwald) und in beÿ Similen Hau ᵕ s (1741, Mund) belegt; es kann sich aber auch um das Adjektiv sinwel handeln. Die übrigen Belege enthalten Sinwel als Adjektiv oder Bestimmungswort in den Formen Sibel-, Sibilu-, Simmili-, Simmlu(n)- und Siwill-. Die Grundwörter sind Bode, Flüö, Hore, Matta, Pass, Tschuggu, Wald, Wang und Weid. Komplexere Formen sind Sibilufluegletscher und Sibilufluegrat. 173 174 Sinwel <?page no="92"?> Sipffen Sipffen f. ist nur 1796 in Filet als die Sipffen belegt. Es handelt sich um eine Flur, die nahe beim Wohnhaus (domus morativa) des Beurkundeten liegt. Vermutlich liegt ein Verschreiber für Schipfe (Ried-Mörel) vor, das in I D . (8, 1091 s. v. Schupfen) als ‘ überhängender Felsen ’ bezeichnet wird (cf. HL S CHIPFA ). Sippen Sippen (FaN) ist als FaN im Register der HRBS erwähnt. Zwei Belege enthalten den FaN: 1374 Sippingo Mos ‘ das Moos der Leute des Sippen / der Familie Sippen ’ (Termen) mit einer kollektiven - ING -Ableitung im Genitiv Plural, und des Sippisch Momat ‘ die Mähwiese des Sippi ’ (Simplon), wohl der Genitiv einer umgangssprachliche Form Sippi des FaN Sippen. Sirisier Sirisier ‘ der Kirschbaum ’ ist 1345 in Inden als ol sirisier und 1270 in Leuk als dou syrisier belegt. Sirisier ist ein weit verbreiteter älterer Name für Cerisier ‘ Kirschbaum ’ (M EYER 1914, 162; B OSSARD / C HAVAN 2006, 158; G PSR 3, 212 s.). Sirwoltu Sirwolta ist der in Simplon gebräuchliche Ausruck für ‘ Milch nach Zigerverarbeitung ’ (J ORDAN 1985, 169). Es ist zu schwdt. Sirmende n , Sirmunda, Sirmente n , Sirwolte n f. ‘ die beim Käsen nach Entnahme des Quarkes im Kessel zurückbleibende oder vom Quark durch Pressung abrinnende Molke; Käsewasser, Sirte ’ (I D . 7, 1327 ff.; G RICH- TING 1998, 189) zu stellen In Flurnamen wird es in Anlehnung an die Färbung des Wasser oder des Gesteins verwendet, das an die Farbe der Sirte erinnert. Namengebend ist der Sirwoltusee (Simplon), der ‘ immer trübes Wasser ’ enthält, das an Käsemilch, Molke erinnere. Sirwoltuhoru, Sirwoltesattel, Sirwoltupass (auch Vispeterminen) sind danach gebildet. Das Sirwoltuhoru heisst auf der Seite von Visperterminen Simpiler Weizstadol ‘ Simpler Weizenstadel ’ . Sischtul Sischtul ist nur in Simplon-Dorf belegt und zwar als t Sischtulmatta ‘ die Wiese beim Sistel (unklar) ’ (auch LT; SK Sistelmatten), ts Sischtulmattubord ‘ das Bord (Abhang, Böschung) bei der Sistulmatte ’ und Sischtulmattugrabu ‘ der Graben bei der Wiese beim Sistel ’ . Die historischen Belege zur Sischtulmatta haben 1660 Sistilmatten, 1680 Sistellmatten, 1746 Sÿstillmatten (2x) und 1761 Sistilmatten, J ORDAN (2006, 267) hat Sischtulmatta, Sischtulmattugrabu, Chleinä Sistschulmattugrabu, Sischtulmattunegg und Sischtulmattuboort. Bei ihm kommen S. 29 Sischtulbodu und S. 239 Sischtilbidini hinzu. Er gibt aber keine Erklärung zu Sischtul. Das nächstliegende Element wäre Sustel ‘ Klöppelring (an der Glocke) ’ (I D . 7, 1417; R ÜBEL 1950, 120), das allerdings nie entrundet wird. Als Deutung wäre Sustel wohl nur metaphorisch zu verstehen (gleicht einer Sustel); da aber die Deutung unsicher ist, wird in den Umschreibungen nur Sistel verwendet. Sisetsch Z Sisetsch (vermutlich zu Sisetsch) ist ein Weiler von Zeneggen, das früher unter diesem Weilernamen bekannt war. Die ältesten Belege sind 1282 Sisicz, 1282 Sisych, 1292 Sisist, 1297 Sysicz usw. Der Name hat Erstbetonung; die Endung deutet auf einen Genitiv oder, falls romanisch, auf einen Namen mit romanischer s-Endung hin (B ESSE 1997, 738). Zu Grunde könnte zunächst ein Personenname liegen; auf Grund der fehlenden älteren Belege bleibt dieser PN aber unklar. F ÖRSTEMANN (1, 1345 f.) kennt eine Wurzel SIS mit Namen wie Sisu, ev. mit einer Erweiterung Sisald oder ähnlich. Zu Sisetsch würde also etwa heissen ‘ beim Ort des Sisald ’ (oder ähnlich). Anderseits kann eine romanische Wurzel nicht ausgeschlossen werden. So hält Z IMMERMANN (1968, 24) Sisetsch für einen romanischen Namen und führt ihn mit J ACCARD (1906, 438) auf patois sisa ‘ Hacke, Zaun ’ (B RIDEL 1866, 354; FEW 2, 38 s. v. caesa hecke; B OSSARD / C HAVAN 2006, 139) mit dem Kollektivsuffix - ETSCH zurück. Diese Deutung ist nur dann zutreffend, wenn man für Zeneggen eine Entwicklung von / c/ zu / s/ annimmt, was für diese Gegend kaum zutrifft. Neben dem Weilernamen finden sich Komposita mit Sisetsch als Bestimmungswort und den Grundwörtern Acher, Egga und Wier (alle historisch) und Matte (Plural). Sita Sita f. ‘ Seite ’ ist zu schwdt. S ī te n f. ‘ Seite ’ , in FlN ‘ (steiler) Abhang eines Berges, Talseite, steile Grashalde; abhängige Seite eines Grundstücks ’ , ahd. s ī ta, mhd. s ī te und wdt. Sita, Sittä (Goms), Siitu ‘ Seite ’ (I D . 7, 1448 ff.; G RICH- TING 1998, 189) zu stellen. Sit n. wird als Kollektiv zu Sita f. und Sitto m. gestellt. Manchmal meint das HL S ITA auch einfach eine Talseite, wo ein bestimmter Bach fliesst. Das HL kommt in gut 100 Flurnamen vor. Das Simplex im Singular Sita f. ist als t Sita (Blitzingen), Sita (FLNK, Steinhaus), t Site (Gluringen, Grächen, Selkingen) und t Situ (Saas-Balen) belegt. Der Plural des Simplex ist als t Site (Naters), an dyen Syton (1300 u. später, Törbel), jn dien Siton (1304 u. später, Visperterminen) belegt. Unsicher ist in der Situnn (1548, Baltschieder). Das endungslose ts Siit kommt in Simplon (mehrfach), sowie in Ausserberg, Binn, Termen und als Sipffen 175 176 <?page no="93"?> im Siit (Ried-Brig) vor. Zwischbergen hat 1576 jm Sÿdt. Ein Diminutiv findet sich als ts Siti (Obergesteln) und ufem Siti (Bellwald). Mit attributiven Adjektiven finden sich di Durschtigu Situ ‘ die wasserarme steile Grashalde ’ (Saas-Almagell), in die Gmeine Seiten ‘ in die Seite (steiler Abhang), die der Gemeinde gehört ’ (1640, Visperterminen), t Hinner Sita ‘ der hintere Teil der Sita (Seite, Abhang) ’ (Blitzingen, Fieschertal), t Kurze Site ‘ die kurzen Seiten (Abhänge, nördlich der langen Seite) ’ (Gluringen), t Läz Sita ‘ die schattseitige Seite ’ (Blitzingen), t Läzi Sita ‘ die schattseitig gelegene Seite ’ (Unterbäch), zen Lengen Siten ‘ bei den langen Seiten, (steile Abhänge) ’ (1734, Ergisch), zen Längen Sütten (Hütten? ) ‘ (unklar) bei den langen Seiten (steile Abhänge) / bei den langen Hütten ’ (1789, Oberems), t Leng Site ‘ die lange Seite (steiler Abhang) ’ (Reckingen und 5 weitere Gommer Gemeinden), ts Ober Sit ‘ der obere Teil der Alpe Sit (Kollektiv von Sita) ’ (Grengiols), t Obru Site ‘ die oberen Seiten (Abhänge) ’ (Mund, Törbel, Visperterminen), in der Sonnigen Seÿten ‘ in der sonnigen Seite ’ (1749, Fiesch), ts Unner Sit ‘ der untere Teil der Alpe Sit (Kollektiv) ’ (Grengiols), t Undru Site ‘ die unteren Seiten (Abhänge) ’ (Mund, Törbel, Visperterminen), Verbrannt Sita ‘ die verbrannte Seite ’ (FLNK, Birgisch), t Voder Sita ‘ die vordere (vorn gelegene) Seite ’ (Fieschertal). Nicht ganz klar ist Firsite ‘ das Gebiet vor der Seite (? ) ’ (Grengiols, LT und FLNK Firsitte, SK Fürseten), wozu sich Firsitterwald ‘ der Wald oberhalb von Firsitte ’ (FLNK, LT Grengiols) gesellt. Das HL bildet als Grundwort mit verschiedenen Bestimmungswörtern zweigliedrige Komposita, die sich nur schwer in Gruppen gliedern lassen. Tiernamen sind erwähnt in Chiesita ‘ der steile Abhang für Kühe ’ (Lax) und t Rinnersite ‘ die Seite (Hang), wo die Rinder weideten ’ (Ulrichen). Bärgsita ‘ die Martisbergerseite des Deischbachtales ’ (LT, Martisberg; FLNK Bärgersitta) meint eine Talseite. Burgsita ‘ die Seite bei der Burg (unter dem Burgspitz) ’ (Ried Brig) einen Abhang am Fuss des Burgspitzes. t Chapfsite ‘ die steilen Abhänge beim Chapf (Felskopf) ’ (Zwischbergen) benennen eine nahegelegene Flur. di Dräcksita ‘ der steile Abhang mit Schlammboden ’ (Ried-Brig) bezieht sich auf den Schlammboden des steilen Abhangs. t Galesite ‘ die Seite (Abhang) beim Galen (begraster Bergrücken, hier Alpe) ’ (Münster) meint einen Abhang beim Galestafel. t Haarzesite ‘ die Seite (Abhang) bei Haarze (unklar) ’ (Obergesteln) ist einer von vier Namen, die Haarze enthalten; vermutlich ist hier ein Platz gemeint, wo Harz gesammelt wurde. ts Heeresitji ‘ die kleine Seite (Abhang) des (Pfarr-)Herrn ’ (Ulrichen) meint wohl eine Flur, die dem Pfarret gehörte. im Leisitelti ‘ im kleinen Hang mit Lehm ’ (Grengiols) ist die Beschaffenheit des Bodens gemeint. t Löübersitu (Saas-Fee) meint wie t Wisloibsiitu (Saas- Almagell) einen Abhang mit Laubsträuchern, z. B. S ALIX L APPONUM (bei L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 422) als S ALIX HELVETICA ). t Sunnesita ‘ die sonnige Seite ’ (Ernen) beschreibt eine besonnte Halde. Unklar bleibt zien Wegseyton ‘ bei den Weg-Seiten ’ (1307, Bürchen), wo auch Wegscheide gemeint sein kann. Weitere Namen beziehen sich auf nahegelegene Fluren. Komplexere Belege bezeichnen häufig eine Talseite mit einem Bach, wie t Fronbachsita ‘ die (Tal-)Seite, durch die der Fronbach fliesst ’ (Ried-Brig), Bacheggasita ‘ die Seite des Deischbachtales, auf der die Bachegga liegt ’ (FLNK, Lax), Schiessbachsita ‘ die (Tal-)Seite, durch die der Schiessbach fliesst ’ (Ried-Brig, LT Schiessbachsite; Termen), Deischbachsita ‘ die Seite des Deischbachtales, auf der der Deischbach fliesst ’ (FLNK, Lax), di Durschtbachsita ‘ die (Tal-)Seite, durch die der Durstbach fliesst ’ (Ried-Brig). Anders zu verstehen ist t Margelsteisita ‘ der steile Abhang beim Gut Margelstein ’ (Betten), eine weitere komplexe Konstruktion. Als Bestimmungswort tritt das HL mit folgenden Grundwörtern auf: Acher, Alpa, Bach, Brand, Brunnu, Cheer, Chumma, Egg(a), Färich, Gadu, Grabu, Kapälla, Schluocht, Stafel, Steg, Stei, Wald und Wasser. Komplexere Konstruktionen enthalten Wasserleita: der Obren Seitwasserleitten (164(8)? , Visperterminen), aús der Sideggen Wasserleitten (1758, Simplon), dv Sitwasserleita (1309 u. später, Visperterminen), die Vndren Sÿttwasserleÿtten (1607 u. später, Visperterminen). Andere sind t Ober und t Unner Sitegga ‘ der obere und der untere Teil der Sitegga (Ecke auf der Hangseite) ’ (Simplon) und andere mehr. Einen besonderen Fall bildet ts Siithofischflüo ‘ die Fluh der Familie Hofer, die ts Siithofisch genannt wurde ’ ; ob die Familie im Gebiet Siit wohnte, ist unklar. Sitber Sitber ist nur 1716/ 17 in Glis als únder dem Sitberbiell ‘ unter dem Hügel mit Himbeeren ’ belegt. Himbeere ist unter S ī de n ber als Hindbeere erwähnt (I D . 4, 1472; vgl. L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 224) als R UBUS IDAEUS ); der in I D . erwähnte Name ist aber nicht für das Oberwallis belegt. Deswegen ist die Zuweisung unsicher. Sitgin Sitgin ist nur in der Sitginbrunno ‘ die Quelle an der kleinen Talseite ’ (1459, Mörel); die Lesung kann auch Fitginbrunno lauten, doch ist diese Lesart nicht belegt. Die erste Deutung ist klarer; es handelt sich um ein Diminutiv zu schwdt. S ī te n ‘ Seite ’ und wdt. Sita, Sittä (Goms), Siitu ‘ Seite ’ (I D . 7, 1448; G RICHTING 1998, 189) (cf. 177 178 Sitgin <?page no="94"?> HL S ITA ), wohl mit der Bedeutung ‘ kleine Talseite ’ . Gemeint ist eine Quelle an der kleinen Talseite. Sitscha Sitscha f. ist nur in Mund als t Sitscha belegt; ein historischer Beleg von 1775 spricht von in der Sitschen. Das Nomen Sitsch ‘ Weiberjüppe ’ ist laut I D . (7, 1478) nur für das Pomatt (Val Formazza) belegt und kommt kaum in Frage. Wie beim vermutlich verwandten Namen Sitschgera (cf. HL S ITSCHGERA ) liegt keine Deutung nahe. Sitschgera Sitschgera f. kommt nur in Randa als t Sitschgera vor. Die Flur befindet sich auf ca. 2000 m und ist laut Beschreibung ein sumpfiger Boden, der früher als Wiese diente. Vermutlich ist der Name eine Ableitung auf - ERA (S ONDER- EGGER 1950, 471 f.) und zu einem nicht näher deutbaren Verb zu stellen (das Nomen Sitsch ‘ Weiberjüppe ’ ist laut I D . (7, 1478) nur für das Pomatt (Val Formazza) belegt und kommt kaum in Frage). Ob ein Bezug zu Sitscha (Mund) (cf. HL S ITSCHA ) besteht, ist unklar. Sitter (FaN) Sitter (FaN) ist unsicher. In Baltschieder findet sich Tsittersch Eia ‘ die Aue der Familie Sitter ’ , wobei FLNK Sittersch Eia hat. Es handelt sich um einen Genitiv zu einem FaN Sitter. Ein Beiname zum Adj. schitter ‘ schlecht, minderwertig ’ (I D . 8, 1524; G RICHTING 1998, 171) liegt kaum vor; eine Anlehnung zum Gemeindenamen Sitte ‘ Sion, Sitten ’ , also ‘ des Mannes aus Sitten ’ , ist unklar; im letzten Fall wäre eher Sitt(e)ner zu erwarten. In Ferden ist 1843 Zittenboden belegt. Falls Zitten einen Genitiv darstellt, wäre das als ‘ der Boden des Sitten ’ zu verstehen; auch hier gibt es keine sichere Deutung. Der FaN ist nicht belegt. Sitz Sitz m. ‘ Sitz ’ ist zu schwdt. Sitz m. ‘ Sitz; Ort, Stelle, wo man sitzt oder sich setzen kann; Vorrichtung zum Sitzen ’ , mhd. siz (I D . 7, 1722 ff.) zu stellen. Das HL kommt im Simplex nur im Plural vor als t Sitze ‘ die Sitze ’ (Ulrichen), laut Gwp. ein Ort, wo man beim Schmalviehhüten Käse braten konnte - also ein Ort zum sich Setzen. Die übrigen Belege zeigen das HL als Bestimmungswort in zer Siczblatton ‘ bei der Felsplatte, auf die man sich hinsetzen kann ’ (1437, Naters), t Sitzblatte ‘ die Felsplatten, wo man sich hinsetzen kann ’ (Ried-Mörel) und dazu gehörend der Sitzblattuwald ‘ der Wald bei den Sitzblatten (Felsplatten, wo man sich hinsetzen kann) ’ (Ried-Mörel), die Sitzblatten ‘ die Felsplatte, wo man sich hinsetzen kann ’ (1684, Bitsch), t Sitzflüe ‘ die Fluh, auf der man zusammensitzen konnte ’ (Mund) und der Sitz Tschuggo ‘ der Fels, auf dem man sich hinsetzen kann ’ (1634, Birgisch). Siwidinon Siwidinon ist nur einmal belegt in zen Siwidinon (1383, Termen). Es handelt sich um einen Dativ Plural. Der frühe Beleg kann nicht entrundet sein; es findet sich aber keine mögliche Deutung in den Wörterbüchern. Siwilong Siwilong ist nur einmal belegt in in der Siwilong (1740, Gampel) mit unsicherer Lesung. Die Form ist im Dativ Singular, wobei die Endung auf -ong verändert sein kann aus Siwilon, das wiederum zu Siwila zu stellen wäre. Am nächstliegenden wäre dann das HL S INWEL ‘ rund ’ , hier als ‘ die runde Stelle ’ zu verstehen. Siwwe - Siwwi Siwwe - Siwwi ist ein schwer zu deutendes Lemma. Es kommt in folgenden Belegen vor: der Siwwe (Blitzingen), an die Sÿwen (1636, Naters; FLNK hat Suwe), t Siwine (Saas-Balen). Komplex sind der Läz Siwwe (Blitzingen) und Sÿwinweg (1540, Saastal). Ein eigentliches Namennest gibt es in Eisten mit dem historischen Beleg Sywinen (1568, Eisten), resp. dÿe Süwinu ᵕ n (1585): beide Belege betreffen eine Alpe, vermutlich identisch mit dem Plural t Siwine (Saas-Balen). Dazu sind die lebenden Belege Siwwibach, Siwwibodo, Siwwilitzi und Siwwitschugge (alle Eisten) zu stellen. Da die Belege in Blitzingen maskulin sind, jene in Naters, Saas-Balen und Eisten aber feminin, liegen wohl zwei unterschiedliche Ableitungen zum Nomen S ū w ‘ Schwein ’ (I D . 7, 1486), resp. dem Verb sû(w)e n ‘ sich aufführen wie ein Schwein, sauen, sudeln ’ (I D . 7, 1510 f.). Das feminine Ableitungssufix ist - INA mit seinen Varianten; es führt zum Umlaut, der anschliessend zu Siwina, Plural Siwine entrundet wird und bezeichnet die Alpe, auf der man Schweine hält. Das maskuline Siwwe dagegen ist wohl eine maskuline e-Ableitung zum Verb und meint: der Ort, wo es nassen Boden hat (es sudelt im Sinn von ‘ es hat nassen, tiefen Boden ’ ); der läz Siwwe ist die linke Seite dieser Mulde. Slatz Slatz ist 1388 in Simplon als pratum Slatz, 1390 in Ried- Brig als Slatz belegt. An beiden Stellen liest P H . K ALBER- MATTER Flatz. Zum HL Slatz kennt RN (2, 837) Schlaz als Flurnamen in rätoromanischer Umgebung, kann es aber nicht erklären. I D . (9, 199 f.) nennt Schlatz ‘ ansehliche Menge, tüchtiges Quantum von irgend Etw., bes. von Flüssigem und Halbflüssigem, z. B. Milch, Wasser, Schnee ’ , aber Sitscha 179 180 <?page no="95"?> nicht für das Wallis und unsicherer Deutung. Als Flurname für eine Wiese eher unsicher. HL Flatz ist ebenfalls schlecht belegt. Id. (1, 1233) erwähnt F LATZ u. a. für das Wallis als ‘ von Schnee, soviel, wie auf ein Mal vom Himmel oder etwa von einem Dache fällt ’ und gibt als Synonym u. a. S CHLATZ . F LATZ könnte als ‘ kleines Stück Wiese (unsicher, eher zur Lesung F LATZ ) ’ verstanden werden und ist für das Wallis belegt. Letztlich sind beide Deutungen unsicher. Sluwinon Slv ᵢ wynon ist nur einmal 1306 in Lalden belegt. Die Form ist ein Dativ Plural zu einem sonst unbezeugten Wort Sliuwina. Am nächsten liegt das mhd. sliunen ‘ eilen ’ (L EXER 2, 984), das noch in schlünig (I D . 9, 572) vorliegt; es fehlt aber die Motivation für einen solchen Namen. Bei G R W B (15, 660) ist zwar für das Hessische die Bedeutung ‘ sanft abhängig ’ angegeben; doch fehlt sie für das Walliserdeutsche. Die Deutung kommt also kaum in Frage. Soecht Soecht ‘ feucht, nass ’ ist nur in der So ᵉ chtwang ‘ der feucht Grasabhang ’ (1547, Reckingen) belegt. Laut Dokument gehört er zur Blinnenalp in Reckingen. Eine hyperkorrekte Rundung zu Secht ist wahrscheinlich. Es scheint, dass am ehesten das Adj. s ī cht ‘ sehr feucht, nass, so dass man gerne einsinkt ’ (I D . 7, 245; G R W B 16, 170 s. v. seicht) in Frage kommt. Andere Deutungen von sêchte n ‘ seihen, waschen ’ (I D . 7, 242 f.) und Ableitungen davon können für einen Wang ‘ Grasabhang ’ auf einer Alpe kaum beigezogen werden. Sol Sol n. ist zu schwdt. Sol m./ n. ‘ Lache, Pfütze (in der sich das Wild suhlt) ’ , nur in Ortsnamen, amhd. sol m. (I D . 7, 766; an der Stelle ist das Genus als m. wohl falsch angegeben) zu stellen. Erscheint in der älteren Sprache nach I D . auch als sal. Belegt ist das Simplex als ts Soll (Naters, FLNK Soll) beim Weiler Ahoru. Als Grundwort erscheint es einerseits im Namennest von Bärisall (Ried-Brig, LT u. SK Berisal, FLNK Bärisal), das im 13. Jh. als in dem Berensole ‘ in der Pfütze, in der sich Bären suhlten ’ belegt ist, ts Ober und ts Unner Bärisall ‘ der obere und der untere Teil des Bärisall (Pfütze, in der sich Bären suhlten) ’ (Ried-Brig), der Bärisallcheer ‘ der Cheer beim Bärisall (Strassenkehre der Simplonstrasse) ’ (Ried-Brig) und jn den Bernsallschliechten ‘ in den Geländeeinbuchtungen beim Bärisall (Pfütze, in der sich Bären suhlten) ’ (1630, Ried-Brig), und anderseits als ts Bärsol ‘ die Pfütze, in der sich Bären suhlten ’ (Ferden) und di Bärsolegga ‘ die Ecke beim Bärsol (Pfütze, in der sich Bären suhlten) ’ (Ferden). In Ried-Brig ist weiter ts Grundsol belegt, also eine Pfütze, in der sich Wild suhlte, beim früheren Ort Grund im Gantertal. Als Bestimmungswort kommt das HL nur in die Sollgassen ‘ die Gasse, die zum Sol (Pfütze, in der sich Wild suhlt) führt ’ (1550, Naters) und Solwasserleiton ‘ die Wasserleitung vom / zum Sol (wohl Grundsol im Gantertal) ’ (1400 u. später, Termen), das schon 1374 als aqueductum tendentem de sol ‘ die Wasserleitung, die zum Soll / vom Soll führt ’ belegt ist. Einige Belege zu Sol ausserhalb des Oberwallis finden sich in WWW . ORTSNAMEN . CH s. v. Sol. Soldat Soldat m., mit Endbetonung, ist zu schwdt. Soldat m., Pl. Soldate(n) wie nhd. ‘ Soldat ’ , entlehnt aus it. soldato (I D . 7, 855 f.; D EVOTO / O LI 2020, 2110) zu stellen. Das HL ist nur in der Soldatutschuggo ‘ der Soldatenfelsen (Felsen, der wie eine Reihe von Soldaten aussieht (? )) ’ (Eisten) belegt. Der Felsen endet in einigen Spitzen, die Soldaten ähneln. Solier - Soler Solier ist einerseits eine Schreibweise von Schülier (Julier). Die Belege dazu stammen aus Varen: in prato solier ‘ bei der Wiese der Familie Julier ’ (1453 u. später). Andererseits sind die Belege für ov solir (Leuk, 1405) und eys soliers (1346, Inden), das auch als eys solers (1356) und eÿs solÿr (1580) belegt und nach M EYER (1914, 89) zu SOLEA + ARIU ‘ Oberteil eines Hauses ’ (FEW 12, 38 ff. s. v. s ŏ lea ‘ Sohle ’ ) zu stellen, vermutlich das Gleiche wie Solar, Solei, Cholei ‘ Fussboden im oberen Stock einer Scheune ’ (B RIDEL 1866, 355 f.). Dazu gehört wohl auch der Beleg le termino de laz soler ‘ die Grenze des Bodens (? ) ’ (1664, Salgesch). Solla Solla ist nur einmal belegt 1346 in Leukerbad als alpem de solla. Es handelt sich um einen romanischen Namen; die Lesung ist gesichert. Vermutlich gehört der Name zu lat. s ŏ lum ‘ Boden ’ (FEW 12, 75 ss.). Die Alpis Solla lässt sich dann deutsch als Bodenalpe deuten. Solphina (PN) Solphina (PN) ist nur 1252 in Törbel als Solphinamatta ‘ die Wiese der Solphina (PN) ’ belegt. Das HL ist wohl ein PN für eine weibliche Person. In den zugänglichen Werken zu den PNN (F ÖRSTEMANN , S CHULZE ) ist der PN nicht erwähnt. 181 182 Solphina (PN) <?page no="96"?> Solvay (FaN) Solvay (FaN) kommt nur einmal im Beleg t Solve(i)hitta (Zermatt) vor. Es handelt sich um den FaN Solvay, nach dem belgischen Industriellen und Alpinisten Ernest Solvay (1838 - 1922), der den Bau der Hütte (1915) im Andenken an seinen Sohn, der am Hörnligrat verunglückt war, finanziert hat. Sood Sood m. ist zu schwdt. S ō d m. ‘ mit Wasser gefüllte Vertiefung im Erdboden, Tümpel ’ , ‘ ausgemauerte Zisterne, Sod-, Ziehbrunnen ’ , mhd. s ō t, -des (I D . 7, 317 ff.) zu stellen; G RICHTING (1998) kennt das HL nicht. Es ist nur belegt in dr Sood ‘ der Tümpel ’ (Kippel, Reckingen), Sott ‘ der Tümpel ’ (1849, Martisberg, wo Mischy ‘ das kleine Moor ’ als Alternative angegeben ist) und der Soodstúk ‘ das Stück Land mit dem Tümpel ’ (1868, Filet). Soppen Soppen ist nur 1309 in Törbel als Soppenbifing ‘ das eingehegte Stück Land, auf dem Soppen (Borstengras) wächst ’ belegt. Das HL ist zu Soppe n ‘ Pflanzenn(ame), steifes Borstengras, Bocksbart, Nardus stricta ’ zu stellen. Es handelt sich entweder um N ARDUS STRICTA ‘ Borstgras ’ (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1492) oder um T RAGO- POGON PRATENSIS ‘ Wiesen-Bocksbart ’ (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1178). ‘ Borstgras ’ wurde gewählt, weil es auch als alpin bezeichnet wird und das Dokument mit Holz einen Flurnamen enthält, der auf rund 1800 m für Törbel belegt ist. Sopra Sopra ist nur im Beleg Porteia di sopra ‘ das obere Zauntor ’ (Zwischbergen) belegt. Sopra ist zum it. Adv. sopra ‘ oben ’ zu stellen; es bezeichnet die erhöhte Lage (D EVO- TO / O LI 2020, 2120). Sorgeri Sorgeri f. ist lebend nur in Bellwald als t Sorgeri belegt. Laut Beschreibung handelt es sich um eine alte Wasserleitung zwischen Bellwald und Fieschertal, die nach Fürgangen geht. Historisch ist die Sorgera (1594) in Fieschertal belegt. Die Motivation für den Namen ist unklar; laut I D . (7, 1318) ist Sorger nur als Familienname belegt. Es könnte sich aber um eine - ERI / - ERA Ableitung vom Verb sorge n (I D . 7, 1305) handeln, hier in der Bedeutung ‘ mit Wasser versorgen ’ . Soterod Soterod f. ist in drei Belegen als Alpe genannt: alpis (Genitiv) de la Soterod (1347, Albinen), in alpe de la Soterod (1344, Feschel), alpis (Genitiv) Sottheroz (1459, Salgesch). Die historischen Belege identifizieren die heute als Tschärmilonga (Albinen) bekannte Alpe als grössere Umgebung. Am nächstliegenden erscheint eine Ableitung zu sautier ‘ Waldhüter; Gerichtsbote ’ < SALTUA- RIUS (FEW 11, 122), vielleicht mit dem Suffix - ALE (B OS- SARD / C HAVAN 2006, 289) und der Bedeutung ‘ das Stück Land, das dem Gerichtsboten zur Verfügung gestellt wurde ’ . Ähnlich analysiert T AGMANN (Ms., 127 f.) das bei uns nicht belegte Schütterig mit den historischen Belegen eys soteries (1419) und a laz sovtery (1495) als afrprov. *souterí “ dem Sautier zur Nutzniessung überlassenes Grundstück ” . Beide Deutungen sind aber unsicher. Söüm Söüm m. ‘ der Saum ’ ist zu schwdt. Saum, Soum, Söim, wdt. Söüm, Söm (Goms), Soim m. wie nhd. ‘ Saum ’ , ‘ Maultierlast ’ , in FlN ‘ Wald-, Uferrand ’ , amhd. soum (I D . 7, 943; G RICHTING 1998, 190) zu stellen. Im Einzelnen ist zu unterscheiden zwischen den Flurnamen, die ein streifenförmiges Stück Wiesen oder Land (als Weinberg) meinen, und Söüm als Last der Maultiere oder Weg, über den diese Last transportiert wurde (vgl. I D . 7, 944 s. v. Saum II). Das Simplex im Singular erscheint nur historisch als am Saum und im Saum mit Varianten (1733, Bratsch; 1736, Gampel; 1706, Oberwald; 1693, Steg). Im Plural ist es lebend als t Söume ‘ die Säume (streifenförmige Stücke Wiese in der Talebene des Rotten) ’ (Ulrichen), Seim ‘ die Säume (streifenförmige Stücke Land als Weinberg) ’ (Gampel), t Seima ‘ die Säume (streifenförmige Stücke Wiese) ’ (Visperterminen) und historisch als in den Seimen ‘ in den streifenförmigen Stücken Land als Weinberg ’ (1830, Bratsch) und an den Seimmen (1643, Oberwald) belegt. Ein Diminutiv im Plural ist in den Seÿminen ‘ in den kleinen streifenförmigen Stücken Wiese ’ (1782 u. später, Stalden). Mit attributiven Adjektiven erscheint das HL in am Kalten Säümÿi ‘ am kalten kleinen Saum (streifenförmiges Stück Wiese) ’ (1731, Visperterminen), aúf dem Hochen Saúm ‘ auf dem hohen Saum (streifenförmiges Stück Wiese) ’ (1770, Oberwald), am Kleinen Saum ‘ am kleinen Saum (streifenförmiges Stück Land als Weinberg) ’ (1654, Bratsch), der Lang Saúm ‘ der lange Saum (streifenförmiges Stück Wiese) ’ (1752, Gampel), t Obru Seim ‘ die oberen Säume (streifenförmige Stücke Land als Weinberg) ’ (Gampel), t Undru Seim ‘ die unteren Säume (streifenförmige Stücke Land als Weinberg) ’ (Bratsch). Nur ein zweigliedriges Kompositum mit dem HL als Grundwort ist belegt: ts Miliseimmji ‘ der kleine Saum (streifenförmiges Stück Wiese) bei der Mühle ’ (Visperterminen). Solvay (FaN) 183 184 <?page no="97"?> Als Bestimmungswort erscheint das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern: Grabu, Legi (im Sinn von Zauntritt; drei Belege in Ulrichen), Steg und Wäg (verstanden als Saumweg). Komplexer ist an den Sau ᵕ msteggraben ‘ an den Graben beim Steg für die Säumer ’ (1847, Ulrichen). Ein seltenes Kompositum ist ts Firsem (Obergesteln, Oberwald) und am Firsen (1573, Niederwald), das aus Für und Saum mit Erstbetonung gebildet ist und laut Gwp. ‘ Umrandung eines Ackers, einer Matte, eines Feldes ’ meint. Das Neutrum hat wohl kollektive Bedeutung. I D . kennt die Bildung nicht; ortsnamen.ch kennt Fürsöim für Kallnach (BE), ohne Deutung. G R W B (4, 794) gibt Fürsaum als Maskulin nach S CHMELLER s Wörterbuch ( 2 1872) und deutet es als ‘ Rand am Acker ’ . Späär Späär kommt nur zweimal als Bestimmungswort vor in t Späreggu (Saas-Fee) und t Späärwurzu (Saas-Almagell). Eine Deutung ist sehr schwierig. I D . (10, 446) kennt Spër ‘ Speer ’ , bezeichnet es aber als nicht volkstümlich. In der Anmerkung (I D . 10, 447) werden einige Ortsnamen aufgezählt, aber auch verwiesen auf sperre n (I D . 20, 423). Letzteres ist hier wegen des offenen / ä/ unwahrscheinlich. Eine weitere Möglichkeit ist nach I D . (10, 412) Spar II ‘ Spatz ’ , wobei auch hier der Vokal / ä/ unklar ist (vgl. aber LUNB 1, 2, 991 s. v. Späri). Auch Sparr (I D . 10, 413) ‘ Rundholz, Pfahl, Dachsparren ’ (so auch V. S CHMID 2003, 180 und HL S PARR ) ist lautlich unbefriedigend (kurz, ohne / ä/ ). Die beiden Belege lassen sich trotz der Bemerkung des I D . am ehesten zu Spër ‘ Speer ’ stellen: ‘ die speerförmige Ecke ’ , ‘ das Gebiet mit speerförmigen Wurzeln ’ . Späch Späch ist zu schwdt. Spëh, Spëch, Späch f., ‘ das Spähen, Auskundschaften, Aufpassen, Lauern ’ , ahd. spëha, mhd. spëhe f. (I D . 10, 75 ff.) zu stellen. Das Lemma kommt in t Spähörner (LT Spähnhörner) und ts Spächhorli (Saas- Almagell) vor. Ebenfalls dazu gehören das nur historisch belegte Spechteggen ‘ die Ecke, von der man ausspähen kann ’ (1690, Bellwald) und Spächten Bletschun ‘ die Ebene, von der man ausspähen kann ’ (Blatten). Das / t/ in diesen Belegen stammt aus einer Partizipbildung. Späggji (FaN) Späggji (FaN) ist laut Gwp. der Übername einer Familie Zimmermann. Es lässt sich auch zum FaN Speckli, Speckly stellen, ein Familienname von Brig und Fiesch. Die Familie kam im 18. Jh. aus Feldkirch ins Wallis (AWWB 249). Ob dieser FaN in t Späggjiäbi ‘ der Abhang der Familie Zimmermann, die Späggji genannt wird ’ (Eggerberg) enthalten ist, bleibt unklar. Spale Spale ist wohl zu schwdt. Spal f., Spale n , Sp ā le n f., m. n., Pl. Späle n , Spele n , Dim. Späleli, Spali, Späli (W[allis]) ‘ (abgespaltenes) meist längliches Stück Holz; dünne Latte; breite Leitersprosse; Querhölzer, womit sumpfige Wege belegt werden ’ , ‘ Fässchen aus schmalen, früher durch Spalten gewonnenen tannenen Dauben zur Verpackung des zur Ausfuhr bestimmten Käses ’ , ‘ Scharte an einem Scheidwerkzeug (Messer, Sense, Axt, Degen usw.) ’ zu stellen, spätmhd. spale f. ‘ Querbalken am Kreuz; Leitersprosse ’ (I D . 10, 108 ff.), in Namen auch in Übertragung der länglichen, aufrechten Form ins Gelände. I D . (10, 110) stellt das Spali-Horn (in Kippel, bei uns Wiler) hierzu. Das gleichlautende Spale n f. (I D . 10, 112), bei G RICHTING (1998, 177, s. v. Schpali) ‘ Vorderschenkel (Ziege) ’ trifft kaum zu. Das Lemma kommt nur dreimal vor: in Spaalihoren und Spaalisee (beide Wiler), sowie in Spalewasserleite (Ulrichen), wohl die ‘ lange Wasserleitung ’ . Spalt Spalt m., f. ist belegt als die Bleinspalt ‘ an die Felsspalte mit Blei (unsicher) ’ (1821, Ergisch; unsichere Lesung), t Windspaltläicha ‘ das Sumpfgebiet, das den Wind spaltet ’ (Baltschieder), t Windspalteija ‘ die Aue, die den Wind spaltet ’ (FLNK, Baltschieder; Alternative zu Windspaltläicha), t Spaltschluöcht ‘ die Geländeeinbuchtung beim Spalt ’ (FLNK, Wiler) und t Inder und t Uister Spaaltschluächt ‘ die innere und die äussere Geländeeinbuchtung beim Spalt ’ (Wiler). Das HL ist zu schwdt. Spalt m. ‘ Spaltung, Zerteilung ’ , wie nhd. ‘ Spalt(e) ’ , amhd. spalt und wdt. Schpaalt ‘ Spalt ’ (I D . 10, 205 ff.; G RICHTING 1998, 176) zu stellen. Das wechselnde Genus entspricht dem dial. der Spalt, hdt. die Spalte. Im Fall von Ergisch ist wohl eine Felsspalte zu verstehen, in der Blei gefunden wurde. Die Belege aus Baltschieder meinen ein Stück Land, das den Wind spaltete, wobei hier wohl eine Abstraktbildung zu einem Verb spalten vorliegt, und die Belege aus Wiler meinen wohl eine Geländeeinbuchtung bei einer Felsspalts auf der Weritzalp; nicht ganz ausgeschlossen ist hier aber der Einfluss des Spalihorn, das gleich daneben steht. Span Span m. ist zu schwdt. Sp ā (n) m., Pl. Spä(n), Sp ē (n) wie nhd. ‘ Span ’ , von Holz als Abfall bei dessen Bearbeitung, auch etwa zu bestimmten Zwecken eigens hergestellt, zur Beleuchtung, als Stopfmittel, als Kerbholz, von Spanähnlichem, meist Dim. für Kleines, Kleinliches, Nichtiges, mhd. sp ā n (I D . 10, 228 ff.) zu stellen. Es ist als Simplex in Törbel 1304 (lat.: retro) dem Span belegt, wo sich ein Acker befindet. Weitere Details 185 186 Span <?page no="98"?> fehlen. Als Bestimmungswort steht das HL in im Spanacher (1712, Grächen), was zum HL in Törbel passen würde. Allerdings kann auch die Bedeutung von Spann ‘ Uneinigkeit, Streit, Zwist ’ (I D . 10, 279 ff.) gemeint sein. Unsicher ist Spenpu ͦ le (1344 u. später, Fiesch). Spen kann hier durchaus auch zum Verb spëhen ‘ spähen ’ (I D . 10, 79) gestellt werden, sodass die Deutung ‘ der Hügel, von dem man ausspähen kann ’ gegeben wäre. Welche Deutung dem HL S PAN gegeben werden soll, ist darum unklar (cf. HL G SCHPA mit der Deutung ‘ Zaunlatte ’ ). Spänd Spänd f. ‘ Spende ’ , auch Spend, ist zu schwdt. Spënd, Spënn, Spënna (WGrä[chen]; Tör[bel]), Spënnu (WSaas) f. (in WTurt[mann] m.) wesentlich wie nhd. ‘ Spende, Austeilung, Verabreichung von Gaben, bes. an oder für Arme ’ , auch tw. ‘ die Gabe selbst ’ ( … )( … ) ahd. spenta, spenda, mhd. spende, aus mlat. spenda (spenta, spinda) und wdt. Schpend, Schpänd ‘ Spende ’ (I D . 10, 341 ff.; G RICH- TING 1998, 177) zu stellen. Das HL kommt nur als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita vor: im Spendacker ‘ im Acker, dessen Ertrag der Spende dient ’ (1681, Staldenried), jn den Spendackren ‘ in den Äckern, deren Ertrag der Spende dient ’ (1641 u. später, Ferden), der Spendgarten ‘ der Garten, dessen Ertrag der Spende dient ’ (1588 u. später, Ferden), t Spändmatta ‘ die Wiese, deren Ertrag für die Spende dient ’ (Ferden), t Spändweng ‘ die Grasabhänge, deren Ertrag als Spende an den Pfarrer ging ’ (Reckingen, zwei Belege). Ferden kennt eine eigene Spende, bei der nicht nur der Milchertrag der Spend-Alpen, sondern auch der Ertrag der Spend-Äcker verwendet wird (vgl. B LOETZER 1986, 166 - 188 und die dort erwähnten Quellen). Spändälla Spändälla ist zu i Spändällun ‘ am Ort, wo es eine Spende gab ’ (Blatten) zu stellen. Es handle sich um einen wannenartigen Steilhang. Die Flur befindet sich bei der Glaserbalma auf 2585 m. Es geht wohl um ein weibliche Stellenbezeichnung auf - ÄLLA (schwdt. - ELE ) (S ONDEREGGER 1958, 517 ff.) zum Nomen schwdt. Spënd ‘ Spende, Almosen ’ und wdt. Schpend, Schpänd ‘ Spende ’ (I D . 10, 341 ff.; G RICHTING 1998, 177; cf. HL S PÄND ). Der Hintergrund scheint zu sein, dass sich die armen Leute auf den Alpen eine Spende holen konnten; der Ort, wo sie diese erhielten, wäre dann die Spändälla. Weniger wahrscheinlich ist eine metaphorische Deutung. Spanna Spanna f. ist zu schwdt. Spann(e n ) wie hdt. ‘ Spanne ’ als Raum- oder Längenmass, auch wdt. Schpanna, Schpannä (Goms), Schpannu ‘ Spanne (Handmass) ’ (G R W B 16, 1893 ff.; I D . 10, 244 ff.; G RICHTING 1998, 177) zu stellen. Belegt ist nur zer Spannu (Niedergesteln); beschrieben ist die Flur als Kar unterhalb des “ Blummhorns ” . Kar ist hier wohl als zur “ Weide benutzbare Vertiefung ” (G R W B 11, 204) zu verstehen. Zer Spannu ist dann eine Vertiefung, die relativ klein ist. Spännig (FaN) Spännig (FaN) m. ist zunächst vermutlich ein FaN, der als Beiname Spenig, Spennig für die Familie der Frauen angegeben wird (AWWB 99; 249), die vermutlich aus Mörel stammt. Belegt ist der Spännig (Greich) mit der Spännigstadel und der Spännigwald (beide Greich oberhalb Spännig). Unklar ist, ob die Flur nach dem FaN benannt ist oder umgekehrt. Spennigo Gu ᵉ ter ‘ die Güter der Familie Spennig ’ (1556, Mörel) ist ein schwacher Genitiv Plural; am Spennis Matto ‘ an der Mähwiese des Spenni ’ (1381, Ried-Mörel) ein starker Genitiv Singular. Spenni kann die Kurzform zu Spennig (mit dem kollektiven - IG -Suffix) sein. Unklar bleibt der Beleg Spennetbrúnnen ‘ die Quelle / der Brunnen des Spennet ’ (1871, Bellwald), wo der FaN mit dem Suffix - ET -erscheint; der späte hdt. Beleg kann eine Umdeutung von Spennig sein. Sparr Sparr ist zu schwdt. Spar(r), Spar(r)e(n) m. ‘ Stück Rundholz von 4 - 10 cm Dicke und 1 - 3 m (selten mehr) Länge, (kurze) Stange, Prügel, auch Latte, (behauener) Balken ’ , von Rundhölzern, die einen Prügelweg bilden, ‘ Pfahl, Pfosten, Stange, Latte u. ä. zum Sperren, Stützen ’ , ‘ Zaunpfahl, -pfosten ’ , ‘ auf der Aussen- oder Innenseite über eine Tür oder ein Tor gehender Querriegel (starke Latte oder Rundholz) ’ , ahd. sparro, mhd sparre (I D . 10, 413 ff.), in Namen Übertragung der länglichen, aufrechten Form ins Gelände (URNB 3, 246). G RICHTING (1998, 177) kennt die Form mit langem Vokal Schpare, Schparä (Goms), Schpara (Mattertal), Schparu ‘ Querbalken (des Dachgerüstes), Latte ’ . Belegt ist das Simplex als der Sparre ‘ hoher Felsen ’ (Münster), der Sparro ‘ der Sparren (Durchgang) ’ (Mund), der Sparru ‘ der Sparren (wohl Felssparren, Felsabsätze) ’ (St. Niklaus), uf Sparu ‘ auf Sparren (Alpe auf einem Felssparren) ’ (St. Niklaus, SK Sparren, LT und FLNK Sparru), zum Sparu ‘ beim Sparren ’ (Täsch), der Sparu ‘ der Sparren (wohl Felssparren) ’ (Saas-Almagell), wobei Gwp. anfügt, das sei ein Holzpfahl, aber er habe mit dieser Gegend nichts zu tun. Auf LT lässt sich nichts Bestimmtes erkennen. Als Grundwort kommt Sparr vor in der Fäldsparu ‘ der Feldsparren (wohl: länglicher, liegender Sparren) ’ (St. Niklaus) und in Bärgschaft Sparru ‘ die Bergschaft (Al- Spänd 187 188 <?page no="99"?> pengebiet) Sparren unterhalb des Sparrhorns ’ (FLNK, St. Niklaus). Als Bestimmungswort kommt das HL vor zusammen mit den Grundwörtern Fad, Flüö, Hooru, Wald, Wang, Wasser (nur LT) und Zug. Komplexer sind ts Gross und ts Chlei Sparrhoru ‘ das grosse und das kleine Sparrhorn ’ (Naters), t Läzu Sparufet ‘ die nördlich liegenden Felsbänder bei zum Sparren ’ (Täsch) und t Sparuwasserleita ‘ die Wasserleitung, die zur Alpe Sparru führt ’ (St. Niklaus). Sparrier (PN) Sparrier (PN) ist nur historisch belegt Jn Sparriers Boden (1735 Niedergesteln). Der Genitiv kennzeichnet einen PN oder FaN. Der Name ist allerdings sonst in den üblichen Quellen nicht belegt. Spät Spät ist als attributives Adjektiv wie folgt belegt: t Spät Lamme ‘ die späte Runse (wohl spät reifendes Gras) ’ (Urichen), in der Beschreibung als schattiger, steiler Grashang bezeichnet; tsch Spät Matt ‘ in der späten Mähwiese (Mähwiese, die spät grün wird) ’ (Birgisch), in der Beschreibung mit ‘ lange Schnee im Frühjahr ’ bezeichnet; Spätmatt ‘ die Mähwiese, die spät Ertrag gibt ’ (FLNK, Mund). Das Adjektiv ist zu schwdt. sp ǟ t Adj. wesentlich wie nhd. ‘ spät, zu vorgerückter Zeit; zu (später) Abend- und Nachtzeit; innerhalb des Jahres die späte Jahreszeit (später Frühling z. B.) ’ , in örtlicher Bed. von Halden, Matten, Äckern, Weinbergen, die späten Ertrag liefern, ahd. sp ā ti, mhd. spæte und wdt. schpaat ‘ spät ’ (I D . 10, 589 ff.; G RICHTING 1998, 177) zu stellen. Wie SDS (1, 88 f.) zeigt, ist der Positiv im Oberwallis meist unumgelautet, der Komparativ dagegen durchwegs mit Umlaut. In den Flurnamen sind jedoch die attributiven Adjektive fast immer (cf. aber-HL S PA- TEN ) mit Umlaut-ä vertreten. Spaten Spaten ist nur im Beleg in den Spaten Schrotten (1795, Bitsch) belegt. Der Beleg ist unklar. In Frage kommt ein Adjektiv spat ‘ spät ’ (I D . 10, 589 s. v. sp ǟ t; G RICHTING 1998, 177), vermutlich in der Bedeutung ‘ die spät (reifenden, zu mähenden) Geländeeinschnitte ’ . Ein Zusammenhang mit Spatt m. f. ‘ Spaten ’ (I D . 10, 583) liegt kaum vor, hingegen ist ein Zusammenhang mit dem HL S PÄT gegeben. Spazier Spazier ist nur in der Spaziergang ‘ der Spaziergang ’ (Leukerbad) belegt. R. G RICHTING (1993, Blatt 9, Nr. 37 und Blatt 23, Nr. 16) kennt es als Schpaziergang. Es handelt sich um eine gerade Strecke, auf der die Gäste hin- und herspazieren konnten; sie befindet sich links der Dala, wo früher der vornehmere Teil (Stadt genannt) des Ortes war; auf SK ist die gerade Strecke deutlich erkennbar. Im heutigen Leukerbad ist der Schpaziergang eine geteerte Strasse. Spaziergang ist zum Verb schwdt. spaziere(n) wie nhd. ‘ spazieren, (zum Vergnügen oder zur Erholung) gemächlich gehen ’ , mhd. spazieren, aus it. gleichbed. spaziare, lat. spatiari zu lat. spatium und wdt. schpazziere, schpazziärä (Goms), schpazzieru (Saastal), schpazziärn (Lötschental), schpazziäru ‘ spazieren ’ , auch wdt. Schpazziergang, Schpazziärgang ‘ Spaziergang ’ (I D . 10, 645 ff.; G RICHTING 1998, 177; D EVOTO / O LI 2020, 2147) zu stellen. Speck (FaN) Speck (FaN) ist nur 1784 in Mund als in Specksmatten ‘ in der Wiese der Familie Speck ’ erwähnt. E. J OSSEN (1989) kennt den FaN nicht. Hingegen ist eine Anna-Maria Speck als Nr. 19125 in der Liste der Personennamen des Bezirkes Brig in der Zeitspanne von 1809 bis 1818 erwähnt (FGA-Dokument von R. A RNOLD ). Spell Spell ist zweimal belegt: 1656 in Mörel als am Spellbanckh ‘ die Bank, wo man etwas erzählte ’ und 1774 in Mund als im Spellmatten ‘ in der Mähwiese, wo man etwas erzählte ’ (das Genus n. deutet auf ein HL M ATT ‘ die Mähwiese ’ ). Zum ersten Beleg kommen ab 1586 u. später Belege zu Spetzilbanck (Mörel), die unklar sind. Vermutlich liegt aber beidem schwdt. Spël(l) ‘ Erzählung, Erdichtung, Lüge, Geschwätz ’ (I D . 10, 113; vgl. auch G R W B 16, 2137 s. v. Spell) zu Grunde, das als Bîspel ‘ Beispiel ’ weiterlebt (I D . 10, 114). Während der Beleg aus Mörel wohl einfach eine (Sitz-)Bank meint, auf der man etwas erzählte, ist der Beleg mit Spellmatten in Mund etwas schwieriger - es dürfte sich aber auch hier um eine Mähwiese handeln, auf der man etwas erzählte. Zu Spetzil cf. HL S PETZIL . Sperri Sperri f. ist belegt als t Eggsperrin ‘ die Sperre bei der Ecke ’ (Blatten), wo es sich um einen Zaun oder eine Mauer zwischen Ried und Blatten handelt. Die drei Belege di Talsperri, t Inner und t Üsser Talsperri (Baltschieder) sind Sperren der BLS zum Schutz von Baltschieder. Zu stellen sind die Belege zu schwdt. Sper(r), Sperre(n) f., Sperri f. wie nhd. ‘ Sperre, Hinderung, Widerstand; Schranke; Einbau in einen Fluss zum Stauen des Wassers, bes. auch in einen Wildbach, um die Stosskraft des Wassers zu schwächen und das Geschiebe aufzuhalten, in Rutschgebieten zur Sicherung gegen Rüfenen ’ , mhd. sperre f. ‘ Vorrichtung zum Sperren ’ (I D . 10, 422 f.). Das HL ist so nicht bei G RICHTING (1998) belegt. 189 190 Sperri <?page no="100"?> Sperwer Sperwer m. ‘ Sperber ’ ist zu schwdt. Sperwer, Sperber, Sperbel m., Pl. unverändert, Vogelname ‘ Sperber; Accipiter (Astur, Falco) nisus ’ , ahd. sparwari, mhd. spar-, spär-, sparwære (I D . 10. 495 ff.) zu stellen. Er erscheint im Genitiv als am Sperwers Bu ᵉ ll ‘ am Hügel des Sperbers ’ (1579, Naters) und in t Spärwerzucht ‘ die Sperberzucht ’ (Saas-Fee), einem metaphorisch benannten Jungwald auf ca. 1980 m. Im ersten Fall kann auch ein PN oder ein Übername gemeint sein, doch ist keiner überliefert. Hingegen gibt es etwa ts Chräijubiel ‘ der Hügel mit Krähen ’ (Ried-Brig), der einen Vogelnamen mit Biel verbindet. Sperzi Sperzi f. ist nur in Naters ohne Koordinaten belegt. Laut der Beschreibung ‘ Wiesen, Moränenrücken ’ handelt es sich um ein hochgelegenes Gebiet. Schwdt. Sperzi f., Sparz m., Sperz ‘ das Anstemmen; die Stelle, wo man sich mit den Füssen anstemmen kann; Tritt, Stoss mit dem Fusse ’ (I D . 10, 499 ff., 508) gibt wenig Hinweise, wdt. schperzu ‘ ächzen (unter der Last), bewegen (mit Kraft) ’ (G RICHTING 1998, 177) weist in die Richtung, dass die Flur sich bei einem Aufstieg befand, den man nur mit ‘ Ächzen ’ bewältigen konnte. Die Ableitung auf - I (S ONDER- EGGER 1958, 497 ff.) bezieht sich auf ein Verbalastraktum: ‘ der Ort, der mit Ächzen erreichbar ist ’ . Spetzil Spetzil ist nur 1586 und später in Mörel als Spezilbanck belegt. Es gibt am gleichen Ort 1656 einen Spellbankck. Vermutlich hat letzteres die Lesart von Spël(l) ‘ Erzählung, Erdichtung, Lüge, Geschwätz ’ (I D . 10, 113) bestimmt, die auch den sonst schwer zu deutenden Belegen für Spezilbanck zu Grunde liegt. Spezel (I D . 10, 671) als ‘ guter, intimer Freund ’ oder ‘ eigentümlicher, unbedeutender Mensch, Sonderling, Original ’ scheint nicht gemeint zu sein, kann aber das nicht mehr verstandene Spell abgelöst haben. Spezje Spezje f. ist nur in Binn (auch FLNK) belegt. Die nächstliegenden Wörter bezeichnen als Spezi ‘ Gewürz ’ (I D . 10, 670) und wdt. Schpezzje, Schpezzjä ‘ Gewürze ’ (G RICHTING 1998, 178) wohl nur dann eine Flur, wenn dort Gewürze gewachsen wären. Ob das so ist, bleibt unklar. Sphinx Sphinx f. ist benannt nach der ägyptischen Sphinx als etwas aus dem Gelände oder auch von seiner Konstruktion her herausragendes und von der Form her an eine Sphinx Erinnerndes. 1931 wurde auf dem Sphinxfelsen auf 3571 m Höhe die Forschungsstation Sphinxobservatorium gebaut und 1937 von Forschern bezogen (www. grindelwald.net/ jungfraujochjungfraubahn.php [gs/ 12.11.2012]). Heute befindet sich dort auch die Sphinxterrasse mit Restaurants (https: / / www.jungfrau.ch/ de-ch/ corporate/ gesellschaften-betriebe/ sphinx-ag-jungfraujoch/ [iw./ 11.9.2017]). Der Sphinxstolle ‘ Sphinxstollen ’ (FLNK, Fieschertal) ist ein Stollen, der zum Observatorium führt. Die so benannten Orte liegen auf der Grenze der Kantone Bern und Wallis und gehören zur Gemeinde Fieschertal. Spiegel Spiegel m. ist nur in der Bockspiegel ‘ der After des (Hirsch-)Bocks ’ (Oberwald, auch LT und FLNK) belegt. Vermutlich ist hier die helle Stelle am Hirschkörper (Weidloch) gemeint, die Beobachtern auffällt. Zu stellen ist Spiegel (mit ausgesprochenem Diphthong / ie/ ) zu schwdt Spiegel (I D . 10, 59 ff.), hier wohl in der Bedeutung 2 d δ ) Weidloch (After) des Hirsches. G RICHTING (1998, 178) kennt Schpiegl, Schpiegäl (Goms), Schpiegu (unteres Goms), Schpiegul (Vispertäler), Schpiägl (Lötschtal), Schpiägil ‘ Spiegel, Brillen, Fernglas, Fernrohr ’ nur in diesen Bedeutungen, nicht in der Bedeutung der Jägersprache. Spien Spien ist eine verdeutschte Form, die als Spiiu (Guttet, LT und FLNK Spiu) belegt ist, einem früher bewohnten Ort zwischen Guttet und Feschel. Neben dem Simplex ist das HL in Bestimmungswörtern belegt, zusammen mit Acher, Bodu, Matta, Wald und Weg. Belegt sind die Komposita nur für Guttet und Feschel. Mit Ausnahme von der Spiiuwald (Guttet, FLNK u. LT Spiuwald) sind die Belege nur historisch. Das als romanisch klassifizierte espions (1322, Guttet) dürfte die älteste Form des Namens sein, der damals einen bewohnten Weiler kennzeichnete (cf. HL E SPION ). Der romanische Name bezieht sich wohl auf ein Nomen zu *spehôn (anfrk.) spähen (FEW 17, 173 ff.), wohl als ‘ der Späh-Ort ’ . Spigolo Spigolo ist nur als Grenzgipfel Cima dello Spigolo zwischen Italien und dem Wallis in Saas-Almagell mit einer Höhe von 3362 m belegt. Der Name ist zu it. spigolo m. hier ‘ Grat ’ (D EVOTO / O LI 2020, 2161, Bed. 3) zu stellen, also ‘ der Gratgipfel ’ . Spiicher (FaN) Der FaN Spiicher (AWWB 130) ist als FaN Im Spicher für das Saastal belegt. Vermutlich diesen Namen findet man Sperwer 191 192 <?page no="101"?> in ts Spichärlisch Bobem ‘ der Boden der Familie Spiicher / beim Speicher ’ (Blatten), ts Spihärsch Blattu ‘ die Felsplatten der Familie Spiicher / beim Speicher ’ (Ferden) und ts Spiicherhansch Wald ‘ der Wald des Hans Spiicher ’ (Saas-Balen). Spiicher Spiicher m. ‘ der Speicher ’ ist zu schwdt. Sp ī cher, Sp ī (h)er, Sp ī ger, Sp ī r m., Pl. meist unverändert, wesentlich wie nhd. ‘ Speicher ’ , als selbständiges Gebäude, zu einem Bauernhaus oder Hof gehörig; einer Genossenschaft, Gemeinde, Herrschaft u. ä. zugehörig, ahd. sp ī chari, mhd. sp ī cher m., aus spätlat. spicarium ‘ Kornspeicher ’ und wdt. Schpiicher, Schpiichär ‘ Speicher ’ (I D . 10, 30 ff.; G RICHTING 1998, 178) zu stellen. Laut V. S CHMID (2003, 180 ff.) handelt es sich um ein häufig nicht selbständiges Vorratsgebäude. Das Simplex ist im Singular nur als ob dem Spicher ‘ oberhalb des Speichers ’ (1808, Filet) belegt. Im Plural erscheint es als Ze Spichre ‘ bei den Speichern (Ortsteil von Grengiols) ’ (Grengiols), Ze Spiichru ‘ bei den Speichern ’ (Eyholz), Zu Spichru ‘ bei den Speichern (Alpe) ’ (Täsch) und historisch 1348 zen Spikerren ‘ bei den Speichern ’ (Simplon). Das Diminutiv im Singular ist als ts Spiicherli ‘ der kleine Speicher ’ (Oberems, Oberwald) belegt; der Plural als t Spiicherlini ‘ die kleinen Speicher ’ (Naters). Mit attributiven Adjektiven erscheinen vnder dem Nÿwen Spicher ‘ unter dem neuen Speicher ’ (1616, Grächen) und beÿ dem Vndren Spicherli ‘ bei dem unteren kleinen Speicher ’ (1745, Bürchen). Vor- oder nachgestellte Genitive sind belegt als sub spicarijs Lorigo ‘ unter den Speichern der Leute des Lori (Lorenz) ’ (1627, Raron), ts Wirtstepfisch Spiicher ‘ der Speicher des Wirtstepfi (wohl Übername zu Wirt und FaN Imstepf) ’ (Mund) und bÿ Wissigo Spicher ‘ beim Speicher der Familie Weissen ’ (? , Bitsch). Als Grundwort ist das HL nur in der Kapälluspiicher ‘ der Speicher bei der Kapelle von Liden ’ (Niedergesteln) belegt. Als Bestimmungswort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern vor: Egg(a), Matta, Schluocht, Schnitta und Wäg. Als komplexere Form ist belegt: ts Spiicherhansch Wald ‘ der Wald des Hans Spiicher ’ (Saas-Balen) (cf. HL S PIICHER FaN). Spiinu Spiinu f. ‘ Fasshahn ’ ist zu schwdt. Sp ī ne n , -a, ‘ hölzerner Stöpsel, Zapfen an einer Kufe, Spund am Fasse; Röhre an einer Wäschebütte, Ausflussvorrichtung am Wäschebottich (ein der Länge nach halbiertes, an der Innenwand des Bottichs angebrachtes hölzernes Rohr, durch dessen dem Spundloch im Boden entsprechende Höhlung der Spine n -Nagel, der hölzerne Stöpsel eingesteckt und herausgezogen wird); hölzerner Fasshahn; Wasserhahn ’ , Lehnwort aus rät., it. spina ‘ Dorn, Zapfen, Fassnagel ’ und wdt. Schpiina, Schpiinä (Goms), Schpiinu ‘ Wasserhahn, Fasshahn ’ (I D . 10, 337 f.; G RICHTING 1998, 178) zu stellen. Belegt ist es 1784 in Guttet als in den Spinu ‘ in den Spinen ’ (1784, Guttet) und der Spiinugrabu ‘ der Graben bei den Spiinen ’ (Saas-Almagell). ‘ Wasserhahn, Fasshahn ’ kann zutreffen, aber FEW (12, 176 ss. s. v. sp ī na ‘ Dorn ’ ) weist auf manche anderen Verwendungen hin. E GLI (1982, 284) verweist auf Spiina, resp. Spiinu als ‘ Fasshahn ’ ; er nimmt an, dass es sich um eine oberitalienische Entlehnung handle (E GLI 1981, 319 f.; vgl. auch D EVOTO / O LI 2020, 2162 mit verschiedenen Bedeutungen). Diese Sichtweise betrifft vermutlich nur den Weinbau; Spiinu selbst war in seinen übrigen Verwendungarten sicher schon bekannt. Spiis Spiis f. ‘ Speise ’ ist nur einmal belegt in t Spiischerb ‘ die Speisekörbe ’ (Erschmatt) als Vergleichsname für inzwischen erlegene Äcker. Es ist zu schwzdt. Sp ī s f. ‘ Nahrung ’ und wdt. Schpiis ‘ Speise (Käse, Brot, Wurst) ’ (I D . 10, 521 f.; G RICHTING 1998, 178) zu stellen. Spil Spil n. ist zu schwdt. Spil, Spill, Sp ī l n., Pl. unverändert, wesentlich wie nhd. ‘ Spiel; freie, ungehinderte Bewegung; bewegte Menge, Gewimmel; lärmendes Treiben, Rumor ’ , zur eigenen oder zu anderer Leute Unterhaltung, mehr oder weniger planmässig aufgeführte Tätigkeit, amhd. spil und wdt. Schpill, Schpiil (Lötschental) ‘ Spiel ’ (I D . 10,116 ff.; G RICHTING 1998, 178)) zu stellen. Gemeint ist in vielen Fällen der Ort, wo die Auerhähne (manchmal auch Birkhähne) ihren Balztanz aufführen, also eine ebene Fläche, die aber auch für einen Tanz oder andere Spiele verwendet werden kann, wobei ein Spielmann zum Tanz aufspielt. In Einzelfällen wird Spil auch für ‘ eine grosse Menge ’ verwendet. Nicht zu verwechseln ist es mit dem HL S PUEL und dem dort belegten Spieli mit mehreren möglichen Deutungen (cf. HL S PUEL ). Im unteren Goms kann auslautendes / l/ zu / u/ vokalisiert werden, also Spiu. Das Simplex im Singular ist nur als ts Spil ‘ das Spiel (wohl Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen) ’ (Ulrichen) belegt. Der häufigst auftretende Typ mit dem HL als Grundwort ist ts Hanspil ‘ der Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen ’ (Fiesch); es handelt sich um Auer- oder Birkhähne. Neben dem durchsichtigen ts Hanspill ‘ der 193 194 Spil <?page no="102"?> Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen ’ (Zermatt), am Hanenspil ‘ am Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen ’ (1333, Mund), Hannspill ‘ der Ort, wo die Auerhähne ihr Balzspiel aufführen ’ (FLNK u. LT, Reckingen), ts Hanspiu ‘ der Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen ’ , (Selkingen), t Hanspiutini ‘ die kleinen Orte, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen ’ (Ritzingen) gibt es einige Umdeutungen wie auff dem Handspeill ‘ auf dem Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen ’ (1763, Biel; SK Handspiel), am Handt Spil ‘ am Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen ’ (1530, Binn; SK Handspiel), der Hanschbieu ‘ (umgedeutet auf Biel (Hügel)): der Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen ’ (Binn). In einer Reihe von Belegen wird die Sequenz / ans/ durch eine Ersatzdehnung (Staubsches Gesetz) ersetzt, wobei die Lautung nach R ÜBEL (1950, 6) unterschiedlich ist; hinzu kann weiter die Deutung von Spil als Biel kommen, wie etwa in ts Haisch Biel ‘ der Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen ’ (Gampel), das neu als ‘ des Hans Hügel ’ verstanden wird. Belegt sind weiter t Haischbiela (Eisten), ts Haispill (Kippel), t Haüschbiele (Staldnried), ts Höüspiel (St. Niklaus), ts Höüspil (Täsch). Zu diesem Typ gibt es auch attributive Adjektive: ts Ober und ts Under Haispiil ‘ der obere und der untere Teil des Ortes, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen ’ (Blatten), ts Ober und ts Unner Hannspil ‘ der obere und der untere Teil des Ortes, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen ’ (Reckingen), ts Ober und ts Unner Hannspiu ‘ der obere und der untere Teil des Ortes, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen ’ (Selkingen), ts Ober und ts Unner Höüschbiel ‘ der obere und der untere Teil des Ortes, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen ’ (Randa), t Obru und t Undru Häischbiele ‘ die oberen und die unteren Orte, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen ’ (Termen). Der Typ Hanspil tritt als komplexes Bestimmungskonstruktion in den folgenden Belegen auf: dr Haichspilwang ‘ der Grasabhang beim Hahnenspiel (Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen) ’ (Blatten), Haischbielbletscha ‘ die Bletscha (Ebene) beim Hahnenspiel (Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen) ’ (FLNK, Ferden), der Haischbielbodu ‘ der Hahnenspiel-Boden (wo die Hähne ihre Balzspiele aufführen) ’ (Simplon), das Heischbielläger ‘ die Lagerstätte für das Vieh beim Heischbiel (Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen) ’ (1833, Eisten), t Haispiilbletscha ‘ die Ebene, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen ’ (Kippel), ts Haispiilbord ‘ das Bord (Abhang, Böschung) beim Haispiel (Hahnenspiel: Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen) ’ (Kippel), die Hanssbiellsu ᵕ n ‘ die Wasserleitung beim Haispiil (Hahnenspiel: Ort wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen) ’ (1632, Kippel), t Hannspiuschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung beim Hanspiel (Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen) ’ (Selkingen), Hanschpiustafu ‘ der Stafel beim Hanspiel (Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen) ’ (FLNK, Selkingen), das Heischbielläger ‘ die Lagerstätte des Viehs beim Hahnenspiel (Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen) ’ (1833, Grächen), t Höuschbieläbi ‘ der Abhang beim Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen ’ (St. Niklaus), ts Höüschbielbord ‘ das Bord (Abhang, Böschung) unter dem Höüschbiel (Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen) ’ (Randa), ts Höüschbielgufer ‘ das Steingeröll unter dem Höüschbiel (Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen) ’ (Randa), ts Höüschbielwasser ‘ die Wasserleitung, die beim Höüschbiel (Ort, wo die Hähne ihr Balzspiel aufführen) vorbeifliesst ’ (Randa). Die verschiedenen Umdeutungen lassen sich am ehesten als Neu-Deutungen verstehen, die auf dem Nicht-Verstehen des Typs Hanspil beruhen. In weiteren Fällen ist das HL als Grundwort wie folgt belegt: ts Eggspil ‘ der Spielplatz (der jungen Adler) bei der Ecke ’ (Täsch), laut Beschreibung alter Adlerhorst, uf Mundärspiil ‘ auf dem Munderspiel ’ (Blatten) (Motivation ist unklar, S TEBLER (1097, 24) vermutet auf Grund der Sage Wunderspiel als zutreffende Form, wozu es allerdings keinen Hinweis gibt; zum Ortsnamen Mund (heute Naters) ist das Bestimmungswort kaum zu stellen). Das HL tritt als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern auf: Biel, Blatta, Bodu, Flüö, Loch, Ma, See, Wäg und Wang. Komplexere Konstruktionen sind: Spilbiealpji, Spilbielbodu und Spilbielweide (alle Hohtenn, alle zu Spilbielalpji), dr Spilfluätschuggen ‘ der Felsblock bei der Spillflue (Fluh beim Ort, wo die Hähne spielen) ’ (Blatten), ts Spilmasch Brunn ‘ die Quelle / der Brunnen des Spielmannes (Musikant) ’ , Spilmansmatten ‘ die Wiese des Spielmanns (Musikant) ’ (1310, Visperterminen), der Spilwangstaful ‘ der Stafel im Gebiet Spilwang (Grasabang, wo die Hähne spielen) ’ (Simplon), der Ober und der Unner Spillbodu ‘ der obere und der untere Spielboden (wo man zum Tanz aufspielen kann) ’ (Saas-Balen). Spir Spir ist nur in Ausserberg als Spirgilla (LT) belegt. FLNK hat Spirgila. Auf der Karte findet sich in der Nähe ein kleines Gewässer, das als Tümpel (Gilla) verstanden werden kann. Spir lässt sich zu schwdt. Sp ī r m., f. ‘ Schwalbenart, grosse Schwalben; Rauchschwalbe, Hausschwalbe; Uferschwalbe; Alpensegler, Felsschwalbe ’ , mhd. sp ī re f. (I D . 10, 448 f.) stellen, das auch im I D . für das Wallis bezeugt ist, sonst aber fehlt. Spiser Spiser ist nur einmal historisch in Zermatt 1551 als jm Spiser belegt. Das Nomen wird im I D . (10, 545) als maskulines Nomen agentis aufgeführt, das zu sp ī sen Spir 195 196 <?page no="103"?> ‘ speisen ’ zu stellen ist. I D . zählt in der Anmerkung eine Reihe von PNN und FaNN auf, jedoch findet sich dieser PN oder FaN weder in AWWB noch in NWWB. Die Belege zu Flurnamen beschränken sich auf die Ostschweiz. Zu vermuten ist, dass es sich um eine Ableitung zu Spiss (cf. HL S PISS ) handelt, die vielleicht falsch gelesen wurde. Ein Zusammenhang mit dem FaN Spiser ist nicht gegeben. Spiss Spiss m. ist zu schwdt. Spiss, Sp ī s m. ‘ spitziges Ding; rundes, dünnes, spitzes Hölzchen; abgetrennter Holzteil, Splitter, Span ’ , ‘ Bergzacke, -grat, vorspringende, spitz zulaufende Örtlichkeit; mit Felsen gespickte Stelle ’ , amhd. spiss m. ‘ Bratspiess, Spitze ’ (I D . 10, 548 ff.; Z INSLI 1946, 338) zu stellen. In den ONN tritt auch Spiss f. (z. B. Visperterminen) auf. W IPF (1910, 79) nennt Spiss f. als “ Name eines Gutes, das auf einem spitz zulaufenden Hügel gelegen ist ” . Daneben ist nicht immer klar, ob t Spissa / t Spisse ein (femininer) Singular oder ein Plural ist. In vielen Fälle sind in den Beschreibungen ‘ spitz zulaufende ’ Stücke Land erwähnt; es gibt aber auch Gebiete mit Felszacken oder mit Felsen gespickte Stellen. Im Einzelfall kann das nicht immer unterschieden werden, sodass im Allgemeinen Spiss als Deutung gewählt wird. Für die Gewährspersonen scheint Spiss jedoch eng mit spitz verwandt zu sein. Das HL ist rund einhundert Mal belegt. Die Belege stammen aus allen Bezirken ausser Leuk. Das Simplex im Singular ist normalerweise m., nur selten f. und kommt als Spis oder Spiss rund zwanzig Mal vor. Die Simplexform Spissa ist vier Mal belegt, wohl immer als Plural. Spisse ist vier Mal belegt und kann ein Singular im Feminin (so wohl in Binn) oder ein Plural (so wohl in Niedergesteln) sein. In im Spüss (1707, Lax) und die Spüsse (1709, Mörel, unklar ob Sg. oder Pl.) liegt eine hyperkorrekte Schreibung vor; in an den Spyssen (1542, Blatten) wohl eine Andeutung der Länge des Vokals, die im Lötschental möglich ist. Selten sind Diminutive des Simplex: im Spisij ‘ im kleinen Spiss ’ (1736, Selkingen) und der Plural t Spissjini ‘ die kleinen Spissen ’ (Naters). Attributive Adjektive zum HL zeigen: im Breiti Spiss ‘ im breiten Spiss ’ (Blatten), der Fooder Spiss ‘ der vordere Spiss ’ (Hohtenn, Steg, für den gleichen Graben), der Obere Spis (1832, Ulrichen), t Undru Spisse (Mund, Plural), der Unter Spiss (1832, Blitzingen), t Unneru Spiss ‘ die (sic! ) untere Spiss ’ (Saas-Fee). Als Grundwort in zweigliedrigen Komposita ist das HL als Bifigspiss ‘ der Spiss im Gebiet Bifig (das eingezäunte Stück Wiese) ’ (Naters, mehrfach belegt) und der Sattelspiss ‘ der Spiss beim Sattel (sattelförmiges Gelände) ’ (Mund) belegt. Komplexer sind der Hosandspiss ‘ der Spiss (spitz zulaufendes Gebiet) beim hohen Sandgebiet ’ (Mund), ins Hotschuggenspis ‘ das Spiss (sic! ) beim hohen Felsen ’ (1774, Naters) (der einzige Beleg mit neutralem Genus), t Obfliejerspissa ‘ die Spissen im Gebiet Obflie (ob den Flühen) ’ (Naters) und in der Üsser Mattspiss ‘ der Spiss beim Äusseren Matt ’ (Mund). Als Bestimmungswort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern vor: Acher, Bach, Bäärg, Blatta, Bodu, Brigga, Brunnu, Egg(a), Flüö, Grabu, Lamma, Matta, Rüüs, Schiir, Sita, Tiri, Tritt, Tschugge, Wäg, Wald, Wasser und Zug. Komplexere Fälle sind der Fooder Spissgrabu (Niedergesteln), t Hinner Spisslamme (Münster) und andere. Eine Präfigierung mit G ( I )ist belegt in im Oberen Gspis ‘ im oberen Ge-Spiss (Felszacken? ) ’ (1846, Zermatt). Das Präfix ist kollektiv, meint also mehrere Spisse, wobei unklar ist, ob es sich um Felsen oder spitz zulaufende Grundstücke handelt. Ob das nur in Zermatt 1551 belegte im Spiser hieherzustellen ist, lässt sich nicht genau bestimmen, ist aber wahrscheinlich. Es würde dann eine - ER -Ableitung als Stellenbezeichnung (S ONDEREGGER 1958, 551 ff.) darstellen. Spittel / Spi'taal Spittel m., auch Spitaal n./ m., ist zu schwdt. Spit ā l, Spid ā l, n., m., Spittel n., m. wie nhd. ‘ Spital; Anstalt zur Aufnahme, Verpflegung und Versorgung von Hilfsbedürftigen ’ , mhd. spit ā l, spit(t)el n., m., aus mlat. hospitale ‘ Gast-, Fremdenhaus ’ (I D . 10, 604 ff.) zu stellen. Bei G RICHTING (1998) sind die beiden HLL nicht verzeichnet. Die unterschiedliche Betonung zeigt, dass Spittel als eingedeutschtes Wort, Spital als Fremdwort verstanden wird. In Gebieten mit l-Vokalisierung zu / u/ (unteres Goms) erscheint Spittu. Von den verschiedenen Belegen für die beiden HLL benennt nur Spital ‘ das Spital ’ (LT, Visp) ein modernes Krankenhaus. Fast alle anderen Belege beziehen sich auf ältere Spittel, die nicht nur Kranke, sondern auch Fremde, manchmal auch Invalide oder Geisteskranke, beherbergten. Die Spittel auf den grossen Pässen wie Grimsel und Simplon dienten den Passbenutzern als Unterkunft. Spittel besassen zur Finanzierung Grundstücke wie Wiesen oder Reben. Der einzige übertragene Gebrauch ist wohl bei der Nootspitaal ‘ das Notspital ’ (Eisten) (rund 1700 m, weit weg von einer Siedlung) gegeben, wo Gwp. sagt, dass hier die Frau des Eigentümers unerwartet gebären musste. Das Simplex im Singular erscheint als Spital ‘ das Spital ’ (LT, Visp), Spital ‘ der Spittel (heute Antoniushaus) ’ (1390 u. später, Brig, 1528 supra hospitale, 1649 197 198 Spittel / Spitaal <?page no="104"?> superius hospitale, 1744 ob dem Spital), den Spital ‘ der Spittel von Oberwald auf der Grimsel ’ (1514 u. später, Oberwald, 1656 zum Spittal, 1661 beÿ vnserem Spithal, 1763 Grimselspittel), der Spittil ‘ der Spittel (heute Altersheim der Burgergemeinde) ’ (Leuk), der Spittu ‘ der Spittel (laut Gwp. war hier früher ein Spittel, heute überbaut) ’ (Lax), am Spitaal ‘ am Spittel auf dem Simplon ’ (1679 (ca.), Simplon; 1768 am Spittel). Mit einem attributiven Adjektiv ist belegt der Alt Spittel ‘ das alte Spital ’ (Simplon), bei J ORDAN (2006, 33) Aaltä Schpittul, Wohnturm von Kaspar Stockalper. Das auf LT daneben erwähnte Alte Hospiz scheint der Name für das Barralhaus (cf. HL B ARRAL ) zu sein. Als Grundwort erscheint das HL in Grimselspittel ‘ der Spittel auf der Grimsel ’ (1763, Oberwald), der Nootspitaal ‘ das Notspital ’ (Eisten, siehe oben), Rappen Spital ‘ der Rappespital ’ (1439, Steinhaus; 1485 ze Rapelspital). Als Bestimmungswort treten die HLL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern auf: Acher, Alpa, Bodu, Gassa, Güet, Matta, Räb-, Wäg und Wald. Komplexer sind: die Ober Spitellmatta ‘ die obere dem Spital gehörende Wiese ’ (1680 u. später, Zwischbergen) und die Vnder Spitellmatta ‘ die untere dem Spital gehörende Wiese ’ (1680, Zwischbergen). J ORDAN (2006, 285 f.) kennt neben Schpittul auch Chleini Schpitt u lmatta und Groossi Schpitt u lmatta (alle Zwischbergen) und S. 34 Schpitt u lbodu (Simplon). Spitz Spitz m. und spitz Adj. sind zu schwdt. Spitz m., Spitze(n) f. wie nhd. ‘ Spitze; spitziges Ende eines Gegenstandes, Fels-, Berg-, Landspitz ’ (I D . 10, 677 ff.) oder schwdt. Adj. spitz wie nhd. ‘ spitz ’ (I D . 10, 672 ff.) zu stellen. G RICHTING (1998, 178) kennt beide Lemmata, gibt aber - ausser schpizz ‘ spitz ’ - vor allem hier nicht zutreffende Bedeutungen. Zu unterscheiden ist Spitz als spitz zulaufendes Grundstück (z. B. ein Acker, eine Wiese, eine Weide, ein Stück Wald, in wenigen Fällen ein Dorfteil) von einem spitzen Felsen oder einer Reihe von spitzen Felsen; in diesem Fall tragen sie einen Gipfel- oder Gebirgsnamen. Das Adjektiv meint im Allgemeinen spitz zulaufende Grundstücke oder spitze Felsen. Das HL ist in der einen oder anderen Form in rund 230 Flurnamen enthalten. Das Simplex im Singular ist als Spitz (FLNK, Ausserbinn), der Spitz (Blatten, Geschinen, Leuk, Reckingen, Simplon), im Spitz (Obergesteln (Dorfteil)) und mehreren historischen Belegen mit am Spitz (z. B. 1628, Fiesch), der Spitz (z. B. 1870, Bürchen) und im Spitz (z. B. 1816, Selkingen) rund 25 mal belegt. Das Simplex im Plural erscheint als t Spitza (Eisten, Staldenried, Törbel), t Spitze (Simplon), in den Spitzen (1579, Naters (1782 im Spitz), 1770, Raron), zu Spitzu (Randa), deutlich seltener. Das Diminutiv ist zweimal als ts Spitzji (Baltschieder, Obergesteln) belegt. Attributive Adjektive zum HL in zweigliedrigen Konstruktionen sind: im Bösen Spitz ‘ im bösen Spitz (spitz zulaufendes Stück Land) ’ (1833, Raron), der Rot Spitz ‘ die spitz zulaufende rote Wiese ’ (Simplon; bei J ORDAN (2006, 68) als Rootä Schpitz), bim Vndersten Spitz ‘ beim untersten spitz zulaufenden Grundstück). Mehrere Belege haben das Zahlwort drei / drii: das Dreispitz (sic! ) (1698, Selkingen), Dreispitz (1755, Gampel; 1717, Leuk (1775 das Dreÿspitzi); 1842, Oberems; 1837, Ulrichen; 1793, Termen) (mit verschiedenen Schreibweisen), im Dreispitz (1848, Guttet), der Driispitz (Baltschieder, Lalden), im Driispitz (Visp), im Drÿspitz (1700, Turtmann). Gemeint sind jeweils Grundstücke, die entweder dreieckig sind oder durch Gräben usw. begrenzt werden. Hierzu finden sich auch komplexere Formen wie der Drispitzfärich ‘ der Pferch mit dem Dreispitz (dreieckige Mauer gegen Lawinen) ’ (Visperterminen), der Driispitzwald ‘ der Wald, der einen Dreispitz bildet (dreieckiges Stück Wald) ’ (Eischoll, Eyholz), ts Driischpitzwang ‘ der Grasabhang in der Form eines Dreispitzes (dreieckiges Stück Land) ’ (Leukerbad; G RICHTING 1993, Blatt 16 Nr. 11 hat Drieschpitzwang). Vorangestellte Genitive sind in Forners Spitz ‘ im spitz zulaufenden Grundstück der Familie Forner ’ (1594, Fiesch), im Hilpersspitz ‘ im spitz zulaufenden Grundstück des Hilpert (PN) ’ (1846, Bellwald). Als Grundwort ist zwischen Singular und Plural zu unterscheiden. In zweigliedrigen Komposita kommt der Singular mit FaN vor wie Eger Spiz ‘ der spitze (Acker) der Familie Eger ’ (1821, Selkingen), der Houzerspitz ‘ der Spitz (Felsspitze) der Familie Holzer ’ (Binn), der (e)Rubispitz ‘ der spitze Felsen der Familie Rubi ’ (Hohtenn), der Düffurspitz ‘ die Dufourspitze (Gipfel benannt nach General Dufour) ’ , der Zumsteispitz ‘ die Spitze des Joseph Zumstein (so VON W ELDEN 1827, 34) ’ . Im Fall von di Parrotspitza ‘ die Parrotspitze (Gipfel des Monte Rosa) ’ (Zermatt) liegt ein femininer Singular vor, ein deutliches Zeichen für die Benennung des Gipfels durch VON W EL- DEN (1824, 36) nach J OHANNES F RIEDRICH W ILHELM P ARROT , einem deutschen Physiker und Arzt (1791 - 1841). Gleiches gilt für Mathildespitze ‘ die Spitze der Mathilde ’ (bei der Jungfrau) (LT, Fieschertal), wobei unbekannt ist, nach welcher Mathilde die Benennung erfolgte. Die Senfspitze ‘ die senffarbene Spitze (Gipfelname, LT Senfspitze; FLNK Senfspitza) ’ (Fieschertal) wurde vom Erstbesteiger nach der Ockerfarbe der Felsen benannt. Häufiger ist eine naheliegende Flur gemeint, wie z. B. in im Erlispitz ‘ im spitz zulaufenden Gebiet mit Erlen ’ (1857, Ritzingen), der Flüespitz ‘ das spitze zulaufende Gebiet auf der Flüe-Alp ’ (Leukerbad, G RICHTING 1993, Blatt 20, Nr. 7 Spitz 199 200 <?page no="105"?> Flueschpitz), der Furispitz ‘ das spitz zulaufende Gelände bei der Fura (Furche) ’ (Simplon) und andere mehr. Einen seltenen Fall bildet Tünnelspitz ‘ der Tünnelspitz (LT Tunnelspitz), kleiner Gipfel, unter dem der Simplon- Tunnel durchführt ’ (Ried-Brig). Im Fall von der Chalberspitz ‘ die spitz zulaufende Weide für die Kälber ’ (Ergisch, Oberems, Raron) wird die Flur nach den Tieren benannt, die dort weiden, während sich bei der Gemschspitz ‘ die (Fels-)Spitze mit Gemsen (LT Gemsspitz) ’ (Zermatt) viele Gemsen aufhalten. In einigen Fällen ist die Motivation unklar, so in Burgspitz ‘ die Spitze des Hügels bei der Burg (burgähnliches Gelände) ’ (LT, SK u. FLNK, Ried-Brig) und der Bärgspitz ‘ das spitz zulaufende, bergwärts liegende Gebiet ’ (Obergesteln), wo es kein Simplex Bärg gibt. Der Plural Spitza meint meist eine Reihe von Felsspitzen als Gipfel- oder Gebirgename. Das gilt von den Adlerspitza ‘ Felsspitzen beim Hohgleifen (Gipfelname) ’ (LT und FLNK, Niedergesteln) über di Gletschärspitza ‘ die (Fels-)Spitzen beim Gletscher (Gipfelname, LT und FLNK Gletscherspitza) ’ (Blatten) zu di Bliäjenduspitza ‘ die (Berg-)Spitzen oberhalb der Bliäjendun (Blühenden) (Gipfelname, LT Bliejenduspitza; FLNK Bliejendunspitza) (Blatten) und anderen. Für beide Fälle gibt es auch komplexere Konstruktionen wie der Grächbielspitz ‘ das spitze Waldstück beim Gräächbiel (Hügel, der zu Grächen gehört) ’ (St. Niklaus), Grüobchalbärspitz ‘ die spitz zulaufende Weide für die Kälber beim Weiler Grüobu (Gruben) ’ (FLNK, Oberems), t Driieggspitza ‘ die Spitzen unterhalb der Dreiecke (Namen von Felsen am Grossen Aletschgletscher) ’ (Fieschertal), der Teiff Bachspitz ‘ das spitze Landstück am tiefen Bach ’ (Eggerberg), der Unner Holzspitz ‘ der untere Teil des Holzspitzs (Spitze beim Holz) ’ (Münster) und andere. Das HL als Bestimmungswort lässt sich nicht immer vom attributiven Adjektiv spitz unterscheiden; als Kriterium der Abgrenzung wird die Schreibung genommen: zusammengeschriebene Formen werden als Komposita mit dem HL verstanden; getrennte sind weiter unten für das Adjektiv aufgeführt. Die Grundwörter für zweigliedrige Komposita sind Acher, Biel, Biina, Blatta, Bleessi, Egg (a), Flüö, Hooru, Matta, Wald und Wase. Eine komplexere Form ist der Spitzsteigrabu ‘ der Graben mit dem spitzen Stein ’ (Ergisch, FLNK Spitzu Steigrabe), wobei die FLNK-Form ein attributives Adjektiv aufweist. Das attributive Adjektiv spitz kommt flektiert und unflektiert mit folgenden Grundwörtern vor: Acher, Biel, Brigi, Egg(a), Fad, Fläck, Flüö, Hooru, Matta, Stei, Tanna, Tschugge, Ture, Wald, Wang und Zand. Seltsam ist ein historischer Beleg von 1356 (Törbel) der spytze Wanna. Üblicherweise ist Wanna ‘ die Wanne ’ feminin; die Möglichkeit einer obliquen Form im Dativ ist jedoch gegeben, sodass hier ‘ die spitze Wanne ’ gemeint wäre. Komplexer ist der Ober und der Unner Spitz Stei ‘ der obere und der untere Teil des Gebietes spitzer Stein ’ (Randa). Sport Sport ist nur als Bestimmungswort in Sportplatz ‘ der Sportplatz (bei Kalpetran) ’ (FLNK, Embd), der Sportplatz ‘ der Sportplatz (beim Schulhaus) ’ (Stalden) und ufum Sportplatz ‘ auf dem Sportplatz (ausserhalb des Dorfes im Süden) ’ (Randa) belegt. Das HL ist zu deutsch Sport ‘ Sport ’ , entlehnt aus engl. sport, zu stellen (K LUGE / S EE- BOLD 25 2011, 870). Spott Spott m. ist als der Spott (Binn, FLNK Spott) nur einmal belegt. Gwp. meint, dass man diese Flur (heute Zeltlagerplatz) um einen <Spott> (spottbillig) gekauft habe. Dann wäre es zu schwdt. Spott m. ‘ Scherz, Spass ’ , als Zustand des Verspottetseins, Schande, Schmach; als Gegenstand des Spottes; etwas ist ein Spott ‘ von geringer Bedeutung, belanglos, lächerlich, besonders von einem unbedeutenden, lächerlich geringen Geldbetrag, Preis ’ , amhd. spot, -t(t)es (I D . 10, 617 ff.) zu stellen; bei G RICHTING (1998) fehlt ein Eintrag; www.ortsnamen.ch kennt keinen Beleg. Es handelt sich um ein Grundstück zwischen Binna und Strasse, das für landwirtschaftliche Zwecke wohl nicht gut brauchbar war, heute aber als Campingplatz dient. Sprengi Sprengi ist nur in Sprengi Chrizji (FLNK, Embd) belegt. Es handelt sich um einen alten Fussweg von Kalpetran nach Embd. Das HL ist zu schwdt. Sprängi f., Nom. act. zu sprängen ‘ Sprengung ’ (I D . 10, 883 f.) zu stellen. G RICHTING (1998, 179) kennt nur das Verb schprengge, schpränggä (Goms), schprenggu (Vispertäler), schprenggn (Lötschtal), schpränggu ‘ sprengen, hetzen ’ . Gemeint ist wohl ein kleines Kreuz, das sich an einem Ort befindet, wo der Weg in die Felsen gesprengt wurde. Springel Springel ist nur in der Springelboda ‘ der Boden, wo man springen (tanzen? ) kann ’ (Randa, FLNK Springulboda, LT Springelboden) belegt. Die Flur befindet sich laut LT auf rund 2200 m. Die Beschreibung spricht von einer “ Waldfläche ” ; der Flurname auf der LT ist deutlich höher und zeigt eine bebuschte Fläcte. Da es sich um einen Boden handelt, ist die Flur flach und eben. Springel ist so weder in I D ., noch bei G RICHTING belegt. S ONDEREGGER (1950, 513 ff) sieht es als männliche Stellenbezeichnung, hier wohl von einem Verb springen. 201 202 Springel <?page no="106"?> Sprosse t Sprosse f. ‘ die Sprossen ’ ist nur einmal in Bellwald belegt. Es ist zu schwdt. Spross, Sprosse n m., f. wie nhd. ‘ Sprosse; Querholz, Sperr-, Stützlatte (an einer Leiter oder an Leiterähnlichem); Schoss, junger Trieb ’ , ahd. sprosso, mhd. sprosse (I D . 10,945 ff.) zu stellen; für das Wallis gilt die feminine zweisilbige Form. Soweit erkennbar, wird das HL sonst nicht als Flurname verwendet; in Bellwald ist es wohl ein Vergleich des Geländes mit Leitersprossen. Sprung Sprung ist von springe n ‘ springen ’ (I D . 10, 885) abgeleitet und zu schwdt. Sprung m. wie nhd. ‘ Sprung ’ , als örtliche Bezeichnung: ‘ Stelle, Spur eines Sprungs; Absatz Wendung im Verlauf einer Fläche; Sprungschanze; Spalte, Riss ’ , amhd. sprung, -c (I D . 10, 907 ff.; G RICHTING 1998, 178) zu stellen; das I D . ist bei der Deutung von Lokalnamen im Einzelfall auch unsicher. Wegen der Entrundung ist der Plural Spring. Die einmal vorkommende Form Sprang (I D . 10, 866; G RICHTING 1998, 179 mit der Bedeutung ‘ Riss ’ ) kann auch vom kausativen spränge n ‘ springen machen ’ (I D . 10, 872) abgeleitet werden. In Einzelfall ist nicht immer erkennbar, welche Motivation zum Namen geführt hat. Das Simplex der Sprung ‘ Felskanzel, von der man springen kann (? ) ’ (Törbel) kommt im Singular nur einmal vor. Im Plural ist es belegt in Ferden: vfen dien Sprungen ‘ auf den Sprüngen ’ (1310) und als hochdeutsche Sprünge in Eischoll (1881). Ein entrundeter Plural findet sich als inn Spring ‘ in den Sprüngen ’ (Blatten) und im Weilernamen Ze Springu ‘ bei den Sprüngen ’ (Törbel). Eine eigenständige Femininableitung im Singular ist t Springa f. (Blatten), wohl zu verstehen als ‘ der Ort, wo man springen kann/ muss ’ . Unklar ist der Beleg Undern Spring (Ferden), der sowohl unter den Sprüngen, wie die unteren Sprünge meinen kann. Eine Ableitung auf - ERI führt zur Springeri (Törbel), eine Wasserleite von / nach Ze Springu. Als Grundwort ist Sprung mit mehreren Tiernamen verbunden: Bäruspring (Oberems), Chatzesprung (Oberwald), Gitzisprung (Leukerbad), Hundesprung (Filet) und Rossprung (Gluringen) - dabei sind wohl nur Bär und Zicklein wörtlich zu nehmen, die andern (Hund, Katze, Pferd) wohl metaphorisch; bei Rossprung könnte auch der Ort gemeint sein, wo die Hengste zum Sprung kamen. Der Scheefersprung ‘ Schäfersprung ’ (Hohtenn) meint einen Ort, an dem die Schäfer einen Mutsprung machten. Eine andere Ableitung führt zum Glasersprang ‘ der Ort der Familie Glaser, wo die Bäume sprangen ’ - gemeint ist das Holzriesen, bei dem die Holzstämme verspringen können. Die übrigen Belege kennen Sprung und Spring als Bestimmungswörter zu Bode, Flüö, Haalta, Matta und Weide. Der Beleg der Sprungbodo ‘ der Boden, wo man springen kann (unklar) / der Boden der Familie Sprung ’ (Mund) lässt sich auch zum FaN S PRUNG (J OSSEN 1989, 79; NWWB 1974, 1, 235) stellen. Komplexer sind t Ober Springweid ‘ der obere Teil der Springweide ’ (Ferden) und die Sprung Wasserleÿta (153? , Törbel), vermutlich identisch mit der Springeri. Spuel Spuel, Spüel und Spiel ist in den FlN wohl zu schwdt. spuele n ‘ spulen ’ , ‘ in die Halme schiessen ’ , ‘ anhaltend stark fliessen ’ (I D . 10, 197) zu stellen. Im Walliserdeutschen sind verschiedene Bedeutungen belegt. C. S CHMID (1968, 52, 59) kennt Schpüela, Schpüelene und Schpüelrât für das Spinnen, spüele (128) für den Durchfall des Viehs. R ÜBEL (1950, 51) nennt Spuälä f. ‘ Halme (im Heu, welche die Kühe nicht fressen ’ in der Gemeinde Betten. Und W IPF (1910, 166) kennt die I -Ableitung Spieli als ‘ eine Stelle am Bach ’ . G RICHTING (1998, 178) kennt das Verb schpiele, schpiälä (Goms), schpielu (Vispertäler), schpiäln (Lötschtal), schpiälu ‘ spülen ’ . In geschriebenen Formen kann auch das Lemma Spil in der Form Spiel ‘ Spiel ’ beteiligt sein. Trotz dieser Bedeutungsvielfalt sind die FlN mit Spüel in den Bereich ‘ stark fliessendes Wasser ’ zu stellen. Das Simplex im Singular ist als die Spu ͦ le (1520, Guttet) belegt. Der Plural ist lebend als t Spüälä ‘ Holzröhren (einer Wasserleitung) ’ (Gampel) und historisch 1668 u. später in Erschmatt als zun Spuolen bezeugt. Für die historischen Belege lässt sich keine sichere Deutung angeben. Die meisten Belege enthalten Spüel als Bestimmungswort, häufig mit wasserbezogenen Grundwörtern: Spuelbrunne ‘ die stark fliessende Quelle ’ (Törbel, 1306, Staldenried), Spúelwasser ‘ das stark fliessende Wasser ’ (1677, Ergisch, sowie 1698 Oberems), ts Spuälwasser (unklar, aber vermutlich doch ‘ stark fliessendes Wasser ’ ) (Kippel). In Staldenried ist im Beleg von 1306 auch dv ᵢ Spuelmatta ‘ die Wiese beim Spuelbrunnen ’ belegt, eine Spielmatta ‘ die Wiese beim Spuelbrunnen ’ ist schon 1354 im gleichen Text wie der Spuelbrunne bezeugt; in Erschmatt gibt es Spüoluachra ‘ die Äcker bei den Spulen (unklar) ’ . Vermutlich gehören die Belege Spielbach ‘ der Bach, der viel Wasser führt ’ (Betten, Grengiols), Spielbrunnen ‘ die Quelle, die viel Wasser führt / die Quelle beim Spieli ’ (1597, Visperterminen) und der Spiusee ‘ der See mit viel Wasser ’ (Bellwald, Blitzingen) hieher (auch wenn in Sprosse 203 204 <?page no="107"?> Bellwald von der Gwp. das Verb hdt. spielen herangezogen wird). Die I -Ableitung Spieli ‘ der Ort mit stark fliessendem Wasser ’ kommt als Simplex im Singular in Grächen und Visperterminen vor; die Unner Spieli ‘ der untere Teil der Spieli ’ (Grächen) spezifiziert den Ortsteil. An beiden Orten sind auch Komposita belegt: in Grächen der Spielibodo ‘ der Boden bei der Spieli ’ , Spieliweida ‘ die Weiden bei der Spieli ’ (FLNK) und historisch an dem Spielli Stadel ‘ beim Stadel bei der Spieli ’ . In Visperterminen finden sich Spielibrigga ‘ die Brücke (über den Riedbach) beim Gebiet Spieli ’ und t Spieli Matte ‘ die Wiesen beim Gebiet Spieli ’ . Das HL S PUEL bewahrt so eine Bedeutung als Wort im Zusammenhang mit ‘ stark fliessendem Wasser ’ , die sich bei G RICHTING (1998) nicht mehr findet. Squicky Squicky ist nur 1734 in Zwischbergen als im Squicky ‘ der kleine Ort mit stiebendem Wasser ’ belegt. Es liegt wohl ein Diminutiv vor. I D . (10, 22) hat Squitza für Lötschen und Visperterminen als ‘ Mädchen (scherzhaft oder geringschätzig) ’ . W IPF (1910, 80) kennt nur das Verb š gitsu ‘ strömen, spritzen ’ und führt es auf it. schizzare (D EVOTO / O LI 2020, 1986) zurück. Das HL hätte darum auch für einen Ort mit stiebendem Wasser gebraucht werden können. Da keine genaueren Angaben vorliegen, kann die Deutung nicht präzise gegeben werden. Ssnidin Ssnidin ist in Gampel 1361 als in Ssnidin Botmen ‘ im Boden des Schniden ’ belegt. Die Schreibung in Ssnidin ist nicht ganz sicher; das doppelte ss ist mit in zusammengeschrieben, sodass der Schreiber wohl Präposition und Nomen zusammengenommen hat. Vermutlich liegt eine Berufsbezeichung ‘ der Boden des Schneiders ’ oder ein FaN Schneider, Schnider vor. AWWB (247 s. v. Schnyder) weist auf die Berufsbezeichnung hin, gibt aber auch FaNN an verschiedenen Orten, darunter auch Gampel, an. In unserem Fall ist wohl ein neutrales ts Schnidi ‘ der Schneider ’ gemeint (S ONDEREGGER 1958, 488 ff., deverbativ S. 491 f.); ob ein FaN oder eine Berufsbezeichnung gemeint ist, bleibt unklar. Stäärpitsch Stäärpitsch m. ist eine Flur oberhalb von Betten auf ca. 1440 m. Historisch ist sie 1435 als Sterpetz belegt. In Mörel ist 1582 an den Sterpetsch bezeugt. Am nächstliegenden ist wohl ein romanisches Lexem, wie es in den Flurnamen Eterpas etc. ‘ Terrain défriché (gerodetes Gebiet) ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 134) zum lat. EXSTIRPARE ‘ roden durch das Entfernen der Stämme ’ erscheint. Die Lautung mit Erstbetonung entspricht der alemannischen Übername von romanischen Namen. Die Endung - ITSCH < ETZ lässt sich durch den Plural auf - S eines Partizips exstirpatas deuten. Das erhaltene anlautende / st/ erklärt sich vermutlich aus dem höheren Alter der Entlehnung in diesem Gebiet. Die Deutung wäre dann einfach ‘ gerodetes Gebiet ’ . Ob das HL T ERPNETZ hieher gehört, ist unklar. Stäche Stäche ist zu schwdt. stëche(n) wie nhd. ‘ stechen ’ , von Hornvieh: ‘ mit den Hörnern stossen ’ , amhd. stëhhan, -chen, in FlN (Part. I) (I D . 10, 1217 ff.; G RICHTING 1998, 180 s. v. schtäche) zu stellen. In FlN kann sich das Wort auch auf die Geländeform, z. B. eine spitze Anhöhe beziehen (I D . 10, 1244; LUNB 1, 2, 1005). In den Namen kommt Stäch(e) als Bestimmungswort nur in im Stächchromo ‘ umzäunte Alpweide, wo das Vieh sticht, kämpft ’ (Staldenried) vor. Alle andern Belege haben den Typ (bim) stächende Stei ‘ beim spitzen Stein ’ . Lebend kommt der Name in Bellwald vor. Die übrigen Belege sind historisch: 1307 ob dem stechenden Steyne (Törbel), 1391 an den stechenden Stein (Stalden), 1551 dem stechenden Stein (Bürchen), 1720 beim “ stechenden Stein ” (Obergesteln). Unsicher ist der Beleg von 1553 zen stechendenn Seim (Stein? ) (Mund), wo das schlecht lesbare Seim oder Stein nachträglich eingefügt wurde. Stächille Stächille pl. ist nur in Törbel als t Stächille belegt. Dazu gesellt sich Stächillugrabo (FLNK) ‘ der Graben von den Stächille hinunter ’ . I D . (10, 1674 s. v. stickel) verweist auf ein amhd. stëchal ‘ steil ’ , das nur noch in Flurnamen vorhanden sei; LUNB (1, 2, 1003 f.) zitiert diese Stelle. t Stächille sind dann ‘ die steilen Hänge ’ . Die Form ist eine Substantivierung des Adjektivs im Plural. Stäcke Stäcke m. ist zu schwdt. Stëck, Stëcke(n) m., Pl. meist zweisilbig, Dim. Stëcki, Stëckji, Stëckli ‘ Stab, Stock, (kurze) Stange (zum Schlagen, Treiben des Viehs); Pfahl, Pfosten (Bohnenstange, Rebpfahl, Zaunpfahl, Umzäunung) ’ , ahd. stëkko, stëkke, mhd. stëcke und wdt. Schtäkke, Schtäkkä (Goms), Schtäkka (Mattertal), Schtäkko (Rarner Schattenberge), Schtäkkn (Lötschental), Schtäkku ‘ Stab ’ (I D . 10, 1605 ff.; G RICHTING 1998, 180) zu stellen. Nicht immer ist zwischen dem HL S TÄCKE und dem HL S TOCK zu unterscheiden, dessen umgelauteter Plural Steck lautet. Das gilt besonders für Bestimmungswörter, die keine Endung aufweisen. 205 206 Stäcke <?page no="108"?> Als Simplex im Singular ist nur zum Stäcku ‘ beim Stecken ’ (Eisten) belegt; gemeint ist hier eine Stange, die im Winter bei Schnee den Weg kennzeichnet. Häufiger ist das HL als Simplex im Plural: t Stäcke ‘ die umzäunte Wiese ’ (Zermatt), ze Stäcku ‘ bei den Stecken (Dorfteil von Zermatt; heute überbaut) ’ (Zermatt), z Stäcku ‘ bei den Stecken (heute drei Scheunen mit Ställen, sonst Wiese) ’ (Törbel), zen Stechchun ‘ bei den Stecken ’ (1309, Ausserberg; 1683 im Steki), zä Stecku ‘ bei den Stecken ’ (Gampel), wo Gwp. auf <fälach> verweist und sagt, dass diese Stöcke das Wasser aufsaugen; dann wäre als HL S TOCK einschlägig. Als Grundwort in komplexen Konstruktionen ist beÿ den Ringacherstecklinen (1752, Leuk) belegt. Es handelt sich um Stecklini (wohl ‘ Rebstecken ’ ) im Bereich Ringacher in Leuk, ein Gebiet mit Weinbergen. Weiter findet sich zem Windstecken (1454, Ausserberg), später als in den Windstecken (1809), beide wohl als ‘ Stecken gegen den Wind ’ deutbar. Als Bestimmungswort ist das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern belegt: Acher, Brigga, Hüs und Matta. Die Belege vom Typ Steckacker können alle auch das HL S TOCK enthalten, also ‘ der Acker beim bestockten Gebiet ’ meinen, wie ‘ der Acker beim umzäunten Gebiet ’ . Komplexer sind ts (e)Räbstäckuschleifji ‘ der kleine Schleif für die Räbstäcke (Rebstickel) ’ (Gampel) (laut E GLI 1982, ist Stäcko ‘ Stecken ’ im Oberwallis seltener als Stichel, wird aber in Turtmann und Zeneggen gebraucht). Stäckacherkapälli ‘ die kleine Kapelle im Gebiet Stäckacher (die Kapelle im umzäunten Acker) ’ (FLNK, Oberems) befindet sich neben den Steckachra ‘ die Äcker bei den umzäunten Gebieten ’ , wobei in diesen und weiteren Fällen auch das HL S TOCK gemeint sein kann. Eine Ableitung auf - IL (S ONDEREGGER 1958, 513) ist nur belegt in Stöckelgraben ‘ der Graben mit kleinen Stecken ’ (1757, Simplon), das 1761 als den Steckilgraben erscheint. Stadel Stadel m. ‘ Speicher ’ ist zu schwdt. Stadel, St ā del, -al, -ul, -ol, -il m. ‘ landwirtschaftliches Gebäude, Scheune, Gebäude, wo Heu aufbewahrt und Vieh untergebracht wird ’ , im alpwirtschaftlichen Gebiet ‘ Schopf für (Berg-) Heu ’ , amhd. stadal, -el und wdt. Schtadl, Schtadäl (Goms), Schtadul (Vispertäler), Schtadil (I D . 10, 1334 ff.; G RICHTING 1998, 180) zu stellen. K LUGE / S EEBOLD ( 25 2012, 874) geben ‘ Feldscheune ’ als Deutung. Wie V. S CHMID (2003, 185 ff.) feststellt, ist Stadel im Oberwallis jedoch immer nur “ Garbenspeicherraum und Dreschplatz ” (185; eine detaillierte Beschreibung findet sich auf S. 186). In der Datenbank wird ‘ Stadel ’ verwendet, um die spezifische Deutung für das Oberwallis zu verdeutlichen; nicht immer findet sich jedoch heute noch ein Stadel an der danach benannten Stelle. Lateinisches Lemma ist rastardum (cf. HL R ACHART ). Das HL kommt in rund 300 Namen vor. Das Simplex ist im Singular in den Formen Stadel / Stadil / Stadol und Stadul rund 15 mal belegt (zur Formenverteilung vgl. R ÜBEL 1950, 7 f.); im Plural ist fast nur der Obliquus Stadlu vertreten, öfter mit einer Präposition ze oder bi; in schriftlichen Quellen Stadle oder Stadlen (zusammen rund 20 Belege). Umlaut ist beim Plural nur in ze Städlu ‘ bei den Stadeln ’ (Gampel, LT: Städil) zu finden. Diminutive im Simplex sind Stadelti, Stadolti und Staduti (im unteren Goms), zusammen rund zehn Belege, sowie das einmal belegte Stadji ‘ der kleine Stadel ’ (Birgisch); dazu kommen mit Umlaut zem Städeltin ‘ der kleine Stadel ’ (Blatten), uffem Städlin ‘ auf dem kleinen Stadel ’ (Blatten) und im Plural zen Städlin ‘ bei den kleinen Stadeln ’ (Ferden); ohne Umlaut einmal bi de Stadeltini ‘ bei den kleinen Stadeln ’ (Oberwald) (hier wohl atypischerweise als ‘ Ställe ’ bezeichnet) und einmal als bine Stadeltene ‘ bei den kleinen Stadeln ’ (Reckingen). Als attributive Adjektive zum HL S TADEL finden sich zum Altu Stadel (Randa und fünf weitere), zum Beschen Stadöll ‘ beim bösen Stadel ’ (1743, Törbel), ze Chaalte Stadlu ‘ bei den kalten Stadeln ’ (Visperterminen), zum Chleinu Stadel ‘ beim kleinen Stadel ’ (Randa, Täsch (Diminutiv)), zum Chrummu Stadol ‘ beim krummen Stadel ’ (Ausserberg), z Eigenen Stadol ‘ beim eigenen Stadel ’ (1838, Staldenried; nach dem Bearbeiter aber unsicher), zum Grossu Stadol ‘ zum grossen Stadel ’ (Törbel, Embd (historisch)), der Hestadil ‘ der hohe Stadel ’ (Ergisch), beÿm Hochen Stadel ‘ beim hohen Stadel ’ (1786, Greich; 1712, Naters), ze Hostadele ‘ beim hohen Stadel ’ (1330, Stalden; 1349, Embd; 1388 u. später, Grächen), zum Niwwu Stadel ‘ beim neuen Stadel ’ (Mund; 1767, Unterems), ze Niwwe Stadle ‘ bei den neuen Stadeln ’ (Martisberg, Bürchen), zum Obren Stadell ‘ zum oberen Stadel ’ (1643, St. Niklaus), beÿ den obren Stadtlen ‘ bei den oberen Stadeln ’ (1780, Ried-Mörel), zen Undruschtu Städlin ‘ bei den untersten kleinen Stadeln ’ (Ferden, Dorfteil), zum Vndren Stadel ‘ beim unteren Stadel ’ (1619, St. Niklaus), ze Willen Stadel ‘ beim Wilden Stadel ’ (1450, Törbel (unsicher)). Einmal ist ein Partizip als attributives Adjektiv belegt: im Zerfalnen Stadel ‘ im zerfallenen Stadel ’ (1738, Birgisch). Als attributives Zahlwort ist belegt: ze Drii Stadlu ‘ bei den drei Stadeln ’ (Unterbäch, Visperterminen). Mit vorangestelltem Genitiv des Besitzers oder Nutzers sind im Singular belegt: des Bleychen Stadel ‘ der Stadel des Bleichen (PN) ’ (1347, Unterbäch), ts Chrischtisch Stadel ‘ der Stadel des Christian (PN) ’ (Greich), ts Chummersch Stadul ‘ der Stadel der Familie Kummer ’ Stadel 207 208 <?page no="109"?> (Ried-Mörel), vnder der Dochtren Stadell ‘ unter dem Stadel der Tochter ’ (1643, St. Niklaus) und viele andere. Auch der Plural erscheint: der Albinerstadil ‘ der Stadel der Leute von Albinen ’ (Leuk), ts Biinero Stadol ‘ der Stadel der Leute vom Weiler Bina ’ (Törbel), in Brindlugo Stadel ‘ im Stadel der Familie Brindlen ’ (1742, Ried-Brig), Gestillero Stadel ‘ der Stadel der Leute von Gesteln ’ (1351, Törbel), bÿ der Herren Stadoll ‘ beim Stadel der Herren (wohl Pfarrherren) ’ (1722, Törbel), bei Heintzigo Stadel ‘ beim Stadel der Leute des Heinz / der Familie Heinzig ’ (1752, Ried-Brig), bÿ der Werligenn Stadell ‘ beim Stadel der Familie Werlen ’ (1582, Münster) und andere. Auch in zweigliedrigen Komposita mit dem HL als Grundwort kann ein Besitzer oder Nutzer genannt werden: zum Baabistadolti ‘ beim kleinen Stadel der Barbara ’ (Visperterminen), Baalistadolti ‘ der Stadel des Baali / der Familie Baali ’ (Blatten), zem Gmeistadel ‘ beim Stadel, der der Gemeinde gehört ’ (Ferden), oberhalb den Michlig Stadlen ‘ oberhalb den Stadeln der Familie Michlig ’ (1815, Ernen) und andere. Eine Nutzergruppe besonderer Art sind die Schützenzünfte in den Belegen bim Schitzustadol ‘ beim Stadel der Schützenzunft ’ (Zeneggen, ähnlich auch Ausserberg und Steg). Das häufigste Kompositum ist der Zeendstadel ‘ der Stadel für den Zehnten ’ (Visperterminen) mit dreizehn Belegen; alle andern Komposita sind seltener. Die grosse Masse der Namen gehört aber zu diesen zweisilbigen Komposita. Meistens ist eine naheliegende Flur im Bestimmungswort gemeint, so in t Äbnetstadla ‘ die Stadel im ebenen Land ’ (Greich), ts Achrustadol ‘ der Stadel bei den Äckern ’ (Eisten), der Allmeistadel ‘ der Stadel bei der Allmein (gemeinsames Gebiet) ’ (Greich), Bielstadel ‘ der Stadel im Gebiet Biel (Hügel) ’ (Täsch), zum Bodustadol ‘ beim Stadel im Boden ’ (Stalden) und viele andere. Anders zu erklären ist wohl der Bättelstadel ‘ der Stadel der Bettler / der armselige Stadel ’ (Varen), wobei die erste Deutung von der Gwp. stammt. Auch zum Fälacherstadel ‘ beim Stadel am Ort mit Weidenbäumen ’ (Törbel) ist problematisch; nicht nur, weil laut Beschreibung dort Weidenbäume (Fälach) fehlen, sondern weil die - ER -Ableitung auch zu Acher gestellt werden kann (wobei dann Fäl schwer zu deuten ist). Im Frümstadel ‘ Pflaumenstadel ’ (Embd) ist wohl eine Kurzform von Frümacher ‘ der Acker bei den Pflaumenbäumen ’ enthalten, Pflaumen wurden kaum in Stadeln gesammelt. Auch Sannustadil ‘ der Stadel, in dem der Zehnte gesammelt wurde ’ (Eischoll) lässt sich am besten als Zehntstadel verstehen. Tiernamen sind sehr selten: der Rinder Stadol ‘ der Rinderstadel ’ (1718, Lalden) kann wörtlich nur als Rinderstall verstanden werden, was dem üblichen Sinn von Stadel entgegensteht. Komplexere Konstruktionen sind auch hier vertreten, am interessantesten in Simpiler Weizstadol ‘ der Weizenstadel der Leute von Simplon ’ (Visperterminen, Simplon) einem Gipfelnamen, der in Simplon selbst als Sirwoltuhooru ‘ das Horn über dem Sirwoltusee ’ (Simplon) bekannt ist; von Visperterminen aus soll der Gipfel wie ein Weizenstadel aussehen. Weitere komplexe Formen sind beÿm Riseggen Stadel ‘ beim Stadel bei der Risegge ’ (1766, Münster), ob dem Schlúchmattenstadoll ‘ ob dem Stadel bei der Schluchmatta (Wiese bei der Schlucht) ’ (Bürchen) und andere. Als Bestimmungswort erscheint das HL S TADEL vor allem mit den Grundwörtern Matta (17 mal) und Acher (15 mal). Weiter sind belegt: Bodu, Cheer, Egg(a), Flüö, Gassa, Gufer, Schnitta, Tschugge, Weid und Wier. Komplexere Fälle sind: dr Städelfluäschleif ‘ der Schleif zur Städelfluä (Fluh beim kleinen Stadel) hinunter ’ (Blatten) und Acherstadolwägji ‘ der kleine Weg vom / zum Stadel bei den Äckern ’ (Staldenried). Eine Ableitung auf - ER ist in zu ᵕ m Stadler (1592, Unterbäch) vertreten, hier vermutlich als Stellenbezeichnung ‘ wo es Stadel hat ’ zu verstehen. Eher der FaN Stadler ist in Stadlerbedu ‘ die Böden der Familie Stadler ’ (Niedergesteln) und Stadlerfluo ‘ die Fluh beim Stadler / der Familie Stadler ’ (1534 u. später, Niedergesteln; 1534, Steg; 1447, Raron) vertreten. Eine feminine Ableitung auf - ERI als Wasserleitung ist in Stadlerrÿ ‘ die Wasserleitung vom / zum Stadel ’ (1742 u. später, Simplon) vertreten. Hingegen meint Stadleri (Törbel) einen Aussichtspunkt beim Weiler Ze Stadlu ‘ bei den Stadeln ’ . Stadt Stadt f. ist zunächst nur lat. in murum villae Brigae ‘ die Stadtmauer von Brig ’ (1624, Brig) belegt. Es ist zu schwdt. Stadt m. wie nhd. ‘ Stadt im Gegensatz zu Dorf ’ , ahd. stad, mhd. stat stf. ‘ Stätte, Stelle, Ort, Platz, Raum, Wohnstätte, Stadt, Gegend ’ und wdt. Schtatt ‘ Stadt ’ (I D . 11, 1702; G RICHTING 1998, 180) zu stellen. Der zweite Beleg Stadt Gilt ist laut P H . K ALBERMATTER (p. c.) nicht ein Flurname, sondern der Grundzins (Gült I I D . 2, 285 ff.), welcher beim Statt (1: 10000 Gestade) fällig wurde. Es handelt sich hier also nicht um eine Stadt, sondern um eine Stelle, die als Statt belegt ist (cf. HL S TATT ). Staeltun Staeltun Erb ist 1443 in Zermatt belegt. Aus dem Dokument geht hervor, dass es sich um einen Besitz handelt, der sich in der jenseitigen Wüstung befindet und früher Staeltun Erb geheissen habe. Staeltun kann hier ein Genitiv eines PN sein ‘ das Erbe des Stälto ’ , wobei kaum ein FaN in Frage kommt. Es müsste sich um einen PN 209 210 Staeltun <?page no="110"?> Staelto handeln, der aber sonst nicht belegt ist. Eine andere Möglichkeit wäre ein Partizip Perfekt zu einem Verb stelle n ; I D . (11, 137) zitiert einen Flurnamen Bim g'stalten Bihel (Tamins (GR)), ohne eine Angabe der Bedeutung. WWW . ORTSNAMEN . CH gibt einen Namen Gstalten (Lostorf, SO, 1698), der als Stalden ‘ Abhang, Anstieg ’ interpretiert wird. Wenn das zutrifft, würde der Name etwa als ‘ abschüssiges Erbe ’ zu deuten sein. Stafel Stafel ‘ Alpweide, Alpgebäude ’ ist zu schwdt. St ā fel, ō -, -ou-, St ă fel m., n. ‘ Alpweide, Platz zunächst um die Alphütte, Sammel-, Ruheplatz des Alpviehs (über Mittag, bei Nacht); Melkplatz; Fettweide; Alp im engeren Sinn eines besiedelten Alpbodens, Mütte(n) mit dem umliegenden Weidegebiet, Alpstation; Gebäude in der Alp- (Land-)Wirtschaft, Alp-, Sennhütte; Kornspeicher ’ , Lehnwort aus rät. stavel ‘ Sammel-, Ruheplatz des Alpviehs ’ , lat stabulum (I D . 10, 1394 ff.) zu stellen. G RICHTING (1998, 280) kennt das Wort nur mit langem Hauptvokal Schtaafl usw. ‘ Alpteil (viel Gras, Hütten) ’ . Wie R ÜBEL (1950, 67) ausführt, ist das Lemma zweideutig: zum einen ist ein St ā fel eine Weidstufe einer grösseren Alpe, zum anderen bilden die Gebäulichkeiten der Alpe mit dem dazugehörenden Melkplatz den St ā fel. Die Formenbildung ist vor allem bedingt durch die wechselnden Nebentonvokale in Stafel, Stafil, Stafol, Staful und der Vokalisierung zu Stafu im unteren Goms. Diminutive werden meist ohne Umlaut mit / - TI / gebildet (Stafelti, Stafilti, Stafolti, Stafulti, Stafuti), Umlaut (Stäfelti, Stäfuti) ist nur im Goms belegt. Plurale des Simplex (Stafle) wie des Diminutivs (Stafeltini) kommen vor, sind aber selten. Von den rund 490 Namen mit dem Lemma Stafel befindet sich etwa ein Drittel im Goms - das Goms verwendet die Stafel als Weidestufen (W EISS 1941, 71) extensiver als die übrigen Bezirke, hat aber dafür traditionell eine einfache Alphütte und oft keine Ställe für das Vieh (S CHWEIZERISCHER A LPKATASTER 1972, L ORETAN 2011). Für die Namentypen ist weiter wichtig, dass Alpen Gemeinden, Geteilen, Burgerschaften und Privaten gehören; entsprechend können Stafel nach den Besitzern benannt sein. Das Simplex Stafel im Singular mit seinen Varianten ist rund vierzig Mal vertreten, im Plural Stafle vier Mal, vermutlich ebenfalls hierzu gehört der Beleg Staflara (1391, Ried-Brig), der aber auch eine Ableitung auf - ARA sein kann, mit der Bedeutung ‘ wo es mehrere Stafel hat ’ . J ORDAN (2006, 539) zählt für Simplon und Zwischbergen eine Reihe von Schtaaful und einige Ableitungen und Komposita auf, wovon S. 98 Schtaaflära ist, das zum Beleg von 1391 aus Ried-Brig passt. Diminutive im Singular Stafelti kommen etwa zehn Mal vor, im Plural nur ein Mal. Unsicher ist vffen Stafon (1351, Ergisch), das fehlende / l/ erschwert die Zuordnung, doch gibt es kein besser geeignetes Lemma. Auch Staveling (LT Stafeling) (Leukerbad) ist unsicher: die Endung - ING deutet auf eine frz. oder frpr. Endung - IN (mit Nasalvokal), anderseits ist das Lemma Stafel in den angrenzenden Patois u. W. nicht vertreten (es fehlt z. B. bei T AGMANN 1946 im Kapitel “ Les ” montagnes"" (42 - 54), siehe aber Etaves bei B OSSARD / C HAVAN 2006, 138, aber nur für Freiburg und Waadt belegt, wohl aus lat. STATUA ‘ colonne (Säule) ’ ). Sehr häufig sind Konstruktionen mit einem attributiven Adjektiv, vor allem der Alt Stafel, auch ohne Artikel Alte Stafel, insgesamt rund 50 Belege. Sie deuten häufig auf eine Wüstung hin, manchmal sind explizit Mauerreste erwähnt. Das Gegenstück der Niw Stafel ‘ der neue Stafel ’ (auch Stäfelti) ist nur etwa zehn Mal belegt, vor allem im Goms; nur in Albinen findet man der Nib Stafil. Weiter sind benannt relative Lagen wie der Ober Stafel, der Nider Stafel und der Unner Stafel; der Typ der Mittel Stafel ist selten vertreten, einmal als der Mittloscht Stafil (Eischoll). Weitere Adjektive sind selten: Finschter Stafel ‘ der finstere Stafel ’ (FLNK, Lax), der Gross Stafel, der Hostafu (wenn ho(ch) hier als Adjektiv betrachtet wird), der Jung Stafel, der Rund Stafil. Eine Ausnahme bilden der Erscht und der Zweit Stafu (beide Steinhaus), also der zuerst bezogene Stafel und der höhere, später bezogene zweite Stafel. Als Grundwort in Komposita ist Stafel sehr häufig. Die wichtigsten Typen sind Benennungen nach den Besitzern oder Nutzern, z. B. der Allmagäller Stafel ‘ der Stafel der Leute von Saas-Almagell ’ (Saas-Almagell), Bodmere Stafu ‘ der Stafel der Familie Bodmer / der Leute vom Bodmen ’ (Binn) Grunneru Stafel ‘ der Stafel der Leute von Saas-Grund ’ (Saas-Almagell), der Kaarlustafil ‘ der Stafel der Familie Karlen / des Karl ’ (Oberems), Laxerstafel ‘ der Stafel der Leute von Lax ’ (Lax), Munder Stafel ‘ der Stafel der Leute von Mund ’ , Reckiger Stafel ‘ der Stafel der Leute von Reckingen ’ (Ulrichen) usw. Dabei bestimmt meist ein alter Genitiv Plural die Form des Bestimmungswortes. Vor allem im Turtmanntal sind die Bestimmungswörter kollektive - IG -Ableitungen; sie werden zu einem komplexen Typ verbunden, der in seiner vollen Form etwa in tse Jäniltigu der unner Stafel ‘ zur Alpe der Familie Jenelten der untere Stafel ’ (Oberems) lautet; eine einfachere Form ist Jäniltigu Oberstafil ‘ der Oberstafel der Alpe der Familie Jenelten ’ (Oberems). Der zweite, sehr verbreitete Typ gibt an, zu welcher Alpe oder zu welcher anderen Flur ein Stafel gehört: ts Ahorustafelti ‘ der kleine Stafel beim Gebiet Ahori ’ (Glis), der Alpjustafel ‘ der Stafel der Alpja ’ (Baltschieder), Bächistafel ‘ der Stafel beim Gebiet Bächi ’ (Reckingen) und viele andere mehr. Dabei Stafel 211 212 <?page no="111"?> kann das Bestimmungswort auch mehrgliedrig sein, wie in ts Bettubachstäfuti ‘ der kleine Stafel beim Bettelbach ’ (Niederwald), der Galebrunnestafu ‘ der Stafel beim Galebrunnen (Quelle / Brunnen auf dem Galen) ’ (Ritzingen) oder - besonders komplex - ts Müettergottestannestäfuti ‘ der kleine Stafel, wo eine Tanne mit einem Muttergottesbild steht ’ und Adjektive kennzeichnen zusätzlich relative Lagen, wie in der Foder Dischtelstafel ‘ der Stadel der Alpe Forder Dischtel (der vordere Teil der Distelalpe) ’ (Ulrichen). Auch hier hat das Turtmanntal seine spezielle Konstruktion ts Grindji der Unner Stafil ‘ des kleinen Grundes (Alpname) der untere Stafel ’ (Oberems). Nicht häufig ist der Typ mit den Namen der Tierarten, die auf einem Stafel gehalten werden: am Ku ͦ Staffell ‘ beim Stafel für die Kühe ’ (Ried-Mörel), der Geissestafu ‘ der Stafel für die Ziegen ’ (Mühlebach), Rinnerstafol ‘ der Stafel für die Rinder ’ (Unterbäch), ts Schaafstäfelti ‘ der kleine Stafel für die Schafe ’ (Münster), im Süwen Stäfelti ‘ im kleinen Stafel für die Schweine ’ (1763, Biel). In Rossbodestafel (Münster, Simplon) werden die beiden vorgenannten Typen verbunden: das ebene Weideland (Boden) für die Pferde wird als Flur benannt, auf der sich der Stafel befindet. Als Bestimmungswort kommt Stafel deutlich seltener vor. Am schwierigsten ist dabei die Konstruktion Stafelalp (Zermatt), Stafelalpa (Termen), das sich wohl am besten als Koordinativ-Kompositum ‘ die Alpe, die zugleich Stafel ist ’ deuten liesse. Die übrigen Belege sind Determinativkomposita und benennen einen Bach usw. bei einem Stafel. Die Grundwörter sind Bach, Balm, Blatten, Bord, Chäller, Färich, Grabo, Haalta, Matta, Statt, Steg, Tola, Wäg, Wald und Wang. Komplexere Konstruktionen sind möglich wie äm Alten Guggistafel ‘ beim alten Stafel der Guggi-Alpe ’ (Blatten), ts Altstafilhoru ‘ das Altstafelhorn (Gipfelname, benannt nach der Alpe Altstafel) ’ (Ergisch) oder die Bachstaffoll-Wasserleiten ‘ die Wasserleite, die vom / zum Bachstafel führt ’ (1618, Ulrichen). In einigen wenigen Fällen kann statt dem HL S TAFEL auch das HL S TAFFEL ‘ Treppenstufe ’ gemeint sein, doch ist dieses sehr viel seltener. Staffel Staffel ‘ Treppenstufe ’ kommt nur in fünf Belegen vor: uf de Staffle ‘ auf den Staffeln (Stufen) ’ (Zermatt) als Simplex im Plural, t Stäfini ‘ die kleinen Stufen ’ (Hohtenn) als Diminutiv im Plural, sowie in den Verwendungen als Bestimmungswort in Staffolwäg ‘ der Weg mit Staffeln (Treppenstufen) ’ (Eggerberg; EK Schtaffowäg, FLNK Staffolwäg), t Schtafulblatte ‘ die Felsplatten, die Treppenstufen (Staffeln) gleichen ’ (Simplon, LT Stafelbatte), bei J ORDAN (2006, 98) als Schtaaf u lblattä belegt, der es eher zu Stafel ‘ Alpweide ’ stellt, das sonst mehrfach in Simplon vorkommt, und t Stäfiachra ‘ die Äcker im Gebiet Stäfini (wohl: Stufen) ’ ; Gwp. will es zum PN Stefan stellen. Allerdings sind die Stäfini ‘ die kleinen Stufen ’ gleich darüber. Das HL ist zu schwdt. Staffel I ‘ Stufe ’ und wdt. Schtafful (Mattertal), Schtaffil ‘ Trittholz (Leiter), Treppenstufe ’ (I D . 10, 1407; G RICHTING 1998, 180) zu stelllen. Der Vokal ist normalerweise kurz. Deswegen kann der Beleg aus Simplon auch zum HL S TAFEL gestellt werden. Stäga Stäga f. ‘ Stiege, Treppe ’ ist zu schwdt. Stëg, Stëge n f. ‘ Stiege, Treppe; Leiter ’ , im Gelände auch ‘ eingebaute oder in den Fels gehauene Stufen in steilen Wegstellen ’ , amhd. stëga, -e zu stellen. Eine eindeutige Unterscheidung von schwdt. Stëge n f. ‘ Stiege, Treppe, Leiter ’ und dem Pl. von schwdt, Stëg m. ‘ Steg, Fuss- und Fahrweg ’ ist nicht immer möglich (I D . 10, 1496 ff.; URNB 3, 306 ff.; G RICHTING 1998, 180 s. v. Schtäg und Schtäga). Das HL kommt in rund fünfzig Namen vor. Das Simplex ist im Singular als Stäga ‘ die Stiege ’ (Eggerberg, ab 1300 sub stegun Raron) und vnder der Staegen (1582 u. später, Bitsch) bezeugt, im Plural als Stägä ‘ die Stiegen ’ (Ferden), sowie historisch auf den Steggen (1662, Bürchen) und Zen Stegen (1560, Erschmatt) belegt. Diminutive sind im Plural bezeugt: Stägini (Ried-Mörel und andere), Stägiltini (1704, Eggerberg), Ze Stäginu (Saas- Balen, FLNK), ob de Stägjinu und unner de Stägjinu (Raron, Varen mit zu). Mit einem attributiven Adjektiv kommt vor allem der Typ zú den hochen Stegen ‘ zu den hohen Stiegen ’ (1678, Eggerberg, auch Eisten und Raron) vor. In Ferden sind zer Nassu Stägu ‘ bei der nassen Stiege ’ und di Trochi Stäga ‘ die trockene Stiege ’ belegt. Als Grundwort ist das HL in zweigliedrigen Komposita mit den Bestimmungswörtern Chäla, Chatza, Fee (Vieh), Geiss, Roor, Sattel und Wigler belegt. Komplexer ist bei den Ringackersteggen ‘ bei den Stiegen beim Ringacker ’ (1740, Leuk). Als Bestimmungswort ist das HL mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita verbunden: Acher, Fischi, Grabu, Loch, Pletscha, Wäg, Wang und Weid. Komplexer ist t Stägnbletschuweidä ‘ die Weiden oberhalb der Stägnbletschu (Ebene mit Stufen) ’ (Kippel). In Saas-Balen sind Stägelgrabu ‘ der Graben mit Treppenstufen ’ und Stägelsitu ‘ der steile Abhang beim Stägelgrabu ’ je zweimal vertreten; die - EL -Ableitung ist eine Stellenbezeichnung (S ONDEREGGER 1958, 513). Eine Ableitung auf - ERA liegt in Stägeru ‘ das Gebiet mit Stiegen ’ (FLNK, Niedergesteln) vor; es handelt sich um eine Kollektiv-Ableitung (S ONDEREGGER 1958, 471 ff.). (Stä- 213 214 Stäga <?page no="112"?> gerru ‘ die Wasserleite nach Steg ’ (Steg) gehört zum HL S TEG ). Stalde Stalde m. ist zu schwdt. Stalde n , G(e)-Stalde n , St ā le n m., f. ‘ ansteigende Stelle im Gelände, steiler Abhang; ansteigender Weg ’ , Grundbedeutung ‘ Ort, wo man gestellt, gehemmt wird ’ und wdt. Schtaaldä, Schtaalu, Schtaaldu ‘ Stalden ’ (Gemeindename) (I D . 11,335 ff.; G RICHTING 1998, 180) zu stellen; G RICHTING kennt das Appellativ nicht mehr; laut I D . verschwindet es allerdings schon im 16. Jahrhundert aus dem appellativen Gebrauch. Die Gemeindenamen Stalden und Staldenried sind hieher zu stellen; der FaN Stalder ist gesondert behandelt. In den meisten Fällen ist der betonte Vokal im Walliserdeutschen gelängt, wie häufig bei der Abfolge Vokal + / l/ + Konsonant. Die Form Staale ohne / d/ ist dialektal geläufiger. Das HL ist als Simplex im Singular sehr häufig, manchmal mit den Präpositionen üf, am, im. Die Formen sind der Schtaalde (Zermatt), der / am / im Stalden (neun historische Belege), Staldo (1809, Täsch), am Staldon (1337, Feschel), der / am Staaldu (Ausserberg, Naters, Simplon, Zwischbergen), der / im / ufem Staale (13 Belege im Goms), Staalu (Stalden, Gemeindename), a Staalu ‘ am steilen Abhang ’ (Visperterminen) und ufem Staalten (Wiler). Simplizia im Plural sind t Staalda (Raron), t Staalde (Betten; 1608, Eggerberg; 1542, Mund; Simplon), uf de Staaldu (Niedergesteln), uf de Staalu (Embd), t Staale (Binn, Stalden, Zeneggen), wobei Binn historisch sowohl Singular wie Plural hat. Die Diminutive im Singular sind ts Gstalji (Goppisberg), ts Gstaltji (Naters), jm Staldgji (1634, Betten), im Staldi / in den Staldinen (1740 u. später, Gampel), im Staldie (1639, Greich), im Staldÿ (1729, Naters), am Stalgi (1704, Filet) und Stalji (Mörel). Als Diminutive im Plural finden sich di Gstaal(d)jini (Gampel), t Staaldjini (Eggerberg), t Schtaaljini (Filet), Staldjini (Steg), in den Staltjinen (1773, Bitsch). Besonders auffällig sind hier die Formen mit einem Präfix G ( I )-, das in I D . (11, 335) nur für den Kanton Bern angegeben wird, im B ERNER N AMENBUCH aber nur für den Diminutiv belegt ist. Mit attributiven Adjektiven und dem HL als Bezugsnomen sind belegt: sub Albo Stalden ‘ (lat. albo ‘ weiss ’ ) unter dem weissen steilen Abhang ’ (1299, Visperterminen), aúff den Endren Stalden ‘ auf den jenseitigen steilen Abhängen ’ (1553 u. später, Visperterminen), Eschinu Staale ‘ die steilen Abhänge mit Eschen ’ (EK, Mund), Hinter Stalden (SK, Visperterminen), Hohstalden (1609 - 1699, Zwischbergen), Hostaalu (Glis), der Hostaale (Blitzingen), t Hostaale (Staldenried, Plural), t Indru Stalde (Simplon, Plural), Inner Staale (Ernen, unklar, da auch vaner … feminin ist, was sonst nie der Fall ist), Leidstahlen ‘ der hässliche Stalden (steiler Abhang) ’ (1391, Stalden; gemeint ist wohl ein sehr steiler Abhang), am Nydren Stalden (1443, Zermatt), der Oberstaale ‘ das Gebiet oberhalb des steilen Abhangs ’ (Fiesch), der Ober Staalu ‘ der obere Teil des steilen Abhangs ’ (St. Niklaus und vier weitere Belege mit Varianten), t Undru Staale (Visperterminen), der Unner Staale (St. Niklaus, Ulrichen), t Unnre Staale (Binn, Plural), aúff den Wüssen Stalden ‘ auf den weissen steilen Abhängen ’ (1633 u. später, Visp), t Wiissu Staale (Törbel, Visperterminen (siehe oben sub Albo Stalden). Vorangestellte Genitive vor dem HL sind sehr selten: am Lagger Stalden ‘ am steilen Abhang von Lax / der Leute von Lax ’ (1529 u. später, Lax) und zem Wiltzenstalden ‘ beim steilen Abhang des Wilzo ’ (1304, Zeneggen). Als Grundwort erscheint das HL in zweigliedrigen Komposita, die meist nahegelegene Flurnamen enthalen: der Birchstaldo ‘ der steile Abhang im Bereich Birch (Birkengehölz) ’ (1489, Greich), Chinnistaalten ‘ die Stalden (steile Abhänge) beim Chinni (kleine Schlucht) ’ (Ferden), Giffrisstalden ‘ der steile Abhang bei Gifrisch ’ (1406 u. später, Filet), am Grundstalden ‘ am steilen Abhang am Grund ’ (1542, Glis; 1299, Ried-Brig) und andere. Rudolstalden ‘ der steile Abhang des Rudolf ’ (1398, Ried- Brig) enthält den Namen eines Nutzers oder Besitzers. Beim Beleg Milistale ‘ der steile Abhang bei der Mühle ’ (FLNK, Binn) ist wohl einfach ein Stalden gemeint, bei dem eine Mühle steht; jedoch ist Mili in Binn sonst nicht belegt. Als Bestimmungswort verbindet sich das HL mit folgenden Grundwörtern: Acher, Bach, Biel, Blatta, Bord, Flüö, Gassa, Hitta, Hooru, Kapälla, Matta, Rufina, Ried, Schluocht, Steg, Wäg, Wald, Wang, Wasser und Weid, sowie dem komplexen Wasserleita. Grössere Konstruktionen sind ts Gstaljitreichwägi ‘ der kleine Weg zur Tränkestelle vom Gstalji (kleiner Stalden) her ’ (Goppisberg), t Obru Straalerachra ‘ die Äcker, die zu Oberstaalu (Oberstalden) gehören ’ (Visperterminen), der Obrustaalerschleif ‘ der Schleif nach Oberstaale (Oberstalden) ’ (Visperterminen), t Undru Staalerachra ‘ die Äcker, die zu Unnerstalu (Unterstalden) gehören ’ (Visperterminen) und der Undrustaalerwier ‘ der Weiher in Unterstalden (Dorfteil von Visperterminen) ’ (Visperterminen) und weitere. Eine Ableitung auf - ERI für Wasserleitungen ist zu finden in Staldneri ‘ die Wasserleitung nach Stalden ’ (Stalden, Embd). Stalder (FaN) Stalder (FaN) ist ein FaN, der seit dem 14. und 15. Jahrhundert belegt ist (AWWB 249), oder ein Herkunftsname Stalde 215 216 <?page no="113"?> der Leute, die am Stalden wohnen. Er kommt vor in ts Staaldersch Weidu ‘ die Weide der Familie Stalder ’ (Ergisch), der Staldigen Acker ‘ der Acker der Familie Stalder / der Leute vom Stalden ’ (1626, Goppisberg) mit dem kollektiven - IG -Suffix und ts Staldnersch ‘ das Gut der Familie Staldner / der Leute vom Stalden ’ (Täsch, FLNK hat Stalnersch). Alle Belege enthalten einen Genitiv. Stall Stall ‘ Stall ’ ist zu schwdt. Stall ‘ Raum zur Unterbringung von Gross- und Kleinvieh ’ , amhd. stal(l) (I D . 11, 4 ff.; G RICHTING 1998, 180) zu stellen. Über die traditionelle Stallbauweise für das Grossvieh unterrichtet R ÜBEL (1950, 37 - 49), für Schafe und Ziegen orientiert er beiläufig in den Kapiteln über das Kleinvieh ab S. 89 ff. Spätere und heutige Ställe folgen einem andern Bauplan. Das Simplex (mit Präposition) ist belegt für bim Stauw ‘ beim Stall ’ (Fieschertal) mit l-Vokalisierung; ein gleichlautendes bim Stau ‘ beim Stall ’ (Binn) wird ergänzt mit vam Schinnerstau ‘ vom Stall der Familie Schiner ’ . Daneben ist ein Diminutiv Jm Stelly ‘ im kleinen Stall ’ (1637, Naters) belegt. Mit Adjektiven gebildet wird zen Zwiäfaltä Ställn ‘ bei den doppelten Ställen ’ (Kippel), bim Grossu Stall ‘ beim grossen Stall ’ (Simplon), der Halb Stall ‘ der halbe Stall ’ (Simplon) und zum Niwwu Stall ‘ beim neuen Stall ’ (Zwischbergen), sowie - erweitert - der Niww Alpstall ‘ der neue Stall auf der Alpe ’ (Betten). Als Grundwort wird Stall mit Tiernamen versehen: Geisschtall ‘ Stall oder Pferch für die Ziegen ’ (Eyholz, Oberems (historisch), Bratsch); häufig sind aber Besitzernamen im Genitiv wie ts Fennersch Schiir und Stall ‘ die Scheuer und der Stall des Fenners ’ (Staldenried) und andere wie ts Witusch Schtal ‘ der Stall des Vitus ’ (Staldenried). Vermutlich auch Besitzer sind gemeint in Fu ᵕ x Stahl (1895, Embd) und Fuggsstall (Sass-Grund), vermutlich zum FaN Fux (AWWB 102). Naheliegende Flurnamen finden sich in Gerbistahl ‘ der Stalle bei der Gerberei ’ (Termen) oder Furuställi ‘ der kleine Stall bei den Fure (Furchen) ’ (Birgisch). Das Baumaterial ist in tsch Steiställi ‘ der kleine Stall aus Stein ’ (Birgisch) gemeint. Einen Sonderfall stellt der Staaldneru Stall ‘ der Stall der Leute aus Stalden ’ (Zwischbergen) dar; der Name bezieht sich auf - inzwischen aufgegebene - Alpen der Leute aus Stalden im Vispertal. Komplexere Formen wie Schafstallachra oder Schafstallbalmen (1869), beide in Guttet, benennen Fluren nach Ställen von Tieren, hier Schafen. Eine Ableitung stellt Stallig ‘ die Stallung ’ dar; sie kommt zusammen mit Alpnamen in Tärbinernanz Stallig (Visperterminen) und Öugschtbordstallig ‘ die Stallung der Augstbordalpe ’ (Embd) vor. Die Ableitung auf - IG ist kollektiv, sie bezeichnet eine Alpsiedlung. Als Bestimmungswort ist Stall zu Biina, Lamma, Matta, Schiirli und Schnitta gestellt. Komplexe Formen sind in den Vndren Stallmatten ‘ im unteren Teil der Wiesen beim Stall ’ (1736, Erschmatt) und andere. In einigen Fällen ist nicht klar, ob die Schreibung Staal oder ähnlich sich auch zum HL S TALDE ‘ Abhang, Anstieg ’ stellen lässt. Stamm Stamm ist nur belegt in der Stammstei ‘ der Stammstein ’ (Grächen). Die Gewährsperson erklärt das als Stein, der (trotz Erdbeben) an seinem angestammten Platz geblieben ist. Am nächstliegenden ist das Nomen Stamm (I D . 11, 393 ff., in Bed. 3) ‘ Abstammung ’ und wdt. Schtamm ‘ Baumstamm, Familie ’ (G RICHTING 1998, 181). Alternativ ist an einen Stein zu denken, der einem (Baum-)Stamm gleicht. Stampf Stampf m. ist dreimal belegt: zem Stampf ‘ bei der Stampfmühle ’ (Blatten), wo laut Gwp. eine Felspartie mit einer Gletschermühle gemeint ist, der Bärustampf ‘ das stampfende Gehen des Bären ’ (Glis), wo laut Gwp. Bären gejagt wurden und der Bärustampf ‘ das stampfende Gehen des Bären ’ (Visperterminen; M. S. notiert der Bärustapf; LT und FLNK Bärustampf, historisch Berenstampff), laut Gwp. steile Felsen, die die Form von Bärenfüssen haben. Beide Fluren befinden sich am gleichen Ort, werden aber verschieden gedeutet. Das HL ist zu schwdt. Stampf (I D . 11, 474) zu stellen, das verschiedene Bedeutungen hat. Der Beleg aus Blatten gehört zur Bedeutung ‘ Mühle ’ , hier als Gletschermühle. Der Bärustampf ist im I D . nicht belegt; er meint wohl, dass man mit stampfendem Gehen (LUNB 1, 2, 1017 f.) den Bär verfolgt oder dass der Bär selbst hier stampfend geht. Wir ziehen hier die zweite Deutung vor. Stand Stand m. ist zu schwdt. Stand m. ‘ das (Still-)Stehen; Feststehen, Halt; Zustand, Lage, Verfassung; Vermögen, Fähigkeit; (berufliche, gesellschaftliche) Stellung; Ort, Einrichtung zum Stehen (Schiessstand, Krämerbude); Wohnstätte; luftige, kühle Stelle auf der Alpweide ’ , amhd. stand, -t, in FlN gewöhnlich zur Bezeichnung des höchsten Teils der Alp (I D . 11, 956 ff.). G RICHTING (1998) kennt es nicht. Das Simplex im Singular erscheint als der Stand ‘ der Stand (höchste Ebene der Alpe Schorne) ’ (Steinhaus), der Stand ‘ der Stand (langer Rücken mit schöner Aussicht) ’ (Törbel), der Stand ‘ der Stand (Ebene, auf der über Mittag das Vieh war) ’ (Gampel, drei Mal, einmal mit Spezifika- 217 218 Stand <?page no="114"?> tion Tränken), der Stand ‘ der Stand (ebene Alpweide für das Vieh) ’ (Erschmatt). Gemeinsam ist den Flurnamen, dass Mensch oder Vieh sich am jeweiligen Ort aufhalten können. Der Plural des Simplex ist nur einmal als t Stännd ‘ die Stände (Ebene über einem Steilhang) ’ (Bürchen) belegt. Einen vorangestellten Genitiv des Besitzers findet man in Niclas Gorpers Stand ‘ im Stand (ebenes Gebiet mit Aussicht) des Nikolaus Gorper ’ (1730, Lalden). Es handelt sich hier nicht um eine Alpe, da von einem Stück uitum, also Reben, die Rede ist. Das Grundwort ist in Komposita zunächst mit Alpnamen verbunden: der Etriastand ‘ der Stand (höchster Punkt) auf der Alpe Etria ’ (Niederwald), Schornerstand ‘ der Stand (Stafel) der Alpe Schorne (Alpe mit Felszacken) ’ (FLNK u. LT, Steinhaus), weiter mit Orten, wo man Felsplatten für die Dächer der Häuser gewann: der Blattustand ‘ der Stand, wo es Felsplatten (für die Hausdächer) hat ’ (Saas-Fee) und das umgekehrt zusammengesetzte t Standblatte ‘ die Felsplatten (für die Hausdächer) im Gebiet Stand ’ (Törbel). Sachlich anders ausgerichtet sind die Typen der Schiibustand ‘ der Scheibenstand (der Schützen) ’ (Ried-Mörel und sechs weitere Gemeinden), der Schiessstand ‘ der Schiess-Stand ’ (Oberwald und vier weitere Gemeinden, Salgesch zweimal) und der Handgranatustand ‘ der Handgranaten-Stand ’ (Salgesch, nicht bei M ATHIER 2015). Dürre, vermutlich wasserlose Orte sind gemeint in der Dirristannd ‘ der dürre (Stand)platz in den Reben ’ (Leuk) und Dirrustand ‘ der dürre Stand(platz) (beim Meretschi an der Grenze zu Agarn im Rottental) ’ (FLNK, Leuk). Komplexer sind Alte Schiessstand ‘ der alte Schiess- Stand ’ (FLNK, Ried-Brig), der Alt Schiessstand ‘ der alte Schiess-Stand ’ (Brig) und bim Altu Schiessstand ‘ beim Alten Schiess-Stand ’ (Stalden). Als Bestimmungswort ist das HL in Blatten in einem Namensnest mit dem Simplex Stampbach ‘ der Standbach (der aus den Standbachgletschern kommt) ’ (FLNK u. LT, Blatten; SK Standbach) vertreten. Gemeint ist hier Stand als höchster Punkt der Alpe. Weitere Belege sind der Inder und der Uister Stampach ‘ der innere (taleinwärts liegende) und der äussere (talauswärts liegende) Standbach ’ (Blatten), der Inder und der Uister Stampachgletschär ‘ der innere und der äussere Gletscher, aus dem der Standbach entspringt ’ (Blatten), Stampachwannä ‘ die Wannen (Mulden), durch die der Standbach fliesst ’ (FLNK, Blatten) mit t Obruscht, t Mittluscht und t Undruscht Stampachwanna ‘ die oberste, die mittlere und die unterste Wanne (Mulde) beim Standbach ’ (Blatten), weiter t Stampachflie ‘ die Flühe, durch die der Standbach fliesst ’ (Blatten) und ts Stampachgufer ‘ das Steingeröll im Bereich des Standbachs ’ (Blatten). Stannä Stannä ist nur belegt in Gampel als t Schtannä ‘ die Standen ’ . Laut Gwp. handelt es sich um Burgerlose von Jeizinen. Es ist zu schwdt. Stande n ‘ Kufe, Bottich ’ (I D . 11. 1042 ff., mit weiteren Deutungen) und wdt. Standa, Stanna f. ‘ Holzgefäss für Früchte, Wäsche usw. ’ (G RICHTING 1998, 181; R ÜBEL 57) zu stellen. Die Veränderung von / nd/ zu / nn/ ist im Walliserdeutschen gut bekannt. ortsnamen.ch kennt zwei Orte mit diesem Flurnamen: Flurlingen (ZH) und Sennwald. Letzteres interpretiert Stande (W ERDENBERGER N AMENBUCH 2017, Bd. 6, 582) als ‘ Geländemulde [mit einem Bottich, einer “ Stande ” verglichen] ’ . Diese Deutung im Plural dürfte auch für unseren Namen zutreffen. Stapfa Stapfa f. und Stepf m. sind zwei eng verwandte Namentypen, die sich zu schwdt. Stapf, Stapfe(n) m., f. ‘ Fussspur (in Eis, Fels (eingehauen)); steiler, treppenartiger Fussweg; kleine Stiege und Leiter; ein Stück Zaun mit Querstaken, worüber man steigt ’ , ahd. staph, mhd. stapf (I D . 11, 1151 ff.) und Stepf ‘ die Stiege über einen Zaun ’ (I D . 11, 1168, Anm.) stellen lassen. G RICHTING (1998, 181 s. v. Schtapfa, Schtapfä (Goms), Schtapfu) gibt ‘ Sperrpfosten, Absperrung, Durchpass (Gebäude) ’ . R ÜBEL (1950, 86) kennt Schtapfe als Stapfhölzer, “ die den Eingang eines Pferches verschließen ” . Z INSLI (1984, 584 s. v. Stapfa, -u m./ f.) gibt als eigentliche Bedeutung ‘ Fussspur ’ , dann ‘ steiler, treppenartiger Weg ’ , ‘ leiterartige Einrichtung zum Übersteigen einer Umzäunung ’ . G R W B (17, 857 ff.) behandelt Stapf und Stapfen ausführlich; unter Bed. II 2 c) wird für die Schweiz “ eine einrichtung zum übersteigen eines zaunes oder einer hecke ” angegeben. Stepfer, Stapfer, Im Stepf, Imstepf und Varianten sind FaNN (AWWB 250), vor allem belegt für Mund und Naters. Das HL kommt in rund hundert Namen in allen Bezirken vor; Östlich Raron ist aber nur einmal vertreten. Das Simplex im Singular ist als Stapfa (7 Belege), Zer Stapfen (mit Varianten, historisch 6 Belege), Stapfu (3 Belege, davon zwei mit Präpositionen), Zer Stapfun (Blatten), t Stepf (Guttet und vier historische), jn der Stepfen (1516, Ergisch; feminines Genus wohl von Stapfen entlehnt) und einmal hyperkorrekt als im Stöpff (1588, Glis), im Plural als Stapfe (dreimal, zweimal davon mit Präpositionen), ze Stapfu (Törbel), t Stepfe (St. Niklaus), (von) dien Stephen (1306, Grächen), jn den Stepffen (1475, Naters) belegt. Diminutive im Singular sind Stapfilti (Oberems), Stapfji (Mund), im Plural t Stepflini (Ferden mit 2 Belegen). Präpositionen wie Ze, Bi (bei), In sind häufig. Mit attributiven Adjektiven ist das HL nur selten verbunden: zä Beeschä Stepfu ‘ bei den bösen (anstren- Stannä 219 220 <?page no="115"?> genden) Stapfen (steiler Weg) ’ (Gampel), t Leng Stapfa ‘ die lange Stapfe ’ (Wiler, Dorfteil), ts Ober Stepfji ‘ der obere Teil des kleinen Stepf (steile Wege) ’ (Gampel) und drei weitere Belege mit dem Grundwort Stepf, ts Under Stepfji ‘ der untere Teil des kleinen Stepf (steile Wege) ’ (Gampel) und drei weitere Belege mit dem Grundwort Stepf. Unsicher ist an den Vbbigen Stapf ‘ an den nach oben führenden Weg ’ (1489, Mühlebach), wo Vbbig ein Adjektiv sein könnte (cf. HL U BBIGEN ). In einigen wenigen Fällen kann ein vorangestellter Genitiv belegt sein: ts (e)Riädärsch Stapfa ‘ die Stapfe (steiler Fussweg) beim (Bär-)Ried / der Familie Rieder ’ (Wiler), wo Riädär ein FaN oder eine Herkunftsangabe sein kann, Bitschisch Stapfen ‘ der Zaunüberstieg der Familie Bitschi ’ (1757, Ausserberg; 1573 als Butschinstapfen), beÿ der Frawen Stapffen ‘ beim Zaun der Frau ’ (1617 u. später, Naters), wobei unklar ist, um welche Frau es sich handelt oder ob gar ein FaN (cf. HL F ROUWER ) vorliegt, Pfanmattersstapfen ‘ die Stapfe (Zaunüberstieg) der Familie Pfammatter ’ (Steg), der Welschen Stapffen ‘ der Zaun / Fussweg der Familie Welschen ’ (1684 u. später, Gluringen) und das längere ts Wirtstepfisch Spiicher ‘ der Speicher des Wirtstepfi (wohl Übername zu Wirt und FaN Imstepf) ’ (Mund) (vgl. J OSSEN 1989, 80 u. HL W IRT ). Das HL tritt in zahlreichen Komposita als Grundwort auf, meistens mit einem Bestimmungswort, das sich auf eine naheliegende Flur, eine Alpe oder einen Weiler bezieht. Sachliche Gruppen lassen sich kaum bilden. Darum nur einige Beispiele: Alpetustapfu ‘ die Stapfe (Zaunüberstieg / steiler Weg) bei der kleinen Alpe ’ (Ergisch) zum urspr. romanischen Alpeta ‘ kleine Alpe ’ (im 13. Jhdt. u. später belegt als lalpeta), t Gattustapfa ‘ der Zaunüberstieg auf dem Weg zur Alpe Gattun ’ (Kippel), zer Houwatunstaphen ‘ die Stapfe (Zaunüberstieg) bei den Howweten (Holzschlag) ’ (1752, Ausserberg), zer Reschtistapfun ‘ bei der Stapfe (Zaunüberstieg) der Alpe Reschti (Rastplatz) ’ (Blatten) und andere. Unklarer sind der Eschelstapf (Blatten, Ferden), vermutlich ein steiler Weg, der nur mit Eseln begehbar war oder eine steile Weide für Esel und di Zingelstapfu ‘ die Stapfen (steiler Weg) in der Form eines Felsbandes ’ (Saas-Grund). Komplexer sind t Obri Alobielstapfu ‘ die oberen Zaunstiege im Gebiet Alobiel (unklar) ’ (Niedergesteln), wo schon Alobiel unklar ist, zer Riädärstapfuschiir ‘ die Scheuer bei der Riederstapfa (steile Fusswege beim (Bär-)Ried / der Familie Rieder) ’ (Wiler) und weitere. Als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita ist das HL mit folgenden Grundwörtern verbunden: Acher, Biel, Bodu, Gartu, Gassa, Grabu, Löuwina, Matta, Strich, Tola und Wild. Komplexere Konstruktionen sind: t Ober und t Unner Stapfugassa ‘ die obere und die untere Gassa, die zur Stapfa (Zaun) führen ’ (Visp). Eine kollektive Ableitung mit dem Präfix G( I )ist Gstepf ‘ das Gebiet mit vielen Stapfen ’ . Es ist in ts Gschtepf (Eggerberg), im Gstepff (1786, Naters) und im Diminutiv ts Gstepfji (Naters) belegt. In Eggerberg erscheint auch Gschtepfwildi ‘ das wilde (unfruchtbare) Gebiet beim Gebiet Gschtepf (wo es mehrere Stapfen hat) ’ . Dreimal belegt ist eine Ableitung auf - EL (S ONDEREGGER 1958, 513) mit dem Sinn einer Stellenbezeichnung: ‘ wo es Stapfen hat ’ : der Stepfelbodu ‘ der Boden mit steilen Fuss- Stapfen ’ (Saas-Balen), ts Stepfelmättelti (Randa), ‘ die kleine Wiese mit Felstritten ’ , der Stepfelwasu (Randa) ‘ die Wiese mit Felstritten ’ . Insgesamt ist die Deutung des HL nicht einfach. Als ‘ Zaunüberstieg ’ kann es meistens gedeutet werden, wenn ein dauernder oder temporärer Zaun sich dort befand; als ‘ steiler Weg ’ oder ‘ Felstritt ’ kann es gedeutet werden, wenn die Umgebung steil und felsig ist. Manchmal ist offenbar auch einfach eine Umzäunung gemeint, oder ein schmaler Weg. Im Einzelfall kann das auf Grund der heutigen Verhältnisse kaum mehr geprüft werden; so sind etwa frühere Zäune nicht mehr vorhanden, oder durch modernere Techniken (z. B. Viehgatter) ersetzt. Stappel Stappel ist nur 1824 in Oberwald (genauer in Unterwasser) als im Stappelacker belegt. In dieser Form ist Stappel nicht bezeugt. Falls ein Verschreiber vorliegt, ist am ehesten Stapfelacker gemeint, das zu Stapf (cf. HL S TAPFA ) gestellt werden kann. URNB (1, 47) verweist auf Stapfacher und meint dort, es handle sich um einen eingezäunten Acker, auf den man über einen Stapf (Zaunüberstieg) gelangte. Die - EL -Erweiterung wäre nach S ONDEREGGER (1958, 513) als männliche Stellenbezeichnung zu verstehen. Stärch Stärch ist wohl eine umgelautete Form zum Adj. starch ‘ stark ’ (I D . 11, 1426 ff.; G RICHTING 1998, 181). Das HL kommt nur in Hohtenn in der Verbindung t Stärchbalmu vor. Der Umlaut erklärt sich entweder aus der femininen Form des Adjektivs oder einer substantivischen oder verbalen Ableitung, wörtlich als ‘ der starke überhängende Fels ’ . Inhaltlich ist wohl eine tiefe oder grosse Höhlung unter einem Felsen (cf. HL B ALMA ) gemeint. Weitere Belege sind der Stärchbalmuhubil ‘ der Hügel beim Gebiet der Stärchbalmu ’ , der Stärchbalmunbrunnu ‘ die Quelle / der Brunnen im Gebiet der Stärchbalmu ’ , ts Stärchbalmuschlüüchji ‘ das Gebiet der kleinen Schlucht bei der Stärchbalmu ’ und - nur historisch - die Sterchbalmen 221 222 Stärch <?page no="116"?> Eggen ‘ die Ecke bei der Stärchbalmu ’ (1859 - 1872). Der Name Sterchbalmen erscheint 1572 und später auch für Steg, meint aber das gleiche Gebiet in Hohtenn. Statt Statt f. ‘ Stätte, Stelle ’ ist zu schwdt. Stat(t), St ā d f., Dim. Stettli, Stettji ‘ Stätte, Stelle, Platz ’ und wdt. Schtatt ‘ Stadt ’ (I D . 11, 1676 ff.; G RICHTING 1998, 181) zu stellen, wobei G RICHTING nur die jüngere Bedeutung ‘ Stadt ’ kennt (vgl. K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 874 s. v. Stadt). Das Nomen ist in Ableitungen wie Gadestatt, Hostatt häufig eher Suffixoid als eigenständiges Nomen. Das Simplex im Singular kommt als t Statt ‘ die Alpe Statt (im Saflischtal) ’ (Grengiols), t Statt ‘ die Stelle, Dorfteil von Raron ’ (Raron) und an der Statt ‘ an der Stelle ’ (1618, Unterbäch). Die letzten beiden sind vermutlich identisch mit am Gstadt (1578, Raron; 1653 auch an der Gstaadt), an der Gstaat (1658 u. später, Ausserberg) und an der Gstatt (1653, Unterbäch). Faktisch ist hier unklar, ob damit das Gestade der Überschwemmung in der Rottenebene gemeint ist, aus dem sich Felsen wie an einem Strand erheben; dagegen spricht das Genus Feminin (vgl. I D . 10, 1327 ff. s. v. Stad m. und I D . 11, 1661 ff. s. v. St ā t), das am ehesten für eine Ableitung aus Statt (I D . 11, 1676 ff.) spricht, wo allerdings die Form mit präfigiertem / GE -/ nur im Aargau belegt ist. Der häufigste Typ Hofstatt, auch Hofstett ist auch im Artikel Hof behandelt (cf. HL H OF ). Wie schon G RICHTING (1998, 108 s. v. Hofschtatt, Hoschtatt) mit der Deutungsangabe ‘ Fundament, Fundamentruine, Hofstatt ’ zeigt, sind hier meistens Wüstungen gemeint, also Spuren früherer Bebauungen. Hofstatt als ‘ Bauerngut ’ oder ‘ Hauswiese ’ sind seltener. Wir gehen hier auf diesen Typ und komplexere Formen davon nicht ein (vgl. auch I D . 11. 1728 ff. s. v. Hofstatt). Ein zweiter, häufiger Typ ist t Stafelstatt (St. Niklaus, Termen; 1553 Ulrichen), t Stafolstatt (Mund, Naters), Stafulstatt (LT Binn), t Stafustatt (Bellwald, Binn, Gluringen) gemeint ist jeweils eine Stelle mit / bei einem Stafel (cf. HL S TAFEL ), also einer Alpstufe. Nicht so häufig ist Gadestatt (LT, FLNK Obergesteln), also das Gut mit einem Gaden (im Goms ein Stall), historisch auch 1480 in Binn und 1552 in Ernen belegt, 1500 in Fieschertal als Gadenstetli ‘ die kleine Stelle mit dem Gaden ’ . I D . (11, 1725 ff.) kennt Gade(n)statt ‘ Stelle, worauf ein Stall steht; Wiese mit Stall; Berggut; freistehende Vieh- oder Heustall ’ (I D . 11, 1725 ff.). Der Typ Chääserstatt ‘ Stelle, wo Käse gemacht oder gelagert wurde ’ ist in Mühlebach ein Alpkeller, der in Ernen seit 1527 als Cheserstat belegt ist. t Kääserstatt (Binn) hat wohl den anlautenden Artikel agglutiniert, während 1529 in Ritzingen Keserstatt belegt ist. Seltsam sind die Umbildungen: Ferden hat Chäschärstatt neben dem seltsamen in der Chähärstatt und dem dazu gehörenden t Ober Chähärstatt, das erste bei der Faldumalp, das zweite und dritte bei der Restialp - es dürfte sich um Umbildungen zu Chäserstatt handeln. Das gilt wohl auch zum sonst unerklärbaren Chäferstatt (FLNK, Ausserberg), das sich oberhalb der Siedlung Leiggern befindet. Zu vermuten ist, dass der Sinn von Chääserstatt nicht mehr verstanden wurde. In einigen Fällen ist beim Typ Gartstatt ein Garten gemeint; in Visperterminen ist lebendes di Garstatt historisch als Gartstatt (1587) überliefert; dazu kommen historisch Gartstette (1372, Ernen), jn dien Gartstetten (1301, Bürchen), die Gartstette (1300 - 1330, Münster). Garten ist traditionell ein eingezäuntes Stück Land mit Gemüse und - seltener - Blumen. Eine Reihe weitere Bildungen ist nur teilweise durchsichtig: Brvchstatt ‘ die Stelle mit einem Bruch (Steinbruch? ) ’ (1346, Visperterminen), t Chollstett ‘ die Stätten, wo Kohle gebrannt wurde ’ (Wiler), ts Hagstettji ‘ die kleine Stette (Hofstatt) mit dem Zaun ’ (Naters), Heistette ‘ die Heimstätte / die höhe Stätte (Alpe oder Voralpe) ’ (Blitzingen) mit dem zugehörigen Heistettwald, t Höütstatt ‘ die Stätte für die Rinder / die wichtigste Stätte (? ) ’ (Blitzingen), Milistatt ‘ die Stelle bei der Mühle ’ (Zermatt) mit bÿ der Althun Milistatt ‘ bei der Stelle bei der alten Mühle ’ (1588, Eisten; 1588 Staldenried), zer Saagstatt ‘ bei der Stelle, wo das Holz gesägt wurde ’ (Ferden), t Schmidstett ‘ die Stelle des Schmiedes / der Familie Schmid ’ (Niederwald), zer Schmitstatt ‘ bei der Stelle des Schmiedes / der Familie Schmid ’ (1528, Ernen), zer Walkstat ‘ bei der Stelle mit einer Walkmühle ’ (1392, Glis), an die Werchstett ‘ an die Stelle, wo Werg (Flachs und Hanf) wuchs / wo Werg bearbeitet wurde ’ (1508 u. später, Termen). Neben einigen oben genannten sind auch attributive Adjektive zu finden wie zer Altun Brúckstat ‘ bei der alten Brückenstelle ’ (1438, Visp), t Ober Gadestadt ‘ die obere Stelle mit einem Gaden ’ (Obergesteln), t Ober und t Unner Mäuchstatt ‘ der obere und der untere Teil der ertragreichen Stelle / des Ortes, wo gemolken wurde ’ (Binn), t Ober und t Unner Staferstatt ‘ der obere und der untere Teil der Stelle beim Stafel (LT Stafulstatt) ’ (Binn). Zwei Bildungen sind schwierig zu erklären: di Bigstatt (Ausserberg) und dazu der Bigstattschleif ‘ der Schleif zur Bigstatt hinunter ’ (Ausserberg), sowie di Gaaristett (Ferden). Bigstatt scheint eine Reanalyse von bi Gstatt ‘ bei der Statt ’ zu sein; es handelt sich um einen Dorfteil von Ausserberg beim Trogdorf, dem Hauptteil des Dorfes. Der Weg von bi Gstatt zu di Bigstatt ist jedoch unklar und nicht belegt. Noch unsicherer ist Gaaristett. Die Statt 223 224 <?page no="117"?> Beschreibung sagt, es handle sich um eine Aufforstung, früher sei hier ein ‘ Rinderchrumm ’ gewesen. Gaari ist nicht belegt. Am nächsten kommt ihm laut I D . (2, 404 s. v. Gërrisch) der Name für die Pflanze ‘ Meisterwurz ’ (P EU- CEDANUM OSTRUTHIUM ), die laut I D . im bernischen Saanen G ā r hiess; allerdings findet sich für die Oberwalliser Pflanzennamen kein entsprechender Hinweis. Gemeint wäre dann eine Stelle mit viel Meisterwurz (vgl. L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2104, 986) s. v. P EUCEDANUM OSTRUTHIUM , dt. Meisterwurz). Als Bestimmungswort ist das HL nur in der Statgarte ‘ der Garten in der Statt ’ (Obergesteln) belegt. Gemeint ist wohl ein Garten im Bereich Statt von Obergesteln (historisch ist die Hofstatt der Podmer ‘ die Hofstatt der Familie Bodmer ’ (1826) belegt; es könnte sich auch um die Leute im Boden (Rottenebene) handeln). Eine seltsame Form ist schliesslich in Turtmann 1454 als die Steder belegt. Der Kontext ist unklar, was eine Deutung unmöglich macht. Zum konkurrierenden Stadt cf. HL S TADT . Stau Stau m. ist zu schwdt. Stau, Stou m., zum Verb schwdt. stau(w)e n ‘ Einhaltung tun, wehren, hemmen (vom Wasser, ferner von angesammelten Massen, Menschen und Dingen ’ , amhd. stouwen, stöuwen (I D . 11, 1845) zu stellen. Belegt ist das HL in bim Stausee (Oberems), der Stausee (Grengiols (zweimal), Zwischbergen), Stausee Gibidum (Bitsch, Naters, Ried-Mörel), Stausee Mattmark (Saas- Almagell), Bodmen-Stausee ‘ der Stausee des Zmuttbaches bei den Bodme (Böden) ’ (LT Zermatt), Stauweer ‘ das Stauwehr ’ (FLNK Leuk; 1: 10000 Stauwerk), t Schtöümüüre ‘ die Staumauer (des Kraftwerk Gries) ’ (Ulrichen), t Schtöümüüru ‘ die Staumauer des “ Illsee ”’ (Leuk), t Schtöümüüru ‘ die Staumauer des Stausees im “ Märetschi ”’ (Leuk). Das HL ist wohl in allen Fällen zum hdt. Stau gebildet, im Fall von Schtöü lautlich dem Walliserdeutschen angeglichen. G RICHTING (1998) kennt das Wort nicht. Stazjo Stazjo f., auch Stazjoo ‘ Station ’ ist zu schwdt. Stazi ō n, ō f., wie nhd. ‘ Aufenthaltsort; Haltestelle, Bahnstation, Bahnhof ’ , in der kath. Kirche von ‘ Kreuzwegstationen in der Kirche oder sonst, welche die 14 Stationen auf dem Wege Christi nach Golgatha bedeuten; das mit liturgischen Gebeten, dem Lesen der Evangelien und dem sakramentalen Segen ausgefüllte Anhalten der Prozessionen ’ ; spätmhd. stati ā n, und wdt. Schtazjoo ‘ Haltestelle, Bahnhof ’ (I D . 11, 1845 f.; G RICHTING 1998, 181) zu stellen, alle mit Endbetonung. Das Simplex des Singulars ist als t Statjo ‘ die Station (Bahnhof) der Matterhorn-Gotthard-Bahn ’ (Grengiols), mit der Stazjoo ‘ bei der Station (Bahnhof) der BLS ’ (Lalden), t Statzioo ‘ die Station (Bahnhof) der BLS ’ (Ausserberg) als ‘ Bahnhof ’ belegt. Der Plural t Stazjoone ‘ die Kreuzwegstationen ’ (Glis) meint einen Kreuzweg zwischen Ännerholzgrabe und Wickert in Brig-Glis; die gleiche Deutung findet sich in der Statzionuwäg ‘ der Weg mit den Kreuzwegstationen ’ (Leuk). Die Abkürzung Stn. ‘ Station ’ findet sich auf der LT für Stn. Bettmergrat ‘ die Station der Seilbahn auf dem Bettmergrat am Bettmerhorn ’ (Betten), Stn. Gampel-Steg ‘ die Station (Bahnhof) der SBB für Gampel und Steg ’ (Steg), Stn. Hohtenn ‘ die Station (Bahnhof) der BLS ’ (Hohtenn), Stn. Leuk ‘ die Station (Bahnhof) der SBB ’ (Leuk) und Stn. Turtmann ‘ die Station (Bahnhof) der SBB ’ (Turtmann). Weiter ist Stn. Muttbach-Belvédère ‘ alte Station (Bahnhof) auf der Furka-Scheitelstrecke ’ (Oberwald) und Stn. Steibenkreuz ‘ die Station Steibenkreuz der Sesselbahn ’ (Bellwald); teilweise sind diese Stationen auf anderen Karten auch ausgeschrieben. In Grächen gibt es t Seilbastazjoo ‘ die Station der Seilbahn von Grächen nach Hannigalp ’ (Grächen), in Bellwald t Mittustatio ‘ die Mittelstation (der Seilbahn Fürgangen-Bellwald ’ (FLNK, Bellwald). Die Station Seilbahn ‘ die Seilbahnstation der Gemmibahnen auf der Gemmi ’ (Leukerbad) ist nicht phonetisch notiert, aber ein lebender Name. Eine ganz andere Deutung ist erfasst in Satellitenbodenstation ‘ die Bodenstation für den Satellitenempfang ’ (FLNK, Leuk). Soweit erkennbar, ist die für das Wallis bezeugte Deutung ‘ Kramladen, Magazin ’ für Stazune n (I D . 11, 1846) in Namen nicht belegt. Stebil Stebil m./ n. ist belegt als im Stebil (1399, Zwischbergen; 1598 am Stebell), am Stäbell (1598, Simplon) und dem unsicheren an Stübells Wangÿ ‘ der kleine Grasabhang beim Stall / des Stübel ’ (1607, Zwischbergen). Der Genitiv in diesem Beleg kann auch zu einem PN Stübel oder Stibel gehören, der allerdings nicht belegt ist. J ORDAN (2006) kennt die Flurnamen nicht. Am nächstliegenden ist eine alpinlombardische Dialektform von lat. stabulum ‘ Stall ’ (cf. LSI 5, 231 s. v. Stabi), das aber sonst als Stafel im Oberwallis gut belegt ist (cf. HL S TAFEL ). Stecke(n) Stecke(n) ist zum Verb hdt. stecken (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 879) zu stellen, das in hdt. Stecknadel (G R W B 17, 1366) vertreten ist. Belegt ist es nur in ts Stecknadelhoru ‘ das Stecknadelhorn ’ (St. Niklaus, Randa; 4114 m) und Stecknadeljoch ‘ das Stecknadeljoch (Joch) (Übergang) 225 226 Stecke(n) <?page no="118"?> beim Stecknadelhorn) ’ (Randa, LT u. FLNK; FLNK auch Stecknaduljoch). Das Horn befindet sich beim Nadelhorn (4327 m). Stecknadel bezieht sich hier auf eine spitze Form des Gipfels, die zum benachbarten Nadelhorn passt. Steeri Steeri f. ist nur als t Steeri (Zermatt) belegt. Die Beschreibung sagt, es handle sich um Felskopf und Abhänge. Für Rindvieh nicht schönes Gelände. J ULEN ET AL . (1995, 242) beschreiben den Ort als “ Von starkem Geröll unterbrochenes Alpgebiet ” . Die Flur befindet sich auf der Findelalp. Vermutlich handelt es sich um eine Ableitung auf - I (S ONDEREGGER 1958, 497 zu ahd. -î(n)) zum Verb störe n ‘ stören ’ (I D . 11, 1259 ff. mit vielen verschiedenen Bedeutungen) hier mit Entrundung. Es dürfte zu Störi II (I D . 11, 1273) im Sinn von ‘ Störung ’ gestellt werden, wobei die genaue Deutung unklar bleibt. G RICHTING (1998, 181) kennt schteere, schteerä (Goms), schteern (Lötschtal), schteeru ‘ stören, umgraben, umrühren ’ . Das von ihm erwähnte Schteeri ‘ Rede (unerwartete, witzige) ’ lässt sich nur indirekt hieher stellen. Im Kontext der Alpe ist hier eine Störung des Weideganges gegeben. Stefan (PN) Stefan (PN) ist als PN oder FaN in verschiedenen Formen vertreten. Der FaN ist zuerst in Ernen, später in anderen Gommer Orten belegt (AWWB 249 f.). In den FlN ist der Name immer als Bestimmungswort, meist im Genitiv, vertreten. Bei lebenden Namen ist Stäffis / Stäffisch mit den Grundwörtern Egge, Hubel, Maad belegt; Stäffu findet sich in Naters: ts Stäffuschir ‘ die Scheuer der Familie Steffen ’ . Zweimal ist historisch Steffigs Stadell (1784, Bitsch, 1774 Ried-Mörel) belegt; es handelt sich um die Kollektivableitung auf - IG bei Namen ‘ die Leute des Stefan / Steffen ’ . in Steffismatten ‘ in der Wiese des Stefan ’ (1721, Eischoll) ist unklar in Bezug auf PN oder FaN. Vermutlich nur der PN Stefan ist vertreten in Steffans Bu ᵉ la ‘ der Hügel des Stefan ’ (1630, Brig) und ze Stephans Buele (1301, Visperterminen), Stephans Halta ‘ die Halde des Stefan ’ (1320, Naters) und Steffans Mettiltin (1554, Törbel) ‘ die kleine Wiese des Stefan ’ . Steg Steg, dialektal Stäg m. ist zu schwdt. Stëg m., Dim. Stëg(e) li ‘ Steg, schmale, leichte Brücke, schmaler Weg ’ , amdh. stëg, -c und zu wdt. Schtäg ‘ Steg, Brücke ’ (I D . 10, 1487 ff.; TGNB 2, 2, 567; G RICHTING 1998, 180) zu stellen. Das HL lässt sich nicht immer von den HLL Stäga f. ‘ Treppe ’ und Stäcke(n) ‘ (Zaun-)Stecken ’ unterscheiden. Formen auf - ER können auch zum FaN Steger (AWWB 68 f.) gehören. Das HL kommt in rund 180 Orts- und Flurnamen vor. Das Simplex ist im Singular am prominentesten im Gemeindenamen Stäg (LT Steg) vertreten, dem früheren Benken. Der Name bezieht sich ursprünglich wohl auf einen Weiler, der am Steg über die Lonza nach Gampel gelegen war. Weitere Simplizia sind bim Stäg ‘ beim Steg über den Rotten ’ (Niederwald), bim Stäg ‘ beim Steg über den Alpjerbach ’ (Simplon), der Stäg ‘ der Steg über das Grosse Wasser ’ (Zwischbergen), zem Stäg ‘ beim Steg über die Matter Vispe ’ (Zermatt, Dorfteil), zum Stäg ‘ beim Steg über die Saaser Vispe ’ (Saas-Fee, Dorfteil; Saas-Grund; St. Niklaus), zum Stäg ‘ beim Steg ’ (1578 u. später, Raron), zem Steg (1434 u. später, Mörel; 1390 u. später, Ried-Brig; 1519 Visperterminen), zum Steg ‘ beim Steg (über die Turtmänna) ’ (1695, Turtmann). Wohl auch eine Brücke ist gemeint in Steg ‘ der Steg (an dem am Scheidtag die Schafe gezählt wurden) ’ (1763, Saas-Almagell). Ein unsicherer Beleg ist zuw Stegen (1303, Niedergesteln), das eventuell mit dem weiter unten erwähnten Zwisteg ‘ der Zwei-Steg (Doppelsteg) ’ (1396, Steg) zusammenfällt. Eine technisch bedingte Ausnahme ist der Name Stn. Gampel-Steg ‘ die Station (Bahnhof) der SBB für Gampel und Steg ’ (Steg). Plurale des Diminutivs kommen kaum vor: en den Stecquen (1355, Ergisch) kann sowohl ‘ bei den Stegen ’ wie ‘ bei den (Zaun-)Stecken ’ heissen. Das Diminutiv des Singulars erscheint ebenfalls selten: zum Stägji ‘ zum kleinen Steg (Brücke über den Almagellerbach / den Leenbach (LT kennt beide Bezeichnungen) ’ (Saas-Almagell), beÿ dem Steglin ‘ beim kleinen Steg in der Eymatte ’ (1742, Turtmann). Ob ein Plural des Diminutivs in mit den Stegginen ‘ bei den kleinen Stegen (keine Angabe wo) ’ (1749, Niedergesteln) gemeint ist oder etwas anderes, bleibt unklar. Mit attributiven Adjektiven kommt das HL wie folgt vor: (lat.: ad antiquum pontem seu Steg) beim Alten Steg (1373, Törbel), der Breit Stäg ‘ der breite Steg (über den Milibach ’ (Unterbäch; laut Gwp breit wegen des Viehauftriebs), der Hangend Stäg ‘ der hängende Steg (über tiefe Schlucht) ’ (Zermatt), zem Heeji Stäg ‘ beim hohen Steg (Brücke über die Lonza) ’ (Blatten), der Steinig Stäg ‘ der steinige Steg (natürlich entstandener Steg aus Stein) ’ (Raron; FLNK Steinigu Stäg), vnder dem Trochennenn Steg ‘ unter dem trockenen Steg ’ (1560, Täsch), zem Trochne Stäg ‘ beim trockenen Steg ’ (Zermatt), zum Unnru Stäg ‘ beim unteren Steg (heute Brücke der Strasse über die Saaser Vispe) ’ (Saas-Almagell). Unsicher ist an dem Racken Steg ‘ an der Brücke, die mit schwerer Arbeit instand gesetzt wurde ’ (1822, Saas-Fee), wo Racken sich auch auf ein Verb beziehen kann (vgl. HL R ACKEN ). Ein vorangestellter Genitiv findet sich nur in ts Sengärsch Stägli ‘ der kleine Steg der Leute vom Senggä (durch Sengen gerodetes Gebiet) ’ (Wiler). Häufiger sind Steeri 227 228 <?page no="119"?> ursprüngliche Genitive Plural auf - ER ( O ), die als Adjektive umgedeutet oder als FaN verwendet werden: Lochersteg ‘ der Steg oberhalb des Weilers Loch ’ (SK, Ulrichen), Baltschiedersteg ‘ der Steg der Leute von Baltschieder (unklar, ob über den Baltschiederbach oder über den Rotten) ’ (1519 u. später, Baltschieder; 1471 u. später, Visp), der Tännärstäg ‘ die Brücke über die Lonza bei Tänn (Tenn) ’ (Wiler), Walderstäg ‘ der Steg (über den Rotten) Richtung Oberwald ’ (FLNK, Oberwald), Wängärstäg ‘ der Steg (über die Turtmänna) beim Weiler Wänge / der Familie Wenger ’ (FLNK, Ergisch), im Egersteg ‘ im Gebiet des Steges der Familie Äger ’ (1857, Simplon). Als Grundwort kommt das HL weiter vor allem im Typ Hosteg vor: der Hosteg ‘ der hohe Steg (hohe Brücke über die Mattervispa zwischen Zermatt und Täsch) ’ (Zermatt, LT Hostäg; Täsch, SK Hohsteg), der Hostäg ‘ der hohe Steg (über die Doveria) ’ (Zwischbergen, FLNK Hostäg, LT Hohsteg), Hostäg ‘ der hohe Steg (über die Saaser Vispe) ’ (FLNK, Saas-Balen), (lat.) citra (jenseits) dem Hostege ‘ der hohe Steg (Brücke) ’ (1305, Stalden), die Hohstega ‘ die hohen Stege (Brücken) ’ (1653, Ulrichen; könnte alternativ auch Stiege sein). Komplexere Konstruktionen dieses Typs sind zem Indri und zem Uistri Hostäg ‘ beim inneren und beim äusseren hohen Steg (über die Lonza) ’ (Ferden). Ein adjektivisches Bestimmungswort findet sich weiter in Mittelstäg ‘ beim Mittleren Steg ’ (1809, Täsch), Weitaus die meisten zweigliedrigen Komposita mit dem HL als Grundwort kennzeichnen eine in der Nähe liegende Flur. Dabei fallen vor allem Konstruktionen auf, die einen Gemeinde- oder Weilernamen enthalten: bim Gamsustäg ‘ beim Steg über den Rotten bei Gamsen ’ (Glis), der Laldensteg ‘ die Brücke über den Rotten nach Lalden ’ und ähnlich (1544 u. später, Eyholz; 1530 u. später, Lalden; 1531, Visp), der Rudustäg ‘ die Brücke über die Doveria bei Gondo (Ruden) ’ (Zwischbergen; bei J ORDAN (2006, 312) als Ruduschtäg). In Einzelfällen wird der Name des Gewässers erwähnt: dr Lonzustäg ‘ der Steg über die Lonza (Talbach) ’ (Kippel), der Mässerestäg ‘ die Brücke über den Mässerebach (identisch mit Saflischbach? ) ’ (Grengiols), dr Schreejustäg ‘ der Steg über den Wasserfall des Faldumbaches ’ (Ferden), der Zubistäg ‘ der Steg (Brücke) über den kleinen Wasserlauf ’ (Blatten, einmal mit zem), wo mit Zubi (cf. HL Z UBA ) ein kleiner Wasserlauf gemeint ist. Die Benennung nach einer nahegelegenen Flur findet sich etwa in der Aroleitstäg ‘ der Steg (über den Zmuttbach) bei Aroleit (Arvenwald) ’ (Zermatt), Elmstäg ‘ der Steg über die Lonza bei Älm ’ (SK, Eggerberg), dr Erlstäg ‘ der Steg über die Lonza bei den Erlen ’ (Blatten, zweimal), des Feldmoossteges ‘ der Steg beim Feldmoos (sumpfiges Gebiet beim Feld) ’ (Obergesteln; Genitiv durch Konstruktion bedingt), der Figistäg ‘ der Steg über die Doveria unterhalb der Figina ’ (Zwischbergen; J ORDAN (2006, 260 hat Figischtägi), dr Firtstäg ‘ der Steg bei der Furt ’ (Blatten), der Furtstäg ‘ der Steg bei der Furche (Fura) ’ (Oberwald) und viele andere mehr. Komplexer ist z. B. vff dem Golembach Stegen Stu ᵉ cklin ‘ auf dem kleinen Stück Land beim Golmbach ’ (1669, Kippel), der Haggdoristäg ‘ der Steg (über den Chummenbach) zum Gebiet kleines Hagedorn ’ (Wiler), der Hobriggestäg ‘ der Steg beim Gebiet Hobrigga (hohe Brücke) ’ (Fieschertal) - ein besonders schönes Beispiel für einen Stegnamen, der sich auf eine Brücke bezieht - , der Rotgsteistäg ‘ der Steg (über den Golmbach) beim Gebiet Rotgstei (das rote Gestein) ’ (Kippel) und andere mehr. Einen Besitzernamen enthält laut Gwp. der Niggistäg ‘ der Steg beim Gut des Niggi (Übername der Besitzerfamilie) ’ (Zwischbergen; J ORDAN (2006, 341) hat Niggi Schtäg und nennt die Besitzerfamilie Arnold). Als Bestimmungswort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern vor: Acher, Biina, Chrumm, Eie, Fura, Haalta, Hooru, Lamma, Matta, Pletscha, Tal, Wang und Weid. Komplexere Konstruktionen sind: der Steghorugletscher ‘ der Steghorugletscher (LT Steghorngletscher, Gletscher unterhalb des Steghorns) ’ (Leukerbad), der Stägacherwald ‘ der Wald beim Stägacher (Acker beim Steg) ’ (Mund), t Stäggmattuschiir ‘ die Scheuer bei der Wiese beim Steg ’ (Blatten), der Stägmattewaud ‘ der Wald bei der Stägmatta (Wiese beim Steg) ’ (Fiesch; FLNK Stägmattewald), der Stägschleifgrabo ‘ der Graben beim Stägschleif (Schleif beim Stäg) ’ (Mund), bis an den Sau ᵕ msteggraben ‘ bis zum Graben mit dem Steg für die Säumer ’ (1847, Ulrichen) und andere. Eine Reihe von Belegen weist die Form Steger / Stäger auf. Ihre Lage legt zumeist eine Ableitung auf - ER von Steg (Gemeindename) nahe, die ursprünglich wohl ein Genitiv Plural war (S ONDEREGGER 1958, 526 ff.); in einigen Fällen ist eher der FaN Steger gemeint. Belegt sind im sogenannten Stegerthale ‘ im Tal der Leute von Steg / bei Steg ’ (1860, Hohtenn; 1860, Steg), das Steger Moos ‘ das Moos (sumpfiges Gebiet) der Gemeinde Steg ’ (1852, Steg), Stäger Riedbärg ‘ der Riedbärg, der zu Steg gehört ’ (FLNK, Niedergesteln), (lat.) ad siluam et nemus Stegerro ‘ beim Wald der Leute von Steg / der Familie Steger ’ (1584, Ausserberg), Stägerfäld ‘ das Feld, das zu Steg gehört (in der Rottenebene) ’ (LT, Steg; FLNK Stägärfäld), t Stägergassu ‘ die Gasse der Leute von Steg (nach Niedergesteln) ’ (Niedergesteln), jm Steger Grund ‘ im Grund (wohl Rottenebene) der Leute von Steg ’ (1572 u. später, Steg). Unklar ist Stägerwald ‘ der Wald bei einem Steg ’ (FLNK, Birgisch). 229 230 Steg <?page no="120"?> Eine Ableitung auf - ERRA für Wasserleitungen ist belegt in Stagerren (1664, Steg; Dativ aus Konstruktion bedingt), t Stägerru ‘ die Wasserleitung der Leute von Steg (ohne Wasser) ’ (Hohtenn), ufer Stägerru ‘ auf der Wasserleitung der Leute von Steg ’ (Hohtenn), t Stägerru Wasserleitu ‘ die Wasserleiung der Leute von Steg (historisch: die Stegeri) ’ (Niedergesteln), t Stägerrusüe ‘ die Wasserleitung der Leute von Steg (mit Wasser) ’ (Hohtenn). t Stägifischini ‘ die Grundstücke (im Mass eines Fischi) beim kleinen Steg ’ enthält wohl einen Diminutiv des HL; der Stägjitschuggo ‘ der Felsen mit Tritten ’ hingegen gehört zum HL S TÄGA ‘ Treppe ’ . Steger (FaN) Steger (FaN) ist ein FaN. Im alten Wappenbuch wird Steger, von Steiger als aus dem Wallis stammendes, angesehenes Patriziergeschlecht von Bern, das um 1424 ausgewandert sein dürfte, vorher wahrscheinlich Ministerialien der von Raron (AWWB 250) bezeichnet. Das Register zu den HRBS betrachtet Steger als Übersetzung des FaN Aschilier und bezieht sich damit auf AWWB (88), das s. v. Eschellier auch Steger aufführt und den Namen als “ weit verbreitet ” bezeichnet. Das F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (3, 1763) kennt Steger für das Wallis nicht. Belegt ist der FaN im Genitiv als Stegers Los ‘ das ausgeloste Stück Land der Familie Steger ’ (1394, Biel), Stegers Matten ‘ die Wiese der Familie Steger ’ (1728, Turtmann), in Stegersmatten ‘ in der Wiese der Familie Steger ’ (1805, Niedergesteln) und ts Stägersch Bodo ‘ der Boden der Familie Steger ’ (Visperterminen); Gwp. meint, es handle sich um den in Visperterminen inzwischen ausgestorbenen FaN Stäger. FLNK und die Karte 1: 10000 haben am gleichen Ort die Form Z'Ägersch Bodo ‘ der Boden der Familie Äger ’ , wobei unklar ist, ob ein FaN oder einfach ein Beiname vorliegt. AWWB (180) kennt einen FaN Nager, auch In Ager, der aber dort nicht als FaN in Visperterminen belegt ist. Das Simplex ist als im Steger (1717, Zeneggen) belegt, FLNK hat Stäger. Der Flurname ist unklar; am angegebenen Ort gibt es keinen Stäg ‘ Brücke ’ , ob Stäga ‘ Treppe ’ gemeint ist, bleibt unsicher. Stei Stei ist zu schwdt. Stei n m., Dim. Stein(d)li, Steinji ‘ Gestein, Mineral ’ , ‘ Rohstoff, Bruchstein ’ , ‘ loser Felsblock, Findling ’ , ‘ Feldstein, kleines Geröll, Kies ’ , ‘ Baustein, Pflasterstein ’ , ‘ Marchstein ’ , ‘ Stein als Stätte für Rechtshandlungen ’ , ‘ Grabstein ’ , ‘ Steinplatte ’ , ‘ Mahlstein, Schleifstein ’ , amhd. stein (I D . 11, 754 ff.; G RICHTING 1998, 181) zu stellen. Stei kommt in rund 900 Namen vor (einzelne Namen sind mehrfach belegt). Die Umwelt des Oberwallis enthält Steine vom kleinen Kieselstein bis zu den grossflächigen Steinwänden; häufig sind auch einzelne grössere, auffallende Steine benannt. Das Simplex Stei ‘ Stein ’ ist mit Präpositionen wie bei, am, zu, unter ungefähr dreissig Mal im Oberwallis belegt; gelegentlich mit erhaltenem / n/ im Lötschental. Der Plural Steina, Steinen ebenfalls mit Präpositioen wie ze oder in etwa zehn Mal. Mit attributiven Adjektiven oder Partizipien sind u. a. belegt: dr Äbund Stei ‘ der ebene Stein ’ (Mund) und lateinisch dazu apud planum lapidem ‘ beim ebenen Stein ’ (1475, Visp), zum Altu Stei ‘ beim alten Stein ’ (Randa), zum Änggu Stei ‘ beim engen Stein (enger Felsdurchgang) ’ (Ergisch), zem Blaawu Stei ‘ zum blauen Stein ’ (Visp, Niedergesteln, Saas-Almagell (ohne zu)), zum Blätjuchtu Stei ‘ zum platten Stein ’ (Saas-Almagell), zum Breitu Stei ‘ zum breiten Stein ’ (Erschmatt, Fieschertal, Naters, Raron und im Plural Binn), zum Dirlochen / Durchglochet Stein ‘ beim Stein mit einem Loch ’ (Ulrichen, Ernen), zum Elwen Stein ‘ beim fahlgelben Stein ’ (1653, Ulrichen), zum Engen Stein ‘ beim engen Stein ’ (Ernen), au ᵕ f den Gespaltenen Stein ‘ der gespaltene Stein ’ (1869, Törbel und Stalden), zum Gespaltenen Stein (Niedergesteln), bim Glatte Stei ‘ beim glatten Stein ’ (Blitzigen, historisch Feschel 1619), der Graw Stei ‘ der graue Stein ’ und ze Graawä Steinu ‘ bei den grauen Steinen ’ (Ausserberg, Gampel, St. Niklaus, Saas-Almagell, Obergesteln, Oberwald, Münster, Saas-Balen), bim Grosse Stei / bi de Grosse Steine (rund 40 Belege), beÿ dem hellen Stein (1699, Gluringen; unklar ob hell oder Höll), zum Holu Stei ‘ beim Stein mit einer Höhlung ’ (Bratsch, Erschmatt, Oberems, Turtmann), der Rot Stei ‘ der rote Stein ’ (Zermatt; die meisten anderen Belege sind lateinisch mit Konstruktionen wie super rubeo saxo ‘ ob dem roten Stein ’ ), zum Runu Stei ‘ zum runden Stein ’ (Saas-Almagell), t Schwarze Steine ‘ die schwarzen Steine ’ (Blitzingen), bim Spitze Stei ‘ beim spitzen Stein ’ (Blitzingen und rund dreissig weitere Belege im Singular und Plural), bim Stächende Stei ‘ beim stechenden Stein (mit Spitze) ’ (Bellwald und vier weitere historische Belege), den Thenenden Stein ‘ der tönende Stein ’ (St. Niklaus, Zermatt), beim Toossende Stei ‘ beim tosenden Stein ’ (Grengiols), mit de Drii Steinu ‘ bei den drei Steinen ’ (Simplon), ts Ubergändu Stei ‘ beim übergehenden Stein ’ (Mund), der Wiiss Stei ‘ der weisse Stein ’ (St. Niklaus) und bi de Wisse Steine ‘ bei den weissen Steinen ’ (Geschinen) (beides mehrfach). Vorangestellte Genitive zum Grundwort Stei sind selten: ts Antlisch Stei ‘ der Stein des Anton / der Anna ’ (Zermatt, FLNK), bey Arblis Stein ‘ der Stein des Arbli ’ (1833, Zermatt; wohl identisch mit ts Antlisch Stei), ts Guggersch Stei (Simplon) kann entweder als ‘ des Kuckucks Stein ’ oder als ‘ Stein bei der Alpe Guggina ’ Steger (FaN) 231 232 <?page no="121"?> interpretiert werden. ts (e)Riedisch Stei ‘ der Stein des Riedi (PN) ’ (Gampel), wobei neben einem PN auch der Herkunftsname ‘ jemand von Ried ’ gemeint sein kann. Der klarste Fall ist z Witusch Stei ‘ der Stein des Vitus (PN) ’ (Törbel). Zweigliedrige Komposita mit Stei als Grundwort sind sehr oft belegt. Inhaltlich reichen sie von der Lage bei einem Ort wie der Aarbstei ‘ der Stein beim Aarb (wo es Arven hat) ’ (Täsch) über Steine mit Sagengestalten wie der Boozustei ‘ der Stein mit einem Gespenst ’ (Stalden) oder der Tiifelstei / der Tiifolstei ‘ der Teufelsstein ’ (Münster, Unterbäch) bis zu Namen von Tieren, die beim Stein leben, zum Murgundstei ‘ beim Murmeltierstein ’ (Saas- Almagell), der Murmeltenstein ‘ der Murmeltierstein ’ (1697, Eisten) und der Fuggsstei ‘ der Stein mit Füchsen / der Familie Fux ’ (St. Niklaus, Täsch, Wiler und historische Belege), oder von Tieren, denen der Stein gleicht, wie der Bärustei ‘ der Stein, der wie ein Bär aussieht / wo es Bären hatte ’ (Ausserberg, Grächen, Saas-Balen und historische Belege). Manche Steine werden nach ihrem Material benannt: der Chalchstei ‘ der Stein aus Kalk ’ (Randa, St. Niklaus und historische Belege), Giltstei ‘ der Giltstein (Ofenstein) ’ (Obergesteln und mehrgliedrige Komposita), ts Duffstei ‘ beim Tuftstein ’ (Gampel), andere nach ihrer Funktion: der Marchstei ‘ der Grenzstein ’ (Zermatt), bim Kilometerstei ‘ beim Stein, der einen Kilometer anzeigt ’ (Oberwald), der Ribstein ‘ der Reib-Stein ’ (Albinen), der Karisierstei ‘ der Stein der Liebespaare ’ (Grächen) oder der Tässelstei ‘ der Tessel-Stein ’ (Randa) - ein Sein, an dem der Hirte die Tessel (Kerbholz mit Informationen zum Besitzer) aufhängen musste. Wieder andere nach ihrem Aussehen: der Milistei ‘ der Mühlstein ’ (Oberwald und weitere), der Rämistei ‘ der schwarze Stein ’ (Münster u. öfter mit lautlichen Variationen), t Wettsteina ‘ die Steine, die wie Wetzsteine aussehen ’ (Eischoll, Niedergesteln), Zigärstei ‘ der Stein, der wie ein Ziger(stock) aussieht ’ (Oberems) und der etwas komplexere Name der Wiwasserstei ‘ der Stein mit einer Höhlung, der wie ein Weihwasserstein aussieht ’ (Oberems). Ebenfalls religiös motiviert ist zum Lurdesstei ‘ der Lourdes-Stein ’ (Saas-Almagell), der sich auf den französischen Marien-Wallfahrtsort Lourdes bezieht. Manche Namen sind mehrdeutig: der Loostei (Ried-Mörel) wird von der Gwp. als ‘ loser Stein ’ interpretiert; gemeint sein dürfte aber Loo ‘ Wald ’ , also der Stein beim oder im Wald. Und einige lassen sich nicht deuten, wie der Stammstei ‘ der Stamm-Stein ’ , den die Gwp. als ‘ Stein am angestammten Standort ’ betrachtet; da das HL S TAMM sonst in den Daten nie vorkommt, lässt sich das weder bestätigen, noch widerlegen. Es gibt auch mehrgliedrige Komposita mit Stei als Grundwort. Während bim Drimarchstei ‘ beim Stein, wo drei Gemeindegrenzen (Bürchen, Törbel, Zeneggen) zusammenkommen ’ (Zeneggen) ernst gemeint ist, dürfte Driländerstei ‘ der Dreiländerstein ’ (Eggerberg) humoristisch für einen Stein gemeint sein, bei dem die Grenzen dreier Gemeinden (Baltschieder, Eggerberg und Lalden) sich treffen. Manchmal interpretieren auch die Quellen einen solchen Namen unterschiedlich: 1678 ist in Zwischbergen beÿ den Drÿlochrigen Steinen ‘ bei den dreilöchrigen Steinen ’ belegt, 1713 aber beÿ den Dirlochrigen Steinen ‘ bei den durchlöcherten Steinen ’ - stimmen dürfte der jüngere Beleg, da der gleiche Typ auch sonst vorkommt. Stei kommt als Bestimmungswort zu einer langen Reihe von Grundwörtern vor. Dabei ist zunächst zu sehen das Bauen mit Stein, das sich in den öfters gebrauchten Typen Steigade ‘ Steingaden ’ , Steihitta ‘ Steinhütte ’ , Steihüs ‘ Steinhaus ’ , Steischiir ‘ Scheuer aus Stein ’ und Steistadel ‘ Steinstadel ’ zeigt, aber auch in zum Steinmandli ‘ zum (gemauerten) Steinmann (Wegzeichen) ’ (Fiesch), in der Steihirt ‘ der Steinhirt (Wegzeichen) ’ (Binn, Ernen) oder in der Steifärich ‘ Pferch aus Stein ’ . Aus Stein sind auch t Steibrigga ‘ die Steinbrücke ’ (Lalden, das Diminutiv in Glis) und t Steigassa ‘ die Gasse aus Stein ’ (Lalden, Stalden), Dass Steine in Wiesen oder Äckern herumliegen können, zeigen die Typen Steiacher, Steimatta und (seltener) Steiweidä ‘ Weiden mit Steinen ’ , in allen Fällen kann auch ein Stück Land bei einem Felsstück gemeint sein. Herabfallende Steine bilden Steirischine und Steirufine und wo es viele davon gibt, befinden sich der Steinschlag (rund vierzig Namen) oder der Steibruch ‘ Steinbruch ’ . Dazu kommen Steinegga ‘ die Ecke mit Steinen ’ (Glis, auch Hohtenn und Wiler), Steigrabo ‘ Graben mit Steinen ’ (Staldenried), iner Steihaalte ‘ in der Halde mit Steinen ’ (Münster, auch Gampel und Geschinen), Steilamma ‘ die Schlucht mit Steinen ’ (Naters), t Steilowwi ‘ das Rutschgebiet mit Steinen ’ (Raron), der Steischleif ‘ der Schleif mit Steinen ’ (Selkingen u. öfter), ts Steital (St. Niklaus), resp. ts Steinteli ‘ das kleine Steintal ’ (Saas-Almagell, Ergisch) und ts Steiziggi ‘ der kleine Zug (Schleif) mit Steinen ’ (Eisten). Weitere Grundwörter sind belegt, insgesamt mehrere Dutzend, die hier nicht alle aufgeführt werden können. Komplexere Konstruktionen sind auch hier möglich, wie z. B. in der Milisteigletscher ‘ der Gletscher oberhalb der Alpe Milistei (Mühlstein) ’ (Oberwald) oder t Üsser Steilowwina ‘ das äussere Rutschgebiet mit Steinen ’ (Eisten). Der komplexeste Beleg ist wohl Restilsteinwasserleita ‘ die Wasserleite vom / zum Restilstein ’ (1392, Mund), wobei sich Restilstein wohl auf Resti ‘ Raststelle ’ bezieht, also den Stein bei der Raststelle. 233 234 Stei <?page no="122"?> Zu Stei gibt es zunächst als Ableitung eine Kollektivbildung Gstei ‘ Gestein ’ , häufig mit einer Präposition wie zum oder im Ge-stei(n) (I D . 11, 924 ff.; zum Präfix S ONDER- EGGER 1958, 284 ff.). Das Wort wird einerseits für Steingeröll, anderseits für ein steiniges, felsiges, meist steiles Gebiet verwendet. Als Simplex kommt es rund zwanzig Mal vor. Es kann mit einem attributiven Adjektiv wie aúffem Obren Gesteÿn (1734, Naters), jm Vndren Gstein (1643, Reckingen) oder ts Rotgstei ‘ das rote Gestein ’ (Ferden, Gampel, Visperterminen) erscheinen; solche Konstruktionen sind eher selten. Diminutive zu Gstei sind jm kleinen Gsteinlin (1640, Betten), ts Gsteindli ‘ das kleine Gestein ’ (Naters) und der Plural t Ggsteindlini ‘ die kleinen Gesteine ’ (Simplon). Als Bestimmungswort ist Gstei(n)etwas häufiger: Gsteigassa ‘ die Gasse ins Gestein ’ (Brigerbad), ts Gsteihüs ‘ das Haus auf dem Gestein ’ (Törbel), Gsteikapälli ‘ die kleine Kapelle im Gstein ’ (Mund), Gsteiwald ‘ der Wald beim Gstein ’ (Inden, Varen, Zeneggen) und Gsteiwildi ‘ die Wildi (unfruchtbares Gebiet) beim Gstein ’ (Mund). Eine zweite Kollektivbildung ist Gsteini f. ‘ das steinige Gebiet ’ in Gampel, Steg und Randa (eine nominale - I - Ableitung, bei S ONDEREGGER 1958, 492 auf ahd. -în zurückgeführt), während Gsteini n. vermutlich ein Diminutiv darstellt (S ONDEREGGER 1958, 509); es ist belegt in Ulrichen und historisch in Oberwald 1792. In Obergesteln kommt dieser Typ komplexer vor: im Gsteini am Rotte ‘ im kleinen steinigen Gebiet an der Rhone ’ und am Gsteinibach ‘ am Bach im Gebiet, wo es viele Steine hat ’ . Eine verwandte Ableitung ist ts Steini n. ‘ das Gebiet mit Steinen ’ , das in Fiesch und Niederwald belegt ist. Es handelt sich um eine I -Ableitung, die nicht diminutiv zu sein braucht, aber sein kann. Sie kann mit einem attributiven Adjektiv verwendet werden: in dem Oberen Steini (1718, Niederwald) und jm Obersten Steÿnÿ (1678, Fiesch). Als Grundwort wird Steini sonst nicht verwendet, wohl aber als Bestimmungswort mit den Grundwörtern Bach, Gassa, Joch, Schleif, Schluocht und Wang. Ein Zirkumfix Gsteini n. ‘ das steinige Gebiet ’ ist in Gampel, Obergesteln, Oberwald, Ulrichen, Randa und Steg bezeugt; es kommt in Obergesteln auch als am Gsteinibach und im Gsteini am Rotte ‘ im steinigen Gebiet an der Rhone ’ vor. Eine weitere kollektive Ableitung bilden Steinet n. (Eisten, Grächen) mit der - ET -Ableitung und Gsteinet n. (Eisten, Kippel, Wiler) mit dem Zirkumfix GE - ET (S ONDER- EGGER 1958, 284 ff. und 524). Beide Bildungen sind selten und bedeuten wiederum etwa ‘ das steinige Gebiet ’ . Ebenfalls selten ist die Ableitung Steineri n. mit dem um - I erweiterten - ER -Suffix (S ONDEREGGER 1958, 551), hier wohl wieder als ‘ steiniges Gebiet ’ zu verstehen. Der Name kommt lebend nur in Reckingen und (historisch) in Steinhaus (1707, auf der Steinri) vor. In Reckingen sind auch t Hinner Steineri und t Voder Steineri belegt. Formal kann es sich auch um eine Ableitung vom FaN Steiner handeln, doch ist die Familie in Reckingen nicht belegt. Das nur einmal in einem rätselhaften Text belegte die Stetiner Steinera (1664, Varen) kann ähnlich verstanden werden; ein FaN ist hier kaum gemeint, da Steinera eine Übersetzung von frpr. pierra ‘ Stein ’ ist. Adjektivische Ableitungen zu Stei sind steinern, steinig und steinin. Am häufigsten wird steinig verwendet, zumeist als Attribut mit Grundwörtern wie Bach, Biel, Bodu, Bord, Brigga, Chriz, Chumma, Chännel, Fad, Färich, Grabu, Lamma, Steg, Tisch, Wang und anderen. In Kippel und Ferden kommen auch komplexere Formen wie dr Inder Steinig Grabem oder dr Uister Steinig Grabem vor. Eine Substantivierung findet sich in t Steiniga f. (Bellwald, Fieschertal) und t Steinige f. (Steinhaus) und als ob Steinige (Fieschertal, bezogen auf t Steiniga). Das Adjektiv steinern ist in t Steinernu Stäge ‘ die steinernen Stiegen ’ (Grächen) belegt. Und steinin findet sich dreimal in den Steinninen Fa ᵉ rrich ‘ der steinerne Pferch ’ (1548, Saas-Balen), im Steinino Ferrich ‘ im steinernen Pferch ’ (1718, Baltschieder) und bÿ dem Steininenwang ‘ beim Grasabhang mit Steinen ’ (1576, Zwischbergen). Eine Monophthongierung zu Stenofärich ‘ der Pferch aus Stein ’ (Visperterminen), historisch belegt als Steinin Ferrich (1576) kann als Ergebnis des Brandstätterschen Gesetzes verstanden werden, mit einer Kürzung von Steino zu Steno. Unklar ist schliesslich der Belege zen Herichstene ‘ zu (bei) den Erich-Steinen ’ (1345, Gampel) (cf. HL E RICH ). Steichul Steichul ist in der Steichulbodu (Zwischbergen) belegt. J ORDAN (2006, 292) kennt Schteiçhilbedu, Undrä und Obrä Schteiçhilbodu. Das HL ist so nicht belegt; am ehesten könnte hierzu Stichle n ‘ Pflanzenname, Brennessel, Urtica ’ (I D . 10, 1310) gestellt werden. Laut L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 218) ist U RTICA DIOICA auch alpin belegt. Der Diphthong / ei/ kommt dabei jedoch nicht vor. Eine Deutung ist deswegen nicht möglich. Steifeff Steifeff ist eine unklare Schreibung in einem Dokument von 1718 in Glis sua bona im steif(/ s? )eff(/ ss? ). Im Kontext ist von der Oberen und der Unteren Gliseri (Wasserleiten) die Rede; es könnte sich um eine Verhochdeutschung des Weilernamens im Gstipf handeln (cf. HL G SCHTIPF ). Steichul 235 236 <?page no="123"?> Steigel Steigel m. ist bei W IPF (1910, 86) als Steigoll, meist Pl. Steigla ‘ an der Kellerdecke hängendes Gestell für Brot und Fleisch ’ und bei G RICHTING (1998, 181) als Schteigla f. ‘ Trocknungsgestell (Fleisch) ’ belegt. Als Flurname zählt es I D . (10, 1519) auf, ohne eine Deutung zu geben. Schwdt. Steigle(n) f. kann als Weiterbildung zu schwdt. St ī g, St ī ge(n) f. wie nhd. ‘ Steig, Weg, Pfad ’ , amhd. st ī g(-a/ -e) (I D . 10, 1519) bzw. im Ablaut zum Verb st ī ge (n) ‘ steigen ’ (I D . 10, 1518; Z INSLI 1984, 227, n. 800) gesehen werden. Belegt ist es als Simplex t Steigla (Eisten), wo es eine Leiter an einem Felsen benennt. In Ried-Mörel ist t Steigle (Plural) belegt; hier sind steile Wege mit Felsabsätzen gemeint. In Mund und Naters findet sich t Steiggle (Plural). In Mund ist damit ein steiler Hang im Gredetschtal gemeint, in Naters ein steiler Weg vom Hotel Belalp hinunter zum Aletschi. In Naters ist weiters der Steigelzug belegt, eine steile Hangrinne. In Ausserberg hat FLNK Steigolbodo und Steigolwäg, wohl ein steiler Weg und ein Boden in dessen Nachbarschaft. In St. Niklaus schliesslich findet sich der Steigelwald, ein Wald mit Steighilfen. Man kann also einerseits steile Hänge und Wege, anderseits Steighilfen wie Leitern in diesem Gebiet unterscheiden. Die Trockengestelle gleichen solchen Leitern. Der Wechsel des Genus erklärt sich wohl aus dem a-Plural des Maskulins, der als femininer a-Singular verstanden werden kann. Steiner (FaN) Steiner (FaN) ist der FaN Steiner, Im Stein, Zum Stein, Steyner. Familien dieses Namens sind im Brigerberg und im Zenden Visp seit dem 15. Jh. nachgewiesen und eine seit dem 16. Jh. im Bezirk Leuk bekannt (AWWB 250; J OSSEN 1989, 80 für Mund). Der FaN tritt im Genitiv auf als ts Steinersch Brich ‘ die Brüche der Familie Steiner ’ (Mund), Steinersch Matta ‘ die Wiese der Familie Steiner ’ (1704, Greich), ts Steinersch Weidu ‘ die Weide der Familie Steiner ’ (Hohtenn), Steinaro Hüsren ‘ bei den Häusern der Leute von Stein / der Familie Steiner ’ (1399 u. später, Ried-Brig), jn Steineren Sall ‘ im Sall (saalartiges Gelände) der Familie Steiner ’ (1752, Ried-Mörel). Als Bestimmungswort tritt der FaN in zweigliedrigen Komposita auf: im Steiner Garthie ‘ im kleinen Garten der Familie Steiner ’ (1705, Lalden) und t Steineregga ‘ die Ecke der Familie Steiner ’ (Bellwald). Eine Feminin-Ableitung ist in der Steinerin Acher ‘ der Acker der Frau Steiner ’ (1761, Turtmann) vertreten. Stelli Stelli f. ‘ Ort, wo das Vieh gestellt wird ’ ist zu schwdt. Stelli f. in örtlicher Bed. ‘ zum Stillstehen bringen ’ , ‘ felsige Gegend oder ein Ort an den Bergen, wo man weder vornoch rückwärts kommen kann; unzugänglicher Ort in den Bergen auf einem Rastenplatz, wohin Schafe und Ziegen sich hinziehen und nicht mehr weggehen können ’ , ‘ (unzugänglicher) Absatz, Querband an einem Felsen (wohin sich Ziegen verklettern) ’ ; Stel(l)i f., Pl. -ene n , -ine n ‘ auf Alpen gewisse erhöhte, gegen den Nordwind liegende Plätze, wo selbst in den heissesten Sommertagen ein kühles Windchen bläst ’ , mhd. stel(l)e f. ‘ Stelle, Sitz ’ (I D . 11, 53 ff.). G RICHTING (1998, 181) kennt nur das Verb. Die meisten Belege von Stelli bezeichnen einen Ort, wo das Vieh gestellt wird. Dabei kann es entweder nicht mehr weiterkommen (R ÜBEL 1950, 97 beschreibt das als in d Stelli ga von den Ziegen, die nicht mehr ohne menschliche Hilfe entstellt werden können), oder die Stelli ist ein Ort, wo das Vieh über Mittag lagert. Wenn die Gwpp. sich dazu äussern, wird das gesondert verzeichnet. In wenigen Fällen kann Stelli auch ein Diminutiv zu Stall sein; so hat SK in St. Niklaus Kuhställi notiert, meint aber wohl eine Stelli für Kühe. Ziemlich sicher zu Stall ist in Unterbäch ts Chalberstelli ‘ der kleine Stall für die Kälber ’ und in Visperterminen mit de Stelu ‘ bei den Ställen ’ zu stellen (W IPF 1910, 27 und 69 gibt Stelli als Diminutiv zu Stall; nicht erklärt ist dort die Vereinfachung von / ll/ zu / l/ ). Das HL ist in etwas über 80 Flurnamen vertreten. Das Simplex im Singular ist t Steli ‘ der Ort, wo das Vieh gestellt wird ’ (Saas-Almagell, Saas-Balen, Saas-Fee), t Stelli (Hohtenn, Simplon), die Stelli (1735, Bitsch) und mit Präpositionen aúf der Stellÿ (1819, Niedergesteln), uf der Stelli (Goppisberg), unner der Steli ‘ Weide unter der Steli ’ (Saas Almagell), in dr Stelin (Blatten), vnder der Stelin (1641, Blatten). Das Simplex im Plural ist meistens t Stelline (Binn, Saas-Almagell, St. Niklaus, Täsch, Zermatt (mehrfach)), historisch zen Stellinon (1354 u. später, Staldenried), ts Stellinu ‘ bei den Stellinen ’ (Eisten). Der Plural des Diminutivs ist belegt in t Stellini ‘ die kleinen Stellen ’ (Gampel). Mit attributiven Adjektiven und Partizipien kommt das HL vor allem im Typ t Hostelli ‘ die hohe Stelli (Ort, wo das Vieh gestellt wurde ’ (Raron, Reckingen (mehrfach)) und historisch dy Ho Steelly ‘ die hohe Stelli ’ (1414, Münster) vor. Weiter sind belegt t Chleinu Stelline ‘ die kleinen Stellinen (Orte, wo das Vieh gestellt wird) ’ (Eggerberg), di Graawu Stelline ‘ die grauen Stellinen (Orte, wo das Vieh gestellt wird, nach der Farbe der Felsen) ’ (Zermatt), di Gross Stelli ‘ die grosse Stelli (Ort, wo das Vieh gestellt wird; Schafe kommen nicht mehr 237 238 Stelli <?page no="124"?> weg) ’ (Baltschieder), t Heeji Stelli ‘ die hohe Stelli (Ort, wo das Vieh gestellt wird, nicht mehr herauskann) ’ (Gampel), t Ober und t Unner Steli ‘ der obere und der untere Teil der Stelli (Ort, wo das Vieh gestellt wird) ’ (Saas-Fee), t Ober Stelli ‘ die obere Stelli (Ort, wo das Vieh gestellt wird) ’ (Binn), t Schwarz Steli ‘ die schwarze Stelli (Ort, wo das Vieh gestellt wird; nach der Farbe der Felsen) ’ (Blatten), t Triefetstelli ‘ die triefende Stelli (Ort, wo die Schafe gestellt werden) ’ (Fieschertal), t Wiiss Stelli ‘ die weisse Stelli (Ort, wo das Vieh gestellt wird; Farbe nach Felsen oder Pflanzen? ) ’ (Embd). Bei den zweigliedrigen Komposita mit dem HL als Grundwort fallen die Tiernamen auf: t Chiestelli ‘ der Ort, wo die Kühe gestellt werden ’ (Mund), die Gitzistelle ‘ der Ort, wo die Ziegen gestellt werden ’ (1790, Binn), t Kiesteli ‘ die Kuh-Stelli (Ort, wo die Kühe gestellt werden) ’ (Betten), t Rossstelli ‘ die Stelli (unzugänglicher Ort) für die Pferde ’ (Ulrichen) (laut Gwp Alpweide, aus der die Pferde nicht herauskonnten). Komplexer sind t Foder und t Hinner Bockstelli ‘ der vordere und der hintere Stellplatz für (Gems-)Böcke) ’ (Ulrichen); dass sich die Benennung auf Gemsen bezieht, geht auf Gwp.-Kommentare zurück. Die übrigen Komposita sind selten: t Ielistelli ‘ die Stelle, aus der die Schafe nicht mehr wegkommen ’ (Niedergesteln) im Jolital; t Winterstelline ‘ die schattseitig gelegenen Orte, wo das Vieh gestellt wurde ’ (St. Niklaus) auf ca. 1600 m sind wohl für das Kleinvieh im “ Spätherbst ” (Gwp.) verwendet worden. Komplexere Fälle sind t Honaarbustelli ‘ die Stelli (Ort, wo das Vieh gestellt wird) beim hohen Arvenwald ’ (Baltschieder), t Mattufadstelli ‘ der Ort, wo das Vieh beim Grasband der Alpe Matte gestellt wurde ’ (Raron) und t Mittilbärgstelli ‘ der Ort, wo die Schafe auf dem Mittelberg gestellt werden und nicht mehr weiterkönnen ’ (Raron). Als Bestimmungswort verbindet sich das HL zu zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern: Acher, Bodu, Flüö, Gufer, Hooru, Matta, Pass, Pletscha, Rigg, See, Stei, Tola, Tschugge, Wäg, Wald, Wang und dem komplexen Wasserleita. Komplexer sind ts Inner und ts Üsser Stellihoru ‘ das innere und das äussere Stellihorn ’ (das nach der Alpe Stelli benannt ist) (Oberems, St. Niklaus), der Ober und der Unner Stelligletscher ‘ der obere und der untere Gletscher am Stellihorn ’ (St. Niklaus) und andere. Isoliert ist das einmal belegt ts Gstell ‘ das Gestell (Orte, wo das Vieh gestellt wurde) ’ (Zermatt). Es handelt sich um eine Konstruktion mit / GE -/ , die kollektiven Charakter hat (S ONDEREGGER 1958, 284). Der Ort befindet sich auf rund 2400 m, ist steil und Teil einer Alpe. Stemmel Stemmel kommt nur einmal als Bestimmungswort in t Stemmelegga ‘ die Ecke, die aussieht wie ein Stemmel ’ (Randa) vor. Das I D . (10, 404) kennt Stämmel, -il m. ‘ Meissel (der Steinhauer) ’ . Das Verb stämmu ‘ stemmen, ein Loch ins Holz bohren, aushöhlen ’ ist bei R ÜBEL (1950, 42) für den Stallbau bezeugt. G RICHTING (1998, 181) hat die Formen schtemme, schtemmä (Goms), schtemmu (Mattertal), schtemm (Lötschtal), schtämmu für nhd. ‘ stemmen ’ . Vermutlich ist mit Stemmel ein Werkzeug für das Aushöhlen von Holz gemeint; die geschlossene Qualität von / e/ lässt sich durch eine Hebung vor Nasalkonsonant erklären (vgl. SDS 1, 35 f. und die Bemerkungen in I D . 10, 405). Stengu Stengu m. ist nur in Selkingen als der Stengu und der Ober und der Unter Stengu belegt. 1: 10000 hat Stengul, das zum historisch belegten Stengell (1620 u. später, Selkingen) passt (Selkingen selbst hat die l-Vokalisierung). Die Flur befindet sich auf ca. 1500 m. Der FlN ist zu schwdt. Stängel m. wie nhd. ‘ Stiel, Halm einer Pflanze ’ , von weniger wertvollen Teilen, ‘ Streu, Stroh ’ , amhd. stengil, -el, hier wohl zu ‘ Stiel, Halm einer Pflanze ’ , nach besonders hochstengeligen Pflanzen (wie Bärenklau, Schierling usw.) oder ‘ Spreu, Stroh ’ (I D . 10, 1109 ff.) zu stellen; G RICHTING (1998) kennt es nicht. Sterb Sterb kommt nur vor in an der Alpen Sterb (1634, Goppisberg), ts Gstäärb (Turtmann) und in jm Sterpe jnferiori ‘ im unteren Sterb ’ (1338, Turtmann). Die ältesten Beleg sind in Turtmann erhalten: 13. Jh. Sterpe, 1320 Sterpey, 1325 le Sterper, 1337 jm Sterpe usw. Die Flur in Turtmann befindet sich mitten in der Rottenebene. Dieser Name ist wohl ursprünglich romanisch; B OSSARD / C HAVAN (2006, 134) zählen eine Reihe von Namen wie Eterpas etc. auf, die auf lat. EXSTIRPARE ‘ roden ’ zurückgehen (vgl. FEW 3, 321ss; G PSR 6, 185b s. v. ètè ̩ rpa). ts Gstäärb enthält eine deutsche Kollektivbildung (belegt ab 1704, aber nicht ausschliesslich) und wäre als ‘ die Rodung ’ zu verstehen. Für Goppisberg ist diese Deutung problematisch, aber eine Ableitung vom Verb stërbe n ‘ sterben ’ (I D . 11, 1378 ff.) ist eher unwahrscheinlich; das HL wird deswegen aber unmarkiert aufgeführt. Sternalquer Sternalquer ist nur historisch in Glis (1320, resp. 2. Hälfte des 13. Jh.) belegt. In beiden Fällen wird als Lage der Rohrberg (bei Gamsen) angegeben. Die Lesung ist sicher, die Deutung nicht. Wenn der zweite Teil des Flurnamens als Acher zu lesen ist, wäre das Ganze als Sternacher zu Stemmel 239 240 <?page no="125"?> verstehen. Ob sich hier der FaN Sterren (AWWB 251) verbirgt, ist unklar (cf. HL S TERREN (F A N)). Sterren (FaN) Sterren (FaN) ist zum FaN Sterren, auch Sterrun, Stellae zu stellen, eine alte Familie von St. Niklaus, die seit dem 15. Jh. bekannt ist und sich auch nach Stalden, Visp, Ausserberg, Eischoll und Sitten verbreitete (AWWB 251). Belegt ist der Name als Genitiv Singular in im Sterren Hoff ‘ im Hof der Familie Sterren ’ (1743, Termen) und in ts Stääruhüs ‘ das Haus der Familie Sterren ’ (St. Niklaus), wobei hier wohl das Lexem Stääru ‘ Stern ’ hineinspielt. Ebenfalls hieher gehören t Schtärruachra ‘ die Äcker der Familie Sterren ’ (Eggerberg) und t Schtärrumatta ‘ die Wiese der Familie Sterren ’ (Eggerberg). Einen Genitiv Plural der kollektiven - IG -Ableitung zeigen in Sterigo Haus ‘ im Haus der Familie Sterren ’ (1651, Eischoll) und Sterrigo Wald ‘ der Wald der Familie Sterren ’ (1628, Grächen). Unsicher ist ze dien Sterren Kynnen ‘ bei den starren, unbeweglichen Kinnen (Schluchten) ’ (1300, Zeneggen), wo kaum ein FaN vorliegt, sondern ein Adjektiv ‘ starr, unbeweglich ’ (L EXER 2, 1183; I D . 11, 1197). Die Deutung ist jedoch nicht gut motiviert und deswegen unsicher. Stetina Stetina, auch Stetiner ist historisch 1664 in Varen belegt usque ad rupem uel lapidem magnum dictum pierra Stetina bis zum grossen Stetiner Fels, genannt “ die Stetiner Steinera ” . Zunächst wird der lateinische Text usque ad rupem vel lapidem dictum pierra Stetina übersetzt als bis zum grossen Stetiner Fels und danach kommt der Name die Stetiner Steinera ‘ das Stetiner Gebiet mit Steinen ’ . Der Autor fasst Stetina in pierra Stetina als Adjektiv auf und gibt es in der deutschen Form als Stetiner wieder. Lautlich ist anlautendes / st/ frpr. nicht möglich; es handelt sich also wohl um ein aus dem Deutschen stammendes oder ein latinisiertes Wort, dessen Deutung unklar bleibt. Steymu Steymu ist nur belegt in Steymulowina (1388, Täsch). Das HL lässt sich kaum zu Stei(n) (I D . 11, 754 ff.) stellen, die Belege mit / m/ führt I D . (11, 931) auf Stein-Mûr ‘ Steinmauer ’ zurück. Es handelt sich eher um mhd. steim ‘ Gewühl, Gedränge ’ , ‘ Gewirre, Getümmel ’ (L EXER 2, 1161; G R W B 18, 1965). Im Kontext ist von lat. TORRENTEM ‘ Wildbach ’ die Rede; gemeint ist also ein wilder Lawinenzug, wo alles durcheinander geht. Stich Stich m. ‘ Stich, Anstieg ’ ist zu schwdt. Stich, ‘ steiler Weg, jähe Anhöhe auf einer Strasse oder ein Stück Strasse, das jähe bergan geht ’ , amhd. sti(c)h m. (I D . 10, 1285 ff., spez. 1296 f.; URNB 3, 434) zu stellen G RICHTING (1998, 181) meint etwas Anderes. Stich ist als Simplex zweimal historisch belegt: im Stich ‘ im Stich (Anstieg) ’ (1852, Saas-Almagell) und Stich ‘ der Stich (ansteigendes Stück Land) ’ (1782, Leuk). Der einzige lebende Beleg enthält ein Kompositum Bärestich ‘ der steile Anstieg, wo es Bären hatte ’ (FLNK, Grengiols), wobei Bäre auch nur ‘ sehr steil, wie für Bären ’ heissen kann. Das Partizip Perfekt des Verbs schwdt. stëche(n) (I D . 10, 1217 ff., spez. 1239 f. mit Bed. 5) ‘ stechend … entfernen ’ ) ist in dr Gstochi Hubel (Blatten, Wiler) zweimal im Lötschental belegt und meint hier wohl einfach ‘ der steil ansteigende Hügel ’ . Stichul Stichul ‘ Stickel ’ m. ist nur im Kompositum der Stichulgraad ‘ der Grat mit Stickeln (Felszacken, die Stickeln gleichen) ’ (Zwischbergen) belegt. J ORDAN (2006, 293) kennt ihn als Schtichilgraat und stellt den Namen zu dial. Stichil ‘ Stange ’ . G RICHTING (1998, 181 f.) kennt Schtichl, Schtichäl (Goms), Schtichul (Mattertal), Schtichel (Saastal), Schtichil ‘ Stickel ’ . Das HL ist entsprechend zu schwdt. Stickel, Stiggel, Stichel, Stichil m., f. ‘ zugespitzte Stange, Pfahl; Zaunpfahl ’ , amhd. stickil, -el (I D . 10, 1666ff) zu stellen. Die Endung -ul ist laut R ÜBEL (1950, 7) für Zwischbergen zu erwarten. Stier Stier ist zu schwdt. Stier m. ‘ männliches Rind, Zuchtstier; Ochse ’ , ahd. stior, mhd. stier und wdt. Schtier, Schtiär, Schtiäri ‘ Stier ’ (I D . 11, 1215 ff.; G RICHTING 1998, 182) zu stellen. Zur Stierhaltung vgl. R ÜBEL (1950, 34 f.). Das Simplex ist nur als zum Stier ‘ beim Gelände, das einem Stier gleicht ’ (Eisten) vertreten. In den übrigen Belegen ist das HL Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita. Dabei ist die wörtliche Bedeutung in t Stieralpu ‘ die Alpe für die Stiere ’ (Guttet), ts Stieralpji ‘ die kleine Alpe für die Stiere ’ (Erschmatt), der Stierchromo ‘ der Pferch für die Stiere ’ (Grächen), ts Stiärläger ‘ die Lagerstätte für die Stiere ’ (Blatten) und der Stierberg ‘ der Berg (Alpe) für die Stiere ’ (1694, Turtmann) vertreten. Metaphorisch dagegen ist ein zweites der Stierbärg ‘ der Stierberg (Name eines Gipfels, der einem Stier gleicht) ’ (Oberems) (der Gipfel ist mit 3507 m zu hoch für eine Alpe). Metaphorisch ist Stier wohl auch in den Komposita mit den Grundwörtern Grabu, Müra (hier als Felsband zu verstehen! ), Stutz und Wang. 241 242 Stier <?page no="126"?> Einen Sonderfall bilden inn Stiärachrin ‘ in den Stieräckern ’ (Blatten) und der Stierÿ Aker (1849, Glis). Vermutlich geht es hier um den Ertrag der Äcker, der für den Stierhalter bestimmt ist. Stierli (FaN) Stierli (FaN) ist als FaN nur in Styerlingo Hofe ‘ der Hof der Familie Stierli ’ (1391, Glis) belegt. Die Form Styerlingo ist ein Genitiv Plural einer kollektiven - ING -Ableitung, die zu einem PN Stierli gestellt werden kann. In Glis ist viel später (1849) der Stierÿ Aker belegt ‘ der Acker für den kleinen Stier (unklar, ob der Ertrag des Ackers für den Stierhalter bestimmt war) ’ . Ob ein Zusammenhang zwischen den beiden Belegen besteht, ist unsicher, obwohl sie sich offenbar bei im Gebiet Holz befanden. Der FaN ist als Stier, Stierli und Stierlin im F AMILIENNAMEN- BUCH DER S CHWEIZ (3, 1778 f.) erwähnt, aber nie für das Wallis. Stiggle Stiggle Pl. ist zu schwdt. Stigel m., älter auch f., Stigle n , St ī gle n , Stigele n , St ī gele n , Stiggele n ‘ Stab, oben abgegabelter Pfahl, Zaunpfahl, in dessen Gabel die Querlatten gelegt werden ’ , ‘ Vorrichtung zum Hinübersteigen, Zaunübertritt ’ , ‘ Staffelweg, Treppe ’ , ‘ Leiter ’ , mhd. stigel m. (I D . 10, 1536 ff.). Bei G RICHTING (1998) fehlt das HL. Es ist nur im Plural als t Stiggle ‘ die Felsabsätze ’ (Fieschertal) belegt. Das HL ist metaphorisch für eine Felsformation zu verstehen. Stigigst Stigigst ‘ der Steilste ’ ist belegt 1782 in Gampel als Stigigst Acher ‘ der steilste Acker ’ . Es handelt sich um einen Superlativ des Adjektivs stîgig ‘ steigend ’ zum Verb schwdt. stîge n ‘ steigen ’ und wdt. schtiige, schtiigä (Goms), schtiign (Lötschtal), schtiiigu ‘ steigen ’ (I D . 10, 1521 ff.; G RICHTING 1998, 182). Stiia Stiia f. ist zu schwdt. St ī je n , -a, f. ‘ Schweinestall, (schlechter) Schweinestall auf der Alp ’ , ‘ viereckiger Verschlag, Bretterverschlag, um etwas aufzubewahren ’ , amhd. st ī ga, -e (I D . 10, 1556 ff.), ‘ Pferch (kleiner), Koben ’ (G RICHTING 1998, 182) zu stellen. R ÜBEL (1950, 114) macht deutlich, dass Stiia und Figler primär den Schweinestall auf der Alp meinen, aber auch für einfache Schweineställe im Dorf verwendet werden. Das HL kommt laut R ÜBEL auch in Kandergrund vor, als Steie laut LUNB (1, 2, 1022) in Escholzmatt. Im Oberwallis ist es vierzehn Mal belegt, meistens im Goms, sonst nur vereinzelt, im Bezirk Leuk gar nicht. Das ist erstaunlich, führt R ÜBEL (1950, 114) für das Goms doch den Typ Figler auf! Es scheint, dass der Ortsname den Bezug zum Schweinestall im Goms verloren hat und deswegen noch Verwendung findet. Am häufigsten ist das HL bezeugt in Blitzingen, wo es Stije (LT) oder Stija (FLNK) gibt, dann t Ober Stiia, t Kummliger Stiia ‘ die pferchartige Weide auf der Alpe Chummulti (kleine Mulde) ’ und ts Chlii Stiiuti ‘ der kleine Vieh-Stall (Gebiet ist abgeschlossen wie eine Stiija (Schweinekoben)) ’ . ze Stiie ‘ bei den Stiije (Schweinekoben) ’ (Grengiols) mit dem zugehörigen der Stiewald ‘ der Wald bei der Stia (Schweinekoben) ’ und ze Stiie ‘ bei den Stiije (Schweinekoben) ’ (Obergesteln) sind Simplizia mit einer Präposition. In Mühlebach findet sich t Ritzestie ‘ die Stiia (Schweinekoben) bei den Ritzen (Felsbändern) ’ . In den übrigen Fällen ist Stiija Bestimmungswort zu den folgenden Grundwörtern: Bodu, Boge, Brunnu und Grabu. Komplexer ist der Hostiiugrabo ‘ der Graben bei der hohen Stiia (Schweinekoben) ’ (Baltschieder). Die Belege sind isoliert; es gibt keine Simplizia hierzu. Stiichu Stiichu ‘ stinken ’ ist zum schwdt. Verb stinke n , st ī che n ‘ übel riechen ’ , wdt. schtiiche, schtiichä (Goms), schtiichn (Lötschtal), schtiichu ‘ stinken ’ (I D . 11, 1129 ff.; G RICHTING 1998, 182) zu stellen. Die Formen mit - CH - und langem - Ī entsprechen dem Staubschen Gesetz vor Velaren. Belegt ist das Verb nur in der Form des Partizip Präsens stichund oder stinkend als Attribut in folgenden Belegen: Stiichund Grabu ‘ der stinkende Graben ’ (FLNK, Oberems), ts Schtiichund Seewji ‘ der kleine, stinkende See ’ (Gampel), lat.: vicum male olentem ‘ die stinkende Gasse ’ (wohl Latein, um das negativ wirkende stiichu zu vermeiden) (1765, Ausserberg), das Stinkende Loch (1483, Ausserberg) und beÿ der Stinckenden Milli ‘ bei der stinkenden Mühle ’ (1778, Raron), ohne Nennung der Ursache. Stiige Stiige ‘ Steige ’ ist zu schwdt. St ī g, St ī ge n f. wie nhd. ‘ Steig, Weg, Pfad ’ , amhd. st ī g(-a/ -e) (I D . 10, 1519 ff.) zu stellen; G RICHTING (1998, 182) kennt nur das Verb. Das Lemma ist vor allem in den Bezirken Goms und Östlich-Raron belegt. Historische Belege weisen manchmal ein hdt. Steig / Steige auf; im Fall von zer Stügmatten (1540, Mund) liegt eine hyperkorrekte Form mit / ü/ vor das Lexem wird aber nie gerundet. Die Ablautform ts Steigu Loch (St. Niklaus) ist zu Steig (I D . 10, 1508) zu stellen; inhaltlich ist kein Unterschied zu Stiige erkennbar. URNB (3, 436 ff.) gibt die Deutung ‘ Steigung im Gelände, ansteigende (Weg-)Stelle ’ nach I D ., die auch für das Oberwallis gilt. Belegt sind etwa 30 Namen. Stierli (FaN) 243 244 <?page no="127"?> Das Simplex im Singular kommt als Stiige (Gluringen, Reckingen, Münster, Mund) und als Stiiga (Bister, Bitsch, Eischoll) vor, manchmal mit Präpositionen. Diminutive im Plural sind Stigini (Fieschertal) und Stiggini (Bellwald). Mit attributiven Adjektiven findet sich t Hinner Stiige ‘ die hintere Steige, ansteigende Wiesen hinter dem Dorf ’ (Gluringen). Ein alter Genitiv Plural ist belegt in aúff der Gluriger Stigen ‘ auf der Steige von Gluringen ’ (1744, Gluringen). Die meisten Belege enthalten Stiige als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita. Grundwörter sind Acher, Bild, Bodu, Egg(a), Grabu, Loch, Matta, Stafel, Tiri, Ture und Wasser (Wasserleite). Einen Sonderfall bildet der Klettersteig Aletsch (LT, FLNK hat Chlättersteig Aletsch) (Naters), eine neuere Einrichtung zum Klettern in der Massaschlucht. Stiil Stiil m. ‘ Stiel ’ kommt in FlN im Oberwallis nur in der Zusammensetzung Pfannestil, mhd. phannestil m. vor. Der Name des länglichen Gegenstandes wurde auf längliche Grundstücke und Höhenzüge übertragen (I D . 11, 242 f.; LUNB 1,2,752). Belegt sind dr Pfannustiil ‘ der Pfannenstiel (langgezogenes Stück Land) ’ (Kippel), der Pfannustill ‘ der Pfannenstiel (langgezogenes Stück Land) ’ (Ried-Brig) und ts Pfannustillgräbji ‘ der kleine Graben durch den Pfannenstiel ’ (Ried-Brig). Stiinu (PN) Stiinu (PN) ist nur in ts Stiinuloch (Naters), ein Gebiet unterhalb des Weilers Ahorn, belegt. Es handelt sich wohl um den PN Stîna ‘ Christine ’ oder ähnlich (I D . 11, 941 f.), also ‘ das Loch der Stina ’ . Still Still ‘ still ’ ist ein Adjektiv, das zu schwdt. stil(l) ‘ still ’ , eig. ‘ bewegungslos, ohne (starke) Bewegung ’ , von Flüssigkeiten, Gewässern ‘ unbewegt, ruhig ’ , von der Luft ‘ kein Wind ’ , ‘ laut-, geräuschlos ’ , ‘ züchtig, modestus, placidus ’ , amhd. stilli, -e, in FlN meist i. S. v. windstill und wdt. schtill ‘ still, ruhig ’ (I D . 11, 249 ff.; G RICHTING 1998, 182) zu stellen ist. Es kommt vor in Still=Etmet (1851, Ernen) und ts Still Äbmet ‘ das windstille ebene Land ’ (Mühlebach), sowie der Still Gale ‘ der windstille Grashang ’ (Ulrichen) und der Stillgalewäg ‘ der Weg zum Stillgalen (windstiller Grashang im Lengtal) ’ (Ulrichen). Stiller (FaN) Stiller (FaN) ist nur einmal 1713 in Glis in des Stillers Gúot ‘ das Gut der Familie Stiller ’ belegt. Es handelt sich um einen FaN oder einen Übernamen Stiller. Laut dem F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (3, 1779) ist Stiller als FaN erst im 20. Jahrhundert für eingebürgerte Familien bezeugt; der FaN ist sonst nicht belegt. Stimm Stimm ist nur als zum Stimmhitti ‘ bei der kleinen (Alp-) Hütte (über die abgestimmt wurde) ’ (Staldenried) belegt. Nach der Beschreibung gab es hier eine Abstimmung zum Bau einer Sennhütte, die positiv ausging. Das HL wäre zu schwdt. stimme(n) eig. ‘ sprechen, aussagen ’ , hier ‘ bei einer Abstimmung mitwirken, seine Stimme abgeben ’ (I D . 11, 416 ff.) zu stellen. Auf der LT ist an der betreffenden Stelle jedoch keine Hütte (mehr) erkennbar. Stirna Stirna f. ist zu schwdt. Stirn, Stirne n f., Pl. unverändert ‘ Stirn ’ , spätahd. stirna, mhd. stirne (I D . 11, 1540 ff.) zu stellen (G RICHTING 1998 kennt es nicht), in FlN Übertragung des Gesichtsteils auf eine oben liegende, glatte und steile Geländepartie (URNB 3, 239 f.). Das Simplex ist als t Stirna (EK, Eggerberg), iner Stirne (Gluringen, FLNK Stirne), t Stirne (Ulrichen) und historisch hyperkorrekt als in der Stürnen ‘ im Gebiet, das wie eine Stirn aussieht ’ (1824, Bellwald) belegt. Mit attributiven Adjektiven erscheinen t Foder und t Inner Stirna ‘ das vordere und das innere Gebiet, das wie eine Stirn aussieht ’ (Raron). Als Diminutiv im Plural ist belegt t Stirnini ‘ die kleinen Gebiet, die wie eine Stirn aussehen ’ (Naters). Der Typ der Stirnig ‘ das Gebiet, das wie eine Stirn aussieht ’ (Fiesch, Lax), der Stirnig (1531, Ernen), am Stirnig (1582, Fieschertal), komplexer der Stirnigwäg ‘ der Weg vom / zum Stirnig (Gebiet, das aussieht wie eine Stirn) ’ (Fiesch) ist ein Kollektiv auf - IG < ahd. - ING (S ONDEREGGER 1958, 506 f.). Stock Stock m. ‘ Stock ’ ist ein mehrdeutiges HL, das zu schwdt. Stock m., Pl. in der älteren Sprache und in Bed. Stockwerk unverändert, sonst mit Umlaut, Dim. Stöckli, Stockji ‘ Baumstamm, Baumstrunk, Wurzelstock ’ ; ‘ Holzblock, Klotz, Pfahl ’ , ‘ kegelförmiger Berg ’ , ‘ aufgeschichteter Haufe ’ , amhd. stoc(h) (I D 10, 1674 ff.) bzw. schwdt. stocke(n), Part. II -et ‘ einen Baumstrunk mit einer Axt bis auf die Wurzeln stückweise spalten; nach dem Holzfällen von den Wurzelstöcken das Holz mit Keil und Axt spalten; die Wurzelstöcke gefällter Bäume ausgraben ’ , mhd. stocken (I D 10, 1773 ff.) und wdt. Schtokk, Pl. Schtekk ‘ Baumstrunk, Etage, Familie (erbberechtigte), Warenstapel, Gebilde (kegelförmiges) ’ (G RICHTING 1998, 182) zu stellen ist. Als Rodungsname bezeichnet Stock die Rodungsart des Ausstockens der Baumstrünke und des Wurzelwerks, wobei beim Niederbrennen des Walds 245 246 Stock <?page no="128"?> die Baumstümpfe zunächst noch im Boden bleiben (TGNB 2, 2, 573). Für den Kanton Uri unterscheidet URNB (3, 440) drei Bedeutungsvarianten, wovon die erste als Bezeichnung einer stumpfkegeligen Gebirgsform besonders prominent ist. In unserem Kontext gilt das im Wesentlichen für die Grenzgipfel zum Kanton Uri und zu Bern (Gadmental); im Oberwallis selbst wird Hooru ‘ Horn ’ verwendet. Stock als ‘ Wohnbau ’ ist im Oberwallis kaum vertreten (V. S CHMID 2003 kennt das HL in diesem Sinn nicht), obwohl einzelne Belege so zu verstehen sind (z. B. zum Briggerstock ‘ zum Wohnhaus der Familie Brigger ’ (Staldenried) ’ . Der Plural mit Umlaut und anschliessender Entrundung Steck ‘ die Stöcke ’ kann manchmal mit dem HL S TÄCKE ‘ Stecken ’ verwechselt werden. In vielen Fällen ist es nicht möglich, Stock einer der aufgeführten Bedeutungen zuzuweisen. Vermutlich dürften aber die Rodung ursprünglich bestockter Flächen und die Felsformation die wichtigsten Elemente sein. Das Simplex im Singular ist als der Stock (Ausserbinn und neun weitere Gemeinden), im Stock (Binn), uf dem Stock (Zermatt) und historisch als der Stock (1650 (ca.), Ried-Brig), im Stock (1593, Blitzingen; 1733 u. später, Eischoll) und anderen Präpositionen (vier Gemeinden) belegt. Nur einmal kommt ts Stock (Fieschertal) vor, wobei unklar ist, ob hier eine Präposition ‘ beim Stock ’ oder ein Kollektivum ‘ das Stock ’ gemeint ist, das eine Alp beim Stockji meint. Das Simplex im Plural ist umgelautet Steck und belegt als t Steck (Glis, Kippel) und Steck (FLNK, Münster), flektiert als bine Stecke ‘ bei den Stöcken ’ (Ritzingen). Die unumgelautete, schwache Form ist t Stocka (Martisberg), Stocke (FLNK, Zermatt) und Stocke (Ulrichen, wo FLNK Stock und SK Stockje hat). Historisch hat Mund 1542 die Stoka, das sowohl Singular wie Plural sein kann - ein femininer Singular fehlt aber sonst. t Stockna (Ernen) und t Stockena (Blitzingen) zeigen eine erweiterte Form, die auch als Ableitung interpretiert werden kann. Das Diminutiv im Singular ist ts Stocki (Geschinen und drei weitere Gemeinden, drei jeweils doppelt), ts Stockji (Baltschieder und zwei weitere Gemeinden), ts Stockje (Zermatt) und historisch im Stockÿ (1765 u. später, Obergesteln) und im Stockiÿ (1825, St. Niklaus). Hier treten SK und LT öfters mit anderen Schreibungen auf. Der Plural des Diminutivs ist als t Stockini (Birgisch (dreimal) und drei weitere Gemeinden), t Stockjini (Eisten und vier weitere Gemeinden), t Stockine (Saas-Almagell) und den historischen Belegen in den Stockinen (1688, Bürchen; 1745, Niederwald), in die Stockini (1774 (? ), Eggerberg), und zen Stocklinen / zen Stockjinen (1809 u. 1852, Staldenried) belegt. Ein eigentliches Namennest findet sich etwa in Steg, wo neben Stock (Alpe, bestocktes Gebiet) auch Stockalpji, Stockblattu, Stockfäricha, Stockgalerii, Stockgrabu, Stockläger, Stockleiber und Stockstäge belegt ist, alle unterhalb oder oberhalb der Alpe Stock. Mit attributiven Adjektiven kommt das HL als Grundwort wie folgt vor: der (e)Rot Stock ‘ der rote Stock ’ (Gampel), ts (e)Rot Stockji ‘ der kleine rote Stock (LT Rots Stockji (Gipfelname), FLNK Rot Stockji) ’ (Baltschieder), der Breit Stock ‘ das breite Gebiet mit Baumstöcken ’ (Binn), Kleinstockji ‘ der kleine Stock ’ (1833, Eisten, Grächen; beide ohne Kontext, unklar), bim Eintu Stock ‘ beim einzelnen (Baum-)Stock ’ (Embd), Gries Stockji ‘ der kleine, grüne Felssstock ’ (LT, FLNK, Mund), au ᵕ ff den Grosen Stock ’ auf den grossen Stock ’ (1668, Reckingen), der Gross Stock ‘ der grosse Stock (Lärchenstock) ’ (Grengiols), Hochstock (1684, Ried-Mörel; historisch auch Bitsch), Hohstock (SK, Fieschertal) und der Hostock (Bitsch, Naters) - entweder ein ‘ hoher Felsstock ’ oder ein ‘ hochgelegenes, bestocktes Gebiet ’ , der Milt Stock ‘ der milde Stock (Felsstock? ) ’ (1550, Obergesteln), zum Nideru Stockji ‘ beim niederen (unteren) kleinen Stock (Scheidchromu: wo die Schafe geschieden (auf die Besitzer aufgeteilt) werden) ’ (Eisten), im Nÿwen Stock ‘ im neuen Stock (Haus; die Quelle sagt: im Nÿwen Stock oder Huss) ’ (1587, Agarn), der Ober und der Unner Stock ‘ der obere und der untere Felsstock ’ (Münster) (und weitere vergleichbare Beispiele, hier nicht aufgeführt), ts Ober und ts Unner Stockji ‘ der obere und der untere Teil der Alpe Stockji (kleiner Stock) ’ (Visperterminen) (und weitere), in der úntern Stocken ‘ in der unteren Stocken(alp) ’ (1829, Bitsch), jm Vssren Stock ‘ im äusseren Stock ’ (1696 u. später, St. Niklaus), Rotstock ‘ der Rotstock (Gipfelname) ’ (Naters), im Rotu Stock ‘ im roten (Fels-)Stock ’ (St. Niklaus), der Teiffestock ‘ der tiefe Stock (LT Tiefentock, Gipfelname, Grenzgipfel zum Kanton Uri) ’ (Oberwald), im … Weissen Stock ‘ der weisse Stock (wohl Felsstock? ) ’ (? , Stalden). Vorangestellte Genitive zum HL sind selten: ts Schmittsch Stockji ‘ der kleine Stock (Felsblock) des Schmiedes / der Familie Schmid ’ (Naters) und Walchero Stockini ‘ die kleinen Stöcke (bestockte Stücke Land) der Familie Walker ’ (1790, Bitsch). Zweigliedrige Komposita mit dem HL als Grundwort sind Gipfelnamen wie in der Dammastock ‘ der Dammastock (Gipfelname, Grenze zu Uri, laut URNB 3, 453 zum Gebiet Damma) ’ (Oberwald), der Eggstock ‘ der Stock (Gipfel), der eine Ecke hat ’ (Oberwald), der Galestock ‘ der Galenstock (Gipfelname an der Grenze zu Uri; URNB 3, 460 f., benannt nach dem darunter Gebiet Galen) ’ (Oberwald), der Geschenerstock ‘ der Felsstock (Gipfel) bei Geschinen (FLNK u. LT Geschinerstock) ’ (Geschinen), Stock 247 248 <?page no="129"?> Geschinerstock ‘ der Geschinerstock (Gipfelname, LT u. FLNK Geschinerstock, auch Geschenerstock) ’ (Ulrichen), Limistock ‘ der Limistock (Gipfelname, Grenzgipfel zwischen Bern und Wallis, BENB 1, 3, 107) ’ (Oberwald), der Nufenestock ‘ der Nufenenstock (Gipfelname, Grenze zum Kanton Tessin) ’ (Ulrichen), der Rhonestock ‘ der Rhonestock (Gipfelname, Grenze zu Uri) ’ (Oberwald), der Schneestock ‘ der Schneestock (Gipfelname, Grenze zu Uri, URNB 3, 496) ’ (Oberwald), der Tällistock ‘ der Tällistock (LT Tällistock, Gipfelname, westlich Rhonegletscher, benannt wohl nach Tiertälli ‘ das kleine Tal mit Gemsen ’ ) ’ (Oberwald), der Tällistock ‘ der Tällistock (LT Tällistock, südlich Furka, beim Tälli (kleines Tal)) ’ (Oberwald), der Trubilstock ‘ der Trubelstock (Gipfelname; LT Trubelstock; SK Trubelnstock) ’ (Varen, zu Truble < rom. TURBULU ‘ Lärm ’ ), Üelistock ‘ der Üelistock (Gipfelname, nach der Gemeinde Ulrichen benannt) ’ (Obergesteln), der Üelistock ‘ der Üelistock (Gipfelname, benannt nach der Gemeinde Ulrichen) ’ (Ulrichen) (identischer Gipfel in den beiden Gemeinden). Mit Baumnamen erscheinen: Arbstock (lat.: de pini trunco ‘ vom Tannenstock ’ ) ‘ der Arvenstock ’ (1525, Simplon), ein Massholderstock ‘ der Ahornstock (lat.: arbusculum carpineum ‘ das Hagebuchbäumchen ’ ) ’ (1592, Leuk, Kopialbuch), ein Massholterstock ‘ der Ahornstock (lat.: arbusculum carpineum ‘ das Hagenbuchbäumchen) ’ (1592, Salgesch, wohl Original), wobei die Hagebuche (C ARPINUS BETULUS ) im Oberwallis nicht vorkommt (L AU- BER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 212 s. v. C ARPINUS BETULUS ). Ein Pflanzenname ist in der Dischtelstock ‘ der Felsstock bei den Distelsetz (Felsabsätze mit Disteln) ’ (Fieschertal) vertreten, doch bezieht sich hier der Name wie in anderen Fällen eher auf eine nahegelegene Flur. Dazu gehören auch etwa der Hirelistock ‘ der Felsstock beim Hireli (kleines Horn) ’ (Ulrichen), der Jodrustock ‘ der (Baum-)Stock des Joder / beim Joderloch ’ (Eischoll) oberhalb des Jodruloch, inn (e)Reschistecken ‘ in den Baumstöcken bei der Reschti (Raststelle) ’ (Blatten) und andere. Sonderfälle sind einerseits der Judestock ‘ der Dorfteil der Juden ’ (Biel), wo wahrscheinlich die Wohnstätte von Juden (aber das ist unklar) gemeint ist, und zum Bildstockji ‘ zum kleinen Bildstock ’ (Glis), wo laut Gwp. eine Heiligenstatue in einem Felsen gemeint ist; normalerweise sind solche Orte nach dem jeweiligen Heiligenbild benannt. Komplexer sind etwa der Schemattestock ‘ der (Fels-)Stock oberhalb der schönen Wiese ’ (Münster; 1879, Ulrichen als Schönmattstock), der auch Mosmattestock ‘ der (Fels-)Stock oberhalb der Wiese im Moos (sumpfiges Gelände) ’ (Münster) heisst, der Chietalstock ‘ der Felsstock oberhalb der Alp Chietal (Kühtal) ’ (Münster), Kriegalpstock ‘ der Stock (Gipfel) oberhalb der Chriegalpe ’ (SK, Binn) und andere. Einen Sonderfall bietet das 1456 in Zermatt belegte zen Maroler Stek. Es ist vermutlich durch eine falsche Abtrennung (Maroler zu am Aroler) aus ‘ bei den Stegen von Aroleid ’ entstanden (vgl. der Aroleitstäg). Als Bestimmungswort tritt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern auf: Acher, Alpa, Blatta, Bodu, Bord, Brunnu, Chnubel, Chäla, Egg(a), Färich, Flesch, Flüö, Galerii, Gassa, Gletscher, Grabu, Hitta, Hooru, Läger, Lamma, Löüb, Loch, Mad, Matta, Müra, Pletscha, Schleif, Schluocht, Schniida, Stafel, Stäga, Wäg, Wald, Wang, Wanna, Wasser, Weid und Zü auf. Bachtela und Wasserleita sind komplexere Bildungen. Dazu kommen weitere komplexe Konstruktionen wie ts Ober Stockwaldläger ‘ die obere Lagerstelle für das Vieh im Stockwald (Wald mit Baumstöcken) ’ (Niedergesteln), im Undru Stockwaldläger ‘ in der unteren Lagerstelle für das Vieh im Stockwald (Wald mit Baumstöcken) ’ (Niedergesteln), dr Stockbletschuschleif ‘ der Schleif bei der Stockbletschu (ebene, bestockte Fläche, so nicht belegt in Kippel) ’ (Kippel) und andere mehr. Eine Ableitung Stockeri ‘ die Wasserleitung zum Stock (Gebäude) ’ (FLNK, Naters) enthält das Suffix - ERI , das für Wasserleitungen verwendet wird. Ob die Ableitungen Steckilgraben (1761) und das verhochdeutschte Stöckelgraben (1757, beide Simplon) zum HL S TOCK zu stellen sind (wie I D . 10, 1782 nahelegt), ist unklar. Eine kollektive Ableitung ts Gstock ‘ das Felsengebiet ’ (Obergesteln) und dessen Diminutiv ts Gstocki ‘ das kleine Gebiet mit Baumstöcken ’ (Obergesteln) ist in I D . (10, 1773) notiert, gilt aber als unsicher. In Obergesteln wird das Kollektiv sowohl für eine Felsenformation wie für ein Gebiet mit Baumstämmen verwendet. Stockalper (FaN) Stockalper (FaN) bezieht sich auf den FaN Stockalper, von Stockalper, bekannte Familie von Brig, die mit der Geschichte des Wallis seit dem 16. Jh. eng verbunden ist. Sie soll nach der Überlieferung aus Mailand stammen und hiess früher Olteri, auch de Olteri, nahm aber im 14. Jh. nach ihrem Wohnort in der Stockalpe im Gantertal (Bezirk Brig) den Namen Stockalper an (AWWB 251 f.). Bekanntester Vertreter der Familie ist Kaspar Stockalper (1609 - 1691), der u. a. das Stockalperschloss in Brig erbaute. Der FaN kommt als Bestimmungswort (Stockalper) oder im vorangestellten Genitiv (Sg. Stockalpers oder Pl. Stockalpero) in sieben Belegen vor. Grundwörter sind Bord, Egg(a), Matta, Schloss, Teil, Ture und Wäg. Der Stockalperweg ist Teil des Ecomuseums Simplon (www. ecomuseum.ch); er folgt der Strassenführung aus der Zeit von Kaspar Stockalper. 249 250 Stockalper (FaN) <?page no="130"?> Stoeli (FaN) Stoeli (FaN) ‘ Stäli ’ ist nur einmal belegt in Sto e lis Eggen (1634). Es handelt sich um den FaN Stäli, Stälin, Stäle, Stelis, Stelli, Steliz, Stella, Stöli, eine seit dem 14. Jh. bekannte Familie von Reckingen, wo sie im 18. Jh. erlosch (AWWB 249). Der Vokal in Sto e lis ist eine hyperkorrekte Form zum vermeintlich entrundetem *Stäli, *Steli; das / s/ am Wortende ist Genitiv Singular für die Besitzer- oder Nutzerangabe: ‘ die Ecke der Familie Stäli ’ . Stoffel (FaN) Stoffel (FaN) ist wohl meistens der FaN Stoffel, der Name einer seit dem 16. Jh. bekannten Familie von Visperterminen (AWWB 252). Es kann sich auch um den PN Stoffel (I D . 10, 1455) zum PN Christoffel handeln; hierzu könnten auch die Formen mit Stuffel gestellt werden. Als vorangestellte Genitive Singular sind belegt: Stoffels Ferrich ‘ der Pferch der Familie Stoffel ’ (1672 u. später, Törbel), Stoffols Ferrich ‘ der Pferch der Familie Stoffel ’ (1672, Embd) beide Belege für den gleichen Namen - und Stoffolsch Alpji ‘ die kleine (Vor-)Alpe der Familie Stoffel ’ (Visperterminen). Als Bestimmungswort in Komposita ist Stoffel wie folgt belegt: Stoffelloch ‘ das Loch der Familie Stoffel / des Stoffel ’ (Inden), sowie Stufel=Weid (1596, Ulrichen) und Stúffelweit (1712, Oberwald); beide meinen ‘ die Weide des Stoffel / der Familie Stoffel ’ . Eine Ableitung, wohl ursprünglich romanischer Art, bietet jm Stoffeling (1703, Leuk), das vermutlich einen Diminutiv enthält ‘ im Gebiet des kleinen Stoffel ’ (wobei PN oder FaN gemeint sein kann). Stollu Stollu m. ‘ Stollen ’ ist zu schwdt. Stol(l)e n , Stoll m. ‘ Stütze, Unterlage, Fuss, Träger, Pfosten ’ , ‘ (waagrecht sich hinziehender unterirdischer) Gang im Bergwerk; Dammdurchlauf eines Teichs ’ , als Geländebezeichnung ‘ (Fels-) Kuppe, schmaler, hoher Fels; kleiner Bergabhang, Steigung des Weges ’ , ahd. stollo, mhd. stolle und wdt. Schtolle, Schtollä (Goms), Schtolla (Mattertal), Schtolln (Lötschental), Schtollu ‘ Stollen ’ (I D . 11, 276 ff.; G RICHTING 1998, 183) zu stellen. Als Simplex im Singular ist der Stollu ‘ der Stollen ’ (Ried-Mörel) ein Ausfluss eines Wasserstollens vom Gebiet des Aletschgletschers her. Das Simplex im Plural ist als t Stolle ‘ die Stollen (abschüssige Felsen) ’ (Mund) belegt. Ein Diminutiv im Plural ist t Stolljini ‘ die kleinen Stollen (vier Bergstollen eines früheren Erzbergwerks) ’ (Grengiols). Als Grundwort ist das HL in Sphinxstolle ‘ der Stollen zum Sphinx-Observatorium auf dem Jungfraujoch ’ ((FLNK, Fieschertal; LT Sphinxstollen) belegt. Komplexer ist Triftbalmustollu ‘ der Stollen (wohl Felsen) bei der Triftbalma ’ (Törbel). Der Name der nahegelegenen Flur ist allerdings di Trischtbalma ‘ der überhängende Fels, der als Heuschober gebraucht wird ’ (Törbel); offenbar liegt eine Verwechslung bei den Gwpp. vor. Als Bestimmungswort verbindet sich das HL mit Fad, Grabu, Rigg, Wald und Zug. In allen Fällen sind Felsformationen gemeint. Stoltz Stoltz, m. ist nur einmal in Brig als Name eines früheren Hauses belegt als der Stoltz (1624, Brig). Es handelt sich um einen Hausnamen, der wohl auf Stolz I oder II (I D . 11, 379 f.) zurückzuführen ist; es tritt dort u. a. als Name eines Zuchtstieres auf. Hier wird es als Hausname verwendet, also etwas, worauf der Erbauer stolz ist. Stöpfer (FaN) Stöpfer (FaN) ist in t Stepfermatta ‘ die Wiese der Familie Stöpfer / Stepfer ’ (Naters) belegt. Der Flurname ist zum FaN Stöpfer oder Stepfer zu stellen, laut AWWB (250) unter verschiedenen Formen in Naters und Mund seit dem 15. Jahrhundert belegt. Heute lebendig als Stöpfer oder Imstepf. Stopfete Stopfete ist zu schwdt. stopfe n ‘ stechen, stechend stossen; einen Fusstritt versetzen; stampfen, stampfend, schwerfällig, langsam gehen ’ (I D . 11, 1168 ff.), hier zur Bezeichnung eines Orts, wo man zu schwerfälligem, langsamem Gehen gezwungen wird. Die Deutung ist also ‘ der Ort, wo man langsam gehen muss ’ . Das bei I D . belegte Stopfete (11, 1172 ‘ Flickarbeit an Strümpfen ’ ) ist nicht gemeint. Das HL kommt in t Stopfete, Pl. (Reckingen) vor. In Saas-Almagell erscheint t Stopfete ohne Hinweis auf den Numerus. In Saas-Fee kommt t Stopflete vor, ebenfalls ohne Hinweis auf den Numerus. Die Bildung ist wohl eine Ableitung auf - ETE < ÔTI (S ONDEREGGER 1958, 524). Storten Storten ‘ Baumstrünke ’ kommt nur in gegen die Storten (undatiert, Saas-Fee) vor; der Beleg beschreibt eine Grenze für die Rinder. Es ist zu wdt. Storte n m., Dim. Stortji ‘ Strunk, Stengel, gröberer Pflanzenteil ’ , Dim. ‘ Rundholz aus Tannen- oder Buchenstämmen ’ (I D . 11, 1548) zu stellen. Die genaue Deutung lässt sich aus dem Einzelbeleg nicht entnehmen. Stoss Stoss m. ist zu schwdt. St ō ss m., ‘ Stoss; Windstoss, Aufstoss einer Quelle; Streit, Rechtshandel; strittiges Objekt Stoeli (FaN) 251 252 <?page no="131"?> als Grundstück, March; Erdrutsch, Flussgeschiebe, Eisbruch; Neuwuchs an Gras, Kraut, Busch; schräg angelegte Uferverbauung; ungefähre Masseinheit zur Schätzung des Weideertrags; Recht auf die Einheit des Alpanteils ’ , amhd. st ō ss und wdt. Schtooss, Pl. Schteess ‘ Stoss, Pflanzenspross ’ (I D . 11, 1578 ff.; G RICHTING 1998, 183) zu stellen. Die Belege weisen unterschiedliche Deutungen auf. Ein vorangestellter Genitiv ist in Bullerro Stoss ‘ die Uferverbauung der Familie Buller (eher Bieler) ’ (1474, Visp) enthalten; die Deutung ‘ Uferverbauung ’ ist durch Barrerias ‘ Wehrbauten ’ im Text gesichert. Die übrigen Belege enthalten das HL als Bestimmungswort. am Stosbiel (1656, Ried-Brig) ist bei Andenbielen ‘ an den Hügeln ’ lokalisiert; eine genauere Deutung ist unsicher. Stosbode (LT, Simplon) und die zugehörigen der Ober und der Unner Stossbodu ‘ der obere und der untere Stossboden ’ (beide Simplon) sind nach Gwp. zum Verb <bstossu> ‘ die Alpe besetzen ’ zu stellen; J ORDAN (2006, 102) kennt Schtoossbedu als Plural und nennt dann du Undru und du Obru Schtoosbodu als Teile der Gegend. Generell ist wohl das HL hier als Alpstoss ‘ Bestossen einer Alpe mit Vieh ’ (I D . 11, 1589 f.) zu verstehen. der Stoswald (Oberems) befindet sich am unteren Ende von Oberems; die Deutung von Stoss ist unklar. ts Stosweidji ‘ die kleine Weide beim Stoss ’ (Grächen) ist ebenfalls unklar. In Wiler befinden sich der Ober und der Under Stoswääg ‘ der obere und der untere Stossweg ’ , in Erschmatt kennt FLNK Erschtä Stosswäg und Zweitä Stosswäg. An beiden Orten befinden sich die Wege in einem Wald; ein Simplex Stoss fehlt, sodass auch hier unklar bleibt, was gemeint ist. Als Diminutiv findet man in Oberems 1696 auff den Stossÿnen ‘ auf den kleinen Stössen ’ mit unklarer Deutung. Eine feminine I -Ableitung (S ONDEREGGER 1958, 495) mit Entrundung ist in zur Stessi (1759, Leuk) zu finden; es handelt sich um Reben. E GLI (1982, 37 f. und 330) kennt stossen und Stoss aus dem Weinbau und führt es auf frz. pousser ‘ stossen ’ im Sinn von ‘ wachsen ’ zurück. Es geht hier also um einen Weinberg mit Neuwuchs. Stotzund Stotzund (auch Stotzend / Stotzed) ist formal ein Partizip Präsens zu schwdt. stotze(n) ‘ aufrecht stehen, steil gegen etwas liegen, aufrecht lehnen; stehen, stecken bleiben, anhalten ’ (I D . 11, 1867 ff.), bei G RICHTING (1998, 183) als wdt. schtozzig, schtozzet, schtoozänd, schtozzund ‘ steil ’ verzeichnet. Es wird wie ein attributives Adjektiv verwendet. Nur zweimal tritt es substantiviert als Stotzunda n. ‘ das steile Gebiet ’ (Baltschieder, Termen) auf. Nur einmal ist die Adjektivform vertreten: ts Stotzig Mutthore ‘ das steile Mutthorn ’ (Oberwald) auf; es ist ein Gipfel der Mutthörner an der Grenze zu Uri. Die übrigen Namen weisen unflektierte und flektierte Formen auf und sind zu Grundwörtern wie Acher, Arb, Bord, Brand, Cheer, Chrüterra, Egg(a), Läger, Matta, Rüüs, Schleif, Schnitta, Treija, Wäg, Wald, Wang und Weid hinzugefügt. Komplexere Bildungen sind ts Stotzund Bopmungässi ‘ die steile kleine Gasse vom / zum Boden ’ (Hohtenn) und im Stozenden Weingarten ‘ im steilen Weingarten ’ (1735, Visperterminen). Stöüb Stöüb ‘ Staub ’ ist zu schwdt. Staub, Stoub, Stöüb, Stoib, Staib, St ō b, St ǖ b m. wesentlich wie hd. ‘ Staub ’ , amhd stoub (I D . 10, 1066 ff.) zu stellen. Lautlich bietet das Lexem einige Probleme, da das starke Verb stiebe n , auch stübe n ‘ stauben machen ’ zum gleichen Stamm gehört. Weiter entspricht die wdt. Form Stöüb, Stoib ‘ Staub ’ (G RICHTING 1998, 183) der Palatalisierung von / ou/ zu / öü/ oder / oi/ . Die umgelautete Form wird im Wdt. entrundet zu Steib. URNB (3, 351 ff.) sieht als Grundlage das Verb stäube ‘ als Staub, staubähnlich aufsteigen, niederfallen, herumwirbeln ’ (I D . 10,1073 ff.). In unseren Belegen kommt als Simplex in der Stiben (1844, Bellwald) vor. Eine - I -Ableitung ist t Stöibi in Reckingen mit der adjektivischen Bildung in der hindren Staúbÿ (1622, Reckingen); hieher gehört auch t Stöibihaalte ‘ die Halde bei der Stöibi ’ . In Bellwald sind ts Steibechriz ‘ das Kreuz beim Steibeläger ’ und ts Steibeläger ‘ die Lagerstätten des Viehs auf der Alpe Steibe ’ belegt, beide wohl zum oben erwähnten Simplex in der Stiben. Historisch ist der Stiebacher (1853, Fieschertal) belegt; lebend t Stöübegga (Steinhaus). Auf der Grundlage der Angaben kann im Einzelfall nicht gesagt werden, warum von Stöüb die Rede ist; es kann sich um einen sandigen, staubigen Boden, um Schneestaub oder Wasserstaub handeln. Straal Straal m. ist zu schwdt. Str ā l, -e(n) ‘ Pfeil, Blitz(schlag), Bannstrahl, Lichtstrahl ’ hier meist ‘ Bergkristall ’ und wdt. Schtraala, Schtraalä (Goms), Schtraalu m. ‘ Bergkristall, Mineral, Ziege ’ (I D . 11, 2198 ff., bes. 2208; G RICHTING 1998, 183) oder zum Verb schwdt. str ā le(n) ‘ blitzen ’ (I D . 11, 2211 f.) zu stellen. Die Walliser Formen beziehen sich auf die zweisilbige Grundform. Z INSLI (1984, 585 s. v. Str ā l) erwähnt nur ‘ Bergkristall ’ (was nicht zu allen aufgeführten Belegen passt). Das Simplex im Singular t Straala ‘ die Strahle (Dorfteil von Ernen) ’ ist feminin. An ‘ Bergkristall ’ kann hier nur metaphorisch gedacht werden. 253 254 Straal <?page no="132"?> Als Simplex im Plural ist t Schtraale ‘ die Felsen mit Bergkristallen ’ (Mund, 2424 m) belegt; der historische Beleg von 1735 in den Stralinen liegt vermultich nicht dort. Der historische Beleg aúff Strahlen (1760 u. später, Naters) ist heute als Straalini (FLNK, Naters) belegt und meint ein Gebiet im Weiler Moos, das entweder Bergkristalle enthielt oder einfach hell war. Das Diminutiv im Singular ist ts Straali (Ausserberg, FLNK Straali), ts Straali (Brigerbad) und Straali (FLNK, Eggerberg). Während die ersten zwei sich an einem Ort mit einem Quarz-Felsband (wo es Bergkristalle haben kann) befinden, ist letzteres vermutlich ein heller Acker. Der Plural des Diminutivs ist in t Straalini (Eggerberg) belegt, deutlich vom Straali entfernt, wohl in der Bedeutung Quarzband im Fels. Als Grundwort kommt das HL nie vor. Als Bestimmungswort ist es in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern belegt: Bett, Chnubel, Flüö, Gassa, Graat, Grabu, Grüeba, Gufer, Hooru (mehrfach), Loch, Rufina, Schluocht, Stei, Tschugge, Ture, Wäg, Wald, Wang und Zug. Es gibt mehrere Gipfel mit dem Namen Strahlhoru (Zermatt / Saas-Almagell; Baltschieder; Niedergesteln / Steg). Komplexer sind: die Grosse Stralflúo ‘ die grosse Fluh mit Bergkristallen ’ (1774 (? ), Eggerberg), ts Hinner und ts Vooder Straalbett ‘ das hintere und das vordere Quarzvorkommen ’ (Randa), t Innru und t Obru Straalweng ‘ die inneren und die Oberen Grasabhänge beim Strahlhoru (Gipfelname, LT Strahlhorn 3200 m) ’ (Baltschieder), Obri Strahlweng ‘ die oberen Grasabhänge beim Strahlhorn (Gipfelname) ’ (EK, Eggerberg), Straallochgrabu ‘ der Graben mit einem Loch mit Bergkristallen ’ (FLNK, Naters), Strahlgrätpass ‘ der Pass bei den Strahlgräten (Gräte mit Bergkristallen? ) ’ (Binn). Im Gebiet mit / l/ -Vokalisierung (unteres Goms) kann Straal als auch Strau-, resp. Straau auftreten. Eine Ableitung auf - ERI (S ONDEREGGER 1958, 551) ist in t Straaleri ‘ der Weidhang mit strahlendem Gestein (? ) ’ (Reckingen) belegt. Unklar ist t Straalegi ‘ der Ort, wo man strahlen (Bergkristalle gewinnen) kann ’ (Kippel), das wohl eine nominale Form einer adjektischen Bildung auf - IG (S ONDEREGGER 1958, 487) darstellt. Straas Straas f. ist zu schwdt. Str ā ss, ō f. ‘ Strasse ’ und wdt. Schtraass ‘ Strasse ’ (I D . 11, 2335 ff.; G RICHTING 1998, 183) zu stellen. Einige Namen beziehen sich auf alte Strassen, wie sie z. B. S TEBLER (1901) für Visperterminen beschreibt: befestigte Wege, auf denen sich Pferde, Maultiere und Fussgänger bewegten. Die wichtigste dieser Strassen ist lateinisch als via oder strata regia benannt, auf deutsch Landstraass oder Herstrass. Heute sind Strassennamen in den Siedlungen Standard; davon sind in der Datenbank des VSNB nur sehr wenige notiert (z. B. t Schüelhüsstraass ‘ die Schulhausstrasse ’ (Raron)). Das Simplex ist im Singular als t Straas ‘ die Strasse ’ (Grengiols) belegt; daneben sind ob der Straass ‘ oberhalb der (Furka-)Strasse ’ (FLNK, Geschinen; Ritzingen; Selkingen), unner der Strass (Täsch, Dorfteil) bezeugt; ob an der Strassa (1374, Obergesteln) einen PN oder FaN enthält, ist unklar. Der Plural des Simplex ist belegt in zwischund du Straasse ‘ zwischen den Strassen ’ (Agarn). Mit attributiven Adjektiven kommt das Simplex wie folgt vor: t Alt Straass ‘ die alte Strasse ’ (Ried-Brig, Stalden, Visperterminen), t Alti Strass ‘ die alte Strasse ’ (Leuk), mit der Altu Straass ‘ bei der alten Strasse ’ (Niedergesteln). Genitive im Singular sind in Napoleons Strasse ‘ die Strasse, die in Glis von den Ingenieuren Napoleons gebaut wurde ’ (1849, Glis) und St. Barbarae Strass ‘ die Strasse nach St. Barbara (Weiler von Leuk) ’ (1794, Leuk) belegt. Ob in t Poolustrass ‘ die Strasse, die von Polen (internierten polnischen Soldaten) erbaut wurde ’ (Glis) noch ein schwacher Genitiv Plural gesehen wird, ist unklar. Ein alter Genitiv Plural auf - ER ist in di Zäntgermanerstraass ‘ die Strasse nach St. German ’ (Raron) enthalten, eigentlich ‘ die Strasse der Leute von St. German ’ (St. German ist heute ein Weiler von Raron). Als Grundwort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita vor allem mit Zielorten vor: t Alpstrass ‘ die Strasse von Rosswald auf die Alpe (wohl Stafel) ’ (Termen), t Eiestraas ‘ die Strasse zu den Auen (am Rotten) ’ (Münster), Fabrikstraass ‘ die Strasse zur Dynamitfabrik am Eingang des Nanztales ’ (Glis), di Gaarstraass ‘ die Strasse zum Bahnhof Turtmann (Gaar) ’ (Turtmann) und viele andere mehr. Mehrfach belegt, aber nur historisch, ist die Landstrass (1790, Glis), an der Landstras (1741, Geschinen), ob der Landstrass (1719, Ritzingen), vnder der Landstrass (1628, Fiesch; 1580, Ritzingen). Erweitert ist dieser Typ zu bei der Gmeinen Landstras ‘ bei der Landstrasse, die allen gemeinsam gehört ’ (1673, Brigerbad). Zweimal ist Heerstrass (FLNK, Bister) und t Herstrass (Grengiols) erwähnt; es handelt sich wohl um eine Übersetzung von via regia, die hier vor der Verlegung der Landstrasse auf die nördliche Seite des Deischberges durchführte. Einen Sonderfall stellen die beiden Belege die Raubstrass (1771, Eischoll; 1714, Lalden) dar; zu vermuten ist, dass Raub (cf. HL R AUB ) hier den Ernteertrag, wohl die Heuernte, meint. Komplexere Konstruktionen enthalten entweder ein attributives Adjektiv wie in t Alt Bärgstrass ‘ die alte Strasse auf den Berg (Grächen) hinauf ’ (Grächen), t Alti Straas 255 256 <?page no="133"?> Landstrass ‘ die alte Landstrasse ’ (Niedergesteln; 1927, Eischoll), von der Alten Landstrass ‘ von der alten Landstrasse ’ (1874, Steg), t Alt Reemmerstrass ‘ die alte Römerstrasse (Spuren eines früheren Weges) ’ (Zwischbergen; FLNK Alt Römerstrass; J ORDAN (2006, 523) nennt zwei Belege für Aaltä Reemärwäg) und andere mehr, oder ein mehrgliedriges Bestimmungswort wie in di Baanhofstrass ‘ die Strasse entlang des Rottens beim Bahnhof Leuk ’ (Leuk), die Banneÿenstras ‘ die Strasse von / zur Aue im Gebiet Bann ’ (1663, Baltschieder), di Pfarriigartustraas ‘ die Strasse zum / beim Pfarreigarten (Strassenname in Visp) ’ (Visp), Rappetaustrass ‘ die Strasse in das Rappental ’ (FLNK, Ernen) und andere mehr. Attributive Adjektive zu komplexen Formen sind t Obri und t Undri Bahnhofstrass ‘ das Gebiet der oberen und der unteren Bahnhofstrasse ’ (FLNK, Visp), vnder der Neüwen Landstrass ‘ unter der neuen Landstrasse ’ (1684, Agarn) und andere. Als Grundwort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita mit Grund und Matta vor. Sträba Sträba f. ist nur in Bellwald als t Sträba, historisch auch die ober Streba (1529) und in úndren Streben (1824) belegt. Es handelt sich laut Beschreibung um einen leichten Hang auf ca. 1490 m. Der Name ist zu schwdt. Strëbe n f. (I D . 11, 1928) zu stellen, wo auf das gleichbedeutende An-Strëb (I D . 11, 1926) verwiesen wird. Im Kontext des Flurnamens dürfte die Deutung ‘ Böschung ’ am ehesten zutreffen. G RICHTING (1998, 183) kennt Schträba (mit Varianten) als ‘ Strebe, Stütze ’ , doch passt diese Deutung nicht zum Flurnamen, der sonst nicht belegt ist. Straffel Straffel m. ist nicht eindeutig. Schwdt. Straffel m. ‘ Tritt, Stufe, Sprosse einer Stiege, Leiter ’ , ‘ herausragender, starrer Teil an Bäumen, an spitzen Gegenständen ’ , ‘ Spitze des Stocks ’ (I D . 11, 2122) oder wdt. Straffel m., Dim. Straffolti ‘ Heuschrecke ’ (I D . 11, 2122; G RICHTING 1998, 183) sind belegt. Ob die beiden Bedeutungen zusammenhängen, wie I D . vermutet, ist unklar. Das Simplex zum Straful (Randa) wird von Gwp. durch die Bemerkung “ viele Heuschrecken ” interpretiert. Nur historisch belegt ist Straffle (1390, Termen). Die übrigen Belege enthalten Straffel als Bestimmungswort. Straffelland (nur historisch Fiesch, Mühlebach, aber vermutlich der gleiche Ort) wird ebenfalls mit Heuschrecken in Verbindung gebracht; könnte aber auch gestuftes Land sein. Straffulgraad (Simplon) ist allein belegt, aber J ORDAN (2006, 37) kennt Schtraff u lgraat und Schtraff u lsee, sowie S. 77 Schtraff u legga; er führt mindestens den ersten auf Scntraff u l ‘ Heuschrecke ’ zurück. Ob diese Deutung stimmt, ist unklar. Straffolhorli und Straffolsee (beide Visperterminen) bilden ein Namennest; vermutlich war eine Alpe Straffel namengebend, doch ist sie nicht belegt. Straffilhubil (Erschmatt) ist ein Hügel, der nicht bewässert werden kann und wo es viele “ Heuschrecken ” hat. Stragil Stragil ist zweimal als Bestimmungswort belegt: der Stragilbodo und der Stragilwang (beide Raron). Das Verb stragel n II ‘ vor Kälte starren, erstarren ’ wird von S TALDER 2 (hg. 1994 von N. B IGLER , 599) erwähnt. Ob dieses Verb in den beiden Namen in Raron enthalten ist, bleibt unklar, ist aber naheliegend: ein steiler Anstieg, der einen starr macht. Es handelt sich um einen Grasabhang und einen Boden auf dem steilen Weg oberhalb des Ritzubodu. Sträichle Sträichle ist lebend als t Sträichle ‘ der Ort, wo man sich abarbeiten muss ’ (Mund, FLNK Sträichla, ebenfalls LT) belegt. Historisch ist 1801 in der Straúchen, 1837 in den Straichlen notiert. Es handelt sich um ein Nomen mit femininem Genus. Die Form legt eine n-Ersatzdehnung vor Velar (Staubsches Gesetz) nahe. Dazu passt der historische Beleg von 1801; der Umlaut zu / äi/ würde dann bei einer Ableitung auf - ILA (S ONDEREGGER 1958, 517 ff.) auftreten. Die nächstliegende Form im I D . ist stranggle n ‘ mühsame Arbeit verrichten, sich abarbeiten ’ (I D . 11, 2309), das bei B RATSCHI / T RÜB (1991, 293) als ‘ an den Händen hängend mit den Beinen zappelnd ’ für das Diemtigtal belegt ist. Wenn die Ableitung stimmt, würde in Mund ein Stück Wiese gemeint sein, für das man sich abarbeiten musste. Dazu passt die Beschreibung “ Weide, Felsen, steil ” . Dennoch bleibt die Deutung unsicher, weil der Flurname sonst nicht auftritt. Stram Stram m. ist nur belegt in aus der Strammitschjen Wasserleiten (1765, Betten). Es handelt sich um eine Wasserleitung, die aus dem Bättmerbach Richtung Hegi führte. Bei Strammitschjen handelt es sich um ein Adjektiv, das am ehesten zu strâmecht, strâmocht(ig) (I D . 11, 2247) zu stellen ist, das seinerseits zu schwdt. Str ā m, ō m., Pl. -en ‘ Streifen; Wasserlauf, Strömung, insbes. Arm eines Flusses, schiffbarer Wasserweg; Lichtstreifen, Strahl; Strahl einer Flüssigkeit ’ , mhd. str ā m, str ā men (I D . 11, 2242) gehört. Es würde sich also um die striemenförmige Wasserleitung handeln. Der Anklang an Mittel in strammitschjen lässt allerdings auch an den lebenden Namen zum Mittel (Betten) denken, der eine Wasserverteilung am Bättmerbach bezeichnet. 257 258 Stram <?page no="134"?> Straschugo Pizzo Straschugo ‘ die Spitze Straschugo ’ (Zwischbergen; LT und FLNK Pizzo Straciugo) ist zum it. Grenzgipfel Pizzo Straciugo zu stellen, den auch J ORDAN (2006, 383) als Schtradschugo kennt. Der Gipfel ist wohl nach der Alpe Straciugo benannt. Auf LT findet sich auch der Passo Straciugo. O LIVIERI (1965) kennt den Namen nicht; J ORDAN (2006, 384) vermutet einen Zusammenhang zu it. straccio ‘ Lappen, Lumpen ’ (D EVOTO / O LI 2020, 2208) oder stracciare ‘ zerreissen ’ (D EVOTO / O LI 2020, 2207) was beides jedoch nicht zur Form des Namens Straciugo passt. Eine Deutung ist nicht möglich. Stratz Stratz ist nur belegt in Stratz Stadel (1519, Törbel). Die Schreibweise passt nicht zu Straas ‘ Strasse ’ . Vermutlich liegt eher eine Übernahme aus it. STRACCIO ‘ Lappen ’ vor (vgl. I D . 11, 2464; D EVOTO / O LI 2020, 2208) vor, das sonst eher als Strätsch erscheint (I D . 11, 2416; G RICHTING 1998, 184). Im Zusammenhang wohl ‘ der kleine, unansehnliche Stadel ’ . Strauch Strauch m. ist nur 1862 in Glis als Lerchstrauchwald ‘ der Wald mit Lärchen und Sträuchern ’ belegt. Laut Dokument handelt es sich um eine Alpe. Strauch ist zu schwdt. Str ū ch IV ‘ Strauch ’ zu stellen, das als nicht volkstümlich bezeichnet wird (I D . 11, 2047). Es handelt sich hier vermutlich nicht um niedere Lärchen, die Strauch-Charakter aufweisen, sondern um einen Mischwald aus Lärchen und Sträuchern. Üblicherweise sind sonst nur Erlen gemeint, die niedrig bleiben und Strauch-Charakter haben. Strebell Strebell m./ n. ist nur historisch belegt: jm Strebell (1735, Greich) und als Diminutiv am Strebilti (1530, Ernen). Zwar kennt I D . (11, 1927) Strëbel mit verschiedenen Deutungen, führt aber den Flurnamen Strëbel als Kurzform zu Chatzen-Strëbel (I D . 11, 1928) an, ohne wirklich überzeugende Deutung (und nur für die östliche Schweiz). APNB (S ONDEREGGER 2013, 2.3, 1896 s. v. Strebel) Strebel als ‘ Grundstück, um das gestritten wurde ’ (mit Bezug auf I D . 11, 1927). URNB (3, 529) verweist unter Sträplig auf schwdt. Sträb ‘ (Ufer)Böschung ’ (I D . 11, 1925), das aber hier kaum zutrifft. Bei G RICHTING (1998) fehlt das HL ganz. Stres Stres ist nur 1743 in Bratsch als vnder der Stres Briggen belegt. Das HL S TRES ist unklar; es könnte sich am ehesten um eine Brücke handeln, die östlich des Dorfes Bratsch über den Bach Tschingil führt und früher den Weg nach Gampel kennzeichnete. Stres wäre dann wohl zu schwdt. Str ā ß ‘ Strasse ’ und wdt. Schtraass ‘ Strasse ’ (I D . 11, 235 ff.: G RICHTING 1998, 183) zu stellen. Der Umlaut zu / e/ ist jedoch nur beim Diminutiv zu erkennen, sodass die Deutung unsicher ist. Stretzsch Stretzsch ist als jm Stretzsch (1824, Bellwald) und im Stretsch (1693, Bratsch) belegt. Ersters bezeichnet einen Acker, das zweite ein Stück Wiese. Der nächstliegende Eintrag in I D . (11, 2416) ist Strätsch, das auch bei G RICH- TING (1998, 184) für ‘ Lumpen, Kleid (schäbiges), Mensch (schäbig gekleideter) ’ belegt ist; I D . nimmt it. straccio ‘ Lumpen, Lappen, Fetzen, Riss ’ als Ausgangspunkt an (D EVOTO / O LI 2020, 2208). RN (2, 502) kennt Strätsch ‘ Lappen, Lumpen ’ für Klosters und Safien. Gemeint ist wohl ein kleines Stück Land. Strewwi Strewwi f. ‘ Streue ’ ist zu schwdt. Streu(w), Streu(w)i f. ‘ Streue im Stall, als Lager für das Vieh; Halmgewächse (Getreidestroh, Gras, Heu, Emd Riedgras, Laub, Nadeln, Chris von Tannen) ’ , übertragen ‘ Ort, wo die Streu wächst, gewonnen wird ’ , mhd. ströu(we) und wdt. Schtrewwi f. ‘ Streu ’ (I D . 11, 2441 ff.; G RICHTING 1998, 184) zu stellen. Das HL ist nur belegt in t Strewwilecher ‘ die Löcher, wo die Streue gewonnen oder aufbewahrt wurde ’ (Simplon; bei J ORDAN (2006, 151) als Schtrewwilechär mit gleicher Interpretation). Strich Strich m. ist zu schwdt. Strich m. hier ‘ in einzelne Streifen gezettetes Bergheu ’ , übertragen auf Geländeteile ‘ langgestrecktes Grundstück; Landstrich, Gegend ’ (I D . 11, 2026 ff.; Z INSLI 1946, 339 ‘ Rasenband ’ ). G RICHTING (1998, 184, s. v. Schtrich) kennt nur ‘ Strich, Teil des Kuheuters, Prostitutionstätigkeit ’ . Das HL ist in rund hundert Namen vertreten. Dabei ist das Simplex im Singular, als der Strich, auch am, im oder ufem Strich rund dreissig Mal belegt. Das Simplex im Plural tritt als di Stricha (12 Belege), t Strichä (Bister), t Striche (3 Belege), t Strichen (Ferden) und in den Strichen (3 Belege) auf. Diminutive im Singular sind Strichgi (1699, Randa und Täsch), ts Strichji (Brigerbad), im Plural t Strichini (Bitsch), jn den Strichinu (1735, Raron), t Strichjini (Feschel, Mund), jnn denn Strichlinenn (1618 u. später, Guttet), inn Strichni (Ferden). Mit einer Präposition ist Unner dum Strich (Leuk) bezeugt. Attributive Adjekte zum HL sind: im Grossen Strich (16 (2)1, Bratsch), (lat.) longus Strich ‘ der lange Strich ’ (1389, Staldenried), im Obren Strich (16(2)1, Bratsch), im Blawen Straschugo 259 260 <?page no="135"?> Strich ‘ im blauen Strich ’ (1776, Guttet) (sofern nicht verschrieben für Clawen), der Rotstrich ‘ das rote langgezogene Stück Land ’ (Simplon), im Schmalen Strichgi (1689, Staldenried), im Schmalen Strichÿ (1745, Eischoll), in den Undren Strÿchen (1751, Eischoll). Unklar ist der Beleg in dem Vorstrich (1713, Simplon), wo die Lesung unsicher ist. Mit einem vorangestellten Besitzernamen sind belegt: ÿm Glawenstrich ‘ im langgezogenen Stück Land der Familie Clavien ’ (1815, Guttet) und Riederstrich ‘ das langgezogene Stück Land der Leute vom Ried / der Familie Rieder ’ (1391, Simplon). Das HL kommt als Grundwort in zweigliedrigen Komposita mit einer Reihe von Bestimmungswörtern vor, die im Allgemeinen eine nahegelegene Flur oder einen Weiler bezeichnen. Dazu gehören etwa t Loiwistricha ‘ die langgezogenen Stücke Land beim Weiler Loibinun (Rutschgebiet) ’ (Blatten), t Netzstricha ‘ die langgezogenen Stücke Land beim Netz (nasse Stelle) ’ (Kippel) und andere. Komplexer sind etwa t Altmattustricha ‘ die langgestreckten Grundstücke bei den alten Wiesen ’ (Wiler) und t Obrunmattustricha ‘ die langgezogenen Grundstücke bei der oberen Wiese ’ (Wiler). Ausnahmen sind der Oggsestrich ‘ das langgezogene Stück Land für den Ochsen ’ (Bister, Grengiols) - an zwei Orten belegt, aber die gleiche Flur bezeichnend. Hierher zu stellen ist das komplexere t Oggsestrichtosse ‘ die Felsen beim Oggsestrich ’ (Grengiols). Weiter Geissstrich ‘ das langgezogene Stück Land für die Ziegen ’ (FLNK, Saas-Grund). Pflanzennamen finden sich in t Holderstricha ‘ die langgezogenen Stücke Land mit Holundersträuchern ’ (Blatten) und Trooselstrich ‘ das langgezogene Stück Land bei ze Droosslä (beim Erlengebüsch) ’ (FLNK, Blatten), wobei hier eine nahegelegene Flur namengebend ist. Als Bestimmungswort erscheint das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern: Acher, Bodu, Egg(a), Matta, Schiir, Wäg. Wald und Wasser. Komplexer sind dr Inner und dr Uister Strichbopem ‘ der innere (taleinwärts liegende) und der äussere (talauswärts liegende) Teil des Bodens beim langgezogenen Stück Land ’ (Blatten). Vereinzelt kann an Stelle von Strich auch Strick verstanden werden (cf. HL S TRICK ). Strick Strick m. ist zu schwdt. Strick m. ‘ Strick ’ zu stellen, wobei das Lemma als Appellativ im Wallis wohl nur für die Holzkonstruktion (Bedeutung 3; vgl. auch V. S CHMID 2003, 193) verwendet wird; in FlN wird es besonders für ‘ Pfad, Weg ’ , amhd. stric (I D . 11, 2180 ff., bes. 2186) gebraucht. Nach LUNB (1, 2, 1047 s. v. Strick) bezeichnet Strick in Flurnamen ‘ (steile) Stelle mit einem Weg, langer, schmaler Geländestreifen ’ ; letztere Bedeutung steht auch in den Oberwalliser Namen im Vordergrund. Bei einigen Namen deutet die Gwp. Strick als ‘ Seil ’ , obwohl sich sonst in der einschlägigen Literatur kein Beleg dafür finden lässt. Dass Strick in schriftlichen Texten für Strich steht, kann wohl nicht ausgeschlossen werden; die Bedeutung ‘ lange, schmale Geländeform ’ kann für beide Lemmata gelten. Strick ist als Simplex im Singular in Blitzingen, Embd, Ergisch, Grächen, Mund, Randa und Visperterminen belegt, teilweise mit Präpositionen wie am, zum Strick. Seltsam ist t Strigga f. ‘ der grosse Strick? ’ (Eischoll), das sich in I D . (11, 2192) belegt findet, sonst aber wohl fehlt. Auch der Plural des Simplex ist belegt in jn dyen Strycken (1344, Mörel), t Stricke (Saas-Almagell) und Ze Stricku (Törbel). Mit einem attributiven Adjektiv ist der Lenge Strik (1309, Visperterminen) dokumentiert. Als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita erscheint Strick zusammen mit Acher, Flüö, Steg, Wang und Weid. Der Beleg die Strigheiser ‘ die Strick-Häuser ’ (1732, Eischoll) gehört vermutlich auch hieher; es könnte sein, dass hier die Holzkonstruktion gemeint ist. Eine feminine Ableitung auf - I (vermutlich als Kollektiv) ist belegt in in der Riedo Stricki ‘ in den Stricken (lange, schmale Geländeformen) des Riedo / beim Ried ’ (1683, Niedergesteln). Striibe Striibe m. ist nur in der Striibe (Bellwald, FLNK Striibe) belegt. Ein Beleg von 1731 hat im Strÿben, von 1842 in der Striben. Die beiden Belege unterscheiden sich im Genus. Es dürfte sich um eine zunächst umgelautete und dann entrundete Nominalisierung zum Adjektiv str ū b (I D . 11, 1931 ff.) handeln, wohl in Bedeutung 1a ζ ) ‘ vom Erdboden ’ , hier zu verstehen als ‘ das wilde Stück Land ’ ; G RICHTING (1998, 184) kennt das Adjektiv als schtrüb, schtruib (Lötschental), schtrüüb ‘ struppig, kränklich, mühsam ’ . Der Grund für den Wechsel des Genus liegt wohl in der unklaren Form. Strimach Strimach m./ n. ist nur als Strimach (Hohtenn) lebend belegt. Die Angaben der Gwpp. sind unterschiedlich. Einer bezieht sich auf <blindstrich> und meint damit Blindschleichen; der andere stellt es zu <ä strimu> ‘ ein Streifen herunter ’ . I D . (11,2257 s. v. strîmacht(ig) betrachtet es als Ableitung zu schwdt. Str ī m m., Pl. -e(n) ‘ Streifen; Sonnenstrahl; Strich, Linie, Struktur; schmales (Teil-) Stück ’ , ahd. str ī mo, mhd. str ī m(e) (I D . 11,2251 ff.). Der Flurname ist dann eine Substantivierung zu einem Adjektiv ‘ strahlend, streifig ’ mit der unklaren Bedeutung 261 262 Strimach <?page no="136"?> von ‘ das strahlende Gebiet ’ . Ob hier Blindschleichen oder die auf der Karte erkennbare Wasserleitung gemeint ist, bleibt unsicher. Strit Strit ist zu schwdt. Str ī t, Strit m. ‘ Streit ’ , amhd. str ī t (I D . 11, 2387 ff.) zu stellen, in rechtlicher Bedeutung ‘ Rechtshandel, Prozess ’ . Bei (Grenz-)Streitigkeiten blieb Strit oft als Name am konkreten Streitobjekt haften (LUNB 1, 2, 1048 f.). G RICHTING (1998, 184) kennt zwar mehrere Ableitungen, nicht aber das Simplex Schtritt ‘ Streit ’ . Das HL kommt in der endungslosen Form nur als Bestimmungswort vor: die Strimathen ‘ die Wiese, um die es einen Streit gab ’ (1572), wohl mit einer Assimilation des auslautenden / t/ an das folgende / m/ und die Streittwasserleiten ‘ die Wasserleitung, um die es einen Streit gab ’ (1705, Gluringen). Eine Ableitung Stritti (unklar, welches Genus) gibt es in der Stritibiel ‘ der Hügel in umstrittenem Gebiet? ’ (Reckingen). Eine Ableitung Stritta f. ist im Singular für Ferden, im Plural t Strittä für Gampel belegt. Beide Namen bezeichnen das gleiche Gebiet, das nach der Sage zwischen den beiden Gemeinden umstritten war. Darüber liegt ein Grat mit dem Namen der Strittugraad (Gampel), resp. dr Strittungraad (Ferden). der Striitutrog ‘ die trogförmige Mulde auf der Strittä ’ ist nur für Gampel belegt. Eine Adjektivableitung liegt vor in die Strittigen Ku ᵕ mmen ‘ die steile, schwer bearbeitbare Chumme (Mulde) ’ . Wie I D . (11, 2408, s. v. strittig, Bed. 2a) angibt, kann das Adjektiv auch ‘ steil, schwer bearbeitbar ’ bedeuten. Strow Strow n. ‘ Stroh ’ ist zu schwdt. Strau(w), -ou(w), wdt. Ströüw(w) Ge-strau(w), -ou(w) n. ‘ Stroh ’ , amhd. str ō (I D . 11, 2419 ff.; G RICHTING 1998, 184 s. v. Schtroww, Schtröww (Goms), Schtroiw (Lötschtal), Schtroi (Leuker Berge), Schtröüw ‘ Stroh ’ ) zu stellen. Belegt ist es in Raron als t Schtrowachra ‘ die Äcker mit Stroh ’ und historisch in Eischoll (1699 im Strauwacher; 1818 in den Strohackren ‘ in den Äckern mit Stroh ’ ). Stroh wurde als Streue für das Vieh verwendet (R ÜBEL 1950, 53). Strubel Strubel ist einerseits nur in Leukerbad für die beiden Berge der Grossstrubil ‘ der Gross-Strubel ’ und der Wildstrubil ‘ der Wildstrubel ’ belegt; dazu kommen Strubelegga (LT; FLNK Strubileggu) beim Gross-Strubel und der Wildstrubilgletscher (Leukerbad, LT Wildstrubelgletscher). Der Bergname Strubel ist hier laut T AGMANN (1946, 3 f.) zum Bachnamen ž e ̩ tró ̩ ble zu deuten, den er auf *stroble zurückführt, das seinerseits auf lat. TURBULU ‘ eau troublé [getrübtes Wasser] ’ zurückgehen könnte. H UB- SCHMIED (1938b, 88) denkt eher an schwdt. Strubel ‘ wirres Grasbüschel ’ und wdt. Schtrubl, Schtrubäl (Goms), Schtrubul (Zermatt), Schtrubel (Saastal), Schtrubil ‘ Haarschopf (struppiger) ’ (I D . 11, 1949 ff.; G RICHTING 1998, 184), das seinerseits für der Strubilwald (Leuk) angenommen werden kann; dieser Wald befindet sich auf der anderen Talseite beim Illgraben. Dass dem Vorkommen in Leukerbad eher ein frpr., als ein schwdt. HL entspricht, kann auf Grund der Geschichte angenommen werden. Hingegen geht der Wald auf der Seite des Illgrabens möglicherweise eher ein schwdt. HL zurück. Das HL wird deswegen unmarkiert gelassen. Struben (FaN) Struben ist ein FaN, der bei J OSSEN (1989, 80) für Mund belegt ist. Der FaN ist auch in einem Beleg von 1706 aus Eggerberg bezeugt (Christiano Struben). Belegt sind: Struben Mamatt ‘ die Mähwiese der Familie Struben, die ein Mann an einem Tag mähen kann ’ (1495, Zermatt), Struben Mattaz (? ) ‘ die Wiese der Familie Struben ’ (1551, Zermatt), au ᵕ fem Strúben Tschúggen ‘ auf dem Fels der Familie Struben ’ (1778, Mund). Die Belege aus Zermatt könnten auch mit dem Flurnamen t Strüüba (Zermatt) in Verbindung stehen. Ob hier das HL Strüüba vorliegt oder der FaN, ist unklar. Ein Zusammenhang mit dem Adjektiv schwdt. strub ‘ struppig, rauh, kraus ’ und Weiterentwicklungen, wdt. strüb, strüüb ‘ struppig, kränklich, mühsam ’ (I D . 11, 1931 ff.; G RICHTING 1998, 184) liegt kaum vor, da das Adjektiv nicht für Felsen oder Mähwiesen verwendet wird. Strucha Strucha ist nur 1412 in Steg als Strucha belegt. Der Ausschnitt aus dem Dokument besagt: supra Luxerram vocatam Strucha. Zu vermuten ist, dass hier ein Feminin Singular vorliegt. Es wäre dann eine feminine Form zu schwdt. Str ū ch II f. ‘ durch das Str ū chen entstandene oberflächliche Furchen, Str ū ch werden abgeeggt und die tote Rasenschollen eingeackert als Dünger ’ (I D . 11, 2044), zum Verb schwdt. str ū che n ‘ die Erde mit dem Pflug oberflächlich stossen, oberflächlich pflügen, damit das Unkraut, der Rasen abstirbt ’ (I D . 11, 2044), dazu auch schwdt. Str ū chi f. durch str ū che n bearbeiteter Ackerboden ’ (I D . 11, 2046). Das hdt. Wort Strauch (G R W B 19, 964 f.) ist nicht bodenständig. Das HL müsste nach 1500 eine Palatalisierung erfahren; sie ist jedoch nicht belegt. Nach C H . U . H.-C HR . A MMANN (p. c.) wäre aber Luxerram zu Lussel ‘ kleiner See ’ (T AGMANN 1945, 10) zu stellen. Wenn tasächlich ein See oder Weiher Strucha genannt Strit 263 264 <?page no="137"?> ist, bleibt der FlN ungedeutet; vorläufig wurden die Deutungen auf Str ū ch zurückgeführt. Struppi Struppi n. ‘ das kleine Gestrüpp ’ ist als Simplex belegt in ts Struppi (Ried-Mörel) und an der Strúpjn Eggen ‘ an der Ecke beim Struppi ’ (1618, Ried-Mörel). Gwp. deutet Struppi als "was beim Schneiden des Korns übrigbleibt; bei der Gerste riss man es aus als Streue: diese Arbeit hiess <struppu>". Diese Deutung findet sich in den Wörterbüchern nicht. Das HL ist zu schwdt. Struppe n Pl. IV ‘ Gestrüpp ’ (I D . 11, 2317) zu stellen; die Form des Namens deutet auf ein Diminutiv. t Strippini ‘ das kleine Gestrüpp ’ (Raron, 1: 10000 Strippinen) ist auch hieher zu stellen: das Gebiet ist heute ein Weinberg; SK kennt jedoch noch keinen Weinberg. Strüss Strüss m. ist nur in ts Strüssibodi ‘ der kleine Boden mit strauss-artigen Pflanzen (wohl Wegerich) ’ (Eischoll) belegt. Es handelt sich laut Beschreibung um eine Pflanze, deren Blüten die Form eines Weihwasserwedels annehmen. B IELANDER (1985, 176) kennt es für Lax; es ist dort das Pfriemgras (S TIPA PENNATA bei L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 1526). Es kommt allerdings höchstens montan vor. Da der Beleg in Eischoll Alpweiden nennt, ist wohl eine andere Pflanze gemeint. Das HL ist zu schwdt. Str ū ß I ‘ Strauss ’ und wdt. Schtrüüs, Schtruiss (Lötschtal) ‘ Blumen ’ (I D . 11, 2368 ff.; G RICHTING 1998, 184) zu stellen. Eine der in I D . genannten Pflanzenarten wie Fuchsschwanz, Spierstaude, Blutweiderich, Nachtviole, grosser Wegerich und ähriger Ehrenpreis können gemeint sein; vermutlich der Alpen-Wegerich (P LANTAGO ALPINA ) (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 886). Strüüb Strüüb Adj. ‘ strub, struppig ’ ist zum schwdt. Adj. str ū b (bzw. -üü-, -ui-, -ou-) von der äusseren Erscheinung, struppig von Natur, rauh, kraus, u. a. von Pflanzen, von Sachen, vom Erdboden, z. B. von einer Strasse, die schwer zu begehen oder zu befahren ist, mhd. str ū be, -p und wdt. schtrüb, schtruib (Lötschental), schtrüüb ‘ struppig ’ (I D . 11, 1931 ff.; G RICHTING 1998, 184) zu stellen. In einigen Fällen dürfte die Form Struben einen FaN Struben (cf. HL S TRUBEN (F A N)) meinen. Vom Adjektiv abgeleitet erscheinen die Ableitungen Strüüba ‘ Grasbänder in den Felsen ’ (Zermatt), ts Strüübi ‘ das kleine Grasband in den Felsen ’ (Raron) und t Strüübini ‘ die kleinen Grasnarben ’ (Naters). Die Ableitungen sind in Form und Bedeutung so nicht im I D . belegt. Stüäch Stüäch ist in der Stüächwäg ‘ der Weg mit Trittspuren ’ (Gampel, FLNK Stüässwäg) belegt. Es handelt sich um einen Weg, der von Jeizinen zur Undren Fäsilalpu führt. Laut Beschreibung handelt es sich um einen flachen, ebenen Weg. Das HL S TÜÄCH ist in dieser Form nicht belegt; auch für Stüäss findet sich nichts. Hingegen ist ein historischer Beleg Stuoffweg (Nr. 38553 von 1670) belegt, der u. a. den Fäselz ŭ n erwähnt, also den Zaun, der die Fäsilalpe abgrenzt. Stuoff wird zum HL S TÜEFFE gestellt, das wohl zu I D . (10, 1464) Stueffe n ‘ Fußstapfe, Trittspur ’ gehört. Dann wäre hier ‘ der Weg mit Trittspuren ’ gemeint. Da aber die Form des Flurnamens dem nicht entspricht, kann keine Deutung gegeben werden. Stuba Stuba f. ‘ Stube ’ ist zu schwdt. Stub, Stube n , Stuba (Pl. -u n ), G'stuben f., ‘ Stube, heizbarer, meist gezimmerter oder getäfelter Raum, Wohnzimmer, gelegentlich auch Schlafzimmer ’ , ‘ Raum der Alphütte, der die Schlafstelle des Sennen, meist auch den (Ess-)Tisch sowie Sitzgelegenheiten enthält ’ , übertragen auf das Gelände ‘ muldenförmige, geschützte Bodenvertiefung ’ , ‘ Feuerstelle im Walde, wo sich Holzarbeiter ihre Mahlzeit bereiten ’ , ahd. stuba, mhd. stube, wdt. Schtuba, Schtubä (Goms), Schtubu ‘ Stube ’ (I D . 10,1101 ff.; G RICHTING 1998, 184; V. S CHMID 2003, 193 ff.; Z INSLI 1946, 339) zu stellen. Das HL ist als Simplex im Singular t Stuba ‘ die Stube (entweder Alphütte oder geschützte Mulde ’ in Binn und Zwischbergen, als zer Stubu in Bürchen belegt. Das Diminutiv im Singular ist bim Stubji ‘ bei der kleinen Stube (Alphütte) ’ (Törbel), im Plural t Stubjini (Eisten, Zwischbergen), in beiden Fällen wohl Felsabsätze, ze Stubjinu ‘ bei den kleinen Stuben (kleine Wohnhäuser bei den Weingärten im Vispertal) ’ (Stalden, Eigentum der Leute von Törbel) und - historisch - Zen Stublinen ‘ bei den kleinen Stuben ’ (1655, Ried-Brig) (laut Text bei der Taferna, wohl einfach Felsabsätze). Mit attributiven Adjektiven finden sich: zum Altu Stubji ‘ bei der alten kleinen Stube ’ (Randa), zer Hochen Stubun ‘ bei der hohen Stube ’ (1639, Zeneggen), im Höchen Stübÿ ‘ bei der hohen kleinen Stube ’ (1690 u. später, Eischoll), t Niwwi Stubu ‘ die neue Stube (Dorfteil von Unterbäch) ’ (Unterbäch), zur Nywen Stuben ‘ bei der neuen Stube ’ (1746, Ausserberg). Als Grundwort kommt das HL wie folgt vor: ts Balmustubi ‘ die kleine Stube / die muldenförmige Bodenvertiefung beim Gebiet Balma (überhängender Fels) ’ (Blatten), di Brunnustubu ‘ die Brunnenstube, Wasserfassung ’ (Gampel, vgl. I D . 11, 1151 f.), bim Forschtbrunnestubji ‘ bei der kleinen Brunnenstube (Reservoir) beim Forst ’ (Ritzingen), Gletscherstube ‘ die Gletscherstube 265 266 Stuba <?page no="138"?> (Hütte beim Märjelensee; Blick auf den Aletschgletscher) ’ (Fieschertal) und die Sandstu ᵕ be ‘ die Sandstube (Sandkasten zur Reinigung des Wassers) ’ (1830, Ergisch; vgl. I D . 10, 1158). Stuck Stuck m., n. ist zu schwdt. Stuck, G'stuck n., m., Stucki, Stücki, Dim. Stuckli, Stückli, Stückji ‘ abgeschnittener, abgetrennter Teil, Bruchstück, Pl. Trümmer, Scherben ’ , ‘ Grundstück, Parzelle; Land im allgemeinen Sinn ’ , ahd. stucki, mhd. stück(e), stuck(e) und zu wdt. Schtukk mit den Diminutiven Schtukkulti, Schtukkji, Schtukkli oder Schtikkilti ‘ Stück, Teil, Theater, Wegstrecke, Sachverhalt, Viehzahl ’ (I D . 10, 1786 ff.; G RICHTING 1998, 185) zu stellen. In Flurnamen ist meist ein abgeteiltes Stück Land zu verstehen, weswegen diese Deutung generell verwendet wird. Der FaN Stuki, Stucki, Stucky (AWWB 252) ist vor allem für das Goms und den Bezirk Östlich-Raron belegt. Laut Gwp. liegt in Stückiegga ‘ die Ecke der Familie Stucky ’ (Ried-Brig) der FaN Stucky vor; ob das auch für Stückigrabe ‘ der Graben der Familie Stucky ’ (Ried- Brig) gilt, ist unklar der Ort liegt weit weg von der Stückiegga (cf. HL Stucky (FaN)). Das HL ist in rund 100 Namen belegt. Das Simplex Stuck kommt jedoch nicht vor. Stattdessen sind mehrere Diminutive bezeugt: Stucki n. ist historisch drei Mal verschieden geschrieben belegt (1448 u. später, Baltschieder; 1641, Binn; 1573, Obergesteln), weiter am Stuckin (1390, Törbel), ts Stuckje (Zermatt), ts Stuckji (Eischoll und fünf weitere), ts Stuckli (Oberwald), im Stucklÿ (1703, Zeneggen), am Stu ᵕ kine (1303, Eyholz), am Stukyne (1306, Staldenried), im Stükÿ (1682 u. später, Raron). Ein Diminutiv mit Umlaut und anschliessender Entrundung ist ts Sticki (Baltschieder, Lax, Raron), wozu es ein feminines Gegenstück gibt (vermutlich eine Re-Interpretation des Neutrums) t Sticki (Ausserbinn; 1619 u. später, Ulrichen). Diminutive im Plural sind zen Stuckinen (1566 u. später, Erschmatt), in den Stúkinen (1794, Ried-Mörel; 1682, Visp), an den Stukinon (unsichere Lesung, 1379, Mund), t Stuckjini (Lalden, Visperterminen), t Stückine (Betten), t Stickini (1573 u. später, Brig; Gampel). Attributive Adjektive zum HL sind wie folgt belegt: am Indren Stúckÿ ‘ am inneren kleinen abgeteilten Stück Land ’ (1776, Staldenried), t Krummu Stickjini ‘ die krummen kleinen abgeteilten Stücke Land ’ (Törbel), der Leng Stuck ‘ das lange abgeteilte Stück Land ’ (1603, Biel), im Langen Stück ‘ im langen abgeteilten Stück Land ’ (1833, Ulrichen), ts Ober Sticki ‘ das obere kleine abgeteilte Stück Land ’ (Obergesteln), t Ober Sticki ‘ das obere kleine abgeteilte Stück Land ’ (Ulrichen, Genus feminin als Umdeutung? ; FLNK Obersticki), am Obrun Stucki (1545 u. später, Unterbäch), der Pmei Stuck ‘ das gemeinsame abgeteilte Stück Land ’ (Binn, zweimal belegt), an dem Boesen Stv ᵢ kine ‘ an dem bösen (schlecht bebaubaren) kleinen abgeteilten Stück Land ’ (1307, Eggerberg), an den Schwino Stuckin ‘ an den verschwindend kleinen abgeteilten Stücken Land ’ (1466, Mund; kaum ‘ für die Schweine ’ ), ts Unner Sticki ‘ das untere kleine abgeteilte Stück Land ’ (Obergesteln), t Unner Sticki ‘ das untere kleine abgeteilte Stück Land ’ (Ulrichen, Genus feminin als Umdeutung? ), an der Vndren Stücki ‘ am unteren kleinen abgeteilten Stück Land ’ (1741, Ritzingen, Genus feminin als Umdeutung? ), au ᵕ f Unterstückÿ ‘ auf dem unteren kleinen abgeteilten Stück Land ’ (1833) und das … Wüsti Stu ᵕ ck ‘ das wüste (unfruchtbare) abgeteilte Stück Land ’ (1832, Geschinen). Vorangestellte Genitive des Besitzers oder Nutzers zum HL sind selten: Agnun Stuckin ‘ das kleine abgeteilte Stück Land des Agno / der Agna ’ (1299, Raron) mit einem schwachen Genitiv Singular, der Herren Stúck ‘ das abgeteilte Stück Land des Herrn (wohl Pfarrherrn) ’ (1804, Obergesteln, schwacher Genitiv Singular), Hitzen Stv ᵢ ke ‘ das kleine abgeteilte Stück Land des Hitzo ’ (1303, Zeneggen), ebenfalls schwacher Genitiv Singular, Mathias Stücklein ‘ das kleine abgeteilte Stück Land des Matthias (PN) ’ (1832, Geschinen) mit unklarem Genitiv, im Balzen Stúck ‘ im abgeteilten Stück Land des Balz (Balthasar? ) ’ (1744, Gluringen) mit schwachem Genitiv Singular, ähnlich beim Bauzistu ᵕ ck ‘ beim kleinen abgeteilten Stück Land des Balzi (Balthasar? ) ’ (1910, Ritzingen), dr Sigruschtustugg ‘ das abgeteilte Stück Land des Sigrists (Sakristans) ’ (Kippel, unklar ob Funktion oder FaN), der Taffinerstúck ‘ das abgeteilte Stück Land der Familie Taffiner ’ (1838, Obergesteln) mit unklarem Genitiv, dr Turnärstuck ‘ das abgeteilte Stück Land der Familie Zumthurm ’ (Wiler, Turnär ist ein alter Genitiv Plural zum Nomen Turn, Turm), der Wengerstuck ‘ das abgeteilte Stück Land der Familie Wenger ’ (1779, Ernen; Wenger kann als alter Genitiv Plural verstanden werden). Hierzu kann auch t Burgerstick ‘ die abgeteilten Stücke Land der Burger ’ (Ulrichen) gehören, ebenso der Bacher Stúck ‘ das abgeteilte Stück Land der Leute vom Bach / der Familie Bacher ’ (Oberwald), wenn Burger und Bacher als alte Genitive Plural betrachtet werden. Einen komplexeren Fall findet man in das Obere Gügerstücklein ‘ das obere kleine abgeteilte Stück Land der Familie Giger ’ (1832, Blitzingen). Zweigliedrige Komposita mit dem HL als Grundwort enthalten meist den Namen einer nahegelegenen Flur als Bestimmungswort, wie etwa in dr Schreejustuck ‘ das abgeteilte Stück Land beim Wasserfall des Mühlebachs ’ (Wiler), wo zer Schreeju Bestimmungswort ist, oder ts Chellustuckji ‘ das kleine abgeteilte Stück Land bei der Chella (kellenförmiges Gebiet) ’ (Unterbäch), aber auch Grundstücke, die einen Tümpel enthalten wie in Stuck 267 268 <?page no="139"?> der Soodstúk ‘ das abgeteilte Stück Land mit einem Tümpel ’ (1868, Filet) oder Roosestuck ‘ das abgeteilte Stück Land mit Roosse (Röstplätze für Hanf und Flachs) ’ (Selkingen). Bei ts Wiissinustuckji ‘ das kleine abgeteilte Stück Land beim Dorfteil Wiissinu (Unterbäch) ’ (Unterbäch) wird der Name eines Dorfteiles erwähnt, der seinerseits wohl auf den FaN Weissen zurückgeht. In einigen Fällen liegt ein Koordinationskompositum vor, etwa in aúff dem Gartenstúck ‘ auf dem abgeteilten Stück Land, das ein Garten ist ’ (1696 u. später, Ried-Mörel). Das fast gleichlautende der Gaartestuck ‘ das abgeteilte Stück Land von der Grösse eines Gartens ’ (Grengiols, Deutung nach Gwp.) scheint sich an der Grösse der Parzelle zu orientieren. am Akerstukine ‘ am abgeteilten Stück Land, das ein Acker ist ’ (1303, Eyholz) kann ebenfalls als Koordinationskompositum verstanden werden. der Chaplustugg ‘ das abgeteilte Stück Land bei der Kapelle / das zur Kapelle gehört ’ (Kippel) ist zweideutig, da die Einkünfte des Grundstückes auch zum Unterhalt der Kapelle dienen können. In dr Orgilischtstuck ‘ das abgeteilte Stück Land des Organisten ’ (Kippel) ist ein Nutzer gemeint, vermutlich der jeweilige Organist der Kirche. Komplexere Konstruktionen sind etwa der Jahrzeitstúck ‘ das abgeteilte Stück Land, dessen Ertrag für Jahrzeiten (Gedenkmesse für Todestage) gebraucht wurde ’ (Obergesteln), der Seelenheilstúck ‘ das abgeteilte Stück Land für das Seelenheil (unklar, ev. bezogen auf eine religiöse Stiftung? ) ’ (1830, Obergesteln), ts Steihüsstuckji ‘ das kleine abgeteilte Stück Land beim Weiler Steinhaus (Haus aus Stein) ’ (Unterbäch) und andere. Als Bestimmungswort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern vor: Grabu, Matta, Tschugge, Wäg und Wald. Einen Sonderfall stellen die zwei Namen der Früestuckplatz (Randa) und Früestucksplatz (Leukerbad) dar. Gemeint sind Orte, wo Bergsteiger ihr Frühstück einnehmen (vgl. HLL P LATZ und F RÜE ). Eine Ableitung auf - IL als Stellenbezeichnung (S ONDER- EGGER 1958, 513) ist belegt in Stuckilbodu (FLNK, Bürchen), und den historischen Belegen im Stu ᵕ ckil Acher (1670 u. später, Bürchen; frühere Belege anders), in den Stúckilachren (1684, Unterbäch, 1620 Stuckelacher), Stúckilweg (1822, Bürchen). Die Bildung kann verstanden werden als Gebiet, wo es abgeteilte Stücke Land hat. Stucky (FaN) Der FaN S TUCKY (AWWB 252; auch Register HRBS), auch S TUKI , S TUCKI und AN DER S TUCKY , für das untere Goms und Westlich-Raron belegt, ist in t Stückiegga ‘ die Ecke der Familie Stucky ’ (Ried-Brig), Stückigrabo ‘ der Graben der Familie Stucky / beim kleinen abgeteilten Stück Land ’ (FLNK, Ried-Brig; LT Stückigrabe) belegt. In Ried-Brig und Brig wird der FaN mit / ü/ ausgesprochen (cf. Chorherr G ABRIEL S TUCKY (1938 - 2005), der in Brig aufgewachsen ist und dann in der Abtei von St. Maurice wirkte). Weitere Belege von FaNN sind möglich, vermischen sich aber mit dem HL Stuck. Studännt Studännt ist als Bestimmungswort in t Studänntuhitta ‘ die von Studenten erbaute, private Schutzhütte (auch Fletschhornhütte, Hütte auf dem Weg zum Fletschhorn) ’ (Eisten, FLNK Studäntuhitta, LT Fletschhornütte) (Eisten, Visperterminen) und Studäntuwäg ‘ der Studentenweg (Weg teilweise von Studenten erbaut) ’ (Ergisch) belegt. Die Beschreibung zum Beleg sagt, dass der Weg zum Teil durch Studenten erstellt worden sei. Die Betonung des HL liegt auf der zweiten Silbe. Zu stellen ist das HL zu schwdt. Studënt m. ‘ Student; z. T. auch von den Schülern der mittleren Stufe (Gymnasium), in der Innerschweiz [u. auch in Brig, i. w.] insbes. von den Zöglingen der geistlichen Kollegien (Gymnasien und Realschulen) ’ , mhd. studente (I D . 10, 1368 f.). Stüde Stüde f. ‘ Staude ’ ist zu schwdt. St ū d, St ū de n , wdt. Schtüüda, Schtüüdä (Goms), Schtuida (Lötschental), Stüüdu f. wesentlich wie nhd. ‘ Staude; holziger Busch, Strauch ’ , dazu kollektiv G(e)stüd, wdt. entrundet G(e)stid n. ‘ Gestäude, Jungholz ’ zu stellen. Davon abgeleitet FaN Studer, Stüder (I D . 10, 1342 f.; I D . 10, 1362 f.; G RICHTING 1998, 185). Das HL ist in rund 130 Flurnamen vertreten. Das ähnliche HL S TUTT m. ‘ Pfahl, Säule ’ kann in Einzelfällen mit Stüde f. verwechselt werden. Auffällig ist, dass in vielen Namen ein Singular erscheint; es wurden wohl nicht nur eigentliche Staudengebiete, sondern auch einzelne Stauden benannt. Das Simplex ist im Singular als Stüda ‘ die Staude ’ (FLNK, Steinhaus), biner Stüda ‘ bei der Staude ’ (Bellwald; Gwp. spricht von <Schluckistauden>), hinder der Stude ‘ hinter der Staude ’ (1679, Biel), bÿe der Studen ‘ bei der Staude ’ (1531 u. später, Münster), beÿ der Stúden ‘ bei der Staude ’ (1786, Oberwald), wider der Studen ‘ wider (gegenüber) der Staude ’ (15? ? , Reckingen), zer Stúden ‘ bei der Staude ’ (1630, Ritzingen), zer Stüdu ‘ bei der Staude ’ (Visperterminen), (lat.: de) von Studun ‘ vom Gebiet mit Stauden ’ (1388, Ried-Mörel, unsicherer Beleg mit mehreren Namen de Riede, de Telle, de Studun). Das Simplex im Plural ist belegt in t Stüde ‘ das Gebiet mit Stauden ’ (Binn, Fieschertal, Mund, Randa, Selkingen, Zermatt), Stüde ‘ das Gebiet mit Stauden ’ (FLNK, Ausserbinn), an den Studen (1528 u. später, Ernen), in den Stúden ‘ im Gebiet mit Stauden ’ (1620, Bürchen; 1736, Embd; 1303, Grächen; 1699 u. später, Raron), in den 269 270 Stüde <?page no="140"?> Stúdenn ‘ im Gebiet mit Stauden ’ (1584, Naters) und inne Stüdu ‘ im Gebiet mit Stauden ’ (Törbel). Das Diminutiv im Singular ist beÿ dem Stüdelti ‘ bei der kleinen Staude ’ (1699 u. später, Obergesteln), beÿ dem Vndren Stidelti ‘ bei der unteren kleinen Staude ’ (1711 u. später, Obergesteln), im Stüdi ‘ im Gebiet der kleinen Staude ’ (Bellwald; FLNK Stüda) belegt. Den Plural des Diminutivs findet man in Stidjini ‘ das kleine Gebiet mit Stauden ’ (FLNK, Bratsch), in de Stidjinu ‘ im kleinen Gebiet mit Stauden ’ (Niedergesteln) und t Stüdjini ‘ die kleinen Gebiete mit Stauden ’ (St. Niklaus). Attributive Adjektive zum HL finden sich wie folgt: beÿ der Faul Studen ‘ bei der faulen Staude ’ (1701, Niederwald), wo eventuell ein Faulbaum (F RANGULUS ALNUS ) gemeint sein kann, t Friiu Stüde ‘ die freien Stauden (laut Gwp. Freilassung von Angeklagten, die hieher gelangten) ’ (Unterbäch), (lat.: super) den Gemeynen Studun ‘ über dem Gebiet mit Stauden, das der Gemeinde gehört ’ (1448, Ried-Brig), in den Gmeinen Studen ‘ in den Gebieten mit Stauden, das der Gemeinde gehört ’ (1765, Naters), beÿ der Grossen Stúden ‘ bei der grossen Staude ’ (1765, Oberwald), Grossi Stüde ‘ das grosse Gebiet mit Stauden ’ (FLNK u. LT, Ulrichen), zer Grossu Stüdu ‘ bei der grossen Staude ’ (Törbel), t Heeju Stide ‘ die hohen Gebiete mit Stauden ’ (Raron), beÿ der Hochen Studen ‘ bei der hohen Staude ’ (1772, Obergesteln), t Indru Stüde ‘ die inneren Stauden (laut Gwp. Erlengebüsche) ’ (Eisten), zer Lengen Studen ‘ beim langen Gebiet mit einer Staude ’ (1527, Ernen), beÿ der Oberen Stúden ‘ bei der oberen Staude ’ (1756, Ritzingen), beÿ der Runden Stu ᵕ den ‘ beim runden Gebiet mit einer Staude ’ (1832, Blitzingen), biner Rund Stüde ‘ beim runden Gebiet mit einer Staude ’ (Münster), t Schwarzu Stuide ‘ das schwarze Gebiet mit Stauden ’ (Simplon; laut Gwp. Legföhren), t Üssru Stüde ‘ die äusseren Gebiete mit Stauden ’ (Eisten), t Wilte Stüde ‘ die wilden (unfruchtbaren) Gebiete mit Stauden ’ (Oberwald) und von der Züreten Stúden ‘ vom bebauten (gezierten) Gebiet mit Stauden ’ (1712, Obergesteln; 1712 Oberwald). Vorangestellte Genitive sind selten: beÿ der Giretschen Stúden ‘ bei der Ebereschen-Staude ’ (1792, Ulrichen; unklar, ob Genitiv oder Kompositum), zer Heynlichen Studen ‘ bei der Staude des Heinlich (Heinrich? ) ’ (1463, Eischoll), beÿ der sogenannten Melkien Stauden ‘ bei der Staude mit Mälchiä (nicht genauer bestimmte Beerenstaude) ’ (1810, Feschel; unklar, ob Genitiv), Roossero Stúde ‘ die Stauden der Familie Roosser ’ (1709 u. später, Filet), tsch Sturzlisch Stüde ‘ das Gebiet mit Stauden der Familie Zurbriggen, die <ts Sturzlisch> genannt wurde ’ (Eggerberg). Mit dem Grundwort fallen zunächst zweigliedrige Komposita auf, welche die Stauden durch Früchte oder Beschaffenheit näher bestimmen: beÿ der Dorenstuden ‘ bei der Staude mit Dornen ’ (Oberems), beÿ den Dornstauden ‘ bei den Stauden mit Dornen ’ (1783, Ernen), beÿ der Haselstauden ‘ bei der Haselstaude ’ (1812, Mund), (lat.: ) a parte superiori der Haselstudon ‘ vom oberen Teil der Haselstaude ’ (1452, Glis), zer Haselstuden ‘ bei der Haselstaude ’ (1399, Naters), ze der Haselstudun ‘ bei der Haselstaude) (1299 u. später, Visperterminen), zer Helfstuden ‘ bei der Hagebuttenstaude ’ (1354, Ulrichen), in der Holderstau ᵕ de ‘ im Gebiet mit Holderstauden ’ (1849, Steg), ob der Hollerstuden ‘ oberhalb der Holunderstaude ’ (1573 u. später, Münster), bÿ der Holler Studen ‘ bei der Holunderstaude ’ (1575, Geschinen), zer Klestuden ‘ bei der Staude mit Klee (? ) ’ (1771, Oberems; wohl eine Fehlangabe zu Schlehstuden), zer Loibstuidu ‘ bei der Laubstaude ’ (Ferden), t Löübstüde ‘ die Laub-Stauden (Erlengebüsche) ’ (Saas-Almagell), t Mälchstüde ‘ die Stauden mit Mällchiä (sonst eher Mehlbaumbeeren, hier wohl andere) ’ (Gampel), zer Melchstuden ‘ bei der Staude mit Mälchiä (nicht näher bestimmte Beerenstaude) ’ (1564 u. später, Guttet), beÿ der [ … ] Melkien Stauden ‘ bei der Staude mit Mälchiä (nicht genauer bestimmte Beerenstaude) ’ (1810, Feschel), zer Schleestuden ‘ bei der Schlehenstaude ’ (1530, Leuk), zer Schleestüdu ‘ bei der Schlehenstaude ’ (Oberems), zer Schlestuden ‘ bei der Schlehenstaude ’ (1554, Unterems). Die meisten Komposita beziehen sich auf eine nahegelegene Flur oder einen Weiler. Einige davon sind: di Bietschistüde ‘ das Gebiet mit Stauden beim Bach (Bietschi) ’ (Raron), di Birchstuidä ‘ die Stauden im Bereich Birch (Birkengehölz) ’ (Blatten), di Birchustüde ‘ die Stauden beim Weiler Zer Birchu ’ (Leukerbad), di Brustuide ‘ die Stauden beim Gebiet Bru (Quelle / Brunnen) ’ (Simplon), Eggerstüde ‘ das Gebiet mit Stauden oberhalb von Eggen ’ (FLNK, Eggerberg), di Gärtjistüde ‘ die (Hasel-) Stauden bei den kleinen Gärten ’ (Hohtenn) und viele andere mehr. In einigen Fällen ist nicht klar, worauf sich der Name bezieht, etwa bei beÿ der Caggenstauden ‘ bei den Stauden mit / bei den Krähen / Raben ’ (1703, Salgesch), wo aber auch ein sonst unbekannter Name für Beeren gemeint sein kann; t (e)Rüätzistüdä ‘ die Stauden beim Rüetzi (unklar) ’ (Gampel), wo unklar ist, ob ein PN zu Grunde liegt, die Hanffgarten Studen ‘ die Stauden beim Hanfgarten ’ (1747, Niederwald), wo zwar klar ist, was ein Hanfgarten ist, aber unklar, welche Staude(n) dort stehen; t Lismerstüde ‘ das Gebiet mit Stauden, die wie von einem Mann gestrickt aussehen (unklar) ’ (Naters), wo Lismer ‘ ein strickender Mann ’ heissen kann, aber nicht muss, t Wingestüde ‘ die Stauden im engen Tal ’ (Ulrichen) erscheinen historisch 1593 als die Twingen Stu ᵕ denn und beziehen sich dort wohl auf die enge Talstelle der Ägene, und andere mehr. Stüde 271 272 <?page no="141"?> Komplexer sind etwa t Hosandstüde ‘ die Stauden im hohen Sandgebiet ’ (Ulrichen), t Landboimstüde ‘ die Stauden beim Landboim ’ (Ergisch), wobei Landboim ‘ Landbaum ’ wohl eine Umdeutung eines romanischen Lampon ist, t Oberdorfstüde ‘ das Gebiet mit Stauden beim Oberdorf (Wiesen oberhalb Laden) ’ (Hohtenn), die Drielackerstuden ‘ die Gebiete mit Stauden bei den Trieläckern (Äcker bei der Traubenpresse) ’ (Eyholz) und andere. Als Bestimmungswort kommt das HL mit folgenden Grundwörtern vor: Acher, Cheer, Egg(a), Gartu, Gassa, Grabu, Grund, Haalta, Matta, Stadel, Wald und Wier. Komplexer sind der Foder und der Hinner Stüdeblätz ‘ der vordere und der hintere Teil des mit Stauden bestandenen Stückes Land ’ (Ulrichen) und dem Undresten Studenwier ‘ der untereste Weiher beim Gebiet mit Stauden ’ (1712, Visperterminen, Dativ konstruktionsbedingt). Das kollektive Gschtid ‘ das Gebiet mit Stauden (kollektiv) ’ ist in ts Gschtid (Ritzingen), der Gschtidwaud ‘ der Wald mit Stauden ’ (Lax) und Gstitt ‘ das Gebiet mit Stauden (kollektiv) ’ (FLNK, Lax) belegt. Eine Ableitung auf - ERA für Wasserleitungen findet sich in t Ober und t Unner Stüdera ‘ die obere und die untere Wasserleitung von / zu den Stauden ’ (Randa); u. U. kann auch der FaN Studer hier zu Grunde liegen. Das Adjektiv stuidig ‘ staudenbestanden ’ kommt nur in t Stuidig Weid ‘ die Weide mit Stauden (heute wohl Wald) ’ (Kippel) vor. Studer (FaN) Studer (FaN), dialektal Stüüder, ist ein bekannter FaN, auch ausserhalb des Wallis. Das Studerhorn (Stüüderhoore, Bellwald) wurde laut E. D ESOR (1844, 161 f.) von L. A GASSIZ benannt; es ist nicht ganz klar, welcher der Berner Studer gemeint war, vermutlich Bernhard R. Studer (W ERLEN 2003, 180, Fn. 5; anderer Meinung ist H ERTIG 1999, 10). Im Oberwallis betrifft der FaN vor allem eine seit dem 15. Jh. bekannte Familie von Visperterminen, die sich ursprünglich nach ihrem Wohnsitz zer Studen nannte und sich im 15. Jh. nach Visp verzweigte (AWWB 252). Im Umfeld des Stüüderhoore (Bellwald, Fieschertal) gibt es das Ober und Unner Stüderjoch und den Stüdergletscher (alle Bellwald und Fieschertal). Einen vorangestellten Genitiv weisen auf: beÿ Studers Haus (1717, Raron) und ts Stüüderschhüüs (Ausserberg), sowie im Plural Studerro agros ‘ die Äcker der Familie Studer ’ (1342, Bitsch). Weiter ist ein Kompositum belegt: ts Stüdersädolti ‘ der kleine Sedel der Familie Studer ’ (Stalden). Eine Stellenableitung auf - ER (S ONDEREGGER 1958, 541) von einer Kollektivableitung auf - IG stellt der Stúdiger ‘ das Gebiet der Familie Studer ’ (Greich) dar. Stüed Stüed ist nur einmal als Bestimmungswort belegt in der Stüedfärrich ‘ der Pferch für die Stuten (? ) ’ (Ausserberg). Das HL ist unklar. 1299 steht jm Stuef Ferrike (Ausserberg), 1774 zum Tuebferrig (Ausserberg). MS notiert als Zweitbeleg der Stüepfärrich und FLNK hat Stüebfärrich. Alle Belege weisen einen Diphthong auf, sodass die Bemerkung “ Von Stauden ” der Gwp falsch ist; das HL Stüüda kennt nur im Lötschental die Diphthongform Stuida (G RICHTING 1998, 185). Der Auslaut kann neben / d/ auch assimiliertes / p/ , / b/ oder / f/ sein. Am nächstliegenden ist also wohl Stuet ‘ Stute ’ (I D . 11, 1843), obwohl das Wort für das Wallis nicht belegt ist (sonst Määra, Mära ‘ Mähre, Stute ’ (G RICHTING 1998, 131)). Stüeffe Stüeffe f. ist zu schwdt. Stueffe n f. ‘ Fussstapfe, Trittspur; ins Bergeis gehauene Stufe ’ , ahd. stuof m., stuofa f., mhd. stuefe f. (I D . 10, 1464) zu stellen. Wie G R W B (20, 292 ff.) ausführt, ist die hdt. Bedeutung ‘ Treppenstufe ’ in den oberdeutschen Dialekten nicht verbreitet; gemeint sind Fuss-Stapfen und Trittspuren. Das Simplex kommt im Singular nur 1783 in Mund als in der Stúoff ‘ beim Ort mit Fuss-Stapfen ’ vor. Einen Plural zeigt Stüeffe ‘ die Fuss-Stapfen ’ (FLNK, Zermatt), wobei hier unklar ist, ob nhd. Stufe mitspielt. Komposita mit Stüeffe als Bestimmungswort sind t Stüeffebinna ‘ der Pflanzplatz mit (Fels-)Stufen ’ (Binn), t Stüefflamme ‘ der glatte Berghang mit Fuss-Stapfen ’ (Oberwald), Stüofmatt ‘ die Wiese mit Fuss-Stapfen ’ (LT, Unterbäch), zu dem auch der Stüomattbodo ‘ der Boden auf der Stüofmatt ’ (Unterbäch, FLNK hat Stüefmattbodu) gehört. Stueg Stueg ist nur in fan der Stuegwalchen (1302, Unterbäch) belegt. Die Rede ist von einem Weg, der von der Stuegwalke zu den Häusern (Huisuren) führt. Das HL selbst ist in dieser Form nirgends belegt. Es dürfte sich aber um die Stückwalke handeln, also die Walke für einzelne Textilstücke. Der Ausdruck ist in der Technologie der Faserbehandlung geläufig (z. B. D ISERENS , L OUIS (1951)). Das HL ist dann als Stück zu lesen (I D . 10, 1786 ff., besonders in der Bedeutung Stück Tuch). Stüel Stüel ist zu schwdt. Stuel m., Dim. Stüeli bzw. -ie-, Stuelti, Stüelti wie nhd. ‘ Stuhl ’ , übertragen auf stuhlähnliche 273 274 Stüel <?page no="142"?> Geräte ‘ Gestell, Gerüst; Brückenjoch ’ , ‘ (bankartig) aufgehäufte Menge ’ , amhd. stuel und wdt. Schtüel, Schtuäl (Lötschtal), Schtüöl ‘ Stuhl, Sitzbank, Exkremente ’ (I D . 11, 284 ff.; G RICHTING 1998, 185)) zu stellen, in FlN übertragen auf stuhlähnliche Geländeformen. Als Simplex kommt nur der Plural des Diminutivs Stielltini ‘ die kleinen Stühle ’ zweimal in Naters vor, auch hier metaphorisch verwendet. Das Grundwort Stüel findet sich in Biichtstuel ‘ Beichtstuhl (Felsnische, die an einen Beichtstuhl erinnert) ’ (Simplon; J ORDAN (2006, 306) hat Biichtschtuäl und Biichtschtuälgalerii für Zwischbergen) (vgl. I D . 11, 3131), Bredigstüol ‘ Predigtstuhl, hier Felskanzel (mit Aussicht) ’ (Saas-Grund) (vgl. I D . 11, 314), Chäiserstuol ‘ Kaiserstuhl, hier Felskanzel mit Aussicht ’ (Ried-Brig) (vgl. I D . 11, 306, auch K RISTOL ET AL . 2005, 472), Chleinu und Grossu Dingstüel ‘ kleiner und grosser Gerichtsstuhl (Gelände, das aussieht wie ein Gerichtsstuhl ’ (vgl. I D . 11, 324). Vorläufig unklar bleiben Gumpen Stu ᵉ le (1351, Törbel; ev. zu Gumpe n , wohl zu 2. ‘ jede Ansammlung von Wasser ’ (I D . 2, 315 f.) und Guntstüol (Stalden; ev zu Gunte n II ‘ Wasseransammlung ’ (I D . 2, 382)), während Mälchstüol ‘ Melkstuhl (Gelände, das an einen Melkstuhl erinnert) ’ (Naters) (vgl. I D . 11, 311) aus dem bäuerlichen Alltag stammt (vgl. R ÜBEL 1950, 61). Als Bestimmungswort findet sich in den Stu ᵉ lmatten ‘ in den Wiesen, die einem Stuhl gleichen ’ (1749, Agarn), und das Stiältihoren ‘ das Stieltihorn (Horn, das einem kleinen Stuhl gleicht) ’ (Wiler), sowie Stielfääscher ‘ die Grasbänder, die wie Stühle aussehen ’ (Naters). Stufe Stufe ist in einem Dokument von 1320 aus Termen als apud Stufen iuxta aquam ‘ bei Stufen neben dem Bach ’ erwähnt. Es kann sich nicht um das hdt. Stufe handeln, da dieses mhd. einen Diphthong / ue/ aufweist; dieser Diphthong kann 1320 noch nicht zu einem Einzelvokal werden. I D . (2, 1456) kennt ein Stüffi (auch mit langem / u/ oder / ui/ ) für das Wallis mit der Bedeutung ‘ mühsame Arbeit ’ ; ob daraus ein Flurname werden kann, ist sehr unsicher. Stumpe Stumpe m. ist zu schwdt. Stump, Stumpe(n) m. ‘ (durch Abschneiden, Abbrechen, Abrauchen) verkürzter, übrig bleibender Teil, Stummel eines Ganzen; Stoppel; abgebrochener, auch stark gestutzter Baum, Aststummel, Wurzelstock ’ , in der Waldwirtschaft vom gefällten oder zu fällenden Stamm, Baum (I D . 11,449 f.; G RICHTING 1998, 185) zu stellen; der FlN ist auch in anderen Namenbüchern dokumentiert (z. B. URNB 3, 545 u. www.ortsnamen.ch s. v. Stumpen). Im Fall von das Stúmpen Kinn ‘ das kurze Kinn (Schlucht) ’ liegt wohl das Adj. stump (I D . 11, 463, Bed. 1 b) ‘ kurz, niedrig ’ ) vor. Belegt ist das Simplex in sechs Flurnamen: jm Stumpen (1687, Ulrichen; 1726 beÿ dem Stumpen), hier wohl ein kleines Stück Land, eventuell mit gekürztem Lischgras (laut Kontext von 1726), der Stumpo (Eggerberg), wohl ein kleines Stück mit Wiesen beim Weiler Finnen, der Stumpu (Simplon), wohl ein abgekürzter Weg nach Simplon (J ORDAN 2006, 197 hat neben Schtumpu auch Undrä Schtumpu, Obrä Schtumpu, Schtumpuwassärleita und Schtumpuchi), der Stumpo ‘ der Baumstumpf ’ (Ried-Brig), am Stumppen (1542, Mund, unklar) und im Plural t Stummpe ‘ die Baumstümpfe ’ (Täsch). Ohne nähere Angaben ist nicht zu entscheiden, worauf sich der Name genau bezieht. Als Bestimmungswort finden sich aús der Stúmppen Wasserleiten ‘ aus der Wasserleitung vom / zum Stumpen ’ (1746 u. später, Simplon; siehe J ORDAN (2006, 197 oben)), ts Stumpuloch ‘ das kleine, niedrige Loch (unter einem Felsen) ’ (Saas-Balen) und ts Stumpuhiisi ‘ das kleine Haus (laut Gwp. nach Spiel ‘ Stumpili trägu ’ benannt) ’ (Embd). Stump als Adjektiv erscheint nur im erwähnten das Stúmpen Kinn ‘ das kurze Kinn ’ (1749, Simplon; nach J ORDAN (2006, 197) liegt allerdings ein Kompositum vor, das das Chi (Schlucht) beim Schtumpu meint). Stund Stund f. ist zu schwdt. Stund f. ‘ Zeitraum, Zeitspanne, Weile (ohne Beziehung auf das genaue Zeitmass); Zeitpunkt, Augenblick; Zeitraum von 60 Minuten; Wegstunde ’ , hier i. S. v. ‘ Wegstunde ’ , ahd. stunt(a), mhd. stunt, stunde (I D . 11, 1050 ff.; G RICHTING 1998, 185) zu stellen. Das HL ist zweimal als Bestimmungswort belegt: ts Stundhüs ‘ das Stundhaus (Haus, das eine Wegstunde von Visp weg liegt) ’ (Visperterminen) und der Stundstei ‘ der Stundenstein (Stein mit Wegzeiten nach Brig und Domodossola) ’ (Simplon). Stupf (FaN) Stupf (FaN) ist ein bis heute mit Bürgerort Mund belegter FaN (J OSSEN 1989, 67), der laut AWWB auch als Stepfer, Stöpfer, zem Stapf, im Stöpf, im Stepf, Imstepf, zem Stepf, Zemstapf, uffem Stapf und im Stupf erscheint (AWWB 250). In der Datenbank sind fünf Belege verzeichnet, jeweils als Erstglied eines Kompositums oder einer Genitivkonstruktion: Stupfacher (1588, Glis), ts Stupfhüüs ‘ das Haus der Familie Stupf ’ (Mund). Mit Genitiv Singular ts Stupfsch Lächa ‘ die Lache (feuchter Boden) der Familie Stupf ’ (Brigerbad) und Stu ᵕ pffs Reben (1693, Eyholz); einen Genitiv Plural der kollektiven - IG -Ableitung zeigt in Stúpfigu Stafell ‘ im Stafel der Familie Stupf ’ (1712, Filet). Stufe 275 276 <?page no="143"?> Stupfu Stupfu ist zu schwdt. Stupf (bzw. -o-), wdt. Stupf, Stüpf, Stipf(i) m., n., ‘ Stechendes, Spitziges; Dorn, Distel, harter Grashalm ’ , aber auch wdt. Schtupf ‘ Stoss, Wink ’ (I D . 11, 1173 f.; G RICHTING 1998, 185) zu stellen., cf. auch HL G SCHTIPF . Das HL ist nur belegt in ze Füf Stupfu ‘ bei den fünf Schritten ’ (Stalden), ein Plural, dessen Deutung als ‘ Schritt ’ unklar ist. Stuppen Stuppen kommt als Simplex in den Stu ᵕ ppen (1687, Naters) vor, dann in den Komposita Stuppulischa ‘ der sumpfige Boden mit Riedgras bei den Stuppen ’ (Naters) und bei der Stuppenlicken ‘ bei der Lücke bei den Stuppen ’ (1687, Naters). I D . kennt zwei Stupp ‘ Staub ’ (11, 1148 f.) und Stupp ‘ Werg, spez. die gröbere Ware; Abfall von Hanf, Flachs ’ (11, 1149 f.). Gwp. spricht beim lebenden Beleg Stuppulischa von ‘ einer Art Büschel ’ - vermutlich sind damit Pflanzen gemeint. Dann würde Stupp als ‘ Werg, Abfall von Hanf, Flachs ’ (I D . 11, 1149 f.) passen, bleibt aber unsicher. Bei G RICHTING (1998) ist das HL nicht belegt. Sturlen (FaN) Sturlen (FaN) ist einmal belegt 1357 als Stûrlenmatta ‘ die Wiese der Familie Sturlin ’ . 1275 ist in Visp die Rede von einem Johannes Sturlin, der ein Grundstück an einem Weg zu vineas de Sturlinguo ‘ der Weinberg der Familie Sturlin ’ besitzt. Der FaN erscheint aber nicht in AWWB oder NWWB. Sturm (FaN) Sturm (FaN) ist nur 1343 in Ernen als Sturings Berg, 1355 in Fiesch als Sturningzberge belegt. Die Belege sind Genitive zu einem FaN Sturing oder Sturning. Wenn der Beleg Wilerswalde mit dem heutigen Wilerwaud in Fiesch identisch ist, muss sich der Berg oberhalb dieses Waldes befunden haben. Berg ist normalerweise nicht eine Bergspitze, sondern ein höher gelegenes Stück Land. Der FaN ist in den Wappenbüchern nicht belegt. Im Register zu den HRBS erscheinen die FaNN Sturm (Sturum) und Sturnetz, doch stammen diese FaNN aus dem 17. Jahrhundert. Die überlieferte Form Sturning oder Sturing legt einen FaN Sturm oder Sturn nahe, von dem die kollektive - ING -Form abgeleitet war. Allerdings ist dann der starke Genitiv auf -s / -z nicht deutbar. F ÖRS- TEMANN (1, 1367) kennt Sturm und Sturmi. Sturnu Sturnu ist nur als tsch Sturnubrunnu ‘ bei der ungestümen Quelle / dem ungestümen Brunnen ’ (Eggerberg, auch EK) belegt. Es handelt sich um ein attributives Adjektiv, das zu schwdt. sturm ‘ stürmisch ’ und wdt. g š turu ‘ stürmisch, aufgeregt ’ (I D . 11. 1495 ff.; W IPF 1910, 65; Grichting 1998, 100) zu stellen ist. Im Kontext von Quellen ist wohl einfach eine ungestüme Quelle zu verstehen (cf. HL S TU- RUND ). Sturund Sturund ‘ stürmend ’ ist ein Partizip Präsens zum Verb stürme n ‘ sturm machen, schwindlig machen ’ (I D . 11, 1503 ff.), bei G RICHTING als Adjektiv gschture ‘ stürmisch, gedankenlos, schwindlig ’ (1998, 100) belegt. Es kommt nur in Sturund Loch ‘ das schwindlig machende Loch ’ (Grächen) und der Sturund Lochschleif ‘ der (Holz-)schleif beim schwindlig machenden Loch ’ (Grächen) vor (cf. HL S TURNU ). Sturz Sturz m. ist als der Gletschersturz ‘ der Gletschersturz (Gebiet, auf das 1901 der Rossbodengletscher stürzte) ’ (Simplon; auch LT; J ORDAN (2006, 81 u. 91 (letzteres mit falschem Verweis, richtig S. 81) als Gletschärschturz) belegt. Es ist zu schwdt. Sturz m., zum Verb stürzen, hier ‘ Abhang; Absturz ’ (I D . 11, 1560 ff.) zu stellen. Sturzli (FaN) Sturzli (FaN) ist nur belegt in tsch Sturzlisch Stüde ‘ das Gebiet mit Stauden der Familie Zurbriggen, die <ts Sturzlisch> genannt wurde ’ (Eggerberg). Es handelt sich also um einen Beinamen des FaN im Genitiv. Stutt Stutt ‘ Pfahl, Pfosten, Stütze ’ ist zu schwdt. Stud, St ū d, W [allis] Stut f., m., n., Pl. Stüd, Dim. Stüdli, Stidli, Studji, Stüdji, wdt. Schtutt, Schtuud (Lötschtal) ‘ Stütze, Pfeiler, Pfosten, Pfahl ’ , mhd. stud f. (I D . 10, 1366 ff.; G RICHTING 1998, 185; R ÜBEL 1950, 39; V. S CHMID 2003, 196) zu stellen. Das HL erscheint als Grundwort in di Brunnustud ‘ die Brunnensäule ’ (Lalden) und als Bestimmungswort in Stúdstadel (1832, Grächen) ‘ der Stadel mit Pfosten ’ . Das 1782 in Embd belegte zúm Studstadel gehört wohl auch hieher, auch wenn 1650 Studsstadoll ‘ Stutz-Stadel ’ steht (cf. HL S TUTZ ). Als Ableitung ist 1774 in Raron im Stuttÿ ‘ beim kleinen Pfosten ’ belegt, ohne dass die genaue Deutung klar wäre. I D . (11, 1843) kennt Stutti als ‘ kleines Tännchen ’ (für Frutigen (BE)) und stellt es versuchsweise zu Stud. Ob das für Raron zutrifft, ist unsicher. Stutz Stutz m. ‘ die steil ansteigende Stelle ’ ist zu schwdt. Stutz m., Pl. -ü-, Stutze(n), Pl. unver., Dim. Stutzli, Stützli, 277 278 Stutz <?page no="144"?> Stützji ‘ stark ansteigende Stelle im Gelände, (kurze, steile) Anhöhe, steile Halde, jäher (Ab-)Hang, Rain, Hügel ’ , bes. auch ‘ steiles Wegstück ’ , mhd. stuz, stuze und wdt. Schtuzz ‘ Wegstück (steil) ’ (I D . 11, 1885 ff.; G RICH- TING 1998, 185) zu stellen. Als Deutung wird nur dann ‘ der steile Weg ’ gegeben, wenn dies aus der Beschreibung klar hervorgeht; sonst steht ‘ die steil ansteigende Stelle ’ in allgemeinerem Sinn. Das HL kommt in rund 160 Namen vor. Das Simplex im Singular der Stutz, auch am, im oder üfem Stutz ist 38 Mal im ganzen Gebiet belegt. Der Plural ist als t Stitz (Saas-Balen, Saas-Fee, Törbel), t Stitzene (Steinhaus, zweimal) und inne Stitzu (Brig) belegt; nur historisch ist in den Stüzenen (1781, Blitzingen) bezeugt. Das Diminutiv erscheint im Singular als ts Stutzji acht Mal, historisch als Stutzgi (1549, Binn) und im Stutzjÿ (1752, Zermatt; früher als am Stutzgi (1529) und am Stitzgi (1696)). Der Plural dazu ist t Stutzjini (Ausserberg, Ferden, Zwischbergen) und das umgelautete und entrundete t Stitzjini (Simplon; J ORDAN (2006, 289) hat Schtitzjini). Mit attributiven Adjektiven erscheint das HL selten: am Gabnen Stutz ‘ an der steilen Stelle beim Gaden (Stall) ’ (1709, Oberwald), dr Häärdig Stutz ‘ die steil ansteigende Stelle mit Erde ’ (Blatten), beÿm Leimiger Stútz ‘ bei der steil ansteigenden Stelle mit Lehm ’ (Greich), ts Ober Stutzji ‘ der obere Teil der kleinen steil ansteigenden Stelle ’ (Täsch, Ulrichen), am Undren Stutz ‘ an der unteren steil ansteigenden Stelle ’ (1845, Blatten), der Unner Stutz ‘ die untere steil ansteigende Stelle ’ (Zermatt) und ts Unner Stutzji ‘ der untere Teil der kleinen steil ansteigenden Stelle ’ (Täsch, Ulrichen). Vorangestellte Genitive des Nutzers oder Besitzers zum HL sind: der Eggurustutz ‘ der steile Schleif der Leute von der Egga (Ecke) ’ (Grächen) mit dem schwachen Genitiv Plural, ts Fuggsch Stutz ‘ die steil ansteigende Stelle der Familie Fux ’ (Randa), der Goofustutz ‘ die steil ansteigende Stelle für die Kinder (laut Gwp. Schlittelhang für Kinder) ’ (Unterbäch) - der Genitiv ist hier allerdings unsicher - , der Joderestutz ‘ die steil ansteigende Stelle des Joder (PN) ’ (Reckingen), dr Poolustutz ‘ der steile Weg, den die Polen (internierte polnische Soldaten) bauten ’ (Blatten), der Raatsheerrustutz ‘ der steile Weg der Ratsherren (hier wohl: Gemeinderat) ’ (Leukerbad). Als Grundwort in zweigliedrigen Komposita ist das HL häufig. Meistens sind es benachbarte Flurnamen, die im Bestimmungswort genannt werden. In sehr wenigen Fällen lässt sich ein FaN erkennen, so in der Schreetistutz ‘ die steil ansteigende Stelle der Familie Schröter ’ (Albinen), wozu die Gwp. die Deutung gibt, der Alpgeteile namens Schröter habe diese Steigung vermeiden wollen. Jegärstutzji (FLNK, Ergisch) bezieht sich entweder auf den FaN Jäger oder auf das Nomen agentis Jäger, während t Jegistitz ‘ die steil ansteigenden Stelle zur Jegi (Jagdgebiet, Felsbänder) ’ (Blatten) ein Gebiet auf der Alpe Guggina nennen, wo gejagt wurde. der Jerjestutz (Blitzingen) bezieht sich entweder auf den FaN Jerjen oder den PN Jörg (oder eine andere Form von Georg). Peterstutz (Steinhaus) meint wohl den PN Peter, ohne dass klar ist, in welcher Beziehung er zum Stutz steht. Zu der Grittistutz ‘ die steil ansteigende Stelle des Gritti ’ (Fieschertal) sagt die Gwp., dass dieser Ort früher einem Mann namens ‘ Gritti ’ gehört habe; es muss sich um einen Beinamen handeln. Ob in im Grangenstutz ‘ in der steil ansteigenden Stelle des Grang (? ) ’ (Ernen) ein PN steckt, ist unklar. Andere Namen sind ebenfalls unklar: im Gablenstutz ‘ in der steil ansteigenden Stelle bei der Wegverzweigung ’ (1722, Oberwald) steckt vermutlich das Nomen Gabel; ob es aber eine Weggabelung bezeichnet, ist unsicher. Bei im Gartner Stútz ‘ in der steil ansteigenden Stelle bei den Gärten ’ (1824, Oberwald) könnte statt Garten auch das Nomen agentis Gärtner stecken. der Ginterstutz und obem Ginterstutz (beide Obergesteln) beziehen sich wohl auf die Siedlung Gintrige ‘ der Ort der Leute des Guntern ’ , das seinerseits wohl auf den FaN G UNTERN zurückzuführen ist. der Gassustutz ‘ der steile Weg vom Ortsteil Gassa (Ried-Brig) aufwärts ’ (Ried-Brig) ist nur erklärbar, wenn Gassa als Name eines Dorfteils von Ried-Brig verstanden wird. Unklar ist dr Stiärstutz ‘ die steil ansteigende Stelle, die einem Stier gleicht ’ (Ferden) - man kann sich, anders als beim Geisstutzji ‘ der kleine steile Weg für die Ziegen ’ (Baltschieder) - kaum vorstellen, dass dies die bevorzugte Stelle für Stiere hätte darstellen können. Komplexere Konstruktionen enthalten mehrgliedrige Bestimmungswörter wie in Gmeimattustutz ‘ der steil ansteigende Weg bei der Gemeindewiese ’ (Niederwald) oder der Hollerborstutz ‘ die steil ansteigende Stelle im Hollerbordwald ’ (St. Niklaus) sind Beispiele dafür; dabei macht aber der letzte Beleg bei SK und FLNK Hollerbordwald, auf LT und bei MS Hollerborwald, das Ganze unsicher. Als Bestimmungswort ist das HL mit folgenden Grundwörtern verbunden: Bach, Birmji, Blatta, Bodu, Gassa, Matta, Schluocht, Stadel und Wald. Komplexer ist Stutzgassuschleif ‘ der Schleif oberhalb der Stutzgassu (die Gasse, die zur steil ansteigenden Stelle führt) ’ (Oberems), die Stútzwasserleiten ‘ die Wasserleitung von / zu der steil ansteigenden Stelle ’ (1713 u. später, Ernen und weitere Belege in Bister, Fiesch und Mühlebach). Eine Ableitung auf - ER ( U ) ist in ze Stutzru (Eischoll) enthalten. Ältere Beleg sind: 1466 an der Stuccun, 1742 im Stutzer, 1809 zen Stútzeren. Die Ableitung ist also jung und zunächst wohl maskulin, erst später feminin. Die Stutz 279 280 <?page no="145"?> Ableitung ist nach S ONDEREGGER (1956, 471 ff.) denominal und bezeichnet hier einen Ort mit vielen steilen Anstiegen. Hierzu gesellt sich der historische Beleg am Stútzeracher (1782, Eischoll), der wahrscheinlich noch ein maskulines Bestimmungswort aufweist. Stutzer (FaN) Stutzer (FaN) bezieht sich auf den FaN Stutzer. Zwar ist der FaN Amstutz, Stutzer belegt (AWWB 10); der FaN bezieht sich aber auf eine Familie, die erst im 18. Jahrhundert aus dem Kanton Schwyz (Küssnacht) ins Wallis einwanderte. Der Beleg Stúczers Acher ‘ der Acker der Familie Stutzer ’ (1450, Ernen) ist klar älter. Es ist deswegen unsicher, ob es sich um den FaN Stutzer oder um die Leute, die am Stutz (steil ansteigende Stelle) wohnten, handelt. Stuync Stuync ist nur in zen Stuync Matta (1361, Bratsch) belegt. Die Lesung folgt P HILIPP K ALBERMATTER (p. c.). Die Schreibung {uy} steht in deutschen Belegen normalerweise für [ü]; so hat etwa Reckingen 1309 zer Luykkun ‘ bei der Lücke ’ und Eischoll 1300 in der Byundun ‘ im Pflanzplatz ’ . Auslautendes {c} nach {n} lässt sich als [ ŋ ] (z. B. in Termen 1320 Wanc ‘ der Grasabhang ’ ) oder als [s], resp. [ts] lesen, wie es etwa für Visperterminen 1256 in Nancz ‘ Nanz (Alpe) ’ belegt ist. Es liegt also entweder Stüng oder Stünz vor. Ersteres ist nicht belegt. In der Konstruktion zen Stuync Matta ‘ bei der Wiese der Leute des Stünz ’ liegt aber wohl ein PN Stün im Genitiv vor; zugleich ist damit der Plural des Artikels plausibler gemacht. Stün ist als Kurzform für den FaN Steffen im Register HRBS enthalten (vgl. auch AWWB 249 und den Verweis von Stin auf Steffen AWWB 251). Das Adjektiv stunz ‘ kurz, abgenutzt, stumpf ’ (I D . 11, 1144) kommt kaum in Frage. Subneche Subneche ist nur einmal 1320 in Naters belegt. Es handelt sich um eine Flur bei Ruppe (wohl Flüe). Der Flurname ist im Dokument sicher, lässt sich aber nicht deuten. Sucka Sucka f. ist vermutlich zum HL S ICKA ‘ feuchtes Gebiet ’ zu stellen. Der einzige Beleg stammt von 1389 in Brig und nennt Mu ͦ slin seu Sucka, also ‘ das kleine Moos (sumpfiges Gebiet) oder Sucka (feuchtes Gebiet) ’ . Süd Süd, frz. sud und it. sud sind zu schwdt. Süde(n) m. ‘ Süden ’ als Himmelsrichtung, verbreitet, doch wenig volkstümlich (dafür Mitt-Tag) mit wenigen jungen FlNN (I D 7, 331) zu stellen. Frz. sud und it. sud werden in Gipfelnamen nachgestellt verwendet. Das dt. Süd kommt in der Südgipfil ‘ der Südgipfel des Diablon ’ (Oberems), der Südlenz ‘ der Südlenz (Gipfelname, auch Lenzspitze) ’ (Randa; zur Benennung siehe HL L ENZ ), der Südlännz ‘ der Südlenz (Gipfelname, auch Lenzspitze) ’ (Saas-Fee). Unklar ist das als ts Schüdegg (Visp) von M. S. notiert, das aber als Südegg (LT und FLNK) erscheint. Es handelt sich hier vermutlich um eine im Süden von Staldbach liegende (Fels-)Ecke. Auf italienisch erscheint Passo di Ventina Sud (LT, Zermatt), wozu sich auf LT auch Passo di Ventina Nord gesellt, das nicht in Datei des VSNB erscheint; zu Ventina cf. HL V ENTINA . Auf französisch ist Pointe Sud de Moming ‘ die Süd-Spitze von Moming (Gipfelname) ’ (LT, Randa) belegt. Eine Adjektivableitung Südlich erscheint in Südlich Jatzihoru ‘ das südliche Jatzihoru (Gipfelname, auf LT nicht benannt, it. Pizzo Cingino Sud) ’ (FLNK, Saas-Almagell), der Südlich Teiffesattel ‘ der südliche Sattel (Bergübergang) beim Tiefenstock (so LT) ’ (Oberwald), Südlich Wisshoru ‘ das südliche Wisshooru (Gipfelname, LT Südl. Wysshorn beim Wysshorn) ’ (FLNK, Naters), auch Südliches Wysshorn ‘ das südliche Wysshorn (Gipfelname, südlich von Wysshorn ‘ weisses Horn ’ ) (LT, Naters). Der dt. Name scheint nicht bodenständig zu sein, da er eigentlich entrundet als Siid(e) erscheinen müsste, das nicht belegt ist. Suet (FaN) Suet (FaN) ist einmal belegt in possessio Jacobi Suetzsch ‘ das Gut des Jakob Suet ’ (1391). Lat. possessio kann als ‘ Gut, Besitztum ’ übersetzt werden. Jacobi Suetzsch ist ein Genitiv, wobei unklar ist, ob der Nominativ des FaN wirklich Suet, oder doch Suetz ist. Der FaN Sueth ist einmal in der Sammlung der Personennamen des FGA als Sueth (J ORDAN o. J.) belegt. Suffun Suffun ist 1237 in Staldenried als apud Suffun belegt. Es handelt sich um einen Akkusativ, wohl zum Nominativ Suffa f. Eine Ableitung auf - OL (S ONDEREGGER 1958, 513) als Stellenbezeichnung erscheint 1662 in Bürchen als jm Suffolboden. I D . (7, 345) kennt Sûffe n allgemein als ‘ schlürfbare Flüssigkeit ’ , genauer als ‘ Käsemilch ’ (so auch bei G RICHTING 1998, 191 als Süüffi) und (7, 358) als ‘ Johannisbeere ’ (aber Belege nur aus Graubünden). Beide Deutungen sind - aus unterschiedlichen Gründen - unsicher. Beim Kompositum Suffolboden könnte der Bezug zum Verb sûffe n ‘ trinken, saufen ’ und wdt. süüfe, süüfä (Goms), suiffn (Lötschental), süüfu ‘ trinken ’ (I D . 7, 346; G RICHTING 1998, 191) gegeben sein, also der Boden, wo das Vieh saufen kann. 281 282 Suffun <?page no="146"?> Sulingen Sulingen ist nur 1545 in Ritzingen als am Sulingen Acher belegt. Die Form scheint ein - ING -Kollektivum zu sein, das entweder die Leute des Sul oder die beim Sul wohnenden Leute meinen kann. S ŭ l ist in I D . (7, 798) nur zu Ortsnamen mit Sul(d) zu stellen, die normalerweise zu einem Sumpf gehören (cf. HL S ULO ). Dem entspricht sonst eher Sol (cf. HL S OL ). Insgesamt kann eine Deutung nicht gegeben werden. Sulo Sulo ist nur 1753 in Guttet als in den Sulo ‘ im Sumpf ’ belegt. Laut Dokument handelt es sich um eine Wiese. Der Kasus ist hdt. eigentlich ein Dativ, hier aber (wie in Leuk und Umgebung öfters) ein Akkusativ. Am nächsten liegt S ŭ l ‘ Sumpf, See ’ (I D . 7, 798), das laut I D . nur in Ortsnamen vorkommt; zu Varianten s. dort, wo auch Formen wie Sulen vorkommen. Sulz Sulz ist bei W IPF (1910, 31) als n. ‘ Sumpf ’ und S. 79 ohne Genusangabe als ‘ Sülze, Schlamm ’ für Visperterminen verzeichnet. Laut Index S. 195 hat es die Genera m. und n. Auch I D . gibt, W IPF folgend, diese Genera an. Von den unter schwdt. Sulz f., m., n. ‘ Salzbrühe, in der das Fleisch gebeizt wird ’ , ‘ Salzlecke, salzige Stelle an Felsen, die von Gemsen aufgesucht wird ’ , ‘ halbflüssiger Schnee, Strassenkot ’ , ‘ Schlamm, sumpfiger Boden ’ , ahd. sulza, mhd. sulze, sülze f. (I D . 7, 899 ff.) verzeichneten Bedeutungen sind wohl nicht alle für die Ortsnamen relevant. Z INSLI (1984, 586) nimmt in alpinen Flurnamen primär ‘ Salzlecke; salzige Stelle an Felsen, die von den Gemsen aufgesucht wird ’ an. Das Simplex Sulz f. kommt nur in Ulrichen vor; es meint dort ‘ Moränenboden und faules Gestein ’ und ist verbunden mit einem Namennest, das t Foder und t Hinner Sulz, der Sulzgraad, t Sulzlicke (dazu Hinneri und Voderi Sulzlicke) umfasst. In Eggerberg ist t Sulza f. als Schafweide belegt (ohne Koordinaten); aus dem Kontext ist nicht klar, ob es sich um Sg. oder Pl. handelt und ob hier die Salzhaltigkeit im Vordergrund steht. Als Kompositum gibt es hier den Sulzacher, wohl ‘ Acker mit sumpfigem Boden ’ . Ein Diminutiv ts Sultzji (Täsch) meint vermutlich ‘ das kleine sumpfige Gebiet ’ . Eine Adjektivbildung ist t Rot Sulz (Grengiols), ein Jägerstand in der Nähe einer Salzlecke, die vor allem Gemsen anzieht. Weitere Belege enthalten Sulz als Bestimmungswort zu Acher, Bach, Balm, Färrich, Gletscher, Egg(a), Matta, Wald und Wäg. Die komplexeste Form ist das ober Sultz Greblj (1697, Brig), wohl ‘ der obere kleine Graben mit sumpfigem Boden ’ . Im Einzelfall ist ohne genauere Angaben nicht zu entscheiden, wie Sulz zu deuten ist. Summer Summer m. ‘ Sommer ’ ist zu schwdt. Sumer m., Pl. unverändert, aber Sumra in Visperterminen, wie nhd. ‘ Sommer ’ , ahd. sumar, mhd. sumer, auch FaN (I D . 7, 975 ff.; G RICHTING 1998, 190), in FlN zur Bezeichnung von Kulturland, das besonders im Sommer ertragreich ist oder besonders im Sommer genutzt wird (TGNB 2, 2, 588). Das HL wird rund zehn Mal und nur als Bestimmungswort benutzt. Die Grundwörter sind Egg(a), Gadu, Hüs, Matta, Seil und Tschugge. Komplexere Bildungen sind Summerhüsheeji ‘ die Höhe beim Sommerhaus ’ (Staldenried), und die Summerseiliwasserleiten ‘ die Wasserleitung vom / zum Summerseili (wie eine Anbindestelle für Vieh im Sommer? ) ’ (1682, Ried-Mörel), zu Seili siehe HL S EIL . Das nur einmal belegte zer Summermattu ‘ bei der Sommerwiese ’ (früherer Weiler von Eisten) ist auch im FaN Summermatter enthalten (cf. HL S UMMERMATTER (F A N)). Summermatter (FaN) Summermatter (FaN) ist der FaN Summermatter, einer Familie des Bezirks Visp, die ihren Namen nach dem Stammsitz, der Summermatte bei Eisten, führte. Sie verzweigte sich schon früh in verschiedene Gemeinden des Vispertales, so nach Eisten, Grächen und Törbel im 15. Jh., nach Visp im 16. Jh. und von Grächen im 17. Jh. nach St. Niklaus; man findet sie auch früh in Turtmann (AWWB 252 u. W. M EYER 1991, 240). Belegt sind der Summermatterwald ‘ der Wald der Familie Summermatter ’ (St. Niklaus), jn Sumermattero Brand ‘ im brandgerodeten Gebiet der Familie Summermatter ’ (1676, Stalden) und dazu Waldt ‘ Wald ’ , der auch lateinisch 1688 in syluam Summermattero ‘ der Wald der Familie Summermatter ’ (Stalden) belegt ist. Summus Summus ‘ höchster ’ ist ein lat. Adjektiv, das historisch in Salgesch 1494 als jn summo de laz chinaz ‘ zuoberst im Dorfteil Cina ’ belegt ist. 1546 wird es französisiert als en sombe de la chynaz; 1579 seltsam geschrieben als jn sumoz de la china. Wieweit das Adjektiv noch als Namenbestandteil, abgeleitet von lat. summus ‘ höchster ’ , verstanden wurde, ist unklar. Zu stellen ist es aber als Sommet (T AGMANN 1946, 62), der es zu S UMMA stellt. Sumpf Sumpf m. ‘ der Sumpf ’ ist zu schwdt. Sumpf m., Pl. -ü- (-i-) wie nhd. ‘ Sumpf ’ , heute allg. bekannt, doch nicht volkstümlich, dafür Moos, Riet, Sööken, Sücken, Sulz, ahd. Sulingen 283 284 <?page no="147"?> sumft, mhd. sumpf, sunpf und wdt. Sumpf, Pl. Simpf ‘ Sumpf ’ (I D . 7, 992; G RICHTING 1998, 190) zu stellen. Das Simplex dr Sumpf (Ferden, Kippel) betrifft den gleichen Ort, gleich wie auch den dazu gehörenden Sumpfwald ‘ der Wald beim Sumpf ’ (FLNK, Ferden; Kippel). Nur in Kippel belegt sind: der Ober und der Unner Sumpf ‘ der obere und der untere Teil des Sumpf ’ und t Sumpftola ‘ die Mulde unterhalb des Sumpf ’ . In Oberwald ist im Sumpf ‘ im Sumpf ’ bezeugt. Die Belege sind durchwegs lebend; historische Belege fehlen, was auf das geringe Alter der Namen hinweist. Sunna Sunna f. ‘ Sonnseite ’ ist zu schwdt. Sunn, Sonn, Sun(n)a f. in der älteren Sprache auch m. ‘ Sonne ’ , nach der Sonne bestimmte Lage, Richtung ’ , ahd. sunna, mhd. sunne und wdt. Sunna, Sunnä (Goms), Sunu (Saastal), Sunnu ‘ Sonne ’ (I D . 7, 1092 ff.; G RICHTING 1998, 190), in FlN Geländestücke, die von der Sonne (besonders Morgensonne) gut beschienen und gewärmt werden und daher guten Ertrag liefern, meist Südlage, exponierte oder erhöhte Stellen (TGNB 2, 2, 589), zu stellen. Von den rund 80 Belegen befinden sich die grösste Zahl im Bezirk Visp; die anderen Bezirke weisen nur vereinzelte Belege auf und Westlich-Raron gar keinen. Das Simplex im Singular ist als t Sunna (Eisten, Emdbd, Visperterminen und Zeneggen), t Sunu (Saas- Balen (3 Belege), Saas-Fee, Saas-Grund), historisch an der Sohnen (1686, Grächen), in der Sonnen (1621, Saastal) und in der Sunnen (1644, Grächen) belegt. Im Plural erscheint es als t Sunne (Staldenried) und in den Su ᵕ nnen (1647, Stalden). Die Diminutive sind im Singular: das Sonnili (1699, Randa; 1669, Täsch; gleicher Beleg); ts Sunnilli (Törbel), im Súnnilti (1831, Brigerbad). Im Plural sind die Diminutive: t Sunnetjini (Bitsch (FLNK Sunneggini), t Sunnetjini (Ried-Mörel), t Sunnilini (Eisten), t Sunillini (Embd), Sunnini (FLNK, Visperterminen), t Sunnini (Staldenried, FLNK Sunnili). Mit attributiven Adjektiven ist das HL belegt als: di Gmeinu Sunna ‘ das sonnseitig gelegene Grundstück, das der Gemeinde gehört ’ (Eisten), t Hinndru Sunnini ‘ die hinteren kleinen sonnseitig gelegenen Grundstücke ’ (Visperterminen), t Inner Sunnu ‘ das innere, sonnseitig gelegene Grundstück ’ (Visperterminen), t Obru und t Undru Sunnini ‘ die oberen und die unteren kleinen sonnseitig gelegenen Grundstücke ’ (Visperterminen), die Úndern Sonnen ‘ das untere sonnseitig gelegene Grundstück ’ (1836, Saas-Grund), in den Wÿssen Sonnen ‘ in den weissen sonnseitig gelegenen Grundstücken ’ (1732, Zeneggen). Mit dem HL als Grundwort sind eine Reihe von zweigliedrigen Komposita belegt, die meist eine nahegelegene Flur bezeichnen: in der Bielti Sonnen ‘ im sonnseitig gelegenen Grunstück beim kleinen Hügel ’ (1792, Visperterminen), di Bodusunna ‘ das sonnseitig gelegene Grundstück unterhalb des Boden ’ (Randa), di Brannsunna ‘ das sonnseitig gelegene Grundstück beim brandgerodeten Gebiet ’ (Grächen. FLNK Brandsunna), di Gallgesunna ‘ das sonnseitig gelegene Grundstück bei der Galgera ’ (Eisten) und viele andere mehr. Auffallend sind t Jagobjisunna ‘ das sonnseitig gelegene Grundstück des kleinen Jakob ’ (Visperterminen) (wobei hier unklar ist, worauf sich Jagobji bezieht: ein lokaler Übername oder ein Bildstock? ) und t Kapolusunna ‘ das sonnseitig gelegene Grundstück bei der (Dreifaltigkeits-)Kapelle ’ (Visperterminen). Zwar klar, aber dennoch ungedeutet sind di Barmilisunna (Visperterminen) und jn der Bermülinsonnen (1628, Visp) in beiden kommt der Flurname Barmili vor, der seinerseits undeutbar ist. Weitere komplexe Konstruktionen fehlen. Als Bestimmungswort kommt das HL mit folgenden Grundwörtern vor: Brand, Egg(a), Grabu, Haalta, Hitta, Matta, Richti, Schiir, Sita, Stadel, Wäg und Wald. Komplexer ist an den Sonnen Matten Rús ‘ der Wasserlauf von / zu der Sonnenwiese ’ (1749, Visp). Das Adjektiv sunnig ‘ sonnig ’ (I D . 7, 1103) tritt auf mit den Grundwörtern Flüö, Gletscher, Graat, Hooru, Nacke, Pass und Sita. Dabei fällt auf, dass um das Sunighoru ‘ Sonnighorn ’ (Saas-Almagell, LT Sonnighorn; it. Pizzo Bottarello) ein Nest mit der Suniggraad, der Sunigpass, Sunniggletscher (alle Saas-Almagell) existiert, das wahrscheinlich auf einer späteren Benennung durch Alpinisten beruht. Der Bergname Bottarello ist so weder bei O LIVIERI (1965), noch sonst belegt. Suon Suon f. ‘ Wasserleitung ’ ist zu wdt. Suen, Sua, Süe(n) f., Pl. Suene(n), Unterbäch Siene(n), Dim. Süenli Süalli ‘ Wasserleitung; Wassergang einer Art Schlitzgraben ’ , Süen, Süön, Suän ‘ Wasserrinne, Wasserleitung ’ (I D 7, 1109; B ELLWALD / W ÜRTH 2006, 32 ff.; G RICHTING 1998, 190) zu stellen. Flurnamen mit diesem HL finden sich praktisch nur im Bezirk Westlich Raron; sonst wird dafür Wasserleita ‘ Wasserleitung ’ oder Runs ‘ Wasserleitung, Wasserlauf ’ verwendet. Das HL wird häufig in der touristischen Literatur für das Oberwallis gebraucht. Es ist in rund 100 Namen belegt. Das Simplex kommt nur im Plural als zin Siänu ‘ bei den Wasserleitungen ’ (Ferden) vor, wo eine Wasserleitung aus dem Färdanbach abzweigt. Das 1698 in St. Niklaus belegte an den Sienen ‘ an den Wasserleitungen ’ ist unsicher, M. S. weiss nicht, ob der Beleg überhaupt zu 285 286 Suon <?page no="148"?> St. Niklaus gehört - es ist einer der wenigen Belege ausserhalb des Bezirkes Westlich Raron. Mit attributiven Adjektiven ist das HL wie folgt belegt: t Alt Suän ‘ die alte Wasserleitung ’ (Blatten), Alti Süä ‘ die alte Wasserleitung (vom Ronbach her) ’ (FLNK, Bürchen), Alti Süe ‘ die alte Wasserleitung (vom Milibach her) ’ (FLNK, Unterbäch; LT Alte Suon), t Alti Süe ‘ die alte Wasserleitung (vom Gorpatbach her) ’ (Eischoll), Goldini Suän ‘ die goldene Wasserleitung ’ (FLNK, Ferden) und di Guldinu Siänä ‘ die goldenen Wasserleitungen ’ (Ferden; gleicher Ort wie der vorhergehende Flurname), di Guldi Suän ‘ die goldene Wasserleitung ’ (Kippel; FLNK Guldini Suän), di Guldisuän (Wiler) (heute keine Suon erkennbar, auf Lauchernalp), die Höche Súon ‘ die hohe Wasserleitung ’ (1664, Wiler), ob der Höchen Súen ‘ oberhalb der hohen Wasserleitung ’ (1690, Blatten), aúf der Höhen S ŭ hn ‘ auf der hohen Wasserleitung ’ (1867, Kippel), t Niiw Suän ‘ die neue Wasserleitung ’ (Blatten), Niwwi Süe ‘ die neue Wasserleitung ’ (FLNK, Eischoll), Nüw S ŏ n ‘ die neue Wasserleitung ’ (1501 u. später, Unterbäch), die Niwe S ŭ on ‘ die neue Wasserleitung ’ (Bürchen), t Obri Süe ‘ die obere Wasserleitung ’ (Niedergesteln), t Undri Süe ‘ die untere Wasserleitung ’ (Niedergesteln). Vorangestellte Genitive sind auf - ER belegt: Eischlersüe ‘ die zu Eischoll gehörende Wasserleitung ’ (FLNK, Unterbäch), Gärwersuon ‘ die Wasserleitung, die von / zu ze Gärwerru führt (Ort, wo es V ERATRUM ALBUM (Weisser Germer) hat / wo die Gerber wohnen) ’ (1781, Bürchen), t Lügjerrusüe ‘ die Wasserleitung, die an der Lüogju (Aussichtsstelle) vorbeiführt ’ (Hohtenn), das Pfanmatter Súonli ‘ die kleine Wasserleitung der Familie Pfammatter / die von der / zur Pfandmatte führt ’ (1738, Eischoll), t Seebärgärsuän ‘ die Wasserleitung der Familie Seeberger ’ (Kippel), t Stägerrusüe ‘ die Wasserleitung der Leute von Steg ’ (Hohtenn). Als Grundwort verbindet sich das HL in zweigliedrigen Komposita mit der Angabe von Ausgangs- oder Zielort der Wasserleitung, manchmal auch mit Orten, an denen sie vorbeiführt. Beispiele sind ts Alpusieli ‘ die kleine Wasserleitung zur Alpe ’ (Hohtenn), die Eistsu ͦ n ‘ die Suon (Wasserleitung), die zum Gebiet Eischt (Schafstall) fliesst ’ (1638, Blatten), t Färdasuän ‘ die Wasserleitung Richtung Ferden ’ (Kippel), Gieschsüe ‘ die Wasserleitung nach Giesch ’ (FLNK, Hohtenn) und viele andere mehr. Komplexer sind t Alti Gieschsüe ‘ die alte Wasserleitung nach Giesch ’ (Hohtenn, Niedergesteln), t Forsassuän ‘ die Wasserleitung, die die Forsass (Voralpe) bewässert ’ (Blatten), t Färdariedsuän ‘ die Wasserleitung, die vom / zum Ferdenried (Ried bei Ferden) fliesst ’ und andere mehr. Ein besonders schwierig zu deutender Beleg stammt von 1665: die Wasserleúten Súon ‘ die Suon (Wasserleitung) bei “ Zer Wasserleitung ”’ (Ferden), wo unklar bleibt, ob der Schreiber meinte, dass die betreffende Wasserleitung Suon heisse, oder ob eine Suon bei einer Flur zer Wasserleitung vorbeiführte. Als Bestimmungswort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita zusammen mit den Grundwörtern Acher, Schepfi, Schnitta und Stadel vor. Ein komplexerer Fall ist di Gieschsüüeabschlacht ‘ die Stelle, wo die Giesch-Suon (Wasserleitung nach Giesch) abgeleitet wird ’ (Hohtenn). Der interessanteste Beleg ist sicher Almagäller Suonuwäg ‘ der Weg zu den Suonen (Wasserleitungen) von Saas- Almagell ’ (FLNK, Saas-Almagell), offenbar ein touristisch vermarkteter Name im Bezirk Visp, der sonst das HL S UON gar nicht kennt. Am unklarsten ist der Beleg in christa dou svon (1484, Varen). Der Beleg ist romanisch, christa ist als ‘ Hügel ’ oder ‘ Krete ’ zu übersetzen. Ob in svon tatsächlich das Wort Suon steckt, ist unklar. Wenn, dann wäre es hier vom Schreiber als romanisches Wort verstanden worden. Die Deutung von Suon ist umstritten. R ÜBEL (1950, 87, Fn. 2) referiert H UBSCHMIED , der ein keltisches *su-agnis ‘ die schöne Leitung, die künstliche Leitung ’ annimmt und auch den Ort Suen im Mittelwallis so erklären will (nach J ACCARD 1906, 447, der darin allerdings ein Patronymikon auf - INGIS sieht). Die Deutung von ahd. suona ‘ Sühne ’ (nach F URRER 1850, 94) lässt sich aus semantischen Gründen nicht halten. G LATTHARD (1987, 3 f.) nimmt ahd. suola ‘ Egge, Furche ’ als Ausgangspunkt an und skizziert die lautliche Entwicklung zu Suon. Insgesamt kann keine der Erklärungen überzeugen. Der älteste Beleg scheint das romanische dou svon (1484, Varen) zu sein, dessen Deutung unklar ist; wenn tatsächlich ein frpr. Etymon gegeben wäre, ist die Deutung unsicher. Superiore Superiore ist nur in Passo Superiore di Pesciora (Oberwald) belegt. Zwischen dem Pizzo Pesciora und dem Pizzo Rotondo liegen der obere und der untere (inferiore, nicht belegt) Passo di Pesciora. Der Name bezieht sich auf die Alpe di Pesciora im Bedretto-Tal auf Tessiner Gebiet; P ESCIORA lässt sich wohl als Pflanzenname deuten (cf. HL P ESCIORA ). Superiore ist zu it. superiore ‘ höher, höher gelegen; obere, Ober- ’ (Komparativ zu it. alto ‘ hoch ’ ) zu stellen (LSI 5, 370 s. v. süperiór; D EVOTO / O LI 2020, 2237). Suph Suph, auch Supch ist ein romanisches Lexem, belegt in Ergisch 1320 als sub saxis dou supch, 1328 sub saxis dou suphin, 1351 sub saxis dou supch und in Turtmann 1328 sub saxis dol suph. Die Belege sind schon lautlich schwie- Superiore 287 288 <?page no="149"?> rig zu interpretieren; inhaltlich bleiben sie undurchsichtig. Währen sub saxis ‘ unter den Felsen / Steinen ’ problemlos ist, kann suph / suphin / supch nicht gedeutet werden. M EYER (1914) analysiert Schreibungen aus dem 13. Jahrhundert aus dem Val d'Anniviers; Suph und seine Varianten sind dort aber nicht belegt. Surmison Surmison ist nur 1740 in Varen als in Surmison (Weinberg) erwähnt. Es ist wohl zu lat. s ŭ per über, oben (FEW 12, 430 ff.) und lat. mansio aufenthalt, unterkunft (FEW 6, 1, 234 ff.) (cf. HL M ISSONG ) zu stellen und meint ‘ oberhalb des Hauses / der Häuser ’ . Suroch Suroch ist nur einmal 1741 in Termen als bÿ dem Suroch Baum ‘ beim Suroch-Baum ’ belegt. Es ist zu schwdt. S ū rach(er), -ocher, -ech(er) m. ‘ Sauerdorn, B ERBERIS VULGA- RIS ’ , ‘ saure Apfelsorte, auch saurer Apfel überhaupt ’ (I D . 4, 1282 f.; G R W B 14, 1922 ff.) zu stellen. Die dialektale Form müsste wohl Süüroch lauten, doch ist sie so bei G RICHTING (1998, 191 s. v. Süüri) nicht belegt; gemeint ist hier laut Kontext ein Baum mit sauren Äpfeln. Suste Suste ist zu schwdt. Sust, Suste n , Sueste n f. ‘ öffentlich gedeckte Halle zum Einstellen der Saumtiere bzw. Wagen mit Kaufmannsgütern oder öffentliches Lagerhaus für Waren ’ , die Benutzung war obligatorisch und geschah gegen Erlegung einer Gebühr, in der Sust wurde auch der Zoll erhoben, ‘ Wagenschuppen überhaupt ’ , ‘ Schirmdach (auf steinernem Unterbau) in den Alpen ’ und wdt. Suschta, Suschtä (Goms), Suschtu ‘ Gebäude (geräumiges) ’ (I D . 7, 1415 ff.; G RICHTING 1998, 191) zu stellen. Laut I D . stammt das Wort aus dem Romanischen, vgl. it. sosta ‘ Ruhe, Rast, Stillstand ’ . Der Ortsteil Susten (Leuk) ist der bekannteste Vertreter des Namens im Oberwallis. In den Belegen sind die Susten von Brig als beÿ der Susten (lat. sustam), von Simplon-Dorf als uf der Suschtu ‘ auf der Suste (Dorfteil von Simplon-Dorf) ’ , von Visp (lat.) sustam und von Leuk als t Suschtu vertreten. Hier handelt es sich um Susten, die in der Deutung als ‘ Pferdewechselstationen ’ angegeben wurden genauer wurden hier die Lasten ( “ Ballen ” ) der Maultiere und Pferde umgeladen. Die Belege t Suschta (Bellwald), zer Suston (1435, Naters), t Suschta (Visperterminen) und der Diminutiv ts Suschtelti (Naters) bezeichnen grössere oder kleinere Gebäude. In Bellwald ist 1871 Brúnnen bei der Súste ‘ der Brunnen / die Quelle bei der Suste ’ erwähnt, wobei t Suschta einfach ein Gebäude bezeichnet. In Simplon-Dorf ist t Suschtmatta ‘ die Wiese bei der Suste (Dorfteil von Simplon-Dorf) ’ belegt, in Susten t Suschtmatta ‘ die Wiese bei Susten ’ . Hier gibt es auch t Suschtnerchilchu ‘ die Kirche von Susten ’ . Und oberhalb des Suschtelti (Naters) gibt es der Suschteltigrabo ‘ der Graben oberhalb des Suschtelti ’ . Unklar ist die Stelle: der Ferrich Susta (1787, Leuk), die wir nicht deuten können. Das Dokument sagt: zen Gampinen der Ferrich Susta dem Treichweg (1787). P H . K ALBERMATTER liest statt Susta juxta ‘ neben ’ , sosass der Text ‘ in Gampinen der Pferch neben dem Treichweg ’ lautet. Süstherren Süstherren f. ist nur belegt in jn der Süstherren (1565, Baltschieder). Die Lesung ist unsicher, notiert ist alternativ Süscherren. Im Kontext wird die Flur als prati siluestris ‘ Waldmatte ’ bezeichnet. Es scheint sich um eine - ERRA -Ableitung zu handeln (bei S ONDEREGGER 1958, 471 zu lat. -âria, ahd. -arra). An nächstliegenden ist wohl an eine Ableitung zu Süw ‘ Schwein ’ (R ÜBEL 1950, 112; G RICHTING 1998, 191; I D . 7, 1486 ff. s. v. S ū w) zu denken, wobei die genaue Form unklar ist. Die Deutung wäre dann ‘ der Ort für die Schweineweide (Waldweide) ’ . Suter (FaN) Suter ist ein FaN, der unter Schuhmacher (AWWB 237) erwähnt wird. Er ist zu schwdt. S ū ter m. ‘ einer, der nähen kann ’ (W[allis]), ‘ Schuster ’ , ahd. s ū tari, mhd. s ū t œ re m., umgebildet aus lat. s ū tor ‘ Schuster ’ oder dem daraus hervorgehenden FaN Suter (I D . 7, 1477) zu stellen. Als FaN ist Suter jedoch im NWWB und im Register zu den HRBS nicht belegt. Belegt ist der Name normalerweise als endungsloses Bestimmungswort wie der Suter Gassen ‘ (neben) der Gasse der Familie Suter / des Schusters ’ (1778, Guttet), in die Sutter Matten ‘ in den Wiesen der Famlie Suter ’ (1691 u. später ’ , Guttet), Zu ᵕ tter Hau ᵕ s ‘ das Haus der Familie Suter ’ (1652, Unterems) oder als starker Genitiv wie zu Suters Huss ‘ beim Haus der Familie Suter ’ (1680 u. später, Oberems), Suters Eÿa ‘ die Aue der Familie Suter ’ (1548 u. später) und dazu an Súters Eyen Gassen ‘ an der Gasse, die zur Aue der Familie Suter führt ’ (1698, Baltschieder). Unklar ist bey Suteri Hauss ‘ beim Haus der Familie Suter / der Suterin ’ (1693, Betten), wo sowohl ein (falscher) Genitiv, wie auch eine Feminin-Ableitung vorliegen kann. Sehr schwierig schliesslich ist der Beleg iuxta Buydun Sutoris (1302, Mund). Der Genitiv Sutoris kann sowohl ‘ der Familie Suter ’ , als auch ‘ des Schusters ’ 289 290 Suter (FaN) <?page no="150"?> bedeuten. Buydun dürfte wohl die Dativ-Form von Buyda sein, das Wort für das spätere Biina ‘ Pflanzplatz ’ . Der FaN ist mehrfach als Suter belegt (etwa 1367 als Johannes Suter de Praes (von Bratsch) oder 1406 als Symonis Suter ‘ des Simon Suter ’ . Der FaN Suter war also wohl bekannt, ist aber trotz seiner weiten Bekanntheit als Suter oder Sutter (F AMILIENBUCH DER S CHWEIZ 3, 1813 - 1818) für das Oberwallis nicht bezeugt. Süür Süür ‘ sauer ’ ist zum schwdt. Adj. s ū r, sürer, surer ‘ sauer, scharf, herb ’ , s ū re(r) Bode(n) ‘ nasser, schlechter Wiesen-, Streuegrund ’ , amhd. s ū r (I D . 7, 1274 ff. (spez. 1279 f.)) und wdt. süür, suir (Lötschtal) ‘ sauer ’ (G RICHTING 1998, 191), bzw. schwdt. S ū r, S ū r(el)e(n), S ū ri bzw. Sür(el)e(n), Süri n., f. ‘ Sauerampfer, Alpenampfer, schildblättriger Ampfer, Sauerklee ’ (I D . 7, 1282), wdt. Süüri, Suirä (Lötschtal) ‘ Sauerampfer ’ (G RICHTING 1998, 191) zu stellen. Das Simplex des Adjektivs kommt nicht vor, hingegen das Simplex des abgeleiteten Nomens Süri in inne Süre ‘ in den Wiesen mit Sauerampfer ’ (Glis). Als Erstglied eines Kompositums findet sich Süür in ts Süürlöüb ‘ das saure Laub (Laub mit Sauerampfer / sauren Pflanzen) ’ (Ried-Brig), Sürrigg ‘ der Rücken mit schlechtem Boden ’ (Termen), der Sürtritt ‘ der Tritt mit schlechtem Boden ’ (Zermatt) und der Sürwang ‘ der Grasabhang mit Sauerampfer ’ (Eisten). Süürlöüb ist in I D . (3, 956) als Sûr-Laub ‘ Sauerdorn, Sauerampfer ’ belegt. Das Nomen Süüri erscheint in der Suirigrabu ‘ der Graben mit Sauerampfer ’ (Simplon), der Süürigrabo ‘ der Graben mit Sauerampfer ’ (Eyholz, Visperterminen), t Sürieggu ‘ die Ecke mit Sauerampfer ’ (Ergisch) und t Süripletschu ‘ die Ebene mit Sauerampfer ’ (Ergisch). Im Einzelfall ist nicht immer klar, ob ein ‘ saurer Boden ’ oder eine ‘ saure Pflanze (Sauerampfer) ’ gemeint ist. Zu Sauerampfer vgl. die verschiedenen Pflanzen unter R UMEX bei L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 684 - 692). Im Einzelnen ist nicht genau zu eruieren, welche der Pflanzenarten jeweils vorkommen. Suw Suw ‘ Schwein ’ ist zu schwdt. S ū w, Süw f., Pl. Süüw, Dim. Süüwli, Siwwji (Mü[nster]), wdt. Süww, Süü (Saastal), Suiw (Lötschtal), Suww ‘ zahmes Schwein, Hausschwein ’ zu stellen. Es wird übertragen als Schimpfwort auf Menschen (Tiere) mit Bezug auf vorwiegend physische Eigenschaften (Unreinlichkeit, Unordentlichkeit, verwahrlostes Äusseres), übertragen auf Dinge, ausgehend von der Form, ahd. s ū (w)i, mhd. s ū , Pl. sui(we) (I D . 7, 1486 ff.; G RICHTING 1998, 191). Belegt ist es nur in drei Fällen: im Süwen Stäfelti ‘ beim kleinen Stafel für die Schweine ’ (1763, Biel); als Adjektiv in zun Süwigen Matten ‘ bei den Wiesen für die Schweine ’ (1694, Oberems) und der Suwnigel (Naters), wo metaphorisch ein Gebiet gemeint ist, in dem man sich bei der Arbeit beschmutzt (zu schwdt. S ū w-Niggel ‘ Schweinekerl, in physischem und bes. moralischem Sinn, aber auch scherzhaft von schmutzigen Kindern ’ , ‘ junges Schwein ’ (I D . 4, 795)). Wie R ÜBEL (1950, 111 - 115) ausführt, spielte das Schwein eine geringe Rolle bei den Oberwalliser Bauern; meist wurde nur ein Ferkel gemästet, das anschliessend geschlachtet wurde. Auf den Alpen überliess man die Tiere tagsüber weitgehend sich selbst, fütterte sie aber mit den Schotten der Molkerei. Der Beleg im Süwen Stäfelti ist daher der einzige, der auf die Alpung von Schweinen Bezug nimmt. Swan Swan ‘ Schwan ’ ist zweimal 1307 in Embd belegt, in Swanburgshalta und in Swanenburgs Haltun. Das HL ist zu Schwan (I D . 9, 1879 f.) zu stellen; die Motivation von Schwanenburg ist allerdings nicht klar. Swap Swap ist nur in Swapmatta belegt. Es scheint, dass dieser Einschub von einer anderen Hand stammt oder nachträglich eingefügt wurde (P H . K ALBERMATTER , p., c.). Swap kann zum dt. Schwab (FaN) (cf. HL S CHWAB F A N) oder nach P H . K ALBERMATTER (p. c.) dem FaN Suap oder Swap stammen, den er aus historischen Belegen von Leuk kennt. Eine Assimilation (aus Schwatt ‘ grosse Menge (ausgeschütteter) Flüssigkeit ’ , Syn. Schwetti (nach I D . 9, 2241)) ist zwar möglich, aber unwahrscheinlich. Ohne nähere Angaben ist der FlN nicht zu deuten; es wird ‘ Schwaben-Wiese ’ übersetzt. Swatxs Swatxs ist nur 1382 in Filet als Swatxsmata belegt. Am nächsten wäre wohl ein PN oder FaN Swatx anzunehmen, wenn die Form des Bestimmungswortes einen Genitiv auf -s darstellt. Belegt ist das HL nicht, sodass eine Deutung nur als unklar gelten kann. Swedlo Swedlo ist einmal belegt in Swedlo Husren ‘ die Häuser des Swedel ’ (Ried-Brig). Es handelt sich wohl um einen Genitiv Singular, möglicherweise mit Suedil verwandt. Dieser PN oder FaN erscheint 1279 in Glis und Ried-Brig in terram Petri Suedil ‘ das Stück Land des Peter Suedil ’ . Swegler Swegler kommt einerseits als FaN vor, wie der historische Beleg Zeuge Anthoni(us) Sweglers de Castellione ‘ (als) Zeuge Anthonius (des) Schweglers von (Nieder)Gesteln ’ Süür 291 292 <?page no="151"?> (1424, KapA Sitten, Min. A 86, p. 284) zeigt. Anderseits ist Schwëgler m. ‘ wer berufsmässig die Schwëgel(n) bläst ’ (I D . 9, 1769), der ‘ Pfeifer ’ (G R W B 15, 2410). Sichere Belege sind: Sweglers Matta ‘ die Wiese des Schweglers / der Familie Schwegler ’ (1437 u. später, Niedergesteln) und Vinea Sweglers ‘ der Weinberg des Schweglers / der Familie Schwegler ’ (1437, Niedergesteln). Das F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (3, 1687 f.) kennt Schwegler für das Wallis nicht. Unsicher, ob hieher zu stellen, ist Zweglen Stadel (1789, Bitsch), das wohl auch zum Beleg Wägsler Stadel (Bitsch) gehört (cf. HL W ÄGSLER ). Swino (PN) Swino (PN) ist nur 1426 in Naters als Svvino Bongarton belegt. Beim HL handelt es sich vermutlich um einen schwachen Genitiv zum PN Swin. F ÖRSTEMANN (1, 1380) kennt ein Suin. Ob Swino zum HL S CHWII ‘ Schwein ’ oder zu Schwino Stuckin (1466, Mund) zu stellen ist, das seinerseits zum HL S CHWIINEN ‘ klein ’ zu stellen ist, bleibt unklar. Zu vermuten ist, dass Swino hier einen PN darstellt: ‘ der Baumgarten des Swino (? ) ’ . Sya Sya wird von M EYER (1914, 77) in Fussnote 2 zu * S Ӗ CA gestellt, hier in der Bedeutung ‘ Grat ’ . G. P ANNATIER (p. c.) postuliert wegen der Betonung auf der letzten Silbe eher eine Ableitung von SETA ‘ Seide ’ (FEW 11, 49 s. v. saeta, Bed. 2), was zwar von M EYER erwähnt, aber abgelehnt wird. B OSSARD / C HAVAN (2006, 252) stellen Siaz und Varianten wie M EYER zu * S Ӗ CA und geben ‘ Arête, crête de montagne ’ als Bedeutung. Der einzige Beleg ist 1337 in Albinen jn pratis de la sya ‘ bei den Wiesen am Grat ’ . Syvirin Syvirin ist nur 1365 in Leukerbad als ou syvirin ‘ beim Gut des Severin ’ belegt. B OSSARD / C HAVAN (2006, 207) führen Siviriez auf den Vornamen Severius, gefolgt von der Ableitung auf - ACUM zurück, also die Siedlung des Severius. Syvirin lässt sich dann analog auf den PN Severinus zurückführen, ein Diminutiv ohne Ableitung. Der FaN Séverin (NWWB 1, 233) tritt erst später und vor allem in Conthey auf, wo es eine Kirche des Hl. Séverin gab. Ein direkter Zusammenhang ist nicht feststellbar. 293 294 Syvirin <?page no="152"?> T Tääle Tääle f. ‘ Dähle, Föhre ’ ist zu schwdt. Tääle n , Teele auch Dääle, Deele f., ‘ Bergföhre, Kiefer, P INUS SYLVESTRIS ’ zu stellen; in der westlichen deutschen Schweiz gilt Dähle als hochsprachliches Wort (A MMON ET AL . 2016, 163). Im westlichen Teil des Oberwallis ist die Patois-Form Dal(l) ji, Dal(l)ie, Dailly u. ä. zu frpr. daille f. bezeugt, das zum Lehnappellativ Tääle geführt hat. (I D . 12, 1395 ff. bes. Anm. 1397; G PSR 5, 1, 5 ff.; J UD 1944 - 45, 42; H UBSCHMID 1949, 66 f.; T AGMANN 1946, 25; LUNB 1,2, 1061 ff.; G RICH- TING 1998, 192 s. v. Tääla). Die Herkunft des Wortes ist nicht sicher geklärt. H UBSCHMIED geht von kelt. *dagl ā ‘ Fackel ’ aus, P OKORNY erwägt eine Herleitung von der idg. Wurzel *dh ā l ‘ blühen, grünen ’ (H UBSCHMIED 1933 (a), 264 f.; P OKORNY 1948/ 49, 241). Wie bei anderen Baumnamen kennzeichnet das Neutrum Tääl n. einen Wald oder Bestand von Bäumen, hier Föhren. In einigen Fällen ist die Abgrenzung des HL T ÄÄLE zu anderen HLL wie T AL und T ELA unsicher. Insgesamt kommt das HL in rund 100 Namen vor. Das Simplex des Feminins im Singular ist als Täälu ‘ Dähle (Föhre) ’ (Saas-Grund) belegt, wobei hier eigentlich das häufigere Teelu vorliegen müsste; dieses erscheint als Zer Teelu ‘ bei der Dähle (Föhre) ’ in Erschmatt, Gampel und Zermatt, historisch als bey der Telen (1807, Feschel) und in der Telen (1717 u. später, Guttet). Zer Tellun (1390 u. später, Glis; 1421 u. später, Ausserberg) und zu ᵕ r Thällen (1644, Betten) weisen eine gekürzte Form auf. Nur einmal belegt ist das feminine Simplex im Plural d Teele ‘ die Dählen (Föhren) ’ (Saas-Fee). Das neutrale Simplex im Singular ist belegt als im Thel ‘ im Gebiet, wo es Dählen (Föhren) hat ’ (1342 u. später, Bitsch), ts Tääl ‘ das Gebiet, wo es Dählen (Föhren) hat ’ (Ried-Brig, Simplon), im Tääu ‘ im Gebiet, wo es Dählen (Föhren) hat ’ (Binn, mit l-Vokalisierung) und im Teel ‘ im Gebiet, wo es Dählen (Föhren) hat ’ (Erschmatt, Leuk). Ein Diminutiv ist belegt als ts Teeli ‘ das kleine Gebiet, wo es Dählen (Föhren) hat ’ (St. Niklaus). Der romanische Typ ist belegt als Dallyes (1395 u. später, Agarn, 1427 als dov Dallie), in der Dallÿen (1822, Oberems), Dallij (1526, Salgesch und Varen), in di Dallje (Albinen), Dalliez (1544, Leuk; frühere Formen sind latinisierte de Dalleto (1215) und de Dalley (1236)). Dazu kommen komplexere Formen: campus dov Dallie ‘ das Feld bei der Dähle (Föhre) ’ (1413, Leuk), cristam Dalley ‘ der Hügel mit der Dähle (Föhre) ’ (1345 u. später, Albinen). Die Formen mit auslautendem / s/ sind Plurale; die genaue Form ist schwierig zu bestimmen (M EYER 1914, 71; T AGMANN 1946, 25). Mit attributiven Adjektiven finden sich: ze Churzen Teellu ‘ bei den kurzen Dählen (Föhren) ’ (Hohtenn), di Dirri Teelu ‘ die dürre Dähle (Föhre) ’ (Steg), ts Hotäu ‘ das hohe Gebiet mit Dählen (Föhren) ’ (Binn), ts Inner Tääl ‘ das innere Gebiet mit Dählen (Föhren) ’ (Simplon), ts Ober Tääl ‘ das obere Gebiet mit Dählen (Föhren) ’ (Bitsch), ts Uisser Tääl ‘ das äussere Gebiet mit Dählen (Föhren) ’ (Simplon), ts Unner Tääl ‘ das untere Gebiet mit Dählen (Föhren) ’ (Bitsch) und ts Vooder Teeli ‘ das vordere Gebiet mit Dählen (Föhren) ’ (St. Niklaus). Komplexere Namen sind: an Gross Ruppen Thaellun ‘ an der grossen Dähle (Föhre) der Familie Ruppen / die grosse rauhe Dähle (Föhre) ’ (1539, Bürchen), t Oberi, t Mittleri und t Undri Heteeluleisi ‘ der obere, mittlere und untere Weg durch die hohen Dählen (Föhren) ’ (Leuk). Einen sicheren vorangestellten Genitiv weist nur Schallblettisteelu ‘ die Dähle (Föhre) der Familie Schallbletter [eig. Schallbetter? ] ’ (Gampel) auf. Als Grundwort in zweigliedrigen Komposita kommt das HL nur in t Hitzteele ‘ die Dählen (Föhren) bei der Stelle, wo das Vieh in der Mittagshitze lagerte ’ (Zeneggen) und in t Schiisserteelu ‘ die Dähle (Föhre), bei der man sich erleichtern kann ’ (Hohtenn) es ist hier unklar, ob Schiisser ‘ Scheisser ’ wörtlich oder als Pflanzenname zu verstehen ist; allerdings gibt es u. W. im Oberwallis keinen derartigen Pflanzennamen (wohl aber sonst, vgl. z. B. I D . 7, 1348 Chalber-Schîsser). Als Bestimmungswort ist das HL in zweigliedrigen Komposita häufig; prominent ist der Typ Täälwald, bzw. Teelwald ‘ Föhrenwald ’ (I D . 15, 1491) mit knapp zwanzig Belegen im ganzen Oberwallis. Daneben sind Grundwörter Acher, Blatta, Birmji, Bord, Brigga, Brunnu, Egg(a), Flüö, Grabu, Gufer, Löuwina, Matta, Rüüs, Stafel, Suon, Wäg und Zug. Komplexere Bildungen sind z. B. Teel Gufer Gassen ‘ die Gasse zum Steingeröll mit Dählen (Föhren) ’ (1713, Glis), Teelacherhaalte ‘ die Halden bei den Teelachra (Äcker bei den Dählen (Föhren)) ’ (FLNK, Oberems) und der Teelblattuschleif ‘ der Holzschleif bei der Teelblattu (Felsplatte beim Teelwald (Wald mit Dählen (Föhren)) ’ (Gampel). Eine Ableitung ist ts Teler (Eischoll), das vermutlich auf ein kollektives Zirkumfix GI -/ - ER zurückgeht und ‘ wo es viele Dählen (Föhren) hat ’ meint. Der FaN Theler (m.) ist dagegen wohl ein Herkunftsname zum hier behandelten HL. Tääle 295 296 <?page no="153"?> Eine Ableitung di Tällerna (Zwischbergen) ist dort zweimal belegt. Es scheint sich um das Suffix - ERNA zu handeln, das bei Pflanzennamen kollektiv verwendet wird, also ‘ ein Gebiet mit vielen Dählen ’ . Die in Blatten belegten Formen ts Gisentell, t Gisentella, ts Gisentellin gehört vermutlich nicht hieher, sondern zum HL T AL . Einmal belegtes Bachtälla (Wiler) ist zum Typ Bach-Tela ‘ Wasserrinne ’ zu stellen. Taaler (FaN) Taaler (FaN) ist ein unklarer FaN. Während MS ts Taalersch Wang ‘ der Grasabhang der Familie Taaler ’ (Leukerbad) hat, notiert R. G RICHTING Schtahlärsch Wang ‘ der Grasabhang der Familie Stahler ’ (R. G RICHTING 1993, Blatt 16, Nr. 16). Die Notation von MS nimmt an, dass anlautendes / ts/ ‘ des ’ ein Artikel im Genitiv Maskulin ist, während G RICHTING den Namen mit / scht/ beginnen lässt. Beide Namen sind so nicht belegt. Der zweite Beleg (Schtahlärsch) liesse sich zum FaN Stalder stellen, der laut NWWB (2, 212) gut belegt ist. Die Struktur beider Flurnamen deutet jedoch sicher auf einen Besitzernamen hin. Taapun Taapun ist nur in ts Taapunbrunnji ‘ die kleine Quelle / der kleine Brunnen mit Kröten ’ (Hohtenn) belebt. Das HL T AAPUN wird in der Beschreibung als ‘ Kröten ’ übersetzt. Es ist zu schwdt. T ā pe n f. ‘ Kröte ’ zu stellen; zwar ist es im I D . für das Oberwallis nicht belegt (siehe Anmerkung des I D .); die Beschreibung bezieht sich aber darauf (I D . 13, 923 f. bes. 924 Anm.). I D . ist weiter der Meinung, dass es zu T ā pe n I ‘ Körperteil eines Tiers ’ (I D . 13, 911) zu stellen ist, allerdings ohne Angabe von Gründen. G RICH- TING (1998, 192) kennt nur wdt. Taape, Taapa (Mattertal, Lötschtal), Taapo (Schattenberge), Taapu ‘ Hand (grob) ’ . Täärätschu Täärätschu ist nur als üf zu Täärätschu (Leukerbad; LT Tärätschu) belegt. R. G RICHTING (1993, Blatt 7, Nr. 27; Blatt 10, Nr. 26 und Blatt 11, Nr. 33) kennt es als Tärätschu. Er fügt Tärätschuhubil (gleiche Blätter, jeweils eine Nr. weniger) hinzu, das in der Datenbank des VSNB fehlt. Die Flur und der Hügel befinden sich rund 100 m höher nördlich des Dorfes. T AGMANN (1946, 56) kennt es als Territschen (nach Z IMMERLI 3, 66), Terretschen (Register) und Täretschu (phonetische Notation), die er allesamt vorsichtig auf * TERRACEA zurückführt; als Beschreibung gibt er “ jolis prés dans une grande combe ” (schöne Wiesen in einer grossen Mulde). Der Flurname ist klar feminin. D U C ANGE (8, 72) kennt Terracea als ‘ ager terreus ’ , auch hier scheint diese Deutung eher unklar. Das von T AGMANN für Turtmann angegebene maskuline Täretsch ist unter dem HL T ÄRETSCH behandelt. Täärmino Täärmino, erweitert auch Vischpertäärmino ‘ Visperterminen ’ , ausgesprochen auch Täärbino oder Vispertäärbino wird seit J ACCARD (1906, 459) auf auf frz. terme ‘ Ende ’ zurückgeführt. Weitere stellen ihn zu lat. TERMINUS bzw. TERMINUM ‘ Grenze ’ (O ETTLI 1945, 128; R ÜBEL (1950, 133); laut I SELIN (1906 - 1909, 25 ff.) soll die Gemeinde ihren Namen einem alten Grenzstein, lat. TERMEN , TERMINEM verdanken. Der zweigliedrige Name Visperterminen, der in der Belegreihe erst im 17. Jh. erscheint und sich viel später durchsetzt, bezeichnet für G UEX (1938, 365) und Z IMMERMANN (1968, 23) ‘ die Grenze von Visp, an der Vispergrenze gelegene Ortschaft ’ . Für K RISTOL ET AL . (2005, 938) sind diese Deutungen nicht haltbar, da lat. TERMINUS m. im Galloromanischen terme ergibt, und da sich von lat. TERMEN , TERMINEM n. ‘ Grenzstein ’ kein Namentyp Terminon / Termignon ableiten lässt. Die Namensform Terminen lasse vielmehr vermuten, dass sie von einem lat. Personennamen abgeleitet sind, siehe auch Albinen, Ernen, Chermignon, Chamoson, Saillon (K RISTOL ET AL . 2005, 938). Eine genauere Durchsicht der historischen Belege gibt eine Reihe von Feminina (1300 an der Termennon, 1309 an der Termennon, 1315 an der Termennon und weitere), die einen Bachnamen Termenna oder ähnlich nahelegen. Der grösste Bach in Visperterminen ist der Riedbach; es gibt aber auch weitere kleine Bäche, die als Namengeber auftreten könnten, was einen Bachnamen als Gemeindenamen nahelegen würde. Der Gemeindename, wie immer er zu deuten ist, findet sich zunächst in in Terminen Waldt ‘ im Wald von Visperterminen) und dann mit einem Zugehörigkeitssuffix - ER (nach S ONDEREGGER 1958, 525 f.) auch in an di Terbiner Egge (1859, Visperterminen), Täärbineranz ‘ die Nanzalpe von Visperterminen ’ , Tärbinernanz Hermettje (FLNK, Visperterminen), Tärbinernanz Stallig (FLNK, Visperterminen), di Tärbinerstraass ‘ die Strasse nach Visperterminen ’ (Visp), der Täärminercheer ‘ der Kehr (Wegkehre) auf dem Weg nach Visperterminen) ’ (Stalden). Wasserleiten sind belegt als die Alt Terminerrin ‘ die alte Wasserleitung nach Terminen ’ und die Vnder Terminer Vasserleiten ‘ die untere Wasserleitung von Visperterminen ’ (1625 Visperterminen; 1625 u. später, Eyholz). Einen Sonderfall stellt der Flurname di Täremje (Plural) mit den Komposita der Täremjuwäg ‘ der Weg von / zu Täremju ’ und der Täremjuwier ‘ der Weiher bei Täremju ’ (alle Visperterminen) dar. di Tärmje (so 1: 10000) wird als Reb- und Wiesland Tärmja von Z IMMERMANN 297 298 Täärmino <?page no="154"?> (1968, 23) zum Gemeindenamen Täärmino gestellt. Das ist schwierig; Tärmje oder Tärmja gehören wohl zu Termila, das sich am ehesten als Diminutiv zu Darm (I D . 13, 1595) stellen lässt, was aber wiederum keinen belegbaren Sinn ergibt. Weder Täärmino noch Täremje ergeben gut durchschaubare Namen; sie lassen sich deswegen kaum deuten. Tabel Tabel n. ist nur in Oberwald als ts Tabel und di Tabelstüde ‘ das Gebiet mit Stauden unterhalb des Tabel ’ belegt. I D . (12, 61) kennt Tabel f. ‘ Tafel, Tisch ’ als jüngere Entlehnung aus frz. table. Falls diese Deutung stimmt, wäre der Vergleich mit einem Tisch (cf. HL T ISCH ) möglich. Das Genus Neutrum legt aber auch ein Kollektiv Gi-Tabel > Tabel nahe, mit der Bedeutung ‘ das Gebiet, das einer Tafel gleicht ’ . Taber Taber ist nur als der Taber (Leuk, FLNK und LT Tabär) belegt. Die historischen Belege sind unterschiedlich: 1703 jm Taber, 1749 im Tabes, 1775 in Tabing (letzteres wohl eine Kopie). Die Beschreibung sagt, es handle sich um Reben und <galtini>: erlegene Äcker, stufenförmiges Gebäude. Taber ist sonst nur noch in Riom GR belegt (RN 2, 335 s. v. Tabor; der Hinweis auf das I D . führt wohl in beiden Fällen in die Irre, ist doch das eine auf Tabak, das andere auf eine slavische Sprache zurückzuführen). Z IM- MERLI (3, 62) rechnet Taber zu den romanischen Namen von Leuk, sagt aber nicht, wie er zu der Aussage kommt. Die Form Tabing von 1775 würde auf einen FaN Tabin (M EYER 1914, 172; F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ 3, 1820) zutreffen, doch ist dieser nur im Val d'Anniviers (Eifischtal) belegt. Einen direkten Anschluss für Taber gibt es im Romanischen wohl nicht. Am ehesten ist an eine Form von Tabor zu denken; der Name betrifft einen Berg in Galiliäa, auf dem nach der Überlieferung die Verklärung Jesu stattfand. Die Endung des Namens ist nach den historischen Belegen unsicher, aber es gibt keinen Hinweis auf einen Zusammenhang zu lat. tabula brett (FEW 13, 1, 14 ff.). Der Name bleibt deswegen unerklärt. Tabernakel Tabernakel m. ist zu schwdt. Tabernakel n. älter auch m. ‘ Zelt, Hütte ’ , mhd. tabernakel, entlehnt aus lat. TA- BERN Ā CULUM n. ‘ Schauhütte, Bude ’ zu stellen. In der katholischen Kirche wurde das Wort für ‘ Heiligtum, heiliges Zelt, Stiftshütte ’ verwendet und auch auf den geweihten Hostienschrein übertragen (I D . 12 f., 63; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 903). Die Belege sind der Tabernaggel ‘ Mulde unter einem Felsvorsprung ’ (Bitsch), historisch jedoch als Tepfernacken (1684) und Tapfernaken (1755), FLNK Tafernaku belegt. Die historischen Belege deuten auf eine Verballhornung hin. Auf dem Eintrag des VSNB wird angemerkt, der Ort heisse auch Ottovatola ‘ die Mulde für die achte Stunde ’ (cf. HL O TTAFA ). Der zweite Beleg ist historisch in Naters 1557 als im Dappernacken, 1684 auff dem Tapfernakel, 1755 Tapfernakens (Genitiv) belegt; es handelt sich vermutlich um die gleiche Flur wie in Bitsch; der Name ist auch hier verunstaltet. Tablatt Tablatt, auch Tablett ist zu schwdt. Tablat n. und Tablet n. ‘ hölzernes Gerüst, Gestell; Gerüst von Brettern zur Aufbebwahrung der Obst- und Erdfrüchte ’ , aus lat. TA- BUL Ā TUS n. ‘ Bretterwerk, Gebälk, Verschlag ’ , das Wort ist als Appellativ in die Volkssprache übergegangen, und zu wdt. Tablatt, Tablad (Leuk) ‘ Ablegebrett (um Säule herum) ’ (I D . 12, 65; E GLI 1982, 71; G RICHTING 1998, 192) zu stellen. C. S CHMID (1969, 67, Fn. 28) erwähnt neueres Tablet und älteres Tablat für den Frischkäse. Belegt ist es in Flurnamen nur als Diminutiv Plural, der metaphorisch gemeint ist: di Tablattjini (Leuk) und t Tappleckini (Bellwald), beide als ‘ kleinen Ablegebrettern gleichende Stücke Land ’ . Der Beleg in Bellwald ist nicht zum HL E GG ( A ) zu stellen, sondern ein einfaches Diminutiv zu Tablett. Tachi Tachi f. ist nur 1868 in Bürchen als in der Tachi belegt, wo ein Stück Wiese liegt. G ATTLEN (2007) kennt den Namen nicht. Am nächstliegenden ist T ā che n f. ‘ Alpendohle, Schneekrähe ’ (I D . 12, 1712), das allerdings für das Oberwallis sonst nicht belegt ist. Eine andere Deutung liegt nicht vor. Tafel Tafel f. ist dreimal belegt als di Tafola (Törbel, FLNK Tafelu), Taueltin ‘ die kleine Tafel ’ (1307, Raron) und in der Vndresten Tafelen (1700, St. Niklaus). Im Beleg aus Raron ist von einer vinea, einem Weinberg, die Rede. Die zwei anderen meinen vermutlich eine viereckige Geländeform. Das HL ist zu schwdt. Tafele n , im Wallis auch Tafola f., ahd. tavala, mhd. tavel(e) < lat. TABULA ‘ meist viereckige Platte oder Fläche von Holz, Glas, Schiefer, Metall; Bild, Votivtafel ’ und als ‘ blosser Formbegriff, flaches, viereckiges Stück ’ (I D . 12, 499 f.). In FlN für viereckige Geländeform oder zur Benennung einer Örtlichkeit mit Tabel 299 300 <?page no="155"?> Bildstätte oder Tafel (URNB 3, 559; Z INSLI 1984, 179; W IPF 1910, 25) verwendet. Taferna Taferna f. ‘ Taverne, Wirtshaus ’ ist zu schwdt. Taf(f)ërne n , Taf(f)ëre n f., urkundlich Tauernon 1391, Thaferna 1578, Taberneta 1609 < lat. TABERNA ‘ Weinschenke; obrigkeitlicher Ordnung unterstehende Gastwirtschaft ’ , mhd. tafërne(n), taf(f)er, täfer, täfr ī (I D . 12, 543 ff.; W ERLEN 1991, 252) zu stellen. Das Simplex Taferna ist belegt als zer Tafernu ‘ bei der Taverne, beim Wirtshaus ’ (Ried-Brig), wo sich ein Namennest mit der Taferbach ‘ der Bach, der bei der Taferna vorbeifliesst ’ (Glis; 1640 u. später, Ried-Brig), der Tafernubach ‘ der Bach, der bei der Taferna vorbei in den Ganterbach fliesst ’ (Simplon), die Taferalpe ‘ die Alpe bei der Taferna ’ (1857, Ried-Brig), in der Taffer Matten ‘ in der Wiese bei der Taferna ’ (1801, Ried-Brig), vnder dem Taffer Stutzi ‘ unter dem kleinen Anstieg bei der Taferna ’ (1736, Ried-Brig), der Taferwald ‘ der Wald bei der Taferna ’ (Ried-Brig) gebildet hat. Eine Taferna befindet sich in Stalden beim Illas (ein Gasthaus? ), wo auch an der Thirren Tafferen ‘ an der dürren Taferna ’ (1569, Stalden) belegt ist; hier ist unklar, ob ein trockenes Stück Land gemeint ist; eine ‘ dürre Taferna ’ ist im strengen Sinn ein Gegensatz. jn der Taferen ‘ in der Taferna ’ (1673, Bürchen; 1702 als im Taffoli ‘ in der kleinen Taferna ’ ) und in der Tafernen ‘ in der Taferna ’ (1745, Embd) sind zwei weitere Belege. Unsicher ist t Tafermatta (Ulrichen), die bei LT und FLNK als Afermatte belegt ist. I D . (1, 105) gibt Afer als ‘ oberer Rand eines Feldes ’ , vermutlich bairisch. Bisher konnte jedoch das Wort nicht bestätigt werden. Taffetsch Taffetsch ist historisch 1670 in Leuk als jm Taffetsch belegt. In Klammer ist von einem Garten (also eingehegtes Stück Land) die Rede. Die im Oberwallis verbreitete Endung -etsch geht auf lat. - ACEU zurück (K LEIBER 1992, 611 ff.). Unklar ist das Genus: Maskulin oder Neutrum. Da Nr. 43320 der Tufätsch lebend belegt ist und dort auch historische Belege von 1687 und später erscheinen, dürfte es sich um den gleichen Ort handeln, also ‘ der Ort mit Tuffstein ’ . Taffiner (FaN) Taffiner (FaN) ist 1802 in Oberwald als im Taffiner Lúss ‘ im ausgelosten Gebiet der Familie Taffiner ’ und 1828 in Obergesteln als der Taffinerstúck ‘ das abgeteilte Stück Land der Familie Taffiner ’ belegt. Der FaN ist zu Taf(f)iner (AWWB 254 f.) zu stellen, der inzwischen im Oberwallis ausgestorben ist. Tag Tag m., Plural im Wallis Täg, Taga, wie nhd. als ‘ Tageszeit im Gegensatz zur Nacht, als Einheit der Zeitmessung ’ in Zusammensetzungen auch als Ausdruck der Zeitspanne menschlichen Handelns und Landmass, wdt. Tag, Taag (Lötschental) (I D . 12, 750 ff. bes. 810 Anm.; G RICHTING 1998, 192). Als Flurname ist das HL nicht als Simplex belegt. Mit attributiven Adjektiven findet sich der Typ der Halb Tag ‘ der Acker, den man in einem halben Tag pflügen kann ’ (Bürchen, Stalden, Törbel), historisch au ᵕ ffu ᵕ n Halben Tag ‘ auf dem Acker, den man in einem halben Tag pflügen kann ’ (1637 u. später, Unterbäch) und bim Halben Tag ‘ beim Acker, den man in einem halben Tag pflügen kann ’ (1758, Zeneggen). Ganz isoliert ist dr Obruscht Tag ‘ der oberste Hütetag ’ (Ferden), wo eine Einteilung zum Hüten auf der Alpe Torbu gemeint ist. Als Grundwort ist das HL nur in Samptag ‘ das Grundstück im Gebiet Sand, das an einem Tag bearbeitet werden kann ’ (1398, Glis) und in den komplexeren jm Liggboden Tag ‘ (vermutlich falsch: ) der Tag für das Wässern für den Liggboden ’ (1689, Eggerberg). Als Bestimmungswort kommt das HL vor allem im Typ Tagfäld vor, wo laut R ÜBEL (1950, 83) das Vieh von 11.00 oder 12.00 Uhr bis 15.00 oder 16.30 Uhr graste. Das Simplex ist 1691 als das Tagfeld der Alpe der Hischier im Turtmanntal (Ergisch, Oberems, Turtmann) belegt. In allen andern Fällen wird zusätzlich die Alpe benannt, zu der das Tagfeld gehört, also etwa ts Grindjitagfäld ‘ das Tagfeld (Weide tagsüber) der Alpe Grindji (kleiner Grund) ’ (Oberems) und viele weitere mehr, praktisch alle im Turtmanntal. Tagweid ist nur in t Treichbodetagweid ‘ die Tagweide oberhalb des Treichboden (Boden, wo das Vieh getränkt wird) ’ (Geschinen) vertreten. Isoliert ist schliesslich auch ts Ubertagstafolti ‘ der kleine Stafel, wo das Vieh über Tag war ’ (Unterbäch). Zu Fritag siehe das HL F RITAG . Taggs Taggs ‘ Dachs ’ ist zu wdt. Tag(g)s m. ‘ Dachs ’ , ahd. und mhd. dahs, in FlN für Örtlichkeiten, an denen sich der Dachs aufhält (I D . 12, 343 ff.; G RICHTING 1998, 192) zu stellen. Das Simplex ist nur als Diminutiv Plural Taxini ‘ die kleinen Dachse ’ (Embd, FLNK) belegt. Ein Genitiv Singular erscheint in hinder den Thaxen Lochren ‘ hinter den Löchern der Dachse ’ (1540, Embd). Die übrigen Belege enthalten Taggs als Bestimmungswort: Daggspfad ‘ der Pfad der Dachse ’ (Unterems, FLNK), der Taksubodu ‘ der Boden, wo es Dachse hat ’ (Oberems), bim Taksestei ‘ beim Dachsenstein ’ (Binn, Steinhaus), zu Takschteinu ‘ bei den Dachsensteinen ’ (Randa), bi der Taksuflüo ‘ bei der Fluh, 301 302 Taggs <?page no="156"?> wo es Dachse hat ’ (Glis) und die Taksulecher ‘ die Löcher der Dachse ’ (Simplon). Täggsel Täggsel ist zu schwdt. Dächsel, Tächsel m./ f., mhd. dëhse, dëhsel, dihsel f., ‘ Hohlbeil, Rundaxt ’ zum Aushöhlen von Trögen, Balken, hölzernen Wasserleitungen und Fässern (I D . 13, 348 f.) zu stellen. Siehe auch hdt. Dechsel ‘ Beil, Hacke, Haue, Krummhaue ’ (G R W B 2, 881). In FlN ist wohl die Form des Beiles gemeint. Belegt ist das Simplex nur historisch als der Tägsel ‘ das Beil ’ (1850, Münster), wobei die Form auch ein Genitiv Plural sein kann. Weiter hat FLNK in Münster Täggselschliecht ‘ die Geländeeinbuchtung in der Form eines Beils (Dechsel) ’ . Historisch ist in Geschinen und Münster 1896 der kleinen Tegselschlucht (Genitiv konstruktionsbedingt) belegt. Lebend hat Münster t Ober und t Unner Täkselschlüecht ‘ der obere und der untere Teil der Geländeeinbuchtung in der Form eines Beils (Dechsel) ’ . Die Fluren sind Teil eines steilen Schutthangs. Tal Tal(l) n., auch Taal n., ist zu ahd. und mhd. tal n., wie nhd. ‘ Tal, als Geländeform, Einheit der Bodengestalt, durch Höhenzüge begrenztes Gebiet ’ auch ‘ Seitental ’ und wdt. Tall, Taal (Lötschental), Tälli (Mattertal), Telli (I D . 12, 1303 ff.; Z INSLI 1946, 105, 207; G RICHTING 1998, 193) zu stellen. Tälli, Telli n. ist das Diminutiv von Tal: ‘ Hochtälchen im obersten Berggebiet ’ in Graubbünden, Wallis u. w. (Z INSLI 1946, 315). Das HL kommt in rund 450 Flurnamen vor. In einigen wenigen Fällen kann ein historisches Thel auch zum HL T ÄÄLE ‘ Dähle ’ gehören. Generell ist zu unterscheiden zwischen dem Haupttal (Rottetal ‘ Rhonetal ’ ), das in den Daten typischerweise fehlt (warum etwas benennen, das für alle klar ist? ), und den wichtigsten Seitentälern, in denen es Dörfer gibt: Binntal, Fieschertal, Vispertal (mit Saas- und Mattertal) Lötschental und Tal der Dala, sowie den Seitentälern mit grösseren Bächen und Flüssen wie Gerental, Ägenetal, Blinnental, Rappental, Gantertal, Nanztal, Baltschiedertal, Bietschtal, Jolital und Turtmanntal, um nur die wichtigsten zu nennen. Gegen Italien entwässern etwa das Zwischbergental, das Laggintal und die Gondoschlucht. Daneben gibt es sehr viele weitere, teilweise nur sehr kleine Täler, die manchmal nur Tälli oder Telli heissen. Die Benennung der Täler ist nicht immer eindeutig: so heisst das Nanztal auf der Siegfriedkarte Gamserthal (nach dem Bach Gamsa) und 1724 ist in Valle Antz ‘ im Nanztal ’ (1724, Visperterminen) belegt, beim Turtmanntal ist nicht klar, ob das Tal nach dem Ort, wo der Bach in den Rotten mündet (Turtmann), oder nach dem Fluss Turtmänna heisst. Auch beim Vispertal ist nicht klar, ob der Gemeindename Visp oder der Bachname Vispe älter und namengebend ist. Die SK kennt für Blatten Aeusser und Inner Faflertal, die heute nur ts Uister und ts Inner Tal heissen. Dass sich um die Täler ganze Namennester bilden, ist erwartbar. So gibt es etwa in Saas-Almagell unterhalb des Weissmies ts Rot Tal ‘ das rote Tal ’ und dazu der Rottalbach ‘ der Bach im Rottal ’ , der Rottalgletscher ‘ der Gletscher oberhalb des Rottals ’ , t Rottaleggu ‘ die Ecke beim Rottal ’ , der Rottalbrunnu ‘ die Quelle / der Brunnen im Rottal ’ . In Münster gibt es neben ts Chietal ‘ das Kühtal ’ auch Chietalbach ‘ der Bach durch das Kühtal ’ , t Chietalbochte ‘ die Bochte (Bottich) auf der Alpe Chietal (Kühetal) ’ , der Chietalchäller ‘ der (Käse-)Keller im Chietal (Tal für die Kühe) ’ , der Chietalnolle ‘ der Nollen (rundlicher Fels) auf der Alp Chietal (Kühetal) ’ , der Ober und der Under Chietalnolle ‘ der obere (talaufwärts liegende) und der untere (talabwärts liegende) Nollen (rundlicher Fels) auf der Alp Chiental (Kühetal) ’ und der Chietalstock ‘ der Felsstock oberhalb der Alp Chietal (Kühtal) ’ (alle Münster). Weitere Namennester führen wir hier nicht auf. Das Simplex im Singular ist lebend nur als ts Tal (Feschel, Grengiols) und ts Tall (Erschmatt) belegt; historisch kommt es als im Thall (1587 u. später, Bitsch; 1757, Binn), jm Thall (1307 u. später, Eggerberg), im Tal (1392, Goppisberg) und Thall (1610, Mühlebach) vor. Als ts Tau (Gluringen) ist es für die Gluringer Alpe belegt, hier mit der l-Vokalisierung des unteren Goms. Selten tritt ein Simplex im Plural auf: di Teller ‘ die Täler (bei der Massa) ’ (Bitsch) und das unsichere Tellere ‘ die Alpe Tellere (Täler) ’ (Ulrichen), wo eventuell eine - ERA -Ableitung als Kollektiv vorliegt (S ONDEREGGER 1958, 471 ff.) mit Telleregrat ‘ der Grat bei den Tälern ’ und Tellerelicke ‘ die Lücke (Fusspass) beim Geschinerstock von der Alpe Tellere ‘ bei den Tälern ’ über den Aaargrat ’ ; hierzu gehört auch Tellera ‘ bei den Tälern ’ (1320, Glis). Sehr häufig dagegen ist das Diminutiv im Singular als ts Täli (Saas-Almagell, Saas-Fee, Saas-Grund), ts Tälli (Binn und zehn weitere, dazu historische) und ts Telli (Embd, Raron), das Telli (1747, Martisberg) und im Tellin (Blatten), selten auch als bim Täälti (Ried-Brig), jm Telti (1815, Guttet) und ts Teuti (Fieschertal) belegt. Im Plural des Diminutivs finden sich: zen Tellun (1402, Mörel; 1322 de Telle; 1507 unsicher jm Toel) und Tellini (FLNK, Eggerberg; Ferden). Mit attributiven Adjektiven oder Partizipien ist das HL belegt in: ts Fiischter Taal ‘ das finstere Tal ’ (Kippel), im Finstern Thal ‘ im finstern Tal ’ (1626, Blatten), ts Fiischtertellä ‘ das finstere kleine Tal ’ (Ferden, zweifach), dazu auch t Fiischtertellälicher ‘ die Löcher (Höhlungen) beim Täggsel 303 304 <?page no="157"?> finsteren kleinen Tal (ts. Fiischtertellä) ’ (Ferden), Grosställi ‘ das grosse kleine Tal ’ (LT, Saas-Almagell), ts Inner Telli ‘ das innere kleine Tal ’ (Embd), Inners Tal ‘ das innere (=taleinwärts liegende) Tal (nördliches Seitental zum Lötschental) ’ (FLNK, Blatten; LT Inner Tal), jn Valle Jlliacâ ‘ dasTal der Lonza (Jlliaca ist wohl in Anlehnung an das Val d'Illiez gewählt, bezieht sich hier aber auf das Tal der Lonza) ’ (1668, Gampel), ts Leng Tal ‘ das lange Tal (Seitental zum Ägenetal, von West nach Ost) ’ (Ulrichen), ts Lengtal ‘ das Lengtal (auch der Name von Tal und Heiligkreuz) ’ (Grengiols), ts Leng Tau ‘ das Lengtal (langes Tal) (Binn), Minschtigertal ‘ das Tal, durch das der Minstigerbach nach Münster fliesst ’ (Münster, formal Adjektiv, alter Genitiv Plural), ts Mittal ‘ die Mitte des Tales (Lonzatal) ’ (Gampel, Hohtenn, Steg), zú Mitthal ‘ bei der Mitte des Tales ’ (1669, Niedergesteln; wohl gleicher Name wie ts Mittal), ts Nider Tal ‘ das niedere (untere) Tal unterhalb der Alpe Tellere ’ (Ulrichen), ts Ober Tal ‘ das obere Tal ’ (Naters), Oberthal ‘ das Obertal (Teil der Alpe Tellere, Gegenstück zum Nidertal) ’ (1653 u. später, Ulrichen), jn Vndren vnd Obren Tall ‘ im unteren und oberen Tal ’ (1609 - 1699, Zwischbergen), ts Ober Telli ‘ das obere kleine Tal ’ (Eggerberg), ts Ober Tälli ‘ der obere Teil des kleinen Tales ’ (Obergesteln), ts Ober Tälli ‘ das obere kleine Tal ’ (Fieschertal), jm Obren Thall ‘ im oberen Tal ’ (1701, Feschel), Obertal ‘ das obere Tal ’ (Ulrichen, LT und FLNK, wohl identisch mit Oberthal), t Obru Tellini ‘ der obere Teil der kleinen Täler (Alpe) ’ (Ferden), ts Beesch Telli ‘ das böse (steile) kleine Tal ’ (Saas-Almagell), ts Bieligertau ‘ das nach Biel führende Tal nördlich der Gemeinde Biel ’ (Biel; formal Adjektiv, alter Genitiv Plural), ts Blind Tal ‘ das blinde Tal ’ (Mund), ts Blindtal ‘ das blinde Tal ’ (Eggerberg, Naters), ts Rot Tal ‘ das rote Tal ’ (Saas-Almagell, zweifach), ts (e)Rot Telli ‘ das kleine rote Tal ’ (Embd), ts (e)Rot Tälli ‘ das kleine rote Tal ’ (Randa), Stegerthale ‘ das Stegertal (gemeint ist wohl das Tal der Leute von Steg) ’ (1860, Hohtenn, formal Adjektiv, alter Genitiv Plural), jm Ausren Thall ‘ im äusseren Tal ’ (1666, Zwischbergen), ts Uister Tal ‘ das äussere Tal (auf ca. 2600 m) ’ (Blatten), im Vndren Thall ‘ im unteren Tal ’ (1729, Eggerberg), ts Unner Tal ‘ das untere Tal ’ (Naters), ts Unner Telli ‘ das untere kleine Tal ’ (Eggerberg, Fieschertal), ts Unner Tälli der untere Teil des Tälli (kleines Tal) ’ (Obergesteln), ts Verloru Telli ‘ das verlorene kleine Tal ’ (Oberems), Vispertal ‘ das Tal der Vispe ’ (LT, Zeneggen, formal Adjektiv, alter Genitiv Plural? ), ts Wiss Tal ‘ das weisse Tal ’ (Saas-Almagell, zweimal), Wiiss Tälli ‘ das kleine weisse Tal ’ (FLNK, Kippel), ts Wiisställi ‘ das weisse kleine Tal (laut Gwp ehemals Weisstannen) ’ (FLNK, Bitsch), ts Üsser Telli ‘ das äussere kleine Tal ’ (Embd). Vorangestellte Genitive zum HL sind selten; Belege mit formalem Adjektiv und altem Genitiv Plural sind teilweise schon erwähnt: Fieschertau ‘ Fieschertal (Gemeindename, Tal des Wysswasser, das bei Fiesch in den Rotten mündet) ’ (Fieschertal; formal ein Adjektiv, wohl alter Genitiv), Gamserthal ‘ das Nanztal ’ (SK, Visperterminen, hier wohl benannt nach dem Fluss Gamsa, kann auch zum als Genitiv Plural zum Weilernamen Gamsen ‘ der Leute von Gamsen ’ verstanden werden), ts Gisentell, di Gisentella, ts Gisentellin (Blatten, vgl. HL G ISENTELLA ), Greichertal ‘ das Tal der Leute von Greich ’ (FLNK, Greich, formal Adjektiv, alter Genitiv Plural), ts Lampertal ‘ das Tal des Lampert / der Lämmer ’ (Eggerberg, unklar), Mattertal ‘ das Tal der Matter Vispe von Zermatt bis Stalden ’ (Randa, formal Adjektiv, alter Genitiv Plural), ts Niggelingtelli ‘ das kleine Tal auf der Alpe Niggeling (Familie Nicolin / Niggeli) ’ (Ergisch), ts Riedertal ‘ das Riedertal (Tal vom vorderen Ried ins Haupttal) (Visp, formal Adjektiv, alter Genitiv Plural), ts (e) Rotigtelli ‘ das kleine Tal der Alpe Rotigu (der Familie Roten / der Leute des Roten) ’ (Oberems), ts Seukigertau ‘ das Selkiger Tal (auf LT auch Bieligertal), durch das der Selkigerbach (auch: Walibach) in den Rotten fliesst ’ (Selkingen, formal Adjektiv, alter Genitiv Plural), Wasmertälli ‘ das kleine Tal bei den Wiesen (Alpe Wasme) ’ (Ried-Brig, formal Adjektiv, alter Genitiv Plural), ts Wängertelli ‘ das kleine Tal der Alpe Wänger ’ (Oberems, formal Adjektiv, alter Genitiv Plural). Fast alle Belege lassen sich auch als Adjektive deuten. Als Grundwort ist das HL mit anderen Orts- und Flurnamen verbunden, welche die Lage des Tales näher bestimmen. Allerdings ist häufig unklar, worauf sich diese Bestimmungsnamen genau beziehen. das Agerental (1397 u. später, Oberwald) hat als älteste Beleg Ago ᵉ rn (1397) und erst 1578 ex valle Agerenn, heute heisst es Geeretal ‘ das Gerental ’ (Oberwald), das Attital (Feschel) erscheint 1843 als Matethal (wahrscheinlich mit falscher Trennung von im Attital), wobei die historischen Belege (ab 1701 Attenthal) das HL A TTI ‘ Vater ’ nahelegen, das Erschthall (1796 Erschmatt, 1701, Feschel) bezieht sich auf Ersch, heute Erschmatt (der Name ist romanisch, aber ungedeutet), das Finiltelli ‘ das kleine Tal beim Findlesee (Visperterminen) enthält das HL F INEL ‘ Heuschober ’ , ts Friilitelli ‘ das Friilitelli, kleines Tal oberhalb der Alpe Friili ’ (Oberems) ist wohl zu einem PN oder FaN Frily zu stellen, dem Besitzer der Alpe, das Furggtälli (FLNK, LT Saas-Almagell) befindet sich oberhalb der Alpe Furggu (vgl. HL F URGGA ) und viele andere mehr. Unklar ist etwa das Gredetschtal (Mund), 1517 als in valle Gredetz belegt; der einfache Name erscheint schon 1391 als in Gredetz (cf. HL G REDETSCH ). ts Hasutal ‘ das Tal mit Hasen ’ (Visp) ist laut Gwp ein Jagdgebiet, wohl für Hasen, während das 305 306 Tal <?page no="158"?> Chietal (Münster, Obergesteln) auf eine Alpe für Kühe Bezug nimmt. ts Hungerlitelli ‘ das kleine Tal auf der Alpe Hungerli ’ bezieht sich auf eine unfruchtbare Alpe (kaum auf eine Alpe der Familie Hunger), während Laggiintal ‘ das Tal, durch das Laggina fliesst ’ (Zwischbergen, Simplon) auf einen vordeutschen Namen Bezug nimmt, der nicht deutbar ist; ob das 1269 belegte Lyestinaschi zu Laggiina gehört, wie S CHMID (1890, 161) meint, ist sehr unklar. ts Ofutal ‘ das Ofental ’ (Saas-Almagell) kann sich auf einen heissen Ort (cf. HL O FU ) beziehen. ts Öügschttelli ‘ das kleine Tal, das im August bestossen wurde ’ (Oberems), lässt sich auf den Nutzungs-Monat beziehen, ähnlich ts Wintertälli ‘ das kleine, schlecht besonnte Tal ’ (Betten, Leuk), das lange Schnee hatte. Eine seltene metaphorische Deutung enthält ts Chortälli ‘ das kleine Tal, das wie ein Chor (Teil einer Kirche) aussieht ’ (Naters). Neben diesen und anderen Talnamen gibt es auch eine Reihe von komplexeren Namen, von denen nur ts Altstafoltelli ‘ das kleine Tal bei der Alpe Alte Stafel ’ (Unterbäch), Greecheru Seetal ‘ das Seetal der Leute von Grächen ’ (FLNK, Grächen), ts Inner Meidtelli ‘ der innere Teil des kleinen Tals der Alpe Meiden ’ (Oberems), ts Unner Nesseltal ‘ der untere Teil des Nesseltales ’ (Glis) erwähnt seien; weitere finden sich in der Datenbank. Als Bestimmungswort findet sich das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern: Acher, Bach, Biel, Bord, Bodu, Brunnu, Chi, Egg(a), Eie, Gletscher, Grabu, Grund, Hitta, Flüö, Fääsch, Furgga, Gassa, Graat, Heim, Hooru, Joch, Licka, Löuwina, Müra, Matta, Moos, Ritz, Schiie, Schluocht, See, Sperri, Spitz, Stafel, Steg, Stock, Straas, Tschugge, Ture, Wäg und Wald. Komplexere Formen sind etwa Alte Talwäg ‘ der alte Weg durch das Vispertal ’ (FLNK, Visp), dr Hasutalschleif ‘ der Schleif beim Hasental ’ (Visp), dr Inder Talgletschär ‘ der Gletscher am Ende des inneren Tales (das taleinwärts liegt) ’ (Blatten), Chaschtlertellipass ‘ der Pass ins Chaschtlertelli (kleines Tal beim Chaschtler) ’ (LT, Niedergesteln) und viele andere mehr. Auffällig sind einige vorangestellte Genitive des HL: im Tellischbach ‘ der Bach des Telli / im Gebiet Telli ’ (1548, Eyholz), des Thelltis Thirli ‘ der kleine Durchgang zum kleinen Tal ’ (1592, Fiesch), t Tällischegge ‘ die Ecke bei der Alpe Tälli (kleines Tal) ’ (Oberwald). Nur in seltenen Fällen ist ein PN wie Tello (F ÖRSTEMANN 1, 399) gemeint. Taleyer (FaN) Taleyer (FaN), auch Talleyer, Telleyer und Thalleyer ist ein FaN, der im Register HRBS mehrfach belegt ist. Es handelt sich wohl um eine Herkunftsbezeichung zum Kompositum Taleia ‘ die Aue im Tal ’ , einen Weiler an der Grenze zwischen Baltschieder, Eggerberg und Lalden. Als Flurname kommt der Taleier (Ausserberg) vor, der ein Besitztum der Familie Taleyer bezeichnet. Talg Talg ist nur einmal belegt in Talggrüeba ‘ die Grube mit nassem Erdreich ’ (Stalden, FLNK). Der Beleg könnte auch als Tal-Grüeba gelesen werden. Talgg ist als Nomen und als Adjektiv belegt (I D . 12, 1731), allerdings für das Wallis nur als Verb talgge n ( ‘ mit einem weichen Körper unreinlich, ekelhaft umgehen ’ (so S TALDER )), bei G RICH- TING (1998) fehlend. I D . (12, 1732) gibt einige Flurnamen in der östlichen Schweiz an; für das Wallis liegt jedoch kein weiterer Beleg vor. Die Deutung ist darum sehr unsicher. Täller Täller kommt nur in der Tällergade ‘ der Gaden bei einer tellerartigen Fluh ’ (Greich) vor. Das HL ist zu schwdt. und wdt. Täller m./ n. ‘ Teller ’ m., in FlN für tellerförmigen Felsvorsprung oder terrassenförmigen Boden zu stellen (I D . 12, 1425 ff. bes. 12, 1432; G RICHTING 1998, 193). Diese Deutung stützt sich auf die Beschreibung, die von einer “ tellerartigen Fluh ” spricht. Der historische Beleg von 1570 lautet allerdings Tsellen Gaden; diese Form würde eher zum ebenfalls lebend belegten ts Allungadu ‘ der Gaden des Allo ’ passen. Talma (FaN) Talma (FaN) ‘ Thalmann ’ ist ein FaN im Genitiv, der laut Gwp. in Ritzingen bekannt war. AWWB (256) kennt den Namen, aber nicht im Goms. Belegt ist nur bin ts Talmasch Hüs ‘ beim Haus der Familie Thalmann ’ (Ritzingen). Das F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (3, 1834 f.) kennt den FaN Thalmann; für das Wallis jedoch nur vereinzelt in Siders 1871. Tambour Tambour m. ‘ Tambour ’ ist zu schwdt. Tamb ū r, in Wallis auch Tamb ō r m. von Personen ‘ Trommelschläger, Trommler ’ m., im militärischen und amtlichen Bereich, in Hohtenn als Familienbeiname (I D . 12, 1873 f.; G. I M- BODEN , p. c.) zu stellen. Belegt ist es in zwei Genitiven z Tambursch Mili ‘ die Mühle des Tambours ’ (Staldenried) und ts Tamborfärdisch Intiejer ‘ der Eintuer (Stall) des Tambours Alfred ’ (Hohtenn). An beiden Orten gibt es einen Tambouren- und Pfeiferverein. Tampa Tampa f. ist als Schimpfwort für einfältige Weibsperson und ‘ Frau (blöde, dumme) ’ (I D . 12, 1877; G RICHTING 1998, 193) belegt. Vermutlich ist das Nomen zum Verb tampe n (I D . 12, 1878 ff.) zu stellen, also eine Frau, die viel redet. Taleyer (FaN) 307 308 <?page no="159"?> Belegt ist es als di Tampa in Mund, wo der Ort als schmale Wiese neben den Strichjinu bezeichnet wird, ohne Angabe der Koordinaten. Die Strichjini (Mund) befinden sich auf ca. 1125 m auf der Munder Seite der Strasse von Birgisch nach Mund. Die Gwp. sagt dazu: “ Die Eigentümerin war dumm ” . Im Beleg dr Tampuschleif (Blatten) ist ein Modell für die Lawinenverbauungen gemeint, das bei einer Sprengung in die Luft gesprengt wurde. Ob ein Zusammenhang mit dem HL T AMPA im Sinn von ‘ einfältige Weibsperson ’ besteht, ist unklar. Tämpel Tämpel m., auch Tempel m. ist zu schwd. Tëmpel ‘ Tempel, Gotteshaus ’ m., ahd. tëmpal n., mhd. tëmpel m./ n., entlehnt aus lat. TEMPLUM n. und dem daraus entwickelten afrz. temple m. (I D . 12, 1889 ff.; K LUGE / S EEBOLD 25 2002, 912) zu stellen. Belegt sind nur der Englisch Tämpel ‘ der englische Tempel (frühere kleine Kirche für Engländer) ’ (Fiesch) und bim Tempel ‘ beim Tempel (englische Kirche) ’ (Zermatt). Die beiden Belege dürften eher auf engl. temple zurückgehen. Für katholische Kirchen vgl. HL C HIRCHA - C HILCHA . Tänd Tänd f. ist belegt als Zer Tänt (Ergisch) und Zer Tent (1677 u. später, Oberems), wohl der gleiche Ort wie der erste Beleg. Ein sicher romanischer Beleg ist a la Tenda (1361, Inden). Tänd kann entweder zum schwdt. Tänn ‘ Tenne ’ (I D . 13, 102 ff.) gestellt werden, wo es einen Beleg Tänd für Saanen (BE) gibt; G RICHTING (1998, 193) kennt aber nur wdt. Te, Tennä (Goms), Tänn, Tä, also keinen Beleg mit auslautendem -nd. Vermutlich liegt das rom. * TENDA ‘ Zelt ’ (FEW 13, 1, 145 ff.; M EYER 1914, 172) näher, das sicher in Inden anzusetzen ist. J ACCARD (1906, 456) führt allerdings Tenda(z) auf tendere ‘ sich erstrecken ’ zurück. Die wenigen Belege lassen keine gesicherten Aussagen zu, weswegen das HL unmarkiert erscheint. Tangel (PN) Tangel (PN) ist vermutlich als PN in den Belegen Tangels Ruitin ‘ das gerodete Gebiet des Tangel ’ (1301, Niedergesteln) und dem unsicheren Beleg Pratum Tangels ‘ die Wiese des Tangel ’ (1389, Simplon) bezeugt. Unklar ist der Beleg sub terra Tangel ‘ unter dem Gut des Tangel ’ (1391, Ried-Brig), wo auch nur der Name Tangel (cf. HL T ANGEL ) gemeint sein kann. I D . (13, 463 ff.) gibt in der Anmerkung Tangel als FaN an. Das F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (1, 392) kennt nur Dangel, das dort aber als aus Deutschland und Österreich stammend verzeichnet ist. F ÖRSTEMANN (1, 1403) hat u. a. Thencilo und weitere PNN. Tangel Tangel m. und Tängja f. ist zu schwdt. Tangel, Tängel m./ n. ‘ Gerät zum Dengeln von Sensen, Sicheln ’ , ahd. tangol ‘ Hammer, Schlegel ’ , mhd. tangel ‘ Dengelstock ’ (I D . 13, 463 ff.) zu stellen. G RICHTING (1998, 193) kennt die feminine Form Tängella oder Tängela (die I D . nicht erwähnt), sowie das Kompositum Tengulschtokk und verwandte Formen. C. S CHMID (1968, 42) erwähnt d Angela f. ‘ der Amboß ’ , der zusammen mit dem Hammer verwendet wird, trennt also den Anlaut als Artikel ab. URNB (3, 688) erwähnt den Namen Tangel m. für Gurtnellen. Das Simplex Tangel ist für Ried-Brig 1391 erwähnt. St. Niklaus hat 1620 u. später an der Thengen, das bei LT als Tennjen belegt ist; lebend sind t Ober Tängja und t Unner Tängja (St. Niklaus). Sehr unsicher ist ein Beleg apud Tengyon (1389, Täsch) mit einer frühen Palatalisierung. Als nicht umgelauteter Plural belegt ist di Tangle (Termen). Das Grundwort eines Kompositums ist bezeugt in Murmiltangil ‘ das Gebiet, das aussieht wie ein Dengelstock, mit Murmeltieren ’ (Varen). Die übrigen Belege enthalten Tangel als Bestimmungswort: ts Tangeloch ‘ das Loch, das wie ein Dengelstock aussieht ’ (Oberwald), ts Tänggiloch ‘ das Loch, wo man die Sensen dengelte ’ (Simplon), ts Tangulbielti ‘ der kleine Hügel, der aussieht wie ein Dengelstock ’ (Naters), der Tangulwang ‘ der Grasabhang, der aussieht wie ein Dengelstock ’ (Naters), der Tängjerwald ‘ der Wald bei der Tängja ’ (St. Niklaus) und ts Tängelmaad ‘ die Mähwiese im Gebiet, das aussieht wie ein Dengelstock ’ . Komplexer ist der Tangelocheer ‘ die Kehre (der Grimselstrasse) beim Tangelloch ’ (Oberwald). Tangen Tangen ist nur 1822 in Salgesch als in Tangen Matten belegt. Vermutlich handelt es sich um den gleichen Beleg wie die Tannenmatten ‘ die Wiese bei den Tanne ’ von 1794 in Salgesch (Nr. 43445). Eine andere Deutung ist nicht möglich. Tangere Tangere ist nur belegt in ts Tangerelammuti ‘ die kleine Runse bei Tang(e)re ’ (Fieschertal). Das eingeschobene / e/ zwischen / ŋ / und / r/ könnte ein erleichternder Zusatz zu Tangre sei. Zu Tangere und Tangre findet sich jedoch keine sinnvolle Deutung. Der nördlich davon durchfliessende kleine Bach ohne belegten Namen kann laut Beschreibung “ Dreieckiger Grasspitz zwischen Felsen ” nicht gemeint sein. 309 310 Tangere <?page no="160"?> Tängger Tängger n. ist lebend als ts Tängger (Naters) und historisch 1537 in Ergisch als zum Thanggeracker (andere Lesart: Changgeracher) belegt. Im Beleg von Naters könnte ein Zirkumfix vom Typ GI - ER (Kollektiv) vorhanden sein, worauf das Genus Neutrum hinweist. Dann ist es zum Adjektiv tangg, wohl in der Bedeutung 1 b) α ) ‘ feuchtweich vom Erdboden ’ (I D . 13, 597 ff.) gemeint sein. ts Tängger wäre dann die Stelle mit feuchtem Erdboden. Der Beleg aus Ergisch lässt sich hier einordnen: der Acker mit feuchtem Boden. Die zweite Lesart Changgeracher lässt sich jedoch nicht zuordnen, ist also kaum zu halten. Die bei G RICHTING (1998, 193) belegten Tängg ‘ Mann (dicker) ’ und Tängga ‘ Masse (zäh), Frau (dicke, plumpe) ’ gehören zum gleichen Adjektiv, aber nicht zur Bedeutung ‘ feuchtweich vom Erdboden ’ (vgl. auch I D . 13, 604 zu Tängge n ). Tangoll Tangoll ist nur einmal belegt, 1716 in Ulrichen. Der Text der in Tangoll (? ) lässt sich nur schwer deuten. Zu vermuten ist, dass es sich um den Namen Ihangel (historisch als Inhangel) handelt (cf. HL I HANGEL ). Das anlautende / t/ von Tangoll ist überschrieben und kann ursprünglich ein / h/ gewesen sein. Tänn Tänn, Tenn auch Tä, Te n. ‘ Tenn, Tenne ’ ist zu schwdt. Tänn und Tenn n., im Wallis meist mit Schwund des auslautenden -nn, ‘ ebener, freier Platz ’ als Wiedergabe von lat. AREA , ‘ in dieser Bedeutung in den Schweizer Flurnamen zum Teil noch erhalten ’ , ahd. tenni, tenne n., mhd. tenne m./ f./ n. und wdt. Te, Tennä (Goms), Tenna (Mattertal), Tänn (Lötschental), Tä ‘ Tenne (Dreschplatz) ’ (I D . 13, 114; Grichting 1998, 193) und Ort ‘ zum Dreschen und Säubern des Getreides ’ (I D . 13, 102 ff.; K. H UBER 1944, 27 ff.; V. S CHMID 2003, 200) zu stellen. Das HL kann - vor allem in historischen Belegen - mit dem HL Tanna ‘ Tanne ’ verwechselt werden. Einen Sonderfall stellt Tännu (Turtmann, cf. HL T ÄNNU ) dar, dessen älteste Belege als Tendona (cf. HL T ENDONA ) erscheinen. In Lokalnamen bezeichnet das HL T ÄNN häufig einfach eine ebene Fläche (so I D . 13, 114 Anmerkung) und kein Gebäude, trotz der Bemerkung in I D . (13, 111), wonach in alpinen Gebieten eine “ Hochtenne ” gemeint sein könne. Das Simplex ist im Singular belegt als ts Tä ‘ das Tenn ’ (Eischoll), Tänn ‘ das Tenn ’ (LT, FLNK, Wiler; SK Tenn), im Te ‘ im Tenn ’ (Bitsch), zum Te ‘ beim Tenn ’ (St. Niklaus), zem Tenne ‘ beim Tenn ’ (1460 u. später, Zermatt), das Tenne ‘ das Tenn ’ (1310, Baltschieder), auffem Then ‘ auf dem Tenn ’ (1617 u. später, Erschmatt). Als Feminin ist di Tenni ‘ die Tenne ’ (Termen) bezeugt, schon 1418 als die Tennÿ. Feminines Genus ist im Hochdeutschen gut belegt (vgl. G R W B 21, 253 ff. s. v. Tenne), nicht aber im Walliserdeutschen. Das Simplex im Plural erscheint als ze Tännu ‘ bei den Tennen ’ (Zeneggen), Zen Tennen ‘ bei den Tennen ’ (1329, Lalden; 1688, Visp), Zen Tennu ‘ bei den Tennen ’ (Törbel) und Zen Thennen ‘ bei den Tennen ’ (1601, Naters. Eine seltsame Form des Plurals ist Zantennu ‘ bei den Tennen ’ (Eggerberg), das 1306 am Tenne, 1437 zen Tennen, 1619 zun Tennen usw. genannt wird; erst 1859 wird es Z ’ Ant=Tennen geschrieben. Warum hier das anlautende Zen ‘ bei den ’ verändert wurde, bleibt unklar. Als Diminutiv im Singular findet sich ts Tennli ‘ das kleine Tenn ’ (Oberwald) mit einem kleinen Namennest: ts Hinnerscht Tenli ‘ das hinterste kleine Tenn ’ (Oberwald), im Fordren Tendli ‘ im vorderen kleinen Tenn ’ (1725, Oberwald), Thenlj Weeg ‘ der Weg zum Tennli ’ (1778 u. später, Oberwald) und di Tennliweng ‘ die Grasabhänge beim Gebiet kleine Tenne ’ (Oberwald). Vermutlich ein Plural des Diminutivs ist belegt in zen Tenli ‘ bei den kleinen Tennen / bei den kleinen Tannen ’ (1548, Hohtenn). Attributive Adjektive zum HL sind vor allem im mehrfach belegten ts Ho'te ‘ das hohe Tenn ’ (Bratsch, Hohtenn, Mund), Hotee (FLNK, Ausserberg (SK Hohtenn, LT Hotee); FLNK, Betten), aúff dem Hothen (1782, Erschmatt; 1673, Raron), jm Hohten (1714 u. später, Visperterminen), Bahnstation Hohtenn ‘ die Station (Bahnhof) Hohtenn der BLS ’ (FLNK, Hohtenn; LT Stn. Hohtenn) vertreten. Weiter finden sich im Hintern Tennen ‘ im hinteren Tenn ’ (1818, Gampel), ts Inder Tänn ‘ das innere (taleinwärts liegende) Tenn ’ (Wiler) und ts Uister Tänn ‘ das äussere (talauswärts liegende) Tenn ’ (Wiler). Vorangestellte Genitive in zweigliedrigen Konstruktionen sind: Berthols Tenne ‘ Berchtolds Tenn ’ (1435, Bitsch), Habersch Te ‘ das Tenn der Familie Haber / des Haber (da Name sonst unbekannt, wohl Tenn des Hafers) ’ (Mund), ts Walkersch Te ‘ das Tenn der Familie Walker ’ (Törbel), Walkersthen ‘ das Tenn der Familie Walker ’ (1840, Embd, gemeint ist aber wohl die gleiche Flur in Törbel). Das HL ist nie Grundwort in zweigliedrigen Komposita. Hingegen ist es als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern belegt: Acher, Bach, Biel, Biina, Bodu, Brunnu, Fura, Grabu, Güet, Holz, Hüs, Matta, Schiir, Schleif, Stadel, Wang und Wäg. Komplexere Formen sind ts Inner Tewaldji ‘ der innere kleine Wald beim Tenn ’ (Saas-Balen), z Obrest den Thenfúren ‘ zuoberst den Furchen beim Tenn ’ (1603 u. später, Niedergesteln), Thenflien Tschuggen ‘ der Fels bei den Flühen beim Tenn ’ (1696, Zeneggen) und andere. Tängger 311 312 <?page no="161"?> Einen sehr interessanten Fall bildet das HL in der Gemeinde Wiler, wo es einen Weiler Tänn ‘ das Tenn ’ (Wiler) gibt, etwa einen Kilometer nordwestlich des Dorfes; er besteht aus ts Inder Tänn ‘ das innere (taleinwärts liegende) Tenn ’ und ts Uister Tänn ‘ das äussere (talauswärts liegende) Tenn ’ (beide Wiler). Auf der rechten Talseite finden sich ufem Tänbach ‘ auf dem Gebiet beim Tännbach ’ kurz vor der Einmündung des Tännbachs in die Lonza, der Bach dort heisst Tännbach (LT, Wiler) und an seinem nördlichen Ende finden sich auf der Höhe Tämbachgletscher ‘ der Tännbachgletscher ’ (FLNK, Wiler), ts Tänbahoren ‘ das Tännbachhorn ’ (Wiler, Gipfelname (2832 m), LT u. SK Tennbachhorn), darunter di Tänbachbletschä ‘ die Bletschä (Ebenen) beim Tännbach ’ (Wiler), dr Leid Tänbach ‘ das hässliche Gebiet am Tännbach ’ und an der Mündung des Baches di Tännbachachra ‘ die Äcker beim Tännbach ’ und di Tänbachweidä ‘ die Weiden am Tännbach ’ . Die Lonza überquert der Tännärstäg ‘ die Brücke über die Lonza bei Tänn (Tenn) ’ , darum herum sind di Tänn(e)rreina ‘ die Raine (Abhang) beim Tänn (Tenn) ’ und di Tännärgendär ‘ die Geröllhalden beim Tänn (Tenne) ’ , ihnen folgen di Tännärweide ‘ die Weide beim Gebiet Tänn ’ . Der Bach, der hier durchfliesst, heisst dr Tännerbach ‘ der Bach, der durch die Tännerra fliesst ’ und die Schlucht, durch die er fliesst, Tännerra ‘ die Schlucht der Leute von Tänn ’ (LT), darüber sind di Tännärbletschä ‘ die Ebene bei der Tännerra ’ und di Tännärbrinn ‘ die Brunnen / Quellen im Gebiet der Tännerra ’ , etwas weiter oben ts Inder und ts Uister Tännärchinn ‘ die innere und die äussere Tännerschlucht ’ . Beim Austritt des Tännerbachs aus der Schlucht findet sich dr Tännerchrumm ‘ die ummauerte Weide im Gebiet Tännerra ’ , im Wald daneben ts Tännärschleifli ‘ der kleine Schleif bei der Tännerra ’ , gleich daneben di Tännärholzfeeli ‘ die Holzfeli (Holzfallgraben) bei der Tännera ’ . Alle Namen sind in Wiler belegt. Es scheint also, dass der Weiler einerseits dem nördlich gelegenen Gebiet den Namen Tänn (Tenn) gegeben hat, während das südlich gelegen Tal als die Schlucht der Leute von Tänn bezeichnet wurde und die verschiedenen Namen danach benannt wurden. Tännera (die Schreibweise auf LT) ist wohl eine - ERRA -Ableitung (S ONDEREGGER 1958, 471 f.), hier zu den Bewohnern von Tänn (Tenn): ‘ das Gebiet der Leute von Tänn (Schlucht des Tännerbachs) ’ . Es ist einer der wenigen Fälle, wo sich zwei Täler in der Ableitung vom gleichen Grundwort Tänn unterscheiden. Zu diesen komplexen Bestimmungswörtern gibt es eine Reihe von komplexen Formen mit Hotee ‘ hohes Tenn ’ wie t Alt Hotentreichi ‘ die alte Tränke der Leute von Hohtenn (Weiler von Visperterminen), Hohtenn Boden ‘ der Boden bei Hohtenn / beim hohen Tenn ’ (1852, Steg), Hohtenndorna ‘ die Dornbüsche bei Hohtenn ’ (FLNK, Hohtenn), der Hootennbodu ‘ der Boden bei Hohtenn / beim hohen Tenn ’ (Niedergesteln), t Hoteachra ‘ die Äcker beim Gebiet Hotee (hohes Tenn) ’ (Betten), aúf den Hothen Boden ‘ der Boden, der zu Hohtenn gehört ’ (1852, Hohtenn), t Hotewasserleita ‘ die Wasserleitung zum Hotee (hohes Tenn) ’ (Visperterminen) und viele andere, die sich auf die verschiedenen Hotee ‘ hohes Tenn ’ beziehen. Ein seltener Genitiv Plural findet sich in Hotenner Riedbärg ‘ der Riedbärg, der zu Hohtenn gehört ’ (FLNK, Niedergesteln). Eine Ableitung auf - IG findet sich in Tänigu ‘ bei den Leuten von der Tenne / des Anton (? ) ’ , wo unklar ist, ob sich der Name auf Tänn ‘ Tenne ’ oder eine Kurzform des Namens Anton bezieht. Eine Ableitung auf - ERI , resp. - ERRA für Wasserleitungen ist in di Tenneri ‘ die Wasserleitung (führt von der Lonza bis Zantennu) ’ (Eggerberg), die Thennerÿ ‘ die Wasserleitung Tenneri ’ (1578, Lalden) und ob der Tennerrun ‘ oberhalb der Wasserleitung vom / zum Tenn ’ (1542, Mund) belegt. Tanna Tanna f. ‘ Tanne ’ ist der Baumname Tanne f., Pl. Tanne n bzw. Tanni, wesentlich wie nhd. ‘ Tanne ’ , meist ‘ Weiss- und Rottanne ’ , ahd. tanna, mhd. tann(e) und wdt. Tanna, Tannä (Goms), Tannu ‘ Tanne ’ (I D . 13, 52 ff.; G RICHTING 1998, 193). Die Form ts Ta ‘ das Tannengehölz, der Tannenwald ’ ist ein Kollektiv. An verschiedenen Orten wird bemerkt, dass es dort keine Tannen (mehr) gäbe; das ist ein Beispiel dafür, dass ein Name am Ort haftet, auch wenn die Namenmotivation nicht mehr gegeben ist. Bei den Simplizia ist das Simplex des Kollektivs als ts Ta ‘ das Tannengehölz ’ (Ulrichen und sechs weitere Gemeinden), ts Taa (Simplon), im Ta (Reckingen, Steinhaus), zum Ta (Oberems) am besten vertreten; historische Belege haben jm Tan (1305, Niedergesteln), zem Tan (1309, Saas-Balen), zem Than (1509, Saas-Grund; 1502, Stalden, 1470 u. sp., Visperterminen). Der Baumname selbst kommt im Singular als Tanne (FLNK, Ulrichen; Singular), beÿ der Tannen (1752, Oberwald; ein Beleg von 1550 hat jn den Thannunj), bei der Tanne (1855, Brigerbad), bej der Tanne (1847, Leuk), by der Thannen (1640 u. später, Mund), zer Tannu (Staldenried, Wiler), zer Tannvn (1333, Naters). Der Plural des Simplex ist belegt in di Tane (Unterbäch), bine Tanne (Blitzingen), in den Thannen (1550, Obergesteln), jn den Thanen (1829, Varen), die Thanen (1652, Zwischbergen), ze Tannu (Eisten). Diminutive im Singular sind ts Tanni (Fieschertal), beim Taneltÿ (Glis), in den Tanjen Ackern ‘ die Äcker beim kleinen Tannenwald ’ (1870, Hohtenn; 1859 - 1872 313 314 Tanna <?page no="162"?> der Tenjen Acker, scheint eher zu Tänn ‘ Tenne ’ zu gehören). Diminutive im Plural sind belegt als in den Thaneltinen (1817, Leuk), ze Tanniltinu (Baltschieder). Mit attributiven Adjektiven kommt das HL in zweigliedrigen Konstruktionen vor in ts After Ta ‘ das hintere Gebiet mit Tannengehölz ’ (Eisten), von der Dirren Tannen ‘ von der dürren Tanne ’ (1542, Biel; 1542, Ritzingen; Grenzbeschreibung zwischen den Gemeinden), ts Dirr Ta ‘ das dürre Tannengehölz ’ (St. Niklaus, zweimal), bei der Gebranten Thannen ‘ bei der verbrannten Tanne ’ (1750, Simplon; Partizip), zer Gsägnutu Tannu ‘ bei der gesegneten Tanne ’ (Gampel; Partizip), zer Heejun Tannu ‘ bei der hohen Tanne ’ (Steg), ts Inner Ta ‘ das innere Tannengehölz ’ (Eisten), ts Ober Ta ‘ das obere Tannengehölz ’ (Eisten), t Schwarze Tanne ‘ die schwarzen Tannen ’ (Geschinen), t Schwarz Tanne ‘ die schwarzen Tannen ’ (Ulrichen), zúr Schwartzen Thannen ‘ bei der schwarzen Tanne ’ (1444, Obergesteln), t Spitzi Tannu ‘ die spitze Tanne ’ (Hohtenn), ts Unner Ta ‘ das untere Tannengehölz ’ (Eisten), ts Üsser Ta ‘ das talauswärts liegende Tannengehölz ’ (Eisten), zu Vier Tanneltinu ‘ bei den vier kleinen Tannen ’ (Randa; Zahlwort), ts Wiissta ‘ der Weisstannenwald ’ (Eggerberg), zer Wiisstannu ‘ bei der weissen Tanne ’ (Varen). Einen Sonderfall bildet die Trias Zer Tannu, ts Obruscht zer Tannu ‘ zuoberst in Zer Tannu ’ , ts Undruscht zer Tannu ‘ zuunterst in Zer Tannu ’ (alle Staldenried). Zer Tannu ‘ bei der Tanne ’ ist ein Dorfteil von Staldenried. Vorangestellte Genitive zum Simplex sind ts Badjisch Tanna ‘ die Tanne des Badji / beim kleinen Pfad ’ (St. Niklaus; FLNK Fadjisch Tanna), t Fäldertanne ‘ die Tannen bei den Feldern (? ) ’ (Ulrichen, unklar, laut Gwp keine Tannen; FaN Felder ist im Oberwallis nicht belegt) und di Gitzotanna ‘ die Tanne, wo die kleinen Ziegen Salz erhielten (laut Gwp) ’ (Visperterminen). Komplexere Konstruktionen mit vorangestelltem Genitiv sind Chammsetsisch Bildtanna ‘ die Bildtanne der Familie mit dem Übernamen Chammsetsi (Kammsetzer) ’ (FLNK, Birgisch), ts Eggersch Bildtanna ‘ die Bildtanne der Familie Egger ’ (Birgisch), ts Läntsch Bildtanna ‘ die Bildatanne des Lenz (= Lorenz) ’ (Birgisch), ts Zeitisch Bildtannu ‘ die Bildtanne der Familie Zeiter ’ (Birgisch). An einer Bildtanna findet man normalerweise ein Heiligenbild oder eine Heiligenstatue, manchmal in einer Höhlung des Stammes, manchmal auch sonst befestigt. In Birgisch werden vier solcher Bildtanne benannt. Als Grundwort tritt das HL in zweigliedrigen Komposita zunächst mit PNN auf: t Baarbitanne ‘ die Tanne der Barbi (Barbara) ’ (Ulrichen), t Lepolltitanne ‘ die Tanne des Leopold (PN) ’ (Ulrichen) und di Trinatannu ‘ die Tanne der Triine (PN) ’ (Leuk). Bei den ersten beiden handelt es sich um kleine Güter, bei der dritten um eine markante Tanne. Am häufigsten ist jedoch t Schäärutanna ‘ die Tanne, die Schutz bietet ’ (Ried-Mörel), auch bin der Schäärutannu ‘ bei der Tanne, die Schutz bietet ’ (Betten), t Schärtanna ‘ die Tanne, die Schutz bietet ’ (Grengiols) und t Schärtanne ‘ die Tanne, die Schutz bietet ’ (Blitzingen, Oberwald) - alle mit dem Bestimmungswort Schääru ‘ Schutz ’ (cf. HL S CHÄÄRU < mhd. schërm; das auslautende / m/ wird vokalisiert wie in Aaru < Arm). Mehrfach belegt ist auch das schon erwähnte Bildtanna als Bildtanne (FLNK, Reckingen), di Bildjitanna (Visp), biner Biudtanne ‘ bei der Bildtanne ’ (Binn), alle mit der oben erwähnten Deutung. Ähnlich zu verstehen ist t Chriztanna ‘ die Tanne mit dem Chriz (Kreuz, wohl Kruzifix) ’ (Grengiols). Unklar ist zer Egiltannu ‘ bei der Adlertanne ’ (Hohtenn), sofern Egil ‘ Adler ’ heisst (aus frz. aigle ‘ Adler ’ ). zer Chropftanne ‘ bei der Tanne mit Kröpfen (kropfartige Auswüchse) ’ (Lax) bezieht sich auf das Aussehen des Baumes. Etwas unklar ist di Kirmigtanna ‘ die Tanne, wo man ausruhen (hirmen) kann ’ (Goppisberg). Zugrunde liegt hier das Verb ge-hirmen ‘ ausruhen ’ (I D . 2, 1708) (cf. HL H IRMI ). Komplexere Konstruktionen liegen nicht vor. Als Bestimmungswort tritt Ta zum HL T ANNA ‘ Tannengehölz ’ mit folgenden Grundwörtern auf: Egg(a), Gassa, Grabu, Haalta, Hubel, Hüs, Lamma, Matta, Rufina, Schleif, Steg, Stutz, Wäg und Wald. Die Form Tann(a) und davon abgeleitete ist belegt mit Acher, Ägerta, Bach, Bäärg, Biel, Bodu, Bord, Brunnu, Egg(a), Fad, Gassa, Grabu, Gretz, Matta, Piische, Schiir, Teiff, Tola, Tritt, Wäg und Wald. Ein Namennest bildet sich um Tamattu ‘ die Wiese bei Tannengehölz ’ (Saas-Balen, Saas-Grund), einen Weiler, zu dem ts Innertamattu ‘ der innere Teil des Weilers Tamattu ’ (Saas-Grund), ts Tamattbrunngi ‘ die kleine Quelle / der kleine Brunnen beim Weiler Tamattu ’ , di Tamatthaalte ‘ die Halde beim Weiler Tamattu ’ (beide Saas-Balen), ts Tamattsand ‘ das Sandgebiet beim Weiler Tamattu ’ (Saas-Grund) und ts Üsser Tamattsand ‘ das äussere sandhaltige Gebiet bei Tamattu ’ (Saas-Grund) belegt sind. Hingegen gehört Tamattugrabo ‘ der Graben hinunter zur Tanmatta (Wiese bei den Tannen) ’ (FLNK, Ried-Brig) bei di Tanmatta ‘ die Wiese bei den Tannen ’ (Ried-Brig) nicht zu diesem Namennest. Der zweifellos komplexeste Name ist ts Müetergottestannestäfuti ‘ der kleine Stafel mit der Statue der Muttergottes (Maria) an einer Tanne ’ (Selkingen); die Beschreibung sagt, dass sich hier eine Tanne mit einer Muttergottesstatue befinde. Unklar ist die Ableitung ts Tännil (Niedergesteln) mit Tännilwald ‘ der Wald mit Tannen ’ (FLNK u. LT, Niedergesteln), resp. der Ober und der Unner Tannelbodu ‘ der Tanna 315 316 <?page no="163"?> obere und der untere Boden im Tannel (Tannenwald) ’ (Saas-Fee). Die Ableitung auf - EL (S ONDEREGGER 1958, 513 ff.) ist eine Stellenbezeichnung; die Ableitung mit neutralem Genus auf - IL und Umlaut in Tännil hat wohl eine kollektive Bedeutung. Tännu Tännu ist der heutige Name eines Weilers, der zu Turtmann gehört. Die ältesten Belege weisen durchwegs Thendona oder Tendona auf (cf. HL T ENDONA ). Dieser Name ist wohl eine - ONA -Ableitung zum HL T ENDA ‘ Abhang ’ (M EYER 1914, 81) und meint primär den später Tännbach genannten Bach. Der Bachname bezog sich aber auch auf den Namen des Weilers. Weitere Namen sind im Hinteren Tennen (1818), ts Änner Tännu ‘ das jenseitige Tennen ’ belegt. Dazu kommen Tännubielu ‘ der Hügel bei Tännu ’ , im Tenen Gru ͦ ndt ‘ im Grund von Tännu ’ (1704 u. später), di Tännuleesser ‘ die durch Los zugeteilten Grundstücke bei Tännu ’ , die Tennermadten ‘ die Wiesen bei Tännu ’ (1630 u. später) und lat.: sub aqueductu de Tendona ‘ unter der Wasserleitung von Tännu (Tendona) ’ (1355) (alle Turtmann) bezeugt. Lat.: subtus aqueductum de Tendona ‘ unter der Wasserleitung von Tännu (Tendona) ’ (1337, Ergisch) meint wohl die gleiche Wasserleitung. Ebenfalls zu Tännu (Tendona) gehören der Tänbach (Turtmann; FLNK Tännbachji), ts Ober und ts Unner Täholz (Turtmann, LT Tännholz), das Thenholz ‘ der Wald oberhalb von Tännu ’ (1526 u. später, Turtmann), und Tännachra ‘ die Äcker bei Tännu ’ (FLNK, LT, 1683: in den Tenden Akren). In Ergisch ist 1527 das Thenholz als Übersetzung von lat.: nemus de Tendona ‘ der Wald von Tännu ’ belegt. Lebend gibt es hier auch der Tännbach ‘ der Bach, der bei Tännu in den Rotten mündet ’ (Ergisch). Täntsch Täntsch ist nur einmal als Simplex der Täntsch ‘ Mulde mit gestautem Wasser für die Kälber ’ (Leuk) belegt. Gwp. sagt, dass sich der Täntsch im Wald befinde: ein Ort, wo das Wasser für die Kälber in einer Mulde gestaut (<getänscht>) wurde zum Tränken. Gwp. gibt auch eine Bedeutung von <tänntschu>: verstopfen, stauen, wenn eine Wasserleitung rinnt. Beides ist sonst im Oberwallis nicht belegt (fehlt bei G RICHTING 1998). Es ist zu schwdt. Täntsch, Tantsch m./ n./ f. mit mehreren Bedeutungen zu stellen, u. a. ‘ festgetretener Boden; Aufschüttung, Damm von Erde und Steinen oder von Lehm; stark durchnässter Boden, sumpfige Erde ’ (ZGNB 5, 26; G ROSSENBACHER 1997, 291; I D . 13, 828 ff.). I D . (13, 835) kennt auch das dazu gehörende Verb tan(t)sche n , das auch mit Umlaut vorkommt, ebenfalls mit mehreren Bedeutungen. Der Flurname ist für das Wallis sonst nirgends belegt. Tanz Tanz m. ist nur als Tanzboden in verschiedenen Formen belegt: di Tanzbede ‘ die Tanzböden ’ (Grengiols; auch FLNK und LT; SK Tanzboden), dr Tanzbobem ‘ der Tanzboden ’ (Ferden), ts Tanzbodi ‘ der kleine Tanzboden (wo man tanzen kann) ’ (Ried-Brig, auch FLNK), der Tanzbodu ‘ der Tanzboden ’ (Betten, auch FLNK; Goppisberg, auch FLNK). Das HL ist zu schwdt. Tanz m. und Tanzbode n m. ‘ Tanzfläche ’ wesentlich wie nhd. und wdt. Tanz ‘ Tanz ’ (I D . 13, 836 ff.; I D . 4, 1031 f.; G RICHTING 1998, 193) zu stellen. Mit Ausnahme von Ried-Brig befinden sich die Tanzböden auf höher gelegenen Orten, etwa Alpen, wo - wie es in Goppisberg explizit heisst - auch getanzt wurde. Tapper Tapper ist nur als das Tapperlin (1642, Naters) belegt. Alternativ kann es als das Tafferli (Tapperli? ) (1678, Naters) gelesen werden. Nach P H . K ALBERMATTER (p. c.) ist jedoch klar Tapperlin gemeint. Das HL liesse sich u. U. zu Tappe n ‘ Anteil ’ (I D . 13, 934) stellen (das zu frz. étape oder it. tappa gestellt wird). Allerdings ist dann die Ableitung auf - ER und der Diminutiv - LI zu deuten; zu erwarten wäre eine männliche Stellenbezeichnung auf - ER (S ONDEREGGER 1958, 541 ff.) mit Verkleinerung: ‘ der kleine Anteil (an Reben) ’ ; diese Deutung gilt für den Beleg von 1642, der explizit apud wineas ‘ bei den Reben ’ nennt; hingegen ist der Beleg von 1678 in dieser Hinsicht nicht spezififziert. Die Deutung ist darum spekulativ. Täretsch Täretsch ist nur als der Täretsch ‘ der Täretsch (unklar) ’ (Turtmann), sowie der Ober und der Unner Täretsch (Turtmann) belegt. Auf 1: 10000 steht Terretsch. Laut Gwp. handelt es sich um eine Schafweide. Historische Belege fehlen. Die Karten zeigen heute Bewaldung. T AG- MANN (1946, 56) kennt den Namen und würde ihn gerne auf * TERRACEA zurückführen, allerdings ohne Deutung. D U C ANGE (8, 72) kennt Terracea als ‘ ager terreus ’ , was heute sicher nicht mehr der Fall ist. Das in Leukerbad belegte Täärätschu ist verwandt damit (T AGMANN 1946, 56 und HL T ÄÄRÄTSCHU ). Tarmels Tarmels ist nur 1353 in Salgesch als eys Tarmels belegt; die Lesung ist unsicher. Eine Rückführung auf tarmes ‘ holzwurm ’ (FEW 13, 1, 122 ff.) ist schwer möglich, da das anlautende / t/ schon früh geschwunden sein muss. Das HL lässt sich deswegen nicht deuten. 317 318 Tarmels <?page no="164"?> Tartauel Tartauel m./ n. ist nur belegt in am Tartauel (1527, Ernen). Es könnte sich um eine Verballhornung von am Gatauel ‘ am Holzschleif ’ (vgl. HL G ATTALF ) handeln. Das HL ist im 16. Jahrhundert nicht mehr durchsichtig und wird auch an anderen Orten umgedeutet. Dagegen spricht die Formulierung vnam petiam terre cui dicitur am Tartauel ‘ ein Stück Land, das am Tartauel genannt wird ’ . Täsch Täsch ist der Name einer Gemeinde im Mattertal; bis hieher führt die allgemein zugängliche Fahrstrasse nach Zermatt. Die ältesten Belege sind: Tech (1302), Techs (1305, 1307), Thessche (1388), Thes (1388, 1390 u. später), Tesche (1389). Auffällig ist, dass die ältesten Belege alle mit lat. de ‘ von ’ konstruiert sind, das auch auslautendes / e/ erklärt. Im 16. Jahrhundert findet sich zunächst Tesch, später auch Däsch oder Tësch. Der vordeutsche Siedlungsname Täsch gehört zu den toponomastischen Relikten überschichteter Frühsprachen (Z INSLI 1977, 100), die nach heutigem Stand der Forschung nicht befriedigend erklärt werden können. Eine Ableitung von rom. tegia, tigia ‘ Alphütte, Dach ’ (S TUDER 1896, 244) erklärt die heutige Mundartform mit Endbetonung schlecht, eine Rückführung auf ahd. tasca ‘ Mulde, Talschlucht, Waldbucht ’ (M EYER 1931, 626, in: HBLS 6. Bd.; Z URBRIGGEN 1952, 186) ist auszuschliessen, da es sich um ein vordeutsches Etymon, wahrscheinlich um ein rom., handelt (A EBISCHER 1971, 15; Z IMMERLI 1899, 81). Die spätere latinisierte Namenform PERA ‘ Ranzen, Quersack ’ , die in den Belegen im 17. Jh. auftritt, ist eine wörtliche Übersetzung des dt. Wortes Tasche (A MMANN 1997, 205). K RISTOL ET AL . (2005, 866) schlagen eine Herleitung von vorlat. *t ĭ ska ‘ Haufe ’ (FEW 13, 1, 354) vor. Der altfrpr. Name Tesche in der Bedeutung ‘ Haufen von Brennmaterial, Heuhaufen, Garben ’ ist oder war in der Westschweiz gut belegt, auch eine Übertragung der Bedeutung ‘ Haufen ’ auf die Geländeform ist denkbar. Lautlich entspricht zwar Tesche der ältesten belegten Form; die Entwicklung von / e/ zu einem offenen / ä/ ist jedoch unklar. Neben dem Gemeindenamen kommt Hinner Täsch ‘ das hintere Täsch / das Gebiet hinter Täsch ’ (FLNK, Täsch) vor. Gemeint ist wohl der hintere Teil des Dorfes am Täschbach. Sonst ist Täsch als Bestimmungswort vertreten. Mit folgenden Grundwörtern bildet es zweigliedrige Komposita: Alpa, Bach, Bäärg, Gufer, Hooru, Matta, Sand, Stei, Wald und Wang. Nur das Täschhooru ‘ Täschhorn ’ (Gipfelname, 4490 m, in der Mischabelgruppe) gehört zu den drei Gemeinden Täsch, Randa und Saas-Fee, alle andern nur zu Täsch. Komplexer sind Inner Täschsand ‘ das inner (taleinwärts liegende) Sandgebiet (der Matter Vispe) bei Täsch ’ (FLNK, Täsch), Täschalpkapälla ‘ die Kapelle auf der Täschalp (bei Ottafe) ’ (FLNK, Täsch), Täschbärgkapälla ‘ die Kapelle in der Siedlung Täschbärg ’ (FLNK, Täsch) und Täschhitta SAC ‘ die Täschhütte SAC (Sektion Uto des SAC) ’ (Täsch, FLNK; LT Täschhütte SAC). Täsche Täsche ist nur gerade in Täschehore (Bellwald) belegt, einem Gipfelnamen auf ca. 3000 m Höhe. Eine Deutung ist schwierig; am ehesten liegt Täsch ‘ Tasche ’ , hier wohl Täscha f. (13, 1864 ff.) im Sinn einer ‘ Vertiefung im Gelände ’ vor; das Täschehore wäre dann ein Gipfel mit einer solchen Vertiefung. G RICHTING (1998, 193) gibt Täscha, Täschä (Goms), Täschu ‘ Tasche ’ ; seine zweite Angabe ist hier irrelevant, doch bringt der Eintrag keine Deutung. Nicht zu verwechseln ist der Gipfelname mit dem Gemeindenamen Täsch. Täss Täss ist nur belegt in di Tässunegga (Grächen). Das Genus lässt sich bei diesem Bestimmungswort nicht erkennen. Laut I D . kommt als Lemma in Frage Täs, Täse n f./ m., I LTIS MUSTELA PUTORIUS , ‘ Iltis ’ , ein zur Familie der Marder gehörendes Raubtier (I D . 13, 1750 f.). Die Namenform ist allerdings für das Wallis nicht belegt; laut I D . ist das Tier im Wallis ausgerottet. Das Lemma ist auch bei G RICHTING (1998) nicht aufgeführt, darum bleibt die Deutung unklar. Tasschuniere Tasschuniere ist als di Tasschuniere (Varen, LT und FLNK Taschuniere) belegt. Die historischen Belege sind 1249 es tassoneres, 1347 eys tassoneres und spätere Varianten davon. Zu stellen ist der Beleg zu lat. taxo dachs (FEW 13, 1, 144 ff.) und die kollektive Ableitung auf - ARIA (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288) davon als ‘ bei den Dachsen ’ oder dt. Dachshöhle. Der Flurnamen bedeutet also ‘ bei den Dachshöhlen ’ . Tässel Tässel ‘ Tessel, Kontrollscheit ’ ist nur einmal belegt in der Tässelstei ‘ der Stein, an dem die Tessel aufgehängt wurde ’ (Randa). Das HL ist zu schwdt. Tässel m. ‘ Kontrollscheit, -Klötzchen ’ , Pl. Tässla, Syn. Tässle, Tessle f., mhd. tassel, mlat. TASSELLUS (I D . 13, 1752 ff.; R ÜBEL 1950, 119; E ICHENBERGER 1940, 94; G RICHTING 1998, 193 s. v. Tässla) zu stellen. Tesseln sind meist Holzklötze mit eingebrannten Hauszeichen der Besitzer und Angaben über Rechte und Pflichten. Tartauel 319 320 <?page no="165"?> Tassilen Tassilen ist nur 1737 in St. Niklaus als in den Tassilen ‘ bei den Tesseln ’ belegt. Die Lesung ist unsicher, M. S. liest zunächst Gassilen, P H . K ALBERMATTER (p. c.) Tassilen. Es handelt sich um einen Dativ Plural. Als Ort ist St. Niklaus zu verstehen, da die auftretende Person aus Grächen stammt, der Ort aber auf dem Boden von St. Niklaus liegt. Tassilen ist wohl zu Tässel m. (I D . 13, 1752), resp. wdt. Tässla, Tässlä (Goms), Tässlu ‘ Tessel (Holzleiste mit Zeichen) ’ (G RICHTING 1998, 193) (cf. HL T ÄSSEL ) zu stellen. Diese Deutung ist aber unsicher; sie tritt auch sonst nicht auf. Tätsch Tätsch m. ‘ ebene Stelle, Fleck ’ ist zu schwdt. Tätsch m., im Wallis Pl. Tätsche, Tätscha, Dim. Tätschji, für ‘ etwas durch Fall Zerquetschtes, Zertrümmertes ’ , von dieser Bedeutung ausgehend in FlN für ‘ (ebenes, freies) Stück Boden, namentlich Alpweide um die Hütte herum oder in deren Nähe, steiler Hang; kleine Mulde; in verblasster Bedeutung für Ort, Stelle, übergehend in adverbialer Verwendung ’ auch ‘ Flecken im Gelände ’ (I D . 13, 2122 ff., bes. 2135) zu stellen. G RICHTING (1998, 193) kennt es als ‘ Klaps, Fleck, Omelette ’ , wovon nur ‘ Fleck ’ einschlägig ist. Die meisten Belege finden sich in Naters, wo es di Tätscha ‘ die Alpe mit den ebenen Stellen ’ gibt (früheste Belege 1390 an dien Tetzon). Eine Kleinsiedlung Täätsche ‘ die ebenen Stellen ’ liegt zwischen Blatten b. Naters und Belalp. Dazu gesellen sich t Obru und t Undru Tätsche, sowie der Täätschwald etwas darüber. Nur historisch belegt ist 1734 im Tätschiloch ‘ im Loch beim Gebiet Tätscha ’ und 1758 Tetschbord ‘ das Bord beim Gebiet Tätscha ’ . In Blatten sind dr Älw Tätsch ‘ der fahlgelbe Fleck ’ und dr Rot Tätsch ‘ der rote Fleck ’ belegt, zwei Felsen, die durch ihre Farbe auffallen. Visperterminen kennt der Ober und der Unner Meiggertätsch ‘ der obere und der untere Teil der ebenen Stelle der Alpe Meiggeren ’ . Je nur einmal belegt sind: üfem Choltätsch ‘ auf dem Platz, wo Kohle gebrannt wurde ’ (Münster), Leffeltätsch (LT Löffeltätsch) ‘ der Fleck in der Form eines Löffels ’ (Geschinen) und t Sennetätscha ‘ die ebenen Stellen für die Sennen (Raststelle für die Sennen, welche Käse zum Furggerchäller bringen mussten) ’ (Grengiols). Tatz Tatz ist der Name eines Weilers von Niedergesteln, der schon 1300 als Taz belegt ist. I D . (13, 2261) stellt den Namen zu schwdt. Tatz m./ n., mhd. tatze f., als Körperteil eines Tieres ‘ Pfote ’ , derb für Hand und ‘ Fuss- oder Händespuren ’ (I D . 13, 2258ff). G RICHTING (1998, 193) kennt nur Tazza, Tazzu w. ‘ Tatze ’ (die übrigen Bedeutungen kommen nicht in Frage). Das 1554 erstmals belegte de monte Datz ‘ vom Berg Tatz ’ meint wohl entweder den Weiler oder eine Alpe, die dazu gehört. Um den Weilernamen herum bildet sich ein Namennest mit Tazgazzun ‘ die Gasse von / nach Tatz (Weiler von Niedergesteln) (1301, Niedergesteln), zer Tatzliwwi (Raststelle beim Weiler Tatz von Niedergesteln), di Tatzsüe ‘ die Wasserleitung nach Tatz (Weiler von Niedergesteln) ’ , Tatzwäg ‘ der Weg von / nach Tatz (Weiler von Niedergesteln) ’ (FLNK, Niedergesteln), Tatz-Giesch-Süe ‘ die Wasserleitung nach Tatz (Weiler von Niedergesteln) und Giesch (Weiler von Hohtenn) ’ (FLNK, Niedergesteln). ts Tatzdiichilwasser ‘ die Wasserleitung aus Holzkänneln zum Weiler Tatz (Niedergesteln) ’ (Hohtenn) meint eine Trinkwasserleitung nach Tatz. 1303 ist Tasmatte belegt, 1304 Tazmatton ‘ die Wiesen von Tatz ’ ; beide Male ist die Alternative in Tazerro Matton ‘ in den Matten der Leute von Tatz ’ . Dieser gleiche Genitiv Plural erscheint auch 1302 Tazero Len ‘ das Lehen der Leute von Taz ’ (Steg) und 1310 Tazzero Erbe ‘ das Erbgut der Leute von Tatz ’ (Steg). Da die Deutung auf Grund von dt. Tatz unsicher ist, liesse sich an ein romanisches Etymon denken. Zwar kennt J ACCARD (1906, 453) Tatte, Tattes für unfruchtbares Land, doch ist das Etymon laut B OSSARD / C HAVAN (2006, 68) auf Genf und den Waadtländer Westen beschränkt; die Herleitung von lat. TACTAS (nach J ACCARD ) wird von ihnen abgelehnt. Diese Deutung ist also ebenfalls unsicher. An einem ganz anderen Ort findet sich Halbta ᵉ tz (1426, Visp). Wie bei den Namen mit dem HL H ALB üblich, handelt es sich vermutlich um eine Form der Halbpacht; der Plural Tätz ‘ die Pfoten ’ lässt sich nur schlecht deuten. Techman (FaN) Techmann (FaN) ist nur belegt in z Techmans Hüsren ‘ bei den Häusern der Familie Techmann ’ (1515 u. später, Mund). Der FaN ist sonst nicht belegt. Ob das heutige z Tähischinu ‘ bei den Tenn-Häusern ’ (Dorfteil von Mund), dessen erster Teil zu HL T ÄNN ‘ Tenne ’ gestellt wird, eine verkürzte Form des historischen Namens darstellt, ist unklar. Beim historischen Techmans Hüsren und den späteren Belegen bis 1850 scheint es sich aber um einen Ortsteil von Mund zu handeln, sodass die Deutung z Tähischinu, das ebenfalls einen Ortsteil benennt, möglich ist. Teerbil Teerbil ist die dialektale Form des Gemeindenamens Törbel. Der Gemeindename ist als Teerbil (LT u. SK 321 322 Teerbil <?page no="166"?> T ÖRBEL ) belegt. Die ältesten Belege sind Dorbia (1075 - 1125; spätere Kopie), Dorbi (11? ? ), Torbi (1224), de Torbio (1224), de Torbi (1234, 1236, 1238 u. später), Torby (1263, 1267 - 1276) usw. Der früheste Beleg mit einer Entrundung (1343 de Torbio seu Derbil) stammt aus einer späteren Abschrift (B REGY / M ÜLLER 2003, 16). In einer frühen Deutung wird der Name auf frankoprovenzalisch derbi ‘ Fichte ’ zurückgeführt, was jedoch nicht den ältesten Formen mit dem zentralen - O - Rechnung trägt. Auch die Herleitung der Endung - IL ( L ) von mhd. lô ‘ Wald ’ oder hlê ‘ Hügel ’ ist sprachgeschichtlich nicht befriedigend. (G ATSCHET 1867, 192 f.). J ACCARD (1906, 137) vermutet im Namen eine keltische Wurzel darbi ‘ Nadelbaum ’ . Die lautliche Ähnlichkeit zwischen Torbi und dem germ. thorp dürfte zur Fehldeutung ‘ Dorf, Siedlung ’ geführt haben (M EYER in: HBLS 7, 8), denn ansonsten müsste der Ort heute Dorf und nicht Törbel heissen (K RISTOL ET AL . 2005, 877). I D . (13, 1441) stellt Dorben in Albinen, Turben in Binn und Tirbjen in Saas zu schwdt. Turbe n ‘ Schlafkammer, Syn. von Speicher ’ und vermerkt, dass der Dorfname Törbel eventuell auch zu diesem Worttyp gehören könnte, was K RISTOL ausschliesst, da der Umlaut in Dorben fehlt, und die historische Form Torbi nicht auf auf einem fem. Etymon *torba beruhen kann (K RISTOL ET AL ., 2005, 877). Breiten Anklang fand die Etymologie von H UBSCHMIED , der Törbel auf gall. *dorwia ‘ Tannen-, Föhren- und Lärchenwald ’ zurückführt (S TAUB 1927, 152, Anm. 1; G UEX 1938, 359; R ÜBEL 1950, 132; Z IMMERMANN 1968, 20). Die Endsilbe erklärt Z IMMERMANN mit dem maskulinen ahd. Suffix -al, -alo, -il, -ilo > schwdt. -el, welches in Flurnamen eine Stelle und allgemein eine Zugehörigkeit bezeichnet (Z IMMERMANN 1991, 46; S ONDEREGGER 1958, 513). Da *dorwia in den einschlägigen Referenzwerken nicht vorkommt, ist diese Deutung kaum haltbar. Ein neuerer Deutungsvorschlag setzt für Törbel einen alten indoeuropäischen Gewässernamen *durvoraus, der zur indogermanischen Wurzel *dheu- ‘ laufen, rinnen ’ gehört. Dazu stellt sich das in mehreren Gewässernamen der Westschweiz vorhandene, wahrscheinlich keltische Suffix - Ŭ BIA (B REGY / M ÜLLER 2003, 9 - 21). Nach heutigem Stand der Forschung ist diese Erklärung die überzeugendste (K RISTOL ET AL ., 2005, 877). Neben dem Gemeindenamen selbst erscheint das HL als Bestimmungswort zu den Grundwörtern Alpa, Bach, Hee (hoch, heej), Matta (Grächen), Schluocht (Bürchen), Tal, Wäg und Wier. In Klammer sind andere Gemeinden als Törbel angegeben. Komplexer ist nur die intere Törbelallmei ‘ die innere Allmein (gemeinsamer Besitz) von Törbel ’ (1869, Törbel). Die Ableitung Teerbjer ‘ die Leute von Törbel ’ (mit Palatalisierung von / l/ ) erscheint in ts Teerbjergädi ‘ der kleine Gaden (Stall) der Leute von Törbel (unklar) ’ (Binn) (J AGDVEREIN M ÄSSERSEE 2018, 33, Nr. 217, ohne Deutung) und Teerbjerwäg ‘ der Weg der Leute von Törbel (von / nach Törbel) ’ (FLNK, Stalden). Teet Teet ist nur in Teet de Milo (Oberems) belegt. Es handelt sich um einen Gipfel an der Sprachgrenze, der frz. Tête de Milon heisst (so auch FLNK). Teet ist frz. für einen Felskopf, hier beim Turtmanngletscher. Es ist zu lat. t ĕ sta schale (FEW 13, 1, 272 ff.) zu stellen und hier metaphorisch gebraucht. Teich der Teich ‘ der Teich (heute Dorfteil von Naters; auf SK Wassertümpel am Rotten) ’ (Naters) ist eine hdt. Form (G R W B 21, 231; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 911) zu schwdt. T ī ch m. ‘ flächige Senkung im Gelände, wo sich leicht Wasser, Schlamm sammelt ’ , mhd. t ī ch ‘ Fischteich, Damm ’ (I D . 12, 205 f.). Das HL ist nur hier belegt und wohl aus dem Hdt. übernommen worden. Teiff Teiff ‘ tief ’ Adj. ist zum schwdt. Adj. tief, teif u. ä., wesentlich wie nhd. tief, räumlich mit Bezug auf Lage, Ausdehnung, in der Vertikalen ‘ sich weit nach unten erstreckend, weit hinab reichend, weit unten gelegen ’ , mhd. tief, tiuf, ahd. tiuf(i), tief ursprünglich in der Bedeutung ‘ eingesunken, hohl ’ , im Namengut mit Bezug ‘ auf Geländestücke, Bodenformen, Vegetation; auf Gewässer, Riede, Gletscher und dergleichen; auf Wege und Baulichkeiten ’ und zu wdt. teif ‘ tief ’ (I D . 12, 611 ff. bes. 621 f.; G RICHTING 1998, 193) zu stellen. Die lautliche Form teif ist aus töüf entrundet (vgl. SDS 1, 134 zu aobd. iu). Das Adjektiv tritt fast immer in attributiver Funktion auf; die geläufigsten Typen sind der Teif Bach ‘ der tiefe Bach ’ (Bellwald und fünftzehn weitere), der Teiff Grabo ‘ der tiefe Graben ’ (Glis und zwölf weitere), t Teiff Schlüecht ‘ die tiefe Geländeeinbuchtung ’ (Münster und zehn weitere), sowie jeweils mehrere Belege mit den HLL Acher, Bodu, Chi, Gassa, Matta, Sall, Schleif, Wald und Wang und vereinzelten weiteren. Je nach HL sind tief gelegene oder tief eingeschnittene Gebiete gemeint. Komplexere Fälle wie der Teiffschlüechtsee ‘ der See bei der tiefen Geländeeinbuchtung ’ (Reckingen), der Teiffunbodohubel ‘ der Hügel beim tiefen Boden ’ (Törbel) oder t Unner Teiff Schlüecht ‘ die untere tiefe Geländeeinbuchtung ’ (Münster) sind möglich. Im Fall von Teiffmattugletscher (LT Tiefmattengletscher) und Teif Mattu Joch (LT Tiefmattenjoch) (beide Zermatt) stellt sich die Frage, ob in Teiffumattu ‘ in den tiefen Wiesen ’ (LT Tiefenmatte, FLNK Teifmatte, SK Teufenmatt) namengebend war - die Teet 323 324 <?page no="167"?> Flur liegt auf rund 1872 m über Meer oberhalb Zermatt; Gletscher und Joch dagegen sind auf 3000 m und mehr beim Matterhorn gelegen. Nur einmal belegt ist ein Superlativ zem Toÿffosten ‘ bei der tiefsten Stelle ’ (1485, Steinhaus). Seltsam ist ein m./ n. am Tieffen ‘ am tiefen (Ort? ) ’ (1610, Baltschieder), wo ein Bezugswort zu fehlen scheint. Sehr verbreitet ist di Teiffi ‘ die Tiefe ’ (Birgisch), das zum Abstraktum Tieffi f., ahd. tiufi, mhd. tiefe, wesentlich wie nhd. (I D . 12, 630 ff.) zu stellen ist; in unserem Kontext sind Mulden, Einsenkungen und andere relativ tief liegende Stellen gemeint, nicht jedoch tief eingeschnittene Schluchten. Das Simplex Teiffi kommt in rund zwanzig Fällen vor (teilweise nur historisch). Der Plural di Teiffine ‘ die Tiefen ’ (Törbel) oder ine Teiffinu ‘ in den Tiefen ’ (Saas-Almagell) ist zweimal belegt. Ein Diminutiv ts Teifili ‘ die kleine Tiefe ’ (Zwischbergen) wird dort mit der Teifelligrabu ‘ der Graben beim Teifili ’ (1: 10000 Teifiligrabu) verbunden; J ORDAN (2006, 375) kennt nur Teiffiligrabu (Zwischbergen) ohne Deutung. Ganz selten sind attributive Konstruktionen zu Teiffi: in der Intern Tiefi ‘ in der inneren Tiefe ’ (1850, Staldenried), t Leng Teiffi ‘ die lange Tiefe ’ (Visperterminen, mehrfach), t Unner Teiffi ‘ die untere Tiefe ’ (Visperterminen) sind drei Beispiele. Vorangestellte Genitive sind ebenfalls selten: in Blattero Teiffi ‘ in der Tiefe der Familie Blatter ’ (1740, Stalden), Greetiguteiffi ‘ die Tiefe zwischen den Gräten ’ (Randa), wobei Greetigu ein Genitiv Plural zu einer kollektiven - IG -Ableitung zu Graat ist, die sonst vor allem für Familien- oder Herkunftsnamen verwendet wird, und das isolierte Wangschteiffi ‘ die Tiefe des Grasabhangs ’ (Täsch), also wohl eine Mulde zuunterst einer Wang (Grasabhang). Teiffi wird auch als Grundwort mit verschiedenen Bestimmungswörtern gebraucht; in den meisten Fällen geht es dabei um eine nahegelegene Flur wie in di Birchuteiffi ‘ die Tiefe im Gebiet Birche (Birken) ’ (Raron), in der Gúggi Teiffi ‘ in der Tiefe bei der Guggina ’ (1683, Bürchen), t Nässulteiffi ‘ die Tiefe im Gebiet Nässju (wo es Nesseln hat) ’ (Grächen) oder Chrizteiffi ‘ Kreuztiefe ’ (FLNK, Embd) bei der Flur zum Chriz ‘ beim Kreuz (wohl Wegkreuz) ’ . Manchmal nennt eine Quelle direkt die namengebende Flur wie in zum Stein l[oco] d[icto] in der Steintiefe (1840, Raron). In einigen Fällen ist jedoch die Motivation anders: Ameisteiffi (FLNK, Staldenried) meint wohl eine Mulde mit Ameisen, in der Thannenteifi ‘ in der Tiefe mit Tannen ’ (1895, Embd) eine Mulde mit Tannen. Eine besondere Ableitung ist das nur einmal belegte in der Inntiieffi ‘ in der Eintiefung ’ (Blatten), das den sonst seltenen Diphthong / ie/ mit dem Verbpräfix in ‘ ein ’ verbindet. Vermutlich aus dem Hochdeutschen rückübersetzt sind der Südlich Teiffesattel und der Nördlich Teiffesattel (Oberwald), beide beim Teiffestock (LT Tiefenstock), einem Grenzgipfel zum Kanton Uri, der Stock als Grundwort bei den Gipfelnamen verallgemeinert hat. Eine unklare Bildung ist in Tiefetsch n. (1693, Turtmann) enthalten. Die Ableitung auf -etsch m. (K LEIBER 1992) mit pejorativem Sinn (Fületsch für einen faulen Menschen) kommt inhaltlich und vom Genus her nicht in Frage. Es dürfte sich hingegen wohl um einen Superlativ ‘ das tiefst gelegene Gelände ’ handeln. So findet sich etwa in Münster der Mittletsch umschrieben als ‘ Alpstafel in der Mitte der Alpe “ Chietal ”’ . Teig Teig ist in der Teigbode ‘ der Boden von teigartiger Beschaffenheit ’ (Binn, auch FLNK und LT) belegt; auf der Karte liegt die Flur höher als der lebende Beleg von M. S. Zu stellen ist das HL zu schwdt. Teig m. wesentlich wie nhd. (I D . 12, 1109) und zum Adj. teig ‘ weich ’ (I D . 12, 1114), sowie zu wdt. Teig ‘ Teig ’ (G RICHTING 1998, 193), in FlN als Anspielung auf Beschaffenheit des Bodens. Teil Teil m./ n. ‘ der Teil, der Anteil ’ ist zu schwdt. Teil m./ n., in Münster T ē l, ‘ resultativ, abhängig von der Vorstellung eines Ganzen; als Ergebnis einer Teilung, Gliederung eines Ortsteiles, einer Parzelle, eines Bezirkes ’ ; ‘ Korporation ’ (I D . 12, 1441 ff.) zu stellen. Häufig ist es eine Art Rechtsterminus, der das Besitzrecht eines Geteilen (I D . 12, 1563) in einer Geteilschaft (I D . 12, 1768) festhält, z. B. auf einer Alp oder in einem Wald. In vielen anderen Fällen sind Gebiete in der Rottenebene und in anderen Talebenen gemeint, die erst nach der Korrektion der Gewässer unter die Geteilen oder Burger aufgeteilt wurden (cf. hierzu auch das HL L OS ). Soweit erkennbar, ist das Genus meist maskulin, doch sind die meisten Belege des Simplex im Plural. Der Singular des Simplex ist selten belegt als im Teil ‘ im Teil (wohl Teil eines gemeinsamen Besitzes) ’ (Bellwald), wo es das Gegenstück Peterteil ‘ das dem Peter zugeteilte Gebiet ’ (FLNK, Bellwald) gibt, und im Theile (1857, Bister), wo ein Stück Land am Giessen, einem Bach, gemeint ist. Sonst sind Plurale belegt: di Teila ‘ die Teile (wohl Alp der Geteilen) ’ (Mund), di Teila ‘ die Teil(stück)e in der Rottenebene ’ (Lalden, Raron, Fieschertal (Talebene des Weisswassers)), in die Theilla ‘ in die Teil(stück)e ’ (1628, Baltschieder), di Teilä ‘ die Teil(stück)e in der Rottenebene auf der Schattseite ’ (Steg). Ob Diminutive oder einfach flektierte Formen gemeint sind, ist in jn den 325 326 Teil <?page no="168"?> Theilinun ‘ in den kleinen Teil(stück)en ’ (1682, Lalden) und in den Theillinen ‘ in den kleinen Teilen (wohl aufgeteilte Stücke in der Rottenebene) ’ (1698, Eyholz) unklar. Attributive Adjektive finden sich in folgenden Belegen: in den Alten Theilen ‘ Teil des Sumpfes in der Rottenebene ’ (1708, Brigerbad), t Aute Teila ‘ die alten Teil(stück)e ’ (Fieschertal), im Gemeinen Theill ‘ im gemeinsamen Teil ’ (1852, Fieschertal), jn dun Kleinun Theÿllinun ‘ in den kleinen Teilen (aufgeteiltes Gebiet) ’ (1580, Visp), in den Niwen Theilen ‘ in den neuen Teil (stück)en ’ (1564, Eyholz), t Niwwe Teila ‘ die neuen Teile (Teilstücke, erst spät kultiviert) ’ (Fieschertal), ze Niwwe Teilu ‘ bei den neuen Teil(stück)en ’ (Glis), in Nüwen Theillen ‘ in den neuen Teil(stück)en ’ (1592, Raron), t Niwwu Teila ‘ die neuen Teil(stück)e ’ (Brigerbad), den Nuwen Theÿllen ‘ den neuen Teil(stück)en ’ (1545 u. später, Visp), jn den Nüwen Theillen ‘ in den neuen Teil (stück)en ’ (Lalden), in den Obren Theilen ‘ in den oberen Teil(stück)en ’ (1674 u. später, Raron), in Vndren Theilen ‘ in den unteren Teil(stück)en ’ (1699, Steg), uf Zwei Teele (Oberwald, FLNK Zwei Teile) ‘ auf den zwei Teilen (Anteile an der Alpe? ) ’ (Oberwald). Vorangestellte Genitive sind: in Brÿgerro Theilen ‘ die den Leute von Brig zustehenden Teilstücke im Grund (Rottenebene) ’ (1626, Brig), t Schmidigeteile ‘ die (Alp- (Teile der Familie Schmid / der Leute des Schmieds ’ (Oberwald), Stockalpero Theila ‘ die (Land-)Teile der Familie Stockalper ’ (1635, Glis), (lat.: pars) Zenders ‘ der Teil der Familie Zehnder ’ (1394, Biel). Als Grundwort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita kaum vor: der Gasseteil ‘ (unklar) der Teil (der Alpe), der der Familie (An der) Gassen gehört ’ (Oberwald). Komplexer sind: des Jnneren Ebnet Theils ‘ der innere Teil des ebenen Landes ’ (1840, Embd), in den Jahrzeittheilen ‘ in den Teilen (Parzellen), deren Ertrag für das Jahrzeit verwendet wird ’ (1697, Lalden), ts Ober und ts Unner Waleteili ‘ das obere und das untere kleine zugeteilte Stück Land für die Schafe / der Teil der Alpe der Familie Walen ’ (Oberwald) und des äússern Ebnet Theils ‘ der äussere Teil des ebenen Landes ’ (1840, Embd). Als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita kommt das HL mit folgenden Grundwörtern vor: Acher, Brätt, Chännel, Holz, Steg und Wang. Komplexer sind etwa ts Teilholzegg ‘ die Ecke am Teilholz (Gemeinschaftswald) ’ (Visperterminen), der Teilholzfärich ‘ der Pferch im Teilholz (Wald für die Geteilen) ’ (Visperterminen), di Teilholzhitta ‘ die (Alp-)Hütte im Teilholz (Alpe beim Wald für die Geteilen) ’ (Visperterminen) und andere. Teilholz m. benennt den Gemeinschaftswald, aus dem jährlich ein gewisses Quantum Holz an die Bürger verteilt wurde (I D . 2, 1262, zu FlN bes. 1479 f.; Z INSLI 1984, 586). Eine Ableitung Teili f. ‘ die Teilung (des Wässerwassers); auch von Schleifen ’ ist belegt als bei der Theili ‘ bei der Teilung (wohl Wasserteilung) ’ (1782 u. später, Naters), under der Wassertheÿli ‘ unter der Wasserteilung (Teilung des Wässerwassers? ) ’ (1760, Naters), t Schleiffuteili ‘ der Ort, wo sich die Schleife teilen (verzweigen) ’ (Stalden). Ein hdt. Teilung ist belegt in Massa-Wasserteilung ‘ die Wasserteilung der Massa (1660, Aufteilung des Massa- Wassers zwischen den benachbarten Orten oder Geteilschaften zur Bewässerung ihrer Güter) ’ (1660, Ried-Mörel). Partizipia zum Verb teile n , resp. ûsteile n (I D . 12, 1567 u. 1594) sind: vff die Geteilten Brend ‘ auf die (auf)geteilten Gebiete im Brend (laut Kontext Privat- und aufgeteilte Gebiete eines Waldes) ’ (1518, Stalden), in der Nüwen Ausgetheilten Eÿen ‘ in der neuen, zugeteilten Eie (Aue) ’ (1717, Turtmann) und der Giteilt See ‘ der geteilte See (bei Niedrigwasser in zwei Teile geteilt) ’ (Oberems). Die Präfixbildung t Forteila ‘ (wohl) die bevorzugten Teil(stück)e ’ (Hohtenn) und das zugehörige t Forteiluräbe ‘ die Reben imn bevorzugten Teil(stück) ’ (Hohtenn), sowie in den Vortheilen ‘ in den bevorzugten Teil(stück)en ’ (1739 u. später, Niedergesteln) ist zwar zu Vorteil (I D . 12, 1498) zu stellen, meint aber wohl einfach ein bevorzugtes Stück Land für einen Weinberg. Das HL U RTEIL wird in einem eigenen Artikel kurz behandelt. Teittel Teittel m. ist nur zweimal belegt, aber wahrscheinlich zum gleichen Beleg in Guttet und Leuk 1769 als auf dem Teittelblatt. In Leuk ist auch Beittelblatt (Nr. 44243) in einem Kopialbuch bezeugt, das aber als Mittelblatt zu lesen ist (P H . K ALBERMATTER , p. c.). Vermutlich ist hier kein Flurname belegt, sondern nur eine falsch geschriebene Form von Mittelblatt gemeint (cf. HL M ITT -). Die Form Beittelblatt ist ebenfalls verschrieben. Tela Tela f. ist zu schwdt. Tale n , Telle n , Täle n f. ‘ Aushöhlung, Vertiefung im Boden, kleine Tiefe in einer Fläche ’ , mhd. telle ‘ Schlucht, Vertiefung ’ zu stellen; die Form Tale n kommt nur noch in Ortsnamen und in der Zusammensetzung Bach-T. vor (I D . 12, 1337 ff.). Das Simplex im Singular ist nur belegt in zer Tellun (1390 u. später, Glis; 1421 u. später, Ausserberg). Vermutlich ist vom Ausserberger Ort der FaN Theler abgeleitet (AWWB 257). Mit einem Adjektiv ist nur das Teittel 327 328 <?page no="169"?> gerundete zir Vndren Töllen ‘ bei der unteren Telle ’ (1702, Zermatt) belegt (auch in I D .). Alle andern Belege enthalten das Kompositum Bachtela. Es bezeichnet in den Formen Bachtale n , Bachtelle n , Bachtele n älter auch Bachstalen ‘ eine Bachrinne, ein Bach-, Flussbett, ein kleines von einem Bach durchflossenes Tal ’ und ‘ ein mit Geröll überführtes Gelände längs eines Bergbachs- oder -flusses ’ , in Lötschen Name eines Lawinenzugs. Synonym ist Bachtal, von dem sich die Formen Bachtal und Bachtelli nur durch das nicht immer erkennbare Genus unterscheiden (I D . 12, 1331) (cf. HL T OLA ). Das einfache Kompositum erscheint als Bachtala (1389, Ulrichen), in der Bachtalon (1399, Naters), Baktalun (1304, Stalden), in die Bachtalun (1385, Fiesch), di Bachtela (St. Niklaus und acht weitere), die Bachtela (1435 u. später, Zermatt; 1531 u. später, Ernen)), Bachtela (1750, Lax), neben der Bachtela (1723, Naters), t Bachtele (Münster, Reckingen, Ritzingen), üf der Bachtele (Münster), Bachtele (FLNK, Obergesteln), beÿ der Bachtelen (1724, Blitzingen), in der Bachtelen (1745 u. später, Naters), die Bachtelen (1738, Birgisch; eine Wasserleitung heisst 1736 das Bachtilÿ), aúf der Bachteln (1836, Gluringen), di Bachtula (Ried-Mörel, Termen), di Bachtulu (Saas-Balen, Saas-Grund), Bachtälla (FLNK, Wiler), än dr Bachtällun (Blatten), jn der Baktalun (1302, Steg). Wohl auch hieher gehört das vereinfachte zer Bachela (Täsch; FLNK Bachala) mit dem dazu gehörenden ts Bacheluzigji ‘ der kleine Zug hinunter zur Bachtela ’ (Täsch). Der Diminutiv ts Bachtällin ‘ die kleine Wasserrinne ’ ist nur in Blatten (zweimal) belegt; historisch auch 1845 als im Bachtellin. Mit Adjektiven sind belegt: biner Aute Bachtele ‘ bei der alten Wasserrinne ’ (Binn), t Hinner Bachtela ‘ die hintere Wasserrinne ’ (Randa), zu ᵕ r Ineren Bachtellu ᵕ ‘ bei der inneren Wasserrinne ’ (1810, Zermatt), t Leit Bachtele ‘ die hässliche Wasserrinne ’ (Obergesteln), di Beeschu Bachtulu ‘ die bösen (=steilen) Wasserrinnen ’ (Saas-Almagell), t Unner Bachtela ‘ die untere Wasserrinne ’ (Mund), t Voodri Bachtela ‘ die vordere Wasserrinne ’ (Randa), Wiiss Bachtela ‘ die weisse (helle) Wasserinne ’ (FLNK, Zermatt). Vorangestellte Genitive sind selten: an Ahornern Bachtella ‘ die Wasserinne im Weiler Ahorn ’ (1550, Naters), Furrisch Bachtelu ‘ die Wasserrinne der Familie Furrer ’ (FLNK, Saas-Grund), Druthmans Bachtolla ‘ die Wasserrinne des Druthman (unklar, welcher Name) ’ (1560, Täsch). Die meisten anderen Belege enthalten ein weiteres Bestimmungswort wie z. B. t Handegbachtele ‘ die Wasserrinne im Bereich Handegg (hangende Egg) ’ (Münster), t Leiterbachtele ‘ die Wasserrinne beim Leiterberg ’ (Münster), t Lärchebachtele ‘ die Wasserinne im Gebiet Lärchi (wo es Lärchen hat) ’ (Obergesteln) und viele andere. Als Bestimmungswort ist der Typ Bachtela mit folgenden Grundwörtern verbunden: Chäla, Hooru, Matta und Schiir. Schön ist di Bachtilutola ‘ die Mulde mit der Wasserrinne ’ , wo das Kompositum Bachtila mit dem HL T OLA verbunden ist; Bachtola ist sonst ein gängiges Äquivalent zu Bachtila. Weitere Belege finden sich unter dem HL T OLA . Teltsch Teltsch n. / Telscha f. ist in den ältesten Belegen als jm Telsche (1304, Embd), jm Telche (1307, Embd, gleiche Form und Text auch in Stalden), in der Telschun (1439, Steinhaus) belegt. Eine Herleitung von schwdt. Dolsche n f. ‘ flache Vertiefung an einem sonst ebenen Ort, Niederung, Pfütze ’ (I D . 12, 1761) kann kaum zutreffen, weil die Entrundung (Dölsche n -> Delsche n ) erst um 1500 in der Schrift fassbar würde. Teltsch ist mit einem Übergangskonsonanten / t/ aus Telsch entstanden. Der Name ist wohl auch einmal in Gressoney als Teltschu belegt (Z INSLI 1984, 464, Nr. 501, jedoch nicht erklärt); sonst fehlt er generell ausserhalb des Oberwallis. Tältsch m. ‘ platt gedrückter Gegenstand ’ (I D . 12, 1778) kommt für eine Deutung kaum in Frage. Neutrum Singular des Simplex liegt vor in ts Telsch (Visperterminen), ts Teltsch (Embd, historisch jm Telsche und jm Telche) und in Stalden mit den gleichen historischen Belegen. Unklar sind üf Teltsche (Fieschertal), t Teltsche (Reckingen), in den Telschen (1861, Bürchen, FLNK Tältsche), wohl alles Plurale, wobei das Genus unklar ist. Sicher Feminin ist in der Telschun (1439, Steinhaus), die Telscha (1696, Brigerbad) und - mit einer anderen Endung - di Teltschi (Niedergesteln). In zwei Fällen liegt ein Diminutiv vor: ts Teltschti (Simplon) und ts Deltschi (Ried-Brig). In vier Fällen ist Teltsch Bestimmungswort: Tellschägerta ‘ das Brachland bei der Tellsch ’ (Betten), t Teltschlamme ‘ die Felstobel bei üf Teltsche ’ (Fieschertal), di Tellschsunna ‘ die Sonnseite beim Tellsch ’ (Visperterminen) und der Teltschigrabu ‘ der Graben bei der Teltschi ’ (Niedergesteln). Trotz dieser Belege kann für Teltsch / Teltscha keine Deutung vorgeschlagen werden. Tenda Tenda ist nur einmal 1361 in Inden als a la tenda belegt. M EYER (1914, 172) erwähnt tenda als Flurname; FEW (13, 1, 195 f.) hat *tenda zelt und erwähnt den Ort Finhaut als ‘ galerie sur le devant d'une maison ’ (Vorbau auf der Vorderseite eines Hauses). Vermutlich ist der Name hier 329 330 Tenda <?page no="170"?> metaphorisch gemeint: ‘ das Gelände, das aussieht wie ein Vorbau auf der Vorderseite eines Hauses ’ . Tendona Tendona kommt in den historischen Belegen zu Tännu (Turtmann) (cf. HL T ÄNNU ) und in al la Tendona (1427, Leukerbad; 1634 zer Thegnona) vor. In Eischoll ist auch ein torrentem de Tendona (1527, Eischoll) belegt; in Ergisch kommt eine Wasserleitung de Tendona (1337) vor. Es handelt sich um eine Ableitung auf - ONA zu Tenda ‘ Abhang ’ (M EYER 1914, 81), in Turtmann wohl primär Bachname, in Leukerbad nicht, wo ein Stück Land gemeint ist. Tenisch (FaN) Tenisch (FaN) ist vermutlich in in den Tenischleif ‘ in den Schleif beim kleinen Tenn / des Teni (PN zu Anton) / der Familie Tenisch ’ (1831, Goppisberg; auch Denischleif) und Venischen Wald ‘ der Wald der Familie Tenisch ( ‘ Venisch ’ ist wohl verschrieben) ’ (1831, Goppisberg) belegt. Der FaN ist als Thenisch und Tenisch (AWWB 257) belegt, wo er auf Anton zurückgeführt wird. Er ist als Tenisch (F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ 3, 1830) vor allem für Binn bezeugt. Goppisberg gehört heute zur Gemeinde Riederalp und zum Bezirk Östlich-Raron. Tennel Tennel ist unklar. Das Lemma kommt zweimal als Bestimmungswort vor, einmal historisch 1302 u. später in Tenilgarten (Eischoll; 1302 Tennelgarten) und einmal lebend als Tennelzug (St. Niklaus). Ein Anschluss an wdt. Te, Tennä, Tänn, Tä ‘ Tenne ’ (G RICHTING 1998, 193) ist möglich (vgl. die Bedeutungen bei Tänn (I D . 13, 102 ff.)), aber unsicher, denn eine Form Tennel ist dort und auch sonst nicht belegt. Eine Ableitung auf - EL ist nicht unmöglich, aber nicht belegt. Sie würde zu S ONDEREGGER (1958, 513) als Stellenbezeichnung passen: der Ort, wo es eine Tenne gibt; vermutlich ist hier einfach ein flaches Stück Land gemeint; der Tennelzug (St. Niklaus) scheint jedoch zu einem sonst nicht belegten Tennel zu gehören, von dem eine Geröllspur hinunterführt. Die Deutung bleibt aber unklar. Tenner (FaN) Tenner (FaN) ist nur belegt in di Tennerruachra ‘ die Äcker der Familie Tenner ’ (Eggerberg; EK Tenneri Achra). Der Genitiv Plural Tennerru deutet auf einen FaN Tenner. Der FaN Tenner ist 1437 als Henslino Tenners zen Tennen und 1469 als Georgius Tenner de Eccon belegt. Da am gleichen Ort auch die Tenneri als Wasserleite genannt ist, kann der FaN auch nach dem Wohnort zen Tennen gemeint sein, das als Zantennu belegt ist und etwas unterhalb der Wasserleitung Tenneri liegt. Tenzenosa Tenzenosa kommt zusammen mit comba (cf. HL C OMBA ) 1590 in Albinen (wo es aber zu Guttet gestellt wird) als comba tencinosa vor, in Leuk ist es 1455 als in comba tenzenosa und 1590 als comba tencinosa und im gleichen Jahr als la comba tensenusa bei Albinen sowie 1590 in Guttet als comba tencinosa und in comba tenziunosa bezeugt. Die Belege sind nicht ganz klar, es dürfte sich aber um eine Mulde oder ein Tal handeln, das zwischen Albinen und Guttet lag, aber wohl auch zum Besitz von Leuk gerechnet wurde. Im Artikel zum HL C OMBA wurde das HL T ENZENOSA zu den PNN gestellt. FEW (13, 1, 337 s. v. T Ĭ NCA schleie) würde es allerdings zu einem Fischnamen (die Schleie ist eine inzwischen im Wallis rar gewordene Fischart) stellen. Die Ableitung auf - OSA (B OSSARD / C HAVAN 2006, 289) würde zusammen mit comba dann etwa ‘ das schleienreiche Tal ’ bedeuten. Laut den Belegen befindet sich dieses Tal oder diese Mulde beim öffentlichen Weg zwischen Albinen und Guttet. Dennoch bleibt die Deutung unsicher. Termen Die Gemeinde Termen befindet sich auf einer Anhöhe oberhalb Brig und östlich von Ried-Brig auf rund 920 m auf der linken Rottenseite. Der Name Termen (gespr. Tärmu) erscheint seit 1233 und später als Terman; das / a/ in der Endsilbe scheint dabei eine reine Schreibvariante zu sein. Spätere Schreibungen mit anlautendem {th} stellen den Ortsnamen als Variante zu Therme ‘ Bad, Quelle ’ ; Termen verfügt tatsächlich über reiche Quellen weit unterhalb des Dorfes am Rotten, die heute wieder ausgebeutet werden; allerdings sind sie nicht warm. Die übliche Deutung führt auf lat. TERMINUS ‘ Grenze ’ , afrz. termine, zurück (J ACCARD 1906, 459; R ÜBEL 1950, 133; G UEX 1938, 363 und 2 1976, 187; W ERLEN 1991, 252; K RISTOL ET AL . 2005, 869). I D (13, 1607) erwähnt den Ortsnamen s. v. Thërm und sagt, er sei zum gleichen Etymon (frz. terme) im Sinn von ‘ Grenze, Grenzstein ’ zu stellen. Unklar ist, welche Grenze hier genau gemeint sein könnte, doch sind auch andere Flurnamen mit verwandter Bedeutung vom Typ Zill ‘ Ziel, Grenze ’ oder Maarch ‘ Mark, Grenze ’ ähnlich unbestimmt. Die östliche Grenze des Zehndens Brig ist jedoch später entstanden als der Gemeindename. Neben dem Gemeindenamen sind belegt Obertärmu ‘ Obertermen ’ (Ried-Brig), das zu Ried-Brig gehört. im Tärmärgässi ‘ in der kleinen Gasse nach Termen ’ (Brig) verweist auf eine kleine, steile Gasse entlang der Kollegiumskirche und dem Kollegium in Brig. Historisch ist auch die Ober Thermergassen ‘ die obere Gasse nach Tendona 331 332 <?page no="171"?> Termen ’ (1622, Brig) belegt, wobei wohl der obere, flachere Teil gemeint ist. Eine Ableitung auf - ERRI für Wasserleitungen ist 1400 als Termarin und 1472 dy ᵉ Termerrin ‘ die Wasserleitung nach Termen ’ belegt. Termino Termino ist ein frpr. Wort für ‘ Grenze ’ . Es ist als Simplex in Albinen 1337 als ol termino ‘ bei der Grenze ’ belegt. In den übrigen Belegen findet sich eine Spezifikation der Grenze: in Salgesch ist 1664 in einer Kopie aus dem 18. Jahrhundert le termino d'amun lo bis de la Raspilij ‘ die Grenze oberhalb der Wasserleitung der Raspille ’ belegt, das explizit als gallico jdiomate vulgariter dictum ‘ auf Frankoprovenzalisch üblicherweise genannt ’ bezeichnet wird. Ebenfalls in Salgesch erscheint 1664 le termino de Larsolei ‘ die Grenze von Larsolei ’ (wohl Kopie des 18. Jahrhunderts). Fast gleichlautend in Varen ist 1664 le termine de larselleÿ ‘ die Grenze von Larselleÿ ’ bezeugt. Die Grenzen in Salgesch und Varen stammen aus einer Grenzbereinigung zwischen den beiden Gemeinden. Das HL stammt aus dem lat. TERMINUS grenzstein, grenze, ende (FEW 13, 1, 239 ff.; vgl. insbesondere S. 239 den Beleg t ę rm į nno aus Montana). Die Endung auf -e in Varen, auch in Salgesch, kann frz. oder ein Plural sein. Terperen Terperen ist nur 1850 in Turtmann als Zen Terperen belegt. Die Form ist ein Dativ Plural. Es gibt historische Belege Zen Trogeren (1569 u. später) unter dem lebenden di Trogere (cf. HL T ROG ), das zumindest naheliegend ist; es würde sich dann um eine Verschreibung handeln. Terpnetz Terpnetz ist der ursprüngliche Name der heutigen Alpen Riederalp, Bettmeralp, Greicheralp und Goppisbergeralp. Die Alpe war früher Gemeingut von Ried, Greich, Goppisberg und Betten (A RNOLD 1961, 377). Die historischen Belege für die Alp sind wie folgt belegt: 1343 Terpnech, 1471 Therpnetz, 1474 Tharpnetz, 1489 Terpnes, 1527 Tu ᵕ rpnesch usw. Der Name erscheint noch 1840 als alpis Terpetsch. 1413 ist in Lax die Alpe Derpnes belegt, vermutlich die gleiche Alpe. 1582 erscheint in Mörel Sterpetsch, das als Land des Michael an der Miler Eggen und der Kinder des Moritz Walker bezeichnet wird. Dieser Beleg ist nicht direkt mit der Alpe verbunden. Eine Deutung kann nicht gegeben werden; eine romanische Deutung ist wahrscheinlich, kann aber nicht belegt werden. Der Name bleibt deswegen weiss. Terra Terra ist nur belegt in Passo Terrarossa (Ried-Brig), der sich bei der Punta Terrarossa (dt. Wasenhorn) befindet und auf deutsch Wasmerlicke (LT) ‘ die Lücke (Fusspass) beim Wasenhorn ’ benannt ist; dieser Name ist in der Datenbank des VSNB nicht belegt. Terra f. ist zu it. terra f. ‘ (Erd-)boden, Erde, Land ’ (D EVOTO / O LI 2020, 2295) zu stellen. Der Name Terra rossa ‘ rote Erde ’ verweist auf die rötliche Geländefarbe. Der Passname befindet sich auf Schweizer Gebiet; der Gipfel Punta Terrarossa (dt. Wasenhorn) ist ein Grenzgipfel zu Italien. Tertium Tertium ‘ das Drittel ’ ist 1712 in Leuk als in Tertio Cabulo und 1544 in Leuk als jn Tertio Lobje belegt. Es handelt sich um die Drittel Tschablen und Loje in Leuk, jeweils Teile der Stadt Leuk. Tertio dürfte eine lateinische Form zur Präposition in mit Dativ zu tertium, der neutralen Form zu tertius ‘ der dritte ’ sein. Teschta Teschta f. ist zu it. testa f. ‘ Haupt, Kopf ’ , dial. teschta, im Gelände ‘ hervorragende Spitze, Berggipfel ’ (Z INSLI 1984, 570; Z INSLI 1946, 324; D EVOTO / O LI 2020, 2301) zu stellen. Der Name kommt nur als Testa Grigia ‘ die Testa Grigia (der graue Kopf) ’ (Zermatt) vor, einem Gipfel mit 3479 m an der Grenze zu Italien. Er ist bei O LIVIERI (1965, 339) belegt; bei O LIVIERI ist Graushaupt als dt. Name (wohl: hdt. Graues Haupt) vertreten; Z INSLI (1984, 441) kennt Groabhopt (mit Varianten), das auf ahd. grâo, grâwe (Plural) ‘ grau ’ zurückzuführen ist (G R W B 8, 2071 s. v. grau). Testa Testa ist nur ab 1328 in Agarn als pratum de la testa belegt; 1348 steht ou pra de la testa, 1433 prato de la testa und im gleichen Jahr pratum de la testa. Von diesen Belegen weicht ein zweites Exemplar von 1328 ab, das pratum de la steca situm apud sert aufweisen soll. FEW (13, 1, 272 s. v. t ĕ sta schale) stellt die meisten Belege zu Kopf (frz. tête). In unserem Kontext könnte aber auch das ältere Schale (hier: Mulde) gemeint sein. Die Rede ist durchwegs von einer Wiese, die la testa heisst. Belege dafür liegen jedoch nicht vor (cf. HL T ÊTE ). Tête Tête f. ist zu frz. tête f. ‘ Kopf, Haupt ’ , im Gelände ‘ Berggipfel, hervorragende Spitze ’ (Z INSLI 1984, 570; FEW 13, 1, 272 s. v. T Ě STA ‘ schale ’ ) zu stellen. Es ist nur einmal auf LT belegt als Tête de Valpelline ‘ der Gipfel zum penninischen Tal ’ (Zermatt) (cf. HLL T ESCHTA und P ELLINE ). 333 334 Tête <?page no="172"?> Tform Der Beleg jn Tform (1660, Albinen) ist unklar. Da es sich vermutlich um einen romanischen Beleg handelt, dürfte das anlautende / t/ ein Artikel sein, der zu lat. FORMA ‘ Form ’ (G PSR 7, 704 ss.) zu stellen ist, sofern das Genus Feminin und die Form Form gilt, auch wenn die Anzahl der Flurnamen dazu sehr gering ist. jn Tform dürfte also etwa als ‘ in die Form (Wiese) ’ zu stellen sein. Andere Deutungen sind aber möglich. Thafeder Thafeder ist nur historisch belegt. 1511 ist von Thafeder die Rede, in einem zweiten Dokument von 1511 Dafeder und Dau ᵕ edneren, 1673 heisst es Dafeder. Gemeint ist das Val Divedro, respektive seine Bewohner, die eine Alpe in Zwischbergen besitzen; S CHMID (1875, 146) identifiziert Thafeder als identisch mit (Val) Divedro, dem oberen Teil des Valle d'Ossola (Eschental). Die dt. Form ist offenbar eine ins Deutsche übernommene Form des it. Val Divedro, das seinerseits von O LIVIERI (1965, 147) nach S ALVIONI von vetro ‘ Glas ’ hergeleitet wird, in Anbetracht der Gletscher, von denen der Bach herkomme. Die Deutung ist zumindest problematisch. Die deutsche Form lässt keinen Hinweis auf die Herkunft zu. Theiller (FaN) Theiller (FaN) ist nur belegt in Theÿllerseÿe ‘ die Aue der Familie Theiller ’ (1774, Ernen). Gemeint ist der FaN Theiler, Teiler, Teyler, Teylertz, Theiller, Theyller, Deiller, Partitoris (AWWB 256). Theler (FaN) Theler (FaN) ist zum FaN Theler, zer Telun, zer Thelen, Thäller, Theller (AWWB 257) zu stellen. Das Simplex der Teeler ‘ das Gut der Familie Theler ’ (Niedergesteln) ist nur einmal belegt. Als Grundwort erscheint der Name nur in Deppo Teeler ‘ das Depot der Firma Theler ’ (Raron). Ein starker Genitiv Singular kommt in Thelisboden ‘ der Boden der Familie Theler ’ (1693, Turtmann) und ts Telischbodu ‘ der Boden der Familie Theler ’ (Ergisch) vor. Ein Genitiv Plural ist vorangestellt in Thelero Geblett ‘ die Felsplatten der Familie Theler ’ (1693, Ausserberg und Raron), sowie in ts Telleruhüüs ‘ das Haus der Familie Theler ’ (Eischoll). Vermutlich eine feminine Ableitung ist belegt in zer Thellri Gaden ‘ beim Gaden (Stall) der Frau Theler ’ (1751, Mörel). Unsicher ist schliesslich das Kompositum Dellergassen ‘ die Gasse der Familie Theler ’ (1714, Greich). Es könnte sich um den FlN Tällergade (cf. HL T ÄLLER ) handeln; diese Deutung würde eine Fehl-Lesung von Gassen implizieren. Thenen (FaN) Thenen (FaN) ist ein vom Taufnamen Anton abgeleiteter FaN Thene, Thönen, hist. auch Then, Thennen; gehört wohl zu den gleichen Familien wie Thenien und Anthenien (AWWB 257). Der Name ist belegt in an Thenen Bielti ‘ im kleinen Hügel der Familie Thenen / des Anton ’ (? , Birgisch), Tho ᵉ nis Eggen ‘ die Ecke des Anton / der Familie Thenen ’ (1531, Münster) und in Tho ᵉ nÿ Nigilen Boden ‘ im Boden des Anton Nigil (Niggely) ’ (1650, Selkingen), wobei hier Tho ᵉ nÿ ‘ Anton ’ der Vorname ist. Wohl auch hieher zu stellen ist der komplexe Beleg: Michel Denen Haus Frauwen Gu ͦ dt ‘ das Gut der Hausfrau (Ehefrau) des Michel Denen ’ (1605, Embd), wobei Denen als Form von Thenen anzunehmen ist. Thenien (FaN) Thenien (FaN) ist zum inzwischen erloschenen FaN Thenien, Tengien, Theinen u. ä. (J OLLER , GVO J5, Simplon) zu stellen. AWWB (257) sieht in Thenien eine Variante zu Anthenien (FaN). Belegt ist der Name dreimal: Tennienbüela ‘ der Hügel der Familie Thenien ’ (1664, Brig), die Tennigo Biela ‘ der Hügel der Familie Thenien ’ (1600, Zwischbergen) und Thengigo Güetter ‘ die Güter der Familie Thenien ’ (1680, Zwischbergen. Die beiden letzten Formen sind schwache Genitive Plural der Kollektivableitung auf - IG . Theodul (PN) Theodul (PN), dialektal auch Joder, ist der Name des heiligen Theodor bzw. Theodul, der als Landespatron gilt. Historisch handelt es sich um den wahrscheinlich ersten Bischof von Sitten, mit damaligem Sitz in Octodurus-Martinach (Ende 4. Jh. / Anfang 5. Jh.). Der Name tritt nur als Bestimmungswort in der Form Tedül in Tedülhore ‘ Theodulhorn ’ , Ober und Unner Tedülgletscher ‘ Oberer und Unterer Theodulgletscher ’ und Tedülpass ‘ Theodulpass ’ (alle Zermatt) auf. Dieser Übergang von Zermatt nach Italien hiess im 16. Jh. noch Matterberg, lat. MONS P RATOBORNI ( VON R OTEN , A NTON , in: BWG 10, 1946, 381 f.). Eine Ausnahme bildet der Beleg prata sancti Theoduli ‘ die Wiese des Heiligen Theodul ’ (1531, Münster), vermutlich eine Wiese, die zu einer Kapelle gehörte. Thoesen (PN) Thoesen (PN) ist einmal belegt in dem obren Thoesenboden ‘ der obere Boden des Thoesen ’ (1435, Bitsch). Es handelt sich wohl um den Besitzernamen im Genitiv. Belegt ist in Zermatt 1443 ein Willelmus Thosen; in Mund ist ein FaN Thusen (cf. HL T HUSEN (F A N)) bezeugt. Geografisch liegt der zweite FaN näher. Tform 335 336 <?page no="173"?> Thröum Thröum ist 1530 in Reckingen als die Thröum Wasserleÿten; von der Tro ᵉ um Wasserleyten belegt. I D . (14, 989) kennt Traum ‘ Ende oder Anfang eines Fadens, Strang ’ und verweist auf das gleichbedeutende Trom; nach I D . tritt Traum an Orten auf, die mhd. ou vor / m/ als / o/ realisieren mit Verweis auf SDS (1, 124 f.) ‘ Baum ’ . Im Oberwallis kommt die Palatalisierung zu / ö/ hinzu. Im SDS ist Reckingen (WS 32) einer von zwei Orten im Goms mit der Form Böm. Thröum lässt sich dann als hyperkorrekte Form von Tröm deuten. Der Name bezeichnet daher eine ‘ schmale, fadenartige Wasserleitung ’ . Thurm (FaN) Thurm (FaN) ist als FaN Zumthurn, auch Thurner (AWWB 302) u. a. für Lötschen belegt. Vermutlich kommt dieser FaN in dr Turnärstuck ‘ das abgeteilte Stück Land der Familie Zumthurm ’ (Wiler) vor. Thürthür Thürtür m. ist zweimal 1628 in Grächen als an den Thürthür und vnder dem Thürthür erwähnt; an der zweiten Stelle wird dafür auch Sterrigo Waldt verwendet. Vermutlich handelt es sich um eine hyperkorrekte Form zu afr. tiercier ‘ celui qui possède le tiers de qch ’ oder mfr. tertier ‘ mesure de terre ’ (FEW 13, 1, 269a s. v. t ě rtius), also wiederzugeben als ‘ der Drittel des Gebietes ’ . Die Form ist wohl hyperkorrekt zu einem als entrundet aufgefassten Namen zu verstehen. Da der FlN unklar ist, wird auf eine Auszeichnung verzichtet. Thusen (FaN) Thusen FaN ist ein abgegangener FaN (J OSSEN 2000, 81) in Naters. Belegt sind der Genitiv Singular Thusen Gu ᵕ dt ‘ das Gut der Familie Thusen ’ (1651, Mund) und der Genitiv Plural der kollektiven - IG -Ableitung Thusigo Wang ‘ der Grasabhang der Familie Thusen ’ (1651, Mund). Thyribi Thyribi ist nur 1652 in Zwischbergen als aller Lenge dem Thÿribi nach ‘ aller Länge dem kleinen Torfgebiet nach (unsicher) ’ belegt. Im Kontext geht es um die Grenzen von Simplon und Zwischbergen. Das Dokument ist im Übrigen eine Kopie von 1744. Im Kontext werden die Schecherna (heute Chäscherna) und das Thÿrli (heute Tirrli) genannt. Die Grenze folgt hier wohl einer Felskante, unterhalb der sich die Gondoschlucht befindet. Der Flurname lässt sich am ehesten zu Turb ‘ Torf ’ (I D . 13, 1437 ff.) stellen. Die Form ist dann ein Diminutiv auf - I , umgelautet und dann entrundet; das / i/ in der zweiten Silbe dient der Auflösung von / rb/ . Diese Deutung ist sehr spekulativ. Tiejer Tiejer m. erscheint nur im Kontext von Intiejer m. (wörtlich: Ein-tuer). Es ist zu wdt. Intiejer, Intiäjär m. ‘ Sommerstall; Stall ohne Scheuer ’ zu stellen. Er dient dazu, dem weidenden Vieh nachts oder bei schlechter Witterung Schutz zu gewähren (R ÜBEL 1950, 49; G RICHTING 1998, 115). In Ausserberg kommt das einfachere Simplex im Plural t Intieje ‘ wörtlich: die Eintuen; Pferch für die Schafe ’ vor. In Eisten findet sich ein Diminutiv ts Alt Intieji ‘ der alte kleine Eintuer ’ ; Gwp. meint, hier sei früher wohl ein kleines Gädi (Stall) gewesen. Geläufiger ist im Intiejer ‘ im Eintuer (Stall ohne Scheune, um das Vieh über Mittag zu stallen) ’ (Ausserberg), bim Intiejer ‘ beim Eintuer (Stall ohne Scheune) ’ (Ried-Mörel), im Jnthieier ‘ im Eintuer ’ (1700, Bürchen), als lat. TIGURIUM ‘ Hütte ’ benannt. Ein Diminutiv ist ts Inntieerli ‘ die kleine Scheune ’ (Oberwald). Mit vorangestellten Genitiven finden sich ts Tunixandisch Intiejerli ‘ die kleine Scheune des Anton Alexander ’ (Oberwald) und ts Tamborfärdisch Intiejerli ‘ der kleine Stall des Ferdinand, der Tambour ist ’ (Hohtenn). Wie aus den Belegen hervorgeht, ist der Intjeier im Goms eine Scheune ohne Stall, in den andern Gegenden ein Stall ohne Scheune. Das Gebäude kann heute auch fehlen. Tiele Tiele f. ist zu schwdt. Diele n f., lat. CLEMATIS VITALBA , ‘ gemeine Waldrebe ’ (I D . 12, 1649) zu stellen (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 118). Wdt. ist auch Niela, Niälju ‘ Schlingpflanze ’ (G RICHTING 1998, 144) belegt. Das HL ist als di Tiella (Termen), Unner Tiela ‘ der untere Teil der Tiella ’ (Termen) und Tielewald ‘ der Wald mit Waldreben (clematis vitalba) ’ (1857, Termen; SK Dielwald) belegt. Kaum hieher gehört Tilliete (FLNK, Salgesch), das M ATHIER (2015, 105) einerseits zu frz. tilleul ‘ Linde ’ (B OS- SARD / C HAVAN 2006, 174), anderseits aber auch zu schwdt. Tuele n (I D . 12, 1706 ff.) stellt und als ‘ runde Vertiefungen, kleine Einsenkung, kleine Mulden ’ bezeichnet. Die deutsche Erkärung ist wohl unzutreffend. Eine Herleitung aus Tuele n müsste einen Diphthong annehmen. Hingegen hat FEW (13, 1, 328 s.) als Patois-Form für TILIA ‘ Linde ’ til, was mit dem Diminutivsuffix - ITTA Tilliete ‘ das kleine Lindengebiet ’ ergeben kann. Tielschu Tielschu, vermutlich fem., kaum Plural, ist nur in Saas- Grund als di Tielschu belegt. Laut Beschreibung handelt es sich um eine nach unten verlaufende Lichtung, ein 337 338 Tielschu <?page no="174"?> steiniger Hang, der als Skipiste dient. Am ehesten lässt sich der Name zu Diele n f. ‘ gemeine Waldrebe, C LEMATIS VITALBA ’ (I D . 12, 1649) stellen, wobei das Suffix - SCHU ein Gebiet mit gemeinen Waldreben meint. Wenn die Deutung zutrifft, geht die Benennung vom unteren Teil der Tielschu aus. Wie L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 118) zeigen, kommt die Pflanze in der ganzen Schweiz vor, ist aber höchstens subalpin (cf. HL T IELE , erster Teil). Tier Tier n. ist zu schwdt. Tier n., Dim. Tierli, Tierji, Tieri, ahd. tior, tier, mhd. tier, wie nhd. als Gattungsname; in FlN zur Bezeichnung von Aufenthaltsorten von Vieh und von wildlebenden, jagdbaren Tieren ‘ Gemsen, Rotwild, Hirschen ’ und wdt. Tier, Tiär ‘ Tier ’ (I D . 13, 1211 ff.; G RICHTING 1998, 194) zu stellen. Das HL wird vor allem für Gämsen gebraucht. Das Simplex kommt nur als Diminutiv Singular im Beleg jm Tiergÿ ‘ im Gebiet des kleinen Tieres ’ (1746, Grengiols) vor. Ohne nähere Angaben, die hier fehlen, lässt sich keine präzisere Deutung geben. Die übrigen Belege enthalten das HL nur als Bestimmungswort. In zweigliedrigen Komposita erscheinen folgende Grundwörter: Alpa, Egg(a), Fääsch, Fad, Haalta, Gartu, Park, Richti, Schlag, Tal, Tossu und Wang. Dabei bezeichnet die (Tier)richti f. ‘ Falle für Wild ’ (I D . 6, 325 und 6, 462) die Stelle, wo eine Tierfalle aufgebaut oder das Wild abgefangen wird. Der Tiergarten ‘ Schindanger ’ (I D . 2, 439) ist eine gemeinschaftliche Stelle, wo verendete Tiere gehäutet, verscharrt oder den Aasfressern überlassen wurden. Der Tierpark (LT, Fiesch) ist ein kleiner Zoo bei der Talstation der Luftseilbahn auf die Fiescheralp. Komplexere Fälle sind t Foder und t Hinder Tiärrichtin ‘ die vordere und die hintere Falle für Gämsen ’ (Blatten), t Fodru und t Indru Tierwäng ‘ die vorderen und die inneren Grasabhänge mit Gämsen ’ (Oberems), Jägithierweidli ‘ die kleine Weide für Gämsen in der Jegi (Jagdgebiet, Felsbänder) ’ , (SK, Baltschieder), Tieralpstock ‘ der Tieralpstock, Gipfel auf der Grenze von Bern und Wallis, im Wallis nur Tiertälli darunter ’ (FLNK, Oberwald), ts Tierchatzuhiischi ‘ das kleine Tierkatzenhaus (Luchshaus, Ort, wo ein Luchs hauste) ’ (Eyholz), ts Tieregghoru ‘ das Tieregghorn (Gipfelname, nach der darunter liegenden Tieregga (Ecke mit Wildtieren (Gämsen)) ’ (Baltschieder, Raron), Tiereggpass ‘ der Pass beim Tieregghorn ’ (LT u. FLNK, Baltschieder) und Tiereggsattil ‘ der Sattel (Bergübergang) beim Tieregghorn ’ (FLNK, Raron). Tiesch Tiesch kommt nur in Bürchen und Unterbäch als Bestimmungswort zu den Grundwörtern Acher, Egge und Matta vor. Es handelt sich in beiden Gemeinden um den gleichen Acher, die Belege für Egge und Matta in Bürchen sind historisch. Auf Grund des ältesten Beleges Tyesacher (1398, Unterbäch) liesse sich der Name zu schwdt. Tieße n m. ‘ Zitzenöffnung ’ (nach R ÜBEL 1950, 21, I D . 13, 1797) stellen, das von I D . zu ahd. und mhd. diessen bzw. zum mhd. Substantiv diess m. ‘ Schall ’ gestellt wird (I D . 13, 1797 f.). R ÜBEL (1950) kennt aber keine Form Tiesch; die vereinzelte historische Angabe kann deswegen kaum herangezogen werden. Die Deutung bleibt darum unklar und das Verhältnis zum ähnlichen HL D IESCHT ebenso. Tiggen (PN) Tiggen (PN) ist nur 1750 in Lax als Tiggenmatten, resp. Tiggen Matten ‘ die Wiese des Tiggen (PN) ’ belegt. Die Form Tiggen ist ein Genitiv, sodass hier ein PN oder ein Übername vorliegt. Tigenmichel ist laut I D . der Spottname eines langen, hagern aussehenden Menschen, für das Wallis jedoch nicht belegt (I D . 4, 61). Das Lemma Tigg ‘ Tick, Tic (frz.) (nach der Anmerkung im I D . ’ (I D . 12, 1149) kommt kaum in Frage. Der FaN Tichelli (NWWB 1, 241) ist sicher nicht belegt, da der FaN aus Italien stammt und Vertreter dieser Familie erst im 19. Jahrhundert im Wallis eingebürgert wurden. Tii(n) (PN) Tii(n) (PN) ist nur belegt in t Tiihaalte ‘ die Halde des Tii(n) ’ (Ulrichen). I D . (13, 130) kennt einen PN T ī n ‘ Augustin, Konstantin, Valentin ’ , der aber nur für Graubünden belegt ist (vgl. auch RN 2, 601 s. v. Tini). Diese Herleitung bleibt deswegen unsicher. Tiifel Tiifel m. ‘ Teufel ’ ist zu wdt. T ī fel, T ī fil, T ī fol, T ī ful m., ahd. tiuval, tieval, mhd. tiuvel, tievel, wesentlich wie nhd., Synonym Satan, in FlN für gefährliche, schwer begehbare Stellen und unzugängliche, abgelegene Gegenden (I D . 12, 638 ff. bes. 699 f.; G RICHTING 1998, 194) zu stellen. Das HL kommt nur als vorangestellter Genitiv oder als Bestimmungswort in Komposita vor. Die Motivation betrifft Felsen oder Felsspuren, die als das Werk des Teufels betrachtet werden, aber auch die schwarze Farbe des Gesteins oder die finstere Lage einer Hütte. Im Fall von insgesamt vier Belegen für Tiifelsgraad ‘ Teufelsgrat ’ (einer beim Täschhorn, einer zwischen Breithorn und Breitlauihorn) ist wohl die Schwierigkeit beim Berggehen gemeint. Als vorangestellter Genitiv erscheint das HL in Tiifelsgraad ‘ Teufelsgrat ’ (Baltschieder, Blatten, Randa, Täsch), Tiifulsfluo ‘ die Teufelsfluh ’ (Ried-Mörel, Fels- Tier 339 340 <?page no="175"?> block) und Tiifelschtritt ‘ beim Tritt des Teufels (Spur des Teufels nach einer Sage) ’ (Blatten). Als Bestimmungswort ist das HL mit den Grundwörtern Brigga, Fääsch, Flüö, Hitta, Lerch, Spitz, Stei und Tritt belegt. Davon kennt das I D . die Tiifelbrigga f.: so werden ‘ alte oder durch ihre kühne Bauart auffallende Brücken genannt ’ , deren Erbauungen in den Volkssagen dem Teufel zugeschrieben werden (I D . 5, 547) und Tiifelstein m. (I D . 11, 900), der im Volksmund mit dem Werk Satans in Verbindung gebracht wird. Tiische Tiische ist nur als di Tiische ‘ die Menge von Stegeln / die Stapel von Heu (beide unklar) ’ (Leukerbad; SK Tischen, LT Tysche, FLNK Tiische) belegt. Die phonetische Notation von M. S. zeigt ein langes, offenes / ī / . R. G RICHTING (1993, Blatt 5, Nr. 10) kennt es als Tieschä. Er fügt Tieschugangji (Blatt 5, Nr. 15 und Blatt 6, Nr. 13) und Tieschustutz (Blatt 5, Nr. 11) hinzu, die in der Datenbank des VSNB fehlen; seine Notation mit / ie/ legt einen Diphthong nahe. Laut Beschreibung handelt es sich um eine Schafweide auf rund 1850 m. Bei SK ist der Name westlich des Pischürgrabens eingezeichnet, sonst östlich. Die Deutung ist sehr schwierig. Vermutlich handelt es sich um ein frz. oder frpr. Etymon zu tige ‘ Stengel ’ (< tibia flöte, schienbein (FEW 13, 1, 323 ff.)), wobei hier ein Plural vorliegt. Der Flurname kann aber auch zu schwdt. Tische n f. ‘ Beige, Stoss, Stapel, Haufen, bes. vom Holz, Heu ’ (I D . 13, 1227), auch für Embd bezeugt, und zu G RICHTING (1998, 194) als Tischa, Tischä (Goms), Tischu ‘ Stapel ’ gestellt werden. Nicht auszuschliessen ist, dass das gleiche Wort in verschiedener Bedeutung verwendet wird; die Flur in Leukerbad liesse sich eher als ‘ Menge von Stengeln ’ , denn als ‘ Stapel von Heu ’ verstehen. Tiitschi (PN) Tiitschi (PN) ist als Tiitschisch Bobem ‘ der Boden des Tiitschi (PN) ’ (Blatten; FLNK Diitschischbobn) belegt. Das HL ist zu schwdt. Adj. düütsch, d ī tsch, ahd. diutisc, mhd. tiu(t)sch, wie nhd. ‘ deutsch ’ , in unseren Flurnamen in attributiver Fügung als Herkunftsbezeichnung des Besitzers, wohl mit Bezug auf die Staatsangehörigkeit und wdt. titsch, tiitsch ‘ deutsch ’ (I D . 13, 2193; G RICHTING 1998, 194) zu stellen. Es könnte sich aber auch um den Beinamen eines Besitzers oder Nutzers aus dem Oberwallis handeln. Tillgg Tillgg, der FlN ist als Tillggi n. belegt und lässt sich zu schwdt. Tilgg m., Nebenform zu Tolgg m. ‘ Klecks, meist von Tinte ’ , in Namen zur Bezeichnung einer kleinen Fläche, ahd. tolg, tolc (I D . 12, 1733 f.) stellen. Alternativ ist ein Diminutiv zu schwdt. Dili mit mehren Bedeutungen und wdt. Tillti, Dillti (Mattertal) ‘ Dachboden (niedriger) ’ (I D . 12, 1269 ff.; G RICHTING 1998, 194) bezeugt; die Form mit -ggwürde einem Diminutiv (ti > ggi) entsprechen, der jedoch nicht belegt ist (vgl. SDS 3, 155 ff.), sodass die Deutung als zweifelhat anzusehen ist. Belegt sind ts Tilggi (Ferden), zem Tillggi (Wiler), ts Uister Tillggi ‘ das äussere Tillggi ’ (Wiler; gleich neben dem Tillgi) und nur historisch Tilgyn (1457, Zermatt), das auch als Dilkin (1504) erscheint. Gedeutet wurden alle als ‘ kleine Wiese ’ . Tinaz Tinaz ist nur 1375 in Varen als en laz tinaz ‘ in der Senke ’ belegt; laut Dokument handelt es sich um Weingärten. B OSSARD / C HAVAN (2006, 40) kennen Tine und Tina als ‘ [e] ndroit enfoncé, dépression en forme de cuvette ’ (eingesunkener Ort, Mulde in Form einer Senke). Sie führen es auf lat. tina ‘ Fass ’ zurück (cf. HL T INE zu lat. t ī na weinbutte (FEW 13, 1, 334 ff.)). Tine Tine ist nur als inne Tine ‘ in den Höhlen ’ (Salgesch, auch FLNK) belegt. Historisch erscheint 1494 und 1495 eys tinez und dys tinez. Auch M ATHIER (2015, 96) kennt es als Tinä und sieht darin ein rom. Wort, das auf lat. t ī na weinbutte (FEW 13, 1, 334 ff.) zurückzuführen sei (cf. HL T INAZ ). Der Gebrauch beim Weinbau ist bei E GLI (1982, 320) beschrieben. Schwdt. Tine n , Tina, Tinu n f., und wdt. Tina, Tinu ‘ Weinfass ’ (I D . 13, 130 f.; G RICHTING 1998, 194) sind auch für die schwzdt. Dialekte bezeugt. In Salgesch dürfte der Flurname im Plural metaphorisch verwendet worden sein; das Wort selbst ist hier wohl aus den patois des Mittelwallis entlehnt (vgl. G ERSTER 1927, 65). Nach M ATHIER (2015, 96) sind die früheren Höhlen im Gebiet der Raspille inzwischen mit Sand gefüllt worden. Tinte Tinte f. ‘ Tinte ’ ist zu schwdt. Tinte n , ahd. tincta, mhd. tinkte, tinte(n), wie nhd. ‘ Tinte ’ , wdt. Tinta, Tintu ‘ Tinte ’ (I D . 13, 822 ff.; G RICHTING 1998, 194) zu stellen. Es ist zweimal belegt als der Tintegrabe ‘ der tintenschwarze Graben ’ (Geschinen) und im Dintengraben (1753, Münster), vermutlich in beiden Fällen der gleiche Graben, dessen Beschreibung - laut Gwp - die dunkle Farbe des Wassers oder der Erde meint. Tirbel Tirbel m., resp. Tirbja f. lässt sich auf das entrundete ahd. turbil m., ‘ Wirbelsturm, Sturm ’ (G RAFF 1840, 5, 455) 341 342 Tirbel <?page no="176"?> zurückführen. In FlN zur Benennung von Plätzen, die dem Wind und Sturm ausgesetzt sind. Das Simplex va Tirbju (<Tirbla) ist in Eisten belegt, wo sich ein kleines Namennest gebildet hat mit Tirbilfat, Tirbilschipfa und Tirbilwang. Nur historisch belegt sind in Staldenried an Turbÿen (1520) und an Tirbien (1708), die wohl auch hieher zu stellen sind. Weiter sind belegt uff dr Tirblun (Blatten) und der Plural t Tirbele (Fieschertal). Ob Turbuti (Mühlebach) als unumgelautetes Turbelti hieher zu stellen ist, bleibt unsicher. Als Bestimmungswort findet man di Tirrbjuflüe (St. Niklaus). Tiri Tiri f. ‘ Türe ’ , auch Tir f. und der Diminutiv wdt. Tiri, Tirlin n. ist zu schwdt. Tür, Türe f., ahd. turi, tura, mhd. tür(e), wie nhd. Türe zu stellen. In FlN in der Bedeutung ‘ Gatter, Zaun ’ auch als ‘ Grenz-, Merkpunkt ’ , der Name benennt im übertragenen Sinne auch Berg- oder Passübergänge, die von einer türähnlichen Öffnung durchbrochen sind (I D . 13, 1363 ff., bes. 1378 ff.; URNB 3, 757 ff.; Z INSLI 1946, 110). R ÜBEL (1950, 103 f.) gibt Tirli n. für Zermatt als Durchgang im Schafstall an. G RICHTING (1998, 194) verweist auf das häufigere Poort, Poorta (G RICHTING 1998, 154), das nur sehr selten in FlN erscheint. Das HL kommt in rund 80 Namen vor, meistens im Diminutiv. In den meisten Fällen dürfte es sich um einen versperrten Durchgang bei einem Zaun handeln, der ein Gebiet vom anderen abtrennt und verhindert, dass Schafe entweder in ein ihnen nicht zustehendes oder gefährliches Gebiet gelangen. Der Name bleibt hier dann auch erhalten, wenn die Absperrungen selbst nicht mehr vorhanden sind. Das Simplex Tir f. kommt als binner Tir ‘ beim engen Durchgang ’ (Fieschertal) nur einmal vor. Häufig sind dagegen die Belege des Simplex im Singular Diminutiv Tirli n. ‘ kleine Tür ’ . Es ist etwa fünfzehn Mal belegt, dazu kommen drei historische Belege Türlin oder ähnlich (Feschel, Grächen, Turtmann) und hybride Bildungen wie zum Thirlein ‘ bei der kleinen Türe ’ (1662, Geschinen). Die Simplizia können mit Präpositionen wie zum oder bim (und Varianten davon) verbunden sein. Plurale vom Typ Tirlini ‘ kleine Türen ’ kommen seltener vor, so in Tirlini ‘ die kleinen Türen ’ (Naters) und beÿ den Tirlinen (1782, Bratsch mit früheren Belegen). Konstruktionen mit attributiven Adjektiven sind selten: t Witentir ‘ die weite Tür ’ (Grengiols) und - dazu gehörend - Witentirsee (Grengiols) sind sichere Fälle; dazu gehören auch beÿ dem Fünsteren Thürli ‘ bei der finstern kleinen Türe (wohl Durchgang) ’ (Turtmann), ts Inner Tirli (die innere kleine Türe ’ (Baltschieder). Mit einem Plural verbinden sich t Obru Tirrlini ‘ die oberen kleinen Türen ’ und t Unnru Tirrlini ‘ die unteren kleinen Türen ’ (beide Bratsch), die zu einem Gebiet Tirrli oder Tirrlini gehören. Auch hierzu zu stellen ist ze Engge Tirlinu ‘ bei den engen Durchgängen ’ (Ried-Brig). Einen Sonderfall bilden dri Tirlini ‘ drei kleine Türen ’ (Turtmann), die drei mit Stangen verschlossene Öffnungen in einem Zaun meinen, durch die das Vieh auf die Weide getrieben wurde. Konstruktionen mit vorangestellten Genitiven sind: ts Bitschisch Tirli ‘ die kleine Tür (Durchgang) der Familie Bitschin ’ (Hohtenn), zu ᵕ Flieerro Tÿrli ‘ bei der kleinen Tür (Durchgang) der Leute von der Fluh ’ (1584, Naters), des Thelltis Thirli ‘ die kleine Tür beim kleinen Tal ’ (1592, Fiesch) und ts Wälligsch Tirli ‘ die kleine Tür der Familie Wellig ’ (Baltschieder). Unklar ist Tirrlischegge ‘ die Ecke beim Tirrli (kleine Tür) ’ (Grengiols); hier konnte kein Flurname Tirrli nachgewiesen werden. Das HL als Grundwort in zweigliedrigen Komposita kommt vor allem vor mit anderen Namen, zu denen ein abgrenzender Zaun besteht: ts Bannjitirli ‘ die kleine Türe im Bannji(wald) ’ (St. Niklaus), ts Brachutirrli ‘ die kleine Türe bei der Brache (Brachland) ’ (Raron), bim Gafetirli ‘ bei der kleinen Tür auf dem Weg nach Gafene ’ (Obergesteln) und andere, wie ts Hannigtirli ‘ die kleine Tür (für das Vieh) bei der Hannig-Alpe ’ (Grächen). Tiernamen sind nur selten belegt: ts Chalbertirli ‘ die kleine Türe für die Kälber ’ (Eggerberg), ein Durchgang zu einer Flur, auf der die Kälber geweidet wurden. Anders zu verstehen ist ts Gämschtirli ‘ die kleine Tür für die Gemsen ’ (Täsch) - gemeint ist eine Falle für die Gemsen. Nur historisch belegt ist zum Erner Tirlin (1709 u. später, Betten), wo ein Durchgang auf dem (Kirch-)Weg nach Ernen gemeint ist. Komplexere Konstruktionen wie ts Albiner Alputiri ‘ die kleine Tür auf dem Weg zur Albiner Alpe ’ (Albinen) und ts Guttneralputirli ‘ die kleine Tür auf dem Weg zur Alpe der Leute von Guttet ’ (Albinen) sind selten. Als Bestimmungswort tritt das HL in zweigliedrigen Komposita nur selten auf und zwar mit den Grundwörtern Breit, Pletscha, Egg(a), Grabu, Matta, Schleif, Stutz, Tschugge und Wald. Komplexere Bildungen sind u. a. t Inner Tirrlimuira und t Uisser Tirrlimuira ‘ die innere und die äussere Mauer mit kleinen Türen ’ (beide Zwischbergen), zu denen J ORDAN (2006, 326 ff.) Uisser Tirlimuira, Aalti Tirlimuira und Inder Tirlimuira stellt, sowie Raron Feldthürli ‘ die kleine Türe zum Rarner Feld ’ (1852, Niedergesteln) und zen Tirrlibletschuntritt ‘ beim Tritt bei der Ebene mit der kleinen Türe (Durchgang zur Faldumalp) ’ (Ferden). Tirler Tirler ist als der Tirrler (Visp; FLNK der Tirler) und de Türlen Erb (1415, Visp) belegt. Die frühesten Belege Tiri 343 344 <?page no="177"?> zeigen den Umlaut / ü/ an Stelle des / i/ und weisen auf Türler hin (I D . 13, 1408 f.), das eine Berufsbezeichnung für ‘ Bote, Fuhrmann ’ meine. Der Beleg der Tirrler befindet sich jedoch am Ort, wo auf SK Pulverturm steht; es geht hier um ein Gebiet, das sich beim Pulverturm befand. Darum könnte sich der Name auch auf einen Turm (I D . 13, 1646 s. v. Turn II) beziehen, zu dem ein entrundetes Nomen auf - LER gebildet wurde. Dieses Tirler ist dann das Grundstück beim Turm. Tirler Erb (1415) meint die Erbliegenschaft in diesem Bereich. Tiroller Tiroller ‘ der Tiroler ’ , wie nhd. ‘ Bewohner des Tirols ’ , auch adj. ‘ von Tiroler Art ’ . Tiroler waren in der Schweiz als Saisonarbeiter und Holzfäller geschätzt (I D . 13, 1210; W. B ELLWALD , Hinweis auf Vertrag von P IERRE DE R IVAZ vom 12. August 1743 mit drei Tiroler Holzfällern (Staatsarchiv Sitten, De Rivaz, RZ Carton 33/ Cahier 1/ No. 1 - 5, hier Nr. 33/ 1/ 1, Schriftstück 2)). In des Tÿrolers Driesten (1862, Glis) ist ein Besitztum eines Tirolers gemeint. Zwei Fälle können sowohl adjektivisch, als auch als Bestimmungswort gelesen werden: der Tirollerbodo ‘ der Boden der Tiroler ’ (Glis) ist eine kleine Waldlichtung auf einer Alpe, t Tirollerhitta ‘ die (Alp-)Hütte der Tiroler ’ (Filet) eine Hütte, die Tirolern gehörte oder von ihnen gebaut worden war. Eine davon abgeleitete Form Tirolli (- I -Suffix nach Deletion von - ER wie in Achi zu Acher) ‘ der Tiroler ’ findet sich in t Tirollirufene und t Tirollischlüecht (beide Reckingen), hier mit einer Entstehungsgeschichte über den Lawinentod eines Tirolers bei der Gemsjagd. Tirone Tirone kommt in Tschiima del Tirone (LT u. FLNK Cima del Tirone), einem Grenzgipfel (2205 m) zu Italien vor. Tirone ist nach Auskunft von B RUNO M ORETTI (p. c.) als Gipfelname in Italien verbreitet; zurückzuführen sei es auf spätlat. Toro, Toronis ‘ Hügel, Erhöhung ’ (vgl. B AR- BARULO 1996, bes. 7). Tisch Tisch m. ist zu schwdt. Tisch m., im Wallis Dim. Tischji, ahd. tisc, mhd. tisch, wie. nhd. ‘ Tisch ’ , in FlN im übertragenen Sinn für ‘ ebene Felsplatten, tischähnliche Steinblöcke ’ und wdt. Tisch ‘ Tisch ’ (I D . 13, 1896, bes. 1914; G RICHTING 1998, 194) zu stellen. Das HL ist zunächst als Ze Tischu ‘ bei den Tischen ’ (Naters) belegt, wo zwei ebene grosse Steinblöcke gemeint sind. Als Diminutiv im Singular ist au ᵕ f dem Tischji ‘ auf dem kleinen Tisch ’ (1861, Glis) belegt; fehlender Kontext lässt keine klare Deutung zu. Mit attributiven Adjektiven erscheint ts Grie Tischji ‘ der kleine grüne Tisch (laut Gwp. früher grünes Tischchen im Wald, heute nur noch Bänklein des Verkehrsvereins) ’ (Ried-Mörel) und Steinig Tisch ‘ der Tisch aus Stein (Stein, der wie ein Tisch aussieht) ’ (FLNK, Oberwald). Als Grundwort kommt vor: bi Höüpmatisch ‘ beim Tisch des Hauptmanns (wohl metaphorisch: Felsplatte) ’ (Mund). Als Bestimmungswort kommt das HL nur in das Tischlachen ‘ das Tischtuch (kleines Stück Land) ’ (1500, Fiesch) vor. Titel Titel m. ist zweimal belegt, einmal als der Titäl (Blatten) und einmal als der Titel (St. Niklaus). Wie URNB (2, 997 s. v. Tuteliplatten f.) ausführt, ist es sehr schwierig, das HL zu bestimmen. In jedem Fall müsste eine Entrundung (ü > i) angenommen werden. Die Belege zu Tutel ‘ Lamm ’ (I D . 13, 2086 s. v. T ū tel) sind laut R ÜBEL (1950, 2) nicht entrundet, jene zu Tutel ‘ Rückentraggefäss für Milch ’ (I D . 13, 2083 ff.) im Wallis ebenfalls nicht; URNB vermutet, es könnte ahd. Tutto m., Tutta f. ‘ Brust, Euter, Zitze ’ (G RAFF 5, 381 f.) zu Grunde liegen, ohne dass die Form auf / i/ im Oberwallis erklärt wäre (vgl. aber I D . 13, 2088 s. v. Tutte n u. a. ‘ weibliche Brust(warze) ’ mit der Form Tütti, die entrundet Titti ergibt). Beide passen aber besser als Flurnamen als das schwdt. Titel (I D . 13, 2060 f.), das nur als ‘ Hypothek ’ in Frage käme. Während für den Beleg der Titäl (Blatten) als Bedeutung ‘ Lämmerwiese ’ , aber auch ‘ Hypothek ’ möglich ist, gilt dies für der Titel (St. Niklaus) nicht, wo eher eine Anspielung auf die weibliche Brust (Beschreibung: ‘ Felskopf zwischen zwei Gräben ’ ) möglich ist. Titsch Titsch ist im Beleg ts Titsch Bielti ‘ der kleine, klotzartige Hügel ’ (Naters (hier mit offenem i, das nicht zum geschlossenen i in titsch ‘ deutsch ’ passt) wohl ein attributives Adjektiv; der Flurname befindet sich auf der Nordseite des Aletschgletschers auf ca. 2500 m. Das ebenfalls hieher gestellte Tütschacherlÿ ‘ der kleine Acker, der wie ein Holzscheit aussieht ’ (1673, Ried-Brig) enthält dagegen ein Nomen. Beide sind zu schwdt. Tutsch m. ‘ Klotz, kurzes Stück Rundholz, gefällter Baumstamm ’ und wdt. Titschi, Titschin (Lötschtal) ‘ Holzstamm, Holzscheit ’ (I D . 13, 2174 ff. bes. 2177; G RICHTING 1998, 195) zu stellen, zu denen auch das Adjektiv ‘ klotzartig ’ gehört. Titter Titter n., nur in Blitzingen m. hat in den ältesten Belegen Tütter (1462, Ulrichen) und Tutter (1464, Ulrichen); später 345 346 Titter <?page no="178"?> zu Titter entrundet. Es ist zu schwdt. Tütter (I D . 13, 2076 s. v. Dotter) zu stellen. Die Motivation ist nicht ganz klar; vermutlich ist damit ein rundliches, leicht ansteigendes Gebiet gemeint, das mit einem Ei-Dotter verglichen wird. Im Fall des heutigen Rund See, der auf SK Tittersee (Obergesteln) heisst, ist die Form für den Namen verantwortlich. Das Simplex erscheint als ts Titter (Fieschertal, Geschinen, Ulrichen, Grächen), in Blitzingen als der Titter. Mit relativen Ortsangaben sind belegt ts Ober Titter (Fieschertal, Randa) und ts Ober Ditter (Zermatt), ts Unner Titter (Fieschertal, Randa) und ts Unner Ditter (Zermatt). Als Bestimmungswort finden sich Titterstei (Grächen) und Titterwaud (Fieschertal); nur auf der Siegfriedkarte gibt es den Tittersee (Obergesteln, heute der Rund See). Unklar ist Tittermänz (Niedergesteln), sofern hier überhaupt ein Kompositum vorliegt. Komplexer ist Unner Titterchriz ‘ das Kreuz beim unteren Titter ’ (vermutlich ein Wegkreuz). Titto Titto m. ist als der Titto ‘ der Titto (unklar, ev. nach der Form des Felsens) ’ (Raron, auch FLNK und LT) belegt. Historisch erscheint der Name 1849 als auf dem Titun, resp. auf dem Titten. Zu stellen ist es wohl zu schwdt. Tutte n f., vermutlich zu einer vorderen gerundeten Form Tütte n , die entrundet wurde (I D . 13, 2088 s. v. Tutte n , u. a. ‘ weibliche Brust(warze) ’ ). Auffallend ist das Genus maskulin, was eher gegen die Deutung sprechen würde; das schwdt. Wort ist feminin. Vermutlich wurde die Flur nach ihrer Form benannt. Tjaater Tjaater n. ‘ Theater ’ ist zu schwdt. Theater n. wie nhd. ‘ Schaubühne, Schauplatz, Schauspielhaus ’ , entlehnt aus frz. théâtre m. < lat. THEATRUM n. (I D . 12, 29) zu stellen. Es ist nur einmal belegt in zem Tjaaterhuis ‘ zum Theaterhaus ’ (Blatten). Es handelt sich, soweit erkennbar, nicht um ein Gebäude, sondern wohl einfach um eine metaphorische Deutung des ebenen Geländes, wo eventuell auch Freilicht-Theater aufgeführt wurden. Tobeli (PN) Tobeli (PN) ist nur in Tobelimatte ‘ die Wiese des Tobias ’ (Reckingen: LT und FLNK haben Obelimatte) belegt. Zunächst nimmt man eine Assimilation des Artikels im Beleg Tobelimatte an, doch notiert M. S. auch vaner Tobelimatte ‘ von der Wiese des Tobias ’ . Das würde eine Assimilation des Artikels zwar nicht ausschliessen, aber unsicherer machen. Das HL wäre zum Taufnamen Tobias (I D . 12, 128 f.) zu stellen (cf. HL T OBIIAS (PN)). Die Form Obelimatte ist ohne / t/ des Artikels zu erklären; die angenommene Assimilation wird hier rückgängig gemacht. Das schwdt. Tobel m./ n. ‘ wildes, enges, unwegsames, meist von einem Bach durchflossenes Tal mit steilen Hängen, Schlucht, tiefer Einschnitt im Gelände, Rinne in einem Hang ’ , ahd. *tobal, tubil, tobil m., mhd. tobel m. ‘ Waldtal, Schlucht ’ (I D . 12, 115 ff.) kommt im Oberwallis nicht vor. Die Herkunft des Namens ist im übrigen unsicher. Er wird als rom. Entlehnung *tuvale zu lat. TUBUS ‘ Röhre ’ erklärt und nicht von idg. *dheub-, *dheup- ‘ tief, hohl ’ , *dhumb- ‘ Erdvertiefung, mit Wasser gefüllt ’ , ahd. tobal, mhd. tobel ‘ enges Tal ’ abgeleitet (Z INSLI 1946, 315; S ONDEREGGER 1958, 89 - 91; Z INSLI 1984, 586). Tobiias (PN) Tobiias (PN) ist nur als das Simplex der Tobiias (Leuk) belegt. Es handelt sich um Reben westlich des Bahnhofs der früheren Bahn nach Leukerbad. Es kann sich um den Vornamen eines früheren Besitzers oder Nutzers handeln. Der Name ist zum Taufnamen Tobias (I D . 12, 128 f.) zu stellen. ein FaN Tobias ist für das Wallis nicht belegt. Tochter Tochter f. ‘ Tochter ’ ist zu schwdt. Tochter, Techter f., ahd tohtar, mhd. tohter, hauptsächlich wie nhd., als Verwandtschaftsbegriff ‘ unmittelbarer weiblicher Nachkomme ’ zu stellen. G RICHTING (1998, 193) kennt nur entrundetes Techter oder Tächtär. In der Schweiz veraltet auch für ‘ unverheiratete weibliche Person ’ (I D . 12, 395 ff.; in FlN 413). Belegt ist das HL nur in vnder der Dochtren Stadell ‘ unter dem Stadel der Tochter ’ (1643, St. Niklaus) mit einer verhochdeutschten Form Dochtren. Tochu Tochu ist nur als Bestimmungswort in Tochuhorn (Glis, Simplon) belegt. G RICHTING (1998, 195) kennt Tocha als ‘ Puppe, Närrin ’ ; als ‘ Puppe ’ schon W IPF (1910, 93). I D . (12, 1150 ff.) stellt Toche zu schwdt. Togg, ahd. tocha, toce(h)a, mhd. tocke (I D . 12, 1150 ff.), dessen Bedeutungen sehr vielfältig sind; hier wäre von der Form her die Bedeutung ‘ Spielpuppe ’ einschlägig. Ob das auch die Motivation für den Gipfelnamen ist, lässt sich nicht entscheiden. Wenn ja, wäre die Form einer solchen Puppe entscheidend. Tod/ tot Tod m. und tot Adj. sind zum schwdt. Tod m., Adj. tot, tod wesentlich wie nhd und wdt. Toot m., toot Adj., zu stellen. In FlN auch für eine ‘ gefährliche, ungeheuerliche Stelle ’ , oder einen ‘ unfruchtbaren, trockenen Boden ’ und eine versiegte Quelle (I D . 12, 459 ff. und I D . 12, 471 ff.; G RICHTING 1998, 195; LUNB 1, 2, 1079). Das Substantiv Titto 347 348 <?page no="179"?> kann hdt. als der Tod, der Tote, die Tote Pl. die Tode, die Toten verstanden werden. Substantiv und Adjektiv sind nicht immer zu unterscheiden. So ist etwa Totgrabo (FLNK, Embd) historisch 1574 als der Todt Grabo, 1603 u. später als an den Thodtengraben belegt. Vermutlich liegt hier ein attributives Adjektiv ‘ der tote Graben ’ vor; der Beleg von 1603 kann aber auch als Genitiv Plural ‘ der Graben mit Toten ’ verstanden werden. In einzelnen Namen kann das HL zu volksetymologischen Deutungen Anlass geben (z. B. di Totublatta ‘ die Felsplatte der Toten (unklar) ’ (Naters) als Ort, wo die Leute vom “ Natischer Berg ” eingesargt wurden). Das HL ist als Attribut oder in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern belegt: Acher, Blatta, Bodu, Brunnu, Egg(a), Flüö, Gassa, Grabu, Grippe, Gruppa, Hubel, Schleif und Wald. Die Motivation ist nicht immer klar. Komplexer ist ts Todgruppuwierli ‘ der kleine Weiher bei den Todgrippe (dem Hinterteil von Pferden gleichendes Gelände, das sehr steil ist) ’ . Als Grundwort kommt das HL nur in der Gäitood ‘ der jähe Tod (wohl Steilheit des Geländes) ’ (Reckingen) vor. Das bei J AGDVEREIN B INN M ÄSSERSEE (2018, 27) erwähnte Gäi Tod ‘ der jähe Tod (wohl Steilheit des Geländes) ’ ist ähnlich zu interpretieren, auch wenn die Autoren auf I D . (2, 99 f. s. v. gäch) verweisen und dort ‘ plötzlicher, rasch eintretender Tod ’ als Walliser Dialekt für Herzinfarkt meinen; ein FlN dieses Typs kann nicht für ein einmaliges Geschehen wie einen Herzinfarkt gemeint sein, sondern - wenn überhaupt - einen Tod aufgrund eines steilen Stückes Land meinen. Ein nachgestellter Genitiv ist in das Tal des Todes (FLNK, Ried-Mörel) vertreten. Der hdt. Name ist entweder die Übersetzung von Death Valley oder die Übernahme des Titels “ Im Tal des Todes ” von Karl May (Nachbearbeitung zweier Erzählungen von Karl May, die 1934 unter dem genannten Titel erschienen) oder einer andern Quelle. Toggo Toggo ‘ alter Baum ’ kommt nur einmal im Beleg ts Togguleerchji ‘ der kleine Wald mit alten Lärchen ’ (Grächen) vor. Es ist zu schwdt. Togg, Togge, im Wallis auch Toggo, Tock, Tocke, Toche m./ f. ‘ zurechtgeschnittenes Stück Holz, Stumpf, Pflock, Pfahl ’ , ahd. tocha, toce(h)a, mhd. tocke (I D . 12, 1150 ff.) zu stellen. Üblicherweise bezeichnet man damit einen ‘ Tragbalken, Deckenbalken ’ (V. S CHMID 2003, 204). Wörtlich sind also Lärchen gemeint, die als Tragbalken Verwendung finden können. Toib Toib ‘ taub ’ Adj., auch teib, ist zu schwdt. Adj. taub (bzw. -ou-, -öu-, -öi-, -ü-), wdt. töüb, töb (Goms), töib (Zermatt), toib (G RICHTING 1998, 196), ahd. und mhd. toub, toup, in FlN für ‘ lockeren, trockenen, minderwertigen, ertragsarmen Erdboden ’ (I D . 12, 67 ff. bes. 81) zu stellen. Ein substantiviertes Simplex der Deib ‘ der ertragsarme Boden ’ (Eisten) kommt nur dort vor; dazu sind die Komposita die Deybfluo ‘ die Fluh beim Deib ’ (1634) und Deybtschuggen ‘ der Fels beim Deib ’ (1634) zu finden. Die übrigen Belege enthalten wohl das Adjektiv: auf den Teüplöcheren ‘ auf den Taublöchern ’ (1763, Biel) meint wohl ein ertragsarmes Gebiet mit Löchern. In Leukerbad gibt es nebeneinander den Toib Grabu ‘ der ertragsarme Graben ’ und den Toib Wang ‘ der ertragsarme Grasabhang ’ ; sie sind bei R. G RICHTING (1993, Blatt 16 Nummer 8 und Blatt 17, Nummer 6 als toibä Grabu, auf Blatt 16 Nummer 13 als toib Wang) verzeichnet. In Oberems findet sich der Toibu Wald mit der Toibuwaaldkapällu ‘ die Kapelle im tauben Wald ’ . Das umstrittene Töügwald (HL T ÖÜG ) wird nach Z INSLI (1960 b, 144 ff.) als ‘ dunkel, düster ’ interpretiert, auch wenn das Adj. zum HL TOIB ‘ taub ’ zu stellen ist. Es ist deswegen möglich, dass einige dieser Belege nicht zum Adjektiv T OIB gehören, sondern zum umstrittenen Lemma T UPP ‘ dunkel ’ (Z INSLI 1960 b). Der Beleg Teippmatten (1564, Guttet), resp. Teibbermatten (1564, Guttet) ist aber wohl nur eine hyperkorrekte Schreibung zu Diepermatten ‘ die Wiese der Familie Diebold / der Leute des Diebold ’ . Toiss Toiss n. ist als ts Toiss (Erschmatt, auch FLNK) belegt. 1523 erscheint im Theuss (mit verschiedenen Schreibweisen). Nach der Beschreibung handelt es sich um den westlichen Dorfteil von Erschmatt. / oi/ ist laut R ÜBEL (1950, 3) in Erschmatt das Ergebnis der Palatalisierung von ahd. ou; es kann aber auch mit dem Staubschen Gesetz aus Tons entstanden sein. Hier ist laut FEW (13, 2, 32 f. s. v. t ō nsus geschoren) eine Bedeutung anzunehmen, die sich auf die jungen Leute bezieht. Toiss wäre dann der Dorfteil mit jungen Leuten. Tola (rom.) Tola f. in Bella Tola ‘ schöne Ebene ’ (Name eines Gipfels zwischen Val d'Anniviers und Turtmanntal) ist zu frpr. toula ‘ une petite surface de terrain plat ’ (M EYER 1914, 107, 172; T AGMANN 1946, 20 und die dort angegebene Literatur; schon J ACCARD 1908, 464) zu stellen und nicht zum dt. HL T OLA ‘ Mulde ’ . Der Gipfelname kommt in Agarn und Oberems vor; in Agarn ist auch der Bella Tola Gletscher belegt. Rätselhafter ist Bella Tola (FLNK) in Grächen, das 349 350 Tola (rom.) <?page no="180"?> weit von der Bella Tola entfernt liegt; eventuell eine Nach-Benennung auf Grund einer Ähnlichkeit (? ). Wohl auch romanisch ist der historische Beleg von 1657 in Albinen ÿ Tole ‘ in der Ebene ’ . Tola Tola f. ‘ Mulde ’ ist zu schwdt. Tole n f. auf natürliche oder künstliche Art entstandene Geländeform ‘ Mulde, Vertiefung, Höhlung, Loch ’ , ‘ Wassergraben, Kanal ’ , ahd. dola, mhd. tol(e) f. ‘ Abzugsgraben, Rinne ’ und wdt. Tola, Tolä (Goms), Tolu ‘ Grube, Mulde, Vertiefung ’ , in Orts- und Flurnamen teilweise noch halbappellativisch (I D . 1675, ff. bes. 1684; G RICHTING 1998, 195; Z INSLI 1984, 587) zu stellen. Das HL kommt in knapp 300 Namen vor, wobei der Typ Bachtola allein 48 Belege beiträgt, teilweise mit Spezifikation wie Seebachtola (Embd, Visperterminen) (cf. HL T ELA ). Das Simplex im Singular ist als di Tola (12 Belege), di Tole (Oberwald), di Tolu (Ergisch, Unterems), in der Tolu (Kippel, Wiler) und in mehreren historischen Belegen, z. B. jn der Tholen (1621, Visp), die Thola (1755, Simplon, auch in der Tolen) usw. belegt. J ORDAN (2006, 541) hat im Register eine ganze Reihe von Tola und Tolä, auf die hier nicht eingegangen werden kann. Im selteneren Plural des Simplex findet man t Tole (Reckingen), di Tole (Emdb, St. Niklaus) und di Tolä (Gampel, Leukerbad). Das Diminutiv ist im Singular als ts Toli ‘ die kleine Mulde ’ oder im Toli ‘ in der kleinen Mulde ’ neun Mal bezeugt, dazu kommt ein historischer Beleg im Tholi (1756, Betten). Der Plural des Diminutivs kommt als di Tolini ‘ die kleinen Mulden ’ (Saas-Balen mit drei Belegen, dazu fünf weitere Gemeinden) vor. Attributive Adjektive zum Simplex sind: di Graawutole ‘ die grauen Mulden ’ (Eggerberg), di Gross Tola ‘ die grosse Mulde ’ (Blatten, Embd), di Grossi Tola (Bürchen), t Ober Tola ‘ die obere Mulde ’ (St. Niklaus), t Obere Tole ‘ die oberen Mulden ’ (Fieschertal), t Obru Tola ‘ die obere Mulde ’ (Eisten), t Pfiischter Tola ‘ die finstere Mulde ’ (Mund), in der Breittolen ‘ in der breiten Mulde ’ (1838, Eischoll), Rääftola ‘ die Mulde beim Abhang ’ (FLNK, Eggerberg), t Russutola ‘ die Mulde beim roten Gestein (Russu für it. Rosso) ’ (Zwischbergen), t Sandigu Tole ‘ die Mulden mit Sand ’ (Glis), Scheeni Tola ‘ die schöne Mulde ’ (Mund), Teifi Tolu ‘ die tiefe Mulde ’ (FLNK, LT St. Niklaus), t Undru Tola ‘ die untere Mulde ’ (Eisten), t Unner Tola ‘ die untere Mulde ’ (St. Niklaus), die úndre Tola ‘ die untere Mulde ’ (1797, Simplon) und t Unnre Tole ‘ die unteren Mulden ’ (Fieschertal). J ORDAN (2006, 536) hat mehrere Obri Tola und (543) mehrere Undri Tola, auf die hier nicht eingegangen wird. Vorangesetzte Genitive sind selten: ts Gärwerrutoli ‘ die kleine Mulde, in der Weisser Germer (V ERATRUM ALBUM ) wächst ’ (Randa) - ein schwacher Genitiv zu Gärwerra ‘ Gebiet mit Weissem Germer ’ -, ts Manuelsch Tola ‘ die Mulde des Manuel (PN) ’ (Baltschieder), Z'Niwweru Tola ‘ die Mulde, die bei der neuen Wasserleitung liegt ’ (Törbel), t Wolfstole ‘ die Mulden, wo Wölfe gefangen wurden ’ (Glis) (wobei hier ein Kompositum mit dem Fugenelement / s/ vorliegen kann), Zu ᵕ bers Tolla ‘ die Mulde der Familie Zuber ’ (1856, Eyholz). Sehr zahlreich sind zweigliedrige Komposita mit dem HL als Grundwort. Der weitaus am häufigsten auftretende Typ ist Bachtola. Wir deuten ihn als ‘ Wasserrinne ’ (I D . 12, 1688, wo auch auf I D . 12, 1340 Bach-Talen verwiesen wird); er tritt auch als Bachtela (HL T ELA ) auf. Das Verhältnis der beiden Formen ist unklar (vgl. I D . 12, 1341 mit einer kurzen Diskussion). Zu vermuten ist, dass die Erstbetonung von Bach zur Abschwächung des zweiten Teils führte, was sekundäre Deutungen zu Tola oder Tall (Tälli, Telli) ermöglichte. Bei den zahlreichen anderen Komposita gibt es einige mit dem Besitzer- oder Nutzernamen als Bestimmungswort wie z. B. di Geertschigtola ‘ die Mulde der Familie Gertschen ’ (Unterbäch) (kann allerdings auch Teil des Geertschigalpji sein), di Gsilitola ‘ die Mulde des Auxilius (PN) ’ (Naters), t Heichertola ‘ die Mulde des Henkers (Henker als Nutzer oder Besitzer) ’ (Täsch), t Joopitola ‘ die Mulde des Joopi (Beiname) ’ (Mund, laut Gwp. war Joopi ‘ Eule ’ der Beiname des Eigentümers), di Kaisertola ‘ die Mulde der Familie Kaiser ’ (Mund), t Sattlertola ‘ die Mulde der Familie Sattler ’ (Eyholz, Visp) und ts Zoffitoli ‘ die Mulde der Sofie (PN) ’ (Simplon). Zumeist ist aber eine nahegelegene Siedlung oder Flur gemeint, wie z. B in Erbtola ‘ die Mulde beim Erb ’ (EK, Eggerberg), t Furggtola ‘ die Mulde auf der Furggalpe ’ (Grengiols), di Gibidumtole ‘ die Mulden beim Gibidum (Böden (Kollektiv)) ’ (Visperterminen), Werligtola ‘ die Mulde bei Ze Werligu (Dorfteil von Unterbäch) ’ (FLNK, Unterbäch) und viele andere mehr. In manchen Fällen gibt das Bestimmungswort an, was sich in der Mulde befindet: t Ameistola ‘ die Mulde, in der es Ameisen hat ’ (Zwischbergen), t Aarbitola ‘ die Mulde bei / mit den Arven (Zirbelkiefern) ’ (Simplon), t Fleschtole ‘ die Mulden mit Wasserstellen ’ (Naters), di Griestole ‘ die Mulden mit Steingeröll ’ (Grengiols), t Heitutole ‘ die Mulden mit Heidelbeersträuchern ’ (Visperterminen), t Hiänertola ‘ die Mulde mit (Wald-)Hühnern (? ) ’ (Ferden), Chrüttolu ‘ die Mulde mit Kraut ’ (FLNK, Salgesch), t Lärchtola ‘ die Mulde mit Lärchen (Föhren) ’ (Mund), di Bremertola ‘ die Mulde mit Himbeeren ’ (St. Niklaus) und andere mehr. Ein Fall für sich ist ts Boozutoli ‘ die kleine Mulde mit einem Gespenst ’ (Grächen), wo nach Gwp. sich das Vieh unruhig verhielt, was wohl auf einen bösen Geist zurückzuführen sei. Unklar ist t Wolftole ‘ die Mul- Tola 351 352 <?page no="181"?> den mit Wölfen / wo Wölfe gefangen wurden ’ (Embd, Naters, St. Niklaus) - vermutlich stimmt eher die Version ‘ wo Wölfe gefangen wurden ’ , da die Tiere selbst weit umherziehen. Einige Bestimmungswörter beziehen sich auf die Viehhaltung: t Chalbertolini ‘ die kleinen Mulden, wo die Kälber weideten ’ (Grengiols), t Challbertolu ‘ die Mulde für die Kälber ’ (Saas-Almagell), t Chaubertola ‘ die Mulde für die Kälber ’ (Fieschertal), t Mästola ‘ die Mulde, wo der Milchertrag der Kühe gemessen wurde ’ (Blitzingen, Oberwald, ähnlich Ritzingen), t Oigschttolu ‘ die Mulde, in der Mitte August Vieh gehütet wurde ’ (Ergisch), Äugsttolu (LT, Oberems, FLNK Oügschttolu) ‘ die Mulde, in der Mitte August Vieh gehütet wurde ’ , t Ottovatola ‘ die Mulde bei der Abendweide ’ (Bitsch) und andere mehr. Von den übrigen zweigliedrigen Komposita sei hier nur noch die Müsigtolu ‘ die Musikmulde ’ (Salgesch) erwähnt, die nach M ATHIER (2006, 111) die Form eines antiken Theaters hat; wörtlich heisst Müsig auch Musikgesellschaft (Blasmusik), die sich in Halbkreisform um den Dirigenten aufstellt dies dürfte die Motivation für den Namen sein. Mehrgliedrige Komposita sind z. B. t Achermattutolu ‘ die Mulde bei den Achermattu (Wiesen bei den Äckern) ’ (Bratsch), t Foodri Burgmattuntola ‘ der vordere Teil der Mulde bei der Burgmatte (Wiese bei der Burg) ’ (Raron), di Grechmattutolu ‘ die Mulde bei der Wiese mit dem Kornspeicher ’ (Guttet), di Brunegguntolu ‘ die Mulde bei der Brunnegga (Ecke mit Quellen / Brunnen) ’ (Hohtenn) und andere. Mit dem HL als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita kommen folgende Grundwörter vor: Acher, Güet, Mantel, Schiir, Schleif und Weid mit insgesamt nur wenigen Belegen. Eine Ableitung di Tollera (Visp) mit einem 1425 belegten in der Trolerron, 1470 aber in der Tollerron, 1654 jn der Thollerún könnte von der Bildung auf - ERA her eine kollektive Stellenbezeichnung (S ONDEREGGER 1958, 471 ff.) sein, also ‘ die Mulden; wo es viele Mulden hat ’ . Auf SK ist allerdings erkennbar, dass der Name ein flaches Gebiet zwischen der Eisenbahn und dem korrigierten Rotten bezeichnet; es ist aber möglich, dass hier vor der Korrektion des Flusses tatsächlich Mulden bestanden. Auch Visperterminen hat 1473 jn der Tolleron ‘ am Ort mit vielen Mulden ’ . Tomagny Tomagny ist die ältest belegte Form von Tuminu, einem Weiler von Ergisch (AWWB 88). Belegt ist im 13. Jahrhundert apud plana tomagny ‘ beim ebenen Gelände von Tuminu ’ und 1337 apud tomagny exteriorum ‘ beim äusseren Tuminu ’ . Tomagny könnte eine - CUM -Ableitung zum PN Tomanus oder ähnlich sein (vgl. Martigny < M ARTINIACUM ). Dagegen spricht allerdings die abgelegene Situation auf über 900 m im Turtmanntal. Eine Deutung ist darum nicht möglich Tomen (PN) Tomen, auch Tomisch sind Genitive eines PN oder FaN Thomas (J OSSEN 2000, 81; I D . 12, 1812 ff. s. v. Thomas); in den historischen Quellen als PN und FaN häufig belegt. Das HL kommt nur als Bestimmungswort vor; selten auch mit einem zweiten PN, etwa Thomen Eyers Hauss ‘ das Haus des Thomas Eyer ’ (1635, Naters) oder Niggen Thomen Scheÿr ‘ die Scheuer des Nikolaus Thomen ’ (1589, Saas-Balen). Die meisten Belege enthalten aber nur den PN oder FaN Tomen, Tomu, Tomi oder Tomisch. Kaum hieher gehört der Siedlungsname Domo (Betten) und die damit verbundenen Flurnamen (cf. HL D OMO ). Das Grundwort kommt als Thoma vor in die Thoma Biene ‘ das Pflanzland des Thoma / der Familie Thoma ’ (1879, Ulrichen) und in Thomas Bizgi ‘ das kleine Stück Land des Thomas ’ (1735, Visperterminen), wobei hier unklar ist, ob ein Genitiv vorliegt. Thomen ist ein schwacher Genitiv, der sowohl PN wie FaN sein kann: z Thomen Huss (1569, Visperterminen), apud Thomen Haus (1700, Zeneggen), zu ᵕ Thomen Stadel (1638, Ried- Mörel) und - erweitert - Thomen Eyers Hauss (1635, Naters), Niggen Thomen Scheÿr (1589, Saas-Balen). Tomi und im Genitiv Thomisch / Tomisch ist belegt in Thomisch Garten (Register, Randa), Tomigietji ‘ das kleine Gut des Thomas ’ (Embd), der Tomigrossstei ‘ der Gross-Stein des Thomas (PN) ’ (im Unterschied zur Kleinsiedlung Gross- Stein) (Embd), Tomischbieu ‘ der Hügel des Tomi (Thomas) ’ (Binn), in Thomisch Garten ‘ im Garten des Thomas ’ (1700, Mühlebach), ts Tomisch Gade ‘ der Gaden des Thomas ’ (Greich), ts Tomisch Stei ‘ der Stein des Tomi (Thomas) ’ (Saas-Balen). Thomo kommt vor in bei des Thomo Loch ‘ beim Loch (Einbuchtung? ) des Thomas ’ (1766, Simplon) und zu Thomo Hischiers Haus ‘ beim Haus des Thomas Hischier ’ (Unterems). Tomu ist belegt in der Tomufad ‘ das Grasband des Thomas ’ (Saas-Almagell), ts Tomuhüüs ‘ das Haus des Thomas ’ (Mund, Randa), ts Tomun Achru ‘ die Äcker des Thomas ’ (Stalden), zs Tomu ᵕ n Brunnu ᵕ n ‘ bei der Quelle (Brunnen) des Thomas ’ (1633, Ergisch) und Tomustei ‘ der Stein des Thomas ’ (Mund). Vermutlich auch hieher gehört im Thummen Künne ‘ im Kinn (Graben) des Tomen (Thomas) ’ (1584, Naters). Schwierig zu deuten ist der zweimal genannte Beleg Dommelebode / Tommelebode (Ernen), wo eine Diminutiv-Ableitung zu Thomas vorliegen könnte, die sonst mit / ǝ / nicht belegt ist (SDS 3, 149 - 158). Ob der seltsame 353 354 Tomen (PN) <?page no="182"?> Beleg Domÿlÿbach (1839, Obergesteln) hieher gehört, ist unsicher. Hingegen gehört Domlybach (1739, Betten) wohl zu Domo (cf. HL D OMO ). Tönen Tönen bzw. teene ist zum schwdt. Verb tone, tonu u. ä. ‘ dröhen, dumpf und hohl tönen ‘ , mhd. tunen, dunen, dünen (I D . 13, 229 f.; G RICHTING 1998, 192) zu stellen. Das Verb ist nur einmal als Partizip Präsens in den Thenenden Sta ᵉ in ‘ der tönende Stein ’ (St. Niklaus, Zermatt) vertreten. Der Name ist beiden Orten zugewiesen, es handelt sich aber um den gleichen Beleg von 1584. Toor Toor n. ‘ Tor ’ ist zu schwdt. Tor n. (I D . 13, 1263 ff., für Namen 1275 ff.) zu stellen; G RICHTING (1998) kennt es nicht. Das Simplex im Singular ist als Tor ‘ im Tor ’ (FLNK, Selkingen) seit 1670 Bim Thor, Im Thor belegt. R UPPEN (1976, 410) erwähnt Thor als einzige Dorfrandpartie mit einer Bezeichnung beim Haus Nr. 18 (S. 425). Der Name wird heute einer Flur oberhalb des Dorfes zugeschrieben. Da sonst nur der Ausdruck Tirli ‘ kleine Türe, Zaunüberstieg ’ verwendet wird, kann kaum ein torartiges Gebäude gemeint sein, sondern wohl eine Ähnlichkeit des Geländes mit einem Tor. Das HL tritt als Grundwort auf in ts Gletschärtor ‘ das Gletschertor (früheres Gletschtertor des Langgletschers, heute aper) ’ (Blatten), ts Löuwitoor ‘ das Tor (Übergang) beim Löuwihorn (Gipfelname) ’ (Fieschertal), ts Schwarztor ‘ das Schwarztor (Übergang zwischen Pollux und Roccia Nera (beides Gipfelnamen)) ’ (Zermatt), ts Wisstoor ‘ das weisse Tor (Pass, LT Schwarzberg Weisstor beim Schwarzberghorn (Gipfelname)) ’ (Saas-Almagell). Komplexer sind: ts Alt Wisstor ‘ das alte Weisstor im Gegensatz zum neuen Weisstor östlich davon ’ (Zermatt), ts Niww Wiisstor ‘ das neue Weisstor (LT: neues Weisstor; Übergang zwischen Cima di Jazzi und Neue Weisstorspitze, im Gegensatz zum alten Weisstor) ’ (Zermatt), Schwarzbärg Wiisstor ‘ das Weisstor beim Schwarzberg ’ (FLNK, Saas-Almagell; LT Schwarzberg Weisstor), ts Schwarzbärgwiisstor ‘ das Weisstor (Übergang) beim Schwarzberghorn ’ (Zermatt). Nicht in der Datei erfasst ist Neue Weisstorspitze (LT, Gipfelname 3639 m, Zermatt, Grenze zu Italien). Nur ein Diminutiv enthält Faldumtörli ‘ das kleine Tor bei Faldum ’ (Ferden), wo sich wohl ein Zaunüberstieg befand (heute trennen sich dort zwei Wege). Das gerundete Törli ist wohl sonst zu Tirli (cf. HL T IRI ) zu stellen. Als Bestimmungswort kommt das HL nur in Torberg ‘ der Torberg ’ (Naters, LT; Gipfelname, 3022 m; SK hat Thurberg) vor. Hier könnte am ehesten ein metaphorischer Gebrauch vorliegen, fliessen doch Oberaletschgletscher und Grosser Aletschgletscher dort zusammen. SK bleibt unklar. Insgesamt scheint das HL in den meisten Fällen vom Hochdeutschen beeinflusst. Die beiden Belege Schwiintootji (Baltschieder) und Schwiitoortji (Eggerberg) sind unter dem HL T OORTA behandelt. Toorta Toorta ‘ Torte, Kuchen ’ ist zu schwdt. Turte n ‘ Torte, Kuchen ’ (I D . 13, 1704) und wdt. Toorta, Turta, Toortä, Toortu ‘ Torte ’ (G RICHTING 1998, 195) zu stellen. Belegt ist das Lemma nur zweimal als Diminutiv ts Schwiitoortji (Eggerberg), resp. ts Schwiintootji (Baltschieder); beide Namen bezeichnen den gleichen Ort. Zu vermuten ist, dass im ersten Bestandteil Schwii(n) ‘ Schwein ’ , im zweiten dagegen Toortji ‘ die kleine Torte ’ vorhanden ist. R ÜBEL (1950, 32) kennt das Wort für die Biescht-Torte ‘ Torte mit Biestmilch ’ . Ob Schwii(n) in den Namen wirklich ‘ Schwein ’ oder dann ‘ klein ’ bedeutet, bleibt unklar. Je nachdem kann es sich um ein Stück Land handeln, das aussieht wie eine kleine Torte oder wie eine kleine Torte für die Schweine / mit Schweinefett (o. ä.). Eine Ableitung von Toor ‘ Tor, Türe ’ (cf. HL T OOR ) ist unwahrscheinlich, da die Diminutivbildung kaum zu Toortji führen würde, sondern zu Toorli, Teerli oder dialektal Tirli. Das fehlende / r/ im Beleg aus Baltschieder lässt sich am ehesten aus dem Nicht-Verstehen des Beleges erklären. Toose Toose ‘ tosen ’ ist zu schwdt. tôse n ‘ tosen ’ (I D . 13, 1789 ff.; G RICHTING 1998, 195 s. v. toosse) zu stellen. Belegt ist es als Partizip Präsens in bim Toossende Stei ‘ beim tosenden Stein ’ (Grengiols), einem unterhöhlten Stein, bei dem man das Tosen der Binna (Bach im Binntal) hört; desgleichen bim Tossenden Stein (1792, Ernen). Topali (FaN) Topali (FaN) ist ein ursprünglich griechischer Familienname, belegt in di Topaalihitta (St. Niklaus). Die 1926 erbaute und 1998 niedergebrannte SAC-Hütte wurde nach dem 1924 verunglückten Dr. Constantin Topali benannt und gehört der Sektion Genf des SAC. Die Hütte wurde 2002 unter dem gleichen Namen neu errichtet (www.topali.ch/ index_de.html[iw., 21.11.2020]). Topp Topp Adj. ist zu schwdt. topp ‘ finster, dunkel, schwarz ’ mit Bezug auf das Wetter ‘ schwül ’ (I D . 13, 965 und 13, Tönen 355 356 <?page no="183"?> 946 f.), wdt. topp ‘ feucht ’ (G RICHTING 1998, 195) zu stellen (vgl. auch Z INSLI 1984, 588 s. v. tupp; Z INSLI 1960, 144 - 160 bes. 154). Eine Nominalableitung Toppi f. ist für Visperterminen und Zeneggen (historische Belege jn der Toppi 1688 und 173? ) bezeugt; ein Diminutiv ts Toppi n. ist in Visp (mit historischen Belegen zu Toppi f.) belegt; vermutlich eine Uminterpretation der Femininableitung. Es handelt sich wohl in allen drei Fällen um die gleiche Flur. Dazu kommen di Toppihalta ‘ die Halde bei der Toppi ’ und di Toppitola ‘ die Mulde bei der Toppi ’ (beide Visperterminen), sowie der Doppischleif ‘ der Holzschleif bei der Toppi ’ (Visp). Welche Bedeutung Toppi f. dabei genau hat, bleibt unklar. Die Gegend ist sehr warm, mit wenig Feuchtigkeit und als Rodungsgebiet nicht dunkel. Am ehesten ist also an ‘ die schwülwarme Gegend ’ zu denken. Das Adjektiv Topp selbst ist in Ergisch als der Topp Grabu ‘ der dunkle, feuchte Graben ’ belegt (FLNK Topugrabu); in Jeizinen (Gemeinde Gampel) ist di Toppi Gassu ‘ die dunkle Gasse ’ belegt. Vermutlich gehört auch Tupgässi ‘ die kleine, dunkle Gasse ’ (Bratsch) hieher. Tor (rom.) la Tor f. ‘ der Turm ’ ist zu lat. TU ᵕ RRIS ‘ Turm ’ zu stellen (M EYER 1914, 173; FEW 13, 2, 435). le Tor m. bezieht sich laut B OSSARD / C HAVAN (2006, 253) wahrscheinlich auf lat. torus ‘ Ausbuchtung, Vorsprung ’ (siehe unten). Das Genus spielt hier eine entscheidende Rolle. Das Simplex ist in Leuk seit 1328 als de la Tor ‘ vom Turm ’ belegt. Der Beleg von 1556 ad cristam du tor in Leuk bezieht sich jedoch auf ein maskulines tor als ‘ Ausbuchtung, Vorsprung ’ . In Leuk sind weiter jn clause de laz tor ‘ im eingefriedeten Gebiet beim Turm ’ (1545) und aqueductum de la tor ‘ die Wasserleitung beim Turm ’ (1407 u. später) belegt. In Varen erscheint hingegen maskulines tor 1430 und später in ov tor (de varona) ‘ die Ausbuchtung, der Vorsprung ’ . Mit Sicherheit ist hier nicht tor m. im Singular von tournée ‘ Runde beim Wässern ’ bei der Bewässerung gemeint (T AGMANN 1946, 6; im Beispiel von Miège dauert diese Runde 24 Tage! ), sondern wohl le tor im Sinne von ‘ Ausbuchtung, Vorsprung ’ . Tornyonis Tornyonis ‘ das Gebiet an der Kehre einer Wasserleitung ’ ist nur historisch in Salgesch als eys tornyonis (1353), eys tornyours (1414), dys tornyour (1494) und eys tornyour (1494) belegt. Aus einem Teil der Belege geht hervor, dass sich dieses Gebiet bei einer Wasserleitung befindet. Der älteste Beleg hat eine andere Endung als die jüngeren. Wie FEW (13, 2, 46 ff. s. v. tornare drechseln) zeigt, ist der Stamm tornverbunden mit einer Ableitung, wohl auf - ATORIU ( M ) (vgl. T AGMANN 1946, 66 s. v. tourner; B OS- SARD / C HAVAN 2006, 288). G ERSTER (1927, 66) hat torñ ū ̩ r ‘ canal latéral du bisse ’ [Seitenkanal einer Wasserleitung], eine Deutung, die sich auch auf die Umgebung einer solchen Wasserleitung beziehen kann. Torre Torre m. ‘ dürres Gebiet ’ kommt als sicherer Singular des Simplex nur in der Torre (Zermatt) vor, sonst ist der Plural di Torre (Embd, Saas Fee), ze Torre (Grengiols, auf 1: 10000 Zentoren), di Tore (Saas-Almagell) und das unbestimmte Tore (FLNK, Ernen) belegt. Mit einem attributiven Adjektiv findet sich zum (e)Rotu Torru (Raron). In Ausserberg ist Bitzitorro (FLNK) belegt. Als Bestimmungswort findet sich der Torrubach (Saas-Fee, LT Torrenbach), der an den Torre vorbeifliesst. In Embd ist der Torumällich ‘ der Mällich (Steinmann) bei den Torre ’ belegt. Z INSLI (1984, 663) kennt für die Südwalser mehrere Torre-Namen, die er teilweise auf it. torre f. ‘ Turm ’ zurückführt (so S. 290 zu Torro), was allerdings nicht mit der Angabe ‘ bosco ’ (Wald) übereinstimmt und auch vom Genus Femininum her problematisch ist. Die räumliche Verteilung im Oberwallis lässt weiter kaum auf italienischen Einfluss schliessen. Vermutlich liegt eine Nominalisierung zum Verb dorre n ‘ dürr werden, austrocknen ’ (I D . 13, 1256 ff.; G RICHTING 1998, 59) mit der Bedeutung ‘ das dürre, ausgetrocknete Gebiet ’ vor. Allerdings ist eine solche Nominalisierung sonst nicht belegt. Torrent Torrent ist zu lat. TORRENTE ( M ) ‘ Wildbach ’ zu stellen. Im Kontext ist nicht immer klar, ob Torrent zum Namen gehört oder lateinisches Appellativ ist. Das Lexem erscheint in einer ins Deutsche entlehnten Form Torrent in Albinen, wo es ein Namennest bildet mit Torrentalp, Torrenthotel und Torrenthorn (Guttet, Leukerbad). In den übrigen Fällen scheint der romanische Typ Torrente de XY vorzuherrschen, wenn Torrent Grundwort ist: Torrens de Estroble / Torrente Estroble, Torrens de la Posa / Torrentem de la Puscha" Torrente Dorby / Torrentem de la Dorbi, Torrente Tschüdangna, Torrentem de la Comba, Torrentem Maienchet, Torrentis de Illi. Ganz lateinisch sind Sarquenensium Torente ‘ der Bach der Leute von Salgesch ’ und Varronensium Torentem ‘ der Bach der Leute von Varen ’ . Sicher lateinisch ist de torrente superiori ‘ vom oberen Bach ’ (Bratsch). Der Belege sub Crista ultra Torrentem (12? ? , Mund) ist vermutlich eine lateinische Übersetzung und entspricht etwa ‘ unter dem Hügel beim Bach ’ hier liegt wohl kein Bachname vor, sondern ein übersetztes Appellativ. 357 358 Torrent <?page no="184"?> Als nachgestellter Genitiv tritt Torrent auf in Jntre dou thorren, en laz cliwaz dov torren, Praa dou Torrent. Bis auf den ins Deutsche entlehnten Namen Torrent sind die übrigen Belege von TORRENTE ( M ) vermutlich lateinischromanische Appellative; das gilt sicher vom Nominativ Torrens. Die eigentlichen Bachnamen wie Tschüdangna usw. sind in den entsprechenden Artikeln diskutiert. Torrenté (FaN) Torrenté (FaN) ist zum FaN Detorrenté, de Torrenté, Torrenté (AWWB 79) zu stellen. Die Familie stammt aus Monthey, hat aber offenbar Güter im Goms besessen. Davon zeugen die Belege biner Torännteschiir ‘ bei der Scheuer der Familie de Torrenté ’ (Niederwald), Torrentiwald ‘ der Wald der Familie de Torrenté ’ (1839, Bellwald) und der Beleg Torrentigen Zehenden ‘ der Zehnten der Familie de Torrenté ’ (1677, Steinhaus) mit der kollektiven - IG -Ableitung. Toryn Toryn ist nur einmal belegt in viam toryn ‘ der Weg zum kleinen Turm ’ (1558, Leuk). Das HL ist zu lat. t ŭ rris ‘ Turm ’ (FEW 13, 2, 435 f.) zu stellen (vgl. auch M EYER 1914, 173). Es liegt eine diminutive Ableitung auf - INU (B OSSARD / C HAVAN 2006, 207) vor. Tossa (rom.) Tossa (rom.) ist nur einmal belegt in Salgesch 1840 en Tossa (Fossa? ). M ATHIER (2006, 81) gibt die Lesung Fossa und stellt es zum lebenden Beleg Pfoscha (cf. HL P FO- SCHA ), das er mit B OSSARD / C HAVAN (2006, 35) zu lat. FOSSA ‘ Graben ’ stellt. Tossu Tossu m., Pl. Tosse und Tossna, ist zu schwdt. Tosse n m./ f. ‘ Felsblock, -kopf, -spitz ’ und ‘ kleine Erhöhung in Wiesen, Alpweiden ’ zu lat. DORSUM , DOSSUM ‘ Rücken, Bergrücken ’ , sowie wdt. Tosse, Tossä (Goms), Tossa (Mattertal), Tossn (Lötschtal), Tossu ‘ Fels (vorstehender), Felswand ’ (I D . 13, 1808 f.; G RICHTING 1998, 196; Z INSLI 1946, 315) zu stellen. Das HL ist in rund 70 Namen vertreten. Die Deutung der Namen bezieht sich meist auf Felsen; in einigen Fällen zeigt aber die Karte keine Felsen, sondern nur Anstiege, teilweise steil. Manchmal kann zwischen den beiden Deutungen nicht entschieden werden. Das Simplex im Singular ist lebend als der Tosse ‘ der Felsblock ’ (Zermatt) und historisch als vffem Tossen ‘ auf dem Felsblock ’ (1538, Naters; 1760 die Tossen; ähnlich 1653, Ulrichen) belegt. Häufiger ist das Simplex im Plural: di Tosse ‘ die kleinen Anstiege (laut Gwp, auf Karte keine Felsen erkennbar) ’ (Betten), Tossen ‘ die Felsen (oberhalb Restialp) ’ (FLNK, Ferden), Tossna ‘ die Felsen ’ (Termen), uf de Tossu ‘ auf den Felsblöcken ’ (Ried- Brig), auf den Tossen ‘ auf den Felsen ’ (1825, Binn; 1653). Wohl ein Dativ Plural ist uf Tossene ‘ auf dem Gebiet der kleinen Felsen / steilen Anstiege ’ (Obergesteln), wobei unklar ist, ob hier ein Artikel assimiliert wurde (uf de Tossene > uf Tossene) oder nicht. FLNK hat Tossjene, deutet den Namen also als Diminutiv. Das Diminutiv ist nur einmal im Singular belegt: auf dem ersten Thosslin ‘ auf dem ersten kleinen Felsblock ’ (1681, Blitzingen). Häufiger sind Plurale: di Tossini ‘ die kleinen Felsen ’ (Grengiols), Tossjene (Obergesteln, Ulrichen), Tossjini (Binn) und zwei Formen beÿ den Tosinen (1791) und auf den Tosjenen (1850) in Biel. Attributive Adjektive zum HL sind: der Heidnisch Tossu ‘ der heidnische Felsblock (wo die vorgeschichtliche Bevölkerung wohnte) ’ (Grächen), der Hotossu ‘ der hohe Felsblock ’ (Simplon, Zwischbergen mit zwei Belegen), ts Miesig Tossji ‘ der kleine Fels mit Moos ’ (St. Niklaus), vnder dem Mindren Thossen ‘ unter dem kleinen Felsen ’ (1582, Münster), t Obrun Tossen ‘ der obere Teil der Tossen (Felsen) ’ (Ferden), t Rotun Tossen ‘ die roten Felsen ’ (Ferden), der Saasig Tossu ‘ der Richtung Saas(tal) liegende Felsblock (? ) ’ (St. Niklaus (siehe hierzu unten), unter dem Schwartzen Tossen ‘ unter dem schwarzen Felsen ’ (1763, Biel), t Undrun Tossen ‘ der untere Teil der Tossen (Felsen) ’ (Ferden). Vorangestellte Genitive sind selten: z Glasersch Tosso ‘ der Fels / der steile Anstieg der Familie Glaser ’ (Bitsch), wobei auch eine Berufsbezeichnung gemeint sein kann, ts Joderetossji ‘ der kleine Fels des Joder (PN) ’ (Fieschertal). Unsicher ist t Schinnertosse ‘ die Felsblöcke der Alpe der Familie Schiner ’ (Binn), wo eher eine Komposition mit dem Alpnamen Schinere ‘ die Alpe der Familie Schiner ’ vorliegt. Der seltene Fall der Präfigierung ist in t Firtosse ‘ die hervorstehenden Felsen ’ (Münster, FLNK Ulrichen) und t Firtossne (Ulrichen) gegeben, wo das Präfix Fir- ‘ für, vor ’ verwendet wird. Zweigliedrige Komposita mit dem HL als Grundwort sind der häufigste Fall. Einige davon sind mit Tiernamen gebildet: uf de Geistosse ‘ auf den Ziegenfelsen ’ (Bellwald), der Geistosse ‘ der Ziegenfelsen ’ (Oberwald), der Hienertosse ‘ der Hühnerfels (Fels mit Waldhünern? ) ’ (Obergesteln), der Chietosse ‘ der Felsblock, der wie eine Kuh aussieht ’ (Münster, Ulrichen mit zwei Belegen) und di Tiärtossen ‘ die Felsen mit Gemsen (Tier für jagdbare Tiere) ’ (Blatten). In komplexeren Fällen erscheinen t Oggsestrichetosse ‘ die felsen beim Oggsestrich (langgezogenes Stück Land für den Ochsen ’ (Grengiols) und der Rinnerfadtossu ‘ der Fels oberhalb des Rinnerfad (Grasband für die Rinder) ’ (Täsch). Torrenté (FaN) 359 360 <?page no="185"?> Die Bestimmungswörter der meisten Komposita beziehen sich auf nahegelegene Fluren, wie z. B. der Äbitossu ‘ der Felsblock in der (Guggi-)Äbi (Guggi-Abhang) ’ (St. Niklaus), der Hängelutossu ‘ der grosse Fels bei der Hängela (hängende Stelle) ’ (Goppisberg) und viele andere mehr. Nicht hieher gehört der Hirtertossu (Simplon) zu dem Gw sagt: "Die Tiere <hirten> sich hier gut." Das Verb hirte n , von dem Hirter abgeleitet ist, hat mehrere Bedeutungen (vgl. I D . 2, 1650 f.), auch bei G RICHTING (1998, 108) als ‘ Vieh besorgen, Essen auftragen ’ , sodass nicht ganz klar ist, warum der Hirtertossu so heisst, wie er heisst. Komplexer ist der Chäumatttetosse ‘ der Felsblock bei der Chäumatta (Wiese bei der Kehle) ’ (Binn) neben den schon erwähnten Fluren mit Tiernamen. Ein sehr komplexer Name ist bim Chäller üf de Tossjene ‘ beim (Käse-)Keller auf den kleinen Felstürmen ’ (Ulrichen), das auf LT nur Chäller heisst. Hier wird ein Alpkeller genauer bezeichnet. Das gilt übrigens wohl auch für die beiden Namen der Dorftossu ‘ der Fels oberhalb des Dorfes St. Niklaus ’ und der Saasig Tossu ‘ der Richtung Saastal liegende Felsblock (? ) ’ (beide St. Niklaus), die sich vom Dorf aus gesehen über dem Dorf, bzw. Richtung Saastal befinden. Als Bestimmungswort ist das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern verbunden: Acher, Biina, Bodu, Brunnu, Hooru, Joch und Tschugge. Komplexer ist: Dorftossuchrachu ‘ der Chrache (Tobel) beim Dorftossu (hervorstehender Fels oberhalb des Dorfes St. Niklaus) ’ (FLNK, St. Niklaus). Eine sonst nirgends belegte Ableitung findet sich in der Tossiltschuggu (Oberems). Das Grundwort Tschuggu ‘ Fels ’ ist mehr oder weniger synonym zu Tossu ‘ Fels, Erhöhung ’ . Die Ableitung Tossil könnte eine kollektive Stellenbezeichnung auf - IL (S ONDEREGGER 1958, 513) mit der Bedeutung ‘ ansteigendes Gebiet ’ sein. Der Gesamtname wäre dann ‘ der Fels im ansteigenden Gebiet ’ (auf den Karten ist erkennbar, dass der Name ein Waldstück bezeichnet, kein felsiges Gebiet). Totz Totz ist zu schwdt. Totz m., Pl. Tötz bzw. -e-, Totze n bzw. -a-, Tötze n bzw. -e-, ‘ Stück Holz, Baumstrunk ’ , Synonym Chlotz und wdt. Tozz ‘ Baumstamm, Stapel ’ (I D . 13, 2265 ff.; G RICHTING 1998, 196) zu stellen. Es fällt auf, dass weitaus die meisten Belege aus dem Bezirk Leuk stammen. Die Form Tätz für den Plural ist auf Leukerbad beschränkt; ob sich hier in jüngerer Zeit eine offenere Lautung (z. B. Fälshoru ‘ Felshorn ’ bei R. G RICHTING 1993, Blatt 27, Nr. 2) durchsetzt, ist unklar. Ein Plural zu Tatz ‘ Tatze ’ (I D . 13, 2258) liegt nicht vor (cf. LT Illtötze als Beispiel für einen Plural). Das Simplex der Totz ‘ der (Fels-)Block ’ (Törbel), ist nur einmal belegt. Mit attributiven Adjektiven sind belegt Gälbe Totz ‘ der gelbe (Fels-)Block ’ (FLNK Salgesch, LT Gelber Totz, zweimal belegt, aber an verschiedenen Stellen), der Rot Totz (Gipfelname, dazu historisch lat.: lapis rubens) und mehrfach in Leukerbad (alle bei R. G RICHTING Blatt 22, Nr. 8, Blatt 26, Nr. 8, Blatt 15 Nr. 6 und Blatt 16, Nr. 3). Hierzu gehört Rot Totz Licku ‘ die Lücke (Fusspass) beim rote Totz ’ (FLNK, Leukerbad; LK Rote Totz-Lücke). Als Grundwort erscheint das HL meistens mit naheliegenden Fluren: Cholitotz ‘ der (Fels-)Block beim Choli (wohl Ort, wo Holzkohle gebrannt wurde) ’ (FLNK, Inden), t Illtätz ‘ die (Fels-)Blöcke bei der unteren Ill-Alpe ’ (Leuk; FLNK Illtotz; LT Illtötze), der Mäschlertotz ‘ der (Fels-)Block oberhalb des Mäschler ’ (Leuk), Mintunierutotz ‘ der (Fels-)Block oberhalb der Alpe Mintuniere ’ (Leukerbad), der Pralipieritotz ‘ der (Fels-)Block bei der Wiese mit dem Felsen ’ (Varen), der Schwingjitotz ‘ der (Fels-)Block beim Schwingjiboden (Boden, der einer Schwinge gleicht) ’ (Gampel), Tschaajetutotz ‘ der (Fels-) Block bei der Alpe Tschaetu (Tschajetu) ’ (Varen). Beim Gitzitotz ‘ der (Fels-)Block für die Ziegen / der einer Ziege gleicht ’ (Varen) ist die Deutung unklar. Die Belege Määlgitetz, resp. Mälgitetz ‘ die (Fels-)Blöcke mit Mehlbeersträuchern ’ (Hohtenn, Steg) beziehen sich auf dort wachsende Pflanzen (vermutlich S ORBUS ARIA , vgl. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 280). Als Bestimmungswort kommt das HL vor in Tätzmattä ‘ die Wiese mit Felsblöcken ’ (Leukerbad, so auch bei R. G RICHTING 1993, Blatt 3, Nr. 5), ts Totzloch ‘ das Loch beim (Fels-)block ’ (Hohtenn) und Tottzwasserleyta ‘ die Wasserleitung vom / zum Totz ’ (1399, Simplon). Töuff Töuff f. ist belegt als di Töuffflüo ‘ die Tauf-Fluh ’ (Eggerberg) mit der Beschreibung, dass hier eine Frau im Versteck vor den Franzosen geboren habe und dass das Kind mit Wasser aus einer <gilla> (Pfütze) getauft wurde. Weiter ist zum Töüffbrunno ‘ zum Taufbrunnen / zur Taufquelle (wohl metaphorisch verstanden) ’ (Törbel) belegt; nach der Beschreibung sei hier eine Quelle gewesen, die inzwischen versiegt sei. In Törbel ist weiter 1743 hinder dem Thaúffbrúnnen Stadell ‘ hinter dem Stadel beim Gebiet Taufbrunnen / Taufquelle ’ belegt. Zwar befindet sich auf der Karte ein Gebäude, es ist aber unklar, ob es sich um diesen Stadel handelt. Das HL ist zu schwdt. Tauff, resp.Tauffi ‘ Taufe ’ (I D . 12, 550 ff. und 577 ff.) und wdt. Töüf, Töiff (Mattertal), Toiff (Lötschtal), Töüff ‘ Taufe ’ (G RICHTING 1998, 196) zu stellen. 361 362 Töuff <?page no="186"?> Töüg Töüg, hdt. auch Taug ist nur als Bestimmungswort belegt. Es erscheint als der Töügwald (Grächen, Saas- Balen, Visperterminen, LT Töigwald) und zum Töügwald (Zermatt, FLNK zem Töügwald, LT und SK Taugwald), sowie nur in Zermatt 1692 zim Obren Taugwald ‘ beim oberen Taugwald ’ . Als FaN ist Taugwalder vor allem für Zermatt belegt (AWWB 255). Das mehrfache Vorkommen des Waldnamens deutet darauf hin, dass das Bestimmungswort bekannt war. Dennoch herrscht in der Forschung Unklarheit. Z INSLI und I D . stellen den Namen zu Topwald, Toupwald, Touwald (Z INSLI 1960, 144 ff.; I D . 15, 1492), H UBSCHMIED leitet ihn von keltisch *dubo ‘ schwarz ’ ab (H UBSCHMIED 1938, 51). M URET sieht zwischen dem Namen Taugwald und den Westschweizer Douves- Namen Parallelen, er vermutet, dass der Name erst mit den alemannischen Einwanderern ins Wallis gekommen sei (M URET 1924, 444). Problematisch ist in allen Fällen, dass das HL T ÖÜG an das folgende Wald assimiliert worden sein müsste (/ g/ -> / p/ ). Das ist jedoch nicht der Fall; es gibt keinen Beleg in der Datenbank, der Z INSLI und I D . entsprechen würde. Umgekehrt könnte das HL T ÖÜG aus einem früheren T OUP oder ähnlich de-assimiliert worden sein. Aber auch hierfür liegt kein Beleg vor; Daube in Leukerbad ist u. E. ein fprv. Lehnwort zu douve (G PSR 5, 911 ss.). Die Verbreitung des HL im Oberwallis (Grächen, Saas-Balen, Visperterminen, Zermatt) legt als Gegend das Vispertal nahe, das u. U. romanisch sein könnte. Übernommen wird aber hier die Deutung von Z INSLI ‘ dunkel, düster ’ . Insgesamt ist die Deutung des HL sehr unklar, da auch die HLL T OIB und T UPP eine Rolle spielen können. Töur Töur ist nur in ts Töur (Grengiols), der Töurschleif (Grengiols) und ts Töüri (Mühlebach; FLNK Teuri) belegt. Die Fluren in Grengiols (1379 m) mit dem höher beginnenden Schleif und in Mühlebach (am Rotten auf 1162 m) sind nicht identisch. Ein historischer Beleg von 1857 für Grengiols hat Thau ᵕ er. Lautlich geht das HL auf Tour mit anschliessender Palatalisierung zurück. Das Genus Neutrum kennzeichnet wohl ein Kollektiv. I D . (16, 46) kennt Täuer als älteres Wort für Tag-waner ‘ wer im Taglohn arbeitet ’ für den Kanton Basel-Land, was aus geographischen und lautlichen Gründen nicht in Frage kommt. Insgesamt bleibt die Deutung unklar. Towe Towe ist nur einmal als Towe (Varen) belegt; diesem lebenden Namen sind die historischen Belege eys Thouez (1347), jm Thové (1668) und in Thoue (1680) zugeordnet. Alle andern Belege sind nur historisch. 1328 ist in Ergisch ol Tovex belegt. 1338 erscheint in Leuk eys Tovex, 1472 deys Towes und 1544 ad mares de Tover. In Albinen findet man 1683 im Toue. Schliesslich hat Erschmatt 1736 im Taúw. Diese letzteren Fälle scheinen von dt. Tauw (I D . 13, 2214 ff.) beeinflusst zu sein. Nach M EYER (1914, 172) liegt dem historischen T OVEX ein germ. TOP - ELLU zu Grunde; doch ist diese Annahme unklar. B OSSARD / C HAVAN (2006, 66) stellen Tovet zusammen mit anderen Namen zu lat. T Ō FUS ‘ Tuffstein ’ (FEW 13, 2, 1 f.). Interessanterweise hat der Beleg von 1472 in Leuk eine unsichere Lesart Tuffaetsch ‘ das Gebiet mit Tuff ’ , sodass die Deutung von B OSSARD / C HAVAN (2006, 66) zutreffen dürfte. Träbu Träbu n. ist zunächst nur als in ts Träbu (Hohtenn; FLNK Träbu) belegt. Da es in Hohtenn keine l-Vokalisierung gibt, ist eine Endung auf -u gemeint. Die Flur befindet sich auf ca. 860 m Höhe und besteht aus Wiesen, Scheunen und Ställen in steilem, trockenem Gebiet. Am ehesten liegt hier ein kollektives Träbu vor, das dem schwdt. Trab II ‘ Fußspur ’ , ‘ schmaler Pfad im Schnee ’ (I D . 14, 52) zu entsprechen scheint, wobei die Anm. zum entsprechenden Artikel deutlich macht, dass auch anderes gemeint sein kann; vgl. auch wdt. Traba, Trabu ‘ Spur (Schnee o. Wiese) ’ (G RICHTING 1998, 196), wobei der Umlaut auf eine Ableitung hindeutet, vgl. Ge- oder Gi- Träbel ‘ Getrappel, Gestampf; eine Menge von Fußspuren ’ (I D . 14, 53). LUNB (1, 2, 1088 s. v. Träbel) stellt den Hofnamen zu Träbili (I D . 14, 54 f.) und sieht darin eine “ vorwiegend weibliche Person, die durch eine entsprechende Gangart auffällt ” . In unserem Kontext ist wohl einfach eine Flur gemeint, die man durch gleichmässiges Steigen erreicht: ‘ der Ort, zu dem man steigt ’ . Diese Deutung dürfte auch dem Treberwäg ‘ der Weg, auf dem man steigt ’ (FLNK, Eischoll) zu Grunde liegen, einem steilen Weg vom Rottengrund nach Eischoll. In Zeneggen ist ebenfalls ein Treberweg (1719) belegt, wo es heisst, dass oberhalb der Gemeinde ein solcher Weg durchführe. Das bei E GLI (1982, 221, 363 u. passim) belegte Treber ‘ Brei aus zerstossenen Trauben ’ kommt kaum in Frage, wenn die Deutung von ‘ superius Communem ’ als ‘ oberhalb der Gemeinde ’ in Zeneggen stimmt, das nur Reben im Vispertal sein eigen nannte. Trächa Trächa f. ‘ Feuerstelle ’ ist zu schwdt. Träche n m. / f., Trächo m., Trächa und Trächu f. ‘ offene Feuerstelle mit oder ohne Kamin, Herdplatte ’ auch ‘ offene Feuerstelle des Schafhirten ’ und wdt. Trächa, Trächä (Goms), Trächu ‘ Feuerstelle (im Haus, offen) ’ zu stellen. Die Trächa f. wurde zum Kochen und zum Käsen genutzt (I D . 14, 245 f. Töüg 363 364 <?page no="187"?> FlN bes. 246; R ÜBEL 1950, 108; V. S CHMID 2003, 205; G RICHTING 1998, 196). Das HL ist nur belegt in zer Altu Trächu ‘ bei der alten Feuerstelle ’ (Täsch); laut Gwp. eine “ Feuerstelle zum Abkochen ” . Tracuit Tracuit ist der Name eines Alpgebietes im Val d'Anniviers. Der Traguipass ‘ der Tracuitpass / Col de Tracuit ’ und die Traguihitta ‘ Cabane de Tracuit ’ (beide Turtmann) befinden sich am Turtmanngletscher. J ACCARD (1906, 469) stellt es zu tra ‘ trans, jenseits ’ und coui ‘ barrière ’ , also ‘ jenseits des Hindernisses ’ . G UEX ( 2 1976, 233) folgt dieser Annahme nur teilweise, er schlägt coui ‘ abri ’ und coué ‘ terrain exposé au vent ’ vor, aber ohne sich zu entscheiden. M EYER (1914, 103, 172) setzt lat. TRANSCOCTU ohne weitere Erklärung an. G YR (1994, 992) verzeichnet zwei Tracui und ein Tracuit für das Val d'Anniviers, aber ohne Erklärung. Eine eigene Deutung haben wir nicht. Träger Träger m. ‘ Träger ’ ist nur einmal belegt in der Hosunträger ‘ der Hosenträger (metaphorish für ein Stücke Wiese) ’ (Mund). Hosenträger m. wird übertragen für ‘ schmales, längliches Grundstück ’ (I D . 14, 577) gebraucht. G RICHTING (1998, 109) kennt das Wort nur für das Lötschtal (Hosuntraagär) und einen Teil des unteren Oberwallis (Hosuträägär). Mund gehört nicht hieher, braucht also Hosunträger metaphorisch. Trämel Trämel ist zu schwdt. Trämel m. ‘ gefällter und entasteter, dicker Baumstamm ’ , ahd. tremil, dremil, mhd. trëmel (I D . 14, 990) zu stellen. In FlN zur Bezeichnung von Stellen, wo Holz heruntergerollt wird. Es kommt als Simplex Trämel (Naters) und in Tremelschleif (Visp) vor. Gleichbedeutend ist Trimmil (cf. HL T RIMMIL mit Verweis auf T RÜMEL ) zu schwdt. Trümel ‘ Holzstamm ’ (I D . 14, 1029). Beide sind zu wdt. Tremml, Tremmäl (Goms), Tremmul (Mattertal), Tremmel (Saastal), Trummil (Schattenberge), Trimml (Lötschental), Trimmil (Leuk), Tremmil ‘ Holzstück ’ (G RICHTING 1998, 197) zu stellen. In Hohtenn bildet sich ein Namennest mit di Trimmje ‘ das Gebiet mit Holzstämmen ’ , t Foodru und t Indru Trimmje, sowie dem Kompositum ts Trimmileggi ‘ die kleine Ecke bei den Trimmje (Holzstämme) ’ . In Steg ist di Trimmja ‘ die Holzstämme ’ belegt, wohl identisch mit di Trimmje (Hohtenn). Auch zu diesem HL zu stellen ist das Bestimmungswort in der Trümmelgraben ‘ der Graben, durch den Trümmel (Holzstämme) heruntergerollt wurden ’ (1530, Visp). Tramm Tramm ist als ts Tramm (Varen) belegt. Laut Beschreibung handelt es sich um eine ebene Weide der Varneralp auf ca. 2200 m. Es gehört zur Gemeinde Mollens. Von der Lage her ist ein romanischer Name zu erwarten. Ein Neutrum ist allerdings romanisch ausgeschlossen, sodass eine hybride Bildung anzunehmen ist. Die nächstliegende Deutung stellt sich zu FEW (13, 2, 245 ff. tr ĕ m ŭ lus zittern; espe) und zu Tremble etc. ‘ peuplier tremble [Zitterpappel] ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 173), aber beide nur, wenn das auslautende / mbl/ zu / mm/ vereinfacht würde. Erschwerend kommt hinzu, dass sich der Ort oberhalb der Baumgrenze befindet. Die Deutung ist deswegen unsicher. Tranner Tranner ‘ Rebbergterrasse ’ ist nur zweimal belegt: jm Wiligen Trander ‘ im Trander der Familie Willa ’ (1772, Leuk) und des sogenannten langen Tranners (1848, Ergisch). Die Form Trander erklärt sich aus einer hyperkorrekten Ersetzung von / nn/ durch / nd/ . E GLI (1982, 71) kennt das Wort, weiss aber nicht, woher es stammt. Trappu Trappu m. ist in Albinen 1794 als unter dem Trappenweg ‘ unter dem Weg mit Tritten ’ und der Trappuwäg ‘ der Weg mit Tritten (Treppenstufen) ’ (Leuk, auch FLNK; 1: 10000 Trappenweg) belegt; es handelt sich um einen Weg von Guttet nach Albinen, zu dem beide Belege gehören. Zu stellen ist das HL zu schwdt. Trappe n m., in Agarn auch Trappun m., ‘ einzelne Stufe, Tritt ’ auch ‘ Weg, Steig ’ , mhd. trappe, treppe (I D . 14, 1240 f.; SDS 3, 188). G RICHTING (1998, 196) stellt mit Träppa, Träppä (Goms), Träppa (Zermatt), Trappu (Schattenberge), Trappilti ‘ Treppe ’ die beiden Wörter Treppe f. und Trappen m. als gleichbedeutend nebeneinander, obwohl seine Belege feminin sind, während I D . ein maskulines Nomen aufweist, das in den Belegen mit Genus in Albinen deutlich ist. Trasse Trasse n. ‘ Weg, Wasserleitung ’ ist zu wdt. Trasse n. zu stellen, das auf ‘ Trasse f., geplante Strecken- und Strassenführung, Bahnkörper ’ , entlehnt aus frz. tracé m., zum Verb tracer ‘ die Richtung anzeichnen, vorzeichnen ’ (K LU- GE / S EEBOLD 25 2002, 526) zurückgeht. Das hdt. Wort hat feminines Genus; neutrales Genus ist aber durchgehend für die Schweiz bezeugt (A MMON ET AL . 2016, 750). Belegt ist das HL als ts Trasse ‘ Wasserleitung der Lonza aus dem Nanztal, Holztransportweg ’ (Stalden), ts Trasse ‘ Bahnlinie der Lonza während des Stollenbaus ’ (Staldenried), Trasse ‘ Weg? ’ (Visperterminen) und ufum 365 366 Trasse <?page no="188"?> Trasse ‘ Schutthaufen der BLS (Bern-Lötschber-Simplon Bahn) ’ (Raron). Ein Diminutiv zeigt ts Trassett ‘ Hangrohrleitung der Lonza, Weg ’ (Visperterminen), wozu wohl auch FLNK Trasse (Visperterminen) gehört, und im Breitu Trassett ‘ im breiten kleinen Weg ’ (Eggerberg). In Raron ist auch ts Alt Trasse ‘ der alte Weg (ins Bietschtal) ’ belegt. Travers Travers ist nur in der Traverswäg ‘ der quer verlaufende Weg ’ (Gampel) belegt. Der erste Teil des Flurnamens ist entlehnt aus frz. travers m. ‘ Quere f. ’ , lat. TRAVERSUS ‘ quer liegend, schräg ’ (FEW 13, 2, 222 ff. s. v. transv ĕ rsus quer). Das / v/ in der Transkription ist wohl als / w/ zu lesen. Laut Beschreibung wurden hier Bahnschwellen (für die BLS) mit dem Schlitten herausgeführt. Traxel (FaN) Traxel (FaN), resp. Traxler ist als in der Traxleren (1758) in Simplon belegt; die ältesten Belege haben 1390 an der Draxlaron, danach folgt erst 1679 in den Tragsleren. A RNOLD (1947, 256) betrachtet die Erwähnung als FaN, meint aber wahrscheinlich, dass der Siedlungsname Traxlera vom FaN Traxler abgeleitet wurde. NWWB (2, 225) kennt den FaN Trachsler, datiert ihn aber erst ab 1923 in Simplon. I D . (14, 286) kennt Drâchsler ‘ Drechsler ’ nur in Namen. Ob in der Traxleren als Siedlungsname zu einem FaN zu deuten ist, bleibt deswegen sehr unsicher. Ein zweiter Beleg bÿm Tragselbach (1653, Ulrichen), auch Traxelbach (1774), kann den Bach einer Familie Trachsel, aber auch den Bach meinen, der gedreht (gedrechselt) aussieht. K RISTOL et al. (2005, 879) sind beim Gemeindenamen Trachselwald (BE) nicht sicher, ob eine Berufsbezeichnung “ Drechsler ” oder ein FaN vorliegt. Das F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (3, 1856 f. und 1858) kennt die Formen Trachsel, Trachsler, Trächsler, Trächslin und Traxler, von denen nur eine (Trachsler) 1958 für Simplon aus dem Thurgau belegt ist. Das Register der HRBS kennt den FaN als Trachsler. Es dürfte deswegen klar sein, dass der FaN Trachsler (in dieser Form oder ähnlich) im Wallis bekannt war. Treeli Treeli f. ist als Abstraktbildung zum schwdt. Verb trööle, im Wallis bzw. tr ē le, tr ē lu ‘ etwas drehend bewegen, rollen, wegrollen ’ und wdt. treele, treelä (Goms), treeln (Lötschtal), treelu ‘ wälzen, rollen ’ (I D . 14, 905 ff.; G RICH- TING 1998, 197) zu stellen. Tröli bzw. Treeli f. bezeichnet in Guggisberg (BE) ‘ eine Stelle im Privatwald, die sich zu unschädlicher Herunterschaffung zersägten Rundholzes besonders eignet ’ (I D . 14, 930). Diese Deutung gilt auch für di Treli ‘ Waldschneise, durch die man Holz hinunter rollte ’ (Saas-Balen). Unklar ist in Obergesteln Treelisch Weng (FLNK): hier können die ‘ Grasabhänge bei der Treeli ’ (Holzschleif) oder ‘ die Grasabhänge des Treeli ’ gemeint sein. Ein FaN Treeli oder ähnlich ist jedoch nicht belegt; es könnte sich höchstens um einen Bei- oder Übernamen handeln. di Treelgräbu (Termen) und der Treelgrabo (Ried-Brig) benennen das gleiche Gebiet; es sind Gräben, die sich von der Chläna hinunterziehen. Hier ist an herunterrollende Steine und Erdrutsche, im Winter an Lawinen zu denken. Generell ist Troole (cf. HL T ROOLE ) zu vergleichen. Treesa (PN) Treesa (PN), auch Treesi ist zum PN Ther ē se (I D . 13, 1026) zu stellen. Das HL ist mehrfach belegt: än der Treesu Wang und dr Treesu Wang ‘ der Grasabhang der Therese ’ (beide Ferden), di Treesihalte ‘ die Halden der Therese ’ (Simplon) und dr Treesawisischleif ‘ der Holzschleif des Alois, des Sohnes der Theresa ’ (Steg). J ORDAN (2006, 128) verzeichnet für Simplon Treesjuhaaltä und Treesjubodu, wobei er den zumidest den ersten auf den PN Therese zurückführt. Treich Treich ‘ tränken ’ ist das Ergebnis des Staubschen Gesetzes vor Velarkonsonant für das schwdt. Verb tränke n wie nhd. ‘ tränken ’ , ahd. und mhd. trenken, wdt. treiche, treichä (Goms), treichn (Lötschental), treichu ‘ tränken (Vieh) ’ (I D . 14, 1140 ff., bes. 1143; G RICHTING 1998, 197; SDS 2, 101 f. für die Formen). Treich kommt als einfacher Name nicht vor. Es erscheint nur als Bestimmungswort Treich, in historischen Belegen auch Drenk, Trench, Trenck und Trengk, vor allem in den Typen Treichwäg ‘ der Weg zur Tränke ’ (elf Belege) und Treichbode ‘ der Boden, wo das Vieh getränkt wird / wurde ’ (acht Belege). Weiter Grundwörter sind Acher, Gassa, Grabu, Schleif, Schluocht und Twära. Komplexere Konstruktionen sind der Ober und der Unner Treichbode (Oberwald, Reckingen), ts Gstaljitreichwägi ‘ der kleine Weg zur Tränke vom Gstalji (kleiner Stalden) her ’ (Goppisberg), t Treichbodetagweid ‘ die Tagweide überhalb des Treichbode (Boden, wo das Vieh getränkt wird) ’ (Geschinen), den Gemeinen Treich Weg ‘ den Weg zur Tränke, der der Gemeinde gehört ’ (1733, Raron), den Gmeinen Treichweg ‘ den Weg zur Tränke, der der Gemeinde gehört ’ (1761, Oberems) und andere. Häufiger ist dagegen das Nomen Treichi ‘ Tränke ’ , in historischen Belegen auch als Trenchin, Trenchy, Trenke, Trenki, das zu schwdt. Tränki f. ‘ Tränke, Ort, an welchem das Vieh getränkt wurde ’ , mhd. trenke, ahd. trenka, wdt. Travers 367 368 <?page no="189"?> Treichi ‘ Tränke ’ (I D . 14, 1153 bes. 1155 f.; G RICHTING 1998, 196) zu stellen ist. Das Simplex Treichi ist sieben Mal belegt, die historischen Formen kommen vier Mal vor. Attributive Adjektive zum HL sind t Ober Treichi ‘ die obere Tränke ’ (Lax), in der Vndren Treyche ‘ in der unteren Tränke ’ (1663, Fiesch) und t Unner Treichi ‘ die untere Tränke ’ (Lax). Vorangestellte Genitive findet man in bi Walkeru Treichi ‘ bei der Tränke der Familie Walker ’ (Bitsch) und - wenn auch unsicher - in zer Mannstreichi ‘ bei der Tränke des Manz (PN) / des Mannes ’ (Kippel). Als Grundwort verbindet sich Treichi in zweigliedrigen Komposita mit den Namen naheliegender Fluren wie t Antschinutreichi ‘ die Tränke bei der Antschina ’ (Wiler) und t Imitreichi ‘ die Tränke im Bereich Imine ’ (Hohtenn). In t Oggsutreichi ‘ die Tränke für die Ochsen ’ (Ried-Mörel) werden die Tiere, die dort getränkt werden, erwähnt. Weitere Belege sind mehrgliedrig: t Alt Hotentreichi ‘ die alte Tränke der Leute von Hohtenn (Weiler von Visperterminen) ’ (Visperterminen), t Alti Chalbertreichi ‘ die alte Tränke für die Kälber ’ (Gampel), di Bärufalluntreichi ‘ die Tränke bei den Bärufalle (Falle für die Bären) ’ (Ferden) und t Fischbieltreichi ‘ die Tränke beim Fischbiäl (Hügel in Fischform? ) ’ (Wiler). Als Bestimmungswort kommt Treichi zusammen mit Grabu und Loch vor. Eine - ÄR -Ableitung ist bei J ORDAN (2006, 542) für Treichärbodi (Simplon und Zwischbergen) und Treichärbrunnu (Zwischbergen) vertreten; das von I D . (14, 1152) vertretene Nomen agentis ist wohl hier nicht richtig; gemeint sind Boden und Brunnen, wo das Vieh zur Treiche gebracht wurde. Die Ableitung auf - ER kann eine männliche Stellenbezeichnung von Verben sein (S ONDER- EGGER 1958, 548 ff.). Unklar ist Treynhilbach (1401, Ried-Brig). Nach Z IM- MERMANN (1968, 124) lässt sich das Staubsche Gesetz erst im 17. Jahrhundert nachweisen; er hat als Erstbeleg 1677 Trainchachren. Treynhil enthält ebenfalls ein / n/ , das Zeichen {h} kann als velarer Reibelaut gelesen werden; wir hätten dann eine Vorstufe zum Staubschen Gesetz vor uns. Eine - EL -Ableitung ist nur für Trinkel ‘ Viehglocke ’ (I D . 14, 1183 ff.) belegt, doch ist die Etymologie laut I D . (14, 1187 f.) unklar. G RICHTING (1998, 198) kennt das Wort als Triichla mit Varianten als ‘ Kuhglocke ’ . Beim sog. Trinkelstierkrieg (1550) im Wallis trugen die Aufständischen Trinkeln mit sich. Eine sinnvolle Motivation ist jedoch nicht zu finden. Am ehesten dürfte deswegen eine sonst nicht belegte - EL -Ableitung zu Tränke gemeint sein. Lautlich richtet sie sich wohl nach den Verhältnissen bei R ÜBEL (1950, 7), der dort Maskulina auf -il/ -ol behandelt. Das Genus von Treynhilist allerdings nicht erkennbar. Treiff Treiff ist zu schwdt. Trauff ‘ Dachtraufe, herabrinnendes Regenwasser ‘ (I D . 14, 385 f.), wdt. Tröüffa, Troif, Troipf, Tröüf ‘ Dachtraufe ’ (G RICHTING 1998, 198) zu stellen. Die Entrundung (öü > ei) betrifft das starke Verb, resp. von ihm abgeleitete Formen. Das Lemma kommt nur vor in Treifflüe ‘ Fluh mit tropfendem Wasser ’ (Randa, FLNK) und den dazu gehörenden t Ober Treipflüe und t Unner Treipflüe (Randa). Dazu kommt ein Partizip Präsens di Treiffundu Wasser ‘ die herabrinnenden Wasser (Bach) ’ (Täsch), das zum Verb trauffe n ‘ triefen ’ (I D . 14, 357) gehört. Unsicher ist das Partizip t Triefetstelli ‘ die triefende Stelle (wo die Schafe gestellt werden) ’ (Fieschertal); vermutlich ist hier ein Ort gemeint, wo Wasser heruntertropft. Treije Treije m. ‘ Viehweg ’ ist zu schwdt. Treije n bzw. Treie n , Treija f., Treijo m. ‘ Fussweg im Gebirge, Viehweglein, Pfad, Holzschleife ’ und wdt. Treiju, Treija (Mattertal), Treijin (Lötschental) ‘ Pfad (kleiner), Viehweg ’ zu stellen (I D . 14, 714 ff. bes. 716 f.; REW 8934; Z INSLI 1984, 587; G RICHTING 1998, 197). Das HL ist vorrömisch und hier nach dem Singular im Goms angesetzt. Sofern aus dem Kontext nichts anderes erhellt, wird ‘ Viehweg ’ gedeutet. Der Name kommt in etwas über 100 Flurnamen vor. In den historischen Belegen tritt gelegentlich eine hyperkorrekte Rundung zu / öi/ auf, manchmal begleitet von einem {g}, das keinen lautlichen Wert hat, z. B. Troeygen (1308, Saastal). Beim Simplex lassen sich Singular und Plural nicht immer klar unterscheiden. Sicher Singular ist der Treie ‘ der Viehweg ’ (Niederwald), der Trei(j)o ‘ der Viehweg ’ (Naters), der Treio ‘ der Viehweg ’ (Visperterminen), der Treiu ‘ der Viehweg ’ (St. Niklaus), (am) Troeyen ‘ (am) Viehweg ’ (1301 u. später, Törbel; 1401, Ried-Brig), dem Troýen (1415, Mund) und andere; etwas seltsam ist Zentrejgen (1599, Bürchen), wo auch der FaN Zentriegen (AWWB 299) gemeint sein kann, der für Bürchen belegt ist. 1690/ 1700 (ca.) und 1698 wird aber am/ den Treÿen geschrieben, was sich kaum auf den FaN zurückführen lässt. Unklar ist Treie (FLNK, Oberwald), das einen Weg in der Rottenebene entlang des Flusses meint - hier ist wohl ein Singular anzunehmen. Sicher Plural ist t Treie ‘ die Viehwege ’ (Fieschertal), di Treien ‘ die Viehwege ’ (Kippel), an den Treÿen ‘ an den Viehwegen ’ (1525 u. später, Grächen; 1736, Naters), in den Treÿen ‘ in den Viehwegen ’ (1688, Blatten) und andere. Manchmal wechseln Singular und Plural, so etwa in im Treyen (1681, Blitzingen) und in den Treyen (1681, Blitzingen). Attributive Adjektive zum HL sind etwa an den Alten Treyen ‘ an den alten Viehweg ’ (1740, Eischoll), an den 369 370 Treije <?page no="190"?> Gmeinen Treÿen ‘ an den Weg, der der Gemeinde gehört ’ (1774, Embd) (und weitere für Bürchen, Eischoll, Grächen, Raron, Staldenried, Zeneggen, teilweise mit communem ‘ gemein ’ ), der Hinnerscht, Mittlescht, Oberscht, Unnerscht und Voderscht Treie ‘ der hinterste, mittlere, oberste, unterste und vorderste Viehweg ’ (Oberwald) (mit weiteren Gemeinden), im Holen Treÿen ‘ im hohlen Vieweg ’ (1759, Naters; 1687 steht der Höll Dreÿen, wo auch das HL H ELL (H ÖLL ) gemeint sein kann, häufig für eine steile Wiese), der Hotreio ‘ der hohe Viehweg ’ (Stalden), t Lägundu Treie ‘ die ebenen Viehwege ’ (Naters), der Leng Treie ‘ der lange Viehweg ’ (Obergesteln), ob dem Nüwen Treyen ‘ oberhalb des neuen Viehweges ’ (1681, Blitzingen), den Nüwen Treÿen ‘ den neuen Viehweg ’ (1553, Grächen), der Ober und der Unner Treie ‘ der obere und der untere Viehweg ’ (Geschinen und weitere), der Rot Treio ‘ der rote Viehweg ’ (Visperterminen, nach der Erdfarbe), t Stotzundu Treie ‘ die steilen Viehwege ’ (Naters), t Teiffe Treie ‘ die tiefen Viehwege ’ (Ernen) und der Wiiss Treiu ‘ der weisse Viehweg ’ (Oberems; Farbe des Gesteins). Vorangestellte Genitive sind selten: ob Knechts Treien ‘ oberhalb des Viehweges der Familie Knecht ’ (1697, Eischoll) und Scha e tzigo Treÿun ‘ der Viehweg der Familie Schätzig / der Leute vom Schatz ’ (1584 u. später, Eisten). Ungewöhnlich ist ein nachgestellter Genitiv Plural in an den Treÿen Niv Gedmero ‘ der Viehweg der Leute von den neuen Gaden ’ (1540, Embd). Komplexer ist Lochmattero Vüchtreyen ‘ der Viehweg der Familie Lochmatter ’ (1758, Visperterminen). Als Grundwort verbindet sich das HL zunächst mit Tiernamen: di Geisstreia ‘ die Ziegenwege ’ (Erschmatt), weiter di Geistreie (Visp), Geisstreijo (FLNK, Bürchen), der Geissuntreio (Visperterminen), Geisstreielti (FLNK, Oberwald), der Kü Troyo ‘ der Kuhweg ’ (1464, Ulrichen) und die Rinder Threúen ‘ die Rinderwege ’ (1796, Ergisch). Komplexer sind t Hinner und t Voder Schaaftreie ‘ die hinteren und die vorderen Schafwege ’ (Reckingen, je zweimal) und das schon erwähnte Lochmattero Vüchtreyen ‘ der Viehweg der Familie Lochmatter ’ (1785, Visperterminen). Unklar ist Myktroyen (1304 u. später, Visperterminen), wo ein HL M UCH ohne sichere Deutung vorliegt; eventuell ist damit der Laut einer Kuh gemeint. Dreimal ist eine Arve oder ein Arvenwald in der Aarbtreiu (Hohtenn), der Aarbtreija (Randa) und t Aarbtreie ‘ die Wege beim Arvenwald ’ (Törbel) erwähnt. Im weiteren Sinn lässt sich t Schintitreiu ‘ der Viehweg beim Gebiet Schinti ’ (Steg) hieherstellen, wenn bei Schinti (cf. HL S CHINT ) an das Schälen eines Baumstammes gedacht wird. In den übrigen Fällen ist wohl das Ziel des Weges oder eine nahegelegene Flur gemeint: Feldtreoyo ‘ der Feldweg ’ (1519, Törbel), ts Gschosstrei ‘ Viehwege im eingesenkten Boden (unklar? ) ’ (Selkingen), Raspille-Treyen ‘ der Viehweg zur Raspille ’ (1927, Salgesch), Reschtitreiu ‘ der Viehweg bei der Reschti (Raststelle) ’ (FLNK, Ergisch), Ritzutreiju ‘ der Viehweg in den Ritzen (begraster Bergabhang) ’ (FLNK, Hohtenn), der Schnätwigtreio ‘ der Schafweg bei der Gegend mit Einschnitten ’ (Visperterminen), Komplexer sind t Holzmeistreiä ‘ die Viehwege beim Holzmeiss (Holzschlag) ’ (Gampel), der Mitteleggitreiu ‘ der Viehweg bei der kleinen Ecke in der Mitte ’ (Steg), dr Scheenbiältreien ‘ der Schafweg im Bereich Scheenbiäl (schöner Hügel) ’ (Ferden), ts Seetaltreiji ‘ der kleine Weg ins Seetal ’ (Hohtenn) und Seetaltreiju ‘ der Weg ins Seetal ’ (FLNK, Hohtenn), wobei sich das Seetal im Gebiet von Niedergesteln befindet. Mit attributiven Adjektiven finden sich ts Mittluscht, ts Obruscht und ts Undruscht Galutreii ‘ der mittlere, der oberste und der unterste kleine Viehweg beim Galu (Grasrücken) ’ (Raron). Als Bestimmungswort verbindet sich das HL mit folgenden Grundwörtern zu zweigliedrigen Komposita: Acher, Bord, Matta, Wäg und Wald. Komplexer sind än der Treimadeggu ‘ in der Ecke bei der Treimattu (Wiese mit Viehwegen) ’ und di Treimadweng ‘ die Grasabhänge bei der Treimattu (Wiese mit Viehwegen) ’ (beide Wiler). Treles Treles ist historisch zweimal in Leuk belegt: 1331 als en trelez und 1544 en treles rinines. Der erste Beleg hat en trelez et ruvynes, wobei letzteres nach M EYER (1914, 66 Fn. 5) auch zum dt. Lehnwort Rufene zu stellen wäre. Das deutet darauf hin, dass auch Treles als eine Art von Felssturz oder Abhang zu deuten ist. Am nächsten wäre hierzu lat. tr ā g ŭ la schleife (FEW 13, 2, 172) zu stellen; allerdings lässt sich die Bedeutung nicht festlegen. Der zweite Beleg enthält mit treles rinines wohl die gleiche Kombination von treles und ruvynes, das hier als rinines falsch gelesen wurde. Da verbindendes et fehlt, scheint es sich um eine Kombination zu handeln, die in etwa auch ‘ Abhang, Felssturz ’ meint. Trenchien Trenchien ist nur belegt in Varen 1721: vulgo Trenchien plan. Zuvor ist von cabulum plan ‘ der Schleif beim ebenen Gelände ’ die Rede, der im Volksmund auch Trenchien plan heisse. Das deutet auf ein vorangestelltes deutsches Lemma hin, nämlich Trenchi ‘ die Tränke ’ (cf. HL T REICH ). Trenchien plan ist dann ‘ das ebene Gelände mit einer Tränke ’ . Treles 371 372 <?page no="191"?> Tres Tres kommt 1256 in Varen als retro cherner belegt. Da retro ‘ zurück, hinter ’ wohl lateinisch ist, ist hier nur cherner als frpr. Etymon wichtig. Allerdings ist es 1346 in Varen als tres cherner und 1352 am gleichen Ort als treys cherneyr belegt; seltsamerweise wurde es als Trey Cheer lemmatisiert. Einmal wird es als Wiese, das andere Mal als Weinberg bezeichnet. tres kann entweder zu lat. trans jenseits (FEW 13, 2, 197 ff.) oder zu lat. tr ē s drei (FEW 13, 2, 247 ff.) gestellt werden. Das lat. retro legt aber eher trans nahe, sodass ‘ zurück, hinter ’ zu verstehen wäre. Zu cherner cf. HL C HERNER . Tresch Tresch ist in di Treschachra ‘ die Äcker beim Ort, wo gedroschen wurde ’ (Erschmatt, auch FLNK) und 1544 in Embd als Treschagkker ‘ der Acker beim Ort, wo gedroschen wurde ’ belegt. Das HL ist zu schwdt. Dresch m. wie nhd. ‘ Ausschlagen des Getreides ’ und wdt. tresche, treschä (Goms), träschu (Leuker Berge), treschn (Lötschtal), treschu ‘ dreschen ’ (I D . 14, 1349 ff.; G RICHTING 1998, 197) zu stellen. Sowohl Nomen wie Verb können als Quelle in Frage kommen. Treschierner Treschierner ‘ jenseits des gerodeten Waldes ’ ist nur historisch in Varen belegt: 1346 als tres cherner (unsicher), im gleichen Jahr als treschierner und 1352 als treys cherneyr (cf. HL T RES ). Die Flur wird als Stück Land und Stück eines Weinbergs bezeichnet. Der Flurname besteht vermutlich aus zwei Bestandteilen. Der erste ist Tré, Trey, Tri ‘ jenseits (von) ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 98), das auf lat. TRANS ‘ jenseits ’ zurückgeführt wird (FEW 13, 2, 197 ff. s. v. trans jenseits). Der zweite ist zu Cerne etc. ‘ gerodeter Wald ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 133 mit Verweis auf G PSR 3, 214 ss. s. v. cerne) zu stellen, hier wohl mit einer Ableitung auf - ATA (G PSR 3, 217 s. v. cernée und 4° Noms de lieux). Treyb Treyb f. ist einmal belegt als vnder der Treÿb (1594, Bitsch). URNB (3, 728 f.) führt das Wort auf schwdt. Treib m./ f./ n. ‘ das Treiben, insbesondere von Vieh auf eine Weide ’ (I D . 14, 60 ff.) zurück und sieht es als Ablaut zum schwdt. Verb trîbe n ‘ treiben ’ und dem wdt. triibe, triibä (Goms), triibn (Lötschtal), triibu ‘ werfen, treiben ’ (I D . 14, 65 ff.; G RICHTING 1998, 197). Eine abgelehnte Deutung ‘ Zufluchtshafen für Schiffe ’ (URNB 3, 129 nach B RUCKNER 1945, 146) kann für Bitsch auf keinen Fall zutreffen. Der Beleg in Bitsch bezeichnet vielmehr tria frusticula agri ‘ drei kleine Stücke Acker ’ an einem Ort, der vnder der Treÿb genannt wird. Vermutlich ist hier der Ort gemeint, wo das Vieh hingetrieben wurde. Maskulines Treib m. ‘ Weg, auf dem das Vieh getrieben wurde ’ oder einfach ‘ Weg ’ wurde jedoch ebenfalls gebraucht. So wird 1460 in Ried-Mörel zwar vna Treyb qui exÿt … ‘ ein Weg, der hinausführt …’ als Feminin, aber 1528 am gleichen Ort ein Treyb by der wyssen Flu ͦ ‘ ein Weg bei der weissen Fluh ’ als Maskulin verwendet. Auch in Bitsch ist 17? ? der Weg oder Treib belegt. Daraus ist zu schliessen, dass Treib f. oder m. einfach ‘ Weg, Viehweg ’ meint. di Triibgassa ‘ die Treibgasse ’ (Wiler) befindet sich auf rund 1980 m. Es geht um die Gasse, auf der das Vieh auf die Alp getrieben wurde. Triib ist zu schwdt. Trîb (I D . 14, 64) und dem schon erwähnten Verb trîbe n ‘ treiben ’ und wdt. triibe, triibä (Goms), triibn (Lötschtal), triibu ‘ werfen, treiben ’ (I D . 14, 65 ff.; G RICHTING 1998, 197) zu stellen. Treyer (FaN) Treyer (FaN) ist zum FaN Treyer (AWWB 263) zu stellen. Es ist zweimal im Genitiv belegt: ts Treiersch Hüs ‘ das Haus der Familie Treyer ’ (Grächen) und ob Treÿerro Hauss ‘ oberhalb des Hauses der Familie Treyer ’ (1767, Grengiols) im Genitiv Plural. Tricur Tricur ist 1494 in Salgesch als de trycout (? ) mit einer unsicheren Lesung und 1495 als en tricur belegt. In beiden Fällen sind die Angaben eine Spezifikation für ov chastelar, das lebendig als Tschachtela (Salgesch) (cf. HL C HASTELAR ) belegt ist. Zu vermuten ist, dass in beiden Formen tri als lat. trans ‘ jenseits ’ (FEW 13, 2, 197 ff.) und cour zu lat. cohortem ‘ Hof ’ (FEW 2, 849 ff.) steht. Der Flurname wäre dann als ‘ beim burgartigen Gelände jenseits des Hofes ’ (unsicher) zu verstehen. Trie Trie ist nur belegt in Triemattu (Visperterminen, FLNK und 1: 10000 Ziemattu). In der Beschreibung sagt Gwp., dass hier verschiedene <Züge> einmünden. Die Wiese befindet sich auf etwa 1580 m. Von dieser Beschreibung her ist Ziemattu wohl sinnvoller, wenn es zum Verb hdt. ziehen ‘ ziehen ’ , wdt. zie, ziä ‘ ziehen ’ (G R W B 31, 938 ff.; G RICHTING 1998, 246; W IPF 1910, 153) zu stellen ist. Der von M. S. notierte Beleg Triemattu wäre wohl zum Nomen Trüej ‘ Körperzunahme ’ oder dem schwdt. Verb trüe(i)je n ‘ zunehmen ’ resp. wdt. driäju (Leuker Berge) ‘ zunehmen ’ (I D . 14, 718; G RICHTING 1998, 60) zu stellen, was jedoch inhaltliche Probleme schafft. Das HL zu Treije n ‘ Viehweg ’ (I D . 15, 714 ff.) zu stellen, verbietet sich trotz RN (2, 509) einerseits lautlich, wdt. ist nur Treiju, Treija (Zermatt), Treijin (Lötschtal) belegt (G RICHTING 373 374 Trie <?page no="192"?> 1998, 197), und anderseits inhaltlich, befindet sich die Wiese doch mitten im Wald. Triedu Triedu ‘ Weg, Durchgang ’ ist im westlichen Bezirk Leuk belegt. Der älteste Beleg in Varen von 1345 hat ol tryedro, 1347 oul triedo, 1454 ov triedoz. In Albinen heisst es 1683 semitae nominate triedo ‘ des Fussweges, der Triedo genannt wird ’ . Das nächstverwandte Lexem des Patois ist tridzo ‘ trace, vestige d'un passage ’ (B RIDEL 1866, 380); es ist laut FEW (13, 2, 133) zu * TREBARE ‘ wohnen ’ zu stellen, genauer zu afrz. triege “ chemin le plus court, passage ” . Die beiden Simplizia Triedu (Albinen, Varen) bezeichnen also wohl einen Weg, einen Durchgang. In Albinen ist weiter bÿm Triedo Weglin ‘ beim kleinen Weg beim Triedo (Weg, Durchgang) ’ (1683) belegt; ein Hinweis darauf, dass Triedo ‘ Weg ’ nicht mehr verstanden wurde. Triefe Cf. HL T REIFF zum Verb trauffe n ‘ triefen ’ (I D . 14, 357). Triegu Triegu ist nur in Bürchen als Zen Triegu belegt. G ATTLEN (2007, 75) leitet den Namen von Triegja ‘ keilförmig zugeschnittenes und mit zwei Öffnungen versehenes Holzstück ’ ab. Das schwdt. Trüegel ‘ Seilholz ’ (I D . 14, 667) weist jedoch Rundung auf, die im Oberwallis erst um 1500 auftritt. Die ältesten Belege (13. und 14. Jahrhundert) weisen alle / ie/ auf. Die frühere Annahme (AWWB 299, s. v. Zentriegen), wonach der Name auf Tröge zurückzuführen sei, weist G ATTLEN zu Recht zurück. I D . (14, 619) stellt es zum Nomen Trieg ‘ Betrüger ’ , wobei ein “ (hieher? ) ” anzeigt, dass die Bearbeiter sich nicht sicher sind. W IPF (1910, 153) gibt für den Infinitiv des Verbs bitreigu ‘ betrügen ’ und das Partizip bitrogu, was beides lautlich nicht zu / ie/ passt. Die Hypothesen können das HL insgesamt nicht befriedigend deuten; wir setzen deshalb in Ermangelung einer sicheren Deutung Triegen an. Der Beleg zen Hindren Triegen ‘ bei den hinteren Triegen ’ (1715) deutet darauf hin, dass der Ort Triegu heisst und der FaN Zentriegen davon abgeleitet ist. Als Bestimmunsgwort erscheint das HL mit Acher, Matta und Stadel. Der Beleg für den Stadel ist aber unklar: retro trigun stadele (1299, Bürchen). Ob ein ursprünglicher Diphthong / ie/ hier als / i/ geschrieben wurde, ist nicht klar. Triel Triel m., selten n., ist zu schwdt. Trüel m./ n. ‘ Kelter, Trauben-, Obstpresse, meist mit zugehörigem Raum ’ (I D . 14, 960 ff.; E GLI 1982, 235) zu stellen. Der Gegenstand selbst ist heute weitgehend verschwunden; bei E GLI (1982, 442, Abb. 65, 65a, 443, Abb. 66) sind zwei Typen abgebildet. Das HL kommt in rund 25 Flurnamen vor; als Deutung steht ‘ Traubenpresse ’ , obwohl auch andere Früchte gepresst wurden. Als Simplex findet sich lebend der Triel ‘ die Traubenpresse ’ (Brigerbad (heute Dorfteil)), ts Triel ‘ der / beim Triel (Traubenpresse) ’ (Bürchen, wohl metaphorisch: Flur, die einem Triel gleicht), zum Driel ‘ beim Triel (Traubenpresse; heute nicht mehr vorhanden) ’ (Raron); dazu kommen als historische Belege Driell (1661, Unterbäch), bei dem Driell (1767, Hohtenn), beÿ dem Driell (1659, Niedergesteln), (lat.: ) apud Truele ‘ bei dem Triel (Traubenpresse) ’ (1304, Eischoll), unter dem Triel (1775, Ausserberg), unter dem Trihl ‘ unter dem Triel (Traubenpresse) ’ (1809, Steg; verhochdeutschte Form). Mit einem attributiven Adjektiv finden sich: beÿ dem Alten Driel ‘ beim alten Triel (Traubenpresse) (1775, Raron) und (lat.: ) prope dem Grossen Dräill ‘ beim grossen Triel (Traubenpresse) ’ (1597, Visperterminen). In den meisten anderen Fällen erscheint das HL als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern: Acher, Bodu, Gartu und Matta. Komplexer sind Drielmatturäbe ‘ die Reben bei der Drielmattu (Wiese bei der Traubenpresse) ’ (FLNK, Hohtenn), die Drielackerstuden ‘ die Stauden bei den Trieläckern (Äcker bei der Traubenpresse) ’ (1654, Eyholz) und die Vnder Drüellmatta ‘ die untere Wiese beim Triel (Traubenpresse) ’ (1599, Baltschieder). Trifft Trifft f. ist zu schwdt. Trift f. ‘ Hütte für Bergheu(er), Weide-, Wiesenland, als Weide besonders Schafweide ’ zu stellen. In Flurnamen meist Alpweiden (I D . 14, 403 ff.; G R W B 22, 494 ff.), wohl Ableitung zu tr ī ben ‘ treiben ’ . Das Lemma scheint nach I D . in Flurnamen auf Berner Oberland, Oberwallis und Südwalser (Z INSLI 1984, 159 für Pomatt) beschränkt zu sein. Das Simplex Trift, auch Trifft ist mehrfach belegt, der Plural Trifte einmal (Grengiols). Als Diminutive erscheinen mehrfach Trifftje und Trifftji in Zermatt und einmal Triffelti (Mund). Adjektivische Attributbildungen sind im Beesche Trifft (Zermatt, auch Bösentrift auf LK), Chlei Trifftje (Zermatt), Engun Trift (1437, Baltschieder), t Holu Trift (Plural, Simplon), Nidru Trift (Zermatt), t Unner Trift (Saas-Fee). Adjektivisch aus älterem Genitiv ist t Beuwaudertrifft ‘ die Bellwalder Trift ’ (Bellwald). Als Grundwort wird Trift näher bestimmt als Geisstrift ‘ Alpweide für Ziegen ’ (St. Niklaus), weiter unterschieden als t Ober und t Unner Geisstrift. Triedu 375 376 <?page no="193"?> Als Bestimmungswort ist Trift mit seinen Varianten vor allem in Zermatt, Saas-Fee und Saas-Grund mit mehreren Belegen vertreten, vereinzelt auch in anderen Gemeinden. Grundwörter sind: Alpa, Bach, Chrache, Chumma, Fad, Flüe, Gletscher, Grat, Hooru, Höupt, Joch, Limmi, Plateau, Sattel, Schlüecht, Stäg, Wald und Wang. Komplexere Bildungen mit drei und mehr Bestandteilen kommen vor, z. B. Grosser Triftgletscher (Saas- Grund), Holutrifftgletscher (Simplon), Geisstriftbächji (St. Niklaus), Triftbalmustollu (Törbel), Chlei Trifftjesattel (Zermatt) und Ober Triftlimmi (Oberwald). Triftel Triftel ist nur in Triftelhaupt (Zermatt, SK) belegt. Es befindet sich auf der Höhe von rund 2000 m. Auf der Karte 1: 10000 befindet sich ungefähr dort ein Vermessungspunkt bei Hubelweng; ausser SK wird der Flurname von keiner andern Karte genannt. Hingegen hat J ULEN ET AL . (1995) den Namen als ds Triftjuhöüd (Nr. 4 auf Fotografie B 1 (S. 59)). Dieser Flurname ist aber nur alternativ zu ds Höüd ‘ das Haupt ’ und an anderer Stelle zu lokalisieren als der Name von SK. Es scheint aber, als ob Höüd ‘ Haupt ’ in Zermatt für einen Felskopf oder eine Anhöhe verwendet wird. Triftel ist sonst in Zermatt nicht belegt, wohl aber mehrfach Trift (cf. HL T RIFT ). Das HL ist eine Ableitung von Trift auf - EL (S ONDEREGGER 1958, 513) in maskulinen Stellenbezeichnungen, also: der Felskopf, der sich beim Triftel befindet. Triich Triich ‘ das Trinken ’ kommt in der Triichbrune ‘ die Quelle / der Brunnen zum Trinken ’ (Zermatt) und di Triichtolini ‘ die kleinen Mulden zum Trinken ’ (Gampel) vor. Das HL ist zum Verb schwdt. trinke n wie nhd. trinken und wdt. triiche, triichä (Goms), triichn (Lötschtal), triichu ‘ trinken ’ (I D . 14, 1158 ff.; G RICHTING 1998, 198) zu stellen. Die Form mit -iichgeht auf das Staubsche Gesetz vor Velar (trinke -> triiche) zurück. Während der Beleg in Zermatt keine Probleme aufgibt, ist die Deutung ex negativo in Gampel seltsam: laut Gwp. heisst die Flur so, weil ein Mann namens Gruber Reben gepflanzt habe, die keinen Ertrag hatten. Triichel Triichel f. ist zu schwdt. Tri n chel f., im Wallis Trichle n bzw. -la, -ja, -lu ’ , ‘ Schelle, Glocke, die man dem Weidevieh um den Hals hängt, oder die von Männern in Umzügen getragen und geläutet werden ’ und wdt. Triichla, Triichlä (Goms), Triichla (Lötschental), Triichju ‘ Kuhglocke ’ (I D . 14, 1184 ff.; G RICHTING 1998, 198) zu stellen. Die Form des HL lässt sich auf die Wirkung des sog. Staubschen Gesetzes (Vokaldehnung bei n-Tilgung vor einem Frikativ, hier / x/ : Triichle < Trinkle) zurückführen. Die Tri(i)chel oder Tri(i)chle werden an einem Lederstück Triichilriemo befestigt, in FlN steht Triichilriemo im übertragenen Sinn für schmale Grundstücke (I D . 6, 911; URNB 2, 1115). Belegt ist das HL nur als Bestimmungswort: der Trichilbodo ‘ der Boden, der einer Kuhglocke gleicht ’ (Törbel) mit dem zugehörigen Triichilbodocheer ‘ der (Strassen-)Kehr beim Triichilbodo ’ (FLNK, Törbel), den Trÿnchillgrabenn ‘ der Graben, der einer Kuhglocke gleicht ’ (1587, Visp; Akkusativ ist konstruktionsbedingt), der Trihil(e)riemo ‘ das Stück Land, das dem Riemen an einer Kuhglocke gleicht ’ (Visperterminen) und das komplexe ts Geistricheletzmad ‘ die Mähwiese mit Viehfutter, die so gross ist wie eine Ziegenschelle ’ (Grengiols). Triine (PN) Triine (PN) f., auch Triina ist die Kurzform der weiblichen Personnamen Katharina und Dorothea (I D . 14, 1079 f.). Der Name kommt nur als vorangestellter Genitiv oder als Bestimmungswort vor. Genitive sind: Jhn Trinen Matten ‘ in der Wiese der Triine (PN) ’ (1673, Binn; SK Trinimatten), der Trinen Wang ‘ der Grasabhäng der Triine (PN) ’ (1642, Zwischbergen), in Trinis Matten ‘ in der Wiese der Triine (PN) ’ (1632, Greich), ts Triinisch Chnubul ‘ der Hügel der Triini (PN) ’ (Simplon; J ORDAN (2006, 87) hat Triinichnub u l (das er auf Katharina zurückführt) und Triinibodu), Trinischacher ‘ der Acker der Triine (PN) ’ (FLNK, Mühlebach) und ts Trinuüowand ‘ die Magerwiese der Triine (PN) ’ (Saas- Almagell). Bestimmungswörter sind: di Trinatannu ‘ die Tanne der Triine (PN) ’ (Leuk), di Triinematta ‘ die Wiese der Triine (PN) ’ (Grengiols), ts Trinuchi ‘ das Kinn (Graben) der Triine (PN) ’ (Naters), der Trinugraad ‘ der (Fels-)Grat der Triine (PN) ’ (Termen), ts Triinumättelti ‘ die kleine Wiese der Triine (PN) ’ (Brigerbad) und ts Triinuwaalji ‘ der kleine Wald der Triine (PN) ’ (Goppisberg). Wieweit neben dem Kurznamen auch die Deutung ‘ einfältige, ungeschickte Person ’ (I D . 14, 1080) zutrifft, ist unklar. In den meisten Fällen dürfte eine Besitzerin mit dem Vollnamen Katharina gemeint sein. Tripfu Tripfu f. ist zu schwdt. Trüpfe n ‘ Tropfen; Stelle, wo es tropft ’ (I D . 14, 1284), wdt. Tripfa, Tripfu ‘ Wasser (vom Dach tropfendes) ’ (G RICHTING 1998, 198) zu stellen, in FlN zur Bezeichnung von Orten, wo es tropft. Das Simplex kommt vor in Zer Tripfu ‘ beim Gebiet, wo es tropft ’ (Zermatt, FLNK hat Tripfe). In Naters ist 1567 eine Ableitung an die Tripfferron belegt; die - ERRA -Ableitung dieses Typs bezeichnet sonst Wasserleiten, was sich aus 377 378 Tripfu <?page no="194"?> dem Kontext des Beleges jedoch nicht erschliessen lässt. Der zweite Beleg in Naters ist 1765 die Tripfer Wandflu ᵉ ‘ die Fluh, die wie eine Wand aussieht ’ . Hier ist unklar, ob tripfer einfach ein Adjektiv ‘ die tropfende Wandfluh ’ ist oder ein alter Genitiv Plural ‘ die Wandfluh der Leute von Tripfe ’ . Allerdings kann sich dieser Beleg auch auf den Beleg Tripfferron von 1567 beziehen; eine Deutung ist aber nicht möglich. Trippnisch (PN) Trippnisch (PN) ist nur belegt in ts Trippnisch Wang ‘ der Grasabhang des Trippnisch ’ (Täsch). Die Form ist wohl ein Genitiv zu einem PN Trippni. Mangels weiterer Belege ist eine Deutung nicht möglich. In I D . und G RICH- TING (1998) ist der PN nicht belegt. Ob das anlautende / t/ in Trippnisch ein assimilierter Artikel ist, bleibt unsicher. Trischte Trischte f. ‘ Heustock im Freien ’ ist zu schwdt. Triste n m., in Gampel -u n , ‘ kegelförmiger, im Freien meist um eine Stange aufgeschichteter Haufen aus Stroh und Heu, seltener auch aus Holz oder Torf ’ (I D . 14, 1383 ff.; G RICH- TING 1998, 198; für Namen siehe URNB 3, 733). Zwei Belege zeigen das Simplex im Plural: zen Drischtu ‘ bei den Heuschobern auf dem Felsen ’ (Niedergesteln) (so nach der Gwp.) und in den Dristen (1798, Steg), wo vermutlich eher Driesten ‘ unfruchtbare Gebiete ’ gemeint ist. Der vorangestellte Genitiv im Beleg Ru ᵕ ffols Drist (1622, Zwischbergen) ist unsicher, da J ORDAN (2006, 281) Ruof u l kennt und weiter den historischen Beleg von F. J. Joller Ruofolstritt angibt. Das Grundwort lässt sich deswegen nicht deuten. Als Bestimmungswort ist das HL belegt in der Tristacher ‘ der Acker beim Heustock im Freien ’ (1610, Ried- Mörel) und di Trischtbalma ‘ der überhängende Fels, der als Heuschober gebraucht wird ’ (Törbel). Komplexer sind t Rot Trischtelamme ‘ die rote Lamme (Schlucht) beim Heustock im Freien ’ (Biel) und Dristwasserleiten ‘ die Wasserleitung vom / zum Heustock im Freien ’ (1657, Baltschieder). Auch dieser letzte Beleg liesse sich sinnvoller zu Driest ‘ unfruchtbares Gebiet ’ stellen. Insgesamt ist das HL nur in einzelnen Belegen sicher. Trischtel Trischtel n. ‘ ebener Platz zur Errichtung eines Heustocks ’ ist zu schwdt. Tristel, Dristal n., mhd. dristal n., ‘ ebener Platz zur Errichtung eines Heustocks in den Bergen ’ aus Triste n ‘ Heuschober ’ und Stall für ‘ Stelle ’ (Z INSLI 1984, 587; I D . 11, 37 f.) zu stellen. Es handelt sich um Stellen zur Lagerung des Heus. Das HL kommt etwas über dreissig Male vor. Das Simplex im Singular ist belegt als Drischtul (Simplon, Zwischbergen; J ORDAN (2006, 527) führt im Register mehrere Belege und Komposita auf), Trischtal (Oberwald), Trischtel (Geschinen, Grengiols, Obergesteln, Ulrichen), Tristal (1352, Ernen; 1468, Münster), in dem Tristell (1748, Steinhaus), Tristul (Ernen) und ts Trischtu (Niederwald). Eine falsche Trennung findet sich in im Drüest=Thal (Zvahl? ) (1740, Bratsch), wo vermutlich eine Trennung in Drischt und Tal vorgenommen wurde. Mit attributiven Adjektiven sind belegt Ober Dristúl (1747 u. später, Simplon), ts Ober Trischtal (Reckingen, Täsch), das Under Dristul (1757, Simplon), ts Unner Trischtal (Reckingen, Täsch), Voder Trischtal (Reckingen). Als Grundwort ist das HL nur in ts Blattetrischtal ‘ der ebene Platz für einen Heustock im Gebiet Blatte (Felsplatte) ’ (Oberwald) und im Sanddristall ‘ in der Ebene für den Heustock beim Sand ’ (1665, Simplon) belegt. Als Bestimmungswort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern vor: Egg(a), Flüö, Grabu, Legi, Schluocht, Üewand und Wald vor. Tritt Tritt m. ‘ Tritt ’ ist zu schwdt. Tritt m., Dim. Trittli, Trittji bzw. Triggji, Tritti, wdt. Tritt ‘ Tritt, Stufe ’ , in FlN ‘ Felsstufe, enger steiniger Weg ’ , mhd. trit ‘ Fussspur, Weg ’ (I D . 14, 1504 ff.; G RICHTING 1998, 198; Z INSLI 1984, 587) zu stellen. In einigen Fällen kann auch ein Muster eines Fussabdrucks (Geisstritt, Hännutrittji) gemeint sein (vgl. I D . 14, 1525 s. v. Geiß-, Henne n -Tritt). Das HL ist in rund 120 Namen belegt. Das Simplex im Singular Tritt m. ist zehnmal belegt, der Plural Tritta (Simplon) nur einmal. Das Diminutiv erscheint im Singular als Trigli (1701 u. später, Leuk), Trigy (1680, Betten; 1772, Bister; 1661, Ulrichen), ts Trittji neun Mal; im Plural als di Trittjini (Täsch), Ze Trittjinu (Zermatt) und beÿ den Tritÿnen (1771, Simplon). Einen Sonderfall stellt zum Tritt Ambrüüf ‘ zum Tritt hinauf ’ (Saas-Almagell) dar, der eine Stelle auf dem Weg zu einem Durchgang hinauf meint. Mit einem attributiven Adjektiv ist vor allem der Typ der Beesch Tritt ‘ der böse Tritt ’ fünfzehn Mal belegt, einmal als Plural ze Beesche Trittu (Glis). Die übrigen Belege sind: der Eng Tritt ‘ der enge Tritt ’ (Baltschieder), zem Heejen Tritt ‘ zum hohen Tritt ’ (Ferden), der Chaalt Tritt ‘ der kalte Tritt ’ (Naters), bim Leide Tritt ‘ beim schwierigen Tritt ’ (Ritzingen, zu leid ‘ unschön, hässlich ’ ), dr Mittluscht Tritt ‘ der mittlere Tritt ’ (Ferden), der Obruscht Tritt ‘ der oberste Tritt ’ (Ferden), im (e)Rotun Tritt ‘ im roten Tritt ’ (Naters), an den Roth Tridt ‘ an den roten Tritt ’ (1576, Zwischbergen), der Undruscht Tritt ‘ der unterste Tritt ’ (Ferden) und t Unner Trittjini ‘ die unteren kleinen Tritte ’ (Täsch). Trippnisch (PN) 379 380 <?page no="195"?> Vorangestellte Genitive zum HL sind: Gappisdrÿt ‘ der Tritt des Gappi / der Familie Capi ’ (1444, Obergesteln), Cappis Tritt ‘ der Tritt des Gappi / der Familie Capi ’ (1623, Ulrichen), ts lami Rootsch Tritt ‘ des lahmen Rot(en) Tritt ’ (Ferden, wohl Übername) und zem Tiifelschtritt ‘ zum Teufelstritt (Spur des Teufels nach einer Sage) ’ (Blatten). Komplexer ist ts Walkärsch Diäschttritt ‘ der Diescht-Tritt der Familie Walker ’ (Ferden). Zweigliedrige Komposita mit dem HL als Grundwort werden mit Tiernamen gebildet: Eschultritt ‘ Tritt für Esel ’ (Grächen), Fuggstritt ‘ Tritt für Füchse ’ (Ausserberg, Naters), Fuggsutritt ‘ Tritt für Füchse ’ (Glis), Geisstritt ‘ Tritt für Ziegen ’ (Bürchen), dr Geistritt (Ferden, Wiler), Hännutrittji ‘ der kleine Tritt der Hennen (hier wohl die Form der Weggabelung in der Rottenebene) ’ (Agarn), der Chatzutritt ‘ der enge Tritt (eigentlich: der Katzentritt) ’ (Mund), dr Bäruntritt ‘ der Durchgang bei der Bärufluä ’ (Ferden), der Wolftritt ‘ der Tritt für Wölfe ’ (Naters, Hohtenn), der Wolfstritt (Leukerbad), t Wolftritta ‘ die Tritte für Wölfe ’ (Steg). Diese Tiernamen als Teil von Flurnamen sind im Einzelfall verschieden zu deuten und unterscheiden sich auch von den lexikalischen Bedeutungen, die im I D . etwa für Geißtritt (I D . 14, 1525) und andere aufgeführt sind. Seltener sind Pflanzennamen als Bestimmungswörter, manchmal komplex: dr Edelwistritt ‘ der Tritt mit Edelweiss (L EONTOPODIUM ALPINUM ) ’ (Ferden), der Hosefitritt ‘ der Tritt bei den Hosefine (hohe Sefinen (J UNIPERUS S ABINA )) ’ (Raron), ts Larschitrittji ‘ der kleine Tritt oberhalb des Larschi (frpr. für Lärche) ’ (Inden), der Birchtritt ‘ der Tritt (steiler Felsdurchgang) im Bereich Birchi (Birkengehölz) ’ (Naters) und ts Tannutrittgi ‘ der kleine Tritt mit Tannen ’ (Glis). Die Pflanzennamen für L EONTOPODIUM ALPINUM und J UNIPERUS SABINA sind in L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 2059 und 92) belegt. Die meisten Komposita weisen den Namen einer benachbarten Flur auf, z. B. t Fadtritta ‘ die Tritte beim Felsband ’ (Randa), ts Folljerettrittji ‘ der kleine Durchgang oberhalb der Alpe Folljeret ’ (Leukerbad), ts Jeiziltrittji ‘ der kleine Tritt beim Jeizil ’ (Steg) und viele andere. Komplexer sind etwa ts Holzmeistrittji ‘ der kleine Tritt beim Holzmeiss (Holzschlag) ’ (Gampel), der Ober Jegitritt ‘ der obere Tritt in der Jegi (Jagdgebiet, Felsbänder) ’ (Niedergesteln), dr Schwarz Balmuntritt ‘ der Tritt beim schwarzen überhängenden Felsen ’ (Ferden) und andere. Ein seltsamer Beleg ist der Namejesustritt ‘ der Name- Jesus-Tritt ’ (Glis) soweit erkennbar, ist dort weder ein Bildstock noch eine Kapelle ob es sich um ein Notgebet beim schwierigen Durchgang oder gar um einen Fluch handelt, ist unklar. Als Bestimmungswort tritt das HL zusammen mit folgenden Grundwörtern auf: Bodu, Grabu, Pletscha, Schleif und Wäg. Komplexer sind etwa der Beeschtrittgrabo ‘ der Graben beim bösen Tritt ’ (Visperterminen) und t Beeschtrittschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung beim bösen Tritt ’ (Blitzingen). Troche Troche Adj. ‘ trocken ’ ist zum schwdt. Adj. troch(e n ), W [allis] auch trochend, trochund, trochuner, trochunder u. ä., wesentlich wie nhd. ‘ trocken, dürr, ohne Feuchtigkeit ’ , wdt. troche, trochä, trochn, trochu ‘ trocken ’ (I D . 14, 258 ff.; G RICHTING 1998, 198) zu stellen. Das attributive Adjektiv kommt vor als vnder dem Trochennenn Steg ‘ unter dem trockenen Steg ’ (1560, Täsch), zem Trochne Stäg ‘ beim trockenen Steg ’ (Zermatt), di Trochi Stäga ‘ die trockene Stiege ’ (Ferden), ts Trochu Chi ‘ die trockene Schlucht ’ (Eggerberg, Mund), in Mund auch der Trochu Chigrabo ‘ der Graben beim trockenen Kinn (Schlucht) ’ . Weitere komplexe Formen sind di Trochu Trogschlüocht ‘ die trockene Geländeeinbuchung in Trogform ’ (Glis) (im Gegensatz zur nassen Trogschlüocht) und das Trocken Bortwegli ‘ der kleine Weg zum trockenen Bord (Abhang, Böschung) ’ (1695, Ausserberg). Um das substantivierte Trochna f. ‘ das trockene Gebiet ’ (Wiler) findet sich ein Namennest t Ober und t Under Trochna, dr Trochunbobm ‘ der Boden bei der Trochna ’ und di Trochnuhaalte ‘ die Halden bei der Trochna ’ (alle Wiler). Die Ableitungsform entspricht S ONDEREGGER (1958, 511), der ein germ. - JÔ -Suffix annimmt; bei Trochna ist allerdings der Einfluss des angesetzten / j/ nicht zu erkennen. Trog Trog m. ist zu schwdt. Trog m., Dim. im Wallis Trogi, Trogji, wesentlich wie nhd. ‘ grosses Gefäss aus Holz oder Stein ’ , mhd. troc, wdt. Trog, im Lötschental Troog ‘ Trog, Brunnen ’ (I D . 14, 646 ff.; G RICHTING 1998, 198) zu stellen. Bei FlN sind zumeist Brunnen (meist aus Holz) als Viehtränke (Tränketrog) oder die Form des Geländes als Trog ‘ Rinne, schmale, lang gestreckte Mulde ’ (I D . 14, 628 ff. bes. 638) gemeint; in einigen Fällen ist nicht zu entscheiden, welche Deutung vorliegt. Brunn(e n )-, Brunn (e n )- und Obertrog sind ‘ liegende, offene Behälter für Wasser ’ (I D . 14, 646 ff.; I D . 14, 639). In den rund 190 Belegen mit dem HL sind Simplizia des Singulars Trog sechzehn Mal vertreten. Der Plural ohne Umlaut ist Troge (Binn, Mühlebach), mit Präposition im Dativ Zen Trogu (Birgisch, Visperterminen). Mit Umlaut und anschliessender Entrundung entsteht Treg, das aber nur als Ze Trege (Ernen), resp. Ze Tregu (Saas- Balen, Zermatt, 1692 Filet) und einmal als bi de Tregu (Bitsch) belegt ist. Die Diminutive erscheinen in zwei 381 382 Trog <?page no="196"?> Reihen, zunächst ohne Umlaut als Singular zum Trogji (Varen), im Plural di Trogjini (Gampel), ze Trogine (Reckingen), bine Trogini (Oberwald), bine Trogjine (Grengiols), bine Trogjini (Oberwald), ze Trogjinu (Gampel, Glis, Varen, Visperterminen), zu Trogjinu (Täsch), mit Umlaut, Hebung und Entrundung entsteht das Trÿgÿ (1608 u. später, Zwischbergen), das Triggy (1530, Ernen), beÿ dem Trigi (1808, Obergesteln), ts Trigi (Simplon), zum Trigji (Törbel, Visperterminen), zum Triglin (1580, Guttet). Da diese Form identisch ist mit dem Diminutiv Triggji zu Tritt, und da der Bezug zu Trog nicht mehr klar ist, wird die Form vermieden. Attributive Adjektive zum HL T ROG sind: fúr den Alten Trog ‘ vor dem alten Trog ’ (1520, Staldenried), Altentrog ‘ der alte Trog ’ (auch Haaltentrog, unsicher) (Täsch), zum Altu Trog (Randa), zen Obren Trogen ‘ bei den oberen Trögen ’ (1642, Visperterminen), den Rendru ᵕ n Trogu ᵕ n ‘ (über) den jenseitigen Trögen ’ (1590, Visperterminen, wohl mit Agglutination von / r/ an ender), zu ᵕ m Grossen Trog (1670 u. später, Raron), zum Grossen Trog (1441 u. später, Ausserberg), bi de Grosse Tregu ‘ bei den grossen Trögen ’ (FLNK, Eischoll), der Rot Trog ‘ der rote Trog ’ (Binn), ze Wiisse Trogjinu ‘ bei den weissen kleinen Trögen (beim Wiisse Bode ‘ weisser Boden ’ ) ’ (Staldenried). Vorangestellte Genitive zum HL T ROG sind in verschiedenen Formen belegt: beÿ Empfen Trog ‘ beim Trog der Familie Empfen ’ (1739, Birgisch und Naters), ts Jaaggitrogine ‘ die kleinen (Brunnen-)Tröge der Familie mit dem Beinamen Jaaggi ’ (Reckingen, zweimal), ts Jakobsch Trog ‘ der Trog des Jakob ’ (Täsch), ts Chriegersch Trog ‘ der (Brunnen-)Trog der Familie Krieger ’ (Zwischbergen, ev. auch der Streitparteien), Bielersch Trog ‘ der Trog der Familie Bieler ’ (FLNK, Zermatt), Blantschentrog ‘ der Trog der Familie Blantschen / der Trog beim Gebiet Plantschu ’ (1687 u. später, Oberems), Bu ᵉ llero Trog ‘ der Trog der Leute von Biel (Hügel) ’ (1519, Törbel), ts (e) Rittersch Trog ‘ der Trog der Familie Ritter (wohl Trogform des Geländes) ’ (Eggerberg) und zuo Thomigo Trog ‘ beim Trog (Brunnen) der Familie Domig / der Leute des Thomas ’ (1540, Ausserberg). Nur dieser letzte Beleg weist einen Genitiv Plural der kollektiven - IG -Ableitung zu einem PN oder FaN auf. Zweigliedrige Komposita mit dem HL T ROG als Grundwort weisen als Bestimmungswort meistens den Namen einer nahegelegenen Flur auf. In einem Fall scheint ein Vorname gemeint zu sein: bim Albinutrog ‘ beim (Tränke- )Trog des Albinus (PN) ’ (Visperterminen) (der Gemeindename Albinen kommt aus geografischen Gründen nicht in Frage). zum Edeltrogi ‘ beim kleinen Trog bei den Erlen ’ (Saas-Balen) meint wohl ein früheres Erlengehölz, ts Eichtrogji ‘ der kleinen Trog (Brunnen) beim Eich ’ (Raron) ein Eichengehölz. Ereztreg ‘ die Tröge beim Erezji (kleines Gebiet mit Erz) ’ (Eischoll) ist nach einem Erzvorkommen benannt. zum Gassutrog ‘ zum (Brunnen- )Trog bei der Gasse ’ (Randa), zú dem Geescher Trog ‘ der Trog bei der armen Hütte ’ (1753, Filet, die Konstruktion kann auch als Genitiv Plural gelesen werden), der Haaltuntrog ‘ der Trog bei der Halde ’ (FLNK, Täsch, auch Aaltuntrog), zúm Kupffer Trog ‘ beim Kupfer-Trog (unklar) ’ (1637, Termen, ev. Material des Troges), t Lowwitreg ‘ die Tröge (Brunnen) beim Lawinenzug ’ (Eischoll), zum Metteltrog ‘ beim Trog bei der Mettle ’ (Täsch), bi / vnder dem Muntertrog ‘ beim / unter dem Muntertrog ’ (1702 u. später, Eischoll, unklar), zum Pflantschutrog ‘ der Trog beim Gebiet Pflantschu / Plantschu ’ (Oberems), zem Bickitrog ‘ Trog aus Holz oder Trog auf dem Steinpflaster (beim Stall) ’ (1578, Bister; 1578, Termen), ts Blaggjitrogji ‘ der kleine Brunnen bei der kleinen Felsplatte ’ (Mund), Boozetrogi ‘ der kleine Trog mit einem Gespenst ’ (FLNK, Niederwald), di Brunntreg ‘ die Tröge gespiesen von der Quelle / dem Brunnen ’ (Guttet), Bublet Trog ‘ der Trog beim Bublet (Ort mit Pappeln) ’ (Leuk), ts Burschttrog ‘ der (Brunnen-)Trog bei den Burschtjini (mit Riedgras bewachsene kleine Wiesen) ’ (Binn), ts Bättiltrogji ‘ der kleine Trog mit wenig Wasser / für die Bettler ’ (Ergisch), zum Riteschttrogji ‘ beim kleinen Trog im Gebiet Ritescht (am meisten gerodetes Gebiet / des gerodeten Gebietes) ’ (Hohtenn), der Salitrog ‘ der Trog beim Sali (Gebiet mit Salweiden) ’ (Grengiols), der Scheidtrog ‘ der Trog, in dem Molke abgekühlt wurde ’ (Ferden) (I D . 14, 651 s. v. Scheidtrog verweist auf den Trog, in dem beim Käsen Molke abgekühlt wurde), der Schärutrog ‘ der Trog mit einem Schutzdach ’ (Mund), Semsentrogli ‘ der kleine Trog beim Gebiet Sämsu (Kuh-Scheide? ) ’ (1713, Guttet), der Striitutrog ‘ der Trog (trogförmige Mulde) beim Gebiet Striitä (umstrittenes Gebiet) ’ (Gampel), der Waldtrog ‘ der Trog im Wald ’ (1833, Eisten und Grächen), der Wannuntrog ‘ der Trog (Tränkestelle) bei der Wanne (Mulde) ’ (Niedergesteln). Komplexere Formen sind z. B. der Rosmattutrog ‘ der Trog bei der Wiese bei den Roossen (Röstplatz für Hanf und Flachs) ’ (Grengiols), vnder dem Schwartzen Kescher Trogg ‘ Unter dem Trog bei der schwarzen Hütte ’ (1692, Filet), ts Chalberweidtrogji ‘ der kleine Trog bei der Weide für die Kälber ’ (Gampel) und weitere. Das HL T ROG tritt als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita vor allem in den Typen Trogmatta ‘ Wiese beim Trog ’ (rund 40 Belege inklusive Plurale und Diminutive) (C. S CHMID 1969, 86 schreibt, die Wäsche sei auf der Trogmatta beim Backhaus aufgehängt worden), Trogacher ‘ Acker beim Trog ’ (acht Belege) und Trogschlüecht ‘ die Gelädeeinbuchtung mit einem Trog / die wie ein Trog aussieht ’ (acht Belege) auf. Weitere Grundwörter sind Bodu, Brand, Brunnu, Dorf, Egg(a), Trog 383 384 <?page no="197"?> Graat, Grabu, Haalta, Hubel, Läger, See, Schiir, Schleif, Schnitta, Stafel, Stuck, Tola und Weid. Komplexer sind t Undru Trogachra ‘ die unteren Äcker beim Trog (Geländemulde) ’ (Embdt), den Wÿden Brunnen Trog ‘ der Trog beim Widenbrunnen (Ortsteil von Oberems) ’ (Oberems) und andere. Eine Ableitung auf - ERE weist di Trogere ‘ der Ort mit einem Trog ’ (Turtmann) auf (historisch immer Zen Trogeren, nur 1746 Zun Trogero), eine Kleinsiedlung bei Turtmann, wobei nur der Beleg von 1746 auf einen FaN Troger verweist; ob der Beleg Trogerro Alpa (1548, Turtmann) den FaN meint, ist unklar (cf. HL T ROGER (F A N)). Die gesprochene Form verweist auf eine Stellenbezeichnung (S ONDEREGGER 1958, 471). Eine andere Ableitung auf - ERNA ist belegt in di Trogerna ‘ das Gut beim Trog / der Leute mit dem Beinamen Trogi ’ (Törbel, 1519 auch in der Troggeren). Das Suffix - ERNA f. ist bei S ONDER- EGGER (1958) nicht belegt; hier belegt es wohl eine Zugehörigkeit zum Übernamen Trogi. Troger (FaN) Troger (FaN) ist zum FaN Troger (AWWB 264) zu stellen. Der FaN kommt als vorangestellter starker Genitiv vor in in der Trogers Ledy ‘ an der Ladestelle der Familie Troger ’ (1700, Ried-Brig), ts Trogersch Acher ‘ der Acker der Familie Troger ’ (Visperterminen), ts Trogersch Hüs ‘ das Haus der Familie Troger ’ (Birgisch). Im Genitiv Plural kommen vor Trogerro Alpa ‘ die Alpe der Familie Troger ’ (1548, Turtmann) und Throgerro Alpgÿ ‘ die kleine Alpe der Familie Troger ’ (1585, Oberems). Als Bestimmungswort ist Troger zu folgenden Grundwörtern belegt: Ledi, Pletscha, Matta und Wald. Troll Troll Adj., ‘ gross und rund ’ ist zu troll (I D . 14, 931) zu stellen. Das Lemma kommt vor in zum Trollen Fluotschin ‘ zur kleinen runden Fluh ’ (1657, Baltschieder) und in der Trollutschuggu ‘ der rundliche Fels ’ (Saas-Grund). Das Verb troole ‘ rollen ’ weist dagegen langes / o: / auf und muss trotz semantischer Nähe von troll getrennt werden (cf. HL T ROOLE ). Tromm Tromm Adj. ist ausschliesslich als Bestimmungswort belegt. In Stalden sind ts Tromgässi und die Tromgassen (1680) belegt. In Visperterminen kommen di Trommüra (3 Belege) und in Staldenried die Trommuren (1701 u. später) vor. In Glis ist 1860 u ᵕ nter dem Tromweg (1860) belegt und in Naters gibt es das Tromwasser (FLNK). Zwar stellt Z INSLI Trommgassu (Gressoney) vorsichtig zu schwdt. Trom(m) m. ‘ Holzstamm, Balken, Klotz ’ (I D . 14, 1002; Z INSLI 1984, 503). Unsere Belege verweisen aber eher auf das Adjektiv trom in der Bedeutung ‘ quer (verlaufend) ’ (I D . 14, 1014). Gemeint sind dann quer verlaufende Gassen, Wege und Mauern, sowie ein quer verlaufender Bach (oberhalb Blatten b. Naters). Tronchez Tronchez ist als zun Tronchez ‘ bei den kleinen Stämmen ’ (1492, Leuk) und ou Tronchet ‘ beim kleinen Stamm ’ (1653, Albinen; 1660 jm Tronchet) belegt. Vermutlich wurde der Beleg von Leuk als Plural verstanden, der von Albinen als Singular. Es handelt sich um eine Diminituv-Ableitung auf - ITTU von tronc ‘ Stamm ’ (FEW 13, 2, 339 f. s. v. tru ᵕ ncus) (cf. HL T RONG ). Trong Trong m. ist nach M EYER (1914, 100, 172) zu lat. TRUNCU ‘ Baumstamm ’ zu setzen; laut M ATHIER (2015, 75 f. mit Literatur) gehört es zu den Rodungsnamen. Das Simplex erscheint als in Trong ‘ beim gerodeten Feld ’ (Albinen, FLNK Trong), im Trong ‘ beim gerodeten Feld ’ (Salgesch, FLNK Trong; M ATHIER 2015, 75; die als Trang notierte Form ist ein Verleser zu Trong). Als Diminutiv im Singular ist ts Trongji ‘ das kleine gerodete Feld ’ (Leukerbad, FLNK Trongji; R. G RICHTING kennt zwei Trongji: Blatt 18, Nr. 17 (bei Flueh) und Blatt 4, Nr. 17 (bei Pfiess)) belegt. In Salgesch ist eine präpositionale Fügung belegt als rotam dov trong ‘ der Weg zum gerodeten Feld ’ (1494, Salgesch). Das Grundwort ist belegt in im Hasutrong ‘ das gerodete Feld mit Hasen ’ (Salgesch; M ATHIER 2006, 75), ts Kliibedronnji ‘ das gerodete Feld bei den Kliibe ’ (Varen, FLNK Kliibedronji). Als Bestimmungswort ist das HL in Trong Ru ᵕ ss ‘ der Wasserlauf beim gerodeten Feld ’ (1880 (ca.), Salgesch; bei M ATHIER 2015, 76 als Trongrüs) belegt. Zu anderen Belegen cf. HL T RONCHEZ . Unsicher ist, ob Planzadrong (1618, Albinen) hieher gehört. Es findet sich unter dem HL Z ADRONG ; zu beachten ist, dass in Albinen 1659 in Plan Gadrong (HL G ADRONG ) belegt ist. Es kann sich um einen FaN oder PN handeln. Troole Troole V., ‘ rollen ’ ist zum schwdt. Verb tr ō le n , tr ō lu n u. ä. ‘ (sich) rollend, fallend, (fort-) bewegen ’ (I D . 14, 887 ff.), Nomina actionis Tr ō l m. ‘ Sturz, Fall, das Fortrollen ’ , und wdt. troole, troolä, troolu ‘ kollern, rollen ’ (I D . 14, 885 ff.; G RICHTING 1998, 198) zu stellen. Das Simplex ist belegt in zúm Trolen (1791, Mund); die Rede ist von einer Wasserleite, die dorthin führt - unklar ist trotz der Schreibweise, ob das Nomen nicht besser 385 386 Troole <?page no="198"?> zum Adj. troll ‘ gross und rund ’ zu stellen wäre (cf. HL T ROLL ). Die Ableitung Trolera (Zeneggen, FLNK hat Troolera) ist seit dem 16. Jahrhundert in verschiedenen Formen wie jn der Trororlon (1518), jn der Trolernun (1546), in der Trolerrun (1634) usw. belegt. Die - ERRA -Ableitung, die hier zu Grunde liegt, wird häufig mit Pflanzennamen verbunden, sodass an die Trollblume (T ROLLIUS EUROPAEUS ) gedacht werden kann (I D . 14, 933 s. v. Trolle n ), obwohl der Name im Oberwallis sonst nicht belegt ist (vgl. aber L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 102) mit der Verbreitung im ganzen Alpenraum). Eine Ableitung von troole ‘ rollen ’ kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, vermutlich im Sinn von ‘ Ort, wo man hinunterrollen kann ’ . Das Partizip troolund ‘ rollend ’ ist in Troolund Grabo ‘ der Graben, durch den man hinunterrollen kann ’ (Ausserberg, Baltschieder, FLNK) vertreten. Die Siegfriedkarte verzeichnet am gleichen Ort in Ausserberg Trolerengrat; vermutlich versteckt sich auch hier das Partizip, auch wenn die Form eher an die Trolera erinnert. In zwei Belegen ist Trool- Bestimmungswort: di Troolbletscha ‘ die Ebene, auf der man rollen kann ’ (Wiler) und der Trouwäg ‘ der Weg, auf dem man rollen (stürzen) kann ’ (Ernen, FLNK). Kurzes / o/ kann in Komposita durch das sogenannte Brandstättersche Gesetz (Kürzung von Langvokalen in zwei- und mehrsilbigen Konstruktionen) erklärt werden. Trop Plein Trop Plein ‘ Überlauf ’ ist eine französische Schreibweise (für troplæ ̃ ) in Varen für den Überlauf der Wasserfassung, der in die Dala geführt wird. Formal lässt sich der Name in die Bestandteile trop und plein zerlegen, doch erklärt sich die Bedeutung der Kombination nicht aus den Elementen. Sie werden deshalb hier nur zusammen behandelt. Tropf Tropf m. ‘ Tropfen ’ und tropfe, tropfu ‘ tropfen ’ sind zum schwdt. Verb tropfe n , tropfu n wie nhd. ‘ tropfen, träufeln ’ . Tropf, Tropfe n m., Dim. im Wallis Tropfli, Tropfji, wesentlich wie nhd. Tropfen ‘ kleinste natürliche Form einer Flüssigkeit ’ , ahd. tropf(o), troffo, mhd. trop(fe) (I D . 14, 1273 ff.; G RICHTING 1998, 198) zu stellen. Das HL ist nur dreimal belegt und zwar als Adjektiv in ze Tropfinu Balmu ‘ Gebiet beim überhängenden Felsen, über den Wasser hinuntertropft ’ (Saas-Almagell), das zum schwd. tropfend (I D . 14, 1275) zu stellen ist, im Tropffelwerck (1747, Termen) ist wohl kein Flurname, sondern eine Vorrichtung, die bei der Salzgewinnung gebraucht wird (vgl. auch Gradierwerk im G R W B 8, 1691); allerdings kennt I D . den Ausdruck nicht. Eine Ableitung sind di Tropfre ‘ Felsen, von dem stets Wasser träufelt ’ (Randa). I D . kennt diese Bildung auf - ERE (S ONDEREGGER 1958, 471) für tropfe nicht. Tröst Tröst erscheint nur in zwei historischen Belegen aus Bellwald: in oder u ᵕ nder der Tröstbodmen (1824), in der Tröstbodmen (1847). Die Formen sind problematisch, weil der Artikel der hier eigentlich nur den Dativ Singular Feminin bezeichnen kann. Das Grundwort Bode aber ist maskulin, und Bodmen ist ein Plural! Es ist denkbar, dass der Schreiber eine hdt. Form produziert hat, die eigentlich einen Singular meint. Das Bestimmungswort Tröst seinerseits ist unklar. Ein / ö/ ist in diesem entrundenden Dialekt offensichtlich hyperkorrekt; es muss ein / e/ angesetzt werden. Das auslautende / t/ von Tröst kann einen Übergangslaut meinen. Das nächstliegende Wort wäre dann etwa Tresch-Boden ‘ der Boden, auf dem man Getreide drischt ’ . C. S CHMID (1968, 185) kennt für Bellwald Dreschera ‘ die Drescher ’ , doch kommt das HL sonst nicht in Flurnamen vor. Möglich ist auch, dass anlautendes / t/ einen assimilierten Artikel darstellt, sodass das HL R ÖST wäre. Die Deutung ist jedoch sehr spekulativ, da ein HL dieses Typs nicht belegt ist. Trotti Trotti n. ist nur einmal belegt als ts Trotti (Ausserberg), wohl ein Diminutiv auf - I . Historisch ist es 1814 als in den Trottinen bezeugt. Ein Diminutiv zu schwd. Trotte n f. ‘ Kelter, Traubenpresse, meist mit zugehörigem Raum, auch Obstpresse ’ und ‘ Presse für Ölfrüchte ’ , ahd. trota, mhd. trot(t)e (I D . 14, 1534 ff.) kommt nicht in Frage, da der Worttyp im Wallis unbekannt ist, wo Triel m., Driel m., Drielti n. verwendet werden (E GLI 1982, 235 f., 246 f.; SDS 8, 203 f.). Am nächsten würde ein Diminutiv zu Trott ‘ gemächliche Gangart ’ (I D . 14, 1531; G RICHTING 1998, 198 ‘ Trab, Eile ’ (! )) in Frage kommen, doch ist die Motivation unklar; vielleicht ein Ort, der einen gemächlichen Schritt verlangt? Laut K LUGE / S EEBOLD ( 25 2012, 932) ist das Wort aus dem Italienischen für eine Gangart von Pferden entlehnt. Trub- Trubhori ist der Name einer Voralpe, benannt nach schwdt. Trupp-, Trubhorn n. ‘ Blashorn der Schaf- und Ziegenhirten ’ , Verb trube n ‘ ins Horn blasen, um die Herde einzusammeln ’ (I D . 2, 1624; I D . 14, 220), G RICHTING (1998, 199) nennt es ‘ Bockshorn ’ . Wohl nach der Form des Horns benanntes Gebiet. Das bernische Trub (K RISTOL ET AL ., 2005, 886) gehört nicht hieher, da es dialektal einen Diphthong / ue/ aufweist und zu einem Bachnamen gestellt ist. Trop Plein 387 388 <?page no="199"?> Truble Truble pl., ein Plural mit frpr. Wurzel, bezeichnet zunächst eine Alpe (Leukerbad, Inden) (bei G RICHTING 2003, Blatt 6 als Trublä), historisch die Trúblen (1834, Varen), wozu die Namen Trubilstock (Varen, LT Trubelstock, FLNK Trubelstock / Trubilstock, SK Trubelnstock) (Gipfel auf 2999 m), Trubelbodu (Inden), Trubilbodu (Varen) und der Trublutritt ‘ der Tritt (Durchgang) zur Alpe Truble ’ (Leukerbad) zu stellen sind. Die älteren historischen Belege zeigen einen Typ *stroble, den T AGMANN (1946, 3 f.) auf lat. TURBULU ‘ getrübt (vom Wasser) ’ zurückführt, während H UBSCHMIED (1938, 88) an den Wildstrubel denkt und dt. Strubel ansetzt. Dagegen ist T AGMANN s Deutung mit einem agglutinierten Pluralartikel für die Formen mit anlautendem / s/ sinnvoller. T AGMANN nimmt an, dass der Bachname, der bei ihm tropla (Mollens) und ž etroble (Miège) heisst, den Namen begründet. Deswegen sind auch Truble und Trubelstock daraus abzuleiten. In den älteren Belegen ist der Bach auch für unser Gebiet bezeugt: torrens de Estroble (1486, Salgesch, Varen), (torrens) Destroble (1490, Salgesch), gollia de Stroples (1484, Salgesch), gollia de estrobles (1542, Inden, Varen). Der Alpname ist als les Strubles (1587, Varen) belegt. Vermutlich das Trubelhorn ist in ad Corne de Struples (1484, Varen) gemeint. Die fpr. Belege weisen für unser Gebiet immer das anlautende / s/ an; die lebenden Belege kennen es jedoch nicht. Man darf deswegen davon ausgehen, dass TURBULU ‘ trüb (vom Wasser) ’ den Ausgangspunkt bildet. Truck Truck ist in di Truckleitig (Turtmann) belegt. Es handelt sich um eine Druckleitung des Wassers vom Kraftwerksee in Oberems hinunter zum Kraftwerk Milachru westlich von Turtmann. Das HL ist zu schwdt. Druck II, wesentlich wie nhd. ‘ Druck ’ und wdt. Trukk, Drukk ‘ Druck, Völlegefühl ’ (I D . 14, 771 ff.; G RICHTING 1998, 199) zu stellen. Trucken Trucken pl. ‘ die Schlunde ’ ist nur 1544 in Unterbäch als in den Trucken belegt. Es geht um einen Acker im Gebiet zen Finillon (heute Finile). Am nächstliegenden wäre schwdt. Trucke n bzw. Trugge f. ‘ viereckiger, auch rundlicher, meist mit Deckel versehener Behälter ’ auch FlN und wdt. Trukka, Trikkä (Goms), Trikka (Saastal), Trukku ‘ Schachtel ’ (I D . 14, 839 ff. bes. 850), doch scheint es inhaltlich nur schwer mit einer Flur verbindbar. Von der Form her könnte eher ein umgedeutetes Itruck ‘ (wörtlich) das Wiederkauen des Rindviehs ’ (I D . 1, 603; R ÜBEL 1950, 22) gemeint sein, im Sinne von: ‘ wo die Kühe wiederkauen ’ . I D . selbst gibt an der Stelle als umgedeutete Form indruck ‘ Schlund ’ , die wir so im Plural übernehmen. Trucyel (PN) Trucyel (PN) ist nur einmal 1437 in Agarn als pratum trucýel ‘ die Wiese des Trucýel (PN) ’ belegt. Es handelt sich vermutlich um einen PN oder FaN. Das in FEW (23, 47) erwähnte mfr. trucier ‘ brûler ’ ist kaum gemeint. Der unter dem HL T RUTSCHARD (F A N) erwähnte Familienname könnte mit einer Diminutivendung auf - ELLU (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) gemeint sein; diese Deutung ist aber sehr spekulativ. Trüeb Trüeb ist nur als Bestimmungswort oder Adjektiv in Komposita vertreten. Es ist zu schwdt. Trueb m. ‘ Trübung im Seewasser, unreine Gewässer ’ oder trüeb Adj. ‘ trüb (vom Wasser) ’ (I D . 14, 221 u. 222, sp. 227 f. auch Ortsnamen) zu stellen; G RICHTING (1998, 197) kennt wdt. trieb, triäb ‘ trübe ’ mit Entrundung. Belegt ist einerseits ts Trüebuti ‘ das trübe Seelein ’ (Niederwald, auch FLNK), das auf SK Trübensee heisst, und anderseits t Triebseelicke ‘ die Lücke (Fusspass) von der Grimsel zum Triebtenseewli (Berner Gebiet; LT Triebtenseelicke) ’ (Obergesteln). / t/ in den Berner Belegen auf LT vertritt ein Partizip Perfekt ‘ das getrübte Seelein ’ (I D . 14, 227, mit Dank an T HOMAS F. S CHNEIDER vom Berner Namenbuch für die Information). Die Formen mit / ie/ gehen auf eine Entrundung zurück (vgl. oben G RICHTING 1998). Das bernische Trub (K RISTOL ET AL ., 2005, 886) gehört mit dem Dipthong / ue/ hieher; es wird zum Bachnamen Trueb gestellt. Truffer (FaN) Truffer ist ein im Wallis verbreiteter FaN (AWWB 265 f.), ursprünglich aus dem Nikolaital. Belegt ist er in fünf Namen: des Truffers Gru ᵕ ndt (1562, Brigerbad), im Tru ᵕ ffer Wald (1859, Glis), ts Truffermattu ‘ zu Truffermatten; zu den Wiesen der Familie Truffer ’ (Randa), ts Truffers Ischlag ‘ der Einschlag (gerodete Fläche) der Familie Truffer ’ (Staldenried) und ts Truffisch Egg ‘ die Ecke der Familie Truffer ’ . Die Form Truffisch ist ein Genitiv Singular des rückgebildeten Kosenamens Truffi (< Truffer). Trug Trug ist in der Trubberg (Fieschertal; LT und SK Trugberg; FLNK Trüegbärg) belegt. Der Gipfel wurde von E. D ESOR 1841 (W ERLEN 2008, 591) so benannt, weil er ihn mit der Jungfrau verwechselt habe. Das HL ist zu hdt. Trug ‘ Betrug, Täuschung, falscher Schein ’ (G R W B 22, 1245 ff.) zu stellen. Der FLNK-Beleg ist eine Umsetzung in den 389 390 Trug <?page no="200"?> walliserdeutschen Dialekt zu einem sonst nicht belegten Wort Trüeg ‘ Trug ’ . Trullu Trullu Adj. ist zu schwdt. Adj. trull ‘ rund ’ (I D . 14, 939) zu stellen; G RICHTING (1998, 199) kennt nur das Verb trullu ‘ einrollen ’ . Das Adjektiv ist nur in ts Trullustei ‘ beim runden Stein ’ (Mund) belegt. Die historischen Belege zeigen, dass das Wort wohl nicht mehr verstanden wurde. Trümbeer Trümbeer m. ‘ der Trümbeer ’ ist nur einmal historisch in Bister 1833 belegt als der Trümbeer. Laut Dokument handelt es sich um einen Acker. Das maskuline Genus verbietet einen Anschluss an Berr ‘ Beere ’ . Am nächstliegenden ist wohl eine - ER -Ableitung (Nomen actoris) zu wdt. Trumma ‘ Trommel ’ (G RICHTING 1998, 199), also Trummer ‘ Trommler ’ (I D . 14, 1025, Wallis ist angegeben). Es könnte sich dann um einen Acker handeln, der einem Trommler gehörte. Die Schreibweise macht deutlich, dass der Name für den Schreiber nicht durchschaubar war; darum ist die Deutung unsicher; vgl. aber auch HL T RUMMÄR . Trümel Trümel, auch Trimmil ist zu schwdt. Trümel (I D . 14, 1029) ‘ Holzstamm, Rundholz ’ zu stellen, wohl für Orte, wo Holz heruntergeschleift wird. Das Simplex kommt im Plural als Trimmja, Trimmje (Steg, Hohtenn, wohl der gleiche Ort) vor. Adjektivische Bildungen sind t foodru Trimmje und t indru Trimmje (beide Hohtenn). Als Bestimmungswort erscheint es im naheliegenden Trimmileggi ‘ die kleine Ecke bei den Trimmje ’ (Hohtenn). Historisch belegt ist der Trümmelgraben (1530, Visp). Zu vergleichen ist das gleichbedeutende Trämel (cf. HL T RÄMEL ). Trümet Trümet ist nur 1857 in Filet als Trümetkinn Graben belegt. Während das HL G RABU gegeben ist, bleibt Trümetkinn unklar. Es kann sich entweder um ein Diminutiv zu Trümet oder um ein HL C HI (Schlucht) mit einem Adjektiv oder Bestimmungswort Trümet handeln. Im I D . (14, 1002 ff.) ist nur das Nomen Trom u. a. ‘ Bruchstück, Trümmer ’ das in der Anmerkung älter auch mit -uerscheint. Bei den Flurnamen ist jedoch das Oberwallis nicht belegt. Die Form mit - ETLI / - ETJI für den Diminutiv ist in SDS (3, 156) bezeugt, wenn auch nicht für den vorliegenden Namen. Trümetkinn kann also ‘ die Schlucht mit Trümmern ’ oder ‘ die kleinen Trümmerstücke ’ meinen; die Deutung ist jedoch unsicher. Trummär Trummär ist in uf Trummärsch Boord ‘ auf dem Bord (Abhang, Böschung) des Trommlers (unklar, ob PN, Funktion oder Metapher) ’ (Wiler) belegt. Das HL ist zu schwdt. Trummer m., Nomen agentis zu trummen ‘ die Trommel schlagen ’ , ‘ Trommler ’ (I D . 14, 1025 f.) belegt. Das wdt. Gegenstück für die Funktion des Trommlers ist normalerweise Tamb ū r oder Tambor (I D . 12, 1873) (mit Zweitbetonung), sodass wohl eher von einem PN auszugehen ist. Der Genitiv deutet darauf hin, dass es sich um einen Besitzer oder Nutzer handelte; ev. ist das HL T RÜMBEER hieher zu stellen. Trummen Trummen ist nur 1527 in Ergisch als Trúmben Bach und 1527 in Turtmann als Trummenbach und Trumbenbach belegt. Es handelt sich in den Dokumenten um den gleichen Bach. Das HL ist zu schwdt. Trumme n Musikinstrument ‘ Trommel ’ , mhd. trumme, trumbe, trumpe und wdt. Trumma, Trumlä (Goms), Trumm (Lötschtal), Trummu ‘ Trommel ’ (I D . 14, 1018 ff.; G RICHTING 1998, 199) zu stellen. Das Geräusch des Baches wirkt auf das Gehör wie Trommelschläge (I D . 4, 952). Trussel Trussel ist nur in Ernen 1466 als an den Tricselschleiff, 1714 in den Trusselschleif und 1826 an den Trusselschleif ‘ an / in den Schleif bei einem Felsbrocken (? ) ’ erwähnt. Die Belege sind unsicher, da 1466 ein / i/ enthält, das auf Entrundung hindeutet, die aber erst ab ca. 1500 nachweisbar ist; falls das Dokument eine Kopie aus der Zeit nach 1500 ist, wäre die Form erklärt. Die späteren Belege enthalten kurzes / u/ , was ein Wort wie Trussel nahelegt (I D . 14, 1336), das allerdings als ‘ Schlag ’ unsicher und nicht für das Wallis belegt ist. Stärker belegt ist schwdt. Trüssel bzw. Trissel, Trissil, in FlN ‘ grosser, unförmiger Gegenstand ’ z. B. ‘ Felsbrocken, ausgegrabener Baumstrunk ’ (I D . 14, 1336). G RICHTING (1998, 198) kennt Trissl, Trissäl oder Tressäl (Goms), Trissul (Mattertal), Trissel (Saastal), Trissil ‘ Trottel ’ . Trotz Bedenken wegen der Bedeutung wird die Deutung als unklar angenommen. Trutschard (FaN) Trutschard ist als FaN Trutschard (AWWB 265 s. v. Trossardi), Familie aus Leuk belegt. Der Name kommt bei uns als Flurname Trutscharte (FLNK) vor. Historisch ist Trútschardigen Weingarten ‘ der Weingarten der Familie Trutschard ’ (1709, Leuk) belegt; die Form enthält die - IG -Ableitung für Kollektiva bei Familiennamen. Der Flurname bezieht sich auf den FaN, ohne dass dieser noch bekannt wäre. Z IMMERLI (1899, 62) kennt den Flur- Trullu 391 392 <?page no="201"?> namen und bezeichnet ihn als romanisch, ohne eine Deutung zu geben. Truttmann (FaN) Truttmann FaN ist nur 1560 in Täsch als Druthmans Bachtolla ‘ die Wasserrinne des Druthman (ev. FaN Truttmann) ’ belegt. Der FaN ist als Triebmann, Trulman, Trübenmann usw. in Zermatt und Visp im 14. bis 16. Jahrhundert belegt. Der PN erscheint bei F ÖRSTEMANN (1, 352) als Truhtmann. Es könnte sich also um einen FaN oder PN in Täsch handeln, das sich im Mattertal befindet. Das F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (3, 1868) kennt die FaN Trutmann und Truttmann im Wesentlichen für die Kantone SZ und UR, nicht jedoch für das Wallis. Trützi Trützi n. ist ein Alpname in Geschinen, wozu sich Trützialp (FLNK), der Trützibach, der Trützipass, der Trützisee und Trützital (LK, SK) (alle Geschinen) gesellen. Historisch ist das HL auch in Ulrichen als Tru ᵕ cin (1462 u. später) belegt. Die Lautung ist sehr unklar: normalerweise würde ein mhd. / ü/ zu / i/ entrundet. Der Beleg von 1562 in Ulrichen zeigt allerdings ein / u/ . Das folgende / i/ in der Nebensilbe würde ein später entrundetes / ü/ , also *Tritzi ergeben haben, was jedoch nicht der Fall ist. Man muss darum von langem, geschlossenen / u: / ausgehen, das zuerst zu / ü: / palatalisiert und dann zu / ü/ gekürzt worden wäre. Dafür spricht das geschlossene / ü/ von ts Trütsi (Geschinen). I D . führt den FlN Trützi in Geschinen unter dem Stichwort Trutz m. ‘ Trotz; Eigensinn, Widerspenstigkeit ’ auf, jedoch mit dem Vermerk, dass der Name wohl kaum hierher gehöre (I D . 14, 1673 ff., bes. 1676). Zu vermuten ist, dass ein mhd. trût ‘ traut ’ zu Grunde liegt, ev. in der Form Trût-is-i (I D . 14, 1547). Der Alpname wäre dann zu verstehen als ‘ die traute Alp ’ - ursprünglich ein Feminin, das als Diminutiv reanalysiert wurde. Trutzur Trutzur ist nur 1699 in Varen als jm Trutzur ‘ beim schroffen Fels ’ belegt. Trotz der deutschen Präposition liegt wohl ein romanisches Etymon zu Grunde. B OSSARD / C HAVAN (2006, 254) verweisen unter Truche auch auf Troutse ‘ schroffer Fels ’ und stellen es nach FEW (13, 2, 326 ff.) zu *tr ŭ dicare stossen. Die Endung auf / -ur/ deutet auf eine Ableitung, deren genaue Form jedoch unklar bleibt. Trüübi Trüübi n. ist nur einmal in Obergesteln als ts Trüübi (auch FLNK) belegt. Die historischen Belege haben 1834 im Truby und 1866 im Trübi. Die Lage und die Höhe verbieten eine unmittelbare Deutung zu schwdt. Trube n m. ‘ Frucht der Weinrebe ’ , Dim. ‘ Blüte, Frucht anderer Pflanzen spez. Johannisbeere, Traubenhyazinthe, Weinbergslauch ’ (I D . 14, 189 ff.), das im Wallis normalerweise als Triibel (G RICHTING 1998, 197 s. v. Triibl) erscheint; wenn jedoch eine andere Pflanze, die auf dieser Höhe wächst, gemeint ist (z. B. Johannisbeere, vgl. L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 166 s. v. R IBES ALPINUM ), würde diese Deutung eine Rolle spielen. Trüüläte Trüüläte ist nur in Varen als Trüüläte ‘ die kleine Kelter ’ oder (sofern kollektiv) ‘ das Gebiet, wo man keltert ’ belegt. Die Notation von M. S. ist unsicher; / t/ , beim zweiten Mal / d/ , sind in Klammern, beim dritten Beleg fehlt die Klammer. Es ist deswegen unklar, ob das anlautende / t/ einen bestimmten Artikel vertritt. FLNK und LT haben jedoch Trülete. Historische Belege fehlen. Es ist deswegen davon auszugehen, dass afrz. truil ‘ Kelter ’ (FEW 13, 2, 39s. s. v. t ŏ rcu ᵕ lum; B OSSARD / C HAVAN 2006, 226; zur Sache E GLI 1986, 235 ff.; das ‘ deutsche ’ Wort heisst Triel) zu Grunde liegt. In Varen ist lautlich vom frz. Wort auszugehen. Da sich das Gebiet deutlich ausserhalb der alten Gemeinde Varen befindet, ist unklar, ob es sich tatsächlich um eine Kelter handelt, oder ob einfach das Gebiet danach benannt wird. Tsängle Tsängle ist einerseits in Leukerbad als di Tsängle ‘ das Felsband ’ belegt, anderseits 1404 in Albinen als Zenglo Eymons ‘ das Band des Eymon (PN) ’ . Für Leukerband kennt es R. G RICHTING (Blatt 2, Nr. 14) als Zänglä. Es handelt sich in beiden Fällen um cingula gürtel (FEW 2, 681 ff., bes. 683), wohl mit der Bedeutung “ chaîne des rochers ” (vgl. dazu auch M URET 1912, 9, fn. 1 und B OSSARD / C HAVAN 2006, 246 s. v. Cinglo ‘ vire ’ (= Felsband)). Tschaablu Tschaablu ‘ Schleif ’ erscheint in vlat. Form als cabulum, in Patois-Form als chabloz u. ä. und in angepasst deutscher Form aus dem Frpr. als Tschaablu u. ä. Wie FEW (2, 483 s. v. katabole das niederwerfen) zeigt, wird die Form châble (FEW 2, 484) und Verwandte für ‘ (Holz-)Schleif ’ , also ein ‘ glissoir ’ , eine schnelle Bahn für Holzstämme und ähnliches gebraucht. B OSSARD / C HAVAN (2006, 164) weisen Châble, Chabloz und Châblet als Flurnamen für solche Schleife nach. Zunächst ist das Simplex für das vlat. cabulum in de cabulo (1490, Albinen) bezeugt, gemischt sind lat. cabulum und frpr. ol chablo ab 1337 in Varen und im 14. Jhdt. in Ergisch belegt, blosses ol chablo ist 1242 in Erschmatt bezeugt, in Salgesch erscheint ab 1346 lo chabloz (später 393 394 Tschaablu <?page no="202"?> andere Schreibweisen, darunter jn cabulis) und schliesslich lebend di Tschaable (Inden, Leuk), Tschaablu (Leukerbad; bei R. G RICHTING 1993, Blatt 9, Nr, 59 und Blatt 10, Nr. 9 als Tschablu). Vermutlich gehört auch yschabloz (1568, Salgesch) hieher, wo die Präposition y an den Flurnamen agglutiniert wurde. Ein einziger Genitiv Plural kommt 1353 in Turtmann als iuxta viam cabulorum ‘ neben dem Weg von / zu den Tschaablu ((Holz-) Schleife) ’ vor. Mit einem attributiven Adjektiv erscheint chabulum communem (1346, Salgesch), das auch als lo chabloz communes (1346, Salgesch) belegt ist, also ‘ der Schleif, der der Gemeinde gehört ’ (eigentlich: der Schleif, den alle benützen können). Auch in Leuk ist 1653 cabulum commune ‘ der Schleif, der der Gemeinde gehört ’ belegt. Ebenfalls in Leuk ist 1732 in tertio Cabulo ‘ beim dritten Schleif ’ bezeugt, wo wohl ein Thurrili ‘ kleiner Turm ’ einen kleinen Felsturm meint, der im Schleif stand. Ein nachgestelltes Adjektiv scheint in ad cabulum plan ‘ bis zum ebenen Schleif (? ) ’ (1721, Varen) vorzuliegen; das hier vertretene plan kann aber auch ein Nomen ‘ Ebene ’ sein. Mit einem präpositionalen Genitiv erscheint lo chablo dol sallent ‘ der Schleif beim Gebiet Sallent ’ (1328, Ergisch). Ähnlich ist cabulum dou plagnoul ‘ der Schleif von / zu einer Ebene ’ (1328, Ergisch, cf. HL P LAGNOUL ) zu verstehen. Ein weiterer Beleg ist cabulum du warnÿ ‘ der Schleif bei den Erlen ’ (1602, Albinen; cf. HL W ERNI ). In Salgesch ist 1494 cabulum de la coliery ‘ der Schleif beim steilen Abhang ’ belegt; M ATHIER (2015, 48) kennt Goliiri, folgt aber nicht der Deutung von T AGMANN (1946, 16 u. Ms. 37 f.), sondern nimmt eine Herkunft von colyrus ‘ Haselnuss-Strauch ’ an; J ACCARD (1906, 99 s. v. Colluaire) hat keine Lösung. B OSSARD / C HAVAN 2006, 246 s. v. Coluire folgen der Deutung T AGMANN s, die wir hier auch annehmen. Die Lemmatisierung der Beispiele in Ergisch (13. Jh.) als Cabulo Liischtu entspricht nicht den Belegen, die alle in listis de cabulo (13. Jh.), eys listes dol chablo (1328) und es listes dou chablo ‘ beim Bord des Holzschleifs ’ (1328) aufweisen, also das HL als Genitiv aufweisen. Ebenso ist in campis dou chablo ‘ bei den Felder beim (Holz-)Schleif ’ (1330, Leuk) zu behandeln. Weiter ist belegt: in cliue dou chano (? ) (1353, Salgesch), das 1579 als y cliwez dov chabloz ‘ der Abhang beim Schleif ’ erscheint, also chabloz ‘ Schleif ’ enthält. M ATHIER (2015, 54) kennt Kliiwe und Kliiwuschleif, also die deutsche Form ‘ Schleif ’ . 1328 ist in Ergisch en loy dol chablo ‘ bei der Wasserlache des Schleifs ’ bezeugt. Die Reihenfolge von Bestimmungswort und Grundwort ist im Französischen und Frankoprovenzalischen unklar. Es sind belegt: in cabulo mulin ‘ im Schleif der Mühle ’ (1494, Salgesch; bei M ATHIER 2015, 51 zitiert als “ in rabulo mulin ” ), ad cabulum Mangein ‘ beim Schleif des Mangin / der Familie Mangin ’ (1721, Varen) enthält wohl einen PN oder FaN. Als Bestimmungswort im Deutschen ist das HL in einem seltsamen Beleg notiert. M. S. hat ts Tschaabuloch und fügt als Deutung der Gwp. bei "Hier übernachten die <tschaaben>: Bergdohlen". R. G RICHTING (1993, Blatt 5, Nr. 17 und Blatt 7, Nr. 9) kennt die gleiche Stelle als Tschabluloch, stellt es also zum HL T SCHAABLU ‘ (Holz-) Schleif) ’ . Die Deutung der Gwp von Tschaabu für Bergdohlen lässt sich nicht belegen. Eine Mehrfachbildung ist in der Grächtschabluhubil ‘ der Hügel beim Schleif der Grächta (Grat, Krete) ’ (Leuk, FLNK Grächttschaabuhubil), laut der Beschreibung ein Tannenwald auf dem Schutthügel des Illgrabens. Die Form tschaabu (FLNK) bezieht sich hier kaum auf Tschaabu ‘ Bergdohle ’ , sondern lässt sich als Vereinfachung zum HL T SCHAABLU ‘ Schleif ’ deuten. Tschaabu Tschaabu ist nur einmal belegt in ts Tschaabuloch (Leukerbad). Die Gwpp. deuten es als ‘ Bergdohle ’ und das Kompositum als ‘ Höhle für die Bergdohlen ’ ; wir können diese Deutung bisher nicht bestätigen. In G RICHTING (1993, Blatt 5, Nr. 17) steht Tschabluloch. Es wird hier also zum HL T SCHAABLU ‘ (Holz-)Schleif ’ gestellt. Zu vermuten ist, dass eine Vereinfachung von Tschaabluloch zu Tschaabuloch vorliegt. Tschaaffe Tschaaffe ist als di Tschaaffe ‘ die warmen Stellen ’ (Varen, auch FLNK und LT) belegt. Die historischen Belege von 1654 haben Tschaffa, im gleichen Jahr jm Schauo, 1675 in die Schaffa und 1679 in d Schaffa. Die Flur liegt am unteren Teil des Gulantschi (Bach) zwischen Varen und Salgesch auf ca. 660 m. Beschrieben wird die Flur als Reben. Und weiter: Kleiner Rücken und Mulde. Es ist wohl zu lat. calefacere wärmen (FEW 2, 78 ff.) zu stellen und meint wohl eine warme Stelle. Tschaanu Tschaanu ist belegt als zum Tschaanu (Varen; FLNK Tschaane). Es handelt sich um Reben auf ca. 680 m an der Gemeindegrenze zu Salgesch. Laut SK befindet sich die Flur direkt an der alten Strasse von Varen nach Salgesch. Die Form scheint eine Endung / NE / zu enthalten, die bei einer Ableitung von campus nicht möglich ist. Könnte also ein PN zu Grunde liegen, das frz. Jean hiesse? Die Frage lässt sich nicht beantworten und deswegen bleibt die Flurbezeichnung ungedeutet. Tschaabu 395 396 <?page no="203"?> Tschaarlu Tschaarlu ist in ts Tschaarlubodi ‘ der kleine Boden, wo das Vieh geteilt wurde ’ (Ried-Brig; FLNK Scharlibodo) belegt. Laut Beschreibung ist <tschaarlu> ein Verb für ‘ das Vieh teilen ’ . Das Verb ist als tscharle n , tscharlu n ‘ die gemeinsam gesömmerten Schafe im Herbst auf die einzelnen Besitzer verteilen ’ (I D . 14, 1796) belegt. Tschaat Tschaat kommt nur in Planitschaat (Varen) vor, einem Teil der Varneralp. Es handelt sich um ein Kompositum von plan ‘ eben ’ und dem frpr. ts ā t ‘ die höchst gelegene Weide ’ (nach T AGMANN 1946, 46), das üblicherweise auf * CALMIS ‘ nicht bebautes oder bebaubares Feld ’ zurückgeführt wird. Hiervon wird auch das im Oberwallis gebräuchliche Gale abgeleitet (cf. HL G ALE ). Zu deuten ist Planitschaat als ‘ hochgelegene, ebene (Alp-)Weide ’ . Tschäb tschäb ist ein Adjektiv, das zu schwdt. Adj. tschëb, tschäb (bzw. -p) ‘ schief, schräg, krumm; quer verlaufend ’ und wdt. tschäb ‘ schief, schräg ’ (I D . 14, 1687; G RICHTING 1998, 199) zu stellen ist. Belegt ist es in dr Tschäb Grabem ‘ der schiefe Graben ’ (Ferden) und dr Tschäb Wäg ‘ der krumme, schiefe Weg ’ (Blatten). Tschabonet Tschabonet ist in Inden als ts Tschabonet mit Erstbetonung belegt; FLNK hat Zabonet, das auch M ATHIEU (2006, 13) für Albinen kennt. In Inden ist weiter Zabonetweg ‘ der Weg vom / zum Zabonet ’ belegt. Wie unter dem HL S ABONET für Albinen ausgeführt, ist die Endung ein Diminutiv auf lat. - ITTU ; als Nomen kommt entweder lat. SABUCUS ‘ Holunder ’ (FEW 11, 6; M EYER 1914, 105), also etwa ‘ das kleine Gebiet mit Holunder ’ , oder lat. ( JUNIPE- RUS ) SABINA ‘ der Sefistrauch ’ (FEW 11, 5), also etwa ‘ das kleine Gebiet mit Sefisträuchern ’ in Frage. Beide Pflanzen sind auch in L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 1000 und 92) belegt. Wahrscheinlicher ist die zweite Herleitung. Tschache Tschache ist nur einmal belegt in im Verbotte Tschache ‘ im verbotenen kleinen Gehölz ’ (Geschinen). Es ist zu schwdt. Schache n , Tschache n m. ‘ kleines Gehölz, kleine, vereinzelte Waldparzelle ’ , ahd. scahho, mhd. schache ‘ einzeln stehendes Waldstück, Vorsaum eines Waldes ’ (I D . 8, 102 ff.) zu stellen. Tschache ist durch Affrizierung von anlautendem sch- > tschentstanden. Gwp. ist nicht sicher, ob hier eine Aufforstung gemacht und darum der Weidgang verboten gewesen sei. Die Deutung von Verbotte ‘ verboten ’ ist unklar. Tschachte Tschachte (pl.) stammt aus dem frkpr. Patois. Laut G PSR 3, 429 - 431 (s. v. Château, frpv. tsaté), wohl mit der Bedeutung ‘ Sommet d'une montagne de forme arrondie ’ (430) oder ‘ Tas, morceau de pierre, de débris ’ (430). Das inlautende -cherklärt sich aus der Entwicklung von -stzu -chtin den alemannischen Dialekten des unteren Oberwallis (siehe T AGMANN 1946, 7). Das Lemma kommt in Leukerbad und Varen vor; in Varen mit Hinner Tschachten ‘ hinter den Tschachten ’ und Tschachtuhubil ‘ Hügel bei den Tschachten ’ . Tschachtela (Salgesch) dagegen gehört zu châtelard ‘ château fort ’ (G PSR 3, 432) (cf. HL C HASTELAR ). Tschaetu Tschaetu, auf LK Tschajetu ist in Varen belegt, einmal als di Tschaetä (wohl Plural) und, davon abgeleitet, Tschaajetutotz ‘ der (Fels-)Totz bei der Alpe Tschaajetu ’ und das Tschaetuhoru / Tschajetuhorn (LT). Der Name muss romanisch sein; das Fehlen jeglicher historischer Belege macht eine Erklärung aber obsolet, auch wenn der Anlaut u. U. zu tsa < lat. CAMPUS ‘ Feld ’ zu stellen ist. Tschafel Tschafel, heute Tschafil ist der Name einer Alpe im Turtmanntal auf dem Gebiet der Gemeinde Ergisch. Der Name ist romanisch und könnte auf frkpr. ts ā blo ‘ Schleif ’ < lat. CATABULUM (M EYER 1916, 162; T AGMANN 1946, 65) zurückgehen, wenn man annimmt, dass intervokalisches / b/ zu / f/ spirantisiert wurde. Das Simplex Tschafil (Ergisch) ist historisch als Chaffel (1546), später als Z'Schofol (1706) und Tschaffoll (1727) belegt; trotz der Schreibvarianten ist immer eine Struktur Tschafel erkennbar, mit wechselnden Neben- und Hauptvokalen. Zu Tschafil gibt es ein Namennest mit Tschafilbach, Tschafiltschuggu, Tschafilvorsaas, Tschafelwald, Tschafilwang und komplexeren Tschafil der Ober Stafil und Unner Tschafel (SK, wohl zu verstehen als ‘ der untere Stafel der Alpe Tschafil ’ ). Unklar ist, ob die historischen Belege zen Tschaffnetten (1634, Ergisch) und auff Tschaffletun (/ Tschapsletun? ) Eggún (1745, Ergisch) hieher gehören. Im zweiten Fall ist die Lesung unsicher; im ersten fehlt ein / l/ . Tschafinu in Leukerbad gehört nicht hieher; dort ist aber Tschablen zu frkpr. ts ā blo belegt. Tschagging Tschagging ist 1702 in Leuk als jm Tschagging belegt. Es handelt sich um eine Wiese. Vermutlich ist der Beleg verschrieben oder verlesen für das besser belegte Tschapping ‘ im Tannengehölz ’ (cf. HL T SCHAPPING ). 397 398 Tschagging <?page no="204"?> Tschal Tschal f. ist nur in Leukerbad als di Tschal belegt; LT hat ebenfalls Tschal, FLNK Tschaal. R. G RICHTING (1993, Blatt 17, Nr. 10 und Blatt 18, Nr. 12) kennt es als Tschal. Es handelt sich um eine Alpe östlich von Leukerbad auf rund 2500 m unterhalb des Ferdenrothorns. Es dürfte sich um eine Agglutination des femininen Artikels an eine Weiterentwicklung zu *sal (anfrk.) einraumhaus (FEW 17, 8 ff) handeln, hier zu verstehen als ‘ saalartige Alpe ’ . Vergleichbar ist HL S ALL , das neben einer Baute auch als Flurname auftritt; die feminine Form Tschal entstammt jedoch dem Frpr. š ala vgl. M EYER (1910, 84 u. 171) und T AGMANN (1946, 81). B OSSARD / C HAVAN (2006, 219) erwähnen u. a. Sales zu diesem Etymon. Tschalet Tschalet ist zu Tsalet ‘ kleines Chalet, bewässerte Wiese um die Alphütte, Bergwiese ’ zu stellen (T AGMANN 1946, 44 f., mit Verweis auf * CALA ‘ geschützte Stelle ’ (FEW 2, 50); B OSSARD / C HAVAN (2006, 240 s. v. Chalet, Tsalet). Belegt ist es in Guttet 1580 als tschaletum (latinisiert) und im gleichen Jahr als ab exteriori tschaleto Staphel; auch hier ist tschaleto vermutlich eine latinisierte Form. Kaum verstandenes Chalet liegt in lochales de blettes ‘ das Chalet der Alpe Blettes ’ (1388, Varen) vor. Welche Deutung genau zutrifft, geht aus den Urkunden nicht hervor. Tschalibani Tschalibani ist nur in Varen als ts Tschalibáni (FLNK Tschalibani) ‘ das Feld der Familie Lambien ’ belegt. Die historischen Belege sind 1661 en Schalambani, 1692, im Schalobani, 1712 in Schalabani, 1737 im Tschalibany. Der älteste Beleg legt den FaN Lambien nahe, Tscha oder Scha wäre zu frz. champ ‘ Feld ’ (< lat. campu) (sonst auch Tsa) zu stellen. Gemeint ist dann das Feld der Familie Lambien (AWWB 145). Diese Deutung beruht auf der ältest belegten Form. Tschalmetu Tschalmetu ‘ die kleine Alpweide ’ ist als Tschalmetu (Leukerbad, SK und LT Tschalmeten, FLNK Tschalmetu) und ein zweites Mal als Tschalmetu (Leukerbad) belegt. Es handelt sich um zwei Flurnamen, von denen der eine auf rund 2300 m belegt ist, der andere auf rund 1970 m. R. G RICHTING (1993) kennt den einen als Tschalmätu (Blatt 11, Nr. 5; Blatt 13, Nr. 11; Blatt 14, Nr. 6), den anderen als Tschalmätä (Blatt 27, Nr. 6). T AGMANN (1946, 53) führt die Namen mit der Literatur auf frpr. CALMIS zurück ( ‘ die höchste Weide ’ ). Einschlägig dürfte H UBSCHMIED zu Frutigen (1940, 7) sein, der Tschalmetta auf ein Diminutiv zu * CALMIS zurückführt, eine Deutung, die auch hier zutreffend ist. Tschaloos Tschaloos n. ist nur in Grengiols belegt. FLNK hat Schaloos. Ein Beleg von 1527 nennt z Schallos. Das anlautende / ts/ in Tschaloos stammt wohl von der Präposition ze ‘ bei ’ . Es handelt sich um ein kleines Gut (lat. PREDIOLUM ) auf ca. 1150 m. Die Betonung liegt auf der zweiten Silbe. I D . (8, 548) kennt ein Adjektiv schallôs ‘ ungeschalt, schalenlos ’ und verweist dafür auf G R W B (14, 2096), welches im Wort das “ sinnbild des leicht verletzbaren ” erkennt. Vermutlich liegt dieses Adjektiv auch dem sonst nicht belegten Namen in Grengiols zu Grunde; die Motivation dafür lässt sich kaum erkennen, sie könnte aber mit der Kleinheit des Gutes zusammenhängen. Tschambong Tschambong m. ist als der Tschambong ‘ die Wasserleitung vom / zum Feld ’ (Leuk) belegt. 1752 erscheint das HL als der Zambong, direkt als communem aqua'ductum ‘ die Wasserleitung, die der Gemeinde gehört ’ benannt. Das HL leitet sich aus kelt. *cambos feld (FEW 2, 127) oder lat. CAMPU ‘ Feld ’ (G PSR 3, 189 ss. s. v. champ) ab. Tschammpedü Tschammpedü (mit Erstbetonung) ist Salgesch belegt, auch bei T AGMANN (Ms., 107) als Schampedü und M ATHIER (2015, 38) als Tschampedü erwähnt. Die Flur wird auch von FLNK und LT Tschampedü genannt und liegt oberhalb des Dorfes Salgesch an der Raspille. T AGMANN (Ms., 107) erwähnt zwei historische Belege, die sonst fehlen: im 15. Jhdt. ein Beleg aus Z IMMERLI (1899) En Chanpondou [lies Chanpoudou? ] und ein Beleg von 1494 en Champoudu. Diese beiden Belege fehlen in der Datenbank ebenso wie bei M ATHIER . Den ersten Teil führen die beiden Autoren auf lat. CAMPU ‘ Feld ’ zurück (G PSR 3, 289 s. v. champ), das für das Patois durchwegs tsan angibt. Was den zweiten Teil anbelangt, ist T AGMANN vorsichtigerweise der Meinung, es handle sich um einen PN, während M ATHIER eine Ableitung zu lat. ad-uro ‘ anbrennen, brennen, versagen ’ annimmt, die sich auf den sonnenverbrannten Boden beziehe; soweit wir sehen, ist ad-uro sonst nirgends als Quelle erwähnt; hingegen hat FEW (24, 187 f.) mehrere Belege zu adurere, *adurare, adustio und adustus, die aber kaum als Deutung in Frage kommen. Ziemlich sicher ist das auslautende / n/ von tsan assimiliert zu / m/ vor dem folgenden Labial. Die historischen Belege legen so etwas wie poudou oder poudu nahe. Ein entsprechender PN ist jedoch nicht zu Tschal 399 400 <?page no="205"?> finden. Die Formen seit 1838 lassen keine klare Deutung zu, da sie für eine sichere Deutung zu spät sind. Tschampen (FaN) Tschampen FaN ist der FaN Tschampen, Champon, Schampo, seit dem 14. Jh. im Wallis belegt (AWWB 266). I D . führt den Namen unter dem Stichwort Tschamp m. ‘ abschätzige Bezeichnung eines Menschen ’ auf, vermerkt jedoch, dass die Herkunft des Familiennamens unsicher sei (I D . 14, 1735 f.). In den Flurnamen erscheint der Name als Tschampe nur in Grengiols und zwar als ts Tschampematt ‘ die Mähwiese der Familie Tschampen ’ und mit den Formen ts Erscht Tschampematt, ts Zweit Tschampematt und ts Dritt Tschampematt. Die übrigen Formen enthalten die kollektive - IG -Ableitung, normalerweise im Genitiv Plural, hier als Tschampigo oder Tschampigen, alle in Binn. Zentral ist Tschampigen ‘ die Alpe der Familie Tschampen ’ (SK, Binn) als Alpname, wozu Tschampigen Senntum (1572), ZSchampigo Ferichs ‘ des Pferchs der Familie Tschampen ’ (1714), ZSchampigo Freichi ‘ die Freichi der Familie Tschampen ’ (1714), der Tschampigchäller ‘ der (Käse-) Keller der Alpe der Familie Tschampen ’ , Tschampigen Matt ‘ die Mähweise der Familie Tschampen ’ (1629), der Tschampigbrunnegieu ‘ der Hügel der Quelle / des Brunnen der Familie Tschampen ’ , ad Tschampigen Bielthin ‘ beim kleinen Hügel auf der Alp Tschampigen / der Familie Tschampen ’ (1629), Tschampige Wiissi ‘ die Weisse (weisses Gelände) der Alp Tschampigen / der Familie Tschampen ’ , Tschampigläger (LT, FLNK) ‘ die Lagerstätte für das Vieh auf der Alpe Tschampige / der Familie Tschampen ’ . Komplexer sind Mauren Zschampigen Abentweÿdt ‘ die Abendweide des Moritz Tschampen ’ (1714) und der Schäre in Tschampige Wiissi ‘ der Schutzunterstand in der Weisse (weisses Gelände) der Alpe Tschampigen / der Familie Tschampen ’ . Die Namen in Binn beziehen sich auf die Alpe Tschampigen, die nach der Familie benannt ist, auch wenn sie ihr nicht mehr gehört. Tschampiichtru Tschampiichtru ist in Salgesch belegt, historisch auch als Champichtro in Albinen. In Salgesch komm es lebend als Tschampiichtru vor, T AGMANN (Ms., 109) hat Schampitro, M ATHIER (2015, 65) Tschampichtru. Die ältesten Belege in unserer Datenbank sind: 1442 Champetro, 1469 in Campestris, 1492 en Champestroz , 1560 in Campichtro. Der Wechsel von / st/ zu / cht/ würde dem Patois entsprechen. Die Belege von T AGMANN und M ATHIER beginnen erst 1594. Nach M ATHIER handelt sich um eine Patois-Form, bestehend aus (t)scham ‘ Feld ’ (< lat. CAMPUS ) und einem zum lat. PETRA ‘ Stein ’ gehörenden Patois-Wort. Diese Herleitung kann allerdings nicht erklären, warum ein inlautendes / cht/ < / st/ entsteht. Der latinisierte Beleg von 1469 in Campestris legt vielmehr eine Ableitung vom lat. Adj. CAMP Ĕ STRIS ‘ zum Felde gehörig ’ (FEW 2, 155) nahe, also etwa ‘ in den Feldern ’ , vgl. auch M EYER (1914, 79, 113), der von CAMPESTRE ausgeht. Die späten Formen vom Typ Champitro (1572) finden ihr Gegenstück in Chang Pitro (Varen). T AGMANN (Ms., 109) gibt keine Deutung. M ATHIER (2015, 66) hat weiter Tschampichruwasserleitu ‘ die Wasserleitung durch das Gebiet Tschampichtru ’ , mit Belegen von 1442 u. später; bei uns unter Tschampiichtru aufgeführt. Tschampiisse Tschampiisse ‘ die kleinen Felder ’ ist nur als Tschampiisse (Varen) belegt. Ein historischer Beleg von 1762 hat in Tschampitro. Dieser historische Beleg ist wohl zum HL T SCHAMPIICHTRU ‘ die Felder ’ zu stellen. Tschampisse selbst gehört eher zu *campellos (T AGMANN 1946, 58). Die Deutung zu -is wird an der angegebenen Stelle bei T AGMANN begründet. Tschänntre Tschänntre ist als di Tschänntre (Ergisch), belegt. Weiter kommen di Tschäntre (Inden), Tschänträ (FLNK, Erschmatt) und di Tschentre (Salgesch) hinzu. Die Flurnamen sind wohl ursprünglich zum rom. Tschentre zu stellen. T AGMANN (1946, 58 f.) kennt es, das er als ‘ petite parcelle de pâturage ’ , also ‘ kleines Gebiet für die Weide ’ benennt. Die genaue Etymologie ist unbekannt. T AGMANN gibt eine Reihe von ähnlichen Namen, ohne sich auf deren Herkunft festzulegen. Die nächstliegende Deutung bezieht sich wohl auf Chintre (G PSR , 3, 581 ss.) mit verschiedenen Bedeutungen. Tschannz Tschannz m. ist nur in der Tschannz (Saas-Almagell) belegt. Laut Gwp. handelt es sich um einen Weg über einen vorspringenden Felsen. Der FaN Tschanz (meist bernisch) kommt kaum in Frage, da er im Wallis nicht belegt ist. Andere Herleitungen passen ebenfalls nicht. Eine Deutung kann deswegen nicht gegeben werden. Tschappet Tschappet ist 1637 in Salgesch als jn Tschappet belegt. Wohl zum gleichen HL ist Tschappe (FLNK, Albinen) zu stellen, bei M ATHIEU (2006, 41 u. 45) als Tschappä belegt. Vermutlich liegt dem Beleg in Salgesch ein modernes Champet (G PSR 3, 293) zu Grunde, das nur in Flurnamen erscheint und als Ableitung auf - ITTU von champ (FEW 3, 401 402 Tschappet <?page no="206"?> 157) interpretiert wird, also ‘ das kleine Feld ’ . Der Beleg in Albinen dürfte ursprünglich auf den gleichen Ursprung zurückgehen, hat aber das auslautende / t/ in der Aussprache aufgegeben. Tschäppi Tschäppi ist nur in ts Tschäppischgrabu ‘ der Graben des Tschäppi ’ (Gampel) belegt. Die Konstruktion legt den Namen eines Besitzers nahe. Das Appellativ wdt. Tschäppi n. ‘ alter Hut ’ (G RICHTING 1998, 199) ist belegt; gemeint sein kann deswegen ein Übername: ‘ der Träger eines alten Hutes ’ . Tschäppi ‘ leichter Schlag mit der Hand ’ (I D . 14, 1758) ist weiter als erstarrtes Diminutiv zu Tschapp ‘ Schlag ’ (I D . 14, 1756) belegt; beide kommen für den Flurnamen kaum in Frage. Ob Tschapp II ‘ langsame, tölpelhafte Person, etwas beschränkter, gutmütiger Mensch ’ (I D . 14, 1758) möglich ist, bleibt unklar. Insgesamt dürfte aber ein Übername (mit unbestimmter Bedeutung) angenommen werden. Tschapping Tschapping kommt historisch in Leuk seit 1689 vor. Die Flur muss sich laut dem Beleg von 1736 im Schaping zur Pletzen befunden haben; Pletschu lebt heute noch südlich von Susten im Leukergrund. Ein Beleg von 1775 sagt weiter, die Flur habe gemeinhin auch das Dreÿspitzi geheissen; der Name ist allerdings sonst nicht belegt. Man sieht aber auf der Karte recht gut, dass der südliche Teil der Pletschu ursprünglich eine Art Dreieck bildete. Der Flurname selbst ist zu *sappus tanne (FEW 11, 214 ff.; G ERSTER 1927, 62) zu stellen und entspricht frz. sapin; hier vermutlich als ‘ im Tannengehölz ’ zu verstehen. Der historische Beleg im Tschapping (1689 u. später, Leuk) gehört hieher. Tscharass Tscharass ist nur einmal in Leukerbad als Tscharass ‘ der schlechte Weg ’ belegt, mit Erstbetonung und Halblänge des ersten / a/ . R. G RICHTING (1993, Blatt 13, Nr. 17 und Blatt 14, Nr. 17) kennt es als Tscharras. Es handelt sich um ein recht steiles Gelände nordöstlich von Leukerbad auf rund 1880 m. Soweit auf der Karte erkennbar, geht es um glattgeschliffenen Fels mit wenig Graswuchs. Es scheint, dass eine pejorative Ableitung auf - ACEA (B OS- SARD / C HAVAN 2006, 288) zum lat. carrus karren (FEW 2, 426 ff.) vorliegt, das als ‘ schlechter Weg ’ betrachtet werden kann. Tschärät Tschärät ist nur belegt in dr Tschäräthubel ‘ der Hügel, wo das Tschärät-Spiel gespielt wurde ’ (Wiler). Das Spiel mit dem Tschäret m. (ca. 5 cm dicke Holzkugel) ist eine Vorform des Hornussens. I D . stellt es zu tsara(t), Bedeutung unklar (I D . 14, 1787 f.; S EEBERGER 1956, 39 ff.; S PYCHER 1985, 25 f.). Tschärbine Tschärbine ist nur einmal als di Tschärbine (Ergisch) belegt, 1745 als im Tscherbignÿ. Es handelt sich vermutlich um einen romanischen Namen, der zu einem deutschen Plural umgedeutet wurde. Die genaue Form lässt sich aus den späten Belegen nicht mehr rekonstruieren; es handelt sich aber wohl um eine Ableitung zu * CALM ( IS )- ‘ pâturage le plus élevé ’ (T AGMANN 1946, 53 s. v. Tsarmetta), mit Entnasalierung des / m/ . Eine Trennung in Tschär und Bine (zum HL B IINA ) kommt kaum in Frage. Tscharei Tscharei (Eggerberg, mit Zweitbetonug) ist eine Flur in Eggerberg, deren älteste Belege 1626 Tscharreÿ, 1652 Tscharreÿ, 1719 Tschereÿ und 1737 Tscherreÿ lauten. Der gleiche Ort heisst in Lalden Tschärei (mit Zweitbetonung) und den ältesten Belegen 1666 im Tscherreÿ, 1692 de Tscherrey, 1697 apud Tscharreÿ, 1861 in Tscherrey. Z IMMERMANN (1968, 41) kennt den Ort in Lalden als Scharei (mit Zweitbetonung) und nennt frühere Belege von 1589 apud Tsarreij, 1594 de Zerrey und de Zerreij, 1595 die Zerreigassen, 1596 die von Zarrei, 1663 de Zscharrey und 1665 de Tscharreij. In Visp sind historisch belegt: 1595 apud Zarreÿ, 1616 apud Tscharreÿ, 1665 Tscharreÿ. Dazu kommt in Visp 1595 die Zarrej Gassen, die im Text als via aquatoria ‘ der Wasser-Weg ’ bezeichnet wird und die, laut Text, zu illam Jnsulam ‘ jener Aue ’ führt. SK nennt die Flur Tscherei; die neueren Karten kennen den Namen nicht mehr; das Gebiet ist überbaut. Eggerberg verfügt auch über historische Belege zu einem Kompositum im Tschareÿ Grundt (1711) und im Tscherreÿgrund (1737). Z IMMERMANN (1968, 42) führt den Namen auf eine agglutinierte Präposition zur und das HL E IE ‘ Aue ’ zurück. Dagegen sprechen zwei Gründe: die sonst so nicht belegte Zweitbetonung und die Kurzform Ei, die sonst für das HL E IE nie belegt ist. Nicht wissen konnte Z IMMERMANN , dass es auch in Inden di Tschareie gibt (so auch auf LT, auf SK nur Tscharei), mit einem Beleg von 1700 in Zarreÿe. Inden kennt sonst keinen Beleg für das HL E IE . Es weist aber mehrere Belege für frpr. Namen auf. Das gilt zwar für das Gebiet Eggerberg, Lalden und Visp nicht in gleicher Weise, aber auch hier dürfte ein romanisches Wort vorliegen. Am nächsten kommt dem Namen der Beleg tsarèya ̩ ‘ action de charrier, de transporter ’ (die Handlung des Transportierens) (G PSR 3, 396a), eine - ATA -Ableitung Tschäppi 403 404 <?page no="207"?> zum Verb charrier ‘ transportieren ’ , ev. ähnlich zu verstehen wie Waguleisa ‘ der Karrenweg ’ . Tscharesina Tscharesina ist 1357 als ad Cristam Saracenam und 1365 in Crista Sarazinan belegt. Lebend kommt der Name als Tscharesina (Salgesch) vor; LT und FLNK haben Tscharasina (die Datenbank des VSNB verzeichnet Crista Tscharesina und Tscharesina getrennt). M ATHIER (2015, 97) hat Tscharasina und führt es auf lat. *carra ‘ Stein ’ und ein Diminutivsuffix zurück. Diese Deutung wird von T AGMANN (Ms. 1, 118 f.) jedoch abgelehnt und auf * SARCENA entsprechend wdt. “ Heidenbiel ” zurückgeführt; eine solche Deutung ist aber im Oberwallis mehrfach als Heidubiel u. ä., aber nie so in Salgesch belegt. T AGMANN nimmt an, dass dies besser passe, als eine Ableitung vom FaN Sarrasin. Dass das belegt Saracenam usw. dennoch die ursprüngliche Form darzustellen scheint, ist wohl auf den FaN Sarrasin (AWWB 230) zurückzuführen, der seit dem 13. Jahrhundert im Wallis belegt ist. Tscharesina ist daher der Hügel (crista), der der Familie Sarrasin gehörte. Tschärmelonga Tschärmelonga ist als in Tschärmelonga (Albinen, auch FLNK) belegt. LT hat Tschärmilonga, SK Chermignon. M ATHIEU (2006, 57 und 59) kennt Tschärmilonga. Die historischen Belege haben 1317 alpis de chalmenonna, 1328 subtus chelmenona usw. mit wechselndem / a/ vs. / e/ . Der erste Beleg mit / r/ an Stelle von / l/ begegnet 1406 als chermenona usw. M URET (1907, 153) erwähnt mit Zustimmung den PN Carminius, den J ACCARD (1906, 85) nur für den Ort Chermignon (Gemeinde Crans-Montana oberhalb von Siders) annimmt. Seltsamerweise haben aber unsere ältesten Belege nicht / r/ , sondern / l/ . Obwohl bekannt ist, dass / lm/ im patois zu / rm/ werden kann (cf. balma vs. barma), müsste man sich die Frage stellen, ob nicht auch eine andere Deutung in Frage kommt, doch ist die Autorität von M URET unbestritten und es kann deswegen auch eine falsche l-Bildung vorliegen. Die heute lebende Form Tschärmelonga oder Tschärmilonga enthält / ng/ als Zeichen für eine frühere Nasalierung und eine volksetymologische Umdeutung des Auslautes auf -longa (wohl zum lat. l ǒ ngus ‘ lang ’ ), die in den historischen Belegen nicht aufscheint. Die heutige Namensform ist SK um 1882-84 noch nicht bekannt, die einfach Chermignon schreibt. Tscharmoniiri Tscharmoniiri ist in dieser Form nur in Albinen als Tscharmoniiri belegt. Die historischen Quellen geben 1602 v Charbonier und 1660 en Charboneyres an. M ATHIEU (2006, 39) kennt es als Tscharmuniiri. Zu Grunde liegt dem Namen das frz. charbonnière (G PSR 3, 356 s.; T AGMANN 1946, 68), dt. meist als Cholplatz ‘ der Ort, wo (Holz-) Kohle hergestellt wird ’ . In Inden ist es als t Tschärminiiri f. ‘ der Ort, wo (Holz-)Kohle hergestellt wurde ’ belegt, mit den komplexeren Tschärminiriwald (FLNK) und Tschärminiriwäg (FLNK). Tschärschöüde Tschärschöüde ist nur als in Tschärschöüde (Agarn) mit Erstbetonung belegt. FLNK und LT haben Tschärschweidu, 1: 10000 Tschärsweidu. Letztere Belege analysieren also das Grundwort Weidu und einen Genitiv eines Kurznamens Tschär: ‘ des Tschärs Weide ’ . Diese Deutung ist wohl nachträglich. M. S. notiert anders und das Register (G 9, S. 14) hat “ Tschärschöiden ” . Da historische Belege fehlen, ist jedoch der Name nicht zu deuten. Tschawina Tschawína ‘ Schutthaufen, Geröllhalde ’ ist als di Tschawína der Name eines Alpgebietes im Zwischbergental, wobei M. S. zwei Namen notiert hat, die rund 3,5 km auseinanderliegen. Danach sind auch benannt das Tschawiinerhoru, der Tschawinerpass und der Tschawiinersee, sowie der Tschawinerweiher (LT). SK schreibt Giavina. J ORDAN (2006, 395) kennt Tschawiina, Tschawiinärsee, Tschawiineärpass und Tschawiinerhooru. O LIVIERI (1965, 174 f. kennt den Namen als Giavina ‘ Schutthaufen, Geröllhalde ’ aus dem Dialekt des Valsesia. Tscheff Tscheff ist nur in historisch belegt und zwar 1480 D Tscheffu ͦ ya und 1543 Tschefeya (beide Visp). Das anlautende / t/ ist wohl ein agglutinierter Artikel. Das für Visperterminen (W IPF 1910, 90; I D . 8, 350) belegte Scheff m. für frz. le chef kommt aus Altersgründen kaum in Frage (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 171 geben das 17. Jahrhundert für die Entlehnung von chef an). Ob Schaff n. ‘ Holzgefäss ’ (I D . 8, 304) eine Rolle spielt, ist unsicher, im Kontext der Aue aber eher unwahrscheinlich. Scheff n. für ‘ Schiff ’ ist für die Oberwalliser Mundarten nicht belegt (I D . 8, 352). Eine sichere Deutung ist nicht möglich. Tscheinen (FaN) Tscheinen (FaN) ist der FaN Tscheinen (AWWB 266), der nur 1752 in Selkingen als bey der Tscheinen Legy ‘ bei der Legi (Zaun, Zaundurchgang) der Familie Tscheinen ’ belegt ist. 405 406 Tscheinen (FaN) <?page no="208"?> Tscheltrigo (FaN) Tscheltrigo (FaN) ist nur einmal 1737 in Bürchen als Tscheltrigo vel Gattligo belegt. Es handelt sich in beiden Fällen um einen Genitiv Plural einer kollektiven - IG - Ableitung zu den FaNN Tschelter ‘ die Leute des Tschelter / die Familie Tschelter ’ und Gattlen (cf. HL G ATTLEN ); beim ersten FaN kann der Anlaut auch einen agglutinierten Artikel oder eine Präposition enthalten, sodass er nicht genau zu rekonstruieren ist. G ATTLEN (2007, 215) erwähnt den Tscheltrigowald in der Hellela und bezieht sich auf die gleiche Quelle. Tschenefieri Tschenefieri ‘ im Gebiet mit vielen Wacholdersträuchern ’ ist in einer langen Reihe von historischen Zeugnissen in Leuk belegt. Der älteste stammt von 1589 y Tscheneuerin. Später erscheinen deutsche Präpositionen wie jn die Zeniuieri (1699), in Zenenfeirÿ (1703) usw. bis hin zu in Tschenefieri (1782) und Schennowiri (1833). M EYER (1914, 165) führt das HL auf ieniperetum ‘ Wacholder ’ zurück. B OSSARD / C HAVAN (2006, 178) setzen juniperus ‘ Wacholder ’ an. G PSR (7, 247 ss. s. v. genévrier) sagt, dass der dialektale Ausdruck grassi sei; aus dem Frz. stamme dzenevrî. Verwiesen wird auf FEW (5, 74 ff. s. v. j ŭ n ĭ p ĕ rus wacholder). Die Endung auf - IRI entspricht einem kollektiven Suffix auf - ARIA (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288). Tschergg Tschergg ist ein Lemma, dessen Bedeutung unklar bleibt. Aus den ältesten Belegen in Raron (1300 apud Chercun, 1304, zen Schercun, 1306 zen Cherqun usw.) folgt, dass das anlautende / t/ in den modernen Belegen ein agglutinierter Artikel ist; in Raron liegt ein Plural vor, was sich auch im lebenden Beleg di Tschergge zeigt. In Eischoll ist Tscherggu f. Singular. Ausserberg hat Belege sowohl für Singular (1650, an der Zerggen), wie für Plural (1714, an den Zerggen). Eine Zuordnung ist schwierig. I D . (14, 1791 ff.) kennt Tscharg und Ableitungen davon zu den Bedeutungen ‘ abgetragener Schuh ’ , ‘ Kratzwunde ’ , ‘ unordentliche, langsame Person ’ , auch ‘ langsames, säumiges Tier ’ . Keine dieser Deutungen ist unmittelbar einsichtig für einen Flurnamen. R ÜBEL (1950, 117) kennt tschäärg (Glis) für ein schiefes Ohrzeichen bei den Ziegen und Schafen; es kommt kaum in Frage und ist sonst nicht belegt. Im Fall Tschergenschür (1657, Ausserberg) könnte ein Personen- oder Funktionsname Scherg ‘ Scherge, Gerichtsdiener ’ (I D . 8, 1251) in Frage kommen. Der FaN Tscherrig (AWWB 266) oder der PN Georg kann gemeint sein. Laut P H . K ALBERMATTER (p. c.) ist der Familienname Schergen, Schergun, Zer Scherggen im Gemeinde- und Pfarreiarchiv von Niedergesteln mehrfach im 15. und 16. Jahrhundert belegt; es handelt sich wohl um einen Herkunftsnamen aus Eischoll, wo Tscherggu bis heute der Name eines Weilers ist. Das maskuline der Tschergger (Raron) ist eine Ableitung auf - ER , ohne dass damit klar wäre, was der Stamm zu bedeuten hat. In Eischoll wird neben der Tscherggu die Ober von der Unner Tscherggu unterschieden. Sonst ist Tscherggals Bestimmungswort zu Almein, Bina, Flüö, Grabe und Wäg vertreten. Komplexer ist der Tscherggflietritt (Niedergesteln). Insgesamt bleibt das Lemma ungedeutet; nicht auszuschliessen ist, dass verschiedene Flurnamen hier zusammenkommen. Tscherrdig Tscherdigg ist nur lebend in Salgesch belegt. Die historischen Belege von 1581 ou cherdy, 1691 ÿ Cherding, 1710 im Zerdig, 1782 im Dscherdig legen ein frpr. HL nahe. M ATHIER (2015, 79) kennt es und führt es auf idg. *gher und dt. Garten zurück. T AGMANN (Ms., 131 f.) nimmt anderen folgend eine Mischung von courtil ‘ Garten ’ (G PSR 4, 455 ss.) und frz. gard (FEW 16, 18 ff. s. v. gard (anfrk.) ‘ gehege, umfriedung ’ ) an. Die romanische Deutung muss aber den Vokal / e/ erklären, der eigentlich nicht zu erwarten ist. Die Deutung ist deswegen unsicher. Tscherrig (FaN) Tscherrig FaN ist 1723 in Bratsch als Tscherigen Matten und 1736 als Scherrigo Matten ‘ die Wiesen der Familie Tscherrig ’ belegt, in Steg erscheint es 1754 als jn der Tscherrigen Matten ‘ in der Wiese der Familie Tscherrig ’ . Der FaN Tscherrig, auch Cerig und Zgergiens, stammt ursprünglich aus Italien und lautete Cerico. Die Familie kam Mitte des 16. Jahrhunderts nach Zwischbergen. Sie verbreitete sich dann im 17. Jahrhundert im Oberwallis (AWWB 266). Es scheint, dass die kollektive - IG -Form des ursprünglich italienischen Namens auf - ICO als deutsche Kollektiv-Form verstanden wurde; entsprechend erscheint der FaN auch im Genitiv Plural als - IGO . Tschess Tschess ist wohl ein frpr. Lemma, bei T AGMANN (1946, 1 f.) als Zesse erwähnt und vorsichtigerweise auf * CACACEA ‘ schlammiger Boden (wie feste Ausscheidung) ’ zurückgeführt. Belegt ist es in Albinen als di Tschess (LT Tschäss, FLNK Tschess, SK nur Tschesswald) und dazu Tschessflüe ‘ die Fluh bei der Tschess ’ . M ATHIEU (2006, 15 und 17) kennt Tschäss und Tschässflüe (nur S. 15). Auf S. 11 wird Tschäss wie von T AGMANN auf frpr. tsyessi ‘ schlechtes Land ’ zu lat. * CACACEA zurückgeführt. Tscheltrigo (FaN) 407 408 <?page no="209"?> Tschettaawe Tschettaawe ‘ bei den Zaunpfählen ’ ist lebend für Salgesch belegt. Wie schon T AGMANN (Ms., 123 f. s. v. Schettawen) und M ATHIER (2015, 47 s. v. Tschetaawä) ausführen, handelt es sich um eine Form von lat. statua mit agglutiniertem Artikel / sch/ ; der heutige Anlaut fügt nochmals einen Artikel / t/ hinzu. Die historischen Belege finden sich nicht nur für Salgesch, sondern auch für Agarn eys estaues (1328) und Leuk les estaues (1433), eys estave (1436), wo die Agglutination des Artikels fehlt. Dafür hat Leuk 1607 den Beleg in Estauanel Zen Schien, also die deutsche Übersetzung Schiie ‘ Zaun, Zaunpfahl ’ , die dem Vorschlag ‘ Pfosten ’ von T AGMANN entspricht. Eine vergleichbare Ableitung ist schon 1352 in Leukerbad als eys estauulins ‘ bei den Zaunpfählen ’ belegt. In Salgesch ist 1754 ÿs Chestawes bezeugt, das die Agglutination des Artikels sehr deutlich zeigt. Tschettaawe ist als Bestimmungswort auch in Tschetawen Strasse (1880 ca.) und Tschetawen Matte (1888 ca.) (beide Salgesch) belegt. Tschibit Tschibit, auch Tschibet und Tschibig kommt nur als Bestimmungswort vor und zwar im Bereich der heutigen Riederalp in Ried-Mörel und Greich. Die Grundwörter sind Schluocht und Wald. Die Bemerkungen der Gwp. zu Tschibigwald in Ried-Mörel zeigen, dass der Name unsicher ist. Zwar käme bei Tschibig auch eine - IG -Ableitung für kollektive FaN in Frage, doch sind die Formen Tschibit und Tschibet damit nicht erklärt. Das anlautende T kann ein agglutinierter Artikel sein. Da aber ältere Belege fehlen, lässt sich keine Deutung geben. Tschidilju Tschidilju f. ist nur in t Wiissi Tschidilju (Gampel) belegt. Das HL ist wohl zu Schidel f. ‘ Schädel (decke), Totenschädel ’ (I D . 8, 271) zu stellen, hier mit einer sonst für das HL nicht belegten Endung - ILJU (S ONDEREGGER 1956, 517) als femininer Stellenbezeichnung und agglutiniertem Artikel. Die Bezeichnung ist metaphorisch: es geht um weisses Gestein, das wie eine Schädeldecke aussieht. Tschieder (FaN) Tschieder (FaN) ist der FaN Tschieder (AWWB 266) als Name einer Familie von Ganter, später in Brig und Ried- Brig. Belegt ist er in die Tschieder Matten ‘ die Wiese der Familie Tschieder ’ (1791, Termen) und Tschiedero Haus ‘ das Haus der Familie Tschieder ’ (1723, Termen) mit einem Genitiv Plural. Tschiegger Tschiegger ist zu wdt. Tschiegger m. ‘ Wagner, Stellmacher ’ , ‘ handwerklich begabte Person, Bastler ’ (I D . 14, 1715; G RICHTING 1998, 200) zu stellen. Das HL ist nur zweimal als Bestimmungswort belegt: ts Tschieggerhüs ‘ das Haus des Bastlers ’ , die Tschieggerschiir ‘ die Scheuer des Bastlers ’ (beide Eisten). Es dürfte sich um den Beinamen einer namentlich hier nicht genannten Person handeln. Tschierotschi Tschierotschi ist nur in Tschierotschi (Varen) belegt. Auf Nachfrage 2002 wird angegeben, es handle sich um das Gut der Familie Oggier (AWWB 187), die auch als Otschier, Otschyer, Oetschier, Hogier, Otzier erscheinen. Dieser Namensbestandteil müsste sich in Otschi finden; dann ist Tschier oder - falls der Artikel agglutiniert ist - Schier zu deuten. Am ehesten gehört hieher frz. gîte (G PSR 7, 335, dort u. a. P IERREHUMBERT 1926, 279 Giéte u. Giétre s. v. Giéte zitiert), womit u. a. eine Weide gemeint ist. Das im Ausgangslexem enthaltene / t/ wäre in Varen getilgt worden, wenn diese Herleitung stimmt. Tschierotschi ist dann (mit Vorsicht) ‘ die Weide der Familie Oggier ’ . Tschifi Tschifi m. ist als der Tschifi (Blatten) nur einmal belegt; die Koordinaten fehlen. Der Beleg wird als “ Privatname eines Ackers ” bezeichnet. In Ried-Brig und Termen ist ein Flurname Tschife (cf. HL T SCHIIFE ) belegt, das als ‘ die Streifen ’ (unklar) gedeutet wurde. Der Flurname in Ried- Brig und Termen enthält ein langes, geschlossenes / i/ und ist vermutlich feminin; der Flurname in Blatten enthält ein kurzes, offenes / ĭ / und ist maskulin. Der Beleg lässt sich jedoch ebenfalls zu Zif(f)e ‘ der Streifen (Form des Ackers) ’ (I D . 17, 326 f.) stellen, das als maskulin gekennzeichnet ist. Tschifru Tschifru f. ist in der Tschifrufiärtil ‘ der Viertel, wo man den Rückentragkorb aufsetzte (Dorfteil von Gampel) ’ (Gampel, FLNK Tschifruviertil) belegt. Das HL ist zu schwdt. Tschifrun f., ‘ geflochtener Rückentragkorb für Viehfutter und Laub ’ und wdt. Tschifra, Tschiffere oder Tschiffärä (Goms), Tschifru ‘ Rücken-Tragkorb (geflochtener) ’ (I D . 14, 1701) zu stellen. I D . gibt als Herkunft piemontesisch scivrún, tschivrún; E GLI (1982, 120) führt es auf vlat. cib ā ria ‘ Fahrzeug oder Gerät, das zum Transport von Lebensmitteln dient ’ und späterer norditalienischer Herkunft zurück. Literaturangaben finden sich an den genannten Orten. 409 410 Tschifru <?page no="210"?> Tschiife Tschiife ist in der Datenbank als di Tschiife (Termen, unterhalb des Seewji), di Tschiife (Ried-Brig, Alpe der Ursulinen), auf LT Tschyfe (1865 m, mit Alpgebäuden) und ebenfalls auf LT Tschyfe (Ried-Brig, ca 2200 m, östlich der Simplonstrasse unter dem Mäderhorn) belegt. Die drei Tschiife / Tschyfe im Bereich Ried-Brig bilden vermutlich ursprünglich eine grosse Fläche; die vierte in Termen ist lokal an einem anderen Ort. Am ehesten ist ein Plural zum Nomen Zif(f)e n ‘ Streifen, Spur ‘ (I D . 17, 326; J ORDAN 1985, 175) anzunehmen; die Entwicklung von / ts/ zu / t š / ist auch sonst belegt. Als Flurname tritt das HL sonst nicht auf; in Blatten ist maskulines der Tschifi belegt. Ein möglicher Zusammenhang ist unter dem HL T SCHIFI ausgeführt. Tschiima Tschiima ist die deutsche Aussprache des it. cima f. ‘ Gipfel ’ (O LIVIERI 1965, 130: D EVOTO / O LI 2020, 434). Auf den Karten, in der Datenbank und bei J ORDAN (2006) sind die Schreibweisen unterschiedlich. Als Erstglied erscheint Cima zunächst als Grundwort mit Dora (Zwischbergen), Vallaperta (Ried-Brig), Verosso (Zwischbergen), sowie als Tschiima Matarooni (Zwischbergen). Mit einer Präposition ist Cima mit dello Spigolo (Saas-Almagell), di Jazzi und Ziima di Jatzi (Zermatt), wohl nach der Alpe Jazzi (Z INSLI 1984, 307 (Macugnaga Jäzi) und 572) belegt. Tschiima erscheint mit Datsooljo (Zwischbergen), del Rosso (Zwischbergen) und del Tirone (Zwischbergen). Wie die Bergnamen zeigen, sind hier Gipfel an der Grenze zu Italien gemeint, die häufig auch noch andere Namen haben. Nur einmal ist das HL nachgestellt: Preesa Cima (Zwischbergen), ein hochgelegenes Stück Wiese (cf. HL P REESA ). Hier ist cima nicht als ‘ Gipfel ’ , sondern als ‘ Spitze; hochgelegenes Stück Land ’ zu verstehen. Tschiiti di Tschiiti f. (Zwischbergen; LT Tschiti) ist nur einmal belegt. J ORDAN (2006, 367) kennt sie unter diesem Namen. Es ist unklar, ob ein deutscher oder alpinlombardischitalienischer Name vorliegt. F. J. J OLLER gibt in seinen handschriftlichen Bemerkungen zum Simplon-Thal 1885 - 1886 Tschütti. Wenn der Anlaut tschals Agglutination des Artikels an Schütti verstanden wird, liesse sich der Name zu schwdt. Schütti, in Lötschen Schüttin f., Pl. Schüttine n , Schüttene n , Dim. (-el(l)i), ‘ was geschüttet ist ’ stellen, das entsprechende wdt. Schitti f. ‘ Schüttstein, Regenguss, Erschütterung ’ (G RICHTING 1998, 171) kann sich dann auf den auf der Karte erkennbaren Abbruch von Felsgestein beziehen. Der Flurname Tschiiti hat aber ein langes, geschlossenes / i: / , was nicht mit dem offenen, kurzen / ɪ / von Schitti übereinstimmt. Zu Sch ī t ‘ Scheit ’ (I D . 8, 1506 ff.) lässt sich der Name kaum stellen, da zwar im Umfeld Wald zu erkennen ist, nicht jedoch auf der Flur selbst. Eine italienische Herleitung, wie manchmal im Zwischbergental, lässt sich nicht geben. Der Name bleibt deswegen ungedeutet. Tschilferne cf. HL S CHILF . Tschili Tschili kommt nur zwei Mal als Bestimmungswort vor und zwar in ts Tschilimättulti und di Tschilischlüocht (beide Naters, ohne historische Belege). Die beiden Orte liegen weit auseinander. Während ‘ die kleine Matte (des Tschili) ’ und ‘ die Geländeeinbuchtung (des Tschili) ’ verständlich sind, bleibt Tschili unklar; am ehesten könnte ein Besitzer- oder Nutzername in einer Kurzform gemeint sein; Gwp. führt das mindestens für ts Tschilimättulti aus. Der Beiname Tschili ist nicht belegt. Ein Zusammenhang zum HL T SCHILL ist nicht gegeben. Tschill Tschill f. Die ältesten Belege in Naters haben 1276 in der chylla, 1277 chilla, 1280 chilla, ein Beleg aus dem 13. Jahrhundert hat la chilla, 1320 in der schilla, 1320 la chylla. Es scheint sich also um ein romanisches Lexem zu handeln, das später als Tschill f. erscheint. Seine Herkunft ist unklar. J ACCARD (1906, 91, s. v. Es Chilles) erwähnt die ältesten Belege aus Naters und vermutet, dass chillon ‘ Stein, Fels ’ dahinterstehe, das mit frz. caillou verwandt sei (vgl. dazu auch P IERREHUMBERT 1926, 124 s. v. Chillou, wo P. die Deutung von J. zurückweist). Eines der Probleme dieser Herleitung ist weiter das Genus: caillou ist Maskulin, chylla und seine Fortsetzungen sind Feminin. Ob es sich zu einem afrz. cielle zum lat. c ĕ lla kammer (FEW 2, 574 f.) stellen lässt, ist zumindest diskutierbar. Das Simplex ist als Tschill (1726, Birgisch; Naters, Visp), als in der Zill und jn der Tschill (1470 u. später, Visperterminen) belegt. Mit attributivem Adjektiv sind belegt: jn der Alten Tschill (1641, Visp), die Neüw Tschill (1637, Visp), (lat.: superiorem) Tschill ‘ die obere Tschill ’ (1448 u. später, Naters), in der Fodren Tschil (1716, Visp). Ein vorangestellter Genitiv Singular ist in Fryssyngs Chilla ‘ die Tschill des Frissyng / der Leute des Friso ’ (1320, Naters), ein Genitiv Plural in in Krizero Tschill ‘ in der Tschill der Familie Kreuzer ’ (1716) belegt. Das HL als Bestimmungswort findet sich in via de la chilla ‘ der Weg zur Chilla ’ (13. Jh. u. später, Naters), Tschiife 411 412 <?page no="211"?> Tschillbach (Naters) und in beÿ dem Tschillbildhaus ‘ beim Bildstock unter der Tschill ’ (1760, Naters). Wegen der Unsicherheit von Herkunft und Bedeutung des HL wird hier keine Deutung gegeben. Tschilljus Tschilljus ist in Salgesch als Tschilljus belegt; notiert ist dort auch, dass im Register Schillius steht; als historischer Beleg von 1883 steht Eie in Schilius. Ein anderer historischer Beleg in Leuk von 1794 hat Eÿen Tchillies. Der Name ist umstritten. T AGMANN (Ms., 125 f.) hat unter Schilius zwei historische Belege: 1564 y Schillios, 1820 in Schillihaus, die bei uns fehlen. Er führt den Namen auf afprv. chillioz ‘ Kiesel ’ zurück; versuchsweise nimmt er auch den FaN Gillioz (AWWB 110) an. M ATHIER (2015, 123) hat andere historische Belege: 1526 eys ylliotz, 1564 isilios, 1851 Schillius Eie, 1883 in Schiliur. Er nimmt an, dass der Name auf ylla (< insula) zurückgeht. Dieses lat. Etymon übersetzt bekanntlich das dt. Aue (wdt. Eie). Der Beleg Eÿen Tchillies von 1794 wäre dann nichts als eine Wiederholung des deutschen Eie. Die erste Deutung von T AGMANN hält er aber auch für möglich. Inhaltlich scheint klar zu sein, dass Tschilljus etwas mit einer Aue zu tun hat. Ob aber damit der FaN Gillioz, ein früheres chillioz oder eine Ableitung aus ylla gemeint ist, bleibt unklar. Tschimerii Tschimerii ist lebend nur in Albinen belegt. FLNK hat Tschiimeri; M ATHIEU (2006, 13) Tschiimärii. Die phonetische Notation von M. S. zeigt einen Hauptakzent auf der ersten Silbe und einen Nebenakzent auf der dritten; beide sind lang. Die historischen Belege sind: 1730 Zschineri, 1731 Zschimeri, 1733 Cÿmerin, 1783 jn Schimerÿ. Die Flur befindet sich oberhalb des Dorfes auf rund 1450 m, wo sich laut SK keine Gebäude befinden. In M ATHIEU (2006, 11) wird der Name auf frz. chimère ‘ gespenstisches Wesen ’ zurückgeführt, was nach G PSR (3, 575), wo das Wort nur für Noiraigue (Neuchâtel) belegt ist, kaum zutrifft. Hingegen könnte eine Ableitung auf - ARIA zu cheminer ‘ gehen, marschieren ’ (G PSR 3, 484) zu Grunde liegen, hier etwa zu deuten als ‘ Ort, wo man hingeht ’ . Tschina Tschina, auch Cina, ist als FaN für Salgesch gut belegt; T AGMANN (Ms., 133 f.) führt Tschina auf lat. CANALE ‘ Kännel, Wasserrinne ’ zurück; es bezeichnet in Salgesch einen Dorfteil (so auch M ATHIER 2015, 83). Davon abgeleitet ist der FaN Cina (vgl. auch AWWB 50 s. v. DE C ANALI ). Tschina ist als Dorfteilname für Salgesch belegt. Wohl auf den FaN geht ts Tschinawaldji ‘ der kleine Wald der Familie Cina ’ (Salgesch) zurück. M ATHIER (2015, 83) kennt weitere Namen: Tschinabrunnu, Tschinaschleif, Tschinawäg. Der Beleg jn summo de laz chinaz ‘ zuoberst in der Cina (Dorfteil) ’ (1494 u. später, Salgesch) bezieht sich auf den Dorfteil. In Varen ist 1589 y pra de lo cina ‘ in der Wiese beim Wasserlauf ’ und 1700 in pra Zina ‘ in der Wiese beim Wasserlauf / der Familie Cina ’ belegt. Vermutlich sind die beiden Belege auf die gleiche Flur bezogen; unklar ist, ob sie sich auf einen Wasserlauf oder den FaN Cina beziehen. Unklar ist weiter im Zinet (1783, Albinen), das 1650 als eÿ Zinee und 1708 ey zinces vulgo Zen Kennjen belegt ist. Der Beleg von 1708 gibt die deutsche Form ‘ bei den Känneln ’ , das auch im Zinet (mit einem Ableitungssuffix auf - ITTU ( M ) (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287)) erscheint. B OSSARD / C HAVAN (2006, 240) verweisen unter Cina auf frz. cène ‘ Mahlzeit ’ . Diese Deutung trifft auf unsere Belege kaum zu. Tschingel Tschingel ist zu schwdt. Tschingel m. ‘ Felsband, Grasstreifen in den Felsen, Bergwiese, Felswand ’ zu stellen, aus altrom. *tschinglo, *tsinglo zu lat. CINGULUM ‘ Gürtel ’ (I D . 14, 1745 f.; Z INSLI 1984, 588). Das Simplex Tschingel / Tschingol / Tschingul / Tschingu ist belegt in Blitzigen, Bratsch, Gampel, Niedergesteln und Randa; der Plural Tschinngle / Tschinnglu in Saas- Almagell. Mit einem attributiven Adjektiv werden Ober Tschingel (Randa) und t Obrun Tschingle (Niedergesteln), sowie Unner Tschingel (Randa) und t Undrun Tschingle (Niedergesteln) gebildet. In fast allen andern Fällen ist Tschingel Bestimmungswort zu Bach, Bode, Fad, Heeji, Rigg, Tritt, Wägji und Weg. Das Tschingelhoren und das Chlei Tschingelhoren (beide Blatten) haben ihren Namen von einer Alpe Tschingel auf der Berner Seite. Einen Spezialfall bildet der historische Beleg aqueductus dol Zinguerel (? ) ‘ die Wasserleitung des Zinguerel ’ (1337, Bratsch) mit unsicherer Lesung. Insgesamt ist dol Zinguerel romanisch; das / r/ darin passt nicht zu Tschingel; es könnte sich aber um eine erweiterte Ableitung zu lat. C Ĭ NCT Ū RA ‘ Gürtel ’ handeln (FEW 2, 677 f.). Tschingere Tschingere ‘ das Gebiet, das wie ein Gürtel aussieht ’ ist als Tschingere (Albinen, SK Tschinjeren, FLNK und LT Tschingere) belegt. M ATHIEU (2006, 19) kennt den Namen ebenfalls als Tschingere; S. 23 hat er Tschingruweid, das in der Datenbank des VSNB fehlt. Die historischen Belege haben seit 1294 apud Signieres und Varianten davon. Erst 1650 ist in Tschinieres belegt und 1667 in Schinnÿere. 413 414 Tschingere <?page no="212"?> Varianten davon sind reichlich belegt; die letzte historische Form (1833) enthält in den Tschinjeren. Laut der Beschreibung handelt es sich um einen Weiler, der nicht ständig bewohnt sei. M ATHIEU (2006, 11) gibt als Deutung von Tschingere Chiniere als ‘ Erstlingsfrüchte ’ an. Woher diese Deutung stammt, konnte nicht eruiert werden. Am nächsten liegt wohl eine kollektive Ableitung auf - ARIA (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288) zum Stamm von lat. c ĭ ngula gürtel (FEW 2, 681 ff.), wobei das auslautende / l/ getilgt wurde. Siehe dazu auch das HL T SCHINGEL (Z INSLI 1946, 316). Die Deutung ist aber deswegen sehr unsicher. Tschinggär Tschinggär ist nur in ts Tschinggärwägji ‘ der kleine Weg, der von italienischen Wanderarbeitern (Übername Tschingg) gebaut wurde ’ (Gampel). Es handelt sich entweder um einen Genitiv Plural oder ein Adjektiv auf - ER (S ONDEREGGER 1958, 526 ff.) Bei Tschingg geht es um eine abwertende Dialektbezeichnung für Italiener, auch für italienisch sprechenden Schweizer, aus dem it. Zahlwort cinque ‘ fünf ’ und dem im norditalienischen Spiel Mora vorkommenden Ausruf cinque a la mora (I D . 14, 1749 f.; D EVOTO / O LI 2020, 438). Tschippi Tschippi f. ‘ Alpenrosenstaude ’ ist belegt in die Ober Tschippi ‘ der obere Teil des Tschippi (Gebiet mit Alpenrosenstauden) ’ (1531, Ernen) und mit einer Ableitung in Tschippenehauta ‘ die Halde mit Tschippi ’ . Am nächstliegenden dürfte Tschüppe, Tschippu n ‘ Alpenrosenstaude ’ (I D . 14, 1583) sein, im Oberwallis sonst eher Jippi, Gippä (G RICHTING 1998, 119 und M ARZELL 3, 1329). Diese Deutung ist sinnvoller als die Rückführung auf Tschipp, Tschippi ‘ Schlag, Stoss ’ (G RICHTING 1998, 200). Tschongge Tschongge m. bezeichnet nach E GLI (1982, 50) ‘ ein kropf- oder knollenartiges Gewächs, z. B. einen Harzklumpen am Baum, eine Wucherung, einen Auswuchs am menschlichen Körper ’ ; in Weinbaugebieten schöne, grosse Trauben, aber auch andere Pflanzen wie Kohl oder Rüben. E GLI nimmt an, dass das Wort auf schwzdt. Schungge, Tschungge ‘ geräucherter Schinken ’ zurückgeht, doch findet man auch wdt. Tschongge n m. ‘ vorstehendes Stück ’ (I D . 14, 1751 f.). G RICHTING (1998, 201) verzeichnet unter Tschungge, Tschonggo ‘ Klumpen (Erde), Mann (grosser) ’ . Die einfachste Namenform findet sich in Embd, wo Tschong m. als Zentrum eines Namennestes belegt ist; die historischen Belege sind 1540 jn den Zschon, 1540 vom Schong, 1603 vss dem Tschu ᵕ ng, später wieder Tschong. Dazu kommen dann Tschongbach, Tschonggufer, Tschong Heeji und Tschongloch. Der Name ist wohl durch den hervorstehenden Fels unterhalb des Dorfes Embd im Nikolaital bestimmt. Ein Simplex im Plural Ze Tschonge ist der Name einer Alpe in Eischoll und angrenzend auch in Ergisch. Alternativ ist hier auch ein entrundeter Plural di Tschenge (Eischoll) belegt. Dazu kommen Tschonghubol und Tschongstafol (beide Eischoll). In Baltschieder ist nur historisch in den Schongen (1437) belegt, also ein Plural, dazu lebend der Unner und der Ober Tschongbiel. Auch hier könnte ein hervorstehender Fels den Namen motivieren. Die Plurale di Tschongge (Ausserberg, Saas- Almagell) sind ähnlich motiviert. In Binn ist Tschongge nur als Bestimmungswort in Tschongge Bachtle und Tschonggetosse belegt - die beiden Namen befinden sich im gleichen Gebiet, wo es Felsvorsprünge hat. In Oberwald gibt es einen Tschunggecheer der Pass-Strasse über die Furka - es handelt sich um eine hervorstehende Kurve. Wenn man die verschiedenen Namenformen zusammenbringen will, ist als Ausgangspunkt wohl ein maskulines der Tschong anzunehmen, zu dem ein Plural Tschongge gebildet wurde. Dieser Plural ist seinerseits in einigen Fällen als Singular reanalysiert worden, was die Einträge in den Wörterbüchern erklärt. Der Unterschied von Tschong und Tschongg lässt sich aus der Behandlung von -ngerklären (SDS 2, 117 ‘ Hunger ’ , 118 ‘ lang ’ ). Ob das Lemma wirklich zu Schungge ‘ geräucherter Schinken ’ zu stellen ist, bleibt sehr fraglich. Der Wechsel von / o/ und / u/ vor einem Nasalkonsonanten ist zwar möglich (vgl. die historischen Belege zu Tschong (Embd) und G RICHTING (1998, 201)), erklärt den Zusammenhang aber nicht. Das Problem der Herleitung lässt sich daher nicht lösen. Tschooli Tschooli ist als Simplex ts Tscholi (Inden, auch LT und FLNK) belegt, wo auch die Komposita Tscholiwäg (Inden, nur FLNK) und der Tscholiwald (Inden, auch LT und FLNK) erscheinen. Als vorangestellter Genitiv ist Tschoolis Chummu ‘ die Chumma (Mulde) des Tschooli (PN) ’ (Turtmann, auch LT Tscholischumme) und unwesentlich davon unterschieden Tscholisch Chummu (Unterems, auch FLNK Tscholischchumma) in der gleichen Bedeutung erhalten. Die Beschreibung von Turtmann sagt, dass es um Lärchen- und Tannenwald, Hanglage gehe. Die Beschreibung von Unterems sagt, das sei früher ein Pfarrgut von Turtmann, zum Teil früher Rebberg gewesen. Beide stimmen darin überein, dass es sich um einen PN oder Beinamen eines Tschooli handelt, zu schwdt. Tsch ō l m. ‘ ungeschickter, einfältiger Mensch ’ und wdt. Tschooli ‘ Mächen (lang- Tschinggär 415 416 <?page no="213"?> sames, dummes ’ (I D . 14, 1724; G RICHTING 1998, 200), wobei die männliche Form wohl ausschlaggebend war. Der Flurname in Inden weist dagegen nie einen Genitiv auf. Es dürfte sich hier um einen ursprünglich romanischen Flurnamen handeln, der als frz. chaux, patois tsó (G PSR 3, 466) belegt ist. Die Deutung ist wohl eher das bei B OSSARD / C HAVAN (2006, 6) s. v. Chaux belegte ‘ [t]errain peu productif ’ (wenig fruchtbares Gebiet), also das kalkhaltige Gebiet, wie in G PSR (3, 466, Bed. 2°) angenommen. Ob die Endung deutsch ist, kann nicht festgestellt werden. B OSSARD / C HAVAN geben kelt. *calm als Quelle an, das Z INSLI (1946, 319) in älterer Form als Galm, auch Galen kennt (cf. HL G ALE ). Wenn die Herleitungen stimmen, ist im ersten Fall ein deutsches HL, im zweiten ein romanisches anzunehmen. Da beide Deutungen unsicher sind, wird auf eine Trennung verzichtet. Tschoopet Tschoopet ist als Tschoopet (Salgesch, auch FLNK und LT) belegt. M ATHIER (2015, 77) kennt den Namen und führt ihn auf mlat. cauma ‘ grosse, starke Hitze, Glut ’ und das Diminutivsuffix - ITTUM (frz. -et) zurück. Diese Deutung ist zumindest zweifelhaft, da es keinen historischen Beleg von cauma ohne / m/ gibt; auch G PSR (4, 5) kennt keine derartige Form. Näherliegend ist eine Diminutivableitung zu einem deverbativen Nomen zu chòp ā ‘ boucher (zumachen, stopfen usw.) ’ (G PSR 4, 9 f.), das auch im Zusammenhang mit einer Wasserleitung verwendet wird. Tschoopet wäre dann eine ‘ kleine Schleuse einer Wasserleitung ’ . Da der Flurname schon im 17. Jahrhundert erscheint, ist eine Ableitung von chope ‘ einen Schoppen trinken ’ nicht möglich (G PSR 4, 10); laut V . W ARTBURG (Revue de linguistique romane 24, 1960, 285 f.) erscheint dieses Wort erst im 19. Jahrhundert in Paris und wird später in die patois übernommen. Tschoscha Tschoscha ist lebend in Salgesch belegt. FLNK und LT haben Tschortscha. Auch M ATHIER (2015, 64) hat Tschortscha, verweist aber darauf, dass ältere Leute Tschosa sagen. Ein von ihm zitierter Beleg von 1871 hat Tschosha. M ATHIER (2015, 64) schlägt im Anschluss an Z INSLI (1986, 582) ahd. sc ō z(o) ‘ Schoss ’ vor, hält aber auch rom. chiusa - chiosa ‘ Gehege ’ für möglich. Beide Deutungen sind kaum denkbar: Salgesch hatte bis ins 15. Jahrhundert keine deutschen oder piemontesische Formen. Eine Deutung ist nicht möglich, da die beiden belegten Flurnamen sich grundsätzlich unterscheiden. Tschosil Tschosil n. ist nur in Ergisch als ts Tschosil und ts Ober Tschosil belegt. Die beiden Namen benennen heute einen Teil des Waldes, der Rosswald heisst. Laut den Beschreibungen handelt es sich hier um Lagerstellen für Rinder. Historische Belege fehlen. Vermutlich liegt ein ursprünglich romanischer Name vor; die fehlenden historischen Belege lassen keine Deutung zu. Tschubilini (FaN) Tschubilini (FaN) ist auf den italienisch FaN Giobellina zurückzuführen. Laut I NDERMITTE (1980, 90 f.) war N ATALE G IOBELLINA (*1867, Todesjahr unbekannt) als Transportunternehmer für den Bau der Bern-Lötschberg-Simplon- Bahn zwischen 1907 und 1911 in Steg-Gampel tätig. Danach zog er nach Naters, um als Transportunternehmer für die Furka-Bahn zu arbeiten. Der Tschubilini- Schleif (Kippel) wird wohl für die Holzstämme gebraucht worden sein, die für den Bau nötig waren. Die ntr. Form auf - I entspricht der gängigen umgangssprachlichen Umbildung eines FaN (z. B. der Herr Kämpfen -> ts Kchämpfi). Tschüdangna Tschüdangna ist in Leuk, Salgesch und Varen belegt. In Leuk erscheint es lebend als Tschüdanu (FLNK Tschüdana) mit den frühesten Belegen von 1278 u. später als la choudana ‘ die warme Quelle ’ ; 1711 und später ist es als Zudanet und Chudanet (eine Ableitung mit dem diminutiven Suffix - ITTU ( M )) belegt. In Salgesch erscheint es als Tschüdangna (SK Tschudana, FLNK Tschüdangna). Dazu kommen ca. 1880 Schudangen Matten ‘ die Wiesen bei der warmen Quelle ’ und 1791 in der Schùdangnen Mihle ‘ die Mühle beim Gebiet Tschüdangna (warme Quelle) (M A- THIER 2015, 119 mit Beleg von 1794). 1564 ist torrentem de la chudagna ‘ der Bach bei der Tschüdangna (warme Quelle) ’ belegt. In Varen ist Tschüdangna ‘ die warme Quelle ’ lebend belegt. Wie die Karten zeigen, befinden sich die drei Namen oberhalb des Rottens zwischen Salgesch, Varen und Leuk im Gebiet, wo die drei Gemeinden zusammenstossen. LT hat auch ein Zudannaz in Varen, der zum gleichen Namen zu stellen ist. Vgl. auch HL Z UDANGNA zu Varen. Tschudenetgi Tschudenetgi ist nur 1709 in Leuk als jm Tschudenetgi ‘ bei der kleinen, warmen Quelle ’ belegt. Im Dokument steht ‘ Reben ’ , was nahelegt, dass hier ein Weinberg mit einer kleinen, warmen Quelle bestand. Der Flurname ist wohl zum HL T SCHÜDANGNA ‘ die warme Quelle ’ zu stellen, hat aber eine Diminutivendung - ETGI / ETYI (vgl. SDS 3, 155 f.), wobei die Endung - ET auch auf - ITTA (B OSSARD / C HAVAN 417 418 Tschudenetgi <?page no="214"?> 2006, 287) zurückgehen kann, die mit dem wdt. - GI / - JI ergänzt wurde. Tschugge Tschugge m. ‘ Stein, Felsblock ’ ist zu schwdt. Tschugge n m. ‘ Stein, Felsblock, Felskopf ’ , in den schwdt. Mundarten noch halbappellativisch und appellativisch verbreitet, namentlich im Wortgut der Walser, auch wdt. Tschugge, Tschuggä (Goms), Tschugga (Mattertal), Tschuggn (Lötschental), Tschuggu ‘ Fels, Felsblock ’ , das auf ein vorrom. Etymon zurückgeht, laut H UBSCHMIED auf gall. *tsukko ‘ Stock eines abgehauenen Baumes ’ (I D . 14, 1718 f.; G RICH- TING 1998, 200; H UBSCHMIED 1933, 50, 258 f.; Z INSLI 1984, 588). Das HL kommt in rund 500 Flurnamen vor. Das endungslose Simplex Tschugg (Name einer Berner Gemeinde bei Erlach) ist im Oberwallis kaum belegt. im Tschug (1711, Albinen) wird von FLNK Tschuggu genannt. In Leuk hat LT Tschugg, FLNK Tschugge; historische Belege haben 1363 ou chucco, 1502 ou chuccoz, 1544 on chuggoz, 1711 im Tschu ᵕ g. Inden hat im Tschugg, 1326 lo suc. Da alle drei Orte (a) im Westen des Bezirks Leuk liegen und (b) an zwei Orten eine romanische Grundlage vorhanden ist, dürfte das HL hier ins Frpr. eingedrungen sein; in den uns zugänglichen Quellen (M EYER 1914, T AGMANN 1946) fehlt das HL jedoch. Nur historisch belegt sind zem Zuchcquen (1309 u. später, Ausserberg), Schu ͦ cke (1389, Grächen), Schuckun (1386 u. später, Staldenried) und die Plurale in den Zúgleten und Zen Schuckon (1467, Ulrichen). der Tschugge (Reckingen), zem Tschugge (Zermatt), hinderm Tschuggn (Kippel), zem Tschuggen (Blatten), der Tschuggo (Naters, zweimal), Tschuggo (EK, Eggerberg), der Tschuggu (Ergisch), ufum Tschuggu (Hohtenn, Dorfteil; Saas-Balen; Zeneggen), im Tschuggu (Hohtenn), unner dum Tschuggu (St. Niklaus) sind lebende Belege; auffällig mit Umlaut ist Tschügge (FLNK, Ernen), zu dem historische Belege mit einem Singular vorliegen. Historisch sind u. a. folgende sicheren Simplizia belegt: Tzschuggo (1634, Brigerbad), den Zschuggen (1648 u. später, Baltschieder), zum Tschuggen (1527, Turtmann), zúm Tschúggen (1695, Guttet), der Tschuggo (1587, Grächen), an dem Tschuggo (1701, Bratsch), a ŭ f dem Tsch ŭ gen (1794, Stalden), aúffúm Zúggen (1693, Hohtenn), vff dem Tschúggen (1628, Gampel). Der Plural des Simplex ist meist am Artikel erkennbar: ze dien Schvggon (1305 u. später, Törbel (teilweise Singular); FLNK Tschuggu), in den Z'uggen (1519, Visperterminen) di Tschugge (Brigerbad, zweimal), Tschugge (Mund; historisch Plural), in den Tschuggen (1723, Birgisch), di Tschugge (Zermatt), Tschuggen (SK, Leukerbad; sonst nicht belegt, unklar ob Sg. oder Pl.), die Tschúggen (1746, Simplon), zen Tschúggen (1683, St. Niklaus), zu Tschuggu (Randa, wohl Pl.), unner de Tschuggu (Saas- Almagell), ine Tschuggu (Glis). Das Diminutiv im Singular ist selten belegt: Tschuggi (EK, Eggerberg), ts Tschuggi (Zwischbergen) und, mit seltenem Umlaut und Entrundung Tschiggji ‘ der kleine Felsen ’ (FLNK, Bratsch). Häufiger findet sich der Plural jn den Tschuggiltinen (1554, Törbel), di Tschuggini (Baltschieder), Tschuggino ‘ bei den kleinen Felsen ’ (1743, Zermatt), ze Tschugginu (Täsch), di Tschuggjini (Hohtenn, Niedergesteln), di Tschugglätjini ‘ die kleinen Felsen ’ (Steg). Mit attributiven Adjektiven kommen u. a. vor: der (e) Rot Tschuggo ‘ der rote Fels ’ (Naters und vier weitere mit r-Vorschlag), der (e)Rund Tschuggu ‘ der runde Fels ’ (Bratsch), der Äbu Tschugga ‘ der Fels mit senkrechtem Felsabsturz ’ (Randa) (wohl zu / ab/ , nicht zu / äbu/ ), di Beeschu Tschugge ‘ die bösen (wohl: losen) (Fels-)Steine ’ (Zermatt), zen Bruchligen Zuggen ‘ bei den brüchigen Felsen ’ (1540, Embd), zum Ebenden Zuggen ‘ beim ebenen Felsen ’ (1540, Embd), zum Fulen Tschuggen ‘ beim faulen Fels ’ (1721 u. später, Embd), an den Gespaltnen Tschuggen ‘ an den gespaltenen Felsen ’ (1768, Zeneggen), di Grientschugge ‘ die grünen Felsen ’ (Mund), der Grien Tschuggu ‘ der grüne Felsen ’ (Saas-Balen), ze Heeju Tschuggnu ‘ bei den hohen Felsen ’ (Bratsch), dr Hee Tschuggu ‘ der hohe Felsen ’ (Saas-Almagell), vom Hegen Zugen ‘ vom hohen Felsen ’ (1540, Embd), ts Hibsch Tschuggji ‘ der kleine, hüsche Felsen ’ (Embd), der Hipsch Tschuggo ‘ der hübsche Felsen ’ (Eisten), ze Holen Tschuggu ‘ bei den hohlen Felsen ’ (Törbel), der Hotschugga ‘ der hohe Felsen ’ (Randa, zweimal), der Hotschuggo ‘ der hohe Felsen ’ (Glis, Grächen, Stalden), vber den Ho o tschuggen ‘ über den hohen Felsen ’ (1515, Eisten), ts Lägund Tschuggji ‘ der ebene, kleine Felsblock ’ (Eisten), der Lägund Tschuggo ‘ der ebene Felsblock ’ (Embd, Staldenried), der Lanndig Tschuggo ‘ der von Land (Erde) umgebene Fels ’ (Staldenried), der Läng Tschuggo ‘ der lange Felsen ’ (St. Niklaus), zum Leidun Tschuggu ‘ beim hässlichen, gefährlichen Fels ’ (Steg), ze Lenge Tschuggu ‘ bei den langen Felsen ’ (Eisten), der Leng Tschugga ‘ der lange Felsen ’ (Randa, zweimal), dr Leng Tschuggen ‘ der lange Felsen ’ (Wiler), t Lengu Tschugge ‘ die langen Felsen ’ (Saas-Almagell), underim Loiwign Tschuggen ‘ unter dem Fels im Lawinengebiet ’ (Blatten), uffem Loiwign Tschuggen ‘ auf dem Fels im Lawinengebiet ’ (Blatten), dr Loiwig Tschuggen ‘ der Fels im # ‘ der mittlere Fels ’ (Randa), dr Ober Tschuggen ‘ der obere Fels ’ (Wiler und acht weitere, ähnliche), Root Tschuggu ‘ der rote Felsen ’ (FLNK, Ergisch), bis an den Rothen Tschuggen ‘ bis zum roten Fels ’ (1881, Eischoll), zem Rote Tschugge ‘ beim roten Felsen ’ (Zermatt), Roti Tschugge ‘ die roten Felsen ’ (Guttet), ts Rot Tschuggji ‘ der kleine rote Felsen ’ (Hohtenn, St. Niklaus), dr Rot Tschugge 419 420 <?page no="215"?> Tschuggn ‘ der rote Felsen ’ (Blatten), der Rot Tschuggu ‘ der rote Felsen ’ (Ergisch und fünf weitere, ähnliche), der Rund Tschuggo ‘ der runde Felsen ’ (Eischoll), der Rund Tschuggu ‘ der runde Felsen ’ (Bratsch), der Schleifund Tschuggu ‘ der als Schleif dienende Felsen (? , unklar) ’ (Zwischbergen), zum Schwarzen Tschúggen ‘ beim schwarzen Felsen ’ (1860, Steg), t Schwarze Tschugge ‘ die schwarzen Felsen ’ (Zermatt), an den Schwarzen Tschuggen ‘ an den schwarzen Felsen ’ (1738, Bürchen), ts Schwarz Tschuggi ‘ der kleine schwarze Felsen ’ (Visperterminen, Zwischbergen), der Schwarz Tschuggo ‘ der schwarze Felsen ’ (Törbel und vier weitere, ähnliche), zum Spitzun Tschuggu ‘ beim spitzen Felsen ’ (Törbel, zweimal), der Under Tschuggen ‘ der untere Felsen ’ (Wiler), der Under Tschuggo ‘ der untere Felsen ’ (Ausserberg), t Undru Tschugge ‘ die unteren Felsen ’ (Mund), Unnertschuggo ‘ der untere Felsen ’ (FLNK, Grächen), z Unnertschuggu ‘ bei den unteren Felsen ’ (Törbel), der Unner Tschuggu ‘ der untere Felsen ’ (Saas-Balen, Täsch), Unnru Tschugge ‘ die unteren Felsen ’ (FLNK, Randa), der Versprochnu Tschuggu ‘ der versprochene (wohl falsch für der zerbrochene) Felsen ’ (Täsch), t Voodru Tschugge ‘ die vorderen Felsen ’ (Randa), ze Wiisse Tschugge ‘ bei den weissen Felsen ’ (Zermatt), der Wiiss Tschuggo ‘ der weisse Felsen ’ (Zeneggen und sechs weitere, ähnliche, teilweise historisch), t Wiissu Tschiggiltini ‘ die kleinen weissen Felsen ’ (Bratsch). Vorangestellte Genitive sind ts Äarnetsch Tschuggu ‘ der Fels des Ärni ’ (Saas-Almagell), im Blantzo Zúggen ‘ im Tschuggen (Felsen) der Familie Blantschen ’ (1676, Baltschieder), z Hofersch Tschuggu ‘ der Fels der Familie Hofer / der Leute vom Hof ’ (FLNK, Törbel), der Jänischtschuggo ‘ der Felsen des Jäni (Johannes) ’ (Eisten), an den L ŭ ogien Sch ŭ gen ‘ an den Felsen bei der Aussichtsstelle ’ (1736, Bratsch), vff Mattügo Tschuggen ‘ der Felsen der Familie Mattig / der Leute des Matti ’ (1599), Sengers Zschúggen ‘ der Fels der Leute, die im Seng wohnen / der Familie Senger ’ (1696, Brigerbad), aúfem Strúben Tschúgen ‘ auf dem Felsen der Familie Struben ’ (Mund), der Zäggolun Tschuggo ‘ der Felsen der Zäggolun (unklar) ’ (Visperterminen). Als Grundwort erscheint das HL mit einer langen Reihe von Bestimmungswörtern, die normalerweise naheliegende Fluren bezeichnen. Die häufigst vorkommenden sind Komposita mit dem HL F LÜÖ wie Flietschugge ‘ die Felsblöcke bei den Flühen ’ (FLNK, Saas-Balen), dr Fliätschuggen ‘ der Felsblock bei den Flühen ’ (Blatten), Flu e zchuckun ‘ der Fels bei der Fluh ’ (1389, St. Niklaus), di Fluo Tschúggen ‘ die Felsen bei der Fluh ’ (1731, Embd) und erweitert dr Fluämadtschuggen ‘ der Felsblock bei den Wiesen bei der Fluh ’ (Wiler), der Hoflüotschuggo ‘ der Fels bei der hohen Fluh ’ (Eisten) und andere. Mehrfach kommt auch das HL B LATTA ‘ (Fels-)Platte ’ vor, meist in der Ableitung Blattil in aúf den Blattil Tschúggen (1852, Niedergesteln), der Blattiltschuggu (Hohtenn, viermal belegt), Blattmaadtschuggen ‘ der Fels im Gebiet Blattmaad (Mähwiese bei den Felsplatten) ’ (FLNK, Ferden) und auch dem FaN Blatter in Blattertschuggo ‘ der Felsen der Familie Blatter ’ (FLNK, Birgisch) und der Blattertschuggu ‘ der Felsen (und die Wiesen) der Familie Blatter ’ (Saas-Balen). Häufig sind auch komplexere Konstruktionen z. B. der Ober Greechtschuggu ‘ der obere Fels beim Kornspeicher ’ (Bratsch), der Ober Hollztschuggu ‘ der obere Teil des Felsens beim Holz (Wald) ’ (St. Niklaus), Obärmarchtschuggu ‘ der obere Fels bei der March (Grenze zwischen Bratsch und Gampel) ’ (FLNK, Gampel), der Schwarz Bärgtschuggu ‘ der Fels bei der Alp Schwarzbärg ’ (Saas-Balen), t Seebachtschugge ‘ die Felsen beim Seebach ’ (Niedergesteln), der Unner Greechtschuggu ‘ der untere Fels beim Kornspeicher ’ (Bratsch), der Unner Hollztschuggu ‘ der untere Teil des Felsens beim Holz (Wald) ’ (St. Niklaus) und andere mehr. Eine auffällige Gruppe sind Tiernamen als Bestimmungswörter, die entweder die dort weidenden Tiere oder dort lebende wilde Tiere bezeichnen: t Adiltschugge ‘ die Felsen mit Adlern ’ (Gampel), Aritschuggo ‘ der Fels, wo Adler nisten ’ (FLNK, Staldenried), di Bärutschugge ‘ die Felsen, wo es Bären hatte / die einem Bären gleichen ’ (Raron), der Bärutschuggo ‘ der Fels, wo es Bären hatte / der einem Bären gleicht ’ (Raron), die Beren Luog Tschuggen ‘ (unklar) die Felsen, wo man die Bären sehen kann (? ) ’ (Visperterminen), t Chalbertschuggen ‘ die Felsen, wo die Kälber weiden ’ (Ferden, Kippel, Wiler), der Challbertschugge ‘ der Fels bei den Chalbermatten (Wiesen für die Kälber) ’ (Zermatt), der Egiltschuggu ‘ der Fels mit Adlern ’ (Hohtenn) mit dem dazu gehörenden der Egiltschugguschleif ‘ der Schleif vom Egiltschuggu (Adlerfelsen) herunter ’ (Hohtenn), t Escheltschugge ‘ die Felsen, die einem Esel gleichen ’ (Zermatt), der Feetschuggo ‘ der Felsen, wo das Vieh rastet ’ (Eisten), der Feetschuggu ‘ der Felsen, wo das Vieh rastet ’ (Visp), der Geisstschuggo ‘ der Felsen, wo die Ziegen Unterschlupf fanden ’ (Bürchen), di Geisstschuggen ‘ die Felsen für die Ziegen ’ (Blatten), di Gitzitschuggä ‘ die Felsen für die kleinen Ziegen ’ (Gampel), der Gitzitschuggu ‘ der Felsen für die kleinen Ziegen ’ (Hohtenn), der Kalber Zuggo ‘ der Fels für die Kälber ’ (1540, Embd), der Lammertschuggu ‘ der Felsen für die Lämmer ’ (Saas-Fee), Murgundutschuggji ‘ der kleine Murmeltierfels ’ (FLNK, Törbel), der Wisiltschuggu ‘ der Wieselfelsen ’ (FLNK, Gampel), an den Wolff Zschuggen ‘ an den Wolffelsen ’ (Grächen), Z Muttentschuggen ‘ das Felsgebiet der ungehörnten Ziegen ’ (Täsch, LT; FLNK Muttlentschuggu). 421 422 Tschugge <?page no="216"?> Eine zweite Gruppe von Komposita enthält Pflanzen- oder Baumnamen als Bestimmungswörter: an den Anhorntschúggen ‘ an den Fels mit Ahornen ’ (1774 (? ), Eggerberg), der Aarbtschugga ‘ der Fels mit Arven ’ (St. Niklaus), der Aarbtschuggu ‘ der Fels mit Arven ’ (Hohtenn), der Edelwiistschuggen ‘ der Fels mit Edelweiss ’ (Blatten), der Edilwistschuggu ‘ der Fels mit Edelweiss ’ (Oberems), der Eichjitschuggu ‘ der Fels beim Eichji (kleines Gebiet mit Eichen) ’ (Hohtenn), die Feschtschuggen ‘ die Felsen mit Grasbändern ’ (1588, Saastal), die Gersten Tschuggen ‘ auf den Felsen beim Ort, wo Gerste angepflanzt wurde ’ (1635, Saas-Balen), die Grùtzschuggen ‘ die Felsen mit Kraut (unklar) ’ (1540, Glis), der Hasoltschuggo ‘ der Fels beim Gebiet Hasol (wo es Haselstauden hat) ’ (Zeneggen), der Hälftschugge ‘ der Felsen bei den Hagebutten ’ (Birgisch), aúff dem Helfftschúggen ‘ auf dem Felsen bei den Hagebutten ’ (1702, Mund), der Holztschugga ‘ der Felsen beim Holz (Wald) ’ (Randa), der Chriästschuggen ‘ der Tschugge (Fels), der wie eine Chriesa (Kirsche) aussieht ’ (Wiler), La ŭ btschuggen ‘ der Fels beim Laub ’ (1916, Embd), der Löübertschugga ‘ der Fels mit Laub ’ (St. Niklaus), der Löübertschuggu ‘ der Fels mit Laub ’ (St. Niklaus), der Löübtschuggu ‘ der Fels mit Laub ’ (Saas-Almagell), t Mälbertschugge ‘ die Felsen mit Mehlbeerstauden ’ (Eisten), der Nässeltschugga ‘ der Fels mit Nesseln ’ (Randa), di Birchtschugge ‘ die Felsen im Bereich Birk (Birkengehölz) ’ (Saas-Balen), di Blackätschuggen ‘ die Felsen beim Ort, wo Blacken wachsen ’ (Ferden), der Brüchtschuggu ‘ der Fels mit Erika (Heidegebüsch) ’ (Saas-Almagell), Ronschuckon ‘ der Fels bei den Baumstöcken ’ (1390 u. später, Grächen), der Sefitschuggo ‘ der Fels mit Sefinen (J UNIPERUS SABINA ) ’ (Mund), di Discheltschuggun ‘ die Felsen mit Disteln ’ (Kippel), uffen Drooseltschuggun ‘ bei den Felsen mit Erlengebüsch ’ (Blatten) und t Waldtschugge ‘ die Felsen beim / im Wald ’ (Ergisch) (Edelweiss und Mehlbeere sind formal zusammengesetzt, benennen aber eine bestimmte Pflanze und sind darum hier erwähnt). Eine Reihe von schwieriger zu deutenden Einzelfällen sind etwa der Franzoosutschuggo ‘ der Franzosenfelsen ’ (Eggerberg), wo die Gwp. sagt, hier sei ein Franzose (wohl um 1798) hinuntergeworfen worden, als er Rinder holen wollte, der Göüchtschuggu ‘ der Felsen des Narren ’ (Täsch), wo es eine Sage gibt, ein <Gauch> habe sich in einem Ameisenhaufen auffressen lassen, der Soldaatutschuggo ‘ der Felsen, der aussieht, wie eine Reihe von Soldaten ’ (Eisten). Auch das mehrfach belegte ts Broodtschuggji ‘ der kleine Fels, der aussieht wie ein Brot / bei dem man einen Imbiss nahm ’ (St. Niklaus), ts Brodtschuggji (Törbel) und di Broodtschuggjini (Täsch) sind unklar, genau so wie das komplexere der Wiissbrodtschuggo ‘ der Fels der Familie Weissbrod oder Wyssbrod ’ (Mund), wo Gwp. meint, er sei um ein Weissbrot verkauft worden. Die Äusserungen der Gwpp. können materiell stimmen, aber auch einfach Deutungen des Namens auf Grund von Alltagswissen sein. Als Bestimmungswort kommt das HL mit folgenden Grundwörtern vor: Acher, Bord, Egg(a), Fad, Flüö, Haalta, Matta, Stadel, Wald, Wasser und Weid. Komplexere Fälle sind etwa ts Tschuggmatthoru ‘ das Horn (Gipfel) oberhalb der Tschuggmatta ’ (Zwischbergen; LT und SK Tschuggmatthorn), Rot Tschuggucheer ‘ der Cheer (Wegkehre) beim Rot Tschuggu (roter Fels) ’ (FLNK, Steg) und andere. Eine Ableitung Tschuggil ist in Tschuggilrosch (FLNK, Salgesch) und Tschuggilroscht (FLNK, Varen) belegt. M ATHIER (2015, 30 f.) kennt Tschuggilrosch für Salgesch und deutet es als Kompositum von Tschuggil (<*tsukkon ‘ Stock ’ ) und mda. rosch (< frz. roche). Vermutlich ist auch Tschuggilroscht so zu verstehen, als eine Art Doppelung: der felsige Fels. Die Ableitung Tschuggil bezieht sich auf eine Suffix - IL als maskuline Stellenbezeichnung (S ONDER- EGGER 1958, 513). Der oben erwähnte Diminutiv jn den Tschuggiltinen (1554, Törbel) könnte auch zu dieser Ableitung gestellt werden; ein Diminutive auf - ILTI ist aber auch möglich. Tschugget Tschugget ist nur 1843 für Varen belegt, wo pratum de Tschugget und kurz darauf in der gleichen Urkunde Tschugget vorkommen. Es handelt sich um den untersten Teil der Varneralp. In Salgesch ist der Name Tschuggilrosch, in Varen Tschuggilroscht belegt, beide nach FLNK. Von der Lage her kann es sich um den gleichen Namen handeln. Rosch / Roscht ist vermutlich zum rom. roche ‘ Felsen ’ zu stellen (cf. HL R OSCH ). Bei Tschugget und Tschuggil liegt eine Ableitung zu schwdt. Tschugge n m. ‘ Stein, Felsblock, Felskopf ’ , nahe. Vorrom. Etymon, laut Hubschmied gall. *tsukko ‘ Stock eines abgehauenen Baumes ’ (I D . 14, 1718 f.; H UBSCHMIED 1933, 50, 258 f.; Z INSLI 1984, 588). Das Ableitungssuffix -et in Tschugget könnte einem rom. - ITTA mit diminutiver Bedeutung entsprechen, also ‘ der kleine Fels ’ . Die Endung in Tschuggil entspricht der Verteilung von - IL / - OL nach R ÜBEL (1950, 8), der im Bezirk Leuk nur - IL hat (cf. HL T SCHUGGUL ). Das Problem dieser Deutung: soweit bekannt, kennen die patois Tschugge n nicht; es würde sich um eine seltene hybride Bildung handeln. Tschuggul Tschuggul ist zu schwdt. Tsch ū ggel m. ‘ Büschel von Pflanzen, Gras ’ auch ‘ Bündel von Stauden ’ zu stellen. Etymologisch gehört es zu vorrom. *tsukka ‘ Wurzelstock ’ (I D . 14, 1717). Belegt ist es in der Tschuggulbodo Tschugget 423 424 <?page no="217"?> ‘ der Boden mit Grasbüscheln ’ (Naters). Auch Tschuggilrosch (Salgesch) und Tschuggilroscht (Varen) sind wohl hieher zu stellen (cf. HL T SCHUGGET ). Die Verteilung der Endung - IL / - OL entspricht der Darstellung bei R ÜBEL (1950, 7 f.). Tschummpe Tschummpe f. ist nur als im Tschummpe (Binn, FLNK Tschumpe) belegt. Es ist zu schwdt. Tschumpe n II ‘ Büschel von Haar, auch Heu ’ (I D . 14, 1743) zu stellen. SZNB (5, 148) kennt Tschümperen als Flurname in Oberiberg, will es jedoch nicht wie früher und bei I D . (14, 1743) auf Tschumpe zurückführen, das ein Walserwort sei, sondern stellt es zum FaN Tschümperlin, der im Wallis nicht bekannt ist. Die Deutung als ‘ der Ort, wo es Heubüschel gab ’ würde der Deutung nach I D . Rechnung tragen. Tschuppen Tschuppen ist nur 1789 in Leuk belegt als der Tschuppenschleif. Vermutlich ist es zu schwdt. Tschuppe n IV ‘ Büschel (aus best. Wurzeln, Pflanzen), das auf der Alp zum Milchsieben in den Trichter gelegt wird ’ . (I D . 14, 1783; R ÜBEL 1950, 56, 119) zu stellen. Ein Tschuppenschleif ist dann ein Schleif mit solchen Wurzeln oder Pflanzen. Das Dokument gibt dazu keine näheren Angaben. Eine romanische Form ist wohl auszuschliessen. Tschurri Tschurri n. ist 1726 in Zwischbergen als das Tschúrri belegt. 1680 wird Ober Tschúrrÿ für Zwischbergen erwähnt. Nach dem Berg Tschurrenen wurde nach J OLLER eine Familie benannt, der FaN ist jedoch inzwischen erloschen. J ORDAN (2006, 303) ordnet den Namen Tschurri und Tschuri-Wald den Preesä zu und bezieht sich auf F. J. J OLLER , der auch in der Datenbank des VSNB belegt ist. O LIVIERI (1965) kennt keinen entsprechenden Flurnamen. FEW (5, 82 s. v. j ŭ ris (gall.) bergwald) kennt mehrere Belege hierzu, die auch bei T AGMANN (1946, 23) zu * JOR eine Rolle spielen; ob dies auch in Zwischbergen belegt ist, bleibt aber unsicher. Das in RN (2, 95) belegte cirrus ‘ Federbüschel ’ ist für Schiers als Tschurra bezeugt, wobei das auslautende - A als kollektives Suffix bezeichnet wird. Diese Deutung ist nicht unmöglich, aber unwahrscheinlich. Tschurweije Tschurweije ist nur in Varen als Tschurweije belegt. FLNK hat Tschurweije. Es handelt sich um einen Dorfteil, der auch Ändruscht Dorf ‘ das jenseitige Dorf ’ genannt wird. Vermutlich ist der Name aus Tschur (zu j ŭ ris ‘ Bergwald ’ (FEW 5, 82 f.; B OSSARD / C HAMBON 2006, 161)) zu stellen. Der zweite Namenteil Weije lässt sich am ehesten als Plural zum lat. v ě tu ᵕ lus ‘ ziemlich alt ’ (FEW 14, 360 ff.) stellen. Ob ‘ der alte Bergwald ’ der Deutung als ‘ jenseitiger Dorfteil ’ entspricht, sei dahingestellt. Andere Deutungen sind möglich. Tschusiry Tschusiry ‘ beim unten liegende Gelände ’ ist nur in Albinen 1714 als in Zschusiry belegt. Die Deutung als Tschusiry ist unklar, da anlautendes / z/ hier sowohl ein / ts/ wie die Präposition ze oder zu ‘ bei ’ bedeuten kann. Am ehesten kann der Name als kollektive Ableitung auf - ARIA (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) zu lat. deorsum abwärts unter FEW (3, 43 f.) gestellt werden, das zu afrz. jus wurde. Die Ableitung ist jedoch nicht belegt. Tschüterig Tschüterig ist einerseits in Salgesch als Tschüt(e)rig belegt. Die historischen Belege haben 1366 en la suteri, 1685 jn Zuterÿ, 1728 in Zuderÿ, 1745 in Zschutteri, 1745 im Schuteri, 1750 in Schuterÿ und 1774 / 1801 im Tschuterig. M ATHIER (2006, 89) kennt es als Tschütrig. Er stellt es zu Küdri ‘ Haselnuss-Strauch ’ , sieht aber auch, dass T AGMANN (Ms., 127) es unter dem Namen Schütterig zu frpr. * š ou ̯ terí ‘ dem Sautier zur Nutzniessung überlassenes Grundstück ’ stellt; ein sautier ist ein Vollstreckungsbeamter. Die Form entspricht eher der Deutung T AGMANN s. Unerklärt bleibt aber in jedem Fall, dass seit dem 18. Jahrhundert ein auslautendes / g/ auftritt. In Varen ist t Tschüterelle belegt; in der Beschreibung wird gesagt, dass die gleiche Gegend auch Kontor heisse. im Kontor (auch im Gontor) ist lebend belegt, das 1375 als eys contors und 1502 (? ) als jm Contour erscheint (cf. HL G ONTOR ). Leider fehlen hier die Koordinaten. Das Gebiet ist heute von einem Weinberg besetzt; auf der SK ist jedoch kein Weinberg zu sehen, sondern nur ein Gelände etwas oberhalb des Rotten. Wenn die Deutung von T AGMANN für Tschüterig richtig ist, dann könnte sich hier ein kleines Stück Land für den Sautier handeln. -elle wäre dann auf das Diminutivsuffix lat. - ELLA (B OS- SARD / C HAVAN 2006, 287) zurückzuführen. Tschüümu Tschüümu ist nur in Lontschetschüümu (Albinen) belegt. M ATHIEU (2006, 55) kennt den Flurnamen als Lontschätschüümu. S. 10 bei M ATTHIEU (2006) wird der Name als zusammengesetzt aus frpr. longe (cf. T AGMANN 1946, 60) und frpr. tsouma (G PSR 4, 5 s. v. chôme) verstanden als ‘ langer Ort, wo sich die Tiere - im Schatten - ausruhen ’ . tsouma ist die frpr. Form, die wdt. als Tschüümu erscheint. 425 426 Tschüümu <?page no="218"?> Tubel Tubel ist zu schwdt. Tubel, Tubol, Tubil m. ‘ Pflock, grösseres Stück Holz, Fangvorrichtung für Wild ’ , ahd. tupili, tubila, gatubili, mhd. tübel und wdt. Tubl, Tubäl (Goms), Tubul (Vispertal), Tubol (Schattenberge), Tubil ‘ Holznagel, Dummkopf ’ (I D . 14, 147 ff.; G RICHTING 1998, 201) zu stellen. Belegt ist es nur in bim Tubellärch ‘ beim Lärchenbaum, der einem Holzpflock gleicht ’ (Geschinen). Tüech Tüech n. ‘ Tuch ’ ist zu schwdt. Tuech bzw. Tüech n., ahd. tuoch, wie nhd. als Stoffbezeichnung ‘ Tuch, Gewebe ’ , in FlN zur Bezeichnung der Grösse oder Form einer Parzelle und wdt. Tüech, Tuäch (Lötschental), Tüoch, Tüöch, Tüäch ‘ Tuch, Stoff ’ (I D . 12, 237 ff., FlN bes. 264; G RICHTING 1998, 201) zu stellen. Das Simplex ist nicht belegt. Als Grundwort erscheint es in Bächtüäch ‘ unklar, ob hier das Back-Tuch oder das Pech-Tuch gemeint ist ’ (Gampel). Als Bestimmungswort ist es belegt in im Tuoch Boden ‘ im Tuch-Boden (wohl: so gross wie ein Tuch) ’ (1750, Bratsch). t Tüechmatte ‘ die Wiese, die so gross ist wie ein Tuch ’ (Geschinen) und Tüechmatte ‘ die Wiese, die so gross ist wie ein Tuch ’ (FLNK, Ulrichen) befinden sich bei den genannten Orten auf Alpen. In Ulrichen kommen t Tüechmattabeweid ‘ die Abendweide der Alpe Tüechmatte ’ , t Tüechmatteschliecht ‘ die Geländeeinbuchtungen bei der Alpe Tüechmatte ’ und der Tüechmattestafel ‘ der Stafel der Alpe Tüechmatte ’ hinzu. Tuelin Tuelin ist 1548 in Bürchen als Acker, der eylichi Tuelin genannt werde, belegt. Die Lesung ist unsicher. Tuelin lässt sich am ehesten als Diminutiv zu schwd. T ǖ chel ‘ Röhre ’ und wdt. Tiichel, Tiichäl (Goms), Tiichul (Mattertal), Tiichl (Lötschtal), Tiichil ‘ Röhre, Leitung ’ (I D . 12,220 ff.; G RICHTING 1998, 194) stellen. Das Adjektiv eylichi ist zu schwdt. eichin ‘ eichen ’ (I D . 1, 73; vgl. auch W IPF 1910, 176 zu eichin ‘ aus Eichenholz ’ ; unter - LICH wird es nicht erwähnt). Der Name wäre dann als ‘ die eichene Röhre ’ zu deuten, mit der der Acker bewässert wurde. Die Deutung von eylichi zum HL E IE ‘ Aue ’ ist vermutlich falsch; das Adjektiv muss zum HL E ICH ‘ Eichbaum ’ gestellt werden. Tüetsche Tüetsche m. ist lebend nur als der Tüetsche (Obergesteln, LT und FLNK Tüetsche) belegt. Es handelt sich, laut Gwp., um das Schlachtfeld bei der Schlacht bei Ulrichen. ts Tüetschebord ‘ das Bord (Abhang, Böschung) oberhalb des Tüetsche ’ (Obergesteln) befindet sich darüber. Historisch ist 1650 jn den Duetschen, später auch jn den Dúotschen und ähnlich für Ulrichen belegt. Auch in Binn ist 1596 in die Thu ͦ tschen bezeugt, das auch in den Boden heisst. Tuetschiboden erscheint 1879 auch in Ulrichen. In Münster ist 1603 der Thu ͦ tschacher belegt. Während die Belege in Obergesteln und Ulrichen (obwohl Plural) das Schlachtfeld meinen, sind die Belege vor allem für Binn, weniger für Münster wohl davon unabhängig. Eine Deutung ist schwierig. Es könnte sich um den Genitiv eines PN Thuet oder ähnlich handeln. Im Register zu den HRBS findet sich der FaN Duet, doch handelt es sich um einen FaN aus Saint Léonard (HRBS 9, 62 f.), der für das Goms kaum in Frage kommt. Insgesamt bleibt die Deutung unsicher. Tuff Tuff m., auch Tuft m. ‘ Tuffstein ’ ist zu schwdt. T ū f(f) ‘ Tuffstein ’ , westschweizerdeutsch Tuft, ostschweizerisch T ū g (I D . 12, 636; D ALCHER 1977, 196) zu stellen; siehe auch LUNB (1, 2 1097 f. s. v. Tuft mit der Ableitung Tuftere). Der FaN Tuffer, Zentuffen ist u. a. im Register der HRBS belegt; er geht auf den Flurnamen zen Tuffen (Termen) zurück. Der Typ Tuff erscheint als Simplex im Plural, meist flektiert: an den Tuffen ‘ am Gebiet mit Tuffstein ’ (1354, Eyholz), Tuffen (13. Jahrh. u. später, Ried-Brig), Zen Tuffen (1383 u. später, Termen, FLNK: Tuffu). Weiter ist er belegt als Bestimmungswort in Komposita: Tufbru ᵕ nnen ‘ die Quelle im Tuffstein ’ (1636, Grengiols), biner Tufflüe ‘ bei der Fluh aus Tuffstein ’ (Oberwald), zer Tùfflue ‘ bei der Fluh aus Tuffstein ’ (1306, Raron), ts Duffstei ‘ beim Tuffstein ’ (Gampel). Ein unsicherer historischer Beleg von 1390 hat Tu ͦ ffarin ‘ das Gebiet mit viel Tuffstein ’ (Termen), doch ist die Lesung unsicher. Eine wdt. Ableitung auf - ETSCH (Lehnmorphen ę tsch < lat. - ACEU nach K LEIBER 1992, 611 ff.) ist im Typ Tufetsch m. / n. vertreten, der einen Ort mit Tuffstein bezeichnet. Das Simplex dieser Ableitung ist als der Tufetsch (Leuk), ts Tufetsch (Niedergesteln, Turtmann), der Tufitsch (Grengiols) sowie historisch als im Tufetsch (1834, Raron) und am Túffest (1730, Bürchen) belegt; die Gemeindenamen zeigen, dass der Typ vor allem im westlichen Oberwallis (Bezirke Visp, Westlich Raron und Leuk) verbreitet war. Dass es sich um eine Ableitung von Tuff handelt, deutet Gwp. von Grengiols an, die sagt, dass man dort den Tuffstein für den Kirchenbau gewann. Der Typ tritt mit den folgenden Grundwörtern auf: Egg(a), Gassa, Grabu, Rüüs und Stüde. Der Typ Tuft ist belegt als uf dr Tufft ‘ auf dem Gebiet mit Tuffstein ’ (Blatten) und uf der Tufft ‘ auf dem Gebiet mit Tuffstein ’ (Zermatt). Tuft erscheint auch als Bestim- Tubel 427 428 <?page no="219"?> mungswort in Tufftbäärgji ‘ der kleine (Wein-)Berg mit Tuffstein ’ (Leuk), bim Tufftbrunne ‘ bei der Quelle aus dem Tuffstein ’ (Binn), ts Tuftloch ‘ das Loch mit Tuffstein ’ (Birgisch) und der Tufftgraad ‘ der Grat beim Gebiet uf der Tuft ’ (Zermatt). Zu Tuft gibt es in Zermatt eine Ableitung Tufftra (LT Tufteren), einmal belegt als Streusiedlung bei Zermatt und einmal als Alpe. Die Ableitung - ERA (feminine Stellenbezeichnung nach S ONDEREGGER 1958, 471 f.) gibt an, dass es viel von etwas gibt, hier also: Gebiet mit viel Tuffstein. Bei der Streusiedlung werden t Mittel, t Ober und t Unner Tuftra (alle Zermatt) unterschieden; als Komposita sind ts Tuffterfuri ‘ die kleine Furche bei der Tuftra ’ und Tuftersand ‘ das Sandgebiet bei der Tuftra ’ belegt. Zum Alpnamen an Tufftru gesellen sich di Tuffteralpa ‘ die Alpe mit Tuffstein ’ (Zermatt, LT Tufteralp, SK Tufteren Alp und Tufternalp) und di Tuffterchumma ‘ die Chumma (Mulde) bei der Tufteralp ’ (Zermatt). Tugoytheen Tugoytheen ist für Törbel (1249) belegt. Die handschriftliche Quelle des Kapitelarchivs Sitten (Min. A 1, S. 21) wurde von J EAN G REMAUD (Bd. 1, Nr. 525) als “ dimidium Mulimbach haltum et dimidium Tugoytheen ” publiziert; G REMAUD hat den Text korrekt wiedergegeben (bei haltum ist ein übergesetztes Sonderzeichen als / m/ aufgelöst, das korrekter wohl / n/ lautet); lat. dimidium ‘ die Hälfte ’ legt nahe, dass es sich um einen Lokalnamen handelt. Tugoytheen kann ein Genitiv sein; es lässt sich jedoch keinem bekannten HL zuordnen. P H . K ALBERMAT- TEN (p. c.) schlägt vor, den Namen als verschrieben für Tugurium ‘ (Alp-)Hütte) ’ zu betrachten; der Vorschlag könnte aber nur den Anlaut erklären. Der Diphthong / oy/ kommt normalerweise nur in frühen Belegen für das HL E ISCHT ‘ Schafstall ’ vor; es müsste dann aber ein / s/ fehlen. Insgesamt lässt sich der Name nicht deuten. Tultzins (PN) Tultzins (PN) ist nur 1401 in Simplon belegt als Tultzins Flecko ‘ der Flecken des Tultzin ’ . Tultzins ist ein starker Genitiv eines PN, vermutlich des Besitzers oder Nutzers. Der PN ist jedoch nicht belegt. Tum Tum (FLNK, Grengiols) ist auch historisch belegt als vffem Thumb (1593, Grengiols), später uffem Thúm (1631) und auf dem Thum (1757). Am nächstliegenden ist das substantivierte Adjektiv schwdt. dumm ‘ schwerhörig, dumm ’ und wdt. tumm ‘ dumm ’ (I D . 12, 1834 ff.; G RICHTING 1998, 201), das als FaN oder Beiname gut belegt ist (I D . 12, 1846 f. in der Anmerkung). Vermutlich gehört auch der Typ Tumscha ‘ die Alpe des Tum ’ hieher (cf. HL T UMSCHA ). Tumech Tumech ist nur 1305 in Baltschieder als Tumechmatta ‘ die Wiese des Tumech ’ belegt. Die Lesung ist bestätigt. Die Rede ist von einer Wiese, die den genannten Kindern (Erben) gehört. Tumech ist in dieser Form nicht belegt. Am ehesten gehört ein PN Tomichis oder Thomichis (F ÖRSTEMANN 1, 416) hieher; es handelt sich also wahrscheinlich um einen PN, doch ist die Deutung unklar. Tumig Tumig ist als HL nicht eindeutig. Belegt ist auf der einen Seite ein Flurname Tumigu (St. Niklaus) mit der Tumigbach ‘ der Bach, der am Gebiet Tummiga vorbeifliesst ’ und der Tummigwald ‘ der Wald oberhalb von Tumigu ’ (beide St. Niklaus). In Randa ist historisch an der Tumigen (1697, Randa) belegt. Sicher davon entfernt liegt Tumigu (Zermatt), historisch 1584 an der Thumigen. Soweit erkennbar, sind alle Belege ursprünglich feminin. Sie lassen sich zu einem PN Tum(i) mit einem kollektiven - IG -Suffix stellen. Zwar nennt I D . (12, 1855) Tummi n ge n ‘ fingierter ON ’ , doch wird der Ortsname zu Basel-Stadt gestellt. Der FaN Domig (NWWB, 1, 85), aus Bayern eingewandert, kommt aus zeitlichen Gründen (eingebürgert erst 1871) nicht in Frage. Am ehesten ist an eine Ableitung von tumm (I D . 12, 1834 ff.) zu denken; die Deutung ‘ unangenehm, schlimm, nachteilig ’ (I D . 12, 1844) ist zwar möglich, bringt aber auch keine sichere Herleitung. Letzlich bleibt das HL ungedeutet. Tuminu Tuminu ist der Name eines Weilers von Ergisch, der in den ältesten Belegen als Tomagny (cf. HL T OMAGNY ) belegt ist. Vermutlich liegt eine -acum-Ableitung zu einem PN wie Tomanus vor, obwohl Tuminu etwas abgelegen auf ca. 900 m im Turtmanntal liegt. Neben dem Simplex Tuminu kommt das HL mit einem attributiven Adjektiv in Thumminen exteriori ‘ im äusseren Tuminu ’ (1619, Ergisch) vor. Als Bestimmungswort erscheint es in di Tuminumatte ‘ die Wiesen bei Tuminu ’ (Ergisch) und di Tuminutschugge ‘ die Felsen bei Tuminu ’ (Ergisch) vor. Eine Adjektivableitung auf - ER ist in der Tummerschleif ‘ der (Holz-)Schleif hinunter nach Tuminu ’ belegt. Tumscha Tumscha f. ‘ das Gut des Dummen, Schwerhörigen ’ ist der Name einer (früheren) Alpe, die als t Oberscht, t Mittlescht und t Unnerscht Tumscha (Grengiols) belegt ist; LT hat Tumsche, FLNK Tumschä. Als Hypothese kann das 429 430 Tumscha <?page no="220"?> Suffix -scha ‘ Gut des X ’ angenommen werden; der zugehörige Name ist identisch mit Tum (FLNK, Grengiols), das sich am ehesten als Beiname ‘ der Dumme, Schwerhörige ’ deuten lässt (vgl. HL T UM ). Tunche Tunche ist nur einmal 1304 in Eischoll als Tunche ‘ Mist ’ belegt; es handelt sich um einen Acker. Ein Artikel fehlt, sodass das Genus unklar ist. Die Form ist im G R W B (22, 1782 f. s. v. tünchen) nach C HR . E. S TEINBACH (1734) belegt. Vermutlich gehört es zu schwd. Tung I ‘ Mist ’ (I D . 13, 593) und nicht zu Tung II ‘ Weberwerkstatt ’ (I D . 13, 956), wo allerdings auch Flurnamen aufgeführt sind, die jedoch nicht unbedingt zu diesem Lemma gehören. Vgl. auch URNB (3, 756 s. v. Tunglen) mit ähnlicher Unsicherheit. Tunetsch Tunetsch ist der Name eines Alpgebietes, das zu Filet und Termen gehört. Dazu gibt es ein Namennest mit Tunnetschalp, Tompnecz Boerter (1374), Tunnetschflüe, Tunnetschgrabe, Tunnetschhore, im Tuopnetz Kyne ‘ im Tunnetsch Chi (Schlucht) ’ (1429), Tunnetschwald und Tunetschwäg. Die ältesten Belege zeigen die Formen Tompnecz (1374), Tumbnecz (1376). Erst 1578 taucht die Form Tunnetsch auf. Die Formen legen eine Ableitung von lat. DOMINU ‘ Herr ’ , eventuell mit dem üblichen Kasuszeichen / s/ nahe. Das ist jedoch nur eine mögliche Hypothese. Wahrscheinlich ist der Name vordeutsch. RN (2, 877) nennt ein endbetontes Tunétsch, schliesst auf eine - ISCU -Suffixbildung, gibt jedoch keine nähere Erklärung (W ERLEN 1991, 253). Der Alpname dient dann als Quelle für den Gipfelnamen und die anderen Namen um die Alpe herum. Der historische Beleg von 1643 unter Tunnitschiro Almein weist einen Genitiv Plural ‘ der Bewohner / Nutzer von Tunetsch ’ auf, der sonst nicht belegt ist. Der Name ist mit einfachem / n/ und mit doppeltem / nn/ belegt. Tungji Tungji n. ist insgesamt sechs Mal belegt, wobei als Ausgangspunkt di Tunggja (Unterbäch) gelten kann, das sich zu Tung II ‘ Weberwerkstatt ’ (I D . 13, 596) stellen lässt, welches in Namen gut belegt ist. B OESCH (1981, 257 ff.) stellt Namen auf Tung zu ‘ Mist ’ und verbindet sie mit der Bedeutung ‘ Webkeller ’ , indem er den Webkeller als in den Boden eingelassenes, mit Mist bedecktes Frauengemach bezeichnet (dies im Anschluss an T ACITUS ) und meint, Tung könne “ bald die Eintiefung, bald die Erhöhung ” bezeichnen (B OESCH 1981, 259). Die übrigen Belege sind ts Tungji (Hohtenn, Mund), zu denen Tungjieggu ‘ die Ecke beim Tungji ’ und der Tungjitschuggo ‘ der Fels beim Tungji ’ (Mund) gehören, sowie historisch mit Umlaut am Tünggÿ (1833, Steg). Isoliert ist di Tungilwasserleiten ‘ die Tungelwasserleitung ’ (Bürchen) (siehe unten). I D . gibt für das Wallis T ū chel; R ÜBEL (1950, 88) fügt einige weitere Formen hinzu; In unserem Fall scheint / ū ch/ als Ergebnis des Staubschen Gesetzes vor Velar rückgängig zu / ung/ gemacht worden zu sein. C. S CHMID (1969, 26) kennt Tunja für einen grossen Rückentragkorb; eine Erklärung fehlt, zu stellen ist es wohl zu Tuntle (I D . 13, 825) ‘ dickes, schwerfälliges Weibsbild ’ , das im I D . explizit für Ergisch und Naters belegt ist; G RICHTING (1999, 61) kennt es als Duna, Tuniä ‘ Frau (dicke) ’ . Die Bedeutung ‘ grosser Rückentragkorb ’ lässt sich als metaphorische Übertragung verstehen. Keiner dieser Ansätze kann aber wirklich überzeugen. Der Beleg Tungilwasserleiten (1781, Bürchen) kann auch zum Lexem Diichil (I D . 12, 220 ff. s. v. T ǖ chel ‘ Röhre, Wasserröhre ’ und R ÜBEL 1950, 88 mit weiteren Formen) als hyperkorrekte Schreibung gestellt werden (cf. HL D IICHIL ). Tunnel Tunnel m., dialektal auch Tünnel oder Tünel n. ist zu schwdt. Tunnël, Tünel, Dim. Tünelti, wie nhd. ‘ Tunnel, unterirdisches, röhrenförmiges Bauwerk ’ (I D . 13, 268) zu stellen. Die Form mit / ü/ ist vermutlich entlehnt aus frz. le tunnel. Die Form mit / u/ entspricht dem hdt. Tunnel. Im Kontext sind entweder Eisenbahntunnels (Furka, Lötschberg, Simplon und kleinere Tunnelbauten; auf neueren Karten auch NEAT-Tunnel) oder die kleineren Stollen für Bewässerung oder Kraftwerke gemeint Das Simplex im Singular ist wie folgt belegt: bim Tunel ‘ beim Tunnel (Eingang des Furkatunnels in Oberwald) ’ (Oberwald), ts Tünel ‘ der Tunnel (Eingangsumgebung des Simplon-Tunnels in Brig) ’ (Brig), ts Tünel ‘ der Tunnel (Eingang des Wasserstollens, Ersatz für die früheren Wasserleitungen) ’ (Visperterminen), bim Tünell ‘ beim Tunnel (Ausgang des Wasserstollens, Ersatz für die früheren Wasserleitungen) ’ , ts Tünel (Wasserstollen, der hinunter zum Kraftwerk Milachru in Agarn führt) ’ (Leuk), zum Tünel ‘ zum Tunnel (Tunnel der SBB am Rotten unterhalb Leuk ’ (Leuk), zum Tünell ‘ beim Tunnel (unklar, Beschreibung und Koordinaten stimmen nicht überein) ’ (Varen). Ein Diminutiv im Singular ist als ts Tünelti ‘ der kleine Tunnel (Unterführung der Vispertalstrasse) ’ (Visperterminen) belegt. Die gegenwärtig (2017) im Bau befindliche Umfahrung von Visp in Tunnels ist namenkundlich noch nicht erfasst. Mit attributiven Adjektiven erscheinen ts Chlei und ts Gross Tünelti ‘ der kleine und der grosse kleine Tunnel ’ (beide Raron, für eine Transportbahn). Tunche 431 432 <?page no="221"?> Das HL als Grundwort wird jeweils von einem ein- oder mehrgliedrigen Bestimmungswort begleitet. Die BLS-Lötschbergstrecke weist dabei folgende Namen auf: Bietschtaltunnel (FLNK, Raron), Blasbodetunnel (LT, FLNK, Niedergesteln), Blasbodutunnel (FLNK, Raron), Lidublattutunnel (FLNK, Niedergesteln), Rot Löiwitunnel (FLNK, Steg) und Schlüchjitunnel (FLNK, Niedergesteln). Zu diesen gesellt sich Viktoriatunnel (FLNK, Ausserberg), der nach der englischen Königen Viktoria benannt ist, auf die auch der Name des Viktoriaspitz zurückgeht, der ihrer Gesichtsilhouette gleichen soll. Auf der SBB-Strecke durch das Oberwallis findet sich nur der Balmutünnel (Varen), der unter der Balmu durchführt. Die (neue) Simplonstrasse weist Bächwaldtünnel, Gärschternutünnel und Schallbärgtünnel (alle FLNK, Ried-Brig) auf. LT notiert Furkatunnel (Oberwald), Lötschbergtunnel (Ferden), Simplon-Tunnel (Ried-Brig) und Lötschberg-Basistunnel (Ferden). Der Wasserstollen in Visperterminen vom Nanztal zum Muttji ist an mehreren Stellen als Mutjitünnel (FLNK, Visperterminen) erwähnt. Einen Sonderfall spielen Chriidutünnel (FLNK) und Schifertünnel (FLNK) in Termen; gemeint sind wohl Stollen zur Gewinnung von Kreide und Schiefer. Als Bestimmungswort kommt das HL nur in zwei Belegen vor: der Tünelwald ‘ der Wald oberhalb des Tünel (Wasserstollen) ’ (Visperterminen) und Tünnelspitz (FLNK, Ried-Brig), ein kleiner Gipfel, der nach dem darunter verlaufenden Simplon-Tunnel benannt ist. Tunnigu Tunnigu ist nur 1659 in Täsch belegt als an der Tunnigun, wo ein Johannes Truffer herkam, dessen Kinder als Erben aufgeführt sind. Am ehesten ist eine Verschreibung zu Tumigu anzunehmen, das unter dem HL T UMIG in Randa, St. Niklaus und Zermatt belegt ist, das aber auch nicht gedeutet werden kann. Die Umschreibung ‘ unangenehm ’ beruht auf der Bedeutung von tumm. Ein PN kann nicht ausgeschlossen werden; dann wäre wohl - IG ein kollektives Suffix zu einem nicht belegten Namen Tunn, das eventuell zum HL A NTON (PN) gestellt werden könnte. Gemeint wäre dann die Wiese des Anton, was sehr spekulativ ist. Tünnji Tünnji ist nur als ts Tünnji ‘ die Bergspitze ’ (Varen, auch FLNK) belegt. Es handelt sich um einen Felsvorsprung auf rund 2600 m. T AGMANN (1946, 79) nennt als Beleg aus dem deutschsprachigen Varen t ǘ ñi ̧ und erklärt es als ‘ sommet de montagne ’ (Bergspitze) zum PN Antoine. Tuntscheta Tuntscheta ist nur in Eggerberg belegt, in di Tuntscheta und ts Tuntschigufer sowie Tuntschetugrabo (FLNK). I D . (13, 739) vermutet, der Name gehöre zu Tunsch ‘ weibliche Puppe aus Lumpen ’ , ist aber unsicher und erwähnt mit Fragezeichen in der Anmerkung den Flurnamen Tuntscheten im Baltschiedertal, also den hier behandelten Flurnamen. Die - ETA -Ableitung (S ONDEREGGER 1958, 82 zu lat. -âta) ist mehrdeutig; sie könnte das Ergebnis einer Tätigkeit bedeuten. Der Stamm scheint nach Ausweis von Tuntschigufer tuntschzu sein; ein Verb mit diesem Stamm ist nicht belegt. Eine Ableitung vom PN A NTON (I D . 13, 739) liesse sich verstehen als ‘ das Besitztum des Anton ’ - auch dies ist aber unsicher. Insgesamt lassen sich die Namen nicht deuten. Turannu (PN) Turannu (PN) ist die gesprochene Form zu einem historischen in der Duranden (1710, Leuk), das auch als Durrangno (1747), Zer Durangen (1818) und Dúrannen (1859) erscheint. Gesprochen belegt sind ts Turannugässi ‘ die kleine Gasse zu den Turannumatten ’ (Leuk) und di Turannumatte ‘ die Wiesen bei der Turannu ’ (beide Leuk). Die Schreibweisen machen deutlich, dass der Auslaut vermutlich einem nasalierten Vokal / -/ entsprach. Zu Grunde liegt also die Patois-Aussprache des PN oder FaN Durand. Historisch ist derselbe Name auch in Schanduran (1432, Varen), später auch Champdurant (1664) und ähnlich, also ‘ Feld des Durand ’ enthalten. Dasselbe gilt für Tschangerang ‘ Feld des Durand ’ (siehe T AGMANN , Ms., 111, M ATHIER 2015, 63), das auf campo Durant zurückgeht (cf. HL T URANT (PN)). Dazu gesellen sich Tschangerangblattu und Tschangerangwäg (beide Salgesch). Durant ist wohl zum germanischen PN Durand (F OERSTEMANN 1, 435) zu stellen. Nicht zu diesem Namen rechnen die Autoren Tschanderong (Salgesch); der PN, der hier nach Tschan ‘ Feld ’ vermutet wird, lässt sich nicht mehr rekonstruieren, weil die historischen Belege sehr spät sind (18. Jahrhundert). Turant (PN) Turant (PN) und das französische Durand scheinen auf den ersten Blick identisch zu sein; sie werden auf einen germanischen PN Durand (F OERSTEMANN 1, 355) zurückgeführt. M URET (1908, 565) ist allerdings, entgegen M EYER (1916, 163), der Meinung, dass Mont Durand und Col Durand (Zermatt) an der Grenze zwischen Mattertal und Val d ’ Anniviers (wo es auch einen Glacier Durand gibt) nicht auf den PN Durand zurückgehen, sondern einem Flussnamen Druantia mit dem Suffix -ancus entsprechen, das zur anniviardischen Patois-Form m ǫ n durán führe. In der Fussnote 3 sagt M URET jedoch, dass der 1357 für Wiler 433 434 Turant (PN) <?page no="222"?> bezeugte Ruppo zem Turand auf einen Personennamen Durand verweise. A EBISCHER (1921, 244 f.) ist allerdings der Meinung, dass Mont Durand wohl auf einen germanischen Namen zurückgehe; er argumentiert gegen M U- RET mit dem Hinweis auf pira durán ‘ petra Durand(i) ’ (M EYER 1916, 91 [und nicht 100, wie A EBISCHER schreibt]). Weiter als M URET geht H ENRY S UTER (http: / / henrysuter.ch/ glossaires/ topoD1.html#drance[besucht 03.02.2015]), der Druantia > Dranse auf *dru und *nanto ‘ grande vallée ’ zurückführen will (der zentrale Bach des Tales heisst allerdings La Navisence). Insgesamt scheint die Herleitung von Mont Durand und Col Durand von einem PN Durandus nach A EBISCHER sinnvoller zu sein. Dass es auch im spät germanisierten westlichen Bezirk Leuk Namen gibt, die ursprünglich auf den PN Durand zurückgehen, machen T AGMANN (Ms., 111) und M ATHIER (2015, 63) für den Namen Tschangerang (Salgesch) klar, der sich historisch auf in campo Durant (1338, Salgesch) zurückführen lässt. Dazu gehören wohl auch alle anderen Namen, die unter Turannu (cf. HL T URANNU (PN)) versammelt sind. Im Oberwallis erscheint der Name meist als Turant. Belegt ist er als Simplex am Thurandte (1309, Visperterminen), im Turant (1701, Raron) und dr Turand (Wiler). In Wiler ist Turand Bestimmungswort in einem Namennest: Turandegga, Turandferrich, Turandmattä und Turandweid. Örtlich davon entfernt ist ts Turandsch Loch ‘ das Loch (Höhle, Einbuchtung) des Turand ’ (Ferden). cf. auch HL T URANNU (PN). Turbe Turbe ist, mit unklarem Genus, ein hochgelegenes Alpgebiet im Binntal. Belegt sind Turbe (Binn) als Name einer Kalberalpe, und ein zweites Turbe auf rund 2670 m oberhalb des ersten. Neben einem Litzeturbe ‘ Schattenhang in Turbe ’ (Binn) und dem nur historisch belegten Vorder Turben ‘ der vordere Teil der Alpe Turben ’ (1714, Binn) sind belegt: Turbechepf ‘ die Felsköpfe beim Turbhorn ’ , Turbejoch ‘ das Joch (Fusspass) beim Turbhorn ’ , di Turbeweng ‘ die Grasabhänge beim (höhergelegenen) Turbe ’ , der Turbgletscher unterhalb des Turbhorns, ts Turbhore (Gipfelname, LT Turbhorn, SK Turbenhorn), ts Turbseewi ‘ der kleine See oberhalb von Turbe ’ , ts Turbwasser ‘ der Bach vom Turbgletscher herunter ’ und das nur historisch 1714 belegte die Thurbmatten ‘ die Wiese beim Turbe ’ (alle Binn). In Reckingen ist das Turbehore ‘ das Turbhorn ’ ebenfalls bekannt; es ist der gleiche Gipfel wie in Binn. Es bleiben in Mühlebach ts Turbuti ‘ der / die kleine Turbe ’ und - nur historisch belegt - an Turbyen (1520), resp. an Tirbien (1708), beide in Staldenried. Letztere gehören vermutlich zum HL T IRBEL . I D . (13, 1441) stellt Turbe zu einem für den Walserort Ager (Piemont) belegten Turbe ‘ Schlafkammer ’ ; das Wort ist als turba / torba für das Schlafzimmer im AIS (Bd. 5, Karte 847) für den Ort Ceppomorelli (AIS Nr. 114) bezeugt; es stellt in Ager also ein Lehnwort aus dem Alpinlombardischen dar. Die Gemeinde Ager ist heute überstaut; ihr Gebiet gehört zu Premia (Piemont) im Antigoriotal. Ein Einfluss auf das Binntal ist im Prinzip über den Albrunpass möglich, der in diese Gegend führt. Auf der Alp Turbe findet sich heute eine Hütte; ob der Name Turbe daher stammt, ist unsicher, aber nicht unmöglich. Turbuti (Mühlebach) würde ohne l-Vokalisierung zu Turbelti; ein Zusammenhang zum HL T URBE als ‘ Schlafkammer ’ ist nicht erkennbar; es liesse sich jedoch als unumgelautete Form zum HL T IRBEL stellen, wie die Belege in Staldenried. Kaum in Frage kommt schwdt. Turb, Turp, Turbe n , Turpe n m./ f. ‘ Torf, Torfstück, das ausgestochen wird und als Brennstoff dient, Torfmoor ’ , entlehnt aus frz. tourbe f. ‘ Torf ’ . (I D . 13, 1441 und 1437 ff.). Soweit erkennbar, ist es für das Oberwallis nicht belegt. Turbinu Tur'binu f. ‘ Turbine ’ in Turbinuhüs ‘ das Turbinenhaus ’ (Unterbäch) ist zu hdt. Turbine f. (G R W B 22, 1844) zu stellen. Im Turbinuhüs wird Strom aus Bachwasser erzeugt, das die Turbine antreibt. M ATHIEU (2006, 13) kennt weiter Zär Turbinuu ‘ bei der Turbine ’ (Albinen), das in der Datenbank des VSNB nicht enthalten ist. Ture Ture ‘ Turm ’ ist zu Schwdt. Turn, Turm im Wallis Turo m., Pl. Turna, Dim. Turli, ahd. turra, turri, mhd. turn, wesentlich wie nhd. ‘ Turm ’ , entlehnt aus lat. TURRIS f. zu stellen. In FlN hat es meistens die Bedeutung ‘ Fels (wand), -kopf, -vorsprung ’ (I D . 13, 1646 ff.; Z INSLI 1984, 588). Die wdt. Form Ture, Turä (Goms), Tura (Zermatt), Turo (Schattenberge), Turm (Lötschtal), Turu ‘ Turm ’ ist bei G RICHTING (1998, 201) auch mit anderen Bedeutungen genannt. Das Lemma kommt in rund 180 Namen vor. Die Lautentwicklung von -rm, resp. -rn, zu -re(n) ist schon in den ältesten Belegen wie zem Turen (1396, Wiler) greifbar. In einigen Belegen sind FaN wie vom Turm gemeint (cf. HL T URM (F A N)). Das Simplex im Singular Ture (auch Turu, Turen und Turro) ist in rund 30 Fällen belegt, manchmal mit Präpositionen z. B. ufem Ture ‘ auf dem Turm ’ (Oberwald). Das Simplex im Plural kommt nur sehr selten vor, z. B. vff den Thúrren ‘ auf den Türmen ’ (1520, Ried-Mörel). Diminutive im Singular sind ts Turri (Naters), beÿ dem Túrrili (1723, Naters), ts Turtschi (Binn, Grengiols), ts Turbe 435 436 <?page no="223"?> Turitschi (Oberwald), Turilji (Albinen), im Túrilli (1757, Simplon), zem Túrli (1306 Törbel, kann allerdings auch zum Lemma Tiri ‘ Türe ’ gestellt werden), zem Túrlin (1462, Mund, ebenfalls möglich zu Tiri ‘ Türe ’ ), zem Turline (1309, Ausserberg). Diminutive im Plural sind selten: zen Turlinen (1300, Törbel, möglicherweise auch zu Tiri ‘ Türe ’ ), Turlini (Bratsch), di Turilljini (Leuk), tse Turrlinu (Stalden). Eine Ableitung auf - A weist der Beleg in dr Turrlinu (Ferden) auf; die Grundform ist wohl Turrlina ‘ die Alpe mit Türmen ’ . Mit attributivem Adjektiv zum Bezugswort Ture finden sich vier Belege vom Typ bim Füüle Ture ‘ beim faulen Turm (Felsturm mit faulem Gestein) ’ (Binn, Fiesch, Grengiols, Martisberg), ebenfalls vier Belege vom Typ der Hoture ‘ der hohe Turm ’ (Binn, Geschinen, Ried-Brig, Ulrichen), mehrere Belege vom Typ der Rot Ture ‘ der rote Turm ’ (Bellwald, Blitzingen, Kippel, Zermatt und 1823 in Betten), einmal mit Plural t Rote Turna ‘ die roten Türme ’ (Fieschertal). Zweimal belegt ist der Spitz Turu ‘ der spitze Turm ’ (Greich, Reckingen). Weitere Adjektive sind Alt, Breit, Gmein, Gross, Inner, Schwarz / Schwerz, Üsser, Wiiss und das Numerale Füf Turna ‘ fünf Türme ’ (Baltschieder). Unklar ist der Meer Ture ‘ der grosse Turm ’ (Ritzingen), wohl zum selten gebrauchten Adjektiv meer ‘ gross, erwachsen ’ (cf. HL M EER ). Vorangestellte Namen von Besitzern oder Nutzern (meist im Genitiv) sind enthalten in bei Bertschen Thurele ‘ beim kleinen Turm des Bäärtsch / der Familie Bäärtschi ’ (1765, Turtmann), Della-Bianca Turli ‘ der kleine Turm der Familie Della-Bianca (Visp), unter Eggels Turillin ‘ unter dem kleinen Turm der Familie Eggel ’ (1770, Naters), der Grengjerturu ‘ der (Fels-)Turm am Weg nach Grengiols ’ (Betten), t Heinziturna ‘ die Türme der Familie Heinzi (Übername) ’ (Blitzingen), Helbolden Torren ‘ der Tum des Heilbold ’ (1485, Steinhaus), bei dem Juncker Turen ‘ beim Turm des Junkers ’ (1666, Naters; unklar, ob PN oder Flurname), Rotigo Duren ‘ der Turm der Familie Roten / der Leute des Roten ’ (1540, Embd), in turri Schalbettero ‘ beim Turm (lateinisch, deswegen vorangestellt) der Familie Schalbetter ’ (1661, St. Niklaus), auf dem Seligi Turren ‘ auf dem Turm der Familie Selig ’ (1770, Goppisberg) und der Stockalperturu ‘ der Turm, der von K. Stockalper (1601 - 1690) ausgebaut wurde ’ (Simplon). Etwas seltsamer ist der Goggwärgiture ‘ der Zwergenturm ’ (Fiesch), der je nach Lesart als von Zwergen bewohnt oder von ihnen erbaut zu verstehen ist. Zweigliedrige Komposita mit Ture als Grundwort sind häufig. Meistens ist eine Flur in der Umgebung gemeint wie t Brunnturna ‘ die Türme bei den Quellen / Brunnen ’ (Blitzingen) oder der Dischtelturu ‘ der Turm auf der Alpe Distel ’ (Ulrichen); diese Namen können hier nicht aufgelistet werden. Seltener sind Namen von Tierarten, die dort weiden, wie t Geisturna ‘ die Türme für die Ziegen ’ (Blitzingen), t Chieture ‘ die Türme für die Kühe ’ (Fieschertal), t Rinnerturna ‘ die Türme der Rinder ’ (Fieschertal) (unterschieden werden die Vordere und die Hinnere). Nicht als Weidetiere, sondern eher als Bewohner sind die Tiere in der Fuggsture ‘ der Turm mit Fuchshöhlen ’ (Grengiols) und t Fuggsturna ‘ die Türme mit Fuchshöhlen ’ zu verstehen. Ziemlich unklar dagegen ist der mehrfach belegte Vogelture ‘ der Vogelturm ’ (Grengiols, Oberwald). G REGOR Z ENHÄUSERN (p. c.) macht darauf aufmerksam, dass im Vogelture mehrfach von den Stockalper aus Grengiols verwendet wurde (siehe auch Register der HRBS s. v. Vogelture); das gilt auch für den Beleg Johannes Stockalper ihm Vogelthurren (1634, Zwischbergen); gemeint ist hier wohl ein Wohnort. Ein Pflanzenname scheint in den Belegen der Holderturro (1423, Mörel), der Holder Thuren (1563, Ried-Mörel) und der Hollerturu ‘ der Turm mit Holunderstauden ’ (Greich) vorzuliegen; es ist nicht ausgeschlossen, dass es sich in allen drei Belegen um den gleichen Ort handelt. Einen sicheren Beleg für eine metaphorische Verwendung zeigt der Leffilture ‘ der löffelartige Felsturm ’ (Fieschertal). Auf eine frühere Verwendung als Gefängnis deutet wohl der Schälmuturu ‘ der Schelmenturm ’ für das alte Bischofsschloss in Leuk. Die genauere Deutung von der Schiisseture ‘ der schmutzige Turm ’ (Blitzingen) ist schwierig. Komplexere Konstruktionen wie Rarenfeldthu ᵕ rli ‘ der kleine Turm im Rarner Feld ’ (Raron) oder ine Obre Brunnturne ‘ in den oberen Türmen mit Quellen / Brunnen ’ (Obergesteln) sind möglich, aber selten. Als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita ist das HL T URE mit folgenden Hauptlemmata verbunden: Acher, Bach, Bärg, Bode, Grabe, Hitta, Läger, Matta, Schleif, Stafel, Wang, Wäg und Weid. Ein mehrdeutiger Beleg ist dr Turnärstuck ‘ das Stück Land, das aussieht wie ein Turner (Drehbalken in der Küche einer Alphütte) ’ (Wiler), wo vermutlich nicht Ture ‘ Turm ’ , sondern Turner ‘ Drehbalken in der Küche einer Alphütte ’ vorliegt. Hingegen liegt bei der Turnerschleif (Binn) wohl Ture ‘ Turm ’ vor: ‘ der Schleif bei einem (Fels-)Turm ’ . Einige Belege enthalten wohl lat. TURRIS , so etwa ad Turrin ‘ beim Turm ’ (1453, 1537 Leuk), wohl mit lat. TURRIM , ohne dass klar ist, ob ein romanischer oder deutscher Name vorliegt. Turianig (PN) Turianig (PN) ist nur belegt in ts Turianig Matt (Baltschieder). Im Dativ steht vam Turianigu Matt. Das zeigt, dass Turianig als Adjektiv und nicht als Genitiv des Besitzers oder Nutzers behandelt wird. Die - IG -Form 437 438 Turianig (PN) <?page no="224"?> kann aber als kollektive Ableitung zu einem PN Turian(i) behandelt werden. Eine mögliche Deutung ist dann ‘ die Mähwiese des Turian / der Leute des Turian ’ . Welcher PN oder Beiname hier vorliegt, ist unklar; er ist nicht belegt. Das F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (3, 1843 und 1875) kennt die FaN Thurian und Turian (Kantone Bern und Genf), nicht jedoch für das Wallis. NWWB (2, 229) kennt eine Familie Turin aus Muraz (Bezirk Monthey), die aber kaum in Baltschieder Land besass. Turingo (PN) Turingo (PN) ist nur 1307 in Randa als Turingo Matta ‘ die Wiese der Leute des Turing ’ belegt. Es handelt sich um einen Besitzer- oder Nutzernamen. Belegt ist bei F ÖRS- TEMANN (1, 1467) der PN Thuring. Wenn diese Ableitung stimmt, gehörte das - ING zum Namen und - O bedeutete einen Genitiv. Turnigen (FaN) Turnigen (FaN) ist nur 1457 in Ried-Brig als zen Turnigen ‘ beim Gut der Leute vom Turm ’ belegt. Der Flurname scheint eine kollektive - IG -Ableitung für den FaN Turm zu sein. Die Familie Turm, auch vom Turn, von Turn, von Thurn, vom Thurn, von Thurm, von dem Turne, de Ture, de Turre (AWWB 266 f.) war bis ins 15. Jahrhundert gut bekannt; danach verlieren sich ihre Spuren. Man weiss aber, dass auch noch Kaspar Stockalper sich vom Thurm nannte (AWWB 251). Da das HL T URE verbreitet ist, kann sich der Flurname auch auf einen Turm beziehen. Turtig Turtig n. ist ein Weiler von Raron, von dem aus heute die Seilbahnen nach Eischoll und Unterbäch führen. Die ältesten Belege haben 1306 jm Turtingen, 1306 jm Turtinge, 1309 Turting. Später verschwindet das / n/ und zurück bleibt Turtig. Der Name ist jedoch kaum deutsch. M URET betrachtet Turtig in Raron und den frz. Namen Tortin, Torteyns (1270) in Nendaz als identisch. Er zeichnet verschiedene mögliche Namensbildungen auf, gibt jedoch keine genauen Deutungen, dem Namen könnte ein Personen- oder Übername zugrunde liegen. Auch G UEX hält die ältesten überlieferten Formen des Namens Turtinge (1306) und Turting (1309) für eine Verdeutschung von Tortin. Er leitet ihn von lat. TORTUS ‘ krumm, gekrümmt ’ , in Raron in der Bedeutung ‘ Wegbiegung ’ , ab. Nach heutigem Stand der Forschung kann dieser Name jedoch nicht befriedigend erklärt werden (G UEX 2 1976, 187; M URET 1908, 559; W ERLEN 1991, 253). Neben dem Simplex, das als ts Turtig für Raron, Niedergesteln und Unterbäch belegt ist, gibt es jm Mittlenn Thurtig (1574 u. später, Raron), Ober Turtig (FLNK, Raron) und ts Under Turtig (Niedergesteln). In allen anderen Belegen ist Turtig das Bestimmungswort, in zweigliedrigen Komposita zu folgenden Grundwörtern: Bach, Chi, Dorf, Eie, Grund und Moos. Komplexer sind: ts Ober Turtigchi ‘ der obere Teil des Kinn (Schlucht) bei Turtig ’ (Raron), di Turtigeiuleesser ‘ die zugeteilten Güter in der Aue bei Turtig (Ortsteil von Raron) ’ , di Turtigwaguleisu ‘ der befahrbare Feldweg von / nach Turtig ’ (Niedergesteln), im únteren Túrtiggrúnd ‘ im unteren Teil des Grundes bei Turtig ’ (1803, Niedergesteln). Turtma Turtma ist als Gemeindename Turtmann belegt, das der amtliche Name einer Gemeinde am Eingang des Turtmanntales im östlichen Bezirk Leuk ist. Die ältesten Belege sind 1210 de Torthemanei, 1225 ca. Tortamagni, 1245 Tortemagni, 1276 de Tortamaigny, 13. Jh. de Tortemagny, 1303 Tortamaigny, 1303 de Turteman, 1306 de Thortemagni, 1308 de Thortemagny usw. Erst 1315 ist wieder Turteman belegt und 1380 erscheint Turtemagnia. Der erste Beleg mit Thurtmann erscheint erst 1529. Daraus folgt bis ins 16. Jahrhundert Turtmann. Formen mit der Endung auf -gny finden sich etwa im unteren Wallis bei Martigny (aus *Martiniacum), sodass hier auf einen PN Turtmannus geschlossen werden kann. Die Deutungen sind jedoch sehr unterschiedlich: im 19. Jh. wurde der vordeutsche Siedlungsname Turtmann (Z INSLI 1977, 100), frz. Tourtemagne, lat. TURRIS DE MANERIIS oder MANSIONILIBUS , als ‘ Turm bei den Hofstätten, das von Häusern umgebene Schloss ’ gedeutet (G ATSCHET 1867, 254; S TUDER 1896, 254). R ÄNKE (1903) gibt Tortemagny als “ turrim magnam ” (der grosse Turm) wieder, was zumindest das / t/ von Torte nicht erklärt. J ACCARDS (1906, 468) spätere Etymologie beruht allein auf dem vermeintlichen Erstbeleg für Turtmann Curtmannonis (1050). Er deutet ihn als rom. corte-Bildung mit dem Personennamen Manno. Eine Lautwandlung zwischen dem 11. und 13. Jh. von *Curtmann zu Turtmann ist jedoch ausgeschlossen (M URET 1907, 149 f.). K RISTOL ET AL . vermuten, dass bei der frühesten Schreibform das anlautende t mit einem c verwechselt wurde (K RISTOL ET AL ., 2005, 891 f.). Die Belege des 13. Jh. mit auslautendem -i (1245 Tortemagni und weitere) zeigen die Lautentwicklung des lat. -a vor Palatalkonsonat, der sich im Frpr. zu -i entwickelt hat (K RISTOL ET AL ., 2005, 891 f.). Es wäre also von einer ursprünglichen Form *Tortmania, oder ähnlich, auszugehen, nach heutigem Stand der Forschung gibt es jedoch kein lat. oder vorlat. Etymon, das eine solche Bildung erklären könnte (R ÜBEL 1950, 132; W ERLEN 1991, 253). Das zweite Glied im heutigen Turtmann ist aus volksetymologischer Anlehnung an die älteren rom. Formen entstanden, die in der Bedeutung ‘ Mann ’ missverstanden Turingo (PN) 439 440 <?page no="225"?> wurden (Z INSLI 1977, 91). Unser Vorschlag, im Ortsnamen einen PN T URTMANNUS oder ähnlich anzunehmen, ist bisher nicht diskutiert worden. Die heutige dialektale Form Turtma kommt auch als Turtmann und davon abgeleitet vor. Während der Gemeindename Turtma zum hdt. Turtmann zu stellen ist, erscheint der Flussname di Turtmännu ‘ der Bach aus dem Turtmanntal ’ (Ergisch, Oberems, Turtmann; LT Turtmänna) als Bach aus dem Turtmanntal; es ist unklar, ob dieser Bachname älter ist als der Gemeindename. Es ist eher ungewöhnlich, dass ein Bach nach dem Ort benannt ist, an dem er in den grösseren Rotten mündet. Der einzige Beleg, der bekannt ist, betrifft Visp und die Vispa, von denen auch nicht klar ist, was zunächst benannt wurde. Nur auf LT ist die Station Turtmann belegt, die sich ausserhalb des eigentlichen Dorfes am Ufer des Rottens befindet. Heute ist das Gebiet überbaut und mit einer Untertunnelung der Autobahn versehen. Sonst ist das HL nur als Bestimmungswort verwendet, das in zweigliedrigen Komposita mit den Grundwörtern Fäld, Gletscher, Grund, Hitta, Spitz und Tal verwendet wird. Komplexer sind di Turtmaschafalpu ‘ die Schafalpe der Alpgenossenschaft Turtmann ’ (Oberems, auch LT und FLNK) und aúf dem úndern Túrtman Feld ‘ auf dem unteren Turtmannfeld ’ (1848, Turtmann). Lateinisch belegt sind veteris aqueductus tortemagni ‘ die alte Turtmänner Wasserleitung ’ (1353 u. später, Agarn) und aqueductum veteris tortemagny ‘ die alte Wasserleitung aus der Turtmänna ’ (1355 u. später, Turtmann). Diese älteren Belege meinen wohl eine Wasserleitung, die nach Agarn und Turtmann führte. Tuschje Tuschje, resp. Tusche sind nur in Obergesteln als Obertusche (FLNK) und üf Tuschje (FLNK Unnertusche) belegt. Die beiden Namen sind nahe beieinander auf rund 1900 m. Laut Gwp. handelt es sich um Wald und Weide, jetzt Bannwald. Von den verschiedenen Lemmata Tusch, Tuschen in I D . (13, 1961) ist wohl keines einschlägig. Ein Bezug zu frz. ductio ‘ Leitung ’ (FEW 3, 173, heute dt. Dusche) scheint nicht gegeben. Eine Deutung ist deswegen nicht möglich. Tüssi Tüssi ntr. ist wohl zum Verb tûße n ‘ lauern ’ (I D . 13, 1816) und Tûßi II ‘ Lauer ’ (I D . 13, 1819 zu stellen, wobei letzteres Feminin ist, in Naters aber Neutrum, zu verstehen als ‘ der kleine Ort, wo gelauert wird (auf das Wild) ’ . Das Neutrum bezeichnet ein Diminutiv, vgl. SDS (3, 155). Tuter (PN) Tuter (PN) ist nur in ts Tutersch Bodu ‘ der Boden des Tuter ’ (Saas-Almagell, FLNK Dutterschbodu) belegt. Der Genitiv legt einen Besitzer- oder Nutzernamen nahe; der Name ist jedoch nicht belegt. Ein Beiname ist möglich. Tutschinun Tutschinun ist nur einmal historisch belegt als jn den Tutschinun (1536, Ried Mörel). Es ist zu schwdt. Tütschi n. bzw. Titschi n. ‘ Stück Holz, Block, Teil eines Baumstammes ’ , erstarrtes Diminutiv auf -i zu Totsch oder Tutsch ‘ Holzklotz ’ und wdt. Titschi, Titschin (Lötschental) ‘ Holzstamm, Holzscheit ’ (I D . 13, 2185 ff.; 2166 f., 2174 ff.; URNB 3, 709 f.; G RICHTING 1998, 195) zu stellen. Die Form Tutschinun ist ein Dativ Plural, also ‘ bei den Holzscheiten ’ . Vermutlich auf ein romanisches Etymon geht hingegen Tutschet (FLNK u. LT, Inden) zurück. Das Genus ist nicht verzeichnet, sodass unklar ist, ob eine diminutive Ableitung auf - ITTU ( M ) oder - ITTA vorliegt. Als Quelle kommt lat. t ŭ scus grob, ungebildet (FEW 13, 2, 439 f.) in Frage, das als afr. toche ‘ kleiner Wald ’ belegt ist (cf. B OSSARD / C HAVAN 2006, 107 s. v. Toche). Die Autoren geben als regionale Verbreitung das Wallis nicht an, dennoch kann diese Deutung für eine frühere Zeit nicht ausgeschlossen werden. Tutter Tutter n. ist unklar. Es kommt in Grengiols drei Mal vor als Tutter mit der Beschreibung “ Grosse Felspartie, schwer begehbar, zum Teil überhängender Felsen ” , als Hotutter oberhalb der Tutteregg, wo Gwp. das Lexem als ‘ Abgrund ’ deutet. Ein weiterer Beleg stammt aus Saas- Grund: ts Dutterchi ‘ die Dutter-Schlucht ’ . Die Bedeutung ‘ Abgrund ’ findet sich nirgends belegt; sie würde aber für alle Belege zutreffen. I D . kennt Tutter (I D . 12, 2076) als ‘ Dotter ’ ; das Wort ist aber so nicht für das Wallis belegt; ein Anschluss an die Namen scheint nicht gegeben. Auch andere Lemmata des I D . treffen kaum zu. Mangels Belegen bleibt das Lemma darum ungedeutet, wird aber als ‘ Abgrund ’ in der Datenbank umschrieben. R ÜBEL (1950, 100) führt mehrere Namen für Schafe wie Tütel und Tüti an, die aber kaum einschlägig sind. Wie weit das Lexem mit dem HL T ITTER verwandt ist, bleibt unklar. Tüübe Tüübe gehört zu den umstrittensten Lemmata im Namenbereich. Zunächst liegt das hd. Taube nahe (I D . 12, 129 ff.), doch hat Z INSLI (1984, 588) dafür tupp ‘ dunkel, finster, schwül ’ vorgeschlagen, während H UBSCHMIED (1938, 59 ff. und 1940, 6) in Bezug auf Leukerbad von kelt. *dub ā ‘ die Schwarze ’ ausgeht (zum Lemma *dubos 441 442 Tüübe <?page no="226"?> ‘ schwarz ’ siehe auch L EBEL 1956, 289). Die Belege sind unklar, die meisten dürften aber das Lemma Tüüba ‘ Taube ’ (G RICHTING 1998, 202) enthalten, wobei die Benennung Tüübini ‘ Tauben ’ für grauscheckige Ziegen (R ÜBEL 1950, 91) wohl nicht gemeint ist. Das Simplex ist immer mit dem - I vertreten, also formal ein Diminutiv: das Tuubi (1545, Brig), das Tubin (1515, Brigerbad), Tubi (1840; 1862, Naters), das Thubi (1609, Ried-Brig), ts Tüübi (Mund). In den andern Fällen ist Tüübe ein Bestimmungswort: im Tuben Biell (1693, Ried-Mörel), der Tüübe Biel ‘ der taube Hügel / der Hügel der Tauben ’ (Fiesch), der Tüübeläärch ‘ die Lärche in der Form einer Taube ’ (Ulrichen), di Tüübuschlüocht ‘ die taube Geländeeinbuchtung ’ (Naters), die Tüübiwildi ‘ das unfruchtbare Gebiet der Tauben ’ (Mund), der Töibuwald (Ergisch) und Tübuloch (Naters). Im Einzelfall kann hier auch ein Adjektiv toub ‘ taub, wild, zornig ’ (I D . 12, 67 ff., zu Ortsnamen 82) oder eine Ableitung davon gemeint sein. Tüübu Tüübu ist ein HL, das vor allem in Leukerbad erscheint. Namengebend ist Tüübu (Leukerbad; LT und SK Daube, FLNK Tüübu). R. G RICHTING (1993, Blatt 8, Nr. 26) kennt es als Tübu. Daneben erwähnt er Tübuchehr, Tübuhoru, Tübuhubil und Tübusee (Blatt Nrn. auf der letzten Buchseite erwähnt). Neben dem lebenden Beleg ist ein historischer Beleg in Leuk von 1345 ol tubin erwähnt, der aber laut P H . K ALBERMATTER (p. c.) in Milljere im Pfynwald liegt; ob hier der gleiche Name vorliegt, wie in Tüübu, ist sehr unklar (FEW 17, 382 stellt tubin zu mndl. tubbe bottich). Falls die Herleitung nicht stimmt, ist tubin als Deutung unsicher. Das HL kommt in Komposita nur als Bestimmungswort vor. Die Grundwörter sind Hee (hooch, heei), Hooru, Hotel, Hubel, Schleif und See. Komplexer sind ts Gross Tüübuhoru, ts Chlei Tüübuhoru und der Tüübuhorugletscher. Interessant ist, dass LT und SK Daubenhorn haben, während der Gipfel bei FLNK Tüübuhoru heisst. Der Tüübusee ist am weitesten vom Gemmipass entfernt, dessen ursprünglicher Name aus Leukerbadner Sicht Tüübu ist. H UBSCHMIED (1938, 59 ff. u. 1940, 6) schreibt zu Daube, es sei der alte Name der Gemmi und führt ihn auf kelt. *dub ā ‘ die Schwarze ’ zurück, da nach keltischen Vorstellungen in den Gewässern, Schluchten oder finsteren Wäldern schwarze dämonische Frauengestalten hausten, Deutung, die von Z INSLI (1960, 147) übernommen wird, jedoch nicht für unseren Namen. W ERLEN (2008, 592 f.) stellt die Hypothese von H UBSCHMIED in Frage, ist doch das Namenmotiv für die Gemmi lat. CAMMINUS ‘ Weg ’ , das wohl von der Berner Seite früh so entlehnt wurde, während auf der Leukerbader Seite für den Pass ein frpr. chymyng, frz. chemin, steht. Die Senke hinter dem Pass heisst im Dialekt Tüübu f., nach ihr wurde der See benannt, und W ERLEN vermutet, das dem Namen ein rom. douve zu Grunde liegen könnte (> wdt. Tüübu). Das G PSR (4, 911 ss.) stellt den Namen zu mlat. DOGA mit Verweis auf FEW (3, 114 s. v. doga ein gefäss) wo zwei Hauptbedeutungen angegeben werden ‘ Graben ’ und ‘ Daube ’ , das dt. ‘ Daube ’ wird übrigens von K LUGE / S EEBOLD ( 25 2011, 182) auf das gleiche Etymon zurückgeführt. Das G PSR (3, 914) zählt eine Reihe von Orts- und Flurnamen auf, die Namenmotivik ist jedoch nicht immer klar. Da Leukerbad ursprünglich frpr. war und erst ab dem 16. Jahrhundert zweisprachig wurde, dürfte der Name Tüübu auf ein frpr. Etymon (douve) zurückgehen, das später palatalisiert wurde. Der Wechsel von / v/ zu / b/ ist etwa in den SDS-Orten Inden und Feschel gängig (vgl. etwa SDS 1, 156 mit niib für ‘ neu ’ ). Zu ‘ Taube ’ cf. HL T ÜÜBE . Tüüch Tüüch n. ist als ts Tüüch (Bratsch; 1772, im Tuch) belegt; es handelt sich um eine Kleinsiedlung in der Rottenebene bei Niedergampel. Hinzu kommen Tüchkanal ‘ der Kanal beim Tüüch ’ (FLNK, Bratsch) und die Tuchwasserleiten ‘ die Wasserleitung zum Tüüch ’ (1663, Bratsch). Ob Tuchen Oyun ‘ die Eie, die überschwemmt wird ’ (1309, Raron) hieher gehört, ist unklar. Tüüch n. in Bratsch lässt sich entweder auf ein langes / u: / oder auf das Staubsche Gesetz vor velarem Reibelaut *Dunch zurückführen. Wenn der Beleg von 1309 in Raron das gleiche HL enthält, kommt das Staubsche Gesetz aus zeitlichen Gründen nicht in Frage. Tüüch n. ist zwar im I D . nicht belegt, doch ist das nächstliegenden Verb schwdt. t ū che n bzw. d ū che n ‘ tauchen ’ (I D . 12, 218). ts Tüüch wäre dann der Ort, der untertaucht, also überschwemmt wird. Entsprechend wäre Tuchen Oyen ‘ die Aue, die überschwemmt wird ’ . Diese Deutung ist allerdings sehr gewagt, da weder Tüüch n. noch Tuchen Adj. so überliefert sind. Twära Twära f. ist zu schwdt. Twäri, Twäre n f., mhd. twëhre f., ‘ Alpmulde, Rinne, Querband ’ , zu stellen, das zu schwdt. twärch, ahd. und mhd. twër, twërch ‘ quer, schief, schräg ’ gehört (Z INSLI 1946, 317; I D . 14, 1825 ff. bes. 1827). Das Nomen ist eine Ableitung zum Adjektiv und bezeichnet je nach Situation ein quer verlaufendes Felsband, eine Mulde oder eine Rinne. Die Deutungen werden - soweit möglich - den Beschreibungen bei den Belegen angepasst. In manchen Fällen ist das jedoch nicht möglich. Die weitaus grösste Zahl der rund 70 Belege finden sich in den Bezirken Goms und Östlich-Raron; im Bezirk Tüübu 443 444 <?page no="227"?> Westlich-Raron fehlen die Namen, im Bezirk Leuk ist ein Beleg unsicher, der andere betrifft nur das Adjektiv. Das Nomen erscheint als Simplex im Singular in den Formen an die Tweron ‘ an die quer verlaufende Mulde / an das quer verlaufende Felsband ’ (1676, Grächen), aúff der Twerú ‘ auf dem quer liegenden Felsband ’ (1692, Filet), di Twära ‘ der quer verlaufende Felsen ’ (Embd und vier weitere Gemeinden mit wechselnden Deutungen), t Twäre (Gluringen, Ulrichen) und unner der Twäru ‘ unter dem quer verlaufenden Felsen ’ (Randa). Vermutlich auch hieher gehört der historische Beleg Divähren ‘ Fehlschreibung zu di Twära ‘ das quer liegende Felsband ’ (1681, Blitzingen). Als Simplex im Plural ist es als di Twäre ‘ die quer laufenden Felsen ’ (Täsch und weitere fünf Gemeinden, im Goms als t Twäre mit wechselnden Deutungen) belegt. Das Diminutiv im Singular ist ts Twäri ‘ die kleine Alpmulde ’ (Grengiols, Oberwald), ufem Twäri ‘ auf der kleinen Alpmulde ’ (Binn, zwei Belege), Twärri ‘ die kleine quer verlaufende Mulde ’ (FLNK, Naters, Deutung unsicher), ts Twäruti ‘ die kleine Alpmulde ’ (Blitzingen, mit l- Vokalisierung). Unsicher ist vam Twärdi (Varen, unklar), das 1750 als in d=werde belegt ist; das eingeschobene / d/ passt nicht zur üblichen Deutung; man könnte hier auch an eine ursprünglich frpr. Ableitung zu lat. viridis ‘ grün ’ oder zu frpr. warda ‘ bewachen ’ (FEW 17, 510ss. s. v. *wardon (germ.) ‘ beobachten ’ ; T AGMANN 1946, 98) denken. Da weitere Belege fehlen, lässt sich der Name nicht deuten. Mit attributiven Adjektiven sind folgende zweigliedrigen Konstruktionen belegt: di Gross Twära ‘ die grosse Twära (quer verlaufendes Band ’ (Binn, Grengiols, Mühlebach), ts Chlei Twärli ‘ die kleine Querrinne ’ (Grengiols), t Ober Twäre ‘ die obere quer verlaufende Alpmulde ’ (Reckingen), t Reetige Twärlini ‘ die kleinen rötlichen Alpmulden ’ (Grengiols), t Unner Twäre ‘ die untere quer verlaufende Alpmulde ’ (Reckingen), ts Unner Twäri ‘ die untere kleine Alpmulde ’ (Binn). Formal ein Kompositum, enthält wohl auch Finschtertwäre ‘ die finstere Querrinne ’ (FLNK, Oberwald) ein attributives Adjektiv. Als Grundwort tritt das HL in zweigliedrigen Komposita meistens mit dem Namen einer nahegelegenen Flur auf. Auf Pflanzen beziehen sich di Glissitwära ‘ das quer verlaufende Gebiet mit Glissi (Silbermantel (A LCHE- MILLA ALPINA )) ’ (Grengiols; bei L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 272 als Silikat-Silbermantel belegt), t Hasutwära ‘ das quer verlaufende Gebiet mit Haselstauden (Hasu hat l-Vokalisierung) ’ (Binn), t Nessultwära ‘ die Quermulde beim Nessel (Gebiet, wo es viele Nesseln hat) ’ (Ried- Mörel), t Salitwära ‘ die Alpmulde beim Sali (Gebiet mit Salweiden) ’ (Grengiols). Naheliegende Fluren sind gemeint in t Engitwäre ‘ das quer verlaufende Band bei der Engi (enge Stelle) ’ (Oberwald), t Fleschetwäre ‘ die Querbänder bei den Fleschen (Wasserstellen) ’ (Oberwald), t Hittentwära ‘ die quer verlaufende Rinne bei der (Alp- )Hütte ’ (Grengiols), t Kietwäre ‘ der Quergraben im Chietal (Kühtal) ’ (Obergesteln), t Mattentwära ‘ die Alpmulde in den Wiesen ’ (Grengiols), t Nacketwära ‘ das Felsband im Nackewald ’ (Binn), di Brandtwäre ‘ die Alpmulde unterhalb des Gebietes Brand ’ (Oberwald), di Brennjitwära ‘ die Querrinne beim kleinen brandgerodeten Gebiet ’ (Grengiols), t Satteltwära ‘ die Querrinne beim sattelförmigen Gelände ’ (Grengiols), di Treichtwära ‘ die quer laufende Ebene mit den Tränketrögen ’ (Grengiols). Einen Besitzer nennt t Wolfitwära ‘ das quer laufenden Felsband des Wolfi (PN) ’ (Grengiols), wobei Gwp. sich nicht klar ist, ob es sich um einen Bei- oder Familiennamen handelt. Als Bestimmungswort erscheint das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern (erkennbare Adjektive des HL sind hier nicht erfasst): Bach, Chumma, Egg(a), Fad, Flüö, Grabu, Gufer, Licka, Matta, Schleif, Schlüche und Wäg. Letzteres ist in I D . (15, 848) Twër(ch)weg als quer oder schief verlaufender Weg durch ein Grundstück belegt. Erkennbare Adjektive sind vorhanden in auff der Tweren Kummen ‘ auf der quer liegenden Chumma (Mulde) ’ (1768, Betten), zer Twerenfluo ‘ bei der quer verlaufenden Fluh ’ (1343 u. später, Zeneggen), am Twerenweg ‘ der quer verlaufende Weg ’ (1518, Ernen). Unklar ist Twärischgassa (FLNK, Ernen), das zwar schon 1503 als an die Twereschgassen belegt ist, aber wohl ein Adjektiv twärisch ‘ quer verlaufend ’ enthält; ein eigentlicher Genitiv zu einem Bei- oder Familiennamen ist zwar möglich, aber nicht wahrscheinlich. Das mit twär verbundene zwär ist nur in ts Tswäregufere ‘ bei den quer laufenden Steinen ’ enthalten; es geht auf zwerch ‘ quer ’ (GrWb 341, 1084) zurück und kommt nur einmal vor. Twidul Twidul n. ist als ts Twidul (Ried-Mörel; FLNK Twidel) belegt. Historisch erscheint 1780 im Twirel. Der Name dürfte zu twir ch s ‘ zuwider ’ (I D . 14, 1831) zu stellen sein, wo eine Reihe von Flurnamen vom Typ Twire n erwähnt sind. Die Ableitung auf - EL / - UL ist eine Stellenbezeichnung (S ONDEREGGER 1958, 513 ff.). Der intervokalische Wechsel von älterem / r/ zu neuerem / d/ ist phonetisch leicht möglich, im Walliserdeutschen aber sonst nicht belegt. Als Deutung bietet sich an ‘ das zuwider laufende Gebiet ’ . 445 446 Twidul <?page no="228"?> Twirgi Twirgi n. ist wohl zu schwdt. Twirgi n. ‘ steil ansteigender, gewundener, schmaler Fusspfad in den Alpen ’ (I D . 14, 1832) zu stellen. I D . verweist allerdings auch auf Twingi in der gleichen Bedeutung, das bei uns dem HL Z WINGE zugewiesen ist. Twirgi kommt als Simplex im Twirgi (Bellwald), ts Twirgi (Fiesch) vor; beide befinden sich an einem Waldabhang zwischen Fiesch und Fürgangen, durch den heute die Strasse und die Bahn führen; auf 1: 10000 als Twirgi benannt. Mit einem ehemaligen Genitiv Plural erscheint Fiescher Twirgi (1775, Bellwald; 1775, Fiesch), wohl die gleiche Flur. In Fiesch sind weiter t Twirgilamme ‘ die Runse beim Twirgi ’ und der Twirgiwaud ‘ der Wald beim Twirgi ’ belegt. Die Situation führt dazu, hier eher die Deutung ‘ quer verlaufender Abhang ’ und eine Ableitung zum Adjektiv twërch ‘ quer ’ (I D . 14, 1825) anzunehmen, die sonst nicht belegt ist. Tybysch Tybysch m. ist nur einmal belegt: vffem Tybysch (1569, Mund). Die Lesung ist unklar; es handelt sich wohl um ts Tüübi (Mund, unklar), das 1679 (ca.) als aúff dem Túbi belegt ist. Wenn die Form Tybysch stimmt, muss ein Genitiv Singular gemeint sein. Ob ein PN oder ein Appellativ vorliegt, ist nicht erkennbar. Tyebanz Tyebanz ist nur 1338 in Salgesch als eys tyebanz belegt. Es könnte sich nach FEW (13, 1, 313) um den PN Thibaut (< Tibalt) handeln. Die Deutung ist dann ‘ das Gut des Thibaut ’ , doch ist sie unsicher. Tyndall (FaN) Tyndall, auch als Tindel ausgesprochen, ist der FaN des irischen Physikers und Alpinisten John Tyndall (1820 - 1893), Erstbesteiger des Weisshorns (1861). Sein Name ist in ts Tindelsch Hüüs ‘ das Haus des Tyndall ’ und ts Tindelsch Denkmal ‘ das Denkmal für Tyndall ’ (beide Naters) enthalten. Er verbrachte den Sommer meist auf der Belalp, wo er sich ein Haus baute (Villa Tyndall); seine Frau liess einen Gedenkstein für ihn aufrichten (1911). Tzrimellen Tzrimellen ist in dieser Form nur 1538 in Naters als Tzrimellen belegt. Der dort erwähnte Flurname vffem Tossen ist in Rimella belegt (Z INSLI 1984, 355), sodass das HL als ‘ in Rimella ’ verstanden werden kann. Dann ist allerdings die Zuschreibung Naters unrichtig, sofern nicht ein Natischer gemeint ist, der Besitzungen in Rimella besass. Üärich (FaN) Üärich (FaN) m. ‘ das Gut des Ulrich / der Familie Ulrich ’ ist lebend belegt als dr Üärich (Steg) und historisch als Oúrich Halten (17898, Steg). Die ältesten historischen Belege zum lebenden Namen geben 1572 am U ͦ lrich, 1673 aúff dem Vlrich. Es handelt sich um einen FaN oder PN Ulrich < Uodalrich (I D . 1, 183 f.), wo unter anderem auch Uerech und Uerich angegeben sind, allerdings nicht für das Wallis. Vergleichbar ist der frühere Gemeindename Üerliche ‘ Ulrichen ’ , der 1235 als Vlrighingen erscheint, sowie weitere Namen mit Ulrich (cf. HL U LRICH (F A N)). Twirgi 447 448 <?page no="229"?> U Ubbigen Ubbigen ist nur einmal belegt in an den Vbbigen Stapf (1489, Mühlebach). Es handelt sich um eine flektierte Form eines attributiven Adjektives, das sich am ehesten vom adverbialen uppa ‘ herauf (auf den Arm), herüber ’ (G RICHTING 1998, 212) erklären liesse. I D . (2, 1323 f.) stellt uppa zu über-hin ‘ hin- (bzw. her)-über ’ , meint aber, eine Grundform *uppar, *upphar ansetzen zu müssen. Diese Herleitung kann aber das fehlende / r/ nicht erklären. Eher dürfte ein ob-hin oder uf-hin in Frage kommen. Dann wäre an den Vbbigen Stapff zu verstehen als ‘ an den nach oben führenden Weg ’ . Uber Uber lässt sich als Präfix in der Bedeutung ‘ jenseits, über ’ oder als Verbpräfix ‘ darüber hinaus ’ verstehen. Es tritt nie als Simplex auf. Verbunden ist es zunächst mit den Grundwörtern Bach, Biel, Dorf, Egg(a), Fäld (unsicher, frühe Belege mit Fell), Loch, Moss, Rotte, Wasser und Wurf. Nur einmal erscheint Über in Überbach ‘ jenseits des Baches ’ (1349 u. später, Münster). Komplexere Konstruktionen sind der Uberhängert ‘ der jenseits gelegene Hängert ’ (Mörel), wobei Hängert zu Heim-Garten gehört, Ubermosswäg ‘ der Weg vom / zum Ubermoss (jenseits gelegenes sumpfiges Gebiet) ’ (FLNK, Ernen), t Ubermäleesser ‘ die Lose (durch das Los zugeteilte Grundstücke), die jenseits liegen (unklar) ’ (Gampel), wobei mä hier unklar ist (cf. HL M ÄÄ ), ts Ubertagstafolti ‘ der kleine Stafel, wo das Vieh über Tag war ’ (Unterbäch). Als Verbpräfix ist ts Ubergändu Stei ‘ beim übergehenden Stein (grosser Stein) ’ (Mund) belegt, das zum schwdt. Verb überg ā n ‘ übergehen ’ (I D . 2, 10), wdt. ubergaa (G RICHTING 1998, 204), hier wohl zu verstehen als ‘ sehr gross ’ zu stellen ist. Uberno Uberno ist nur in Albinen 1672 als Vberno belegt. Der Name gilt für vna petia horti ‘ ein Stück eines Gartens ’ . Unklar ist, ob der Flurname deutsch oder romanisch ist. Vermutlich ist aber eine romanische Form gemeint, wobei der anlautende Vokal wohl ein ursprüngliches / ou/ darstellt. Es wurde hier zu Berno agglutiniert, das seinerseits wohl zu Bernhard (cf. HL B ERNA (PN)) oder Bernald gestellt werden kann. Ubjenn Ubjenn kommt nur vor in biss jn den Ubjenn Vatt (1560, Täsch). Von der Konstruktion her handelt es sich um ein Adjektiv. Am ehesten ist an ubel ‘ schlecht ’ zu denken (I D . 1, 55); im Oberwallis laut G RICHTING (1998, 112) nur entrundeter Umlaut zu ibl, ibäl (Goms), ibul (Mattertal), ibil ‘ übel, schlecht ’ . Die Palatalisierung von / l/ zu / j/ ist schon früher bekannt (z. B. das Buwgin ‘ der kleine Buw ’ (1460, Glis)). Vermutlich ist der Beleg identisch mit dem ebenfalls 1560 in Täsch belegten jm Ibgenn satt (cf. HL I BJU ); in beiden Fällen geht es um die Gemeindegrenze zwischen Täsch und Zermatt. Ucelins Ucelins ist nur in Agarn als les vcelins ‘ das kleine bearbeitete Gebiet ’ (1325), eys hucelinz (1346), eys vcelins (1345) und eys vcelin (1455) belegt. Dazu kommt ou clos eys vcelins ‘ das eingefriedete Land im kleinen bearbeiteten Gebiet ’ (1348, Leuk), wobei der Ort vermutlich auch in Agarn zu finden ist. G UEX (1976, 24) nimmt Vucelle als Form zu VALLICELLA ‘ Tal, kleines Tal ’ an. Diese Deutung ist sehr umstritten. G. P ANNATIER sieht in den belegten Formen ein Diminutiv zu ouche ‘ terrain labourable ’ (< kelt. olca) (B OSSARD / C HAVAN 2006, 150; D ELAMARRE 2003, 240). Das ist insofern schwierig, als in den überlieferten Formen durchwegs vcelins erscheint. Die romanische l- Vokalisierung (R HEINFELDER 1968, 235 ff. setzt sie zwischen dem 7. und dem 12. Jh. an) müsste dann schon erfolgt sein. Unschön ist, dass v oder u (je nach Aussprache) ein vorderer gerundeter Vokal (/ ü/ ) oder ein hinterer gerundeter Vokal (/ u/ ) hätte sein müssen. Die Schreibung mit / u/ oder / v/ weist darauf hin, dass hier ein hinterer gerundeter Laut (/ u: / ) gemeint war. Die Deutung von P ANNATIER ‘ das kleine bearbeitete Gebiet ’ wäre dann möglich. Andere Erklärungen fehlen. Uechil Uechil ist nur 1388 in Embd als ad summitatem montis Uechil belegt. Im Dokument wird ein Gebiet von der Vispa bis zu dieser Höhe bestimmt. Uechil ist eine unsichere Lesung. mons ‘ Berg ’ wird sonst nur für den Embdberg mehrfach als Ganzes verwendet. I D . (1, 183) kennt unter Uelerich eine Reihe von PNN, darunter auch Uechel (nicht für das Wallis belegt), die zum PN Ulrich gestellt werden, das seinerseits zum ahd. PN Uodalrich gehört. Ob dieser PN in Uechil tatsächlich vorhanden ist, 449 450 Uechil <?page no="230"?> bleibt unsicher. Die Deutung wäre dann ‘ der Berg des Ulrich (unsicher) ’ . Üecht Üecht ist nur belegt in der Üechtwang (Raron, auch LT und FLNK). Das Grundwort ist Wang ‘ Grasabhang ’ (cf. HL W ANG ). Üecht ist sonst im Oberwallis nicht belegt. I D . (1, 71) kennt Uechtblueme für Krokus und Herbstzeitlose und andere Pflanzen, doch stammt kein Beleg aus dem Oberwallis. Üecht ist in I D . (1, 84) nur für das Gebiet um Freiburg i. Ue. bekannt; das Wörterbuch führt es auf ahd. uohta ‘ Morgenfrühe ’ zurück, das als “ Weidezeit ” oder “ Weideplatz ” zu verstehen sei; das nimmt G R W B (23, 714 s. v. Ucht) auf (eine andere Deutung wird in M ÜLLER (2006) vorgeschlagen, der es auf einen Gewässernamen *Ogata zurückführt). Im deutschen Bereich existiert jedoch ein ahd. uohta (G RAFF 1, 138 f.) als ‘ (Morgen-)Dämmerung ’ , das für das HL herangezogen werden kann. Wörtlich wäre dann ‘ der morgendliche Grasabhang ’ gemeint, also ein von der Morgensonne beschienener Hang (was zur Lage westlich des Bietschbaches passt). Üer Üer ist nur belegt in t Üerlamme ‘ das Üer-Felstobel ’ (Oberwald). Aufgeführt ist Üer bei G RICHTING (1998, 205) für das Mattertal im Sinn von ‘ herauf ’ ; für das Goms gibt er üechä an. Üer wäre dann zu uf-hër ‘ herauf ’ (I D . 2, 1560) zu stellen mit der Deutung ‘ das hinaufführende Felstobel ’ . Ein Anklang an den Ortsnamen Üerliche ‘ Ulrichen ’ ist unwahrscheinlich, da sich der Ort oberhalb des Gerentals bei Oberwald und Unterwasser befindet. Ueyes Ueÿes kommt nur vor in Forches Ueÿes (1460, Leuk), das im gleichen Jahr in Albinen als Forches Veÿes belegt ist; es handelt sich um den gleichen Ort. Vgl. HL V EY . Uffry Uffry f. kommt nur 1569 in Baltschieder als an der Vffry vor. Der Name entspricht zwar dem Adjektiv u(n)frî ‘ unbequem; unangenehm, wiederlich ’ , ‘ unschön, ungeziemend, unliebenswürdig ’ (I D . 1, 1262), doch ist im Dokument von einem Nomen Feminin die Rede, das kaum zu dieser Deutung passt. Der Flurname ist unsicher; er wird als ‘ zwischent den Giessen ’ (cf. HL G IESSEN ) benannt. Insgesamt ist aber der Flurname nicht deutbar. Uglet Uglet kommt nur einmal 1412 in Steg als Vglet vor. Es handelt sich um ein Stück Sumpf (peciam mareschie). Das hdt. unglatt ‘ nicht glatt ’ oder Unglätte ‘ Mangel an Glätte, Holperigkeit ’ (G R W B 24, 958) ist dialektal nicht belegt. Das Adjektiv schwdt. glatt ‘ gleichmässig ’ (I D . 2, 652) erscheint bei G RICHTING (1998) nicht. Dennoch scheint Vglet einfach ein holperiges Gebiet gemeint zu haben. Ühr Ühr f. ist in binner Wätterühr ‘ bei der Wetteruhr (Wetterstation auf der Riederfurka) ’ (Ried-Mörel) belegt. Das HL ist zu schwdt. Ur f. ‘ Stunde; Uhr ’ , mhd. ū re, ō re, h ō re ‘ Stunde ’ aus lat. h ō ra (I D . 1, 419; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 939) zu stellen. G RICHTING (1998) verzeichnet das HL nicht. Gemeint ist hier eine Wetterstation, die u. a. auch die Zeit anzeigt. Ulrich (FaN) Ulrich (FaN) kommt einerseits im Gemeindenamen Ulrichen vor, anderseits nimmt das Ulrichhorn (auf LK Ulrichshorn) auf den Erstbesteiger Melchior Ulrich (1802 - 1893) Bezug (W ERLEN 2008, 589). Auf den Gemeindenamen gehen zurück Üelistock und Üelisee (Ulrichen). Einen Genitiv Plural findet man in ad siluam u ͦ lricherro ‘ bis zum Wald der Leute des Ulrich / der Familie Ulrich ’ (1540, Visperterminen) und in Vlricherro alt Gericht ‘ im alten Gericht der Leute des Ulrich / der Familie Ulrich ’ (1657, Ausserberg). Ein Genitiv Singular ist vermutlich in Ulischmatte ‘ die Wiese des Uli ’ (1863, Ergisch) zu finden. Unklar ist schliesslich bi der u ͦ lrikun (1307, Grächen), das 1618 uff die u ͦ rlischen heisst. Hier ist wohl ein Genitiv des Feminins gemeint, das als ‘ Eigentum der Ulrike ’ verstanden werden kann; die zweite Form könnte das Suffix - SCHA / - SCHU enthalten, mit gleicher Bedeutung. Verschiedene Namensformen von Ulrich sind im I D . 1, 183 f. s. v. Uelerich verzeichnet. Als FaN ist Ulrich (NWWB 2, 230) erwähnt; der PN dürfte aber weiter verbreitet gewesen sein. Ob eine feminine Ableitung zu Ulrike möglich ist, bleibt unsicher. Ulrichen Ulrichen (dial. Üerliche) ist ein früherer Gemeinde- und heutiger Ortschaftsname, der zu ‘ bei den (Gefolgs-)Leuten, der Sippe des Odalric, Uodalric, Uolrich ’ zu stellen ist. Es handelt sich um eine Bildung aus dem häufig belegten zweigliedrigen ahd. PN Odalric, Uodalric, Uolrich (F ÖRS- TEMANN 1, 1255). Die Verkürzung des Namens vom ursprünglichen Typ Uolrichingen zu Uolrichen ist seit dem 14. Jh. belegt; die Umstellung von -lrzu -rl- (wie in der heutigen Mda.-Form) erscheint erstmals im Beleg von 1695 Vrlichen (K RISTOL ET AL ., 2005, 896). S TÖCKLI (1953, 46 f.) versucht den Namen auf Ulrich von Kyburg zurückzuführen, was aber in Ermangelung eindeutiger Dokumente kaum nachzuweisen ist. Am 01.01.2009 fusionierte Ulrichen mit Obergesteln und Oberwald zur heutigen Gemeinde Obergoms. Üecht 451 452 <?page no="231"?> Neben dem Dorfnamen sind eine Reihe von Flurnamen belegt, die Üerlicher als Bestimmungswort oder Adjektiv aufweisen; es handelt sich ursprünglich wohl um einen Genitiv Plural, der später zu einem Adjektiv wurde (S ONDEREGGER 1958, 526 ff.). Belegt sind als Adjektiv die Grundwörter Ägene, Bach, Brigga, Chumma, Kapälla, Lischa, Matta und Schnitta; als Bestimmungswort die Grundwörter Bach, Blaasa, Gale und Joch. Komplexer ist der Üerlicher Chummstafel ‘ der Stafel der Gemeinde Ulrichen in der Alpe Chumm (Mulde) ’ . Um Um ist ursprünglich ein Verbpräfix, das in Nomina inkorporiert wird (D UDENREDAKTION 7 2005, 703). Belegt sind folgende Flurnamen: der Umgang ‘ der Ort, wo eine Prozession stattfand ’ (Grächen, FLNK), im Umloif ‘ im Umlauf (Umweg) ’ (FLNK, Blatten), Umlöüffjini ‘ die kleinen Umläufe (Umwege) ’ (EK, Eggerberg), der Umschriss ‘ wo der Wald zu Boden gerissen wurde ’ (Grengiols, zweimal) und im Umschrisstoli ‘ in der kleinen Mulde, wo der Wald zu Boden gerissen wurde ’ (Grengiols). Unckiirig Unckiirig ‘ nicht-geheuer ’ ist ein Adjektiv, das nur einmal in t Unckiirig Schlüecht (Geschinen) ‘ die nicht-geheure Geländeeinbuchtung ’ belegt ist. Das Adjektiv ist zu schwdt. ung(e)hür(ig) ‘ unsicher, unheimlich; gespenstisch, insbes. von Orten; wild, fürchterlich ’ , mhd. ungehhiure ‘ unheimlich, schrecklich ’ (I D . 2, 1587 f.) zu stellen. G RICHTING (1998, 211) kennt nur das Substantiv Unghiir ‘ Ungeheuer ’ . Undena 1301 ist in Niedergesteln von einem Weinberg die Rede, der da Vndena ‘ da unten ’ genannt werde. Es handelt sich um einen ursprünglich deiktischen Ausdruck, der sich zu schwdt. undenen ‘ unten ’ und wdt. unnena, unnuna (Mattertal), unnäna (Goms), unnina (Leuker Berge), unnäna ‘ unten, drunten ’ (I D . 1, 324; G RICHTING 1999, 211) stellen lässt. Laut I D . (1, 324) ist die Bildung verkürzt aus undanana. Unelich Unelich ist ein Adjektiv, das 1530 in Mühlebach als die Vnelich Matten ‘ die nicht rechtmässige Wiese ’ belegt ist. Das Adjektiv ist zu schwdt. un ē lich als Antonym zu elich ( ‘ der Ehe gemäss, rechtmässig, erlaubt ’ ), also ‘ nicht rechtmässig, nicht den Gesetzen unterstellt ’ (I D . 1, 9) zu stellen. Unesco Unesco ist die Abkürzung für United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization. Die Abkürzung ist nur belegt in UNESCO-Wäg (Betten, FLNK). Der Weg über das Bettmerhorn wurde als ‘ der Weg der UNESCO ’ für die Anerkennung des Aletsch-Gebietes als Weltnaturerbe benannt. Unneni Unneni kommt zwei Mal vor: in Binn laut Siegfried-Karte Unnenikeller und in Selkingen der Unnenistafel (LT Selkigerchäller). I D . listet es bei unden (1, 323) in der Zürcher Form une-n-ine ‘ zu ebener Erde ’ auf; vermutlich ist es aber als als unden-în ‘ unten innen, im unteren Stockwerk ’ zu analysieren. In den beiden Belegen dürfte der unterste Teil der Alpstafel gemeint sein. Unner Unner, ohne Assimilation (nd > nn) auch under, ist in vier unterschiedlichen Formen belegt: als Adjektiv (flektiert und unflektiert), als Präposition (einerseits unterhalb von, anderseits zwischen), als Teil eines Kompositums (z. B. Unnerdorf) und als substantiviertes Adjektiv wie in t Undra ‘ die untere Wasserleitung ’ oder ‘ die untere Alpe ’ . Die Assimilation ist laut SDS (2, 119 u. 121) die Regel; nur Gemeinden des Bezirks Westlich-Raron benehmen sich teilweise anders. Das Bild des SDS trügt allerdings: die Regel ist variabel und macht Formen vom Typ under auch sonst möglich (W ERLEN 1977, 261ff). Das HL ist zu schwdt. under als Präposition mit Dativ und Akkusativ räumlich ‘ unterhalb, zwischen ’ , zeitlich ‘ innerhalb einer Frist, während eines Zeitraums ’ und wdt. unner, undr (Lötschental), unnär ‘ unterhalb, unter, während ’ (I D . 1, 324 ff.; G RICHTING 1999, 211) zu stellen. Als Adjektiv steht es häufig dem HL Ober gegenüber: etwa in ts Ober und ts Unner Doorf (Mörel). Das HL ist in rund 1700 Orts- und Flurnamen belegt. Wir behandeln deswegen die einzelnen Gebrauchsweisen nur sehr summarisch. Simplizia erscheinen nur als substantivierte Adjektive: t Undra ‘ die untere Wasserleitung ’ (Ausserberg, Raron), Undra ‘ die untere Wasserleitung ’ (Baltschieder), t Undra ‘ das untere Gebiet ’ (Visperterminen). Ein substantivierter Superlativ erscheint in Vndrosta ‘ die unterste Wasserleitung ’ (1388, Ried-Brig), ts Undroschta ‘ der unterste Alpstafel ’ (Unterbäch; Neutrum wohl wegen einem impliziten Diminutiv), t Undroschta ‘ die unterste Wasserleitung ’ (Birgisch), ts Undroschta ‘ die unterste Wasserleitung ’ (Visperterminen; historisch teilweise feminin), im Undroschtji ‘ im kleinen, untersten Gebiet (auch Wasserleitung) ’ (Visperterminen), t Unnerschta ‘ die unterste Wasserleitung ’ (Grengiols), ts Unnerschta ‘ der unterste Stafel der Wangalpe ’ (Ausserbinn; Neutrum wohl wegen 453 454 Unner <?page no="232"?> einem impliziten Diminutiv). Diese Gruppe ist zahlenmässig klein. Die Menge von unflektierten und flektierten Adjektiven mit Bezugsnomina umfasst mehrere Hundert Belege, die hier aus Raumgründen nicht aufgezählt werden können. Neben diesem sehr häufigen Positiv finden sich aber auch Superlative: beÿ der Vndersten Rossen ‘ bei der untersten Roosse (Röstplatz für Hanf und Flachs) ’ (1718, Obergesteln), bim Vndersten Spitz ‘ beim untersten spitz zulaufenden Grundstück ’ (1684, Ernen), bis an die Vndresten Turren ‘ bis an die untersten Türme (wohl Felstürme) ’ (1469, Ernen), bim ŭ nderstenn Briggilti ‘ bei der untersten kleinen Brücke ’ (1684, Naters), ts Undroscht Alpwäschi ‘ das unterste kleine Wiesenstück auf der Alpe ’ (Ausserberg), ts Undroscht Birch ‘ das zu unterst gelegene Birkengehölz ’ (Bürchen), ts Undroscht Chi ‘ das unterste Kinn (Schlucht) ’ (Hohtenn) und vier weitere. Mehrfach belegt ist auch Undruscht wie in z Undruscht Dorf ‘ das unterste Dorf (Teil von Inden) ’ (FLNK, Inden) und fünfzehn weitere. Ein historischer Beleg hat im Vndersten Flüele ‘ bei der untersten kleinen Fluh ’ (1582 u. später, Münster). Einen Sonderfall stellt ts Undruscht zer Tannu ‘ zuunterst bei der Tanne ’ (Staldenried) dar, wo ein superlatives Adverb erscheint, also kein eigentliches Adjektiv. Vergleichbar damit ist Zundrost dem Dorff ‘ zuunterst im Dorf (wohl Gampel) ’ (1691, Gampel). Die Verwendung als Präposition mit der Bedeutung ‘ unter ’ ist häufiger als jene mit der Bedeutung ‘ zwischen ’ . Letztere weist einen Plural des Bezugsnomens auf und ist normalerweise in den Namen integriert. Der bekannteste Fall ist der Gemeindename Unterbäch ‘ zwischen den Bächen ’ , wozu sich gesellen z ŭ Vnderbehen ‘ beim Gebiet zwischen den Bächen ’ (1616, Ferden), in Vnderbechen ‘ im Gebiet zwischen den Bächen ’ (1349, Geschinen), ts Underbächen ‘ beim Gebiet zwischen den Bächen (zwischen Ferden und Kippel) ’ (Kippel) und viele andere, etwa t Unnerbäch ‘ die Alpe zwischen den Bächen ’ (Naters) oder t Unnerbächi ‘ das Gebiet zwischen den Bächen ’ (Ried-Mörel). Präpositionen mit der Bedeutung ‘ unter ’ sind etwa der Acker únder dem Apfel Baúm ‘ der Acker unter dem Apfelbaum ’ (1796, Ried-Brig), unner dum Aarb ‘ unter dem Arvengehölz ’ (Täsch), unner ts Fileemonsch Hüs ‘ unter dem Haus des Philemon (Abgottspon) ’ (Staldenried), teilweise mit agglutiniertem Artikel wie in Unnerm Erli ‘ unter dem Gebiet mit Erlen ’ (Binn), Unnerm Houz ‘ unter dem Holz (Wald) ’ (Ernen), Underim Horen ‘ unter dem Horn (auf der Hockenalp) ’ (Kippel) und viele andere mehr. Manchmal können auch mehrfache Präpositionen auftreten wie unner Zen Eischtu ‘ unter Zen Eisten (beim Gebiet mit Schafstall) ’ (Eisten). Als Bestimmungswort integriert in den Namen kommt das HL öfter vor: die Schreibweise entscheidet aber hier häufig zwischen attributiven Adjektiven und Komposita mit adjektivischem Erstglied. Solche sind etwa Unnerblattu ‘ die untere Felsplatte ’ (Leukerbad), Unnerbrunnu ‘ Unterbrunnen (Ortsteil von Visperterminen) ’ (Visperterminen), der Unnerbärg ‘ das Gebiet unter dem bergwärts gelegenen Gebiet ’ (Baltschieder und weitere), ts Unnerchriz ‘ der untere Teil des Gebietes Chriz (Kreuz) ’ (Täsch und weitere), Unnerdorf ‘ das Unterdorf (Teil von Salgesch) ’ (FLNK, Salgesch und weitere). Der Unterschied zwischen dem attributiven Adjektiv und dem Adjektivkompositum zeigt sich bei flektierten Formen: vanner Unnru Flüe ‘ von der unteren Fluh ’ (Grengiols) vs. va ts Unnerflie ‘ von Gebiet unter den Flühen ’ (Stalden). Einen besonderen Fall stellt in die M'undereschi (Inden) dar. Die Bearbeiterin stellt es zu im Under Eschi ‘ (wohl) das untere Gebiet mit Eschen ’ ; es kann aber auch zum FaN Monderessi (cf. HL M UNDERESCHI (F A N)) gestellt werden, vgl. FaN Monderessi (mit weiteren Formen) (AWWB 171). Ein besonderes Problem stellen latinisierte Formen dar; so wird das HL ab und zu als inferior übersetzt: apud Ryonda inferiorem ‘ bei der unteren runden Erhebung ’ (1280, Leuk). Hier ist Ryonda sicher ein frpr. Lemma, aber inferiorem kann nur Latein sein, was die Frage aufwirft, wie der Name wirklich gelautet hat (und ob es überhaupt um einen Namen geht). Uolen (PN) Uolen kommt nur 1310 in Törbel als u ͦ lenaker vor. Es handelt sich wohl um einen Uolrich, hier verkürzt zu einem Genitiv Singular u ͦ len ‘ des Ueli ’ , zum Grundwort Acker, also ‘ der Acker des Uolrich ’ . Wie unter dem HL U LRICH (F A N) ausgeführt, kommt der PN häufig, auch als Kurzform, vor (vgl. Uelerich in I D . 1, 183 ff.). Urban (PN) Urban (PN) ist nur einmal belegt in an Vrbans Halten ‘ an der Halde des Urban ’ (1528, Ernen). Es handelt sich um den PN eines Besitzers oder Nutzers (I D . 1, 431 f.). Der PN ist sonst nicht belegt. Urrsele (PN) Urrsele (PN) ‘ Ursula ’ ist zu schwd. Ursele, Ursle, Ursel, Dim. Urseli, Ürseli, Ursi, Urscheli, Ürschi weibl. Taufname Ursula, auch Name der Heiligen (I D . 1, 468) zu stellen. Es ist zweimal belegt in t Urrselehaalte ‘ die Halde der Ursula ’ (Oberwald) und 1806 das Úrselenlischÿ ‘ das Gebiet mit Lischgras der Ursula ’ (Ulrichen). Ein Zusammenhang mit Ursele ‘ Gerstenkorn am Lid ’ (I D . 1, 468; SDS 4, 53 f.; aus frz. orgelet) ist sprachgeographisch ausgeschlossen. Uolen (PN) 455 456 <?page no="233"?> Urschgge Urschgge f. ist der Name einer Alp und eines Waldgebietes in den Gemeinden Reckingen, Gluringen und Ritzingen. Die ältesten Belege sind: Jn der Vrschung (1516, Reckingen), in der Vrschan (1547, Reckingen), in der Vrstgen (1558, Reckingen), Vrschgen (1534, Ritzingen). Die Belege legen einen Anfang Ursch und eine unklare Endung, wohl auf -ge(n) nahe. G R W B (24, 2526 s. v. Ursch f.) verweist auf das Bayrische Wörterbuch (S CHMELLER - F ROMMANN 1872, 168), wo unter Uesch auch Urschrinne ‘ Dachrinne ’ erwähnt wird. I D . kennt dieses Lemma nicht, hat aber s. v. Ursi (I D . 1, 469) für das Wallis die Angabe ‘ Kerngehäuse des Apfels ’ ; wie die Karte SDS (6, 154) zeigt, ist das Wort im Goms nicht vertreten, wohl aber weiter westlich. Inhaltlich würde Ursch ‘ Dach ’ sinnvoller sein als Ursi ‘ Kerngehäuse des Apfels ’ . Andere Deutungen (z. B. zu einem PN Urs) sind ebenfalls unsicher. Auch der Ableitungstyp ist unklar. Das Urserental (Kt. Uri) kommt nicht in Frage. Neben dem Simplex Urschgge (Gluringen, Reckingen, Ritzingen) sind mit dem Lemma als Bestimmungswort folgende Grundwörter belegt: Chumme, Stafel, Stutz und Wald. Urser Urser ist nur belegt in in das Ursers Eÿen ‘ in der Aue des Mannes aus dem Urserntal (UR) ’ (Oberwald). Vermutlich ist hier ein Besitzer aus dem Urserental (UR; vgl. URNB 3, 788 - 800) gemeint. Möglich ist auch ein FaN auf der Grundlage des PN Urs (I D . 1, 467), jedoch ist er in unseren Quellen nicht belegt. Ursin (PN) Ursin (PN) ist nur 1322 in Ernen als Vrsins Boden ‘ der Boden des Ursin ’ belegt. Es ist zum PN Urs (I D . 1, 467 f.) zu stellen, wobei der PN hier wohl die Erweiterung Ursin ist und nicht einfaches Urs. Eine Deutung zum femininen PN Ursele ‘ Ursula ’ (I D . 1, 648) ist möglich, aber kaum wahrscheinlich. Ursprung Ursprung m. ‘ Quelle, Quellbach ’ ist als der Ursprung (Binn), jn dem Ursprung (1485, Steinhaus) und dem Diminutiv ts Ursprungi ‘ der kleine Ursprung ’ (Oberwald) belegt. Es ist zu schwdt. Ursprung m. ‘ Quelle; Quellbach ’ , amhd. ursprung, -c (I D . 10, 913 ff.) zu stellen. Ursulinerin Ursulinerin ist der Name einer Angehörigen des Frauenordens, die nach der heiligen Ursula benannt waren. Belegt ist der Flurname nur 1661 / 1671 in Ried-Brig als pratum Vrsulinarum ‘ die Wiese der Ursulinerinnen ’ . Den Ordensfrauen gehörte eine Wiese oberhalb von Brig, wo 1661 ein Kloster gegründet worden war (https: / / hls-dhs-dss.ch/ de/ articles/ 022730/ 2014-03.04/ [iw., 21.12.2020]). Urteil Urteil n. ‘ das Urteil ’ ist nur belegt in uber ts Urteil ‘ über das Urteil (exponierte Felspartie) ’ (St. Niklaus). R ÜBEL (1950, 97) kennt Urteil n. für Zeneggen als Ort, wo sich Schafe verirren können. Das HL U RTEIL ‘ exponierte Felspartie, Rand eines Abgrunds ’ ist in I D . (12, 1482) für das Wallis belegt. G RICHTING (1998, 212) kennt nur Urteil im rechtlichen Sinn. Üs Üs ‘ aus ’ ist ein Verbpräfix, das auch in nominalen Bildungen auftritt. Es ist zu schwdt. ū s, ū ss, üss ‘ aus, hinaus ’ , mhd. ū z und wdt. üs, uis (Lötschental) ‘ aus, hinaus ’ (I D . 1, 551 ff.; G RICHTING 1999, 212) zu stellen. Die konkrete Bedeutung ist auch von der verbalen, resp. nominalen Basis abhängig. Von diesem Typ sind belegt: im Au ᵕ sbletz ‘ im kleinen Stück Land ausserhalb (des Dorfes? ) ’ (1679 u. später, Fiesch) und dazu jm Obren Aúsbletz ‘ im oberen Teil des kleinen Stückes Land ausserhalb (des Dorfes ? ) ’ (1653, Fiesch), die Auslösche ‘ die Entleerungsstelle ’ (1720, Gampel; 1744 die gmeine Ausleschi), hinder dem Aúszúg ‘ hinter dem Auszug (? ) ’ (1760, Münster), in der Vsmatten ‘ die auswärts liegende Wiese ’ (1544, Baltschieder), der Üsbruch ‘ der Ausbruch ’ (meist Felsen, Steine, auch Rutschgebet) (Embd; Grengiols, zweimal; St. Niklaus zweimal, Randa zweimal), der Hee Üslass ‘ der hohe Auslass (Wasserfall) ’ (Eggerberg), ts Üsoord ‘ der Aus-Ort ’ (Naters) (I D . 1, 486 s. v. Usort ‘ abgelegener Ort ’ ), Üsssichtspunkt ‘ Aussichtspunkt ’ (FLNK, Zeneggen), dialektale Form für das hdt. Aussichtspunkt, Üssweid ‘ die Ausweide (ehemalige Alpweide) ’ (Fieschertal) (I D . 15, 511 s. v. Usweid kennt die Deutung ‘ ehemalige Alpweide ’ nicht), der Üswurf ‘ der Auswurf (laut Gwp. wegen einer entspringenden Quelle) ’’ (Turtmann) und das Uswurff Gessin ‘ die kleine Gasse zum Auswurf ’ (1727, Turtmann) (I D . 16, 1438 f. kennt Ū swurf und gibt mehrere Deutungen, die mit der von Gwp. nicht übereinstimmen), Üszug m. ‘ Ort, wo man Holz (heraus) schleift ’ (I D . 1, 551 ff.; G RICHTING 1999, 217 ‘ Registerauszug, Wegzug ’ ) ist als Simplex der Üszug (Biel), im Üsszug (Blitzingen), unnerem Üszug (Ritzingen), überall ‘ wo man das Holz herauszieht ’ und als Bestimmungswort in der Üüszugschleif ‘ der Schleif, durch den das Holz herausgezogen werden musste ’ (Visp) belegt. Weitere Belege sind: der Üsgliichsbecke ‘ das Ausgleichbecken ’ (Ernen, FLNK Üsglichsbecki) und Ausgleichsbecken Mattsand (LT, St. Niklaus) als Speicherbecken 457 458 Üs <?page no="234"?> bei Wasserkraftwerken (cf. HLL B ECKEN und G LIICH ). Üsstag ‘ Frühling ’ findet sich unter dem HL Ü SSTAG . Ein zweiter Typ enthält das HL als nachgestelltes Adverb: der de Diescht üss ‘ durch den Diescht (unklar) hinaus ’ (Saas-Almagell), uber de Felsu üs ‘ über die Felsen hinaus (Strassenstück) ’ (Saas-Almagell), ze Fidlechru üs ‘ bei den engen Durchgängen (Arschlöchern) hinaus ’ (Saas-Almagell). Üsser Üsser ist ein Adjektiv, das ein auswärts gelegenes Gebiet bezeichnet. Am Beispiel Üsserbi ‘ Ausserbinn ’ lässt sich das gut zeigen: die Gemeinde liegt kurz vor dem Ende des Binntales beim Übergang zum Rhonetal, während Binn selbst im Tal innen liegt. Es ist zum schwdt. usser, üsser ‘ äusser ’ , ‘ auswärts gelegen ’ und wdt. üsser, üüssär ‘ weiter aussen, äusser ’ (I D . 1, 562 ff.; G RICHTING 1998, 216) stellen. Im Lötschental lautet das Adjektiv Uister, im Simplongebiet Uisser (beide so nicht bei G RICHTING 1998 erwähnt). Das Gegenstück ist Inner; es ist aber nicht immer belegt. In einigen Fällen muss der Standpunkt der Benennenden einbezogen werden. So ist Üsserbärg (Gemeindename von Ausserberg) nur aus der Sicht des Bezirkshauptorts Raron zu verstehen: die Gemeinde liegt im Gebiet des äusseren Berges (von Raron aus gesehen); Berg meint hier einfach das bergwärts liegende Gebiet. Die hdt. Form Äusser wird manchmal in schriftlichen Quellen verwendet. Selten kommt in den Quellen auch lat. exterior mit seinen Formen vor. Das HL erscheint fast ausnahmslos als attributives Adjektiv, entweder flektiert oder unflektiert. Nur in wenigen Fällen wie Üsserbärg und Üsserbi entsteht ein Kompositum mit adjektivischem Bestimmungswort. Üsserloos (FLNK, Visp) meint ursprünglich das äusserste, durch ein Los zugeteilte Stück Land in der Rottenebene bei Visp; es ist heute Teil des Gebietes der Lonza AG. Eine Aufzählung aller Konstruktionen mit ihren Grundwörtern und allfälligen weiteren Bestimmungen erübrigt sich; das HL kommt in rund 240 Flurnamen vor. Eine Ausnahme zum Adjektiv ist in der Form der Üsbiel ‘ der äussere Hügel ’ (Randa) zu sehen, zu der der Ober und der Unner Üsbielacher und t Üsbielflüe gehören. Die Namen beziehen sich durchwegs auf einen Hügel talauswärts von Randa aus gesehen. Man könnte den Flurnamen auch zum HL Ü S stellen (cf. HL Ü S ). Eine Nominalisierung liegt in der einzigen Superlativbildung vor: der Üserschte ‘ der Äusserste (Weidehang) ’ (Reckingen). Gemeint ist ein Weidehang an der Einmündung des Blinnentales in das Rottental. Üsstag Üsstag ‘ Frühling ’ m. ist eines der Wörter für den Frühling im Walliserdeuschen (vgl. SDS 6, 8). Formell ist es aus den HLL Üs ‘ aus ’ und Tag ‘ Tag ’ zusammengesetzt. Belegt ist es in t Üsstagweide ‘ die Austagsweiden (Frühjahrsweiden, die früh genutzt wurden ’ (Saas-Almagell) auf rund 1930 m. Das HL ist zu schwdt. Ustag, Usteg, wdt. Üstag, Uistaga, Üstaga, Üsteg m. ‘ Frühling ’ (I D . 12, 815 ff.; und 1, 551 ff.; G RICHTING 1998, 217), zu stellen. Utschi Utschi ist nur in Salgesch 1800 als jm Útschi belegt. M ATHIER (2015) kennt es nicht. Es handelt sich um einen frpr. Namen, der zu ŏ lca ‘ pflügbares land ’ (FEW 7. 339 f.) (vgl. frz. ouche ‘ Weide ’ ) zu stellen ist. Gemeint ist wohl eine Weide. Utta Nur belegt als mit der Utta ‘ bei der unterirdischen Tankanlage ’ (Mund). Akronym UTA für unterirdische Tankanlage. Es handelt sich um eine nicht sichtbare Tankanlage, die mit einer gesperrten Brücke über den Rotten erschlossen ist und die auf dem Gebiet der früheren Gemeinde Mund liegt. Utterli Utterli n. ist ein nur einmal belegter Diminutiv ts Utterli ‘ das kleine Euter ’ (Niedergesteln; FLNK u. LT Utterli). Der Flurname ist zu schwdt. Uter n. ‘ Euter der Kuh ’ , ahd. ûtar, mhd. uter, iuter und wdt. Ütter, Üttr, Üttär (Goms), Uitr (Lötschtal), Üütär und Diminutiv Ütterli ‘ Euter ’ (I D . 1, 606; G RICHTING 1998, 217), hier vermutlich Vergleichsname für von der Form her an ein Euter erinnerndes Gelände (cf. TGNB 2, 2, 629) zu stellen. Problematisch, auch im Hinblick auf R ÜBEL (1950, 2), ist das kurze / u/ statt eines / ü/ oder / ui/ zu Beginn des HL. Ein Zusammenhang mit I D . (1, 604) Otter, auch Utter ‘ Otter, Fischotter ’ ist kaum gegeben. Ütüech Ütüech ist nur in Staldenried (FLNK) belegt. Vermutlich ist der Flurname ursprünglich auf Tuech ‘ Tuch ’ (I D . 12, 237 ff.) und die Vorsible Un- (im Oberwallis mit Tilgung des / n/ und Palatalisierung des verbleibenden / u/ zu / üü/ ) zu stellen; hier wohl nicht als PN-Bezeichnung (I D . 12, 226), sondern als Geländebezeichnung ‘ unzugängliches Gelände ’ . Die Deutung ist in I D . so nicht verzeichnet; bei G RICHTING (1998) fehlt sie ganz. Üüdri (FaN) Üüdri (FaN) n. ist der Name einer hochgelegenen Weide in Oberems, zu dem sich ts Mittloscht Üüdri, ts Obroscht Üsser 459 460 <?page no="235"?> Üüdri, ts Unner Üüdri und t Üüdritschugge ‘ die Felsen beim Üüdri ’ (alle Oberems) gesellen. Am nächsten liegt ein FaN Udry (AWWB 260), der dort zum PN Udalricus gestellt wird. Üüf Üüf ‘ auf, oben ’ ist zu schwdt. uf und wdt. üf, uif (Lötschental), üüf ‘ hinauf, herauf ’ (I D . 1, 116; G RICHTING 1998, 205) zu stellen. Als Präposition wird auch uf ‘ auf ’ (G RICHTING 1998, 205) verwendet. Als Präposition ist das HL wie folgt belegt: Uffem Hirrlin ‘ auf dem kleinen Horn ’ (Blatten), Ufem Dorf ‘ auf dem Dorf (Wiesen oberhalb Wiler) ’ (FLNK, Wiler), Ufem Wald ‘ auf (oberhalb) dem Wald ’ (FLNK, Wiler). In vielen Fällen wurden Präpositionen wie üf Ammere ‘ auf Ammeren (bei den Sauerkirschen) ’ (Blitzingen), üf der Egge ‘ auf der Ecke ’ (Geschinen), üf der Eie ‘ auf der Aue ’ (Münster), üfem Eschu ‘ auf dem Esel (Hügel, der einem Esel gleicht) ’ (Fieschertal), üf Lade ‘ auf Laden (auf der beladenen Alp) ’ (Ulrichen) und viele andere mehr nicht gesondert notiert. Sie sind aber in der Datenbank auffindbar. Als Adverbiale wird das HL in Hinnerüf ‘ hinten oben (Dorfteil von Raron am Hang) ’ (Raron), bim Putz üff ‘ oberhalb des Tümpels ’ (Glis), ts (e)Rei Üf ‘ den Rain (Abhang) hinauf ’ (Raron, FLNK Rei) verwendet. In Komposita erscheint das HL in der Üfbruch ‘ das aufgebrochene Land ’ (Eischoll), Üfbruch ‘ das aufgebrochene Land ’ (FLNK, St. Niklaus), der Üüfbruch ‘ das aufgebrochene Land ’ (FLNK, Ausserberg) und historisch als im Auffbruch (1712, Oberems; 1740 im Uffbruch), sowie im komplexeren in den Aúfbrúchacheren ‘ in den Äckern im (neu) aufgebrochenen Land ’ (1803, Eischoll), weiter in t Üfforschtung ‘ das Aufforstungsgebiet ’ (St. Niklaus), dr Uifzuug ‘ der Abhang ’ und ufem Uifzug ‘ auf dem Abhang ’ (Ferden, FLNK Uifzug), wobei die Sichtweise “ etwas von oben heraufziehen ” gemeint ist. Mehrfach vertreten ist auch Uiflengun ‘ auf dem langgezogenen Gebiet ’ (Blatten) und t Üflängä ‘ auf dem langgezogenen Gebiet ’ (Gampel, mehrfach); in Blatten sind auch die komplexeren beÿ dem Vfflengenhaús ‘ beim Haus auf dem langgezogenen Gebiet ’ (1669, Blatten), t Uiflenguschiirä ‘ die Scheuern im Gebiet Uiflengun (auf dem langgezogenen Gebiet) ’ (Blatten) und dr Uiflenguwald ‘ der Wald oberhalb der Uiflengun (auf dem langgezogenen Gebiet) ’ belegt. Üverna Üverna ist als t Üverna, auch t Uferna (Törbel) belegt; M. S. notiert in beiden Fällen Erstbetonung mit einem langen Vokal. FLNK hat Uferna. Der Flurname besteht wohl aus der ursprünglichen Präposition schwdt. ûf ‘ auf, oben ’ und wdt. üf, uif, bruif (beide Lötschtal), üüf ‘ hinauf, herauf ’ (I D . 1, 116 ff.; G RICHTING 1998, 205) und vermutlich einer Ableitung auf -erna, die als Kollektiv gelten kann. Gemeint ist dann das Gebiet oberhalb des Tales, also ‘ das oben liegende Gebiet ’ . Diese Deutung ist nur möglich, wenn das Gebiet vom Mattertal her gesehen wird; das Dorf Törbel selbst liegt rund 300 m höher. 461 462 Üverna <?page no="236"?> V Val Val ist zu rom. val, vallis ‘ Tal ’ (REW 9134) zu stellen und kommt in unserer Datei für lat., it. und frz. benannte Täler vor. Das Simplex ist nicht belegt. Historisch kommt jn Valle Xoxie ‘ im Saastal ’ (1415, Saastal) vor (zu Saas cf. HL S AAS ). Deutsch geschrieben erscheint de Walle Nosy (1355, Agarn) (wohl identisch mit Noussey (T AGMANN 1946, 47, der es nach M URET auf yin u sei ‘ ich gehe hinein in die Alpe Sei (Fels) ’ zurückführt) vor; in beiden Fällen liegt lat. VALLIS ‘ Tal ’ vor. Zu Walle Nosy vgl. HLL N OSY und N USEI . Agarn ist wohl nicht zutreffend, sondern eher Varen oder Leuk; das geht aus dem historischen Dokument aber nicht hervor. Die übrigen Belege sind mehrteilig. Frz. ist Col de Valpelline ‘ der Pass, der ins penninische Tal führt ’ und Tête de Valpelline ‘ der Gipfel zum penninischen Tal ’ (beide Zermatt). It. sind: Cima Vallaperta (dt. Ganterhorn) ‘ der Gipfel zum offenen Tal ’ (Ried-Brig) und daneben Passo di Vallaperta ‘ der Pass ins offene Tal ’ (Ried-Brig), die beide zu einem Tal Vallaperta gehören, das in der Datenbank des VSNB nicht belegt ist, aber wohl einfach ‘ das offene Tal ’ meint. Vallaperta ist im Übrigen auch ein FaN. Corno di Valdeserta, Passo di Valdeserta und Punta di Valdeserta (Binn, alle LT), sowie Waldesertapass (Binn) beziehen sich alle auf ein Valdeserta (Deserta-Tal in Italien) (cf. HL D ESERTA ), also ein einsames, verlassenes Tal. Punta Valgrande ‘ die Spitze des Gross-Tales ’ (Zwischbergen) (bei J ORDAN 2006, 300 als Wallgraand mit der Variante Pisung) scheint nach einem grossen Tal benannt, das aber in der Datenbank des VSNB nicht belegt ist. Zu Val (italienisch) vgl. auch O LIVIERI (1965, 354); das moderne Italienisch kennt nur valle (D EVOTO / O LI 2020, 2411). Valentin (PN) Valentin (PN) ist in ts Valetisch Liwwi ‘ die Liwwi (Raststelle) des Valentin ’ (Eisten) belegt. Dazu kommt z Valischhof ‘ der Hof des Wali (Valentin? ) ’ (FLNK, Bratsch). Beide Genitive können zum Taufnamen Valentin, Dim. Vali (I D . 1, 765) gestellt werden. Der FaN Wala, auch Zwali (AWWB 289) kommt kaum in Frage, da die Familie ausgestorben ist und nur für die Bezirke Brig und Visp belegt war. Valet (PN) Valet (PN) ist in den beiden Genitiven ts Valetschchummu ‘ die Chumma (Mulde) des Valet (PN) ’ (Erschmatt) und 1638 in Mund als in die Valetzachra ‘ in die Äcker des Valet (PN) ’ belegt. Es handelt sich um einen Besitzernamen. Der Name in Erschmatt könnte zum FaN Vallet (AWWB 274) gestellt werden, der jedoch primär in Savoyen und dem Unterwallis belegt ist. Der Name in Mund gehört wohl nicht dazu; er kann einerseits zum PN Valentin (cf. HL V ALENTIN (PN)) (I D . 1, 765) gestellt werden; das frz. valet ‘ junger Mann, Diener, Knecht ’ (FEW 14, 197 ff. s. v. *vas ĕ ll ĭ tus junger edelmann; I D . 15, 1151 als Wal ē ) kommt aber auch in Frage. Varia Varia ist nur belegt in in pra varia (1707, Salgesch). Ob varia zu lat. VARIUS ‘ bunt ’ zu stellen ist (FEW 14, 182), bleibt unklar. Die Deutung wäre dann ‘ auf der bunten Wiese ’ . Varonier (FaN) Varonier (FaN) ist ein heute noch geläufiger FaN (AWWB 276), der nur in ts Waroniersch Weid ‘ die Weide der Familie Varonier ’ (Leukerbad) belegt ist. Varu Varen ist der amtliche Name einer Gemeinde, die dial. Faru, Varu und auf frz. Varone heisst (anlautendes / v/ ist auf deutsch als / f/ , auf französisch als / v/ zu lesen). Die ältesten Belege sind: 1225 (ca.) Varone (wohl Genitiv), 1241 Varona, 1252 Varona und apud Varonam, 1267 apud Uaronam, 1281 Varona usw. Erst 1662 erscheint zuo Vahren, 1667 Varen. Die Gemeinde war im 16. und 17. Jahrhundert zweisprachig. Der verbreitete FaN Varonier bezieht sich usprünglich auf diese Gemeinde (AWWB 276). Die Deutung zu deutsch Farn, wie dies G ATSCHET (1867, 80) und S TUDER (1896, 264) vermuteten, ist nicht zutreffend. Die Namen im westlichen Bezirk Leuk sind durchwegs romanisch (J ACCARD 1906, 490) oder vorromanisch. Deswegen ist der Name zum altindoeuropäischen oder keltischen Stamm *var- ‘ Wasser, Regen, Fluss ’ und dem in Gewässernamen häufigem Suffix - ONA (K RAHE 1964, 39 f.; M ÜLLER 1988, 3 und 1994a, 47 und 2000, 160; B ESSE 1997, 279; K RISTOL ET AL ., 2005, 913) zu stellen. Ob die Deutung von M ÜLLER , die von K RISTOL ET AL . untersützt wird, wirklich zutrifft, ist allerdings problematisch. Va- Val 463 464 <?page no="237"?> ren verfügt auf den zugänglichen Karten zwar über Wasserleitungen, die u. a. aus der Dala und dem Gulantschi abgeleitet sind, aber sonst über keine erkennbaren Bäche; allerdings weist Varen mehrere Belege mit torrens ‘ Bach ’ auf, wovon einer 1721 als ad Varronensium torentem ‘ beim Bach der Leute von Varen ’ bezeichnet wird. Es ist unklar, welcher Bach damit gemeint ist. Jedenfalls werden auf dem Gebiet von Varen mehrere Bäche genannt, sodass ein Bachname durchaus in Frage kommt. Neben dem Gemeindenamen tritt das HL in rund 20 Flurnamen auf. Die ältesten sind lateinisch-romanisch: iuxta saxi de crista de Varona ‘ beim Felsen, der Hügel von Varen heisst ’ (1339, Varen) und vsque ad saxa Illorum de Varona ‘ bis zum Fels / zur Fluh der Leute von Varen ’ (1587, Varen). Hier ist nicht immer klar, ob ein Flurname vorliegt. Ein eigentliches Rätsel liegt vor im Beleg Varnerwald (FLNK, LT Varen), der historisch 1569 als Silua dictorum de Varona ‘ der Wald der genannten Leute von Varen ’ und im gleichen Jahr als Silluae dictorum de Varona belegt ist. 1664 heisst er Sylua ’ Varonensium und im gleichen Jahr Silva Varonensium ‘ der Wald der Leute von Varen ’ . Aus den Belegen folgt, dass im 16. und 17. Jahrhundert gar nicht klar war, wie der Wald benannt wurde. Auch die Wasserleitung von Varen hat romanische Nennungen: 1473 ab aquedectu de Varone superius, 1484 supra aquaeductum de Varona, 1490 aqueductum illorum de Varona, 1491 aqueductum Varone, 1515 ad aqueductum communitatis Varonae, 1569 supra aquedectum Varone. Es gibt also wohl eine Wasserleitung von Varen, aber die lateinischen Umschreibungen sind sehr komplex. Ähnlich schwierig sind 1490 alpium de Sarqueno et de Varona ‘ der Alpen von Salgesch und von Varen ’ . Ganz anders t Varugassu ‘ die Gasse, die nach Varen führt ’ (Leuk). Als Adjektiv (laut S ONDEREGGER 1958, 526 ff. in vielen Fällen ein alter Genitiv Plural) kommt Varner oder Farner vor, meist als vorangestellter Genitiv. Belegt sind Varner Leitern ‘ die Leitern von Varen nach Leukerbad ’ (LT und FLNK), Varner Reÿen ‘ die Furchen bei Varen ’ (1723 u. später, Varen), der Farner Graben ‘ der Graben von Varen ’ (1842), in den Farner Stegen ‘ in den Varner Stiegen ’ (1770). Als Bestimmungswort erscheint das HL in Varnergaar ‘ die Parzellen von Varen ’ , Varnerkumme (SK) ‘ die zu Varen gehörende Chumma (Mulde) ’ , t Varugassu ‘ die Strasse, die nach Varen führt ’ (Leuk). Ein Genitiv, der wohl auf den FaN Varonier zurückführt, ist in Warnisch Boden ‘ der Boden des Warni (wohl FaN Varonier) ’ (1776 u. später) belegt. Ein weitere lat. Genitiv Plural erscheint in Varronensium torentem ‘ bis zum Bach der Leute von Varen ’ (1721). Ein ganz seltsamer Beleg ist schliesslich das 1649 belegte en Warniri. Es handelt sich um eine deutlich romanische Form, die wohl auf das kollektive Suffix - ARIU ( M ) (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288) zurückgeht und wohl einfach ‘ im Gebiet der Leute von Varen ’ meint. Väschper Väschper ist in Zwischbergen belegt, historisch als an den Vesper (1607 u. später), heute als t Väschper. Historisch kommt auch Vespergraben (1652, Zwischbergen) vor. J ORDAN (2006, 29) kennt es als Fäschpär und Fäschpärstaaf u l (beide Zwischbergen); zum ersten fügt er hinzu, dass auch der it. Name il Wespé bekannt sei. Der Name ist wohl zu schwdt. Vësper m./ f. ‘ Nachmittagsgottesdienst um 2 bzw. 3 Uhr; der nachmittägliche Chorgesang der Mönche ’ und ‘ die Abendzeit ’ , mhd. vesper, ahd. vespera, entlehnt aus lat. VESPER m., VESPERA f. ‘ Abend, Abendzeit ’ (I D . 1, 1109 f.; NWNB 3, 2205) zu stellen. Die Motivation dürfte vermutlich darin liegen, dass sich hier die Kühe abends aufhielten. Ein Zusammenhang mit der nachmittäglichen Vesperandacht ist kaum gegeben. Das HL W ÄSCHPER ist zu Wespe ‘ die Wespe ’ zu stellen. Vaz Vaz ist nur auf der SK als Alp Vaz (Zwischbergen) belegt. Die Konstruktion legt eine lombardische oder piemontesische Form nahe. Eventuell ist es zu it. vacca ‘ Kuh ’ zu stellen; dann ergibt sich ‘ Kuhalpe ’ . Vereinzelt haben Ortspunkte in AIS 1049 an der Grenze zur Schweiz diese Form. J ORDAN (2006) kennt den Alpnamen nicht. Vedere Vedere ist in Belvedere vertreten, das im Oberwallis meist als Hotelname verwendet wird und ‘ Aussichtspunkt, (höher gelegene) Stelle mit schöner Aussicht ’ meint. Es setzt sich aus den einzelsprachlichen Vertretern von lat. BELLUS ‘ schön ’ und dem substantivierten it. Verb vedere ‘ sehen ’ zusammen (RN 39). Zum It. vgl. O LIVIERI (1965, 87). Teilweise wird die französisierte Form Belvédère ‘ Aussichtspavillon ’ verwendet. Das HL kommt vor in ts Bellwedeer ‘ das Hotel Belvédère auf der Furka ’ (Oberwald) und der dazu gehörenden Station Muttbach-Belvédère (LT, Oberwald). Anders ist ein Flurname Bélvedère (sic! ) (Saas-Grund) am Jegihorn ‘ der Ort (beim Jegihorn) mit einer schönen Aussicht ’ zu deuten. Vel Vel ist nur belegt in Lauenchi dou Vel (1328, Leukerbad) und Lavanchi dol Vel (1328, Ergisch). FEW (14, 523 s. v. v ĭ scum ‘ Mistel ’ ) gibt dialektale Formen wie w įɬ (Montana; cf. G ERSTER 1927, 71), die hieher gehören könnten, doch ist der Pflanzenname sonst als Flurname nicht 465 466 Vel <?page no="238"?> bekannt (vgl. den Pflanzennamen bei L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 586 s. v. V ISCUM ALBUM ‘ Mistel ’ ). Venetz (FaN) Venetz (FaN) (ausgesprochen Fänetsch o. ä.) ist ein Oberwalliser Familienname, auch Venetsch, Venech, Venez, Venets, Fänetsch, Wenetz, Venetus, Veneto geschrieben (AWWB 277; für Mund auch J OSSEN 1989, 80). Er kommt als Erstglied eines Kompositums vor in Venetzacher (1530, Binn), Venetz Hütta (1562, Mund), Vänätzschir (FLNK, Birgisch), Fänäzstäfelti ‘ der kleine Stafel der Familie Venetz ’ (Ulrichen) und ts Vänetsch witu Brune ‘ der Teil des Gebietes ‘ weite Brunnen (Quellen) ’ , der der Familie Venetz gehört ’ (Saas-Balen) (eigentlich Genitiv Singular). Auf einen Genitiv Plural geht ts Fänetschubodi ‘ der kleine Boden der Familie Venetz ’ (Birgisch) zurück. Ebenfalls Genitiv Plural, aber von einer kollektiven - IG - Ableitung, zeigt beÿ Venetschigo Hauss ‘ beim Haus der Familie Venetz (der Leute des Venetz) ’ (Raron). Venichengon (FaN) Venichengon (FaN) ist nur einmal 1371 in Staldenried belegt als der Venichengon. Die Rede ist von sub feudo der Venichengon, wobei die deutsche Form ein ursprünglicher Genitiv Plural Venichengo ist, mit einem unsicheren / n/ am Schluss. Es handelt sich also um die Besitzer namens Venich eines Gutes in Staldenried. Es dürfte sich wohl um den FaN Venetz handeln (AWWB 277 f., wo ein Venech 1344 in Saas erwähnt ist). Veniri Veniri ist nur einmal als Za Veniri (1702, Albinen) belegt. Za wird als patois tsa(n) zu frz. champ erklärt. Veniri ist zu lat. AVENA ‘ Hafer ’ mit einem - ARIA -Suffix (B OSSARD / C HAVAN 2006, 144) zu stellen. Wie B OSSARD / C HAVAN an der zitierten Stelle sagen, kann eine falsche Abtrennung vorliegen, sodass Za Veniri ‘ das Haferfeld ’ entsteht. Alternativ könnte im anlautenden / z/ auch der deutsche Artikel für den Singular des Neutrums gemeint sein. Beide Lesarten sind möglich. Der Name ist bei M ATHIEU (2006) nicht erwähnt. Ventina Ventina ist nur in Passo di Ventina Sud (LT, Zermatt) belegt. Der Name ist italienisch. Er befindet sich auf der Landesgrenze zwischen dem Glacier d'Aventine und dem Theodulgletscher. Der zugehörige Nord-Pass ist auf LT bei der Testa Grigia (Gipfelname) verzeichnet, aber nicht aufgenommen; dort steht auch frz. Col d'Aventine. Ventina ist zwar it. für zwanzig (D EVOTO / O LI 2020, 2431), aber hier wohl die italienische Form zum frz. aventine, das jedoch nicht erklärt werden kann. Der römische Hügel Aventin kann nicht gemeint sein. Verbe Verbe ist nur 1648 in Leuk als en verbe belegt. Das im gleichen Beleg notierte Milyi ist vermutlich Miège. T AG- MANN (1946, 84) kennt Verbe, sagt, dass es heute den Leuten von Miège gehöre, und führt eine Reihe von Belegen auf, gibt keine sinnvolle Deutung, lehnt aber die Deutung von J ACCARD (1906, 498) s. v. Verbier ab. J ACCARD wiederum lehnt G ATSCHET s Herleitung aus rom. ver ‘ Tal ’ und frpr. biez ‘ Bach ’ ab und geht von frz. vers ‘ bei ’ und biez ‘ Bach ’ aus. Dem entsprechen die Formen vom Typ verbe nicht. Statt biez würde sich jedoch frz. bec (G PSR 2, 303 ss.) anbieten, etwa in der Bedeutung ‘ Spitze ’ , die aber laut G PSR (2, 305) im Osten des frpr. Wallis nicht belegt ist. Die Deutung ‘ in der Gegend bei der Spitze ’ wird deswegen als unsicher bezeichnet. Verboorgu Verboorgu ‘ verborgen ’ ist Partizip Perfekt zum Verb schwdt. verbërge n , wie nhd. ‘ verstecken ’ (I D . 4, 1571) und wdt. verboorge, vrboorgn (Lötschental), värboorgu ‘ heimlich ’ (G RICHTING 1998, 220), in FlN für nicht (gut) sichtbare Stellen. Belegt ist es in der Verboorgund Bodu ‘ der verborgene (nicht gut sichtbare) Boden ’ (Saas-Almagell, Saas-Fee), der Verboorge Waaso ‘ die verborgene (nicht gut sichtbare) Wiese ’ (Visperterminen), dem Verborgenen Weglin nach ‘ dem verborgenen (nicht gut sichtbaren) kleinen Weg nach ’ (1519, Visperterminen) und t Ferboorgnu Weng ‘ die verborgenen (nicht gut sichtbaren) Grasabhänge ’ (Ferden). Verbott Verbott n., auch Partizip Perfekt verbotte, ist zu schwdt. Verbot n. wie nhd. ‘ Verbot ’ , speziell ‘ Verbot, das auf ein Grundstück, einen Weg belegt ist ’ , ‘ Verbot, ein Grundstück zu betreten ’ und wdt. Verbott, Vrbott (Lötschtal), Värbott ‘ Verbot ’ (I D . 4, 1900 f.; G RICHTING 1998, 220) und Partizip zu verbiete n , wdt. verbiete, värbiätä (Goms), verbietu (Vispertal), verbiätn (Lötschental), värbiätu ‘ verbieten ’ (I D . 4, 1872, G RICHTING 1998, 220) zu stellen. Belegt sind ts Verbott (Reckingen, zweimal), beides wohl ein Banngebiet, im Verbotte Tschache ‘ im verbotenen kleinen Waldstück ’ (Geschinen) und im Ferbottnu Wald ‘ im verbotenen Wald ’ (Raron), in beiden Fällen wohl ein Bannwald. Verbrochen Verbrochen ist ein Partizip zu schwdt. breche n , verbreche n im Wesentlichen wie nhd., im eigentlichen Sinn ‘ etwas Venetz (FaN) 467 468 <?page no="239"?> Ganzes in Stücke brechen, zerbrechen zerteilen ’ , ‘ von Wegen ’ für zerstörte, durchbrochene, zum Teil gefährliche Wegstrecken (I D . 5, 316 ff. bes. 317; G RICHTING 1998 kennt das Verb nicht). Belegt ist es nur in Verbrochenne Weg ‘ der verbrochene (zerstörte) Weg ’ (1341, Saas-Balen). Vergiischtig Vergiischtig ‘ (wörtlich: ) vergünstig, neidisch, missgünstig ’ (formal ein Partizip, häufig adjektivisch verwendet) ist zu schwdt. Adj. vergunstig ‘ neidisch, missgünstig ’ und zu wdt. vergiischtig, vrguischtig (Lötschtal), vergüüschtig ‘ neidisch, missgünstig ’ (I D . 2, 377 f.; G RICHTING 1998, 223) zu stellen. Belegt ist es nur in ts Vergiischtig Färigi ‘ der kleine, neidische Pferch (Motivation unklar) ’ (Saas-Almagell). Laut Gwp. bezieht die Motivation sich auf die Eifersucht der Menschen beim “ chrütu ” (Gras, Kraut abschneiden). Gemeint sein könnte auch, dass die Schafe zu wenig Platz hatten und aufeinander neidisch waren. Verloru Verloru ist dreimal belegt: t Verloornu Weng ‘ die verlorenen Grasabhänge (steil und hoch gelegen) ’ (Blatten; LT An Verlorne Weng, FLNK Än Verlorne Weng), der Verloru Grabo ‘ der verlorene Graben ’ (Naters) mit der Beschreibung: Vieh, das hier hinunterfällt, sei <verloren>, und ts Verloru Telli ‘ das verlorene kleine Tal (1: 10000 Verlorus Telli) ’ (Oberems; LT Verlorus Tälli; FLNK Värlooru Telli), ein kleines Tal zuhinterst im Brändjitoli. Das HL ist das Partizip Perfekt zum Verb verlieren, ahd. firliosan, mhd. v(er)liesen (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 954), im übertragenen Sinn in FlN zur Bezeichnung von abgelegenen Stellen oder von Boden, der für die Benutzung verloren und dessen Bewirtschaftung erschwert ist (I D . 3, 1372 ff.), sowie wdt. verliere, värliärä (Goms), verlieru (Vispertäler), vrliärn (Lötschtal), värliäru ‘ verlieren ’ (G RICHTING 1998, 225). Vernetschon Vernetschon ist nur 1495 als jn der Verschetschon (Gampel) belegt. Es geht um eine feminine Form. Deswegen nehmen wir eine Ableitung auf - SCHA / - SCHU mit der Bedeutung: ‘ das Gut des Vernet ’ an. Vernay und de Vernay finden sich in AWWB (235 und 279), im Wesentlichen für das Unterwallis; ob dieses Geschlecht allerdings in Gampel vertreten war, lässt sich nicht nachweisen. AWWB (279) führt als Herkunft den Namen von verne ‘ Erle ’ an (vgl. auch B OSSARD / C HAVAN 2006, 174), sodass auch der Baumname als ‘ Gut mit Erlen ’ gemeint sein kann. Verney Verney ist 1298 in Leukerbad als es verneyez, 1355 ou verney und 1394 eys vernez belegt. Es ist zu kelt. *verno ‘ Erle ’ mit Kollektivsuffix - ETA , Pl. - EYES zu stellen (FEW 14, 299 ff.; B OSSARD / C HAVAN 2006, 174). Das 1742 erwähnte im Verni ist unter dem HL W ERNI aufgeführt. Es handelt sich wohl um die nicht mehr verstandene Form von Verney. Verosso Verosso ist in Cima Verosso (Zwischbergen) belegt, nach der Karte allerdings in Italien und deswegen auch nicht bei J ORDAN (2006) und in der Datenbank des VSNB enthalten. SK benennt den gleichen Gipfel Monte Veros. Vermutlich liegt in Verosso eine italianisierte Form zu varòzz ‘ Murmeltier ’ (P ETRINI 1993, 132) oder varotsa u. ähnlich (AIS 442) vor, also ‘ die Murmeltierspitze ’ . Verr Verr ist nur 1677 in Raron als Verrmatten ‘ die weit weg liegende Wiese (unklar) ’ belegt. Diese Wiese wäre von einer gemeinen (lat. communem) Wasserleitung (lat. aqua'ductum) bewässert, zusammen mit der Riedschmatten. Beide Wiesen sind lebend nicht belegt. Verr kann hier wohl nur zum Adjektiv fer(r) ‘ fern, weit ’ (I D . 1, 912; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 288 s. v. fern) gestellt werden. Das ebenfalls mögliche schwdt. fërn, wdt. fääre, fäärä (Goms), fäärn (Lötschtal), fääru ‘ letztes Jahr ’ (I D . 1, 1019; G RICHTING 1998, 75) kommt als zeitliche Aussage nicht in Frage, ist aber formal zur gleichen Form zu stellen. Versiel Versiel ist 1496 in Pfin bei Leuk als ouz veisyer; 1471 am gleichen Ort als ouz versiel belegt. Die beiden Schreibweisen beziehen sich wohl auf Veisi, Veigi ‘ unproduktives Land, magere Wiese ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 244, die das Wort auf lat. vacivus ‘ leer ’ zurückführen), wobei eine diminutive Ableitung auf - ELLU ( M ) (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) möglich ist. Die Deuung ist ‘ die kleine magere Wiese ’ . Versprochnu Versprochnu ist ein Partizip zum schwdt. Verb versprëche n wesentlich wie nhd. ‘ verbindlich erklären, zusichern jemandem etwas Bestimmtes zu geben, zuteil werden zu lassen ’ (I D . 10, 782 ff. bes. 802 f.; G RICHTING 1998, 228). Der Beleg ist der Versprochnu Tschuggu ‘ der versprochene Fels ’ (Täsch), was wohl nur verständlich wäre, wenn ‘ versprochen ’ als ‘ verflucht ’ oder ähnlich zu verstehen wäre. Da es sich um einen Felsen auf rund 2380 m handelt, dürfte es sich jedoch eher um eine falsche 469 470 Versprochnu <?page no="240"?> Umdeutung von der Verbrochnu Tschuggu ‘ der zerbrochene Felsen ’ handeln. Verwerchet Verwerchet ist ein Partizip Perfekt des Verbs schwdt. verwërche n (I D . 16, 1288 ff.). Als eine der Bedeutungen nennt I D . ‘ eine Arbeitsverpflichtung gegenüber der (Alp) Gemeinschaft ’ (I D . 16, 1289). vssem Verwerchetem Wasser (1610, Eggerberg) meint daher eine Wasserleitung (cf. HL L EITA ), an der die im Text genannten Güter liegen. Vesy Vesy ist 1353 in Bratsch als in prato vesy ‘ in der Wiese Vesy ’ belegt. Es handelt sich wohl um das bei B OSSARD / C HAVAN (2006, 244) belegte Veisi, Veigi, das auf lat. vacivus ‘ leer ’ zurückgeführt wird. Hier ist es als ‘ magere, unfruchtbare Wiese ’ zu verstehen. Vey Vey kommt in drei Belegen vor: Plangna Vey ‘ die alte Ebene ’ (1689, Albinen), Forches Veÿes ‘ die alten Gabeln, der alte Galgen ’ (1460, Albinen) und jn d Weyete (1747, Salgesch). Es ist wohl zu lat. VETUS ‘ alt ’ zu stellen (FEW 14, 364; B OSSARD / C HAVAN 2006, 230). Unklar ist der Belege Weyete, der sowohl frpr. wie dt. sein kann; die Form mit - ETA ist unklar, entweder dt. ÔDI - / ÔTI (S ONDEREGGER 1958, 524) oder rom. - ITTA (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287). Eine Deutung des Namens Weyete ist darum nicht möglich. Via Via kommt mit einer Ausnahme nur als lat. via ‘ Weg, Strasse ’ (FEW 14, 371 ff. s. v. v ĭ a weg) vor. Die Patois haben vi, vy und die Diminutivformen Vionnet, Viette, Vion u. ä. (B OSSARD / C HAVAN 2006, 204). Drei Belege enthalten einen mit Präposition eingeleiteten Genitiv: Via de Comba ‘ Weg zur Mulde ’ (1328, Ergisch), Via dov Sallient ‘ der Weg zum Ort Sallient (Höhenlage) ’ (1453, Leuk) und super viam de Dala ‘ oberhalb des Weges der Dala ’ (1285, Leuk). Ein Adjektiv liegt wohl vor in via chaualeressy ‘ der Pferdeweg, die Pferdestrasse ’ (1326 u. später, mit verschiedenen Formen, Leuk). Unklar ist viam toryn ‘ der Weg zum kleinen Turm ’ (1558, Leuk), das zu lat. t ŭ rris ‘ Turm ’ (FEW 13, 2, 435 f.) zu stellen ist (vgl. auch M EYER 1914, 173). Es liegt wohl eine diminutive Ableitung auf - INU (B OSSARD / C HA- VAN 2006, 207) vor. Nur einmal belegt ist in campo d[icto] vyonet ‘ im Feld, das Vionnet (kleiner Weg) genannt wird ’ (1375, Varen) vor; zum Diminutiv siehe B OSSARD / C HAVAN 2006, 204). Vianna Vianna ist seit 1280 in Leuk als en vianna (mit Variationen) belegt; der letzte Beleg stammt von 1650. Es handelt sich um einen Weingarten im oberen Bann (ts Oberba), etwas oberhalb von Leuk-Stadt. Laut SK kein Weingebiet. Es dürfte sich um eine Ableitung zu v ĭ a weg (FEW 14, 371 ff.) handeln. Die Form selbst ist nicht belegt, könnte aber mit ‘ der kleine Weg, der Pfad ’ gedeutet werden. Vidov Vidov ist nur 1494 in Salgesch als en champo vidov ‘ im Feld Vidov ’ belegt. Da die Lesung unsicher ist, könnte hier auch vidomne ‘ Viztum ’ (eigentlich: vice-dominus ‘ Stellvertreter des Herrn (hier: Bischof) ’ gemeint sein. Diese Deutung kann dann das Feld meinen, dessen Erträge dem Viztum zugutekamen. Mangels Daten bleibt die Deutung aber spekulativ. Vier Vier ist ein HL, das zunächst für die Zahl 4 steht. Es ist zu schwdt. vier und wdt. vier, viär, vieri ‘ vier ’ (I D . 1, 922 f.; G RICHTING 1998, 231) zu stellen. Belegt îst als Substantiv bim Maschtu Vieri ‘ beim Masten vier ’ (Saas-Fee), als Zahladjektiv zu vier Schiiru ‘ bei den vier Scheuern ’ (Randa), zu vier Tanneltinu ‘ bei den vier kleinen Tannen ’ (Randa), der Vierlärchewang ‘ der Grasabhang mit vier Lärchen ’ (Oberwald), der Vierleerchewangschlüche ‘ die Schlucht beim Grasabhang bei den vier Lärchen ’ (Oberwald). Als Ordinalzahl erscheinen Vierte See ‘ der vierte See ’ (FLNK, Zwischbergen) (auch bei J ORDAN 2006, 293 als Viertä See) und Viertes Dreieck ‘ das vierte Dreieck ’ (LT, Fieschertal). Das Zahlwort 14 (ist als solches weder in I D ., noch in G RICHTING 1998 erwähnt) erscheint als Zahladjektiv in beÿ den vierzehn Noth=Helferen ‘ bei den Vierzehn Nothelfern (Kapelle, die den Vierzehn Nothelfern geweiht ist) ’ (1717/ 18, Ritzingen) und in der Vierzächnercheer ‘ der Kehr mit der Nummer 14 (Kurve der Furkastrasse, unklar, ob Nr. 14 ursprüngliche Nummer) ’ (Oberwald). Vierschretz Vierschretz ‘ viereckig ’ ist ein Adjektiv und zu schwdt. vier-schröt, -schr ē ts, ahd. *fiorscr ō ti ‘ viereckig ’ (I D . 9, 1687 und 1699 f.) zu stellen. Das Adjektiv kommt drei Mal vor: der vierschetz Acher ‘ der viereckige Acker ’ (wohl verschrieben) (1603, Münster), die vierschretzÿs Lischa ‘ der viereckige sumpfige Boden mit Riedgras ’ (1788, Ulrichen) und jm vierschretzen Mooss ‘ im viereckingen Moos (feuchter Boden) ’ (1687 u. später, Oberwald). Verwerchet 471 472 <?page no="241"?> Viertel Viertel m. ist zu schwdt. Viertel n./ m. ‘ Quartier einer Stadt, eines Dorfes, einer ausgedehnten Landgemeinde ’ und wdt. Viertl, Viärtäl (Goms, Lötschental), Viertul (Mattertal), Viertel (Saastal), Viertil ‘ Viertel ’ (I D . 12, 1483 ff.; G RICHTING 1998, 231) zu stellen. Neben der Bedeutung ‘ Teil eines Dorfes ’ kann auch ‘ der vierte Teil eines Tales (z. B. Saastal) oder eines Besitztums (z. B. Alp) ’ gemeint sein. Genus des Nomens ist normalerweise Maskulin; deswegen wird es als ‘ der Viertel ’ gedeutet. Das Simplex kommt im Singular als der Viertel (Grengiols) vor; das 1813 in Steinhaus belegte im Viert ist unsicher - es kann eine Kurzform zu Viertel sein. Der Plural ist als in Fiärtäln ‘ in Vierteln (wohl vierter Teil der Lauchernalp) ’ , wozu sich t Indru und t Uistru Fiärtäl ‘ die inneren (taleinwärts liegenden) und die äusseren (talauswärts liegenden) Viertel (der Lauchernalp) ’ gesellen. Mit attributiven Adjektiven sind belegt der Englisch Viertel ‘ der englische Viertel ’ (Randa, Zermatt); in beiden Fällen wird der Name mit Leuten in Zusammenhang gebracht, die Englisch sprachen, bzw. unterrichteten. im Halben Vüerthell (1668, Filet) ist unklar; ob es sich überhaupt um einen Namen handelt, geht aus dem Dokument nicht klar hervor. In einigen Dörfern unterscheidet man Mittlescht Viertel ‘ der mittlere Viertel (von Münster) ’ (FLNK, Münster), der Mittloscht Viertel ‘ der mittlere Viertel (von Visperterminen) ’ (Visperterminen), im Mittlesten Fiertel ‘ im mittleren Viertel (von Grengiols) ’ (1726, Grengiols; 1657 lat. mediani quarterij), Oberscht Viertel ‘ der oberste Viertel (von Münster) ’ (FLNK, Münster), im Obroschtu Viertil ‘ im obersten Viertel (von Visperterminen) ’ (Visperterminen), Unnerscht Viertel ‘ der unterste Viertel (von Münster) ’ (FLNK, Münster). Vorangestellte (in lateinischen Belegen nachgestellte) Genitive sind: Allmungellero Vierthil ‘ der Viertel der Leute von Saas-Almagell ’ (1575, Saas-Almagell; 1561 lat. quarterij Almegel), in quarterio Balmerro ‘ im Viertel der Leute von Saas-Balen ’ (1509 u. später, Saas-Balen), Bifigero Viertel ‘ der der Familie Bifiger / den Leuten aus dem Bifig gehörende vierte Teil der Alp ’ (1641, Bitsch; 1641, Naters), in Binderro Viertill ‘ im Viertel der Leute vom Pflanzplatz / der Familie Binder ’ (1615, Grächen), (lat.: ) quarterium Verro ‘ der Viertel der Leute von Saas-Fee ’ (1553 u. später, Saas-Fee), dr Heerufiärtil ‘ der Viertel, wo der (Pfarr-)Herr wohnt ’ (Gampel), der Heruviertil ‘ der Viertel, in dem der (Pfarr-)Herr wohnt ’ (Visperterminen), der Judeviertu ‘ der Dorfteil (von Ernen) der Juden ’ (Ernen), der Juduviärtäl ‘ der Dorfteil (von Kippel) der Juden ’ (Kippel), der Capelenn Vierthell ‘ der Viertel der Kapelle ’ (1607, Ulrichen), (lat.: ) in quarterio Madero ‘ im Viertel der Leute des Mader (Alp) ’ (1676, Grächen). Als Grundwort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita wie folgt vor: jm Pedell Füertell ‘ im Bädel Viertel (Teil von Münster) ’ (1721, Münster), der Chapälluviertil ‘ der Kapellenviertel (Dorfteil von Agarn) ’ (Agarn), Grundvüertel ‘ der Viertel Grund (gemeint ist Saas-Grund; 1596 als ‘ Viertel der Leute vom Grund ’ bezeichnet) ’ (1695 u. später, Saas-Grund), der Grund Viertel ‘ der Viertel im Grund (wohl Rottengrund? ) ’ (1736, Raron), der Hanufiärtil ‘ der Viertel des Dorfes, wo Hähne gehalten werden ’ (Gampel, ähnlich Eischoll, Hohtenn), der Märetschuviertil ‘ der Viertel am Märetschibach (Dorfteil von Agarn) ’ (Agarn), der Oschtfiertil ‘ der östliche Viertel (Dorfteil von Agarn) ’ (Agarn), der Ottaffiertil ‘ der Viertel bei der Ottafa (wohl im Westen, wo die Sonne abends steht) ’ (1560, Brigerbad), der Schinterfiärtil ‘ der Viertel, in dem der Schinder (Abdecker) wohnte (Dorfteil von Gampel) ’ (Gampel), der Tschifrufiärtil ‘ der Viertel, in dem die Rückentragkörbe gemacht wurden / wo es Rückentragkörbe gab (Dorfteil von Gampel) ’ (Gampel). Vierzig Vierzig ist belegt als t Vierzig Steina ‘ die vierzig Steine ’ (St. Niklaus). Laut Beschreibung handelt es sich um viele Steine, wofür wohl der symbolische Wert vierzig verwendet wurde. Gleichzeitig sei dies der Standort der Fernsehantenne. Diese Beschreibung stammt aus den Siebziger Jahren; auf der heutigen LT ist keine Fernsehantenne zu erkennen. Das HL ist zu schwdt. vierzig ‘ vierzig ’ (I D . 1, 926, hier allerdings mit Betonung einer Behörde) zu stellen. Die Form erscheint auch als vierzg. Bei G RICHTING (1998) ist das HL nicht erwähnt. Vigne Vigne ‘ Weinberg ’ ist zu lat. V Ī NEA f. > frz. vigne f. ‘ Weinberg ’ (REW 9350; FEW 14, 471 ff. s. v. v ī nea weinberg; weinstock) zu stellen. Das Appellativ kommt in den Urkunden häufig vor; als Flurname ist es dagegen sehr selten. In Salgesch und Varen ist seit 1352 und 1368 lat. in planis vineis ‘ in den ebenen Weinbergen ’ bekannt. In Salgesch ist 1594 eys plannes vignies belegt, was für einen frpr. Flurnamen spricht; Varen hat 1566 jn plane vÿniet, was lautlich wohl dem Beleg in Salgesch entspricht. In Varen lebt Pflanuwinnje (FLNK Pflanowinnje) weiter, das auf in planis vineis zurückgeht, mit agglutiniertem Artikel und der Entwicklung von p zu f nach auslautendem s (M URET 1912, 20 f.) Es handelt sich um einen Weinberg am Rotten. Dazu ist zu stellen der Pflanuwinnjewäg ‘ der Weg zum ebenen Weinberg ’ . Viktoria (PN) Viktoria (PN) ist der Taufname Viktoria (I D . 1, 733). Der Viktoriatunnel (FLNK, Ausserberg) an der Lötschberg- 473 474 Viktoria (PN) <?page no="242"?> südrampe wurde nach der englischen Königin Victoria (1819 - 1901) benannt. Der markante Felssporn beim Tunnel soll ihrem Profil gleichen. Villa Villa f. ist einerseits zu t Wila Cassul ‘ die Villa Cassel ’ (Ried-Mörel; LT und FLNK Villa Cassel) zu stellen, ein Haus, das sich der britische Industrielle Sir Ernest Cassel (1852 - 1921) im Aletschgebiet erbaut hat (vgl. HL C ASSEL ). Anderseits gehört hieher ein historischer Beleg: a Vilanam (1428, Leukerbad). Der Beleg ist unklar, es kann sich um einen Akkusativ von Vilana handeln; a wäre dann eine Präposition, die lat. ad oder apud ‘ bei ’ entspricht. Der Text spricht von einem Stück Wiese, die u. U. mit dem lebenden t Wilaweid ‘ die Weide der Familie Willa ’ identisch ist. Willa (AAWB 295) ist ein angesehener FaN, usrprünglich aus Leuk. Das HL stammt aus lat. V Ī LLA ‘ Landgut ’ (REW 9330; FEW 14, 449 ff.). Vinea Vinea f. ist als Flurname nur in Leuk 1203 als uinea molendini belegt. Dieser lateinische Name wurde so wohl kaum verwendet. Vinea ist zu lat. v ī nea weinberg; weinstock (REW 9350; FEW 14, 471 ff.) zu stellen, das wohl als vigni (H AFNER 1955, 196) ausgesprochen wurde. molendini ‘ der Mühle ’ ist zu einer Weiterbildung zu molinum ‘ Mühle ’ (FEW 6, 3, 37 ff.) zu stellen; eine dazu gehörende Form ist bei H AFNER (1955) nicht zu finden, doch hat er zu molinum die Formen molin und mulin (H AFNER 1955, 152 f.). Visp Die Gemeinde Visp (Hauptort des gleichnamigen Bezirkes) liegt auf der linken Rhonetalseite auf rund 660 m am Eingang der Vispertäler. Der Name Visp (gespr. Fischp, frz. Viège) erscheint von Anfang der Überlieferung an in einer latinisierten Form Vespia (11? ? Vespiam) oder Vesbia (1075 - 1125 Vesbia, 1213 Vesbiam) und einer frpr. Form Viegie (1210 Viegie) und Viegi (1220 Viegi). Die heutige Form des Namens ist erstmals 1514 als Visp belegt. Die späte Form Vispach (erstmals 1630; der frühe Beleg Vispach aus dem 12. Jahrhundert im Gemeindearchiv von Naters ist vermutlich eine späte Kopie) ist eine volksetymologische Konstruktion. Unklar ist das Verhältnis zum Flussnamen Vispa. G ATSCHET (1867, 248), gefolgt von S TUDER (1896, 268), stützt seine Deutung auf die jüngere deutsche Namenform Vispach, in der er eine Kurzform für Wiesenbach sieht. Er hält Vispach für die deutsche Übersetzung von frz. Praborgne, frz. Benennung des Dorfes Zermatt. J ACCARD (1906, 509 f.) berichtigt, dass der Name Visp, wie übrigens auch die umliegenden Ortsnamen, nicht dt. sondern rom. Ursprungs sei, gibt jedoch keine weitere Erklärung. Z IMMERMANN (1968, 16 f.) vermutet, dass der Name Visp keltischen Ursprungs sei, er geht irrtümlicherweise von einer Grundform Vespia statt Vesbia aus und verweist auf die Etymologie von H UBSCHMIED (1926, 437 f. und 1933, 106 f.), der den Namen von einem idg. Stamm *wesp- ‘ nähren ’ ableitet, aus dem im Keltischen ein Substantiv *wosp ā , *wasp ā , *wesp ā ‘ Nahrung, eigentlich Futter für das Vieh, Alpweide ’ gebildet und daraus wiederum eine weitere Form *wespi ā ‘ Alpbach ’ abgeleitet worden sei. Da die frz. Form Viège aus lautlichen Gründen nicht auf diesen Stamm zurückgeführt werden kann, konstruiert H UBSCHMIED ein spätgall. *wesbia. Diese Etymologie wird von R ÜBEL (1950, 132), G UEX (1938, 359 und 2 1976, 181) und B ESSE (1997, 292) kritiklos übernommen. A. J AQUES beschäftigte sich in seinem Beitrag zum 7. Colloque Onomastique Suisse in Lausanne mit der Endung -ubia, die er auch in Vesbia fand, und kam zum Schluss, dass die Endung wohl zweigliedrig sei, dass aber Ort und Fluss nicht getrennt werden können; er plädierte für den Fluss als namengebend. Aufgrund der frpr. und frz. Formen Viegie und Viège gilt Vesbia als ursprüngliche Form, Vespia müsste im Frz. zu *Vièche führen. K RISTOL ET AL . (2005, 937) vermuten, dass die Formen mit p erst mit der Auslautverhärtung bei der Entlehnung des Namens ins Deutsche entstanden seien. W. M ÜLLER (2011) nimmt an, dass Visp/ Viège einen Gewässernamen aus idg. *uis- ‘ fliessen ’ > rom. *vis- und Endung -ubia repräsentiert (siehe J AQUES oben) und erklärt, dass man wegen des kurzen i von *uisbei diesem Proparoxytonon zu rom. Vesbia komme. Das spätere -iin der frz. Namensnennung Viège stamme aus dt. Visp. Für K RISTOL ET AL . (2005) bleibt die Deutung des Namens Visp unsicher, ein Gewässername für den Ortsnamen Visp wird jedoch nicht ausgeschlossen. Die idg. Wurzel *uissei in Gewässernamen gut belegt, aus einer ursprünglichen Form *uisuba würde die frührom. Form *Vésobia entstehen, die vor der alemannischen Einwanderung zu Vesbia synkopiert worden wäre. Der Fluss, an dem die Gemeinde Visp liegt, ist in den Quellen schon früh als Vispa (1275 - 1298; 1303, 1315), dann auch lat. als Vespia (1322) und aque Vespie (1450) benannt. Deswegen liegt eigentlich die Übertragung des Flussnamens auf den Ort nahe. Neben dem HL V ISP findet sich kein Simplex. Der Beleg supra cristam de Vespia ‘ über dem Hügel von Visp ’ (1351) meint wohl die Anhöhe, auf der der alte Dorfteil von Visp liegt. Hingegen ist eine Ableitung auf - ER (auch Genitiv Plural - ERRO ) häufig vertreten: ad Alpem Visperro ‘ bei der Alpe der Leute von Visp (im Nanztal ’ (1519, Vis- Villa 475 476 <?page no="243"?> perterminen; 1717 die Wisper Alpen), ad Visperro Ban ‘ der Bann (wohl Wald) der Leute von Visp ’ (1315 u. später, Visp), ts Fischpersand ‘ das Sandgebiet bei der Vispe (heute überbaut) ’ (Visp; Variante ts Vischpusand; FLNK Vischpusand), Fischper Wald ‘ der Wald, der zur Gemeinde Visp gehört ’ (1841, Visperterminen), Visperro … Wald ‘ der Wald der Leute von Visp ’ (17? ? , Visp), Visperro Wasser ‘ die Wasserleitung der Leute von Visp ’ (1309 u. später, Visp), in dyen Visperron ‘ in den Gebieten, die zu Visp gehören ’ (1306, Raron), in der Fisperrun ‘ im Gebiet, das zu Visp gehört ’ (1302, Unterbäch) ’ . In einigen Fällen sind die Namen als Komposita mit Visper als Bestimmungswort behandelt, wobei sich die Form auf die Gemeinde oder den Fluss beziehen kann: ts Unner Vischpersand ‘ das untere Sandgebiet bei der Vispe (heute überbaut) ’ (Visp), ts Vischperanz ‘ die Nanzalpe von Visp ’ (Visperterminen), im Vischperfärich ‘ im Pferch der Leute von Visp (im Nanztal) ’ (Visperterminen), Vischpertäärmino ‘ Visperterminen (Gemeindename) ’ (Visperterminen, SK Visperterbinen, LT Visperterminen), Vispermatta ‘ die Wiese an der Vispa ’ (1305, St. Niklaus), Vispertal ‘ das Tal der Vispe (von Stalden bis Visp; allgemeiner mit Matter- und Saasertal zusammen) ’ (Zeneggen). Der Fluss wird t Fischpa ‘ die Vispe (Fluss aus den Vispertälern zum Rotten) ’ (Visp, Stalden, Visperterminen, Zermatt) genannt, historisch auch der Vispen (1560, Täsch; Genitiv konstruktionsbedingt). Zer Vischpa ‘ bei der Vispe ’ (FLNK, Zeneggen, LT Zer Vispu) ist der Name eines Grundstückes bei der Vispe in Zeneggen. Spezifikationen sind Almagäller Vischpu ‘ die Almageller Vispe (die Saaser Vispe im Bereich Almagell) ’ (Saas-Grund), t Feeru Vischpu ‘ die Vispe (Fluss) vom Feegletscher herunter ’ (Saas-Fee), Feer Vischpu ‘ die Vispe (Fluss) aus Saas-Fee ’ (Saas-Grund), Matter Vischpa ‘ die Vispe, die von Zermatt durch das Mattertal fliesst ’ (FLNK, Stalden; FLNK, Törbel), Mattervischpa ‘ die Vispe, die von Zermatt durch das Mattertal fliesst ’ (FLNK, Randa; FLNK, St. Niklaus), Saaser Vischpa ‘ die Saaser Vispe (Fluss im Saastal) ’ (FLNK, Eisten; FLNK, Stalden; FLNK, Staldenried), Saaservischpu ‘ die Saaser Vispe (Fluss im Saastal) ’ (FLNK, Saas-Grund; LT Saaservispa; FLNK, Saas-Almagell, LT Saaservispa). Zum Flussnamen gehören weiter Alts Vischpubett ‘ das alte Bett der Vispe ’ (FLNK, Visp), ts Ober und ts Unner Vischpubett ‘ das obere und das untere Bett der Vispe ’ , t Vischpuräbe ‘ die Rebberge an der Vispe (Fluss aus den Vispertälern zum Rotten) ’ (Zeneggen), ts Unner Fischpersand ‘ das untere Sandgebiet bei der Vispe (heute überbaut) ’ (Visp). Mit einer komplexen Präposition findet sich Enendt der Vispen ‘ jenseits der Vispe ’ (1609, Stalden). Als vorangestellter Genitiv erscheint einmal ts Vispersch Bodo ‘ der Boden des Vispers (Einwohner von Visp) ’ (Törbel), offenbar ein Grundstück, das jemand aus Visp gehörte. Eine Reihe von Belegen ist lateinisch; sofern es dazu eine deutsche Version gibt, ist sie oben angeführt. Nur lateinisch erscheint almeniam burgensium Vespie ‘ die Allmein (gemeinsamer Besitz) der Burger von Visp ’ (1546, Visp). Vitus (PN) Der PN Vitus ist dreimal als vorangestellter Genitiv ts Witusch ‘ des Vitus ’ belegt: ts Witusch Ischleg ‘ die eingezäunten Wiesen des Vitus Furrer ’ , ts Witusch Stall ‘ der Stall des Vitus Furer ’ (beide Staldenried) und ts Witusch Stei (Törbel). Der Vorname Vitus (hdt. geläufiger als Veit) ist bis heute in Staldenried und Törbel vertreten. I D . (1,1151) kennt nur Vitz, das versuchsweise zu Vitus gestellt wird. Viztum Viztum ist nur lateinisch 1304 in Raron als silua vicedomini ‘ der Viztumswald ’ belegt (P. K ALBERMATTER (p. c.) weist darauf hin, dass sich dieser Wald im Bereich Bürchen befand (cf. G ATTLEN 2007, 59, allerdings ohne Erwähnung des Waldes). Das lat. vice-dominus meint den Stellvertreter des Bischofs, der im bischöflichen Wallis Landesherr (bis 1798) war. Es ist zu schwdt. Viztuem, Viztuom m. ‘ hoher, bischöflicher Beamter, dem zuerst wahrscheinlich die Verwaltung der bischöflichen Einkünfte und der Kirchengüter übertragen war ’ (I D . 1, 1154 und 12, 1873) zu stellen; G RICHTING (1998) nennt das Wort nicht. Zur rechtlichen Stellung siehe das rechtliche und administrative Vokabular von P H . K ALBERMATTER und die dort angegebene Literatur. Voder Voder Adj. ist zu schwdt. vorder, mhd. vorder, ahd. ford(a) ro, im Wallis vorwiegend mit inlautendem r-Schwund vor Konsonanten und wdt. vooder, voordr (Saastal), vordr (Leuk) voodär oder voordär ‘ vorder ’ (I D . 1, 996 f.; G RICH- TING 1998, 232) zu stellen. Das Adjektiv kommt vorwiegend in attributiver Stellung, häufig als Gegenstück zu Hinner ‘ Hinter ’ vor (z. B. t Foder Jegin vs. t Hinder Jegin ‘ die vordere vs. die hintere Jegin (Jagdgebiet, Felsbänder) ’ (Blatten). Das HL ist in rund 240 Orts- und Flurnamen vertreten. Die meisten Belege sind flektierte oder unflektierte attributive Formen des Adjektivs nach einem Artikel, vor einem einfachen oder komplexen Grundwort. Hierzu einige Beispiele: t Foder Breiti ‘ die vorderen (talabwärts liegenden) breiten Felder ’ (Biel), t Foder Chalberlamme ‘ die vorderen Runse für die Kälber ’ (Oberwald), der Fooder Niggelinnggrabu ‘ der vordere Graben auf der Alpe 477 478 Voder <?page no="244"?> Niggeling (Familie Nicolin / Niggeli) ’ (Ergisch), t Foder Stirna ‘ die vordere Stirne (Gebiet, das wie eine Stirne aussieht) ’ (Raron), t Forder Binna ‘ der vordere (von Lax aus gesehen) Pflanzplatz ’ (Lax), Vodri Bodme ‘ der vordere Teil der Bodme (Böden) ’ (FLNK, St. Niklaus), t Voodru Acherlini ‘ die vorderen (von Randa aus gesehen) kleinen Äcker ’ (Randa) und viele andere mehr. Selten ist ein Superlativ wie in t Voderscht Blattschlüche ‘ der vorderste Schlauch (Graben) unter dem Gebiet Blatt (Felsplatte) ’ (Münster), t Voderscht Pmeimatta ‘ die vorderste Wiese, die der Gemeinde gehört ’ (Niederwald) und andere. Nur selten tritt das HL als Bestimmungswort auf; teilweise handelt es sich einfach um alternative Schreibungen: Vordergüüdri ‘ der vordere Teil des Güüdri (Haselstauden) ’ (FLNK, Albinen; auch M ATHIEU (2006, 27)), Vordermatt ‘ die vordere Mähwiese ’ (FLNK, Münster), Fordermatta ‘ die vordere Wiese ’ (1398, Ried-Brig) und Vordersee ‘ der Vordersee (Stausee auf Märjela) ’ (LT, Fieschertal). Nur einmal ist ein adverbialer Gebrauch belegt: ts Vodruscht der Wildi ‘ zu vorderst des unfruchtbaren Gebietes ’ (Randa). Unklar ist die einzige substantivierte Form von 1644 in Mörel: am Foder. Der Kontext zählt Geteilen einer Wasserfuhr auf und nennt u. a. am Foder. Vogel Vogel m. ist zu Vogel m. ‘ Vogel ’ , ahd. fogal, mhd. vogel und wdt. Vogl, Vogäl (Goms), Vogul (Mattertal), Vogol (Schattenberge), Vogil ‘ Vogel ’ (I D . 1, 690 ff.; G RICHTING 1998, 232) zu stellen. Das Simplex ist nur einmal im Plural als ze dien Vogeln ‘ bei den Vögeln ’ (1304, Saas-Grund) belegt; laut Kontext handelt es sich um eine Wiese. Sonst erscheint das HL nur als Bestimmungwort. Der wichtigste Typ ist Vogelsang, das als im Fogelgsang (1700 u. später, Eischoll), ts Fogelsang (Kippel, Niedergesteln, Reckingen), das Vogelsang (1624, Glis), Vogelsang (EK, Eggerberg), ts Vogelsang (Ried-Brig), am Vogelsange (1391 u. später, Baltschieder), de Vogelsange ‘ vom Vogelsang ’ (13? ? , Fiesch), in Voguelsangue (12? ? u. später, Termen) und Vogelg'sang (1730, Ried-Mörel) erscheint. I D . (7, 1175 s. v. Vogelsang) benennt es als häufigen Flurnamen (etwa ‘ der Ort, wo Vögel singen ’ ), erwägt aber auch Sang II ‘ Brandrodung ’ (I D . 7, 1187) als Zweitglied, allerdings kaum wahrscheinlich. Ein zweiter, mehrmals erwähnter Ort ist Vogelhüs ‘ das Vogelhaus ’ , belegt als jm Fogelhaus (1689, Ernen), ts Vogelhüs (Saas-Fee), ts Vogelhüsi ‘ das kleine Vogelhaus ’ (Grengiols), ts Voguhüs (Mühlebach). I D . (2, 1706) kennt nur Vogel-Hûsi ‘ Vogelkäfig ’ und BENB (1, 1, 151) erwähnt Vogelhus, ohne es zu deuten. Vermutlich ist ein Ort mit vielen Vögeln gemeint. Ähnlich verhält es sich wohl mit dem Typ Vogelturm, der als der Vogelture (Grengiols, Oberwald), ihm Vogelturen ‘ im Vogelturm ’ (1634, Zwischbergen), ts Voguturi (Bellwald) erscheint. Komplexer ist hierzu t Vogelturnerwasserleita ‘ die Wasserleitung zum / vom Vogelturne (Vogelturm) ’ (Grengiols). Mehrfach erwähnt ist auch der Typ Vogelbrunni ‘ die kleine Quelle / der kleine Brunnen der Vögel ’ (FLNK, Lax), ts Vogelbrunnji (Naters), ts Vogulbrunnji (Saas- Grund), bim Vogulbrunnji (Ried-Mörel); vermutlich ist hier eine kleine Quelle oder ein Brunnen gemeint, wo die Vögel Wasser trinken. Die übrigen Grundwörter sind Bäärg, Chebja, Egg(a), Fad, Näscht, Schluocht und Wald. Komplexer ist t Vogelegguwälder ‘ die Wälder bei der Vogeleggu (Ecke für die Vögel) ’ . Sofern nicht metaphorische Bedeutungen gemeint sind, wie etwa in t Vogelchebja ‘ der Vogelkäfig (kleiner Alpstafel) ’ (Ausserbinn) sind Orte gemeint, wo sich Vögel aufhalten. Volch Volch ist einmal als Grundwort in ts Gattuvolch ‘ das Gattenvolk ’ (Niedergesteln) und zweimal als Bestimmungswort in der Volchwäg ‘ der Weg des Volkes ’ (Embd, auch FLNK und 1: 10000) und 1790 in Törbel als únter den Volckweg ‘ der Weg des Volkes ’ (Akkusativ konstruktionsbedingt) belegt. Der Name in Niedergesteln ist unklar; es handelt sich um einen steilen Hang oberhalb des Dorfes. Die Belege in Embd und Törbel meinen wohl einen Weg, über den das Volk der Armen Seelen als Gratzug wanderte, doch ist diese Deutung unsicher. Volch ist zu schwdt. Volch ‘ Volk ’ (I D . 1, 801 ff.) zu stellen. Volken (FaN) Volken (FaN) ist als ts Volke Esch ‘ das Saatfeld der Familie Volken ’ (Grengiols), wobei Esch hier nach den Karten als Saatfeld verstanden wird und nicht als Baumname, und ts Volkegregorsch Weid ‘ die Weide des Volken Gregor ’ (Grengiols), wobei die Weide heute überwaldet ist. Weiter sind t Volkumatta ‘ die Wiese der Familie Volken ’ (Naters, auch FLNK) und der Volkuwald ‘ der Wald der Familie Volken ’ (Eyholz) bezeugt. Der FaN Volken ist mit den Varianten Volcken, Volk, Folko, Folken, Folcken in AWWB (285) belegt; ein seit dem 14. Jahrhundert bezeugter FaN im oberen Teil des Oberwallis. Voln Voln ist nur einmal belegt in zem Volnhuse (1305, 1306 in Eisten), wo am ehesten ein schwacher Genitiv Singular Vogel 479 480 <?page no="245"?> ‘ des Wollen Haus ’ angenommen werden kann. Nächstbelegt wäre Wolhusen (LU) (K RISTOL ET AL ., 2005, 978), das zu einem PN Wolo gestellt wird; diese Deutung ist aber sehr spekulativ. Vor - Fir Das Präfix vor / für / fir erscheint normalerweise als erstbetontes Präfix in einem Kompositum. Nur in einem einzigen Fall gibt es die Präposition vor: vor der Flüe ‘ vor der Fluh ’ (Täsch). Die beiden Präfixe vor und für (fir) sind ursprünglich lokal zu interpretieren und semantisch identisch (vgl. K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 324 s. v. für, 963 s. v. vor). Vgl. auch schwdt. für und vor, wdt. vir und vor (I D . 1, 926 ff.; 1, 952 ff.; G RICHTING 1998, 231 u. 233, in letzterem Fall nur die Präposition; G RICHTING verzeichnet Präfixe normalerweise nicht). fir kann in Einzelfällen mit Fiir ‘ Feuer ’ gleichbedeutend sein; der Vokal wäre aber dann lang. Teilweise sind die Varianten lexikalisch gebunden: so gibt es nur Firholz und nur Vorsass. Als Simplizia kommen die beiden nicht vor; sie treten nur als gebundene Morpheme mit anderen Grundwörtern auf. Die Erstbetonung kann aber dazu führen, dass das modifizierte Nomen reduziert wird wie etwa in ts Firsem ‘ der Vorsaum ’ (Obergesteln, Oberwald). Mit fir- / fürerscheinen: t Firhellzer ‘ die Gebiete vor dem Wald (Waldsäume) ’ (Zermatt), das Firholz ‘ das Gebiet vor dem Holz (Waldsaum) ’ (1590, Fiesch), ts Firholz ‘ das Gebiet vor dem Holz (Waldsaum) ’ (Münster, Ried-Brig), ts Firhouz ‘ das Gebiet vor dem Holz (Waldsaum), im Fürholz ‘ im Gebiet vor dem Holz (Waldsaum) ’ (1607, Ulrichen) und zem Furholcz ‘ das Gebiet vor dem Holz (Waldsaum) ’ (1320 u. später, Termen). Sie gehören alle zum Kompositum Fürholz ‘ Rand des Gehölzes, Waldsaum ’ (I D . 2, 1250). Andere Belege sind ts Firbäch ‘ der vor den Bächen liegende Alpstafel ’ (Oberwald), der Firbode ‘ der Vorboden / (ev.) der Boden, der vor Geere liegt ’ (Oberwald), t Firfüessjini ‘ die kleinen Vorderfüsse ’ (Raron), der Firgale ‘ der vordere Teil des Galen (Grasrücken) ’ (Binn, Niederwald), in den Firgraben ‘ der Vor- Graben (unklar) ’ (1729, Visp), im Firmús ‘ im vorderen Moos (sumpfiges Gebiet) ’ (1792, Oberwald), ts Firsem ‘ das Vorsaum ’ (Obergesteln, Oberwald), am Firsen ‘ am Vorsaum ’ (1573, Niederwald), Firsite ‘ das Gebiet vor der Seite ’ (Grengiols), Firtosse ‘ der hervorstehende Felsen ’ (Ulrichen), t Firtosse ‘ die hervorstehenden Felsen ’ (Münster), t Firtossne ‘ die hervorstehenden Felsen ’ (Ulrichen), t Fiirtschugge ‘ die hervorstehenden Felsen ’ (St. Niklaus; FLNK Fiirtschuggu), im Fürmatt ‘ die vorn liegende Mähwiese ’ (1829, Ulrichen). In einigen Fällen ist unklar, ob lange Fiir zu Fiir (Feuer) zu stellen sind: Fiirgrabu (FLNK, Stalden; 1692 Feirrgraben, 1869 Feuergraben), Fiirgrabo (FLNK, Törbel; 1869 Feuergraben); sie sind hier erwähnt, falls die Deutung Fiir (Feuer) nicht zutrifft. Problematisch sind z Versack ‘ beim Vor-Sack (Gebiet vor der sackförmigen Geländevertiefung) ’ (1691, Fieschertal) und Viregerda ‘ das Vor-Brachland (unklar) ’ (1398, Ried-Brig); was hier wie eine Entrundung aussieht, kann einfach eine Schreibvariante sein, wie sie im Ahd. firvorliegt. Einen Sonderfall stellt der Weilername Firgange ‘ Fürgangen ’ (Bellwald, LT u. SK Fürgangen) dar. Wie unter dem HL G ANG dargelegt, gehen wir hier von einem schwachen Genitiv Singular eines PN aus, dessen erster Teil (heute Fir / Für) unklar ist. Komplexere Konstruktionen mit Firsind Fiirbieltschuggo ‘ der Fels beim hervorstehenden Hügel (heute Strasse? ) ’ (FLNK, Embd), Firholtzacher ‘ der Acker beim Vor-Holz (Waldsaum) ’ (1754, Ried-Brig), ts Fiirholzgufer ‘ das Steingeröll beim Gebiet vor dem Holz (Waldsaum) (Saas-Fee), Fürholzmatten ‘ die Wiese am Firholz (Waldsaum) ’ (1649 u. später, Ried-Brig). Zu Firgange gibt es eine - ER -Ableitung (ursprünglich wohl Genitiv Plural): Firganger Chilchwäg ‘ der Kirchweg der Leute von Fürgangen ’ (FLNK, Bellwald; Weg der Leute von Fürgangen nach Ernen? ), Firgangerwäg ‘ der Weg von / nach Fürgangen ’ (FLNK, Bellwald; FLNK, Mühlebach). Eine - ERI -Ableitung für eine Wasserleitung ist in Firgangeri ‘ die Wasserleitung nach Fürgangen ’ (Bellwald) belegt. Vorist vor allem im Typ t Forsaas ‘ die Vorsass (Voralpe) ’ (Blatten) und t Vorsass ‘ die Vorsass (hier Teil der Alpe, nicht Voralpe) ’ (Oberems) belegt. Laut R ÜBEL (1950, 81) wird Vorsass im Lötschental für die Voralpe (Maiensäss) verwendet, sonst bezeichnet der Flurname einen Stafel einer Alpe. Neben den genannten Belegen ist es in Ergisch, Goppisberg (1593), als an der Forsass (1689, Turtmann), als Forses in Mühlebach (1530), wo im gleichen Text die gleiche Flur auch in der Foralpen ‘ in der Voralpe ’ (1530) heisst, und zu ͦ iro Forsess ‘ zu ihren Vorsässen ’ (1556, Münster) belegt. Daneben kommt einmal t Forlaas ‘ das Gebiet, wo die Schafe hinausgelassen werden ’ (Baltschieder) vor. t Forteila ‘ die bevorzugten Teil (stücke) ’ (Hohtenn) mit dem zugehörigen t Forteiluräbe ‘ die Reben in den bevorzugen Teil(stück)en ’ (Hohtenn) sind zusammen mit in den Fortheilen ‘ in den bevorzugten Teil(stück)en ’ (1739 u. später, Niedergesteln) zu sehen; ob das in I D . (12, 1498) für Vorteil, Vortel belegte ‘ im Erbrecht Anteil am väterlichen Erbe, den die Söhne vorweg bekommen ’ , ‘ Vorrecht, Vergünstigung ’ zutrifft, kann mangels Kontext nicht entschieden werden. t Forrfaggse ‘ die vorne liegenden Gebiete, wo es Borstengras hat ’ (Hohtenn), der Vorblätz ‘ der Brustfleck (Teil der traditionellen Frauenkleidung, hier wohl metaphorisch 481 482 Vor - Fir <?page no="246"?> gebraucht) ’ (Eisten), die Voretzÿ ‘ das Grundstück vor der Etzi (Weide mit Viehfutter ’ (1726, Mund), jn den Vorhaltenn ‘ im Gebiet vor den Halden (unsicher) ’ (1574, Saas-Almagell), in der Vorhalten ‘ in Gebiet vor der Halde (wohl eine Variante zu Nr. 24158 Rohalte? ) ’ (Visperterminen), der Vorhelse ‘ das Gebiet vor dem Helsen ’ (Grengiols), die Vorlamina ‘ das Gebiet vor der kleinen Lamme (Schlucht)? ’ (1548, Obergesteln), ts Vormatt ‘ die vorn liegende Mähwiese ’ (Binn), in dem Vorstrich / Vorsteig ‘ im Gebiet vor dem langgezogenen Stück Land ’ (1713, Simplon; zweite Variante: vor dem steilen Stück Land), ts Vorstäfulti ‘ der kleine Vor-Stafel (wohl Stafel der Voralpe) ’ (Oberwald). Komplexere Konstruktionen sind di Bortervorsaas ‘ die Voralpe, die zur Alp der Familie Borter gehört ’ (Oberems) und di Tschafilvorsaas ‘ die Voralpe der Alpe Tschafil (Schleif? ) ’ (Ergisch). Als Bestimmungswort ist das HL in t Forsaasfärricha ‘ die Pferche bei der Vorsass (Voralpe) ’ (Blatten) vertreten. Ein substantiviertes Partizip ist belegt in ts Verbrunne ‘ das verbrannte Gebiet ’ (Binn). Gwp. meint allerdings, der Name sei Firbrunne oder Vorbrunne, also der Stafel vor den Quellen. Dagegen spricht allerdings das Genus. Vornektigen Vornektigen ist nur 1307 in Eyholz als ze Vornektigen Akern ‘ bei den vornächtigen Äckern (unklar) ’ belegt. Es handelt sich wohl um ein Adjektiv, das als vornächtig ‘ vorgestern Abend, vorletzte Nacht ’ (I D . 4, 663) belegt ist. G RICHTING (1998, 233) kennt es als vornächti ‘ vorgestern abend ’ . Seltsam an diesem Adjektiv ist, dass es einen Acker zeitlich einordnet. Eine Deutung dafür findet sich nicht. Vorsey Vorsey ist nur 1558 in Leuk als ey Vorsey im Gebiet Pfyn belegt. B OSSARD / C HAVAN (2006, 176) stellen es zu Vorzier, Vorgier, Vorzey usw., das auf kelt. *worrike ‘ Weide, Salweide ’ zurückgeführt wird. Zu deuten als ‘ Weidengehölz ’ . Votaysses Votaysses ist 1328 u. später in Leuk als eys votaysses belegt; die letzte Erwähnung stammt von 1535, wo ein zweiter Name eys carroz belegt ist (cf. HL K AARU ). Es handelt sich um Weingärten, die sich westlich des alten Leuk (vgl. SK) befanden; heute Gaare genannt. Der Flurname ist nicht zu deuten; am ehesten ist er zu lat. v ō tum gelübte (sic! ) (FEW 14, 636 f.) zu stellen; davon ist eine Ableitung auf - ATICIA (B OSSARD / C HAVAN 2006, 289) möglich; es wäre dann ein Weingarten, der auf einem Gelübde beruht. Diese Deutung ist sehr unsicher. Vularsy Vularsy kommt nur im Beleg alpis Vularsÿ (1598, Salgesch) vor. M ATHIER (2015) und T AGMANN (Ms.) behandeln den Namen nicht. Es scheint sich hier um das HL L ARSI ‘ Lärche ’ (T AGMANN 1946, 26) zu handeln; der Artikel dürfte ou oder ähnlich lauten: ‘ bei den Lärchen ’ oder ‘ beim Lärch ’ . Vornektigen 483 484 <?page no="247"?> W Wa Wa n. ist zu schwdt. Wa n m. (verkürzt aus Tagwan in Ausserberg) (I D . 16, 17; E GLI 1982, 78) zu stellen, wo es die Arbeit im Weinberg an einem Tag meint. Von den drei Belegen für das neutrale ts W- (<Wan) befinden sich zwei (Baltschieder, Eggerberg) am gleichen Ort: sie trennen die beiden Gemeinden. ts W- (Mund) hingegen befindet sich im Gredetschtal im Gebiet Unnerbärgji. Als Deutung lässt sich am ehesten ein ‘ Landmass ’ (I D . 16, 32) annehmen, also ‘ das Stück Land, das einem Tagwerk entspricht ’ , besonders in Baltschieder und Eggerberg. Die genaue Deutung in Mund bleibt offen. Wä Wä ist nur als in der Wä (Inden, LT und FLNK) belegt. 1: 1000 hat Kwee (cf. HL K WEE ). Historisch erscheint 1743 in der Wenn (Acker). In allen Belegen ist klar ein Feminin gemeint. Am ehesten ist es zu frz. fin, patois fin (G PSR 7, 461 ss., III. Étendue de terrain, p. 465 und 3° Noms de lieux, p. 465 s.) zu stellen, das einfach auch ‘ Wiese, Feld ’ heissen kann. Die Entwicklung von / f/ zu / v/ ist ungewöhnlich, aber nicht unmöglich. Wä wäre dann dem dt. HL Z ILL (Ziel) enstprechend. Waar Waar ist nur einmal in t Waar (St. Niklaus; auch FLNK und LT) belegt. Es handelt sich um ein Femininum Singular. Uf der Waar (URNB 3, 806) ist auch in Silenen (Uri) belegt. Ob es sich um ein verstümmeltes Wart f. ‘ Warte, Ort der Ausschau, Wache ’ (auch I D . 16, 1585), um mhd. war, ware f./ m. ‘ Wahrnehmung, Beobachtung ’ (auch I D . 16, 821 f.) oder gar um dial. Waar ‘ Ware ’ (auch I D . 16, 861 ff. und wdt. Waar ‘ Ware ’ (G RICHTING 1998, 235)) handelt (alle drei bei URNB erwähnt), ist auch aus unserem Kontext nicht erschliessbar. Inhaltlich ist am ehesten die erste Erklärung zutreffend, doch findet sich sonst kein Beleg dafür (cf. HL W ART ). Wäärch Wäärch ‘ Fasern von Hanf und Flachs ’ ist zu schwdt. Wäärch n./ m. ‘ Hanf, vereinzelt auch Flachs, als Nutzpflanze vor und nach der Ernte ’ , ahd. und mhd. wërk, wërch, in FlN Örtlichkeiten mit Flachsbzw. Hanfanbau (I D . 16, 1171 ff. bes. 1184 ff.) zu stellen. G RICHTING (1998, 235) stellt es zusammen mit den gleichlautenden Wäärch ‘ Werk ’ als ‘ Werg ’ ; zu letzterem; vgl. G R W B (29, 312 f.). Das HL tritt nur als Bestimmungswort zu folgenden Grundwörtern auf: Acher, Gartu, Matta, Ort, Roosse und Reezi. Hierzu hat I D . Wärchreezi f., das den Ort bezeichnet, wo Hanf und Flachs zum Rösten ausgebreitet wurden (I D . 6, 1409 und 1412). Waas Waas ist als in t Waas (Leukerbad, auch LT und FLNK) belegt. R. G RICHTING (1993, Blatt 9, Nr. 7; Blatt 11, Nr. 41 und Blatt 14, Nr. 23) kennt es als Waas; er führt weiter Waasflueh (Blatt 14, Nr. 22) auf, die in der Datenbank des VSNB nicht erfasst ist. Laut B OSSARD / C HAVAN (2006, 254) wäre Waas ein entnasalisierte Plural zu Van, das auf kelt. * VANNO ‘ Abhang ’ zurückzuführen ist (vgl. FEW 14, 156 s. v. *wanno- (gall.) abhang). Allerdings enthalten alle hierzu belegten Formen ein / n/ . Für Leukerbad sind aber keine historischen Belege vorhanden; es könnte also sekundär das Staubsche Gesetz (n-Tilgung mit Ersatzdehnung) von wans (mit / s/ von generalisiertem Akkusativ) zu waas geführt haben. Das schwzdt. Wase n ‘ Vase ’ (I D . 16, 1788) zum frz. le vase (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 948) ist nicht gemeint. Wäber Wäber m. ist nur in der Wäber (Ried-Mörel) belegt. Historisch ist 1659 jm Wöber, 1706 im Weber bezeugt. Gwp. sagt, dass ein Besitzer vielleicht von Beruf Weber gewesen sei. Es ist wohl zu schwdt. Wëber m. wie nhd. ‘ Weber ’ , auch PN (I D . 15, 100 ff. bes. 102) zu stellen. I D . gibt auch einige Orts- und Flurnamen an. G RICHTING (1998, 236) kennt nur das Verb wäbe, wäbä (Goms), wäbn (Lötschtal), wäbu ‘ weben ’ . Im Register zu HRBS ist Weber als Berufsbezeichnung und FaN vertreten. Zu deuten ist es also wohl als ‘ das Grundstück des Webers / der Familie Weber ’ . Wachier Wachier ‘ Viehhirte ’ ist nur historisch 1358 als in plano wachyer, 1369 in plano wachier (beide Leukerbad) belegt. Ob das lat. IN PLANO ‘ auf der Eben ’ appellativisch oder als nomen proprium zu verstehen ist, bleibt unklar. Wachier ist wohl zu lat. vacca + ARIU ‘ Viehhirte ’ (FEW 14, 99) zu stellen. Wacht Wacht f. ist zu schwdt. und wdt. Wacht f. ‘ Ort, Einrichtung, wo gewacht, gespäht wird ’ , ahd. wahta, mhd. 485 486 Wacht <?page no="248"?> wahte, waht (I D . 15, 369 ff.; G RICHTING 1998, 236) zu stellen. Sechs der sieben Belege enthalten das Kompositum Wachthüs ‘ Wachthaus, Wärterhaus ’ (I D . 2, 1735): bim Wachthaúss (1792, Ernen), beim Wachthaús (1757, Ried-Brig) und Wachthüs (Zermatt). Diminutive sind zum Wachthüüsi ‘ kleines Wärterhaus der SBB ’ (Baltschieder) (heute überbaut mit Autobahn), bim Wachthüsi (Turtmann). Komplexer ist der Wachthüsihubil ‘ der Hügel beim Wachthaus (Wärterhaus der BLS) ’ (Raron). Isoliert ist ts Wachmeischtersch Loch ‘ die Höhlung des Wachtmeisters ’ (Grächen), ein Holzschleif. Vermutlich ist Wachmeischter der Beiname von jemand, der Funktion eines Wachtmeisters (z. B. in der Armee) innehatte (I D . 4, 532). Wadex (FaN) Wadex (FaN) ist nur belegt in einem Dokument von 1358 in clauso Wadex (Leuk). in clauso meint ein eingefriedetes Stück Land. Wadex ist ein FaN, wie die Fortsetzung anzeigt, wo terram Ay(monis) Wadex ‘ das Land des Aimo Wadex ’ erwähnt wird (P H . K ALBERMATTER , p. c.). Der FaN ist sonst nicht belegt. Wäg Wäg ‘ Weg ’ ist zu schwdt. Wëg (bzw. -ää-, ē -, -gg) m., Dim. -li, -ji, -ili, -elti, wesentlich wie nhd. ‘ Weg, Strasse ’ , als 2. Glied in Zusammensetzungen ‘ Zielort, Richtung ’ , ahd. wëg, mhd. wëc (I D . 15, 774 ff. bes. 814 f.; G RICHTING 1998, 236) zu stellen. Das Lemma ist häufig, es kommt in rund 900 Namen vor. Anders als Straass ‘ Strasse ’ und Gassa ‘ Gassa ’ ist der Wäg ‘ Weg ’ meist unbefestigt, manchmal sehr schmal und steil und nicht auf den Ortskern beschränkt. Der mehrfach belegte Plural Wägini ‘ die kleinen Wege ’ geht auf Wegspuren des Viehs zurück. Wege verbinden oft einen Ausgangs- und einen Zielort; die Benennung ist dabei vom Standort abhängig, sodass der gleiche Weg an zwei Orten verschiedene Namen tragen kann. Manchmal endet ein Weg und heisst dann Endwäg ‘ Endweg ’ (Eischoll, Embd, St. Niklaus, Zeneggen, Zermatt). In den Daten finden sich auch einige neuere Benennungen, die auf den Angaben der Flurnamenkommission beruhen (z. B. Erläbniswäg ‘ Erlebnisweg ’ (Saas-Almagell), Planetuwäg ‘ Planetenweg ’ (Stalden, Visperterminen), Europawäg (Randa, St. Niklaus, Täsch, Zermatt) oder (mehrfach) Höhuwäg ‘ Höhenweg ’ , der schon durch die ungewöhnliche lautliche Form die hochdeutsche Herkunft verrät; nur selten umgesetzt zu Heejuwäg ‘ Höhenweg ’ (Saas-Balen)). Besonders zu erwähnen sind mehrere Militäärwäg / Militeerwäg ‘ Weg, den das Militär baute ’ (Ausserbinn, Oberwald, Saas-Almagell, Täsch, Visperterminen) und hier besonders der 36-er Militeerwäg ‘ Weg, der vom Gebirgsbataillon 36 im 2. Weltkrieg gebaut wurde ’ (Termen; in Ried-Brig nur 36er Wäg). Das Simplex Wäg wird kaum als Name verwendet; eine Ausnahme ist der Plural t Wäga ‘ die Wege ’ (Wiler). Sonst tritt Wäg am ehesten mit einer Präposition wie ob dem Weg (1530, Ernen) oder häufiger zwischen den Wegen (Bellwald, Binn, Erschmatt, Gampel, Leukerbad, Münster, Reckingen, Unterbäch) auf. Mit Präposition finden sich inn Wägni ‘ in den Wegen ’ (Kippel) und das Diminutiv inne Wägeltinu ‘ in den kleinen Wegen ’ (Glis). Syntaktische Verbindungen mit Adjektiven oder Partizipien sind: zum Altu Wäg ‘ zum alten Weg ’ (Betten), Hebene Wege ‘ beim ebenen Weg ’ (1200, Binn), dr Äbund Wäg ‘ der ebene Weg ’ (Niedergesteln), der Breit Wäg ‘ der breite Weg ’ (Glis, Mund), am Kleinen Wegi ‘ am kleinen Weglein ’ (Ulrichen), der Niw Wäg ‘ der neue Weg ’ (Betten und weitere fünfzehn Belege), dr Rot Wäg ‘ der rote Weg ’ (Ferden), Stotzund Wägji ‘ der kleine steile Weg ’ (Staldenried), dem Verborgenen Weglin nach ‘ dem verborgenen kleinen Weg nach ’ (1519, Visperterminen), Verbrochenne Weg ‘ der gebrochene Weg ’ (1341, Saas-Balen), der Wiiss Wäg ‘ der weisse Weg ’ (Ausserberg, Eggerberg). Alte Genitive im Plural können auch Adjektive sein wie in Gorperro Wäg ‘ der Weg der Leute vom Gorp ’ (1307, Eggerberg) und Grecher Weg ‘ der Weg der Leute von Grächen ’ (1646, Grächen). Der Übergang zu Komposita mit Wäg als Grundwort und der Genitivform als Bestimmungswort wie in Riederwäg ‘ der Weg nach Ried- Mörel ’ (Mörel), Bodmerwäg ‘ der Weg nach Bodme ’ (Bellwald), Bewauderwäg ‘ der Weg nach Bellwald ’ (Niederwald) und andere mehr, ist fliessend. Die Zahl der Komposita mit Wäg oder einer seiner Varianten als Grundwort ist sehr gross. Heraus stechen dabei die häufigen Alpwäg/ Aupwäg/ Alpuwäg ‘ Weg auf die Alpe ’ (rund zwanzig Belege), Bärgwäg ‘ Weg auf den Berg (meist Alpe) ’ (sieben Belege), Brandwäg ‘ Weg in das Gebiet Brand ’ (sieben Belege), Chilchwäg/ Chiuchwäg/ Chirchwäg ‘ Kirchweg ’ (rund vierzig Belege, laut I D . 15, 829 f. halbappellativisch, d. h. nicht eigentlich ein Name), Endwäg ‘ Weg, der nicht mehr weiterführt ’ (sechs Belege), Füesswäg ‘ Fussweg; Weg, den man zu Fuss geht ’ (sieben Belege), Geisswäg ‘ Weg für die Ziegen, von den Ziegen ’ (acht Belege), Höhewäg / Heehiwäg / Heejuwäg ‘ Höhenweg ’ (sieben Belege), Menniwäg / Menwäg / Menweg ‘ Weg mit Menn-Recht, d. h. dem Recht, Ladungen z. B. mit Maultieren zu führen) ’ (zwölf Belege), Miliwäg ‘ Mühlenweg (Weg zur Mühle, an dem die Mühle liegt) ’ (sieben Belege), Rosswäg ‘ Weg für Pferde, Maultiere ’ (fünf Belege), Scheidwäg ‘ der Ort, wo die Wege sich scheiden (Wegscheide) ’ (zehn Belege), Schlittwäg / Schlittuwäg ‘ Schlittenweg; Weg, der mit dem Schlitten be- Wadex (FaN) 487 488 <?page no="249"?> fahren wird (Heu- oder Holztransport) ’ (sieben Belege), Sennewäg ‘ Weg des Sennen für das Tragen des Käses von der Alpe in den Keller ’ (sechs Belege) Treichwäg / Trenckweg ‘ Weg zur Tränkestelle (für das Vieh) ’ (zehn Belege). Neben diesen häufigeren Namen sind sehr viele Einzelnamen zu finden, die hier nicht aufgeführt werden können. Manchmal ist die Kenntnis von lokalen Bedingungen nötig, um einen Namen zu verstehen, so Stazionuwäg ‘ Der Weg mit den vierzehn Kreuzweg-Stationen ’ (Leuk) oder der Stockalperweg ‘ der Weg, der der Strassenführung von Kaspar Stockalper zwischen Brig und Simplon- Dorf folgt ’ (Ried-Brig), ein Weg, der das Konzept des Eco-Museums realisiert, mit einem Zentrum in Simplon- Dorf. Der Zuckmayerweg (Saas-Fee) geht auf den Schriftsteller Carl Zuckmayer zurück, der lange Jahre in Saas- Fee lebte. Unklar ist die Deutung von Volchwäg ‘ Volkweg ’ (Embd, Törbel); vermutlich liegt hier die Vorstellung vom Armen Volk zugrunde, also den Armen Seelen, die nicht zur Ruhe kommen. Komplexere Fügungen können zwei oder mehr Bestimmungswörter und dazu noch Adjektive enthalten; sie sind manchmal mehrdeutig. So ist der Bitscherro Kirchweg ‘ der Weg der Leute von Bitsch zur Kirche ’ (Jahr unbekannt, Bitsch) vermutlich der Weg zur Kirche von Mörel, zu der Bitsch pfarrgenössig war, auch wenn die Gemeinde sich heute nach Naters und Brig orientiert. Der Brüederchlöiswäg ‘ Weg, der zur Bruder-Klaus-Kapelle führt ’ (Ernen) setzt voraus, dass der Bruder Klaus, also der Heilige Niklaus von Flüe, als Patron der betreffenden Kapelle Namengeber des Weges dorthin ist. Der Beleg beym alten Gobbiller Kirchweg ‘ beim alten Kirchweg der Gobbiller (Leute von Goppisberg) ’ (1818, Filet) muss so verstanden werden, dass dies der Weg war, auf dem die Leute von Goppisberg vor ungefähr 1845 nach Mörel zur Kirche gingen; um diese Zeit wurde Goppisberg ein eigenes Rektorat. Der Ober Klebodowäg ‘ der Weg vom / zum oberen Kleeboden ’ (Staldenried) ist nicht zu verstehen als der obere Weg im Gegensatz zum unteren Weg, sondern als der Weg zum oberen Kleeboden (im Gegensatz zum unteren Kleeboden: Unner Klebodowäg). Hingegen sind das Ober und das Unner Fuggshüswägji ‘ der obere / das untere kleine Weg zum Fuchshaus ’ (Gampel) zwei Wege, die zum gleichen Ort führen (hier vermutlich eine sog. Fuchshütte, in der die Jäger auf Füchse lauern, denen Köder ausgelegt wurden). Deutlich weniger wird Wäg als Bestimmungswort gebraucht. Am häufigsten ist das Kompositum Wägscheite ‘ Wegscheide ’ (sieben Belege) belegt (vgl. I D . 8, 1504). Weitere Namen sind Wägmatta ‘ Wiese am Weg ’ (Grächen, St. Niklaus, Staldenried) und Zen Wegseitun (1300, Raron) ‘ zu den Wegseiten ’ , sowie Wegseyton ‘ Wegseite ’ (1307, Bürchen), die aber beide aus lauthistorischen Gründen vermutlich verschrieben sind für ‘ Wegscheide ’ (mhd. sîte ‘ Seite ’ würde schreibsprachlich erst nach 1500 als Seyte belegt sein). Ableitungen von Wäg sind selten. In Naters ist zweimal lebendig und einmal historisch ts Wägerli belegt, das als ‘ kleines Gut am Weg ’ gedeutet wird. Die - ER -Ableitung mit dem Diminutiv wird hier als Stellenbezeichnung interpretiert (nach S ONDEREGGER 1958, 541). Wägerru (Hohtenn) enthält das Suffix - ERRA , - ERRU , das in den Namen häufig als Kollektiv verwendet wird, meistens mit Pflanzennamen, für die hier aber nur der Wegerich (I D . 15, 952) in Frage käme. Die Gwp. gibt “ mehrere Parallelwegspuren ” an, bezieht sich also auf Wäg. Da weitere Belege fehlen, kann die Frage nicht entschieden werden. Wäglätä (Gampel) enthält ein Kollektivsuffix -( L ) ETÄ (Plural) (S ONDEREGGER 1958, 482 s. - ATA ); das anlautende / l/ wurde wohl von l-haltigen Formen her falsch abgetrennt (vgl. Hublete (Unterbäch) zu Hubel). H. T HELER (1995) verwendet Wäglätä als “ Fusswege ” im Titel seines Gedichtbandes; die Bildung wird auch hier als Kollektiv verstanden. Wäggsel Wäggsel m. ‘ Wechsel ’ ist zu schwdt. Wëchsel m. ‘ Tausch, Austausch, Ablösung ’ von Grundstücken bzw. den betreffenden Rechten, lokal auch ‘ vom Wild mehr oder weniger regelmässig eingehaltener Weg ’ zu stellen. Der Wechselacker m. bezeichnet einen Acker, der abwechslungsweise für je ein Jahr von zwei Nutzniessern bewirtschaftet wird oder eine Wiese, die abwechselnd benutzt wird (I D . 15, 333 ff. bes. 339 Anm.; G R W B 27, 2704). TGNB (2, 2, 650 s. v. Wechsel) betont die rechtlichen Aspekte, lässt aber den Wechsel der Tiere ausser acht. G RICHTING (1998) kennt das Nomen nicht. Die für Wäggsul (Simplon) angegebene Richtungsänderung der Strasse (laut Gwp.) ist möglich, dürfte aber kaum die ursprüngliche Deutung sein. Belegt ist das Simplex im Singular als der Wäggsel (Oberwald) (hier von Gwp. als ‘ Durchgang der Schafe ’ beschrieben), im Wäggsul ‘ im Wechsel ’ (Simplon, schon 1392 als am Wecxel), der Wägsol ‘ der Wechsel ’ (Törbel), im Wexell (1726, Zwischbergen). Im Plural sind belegt: Wäggsle ‘ die Wechsel ’ (FLNK, Betten), in den Wechseln ‘ in den Wechseln ’ (1824, Eischoll), jn den Wexeln ‘ in den Wechseln ’ (1677, Filet). Als Diminutive sind belegt: Wäggsulti ‘ der kleine Wechsel ’ (FLNK, Naters), dez Wekselti ‘ der kleine Wechsel ’ (1304, Visperterminen). In Komposita erscheint das HL nur als Bestimmungswort zu den Grundwörtern Acher, Bodu, Cheer und Matta. Komplex ist im Ausren Wexilboden ‘ im äusseren 489 490 Wäggsel <?page no="250"?> Wechselboden (Boden mit wechselnder Nutzung? ) ’ (1736 u. später, Törbel). Die Deutung der Flurnamen ist unsicher; das HL scheint nicht mehr bekannt zu sein. Wagi Wagi n. ist nur als ts Wagi (Raron) auf rund 2720 m beim Chrütighorn belegt. Beschrieben ist es als “ Felsen, Weide ” . Es handelt sich um eine hochgelegene Alpweide im Bietschtal. Die Deutung ist unklar. I D . (15, 706) kennt eine Form Wagi nur für die Zusammensetzung Wigi- Wagi ‘ etwas Schwankendes ’ . Dazu würde auch ein Verb wage n ‘ jmd. etw. hin und her bewegen; wackeln ’ (I D . 15, 705) passen. Wenn diese Deutung stimmt, dann wäre ts Wagi ein schwankendes Gebiet. G RICHTING (1998) kennt das HL nicht. Wäginer (FaN) Wäginer (FaN) ‘ Wegener ’ ist der FaN Wegener, urkundlich auch Weginer, Wegner, Weguener, Vueginer (AWWB 291). Der FaN ist zweimal belegt: ufum Wäginerplatz ‘ auf dem Platz vor dem Haus der Familie Wegener ’ (Brig) und der Weginer Fadt ‘ das Grasband der Familie Wegener ’ (1762, Simplon). Wagner Wagner ist nur 1750 in Simplon als die Wagner Matte ‘ die Wiese des Wagners ’ belegt. Es kann sich entweder um die Berufsbezeichnung Wagner m. ‘ Fuhrmann ’ auch ‘ Wagen-, Radmacher ’ , ahd. wagan ā ri, mhd. wagener (I D . 15, 766 f.) oder um den FaN handeln, der im Register zu den HRBS belegt ist, aber im Oberwallis nicht als eingebürgert gilt (F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ 3, 1937 ff.). Wahrscheinlicher erscheint in Simplon deswegen die Berufsbezeichnung. Wagnyeres Wagnyeres ist nur historisch 1358 als eys Wagnyeres (Ergisch) belegt. Die nächstliegende Form ist wohl auf eine Ableitung zu * WAI Đ ANJAN (anfrk.) ‘ auf die Weide führen ’ (FEW 17, 461) zu stellen, das auch im Frpr. der Westschweiz vorkommt. Am nächstliegenden ist eine kollektive Ableitung auf - ARIA (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288) im Plural in der Bedeutung ‘ die Weiden ’ . J ACCARD (1906, 524) führt das ähnliche Vuagère und andere auf ahdt. weida und seine Entlehnung ins Französische zurück. Auch wenn die Deutung inhaltlich richtig wirkt, erscheint sie als zu direkt; die Herleitung von einer anfrk. Form ist überzeugender. Wägsler (FaN) Wägsler (FaN) ist nur einmal belegt in Wägsler Stadel (Bitsch). Ein hist. Beleg von 1808 hat bey Wexlers Stadel. Es liegt also wohl ein FaN Wägsler / Wexler vor, der als Wexler oder Im Wexel im Register der HRBS belegt ist. Häufig ist das HL W ÄGGSEL , zu dem der FaN wohl zu stellen ist. Vermutlich gehört auch der historische Beleg Zweglen Stadel von 1789 in Bitsch hieher, der als des Weglen Stadel zu lesen ist. Es ist vermutlich der gleiche FaN gemeint, wobei jedoch / s/ im Innern des Namens fehlt. Wagu Wagu ‘ Wagen ’ erscheint in zwei Typen als Bestimmungswort: als Waguleisa ‘ befahrbarer Feldweg ’ und als Waguschtraas ‘ die Wagen-Strasse ’ . Das HL ist zu schwdt. Wage n , wesentlich wie nhd. ‘ Fahrzeug in traditioneller Bauweise, meist von Tieren gezogen ’ , ahd. wagan, mhd. wagen und wdt. Wage, Wagä (Goms), Waga (Mattertal), Wagn (Lötschtal), Wagu ‘ Wagen ’ (I D . 15, 729 ff.; G RICHTING 1998, 236) zu stellen. Schwdt. Wage nleise n f. bezeichnet das Wagengeleise (I D . 3, 1421) und wdt. Wageschtraass, Wagnschtraass (Lötschtal), Waguschtraass die ‘ Wagenstrasse (befahrbare) ’ (G RICHTING 1998, 236). Belegt sind neben dem einfachen t Waguleisa (Raron) und dem historischen Beleg von 1738 u. später in Turtmann an der Wagenleisen die mehrteiligen Belege di Blagerruwaguleisa ‘ der befahrbare Weg zur Blagerra (minderwertiges Land) ’ (Raron), t Eigässiwaguleisu ‘ der befahrbare Feldweg in das Gebiet Eigässi (kleine Gasse in der Eie (Aue)) ’ (Turtmann), historisch 1736 u. später in Turtmann die Erill Wagenleise ‘ der befahrbare Feldweg ins Gebiet Eril (Erlen) ’ , ebenfalls historisch 1683 in Turtmann die Gmeine Wagenleisen ‘ der befahrbare Feldweg, der der Gemeinde gehört ’ , t Herimattuwaguleisu ‘ der befahrbare Feldweg bei der Herrenwiese ’ (Turtmann), t Mittilwaguleisa ‘ der mittlere befahrbare Feldweg ’ (Raron), t Niwwgüodwaguleisu ‘ der befahrbare Feldweg zum neuen Gut ’ (Turtmann), t Schlussilwaguleisu ‘ der befahrbare Feldweg beim Gebiet Schlussil (Schlüssel) ’ (Turtmann), di Turtigwaguleisu ‘ der befahrbare Feldweg von / nach dem Weiler Turtig ’ (Niedergesteln). Die belegten Formen zeigen, dass es primär immer um befahrbare Feldwege in der Rottenebene geht. Neben dem Simplex t Wagustraass ‘ die Wagenstrasse (alte Strasse von Mittal aufwärts, heute teilweise unpassierbar) ’ (Gampel) gibt es 1851 in Steg oberhalb der neuen Wagenstrasse ‘ oberhalb der neuen Wagenstrasse ’ . Es handelt sich hier wohl um eine damals neue Strasse ins Lötschental. Wagi 491 492 <?page no="251"?> Waig Waig ist nur belegt in in den Waiglehenen (1856, Bürchen). I D . (15, 1013 f.) kennt Weigg m. ‘ Bewegung ’ , das vor allem als Verb weigge n ‘ etwas hin und her bewegen, regen ’ (I D . 15, 1014 ff.) auch bei W IPF (1910, 98) belegt ist. G RICHTING (1998, 236) kennt Wäich, Wöüch (Mattertal), Wank, Waich ‘ Bewegung, Reaktion ’ (die Formen mit velarem Reibelaut sind dem Staubschen Gesetz zu verdanken). Vermutlich ist das erste gemeint, obwohl der Beleg von G RICHTING zu Wank auch von I D . (16, 660 ff.) erwähnt wird. Das Grundwort kann entweder HL L EE (Lehen) oder HL L EENI (Lehne) sein. Die nächstliegende Deutung wäre ‘ die Lehne, die mit Bewegung erstiegen wird ’ . Als HL wird jedoch in der Datenbank L EE angegeben; bei G ATTLEN (2007) wird der Flurname nicht erwähnt, sodass die Deutung unsicher bleibt. Waira Waira ist der alte Name der Gemeinde Zwischbergen (Veu ͦ ra, 1270); heute heisst so ein kleiner Weiler im Zwischbergental. Danach sind das Wairuhoru und der Wairusee benannt. J ORDAN (2006, 394) kennt Waira, Wairumattä, Wairuschtaf u l, Wairusee und Wairuhooru. F RANCO L URÀ (p. c.) und Kollegen vom V OCABOLARIO DELLA S VIZZERA ITALIANA lehnen eine Form zum lat. VARIUS , resp. dessen femininer Form VARIA eher ab, kommen aber zu keinem vertretbaren Schluss. K RISTOL ET AL . (2005, 922 s. v. Veyras) finden auch keine Herleitung. Eine sichere Deutung ist darum nicht möglich. Wäl(ch) Wäl(ch) ist ein selten belegtes Adjektiv, das zu schwdt. wëlch ‘ feucht ’ (I D . 15, 1453 f.; G RICHTING 1998, 236 s. v. wälch) zu stellen ist. Es kommt zweimal vor: Jm welchen Mos ‘ im feuchten Moos (Sumpfgebiet) ’ (1631, Greich) und ts wäle Helzru ‘ zu den feuchten Hölzern (Wald) ’ (Visperterminen). Der Schwund des velaren / ch/ in Visperterminen ist auch für andere Orte in I D . belegt. Wala (FaN) Wala (FaN) (auch Wale und andere Formen) ist ein inzwischen ausgestorbener FaN aus dem Bezirk Brig (AWWB 289). Die Belege enthalten dreimal Waligo, resp. Valigo, eine kollektive - IG -Ableitung im Genitiv Plural ‘ der Familie Wala ’ . Als Grundwörter sind belegt Hüs (1633 Glis, 1716 Termen) und Egga (1492 u. ö. Ried-Brig). Walantina Walantina ist nur als t Walantína (Zwischbergen) belegt. J ORDAN (2006, 305) konnte den Eintrag auf der LT nicht bestätigen. Die Karte zeigt einen senkrechten Graben, durch den im Winter Lawinen hinunterfuhren. Vermutlich handelt es sich um einen Namen, der von it. valanga ‘ Lawine ’ (D EVOTO / O LI 2020, 2409) abgeleitet ist. Der Name wurde wohl an den Vornamen Valentina angepasst, meint aber den Ort, wo Lawinen herunterkommen. Walbina Walbina f. kommt nur in Wiler vor; dazu sind zu stellen t Ober Walbina und t Unner Walbina, sowie ts Walbinungufer ‘ das Steingeröll bei der Walbina ’ . Das HL ist in dieser Form im I D . nicht belegt. Man könnte es zum Nomen schwdt. Welbi ‘ Wölbung ’ oder dem Verb welben ‘ wölben ’ , wdt. Welbi, Weubi (Goms), Welbin (Lötschtal), Wälbi (Leuker Berge) ‘ Decke ’ (I D . 15, 1421; G RICHTING 1998, 238) stellen, mit einem sog. Rückumlaut und einer - INA -Ableitung; zu verstehen als ‘ die gewölbte Fläche ’ oder ähnlich. Da die Form so nicht belegt ist, bleibt die Deutung unsicher. Walbot (PN) Walbot (PN) kommt einerseits 1328 in Leukerbad als lauanchy` walbot vor, anderseits 1328 in Ergisch als la lavanchi Walbor. In Ergisch ist zusätzlich im 13. Jh. pratum Walbor belegt. {r} und {t} lassen sich in der Handschrift der Zeit nur schlecht unterscheiden. Walbot, resp. Walbor ist vermutlich ein PN ( ‘ das Rutschgebiet des Walbor ’ , ‘ die Wiese des Walbor ’ ). Am nächsten kommt einer solchen Form der Name Walbodo (F ÖRSTEMANN 1, 320). Walche Walche f. ‘ die Walke ’ ist zu schwdt. Walche n f., Synonym Walchi f., ‘ Walkmühle, meist mit Wasserkraft betriebene, mit einem Stampfwerk versehene Einrichtung zum Bearbeiten von Woll- und anderen Geweben bzw. zum Weichmachen von Tierhäuten ’ (I D . 15, 1428 f.) zu stellen. G RICHTING (1998, 236 kennt nur das Verb walche, walchä (Goms), walchu ‘ walken, prügeln ’ . Zu Walken im Oberwallis vgl. W. B ELLWALD (2011, 89 u. passim); zur Berufsbezeichnung und zum FaN cf. HL W ALKER (F A N). Das HL kommt in rund 20 Flurnamen vor, meist historisch. Das Simplex im Singular ist belegt als t Walcha ‘ die Walke ’ (Kippel), t Wallcka ‘ die Walke ’ (Zermatt, Dorfteil, früher mit Walke) und historisch als beÿ der Walcken ‘ bei der Walke ’ (1789, Unterbäch), in der Walchen ‘ in der Walke ’ (1676, Ferden), zer Walkun ‘ bei der Walke ’ (1372, Biel; 1374, Stalden; 1445, Münster; 1557 u. später, Glis, aber 1448 zen Walkon). Das Simplex im Plural ist seltener: ze Walku ‘ bei den Walken ’ (Eisten), zen Walkun ‘ bei den Walken ’ (1309, Saas-Balen). 493 494 Walche <?page no="252"?> Ein Beleg zeigt ein attributives Adjektiv zum HL: der Undren Walchen ‘ der unteren Walke ’ (1690, Ferden; Genitiv ist durch Konstruktion bedingt). Als Grundwort ist nur fan der Stuegwalchun (1302, Unterbäch) belegt, wohl als ‘ von der Stückwalke ’ zu deuten (cf. HL S TUEG ). Die übrigen Belege enthalten das HL als Bestimmungswort. Zweigliedrige Komposita sind mit folgenden Grundwörtern belegt: Chäller, Gartu, Grabu, Mad und Statt. Komplexere Konstruktionen sind: dr Ober und dr Under Walkurein ‘ der obere und der untere Rain (Abhang) bei der Walke ’ (Kippel) und die Walchenhoffstatt ‘ die Hofstatt mit der Walke ’ (1838, Reckingen). Wald Wald ist eines der am häufigsten vorkommenden Hauptlemmata im Oberwalliser Namengut; es ist in über 1800 Namen belegt. Von den Talböden bis zur Baumgrenze erstrecken sich überall teilweise sehr steile Wälder. Ihre Nutzung durch Holzschlag, Kohlenbrennerei und Waldweide hat in den Namen Spuren hinterlassen. Zurückzuführen ist Wald auf das schwdt. Wald m., bzw. ā -, -t, Pl. Wäld, Walda, Wälder, Dim. Waldi, Waldji, Waldli, Wäldli, Waalji, wesentlich wie nhd. ‘ kleinerer oder grösserer Baumbestand ’ , ahd. wald, mhd. walt. In Einzelfällen kann auch ein Herkunftsname (Walder = die Leute von Wald) oder ein FaN Walden, Waldin (I D . 15, 1467 ff. bes. 1475 f.; AWWB 289) gemeint sein. Die lateinischen Lemmata Silua und Nemus (Gen. Nemoris) treten in den historischen Belegen häufig auf; es ist nicht immer klar, ob ein Appellativ oder ein Name vorliegt und in welcher Sprache. Die romanische Form Boez (bois) ‘ Wald, Holz ’ wird hier ebensowenig behandelt wie die deutschen Lemmata Holz und Forst. Sie bedeuten teilweise ebenfalls ‘ Wald ’ , werden jedoch getrennt aufgeführt. Formal: das Simplex erscheint als Waald oder Waaud (Grafschaft), häufig mit einer Präposition wie im, ob dem oder unter dem. Plurale sind selten und vom Typ Wäälder. Diminutive sind Waaldji, Waalji, Walgi, Waaldgi, aber als Simplizia selten; von den Pluralen der Diminutive ist Waaldjini am häufigsten, Waaljini, Walgini und Waaldgini sind vereinzelt. Adjektivische Bildungen betreffen zunächst die relative Lage: der Ober Waald und der Unner Waald sind am häufigsten, Inner, Mittel und Üsser, Foder und Hinner seltener; Hohwaald ist meist Kompositum und mehrdeutig ( ‘ hochgelegen ’ oder ‘ mit hohen Stämmen ’ ), im Teiffu Waald ‘ im tiefen Wald ’ dagegen selten. Als Farben treten Schwaarz, Root und Grie auf, sie können adjektivisch (im Schwaarze Waald) oder als Kompositum erscheinen (im Schwaarzwaald). Einen Sonderfall bildet der Typ Gmei Wald, resp. Silua communis also der Wald, der nicht in Privatbesitz ist, sondern der Gemeinde oder Geteilschaft gehört. Als partizipiale Attributbildung fällt der Verbrannt Wald auf (lat. Silua combusta); es handelt sich um einen Wald, der einem Feuer zum Opfer gefallen ist und vermutlich weniger um brandgerodetes Land (Brand). In Komposita ist Waald meistens Grundwort. Bestimmungswörter sind sehr vielfältig: Baumarten (Arb/ Arve, Dähle, Lärche, Fei ‘ Buche ’ , Linde, Tanne usw.), Lage bei einem Weiler oder einem Gebiet (Chippilwaald ‘ Wald oberhalb Kippel ’ , Aletschwaald ‘ Wald im Aletschgebiet ’ usw.), Funktion Bawaald (sehr oft), Besitzer (Agarnerwaald, Eggerbärgerwald usw.), Familien (Perrigwald (Glis), Gunternwald (Eggerberg)), Berechtigte (Chilchuwaald, Kapälluwaald), frühere Nutzung durch Tiere (Schafwald (Saas-Fee), Hennuwaaldgi ( ‘ kleiner Hühnerwald ’ (Betten)) oder Form eines Tieres (Rosswaald (Ried- Brig) und manch anderes; der Typ Jungwald bezeichnet dabei einen neu aufgeforsteten Wald. Bei den Besitzern wechseln Komposita mit Genitivkonstruktionen vom Typ Albinerro Waald ‘ der Wald der Leute von Albinen ’ , Kämpfigu Waald ( ‘ der Wald der Familie Kämpfen ’ (Randa)). Komplexere Konstruktionen sind auch möglich, so etwa der Munder Mattwald ( ‘ der zu Mund gehörende Wald bei der Mad / Matta ’ ) oder der Uisser Schwaarzwaald ( ‘ der äussere (talauswärts liegende) Schwarzwald ’ (Simplon) ’ . Als Bestimmungswort verbindet sich Wald mit anderen Lemmata wie Acher, Bach (Wasser), Biel, Blätz, Bodu, Brand, Brunnu, Bruoder, Chromu, Egga, Flüö, Gassa, Güet, Haalta, Hirmi, Hitta, Hüs, Kapälla, Läger, Mad, Matta, Riich, Ruh, Rüüs, Schiir, Schleif, Schnitta, Stafel, Stäg, Tola, Trog, Tschugge, Üewand, Wäg, Wasser und Weid; es handelt sich um Determinativkomposita, die je nach Lage genauer zu fassen sind. So ist etwa ts Wendelisch Waldmattä (Ferden) ‘ die Wiesen der Leute des Wendelin beim Wald ’ so zu verstehen, dass die Waldmattä einer Familie gehören, deren Übername in Ferden ts Wendelisch ist, vermutlich nach dem Vornamen des Familienoberhauptes. Bei den Ableitungen ist vor allem eine - ER -Ableitung Walder zu erwähnen, die Zugehörigkeit zu einem Ort Wald (Ober-, Niederwald), dessen Einwohner oder eine Familie Walder meint - im Einzelfall ist das schwierig zu entscheiden. Walderi als weitere Ableitung meint eine Wasserfuhr. Recht unklar ist die Waaldärra (Kippel / Wiler) - sie liegt über der Baumgrenze und vom Typ der Bildung her müsste es sich um einen Ort handeln, wo es viel Waldpflanzen (nicht aber Wald) gibt - das ist aber eine blosse Spekulation. Wald 495 496 <?page no="253"?> Walden (FaN) Walden (FaN) ist ein FaN, ebenso Waldin (AWWB 289). Von den Orts- und Flurnamen unter dem HL W ALD gehören einige wohl hieher. Sicher ist dr Waaldsch Grund ‘ der Grund (Rottenebene) der Familie Walder / Waldin ’ (Niedergesteln, FLNK Waldschugrund). Die Flur befindet sich mitten in der Rottenebene, wo kein Wald war; es muss deswegen der FaN gemeint sein. Waldi (PN) Waldi (PN) ist ein PN, der in ts Waldisch Chlamm ‘ der (Fels-)Ausschnitt des Waldi (PN) ’ (Steg) belegt ist. Laut Gwp. kann man hier auf Goppenstein hinuntersehen. Es kann sich um einen PN oder um den FaN Waldin (AWWB 289) (cf. HL W ALDEN (F A N)) handeln, der ursprünglich aus dem Lötschental stammte. Wale Wale, auch Wala und Wali, lässt sich verschieden deuten: als PN zu ahd. Walho, Walo (F ÖRSTEMANN 1, 1496 ff.) unter V ALD ) oder dem Kurznamen von Walter (I D . 15, 1153) oder Valentin (I D . 15, 1156), als FaN Wala (AAWB 289, belegt in den Zehnden Brig und Visp), zum Appellativ Wali ‘ Bewohner eines fremdsprachigen Gebietes ’ (I D . 15, 1422 ff. s. v. Walch mit mehreren unterschiedlichen Bedeutungen und das Adjektiv wälsch I D . 15, 1583 ff.), Walini als Bezeichnung für ‘ Schafe ohne Hörner ’ im Saastal (I D . 15, 1425, Bed. 2c; auch Gwp. beim Namen Walistutz (Simplon), der die Bezeichnung für Simplon ablehnt), als Wala oder Wale zum Appellativ Walche n ‘ Walkmühle ’ (I D . 15, 1428). Das HL erscheint nur als Bestimmungswort. Mehrfach belegt ist Walabach, das 1597 in Ritzingen als in der Alpen Walabach belegt ist. In Steinhaus wird 1576 und 1577 ein Bach Walabach genannt. Walibach (LT Biel, laut Gwp. ist der Name ungebräuchlich) ist schon 1372 als iuxta Walabeche zer Walkun belegt, später nur noch als Walenbach (1663) und Walibach (1763). Der Bach verdankt seinen Namen also wohl der Walkmühle und der Alpname erklärt sich aus der Lage der Alpe an dessen Oberlauf. Walkmühlen scheinen auch für der Walibach als Grenzbach zwischen Selkingen und Biel verantwortlich zu sein. In Simplon fliesst der Walibach in den Chrummbach (vgl. J ORDAN 2006, 68); auch hier liegt eine Walkmühle als Namengeberin nahe. Wie es mit dem Walabach in Steinhaus beschaffen ist, bleibt unklar: aus ihm schöpfte die Wasserleitung der Leute von Niederwald (Waldero Wasserleitta) ihr Wasser. Ob hier eine Walkmühle im Spiel ist, bleibt unklar. Zu Walke vgl. B ELLWALD (2011, 89 u. passim). Die weiteren Grundwörter sind: Acher, Bäärg, Brunnu, Flüö, Grund, Gufer, Stutz, wo vermutlich generell ein PN gemeint ist, mit Ausnahme wohl von ts Waligigufer ‘ das Steingeröll der Welschen (Italiener) ’ (Zwischbergen), das nahe an der heutigen Landesgrenze zu Italien liegt; J ORDAN (2006) kennt es als Waliggufär und führt es auf die nahe Sprachgrenze hin zu einem ‘ wal(a)hisc ’ (Welscher, Anderssprachiger). Er kennt auch Walischtei, das er hieher stellt. Die übigen FlNN mit Wali (J ORDAN 2006, 544) sind unklar (siehe aber unten). Die komplexeren Formen ts Ober und ts Unner Waleteilti ‘ das obere und das untere kleine zugeteilte Stück Land für die Schafe ’ (Oberwald) könnte u. U. die Bedeutung ‘ Schafe ’ enthalten; ein PN ist aber nicht ausgeschlossen; schon 1532 ist Joannis Zwalen (Fiesch), 1580 Joannis Walen (Bitsch) belegt; es kann sich also um die Alpe der Familie Walen handeln. Ein klarer Genitiv ist enthalten in des Walisch Berg (1778, Zwischbergen) und Wallisch Berg (1723, Simplon), wo vermutlich der Besitzername - entweder ein PN oder der FaN Wala - gemeint ist. Ganz unsicher ist der vermutliche Genitiv in Wallengassa ‘ die Gasse des Welschen / zur Walkmühle ’ (1507, Steg). Wali (PN) Wali (PN) m. ist nur in ts Walisch Bodu (Hohtenn, FLNK Wallischbodu) und in der Waligrund (Eyholz), auch als Walligrund (FLNK, Visp) belegt. Letztere Form befindet sich im Rottengrund, der erst spät besiedelt wurde. Ob eine Kurzform für Valentin (I D . 15, 1157) vorliegt, ist unklar. In Frage kommen auch die HLL W ALDEN (F A N), W ALDI (PN) und W ALTER (PN). Walker (FaN) Walker (FaN) kann sowohl der FaN Walker, als auch eine Berufsbezeichnung sein für jmd., der die Arbeit des Walkens ausführt, ahd. walkari, walchere (G R WB 27, 1250, 34; I D . 15, 1432; AWWB 289). G RICHTING (1998, 236) kennt das Verb walche, walchä (Goms), walchu ‘ walken ’ . Das Simplex Walker (1432, Ried-Brig; Törbel) ist zweimal belegt; Z IMMERMANN (1968, 98) führt es für Törbel auf den FaN Walker zurück (ohne weitere Begründung). In Törbel sind Walkerhaalda und Walkertola beim Walker zu finden; ts Walkersch Te ‘ die Tenne der Familie Walker ’ (Törbel) liegt an anderer Stelle; auch hier nimmt Z IM- MERMANN (1968, 98 f.) den FaN Walker an. Vermutlich gehört der historische Beleg Walkersthen ‘ das Tenn der Familie Walker ’ (1840, Embd) zur gleichen Flur. Alle andern Belege weisen den Namen Walker entweder im Genitiv Singular oder im Genitiv Plural auf - das deutet eher auf den FaN: Jn Jacob Walckers Riet ‘ im Ried 497 498 Walker (FaN) <?page no="254"?> des Jakob Walker ’ (1659, Betten), Walkerschfed, Walkerschmatt (beide St. Niklaus), Walkers Matta (1540, Ried- Brig, vorher und nachher aber Walkmatta), Zú Walckers Haus (1776, Ausserberg), des Walckers Gu ͦ t ‘ das Gut der Familie Walker ’ (1551, Unterbäch), ts Walkärsch Diäschttritt (Ferden), Walckers Matten (1771, Ergisch). Im Plural: Walchero Stockini (1790, Bitsch), bi Walkeru Treichi ‘ bei der Tränke der Familie Walker ’ (Bitsch), Walckeren Waldt (1790, Bitsch), Walckerro Wald (1637, Ried- Mörel), in der Walckero Kummen (1667, Greich). Unklar sind insbesondere die Namen für das Walkerhorn, dial. Waucherhore, Walcherhore (Fieschertal) und Walchergrat (Fieschertal), beide östlich des Mönch. Laut C OOLIDGE (1909, 22) ist der Name in der Form “ Valcher ” schon im Atlas von J. H. W EISS von 1797 verzeichnet, wenn auch wohl für einen anderen Gipfel; er gibt allerdings keine Deutung des Namens an. Vermutlich wurde der Name von der Berner Seite aus gegeben, doch ist die Motivation unklar. Wall (rom.) Wall (rom.) ist nur in En Montenwall, resp. Eys Montevall (beide 1643, Salgesch) belegt. Vermutlich besteht der Name aus Munta ‘ Steigung ’ , weniger sicher Mont ‘ Berg ’ (M ATHIER 2015, 69 f.) und entweder rom. aval ‘ Abhang ’ (FEW 14, 138) oder einfach rom. val ‘ Tal ’ (FEW 14, 136). Inhaltlich ist wohl ‘ Steigung zum Tal ’ gemeint; da weitere Daten fehlen, lässt sich nichts Sicheres aussagen. Wallaro Wallaro it. ist in der Walláropass (Zwischbergen) belegt; J ORDAN (2006, 384) kennt den Flurnamen; er werde aber von den Gwpp. kaum verwendet. Auf LT als Passo di Vallaro nach der it. Kleinsiedlung Vallaro (1823 m) am Rio Vallaro benannt. Der Name ist auch als FaN bekannt. O LIVIERI (1965) kennt den Flurnamen nicht. Wälle Wälle f. ist ein HL, das vermutlich auf zwei verschiedene Quellen zurückgeht. Das in Ulrichen belegte üf der Wälle ‘ auf der Welle ’ meint wohl ein wellenartiges Gelände, heute praktisch flach, zwischen Rotten und Mündung der Ägene. Gwp. vermutet zwar, hier sei vielleicht das Wasser bei Überschwemmungen als <Welle> gekommen. Es ist zu schwdt. Wëlle n f. wesentlich wie nhd. ‘ Welle, Woge ’ , ahd. wëlla, mhd. wëlle (I D . 15, 1168) zu stellen. In FlN dient es zur Bezeichnung von Bodenwellen oder geschwungenen Geländekonturen. t Wällekuppe ‘ die Wellenkuppe ’ (Zermatt) wurde der untere Gipfel des Gabelhorns bei Zermatt von Sir W ILLIAM M ARTIN C ONWAY (1879) benannt. Er behauptete den Führern gegenüber, dass der Name festgelegt sei, und in späteren Befragungen liess er sich bestätigen, dass sich der Name eingebürgert hatte (I D . 15, 1186 ff.; J ULEN 1951, 32; W ERLEN 2008, 600). Zum schwdt. Wall II ‘ wallende Bewegung (von Wasser) ’ (I D . 15, 1142) oder zum zugehörenden Verb walle n (I D . 15, 1143 ff.) ist eine feminine - I -Ableitung (S ONDER- EGGER 1958, 497 ff.) t Wälli ‘ die Wasserleitung mit wallender Bewegung ’ (Bellwald) und die Wälly ‘ die Wasserleitung mit wallender Bewegung ’ (1681, Blitzingen, aber wohl für Bellwald; die Wasserleitung kam vom Schwarze Brunne zwischen Blitzingen und Niederwald her) zu stellen. Wallis Wallis n. ist der deutsche Name des Kantons Wallis (frz. Valais); der deutschsprachige Teil wird üblicherweise Oberwallis genannt. Der Name wird zunächst direkt zu lat. VALLIS ‘ das Tal ’ gestellt. A EBISCHER (1953) macht aber klar, dass die Form aus dem Adjektiv VALLENSEM herzuleiten ist. Das nimmt auch S ONDEREGGER wieder auf, der eine Rückbildung über Vallensia, Vallinsa, Valesia zum Volksnamen röm.-lat. V ALLENSES sieht. Ob dies eine lat. Übersetzung des kelt. Stammesnamens Nantuates ‘ Talleute ’ (zu gall. nant- ‘ Tal ’ ) ist, oder einfach eine Weiterbildung zum ältesten Namen der Talschaft vallis Poenina, ist unklar (S ONDEREGGER 1979, 77; I D . 15, 1151). Belegt ist das Adjektiv Walliser in Walliser Fiescherfirn und Walliser Fierscherhörner (Fieschertal). Das Adjektiv unterscheidet die Walliser Fiescherhörner von den Grindelwaldner Fiescherhörnern auf der Berner Seite. 1516 ist in Ulrichen jn das Wallisers Lamen belegt, das FLNK als Walserlamme kennt. Gemeint ist eine Lamme (Felstobel), die einem Besitzer oder Nutzer namens Walliser oder Walser gehörte. Wallund Wallund ist nur in der Wallund Brunno ‘ die sprudelnde Quelle / der sprudelnde Brunnen ’ (Naters) zu stellen. Es handelt sich um eine Quelle auf rund 2140 m. ü. M, die heute für die Alpe Bel gefasst ist. Es geht um ein Partipizip Präsens, das zum schwdt. Verb wallen ‘ fliessend bewegen, strudeln ’ , ahd. wallan, mhd. wallen (I D . 15, 1143 ff.) zu stellen ist. Walo (rom.) Walo (rom.) ist als romanisches Wort nur in eys walo (1527, Agarn) belegt. Vermutlich liegt das frz. vallon ‘ grande vallée ’ , auch ‘ Talmulde ’ (FEW 14, 136 ff. s. v. vallis ‘ tal ’ ; J ACCARD 1906, 487 s. v. Vallon) vor. Laut Text des Dokumentes handelt es sich um ein Stück Wiese und Aue, das eys walo heisst. Die Schreibung des nasalierten Wall (rom.) 499 500 <?page no="255"?> / õ/ entspricht allerdings nicht der sonstigen auf {-ng} im später deutschsprachigen Bezirk Leuk. Walo Walo m. ist nur 1306 in Eisten als der Walo belegt. Es handelt sich um eine Alpe. Das nächstliegende Wort wäre schwdt. Walche n ‘ feuchte Stelle im Boden ’ und wdt. Walcha ‘ die feuchte Stelle ’ (I D . 15, 1434; G RICHTING 1998, 236 s. v. wälch in Klammer). Das Femininum ist allerdings störend, da der Walo maskulin ist. Eine Rufform Wale n für Walter (I D . 15, 1153) liegt kaum vor, ist aber nicht auszuschliessen. Walpen (FaN) Walpen (FaN) ist nur 1564 in Feschel als am Walpenbüehl und im gleichen Jahr in Guttet als am Walpper Biel (auch Walpelbüehl) belegt. Das Bestimmungswort Walpen, bez. Walpper ist zum HL W ALPEN (F A N) zu stellen. Walpen ist als FaN (AWWV 290) bezeugt und vor allem für die Bezirke Goms und Sitten belegt. Walporch Walporch erscheint im 13. Jh. in Glis als campum Walporch. Der Beleg ist wohl ein PN, vgl. Walpurch (F ÖRS- TEMANN 1, 1502). Gemeint ist ‘ das Feld des Walporch ’ . Wälsch Wälsch Ad. ‘ welsch ’ ist zu schwdt. Adj. wälsch, wältsch ‘ französisch, italienisch, romanisch, überhaupt anderssprachig ’ , abgeleitet vom Volksnamen Wale, ahd. wal(a)hisc, mhd. walhisch und wdt. wälsch ‘ welsch (französisch o. italienisch) ’ (I D . 15, 1583 bes. 1599; G R WB 27, 1327, 56; G RICHTING 1998, 236) zu stellen. Während die Belege in Simplon und Zwischbergen sich entweder auf Italien oder auf den FaN Welschen (AWWB 291) beziehen, ist der Gebrauch von Wälsch in Raron schwierig zu deuten. In Simplon ist Wälschimatta (LT) mit t Ober und t Unner Wälsch Matta belegt, alle auch bei J ORDAN (2006, 269 f.) bezeugt und auf Italiener zurückgeführt. Historisch findet sich auch die Welschmatta (1553 u. später). Weiter ist 1619 jn der Welschen Alpen erwähnt; hier ist unklar, ob es sich um den FaN oder das Adjektiv handelt. In Zwischbergen ist 1576 an der Welschen Alpenn genannt, für die das Gleiche gilt. 1642 wird ad stretiam Jtalorum als welschen Engin (Zwischbergen) übersetzt; es ist klar, dass Wälsch hier die Italiener meint. J ORDAN (2006, 369) erwähnt Wältschi Engi und sagt, sie sei bis ins 19. Jahrhundert in italienischem Besitz gewesen. In Raron sind der Wälsch Grabo ‘ der welsche Graben ’ und der Wälsch Wang ‘ der welsche Grasabhang ’ erwähnt, beide nebeneinander im Bietschtal. Die Deutung von Wälsch kann sich hier nicht auf eine anderssprachige Umgebung beziehen; am ehesten könnte ein französisch- oder italienischsprachiger Besitzer oder Nutzer gemeint sein. Walscher (FaN) Walscher (FaN) ist 1756 als Walscher Bielen ‘ die Hügel der Familie Walscher / der Welschen ’ (Ulrichen) belegt. FLNK hat Walserlamme mit dem historischen Beleg von 1516 jn das Wallisers Lammen, das als ‘ die Lamme (Felstobel), die der Familie Walser / Walliser gehörte ’ wiedergegeben wird. Ebenfalls FLNK hat nur Walser für die gleiche Flur. Da alle drei Belege zu Ulrichen gehören, zwei davon sicher im Ägenetal, dürfte ein FaN Walliser, Walser oder Welschen vorliegen (AWWW 291 f.). Walter (PN) Walter (PN) ist zum PN oder FaN Walter oder Walther (AWWB 290) zu stellen. Wann ein FaN vorliegt und wann nicht, ist nicht immer zu entscheiden. Die Form Walji ist normalerweise wohl zum HL W ALD zu stellen; mindestens in ts Waaljisch Bode ‘ der Boden des Walter / mit dem kleinen Wald ’ (Münster) ist die Deutung jedoch unsicher. Das Simplex erscheint im Diminutiv ts Waalterli ‘ der kleine Walter ’ (Visp, 1: 10000 hat Im Walter); hier ist an ein Gut eines Walter zu denken. Die meisten Belege haben vorangestellte starke Genitive in ts Waaltersch Acher ‘ der Acker der Familie Walter ’ (Mund), Walthers Acher ‘ der Acker des Walter / der Familie Walter ’ (1545, Ritzingen), der Walthers Bu ᵉ l ‘ der Hügel der Familie Walter ’ (1462, Mund), z Walters Bielen ‘ der Hügel der Familie Walter ’ (1740, Ausserberg), Walterschhüüs ‘ das Haus der Familie Walter ’ (Ausserberg), in Wallthers Matte ‘ in der Wiese der Familie Walter ’ (1539, Agarn), Walterschmattu ‘ die Wiese der Familie Walter ’ (1686, Betten), in Valders Walgi ‘ im kleinen Wald der Familie Walter ’ (1717, Zeneggen). Einen ganzen FaN enthält Welschen Walthers Los ‘ das ausgeloste Gebiet des Walther Welschen ’ (1394, Gluringen). Ganz unsicher ist Waaltschungrund (1: 10000 Walschgrund) (Hohtenn); es kann sich um eine Kurzform Waalt im Genitiv zu Walter (FaN) handeln. Ein weiteres Diminutiv ist belegt in Waltherlin Bv ᵢ ndeltin ‘ das kleine Pflanzland des kleinen Walter ’ (1305, Lalden). Wammetschi Wammetschi n. ist als ts Wammetschi (Binn) belegt. Gwp. vermutet, dass es sich um Wannetschi ‘ die kleine Wanne ’ handelt. Der Name bezeichent ein kleines Grundstück im Umfeld von Chrummunacher und Oberi Halta. Die Deu- 501 502 Wammetschi <?page no="256"?> tung als Wannetschi zum HL Wanna lässt die Form mit / mm/ ausser Acht. I D . (15, 1730 s. v. Wambe n ) gibt als Hauptbedeutung ‘ Bauch bei Tieren; Hängefalte zwischen Hals und Brust bei Tieren, meist beim Rindvieh ’ . R ÜBEL (1950, 15) kennt dafür aber nur Lämpe und Lapm. G RICH- TING (1998) kennt das HL nicht. Es könnte sich um eine metaphorische Bezeichnung ( ‘ das Gebiet, das aussieht wie eine kleine Wamme ’ ) handeln; dann müsste Wamme - sonst unbekannt - hier weiterleben. Sicherer erscheint die Vermutung von Gwp., wonach es sich um ein Diminutiv zum HL W ANNA handelt. Wammisch Wammisch kommt nur im Gipfelnamen ts Wammischhoru (Simplon), auf LT Wammischhörner, als Massiv vor. Das Lemma ist zu schwdt. Wambes ‘ Wams, traditionelles Oberkleid des Mannes, meist als Diminutiv auch für die Frau ’ (I D . 16, 1731) zu stellen, die Form Wammisch ist bernisch bezeugt; für das Wallis gibt es historische Belege. Das Lexem ist vereinzelt in Ortsnamen belegt; als Gipfelname ist es in Simplon singulär; die Bedeutung ‘ Wams ’ kann als Ähnlichkeit der Gipfel mit einem Wams verstanden werden. Laut J ORDAN (2006, 280) ist der geläufige Name dafür di Zent ‘ die Zähne ’ , die Benennung Wammischhörner sei jünger. Wand Wand f. ist zu schwdt. Wand f., wesentlich wie nhd. ‘ Wand ’ zu stellen. In FlN meist ‘ Felswand, Felsabsturz, mehr oder weniger senkrechte Ebene im Gelände ’ , ahd. und mhd. want f. (Z INSLI 1984, 589; I D . 16, 338 ff.); G RICH- TING (1998) kennt das Wort als Simplex nicht. Die Belege zu Üöwand u. ähnlich werden hier aufgeführt, eine entsprechende Bemerkung ist unter Üewand als Verweis zu finden; I D . (16, 397) gibt Uewand an, entweder als “ Anwander ” oder als “ Magerwiese ” ; letzteres ist unsere Deutung. Üöwand hat meist neutrales Genus und ist zum schwachen Verb wände n ‘ (den Pflug) wenden ’ (I D . 16, 407 ff.) zu stellen, während Wand f. ursprünglich zum starken Verb winde n ‘ drehen; schlingen, wickeln ’ (I D . 16, 553 ff.; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 970) gehört. Wozu der erste Teil in Üöwand zu stellen ist, gibt I D . nur indirekt an (Verweis auf Ue (I D . 1, 24) mit unsicherer Bedeutung, die auch Z INSLI (1984, 89) nur als “ mit einem längst untergegangenen altdeutschen Suffix ” (gemeint ist natürlich Präfix) umschreibt. Z INSLI glaubt im Übrigen an der angegebenen Stelle, dass es sich um einen Namen aus den Vispertälern handle; unsere Daten zeigen tatsächlich ein Übergewicht im Bezirk Visp, aber auch Belege in anderen Oberwalliser Bezirken. Das Simplex im Singular ist nur in zer Wand ‘ bei der Wand (steiler Hang, der wie eine Wand aussieht) ’ (Naters) und vor der Wand ‘ vor der (Fels-)Wand (Gebiet vor einer steilen Felswand) ’ (Täsch) belegt. Der Plural erscheint nur als zwischen Wentn ‘ zwischen den Wänden ’ (Kippel); da hier die Koordinaten fehlen, kann nicht gesagt werden, ob Fels- oder Hauswände gemeint sind. Diminutive fehlen. Das Grundwort erscheint in zweigliedrigen Komposita wie di Barrwand ‘ die Felswand in der Barr (auf LK Barrwang (! ), Grasabhang) ’ (Oberems) es handelt sich wohl wirklich um eine Felswand in der Barr, di Brätterwand ‘ die Bretterwand (Lawinenverbauung) ’ (St. Niklaus), an Lu ᵕ gelwand ‘ die Wand beim Lüegelti (kleine Aussichtsstelle) (vermutlich identisch mit Lüegelwang, Verschreiber) ’ (1833, Zermatt). Der Haupttyp ist hier jedoch Üöwand n., das als einfaches Kompositum im Singular als ts Üewand ‘ die Magerwiese ’ (Grächen), ts Üewannd ‘ die Magerwiese ’ (Randa), ts Üowand (Stalden, Staldenried, Zeneggen), ufum Üowand ‘ auf der Magerwiese ’ (Saas-Fee), ts Üowannd (Saas-Balen) und historisch als latinisiertes petiolam v ͦ andij ‘ ein kleines Stück Magerwiese ’ (1708, Staldenried), in u ᵕ owand (1736, Erschmatt), Eu ͦ vand (1301 u. später, Embd) erscheint; in historischen Belegen findet man auch die Formen Jowand (1730, Ried-Mörel). Ovandium (und andere Schreibweisen) sind mehrfach belegte Latinisierungen für eine Magerwiese. Neben dem Singular ist auch ein Plural Üewenner ‘ die Magerwiesen ’ (FLNK, Zermatt), t Üowennder ‘ die Magerwiesen ’ (Saas- Fee), t Üöwenner ‘ die Magerwiesen ’ (Staldenried) und t Üöwänner ‘ die Magerwiesen ’ (Staldenried) belegt. Eine Ausnahme ist die Owender ‘ die Magerwiesen ’ (1672, Zwischbergen). Ein Diminutiv erscheint nur im Plural t Üewendjini ‘ die kleinen Magerwiesen ’ (Täsch). Attributive Adjektive zu Üöwand sind: ts Hee Üowand ‘ die hohe Magerwiese ‘ (Ried-Brig), das Bes Ohu ᵕ want ‘ die böse Magerwiese ’ (1676, Ried-Brig), ts Inner Üowand ‘ die innere Magerwiese ’ (Eisten, Saas-Balen), jn den Jndren Vwendren ‘ in den inneren Magerwiesen ’ (1700, Staldenried), ts Lägund Üowand ‘ die ebene Magerwiese ’ (Eisten), ts Oberscht Üowand ‘ die oberste Magerwiese ’ (Saas-Balen), ts Üsser Üowand ‘ die äussere Magerwiese (Saas- Balen) und in den Vsren Vowendren ‘ in den äusseren Magerwiesen ’ (1708, Staldenried). Attributive Genitive finden sich in ts Eischter Üowand ‘ die Magerwiese der Leute von Eisten ’ (Saas-Balen), ts Fleersch Üowenner ‘ die Magerwiesen der Familie Fleer (unsicher, ev. zu ts Fliersch? ) ’ (Saas-Almagell), ts Peterantenisch Üowand ‘ die Magerwiese des Peter Anthenien ’ (Saas-Almagell), ts Trinuüowand ‘ die Magerwiese der Trine (PN) ’ (Saas-Almagell) und ts Xanndisch Üowann ‘ die Magerwiese des Alexander (PN) ’ (Saas-Almagell). Wammisch 503 504 <?page no="257"?> Komposita mit Üowand als Grundwort sind: ts Alpuüowand ‘ die Magerwiese auf der Alpe ’ (Saas-Almagell), ts Brenuüowand ‘ die Magerwiese oberhalb der Brend (brandgerodete Gebiete) ’ (Saas-Balen), ts Chilchuüowand ‘ die Magerwiese, die der Kirche gehört ’ (Ried-Brig) (laut Gwp. sieht man von hier aus auf die Pfarrkirche von Glis), ts Chnubuluowand ‘ die Magerwiese beim Hügel ’ (Simplon) (so nicht bei J ORDAN 2006), ts Drischtuluowand ‘ die Magerwiese bei der Ebene für den Heustock ’ (Simplon) (als Drischtuluawand auch bei J ORDAN 2006, 88), ts Furiüowand ‘ die Magerwiese bei der kleinen Furche / der Familie Furrer ’ (Eisten), ts Gletscheruowand ‘ die Magerwiese, die vom Gletscher versaart wurde ’ (Simplon) (J ORDAN 2006, 72 und 76 hat zwei gleichlautende Namen, von denen wohl der erste mit dem hier wiedergegebenen identisch ist; der andere fehlt in der Datenbank des VSNB, ebenso wie Uawand auf S. 76), ts Pfarriiüowand ‘ die Magerwiese, die der Pfarrei gehört ’ (Saas-Grund) und ts Waldüewand ‘ die Magerwiese im Wald ’ (Eisten). Komplexere Konstruktionen weisen auf: di Grosssteiöuwenner ‘ die Magerwiesen beim Gebiet mit grossen Steinen ’ (Embd), t Himmischgaartuüowenner ‘ die Magerwiesen bei Heimischgaartu ’ (Saas-Balen) und t Lenguflüoüowender ‘ die Magerwiesen bei der langen Fluh ’ (Saas-Balen). Als Bestimmungswort kommt das HL zunächst im dominierenden Typ Wandflüo vor, der so nicht im I D ., wohl aber in der Anmerkung zu Wand (I D . 16, 352) verzeichnet ist, und einen Felsen meint, der wie eine Wand aussieht (vgl. auch URNB 1, 1099: “ Vergleich der Fluh mit einer Wand; so bezeichnete Flühe steigen i. d. R. relativ glatt und senkrecht auf ” ). Insgesamt kommt das Kompositum in rund fünfzig Namen vor. Zunächst erscheint es im Singular als t Wandfluä (Ferden (mehrfach), Gampel), under dr Wandfluä (Ferden), t Wandflue (Blatten), historisch die Wandtflüee (1737 u. später, Zwischbergen), die Wandfluo (1622, Ausserberg), Wantflúo (1824, Binn), Wandtflúe (1725 u. später, Ernen; 1796, Erschmatt), Wandflüe (FLNK, Grengiols), Wandfluo (1807, Mörel; 1664 u. später, Varen), t Wandflüe (Zermatt) und weitere in verschiedenen Schreibweisen. Am interessantesten ist sicher t Wambfüe ‘ die Wandfluh ’ (Mühlebach, FLNK Wandflüe) mit einer Assimilation von nd > mb. Der Plural ist t Wandflie ‘ die Flühe, die einer Wand gleichen ’ (Bürchen, Ergisch, Törbel) und mit de Wandflienu ‘ bei den Flühen, die wie eine Wand aussehen ’ (Simplon) (J ORDAN 2006, verzeichnet ein einfaches Wandfluä S. 214, hat aber S. 65 Wandflie, Eerschti / Zweiti / Dritti Wandfluä, die in der Datenbank des VSNB fehlen). In Visp ist die Wendtflÿen ‘ die Flühe, die wie eine Wand aussehen ’ 1592 belegt; der Umlaut Wendt ‘ Wände ’ erklärt sich wohl aus dem Plural des Namens. Zum Typ Wandflüe gibt es attributive Adjektive wie t Gross Wandflüe ‘ die grosse Fluh, die wie eine Wand aussieht ’ (Grengiols), die Höchste Wandtflüe ‘ die höchste Fluh, die wie eine Wand aussieht ’ (1658, Baltschieder), der Langen Wandflúh ‘ (der) langen Fluh, die wie eine Wand aussieht ’ (1834, Varen, Genitiv durch Konstruktion bedingt), t Ober und t Under Wandflue ‘ der obere und der untere Teil der Fluh, die wie eine Wand aussieht ’ (Wiler), t Ober und t Unner Wandflüe ‘ der obere und der untere Teil der Fluh, die wie eine Wand aussieht ’ (Randa), Obri und Undri Wandflüe ‘ der obere und der untere Teil der Fluh, die wie eine Wand aussieht ’ (FLNK, Salgesch; M ATHIER 2015, 31 hat Obri, Undri Wandflüe und Wandflüe selbst) und t Unnri Wandflüe ‘ die untere Fluh, die wie eine Wand aussieht (Varen). Zu Wandflüe als Bestimmungswort gibt es einige Bildungen mit den Grundwörtern Bodu, Hooru, Kapälla, Licka, Stuck und Tritt. Wand tritt weiter als Bestimmungswort zusammen mit folgenden Grundwörtern auf: Acher, Gletscher, Schlüche, Stei, Stock und Tschugge. Komplexer sind t Hewandsteina ‘ die Steine, die wie eine hohe Wand aussehen (FLNK Heewangsteina ‘ die Steine beim hohen Grasabhang ’ ) ’ (Baltschieder) und t Hewandsteiflö ‘ die Fluh bei den Steinen, die wie eine hohe Wand aussehen ’ (Baltschieder). Die beiden Namen befinden sich gleich nebeneinander, sodass davon ausgegangen werden kann, dass sich neben den Hewandsteina auch eine Fluh befindet. Unklar ist der selten belegte Typ Wander, der vermutlich nicht zum HL W AND gehört, sondern eher entweder zu Wannerli ‘ Turmfalke ’ (I D . 16. 104; G RICHTING 1998, 236) oder zu schwdt. Wanne ‘ Worfelkorb für Getreide etc. ’ , wdt. Wanna, Wannä (Goms), Wannu ‘ Wanne ’ (I D . 16, 92 ff.; G RICHTING 1998, 236) zu stellen ist. Belegt ist nur dr Wander(e)rüs ‘ die Wasserleitung zum Wanner (Ort, wo es Turmfalken hat) ’ (Hohtenn), die u. U. aus der Lonza von im Wander herkommt. Ganz unklar ist t Wanndeltini ‘ die kleinen Wände ’ (Randa), wobei die Beschreibung ‘ Felsen, etwas Wald, steil ’ sich wohl auf Wand bezieht, ohne dass dies sicher ist. Wändeliin (PN) Wändeliin (PN), auch Wendelii(n), ist der männliche Personenname Wendelin; der heilige Wendelin ist Patron der Bauern, Hirten und des Viehs (I D . 16, 499 ff.). zum Wändeliin ‘ beim (Heiligen) Wendelin ’ (Varen) benennt einen Bildstock. Gleich in Naters Santwendeli ‘ der heilige Wendelin ’ (FLNK, Wendelinus), auch SK Wendelin und FLNK Sant Wendelin. Einen Genitiv findet man in zwei Belegen aus Ferden: ts Wendelisch (e)Rigg ‘ der Rücken des Wendelin (PN) ’ und ts Wendelisch Waldmattä ‘ die 505 506 Wändeliin (PN) <?page no="258"?> Wiesen des Wendelin (PN) beim Wald ’ . Hier ist wohl eine Person namens Wendelin gemeint. Wander Wander ist nur in der Wanderwäg ‘ der Wanderweg (Weg, auf dem man wandern kann) ’ (Varen) belegt. Es handelt sich um einen Weg, dessen Verlauf Richtung Varneralp steigend ist; aus Leukerbad steigt er an. Der Flurname ist zum schwdt. Verb wandere n (bzw. -nn-), wandre n (bzw. -u n ) ‘ wandern, spazieren, gehen ’ , Nomen agentis Wanderer m., Pl. unverändert (I D . 16, 496 ff.) zu stellen; das wdt. Verb wannere, wannärä (Goms), wandru ‘ wandern ’ (G RICHTING 1998, 236) gehört hieher. Wang Wang m. ‘ Grasabhang ’ ist zu schwdt. Wang m./ f./ n., Pl. Wange, Wäng (bzw. -e-), Dim. Wängli (bzw. -e-), Wengji, Wängi (bzw. -e-), ‘ begraster, meist steiler Berghang ’ , teilweise halbappellativisch, wdt. Wang, Pl. Weng, Wäng ‘ Abhang ’ (I D . 16, 650 ff.; G RICHTING 1998, 236; Z INSLI 1984, 589) zu stellen. Das HL ist in rund 780 Namen belegt und in allen Oberwalliser Bezirken gut bezeugt. Das Simplex im Singular der Wang ‘ der Grasabhang ’ ist etwa über vierzig Mal belegt. Vereinzelt ist in dem Wenge (1306, Saas-Balen). Das Simplex im Plural nimmt verschiedene Formen an: t Wäng (Ausserberg und weitere acht Belege), jn den Wangen (1572, Bratsch), Wängen ‘ die Grasabhänge ’ (1844, Ferden, für eine Alpe), in den Weingnen ‘ in den Grasabhängen ’ (1303, Saas-Balen), t Weng ‘ die Grasabhänge ’ (Bellwald und 28 weitere), t Wennge ‘ die Grasabhänge ’ (Betten), jn den Wengen ‘ in den Grasabhängen ’ (1399 u. später, Mörel und weitere acht Belege). Nicht ganz klar ist in den Wandgiu ‘ in den kleinen Grasabhängen ’ (1740, Gampel), wo ein Dativ Plural des Diminutivs mit ungewohnter Endung ausgedrückt wird. Der Singular des einfachen Diminutivs erscheint als Wangji ‘ der kleine Grasabhang ’ (FLNK, Birgisch), ts Wängji ‘ der kleine Grasabhang ’ (Ergisch), ts Wengi ‘ der kleine Grasabhang ’ (Reckingen und vier weitere), ts Wengje ‘ der kleine Grasabhang ’ (Zermatt, drei Belege), ts Wengli ‘ der kleine Grasabhang ’ (Wiler) und jm Wengÿ ‘ im kleinen Grasabhang ’ (1548, Mund). Der Plural dazu ist selten: Wangjini ‘ die kleinen Grasabhänge ’ (EK, Eggerberg), t Wängjini ‘ die kleinen Grasabhänge ’ (Raron), t Wenggini ‘ die kleinen Grasabhänge ’ (Saas-Almagell, zwei Belege), t Wengini ‘ die kleinen Grasabhänge ’ (Oberwald). Bei den attributiven Adjektiven herrscht der Typ der Howang ‘ der hohe Grasabhang ’ (Bitsch und acht weitere), auch jm Hoochen Wang ‘ im hohen Grasabhang ’ (1640, Naters), der Hei Wang ‘ der hohe Grasabhang ’ (Reckingen, Ulrichen) und t Howeng ‘ die hohen Grasabhänge ’ (Simplon, Zermatt) vor. Ebenfalls gut belegt sind der Breit Wang ‘ der breite Grasabhang ’ (Saas-Almagell und weitere sechzehn Belege, teilweise mit Varianten) und der Gross Wang ‘ der grosse Grasabhang ’ (Grengiols und elf weitere) sowie äm Grossi Wang ‘ im grossen Grasabhang ’ (Wiler). Interessant sind der Hääl Wang ‘ der glatte, schlüpfrige Grasabhang ’ (Gluringen, teilweise mit l-Vokalisierung) mit rund zwölf Belegen, wovon einige allerdings auch zu Hell (Höll) gehören können. Es gibt eine Reihe weiterer Adjektive, die so verwendet werden, wie Chlei ‘ klein ’ , Grie ‘ grün ’ , Hinder ‘ hinter ’ , Inner ‘ inner ’ , Leng ‘ lang ’ , Ober ‘ ober ’ , Üsser ‘ ausser ’ , Unner ‘ unter ’ und andere mehr. Partizipia als Attribute sind selten: t Ferboorgnu Weng ‘ die verborgenen (nicht gut sichtbaren) Grasabhänge ’ (Ferden), der Stotzend Wang ‘ der steile Grasabhang ’ (Bellwald), im Stotzunu Wang ‘ im steilen Grasabhang ’ (St. Niklaus), t Verloornu Weng ‘ die verlorenen Grasabhänge (steil und hoch gelegen) ’ (Blatten). das Gestolen Wengÿ ‘ der kleine Grasabhang bei Gesteln (unklar, kaum PP gestohlen) ’ (1752, Simplon) sieht zwar wie ein Partizip aus, ist aber wohl eine hyperkorrekte Schreibweise zu Gesteln. Vorangestellte Genitive sind häufig; Belege, die auch als Adjektive verstanden werden können (z. B. t Alpjerweng ‘ die Grasabhänge im Gebiet Alpja ’ (Simplon)) sind nicht erfasst): ts Aschilliärsch Wang ‘ der Grasabhang der Familie Aschillier ’ (Steg), di Barbuweng ‘ die Grasabhänge der Barbi (Barbara) ’ (Zwischbergen), Bärtlätschwang ‘ der Grasabhang des Bärtlät ’ (Blatten), än Bleetzärsch Wang ‘ im Grasabhang der Familie Blötzer ’ (Wiler), ts Brägibabisch Wang ‘ der Grasabhang der Barbara Bregy ’ (Hohtenn), Brantschen Wang ‘ der Grasabhang der Familie Brantschen ‘ (1656, Binn), ts Brunngisch Wang ‘ der Grasabhang mit einer kleinen Quelle / einem kleinen Brunnen ’ (Simplon), auch ts Brunnjisch Wang (auch Zwischbergen, in allen Fällen kaum der FaN Brunner; J ORDAN (2006, 217 und 246) hat zweimal (für Simplon und für Zwischbergen) ts Brunnjisch Wang und verweist beide Male auf eine Quelle), ts Büümusch Wang ‘ der Grasabhang der Familie Bumann ’ (Saas-Fee), an Erscherren Wengen ‘ an den Grasabhängen der Leute von Ersch (matt) ’ (1592, Erschmatt), Frouwuwang ‘ der Grasabhang der Frauen ’ (FLNK, Baltschieder), Frowuwang ‘ der Grasabhang der Frauen (unklar) ’ (EK, Eggerberg) die beiden Namen bezeichnen die gleiche Flur -, der Fuggschwang ‘ der Grasabhang mit Füchsen ’ (St. Niklaus; FLNK benennt die gleiche Flur als Fuggswang), ts Gaaltschisch Wengji ‘ der kleine Grasabhang für die junge Ziege, die noch nicht geworfen hat ’ (Täsch), der Ggarlowang ‘ der Grasabhang des Karl / der Familie Carlen ’ (Birgisch), dr Gattluwang ‘ der Grasabhang der Familie Gattlen ’ (Ra- Wander 507 508 <?page no="259"?> ron), in den Glaÿschwengen ‘ in den Grasabhängen des Nikolaus / der Familie Gläisen (Nikolaus) ’ (1824, Bellwald), di Gottisweng ‘ die Grasabhänge des Gotti (Gottfried? ) ’ (Kippel), Gräägischwang ‘ der Grasabhang unterhalb des Grätji (kleiner Grat) ’ (Fieschertal), bey des Gädemjesch-Weng ‘ die Grasabhänge beim kleinen Gaden (Stall) ’ (Selkingen), ts Häärdersch Wang ‘ am Grasabhang der Familie Herder (laut Gwp. wohnhaft Zer Härderru) ’ (Niedergesteln), Höüpmesch Wang ‘ der Grasabhang des Hauptmanns (FaN oder Funktion) ’ (Binn), Ku ᵉ nis Wang ‘ der Grasabhang des Kuoni / der Familie Kuonen ’ (1539), t Maartschweng ‘ die Grasabhänge des Markus / der Familie Marx ’ (Bellwald), Meistschterschwang ‘ der Grasabhang des Meisters / der Familie Meister ’ (Zermatt), an Michelsweng ‘ an den Grasabhängen des Michael ’ (1825, Ferden), ts Micholsch Wäng ‘ die Grasabhänge des Michael ’ (Stalden), Michälschwäng ‘ die Grasabhänge des Michael ’ (Kippel), Milachersch Wanng ‘ der Grasabhang der Familie Mühlacker ’ (Ergisch), Naters Wang ‘ der Grasabhang der Familie Nater ’ (1702 u. später, Ulrichen), der Peterswang ‘ der Grasabhang des Peter (wohl Hl. Petrus? ) ’ (Reckingen), ts Ruppisch Weng ‘ die Grasabhänge der Familie Ruppen ’ (Stalden), t Scheewjischweng ‘ die Grasabhänge der Alpe Seewji (kleiner See) (lautlich an Endung angepasst? ) ’ (Termen; auch Seewjiweng), in Schiners Wang ‘ im Grasabhang der Familie Schiner ’ (1755 u. später, Bellwald), Schweschterewang ‘ der Grasabhang der Schwestern ’ (Reckingen), Stübells Wangy ‘ der kleine Grasabhang beim Stall / des Stübell (unsicher) ’ (Zwischbergen), ts Taalersch Wang ‘ der Grasabhang der Familie Taaler (R. G RICHTING (1993) Blatt 16 Nr. 16 Schtahlärsch Wang) ’ (Leukerbad, unklar), Thusigo Wang ‘ der Grasabhang der Familie Thusen ’ (1651, Mund), dr Treesu Wang ‘ der Grasabhang der Treesa (Theresa) ’ (Ferden, zwei Belege), der Trinen Wang ‘ der Grasabhang der Triine (PN) ’ (1642, Zwischbergen), ts Trippnisch Wang ‘ der Grasabhang des Trippnisch (wohl Trippni (PN)) ’ (Täsch), Weschgero Weng ‘ die Grasabhänge mit Wespen ’ (1589, Feschel), im Wigers Wang ‘ im Grasabhang beim Weiher (? ) ’ (1770, Naters, unklar). In den meisten Fällen sind Besitzer und Nutzer gemeint, in einigen nahegelegene Fluren. Einzelne sind unklar. Das HL als Grundwort in zweigliedrigen Komposita ist so häufig, dass nur die wichtigsten Typen genannt werden können. Öfter kommen Tiernamen vor: der Ariwang ‘ der Grasabhang, wo es Adler hat ’ (Törbel), t Aarneschwäng ‘ die Grasabhänge beim Aarnesch (Adlernest) ’ (Hohtenn), di Gämschwäng ‘ die Grasabhänge mit Gämsen ’ (Randa und Diminutiv in Raron), der Gemschwang ‘ der Grasabhang mit Gämsen ’ (Binn), t Gemschweng ‘ die Grasabhänge mit Gämsen ’ (Saas-Grund), di Gitzuweng ‘ die Grasabhänge für die jungen Ziegen ’ (St. Niklaus), im Hasuwang ‘ im Grasabhang mit Hasen (die gejagt werden) ’ (Zeneggen), der Chäferwang ‘ der Grasabhang mit Käfern ’ (Mund), der Chalberwang ‘ der Grasabhang für die Kälber ’ (Ulrichen und sieben weitere), der Chauberwang ‘ der Grasabhang für die Kälber ’ (Fieschertal), Chiewang ‘ der Grasabhang für die Kühe ’ (Guttet), t Chieweng ‘ die Grasabhänge für die Kühe ’ (Raron, Saas-Balen), der Chüewang ‘ der Grasabhang für die Kühe ’ (St. Niklaus), Lammerwang ‘ der Grasabhang für die Lämmer ’ (FLNK, Täsch), t Murmeteweng ‘ die Grasabhänge mit Murmeltieren ’ (Münster und weitere zehn Orte mit Varianten), der Oggsuwang ‘ der Grasabhang für die Ochsen ’ (Niedergesteln), der Bockwang ‘ der Grasabhang, wo Böcke weiden ’ (Stalden, Eisten), di Bockweng ‘ die Grasabhänge, wo Böcke weiden ’ (Reckingen, Visperterminen), di Bockwäng ‘ die Grasabhänge, wo Böcke weiden ’ (Visperterminen, zwei Belege) (meist können Ziegen-, Gems-, Schaf- oder Steinböcke gemeint sein), Rosswang ‘ der Grasabhang für die Pferde ’ (FLNK, St. Niklaus und weitere; manchmal unklar ob Roosse ‘ Röstplätze für Hanf und Flachs ’ gemeint sind), der Schaafwang ‘ der Grasabhang für die Schafe ’ (Mund; 1774 (? ), Eggerberg), t Schwiiweng ‘ die Grasabhänge für die Schweine ’ (Wiler), Stieriwang ‘ der Grasabhang für die kleinen Stiere, der einem kleinen Stier gleicht ’ (FLNK, Ausserberg), der Stierwang ‘ der Grasabhang für die Stiere / der einem Stier gleicht ’ (Grengiols), Tierwäng ‘ die Grasabhänge der Tiere (Gämsen) ’ (Oberems), di Tiärweng ‘ die Grasabhänge der Tiere (Gämsen) ’ (Blatten, Wiler). Mit Ausnahme von Adler, Murmeltier und Tier (Gämse), eventuell auch Bock, sind Weidetiere gemeint. Generell für das Hirten solcher Tiere wurde der Hirtwang ‘ der Grasabhang, wo das Vieh gehirtet wurde ’ (St. Niklaus) verwendet. An diese Gruppe anschliessen lassen sich mehrere Belege mit der Mässwang ‘ der Grasabhang, wo der Milchertrag des Viehs gemessen wurde ’ (Reckingen (mehrfach) und weitere): auf diesem Grundstück wurde das Vieh während der Alpung vor der Messung des Milchertrages geweidet. Eine zweite Gruppe enthält Pflanzennamen, wobei auch nahegelegene Fluren gemeint sein können: t Eschwäng ‘ die Grasabhänge oberhalb des Eschji (kleines Gebiet mit Eschen) ’ (Raron), der Faggswang ‘ der Grasabhang, wo es Borstengras hat ’ (Embd), der Gippigwang ‘ der Grasabhang mit Alpenrosensträuchern ’ (Ritzingen), t Heimiweng ‘ die Grasabhänge mit Gutem Heinrich (C HENOPODIUM BONUS - HENRICUS ) ’ (Saas-Almagell), der Jippiwang ‘ der Grasabhang mit Alpenrosensträuchern ’ (Reckingen), t Lärchweng ‘ die Grasabhänge beim Lärch (Lärchenwald) ’ (Reckingen), der Löüberwang ‘ der Grasabhang mit Laub ’ (St. Niklaus; unsicher ist, ob hier nicht doch der FaN Lauber gemeint ist); der Meiewang ‘ der Grasabhang im Gebiet Meie (Blumen) ’ (Oberwald) (Gwp. 509 510 Wang <?page no="260"?> spricht von vielen Alpenrosen), der Birchiwang ‘ der Grasabhang beim der Flur Birchi (Birkenwald) ’ (Ausserbinn), der Piischiwang ‘ der Grasabhang mit Büschen (unklar, keine Bäume erkennbar, auch Pieschenwang) ’ (Leukerbad), der Räckholterwang ‘ der Grasabhang mit Wacholderstauden ’ (St. Niklaus), der Schärlichwang ‘ der Grasabhang mit Schärlich (Wiesen-Bärenklaue? ) ’ (Oberwald, laut Gwp. ist Schärlich Name für “ wilden Rhabarber ” ), der Sürwang ‘ der Grasabhang mit Sauerampfer ’ (Eisten), der Dischtilwang ‘ der Grasabhang mit Disteln ’ (Raron), der Wislöüberwang ‘ der Grasabhang mit Weisslaub (Name für S ALIX L APPONUM ) ’ (Zwischbergen), der Wiissloibwang ‘ der Grasabhang mit Weisslaub (Name für S ALIX L APPONUM ) ’ (Blatten). Mehrere Belege beziehen sich auf die Zeit: t Oigschtweng ‘ die Grasabhänge, die im August beweidet wurden ’ (Oberems), der Herbschtwang ‘ der Grasabhang, der im Herbst als Weide gebraucht wurde ’ (Oberems), der Morgundwang ‘ der Grashang, wo das Vieh morgens war ’ (Visperterminen). Wohl die Jahreszeit ist gemeint in dr Friä Wang ‘ der frühe Grasabhang (wohl frühe Schneeschmelze) ’ (Blatten, zwei Belege). Die meisten Belege nennen im Bestimmungswort eine nahegelegene Flur. Als Beispiele dienen: t Acherwäng ‘ die Grasabhänge bei den Äckern ’ (Raron), t Feschtelwäng ‘ die bei der Feschti liegenden Grasabhänge ’ (St. Niklaus), t Flüewänger ‘ die Grasabhänge auf der Flüe- Alp ’ (Leukerbad, mit selten belegtem Plural), der Friiliwang ‘ der Grasabhang oberhalb der Alpe Friili ’ (Oberems) und viele andere mehr. Der mehrfach belegte Fleischwang (Bratsch und weitere) ist vermutlich zu Flins ‘ Erdschlipf ’ zu stellen, und nicht zu ‘ Fleisch ’ . Komplexere Konstruktionen sind vor allem mit zusätzlichen Attributen zu finden: t Innru Straalweng ‘ die inneren Grasabhänge beim Straalhoru (Gipfelname, LT Strahlhorn 3200 m) ’ (Blatschieder), t Obrun Oigschtchummuweng ‘ der obere Teil der Grasabhänge auf der Oigschtchummu (Mulde, die erst im August bestossen wird) ’ (Blatten), t Undru Fleischweng ‘ der untere Teil der Grashänge beim Erdschlipf ’ (Ferden), t Üssru Rimpfischweng ‘ die äusseren Rimpfischweng (Felsabhänge beim Rimpfischhorn) ’ (Zermatt) und viele andere. Andere weisen komplexe Bestimmungswörter zum HL als Grundwort auf: t Aarbegguweng ‘ die Grasabhänge bei der Aarbegga (Ecke bei Aarbä (Arven)) ’ (Wiler), Arnoltz Leitwang ‘ der hässliche Grasabhang des Arnold / der Familie Arnold ’ (1320 u. später, Termen), t Lengtalweng ‘ die Grasabhänge im Lengtal (langes Tal) ’ (Ulrichen), der Näschthoruwang ‘ der Grasabhang beim Nesthorn ’ (Embd), der Bärufalluwang ‘ der Grasabhang bei den Bärufalle (Falle für die Bären) ’ (Ferden), t Schäreglutteweng ‘ die Grasabhänge beim ts Schäreglutte (der Tümpel beim Schutzunterstand) ’ (Grengiols) und andere. Als Bestimmungswort verbindet sich das HL mit folgenden Grundwörtern zu zweigliedrigen Komposita: Acher, Alpa, Bäärg, Biina, Blatta, Färich, Grabu, Hee (hooch, heej), Hooru, Schiir, Schleif, Steg, Stei, Stüde, Stutz, Teiff, Tschugge, Weid und Zug. Auch hier sind komplexere Konstruktionen belegt: der Fleischwangbodu ‘ der Boden beim Fleischwang (Grasabhang mit Erdschlipf) ’ (Gampel), ts Furggwanghoru ‘ das Furggwanghoru (Gipfelname, LT Furggwanghorn, das Horn bei einer Furggwang (Grasabhang mit Übergang)) ’ (Oberems, St. Niklaus), Chriesewengbach ‘ der Bach, der bei den Kirschengrasabhängen (nur wilde Kirschen) vorbeifliesst ’ (Bellwald), ts Lengi Wangsch Grabem ‘ der Graben beim langen Grasabhang ’ (Blatten) und andere mehr. Eine Ableitung Wengi f. (I D . 16, 653 betrachtet es in der Anmerkung als fem. - JO -Stamm; vgl. S ONDEREGGER 1958, 511) soll die Zugehörigkeit bezeichnen. Wengi f. ist dann ein Ort bei einem Grasabhang. Belegt ist es als Wengi f. (Ausserbinn, Goppisberg), t Wenngi (Betten, mehrfach), t Wängi (Oberems), t Ober und t Unner Wengi ‘ der obere und der untere Ort beim Grasabhang ’ (Ausserbinn). Wengi n. ‘ der kleine Grasabhang ’ ist deutlich häufiger. Wenger / Wänger kann ein Adjektiv oder ein Plural sein, bezeichnet aber auch die FaNN Wenger (cf. HL W ENGER (F A N)) oder Wanger (cf. HL W ANGER (F A N)). Die Ableitung Wengeri ‘ die Wasserleitung für die Grasabhänge ’ (Stalden) und die Wengeri ‘ die Wasserleitung für die Grasabhänge ’ (1674 u. später, St. Niklaus) wird für Wasserleitungen verwendet. Wanger (FaN) Wanger (FaN) ist nur einmal in Wangers Egga ‘ die Ecke der Familie Wanger / der Leute, die im Wang leben ’ (1522, Niedergesteln) belegt. Die Konstruktion des vorangestellten Genitivs lässt auf einen FaN oder Herkunftsnamen Wanger schliessen. Belegt ist allerdings nur das wohl verwandte Wenger (AWWB 292). Wanigo Wanigo ist ein Genitiv Plural einer IG -Ableitung, entweder zu einem PN Wani / Wano oder zum Flurnamen Wanna ‘ Wanne ’ . Er kommt nur vor in Wanigo Gúffer ‘ das Steingeröll der Leute des Wani / der Leute bei der Wanne ’ (1782, Mund). Wanna kommt 1724 in Ried-Brig auch als in den Waninen vor, so dass eher die zweite Deutung als Herkunftsname in Frage kommt; ein PN Wani / Wano ist nicht belegt. Wanger (FaN) 511 512 <?page no="261"?> Wanna / Wanni Wanna f. ‘ Wanne ’ oder Wanni n. ‘ Greifvogel ’ sind formal kaum unterscheidbar. I D . trennt sie, geht aber davon aus, dass sie zusammengehören. G RICHTING (1998, 236) unterscheidet Wanna f. ‘ Wanne ’ von Wannerli n. ‘ Turmfalke ’ . Zu stellen sind die beiden zu schwdt. Wanne n , ahd. wanna, mhd. wanne f. aus lat. VANNUS f., dissimiliert Wandel. Eigentlich ‘ geflochtene Kornschwinge ’ übertragen auf Gelände ‘ muldenförmige Senkung, Einbuchtung, grössere Bodenvertiefung ’ , oder zu Wanne II ‘ Greifvogel ’ (I D . 16, 92 ff. bes. 96 f. und 100; Z INSLI 1984, 590; URNB 3, 933ff). Die meisten der rund 170 Belege beruhen wohl auf Wanne als Geländeform. In einigen wenigen Fällen haben Gwpp. den Bezug zu einem Greifvogel hergestellt, doch sind diese Fälle unsicher. Das Simplex Wanna / Wanne / Wannu (Singular) und Wanne (Plural) kommt im ganzen Gebiet vor, manchmal in einer Gemeinde mehrfach (z. B. Blitzingen). Auch Diminutive im Singular (Wanni, Wanneli, Wannelti, Wandelti, Wandilti, Wannje) und Plural (Wannini) sind vertreten; das hier und anderen Orten auftretende / nd/ entspricht einem geläufigen Prozess der Dissimilierung von / n/ vor einem folgenden Konsonanten. Adjektivische Bildungen betreffen Chlei Wanna (Ferden), Chlei Wanni (Birgisch, Visperterminen), Gross Wanna (Ferden), Gross Wanni (Birgisch, Visperterminen), Obri Wanne / t Obru Wanne (mehrfach), Undri Wannu / t Undru Wanne (mehrfach), sowie t Wiitu Wane (Saas-Fee). Wanna als Grundwort erscheint in vielen Fällen: Bärtlätschwanna ‘ die Wanne des Bärtlät (PN) ’ (Blatten), Bliemischwanna ‘ die Wanne der Familie Blum (? ) ’ (Randa), Bruchwanna ‘ die Wanne beim Bruch ’ (Blatten), Chiäwanna ‘ die Wanne für die Kühe ’ (Wiler), Driäschtwannä ‘ die Wannen im unfruchtbaren Gebiet ’ (Blatten) und andere: meistens ist das Bestimmungswort ein Nutzername oder eine benachbarte Flur, selten ein Tiername (z. B. Gitziwannä ‘ die Wannen für die Zicklein ’ (Kippel)). Komplexere Formen sind dann etwa Hobärgwanne ‘ die Mulden beim Hobärg (Schafweide) ’ (St. Niklaus) oder Holzmattuwannä ‘ die Wannen (Mulden) bei der Holzmatte ’ (Blatten). Mit Adjektiven entstehen noch längere Namen wie t Mittluscht Stamppachwanna ‘ die mittlere Wanne beim Standbach ’ (Blatten). Ein seltener Doppelname einer Alp ist ts Rossi und ts Wandelti ‘ die kleine Roosse (Röstplatz für Flachs und Hanf) und die kleine Wanne ’ (Saas-Almagell). Als Bestimmungswort ist Wanna häufig in grösseren oder kleineren Namennestern, vor allem im Kontext von Gipfelnamen wie etwa in Fieschertal um das Wannehore herum mit Grooss und Chlii Wannehoore, Wannehoresattel, Wannegletscherli und Wannenzwillinge. Mehr solcher Namen weist Niedergesteln auf, das im Osten zwei Wannu hat, zu denen Wannuchnubla, Wannumos, Wannumosleesser, Wannumosskanal, Wannungäärtjini, Wannuntrog, Wannuräbe, Wannurüüs und Zer Wannustapfu gehören. Ein drittes Wannu liegt oberhalb des Dorfes, wo es auch eine Wannuschiir und einen Wannuntritt gibt. Nicht lokalisierbar sind t Wannumatte ‘ die Wiesen in der Wanne ’ , da nur historisch belegt (erstmals 1624). Eine Reihe weiterer Verbindungen findet sich in der Datenbank. Der interessanteste Fall betrifft das Wiiwanni ‘ Weinwanne; Gebiet, das aussieht wie ein Weinfässchen ’ (Ausserberg, Raron), nach I D . (16, 100) ein ‘ kleines hölzernes Weinfässchen, dessen Inhalt zum Eigengebrauch für die Säumer bestimmt war ’ (eine alternative Erklärung, wonach in dieser Höhe (ca. 2600 - 2700 m) früher ein Weinberg gelegen habe, wird von E GLI (1982, 3, Fn. 14) mit gebührender Skepsis berichtet). Dazu gibt es das Wiwannihoru / Wiwannihorn (Ausserberg, Baltschieder), das Wiwannijoch (Baltschieder) und die Wiwannihitta ‘ die Hütte im Wiwanni-Gebiet ’ (Ausserberg), eine private Hütte mit Restauration. Zu erwähnen sind schliesslich mehrere Ableitungen (Diminutive sind oben erwähnt): Wann(e)la (Fieschertal) ist eine Ableitung mit dem Suffix -( E ) LA , das nach S ONDEREGGER 1958, 517 eine Stellenbezeichnung ist, also einen Ort mit Mulden anzeigt; Wanneleture ‘ der (Fels-) Turm bei den Wannele ’ gehört dazu. Wanndela (Martisberg) ist eine Variation davon mit dem Übergangskonsonanten / d/ . Wandelegg (Lax), Wandelegga (Fiesch), Wandelfärig ‘ Pferch auf der Alpe Wanna ’ weisen die gleiche Ableitung auf. Wannete (Geschinen, Münster) ist eine Ableitung mit dem Suffix - ETE (S ONDEREGGER 1958, 482), das hier als Kollektiv (Gebiet mit Mulden) verstanden werden kann; dazu auch Wannete Rufene ‘ das Rutschgebiet bei den Wannete ’ (Geschinen). Wanni im Namen von zwei Wannihore (Binn; Eisten / Grächen) und weiteren Grundwörtern wie Bode, Brunnu, Gletscher, Grat, Grabo und Gufer ist formal zwar ein Diminutiv, wird aber auch als Variante von Wanna etc. gebraucht; bei Wanni und Wanneli wird ab und zu auf den Namen eines Greifvogels, meist Turmfalke, verwiesen. Wanner (FaN) Wanner (FaN) ist 1342 in Mörel als Wanners Boden ‘ der Boden des Wanner / der Familie Wanner ’ und 1746 in Bürchen als Wanners Matten ‘ die Wiese des Wanner / der Familie Wanner ’ belegt. Der Genitiv Wanners deutet darauf hin, dass entweder ein Besitzername oder eine Berufsbezeichnung gemeint war. Der FaN ist 1392 als Mauricius Wanner (in Filet) und 1374 als Johannes Wanneres (in Mörel) belegt. 513 514 Wanner (FaN) <?page no="262"?> Wanner Wanner, auch Wander ist lebend belegt in Hohtenn, dazu kommt ts Wanderloch ‘ das Loch bei der Flur Wanner ’ . Vermutlich ist das HL zu schwdt. Wanner ‘ Greifvogel ’ (I D . 16, 104) zu stellen; G RICHTING (1998, 236) kennt es als Wannerli ‘ Turmfalke ’ . Der historische Beleg von 1902 im Wander bezieht sich wohl auf einen tiefer gelegenen Ort, der auch in der Wander(e)rüs ‘ die Wasserleitung zum Wanner ’ (Hohtenn) belegt ist. Die Motivation für die Bezeichnung des Ortes nach einem Vogel ist unklar. Ob ein HL W ANDER (F A N) (mit nd -> nn) vorliegt, bleibt unsicher. Wappen (FaN) Wappen (FaN) ist nur belegt in úon der Wappen ‘ das Gut der Frau Wappen ’ (1673, Zwischbergen). Laut P H . K AL- BERMATTER (p. c.) handelt es sich um einen FaN. Die Rede ist vom Gut einer Frau, die Wappen heisst; ihr FaN stammt aus Mörel. Im Register zu HRBS ist er erwähnt. Wärch Wärch, hdt. auch Werk, ist zu schwdt. Wärch n., Pl. meist unverändert oder Wërcher, Wërchi, Dim. Wërchli, Wërchji, wesentlich wie nhd. ‘ Arbeit, Tätigkeit, Schaffen, Werken, Rebarbeit(en) ’ und wdt. Wäärch ‘ Werk, Arbeit, Werg ’ (G RICHTING 1998, 235) zu stellen. Das bei G RICHTING erwähnte Werg ‘ Hanf, Flachs ’ ist unter dem HL W ÄÄRCH aufgeführt. Häufig handelt es sich bei Wärch um technische Anlagen oder Gebäude von Unternehmungen. Das Simplex ist weder im Singular noch im Plural belegt. Mit attributiven Adjektiven erscheinen bis zum Alten Werk ‘ bis zum alten Werk (unklar) ’ (1916, St. Niklaus), wo vermutliche eine alte Wasserleitung gemeint ist. vss dem Gmein Werk ‘ aus der Wasserleitung, die der Gemeinde gehört ’ (1548, Ausserberg) ist ebenfalls eine Wasserleitung, wie aus dem Kontex (ex aqueductu ‘ aus der Wasserleitung ’ ) hervorgeht. Niw Wärch ‘ das neue Werk ’ (FLNK, Ausserberg; FLNK, Baltschieder), ts Niwwärch (Ausserberg) benennen eine neue (zur Zeit der Erbauung) Wasserleitung. t Niwwärschegga ‘ die Ecke beim Niwwärch (neue Wasserleitung) ’ (Eisten) steht vermutlich für Niwwärch ‘ neue Wasserleitung ’ . Halp Werch (1310, Steg) und jm Halpwerck (1573, Eischoll) meinen Grundstücke, die man in einem halben Tag bearbeiten kann. Auf LT ist in Baltschieder Ehemaliges Bergwerk notiert, das mit Molybdanwärch (FLNK, Baltschieder) identisch ist. Zu Wärch / Werk im Typ Elektrizitätswerk ‘ Werk zur Erzeugung von elektrischem Strom ’ (mehrere Orte) vgl. das HL E LEKTRIZITÄT . In Ferden, Fiesch und Salgesch findet sich ts Kiiswärch, resp. ts Kiiswerch, also ein Werk zur Gewinnung von Kies aus dem jeweiligen Fluss oder Strom. Ähnlich ist ts Daluwärch ‘ das Kraftwerk der Dala AG ’ (Leuk) ein Werk an der Dala. Von anderer Art ist bim Dichilwärch ‘ bei Werk (Wasserleitung) aus Holzkäneln ’ (Stalden), eine Trinkwasserleitung. Ganz unsicher ist im Tropfellwerck ‘ das Tröpfelwerk (vermutlich kein Name, sondern eine Vorrichtung zur Salzgewinnung, auch Gradierwerk) ’ (1747, Termen). Nur einmal ist Wärch als Bestimmungswort in t Wärchstraass ‘ die Werkstrasse ’ (Grächen) belegt, die beim Kraftwerkbau durch das Kraftwerk erstellt worden war. Warda Warda ist ab 1346 in Salgesch als la pera de la warda belegt. Spätere Belege haben a la pierra de la warda (1644). Im gleichen Jahr erscheint auch en la pierra de la garda. 1807 ist in Pidelawarde und 1831 Pidolo=Varda belegt. 1842 erscheint Pe de Lawarda. warda, auch garda ist zu *wardôn beobachten (FEW 17, 510 ff.) zu stellen. Gemeint ist in den Belegen der Wachtstein. Zur Entwicklung von / w/ zu / g/ siehe H AFNER (1955, 82 f.). Die Form mit anlautendem / w/ ist noch in G ERSTER (1927, 71) für Montana und in T AGMANN (1946, 59) belegt. Warff Warff ist nur belegt in das Warfftschuckiltin (1663, Bratsch). I D . (16, 1366) kennt Warf im Zusammenhang mit dem Weben als “ Gesamtheit der Längsfäden am Webstuhl, Zettel ” mit Belegen aus dem Wallis. Möglich ist auch ein HL W ARFT , sofern das / t/ mit dem anlautenden Tschugge ‘ Felsen ’ verbunden ist. Dann wäre eine andere Ableitung zum Verb werfen gemeint: der Ort, wo etwas hingeworfen wird. Als Flurname ergibt sich eher im zweiten Fall ein Sinn: ‘ der kleine Warft-Felsen ’ wäre dann ein Ort, wo etwas hingeworfen wurde, z. B. Abfall. Diese Deutung ist aber sehr unsicher. Warm Warm ‘ warm ’ Adj. ist zum schwdt. Adj. warm, ahd. war(a)m, mhd. warm, wie nhd. ‘ verhältnismässig hohe Temperatur ’ , wdt. waarum ‘ warm ’ (I D . 16, 1489 ff.; G R W B 27, 2019, 63; G RICHTING 1998, 235) zu stellen. Die Flurnamen enthalten das Adj. fast ausnahmslos als Attribut, entweder unflektiert oder flektiert. Die einzige Ausnahme ist ts Warmilti (1713, Oberems), ein Diminutiv, wohl mit der Bedeutung ‘ die kleine warme Stelle ’ . Das Adjektiv ist vor allem mit dem HL B RUNNU ‘ Quelle, Brunnen ’ verbunden, insgesamt neun Belege dieses Typs kommen vor. im Warm Brunne ‘ im Gebiet der Warmen Quelle / des Warmen Brunnen ’ (Binn) ist jedoch der Wanner 515 516 <?page no="263"?> einzige lebende Beleg, die andern sind historisch (Bitsch, Brig, Grengiols, Mörel, Ried-Mörel, Simplon). Ausgenommen ist der Diminutiv zem Waarmu Brunnji ‘ beim kleinen, warmen Brunnen ’ (Visperterminen). bim Warme Wasser (Blitzingen) und Warme Wasser (FLNK, Niederwald) beziehen sich ebenso auf warmes Wasser wie t Waarem Gilla ‘ die warme Pfütze, Quelle ’ (Ferden) und zum Warmen Wÿer ‘ beim warmen Weiher ’ (1554, Visperterminen). Warme, besonnte Stellen sind ts Waarem Bidemji ‘ der warme, kleine Boden ’ (Obergesteln, Oberwald (zwei Belege)), ts Waarem Bidemegg ‘ die Ecke unter dem warmen, kleinen Boden ’ (Obergesteln), in den Warmen Graben ‘ in den warmen Graben ’ (1519, Visperterminen) (unklar, ob der Graben besonnt oder das Wasser darin warm ist), t Waarmi Eggu ‘ die Warme Ecke ’ (Ergisch), zum Waarmu Cheerli ‘ zum kleinen warmen Kehr (windstille Wegkehre des alten Weges) ’ (Visperterminen), t Waarmu Chummä ‘ die warmen Chumme (Mulden) ’ (Ferden), ts Waarum Loch ‘ das warme Loch (Höhle) ’ (Leukerbad; R. G RICHTING 1993, Blatt 8, Nr. 21), ts Warem Löüchli ‘ die warme, kleine Mulde ’ (Zermatt), t Waarmu Sefine ‘ das warme Gebiet mit Sabinensträuchern (J UNIPE- RUS SABINA ) ’ (Niedergesteln). Unklar ist das nur historisch belegte jn den Warm Bigschen ‘ im warmen, sonnenbeschienenen Gebiet mit Buchsbäumen / das einer Büchse gleicht ’ (1713 u. später, Gampel). Wärra Wärra f. kommt nur in Zwischbergen vor. Es handelt sich um eine Kleinsiedlung, die schon 1461 als zer Werrön belegt ist. Der Diminutiv ts Wärrilti ‘ die kleine Werra ’ befindet sich in der Nähe und der Wärragrabu führt daran vorbei. Historisch sind 1667 - 1669 des Gerungs Werra ‘ die Werra des Gerung ’ und 1650 an der Vndren Werren belegt. J ORDAN (2006, 363) führt weiter Wärrumattä ‘ die Wiesen bei der Werra ’ auf und weist darauf hin, dass sich der FaN Zurwerra vom Flurnamen ableite. AAWB (292) führt allerdings unter Werra und Variationen davon eine Reihe von Familien aus dem Oberwallis auf, hat einen eigenen Artikel für die Familie von Werra und behandelt Zurwerra (303) gesondert, geht aber nirgends auf das HL W ERRA ein. I D . kennt drei verschiedene Werre n : ‘ Streit, Verwirrung ’ (16, 1055), ‘ Maulwurfsgrille ’ (16, 1057), ‘ Gerstenkorn am Lid, Eiterbeule ’ (16, 1058). Die Familie führt den Namen auf Weri ‘ das Wehr ’ (I D . 16, 955 ff.) zurück (E. Z URWERRA , p. c.). Lautlich ergibt sich ein Problem, da Weri und Wärra einen unterschiedlichen Stammvokal enthalten. Ein historischer Beleg von 1650 erwähnt die beiden Namen nebeneinander: aúf der Werren beÿ der Werin. Das deutet eher darauf hin, dass sich die Weri am Bach im Gratschliechtgrabe befand, während die Wärra südlich davon lag. Denkbar wäre eine Deutung von Wärra auf Grund des it. guerra ‘ Krieg, Zwist ’ (D EVOTO / O LI 2020, 1000); vgl. oben ‘ Streit, Verwirrung ’ ). Wärsch Wärsch ist nur in Albinen als t Wärsche (FLNK Wärsche) belegt. M ATHIEU (2006, 13) hat Wärsche. Historische Belege fehlen. Es handelt sich um einen Dorfteil, wohl im Plural. Vermutlich liegt ein romanisches Etymon vom Typ verger ‘ Garten ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 155) zu lat. VIRIDIARIUM ‘ Garten ’ (FEW 14, 506) zu Grunde. Wart Wart ‘ Warte ’ , auch Waart, ist zu schwdt. Wart f. ‘ erhöhter Punkt im Gelände, Aussichtspunkt, Beobachtungsposten, Lauer ’ , ahd. wart(a), mhd. wart(e), in FlN zur Bezeichnung von Orten, von denen Ausschau gehalten wird (I D . 16, 1585 ff.; Z INSLI 1984, 70) zu stellen. Als Simplex kommt Wart vor in uf der Wart ‘ auf dem Aussichtspunkt ’ (Binn), Twarde ‘ die Aussichtspunkte ’ (mit assimiliertem Artikel) (Blitzingen), die Wardt (1574, Eischoll und Ergisch), und unner der Waart ‘ unter dem Aussichtspunkt ’ (Randa). Mit adjektivischen Attributen sind belegt t Oberscht Twaard, t Mittlescht Twaard und t Unnerscht Twaard (alle Blitzingen). Wart als Grundwort kommt vor in der Gämschwaart m. ‘ Aussichtspunkt für die Gemsjagd ’ (Oberems); das Genus maskulin könnte von Wart n. ‘ Aufseher ’ (I D . 16, 1576) stammen. Unklar ist der Beleg jm Burwardtt (1570, Grächen). Die übrigen Belege enthalten Wart als Bestimmungswort. Ein eigentliches Namennest ist zu Warbflie ‘ die Flühe mit einem Aussichtspunkt ’ (Mund), mit der Assimilation von / t/ zu / b/ , entstanden: zen Nidren Warbflien (1676 und früher, Mund), Oberi Warbflie ‘ die oberen Wartflühe ’ (Mund), Unneri Warbflie ‘ die unteren Wartflühe ’ (Mund), t Warbfliewildi ‘ die Wilde (unfruchtbares Gebiet) bei der Wartfluh ’ (Mund), in der úntren Warpflüe Wildin ‘ in der unteren Wilde bei der Wartfluh ’ (1821, Mund), beÿ dem Wartflieier Bildhaús (1754 und später, Mund), Waldflieiero Kirchweg (1654, Mund) und ob Warpffliero obren Bildÿ (1738 und später, Mund). Weitere Grundwörter zu Wart sind: Biel, Flüö, Hüüs, Schlüecht und Tschugge, teilweise an mehreren Orten belegt. Warthüs (Visperterminen) wird von Z IMMERMANN (1968, 74) als ‘ Haus, Wohnstätte eines Bann-, Forst-, Flur- oder Wasserleitungswartes ’ gedeutet, also als eine Art Wacht- Haus; die Gwp. stellt es aber zu einer <Warte>, einem Aussichtspunkt; keine der beiden Deutungen lässt sich auf Grund der Daten bevorzugen. Komplexere Struktu- 517 518 Wart <?page no="264"?> ren bilden etwa Fiescher Wartbieu ‘ der zu Fiesch gehörende Hügel mit Aussicht ’ (Fiesch). Ein unsicherer Beleg ist der Wargistei (Goppisberg) (auf Karte 1: 10000 Wargistein). Hier könnte ein Diminutiv Wart+ji > Wargi vorliegen: ein Stein, der ein kleiner Aussichtspunkt ist. Der historische Beleg am Wartilstein (1562) scheint eine Ableitung von Wart zu bestätigen, doch ist die Ableitung sonst nicht belegt. Wärt Wärt m. ist zweimal vertreten. Einmal als Wärd ‘ Wehr ’ in Baschwärd ‘ Wehr gegen den Bach ’ (Reckingen) und historisch 1852 als Baschwerd in Gluringen. Die Konstruktion ist sonst Baschweri (cf. HL W ERI ). Das auslautende / d/ lässt sich analog zur -t-Ableitung in Wörtern wie Fahrt oder Flucht verstehen; es ist aber sonst nicht belegt. Der zweite Beleg ist der Halbwärd (Raron, FLNK Halbwärt) in St. German. Alle alten historischen Belege dokumentieren eine kleine, bei der Schlucht gelegene Matte namens Halbwerk, was auf eine Parzelle, die in einem halben Tag bewirtschaftet werden konnte, schliessen lässt (1300 Halpwerhc, 1306 Halbwerks usw.). Erst 1749 ist erstmals Halbwehrt belegt, aber 1765 u. später wiederum Halbwerch oder ähnlich. Die Umdeutung zu Wärt scheint in Anlehnung an schwdt. Wërd, Wërt ‘ Wert ’ (I D . 16, 1313 ff.) geschehen zu sein. Wärter Wärter ist als zum Wärterhüs Fufzä ‘ beim Wärterhaus (der BLS) fünfzehn ’ (Raron) belegt. Es handelt sich um das Haus eines Bahnwärters. Das HL ist zu schwdt. Wärter, Warter m., Pl. unverändert, wie nhd. ‘ Aufseher, Hüter, Wächter ’ (I D . 16, 1612) zu stellen. Die Zahl fufzä wurde in der phonetischen Umschrift erst später hinzugefügt; der Beleg selbst hat nur zum Wärterhüs. Wäschi Wäschi f. ist als Verbalabstraktum auf - I (S ONDEREGGER 1958, 497) zum schwdt. Verb wasche n , wäsche n , wesche n wesentlich wie nhd., mhd. waschen, weschen, ahd. wascan umd dem wdt. Verb wäsche, wäschä (Goms), wäschn (Lötschental), wäschu ‘ waschen, tadeln ’ (G RICHTING 1998, 237) zu stellen. I D . (16, 2107) führt es als Wäschi II mit der Bedeutung 3b) ‘ Waschküche, Waschtrog ’ auf. Wir geben es sicherheitshalber als ‘ Waschplatz ’ wieder. Wäschi n. ist nicht hieher, sondern zum HL W ASE zu stellen. Im Plural sind jedoch die beiden HLL W ÄSCHINI nicht voneinander zu trennen. Das Simplex im Singular Wäschi, auch Weschi ist sieben Mal im ganzen Oberwallis belegt. Der Plural t Wäschini ‘ die ausgewaschenen Stellen ’ bezieht sich laut Gwp. auf Wasserrunsen. Als Grundwort erscheint es in zer Äärzwäschi ‘ beim Waschplatz für Erz ’ (Oberems, frühere Anlage um 1880 bis 1900), t Schaafwäschi ‘ der Waschplatz für die Schafe ’ (Simplon) (M. S. notierte wohl falsch Schaafwässi, aber J ORDAN (2006, 182) und die historischen Belege haben Schaafwäschi) und das mit einer Null-Ableitung gebildete Gretawäsch ‘ der Waschplatz der Greta ’ (Zwischbergen; J ORDAN (2006, 390) hat Greetawäschi und verweist auf den Frauennamen Margaretha), wo nach der Sage eine Frau namens Greta gewaschen habe. Als Bestimmungswort ist das HL in t Wäschiwasserleita ‘ die Wasserleitung oberhalb des Waschplatzes ’ (Grengiols), die Wäschmatten ‘ die Wiese, wo die Wäsche zum Trocknen ausgelegt wurde ’ (1756, Leuk) und uf dr Wäschblattu ‘ auf der Felsplatte für die Wäsche (Ferden, Kippel) belegt. Eine - ER -Ableitung Wescher ist in Wäschärgassu ‘ die Gasse der Leute, die waschen / der Familie Wescher ’ und Wescher Gerten ‘ die Gärten der Leute, die waschen / der Familie Wescher ’ (beide Ergisch) belegt. Beide Deutungen sind unsicher. Singulär ist der Wäschetohubel ‘ der Hügel mit der Wäscheta ’ (Ausserberg). Die - ETA -Ableitung (S ONDER- EGGER 1958, 482 f.) hat im Walliserdeutschen die Bedeutung ‘ Abwasser, Küchenabfälle, bes. als mit Essensresten angereicherte halbflüssige Tränke für Schweine ’ (I D . 16, 2106, Bed. 2b); R ÜBEL 1950, 115; G RICHTING 1998, 237). Die Bedeutung 2c) ‘ Waschhaus, Waschraum ’ ist nur für das Pomatt bezeugt, könnte aber auch hier eine Rolle spielen. Eine Nachfrage in Ausserberg (E. L EIGGENER , p. c.) erbrachte keine sichere Antwort: die Wäsche wurde nicht dort gewaschen und einen Zusammenhang mit Abwasser oder Schweine-Tränke wurde abgelehnt; plädiert wurde für die Aussprache Wäschetuhubel. Eine sichere Deutung gibt es darum nicht. Wäschper Wäschper n. ist als - ER -Ableitung wohl der Ort, wo es Wespen hat. Die dialektale Form für das Insekt ist Wäschpi oder Wäschgi (R ÜBEL 1950, 85); G RICHTING (1998, 237) verzeichnet Wäschbi, Wäggschi (Saastal), Wäschpin (Lötschental), Wäschggi. I D . (16, 2155 f. s. v. Wäspe n ) verzeichnet auch Wäschpere n ‘ Wespennest ’ (16, 2157), das dem Namen t Wäschpera ‘ das Wespennest ’ (Binn) entspricht. Die maskulinen Formen Wäschper (Ernen, Fiesch) und die historischen Formen z Wesper, resp. Westber (1566, Ernen) sind sonst nicht belegt. Z INSLI (1984, 499 u. 508) gibt Wäschgeru als ‘ Wespennest ’ für Gressoney, hält es aber für einen Spottnamen für ein Haus. Zu Wäschpera s. auch HL W ÄSSCHGI . Wärt 519 520 <?page no="265"?> Wase Wase m. ‘ Wiese, Stücke Rasen ’ ist zu schwdt. Wase n , Wasem, Wasmet, Wasmen, Wasma, Wasmu n u. ä., Pl. im Wallis Wasme, Wasma, ‘ mit Gras bewachsener Erdboden, Wiese ’ , ahd. waso, mhd. wase, wasem m. zu stellen (I D . 16, 1777 ff.; Z INSLI 1984, 590; G RICHTING 1998, 237 s. v. Wase ‘ Rasenstück ’ ). Als Deutung wird meist ‘ Wiese ’ gegeben; gemeint sind im Allgemeinen gute, mit Gras bewachsene Grundstücke. Das HL kommt in rund 120 Namen vor. Nur zwei davon betreffen den Bezirk Leuk, die Mehrzahl verteilt sich auf die andern fünf Bezirke. Das Simplex tritt im Singular als dr Wase, ufem Wase (Binn, Ernen, Geschinen), der Waso, ufum Waso (Mund, Stalden, Unterbäch, Visperterminen), der Wasu, ufum Wasu (Bitsch, Bürchen, Erschmatt, Niedergesteln, Saas- Almagell) auf; historische Belege haben Wasen (1653 u. später, Betten; 1531 u. später, Naters mit Schwanken zwischen Singular und Plural). Der Plural des Simplex hat t Wase, uf de Wase (Glis, Eischoll, Mund, Ried-Brig, Zermatt). Klare Plurale sind t Wasma (Gampel, Törbel, Visperterminen), t Wasme, ufe Wasme (Törbel, Obergesteln, Saas-Grund), ufe Wasmu (Hohtenn) und historisch auf den Wasmun (1682, Glis). Bei den Diminutiven ist als Simplex nur belegt: ts Wäschemji ‘ die kleine Wiese ’ (Steinhaus). Mit attributiven Adjektiven finden sich: an [den] Alten Waasen ‘ an die alte Wiese ’ (1590, Bürchen), im Alten Wasen (1691, Ernen), der Breit Wase ‘ die breite Wiese ’ (Ulrichen), an den Gemeinen Wasen ‘ an die Wiese, die der Gemeinde gehört ’ (1764, Naters), di Gmeine Wasma ‘ die Wiesen, die der Gemeinde gehören ’ (Törbel), di Glattu Wasma ‘ die glatten Wiesenstücke ’ (Visperterminen), di Grienu Wasma ‘ die grünen Wiesenstücke ’ (Raron), der Grie Wase (Blitzingen), der Grie Wasu (Saas-Fee), t Hindru Wasme ‘ die hinteren Wiesen ’ (Randa), t Hinnere Wase (Fieschertal), t Hinnere Wasma (Bellwald), der Mittelwase ‘ die Wiese zwischen zwei Bächen / zwei Gräben ’ (insgesamt fünf Belege in Gluringen, Reckingen, Ulrichen), der Nass Wasu ‘ die nasse Wiese ’ (Steg), der Ober Waso ‘ die obere Wiese ’ (Visperterminen), an dien Rotten Wason ‘ an den roten Wiesen ’ (1380, Täsch), der Sche Waso ‘ die schöne Wiese ’ (Visperterminen), der Schiibilwasu ‘ die runde Wiese ’ (Hohtenn, unsicher), bis an den Vndren Wasen ‘ bis an die untere Wiese ’ (? , Visperterminen), t Fodere Wase ‘ die vorderen Wiesen ’ (Fieschtertal), t Vodere Wasma (Bellwald), t Voodru Wasme (Randa), der Zäi Wase ‘ die zähe Wiese ’ (Münster, Reckingen). Drei Belege weisen ein Partizip auf: der Hangänd Wasen ‘ die hängende (steile) Wiese ’ (Ferden), zer Klachten Wason ‘ bei der abgegrentzen Wiese ’ (1388, Täsch, mit schwer zu erklärendem Genus Feminin) und der Verborgu Waaso ‘ die verborgene Wiese ’ [= nicht sichtbare Weide, da im Wald verborgen] (Visperterminen). Vorangestellte Genitive sind: ts Grüebersch Wasu ‘ die Wiese der Familie Gruber ’ (Törbel), Hubers Wasen ‘ die Wiese der Familie Huber ’ (1519 u. später, Törbel), Jungstigo Wasma ‘ die Wiesen der Familie Jungsten / der Leute des Jungsten ’ (1726, Törbel), ts Martisch Wasu ‘ die Wiese des Martin / der Familie Marti ’ (Betten) und Muracherro Wasma ‘ die Wiesen der Leute vom Muracher ’ (1726, Törbel). Als Grundwort ist das HL in zweigliedrigen Komposita zunächst mit Baumnamen verbunden: Arbenwasen ‘ die Wiese bei den Arven ’ (1519, Visperterminen), Erilwase ‘ in den Wiesen bei den Erlen ’ (Eischoll), Herle Waso ‘ die Wiese bei den Erlen ’ (1300, Lalden) und Lerchwasen ‘ die Wiese bei den Lärchen ’ (1846, Obergesteln). Zumeist sind es, soweit erklärbar, naheliegende Fluren wie in der Äbmetwase ‘ die Wiese auf dem Äbmet (ebene Fläche) ’ (Reckingen), der Bitziwaso ‘ die Wiese beim eingezäunten Grundstück ’ (Visperterminen), der Kilchen Wassu ᵕ n ‘ die Wiese bei der Kirche ’ (1695, Visperterminen), der Fruttwase ‘ die Wiese auf der Alpe Frutt ’ (Gluringen), der Miliwase ‘ die Wiese beim Miliwald ’ (Obergesteln), der Muttjiwaso ‘ die Wiese beim Muttji ’ (Visperterminen), ufum Reschtiwaso ‘ auf der Weise bei der Resti (Raststelle) ’ (Ried-Brig), der Sällwaso ‘ die Wiese beim Sälli (kleiner Saal) ’ (St. Niklaus), der Schappuwase ‘ die Wiese bei der Schappelalpe ’ (Binn) und andere. Nicht alle Belege lassen sich sicher deuten; so liegt in der Spitzwase (Biel, Ritzingen, Selkingen) wohl ein spitzes Stück Wiese vor, der Stepfelwasu ‘ die Wiese mit Felstritten ’ (Randa) enthält wohl Felsspitzen, die wie Zaunstecken aussehen, Gäruwase ‘ die Wiesen mit Weissem Germer (V ERATRUM ALBUM ) ’ (Mund) enthält einen Pflanzennamen, und Erswaso (1307, Eischoll) entzieht sich der Deutung, ebenso wie der Leitschwaso ‘ die Wiesenstücke, die den Rotten zurück in sein Bett leiteten ’ (Eyholz), wobei die Deutung der Erklärung der Gwp. entspricht, also wohl sekundär ist. Einmal ist wohl ein Nutzer- oder Besitzername belegt: Guggerwase ‘ die Wiese der Familie Gugger / wo man den Kuckuck hört ’ (Mund). Vermutlich zu diesem HL sind die Diminutive in ts Mittloscht, ts Obroscht und ts Undroscht Alpwäschi ‘ das mittlere / oberste / unterste Wiesenstück auf der Alp ’ (Raron) zu stellen (und nicht zum HL W ÄSCHI ). Als Bestimmungswort kommt das HL mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita vor: Acher, Chumma, Flüö, Hooru, Joch, Licka, Stalde und Wald. Ein vermutlich verschriebener Name liegt in an dem Watzenriede (1304, St. Niklaus) vor; gemeint ist wohl Gasenried, da Watzenried sonst nicht belegt ist; allerdings steht im Dokument von 1304 klar Watzenried. 521 522 Wase <?page no="266"?> Die Adjektivableitung wasig, auch wasmig auf - IG meint ‘ mit Grasbewuchs versehen ’ ; sie kommt vor in vff der Wasigfluo ‘ auf der mit Gras bewachsenen Fluh ’ (1569, Glis), t Wasigu Flie ‘ die mit Gras bewachsenen Flühe ’ (Saas-Fee), t Wasmig Flüe ‘ die mit Gras bewachsene Fluh ’ (Staldenried), Wasigschucko ‘ der mit Gras bewachsene Fels ’ (1381, Stalden). Komplexer ist bis in di obreste Wassigo Flúo ‘ bis in die oberste mit Gras bewachsene Fluh ’ (1790, Embd, Törbel (gleicher Beleg)). Wässchgi Wässchgi n. ‘ die Wespe ’ ist zu schwdt. Wäspe n f., Wäspi n., ahd. wefs(a), mhd. wefse u. ä., wie nhd. Insektenbezeichnung ‘ Wespe ’ f. und wdt. Wäschbi, Wäggschi (Saastal), Wäschpin (Lötschental), Wäschggi n. ‘ Wespe ’ (I D . 16, 2155 ff.; G RICHTING 1998, 237) zu stellen. Belegt ist es als ts Wässchgi ‘ die Wespe (Dorfteil von Ried-Brig) ’ (Ried-Brig). Die Motivation ist unklar; ob eine Verballhornung von Wäsch ‘ Wäsche ’ vorliegt, ist unklar; I D . (16, 2082 ff.) gibt keinen Hinweis darauf. Einen Genitiv Plural weist der historische Beleg Weschgeroweng ‘ die Grasabhänge mit Wespen ’ (1589, Feschel) auf. Rein formal könnte auch ein FaN Wespi gemeint sein, der für das 19. Jahrhundert im Wallis bezeugt ist (NWWB 2, 248 f.), nicht aber früher. Er kommt deswegen kaum in Betracht. Unklar ist, ob Leute oder die Tiere gemeint sind. Eine Ableitung auf - ERA (S ONDEREGGER 1958, 471 ff.) ist in t Wäschpera ‘ das Wespennest ’ (Binn) enthalten, das nach Gwp. metaphorisch für einen runden Fels-Kopf verwendet wird, der einem Wespennest gleicht. G RICHTING (1998, 237) kennt die Formen Wäschggerna, Wäggscheru (Saastal), Wäschggära (Lötschtal), Wäschggärnu ‘ Wespennest ’ . Wasser Wasser n. ‘ das Wasser ’ ist zu schwdt. Wasser n., ahd. wazzar, mhd. wazzer, wesentlich wie nhd. und wdt. Wasser, Wassr (Lötschental), Wassär ‘ Wasser ’ (I D . 16, 1789 ff.; G RICHTING 1998, 237) in der Bedeutung ‘ fliessendes oder stehendes Gewässer, Wasserlauf ’ zu stellen. Häufig ist das Grundwort Wasser als ‘ Wasserleitung ’ zu verstehen (B ELLWALD / W ÜRTH 2006, Abschnitt 6.1.1.). Von den rund 700 Belegen betreffen rund 400 das Kompositum Wasserleita (cf. HL L EITA und den Eintrag W AS- SERLEITA (Verweis)). Komposita dieses Typs werden hier nicht gesondert behandelt. Das Simplex im Plural ist in Zwisched de Wasser ‘ zwischen den Wassern ’ (Binn) belegt, wo ein Stafel zwischen zwei Bächen gemeint ist, und in t Wassra ‘ das wasserreiche Gebiet ’ (Törbel) belegt. Plurale ohne Umlaut bezeichnen wasserreiche Gegenden, Quellen oder Felsen, über die Wasser strömt. Ein Diminutiv im Plural hat ze Wasserlinu ‘ bei den kleinen Wasserquellen ’ (Eisten). Attributive Adjektive zum Grundwort sind: ts Glinguwasser ‘ der klingende (tosende) Bach ’ (Fieschertal, LT Glingulwasser), ts Gross Wasser ‘ das grosse Wasser (Bach im Zwischbergental) ’ (Zwischbergen; J ORDAN (2006, 531) hat im Register dreimal Grossus Wassär), aus dem Hei=Wasser ‘ aus dem hohen Wasser ’ (1766, Ried-Brig; 1390 Heynwasser deutet aber darauf hin, dass hier nicht das HL HOCH , sondern Heyn vorliegt, das eventuell zum HL H EIM gestellt werden kann; dann läge hier kein Attribut, sondern ein Heimwasser vor, das später als hohes Wasser interpretiert wurde). Weitere Belege: Chalt Wasser ‘ das kalte Wasser ’ (Grächen), Chaltu Wasser ‘ das kalte Wasser ’ (Bürchen), bim Chaalte Wasser ‘ beim kalten Wasser ’ (Oberwald) und die Plurale t Chaaltu Wasser ‘ die kalten Wasser ’ (Ried-Brig, St. Niklaus), Chalti Wasser ‘ die kalten Wasser ’ (Grengiols). In Ried-Brig bildet sich hier ein eigentliches Namennest mit Chaltwassergletschter, Chaltwasserhitta, Chaltwasserpass, Chaltwasserseewji und Chaltwassertälli. Schwer zu verstehen ist das Partizip in ze Kcheerete Wasser ‘ zu den gekehrten Wassern ’ (Grengiols) zum Verb cheere, cheerä (Goms), cheern (Lötschtal), cheeru ‘ drehen, wenden ’ (G RICHTING 1998, 47), wo unklar ist, ob Cheerwasser oder umgekehrtes Wasser gemeint ist. Das sonst mehrfach belegte Cheerwasser ‘ Wasser, das von den Geteilen im Turnus (Kehr) gebraucht wurde ’ (Bitsch, Mühlebach, Naters, Niederwald) ist sonst als Terminus gebraucht und hier wohl am ehesten gemeint. im Lauw Waser ‘ im lauen Wasser ’ (1711, Mörel) ist nur einmal belegt, ebenso ts Lägund Wasser ‘ der eben hinfliessende Bach ’ (Embd) und aús dem Längiwasser ‘ aus dem Längiwasser (im Kontext wohl Wasserleitung) ’ (1763, Mörel). ts Mittelwasser ‘ die mittlere Wasserleitung ’ (Mund) steht neben ts Nider Wasser ‘ die untere Wasserleitung (unterer Teil des Miliwassers) ’ (Bratsch) und ts Ober Wasser ‘ die obere Wasserleitung ’ (Visperterminen), historisch als im Obren Wasser ‘ im oberen Wasser (wohl Wasserleitung) ’ (1763, Betten), vber daz Wasser ‘ über das Wasser ’ (1304, Törbel), wohl eine Wohnstätte, ts Unner Wasser ‘ die untere Wasserleitung ’ (Leuk) und die Siedlung Unnerwasser ‘ Unterwasser (gmeint ist: zwischen den Wassern) ’ (Oberwald, LT Unterwassern), resp. ts Unnerwassere (Oberwald, FLNK Unnerwassere). bim Waarme Wasser ‘ beim Warmen Wasser ’ (Blitzingen) und Warme Wasser (FLNK, Niederwald) stehen neben beim Schwarzen Wasser ‘ beim schwarzen Wasser ’ (1841, Baltschieder), di Treiffundu Wasser ‘ die triefenden Wasser ’ (Täsch) mit Partizip Präsens zum Verb trauffe n ‘ triefen ’ (I D . 14, 357 f.), Wiisswasser ‘ das Weisswasser (wohl Wasserleitung) ’ (Naters), ts Wiiswasser ‘ das Weisswasser (Talbach im Fieschertal) ’ Wässchgi 523 524 <?page no="267"?> (Fieschertal), Wysswasser ‘ das Weisswasser (Talbach im Fieschertal) ’ (LT, Fiesch; FLNK Wiiswasser) (es handelt sich in Fieschertal und Fiesch um den gleichen Bach), das Au ᵕ sser Wasser ‘ die äussere Wasserleitung ’ (1633, Martisberg). Ausser den Adjektiven Chaalt und Waarm und den Farbadjektiven Schwarz und Wiiss sind es vor allem die Lagebezeichnungen Ober, Mittel und Unner, die häufig vorkommen. Die übrigen Adjektive und Partizipien sind nur selten belegt. Vorangestellte Genitive des Besitzers oder Nutzers sind sehr selten und im Allgemeinen unsicher: jm Heÿden Wasser ‘ in der Wasserleitung der Heiden (vorgeschichtliche Bevölkerung) ’ (1611, Visperterminen; 1553 nur ex dem Heÿdenn), Beetschwasser ‘ der Bach / die Wasserleitung beim Gut des Peter (PN) ’ (Naters), Bremen Wasser (1306, Eggerberg) (ist wohl zum PN Bremo im Genitiv zu stellen), der Smido Wasser ‘ das Wasser der Schmiede / des Schmieds ’ (1307, Törbel), Visperro Wasser ‘ die Wasserleitung der Leute von Visp ’ (1309, Visperterminen; 1338 (lat.: sub aqueductu illorum de Vespia ‘ unter der Wasserleitung der Leute von Visp)). Häufig sind dagegen zweigliedrige Komposita mit dem HL als Grundwort. Der häufigste Fall sind Komposita, die den Ausgang- oder Zielort des bewässerten Gebietes angeben, wie z. B. ts Alpwasser ‘ das Wasser (Wasserleitung) aus der Alpe ’ (Mund), ts Eiuwasser ‘ die Wasserleitung zur Aue ’ (Randa), ts Flüewasser ‘ die Wasserleitung zur Fluh ’ (Randa), ts Furewasser ‘ die Wasserleitung zur Fura (Furche) ’ (Blitzingen) und viele andere. Tiernamen kommen nur sehr selten vor: Gaagguwasser ‘ das Wasser für die Krähen / Raben (unklar, auf LT kein Wasser erkennbar) ’ (Birgisch), ts Chalberwasser ‘ der Bach für die Kälber / mit Fadenwürmern (? ) ’ (Leukerbad), wohl eher nach der Chalberweid benannt, t Rosswasser ‘ die Wasser aus dem Rosszigji ’ (St. Niklaus). Auch Baumnamen finden sich, meist als Zielorte von Wasserleitungen: Hasulwasser ‘ der Bach beim Weiler Hasul (wo es Haselstauden hat) ’ (FLNK, Naters), ts Lärchwasser ‘ das Wasser zum Weiler Lärch ’ (Blitzingen), ts Roorwasser ‘ die Wasserleitung zum Rooracher (Acker beim Röhricht) ’ (Blitzingen), ts Stockenewasser ‘ die Wasserleitung zur Stockena (bestocktes Gebiet) ’ (Blitzingen). Wohl eine Tageszeit, zu der das Wasser dort floss, meinen ts Aabuwasser ‘ das abends genützte Wasser (Bach, Wasserleitung) ’ und Morguwasser ‘ das morgens genützte Wasser (Bach, Wasserleitung) ’ (beide Unterems); die Jahreszeit ist in beÿ dem Winterwasser ‘ das Wasser (Bach) auf der Schattseite (? ) ’ (Mund) belegt. Komplexere Konstruktionen sind nicht selten: ts Alt Diichilwasser ‘ die alte Wasserleitung in Holzkänneln ’ (Niedergesteln), Bacheggewasser ‘ die Wasserleitung an der Bachegge vorbei ’ (FLNK, Ulrichen), ts Baläggschgadewasser ‘ das Wasser für den Gaden (Stall) des Balägg (PN) / Balet (PN) ’ (Blitzingen), ts Chiebobmuwasser ‘ die Wasserleitung zum Gebiet Chiebobmu (Kühboden) ’ (Randa) und ts Unner Fliewasser ‘ das untere Wasser (Bach) bei den Flühen ’ (Saas-Grund) nebst vielen anderen. Als Bestimmungswort kommt das HL Wasser zunächst als Wasserfuor oder Wasserfuhr (sechs historische Belege) vor, das einer der selten gebrauchten Namen für Wasserleitungen ist (B ELLWALD / W ÜRTH 2006, 5.1.1). Weitere häufiger belegte Typen sind: der Wasserfall ‘ der Wasserfall ’ (Leukerbad und sechs weitere Belege), t Wasserfassig ‘ die Wasserfassung ’ (Zwischbergen und weitere drei Belege, die Fassung von Wasser für ein Kraftwerk), ts Wasserschloss ‘ das Wasserschloss ’ (Grächen und weitere drei Belege, Tunnel oder Druckleitung), t Wasserschlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung mit Wasser (Quellen) ’ (Obergesteln und fünf weitere Belege). Weitere Grundwörter sind: Balma, Bodu, Chrache, Chromu, Ägine, Galerii, Grabu, Hee (hoch, heej), Loch, Matta, Stei, Teil, Ture und Zubu. Eine mehrfach auftretende Ableitung ist Wässer, das wohl zum Verbum wässere n ‘ bewässern ’ zu stellen ist (I D . 18, 1648). Wässer tritt als Bestimmungswort mit den Grundwörtern Balma, Bodu, Flüe, Hee (hoch, heej), Matta, Mieta und Zug auf. Dazu kommt historisch Wessermatta ‘ die Wässerwiese ’ (1448 u. später, Termen). Wasserleita Wasserleita ‘ Wasserleitung ’ ist im ganzen Oberwallis belegt, aber unter den beiden HLL W ASSER und L EITA aufgeführt, da normalerweise Bestimmungs- und Grundwort getrennt werden. Wie B ELLWALD / W ÜRTH (2006) zeigen, gibt es eine Reihe von weiteren HLL im Bereich der künstlichen Bewässerung, etwa Bez, Biss, Fuor, Rüüs, Suon, Wärch, Wasser und Wuer, von denen einige auch andere Bedeutungen haben. Water (PN) Water (PN) ist nur belegt in Waters Bv ᵢ nda (1303, Eyholz). Der Name ist sonst unbekannt. Ein Verschreiber (statt Walter) ist nicht auszuschliessen; das Dokument hat aber klar Waters, also einen Genitiv zu Water. F ÖRSTEMANN (1, 1492) kennt den PN Wadard und verweist auf den Ortsnamen Waterdingen, das wohl im heutigen Watterdingen bei Tengen im Landkreis Konstanz belegt ist. Weiter kennt G R W B (27, 2583) Water als ‘ jemand, der watet ’ , betrachtet das Wort aber als selten. Für das Walliserdeutsche kommt es kaum in Frage, aber der PN könnte hier gebraucht worden sein. 525 526 Water (PN) <?page no="268"?> Watt Watt m. ist zu schwdt. Watt ‘ Grosse Menge (Schnee, Gras); Name für feuchte, sumpfige Orte bzw. seichte Stellen ’ ahd. und mhd. wat n. (I D . 16, 2208; G R W B 27, 2569, 69; BENB 1, 2, 170) zu stellen; G RICHTING (1998, 237) kennt es als Watteta, Wattätä (Goms), Wattuta (Mattertal), Wattäta (Lötschtal), Wattäta, auch Watti ‘ Menge (kniehoch) ’ . Belegt ist es in zer Watti ‘ bei der seichten Stelle über den Milibach ’ (Wiler) und 1301 in Unterbäch in Wolfs Lowatte ‘ der sumpfige (feuchte) Wald des Wolf ’ . Lowatte ist bestätigt; es handelt sich nicht um Lomatte. Vermutlich ist in Lowatte mit Lo das HL L OO ‘ Wald ’ gemeint, mit Wolf wohl ein PN. Wätter Wätter n. ‘ Wetter ’ ist zu schwdt. Wëtter n., ahd. wetar, mhd. wet(t)er und wdt. Wättr, Wättär ‘ Wetter, Unwetter, Gewitter ’ (I D . 16, 2244 ff.; G RICHTING 1998, 237) zu stellen. Belegt ist ein Diminutiv Plural t Wättrini ‘ die kleinen Wetter ’ (Naters); die Motivation dafür könnte sein, dass die Flur dem Unwetter ausgesetzt ist. Sonst ist das HL nur als Bestimmungswort belegt. t Wätterligga ‘ die Wetterlücke ’ (Blatten, LT Wetterlücke) ist nach dem Lauterbrunnen-Wetterhorn (Gipfelname) benannt. binner Wätterühr ‘ bei der Wetteruhr ’ (Ried-Mörel) ist nach der Wetterstation bei der Riederfurka benannt. ts Wätterhaltji ‘ die kleine Halde, die dem Wetter ausgesetzt ist ’ (Steg) ist eine steile Halde bei Steg (heute mit einer sich aufwärts windende Autostrasse bebaut, auf SK noch ausserhalb des Dorfes). In Gampel ist gleich zwei Mal belegt Leidi Wätterhaltu ‘ die Halde mit schlechtem Wetter ’ oder ‘ die unschöne (steile) Halde mit Unwetter ’ , je nachdem, ob das Kompositum als (Leid-Wätter) + (Haltu) oder als (Leidi) + (Wätterhaltu) verstanden wird. Wattschiere Wattschiere kommt als t Watschiere (Ergisch, FLNK gleich, 1: 10000 Ze Watschieru) vor. Die historischen Belege haben 1530 zum Wetschieren, 1728 im Watschier, 1759 zún Watschierú und 1805 zen Watschieren. Die Beschreibung sagt, es handle sich um Äcker, nur leicht ansteigend. Das Gebiet ist heute überwaldet, SK zeigt aber noch eine freie Fläche. Ein vermutlich verlesener Beleg von 1649 hat jm Walschier Acher. / l/ kann gut mit / t/ verwechselt werden, sodass angenommen werden darf, dass auch hier Watschier gemeint ist. Vermutlich handelt es sich ursprünglich um eine auf das frpr. patois zurückgehende kollektive Ableitung auf - ARIA (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288) zu frz. vache, frpr. vatse (vgl. T AGMANN 1946, 52), wohl mit der Bedeutung ‘ die Kuhweide ’ . Inhaltlich wurde diese Weide später Acker genannt. Waz (rom.) Waz (rom.) ist nur belegt in jn la Goliiriwaz (Salgesch). Da Goliiri lebend für Salgesch belegt ist (cf. HL G OLIIRI ), liegt wohl kein eigenständiges Lemma, sondern eine Ableitung zu Goliiri vor. Da schon Goliiri selbst eine Ableitung ist, wohl auf - ATORIA , käme eine weitere Ableitung hinzu, ev. auf - ACEA , die im Allgemeinen als pejorativ verstanden wird (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288), also etwa ‘ die wilde, steile Runse ’ . Aus der Schreibweise lässt sich das allerdings nicht sicher deuten. Waz Waz ist nur belegt in an den Wazgraben (1774, Naters; Präposition und Kasus konstruktionsbedingt). Während das Grundwort des Beleges klar ist, bleibt das Bestimmungswort Waz unklar. Es könnte zu schwd. Watz ‘ Mut, Unternehmungslust ’ (I D . 16, 2370) und wdt. Wazz ‘ Lust, Arbeitslust ’ (G RICHTING 1998, 237) gestellt werden, besser passt jedoch das Adj. watz ‘ lebendig, munter, gut aufgelegt ’ (I D . 16, 2370 ff.); dann wäre Wazgraben ein Graben mit einem lebendigen Bach. Diese Deutung ist allerdings unsicher. We We ist nur im Fall t Wedorna ‘ die Wehdornen (Sanddorn, Hippophaë rhamnoides) ’ (Grächen, auch FLNK) belegt. L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 294) erwähnen die Pflanze als Sanddorn. Unter dem Namen Wehdore ist sie bei S TEBLER (1928, 79) für Törbel auf der linken Seite der Matter Vispa (Grächen ist rechts davon) bezeugt. Zu schwdt. We ist wesentlich wie nhd. ‘ Weh ’ und wie dieses zu wdt. Wee ‘ Schmerz ’ (I D . 15, 37; G RICHTING 1998, 237)) zu stellen; Wêdorn ist in I D . (13, 1641) als Sanddorn erwähnt. Weger (FaN) Weger (FaN) ist zum FaN Weger, auch Weguer, Veger, Veguer geschrieben (AWWB 291), zu stellen, der im Goms vertreten ist. Die Belege by der Wu ᵕ geren Gabmen ‘ bei den Gaden der Familie Weger ’ (1588, Münster) und vnder der Wegeren Gadmen ‘ unter den Gaden der Familie Weger ’ (1575, Geschinen) enthalten einen vorangestellten Genitiv Plural; ob es sich um die gleiche Flur handelt, ist unsicher. bi ts Wägisch Acher ‘ beim Acker der Familie Weger ’ (Oberwald) enthält ebenfalls einen Genitiv Plural, aber von einem rückgebildeten Wägi zu Weger. Wegetten Wegetten ist nur historisch 1713 in Ried-Brig als in den Wegetten belegt. Die Flur (zwei Fischel Wiese) liegt laut Watt 527 528 <?page no="269"?> Dokument im Dorfteil in der Gassen. Es dürfte sich um eine Ableitung auf - ETA (schwdt. - ETE , vgl. S ONDEREGGER 1958, 482 f.) handeln, das eine gewisse Menge von etwas bezeichnet. Das Ausgangswort ist wohl schwdt. Wëg ‘ Weg ’ und wdt. Wäg, Wääg (Lötschtal) ‘ Weg ’ (I D . 15, 774 ff.; G RICHTING 1998, 236). Eine ähnliche Bildung hat T HELER (1995) im Titel eines Haiku-Bandes: Wäglätä - Fusswege. Der Name ist also zu deuten als ‘ im Gebiet mit vielen Wegen ’ . Ein Zusammenhang mit schwdt. Wäggete n f. wesentlich wie Wëgete n , Abstraktum zu wëgen ‘ das Gewicht von etwas festlegen, mit Hilfe einer Waage wiegen ’ (I D . 15, 990, 938, 902 f.) liegt kaum vor, auch wenn die lautliche Form dem Namen entspricht. Wegg Wegg kommt nur einmal in Isenwegg (Ried-Brig) ‘ Eisenwegg ’ vor. Es ist zu ī se n -Wegge n (I D . 15, 1000) zu stellen: ‘ Keil zum Spalten von Holz und Steinen ’ . Der Name bezeichnet einen Vorsprung am Wasenhorn; namengebend ist die Form, die einem Isenwegg gleicht. Das Lemma ist auch bei R ÜBEL (1950, 43) ‘ Weggen ’ für ‘ Holzkeile ’ und als wdt. Wegg, Wegga, Wägg (Leuker Berge), Weggu (G RICHTING 1998, 237) als ‘ Keil, grösseres Stück ’ verzeichnet. Wegse Wegse ist nur 1391 in Stalden als Wegsematta belegt. Der Beleg ist unsicher. Am ehesten könnte eine umgestellte Form zu schwdt. Wäspe n wie nhd. Wespe, wdt. Wäschbi, Wäggschi (Saastal), Wäschpin (Lötschtal), Wäschggi ‘ Wespe, Person (unberechenbare) ’ (I D . 16, 2155; G RICH- TING 1998, 237) gemeint sein, vgl. Wepse (G R W B 29, 71 mit Verweis auf Wespe (G R W B 29, 604 ff.) und HL W ÄSSCHGI . Die (unsichere) Deutung wäre dann ‘ die Wiese mit Wespen ’ . Weibel Weibel m. ‘ Weibel ’ ist zu schwdt. Weibel, Weibil, Weibul m. ‘ mit Administrativaufgaben Betrauter im öffentlichen Bereich, untergeordneter Beamte, Gerichtsbote ’ , ahd. weibil, mhd. weibel (I D . 15, 109 ff.; G R WB 28, 377, 71) zu stellen. Das HL ist nur einmal belegt in ts Weibelsch Eie ‘ die Aue des Weibels ’ (Geschinen); gemeint ist wohl ein Stück Land, das der Weibel als Amtsträger (hier wohl ein Gerichtsbote) nutzen durfte. Zum Funktionsträger und zum FaN Sautier vgl. HL S AUTIER . Weid Weid f. ‘ Weide ’ ist zu schwdt. Weid f., ahd. weida, mhd. weide, wesentlich wie nhd. ‘ Weide, Gras- und Futterland für das Vieh, Futterplatz für Tiere ’ und wdt. Weida, Weidä (Goms), Weid, Weidu ‘ Voralpe ’ (I D . 15, 499 ff.; G RICHTING 1998, 237) zu stellen. R ÜBEL (1950, 66) macht deutlich, dass in Goms und Östlich-Raron Wet, sonst Weida (beide vereinfacht) verwendet wird. Die Bedeutungsangabe ‘ Voralpe ’ bei G RICHTING (1998, 237) bezieht sich laut R ÜBEL (1950, 81) als Wet auf Betten, Binn und Ernen, als Weida auf Lalden, Bürchen, Eischoll, Turtmann, Ergisch, Ems und Leuk (wobei R ÜBEL etwa die Hälfte der Gemeinden untersucht hat; SDS (6, 77 das Maiensäss) zeigt eine ähnliche Verteilung). In der Datenbank findet sich die monophthongierte Form Wet zwar nicht; in den phonetischen Notationen ist jedoch der zweite Teil des Diphthongs häufig reduziert. Der Explorator M. S. stammte aus dem Lötschental und war in Brig tätig, sodass er Monophthongierungen zurückhaltend notierte. Unklar ist weiter, ob im Singular das endungslose Weid oder die Form Weida / Weidu mit einer Endung auftreten; auch I D . notiert beides. Wenn die Begleiter des Substantivs (Artikel, Attribute) Kasus und Numerus klar machen, wird in der Deutung nach Möglichkeit darauf Bezug genommen; das ist aber nicht immer möglich, da (a) FLNK-Belege normalerweise keinen Artikel aufweisen, und (b) historische Belege wie in der Weiden vs. in den Weiden keinen Rückschluss auf die dialektale Form zulassen. Das HL kommt in rund 440 Namen vor, die hier nicht alle behandelt werden können. Das Simplex ist im Singular als t Weid (Fieschertal, Geschinen, Steinhaus) und t Weit (Obergesteln) notiert, überall mit reduziertem / i/ . In Blatten kommen hinder der Weid und uf der Weid vor. Historisch sind in der Weidt (1707, Oberwald, beÿ der Weÿden (1628, Münster), in der Weiden (1661, Saas-Fee), vnder der Weÿden (1620, St. Niklaus; FLNK Weidji) belegt; die historischen Belege des Typs Weiden sind hochdeutsch beeinflusst. Das Simplex im Plural weist den Typ t Weide (Reckingen, mit auslautendem Schwa), t Weide (Hohtenn, mit auslautendem / e/ ), t Weidä (Ferden, Gampel), ine Weide (Martisberg, mit auslautendem Schwa) auf. Historisch erscheinen in den Weiden (1863, Greich; 1727, Naters), ob den Weiden (1823 u. später, Bellwald). Unklar in Bezug auf den Numerus sind Weide (FLNK, Betten; vermutlich Plural) und Weiden (SK, Bürchen; heute überbaut). Diminutive des Simplex im Singular sind: ts Weiderli (Eggerberg, Niedergesteln), im Weiderli (1820, Steg) (wobei die / -er-/ -Erweiterung zu Weiderra (vgl. unten) gehören kann), Weidji (FLNK, Birgisch; FLNK, Grächen; FLNK, St. Niklaus), im Weitgÿ (1824, Bellwald; 1824 auch im Weitÿi). Diminutive des Simplex im Plural sind: t Weiderlini (Hohtenn), Weidjini (FLNK, Bratsch; FLNK, Gampel), t Weidjini (Baltschieder, Bratsch), t Weitgini (Ulrichen), t Weitjini (Naters). 529 530 Weid <?page no="270"?> Attributive Adjektive oder Partizipien mit dem HL in zweigliedrigen Konstruktionen sind: di Gross Weid ‘ die grosse Weide ’ (Ferden), in der Grossen Weiden ‘ in der grossen Weide ’ (1746, Grächen), di Grossu Weidä ‘ die grossen Weiden ’ (Wiler), t Hertu Weide ‘ die harten Weiden ’ (Eggerberg), ts Hibsch Weidji ‘ die hübsche kleine Weide ’ (Oberems), ts Hipsch Weitji ‘ die hübsche kleine Weide ’ (Naters), t Indru Weidä ‘ die inneren (taleinwärts liegenden) Weiden ’ (Gampel), t Chleinu Weidjini ‘ die kleinen Weiden ’ (Leuk), ts Leid Weidji ‘ die hässliche kleine Weide ’ (Oberems), t Lenne Weide ‘ die langen Weiden ’ (Bellwald, FLNK Lenge Weide), Lägundi Weida ‘ die ebene Weide ’ (FLNK, Bürchen), ts Läng Weidi ‘ die lange kleine Weide ’ (Oberems; FLNK Längweidji), t Niiw Weid ‘ die neue Weide ’ (Kippel), t Ober Weid ‘ die obere Weide ’ (Ulrichen), di Pmei Weid ‘ die gemeinsame Weide (von zwei Alpen) ’ (Selkingen), di Pschissi Weid ‘ die minderwertige Weide ’ (Ferden), ts Stotzund Weidji ‘ die kleine, steile Weide ’ (Albinen, Naters), t Stotzänd Weid ‘ die steile Weide ’ (Wiler), t Stuidig Weid ‘ die Weide mit Stauden (heute wohl Wald) ’ (Kippel), t Unner Weid ‘ die untere Weide ’ (Ulrichen), Vodru Weidä ‘ die vorderen (talauswärts liegenden) Weiden ’ (Gampel) und ts Wiiss Weidji ‘ die kleine weisse Weide ’ (Raron; LT Wyssweidji). Vorangestellte Genitive (heute als Adjektive verstandene alte Genitive auf - ER nicht erwähnt) zum HL sind: der Feliseren Weid (1734, Agarn; 1734, Leuk) ‘ die Weide der Familie Feliser ’ , z Fransch Weidu ‘ die Weide des Franz ’ (FLNK, Gampel), Furrisch Weid ‘ die Weide der Familie Furrer ’ (FLNK, Saas-Balen), ts Fäderlisch Weid ‘ die Weide der Familie Schmidt mit dem Beinamen ts Fäderlisch ’ (Grengiols), ts Gieschersch Weidu ‘ die Weide des Mannes aus Giesch (Weiler von Hohtenn) ’ (Hohtenn), ts Hans Baiartsch Weidu ‘ die Weide des Hans Bayard ’ (Leuk), t Hirrlisch Weid ‘ die Weide der Familie Hirili ’ (Ferden), ts Hirrlisch Weidji ‘ die Weide der Familie Hirili ’ (Gampel) (die beiden Namen bezeichnen die gleiche Flur), ts Hüetersch Weiderli ‘ die kleine Weide der Familie Hüeter / des Hüters ’ (Niedergesteln), Chräjigsch Weid ‘ die Weide der Familie Kräig ’ (FLNK, Ernen), Kummersweida ‘ die Weide der Familie Kummer ’ (1676, Oberems), ts Lengusch Weidu ‘ die Weide der Familie Lengen ’ (Hohtenn), ts Leetschisch Weidu ‘ die Weide des Lötschentalers ’ (Hohtenn; Besitzer war ein Kalbermatten aus Lötschen), ts Lidnerschweidu ‘ die Weide eines Mannes aus Lidu (auf dem Spiblielapji) ’ , i Ludischweid ‘ in der Weide des Ludi ’ (Wiler), ts Lärchisch Weid ‘ die Weide der Familie Lerjen (laut Gwp. Lärchisch Weid, da FaN Lerjen nicht bekannt, sonst auch Lärjisch Weid) ’ (Fiesch; FLNK Läärgischweid), ts Lärjisch Weid ‘ die Weide der Familie Lerjen ’ (Fiesch, siehe vorausgehenden Namen), Mascheresweyd ‘ die Weide der Familie Macheri / Macherel ’ (1670, Guttet), t Morellschweid ‘ die Weide der Familie Morell ’ (Kippel), Niglas Weidlin ‘ die kleine Weide des Nikolaus ’ (1821, Kippel; unsicher, ob Genitiv oder Zusammensetzung), ts Batischtsch Weidu ‘ die Weide des Baptist ’ (Gampel), ts Beegersch Weidji ‘ die kleine Weide der Familie Beeger ’ (Leukerbad), ts Biezisch Weid ‘ die Weide der Familie mit dem Beinamen Biezi (Näher oder Näherin) ’ (Oberwald), ts Bitschisch Weidji ‘ die kleine Weide der Familie Bitschin ’ (Ergisch), ts Bobmersch Weidu ‘ die Weide der Familie Bodmer ’ (Hohtenn), ts Bodisch Weid ‘ die Weide der Familie mit dem Beinamen Bodi ’ (Steinhaus), Borters Weÿdt ‘ die Weide der Familie Borter ’ (1753, Fiesch), ts Poschtrafisch Weidu ‘ die Weide des Postrafi (Raphael von der Post) ’ (Gampel), Profässersch Weid ‘ die Weide des Professors (vermutlich Lehrer am Kollegium Spiritus Sanctus in Brig) ’ (FLNK, Ernen), ts Bundesweitji ‘ die kleine Weide des Bundes (Schweizerische Bundesbahnen) ’ (Naters), ts Pärrigsch Weidu ‘ die Weide der Familie Perrig ’ (Hohtenn), ts Riedisch Weid ‘ die Weide der Familie Riedi / des Rudolf ’ (Steinhaus), ts Schinnerlisch Weid ‘ die Weide der Familie Schiner (Diminutiv für Männer der Familie Schiner) ’ (Ernen), die Schnegen Weidt ‘ die Weide mit Schnecken ’ (1824, Binn; unsicher), ts Staaldersch Weidu ‘ die Weide der Familie Stalder / der Leute vom Stalden ’ (Ergisch), ts Schteinersch Weidu ‘ die Weide der Familie Steiner ’ (Hohtenn), ts Volkegregorsch Weid ‘ die Weide des Gregor Volken ’ (Grengiols), ts Waroniersch Weid ‘ die Weide der Familie Varonier ’ (Leukerbad), Willigen Weÿd ‘ die Weide der Leute des Willa / der Familie Willa ’ (17? ? , Leuk), ts Xaaversch Weidu ‘ die Weide des Xaver ’ (Gampel) und t Äggschweid ‘ die Weide der Familie Eggs ’ (Niederwald; unsicher, ob Genitiv oder Kompositum). Komplexer sind Finnero Härte Weiden ‘ die harten Weiden der Leute von Finnen (Weiler von Eggerberg) ’ (1788, Mund) und von der Mauren Zschampigen Abentweÿdt ‘ von der Abendweide des Moritz Tschampen ’ (1714, Binn). Diese hohe Zahl an vorangestellten Genitiven mit Besitzernamen zeigt, dass Weiden häufig Privatbesitz waren. Die Formen auf - ER (sofern alte Genitive) werden hier gesondert erwähnt: t Eggerweid ‘ die Weide bei der Ecke ’ (Obergesteln; kann auch die Bewohner der Egge meinen), di Guiferweid ‘ die Weide bei den Guifrä (Abgrund) ’ (Ferden), Haslerweidä ‘ die Weide der Familie Hasler / Imhasly ’ (FLNK, Blatten), t Haslärweidu ‘ die Weide der Familie Hasler / Imhasly ’ (Gampel) (die beiden Fluren sind nicht am gleichen Ort), Hinnri Rufinerweid ‘ der hintere Teil der Weide der Familie Rufiner ’ (FLNK, Leukerbad), die Laxer Weiden ‘ die Weiden, die zu Lax gehören ’ (1849, Martisberg), die Bieler Weiden ‘ die Weide im Bereich Biel (Hügel) ’ (1779, Ergisch), das Bielerweidlein ‘ die kleine Weide im Bereich Biel (Hügel) ’ (1776, Weid 531 532 <?page no="271"?> Ergisch), Bistetterweid ‘ die Weide der Familie Bistetter ’ (FLNK, Bellwald), in Brigger Weiden ‘ auf der Weide der Familie Brigger ’ (1786, Niedergesteln), Burgerweide ‘ die Weide, die den Burgern gehört ’ (LT, Eggerberg), t Schreeter Weide ‘ die Weiden der Familie Schröter ’ (Eischoll), Seilerweid ‘ die Weide der Familie Seiler ’ (FLNK, Blitzingen), die Seilerweide ‘ die Weide der Familie Seiler ’ (1927, Eischoll), Seematter Weiden ‘ die Weiden der Familie Seematter ’ (1772, Oberems), beÿ der Dieperweid ‘ bei der Weide der Leute des Diebold / der Familie Diebold ’ (1810, Feschel; 1810, Guttet), di Zuberweidu ‘ die Weide der Familie Zuber ’ (Gampel) (auch hier kann ein Kompositum vorliegen). Als Grundwort ist das HL in zweigliedrigen Komposita sehr häufig; einige davon sind im I D . (15, 508 ff.) belegt; um den Artikel zu entlasten, werden sie hier nicht einzeln aufgeführt. Oft vertreten sind Tiernamen: t Eschilweid ‘ die Weide für die Esel ’ (Eggerberg), t Feeweide ‘ die Weiden für das Vieh ’ (Selkingen) und eine Reihe von weiteren Belegen vom Typ Fieweide ‘ Weide für das Vieh ’ , Vieweide ‘ Weide für das Vieh ’ usw., wobei das Appellativ sogar latinisiert als vieweidarum (1337, Täsch; Genitiv Plural), vieweÿdas (1392, Ried-Brig; Akkusativ Plural), vieweida (1522, Eischoll, Nominativ Singular), vieweidiam (1672, Filet) usw. erscheint, Chalberweid ‘ die Weide für die Kälber ’ (FLNK, Oberwald und rund 18 weitere Belege mit teilweise anderen Formen), t Geisweid ‘ die Weide für die Ziegen ’ (Grengiols, Lax), die Geÿssweÿdt ‘ die Weide für die Ziegen ’ (1718, Mühlebach), t Gitziweid ‘ die Weide für die kleinen Ziegen ’ (Steinhaus), t Kchieweide ‘ die Weiden für die Kühe ’ (Bratsch), Kieweiden ‘ die Weiden für die Kühe ’ (1679 u. später, Ried-Mörel; 1716, Visp), t Kchueweide ‘ die Weiden für die Kühe ’ (Greich), Ku ͦ weidon ‘ die Weiden für die Kühe ’ (1424, Baltschieder; 1424 Eggerberg), t Maadriweid ‘ die Weiden mit Mardern ’ (Leukerbad), die Mehre Weith ‘ die Weide für die Mähren (Stuten) ’ (1792, Ernen), t Oggsuweida ‘ die Weiden für die Ochsen ’ (Törbel), dv ᵢ Ochsenweyda ‘ die Weide für die Ochsen ’ (1307, Visperterminen), Rossweid ‘ die Weide für die Pferde ’ (FLNK, Lax und weitere vier Belege), in der Schaafweid ‘ in der Weide für die Schafe ’ (1784, Leuk). Unsicher ist t Füolweid ‘ die Weide mit Veilchen / die Weide für die Fohlen ’ (Zeneggen), wo Gwp. auf <füolini> ‘ Veilchen ’ verweist, allerdings hat I D . keine der beiden Formen. Im Zusammenhang mit dem Vieh steht auch der Typ t Etzweid ‘ die Weide mit Viehfutter ’ (Niederwald und fünf weitere Belege). Eine zweite Konstruktion umfasst Komposita mit dem einfachen Besitzernamen als Bestimmungswort: ts Annaweidji ‘ die kleine Weide der Anna ’ (FLNK, Erschmatt), t Friiandweidu ‘ die Weide der Familie Friand ’ (Gampel), t Hermaweid ‘ die Weide der Familie Hermann ’ (Albinen), t Hoiriweid ‘ die Weide des Hoiri (streitbarer Mann) ’ (Ferden), t Höüriweidu ‘ die Weide der Familie Roth mit dem Beinamen <ts Höüri> ’ (Gampel) (die beiden Namen bezeichnen die gleiche Flur), Joopi Weid ‘ die Weide des Joopi (wohl Beiname) ’ (FLNK, Bellwald), t Kaschtlaweid ‘ die Weide des Kastlans (laut Gwp Amt eines früheren Eigentümers) ’ (Leukerbad), Chräjigweid ‘ die Weide der Familie Kräig ’ (FLNK, Fiesch), t Maartigweidu ‘ die Weide der Familie Martig ’ (Gampel), di Pfarrweidu ‘ die Weide, die der Pfarrei gehört ’ (Leuk), di Pfruändweid ‘ die Weide, deren Erträge dem Pfründer zu Gute kommen ’ (Wiler), in Brigger Weiden ‘ auf der Weide der Familie Brigger ’ (Niedergesteln), di Bruttingweid ‘ die Weide der Familie Bruttin ’ (Leukerbad), Ribordiweid ‘ die Weide der Familie Ribordi ’ (FLNK, Leukerbad), ts (e)Riediweidji ‘ die kleine Weide des Rudolf / der Familie Riedi ’ (Leukerbad), t Sigruschtuweid ‘ die Weide des Sigrists (Sakristans) ’ (Kippel), Stufel=Weid ‘ die Weide des Stoffel / der Familie Stoffel ’ (1596, Ulrichen), Stúffelweit ‘ die Weide des Stoffel / der Familie Stoffel ’ (1712, Oberwald), Tonium Weiden ‘ die Weide des Anton (unsicher wegen der Namenform) ’ (1674, Eischoll), di Tschändruweida ‘ die Weide der Familie Gendraux (Gendroz? ) ’ (Grächen), Werraweidu ‘ die Weide der Familie Werra (beim Wärruwald) ’ (Leuk), t Wilaweid ‘ die Weide der Familie Willa ’ (Leukerbad), t Willuweidu ‘ die Weide der Familie Willa ’ (Oberems). Eine weitere Konstruktion gibt Zeiten an: t Aabeweid ‘ die Abendweid (Weide, auf die das Vieh abends zum Ätzen getrieben wird) ’ (Ernen und zehn weitere Gemeinden, teilweise historisch) ist die Weide auf der Alpe, die abends benützt wird. Das Gegenstück ist t Morgeweid ‘ die Morgenweide (die Weide, auf die das Vieh am Morgen zum Ätzen getrieben wurde) ’ (Fieschertal und zwei weitere Gemeinden). Weiter ist belegt: t Öugschteweid ‘ die Weide im Monat August (wegen der Lawinengefahr erst im August beweidet) ’ (Oberwald) und t Üsstagweide ‘ die Austagsweiden (Frühjahrsweiden, die früh genutzt wurden) ’ (Saas-Almagell). Indirekt ist die Zeitangabe in t Mässweide ‘ die Weiden, wo der Milchertrag der Kühe gemessen wurde ’ (Täsch und zehn weitere Gemeinden), wobei die Weide für die Kühe benützt wurde, deren Milchertrag man messen wollte, um den Alpnutzen unter die Geteilen zu verteilen. Ein häufig vertretener Typ bezeichnet im Bestimmungswort eine nahegelegene Flur. Einige Beispiele: t Eggweide ‘ die Weiden bei der Ecke ’ (Bürchen), t Eiuweide ‘ die Weiden im Auengebiet ’ (Oberems), ts Glaabinuweidji ‘ die kleine Weide bei der Alpe Glaabinu ’ (Leukerbad), Griinweidä ‘ die Weiden beim Griin (wo umgehauene Baumstämme herumliegen) ’ (Blatten), t Heejiweide ‘ die Weiden auf der Höhe ’ (Oberems), t Chel- 533 534 Weid <?page no="272"?> luweidä ‘ die Weiden bei den Chellä (kellenförmiges Gebiet) ’ (Wiler) und viele andere mehr. Isoliert ist t Üsweid ‘ die Ausweide (ehemalige Alpweide) ’ (Fieschertal), steil und glatt, heute nicht mehr benützt. Einige Konstruktionen sind schwierig zu deuten, auch wenn sie eigentlich klar sind, so etwa t Krizweid ‘ die Chrizweid (Weide beim Kreuz; mangels Koordinaten unklar) ’ (Bellwald), wo die Gwp. sagt, man habe jedes Jahr die weggeschwemmten Wege neu machen müssen, das sei ein <Kreuz> gewesen. Diese Deutung kann wohl nur volksetymologisch verstanden werden; sonst ist die Motivation entweder ein Kreuzbild, ein Kreuzweg oder ein Wegkreuz. t Leerchweid ‘ die Weide mit Lärchen ’ (Feschel) enthält zwar ein geläufiges Leerch ‘ Lärchen ’ , aber es ist unklar, ob sich die Weide bei den Lärchen befindet, oder ob auf der Weide Lärchen sind. Im Fall von in Lissen Weid ‘ in der Weide mit Lischengras (unsicher) ’ (1824, Bellwald) ist unklar, ob hier das Nomen Lischa ‘ Lischengras ’ vertreten ist oder nicht. Ein rätselhafter Name ist Salweide (Oberems) mit t Obru und t Undru Salweide (beide Oberems, LT Obri und Undri Salweide). Der Baum Salweide hat im Dialekt ein langes / i/ : Salwiidu ‘ die Salweide ’ ; das HL W EID wird hier als Weidu, Pl. Weide ausgesprochen; die Deutung muss also ‘ die Weide mit Salweiden ’ usw. lauten; dass der Weidenbaum als Widu erscheint, zeigt der Name Widubrunnu ‘ die Quelle / der Brunnen bei der (Sal-)Weide (Dorfteil von Oberems) ’ . Mehrgliedrige Bestimmungswörter sind ebenfalls mehrfach vorhanden, so etwa t Alpligstägweid ‘ die Weide beim Steg (über den Dornbach) von Alpligen (kleine Alp) ’ (Ferden), t Fierabundweid ‘ die Weide, auf die das Vieh am Feierabend getrieben wurde ’ (Saas-Almagell), t Fischbiälweidä ‘ die Weiden beim Fischbiäl (Hügel in Fischform? ) ’ (Wiler), t Färdanbachweidä ‘ die Weiden bei der Mündung des Färdanbachs in die Lonza ’ (Ferden), t Hostattweidjini ‘ die kleinen Weiden bei der Hofstatt ’ (Unterems), Jägithierweidli ‘ die kleine Weide für die Tiere (Gemsen) in der Jegi (Jagdgebiet, Felsbänder) ’ (SK, Baltschieder) und t Ladstägabeweide ‘ die Abendweiden (Weiden, auf die das Vieh abends zum Ätzen getrieben wurde) beim Ladstäg (Steg über die Ägene auf der Alpe Lad) ’ (Ulrichen) und andere mehr. Tiere und ihre Höhlen spielen in t Murmdlochweidä ‘ die Weiden mit dem Murmdloch (Höhle von Murmeltieren) ’ (Wiler), t Schärmüseweid ‘ die Weide mit Maulwurfhügeln ’ (Reckingen) und Scherenmausi-Weid ‘ die Weide mit Maulwurfshügeln ’ (1899, Münster) eine Rolle. Es gibt auch attributive Adjektive mit solchen Konstruktionen: t Hinnri und t Voodri Rufinerweid ‘ der hintere und der vordere Teil der Weide der Familie Rufiner ’ (Leukerbad), t Obere und t Unnere Mäsweide ‘ die oberen und die unteren Weiden, wo der Milchertrag der Kühe gemessen wurde ’ (Oberwald) und andere mehr. Als Bestimmungswort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern vor: Acher, Bodu, Los, Rüüs, Schiir, Stafel, Wäg und Wald. Komplexere Konstruktionen sind etwa: der Fooder und der Inner Weiduhubil ‘ der vordere und der innere Hügel bei der Weide ’ (Gampel), der Chalberweidhubil ‘ die Hügel im Gebiet Chalberweid (Weide für die Kälber) ’ (Erschmatt), t Chalberweidtolu ‘ die Mulde bei der Chalberweid (Weide für die Kälber) ’ (Erschmatt), ts Chalberweidtrogji ‘ der kleine Trog bei der Weide für die Kälber ’ (Gampel), der Mittluscht, der Obruscht und der Undruscht Chalberweidbodu ‘ der mittlere, der obere und der untere Boden bei der Kälberweide ’ (Gampel) und andere mehr. In Ausserberg, Baltschieder, Eggerberg und Niedergesteln, Raron kommt die Ableitung t Weiderra, teilweise mit zusätzlichen Bestimmungswörtern vor. Die Ableitung - ERRA ist vergleichbar der schwdt. Ableitung auf - ERE (S ONDEREGGER 1958, 471 f.) und meint etwas, das in grosser Menge vorhanden ist; in unserem Kontext ist also wohl ‘ das Gebiet mit Weiden ’ gemeint. Belegt sind neben dem Simplex t Weiderra ‘ das Gebiet mit Weiden ’ (Ausserberg, Baltschieder) auch t Chummuweiderre ‘ das Gebiet mit Weiden bei den Chumme (Mulden) ’ (Niedergesteln), di Bälweiderre ‘ die Gebiete mit Weiden beim Bäll ’ (Niedergesteln) mit t Obrun Bälwederre ‘ die oberen Gebiete mit Weiden beim Bäll ’ und di Bällweiderrungassu ‘ die Gasse, die zu den Bällweiderren (Weiden bei Bäll) führt ’ (beide Niedergesteln), t Eichweiderre ‘ die Gebiete mit Weiden beim Eich ’ (Raron), t (e)Reftweiderre ‘ die Gebiete mit Weiden am Ranft (Abhang) ’ (Niedergesteln), t Schallbettweiderre ‘ die Gebiet mit Weiden beim Schallbett (steiler Grashang) ’ (Eggerberg), di Dirriweiderra ‘ die dürren Gebiete mit Weiden (keine Koordinaten) ’ (Eggerberg) und t Wangweiderra ‘ das Gebiet mit Weiden beim Grasabhang ’ (Eggerberg). Weilti Weilti ist nur 1732 in Saas-Fee als in der Weilti belegt. Es handelt sich um den Wohnort eines Peter Jmseng. Der Flurname ist eine hyperkorrekte Schreibung für den Ortsteil Wildi ‘ der wilde, unfruchtbare Ort ’ in Saas-Fee (cf. HL W ILD ). Der Flurname enthält eigentlich kein langes / i: / in der ersten Silbe, wie es normalerweise für die nhd. Diphthongierung erforderlich wäre; es wurde aber hier trotzdem zu {ei} diphthongiert. Weisiiri Weisiiri ist nur als ts Weisiri ‘ das unproduktive Gelände ’ (Varen, auch FLNK und LT) belegt. Historische Belege seit 1667 haben in Veisieri usw.; ein Beleg von 1771 in der Weilti 535 536 <?page no="273"?> Wiriri ist wohl verschrieben. Der Flurname kann zu frpr. Veisi / Veigi ‘ Pâturage improductif, pré maigre ’ gestellt werden (B RIDEL 1866, 400 s. v. Vaisi; B OSSARD / C HAVAN 2006, 244). Es wird zu lat. VACIVU ‘ vide ’ gestellt. Die Endung geht auf kollektives - ARIA (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288) zurück, also insgesamt auf VACIVARIA . Das heutige dt. Genus Neutrum folgt aus der Kollektivableitung. Weisiiri ist das ‘ unproduktive Gelände ’ , das als Weinberg dient. Ebenfalls in Varen belegt ist der Weisiiriwäg ‘ der Weg vom / zum Weisiiri (unproduktives Gelände) ’ . Weissbrodt (FaN) Ob der FaN Weissbrodt, Weissbrod (I D . 5, 989) in den Belegen t Wiissbrodmatta ‘ die Wiese der Familie Weissbrod / Wyssbrod ’ (Simplon) und der Wiissbrodtschugge ‘ der Felsen der Familie Weissbrot / Wyssbrod ’ (Mund) oder ob, wie die Gwpp. sagen, die beiden Grundstücke ‘ für ein Weissbrot ’ verkauft wurden, lässt sich nicht entscheiden. Der FaN ist im Wallis wegen der Einbürgerung einer Familie aus Hamburg in Sitten und Glis belegt (NWWB 2, 246) und heute an mehreren Oberwalliser Orten belegt. Weissen (FaN) Der FaN Weissen, historisch auch Wyssen, Wiso, Wysso, Wischen, Wyss, Wissen (AWWB 297) wird in einer verhochdeutschten Form Weissen (gilt für die Familien in Unterbäch) und in einer dialektnahen Wyss / Wyssen verwendet. Die ebenfalls zitierte Form Wischen geht wohl eher auf Wischo ‘ Gerichtsdiener ’ zurück (cf. HL W ISCHO ). Nicht alle Belege sind sicher FaN, da auch der Farbname für ‘ weiss ’ belegt ist. Die Form Wiissigo etc. ist ein Genitiv Plural zu einer kollektiven - IG -Ableitung mit der Bedeutung ‘ die Leute des Weissen / Wyssen ’ . Als Simplex kommt der Plural Wiissine (auf der Siegfriedkarte Wissigen) in Unterbäch vor - es handelt sich um den Dorfteil, in dem die Weissen (FaN) wohnten. Dazu gibt es die Adjektivbildung t Undru Wiissine ‘ die unteren (tiefer gelegenen) Güter der Familie Weissen ’ . Als Bestimmungswort ist Wissi ‘ Weissen (FaN) ’ in Unterbäch mit den Grundwörtern Biel, Bode, Gaarte, Matta vertreten. Vermutlich gehören auch ts Wiissu Schiirli ‘ die kleine Scheuer der Familie Weissen ’ und ts Wissinustuckji ‘ das kleine Landstück bei Wissinen ’ (beide Unterbäch) hierzu. Der erwähnte Genitiv Wiissigo erscheint nur einmal als Simplex (1651, Bürchen) und ist sonst zu den Grundwörtern Spicher (undatiert, Bitsch), Wald (sÿluam, 1643, Naters), Wälder (Saas-Almagell), Biel, Eggen (beide Ausserberg) und Matten (1720 u. später, Bratsch) zu stellen. Beim Beleg auf Weissigen Eggen ‘ auf der Ecke der Familie Weissen ’ (1766, Raron) erscheint der FaN verhochdeutscht. Weiz Weiz m. ‘ Weizen ’ ist zu schwdt. Weize n , Weiz m. wie nhd. Getreideart ‘ (Saat-)Weizen ’ , ahd. hweizi, weizi, mhd. weize, weizze, weiz m. und wdt. Weiz, Weiza (Mattertal), Weizo (Schattenberge), Weizn (Lötschtal), Weizu (I D . 16, 1890 ff.; G R W B 28, 1323, 44; G RICHTING 1998, 238) zu stellen. In FlN wird es zur Bezeichnung von Gütern gebraucht, wo Weizen angepflanzt wird. Das HL ist in rund 35 Namen belegt, meistens als Bestimmungswort. Im Beleg die Weitzigassen ‘ die Gasse beim Weizen ’ (1770, Goppisberg) ist das Adjektiv weizi(n) ‘ aus Weizen, hier: beim Weizen ’ (I D . 16, 1893) anzusetzen. Unsicher ist der Beleg jm Weitzil Acker (1670, Unterbäch), da die Wörterbücher keine Form Weitzil oder ähnlich kennen; zu vermuten ist aber, dass der Schreiber eine Stellenbezeichnung auf - IL (S ONDEREGGER 1958, 513) verwendet: ‘ der Acker, wo es Weizen hat ’ . Der meistbelegte Typ ist das Kompositum Weizacher ‘ der Acker mit Weizen ’ . Er kommt als Singular dreizehn Mal, als Plural Weizachra ‘ die Äcker mit Weizen ’ acht Mal vor, in beiden Fällen nicht im Goms. Unklar ist der Beleg t Weizäggrä ‘ die Äcker mit Weizen ’ (Zwischbergen; J ORDAN (2006, 282) hat Weizachra und Weizachärúawand); die Form Äggrä ‘ Äcker ’ ist sonst nicht belegt; J ORDAN legt das HL A CHER nahe. Zu den Simplizia kommen komplexere Formen wie ze Afftre Weizachru ‘ zu den schlechtgelegenen Äckern mit Weizen ’ (Visperterminen), jn den úndren Weitzachren ‘ in den unteren Äckern mit Weizen ’ (1771, Ergisch), zú Riedigo Weitzachren ‘ bei den Äckern mit Weizen der Leute vom Ried / der Familie Riedi ’ (Ausserberg), die Weitzachra Balma ‘ der überhängende Felsen bei den Äckern mit Weizen ’ (1680, Zwischbergen). Andere Grundwörter in zweigliedrigen Komposita sind Biina, Bodu, Bord, Egg(a) und Fäld. Eine Ableitung auf - ER ( R ) A (S ONDEREGGER 1958, 471 ff.) ist im Plural t Weizere ‘ die Gebiete mit viel Weizen ’ (Unterbäch; historische Belege im Singular) und jn der Weitzeren (1578 u. später mit Schreibvarianten, Ried- Brig) belegt. Metaphorisch ist der Simpiller Weizstadol ‘ der Weizenstadel von Simplon ’ (Visperterminen) oder Simpeler Weizstadel (LT, Simplon) für einen Gipfel, der in Simplon Sirwoltehooru ‘ das Horn oberhalb des Sees mit der Farbe von Molke ’ heisst. Welbi Welbi ‘ Decke (eines Zimmers z. B.) ’ ist zu schwdt. Welbi II (I D . 15 1419 ff., in Lötschen Welbin), wdt. Welbi, Weubi (Goms), Welbi (Lötschtal), Wälbi ‘ Decke ’ (G RICHTING 1998, 238) zu stellen. I D . gibt mehrere Bedeutungen wie ‘ oberer Abschluss eines geschlossenen Raumes ’ , ‘ Küchen-, Stall-, Kellerdecke, Decke des Kirchenschiffs ’ , ‘ Dachverscha- 537 538 Welbi <?page no="274"?> lung ’ , im Wallis auch ‘ Fassdeckel ’ , ahd. welbi ‘ Drehung ’ (I D . 15, 1419 ff.; SDS 7, 165, 221). Welbi ist als Simplex nur in der verhochdeutschten Form Wölbin (1608, Fieschertal) belegt; der Kontext gibt nicht an, ob eine gewölbte Fläche gemeint ist oder etwas anderes. Als Grundwort ist Welbi nur in t (e)Rüeswellbi ‘ die Russ-Decke ’ (Stalden) belegt. I D . (15, 1421) kennt das Wort und verweist auf die Bedeutung ‘ Decke der Küche ’ (die vom Russ des Feuers geschwärzt ist) - das wird hier metaphorisch als Flurname für einen vom Rauch geschwärzten Felsen verwendet. Als Bestimmungswort kommt Welbi nur in t Wellbinegga ‘ die Ecke, die gewölbt ist ’ (Blatten) vor; eine genauere Festlegung von Welbi ist nicht möglich. Mehrfach belegt ist die präfigierte Form Iwelbi ‘ Einwölbung ’ , die so in I D . und G RICHTING (1998) nicht belegt ist (G R W B 3, 345 kennt EINWÖLBEN als ‘ incamerare ’ ( ‘ in eine Wölbung einfassen ’ , vermutlich bezogen auf die Bautechnik der Einwölbung bei Sakralbauten)). Der Name kommt vor in Fiesch (1627 u. später) und in Eisten, wo es auch einen historischen Beleg vss der obrun Jnwo ᵉ lbi (1584) gibt. Gemeint ist hier wohl ein gewölbtes Stück Boden (wobei unklar ist, ob die Wölbung konkav oder konvex ist). Ein vergleichbarer Name scheint Inkamura (Z INSLI 1984, 532), sofern er sich auf ‘ incarmerare ’ bezieht. Wellig (FaN) Wellig (FaN) ist ein Familienname in der Grosspfarrei Mörel und im Goms (AWWB 291). Er kommt als Simplex in Welligen ‘ das Eigengut der Familie Wellig ’ (1831, Goppisberg) vor. Im Genitiv Singular ist er zweimal vorangestellt belegt: ts Wälligsch Ried ‘ das Ried (bergwärts gelegenes Gut) der Familie Wellig ’ (Betten) und ts Wälligsch Tirli ‘ die kleine Tür (im Zaun) der Familie Wellig ’ (Baltschieder). Ein Genitiv Plural ist t Wälliguschiir ‘ die Scheuer der Familie Wellig ’ (Mörel). Zweimal erscheint der FaN als Bestimmungswort: in der Wäligmatten ‘ in der Wiese der Familie Wellig ’ (1665, Bister) und der Wälligstafel ‘ der Stafel der Familie Wellig ’ (Goppisberg). Wellin Wellin ist nur 1664 in Varen als zu Wellin belegt, in zwei Dokumenten, die wohl zueinander gehören. Die Rede ist von einer Grenze, wo die Maimbÿs (Hauptwasserleitung; s. v. Mengbis) in zwei geteilt wurde. Die Deutung ist nicht ganz klar. I D . (15, 1182) gibt eine Deutung von Welli ‘ Spalt, Ritz, z. B. in einem Brett ’ aus der zweiten Auflage von S TALDER s Schweizerischem Idiotikon (hg. v. N. B IGLER 1994) für das Luzerner Entlebuch. Wellin wäre hier ein Terminus aus dem Bau der Wasserleiten, der aber so nicht belegt ist. Ein romanischer Beleg kommt aus zeitlichen Gründen, wegen der deutschen Präposition zu und der deutschen Femininendung auf -in kaum in Frage. Ein Anschluss an dt. Wëlle (I D . 15, 1186 ff.) in einer seiner vielen Bedeutungen ist möglich; dann wäre die Endung als Diminutiv zu betrachten. Eine Ableitung zum Verb schwdt. welle n ‘ etw. erhitzen, kochen, meist Milch ’ und wdt. welle, wellä (Goms), welln (Lötschtal), wällu (Leuker Berge), wellu o. ärwellu ‘ sieden ’ (I D . 15, 1148; G RICHTING 1998, 238) liesse sich verstehen als ‘ der Ort, wo das Wasser aufwallt ’ . Da keine der Deutungen wirklich überzeugt, wird nur der Flurname gesetzt. Welma Welma ntr. ist nur als ts Welma (Randa, FLNK und LT Welma) belegt. Die Gwp. spricht von ‘ welliger Boden ’ , bindet den Namen also an Wëlle n an (I D . 15, 1186 ff.) mit mehreren Bedeutungen. Die Form Welma ist zwar nirgends belegt, doch könnte sie zum Verb wëlle n (I D . 15, 1200) zu stellen sein und als Kollektiv ‘ das Gewellte ’ (Bed. 1 b) β ) ‘ höckerige Unebenheit in einer Wiese ’ (I D . 15, 1188 zu Wëlle n ) als Verbalsubstantiv meinen. Welschen (FaN) Welschen (FaN) ist ein FaN, früher auch Weltschen, Weltschi, Walsener, Walsenus, Valsenus geschrieben (AWWB 291). In Binn wird er wegen der l-Vokalisierung als Wäusche ausgesprochen. Die kollektive - IG -Ableitung ist, wie üblich, für Familien gebraucht. Belege sind der Welschen Stapfen ‘ der Zaun/ Fussweg der Familie Welschen ’ (zuerst 1684, Gluringen), Weltschen Walters Los ‘ das Los des Walter Welschen ’ (1394, Gluringen). Eine Reihe von Wellschigo / Wäuschige sind in Binn belegt: der Wäuschigchäuer ‘ der Alpkeller der Alpe der Familie Welschen ’ , In Welschigú Sentúm ‘ im Senntum der Familie Welschen ’ , Wäuschigestäfuti ‘ der kleine Stafel der Familie Welschen ’ , Wäuschigu Voder Brunnebieu ‘ der vordere Brunnenhügel bei der Alpe der Familie Welschen ’ . Die Alpe heisst nach der Familie, der sie heute nicht mehr gehört. Etwas unklarer ist t Wäusche Schlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung der Familie Welschen ’ (Binn), wo vermutlich doch Welschen als Besitzername gemeint ist. Weltisch Weltisch scheint zunächst der Genitiv eines FaN Welti (AWWB 292) zu sein, doch stammt die Familie aus Geschinen und wanderte im 14. Jahrhundert nach Uri aus. Belegt ist 1836 in Eisten den Weltischbach (Akkusativ konstruktionsbedingt). 1641 wird der Bach Vetlischbach genannt. Aus den historischen Belegen wird deutlich, dass es sich um den Bach handelt, der am heute Werlischa genannten Weiler von Eisten vorbeifliesst; Wellig (FaN) 539 540 <?page no="275"?> 1641 ist an der Vetlischen zu diesem Namen bezeugt, der 1303 als Werthescha erscheint. Der Bach selbst heisst lebend ts Leidbach, wobei die Beschreibung “ auch Werlisch- / Weltischbach ” enthält. Wenden Wenden ist zum schwdt. Verb wände n , ahd. wenten, mhd. wenden, Kausativum zu winden, wie nhd. ‘ drehen, wenden ’ und wdt. wente, wentä (Goms), wentu (Vispertäler), wentn (Lötschtal), wäntu ‘ steuern, Heu wenden ’ (I D . 16, 407 ff.; G RICHTING 1998, 238). zu stellen. Belegt ist allerdings nicht das Verb, sondern davon abgeleitete Formen. Das Simplex ist ein feminines zer Wänt ‘ bei der Wende ’ und das dazu gehörende ts Wandwägji ‘ der kleine Weg zur Wänt (heute Fahrstrasse) ’ (beide Niedergesteln), sowie ts Wandwägji ‘ der kleine Weg zur Wänt (heute Fahrstrasse) ’ (Hohtenn). Der Flurname bezieht sich wohl auf eine Wende im Weg. In Visp ist der Märtwendschleif ‘ der Schleif bei der Wende zum Markt (unklar, Koordinaten fehlen) ’ belegt. der Märtplatz und t Märtmatta, beide im früheren Vispersand, sind heute überbaut; ob der Schleif sich hier auf der linken Seite der Vispe befand, bleibt unsicher. Wenger (FaN) Wenger (FaN) ist der FaN Wenger (AWWB 292), der an verschiedenen Orten im Oberwallis belegt ist. In einigen Fällen liegt aber auch ein Plural zu Wang ‘ Grasabhang ’ vor (cf. HL W ANG ). Der historische Beleg vffem Wenger ‘ auf dem (Grundstück) der Familie Wenger ’ (1572, Bitsch) kann als Besitzername verstanden werden. Beim Simplex Wänger (Leukerbad) (G RICHTING 1993, Blatt 8 Nr. 3 und Blatt 18 Nr. 8) jedoch liegt wohl ein sonst unbelegter Plural zu Wang ‘ Grasabhang ’ vor. Lage und Beschaffenheit lassen kaum einen Besitzernamen erwarten. In Oberems gibt es ein Namennest um t Wängeralpu ‘ die Alpe der Familie Wenger ’ , die auch ts Wängeralpji ‘ die kleine Alpe der Familie Wenger ’ heisst. Weiter gehören dazu ts Wängerhoru ‘ das Wengerhorn ’ , ts Wängerjoch ‘ das Wengerjoch ’ , ts Wängertelli ‘ das kleine Wengertal ’ , Wängerstafil ‘ der Stafel der Wänger-Alpu (Alpe der Familie Wenger), ts Inner Wängertelli ‘ das innere kleine Wängertal ’ und - nur historisch - vff Wengerschflu ͦ ‘ auf der Fluh der Familie Wenger ’ (1548 auch Turtmann), wo der Genitiv Singular auf einen FaN deutet. Vorangestellte Genitive sind Wengereschiir ‘ die Scheuer der Familie Wenger ’ (Grengiols, Genitiv Plural), die Wengers Flu ͦ ‘ die Fluh der Familie Wenger ’ (1574, Eischoll), jn Wengersgarten ‘ im Garten der Familie Wenger ’ (1759, Gampel). Komposita mit dem einfachen FaN als Bestimmungswort sind der Wenger Acher ‘ der Acker der Familie Wenger ’ (1850, Ried-Brig), ts Wengergüed ‘ das Gut der Familie Wenger ’ (Bister), der Wengerstuck ‘ das Stück Land der Familie Wenger ’ (1779, Ernen). Hingegen bezieht sich der Wengerwald (St. Niklaus) auf den Flurnamen Wäng ‘ die Grasabhänge ’ . Wenger kann hier auch als Genitiv Plural ‘ die Leute von Wäng ’ verstanden werden. Schwierig ist das nur einmal in Törbel belegte t Wengerle, auf LT Wängerle. Die phonetische Umschrift zeigt die Hauptbetonung auf der ersten Silbe, ein reduziertes / e/ in der zweiten und ein geschlossenes, aber kurzes / e/ in der dritten. Der Name kann am ehesten als ein Plural t Lee ‘ die Lehen ’ mit dem FaN Wenger als Bestimmungswort aufgefasst werden, also ‘ die Lehen der Familie Wenger ’ . Diese Lesart geht aber davon aus, dass der anlautende Artikel t Wengerle ein Plural ist, was durch den historischen Beleg die Wengerle (1519, Törbel) bestätigt wird. Gwp. scheint aber eher eine Trennung Weng + Erle ‘ der Grasabhang mit Erlen ’ (Beschreibung: Weiden mit starkem Erlenbestand) anzunehmen, was jedoch von der phonetischen Umschrift kaum bestätigt wird. Werde Werde kommt nur historisch in Varen vor. 1544 ist eys verdes belegt, 1580 eÿs werdt, 1580 eÿs werdé, 1699 dÿ Werdeÿs (Wiese), 1750 in d=werde. Mit FEW (14, 507 ff.) ist es wohl zu lat. v ĭ r ĭ dis grün als feminines Substantiv zu stellen (FEW 14, 508), hier wohl einfach ‘ im Grünen ’ . Später wurde der Flurname als deutsch interpretiert, aber die älteren Belege machen einen frpr. Namen deutlich. Weri Weri f. ‘ Wehr ’ ist zu schwdt. Weri, W ē ri, W ē rri f., Pl. -ine n (bzw. -ene n ), ‘ Verteidigungsbau, Befestigungswerk; Schutzbaute gegen Naturgewalten, Schutzwall, -mauer, Bach-, Flussverbauung, Lawinenverbauung gegen Geröll und Schnee ’ , ahd. weri, mhd. were und wdt. Weri ‘ Schutzmauer, Grenzlinie (Kuhweide) ’ (I D . 16, 955 ff.; G RICHTING 1998, 238) zu stellen. Im Bezirk Leuk kann ein / ä/ an Stelle des / e/ treten. Typischerweise ist eine Weri eine Dammbaute gegen einen Fluss (wie Rotten, Lonza, Saltina oder Vispa) oder einen Bach (wie den Kelchbach oder den Tschingelbach), oder eine Mauer, ein Damm gegen Lawinen. Eine Ausnahme ist das Stauweer (Leuk), wo der Rotten gestaut wird. Das Simplex ist im Singular als t Wäri (Leuk), Weri (FLNK, Gampel (mehrfach); FLNK, Täsch), t Weri (Hohtenn, Saas-Grund, Randa), uf der Weri (Brig, Glis), üf der 541 542 Weri <?page no="276"?> Weri (Obergesteln) belegt, dazu kommen historische Belege an der Werin (1492, Geschinen; 1658 beÿ der Werÿ), an der Wery (1470, Baltschieder), aúff der Werÿ (1746 u. später, Simplon), auf der Werÿ (1815, Oberwald), au ᵕ ff der Veri (1653, Naters), by der Werin (1507, Steg, später aúf der Werrÿ u. ä.), jn der Werin (1490, Raron), Weeri (1413, Lax, laut Dokument eine Mauer). Ein Plural des Simplex ist nur in in t Wärini ‘ in den Wehren (Lawinenverbauungen) ’ (Albinen) belegt. Mit attributiven Adjektiven erscheinen fur die Alten Werin ‘ für das alte Wehr ’ (1562, Brigerbad), aúff den Eigenden Wehrinen ‘ auf den eigenen Wehren (wohl: Wehrbauten mit Eigengütern) ’ (1727, Brigerbad), die Gemeine Werin ‘ das Wehr, das der Gemeinde gehört ’ (1693, Gampel) und aúf der ŭ ntern Wehri ‘ auf dem unteren Wehr ’ (1865, Steg). die Bättmer Wörÿ ‘ das Wehr (unklar wogegen) der Leute von Betten ’ (1683, Martisberg) enthält einen alten Genitiv, der aber als Adjektiv verstanden werden kann. Als Grundwort ist das HL wie folgt in zweigliedrigen Komposita belegt: die Landwo ᵉ ry ‘ das Wehr des Landes (gemeint ist wohl die Landmüüra bei Gamsen) ’ (1538 u. später, Glis), Lauinewehr ‘ das Wehr gegen die Lawinen ’ (Geschinen, SK; Obergesteln, SK; Leukerbad (Plural) SK), Lontzwerin ‘ das Wehr gegen die Lonza (1752, Gampel; 1852, Steg Lonzenweri), di Bruschweri ‘ das Wehr bei Brunnä (Brunnen / Quellen) ’ (Ferden), t (e)Rottuweri ‘ das Wehr gegen den Rotten ’ (Naters) und das schon erwähnte Stauweer (FLNK, Leuk; auf 1: 10000 Stauwerk). Einen Sonderfall stellt der Typ Bachschweri ‘ das Wehr gegen den Bach / was so aussieht wie ein Wehr gegen den Bach ’ (1678, Greich) und weitere, auch Basweri ‘ das Wehr gegen den Bach ’ (1791, Termen) es handelt sich eigentlich um ein vorangestelltes Nomen im Genitiv Bachsch und das Grundwort Weri ‘ Wehr ’ . Eine unverstandene Deutung dazu ist wohl Baschwerd ‘ das Wehr gegen den Bach ’ (1852, Gluringen). Der Name wird auch für Gebiete verwendet, die so aussehen wie ein Wehr gegen den Bach. Komplexere Konstruktionen hierzu sind Baschweriwald ‘ der Wald im Gebiet der Baschweri (Wehr gegen den Bach ’ (FLNK u. LT, Goppisberg; LT, Ried- Mörel). Einen Genitiv Plural zu einem komplexen Namen zeigt Bistmeren Bachschwerehag ‘ der Zaun beim Bachwehr der Leute von Bister ’ (1753, Bister). Einen seltenen vorangestellten Genitiv findet man in ts Chleinu Masch Weri ‘ des kleinen Manns Wehr (unklar, wer mit kleiner Mann gemeint ist) ’ (Glis) es handelt sich um eine Mauer am Glishorn, die das Wasser in den Grossgraben (auf der Landeskarte Holzgraben) leitete. Als Bestimmungswort findet man das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern: Acher, Bodu, Brigga, Gartu, Matta, Schleif, Spitz und Wärch. Komplexere Konstruktionen sind t Obru und t Undru Werimatte ‘ die oberen und die unteren Wiesen beim Wehr (Wehrverbauung beim Rotten) ’ (Glis), t Unner und t Forder Wehreia ‘ die untere und die vordere Aue beim Wehr ’ (Visp). Weritz Weritz kommt nur in Blatten und Wiler (Lötschental) vor. Formal unklar ist Weritzen (FLNK, Wiler), die Dativ Singular oder Nominativ Plural sein kann; das gilt auch für den historischen Beleg an Werizen (1669, Blatten), das 1860 auch als an Wirizin belegt ist. Daneben gibt es ein Namennest mit Weritzalp, Weritzstafel, Weritzegga, Weritzweng (alle Blatten), sowie Weritzhuppä und Weritzfura (Wiler). Zu denken ist an einen Personennamen Weritz, der aber nicht belegt ist. Wieweit damit Wertz (cf. HL W ERTZ ) verwandt ist, bleibt unklar. Werlen (FaN) Werlen (FaN) ist ein FaN, der urkundlich auch als Werlin, Werlo erscheint (AWWB 292). Als Simplex im Singular ist nur Werlyn (1292, Agarn) belegt, wo von einer Wiese die Rede ist (pratum Werlyn). Vermutlich liegt hier der FaN vor. Das HL W ERLEN (F A N) ist in z Werlen Matten ‘ die Matte der Familie Werlen ’ (1766, Raron) und zu Werlenmatten ‘ bei der Wiese der Familie Werlen ’ (1840, Bürchen), sowie in des Meÿer Werlen Matten ‘ die Wiese des Meier Werlen ’ (1677, Raron) belegt. Einen vorangestellten schwachen Genitiv Plural der kollektiven - IG -Ableitung haben Werligen Bündten ‘ der Pflanzplatz der Familie Werlen ’ (1543, Geschinen ’ ), bÿ der Werligenn Stadel ‘ beim Stadel der Familie Werlen ’ (1582, Münster) und in Werligo Matten ‘ in der Wiese der Familie Werlen ’ (1669, Eischoll). In Unterbäch bildet sich um Ze Werrligu ‘ bei der Familie Werlen (Dorfteil von Unterbäch) ein Namennest: t Werrligachra ‘ die Äcker bei Ze Werrligu ’ , jn der Werligmatten ‘ in der Wiese bei Ze Werrligu ’ (1662), t Werrligschlüöcht ‘ die Geländeeinbuchtung bei Ze Werrligu ’ , die Werligschn(n? )itten ‘ die langgezogenen Stücke Wiese bei Ze Werrligu ’ (1662) und Werligtola ‘ die Mulde bei Ze Werrligu ’ (FLNK). Unsicher ist t Werlischa (Eisten), die auf den ersten Blick eine - SCHA / - SCHU -Ableitung zu Werlen ‘ das Gut des Werlen ’ ist; die historischen Belege haben aber 1303 Werthescha, 1584 Werdtlischun und weitere Varianten, sodass wohl eher ein Name wie Werdt (F ÖRSTEMANN 1, 1327) in Frage kommt (cf. HL W ERLISCHA ). Weritz 543 544 <?page no="277"?> Werlischa Werlischa f. ist in Eisten belegt. der Weerlischbach ‘ der Bach, der am Weiler Werlischa (Eisten) vorbeifliesst ’ ist danach benannt. In Eisten gibt es weiter ts Werlischwaldji ‘ der kleine Wald bei der Werlischa ’ (FLNK Werlischwald). Diese drei Namen scheinen eine - SCHA / - SCHU - Ableitung zum FaN Werlen zu sein: ‘ das Gut der Familie Werlen ’ . Die ältesten Belege weisen aber andere Formen auf: schon 1303 ist in Eisten von Werthescha die Rede, 1584 an der Werdtlischun, 1588 an der Weedtlischen, 1641 an der Vetlischen, 1799 in der Werleschen, 1832 in der Wetlischen, 1833 Wertlischen. In St. Niklaus ist 1554 an der Wetlischen belegt, in Stalden 1456 dy ᵉ Wetzilscha, 1599 an der Wettlischen und in Staldenried 1781 auf die Wettlischen. Diese Belege machen deutlich, dass ursprünglich ein PN Werdt (F ÖRSTEMANN 1, 1327) oder ähnlich (z. B. Wetli) gemeint war, und erst ab ca. 1800 der FaN Werlen eingesetzt wurde. Werner (PN) Werner (PN) ist nur in ze Wernhersland ‘ beim Land des Werner ’ (1305, Visp) belegt. Zu Grunde liegt der PN Wernher < Warinheri (I D . 16, 1542 f.; F ÖRSTEMANN 1, 1268). Der FaN Werner (NWWB 2, 248) stammt ursprünglich aus dem ehemaligen Grossherzogtum Baden (heute BRD) und wurde erst im 19. Jahrhundert eingebürgert. Dieser FaN kann daher aus zeitlichen Gründen nicht gemeint sein. Werni Werni ist ein HL, das in Albinen und Leuk vorkommt und wohl zu kelt. vero- ‘ Erle ’ zu stellen ist. In Leuk ist 1590 la Werni belegt. In Albinen erscheint ts Werni und dazu gehörend Wernigrabu (FLNK, Albinen). Der älteste Beleg ist von 1602: cabulum du Warny ‘ der Schleif von Warny ’ . 1752 ist in Leukerbad im Verni belegt. Die Belege in Albinen sind bei M ATHIEU (2009, 17) als Wärni und Wärnigrabu belegt; es scheint sich dabei um eine Anlehnung an das dt. Wärme zu handeln. Vermutlich ist aber eine frpr. Form von verno- ‘ Erle ’ (FEW 14, 229 s.; B OSSARD / C HAVAN 2006, 174; B RIDEL 1866, 406 s. v. V ERNA , V ERGNA ) vertreten. Die wechselnden Genera zeigen aber, dass der Name in seiner ursprünglichen Bedeutung nicht mehr lebendig war. Werra (FaN) Werra (FaN) ist der FaN Werra, Wer(r)o, Wer(r)un, Werren, Weru, Wehren, Werrer, Weri, Werru, Warru, zen Werren, zur Werren, zur Werra, Vero, Veros, Veyro und Adelsgeschlecht von Werra, de Werra, Werraz (AWWB 292 f.); hieher gehört wohl auch der Name Zurwerra (NWWB 2, 261), doch ist das unsicher. Das zu Grunde liegende Werra f. ist schwierig zu deuten. I D . kennt drei Einträge zu Wërren: (1) ‘ Streit, Verwirrung ’ (16, 1055), (2) ‘ Maulwurfsgrille ’ (16, 1057) und (3) ‘ Gerstenkorn am Augenlid ’ (16, 1058 ff.). Alle drei sind nur schwer mit anderen FaN wie Zurbriggen ‘ bei der Brücke ’ , Zenzünen ‘ bei den Zäunen ’ usw. in Einklang zu bringen. Laut dem N EUEN W APPENBUCH (NWWB 2, 261) stammen die Zurwerra aus Zwischbergen; der damalige Hauptort von Zwischbergen heisst Waira, das sich zu Werra entwickelt haben könnte. Diese Hypothese ist allerdings genau so unsicher wie die Belege auf Grund des I D . Dagegen spricht, dass Werra auch ausserhalb von Zwischbergen belegt ist. Ob die Belege alle den FaN Werra oder Zurwerra betreffen, ist unklar. So hat 1615 Eggerberg vffenn Werren ‘ auf den Werren ’ , wobei kaum der FaN gemeint ist; hingegen notiert der Notar 1530 in Visp ad montem Werrigo ‘ beim Berg (Alpe) der Leute von Werra ’ ; hier ist wohl der FaN gemeint. In Staldenried ist 1377 sub rachardo Werron ‘ unter dem Stadel der Familie Werra / der Leute von Werra ’ belegt, wohl ein FaN oder ein Herkunfstname. In Eggerberg ist 1568 u. später vff Werren Khumben ‘ auf der Chumme (Mulde) der Familie Werra ’ bezeugt. Die lebenden Namen betreffen wohl immer entweder die Familie Zurwerra oder die Familie (von) Werra. ts Wärru Heeji ‘ die Höhe der Familie Zurwerra ’ (Ried-Brig), in Baltschieder und Eggerberg finden sich am gleichen Ort: t Wärugassa (Baltschieder) und Wärru Gassa (Eggerberg), der Wäribodo ‘ der Boden der Familie Werra ’ (Baltschieder) und Wärru Bodu ‘ der Boden der Familie Werra ’ (Eggerberg), wozu in Visp die historischen Belege jn Werren Boden (1654 u. später) und die Werren Gassen (1749) vorliegen - in allen diesen Fällen ist wohl ein FaN Werra gemeint. Sicher zum FaN (von) Werra gehören ts Wäraschloss ‘ das Schloss der Familie von Werra ’ (Leuk; nicht identisch mit dem Schloss des Barons von Werra), der Wärawald (Leuk) ‘ der Wald der Familie Werra ’ und der Wäruwald ‘ der Wald der Familie Werra ’ (Ergisch), Werraweidu ‘ die Weiden der Familie Werra ’ (FLNK, Leuk, beim Wärawald), sowie Werramattu ‘ die Wiese der Familie Werra ’ (FLNK, Salgesch; auch bei M ATHIER 2015, 112, der Werra zu Wehr ‘ Befestigung gegen das Wasser ’ stellt, wogegen zumindest spricht, dass dieses HL sonst als Weri ‘ Wehrbau gegen das Wasser ’ erscheint). Werryere Werryere ist nur 1552 in Albinen in ov bulliet de laz werryere belegt. M EYER (1914, 72 u. 160) stellt bulliet als diminutive - ITTA -Ablektung zu lat. bulla, während FEW (1, 617 s. v. *b ŭ lligefäß) *bulli ansetzt. Es könnte hier als 545 546 Werryere <?page no="278"?> kleiner Behälter für Wasser angesehen werden. Werryere f. wird von J ACCARD (1906, 503) teilweise zu frz. verrerie ‘ Glaserei ’ gestellt, eine Deutung, die von K RISTOL ET AL . (2005, 529) für das neuenburgische Les Verrières aufgenommen wird. J ACCARD interpretiert aber Verrières für das Wallis als vernaie, einer Form von verne ‘ Erle ’ . Wie L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2011, 210 ff.) ausführen, gibt es in der ganzen Schweiz Erlen ( ALNUS VIRIDIS , ALNUS GLUTINOSA und ALNUS INCANA ). Der Flurname könnte aber auch zu verres eber (FEW 14, 304 ff.) gestellt werden; allerdings ist eine solche Ableitung nicht belegt und sie wird von J ACCARD (1906, 504) als falsch behandelt. Das kollektive Ableitungssuffix wäre - ARIA (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287). Deswegen sind die Deutungen ‘ (der kleine Brunnen) bei der Eberweide / bei der Glaserei / bei den Erlen ’ sehr unsicher. Wertz Wertz ist nur einmal in der Wertzwald (1569, Eisten) belegt. F ÖRSTEMANN (1, 1559) kennt einen PN Werzo. Es könnte sich deswegen um einen Genitiv ‘ der Wald des Werzo ’ handeln. Diese Deutung ist spekulativ, sodass auch der ursprüngliche Name (Wertzwald) gegeben wird. Wescht Wescht m. ist zu schwdt. Wëst ‘ Westen als Himmelsrichtung ’ (I D . 16, 2163) zu stellen. Hierzu gehört auch das Adj. westlich(t) ‘ im Westen gelegen oder nach Westen gerichtet ’ (im I D . nicht belegt, G R W B 29, 645 f.). Die Himmelsrichtig bezieht sich auf den Standpunkt des Benennenden. Hierzu gehören: Niwwland Wescht ‘ das Neuland West ’ (Ulrichen; im Gegensatz zum Niwwland Oscht), der Weschtgipfel ‘ der Westgipfel (Gipfelname, westlicher Punkt des Liskamm auf 4479 m) ’ (Zermatt), der Weschtlich Geerepass ‘ der westliche Geerenpass (LT u. 1: 10000 Westlicher Gerenpass) ’ (Oberwald), der Wäschtsee ‘ der Westsee (See westlich des Illsee) ’ (Leuk, FLNK Wäschtsee, LT Waschsee, 1: 10000 Westsee). Nicht hieher zu stellen ist Wescht f. Belegt ist das HL historisch 1578 als an der Wesch (Oberwald). Hinzu kommen t Ober und t Unner Wescht (Oberwald) und ts Weschtbächi ‘ der kleine Bach bei der Wesch ’ (Oberwald). Die Flur liegt westlich von Geere, doch deutet das Genus auf eine andere Herkunft des HL als Wëst m. hin. Möglich wäre zum Beleg Wesch von 1578 Wesch ‘ Wäsche ’ (I D . 16, 2108), doch gilt im Oberwallis allgemein Wäsch (I D . 16, 2082). Auffällig ist das geschlossene / e/ in den lebenden Belegen, doch führt auch das zu keiner sicheren Deutung. Weserin Weserin ist nur belegt in ad Weserin (? ) Lowinun (1352, Ernen). Die unsichere Lesung lässt keine sichere Deutung zu. Am ehesten scheint eine adjektivische Ableitung auf - I zu Wasser möglich also ‘ das Rutschgebiet mit Wasser ’ . Das ist aber nur ein möglicher, aber unsichererVorschlag. Wess Wess ist nur 1850 in Turtmann als der Wess-Acker belegt, der laut Dokument in der Jagissen-Eÿe liege, die als Jaggesseiju im Rottental westlich der Turtmänna liegt. Vermutlich ist das HL W ESCHT (als West bei I D . (16, 2163)) gemeint; der Acker liegt im Westen von Turtmann. Wetsch Wetsch ist nur 1636 in Turtmann als jm Wetsch ‘ im nassen Gebiet ’ belegt. I D . (16, 2351 ff.) weist mehrere Etyma auf, die hieher gehören können. Am ehesten scheint Watsch I in der Bedeutung ‘ etwas völlig Durchnässtes ’ (I D . 16, 2352; G RICHTING 1998, 237 s. v. watsch) dazu zu gehören, doch ist die Deutung sehr unklar. Wir geben es deswegen als ‘ im nassen Gebiet ’ wieder. Wetz Wetz ist nur als Bestimmungswort in t Wettsteina ‘ die Wetzstein (Steine, die Wetzsteine gleichen) ’ (Eischoll), t Wettsteina ‘ die Wetzsteine (Steine, die Wetzsteinen gleichen) ’ (Niedergesteln, auch FLNK), die Wetzsteina ‘ die Wetzsteine (Steine, die aussehen wie Wetzsteine) ’ (1747, Steg) belegt. Mit einem attributiven Adjektiv ist auch der Hee Wettstei ‘ der hohen Wetzstein (Stein, der aussieht wie ein Wetzstein) ’ (Stalden) bezeugt. Das HL ist zum schwdt. Verb wetzen, mhd. wetzen, ahd. wezzen, hawazzen ‘ schärfen, reiben ’ (G R W B 29, 793, 72) und schwdt. Wetzstei n , Wet(t)stei n m. wie nhd. ‘ Stein zum Schärfen von Schneidewerkzeugen ’ , schon ahd. oft bezeugt, meist mit Fugenvokal Wetzestein (I D . 11, 918 ff.; G R W B 29, 801, 45) zu stellen. Bei G RICHTING (1998) fehlt es; jedoch kennt W IPF (1910, 166) wetsi. Weyner Weyner ist nur belegt in y schan Weyner ‘ im Feld des Weyner ’ (1589, Varen). Gemeint ist ein Rebberg. Weyner ist zwar unsicher, scheint aber ein nachgestellter PN zu sein, eine gut bezeugte Konstruktion für ursprünglich frpr. Namen. Der Anlaut / w/ deutet aber auf eine deutschsprachige Lautung hin. Belegt ist Weyner sonst nicht, weswegen die Deutung als PN nicht im HL erscheint. P H . K ALBERMATTER (p. c.) teilt mit, dass er eher Wyrel liest, aber auch dies ergibt keine Deutung. Die erste Lesung wird deswegen beibehalten. Wertz 547 548 <?page no="279"?> Wi Wi kommt als HL nur in der Wiwasserstei ‘ der Weihwasserstein (metaphorisch) ’ (Oberems) vor, hier zu Bezeichnung einer kleinen Gletschermühle, in der sich das Regenwasser sammelt (so die Beschreibung). Als Adjektiv erscheint es in t Wihu Balma ‘ die heilige Balm ’ (Stalden), wobei vermutlich der Tuffstein gemeint ist, der hier zu Tage tritt. Die beiden Belege sind zu schwdt. Verb w ī he n (bzw. -u n ), w ī chen ‘ weihen ’ , mhd. wich, ahd. wih (I D . 15, 1036) zu stellen. t Wihu Balmu weist ein erstarrtes starkes Partizip Perfekt mit assimiliertem geauf. Wiwasserstei bezeichnet ein Steinbecken für Weihwasser, in das die Gläubigen die Finger tauchen, bevor sie sich beim Betreten und Verlassen der Kirche bekreuzigen (I D . 11, 918), das aber hier metaphorisch verwendet wird. G RICHTING (1998, 238) kennt nur Wiewasser, Wiiwasser (Lötschtal), Wiichwasser ‘ Weihwasser ’ , also das geweihte Wasser (siehe I D .). Wichel Wichel ‘ Winkel ’ ist zu schwdt. Winkel, ahd. winkil, wdt. Wiichl, Winkl, Wiichäl, Wiichul, Wiichil (I D . 16, 675 ff.; G RICHTING 1998, 238) wesentlich wie nhd. ‘ Winkel ’ zu stellen. In FlN bedeutet Wichel ‘ winklig zugespitzte Flächen in Wiesen und Feldern ’ , auch ‘ Tälchen ’ (Z INSLI 1984, 590 und Z INSLI 1946, 341; I D . 16, 675 ff.). Die frühen belegten Formen zeigen einerseits Spuren der Entwicklung k > ch (an dien Winchlen, 1383, Termen) und anderseits den Schwund von / n/ vor velarem Reibelaut (Wichilwald, 1389, Ulrichen). Schwierig zu deuten sind frühe Fälle mit Wigen (1289 (sic! ) Wigenriedero, Visp; 1304 in dem obern Wigenriede, Zeneggen), bei denen ein auslautendes / l/ fehlt; es könnte sich um eine Schreibweise für Wier ‘ Weiher ’ handeln; AWWB (294) stellt Wichenried zu Winkelried, übersetzt es aber als ‘ Weiherried ’ - es scheint also zwei FaN ‘ Im Wichenried ’ und ‘ Im Winkelried ’ zu geben, die wohl irgendwann lautlich zusammengefallen sind; im heutigen Familiennamenbuch ist jedoch nur noch Imwinkelried (F AMILIEN- NAMENBUCH DER S CHWEIZ 3, 896) bezeugt. Von den rund neunzig belegten Fällen kommt das Simplex im Singular Wichel (auch Wichil, Wichul, Wichu (mit l-Vokalisierung von -el), Wiihel, Wihil) fünfzehn Mal vor, einmal im Dativ als de Winkeln (13? ? , Ernen, 1546 Winchel). Der Plural des Simplex ist vor allem als Wiichja / Wiichje belegt (sechs Belege, mit der Palatalisierung von / -la/ zu / -ja/ ); in Steinhaus ist t Wichja jedoch ein Femininum im Singular - es könnte sich hier um eine Re-Interpretation des maskulinen Plurals t Wichja handeln. Nur historisch belegt ist an dyen Wynkiln (1320, Zwischbergen). Einen Sonderfall stellt der vorangestellte Genitiv in Hans Jost Wichellen Erb ‘ das Erbgut des Hans Jost Wichel ’ (1750, Lax) dar, wo wohl ein FaN vorliegt, der jedoch sonst so nicht belegt ist; belegt sind nur die oben erwähnten FaNN Wichenried und Winkelried. Der Diminutiv Singular ist belegt in ts Wiiulti, auch ts Wichulti (Saas-Fee, für die gleiche Flur). Konstruktionen mit attributiven Adjektiven sind selten; es kommen Inner und Üsser, Ober und Unner vor. Wichel ist als Grundwort in zweigliedrigen Komposita nur in Bowiiriwiichil ‘ der Winkel beim Bowiiri ’ (Albinen) und der Chriswiichel ‘ der Winkel (Dorfteil) mit Chris (Reisig) ’ (Kippel) belegt. Im FLNK-Beleg Schilligwichil ‘ der Winkel der Familie Schillig ’ (Agarn) ist der FaN Schillig (AWWB 234) enthalten (cf. HL S CHILL F A N). Häufiger ist das Lemma als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita. Dabei sticht das mehrfach belegte Wichelmes (1832, Blitzingen; 1846, Selkingen), ts Wiichilmäs (Niedergesteln), Winkelmäs ‘ Winkelmass ’ (1860, Mund) hervor, das ein Gelände in Form eines Winkelmasses meint (I D . 4, 456); das Instrument ist im Allgemeinen rechtwinklig. die übrigen Grundwörter sind Äbi, Acher, Bode, Chriz, Fura, Gand, Gassa, Grabe, Grund, Haalta, Matta, Stäg, Tola, Ture, Wald und Zug. Komplexere Konstruktionen sind etwa t Wiichelmattfura ‘ die Furche bei der Winkelmatta (Teil von Zermatt) ’ (Zermatt) und ts Wichel binner Brigge ‘ zum Winkel bei der Brücke ’ (Ulrichen). Unsicher ist die Interpretation von alpem nominatem (sic! ) Winckell Riedero Alpÿ (1687, Ergisch u. Turtmann) - es kann sich um den ‘ Winkel auf der kleinen Alpe der Familie Rieder oder der Leute vom Ried ’ handeln, oder um ‘ die kleine Alpe der Familie Winkelried ’ . Die Schreibung lässt das im Unklaren. Eine Reihe von Belegen stellen bislang unlösbare Probleme, so das oben erwähnte Wigenriedero, das wohl mit ts Wicheried (Zeneggen) identisch ist. Unklar ist auch t Wiichera (Täsch; 1659 in der Wicherún); das Register schreibt “ Winkern ” und FLNK hat Wiichra. Nur 1809 steht Winchlärra offenbar ein Versuch einer Ableitung auf - ERRA von Winkel (vgl. S ONDEREGGER 1958, 551, der aber nur von Verben abgeleitete Formen als Stellenbezeichnungen annimmt). In Randa gibt es Wiicherza. Es handelt sich um eine Wasserleite, die laut Beschreibung der Bewässerung von Wichje ‘ die Winkel ’ diente. Randa hat mit Känetza einen zweiten Wasserleitungsnamen auf - ZA , der sonst nicht belegt ist. Noch unklarer ist der Beleg t Wihu Ballma (Stalden) (cf. HL W I ). Es handelt sich um ein Adjektiv wih, phonetisch mit offenem / i/ notiert (I D . 15, 1036 ff. kennt das Verb w ī he n ‘ weihen ’ und dessen Partizip, nicht aber ein Adjektiv); ahd. wîch ‘ heilig ’ (L EXER 3, 815) ist jedoch gut belegt. Die Beschreibung notiert “ Tuffstein ” , eventuell als geweihter Stein oder für 549 550 Wichel <?page no="280"?> den Kirchenbau verwendet (vgl. APNB 2, 3, 2100 s. v. Wiehebalmen). Wickeri (PN) Wickeri (PN) f. ist nur einmal belegt in zer Wickrin Huss (1555, Visperterminen), das 1663 Zwigerihaús heisst. Ein Zusammenhang mit Wiger ‘ Weiher ’ ist kaum gegeben, da {g} in diesem Wort für einen Laut / j/ steht. Auch zu Wickert (cf. HL W ICKERT ) kann es nicht gestellt werden, weil kein {t} vorhanden ist. Am nächstliegenden ist eine Femininableitung zu einem PN wie Viktor (I D . 15, 1027 s. v. Wiggi, mit Verweis auf Viggi und Vick; kaum das am gleichen Ort für das Wallis verzeichnete Wiggo ‘ Junggeselle ’ , das auch als Wiggi n. ‘ Mann (unnachgiebig, dumm) ’ in G RICHTING (1998, 238) für das Saastal belegt ist. Das / r/ in Wickeri müsste dann erhalten sein. Ob ein alter FaN de Vico (Gasner, Gasser) (AWWB 105) hier erhalten geblieben ist, bleibt unklar. Insgesamt bleibt die Deutung deswegen unsicher. Wickert der Wickert, auch Wickart, Wicher m., Dim. Wickertji, ist vom männlichen PN W ī ghart (F ÖRSTEMANN 1, 751) von ahd. w ī g m. ‘ Kampf, Streit, Gefecht ’ und ahd. hart ‘ hart, streng, fest ’ oder dem Personennamen W ī tg ē r, zu ahd. w ī t ‘ weit, fern ’ und g ē r m. ‘ Speer ’ oder von ähnlichen Namen (F ÖRSTEMANN 1, 572 u. a. Wigger und Wideger) abgeleitet (ZUNB 5, 202; eine andere Meinung vertritt W ÜRTH in B ELLWALD / W ÜRTH , Anm. 23, der von einem PN Wighari ausgeht und einen Umlaut erwarten würde). In Glis ist neben der Flur der Wickert ein ganzes Namennest mit ts Chlei Wickertji ‘ der kleine Wickert ’ , der Wickerthubel ‘ der Hügel beim Wickert ’ , ts Wickertkapälli ‘ die kleine Kapelle beim Wickert ’ , der Wickertwald ‘ der Wald beim Wickert ’ , der Wickertwaldwäg ‘ der Weg durch den Wickert-Wald ’ , ts Wickertwasserleitji ‘ die kleine Wasserleitung vom / zum Wickert ’ , sowie den historischen Belegen jm Grossen Wickert (1652), im Obren Wÿckardt (1630 u. später), jm Vndrenn Wÿkart (1569), an den Wÿkardt Berg (1562 u. später), an dem Wikarsaker (1320 u. später), Wicarbuel ‘ der Hügel des Wighart ’ (1279 u. später) und die Wikert Gasse (1865) belegt. In Naters findet sich 1527 jm Wickart. Vorangestellte Genitive sind: Wichers Len ‘ das Lehen des Wighart ’ (1314 u. später, Mörel) und Wykerbrunnen ‘ die Quelle / der Brunnen des Wyker / beim Weiher (? ) ’ (1305, Stalden), wo ein Bezug zu Wier ‘ Weiher ’ nicht unmöglich ist. Die Form Wickeri f. in zer Wikrin Huss (1555 u. später, Visperterminen) wird unter dem HL W ICKERI behandelt. Wider Wider ‘ Widder ’ bezieht sich auf schwdt. Wider m., Pl. Wid(e)r ẹ (bzw. ī -) sonst unverändert, Dim. Wid(e)ri, Wiggerli, Wiggi, Widerli, für ‘ nicht kastriertes Schaf, Schafbock ’ (I D . 15, 597 ff.; R ÜBEL 1950, 102; G RICHTING 1998, 238). In FlN zur Bezeichnung von Stellen, wo sich Widder aufhalten. In Einzelfällen kann auch das Verbpräfix wider ‘ gegen, wider ’ (I D . 15, 606 ff.) gemeint sein. Im Unterschied zum FaN Wyder ‘ die Leute bei den Weidenbäumen ’ ist der Vokal / i/ offen und kurz. Wider ist nur als Bestimmungswort belegt. In Oberwald als Wideregge, Obere und Unnere Wideregge ‘ Ecke, wo Widder gehalten werden ’ . Widerfäld ‘ Feld für den Widder ’ (Ried-Brig) steht neben Wider Fächt (1624, Ried-Brig), das sich zum Verbum widerfëchten ‘ Widerstand, Gegenwehr leisten; angreifen, bestreiteten ’ mit der Bedeutung ‘ Ort, der mühsam zu erreichen ist ’ stellen lässt. Es ist aber unklar (cf. HL F ÄCHT ). Von der Form her ist t Twiderthüet ‘ die Widder-Hut ’ (Binn) erklärungsbedürftig. Das anlautende / t/ kann durch einen agglutinierten Artikel erklärt werden, das / t/ am Ende von Wider müsste als Übergangskonsonant erklärt werden, was eher unüblich ist. Widum Widum f. ist als Simplex t Widum (Zeneggen) belegt, wo sich ein eigentliches Namennest mit Jm Widumacher (1649 u. später, Zeneggen; Erstbeleg von 1587 mit Wÿdenacher; ab 1674 Plural), under der Widenfuren (1715, Zeneggen) und in d Vidunmatten (1649) gebildet hat. In Visp ist 1272 usque ad Widema belegt. Es scheint, dass die Endung - A hier auf das Lateinische zurückgeht und eine feminine Form anzeigen soll; das Wort ist sonst nur als Wideme, Widem und Widen (L EXER 2, 2, 821) belegt. In Visperterminen ist 1611 Wÿdem Koren und 1659 das Widu ᵕ mkoren ‘ die kirchliche Abgabe in Korn (wohl Acker, der dafür verwendet wurde) ’ belegt. Der Name ist zu schwdt. Widem f./ m. ‘ Pfarrgut ’ , Appellativ Wittum n./ m. ‘ Brautgabe, Kirchengut ’ auch ‘ Frauen-, Witwenvermögen ’ , zu ahd. widomo, widemo, widimo m., mhd. wideme m./ f. (I D . 15, 581 ff.; G R W B 29, 867 und 30, 830 ff.) zu stellen. Unklar ist, ob es sich in den wenigen Belegen um Kirchengut oder Frauengut handelt. Wir geben deswegen die beiden Deutungen an. Die unter HL W IIDU ‘ Weide (Baum) ’ versammelten Belege können im Einzelfall hieher gestellt werden. Wieggisch Wieggisch n. ‘ Erdlawine, Geröll, Schutt ’ ist zu schwdt. Wueggi, Üeggi, Wueggisch, Wüeggisch n./ m., wdt. Wieggisch, Wüeggäsch, Wüeggätsch, Wäggisch ‘ Erdlawine, Wickeri (PN) 551 552 <?page no="281"?> Schutt, Steingeschiebe von einem Wildbach ’ zu stellen. G RICHTING (1990, 241) umschreibt wdt. Wüöggisch, Wuäggisch (Lötschtal), Wüöggätsch als ‘ Geröll (angeschwemmtes) ’ . Die Etymologie ist unklar, allenfalls mit Metathese zu bedeutungsverwandtem alpinen Guewisch u. ä. H UBSCHMID führt den Namen auf vorromanisch *kukso, *kuksa, Ausdrücke für Regen und Schnee, zurück. Z INSLI möchte den Namen, gebildet mit einer neutralen Adjektivableitung auf - IG , wegen seiner Bedeutung mit ahd. wuosti, mhd. wüesti ‘ öde, unbebaut ’ bzw. mit dem Subst. ahd. wuost m. ‘ Verwüstung, Schutt ’ zusammenbringen (I D . 15, 1028 f.; H UBSCHMID 1946, 39 f.; G YSLING 1975, 12; Z INSLI 1946, 341 und 1960, 158 f.). In den Belegen erscheint die entrundete Form in Eisten, Eyholz und Filet; die palatalisierte Form in Agarn, Blatten und Ergisch. Als Simplex im Singular sind belegt: aúff dem Wiegisch (1822, Eisten), ts Wieggisch (Eyholz), ts Wüeggetsch (Agarn; heute di Bedele), im Wuäggisch (Blatten), ts Wüoggesch (Ergisch), soweit erkennbar überall als ‘ Geröll, Schutt ’ zu erklären. Komplexer ist des Schwarzú Wieggischschleifs ‘ des schwarzen Schleifs beim Wieggisch ‘ Geröll, Schutt ’’ (1592, Filet). Wiegsam Wiegsam ist nur 1401 in Naters als supra Wiegsamen Kýnne ‘ oberhalb des wegsamen (begehbaren) Kinnes (Schlucht) ’ belegt. Das HL ist zunächst zu wiegsam, auch biegsam, biegbar zu stellen (I D . 15, 976), doch gehören diese Belege kaum hieher. Den Namen Wiegsame stellt das SZNB (5, 479) neu zu einem PN, der im WS aber nicht gegeben ist. Deswegen gehen wir davon aus, dass wiegsam im Kontext zu wëgsam ‘ gangbar ’ (I D . 15, 898) zu stellen ist, das von uns als ‘ begehbar ’ übersetzt wurde. Wieland (PN) Wieland (PN) ist nur in einem Beleg von 1767 in Simplon belegt, wo im Wielandt und Wielandtboden vorkommen. Am nächstliegenden ist der ahd. PN Wieland, der auch als FaN bekannt ist (F ÖRSTEMANN 1, 1553). Wier Wier m. ‘ Weiher ’ ist zu schwdt. W ī er, Wier m., Pl. unverändert oder W ī era, W ī iere, Dim. Wierli, ahd. w ī - (w) ā ri u. ä., mhd. wi(w)ääre u. ä., wesentlich wie nhd. ‘ Weiher, (künstlich angelegter) Teich ’ zu stellen (I D . 15, 63 ff.). W IPF (1910, 35 u. öfter) kennt es, G RICHTING (1998) nicht. Der Flurname ist rund 100 mal belegt, wobei in einigen Fällen auch der FaN Wyer (AWWB 297) gemeint sein kann. Zu unterscheiden ist das HL vom umgelauteten und entrundeten Wiera oder Wieri ‘ die Wuhre (Wasserleitung) ’ . Das Simplex im Singular erscheint als der Wier (Eggerberg (unklar, ob es sich um den Weiler Wier ‘ Weiher ’ handelt, oder um eine andere Flur; Visperterminen), zum Wiier ‘ beim Weiher ’ (Staldenried), Wijer ‘ der Weiher ’ (FLNK, Täsch) und historisch beim Wÿer ‘ beim Weiher ’ (1786, Embd), im Wyer ‘ im Weiher ’ (1638, Mund; frühere Belege deuten auf das HL W ÜER ‘ Wuhr, Wasserleitung ’ ), (lat.: supra) Wyere ‘ ob dem Weiher ’ (1335, Stalden), Wyer ‘ der Weiher ’ (1656, Ried-Brig), Wÿer ‘ der Weiher ’ (1578, Naters), Jm Wÿer ‘ im Weiher ’ (1582, Grächen), zúm Wÿer ‘ beim Weiher ’ (1700, Bürchen). Das Simplex im Plural ist als t Wiera ‘ die Weiher (Pl.) ’ (Visperterminen), Zen Wÿerun ‘ bei den Weihern ’ (1558 u. später, Zeneggen) belegt. Unklar ist t Wierre (Naters), das 1389 als in dien Wiarren erscheint; das ist aber eine der Formen, die für das mhd. wîer ‘ Weiher ’ belegt ist (L EXER 3, 957), obwohl in der Beschreibung von t Wierre kein Weiher erwähnt ist. Als Diminutiv des Simplex sind erwähnt Wierli (FLNK, Salgesch; auch bei M ATHIER 2015, 81) und bim Wierli (Visperterminen). Einen Plural hat Ze Wierlinu ‘ bei den kleinen Weihern ’ (Staldenried). Mit attributiven Adjektiven sind belegt der Alt Wier ‘ der alte Weiher ’ (Staldenried), (lat.: ex) dem Grossen Wÿer ‘ (aus) dem grossen Weiher ’ (1553, Visperterminen), Innri Wierlini ‘ die inneren kleinen Weiher ’ (FLNK, Staldenried; LT jedoch Ze Wiedlinu), zem Kalten Wÿeer ‘ zum kalten Weiher ’ (? , Visperterminen), jn dem Kleinen Wÿerlin ‘ im kleinen Weiher ’ (1692, Zeneggen), der Nyw oder Mittlest Wyger ‘ der neue oder mittlere Weiher ’ (1638, Stalden), (lat.: retro) dem Nidern Wiere ‘ hinter dem Niederen (= Unteren) Weiher ’ (1307, Törbel), aús dem Obren Wÿer ‘ aus dem oberen Weiher ’ (1701, Ried- Brig), bÿ dem Obren Wÿer ‘ bei dem oberen Weiher ’ (1558, Zeneggen), t Obru Wiera ‘ die oberen Weiher ’ (Visperterminen), der Beesch Wier ‘ der böse (wohl: schlecht erreichbare) Weiher ’ (Mund), jn den Vndren Wÿerren ‘ in den unteren Weihern ’ (1555 u. später, Visperterminen), in den Vndren Wigeren ‘ in den unteren Weihern ’ (1606, Törbel; 1304 (lat.: de Jnferiori) Wigere ‘ beim unteren Weiher ’ ), zum Warmen Wÿer ‘ beim warmen Weiher ’ (1554, Visperterminen), Üssri Wierlini ‘ die äusseren kleinen Weiher ’ (FLNK, Staldenried; LT aber Ze Wiedlinu). Vorangestellte Genitive sind sehr selten; sicher ist nur Gassero Wÿer ‘ der Weiher der Leute vom Ortsteil Gassa / der Familie Gasser ’ (1716, Ried-Brig). Zwei weitere Belege könnten einen Genitiv enthalten: der Pinntäärnerwier ‘ der Weiher bei den Pinntäärne ’ (Visperterminen), laut Gwp. ein früherer Weiher am Graben, der zum Teil weggerutscht sei, und aus dem Zogeder Wÿer (1701, 553 554 Wier <?page no="282"?> Törbel)), wo wohl das lebende Zangedersch (Törbel) versteckt ist, das eine vermutlich volksetymologische Deutung des Heiligen Geder (Theodul) darstellt. Als Grundwort verbindet sich das HL mit mehreren Bestimmungswörtern zu zweigliedrigen Komposita, die sich nur schwer in thematische Gruppen aufteilen lassen: der Eiguwier ‘ der Weiher im Gebiet Eigna (die Eigengüter) ’ (Visperterminen), der Furuwier ‘ der Weiher beim Dorfteil Furu (Furchen) ’ (Visperterminen), der Gibellwÿer ‘ der Weiher beim Giebel ’ (1717, Zeneggen), aus dem Castolwier ‘ aus dem Weiher beim Chaschtol ’ (1731, Zeneggen), au ᵕ ss dem Kromen Wÿer ‘ aus dem Weiher beim ummauerten Stück Land ’ (1672, Visperterminen) und andere mehr. Komplexere Konstruktionen finden sich etwa in der Hobielwier ‘ der Weiher im Bereich Hobiel (hoher Hügel) ’ (Visperterminen), Hoffmattwÿerli ‘ der kleine Weiher bei der Hofwiese ’ (1648, Zeneggen), ts Todgrippuwierli ‘ der kleine Weiher bei den Todgrippen (dem Hinterteil von Pferden gleichendes Gelände, das sehr steil ist) ’ (Visperterminen), dem Undresten Studenwier ‘ dem untersten Weiher bei den Stauden ’ (1712, Visperterminen) und anderen mehr. Als Bestimmungswort kommt das HL in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern vor: Biel, Flüö, Gadu, Hitta, Matta, Tola, Wäg, Wald, Wasser und Weid. Interessant sind dabei drei Fälle mit einem Bestimmungswort im Genitiv: an das Bord des Wigers ‘ das Bord (Abhang, Böschung, hier wohl Rand) des Weihers ’ (1542, Mund), im Wigers Wang ‘ im Grasabhang beim Weiher (? ) ’ (1770, Naters) und Wÿgersweg ‘ der Weg vom / zum Weiher ’ (1556 u. später, Naters), wo eventuell auch der FaN Wyer gemeint sein kann aus den Belegen allein lässt sich das nicht entscheiden. Ein schwieriger Beleg ist schliesslich Wiiert (FLNK, Steinhaus). Ein historischer Beleg von 1553 aus Visperterminen sagt, jede vierzehn Tag könnten aus dem grossen Weiher zwen Wÿertern entnommen werden. Aus diesem Kontext kann aber nur geschlossen werden, dass es sich um eine Menge Wasser handelt. Das ist bei Steinhaus kaum der Fall. Ob Wiiert hier einfach einen Ort meint, wo sich ein Weiher befand, bleibt aber unklar. Es könnte eine Ableitung auf / t/ vorliegen (S ONDEREGGER 1958, 556), doch würde sie eine verbale Wurzel voraussetzen, die hier nicht gegeben ist. Wiereland (PN) Wiereland (PN) ist nur im Beleg Wierelandz Ho ᵛ wate ‘ das Gebiet mit (Holz-)Hau des Wiereland (PN) ’ (1310, Visperterminen) belegt. Der PN ist in dieser Form sonst nicht bezeugt. Am nächsten kommt ihm ahd. Variland (F ÖRSTEMANN 1, 1003). Wiescht wiescht Adj. ‘ wüst, öde, unfruchtbar ’ ist zum schwdt. wüescht ‘ öde, unwirtlich, unbesiedelt und unbewirtschaftet, verwildert ’ von Land, Siedlungen, Gebäuden und Nutzeinrichtungen, ahd. wuosti, mhd. wüeste ‘ leer, öde ’ und wdt. wiescht, wiäscht ‘ wüst, begierig, hungrig ’ (I D . 16, 2173 ff.; G RICHTING 1998, 238) zu stellen, wobei für Flurnamen die Deutung als ‘ wüst, öde, unfruchtbar ’ in Frage kommt. Das Adjektiv ist selten und kommt nur attributiv oder als Erstglied von Komposita vor: t Wiäschtunmattä ‘ die wüsten, unfruchtbaren Wiesen ’ (Blatten) mit t Indru Wiäschtunmattä ‘ die inneren (taleinwärts liegenden) wüsten, unfruchtbaren Wiesen ’ , t Uistrun Wiäschtunmattä ‘ die äusseren (talauswärts liegenden) wüsten, unfruchtbaren Wiesen) ’ , jn dem Wiestenmatten Haus ‘ im Haus bei den wüsten, unfruchtbaren Wiesen ’ (1705), zen Indrä Wiäschtänmattunschiirun ‘ bei den Scheuern bei den inneren wüsten, unfruchtbaren Wiesen ’ , zen Uisträ Wiäschtänmattuschiirun ‘ bei den Scheuern bei den äusseren wüsten, unfruchtbaren Wiesen ’ (alle Blatten). In Wiler heisst die gleiche Gegend z Weeschtänmattu ‘ bei den wüsten, unfruchtbaren Wiesen ’ und dazu kommt Zwiesten Steÿnen ‘ bei den wüsten, unfruchtbaren Steinen (1616, Wiler). an der Wyestynmatton ‘ an der wüsten, unfruchtbaren Wiese ’ (1448, Zermatt) und t Wieschtu Matte ‘ die wüsten, unfruchtbaren Wiesen ’ (Saas-Grund) weisen den gleichen Typ auf. Weitere Belege sind die Wiestenlegi ‘ die wüste, öde Lagerstätte (Legi als Zaun wohl nicht? ) ’ (1766 u. später, Münster), in Wüsten Mättelti ‘ in der kleinen wüsten, unfruchtbaren Wiese ’ (1855, St. Niklaus), jm Wiesten Wyngarten ‘ im öden, unfruchtbaren Weingarten ’ (1636 u. später, Brig). Unklar ist der Wüeschtture ‘ der unfruchtbare Turm (steiles Gelände) ’ (Binn), der einen palatalisierten Diphthong / üe/ aufweist. Vergleichbar sind sonst im Wu ᵕ scht Gúffer ‘ im wüsten, unfruchtbaren Steingeröll ’ (1579, Naters) mit einer älteren Form, die sich auch in aúff denn Wusten ‘ auf den öden Stücken Land ’ (1829, Bitsch) wiederfindet, das wohl auf das maskuline Nomen Wuest (I D . 16, 2164 ff.) zurückgeht, das hier als ‘ ödes, unfruchtbares Stück Land ’ zu verstehen ist. Hierzu ist auch dem Wuost ‘ das öde, unfruchtbare Stück Land ’ (1655, Binn) zu stellen (Dativ stammt aus der Konstruktion im Text). Die übrigen Belege sind zu schwdt. Wüesti (I D . 16, 2190, Bed. 2. ‘ Einöde, unbebautes bzw. vegetationsarmes Land ’ ) und wdt. Wieschti, Wiäschti ‘ Wüste ’ (G RICHTING 1998, 238) zu stellen. Es wird hier als ‘ ödes, unfruchtbares Stück Land ’ bezeichnet. Es handelt sich um ein feminines Adjektiv-Abstraktum auf - I (S ONDEREGGER 1958, 495). Als Simplex im Singular ist es meist mit einer Präposition konstruiert: t Wieschti (Geschinen, Ober- Wiereland (PN) 555 556 <?page no="283"?> gesteln, Törbel, Zermatt), in der Wieschti (Gluringen), jn der Wüste (1586 u. später, Reckingen), an der Wo ᵉ stin (1304 u. später, St. Niklaus), in der Wu ᵉ stÿ (1592, Ritzingen), die Wu ᵉ stin (1386 u. später, Münster). Mit attributiven Adjektiven und dem HL als Grundwort sind in Zermatt belegt an der Endron Wu ᵉ stin ‘ am jenseitigen öden, unfruchtbaren Stück Land ’ (1427 u. später), an der Hindron Wiestin ‘ am hinteren öden, unfruchtbaren Stück Land ’ (1497), an der Jndren Wiestin ‘ am inneren öden, unfruchtbaren Stück Land ’ (1532), t Unner Wieschti ‘ das untere öde, unfruchtbare Stück Land ’ , an der Vsrun Vyestin ‘ am äusseren öden, unfruchtbaren Stück Land ’ (1467 u. später), t Vooder Wieschti ‘ das vordere öde, unfruchtbare Stück Land ’ . Weiter kommen vor an der Grossen Wiesty ‘ am grossen öden, unfruchtbaren Stück Land ’ (1579, Geschinen), an der Obren Wiestÿ ‘ am oberen öden, unfruchtbaren Stück Land ’ (1593 u. später, Obergesteln), t Ober Wieschti ‘ das obere öde, unfruchtbare Stück Land ’ (Törbel) und in Vndren Wiesti ‘ im unteren öden, unfruchtbaren Stück Land ’ (1675 u. später, Obergesteln). Als Bestimmungswort verbindet sich Wieschti mit folgenden Grundwörtern zu zweigliedrigen Komposita: Bode, Matta, Spitz, Stuck, Wäg und dem komplexeren t Wieschtiwasserleita ‘ die Wasserleitung zum / vom öden, unfruchtbaren Stück Land ’ (Zermatt). Im Bezirk Leuk fehlt das HL gänzlich. Wiese Wiese ist ein nhd. HL, das im Wallis sonst nicht verwendet wird (cf. HL M ATTA ). Es ist nur 1927 in Salgesch als bei der Fluss Wiese belegt. Gemeint ist wohl eine Wiese bei einem Fluss; der Ausdruck Wiese ist nicht walliserdeutsch. Wiestiner (FaN) Wiestiner (FaN) ist nur im Genitiv Plural belegt in vff Wÿestinerro Sandt ‘ auf dem Sandgebiet der Familie Wiestiner ’ (1597, Visp). Der FaN ist in AWWB (288) erwähnt; er erscheint seit dem 14. Jahrhundert im Bezirk Visp. Wigger (PN) Wigger (PN) ist ein Personenname, der wohl auf einen älteren Namen W ī ghart oder ähnlich (cf. HL W ICKERT ; F ÖRSTEMANN 1, 1583) zurückzuführen ist. Wiigerscha (Grächen) und Wiggerscha (Naters) sind beides - SCHA -Ableitungen von einem PN mit der Bedeutung ‘ das Eigentum des Wiigger / Wigger ’ . Der luzernische Bachname Wigger (G REULE 2014, 593) fällt für unsere Belege ausser Betracht. Unklar sind die Diminutivform im Wiggy (1521, Mund) und Wigguhüs ‘ das Haus des Wiggen ’ (Zermatt). Als Bestimmungswort erscheint Wigger in Wÿggerschluocht ‘ die Geländeeinbuchtung des Wigger ’ (1779, Naters) und im Wiggersschliechtÿ ‘ die kleine Geländeeinbuchtung des Wigger ’ (1765, Naters). Wigler Wigler m. ist in Hohtenn belegt als der Wigler (auch FLNK). Dazu gesellen sich t Wiglerstägu ‘ die Stiege beim Wigler ’ und t Wiglerstäge ‘ die Stiegen beim Wigler ’ beide führen nach dem Weiler Giesch. Historisch ist schon 1347 Wigrello Len ‘ das Lehen der Leute vom Wigler ’ belegt, wobei vermutlich eine Liquiden-Metathese vorliegt. Laut ORTSNAMEN . CH ist Wigler in Adlikon (ZH) bezeugt, aber ohne Deutung. I D . (15, 967) kennt zwar das Nomen actoris Wigler als ‘ Unruhestifer ’ (wie in Aufwiegler), doch kommt dies kaum als Deutung in Frage. Darum unterbleibt eine Deutung. Wii Wii ‘ Wein ’ ist zu Schwdt. W ī n m., Dim. W ī n(d)li, W ī n li, W ī lli, Getränkebezeichnung ‘ Wein ’ , ahd. und mhd. w ī n und wdt. Wii ‘ Wein ’ (I D . 16, 139 ff.; SDS III, 164 f.; G RICH- TING 1998, 23) zu stellen, in FlN eine mit Weinreben bepflanzte Fläche, die auch Weingarten genannt wird (I D . 2, 439). Der Name kommt in rund 80 Flurnamen vor. Das HL ist nie als Simplex belegt, sondern im Wesentlichen als Wiigaartu ‘ Weingarten ’ bezeichnet. Hierzu gehören das Kompositum Wiigartu mit seinen verschiedenen Formen wie Wiingarto, Wingartu, Wingarto usw. und die damit verbundenen komplexen Formen wie jm Alten Weingarthen (1704, Eggerberg), Flv ͦ wingarto ‘ der Felsweingarten ’ (1297, Stalden), der Frowun Wingarto ‘ der Weingarten der Herrin / der Familie Frauen ’ (1437), der Furrero Wingarto ‘ der Weingarten der Familie Furrer ’ (1305, Visp) und viele andere; dabei fällt das attributive Partizip Präsens im Stozenden Weingarten ‘ im steilen Weingarten ’ (Visperterminen) besonders auf. Der Typ Wiigaartu kann auch reduziert als Wingert auftreten, so etwa in in der Wingertmatten ‘ in der Wiese beim Weingarten ’ (Ried-Brig). Daneben sind zweigliedrige Komposita mit Bäärg, Egg(a), Stutt und Wanna belegt. Dabei ist besonders erwähnt das W ī n wanni als ‘ kleines hölzernes Weinfässchen, dessen Inhalt zum Eigengebrauch für die Säumer bestimmt war ’ . Der Name kommt in Ausserberg und Raron vor und wird auch für das Wiwannihoru (Ausserberg, Baltschieder) verwendet. Laut Volksmund sollen bei einer früheren Klimaerwärmung auf über 2 ’ 000 Metern in einer Mulde unter dem W ī wannihoru Rebstöcke gestanden haben, doch ist dies sehr unklar. Schmilzt der Winterschnee im Wiwanni den Sommer über, gilt dies als Zeichen für eine kommende gute Weinernte (I D . 16, 100; E GLI 1982, 3). 557 558 Wii <?page no="284"?> Die Namen zeugen davon, dass Weingärten vor dem 15. Jahrhundert in grössserer Höhe gediehen als später. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erfuhren hochgelegene Weingärten wie jene von Visperterminen ihre besondere Hochschätzung. Wiib Wiib ‘ Weib ’ n. ist zu schwdt. W ī b n., Pl. W ī ber, Dim. W ī bli, W ī bji, W ī bilti, W ī berli, wie nhd. ‘ Weib, Person weiblichen Geschlechts, Ehefrau ’ und Wiiberli, Wiibji, Wiibilti oder Wiibärli ‘ Frau, Weib ’ (I D . 15, 138 ff.; G RICH- TING 1998, 239) zu stellen, in Flurnamen zur Bezeichnung des Frauengutes. Im Oberwallis ist das HL bis in die Gegenwart hinein neutral, nicht pejoriativ zu verstehen; die diminutive Form bei G RICHTING ist vermutlich neuer. Belegt sind nur drei Namen mit dem HL als Bestimmungswort: ts Wiibehiischere ‘ bei den Häusern der Frauen ’ (Ulrichen), der Wiibuchänil ‘ der Kännel der Frauen ’ (Ergisch), mit der Bemerkung, dort hätten Frauen zur Franzosenzeit gekämpft, zur Deutung des Namens, und der historische Beleg Wybomatta ‘ Weiberwiese ’ (1306, Lalden), resp. Wybonmatta (1310, Lalden). I D . (15, 149) gibt einige Flurnamen mit Wiib als Bestimmungswort an. ZGNB (5, 201) nimmt eher einen älteren PN (z. B. Wigbolt) an, der erst sekundär an ‘ Weib ’ angelehnt worden sei. Auf Grund unserer Belege lässt sich die Frage nicht entscheiden, doch sind die jüngeren Belege wohl zu Wiib zu stellen. Wiidu Wiidu ‘ die (Sal-)Weiden ’ (Pl., Bäume) ist zu schwdt. W ī d, W ī de n bzw. W ī dil f., Pl. W ī de n , Dim. W ī dli, ahd. wîda, mhd. wîde ‘ Weide, lat. SALIX ’ (I D . 15, 550ff) zu stellen. G RICHTING (1998, 239) kennt nur Wiidli ‘ Salweide ’ für die Schattenberge. Der FaN Wyden (AWWB 297; cf. HL W YDEN (F A N)) kann im Einzelfall gemeint sein. Die Schreibung ‘ (Sal-)Weide ’ soll die verschiedenen S ALIX - Arten (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 410 ff.) ohne nähere Bestimmung gegenüber der ‘ Weide für das Vieh ’ kennzeichnen. Im Dialekt sind Wiidu und Weid klar getrennt. Das Simplex im Singular ist belegt als Wida ‘ die (Sal-) weide ’ (1396, Unterbäch), vnder der Widen ‘ unter der (Sal-)Weide ’ (1719, Raron), Wydun ‘ die (Sal)Weide ’ (1453, Visp; unsicher, ob Singular), t Wiidu ‘ die (Sal-)Weide ’ (Ergisch), zer Wiidu ‘ bei der (Sal-)Weide ’ (Ergisch), t Wit ‘ die (Sal-)Weide ’ (Raron, 1: 10000 Wydt, unklar, da heute Wald mit Strasse und Schuttablage). Komplexer ist der Acher zer Widen ‘ der Acker bei der (Sal-)Weide ’ (1466, Mund). Das Simplex im Plural erscheint als t Wiide ‘ die (Sal-)Weiden ’ (Niedergesteln, Ried-Mörel), ze Wiidu ‘ bei den (Sal-)Weiden ’ (Goppisberg) und in den Wÿden ‘ bei den (Sal-)Weiden ’ (1500 u. später, Fiesch; 1707, Lax). Das Diminutiv ist im Singular als in dem Widemmin ‘ bei der kleinen (Sal-)Weide ’ (1797, Ergisch) und im Plural als t Wiidlini ‘ die kleinen (Sal-)Weiden ’ (Ferden) belegt. Als Grundwort fehlt das HL, hingegen erscheint es als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita mit folgenden Grundwörtern: Acher, Bodu, Brunnu, Gassa, Matta, Rüüs, Schiir, Schluocht und Tschugge. Ein eigentliches Namennest findet sich in Widen Brunnen Halten (1759, Unterems), Widubrunnuhalte (FLNK, Oberems), Wÿden Brunnen Trog (1705, Oberems), der Widubrunnuwald (Oberems), die sich alle beim Widubrunnu (Dorfteil von Oberems), resp. Wydenbrunno (1441, Unterems) befinden (Ober- und Unterems bildeten früher die Pfarrei Ems). Zweimal ist eine - IG -Ableitung belegt: jn Wÿdigen Eÿgen ‘ in der Eie (Aue) der Familie Wyden ’ (1597, Visp) und im Widigen Waldt ‘ im Wald der Familie Wyden ’ (1774) in beiden Fällen ist wohl die kollektive - IG - Ableitung für Familiennamen gemeint (cf. HL W YDEN (F A N)). Wiisch Wiisch ist ein unklares HL. Das zeigt sich darin, dass M. S. in Bellwald im Wischi mit offenem, kurzen / i/ notiert, während das Kompositum der Wiischbieu offenes, langes / i/ hat. In Grengiols sagt Gwp. bei <ts wiisch>, es handle sich um <ts wiisisch>, also ‘ des Alois ’ (Wiischbord, ts Ober und ts Unner Wiischbord). In Leukerbad notiert M. S. ts Wiischi mit der Beschreibung ‘ Schafweide ’ , während R. G RICHTING (1993, Blatt 11, Nr. 4 u. weitere) ts Wieschi kennt. Als Quellen kommen in Frage: Wischo ‘ Flurhüter, Weibel, Gerichts- und Gemeindebote ’ (I D . 16, 2117; Z INSLI 1984, 291), Wisch ‘ Bündel Heu ’ (I D . 16, 2118 ff.; G RICHTING 1998, 240 ‘ Heumenge ’ ; R ÜBEL 1950, 104 ‘ Heubündel für Schafe ’ ), Wusch ‘ einzelne Portion Heu ’ (I D . 16, 2152). In FlN kann auch Weisch n. ‘ die Stoppeln, das Stoppelfeld ’ (G R W B 28, 1011; schwäbisch auch Wiisch) gemeint sein, das lautlich mit Wisch identisch ist. Zu vermuten ist, dass das neutrale im Wischi (Bellwald), ts Wiischi (Leukerbad) einfach eine kleine Heuwiese meint. In Bellwald bildet sich mit der Wiischbieu ‘ der Hügel bei der kleinen Heuwiese ’ und dem 1824 belegten im Wÿschboden ‘ im Boden bei der kleinen Heuwiese ’ ein Namennest. In den übrigen Fällen kommt das HL als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita mit den Grundwörtern Acher und Matta vor. der Wischbrunnen ‘ die Quelle / der Brunnen beim Gebiet Wischi ’ (1687, Fie- Wiib 559 560 <?page no="285"?> schertal) könnte sich beim Wischi von Bellwald befinden. Wiischbord (FLNK, Grengiols) wird, sofern Gwp. recht hat, zum PN Alois zu stellen sein. Wischo ‘ Gerichtsdiener ’ würde normalerweise einen schwachen Genitiv vom Typ Wischenacher erwarten lassen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass Belege mit Acher und Matta zu diesem HL zu stellen sind. Vermutlich hieher ist auch t Wischumatta (Mund) zu stellen (vgl. HL W IISCHU ). Wiischu Wiischu ist zweimal belegt in t Wiischumatta ‘ die Wiese des Wischo (Gerichtsdiener) / der Familie Wischen ’ (Mund). J OSSEN (1989, 80) vermutet, dass der Name vom FaN Wischen stammt. Anders als AWWB (297, s. v. Wyssen) ist der FaN nicht eine Schreibversion von Wyssen, sondern bezieht sich auf den Funktionsnamen W ī scho ‘ Gerichtsdiener ’ (I D . 16, 2117). Der zweite Beleg stammt 1685 aus Grächen als Zwisch ŭ nacher, das auch als Wisch ŭ n Acher (1690) bezeugt ist. Ob ein frpr. Wort zu Grunde liegt (wie in I D . vermutet), ist unklar. Z INSLI (1984, 133) hat als Übersetzung sbirro ‘ Büttel ’ und verweist auf S. 291 einerseits auf Wyschu ‘ Gerichtsdiener ’ , und anderseits auf ahd. *wiso ‘ Weiser ’ ; er zitiert aber auch G YSLING (1929, Nr. 237), der vey š i ‘ guardia campestre; messo communal ’ hat. Das Wort scheint im Bereich der piemontesischen Walser noch überlebt zu haben; im Oberwallis selbst ist es nur noch in Flurnamen vorhanden. Wiiss Wiiss Adj. ‘ weiss ’ ist zu schwdt. w ī ss, wie nhd. Farbadjektiv ‘ weiss ’ , mhd. w ī z, ahd. h(w ī z) (I D . 16, 1984 ff.) zu stellen. Bei G RICHTING (1998, 239) fehlt das Adjektiv; belegt ist nur das Verb wiissgge, wiissgä (Goms), wiissgu ‘ weisseln ’ . Das Adjektiv kommt in rund 300 Namen, meist attributiv vor. Entsprechend gibt es keine Simplizia des Adjektivs, nur Ableitungen. Im Wesentlichen betrifft das HL helles Gestein, Gletscherwasser, Schneegipfel und selten die weisse Farbe eines Hauses. Dazu kommen einige Belege für Pflanzen. Als attributives Adjektiv tritt das HL flektiert und unflektiert mit einer grossen Menge von Grundwörtern auf. Am häufigsten ist der Typ t Wiiss Flüe ‘ die weisse Fluh ’ (Binn) mit 38 Belegen, wovon einige komplexer sind wie etwa in Ergisch mit dem Namennest ts Wiiss Flieji ‘ die kleine weisse Fluh ’ , der Wissfliejitschuggu ‘ der Felsen auf der alpe Wiss Flieji (kleine weisse Fluh), t Wissfliewängg ‘ die Grasabhänge oberhalb der Alpe Wiisses Flieji (die kleine weisse Fluh) ’ und das 1821 historisch belegte das Weis-Flühen-Alpchen ‘ die kleine Alpe bei der weissen Fluh ’ . Zu diesem Typ gesellen sich die Typen t Wiiss Egga ‘ die weisse Ecke ’ (Eisten, siebzehn weitere Belege, auch komplexe), der Wiiss Tschuggo ‘ der weisse Fels ’ (Zeneggen, vierzehn weitere Belege, auch komplexe), t Wiiss Blatta ‘ die weisse Felsplatte ’ (Fieschertal, zwölf weitere Belege, auch komplexe), der Wiiss Grabu ‘ der weisse Graben ’ (Simplon, neun weitere Belege) und weitere Grundwörter wie Bodu, Gufer, Rufina, Stei, um die häufigsten zu nennen. Ein zweiter Typ benennt Gipfel wie ts Wiisshooru ‘ das Wisshoru (Gipfelname, LT Weisshorn, nach der Farbe des Schnees) ’ (Randa, elf weitere Belege, teilweise der gleiche Gipfel mehrfach), der Wiiss Graad ‘ der weisse Grat ’ (Staldenried, weitere 7 Belege), ts Wiis Mies ‘ das weisse Mies ’ (Saas- Almagell, LT Weissmies (Gipfelname), wobei sich Mies auf das HL M IES - M IESCH ‘ Moos ’ zurückführen lässt und die weiteren Namen um den Gipfel herum liegen, das seltene ts Wiiss Gibirg ‘ das weisse Gebirg (Gebiet mit weissen Felsen) ’ (Zwischbergen). Ein besonderer Namentyp ist ts Wiisstor ‘ das Weisstor ’ (Saas-Almagell), der Name hochgelegener kleiner Pässe, die mit Adjektiven wie ts Alt Wisstor, ts Niww Wisstor (beide Zermatt) und komplexeren Konstruktionen wie ts Schwarzbärgwiisstor (Zermatt, ähnlich Saas-Almagell) verbunden sind. Bei den Pflanzennamen ist der häufigste Typ ts Wiisslöüb ‘ das Weisslaub (Name für S ALIX LAPPONUM ) ’ (Eisten, achtzehn weitere Belege mit Varianten); die übrigen Fälle sind selten wie t Wiissdoorna ‘ die Weissdornsträucher (C RATAEGUS MONOGYNA oder LAEVIGATA ) ’ (Eggerberg) (vgl. I D . 13, 1642), zer Wiisstannu ‘ bei der Weisstanne ’ (Varen). Auf Gletscherwasser oder einem Bach aus der Wiissi ‘ das weisse Gebiet ’ beziehen sich Gewässernamen wie Wiissbach ‘ der weisse Bach ’ (FLNK, Binn), Wiisswasser (FLNK, Naters), beide mit weiteren Belegen, und der Wiiss See ‘ der weisse See ’ (Guttet). Unklar, ob sie hieher oder zu den Felsen gehören sind die Belege ts Wiiss Tal ‘ das weisse Tal ’ (Saas-Almagell, mit sieben weiteren Belegen). Die Farbe des Hauses spielt eine Rolle in beÿ dem Wÿssen Haúss (1742, Simplon), ts Wiiss Hüüs (Eyholz), Wiissus Hüs (FLNK, Visp), die Weisse Haúsmatten ‘ die Wiese beim weissen Haus ’ (1646) und dem lat. alba domus ‘ das weisse Haus ’ (1638 u. später, Raron). Einen speziellen Fall bilden t Wiissgäärbi ‘ die Weissgerberei ’ (Leuk), t Undri Wiisgäärbi ‘ die untere Weissgerberei ’ (Leuk) und beÿ der Weisgerbe ‘ bei der Weissgerberei ’ (1775, Varen). Die Weissgerbung ist eine besondere Form der Lederherstellung, bei der mit Mineralsalzen (Alaun, Kochsalz) ein helles (weisses) Leder erzeugt wird. 561 562 Wiiss <?page no="286"?> Seltsam ist der Beleg im Wisland (Visp, LT Wiesland, FLNK Wiisland). Das Wort Wis f. ‘ Wiese ’ (I D . 16, 2017 ff.) ist im Walliserdeutschen nicht gebräuchlich. MS notiert ein kurzes / i/ , während FLNK ein langes / ii/ hat und wohl an das HL Wiiss denkt. Ein älteres Wisi f. ‘ Abgabe der Lehnsleute an den Grundherrn ’ (I D . 16, 2016, mit einem Zitat aus Ernen) könnte hier vorliegen; gemeint wäre dann das Land, auf dem eine solche Abgabe geschuldet war. Mangels historischer Zeugnisse lässt sich das nicht sicher belegen. Eine Ableitung t Wiissa f. bezieht sich durchwegs auf eine Wasserleitung, die Gletscherwasser führt. Das Simplex t Wiissa ‘ die weisse Wasserleitung ’ (Fieschertal, Lax, Mund) kommt an drei Orten vor; andere Belege spezifizieren t Fiescherwiissa ‘ die weisse Wasserleitung nach Fiesch ’ (Fiesch), t Laggerwiissa ‘ die weisse Wasserleitung nach Lax ’ (Fiesch) und Bärgerwiissa ‘ die weisse Wasserleitung nach Martisberg ’ (FLNK, Lax). Ein Diminutiv hierzu liegt wohl vor in ex dem Weÿssÿ ‘ aus der kleinen weissen Wasserleitung (ev. dem Weisswasser) ’ (1643, Ried-Brig). Eine Ableitung t Wiissi f. bezieht sich auf ein Gebiet mit weissem Gestein. Das Simplex ist als t Wiissi (Binn) belegt; dazu kommen t Schinnere Wiissi ‘ das weisse Gebiet der Alpe der Familie Schiner ’ , t Schmidige Wiissi ‘ das weisse Gebiet der Alpe Schmidigen (der Familie Schmid) ’ , Tschampige Wiissi ‘ das weisse Gebiet der Alpe Tschampige (der Familie Tschampen). Vermutlich Nutzer oder Besitzer sind gemeint bei einer seltenen - ER -Ableitung im Genitiv Plural Wiisseru Schlüecht ‘ die Geländeeinbuchtung der Familie Weissen ’ (FLNK, Ausserberg) mit dem alten FaN Weissen (cf. HL W EISSEN (F A N)) oder den Bewohnern einer Flur namens Wiissi; eine solche Ableitung liegt vermutlich auch in Unterbäch die Wisserÿ ‘ das Gebiet der Leute von Wiissine ’ (1611) vor, wobei hier der Dorfteil t Wiissine (Unterbäch) gemeint sein kann. Wiit Wiit Adj. ‘ weit ’ ist zu schwdt. Adj. wît, ahd. und mhd. wît ‘ weit, räumlich ausgedehnt, breit ’ und wdt. wit, wiit ‘ weit ’ (I D . 16, 2284 ff.; G RICHTING 1998, 240) zu stellen, in FlN für ‘ ausgedehnte Flächen, nicht eingeengte Geländeformen ’ (Z INSLI 1984, 590). Als attributives Adjektiv erscheint das HL flektiert und unflektiert zusammen mit einer Reihe von Grundwörtern, von denen der Typ t Wit Schlüecht ‘ die weite Geländeeinbuchtung ’ (Biel und vierzehn weitere Belege) am häufigsten ist, gefolgt vom Typ t Wiit Matta ‘ die weite Wiese ’ (Eggerberg) oder t Wite Matte ‘ die weiten Wiesen ’ (Geschinen) mit insgesamt zwölf Belegen. Weitere Grundwörter sind Acher, Biel, Bodu, Brunnu, Chumma, Fad, Fura, Gassa, Grabu, Hof, Lamma, Richti, Sand, Schleif, Wald, Wang und Wanna. Besonders zu beachten sind wohl t Witentir ‘ die weite Tür (Eingang zum Stafel) ’ und Witentirsee ‘ der See bei der Witen Tir (weite Tür) ’ (beide Grengiols). Tir ‘ Türe ’ ist hier als ein Durchgang im Zaun zu verstehen; der Name wurde auf den Stafel übertragen. Komplexere Formen sind t Ober und t Under Wiit Chumma ‘ der obere und der untere Teil der weiten Chumma (Mulde) ’ (Ferden), der Witufadstafel ‘ der Stafel beim weiten Felsdurchgang ’ (Glis) und t Wytmattuachra ‘ die Äcker beim Gebiet Witmatta (die weite Wiese) ’ (EK, Eggerberg). Eine Form mit vorangestelltem Genitiv ist ts Vänetsch Witu Brune ‘ der der Familie Venetz gehörende Teil des Gebietes Witi Brunne ‘ weite Brunnen / Quellen ’’ (Saas- Balen). Einen Sonderfall stellen die Belege Wiitwasserpass (LT Witenwasserenpass), Wiitwasserstock (LT Witenwasserenstock) und Wiitwasserlicki ‘ die kleine Lücke (Fusspass) beim Wiitwasserstock ’ (alle Oberwald) dar. Sie sind benannt nach der Alpe Witenwasseren (Realp (Uri)) (URNB 3, 929 f.), wobei die Form Wasseren vom URNB entweder zu einem Dativ Plural oder zu einer ahd. - ARRA - Ableitung gestellt wird. Das abgeleitete Adjektivabstraktum Witi, Pl. Witine ‘ Weite, landwirtschaftlich genutzte Fläche ’ und wdt. Witi, Wiiti ‘ Weite, Ferne, Streck (grosse) ’ (I D . 16, 2308 - 2319; G RICHTING 1998, 240) kommt als t Witi ‘ das weite Gebiet ’ (Fieschertal, Niederwald, Zermatt), im Plural als t Wittene ‘ die weiten Gebiete ’ (Täsch) und im Kompositum der Witinuwald ‘ der Wald bei den Witinu (weite Gebiete) ’ (Zwischbergen) vor. Wil Wil als HL ist zu schwdt. W ī l, W ī len, W ī ler, mhd. w ī ler, ahd. w ī l ā ri, entlehnt aus spätlat.-rom. VILLARE ‘ Gehöft, Gutshof ’ , einem substantivierten Neutrum des lat. Adjektivs v ī ll ā ris ‘ zum Landhause gehörig ’ (I D . 15, 1258 ff.) zu stellen. Im Gattungswort nhd. Weiler ‘ einzelnes Gehöft, Häusergruppe ’ ist noch der ursprüngliche Sinngehalt erhalten (Z INSLI 2 1975, 43 ff.). Die Form Wil ist im Oberwallis nur in zwei Einzelbelegen enthalten (zur komplexen Geschichte siehe u. a. S ONDEREGGER 1958, 563 ff.): ts Wil (Ried-Mörel) und im Wÿll ‘ im Wil ’ (1719, Bitsch). Ob diese Form aus Wiler rückgebildet wurde oder direkt auf ein lat. villa ‘ Landhaus, Dorf, Stadt ’ zurückgeht, ist unsicher; eine Rückbildung scheint aber wahrscheinlicher. Viel häufiger ist das Simplex im Singular als der Wiiler ‘ Wiler (Weiler) ’ (Feschel, Obergesteln), am Wilar (1527, Grengiols), ts Wilär ‘ bei Wiler (Gemeindename in Lötschen) ’ (Wiler), der Wiler ‘ der Wiler (Weiler) ’ (Blitzin- Wiit 563 564 <?page no="287"?> gen, Fiesch, Geschinen, Guttet, Reckingen, Ulrichen) und historisch als de Wylere (1391, Münster, 1531 uffen wiler, 1687 am Wÿlerin), in Willere ‘ in Wiler ’ (12? ? u. später, Mund) belegt. Einen seltsamen Beleg hat 1356 Inden: ou Wiler. Die Form mit ou (Präposition und Artikel) legt einen romanischen Namen nahe, der etwa Villars (B OS- SARD / C HAVAN 2006, 210) entspricht. Die ältere Form (de) Wilere (1323, Fieschertal), Willere (1393, Lax), jn dem Wilere (1302, Steg) zeigt entweder einen Ablativ oder einen Dativ des Singulars an. Wÿler (1433, Ernen) ist eine historische Schreibweise; Wÿler (1683, Martisberg) ist unklar, da 1628 am gleichen Ort der Plural an den Wÿleren ‘ an den Wilern (Weilern) ’ steht. Ein feminines t Wilera (Bellwald; Singular, da iner … ) geht wohl auf einen Plural jn dien Wylerren (1436, Bellwald) zurück, der umgedeutet wurde. Unter Umständen kann die Endung -er in Wiler als Ableitung im Sinn von ‘ Bewohner von Wil ’ verstanden werden; das lässt sich im Einzelnen nicht erkennen. Simplicia im Plural sind: an den Wÿleren (1576 u. später, Gluringen), t Wilere (Binn, 1578 ein Singular am Wÿler, 1589 an den Wÿlleren), in den Wÿleren (1309, Mühlebach), jn dien Wilerren (1305, Visperterminen), ts Wilere (Niederwald) ist unklar, ob Singular oder Plural, ebenso Willere (LT, FLNK, Niederwald). Das Diminutiv des Simplex ist nur einmal belegt: ts Wiilerli ‘ der kleine Wiler ’ (Münster). Zwei deutliche Namennester lassen sich unterscheiden. Zum einen um den Gemeindenamen Wilär (Lötschen; LT Wiler), wo rechts der Lonza Wilär selbst liegt, darüber t Wiilär Egga ‘ die Ecke oberhalb Wil ’ und dr Wilergrabem ‘ der Graben bei Wiler ’ (Wiler, FLNK Wilärgraben), links der Lonza, wo der Wilerbach (LT, SK; FLNK Wilärbach) durch di Wilerra (Gebiet, das zu Wiler gehört) fliesst, befinden sich weiter dr Willärfläcken ‘ der Flecken beim Ort Wiler (Lötschen) ’ , t Inder und t Uister Wilärra ‘ das innere und das äussere Gebiet, das zu Wiler gehört ’ , dr Wilärspitz ‘ das spitz zulaufende Stück Land bei der Wilerra ’ , weiter oben Wilärchnubel ‘ der Hügel, der zur Gemeinde Wiler gehört ’ (FLNK; LT Wilerchnubel), ts Inder und ts Uister Wilärchinn ‘ die innere und die äussere Schlucht des Wilerbachs ’ , t Wilärmattä ‘ die Wiesen im Gebiet des Wilerbachs ’ , ts Wilärhoren ‘ das Wilerhorn (Gipfelname, LT Wilerhorn, benannt nach Gemeinde Wiler) ’ (gleicher Gipfel auch in Niedergesteln belegt), Wilärjoch ‘ das Joch (Fusspass) zwischen Wilerhorn und Schwarzhorn (nach Wiler (Lötschen) benannt) ’ (das gleiche Joch ist auch in Raron belegt). Nur historisch sind belegt: jn der Wÿler Kúmmen ‘ in der Chumme (Mulde) von Wiler ’ (1685 u. später, Wiler), jn der Wÿller Bÿnden ‘ im Pflanzplatz von Wiler ’ (1629, Wiler) und in der Wiler Fúren ‘ in der Furche der Gemeinde Wiler ’ (1625 u. später, Wiler). Das zweite Namennest befindet sich in den Gemeinden Obergesteln und Ulrichen, die beide einen Weiler Wiler (Ulrichen), üf Wiiler (Obergesteln) kennen, der auf der Grenze der beiden Gemeinden steht. Obergesteln kennt üf Hinner Wiiler ‘ auf dem hinteren Wiler ’ , Unner Wiiler ‘ der untere Wiler ’ , t Voder Wiiler (FLNK Vorder Wiler), der Wiilerbode ‘ der Boden bei Wiler ’ , ts Wiilerbord ‘ das Bord (Abhang) bei Wiler ’ . Bei den historischen Belegen in superiori Wýlerlin ‘ im oberen kleinen Wiler ’ (1389) und in dicto Wýlerlin ‘ im genannten kleinen Weiler ’ (1389) ist unklar, ob das gleiche Wiler gemeint ist, denn Ulrichen hat auch mit Geschinen ein Wiler gemeinsam, das weiter der Wilerbach und am Wilerbach (in der Rottenebene) benennt; Geschinen kennt neben der Wiler auch der Ober Wiler und der Unner Wiler, sowie der Wilerbach, weiter hinner der Wileregge ‘ hinter der Ecke bei Wiler ’ und - nur historisch - under der Willer Capelen ‘ unter der Kapelle von Wiler (Weiler von Geschinen) ’ (1662 u. später). Weitere solche Namennester liessen sich bei Fiesch und anderen Gommer Gemeinden aufweisen, was die Dominanz des HL im Goms (81 von rund 125 Namen) und in Westlich Raron (27 weitere Namen) erklärt. Attributive Adjektive zum HL in zweigliedrigen Konstruktionen sind selten (schon genannte werden nicht aufgeführt): jm Endren Wyler ‘ im jenseitigen Wiler ’ (1411 u. später, Fiesch), Ennen Wilers ‘ jenseits des Weilers ’ (1683, Blitzingen), t Obre und t Unnre Wilere ‘ die oberen und die unteren Wiler ’ (Binn). Als Grundwort kommt das HL vor in der Fuggswiler ‘ der Wiler der Familie Fux / wo es Füchse hatte ’ (Fiesch; historisch auch in Bellwald und Binn), in Fiesch zusätzlich als Fuxwiller=Brunnen ‘ die Quelle / der Brunnen beim Fuxwiler (Wiler der Familie Fux / wo es Füchse hat) ’ (1776, Fiesch), und Birchwilere ‘ der Wiler Birch (Birkengehölz) ’ (1344 u. später, Fiesch). Häufiger ist das HL als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita mit den Grundwörtern Allmei, Alpa, Bach, Bäärg, Biel, Biina, Bodu, Bord, Chnubel, Chumma, Egg(a), Fläck, Fura, Furgga, Gassa, Graat, Grabu, Haalta, Hooru, Joch, Kapälla, Legi, Matta, Rieba, Schiir, Schluocht, Spitz, Stafel, Stalde, Stei, Ture, Wäg, Wald, Wang, Wasser und Zälg. Komplexer sind etwa Weiler zum Moos ‘ der Weiler zum Moos (sumpfiges Gebiet) (unklar, ob Weiler zum Namen gehört) ’ (LT, Saas-Almagell), der Wiler Wartbieu ‘ der Hügel mit Aussicht auf der Wileralpe ’ (Fiesch), im Wüller Kin Dörfflin ‘ im kleinen Dorf beim Wiler Kinn (Schlucht bei Wiler? ) ’ (1693, Fiesch) und andere. In einigen Fällen ist das Bestimmungswort im Genitiv: vnder dem Wÿllersportt ‘ das Bord (Abhang, Böschung) beim Wiler (Weiler v. Fiesch? ) ’ (1669, Fiesch), in der 565 566 Wil <?page no="288"?> Wÿllershalten ‘ die Halde beim Wiler (Weiler von Fiesch) ’ , (1647 u. später, Fiesch), der Wilerschbach ‘ der Bach, der bei Wiler in den Rotten mündet (auch Wilerbach) ’ (Blitzingen), Wilerschbärg ‘ im bergwärts gelegenen Gebiet von Wiler ’ (Blitzingen, Niederwald). Eine Ableitung auf -ig (< -ing) für die Bewohner von Wiler oder die Zugehörigkeit hierzu findet sich in im Wÿliger Boden ‘ der Boden der Leute von Wil(er) ’ (1773, Biel), t Wiliger Löuena ‘ das Rutschgebiet bei Wiler (Weiler von Blitzingen) / beim Wilerbach ’ (Blitzingen), ts Wiligerlärch ‘ das Gebiet Lärch (Lärchengehölz) bei Wiler (Weiler von Blitzingen) ’ (Blitzingen), der Wiligerwaud ‘ der Wald, der den Leuten von Wiler gehört ’ (Blitzingen). Wohl eine Ableitung auf -erra (S ONDEREGGER 1958, 477), hier als Zugehörigkeissuffix, ist Wilerra ‘ das Gebiet, das zu Wiler (Lötschen) gehört ’ . Wila Wila ist zweimal belegt. t Wilite ‘ das kleine Dorf ’ (Leukerbad; auch in R. G RICHTING 1999, Blatt 9, Nr. 42 und Blatt 10, Nr. 41 als Wilitä) ist 1650 als en Wiletta, 1659 als die Vilette belegt. Es handelt sich um ein Diminutiv zu Wila ‘ Dorf ’ (FEW 14, 449, bes. 450). Der zweite Beleg ist Zommawila ‘ Anhöhe über dem Dorf ’ (Albinen; vgl. T AGMANN 1946, 62). Das HL ist identisch mit dem HL Filet, das übernommen wurde, als anlautendes / v/ noch zu / f/ transformiert wurde. Weiter ist zu vergleichen das HL V ILLA . Wild Wild Adj. ‘ wild, unkultiviert ’ ist zum schwdt. Adj. wild, im Wallis auch wilt, ahd. wildi, mhd. wilde, in FlN ‘ entlegen, unwirtlich, karg ’ auch ‘ naturbelassen, unkultiviert ’ und wdt. wilt ‘ wild, ungestüm ’ (I D . 15, 1498 ff.; G RICHTING 1998, 239) zu stellen. Das Substantiv schwdt. Wild n. ‘ freilebendes, jagdbares Tier ’ und wdt. Wilt ‘ Wild ’ (I D . 15, 1536; G RICHTING 1998, 239) ist davon abgeleitet. Eine zweite Ableitung ist das Abstraktum Wildi, Wilti f., Pl. -ene n ‘ Unwirtlichkeit; einsame, öde, unerschlossene Gegend, Brachland, überwachsenes Kulturland bes. ungepflegtes Rebland ’ und ‘ Magerwiese bes. in höchster Lage, zur Gewinnung von Wildheu ’ , mhd. wilde f. und wdt. Wildi ‘ Oedland (unbebaut) ’ (I D . 15, 1529 ff.; SDS 1, 165; G RICHTING 1998, 239). Das Adjektiv wild, auch wilt tritt attributiv flektiert und unflektiert zu den Grundwörtern Äbi, Acher, Bodu, Esch, Fura, Güet, Grund, Grüeba, Höu, Ledi, Löuwina, Mad, Matta, Ranft, Rigg, Schluocht, Stadel, Stüde, Wang, Weid und Wier. Komplexer sind an den Wilden Kamer Knubel ‘ an den wilden Hügel beim Chammer (vermutlich Chammergraben des Kelchbachs) ’ (1736, Naters), Wilti Chrieschmatte ‘ die Wiesen bei den wilden Kirschbäumen ’ (FLNK, Eischoll). Zweigliedrige Komposita mit dem Adjektiv wild / wilt als Bestimmungswort sind der Wildstrubil ‘ der Wildstrubel (Gipfel- und Gebirgsname, LT Wildstrubel) ’ (Leukerbad) (cf. HL S TRUBEL ), dazu der Wildstrubilgletscher ‘ der Gletscher unter dem Wildstrubel (LT Wildstrubelgletscher) ’ (Leukerbad), und der Wiltbodo ‘ der wilde Boden (Boden, der nicht kultiviert ist) ’ (Eggerberg). Das Nomen Wild kommt im Bestimmungskompositum Wildhieter ‘ Wildhüter ’ in Wildhieterhitta ‘ die Hütte der Wildhüter ’ (FLNK, Ferden; LT Wildhüterhütte) und in Steiwildpfad ‘ der Pfad für das Steinwild ’ (FLNK, Saas- Balen) vor. Wildi f. ‘ das unfruchtbare, unkultivierte Gebiet ’ ist sehr häufig. Das Simplex im Singular ist als t Wildi / t Willdi ‘ das unfruchtbare, unkultivierte Gebiet ’ (Ausserberg und vierzig weitere Belege), je zweimal als uf der Wildi ‘ auf dem unfruchtbaren, unkultivierten Gebiet ’ (Hohtenn, Saas-Fee), in der Wildi (Wiler, zweimal) und je einmal t Wiudi (Blitzingen) und t Wildin (Blatten), sowie historisch als die Wÿldin (1576, Unterbäch), in der Wildi (1800, Steg), au ᵕ f der Wilten (1652 u. später, Oberems) und variierenden Schreibweisen in fünfzehn weiteren Gemeinden und in allen Bezirken gut belegt. Der Plural des Simplex ist dagegen wenig bezeugt: in den Wildenen (1845, Glis), t Wildinä (Blatten, Wiler), t Wildini (Bratsch) und t Willdini (Erschmatt). Als Diminutiv sind belegt: das Wildilin ‘ das kleine unfruchtbare Gebiet ’ (1719 u. später, Simplon) und jm Wildilli ‘ im kleinen unfruchtbaren Gebiet ’ (1639, Saastal). Mit attributiven Adjektiven kommt das HL wie folgt vor: Änggischer Wildi ‘ das unfruchtbare Gebiet bei Engersch ’ (Erschmatt; ursprünglich Genitiv Plural), Breitu Wildi ‘ das breite unfruchtbare Gebiet ’ (Mörel), die Finster Wildi ‘ das finstere unfruchtbare Gebiet ’ (1751 u. später, Simplon), (lat.: communem) Wildin ‘ das unfruchtbare Gebiet, das der Gemeinde gehört ’ (1448, Naters), die Gmeine Wÿlde ‘ das unfruchtbare Gebiet, das der Gemeinde gehört ’ (1731, Brigerbad), di Grossi Wildi ‘ das grosse unfruchtbare Gebiet ’ (Hohtenn), in der (e)Riichu Wildi ‘ im reichen unkultivierten Gebiet ’ (Ferden) und Voder Wildi ‘ das vordere unfruchtbare Gebiet ’ (Randa). Vorangestellte Genitive zum HL als Besitzer- oder Nutzernamen sind: Aldärschwildi ‘ das unfruchtbare Gebiet der Familie Alder ’ (Wiler), au ᵕ f Bachers Wildi ‘ auf dem unfruchtbaren Gebiet der Familie Bacher / des Bäckers ’ (1844, Eyholz), in Barbillu Wildi ‘ im unfruchtbaren Gebiet der Barbilla (PN) ’ (1732, Lalden), Bonero Wildi ‘ das unfruchtbare Gebiet der Familie Boner ’ (1651, Mund), an Baltschiederro Wyldy ‘ am unfruchtbaren Gebiet der Leute von Baltschieder ’ (1708, Baltschieder), Wila 567 568 <?page no="289"?> Bau ᵕ mgarttero Wyldÿ ‘ das unfruchtbare Gebiet der Familie Baumgartner / der Leute vom Baumgarten ’ (1637, Raron), Briggero Wildi ‘ das unfruchtbare Gebiet der Familie Brigger ’ (1691, Staldenried), die Bu ᵕ rgerwildi ‘ das unfruchbare Gebiet der Burger ’ (1858, Mund), die Ku ᵕ onen Wilde ‘ das unfruchtbare Gebiet der Familie Kuonen / des Kuoni ’ (1854, Glis), ts Grüebersch Wildi ‘ das unfruchtbare Gebiet der Familie Gruber ’ (Goppisberg), in Keisrigo Wildi ‘ im unfruchtbaren Gebiet der Familie Kaiser ’ (1673, Zwischbergen), ts Leetschisch Wildi ‘ das unfruchtbare Gebiet des Lötschers / der Familie Lötscher ’ (Hohtenn), dr Lengigen Wildi ‘ das unfruchtbare Gebiet der Familie Lengen ’ , ts Lügisch Wildi ‘ das unfruchtbare Gebiet der Familie Luggen ’ (Bitsch), aúff Mosersch Wilde ‘ auf dem unfruchtbaren Gebiet der Familie Moser ’ (Eyholz), Pfaffigo Wildi ‘ das unfruchtbare Gebiet der Familie Pfaffen / der Leute des Pfaffen ’ (1664, Mund), Rÿttlerro Wildin ‘ das unfruchtbare Gebiet der Familie Ritler ’ (1664, Blatten), in Schmiddo Wildi ‘ im unfruchtbaren Gebiet des Schmieds / der Familie Schmid ’ (1696, Ausserberg), an Schnÿdrigo … Wildi ‘ am unfruchtbaren Gebiet der Familie Schnidrig ’ , t Wiingaartnerwildi ‘ das unfruchtbare Gebiet der Leute von Weingarten / beim Weingarten ’ (Naters) und der Zylffen Wildi ‘ das unfruchtbare Gebiet bei der Zilfa ’ (1598, Zwischbergen) - hier ist eine nahegelegene Flur gemeint. Zweigliedrige Komposita mit dem HL als Grundwort beziehen sich sonst meist auf nahegelegene Fluren wie z. B. t (e)Räbwildi ‘ das unfruchtbare Gebiet bei den Reben ’ (Visperterminen), t Ägerduwildi ‘ das unfruchtbare Gebiet bei der Ägerda (Brachland) ’ (Ausserberg), die Badwildi ‘ das unfruchtbare Gebiet beim (Briger) Bad ’ (1736, Brigerbad), di Gschteiwildi ‘ das unfruchtbare Gebiet im Gestein ’ (Mund) und viele andere. Komplexer sind etwa Grossmattuwildi ‘ das unfruchtbare Gebiet bei der grossen Wiese ’ (Lalden), Hoflüowildi ‘ das unfruchtbare Gebiet bei der hohen Fluh ’ (Visperterminen), Holzgraben Wilde ‘ das unfruchtbare Gebiet beim Holzgraben ’ (1853, Glis), t Undru Nässjuwildine ‘ die unteren wilden (unfruchtbaren) Gebiete bei Ze Nässju (bei den Nesseln) ’ (Hohtenn), t Unner Warbfliewildi ‘ das unfruchtbare Gebiet bei den unteren Wartflühen (Flühe mit Aussichtspunkt) ’ (Mund) und andere mehr. Eine noch komplexere Fügung zeigen ts Voodruscht der Wildi ‘ zuvorderst des unfruchtbaren Gebietes ’ (Randa) und t Wildi unner dum Güod ‘ das unfruchtbare Gebiet unter dem Gut (als Guod eigener Name) ’ (Brigerbad). Als Bestimmungswort tritt das HL in zweigliedrigen Komposita zu folgenden Grundwörtern: Acher, Bodu, Chi, Egg(a), Gassa, Grabu, Grund, Hitta, Hooru, Löuwina, Matta, Schiir, Spitz, Suon, Teiff, Wald und Wasser. Komplexere Konstruktionen sind t Ober und t Under Wildinbletscha ‘ der obere und der untere Teil der Bletscha (Ebene) in der Wildin (unfruchtbares Gebiet) ’ (Blatten), ts Schmidowildicheer ‘ der Kehr beim unfruchtbaren Gebiet der Familie Schmid / des Schmieds ’ (Ausserberg) und andere. Wili Wili ‘ wilde, unfruchtbare Gegend ’ ist eine Variante zu Wildi (entspricht der Entwicklung von Stalden zu Stale bei W IPF 1910, 85) (I D . 15, 1529, Bed. 2). Die meisten Belege finden sich in Randa beim Weiler Wildi: Wilibächji (LT Wildibach) ‘ der kleine Bach beim Weiler Wildi ’ , Wiligstei ‘ das Gestein beim Weiler Wildi ’ , Wiliwald (LT und FLNK Wildiwald) ‘ der Wald beim Weiler Wildi ’ und zu Willistadlu ‘ bei den Stadeln beim Weiler Wildi ’ . 1643 ist in St. Niklaus vff dem Willigstein belegt. 1542 gibt es in Mund den Williboden (wobei unklar ist, ob hier auch ein PN Willi vorliegen kann). Wililang Wililang n. ist nur als ts Wililang (Inden; auch FLNK und LT) belegt. Der Name hat Erstbetonung mit offenen / į / . Es handelt sich um eine Flur südlich von Inden, etwas tiefer als das Dorf. Zwar ist 1625 in Ernen prope uillilam inferioris Aragnis ‘ bei dem kleinen Weiler von Niederernen ’ belegt, doch ist in Inden bei ts Wililang keine ältere Siedlung erkennbar; dass heute dort auch ein Haus steht, ist auf SK noch nicht der Fall. ts Wililang kann also kaum auf ein Diminutiv von lat. v ī lla landhaus (FEW 14, 449 ff.) zurückgeführt werden. Ein Zusammenhang mit dt. W ĭ l ‘ Zeitspanne, Weile ’ (I D . 15, 1206 ff.) liegt nicht vor, da ein geschlossenes / i/ vorhanden sein müsste, auch wenn Wililang sich als ‘ eine Weile lang ’ verstehen liesse. Die Deutung bleibt deswegen unklar. Wiliman (FaN) Wilimann (FaN) ist nur in Zwilimans Brúnnú ‘ bei der Quelle / beim Brunnen des Wilimann ’ (1692, Filet) belegt. Fraglich ist, ob ein PN oder ein FaN vorliegt. Der FaN Wiliman ist zwar nicht belegt, doch sind die FaNN Williner und Willisch aus dem Vispertal belegt (F AMILIEN- NAMENBUCH DER S CHWEIZ 3, 2008); der FaN Willy ist in AWWB (296) erwähnt. Der FaN Wilmann erscheint in den Personennamen des Forschungsinstituts zur Geschichte des Alpenraums zweimal. Wiliman dürfte eine Kurzform und Ableitung zu Wilhelm sein. Wiljerang (PN) Wiljerang (PN) ist für zwei nahe beieinander liegende Fluren in Salgesch als Prawiljerang belegt. Die ersten historischen Belege sind: 1369 in prato willerant, 1405 de prato willieran, 1494 prati willerant und 1580 prati wil- 569 570 Wiljerang (PN) <?page no="290"?> lerang. Sie legen einen PN Willeran nahe (in dieser Form bei F ÖRSTEMANN nicht belegt). Im 18. Jahrhundert erscheint auch Mullieran, wohl verschrieben (cf. HL M UL- LIERAN ). M ATHIER (2015, 76 f.) analysiert Prawillierang als Kompositum aus pra < lat. pratum ‘ Wiese ’ und VULPECULA + - ARIA ‘ Fuchshöhle ’ . Er kennt auch Prawillierangrüs ‘ die Wasserleite bei Prawillierang ’ . Die Deutung kann den auslautenden Nasal nicht erklären. Ein PN ‘ die Wiese des Willeran ’ scheint dem Namen eher zu entsprechen. Willa (FaN) Willa (FaN) ist als FaN Willa, auch de Willa, Villa, de Villa, de Wila, de Wile, Willaz, Willen, Willio (AWWB 295), ursprünglich aus Leuk, belegt. Er kommt in vier Belegen vor t Wilaweid ‘ die Weide der Familie Willa ’ (Leukerbad), ts Willuhüs ‘ das Haus der Familie Willa ’ (Saas-Balen), t Willuweidu ‘ die Weide der Familie Willa ’ (Oberems) und Willigen (Willa? ) Weÿd ‘ die Weide der Leute des Willa / der Familie Willa ’ (17? ? , Leuk), mit einer unsicheren Lesart. Ebenfalls unsicher ist der Beleg jm Wiligen Trander (1772, Leuk), wo wohl die gleiche Bildung mit einem kollektiven - IG -Suffix zu Willa vorliegt. Willampscha Willampscha ist nur 1389 in Grächen als Willampscha belegt. Der Name setzt sich aus einem Vornamen und dem Suffix - SCHA / - SCHU ‘ das Gut des Willam ’ zusammen. Am nächsten kommt dem PN Willehalm (F ÖRSTEMANN 1, 1602) oder ähnlich. Willem (FaN) Willem (FaN) wird hier als FaN lemmatisiert, wobei unklar ist, ob in allen Fällen der gleiche FaN gemeint ist. Weiter bleibt unklar, ob der Vorname Wilhelm (in unseren Dokumenten sehr häufig) oder einer der Familiennamen Willig und Williner, die u. a. im Register der HRBS erscheinen, oder eine Variante von Willa, einem FaN des Bezirkes Leuk (AWWB 195) gemeint ist, oder ob sie mit den Bewohnern eines Wil oder Wiler zu tun haben. Wegen der Unsicherheit der Zuweisung werden die Belege einzeln diskutiert. Z Willigo Hitten ‘ bei der (Alp-)Hütte der Leute des Willo ’ (1678, Ried-Brig) ist ein Genitiv Plural einer kollektiven - IG -Ableitung zu einem Vornamen, den wir hier als Willo wiedergeben, wohl zu Wilhelm. Z Willen Gabmen ‘ der Gaden des Willo ’ (1627, Fiesch) ist ein Genitiv Singular eines Vornamens, wiederum Willo zu Wilhelm. Z Willen Gadmen ‘ der Gaden des Willo (1868, Reckingen), ist gleich zu deuten wie der vorhergehende Beleg. Willigsmatta ‘ die Wiese der Familie Willig ’ (1634, Glis). Ein Genitiv Singular zu einem kollektiven FaN Willig ‘ die Leute des Willo ’ . Der nächste Beleg ist in drei Formen überliefert: am Willums Landt (1548), Z Willins Landt (1663), Z Wilumsh Land (1745) für Eggerberg. Es handelt sich wohl um einen Genitiv Singular zu einem PN oder FaN wie Willum oder Willem, wahrscheinlich zu Wilhelm (cf. HL W IRM (PN)). Auch der nächste Beleg aus Zeneggen hat drei Formen: Jn Willems (? ) Achrun (1558), Jn Willems Acher (1564), Willins Acher (1587). Alle drei sind im Genitiv Singular zu einem PN oder FaN Willem oder Willin, wahrscheinlich zu Wilhelm zu stellen Unlar ist Jm Wiligen Trander (1772, Leuk). Wiligen kann hier ein Genitiv Plural zu einem PN oder FaN Willo oder Willa sein, oder ein Adjektiv wilig ‘ sich beim Wiler befindlich ’ . Da auch das Grundwort unklar ist, muss die Deutung offen bleiben (cf. HL W ILLA (F A N)). Willisch (FaN) Willisch (FaN) ist nur einmal 1749 in Niederwald belegt als beÿ Willisch Legi ‘ bei der Legi der Familie Willisch ’ . Es handelt sich entweder um den Genitiv einer Kurzform des männlichen Personennamens Wilhelm oder den FaN Willisch (AWWB 296). Wiltsche Wiltsche ist ein FLNK-Eintrag für Eischoll, der auch auf LT erscheint. Die Flur befindet sich auf rund 1480 m oberhalb der alten Eischlersuon. Die historischen Belege haben in der Wilschen (1744) oder an der Wilschen (1767) und an Wilschen (1819), wobei diese zwei aus dem Lötschental stammen, vermutlich aber die gleiche Flur meinen. Die Form legt eine Ableitung mit - SCHA / - SCHU nahe. Der erste Teil liesse sich dann als Besitzername deuten. AWWB (295) kennt die beiden FaNN Will und Willa, die in Frage kommen. Möglich ist aber auch eine Kurzform für den Namen Wilhëlm (I D . 15, 1325). Die Deutung ist dann ‘ das Gut der Familie Will oder Willa / das Gut des Wilhelm ’ . ‘ Wiltzen (PN) Wiltzen (PN) ist einmal belegt in zem Wiltzenstalden ‘ der steile Abhang des Wilzo ’ (1304, Zeneggen). Es handelt sich wohl um den Genitiv einer Kurzform eines ahd. Personennames Wilz < Wilzo < Willizo (LUNB 1,2, 1165 f.; F ÖRSTEMANN 1, 1314). Wiltzi (rom.) Wiltzi ist in den beiden Belegen t Wiltsichummu ‘ die Chumma (Mulde) des Willenzon PN ’ (Ergisch) und an Willa (FaN) 571 572 <?page no="291"?> den Wiltzen-Kummengraben ‘ an den Graben bei der Chumma (Mulde) des Willenzon ’ (1643, Ergisch) belegt. Der älteste Beleg von 1328 hat in comba willenzon ‘ in der Chumma des Willenzon ’ . Vermutlich handelt es sich um den Personennamen Willizo oder ähnlich, belegt bei F ÖRSTEMANN (1, 1670); hier romanisiert als Willenzon. Wiluwi Wiluwi ist nur als t Wiluwi (Varen, LT Wilawi, FLNK Wilowi) belegt. Es handelt sich um Wiesen und eine Schafweide auf ca. 980 m; heute ist dort ein grösseres Gebäude zu sehen. Vermutlich steckt im Namen als zweiter Bestandteil Vi ‘ Weg ’ zu lat. v ĭ a weg (FEW 14, 371 ff.; B OSSARD / C HAVAN 2006, 204)); das anlautende Wila wäre dann zu lat. v ī lla landhaus (FEW 14, 449 ff.; B OS- SARD / C HAVAN 2006, 210) zu stellen, wohl in der Bedeutung ‘ Dorf ’ (FEW 14, 450). Der zusammengesetzte Name würde dann etwa ‘ der Weg zum Dorf ’ heissen und tatsächlich führt auf SK ein Weg von diesem Ort nach Varen. In der heutigen Lesart wechseln die nebenbetonten Vokale der zweiten Silbe. Wind Wind m. ist zu schwdt. Wind m., Pl. unverändert, Wallis (in Visperterminen Winnda neben Sg. Wind) ahd. und mhd. wint, wesentlich wie nhd. als meteorologisches Phänomen, in FlN für Örtlichkeiten, die dem Wind ausgesetzt sind, und wdt. Wind ‘ Wind ’ (I D . 16, 500 ff., SDS 6, 55; G RICHTING 1998, 239) zu stellen. Das HL kommt in rund 35 Flurnamen vor. Nur einmal ist es als Grundwort in z Allewinde ‘ bei allen Winden ’ (FLNK, Ulrichen) belegt. In allen anderen Belegen ist es Bestimmungswort, wobei der Typ t Windegga ‘ die Ecke mit Wind ’ (Zermatt) in verschiedenen Formen über zehn Mal vorkommt. In den übrigen Namen sind die Grundwörter Acher, Beesch, Biel, Blaasa, Hubel, Huob, Joch, Pletscha, Schiir, Schluocht, Schniida, Schutz, Spalt, Stadel und Stecke(n) belegt. Komplexer sind t Hinner und t Voder Windegge ‘ die hintere und die vordere Ecke, wo es windet ’ (Obergesteln), das Ober Winteggiltin ‘ die obere kleine Ecke mit Wind ’ (1504 u. später, Bürchen), ts Windegguwaldji ‘ der kleine Wald oberhalb der Windegga ’ (Eisten), t Windspalteija ‘ die Aue, die den Wind spaltet ’ (FLNK, Baltschieder), t Windspaltläicha ‘ das Sumpfgebiet, das den Wind spaltet ’ (Baltschieder). Winger Winger m. ist in Bitsch als an den Wynger (1342; 1587 jm Winger) und in Ried-Mörel als vffem Winger (1605) belegt, wo sich auch jm Wingerrwaltt (1632) findet. In Eisten ist 1584 den Wingerschgrabun belegt; lebend findet sich hier auch der Lawinengraben ts Winggetschi (auf Karte 1: 10000 als Wingetschi auf rund 1650 m; FLNK Wingetschi), das historisch als die Dwingerschen (1554) erscheint. Zwar kennt I D . (16. 656) das Nomen Winger für einen See-Fisch, was aber im Oberwallis keine Grundlage findet. G RICHTING (1998, 239) hat Winggär (Leuker Berge) für ‘ Kaffeelöffel ’ , das ebenfalls kaum zutrifft. Der Beleg Wingerschgrabun (Eisten) legt einen Genitiv nahe, doch kann auch hier ein Lokalname gemeint sein. Die Anlehnung an Wingert ‘ Weingarten ’ (I D . 2, 439) ist laut den Dokumenten für alle Belege unklar. Insgesamt gibt es aber keine sichere Deutung für das HL. Winkelried (FaN) Winkelried FaN ist in Wichelriedbodu ‘ der Boden der Familie (Im-)Winkelried ’ (Visp), dem historischen Beleg von 1498 in Zermatt Wichenrieders Boden ‘ der Boden des Winkelried / der Leute im Winkelried ’ und der Wigenriedero ‘ (das Steinhaus) der Familie Winkelried ’ (1289, Visp) belegt. Der FaN ist als Imwinkelried (auch Im Wychelried, im Wichenried usw.) in AWWB (130) bezeugt, der vor allem im Bezirk Visp bekannt war. Die Formen mit Wichstammen aus dem Staubschen Gesetz vor Velarfrikativ. Winnji Winnji ist nur als ts Winnj ‘ der kleine Weinberg / das Gebiet mit (Acker-)Winden ’ (FLNK, Albinen) belegt. M ATHIEU (2006, 15) kennt es als Undri Winnji und Obri Winnji im Gebiet Däwäng. Diese Form deutet auf ein Feminin, während FLNK klarerweise ein Neutrum aufweist. Ein historischer Beleg von 1320 hat es Wignieres. Danach würde es sich ursprünglich um einen frpr. Flurnamen handeln. Das Problem besteht hier darin, dass ein 1294 erstmals belegter Name apud Signieres heisst, der später als Tschingere (cf. HL T SCHINGERE ) belegt ist. Wignieres müsste dann eigentlich Wingere lauten. Ein Lesefehler kann ausgeschlossen werden; deswegen ist anzunehmen, dass Wignieres eine - ARIA -Ableitung zu vigne ‘ Weinberg ’ (B OSSARD / C HAVAN 2006, 154 und 288) ist. Das HL befindet sich jedoch auf 1367 m, wo ein Weinberg kaum denkbar ist. Eine deutsche Form für den lebenden Namen wäre nur möglich, wenn / -nd-/ zu / -nn-/ verschoben wäre (was in grossen Teilen des Oberwallis normal ist). Ein feminines Winnji wäre dann auf ‘ die Winde ’ zurückzuführen (I D . 2, 540 ff.), wobei wohl der Pflanzenname Winde im Vordergrund steht (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 810 s. v. C ONVOLVULUS ARVENSIS ). Beide Deutungen sind aber unklar. 573 574 Winnji <?page no="292"?> Winter Winter m. ist zu schwdt. Winter m., Pl. unverändert, im Wallis auch Wint(e)r ẹ , Wint(e)ra, Dim. Winterli, ahd. wintar, mhd. winter, eigentlich wie nhd. die Jahreszeit und wdt. Winter, Wintr (Lötschental), Wintär ‘ Winter ’ (I D . 16, 750 ff.; I D . 2, 1176; G RICHTING 1998, 239) zu stellen. In FlN kann der Name auf eine schlecht besonnte Geländestelle in Nordlage verweisen (LUNB 1, 2, 1168). Als Simplex ist nur die Ableitung t Wintnera ‘ das im Winter genutzte Gebiet ’ (Bitsch; FLNK hat Winterna) und in der Wintneren ‘ im Gebiete, das im Winter genutzt wurde ’ (1653, Ried-Mörel) belegt; es handelt sich wohl um die gleiche Flur. Die Ableitung auf -( ER ) NA f. ist eine Stellenbezeichnung, hier bezogen auf die Jahreszeit, wobei das -er zum Stamm Winter gehört; in Wintnera wird eine feminine - ERA -Ableitung nach einem eingeschobenen n verwendet. Eine zweite Ableitung ist Wintrig ‘ für die Winterfütterung des Viehs benützten Gebiete oder die dazu benötigte Menge ’ (Ried-Brig) und t Wintrigmatta ‘ die Wiese, die für die Winterfütterung benützt wurde ’ (Ried-Brig), vgl. Winteri n g (I D . 16, 765; G RICHTING 1998, 240). In allen anderen Fällen ist Winter Bestimmungswort. Als Grundwörter werden benutzt: Acher, Biel, Egg(a), Flüö, Gadu, Galerii, Gassa, Haalta, Hubel, Hüs, Pletscha, Stelli, Tal und Wasser. In den meisten Fällen ist entweder ein schlecht besonntes Stück Land oder eine Winternutzung gemeint. Komplexer ist in der Vndren Wintereggen ‘ in der unteren schlecht besonnten Ecke ’ (1706, Grengiols). Einen Sonderfall bildet Unter Winterjoch (Oberwald), das an der Grenze zum Kanton Uri liegt. URNB (1, 339) verzeichnet Winterjoch, Ober und Unter Winterjoch und zitiert aus dem SAC-Jahrbuch 23, 1887, dass die englischen Alpinisten Moore und Walker den Namen “ Winterjoch ” gegeben hatten. Der bei uns nur historisch bezeugte Name an Wÿndter Eggen (1611 u. später, Leukerbad) ist in R. G RICHTING (1993, Blatt 28, Nr. 9) als Wintäräggu belegt. Wiprächt (PN) Wiprächt (PN) ist nur als t Wiprächt (Zermatt, auch FLNK und LT) belegt; die Form mit Präposition lautet in de Wipräche. Der Akzent liegt in beiden Fällen auf der ersten Silbe. Laut Volksmund wurden an dieser Stelle Weintrauben ausgepresst (J ULEN ET AL . 1995, 253; der Name erscheint hier als maskulin). Inhaltlich kann das kaum stimmen, da die Flur auf über 2040 m. liegt. Formal ist der zweite Namensbestandteil (brächt) so nicht erklärt; im Übrigen ist auch das betonte Wi mit einem offenen, kurzen / i/ versehen. Näher liegt ein ahd. Personenname Widbert, Widbreht oder Wigberht, Wipreht o. ä. (URNB 2, 250 mit Verweis auf F ÖRSTEMANN 1, 1565 f. und 1579 f.). Es dürfte sich ursprünglich also um die Güter des Wiprächt (PN) handeln. Wirbel Wirbel, dial auch Wirbu, ist zu schwdt. Wirbel, ahd. wirbil, werbil, mhd. wirbel, wie nhd. ‘ Wirbel, Drehung, kreisförmige oder spiralige Bewegung einer Körpermasse und die so bewegte Masse selber ’ , in der Luft, Wirbelwind, im Wasser die Stelle, ‘ wo sich die Strömung infolge von Unebenheiten des Grundes drehend abwärts bewegt, Strudel ’ und wdt. Wirbl, Wirbäl (Goms), Wirbul (Mattertal), Wirbel (Saastal), Wirbil ‘ Wirbel (im Wasser), Haarwirbel ’ (I D . 16, 1153 ff.; G R W B 30, 526, 1; G RICHTING 1998, 240) zu stellen. In FlN gilt es als Hinweis auf die Geländeform, zur Bezeichnung von Örtlichkeiten, die dem Wind ausgesetzt sind und für Gewässer mit kreisenden Strömungen. Belegt sind als Simplizia im Singular der Wirbu ‘ der Wirbel ’ (Ernen), laut Gwp. Wirbelwind, der Wirbu ‘ der Wirbel (Weiler von Fieschertal) ’ (Fieschertal) und Wirbil ‘ der Wirbel ’ (1393 u. später, Lax). Als Diminutiv ist belegt ts Wirbelti ‘ der kleine Wirbel ’ (laut Gwp. Wirbelwind) (Fiesch). Als weitere Belege erscheinen am Wirbelacher ‘ am Acker beim Wirbel (Gebiet mit Wind) ’ (1832, Ernen) und Wirbulsee ‘ der Wirbelsee ’ (Bellwald). Das HL ist nur im Goms belegt und meint hier wohl Orte mit Wirbelwinden; im Fall von Wirbulsee (Bellwald) wohl auch ein Gewässer. Andere Deutungen von Wirbel (vgl. I D . 16, 1153 ff.) sind unwahrscheinlich. Wires Wires ist nur einmal 1412 in Steg als Wires belegt, das als viridarium ‘ Garten, Park ’ bezeichnet wird. Obwohl Steg nicht im ursrpünglich frpr. Gebiet liegt, ist die einzige Form, die hieher passt, vira oder vire ‘ Sentier, passage escarpé qui contourne le pied des rochers dans les hautes Alpes ’ (Pfad, enger Übergang, der den Felsfuss in den hohen Alpen umgeht) (B RIDEL 1866, 409; T AGMANN 1946, 64 nach J ACCARD 1906, 518). Die Schreibweise Wires im Dokument legt eine solche Lesart nahe (/ s/ als Pluralzeichen). Wenn diese Deutung stimmt, müsste der Garten (eingezäuntes Stück Feld oder Acker) eng und hochgelegen sein. Wiring Wiring m. ‘ morastige, sumpfige Stelle ’ ist als Simplex Wirig m. (Ried-Brig) nur historisch belegt, und zwar 1392 als Wu ᵉ ring, 1401 Wu ͦ ring, 1492 der Wiring, 1578 der Wirig. Winter 575 576 <?page no="293"?> Die übrigen Belege enthalten das HL als Bestimmungswort. Der einzige lebende Beleg ist der Wirigrabo ‘ der Wirigraben ’ (Ried-Brig; LT Wirigrabe); der Name bezeichnet einen Graben, der am Berisal vorbei zum Ganterbach führt. Die historischen Belege machen klar, dass das Bestimmungswort Würig / Wirig ist; unklar ist dabei ein Diphthong / uo/ , der so nicht bezeugt ist. Weitere Belege sind Wÿrigbach (1629), Würigmatten (1630), Wýringwasser (1390), Wu ͦ rýngwasserleita (1400) und das Vnder Wirig Mattilti ‘ die untere kleine Wirigwiese ’ (1629), alle in Ried-Brig. Als Deutungen kommen in Frage schwdt. Wueri n g, Wuerung f. ‘ Bach-, Flussverbauung, Damm ’ , Syn. Wuer (I D . 16, 1088) und schwdt. Wuor ‘ Schlamm, Morast ’ , sowie wdt. Wüör, Wuär (Lötschtal) ‘ Wasserfuhre ’ (I D . 16, 1090; G RICHTING 1998, 241), resp. eine sonst nicht belegte Ableitung auf - ING / - IG , wobei ein Einfluss des einen auf das andere nicht ausgeschlossen werden kann. Aus der heutigen Sicht lässt sich die erste Deutung schlecht halten, da die Gegend unbewohnt ist und kaum über eine Bachverbauung verfügte. Es handelt sich also wohl eher um eine morastige, sumpfige Stelle. Dafür spricht auch das Genus Maskulin bei der Endung - ING / - IG als Stellenbezeichnung (S ONDEREGGER 1958, 503 ff., bes. Stellenbezeichnung 506). Ungeklärt bleibt der Diphthong / uo/ , der im HL W IRING fehlt. Wirm (PN) Wirm (PN) ist nur belegt in ts Wirmschland (Eggerberg, auch EK und FLNK) und Wirmschlandtschuggo ‘ der Felsen beim Wirmschland ’ (EK und FLNK, Eggerberg). Die Konstruktion mit einem starken Genitiv legt einen Personennamen, eventuell Übernamen nahe, also ‘ das Land des Wirm ’ . Der Name ist wohl identisch mit den Belegen an Willums Landt (1548), Zwillins Land (1663) und Zwilums Land, die eher an einen PN Willem oder Willum zum PN Wilhelm denken lassen (cf. HL W ILLEM ) als an Wurm (F ÖRSTEMANN 1, 1666) mit Entrundung zu Wirm. Wirsch Wirsch ‘ übel, schlecht, schlimm ’ ist nur belegt in der Wirscherwang ‘ der schlimme Grasabhang ’ (Gluringen). Vermutlich liegt eine flektierte Form vor. Das schwdt. Adj. wirs, wirsch, meint positivisch ‘ übel, schlecht, schlimm ’ , komparativisch ‘ schlimmer, übler, ärger, schlechter ’ , ahd. wirs (Adv.), wirsiro, wirs ō ro (Adj.), mhd. wirs (Adv.), wirser (Adj. und Adv.) (I D . 16, 1546 ff.; G R WB 30, 621, 63). Ein Zusammenhang mit wirrsch ‘ zornig, verrückt, verwirrt ’ (I D . 16, 1554 f.) ist auszuschliessen. Wirt Wirt m. ist zu schwdt. Wirt m., Pl. unverändert, im Wallis Wirt ẹ (bzw. -a, -o), ahd. und mhd. wirt ‘ Hausherr, Ehemann ’ , wesentlich wie nhd. ‘ Betreiber einer Gastwirtschaft, Bewirtschafter, Verwalter ’ (I D . 16, 1638 ff. bes. 1644; G RICHTING 1998, 240) zu stellen. Es kann nicht immer klar zwischen der Berufsbezeichnung und dem FaN Wirthner u. ä. unterschieden werden (AWWB 296). F ÖRSTEMANN (1, 1558) kennt zwar die nhd. FaN Wirt, Wirth, ist sich aber nicht sicher, ob sie hieher gehören. Das Simplex Wirt ist belegt in der Wirt ‘ Ort, wo übernachtet und gegessen wurde ’ (nach Gwp.) (Steg). Der Genitiv des Simplex kommt in dez Wirtz Oya ‘ die Aue des Wirtes / des Wirt (PN)) (1396, Raron) vor. Ebenfalls ein Genitiv erscheint in ts Wirts Böumgaartu ‘ des Wirtes Baumgarten ’ (Steg, FLNK Wirtschböümgartu), wobei der Beleg von 1462 Wùrcz hat; wenn die Schreibung stimmt, handelt es sich um wohl um einen PN Würz, der nach 1500 entrundet wurde. Eine Diminutivableitung ts Wirtni ‘ das Gebiet der Familie Wirthner / des Wirtes (? ) ’ (Ernen) enthält wohl den FaN Wirthner. Den komplexesten Fall stellt ts Wirtstepfisch Spiicher (Mund) dar. Laut Beschreibung hat es dort kein Gebäude, die Felsformation erinnert vielleicht an einen Speicher. Im Genitiv ist wohl der Übername eines Wirtes namens Imstepf oder ähnlich enthalten (J OSSEN 1989, 80 vermutet, dass Peter Stepfer (belegt 1763) “ offenbar den Beruf eines Wirtes ausübte ” , deswegen habe man seine Nachfahren Wirtstepfer genannt). Wirtschaft Wirtschaft f. ‘ Wirtschaft ’ ist nur einmal belegt in die Dräckig Wirtschaft (Blatten). Gemeint ist hier wohl der schlammige, nasse Boden, der einen unordentlichen Eindruck macht. Es ist zu schwdt. Wirtschaft (I D . 16, 1657 f.) zu stellen, hier Bed. 3 b) ‘ Unordnung ’ ; kaum zur sonst geläufigen Bedeutung ‘ Gasthaus ’ , die bei G RICHTING (1998, 240) zusammen mit ‘ Wirtschaft ’ im Vordergrund steht. Wisil Wisil ist zu schwdt. Wisel m. wie nhd. Tiername ‘ Wiesel ’ , ahd. wisula, wisala f., mhd. wisele f. und wdt. Wisla, Wislä (Goms), Wislu ‘ Wiesel ’ (I D . 16, 2040; G RICHTING 1998, 240) zu stellen. Das HL ist nur zweimal belegt: Wislen (1307, Raron) und der Wisiltschuggo ‘ der Wieselfelsen ’ (Gampel). In beiden Fällen ist die Motivation unklar; das Tier ist zwar im Oberwallis bekannt, aber als Namengeber für einen Flurnamen sonst nicht belegt. 577 578 Wisil <?page no="294"?> Wisiwi Wisiwi wird von B OSSARD / C HAVAN (2006, 244) als Visivi ‘ Alpe für das junge Vieh ’ gegeben und von lat. VACIVUS ‘ leer ’ (FEW 14, 107 ff.) abgeleitet, das auch verwendet wird für Vieh, das noch nicht trächtig war. Der Pass ist nach der Alpe Le Vijivi (Val d'Anniviers) auf rund 2400 m benannt. Wispil Wispil ist primär belegt in Unterbäch mit dem Dorfteil ts Wispil und den dazu gehörenden am Vndren Vüspil (1559), am Endren Wÿspil (1612) und Wiispilhalte ‘ die Halden beim Wispil ’ (FLNK). Ein weiterer Beleg in Zeneggen (1676) im Winspil bezieht sich wahrscheinlich auf den gleichen Ort; das dort erwähnte Binspill (1675) ist vermutlich verschrieben oder verlesen für Winspill. Die ältesten Belege sind 1512 am Wyschbüll, 1563 am Wispill, 1578 am Wÿspill. Vermutlich ist der Name ein Kompositum aus Wii + spil. Beim ersten Bestandteil ist wohl W ī (I D . 15, 57 ff.), der Name verschiedener grosser Raubvögel wie ‘ Weihe, Mäusebussard, Wespenbussard, Habicht, Falke ’ , ahd. w ī o, gemeint. Das Lexem ist im Oberwallis sonst nicht belegt, bei G RICHTING (1998, 239) findet sich jedoch der Vogelname Wiggja, Wittju, Wiggju ‘ Rauhfusskauz (Totenvogel) ’ , der wohl aus einfachem Wii abgeleitet wurde. Der zweite Teil ist aus dem Namenstyp Hahnenspiel ‘ Ort, wo die Hähne balzen ’ gut bekannt. Laut P H . K ALBERMATTER (p. c.) ist Im Winspil in Zeneggen als FaN (ursprünglich aus Unterbäch) belegt. Das hier vorhandene / n/ in Win könnte als hyperkorrekte Schreibung auf Grund der n-Tilgung im Walliserdeutschen betrachtet werden oder dann eine hyperkorrete Form für das Staubsche Gesetz (siehe unten) sein. Eine wesentlich andere Deutung gibt NWNB (3, 2464) für Wispelen (Ennetbürgen NW): es wird dort als - ELE -Ableitung zum Stamm wisp- ‘ hin- und herfahren ’ gestellt; der inzwischen erschienene Artikel zu Wispel (I D . 16, 2198 ff.) lässt sich für unser HL jedoch kaum heranziehen. Eine weitere Alternative schlägt Z ENHÄUSERN vor: es handle sich um einen keltischen Namen für ‘ grüne Wiese ’ (Z ENHÄUSERN 1997, 72). Der Autor gibt keine Begründung für diese Zuordnung, sodass sie nicht beurteilt werden kann. Das 1684 in Törbel belegte im Wichil seu im Weispil ‘ im Winkel oder im Weispil ’ wiederholt den Namen des Nikolaus im Winkel; vermutlich ist aber der in der Nähe liegende Eischtbiel gemeint (cf. HLL E IST und B IEL ). Nicht auszuschliessen ist allerdings in allen Fällen, in denen / n/ fehlt und ein Langvokal oder ein Diphthong vorhanden ist, der Einfluss des Staubschen Gesetzes vor Dentalfrikativ. Wissermolt Wissermolt ist nur 1736 in Guttet als in dem Wissermolt belegt. M. S. liest alternativ auch Aissermolt. In Leuk kommt 1725 Aisser Moott vor (cf. HLL A ISSER und M OTT ). Es könnte sich um die gleiche Flur handeln, die dann eher ‘ der äussere Morast ’ bedeuten würde. Wissermolt selbst ist so nicht deutbar. Witchen Witchen ist nur 1307 in Niedergesteln als ze Witchen Kraken belegt. Da Kraken vermutlich zu Chrache (cf. HL C HRACHE ) ‘ Felskluft, Schlucht; Hang ’ zu stellen ist, wird Witchen entweder ein Genitiv oder ein Adjektiv sein. Am nächstliegenden scheint W ī gste (I D . 15, 1029) zu sein, ein Pflanzenname, der allerdings vor allem in der östlichen Schweiz auftritt. O NONIS NATRIX oder SPINOSA ‘ Hauhechel ’ (L AUBER / W AGNER / G YGAX 5 2014, 344 ff.) sind zwar für Törbel (S TEBLER 1928, 76) belegt, aber unter anderem Namen. Die Deutung ist deswegen sehr unsicher. Witlig Witlig m. ‘ Witwer ’ ist zum schwdt. Witli n g ‘ Witwer ’ und wdt. Wittlig ‘ Witwer ’ (I D . 16, 2329; G RICHTING 1998, 240) zu stellen. Belegt ist es nur in dr Wittligtschuggn ‘ der alleinstehende Fels ’ (Kippel). Das HL wird hier in übertragener Bedeutung für einen einzelnen Felsen gebraucht. Witon Witon ist nur einmal belegt in in prato wyton (1357, Salgesch). Ein Anschluss an wyt ‘ weit ’ ist zeitlich für Salgesch kaum möglich; eine Herleitung aus dem Frpr. scheitert jedoch ebenfalls. Ein PN Wito, Witon und ähnlich ist bei F ÖRSTEMANN (1, 1563) belegt. Möglicherweise handelt es sich deswegen um einen ursrpünglich germanischen PN ‘ die Wiese des Wyton ’ . Witschard (FaN) Witschard (FaN) ist zum PN und FaN Wichard(t), Witschard (NWWB 1, 258), auch Guichard, zu stellen. Die Familie war zunächst in Leuk und Agarn beheimatet. Belegt ist 1337 ol Clos Wychart ‘ beim eingefriedeten Gut des Witschard (FaN) ’ und 1359 jn Prato Wichardi ‘ auf der Wiese des Witschard (FaN) ’ , beide in Agarn. Witterru Witterru ist als der Witterruwald ‘ der Wald beim Schopf für das Brennholz ’ (Ausserberg, LT und FLNK Witteruwald) belegt. Der Wald befindet sich auf ca. 1380 m. oberhalb von Ausserberg. Witterru ist zu Witteri f. ‘ Scheuer, Schoppen für das Holz oder Vieh auf hoher Alp; alte breitästige Tanne ’ (S TALDER 1994, 638 f.; I D . 16, Wisiwi 579 580 <?page no="295"?> 2323) zu ahd. witu n. ‘ Holz ’ zu stellen (URNB 3, 1036; NWNB 3, 2466). Die Form Witteru ist oblik zu Wittera (S ONDEREGGER 1958, 551 zu - ERE ). Witzig (PN) Witzig (PN) ist als Wiziggassa ‘ die Gasse des Witzig ’ (1357 u. später, Visp) und der Witzigo Acher (1307, Zeneggen) belegt; letzteres ist ein Genitiv Plural, was auf einen PN hindeutet. Als FaN erscheint er als Wizig im Register der HRBS. Der PN Wizo (F ÖRSTEMANN 1, 1627) könnte die Basis hierzu bilden Die Familie Zwissig (AWWB 304) ist erst im 18. Jahrhundert im Wallis sesshaft geworden, kommt also nicht in Frage. Der Ort t Wiissine (Unterbäch) gehört wohl zum FaN Wiisse (cf. HL W EISSEN (F A N)). Wogat (FaN) Wogat ist nur in dr Wokatwald ‘ der Wald der Familie Vocat ’ (Salgesch) belegt. M ATHIER (2015) kennt den Namen nicht. Wogat ist wohl der aus dem frz. Teil des Kanton Wallis stammende FaN Vocat, früher Advocat, Avocat geschrieben (AWWB 2), die auch in Siders und Umgebung belegt ist. Wol Wol ist nur belegt in Praduwol (Varen). Heute ist der Name für einen Weinberg belegt, der allerdings auf SK weit ausserhalb der Weinberge lokalisiert ist und wohl ursprpünglich eine Wiese bezeichnet. Historisch erscheint der Name 1837 als Pradebal (unsichere Lesung) und 1840 als Praduboll. Es handelt sich deswegen um eine alte Patoisform, mit Pra ‘ Wiese ’ , einem Genitivartikel du / de und einen unklaren Wol / Bal / Boll. Die späten historischen Belege und die gesprochene Form lassen keinen Schluss auf ein frpr. Etymon zu. Ein Besitzer- oder Nutzername ist möglich, doch ist keiner zu diesem PN oder FaN bekannt. Das in Leuk belegte Bollu ‘ Knollen ’ (zu I D . 4, 1171 Bolle n ) ist feminin, wäre deutsch und kommt aus diesen Gründen kaum in Frage. Eine Deutung ist deswegen nicht möglich; die Umschreibung nimmt auf den lebenden Namen Bezug. Wolf (PN) Wolf (PN), auch Wolff ist als PN und FaN im Wallis belegt (AWWB 296 und I D . 15, 1560 zu PN). In verschiedenen Belegen mit dem HL W OLF ist unklar, ob ein PN oder ein FaN gemeint sind; einige Belege können auch zum Tiernamen Wolf gestellt werden. Einigermassen sichere Fälle sind wohl: t Wolfeia ‘ die Aue der Familie Wolf ’ und der Wolfeiuspitz ‘ das spitz zulaufende Grundstück bei der Aue der Familie Wolf ’ (beide Raron), t Wolfitwära ‘ das quer laufende Felsband des Wolfi (PN) ’ (Grengiols, laut Gwp. Übername), Wolfs Lowatte ‘ der sumpfige (feuchte) Wald des Wolf (PN) ’ (1301, Unterbäch), jn Wolffs Boden ‘ im Boden des Wolf (PN oder Tiername? ) (1615, Raron), der Wolfschbodo ‘ der Boden, wo es Wölfe hatte / des Wolf (PN) ’ (Ausserberg), ts Wolfsch Brunnu ‘ die Quelle / der Brunnen des Wolf (PN oder Tiername? ) ’ (Mund) und Wolfswasserleytta ‘ die Wasserleitung des Wolf (PN) / der Familie Wolf ’ (1458, Raron). Zu weiteren möglichen Fällen cf. HL W OLF . Wolf Wolf kommt als Tiername neben dem FaN und PN Wolf vor; die Unterscheidung ist nicht immer sicher; zu einigermassen klaren PNN cf. HL W OLF (PN). Das Simplex im Singular ist als Wolf (1299, Bürchen) belegt; es handelt sich um ein Stück Land, das so heisst. Die Motivation ist unklar. Das Simplex des Diminutivs im Singular ist als ts Wolfji ‘ der kleine Wolf ’ (Raron) belegt; laut Beschreibung handelt es sich um Gebäude und Wiesen bei St. German. Der Beleg der Wolfschbodo (Ausserberg) liegt etwas darüber; diese Flur wurde als mögliche Form für den PN betrachtet, sodass ts Wolfji ein kleines Grundstück des Wolf (PN) sein könnte. Die übrigen Belege enthalten das HL nur als Bestimmungswort, entweder ohne Flexion oder im Genitiv. Bei letzterem kann eher eine Deutung als PN angenommen werden; das gilt aber nicht für alle Belege. Besonders häufig ist der Typ t Wolfgrüobe belegt: ‘ die Wolfgruben (Fallen für Wölfe) ’ (Eisten, hier wohl Plural), weiter für Baltschieder, Biel, Embd, Raron, Saas-Balen, Saas-Fee, Salgesch, Varen und Visp (jeweils verschiedene Schreibungen). Komplexer sind ufum Wolfgrüobegg ‘ auf der Ecke bei der Wolfgrube (Falle für Wölfe) ’ (Zeneggen) und der Wolfgruobufärrich ‘ der Pferch bei der Wolfgrube (Falle für Wölfe) ’ (Törbel), sowie bis zuo der Althen Wolfgru ᵕ oben (1588, Eisten) und bis zuo der Althun Wolffgruobu ᵕ n (1588, Staldenried). Ähnlich zu verstehen ist t Wolf(e)richti ‘ die Falle für den Wolf ’ (Eggerberg, Hohtenn). Weitere Grundwörter für zweigliedrige Komposita sind Acher, Biel, Blatta, Bord, Brunnu, Fad, Färich, Grabu, Haalta, Hang, Legi, Licka, Loch, Matta, Schleif, Tola, Tritt und Tschugge. Komplexer sind der Ober und der Unner Wolftritt ‘ der obere und der untere Tritt für den Wolf ’ (Steg), Wolfbielgrabu ‘ der Graben im Gebiet des Wolfbiel (Wolfhügel) ’ (FLNK, Hohtenn), t Wolfbiellägi ‘ ebener, mit Laden bedeckter Weg im Bereich Wolfbiel (Wolfhügel) ’ (Hohtenn), dr Wolfbielwald ‘ der Wald im Bereich des Hügels mit Wölfen ’ (Hohtenn), t Wolfbielwaldjiachra ‘ die Äcker beim kleinen Wald im Bereich Wolfbiel (Wolfhügel) ’ (Hohtenn), die Wolffbielwasserlei- 581 582 Wolf <?page no="296"?> ten ‘ die Wasserleitung im Gebiet des Hügels mit Wölfen ’ (1703, Ausserberg). Starke Genitive des Bestimmungswortes weisen auf: Wolfsbalm ‘ der überhängende Felsen für den Wolf / der dem Wolf gleicht ’ (SK, Zermatt), Wolfsgrüeba ‘ die Wolfsgrube (Falle für den Wolf) ’ (FLNK, Zeneggen), t Wolfstole ‘ die Mulden mit Wölfen (wo Wölfe gefangen wurden? ) ’ (Glis) und der Wolfstritt ‘ der Tritt für den Wolf ’ (Leukerbad, nicht bei R. G RICHTING 1993). Eine schwache Form weisen auf: das Wolffenbechgy ‘ der kleine Wolfsbach ’ (1577, Steinhaus), dem Wolffenbechgÿ ‘ der kleine Wolfsbach (Dativ hier konstruktionsbedingt) ’ (1577 u. später, Niederwald), t Wolfuchummu ‘ die Chumma (Mulde), wo es Wölfe hatte / die dem Wolf (PN) gehört ’ (Leuk). Wolfart (PN) ts Wolfart (PN) n. ‘ das (Gut) des Wolfhart ’ ist das Zentrum eines Namennestes in Ferden, zu dem zem Obri und zem Undri Wolfart, sowie die historischen Belege Wolfartmatto ‘ die Wiese des Wolfhart ’ (1375) und zúr Wolfart Súon ‘ zur Wasserleitung vom / zum Wolfhart ’ (1665) gehören. Der älteste Beleg von 1310 hat zem Wolfharte. Es handelt sich also um einen PN Wolfhart (S ONDEREGGER 1958, 26; F ÖRSTEMANN 1, 1651 f.)), der später als Wolfart weiterlebt. Wieweit der PN Wolfrat (F ÖRS- TEMANN 1, 1657 f.) in Blatten dazugehört, ist unklar, aber wahrscheinlich (cf. HL W OLFRAT (PN)). Wolfprecht (PN) Wolfprecht (PN) ist nur 1305 und später in Visp als ze Wolfprechtsgassun ‘ bei der Gasse des Wolfprecht (PN) ’ belegt. Der PN Wolfprecht ist bei F ÖRSTEMANN (1, 1647) als Wolfpreht u. ähnlich belegt. Wolfrat (PN) dr Wolfrätsch ‘ des Wolfrats (Gut) ’ ist der Name einer Flur in Blatten, wozu sich t Wollfrätschbletschä ‘ die Ebene bei Wolfrats (Gut) ’ , t Wollfrätschmattä ‘ die Wiesen bei Wolfrats (Gut) ’ , t Wollfrätschschirä ‘ die Scheuern bei Wolfrats (Gut) ’ gesellen. Es handelt sich um einen Genitiv zum PN Wolfrat (F ÖRSTEMANN 1, 1657 f.). Der PN scheint eng verwandt mit dem PN Wolfart (cf. HL W OLFART (PN)). Woll Woll ist nur in dr Wollwald ‘ der Wollwald ’ (Blatten) belegt. Laut Beschreibung gibt es dort viel Wollgras. Der Pflanzenname E RIOPHORUM LATIFOLIUM ‘ Breitblättriges Wollgras ’ ist laut L AUBER / W AGNER / G YGAX ( 5 2014, 1366) mit anderen Wollgräsern in der ganzen Schweiz verbreitet. Das HL ist zu schwdt. Wull, resp. Wulle ‘ wie nhd. Wolle ’ und wdt. Wulla, Wollä (Goms), Wolla, Wollu ‘ Wolle ’ (I D . 15, 1375 ff.; G RICHTING 1998, 241) zu stellen. Als Bestimmungswort erscheint es hier endungslos. Wolu Wolu ist belegt als t Woluhäärde ‘ die Wälder, in denen man sich wohlfühlt (? ) ’ (Hohtenn). Die Beschreibung sagt, dass man sich hier <erwolu>: sich erholen konnte. Heute befindet sich in der Nähe die BLS-Bergstrecke. Das Verb ist zu schwdt. wole n ‘ sich wohlfühlen ’ , resp. erwole n ‘ in den Zustand des Wohlbefindens geraten ’ und wdt. wole, wolä (Goms, Lötschtal), woolu (Mattertal), wolu ‘ wohler werden ’ (I D . 15, 1368; G RICHTING 1998, 240) zu stellen. Zu Häärde cf. HL H ÄÄRDE . Die Gemeindenamen Wohlen AG und BE (K RISTOL ET AL ., 2005, 974 f.) werden auf ze Walchen ‘ bei den Welschen ’ zurückgeführt und haben mit der hier angeführten Deutung nichts zu tun. Worsei Worsei ist 1544 in Leuk als eys worsei belegt. Es handelt sich um den gleichen Flurnamen, der unter dem HL V ORSEY ‘ Weidengehölz ’ behandelt ist (cf. HL V ORSEY ). Wüer Wüer m. ‘ Wasserfuhre, Wasserleitung ’ ist zu schwdt. Wuer, m./ n./ f., ahd. wuora f., mhd. wuor m./ f./ n. ‘ Bach-, Flussverbauung, seitlicher Schutzdamm am Wasser oder Stauanlage im Wasser zur Regulierung des Wasserstandes bzw. zum Ableiten des Wassers in einen Kanal ’ und wdt. Wüör, Wuär (Lötschental) ‘ Wasserfuhre ’ (I D . 16, 1082 f.; G RICHTING 1998, 241) zu stellen. Die rund vierzig Flurnamen bezeichnen im Allgemeinen eine künstliche Wasserleitung, bei der Wasser aus einem Bach entnommen und weitergeführt wurde (B ELL- WALD / W ÜRTH 2006 s. v. Wüer). Das Simplex im Singular ist als am Wüer (Obergesteln), Wüer (1678, Törbel), Wüer (FLNK, Ernen), Wu ͦ r (1540 u. später, Ernen; 1531 u. später, Fiesch und mehrere weitere Gemeinden), der Wuor (1634 u. später, Naters), super dem Wu ͦ r (1448, Ried-Brig), vnder dem Wu ͦ r (1531 u. später, Ernen), únder dem Wúor (1739, Fieschertal), der Wüor (Bürchen), der Wüär (Gampel), ob dem Wüer (Gluringen), under dem Wüer (Gluringen), enet dem Wuohr ‘ jenseits der Wasserleitung ’ (1709, Gluringen), an dem Wúor (1665, Raron), der Wüor (Bürchen), an den Wúr (1494 u. später, Zermatt), der Wuär (Gampel) und in weiteren Fällen belegt. 1273 ist in Mund auch Wor ‘ Wasserleitung ’ (1407 Wu ᵉ r; 1417 Wo ᵉ r) bezeugt. Ein Diminutiv ist ts Wüörli ‘ die kleine Wasserleitung ’ (Eisten). Mit attributivem Adjektiv erscheint die Gmeinen Wúr ‘ die Wasserleitung, die der Gemeinde gehört ’ (173? (defekt), Glis). Wolfart (PN) 583 584 <?page no="297"?> Einen vorangestellten Genitiv enthält Glyssero Wuor ‘ die Wasserleitung der Leute von Glis ’ (1349, Glis). Mit dem Grundwort erscheint vor allem der Typ Miliwuer ‘ die Wasserleitung zur Mühle ’ : Mili Wúehr (1734, St. Niklaus), Mùlinwuer (1453, Reckingen), der Miliwüer (Leuk, Varen), Múlywu ͦ r (1448 u. später, Glis), Mühle=Wuhr (1827, Visp), der Miliwu ͦ r (1639, Turtmann), beÿm Mhüli Wúer (1744, Brig), Mihli Wuohr (1738, Ried- Brig). Weiter sind belegt au ᵕ s dem Bleüwen Wu ᵕ hr ‘ die Wasserleitung zur Hanf- oder Flachsmühle ’ (1650, Mühlebach), Sagen=Wuhr ‘ die Wuhr (Wasserleitung) zur Sägerei ’ (1827, Visp). Als Bestimmungswort ist das HL in zweigliedrigen Komposita mit den Grundwörtern Blatta und Matta belegt. Eine Reihe von Belegen enthält die feminine Ableitung Wieri (I D . 16, 1088 s. v. Wüeri) als Simplex oder Kompositum. t Wieri (Naters, Weiler bei einer Wasserleitung), t Wieri (Glis, Dorfteil, auch Wasserleitung dort), zer Wierin ‘ bei der Wasserleitung ’ (16? ? , Eggerberg), an der Wu ᵉ rin ‘ an der Wasserleitung ’ (1452 u. später, Visp). Als Bestimmungswort findet sich t Wierimatte ‘ die Wiesen an der Wieri (Wuhre, Wasserleitung) ’ (Visp). Komplexer sind der Ober und der Unner Wieribodo ‘ der obere und der untere Boden beim Weiler Wieri (Wasserleitung) ’ (Naters) und - historisch - die Obren Wüeri ‘ die obere Wieri (Wasserleitung) ’ (1642, Glis). Wulligo (FaN) Wulligo (FaN) ist ein Genitiv Plural, der 1801 in Glis als in Wulligo Matta ‘ in der Wiese der Familie Wullig ’ belegt ist. Ein zweiter Beleg von 1861 in Ried-Brig ist in der Wu ᵕ llenen Matte oder in der Wu ᵕ lligen Matte ‘ in der Wiese der Familie Wullen / Wullig ’ . Ob es sich um die gleiche Wiese handelt, ist unklar. 1462 ist in Visp Wullis Erb ‘ das Erbe (geerbtes Gut) des Wulli ’ belegt. Vermutlich sind alle Belege zum ursprünglich frpr. FaN Wullio, Wulioud (AWWB 297) aus Albinen zu stellen. Wupp Wupp kommt nur als Bestimmungswort in zwei voneinander deutlich entfernten ts Wupphani ‘ der kleine Hahn mit dem Schopf ’ (? ) (Binn, Grengiols) vor. Zwar kennt I D . (16, 782) einen Eintrag Wupp mit verschiedenen Deutungen und Unsicherheiten, doch ist wohl zu vergleichen Hupp (-hane, -hani) (I D . 2, 1486). Das zeigt auch die Bemerkung der Gwp. von Binn, hier hätten wohl die ‘ Waldhähne ’ gespielt (ihren Balz-Tanz aufgeführt). Wupp könnte aber auch durch die übertragene Bedeutung 3 a) ‘ Gespinst von Pflanzentrieben ’ von Wupp im Lötschental motiviert sein, die ihrerseits vermutlich auf ein vom Verb wëbe n ‘ weben ’ (I D . 15, 93 ff.) abgeleitetes Wub für ‘ Spinnengewebe ’ und wdt. Wupp ‘ Spinnennetz ’ (I D . 16, 176 f. s. v. Wub; G RICHTING 1998, 241) zurückgeht. Die Form Wupphani deutet aber eher auf einen Hahn mit Schopf hin. Insofern ist Wupp in diesen Belegen idiosynkratisch zu verstehen. Wurb Wurb ist nur in Wurbbieuti ‘ der kleine Hügel mit ausreichend Platz ’ (Mühlebach, FLNK) belegt. Wurb ist so nicht belegt, doch hat I D . (16, 1170) G e -wurb ‘ ausreichend Platz ’ für das Berndeutsche. Falls diese Deutung zutrifft, wäre ein kleiner Hügel mit ausreichend Platz gemeint. Wurf Wurf m. ist zu schwdt. Wurf m., mhd. und ahd. wurf m., wie nhd. ‘ Wurf ’ , zum Verb werfen eigentlich ‘ drehen, winden ’ dann ‘ werfen, schleudern ’ und wdt. Wurf ‘ Wurf, Geburt ’ (I D . 16, 1432 ff.; G RICHTING 1998, 241) zu stellen. Als Flurname im Simplex ist nur eine Kollektivableitung Gwirf ‘ das Gewürfe ’ (Niedergesteln, FLNK u. 1: 10000 Gwirf) belegt. Wie Gwp. sagt, hätte man hier bei der Eroberung der Burg Birken gebogen und so die Steine gegen die Burg geschleudert. Gemeint ist wohl eher, dass hier Pflanzen durch einen Windwurf niedergeworfen wurden. Das 1488 in Visp belegte des Wu ͦ rfs ist eine Übersetzung von transitum fundi ‘ der Übergang des Grundstückes ’ , wobei wohl ein Zaunübergang gemeint ist. Das in I D . (16, 1434 f.) erwähnte ‘ Handänderung einer Liegenschaft bei Überschuldung ’ ist kaum gemeint. der Uberwurf (Visperterminen) meint laut Gwp. den Ort des Überfliessens des Wassers bei einem Bruch der Obru Niwwu ‘ obere neue Wasserleitung ’ über die Under Niwwa ‘ untere neue Wasserleitung ’ hinüber, ohne sie zu berühren (sic! ). der Üswurf (Turtmann) meint eine Quelle aus einem grossen Felsen; 1711 ist zum Vswurff belegt, wo ein Stück Acker verkauft wird. G RICHTING (1990, 217) kennt Üswurf, versteht es aber als körperliche Ausscheidung (so I D . 16, 1438 f.). Hier könnte eine metaphorische Ausdrucksweise vorliegen: so wie ein Mensch einen Auswurf kennt, wirft der Fels das Wasser aus. Anders scheint das Uswurff Gessin ‘ die kleine Gasse mit Auswurf ’ (Turtmann) zu verstehen zu sein: es geht darum, dass in dieser kleinen Gasse menschliche Ausscheidungen zu finden waren. Alle Belege sind sehr unsicher, meinen aber nur selten (etwa Gwirf) einen Ort, wo etwas umgeworfen wurde (nach SZNB 5, 551). 585 586 Wurf <?page no="298"?> Wurm Wurm ist vermutlich als Bestimmungswort belegt in Wu ᵕ rem Ecka (1398, Simplon) und meint eine Ecke bei einem langen, gebogenen Höhenzug (nach TGNB 2.2, 669). Es ist zu schwdt. Wurm ‘ Wurm, meist Regenwurm ’ (I D . 16, 1510 ff.; G RICHTING 1998, 241) zu stellen; die Zweisilbigkeit Wurem verdankt sich dem Prozess der Vokalepenthese bei / Vrm/ . Eine Ableitung t Wurmärra (Kippel) bezieht sich vermutlich auf frühere Bewohner mit dem FaN Wurm, der im Register HRBS belegt ist: der Ort, der der Familie Wurm gehört. Wieweit Lingwurm (Ried- Brig, Visperterminen) hieher gehört, ist unklar (cf. HL L INGWURU ). Wurrtu Wurrtu ist nur in Zeneggen belegt für das Simplex ts Wurrtutal und die zugehörigen im Oben Wurten Thall (1588 u. später) ‘ im oberen Wurrtutal ’ und im Undren Wúrten Taall ‘ im unteren Wurrtutal ’ (1721). Das HL ist zu schwdt. Wirtel (bzw. ī ), im Wallis Wurto (bzw. -u n ), Wurta m./ f., Pl. unverändert, ‘ Spindelring, Spinnwirtel ’ ; ‘ Hüftgelenk, Rückenwirbel ’ ; ‘ metallenes Drehgelenk an einer Kette (am Mittelring einer Kuhkette) ’ ; ‘ Wasserwirbel ’ , ahd. wirtil, wirto, spätmhd. wirtel, wirte und wdt. Wurtu ‘ Hüftgelenk, Hüftknochen ’ (I D . 16, 1660 ff.; G RICH- TING 1998, 241) zu stellen. R ÜBEL (1950, 64) kennt das Wort für den Mittelring der Kuhkette (Kette, an der die Kuh im Stall angeheftet ist), weist aber in der Fussnote darauf hin, dass damit sonst ‘ Knorpel, Hüftgelenkknochen ’ gemeint sind. Im Kontext des Flurnamens ist wohl die Form der Bachmulde (so die Beschreibung) gemeint. Wurza Wurza f. ist zu wdt. Wurza, schwdt. Wurz, W ǖ rz, Wurze n , W ū rze n , Würze n , W ǖ rze n wesentlich wie nhd. Wurzel, ahd. wurz und wurza, mhd. wurz(e) ‘ Kraut, Pflanze, Wurzel ’ (I D . 16, 1716 ff.; G R W B 30, 2326, 66; G RICHTING 1998, 241) zu stellen. In FlN dient es zur Bezeichnung von Stellen mit sichtbaren Wurzeln von Bäumen und anderen Gewächsen. Wurz n. ist ein Kollektiv, vergleichbar mit Ta n. vs. Tanna f. Das Simplex Wurz n. mit Kollektivbedeutung ist belegt in ts Wurz (Eggerberg, Mund). Das Simplex im Singular Wurza, Wurzu f. erscheint in t Wurza ‘ die Wurzel ’ (Martisberg), hinner der Wurzu ‘ hinter der Wurzel (gemeint ist Wurzubord) ’ (Betten), zer Wurzu ‘ bei der Wurzel ’ (Niedergesteln) und t Wurzu ‘ die Wurzel ’ (Leuk). Plurale ohne Umlaut finden sich in t Wurze ‘ die Wurzeln ’ (Glis, Törbel) und historisch als die Wurtze (1551, Bürchen). Plural mit Umlaut ist belegt in t Wirze (Oberwald). Eine Kollektivbildung mit GI - und Umlaut ist ts Gwirz ‘ die Wurzeln ’ (Grengiols). Attributive Adjektive sind belegt in t Hinnere Wirze und t Vodere Wirze ‘ der hintere und der vordere Teil der Alpe Wirze (Wurzeln) ’ (Oberwald), wo auch t Wirze als Alpname belegt ist. Ein anderer Beleg ist Howurzu / Hüwurzu ‘ die hochgelegene Wurzel ’ (Steg) mit den dazu gehörenden Namen Howurzuschnaarä / Hüwurzuschnaarä und Howurzuschoos. Die Namenvariante mit Hükönnte sich auf Hüwel ‘ Eule ’ beziehen, ist aber sonst schwer erklärbar. Wurzu ist als Grundwort nur in t Späärwurzu ‘ die speerförmigen Wurzeln ’ (Saas-Balen) belegt. Als Bestimmungswort ist Wurz, auch Wurzu, mit den Grundwörtern Bleessi, Bord, Eie, Flüö, Grabu, Kapälla, Wald, Wäg und Zug verbunden. Eine sonst nicht belegte Adjektivbildung ist ts Wirzig Eg ‘ die Ecke mit Wurzeln ’ (würzig bei I D . 16, 1763 ist zu Würze zu stellen). Wyden (FaN) Wyden (FaN) ist belegt in der Wiidibodo ‘ der Boden der Familie Wyden / Wyder ’ (Naters, FLNK Wiidibodu), Widigo Boden ‘ der Boden der Familie Wyden ’ (1660 u. später, Bitsch) mit einem Genitiv der kollektiven - IG - Erweiterung und jn Wÿdigen Eÿgen ‘ in der Eie (Aue) der Familie Wyden ’ (1597, Visp), ebenfalls ein Genitiv der gleichen Form. Die Form Eÿgen ist hier wohl zum HL E IE und nicht zum HL E IGE ‘ Eigentum ’ zu stellen. im Widigen Waldt (1776, Ernen) kann einerseits der Wald mit Weiden, anderseits den Wald der Familie Wyden meinen; es ist unklar, ob eine der beiden Deutungen zutrifft. Der FaN Wyden, auch Widen, Widonis (AWWB 297) ist ein seit dem 14. Jh. bekanntes Geschlecht im unteren Goms, dann auch in Glis und Brig. Der FaN Wyder, auch Wider (AWWB 297) kam erst im 19. Jahrhundert ins Wallis; ihr Name dürfte wohl auch in Naters kaum gemeint sein. Wydoling (PN) Wydoling (PN) kommt nur vor in Zwÿdolings Huss (1692, Oberems; 1728 Zwidilisshauss). Die erste Form enthält wohl das kollektive - ING -Suffix für die Bedeutung ‘ die Leute des Wydol ’ ; die zweite hat einen starken Genitiv zu einem PN Widili, der auch ein Diminutiv sein kann. Der PN oder FaN ist sonst nicht belegt; nicht auszuschliessen ist, dass die Endung - ING sich auf ein frpr. -in (mit Nasalierung) bezieht, aber auch diese Form ist nicht belegt. Wurm 587 588 <?page no="299"?> X Xandi (PN) Xandi (PN) ist eine Kurzform zum PN Alexander (I D . 16, 2395 s. v. Xander). Sie ist belegt in ts Xanndisch Brunu ‘ die Quelle / der Brunnen des Alexander (PN) ’ (Saas- Almagell), ts Xanndisch Üowann ‘ die Magerwiese des Alexander (PN) ’ (Saas-Almagell) und im komplexeren ts Tunixandisch Intiejerli ‘ die kleine (Alp)hütte des Anton Alexander ’ (Oberwald) (vermutlich ist ein Alexander gemeint, der der Sohn eines Anton war). Xaver (PN) Xaver ist ein Vorname, laut I D . (16, 2394) in der katholischen Schweiz gebräuchlich. Er geht auf den Hl. Franz Xaver (1506 - 1552) zurück, der nach seinem baskischen Geburtsort Xavier (heute Javier) benannt wurde. Der Name ist zweimal belegt: ts Xaversch Hitta ‘ die (Alp) Hütte des Xaver ’ (Simplon) und ts Xaaversch Weidu ‘ die Weide des Xaver ’ (Gampel). In beiden Fällen wird das hier notierte / v/ als / f/ ausgesprochen. Xili Xili, auch Gsili, ist die Kurzform zu einem PN Auxilius (G. Z ENHÄUSERN , p. c. und A. G UNTERN , p. c.). Belegt sind in der Xilimatten ‘ in der Wiese des Auxilius ’ (1835, Stalden), di Gsilitola ‘ die Mulde des Auxilius ’ (Naters) und ts Heineggsilisch Kaschlaa ‘ des Auxilius Heinen Kaschlaa (Gelände, das wie ein Kastlan aussieht / das dem Kastlan gehörte) ’ (Grengiols). Xoxie Xoxie ist nur 1415 im Saastal als jn valle Xoxie belegt. Damit ist das Saastal gemeint, das unter dem HL S AAS mit den ältesten Belegen de valle solxa (1291), vallis salxe (1291), de valle solza - solxa (1291), de Saúsa (1295) usw. erscheint (cf. HL S AAS ). 589 590 Xoxie <?page no="300"?> Y Yes Yes ist nur 1473 in Varen als eÿs ÿes belegt. Es ist in dieser Form nicht deutbar. Da lex in der Nähe steht (cf. HL L EX , wohl ‘ Felsen ’ ), könnte es sich um eine Schreibform handeln, die allerdings sonst nicht belegt ist. Yete Yete ist nur 1579 in Salgesch als yn yete belegt. Es dürfte wohl als verschriebene Form zu Illiete ‘ die kleinen Inseln ’ (Salgesch) gestellt werden (cf. HL I LLJETE ). Ysseles Ysseles ist nur 1689 in Varen als ÿs ÿsseles belegt. Ob dieser Flurname zu ÿes (1473, Varen) gehört, ist unklar. Eine diminutive Ableitung auf - ICELLU ( M ) (B OSSARD / C HA- VAN 2006, 287) ist möglich, bringt aber keine Deutung. Yes 591 592 <?page no="301"?> Z Za Za ist in Za Veniri ‘ das Haferfeld ’ (1702, Albinen) und (vermutlich) in Zanemartiÿ ‘ das Feld des Martin (FaN) ’ (1829, Salgesch) belegt. Es handelt sich um die patois- Form tsa(n) ‘ Feld ’ zu frz. champ (G PSR 3, 289 ss.). Bei M ATHIEU (2006) ist es für Albinen so nicht verzeichnet. Auch M ATHIER (2015) kennt es für Salgesch nicht. Zaal Zaal f. ‘ die Zahl ’ kommt in t Ober Jarzal ‘ der obere Stein mit der Jahrzahl ’ und t Unner Jarzal ‘ das Gebiet unterhalb der Ober Jahrzal ’ (beide Stalden), sowie den dazugehörigen Ober Jaarzalwald (FLNK, Stalden) und Unner Jaarzalwald (FLNK, Stalden) vor. Isoliert ist dagegen di Zaalarbu ‘ die Arve mit Zahlen ’ (Oberems). Zu Letzerem sagt Gwp., “ Hier durften Sennen, die während des Sommers keinen Unfall hatten, ihre Initialen und die Jahreszahl einschreiben ” , ist aber nicht sicher. Das HL geht auf schwdt. und hdt. Zahl m., mhd. zal(e), ahd. zal(a) (G R W B 31, 36 ff.) zurück (I D . ist beim Verfassen dieses Artikels (23.6.2020) noch nicht bei Zahl angelangt; G RICH- TING (1998) kennt das Wort nicht). Zääni Zääni n. ist das Substantiv des Zahlwortes für zehn. Es ist zu wdt. zää, zäche (Goms), zächni o. zähen (Lötschtal), zächu o. zääni ‘ zehn ’ (G RICHTING 1998, 242) zu stellen. Belegt ist es als di Zäänilicku ‘ die Zehn-Uhr-Lücke (Berglücke im Süden, von Leuk aus gesehen; dort scheint im Winter die Sonne um 10 Uhr) ’ (Leuk), Zänilicku ‘ die Lücke, durch die im Winter die Sonne um 10 Uhr scheint (FLNK, etwas westlich LT Zehnerlücke) ’ (Salgesch) (M A- THIER 2015, 141 kennt nur Elfilicku ‘ die Lücke, durch die die Sonne um 11 Uhr scheint ’ ). Das Zahladjektiv vierzehn ist nur in beÿ den vierzehn Noth=Helferen ‘ bei den Vierzehn Nothelfern (Kapelle, die den Vierzehn Nothelfern geweiht ist) ’ (1717/ 18, Ritzingen) und in der Vierzächnercheer ‘ der Kehr mit der Nummer 14 (Kurve der Furkastrasse, unklar, ob Nr. 14 ursprüngliche Nummer) ’ (Oberwald) belegt. Die Zahl erscheint so nicht in I D . und G RICHTING (1998) (cf. HL V IER ). Das Zahladjektiv fünfzehn (dial. fufzä) erscheint nur in zum Wärterhüs 15 ‘ beim Wärterhaus (der BLS) fünfzehn ’ (Raron). Sie ist so weder in I D ., noch in G RICHTING (1998) aufgeführt. Zächu Zächu f. ‘ Zeche ’ kommt nur einmal in bim Zächustei ‘ bei Stein, wo man zechte ’ (Visperterminen) vor. Das Bestimmungsvort ist zu wdt. Zächa ‘ Zeche ’ f., oder zum Verb zäche ‘ zechen, feiern ’ und wdt. Zächa, Zächä (Goms), Zächo (Schattenberge), Zächn (Lötschtal), Zächu ‘ Zecke, Festmahl ’ (die erste Deutung ist nicht identisch mit Zächu) (G RICHTING 1998, 242 f.) zu stellen; W IPF (1910, 78 u. 198) hat jedoch für Visperterminen noch Zëch f., ohne Endung. Vgl. auch nhd. zechen, älter zächen ‘ gemeinsam (essen und) trinken ’ , aus nhd. Zeche f. ‘ im Wirtshaus ist ursprünglich die Umlage, das gemeinsam aufgebrachte Geld für Essen und Trinken ’ , ahd. zechôn, gazechôn, schwdt. Zëch III, für das Wallis f. vor allem ‘ gemeinsames, üppiges Mahl, Trinkgesellschaft, -gelage ’ (G R WB 31, 433 ff.; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 1004; I D . 15, 158 ff.). Zacku Zacku ist nur in der Zackugraad ‘ der Grat mit Felszacken ’ (Leukerbad) belegt. R. G RICHTING (1993, Blatt 16, Nr. 2 und Blatt 17, Nr. 2) kennt den Grat. Es handelt sich um das nhd. Zacke, Zacken m. f., ‘ scharf und spitz verlaufender Gegenstand ’ (G R W B 31, 11 ff.), hier als Felszacken. Das HL Z ACKU ist im Dialekt nicht gebräuchlich und fehlt bei G RICHTING (1998). Zadrong (PN) Zadrong (PN) ist nur in en Planzadrong (1618, Albinen) erwähnt. Es lässt sich zu rom. plan < lat. PLANUM ‘ Ebene ’ und einem PN oder FaN Zadrong zerlegen. Am nächsten wäre das in Salgesch belegte Tschanderong. Da dieses vermutlich tsa < champ enthält, und Zadrong (PN) nicht erscheint, ist die Deutung unklar. Zaffen Zaffen ist 1618 in Raron als Zaffengassun belegt. 1814 erscheint Tschafengassen. Das Grundwort ist sicher Gassa ‘ Gasse ’ , das Bestimmungswort gehört wohl zu einem frpr. Element, das M EYER (1914, 97) zu chavon stellt; B OSSARD / C HAVAN (2006, 108) kennen es als Chavon und stellen es zu einer Ableitung von caput ‘ Kopf ’ . G PSR (3, 467) verweist unter chavona auf das noch nicht publizierte tsavo ̩ n (< chavon ‘ bout, morceau (Ende, Stück) ’ ). Zu deuten wäre die Verbindung dann wohl als ‘ die End- Gasse ’ . 593 594 Zaffen <?page no="302"?> Zaffet Zaffet ist einerseits als die Zaffet Alpen (1744, Ergisch) und anderseits als in alpe Zaffol (1675, Oberems) belegt. Es handelt sich um ursprünglich romanische Etyma, worauf schon der Anlaut hindeutet. Beide Etyma könne auf lat. caballus ‘ Pferd ’ (FEW 2, 8 ff.) zurückgeführt werden, die Endung auf - ET kann zu - ITTU ( M ) (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287) und - OL eventuell zu - ELLU (RN 2, 1030) gestellt werden; beide wären dann diminutiv und meinen ‘ die Alpe der kleinen Pferde ’ . Diese Deutung ist allerdings sehr unsicher. Zagel Zagel m. ist zu schwdt. Zagel ‘ Schwanz ’ (I D . 17, 349 ff.) zu stellen. Ausgangspunkt ist der Schwanz eines Tieres; in Ortsnamen ist wohl ‘ schmales Stück Land ’ (Bedeutung 3 a) am ehesten zutreffend. Das Simplex im Singular ist als der Zagel (1366, Blitzingen), Zagel (1399, Simplon; 1388 Täsch), jm Zagele (1306, Zeneggen) belegt. Einziges Kompositum ist der Zagelfad ‘ das schmale Grasband ’ (Täsch), laut Gwp. ein grosser Weideflecken im Felsen. Als Appellativ scheint das HL nicht mehr gebraucht zu werden; mit Ausnahme von der Zagelfad sind alle Belege aus dem 14. Jahrhundert. Zäggolun Zäggolun ist nur in der Zäggolun Tschuggo (Visperterminen) belegt. Das HL ist auch in jn der Seggelun (1307 u. später, Visperterminen) bezeugt. Gwp. sagt, ein Teil dieses Geländes sei beim Kirchenbau weggesprengt worden. Während Tschuggo ‘ Fels ’ klar ist, bleibt Zäggolun unklar; es kann sich um einen Genitiv oder um ein Adjektiv handeln. W IPF (1910), Z IMMERMANN (1968) und B RIGGER (2017) kennen *Seggela oder ähnlich nicht. Das Lemma lässt sich zwar rekonstruieren, aber eine Deutung dazu kann nicht gegeben werden. Zäi Zäi Adj. ‘ zähe ’ ist zu wdt. zää, zäi (Goms), zeew (Saastal), zee ‘ zähe ’ (G RICHTING 1998, 242) zu stellen. Belegt sind der Zäi Wase ‘ die zähe Wiese ’ (Münster), der Zäi Wase ‘ die zähe Wiese ’ (Reckingen), t Zää Matte ‘ die zähe Wiese ’ (Ulrichen, auch FLNK). Gemeint ist eine Wiese mit zäh zu mähendem Gras oder eine schwierig zu bearbeitende Wiese. Seltsamerweise sagt die Beschreibung zu t Zää Matte (Ulrichen), die Wiese sei ‘ nicht anstrengend zum Mähen ’ ; das würde das Gegenteil von ‘ zähe ’ meinen. Die historischen Belege hierzu haben 1573 - 1644 in der Zeyen Matten, 1787 jn den Zeen Matten, 1809 in der Zehnen Matten, 1830 in der Zeien Matten, 1833 in der Zejen Matten. Es scheint also, dass historisch auch das Zahlwort zehn (wdt. zää, zäche (Goms), zächni o. zähen (Lötschtal), zächu o. zääni ‘ zehn ’ (G RICHTING 1998, 242)) hier angenommen wurde; eventuell zum Nomen Zehnden ‘ zum Zehnden gehörig ’ . Es ist zwar teilweise mit dem Adjektiv ‘ zähe ’ homophon, ergibt aber keinen erkennbaren Sinn. Die Deutung ‘ zähe ’ ist deswegen vorzuziehen. Zälg Zälg f. ist zu schwdt. Zälg, Zelg(e) f. ‘ die Bestellung des Ackers, die Pflugarbeit zur Saat; gepflügtes und bestelltes Feld ’ , nach der Einführung der Dreifelderwirtschaft, in der die Nutzfläche einer Siedlung für den Getreideanbau parzelliert wurde, der dritte, mit der gleichen Frucht bestandene Teil der Ackerflur einer Gemeinde (G R W B 31, 600 ff.; S TALDER 1994, 647; TGNB 2, 2, 671 f.) zu stellen. Die rund vierzig Nennungen kommen im Wesentlichen im Bezirk Leuk vor; einzelne Belege finden sich weiter in Niedergesteln und Wiler (Bezirk Westlich-Raron), sowie historisch in Visp als in der Celga (1297), wo interessanterweise ein Weingarten gemeint ist. M ONHEIM (1955) behandelt die Situation im Oberwallis; es scheint, dass Zälg ‘ Zelge (in der Dreifelderwirtschaft) ’ nur im untersten Teil des Oberwallis eine Rolle spielte. Das Simplex im Singular erscheint als di Zälch (Ergisch), di Zälg (Guttet, Wiler), Zälg (FLNK, Gampel; FLNK, Leuk), in der Zelg (1770, Bratsch; 1557, Turtmann) und einmal als jn der Celga (1297, Visp), einer mittellateinischen Form (B ENECKE / M ÜLLER / Z ARNCKE 3, 868 b). Vertreten sind sonst die Formen Zälch, Zelg und Zell (siehe unten). Das Diminutiv des Simplex ist belegt als Zälgji (FLNK, Gampel) und im Zelgii (1701 u. später, Bratsch). Mit attributiven Adjektiven erscheint das HL als in Grosen Zelch (1841, Turtmann), in Grosen Zelg (1796, Agarn), in der Grossen Zelg (1745 u. später, Bratsch), jn der Jndren Zelg (1621, Bratsch), im Kleinen Zelgÿ (1701 u. später, Bratsch), jm Mittlesten Zelgli (1704 u. später, Leuk), die Nidro Zelg ‘ die untere Zelg ’ (1564 u. später, Guttet), mehrere Formen vom Typ in der Obern Zelg (1831 u. später, Feschel) oder t Obri Zälch (Niedergesteln), sowie zer Undren Zelg (1713, Guttet) und t Undri Zälg (Erschmatt), beide in mehreren Gemeinden. Besonders zu erwähnen sind t Undri Zell (Salgesch; 1744 jedoch als Zelg; vgl. auch M ATHIER 2015, 121) und in der Untren Zell (1765 u. später, Feschel). Vorangestellte Genitive sind in der Perrinigen Zelg ‘ in der Zelg der Familie Perren (Perrin) ’ (1702, Agarn) mit einer kollektiven - IG -Ableitung, in der Rarneren Zelg ‘ in der Zelg der Leute von Raron (? ) ’ (1702, Agarn), wobei Rarneren hier vermutlich einen Besitzer aus Raron meint; Zaffet 595 596 <?page no="303"?> die Stelle ist insgesamt aber unklar, da Agarn deutlich weiter westlich liegt als Raron. Mit dem HL als Grundwort verbinden sich di Graffizelch ‘ die Zelg der Familie Graven ’ (Agarn), in der Nider Gampell Zelg ‘ in der Zelg von Niedergampel ’ (1752 u. später, Bratsch), t Wilerzälg ‘ die Zelg unterhalb von Wiler (Weiler von Feschel) ’ (Feschel; ohne Artikel auch FLNK, Guttet), im Zehnden Zelgi (die kleine Zelg, deren Ertrag als Zehnten dient / der Familie Zehnder ’ (1732, Leuk), im Zehnen Zelt ‘ die Zelg, deren Ertrag als Zehnten dient ’ (1854, Leukerbad), wobei hier wohl Zelt für Zelg erscheint. Als Bestimmungswort kommt das HL nur in u ᵕ ntere Zell, Strasse ‘ die Strasse zur unteren Zelg ’ (1880 (ca.), Salgesch) vor; bei M ATHIER (2015, 121 f.) fehlt diese Angabe, dafür kennt er Zellwasserfüer ‘ die Wasserleitung von / zur Zell ’ . Zält Zält ist zu hdt. Zelt n., amhd. zëlt, in eig. Bed. ‘ eine bewegliche Unterkunft, welche früher aus an- oder übereinander befestigten Fellen oder Haargeweben (Filztüchern) bestand ’ (G R W B 31, 610 ff.; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 1006) zu stellen. Das Lemma kommt nur als Bestimmungswort vor. der Zältplatz ‘ der Zeltplatz ’ (Oberwald) ist wohl metaphorisch für einen ebenen Grasplatz am Rhonegletscher gewählt. Danach benannt sind der Zältgletschter und der Zältgraad ‘ Zeltgrat ’ (beide Oberwald). Weniger klar ist Zeltaker (1297 u. später, Mund). Zwar kennt G R W B (31, 616) Zeltacker, verweist aber auf das Schwäbische Wörterbuch (H. F ISCHER 6, 1118), der aber selbst keine Lösung kennt. Am nächstliegenden ist wohl eine metaphorische Deutung, z. B. die flache Form des Ackers. Nicht gemeint ist heutiger Zeltplatz, auf dem Zelte oder Wohnmobile aufgestellt werden können; häufiger Camping (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 167) genannt. Zamilti Zamilti ist nur 1770 in Zwischbergen als das Zamilti belegt. Es handelt sich laut Dokument um ein Gemeingut. Formal ist wohl ein dt. Diminutiv auf (il-)ti (SDS 3, 155) gemeint, wobei unlar ist, ob / -il/ zum Wortstamm gehört oder nicht. Es liegen keine weiteren Angaben vor. In Zwischbergen gibt es eine Flur Gamilti ‘ die Alpe mit der kleinen Hütte (unsicher) ’ (Nr. 12633); ob ein Zusammenhang besteht, lässt sich nicht sagen. Zämu Zämu ‘ zusammen ’ ist nur im Kontext von Wasch di Geiss Zämuleend ‘ wo sie die Ziegen zusammenlassen (vermutlich Bildung einer Ziegenherde vor dem Alpauftrieb) ’ (Staldenried) belegt. Es ist eines der wenigen Beispielen für einen Flurnamen, der auf einem Satz beruht: ‘ der Ort, wo sie die Ziegen zusammenlassen ’ . Das Verb ist zu schwdt. z(e)säme(n)l ā n und wdt. zäme-, zämä- (Goms), zämu- (Saastal), zämm- (Lötschtal), zämmul ā n ‘ zusammengehen, sich vereinigen lassen ’ (I D . 3, 1412; G RICHTING 1998, 243) zu stellen. Zand Zand m. ‘ Zahn ’ ist zu schwdt. Zand m. ‘ Zahn ’ , Pl. Zänd, amhd. zant, -des, auch übertragen auf zahnartig gestaltete Gegenstände, scharfe Vorsprünge, Zacken, Zinken, Bergspitzen und wdt. Zant ‘ Zahn ’ (S TALDER 1994, 643; G R W B 31, 123 ff. s. v. Zahn; G RICHTING 1998, 244) zu stellen. Das Simplex erscheint nur im Plural als di Zänd ‘ die Zähne (Felszacken) ’ (Leuk), di Zend ‘ die Zähne (Felsen, die wie Zähne aussehen) ’ (Kippel), Zende ‘ die Zähne ’ (1306, Turtmann) (der Beleg ist unklar, im Text heisst es “ vnum frustum terre situm Cime zende ” , also “ ein Stück Land gelegen [beim] Gipfel Zähne ” ; unklar, ob hier zende die Übersetzung von Cime ‘ Gipfel ’ ist oder nicht). Ein Diminutiv im Plural weist di Zennjini ‘ die kleinen Zähne (Felsen) ’ (Zermatt) auf. J ULEN ET AL . (1995, 253 s. v. di Zenjini) sprechen von “ Felszacken, die wie eine Zahnreihe angeordnet sind ” . Auslautendes / nt/ des HL kann vor weiteren Silben zu / nn/ werden. Attributive Adjektive erscheinen in der (e)Rot Zand ‘ der rote Zahn (Felsspitze) ’ (Gampel), der Rot Zand ‘ der rote Zahn (Felsspitze) ’ (Ferden) (die beiden Namen bezeichnen den gleichen Ort), und der Spitz Zand ‘ der spitze Zahn (Felskopf) ’ (Steg). Als Grundwort kommt das HL vor in dr Chalchzand ‘ der kalkhaltige Felszahn ’ (Ferden), der Häggsunzand ‘ der Zahn (Fels) einer Hexe ’ (Blatten) und t Meidzänd ‘ die (Fels-)Zähne der Alpe Meiden (Heuschober) ’ (Oberems). Zange Zange ist nur 1865 in Obergesteln belegt als bei der Zange. Ob dieses zu nhd. Zange f., ahd. zanga, zanka, mhd. zange ( … ) als FlN ein zangenförmiges Geländestück (TGNB 1,2,672) oder auch ‘ eine lange, schmale (ev. sandige) Landzunge zwischen Wasser und Moor ’ (G R WB 31, 216 ff.) gehört, kann nicht entschieden werden. G RICH- TING (1998, 244) kennt Zanga, Zangä (Goms), Zangu ‘ Zange ’ und hat sonst keinen Eintrag. Die Deutung ist unklar. In Inden ist Tsang (FLNK Zang) belegt. Hier handelt es sich um ein rom. CAMPUS ‘ Feld ’ (G PSR 3, 289 ss.). Auch M URET nennt Zang ou Sang und phonetisch z-k (Inden 1895). Die beiden phonetisch ähnlichen Namen gehen damit auf unterschiedliche Quellen zurück. 597 598 Zange <?page no="304"?> Zanot Zanot ist in einem Beleg von 1642 für Zwischbergen als alpis [ … ] de Zanot erwähnt, die deutsche Form ist die Gmeinen Alpen (heute di Gmei(n)alpa). In einem früheren Beleg von 1546 ist von alpes de Zonat (Zwischbergen) die Rede. Es handelt sich um eine Alpe, die den Leuten von Stalden gehörte. Zanot oder Zonat ist der italienische Name. Am nächstliegenden ist das dialektale lombardische Zann ‘ Pferch für Kleintiere ’ (LSI 5, 830); es müsste mit einem Diminutiv-Suffix - OT (< - OTTU ) gebildet sein und meint dann den kleinen Pferch für Kleintiere. Zanot ist aber auch ein italienischer FaN. In einem Beleg von 1528 für Brig ist von terram uxoris Offet Tzschanot ‘ der Boden der Gattin des Offet Tzschanot ’ die Rede (StockalperA Brig, Nr. 134, Perg., Brig); es handelt sich wohl um den gleichen FaN. Die Belege lassen aber keine Entscheidung zu. Zantu Zantu ‘ des Anton ’ ist nur belegt in Zantuhüs (Eischoll). Die historischen Belege haben Zanderlings (1578), Zanten (1648, 1676) und Zenten (1658). Die Karte 1: 10000 hat Zäntuhüs, also ‘ Zehntenhaus ’ . In Visperterminen gibt es jedoch ts Anto Stadol ‘ der Stadel des Anton ’ das 1635 als Zantunstadol belegt ist. Die Parallele spricht für einen PN Anton mit agglutiniertem Artikel (cf. HL A NTON ). Gegen diese Deutung spricht der älteste Beleg Zanderlings, der jedoch isoliert ist. Zarbone Zarbone ‘ der Acker, der dem Köhler gehörte ’ ist nur einmal 1677 in Albinen als ÿ Zarbone belegt. Es handelt sich um einen Acker. Der Flurname ist zu frz. charbonnier ‘ Köhler ’ (G PSR 3, 355s.) zu stellen. Im G PSR sind auch einige Noms de lieux verzeichnet. Hier ist der Acker gemeint, der dem Köhler gehörte. Zat Zat ist nur 1721 in Varen als a gretta zat belegt. T AGMANN (1946, 46) führt ts ā t ‘ le pâturage le plus élevé ’ (die höchste Weide) mit der Literatur auf das vorröm. * CALMIS ‘ Wiese, Alpe, Weide ’ (FEW 3, 100) zurück. Gretta wurde beim HL G RECHTA als adjektivisch verstanden: ‘ die hügelige höchste Weide ’ (cf. HL C HAT ). Zauguo Zauguo ist nur 1698 in Salgesch belegt. M. S. ist nicht sicher, ob der Beleg auch als Zangno gelesen werden kann. Vermutlich ist die zweite Lesart die richtige; sie ist zu frz. chêne ‘ Eiche ’ (G PSR 3, 498 ss. Noms de lieux 499) zu stellen, vgl. dort die verschiedenen Formen im patois und cf. HL C HANO . Die Deutung ist dann ‘ (die Wiese) bei der Eiche ’ . Ze Ze ist zur Präposition ze ‘ zu, bei ’ zu stellen (I D . 17, 4 ff. s. v. zuo). G RICHTING (1998, 242 ff.) kennt den Nominativ Singular z ‘ zu, in, nach ’ , den Dativ maskulin als zem, zm, zum ‘ zum ’ und feminin zer, zr, zr (Lötschtal), zär ‘ zur ’ . Das HL kommt in drei Fällen vor: t Zelamma ‘ bei der Lamma (Schlucht) ’ (Fieschertal), wobei das anlautende / t/ auch mit dem Anlaut der Präposition assimiliert wird, Zenhäusern ‘ bei den Häusern ’ (LT u. SK, Bürchen) (auch bei G ATTLEN 2007, 70 ff.) und di Zerhalte ‘ der Ort bei der Halde ’ (Obergesteln). Die Präposition tritt häufig bei FaN auf, wie in Zenhäusern, Zenruffinen, Zermatten, Zerzuben usw., wobei Singular und Plural unterschieden werden. Nicht immer klar ist die Unterscheidung der Präposition / z(e)/ und des neutralen Artikels / ts/ , die sich lautlich nicht unterscheiden (vgl. etwa ts Doorf ‘ das Dorf ’ und Zaabend ‘ (wörtlich: zu Abend [essen]) ‘ die Mahlzeit nachmittags um vier Uhr ’ ) ’ ). Zeger Zeger ist nur 1659 in Ulrichen als jn der Obrun Zeger Matton ‘ in der oberen Zeger Wiese (zur Deutung siehe HL Z EGER ) ’ belegt. Das HL ist entweder zum Adjektiv zeg ‘ schwach, übel ’ (I D . 17, 347; G RICHTING 1998, 244) zu stellen, das hier eine schlechte Wiese meint. Oder das HL kann zur sonst in Ulrichen belegten t Zää Matte ‘ die zähen Wiesen ’ gehören; das Adjektiv Zää wird zum HL Z ÄI ‘ zähe ’ gestellt. {g} kann für {j} in früheren Texten gesetzt werden; die historischen Belege für t Zää Matte haben 1573 - 1644 in der Zeyen Matten, 1787 jn den Zeen Matten, 1809 in der Zehnen Matten, 1803 in der Zeien Matten, 1822 in den Zejen Matten. Das Adjektiv zeg ‘ schwach, übel ’ wird sonst, soweit erkennbar, nicht verwendet; eine Deutung zum HL Z ÄI ist also sinnvoller. Zehnder (FaN) Zehnder (FaN) ist ein FaN, auch Zehner, Zendere, Zender, Zenders, Decimator. Der Name ist von der Betätigung (den Zehnten einsammeln) übernommen. Familien dieses Namens sind schon früh an verschiedenen Orten des Oberwallis bekannt, so in Münster, Geschinen, Visp, Baltschieder, Saas, Raron und Siders (AWWB 298). Sichere Belege sind voran- oder nachgestellte Genitive in Zenders Bindenn ‘ der Pflanzplatz der Familie Zehnder ’ (1570, Baltschieder), jm Zehnders Boden ‘ im Boden der Familie Zehnder ’ (1744 u. später, Gampel), Zehndersch Brúnnú ‘ die Quelle der Familie Zehnder ’ (1680, Ried- Mörel), pars Zenders ‘ der Teil der Familie Zehnder ’ (1394, Zanot 599 600 <?page no="305"?> Biel). Der Zeneschbrunnu (Goppisberg) ist 1634 als z Handers Bru ᵕ nnen belegt, wobei unklar ist, ob das anlautende / z/ einem ze oder einem des entspricht oder ob es zum Namen selbst gehört; FLNK hat Zenischbrunnu, mit der dialektalen Kurzform Zeni für Zehnder. Für die Gegenwart muss deswegen der FaN Zehnder angenommen werden. Schwieriger sind andere Belege. Das historische Zenderbiel ‘ der Hügel der Familie Zehnder ’ (1754, Ausserberg) wird von FLNK Zeenubiel genannt, mit einem Anklang an Zehnt. Noch deutlicher ist das bei aúff dem Zehnden Biell ‘ auf dem Hügel der Familie Zehnder ’ (1798, Bürchen), wo auch einfach ein Hügel gemeint sein kann, dessen Ertrag als Zehnt eingesammelt wurde. Ziemlich sicher den Zehnten meint im Zehnden Zelgi ‘ in der kleinen Zelg, deren Ertrag als Zehnt dient ’ (1732, Leuk); hier dürfte der FaN Zehnder kaum zutreffen. Zehnt Zehnt m. ist einesteils zu schwdt. Zehnt ‘ zehnter Teil als Abgabe des Einkommens oder Vermögens an Kirche oder Grundherrschaft ’ , ahd. zehanto, mhd. zëhende, zëhente, zênde (G R WB 31, 459 ff.; TGNB 2, 2, 673) zu stellen, andernteils zu wdt. Zehnden, Zehnten m. ‘ Distrikt, Bezirk ’ , das Wallis war in sieben, später dreizehn Zehnden eingeteilt; eine Zehnd bestand ursprünglich aus 100 Höfen (S TALDER 1994, 646). Zend kann auch zum HL Z AND ‘ Zahn ’ gestellt werden! Als Grundwort ist Zehnt belegt in Eygen Zendo ‘ der Zehnt für das Eigengut ’ (1453, Visperterminen) - eine Abgabe für eigenes Gut im Rahmen des Lehenswesens. Der Zehntempfänger wird in Torrentigen Zehenden ‘ der Zehnte für die Herren de Torrent ’ (1677, Steinhaus) belegt. In Filet ist 1573 der Giffris Zenden erwähnt, also wohl das Zehndengut in Gifrisch (Teil von Filet) (laut P H . K ALBERMATTER (p. c.) handelt es sich hier um den Zehnten, den die Leute von Gifrisch an das Spital der Johanniter auf dem Simplon zu entrichten hatten). Unklar ist im Kleinen Zenden (1797, Salgesch), wo ein Teil eines Weinbergs (petiam vineae) gemeint ist. Als Bestimmungswort kommt Zehnt über zehn Mal im Typ Zehntstadel ‘ der Stadel für den Zehnten ’ im ganzen Oberwallis vor. Daneben sind je einmal die Grundwörter Acher und Matta belegt. Zwei Belege sind unklar: der Zee Stei (Obergesteln), der historisch 1628 als Zendstein erscheint; es ist unklar, ob hier die Abgabe oder der Zehnden als politische Grösse gemeint ist. Ganz unklar ist schliesslich im Zehnen Zelt (1854, Leukerbad), wo vermutlich Zelt für Zelg steht; dann wäre die Zelg gemeint, von der die Abgabe entrichtet wurde. Sicher gemeint ist das Wort Zehnden als politische Grösse in ts Drizeenuhoru ‘ das Drei-Zehnden-Horn ’ (Embd, Ergisch und Unterbäch, auf LT Dreizehntenhorn); bei diesem Gipfel treffen die drei Zehnden Visp, Westlich Raron und Leuk zusammen. Zeiche Zeiche n. ‘ Zeichen ’ und das Verb zeiche ‘ zeigen ’ (G RICH- TING 1998, 244) sind in vier Belegen vertreten. Drei davon sind zu dt. Zeichen n. hier ‘ in Bäume gehauenes oder an Erdwällen angebrachtes Grenzzeichen ’ , ahd. zeihhan, mhd. zeichen (G R WB 31, 476 ff.; K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 1004) zu stellen: bim Zeiche ‘ beim Zeichen (der Landestopograhie) ’ (Bellwald), Bei den Zeichen (SK, Oberwald). Eine Ableitung Zeichel mit dem stellenbezeichnenden - EL -Suffix (S ONDEREGGER 1958, 513) ist in der Zeichelstei ‘ der Zeichenstein ’ (Täsch) belegt. Zum Verb zu stellen ist die - ER -Ableitung (Nomen agentis) der Fitluzeicher ‘ der Ort, der den Arsch zeigt ’ (Raron). Zeichne Zeichne V. ‘ zeichnen ’ ist zu wdt. zeichne, zeichnä (Goms), zeichnu ‘ zeichnen, kennzeichnen, brandmarken, mit einem Kenn- oder Merkzeichen versehen (z. B. Tiere) ’ (G R W B 31, 488 ff.; G RICHTING 1998, 244) zu stellen. Das HL kommt nur in zwei Ableitungen vor: dr Zeichnerplatz ‘ der Platz, wo das Vieh gezeichnet wird ’ (Gampel), wobei Zeichner eine deverbative stellenbezeichnende Bildung auf - ER ist (S ONDEREGGER 1958, 548). Die zweite Ableitung ist in der Zeichnigsplatz ‘ der Platz, wo das Vieh gezeichnet wird ’ (Turtmann) belegt. Zeichnigist deverbatives Substantivabstraktum (S ONDEREGGER 1958, 503 ff.). Zur Kennzeichnung des Viehs vgl. R ÜBEL (1950, 116 u. die dort angegebene Literatur). Zeise Zeise ist belegt in t Zeiselärche (Reckingen), wozu als Deutung der Gwp. <zeise> ‘ Wolle zupfen ’ angeführt wird. G RICHTING (1998, 244) führt das Verb zeise, zeisä (Goms), zeisu (Saastal), zeisn (Lötschental) auf als ‘ Auseinanderzupfen (Schafwolle), Verhalten (vor dem Tod) ’ . Er hat auch ein Nomen Zeisi f. ‘ Reihe ’ , aber nicht für das Goms belegt. G R W B (31, 517 ff. s. v. zeisen) ‘ zupfen, auseinanderzupfen, -ziehen ’ kennt das Verb ebenfalls. Staubsches Gesetz zum Verb zinse ‘ zinsen ’ liegt nach R ÜBEL (1950, 6) nicht vor. t Zeiselärche ‘ die Lärchen, die wie gerupfte Wolle aussehen ’ (Reckingen), ist eine mögliche Deutung. In den Belegen dr Zeissenbobm ‘ der Boden der Familie Eiss / Zeiss ’ und di Zeissenbobmschiir ‘ die Scheuer der Familie Eiss / Zeiss ’ (beide Blatten) dürfte wohl ein PN oder FaN Zeiss oder ein Genitiv des Eiss / des Seiss gemeint sein. Belegt ist der Name einer Familie Zeiser (NWWB 2, 253), die jedoch erst spät aus Deutschland 601 602 Zeise <?page no="306"?> einwanderte. Da der älteste Beleg von 1688 stammt, kann dieser FaN nicht herangezogen werden. Im Register der HRBS ist der FaN Heiss (mit Varianten) mehrfach erwähnt; es handelt sich um eine aus Süddeutschland eingewanderte Familie in Brig (NWWB 2, 111), die für das 17. Jahrhundert belegt ist. Ob ein Zusammenhang mit den zwei Flurnamen in Blatten besteht, ist unsicher. Seiss ist, soweit erkennbar, nicht belegt. Die FlNN lassen sich darum nicht sicher deuten. Zeiter (FaN Zeiter ist ein Familienname (AWWB 298), ursprünglich wohl Herkunftsname aus dem Weiler Seit / Zeit (Selkingen; cf. HL S EIT ). Belegt ist er nur im Namen ts Zeitisch Bildtannu ‘ die Bildtanne der Familie Zeiter ’ (Birgisch). Die Form Zeitisch ist ein Genitiv Singular zu Zeiti, einer neutralen Diminutivableitung zu Zeiter (wie Achi zu Acher). Zel Zel ist sicher nur belegt in di Zelegga ‘ die Ecke, die einer Sella (Türschwelle) gleicht ’ (Eisten), das auf LT und bei FLNK als Zellegga notiert ist. Der Beleg Grafen Zel ‘ die Zelge des Grafen (wohl FaN) (siehe Graffizelch) ’ (1835, Leuk) gehört vermutlich zum Flurnamen di Graffitselch ‘ des Grafen (wohl FaN) Zelg ’ (Varen). Die Lautform von Zel in Eisten enthält ein geschlossenes / e/ , womit die Lemmata Zelle ‘ Zelle, z. B. eines Mönches ’ (dialektal tsälla) und das bei R ÜBEL (1950, 60) erwähnte Zälle (für ‘ grobe Kotklunker ’ , belegt nur für Kandergrund (BE)) nicht zutreffen können. Zu vermuten ist, dass eine Artikelagglutinierung aus t Sella ‘ die Türschwelle ’ (I D . 7, 711 s. v. Sell II; V. S CHMID 2003, 179) zu Tsellvorliegt. Die Ecke wird hier also mit einer Sella verglichen (cf. HL S ELLUN ). Zeli Zeli ist als Abstraktum auf - I (S ONDEREGGER 1958, 497 ff.) zum Verb zelle, zellä (Goms), zelln (Lötschtal), zellu ‘ zählen, verlassen auf, erzählen ’ (G RICHTING 1998, 244) zu stellen. Gemeint ist die Zählung von Tieren. Belegt sind di Zeli ‘ die Zählung ’ (Saas-Fee), die Zehli (1833, Eisten; 1833, Grächen) (vermutlich gleiche Flur) ‘ die Zählung ’ , t Schaafzeli ‘ die Zählstelle für die Schafe ’ (Saas-Balen), der Zelibodu ‘ der Boden bei der Zeli (Ort, wo gezählt wurde) ’ (Saas-Fee). Zellundji Zellundji n. ist nur einmal belegt als ts Zellundj (Baltschieder). Es handelt sich um ein Diminutiv eines Partizip Präsens zum Verb zelle, zellä (Goms), zelln (Lötschtal), zellu ‘ zählen, verlassen auf, erzählen ’ (G RICHTING 1998, 244), hier in der Bedeutung ‘ der kleine Ort, wo man (das Vieh) zählt ’ (cf. HL Z ELI ). Zemmen Zemmen ist nur historisch belegt: in Zemmen Halten (1687, Oberems) und in Zemmien Halten (1711, Oberems). Die beiden Belege scheinen einen vorangestellten Genitiv maskulin des Emmen, resp. Emmien zu enthalten. Am nächstliegenden wäre hierzu schwdt. Amm-Mann ‘ Ammann ’ (I D . 4, 246). Die Deutung wäre ‘ die Halde des Ammanns ’ . Zumindest für das Goms ist die Funktion eines Ammans bezeugt; für Oberems fehlt jedoch eine Erwähnung, sodass die Deutung unsicher ist. Zen (FaN) Zen (FaN) ist nur belegt in Biwak de Zen / Bivacco de Zen (Simplon, LT) an der Senggchuppa oberhalb des Rossbodengletschers. Es handelt sich um eine SAC-Hütte, welche nach dem Tod des Alpinisten Piero de Zen (+ 1997) als Zeichen grenzüberschreitender Freundschaft, Toleranz und gegenseitigen Respekts allen Alpinisten und Rettern dienen soll, von dessen Familie gestiftet und 1998 erbaut (www.sac-brig.ch/ [4.06.2020. iw]). Das Biwak heisst auch Fletschhorn-Biwak. Zen Ruffinen (FaN) Zän(e)rufinu (FaN) ist zum FaN Zen Ruffinen zu stellen (AWWB 299). Der Name ist lebend belegt in Zän(e) rufinuwald ‘ der Wald der Familie Zen Ruffinen ’ (Ergisch), der heute andern Besitzern gehört. Historisch ist wohl in Christiani Zun Ruffinen ‘ des Christian Zen Ruffinen ’ (1681, Ergisch) und in D[omini] Castellani zur Ruffinen de Argessa ‘ des Herrn Castellan Zen Ruffinen ’ (1730, Ergisch) der FaN gemeint. Zen Triegen (FaN) Triegero (FaN) ist der Genitiv Plural des FaN Zen Triegen (AWWB 299). Belegt ist die Form Triegero viermal: Triegerro Waldt ‘ der Wald der Familie Zen Triegen ’ (1578 u. später, Unterbäch), in Triegerro Grúndt ‘ im Grund der Familie Zen Triegen ’ (1698, Niedergesteln), beÿ Triegero Haus ‘ beim Haus der Familie Zen Triegen ’ (1661, Niedergesteln) und Triegerro Sandt ‘ das Sandgebiet der Familie Zen Triegen ’ (1692, Niedergesteln). Zeneggen Zeneggen ist die schriftsprachliche Form des Gemeindenamens, der dialektal Zeneggu heisst. Die Gemeinde liegt auf einer Hochterrasse (Mittelpunkt ca. 1450 m) westlich des Eingangs des Vispertals. Der Name setzt sich zusammen aus der Präposition und dem Artikel wdt. zen ‘ zu, bei den ’ und dem Appellativ schwdt., wdt. Egge(n) f. Zeiter (FaN 603 604 <?page no="307"?> (hier Pl.) ‘ Vor- und einspringender Winkel ’ (I D . I, 155). Als Orts- und Flurname bezeichnet Egg(en) Anhöhen, Bergvorsprünge, Bergkanten und Übergangsstellen eines Bergpfades (I D . I, 155 f., Z INSLI 1946, 317). Im Walsergebiet bedeutet das Wort meistens “ langgezogene Anhöhe am Berghang ” (Z INSLI 1984, 562; K RISTOL ET AL . 2005, 985). Historisch ist der Ort 1282 als Sisych, 1297 Sysicz, 1299 Sisitz belegt. Sisetsch ist heute Weiler der Gemeinde Zeneggen. Andere Belege sind 1283 Eccun, 1299 ze dien Eccun, 1299 ze dien Eccon und weitere Derartige. Der heutige Gemeindename bezieht sich also auf mehrere Weiler wie Eggen, Im Esch, Schulmatten, Sisetsch, Stadlen, Unterbiel, Widum und Winkelried (zitiert nach dem Artikel Zeneggen von A LOIS G RICHTING im H ISTORISCHEN L E- XIKON DER S CHWEIZ ). Während der Gemeindename Zeneggen durchschaubar ist, gilt das nicht für den Weiler Sisetsch (cf. HL S ISETSCH ). Weiter ist belegt ts Zeneggerwägji ‘ der kleine Weg nach / von Zeneggen ’ (Visp). Es handelt sich um einen kleinen Weg, auf dem die Leute von Zeneggen nach Visp zur Kirche gingen; das zeigt auch ein historischer Beleg von 1543, wo es heisst: viam ecclesiasticam illorum zeneggen ‘ der Kirchweg von den Leuten aus Zeneggen ’ . Zentraala Zentraala ist eine dialektale Entsprechung zum hdt. Zentrale f. ‘ Anlage, Anstalt in einem Mittelpunkt und zur Vermittlung ’ (G R WB 31, 641), in der Regel Zentrale eines Kraftwerks. Belegt sind: di Zentraala ‘ die Kraftwerkszentrale ’ (Zwischbergen), Zentraala Gabi ‘ die Kraftwerkszentrale bei Gabi (Weiler zwischen Simplon und Gondo), di Zentraalu ‘ die Kraftwerkszentrale (in Mittal) ’ , di Zentraalu ‘ die Kraftwerkszentrale ’ (Turtmann). Die Belege aus Simplon und Zwischbergen sind auch bei J ORDAN (2006, 182, 311 und 366) aufgeführt; die Beifügung Gabi fehlt jedoch. Anders zu verstehen ist di Zentraale ‘ Jägerstand mit zentralen Schiessmöglichkeiten ’ (Ferden), zu der keine Koordinaten vorliegen. Zerikun (PN) Zerikun (PN) ist nur 1300 in Baltschieder als Zerikun Lande belegt. Vermutlich ist hier einerseits der neutrale Artikel assimiliert, anderseits ist der PN Erika ‘ das Land der Erika ’ gemeint. Die Endung weist auf einen femininen Akkusativ hin. Zerkitu Zerkitu ist das Partizip Perfekt zerggitu zu schwdt. zerhîjen ‘ brechen, zerfallen ’ (I D . 2, 1110) und zu wdt. zerkije, zerkijä (Goms), zerhiju (Matteral), zerkiju (Saastal), zerkiin (Lötschtal), zärkiju ‘ auseinanderfallen, zerstören ’ (G RICHTING 1998, 245) zu stellen. Es kommt nur in di Zerggitu Hittjini ‘ die kleinen zerfallenen (Alp-)Hütten ’ (Zwischbergen) vor. Unklar ist, ob eine velare Fortis (-gg-) oder eine Affrikata (-kch-) vorliegt; die phonetische Transkription hat Fortis, auf LT (1: 10000) ist Zerkiti Hittjini, also Affrikata, notiert. J ORDAN (2006, 384) schreibt Zärgçhiiti Hittjini ‘ zerfallene Hofstätten ’ , also ebenfalls eine (Lenis-) Affrikata. G RICHTING (1998, 245) hat zerhiit, zärhiit (Goms), zrhit (Lötschtal) ‘ zerstört ’ . Zermatt Zermatt ist der Name der bekanntesten Oberwalliser Tourismusgemeinde zuhinterst im Mattertal, berühmt wegen des Matterhorns. Der Gemeindename Zermatt ist seltsam, da er feminin ist, obwohl das endungslose Grundwort Matt (HL M AHD ) neutral ist. Der Name wäre deswegen wohl als zur Matte zu übersetzen. Der frz. Name lautet Praborgne. Die historischen Belege seit 1285 haben Pra Borno, das in verschiedenen Formen - einige davon latinisiert wie 1291 de prato borno bis ins 16. Jahrhundert und weiter belegt sind. Der sicherste Beleg des deutschen Namens stammt von 1539, wo es zer Mat heisst (ein früherer Beleg von 1435 mit ze Made ist unsicher). Der erste Teil dieses frpr. Namens ist klarerweise zu pra < lat. pratum ‘ Wiese ’ zu stellen Das Adjektiv bornum wird üblicherweise einem vorromanischen ‘ Loch ’ zugewiesen, meint aber eigentlich einen Fluss (B OSSARD / C HAVAN 2006, 43; R ÜBEL 1950, 132; das bei R ÜBEL erwähnte Lochmatta als Viertel von Zermatt ist in unserer Datenbank und auf SK nicht belegt); FEW (1, 566 ff.) stellt es zu einem gotischen Wort brunna brunnen und weist es S. 569 einem Adjektiv born ‘ dunkel ’ zu. Der heutige Name Zermatt ist zu wdt. Matta, Matte, Mattu, schwdt. Matt(en) f. eine ‘ ebene Grasfläche, Wiese, bes. im Talgrunde, die das Heu für den Winter liefert, daher dem Viehtrieb nicht geöffnet wird, auch Bergwiese ’ (I D . 4, 548). Beim ersten Namenbestandteil Zerhandelt es sich um die agglutinierte Präposition mit Artikel zu der > zer (K RISTOL ET AL ., 2005, 985). Wie ausgeführt, ist das feminine Genus des Gemeindenamens schwer erklärbar. Zesg Zesg ist nur einmal belegt in das Zesg=gärtlein ‘ der kleine Garten mit Eschen / der Familie Escher ’ (1796, Ried- Brig). Vermutlich liegt eine Verschriftlichung von ts Esch vor, das auslautende -g wäre auf das folgende Gärtlein zurückzuführen. Esch kann sich hier auf den Baum Esche beziehen, oder eine Kurzform des FaN Escher sein. Beide Deutungen sind spekulativ. 605 606 Zesg <?page no="308"?> Zett Zett ist in Flurnamen im Zusammenhang mit dem Wässern zu sehen. Zetwasser ist das beim Wässern unten an der Wiese wieder auslaufende und in den Ableitungsrinnen aufgefangene Wasser (E ICHENBERGER 1940, 89; I D . 16, 1845 mit Verweis auf B ELLWALD / W ÜRTH 2006). Der entsprechende Ableitungsgraben heisst Zedwasserleite, auch Zederrüs, Rüs, Pfandrüs (E ICHENBERGER 1940, 72). Zett gehört zu wdt. zette ‘ zerstreuen, ausbreiten ’ (G RICH- TING 1998, 246), schwzdt. zette ‘ zerteilen ’ (E ICHENBERGER 1940, 89, Anm. 57) amhd. zetten ‘ ausstreuen, zerstreuen, verteilen ’ . Belegt sind Zetterrüüs ‘ Zettwasserlauf ’ (FLNK, Niedergesteln; 1597 als Zettru ᵕ ns), Zettrus ‘ Zettwasserlauf ’ (1702, Zeneggen), die Zettwasserlheiten ‘ die Zettwasserleitung ’ (1723, Naters), die Zettwasserleita ‘ die Zettwasserleitung ’ (1730, Lalden), die Zett=wasserleÿta ‘ die Zettwasserleitung ’ (1720, Mund), das Zetwasserleitgi ‘ die kleine Zettwasserleitung ’ (1685, Grächen), die Gmein Zettwasserleitten ‘ die Zettwasserleitung, die der Gemeinde gehört ’ (1702, Eggerberg), di Zettwiera ‘ die Zettwasserläufe ’ (Visperterminen). Der Typ Zetti f. ist ein Verbalabstraktum auf - I und bedeutet ‘ in einem streifenweise bewässerten Grundstück einer dieser Streifen ’ (S CHMID 1994, 55). Belegt sind: Zetti ‘ der bewässerte Streifen eines Grundstücks ’ (1750, Niedergesteln; 1785 als in der Zeltten), zur Zetti ‘ beim bewässerten Streifen eines Grundstücks ’ (1786, Ausserberg), aúf der langen Zette ‘ auf dem langen bewässerten Streifen eines Grundstücks ’ (1795, Staldenried), di Zettine ‘ die bewässerten Streifen eines Grundstücks ’ (FLNK, Raron). Zibula Zibula f. ‘ Zwiebel ’ ist zum wdt. Zibila, im Goms Zibälä, im Mattertal Zibula, im Lötschental Zibla f. ‘ Zwiebel ’ (G RICHTING 1998, 246) zu stellen. S TALDER (1994, 648) hat es als Zibele, Zible ‘ Zwiebel ’ zu it. cipolla. Zum schwdt. Bölle n ‘ Zwiebel ’ siehe I D . (4, 1175 f.); angenommen wird heute eine mittellat. Grundlage (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 1020). Das Benennungsmotiv dürfte entweder eine Ähnlichkeit mit einer Zwiebel, oder dem Anbau von Pflanzen mit Zwiebeln sein. Das Simplex kommt im Singular als Zibula (Naters, Randa), im Plural als di Zible (Täsch) vor, mit dem Zibluspitz ‘ die (Fels)Spitze oberbalb der Zible ’ direkt darüber. Die übrigen Belege enthalten das HL als Bestimmungswort: ts Zibilunmoss ‘ das Moos (sumpfiges Gebiet) mit den Zwiebeln ’ (Niedergesteln), dazu schon 1845 in Raron im Zwiebelmoos (wohl gleiches Gebiet). In Unterems ist historisch 1704 u. später an der Zibilen Matten ‘ bei der Wiese mit Zwiebeln ’ belegt; ob hier tatsächlich Zwiebelpflanzen angebaut wurden, ist zweifelhaft. Zibelenflue und Zibelenfluehorn (beide Zwischbergen) scheinen jedoch beide auf Simmiluflue zurückzugehen, das seinerseits als ersten Bestandteil das HL S INWEL ‘ rund ’ enthält; die Deutung Zibele scheint hier also sekundär zu sein, nachdem man Sinwel ‘ rund ’ nicht mehr verstanden hatte. Die an das Nhd. angelehnte Form Ziebel m. ist unter dem HL Z IEBEL zu finden. Zidiiri Zidiiri ist nur als Zidiiri (FLNK, Inden; LT Zidyri) belegt. Es handelt sich um ein felsiges Gebiet mit wenig Weide auf rund 2300 m Höhe, das von Westen nach Osten abfällt. Es handelt sich wohl um einen romanischen Flurnamen, doch findet sich kein entsprechender Eintrag. Unklar ist, ob das anlautende / z/ einen Artikel enthält oder zu / ts/ zu stellen ist. Die Endung auf - IIRI entspricht der Bildung Bowiiri (Albinen), das auf - ARIU ( M ) oder - ARIA (B OSSARD / C HAVAN 2006, 288) zurückzuführen wäre. zidentspricht jedoch keine bekannten Form. Unklar ist weiter der Akzent: die belegten Formen weisen ihn nicht auf und sind darum unklar. Ziebel Z IEBEL m. ist zu schwdt. Z IEBEL m. ‘ spitz zulaufendes Gebäck für Buben, meist aus dem Rest des Brotteigs ’ auch gebraucht für andere, ähnliche Gebäckformen, zu stellen (freundliche Mitteilung von N IKLAUS B IGLER , der den noch ungedruckten [Stand 15. 1. 2015] Artikel Z IEBEL für das Id. verfasst hat). RN (2, 903) gibt Z IEBLA als Flurname in Tschiertschen (GR) mit der gleichen Bedeutung. Das Lemma kommt zweimal als Simplex Z IEBEL (Raron (1793; mit unklarer Lesung 1825), Saas-Grund) vor, einmal als Bestimmungswort in DI Z IEBELEGGA ‘ die Ecke beim Gebiet, das wie ein Ziebel aussieht ’ (Visperterminen). Die dialektale Form zum hdt. Z WIEBEL ist unter dem HL Zibula behandelt. Zieter Zieter m. ist zu schwdt. Zieter m., mhd. zieter ‘ Vordeichsel (für ein zweites Paar Ochsen); Gabeldeichsel ’ (G R WB 31, 1238; bei I D . 3, 7 für Zieterjoch belegt) zu stellen. Hier wohl in Übertragung auf die Geländeform oder für eine steile Stelle verwendet, wo man einen Zieter brauchte. Belegt sind der Zieter (Bitsch) und der Zieterschleif ‘ der (Holz-)Schleif beim Zieter ’ (Bitsch). Der Name kommt sonst nicht vor. Zett 607 608 <?page no="309"?> Zifering Zifering n. ist nur in Leukerbad als ts Tsifering belegt; LT Zifering. Historisch erscheint es 1743 u. später als im Ziffering. R. G RICHTING (1993, Blatt 24, Nr. 11) kennt es als Zifäring. Es handelt sich um ein flaches Gebiet bei der heutigen Abwasserreinigungsanlage. Eine Anlehnung an *ivos (gall.) eibe (FEW 4, 829) ist sehr unsicher. Der FaN Zufferey (AWWB 301) ist dann möglich, wenn er entrundet und mit dem - ING -Suffix verbunden wäre, das üblicherweise im Wallis als - IG erscheint ( ‘ das Gut der Familie Zufferey ’ ). Da keine historischen Belege in dieser Hinsicht vorliegen, bleibt die Deutung unsicher. Ziger Ziger ist zu schwdt. Ziger, Zieger m. ‘ Käse aus Molke, in der Schweiz und Tirol aus dem Eiweiss und Fett der Molke gewonnener Halbkäse ’ , auch ‘ wo die Tafelschicht bricht, die horizontal zwischen den Schieferlagern liegenden Quarzadern ’ , ‘ Mondmilch (Calcitablagerung, milchigweiss und porös) oder Ort, wo sich solche ansetzt ’ , ‘ weniges, kurzes, weisses Gras aus sehr mageren Weiden ’ oder ‘ wild wachsender Steinklee, Trifolium melitotus officinalis ’ (S TALDER 1994, 650; G R WB 31, 930 ff.) zu stellen. Die Deutung der Namen ist nicht einfach. So kennt Bellwald der Zigere und die Gwp. sagt dazu, hier habe man ‘ dicke Milch ’ gemacht. In Visperterminen ist di Zigra (Plural) belegt, ohne dass von Ziger die Rede ist. In Steinhaus ist zen Zÿgren (1439) belegt, auch hier ist die Motivation unklar. In den übrigen Belegen erscheint das HL als Bestimmungswort: di Zigerchreme ‘ die eingezäunten Stücke Wiese mit schlechtem Gras (? ) ’ (St. Niklaus), Zygerschleyff ‘ der Schleif, der für den Transport von Ziger verwendet wurde (? ) ’ (1482, Ernen), Zigärstei ‘ der Zigerstein (Stein, der wie ein Zigerstock aussieht) ’ (FLNK, Oberems), di Zigertschugge ‘ die Felsen, die für den Zigerertrag gut sind ’ (St. Niklaus, Deutung nach Gwp.) und das komplexere der Zigerblattuschleif ‘ der Holzschleif beim Ort, wo Felsplatten für die Herstellung von Ziger gewonnen wurden ’ (Gampel). Insgesamt sind die Deutungen sehr unsicher. Ziicher Ziicher ist als di Ziicher (Simplon, Plural) belegt. Die Gwp. gibt eine volksetymologische Deutung als ‘ Heuziehen ’ , das im Winter mühsam sei. Historisch belegt ist 1652 bis an den Zÿncherboden (Zwischbergen). J ORDAN (2006, 274) kennt Ziichär (Singular, Maskulin), sowie Undrä und Obrä Ziichärbodu, gibt aber keine Deutung. Die Schreibweise von 1652 legt eine Ausgangsform Zinker oder Zingger nahe, die dem Staubschen Gesetz vor velarem Frikativ entspricht (vgl. SDS 2, 97 f. trinken für Ortspunkt WS 25 (Simplon)). Am nächstliegenden scheint das HL Z INKE ( N ) ‘ Felsspitze ’ (Z INSLI 1946, 341) zu sein, von dem hier eine stellenbezeichnende Ableitung auf - ER (S ONDEREGGER 1958, 541 ff.) gebildet wurde. Die Deutung wäre dann ‘ das Gebiet mit Felsspitzen ’ . Das gilt insbesondere für den Plural, den M. Seeberger notiert hatte. Ziileta Ziileta ist als ‘ Zeile, Reihe ’ zu verstehen. Der Beleg findet sich in zwei Dokumenten von 1550 in Obergesteln und Oberwald. Obergesteln hat zen drÿ Arben oder zer Zületen Arben; Oberwald hat zen drÿ Arbun seu zer Zÿletten Arbun. Die Konstruktion erklärt sich wohl aus dem ersten Teil: es handelt sich um drei Arven und die werden im Wdt. auch Ziileta, Ziilätä (Goms), Ziiluta (Mattertal), Zilläta (Lötschental), Ziilätu ‘ Zeile, Text, Reihe ’ (G RICHTING 1998, 247) genannt. Es handelt sich um eine - ATA -Ableitung (S ONDEREGGER 1958, 482) mit kollektiver Bedeutung; das abhängige Nomen - hier Arben, resp. Arbun - steht im Genitiv Plural. Die Konstruktion ist zu verstehen als ‘ eine Reihe von Arven ’ . Zilfa Zilfa f. ist nur in Zwischbergen belegt. Das Simplex di Zilfa ‘ der Wald ’ wird 1675 auch di Sÿluen ‘ der Wald ’ genannt. Es handelt sich heute um ein gerodetes Stück Land in einem Wald. J ORDAN (2006, 285) kennt Zilfa und Zilfulti, wobei er Zilfa auf lat. SILVA ‘ Wald ’ zurückführt. Neben dem Simplex finden sich: die … Ender Zilffen ‘ die jenseitige Zilfa ’ (1680), ts Chlei Zilfilti ‘ die kleine Zilfa ’ , die Hinder Zilffen ‘ die hintere Zilfa ’ (1680), die Vsser Zilfa ‘ die äussere Zilfa ’ (1680), die Vnder Zilfa ‘ die untere Zilfa ’ (1680) und der Zÿllfen Wildi ‘ das unfruchtbare Gebiet bei der Zilfa ’ (1598). Das HL stammt aus dem lat. SILVA , it. selva ‘ Wald ’ . Auch O LIVIERI (1965, 319) kennt neben dem geläufigeren Selva auch Silva (vgl. auch D EVOTO / O LI 2020, 2031 s. v. selva). Zill (Ziel) Zill (Ziel) ist zu schwdt. Ziil n. ‘ Ziel; Zielpunkt, Endpunkt; Grenzpunkt, Grenzlinie, Grenze, Bezirk, Gebiet; Markstein ’ (G R W B 31, 1040 ff.) zu stellen und bezeichnet Örtlichkeiten, die an einer Grenze liegen oder die selber eingegrenzt waren (LUNB 1, 2, 1200; TGNB 2, 2, 676 f.). Das HL ist als Ziilti (FLNK, Ried-Brig) und in den Zylen (1746, Martisberg) belegt. Das Kompositum Múrzill ‘ das Mauerziel ’ meint wohl einen Stein als Grenzzeichen (1742, Mörel). zem Zilzuin (Blatten) bedeutet einen Zaun am Ziel (Grenze). Die historischen Belege deuten darauf hin, dass die Bedeutung von Ziel als Grenze wohl nicht mehr lebendig war. 609 610 Zill (Ziel) <?page no="310"?> Zilla Z ILLA f. ist in Lax als T Z ILLA belegt (auch LT Z ILLA ). Gwp. sagt, dort solle einst ein Scheibenstand gewesen sein, stellt es also zu Z ILL n., was schon von der Lage her kaum stimmen kann. Weiter gehört dazu der Ziuwaud ‘ der Wald bei der Zilla (unklar) ’ . Das in G R W B (31, 1273 ff.) belegte Z ILLE , Z ÜLLE ‘ langes, schmales Schiff, Kahn ’ ist zwar oberdeutsch belegt, scheint aber primär bairisch zu sein. Die Bebauung der Flur ist neuer; ein Beleg von 1849 in der Zila erwähnt nur eine Weide. Ein im Kanton St. Gallen erwähntes Zilli ( WWW . ORTSNAMEN . CH ) dürfte eher zum HL Z ILL ‘ Ziel ’ gehören. Der historische Beleg von 1785 zu Saas-Fee ob den Zillen ist wohl auch hieher zu stellen, führt aber nicht weiter. Ganz unklar ist das 1705 in Steg belegte in Silis (Zilin? ), das eine unsichere Lesung aufweist und nicht gedeutet werden kann. Ob eine Entrundung zu Z ÜLLE vorliegt, bleibt unsicher. Der FaN Zülle (Familiennamenbuch der Schweiz 3, 2073) ist alt nur für Stein AR belegt. Insgesamt kann keine Deutung für Zilla gegeben werden. Ob ein Zusammenhang zum HL T SCHILL besteht, das auch als Tschilla belegt ist, bleibt unkar. Zilun Zilun ‘ Zeile ’ ist nur 1372 in Biel belegt als an der Zilun. Es ist zu wdt. Ziila, Ziilä (Goms), Ziilu ‘ Zeile, Reihe ’ (G RICH- TING 1998, 247) zu stellen. L EXER (2, 2, 1113) kennt es als zîle ‘ Reihe, Linie (auch gebogene) ’ , G R W B 31, 513 ff.) als Zeile mit verschiedenen Bedeutungen. Welche Reihe oder Linie genau gemeint ist, geht aus dem Beleg nicht hervor. Zimfini Zimfini ist zweimal in Fieschertal belegt als t Hinnere und t Vodere Zimfini. Es handelt sich um den Plural des Diminutivs. Das Grundwort ist wohl Zumpf ‘ männliches Glied ’ (G R W B 32, 541). Das HL “ scheint nicht mehr recht lebendig zu sein ” und gilt wohl auch nicht mehr als anstössig. Motivation ist die metaphorische Übertragung auf zwei kleine (Vor-)alpwiesen: ‘ die Grasbänder, die wie zwei kleine männliche Glieder aussehen ’ . Ob, wie bei G R W B angedeutet, die Übertragung auf einen Pflanzennamen vorliegt, ist unklar; alle Übertragungen sind mitteldeutsch. Zimmer Zimmer N., zimmere V. ist zu schwdt. Zimmer m. ‘ Bauholz ’ (S TALDER 1994, 650), in alpinen Gegenden auch ‘ Sennhütte, Käsehütte, Alpweide ’ , ahd. zimber n., mhd. zimber, zimmer m., n. ‘ Bauholz, Bau, Wohnung ’ und wdt. zimmere, zimmärrä (Goms), zimmru ‘ zimmern ’ (G RICH- TING 1998, 247) zu stellen. Die heutige Bedeutung von Zimmer als Wohnraum ist von der Bedeutung ‘ Holz, Bauholz ’ abgeleitet. Die nominale Form kommt als Dativ Singular auff der Zimmeren ‘ auf dem Gebiet, wo Holz verarbeitet wurde ’ (1727, Törbel), im Dativ Plural ze Zimmere ‘ bei den Holzbauten ’ (Grengiols) und ze Zimmeru ‘ bei den Holzbauten ’ (Staldenried) vor. in Zimmerÿ (1704, Albinen) ist unsicher; es könnte sich um eine Femininableitung ‘ in der Zimmerei (Holzbearbeitung) ’ handeln. In Grengiols ist zum Simplex auch Heinischzimmere ‘ die Holzbauten / der Wald der Familie Heinen ’ belegt. Als Bestimmungswort erscheint das HL in der Zimmerbode ‘ der Boden mit einer Hütte ’ (Geschinen), di Zimmereggu ‘ die Ecke mit Bauholz ’ , der Zimmerplatz ‘ der Platz, wo man das Holz zum Hüttenbau rüstete ’ (Gampel) und der Zimmeruwald ‘ der Wald bei Ze Zimmeru (bei den Holzbauten) ’ (Staldenried). Schwierig ist der Beleg ts Zimmerschgade ‘ der Gaden (Stall) der Familie Zimmer, des Zimmers ’ (Ernen). Soweit erkennbar, gibt es im Oberwallis den FaN Zimmer nicht; gemeint sein könnte hier eine Berufsbezeichnung, die aber Zimmerer oder Zimmermann heissen müsste. Letzteres ist als FaN (AWWB 300) belegt, es ist aber kein Grundeigentum der Familie in Ernen bekannt (cf. HL Z IMMERMANN (F A N)). Zimmermann (FaN) Zimmermann (FaN) ist ein FaN, der seit dem 15. Jh. eine bekannte Familie von Visperterminen meint, die nach der Überlieferung aus Luzern stammen soll. Ebenso ist die Familie in Visp erwähnt, wo sie seit dem 16. Jh. beurkundet ist (AWWB 300). Das HL ist als Zimerman (1451 u. später, Visp; 1663 als im Zimmermann) belegt, wohl als Gut, das der Familie Zimmermann gehörte. Einen historischen Genitiv Plural findet man als in Zimmermanigo Wald ‘ im Wald der Leute des Zimmermann ’ (1716, Visp) mit einer kollektiven - IG -Ableitung. Ein Genitiv Singular ist belegt in Vnder Zimmermans Acher ‘ der untere Acker der Familie Zimmermann / des Zimmermanns ’ (1635, Visp). Ebenso ist ein Genitiv Singular in Zimermans Alpen ‘ die Alpe der Familie Zimmermann ’ (1744, Ergisch) belegt. Lebend kommt schliesslich Zimmermasch Flieji ‘ die kleine Fluh des Zimmermanns (Familie Zimmermann oder Beruf? ) ’ (Glis) vor. Die Beschreibung sagt, es handle sich um eine “ provisorische Unterkunft für Holzarbeiter ” am Glishorn; diese Deutung ist wohl volksetymologisch für einen sonst nicht verstandenen Flurnamen. Zinal Zinal ist Teil der heutigen Gemeinde Anniviers (Eifisch) zuhinterst im Val d'Anniviers (Eifischtal). Belegt ist es auf LT als Pointe de Zinal ‘ Zinalspitze ’ (Zermatt), sowie dem Zinalrothoru ‘ Zinalrothorn ’ (FLNK Randa, FLNK Zilla 611 612 <?page no="311"?> Täsch). Der Name geht auf lat. CAN Ā LIS ‘ Kanal ’ (FEW 2, 168 ff.) zurück, vgl. dazu G PSR (3, 493 ss., besonders 495 unter 25° Noms de lieux, wo Zinal explizit als Teil von Ayer erwähnt wird). Die beiden Gipfel befinden sich vom Mattertal aus gesehen Richtung Zinal. Zingel Zingel kommt nur in di Zingelstapfu ‘ die Stapfe (steiler, enger Weg) in der Form eines Felsbandes ’ (Saas-Grund) vor. Es ist zu schwdt. Zingel m. zu lat. CINGULUM ‘ Gürtel ’ (S TALDER 1994, 651; G R WB 31, 1390 ff.; NWNB 3, 2487 ff.)) zu stellen. Zingel bezeichnet in unseren Namen Gebiete unterhalb oder oberhalb bandähnlich wirkender Felsformationen (langgezogene Felswände oder Flühe). Dabei ist anzunehmen, dass die eigentlichen Namensträger diese Felsstreifen waren, auch wenn heute der Name z. T. auch auf an solchen Zingeln liegende Gebiete übergegangen ist (URNB 3, 1050 f.; Z INSLI 1945, 316; RN 2, 93). Cf. auch HL T SCHINGEL . Zingen Zingen ist nur 1675 in Biel als bÿ dem Zingen Lochten Stein ‘ beim eingelochten Stein (Stein mit einem Loch? ) (unsicher) ’ belegt. Im Dokument ist von einem magnum lapidem ‘ grossen Stein ’ die Rede. Zingen ist als HL so nicht bezeugt, doch kennt Z INSLI (1946, 341) Zinke(n) als ‘ Spitze ’ . Diese Deutung ist jedoch kaum mit lochten zu vereinbaren; als HL ist es wohl zu Loch (I D . 3, 1016; G RICHTING 1998, 129) zu stellen, doch gibt es auch eine Adjektivbildung mit -locht (M EYER 1960, 124 f. und 130 ff.), sodass unklar ist, ob es sich hier um einen spitzen Stein handelt oder nicht. Gedeutet wird deswegen weiterhin als ‘ beim eingelochten Stein ’ , auch wenn diese Deutung unsicher ist. Zipf Zipf m. ‘ Spitze ’ ist zu Zipf m. ‘ Spitzes, spitzes Ende, spitze Ecke ’ (G R W B 31, 1543) zu stellen; Zipfel lässt sich als Ableitung davon verstehen. Zipf ist in Oberwald mit einem Namennest Zipf, Voder Zipf, Hinner Zipf und Zipfgrabe ‘ Graben hinunter zum Zipf ’ vertreten. Das Simplex ts Zipf ‘ das spitz zulaufende Stück Land ’ (Ried-Mörel) und historisch der Zipff (1545, Ernen) kommen hinzu. 1710 ist in Mörel die Zÿpffa ‘ die spitzen Gebiete ’ erwähnt (vermutlich Plural Maskulin und kein Feminin). Zirren (FaN) Zirren (FaN) ist ein FaN, der als Zirren, Zürren, Zuren, zen Züren, Züren, Zürers, Zürens (AWWB 300) belegt ist und eine ausgestorbene Familie von Obergoms benennt Sie ist in Unterwasser im 13. Jh., in Ernen im 15. Jh. belegt und kommt auch in Oberwald, Ulrichen, Bellwald, Obergesteln, Münster, Selkingen und Fiesch vor. Belegt ist der Name in Zirrehubu ‘ der Hügel der Familie Zirren ’ und Zirrewald ‘ der Wald der Familie Zirren ’ (beide Fiesch). Zisse Zisse, mit unsicherem Genus, ist belegt als ts Zissegüed ‘ das Gut der Familie Zusso / Zisse ’ (Münster). FLNK hat Ziisegüet, was mit dem Beleg von 1658 im Zinsen Gut übereinstimmt, aber der Verteilung für / in/ vor dentalem Reibelaut bei R ÜBEL (1950, 6) widerspricht, der für das Goms keine Vokalisierung von / n/ annimmt. Der älteste Beleg von 1566 in Münster hat Zusen Gu ͦ t. Auch der Beleg von 1576 in Geschinen hat in denn Zúsenn. Die nächstliegende Form wäre der 1397 für Oberwald belegte FaN Zusso (in VSNB unter Agerental zu finden) Eine zweite, weniger gut gerechtfertigte Möglichkeit ist der Kurzname Züs zu Susanna (I D . 7, 1403), der in unseren Daten sonst nicht belegt ist. In beiden Fällen müsste eine Entrundung angenommen werden, um die lebende Form Zisse zu erhalten. Die wahrscheinlichste Annahme ist insgesamt der alte FaN Zusso (nur 1397 in Oberwald belegt), der zunächst gerundet, dann entrundet wurde zu Zisse. Die spätere Anlehnung an Zins (G RICHTING 1998, 247 s. v. Ziis) ist eine nachträgliche Umdeutung. Zit Zit f. ‘ Zeit ’ ist zu wdt. Zit, Ziit ‘ Zeit ’ (G RICHTING 1998, 247) zu stellen. Belegt ist es nur als wdt. Jaarzit f. ‘ Jahrzeit, Totenmesse ’ (G RICHTING 1998, 118). Gemeint ist damit der Gedenktag eines Toten. Häufig wurden Erträge von Grundstücken für Jahrzeiten gebraucht; manchmal sorgten auch Bruderschaften dafür. Belegt sind: ts Jahrzit (Bellwald, Ulrichen), das Jharzeütt Acherlÿ ‘ der kleine Jahrzeitacker ’ (1602, Ritzingen; schon 1592 als Jartzütacher), im Jahrzeitacker ‘ im Acker, der für eine Jahrzeit (Gedenktag des Todes des Stifters) diente ’ (1824, Bellwald), t Jahrzitmatte ‘ die Jahrzeit-Wiese (Eigentum einer Bruderschaft zur Unterstützung von Jahrzeiten (Jahrestag eines Todes)) ’ (Mund), in den Jahrzeittheilen ‘ in den Teilen (Parzellen), deren Ertrag für das Jahrzeit verwendet wird ’ (1697, Lalden), das Jahrzeitstúck ‘ das abgeteilte Stück Land, dessen Ertrag für Jahrzeiten (Gedenkmesse für Todestage) gebraucht wurde ’ (1772, Obergesteln). Cf. HL J AHR . Zitgereis Zitgereis ist in Zigerreismatten ‘ die Wiese bei der Zeitanzeige (Turmuhr) ’ (1721, Salgesch) und in die Zeitgerreismatte ‘ die Wiese mit der Zeitmesseinrichtung ’ (1788, Varen) belegt. Es handelt sich vermutlich um die gleiche Wiese. Zu stellen ist das zusammengesetzte HL zu 613 614 Zitgereis <?page no="312"?> schwdt. Zît-Ge-reis n. ‘ Uhr, insb. Wanduhr; Turmuhr; Taschenuhr ’ und wdt. Zitggreis ‘ Sackuhr, Uhr ’ (I D . 6, 1302; G RICHTING 1998, 247). Als Benennungsmotiv kommt eine Zeitanzeige in der Umgebung (z. B. bei einer Kirchturmuhr) in Frage. Zoffi (PN) Zoffi (PN) ‘ (die/ das) Sofie ’ ist nur belegt in ts Zoffitoli ‘ die kleine Mulde der Sofie ’ . J ORDAN (2006, 123 f.) kennt Zoffitola, Zoffiegg und Zoffiwaalgji. Weiter nennt er die vorangestellten Zoffisch Brunnji ‘ die kleine Quelle der Sofie ’ (S. 198) und Zoffimarisch Hoschtatt ‘ die (Alp)hütte der Sofie-Marie ’ (S. 93); sie alle fehlen in der Datenbank des VSNB. Anlautendes / z/ scheint durch die Agglutination des neutralen Artikels / ts/ oder des femininen Artikels / t/ bedingt zu sein. Zum PN Sofie vgl. I D . (7, 345 s. v. Sóffi). Zogeder Zogeder ist nur belegt in Zogeder Wÿer (1701, Törbel). Es könnte sich um eine Form des lebend belegten Zangedersch (Törbel) handeln, das zu den HLL S ANT und G EDERSCH gestellt ist. Gedersch lässt sich als Genitiv verstehen; der Name scheint als Ganzer volksetymologisch umgedeutet zu sein. Dann wäre Zogeder eine frühere, unklare Form dazu. Zogeder Wÿer lässt sich dann als Weiher auf Zangedersch (eine grosse Mulde auf ca. 2100 m) deuten. Zoggol Zoggol ist 1623 in Bürchen als das Zoggol Acherlin ‘ der kleine Acker, der wie ein Kotklunker aussieht ’ belegt. Zoggol ist bei R ÜBEL (1950, 59) unter Tsokle als ‘ grobe Kotklunker ’ erwähnt. G RICHTING (1998, 248) kennt Zoggl, Zoggli oder Zogglu, Zoggäl (Goms), Zoggul (Vispertäler), Zoggil in drei Bedeutungen: ‘ Mensch (schlecht gekleideter), Landstreicher, Schmutz ’ . Zu Letzterem gibt er als Beispiel äs Schaaf mit Dräkkzoggla ‘ ein Schaf mit Schmutzstriemen in der Wolle ’ . Es ist davon auszugehen, dass Flurnamen Letzteres meinen, wenn ein Stück Acker als Zoggol bezeichnet wird. Soweit erkennbar, ist der Acker in G ATTLEN (2007) nicht erwähnt. Zoll Zoll ist zu nhd. Zoll m. ‘ Zoll, Zollamt ’ zu stellen; es bezeichnet in FlN einen Ort, wo Zölle erhoben werden bzw. wurden (K LUGE / S EEBOLD 25 2011, 1014; TGNB 2, 2, 678 f.). Der Beleg Zolldogaana (Zwischbergen) ist eine pleonastische Form mit der zweisprachigen deutsch-italienischen Grenzbeschreibung ‘ Zoll-Dogana ’ . der Zollplatz ‘ der Platz beim Zoll ’ (Zwischbergen) befindet sich vor dem Zollamt in Gondo. J ORDAN (2006, 309) kennt neben Zolldogaana und Zollplatz auch Zollhuis ‘ Zollhaus ’ (alle Zwischbergen). Letzteres ist sonst nur belegt als ts Zollhüs ‘ das Haus des Zolls ’ (Saas-Almagell). Laut Beschreibung handelt es sich hier um das Gebäude der Zollverwaltung auf dem “ Furusand ” (siehe Nr. 31756). Zomma Zomma ist nur belegt in Zommawila (Albinen), gelegen oberhalb des Dorfes auf ca. 1380 m. Nach T AGMANN (1946, 62) lässt es sich auf lat. S UMMA V ILLA ‘ Anhöhe über dem Dorf ’ zurückführen. Ähnlich analysiert M ATHIEU (2006, 11). Die historischen Belege 1602 v son Wyla, 1705 in Sombe villa usw. zeigen die romanische Grundlage des Flurnamens. Zöüber Zöüber m. ist nur in Zöüberwaud ‘ der Zauberwald (Abenteuerspielplatz) ’ (FLNK, Ernen) belegt. Es handelt sich wohl um eine Übernahme aus dem Hdt. zu schwdt. Zauber (I D . 17. 110) und wdt. Zöüber ‘ Zauber ’ , bei G RICH- TING (1998) nicht belegt, hier zur Bezeichnung eines Abenteuerwegs/ -Spielplatzes für Familien (www.zauberwaldernen.ch; [29. 06. 2020, iw.]). Ztych Ztych ist nur einmal 1634 in Brigerbad als ob der Ztÿch belegt. Formal scheint ein Feminin vorzuliegen, aber die Form mit vorangestelltem / z/ meint wohl einfach ‘ beim Teich, Damm ’ (I D . 12, 205). Das Wort ist sonst im Oberwallis bei W IPF (1910, 94) im Plural d īχ e mit der Bedeutung ‘ Röhren für Wasserleitungen ’ belegt (und so in I D . zitiert). Mangels Kontexts kann das HL nicht näher bestimmt werden und bleibt deswegen unsicher. Zuba Zuba f. ‘ Wasserlauf ’ ist zu schwdt. Zube n f. ‘ offene Wasserleitung, Wasserstrahl, Wasserlauf ’ (I D . 17, 130; G R W B 32, 235 f.; S TALDER 1994, 653) zu stellen. Das HL ist in rund fünfzig Flurnamen vertreten. Als Flurname ist meistens ein offener, natürlicher oder künstlicher Wasserlauf und seine Umgebung gemeint; in seltenen Fällen macht der Kontext klar, dass es sich um Quellen oder Brunnen handelt. Die Gwpp. berichten davon, dass der Name auch eine Flur ohne Wasser bezeichnet (Fiesch, Mühlebach); hier könnte früher eine künstliche Wasserversorgung bestanden haben. In einigen Fällen kann es sich auch um Zuber als FaN (AWWB 301) handeln, auch Zubero, Zun Zuben, Zer Zuben, Zerzuben, Zubere, Zubers geschrieben. Zerzuben und Zuber sind bis heute im Wallis als FaNN belegt (F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ 3, 2055 u. 2071). Zoffi (PN) 615 616 <?page no="313"?> Das Simplex ist im Singular als t Zuba (Fiesch), t Zube (Geschinen, Singular), die Zuba (1614, St. Niklaus; ähnlich 1308 u. später, Grächen), die Zuben (1652, Zwischbergen), zer Zuben (1657 u. später, Leuk), Czubon (1230, Leuk, wohl FaN Zerzuben oder Zuber), zer Zubu (Inden, Varen), di Zubu (Saas-Balen), Zubu (FLNK, Bratsch),(lat.: vltra) der Zvbun ‘ jenseits des Wasserlaufs ’ (1300, Visperterminen), (lat.: uersus) Zubun ‘ im Gebiet des Wasserlaufs ’ (1400, Raron) belegt. Der Plural erscheint als bine Zube ‘ bei den Wasserläufen ’ (Mühlebach), die Zuben (1652, Zwischbergen), jn den Zubon (1514, Selkingen) und ze Zubu (Betten, Ergisch). Ein Diminutiv im Singular ist imm Zubi ‘ im Gebiet des kleinen Wasserlaufs ’ (Blatten), ts Zubi (Lalden), zum Zubi (1648 u. später, Oberems) und das Zúbÿ (1708, Brigerbad). Ein Plural des Diminutivs ist belegt in die Zubini (1597, Eisten). Sieht man vom seltenen uor Zuben auff ‘ vor (dem Ort), wo es hinauf zur Zube (Wasserlauf) geht ’ (1683, Leuk) ab, tritt das HL mit vorangestellten Adjektiven auf: zer Altun Zubu ‘ beim alten Wasserlauf ’ (Hohtenn; älteste Wasserversorgung), ts Chaalt Zubi ‘ die kleine kalte Wasserquelle ’ (Albinen), von der Oberen Zúben ‘ vom oberen Wasserlauf ’ (1765, Geschinen). Vorangestellte Genitive sind: ze Eckero Zübun ‘ beim Wasserlauf der Leute von der Egga (Ecke) ’ (1347, Visperterminen), ze Wasserro Zubun ‘ beim Wasserlauf der Wassergeteilen (? ) ’ (1420 u. später, Visperterminen). Ein zweigliedriges Kompositum mit dem HL als Grundwort ist t Wiihelzuba ‘ die Zube (Wasserfassung) beim Wiihel (Winkel) ’ (Ferden). Als Bestimmungswort ist das HL, häufig gekürzt zu Zub, mit folgenden Grundwörtern in zweigliedrigen Komposita verbunden: Bach, Egg(a), Eie, Matta, Rüüs, Steg, Wäg und Wang. Auffällig ist, dass die “ Wasserwörter ” Bach, Eie und Rüüs mit Zuba verbunden werden; die Deutung erscheint dann als redundant, so als ob die Gwpp. die Deutung von ‘ Wasserlauf ’ für Zuba nicht mehr präsent hätten. Komplexer sind: di Zubunbachweidä ‘ die Weiden beim Zubenbach ’ (Kippel) und Zubwingarto ‘ der Weingarten bei der Zuba (Wasserlauf) ’ (1297 u. später, Lalden). Zuber (FaN) Zuber (FaN) ist zum FaN Zuber, auch Zubero, von Zuben, Zerzuben, Zer Zuben, Zubere, Zubers zu stellen, einem ziemlich verbreiteten Familiennamen des Oberwallis, der vom FlN Zuba (Wasserlauf, Wasserrohr, Quelle) abgeleitet wird. Diese Familien leben noch in den Zenden Brig, Visp, Leuk und Siders (AWWB 301); vgl. auch F AMILIENNAMENBUCH DER S CHWEIZ (3, 2055 u. 2071). Ein Diminutiv im Plural ist das einzige Simplex: di Zuberlini ‘ die kleinen Güter der Familie Zuber ’ (Bratsch). Der FaN tritt als vorangestellter starker Genitiv Singular auf in Zubers Matta ‘ die Wiese der Familie Zuber ’ (1580 u. später, Niedergesteln), Zubersch Bodo ‘ der Boden der Familie Zuber ’ (Törbel) und ts Zuberschhüs ‘ das Haus der Familie Zuber ’ (Niedergesteln). Ein Genitiv Plural ist vorangestellt in Zuberro Erbe ‘ das Erbe der Familie Zuber ’ (1307, Törbel), der Zuberro Leen ‘ das Lehen der Familie Zuber ’ (1304, Törbel), Zubero Hüssren ‘ die Häuser der Familie Zuber ’ (1582, Steg) und Zubero (? ) Schür ‘ die Scheuer der Familie Zuber ’ (1577, Niedergesteln). Komposita mit Zuber als Bestimmungswort sind verbunden mit den Grundwörtern Acher, Matta, Tole, Wald und Weid. Vereinzelt können auch Belege zum HL Z UBA hieher gehören (cf. HL Z UBA ). Zucht Zucht f. ‘ Zucht ’ ist zu schwd. Zucht (I D . 17, 251 ff.) zu stellen. Wdt. Zucht ‘ Kinder ’ (G RICHTING 1998, 249), nur für das Mattertal belegt, ist hier nicht einschlägig. t Fischzucht ‘ die Fischzuchtanlage ’ (Termen, Varen) meint eine Anlage, in der Fische aufgezüchtet werden, die später in Seen, Bächen und Flüssen ausgesetzt werden. t Spärwerzucht ‘ die Sperberzucht ’ (Saas-Fee) ist eine metaphorische Benennung eines Jungwaldes auf rund 1980 m (I D . 17, 265 s. v. Sperwerzucht meint die Aufzucht von Sperbern); die Motivation für den Namen in Saas- Fee ist unklar. Das Kompositum Halbzucht ist im I D . nicht belegt; der Terminus bezeichnet vermutlich eine Pachtform des Teilbaus (frz. métayage, bail à fruit, it. compatico). Der Name ist historisch seit 1272 in verschiedenen Formen in Brig, Lax, Mund, Naters und Ried-Brig geläufig. Als Halbsucht erscheint er in Grächen und 1656 und später in Termen; das Nomen Sucht ist dabei eine Vereinfachung von Zucht. Letzteres meint hier wohl einfach den Ertrag des Pachtstückes. Im Teilbau überlässt der Verpächter dem Pächter eine Sache zur Nutzung, wobei Aufwand und Ertrag in einem bestimmten Verhältnis geteilt werden. Weitaus häufigste Erscheinungsform ist die Halbpacht (it. mezzadria), d. h. eine 50 %-Beteiligung. Das wdt. Wort scheint ursprünglich vergleichbar zu sein. Zucker Zucker m ‘ Zucker ’ ist nur als Bestimmungswort belegt. di Zuckermatta ‘ die Zuckerwiese ’ (Simplon), auch Zuckärmatta (J ORDAN 2006, 18), laut Beschreibung ein geschützter Platz. Zuckerstock ‘ der Zuckerstock ’ (LT und FLNK, Blatten), ein Gipfelname (3386 m), wohl benannt nach 617 618 Zucker <?page no="314"?> der Form eines Zuckerhutes. der Zuckerwang ‘ der Grasabhang im Geröllgebiet ’ (Gampel). Zucker bezieht sich hier wohl auf feines Steingeröll; daneben liegen der Steischlag und t längi Löüwinu ‘ das lange Rutschgebiet ’ , zwei Namen, die sich auf loses Steingeröll beziehen. URNB (3, 517) kennt Zuckerstock für Felsen in der Form eines Zuckerhutes (nach I D . 10,1771). TGNB (2, 2, 679 f.) meint, dass "Zucker im übertragenen Sinn die besondere, auserlesene Qualität einer Sache anzeigen" kann. Das gilt wohl für Zuckermatta (Simplon). In der Geologie ist von zuckerkörnigem Gestein (z. B. Dolomit) die Rede; der Zuckerwang kann so gedeutet werden. Zuckmayer (FaN) Zuckmayer (FaN) ist der FaN des deutschen Schriftstellers Carl Zuckmayer (1896 - 1977), der in Saas-Fee ein Haus besass und dort lange Zeit lebte. Nach ihm ist der Zuckmayerweg (FLNK, Saas-Fee) benannt. Zudangna Zudangna ist der ursprünglich frz. Flurname chaudanne (B OSSARD / C HAVAN 2006, 48), frpr. als Zudanne u. ähnlich, für eine warme Quelle, die in Varen ab 1664 belegt ist, zuletzt 1834 als Ursprúng des Brúnnen Zúdangna ‘ die Ursprung der warmen Quelle / des warmen Brunnens ’ . Zu vgl. ist das HL T SCHÜDANGNA , das die gleiche warme Quelle meint. Züe züe ‘ zu ’ dient in einigen Namen als Präfix zu einem Substantiv und wird zur Bezeichnung eines zweiten, im Grundwort genannten Appellativs (I D . 17. 4 ff.; G R W B 32, 157), wie in schwdt. Zuedili ‘ ein kleiner Verschlag neben dem Heuboden, worin Lische und Heustroh aufbewahrt ist ’ (I D . 12, 1645) und schwdt. Zueschür f. ‘ kleines Anhängsel an eine Scheune für Futter und Streu ’ (I D 8, 1222) verwendet. Belegt sind zer Zuädili ‘ zu der Zuedili (kleiner Verschlag beim Heuboden) ’ (Wiler), zer Zeu ᵕ -Scheu ᵕ er (Zu ᵕ e- Scheu ᵕ er) ‘ beim Anbau zur Scheuer ’ (1841, Zermatt), ob dem Zu ͦ Schirlin ‘ oberhalb dem kleinen Anbau zur Scheuer ’ (1701, Termen), der Züerigg ‘ der zweite Rücken ’ (Randa; hier wohl für eine Geländeformation), där Züesee ‘ der zweite See (beim Geisspfadsee) ’ (Binn) und der Voder Züesee ‘ der vordere zweite See (westlich des Züesee ‘ zweiter See) ’ (Binn). Zuffenez Zuffenez ist nur 1705 in Albinen, genauer Tschingere, als in Zuffenez belegt. G. S CHMID (p. c.) vermutet den FaN Zufferey, der zwar laut AWWB (301) gut belegt ist, aber in allen Formen ein / r/ statt eines / n/ enthält und der vor allem für das Val d'Anniviers erscheint; er kommt also eher nicht in Frage. M ATHIEU (2006, 19) kennt den Flurnamen Tschiissunät, der eine Flur oberhalb von Tschingere kennzeichnet. VSNB kennt den Namen nicht. Wenn diese Deutung stimmt, müsste eine Entrundung (ü > i) und eine Fehllesung (ff für ss) vorliegen. Eine Deutung ist in beiden Fällen nicht möglich. Zug Zug m. ‘ der Zug ’ (Plural Zig, Diminutiv Zugji, Zigji) ist zu schwdt. Zug m. aus ahd. zug, mhd. zuc, zug m., gebildet zum Verb ahd. ziohan, ziehen, und wdt. Zug ‘ Zug, Aushauchen ’ mit der Bedeutung ‘ Vorgang des Ziehens, gezogene Linie, Landstrich ’ (URNB 3, 1064 ff.; LUNB 1, 2, 1207; Z INSLI 1945, 341; G RICHTING 1998, 251) zu stellen. In den rund 130 Flurnamen ist meistens eine Art Hangrinne gemeint, durch die Wasser, Schnee oder Murgänge fliessen; in einigen Fällen bedeutet der Name einen (Holz-)Schleif, oder generell ein Gelände, wo etwas hinauf, hinunter oder auch eben gezogen werden kann. Das Simplex im Singular ist belegt als der Zug (St. Niklaus; hier Lawinengraben), zum Zug (Täsch; Bereich im Fallzug), sowie historisch im Zug (1737, Staldenried), in dye Zug (1452, Glis; Artikel legt Plural nahe, Nomen nicht). Der Plural des Simplex kommt vor als ine Zigu ‘ in den Zügen ’ (Bürchen, Stalden), historisch als dye Zuge (1360 u. später, Visperterminen; 1540 in den Zigen). Ein Diminutiv des Simplex findet man in Zugi ‘ der kleine Zug ’ (Saas-Balen), laut Karte eine kleine Hangrinne. Das in Komposita vorkommende Zigji ‘ der kleine Zug ’ ist als Simplex nicht belegt. Mit attributiven Adjektiven finden sich: ts Äng Zigji ‘ der enge kleine Zug (Graben) ’ (St. Niklaus), der Glatt Zug ‘ der glatte Zug (glatter, steiler Felszug) ’ (Stalden), ts Gufrig Zigji ‘ der kleine, mit Steingeröll versehene Zug (Bachlauf) ’ (Randa), der Jung Zug ‘ der junge (wohl: neu bebaute) Hangstreifen ’ (Unterbäch), an den Nassen Zugen ‘ der nasse Zug (Hangrinne mit Wasser) ’ (1668, Brig), der Breit Zug ‘ der breite Geländezug ’ (Reckingen), im Breitu Zug ‘ im breiten Zug ’ (Visperterminen), ts Rot Zigji ‘ der kleine rote (Lawinen-)Zug ’ (St. Niklaus, zweimal, FLNK Rotzigji), der Rot Zug ‘ der rote (Lawinen-)Zug ’ (Zermatt, LT Roter Zug), ts Schreejund Zigji ‘ der kleine Zug (Bach) mit einem Wasserfall ’ (Randa), in den u ᵕ ntren Zu ᵕ gen ‘ im unteren Teil der Züge (Hangrinnen) ’ (1832, Geschinen), das Vordrest Ziggi ‘ der vorderste kleine Zug (aus der Kellen) ’ (1699, St. Niklaus), der Wiiss Zug ‘ der weisse Zug (Lawinenzug) ’ (Zermatt) und t Wiissu Zig ‘ die weissen Züge (Felsbänder) ’ (Ried-Mörel). Zuckmayer (FaN) 619 620 <?page no="315"?> Vorangestellte Genitive kommen nicht vor; komplexer ist in Martis Erbzug ‘ der Zug (Graben) beim Erbe des Martin / der Familie Marti ’ (1827, Turtmann). Als Grundwort kommt das HL sehr häufig vor. Am häufigsten vertreten ist das HL Löuwina in Belegen wie im Lauwen Zug ‘ im Lawinenzug ’ (1759, Gluringen), der Löübizug ‘ der Lawinenzug ’ (Ried-Mörel, Saas-Fee), an den Lou ᵕ wizug ‘ an den Lawinenzug ’ (1677, Greich), der Lowwizug ‘ der Lawinenzug ’ (Hohtenn, Niedergesteln, St. Niklaus), Lowwizig ‘ die Lawinenzüge ’ (FLNK, Grächen, LT Lowizig), ts Löuwwezugji ‘ der kleine Lawinenzug ’ (Steinhaus), der Löüwwizug ‘ der Lawinenzug ’ (Selkingen). Weiterbildungen dieses Typs sind der Harlowenuzug ‘ der Schlammlawinenzug / der Zug bei der Harlowena ’ (Täsch) und der Heloibizug ‘ der hohe Lawinenzug ’ (Saas-Almagell), Schutzlowwizigji ‘ der kleine Zug mit der schnellen Lawine ’ (FLNK, Randa), der Schutzlowwizug ‘ der Zug (Bach) der steilen, schnellen Lawine ’ (Randa), der Seelowwizug ‘ der schöne Lawinenzug ( ‘ See ’ ist wohl eine falsche Notation) ’ (Grächen, LT Schelowizig; FLNK Scheelowwizug), der Steilowwizug ‘ der Zug (Graben) des Steinrutschgebietes ’ (St. Niklaus). Mit adjektivischen Erstgliedern sind folgende Komposita belegt: der Hozug ‘ der hohe Zug (Wassergraben) ’ (St. Niklaus), der Mittelzug ‘ der mittlere Lawinenzug ’ (Zermatt), der Ängizug ‘ der Zug (Graben) bei der engen Stelle ’ (St. Niklaus). Die häufigsten Bildungen mit dem Grundwort beziehen sich auf andere Fluren: ts Acherzigji ‘ der kleine (Lawinen-)Zug bei den Äckern ’ (St. Niklaus), ts Enguzigji ‘ der kleine Zug (Graben) von der Engi herunter ’ (Eisten), der Fallzug ‘ der Zug (Schleif) mit einem Felsabfall ’ (Täsch), der Fallzug ‘ der Zug (Graben) mit Wasserfall ’ (St. Niklaus), der Grittelzug ‘ der Zug (Graben) hinunter zum Grittelbodu (Boden bei der Geländegabelung) ’ (St. Niklaus), ts Bacheluzigji ‘ der kleine Lawinenzug oberhalb der Bachela (Wasserrinne) ’ (Täsch) und viele andere mehr. In einigen Fällen sind Pflanzen beteiligt: der Aarbzug ‘ der Zug (Graben) mit Arven ’ (Zermatt), der Birchuzug ‘ die Eintiefung im Gebiet Birche (Birkengehölz) ’ (Eisten), ts Hollernuzigji ‘ der kleine Zug (Graben) mit vielen Holunderstauden (FLNK Hollerzigji) ’ (Randa), ts Holzzigji ‘ der kleine Zug (Felsrinne) beim Holz (Wald) ’ (St. Niklaus) und andere. Manche Belege beziehen sich auch auf den Zug selbst: der Greefzug ‘ der Greef-Zug (der Zug (Graben), der einem Trag-Reff gleicht) ’ (St. Niklaus), ts Straalzigji ‘ der kleine Zug, wo Strahlen (Bergkristalle) gefunden wurden ’ (St. Niklaus), Wässerzigji ‘ der kleine Zug (Felsrinne) zum Wässern ’ (St. Niklaus, mit Wasser zum Wässern der Felder). Einige Belege sind unklar: der Gugerzug ‘ der Gugerzug ’ (Stalden) - zwar weisen auch andere Namen in Stalden Guger auf, doch scheint das HL so nicht bekannt zu sein. Id. (2, 189) verweist unter Gugger IV auf mehrere Ortsnamen, die sich aber alle nicht im Wallis befinden; eine Deutung wird nicht gegeben. Komplexere Konstruktionen sind z. B.: ts Geissbalmuzigji ‘ der kleine (Lawinen-)Zug bei der Geissbalma (überhängender Fels für Ziegen) ’ (Randa), der Glatt Zugwald ‘ der Wald beim glatten Zug (glatter Felszug) ’ (Stalden), der Holzzigjigletscher ‘ der Gletscher beim Holzzigji (kleiner Holzzug, Schleif) ’ (St. Niklaus), der Häischalpjizug ‘ der Zug (Holzschleif) vom Heischalpji (kleine Alpe des Hans) herunter ’ (Visperterminen), ts Chalchofuzigji ‘ der kleine Zug (Graben) beim Kalkofen ’ (Randa) und andere. Die Komposita am Abzu ᵕ gs Graben ‘ der Graben, mit dem das Wasser abgezogen wird (wohl Entwässerungsgraben) ’ (1872, Eyholz) und der Üszug ‘ der Ort, wo man das Holz herausziehen musste ’ (Biel), im Üsszug ‘ am Ort, wo man das Holz herausziehen musste ’ (Blitzingen), unner em Üsszug ‘ unter dem Ort, wo man das Holz herausziehen musste ’ (Ritzingen), hinder dem Aúszúg ‘ hinter dem Ort, wo man das Holz herausziehen musste ’ (1760, Münster) und das komplexere der Üüszugsschleif ‘ der Schleif, durch den das Holz herausgezogen werden musste ’ (Visp) werden mit den Verbpartikeln ab und üüs gebildet. Als Bestimmungswort verbindet sich das HL mit folgenden Grundwörtern zu zweigliedrigen Komposita: Gassa, Fad, Matta und Wald. Komplexer ist der Zugmattwald ‘ der Wald oberhalb der Zugmatta (Wiese bei der Bahnlinie) ’ (St. Niklaus), wo Zug sich auf die Eisenbahn in St. Niklaus bezieht; diese Verwendung des HL Z UG ist sehr selten. Einige komplexere Formen wurden oben aufgeführt. Zumerkindo (FaN) Zumerkindo (FaN) ist nur belegt in Zúmerkindo Hofstetlinon (1396, Unterbäch). Die Lesung ergibt eher zer Zúnerkindo Hofstetlinon. Das ist als bei der kleinen Hofstätte der Leute Zumerkind / Zunerkind zu lesen, doch fehlt ein Hinweis auf einen solchen FaN gänzlich. Zúmerkindo / Zúnerkindo ist sicher ein Genitiv Plural, doch ist der Nominativ so nirgends belegt. Zumstei (FaN) Zumstei (FaN) ist nur in der Zumsteispitz (Zermatt) belegt. Der Name stammt von L. VON W ELDEN (1824, 37) nach einem der Erstbesteiger des Monte-Rosa, Joseph Zumstein (1783 - 1861) aus Gressoney (W ERLEN 2008, 579). 621 622 Zumstei (FaN) <?page no="316"?> Zumtaugwald (FaN) Zumtaugwald (FaN) ist nur belegt in der Töügwalderwald ‘ der Wald, der der Familie Zumtaugwald gehörte ’ (Stalden). Laut Beschreibung gehörte der Wald einem Herrn Zumtaugwald, der in Stalden Bahnhofvorstand (der damaligen Brig-Visp-Zermatt-Bahn) war. Der FaN ist als Taugwald, auch Zum Taugwald, in Tougwalt usw. in AWWB (255) belegt; zur Deutung vgl. HL T ÖÜG . Zunga Zunga f. ‘ Zunge ’ ist zu schwdt. Zunge f. in FlN ‘ schmales Landstück ’ , welches sich von der Form her zungenförmig von der Umgebung abhebt, und wdt. Zunga, Zungä (Goms), Zungu ‘ Zunge ’ (GrWb 32, 856 ff.; G RICHTING 1998, 251) zu stellen. Belegt sind der Diminutiv ts Zunngi ‘ die kleine Zunge (steiles Rasenstück) ’ (Staldenried) und das Diminutiv im Plural t Chleinu Zungini ‘ kleine Felsen in Zungenform ’ (Baltschieder). Nur historisch erscheint die Geiszu ᵕ ngen ‘ das Gebiet, das den Zungen von Ziegen gleicht ’ (1670, Gampel). Zunse (PN) Zunse (PN) ist belegt in t Zunsehüs (Niederwald) und der Zunsehüswaud ‘ der Wald beim Zunsehüs ’ (Niederwald). LT hat Zünzehüs, K. 1: 10000 Zunzehüs. Die ältesten Belege haben 1647 Zu ᵕ nzen Hauss, 1681 Zunsen Haus; der Beleg von 1556 hat sub dem Zuntzen Waldgi ‘ unter dem kleinen Wald des Zuntze ’ . Es handelt sich um einen schwachen Genitiv ‘ das Haus des Zunze (PN) ’ oder ähnlich. Der Anlaut könnte auch ein agglutinierter Artikel sein, also ts Unsehüs, aber auch das führt zu keinem belegten PN oder FaN. Zuquet Zuquet ist nur 1473 in Varen belegt, wo wohl eine Grenze von einer Wasserleitung aufwärts unter anderem zu ou zuquet führt. Es handelt sich um ein Diminutiv auf - ITTU ( M ) (B OSSARD / C HAVAN 2006, 28/ ) zum Nomen chaux ‘ Kalk ’ (G PSR 3, 466; patois tsó etc.) mit der Deutung ‘ das kleine Gebiet mit Kalk ’ . Die Deutung ist nicht ganz sicher. Züreten Züreten ist 1712 in drei Belegen aus Münster, Obergesteln und Oberwald aufgeführt als Züreten Stúden. Es handelt sich um ein Partizip zum Verb ziere, ziärä (Goms), zieru (Vispertäler), ziärn (Lötschental), ziäru ‘ zieren, bebauen ’ (G RICHTING 1998, 246). Dass die Form einen gerundeten Diphthong aufweist, ist schon W IPF (1910, 152) für Visperterminen aufgefallen. Im vorliegenden Text liegt eine hyperkorrekte, verhochdeutschte Form mit einem / ü/ und der für das Goms geltenden Tilgung des Partizip-Präfixes / gi-/ vor. Die Bedeutung ist dann ‘ das bebaute Gebiet mit Stauden ’ . Zuterella Zuterella ist nur 1673 in Varen als ÿ Zuterella belegt. Es handelt sich wohl um das in Varen belegte HL S CHUTE- RELLA . Der Name sollte zu frz. sauterelle ‘ Heuschrecke ’ gestellt werden, vgl. FEW (11, 112 ff. s. v. saltare tanzen, bes. S. 117 s. v. Heuschrecke) und die diminutive Ableitung auf - ELLA (B OSSARD / C HAVAN 2006, 287). Die Deutung zu FEW (12, 357 ff. s. v. s ŭ bstare standhalten) auf S. 358 mit der Bedeutung frz. abri ‘ Schutzraum, Unterschlupf ’ wird an der betreffenden Stelle kaum anzunehmen sein. Züü Züü m. ist zu schwdt. Zuun, wdt. Züü, Zuin (Lötschenal) oder Ziini ‘ Zaun, Hecke, Schranke ’ , amhd. z ū n, in FlN zur Bezeichnung der Umzäunung und des umzäunten Grundstücks (G R W B 31, 406 ff.; LUNB 1, 2, 1207; G RICH- TING 1998, 251) zu stellen. Mit dem Zaun (für Uster) hat sich schon B OESCH (1946, wiederabgedruckt in B OESCH (1961)) beschäftigt: der Zaun ist Ausdruck einer Grenzziehung. Das gilt auch für Orte, wo heute keine Zäune mehr zu finden sind. Das Simplex erscheint im Singular als der Zü ‘ der Zaun ’ (Binn), hinnerem Zü ‘ hinter dem Zaun ’ (Ulrichen), ufem Ziinn ‘ auf dem Zaun ’ (Kippel, FLNK Ziin), vnder dem Zu ᵕ n ‘ unter dem Zaun ’ (1689, Fiesch). Der Plural ist häufiger: ze Ziine ‘ bei den Zäunen ’ (Bellwald), binne Ziine ‘ bei den Zäunen ’ (Mühlebach, Steinhaus), ob de Zine ‘ ob den Zäunen ’ (Zermatt), ze Ziinu ‘ bei den Zäunen ’ (Goppisberg), hinner de Ziinu ‘ hinter den Zäunen ’ (Saas-Fee), auf den Zinn ‘ auf den Zäunen ’ (1834, Ferden), uffen Ziinn ‘ auf den Zäunen ’ (Blatten), Unner de Zii ‘ unter den Zäunen ’ (FLNK, Bürchen), ob du Zinu ‘ ob den Zäunen ’ (St. Niklaus), Zen Zunen ‘ bei den Zäunen ’ (1470 u. später, Naters), jn dyen Zúnen ‘ in den Zäunen ’ (1435 u. später, Zermatt) und zún Zünù ‘ bei den Zäunen ’ (1735, Mörel). Mit falscher Diphthongierung und Entrundung sind belegt beÿ den Zeinen ‘ bei den Zäunen ’ (1816, Ernen), zu Zeinen ‘ bei den Zäunen ’ (1784, Ausserberg). Attributive Adjektive zum HL finden sich nur in die Alten Zv ᵢ ne ‘ die alten Zäune ’ (1308, Visperterminen; 1519 dem Alten Zún nach). Ein vorangestellter Genitiv ist nur bezeugt in ts Brunnärsch Zuin ‘ der Zaun der Familie Brunner ’ (Wiler; FaN ist hier alt, vgl. AWWB 45). Als Grundwort ist das HL wie folgt belegt: ob dem Alpen Zaun ‘ ob dem Zaun der Alpe ’ (1794, Albinen), unter dem Alpen Zaun ‘ unter dem Zaun der Alpe ’ (1769, Leuk; 1794 wie in Albinen), dr Balmunzuin ‘ der Zaun Zumtaugwald (FaN) 623 624 <?page no="317"?> beim Gebiet Balma (überhängender Fels) ’ (Blatten), zum Chalberziinli ‘ beim kleinen Zaun für die Kälber ’ (Raron), Feldzaún ‘ der Feldzaun ’ (1860, Steg), Fäsellzu ᵕ n ‘ der Zaun bei der Fäsilalpe ’ (1670, Gampel), Grinzùn ‘ der Zaun beim Grii (wo umgehauene Baumstämme herumliegen) ’ (1774, Naters), in Haúraúw Zúnen ‘ in den Horoiw Zäunen ’ (1802, gemeint sind Zäune bei der Schlammaue), Lowinen Zaun ‘ der Zaun beim Rutschgebiet ’ (1852, Steg), dr Rosszuin ‘ der Zaun für die Pferde ’ (Blatten), Schindelzü ‘ der Zaun aus Schindeln ’ (FLNK, Zermatt), Stockzinlein ‘ die kleinen Zäune beim Stock ’ (1550, Naters). Komplexer sind der Neúgúth Zaún ‘ der Zaun beim Neugut ’ (1842, Turtmann), Rinderalpenzaun ‘ der Zaun bei der Rinderalpe ’ (1714, Niedergesteln), der Salabodenzau ᵕ n ‘ der Zaun beim Salaboden ’ (1881, Visperterminen), zem Zilzuin ‘ beim Zaun am Ziel (Grenze) ’ (Blatten). Mit dem HL als Bestimmungswort sind folgende Grundwörter in zweigliedrigen Komposita belegt: Egg(a), Haalta, Matta, Schiir und Schleif. Komplexer ist der Zinegguwald ‘ der Wald bei der Zineggu (Ecke mit Zäunen) ’ (Saas Fee). Zwäärg Zwäärg m. ‘ Zwerg ’ ist zweimal als diminutives Bestimmungswort Zwäärgli ‘ kleiner Zwerg ’ in dr Zwäärglistei ‘ der Stein des kleinen Zwerges ’ und di Zwäärgliweidä ‘ die Weiden des kleinen Zwerges ’ (beide Wiler, aber nicht am gleichen Ort) belegt. G RICHTING (1998, 251) kennt wdt. Zwäärg und den Diminutiv Zwäärgji; laut R ÜBEL (1950, 13) weist das Lötschental das Diminutivsuffix nur als -li auf, deswegen Zwäärgli. Gemeint sind die sagenhaften kleinen Menschen, aber auch kleinere Kinder und kleinwüchsige Menschen, für die Zwäärgli Übername sein kann. Die Motivation für die beiden Belege ist unklar. Zwei Zwei ist als Zahlwort zwei (Nominalzahl) oder zweit- (Ordinalzahl) belegt. Im Oberwallis gibt es bei der Nominalzahl formal keine Genusunterscheidung; G RICHTING (1998, 251) nennt nur zwei (vgl. auch SDS 3, 236 f.). Die Nominalzahl tritt attributiv wie folgt auf: bi de Zwei Gädemjini ‘ bei den zwei kleinen Gaden (Ställe) ’ (Oberwald), di Zwei Mällicha ‘ die zwei Mällicha (Steinmänner) ’ (Embd; FLNK Zweimällich), bine Zwei Müüre ‘ bei den zwei Mauern (Lawinenverbauungen) ’ (Obergesteln), ze Zwei Müüru ‘ bei den zwei Mauern (Strasse im Ganterwald zwischen zwei Mauern) ’ (Ried-Brig; LT Zwei Müre; FLNK ze Zwei Müüru), ze Zwei Schiiru ‘ bei den zwei Scheuern ’ (Unterbäch, Täsch) und uf Zwei Teele ‘ auf den zwei Teilen (Anteile an der Alpe? ) ’ (Oberwald; LT Zwei Teile) (nicht gemeint sind hier Dählen auf 2054 m ohne Bäume). Komplexer ist in der Mitte der obristen zwei Seen ‘ die obersten zwei Seen (vermutlich kein Name, sondern Appellativ) ’ (1681, Blitzingen); hier liegt wohl nur eine Beschreibung vor. Als Kompositum ist notiert z Zweigädine ‘ bei den zwei kleinen Gaden (Ställe) ’ (Binn). Die Ordinalzahl tritt attributiv wie folgt auf: Zweit Grabu ‘ der zweite Graben ’ (FLNK, Birgisch), t Zweit Hitta ‘ die zweite (Alp-)Hütte ’ (Steinhaus), binner Zweite Hitte ‘ bei der zweiten (Alp-)Hütte ’ (Steinhaus), ts Zweit Häärzi ‘ das zweite kleine Gebiet mit Herzform ’ (Saas-Almagell), der Zweit Höu ‘ der zweite (Holz-)Hau ’ (Grengiols; hier Wald), di Zweit Lowwina ‘ das zweite Rutschgebiet ’ (Visperterminen), Zweit Stafu ‘ der zweite Stafel ’ (FLNK, Steinhaus), Zweite See ‘ der zweite See ’ (FLNK, Zwischbergen; auch bei J ORDAN 2006, 293 Zweitä See), di Zweitu Liggi ‘ der zweite Liegeplatz für die Kühe ’ (Saas-Almagell). Komplexer sind t Zweit Chummelegi ‘ die zweite Legi (Zaun) bei der Chumma (Mulde) ’ (Reckingen), di Zweit Mässhitta ‘ die zweite Messhütte (Alphütte, in der die Milch gemessen wurde) ’ (Ried-Mörel; FLNK Zweiti Mässhitta), z Zweit Tschampematt ‘ die zweite Mähwiese der Familie Tschampen ’ (Grengiols), Zweites Dreieck ‘ das zweite Dreieck (Felsspitze am Dreieckhorn) ’ (LT, Fieschertal), Zweitä Stosswäg ‘ der zweite Stossweg (Weg durch den Mittelwald) ’ (FLNK, Erschmatt). Attributiv wird auch ein Kompositum auf zweifach verwendet: der Zweÿfachen Scheir ‘ die zweifache Scheuer ’ (1767, Kippel; Genitiv ist konstruktionsbedingt). Unsicher ist die Ableitung bine Zweiere ‘ bei den Zweiern ’ (Ritzingen), ein Plural zur Ableitung auf - ER (S ONDER- EGGER 1958, 547 zu Zahlwörtern auf - ER ). Die Karte zeigt ein Stück Land zwischen der Strasse und dem Rotten. Vermutlich ist ein Stück Land gemeint, das auf zwei Seiten von Felsstücken liegt, die sich dort im rechten Winkel zum Rotten befinden. Eine Ableitung auf Zweier ‘ Propfer ’ (TGNB 2, 2, 683) verbietet sich, da das Verb im Walliserdeutschen keinen Diphthong kennt (zwiije usw. ‘ Baum veredeln, impfen ’ bei G RICHTING 1998, 251). Zweiffol (FaN) Zweiffol (FaN) m. ist nur 1685 in Raron als im Zweiffol ‘ im Gebiet der Familie Zweifel ’ belegt. Wie P H . K ALBER- MATTER (p. c.) mitteilt, ist der FaN Zweifel in Raron schon früh belegt: "In Lehensakten des Viztums von Raron erscheint 1235 ein Mann namens Zwivel (Chartes Sédunoises, Nr. 50) und um 1280 ein Borcardus Cuyvel (A M- MANN 1999, 283)." Er findet in Raron mehrfach auch den Flurnamen Zwifelsboden (u. ä.), unter anderem 1468 in "Cristando, filio quondam hans zender in der bundon, petiam terre sitam in der bundon cui dicitur zwifelsboden" (StA Sitten, Fonds Carlen-Lanwer, Pg 11). Ver- 625 626 Zweiffol (FaN) <?page no="318"?> mutlich ist dieser Flurname identisch mit im Zweiffol. Da die frühen Namen vor 1500 eindeutig ein / î/ enthalten, dürfen Flurname und Familienname zum mhd. zwîvel ‘ Zweifel ’ gestellt werden (L EXER 2, 2, 1224; G R W B 32,996 f. s. v. Zweifel). (I D . ist zum Zeitpunkt der Redaktion noch nicht bei ZW angekommen). Zweige Das Verb Zweige ist nur in t Abzweigig ‘ die Abzweigung (Weggabelung) ’ (Grengiols) belegt. Es handelt sich um eine Weggabelung beim Saflischbach auf ca. 1860 m. Das Abstraktum Abzweigig ist zum Verb abzweigen (G R W B 1, 161) zu stellen; in den üblichen Wörterbüchern ist das Wort noch nicht verzeichnet oder es fehlt. Zweiger (PN) Zweiger (PN) ist 1677 in Zeneggen als Zweigers Acher belegt. Formell liegt ein PN Zweiger vor, doch ist der Name nicht belegt. Vermutlich ist aber anlautendes / z/ zu lesen als Genitiv / ts/ ‘ des ’ und Weiger kann zum gut belegten FaN Wyer (AWWB 297) gestellt werden, der vor allem in der Pfarrei Visp bekannt ist. Zeneggen befindet sich oberhalb von Visp. Inlautendes {g} kann für {j} stehen. Zwelf Zwelf ‘ zwölf ’ ist zu wdt. zwelf ‘ zwölf ’ , Zahlwort, ahd. zwelif, mhd. zwelf ( … ), in unbestimmter Zahlangabe, Formelhaftes ‘ etwa zwölf ’ zur Bezeichnung einer ungewissen, ungefähre Menge (G R W B 32, 1432 ff.) zu stellen. I D . ist bei der Redaktion dieses Textes noch nicht erschienen; G RICHTING (1998) enthält das Zahlwort nicht. Belegt sind: ze Zwelf Aposchtlu ‘ bei den zwölf Aposteln ’ (Naters), wo es einen Bildstock bezeichnet, der an Stelle einer früheren Zwölf-Apostel-Kapelle steht (vgl. HL A POSCHTEL ) und bi de Zwelf Lärche ‘ bei den zwölf Lärchen ’ (Geschinen), wo nach der Beschreibung die damalige Waldgrenze mit wenigen Lärchen gemeint ist. Hier dürfte der symbolische Wert der Zahl Zwölf eine grössere Rolle spielen als bei den zwölf Aposteln, die nach dem Neuen Testament namentlich bekannt (z. B. M T 10,2 f.) sind. An Stelle von Judas Iskarioth tritt später der Apostel Paulus. Zwi Zwi ist nur einmal belegt in Zwisteg ‘ der Zwei-Steg (Doppelsteg? ) ’ (1396, Steg unter Zwistäg zu finden). Es ist wohl zu schwdt. zwiizu stellen, das zweifach auftretende Dinge bezeichnet. Nicht selten werden Gabelungen (von Tälern, Äckern, Zweigen u. ä.) mit diesem Erstglied bezeichnet. Das Zahlwort zwii- ‘ zwei ’ , mhd. zwîist belegt (TGNB 2, 2, 684). W IPF (1910, 78) kennt tswini für ‘ Zwilling ’ . G RICHTING (1998, 251) kennt aber auch das Verb zwije, zwijä (Goms), zwiiun (Lötschtal), zwiiju ‘ Baum veredeln, impfen ’ , das Wipf (1910, 69) nur mit Hiatusdiphthongierung als tswej ə erwähnt, was seltsam ist, da SDS (1, 148 ff.) die Hiatusdiphthongierung für Visperterminen nicht kennt. Die Deutung des HL zwi kann sowohl von zwei, wie von zwije aus geschehen. Lautlich ist das Verb zwije vorzuziehen. Zwiäfaltä Zwiäfaltä ‘ zweifältig ’ ist zu schwdt. zwifalten, hier ‘ verdoppeln, zusammenbauen ’ (cf. I D . 1, 819; G R WB 32, 1149 ff.) zu stellen. Der Beleg zen Zwiäfaltä Ställn ‘ bei den doppelten Ställen ’ (Kippel) bezeichnet ein Gebiet mit zwei Ställen unterhalb der Lauchernalp. Eigentlich würde das HL Z WIEÄFALTÄ ein Kompositum zum HL ZWEI darstellen; es wurde hier aus Gründen der Verständlichkeit gesondert behandelt. Zwilling Zwilling, Plural Zwillinge, wird für auffällige Doppelgipfel verwendet (W ERLEN 2008, 608). Belegt sind di Breithorezwillinge ‘ die Zwillinge (Doppelgipfel) beim Breithorn (im Unterschied zu andern Zwillingen) ’ (Zermatt) und Wannenzwillinga (FLNK, Fieschertal; LT Wannenzwillinge) beim Wannenhorn. In Zermatt sind folgende Bestimmungswörter belegt: der Zwillingsgletscher ‘ der Gletscher unterhalb der Zwillinge Castor und Pollux ’ (Zermatt), das Zwillingsjoch (Zermatt, it. Passo di Verra, benannt nach dem Vallone di Verra in Italien) nach den Zwillingen Castor und Pollux, Zwillings-Pass (SK, Zermatt), der heutige Name für das Zwillingsjoch. Zwinge Zwinge wird als HL mit unterschiedlichen Lautungen zusammengestellt: einfaches Twing m., davon abgeleitet Twingi f., Getwing n. (auch Gitwing und Gotwing) und Zwinge f. pl. Die Deutung ist sehr schwierig. Z INSLI (1945, 106, 317) deutet Twingi n., auch Gitwingi n. als ‘ enges Tal ’ und stellt es zu mhd. twingen, dwingen ‘ zusammendrücken, zwängen ’ mit Bezug auf S TALDER (1, 334). I D . (14, 1814 ff. s. v. Twing) kennt Twing und Getwing als Rechtstermini ‘ Gebots- und Zwangsgewalt eines Grundherrn ’ (vgl. auch G R W B 32, 1216 ff. s. v. Zwing; weitere Quellen in I D .). Vermutlich stehen Twing und Getwing in Orts- und Flurnamen für frühere Fluren, die dem Twingherren unterstanden. In den Deutungen wird das als ‘ grundherrliches Gut ’ oder ähnlich ausgedrückt. Der Typ Twing m. ist als Twing (FLNK, Greich) belegt, flektiert als zum Twynge (1306, Lalden) und im Plural Ze Twingu (Ried-Brig), bei letzterem spricht die Gwp. von Zweige 627 628 <?page no="319"?> “ Versammlungsort der Leute von Ganter ” (früher ganzjährig bewohntes Gantertal). Feminines di Twingi (Binn, Grengiols (2 Belege)) und t Läz Twingi ‘ die schattseitig liegende Twingi ’ (Grengiols; bezieht sich als Gegensatz auf di Twingi im Binntal). Hierzu ist auch der Twingistei ‘ der Stein bei der Twingi ’ (Binn) zu stellen. Unsicher ist in Ulrichen t Wingestüde, das historisch 1597 als die Twingen Stu ᵕ den ‘ die Stauden beim Twing ’ belegt ist. Das anlautende / t/ ist als assimilierter Artikel vom Namen abgetrennt worden, sofern die historische Schreibung stimmt. Vermutlich von Twing abgeleitet ist der historische Beleg Twingers Gu ͦ tt ‘ das Gut des Twinger (PN) ’ (1551, Zermatt). Ob Twinger hier als Twingherr zu lesen ist, bleibt unsicher. Der Typ Getwing n. ist eine Kollektivbildung zu Twing. Das Simplex im Singular ist belegt als ts Getwing (FLNK, Bürchen; FLNK, Zermatt), Getwing (SK, Gampel), das Getwing (1527, Naters), zum Getwing (1605 u. später, Leuk), ts Gitwing (Bratsch, Zermatt), im Plural als di Gotwingge (Naters, beim Hotel Belalp). Mit attributiven Adjektiven ist das HL belegt in im Bo ᵉ ssengetwing ‘ im Bösen Getwing ’ (1449, Zermatt), zen Nydren Gethving ‘ bei den niederen (unteren) Getwingen ’ (1540 - 1588, Bratsch), Ober Getwing (LT, Bratsch), ts Unner Gitwing (Leuk) und Unter Getwing (LT, Leuk). Als Bestimmungswort in zweigliedrigen Komposita erscheint Getwing mit den Grundwörtern Dorf, Grabu, Hubel und Matta. Zú Mitwing (1797, Hohtenn) ist vermutlich eine verschriebene Form von Getwing. Der Typ Zwinge f. pl. ‘ die steilen Halden ’ ist in Obergesteln und Ulrichen belegt, für den gleichen Ort. Um die Flur herum bildet sich ein Namennest mit Zwingegrabe ‘ Wassergraben im Zwingewald ’ (Obergesteln), Zwingespitz ‘ spitz zulaufendes Gebiet bei Zwinge ’ (Obergesteln), Zwingestei ‘ der Stein bei Zwinge ’ (1716 u. später, Ulrichen) und der Zwingewald (Obergesteln, Oberwald und Ulrichen). Im Gerental (weit entfernt von Zwinge) gibt es das Zwingelammelti ‘ kleiner Hang zwischen Felsen ’ (Oberwald), das eine eigenständige Benennung zeigt. Der in Stalden belegte Zwinggrabo wird als ‘ (Holz-) Schleif ’ beschrieben; hier könnte auch das Verb zwingen ‘ ableiten, kanalisieren ’ (I D . 14, 1819 ff. s. v. twingen) mitspielen: ‘ der kanalisierte Graben ’ . Zwischen Zwischen ist eine Präposition, die wdt. zwischet, zwischät (Goms), zwischänd (Lötschtal), zwischu, zwischunt ‘ zwischen, dazwischen ’ , bezeichnet, in FlN die Lage zwischen Wäldern, Erhebungen, Vertiefungen, Gewässern oder andern Merkpunkten der Landschaft (TGNB 2, 2, 685; LUNB 1, 2, 1208 ff.; G RICHTING 1998, 252). Sie ist in unserem Kontext auch als Zwisch belegt, manchmal in Komposita wie z. B. dem Gemeindenamen Zwischbergen. Die endungslose Form Zwisch tritt als Präposition wie folgt auf: 1527 in Grengiols als Zwisch Bech ‘ zwischen den Bächen ’ , 1865 in Leuk als Zwisch Briggen ‘ zwischen den Brücken ’ (lat. als jnfra pontes und intra pontes), 1768 in Zeneggen als Zwisch Driestu ‘ das Gebiet zwischen den Driesten (unfruchtbare Gebiete) ’ (schon 1558 u. später als Zwischdrÿesten). In Komposita erscheint es als Zwischbach ‘ die Alp zwischen den Bächen ’ (Törbel), Zwischbergen ‘ der Name der Gemeinden Zwischbergen (zwischen den Bergen) ’ , dialektal Zwischbäärgu (LT und SK Zwischbergen; J ORDAN (2006, 319) als Zwischpäärgu), Zwischbächu ‘ das Gebiet zwischen den Bächen ’ (St. Niklaus, Randa 2mal), Zwischmattu ‘ die dazwischen liegenden Wiesen ’ (Ergisch, auch FLNK, LT Zwischmatta), di Zwischmeder ‘ die Mähwiesen zwischen Maschihuis und Bärnetscha ’ (Simplon, J ORDAN (2006, 56)), und Zwischriggu ‘ das Gebiet zwischen den Rücken ’ (Randa). Die Form mit Endung(en) tritt als Präposition wie folgt auf: 1661 u. später in Unterbäch als Zwischen den Achren ‘ zwischen den Äckern ’ , 1304 in Eisten als ze Wischen dien Lowinen ‘ zwischen den Rutschgebieten ’ , 1748 u. später als Zwischen den Muren ‘ zwischen den Mauern ’ , 1648 in Biel als Zwischen den Bechen ‘ das Gebiet zwischen den Bächen ’ , 1584 u. später in Steinhaus als Zwischend denn Bächen ‘ zwischen den Bächen (scheint ein alter Name für die Gemeinde Steinhaus zu sein) ’ (1530 lat. inter ripas), Zwischund de Bächinu ‘ die Schafweide zwischen den kleinen Bächen ’ (Saas-Almagell), Zwischund de Bächu ‘ das Alpgebiet zwischen den Bächen ’ (Saas-Almagell, FLNK Zwischu de Bäch), 1686 u. später in Reckingen Zwischen dem Dorf ‘ zwischen dem Dorf (wohl zwischen den Dorfteilen) ’ , 1795 in Steg als Zwischen den Dörfern ‘ Zwischen den Dörfern (wohl Oberdorf und Unterdorf von Steg) ’ , Zwisched de Wasser ‘ zwischen den Wassern (Bächen) ’ (Binn, FLNK Zwischet de Wasser), 1753 in Fiesch Zwischen den Wasserleiten ‘ zwischen den Wasserleitungen ’ , 1763 u. später in Erschmatt als Zwischen den Wegen ‘ das Gebiet zwischen den Wegen ’ , ähnlich Bellwald 1824, Reckingen 1584 u. später, 1531 u. später, Münster, 1775 in Gampel, 1735 u. später, Albinen, 1553 in Törbel, Zwischend de Wäge ‘ das Gebiet zwischen den Wegen ’ (Binn), Zwischund de Wägu ‘ das Gebiet zwischen den Wegen ’ (Unterbäch), Zwische Bäch ‘ Alpstafel zwischen den Bächen ’ (Obergesteln), Zwisched Gasse ‘ das Gebiet zwischen den Gassen ’ (Ulrichen, auch FLNK), Zwischen Achru ‘ zwischen den Äckern (auf LK 1: 10000: Wischenachern) ’ (Betten, auch LT, FLNK Zwischenachru), 1665 in Ferden als Zwischen 629 630 Zwischen <?page no="320"?> den Bechen ‘ das Gebiet zwischen den Bächen ’ , Zwischen Egge ‘ zwischen den Ecken ’ (Betten, LT Zwischen Eggu, FLNK Zwischenegge), 1500 in Fiesch Zwÿschen Gadmen ‘ Zwischen den Gaden (Ställe) ’ , 1584 in Niederwald Zwischendt den Ba ᵉ chen ‘ zwischen den Bächen ’ , Zwischu Riggu ‘ zwischen den Rücken (Plural) ’ (Täsch), Zwischund de Gräbu ‘ zwischen den Gräben ’ (Hohtenn), Zwischund du Straasse ‘ zwischen den Strassen (Kantonsstrasse und Dorfstrasse) ’ (Agarn), Zwischund Wäga ‘ das Gebiet zwischen den Wegen ’ (Leukerbad, FLNK Zwischund d'Wäga), Zwischen Bächen ‘ das Gebiet zwischen den Bächen ’ (Ferden, zweimal; als LT und FLNK), Zwischän Simmlu ‘ zwischen den runden Felsen ’ (Ferden), Zwischän Wentn ‘ zwischen den Wänden ’ (Kippel, Dorfgasse zur Pfarrkirche), Zwischänd di Riisen ‘ zwischen den Risen (wasserführende Rinnen) ’ (Ferden) und Zwischän Äbmäten ‘ das Land zwischen den ebenen Stücken Land ’ (Wiler). Komplexere Formen sind vor allem zum Gemeindenamen Zwischbergen zu finden: Zwischbergenbach ‘ der Bach, der durch das Zwischbergental fliesst ’ (LT, Zwischbergen), Zwischbergental ‘ das Zwischbergental ’ (LT und SK, Zwischbergen), aúff den Zwischberger Alppen ‘ die Alpen der Leute von Zwischbergen ’ , der Zwischbärgugletscher ‘ der Zwischbergengletscher (aus ihm entspringt der Zwischbergenbach) ’ (Zwischbergen, LT Zwischbergengletscher, SK Gemein-Alp Gletscher, FLNK Zwischbärgugletscher), der Zwischbärgupass ‘ der Zwischbergenpass (vom Zwischbergental ins Wysstal) ’ (Zwischbergen; gleicher Pass auch Saas-Almagell). J ORDAN (2006, 319) hat Zwischpäärgnärschtraass. Zwischpäärgupass und Zwischpäärgugletschär (S. 379). In Randa ist der Zwischbächuwald ‘ der Wald im Gebiet zwischen den Bächen ’ zum Flurnamen Zwischbächu belegt. Zwischfärichflienu ‘ die Flühe zwischen den Pferchen ’ (Randa) kommt dazu. Schlieslich sind Obri und Unnri Zwischtrieschte ‘ der obere und der untere Teil des Gebietes zwischen den Driesten (unfruchtbare Gebiete) ’ (Zeneggen) zu notieren. Zu vergleichen ist Zwischen mit der Form Unter im Sinn von ‘ zwischen ’ (cf. HL U NNER ). Zyresen Zyresen ist nur 1829 in Guttet als jn den Zyresen Matten (? ) belegt. Die Lesung ist unsicher. Unklar ist auch, ob es sich um ein frpr. oder ein dt. Lexem handelt; die späte Schreibung von 1829 lässt keine Deutung zu. Am ehesten kommt ein Genitiv Singular eines PN in Frage, was sich auch in der Beschreibung ‘ in den Wiesen der Familie Zyres / des Zyres (? ) ’ ausdrückt. Der PN oder FaN ist jedoch nicht belegt; die Deutung stützt sich deswegen nur auf die unsichere Form. Zyresen 631 632 <?page no="321"?> ISBN 978-3-381-11631-7 Das Besondere an den Oberwalliser Orts- und Flurnamen ist ihr relativ spätes Auftreten. Während die deutsche Schweiz im Wesentlichen seit dem 5. Jahrhundert langsam alemannisiert wurde, war das Oberwallis noch eine gallo-romanische Sprachlandschaft, in der es kaum Spuren des Alemannischen gab. Die früheste alemannische Besiedlung scheint im 9. Jahrhundert geschehen zu sein. Das „Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuch“ erschließt den Bestand der alemannischen Oberwalliser Namen sprachhistorisch und sprachgeographisch. Es schließt somit eine Lücke zwischen dem schon vollendeten „Urner Namenbuch“ und dem im Erscheinen begriffenen „Berner Namenbuch“, die das Oberwallis zwar berührten, aber seinen Namenschatz weitgehend ungedeutet ließen. Die verzeichneten Orts- und Flurnamen wurden in den Siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts erhoben. Sie stammen aus dem agrarischen, alpinistischen und touristischen Bereich, seltener handelt es sich auch um Namen von Straßen und Plätzen. Die Hauptlemmata der Orts- und Flurnamen werden in den Bänden ausführlich dargestellt, etymologisch kommentiert und geografisch verortet. Sie führen als Grundwörter, Bestimmungswörter, in ihrer flektierten und unflektierten Form und begleitet von Adjektiven zur Deutung der Orts- und Flurnamen. Ergänzt wird die Darstellung der Hauptlemmata durch eine Datenbank, die umfangreiche Informationen zu den Lemmata bietet (Belege, geographische Angaben, Kartenangaben etc.). Es entsteht auf diese Art und Weise ein umfassendes Bild der Orts- und Flurnamen des Oberwallis. S-Z Bd. 4: Flurnamen Werlen (Hrsg.) Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuch (VSNB) Oberwalliser Orts- und Flurnamenbuch (VSNB) Iwar Werlen (Hrsg.) Bd. 4: Flurnamen S-Z S-Z
