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Als Führungskraft erfolgreich starten

Anregungen, konkrete Tipps, Checklisten/Tests und Übungen für den Führungsalltag

1209
2024
978-3-3811-2902-7
978-3-3811-2901-0
expert verlag 
Albrecht Müllerschön
10.24053/9783381129027

>>Ich bin begeistert von diesem Buch. Hätte ich das vor 25 Jahren in Händen halten können, mache unangenehme Erfahrung wäre mir erspart geblieben, mancher dicke Schinken hätte nicht gelesen werden müssen. [ ... ] Eine klare Leseempfehlung für die >Zielgruppe erste Führungserfahrung<.<< freiRäume-coaching, Dirk Hirsekorn Der Einstieg als Führungskraft stellt jeden vor eine Vielzahl neuer Herausforderungen. Die Aufgaben sind nicht nur schwieriger als bisher - sie sind einfach anders. Besonders schwierig ist die Situation, wenn jemand zum Vorgesetzten seiner ehemaligen Kollegen und Kolleginnen wurde. Dieses Buch gibt Ihnen eine Antwort auf die Fragen, die sich Ihnen mindestens in den ersten hundert Tagen als Führungskraft stellen: Wie kann ich meine neue Rolle ausfüllen? Wie stelle ich mich meinen neuen Kollegen gegenüber dar? Wie führe ich schwierige Mitarbeitergespräche? Wie gehe ich mit den Problemen um, die mein/e Vorgänger/in hinterlassen hat? Wie arbeite ich mit meinem Team produktiv? Für die vorliegende Auflage wurde das Buch überarbeitet und erweitert. Das Kapitel 4, "Wie motiviere ich meine Beschäftigten?" stark überarbeitet. Insbesondere wurde das Kapitel 4.5 "Agiles Führen oder agiles Leadership" hinzugefügt. Außerdem wurde das Kapitel 8 "Teams zu High Performance Teams entwickeln" ergänzt, um so auch der Veränderung der Teamarbeit gerecht zu werden und Ihnen Handwerkszeug an die Hand zu geben, damit Sie die Entwicklung Ihres Teams selbst vorantreiben können.

<?page no="0"?> ISBN 978-3-381-12901-0 Der Einstieg als Führungskraft stellt alle vor eine Vielzahl neuer Herausforderungen. Die Aufgaben sind nicht nur schwieriger als bisher - sie sind einfach anders. Besonders schwierig ist die Situation, wenn jemand zur Führungskraft seiner ehemaligen Kolleg: innen wurde. Dieses Buch gibt Ihnen eine Antwort auf die Fragen, die sich Ihnen mindestens in den ersten hundert Tagen als Führungskraft stellen: Wie kann ich meine neue Rolle ausfüllen? Wie stelle ich mich meinen neuen Kolleg: innen gegenüber dar? Wie führe ich schwierige Mitarbeiter: innengespräche? Wie gehe ich mit den Problemen um, die meine vorangegangene Führungskraft hinterlassen hat? Wie arbeite ich mit meinem Team produktiv? Für die vorliegende Auflage wurde das Buch überarbeitet und erweitert. Das Kapitel 4, „Wie motiviere ich meine Beschäftigten? “, wurde stark überarbeitet, Kapitel 4.5 „Agiles Führen oder agiles Leadership“ hinzugefügt. Außerdem wurde das Kapitel 8 „Teams zu High-Performance- Teams entwickeln“ ergänzt, um so der Veränderung der Teamarbeit gerecht zu werden und Ihnen Handwerkszeug an die Hand zu geben, damit Sie die Entwicklung Ihres Teams selbst vorantreiben können. Die Zielgruppe Das Buch richtet sich an Führungskräfte, die vor kurzem Führungsverantwortung übernommen haben, in Kürze übernehmen werden oder die einfach nützliche Tipps zum Thema suchen. Der Autor Dr. Albrecht Müllerschön hat Psychologie und Jura studiert. Als Lehrbeauftragter an der Uni Tübingen hat er Coachs und Coachausbilder ausgebildet. Seit 30 Jahren trainiert, coacht und berät er Führungskräfte und Manager aus den unterschiedlichsten Branchen. MÜLLERSCHÖN Als Führungskraft erfolgreich starten Als Führungskraft erfolgreich starten Anregungen, konkrete Tipps, Checklisten/ Tests und Übungen für den Führungsalltag 7., überarbeitete und erweiterte Auflage ALBRECHT MÜLLERSCHÖN <?page no="1"?> Als Führungskraft erfolgreich starten <?page no="2"?> Dr. Albrecht Müllerschön hat Psychologie und Jura studiert. Als Lehrbeauftragter an der Uni Tübingen hat er Coachs und Coachausbilder ausgebildet. Seit 30 Jahren trainiert, coacht und berät er Führungskräfte und Manager aus den unterschiedlichsten Branchen. <?page no="3"?> Albrecht Müllerschön Als Führungskraft erfolgreich starten Anregungen, konkrete Tipps, Checklisten/ Tests und Übungen für den Führungsalltag 7., überarbeitete und erweiterte Auflage <?page no="4"?> 7., überarbeitete und erweiterte Auflage 2024 6., überarbeitete und erweiterte Auflage 2018 5., neu bearbeitete und erweiterte Auflage 2015 4. Auflage 2009 3., durchgesehene Auflage 2009 2., völlig überarbeitete und erweiterte Auflage 2006 1. Auflage 2004 DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783381129027 © 2024 · expert verlag ‒ Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.expertverlag.de eMail: info@verlag.expert Druck: Elanders Waiblingen GmbH ISBN 978-3-381-12901-0 (Print) ISBN 978-3-381-12902-7 (ePDF) ISBN 978-3-381-12903-4 (ePub) Umschlagabbildung: © fotomek - stock.adobe.com Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. <?page no="5"?> 1 13 1.1 14 1.2 24 2 27 2.1 27 2.2 28 2.3 33 2.4 34 2.5 36 2.6 37 2.7 43 2.8 45 2.9 47 3 49 3.1 49 3.2 51 3.3 53 3.4 54 3.5 57 4 63 4.1 63 4.2 65 4.3 68 Inhalt Wie bewältige ich die ersten Tage in meiner neuen Position? . . . . . . . . . Ich übernehme als Führungskraft mein bisheriges Team . . . . Ich steige als Führungskraft in einem neuen Betrieb ein . . . . Welcher Führungsstil ist erfolgreich? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kann man Führen lernen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Führungsstile lassen sich unterscheiden? . . . . . . . . . . Situatives oder Emotionales Führen - Was ist wirksamer? . . Was versteht man unter dem Führungskreislauf oder transaktionalem Regelkreis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grenzen des situativen---oder transaktionalen Führens . . . . . Emotionaler---bzw. transformationaler Führungsstil . . . . . . . Grenzen transformationaler Führung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Transaktional- oder transformational führen? . . . . . . . . . . . . . Wie kann ich an meinem Führungsstil arbeiten? . . . . . . . . . . . Welche Bedeutung haben Ziele für den Erfolg? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weshalb benötigen wir Ziele? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Prozess des zielorientierten Führens . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Problem mit anspruchsvollen Zielen . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie werden Ziele richtig formuliert? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Management by Objectives (MbO) oder wie werden mit den Mitarbeitern Zielvereinbarungsgespräche geführt? . . . . . . . . . Wie motiviere ich meine Beschäftigten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was versteht man unter Motivation? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Psychologie der Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Möglichkeiten zur Motivationssteigerung gibt es? . . . <?page no="6"?> 4.4 81 4.5 83 5 89 5.1 90 5.2 92 5.3 94 5.4 96 5.5 97 5.6 98 6 101 6.1 101 6.2 103 6.3 108 6.4 111 6.5 113 6.6 115 7 119 7.1 119 7.2 120 7.3 122 8 135 8.1 135 8.2 136 8.3 142 Wie schaffen Sie ein Vertrauensverhältnis zu Ihren Beschäftigten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Agiles Führen oder agiles Leadership ist in vielen Bereichen Vorbild für eine gelungene Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie delegiere ich richtig? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weshalb ist Delegation so wichtig und welchen Nutzen haben Sie davon? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was ist bei der Delegation zu beachten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Regeln sind beim Delegieren zu beachten? . . . . . . . . . Wie Sie Ihre Mitarbeitenden durch die Delegation von Verantwortung motivieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ist „Delegation und Kontrolle“ ein Widerspruch? . . . . . . . . . . Checkliste: Delegationsverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie führen Sie erfolgreiche Gespräche mit Mitarbeitenden? . . . . . . . . . . Welche Bedeutung hat Feedback für jeden von uns? . . . . . . . . Zusammenhang zwischen Feedback, Konsequenzen und Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie führe ich ein Kritikgespräch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie führe ich ein Abmahngespräch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie führe ich ein Gespräch mit einem Mitarbeitenden mit Alkoholproblemen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie führe ich ein Kündigungsgespräch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie gestalte ich eine Teambesprechung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weshalb Teambesprechungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie bereite ich eine Teambesprechung vor? . . . . . . . . . . . . . . . Wie werden motivationssteigernde und qualitativ hochwertige Entscheidungen in Teams effektiv getroffen? . . Wie bringe ich mein Team zur Höchstleistung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weshalb werden High Performance Teams für den Unternehmenserfolg immer wichtiger? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche neun Merkmale zeichnen High Performance Teams aus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Phasen auf dem Weg zum Hochleistungsteam . . . . . . . . . 6 Inhalt <?page no="7"?> 9 145 9.1 145 9.2 146 9.3 147 9.4 155 10 161 10.1 161 10.2 164 10.3 165 10.4 166 11 169 11.1 170 11.2 171 11.3 172 11.4 176 12 181 12.1 182 12.2 193 13 197 14 199 Wie treffe ich erfolgreich Entscheidungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Rolle spielt unser Bauch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hindernisse auf dem Weg zur optimalen Entscheidung . . . . . Psychologische Entscheidungsfallen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Psychologische Entscheidungsfallen in Teams . . . . . . . . . . . . . Führen aus der Distanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Worin unterscheidet sich ein virtuelles von einem lokalen Team? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten bei virtuellen Teams mit interkultureller Zusammensetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Bedeutung haben Medien in einem virtuellen Team? Wie kann ich aus der Distanz erfolgreich führen? . . . . . . . . . . Wie werden Konflikte bewältigt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was versteht man unter einem Konflikt? . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie werden Konflikte gelöst? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welche Tendenz haben Sie, in Konfliktsituationen zu reagieren? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie können im Vorfeld unnötige Konflikte vermieden werden? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was ist bei der Durchführung von Veränderungsprojekten zu beachten? Welche Grundsätze sind beim Change-Management zu beachten? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Checken Sie Ihre persönliche Qualifikation fürs Change-Management . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Autor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt 7 <?page no="9"?> Vorwort zur siebten Auflage Seit der ersten Auflage dieses Buches im Jahre 2004 haben sich die gesamten wirtschaftlichen Verflechtungen, deren Dynamik und der Kosten- und Wettbe‐ werbsdruck massiv verändert. Wir haben in der Zwischenzeit die Corona-Pan‐ demie mit all ihren Folgen hinter uns, haben in Europa Krieg mit spürbaren Einflüssen auf unsere Wirtschaft und auch Gesellschaft, die Erderwärmung hat zugenommen und als indirekte Folge auch die Energiepreise, daraus resultiert wiederum eine zunehmend schwierige Wettbewerbsfähigkeit der deutschen In‐ dustrie. Nebenbei hat sich eine neue junge Generation ins Berufsleben integriert, die ebenfalls ein neues Denken und Führen erfordert. Dies alles in einem Umfeld, das meist zusätzlich mit dem Fachkräftemangel zu kämpfen hat und in dem die fachlichen und emotionalen Anforderungen an jeden einzelnen und speziell an Führungskräfte zugenommen haben. Klar wird, dass keine Führungskraft ernsthaft in der Lage ist, diese Anfor‐ derungen fachlich alleine managen zu können. So muss die Führungskraft mehr noch als in der Vergangenheit delegieren. Aber nicht nur die Aufgabe, sondern besonders die Verantwortung, da zunehmend häufiger dort entschieden wird, wo die Kompetenz und nicht die Hierarchie liegt. Das bedeutet für die Führungskraft, dass sie konsequent „loslassen“ muss, gegenseitiges Vertrauen braucht und immer seltener die Chance hat, feststellen zu können, ob eine Idee oder gar Entscheidung eines Mitarbeiters richtig ist. Die Führungskraft hat neue Aufgaben, wie die Qualifizierung der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, sie muss die Rahmenbedingungen so verändern, dass die Beschäftigten hochwertig, motiviert und selbstständig auch in Teams agil arbeiten können. Sie muss den Beschäftigten emotionale Sicherheit durch exzellentes Vorbildverhalten bieten und die Ziele nicht nur definieren und regelmäßig kontrollieren, sondern diese immer wieder gemeinsam mit dem Team reflektieren und ggf. anpassen. Wichtig dabei ist auch die Fähigkeit der Führungskräfte, alle zum ständigen Querdenken und Hinterfragen des Verhaltens oder auch der Ideen anzuregen. Die Konsequenz für Führungskräfte ist, dass die, die noch ein ausgeprägtes hierarchisches Führungsverständnis haben und die über die fachliche Kompe‐ tenz glauben, erfolgreich führen zu können, konsequent umdenken müssen, wollen sie ihren Bereich oder ihre Firma erfolgreich in die Zukunft führen. Aufgrund der beschriebenen notwendig geworden Veränderungen des Füh‐ rungsverständnisses wurde das Kapitel 4, „Wie motiviere ich meine Beschäf‐ <?page no="10"?> tigten? “ gezielt überarbeitet und mit Kapitel 4.5 „Agiles Führen oder agiles Leadership ist in vielen Bereichen Vorbild für eine gelungene Motivation“ ergänzt. Außerdem wurde das Kapitel 8 „Teams zu High Performance Teams entwi‐ ckeln“ ergänzt, um so auch der Veränderung der Teamarbeit gerecht zu werden und Ihnen Handwerkszeug an die Hand zu geben, damit Sie die Entwicklung Ihres Teams selbst vorantreiben können, um - besonders auch in einem agilen Umfeld die Performance jedes Einzelnen und des Teams zu steigern. Wie arbeiten Sie mit diesem Buch? • Sie haben zum einen die Möglichkeit, das ganze Buch von vorne bis hinten zu lesen. Dann können Sie sicher sein, dass Sie die Basis und alle wichtigen Skills kennenlernen und in der Praxis anwenden können. • Sie haben aber auch die Möglichkeit, immer nur ein für Sie jeweils interes‐ santes Kapitel zu lesen. Dieses Buch ist so geschrieben, dass die Kapitel alle unabhängig voneinander zu verstehen sind. • Für Schnellleser bietet es sich an, immer nur das Kursivgedruckte und die grau hinterlegten Tipps und Regeln zu lesen. Das Kursivgedruckte verdeutlicht die wesentlichen Kerninhalte des jeweiligen Kapitels und ist gleichzeitig eine gute Zusammenfassung der konkreten Inhalte. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen, Üben und bei der Selbstreflexion. Starzeln, im Frühling 2024 Dr. Albrecht Müllerschön Führungskräftecoach Berater und Trainer managementberatung müllerschön www.muellerschoen-beratung.de 10 Vorwort zur siebten Auflage <?page no="11"?> Vorwort zur ersten Auflage Mit diesem Buch möchte ich Sie einladen, Ihr persönliches Führungsverhalten zu reflektieren und neue Verhaltensweisen bzw. neue „Skills“ kennenzulernen und zu trainieren. Zu einem erheblichen Teil werden Ihnen die Inhalte, Techniken und Theorien klar und logisch erscheinen, da sie zu Ihrem Alltagsdenken bereits gehören, Ihnen allerdings noch nicht bewusst sind. Zum Teil werden Ihnen die Inhalte jedoch neu und eventuell sogar fremd erscheinen. Gerade dann ist es besonders wichtig, sie kritisch zu reflektieren und ihre Wirksamkeit in der Praxis zu überprüfen. Besonders in Ihrer jetzigen Situation mit neuen Verantwortungen gilt es, möglichst schnell Sicherheit zu erhalten. Diese Sicherheit ist zum einen von Ihrem Vertrauen in Ihre bereits vorhandenen Fähigkeiten und zum anderen von speziellen Führungstechniken und Ihrem Wissen abhängig. Ich empfehle Ihnen, erst einmal davon auszugehen, dass Sie ein erhebliches Maß an Kompetenz besitzen und die notwendige Performance zeigen, da man Ihnen sonst den Job als Führungskraft nicht zutrauen würde. Dieses Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten ist wichtig, um auch schwierige Situationen erfolgreich und spontan bewältigen zu können. Wir würden jede Lebendigkeit und Überzeugungskraft verlieren, wenn wir jedes Wort, jeden Satz und auch noch die Ausdrucksweise bewusst und wohl überlegt von uns geben würden. Meine Hauptabsicht mit diesem Buch ist es, Sie dabei zu unterstützen, immer klarer, flexibler und wirkungsvoller in Ihrem Führungsverhalten zu werden. Es geht um eine natürliche Weiterentwicklung einer Sache, die Sie zu einem gewissen Teil schon beherrschen. Es ist aber auch wichtig, von Beginn an, kritisch mit sich selbst zu sein - und zwar deshalb, damit sich keine ungeeigneten oder störenden Verhaltensweisen einschleichen, die Sie später nur mit viel Mühe wieder verlernen würden. Mein Ziel ist es, Ihnen so viele Ideen und Anregungen wie möglich zu geben, damit Sie Ihr Führungs- und Kommunikationsverhalten weiterentwi‐ ckeln können, Ihnen Ihre neue Verantwortung Spaß macht und Sie zusammen mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erfolgreich sind. Das Auswahlkriterium für die Inhalte ist ein pragmatisches: Ich werde Ihnen Theorien und Techniken vorstellen, die Sie direkt anwenden können und die Sie mit etwas Übung ganz einfach in Ihr tägliches Verhalten einbauen können. Sie erfahren nur so viel über Theorien, wie Sie benötigen, um den Sinn der Inhalte zu verstehen. Insgesamt handelt es sich um ein Praxisbuch, das Ihnen hilft, Ihre eigene Führungskompetenz weiter auszubauen, um so noch mehr Erfolg zu haben. <?page no="13"?> 1 Wie bewältige ich die ersten Tage in meiner neuen Position? Wer die anderen neben sich klein macht, ist nie groß! Johann Gottfried Seume Der erste Eindruck bestimmt Ihren Einstieg als Führungskraft Sie kennen alle die Situation, dass Sie jemanden kennenlernen und diese Person sofort sympathisch oder unsympathisch finden. Dieses „Sich spontan sympathisch finden“ lässt sich nur bedingt beeinflussen. Der Eindruck ist wichtig und entsteht nur aufgrund von Äußerlichkeiten, sowohl was die Kleidung als auch das Verhalten betrifft. Deshalb ist es wichtig, dass Ihre persönliche Kleidung der neuen Situation angemessen ist (siehe hierzu in diesem Kapitel „Wie soll ich mich kleiden“). Dieser erste Eindruck und natürlich auch Ihre persönliche Einstellung, z. B. zu Ihrer persönlichen Kompetenz, aber auch zu der der Mitarbeiter: innen, bestimmt mit, was Sie persönlich ausstrahlen. Ihre Beschäftigten werden dann wiederum darauf reagieren. Wichtig ist, wie souverän und glaubwürdig Sie die ersten Tage bewältigen, welchen Eindruck Sie hier hinterlassen und wie qualifiziert Sie sich in dieser Phase verhalten. Diese Erfahrung wird die Teammitglieder in eine positive oder kritische Haltung Ihnen gegenüber bringen und dadurch mit darüber bestimmen, wie erfolgreich Sie den Start bewältigen werden. Genau damit beschäftigen wir uns auf den nächsten Seiten. Tipps und Regeln Tipp 1: Konzentrieren Sie sich auf die positiven Merkmale bei Ihren Beschäftigten. - Tipp 2: Prüfen Sie Ihre Haltung gegenüber den neuen Mitarbeitern und Mitarbeite‐ rinnen. Sehen Sie diese als Ihre neuen Kollegen? Als jemanden, der für Sie bedrohlich ist? Als Menschen, die für Sie persönlich zur Verfügung stehen müssen? Fühlen Sie sich selbst als Führungskraft, die gerne mit anderen zusammenarbeiten möchte, oder sehen Sie sich als Vorgesetzter? <?page no="14"?> Tipp 3: Machen Sie sich bewusst, dass man Ihnen den neuen Job zutraut, und geben Sie sich eine Chance, Erfahrungen sammeln zu können. Nehmen Sie sich kurz Zeit und listen Sie Ihre Stärken auf: - 1.1 Ich übernehme als Führungskraft mein bisheriges Team Von den meisten Führungskräften wird der Schritt, die ehemaligen Kolleginnen und Kollegen als Mitarbeiter zu übernehmen, als der schwierigste erlebt. Sie sind z.T. „Neidern“ ausgesetzt, die diese Stelle gern selbst erhalten hätten. Sie haben bei Ihren ehemaligen Kollegen bereits einen klaren Eindruck hinterlassen und deshalb ist vielleicht die schwierigste Frage für Sie: Darf ich es mir erlauben, mich zu verändern, mich weiterzuentwickeln, neue Verhaltensformen anzunehmen, um der neuen Aufgabe gerecht zu werden? Hier geht es um die Frage, wie Sie die neue Rolle als Führungskraft ausfüllen. Dabei werden Sie mit Ihrem Vorgänger verglichen, man wird Ihnen vermutlich auch immer wieder vorhalten, dass es der Vorgänger oder die Vorgängerin ganz anders und besser gemacht hat. Dies wird auch bei Ihnen immer wieder Unsicherheiten auslösen. Genau dies ist aber die Chance, dass Sie gezwungen werden, sich darüber Gedanken zu machen, wie Sie Ihre neue Aufgabe bewäl‐ tigen werden. Haben Sie den Mut, in der gegebenen Situation das zu tun, was Sie für richtig und angemessen halten. Sie werden in Ihrer neuen Position spüren, dass Ihre ehemaligen Kolleginnen und Kollegen Ihnen gegenüber vorsichtiger werden, dass Sie jetzt nicht mehr eine/ einer von ihnen sind, da Sie Disziplinarmacht über sie besitzen. Tipps und Regeln Tipp 1: Verurteilen Sie nichts, was Ihr Vorgänger oder Ihre Vorgängerin gemacht hat. Tipp 2: Bleiben Sie möglichst natürlich und fair. Tun Sie das, was Sie für richtig erachten. Tipp 3: Bleiben Sie in der Sache bestimmt, im Umgang freundlich. Tipp 4: Erlauben Sie sich selbst, noch lernen zu dürfen. 14 1 Wie bewältige ich die ersten Tage in meiner neuen Position? <?page no="15"?> Wie gestalte ich die ersten Tage als neue Führungskraft? Eine wesentliche Basis für Ihre Beförderung war Ihre fachliche Kompetenz. Deshalb sollten Sie sich nun auf Ihre neue Aufgabe als Führungskraft besinnen. Tipps und Regeln Tipp 1: Konzentrieren Sie sich am Anfang weniger auf Veränderungen der Team‐ mitglieder, sondern gemeinsam auf die neuen Aufgaben, die zu bearbeiten sind. Sie provozieren sonst damit massiven Widerstand. Außerdem sind notwendige persönliche Entwicklungen bei den Beschäftigten auch stark von den Aufgaben abhängig, die diese in Zukunft realisieren müssen. Weshalb ist ein baldiges Gespräch mit Ihrer eigenen Führungskraft sehr wichtig? Falls das nicht schon im Rahmen Ihrer Beförderung geschehen ist, sollten Sie mit Ihrer eigenen Führungskraft in den ersten Tagen nach der Beförderung ein ausführliches Gespräch über Ihre neuen Aufgaben, Ihre neuen Ziele und die Stärken und Schwächen der Abteilung führen. Tipps und Regeln Tipp 2: Ohne klare Zielabsprache mit Ihrer eigenen Führungskraft können Sie nicht wirksam arbeiten und führen. In den ersten Gesprächen mit Ihrer Führungskraft sollten Sie inhaltlich mindes‐ tens die folgenden Punkte klären: • Was sind die inhaltlichen Ziele der Abteilung? • Wo sollten Schwerpunkte gesetzt werden? • Welche Kompetenzen habe ich als Führungskraft genau? • Was sollte in dieser Abteilung verbessert werden? • Was läuft aus Sicht der eigenen Führungskraft bereits gut? • Wo sind die Stärken und Schwächen der Beschäftigten? Tipps und Regeln Tipp 3: Vereinbaren Sie für das erste Gespräch mit Ihrer Führungskraft einen Termin, bei dem Sie ohne Zeitdruck in Ruhe Ihre vorbereiteten Fragen klären können. 1.1 Ich übernehme als Führungskraft mein bisheriges Team 15 <?page no="16"?> Tipp 4: Seien Sie selbst klar und lassen Sie sich nicht einschüchtern. Tipp 5: Haben Sie den Mut, unbequem zu sein. Lieber jetzt nachfragen und abklären, als später immer wieder „stören“. Tipp 6: Achten Sie darauf, dass die Vorgaben und Erwartungen konkret, also messbar sind. Tipp 7: Vereinbarte Ziele und Schwerpunkte sollten realistisch und herausfordernd sein. Was sage ich meinem Team am ersten Arbeitstag als Führungskraft? Idealerweise haben Sie bis zu Ihrem ersten Arbeitstag mit Ihrer eigenen Füh‐ rungskraft Ihre Ziele usw. geklärt. Meistens werden Sie von Ihrem eigenen Vorgesetzten am ersten Tag den ehe‐ maligen Kollegen und jetzigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorgestellt. Versuchen Sie auf jeden Fall zu vermeiden, dies selbst zu tun. In der Praxis würde sich dies dann ungefähr wie folgt anhören. „Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben vermutlich schon gehört, dass ich ab jetzt Ihre neue Führungskraft bin. Ich möchte ganz gerne-…“ Dieses „sich selbst vorstellen“ funktioniert, solange Sie fachlich hoch kom‐ petent sind und dies nicht infrage gestellt wird. Dies funktioniert auch dann, wenn Sie vorher schon der informelle Führer waren. Dies funktioniert aber auf keinen Fall, wenn ein Mitarbeiter im Team oder der Abteilung selbst gerne Ihre Stelle übernommen hätte. Dies funktioniert auch dann nicht mehr, wenn Sie unangenehme Entscheidungen treffen wollen. Spätestens dann brauchen Sie eine „offizielle Ermächtigung“, dies zu tun. Ich erlebe in der Praxis immer wieder, dass die neu ernannte Führungskraft nicht mit der notwendigen Kompetenz und Macht zum Führen ausgestattet ist. Dies führt bei der neuen Führungskraft zu Frust und Hilflosigkeit in schwierigen Situationen und bei den Beschäftigten zu Unsicherheit. Als Folge davon sind Konflikte vorprogrammiert. Nachdem Sie durch Ihre Führungskraft bzw. der Geschäftsleitung eingeführt wurden, erwarten Ihre Mitarbeiter von Ihnen eine persönliche Stellungnahme zu dieser neuen Situation. Sie könnten z.-B. Folgendes sagen: Formulierungsbeispiel: Es hat lange gedauert, bis die Nachfolge von Frau Maier geklärt war. Ich freue mich, dass ich nun die Aufgabe als Leiter der Abteilung „XY“ über‐ nehmen darf. Die Zusammenarbeit zwischen uns war in der Vergangenheit sehr gut und ich hoffe, dass dies in der Zukunft auch so bleiben wird. 16 1 Wie bewältige ich die ersten Tage in meiner neuen Position? <?page no="17"?> Zeigen Sie Interesse an den Teammitgliedern als Mensch! Zeigen auch Sie sich selbst als Mensch! Es gibt einige Themen, über die wir z.T. schon in der Vergangenheit gesprochen haben und die ich gerne gemeinsam mit Ihnen konkret in Angriff nehmen möchte. Es gibt auch Erwartungen und Aufgaben meines Vorgesetzten, die neu und wichtig für uns sind. Diese Aufgaben sind eine Herausforderung, mit der wir die Bedeutung unserer Abteilung verbessern können. Mir ist es wichtig, dass wir in Zukunft gemeinsam und engagiert zusammenar‐ beiten und auch das gegenseitig leben, was wir im Umgang mit unseren Kunden praktizieren. Ich möchte den Anspruch, den wir an uns selbst stellen, zunehmend verbessern, sodass wir beim Kunden mehr Erfolg und selbst noch mehr Spaß beim Arbeiten haben. Damit wir dies erreichen können, werden wir immer wieder in Teambespre‐ chungen darüber reden. Mir ist es auch wichtig, die persönliche Sichtweise jedes Einzelnen zu hören, weshalb ich in den nächsten Tagen mit jedem von Ihnen ein persönliches Gespräch führen werde. Wie führe ich die ersten Gespräche mit meinen Mitarbeitern? Genauso wie Sie wissen wollen, was Ihr Vorge‐ setzter von Ihnen erwartet, interessiert natürlich auch Ihre Beschäftigten, wie Sie sich die Zusam‐ menarbeit in der Zukunft vorstellen und welche Erwartungen Sie an jeden Einzelnen haben. Deshalb sollten Sie, wenn Sie die Ziele, Verant‐ wortungen und Kompetenzen, Budgets, wichtige Rahmenbedingungen usw. mit Ihrer eigenen Führungskraft abgesprochen haben, möglichst bald mit jedem einzelnen Teammitglied über die Art und Weise der Zusammenarbeit, die Aufgaben, Ziele und deren Erwartungen reden. Zum ersten Gespräch laden Sie Ihre Beschäftigten persönlich ein. Damit auch sie/ er sich vorbereiten kann, kündigen Sie an, worüber Sie mit ihr/ ihm sprechen werden. Falls Sie erfahren, dass sich eine Person mit Ihrer Beförderung nicht abfinden kann, weil sie z. B. der Meinung ist, dass sie für diese Position die Richtige gewesen wäre, dann sprechen Sie dies direkt an. Sie sollten dabei deutlich machen, dass die Firmenleitung sich für Sie entschieden hat und dass dafür sicherlich nicht nur Kompetenzen ausschlaggebend sind, sondern immer wieder auch persönliche Vorlieben der Leitung. Sie sollten dieses Thema ansprechen, damit es nicht „im Untergrund“ Ihre Beziehung stört. Sie können für die Enttäuschung dieser Person Verständnis zeigen, aber die Situation nicht ändern. Wenn sich die Person damit nicht abfinden kann, dann ist es notwendig, dass einer der Entscheidungsträger mit ihr spricht. Sie selbst sollten sich auf keinen Fall rechtfertigen. 1.1 Ich übernehme als Führungskraft mein bisheriges Team 17 <?page no="18"?> Solch ein Thema anzusprechen, ist schwierig. Bedenken Sie jedoch, dass alles, was Sie jetzt nicht ansprechen, immer zwischen Ihnen liegen wird. Binden Sie die betreffende Person mit ein. Nutzen Sie ihre Erfahrungen und werten Sie sie dadurch auf. Falls sich die Situation, trotz Gespräch auch mit der Leitung, nicht entspannen sollte, sollten Sie die Person versetzen oder sich ganz von ihr trennen. Tipps und Regeln Wichtige Punkte und Inhalte beim ersten Gespräch mit Ihrem Mitarbeiter sind: Tipp 1: Positive, ungestörte Atmosphäre schaffen. Tipp 2: Locker (und mit Small Talk, falls Ihnen danach zumute ist) beginnen. Tipp 3: Inhalte, Ziele und Zeitrahmen des Gesprächs festlegen. Tipp 4: Was sind die Ziele unserer Abteilung? Tipp 5: Wo liegen die Schwerpunkte? Tipp 6: Was ist Ihnen als Führungskraft wichtig? Worauf legen Sie Wert? Tipp 7: Wie können wir die Zusammenarbeit zu aller Zufriedenheit gestalten? Tipp 8: Was ist für die Mitarbeiterin oder den Mitarbeiter wichtig? Tipp 9: Was sollte verbessert werden? Tipp 10: Was kann ich als Führungskraft tun, damit Sie Ihre Arbeit besser erledigen können? Tipp 11: Welche Fragen hat jedes einzelne Teammitglied? Formulierungsbeispiel: Hallo, Herr/ Frau XY, die jetzige Situation ist für mich wie auch für Sie noch ungewohnt. Ich möchte mit Ihnen heute in einem ersten Schritt heute klären, wo ich die Schwerpunkte und Ziele unserer Arbeit sehe und wie wir diese gemeinsam erreichen können. Außerdem möchte ich mit Ihnen im zweiten Schritt besprechen, wie wir optimal zusammenarbeiten und uns gegenseitig ergänzen und unterstützen können. Ich stelle mir vor, dass wir uns hierfür ca. 1 ½ Stunden Zeit nehmen. Wir kennen die Situation beide sehr gut. Die Aufgaben unserer Abteilung sind XYZ. Ich habe jetzt mit meiner Führungs‐ kraft die Ziele ABC vereinbart. Dies bedeutet, dass wir bis Ende des Jahres Folgendes erreicht haben müssen-… 18 1 Wie bewältige ich die ersten Tage in meiner neuen Position? <?page no="19"?> Heute möchte ich gerne mit Ihnen gemeinsam klären, was wir hierfür konkret tun müssen. • Welche Ideen/ Vorschläge haben Sie (Mitarbeiter/ in) zur Lösung? • Ich (als Führungskraft) schlage Folgendes (ergänzend) vor: • Wo sehen Sie außerdem Punkte, die wir verändern müssten? • Was ist Ihnen beim Arbeiten wichtig? • Ich möchte Ihnen auch sagen, was mir beim Arbeiten besonders wichtig ist: Soll ich nun zu meinen bisherigen Kollegen und Kollegeinen „Sie“ sagen? Ganz klar: nein! Stellen Sie sich die umgekehrte Situation vor. Wie würden Sie reagieren, wenn Sie in der Situation des Mitarbeiters wären und Ihre Führungskraft nach 5-jähriger Zusammenarbeit jetzt das „Sie“ einfordern würde? Vermutlich sind Sie auch der Meinung, dass sich solch eine Führungskraft lächerlich machen würde. Ich empfehle Ihnen, dass Sie sich hier stark auf Ihr Gefühl verlassen. Dies gilt auch für die Situation, dass Sie einen neuen Mitarbeiter bekommen und Sie ihn nicht sofort duzen wollen. Bieten Sie ihm das Du dann an, wenn Sie es möchten, auch wenn Sie dadurch Unterschiede machen. Falls es nicht zur Firmenkultur gehört, jeden in der Firma zu duzen, dann hat das Zeit. Sie können dadurch auch eine eventuell für beide Seiten peinliche Situation vermeiden. Stellen Sie sich vor, der Mitarbeiter würde das Angebot auf „Du“ abschlagen. Oder wenn man sich realistisch die Frage stellt: Kann der Mitarbeiter überhaupt ablehnen, wenn Sie ihm das „Du“ anbieten? Für die Praxis ist es wichtig, dass mit dem „Du“ keinerlei persönliche Privilegien verbunden sind. Bei der Frage nach dem Duzen oder Siezen geht es um die Frage der Macht, ganz besonders aber um das Thema „emotionale Nähe und Distanz“. Obwohl wir als Menschen soziale Wesen sind, brauchen wir Distanz. Zu viel Nähe macht unzufrieden oder sogar aggressiv. Das merken wir vor allem dann, wenn wir gestresst sind oder uns entspannen wollen. Wenn wir dann gestört werden, reagieren wir schnell gereizt. Jede Kultur hat zur Steuerung der sozialen Nähe ganz besondere Mechanismen. Diese Mechanismen sind in unsere Kultur u. a. das „Du“ und das „Sie“. Kulturen, die im Sprachgebrauch nur das „Du“ kennen, regeln diese Balance von Nähe und Distanz über andere Mechanismen (Formulierungen, Tonfall, Gesten). 1.1 Ich übernehme als Führungskraft mein bisheriges Team 19 <?page no="20"?> Lässt sich ohne Macht führen? Der Begriff Macht ist meist negativ besetzt, sodass diese oft abgelehnt wird. Die ersten Erfahrungen, die wir mit Macht machen, stammen aus der frühesten Kindheit, sie setzen sich dann mit den Lehrern in der Schule fort und münden schließlich am Arbeitsplatz. Wie sich bereits sehr früh bei der Erziehung von Kindern beobachten lässt, gibt es viele Situationen, die nur mit Macht gelöst werden können. Es geht bei der Erziehung nicht um die Frage „Macht“ oder „Einsicht“, sondern um die Balance beider zueinander, denn beide sind notwendig. So ist es auch im Berufsalltag. Führen funktioniert meist gut über Einsicht, jedoch nicht immer. Führen funktioniert dann nicht mehr über Einsicht, wenn sich ein Mitarbeiter (nur noch) destruktiv verhält oder das Team unterschied‐ liche Meinungen hat und Sie als Verantwortliche/ r eine Entscheidung treffen müssen. Hierzu ein Beispiel. Sie kennen Diskussionen und Besprechungen, die sich im Kreis drehen und eine einheitliche Meinung nicht zu erreichen ist. In diesen Situationen wünschen wir uns, dass die eigene Führungskraft endlich eine Entscheidung trifft. Solche Entscheidungen sind ohne Macht (oft) nicht möglich. Sie brauchen zum Führen Macht! Macht wird dann als unangenehm erlebt, wenn sie zum einseitigen Verfolgen von persönlichen Interessen verwendet wird. Macht im Führungsalltag basiert im Moment noch auf drei Säulen: Die drei Säulen von Macht und Führungserfolg Fachliche Qualifikation Hierarchie Führungskompetenz Welche dieser Säulen der Macht ist für Ihren Führungserfolg die wichtigste? Diese Frage lässt sich in der heutigen schnellen und hochkomplexen Welt nur schwer beantworten. 20 1 Wie bewältige ich die ersten Tage in meiner neuen Position? <?page no="21"?> • In unseren eigenen großen Untersuchungen in Betrieben wird immer wieder deutlich, dass branchenübergreifend Mitarbeiterinnen und Mitar‐ beiter wesentlich häufiger die mangelnde fachliche Qualifikation der ei‐ genen Führungskräfte beklagen, als zu erwarten wäre. Dieses Ergebnis macht das hohe Sicherheitsbedürfnis der Teammitglieder deutlich. Im Zuge der VUKA-Welt (Volatility = Unberechenbarkeit, Uncer‐ tainty = Ungewissheit, Complexity = Komplexität, Ambiguity = Ambiva‐ lenz) und New Work, bei denen es immer mehr Unklarheiten und Unein‐ deutigkeiten gibt, wird die Führungskraft zunehmend weniger umfassend qualifiziert sein kann. Die Säule „Fachliche Kompetenz“, als Machtfaktor bricht somit allmählich weg. Gegebenenfalls kann dies durch Erfahrungen kompensiert werden. • Die Hierarchie als Basis der Macht ist die unsicherste. Diese wird Ihnen zum einen ver‐ liehen und kann Ihnen sehr schnell wieder genommen werden. Darüber hinaus wirken Führungskräfte, die sich immer wieder auf ihre Hierarchie beziehen, im Alltag schwach. Sie kennen sicherlich Formu‐ lierungen wie: Schließlich bin ich hier Chef und erwarte von Ihnen, dass … Drüber hinaus hat die Hierarchie, die nicht auf Wissen, Erfahrungen oder Persönlichkeit beruht, insgesamt, besonders aber bei den Generationen Y und Z, keine Akzeptanz mehr. Und zu guter Letzt werden in der agilen Welt Entscheidungen zunehmend häufiger dort getroffen, wo die Kompetenz liegt, und nicht mehr bei der Hierarchie. • Die Führungskompetenz, die mit Ihrer Persönlichkeit direkt verbunden ist, lässt sich Ihnen von niemandem wegnehmen. Darüber hinaus verlangt der transformationale Führungsstil eine glaub‐ würdige und reife Persönlichkeit, die es schafft, die Teammitglieder zu motivieren, damit diese mit Ihnen gemeinsam die Aufgaben anpacken. Führungskompetenz ist nicht nur die Persönlichkeit mit Ihrer (charismati‐ schen) Wirkung, sondern beinhaltet auch das Beherrschen der Führungs‐ tools. Zentral dabei ist jedoch die Frage: Warum möchten Sie überhaupt führen? Ist es des Images wegen? Des Geldes wegen? Oder wollen Sie wirklich Mitarbeiter führen und für diese Verantwortung übernehmen und sich mehr oder weniger aus dem Tagesgeschäft verabschieden? Machen Sie sich bewusst, dass Sie ursprünglich Ihren aktuellen Job und Ihren Beruf des Tagesgeschäftes wegen gewählt haben. 1.1 Ich übernehme als Führungskraft mein bisheriges Team 21 <?page no="22"?> Der wichtigste und grundlegendste Führungskompetenzfaktor ist der Füh‐ rungswille - der Wille, Leader und „Bestimmer“ sein zu wollen. Ohne diesen Willen wird es immer schwer sein, engagiert zu führen. Viele Beschäftigte sind sozial kompetent, teamorientiert und engagiert, haben aber nicht den Anspruch oder Willen, wirklich führen zu wollen. In der Praxis führt dies dazu, dass in den meisten Unternehmungen die Beschäftigten, die mehr Verantwortung übernehmen und mehr verdienen wollen, aus Mangel an Alternativen gezwungen sind, Führungsaufgaben zu übernehmen, obwohl sie es eigentlich nicht möchten. Tipps und Regeln Tipp 1: Bauen Sie nicht auf Ihre hierarchische Macht. Diese ist sehr unbeständig und wirkt auf die Beschäftigten eher negativ. Tipp 2: Ständige persönliche und fachliche Weiterbildung stärkt Ihre Position als Führungskraft. Tipp 3: Die wichtigste Säule Ihrer Macht und Ihres Führungserfolgs ist Ihre persön‐ liche Führungskompetenz. Checkliste: Führungsanspruch Im Folgenden haben Sie die Gelegenheit, Ihren persönlichen Führungswillen zu reflektieren. Nehmen Sie sich kurz Zeit und sind Sie beim Beantworten ehrlich mit sich selbst. Je öfter Sie „ja“ ankreuzen, desto höher ist Ihr Führungswille ausgeprägt. - ja nein • Es fällt mir leicht, anderen Menschen immer wieder mehr Leistung abzuverlangen, als sie freiwillig geben. ❏ ❏ • Es macht mir Spaß, mich immer wieder behaupten zu müssen. ❏ ❏ • Ich spreche positive und negative Dinge zeitnah an. Ich bleibe dabei völlig ruhig. ❏ ❏ • Es macht mir Spaß, Ziele auch für andere zu setzen. ❏ ❏ • Es fällt mir leicht, meine Meinung immer wieder klar und deutlich zu äußern. ❏ ❏ • Es fällt mir auf, dass ich immer wieder derjenige bin, der die Dinge vorantreibt. ❏ ❏ • Es macht mir Spaß, neue Aufgaben aufzugreifen und sie zu Ende zu führen. ❏ ❏ 22 1 Wie bewältige ich die ersten Tage in meiner neuen Position? <?page no="23"?> ja nein • Es fällt mir leicht, Entscheidungen auch dann zu treffen, wenn sie unpopulär sind. ❏ ❏ • Widerstände entmutigen mich nicht, sondern sind für mich eine Herausforderung. ❏ ❏ • Ich bezeichne mich als hartnäckig und ausdauernd. ❏ ❏ • Ich arbeite gerne mit anderen zusammen und rege sie zur Höchst‐ leistung an ❏ ❏ Je mehr Aussagen Sie mit „ja“ beantwortet haben, desto höher ist Ihr Führungswille. Tipps und Regeln Tipp 1: Prüfen Sie, wie stark Ihr persönlicher Anspruch ist, andere führen zu wollen. Ohne den Spaß am Umgang mit Menschen, ohne Interesse an der gemeinsamen Lösung von Mitarbeiterproblemen usw. wird es Ihnen immer schwerfallen, ein Team oder eine Abteilung zu führen. Bauen Sie nicht auf Ihre hierarchische Macht. Diese ist sehr unbeständig und wirkt auf Mitarbeiter negativ. Wie soll ich mich nun kleiden? Sie alle kennen den Spruch: „Kleider machen Leute“. Dieser trifft ganz besonders dann zu, wenn wir jemanden kennenlernen. Wir haben vorher schon gesehen, dass der erste Eindruck wichtig ist. Da Sie als Führungskraft Vorbild sein sollten, bedeutet dies, dass Sie sich genauso kleiden wie in der Vergangenheit, nur mehr Wert auf „Perfektion“ legen sollten. Sie repräsentieren jetzt die Firma noch stärker als in der Vergangenheit und Sie sitzen jetzt häufiger in Gremien, in denen auch Ihre Vorgesetzten und/ oder Kunden sitzen. Das Thema Kleidung ist nicht nur für die jetzige Position wichtig, sondern auch für Ihre nächste Beförderung. Dann geht es nämlich wieder um die Frage: Traut man Ihnen zu, dass Sie die neue und damit höhere Position adäquat besetzen können? Sicherlich wird es nicht so sein, dass die Kleidung alleine über Ihre weitere Karriere entscheidet. Die Kleidung ist jedoch so bedeutend, dass Sie sehr viel mehr Kompetenz und Überzeugungskraft aufwenden müssen, um einen Mangel zu kompensieren. Um die Bedeutung der Kleidung zu bewerten, empfehle ich Ihnen, sich selbst zu beobachten und Ihre Gedanken und Meinungen zu reflektieren, wenn Sie jemanden kennenlernen, der Ihrer Meinung nach nicht entsprechend gekleidet ist. 1.1 Ich übernehme als Führungskraft mein bisheriges Team 23 <?page no="24"?> Tipps und Regeln Tipp 2: Achten Sie auf ordentliche Kleidung, mit der Sie auch in Ihrem Bereich Vorbild sein können und in der Sie sich persönlich wohlfühlen. 1.2 Ich steige als Führungskraft in einem neuen Betrieb ein In einem neuen Betrieb ist der Einstieg für Sie anders. Sie müssen sich sowohl fachlich als auch persönlich in Ihrer Funktion als Führungskraft neu orientieren. Dies ist eine große Herausforderung, die nicht nur anstrengend ist, sondern auch eine große Chance für einen Neuanfang bietet. Sie haben hier den Vorteil, dass Sie Ihre neue Rolle wesentlich einfacher so ausfüllen können, wie Sie es für sinnvoll erachten. Sie haben keine Altlasten und niemand würde sich wundern, wenn Sie gelegentlich ein neues Verhalten zeigen würden. Auch hier werden Sie von Ihrer Führungskraft dem neuen Team vorgestellt. Falls dies nicht sein sollte, versuchen Sie dieses zu organisieren, da es sonst zu Akzeptanzproblemen kommen kann. Dieses erste Treffen mit Ihrem Team dient dazu, sich gegenseitig kennenzu‐ lernen und kurz aufzuzeigen, wie es nun weitergehen soll. Wichtig ist, dass Sie sich persönlich als „Mensch“ vorstellen und deutlich machen, dass Sie sich auf die Zusammenarbeit freuen. Tipps und Regeln Tipp 3: Bereiten Sie sich gut vor. Definieren Sie im Vorfeld Ihre Gesprächsthemen. Wie gehen Sie sinnvollerweise vor? 1. Vorstellungsrunde - Persönliche Vorstellung, beruflicher Werdegang - Einige persönliche Punkte, z.-B. Freizeit - Wo liegen meine Stärken? - Was ist mir in der Zusammenarbeit wichtig? (Hier besonders darauf achten, dass dies positiv formuliert wird und nicht strafend wirkt. Zum Beispiel: Mir ist gegenseitige Offenheit wichtig. Nicht: Ich mag es nicht, wenn man Dinge, die einen ärgern, für sich behält.) 24 1 Wie bewältige ich die ersten Tage in meiner neuen Position? <?page no="25"?> - Nachdem Sie sich vorgestellt haben, stellen sich nach gleichem Muster all Ihre Mitarbeiter vor. 2. Ausblick/ Zukunft - Kurze Darstellung: Was habe ich als Ihre neue Führungskraft als Nächstes vor? Wie geht es weiter? (Nur Punkte nennen, bei denen Sie sicher sind, dass Sie diese auch realisieren können. Sonst verlieren Sie schnell Ihre Glaubwürdigkeit.) - Persönliche Gespräche mit jedem einzelnen Teammitglied ankün‐ digen. Ziele der Gespräche: a) Einschätzung der gegenwärtigen Si‐ tuation. b) Wo sieht jeder einzelne notwendige Ansatzpunkte der Veränderung? c) Vertieftes Kennenlernen. Wichtig: Bereits bei der Vorstellungsrunde erfahren Sie wichtige Informationen über jeden einzelnen Beschäftigten und auch über die Sympathie der Teammitglieder untereinander. Deshalb sollten Sie hier besonders konzentriert sein. Achten Sie während der Vorstellung auf die Reaktionen der Teammitglieder - auf die gesamte Stimmung, die Blickkontakte und die Bereitschaft, den anderen zuzuhören. Dadurch erfahren Sie, wer gegenwärtig im Team eine Bedeutung hat und wer nicht. 1.2 Ich steige als Führungskraft in einem neuen Betrieb ein 25 <?page no="27"?> 2 Welcher Führungsstil ist erfolgreich? Es ist keine Schande, nichts zu wissen, wohl aber, nichts lernen zu wollen. Sokrates 2.1 Kann man Führen lernen? In diesem Zusammenhang wird immer wieder die Frage gestellt: Gibt es die ideale Führungskraft? So wie diese Frage formuliert ist, lässt sie sich nicht wirklich beantworten. Es geht nicht um die Frage, ob es den oder die ideale Führungskraft gibt, sondern es geht um die Frage: Ist jemand in der Lage, mit seinen Fähigkeiten, Kompetenzen und Potenzialen an einem konkreten Arbeitsplatz als Führungs‐ kraft erfolgreich zu sein? Leider beobachte ich immer wieder, wie junge Führungskräfte trotz hoher Potenziale, also guten Voraussetzungen, viel zu oft ins kalte Wasser geworfen werden. Dies macht mir deutlich, dass immer noch viel zu viele Menschen in verantwortungsvollen Positionen sitzen, die der Meinung sind, dass man Führen einfach kann. Das sind zu einem ganz erheblichen Teil die Manager, die immer wieder betonen, dass die Beschäftigten ihr wichtigstes Kapital sind. Diesen Managern ist vermutlich nicht klar, dass die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft der Teammitglieder bis zu über 50 % vom Verhalten der jeweiligen Führungskraft abhängt. Die ganzen Führungsvoraussetzungen taugen wenig, wenn das Handwerks‐ zeug zum Führen nicht professionell gelernt wird. Deshalb empfehle ich Ihnen, falls Sie es nicht schon getan haben, möglichst bald ein wirklich gutes Füh‐ rungstraining zu absolvieren. Hierzu reichen leider zwei Tage nicht aus. Ob Sie ein Training mit mehreren Blöcken durchführen oder in einem ein- oder zweiwöchigen Intensivkurs die Grundlagen des Führens lernen, sollte von Ihrer persönlichen Situation und Ihren Vorlieben abhängig sein. Wichtig ist, dass Sie sich umfassend qualifizieren, und dies ein Leben lang. Reservieren Sie sich deshalb in Ihrem Kalender jährlich mehrere Tage für Ihre Weiterbildung. Ich kenne keinen Beruf, den man ohne Ausbildung ausführen kann bzw. dürfte. Oder würden Sie zu einem Arzt gehen, der für seinen Beruf zwar begabt ist, aber keine Ausbildung hat? <?page no="28"?> Was zeichnet erfolgreiche Führungskräfte aus? Ich beschäftige mich seit meinem Studium mit der Personalauswahl und der Personalentwicklung. Dabei habe ich festgestellt, dass erfolgreiche Menschen nicht miteinander zu vergleichen sind, dass erfolgreiche Führungskräfte in Ihrem Verhalten so unterschiedlich sind, wie es Situationen gibt. Dies bestätigen alle Untersuchungen, die hierzu in den letzten Jahrzehnten gemacht wurden. Es lässt sich jedoch feststellen, dass hinter erfolgreichem Führungsverhalten jeweils ähnliche Grundprinzipien bzw. persönliche Orientierungen liegen, die erfolgreiches Verhalten jeweils begünstigen. Tipps und Regeln Tipp 1: Mitarbeiterführung ist ein Beruf, der erlernt werden kann und erlernt werden muss. Tipp 2: Bestimmte persönliche Orientierungen bzw. Potenziale begünstigen das Lernen. Tipp 3: Wesentliche Voraussetzung des Erfolgs als Führungskraft ist Ihr eigener Führungsanspruch. Hierbei geht es um die Frage: Wollen Sie wirklich führen? Wollen Sie wirklich Chef sein und sich u.-a. intensiv immer wieder mit Mitarbeitern auseinandersetzen? Wollen Sie immer wieder diejenige/ derjenige sein, der auch unangenehme Entscheidungen trifft und sich dadurch immer wieder unbeliebt macht? Tipp 4: Die Beherrschung verschiedener Tools ist Mindestvoraussetzung für den Erfolg (= Inhalt dieses Buches). Tipp 5: Erfolg als Führungskraft setzt voraus: Selbstdisziplin, Ausdauer, klare Ziele, Bereitschaft, auch die persönlichen Kosten für das eigene Handeln zu übernehmen, Zuverlässigkeit, Sorgfalt und eine ausgeglichene, vorbildliche Persönlichkeit. 2.2 Welche Führungsstile lassen sich unterscheiden? Was bedeutet eigentlich Führen? Bevor wir uns der Frage nach dem „richtigen“ Führungsstil widmen, möchte ich den Begriff Führen definieren. Jede Führungskraft hat beim Führen drei Prozesse zu steuern: Sie muss zum einen klären und entscheiden, was erreicht werden soll, darüber hinaus hat sie dafür zu sorgen, dass die Entscheidung in der Praxis umgesetzt wird, und ebenso entscheidend dabei ist als dritter Prozess, was lebt sie ihren Mitarbeitern vor? 28 2 Welcher Führungsstil ist erfolgreich? <?page no="29"?> 1. Prozess bestimmt: Was soll erreicht werden? - Welche Ziele werden definiert? - Wie konsequent und hartnäckig werden Ziele verfolgt? 2. Prozess bestimmt: 3. Prozess bestimmt: Wie werden Mitarbeiter: innen behandelt? Was lebt die Führungskraft vor? - Werden die Beschäftigten eingebunden? - Ist sie Vorbild? - Spüren sie Wirkung? - Ist sie glaubwürdig? - Haben sie den Eindruck, dass sie - Hat sie eine überzeugende wichtig sind? Ausstrahlung? Führen 1. Was soll erreicht werden? 3. Was wird vorgelebt? 2. Wie werden Mitarbeiter: innen behandelt? Tipps und Regeln Tipp 1: Führen heißt demnach: Entscheiden, was erreicht werden soll und Mitar‐ beiter auf das Ziel hin steuernd begleiten. Ziel der Führung ist deshalb, (die richtigen) Entscheidungen zu treffen, Effizienz in den Abläufen zu erreichen und die Interessen und Bedürfnisse der Beschäftigten unter den gegebenen Rahmen-bedingungen zu berücksichtigen. Immer wichtiger werden dabei die Fragen: Wie glaubhaft lebt die Führungs‐ kraft vor, was sie selbst erwartet, und welche Ausstrahlung (Charisma) hat sie? Tipp 2: Einer der renommiertesten deutschen Führungsforscher Prof. Dr. Lutz von Rosenstiel definierte Führen folgendermaßen: „Führen ist zielbezogene Einflussnahme“. Die Art und Weise, wie obige Prozesse vom Vorgesetzten gelebt werden, entscheidet über den Führungsstil. 2.2 Welche Führungsstile lassen sich unterscheiden? 29 <?page no="30"?> Der „richtige“ st Führungsil ist abhängig von:  der gesellschaftlichen Akzeptanz  der Komplexität der Aufgaben/ Situation  der aktuellen und konkreten Situation vor Ort Seit über 2.000 Jahren beschäftigen wir uns mit der Frage, wie wir auf andere wirken bzw. wel‐ ches Verhalten am überzeugendsten ist. Und genau darum geht es auch beim Führen. Doch bis heute gibt es interessanterweise darauf keine klare Antwort. Denn der „richtige“ Führungsstil ist von mehreren Faktoren ab‐ hängig und verändert sich immer wieder. Er ver‐ ändert sich zum einen: • in Abhängigkeit der jeweiligen gesellschaftlichen Akzeptanz, so wie die Generation unserer Eltern oder Großeltern noch ein autoritäres Verhalten akzeptiert bzw. sogar erwartet hat. Damals war ein „richtiger“ Chef jemand, der stark war und auf den „Tisch hauen“ konnte. • Der „richtige“ Führungsstil ist auch abhängig von der Komplexität der Situation. So waren früher die fachlichen Anforderungen z. B. an die Produktentwicklung noch gut überschaubar. Eine Führungskraft war noch in der Lage, eine Situation selbst qualifiziert einzuschätzen und eine ange‐ messene Entscheidung zu treffen. • Außerdem ist das „richtige“ Führungsverhalten von der jeweiligen kon‐ kreten Situation, z. B. der Persönlichkeit oder der Qualifizierung der Mitar‐ beiter oder auch dem Zeitdruck abhängig. New Work und Industrie 4.0 erfordern ein verändertes Führungsverständnis Seit einigen Jahren lässt sich beobachten, dass das sogenannte „Situative Führen“ allmählich an Bedeutung verliert und einem neuen Führungsver‐ ständnis und damit einem neuen Führungsstil Platz macht. Diese Entwicklung ist die Reaktion auf die veränderten Rahmenbedingungen des Arbeitsmarktes. Diese sind: • das zunehmende Tempo der Entwicklungs-, Arbeits- und Vertriebsprozesse, • die zunehmende Komplexität der Aufgaben (sachl., polit., wirtschaftl.,-…), • die zunehmende Unberechenbarkeit der Zukunft, • auch die Erwartungen der Beschäftigten an den Arbeitgeber und die deutlich geringere Akzeptanz des bisherigen Führungsstils. Um die kaum noch voraussehbare Zukunft managen zu können, stehen Füh‐ rungskräfte mehr denn je im Fokus. Sie sind die zentralen Akteure des digitalen Change-Managements und haben zwei wesentliche Aufgaben zu bewältigen: Sie müssen das Unternehmen strukturell fit für die digitale Zukunft machen und müssen die Teammitglieder in die neuen Welten und Zeiten mitnehmen. 30 2 Welcher Führungsstil ist erfolgreich? <?page no="31"?> Dafür reicht es nicht aus, nur auf die Mitarbeiter: innen zu schauen, sondern sie müssen sich selbst weiterentwickeln und verändern. Was sind die zentralen Anforderungen an die Führungskräfte der Zukunft? Wie haben sich die Anforderungen an Führungskräfte verändert? • Die komplexen Anforderungen und die schnellen Veränderungen erfor‐ dern von Führungskräften, ihre Beschäftigten ständig weiterzuqualifi‐ zieren, fachlich und auch persönlich. Die Führungskraft wird zum Coach. • Die ständigen Veränderungen erfordern außerdem, Mitarbeiter unter diesen unsicheren Rahmenbedingungen verantwortungsvoll zu führen und ihnen trotz allem emotionale Sicherheit zu geben. • Die hoch verflochtenen Aufgaben fordern von Führungskräften, die ver‐ schiedenen Arbeitsstränge zu koordinieren und den Mitarbeitern: innen Dienstleister zu sein, damit diese effektiv arbeiten können. Die Füh‐ rungskraft wird vom (scheinbaren) Alleswisser zum Koordinator und Moderator mit spezieller Verantwortung. • Emotionale Ausbrüche von Führungskräften, die in der Vergangenheit ggf. noch toleriert wurden, nehmen Mitarbeiter: innen nicht mehr hin und führen zu einer Imageschädigung des Betriebs mit massiven nega‐ tiven Konsequenzen. • Führungskräfte müssen Vorbild sein in allem, was sie tun. Nur so sind sie glaubwürdig. • Führungskräfte müssen mehr als bisher jedes Teammitglied zu selbst‐ ständigem, verantwortungsvollem und unternehmerischem Denken und Handeln ermutigen. • Das Managen von Vielfalt hat massiv durch die Globalisierung und auch durch die Flüchtlingsthematik an Bedeutung gewonnen (Diversity Management). Für Führungskräfte bedeutet dies, dass die Anforderung an die interkulturelle Kompetenz deutlich gestiegen ist. • Auch das Führen von virtuellen Teams (Führen aus der Distanz) nimmt zu. In der schnellen und komplexen Arbeitswelt reicht es heute nicht mehr aus, mit den Teammitgliedern Ziele zu formulieren und zu motivieren. Dadurch, dass Mitarbeiter: innen zunehmend häufiger selbstständig arbeiten und selbstständig Entscheidungen treffen müssen (entschieden wird immer häufiger dort, wo die fachliche Kompetenz liegt, und nicht bei der Hierarchie), werden diese unabhängiger und handeln nur dann verantwortungsvoll, wenn 2.2 Welche Führungsstile lassen sich unterscheiden? 31 <?page no="32"?> sie einen Sinn in ihrer Arbeit erkennen, wenn zentrale persönliche Werte in der Organisation gelebt werden und sich Mitarbeiter: innen damit identifizieren können. Ziele und Bonus bei der Zielerreichung reichen für eine hohe Leistungsbe‐ reitschaft der Mitarbeiter kaum noch aus. Erfolgreiche Arbeit erfordert immer häufiger eine agile Führungskultur, wes‐ halb Komplexität, ständige Veränderungen, Schnelligkeit, unsichere Ziele und die Vielfalt der Erwartungen der Beschäftigten und Kunden flexibel gemanagt werden müssen. Diese Veränderungen lösen gleichzeitig eine (hohe) emotionale Belastung aus, mit der alle umzugehen lernen müssen. Gerade dies aber erfordert bei vielen Führungskräften ein grundsätzliches Umdenken ihres Führungsverständnisses und Führungsverhaltens (Stiles). Folgende Aspekte stehen dabei im Zentrum: • das Prozess-Denken (schlank und transparent), • die Struktur (weniger Aufbauorganisation, mehr selbstorgansiert + inter‐ disziplinär - Entscheidungen müssen schnell getroffen werden), • die Kultur (Beschäftigte erhalten mehr Verantwortung, Führungskräfte werden zu Coaches und führen auf Augenhöhe). Entwicklung Prozesse Agile Kommunika�onsprozesse Agile HR-Prozesse Agile Entwicklungsprozesse Agile teamübergreifende Zusammenarbeit Kultur Klärung der: - Unternehemenswerte - Mission / Zweck der Firma? - Vision / Wo wollen wir hin? Verantwortung Fehlerkultur Führungsverständnis Strukturen zunehmend mehr schri�weises Arbeiten parallel zur Au�auorganis�on (sowohl als auch) 32 2 Welcher Führungsstil ist erfolgreich? <?page no="33"?> 2.3 Situatives oder Emotionales Führen - Was ist wirksamer? In der Literatur werden die zwei Führungsstile „Situatives Führen“ und „Emo‐ tionales Führen“ - auch als transaktionaler und transformationaler Führungsstil bezeichnet - meist so diskutiert, als ob es nur einen „richtigen“ Stil geben würde. Es wird sich jedoch zeigen, dass wir im Alltag beide Stile, wenn auch mit einem unterschiedlichen Schwerpunkt, benötigen. Situativer oder transaktionaler Führungsstil Dieser Führungsstil beruht auf dem Grundgedanken, dass ein ständiger Aus‐ tausch zwischen Arbeitgeber/ Führungskraft und den Mitarbeitern stattfindet. Beim Austausch der „Leistung gegen die Bezahlung und Belohnung“ finden Transaktionen statt. Dieses Denken führt jedoch dazu, dass Führungskräfte und Mitarbeiter: innen jeweils ein „inneres Konto“ anlegen und gegenseitig aufrechnen. Mit der Konsequenz, dass bei einem Ungleichgewicht mehr oder weniger schnell reagiert wird. Mitarbeiter fühlen sich schnell unterbezahlt oder haben das Gefühl, dass ihre Leistung zu wenig geschätzt wird. Der Arbeit‐ geber / Führungskraft neigt schnell zur gegenteiligen Annahme. Dieses Denken führt dazu, dass ständig Transaktionen ablaufen müssen, um das „innere Konto“ in Balance zu halten. Die Grundlage dieses Führungsstiles basiert meist auf einer Zielvereinbarung mit der Annahme, dass es eine gerechte Bezahlung gibt. Diese Zielvereinbarung ermöglicht jedem, weitestgehend selbstständig zu arbeiten und so auch Erfolgs‐ erlebnisse zu erhalten und zu erleben. Die Führungskraft wird immer dann aktiv, wenn bei einer Zielabweichung korrigierend eingegriffen bzw. der Mitarbeiter: innen wieder motiviert werden muss. Die Mitarbeitermotivation ist also Chefsache. Dieses Grundverständnis von Füh‐ rung zielt sehr stark auf die externe Motivation ab, in der das Gehalt und ein möglicher Bonus und die Aner‐ kennung motivierend wirken sollen. Bringen die Beschäftigten nicht die erwünschte Leistung, entgeht ihnen der Bonus bzw. wird ein Kritikgespräch auch mit der Konsequenz einer emotionalen „Bestrafung“ geführt. Die Hoffnung ist dabei, dass Mitarbeiter: innen wieder auf den „richtigen Weg“ zurückgeführt werden. Dieses Führungsverständnis stammt aus einer Zeit, in der die Welt noch übersichtlich war und die Führungskraft erfolgreich die Zügel allein in der Hand halten konnte und sie die Arbeit sogar notfalls selbstständig erledigen konnte. 2.3 Situatives oder Emotionales Führen - Was ist wirksamer? 33 <?page no="34"?> Ziele festlegen (Was) Planen (Wie) Entscheidungen treffen / Delegieren (Wer, Wie,Wo, Wann) Umsetzen Kontrollieren Es stammt aus einer Zeit, in der die Mitarbeiter die Arbeit oftmals, ohne die Dinge zu hinterfragen, ausgeführt haben oder hätten ausführen können. Dieses Führungsverständnis basiert auf der Grundlage von Studien aus den 1950er-Jahren der Ohio State University. Auf Grundlage dieser Studien wurde das Führungsverhalten in zwei unabhängigen Dimensionen bewertet: nach dem Ausmaß der Aufgabenorientierung (Zielsetzung, Planung, Koordination, Orga‐ nisation) und nach dem Ausmaß der Beziehungs- oder Mitarbeiterorientierung (Unterstützung, Lob, Anerkennung). 2.4 Was versteht man unter dem Führungskreislauf oder transaktionalem Regelkreis? Zentrales Merkmal des transaktionalen Führungsstils ist das Führen mit Zielen und die Konzentration auf die Aufgaben, die Planung, Entscheidung, Umset‐ zung, Kontrolle und erneute Zieldefinition. Die Beschäftigten sind hierbei Mittel zum Zweck. Der Regelkreis stellt alle zentralen Führungsaufgaben im Gesamtzusammen‐ hang als Prozess dar; regelmäßige Gespräche mit den Beschäftigten sind eine solche wichtige Führungsaufgabe. Ziele festlegen Klar definierte Ziele sind die Basis des transaktionalen Führens. Diese legen fest, wo es hingehen soll, und sie sind die Voraussetzung, um sinnvoll planen, entscheiden, kon‐ trollieren und korrigieren zu können. Auch wenn die Ziele bei diesem Führungsstil besonders hervorge‐ hoben werden, spielen sie bei jedem Führungsverhalten eine zentrale Rolle. Prüfen Sie deshalb für sich immer wieder, ob Ihnen selbst die Ziele Ihrer Führungskraft bekannt und verständlich sind. Denn dies ist die Voraussetzung, dass Sie mit Ihren Mitarbeitern vernünf‐ tige Ziele vereinbaren oder festlegen können (Leistungsziele - z. B. Stückzahl - und Entwicklungsziele - z. B. Fähigkeiten). Seien Sie ehrlich und fragen Sie sich selbst, ob Ihren Mitarbeitern Ihre Ziele wirklich klar sein können. Hierbei helfen folgende Fragen: 34 2 Welcher Führungsstil ist erfolgreich? <?page no="35"?> - Wann habe ich die Ziele kommuniziert? - Wiederhole ich wichtige Ziele immer wieder? - Wenn Beschäftigte sich nicht zielorientiert verhalten, woran liegt es? - An Ihrem Führungsverhalten oder an den einzelnen Teammitgliedern? Planen Wenn die Ziele definiert sind, lassen sich alle notwendigen Aktivitäten zur Zielerreichung planen. Zu planen sind mindestens folgende Punkte: • Zeit/ Termine • Ressourcen (Budget, Personen, Rechner-, Maschinenkapazität, Material-…) • Verantwortung • Kompetenzen (Freiräume) • Ort und Rahmenbedingungen • Wie soll die Art der Zusammenarbeit sein? Entscheidungen treffen / Delegieren Erst nach der Planung wird festgelegt, was bis wann von wem zu erledigen ist und wer welche Verantwortung hat. Machen Sie sich grundsätzlich bewusst, dass es ohne Delegation keine Füh‐ rung gibt. Denn dann machen Sie alles selbst und brauchen keine Mitarbeiter. Sind Sie bereit, loszulassen und Ihren Mitarbeitern zu trauen? (ausführlicher im Kapitel 5) Umsetzen Sowohl die Führungskraft als auch die Teammitglieder müssen in dieser Phase klären, wie sie die zusätzlichen Anforderungen mit dem Tagesgeschäft koordi‐ nieren können, und dementsprechend Prioritäten setzen. Kontrollieren Durch die Kontrolle wird festgestellt, ob die Beschäftigten noch auf dem „richtigen“ Weg sind oder Sie ggf. korrigierend eingreifen müssen. Kontrollieren gehört zum Führen und Delegieren als Selbstverständlichkeit dazu. Kontrol‐ lieren zeigt auch Interesse. Leider wird dies oft als mangelndes Vertrauen oder von speziellen Mitarbeitertypen als unzeitgemäß verstanden. Lassen Sie sich dadurch nicht irritieren. Vor allem Beschäftigte, die nur eine große Spielwiese, aber keine Verantwortung übernehmen möchten, versuchen sehr schnell, Sie gerade damit moralisch unter Druck zu setzen. Grundsätzlich verbinden jedoch viele die Kontrolle mit dem „Fehlersuchen“, so wie sie es in der Schule nach einem Test erlebt haben. Hier erhielten die meisten von uns das Ergebnis als das Aufzeigen von Fehlern und nicht der 2.4 Was versteht man unter dem Führungskreislauf oder transaktionalem Regelkreis? 35 <?page no="36"?> Richtigen. Zum Beispiel: „Du hast 3 Fehler“. Nicht: „Du hast 7 Richtige“. Diese Erfahrung führt bei vielen Führungskräften dazu, dass sie gar nicht oder nur zögerlich kontrollieren. Damit vergeben sie sich aber die Möglichkeit, steuernd auf das Verhalten ihrer Mitarbeiter: innen einzuwirken, und signalisieren diesen gleichzeitig, dass ihre Arbeit nicht so wichtig ist. 2.5 Grenzen des situativen---oder transaktionalen Führens Der transaktionale Führungsstil ist durchaus geeignet, differenzierte Ziele zu erreichen und den Mitarbeitern einen hohen Freiraum bei ihrer Aufgabenerledi‐ gung zu ermöglichen. Die Beziehungsqualität und damit der Vertrauensaufbau, was heute für ein erfolgreiches, eigenverantwortliches und selbstständiges Arbeiten unumgänglich ist, bleiben jedoch meist eher sachlich oder finden kaum statt. Aber nicht nur die veränderten sachlichen Rahmenbedingungen, sondern auch die veränderten Erwartungen der Beschäftigten an die Art der Beziehung zur Führungskraft, an das persönliche Wohlempfinden, das gute Verhältnis zu den Kollegen und auch die Sinnhaftigkeit der Arbeit bleiben bei diesem Führungsstil auf der Strecke. Der Fokus wird auf die extrinsische Motivation gelegt. „Anerkennung und Gehalt für Leistung“. Ganz besonders bei der Ziel‐ vereinbarung, die mit einem Bonus gekoppelt ist, wird die starke materielle Orientierung dieses Führungsverständnisses deutlich. Das dabei zugrunde lie‐ gende, eher negative Menschenbild lässt sich beschreiben mit: „Ohne den Bonus würdest Du nicht die volle Leistung bringen.“ Jeder kennt aus eigener Erfahrung, dass (Höchst-)Leistung nur dann möglich ist, wenn man selbst von der Sache oder dem Ziel überzeugt ist, wenn man es selbst möchte und der Antrieb von innen kommt. Nehmen wir den Sport: Kein: e Trainer: in kann einen Sportler zum Weltmeister machen - gefordert ist immer die Eigenleistung des Sportlers. Das heißt auch: Kein Manager kann einen Mitarbeiter per se motivieren, er kann jedoch passende Rahmenbedingungen schaffen, damit bei den Beschäftigten Motivation entsteht. Auch Zwang oder Druck werden, zumindest was die Entstehung von Höchstleistungen angeht, keinen (dauerhaften) Erfolg zeigen. Anregungen durch Vorbild, die Auffassung von Führung als Dienstleistung sowie die Moderation der selbstorganisatori‐ schen Prozesse sind der Weg zum Erfolg. Die Herausforderung für die Führungs‐ kraft besteht darin, jedes einzelne Teammitglied mit „auf die Reise“ zu nehmen und mit ihnen gemeinsam eine außergewöhnliche Entwicklung zu durchlaufen. 36 2 Welcher Führungsstil ist erfolgreich? <?page no="37"?> Dies könnte man als den Kern des transformationalen Führungsansatzes inter‐ pretieren. 2.6 Emotionaler - bzw. transformationaler Führungsstil Während der transaktionale Führungsstil aus einem Tauschgeschäft (Transak‐ tionen) besteht, geht der transformationale Führungsstil darüber hinaus und ist eine Weiterentwicklung des „Führens mit Zielen“. Dieser Führungsstil hat den größten Einfluss auf Umsatz und Rendite eines Unternehmens (Studien zeigen immer wieder, dass das Wachstum und die Rendite mehr als verdreifacht werden können). Dabei bezeichnet „transformational“ die Tatsache, dass dieser Führungsstil durch vorbildliches Verhalten der Führungskräfte und das Schaffen einer Vertrauensbasis die Motivation und das Verhalten der Beschäftigten wirksamer verändern (transformieren) kann als traditionelle Methoden der Einflussnahme wie „Druck ausüben“, persönliche Appelle, formaler Austausch (wie Prämien = extrinsische Motivation) oder rationale Überzeugung. Frederic Smith, Chef von FedEx, (gründete 1971 mit 27 Jahren einen damals revolutionären Flugkurierdienst) war einer der ersten Unternehmer, der diese Art der Führung mit beeindruckendem Erfolg eingeführt hat. Bei diesem Führungsstil entsteht eine Vertrauensbasis, die es ermöglicht, Mitarbeiter zu höheren Leistungen, mehr Selbstständigkeit und unternehme‐ rischem Denken anzuregen. Folglich kann das Unternehmen schneller und effektiver auf Veränderungen im Markt reagieren. Transformationale Führung zielt auf die Identifikation der Beschäftigten mit der Unternehmensidee und den Unternehmenszielen ab, wodurch selbstindu‐ zierte Verhaltensänderungen bei den Beschäftigten stattfinden sollen. Damit ist dieser Führungsstil eine Weiterentwicklung der transaktionalen Führung, deren Kern die Belohnung und Bestätigung positiven Verhaltens ist. Transformationales Führen geht über das Führen durch Ziele hinaus, da Füh‐ rungskräfte zusätzlich durch Vermittlung von Sinn, Inspiration und Wertschät‐ zung eine erhöhte Leistungsbereitschaft bei ihren Mitarbeitern: innen erzeugen. Die Beschäftigten bekommen besonders durch die Sinnvermittlung ein erfülltes Arbeitsleben. Joachim Löw ist im Sport der Trainer, der diesen Führungsstil verkörperte. Durch sein inspirierendes und wertschätzendes Führungsverhalten und den damit verbundenen Erfolg des deutschen Fußball-Teams erhielt dieser Führungsstil viel Anerkennung und Akzeptanz in Deutschland - nicht nur im Sport, sondern auch bei Führungskräften in der Wirtschaft. Kontinuierlich erfolgreiche Führungskräfte, genauso wie erfolgreiche Trainer im Sport, handeln aufgrund sensibler Beobachtungen. Daraus leiten sie 2.6 Emotionaler---bzw. transformationaler Führungsstil 37 <?page no="38"?> die aus ihrer Sicht wichtigen und notwendigen Maßnahmen für ihr weiteres Führungsverhalten ab. Sie hören zu, geben Anerkennung, schaffen hieraus zusätzliche Herausforderungen, oder aber sie halten sich phasenweise heraus und bleiben im Hintergrund. So ermöglichen sie dem Team, seinen Weg zu gehen, und sie erhalten und nutzen das, wofür dieses Team steht. Der transformationale Führungsstil, immer wieder auch als „emotionaler Füh‐ rungsstil“ bezeichnet, verändert nicht nur das Verhalten aller Beteiligten (Trans‐ formation), sondern auch die innere Haltung der Mitarbeiter. Diese sind dadurch bereit, nicht nur die eigenen Interessen, sondern auch die der Firma engagiert zu verfolgen. Die Veränderung des Verhaltens und der Einstellung und die damit verbundene Steigerung des Anspruchsniveaus wird erreicht durch: • die intellektuelle Stimulierung, • die individuelle Förderung, • Anregung zum selbstständigen Handeln, • das Vorleben moralischer Werte, • eine anspruchsvolle Vision und • von selbst inspirierten und vorbildlichen Führungskräften. Beschreibung des Transformationalen Führungsstils Transformationale Führung ist ein Führungsstil, bei dem Führungskräfte ihre Vorbildfunktion wahrnehmen und dadurch Vertrauen, Respekt, Anerken‐ nung und Loyalität erwerben. Die Beschäftigten werden dadurch intrinsisch motiviert und zur Veränderung (Transformation) ihres Verhaltens und ihrer Lern- und Leistungsbereitschaft inspiriert. Transformationales Führen wird deshalb so genannt, weil es das Verhalten verändert. Mit traditionellen Zielvereinbarungen gelingt es nur sehr selten, Erfolgsfaktoren wie Vertrauen, Loyalität, intrinsische Motivation oder Team‐ geist zu fördern. • Definition: Transformation = lat. Umformung. Bezeichnet eine Verände‐ rung der Gestalt bzw. Form oder Struktur in eine andere, ohne Verlust der Substanz Zahlreiche deutsche wissenschaftliche Studien mit mehreren tausend Teilneh‐ mern haben gezeigt, dass dieser Führungsstil auch in Deutschland erfolgreich ist (z.-B.: Prof. Dr. Waldemar Pelz; 38 2 Welcher Führungsstil ist erfolgreich? <?page no="39"?> Transformationale Führung ist die Fähigkeit, die Vorbildfunktion überzeugend wahrzunehmen, um dadurch Vertrauen, Respekt, Wertschätzung und Loyalität zu erwerben. Die Beschäftigten werden intrinsisch motiviert und zur Veränderung ihres Verhaltens und ihrer Lern- und Leistungsbereitschaft inspiriert. (Prof. Dr. Pelz) Sturm, M., Reiher, S., Heinitz, K., & Soellner, R. (2011): Transformationale, transaktionale und passiv-vermeidende Führung. Zeitschrift für Arbeits- und Organisationspsychologie); Ruhl, S.: Transformationale Führung zur wirtschaftlichen Sanierung von Kliniken. In: Zeitschrift für Führung und Personalmanagement in der Gesund‐ heitswirtschaft (ZFPG) / Journal of Leadership and Human Resource Manage‐ ment in Healthcare. Band-2, Nr.-3, 2016. Wesen der transformationalen Führung „Transformation“ (lateinisch = die Umformung) bezeichnet allgemein die Ver‐ änderung einer Form bzw. Struktur in eine andere, ohne Verlust der Substanz. Genau diese Transformation soll mit den Werten und Motiven des Mitarbeiters passieren: Der transformationale Führungsstil zeichnet sich dadurch aus, dass die Führungskraft Werte und Motive der Mitarbeiter auf eine höhere Ebene „transformiert“ und dadurch deren Bedürfnisse und Präferenzen in ihrem Sinne verändert. Die Bedürfnisse und Präferenzen sollen sich insofern ändern, dass sie mit den Zielen des Unternehmens harmonieren. Transformationale Führung lässt sich als Konsequenz sehr gut am Verhalten der Mitarbeiter erkennen. Denn es kommt bei ihnen zu einer Veränderung des Anspruchsniveaus, indem sie dazu motiviert werden, sich für Ziele einzusetzen, die über ihr Eigeninteresse hinausgehen. Das individuelle Interesse gerät in den Hintergrund, während die Ziele der Firma höchste Priorität genießen. Wirkung der transformationalen Führung Transformationale Führung setzt dort an, wo transaktionale Führung an ihre Grenzen stößt. • Sie schafft eine erhöhte Motivation bzw. bewirkt ein erhöhtes Engagement, die ge‐ planten Ergebnisse, auch besonders strategi‐ sche, zu erreichen, und • geht davon aus, dass dadurch Leistung über die Erwartung hinaus erreicht werden kann. • Außerdem ist die Mitarbeiterzufriedenheit sehr hoch. Interessant ist, dass die Beschäftigten ihrer Füh‐ rungskraft gegenüber folgende innere Haltung entwickeln: 2.6 Emotionaler---bzw. transformationaler Führungsstil 39 <?page no="40"?> • Sie sind davon überzeugt, dass die Führungskraft alle Schwierigkeiten meistern kann. • Sie haben Respekt, Gehorsam und eine enge emotionale Verbundenheit. • Sie sind stolz darauf, mit dem Führenden zusammenarbeiten zu können. • Sie vertrauen in die Korrektheit der Vorstellungen der Führungskraft, ganz besonders in schwierigen Situationen. Was sind transformationale Führungskompetenz-Faktoren? Interessant ist, dass erfolgreiche Führungskräfte und erfolgreiche Firmen schon immer transformational führen (z. B. Hidden Champions). Interessant ist auch, dass zwar viele Führungskräfte wissen, was eigentlich nötig wäre, um transfor‐ mational zu führen, es aber nicht umsetzen. Hierzu zeigen Untersuchungen entsprechend, dass ca. 60 % aller Führungskräfte (mit steigender Tendenz) eine deutliche Diskrepanz zwischen ihrem Selbst- und Fremdbild haben. Dadurch lässt sich die Überzeugung vieler Führungskräfte, die der Meinung sind, dass es sich bei diesem Führungsstil nur um „alten Wein in neuen Schläuchen“ handeln würde, erklären. Die transformationale Führungskraft: ▸ formuliert anspruchsvolle Ziele, ▸ lebt u.-a. die Werte des Unternehmens vor, ▸ ist fair und zuverlässig, ▸ schafft Interesse für die „höheren“ Ziele, ▸ belohnt umgehend und stärkt das Selbstvertrauen, ▸ versucht, das Vertrauen der Mitarbeiter für sie selbst aufzubauen, ▸ knüpft bei allen Tätigkeiten an die Unternehmenswerte an, ▸ sucht ständig nach neuen und innovativen Lösungen, ▸ fördert die Teammitglieder, unterstützt sie in ihrer Entwicklung und schafft ein Gefühl des Verantwortungsbewusstseins, ▸ regt zum selbstständigen und innovativen Handeln an, ▸ gibt Macht ab und übergibt sie an das Team, ▸ geht Risiken nicht aus dem Weg und ▸ macht den Beitrag, den jedes Mitglied leistet, deutlich. 40 2 Welcher Führungsstil ist erfolgreich? <?page no="41"?> Im Grunde gibt es 7 Faktoren, die eine Transformation der Beschäftigten fördern Text im Kreis zeigt das Führungsverhalten Text außerhalb des Kreises zeigt die Wirkung auf die Beschäftigten Nach: Prof. W. Pelz. Die Führungskompetenzen lassen sich wie folgt beschreiben: a. Vorbildlich und charismatisch sein und Vertrauen aufbauen. Die entschei‐ dende Frage ist, ob die persönlichen Ziele, Werte und Überzeugungen der Führungskraft authentisch und glaubwürdig erscheinen. Sie lebt selbst vor, was sie von anderen erwartet. Macht aber auch deutlich, dass sie Leistung erwartet. Sie hat hohe ethische Leistungsstandards und ist trotzdem nicht perfekt. Deshalb geht es hier darum, dass sie glaubhaft ist und dass sie das, was sie verspricht, auch transparent umsetzt. Mitarbeiter identifizieren sich nur mit überzeugenden Persönlichkeiten und entwickeln ihnen gegenüber Loyalität. b. Durch klare und sinnvolle Ziele und Werte herausfordernd sein (Inspira‐ tion). Die transformationale Führungskraft formuliert und kommuniziert die Vision mit den dazugehörigen Zielen so, dass diese die Mitarbeiter: innen 2.6 Emotionaler---bzw. transformationaler Führungsstil 41 <?page no="42"?> emotional berührt und Betroffenheit auslöst. Sie macht sich dies selbst, ggf. mit der eigenen Führungskraft oder Kollegen bewusst. Klare und realistische Ziele, konkrete Erwartungen und eine Vision, die verstanden wird und Sinn macht, führen zu Erfolgserlebnissen, erfüllen die Mitarbeiter mit Stolz und inspirieren sie zu größeren Leistungen. Die transformationale Führungskraft verdeutlicht den Mitarbeitern min‐ destens, welche Bedeutung die Arbeit des Mitarbeiters zur Erreichung des großen Ganzen hat. Das ergibt Sinn und schafft Verständnis. c. Zur selbstständigen, kreativen Problemlösung anregen (Stimulation). Die Führungskraft fungiert hier mehr als Problemsammler oder Moderator und weniger als Problemlöser, und sie stärkt Querdenker, begrüßt Wider‐ sprüche bei Diskussionen und Gesprächen. Sie stellt mehr Fragen und gibt weniger Antworten und regt zum kritischen Hinterfragen an. Dies öffnet für alle neue Sichtweisen und schafft mehr Verständnis für andere. Die Führungskraft achtet auch darauf, dass sie nicht in die Macherfalle tritt und die Probleme selbst und schnell lösen will. Sie ist lange mit den Vorschlägen unzufrieden und sucht gezielt neue Wege und Lösungen. Mitarbeiter benötigen darüber hinaus die notwendigen Fähigkeiten, Kennt‐ nisse und Ressourcen, um ihre Aufgaben selbstständig, verantwortungs‐ voll, zeitgerecht und kundenorientiert erledigen zu können. d. Stärken und Talente individuell fördern und die Erwartungen und die Konsequenzen des Verhaltens aufzeigen (Enabling). Die Führungskraft kennt die Stärken und Schwächen jedes Teammitgliedes und versucht deren Potenziale (Talente) zu erkennen und gezielt zu fördern. Nur so werden sie zunehmend in der Lage sein, das eigene Potenzial zu nutzen und die persönlichen Leistungskompetenzen und die des Teams zu steigern. Darüber hinaus müssen Mitarbeiter: innen wissen, was von ihnen erwartet wird, wenn sie verantwortungsvoll agieren sollen. Es zeigt sich auch hier, wie wichtig regelmäßige Vier-Augen-Gespräche bzw. Coaching-Gespräche sind, bei der die Führungskraft ehrliches Inter‐ esse am Wohle des Mitarbeiters zeigt. Um entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen zu definieren und zu ver‐ einbaren, ist die Führungskraft Dienstleister des Teams und unterstützt ggf. die Zusammenarbeit mit der Personalentwicklung/ Personalabteilung. e. Für Fairness in der zwischenmenschlichen Kommunikation sorgen und auf Augenhöhe kommunizieren (Consideration). Wir brauchen transparente Regeln, wenn wir konstruktiv miteinander kommunizieren und arbeiten wollen. Darüber hinaus sollten sich die 42 2 Welcher Führungsstil ist erfolgreich? <?page no="43"?> Regeln an konstruktiven Werten wie Offenheit, Respekt, Ehrlichkeit … orientieren. f. Zu unternehmerischem Handeln und Verfolgung von wirtschaftlichen Zielen und Ideen anregen (Innovation). Die Mitarbeiter: innen müssen für die Chancen und Risiken und ständigen Verbesserungen/ Optimierungen sensibilisiert werden. g. Dafür sorgen und das Bewusstsein schaffen, dass messbare Resultate erreicht werden und sich die Mitglieder im Team für die Resultate verant‐ wortlich fühlen (Will Power - Umsetzungskompetenz). Tipps und Regeln Tipp 1: Vergleichen Sie Ihre persönliche Einstellung und Ihr Verhalten mit den dargestellten Statements des transformationalen Führungsstils. Tipp 2: Prüfen Sie, wie Sie selbst behandelt werden möchten und unter welchen Bedingungen Sie selbst bereit sind, Höchstleistung zu bringen. Tipp 3: Welche Werte leben Sie durch konkret welches Verhalten persönlich vor? Tipp 4: Welche konkreten Erwartungen haben Sie an Ihre Beschäftigten, wenn Sie welche Werte im Alltag leben wollen? Kennen Ihre Teammitglieder diese Erwartungen? 2.7 Grenzen transformationaler Führung Der Nutzen und die Vorteile dieses Führungsstils sind eindeutig und wiederholt belegt worden. Diese sind zusammenfassend: • Die deutlich höhere Zufriedenheit der Mitarbeiter: innen und Kunden. Damit gehen ein höheres Selbstbewusstsein und ein höherer Selbstwert der Mitarbeiter einher. • Die Innovationskraft und das vorhandene Kreativitätspotenzial werden sehr gut genutzt • Eine höhere Produktivität und dadurch • Eine Verbesserung des wirtschaftlichen Erfolgs und der Rentabilität Werte zu verändern, ist schwer Dieser Führungsstil führt zu einer Veränderung der Mitarbeiterwerte. Diese beruhen jedoch auf persönlichen Überzeugungen, die viele Jahre (mehr oder weniger) erfolgreich waren, und man gibt sie deshalb nicht so einfach auf. 2.7 Grenzen transformationaler Führung 43 <?page no="44"?> Niemand wird sich auf Kommando von heute auf morgen ändern. Außerdem sind nicht alle Mitarbeiter: innen in der Lage, mit einer hohen Arbeitsautonomie umzugehen und Eigenverantwortung zu tragen. Deshalb ist es für die Führungskraft wichtig, geduldig und hartnäckig zu sein und bereits kleine Fortschritte als Erfolgserlebnis zu erkennen. Gefahr der Idealisierung: Narzissmus wirkt nur anfänglich interessant Führungskräfte sollten darauf achten, kein überhöhtes, narzisstisches Bild von sich selbst zu pflegen. Dieser Führungsstil wirkt sehr idealistisch - auch, da er „höhere Ziele“ verfolgt. Achten Sie deshalb persönlich darauf, dass Sie sich nicht nur mit sich selbst und Ihrer Wirkung beschäftigen. Bleiben Sie Mensch und vorbildlich. Dann haben Sie auch eine hohe Chance, Ihre Teammitglieder zu gewinnen. Wichtig ist für Sie als Führungskraft auch, regelmäßig Feedback von Ihren Mitarbeitern: innen einzuholen und die eigene Haltung regelmäßig kritisch zu reflektieren, z.-B. im Rahmen eines Coachings. Gefahr der wechselseitigen Abhängigkeit Als weitere Gefahr kann die wechselseitige Abhängigkeitsentwicklung gesehen werden. Die Führungskraft benötigt, vereinfacht formuliert, die Beifall spen‐ denden Mitarbeiter: innen, und die Geführten benötigen ihren verehrungswür‐ digen „Hoffnungsträger“. Im Extremfall sind der charismatisch Führende und die Mitarbeiter: innen nicht mehr bereit, sich selbst zu hinterfragen, und auch die Mitarbeiter sind nicht mehr bereit, die Qualität ihrer gegenseitigen Beziehung zu hinterfragen. Damit wäre eine elementare Voraussetzung für unabhängiges Denken und Handeln und das Einnehmen verschiedener Perspektiven nicht mehr gegeben und die Kreativität und die Entwicklung von Innovationen gehemmt. Kulturwandel ist ein aufwendiger Change-Prozess In einer hierarchisch geprägten Unternehmens- und Führungskultur mag es schwierig sein, den transformationalen Führungsstil zu leben. Vor allem wenn die Prozesse bzw. der Arbeitsalltag wenig agil und stark von hierarchischem Denken geprägt sind. Zum firmenübergreifenden Praktizieren des transfor‐ mationalen Führungsstils wäre ein genereller Kulturwandel nötig, der von Top-Management als Change Prozess durchgeführt werden müsste. Möglicherweise schaffen Sie es nicht alleine, alle Kollegen und das Manage‐ ment zu überzeugen. Geben Sie aber nicht auf und praktizieren Sie diesen Stil in Ihrem Entscheidungsbereich, im Umgang mit Ihren eigenen Mitarbeitern. Warten Sie nicht darauf, bis andere damit beginnen. 44 2 Welcher Führungsstil ist erfolgreich? <?page no="45"?> Nicht transformationale Führung alleine, sondern transformationale Führung auf der Basis der transaktionalen Führung ist das Erfolgsmodell. 2.8 Transaktional- oder transformational führen? In den Anfängen der Forschungsarbeiten (1978) zur transformationalen Führung ging man davon aus, dass es sich bei den zwei Stilen um zwei entgegengesetzte Pole einer einzigen Dimension handelt. Es ging damals um ein Entweder-oder. Heute zeigt sich sowohl in der Praxis als auch in der Forschung, dass die transaktionale und transformationale Führung unabhängige Dimen‐ sionen darstellen und als komplementäre Führungsfacetten zu verstehen sind. Empirische Ergebnisse zeigen, dass die besten Führungspersonen typischer‐ weise sowohl transaktionale als auch transformationale Verhaltensweisen zeigen. So kann zwar auch die transaktionale Führung allein sehr erfolgreich sein, es wird damit aber keine echte Veränderung des jeweiligen Status quo erreicht. Transformationale Führung führt hingegen zu besseren Resultaten, z. B. zu besseren Gruppenleistungen und zu größeren Veränderungen in der Organisation. Es zeigt sich aber auch, dass die transformationale Führung allein auch erst auf der Basis transaktionaler Führung erfolgreich ist. So müssen die alltäglichen Anforderungen effektiv gemanagt werden, d. h. die Transaktion mit den Ge‐ führten muss effektiv gestaltet werden, um darauf aufbauend transformationale Wirkungen zu erzielen. Darüber hinaus erfahren die Beschäftigten durch trans‐ aktionale Prinzipien (z. B. das Treffen und die Einhaltung transparenter und expliziter Vereinbarungen) Verlässlichkeit und Konsistenz in der Beziehung zur Führungskraft, die die Basis dafür darstellt, eine transformationale Führungs‐ beziehung aufzubauen. Das nach dem Austauschprinzip der transaktionalen Führung erwartete Engagement und die dementsprechend erwartete Leistung der Teammitglieder wird durch transformationale Führung noch deutlich erhöht und geht über die Erwartungen hinaus (empirisch sehr gut nachgewiesen). Also: Nicht transformationale Führung allein, sondern transformationale Führung auf der Basis der transaktionalen Führung ist das Erfolgsmodell. Es kommt dabei auf das richtige Maß an. Gutes transaktionales Führen zeichnet sich durch Fairness, regelmäßiges differenziertes Feedback und klare, realisti‐ sche, aber anspruchsvolle Ziel aus. Gute transformationale Führung zeigt sich daran, dass die Ziele und die Vision emotional vermittelt werden und diese für die Beschäftigten inspirierend sind, sodass sie sich dafür begeistern können. Darüber hinaus werden die Mitarbeiter: innen eingebunden, Vorschläge und Ideen werden hinterfragt, die Führungskraft regt zum Querdenken an. 2.8 Transaktional- oder transformational führen? 45 <?page no="46"?> Transformationale Führung baut auf transaktionaler Führung auf Zusammenhängender Prozess der zwei Führungsstile Gegenüberstellung der Führungsstile Transaktionale Führung > stabilisiert die Organisation Leistungsorientierte Anerkennung - Transformationale Führung > dynamisiert Prozesse und fördert Gesundheit und Leistungsfähigkeit • Ziele vereinbaren • Einfluss haben durch Vorbild‐ funktion - Werte vorleben - Glaubwürdig und zuverlässig sein • Mitarbeiter: innen informieren • Motivieren durch begeisternde Vision und Ziele • Delegieren • Individuell auf Mitarbeiter: innen einstellen und als Individuum wahrnehmen und fördern • Kontrollieren • Eigenverantwortung und Initia‐ tive fördern • Zum Hinterfragen des „Beste‐ henden“ anregen • Feedback geben • Für Resultate sorgen und die wirtschaftlichen Interessen be‐ rücksichtigen • Zusammenarbeit fördern - • Mitarbeiter: innen fördern und ent‐ wickeln - 46 2 Welcher Führungsstil ist erfolgreich? <?page no="47"?> Abschied vom situativen Führen: Umdenken ist notwendig! Im Alltag wird immer wieder die Notwendigkeit des situativen Führens betont. Diese Haltung basiert auf der Annahme, dass durch ein möglichst breites Repertoire an Führungsverhaltensweisen eine flexible Anpassung der Führung an wechselnde situative Arbeitsbedingungen und -anforderungen gewährleistet werden kann. Charakteristisches Kennzeichen der transformationalen Führung ist aller‐ dings die Annahme, dass die Führungsperson fähig ist, aktiv auf die Situation Einfluss zu nehmen und diese selbst zu gestalten. In diesem Sinne sollte eine transformational führende Person fähig sein, zu erkennen, wann der richtige Zeitpunkt für eine Veränderung von Individuen, Organisationen und/ oder ge‐ sellschaftlichen Sichtweisen gegeben ist, und deshalb noch mehr zum Gestalter oder weniger zum „Reagierer“ wird. 2.9 Wie kann ich an meinem Führungsstil arbeiten? Um die eigene Professionalität immer weiter zu entwickeln, ist es sinnvoll, sich ab und zu selbstkritisch zu reflektieren. In der folgenden Tabelle haben Sie die Möglichkeit, Ihre persönliche Haltung gegenüber den zwei Führungsstilen zu reflektieren. Nehmen Sie sich wirklich Zeit dazu und seien Sie ehrlich sich selbst gegenüber. Rein rational ist uns schnell klar, was richtig wäre. Hier geht es jedoch darum zu reflektieren, wie Sie wirklich ticken. Dies kann sich in Abhängigkeit der persönlichen Stimmung, der Aufgaben oder der jeweiligen Teammitglieder ändern. Prüfen Sie für sich selbst, welche Tendenzen Sie von sich selbst kennen! Damit Sie Ihr eigenes Führungsverhalten mit den verschiedenen Facetten erkennen, ist es wichtig, dass Sie sich nicht nur jetzt beim Lesen, sondern in der Praxis, vor allem in Stresssituationen, in denen Sie persönlich unter Druck stehen, ab und zu beobachten. Selbsttest: Wie schlägt mein Herz, transaktional oder transformational? Welche Einstellung trifft jeweils mehr zu? 2.9 Wie kann ich an meinem Führungsstil arbeiten? 47 <?page no="48"?> transaktional transformational Die Zukunft-… kann das Erreichte ge‐ fährden. ist ein Raum der gestaltbaren Möglichkeiten. Die Kompetenzen des Menschen-… determinieren seine Nützlichkeit. sind Ressourcen für die Ge‐ staltung der Zukunft. Die Potenziale des Men‐ schen-… sind durch die Anlage und das Alter begrenzt. können zu jedem Zeitpunkt im Leben aktiviert werden. Das Lernen-… nimmt der Mensch nur bei Anreizen auf sich. ist eine natürliche Tendenz des Menschen. Die persönliche Ent‐ wicklung-… ist nützlich zur Steige‐ rung der Leistung. stellt einen Wert an sich dar. Die Unwägbarkeiten des Lebens sind-… Störungen auf dem Weg zur Zielerreichung. Herausforderungen zu per‐ sönlichem Wachstum. Die Umwelt ist prinzi‐ piell-… kontrollierbar und wir sollten nach Kontrolle streben. nicht kontrollierbar und wir sollten ihr offen begegnen. Im Leben gilt es,-… die eigene Leistung und den Profit zu maxi‐ mieren. mehr vom Bedeutsamen zu tun und Sinn zu maximieren. Resultat: Welcher Stil über‐ wiegt? - - Meine Erfahrung zeigt, dass selbst „hervorragende“ Führungskräfte in Stresssi‐ tuationen schnell entweder zum dominanten oder zum besonders weichen und helfenden Führungsstil neigen. Tipps und Regeln Tipp 1: Haben Sie den Mut, Sie selbst zu sein und Ihre persönlichen Werte zu leben. Tipp 2: Holen Sie sich von Ihren Beschäftigten Feedback. 48 2 Welcher Führungsstil ist erfolgreich? <?page no="49"?> 3 Welche Bedeutung haben Ziele für den Erfolg? Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg. Lǎozǐ 3.1 Weshalb benötigen wir Ziele? Wir benötigen Ziele, damit wir unsere eigene Energie bzw. unser eigenes Handeln danach ausrichten können. Nur wenn wir wissen, wohin es gehen soll, können wir entscheiden, ob das eigene Verhalten effektiv und wirksam ist. Sie kennen vermutlich die Anekdote, bei der ein Kollege fragt: „Wohin fahren wir denn? “ und er zur Antwort bekommt: „Das weiß ich noch nicht, aber fahr mal los.“ Ich glaube, dass sich dieses Verhalten dadurch erklären lässt, dass sich viele von uns wohler fühlen, wenn sie irgendetwas tun, also „fleißig“ sind, als nur abzuwarten. Sie kennen dieses Phänomen auch vom Autofahren. Viele Menschen fahren lieber einen größeren Umweg, als dass sie im Stau stehen. Nur wenn wir klare Ziele haben, können wir auch Erfolgserlebnisse erhalten. Denn Erfolgserlebnisse entstehen dann, wenn wir unsere Ziele erreichen. Ich möchte Ihnen zwei Beispiele aus dem Privatbereich schildern, um diesen Sachverhalt zu verdeutlichen: Beispiel 1: Sie kennen sicher Sonntage, an denen es nur regnet. Sie sind müde und leben so in den Tag hinein. Irgendwann entscheiden Sie sich dann dazu, einfach etwas an die frische Luft zu gehen. Dann gehen Sie einfach so durch die Gegend spazieren und kommen nach einer Stunde wieder zurück. Beispiel 2: Der gleiche Sonntag mit der gleichen persönlichen Stimmung. Jetzt aber nehmen Sie sich vor, auch um frische Luft zu tanken, z. B. bis zum nächsten Berg oder zur nächsten Ortschaft und zurück zu laufen. Auch jetzt sind Sie nach einer Stunde wieder zu Hause. Nach welchem Beispiel würden Sie sich besser fühlen? Nach Beispiel eins oder Beispiel zwei? Ich lerne immer wieder Menschen kennen, die mir sagen, dass es besser sei, keine Ziele zu haben, da man dann auch nicht enttäuscht werden könne. <?page no="50"?> Ich bin davon überzeugt, dass dies nur kurz oder mittelfristig funktionieren kann. Wenn Sie sich in Ihrem Leben nicht klar darüber werden, was Sie möchten, werden Sie mit großer Sicherheit nach einiger Zeit hoch frustriert sein, nämlich dann, wenn Ihnen deutlich wird, was Sie hätten erreichen können. Sie können sicher sein, dass wir in unserem Inneren wissen, was uns guttut und was das Richtige für uns ist und was wir „eigentlich“ wollen. Die Frage ist, ob es Ihnen bewusst wird, und Sie Ihr Leben und tägliches Handeln danach ausrichten wollen. Stellen Sie sich vor, Sie haben keine Vorstellung davon, ob Sie ein eigenes Haus oder eine eigene Wohnung haben möchten oder nicht. Mit 50 Jahren wird Ihnen dann z. B. klar, dass Sie eigentlich doch gerne eine eigene Woh‐ nung gehabt hätten. Durch den Alltagsstress und die Art und Weise unserer Freizeitgestaltung nehmen wir uns zunehmend weniger Zeit, um uns unserer Bedürfnisse und Ziele bewusst zu werden. Hierfür benötigen wir Zeit und Ruhe, damit wir unsere Gedanken sortieren und uns so unserer Bedürfnisse bewusst werden können. Damit Sie also nicht mit 50 Jahren entdecken, dass Sie eigentlich etwas ganz anderes gewollt hätten, ist es wichtig, sich über die eigenen Lebensziele bewusst zu werden. Übrigens ist die sogenannte Midlife-Crisis das Resultat eines Lebensstils, der an den persönlichen Bedürfnissen und Interessen vorbeigeht; wird dies dann irgendwann deutlich, führt das zu einer Krise. In einem gewissen Ausmaß kennt die eben dargestellte Situation jeder, denn jeder von uns kennt Sätze wie: „Hätte ich damals nur“ oder „im Nachhinein bereue ich, dass-…“. Ziele sind natürlich nicht nur im Privatleben, sondern auch im Berufsleben von höchster Bedeutung. Zum einen haben wir Erfolgserlebnisse, wenn wir Ziele erreichen, und zum anderen wird das Engagement der Mitarbeiter durch konkrete Ziele in eine Richtung gelenkt. Wie oben in Kapitel 2.6 „Emotionaler bzw. transformationaler Führungsstil“ und in Kapitel 8. „Wie bringe ich mein Team zur Höchstleistung“ dargestellt wird, geht es nicht nur darum, Ziele formal zu klären und festzulegen, sondern diese so deutlich zu machen, das Sinn für die Mitarbeiter: innen entsteht und diese spüren, dass Sie als Führungskraft mit voller Überzeugung (auch emotional) hinter diesen Zielen stehen. Hier noch einige Beispiele: • Wie können Beschäftigte selbstständig arbeiten, wenn Sie die Ziele nicht kennen? (Aber: Was haben sie von der Selbstständigkeit? Ist Freiheit für jeden sinnvoll und gewollt? ) • Wie soll sich ein Teammitglied z. B. in einem Kundengespräch verhalten, wenn es nicht weiß, was die Ziele der Firma für das Jahr, für die Abteilung 50 3 Welche Bedeutung haben Ziele für den Erfolg? <?page no="51"?> oder auch für den Kunden sind? (Welchen Sinn macht das für den Mitar‐ beiter? Was hat er davon? ) • Wie können einzelne Vertriebsmitarbeiter: innen wissen, dass „kleine“ Kunden intensiv akquirieren sollen, wenn nicht klar ist, dass z. B. alle C-Kunden mit Umsatzpotenzial ≥ € 10.000 im nächsten Quartal intensiv beworben werden sollen? Ziele zu definieren erleichtert das Führen. Ohne Zielformulierung stehen Sie immer wieder vor der Situation, dass Sie jedem Mitarbeiter / jeder Mitarbei‐ terin immer wieder aufs Neue sagen müssen, was sie/ er tun soll. Wenn Mitar‐ beiter: innen klare Ziele mit klaren Vorgaben erhalten, können sie selbstständig arbeiten, und Sie als Führungskraft werden entlastet. Ohne Ziele für die Beschäftigten sind Sie als Führungskraft sehr schnell überfordert und die Beschäftigten sind noch schneller frustriert, weil sie sich gegängelt fühlen. Außerdem haben Sie nur dann die Möglichkeit, das Problemlösepotenzial Ihrer Beschäftigten zu nutzen, wenn sich diese entfalten und sie ihre Fähigkeiten auch wirklich anwenden können. Genau vor dieser Entfaltungsmöglichkeit haben viele Führungskräfte Angst, da sie befürchten, einerseits an Macht zu verlieren und andererseits, dass die Mitarbeiter: innen die Ernsthaftigkeit der Arbeit aus dem Auge verlieren und die Leistung zurück‐ gehen könnte. Wenn Sie jedoch Ihren Teammitgliedern Ziele vorgeben oder mit ihnen vereinbaren, werden Ihre Mitarbeiter: innen ihr eigenes Verhalten danach ausrichten und sie haben so selbst auch gleichzeitig die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen. Dies steigert die Motivation und die Qualität der Arbeit. Tipps und Regeln Tipp 1: Zielvereinbarungen mit Beschäftigten oder mit der eigenen Führungskraft motivieren und wirken aktivierend. Tipp 2: Die Wirkung von guter Zielvereinbarung lässt sich mit „klotzen statt kleckern“ beschreiben. 3.2 Der Prozess des zielorientierten Führens Im Schaubild auf der nächsten Seite wird der gesamte Ablauf der Zielvereinba‐ rung deutlich gemacht und kurz erläutert. Strategie: Ist Voraussetzung zur Zielableitung. Denn Sinn der Zielvereinbarung ist, die Energie und das Handeln aller so auszurichten, dass damit die Strategie 3.2 Der Prozess des zielorientierten Führens 51 <?page no="52"?> besser erreicht wird. Die Strategie muss klar kommuniziert werden und die jeweiligen Verantwortungen müssen definiert sein. Ziele: Anspruchsvoll und realistisch. Für die Mitarbeiter: innen stellt sich die Frage: Was kann ich im Rahmen meiner Aufgaben und Verantwortung zu diesen strategischen Herausforderungen beitragen? Koordination: Mitarbeiter: innen können ihre Ziele meist nicht isoliert reali‐ sieren. Ziele sollten deshalb transparent sein. Außerdem wird dadurch das Kollegenverhalten besser nachvollziehbar. Zwischenziele/ Meilensteine: Abweichungen können so frühzeitig erkannt und Gegenmaßnahmen besprochen werden. Dies ist abhängig von der Qualifikation der Mitarbeiter. Wichtig sind diese Zwischenziele und Gespräche vor allem bei neuen Mitarbeitern. Außerdem lassen sich dadurch auch notwendige Ziel‐ anpassungen durchführen. Firmen- Strategie Abteilungs-Ziele Transparenz und Bedeutung der Ziele sind wichtig Meilensteine Zwischenschritte Erfolgsanalyse Maßnahme Aufgaben / Verantwortung Notwendige Kompetenzen müssen vorhanden sein Coaching / Unterstützung Individuelle Ziele Kompetenzen: Ziele beschreiben den erwarteten Endzustand. Kompetenzen beschreiben die Fähigkeiten, die Mitarbeiter: innen mitbringen müssen, um das 52 3 Welche Bedeutung haben Ziele für den Erfolg? <?page no="53"?> Resultat erreichen zu können. Deshalb ist es auch wichtig abzuklären, ob die Mitarbeiter: innen die notwendigen Kompetenzen besitzen. Erfolgsanalyse/ Kontrolle: Ziele machen nur Sinn, wenn auch die Erreichung bzw. Nichterreichung überprüft werden. Nur der Zielerreichungsgrad ist die Basis für neue Ziele und vor allem auch für Qualifizierungsmaßnahmen bei den Beschäftigten. Die Zielerreichung ist ggf. auch die Basis für die Prämie. Unterstützung bzw. Coaching: Sie als Führungskraft sind verantwortlich dafür, dass die Mitarbeiter: innen die notwendigen Kompetenzen zur Zielerreichung besitzen bzw. u.-U. an einem anderen Arbeitsplatz eingesetzt wird. Aufgaben/ Verantwortung: Mit Zielen werden immer nur einzelne Elemente aus dem Verantwortungsbereich der Mitarbeiter: innen herausgegriffen und priorisiert. Eine klare Funktions-/ Zuständigkeitsbeschreibung ist zwingende Voraussetzung für eine erfolgreiche Zielvereinbarung. 3.3 Das Problem mit anspruchsvollen Zielen Das Problem ist weniger, Ziele zu formulieren, sondern dabei eine sinnvolle Herausforderung zu erreichen. Ziele sollen nicht zu niedrig, aber auch nicht unrealistisch hoch sein. Deshalb sollten Ziele nicht dort liegen, wo die Wahr‐ scheinlichkeit der Zielerreichung am wahrscheinlichsten ist, sondern dort, wo die wirklich optimale, aber noch realistische Lösung anzusehen ist. 3.3.1 Was ist ein sinnvolles Anspruchsniveau? Wahrscheinlichkeit Keine wirkliche extreme Aufgabe Herausforderung A C = Ziel B D 3.3 Das Problem mit anspruchsvollen Zielen 53 <?page no="54"?> Nur unterwürfige und unsichere Mitarbeiter: innen werden unrealistische Ziele akzeptieren. Deshalb scheidet D aus. Ebenso scheidet A aus. Die Leistungsfä‐ higkeit von Mitarbeitern: innen kann nie mit anspruchslosen Zielen wachsen. Zufrieden oder gar stolz können wir nur sein, wenn wir anspruchsvolle Ziele erreichen = C. Nur dies wirkt sich positiv auf die Motivation der Beschäftigten und damit auf die Leistungsfähigkeit der Abteilung/ Firma aus. Selbst eine Über‐ erfüllung von anspruchslosen Zielen führt zu keiner Motivationssteigerung. Die Leistungsfähigkeit der Firma reduziert sich und die Beschäftigten sehen keinen Grund, irgendetwas am eigenen Verhalten zu ändern. Fazit: Der beste Weg zur Stagnation sind anspruchslose Ziele. 3.4 Wie werden Ziele richtig formuliert? Tipps und Regeln Tipp 1: Beachten Sie folgende Regeln bei der Zielformulierung: • Ziele werden realistisch formuliert • Ziele werden in der Gegenwart formuliert • Ziele werden konkret bzw. messbar formuliert • Ziele werden in der Satzkonstruktion einfach formuliert • Ziele werden positiv formuliert • Ziele sollten mit dem sozialen Umfeld kompatibel sein Ziele werden realistisch formuliert Ziele sollen motivierend sein. Dies setzt voraus, dass die Vereinbarungen realistisch sind und der Mitarbeiter diese Ziele auch als Herausforderung sehen kann. In der Praxis wird es natürlich zwischen den einzelnen Teammitgliedern und Ihnen immer wieder zu Diskussionen darüber kommen, ob die Ziele tatsächlich erreichbar sind. Dies vor allem dann, wenn ein Teil des Gehaltes mit der Zielerreichung verbunden ist. Ziele sollen aber auch nicht zu niedrig angesetzt werden, da diese sonst bei der Zielerreichung keinen motivationalen Effekt haben. Die Folgen von anspruchslosen Zielen sind u. a.: keine Erfolgser‐ lebnisse bei der Zielerreichung, Rückgang der Motivation, kein Ansporn, um z. B. Prozesse zu optimieren, und natürlich auch schwache Betriebsergebnisse. Weiter ist dabei zu beachten, dass die Ziele auch wirklich von Mitarbeitern: innen eigenverantwortlich erreicht werden können und die Zielerreichung nicht von anderen Faktoren abhängig ist. 54 3 Welche Bedeutung haben Ziele für den Erfolg? <?page no="55"?> Ziele werden in der Gegenwart formuliert Ziele sind dann besonders hilfreich, wenn diese „im Unterbewusstsein“ wirken können. Damit dies möglich ist, „tun Sie so, als ob Sie das Ziel schon erreicht hätten“. Beispiel: „Ich treibe regelmäßig Sport“ (Nicht: Ich werde regelmäßig Sport betreiben, was grammatikalisch jedoch richtig wäre). Wenn Ihre Team‐ mitglieder oder Sie persönlich ein klares Ziel bzw. ein klares Bild des Ziels im Kopf haben, dann brauchen Sie deutlich weniger Energie, um genau dort hin‐ zukommen, wo Sie hinkommen möchten. Das können Sie z. B. beim Skifahren beobachten. Wenn Sie oben am Berg wissen, wo Sie hinfahren möchten, also bereits hier ein Bild Ihres Ziels im Kopf haben, dann müssen Sie sich während der Fahrt keine Gedanken mehr darüber machen, da dann der Entscheidungs‐ prozess, ob Sie jeweils nach links oder rechts fahren, völlig automatisch abläuft. Ziele werden konkret bzw. messbar formuliert Nur wenn Sie klar festlegen, ab wann die Ziele erreicht sind, werden Sie sich mit Ihrem Beschäftigten unmissverständlich über Erreichung bzw. Nichterreichung austauschen können. Außerdem werden Sie im positiven Fall der Zielerreichung den entsprechend wichtigen motivierenden Effekt erreichen bzw. im negativen Fall Mitarbeitern: innen ein klares Feedback geben können und konkrete Maß‐ nahmen zur Zielerreichung formulieren können. Damit Sie sich selbst vergewissern können, ob das Ziel konkret formuliert ist, sollten Sie immer wieder Folgendes prüfen: Könnte eine fremde Person eindeutig feststellen, ob das Ziel erreicht ist? Wenn Sie dies bejahen können, dann ist die Formulierung richtig. Mögliche Kriterien sind: konkrete Zeit (z. B. bis zum 14. April), konkrete Mengen (max. zwei Stück/ Vorgänge pro Tag), Wirkung auf andere (z. B. Kundenanfragen nehmen um 6 % zu) und als letztes Kriterium die Kosten, (z. B. Kosten werden um 4-% reduziert). Beispiele: Negative Beispiele: 1. Ich werde in Zukunft ordentlicher arbeiten 2. Ich werde in Zukunft 12-% mehr Kunden akquirieren 3. Ich werde in Zukunft weniger Fehler machen Positive Beispiele: 1. Ich räume täglich meinen Schreibtisch auf 2. Ich trage alle meine Termine in meinen Kalender ein und prüfe diese täglich 3. Ich akquiriere im nächsten Jahr 25 neue Kunden 4. Bis zum Sommer beherrsche ich den Grundwortschatz in Englisch. 3.4 Wie werden Ziele richtig formuliert? 55 <?page no="56"?> Ziele werden in der Satzkonstruktion einfach formuliert Nur dann, wenn die Formulierungen „eingängig“ sind, können diese klar und deutlich im Kopf als Bild wirken. Beispiel: Kompliziert formuliert: Ich werde mich im nächsten Jahr, wenn ich mich in meiner neuen Position etwas wohler fühle und mehr Energie für andere Sachen habe, wieder mehr um meine Weiterbildung kümmern, indem ich regelmäßig Bücher lese. Einfach formuliert: Im nächsten Jahr lese ich jeden zweiten Monat ein Fachbuch. Ziele werden positiv formuliert Bei dieser Regel kommt folgendes Gesetz zum Tragen: Das, was wir uns vorstellen, ist unser Ziel. Das bedeutet umgekehrt, dass, wenn wir uns vorstellen, „was wir nicht mehr möchten“, genau dies eintreten wird. Der Grund hierfür ist, dass es nicht möglich ist, sich etwas nicht vorzustellen. Beispiel: „Stellen Sie sich jetzt bitte keinen Elefanten vor“. Ich bin mir sicher, dass Sie sich heute noch keinen Elefanten vorgestellt haben, jetzt aber durch diese Formulierung indirekt dazu aufgefordert werden. Sie kennen sicher die Situation, in der ein Maler ein Schild an den Türrahmen mit folgender Aufschrift hängt: „Bitte nicht berühren, frisch gestrichen“. Was Sie tun werden, wenn Sie dies lesen, ist klar. Richtige Formulierungen sind z.-B.: Ich konzentriere mich bei der Arbeit. Statt: Ich werde mich nicht mehr ab‐ lenken lassen. Ich höre meinen Kunden zu. Statt: Ich werde weniger unterbrechen. Bitte bleiben Sie auf dem Weg. Statt: Rasen bitte nicht betreten. Ich bin stark. Statt: Keine Macht den Drogen. Ziele sollten mit dem sozialen Umfeld kompatibel sein Wenn Ziele der Beschäftigten mit Interessen anderer konkurrieren oder in Konkurrenz zu Kunden oder Abteilungen stehen, kommt es zwangsläufig zu Konflikten. Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie vereinbaren mit dem Mitarbeiter Schmidt, ohne jedoch vorher mit der Mitarbeiterin Meier zu reden, Folgendes: „Sie (der Mitarbeiter Schmidt) führen das Projekt bis zum 31.10. zu Ende und konzentrieren sich voll auf diese Aufgabe. Die Aufgabe X übernimmt bis zu diesem Zeitpunkt die 56 3 Welche Bedeutung haben Ziele für den Erfolg? <?page no="57"?> Kollegin Meier“. Ich denke, die Reaktion der Mitarbeiterin Meier lässt sich gut vorhersagen. Bitte formulieren Sie zum Üben folgende Beispiele nach obigen Regeln um: a. Ich werde in Zukunft in Besprechungen nicht mehr persönlich werden. ...................................................................................................................................... b. Ich werde aufhören zu rauchen. ...................................................................................................................................... c. Ab sofort trinke ich keinen Alkohol mehr. ...................................................................................................................................... d. Beim Telefonieren werde ich nicht mehr so lange reden. ...................................................................................................................................... e. Im nächsten Jahr werde ich 30 Kunden mehr akquirieren. ...................................................................................................................................... Mögliche Lösungen: a) Bei Besprechungen bleibe ich sachlich. b) Ab dem 1.10. lebe ich gesund. c) Ab sofort trinke ich Mineralwasser. d) Nach meinem Urlaub fasse ich mich bei allen Telefonaten kurz. e) Ich akquiriere im nächsten Jahr 95 neue Kunden. 3.5 Management by Objectives (MbO) oder wie werden mit den Mitarbeitern Zielvereinbarungsgespräche geführt? Bevor Sie mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Zielvereinbarungsge‐ spräche führen können, sollten Sie mit Ihren eigenen Vorgesetzten Ihre Ziele für Sie bzw. Ihre Abteilung/ Team klären (siehe hierzu auch Kapitel 1). Diese Zielvereinbarung präsentieren Sie Ihren Mitarbeitern: innen in einer speziellen Team-/ Abteilungsbesprechung. Hierbei ist es wichtig, dass den Mitarbeitern die Ziele inhaltlich verständlich und die Bedeutung der jeweiligen Ziele klar werden. Das gelingt Ihnen am besten dadurch, indem Sie die Vorteile für die Firma und die Abteilungen/ Team deutlich machen und den Mitarbeitern Zeit zum Fragen geben und diese Fragen ausführlich beantworten. Dadurch wird den Beschäftigten Ihr eigener Anspruch und die jeweiligen Schwerpunkte der Arbeit deutlich und deren Ziele können so besser nachvollzogen und der Sinn besser verstanden werden. 3.5 Management by Objectives (MbO) 57 <?page no="58"?> Zielvereinbarungsgespräche werden geführt, damit jeder einzelne möglichst eigenverantwortlich im Rahmen der vereinbarten Grenzen selbstständig ar‐ beiten kann. Dagegen werden kaum noch Zielvereinbarungsgespräche geführt, um eine leistungsorientierte Bezahlung zu realisieren. Der Grund hierfür ist, dass dieses Führungsverhalten oft zu Konflikten führt, auch deshalb, da die Ziele meist wenige Wochen später unrealistisch geworden sind. Darüber hinaus führt diese Praxis zu einem eher egoistischen und wenig teamorientierten Verhalten. Gesprächsstruktur des Zielvereinbarungsgesprächs Einladung zum Gespräch Das Teammitglied X wird zum Zielvereinbarungsgespräch persönlich einge‐ laden. Nennen Sie hier schon den Grund des Gesprächs, das ist für die Vor‐ bereitung der Mitarbeiterin wichtig. So weiß sie, worum es geht, ist nicht verunsichert und kann mit einem sicheren Gefühl zu Ihnen kommen. Zum Beispiel: Frau Mitarbeiter/ in, ich möchte gerne mit Ihnen über Ihre Aufgaben und Ziele für das nächste Jahr sprechen. Mir ist wichtig, dass dieses Gespräch auf einer fundierten Basis stattfindet, deshalb bitte ich Sie, dass Sie sich auf der Grundlage unserer Abteilungsziele Gedanken machen, welche Ziele aus Ihrer Sicht für Sie persönlich sinnvoll, notwendig und wichtig sind bzw. welche Schwerpunkte Sie setzen würden, um so einen substanziellen Beitrag zur Erreichung der Abteilungsziele zu leisten. Das Gespräch Zu Beginn des Gespräches sollten Sie eine positive, entspannte Atmosphäre herstellen. Nur so werden Sie es schaffen, dass sich Ihre Beschäftigten „öffnen“ und Ihnen auch die Informationen geben, die Sie für Ihre Aufgaben als Füh‐ rungskraft benötigen. Hierfür können Sie Privates ansprechen. Gerade in der Anfangszeit, in der Sie die Teammitglieder noch nicht so gut kennen, kann es sein, dass es schwierig wird, ein Thema zu finden, mit dem Sie einsteigen können. Sicherlich ist dies davon abhängig, wie gut Sie die Person bereits kennen und ob Sie selbst ein Mensch sind, dem es leichtfällt, persönliche Dinge bei noch recht unbekannten Menschen anzusprechen. Wenn Sie sich für einen persönlichen Einstieg entscheiden sollten, dann empfehle ich Ihnen, auch wirklich Interesse zu zeigen und zuzuhören. Ich finde es peinlich, wenn Führungskräfte nur deshalb persönliche Fragen oder Interesse „vorheucheln“, weil es in jedem Lehrbuch empfohlen wird. Das wahre Interesse am Menschen wird durch winzige Körpersignale gezeigt, die wir im Gespräch meist unbewusst 58 3 Welche Bedeutung haben Ziele für den Erfolg? <?page no="59"?> wahrnehmen. Desinteresse kann z. B. dadurch zum Ausdruck kommen, dass der Blick der Führungskraft, nachdem sie die Frage „Wie geht es Ihnen? “ gestellt hat, schnell in die eigenen vorbereiteten Unterlagen geht, gedanklich bereits beim nächsten Satz ist und sie dadurch nicht die notwendige Wertschätzung zeigt. Damit hätten Sie den ersten Schritt zu Ihrer persönlichen Unglaubwürdigkeit getan. Ich empfehle Ihnen hier, dass Sie lieber sofort zum Thema kommen, bevor Sie diesen Vertrauensbruch begehen. Insgesamt eignen sich W-Fragen, die auch offene Fragen genannt werden, zum Einstieg. Offene Fragen deshalb, da die Mitarbeiter: innen offen antworten können. Beispiel: • Was macht Ihnen an Ihrem Beruf am meisten Spaß? • Wo sehen Sie Ihre persönlichen Stärken? • Ich habe mitbekommen, dass Sie im Urlaub waren. Was haben Sie gemacht? Jetzt geht es zum Inhalt des Gespräches. Sie sollten zu Beginn nochmals den Anlass des Gesprächs deutlich machen und aufzeigen, welches Ziel Sie mit diesem Gespräch verfolgen. Außerdem sollten Sie den zeitlichen Rahmen definieren. Die Darstellung dieser Punkte gibt jedem Teammitglied Sicherheit und beide Gesprächspartner orientieren sich zeitlich an dieser Vorgabe. Im nächsten Schritt bitten Sie das Teammitglied, seine Vorstellungen über die Ziele und Schwerpunkt seiner Arbeit darzustellen. Hierbei fragen Sie immer wieder vertiefend nach und machen diese Punkte für sich persönlich deutlich. Beispiel: Guten Tag, Herr Y, es freut mich, dass es mit dem Gespräch so schnell geklappt hat. Ich habe gehört, dass Sie im Urlaub waren und erst seit drei Tagen wieder zurück sind. Darf ich fragen, wo Sie waren? Herr Y, ich möchte ganz gerne mit Ihnen heute über Ihre Aufgaben, Ziele und Schwerpunkte in der Zukunft sprechen. Dies ist für uns beide wichtig, damit wir uns in die gleiche Richtung bewegen und uns gegenseitig optimal ergänzen und unterstützen können und Sie Klarheit für Ihre Aufgaben erhalten. Ich stelle mir vor, dass wir hierfür ca. 1 ½ Stunden benötigen. Bei unserer Teambesprechung habe ich Ihnen die Ziele, die ich mit meinem Chef für mich und die Abteilung vereinbart habe, dargestellt. Wie stellen Sie sich vor, dass Sie diese Ziele durch Ihre Arbeit unterstützen können? 3.5 Management by Objectives (MbO) 59 <?page no="60"?> Aus meiner Sicht ist es notwendig, dass-… ( Jetzt werden die Meinungen diskutiert und eine möglichst hohe Überlappung angestrebt. Einen der größten Fehler, den Sie hierbei machen können, ist, dass Sie sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner verständigen. Die Unternehmens‐ ziele/ Abteilungsziele sind bereits festgelegt und Sie werden an Ihrer Zielerreichung gemessen. Ziel ist es deshalb, dass Sie mit den Mitarbeitern klären, wie die Abteilungs-/ Teamziele erreicht werden können und welcher Mitarbeiter welchen Beitrag dazu leistet.) Formulierungsbeispiele für schwierige Zielvereinbarungsgespräche Empfehlung genereller Art: Als Einstieg in das Zielvereinbarungsgespräch sollten Sie die positiven Seiten hervorheben. • Was mir bei Ihnen gut gefällt, ist-… • Ich möchte hier nochmals betonen, dass Sie unschlagbar sind, wenn es um … • Ich weiß, dass man sich auf Sie verlassen kann. Übergang zu kritischen Aspekten • Einerseits sind Sie sehr zuverlässig, was ich z. B. bei Aufgabe y immer wieder beobachten konnte. Andererseits kann ich nicht verstehen, dass Sie sich in den letzten 2 Monaten nicht konsequenter an Ihre Arbeit gemacht haben, um die Ziele doch noch zu erreichen. Kritische Situationen • Natürlich kann ich versehen, dass Sie Ihre Leistung anders bewerten. Ich nehme aber auch an, dass Ihnen auch klar ist, dass dies hier kein Kuhhandel ist. • Meine Aufgabe hier ist es, Ihre Leistung (fair) zu bewerten und Ihnen deutlich zu machen, wie ich Ihre Zielerreichung einschätze. • Natürlich sind die Rahmenbedingungen/ der Markt/ die Wettbewerbssitua‐ tion schwierig. Aber gerade deshalb haben wir die Zielvereinbarung, sodass Sie die größtmögliche Freiheit haben, um mit Ihren Kompetenzen die Aufgaben zu erledigen, und außerdem genau wissen, was wir/ ich von Ihnen erwarte/ n. • Wenn alle Kunden freiwillig zu uns kommen würden, bräuchten wir keine Zielvereinbarung. 60 3 Welche Bedeutung haben Ziele für den Erfolg? <?page no="61"?> Kommunikation muss wirksam sein! Klarheit und Empathie sind wichtig! • Wenn die Marktbedingungen einfach wären, würden wir mit einem Bruchteil der Mitar‐ beiter auskommen. • Natürlich verstehe ich, dass dies im ersten Moment für Sie frustrierend ist. Aber wenn Ihre Leistung aufgrund dessen im nächsten Jahr weiter niedrig bleibt, werden Sie im nächsten Jahr wieder eine niedrige Zielprämie erreichen. • Was bringt es Ihnen/ uns, wenn wir die Ziele niedrig ansetzen würden und damit auch die Geschäftsergebnisse schlechter wären. Unterm Strich gäbe es dann weniger zu verteilen. • Ich kann mir nicht vorstellen, dass es Ihr Interesse ist, in Zukunft die Leistungsprämie unabhängig der Zielerreichung ausbezahlt zu bekommen. • Ich mache jetzt seit x Jahren diesen Job. Und fast jeder Mitarbeiter ist der Meinung, dass das eigene (Aufgaben-)Gebiet besonders (schwer) schwach ist und er/ sie sich deshalb benachteiligt fühlt. Wäre es Ihnen lieber, wenn jeder gleich und unabhängig seiner Leistung bezahlt werden würde? • Wollen Sie damit sagen, dass ich mich unfair verhalte? • Wenn Sie der Meinung sind, dass ich Sie (bei Ihren Schwächen) falsch eingestuft habe, wo habe ich Sie dann bei Ihren Stärken falsch eingeschätzt? • Sind Sie der Meinung, dass Sie alles richtig gemacht haben und es keine Möglichkeit gibt, was Sie hätten besser machen können, um die Ziele zu erreichen? • Egal wie ich mich verhalte, es wird immer so sein, dass man eine Zielerrei‐ chung oder Übererfüllung hinnimmt und bei der Nichterfüllung Mühe hat, dies zu akzeptieren. • Herr Y, ich kann dies nicht nachvollziehen. Wir haben mehrmals innerhalb der letzten Monate über Ihr Verhalten geredet und es hat sich nichts verbes‐ sert. Und deshalb kann ich nicht verstehen, weshalb Sie jetzt so überrascht sind, dass ich Ihr Verhalten als schwach/ nicht ausreichend einstufe. • Das Gespräch jetzt soll ja auch dazu dienen, mit Ihnen gemeinsam Ihre Schwächen zu definieren, damit wir uns klar werden können, wie Sie diese reduzieren können. • Wenn ich Sie jetzt besser bewerte, als Sie sind, welche Motivation haben Sie dann, sich im nächsten Jahr weiterzuentwickeln? • Natürlich kann ich das verstehen. Aber Sie haben trotz des Feedbacks von mir in den letzten 3 Monaten an Ihrem Verhalten nichts verändert. Also weshalb soll ich Sie jetzt besser bewerten, als ich Sie einstufe? 3.5 Management by Objectives (MbO) 61 <?page no="62"?> Tipps und Regeln Tipp 1: In einer Teambesprechung verdeutlichen Sie die Ziele, die Sie mit Ihrer Führungskraft für Ihr Team vereinbart haben. Tipp 2: Die Mitarbeiter: innen werden persönlich zu Gesprächen eingeladen. Tipp 3: Das Gesprächsziel wird deutlich gemacht. Tipp 4: Die Mitarbeiter: innen bereiten sich auf das Gespräch vor. Tipp 5: Zu Beginn stellen Sie eine positive Atmosphäre her. Tipp 6: Die Mitarbeiter: innen machen ihre Sichtweise und Zielvorstellung deutlich. Tipp 7: Dann machen Sie den Beschäftigten Ihre Ziele und Erwartungen deutlich. Tipp 8: Beachten Sie, dass Sie sich nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner verständigen. 62 3 Welche Bedeutung haben Ziele für den Erfolg? <?page no="63"?> 4 Wie motiviere ich meine Beschäftigten? Die wichtigste Möglichkeit, Menschen zu motivieren, ist die Kommunikation. Lee Iacocca 4.1 Was versteht man unter Motivation? Diese Frage ist sicherlich eine der Fragen, die von Führungskräften am häu‐ figsten gestellt wird. So gut wie in jedem Führungsseminar wird diesem Thema viel Zeit gewidmet und sehr kontrovers diskutiert. Die Meinungen gehen hierbei vor allem bei den Methoden der Motivation auseinander. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob man Mitarbeiter: innen überhaupt motivieren kann? Diese Frage können Sie auch sich selbst stellen. Kann Ihr Chef Sie zu etwas motivieren? Ich denke, wie es auch in allen wissenschaftlichen Untersuchungen nachzulesen ist und wie auch die Erfahrung zeigt, sind wir Menschen von uns aus bereits motiviert. Sehr gut lässt sich das bei kleinen Kindern beobachten. Hier kann man beobachten, welchen Drang Kinder haben und wie neugierig sie sind und immer wieder nach vorne drängen. Es zeigt sich jedoch auch, wie oft Kinder durch die Eltern oder die Umgebung gebremst werden. Hierzu eine kleine Anekdote. Der kleine Fritz ist zweieinhalb Jahre alt und geht mit seiner Mutter in den Supermarkt zum Einkaufen. Der kleine Fritz rennt zwischen den Regalen hin und her, solange bis er seine Mutter nicht mehr findet. Eine Verkäuferin findet ihn schließlich, fragt ihn nach seinem Namen und sagt dann über den Lautsprecher Folgendes: Der kleine „Fritz Lass das“, sucht seine Eltern und kann im Büro abgeholt werden. Dieses Beispiel zeigt, wie intensiv wir durch die Umgebung geprägt werden, und diese Prägung dann langjährigen Einfluss auf uns hat. <?page no="64"?> Inspiration  Motivation  Fortschritt  Erfolg Jetzt zurück zum Arbeitsleben. Wie sieht es hier damit aus, dass wir Beschäftigte positiv und ne‐ gativ beeinflussen, und z. T. blockieren und de‐ motivieren? Ich gehe erst einmal davon aus, dass so gut wie alle Beschäftigten, wenn Sie eingestellt werden, motiviert sind (sonst würden sie nicht eingestellt werden). Erst einmal eingestellt stellt sich die Frage, inwieweit es Ihnen als Führungskraft ge‐ lingt, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen Motivation entstehen kann, damit Mitarbeiter morgens gerne zur Arbeit kommen Ich bitte Sie selbst einmal, darüber nachzu‐ denken, wie bei Ihnen morgens der Entscheidungsprozess zum Aufstehen aus‐ sieht. Sie liegen im Bett, der Wecker klingelt, Sie sind noch richtig müde und fühlen sich auch nicht so wohl wie an vielen anderen Tagen. Draußen regnet es, es ist noch dunkel und Sie sollen jetzt in der noch recht kalten Wohnung aufstehen und zur Arbeit gehen. Die Entscheidung hängt mit starker Sicherheit davon ab, wie gut Ihnen im Moment Ihre Arbeit gefällt und wie gut Sie mit Ihren Kollegen und Ihrer Führungskraft auskommen. Wenn Sie sich noch im Bett die Aussichten auf eine angenehme Atmosphäre, auf Spaß an der Arbeit usw. vorstellen können, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Sie sich für die Arbeit entscheiden. Sicherlich spielen bei dieser Entscheidung auch die persönliche Loyalität und das Pflichtbewusstsein eine Rolle. Dies wird aber für ein erfolgreiches Arbeiten nicht ausreichen. Als Konsequenz stellt sich die Frage, was Sie tun können, damit Ihre Teammit‐ glieder gerne zur Arbeit kommen? Was können Sie tun, damit eine innere Kraft in den Beschäftigten erzeugt wird, die ihn zum zielorientierten und engagierten Arbeiten motiviert? Mit diesem Thema beschäftigt sich das nächste Kapitel. Tipps und Regeln Tipp 1: Bei der Motivation handelt es sich um einen inneren Antrieb, der uns dazu anregt, etwas bewegen zu wollen und Ziele zu erreichen. Tipp 2: In der beruflichen Praxis geht es demnach um die Frage: „Was hat Ihre Beschäftigte für Gründe sich zu engagieren um Ziele zu erreichen? “ Als Folge daraus stellt sich für Sie persönlich als Führungskraft die Frage: Was tragen Sie zur Motivation der einzelnen Teammitglieder bei? 64 4 Wie motiviere ich meine Beschäftigten? <?page no="65"?> 4.2 Psychologie der Motivation Im Mittelpunkt des Führungsverhaltens steht der Beschäftigte und damit die Frage, wie groß der mögliche Einfluss auf dessen Motivation ist. Hierbei stellen sich Fragen wie: Wann sind wir motiviert? Was unterscheidet engagierte, leistungsstarke und motivierte Teammitglieder von jenen, die Dienst nach Vorschrift machen? Wo sind die Stellschrauben für Führungskräfte, die Motivation der Mitarbeiter: innen zu steigern? Warum ist der eine motiviert und der Kollege unmotiviert? Um motiviertes Verhalten besser verstehen zu können, unterscheiden wir zwischen zwei Variablen: Anreiz und Motiv. MOTIVE sind Beweggründe und persönliche Ziele, oder anders gesagt - un‐ sere innere Antriebsfeder. Je nach persönlicher Werte- und Verhaltenstendenz können diese unterschiedlich sein. ANREIZE sind Bedingungen/ Situationen, die unsere Motive so anregen, dass wir handeln. Entscheidend dabei ist die Bewertung der Situation durch die Person. • Sind unsere Motive groß, handeln wir auch bei schwachen Reizen motiviert. • Sind unsere Motive klein und der Anreiz groß, handeln wir ebenso motiviert. • Erst ein Zusammenspiel der beiden Variablen Anreiz und Motiv führt zu motiviertem Verhalten. Dies bedeutet im Alltag, nicht jeder Anreiz löst bei jedem dasselbe Verhalten aus, da jeder individuelle Motive in sich trägt. Durch die Kombination von Motiv und Anreiz entwickelt sich die Bereitschaft, in einer konkreten Situation auf eine bestimmte Art und Weise zu reagieren. Motivation kommt aus dem Lateinischen und bedeutet nichts anderes, als „sich bewegen“. Situation, Rahmenbedingungen, die uns veranlassen, etwas zu tun oder zu lassen Eigene Ziele und Bedürfnisse MOTIVATION wir essen Verhalten, hin zu angestrebten Zielzustand wir sind satt ANREIZ Brötchen MOTIV Hunger 4.2 Psychologie der Motivation 65 <?page no="66"?> Kennen Sie die Interessen Ihrer Beschäftigten? Wie gut kennen Sie sie? Für Sie als Führungskraft bedeutet dies, dass es Ihre Aufgabe ist zu prüfen, welche Motive Ihre Beschäftigten haben bzw. was ihnen wichtig ist, und ihnen dann entsprechende Anreize zu bieten. Grundsatz: Führungskräfte können ihre Teammitglieder nicht gezielt moti‐ vieren. Sie können aber Vorbild sein und Rahmenbedingungen schaffen, in denen Mitarbeiter: innen ihre Bedürfnisse befriedigen können und als Konse‐ quenz (meist auch) motiviert bleiben. Beispiel: Ein Teammitglied möchte sich fachlich weiterentwickeln, weil es in seinem Fachgebiet auf dem neuesten Stand sein bzw. sich als Experte auszeichnen möchte. Die Frage ist: Unter welchen Umständen wird es dafür seine ganze Energie einsetzen? Nehmen wir an, sein Motiv ist ganz einfach, seine Fähigkeiten weiterzuent‐ wickeln, um sein eigenes Selbstbild dadurch zu stärken oder weil ihn ganz einfach die Neugierde packt. Die entscheidende Frage ist jetzt: Ist die Füh‐ rungskraft in der Lage, ihm Aufgaben zu über‐ tragen, die ihn fordern, bzw. kann sie ihm die Möglichkeit anbieten, sich anderweitig zu qua‐ lifizieren? Ist sie es nicht, werden die Mitar‐ beiter: innen für die Arbeit wenig motiviert sein und vermutlich bald die Abteilung oder Firma verlassen. Nehmen wir aber an, die Mitarbeiter: innen haben das Bedürfnis, sich durch neues Wissen oder durch tolle Projekte mit anderen zu messen. Dies hat dann zur Folge, dass die ganze Energie in immer größeren oder schwierigeren Projekten eingesetzt wird, um sich zu profilieren oder den Kompetenzzuwachs den anderen zeigen zu können. Die Person wird dann frustriert sein, wenn sie keine Möglichkeit sieht, sich in anspruchsvollen Projekten mit anderen vergleichen zu können. Ihre Reaktion darauf wird vermutlich sein, dass sie entweder aufhören wird, sich zu qualifizieren, und in die „innere Kündigung“ geht oder aber enttäuscht einen neuen Arbeitgeber sucht. Oder aber Sie als Vorbild schaffen es, den Sinn von der grundsätzlichen Notwendigkeit ständiger Weiterbildung zu vermitteln, und sind selbst als Führungskraft so inspirierend (nicht überredend), dass der Mitarbeiter seine beruflichen Ziele überdenkt und sich auch ohne Aussicht auf anspruchsvollere Aufgaben weiterqualifiziert. 66 4 Wie motiviere ich meine Beschäftigten? <?page no="67"?> Drei HAUPTMOTIVE lassen sich aus der Psychologie der Motivation zusammenfassen: Motiv 1: Kommunikation, Kontakt und Nähe Positive Beziehungen und der Kontakt zu anderen sind die Bedürfnisse, die hier im Vordergrund stehen. Diese Bedürfnisse zu befriedigen, sind die Hauptziele bei Menschen mit diesem Motiv. Soziale Isolation/ Zurückweisung führen bei diesen Menschen schnell zu Unsicherheit oder gar Angst und einem niedrigen Selbstwertgefühl bzw. zur eigenen Entwertung. Menschen mit einem hohen Bedürfnis nach Kommunikation, Kontakt und Nähe brauchen den Austausch und den Kontakt mit anderen Menschen. Sie brauchen Lob und ehrliches Feedback. Tätigkeiten, die eher isoliert und abgeschottet ausgeführt werden, sind für diese Gruppe von Menschen nicht attraktiv. Sie würden schnell unglücklich und unmotiviert werden. Sie brauchen die Arbeit in Teams. Distanziertes Verhalten oder ein unklares Feedback wird bei diesen Personen schnell als Zurückweisung gewertet. Motiv 2: Macht und Dominanz Einfluss, Überlegenheit und Kontrolle sind die Bedürfnisse, die bei diesen Menschen im Vordergrund stehen. Den Status innerhalb einer Gruppe zu erhöhen, ist priorisiertes Ziel. Im Übermaß führt das zu aggressivem Verhalten. Regeln werden nicht be‐ achtet, alles als Wettkampf gesehen - vom Sympathieträger meist weit entfernt. Ist dieses Macht-/ Dominanzmotiv in verantwortungsvoller Weise ausge‐ prägt, führt dies zu einem sozial anerkannten Verhalten, oft mit gesellschaftli‐ chem Erfolg. Menschen mit diesem Motiv sind am meisten motiviert, wenn sie eine Gruppe führen und ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit haben. Motiv 3: Leistung/ Kompetenz/ Neugier Das Streben nach Leistung. „Ehrgeiz“ ist hier priorisiertes Bedürfnis, das es zu befriedigen gilt. Ziel ist jedoch nicht das Streben nach Ehre bzw. die Statusverbesserung, sondern der eigene Kompetenzausbau. Erfolg, Wissen und Fähigkeiten, um damit neue Maßstäbe zu setzten, sind die Ziele. Die Neugierde sorgt hierbei für die Informationsgewinnung als Grundlage zur Kompetenzer‐ weiterung. Erfolgsmotivierte setzen sich dabei realistische Ziele, sie haben Hoffnung auf Erfolg und schreiben diesen auch den eigenen Fähigkeiten zu. 4.2 Psychologie der Motivation 67 <?page no="68"?> Menschen mit dem Motiv Leistung/ Kompetenz/ Neugier können dieses Motiv auch zur Vermeidung von Misserfolg einsetzen. Sie meiden Herausforderungen, da die Furcht, einen Schiffbruch zu erleiden, viel größer ist. Übertragene Aufgaben sollten daher nicht sehr schwer sein. Einfache Aufgaben, die sie nicht erfüllen konnten, wirken auf diese Mitarbeiter wegen deren eigener Bewertung besonders frustrierend. Tipps und Regeln Tipp 1: Fragen Sie Ihre Mitarbeiter: innen nach deren persönlicher Motivation. • Was motiviert Sie, tagtäglich zur Arbeit zu kommen? • Beschreiben Sie Ihren idealen Arbeitsplatz (Tätigkeit, Führungsver‐ halten, Klima und Kontakte im Team, Gehalt) • Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Tätigkeit? • Was können Sie persönlich, was kann ich als Führungskraft tun, um Ihre Zufriedenheit und Motivation zu steigern? Tipp 2: Wenn Ihnen die Motivbzw. Bedürfnisstruktur Ihrer Beschäftigten klar ist, prüfen Sie die Übereinstimmung zu Ihren bisher eingesetzten Motiva‐ tions- und Leistungsanreizen. Sind diese Anreize für Ihre Teammitglieder passgenau und ausreichend? Tipp 3: Welche Motivationsmaßnahmen haben Sie noch nicht berücksichtigt? Tipp 4: Sind alle Ihre Beschäftigten an der für sie optimalen Stelle? Sind sie mit den ihnen entsprechenden Aufgaben betraut? 4.3 Welche Möglichkeiten zur Motivationssteigerung gibt es? „Jeder Chef hat die Mitarbeiter, die er verdient.“ (Zitat einer erfahrenen Führungskraft) Klar ist, dass es nicht möglich ist, Beschäftigte auf Dauer durch äußere Anreize wie Geld, Karriere, verbesserte Arbeitsbedingungen, Erleichterung bei der normalen Arbeit oder durch Druck zu motivieren. Warum nicht? Viele Führungskräfte stellen sich das Prinzip der Motivation ent‐ sprechend physikalischen Prinzipien vor. Eine träge Masse kann entweder durch Druck oder durch Zug in Bewegung gesetzt werden. In der Führungspraxis heißen die vergleichbaren Vorgänge: Zuckerbrot und Peitsche. Motivierung im engeren Sinne bedeutet jedoch, dass eine innere Kraft in einer Person 68 4 Wie motiviere ich meine Beschäftigten? <?page no="69"?> generiert wird, die dann eine Art „inneren Drang“, etwas erreichen zu wollen, erzeugt. Um diese innere Kraft zu entwickeln, ist es notwendig, dass Sie einen „persönlichen Draht“ zu den Beschäftigten entwickeln und jeden einzelnen als Mensch und nicht nur als Funktionsträger sehen. Erst dann haben Sie eine Chance, jedes Teammitglied mit allen Erwartungen und Bedürfnissen verstehen zu können, was wiederum Voraussetzung dafür ist, sich auf jede einzelne Person einzustellen zu können und zu besprechen, wie er/ sie unter den gegebenen Umständen die Ziele erreichen und den Anforderungen gerecht werden kann. Dies heißt für Sie, dass Sie sich auf jedes einzelne Teammitglied individuell einstellen und sich mit ihm auseinandersetzen müssen. Dafür benötigen Sie Zeit, Einfühlungsvermögen, Überzeugungskraft, eine klare eigene Vorstellung und die Überzeugung, Ihre Ziele selbst mit Ihrer Mannschaft erreichen zu können. Um das aber auch unmissverständlich deutlich zu machen, geht es nicht darum, Ziele zu vernachlässigen oder Qualitätsansprüche zu reduzieren. Es geht darum, mit den Beschäftigten individuell abzuklären, welchen Beitrag jeder zum Erfolg beiträgt und wie die definierten Ziele erreicht bzw. jeder den Anforderungen gerecht werden kann. Die in der Praxis oft ablaufenden „Motivierungsversuche“ stellen eher Mani‐ pulationsversuche oder Überredungsgespräche dar. Persönlichen Draht aufbauen / Vorbild sein / Ziele Anerkennung/ „inneren Kern“ des Beschäftigten erreichen Freiräume schaffen / Sinn vermitteln Druck Zug „Peitsche“ „Zuckerbrot“ ● Drohungen ● Anreize wie mögliche Beförderungen ● Geld (Bonus) ● Auto Motivation 4.3 Welche Möglichkeiten zur Motivationssteigerung gibt es? 69 <?page no="70"?> Tipps und Regeln Die wichtigsten Voraussetzungen für eine echte Mitarbeiter: innen-Motivation sind: Tipp 1: Eine gleichgewichtige partnerschaftliche Beziehung Tipp 2: Vorbild sein in allem und Vertrauen aufbauen Tipp 3: Das Schaffen eines persönlichen Drahts Tipp 4: Die Definition und regelmäßige Reflexion der Arbeitsziele; Mitar‐ beiter: innen müssen sich damit identifizieren können Tipp 5: Rückmeldung über die Arbeitsergebnisse und Anerkennung Tipp 6: Mitarbeiter: innen in die Entscheidungsprozesse einbeziehen Tipp 7: Vorbildlich und wertschätzend sein Tipp 8: Informieren, Transparenz schaffen und Sinn erzeugen Tipp 9: Die Teammitglieder müssen Wirkung spüren in dem, was sie tun; es muss sich lohnen Schon seit fast 50 Jahren ist bekannt, dass sich materielle Dinge wie Gehalt, Arbeitsplatzausstattung, Firmenwagen usw. nicht/ kaum zur Motivation eignen. (Damit ist nicht gemeint, dass zunehmend mehr Menschen ein hohes Gehalt haben möchten.) Diese Faktoren eignen sich höchstens zur Reduzierung der Unzufriedenheit, führen aber mittelfristig dazu, dass die Ansprüche immer höher werden. Stellen Sie sich vor, alle Außendienstmitarbeiter würden einen luxuriöseren Firmenwagen erhalten. Es wird Folgendes passieren: Nach einiger Zeit wird der neue Firmenwagen zum Standard. Dann wird es z. B. besonders er‐ folgreiche Mitarbeiter: innen oder Führungskräfte geben, die dann wieder einen noch besseren Wagen fahren wollen. Mittelfristig sensibilisiert die Verbesserung der Arbeitsumgebung die Mitarbeiter für genau solche Arbeitsbedingungsfak‐ toren und provoziert den Wunsch, es noch besser haben zu wollen. Sehr gut kann man dies in Branchen beobachten, denen es seit vielen Jahren finanziell sehr gut geht. Bis heute konnte ich jedoch keinen Zusammenhang zwischen der Arbeitszufriedenheit und Motivation und dem Luxus am Arbeitsplatz feststellen. Ganz deutlich lässt sich dies bei sogenannten „Garagenfirmen“ beobachten. Die Motivation der Mitarbeiter, die in solchen Firmen arbeiten, ist hoch, obwohl die Arbeitsbedingungen hier meist sehr bescheiden sind. 70 4 Wie motiviere ich meine Beschäftigten? <?page no="71"?> Gute Ideen bringen viel Geld. Aber viel Geld bringt keine Ideen! (Autor unbekannt) Was wirklich motivierend wirkt, sind die „ide‐ ellen Rahmenbedingungen“. Es geht um die Frage, was tun Sie als Führungskraft dafür, dass Beschäftigte unter leistungsfördernden und mo‐ tivierenden Rahmenbedingungen arbeiten können? Wenn Sie sich auf folgende Faktoren konzentrieren, dann tun Sie sehr viel dafür, dass Ihre Mitarbeiter: innen einen Arbeitsplatz haben, an dem sie motiviert und mit Spaß arbeiten werden. Klare Ziele Nur wenn Mitarbeiter: innen klare Ziele haben, können sie selbstständig in Ihrem Sinne arbeiten. Ziele geben die Richtung vor, sodass Mitarbeiter ihr Engagement darauf ausrichten und sie bei der Zielerreichung Erfolgserlebnisse haben (siehe hierzu ausführlich das Kapitel 3). Kontrolle / positives und kritisches Feedback In der Praxis erlebe ich es immer wieder, dass viele Führungskräfte überrascht sind, dass Kontrolle motivationssteigernd sein soll. Mitarbeiterorientiertes oder kooperatives Führen und Kontrolle passen scheinbar auf den ersten Blick nicht zusammen. Diese überraschte Reaktion lässt sich dadurch erklären, dass die meisten von uns mit Kontrolle negative Erfahrungen gemacht haben. Der Grund ist, dass wir in der Schule, bei der Ausbildung oder im Beruf meist mit dem Ziel kontrolliert wurden, Fehler zu entdecken. Gehen Sie einmal in sich und prüfen Sie sich selbst, mit welchem Ziel Sie Ihre Mitarbeiter: innen kontrollieren? Wesentlich konstruktiver für alle Beteiligten ist es, sich von den Mitarbeiter: innen Rückmeldung (Feedback) über den Stand der Arbeit geben zu lassen. Dieses Feedback besteht aus Fakten. Die positiven Fakten werden positiv bewertet. Für Abweichungen von der Vereinbarung, wie z. B. dem Ziel, werden diese Abweichungen festgestellt und dann Maßnahmen entwickelt oder aufgezeigt, die zur Zielerreichung und damit für den Erfolg notwendig sind. Wir Menschen können mit Verbesserungsvorschlägen viel besser umgehen als mit Kritik. Tipps und Regeln Auf was sollten Sie beim Feedback achten? Tipp 1: Feedback soll so konkret wie möglich sein. Beispiel: „Ihre Formulierungsfähigkeit hat sich für mich insbesondere ge‐ zeigt in den Sätzen: -…“ (Nicht: Sie können keine vollständigen Sätze bilden! ) 4.3 Welche Möglichkeiten zur Motivationssteigerung gibt es? 71 <?page no="72"?> Taffe Menschen brauchen keine Anerkennung! ? Tipp 2: Teilen Sie Ihre Wahrnehmungen als Ihre Wahrnehmungen, Ihre Vermu‐ tungen als Ihre Vermutungen, Ihre Gefühle als Ihre Gefühle mit. Beispiel: „Ich habe gesehen, dass Sie beim Reden stark gestikuliert haben und dass Ihre Stimme kräftig geklungen hat. Dabei haben Sie uns alle im Blick gehabt. Ich vermute, Sie haben sich sehr sicher in Ihrer Rolle gefühlt. Auf mich hat das sehr überzeugend gewirkt.“ (Nicht: Sie sind sehr überzeugend, weil Sie so ein sicheres Auftreten haben.) Tipp 3: Feedback soll auch positive Gefühle und Wahrnehmungen umfassen. Beispiel: „Sie haben auf mich sehr souverän gewirkt - vor allem durch Ihre lockere und offene Körperhaltung. Vor allem, dass Sie deutlich gesprochen haben, hat mir gut gefallen.“ (Nicht: Sie waren nicht so schüchtern, weniger verkrampft und haben nur selten genuschelt.) Tipp 4: Feedback geben bedeutet, Informationen zu geben, und nicht, die/ den andere/ n zu verändern. Beispiel: „Ich fand Ihre Präsentation gut. Ich würde mir jedoch wünschen, dass Sie ab und zu eine Pause machen oder etwas langsamer sprechen, damit ich besser mitschreiben kann.“ (Nicht: Ich fand Ihre Präsentation gut. Aber das nächste Mal müssen Sie langsamer sprechen, sonst kann man ja nicht mitschreiben.) Wertschätzung, Anerkennung und Respekt Für fast alle Menschen ist die Anerkennung bzw. Wertschätzung ein zentrales Bedürfnis. Wie wichtig uns Menschen dies ist, können Sie auch an sich selbst beobachten. Stellen Sie sich die Situation in einem Restaurant vor. Sie sind mit dem Essen und dem Service zufrieden. Sie bezahlen, und geben dem Kellner ein gutes Trinkgeld. Der Kellner steckt das Geld ein, und ohne sich zu bedanken, dreht er sich um und geht weg. In dieser Situation sind wahrscheinlich nicht nur Sie, sondern wir alle enttäuscht. Aber warum? Der Grund hierfür ist, dass der Wert (das Trinkgeld) nicht geschätzt wird. Für die Praxis bedeutet dies einfach, dass Sie jedem Beschäftigten gegenüber zeigen sollten, dass er/ sie wichtig ist und Sie die Person schätzen. Mitarbeiter: innen, die nur noch Missachtung erfahren und mit Ignoranz bestraft werden, werden nie engagiert arbeiten. Wie können Sie Wertschätzung zeigen? Wertschätzung zeigen Sie durch Aufmerksamkeit, Höflichkeit, persönliches Interesse an dem, was jeder einzelne tut, und durch Respekt. Ähnlich verhält es sich mit der Anerkennung. Bei fast allen Untersuchungen zeigt sich, dass Mitarbeiter: innen aller hierarchischen Ebenen die Anerkennung - oder anders formuliert: das Lob - am meisten vermissen. Hier stellt sich die Frage, ob es anmaßend ist, andere Personen zu bewerten. Ich schlage Ihnen vor, dass Sie dies für sich selbst prüfen. Beobachten 72 4 Wie motiviere ich meine Beschäftigten? <?page no="73"?> Sie sich, wie Sie reagieren, wenn Sie von anderen Menschen, z. B. von Ihrem ei‐ genen Vorgesetzen, gelobt werden. Problematisch halte ich jedoch ein Verhalten, in dem das Lob inflationär eingesetzt wird und damit an Wirkung verliert. Lob gibt es für Leistung und nicht zum Schmeicheln. Beispiel: Viele Führungsgespräche beginnen mit: „Frau/ Herr Y, Sie wissen ja, dass ich mit Ihrer Arbeit zufrieden bin …“. Sie können sich sicher schon vorstellen, wie es jetzt weiter geht. In den meisten Fällen folgt nun Kritik. Zum Beispiel: „…, aber ich kann nicht mehr akzeptieren, dass Sie in Besprechungen immer wieder-…“ Wir sind es gewohnt, Lob immer wieder in Verbindung mit Kritik zu formu‐ lieren. Ich glaube, der Grund liegt darin, dass jede Führungskraft irgendwann einmal lernt, dass sie ihre Teammitglieder loben soll. Dass „man“ dies auch wirklich tut, fällt den meisten erst dann ein, wenn sie eigentlich kritisieren möchten. Psychologisch gesehen ist es nämlich besser, vor der Kritik ein Lob auszusprechen (siehe folgendes Schaubild). Wenn vor der Kritik ein Plus (Lob) auf die Waagschale des Selbstwertgefühles gelegt wird, dann können wir mit der Kritik leichter umgehen. Denn dann ist trotz der Kritik wieder ein Ausgleich geschaffen. Immer dann, wenn das Selbstwertgefühl stärker im negativen Bereich liegt, wir also erst kritisiert werden, reagieren wir mit Abwehr, Rechtfertigung oder Gegenangriffen. Auf Dauer ist jedoch Lob auch nur dann wertschätzend, wenn es ehrlich verwendet wird, vor allem nicht nur in Verbindung mit Kritik. Darstellung des Eskalationsprinzips bei einer Kritik - + Ausgangssituation: Ausgeglichenes Selbstwertgefühl. Negative und positive Erfahrungen halten sich die Waage. „Ich fühle mich gut.“ + - - 4.3 Welche Möglichkeiten zur Motivationssteigerung gibt es? 73 <?page no="74"?> Situation nach einer Kritik: Selbstwertgefühl ist verletzt, sodass eine Gegenreaktion zur Wiederherstellung des Gleichgewichtes ausgelöst wird. - - + + Nach Gegenreaktion ist die Balance wieder hergestellt: Allerdings auf einem anderen Niveau. Die Situation ist angespannt. Der Mitarbeiter hat sich z. B. durch einen Gegenangriff ein Erfolgserlebnis (hier im Schaubild das +) geholt. Prinzip: Wie Du mir, so ich Dir. Deshalb sollten Sie immer erst loben, bevor Sie kritisieren, denn dann hören Ihnen die Beschäftigten besser zu. Lob ist allerdings nur dann wirksam, wenn es konkret und differenziert formu‐ liert ist. So konkret, dass sich Mitarbeiter: in die Situation genau vorstellen kann. Zum Beispiel: Ihren Bericht finde ich sehr gelungen. Ganz besonders gefallen mir die Struktur und die Argumente, die Sie im ersten Teil zum Widerlegen von XY verwendet haben“. Nicht: „Mir gefällt Ihr Bericht sehr gut. Aber im letzten Absatz-…“. Durch ein positives Feedback, hier in Form von Lob, geben Sie den Mitar‐ beitern: innen auch emotionale Sicherheit, die wiederum für eine gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit wichtig ist. Tipps und Regeln Tipp 1: Lob und Anerkennung soll konkret sein, am besten mit Beispielen verdeut‐ licht. Tipp 2: Lob soll hauptsächlich losgelöst von Kritik geäußert werden. Tipp 3: Bevor Kritik geäußert wird, soll der/ die Mitarbeiter: in gelobt werden. Hierbei ist es jedoch wichtig, dass das Lob wirklich ernst gemeint ist und nicht zur Manipulation eingesetzt wird. Vorbild der Führungskraft Ich bin davon überzeugt, dass „Vorbild sein“ mit zu den wichtigsten Motivati‐ onsfaktoren überhaupt gehört. Selbst wenn die Arbeit richtig Spaß macht, Ihre Mitarbeiter: innen über längere Zeit erfolgreich und engagiert arbeiten, aber 74 4 Wie motiviere ich meine Beschäftigten? <?page no="75"?> Sei jemand, der anderen Menschen das Gefühl gibt, jemand zu sein! keinen vorbildlichen Vorgesetzten haben, wirkt sich dies auf die Mitarbeiter: in negativ aus und die Motivation nimmt ab. Als Führungskraft erwarten Sie selbstverständ‐ lich, dass Ihre Beschäftigten z. B. kritikfähig sind. Aber wie verhalten Sie sich, wenn Sie kritisiert werden? Können Sie selbst mit Kritik umgehen? Können Sie dann noch sachlich und zielorientiert bleiben? Mit Ihrem Verhalten in Kritiksituationen bestimmen Sie die Arbeitsatmosphäre stark mit. Prüfen Sie deshalb für sich selbst, ob Sie eine Arbeitsatmosphäre haben, in der sich die Mitarbeiter: innen getrauen, Kritik zu äußern, um damit auch die inhaltlichen Aufgaben qualitativ oder quantitativ voranzutreiben? Wie sollen Mitarbeiter: innen reagieren, wenn sie täglich vorgelebt be‐ kommen, wie man der Kritik ausweicht oder gar wiederum dafür kritisiert werden oder über lange Zeit hinweg mit Sanktionen rechnen müssen? Diese Beispiele stehen stellvertretend für das ganze Führungsverhalten. Prüfen Sie sich selbst, was Sie z. B. in punkto Qualität, Zuverlässigkeit, Teamverhalten, Wertschätzung usw. vorleben. Damit Sie sich hier im Laufe der Zeit wirklich vorbildlich verhalten können, empfehle ich Ihnen, dass Sie sich regelmäßig, z. B. jährlich von Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Rückmeldung geben lassen, in Form einer Vorgesetzen-Rückmeldung. Seien Sie sich aber im Klaren darüber, dass die Führungskräfte, die dies am wenigsten nötig haben, das ehrlichste Feedback bekommen. Autoritäre Führungskräfte dagegen bekommen meist das zu hören, was sie hören möchten. In diesem Zusammenhang wird die Bedeutung des Vertrauens besonders deutlich. Hier geht es um die Fragen, ob Sie als Führungskraft selbst Ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen trauen? Dieses Verhalten wirkt sich wieder auf die Mitarbeitende aus. Umgekehrt geht es um die Frage: Können Ihnen Ihre Mitarbeiter: innen trauen? Sind Sie berechenbar oder eher launisch? Können sich Ihre Mitarbeiter: innen auf Sie verlassen, sodass auch sie in schwierigen Zeiten zu Ihnen stehen werden? Können Ihre Mitarbeiter: innen mit Problemen zu Ihnen kommen? Können Ihre Mitarbeiter: innen auch zu Ihnen kommen, wenn sie einen Fehler gemacht haben? Gibt es bei Ihnen eine Atmosphäre, in der man Fehler zugeben kann? Nur wenn Sie dies schaffen, haben Sie eine Chance, hochwertige Arbeit zu erhalten. Nur so ist es möglich, dass Fehler nicht vertuscht, sondern korrigiert werden und sich die Arbeitsqualität dadurch steigert. 4.3 Welche Möglichkeiten zur Motivationssteigerung gibt es? 75 <?page no="76"?> Tipps und Regeln Tipp 1: Prüfen Sie immer wieder, ob Sie in Ihrem Verhalten als Mensch und Führungskraft vorbildlich sind. Lassen Sie sich immer wieder Rückmeldung geben. Tipp 2: Prüfen Sie, mit welcher Absicht Sie Ihre Beschäftigten kontrollieren. Tipp 3: Zeigen Sie Ihren Mitarbeitern: innen, dass Sie Ihnen vertrauen, zeigen Sie selbst Zivilcourage und setzen Sie sich für Ihre Mitarbeiter: innen ein. So wird sich das Vertrauensverhältnis zunehmend steigern. Tipp 4: Prüfen Sie, ob Sie in Ihrem Verhalten berechenbar sind. Transparenz und Informationsfluss Damit die Beschäftigten eigenverantwortlich arbeiten können, damit sie auch den Sinn Ihrer Arbeit nachvollziehen können, benötigen sie Informationen. Aus unseren Untersuchungen wissen wir, dass über 80 % der Beschäftigten aller hierarchischen Ebenen den Eindruck haben, dass sie zu wenige Informa‐ tionen von ihren Vorgesetzten für ihre Arbeit erhalten würden. Interessant ist, dass über 63 % der Führungskräfte selbst der Meinung sind, dass sie ihre Mitarbeiter: innen differenziert und umfassend informieren würden. Diese Zahlen sind insofern von Bedeutung, da die gleichen Führungskräfte in der Hierarchie auch wieder Mitarbeiterin oder Mitarbeiter sind. Wie können diese Zahlen interpretiert werden? Schaut man genauer hin, dann stellt man fest, dass es im Alltag zwischen Beschäftigten und Führungskräften selten Absprachen über die Art und Weise und die Inhalte des Informationsflusses gibt. Deshalb empfehle ich Ihnen, mit Ihren Mitarbeitern: innen einzeln oder im Team das Thema Informationsfluss zu thematisieren und Absprachen zu treffen. Hier geht es darum abzuklären, welche Informationen Sie grundsätzlich haben und weitergeben können. Es geht auch darum abzuklären, welche Informationen Sie unter Umständen noch nicht preisgeben können, da es noch keine Entscheidung z. B. der Leitungsebene oder Ihres eigenen Vorgesetzten gibt. Es ist auch wichtig abzuklären, welche Informationen oder in welchen Situationen sich der Mitarbeiter die Informationen selbst beschaffen muss. Bei diesem Thema wird deutlich, weshalb Sie als Führungskraft „Dienstleister Ihrer Teammitglieder“ sind. Sie sind dafür verantwortlich, die Rahmenbedin‐ gungen zu schaffen, in denen Ihre Mitarbeiter: innen gut arbeiten können. 76 4 Wie motiviere ich meine Beschäftigten? <?page no="77"?> Entwicklungsmöglichkeiten / Alternative Tätigkeiten Genauso wie wir Ziele benötigen, haben viele Menschen das Bedürfnis, sich weiterzuentwickeln. Dieses Be‐ dürfnis kann viele Ursachen haben. Es kann sein, dass jemand Ihres Teams Karriere machen möchte, entweder, weil das Teammitglied mehr Freiräume oder Macht haben will oder aus Image- oder auch aus finanziellen Gründen. Viele Men‐ schen wollen leider nur deshalb und nicht, weil sie Menschen führen wollen, befördert werden. Wenn Mit‐ arbeiter: innen das Bedürfnis nach Weiterentwicklung oder nach Veränderung haben, gibt es mehrere Möglich‐ keiten, damit umzugehen. Ist die berufliche Entwicklung dem Teammitglied sehr wichtig und diese Möglichkeit wird aber nicht angeboten, dann wird sich die Person anderweitig umsehen und kündigen. (Der Mitarbeiterwechsel bei einer qualifizierten Fachkraft kostet die Firma ca. ein Jahresgehalt. Hier sollte man sich wirklich überlegen, wie oft man sich dies leisten kann.) Für Sie als Führungskraft ist wichtig, dass Ihnen die Entwicklungsmöglichkeiten transpa‐ rent sind. Sie sollten die Stärken und Schwächen Ihrer Teammitglieder kennen und diese mit ihnen besprechen. Sprechen Sie mit Ihren Beschäftigten auch über deren Entwicklungsmöglichkeiten und wie sie es schaffen, mindestens einen Teil dieser Bedürfnisse in der gegenwärtigen Situation zu befriedigen, bzw. zeigen Sie Perspektiven auf. So haben Sie die Chance, einen Teil der Beschäftigten an das Unternehmen zu binden. In großen Betrieben und zuneh‐ mend auch in der öffentlichen Verwaltung ist es meist so, dass es sogenannte Personal-Entwicklungsgespräche oder sogenannte Jahresgespräche gibt, bei denen genau darüber mit den Mitarbeitenden gesprochen wird. In „kleineren“ Betrieben gibt es oft keine Alternative nach „oben“. In diesen Situationen geht es dann darum, mit den Beschäftigten nicht über Karriere zu reden, sondern über die Alternativmöglichkeiten, die dem Einzelnen zur Verfügung stehen. Manchmal gelingt es sogar, nachdem jemand Firma für einige Jahre verlassen haben, sie wieder mit einer höheren Qualifikation zurückzu‐ holen. Dies sind dann besonders „wertvolle“ Teammitglieder, da sie sich dann meist weiterqualifiziert haben und diese Mitarbeitenden genau wissen, was 4.3 Welche Möglichkeiten zur Motivationssteigerung gibt es? 77 <?page no="78"?> sie an „ihrer“ Firma haben und worauf sie sich einlassen; das Risiko, eine Fehlentscheidung zu treffen, ist eher gering. Tipps und Regeln Tipp 1: Reden Sie mindestens einmal jährlich mit Ihren Teammitgliedern über die beruflichen Entwicklungsvorstellungen und zeigen Sie deutlich auf, welche Alternativen es im Moment gibt. So tragen Sie viel dazu bei, dass leistungsstarke Mitarbeitende in der Firma bleiben und nicht wechseln. Tipp 2: Prüfen Sie, inwieweit Sie das berufliche Fortkommen Ihrer vor allem starken Mitarbeitenden positiv unterstützen oder ob Sie es eventuell sogar bremsen. Tipp 3: Prüfen Sie, inwieweit Sie Ihrer Vorgesetzten-Fürsorgepflicht den Mitarbei‐ tenden gegenüber gerecht werden Einbindung der Beschäftigten bei Entscheidungen Sie kennen alle die Aussage: „Er/ Sie hätte mich vorher ruhig fragen können.“ Was sagt uns dieser Satz? Dieser Satz zeigt uns, dass wir mit vielen Dingen einverstanden wären, wenn wir vorher wenigstens gefragt worden wären. Hier geht es zum einen um das Thema Wertschätzung und zum anderen darum, dass wir viele Entscheidungen akzeptieren, wenn mit uns darüber vorher gesprochen wird, damit wir eine Chance haben, die Hintergründe zu verstehen und die Entscheidung nachvollziehbar ist. Erst dann können wir den Sinn verstehen, denn ohne Sinn gibt es keine Motivation. Die Motivation können Sie weiter positiv steigern, indem Sie das Team bei Problemlöseprozessen aktiv mit einbinden und das Potenzial der Einzelnen so zusätzlich nutzen. Wenn das Team an Besprechungen teilnimmt, bei denen Sie den Eindruck haben, dass ihre Meinung ohne Bedeutung ist, führt dies sehr schnell zu Frustration. Die entscheidende Frage im Entscheidungsfindungsprozess ist: Sind Sie persönlich bereit, sich von Ihren Mitarbeitenden auch überzeugen zu lassen? In der Praxis beantworten diese Frage viele Führungskräfte mit „Ja, wenn ich vernünftige oder schlagkräftige Argumente höre.“ Selbst die uneinsichtigste Führungskraft wird so argumentieren. Deshalb sollten Sie Ihr Verhalten in der Praxis ernsthaft prüfen. Prüfen Sie selbst, wie oft Sie in der Vergangenheit bereit waren, Ihre Meinung aufgrund von Mitarbeiterargumenten zu ändern? Ich empfehle Ihnen auch zu prüfen, wie oft Sie womöglich selbst diesen Satz zur Rechtfertigung der eigenen Sturheit verwenden. Delegation / selbstständiges und eigenverantwortliches Arbeiten Durch Delegation entlasten Sie sich u. a. für Ihre Führungsaufgaben. Mindestens genauso wichtig ist die Delegation für die Leistungsmotivation jedes Einzelnen. 78 4 Wie motiviere ich meine Beschäftigten? <?page no="79"?> Durch die Delegation können Sie Ihren Teammitgliedern zeigen, wie viel Vertrauen Sie Ihnen gegenüber haben. Voraussetzung hierfür ist, dass Sie die Aufgaben und die Ziele klar formulieren. Der eigentliche Vorteil der Delegation liegt darin, dass die Teammitglieder eigenverantwortlich und selbstständig arbeiten können. Damit verschaffen sich die Beschäftigten selbst Erfolgserleb‐ nisse, wachsen damit an ihren Aufgaben und können sich mit der Arbeit besser identifizieren, was wiederum Voraussetzung für persönliches Engagement ist (siehe hierzu ausführlicher Kapitel 5 zum Thema Delegation). Tipps und Regeln Tipp 1: Überprüfen Sie systematisch, welche Aufgaben Sie welchem Teammitglied delegieren, also übertragen können. Denken Sie daran, dass Führungsauf‐ gaben nicht delegiert werden können. Tipp 2: Beschäftigen Sie sich mit Ihren Teammitgliedern. Damit legen Sie eine wichtige Grundlage für die Motivation. Zeigen Sie Interesse an ihnen. Tipp 3: Achten Sie darauf, was Ihren Beschäftigten wichtig ist oder was sie stört. Nur so können Sie Ihr eigenes und deren Verhalten so steuern, dass Sie die Ziele erreichen und gleichzeitig eine hohe Motivation erreichen. Tipp 4: Vermeiden Sie, Mitarbeiter: innen unnötig zu enttäuschen. Dies gelingt Ihnen am besten dadurch, dass Sie Ihre Beschäftigten wirklich kennen. Tipp 5: Lassen Sie sich selbst regelmäßig Rückmeldung für Ihr eigenes Führungs‐ verhalten geben. Tipp 6: Besprechen Sie mit Ihren Teammitgliedern die Ziele, „laden“ Sie diese emotional auf, in dem Sie deren Bedeutung hervorheben, und vereinbaren Sie, wie Feedback stattfinden soll. Tipp 7: Binden Sie Ihr Team in Entscheidungsprozesse mit ein und nehmen Sie deren Argumente und Erfahrungen ernst. Hinterfragen Sie Vorschläge immer wieder und stärken Sie Querdenker. Tipp 8: Denken Sie daran, dass Motivation nur dann funktionieren kann, wenn Sie selbst Vorbild sind, also das vorleben, was Sie erwarten. Zusammenfassend kann Motivation entstehen, wenn Sie Mitarbeiter: innen an Entscheidungsprozessen partizipieren lassen (beteiligen), wenn Sie klare Ziele formulieren und auch kontrollieren, Sie Ihre Aufgaben und Ihren Qualitätsan‐ spruch hochhalten und wenn Sie sich darüber hinaus um die Beschäftigten kümmern. Durch die Mitarbeitendepartizipation, durch das „sich kümmern um jeden Einzelnen“, (Mitarbeitende-Orientierung) und die konsequente Zielverfolgung 4.3 Welche Möglichkeiten zur Motivationssteigerung gibt es? 79 <?page no="80"?> bei der Aufgabenorientierung erreichen Sie eine hohe Zufriedenheit und Enga‐ gement bei Ihren Teammitgliedern (siehe auch folgende Fragen). Checkliste: Kann ich meine Beschäftigten gut motivieren? Damit Sie sich hierzu besser einschätzen können, haben Sie im Folgenden die Möglichkeit, das eigene Verhalten selbst zu reflektieren. Sprechen Sie auch mit Ihren Beschäftigten darüber! • Habe ich meine Beschäftigten ausreichend eingearbeitet oder intensiv einarbeiten lassen? (Bin ich mir sicher? ) ja/ nein • Habe ich mich eingehend über die Kenntnisse und Fähigkeiten meiner Mitarbeiter: innen informiert? (Habe ich Interesse an ihnen? ) ja/ nein • Habe ich konkrete Arbeitsziele einvernehmlich mit den Mitar‐ beiterinnen und Mitarbeitern festgelegt? ja/ nein • Kenne ich die Stärken und Interessen meiner Mitarbeiter? ja/ nein • Identifiziere ich mich mit den Zielen und der Firmenvision? ja/ nein • Lasse ich meinen Beschäftigten wirklich genügend Freiräume? ja/ nein • Behandle ich die Beschäftigten gerecht und fair? ja/ nein • Bin ich bereit, auch Kompetenzen zu delegieren und Macht abzugeben? ja/ nein • Rege ich Mitarbeiter: innen zum Querdenken und Hinterfragen von Bestehendem und neuen Ideen an? (Habe ich auch ein offenes Ohr dafür und fördere ich diese Einstellung? ) ja/ nein • Bin ich bereit, eigene Fehler einzugestehen? ja/ nein • Hat Anerkennung und Lob einen deutlich höheren Stellenwert im Alltag als die Kritik? (Bin ich kritik- oder lernorientiert? ) ja/ nein • Bin ich bereit, mich selbst mit Feedback und Kritik meiner Mitarbeiter: innen auseinanderzusetzen? ja/ nein • Bin ich wirklich mitarbeiter- und weniger unternehmensorien‐ tiert? ja/ nein • Bin ich bereit, Beschäftigte auf mein mögliches eigenes Fehlver‐ halten anzusprechen? ja/ nein • Bin ich bereit, Erfolge und Engagement meiner Mitarbeiter: innen anzuerkennen und dies auch zu sagen? ja/ nein • Halte ich Abmachungen und Versprechungen verlässlich ein? ja/ nein 80 4 Wie motiviere ich meine Beschäftigten? <?page no="81"?> • Bin ich von meiner Tätigkeit überzeugt und erkenne selbst einen Sinn darin und kann alle im Team dafür begeistern? ja/ nein • Bin ich selbst engagiert und ein wirkliches Vorbild? ja/ nein • Lebe ich meine Werte vor und sind diese mit der Firma kompa‐ tibel? ja/ nein Haben Sie mehr als 16 Fragen mit „ja“ beantwortet, können Sie sich getrost als guten „Motivator“ bezeichnen. Beantworten Sie mehr als fünf Fragen mit „nein“, so könnte es lohnenswert sein, sich intensiver mit motivationsfördernden Verhaltensweisen und Ihrem eigenen Führungsstil auseinanderzusetzen. 4.4 Wie schaffen Sie ein Vertrauensverhältnis zu Ihren Beschäftigten? Wie die persönliche Vorbildfunktion als Führungskraft ist das Vertrauen, das Sie selbst Ihren Mitarbeitenden gegenüber zeigen, ein zentraler Motivationsfaktor. Sicherlich gibt es Mitarbeiter: innen, die unabhängig von Ihrem Führungsver‐ halten voller Misstrauen sind. Mit diesen können Sie, wenn überhaupt, nur mittelfristig Stück für Stück mehr Vertrauen entwickeln. Im täglichen Miteinander kommt es darauf an, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Ihnen als Führungskraft „trauen“ können. Dieses „Ich kann ihm trauen“ ist vor allem für schwierige Situationen entscheidend, da nur so offen und konstruktiv Probleme angesprochen und gelöst werden können. Vertrauen entsteht, wenn Sie als Führungskraft „echt“ sind. Wenn Sie Gefühle zeigen können und ehrlich sind. Zu Führungskräften, die immer „Poker Face“ zeigen, kann man kein Vertrauen entwickeln, da man sich nie sicher ist, wie der andere im Moment zu einem steht. Denken Sie daran, dass Sie als Führungskraft auch „Mensch“ sind. Sicherlich wird es Situationen geben, in denen Sie eine Rolle spielen, in denen Sie persönlich gegen Ihre persönliche Überzeugung Anordnungen ausführen müssen und zusätzlich noch Ihre Mitarbeitenden dazu motivieren sollen. Ich glaube aber nicht, dass Sie damit auf Dauer erfolgreich sein können. Nur wenn Sie es schaffen, ehrlich, gradlinig und integer zu sein, werden Sie für die Mitarbeiter berechenbar. Das heißt, die Mitarbeiter wissen, womit sie rechnen müssen, und dies gibt Sicherheit und schafft Vertrauen. 4.4 Wie schaffen Sie ein Vertrauensverhältnis zu Ihren Beschäftigten? 81 <?page no="82"?> Vertrauen entwickelt sich und lässt sich nicht einfordern! Eine weitere Grundlage des Vertrauens ist das Sich-verstehen-Können. Denn erst dann, wenn Sie das Gefühl haben, dass der andere Ihre Gedanken oder Ihr Verhalten nachvollziehen kann, sind Sie bereit, sich persönlich weiter zu öffnen. Dieses Sich-persönlich-Öffnen ist ein Zeichen des Vertrauens und dann in Folge wieder ein Beitrag zum gegenseitigen Verständnis. Mitarbeiter reagieren sehr sensibel darauf, wie die eigene Chefin oder der eigene Chef mit eigenen Fehlern und mit denen anderer umgeht. Zeigen Sie Stärke und stehen Sie zu Ihren eigenen Fehlern. Mitarbeiter: innen achten stark darauf, ob Sie ihnen auch in schwierigen Situationen den Rücken stärken. Deshalb sind Fehler, die die Beschäftigten machen, nach außen immer Ihre Fehler als Chef: in. Intern sollten natürlich Fehler geklärt werden. „Leider“ werden oft Misserfolge den Teammitgliedern und die Erfolge sich selbst zugeschrieben. Was zunehmend ins Licht des öffentlichen Interesses stößt, ist, dass Sie mora‐ lisch „anständig und vorbildlich“ sind. Dies hört sich sehr konservativ an, ist aber ein wichtiger Baustein für eine tragfähige Beziehung zu Ihren Mitarbei‐ tern: innen. Sie können nicht mit Wissen der Mitarbeiter: innen, Kollegen oder bei Kunden immer nur auf die eigenen Vorteile achten, Sie können andere auch nicht belügen, taktisch unfair sein, selbst alle Möglichkeiten des persönlichen Vorteils ausnutzen und dann von den Beschäftigten erwarten, dass er Sie noch als vertrauensvoll und integer schätzt. Im Alltag sind dies dann oft auch die Führungskräfte, die sich über das „egoistische Verhalten“ der Mitarbeitenden wundern. Seien Sie sich aber auch bewusst, dass sich das vertrauensvollste Verhältnis zu den Mitarbeitenden oder Kollegen schnell ändern kann. Auch deshalb ist es sinnvoll, sich immer vorbildlich zu verhalten, damit Sie nicht erpressbar sind. Ich finde es mehr als bedauerlich, wenn, wie im Moment durch die Presse öfter bekannt wird, Top-Manager von großen Konzernen wegen der Weitergabe von Insiderwissen, wegen utopischen Abfindungen oder wegen unberechtigter Inanspruchnahme von Luxusreisen angeklagt werden. Bedauerlich ist nicht nur deren eigener Imageschaden, sondern vor allem die Auswirkungen auf die Firma, ganz besonders auf deren Teammitglieder. Mitarbeitende werden sich bei solchen „Vorbildern“ schwertun, weiterhin loyal und ehrlich dem eigenen Arbeitgeber gegenüber zu sein. Es ist nicht nur bedauerlich, sondern auch ärgerlich. Es ist ebenso bedenklich, wenn dann auch bekannt wird, dass solche Manager auf der finanziellen Ebene erfolgreich sind und für die Firmen hohe Gewinne einfahren. Leicht kommt man 82 4 Wie motiviere ich meine Beschäftigten? <?page no="83"?> da in Versuchung. Die Frage ist: Für wie lange geht dieses Gebaren gut und mit welchen Kosten für das Firmenimage und die Mitarbeiterdemotivation ist dies verbunden? Bleiben Sie trotz solcher Verfehlungen anderer ein angesehener, rechtschaff‐ ender Bürger und eine professionelle Führungskraft! Ich habe schon viele Karrieren genau an diesen Punkten scheitern gesehen. 4.5 Agiles Führen oder agiles Leadership ist in vielen Bereichen Vorbild für eine gelungene Motivation Das Menschenbild in agilen Organisationen Führungskräfte, die agil führen, gehen davon aus, dass Menschen mit der richtigen Aufgabe und den passenden Rahmenbedingungen ein eigenständiges Interesse entwickeln, ein Team oder ein Unternehmen weiterzuentwickeln. Was bedeutet das konkret? • Unter der „richtigen Aufgabe“ ist zu verstehen, dass für eine hohe Trans‐ parenz gesorgt wird, sodass die Beschäftigten einen Überblick über die Situation und Klarheit dafür bekommen, wofür sie arbeiten. Sie haben dadurch die Chance, den Sinn ihrer Aufgabe zu erkennen und können sich so mit ihr identifizieren. Sie wissen, für wen sie arbeiten, welche Aufgaben sie anpacken und welche Probleme sie lösen sollen. • Mit den „passenden Rahmenbedingungen“ wird deutlich, dass möglichst alle Hindernisse beseitigt werden, die einen daran hindern könnten, die Auf‐ gaben zu erfüllen. Das könnte sein: fehlendes Wissen, unnötige Meetings, aufwendige Bürokratie (viele Dokumentationen etc.), unklare oder wech‐ selnde Prioritäten, schleppende oder unklare Entscheidungen, respektloser Umgang miteinander, kein teamübergreifendes Denken/ Handeln und eine unrealistische Anforderung. Dies sind alles Hindernisse, die ein erfolgrei‐ ches und damit auch motivierendes Verhalten erschweren. • „Eigenständiges Interesse“ meint, dass Menschen Motivation für ihre Arbeit entwickeln, ohne dass extrinsisch nachgeholfen werden muss. Es geht ihnen nicht um Geld oder Status. Vielmehr geht es darum, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Dieser Antrieb sorgt für das Maximum an möglicher Leistungsfähigkeit. Im Kontext des agilen Leaderships wird davon ausgegangen, dass die Beschäf‐ tigten durch ein weitestgehend selbstbestimmtes Arbeiten in einem klar defi‐ nierten Rahmen einen hohen Eigenantrieb, ein hohes Engagement und ein hohes Verantwortungsgefühl entwickeln. 4.5 Agiles Führen 83 <?page no="84"?> Warum sind viele Beschäftigte bei agil geführten Unternehmen hoch motiviert? Grundsätzlich ist das Hauptziel der Beschäftigtenmotivation, die Leistung und damit den Output zu steigern. Dieses Ziel haben auch agil geführte Organisationen, auch wenn die Struktur sehr flach ist und die Beschäftigten sehr viel Verantwortung für ihr eigenes Tun haben. Hier bestätigt sich ganz besonders, dass u. a. die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen besonders hoch ist, wenn sie persön‐ liche Handlungsfreiräume erhalten, um selbst entscheiden zu dürfen. Dadurch werden oft notwendige Veränderungen beschleunigt und die Flexibilität und die Bereitschaft zur Anpassung ans Team, nehmen zu. Diese Erfahrungen machen insgesamt deutlich, welche Motivationsfaktoren besonders wichtig sind. Darüber hinaus können sie insgesamt als Vorlage für das eigene Handeln dienen, auch wenn Sie in Ihren Unternehmen noch wenig oder nicht agil führen und arbeiten. Anforderung 1: Ohne Sinn gibt es keine Motivation Es stellt sich grundsätzlich die Frage, ob wir einen Sinn in unserem tätlichen Tun erkennen oder nicht? Wenn das nicht der Fall ist, lässt die Motivation und damit die Leistung schnell nach. Wenn wir keinen Sinn erkennen ist, wäre es selbstlos oder gar unnütz, eine bestimmte Tätigkeit auszuführen. Die Frage nach dem Sinn stellt sich regelmäßig. Beispiele: • „Was macht es für einen Sinn, täglich bzw. regelmäßig xy zu tun? • „Warum sollte ich mehr oder schneller arbeiten? Damit werden doch ohnehin nur die Eigentümer noch wohlhabender.“ • „Warum soll ich täglich zu Fuß in den fünften Stock und wieder zurück‐ laufen? “ Antwort: Weil meine Führungskraft dies so will? oder Weil es mir hilft, mein Fitnessprogramm zu erfüllen? Das letzte Beispiel zeigt, dass es ggf. das gleiche Verhalten sein kann, nur wird sich das Engagement in Abhängigkeit des Sinns sofort verändern. Anforderung 2: Mitarbeiterorientiert, nicht unternehmenszentriert denken und handeln! Auch bei der Anforderung 2 wird anhand der Erfahrungen aus agil geführten Unternehmen deutlich, dass Beschäftigte deutlich engagierter sind, wenn sie 84 4 Wie motiviere ich meine Beschäftigten? <?page no="85"?> erkennen, dass sie im Zentrum stehen und wichtig sind, und nicht das Unter‐ nehmen. Diese Aufwertung der Beschäftigten führt dazu, dass sie durch die Zentrie‐ rung eine bessere Übersicht über die Situation und Prozesse haben, die Kunden auch besser verstehen können, und dadurch wesentlich schneller einen Sinn in dem erkennen, was sie täglich tun. Sie erkennen fast selbstverständlich, welchen Mehrwert bzw. welchen Nutzen sie selbst bieten, dies führt in Folge zu einer Motivations- und Performance-Stei‐ gerung. Durch die hohe Transparenz und die hohe Verantwortung an jedem Ein‐ zelnen wächst der Teamgedanke, sodass nicht mehr die Leistung des Einzelnen, sondern die des gesamten Teams im Zentrum steht. Indem ihre individuelle - und die Gesamtleistung anerkannt und gewert‐ schätzt wird, steigt das Engagement. Das wiederum ist im Interesse aller, auch des Arbeitgebers. Anforderung 3: Die Ergebnisqualität, nicht die Liefermenge steht im Zentrum Den Fokus auf die Arbeits- oder Liefermenge zu legen, macht schnell Druck, bzw. wird der Sinn für diese Zahlen schnell vergessen. Wird jedoch ein Ziel mit dem Sinn, z. B. für die Kundenzufriedenheit formu‐ liert, ist das wesentlich einfacher nachzuvollziehen, sodass das Engagement und auch die Bereitschaft, Qualität zu liefern, deutlich höher sind. Deshalb achten Sie beim Delegieren besonders darauf, wie Sie Aufträge an die Beschäftigten kommunizieren. (Siehe hierzu auch Kapitel 5: Wie delegiere ich richtig? ) Anforderung 4: Motivieren, nicht kontrollieren Performance Management wird oft als reines Kontrollinstrument verstanden, mit dem durch Vorgaben (Ziele, Anforderungen, Kennzahlen etc.) die Beschäf‐ tigten bewertet werden. Damit erhält ein wichtiges Instrument einen negativen Touch, sodass das hier inliegende Potenzial nicht wirklich genutzt wird. Neben dem Sinn einer Aufgabe haben Vorgaben, Erwartungen oder Ziele eine sehr wichtige Motivationsfunktion. Denn immer dann, wenn Ziele oder Ähnliches erreicht werden, entstehen Erfolgserlebnisse. Das bedeutet: Wenn Führungskräfte ihre Erwartungen nicht klar formulieren oder gar die Kundenerwartungen nicht klar und transparent sind, können keine Erfolgserlebnisse entstehen und gibt es deshalb keine Motivation. 4.5 Agiles Führen 85 <?page no="86"?> Darüber hinaus erfüllen Ziele eine zwingende Anforderung, wenn Menschen zusammenarbeiten und sie selbstständig und eigenverantwortlich arbeiten sollen. Anforderungen an motivierende Ziele • Ziele müssen realistisch sein. • Ziele müssen eine Herausforderung sein. (Wann wird ein Ziel herausfordernd? Dann wenn sich jemand aus seiner Komfortzone lösen muss und bei einem engagierten Herangehen die Erwar‐ tungen erfüllen kann) • Ziele müssen sozial und wirtschaftlich akzeptiert werden. • Die Beschäftigten müssen in der Lage sein, die individuellen Fortschritte und die des Teams zu erkennen (verständlich und transparent). • Ziele werden immer in der Gegenwart formuliert. (Vorsicht: Dies fällt oft schwer, da es grammatikalisch falsch ist, aber psychologisch richtig. Beispiel: „Das Team fertigt bis zum 30. Juni den ersten funktionsfähigen Prototyen an. Nicht: Das Team wird bis zum 30. Juni den ersten funktionsfähigen Proto‐ tyen anfertigen.) • Ziele bzw. grundsätzliche Vorgaben müssen messbar = beobachtbar sein. Performance Management bedeutet übersetzt „Leistungsmanagement“. Dieses versucht mit den unterschiedlichsten Instrumenten, die Leistung der Beschäftigten zu steigern. Dabei geht das Performance Management davon aus, dass die Leistung einer Organisation von der Leistungsfähigkeit und der Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter bestimmt wird. Die Leistungsfähigkeit ist dabei abhängig von der Personalauswahl und der Personalentwicklung, die Leistungsbereitschaft von den Aufgaben, der Führung und dem Umgebungszustand. Anforderung 5: Kontinuierliche Verbesserung und Feedback statt Jah‐ resgespräch In den meisten Firmen und auch Behörden finden jährlich (einbis zweimal) Mitarbeitergespräche statt. Die Zeit vor dem Feedback ist für alle Betroffenen, auch für die Führungskräfte selbst, eine kritische Zeit. Die Beschäftigten verhalten sich oft besonders freundlich und engagiert, und die Führungskräfte müssen irgendwie versuchten, die Vorbereitungszeit in ihr Tagesgeschäft zu integrieren - Stress für alle. 86 4 Wie motiviere ich meine Beschäftigten? <?page no="87"?> Doch damit verlieren die Gespräche das eigentliche Ziel des Performance Managements. Denn die Rückmeldung, die die Betroffenen oft nur abstrakt und losgelöst von der damaligen Situation erhalten, und sich die Inhalte der Gespräche in aller Regel wiederholen, verlieren damit ihren Sinn. Ganz besonders fällt auf, dass die Vereinbarungen am Ende des Gesprächs und die definierten Entwicklungs- oder Verbesserungsvereinbarungen auf der Stelle treten und sich diese oft auch wiederholen. Deshalb setzen besonders Unternehmen mit einem modernen Führungsver‐ ständnis, vor allem die agilen, auf kontinuierliches und regelmäßiges Feedback. Das bedeutet, dass sich Teams mit ihren Führungskräften oder auch ohne diese, regelmäßig und somit zeitnah über ihre Arbeit, die Leistung und über ihre Erfolge und Misserfolge austauschen, um so Schritt für Schritt besser und erfolgreicher zu werden. Damit wird jedem bewusst, dass jedes einzelne Teammitglied für die Entwicklung, die Leistungssteigerung und auch Qualität verantwortlich ist. Tipps und Regeln Tipp 1: Reflektieren Sie sich selbst und Ihre Mitarbeiter: innen zu den 5 Anforde‐ rungen • Grundsatz 1: Ohne Sinn, gibt es keine Motivation! • Ergeben die Arbeit und die Art und Weise für mich Sinn? Was glaube ich, wie dies jeder einzelne im Team sieht? • Grundsatz 2: Mitarbeiterorientiert, nicht unternehmenszentriert denken und handeln! • Wie sehe ich dies? Würde ich das als Kunde auch so bewerten? • Grundsatz 3: Die Ergebnisqualität, nicht die Liefermenge steht im Zentrum! • Sehe ich das wirklich so und wie verhalte ich mich im Alltag? • Grundsatz 4: Motivieren, nicht kontrollieren! • Wie sehe ich diesbezüglich mein eigenes Verhalten? • Welches Feedback würde ich vermutlich von meinem Team erhalten? • Bitten Sie Ihr Team, Ihnen Feedback zu geben. • Grundsatz 5: Kontinuierliche Verbesserung und Feedback statt Jahres‐ gespräch! • Wie oft schaffe ich wirklich den Rahmen, damit wir gemeinsam über unsere Erfolge und über Verbesserungen reden können? 4.5 Agiles Führen 87 <?page no="89"?> 5 Wie delegiere ich richtig? Wer die Menschen behandelt wie sie sind, macht sie schlechter. Wer die Menschen aber behandelt, wie sie sein könnten, macht sie besser. Johann Wolfgang von Goethe Zwei Beispiele aus der Praxis Der „Nichtdelegierer“ Er macht grundsätzlich alles persönlich. „Bis ich einem Mitarbeitenden das alles erklärt habe und ewig warten muss, bis es schließlich fertig ist, mache ich das doch lieber selbst. Außerdem weiß ich dann, was ich habe.“ Mit dieser Begründung reißt der Nichtdelegierer die Arbeit der Beschäftigten, für die sie eigentlich verantwortlich sind und für die sie jedenfalls bezahlt werden, an sich. Sie fühlen sich zunehmend verunsichert, weil ihre Leistungsfä‐ higkeit und ihr Leistungswille offenbar in Zweifel gezogen werden. Schließlich beginnen sie selbst, an ihrer Leistungsfähigkeit zu zweifeln. Es tritt etwas ein, was man auch eine „Self Fulfilling Prophecy“, eine sich selbst erfüllende Prophezeiung nennt. Weil man den Mitarbeitenden die Arbeit nicht zutraut, nehmen ihre Fähigkeiten tatsächlich ab. Die Motivation und Leistungsbereit‐ schaft sinken weiter, weil die Verunsicherung immer weiterwächst. Als Folge nimmt die Bereitschaft des Vorgesetzten zu delegieren weiter ab. Der Teufels‐ kreis schließt sich. Der „Allesdelegierer“ Er hat beschlossen, solche Fehler nicht zu begehen, und fällt ins andere Extrem. „Alles was bei mir ankommt, versehe ich mit einem Termin, bis wann es von der betreffenden Person erledigt sein muss! “ Die Kontrolle dieser Termine wird z. B. an die Sekretärin delegiert. Dinge, die nicht an Mitarbeitende delegiert werden können, werden den Kollegen: innen zugeschoben. Schnell lernt der Allesdelegierer noch die hohe Kunst der Rückde‐ legation, also des Schiebens nicht oder nicht voll erledigter Arbeiten an ihren Ausgangspunkt, meist also an den eigenen Vorgesetzten. Wird das geschickt gemacht, fühlt sich die Führungskraft womöglich noch geehrt, weil sie um Rat <?page no="90"?> und Unterstützung gebeten wurde. Dadurch gewinnt unser Allesdelegierer sehr viel freie Zeit. Tipps und Regeln Tipp 1: Um Delegation handelt es sich, wenn Sie als Führungskraft Ihren Mit‐ arbeitenden Verantwortung und Kompetenzen anvertrauen, damit diese selbstständig ihre Aufgaben durchführen können. 5.1 Weshalb ist Delegation so wichtig und welchen Nutzen haben Sie davon? Wenn Sie überlegt und zielgerichtet delegieren, haben Sie folgende Vorteile: Zeitgewinn weil Sie sich als Führungskraft entlasten und für Ihre eigentlichen Aufgaben Zeit finden. Führungsaufgaben sind: • Ziele definieren • Entscheiden • Kontrollieren • Fördern - Coachen • Anregen - Mut machen • Transparenz schaffen Motivation der Mitarbeitenden Delegation wirkt sich oft positiv auf die Leistungsmotivation und Arbeitszu‐ friedenheit der Mitarbeiter aus. Außerdem fördert dies bei Mitarbeitern: innen selbstständiges Denken und Handeln. Kapazitäten der Mitarbeitenden nutzen Delegation hilft, die Fachkenntnisse und Erfahrungen der betreffenden Team‐ mitglieder besser zu nutzen. Entwicklung der Mitarbeitenden Delegation hilft, die Fähigkeiten, Initiativen, Selbstständigkeit und Kompetenz der Beschäftigten zu fördern und zu entwickeln. Sind Sie persönlich bereit, zu delegieren? 90 5 Wie delegiere ich richtig? <?page no="91"?> Haben Sie den Mut, loszulassen und zu delegieren? Wenn Sie sich sicher sind, brauchen Sie keinen Mut mehr! Aus eigener Erfahrung kennen Sie vermutlich Führungskräfte, die kaum bzw. nicht bereit sind, auch verantwortungsvolle Aufgaben zu dele‐ gieren und die Teammitglieder selbstständig ar‐ beiten zu lassen. Hinter diesem Verhalten steckt meist eine sehr kritische Einstellung den Be‐ schäftigten gegenüber und ein überzogener Glaube an die eigene Kompetenz. Deshalb sollten Sie sich immer wieder fragen, was Sie Ihren Teammitgliedern zutrauen und ob Sie bereit sind, auch interessante und verantwortungsvolle Aufgaben aus der Hand zu geben. Bin ich bereit zum Delegieren? (siehe auch Kapitel 4. Welche Möglichkeiten gibt es zur Motivationssteige‐ rung? ) Traue ich meinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen die Kompetenz und die Motivation zu, bestimmte Aufgaben zufriedenstellend durchführen zu können? Immer wieder ist die Bereitschaft zur Delegation dadurch eingeschränkt, dass die Mitarbeitenden entweder kaum motiviert oder nicht qualifiziert genug sind, bestimmte Aufgaben übernehmen zu können. Damit Sie für sich selbst diese Frage beantworten können, bitte ich Sie, jeden einzelnen Ihrer Mitarbeitenden in ein Diagramm nach dem folgenden Muster auf der nächsten Seite einzutragen. Nehmen Sie sich hierzu Zeit. So erhalten Sie eine Übersicht und Klarheit über das Potenzial Ihres Teams und wo Sie ansetzen müssen, um jedes Teammitglied weiterzuentwickeln und zu motivieren, um sie leistungsfähiger zu machen. Sie können dadurch gut erkennen, welche Ihrer Beschäftigten die notwendige Qualifikation haben und ob sie ausreichend motiviert sind, Aufgaben eigenver‐ antwortlich durchzuführen. Ordnen Sie hierzu jedes einzelne Teammitglied nach den Kriterien fachliche Kompetenz bzw. Motivation. Sie beantworten sich dadurch die Frage, ob Sie etwas für die Motivation oder für die Qualifizierung des einzelnen tun müssen. Wenn Sie diese schwierige Aufgabe durchgeführt haben, sollten Sie sich selbst kritisch prüfen, wie Ihr persönliches Vertrauen in die Beschäftigten ist und was Sie ihnen zutrauen. Ihre Mitarbeitende werden nur dann leistungsbereit sein, wenn Sie ihnen Leistung zutrauen. 5.1 Weshalb ist Delegation so wichtig und welchen Nutzen haben Sie davon? 91 <?page no="92"?> Meier Hehlke Schmid Fritz Müller Gruber Ampfinger Zaiser fachliche Kompetenz Motivation In diesem Diagramm zeigt sich, dass konkrete, auch schwierige Aufgaben an Hehlke, Schmidt und Fritz sehr gut delegiert werden können. Bei Ampfinger stellt sich die Frage, ob er am richtigen Arbeitsplatz eingesetzt ist und weshalb er, genauso wie Zaiser, so schlecht motiviert ist? Was können Sie tun, damit diesen zwei Mitarbeiter: innen die Arbeit wieder Spaß macht? (siehe hierzu Kapitel 4: Wie motiviere ich meine Mitarbeiter? ) Was müsste mit Meier geschehen, damit er/ sie wieder Leistung bringt? Mitarbeitender Meier ist zwar hoch motiviert, ist aber fachlich überfordert. Entweder er/ sie muss besser qualifiziert oder an einen anderen Arbeitsplatz versetzt werden. Denn wenn es nicht gelingt, die fachliche Qualifikation den Anforderungen anzupassen, wird über kurz oder lang auch die Motivation sinken. Tipps und Regeln Bitte beantworten Sie sich folgende Fragen, und gehen Sie hierbei sehr kritisch mit sich um. Tipp 1: Welche Befürchtungen hätte ich, wenn meine Teammitglieder die Aufgaben besser als ich erledigen würden? Welches Konkurrenzverhältnis habe ich zu meinen Mitarbeitern: innen? Tipp 2: Was tue ich in der Praxis ganz konkret, um jedes einzelne Teammitglied im Team wirklich zu qualifizieren? 5.2 Was ist bei der Delegation zu beachten? Damit das Delegieren in der Praxis funktioniert, sollten Sie einige Punkte berücksichtigen. Ich empfehle Ihnen, folgende Punkte systematisch durchzuar‐ beiten. Der Aufwand lohnt sich. 92 5 Wie delegiere ich richtig? <?page no="93"?> Vorbereitung der Delegation: 1. Sofern es Ihnen noch nicht vorliegt: Listen Sie auf einem extra Blatt sämtliche Aufgaben auf, die Sie derzeit wahrnehmen. 2. Ordnen Sie diese Aufgaben der Wichtigkeit nach und kennzeichnen Sie diese nach ihrer regelmäßigen oder unregelmäßigen Wiederkehr. 3. Wählen Sie alle echten Führungsaufgaben aus, die nur Sie selbst wahr‐ nehmen können. 4. Ordnen Sie die verbleibenden Aufgaben jeweils einem oder mehreren Mitarbeitenden zu, die eine oder mehrere dieser Aufgaben prinzipiell übernehmen könnten. 5. Prüfen Sie nun: a. Könnten Mitarbeitende diese Aufgabe - zeitlich betrachtet - zusätz‐ lich wahrnehmen, oder welche entlastenden Maßnahmen wären not‐ wendig? b. Könnte ein konkretes Teammitglied die Aufgabe ohne Vorbereitung übernehmen? c. Wenn nein, welche Vorbereitung wäre dafür notwendig? 6. Prüfen Sie auch, inwiefern die Delegation eine vorherige Kontaktaufnahme oder Beratung mit anderen Abteilungen/ Dienststellen im Hause (z. B. Organisations-, Personalabteilung etc.) notwendig macht. 7. Bestimmen Sie den Zeitpunkt und Form der Bekanntgabe der Delegation (mündlich/ schriftlich, Einzel-/ Gruppengespräch). Durchführung der Delegation: 8. Erläutern Sie dem Teammitglied als Erstes, warum Sie ihm oder ihr diese Aufgaben übertragen wollen. Versuchen Sie die Person durch das Verdeutlichen der Wichtigkeit der Aufgabe und durch eine persönliche Aufwertung, z. B. durch Hervorheben seiner Stärken usw., zu motivieren. Nur so gewinnen Sie ihn. 9. Erfragen Sie die Meinung dazu. Hat er Einwände, die Sie nicht bedacht haben und die geklärt werden müssen? 10. Haben Sie sie oder ihn für die Aufgabe gewonnen, dann klären Sie: a. Was ist das Ziel dieser Tätigkeit? Was soll damit erreicht werden? b. Welche Einzeltätigkeiten sind in welcher Weise dazu zu verrichten? c. Wann hat das zu geschehen? d. Mit wem und zu welchem Zweck ist Kontakt aufzunehmen? e. Wann ist Ihnen in welcher Weise darüber zu berichten? 11. Statten Sie Ihre Mitarbeitende mit den notwendigen Kompetenzen aus. 5.2 Was ist bei der Delegation zu beachten? 93 <?page no="94"?> 12. Klären Sie, welche Verantwortung sie/ er damit übernimmt. 13. Regeln Sie präzise die Ausnahmefälle, in denen sie/ er zuerst Rücksprache nehmen soll bzw. Sie sich die Entscheidung oder Durchführung vorbe‐ halten. 14. Besprechen Sie mit dem Mitarbeitenden die Regeln, nach denen die ver‐ einbarungsgemäße Durchführung dieser Aufgaben kontrolliert wird. 5.3 Welche Regeln sind beim Delegieren zu beachten? Wenn Sie mit Ihren Mitarbeitenden ein Delegationsgespräch führen, sollten Sie folgende Punkte ansprechen und klären: • Was soll getan werden? (Inhalt) • Wer soll es tun? (Person) • Warum soll es getan werden? (Motivation, Sinn/ Grund, Ziel) • Welche Ressourcen gibt es? (Zeit, Budget, Kollegen, Material, Werkzeug) • Wie soll es getan werden? (Umfang, Details, Budget, Zusammenarbeit) • Bis wann soll es getan werden? (Termin) • Wie soll kontrolliert werden? (Art, Zeit, Feedback) Grundsätze der Delegation In der Welt von „Industrie 4.0“, in der alles agil ist und die Aufgaben wie die Prozesse hoch komplex sind, ist ein Arbeiten ohne Delegation nicht mehr vorstellbar. Im Folgenden werden die wesentlichen Grundsätze zusammenfassend darge‐ stellt: • Führungskräfte sind die Dienstleister der Mitarbeitenden. Sie sorgen primär dafür, dass die Beschäftigten „gut“ arbeiten können. • Führungskräfte sollen nicht selbst erledigen, was Mitarbeitende sachgerecht und in eigener Verantwortung zu bearbeiten in der Lage sind. • Jeder Einzelne soll im Rahmen seines Aufgabenbereichs (weitgehend) selbstständig denken und handeln und dafür die Verantwortung über‐ nehmen. • Die Führungskraft ermutigt die Mitarbeitenden zu selbstständigen Ent‐ scheidungen. Nur so entwickeln diese ihr Selbstvertrauen und Sie legen die Basis für ein kreatives und innovatives Arbeitsklima. Vertretbare Entscheidungen der Teammitglieder lassen Sie gelten, sofern die Zielrichtung gewahrt bleibt. 94 5 Wie delegiere ich richtig? <?page no="95"?> • Sie als Führungskraft bestimmen im Rahmen Ihres Führungsbereichs, welche Aufgaben Sie an Mitarbeitende zur Erledigung und selbstständigen Entscheidung übertragen. Bei der Übertragung von Aufgaben und Verantwortung werden die Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen der Teammitglieder berücksichtigt. • In schwierigen Situationen sind die Mitarbeiter: innen berechtigt und auch verpflichtet, sich mit Ihnen zu beraten. Beraten heißt nicht, anstelle der Teammitglieder zu entscheiden bzw. die Aufgabe zu delegieren. • Mitarbeiter: innen unterstützen auch Sie als Führungskraft durch Zuarbeiten und ggf. durch Beratung bei der Entscheidungsfindung. • Die Führungskraft überträgt die Verantwortung für die Sacherledigung. Sie selbst tragen als Führungskraft die Verantwortung für die Delegation, d.-h. letzthin für die Wahl des Beauftragten. • Sie als Führungskraft informieren Ihr Team rechtzeitig und vollständig über alle Sachverhalte und Veränderungen, die diese zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen. Insbesondere werden die Beschäftigten über alle Entscheidungen informiert, die ihren speziellen Arbeitsbereich oder sie persönlich betreffen. • Die Mitarbeiter: innen sollen innerhalb ihres Aufgabenbereichs eigene Gedanken entwickeln, um die vereinbarten vorgegebenen Ziele zu errei‐ chen. Dabei handeln sie hinsichtlich der erforderlichen Maßnahmen und notwendigen Mittel entsprechend der besprochenen Ressourcen und Eck‐ punkte. • Jeder Delegationsauftrag muss im Einzelnen geplant bzw. durchdacht sein. Sie als Führungskraft denken die nötigen Schritte voraus. Hierzu empfehle ich Ihnen, folgende Fragen zu beantworten: - Was will ich? Was ist das Ziel des Auftrags? - Wie formuliere ich den Auftrag richtig? - Welche Informationen muss ich geben? - Welche Gründe sind anzuführen? - Welchen Nutzen muss ich vermitteln? - Welche Befugnisse/ Kompetenzen muss ich übertragen? - Welche Zeit wird eingeräumt? - Welche kritischen Punkte sind mitzuteilen? - Welche Mittel sind bereitzustellen? - Wie wird kontrolliert bzw. wie hält mich der Mitarbeiter auf dem Laufenden? 5.3 Welche Regeln sind beim Delegieren zu beachten? 95 <?page no="96"?> 5.4 Wie Sie Ihre Mitarbeitenden durch die Delegation von Verantwortung motivieren Die Leistungsbereitschaft der Beschäftigten steigt erheblich, wenn sie selbst‐ ständig arbeiten können. Die Beschäftigten übernehmen die hiermit verbundene Verantwortung, wenn ihnen auch die erforderliche Kompetenz, in einem be‐ stimmten Rahmen selbst Entscheidungen treffen zu können, übertragen wird. D e l e g a t i o n Aufgaben Verantwortung Kompetenz Nur die Aufgabe zu delegieren bedeutet, dass der Mitarbeitende lediglich die Aufgabe ausführt, dabei aber keine Möglichkeit hat, über die Art und Weise der Durchführung selbst mitreden zu können. Bei einem negativen Ergebnis tragen Sie als Führungskraft formal die Verantwortung. Wurde die Arbeit erfolgreich erledigt, hat es für den Mitarbeitenden auch keine positiven Konsequenzen. Wenn nur die Aufgaben delegiert werden, handelt es sich meist um Teilaufgaben einer großen Sache. Zum Beispiel erhält der Mitarbeitende einen Kopierauftrag oder der/ die Mitarbeiter/ in bereitet ein Firmenfest vor, muss sich aber vor allen Entscheidungen immer absichern und hat keinen eigenen Handlungsspielraum. Etwas salopp formuliert wäre er dann „Handlanger“ der Führungskraft. Kompetenzen zu übertragen bedeutet, dass der Mitarbeitende einen klaren Handlungsspielraum hat, innerhalb dessen er selbstständig nach eigenem Ab‐ wägen entscheiden kann. Zum Beispiel darf ein Kreditsachbearbeiter bei einer Bank Kredite bis € 35.000 selbstständig vergeben. Oder ein anderer Mitarbei‐ tender erhält ein bestimmtes Budget, um eine Betriebsfeier vorzubereiten. Der Mitarbeitende hat hier Freiräume, die er nach eigenem Ermessen, innerhalb der vorher bestimmten Richtlinien, ausfüllen kann. Oder ein/ e Mitarbeiter/ in ist für die Lohn- und Gehaltsabrechnung zuständig und bearbeitet alle Aufgaben entsprechend den Vorgaben selbstständig. Nur wenn die Mitarbeitende eigene Ermessungsspielräume haben, sind sie auch bereit, Verantwortung zu übernehmen. Ein Mitarbeitender, der nur Handlungsgehilfe für jemanden ist, wird Verantwortung immer ablehnen. Und ohne Verantwortung wird selten Engagement entstehen. Zusammenfassend heißt dies, dass Sie erfolgreich delegieren, wenn der Mitarbeitende Aufgaben übertragen bekommt, die er oder sie auch kompetent bearbeiten kann, Spielräume für eigene Entscheidungen erhält und sowohl 96 5 Wie delegiere ich richtig? <?page no="97"?> positives als auch negatives Feedback erhält, er also dafür verantwortlich ist. Bei der Delegation sollte der Mitarbeitende möglichst in sich abgeschlossene Arbeitsgebiete übertragen bekommen. Allerdings können Sie Ihre Mitarbeitende nicht dadurch motivieren, dass Sie Entscheidungen, die eigentlich in der Verantwortung der Führungskraft sind, an diese weiterdelegieren. Schnell vermuten die Mitarbeitenden dahinter Führungsschwäche. Die Beschäftigten spüren bald die Unwilligkeit oder Unfä‐ higkeit der Führungskraft, Entscheidungen zu treffen, diese durchzusetzen und Verantwortung zu übernehmen. Für Sie als Führungskraft setzt dies voraus, dass Sie „loslassen“ müssen, sich über Ihre Ziele immer wieder Klarheit verschaffen und eine positive Leistungseinstellung Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegenüber haben sollten. Darüber hinaus sollten Sie sich folgende Regel immer wieder vergegenwär‐ tigen: Wer andere nicht fördert, wird nicht befördert. Delegation und damit einhergehend auch Förderung im Rahmen der Personalentwicklung sind in sehr vielen Betrieben ein deutlicher Gradmesser für die Qualifikation einer Führungskraft. 5.5 Ist „Delegation und Kontrolle“ ein Widerspruch? Die meisten von uns haben mit „Kontrolle“ negative Erfahrungen gemacht. „Kontrolliert“ wurde in der Schule, im Kindergarten, zu Hause, bei der Ausbil‐ dung und so weiter. Das Charakteristische der Kontrolle ist fast immer, dass damit Fehler gesucht werden sollen, und dies löst immer negative emotionale Reaktionen aus. Wenn Kontrolle mit einer Einstellung wie: „sich Rückmeldung geben“ oder mit „sich auf dem Laufenden halten“ oder mit „Hilfe zum Lernen“ durchgeführt wird, bekommt dieser Begriff eine andere Bedeutung. Diese veränderte Bedeutung beeinflusst sofort die Art und Weise, wie die Kontrolle ausgeführt wird. Der Ton ändert sich, die Art und Weise der Formulierungen ändern sich und damit auch die Reaktion des Mitarbeitenden. Deshalb empfehle ich Ihnen immer wieder zu prüfen, mit welcher Einstellung oder Zielsetzung Sie kontrollieren! Konstruktive Kontrolle ist auch ein Zeichen der Wertschätzung. Durch die Kontrolle zeigen Sie Interesse an der Arbeit und deren Ergebnis und drücken so Wertschätzung dem Mitarbeitenden gegenüber aus. Machen Sie sich immer wieder bewusst: Das Ziel der Kontrolle ist es auch, den Mitarbeiter dabei zu „ertappen“, das Richtige gemacht zu haben. 5.5 Ist „Delegation und Kontrolle“ ein Widerspruch? 97 <?page no="98"?> Delegation ohne Kontrolle wäre auch aus anderen Gründen unangemessen. Können Sie sich vorstellen, dass Ihre Teammitglieder immer die gleichen Vorstellungen von dem haben, was Sie sich vorstellen? Glauben Sie, dass immer gewährleistet ist, dass Kommunikation perfekt funktioniert? Oder wie oft waren Sie schon der Meinung, dass alles klar sei, und in der Praxis stellte sich dann heraus, dass es riesige Missverständnisse gab? Mangelnde Kontrolle signalisiert Folgendes und hätte verschiedene Auswir‐ kungen: • Es signalisiert Desinteresse und wirkt sich negativ auf die Mitarbei‐ tenden-motivation aus. • Der Mitarbeitende hätte kaum eine Chance, das eigene Verhalten zu verbes‐ sern und dadurch die Zielerreichung zu optimieren. • Sie als Führungskraft können ohne Kontrolle die Aufgaben in Ihrem Gebiet schlecht steuern. • Der Mitarbeitende erhält weder positives noch negatives Feedback. • Sie selbst könnten Ihrem eigenen Vorgesetzten schlecht berichten. 5.6 Checkliste: Delegationsverhalten Die beiden zitierten Beispiele am Kapitelanfang sind Extremfälle, Schwarz/ Weiß-Zeichnungen, die in der Praxis kaum vorkommen. Wenn diese Beispiele auf Sie nicht zutreffen, dann bedeutet dies jedoch nicht automatisch, dass Sie die Technik der wirksamen Delegation vollumfänglich beherrschen und Motivation und Leistungsbereitschaft Ihrer Beschäftigten optimiert werden. Mit der folgenden Checkliste können Sie Ihrem eigenen Führungsverhalten ein weiteres Stück auf den Grund gehen. Checkliste: Delegationsverhalten - ja nein • Sie haben Ihren eigenen Verantwortungsbereich klar in geschlos‐ sene Unterbereiche aufgeteilt. ❏ ❏ • Jeder dieser Unterbereiche ist ein in sich geschlossenes Auf‐ gabengebiet mit selbstständigen Kompetenzen, die sich nicht überschneiden. ❏ ❏ • Sie haben jedem Mitarbeitenden mindestens eins dieser Aufga‐ bengebiete zugedacht. ❏ ❏ 98 5 Wie delegiere ich richtig? <?page no="99"?> • Die Aufgabengebiete sind mit den Mitarbeitenden ausführlich besprochen, und zwar so, dass sie nicht nur verstanden, sondern auch akzeptiert werden. ❏ ❏ • Sie haben die Bedeutung dieser Aufgabe und die Abhängigkeit anderer Kollegen/ Kunden verdeutlicht. ❏ ❏ • Als Ergebnis dieses Kommunikationsprozesses besteht eine schriftliche Unterlage, die zusätzlich auch als Aufgabenbeschrei‐ bung und als Kompetenzen-Katalog dient. ❏ ❏ • Außerdem sind in dieser Unterlage einvernehmliche Kontroll‐ punkte/ Rückmeldetermine festgelegt. Nur nach diesen erkun‐ digen Sie sich nach dem Fortschritt. Nicht mehrmals pro Woche zufallsgesteuert auf dem Flur mit den Worten: „Na, wie geht es denn mit dem XY-Projekt? “ ❏ ❏ • Nicht nur die delegierte Verantwortung, sondern auch die hiermit verbundene Kompetenz ist schriftlich festgelegt. Es ist nicht gut, wenn Ihre Beschäftigten zwar für ein bestimmtes Pro‐ jekt verantwortlich sind, sich andererseits aber jede Kleinigkeit genehmigen lassen müssen. ❏ ❏ • Während der Fortschritt der Arbeit von Ihrer Seite nur an den erwähnten Feedbackterminen geprüft wird, sollen Sie Ihren Mit‐ arbeitenden auch kurzfristig die Möglichkeit zur Rücksprache geben, wenn sie Unterstützung brauchen. ❏ ❏ • Neben allen Routinearbeiten delegieren Sie auch einmalige Son‐ deraufgaben nach den gleichen Regeln an einen Mitarbeitenden oder ein Team. ❏ ❏ Je mehr „Ja“ Sie in der Checkliste angekreuzt haben, desto höher ist Ihre Dele‐ gationskompetenz. Klären Sie u. a. mit Kollegen, wie Sie die „Nein-Antworten“ verbessern können. Tipps und Regeln Anregungen zur Steigerung Ihres Delegationsverhaltens Tipp 1: Hindernisse, die bei Ihnen als Führungskraft liegen können: • Habe ich (überhaupt) den geeigneten Mitarbeiter? • Bevorzuge ich häufig, etwas selbst zu tun? • Will ich alles perfekt erledigt sehen? • Will ich alle Details selbst beurteilen können? • Habe ich, vor allem in der Anfangsphase, genügend Geduld? • Habe ich zur Leistungsfähigkeit anderer wenig Vertrauen? • Will ich die Zeit aufwenden, die Aufgabe ausführlich zu erläutern, den Mitarbeiter auch einzuweisen, anzuleiten und zu kontrollieren? • Gestehe ich Mitarbeitenden zu, anfangs auch Fehler zu machen? 5.6 Checkliste: Delegationsverhalten 99 <?page no="100"?> • Bin ich bereit, mit dem Auftrag und der Verantwortung auch die notwendige Befugnis und Kompetenzen zu delegieren? • Sorge ich für die notwendige Qualifikation der Beschäftigten? Tipp 2: Hindernisse, die bei Mitarbeitenden liegen können: • Hat der Mitarbeitende die notwendigen Kenntnisse? • Hat der Mitarbeitende die nötigen Erfahrungen? • Mangelt es beim Mitarbeitenden am Entscheidungswillen? • Kann der Mitarbeitende diese Aufgabe noch übernehmen? • Informiere ich Mitarbeitende über gewisse Schwierigkeiten? • Ist der Mitarbeitende auf seine Aufgabe genügend vorbereitet? • Hat der Mitarbeitende einen realistischen Zeitrahmen, die Aufgaben zu erledigen? 100 5 Wie delegiere ich richtig? <?page no="101"?> Rückmeldung gibt uns Orientierung und ist eine wichtige Basis des Lernens. 6 Wie führen Sie erfolgreiche Gespräche mit Mitarbeitenden? 6.1 Welche Bedeutung hat Feedback für jeden von uns? Wir als Menschen sind soziale Wesen, die immer in Interaktion mit dem sozialen Umfeld stehen und uns auch immer mit diesem Umfeld vergleichen. Wir haben ein hohes Bedürfnis nach Rückmeldung, da uns dies den Vergleich erleichtert und ein wichtiger Beitrag zur Stärkung unseres Selbstwertgefühles gibt. Wie schnell wir ohne Feedback verunsichert werden können, kann jeder an seinen ersten Erfahrungen mit der Mailbox erkennen. Beim Hinterlassen einer Nachricht gibt es keinerlei Rückmeldung, die uns eine Orientierung für unser Verhalten bietet. Größere oder kleinere Unsicherheiten, in der Formulierung oder der Klarheit im Ausdruck, sind schnell die Folge. Demgegenüber erkennen wir bei einem persönlichen Gespräch die Reaktion unseres Gesprächspartners, auf die wir uns dann einstellen können. Rückmeldung gibt uns Orientierung und ist eine wichtige Basis des Lernens. Mitarbeiter erwarten Antworten auf Fragen wie: Was hält man von mir? Wie werde ich beur‐ teilt? Bin ich mit meiner Leistung und meinem Verhalten auf dem richtigen Weg? Nur dann, wenn Mitarbeitende regelmäßig Rückmeldung erhalten, sind sie in der Lage, ihr eigenes Verhalten der Situation anzupassen, um somit die Ziele zu erreichen und aus Fehlern zu lernen. Stellen Sie sich vor, Sie würden nie gesagt bekommen, dass Sie andere immer wieder unterbrechen. Sie hätten keine Chance, dieses Verhalten zu verändern, da Sie dies aus Gewohnheit seit Jahren immer so machen und es Ihnen nicht bewusst ist. Darüber hinaus ist Feedback eine gute Möglichkeit, Mitarbeitende zu motivieren. Tipps und Regeln Tipp 1: Rückmeldung soll unmittelbar und so regelmäßig wie möglich gegeben werden. Tipp 2: Unmittelbares und häufiges Feedback ist notwendig, um die oft verwirrende Vielfalt zu klären. <?page no="102"?> Tipp 3: Sie als Führungskraft fokussieren durch das Feedback die Vorstellungen der Mitarbeitenden immer wieder auf die wichtigsten Ziele. Tipp 4: Durch ein regelmäßiges Feedback zeigen und beweisen Sie, dass Ihnen die Ziele und Werte, die Sie tagtäglich „predigen“, auch wirklich etwas bedeuten. Tipp 5: Prüfen Sie Ihre persönliche Absicht beim Feedback. Wollen Sie wirklich eine Anregung geben, die dem Mitarbeitenden helfen soll, oder ist Ihre Absicht, den Mitarbeitenden zu kritisieren? Tipp 6: Feedback setzt Wertschätzung und den Glauben an die Entwicklungs- und Lernbereitschaft des Mitarbeitenden voraus. Tipp 7: Rückmeldung, die bereits einen Verbesserungsvorschlag enthält, kann leichter angenommen werden. Tipp 8: Feedback soll konkret sein (sowohl positives als auch kritisches). Positives Feedback findet im Alltag zu wenig statt und ist meist abstrakt. Beispiel A: Statt: Bitte achten Sie darauf, dass in Zukunft weniger Fehler in den Briefen sind. Besser: Ich bitte Sie, die Unterlagen in Zukunft von Frau Hehlke gegenlesen zu lassen, damit-… Beispiel B: Variante 1: Die Aussage der Führungskraft ist: „Frau Meier, Sie wissen ja, dass ich mit Ihrer Arbeit insgesamt sehr zufrieden bin.“ Dieses abstrakte Feedback hinterlässt bei der Mitarbeiterin keine Wirkung und ist deshalb sinnlos. Die Mitarbeiterin wird bei einem positiven Feedback selten versuchen, dieses zu konkretisieren. Variante 2: Die Aussage der Führungskraft ist: „Herr Müller, Ihr Verhalten in Bespre‐ chungen kann ich so nicht weiter dulden.“ Diese Aussage ist ebenfalls, wie bei der Variante 1, sehr allgemein formuliert. In der Praxis gibt es jedoch bei der Kritik oder einem negativen Feedback im weiteren Verlauf eine interessante Wendung. Herr Müller lässt dieses allgemeine Feedback/ Kritik nicht so einfach stehen. Vermutlich geht das Gespräch folgendermaßen weiter: Mitarbeiter Müller (MA): „Was meinen Sie damit? “ Führungskraft (FK): „Immer, wenn der Kollege Maier redet, unterbrechen Sie ihn und machen abwertende Bewegungen.“ 102 6 Wie führen Sie erfolgreiche Gespräche mit Mitarbeitenden? <?page no="103"?> MA: Wann soll das denn gewesen sein? FK: Heute z. B. in der Besprechung sagte Maier zu Schneider … und dann haben Sie ihn zweimal unterbrochen, weil Sie der Meinung waren, die Vor‐ schläge wären unbrauchbar. MA: Also, an eine Unterbrechung kann ich mich nicht erinnern. Wann soll ich das denn das zweite Mal gemacht haben? FK: -… Dieses Gespräch zeigt, dass die Mitarbeiter bei der Kritik ganz selbstverständlich so lange nachhaken, bis sie die Situation vor ihrem inneren Auge nochmals nachvollziehen können. Dieser Konkretisierungsprozess ist notwendig, damit Feedback Wirkung zeigt, was aber in der Praxis meist nur bei der Kritik stattfindet. Das positive Feedback, in Form von Lob und Anerkennung, bleibt meist abstrakt und damit ohne Wirkung stehen. Beispiel 1: Wirksames und positives Feedback könnte z.-B. wie folgt lauten: „Herr Bach, Sie wissen ja, dass ich mit Ihrer Arbeit insgesamt sehr zufrieden bin. Ganz besonders möchte ich hier die Präsentation betonen, bei der Sie sehr gute und anschauliche Beispiele verwendet haben. Beispiel 2: Wirksames und kritisches Feedback könnte z.-B. Folgendes sein: „Frau Haas, ich finde Ihre sämtlichen Beiträge in unseren Besprechungen sehr gut. Sie könnten jedoch Ihre Akzeptanz und Ihre Überzeugungskraft deutlich steigern, wenn Sie die Kollegen aussprechen lassen würden und z. B. durch Blickkontakt oder sogar durch Fragen mehr Interesse und Wertschätzung an der Meinung anderer zeigen würden.“ 6.2 Zusammenhang zwischen Feedback, Konsequenzen und Leistung Leistung entsteht, wenn alle Elemente unseres Leistungssystems so aufeinander abgestimmt sind, dass sie die Erreichung der gewünschten Ziele unterstützen und sich die Elemente gegenseitig in ihrer Wirkung stärken. Im folgenden Schaubild sehen Sie die Übersicht über das Wirkungsgefüge, das dann auf den nächsten Seiten erörtert wird. 6.2 Zusammenhang zwischen Feedback, Konsequenzen und Leistung 103 <?page no="104"?> • Lob/ Anerkennung • Kritik • Selbsteröffnung • Wegfall von Vorteil • Problemanalyse • S ind die notwendigen Ressourcen vorhanden? • Motivierte Mitarbeitende sind bereit, mangelnde Ressourcen zu kompensieren. Für Leistung notwendig • fachliche u. persönliche Kompetenz ist durch Qualifizierung möglich • Potenzial als Voraussetzung • klar • verständlich • logisch • akzeptiert • transparent • so differenziert wie nötig und praxisnah • ideal 360° -Feedback • Feedback von der Führungskraft • Feedback von den Mitarbeitenden • Feedback vom Kunden/ von Kollegen 5 Konsequenzen 2 Ressourcen 1 Mitarbeiter: in 4 Informationssysteme/ Rückmeldung 3 Ziele/ Standards Element 1: Mitarbeiter: in Die Leistung, die uns hier interessiert, wird von Menschen erbracht. Dazu bedarf es einer bestimmten Kompetenz (Fachwissen, Erfahrung), der notwendigen körperlichen und geistigen Voraussetzungen und des Willens, sich einzusetzen (Motivation). Bei Kompetenzproblemen ist Qualifizierung die angemessene Lö‐ sung. Durch angemessene Qualifizierungsprogramme lassen sich vorhandene Defizite bei entsprechender Eignung reduzieren. Insgesamt wird die Motivation stark durch die anderen Elemente des Kompetenzsystems beeinflusst. Der verlockende Ansatz, Mitarbeitende direkt zu motivieren, Stichwort - Motivati‐ onstraining - ist rausgeworfenes Geld. 104 6 Wie führen Sie erfolgreiche Gespräche mit Mitarbeitenden? <?page no="105"?> Element 2: Ressourcen Stellen Sie den kompetentesten Glasbläser ein und geben ihm kein Glas, dann wird er keine Leistung erbringen können. Das Beispiel erscheint trivial, macht aber auf ganz einfache Weise deutlich, dass die Tatsache, ob Leistung erbracht wird oder nicht, von viel mehr Faktoren abhängt als von Mitarbeitenden alleine. Nämlich von all denen, die im Kompetenzsystem dargestellt sind. Zu den Res‐ sourcen zählen Zeit, Material, Infrastruktur und angemessene Arbeitsabläufe. Alles, was benötigt wird, um die geforderte Leistung zu erbringen, gehört zu diesem Element. Element 3: Ziele und Standards Alle Tätigkeiten in Ihrer Organisation sollten auf die Erreichung bestimmter Ziele gerichtet sein. Deshalb ist ein wesentliches Element des Leistungssystems, klare Ziele und Qualitätsstandards zu definieren. Das ist nicht selbstverständ‐ lich. Nur zu oft wachsen Mitarbeitende in einen Job hinein, finden beständig irgendwelche Vorgänge auf ihrem Schreibtisch, haben deshalb beständig viel zu tun und glauben demzufolge, produktiv zu sein. Die Frage nach dem Sinn und der Zielorientierung des eigenen Tuns wird nicht gestellt. Sie kennen sicherlich folgenden Satz: „Schaffe einen Arbeitsplatz und Arbeit entsteht“. Nur ob diese Arbeit auch sinnvoll in Bezug auf die zu erreichenden Ziele ist, bleibt völlig unklar. Ein weiterer Grund spricht für klare Zielvorgaben. Je selbstständiger Mitarbeitende handeln sollen, und genau das wird ja immer gefordert, desto genauer müssen sie wissen, wohin die Reise gehen soll. Wie soll denn Selbststeuerungspotenzial geweckt werden, wenn nicht klar ist, wohin gesteuert werden soll? Element 4: Informationssysteme/ Rückmeldung Jemand, der sich selbst in Richtung eines Ziels steuern soll, muss zu jedem Zeitpunkt möglichst genau wissen, wie er im Hinblick auf die Erreichung dieses Ziels steht. Nur so ist eine selbstständige Anpassung und Korrektur des eigenen Verhaltens möglich. Diese Informationen können ganz unterschiedlicher Art sein. Mündliches Feedback von Kollegen: innen und Vorgesetzten zählt ebenso dazu wie die regelmäßige Übersicht über den selbst erzielten Umsatz oder Kennzahlen, die im Betrieb vorhanden sind. Element 5: Konsequenzen Ein Unternehmen, das neue Produkte einführt und den Vertriebsschwerpunkt auf diese neuen Produkte legen will, wird mit einiger Wahrscheinlichkeit einen Flop landen, wenn es gleichzeitig das alte Bonussystem beibehält, das den Verkauf der alten Produktlinie an alte Kunden belohnt. Die Vertriebsmannschaft wird sehr schnell verstanden haben, womit sie ihr Geld verdient, und sich dem‐ 6.2 Zusammenhang zwischen Feedback, Konsequenzen und Leistung 105 <?page no="106"?> entsprechend verhalten. Mit Konsequenzen sind hier nicht nur Belohnungen gemeint. Es muss auch negative Folgen haben, wenn sich Mitarbeitende nicht für die vereinbarten Ziele einsetzen. Wenn ich regelbefördert werde, unabhängig davon, wie erfolgreich ich bei den mir übertragenen Aufgaben war, gibt es keinen Grund für mich, entsprechenden Einsatz zu zeigen. Im Gegenteil er‐ scheinen dann die Menschen als dumm, die mehr tun als notwendig. Wichtig ist hier also, dass es ein Element im System gibt, das dafür sorgt, dass Konsequenzen „entstehen“ und ihre Wirkung zeigen, gleichgültig, ob positiv oder negativ. Hebel Nummer eins für eine Leistungsverbesserung sind klare und verbindliche Ziele in Verbindung mit relevanten, zeitnahen Informationen über den aktuellen Grad der Zielerreichung. In aller Regel wollen Menschen erfolgreich sein, und wenn sie wissen, worauf es ankommt, und sehen, wo sie selbst stehen, leiten sie meist selbst die notwendigen Maßnahmen bzw. notwendigen Korrekturen ein. Ohne Konsequenzen (materiell oder emotional) scheint für viele der Sinn an Leistung verloren zu gehen. Denken Sie daran: Konsequenzen können positiv oder negativ sein. Mögliche Probleme Ziele werden unklar formuliert: Beides, sowohl klare Ziele als auch funktionierende Informationssysteme, ist in den meisten Organisationen nicht vorhanden. Die Ziele existieren bestenfalls in den Köpfen der Vorgesetzten, werden aber nicht kommuniziert und schon gar nicht vorgelebt. Fast in jedem Unternehmen können Sie folgende Abfrage‐ kaskade durchspielen: Fragen Sie die Beschäftigten, ob es offizielle Ziele gibt, erhalten Sie als Antwort „Nein! “. Fragen Sie die Vorgesetzten, ob sie ihre Ziele deutlich vermittelt und transparent haben, erhalten Sie ein überzeugtes „Ja! “. Fragen Sie dann diese Vorgesetzten, ob sie wiederum von ihren Vorgesetzten klare Ziele hätten, erhalten Sie wieder ein deutliches „Nein! “. Deren Vorgesetzte sind selbstverständlich wieder überzeugt, klare Ziele formuliert zu haben, usw. Auch die meisten Management-Informationssysteme können nur als rudi‐ mentäres Stückwerk bezeichnet werden. Generiert werden oft Zahlenfriedhöfe, die nur zu einem Bruchteil geeignet sind, auf der Ebene der Mitarbeitenden Selbststeuerungsprozesse zu initiieren. Die eigentlich interessante Frage ist: „Worüber müssen die Mitarbeitende informiert werden, um sich in allen Aspekten der Zielerreichung möglichst selbst steuern zu können? “ Das ist aber nicht die Frage, aufgrund derer diese Management-Informationssysteme entstanden sind. Klare Ziele zu vereinbaren und die Mitarbeitenden mit den zur Steuerung notwendigen Informationen zu versorgen, ist ein ganz anderer Ansatzpunkt der Leistungssteigerung. Oft auch ein wesentlich ökonomischerer. Sinnvoll sind Zielvereinbarungsgespräche, bei 106 6 Wie führen Sie erfolgreiche Gespräche mit Mitarbeitenden? <?page no="107"?> denen Sie mindestens einmal jährlich den Mitarbeitenden die Firmenziele und Ihre Ziele deutlich machen. Hierbei hat der Mitarbeitende die Möglichkeit, Verständnisfragen zu stellen, sodass er die Chance hat, die Erwartungen zu verstehen. Erst wenn die Ziele transparent sind, wird sich der oder die Mitar‐ beitende damit identifizieren und den eigenen Beitrag zum Ganzen formulieren können. Der Mitarbeitende macht bei diesen Gesprächen deutlich, welche Infor‐ mationen er benötigt und wie im Alltag der Informationsaustausch stattfinden sollte. Bei diesem Zielvereinbarungsgespräch wird auch deutlich gemacht, welche Qualifikationsmaßnahmen nötig sind, um die Ziele erreichen zu können. Eins ist ganz klar: Qualifizierung, der keine klaren Ziele vorausgehen und der keine Informationen über den Leistungsstand folgen, wird wenig bewegen. Es bleibt dann bei dem eingangs beschriebenen: „Irgendwie wird die ganze Sache der Organisation zugutekommen“. Von zielgerichteter Investition keine Rede. Der weitaus größte Teil der Mitarbeitenden wird durch die Elemente 3 (Ziele/ Standards) und 4 (Informationssysteme/ Rückmeldung) zu Leistungs-verbesse‐ rungen geführt werden. Oder anders gesagt: Diese Elemente ermöglichen es ihnen, sich im Wesentlichen selbst zu führen. Unterstützt wird das Ganze durch ein entsprechendes Konsequenzen-System: Belohnung für die Erfolgreichen, negative Folgen für die wenigen, die sich verweigern. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Konsequenzen, auch negative, sind notwendig. Aber sie sind in den wenigsten Fällen ein zentraler Hebel. Positive Konsequenzen verstärken die Wirkung von Element 3 und 4. Negative Konsequenzen regeln den geringen Prozentsatz, der sich bewusst verweigert. Der Schwerpunkt liegt also nicht in Element 5, aber dieses Element ist bei einem System notwendig, das auf die Förderung von Leistung zielt. Hierdurch wird auch deutlich, weshalb ich in Kapitel 1 die Aussage machte: „Ohne Macht können Sie nicht führen.“ Begeisterte Mitarbeitende kompensieren fehlende Ressourcen: In der Praxis liegt der unwichtigste Hebel meist bei Element 2, den Ressourcen. Zwar müssen sie auf Dauer ausreichend vorhanden sein, aber fehlende Ressourcen sind auch das Erste, was von begeisterten Mitarbeitenden kompensiert wird. Die Wirkung der Qualifizierung: Qualifizierung kann ein Hebel sein, der Gold wert ist, sofern klar ist, dass es sich um ein Kompetenzproblem handelt, das nicht durch Arbeitshilfsmittel beseitigt werden kann, und sofern die Qualifizierungsmaßnahmen in das oben skizzierte Gesamtsystem eingebettet sind. Sind diese Vorbedingungen nicht sichergestellt, wird das Geld für Qualifizierung oft vergeblich ausgegeben werden. Umgekehrt sollte bis hierhin deutlich geworden sein, dass es einige Ansatzpunkte zur Leistungsverbesserung gibt, die nichts mit Qualifizierung zu tun haben und oft 6.2 Zusammenhang zwischen Feedback, Konsequenzen und Leistung 107 <?page no="108"?> auch wesentlich ökonomischer sind. Wichtig ist, dabei im Blick zu behalten, dass hier nicht ein Element gegen ein anderes ersetzt werden soll, sondern dass es um die Gestaltung des gesamten Kompetenzsystems geht. Die einzelnen Elemente stehen in einem systemischen Zusammenhang und beeinflussen sich gegenseitig. 6.3 Wie führe ich ein Kritikgespräch? Ein Kritikgespräch wird dann geführt, wenn der Mitarbeitende gegen Verein‐ barungen oder sonstige Regeln verstößt. Das Ziel hierbei ist: • den Mitarbeitenden dazu zu veranlassen, das „fehlerhafte“ Verhalten in Zukunft nicht mehr zu wiederholen oder seine Leistung zu optimieren, • dass der Mitarbeitende die notwendige Verhaltensänderung erkennt und einsieht, • unnötigen Frust beim Gespräch zu verhindern, • dass der Mitarbeitende auch in Zukunft weiterhin motiviert arbeitet. Das Kritikgespräch ist wahrscheinlich der schwierigste Gesprächstyp überhaupt. Viele Mitarbeitende reagieren im Kritikgespräch mit Widerständen wie z.-B.: • „Das ist nicht meine Schuld, wenn es nicht fertig ist! “ • „Sie hätten mir mehr Informationen geben müssen! “ • „Das gehört nicht zu meinen Aufgaben! “ Denn Kritik ist ein Angriff auf unser Selbstwertgefühl, und meist wird erwartet, dass der Mitarbeitende seine Gewohnheiten verändert, was mit Unsicherheit verbunden sein kann, zumindest jedoch unbequem ist. Deshalb sollten Sie einige wesentliche Aspekte beachten. Sie finden im Folgenden einige Tipps und einen Gesprächsablauf, der Ihnen hilft, die schwie‐ rigsten Hürden zu meistern. Vorgehensweise beim Kritikgespräch In der linken Spalte werden die verschiedenen Phasen und in der rechten Spalte mögliche Formulierungen gezeigt. Nach den einzelnen Aussagen wird dem Mitarbeitenden die Möglichkeit gegeben, selbst eine Stellungnahme abzugeben, um seine Sichtweise darstellen zu können. Damit verläuft das Gespräch im Dialog. 108 6 Wie führen Sie erfolgreiche Gespräche mit Mitarbeitenden? <?page no="109"?> Wie viel Kritik ertragen Sie persönlich? Wie wird das wohl bei Ihren Mitarbeitern sein? Ein sehr zentraler Punkt ist, dass Sie Ihre Er‐ wartungen sehr klar formulieren, damit sich der Mitarbeitende in Zukunft daran orientieren kann und vor allem die Kritik nachvollziehen kann. Erst wenn Sie Ihre Erwartungen formuliert haben, kann der Mitarbeitende den Stellenwert seines Verhaltens erkennen. Ge‐ rade junge Führungskräfte ignorieren diesen Punkt häufig, da sie z. T. be‐ fürchten, zu autoritär zu sein. Ich empfehle Ihnen, sich die folgende Struktur anzueignen. Damit verschaffen Sie sich Sicherheit für schwierige Gespräche. Diese Struktur eignet sich für fast alle Arten von Gesprächen, die Sie im Alltag führen. Ich trainiere seit vielen Jahren Führungskräfte auf unterschiedlichsten Ebenen und weiß aufgrund der Feedbacks und meiner persönlichen Erfahrung, dass diese Struktur erfolgreich funktioniert. Gesprächsphasen Formulierungsvorschläge Begrüßung/ Einleitung/ Anwärmphase Gesprächsdefinition -Zielformulierung „Guten Morgen, Frau Schettler, ich möchte mit Ihnen über den Arbeitsablauf und die Zusammenarbeit im Projekt X sprechen, um zu klären, wie dies in Zukunft optimiert werden kann.“ Problembeschreibung Sachliche Darstellung der Ist-Situation (positive Beispiele, kritische Beispiele) „Frau Schettler, mir fällt seit einiger Zeit auf, dass wir immer wieder in Termin‐ verzug geraten. Dabei möchte ich be‐ tonen, dass Sie die Telefonate mit den Kunden und den anderen Kollegen sehr effizient und kurz abwickeln. Mir fällt jedoch auch auf, dass Sie seit ca. 5 Wochen Ihre Pausen regelmäßig um bis zu über eine halbe Stunde überziehen und sich auch sonst öfter im Haus bei anderen Kollegen aufhalten und nicht am Arbeitsplatz sind. Wie sehen Sie das? “ Stellungnahme des Mitarbeitenden er‐ fragen Mitarbeitender stellt die eigene Sicht‐ weise dar „Ich kann Ihnen das gut erklären-…“ 6.3 Wie führe ich ein Kritikgespräch? 109 <?page no="110"?> Gesprächsphasen Formulierungsvorschläge Darstellung der Erwartungen „Mir ist es ganz besonders wichtig, dass wir unsere zugesagten Termine nicht nur bei den Kunden, sondern auch insgesamt hier im Haus einhalten, um damit unser bisher positives Image aufrechterhalten zu können.“ - Frage nach Stellungnahme - „Wie sehen Sie das, Frau Schettler? “ Mitarbeiter stellt seine Sichtweise dar „Ich sehe das so-…“ Vereinbarungen Vorschlag für Spielregeln Erfragen von Spielregeln Vereinbarung - „Gut, Frau Schettler, dann verbleiben wir so, dass Sie ab nächsten Montag Ihre Mit‐ tagszeiten wieder einhalten und Ihre Ge‐ spräche mit den Kollegen wieder auf das Notwendige reduzieren.“ Verabschiedung (möglichst positive Atmosphäre am Ende des Gesprächs schaffen) „Toll, dass wir diese Irritation schnell klären konnten, ich freue mich auf unsere weiterhin gute Zusammenarbeit.“ Tipps und Regeln Tipp 1: Ein konstruktives Kritikgespräch bleibt nur konstruktiv, wenn Sie es auch sind und bleiben. Tipp 2: Es ist idealerweise ein Vier-Augen-Gespräch. Tipp 3: Positiven Gesprächseinstieg wählen. Tipp 4: Positives Verhalten vom Mitarbeitenden ansprechen. Tipp 5: Zu Beginn darstellen, was genau Sie kritisieren. Tipp 6: Zuhören und die Meinung des Mitarbeitenden erst verstehen, bevor Sie reagieren (vielleicht schwierigster Punkt). Tipp 7: Gemeinsam Ursachen suchen, mindestens jedoch gemeinsam Lösungen erarbeiten. Tipp 8: Auswirkungen auf andere Bereiche/ Kunden usw. darstellen. Tipp 9: Ihre Erwartungen als Führungskraft klar und verständlich darstellen und davon selbst überzeugt sein. Tipp 10: Mitarbeitende von der Notwendigkeit dieser Erwartungen überzeugen, bevor Sie eine konkrete Umsetzung mit dem Mitarbeitenden besprechen. Tipp 11: Konkrete Vereinbarungen treffen. 110 6 Wie führen Sie erfolgreiche Gespräche mit Mitarbeitenden? <?page no="111"?> 6.4 Wie führe ich ein Abmahngespräch? Ein Abmahnungsgespräch wird dann geführt, wenn der Mitarbeitende ein konkretes schuldhaftes Fehlverhalten zeigt und Sie erreichen möchten, dass er sich wieder an die Spielregeln hält. Sie können dies mit der Gelben Karte beim Fußballspiel vergleichen. Die Spieler, die einen Fehler begangen haben, werden mit der Gelben Karte abgemahnt. Diese Abmahnung kann man als Warnung verstehen. Denn machen sie einen weiteren Fehler, dann werden sie vom Platz gestellt. Eine Abmahnung ist der Schritt vor der Kündigung und zum Schutze der Mitarbeitenden bestimmt. Der Mitarbeitende bekommt, obwohl er oder sie einen konkreten schuldhaften Fehler gemacht hat, eine weitere Chance, das eigene Verhalten zu verändern. Mit der Abmahnung zeigen Sie als Führungskraft, wie ernst es Ihnen ist. Die Ziele bei einem Abmahngespräch sind: • Sie machen Ihren Mitarbeitenden eindeutig klar, dass Sie das Verhalten nicht tolerieren. • Im Wiederholungsfall muss der Mitarbeitende mit ernsthaften (arbeitsrecht‐ lichen) Konsequenzen rechnen. Meine persönliche Erfahrung zeigt, dass bei einer Abmahnung oft formale Fehler gemacht werden. So werden Abmahnungen z. T. im Zorn ausgesprochen und können dann formal rechtlichen Kriterien nicht standhalten. Oft werden Führungskräfte von ihren eigenen Chefs im „Regen stehen gelassen“ mit Kom‐ mentaren wie: „Also, das schaffen Sie auch ohne solche Maßnahmen, schließlich ist der Mitarbeitende schon viele Jahre im Betrieb.“ Ich empfehle Ihnen, dass Sie sich von Ihrer Führungskraft, von der Personalabteilung oder eventuell noch zusätzlich von einem Anwalt beraten lassen, bevor Sie eine Abmahnung aussprechen. Nichts ist peinlicher und für Ihr Image schädigender, als wenn Sie eine ausgesprochene Abmahnung wieder zurücknehmen müssen. Vorgehensweise bei einer Abmahnung Die Anwärmphase, so wie in vielen anderen Gesprächen, entfällt bei diesem Gespräch. Sie kommen hier gleich zur Sache und sprechen das Problem direkt an. In der linken Spalte werden die verschiedenen Phasen und in der rechten Spalte mögliche Formulierungen gezeigt. Wichtig ist es auch, dem Mitarbei‐ tenden selbst eine Erklärung abgeben zu lassen. Dies ist zum einen ein persön‐ liches Bedürfnis und zum anderen auch für die spätere, hoffentlich wieder positive Zusammenarbeit wichtig. 6.4 Wie führe ich ein Abmahngespräch? 111 <?page no="112"?> Gesprächsphasen Formulierungsvorschläge Begrüßung und Gesprächsdefinition „Guten Tag, Herr Fritz, ich möchte mit Ihnen heute über ein unangenehmes Thema sprechen. Es geht um Ihre Tele‐ fonrechnung im letzten Monat.“ Ist-Beschreibung -Soll-Beschrei‐ bung / Was ist die/ unsere Regel? - „Sie haben im letzten Monat für insgesamt € 365 telefoniert. Dabei habe ich festgestellt, dass Sie vorwiegend privat nach USA telefoniert haben.“ „Sie wissen, dass wir eine Betriebsvereinbarung haben, in der ganz klar festgelegt ist, dass privates Telefonieren nur in Notfällen und dann auch nur kurz erlaubt ist. Außerdem hätten Sie diese Kosten auch auf Ihre Privattelefonrechnung laufen lassen müssen.“ Fragen nach dem Grund des Fehlverhaltens „Bitte erklären Sie mir, wie diese Rechnung zustande kommt.“ Mitarbeiter gibt seine Erklärung „Ja, ich habe mich im Urlaub neu verliebt, und meine Freundin ist im Moment geschäftlich in USA. Das ist ja auch nicht so schlimm, da ich ja sonst noch nie unangenehm aufgefallen bin.“ Sie machen deutlich, welchen Stellenwert aus Ihrer Sicht der Grund hat. „Das ist richtig, dass Sie noch nie unangenehm aufgefallen sind. Jetzt in dieser aktuellen Situation geht es nicht nur um die Telefonrechnung, sondern es geht auch darum, dass Sie in der Zeit des Telefonierens nicht gearbeitet haben.“ Welches konkrete Ver‐ halten hätten Sie warum erwartet. Sie sprechen jetzt deut‐ lich die Abmahnung aus. „Ich hätte von Ihnen erwartet, dass, wenn Sie länger privat telefonieren, Sie sich dafür „ausstechen“ und dann das Gespräch an Ihrem Apparat auf Ihre Privatrechnung führen. Ich werde Sie für dieses Verhalten abmahnen und mache Sie darauf aufmerksam, dass Sie im Wiederholungsfall mit der Kündigung rechnen müssen.“ Die Abmahnung erhält der Mitarbeitende auch schriftlich. „Diese Abmahnung werden Sie auch noch schriftlich er‐ halten.“ Motivationserhaltende Ergänzung „Herr Fritz, ich hoffe, dass Sie diese Abmahnung nicht auf Ihre gesamte Arbeitsleistung beziehen. Mit dieser bin ich sehr zufrieden, ganz besonders mit xy. Umso bedauerlicher finde ich diese ganze Angelegenheit.“ Verabschiedung - 112 6 Wie führen Sie erfolgreiche Gespräche mit Mitarbeitenden? <?page no="113"?> Bin ich Führungskraft oder Manager? Interessiert mich der Mitarbeiter und sein Wohl als Mensch? Welche Abmahnungsgründe gibt es? • Beleidigung des Vorgesetzten • Unentschuldigtes Fehlen, auch z. B. Urlaubsverlängerung (Ist übrigens bereits ein Grund für eine fristlose Kündigung) • Häufiges Zuspätkommen • Unerlaubtes Rauchen • Viele Telefongespräche und Surfen im Internet • Schweigepflicht wird verletzt • Störungen des Betriebsfriedens; sexuelle Belästigung, Mobbing-… • Verletzung von Arbeitsschutzbzw. Sicherheitsvorschriften • Nicht genehmigte Nebentätigkeiten • Alkohol am Arbeitsplatz 6.5 Wie führe ich ein Gespräch mit einem Mitarbeitenden mit Alkoholproblemen? Das Verständnis von Alkohol am Arbeitsplatz hat sich die letzten Jahre bei uns in Deutschland stark gewandelt. In der Zwischenzeit gibt es in fast allen Betrieben ein komplettes Alkoholverbot. In einigen Betrieben, sowohl im öffentlichen Dienst als auch in der Industrie, sind kleine Mengen von Alkohol z. B. bei besonderen Anlässen genehmigt. Hier gibt es auch regionale- und branchenspezifische Unterschiede. Ein Gespräch mit einem Mitarbeitenden wegen Alkoholverdacht wird schon dann geführt, wenn der Mitarbeitende (wiederholt) eine Alkohol‐ fahne hat und in der Betriebsvereinbarung ein Alkoholverbot vereinbart ist oder wenn der Mit‐ arbeitende durch vermehrtes Trinken bzw. durch sein ungewohntes Verhalten (unangenehm) auf‐ fällt. Bei diesen Gesprächen ist von Ihnen als Führungskraft viel Sensibilität und Mut gefragt. Da Sie hier oft ein Tabuthema ansprechen, zu dem Sie oft wenig konkrete Beweise haben und trotzdem einen schwierigen Weg konsequent gehen müssen. Was sind die Ziele der notwendigen Gespräche? Der ganze Prozess läuft meist in verschiedenen Etappen ab, die zunehmend härter und konsequenter geführt werden (Eskalationsprinzip). 6.5 Wie führe ich ein Gespräch mit einem Mitarbeitenden mit Alkoholproblemen? 113 <?page no="114"?> Im ersten Gespräch ist es das Ziel, dem Mitarbeitenden deutlich zu machen, dass sein Verhalten auffällig ist und Sie sich Sorgen machen. Da Sie meist noch keine Beweise haben, sondern nur aufgrund von Ver‐ mutungen handeln, ist eine harte Vorgehensweise im ersten Gespräch nicht sinnvoll. Zudem ist es möglich, dass es sich um eine Ausnahmesituation handelt, was der Mitarbeitende in jedem Fall, auch um sich rauszureden, vermutlich sagen wird. Für den Fall, dass Sie sich täuschen, würden Sie das Arbeitsklima mit einer harten Vorgehensweise unnötig belasten. Außerdem geben Sie dem Mit‐ arbeitenden bei einer weichen Vorgehensweise die Möglichkeit, sein Verhalten selbst zu ändern und sein Gesicht zu wahren. Auch hier gilt, wie bei vielen Kritikgesprächen der Grundsatz: Sie beginnen immer mit den geringst mächtigen Mitteln. Das bedeutet, dass, wenn ein Feed‐ backgespräch, bei dem Sie das Verhalten wohlwollend ansprechen, zu keiner Verhaltensänderung führt, Sie zunehmend direkter werden und schließlich Abmahnungen bzw. Kündigungen an- oder sogar aussprechen. Im zweiten Gespräch geht es darum, dass Sie dem Beschäftigten die Bedeu‐ tung des Alkoholmissbrauchs deutlich machen und Sie klar aussprechen, dass Sie erwarten, dass der Alkoholkonsum ab sofort zu unterlassen sei. Sie bieten in dieser Situation Hilfe an. Sie machen auch deutlich, dass, wenn sich das Verhalten nicht sofort ändert, es zu massiven Konsequenzen kommen wird. Wenn Sie einen Alkoholmissbrauch belegen können, ist es möglich, bereits jetzt die erste Abmahnung auszusprechen. Beim dritten Gespräch ist sinnvollerweise der Betriebsbzw. der Personalrat mit dabei. Jetzt wird die Problematik und Bedeutung des Verhaltens erläutert und Sie bieten „Therapie statt Entlassung“ an (manche Betriebsvereinbarungen sehen vor, dass der Personalrat/ Betriebsrat bereits ab dem zweiten Gespräch mit dabei ist). Ablauf des ersten Gesprächs Aus meiner Erfahrung wird dieses Gespräch vermutlich wie folgt ablaufen: (auch bei diesem Gespräch wird die gleiche Struktur wie beim Kritikgespräch verwendet) Führungskraft (FK): Frau Schneider, ich möchte mit Ihnen über ein sehr persönliches und heikles Thema sprechen. Mir fällt seit einiger Zeit auf, dass Sie immer wieder nach Alkohol riechen. Außerdem beobachte ich, dass Sie in Besprechungen manchmal unkonzentriert wirken. Mitarbeiterin (MA): Ich finde es unverschämt, mich so zu beschuldigen. Ich trinke nicht mehr als alle anderen hier und auch nicht mehr als in der Vergangenheit. Wie kommen Sie darauf, so etwas zu behaupten? 114 6 Wie führen Sie erfolgreiche Gespräche mit Mitarbeitenden? <?page no="115"?> FK: Ich habe Ihnen bereits einige Gründe genannt. Außerdem habe ich gestern Abend in Ihrem Büro die Unterlagen zum Projekt X geholt. Dabei fiel mir auf, dass es in Ihrem Büro stark nach Alkohol gerochen hat. Sie wissen auch, dass Alkohol bei uns im Betrieb verboten ist. Trotzdem tun Sie das, warum? MA: Sie täuschen sich da und ich werde mir das nicht gefallen lassen. Welche Beweise haben Sie denn? FK: Ich kann nur wiederholen, was ich gesehen habe, und Ihnen sagen, dass ich mir deshalb Sorgen mache. Ich bitte Sie, auf Alkohol in Zukunft zu verzichten. Ich werde Sie in der nächsten Zeit auch intensiver beobachten und hoffe, dass ich mich getäuscht habe. FK: Möchten Sie von sich selbst aus noch etwas sagen? MA: Nein, Sie werden schon sehen, was Sie davon haben. Auf Wiedersehen. Völlig normal ist es, dass Menschen, die bereits ein Problem mit dem Alkohol haben, dies massiv leugnen werden. Deshalb sollten Sie sich auf das Gespräch gut vorbereiten. Eventuell lassen Sie sich bei Ihrem Vorgesetzten oder in der Personalabteilung beraten. Dieses Sich-beraten-Lassen ist in solch einer Situation sinnvoll, da es sich hier um ein ganz besonders schwieriges Problem handelt, bei dem selbst Führungskräfte mit 20 Jahren Berufserfahrung oft Mühe mit einer professionellen Gesprächsführung haben. Außerdem benötigen Sie im Wiederholungsfalle so oder so die Unterstützung der Personalleitung und des Betriebsbzw. Personalrates. 6.6 Wie führe ich ein Kündigungsgespräch? Das Kündigungsgespräch wird vermutlich mit zu Ihren schwierigsten Gesprä‐ chen gehören. Sie sollten sich hierzu auch mit Ihren Vorgesetzten und der Personalabteilung im Vorfeld auseinandersetzen (das Schwierigste hierbei ist nicht die Gesprächsstruktur, sondern Ihre persönliche Klarheit und Über‐ zeugung). Bereiten Sie sich gut vor und machen Sie sich Notizen auch über den Gesprächsverlauf. Diese Notizen in Form eines Protokolls sollten Sie aufbewahren, da Sie dieses im Streitfall unbedingt benötigen. Für den Streitfall sollten Sie sich auch Notizen darüber machen, was Sie im Vorfeld unternommen haben, um den Mitarbeiter zu fördern bzw. um die Kündigung zu verhindern. 6.6 Wie führe ich ein Kündigungsgespräch? 115 <?page no="116"?> Ablauf des Kündigungsgesprächs Gesprächsphasen Formulierungsvorschläge Begrüßung, ohne Anwärmphase. Sie kommen direkt zum Thema. „Guten Tag Herr Hehlke, bitte nehmen Sie Platz. Herr Hehlke, ich muss mit Ihnen heute ein unangenehmes Thema bespre‐ chen. Ich werde Ihnen heute Ihr Arbeitsver‐ hältnis kündigen. Sie haben es aufgrund der Vorfällte vielleicht auch schon ge‐ ahnt.“ Pause. Sie warten ab, was der Mitarbei‐ tende zu sagen hat. - Darstellung der Gründe „Ich möchte Ihnen die Gründe für diese Entscheidung nennen.“ Mitarbeitende hat die Möglichkeit zu reden - Verständnis für das Verhalten des Mitar‐ beitenden zeigen. „Ich kann verstehen, dass Sie deshalb wü‐ tend/ verärgert/ … sind.“ Das weitere Vorgehen besprechen. Es wird geklärt, ob der MA sofort freige‐ stellt wird oder bis zum Schluss arbeitet, ob die Kündigung so bestehen bleibt oder es zu einem Aufhebungsvertrag kommt. „Ich möchte mit Ihnen das weitere Vor‐ gehen besprechen.“ Eine Kündigung ist für alle Beteiligten eine unangenehme Sache. In der Praxis zeigt sich, dass sich, sofern es sich nicht um eine betriebsbedingte, sondern um eine Kündigung aus persönlichen Gründen handelt, das Arbeitsklima insgesamt, meist sogar auch das Verhältnis mit der gekündigten Person bessert. In vielen Fällen führt eine „Nicht-Kündigung“ eines problematischen Mitarbeiters zu wei‐ terer Frustration und Demotivation der Kollegen. Es sind oft die Leistungsträger in der Abteilung, die die Arbeit dieses inkompetenten, unmotivierten oder de‐ struktiven Kollegen übernehmen müssen und für ihr persönliches Engagement genaugenommen bestraft werden. Außerdem werden von Mitarbeitenden harte, aber gerechte Entscheidungen immer wieder befürwortet bzw. sogar gefordert. Nachvollziehen lässt sich diese Einstellung der Mitarbeitenden auch am bereits in Kapitel 6.2 besprochenen Wirkungsgefüge des Leistungssystems. Widerspro‐ chen wird diesem Prinzip nur dann, wenn Mitarbeitende im negativen Sinne selbst davon betroffen sind. So wurde z. B. in der Bundesverwaltung immer wieder gefordert, dass die Leistungsträger stärker entsprechend ihrer Leistung entlohnt werden sollen. Durch einen Tarifvertrag wurde dann vor längerer Zeit 116 6 Wie führen Sie erfolgreiche Gespräche mit Mitarbeitenden? <?page no="117"?> festgelegt, dass das Leistungssystem mit Entlohnung eingeführt wird, doch nun will es kaum noch jemand haben. Die Führungskräfte nicht, weil Sie Ärger mit Mitarbeitenden befürchten und z. T. auch Mehrarbeit auf sich zukommen sehen, und die Mitarbeitenden nicht, die selbst befürchten, zu den Verlierern zu gehören. 6.6 Wie führe ich ein Kündigungsgespräch? 117 <?page no="119"?> 7 Wie gestalte ich eine Teambesprechung? Menschen, die miteinander arbeiten, addieren ihre Potenziale. Menschen, die füreinander arbeiten, multiplizieren ihre Potenziale! Albrecht Müllerschön Teambesprechungen durchzuführen, gehört mit zu Ihren zentralen Führungs‐ aufgaben. Wenn es Ihnen dabei gelingt, einige wichtige Regeln zu berücksich‐ tigen, dann leisten Sie damit einen substanziellen Beitrag zur Mitarbeitermoti‐ vation und zu einer professionellen Aufgabenlösung. 7.1 Weshalb Teambesprechungen? Viele Besprechungen in der Praxis sind vertane Zeit. Sie dauern zu lange, sind langweilig und bringen das Team nicht wirklich vorwärts. Aus dieser Erfahrung heraus ist sicherlich auch folgende Übersetzung von „Team“ entstanden: Toll, ein anderer macht’s. Dabei liegen in einer Teambesprechung auch eine Menge Chancen, die Faktoren der Mitarbeitendenmotivation (siehe hierzu Kapitel 4) umzusetzen. Ich empfehle Ihnen, auch wenn Sie selbst in der Vergangenheit durch Besprechungen eher frustriert wurden: mutig und ausdauernd Ihre Fähigkeiten zur Optimierung von Besprechungen konsequent zu entwickeln; es lohnt sich. Dies gelingt Ihnen am besten, wenn Sie Ihr eigenes Verhalten als „Chef “ oder „Chefin“ immer wieder kritisch reflektieren und gemeinsam mit Ihren Mitarbeiten bei Bedarf oder einmal jährlich besprechen, wie Sie Ihre Besprechungskultur verbessern könnten. Durch eine professionelle Teambesprechung erreichen Sie Folgendes: • Sie binden Beschäftigte in den Entscheidungsprozess ein. • Sie nutzen die Synergieeffekte des Teams. • Die Mitarbeitenden haben gleichzeitig Kontakt zu allen Kollegen. Sie stärken damit den Teamgeist und das „Wir-Gefühl“. • Das Selbstbewusstsein und damit der Mut zur Entscheidung und/ oder sich verstärkt persönlich einzubringen, werden gestärkt. <?page no="120"?> • Sie schaffen einen verbesserten Informationsfluss und dadurch Transparenz für viele Ihrer Entscheidungen. Diese Transparenz erleichtert die Sinner‐ kennung vieler Prozesse und Entscheidungen. • Sie nutzen die „Weisheit“ der Gruppe. • Sie fördern die Kreativität im Team. • Die Entscheidungen werden qualitativ höher. • Der Austausch bewirkt eine ständige Weiterqualifizierung. 7.2 Wie bereite ich eine Teambesprechung vor? Wie schon erwähnt, werden viele Besprechungen als vertane Zeit empfunden. Diese können Sie vermeiden, wenn Sie sich selbst auf jede Besprechung gut vor‐ bereiten. Der zentrale Punkt ist, dass Sie sich das Ziel der Besprechung und auch der einzelnen Tagesordnungspunkte deutlich machen. Nur wenn Sie wissen, wo Sie hinmöchten, haben Sie eine Chance, dies auf einem ökonomischen Weg zu tun. Ziele können sein: • das Team zu bestimmten Entscheidungen der Geschäftsleitung zu infor‐ mieren, • die Meinung der Mitarbeitenden anhören, bevor Sie sich entscheiden, • gemeinsam mit dem Team eine Entscheidung herbeiführen, wie bestimmte Prozesse in Zukunft ablaufen sollen, • die Mitarbeitenden von einer Sache überzeugen usw. Diese Zielklarheit ist wichtig, da sich die Art und Weise der Besprechung nach der Zielsetzung richtet. Checkliste: Ihre Aufgaben als Teamchef/ in bei Besprechungen Nehmen Sie sich Zeit, um sich Ihrer Stärken und Schwächen zentraler Fähig‐ keiten bewusst zu werden. Prüfen Sie, wie gut es Ihnen gelingt, folgende Punkte umzusetzen: - Wenig akzeptabel gut • Eröffnung der Besprechung ❏ ❏ ❏ • Themen und Gesprächsziele definieren ❏ ❏ ❏ • Einigung über ungefähre Zeitstruktur ❏ ❏ ❏ 120 7 Wie gestalte ich eine Teambesprechung? <?page no="121"?> Wenig akzeptabel gut • Zusammenfassen, Gespräche steuern, zum Thema zurückführen ❏ ❏ ❏ • Durcheinanderreden verhindern, Störer bremsen ❏ ❏ ❏ • Auf die Zeit achten ❏ ❏ ❏ • Verständnis sicherstellen ❏ ❏ ❏ • Management der Verhandlungsatmosphäre ❏ ❏ ❏ • Diskussionsbeiträge zusammenfassen und präzi‐ sieren ❏ ❏ ❏ • Punkt für Punkt ausdiskutieren und verabschieden ❏ ❏ ❏ • Vereinbarungen und Ergebnisse festhalten ❏ ❏ ❏ • Verantwortliche für die einzelnen Punkte klären ❏ ❏ ❏ • Zeiten und Ressourcen festlegen ❏ ❏ ❏ • Konzentration, ruhiges, gelassenes Vorgehen, ❏ ❏ ❏ keine Hektikorientierung - - - 7.2.1 Weshalb bereiten Sie sich vor? • Sie informieren sich, damit Sie sachlich fit sind. • Sie machen sich Gedanken über den Ablauf der Besprechung und was und wie Sie eventuell präsentieren möchten. • Die Vorbereitung gibt Ihnen persönliche Sicherheit und Sie bleiben somit auch in schwierigen Diskussionsphasen souverän und professionell. • Sie überlegen sich, wie die Mitarbeitenden von dem Thema tangiert sind. • Wer soll/ muss eingeladen werden, damit Sie später eine hohe Akzeptanz z.-B. bei einer Entscheidung haben bzw. • Sie von den entscheidenden Personen wichtige Informationen als Basis der Entscheidung erhalten? Wie bereiten Sie sich inhaltlich vor? Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist eine gute Vorbereitung. 7.2 Wie bereite ich eine Teambesprechung vor? 121 <?page no="122"?> Führen Sie mehr „Stehungen“ und weniger Sitzungen durch! • Sie sammeln die Themen, die Sie ansprechen möchten, oder Themen, die vonseiten der Mitarbeiter auf die Tagesordnung gesetzt werden sollten. • Sie klären für sich, was jeweils das Ziel der einzelnen Tagesordnungspunkte ist. • Weiter klären Sie, welche Infos Sie zu jedem einzelnen Thema haben und wie Sie sich mehr Fakten verschaffen? (Materialsammlung anfertigen) • Sie prüfen, ob sich bestimmte Tagesordnungspunkte aufgliedern lassen? Welche zusätzlichen Themen sind eventuell von diesem Punkt tangiert? • Zusätzlich reflektieren Sie, wie mögliche Lösungen aussehen könnten? Was ist Ihnen wichtig? Worauf sollten Sie bezüglich der eigenen übergeordneten Ziele achten? • Abschließend überlegen Sie sich, wie Sie die Themen in der Besprechung einführen und präsentieren? 7.3 Wie werden motivationssteigernde und qualitativ hochwertige Entscheidungen in Teams effektiv getroffen? Bei einer der ersten Teambesprechungen sollte die Art und Weise Ihrer Bespre‐ chungen selbst zum Thema gemacht werden. Vereinbaren Sie Regeln zum Ablauf, damit Besprechungen für alle zufriedenstellend verlaufen. In den Besprechungen orientieren Sie sich immer wieder an folgendem Leitfaden: Die Mitarbeitenden haben eine Einladung bekommen (Schwarzes Brett, E-Mail oder Brief). In dieser Einladung stehen die Tagesordnungspunkte, auf die Sie sich im Vorfeld, auch unter Einbeziehung der Mitarbeitenden verständigt haben. Diese Vorab-Entscheidung ist deshalb wichtig, da Sie sich, wie auch die Mitarbeiter, vorbereiten müssen. Sie klären zu Beginn der Besprechung mit den Mitarbeitenden, in welcher Reihenfolge Sie die einzelnen Tagesordnungspunkte besprechen und wie lange Sie für die einzelnen Punkte benötigen. Da dieser zweite Punkt in der Praxis fast immer ignoriert wird, ist dies einer der Gründe, weshalb Besprechungen oft uneffektiv sind und sich unnötig in die Länge ziehen. Wenn Sie mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den zeitlichen Ablauf und den Zeitbedarf jedes einzelnen Themas im Vorfeld klären und Sie diszipliniert 122 7 Wie gestalte ich eine Teambesprechung? <?page no="123"?> sind, werden Besprechungen in Zukunft zufriedenstellender und zunehmend häufiger in der geplanten Zeit verlaufen. Sicher werden Sie nicht sofort Erfolge ernten, da die wenigsten von uns für die Zeitgestaltung bei Besprechungen sensibilisiert sind. Jetzt geht es um Prioritätensetzung: Welche Punkte werden in der heutigen Besprechung wirklich besprochen und welche werden auf die nächste Sitzung verschoben? „Vertane Zeit ist gewonnene Zeit“ Das Klären dieser eben besprochenen Punkte wirkt erst einmal sehr zeitauf‐ wendig und umständlich. Sie werden aber schnell feststellen, dass sich dieser Aufwand lohnt, da Besprechungen nicht nur schneller, sondern die Qualität der Ergebnisse auch besser und Sie damit erfolgreicher sein werden. Fünf Phasen der Entscheidungsfindung Ich empfehle Ihnen, nach der Eröffnung der Sitzung und Strukturierung der Themen, jeden Tagesordnungspunkt separat nach folgender Struktur zu bearbeiten. PHASE 1 Informationssammlung PHASE 2 Persönliche Stellungnahme PHASE 3 Diskussion PHASE 4 Entscheidungsfindung PHASE 5 Analyse der Effekte Kontrolle der Konsequenzen Phase 1: Informationssammlung Nachdem Sie eine kurze Einleitung zum ersten Tagesordnungspunkt gemacht haben, werden die Mitarbeitenden aufgefordert, alle Informationen, die sie zu diesem Punkt haben, zusammenzutragen. Wenn es sich um eine Menge Fakten handelt, empfehle ich Ihnen, diese zu visualisieren, damit sie jedem Beschäftigten zur Verfügung stehen und jeder einzelne immer wieder Bezug darauf nehmen kann. Wichtig ist, dass in dieser Phase nicht diskutiert wird, da sonst bereits einzelne Punkte „totgeredet“ werden. Eine Diskussion in dieser Phase wirkt vor allem auf ruhige Teammitglieder eher negativ, weshalb sich diese dann meist zurückziehen. Diese ruhigen Teammitglieder benötigen Sie jedoch später bei der Umsetzung der Entscheidungen; zudem sind sie oftmals schlau und analytisch sehr gut. 7.3 Wie werden Entscheidungen in Teams effektiv getroffen? 123 <?page no="124"?> Phase 2: Persönliche Stellungnahme Wenn Sie die Fakten bei der Informationssammlung zusammentragen, werden diese meist schon bewertet, denn wir haben nicht gelernt, zwischen Fakten und Meinungen zu unterscheiden. Falls Ihnen die Trennung zwischen der Informationssammlung und persön‐ lichen Stellungnahme nicht auf Anhieb gelingt, achten Sie mindestens darauf, dass auch in der jetzigen Phase nicht diskutiert wird. Mit der Informations‐ sammlung und der persönlichen Stellungnahme werden das Know-how und die Erfahrungen und Meinungen des Teams zusammengetragen. Genau dadurch erreichen Sie eine gute Basis der Diskussion und die Mitarbeitenden spüren, dass sie wichtig sind und einen wesentlichen Beitrag zum Teamergebnis leisten können. Achten Sie darauf, dass auch die ruhigen Teammitglieder zu Wort kommen, gerade die sind in dieser Phase besonders wichtig. Im Einzelnen gelten für diese Phase folgende Regeln: 1. Jeder äußert seine persönliche Meinung mit Begründung. 2. Jeder hört dem Statement des anderen zu. 3. Verständnisfragen sind erlaubt und wichtig und werden beantwortet. 4. Während dieser Phase ist keine Diskussion zulässig. Das Verhindern der Diskussion in den ersten zwei Phasen ist wichtig, da die Meinungen und Fakten zerredet werden bzw. sich die Vielredner durchsetzen. Phase 3: Diskussion Wenn alle Fakten und das ganze Know-how der Gruppe auf dem Tisch liegen, kann diskutiert werden. Die Diskussion dauert so lange, bis Sie beginnen, sich im Kreis zu drehen oder keine neuen Informationen mehr hinzukommen. Als Regel gilt hier, dass die reine Wiederholung des eigenen Standpunktes nicht zulässig ist, da dies eine Durchsetzungsstrategie ist, die inhaltlich meist nichts bringt, sondern nur Zeit kostet und die Teamkollegen nervt. Die Qualität der Diskussion und der späteren Entscheidung, außerdem die Motivation der einzelnen Mitarbeiter, an der Diskussion aktiv teilzunehmen, sind stark von Ihrem persönlichen Führungsverhalten in der Diskussion ab‐ hängig. Nur dann, wenn es Ihnen gelingt, eine Atmosphäre zu schaffen, in der die Beschäftigten den Eindruck haben, dass Sie auch bereit sind, sich überzeugen zu lassen, werden sie motiviert bleiben und sich an der konstruktiven Problem‐ lösung beteiligen. Versetzen Sie sich bitte für kurze Zeit in die Situation, in der Sie selbst Mitarbeitender sind. Welches Verhalten erwarten Sie selbst von Ihrer Führungskraft, wenn es um Diskussion und Entscheidungsfindung geht? Wie reagieren Sie, wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihre Führungskraft „eigentlich“ bereits eine eigene abgeschlossene Meinung hat, und das Meeting 124 7 Wie gestalte ich eine Teambesprechung? <?page no="125"?> zur Alibiveranstaltung wird? In der Praxis lässt sich schwer abgrenzen, ab wann Sie stur sind oder - als anderes Extrem - Sie zu schnell umfallen. Bedenken Sie bitte, dass es in den meisten Situationen nur wichtig ist, das Ziel zu erreichen. Ob es auf Weg A oder Weg B erreicht wird, wenn die Ressourcen berücksichtig werden, ist oft sekundär. Ich empfehle Ihnen, dass Sie sich selbst gegenüber besonders kritisch sind, wenn es um das Thema „Überzeugungsbereitschaft“ geht. Beobachten Sie auch Ihre eigene Führungskraft, wie sie diese Regeln umsetzt. Phase 4: Entscheidungsfindung Für viele Führungskräfte ist diese Phase die schwierigste. Jetzt geht es darum, eine Entscheidung zu treffen, die zum einen sachlich/ fachlich richtig ist und außerdem von den Teammitgliedern mitgetragen werden kann. Viele Führungs‐ kräfte haben Mühe, die Argumente der Mitarbeitenden sachlich neutral zu bewerten. Diese werden oft abgewertet und die Führungskraft trifft eine Ent‐ scheidung, die weitestgehend nur von ihr selbst nachvollziehbar ist und nur für sie selbst Sinn macht. Es ist wichtig, eine sachlich gute Entscheidung zu treffen, die auch aus Sicht der Mitarbeitenden richtig ist. Treffen Sie häufiger Entscheidungen, die an der Argumentation der Mitarbeitenden vorbeigehen, dann macht eine Diskussion mit Ihnen als Führungskraft für die Teammitglieder keinen Sinn mehr. Dies hat zur Folge, dass das Engagement der Mitarbeitenden abnimmt, sich allgemeines Schweigen ausbreitet und darüber hinaus den Mit‐ arbeitenden später bei der Umsetzung der Endscheidung die Motivation fehlt. In der westlichen Welt treffen wir meist zu schnell eine Entscheidung und richtig diskutiert wird dann später bei der Umsetzung. Dies führt bei den Beschäftigten zu Frust und die ursprüngliche Entscheidung wird allmählich verwaschen. In der Praxis lässt sich dies daran erkennen, dass eine Menge Projekte einfach mit der Zeit versanden. Natürlich ist es falsch, Entscheidungen nur dann zu treffen, wenn alle Mitarbeitenden diese zu 100 % mittragen können. Wichtig ist, dass Sie es schaffen, über die Zeit hinweg einen Ausgleich dahingehend zu schaffen, dass die Entscheidung nicht immer einseitig die Meinung nur einiger Teammitglieder oder Ihre eigene widerspiegelt. Zusammenfassend lauten die Regeln: 1. Entscheidungen erfolgen möglichst einstimmig. 2. Wenn dies nicht möglich: Mehrheitsentscheidung. 3. In Ausnahmefällen: direktive Entscheidung durch Sie als Führungskraft. 7.3 Wie werden Entscheidungen in Teams effektiv getroffen? 125 <?page no="126"?> Phase 5: Analyse der Effekte / Kontrolle der Konsequenzen Genaugenommen werden vor der finalen Entscheidung nochmals die Auswir‐ kungen bzw. die Konsequenzen überprüft, um dadurch Fehler korrigieren zu können. Formulierungsbeispiel: Entscheidungsfindung im Team Begrüßung/ Einführung (Positive Atmosphäre schaffen, Darstellung der Tagesordnungspunkte, Ablauf und Zeitverlauf klären) Führungskraft (FK): Guten Morgen zusammen. Wir treffen uns heute zu unserer wöchentlichen Besprechung und haben heute insgesamt sechs Themen zu besprechen. Dies sind: 1. Überstundenregelung 2. Kurzfristige Übernahme der Aufgaben von Frau Schnell 3. … 4. … Gibt es sonst noch Punkte, die heute besprochen werden müssen, aber noch nicht auf der Agenda stehen? Insgesamt haben wir heute zwei Stunden zur Verfügung. Ich schätze, dass wir für Punkt eins ca. 20 Minuten benötigen. Herr Müller, was vermuten Sie, wie lange wir für Punkt zwei benötigen? (usw.) Für alle sechs Punkte wird uns die Zeit nicht reichen. Was könnten wir auf das nächste Meeting verschieben, oder welchen Punkt könnten wir zeitlich reduzieren? Dann können wir mit Punkt eins starten. Bei diesem Punkt geht es darum, endlich eine Klärung für das Thema X zu erarbeiten. Die Situation ist, dass in der Vergangenheit immer wieder Klagen-… Informationssammlung (hier werden die Fakten möglichst ohne Bewertung gesammelt) FK: Ich möchte im ersten Schritt alle Fakten, die es zu diesem Thema gibt, sammeln. Wie sieht denn Ihrer Meinung nach die Situation im Moment aus, welche Fakten haben Sie dazu? Frau Wüst, möchten Sie beginnen? Mitarbeiterin (MA): Frau Wüst schildert jetzt die ihr bekannten Fakten. FK: Herr Schetter, welche Infos können Sie dazu beitragen? MA: Herr Schetter trägt seine Informationen bei. FK: Wer hat außerdem noch Informationen zu dieser Situation? (weitere Informationen werden gesammelt) 126 7 Wie gestalte ich eine Teambesprechung? <?page no="127"?> Persönliche Stellungnahme (hier gibt möglichst jeder Mitarbeitende seine persönliche Bewertung der Situation und/ oder äußert mögliche Lösungsvorschläge) FK: Ich glaube, damit hätten wir alle Informationen gesammelt. Im nächsten Schritt würde mich (sofern dies nicht schon gerade bei der Informationssamm‐ lung geschehen ist), interessieren, wie jeder von Ihnen die Situation bewertet und welche Vorschläge er zur Lösung hat. Herr Döhring, möchten Sie beginnen? MA: Mitarbeiter gibt seine Stellungnahme ab. FK: Das heißt also, Herr Döhring, dass Sie der Meinung sind, dass wir die Situation im Moment noch nicht klären können, weil-…? Herr v. Kleinpass, wie bewerten Sie die Situation? MA: Mitarbeitende gibt eigene Stellungnahme ab. FK: Gibt es weitere Meinungen dazu? (In dieser und in der vorausgehenden Phase ist es wichtig, dass Sie eine Diskussion verhindern, da sonst die Ideen, Fakten und Meinungen zerredet werden. Außerdem würden sich sofort wieder die Vielredner durchsetzen. Jedes Teammitglied hat die gleiche Chance, die eigene Meinung ohne negative Bewertung zu äußern) Diskussion (es werden die verschiedenen Meinungen und mögliche Lösungen diskutiert) FK: Herr Schetter, wie sehen Sie die Situation, wenn Sie diese verschiedenen Fakten bewerten? MA: Herr Schetter gibt seine Meinung zu den Standpunkten der Kollegen ab. FK: Wie sehen dies die anderen Kollegen und Kolleginnen? MA: Frau Wüst meldet sich zu Wort usw. Entscheidungsfindung (es wird eine Lösung herausgearbeitet, die geeignet ist, das Problem wirklich zu lösen, und die möglichst viele Interessen oder Meinungen der Mitarbeiter berücksichtigt) FK: Gut, ich glaube, dass wir dann alle Punkte diskutiert haben und keine unberücksichtigten Sachverhalte mehr vorhanden sind. Deshalb schlage ich folgende Lösung vor.-… Analyse der Effekte FK: Bevor ich mich entscheide, würde ich gerne nochmals prüfen, ob wir alle Fakten und Auswirkungen berücksichtigt haben-… OK. Dann verbleiben wir also so, dass wir ab nächsten Monat-… 7.3 Wie werden Entscheidungen in Teams effektiv getroffen? 127 <?page no="128"?> Tipps und Regeln Tipp 1: Bereiten Sie sich auf Besprechungen gut vor (Ziele, Inhalte, Ablauf). Tipp 2: Zeigen Sie Wertschätzung auch den Mitarbeitenden gegenüber, die keinen hohen Beitrag zur Lösung leisten. Tipp 3: Nach der Sitzungseröffnung werden Reihenfolge und Zeitablaufplan ge‐ klärt. Tipp 4: Der Entscheidungsprozess verläuft in fünf Phasen 1. Informationssammlung, 2. Bewertung der Informationen = persönliche Stellungnahme, 3. Diskussion, 4. Entscheidung, 5. Analyse der Effekte. Tipp 5: Prüfen Sie, wie offen Sie für die Argumente der Mitarbeitenden sind. Tipp 6: Sie sorgen für die Einhaltung der Regeln. Tipp 7: Sie sorgen für das Vorankommen des Entscheidungsprozesses. Tipp 8: Sie sichern die Entscheidung ab. Tipp 9: Sie unterstützen „Querdenker“ im Team. Was spricht für Team-, was für Einzelentscheidungen? Oftmals argumentieren Führungskräfte: „Ich bin letztlich verantwortlich und muss deshalb meine Entscheidungen selbst treffen! “ Hier wird von der Annahme ausgegangen, dass Teamentscheidungen grund‐ sätzlich schlechter sind als Einzelentscheidungen. Es wird nicht berücksichtigt, dass die Führungskraft auch ein Mitglied des Teams ist und dass ihre Meinung voll in den Gruppenprozess mit eingeht. Eine Entscheidung, in der zusätzlich zur Meinung der Führungskraft viele und meist kompetente Meinungen von Teammitgliedern eingehen, kann selten schlechter sein als die der Führungskraft allein. Dies setzt allerdings voraus, dass demokratische Mehrheitsentscheidungen, bei denen abgestimmt wird, ausgeschlossen werden. Ihre Aufgabe als Teamchef: in ist es, den Entscheidungsprozess innerhalb der Gruppe konstruktiv zu lenken und voranzutreiben. Hierzu müssen Sie die sach‐ lichen Grundregeln der Entscheidungsfindung (Problemlöseschritte) und die emotionalen und zwischenmenschlichen Komponenten des Gruppenprozesses einschätzen und steuern können. 128 7 Wie gestalte ich eine Teambesprechung? <?page no="129"?> Gruppenentscheidung   Sachliche Aspekte Emotionale Aspekte Sie sind hier als Führungskraft: Initiator, Moderator und Entscheider. Was spricht jeweils für und gegen die Einzelentscheidung? Vorteile: • Schnell • Entscheidungsprozess ist bequem Nachteile: • Erfordert hohe Kontrolle bei der Umsetzung • Bei den Mitarbeitenden entsteht meist passiver Widerstand • Oft mit Frustration der Beschäftigten verbunden • Wichtige Informationen könnten fehlen Erzeugt Abhängigkeit und Initiativelosigkeit der Mitarbeiter • Hohe Belastung bzw. Stress für Sie als Führungskraft • Durchsetzung und Realisierung der Entscheidung schwierig Was spricht für und gegen eine Teamentscheidung? Vorteile: • Meist qualitativ besseres Ergebnis • Hohe Identifikation der Mitarbeiter: innen mit dem Ergebnis • Schnellere Umsetzung der Entscheidung • Verteilung der emotionalen Belastung • Mut, auch schwierige Entscheidungen zu treffen • Es entsteht „Wir-Gefühl“ • Synergieeffekte können genutzt werden • Gegenseitige Ergänzung und Verhinderung von Fehlentscheidungen Nachteile: • Erfordert mehr Zeit • Erfordert gewisse Qualifikation und Disziplin der Teammitglieder und der Führungskraft 7.3 Wie werden Entscheidungen in Teams effektiv getroffen? 129 <?page no="130"?> • Gefahr, dass die Verantwortung nicht klar festgelegt ist • Bei ausgeprägter Harmonieorientierung besteht die „Tendenz zur Mitte“ bzw. zum „faulen Kompromiss“ Wie löse ich schwierige Situationen? Im Folgenden sind einige schwierige Situationen und mögliche Lösungsmög‐ lichkeiten dargestellt. • Ein Teammitglied schweigt Wiederholt zur Teilnahme auffordern und versuchen, die Gründe seines Schweigens herauszufinden. Während einer Pause über die Gründe seines Schweigens reden. Freundlich behandeln. Eventuell ist es notwendig, dieses Verhalten in einem Zweier-Gespräch zu klären. • Teammitglied redet zu lange Beiträge des Teilnehmers in stark gekürzter Fassung zusammenfassen und dann zu einem anderen Teammitglied übergehen. Wenn andere Teil‐ nehmer: innen stark gestört wurden, als „allgemeine Regel“ eine Redezeitbe‐ schränkung einführen. Im extremen Fall einfach unterbrechen: „Entschul‐ digung, dass ich Sie unterbreche, Herr Wüst meldet sich schon seit längerer Zeit zu Wort.“ • Ablenkung Ein Teammitglied versucht, das Thema zu ändern. Sie führen immer wieder zum Thema zurück („Kommen wir wieder zurück zu unserem eigentlichen Thema“ oder „Das ist sehr interessant, vielleicht können wir das im An‐ schluss noch besprechen, denn jetzt sollten wir unser eigentliches Thema weiter besprechen.“) • Gruppe widersetzt sich und schweigt Dies kommt vor allem dann vor, wenn von vornherein unausgesprochene Widerstände und Frustrationen vorliegen. Am besten ist es, diese Wider‐ stände und Frustrationen direkt zu erfragen: „Ich habe den Eindruck …“, „Sie haben offensichtlich große Vorbehalte-…“ • Ein Beschäftigter übt verletzende Kritik an einem anderen Team‐ mitglied Beispiel: „Jetzt komm endlich auf dem Punkt und labere nicht so lange herum.“ Lösungsvorschlag: Das Positive an der Meinung des kritisierenden Teammitgliedes heraus‐ stellen und dann bitten, dass Kritik künftig in konstruktiver Art und Weise geübt werden solle. „Es ist gut, dass Sie darauf hinweisen, sich kurz und 130 7 Wie gestalte ich eine Teambesprechung? <?page no="131"?> prägnant auszudrücken. Ich bitte Sie jedoch, dies in Zukunft konstruktiver zu tun.“ Wie gehe ich mit unbrauchbaren Vorschlägen um? Bei Diskussionen sollen Probleme gelöst werden. Oft werden dabei unbrauch‐ bare Vorschläge gemacht. Wie können Sie solche Vorschläge behandeln, ohne einzelne Teammitglieder zu verletzten bzw. zu demoralisieren? Im Folgenden werden drei Möglichkeiten vorgestellt: • Den unbrauchbaren Vorschlag, wie alle anderen auch, zur Kenntnis nehmen (aufschreiben, auf einer Karte an die Wand pinnen; auf Flipchart schreiben etc.) und auf später verweisen. Eine Formulierung hierfür könnte z. B. sein: „Vielen Dank für den Vorschlag, ich schlage vor, dass wir im Laufe der Diskussion prüfen, wie wir diese Idee verwenden können. Abschließend sollte jedoch geklärt werden, ob der Vorschlag noch eingebunden werden sollte. • Vorschlag durchdiskutieren, Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen • Kritik-Technik: Bestätigung: „Vielen Dank für den Beitrag. Da steckt sicher eine gute Anre‐ gung in Bezug auf X drin.“ Teilabwertung: „Ich bin der Meinung, dass der Vorschlag in seiner derzeitigen Form jedoch auf folgende Schwierigkeiten stößt-…“ Vertrösten: „Vielleicht können wir darauf eingehen, wenn-…“ Was kann die Leistungsfähigkeit Ihres Teams behindern? Teams haben ein hohes Leistungspotenzial. Dieses wird in der Praxis immer wieder durch verschiedene Einstellungen oder Verhaltensweisen blockiert. Die folgende Liste soll Sie auf die wichtigsten Punkte aufmerksam machen. Beobachten Sie Ihr eigenes Verhalten, um solche Fehler zu vermeiden. • Die Entscheidungsmacht liegt meist formal in den Linienfunktionen, sodass die Gefahr besteht, dass Teambesprechungen nur als Denkübungen einge‐ setzt werden und sich Mitarbeitende selbst kaum einbringen können bzw. sich die Führungskraft kaum überzeugen lässt. Im Alltag zeigt sich jedoch zunehmend häufiger die Notwendigkeit, dass es notwendig und besser ist, wenn dort entschieden wird, wo die Kompetenz liegt - und das ist immer häufiger bei den Mitarbeitenden. 7.3 Wie werden Entscheidungen in Teams effektiv getroffen? 131 <?page no="132"?> • Die Entscheidungsspielräume der Teammitglieder werden durch zu auto‐ ritäres Verhalten der Führungskraft eingeengt. Dadurch signalisiert die Führungskraft auch geringes Zutrauen in die Leistungsfähigkeit der Mitar‐ beitenden. • Den Mitarbeitenden werden Ressourcen vorenthalten und die Prioritäten immer wieder verschoben. • Die Teamergebnisse werden nicht ernst genommen, die Linienhierarchie setzt sich darüber hinweg. • Erfolge der Vergangenheit. Der Glaube, dass sich Erfolg automatisch wie‐ derholt. • Egozentrisches Verhalten: Ein Prinzip, nach dem Menschen, insbesondere Experten, ihre Reviere abstecken und den Blick auf das Ganze verlieren. In der Praxis ist dies daran zu beobachten, dass einzelne Personen auf ihrem Wissen „sitzen bleiben“ bzw. immer wieder grundsätzliche Bedenken äußern. • Schwarzer-Peter-Prinzip: Es wird schnell ein Schuldiger gesucht, um sich zu entlasten. Dies führt dazu, dass Mitarbeitende eigene Probleme oder gemachte Fehler nicht mehr ansprechen und zu vertuschen versuchen. In einem leistungsfähigen Team benötigen Sie eine Atmosphäre, in der Fehler gemacht werden dürfen. Erst im Wiederholungsfall haben Fehler Konsequenzen: Ausnahme: Fehler werden grob fahrlässig begangen. • Hierarchie und Macht: Die Prinzipien, nach denen der „Hierarch“ klüger ist und alles besser weiß. • Harmonie und Gruppendruck: Synergien werden nicht genutzt, da Pro‐ bleme nicht wirklich angesprochen und gelöst werden, um so die Harmonie aufrechtzuhalten. Mittel- und langfristig entstehen damit zusätzlich ver‐ deckte Aggressionen. Über den Gruppendruck wird keine abweichende, neue Idee zugelassen. Zum Beispiel: „Wir haben uns schon gestern in der Besprechung mit Frau Göhring über dieses Thema unterhalten und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass-…“. • Selbstdarstellung einzelner Mitarbeitenden. Tipps und Regeln Tipp 1: Um diese Probleme zu vermeiden, ist eine regelmäßige Selbstreflexion von Ihnen als Führungskraft notwendig. Tipp 2: Zusätzlich sollten Sie mit Ihrem Team in Abständen die Art und Weise der Zusammenarbeit auf den Prüfstand stellen. 132 7 Wie gestalte ich eine Teambesprechung? <?page no="133"?> Tipp 3: Am wichtigsten ist es, dass Sie in Ihrem Team eine vertrauensvolle, offene und ehrliche Atmosphäre schaffen. Hierfür brauchen Sie eine Einstellung, die zum Ausdruck bringt, dass Sie gemeinsam mit Ihren Teammitgliedern als Kollegen oder Partner die Aufgaben bewältigen und Probleme lösen. Hierfür kann es sinnvoll sein, sich selbst immer wieder bewusst zu machen, wie Sie von Ihrer Führungskraft behandelt werden möchten. Eventuell haben Sie aus Ihrer eigenen Erfahrung heraus in der Vergangenheit positive Erfahrungen mit Führungskräften gemacht, die Ihnen als Vorbild dienen können. Woran erkennen Sie den Teamgeist von Hochleistungsteams? Nur mit einem positiven und stark ausgeprägten Teamgeist sind Sie in der Lage, Topp-Leistung zu bringen. Es sind unter anderem folgende Merkmale, die für einen „guten Geist“ sprechen: • Jeder fühlt sich respektiert und anerkannt. • Es herrscht eine offene und konstruktive Feedback-Kultur. • Feedback wird als Bereicherung und nicht als Kritik gesehen. • Alle sind stolz darauf, zu diesem Team zu gehören. • Es besteht ein offenes Klima des gegenseitigen Vertrauens. • Anderen wird bei ihrem Verhalten eine positive Absicht unterstellt (keine Unterstellungen). • Es wird häufig über die gemeinsame Aufgabe und Zukunft gesprochen. • Es herrscht eine gegenseitige Wertschätzung der Person und der Fähig‐ keiten jedes Team-Mitgliedes. • Die Team-Mitglieder sind optimistisch und von ihren Fähigkeiten über‐ zeugt. • Alle ringen um die besten Lösungen auf dem Weg zur Umsetzung der Ziele. • Jeder bekommt individuelle Tipps und Hinweise, wie er sich verbessern kann. • Alle Beschäftigten haben Interesse an dem, was andere bewegt (Zuhören vor Reden). • Leistungen werden gegenseitig anerkannt und gelobt. Im folgenden Kapitel erfahren Sie, wie sie aus einem „normalen“ Team ein Hochleistungsteam entwickeln. 7.3 Wie werden Entscheidungen in Teams effektiv getroffen? 133 <?page no="135"?> Die Art der Zusammenarbeit ist wichtiger als die Qualifikation jedes Einzelnen im Team! 8 Wie bringe ich mein Team zur Höchstleistung? „Talent gewinnt Spiele, aber Teamwork und Intelligenz gewinnt Meisterschaften.“ Michael Jordan Was ist ein Höchstleitungs- oder ein High Performance Team? Vermutlich haben Sie schon persönlich die Erfahrung gemacht, in einem Hoch‐ leistungs- oder einem sogenannten High Performance Team zu arbeiten. In einem Team, das souverän und vor allem gemeinsam daran arbeitet, auch die schwierigsten Aufgaben in einer vertrauensvollen und hoch-dynamischen Atmosphäre zu meistern. 8.1 Weshalb werden High Performance Teams für den Unternehmenserfolg immer wichtiger? Durch den Firmenumbau etlicher großer, meist amerikanischer Unternehmen wurde schon vor vielen Jahren deutlich, dass die Kultur und die Art des Umgangs mit den Beschäftigten für den Erfolg eines Unternehmens besonders relevant sind. Schließlich hat Google mit seiner wissenschaftlichen Studie „Aristoteles“ nachgewiesen, dass die Effektivität eines Teams von der Art und Weise der Zusammenarbeit zwischen den Teammitgliedern abhängt und nicht von den einzelnen Teammitgliedern selbst oder ihren Fähigkeiten. Diese Ergebnisse haben der Bedeutung der Team‐ entwicklung, besonders im Zusammenhang mit dem globalen Wettbewerb, einen besonderen Schub gegeben. Denn das zunehmend dynamischere, un‐ vorhersehbare Umfeld, das häufig auch als VUCA-Welt bezeichnet wird, stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Organisationen müssen immer schneller die richtigen Entscheidungen bei einer undurchsichtigen Informationslage treffen, sie müssen flexibel auf häufige Marktveränderungen reagieren und daraus die richtigen Schlüsse, oft nur aufgrund weniger Daten über die eigenen Kunden ziehen. <?page no="136"?> Aufgrund dieser Anforderungen ist es für Unternehmen und für Sie als Führungskraft immer entscheidender, sich auf die hohe Leistungsfähigkeit der eigenen Teams verlassen zu können. Woran lassen sich High Performance Teams erkennen? • Sie haben ein gemeinsames Ziel: Alle Beschäftigten identifizieren sich mit dem Ziel und sind von der Richtigkeit überzeugt - das hält sie zusammen und gibt ihnen eine Orientierung. • Sie trauen sich gegenseitig: Das Arbeitsklima ist von gegenseitigem Ver‐ trauen und einer gut funktionierenden Kommunikation und Konfliktlösung geprägt. • Gemeinsamer Erfolg: High Performance Teams nehmen sich als eine Einheit wahr. Es gibt keine persönlichen Erfolge, sondern nur die Ergebnisse des gesamten Teams. Einzelkämpfer: innen haben es hier schwer. • Sie haben selbstdefinierte hochgesteckte Ziele: Ihr Leistungsverhalten ist am Immer-besser-Werden und nicht an einzelnen Komfortzonen orientiert. • Nachhaltiger Erfolg: Hochleistungsteams schaffen es über einen langen Zeitraum hinweg, eine hohe Leistungsfähigkeit, Leistungsbereitschaft und überdurchschnittliche Ergebnisse zu erzielen. „Copy-Paste“ funktioniert hier leider nicht Obwohl es in der Zwischenzeit in den unterschiedlichsten Bereichen wie Sport, Start-ups, Kultur, Kunst, Kirche viele Erfahrungen mit der Entwicklung von Hochleistungsteams gibt, ist es notwendig, dass jedes Team seinen eigenen Weg geht. Die eine Erfolgsstrategie oder das eine Erfolgsrezept gibt es nicht. Denn die Entstehung und Entwicklung solcher High Performance Teams wird immer beeinflusst durch ihr Umfeld, die spezifischen Interaktionen und verschiedenen Schnittstellen. Dennoch gibt es Merkmale, die für alle Teams gelten. 8.2 Welche neun Merkmale zeichnen High Performance Teams aus? Welche Eigenschaften benötigen Teams, damit sie sich aus einem „normalen“ Team zu einem High Performance Team entwickeln können? • Einheitliches Ziel • Funktionsübergreifendes Denken • Fehlerkultur vs. Lernkultur und psychologische Sicherheit • Prinzipien und Werte der Zusammenarbeit 136 8 Wie bringe ich mein Team zur Höchstleistung? <?page no="137"?> • Regelmäßige Reflexion für die kontinuierliche Verbesserung • Selbstorganisation • Transparenz • Zeit und Raum für Entwicklung • Wissen über die eigenen „Kunden“ 1. Einheitliche Ziele Jedes einzelne Teammitglied benötigt eine klare Vorstellung von dem zu errei‐ chenden Ziel und was jeder Einzelnen dafür tun kann, damit dieses Ziel einen persönlichen Sinn ergibt. Darüber hinaus sollte klar sein, welchen Beitrag jeder einzelne, der aus Sicht des Kunden einen Mehrwert darstellt, leisten kann. Dies spornt Teams zu Höchstleistungen an, und der Aufwand für Abstimmungen wird dadurch deutlich reduziert. 2. Funktionsübergreifendes Denken Es zeigt sich immer wieder, dass zwar die Teams durch hochqualifizierte Spe‐ zialisten ausgezeichnet sind, sie jedoch zu oft wenig grundlegendes Verständnis von der Arbeit der anderen haben. Hätten sie dieses und würden sie auch selbst ihren Anteil am Gesamtprozess wirklich gut verstehen, würde dies den Arbeitsprozess deutlich beschleunigen und das gegenseitige Verständnis, besonders in schwierigen Situationen, erhöhen. 3. Fehlerkultur vs. Lernkultur und emotionale Sicherheit Ein wichtiger Erfolgsfaktor von Leistungsteams ist der Umgang mit Fehlern. Deshalb gehen Hochleistungsteams konstruktiv mit Fehlern um und nutzen diese als wichtige Grundlage für die eigene Kreativität, Innovation und ihr Wachstum. Doch diese Art der Kultur lässt sich nicht anweisen. Eine sogenannte „kon‐ struktive Fehlerkultur“ oder besser „Lernkultur“ lässt sich nicht verordnen; sie muss bewusstgemacht, vorgelebt und auch eingefordert werden. Dies ist für die meisten Menschen ein Abwenden von bisherigen Gewohn‐ heiten und deshalb schwierig zu verändern. Aber es ist möglich! Diese Veränderung ist deshalb so wichtig, da wir erst dann mit Fehlern konstruktiv umgehen, sie nicht mehr verschweigen oder unter den Teppich kehren und diese sogar selbst ansprechen, wenn wir keine Angst mehr vor den Konsequenzen befürchten müssen. Stellen Sie sich hierzu eine Person vor, die beim Service an einem Flugzeug einen Fehler macht und diesen „vorsichtshalber“ verschweigt, damit sie keinen Ärger bekommt. Ich denke, die Konsequenzen wollen wir uns alle nicht aus‐ malen. 8.2 Welche neun Merkmale zeichnen High Performance Teams aus? 137 <?page no="138"?> Um wirklich Top-Leistung erzielen zu können, brauchen wir emotionale Sicherheit. Das heißt, dass in einer Atmosphäre gearbeitet wird, in der sich alle trauen, Fehler offen anzusprechen und auch Ideen, Kritik, Fragen oder Unwissenheit zu äußern ohne Angst vor Verurteilung oder Spott. Teams, in denen jedes Mitglied offen kommuniziert, profitieren von den un‐ terschiedlichen Perspektiven aller. Herausforderungen und auch Unwissenheit können so schneller überwunden werden, da sie auch Risiken eingehen und auch unfertige Ideen mit dem Team teilen. Bei dieser Entwicklung haben gerade Sie als Führungskraft eine zentrale Bedeutung, da Sie dafür verantwortlich sind, diese Kultur zu initiieren und sie modellhaft vorzuleben. 4. Prinzipien und Werte der Zusammenarbeit Jedes Unternehmen, jede Organisation oder auch alle Teams entwickeln, wenn sie längere Zeit zusammenarbeiten, ihre eigene Kultur. Diese Kultur ist abhängig von den Werten jedes einzelnen Mitgliedes und den allmählich entstehenden Gewohnheiten. Diese Kultur der Zusammenarbeit gib den einzelnen Personen, besonders in schwierigen Situationen, Sicherheit und eine Handlungsorientierung für das eigene Verhalten. Da jedes Team durch unterschiedlichste Menschen gekennzeichnet ist, muss jedes Team seine eigene Kultur entwickeln. Deshalb sollten in jedem Team „Regeln der Zusammenarbeit“ - oft auch „Leitbild“ genannt - gemeinsam entwickelt werden. So zeichnen sich vor allem Teams in agil arbeitenden Unternehmen, in denen Hochleistungsteams besonders häufig vorkommen, dadurch aus, dass eines ihrer Grundprinzipien ist, dass die Zusammenarbeit wichtiger ist als die Praktiken und Arbeitsmethoden. Es ist hier auch zu berücksichtigen, dass die Größe eines Teams schon ab ca. 8 Personen schon ein komplexes System darstellt, in dem die unterschiedlichen Sichtweisen und auch die Transparenz koordiniert werden müssen. 5. Regelmäßige Reflexion für kontinuierliche Verbesserung Fehler angstfrei machen zu können, ist ein wichtiger Schritt zu einem Hochleis‐ tungsteam. Das reicht jedoch noch nicht aus, eine weitere zentrale Frage ist, ob die einzelnen Personen und das Team aus diesen auch lernen. Deshalb ist es notwendig, dass Sie als Führungskraft dafür sorgen, dass ein regelmäßiger Austausch und eine Reflexion der Erfahrungen, insbesondere, was Fehler anbelangt, stattfindet. 138 8 Wie bringe ich mein Team zur Höchstleistung? <?page no="139"?> Dies Analyse ist ggf. wiederum die Grundlage dafür, um das eigene Verhalten oder gar die Prozesse oder auch die Werkzeuge etc. zu entwickeln oder anzu‐ passen. In einem High Performance Team nutzen die Teammitglieder nicht nur die Retrospektive, um sich kontinuierlich zu verbessern. Wenn immer es ein Problem gibt oder es notwendig ist, die Vorgehensweise anzupassen, wird dies zeitnah thematisiert, zum Beispiel nach einer Teamsitzung oder dem „Daily“. Die Mitglieder eines Hochleistungsteams haben verinnerlicht, dass es nicht zielführend ist, bis zur nächsten Retrospektive zu warten, um sich zu verbessern. Schließlich macht es keinen Sinn, weiterhin Fehler zu machen, wenn das Team jetzt schon weiß, wie es besser geht. Deutlich wird hier, wie sehr jede einzelne Person von den Erfahrungen und Meinungen der anderen profitieren kann und dass das Kreativitätspotenzial enorm hoch ist. Themen bzw. Fragen bei einer Retrospektive, die idealerweise von einer Person, z. B. von Ihnen als Führungskraft, moderiert wird, könnten z. B. sein: • Wie funktioniert unsere gegenseitige Kommunikation? • Welche Barrieren stören die Zusammenarbeit? • Was habt ihr in der letzten Woche gelernt? • Was konkret werden wir tun, um XY in Zukunft zu vermeiden? 6. Selbstorganisation Gute, effiziente, schnelle und leistungsorientierte Zusammenarbeit kann nur wirksam funktionieren, wenn sich die einzelnen Mitarbeitenden selbst organi‐ sieren und keine Abklärung mit der Hierarchie benötigen, was in agilen Teams auch meist der Fall ist. Dies ist jedoch nur dann möglich, wenn Sie als Führungskraft dafür sorgen, dass jedes Mitglied ein hohes Maß an Entscheidungsfreiheit hat und dann selbstverständlich für die Entscheidungen auch die Verantwortung trägt. Die Mitarbeitenden benötigen dazu die Möglichkeit, auf die notwendigen Informationen oder Daten zuzugreifen, um auch wirklich im Sinne des Unter‐ nehmens Entscheidungen treffen zu können. Dieser Aspekt ist für die Führungskräfte, aber oft auch für die Beschäftigten ein schwieriger Schritt. Führungskräfte müssen loslassen, was nur funktioniert, wenn sie vertrauen. Die Beschäftigten müssen zum Teil erst lernen, dass für sie niemand außer das Team selbst Verantwortung, auch für falsche Entschei‐ dungen übernimmt. 8.2 Welche neun Merkmale zeichnen High Performance Teams aus? 139 <?page no="140"?> Es ist durchaus möglich, dass dieser Prozess eine große Hürde für Teams oder gar die gesamte Organisation darstellt - unternehmerisch lohnt er sich jedoch. Untersuchungen zeigen, dass durch diesen Schritt Teams ca. 20 bis 60 % erfolgreicher sind als hierarchisch geführte Teams. 7. Transparenz Freiräume und Eigenverantwortung der Beschäftigten machen nur Sinn, wenn sie Zugriff auf die nötigen Infos und Daten, die Prozesse und Arbeitsinhalte des Teams haben und diese transparent sind. Wichtig ist hier, dass jeder die gleichen Zugriffsmöglichkeiten hat und dass das Wissen bzw. Know-how nicht bei einzelnen Personen abgeschottet ist. Neben Kennzahlen und Erkenntnissen haben Hochleistungsteams jederzeit auch einen Überblick über ihre eigene Wertschöpfungskette. Um diese Form der Transparenz zu erreichen, muss der eigene Wertstrom sichtbar gemacht werden. Übergabepunkte, Durchlaufzeiten, Ressourcenverschwendung und Engpässe werden so offengelegt. Die Teammitglieder: innen können dadurch die eigenen Arbeitsabläufe ständig hinterfragen und regelmäßig anpassen, sodass im Er‐ gebnis die Leistung durch die Verbesserung der Zusammenarbeit fortlaufend besser wird. Hierzu dient z.-B. das Kanban als Visualisierungsmethode. Struktur eines Kanban Boards Aufgaben / To do Konzept / Story Entwicklung Prüfung / Testing Erledigt / Done ---------- - - - - Das Kanban Bord ist wohl das bekannteste Framework (= Rahmen) zur Visua‐ lisierung des Arbeitsflusses. Kanban (Deutsch: Signalkarte) begann als visuelles Planungssystem innerhalb der Toyota-Produktion. Einige Jahrzehnte später entwickelte David Anderson die Idee der Kanban-Methode weiter und führte das Kanban Board ein. Es gehört zu den Tools des agilen Arbeitens 140 8 Wie bringe ich mein Team zur Höchstleistung? <?page no="141"?> 8. Zeit und Möglichkeiten zur Entwicklung Hochleistungsteams stehen wie andere Teams auch vor der Herausforderung, einerseits das Tagesgeschäft zu bewältigen und andererseits Prozesse, Methoden Qualität etc. zu verbessern. Wie kann dies gleichzeitig gelingen? Das gleichzeitige Bearbeiten wird auch als organisationale Ambidextrie bezeichnet. Darunter versteht man die Fähigkeit, gleichermaßen effizient und innovativ bzw. flexibel zu sein. Das bedeutet, dass z. B. zum einen die bestehenden Prozesse optimiert und zum anderen die üblichen Aufgaben bearbeitet werden. Durch diese Fähigkeit sichern Hochleistungsteams ihre Wettbewerbsfähig‐ keit, erhöhen ihre Anpassungsfähigkeit, steigern ihre Lernkultur und fördern das unternehmerische Denken aller Teammitglieder. Doch dieser zeitliche Mehraufwand lässt sich nicht durch gutes Zusprechen und eine hohe Motivation kompensieren. Dieser zeitliche Mehraufwand muss organisiert werden, indem diese Teams - zumindest in der Anfangszeit - die Vorgabe zum Experimentieren und Optimieren bekommen und ihnen dafür ein zeitliches Budget eingeräumt wird. Im Alltag zeigt sich, dass dieses Zeitbudget eine sehr gute Investition darstellt, die sich wirtschaftlich positiv auf das Team und das Unternehmen auswirkt. 9. Wissen über die eigenen Kunden Ein sehr umfangreiches Wissen über die eigene „Kundengruppe“ ist einer der größten Wettbewerbsvorteile für jedes Team. Denn das Kundenwissen ermöglicht es den Teams, sich mit deren Problemen und Erwartungen ausein‐ anderzusetzen. Dadurch können die Teammitglieder Lösungen entwickeln, die die Bedürfnisse der Kunden gezielt betreffen und mit hoher Wahrscheinlichkeit auch am Markt angenommen werden. Damit ihnen dies gelingt, gibt es fundierte Daten aus einer qualitativen Kundenforschung oder auch einen regelmäßigen Austausch mit der echten Zielgruppe, sodass der Produkterfolg langfristig erhalten bleibt. Tipps und Regeln Tipp 1: Machen Sie sich bitte Gedanken zu folgenden Themen: • Wie sehr sind Sie persönlich davon überzeugt, dass jeder Beschäftigte die Teamziele kennt und sich mit ihnen identifiziert? • Wie schätzen Sie das gegenseitige Vertrauen im Team ein? • Was könnt Sie tun, um dieses ggf. weiter zu steigern? • Wie bewerten Sie das Wir-Gefühl im Team? • Was könnte Sie noch verbessern? • Reflektieren Sie sich selbst und prüfen Sie, wie selbstständig Sie Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen arbeiten lassen? 8.2 Welche neun Merkmale zeichnen High Performance Teams aus? 141 <?page no="142"?> Tipp 2: Reflektieren Sie und besprechen Sie ggf. mit Ihrem Team, wie transparent die Infos und Prozesse sind, sodass jede Person selbstständig arbeiten kann? Tipp 3: Reflektieren Sie ihr eigenes Verhalten: Wie gehen Sie mit Fehlern anderer um? Lassen Sie sich hierzu auch Feedback von Ihrem Team geben. Tipp 4: Haben Sie Regeln der Zusammenarbeit oder läuft es einfach so? Auch wenn es gut läuft, ist es wichtig, diese stillschweigenden Regeln ggf. zu hinterfragen und zu optimieren. Tipp 5: Haben Sie eine Routine, bei der Sie sich regelmäßig über die Teamerfolge, Hürden im Alltag und Misserfolge austauschen, um so auch zu Verbesse‐ rungen zu gelangen? 8.3 Die Phasen auf dem Weg zum Hochleistungsteam Teamentwicklung ist kein Projekt High Performing Teams und die oben genannten Merkmale etablieren sich selbstverständlich nicht über Nacht. Sie sind das Ergebnis eines konsequenten Entwicklungsprozesses. Meist wird zur Erklärung der Teamentwicklung das Entwicklungsmodell von Bruce Tuckman, einem US-amerikanischer Psycho‐ loge und Organisationsberater, verwendet. Teamphasen Leistungsphasen Forming / Testphase Das neue Team beginnt die Zusammenarbeit. Konflikte werden noch vermieden. Man ist distanziert und freundlich zueinander  höflich  unpersönlich  gespannt  vorsichtig Storming / Konfliktphase Es kommt zu ersten Konflikten im Team / Problemen in der Zusammenarbeit  unterschwellige Konflikte  Konfrontation der Personen  Cliquenbildung  mühsames Vorwärtskommen  Gefühl der Ausweglosigkeit Norming / Organisationsphase Das Team überwindet die Konflikte und entwickelt Normen für eine effektive Zusammenarbeit  Entwicklung neuer Umgangsformen  Feedback  Konfrontation der Standpunkte Performing / Phasen der Leistung und Zufriedenheit Verlässliche Normen machen das Team leistungsstark und resilient  ideenreich  flexibel  leistungsfähig  solidarisch und hilfsbereit Bruce Tuckman unterteilt die Entwicklung von Teams grob in 4 Phasen, die jedes Team durchlaufen muss, um nachhaltigen Erfolg zu haben: Forming: Wird ein Team neu gebildet oder kommt ein Mitglied neu dazu, dann verlaufen die gleichen Phasen, in aller Regel nur schneller. 142 8 Wie bringe ich mein Team zur Höchstleistung? <?page no="143"?> In dieser Phase lernen die Mitarbeitenden die gemeinsamen Ziele und Her‐ ausforderungen kennen. Vieles ist unklar, die Leistungsfähigkeit eingeschränkt, die Beschäftigten sind auf die Führungskraft fixiert. Die Teammitglieder sind an diesem Punkt größtenteils motiviert und versuchen sich von ihrer besten Seite zu zeigen. Zwischenmenschliche und systemische Probleme, mit denen das Team konfrontiert sein wird, sind zu diesem Zeitpunkt noch unbekannt. Führungskräfte sollten in dieser Phase Sicherheit und Orientierung geben, Aufgaben aufzeigen, klare Anweisungen geben und die Arbeitsergebnisse re‐ gelmäßig kontrollieren bzw. sich Rückmeldung geben lassen (berichten lassen). Storming: Die Storming-Phase ist der entscheidende Wendepunkt in der Teamentwicklung. Es gibt zunehmend unterschiedliche Auffassungen, eine Rollenverteilung bildet sich heraus, erste Machtkämpfe entstehen. In dieser Phase des Prozesses entscheidet sich, ob ein Team gemeinsam Höchstleistungen erzielen wird oder auf einem niedrigen Leistungsniveau stagniert. In dieser Phase lernen sich die Teammitglieder immer besser kennen und erleben die Ecken und Kanten ihrer Kollegen: innen. Völlig normal ist es, dass durch und bei der Zusammenarbeit Konflikte entstehen, wenn die Bedürfnisse einzelner Teammitglieder nicht erfüllt werden. Für den zukünftigen Erfolg ist es deshalb entscheidend, dass ein Team in dieser Phase Probleme offen anspricht und gemeinsame Lösungen findet. Gerade in dieser Situation zeigt sich die Führungskompetenz von Ihnen als Führungskraft ganz besonders. Führungskräfte sollten hier auf Disziplin achten, zu Konflikten ermutigen, jedoch Angriffe unterbinden. Hier bieten sich bestimmte Kommunikationstech‐ niken an. Außerdem können sie mit ersten vom Team erreichten Erfolgen die Motivation aufrechterhalten. Norming: In der Norming- oder Organisationsphase hat das Teams die bedeu‐ tendsten Konflikte gelöst, sodass sich erstmalig ein wirklicher Zusammenhalt in der Gruppe herausbildet und die ersten Ansätze eines Wir-Gefühls zu erkennen sind. Das Team beginnt nun die Zusammenarbeit effektiv zu organisieren: Transparente Prozesse, Aufgabenverteilungen und Prinzipien der Zusammen‐ arbeit werden gemeinsam entwickelt und etabliert. Wichtige Fragen von Ihnen als Führungskraft sind: „Wie können wir das Ziel erreichen? “ oder „Wie wollen wir miteinander umgehen? “. Führungskräfte helfen ihren Mitarbeitenden am besten, indem sie z. B. Aufgaben übertragen, dominantere Personen stärker einbinden, Teambesprechungen ansetzen und Erfolge sichtbar machen. 8.3 Die Phasen auf dem Weg zum Hochleistungsteam 143 <?page no="144"?> Performing: Mit dem Eintritt in die Performingbzw. die Integrationsphase ist das Team aufgrund des zuvor Erlebten wirklich leistungsstark. Es zeichnet sich durch eine hohe Kreativität, Flexibilität, Produktivität, Effizienz und Selbst‐ organisation aus. Es hat sich eine einheitliche Teamkultur etabliert, die auf ge‐ genseitigem Respekt und Wertschätzung beruht. Das Team hat darüber hinaus Haltung und Methoden etabliert, die es zur kontinuierlichen Weiterentwicklung und Optimierung befähigt. Fragen von Ihnen als Führungskraft an das Team sind: „Wer hat was zu tun? “ oder „Wie können wir das Ziel am effektivsten erreichen? “ Sie als Führungskraft sollten jetzt darauf achten, dass Sie Aufgaben weiter übertragen, Sie sich zurückzuziehen und dabei offen für Neuerungen sind. Teams Zeit geben Damit Teams nachhaltig erfolgreich und leistungsstark werden, ist es wichtig, dass sie alle Phasen von Tuckman’s Entwicklungsmodell durchlaufen. Sie ent‐ wickeln so eine konstruktive Konflikt- und Lernkultur, die als Grundlage für die kontinuierliche Leistungssteigerung dient. Die Kenntnis der jeweiligen Phasen und ihre typischen Ausprägungen hilft Ihnen dabei, Empathie und Vertrauen für Ihr Team und den Entwicklungsprozess, den es durchläuft, aufzubauen. Entscheidend ist, dass Sie diese Phasen nicht abkürzen können, sondern durch Ihre Art der Führung und Moderation den Teamentwicklungs-Prozess lediglich beschleunigen und in der Qualität steuern können. Fazit Teams können ihre eigene Performance steigern und sich mit etwas Zeit und der Unterstützung durch die Führungskraft zum High Performance Team entwickeln. Dabei können sie sich an den Erfolgsprinzipien und Merkmalen erfolgreicher Teams aus allen Branchen orientieren. Diese allerdings nur zu kopieren, ohne den Sinn dahinter zu verstehen und im eigenen Kontext zu hinterfragen, wird nicht funktionieren. Alle im Team müssen eigenständig die für sie passenden Prinzipien, Praktiken und Methoden entwickeln, verinnerlichen und stetig optimieren. Führungskräfte müssen ihnen den Freiraum geben, sich entsprechend der vier Phasen der Team-Entwicklung zu formen und ihre eigenen Methoden entwickeln zu können. Deshalb sollten Sie im Rahmen des Performance Managements Ihr Team dazu anhalten und qualifizieren, seinen eigenen Erfolg zu messen. 144 8 Wie bringe ich mein Team zur Höchstleistung? <?page no="145"?> Kopf oder Bauch? oder Kopf und Bauch? 9 Wie treffe ich erfolgreich Entscheidungen? Wenige Menschen denken, und doch wollen alle entscheiden. Friedrich der Große Würde man uns fragen, welche wesentlichen Aufgaben eine Führungskraft zu erfüllen hat, würden wir sicher die Aufgabe „Entscheidungen treffen zu müssen“ mit aufzählen. Wir würden sogar so weit gehen und sagen: „Wer nicht entscheidet, ist keine Führungskraft.“ Entscheidungen zu treffen ist jedoch nicht nur eine der wesentlichen Aufgaben, sondern auch eine der kritischsten. Und zwar deshalb, weil wir in unseren Entscheidungsprozessen emotionalen und kognitiven Einflüssen ausgesetzt sind, die immer wieder ganz im Gegenteil zu unserer subjektiven Wahrnehmung stehen. Wir gehen davon aus, dass Entscheidungen rational getroffen werden. Eine Entscheidung rein rational zu treffen, würde aber bedeuten, rein methodisch und begründbar zu einer Entscheidung zu kommen. In etwa genauso, wie wir dies bei einer mathematischen Gleichung tun. Das tun wir jedoch so gut wie nie. Und das ist gut so. Rein rational gefällte Entscheidungen kommen nämlich häufig zu schlechten Ergebnissen. Es ist das Zusammenspiel, das uns zu einem bestmöglichen Ergebnis führt - das Zusammenspiel von Rationalität, dem Abwägen aller Argumente, der Vernunft und unserem Bauchgefühl. 9.1 Welche Rolle spielt unser Bauch? Unser Bauchgefühl, Intuition, Unterbewusstsein oder als gesunder Menschen‐ verstand bezeichnet, ist es, der unseren Entscheidungen den Ausschlag gibt. Haben wir ein gutes oder ein schlechtes Gefühl bei dieser oder jener Entschei‐ dung? Neben unserem Verstand, der Fakten sammelt und das Für und Wider logisch abwägt, spielen unsere Gefühle eine große Rolle dabei, wie wir mit einer Entscheidung zurechtkommen, wie sie sich „anfühlt“. Nicht immer sind diese Gefühle für uns greifbar. Wir bewerten eine Entscheidung mit unseren Emotionen und unseren gesamten Erfahrungen, die wir bisher gemacht haben. <?page no="146"?> Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition nutzen! Entscheidungen werden also sozusagen mit unserem Erfahrungsgedächtnis abgeglichen. Dass wir eigene Emotionen brauchen, um überhaupt etwas entscheiden zu können, zeigen uns Untersuchungen von Antonio Damasio. Fazit dieser Untersuchungen: Kluge Entscheidungen werden getroffen, wenn wir den Verstand und unsere Emotionen optimal in Einklang bringen. Damasios Patienten, die zwar nicht ihre Intelligenz und die Fähigkeit zu vernünftigen Schlussfolgerungen verloren hatten, jedoch die Fähigkeit der emotionalen Bewertung, waren absolut unfähig, noch irgendeine Entscheidung zu treffen. Sie saßen z. B. stundenlang im Auto ohne loszufahren, weil sie sich für keinen der Radiosender entscheiden konnten. So gesehen könnten wir unser Bauchgefühl auch als unseren eigenen inneren Kompass verstehen. Diesen Kompass sollten wir zu unseren Gunsten einsetzen, auch wenn sich manche Entscheidungen nicht nachvollziehbar begründen lassen. Sie beruhen eben auch auf einem Schatz an Erfahrungen, der uns in seiner Gesamtheit nicht bewusst bzw. nicht bewusst abrufbar für uns ist. Sprachlich sind wir deshalb sehr oft nicht in der Lage, dieses Gefühl auszudrücken. Trotzdem Vorsicht - nicht immer sind die Erfahrungen, die wir bisher gemacht haben, die beste Grundlage, um eine Entscheidung neu zu treffen. Die Befragung des inneren Kompasses steht deshalb auch immer am Ende eines Entscheidungsprozesses und wird nicht missbraucht, um Entschlusslosigkeit zu rechtfertigen. Sie tun deshalb gut daran, auch Bauchgefühle für einen Moment zu hin‐ terfragen. Manchmal begründet sich unser Bauchgefühl auch auf Dinge, die zwar ein ungutes Gefühl in uns auslösen, jedoch keinen optimalen Beitrag zur Entscheidung darstellen. Zum Beispiel: Sie entscheiden sich wegen eines unguten Gefühls, den Zuschlag zu einem Projekt nicht an Herrn K zu vergeben. Die persönliche Abneigung gegen Herrn K aus privaten Gründen verhindert Ihre sachliche Sicht auf die Vorteile, die Herr K für das Projekt bringen würde. 9.2 Hindernisse auf dem Weg zur optimalen Entscheidung Auch wenn es sich nicht immer verhindern lässt, dass unsere Entscheidung durch Hindernisse beeinflusst wird, ist es dennoch der erste Schritt, diese 146 9 Wie treffe ich erfolgreich Entscheidungen? <?page no="147"?> Einflüsse zu minimieren, indem sie uns bewusst werden. Einige Beispiele sollen Ihnen helfen, ein Gefühl für die Einflussfaktoren zu bekommen. Komplexe Entscheidungen brauchen Zeit Vor allem in sehr komplexen Situationen treffen wir immer wieder zu schnell Entscheidungen. Das Problem mag einem nur zu bekannt vorkommen und man greift zu einer Routineentscheidung, ohne sich gefragt zu haben, worum es eigentlich in diesem Fall wirklich geht. Alternativen werden nicht entwickelt. Die schnellste Entscheidung zu treffen, qualifiziert Sie nicht zu einer besseren Führungskraft. Eher wenige Entscheidungen zu treffen und diese dafür wohl‐ überlegt und mit Bedacht. Die Korrektur einer Entscheidung verlangt einem mehr Energie, Zeit und Kosten ab, als wir für einen intensiven Entscheidungs‐ prozess benötigen. Manchmal ist es besser, eine Nacht über etwas zu schlafen. Der Weg zum Konsens Am liebsten ist es uns, wenn alle der gleichen Meinung sind und wir uns nicht mit den Einwänden anderer herumschlagen müssen. Zu einem wirklich nachhaltigen und tragfähigen Konsens (Commitment) kommen wir aber nur, wenn es im Vorfeld eine offene Auseinandersetzung mit den begründeten Be‐ denken gab. Trauen Sie dem „Frieden“ nicht zu schnell. Erst in der konstruktiven Auseinandersetzung beleuchten wir verschiedene Blickwinkel. Gemeint ist hier nicht das langatmige Diskutieren über diverse Befindlichkeiten, sondern es geht darum, sich mit den Einwänden der Mitarbeitenden auseinanderzusetzen, um dadurch nicht nur ein qualitativ hochwertiges Ergebnis zu erzielen, sondern sie auf diesem Weg emotional mitzunehmen, um eine tragfähige Lösung zu finden. Machen Sie sich dabei immer wieder bewusst, dass wir Deutschen dazu neigen, Entscheidungen schnell zu treffen, dabei aber vergessen, die Betroffenen „mitzunehmen“ (partizipatives Führen) und dann bei der Umsetzung auf mas‐ sive Widerstände stoßen. Die Diskussion beginnt dann wieder von Neuem. 9.3 Psychologische Entscheidungsfallen Entscheidungsfehler gehen auf unsere persönliche Unvollkommenheit zurück. Sich jedoch ein Bewusstsein über sie zu schaffen, ist der erste Schritt dahin, diese nach und nach in Griff zu bekommen. Sie reduzieren dadurch das Risiko, eigene Fehler zu machen, und können bei Fehlentscheidungen der Mitarbei‐ tenden rechtzeitig gegensteuern. Im Folgenden sind einige der wichtigsten Entscheidungsfallen aufgeführt, anschließend erhalten Sie Tipps, wie Sie Fehl‐ entscheidungen vermeiden. 9.3 Psychologische Entscheidungsfallen 147 <?page no="148"?> Anker-Effekt In unserem Entscheidungsprozess suchen wir nach Informationen, an denen wir unsere Entscheidung schlussendlich festmachen können. Eine der häufigsten Fallen, in die wir dabei geraten, ist der sogenannte Anker-Effekt. Um Sachverhalte schneller einschätzen zu können, richten wir uns nach Vergleichswerten. Dieser Vergleichswert wirkt auf uns wie ein Anker und zieht unsere endgültige Entscheidung in seine Richtung. Das Problem ist, dass auch Informationen, die nicht mit unserer Situation zusammenhängen oder rein zufällig gewählt sind, sowie die Reihenfolge dieser Informationen, uns beeinflussen. Beispiele • Nehmen wir an, Sie haben vor, sich einen neuen Laptop zu kaufen. Sie haben eine konkrete Vorstellung von dem Preis, den Sie bereit sind auszugeben. Im Fachgeschäft klärt Sie nun der/ die Verkäufer: in als Erstes über die Vorteile des deutlich teureren Gerätes auf. Dann geht er/ sie mit Ihnen zu den Geräten in Ihrer angegebenen Preisklasse. Mit großer Sicherheit kommt Ihnen jetzt der Laptop Ihrer gewünschten Preisklasse „billig“ vor und Sie entscheiden sich sehr wahrscheinlich für einen Laptop einer etwas höheren Preisgruppe. Was hat sich geändert? Ihre Vergleichsgruppe bzw. Ihr Anker. • Noch deutlicher wird dies im Urlaub auf einem Bazar. Ein/ e Verkäufer: in nennt uns einen Preis für ein Urlaubsmitbringsel, der fern von aller Realität ist. Wir beginnen zu verhandeln und den Preis zu drücken. In unserem Hinterkopf haben wir noch immer den abstrusen Ausgangspreis. Der Preis, auf den wir uns nach einiger Verhandlung mit z. B. dem orientalischen Verkäufer einigen, erscheint uns nun akzeptabel. Aber eben im Vergleich zum Ausgangspreis. • Hören wir, dass ein Teammitglied im nächsten Monat 400 Euro mehr Gehalt bekommt, sind wir über unsere Gehaltserhöhung von 300 Euro enttäuscht. Mit einer Gehaltserhöhung von 100-Euro wären wir jedoch einverstanden, sollte das Teammitglied sein altes Gehalt behalten. • Nehmen wir an, die Planung und Kalkulation eines neuen Projektes steht an. In der Diskussion wurden die Kosten für vergangene Projekte dargestellt. Obwohl es sich um ein anderes Produkt handelt, werden Sie sich stark an den Kosten der vergangenen Projekte bei der aktuellen Kalkulation orientieren. „Wenn es damals 500.000 € gekostet hat, werden wir ungefähr wieder so viel Geld investieren müssen.“ • Starten wir ein Projekt, so ist einer der ersten Schritte eine Projektkalkula‐ tion. Von verschiedenen Seiten werden Einschätzungen abgegeben, bevor 148 9 Wie treffe ich erfolgreich Entscheidungen? <?page no="149"?> überhaupt eine analytisch fundierte Kalkulation vorgenommen wurde. Diese ersten Einschätzungen jedoch sind es, die ungeachtet ihrer Qualität massiven Einfluss auf das schlussendliche Ergebnis der Kalkulation haben, da die Verantwortlichen diese ersten Kalkulationen zu einer höheren bzw. niedrigeren Bezifferung der einzelnen Positionen verleitet. Bei risikorei‐ chen, komplexen Projekten kann dies eine sehr große Gefahr bedeuten. Gefährliche Konsequenzen Legen wir unseren Entscheidungen einen unangemessenen Vergleichsmaßstab zugrunde, kann es dadurch zu Fehlentscheidungen bzw. Fehlverhalten kommen. Langwierige Vorbereitungen können umsonst gewesen sein, einfach, weil wir unseren Anker an einer falschen Stelle geworfen haben. Im Alltag schlägt sich so etwas dann schnell negativ nieder. • Fühle ich mich berechtigt, zu Besprechungen zu spät zu kommen, nur weil dies andere Kollegen auch tun? • Im Vergleich zu wem stecke ich mir Umsatzziele? • Der Anker-Effekt ist auch der Grund, weshalb wir bei der Beurteilung die Beschäftigten nicht miteinander vergleichen sollten. Denn im Vergleich zu einem starken Teammitglied schneidet eine mittelmäßig gute Person schwach ab, während sie im Vergleich mit einem eher schwachen Teammit‐ glied gut abschneidet. • Welchem Vergleichsmaßstab lege ich bei Projekt- oder Investition‐ sent-scheidungen zugrunde? Tipps und Regeln Tipp 1: Die Stärke des Anker-Effekts legt nahe, ihn in Verhandlungen gezielt einzusetzen. Versuchen Sie in Verhandlungen, das erste Gebot abzugeben bzw. bei Besprechungen Ihre Forderungen klar zu formulieren. Sie setzen damit den Anker, der die Informationen der Gegenseite zu Ihren Gunsten verzerrt. Tipp 2: Überlegen Sie rechtzeitig, wo Sie Ihren Anker festmachen möchten. Was ist Ihr geeignetster Vergleichsmaßstab in der Situation? Zum Beispiel: Können Sie die Kosten der letzten Markteinführung mit der Einführung eines neuen Produkts wirklich vergleichen? Tipp 3: Lassen Sie sich nicht von Zufälligkeiten oder gar von Stimmungen leiten. Framing-Effekt Ist das Glas halb voll oder ist es halb leer? Die gleiche Tatsache unterschiedlich verkauft. Oft mit weitreichenden Konsequenzen für uns. 9.3 Psychologische Entscheidungsfallen 149 <?page no="150"?> Wo ist der Fallstrick Wir und damit unsere Entscheidungen sind sehr davon abhängig, wie und wer uns etwas vermittelt. Unterschiedliche Formulierungen des gleichen Inhalts können uns so zu unterschiedlichen Entscheidungen führen. Die Informationen zielen sprachlich entweder auf das Hervorheben der positiven Folgen ab oder auf die der negativen. Dazu kommt, welches Verhältnis wir zu der Person haben, die uns die Informationen vermittelt. Ist uns jemand sympathisch, hinterfragen wir die Informationen weit weniger, als wenn uns diese Person unsympathischen ist. Eine kleine Anekdote zeigt, wie gut sich dieser Effekt zur Erreichung eines Zielzustandes einsetzen lässt: Ein junger Mönch fragt seinen Abt, ob er wohl beim Beten rauchen dürfte. Zur Antwort bekam er ein entrüstetes Nein. Kurze Zeit später trifft der junge Mönch einen Älteren, der beim Gebet genüsslich seine Pfeife raucht. Er mahnt an, dass es laut Abt nicht erlaubt sei, beim Beten zu rauchen. Der Alte aber antwortete gelassen. Er habe den Abt gefragt, ob er beim Rauchen beten dürfe. Dies habe der Abt bejaht. Beispiel aus der Praxis: Trägt Ihnen ein Mitarbeitender, den Sie bisher als sehr zuverlässig und loyal erlebt haben, eine mögliche Lösung eines Problems vor, werden Sie geneigter sein, ihm zuzustimmen und weniger kritisch zu hinterfragen, als bei einem Mitarbeitenden, den Sie kritischer sehen. Gefährliche Konsequenz Wie uns etwas vermittelt wird und wer dies tut, beeinflusst unsere Entscheidung extrem. Uns fällt es oft schwer, die empfangenen Informationen von der Bewertung bzw. Perspektive des anderen losgelöst zu sehen. Die Wahrnehmung einer Situation ist abhängig vom Blickwinkel, aus dem wir sie betrachten. Durch eine unterschiedliche Darstellung kommt es bei gleichbleibender inhaltlicher Aussage zu verschiedenen Entscheidungen. Drastische Beispiele hierzu sind folgende Formulierungen: • Arzt: „Herr Meyer, mit der Krankheit XY haben Sie eine vollständige Genesungschance von 60-%“ oder „Herr Meyer, Sie werden mit der Krankheit XY zu 40 % leider nicht wieder vollständig genesen.“ • Zitat: „Jedes 5. Unternehmen scheitert bei Einführung einer solchen Maß‐ nahme.“ Oder „4 von 5 Unternehmen sind sehr erfolgreich bei Einführung einer solchen Maßnahme.“ 150 9 Wie treffe ich erfolgreich Entscheidungen? <?page no="151"?> • Mitarbeitender: „Wenn wir den Auftrag nicht bekommen, verlieren wir den Kunden komplett.“ Oder „Wenn wir den Auftrag nicht bekommen, können wir uns auf das wichtige Projekt XY konzentrieren.“ • Führungskraft: „Sie haben ja erst das Grobkonzept entwickelt.“ oder „Sie haben schon einen wichtigen Teil erledigt. Schaffen Sie es bis zum Freitag? “ Tipp 1: Beziehen Sie in Ihre Überlegungen mit ein, von wem Sie welche Informa‐ tionen erhalten und damit auch, aus welchem Blickwinkel bzw. Interesse Sie diese bekommen haben. Tipp 2: Lassen Sie sich nicht durch eine sehr positive oder auch negative Vermittlung der Tatsachen in eine Richtung ziehen. Konzentrieren Sie sich auf die Fakten. Tipp 3: Denken Sie daran, man kann alles aus mehreren Blickwinkeln sehen. Thorndikes-Effekt Ist eine Situation für uns schwer zu durchschauen, halten wir uns an gelernte Regeln. Nämlich eine Handlung zu wiederholen, wenn sie uns mit einem angenehmen Zustand belohnt hat. Diese Regel ist fest in unserem Denken einprogrammiert und nach ihrem Entdecker Edward Lee Thorndike benannt worden. Demnach prägen wir uns im Alltag die Handlungen ein, die für uns zum Erfolg geführt haben. Kommt eine vergleichbare Situation wieder auf uns zu, handeln wir gleich. In unserem Alltagsleben eine wunderbare Strategie. Ein Haken dabei ist, dass wir uns nur die Handlungen einprägen, die uns kurzfristig zu einem Erfolg geführt haben. Kommen die Konsequenzen einer Handlung jedoch zeitverzögert, sehen wir meist keinen direkten Zusammen‐ hang und prägen sie uns deshalb auch nicht ein. Gefährliche Konsequenzen Häufig ist es aber so, dass viele, vor allem strategische Entscheidungen oder auch Qualifizierungsmaßnahmen lange brauchen, um den Effekt erkennen zu können. Da wir jedoch sehr kurzfristig den Erfolg oder Misserfolg wollen, kommt es dabei zu Fehleinschätzungen. Schlimmer noch, Entscheidungen werden rückgängig gemacht, da wir kurzfristig kein positives Feedback be‐ kommen. Typische Aussagen könnten sein: • „Den Job mache ich schließlich schon seit 20 Jahren! “ (… und es hat sich immer bewährt). • „Eigentlich sind wir mit unserem Personalauswahlverfahren bisher gut gefahren.“ • „Ich habe schon zweimal angerufen und da meldet sich niemand! “ 9.3 Psychologische Entscheidungsfallen 151 <?page no="152"?> • (… und jetzt habe ich keine Lust mehr). • „Ich habe ihm das schon zweimal erklärt. Der lernt es nie! “ • Verhaltensweisen/ Gewohnheiten werden nicht infrage gestellt oder verän‐ dert, weil man sich ja bisher wohl damit gefühlt hat bzw. erfolgreich damit war. (Anzahl von Kundenbesuchen, die Art und Weise ein Angebot zu schreiben, der Umgang mit Mitarbeitenden) • Killerphrasen bei Besprechungen bzw. häufige ironische Bemerkungen haben immer die scheinbar gewünschte Wirkung gezeigt. • Geschwindigkeitsüberschreitungen. „Ich bin noch nie geblitzt worden! “ • Unzuverlässigkeit. „Darüber hat sich noch nie jemand beschwert! “ • Keine Agenda bei Besprechungen haben. (Es ist bequem - keine Vorberei‐ tung notwendig) • Finanzielles- oder auch Zeitbudget überschreiten. • Ein im letzten Jahr beendetes multikulturelles Projekt hatte extreme Start‐ schwierigkeiten. Nun steht ein solches Projekt wieder an. Sie entscheiden sich dagegen, obwohl das Projekt am Ende ein Erfolg war. • Weil Sie mit einem Angebot bei Kunde X erfolgreich waren, machen Sie Kunde Y ein vergleichbares Angebot, ohne die Unterschiedlichkeiten des Kunden genug zu berücksichtigen. Tipps und Regeln Tipp 1: Bevor Sie Entscheidungen rückgängig machen, überlegen Sie, ob es nicht sinnvoll ist, sich noch etwas in Geduld zu üben. Tipp 2: Manchmal ist Unbeirrbarkeit eine nützliche Tugend. Tipp 3: Prüfen Sie regelmäßig zur Routine gewordene Verhaltensweisen daraufhin, ob Sie auch im Sinne der Wertehaltung noch angemessen sind. Tipp 4: Machen Sie sich die „10: 10: 10-Regel“ bewusst. Prüfen Sie, ob das eigene Verhalten nur für die nächsten 10 Sekunden positiv ist, z. B. weil es einfach oder bequem ist, oder ob Sie damit auch Ihre Ziele in den nächsten 10 Tagen oder auch 10 Monaten erreichen. Beispiel: Es ist sicherlich manchmal bequem, einen Mitarbeiter anzu‐ schreien. Die Frage ist, welche Auswirkungen hat dies auf seine Motivation in den nächsten 10 Tagen oder 10 Monaten? 152 9 Wie treffe ich erfolgreich Entscheidungen? <?page no="153"?> Gefrier-Effekt Der Gefrier-Effekt meint unser irrationales Festhalten an Entscheidungen vor allem an solchen, bei denen wir eigentlich nur eine Vorentscheidung getroffen haben. Wir neigen dazu, an einmal getroffenen Entscheidungen - egal ob gerecht‐ fertigt oder nicht - stur festzuhalten. Und zwar auch, wenn die einst getroffene Entscheidung gar nicht die erhofften Auswirkungen bringt. Einer der Gründe hierfür ist sicherlich die z. T. mangelnde Bereitschaft, Fehler eingestehen zu können. Beispiele Eine Führungskraft schlägt einen Mitarbeitenden aus dem eigenen Bereich zur Beförderung vor. Im Gruppen-Assessment und in einer Potenzialanalyse (Test) zeigte sich jedoch, dass der Mitarbeitende die notwendigen Qualifikationen nicht besitzt. Die Führungskraft kämpfte mit allen Mitteln für seinen Beschäftigten, (alle anderen 5 Assessoren waren der gleichen Überzeugung) und ruinierte dabei seinen Ruf, nur weil er kein einziges Argument der 5 Kollegen akzeptieren wollte. Eine Mitarbeiterin fragte ihre Führungskraft, ob sie am Freitag frei bekommen könnte. Die Führungskraft antwortet: „Vermutlich nein, ich werde es mir aber nochmals überlegen.“ Obwohl sich die Situation völlig verändert hat und es sachlich keinerlei Gründe mehr dafür gab, dass sie nicht hätte frei bekommen können, hielt die Führungskraft an der ersten, vorläufigen Entscheidung fest und gab der Mitarbeiterin nicht frei. Gefährliche Konsequenzen Das Besondere an diesem Effekt ist, dass wir nicht nur eine einstige Entschei‐ dung gegen alle Auswirkungen verteidigen, sondern unser Engagement bei erfolglosem Verlauf sogar noch steigern. Man nennt dieses Verhalten auch die Eskalation zur Selbstverpflichtung. Mit der durchaus positiven Eigenschaft konsequent zu sein, hat dieses Verhalten nur noch sehr wenig zu tun. Spätere Informationen, mit denen eine Entscheidung wieder „aufgetaut“ werden müsste, werden nicht mehr bewertet. Ganz gefährlich wird es, wenn Folgeentscheidungen getroffen werden, um diese Entscheidungen zu kaschieren oder um sie nicht beheben zu müssen. 9.3 Psychologische Entscheidungsfallen 153 <?page no="154"?> Tipps und Regeln Tipp 1: Binden Sie auch Menschen ein, die mit der früheren Entscheidung nichts zu tun haben. Tipp 2: Hinterfragen Sie sich, warum es Ihnen so schwerfällt, eine Entscheidung zu revidieren. Tipp 3: Liegt eine entsprechende Fehlerkultur in Ihrer Abteilung vor, die diesem Effekt entgegenwirken kann? Sunk-costs-Effekt Dieser Effekt entsteht, wenn wir bereits finanzielle, zeitliche, emotionale oder verschiedene andere Anstrengungen unternommen haben, um etwas zu errei‐ chen. Ist die Investition aus unserer Sicht hoch, fällt es uns sehr schwer, eine Entscheidung zu treffen, die diese Investitionen auf den ersten Blick wertlos macht. Der Sunk-costs-Effekt ist somit die verschärfte Version des Gefrier-Effekts. Im Leben gibt es hierzu einige z.-T. fatale Beispiele: • Eine Südpolexpedition hat aufgrund des Wetters mit nicht einkalkulierten Risiken zu kämpfen. Rational sprach alles dafür, die Expedition abzubre‐ chen. Es wurde aber die Entscheidung getroffen, weiterzumachen. Das Ergebnis war: 4 der Teilnehmer kamen dabei ums Leben. • Zum Vergleich: Reinhold Messner hat ca. 1/ 3 seiner Expeditionen abgebro‐ chen, da die Rahmenbedingungen anders als geplant waren. Vielleicht wurde er deshalb so erfolgreich. • Ein/ e neu eingestellte/ r Mitarbeiter/ in wird mit viel Zeit- und Energieauf‐ wand eingearbeitet. Es stellt sich trotz allem gegen Ende der Probezeit heraus, dass er/ sie für den Job nicht geeignet ist. Trotzdem wird der/ die Neue übernommen. • Eine Führungskraft bereitet mit viel Aufwand eine Präsentation vor. Einige Tage vor dem Präsentationstermin stellt sie fest, dass sie einen erheblichen Teil völlig verändern müsste. Sie hält die Präsentation mit dem entspre‐ chenden Erfolg trotzdem. • Die sogenannte Notbremse zu ziehen, kostet uns viel Überwindung. Defizite einfach abzuschreiben und abzuhaken, ist psychologisch nicht so leicht für uns. Deshalb bemühen wir uns noch mehr, zu retten, was zu retten ist. Wenigstens bis zu einem Maß, das für uns emotional verträglicher wird. „Jetzt erst recht“ und nach diesem Grundsatz gutes Geld dem schlechten hinterherzuwerfen, kann dabei zur neuen Zielvorgabe werden. 154 9 Wie treffe ich erfolgreich Entscheidungen? <?page no="155"?> Gefährliche Konsequenzen Davon betroffen sind manchmal Projekte, die fortgeführt werden, obwohl man sich darüber im Klaren ist, nicht den gewünschten Erfolg damit zu haben. Mitarbeiter: innen sind gezwungen, den Karren weiter durch den Dreck zu ziehen, während der Schaden sich nur noch vergrößert und allen anderen klar ist, dass das Vorhaben zum Scheitern verurteilt ist. Besonders verheerend wirkt sich dieser Effekt aus, wenn anfangs durchaus positive Folgen eingetreten sind. Zu glauben, die Sache an sich sei wirklich toll, brauche nur Zeit, Geld etc., kann sich dermaßen manifestieren, dass Gegenargumente keinerlei Chancen haben. Schon Warren Buffet warnte in so einem Fall: „Wenn Du in einem Loch sitzt, ist das Beste, was Du tun kannst, aufzuhören zu graben.“ Tipps und Regeln Tipp 1: Denken Sie immer auch wieder darüber nach, ob Erfolgserwartung und Einsatz Ihrer Projekte noch in Relation zueinander stehen. Tipp 2: Lassen Sie sich nicht von der Angst vor einer Fehlentscheidung leiten. Tipp 3: Stellen Sie sich bei Projekten oder Vorhaben immer wieder die Frage: Würde ich dort investieren, wenn mir das Projekt heute vorgestellt werden würde? Tipp 4: Denken Sie an den Spruch „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“ 9.4 Psychologische Entscheidungsfallen in Teams Entscheidungsprozessen in Gruppen liegen andere Voraussetzungen zugrunde als bei Einzelpersonen. Man könnte meinen, Gruppen müssten über mehr Informationen und gemeinsam über ein breiteres Fachwissen verfügen und somit auch zu besseren Entscheidungen kommen. Das kann ein Vorteil sein. Gruppenentscheidungen können jedoch auch Nachteile mit sich bringen, länger dauern und damit z.-B. höhere Kosten verursachen. Letzten Endes ist es die Führungskraft, die eine Entscheidung endgültig zu treffen hat. Viele Entscheidungsfallen passieren aber schon während des Entscheidungsfindungsprozesses in der Gruppe bzw. im Team. Wird Ihnen als Führungskraft ein Teamvorschlag präsentiert bzw. vertreten Sie eine Teammei‐ nung nach außen, sollten Sie sich über die Gefahren dieses Gruppenprozesses bewusst sein. 9.4 Psychologische Entscheidungsfallen in Teams 155 <?page no="156"?> Groupthink-Falle Der Begriff Groupthink bzw. Gruppendenken wurde erstmals von dem US-Psy‐ chologen Irving Janis beschrieben. Janis stellt damals schon fest, dass Gruppen einem Gruppendruck ausgeliefert sein können, der ihre Entscheidungskompe‐ tenz verschlechtert. Denkvermögen, Realitätsbezug und moralisches Urteil sind unter dem Druck der Gruppe eingeschränkt und können zu schlechten oder auch falschen Entscheidungen führen. Individuelles Denken kann in diesem Prozess ganz vom Gruppendenken abgelöst werden. Daher ist es leicht nach‐ zuvollziehen, dass der Einzelne dieser Konformität und dem sozialen Druck umso mehr unterliegt, je besser eine Gruppe sich versteht und je größer die Erwartungen von außen an die Gruppe sind. Kommt dazu, dass es keine klar definierten Regeln zur Entscheidungsfindung gibt und sich die Gruppe von einem dominanten Führer leiten lässt, kann dieser Effekt fatale Auswirkungen haben. Der Groupthink-Effekt hat verschiedene Symptome Macht und Moral werden von der Gruppe überschätzt. Es kommt zu einer Illu‐ sion der Unverwundbarkeit der Gruppe, die wiederum zu einem übersteigerten Optimismus führt und damit zu extrem risikoreichen Entscheidungen. • Die Gruppe verwendet viel Energie darauf, eigene Entscheidungen vor Informationen von außen zu schützen. • Gesprächspartner aus Nachbarbereichen, z. B. Personal, Produktion oder auch Vertrieb werden als Feind gewertet, der zu schwach ist, der eigenen Vorgehensweise/ Idee/ scheinbaren Notwendigkeit zu folgen. • Durch den Uniformitätsdruck werden abweichende Meinungen unter‐ drückt. • Starker Glaube daran, eine einheitliche Meinung in der Gruppe zu haben. • Einzelne Gruppenmitglieder, die eine andere Meinung vertreten, werden oft als Nestbeschmutzer gebrandmarkt. • Ein führendes Mitglied des Teams schirmt die Gruppe von Informationen und Meinungen ab, die denen der Gruppe nicht entsprechen und die Konformität infrage stellen könnten. Gefährliche Konsequenzen • Die Gruppe ignoriert Argumente von außen, die extrem wichtig sind. • Abweichende Meinungen von der Gruppe werden unterdrückt und somit keine neuen Argumente angehört. 156 9 Wie treffe ich erfolgreich Entscheidungen? <?page no="157"?> • Es findet eine Illusion der Einigkeit statt. Die Gruppenmeinung wird als Sicht aller wahrgenommen, und aus dieser Bestärkung heraus werden zu risikoreiche Entscheidungen getroffen. • Ist der Druck, zu einer Einigung zu kommen, zu groß, werden alternative Lösungen nicht genau geprüft bzw. erarbeitet. • Informationen werden zu mangelhaft oder selektiert gesammelt. • Es werden keine Vorkehrungen für Hindernisse oder etwaiges Misslingen des Vorhabens getroffen. Tipps und Regeln Tipp 1: Fordern Sie auch individuelle Sichtweisen im Team ein und fordern Sie zur Diskussion verschiedener Sichtweisen auf. Tipp 2: Prüfen Sie, ob es zu Entscheidungen nach der Prüfung verschiedener Alter‐ nativen gekommen ist. Tipp 3: Seien Sie hellhörig, wenn es bei Entscheidungen kaum Gegenstimmen in der Gruppe gibt. Tipp 4: Fragen Sie, welche Risiken bei den Entscheidungen in Betracht gezogen wurden. Ringelmann-Effekt Jeder kennt die Übersetzung des Begriffs: TEAM. „Toll, Ein Anderer Machts! “ Eigentlich müsste man doch denken, eine Person bringt 100 % Leistung, also bringen fünf Personen 500 % Leistung mit einem Mehrwert, da sie voneinander profitieren. Dem ist leider nicht so. Maximilian Ringelmann untersuchte 1882 dieses Phänomen in einigen Tier- und Menschenstudien. Er kam zu dem Ergebnis, dass die Leistung in der Gruppe immer geringer war als die Summe der Einzelleistungen. Der Effekt verstärkte sich sogar noch mit Zunahme der Gruppengröße. Zustande kommen kann dieser Effekt durch verschiedene Faktoren: Koordinationsverluste in der Gruppe Es liegt nicht immer daran, dass sich die Personen weniger anstrengen, je größer die Gruppe ist. Vielmehr erklärt sich die Leistungsreduktion auch dadurch, dass es für die Gruppe mit zunehmender Größe immer schwieriger wird, die gemein‐ same Anstrengung aufeinander abzustimmen bzw. diese zu synchronisieren. Es kommt zu sogenannten Koordinationsverlusten. Selbst bei einer perfekten Koordination ist alleine für die Abstimmung viel Energie notwendig. Es zeigt sich sogar, dass bei nicht körperlichen Aktivitäten dieser Effekt eher noch größer ausfällt. 9.4 Psychologische Entscheidungsfallen in Teams 157 <?page no="158"?> Motivationshemmnisse für Gruppenarbeit Die Arbeit in der Gruppe sei motivierender, so wird es zumindest immer wieder lautstark postuliert. Tatsächlich kann Gruppenarbeit sehr quälend und sogar demotivierend sein. Und das liegt keineswegs an der mangelnden „Teamfähig‐ keit“ der Mitarbeiter, sondern oft an der geringen Kenntnis der Teamdynamik oder der Teamprozesse. So kennt die Psychologie drei Motivationshemmnisse für Gruppenarbeit: • Soziales Faulenzen: Die Gruppenmitglieder strengen sich weniger an, weil ihr Beitrag zum Gesamtergebnis nicht identifizierbar ist. • Trittbrettfahren: Die Mitglieder strengen sich weniger an, weil ihr Beitrag auf das Gesamtergebnis gar keinen Einfluss zu haben scheint. • Trotteleffekt: Die Leistungsträger sind wenig motiviert, sich anzustrengen, weil sich die andern auf sie verlassen. Sie wollen sich nicht „zum Trottel machen“, damit andere davon profitieren. Tipps und Regeln Tipp 1: Der Beitrag sollte dem betreffenden Mitarbeiter tatsächlich zuzurechnen sein und sein Engagement muss sich lohnen. Loben Sie dieses Engagement regelmäßig. Tipp 2: Kurz- und mittelfristige Ziele machen eine Kontrolle der Prozesse leichter. Führen Sie Ihre Teambesprechungen nach den Regeln aus Kapitel 7 „Wie gestalte ich eine Teambesprechung“ durch. Tipp 3: Die Zeit, Verantwortlichkeiten zu klären, zahlt sich in jedem Fall aus. Komplexe Problemlöseaufgaben (sog. Hidden Profile-Aufgaben) Ein wichtiges Argument für Besprechungen lautet: Sie ermöglichen es, ge‐ meinsam Lösungen zu entwickeln, auf die ein Einzelner nicht kommen kann. Besprechungen ermöglichen es demnach, die vorhandenen Synergieeffekte und das vorhandene Kreativitätspotenzial zu nutzen. Und doch gelangt in der Praxis das Team nicht zwingend zu besseren Lösungen. Meist bleibt es weit unter seinen Möglichkeiten. Hierfür gibt es verschiedene Gründe. Hidden Profile Unter einem „Hidden Profile“ versteht man eine Entscheidungssituation, bei der die entscheidenden Informationen unter den Teammitgliedern verteilt sind. Und dies ist in aller Regel in der Praxis der Fall. Somit kann eine gute Lösung nur dann zustande kommen, wenn das vorhandene Wissen zusammengetragen 158 9 Wie treffe ich erfolgreich Entscheidungen? <?page no="159"?> wird. Leider zeigt die Praxis auch, dass es nur die wenigsten Gruppen/ Teams schaffen, diesen Prozess optimal zu gestalten. Interessant ist, dass Teams und auch Führungskräfte trotzdem oft mit einem suboptimalen Ergebnis zufrieden sind. Vermutlich deshalb, da es sich nicht zwingend immer um eine schlechte Lösung, sondern eben nur um eine suboptimale handelt. Dies hat verschiedene Ursachen: • Gruppen verhandeln z. T. hart über die bestehenden Ansichten (wer hat recht), anstatt sich auszutauschen. • Gruppen beschäftigen sich länger mit Informationen, die viele Mitglieder teilen, als mit solchen, die für viele neu sind (ist bequemer; ein mögliches Harmoniebedürfnis und die intellektuelle Anforderung tragen hierzu bei.). • Gruppen halten Informationen für glaubwürdiger und relevanter, wenn viele Mitglieder sie teilen. Verhandlung statt Problemlösung Bei vielen Besprechungen verwechseln nicht nur Mitarbeitende, sondern auch Führungskräfte eine Verhandlung mit einem Problemlöseprozess. Bei einer Verhandlung geht es um die Frage: Wer ist der Stärkere und wer kann die andere Seite am meisten in die eigene Richtung bewegen? Diese Haltung führt dazu, dass nicht die Fakten und Informationen ausgetauscht werden, die für die Lösungsfindung geeignet wären, sondern die, die strategisch die geeignetsten sind. Bei einem Problemlöseprozess geht es jedoch sinnvollerweis darum, eine optimale Lösung zu finden. Unabhängig davon, wie das Ergebnis zustande kommt und wer was beigetragen hat. Verzerrung der Diskussion Es lässt sich auch beobachten, dass wir dazu neigen, die Informationen in die Diskussion einzubringen, von denen wir glauben, dass sie vom Großteil der Besprechungsteilnehmenden mitgetragen werden. Das wird sogar dadurch gesteigert, dass Meinungen von anderen, die im Einklang mit der eigenen Meinung stehen, oft wiederholt werden und dadurch mehr Gewicht bekommen. Unangenehme Informationen oder Meinungen werden oft gar nicht artiku‐ liert, und selbst wenn, dann will sie niemand hören. Dadurch wird zum einen die Bedeutung von Informationen oder Meinung, zum anderen werden wichtige Informationen nicht berücksichtigt. So kann es zu keiner guten Lösung kommen. 9.4 Psychologische Entscheidungsfallen in Teams 159 <?page no="160"?> Verzerrung der Bewertung Sowohl als Chance als auch als Risiko kann die Tatsache gesehen werden, dass Informationen dann für zuverlässiger und wichtiger angesehen werden, wenn diese im Einklang mit dem Wissensstand der Teammitglieder stehen. Chance deshalb, da es unwahrscheinlich ist, dass alle den gleichen Fehlinformationen aufliegen. Als Risiko, weil dadurch unangenehme, aber wichtige Informationen unterbewertet werden können. Konsensfalle Ganz besonders kritisch sollten Sie als Führungskraft dann sein, wenn sich das Team schnell einig ist. Denn in der Praxis zeigt sich, dass dann kaum noch diskutiert wird und man schnell zu einer Entscheidung gelangen möchte. Tipps und Regeln Tipp 1: Führen Sie Ihre Teambesprechungen nach den Regeln aus Kapitel 7. „Wie gestalte ich eine Teambesprechung“ durch. Tipp 2: Achten Sie darauf, dass alle zu Wort kommen, auch die Ruhigen. Denn auch diese brauchen Sie später motiviert bei der Umsetzung. Tipp 3: Machen Sie sich bewusst, dass die Ruhigen oft ein hohes Wissen haben und analytisch meist sehr gut sind. Sie sind eine Bereicherung bei der Problemlösung. Tipp 4: Sorgen Sie dafür, dass die rhetorisch Starken und die mit einem hohen Selbstvertrauen nicht zu dominant werden. Tipp 5: Vergewissern Sie sich während der Besprechung immer wieder, ob noch alle dabei sind. Tipp 6: Provozieren Sie, besonders bei wichtigen Entscheidungen, den Widerspruch. Ggf. können Sie zwei Gruppen bilden, in dem einige die Pro- und die anderen die Contra-Haltung vertreten müssen. Tipp 7: Analysieren Sie Ihre Besprechungen auf Stärken und Schwächen und defi‐ nieren Sie sich Themen, die Sie zukünftig stärker beachten möchten. 160 9 Wie treffe ich erfolgreich Entscheidungen? <?page no="161"?> Führen von virtuellen Teams gelingt nur mit Führungskräften, die im Alltag global denken! 10 Führen aus der Distanz Nähe ist keine Frage der Entfernung. Hermann Lahm Durch die Globalisierung und das weltweite Agieren der Unternehmen ist es oft strategisch notwendig, Teams zu bilden, die unabhängig vom jeweiligen Standort der einzelnen Teammit‐ glieder an einem gemeinsamen Projekt arbeiten und sich möglicherweise nach Erreichen der Ziele wieder auflösen. Die flexible Einbindung von Fachexperten orientiert sich dabei an den Fähigkeiten und nicht mehr an der Verfügbarkeit. Informationen können optimal gebündelt und die kostbare Ressource Zeit gespart werden. Das alles wird möglich durch den Einsatz modernster Medien. Unzählige Tools und unterschiedlichste Software stehen uns heute dafür zur Verfügung: Medien, die eine Tür für jedes einzelne Teammitglied in einen virtuellen Raum bilden, in dem es darum geht, ein gemeinsames Ziel zu erreichen, ohne sich dabei persönlich näher zu kennen. Diese besonderen Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit stellen die Organisation, die Team‐ mitglieder und nicht zuletzt die Führung eines solchen Teams vor besondere Herausforderungen. 10.1 Worin unterscheidet sich ein virtuelles von einem lokalen Team? Sprechen wir von einem Team, so ist dabei die Zusammenarbeit mehrerer voneinander abhängiger Personen gemeint, die ein gemeinsames Ziel verfolgen. Die Besonderheit eines virtuellen Teams liegt in der zeitlichen, räumlichen und organisatorischen Trennung der einzelnen Teammitglieder, die zum aller‐ größten Teil über moderne Medien kommunizieren und interagieren, ohne sich im Extremfall jemals persönlich kennenzulernen. Sie kommen zusammen, um gemeinsam ein bestimmtes Ziel zu erreichen, und lösen sich anschließend häufig wieder auf. Idealerweise beginnt die Projektarbeit eines virtuellen Teams mit einem Kick-off-Meeting in Form eines Präsenztreffens. Dies ist eine der wenigen Möglichkeiten, sich gegenseitig kennenzulernen. Offene Fragen, Abläufe und <?page no="162"?> Zentrale Erfolgsfaktoren der Führung von virtuellen Teams: - Klare Ziele - Hohes gegenseitiges Vertrauen - Regelmäßiges, konkretes Feedback - Konstruktive Fehlerkultur - Hohes technisches Verständnis Verantwortlichkeiten für die gemeinsame Arbeit werden dabei geklärt. Sie als Führungskraft entscheiden dabei auch (gemeinsam mit Ihren Teammitgliedern), über welche Art von Medien kommuniziert wird. Im Unterschied zu lokalen Teams müssen damit nicht allein Alter, Geschlecht, verschiedene Persönlichkeiten und Wertesysteme unter einen Hut gebracht werden, sondern evtl. auch die Generation Taschenrechner mit der Generation Digital Natives und sprachliche Barrieren zwischen den Teammitgliedern. Eine große Bedeutung bei jeder Zusammen‐ arbeit in Teams hat das Vertrauen, das Sie zu Ihren Beschäftigten und die Mitarbeitenden zu‐ einander haben. Dieses gegenseitige Vertrauen aufzubauen, trotz der großen Distanz zu den einzelnen Mitgliedern, ist im Unterschied zu lokalen Teams um ein Vielfaches schwieriger; gleichzeitig ist es aber für die Arbeit auf Distanz sehr viel wichtiger - ein virtuelles Dilemma also. Im Gegensatz zu einem Teammitglied ne‐ benan, das Sie bei der Arbeit sehen können und auch verfolgen können, was und wann es etwas tut, sehen und hören Sie evtl. von Ihrem Mitarbeitenden an einem anderen Standort über längere Zeit hinweg nichts oder nur sehr wenig. Vertrauen entsteht aber nur über persönliche Interaktionen und wächst mit der Zeit. Unsere virtuelle Welt beruht auf einem anderen Prinzip, nämlich der schnellen Kontakte und der Zusammenarbeit mit fremden Menschen. Je virtu‐ eller, desto schwieriger ist der Vertrauensaufbau, obwohl er hier gerade sehr wichtig wäre. Durch diese besondere Situation ergeben sich in der Zusammenarbeit virtu‐ eller Teammitglieder einige Unterschiede. Voraussetzung eines jeden Mitglieds ist eine um einiges höhere Eigenverantwortlichkeit und die Fähigkeit, sich selbst zu motivieren. Auf der anderen Seite muss jedes Teammitglied sehr bemüht sein, Beziehungen aufzubauen, transparent zu arbeiten und trotz der zum größten Teil nonverbalen Kommunikation auf Zwischentöne zu achten und diese rechtzeitig anzusprechen. Der Einsatz modernster Kommunikations‐ medien ermöglicht zwar erst diese Form der Zusammenarbeit, sie öffnet jedoch oft auch Tür und Tor zu persönlicher Interpretation der Interaktionen und damit Missverständnissen. Zeigen Sie als Führungskraft und als Vorbild allen Mitarbeitenden von Anfang an Ihr Vertrauen und geben Sie Ihnen dadurch einen Impuls für deren Zusammenarbeit. Sprechen Sie Unklarheiten oder schwierige Situationen sofort 162 10 Führen aus der Distanz <?page no="163"?> klar an. Achten Sie darauf, auch immer wieder „Gespräche“ unter vier Augen zu führen. Der Klärung von gemeinsamen Werten, Rollen, Verantwortlichkeiten, Erwar‐ tungen und Regeln ist von Anfang an um ein Vielfaches mehr an Beachtung zu schenken als in lokalen Teams, da die Zusammenarbeit sehr viel sensibler auf diese Themen reagieren kann und Differenzen durch die Distanz weitaus schwerer zu beheben sind. Einen Konsens über diese Regeln herbeizuführen und damit Missverständnissen bzw. Schwierigkeiten vorzubeugen, ist eine der wichtigsten Führungsaufgaben zu Beginn der Zusammenarbeit. Eigenverantwortlichkeit, eine gute Strukturierung, da der Abstimmungsbe‐ darf mit der Distanz wächst, Vertrauen und eine Sensibilität füreinander, stellen somit die Pfeiler einer erfolgreichen virtuellen Zusammenarbeit dar. Was bei der Arbeit im virtuellen Team zum Teil erschwerend dazu kommt, ist, dass Teammitglieder oftmals Linienaufgaben haben, denen sie zeitgleich nachkommen müssen. Ein hoher Anspruch an die Organisationsfähigkeit ist gegeben, wenn zusätzlich bei der Aufgabe im virtuellen Team unterschiedliche Zeitzonen zu überwinden sind. Vereinbarungen zur Erreichbarkeit müssen eingehalten werden, sowie Termine bei der Bearbeitung der Aufgaben im Präsenzteam. Tipps und Regeln Tipp 1: Es ist zwingend nötig, dass Sie sich, so schwierig dies auch ist, die Zeit nehmen, mit den Beschäftigten gemeinsame Zeit zu verbringen. Zeit nicht nur, um Aufgaben abzuarbeiten, sondern persönliche, „unproduktive“ Zeit. Nur so entwickeln Sie ein Vertrauensverhältnis. Tipp 2: Klären Sie mit Ihren Mitarbeitenden: • Wie wird informiert? • Was erwarten Sie, wenn es Fragen oder Probleme gibt? • Was erwarten Sie bzgl. der Eigenverantwortung? • Was darf der Mitarbeiter entscheiden? Wann erwarten Sie eine Rück‐ sprache? Machen Sie besonders deutlich, dass Sie sich aufeinander verlassen können müssen und Vereinbarungen verpflichtend sind. Tipp 3: Machen Sie deutlich, dass Sie bei Ärger erwarten, dass man sich gegenseitig darauf anspricht und nicht über Dritte gesprochen wird. Tipp 4: Vereinbaren Sie gemeinsame Regeln bzw. geben Sie klare Regeln der Zusam‐ menarbeit vor. Passen Sie dabei Ihre Vorgehensweise sensibel der jeweiligen Kultur an. 10.1 Worin unterscheidet sich ein virtuelles von einem lokalen Team? 163 <?page no="164"?> 10.2 Besonderheiten bei virtuellen Teams mit interkultureller Zusammensetzung Zu den oben genannten Besonderheiten eines virtuellen Teams kommen bei der interkulturellen Zusammensetzung weitere Herausforderungen an eine erfolgreiche Teamarbeit hinzu. Die Gelegenheit für Face-to-Face-Treffen ist wegen der höheren Distanz schwer zu realisieren. So kann es durchaus vorkommen, dass das Team nie die Gelegenheit hat, sich persönlich kennenzulernen, was es zusätzlich erschwert, ein Wir-Gefühl zu entwickeln. Die besondere Herausforderung dieser Teams und damit an erster Stelle für Sie als Führungskraft besteht aber in ihrer Heterogenität. Je nach kulturellem und religiösem Hintergrund der einzelnen Teammit‐ glieder haben diese auch ein anderes Verständnis von der Form der Zusam‐ menarbeit, von einer guten Kommunikation und einem Wertesystem. Andere Kulturen haben zum Teil ein anderes Zeitverständnis, einen anderen Arbeits‐ rhythmus oder ein anderes Verständnis von verbindlichen Absprachen. Anlässe für Konflikte erhöhen sich dadurch massiv. Zumal die Teammitglieder im Umgang mit den Unterschiedlichkeiten zum größten Teil auf den schriftlichen Austausch begrenzt sind. Der Umgang mit diesen Konflikten kann zudem auch wieder von Kultur zu Kultur unterschiedlich sein. Eine gemeinsame teamspezifische Plattform zu entwickeln, die all diese unterschiedlichen Bedürfnisse an Kommunikation und Mediennutzung berück‐ sichtigt und eine tragfähige Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ist, ist eine Herausforderung und setzt eine Auseinandersetzung des Einzelnen mit den anderen Kulturen voraus. Vor allem Sie als Führungskraft sollten sich im Vorfeld mit den kulturellen Unterschiedlichkeiten und dem daraus resultierenden un‐ terschiedlichen Verhalten der Teammitglieder auseinandersetzen. Dadurch ist es Ihnen besser möglich, Konflikten vorzubeugen bzw. Schwierigkeiten frühzeitig zu erkennen und anzusprechen. Ein weiterer Unterschied kann in einem interkulturellen Team durchaus sein, dass nicht alle Teammitglieder dem gleichen Unternehmen angehören und somit eigene Ziele verfolgen, zusätzlich zu den kulturellen Unterschieden. Jedoch ist neben all den Schwierigkeiten auch anzumerken, dass ein inter‐ kulturelles Team eine Vielfalt an Ideen und Kreativität aus dieser Unterschied‐ lichkeit schöpfen kann. Das ist sicher auch ein Zugewinn für jedes Teammitglied und für Sie als Führungskraft sowie eine nicht zu unterschätzende Innovations‐ ressource eines jeden Unternehmens. Diese Ressource zu erkennen und zu nutzen, ist Teil Ihrer Führungsaufgaben. 164 10 Führen aus der Distanz <?page no="165"?> Tipps und Regeln Tipp 1: Beschäftigen Sie sich unbedingt mit den für Sie wichtigen „fremden“ Kul‐ turen. Besuchen Sie dafür spezielle Trainings oder lesen Sie hierzu spezifische Bücher. Gerd Hofstede gehört momentan sicherlich zu den renommiertesten Au‐ toren. Er setzt sich vor allem mit den grundsätzlichen Unterschieden der Kulturen auseinander. Titel zum Beispiel: Lokales Denken, globales Han‐ deln: Interkulturelle Zusammenarbeit und globales Management Tipp 2: Reflektieren Sie sich zu folgenden Punkten selbst: Welche Kenntnisse haben Sie über unterschiedliche Kulturen und welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Wie gut kennen Sie Ihre persönlichen Stärken und Schwächen? In welchen Situationen müssen Sie sich besonders gut im „Griff “ haben“? Wie gut ist Ihr Einfühlungsvermögen und welches Interesse haben Sie tatsächlich an anderen Menschen und anderen Kulturen? Sind Sie offen und neugierig? 10.3 Welche Bedeutung haben Medien in einem virtuellen Team? Die modernen Medien sind Dienstleister, die es dem Team ermöglichen, ständig in Kontakt zu bleiben, Arbeitsabläufe zu unterstützen, die Arbeit zu doku‐ mentieren und vor allem einen gemeinsamen virtuellen Arbeitsraum für alle Teammitglieder zur Verfügung zu stellen. An der Beschaffung der nötigen medialen Unterstützung sind Sie als Füh‐ rungskraft in größeren Unternehmen eher weniger beteiligt, als dies in kleineren der Fall ist. Da Sie als Führungskraft jedoch am besten wissen, welchen Bedarf Ihr Team dabei hat, sollten Sie sich in jedem Fall in diesen Beschaffungsprozess mit einbringen. Unzählige Tools und unterschiedlichste Software stehen Ihnen dabei zur Verfügung. Einen Überblick über aktuelle Angebote verschiedenster Kommunikationsmedien mit technischen Details bekommen Sie im Internet (Stichwort: Groupware oder Kollaboration-Tools). Bei allen technischen Möglichkeiten und Vorteilen zur Interaktion eines Teams über Medien wäre es jedoch fatal, sich ausschließlich auf die schriftliche Kommunikation zu verlassen. Um zu einem gemeinsamen Verständnis zu kommen, brauchen wir, wie bereits erwähnt, den persönlichen Austausch. Die nonverbale Kommunikation (Mimik, Gestik, Tonfall etc.) bleiben bei der virtu‐ ellen Kommunikation sozusagen auf der Strecke. Die nonverbale Kommunika‐ tion ist es aber, die uns Einstellungen, Gefühle, Persönlichkeitseigenschaften eines anderen im Ganzen vermittelt. Haben wir diese Zusatzinformationen 10.3 Welche Bedeutung haben Medien in einem virtuellen Team? 165 <?page no="166"?> nicht, sind Anlässen zu Irritation und Missverständnissen Tür und Tor geöffnet. Bei der Reduzierung auf einen schriftlichen Austausch (E-Mail) neigen wir zusätzlich dazu, Lücken, die sich für uns ergeben, mit eigenen Fantasien zu füllen, die sich aus unseren Erfahrungen, Einstellungen und Gefühlen zusam‐ mensetzen. Das führt oft zu völlig unterschiedlichen Interpretationen ein und derselben Information und dadurch im schlimmsten Fall zu einer falschen Entscheidung oder zu Konflikten. In Teams mit Sprachbarrieren und einem interkulturellen Unterschied birgt dies eine noch größere Gefahr. Eine Mischung von Face-to-Face-Medien (Video-Konferenz) und einem rein schriftlichen Austausch ist schon deshalb unabdingbar und sollte zu Beginn eines jeden Projekts mit allen Teammitgliedern abgesprochen werden. Haben Sie als Führungskraft auch immer wieder ein Auge darauf, dass auch die Teammitglieder untereinander mitunter den Austausch Face-to-Face suchen. 10.4 Wie kann ich aus der Distanz erfolgreich führen? Führen aus der Distanz bedeutet, einen Führungsstil zu entwickeln, der den Anforderungen eines virtuellen Teams gerecht wird. Das Führen eines virtuellen Teams lässt sich in drei der wichtigsten Anfor‐ derungen an sie als Führungskraft zusammenfassen: Niedriges Kontrollbedürfnis bzw. eine hohe Vertrauensbereitschaft Arbeiten in einem virtuellen Team setzt ein sehr hohes Maß an Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit aller Mitglieder voraus. Durch den Einsatz von Medien ist diese Form des Arbeitens trotz der Entfernung die Basis. Sie haben aber als Führungskraft kaum noch eine Möglichkeit, die Arbeit zu kontrollieren. Direktives Führen ist in diesem Fall wenig erfolgreich. Ihre Aufgabe ist es, Ziele zu vereinbaren und eine bestmögliche Transparenz messbarer Teilziele zu ermöglichen, um ergebnisorientiert begleiten zu können. Probleme und Konflikte müssen dabei rechtzeitig von ihnen identifiziert werden können. Die Qualität dieses Zielsetzungsprozesses trägt maßgeblich zum Erfolg bei. Die Fähigkeit, über Ziele und durch eine übergeordnete Vision zu steuern, bedeutet gleichzeitig, dem Einzelnen Spielräume zu lassen und damit eine Brücke in ein tragfähiges Vertrauensverhältnis zu bauen. Teamentwicklung Eine Ihrer zentralen Aufgaben ist es, durch Feedback, aktive Vertrauensarbeit im Team, Vier-Augen-Gespräche, Moderation zwischen Teammitgliedern bei Konflikten usw. ein Team zu formen, mit dem sich alle verbunden fühlen. Dabei gehört es zu Ihrem Verantwortungsbereich, für alle gültige Werte und Normen 166 10 Führen aus der Distanz <?page no="167"?> zu formulieren und zu etablieren. Das schafft die Basis einer Teamkultur und beugt einer Reihe von Konflikten vor. Zu Ihren Anforderungen gehört es, trotz der in erster Linie schriftlichen „Kommunikation“ keines der Mitglieder aus den Augen zu verlieren, den einzelnen Beitrag im Team hervorzuheben und die Fähigkeit zu entwickeln, auch zwischen den Zeilen zu lesen und evtl. Missverständnisse rechtzeitig aus dem Weg zu räumen. Dabei ist es besonders wichtig, sich um die Mitarbeitenden zu kümmern, die für Sie weniger wichtige Aufgaben erledigen, da Mitarbeitende, die unwichtige Aufgaben erledigen müssen, dies spüren und als Konsequenz ihr Verantwor‐ tungsgefühl und ihr Engagement zurückgehen und sie sich um andere Aufgaben bzw. Projekte kümmern, die ihnen selbst mehr Spaß machen. Nur wenn Sie auch diese Mitarbeitende in Ihren Informationsfluss einbinden, wenn Sie ihnen regelmäßig die Wichtigkeit und den Fortgang des Projektes verdeutlichen und ihnen Aufmerksamkeit schenken, erhalten Sie deren Motivation. Darüber hinaus sind dies Voraussetzungen dafür, dass auch diese Beschäftigten ein Wir-Gefühl entwickeln. Koordination Nicht allein die Zielsetzung und die gemeinsame Vision ist es, die ein Team zum Erfolg führt. Auf dem Weg dorthin ist es Ihre Aufgabe, die einzelnen Schritte zu planen und die Verteilung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten unter den Teammitgliedern zu koordinieren. Zur Planung einzelner Schritte gehören eine zeitliche und inhaltliche Steue‐ rung und die Berücksichtigung des hohen Abstimmungsbedürfnisses der Ein‐ zelnen. Tipps und Regeln Tipp 1: Lassen Sie sich Feedback geben, wie ausgeprägt Ihr Kontrollbedürfnis ist. Denken Sie daran: Es kann zu wenig, gut oder aber auch zu stark ausgeprägt sein. Tipp 2: Prüfen Sie sich, inwieweit Sie Ihre „Lieblinge“ mit attraktiven Aufgaben, Aufmerksamkeit und Lob oder Feedback bevorzugen bzw. andere Mitar‐ beiter vernachlässigen. Tipp 3: Jeder hat persönliche Stärken und Schwächen. • Wie steht es um Ihren Planungsaufwand und wie transparent sind Ihre Pläne? • Wie viel Zeit verwenden Sie mit jedem einzelnen Beschäftigten? • Wie viel Zeit und Zuwendung erhalten Mitarbeitende, die für Sie weniger wichtige Aufgaben erledigen? 10.4 Wie kann ich aus der Distanz erfolgreich führen? 167 <?page no="169"?> Der Konflikt ist die Basis aller Veränderungen! 11 Wie werden Konflikte bewältigt? Man muss den Punkt kennen, bis zu dem man zurückweichen darf. Ernst Jünger Die meisten Menschen haben mit Konflikten negative Erfahrungen gemacht. Deshalb werden Konflikte meist gemieden und als etwas Bedrohliches erlebt. Sie kennen sicherlich die Erfahrung des reinigenden Gewitters - dies zeigt, dass Konflikte positive Konsequenzen haben können. Konflikte und deren Lösung gehören selbstverständlich zu Ihrem Tagesge‐ schäft. Gerade zu Beginn Ihrer Führungstätigkeit gibt es viele Gründe, weshalb es zu Konflikten kommen kann. So kann es Kollegen geben, die selbst auf diese Position gehofft haben und jetzt enttäuscht sind. Ihre Mitarbeiter müssen liebgewonnene Gewohnheiten aufgeben, da Sie vermutlich einige Prozesse, Aufgaben und auch die Art und Weise der Zusammenarbeit verändern werden. Gehen Sie davon aus, dass diese Art von Konflikten entstehen kann, und betrachten Sie dies als „normal“. Es geht nicht darum, Konflikte zu vermeiden oder zu beschönigen, denn sie sind ein unvermeidbarer Bestandteil des Zusammenlebens und des Zusam‐ menarbeitens. Das Ziel des Umgangs mit Konflikten ist die Begrenzung der destruktiven Anteile und die Entfaltung der konstruktiven Seiten. Natürlich werden Sie zu Beginn Fehler ma‐ chen, die Sie mit mehr Erfahrung vermutlich nicht gemacht hätten. Und gerade an diesem Punkt kann man Sie immer wieder unter Druck setzen und Ihnen Vorhaltungen machen. Lassen Sie sich durch solche Spielchen jedoch nicht unter Druck setzen. Meist steckt nur dahinter, dass der Mitarbeiter/ Kollege Sie emotional attackiert, damit Sie vor schlechtem Gewissen nachgeben und sich der Mitarbeiter/ Kollege selbst nicht ändern braucht. Jeder Mensch lernt dazu, und das dürfen Sie auch. Das wesentliche Erfolgskriterium bei der Konfliktlösung ist Ihre persönliche Einstellung Ihren Mitarbeitern und der Sache selbst gegenüber. Prüfen Sie deshalb in jedem Konflikt, ob Sie offen für die Argumente der Mitarbeiter oder des Mitarbeiters sind bzw. ob Sie den Mut haben, unangenehme Themen anzusprechen. Je selbstverständlicher Sie Konflikte angehen werden, desto schneller wird Ihren Mitarbeitern klar, dass Sie die Sache ernst meinen, einen <?page no="170"?> eigenen Stil haben und vor allem eine klare Vorstellung haben, für die Sie sich einsetzen. Führungskräfte, die so gut wie nie Konflikte haben, bleiben hinter ihren Möglichkeiten zurück. Dadurch wird die Zielerreichung meist infrage gestellt, und mittel- und langfristig sinkt auch die Mitarbeiterzufriedenheit. Insgesamt nimmt die Konfliktwahrscheinlichkeit gerade bei konfliktscheuen Führungskräften zu. Unabhängig von der Person nimmt die Konfliktwahrscheinlichkeit aus fol‐ genden Gründen immer mehr zu: • Zum einen sind unsere Ansprüche von der Arbeit selbst und die Zusammen‐ arbeit in den letzten Jahren stark gestiegen und wir fordern diese Ansprüche auch immer direkter ein. • Zum anderen nimmt die Vernetzung immer mehr zu, sodass wir es immer häufiger mit Menschen zu tun haben, die völlig andere Interessen und Bedürfnisse als wir haben und es uns z. T. schwer fällt, damit umzugehen. Ein weiterer Grund ist die steigende persönliche Belastung, die uns reizbar und somit aggressiver macht. 11.1 Was versteht man unter einem Konflikt? Zu Konflikten kommt es, wenn zwischen mindestens zwei Personen oder Parteien, die sich gegenseitig beeinflussen können, unvereinbare Wünsche, Ziele oder Handlungstendenzen bestehen. Ohne die Möglichkeit wechselseitiger Einflussnahme kann es zu Stimmungen, aber nicht zu Konflikten kommen. Beispiel und die Konsequenzen: Wenn also z. B. einer Ihrer Mitarbeitenden eine Gehaltserhöhung haben möchte, Sie diese aber nicht geben können, besteht ein echter Konflikt. Diese Situation kann dazu führen, dass beide Parteien frustriert auseinander‐ gehen oder dieser Konflikt zum Anlass genommen wird, über die Zusammen‐ arbeit, die Aufgabenverteilung und Verantwortung grundsätzlich zu reden, um so eine Steigerung der Arbeitszufriedenheit auch ohne Gehaltserhöhung zu erreichen. Konflikte haben eine Menge unterschiedlicher Funktionen. Ich empfehle Ihnen, sich diese auf der folgenden Seite genauer anzuschauen, da dies Ihre Haltung zu Konflikten grundsätzlich verändern kann. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Konflikte eine wichtige Funktion bei Veränderungs- und Klärungsprozessen unterschiedlichster Art haben. Anhand der folgenden Übersicht wird deutlich, dass Konflikte sehr viele grundsätzliche und für die Zusammenarbeit notwendige Aspekte beinhalten. 170 11 Wie werden Konflikte bewältigt? <?page no="171"?> 11.2 Wie werden Konflikte gelöst? Der entscheidende Faktor des Konfliktverlaufes ist Ihre persönliche Einstellung zum Konflikt, zum Thema und natürlich zum Beschäftigten selbst. Im ersten Schritt geht es darum festzustellen, was die Ursachen des Konfliktes sind. Wichtig ist zu klären, wodurch der Konflikt ausgelöst wurde. Stellen Sie sich vor, Sie müssten ein technisches Problem lösen, ohne Informationen über die vorliegende Situation zu haben. Diese Situation zwingt Sie dazu, Informationen über den aktuellen Stand und (eventuell) über die Entstehung des Problems zu sammeln. Denn ohne diese Informationen haben Sie wenige Chancen, das Problem in einem akzeptablen Zeitraum zu lösen. Technische Probleme zwingen uns zur Situationsanalyse. Diese Analyse entfällt leider oft bei Problemen/ Konflikten mit den eigenen Mitarbeitern. Ebenso wichtig ist es jedoch auch hier, die aktuelle Ist-Situation zu klären, um sie verstehen zu können. Es geht um die Frage: „Was sind die Fakten? “ und „Wie können wir das Problem lösen? “. In erster Linie geht es nicht um die Frage: „Weshalb haben Sie das oder das getan? “, denn dadurch fühlen sich Beschäftigten schnell angegriffen und rechtfertigen sich für Ihr Verhalten. Stellen Sie sich hierzu 11.2 Wie werden Konflikte gelöst? 171 <?page no="172"?> folgende Situation vor und prüfen Sie, wie Sie sich selbst fühlen und handeln würden? Ein Teammitglied beklagt sich bei seinem eigenen Vorgesetzten über Ihr Ver‐ halten ihm gegenüber. Jetzt spricht Sie daraufhin Ihre Führungskraft an und fragt Sie: „Warum haben Sie denn nicht schon vorher mit der Person gesprochen, wenn das Problem schon seit Monaten besteht? “ Sie merken sicher, dass Sie sich angegriffen fühlen und sich schnell rechtfertigen oder verteidigen wollen. Die Frage nach dem „warum“ hilft Ihnen kaum weiter. Die Frage nach dem warum sucht den Schuldigen, nicht die Lösung. Deshalb ist es wichtig, nach vorn zu schauen und sich Folgendes zu fragen: • Wie können wir das Problem oder den Konflikt lösen? • Was können wir tun, damit dies in Zukunft nicht mehr auftaucht? • Was ist das Ziel, das Sie damit erreichen möchten? • Fragen Sie problemlöse- oder zielorientiert. Wenn Sie geklärt haben, was Sie erreichen möchten, lässt es sich leichter, auch in schwierigen Situationen, über Lösungen reden. • Wie können wir erreichen, dass-…? 11.3 Welche Tendenz haben Sie, in Konfliktsituationen zu reagieren? Konfliktverhalten lässt sich nach fünf verschiedenen Reaktionsweisen unter‐ teilen. Dabei zeigt sich, dass Sie sich bei der Konfliktlösung aktiv bzw. passiv oder negativ bzw. positiv verhalten können. Ich empfehle Ihnen, die auf den nächsten Seiten beschriebenen fünf Hand‐ lungsstile genau durchzulesen und sich jeweils zu überlegen, in welchen Situationen Sie dieses Verhalten bei sich selbst beobachten können. Sie werden dabei feststellen, dass Sie in unterschiedlichen Situationen auch unterschiedlich reagieren. Versuchen Sie im nächsten Schritt, Ihre bevorzugte Verhaltenstendenz fest‐ zustellen. Die Frage ist: Liegen Ihre Stärken auf der Beziehungsebene oder auf der Sachebene oder ist es sogar ausbalanciert? 172 11 Wie werden Konflikte bewältigt? <?page no="173"?> Sachebene passiv Ausweichen weder sachliche noch beziehungsmäßige Aktivitäten Zudecken / Nachgeben Aufgabe der sachlichen Interessen zugunsten der Atmosphäre Kompromiss Konsens gemeinsamer Nenner steht im Vordergrund aktiv Forcieren um jeden Preis gewinnen wollen Konfrontieren offene, direkte und wertschätzende Aussprache negativ positiv Beziehungsebene Fünf Reaktionsweisen der Konfliktbewältigung Die senkrechte Achse reicht von aktiv bis passiv und beschreibt das sach‐ lich-inhaltliche Konfliktmanagement. Sie haben also die Möglichkeit, im Kon‐ fliktverlauf aktiv Einfluss zu nehmen oder sich passiv zu verhalten. Die waagerechte Achse reicht von positiv bis negativ und beschreibt die Haltung der Beteiligten hinsichtlich der Art und Weise der Konfliktlösung, das heißt, inwieweit diese dem zwischenmenschlichen Klima und der Beziehungs‐ pflege bei der Bearbeitung von Konflikten Rechnung tragen wollen. Die beiden Achsen sind kurz mit den Begriffen „Sach- und Beziehungsebene“ belegt. Innerhalb dieses Achsenkreuzes finden Sie die fünf möglichen Handlungsstile der Konfliktlösung. Forcieren Wer Konflikte forciert, will die Auseinandersetzung unter Zuhilfenahme aller Mittel und um jeden Preis gewinnen. Wenn Sie sich für dieses Verhalten ent‐ scheiden, dominiert Ihr Streben nach einer sachbezogenen Lösung im eigenen Interesse. Die Belange Ihrer „Konfliktpartner“ spielen keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Sie werden auf der Sachebene aktiv, auch auf Kosten der Beziehungsstrukturen, und versuchen Ihren Konfliktgegner auszuschalten. Effekt: Eventuell haben Sie Erfolg in der Sache mit der Konsequenz negativer Auswirkungen für die Beziehungsstruktur. Dieses Verhalten macht nur dann 11.3 Welche Tendenz haben Sie, in Konfliktsituationen zu reagieren? 173 <?page no="174"?> Sinn, wenn Sie mit der entsprechenden Person/ Gruppe in Zukunft nicht mehr vertrauensvoll und intensiv zusammenarbeiten müssen. Selbstreflexion: Überlegen Sie sich, in welchen Situationen Sie dieses Vorgehen zeigen. 11.3.1 Zudecken/ Nachgeben Das sogenannte „Zudecken“ stimmt mit dem „Ausweichen“ darin überein, dass die Beteiligten keine sachbezogenen Aktivitäten zur Lösung eines Konfliktes unternehmen. Wenn Sie nach diesem Prinzip handeln, dominiert Ihre Suche nach dem Erhalt oder der Wiederherstellung einer freundschaftlichen Atmo‐ sphäre. Sachliche Meinungsverschiedenheiten stellen Sie unter Preisgabe Ihrer eigenen Ziele zurück und vermeiden die sachliche Auseinandersetzung. Effekt: Hohe Aktivitäten auf der Beziehungsebene zugunsten des Erhalts einer emotional positiven und spannungsfreien Atmosphäre, auch auf Kosten sachlicher Interessen. Kurzfristig oder in vereinzelten Situationen, z. B. zur Vorbereitung schwieriger Situationen oder quasi als Wiedergutmachung für große Opfer, die in der Vergangenheit gebracht wurden, kann dies sinnvoll sein. Auf Dauer führt dies zu Frust und zu Problemen bei Ihrer Zielerreichung. Selbstreflexion: Überlegen Sie sich, in welchen Situationen Sie dieses Vorgehen zeigen. 11.3.2 Ausweichen Konflikten auszuweichen bedeutet, dass die Beteiligten weder bezüglich der Sache noch bezüglich der Interessen aktiv werden. Sie versuchen, sich aus Konflikten herauszuhalten oder sich möglichst schnell aus der Konfliktzone zurückzuziehen. Effekt: Sachliche Entscheidungen werden von anderen getroffen und es gibt kein emotionales Engagement. Es besteht die Gefahr, dass zusätzliche Frustra‐ tionen entstehen. Selbstreflexion: Überlegen Sie sich, in welchen Situationen Sie dieses Vorgehen zeigen. 174 11 Wie werden Konflikte bewältigt? <?page no="175"?> 11.3.3 Kompromiss/ Konsens Bei diesem Handlungsstil wird dem Gedanken des Gleichgewichts zwischen den Beteiligten besondere Bedeutung zugemessen. Sie streben eine für beide Parteien akzeptable Lösung des Konflikts an. Sie suchen nach einem Weg, der es beiden Parteien ermöglicht, etwas von ihrem eigenen Standpunkt realisieren zu können. Beide Parteien müssen Zugeständnisse machen. Damit laufen Sie Gefahr, nur den viel zitierten „faulen Kompromiss“ zu erreichen. Effekt: Es findet ein sachlicher und emotionaler Austausch statt. Es besteht die Gefahr, dass der Konflikt später erneut ausbricht, weil sachlich wie emotional kein Maximum erreicht wird. Um dies zu vermeiden und einen Konsens (neue Möglichkeit) zu ermöglichen, sollte nicht zu schnell eine Lösung angestrebt werden. Gelingt es, die Spannung auf einem akzeptablen Level zu halten, ist ein Austausch auf der sachlichen Ebene eher möglich und dadurch auch ein Konsens. Selbstreflexion: Überlegen Sie sich, in welchen Situationen Sie dieses Vorgehen zeigen. 11.3.4 Konfrontieren Konfrontieren bedeutet, ein Problem und dessen konfliktbeladene Bestandteile offen und direkt anzusprechen. Wenn Sie nach diesem Prinzip handeln, teilen Sie offen die Einschätzung über die Ursache des Konflikts und Ihre Gefühle, die damit verbunden sind, mit. Wenn Sie sich für die Konfrontation (nicht: Angriff) entscheiden, räumen Sie gewissermaßen den Weg frei, um Konflikte überhaupt lösen zu können. Sie sprechen die Probleme mit einer inneren Selbstverständlichkeit an und bleiben dabei wertschätzend. Effekt: Suche nach einer übergreifenden Lösung, in der sowohl den Sachals auch den Beziehungsinteressen maximal Rechnung getragen wird. Selbstreflexion: Überlegen Sie sich, in welchen Situationen Sie dieses Vorgehen zeigen. Tipps und Regeln Beim Konfliktgespräch empfehle ich Ihnen, dass Sie sich dabei an folgenden zehn Punkten orientieren: 11.3 Welche Tendenz haben Sie, in Konfliktsituationen zu reagieren? 175 <?page no="176"?> Tipp 1: Bindung aufbauen Ich will, dass mein: e Gesprächspartner: in das bekommt, was er/ sie „braucht“! Gemeinsame Ziele, Interessen klären. Tipp 2: Person von Problem trennen OK-OK-Position herstellen. Dem „Konfliktpartner“ Akzeptanz signalisieren und spezifizieren, was stört. Dies ist ein sehr wichtiger Punkt. Sie benötigen eine positive Einstellung dem anderen gegenüber, vor allem dann, wenn der Anlass des Konflikts etwas Persönliches ist. Zum Beispiel: Eine Mitarbeiterin kommt regelmäßig zu spät. Dieses Problem ist nur eine kleine Facette des gesamten Mitarbei‐ terinnenverhaltens. Grundsätzlich bist „Du aber ok“. Wenn Sie dieses „Du bist ok“ nicht zeigen können, dann haben Sie wenig Chancen, ein für beide Seiten tragbares Ergebnis zu erzielen. Tipp 3: Eigene Interessen/ Bedürfnisse feststellen (alle Konfliktparteien) Was will ich? Was schätze ich an Dir? Tipp 4: Bedürfnisse des anderen feststellen (alle Konfliktparteien) Was brauchst Du? Was schätzt Du an mir? Was benötigst Du von mir? Tipp 5: Blockadefreier Dialog Fragen zur Klärung der Situation stellen. Tipp 6: Zielvereinbarung Was wollen wir gemeinsam erreichen? Tipp 7: Lösungsoptionen Welche Lösungsidee habe ich? Welche Alternativen, Ideen hat der andere zu-…? Tipp 8: Gemeinsamer Gewinn Sind unsere beiden Interessen gewahrt? Tipp 9: Vertrag Was haben wir vereinbart? Wie gehen wir mit Ausnahmen um? Tipp 10: Beziehung wird positiv fortgesetzt Ist alles Wesentliche geklärt? Fortsetzung? Wann? 11.4 Wie können im Vorfeld unnötige Konflikte vermieden werden? Auch dann, wenn Konflikte konstruktiv gelöst werden, treten z. T. negative Emotionen auf, die den Arbeitsalltag negativ beeinflussen. Ich empfehle Ihnen deshalb, unnötige Konflikte zu verhindern. 176 11 Wie werden Konflikte bewältigt? <?page no="177"?> Viele Konflikte entstehen aus Enttäuschungen, sodass bei einem kollegialen, partizipativen Führungsstil viele Konfliktursachen schon von vornherein ver‐ mieden werden. Die folgenden Beispiele helfen Ihnen, sich weiter zielorientiert und gleich‐ zeitig konfliktdämpfend zu verhalten. Mit diesen Methoden nehmen Sie viel Druck aus der Situation. Auf „Ich-Botschaften“ achten In vielen täglichen Arbeitssituationen kommt es zu Frustrationen. Beschäftigte, die mit diesen Frustrationen nicht richtig umzugehen wissen, drücken sich vielleicht etwas ungeschickt und vielleicht auch manchmal aggressiv aus. Beispiel: „Sehen Sie, ich war lange Zeit bereit, mein Bestes zu geben und mich anzustrengen. Aber wenn alles, was man tut, doch keinen Sinn hat, weil man dem Vorgesetzten nichts recht machen kann, dann verliert man die Lust, resigniert und sieht sich nach anderen Möglichkeiten um.“ Darin ist, wie in allen Sätzen, die wir sagen, eine indirekte Ich-Botschaft und eine indirekte Du-Botschaft enthalten. Es geht hier um die Frage: Was sagt die betroffene Person indirekt in Form der Ich-Botschaft über sich selbst und was sagt sie indirekt in Form der Du-Botschaft über Sie als Führungskraft? Ich-Botschaft Du-Botschaft … bringt die Gefühle des Mitarbei‐ tenden zum Ausdruck. … ist wie ein ausgestreckter Zeige‐ finger auf Sie. - Ich habe mich angestrengt. - Ich bin ok! - Ich möchte mehr Anerkennung! - Du gibst mir keine Anerkennung. - Du behandelst mich ungerecht. - Du bist undankbar. Auswirkungen Einfühlungsvermögen wird gesteigert. Löst Betroffenheit und Interesse beim Be‐ schäftigten aus, mit der Konsequenz, dass die Lösungsbereitschaft im Vordergrund steht. Auswirkungen Die Gefahr ist, dass man sich schnell an‐ gegriffen fühlt. Die Folge davon ist oft: Rechtfertigung, Gegenangriff, Schuldge‐ fühle, Ärger. Diese Du-Botschaften sind ohne Zweifel ein Vorwurf, auf den die meisten Menschen reagieren. Sie fangen an, sich zu verteidigen oder den Mitarbeiter zurechtzuweisen. Dies schafft neue Probleme, denn zusätzlich zu dem Faktum, keine Anerkennung zu bekommen, bekommt die betreffende Person nun eine Rüge. Zum Beispiel könnte eine Antwort einer Führungskraft sein: „Ich glaube 11.4 Wie können im Vorfeld unnötige Konflikte vermieden werden? 177 <?page no="178"?> nicht, dass Sie sich beschweren können. Wenn Ihnen die Situation nicht gefällt, hätten Sie auch schon früher etwas sagen können.“ Wenn Sie auf die Ich-Botschaft achten, fühlen Sie sich selbst nicht angegriffen und können deshalb viel leichter konstruktiv bleiben. Außerdem formuliert der Mitarbeiter in seinen Ich-Botschaften seine Erwartungen und Probleme. Durch die Ich-Botschaften haben Sie die Möglichkeit, wesentlich einfacher und schneller das Teammitglied zu verstehen und sich auf dieses einzustellen. Diese Technik funktioniert sehr gut, kostet nur etwas Übung. In den meisten Fällen werden Führungskräfte mit einer W-Frage reagieren, wenn sie auf die Ich-Botschaften achten (z. B.: Ich fühle mich ungerecht behandelt. Ich möchte mehr Anerkennung). Eine Frage hierauf könnte lauten: „Wie meinen Sie das? “ Ich möchte nochmals deutlich machen, dass immer beide Arten von Bot‐ schaften enthalten sind. Welche der beiden Sie hören, liegt bei Ihnen. Auch wenn es gerade in schwierigen Mitarbeitersituationen schwer ist, die Ich-Botschaften zu hören, sind sie in solchen Situationen besonders wichtig. Interessanterweise hören wir bei Menschen, die wir mögen, viel eher die Ich-Botschaften als bei Menschen, die uns unsympathisch sind. Es ist Ihre Entscheidung, Sie haben die Wahl. Ansprechen des Konflikts • „Wir haben in der Vergangenheit sehr ausgiebig und manchmal auch sogar hart miteinander verhandelt.“ • „Wir sind ohne Zweifel in einer etwas schwierigen Lage.“ • Entlastung des Gesprächspartners • „Nun, Sie müssen bestimmte Interessen vertreten, und da liegt es in der Natur der Sache, dass man auch mal hart miteinander ins Gespräch geht. Ich möchte Ihnen damit keinen Vorwurf machen, ganz im Gegenteil.“ Aufwertung der Person • „Trotz der schwierigen Situationen waren Sie immer fair.“ Darstellung des eigenen guten Willens bzw. der eigenen Kooperations‐ bereitschaft • „Von meiner Seite aus ist aller guter Wille da, Ihnen nach Möglichkeit entgegenzukommen.“ Zielsetzung klären 178 11 Wie werden Konflikte bewältigt? <?page no="179"?> • „Deshalb stelle ich mir die Frage, ob es nicht möglich und sinnvoll wäre, bei zukünftigen Problemen rascher zu einer Einigung zu kommen. Was meinen Sie, unter welchen Bedingungen so etwas möglich wäre? “ Verständnis zeigen/ Bestätigung • Eine sehr wichtige Gesprächstechnik ist die Technik der „Bestätigung“. Bestätigung heißt, Verständnis für die Situation bzw. das Problem des Mitarbeiters zu zeigen, ihn anzuerkennen oder ihn persönlich aufzuwerten. Dies sollte nicht nach einem allgemeinen Schema erfolgen, sondern sich direkt auf das vom Gesprächspartner Geäußerte beziehen. Das bedeutet, dass Sie dem Mitarbeiter das sagen, was er Ihnen bereits indirekt in seiner Ich-Botschaft formuliert hat. Es geht hierbei darum, dass Sie das „Nichtausgesprochene“ artikulieren. Beispiel: Mitarbeiter: in: „Schon wieder eine Umstellung! Können die da oben denn nicht besser planen? “ Schritt 1: Welche Ich-Botschaft ist in dieser Äußerung indirekt angesprochen: „Ich möchte mich nicht ständig ändern müssen.“ „Mich stört die ständige Mehrbelastung.“ Schritt 2: Aufgreifen dieser Ich-Botschaft und umwandeln in eine Bestätigung: „Bei Umstellungen ergeben sich immer Mehrbelastungen. Ich verstehe, dass das für Sie störend ist.“ Somit zeigen Sie dem Teammitglied, dass Sie den emotionalen Kern der Aussage verstanden haben. Dies führt dann in der Folge zu einer Entspannung und zur Aufrechterhaltung der Gesprächsbereitschaft. Methode der gemeinsamen Basis (= Positive Unterstellung) Die Methode der gemeinsamen Basis besteht darin, Punkte herauszukristalli‐ sieren, in denen keine Interessenskonflikte bestehen. Von diesen Punkten aus ist der eigene Vorschlag / die eigene Forderung abzuleiten. Diese Methode hat einen rational positiven Effekt, da nicht nur die Konfliktthemen, die im Moment trennen, thematisiert werden, sondern damit auch deutlich wird, dass es in einigen Punkten Gemeinsamkeiten gibt. 11.4 Wie können im Vorfeld unnötige Konflikte vermieden werden? 179 <?page no="180"?> A B Gemeinsame Basis (positive Unterstellung) Beispiele: • „Nachdem wir wesentliche Punkte geklärt haben, sehe ich folgende Dinge, die unstrittig sind-…“ • „Im Grunde sind wir uns doch einig. Wir wollen doch beide, dass-…“ 180 11 Wie werden Konflikte bewältigt? <?page no="181"?> Sie haben zwei Möglichkeiten: mit oder gegen die Beschäftigten! 12 Was ist bei der Durchführung von Veränderungsprojekten zu beachten? Der Mensch akzeptiert keine Veränderungen, solange er nicht die Notwendigkeit erkennt. Unbekannt Weit über die Hälfte aller Veränderungsprojekte erreichen nicht die angestrebten Ziele. Einer der Hauptgründe ist der Widerstand der Beschäf‐ tigten, der oft durch das Top-Management ver‐ stärkt oder gar ausgelöst wird. Ausgelöst durch ein wenig durchdachtes Kon‐ zept, durch einen unglücklichen Start des Change Projektes bzw. durch eine unqualifizierte Kommunikation. Die entscheidende Frage ist bei jedem Verän‐ derungsprojekt - egal ob es sich um einen Kulturwandel, einen Turnaround oder um ein Reengineering Projekt handelt: Wird der Wandel mit oder gegen die Mitarbeiter durchgeführt? Standardmäßig sind die Weichen auf Abwehr gestellt Die Motivationsfrage stellt sich bei jedem Veränderungsprojekt. Denn bei Veränderungen werden die Betroffenen fast immer auch mit negativen oder gar bedrohlichen Konsequenzen konfrontiert. Und diese stehen erst einmal im Zentrum jedes Einzelnen. Im Zentrum, da wir als Mensch, als wichtigstes Bedürfnis versuchen, Negatives von uns fernzuhalten. Negatives kann die Angst vor dem Arbeitsplatzverlust oder dem Verlust der Position sein, das Aufgeben zufriedener Arbeitsbeziehungen, die Veränderung von notwendigen Einstellungen oder auch nur das Aneignen neuer Verhaltens‐ weisen. Und auch wenn des niemand gerne hört: Wir Menschen sind nun mal Gewohnheitstiere. Während es bei Krisen relativ leicht ist, eine unfreiwillige, aber dennoch weitreichende Bereitschaft zur Veränderung zu wecken, ist dies in einer güns‐ tigen wirtschaftlichen Situation deutlich schwieriger. So werden dann Stimmen laut wie: „Uns geht es doch glänzend, was wollt Ihr denn (noch)? “, „Wir in der Verwaltung sind doch von der Kurzarbeit nicht bedroht! “ oder „Das war bei uns schon immer so, dass es gute und schlechte Zeiten gab! “ <?page no="182"?> Diese Aussagen machen deutlich, dass die Notwendigkeit vieler Veränder‐ ungsprojekte nicht gesehen wird und deshalb auch keine Motivation der Mitarbeiter zu erwarten ist. Wer kein Problem hat, braucht auch keine Lösung! An dieser simplen Gesetzmäßigkeit lässt sich auch durch Druck nichts ändern! Die entscheidende Frage ist, ob das Management und Sie als Führungskraft auf diese Unsicherheiten und Ängste eingehen oder versuchen, diese zu bagatelli‐ sieren oder gar zu ignorieren. Die Notwendigkeit von Veränderungen ist wohl auch (fast) allen Firmen bewusst. Das Problem im Alltag ist jedoch oft, dass manche Entscheider nicht wissen, wie der Veränderungsprozess eingeleitet werden soll (vor allem im Mittelstand), dieser zu spät oder die Veränderungen falsch eingeleitet werden. Im Alltag ist das Problem auch oft, dass davon ausgegangen wird, dass es eine Phase der Veränderungen gibt und danach wieder Ruhe einkehrt und dann irgendwann die nächste Veränderungswelle rollen wird. Die hohe Dynamik heute setzt jedoch voraus, dass Veränderungen zum Alltag gehören und oft mehrere Change-Projekte parallel durchgeführt werden und der Zustand der Ruhe kaum noch kommen wird. Tipps und Regeln Tipp 1: Wenn Veränderungen der Organisation anstehen, machen viele Führungs‐ kräfte den Fehler, dass sie ein fertiges Konzept auf den Tisch legen. Für die Analyse und dann die Konzeptentwicklung werden die größte Sorgfalt und in der Regel auch die meiste Zeit verwendet - viele Monate, manchmal sogar Jahre. Bei der Umsetzung kann es dann meist nicht schnell genug gehen. Die Praxis zeigt, dass das, was so professionell erarbeitet wurde und auf dem Papier so logisch erscheint, in der Praxis nicht funktioniert. Meist deshalb, da die Mitarbeiter mit viel Widerstand reagieren. Tipp 2: Wenn Sie Veränderungsprozesse erfolgreich und mit motivierten Mitarbei‐ tern durchführen möchten, empfehle ich Ihnen, sich an folgenden neun Prinzipien zu orientieren. 12.1 Welche Grundsätze sind beim Change-Management zu beachten? Neun Grundsätze im Überblick: 1. Leidensdruck erhöhen 2. Zielorientiertes Management: Klare Ziele festlegen; Ablaufplan definieren; Kontrollpunkte festlegen. 182 12 Was ist bei der Durchführung von Veränderungsprojekten zu beachten? <?page no="183"?> 3. Keine Maßnahme ohne Diagnose: Die Sichtweisen aller Interessengruppen sind wichtig. 4. Ganzheitliches Denken und Handeln: Mitarbeiter funktionieren nicht einfach nur so. 5. Beteiligung der Betroffenen: Damit können sich Mitarbeiter mit den Zielen identifizieren und die Ergebnisse werden inhaltlich besser. 6. Hilfe zur Selbsthilfe: Die Projektgruppen arbeiten weitestgehend selbst‐ ständig. 7. Prozessorientierte Steuerung: Immer wieder den Status quo feststellen und eventuell nachsteuern, damit die Zielerreichung möglich bleibt. 8. Lebendige Kommunikation: Persönlicher Kontakt und ein zuverlässiger Informationsfluss sind während des gesamten Projektes notwendig. 9. Sorgfältige Auswahl der Schlüsselpersonen: Nur wenn Sie es schaffen, die einflussreichen Personen zu gewinnen, haben Sie eine Erfolgschance. 1. Grundsatz: Leidensdruck erhöhen - Die wichtigste Triebfeder für Veränderungen Dringlichkeit erzeugen ist der erste wichtige Schritt, um eine Veränderungs‐ bereitschaft bei den Beschäftigten zu wecken (Marktuntersuchungen, Wett‐ bewerbsrealitäten erkennen, Identifizieren und Diskutieren der potenziellen Krisen und Möglichkeiten). Oft wird hier schon ein Fehler gemacht, da viele Manager glauben, dass deren Führungskräfte und Beschäftigten mit nackten Zahlen zu überzeugen sind. Aber nur rationale Einsicht ist folgenlos. Wäre dem so, dann wäre unsere Welt sicher weit besser. Wir würden uns alle gesund ernähren, würden regelmäßig Sport machen, Schüler in der Schule fleißig lernen usw. Wir verändern uns nur unter Druck oder durch Einsicht! Die Möglichkeit, Druck zu machen, ist in Betrieben, vor allem in guten Zeiten recht gering. Dieser wird in Zeiten des Fachkräftemangels noch geringer. Da wir als Menschen in der Lage sind, Ereignisse zu antizipieren und uns Bilder und Gefühle über die Zukunft machen können, spielt die Erwartung oder Befürchtung künftiger Nachteile für das Entstehen von Leidensdruck in der Regel eine größere Rolle als akutes „Leiden“. Doch Leidensdruck allein schafft keine Veränderung, was sich darin zeigt, dass jeder Mensch und auch viele Firmen zwar schon „gelitten“ haben, selbst aber keine Möglichkeit sehen, diesen Zustand zu verändern. Damit Motivation zur Veränderung entsteht, muss der Leidensdruck durch eine positive Perspek‐ 12.1 Welche Grundsätze sind beim Change-Management zu beachten? 183 <?page no="184"?> tive ergänzt werden. Erst wenn das Leiden von einer Idee herausgefordert wird, der Idee, dass es auch anders sein könnte, und dass diese Änderung erreichbar ist, entsteht ein Gefühl der Hoffnung und mit ihr die Energie zur Veränderung. Und bereits dies ist die Aufgabe des Top-Managements. 2. Grundsatz: Zielorientiertes Management Es mag banal erscheinen, wenn hier als Erstes auf eine scheinbare Selbstver‐ ständlichkeit hingewiesen wird: Ein Projekt, das brauchbare Ergebnisse zeigen soll, muss zielorientiert geführt werden. Es gehört zu den verhängnisvollen Miss‐ verständnissen unserer Zeit, zu glauben, menschenorientierte und partizipative Führung - wie wir sie propagieren - vertrage sich nicht mit systematischer Pla‐ nung, Steuerung und Kontrolle. Vertreter einer falsch verstandenen humanisti‐ schen Psychologie, wie die modernen Sozialwissenschaften sie hervorgebracht haben, verurteilen alles, was nach Hierarchie und nach Macht riecht. Führung ist für sie von vornherein suspekt. In Wirklichkeit ist es gerade umgekehrt: Ohne Führung wird das Teamverhalten zur Fahrt ins Blaue. Es gibt demzufolge viel Unklarheit und Phantasie, kaum eine Motivation und kein Engagement und endet mit Erfolglosigkeit und Enttäuschungen. Über folgende Punkte sollte zu Beginn der Projektarbeit Klarheit herrschen: 1. Ausgangslage - Wo drückt der Schuh? - Warum ist Veränderung angesagt? - Wie begründet sich der Handlungsbedarf ? 2. Zielsetzung - Was sind die Ziele des Projektes? - Was soll durch das Projekt konkret erreicht werden? - Was wird danach anders sein, als es jetzt ist? 3. Erfolgskriterien - Was sind die Kriterien der Zielerfüllung? - Wie soll der Projekterfolg qualitativ beurteilt werden? - Wie soll der Projekterfolg quantitativ gemessen werden? 184 12 Was ist bei der Durchführung von Veränderungsprojekten zu beachten? <?page no="185"?> 4. Organisation - Wie sollen die Aufgaben verteilt sein - wer tut was? - Wer ist für Koordination und Steuerung zuständig? - Wo liegt die Verantwortung für die Entscheidungen? 5. Planung - In welchen Phasen verläuft die Projektarbeit - und was passiert konkret in jeder einzelnen Phase? - Was sind die wichtigsten „Meilensteine“ - und was muss bis zu diesen Fixpunkten jeweils geleistet sein? - Wie sieht der Terminplan des Projektes aus? - Wann muss jede einzelne Phase, wann das Gesamtprojekt abgeschlossen sein? 6. Kontrolle - Wie soll der Projektfortschritt kontrolliert werden? - Wann und wie soll jeweils eine kritische Zwischenbilanz gemacht werden? - Wer hat die Befugnis, bei Zielabweichungen korrigierend einzugreifen? 3. Grundsatz: Keine Maßnahme ohne Diagnose Bei vielen Veränderungsprozessen beginnt schon hier das Scheitern des Pro‐ jekts. Man glaubt, die Situation zur Genüge zu kennen, und beginnt mit der Entwicklung von Konzepten, anstatt die Ist-Situation systematisch zu analy‐ sieren und den Soll-Zustand möglichst konkret zu beschreiben. In der Medizin gilt der Satz: „Jede Therapie ist nur so gut wie die ihr zugrunde liegende Diagnose.“ Keiner, der sich in die Obhut eines Arztes begibt, würde dies infrage stellen. Übertragen auf die Personalauswahl bedeutet dies: Perso‐ nalauswahl ist max. so gut wie das Anforderungsprofil. Auf die Organisations‐ entwicklung übertragen, kann man formulieren: „Eine gute Analyse ist der halbe Projekterfolg.“ Diese Erkenntnis ist allerdings noch lange nicht Allgemeingut geworden. Die Daten-Grundlage für die Beurteilung der aktuellen Situation in einer bestimmten Organisationseinheit kann nur von denjenigen geliefert werden, die in dieser Organisationseinheit arbeiten. Und häufig genug wissen auch nur sie, was sinnvollerweise verändert werden sollte. Am Anfang eines Veränderung‐ sprojektes steht deshalb fast immer eine Befragung der betroffenen Mitarbeiter und Führungskräfte: 12.1 Welche Grundsätze sind beim Change-Management zu beachten? 185 <?page no="186"?> • Was läuft gut? • Was läuft nicht so gut? • Wie sollte es sein? • Was für Veränderungen sind angezeigt? • Wie könnten sie realisiert werden? Diese Befragung kann in Zweiergesprächen, in Gruppen oder auch schriftlich geschehen. Aufgrund meiner Erfahrungen empfehle ich Ihnen (auch in großen Organisationen), mit persönlichen Gesprächen zu beginnen, damit Sie, falls Sie sich für einen Fragebogen entscheiden sollten, die richtige Stoßrichtung finden. 4. Grundsatz: Ganzheitliches Denken und Handeln Eine der häufigsten Ursachen für Fehlschläge bei Veränderungsprojekten liegt darin, dass Technokraten am Werk sind, die bei ihrer Planung alle technischen, strukturellen und ökonomischen Aspekte berücksichtigen - und alle menschli‐ chen und zwischenmenschlichen Aspekte ebenso konsequent missachten. Die Unterlassungssünden beginnen häufig bereits bei der Analyse der Ist-Si‐ tuation: Die technischen und ökonomischen Strukturen und Abläufe werden eingehend untersucht - Arbeitsklima, Motivation, Führungsstil, Entscheidungs‐ vorgänge, Zusammenarbeit innerhalb und zwischen den einzelnen Organisati‐ onseinheiten sind keine Themen. Die einseitige Sichtweise setzt sich fort bei der Gestaltung der Projektarbeit: Das Projekt wird systematisch durchgeplant und straff organisiert. Ob aber die Belegschaft die Projektziele verstanden und akzeptiert hat, ob die einzelnen Gremien personell richtig zusammengesetzt sind und ob die eingesetzten Mitarbeiter die vorgesehenen Aufgaben in der zur Verfügung gestellten Zeit erfüllen können, interessiert niemanden. Und bei der Konzeption der zukünftigen Organisationsstruktur wiederholt sich das gleiche Muster. Da wird beispielsweise ein gertenschlanker Organisations‐ plan mit wenigen Hierarchieebenen und breiten Führungsspannen entworfen - und niemand prüft, ob diese Struktur mit der herrschenden Führungskultur in Einklang zu bringen ist und ob die vorhandenen Führungskräfte aufgrund ihrer Fähigkeiten und Erfahrungen überhaupt in der Lage sind, breite Führungs‐ spannen zu managen. Ganzheitliches Denken und Handeln in Organisationen bedeutet, nicht nur der „Hardware“ Beachtung zu schenken, sondern auch der „Software“. Das Phänomen „Organisation“ muss im Grunde immer unter drei Gesichtspunkten betrachtet werden: 186 12 Was ist bei der Durchführung von Veränderungsprojekten zu beachten? <?page no="187"?> - Strukturen Aufbauorganisation, Ablauforganisation, Führungssysteme - Verhalten Motivation und Identifikation, Kommunikation und Kooperation - Kultur geschriebene und ungeschriebene Gesetze und Spielregeln, Belohnungs- und Sanktionsprinzipien. Ganzheitliches Denken und Handeln bedeutet ferner, dass Sie sorgfältig auf wichtige Vernetzungen achten. Im Wirkungsgefüge einer komplexen Organisa‐ tion kommt es nicht nur auf die Struktur und die innere Verfassung der einzelnen Organisationseinheiten an. Zwischen menschlichen Individuen, Gruppen und Organisationseinheiten kommt es in der Praxis zu dynamischen Wechselwir‐ kungen. Es gibt immer wieder Schwachstellen, deren Ursache weder in der einen noch in der anderen Organisationseinheit gefunden werden kann. Der Grund: Sie liegt ausschließlich in einer Dysfunktionalität des Zusammenspiels begründet. Wenn in einer Organisation beispielsweise vorgeschrieben ist, dass jede ein‐ zelne Rechnung von drei oder vier Stellen einzeln geprüft werden muss, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass keine einzige Rechnung sorgfältig geprüft wird. Jeder geht nämlich davon aus, dass die bei ihm vorbeizirkulierende Rechnung entweder schon mehrmals geprüft worden ist oder noch von soundso vielen anderen Instanzen eingehend geprüft werden wird (dieses Beispiel ist tatsächlich aus dem Jahre 2016). Und niemandem ist letztlich ein Vorwurf zu machen. Jeder Einzelne handelt im Grunde durchaus vernünftig. Sollten nämlich alle Beteiligten auf die Idee kommen, jede einzelne Rechnung vorschriftsmäßig sorgfältig zu prüfen, würde der gesamte Betrieb innerhalb kürzester Zeit zusammenbrechen, weil alle nur noch mit der Prüfung von Rechnungen beschäftigt wären. Die Lösung des Problems wird denn auch nicht darin bestehen, die Beschäftigten wegen mangelnder Arbeitsdisziplin zu verwarnen, sondern darin, die Vorschrift zu ändern. Wenn Sie die Mehrdimensionalität Ihrer Organisation immer im Auge be‐ halten und gleichzeitig auf wichtige Vernetzungen achten - bei der Beurteilung der Ausgangslage, bei der Gestaltung der Projektarbeit und bei der Gestaltung neuer Konzepte -, laufen Sie kaum Gefahr, wesentliche Einflussfaktoren zu übersehen. Sie werden Störfaktoren erkennen und beheben können, bevor Sie mit einem möglicherweise kostspieligen Projekt auf Grund gelaufen sind. 12.1 Welche Grundsätze sind beim Change-Management zu beachten? 187 <?page no="188"?> 5. Grundsatz: Beteiligung der Betroffenen Sie haben mindestens drei gute Gründe, bei Veränderungsprozessen die betrof‐ fenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv in die Projektarbeit sowie in die Entscheidungsvorbereitung einzubeziehen: • Bessere Entscheidungen - praxisgerechtere Lösungen Nur die unmittelbar Betroffenen kennen die Details und wissen, worauf besonders geachtet werden muss, damit die neue Organisation in der Praxis dann auch wirklich funktioniert. • Erzeugen von Motivation Wer an der Erarbeitung von Lösungen aktiv beteiligt gewesen ist, engagiert sich anschließend persönlich für deren Umsetzung. • Identifikation mit dem Unternehmen Wer aktiv in die Projektarbeit und in die Entscheidungsvorbereitung einbe‐ zogen wird, fühlt sich als Partner ernst genommen und identifiziert sich persönlich mit dem Unternehmen. Entscheidend ist allerdings, dass die Mitarbeiter von Beginn an - bereits bei der Analyse der Ist-Situation - aktiv einbezogen werden. Nur wer die Ausgangslage kennt und die Hintergründe versteht, kann sich mit Überzeugung hinter die Konsequenzen stellen. Zwei besonders weitverbreitete Vorurteile möchte ich an dieser Stelle ent‐ kräften. Vorurteil Nr.-1: „Mitarbeiter: innen beteiligen kostet viel Zeit - mehr Zeit, als man in der Praxis normalerweise zur Verfügung hat.“ Jawohl, Beschäftigte zu beteiligen, kostet Zeit - mehr Zeit, als ein direktiver Alleingang in Anspruch nehmen würde. Aber: Diese Zeit wird während und nach der Realisierung um ein Mehrfaches wieder hereingeholt. Im Übrigen kann man mit gut motivierten Beschäftigten - wenn tatsächlich hoher Zeitdruck herrscht - durchaus flott vorankommen. In neun von zehn Fällen ist jedoch der hochnotpeinliche Zeitdruck von A bis Z hausgemacht: Die Führung hat über lange Zeit die Probleme anstehen lassen und im Vorfeld des Projektes dann auch noch die Entscheidungen verschleppt - und alle wissen das. Vorurteil Nr.-2: „Wenn jeder bei allem mitreden will, wird bei uns nur noch geredet anstatt gearbeitet.“ 188 12 Was ist bei der Durchführung von Veränderungsprojekten zu beachten? <?page no="189"?> Irrtum: Die Beschäftigten wollen überhaupt nicht bei allen Fragen mitreden. Sie wollen nur bei den Fragen mitreden, von denen sie selbst in ihrer täglichen Arbeit direkt betroffen sind und zu denen sie aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen auch etwas Sinnvolles beitragen können. Es ist im Gegenteil eine wichtige Aufgabe der Führung, die Projektarbeit so zu organisieren, dass alle dort - und nur dort - beteiligt werden, wo sie persönlich etwas beitragen können und wollen. 6. Grundsatz: Hilfe zur Selbsthilfe Die Arbeit in Veränderungsprozessen beruht letztlich - bei aller notwendigen Führung - auf dezentraler Selbstorganisation der beteiligten Personen und Mitarbeitergruppen. Die Projektarbeit vollzieht sich im Wesentlichen im hierar‐ chiefreien Raum. Gleichzeitig handelt es sich aber um innovative und damit um anspruchsvolle Arbeit - um dispositive und konzeptionelle Aufgaben außerhalb der täglichen Routine, nicht selten sogar außerhalb jeglicher Ausbildung und Erfahrung. Dies macht Projektarbeit in der Regel für alle Beteiligten interessant und motivierend. Man lernt neue Fragestellungen kennen und wirkt bei der Gestaltung neuer Lösungen mit. Aber: Man bewegt sich häufig außerhalb dessen, was man wirklich beherrscht. Man ist bis an die Grenzen der Kompetenz und manchmal darüber hinaus gefordert. Nicht jeder hat im Laufe seiner bisherigen beruflichen Aus- und Fortbildung die Methodik von Problemlösungs- und Entscheidungsprozessen kennenge‐ lernt; für manch einen ist die Beschäftigung mit organisatorischen Strukturen und Abläufen völliges Neuland. Und wer erstmals mit Kollegen aus ganz anderen Funktionen und Bereichen konfrontiert ist, muss möglicherweise zunächst so viel Neues aufnehmen, dass er gar nicht in der Lage ist, eigene Beiträge zu leisten. Nicht jeder weiß, wie in einem Team ohne hierarchischen Leiter diskutiert und kooperiert werden muss; manch einer kennt keinen anderen Umgang mit Konflikten, als ihnen auszuweichen; der eine ist noch nie auf seine Unart aufmerksam gemacht worden, anderen ständig ins Wort zu fallen; der zweite traut sich nicht, in Gegenwart hierarchisch Höhergestellter eine abweichende Meinung zu äußern; und es gibt hochbezahlte Manager, die überhaupt nichts dabei finden, langfristig angesetzte und gemeinsam vereinbarte Sitzungster‐ mine platzen zu lassen, weil sie gerade etwas Besseres vorhaben. Fast in jedem größeren Projekt kommt es vor, dass ein Teammitglied entgegen allen vorherigen Abmachungen von seinem Linienvorgesetzten für wichtige 12.1 Welche Grundsätze sind beim Change-Management zu beachten? 189 <?page no="190"?> Projekt-Termine nicht freigegeben wird, dass ein Team für die Erfüllung seiner Aufgabe Mittel benötigt, die in keinem Budget vorgesehen sind, oder dass aufgrund äußerer Einflüsse Zielkorrekturen oder Terminverschiebungen vor‐ genommen werden müssen. Kurz: Es gibt in jedem Veränderungsprozess und in jedem noch so gut orga‐ nisierten Projekt immer wieder Situationen, in denen die Arbeit eines Teams verzögert oder blockiert wird und die Teammitglieder mangels entsprechendem Know-how oder eigener Kompetenzen nicht in der Lage sind, das Problem aus eigener Kraft zu lösen. Die Führung muss deshalb von Anfang an drauf eingestellt sein, dann und dort, wo sich dies als notwendig erweist, unterstützend tätig zu werden. 7. Grundsatz: Prozessorientierte Steuerung Wo immer zur Herstellung eines Produktes komplexe Arbeitsvorgänge ab‐ laufen, ist eine flexible Feinsteuerung erforderlich. In der Chemie müssen die Arbeitsprozesse im Hinblick auf die Kontinuität der Produktion ununterbrochen überwacht und reguliert werden. An allen kritischen Stellen sind Sensoren an‐ gebracht. Diese messen regelmäßig die vor Ort herrschenden Drücke, Tempera‐ turen und Mischungsverhältnisse. Die Messwerte werden durch fest installierte Feedback-Mechanismen in die Steuerungszentrale gemeldet. Kleinste Abwei‐ chungen von den Soll-Werten führen zu fein dosierten Korrekturen der Energie- oder Materialzufuhr. Und bei größeren Abweichungen wird die Produktion zurückgefahren oder ganz stillgelegt, damit es nicht zu einer ernsthaften Panne kommt. Exakt darum geht es auch in Arbeitsprozessen, an denen Menschen beteiligt sind: um die Dosierung des Tempos, um die laufende Entstörung, um den sorg‐ fältigen Abschluss eines wichtigen Arbeitsschrittes, bevor der nächste in Angriff genommen wird. Im Bereich der menschlichen Arbeit ist prozessorientierte Steuerung sogar noch viel wichtiger als im Bereich rein technischer Arbeitsvor‐ gänge. Die Komplexität des menschlichen Wesens übertrifft diejenige einer Ma‐ schine um ein Vielfaches. Und wenn - wie dies bei Veränderungsprozessen der Fall ist - auch noch viele Menschen in wechselnden Rollen und Gruppierungen zusammenwirken, ist es schlicht nicht mehr möglich, immer vorauszusehen, wann an welcher Stelle ein Störfaktor oder ein Reibungsverlust auftritt. Da gibt es nur eines: die Hand am Puls des Geschehens halten und steuernd eingreifen, wenn die Situation dies erfordert. 190 12 Was ist bei der Durchführung von Veränderungsprojekten zu beachten? <?page no="191"?> Zwei Faktoren machen das Geschehen im menschlichen und zwischen‐ menschlichen Bereich ebenso interessant wie schwer vorhersehbar. Erstens: Menschen sind zwar immer noch intelligenter als Computer, aber die Geschwin‐ digkeit, mit der sie Neues aufnehmen und verarbeiten können, ist vergleichs‐ weise begrenzt. Mit anderen Worten: Man hat es bei Veränderungsprojekten nicht nur mit Arbeitsprozessen, sondern immer auch mit Lernprozessen zu tun. Jeder Mensch und jedes Team haben ihre spezifische Lernkurve, die sich immer nur in der jeweils aktuellen Situation erkennen lässt. In einem Veränderungsprozess verkraftbare Schritte zu machen setzt voraus, dass man die beteiligten Menschen zwar fordert, aber nicht überfordert; dass man sie nicht durch forciertes Tempo „abhängt“, dass man ihnen Gelegenheit gibt, die einzelnen Arbeitsschritte zu „verdauen“ und die innere Logik des Projektver‐ laufes nachzuvollziehen. Zweitens: Bei Menschen hat man es nicht nur mit sachlichen - und damit letztlich logisch erfassbaren - Zusammenhängen zu tun, sondern immer auch mit Emotionen. Was die Menschen innerlich bewegt - ihre Bedürfnisse und Interessen, ihre Hoffnungen und Befürchtungen, ihre Freude und ihr Ärger -, beeinflusst ihr Verhalten weit mehr als alles, was äußerlich sichtbar zutage liegt. Wer mit Menschen arbeitet und sie für gemeinsame Ziele gewinnen will, muss auf ihre innere Verfassung, ihre Gefühle und ihre Stimmungslage Rücksicht nehmen. Dazu benötigt man keinen Zauberstab. Die Menschen geben von sich aus Signale, die ihre emotionale Lage erkennen lassen. Aber man muss auf diese Signale achten, man muss sie ernst nehmen und man muss bereit sein, einen Zwischenhalt einzuschalten, wenn plötzlich Spannungen auftreten oder auffallende Lustlosigkeit um sich greift. 8. Grundsatz: Lebendige Kommunikation Die meisten Menschen sind weder dumm noch widerborstig. Sie lassen sich verhältnismäßig leicht führen und machen auch bei unpopulären Maßnahmen erstaunlich bereitwillig mit - vorausgesetzt, sie haben die Ziele verstanden und als sinnvoll oder sogar notwendig akzeptiert. Dies bedeutet: Die Führung muss Überzeugungsarbeit leisten und die Grundlage dafür ist lebendige Kommunika‐ tion, so wie es im Folgenden dargestellt wird. • Information ist nicht Kommunikation. • Mit individuellen Kontakten und Teamgesprächen top-down in der Füh‐ rungskaskade allein ist dies nicht zu schaffen. 12.1 Welche Grundsätze sind beim Change-Management zu beachten? 191 <?page no="192"?> • Auch wenn reiner Informationstransport notwendig ist, müssen - wo immer möglich - interaktive Formen gewählt werden. • Bei größeren und umfassenderen Projekten muss ein eigenes Kommunika‐ tionskonzept erarbeitet werden. • Das allgemeine Interesse an der Projektarbeit muss konsequent wachge‐ halten werden. • „Management by Walking Around“ • Last but not least: Das Ganze muss auch Spaß machen! 9. Grundsatz: Sorgfältige Auswahl der Schlüsselpersonen Es gibt ein Gesetz, das jeder kennen muss, der in Organisationen etwas bewegen will: Prozesse laufen über Personen. Dies gilt ganz besonders für Entwicklungs- und Veränderungsprozesse. Bei allen großen Revolutionen und Reformbewe‐ gungen gibt es den einen oder die wenigen, ohne die die Geschichte anders geschrieben worden wäre. Und es sind immer einige wenige, die die Dinge in einem Sportclub, in einer Dorfgemeinde oder in einem Betrieb voranbringen. Die große Mehrheit kann durchaus für eine Idee gewonnen werden - von den Vordenkern und Vorreitern. Aber sie bewegt sich nicht von selbst. Wenn Sie etwas verändern möchten, sollten Sie sich bereits im Vorfeld drei Fragen stellen: 1. Wo sind die wichtigsten potenziellen „Verbündeten“, mit denen man ge‐ meinsame Sache machen kann? 2. Wo sind die „Opinion Leader“, die für die Idee gewonnen werden müssen, wenn die Mehrheit mitziehen soll? 3. Wer hat das Zeug dazu, den Veränderungsprozess - oder wichtige Arbeits‐ schritte - zu leiten? In der Praxis werden diese drei Schlüsselfragen leider allzu häufig gar nicht erst gestellt. Da werden Mitarbeitende zu Projektleitern gemacht, weil sie gerade anderweitig nicht allzu stark belastet sind oder weil man ihnen als „Bonbon“ für geleistete Dienste oder als Impuls für die individuelle Entwicklung „doch mal die Leitung eines Projektes übergeben könnte“. Und bei der Besetzung eines Projektkoordinationsteams wird gefragt: „Wer alles sollte hier vertreten sein oder berücksichtigt werden, damit die Kirche im Dorf bleibt? “ Das einzige entscheidende, nämlich die Eignung, ist überhaupt kein Thema. Resultat: Das Projekt wird in den Sand gefahren. 192 12 Was ist bei der Durchführung von Veränderungsprojekten zu beachten? <?page no="193"?> Tipps und Regeln Tipp 1: Erst wenn Leidensdruck vorhanden ist, hat das Projekt die Chance auf Erfolg Tipp 2: Klar definierte Ziele Tipp 3: Handverlesene Auswahl der Schlüsselleute Tipp 4: Beteiligung der Betroffenen bei der Erreichung von Lösungen Tipp 5: Realistische Zeitplanung Tipp 6: Sorgfältige Vorbereitung und „Kick-off-Phase“ Tipp 7: Lieblingsideen als Erstes auf den Tisch Tipp 8: Sensible und flexible Steuerung des Prozesses Tipp 9: Konstruktiver Umgang mit Widerstand Tipp 10: Konflikte offenlegen und bearbeiten Tipp 11: Offene Information und lebendige Kommunikation Tipp 12: Reflektieren Sie Ihr letztes Veränderungsprojekt und prüfen Sie, welcher Schritt besonders professionell durchgeführt wurde und was genau den Erfolg ausgemacht hat. Tipp 13: Überprüfen Sie, warum und an welcher Stelle es haperte? Tipp 14: Falls Sie sich aktuell in einem schwierigen Veränderungsprozess befinden, prüfen Sie, welche Schritte wenig professionell durchgeführt wurden bzw. an welcher Stelle es besonders schwierig wurde. Gehen Sie im Prozess auf diese Stufe zurück und setzen dort wieder ergänzend an. Es macht keinen Sinn, Projekte weiter nach vorn zu treiben, wenn im Vorfeld handwerkliche Fehler gemacht wurden. 12.2 Checken Sie Ihre persönliche Qualifikation fürs Change-Management Als Führungskraft ist man nicht gleichzeitig auch qualifiziert, Veränderungs‐ prozesse durchzuführen. Die Bedeutung folgender Fähigkeiten wird mit zuneh‐ mender Organisations- oder Abteilungsgröße immer wichtiger. Um diese Fähigkeiten zu entwickeln, sollten Sie Ihre Stärken und Schwächen kennen. Sie sollten aber diese Kompetenzen im Führungsalltag auch immer wieder bewusst üben, um so mehr Sicherheit zu erhalten. Haben Sie den Mut zu einer ehrlichen Selbsteinschätzung. 12.2 Checken Sie Ihre persönliche Qualifikation fürs Change-Management 193 <?page no="194"?> A) Persönliche Eigenschaften -- - OK + ++ 1. Gesunde psychische Konstitution (Selbstvertrauen, Stabilität, Belastbarkeit) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 2. Positive Grundhaltung (optimistische, chancenorientierte konstruktive Grundhaltung), ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 3. Offenheit und Ehrlichkeit (direkt, spontan, echt) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 4. Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen (persönliches Engagement) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 5. Partnerschaftliche Grundeinstellung (vs. elitär, hierarchisch, autoritär) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 6. Mut zur persönlichen Stellungnahme und zur Ent‐ scheidung (Zivilcourage) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 7. Verbindlichkeit (Einhaltung getroffener Vereinbarungen) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 8. Intuition (Zugang zu eigenen Emotionen haben) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 9. Realitätsbezogen (Sinn für das Machbare und nicht nur das Notwen‐ dige) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 10. Humor (Fähigkeit, sich selbst und andere zu entspannen) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ B) Besondere Fähigkeiten -- - OK + ++ 11. Klima der Offenheit und des Vertrauens schaffen können ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 12. Gut zuhören können (aktives Zuhören - nicht nur ausreden lassen) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 13. Menschen überzeugen und begeistern können 14. (Motivation und Identifikation erzeugen, Sen‐ dungsbewusstsein haben) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 14. Integrationsfähigkeit (Menschen in Teams zusammenführen können) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 15. Konfliktfähigkeit (sich abgrenzen und auseinandersetzen sowie an‐ dere konfrontieren können) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 194 12 Was ist bei der Durchführung von Veränderungsprojekten zu beachten? <?page no="195"?> B) Besondere Fähigkeiten -- - OK + ++ 16. Prozesskompetenz (Fähigkeit, Entwicklungsvorgänge zu verstehen und zu steuern) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 17. Chaos-Kompetenz (Fähigkeit, in turbulenten, hochkomplexen Situa‐ tionen handlungsfähig zu bleiben) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 18. Strategische Kompetenz (Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge zu erfassen und handlungsrelevante Konsequenzen daraus ab‐ zuleiten) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 19. Interkulturelle Kompetenz (Fähigkeit, in unterschiedlichen sozialen Feldern zu arbeiten) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 20. Klarheit im Ausdruck (Klarheit des Denkens, Prägnanz der Formulie‐ rungen, einfache und allgemeinverständliche Aus‐ drucksweise) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ C) Spezifische Erfahrungen -- - OK + ++ 21. Selbsterfahrung (intensivere, längerdauernde Auseinandersetzung mit der eigenen Person) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 22. Einzelberatung (Beratung, Begleitung, Coaching von Einzelper‐ sonen) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 23. Teamarbeit und Teamentwicklung (Leiten und Entwickeln von Kleingruppen) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 24. Großgruppen-Moderation (Gestalten und Leiten von Arbeitstagungen mit großem Teilnehmerkreis) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 25. Projekt-Management (Organisieren und Leiten von Projekten) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 12.2 Checken Sie Ihre persönliche Qualifikation fürs Change-Management 195 <?page no="196"?> D) Spezifisches Fachwissen -- - OK + ++ 26. Psychologisches Basiswissen ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 27. Betriebswirtschaftliches Basiswissen ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 28. Systemtheorie / Chaos-Theorie ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 29. Gruppendynamik ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 30. Organisationslehre ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 31. Organisationspsychologie ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 32. OE-Ansätze (Konzepte, Strategien) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 33. OE-Interventionen (Instrumente, Methoden, Verfahren) ❏ ❏ ❏ ❏ ❏ 196 12 Was ist bei der Durchführung von Veränderungsprojekten zu beachten? <?page no="197"?> 13 Weiterführende Literatur Begeisterte Mitarbeiter: Wie Unternehmen ihre Mitarbeiter zu Fans machen, Wolfgang Jenewein, Marcus Heidbrink, 2014 Change-Management Praxisfälle: Lutz von R O S E N S T I E L , Elisabeth von H O R N S T E I N und Siegfried A U G U S T I N , Springer 2013 Der Change-Code: Wie Menschen sich für Veränderungen begeistern und Unternehmen damit gewinnen, Dieter Lederer, 2022 Das Prinzip Selbstverantwortung, Reinhard K. S P R E N G E R 2015 Die Entscheidung liegt bei Dir, Reinhard K. S P R E N G E R 2016 Die besten Führungskräfte der Welt - Zeitlose Lektionen über Leadership: Wie Sie zu einem außergewöhnlichen Chef werden und die entscheidenden Strategien moderner Führung anwenden, Paul A. Wyatt, 2023 Erfolgsfaktor Teamarchitektur: Aufbau, Entwicklung und Führung von High Perfor‐ mance Teams, Mario Reis und Stefan Kermas, Haufe Fachbuch 2020 Building and Managing High-Performance Distributed Teams: Navigating the Future of Work, Alberto S. Silveira Jr., 2021 Führen auf Distanz, Susanne Nickel und Gunhard Keil, 2021 Führen - Leisten - Leben; Fredmund M A L I K , Campus 2019 Führung durch Motivation - Mitarbeiter für Unternehmensziele gewinnen, Gerhard Co melli und Lutz v. R O S E N S T I E L , Vahlen 2009 Führung von Mitarbeitern; Lutz v. R O S E N S T I E L , Schäfer-Poeschel 2009 Gesprächs- und Vortragstechnik, Bernd W E I D E N M A N N , Beltz Verlag 2004 Gewaltfreie Kommunikation, Eine Sprache des Lebens, Marshall B. Rosenberg et al., Junfermann 2016 Handbuch Kompetenzmessung, John E R P E N B E C K und Lutz von R O S E N S T I E L , Schäffer-Po‐ eschel 2007 High-Performance-Organisationen: Wie Unternehmen eine Hochleistungskultur auf‐ bauen, Jenewein W., Schäffer Poeschel, 2011 Improving Organizational Effectiveness through Transformational Leadership. Thou‐ sand Oaks, Bass, B. M. & Avolio, B. J. 1994 Konstruktiv lernen, Bernd Heckmair, Beltz Verlag 2005 Kompetent führen: Wirksam kommunizieren, Mitarbeiter motivieren, Waldemar Pelz, Gabler Verlag 2012 Leading Change: Wie Sie Ihr Unternehmen in acht Schritten erfolgreich verändern, John P. K O T T E R , Vahlen 2011 Lokales Denken, globales Handeln: Interkulturelle Zusammenarbeit und globales Ma‐ nagement, Gerd H O F S T E D E , Beck 2017 <?page no="198"?> Managementkompetenz für Führungskräfte, F. J E T T E R Hrsg.: Lit Vlg. H O P F , Münster 2001 Management Y---Agile, Scrum, Design Thinking & Co.: So gelingt der Wandel zur attraktiven und zukunftsfähigen Organisation, Ulf Brandes, Pascal Gemmer, Holger Koschek, Lydia Schültken, Campus Verlag 2014 Mythos Motivation; Reinhard K. S P R E N G E R , Campus 2021 Neue Mitarbeiter erfolgreich integrieren, H.-J. K R A T Z : Ueberreuter Wirtschaft 1997 Transformationales Führen, Olaf Kortmann, Gabal Verlag, 2016 Von der Hand zum Hirn und zurück: Bewegtes Lernen im Fokus der Hirnforschung, Bernd H E C K M A I R , Werner Michl, Ziel 2013 Ziele vereinbaren - Leistungen bewerten; Elisabeth v. H O R N S T E I N , Lutz von Rosenstiel, 2016 Einen Großteil der Veröffentlichungen von Albrecht Müllerschön und seinem Team finden Sie auf deren Homepage unter der Rubrik: Publikationen. https: / / www.muellerschoen-beratung.de/ Hier sehen Sie einen Auszug an Artikeln und Aufsätzen • Basis jeder Personalentscheidung - Das Anforderungsprofil • 27 Top-Fragen, um die Soft Skills von Bewerbern abzuklopfen • Führungsverhalten und Burn-out • Resilienz: Mit acht Erfolgstipps zu dicker Haut • Mitarbeiter und Führungskräfte stark machen! Resilienz in der Praxis • Synergieeffekte bei multikulturellen Teams setzen Vertrauen voraus • Eine Herausforderung für Führungskräfte (Umgang mit überlasteten und psych. kranken Mitarbeitern) • Mitarbeiter- und Feedback-Gespräche • Ich bin der Neue, Interview • Führungsverhalten-Checkliste • 4 Schritte im Umgang mit belasteten Mitarbeitenden • Worauf Sie beim Feedback an die Mitarbeiter achten sollten Print - u.A. • Bewerber professionell auswählen, Albrecht Müllerschön, 2. Auflage, Beltz-Verlag 198 13 Weiterführende Literatur <?page no="199"?> 14 Der Autor Dr. Albrecht Müllerschön hat Psychologie und Jura studiert. Als Lehrbeauftragter an der Uni Tübingen hat er Coachs und Coachausbilder ausgebildet. Seit 30 Jahren trainiert, coacht und berät er Führungskräfte und Manager aus den unterschiedlichsten Branchen. Heute gehört er zu den gefragtesten Referenten und Coaches in Deutschland. Seine Beratungsfirma erhielt wiederholt Auszeich‐ nungen. Er hat selbst als Personalreferent, Geschäftsführer und Unternehmer die Fragen der Führung im Alltag durchlebt. Sein Anspruch ist: Aus der Praxis für die Praxis. Herr Albrecht Müllerschön hat einige Fachbücher zu den Themen: Führung und Personalauswahl veröffentlicht und ist Mitautor in unterschiedlichsten Fachbüchern. Darüber hinaus hat er unzählige Artikel in den verschiedenen Fachmagazinen veröffentlicht. <?page no="200"?> ISBN 978-3-381-12901-0 Der Einstieg als Führungskraft stellt alle vor eine Vielzahl neuer Herausforderungen. Die Aufgaben sind nicht nur schwieriger als bisher - sie sind einfach anders. Besonders schwierig ist die Situation, wenn jemand zur Führungskraft seiner ehemaligen Kolleg: innen wurde. Dieses Buch gibt Ihnen eine Antwort auf die Fragen, die sich Ihnen mindestens in den ersten hundert Tagen als Führungskraft stellen: Wie kann ich meine neue Rolle ausfüllen? Wie stelle ich mich meinen neuen Kolleg: innen gegenüber dar? Wie führe ich schwierige Mitarbeiter: innengespräche? Wie gehe ich mit den Problemen um, die meine vorangegangene Führungskraft hinterlassen hat? Wie arbeite ich mit meinem Team produktiv? Für die vorliegende Auflage wurde das Buch überarbeitet und erweitert. Das Kapitel 4, „Wie motiviere ich meine Beschäftigten? “, wurde stark überarbeitet, Kapitel 4.5 „Agiles Führen oder agiles Leadership“ hinzugefügt. Außerdem wurde das Kapitel 8 „Teams zu High-Performance- Teams entwickeln“ ergänzt, um so der Veränderung der Teamarbeit gerecht zu werden und Ihnen Handwerkszeug an die Hand zu geben, damit Sie die Entwicklung Ihres Teams selbst vorantreiben können. Die Zielgruppe Das Buch richtet sich an Führungskräfte, die vor kurzem Führungsverantwortung übernommen haben, in Kürze übernehmen werden oder die einfach nützliche Tipps zum Thema suchen. Der Autor Dr. Albrecht Müllerschön hat Psychologie und Jura studiert. Als Lehrbeauftragter an der Uni Tübingen hat er Coachs und Coachausbilder ausgebildet. Seit 30 Jahren trainiert, coacht und berät er Führungskräfte und Manager aus den unterschiedlichsten Branchen. MÜLLERSCHÖN Als Führungskraft erfolgreich starten Als Führungskraft erfolgreich starten Anregungen, konkrete Tipps, Checklisten/ Tests und Übungen für den Führungsalltag 7., überarbeitete und erweiterte Auflage ALBRECHT MÜLLERSCHÖN