Rechtliche Herausforderungen im Start-up-Marketing
Von der Geschäftsidee bis zum Marketing
1111
2024
978-3-3811-2962-1
978-3-3811-2961-4
UVK Verlag
Thomas Zerres
Michael Zerres
10.24053/9783381129621
Deutschland erlebt zurzeit einen Boom an Unternehmensgründungen, vielfach KI-geprägt. Die Bandbreite an verschiedenen Arten von Start-ups ist dabei äußerst groß. Ziel dieses Buches ist es, die für Start-ups Verantwortlichen für die rechtlichen Aspekte ihrer Tätigkeit zu sensibilisieren. Es orientiert sich bei der Vorstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen am Ablauf des Gründungsprozesses eines Start-ups, unterteilt in vorbereitende Maßnahmen, wie etwa die Anmeldung eines Gewerbebetriebes, den Schutz der Geschäftsidee, die Wahl der Rechtsform oder den Verträgen mit Geldgebern. Der zweite Abschnitt des Buches behandelt die eigentlichen Marketingmaßnahmen.
<?page no="0"?> ISBN 978-3-381-12961-4 Deutschland erlebt zurzeit einen Boom an Unternehmensgründungen, vielfach KI-geprägt. Die Bandbreite an verschiedenen Arten von Start-ups ist dabei äußerst groß. Ziel dieses Buches ist es, die für Start-ups Verantwortlichen für die rechtlichen Aspekte ihrer Tätigkeit zu sensibilisieren. Es orientiert sich bei der Vorstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen am Ablauf des Gründungsprozesses eines Start-ups, unterteilt in vorbereitende Maßnahmen, wie etwa die Anmeldung eines Gewerbebetriebes, den Schutz der Geschäftsidee, die Wahl der Rechtsform oder den Verträgen mit Geldgebern. Der zweite Abschnitt des Buches behandelt die eigentlichen Marketingmaßnahmen. Zerres / Zerres Rechtliche Herausforderungen im Start-up-Marketing Thomas Zerres / Michael Zerres Rechtliche Herausforderungen im Start-up- Marketing Von der Geschäftsidee bis zum Marketing <?page no="1"?> Rechtliche Herausforderungen im Start-up-Marketing <?page no="2"?> In der Lehre immer am Zahn der Zeit zu sein, wird in unserer schnelllebigen Zeit immer mehr zur Herausforderung. Mit unserer neuen fachübergreifenden Reihe nuggets präsentieren wir Ihnen die aktuellen Trends, die Forschung, Lehre und Gesellschaft beschäftigen - wissenschaftlich fundiert und kompakt dargestellt. Ein besonderes Augenmerk legt die Reihe auf den didaktischen Anspruch, denn die Bände sind vor allem konzipiert als kleine Bausteine, die Sie für Ihre Lehrveranstaltung ganz unkompliziert einsetzen können. Mit unseren nuggets bekommen Sie prägnante und kompakt dar‐ gestellte Themen im handlichen Buchformat, verfasst von Expert: innen, die gezielte Information mit fundierter Analyse verbinden und damit aktuelles Wissen vermitteln, ohne den Fokus auf das Wesentliche zu verlieren. Damit sind sie für Lehre und Studium vor allem eines: Gold wert! So gezielt die Themen in den Bänden bearbeitet werden, so breit ist auch das Fachspektrum, das die nuggets abdecken: von den Wirtschaftswissenschaf‐ ten über die Geisteswissenschaften und die Naturwissenschaften bis hin zur Sozialwissenschaft - Leser: innen aller Fachbereiche können in dieser Reihe fündig werden. Prof. Dr. Michael Zerres war Professor für Allgemeine Betriebswirt‐ schaftslehre, speziell Marketing, an der Universität Hamburg. Seine For‐ schungsschwerpunkte sind das Dienstleistungsmarketing, das Marketing‐ controlling und das Marketingrecht. Prof. Dr. Thomas Zerres ist Professor für Zivil- und Wirtschaftsrecht an der Hochschule Konstanz. Seine Lehr- und Forschungsschwerpunkte sind das Bürgerliche Recht, das Marketingrecht und das Europäische Wirt‐ schaftsrecht. <?page no="3"?> Thomas Zerres / Michael Zerres Rechtliche Herausforderungen im Start-up-Marketing Von der Geschäftsidee bis zum Marketing <?page no="4"?> DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783381129621 © UVK Verlag 2024 ‒ Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro‐ verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Heraus‐ geber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de Druck und Bindung: Elanders Waiblingen GmbH ISSN 2941-2730 ISBN 978-3-381-12961-4 (Print) ISBN 978-3-381-12962-1 (ePDF) ISBN 978-3-381-12963-8 (ePub) Umschlagabbildung: leolintang iStockphoto Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. <?page no="5"?> 9 Teil I 11 1 13 2 17 2.1 17 2.2 18 2.3 18 2.4 19 2.5 20 2.6 22 2.7 25 2.8 25 2.9 27 3 31 3.1 31 3.2 33 3.3 37 3.4 43 3.5 46 3.6 49 4 53 4.1 53 Inhalt Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorbereitende Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie melde ich meine neue Geschäftstätigkeit rechtskonform an? Welche Rechtsform ist für mein geplantes Start-up-Unternehmen geeignet? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Offene Handelsgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommanditgesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Unternehmergesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . GmbH & Co. KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marketingrelevanz der Rechtsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie nutze ich meine Website rechtskonform? . . . . . . . . . . . . . . . . Website im Marketingkontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Domain und Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erhebung und Verwendung von Nutzerdaten . . . . . . . . . . . Inhaltsgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hyperlinks und Embedding (Framing) . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtsrahmen beim Einsatz einer Website im E-Commerce Kann ich mein Start-up rechtlich schützen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geschäftsidee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . <?page no="6"?> 4.2 56 4.3 57 5 59 Teil II 63 6 65 6.1 65 6.2 66 6.3 73 6.4 75 6.5 77 7 79 7.1 79 7.2 80 8 83 8.1 83 8.2 86 8.3 88 9 91 9.1 91 9.2 94 10 107 10.1 107 10.2 110 11 117 11.1 117 11.2 118 11.3 119 11.4 122 Design . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie gestalte ich Verträge mit Geldgebern rechtskonform? . . . . . Rechtsrahmen von Marketingaktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marktforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Datenschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unlautere Werbung durch Marktforschung . . . . . . . . . . . . . Compliance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Leistungspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haftung für Produktmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Haftung für Dienstleistungsmängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Preispolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Preispolitischer Rechtsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konditionenpolitischer Rechtsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Geschäftsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kommunikationspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Social Media . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vertriebspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie setzte ich meine Vertriebsorgane rechtskonform ein? E-Commerce . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Website als Verkaufsorgan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rechtliche Anforderungen an eine Website . . . . . . . . . . . . . Allgemeine (Informations-)Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Inhalt <?page no="7"?> 11.5 123 11.6 129 11.7 130 11.8 130 11.9 131 11.10 132 11.11 138 141 143 144 145 Besonderheiten bei Verträgen mit Verbrauchern . . . . . . . . Branchenspezifische (Informations-)Pflichten . . . . . . . . . . . Zustandekommen eines Vertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen . . . Vertragserfüllung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neue Regelungen bei Verbraucherverträgen über digitale Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schlusswort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Inhalt 7 <?page no="9"?> Vorbemerkung Deutschland erlebt zurzeit einen Boom an Unternehmensgründungen, viel‐ fach KI-geprägt. Die Bandbreite an verschiedenen Arten von Start-ups ist dabei äusserst groß und reicht etwa vom „Ein-Mann“-Betrieb bis hin zu den grossen Start-up-Projekten in der deutschen Raumfahrt. Ziel dieses Bandes für die Praxis ist es, die für Start-ups Verantwortlichen, am Anfang also in der Regel die Gründer selbst, für die rechtlichen Aspekte ihrer Tätigkeit zu sensibilisieren. Während Ratgeber zur Ideengewinnung, zur Vermarktung oder auch zu Finanzierungsfragen relativ häufig zu fin‐ den sind, werden die rechtlichen Rahmenbedingungen kaum beleuchtet. Dabei weisen die Komponenten eines Start-up-Marketing unterschiedliche Schwerpunkte und Vertiefungsgrade zum traditionellen Marketing auf. Dieses wird im vorliegenden Ratgeber auch im Hinblick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen berücksichtigt. Zu Beginn steht eindeutig die Innovation oder die Geschäftsidee im Mittelpunkt. Diese sowie eine damit verbundene Marke gilt es zu schützen. Weitere zentrale Anfangsüberlegungen betreffen die zu wählende Rechts‐ form. Wichtige Aspekte sind zudem aus rechtlicher Sicht die Verträge mit Investoren und diejenigen Rechtsfragen, die mit dem Internet verbunden sind. Dieser Band orientiert sich bei der Vorstellung der rechtlichen Rahmen‐ bedingungen am Ablauf des Gründungsprozesses eines Start-ups, unterteilt in vorbereitende Maßnahmen, wie etwa die Anmeldung eines Gewerbebe‐ triebes, den Schutz der Geschäftsidee, die Wahl der Rechtsform oder den Verträgen mit Geldgebern, sowie in einem zweiten Abschnitt die eigentli‐ chen Marketingmaßnahmen. Diese Maßnahmen des operativen Marketing, also ● Leistungspolitik, ● Preispolitik, ● Kommunikationspolitik sowie ● Vertriebspolitik, stehen in der Praxis niemals überschneidungsfrei nebeneinander, sondern sind stets zusammen zu betrachten. Aus Gründen der Übersichtlichkeit und <?page no="10"?> 1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Buch auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter. besseren Verständlichkeit sollen hier die rechtlichen Rahmenbedingungen, nach Instrumenten getrennt, behandelt werden. 1 Prof. Dr. Thomas Zerres Prof. Dr. Michael Zerres Hochschule Konstanz Universität Hamburg 10 Vorbemerkung <?page no="11"?> Teil I Vorbereitende Maßnahmen <?page no="13"?> 1 Wie melde ich meine neue Geschäftstätigkeit rechtskonform an? Vor Aufnahme einer geschäftlichen Tätigkeit sollte von einem Start-up-Ver‐ antwortlichen geklärt werden, ob es sich bei der geplanten Geschäftstätig‐ keit um ein Gewerbe oder um einen sogenannten freien Beruf handelt. Hintergrund dieser Unterscheidung sind unterschiedliche gewerbe- und steuerrechtliche Vorschriften, die zur Anwendung kommen können. In beiden Fällen handelt es sich grundsätzlich um eine erlaubte, selbstständige Tätigkeit, die auf den Zweck der Gewinnerzielung ausgerichtet ist. Kein Gewerbe betreiben allerdings aus historischen Gründen die sogenannten freien Berufe, wie zum Beispiel Arzt, Rechtsanwalt, Steuerberater, Journalist oder Künstler, so dass sie demzufolge auch kein Gewerbe anzumelden brauchen und nicht (Pflicht-) Mitglied der Industrie- und Handelskammer werden. In steuerlicher Hinsicht können Freiberufler (ebenso wie kleine Gewer‐ betreibende) ihren Gewinn nach der, im Unterschied zur Bilanzierung, einfacheren und kostengünstigeren Einnahmen-Überschuss-Rechnung ma‐ chen (obwohl sie auch die Bilanzierung wählen könnten). Handelt es sich um ein Gewerbe, dann ist der Beginn der Gewerbeaus‐ übung, unabhängig von der Rechtsform und dem Umfang des Start-ups, unverzüglich bei der für den Betriebssitz zuständigen Stadt- oder Gemein‐ deverwaltung anzuzeigen. Diese Anzeige, auch Gewerbeanmeldung oder Gewerbeanzeige bezeichnet, hat nicht nur für die erstmalige Einrichtung, sondern auch bei einer Betriebsübernahme, bei einer Verlegung in eine andere Gemeinde, bei der Gründung einer Zweigniederlassung, bei einem Wechsel der Rechtsform, bei einer Neuaufnahme von Gesellschaftern oder einer Betriebsaufgabe zu erfolgen. Mit der Anmeldung und der Bestätigung („Gewerbeschein“) erfolgt die Meldung der Durchschriften dieser Bestätigung an verschiedene Institutio‐ nen, insbesondere an das zuständige Finanzamt, welches weitere Angaben anfordert, um zu prüfen, ob und inwieweit eine Steuerpflicht im Sinne des Einkommen-, Umsatz- oder Gewerbesteuergesetzes besteht. So unterliegt etwa fast jeder Verkauf von Waren oder das Erbringen von Dienstleistungen der Mehrwertsteuer. Zu den weiteren Institutionen gehö‐ ren auch Industrie- und Handelskammern (IHK) oder Handwerkskammern <?page no="14"?> (HWK), deren Pflichtmitglied der Betrieb je nach Arbeitsschwerpunkt wird, sowie gegebenenfalls Krankenkassen, Arbeitsagenturen oder Berufsgenos‐ senschaften. Mit der Gewerbeanmeldung erfolgt die Eintragung in das kommunale Gewerberegister der Stadt beziehungsweise der Gemeinde. Hierzu besteht auch ein Gewerbezentralregister, in dem gewerberechtliche Verstöße zentral aufgezeichnet werden. Erfordert das Start-up einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb, so ist es bereits mit Beginn der Geschäftsaufnahme ein Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches (HGB). Wird das Start-up in einer bestimmten Rechtsform betrieben, etwa in Form einer Komman‐ ditgesellschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, dann ist in jedem Fall kraft Rechtsform die Kaufmannseigenschaft gegeben und eine Eintragung in das Handelsregister bei dem Gericht (Amtsgericht) vorzunehmen, in dessen Bezirk sich der Geschäftssitz befindet. Das Start-up hat in diesem Fall auch eine Firma, also einen Namen, unter dem es im Rechtsverkehr auftritt und klagen und verklagt werden kann. Dabei sind einige firmenrechtliche Grundsätze zu beachten, etwa im Hinblick auf die korrekte Namensbezeichnung oder den korrekten Rechtsformzusatz. Nach dem Gesetz ist jeder Kaufmann verpflichtet, Handelsbücher zu führen und einen Jahresabschluss zu erstellen. Trotz des Grundsatzes der Gewerbefreiheit kann, je nach auszuübendem Gewerbe, für das betreffende Start-up eine besondere Zulassung, Erlaubnis oder Genehmigung erforderlich sein, zum Beispiel bei folgenden Tätigkei‐ ten: ● Bewachung, ● Gaststättenbetrieb, ● Makler oder ● Personenbeförderung. Die Erteilung einer Erlaubnis ist regelmäßig an die Erfüllung bestimm‐ ter persönlicher Voraussetzungen des Gründers geknüpft, zum Beispiel eine berufliche Qualifikation, eine persönliche Zuverlässigkeit oder das Nichtvorliegen von Straftaten, speziell Wirtschaftsstraftaten. In bestimmten Fällen kann sich eine spezielle Zulassung auf den Betrieb von bestimmten Anlagen oder Gewerbebetrieben beziehen. Jedes Start-up, das Arbeitnehmer beschäftigt, hat in seiner Funktion als Arbeitgeber die Pflicht, Lohnsteuer und gegebenenfalls Kirchensteuer 14 1 Wie melde ich meine neue Geschäftstätigkeit rechtskonform an? <?page no="15"?> einzubehalten. Es muss bei der Agentur für Arbeit gemeldet sein. Es besteht grundsätzlich eine Anmeldepflicht zur gesetzlichen Sozialversicherung. Zu den Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung gehören die ● Kranken-, ● Pflege-, ● Renten-, ● Arbeitslosen- und ● Unfallversicherung. Die Anmeldung eines Arbeitnehmers hat mit der ersten Lohn- und Ge‐ haltsabrechnung, spätestens innerhalb von sechs Wochen nach Beschäf‐ tigungsbeginn bei der für den Arbeitnehmer zuständigen gesetzlichen Krankenkasse zu erfolgen, und zwar unter Angabe der Betriebsnummer des Arbeitgebers, die diesem auf seinen Antrag hin von der Bundesagentur für Arbeit vergeben wird. Jedes Start-up-Unternehmen ist kraft Gesetzes Mitglied der für seinen Gewerbezweig errichteten Berufsgenossenschaft. Es handelt sich dabei um Körperschaften des öffentlichen Rechts, die Träger der sozialen Unfallversicherung sind. Im Rahmen der betrieblichen Risikoabsicherung können ● Sachversicherungen, zum Beispiel Feuer-, Einbruchdiebstahl-, Maschi‐ nen-, Transport-, Glas-, Kfz-Kaskoversicherung sowie ● die Vermögensversicherungen, zum Beispiel Betriebshaftpflicht-, Pro‐ dukthaftpflicht-, Umwelthaftpflicht-, Betriebsunterbrechungs-, Rechts‐ schutz- und Entgeltfortzahlungsversicherung, durchaus relevant sein. 1 Wie melde ich meine neue Geschäftstätigkeit rechtskonform an? 15 <?page no="17"?> 2 Welche Rechtsform ist für mein geplantes Start-up-Unternehmen geeignet? Einem Start-up stehen im deutschen Recht verschiedene Rechtsformen zur Verfügung. Die Entscheidung für eine bestimmte Rechtsform hängt dabei von mehreren Faktoren ab, die sowohl im Rahmen von Neugründungen als auch bei späteren Umwandlungen bereits bestehender Gesellschaften zu berücksichtigen sind. Zu den wesentlichen Kriterien zählen hier etwa Komplexität und Kosten der Gründung, Haftungsfragen, Börsenfähigkeit (im Hinblick auf größere Investitionsvorhaben), Besteuerung oder auch Buchführungs- und Bilanzierungspflichten. 2.1 Gesellschaft bürgerlichen Rechts Die Grundform der Personengesellschaft stellt zunächst die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) dar, die im BGB geregelt ist. Sie dient der Errei‐ chung eines gemeinsamen Zieles ihrer (mindestens zwei) Gesellschafter, wobei jedes beliebige, erlaubte Ziel möglich ist, gleich ob wirtschaftlicher, kultureller, ideeller oder sonstiger Art. Der Gesellschaftsvertrag bedarf grundsätzlich keiner bestimmten Form, wird jedoch aus Transparenz- und Beweisgründen zweckmäßigerweise schriftlich abgeschlossen; enthält die‐ ser allerdings formbedürftige Elemente, zum Beispiel die Einbringung eines Grundstückes in die Gesellschaft, dann bedarf der gesamte Vertrag der notariellen Beurkundung. Jeder Gesellschafter hat das Recht und die Pflicht, seine Beiträge zu leisten und grundsätzlich an der Geschäftsführung der Gesellschaft sowie ihrer Vertretung nach außen hin mitzuwirken. Die meisten Regelungen des Gesetzes können durch einen Gesellschaftsvertrag geändert werden. Eine GbR, die ein Kleingewerbe betreibt, wird automatisch zu einer Offenen Handelsgesellschaft, wenn ihr Gewerbe durch Erweiterung des Geschäftsbetriebes einen kaufmännischen Umfang im Sinne des Handelsgesetzbuches (HGB) erreicht hat. <?page no="18"?> Charakteristisch für die GbR ist, dass, neben der GbR als Ganzes, auch die einzelnen Gesellschafter grundsätzlich für die Verbindlichkeiten der GbR gegenüber den Gläubigern mit ihrem Vermögen haften, eine Haftung, die vertraglich nur durch eine individuelle Vereinbarung mit den Gläubigern ausgeschlossen werden kann. 2.2 Offene Handelsgesellschaft Die Rechtsform der offenen Handelsgesellschaft (OHG) wird zumeist von kleineren und mittelständischen Unternehmen gewählt. Sie ist eine Gesell‐ schaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist. Sie muss im Handelsregister eingetragen sein. Zur Gründung bedarf es, wie für alle anderen Personengesellschaften auch, des Abschlusses eines grundsätzlich formfreien Gesellschaftsvertrages zwischen mindestens zwei Personen. Jeder Gesellschafter der OHG ist alleine zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Gesellschaft nach außen hin berechtigt, soweit der Gesell‐ schaftsvertrag nichts anderes bestimmt. Die OHG kann unter ihrem Namen Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen, klagen und verklagt werden. Für die Verbindlichkeiten der OHG haftet, neben der Gesellschaft, jeder Gesellschafter persönlich und unmittelbar mit seinem ganzen Vermögen. Diese Haftung kann auch nicht ausgeschlossen werden. Sie ist ein wesentlicher Grund dafür, dass das Interesse an der Rechtsform der OHG in den letzten Jahrzehnten stark gesunken ist, denn die unbeschränkte Haftung begründet zwar eine bessere Kreditwürdigkeit, birgt aber auch erhebliche Risiken in sich. 2.3 Kommanditgesellschaft Auch die Kommanditgesellschaft (KG) ist, wie die OHG, eine Gesellschaft, deren Zweck auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet ist. Sie unterscheidet sich von der OHG insbesondere dadurch, dass bei einem Teil ihrer Gesellschafter, den sogenannten Kommanditisten, die Haftung gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft auf deren Einlage beschränkt ist. Der Kommanditist haftet damit nur in Höhe seiner, im Handelsregister 18 2 Welche Rechtsform ist für mein geplantes Start-up-Unternehmen geeignet? <?page no="19"?> eingetragenen (Haft)Einlage. Hat er diese nachweislich erbracht und nicht zurückerhalten, so scheidet eine persönliche Haftung aus. Daneben stehen die Komplementäre, die persönlich haftenden Gesell‐ schafter, die, wie ein Gesellschafter der OHG, für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft mit ihrem gesamten Vermögen einstehen müssen. Kommanditisten sind nach dem Gesetz von der Geschäftsführung und der Vertretung der KG ausgeschlossen. Sie besitzen allerdings Kontroll- und Widerspruchsrechte bei außergewöhnlichen Geschäften. Durch den Gesellschaftervertrag können den Kommanditisten auch Befugnisse der Geschäftsführung übertragen werden. Die Vertretung nach außen hin ist dabei nur über eine gesonderte Vollmacht, eine Prokura oder eine Hand‐ lungsvollmacht, möglich. Der Kommanditist hat Anspruch auf Gewinn, dessen Höhe sich dabei nach der Höhe seines Kapitalanteiles bestimmt. 2.4 Stille Gesellschaft Bei der stillen Gesellschaft handelt es sich - im Unterschied zur offenen Handelsgesellschaft und zur Kommanditgesellschaft - nicht um eine Han‐ delsgesellschaft. Sie ist im Handelsgesetzbuch geregelt. Bei einer stillen Gesellschaft beteiligt sich jemand an dem Handelsgewerbe, das ein anderer betreibt. Diese Beteiligung zwischen den beiden wird nicht offen gelegt. Nach außen tritt nur der Inhaber des Handelsgeschäfts auf, der aus den getätigten Geschäften allein berechtigt und verpflichtet wird. Für Start-ups kann diese Rechtsform eine interessante alternative Finanzierungsmöglich‐ keit bieten. Die Entstehung einer stillen Gesellschaft setzt (nur) einen Gesellschafts‐ vertrag voraus, in dessen Rahmen sich der stille Gesellschafter mit einer Einlage an dem Unternehmen des anderen beteiligt. Voraussetzung ist dabei zwingend eine Beteiligung am Gewinn des Unternehmens. Regelmäßig ist dieser auch am Verlust beteiligt, jedoch kann dies ausgeschlossen werden (§ 231 Abs. 2 HGB). Aus steuerlicher Sicht ist die Abgrenzung zur sogenannten atypischen Gesellschaft von Bedeutung. Während der stille Gesellschafter typischer‐ weise als reiner Kapitalgeber am Gewinn teilnimmt, können nach § 311 Abs. 1 BGB aufgrund der Vertragsfreiheit dem Gesellschafter, abweichend vom gesetzlichen Leitbild der §§ 230 ff. HGB, weitergehende Rechte und Pflichten zugestanden werden, zum Beispiel über die Kontrollrechte des 2.4 Stille Gesellschaft 19 <?page no="20"?> § 233 HGB hinausgehende Informations- und Mitspracherechte, etwa Zu‐ stimmungsvorbehalte, Widerspruchsrechte oder eine Beteiligung an der Geschäftsführung. 2.5 Verein (Eingetragene) Vereine sind in der Praxis von großer Bedeutung. Sie sind regelmäßig im sportlichen, aber auch im kulturellen und karitativen Bereich anzutreffen. Als Vereinszweck kann jeder beliebige Inhalt gewählt werden; dieser muss dabei nicht nur ideeller Natur sein. Während ein Verein, dessen Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ausgerichtet ist, seine Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister erhält, er‐ langen Vereine, deren (Haupt-)Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäfts‐ betrieb ausgerichtet ist („Wirtschaftsvereine“), Rechtsfähigkeit lediglich aufgrund einer staatlichen Verleihung durch ein Bundesland. In der Praxis werden diese Konzessionen nur ausnahmsweise erteilt, wenn andere Rechtsformen nicht sachgerecht sind, zum Beispiel bei Taxizentralen, Haus- und Grundbesitzervereinen oder Verwertungsge‐ sellschaften (etwa VG Wort). Der Grund besteht darin, dass wirtschaft‐ liche Ziele eher mit den dafür geschaffenen speziellen Rechtsformen verfolgt werden sollen. Vereine sind nach dem Gesetz in mehrfacher Hinsicht privilegiert. Sie müssen sich zur Erlangung ihrer Rechtsfähigkeit keiner sondergesetzlichen Rechtsform bedienen. Zur Gründung ist kein Stammkapital beziehungs‐ weise kein Grundkapital erforderlich. Darüber hinaus sind die Gründung eines Vereins und die Erlangung der Rechtsfähigkeit im Vergleich zur Grün‐ dung einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft wesentlich vereinfacht. Vereine unterliegen grundsätzlich nur den Regelungen des BGB und nicht denen des Handelsrechtes. Dieses hat zur Folge, dass die mit dem HGB verbundenen Pflichten, wie zum Beispiel die Pflicht zur Eintragung ins Handelsregister oder das Führen von Handelsbüchern, nicht für Vereine gelten. Der Gründung eines Vereines geht regelmäßig eine Absprache der Grün‐ dungsmitglieder voraus, einen solchen gründen zu wollen. Sie vereinbaren 20 2 Welche Rechtsform ist für mein geplantes Start-up-Unternehmen geeignet? <?page no="21"?> sodann einen Gründungsvertrag und eine Satzung und bestellen einen Vorstand. Dieser meldet den Verein zur Eintragung in das Vereinsregister an. Eine Erlangung der Rechtsfähigkeit setzt eine solche Eintragung vor‐ aus. Diese erfolgt, wenn bestimmte Mindestvoraussetzungen vorliegen, insbesondere der Abschluss eines Gründungsvertrages, die Bestellung eines Vorstandes, die Anmeldung beim Registergericht durch den Vorstand in öffentlich beglaubigter Form, die Beifügung der Satzung sowie die Nennung von mindestens sieben Gründungsmitgliedern, die die Satzung unterschrie‐ ben haben. Wie jede andere juristische Person muss auch ein Verein über Organe verfügen, die für ihn Entscheidungen vorbereiten und treffen und ihn ge‐ genüber Dritten vertreten. Ein Verein besitzt dabei zwingend zwei Organe, ● den Vorstand und ● die Mitgliederversammlung. Der Vorstand ist das gesetzliche Vertretungsorgan. Dieser kann aus einer oder mehreren Personen bestehen; für seine Zusammensetzung sind die Re‐ gelungen in der jeweiligen Vereinssatzung maßgebend. Die Vorstandsmit‐ glieder müssen dabei nicht zwingend Mitglieder des Vereines sein (Prinzip der Fremdorganschaft). Der Vorstand wird von der Mitgliederversammlung bestellt und abberufen. Er besitzt die Geschäftsführungsbefugnis; darunter wird die Handlungsbefugnis im Innenverhältnis verstanden. Die Mitgliederversammlung ist, neben dem Vorstand, das zweite not‐ wendige Vereinsorgan. Sie stellt das oberste Vereinsorgan dar. Ihr kommt so auch in allen Vereinsangelegenheiten die letzte Entscheidung zu. Die Mitgliederversammlung besteht aus der Gesamtheit der Mitglieder des Vereines. Sie ist zuständig für die Bestellung, Abberufung und Entlastung des Vereinsvorstandes und kann ihm Weisungen erteilen. Der Eintritt in einen Verein stellt einen Vertrag dar, der durch die Annahme der Beitrittserklärung des zukünftigen Mitgliedes seitens des Vereines zustande kommt. Aufgrund der Vertragsfreiheit können Vereine nach Maßgabe ihrer Satzung selbst entscheiden, wen sie als Mitglied auf‐ nehmen möchten. Jedes Mitglied hat das Recht auf Mitwirkung an der Vereinstätigkeit, wie zum Beispiel das Recht zur Teilnahme an der Mitglie‐ derversammlung sowie das Stimmrecht und verschiedene Wertrechte, die sich nach Art und Zweck des betreffenden Vereines ergeben. Für den Fall der wirtschaftlichen Betätigung eines (Ideal)Vereines sind einige grundsätzliche steuerrechtliche Aspekte zu beachten. 2.5 Verein 21 <?page no="22"?> 2.6 Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Unternehmergesellschaft GmbH Die Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) gehört zu den häufigsten Rechtsformen in Deutschland. Eine GmbH kann zu jedem beliebigen, gesetzlich erlaubten Zweck gegründet werden. Bis zur Gründung sind, im Unterschied zu den Personengesellschaften, mehrere Schritte erforderlich. 1. Die Gründung beginnt als erstem Schritt mit Abschluss des Gesell‐ schaftsvertrages (Satzung). Dieser bedarf der notariellen Beurkundung und ist von allen Gesellschaftern zu unterzeichnen. Der Gesellschafts‐ vertrag muss die notwendigen Inhalte, also Firma, Sitz und Unterneh‐ mensgegenstand, enthalten; regelmäßig werden zum Beispiel auch Vereinbarungen, etwa zum Geschäftsjahr, zur Begrenzung der Ge‐ schäftsführung und zum Ausscheiden der Gesellschafter, aufgenommen. Damit ist die GmbH „errichtet“. Das Gründungsverfahren ist damit noch nicht abgeschlossen, sondern lediglich der Vertragsschluss, der sich notwendigerweise mit der Übernahme sämtlicher Geschäftsanteile durch die Gründer verbindet. Damit existiert die Gesellschaft als soge‐ nannte Vor-GmbH. In diesem Stadium können für Gesellschafter und Geschäftsführer bereits Haftungsrisiken entstehen. Zur Vermeidung solcher Haftungsrisiken im Gründungsstadium bietet sich, sofern eine unverzügliche Geschäftsaufnahme geplant ist, ein sogenannter Mantel‐ kauf an. Banken oder Unternehmensberatungen veräußern diese von ihnen selbst, sozusagen „auf Vorrat“ gegründeten GmbHs, mit denen noch nie ein Geschäft betrieben worden ist und deren Zweck bisher nur in der Verwaltung eigenen Vermögens bestanden hat, an Interessenten, zum Beispiel an Start-ups, die dann den Unternehmensgegenstand der GmbH entsprechend ändern können. 2. Nach Abschluss des Gesellschaftsvertrages werden in einem zweiten Schritt die Organe bestellt. Zwingend gibt es zwei Organe, die Gesell‐ schafterversammlung und der beziehungsweise die Geschäftsführer. Ein Beirat beziehungsweise Aufsichtsrat, zum Beispiel zur Kontrolle der Geschäftsführung, kann fakultativ eingerichtet werden. Zwingend ist dieses nur vorgesehen, wenn die arbeitsrechtlichen Mitbestimmungsre‐ gelungen eingreifen, dass heißt, wenn das Unternehmen mindestens 22 2 Welche Rechtsform ist für mein geplantes Start-up-Unternehmen geeignet? <?page no="23"?> 500 Arbeitnehmer beschäftigt. Die Gesellschafterversammlung ist das oberste Willensbildungsorgan der GmbH. Deren Aufgabenkatalog er‐ gibt sich aus dem GmbH-Gesetz, zum Beispiel die Feststellung des Jahresabschlusses, die Einforderungen von Einzahlungen auf die Ge‐ schäftsanteile oder Bestellung, Abberufung und Entlastung des bezie‐ hungsweise der Geschäftsführer. Sie kann mit einfacher Mehrheit Be‐ schlüsse zur Geschäftsführung fassen; diese sind für die Geschäftsführer grundsätzlich bindend. 3. Nachdem die Organe bestellt sind, muss in einem dritten Schritt das Stammkapital aufgebracht werden. Dieses muss bei einer GmbH ge‐ genwärtig mindestens 25.000 Euro betragen. Soll die Einlage in Geld geleistet werden, muss allerdings nicht das gesamte Stammkapital aufgebracht sein. Die Anmeldung darf aber erst erfolgen, wenn auf jeden Geschäftsanteil mindestens ein Viertel auf die jeweilige Stammeinlage eingezahlt worden ist. Insgesamt muss allerdings so viel eingezahlt worden sein, dass der Gesamtbetrag der eingezahlten Geldeinlagen mindestens die Hälfte des Mindeststammkapitals erreicht, also 12.500 Euro. Wenn Sacheinlagen vereinbart sind, zum Beispiele Fahrzeuge oder Grundstücke, dann sind diese vollständig zu erbringen und darüber ein Sachgründungsbericht zu erstellen. 4. Die Gesellschaft wird im letzten Schritt durch sämtliche Geschäftsführer zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet. Das Registergericht prüft die ordnungsgemäße Errichtung und Anmeldung auf Grundlage des Eintragungsantrags. Kommt das Handelsregister, genauer der funk‐ tionell zuständige Rechtspfleger, zu dem Ergebnis, dass die Gründungs‐ formalitäten erfüllt sind, so wird die betreffende GmbH in das Handels‐ register eingetragen und diese Eintragung durch das Registergericht auf elektronischem Wege bekannt gemacht. Damit ist die GmbH entstanden. UG Der Gesetzgeber hat im Rahmen seiner letzten größeren Reform des GmbH-Gesetzes im Jahre 2009 als Sonderform, insbesondere für oftmals kapitalschwächere Start-ups sozusagen als Einstiegsvariante zur GmbH, die sogenannte Unternehmergesellschaft (UG) geschaffen. 2.6 Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Unternehmergesellschaft 23 <?page no="24"?> Die UG war vor allem als deutsche Antwort auf die seinerzeit beliebte englische Rechtsform der Limited private company (Ltd.) geschaffen worden. Es handelt sich bei der UG nicht um eine neue Rechtsform, sondern um eine Sonderform der GmbH. Der wichtigste Unterschied zwischen der UG und der herkömmlichen GmbH besteht darin, dass die UG nicht mit einem Mindeststammkapital ausgestattet werden muss. Die Gesellschaft muss in der Firma den Zusatz „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ beziehungsweise „UG (haftungsbeschränkt)“ führen (§ 5a GmbHG). Die Unternehmergesellschaft kann mit einem Stammkapital von weniger als 25.000 Euro gegründet werden. Theoretisch ist also auch eine Gründung mit einem Euro möglich, nämlich im Falle einer Ein-Personengesellschaft mit nur einem Geschäftsanteil, dessen Mindestnennbetrag auch einen Euro betragen kann. Zur Vermeidung einer Überschuldung sollte das aufzubrin‐ gende Stammkapital nicht unter den Gründungkosten liegen, soweit sie nicht von dritter Seite übernommen werden. Für die UG gelten einige Besonderheiten: ● So kann das Stammkapital nur durch Bareinlagen aufgebracht werden, die vollständig vor der Anmeldung einzuzahlen sind. ● Sie darf nicht als GmbH firmieren, sondern als Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt). ● In der Bilanz des nach dem HGB aufzustellenden Jahresabschlusses ist eine gesetzliche Rücklage zu bilden, in die ein Viertel des um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr geminderten Jahresüberschusses einzustellen ist. Diese Rücklage darf nur zum Ausgleich von Verlusten oder eben zur vereinfachten Kapitalerhöhung verwendet werden. Zweck dieses Thesaurierungsgebotes ist es, dass die betroffene Gesellschaft in den ersten Jahren ihres Bestehens Eigenkapital ansammelt, so dass ihr Vermögen nach einiger Zeit das Mindeststammkapital einer herkömmlichen GmbH erreicht. Ist das der Fall, dann können die Gesellschafter eine Erhöhung des Stammkapitals auf 25.000 Euro (oder mehr) beschließen; einen Zwang hierzu kennt das Gesetz allerdings nicht. Wird die Kapitalerhöhung unterlassen, so besteht die Pflicht zur Rücklagenbildung weiter, so dass diese das gesetzliche Stammkapital einer normalen GmbH oft sogar deutlich übersteigen kann. 24 2 Welche Rechtsform ist für mein geplantes Start-up-Unternehmen geeignet? <?page no="25"?> 2.7 GmbH & Co. KG Eine beliebte Kombination von verschiedenen Gesellschaftsformen ist die GmbH & Co. KG. Sie ist eine Kommanditgesellschaft, bei der die GmbH die Rolle des regelmäßig einzigen persönlich haftenden Gesellschafters (Komplementär) übernimmt. Für die Gründung können dabei nicht nur haftungsrechtliche, sondern vor allem auch steuerliche Erwägungen maß‐ gebend sein. Die Gründung der GmbH & Co KG setzt die Gründung zweier Gesell‐ schaften voraus, nämlich die der Komplementär-GmbH und die der KG. Alternativ besteht die Möglichkeit der Umwandlung bereits bestehender Ge‐ sellschaften in eine GmbH & Co. KG. Die Gründung der GmbH vollzieht sich nach den vorstehend dargestellten Regeln. Der Unternehmensgegenstand der GmbH muss darauf hinweisen, dass diese die Geschäftsführerfunktion in einer bestimmten KG übernehmen soll. Die Gründung der KG vollzieht sich ebenfalls nach den allgemeinen Regeln. Der KG-Gesellschaftsvertrag ist von der Komplementär-GmbH und den als Kommanditisten vorgesehenen Personen abzuschließen. Die GmbH haftet zwar persönlich, weil sie Komplementär ist. Als juristische Person haftet sie aber nur bis zur Höhe des Eigenkapitals. Der Kommanditist haftet ebenfalls nur bis zur Höhe seiner Einlage. Auf diese Weise wird praktisch eine Haftungsbeschränkung auch der Kommanditgesellschaft bewirkt und so eine risikobehaftete persönliche Haftung des Geschäftsführers und der Gesellschafter vermieden. 2.8 Aktiengesellschaft Die Rechtsform der Aktiengesellschaft (AG) ist vor allem für große Unter‐ nehmen vorgesehen. Ihr liegen in erster Linie die Bestimmungen des Akti‐ engesetzes (AktG) zugrunde. Daneben bestehen verschiedene, aus Gründen der Rechtsharmonisierung im EU-Binnenmarkt, europarechtliche Regelun‐ gen. Die Rechtsform der AG eignet sich zur Teilnahme am Kapitalmarkt und damit zur Beschaffung größerer Kapitalbeträge von einer Vielzahl von Anlegern. Weiterhin kann das Kapitalmarktrecht anwendbar sein; von den zurzeit etwa 15.000 AGen in Deutschland besitzen etwa 15 % eine Börsenzulassung. 2.7 GmbH & Co. KG 25 <?page no="26"?> Eine AG ist grundsätzlich für Unternehmen mit einem großen Kapital‐ bedarf interessant. Es gibt aber auch AG’s mit nur einem oder wenigen Aktionären. Für Start-ups kann im Einzelfall daher auch die Rechtsform der AG in Betracht kommen. Das Aktienrecht sieht hier gewisse formelle Erleichterungen für nicht börsennotierte Gesellschaften vor, das heißt bei denen also der Kreis der Aktionäre bekannt ist, um durch Kostenreduzierung und eine erhöhte Flexibilität auch für kleinere und mittlere Unternehmer attraktiv zu sein. Eine AG besitzt drei Organe, ● Vorstand, ● Aufsichtsrat und ● Hauptversammlung. Ein Vorstand leitet und vertritt die Gesellschaft in eigener Verantwortung. Ein Aufsichtsrat hat die Aufgabe, den Vorstand zu überwachen und zu be‐ raten. Er bestellt den Vorstand und beruft ihn ab. In der Hauptversammlung kommen die Anteilseigner (Aktionäre) einer AG zusammen. Sie ist nicht das oberste Willensbildungsorgan und hat keine Zuständigkeit für sämtliche, die AG betreffenden Fragen. Ihre Zuständigkeiten ergeben sich grundsätzlich aus dem Gesetz. Sie ist zuständig für grundlegende Entscheidung, wie etwa Satzungsänderungen, Maßnahmen der Kapitalbeschaffung, Bestellung (Wahl) der Aufsichtsratsmitglieder, die Verwendung des Bilanzgewinns oder die Entlastung des Vorstandes. Für Start-ups ist vor allem der finanzielle Aspekt oftmals problematisch, da hier ein Grundkapital von zurzeit 50.000 Euro aufgebracht werden muss, wobei vor der Anmeldung nur ein Viertel, das heißt 12.500 Euro, tatsächlich geleistet worden sein muss, also der gleiche Betrag wie bei einer, mit einem Mindeststammkapital ausgestatteten GmbH. Zudem sind der Gründungs- und Organisationsaufwand größer, weil es zwingend eines mit drei Personen besetzten Aufsichtsrates bedarf. Allerdings besteht, wie erwähnt, nur bei einer AG die Möglichkeit eines Börsenganges. Aktien sind, im Gegensatz zu den Geschäftsanteilen anderer Gesellschaften, in hohem Maße verkehrsfähig. So können GmbH-Anteile nur durch einen notariell zu beurkundenden Vertrag übertragen werden; sie sind daher nicht verkehrsfähig beziehungsweise handelbar. Bei Aktien 26 2 Welche Rechtsform ist für mein geplantes Start-up-Unternehmen geeignet? <?page no="27"?> ist dagegen eine Übertragung grundsätzlich formlos und zügig möglich. Weitere Erleichterungen bestehen zudem bei börsennotierten Unternehmen aufgrund des Depotgesetzes, nach dem sich ein Aktienkauf beziehungsweise -verkauf als reiner Buchungsvorgang darstellt. 2.9 Marketingrelevanz der Rechtsformen Im Folgenden sollen zunächst allgemein die wesentlichen Entscheidungs‐ merkmale bei der Wahl einer Rechtsform betrachtet werden, um im An‐ schluss daran dann entsprechende Konsequenzen aufzeigen zu können. Zu den grundsätzlichen entscheidungserheblichen Kriterien zählen dabei vor allem: ● Organisation und Leitung, ● Haftung, ● Vermögensordnung, ● Kontrollmöglichkeiten, ● Mitbestimmung, ● Publizitätspflichten, ● Finanzierungsmöglichkeiten sowie ● Steuerabgaben. Bei den Personengesellschaften, also der GbR, OHG oder der KG, gilt der Grundsatz der Selbstorganschaft, das heißt, es besteht eine untrenn‐ bare Verbindung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis mit der Person der Gesellschafter. Angestellten Managern und nicht persönlich haftenden Kommanditisten kann jedoch Prokura oder Handlungsvollmacht erteilt werden. Bei den Kapitalgesellschaften, vor allem der GmbH und der AG, kann auch ein Nichtgesellschafter zum gesetzlichen Vertreter, Geschäftsführer beziehungsweise Vorstand, bestellt werden; man spricht hier vom Prinzip der Fremdorganschaft. In Bezug auf die Haftung ist zu beachten, dass bei den Personenge‐ sellschaften die Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaften grundsätzlich persönlich mit ihrem Privatvermögen haften. Bei der KG ist die persönliche Haftung des Kommanditisten ausgeschlossen, wenn dieser seine Einlage, das heißt den Betrag, der im Handelsregister als Haftsumme eingetragen ist, geleistet hat. Bei Kapitalgesellschaften ist die Haftung auf das Vermögen der Gesellschaft (als juristischer Person) beschränkt. Die 2.9 Marketingrelevanz der Rechtsformen 27 <?page no="28"?> Gesellschafter einer GmbH beziehungsweise die Aktionäre einer AG haften daher für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht persönlich. Hinsicht‐ lich der Vermögenszuordnung ist zu beachten, dass bei den Personengesell‐ schaften das Gesellschaftsvermögen den Gesellschaftern insgesamt gehört, während die Kapitalgesellschaften selbst Inhaber des Vermögens sind. Die Gesellschafter einer AG und einer GmbH haben also nur ein Anteilsrecht am Stammbeziehungsweise Grundkapital. Bei Aktiengesellschaften besteht zwingend ein Aufsichtsrat als Kontroll‐ organ, während die Kontrollbefugnis bei der GmbH und den Personenge‐ sellschaften in der Regel den Gesellschaftern obliegt. Die unternehmerische Mitbestimmung der Arbeitnehmer (im Aufsichtsrat) spielt vor allem eine Rolle bei den großen Kapitalgesellschaften, wenn diese mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen. Kapitalgesellschaften haben, je nach Größe, unterschiedliche Publizitätspflichten (hinsichtlich ihrer Jahresabschlüsse). Diese Pflichten ergeben sich dabei im Einzelnen aus dem HGB. Nicht zu unterschätzen sind die Auswirkungen der Rechtsformwahl auf eine mögliche Fremdfinanzierung. So ist die Tatsache, dass Personengesell‐ schaften aufgrund der persönlichen Verantwortlichkeit der Gesellschafter bei Banken höheres Ansehen genießen als die GmbH, ein wichtiger Aspekt. Einer lediglich mit dem Mindeststammkapital ausgestatteten GmbH (ohne nennenswertes Vermögen) wird regelmäßig nur dann ein Kredit gewährt, wenn die Gesellschafter zusätzliche (Kredit-)Sicherheiten übernehmen, zum Beispiel in Form einer Bürgschaft. Bei der AG steht den Gläubigern der Gesellschaft ebenfalls nur das Gesellschaftsvermögen zur Verfügung. Der Vorteil der Rechtsform der AG besteht, neben dem besseren Image, auch darin, dass sie unter bestimmten Voraussetzungen Zugang zum Kapital‐ markt hat und so durch Kapitalerhöhungen ihre Eigenkapitalausstattung zu verbessern vermag. In der Praxis sind bei allen gesellschaftsrechtlichen Vorgängen auch steuerrechtliche Auswirkungen zu bedenken. Es handelt sich um eine sehr komplexe und komplizierte Materie, nicht zuletzt deshalb, weil das Steuer‐ recht ständigen Änderungen unterworfen ist. Der prinzipielle Unterschied besteht in der unterschiedlichen Ausgestaltung der Einkommens- und Kör‐ perschaftssteuer. Personengesellschaften als solche sind nicht steuerpflich‐ tig; Gewinn oder Verlust werden steuerlich den einzelnen Gesellschaftern unmittelbar im Verhältnis ihrer Beteiligung zugerechnet. Diese haben daher den auf sie entfallenden Anteil am Geschäftsgewinn als eigenes Einkommen zu versteuern, gleichgültig ob dieser ausgeschüttet wird oder nicht. Die 28 2 Welche Rechtsform ist für mein geplantes Start-up-Unternehmen geeignet? <?page no="29"?> einheitliche Gewinnfeststellung durch das Betriebsfinanzamt dient nur als Grundlage für die Zurechnung. Dagegen unterliegt die Kapitalgesellschaft als selbstständiges Rechtssubjekt mit ihrem Einkommen der Körperschafts‐ steuer. Zudem müssen die, an die Gesellschafter ausgeschütteten Gewinn‐ anteile von diesen als Einkommen versteuert werden. Allerdings wird durch ein (kompliziertes) Anrechnungsverfahren eine Doppelbelastung vermieden. Im Ergebnis kann man festhalten, dass es in Bezug auf die steuerrechtlichen Vor- und Nachteile zwischen Personen- und Kapitalge‐ sellschaften stets auf den Einzelfall ankommt Eine Analyse der Entscheidungsparameter zur Wahl einer Rechtsform für ein Start-up lässt erkennen, dass es aufgrund der Interdependenzen zwi‐ schen den verschiedenen Kriterien keine ideale Rechtsform gibt. Betrachtet man speziell die Managementrelevanz der einzelnen Entscheidungskrite‐ rien, so zeigt sich, dass vor allem den Fragen der Kapitalbeschaffung und der Leitung eine besondere Bedeutung beizumessen ist. ● Unternehmen, die etwa ein ausgeprägtes Innovationsmarketing betrei‐ ben, haben einen in der Regel hohen Kapitalbedarf. Als Rechtsform ist hier die AG mit ihrer Zugangsmöglichkeit zum Kapitalmarkt zu bevorzugen. ● Für konzernfreie Vertriebsgesellschaften, die eine relativ geringe Ka‐ pitalausstattung benötigen, andererseits aber schnell und flexibel am Markt reagieren müssen, sind die OHG beziehungsweise die KG mit ih‐ ren entsprechenden Leitungsstrukturen eine empfehlenswerte Option, für konzerngebundene Vertriebsgesellschaften dagegen eher die GmbH (Zerres, T./ Zerres, M., Rechtsrahmen eines Entrepreneurial Marketing, S.-58 ff.). 2.9 Marketingrelevanz der Rechtsformen 29 <?page no="31"?> 3 Wie nutze ich meine Website rechtskonform? 3.1 Website im Marketingkontext Das Internet stellt heute für einen großen Teil der Bevölkerung das zentrale Mittel zur Gewinnung von Informationen, der Interaktion und Kommunika‐ tion mit anderen sowie zum Erledigen weiterer Aufgaben, wie etwa Einkau‐ fen über Online-Shops, dar. Dementsprechend nimmt das Online-Marketing und hier insbesondere die Website eines Unternehmens eine wichtige Rolle innerhalb des Marketing eines Unternehmens ein. Online-Marketing umfasst die „…Planung, Organisation, Durchfüh‐ rung und Kontrolle aller marktorientierten Aktivitäten, die sich […] des Internets zur Erreichung von Marketing-Zielen bedienen und die darauf abzielen, Besucher auf die eigene oder eine ganz bestimmte Internetpräsenz zu lenken“ (Zerres, T./ Zerres, C., Rechtsrahmen eines Website-Marketing, S.-98). Zu den wichtigsten Online-Marketing-Maßnahmen gehören die ● Website, ● E-Mail-Marketing, ● Suchmaschinen-Marketing, ● Online-Werbung, ● Social-Media-Marketing, ● Affiliate-Marketing und ● Online-Public-Relations. Der Schwerpunkt der meisten Online-Marketing-Maßnahmen liegt dabei auf kommunikationspolitischen Zielsetzungen. Deshalb soll diesem Aspekt ein eigenes Kapitel im Rahmen der Kommunikationspolitik gewidmet wer‐ den. Dabei ist das Online-Marketing vom E-Commerce zu unterscheiden. <?page no="32"?> Im E-Commerce geht es, im Vergleich zum Online-Marketing, um distributionspolitische Zielsetzungen, also den Vertrieb von Produk‐ ten und Dienstleistungen über das Internet. Aufgrund der überragenden Bedeutung des E-Commerce, auch und gerade für ein Start-up, wird es zu dieser Thematik ebenfalls einen eigenen um‐ fangreichen Abschnitt innerhalb des Kapitels zur Vertriebspolitik geben. Vielfach ist es dabei das Ziel von Online-Marketing-Maßnahmen, den E-Commerce durch kommunikationspolitische Maßnahmen zu fördern, indem etwa Nutzer durch eine Suchmaschinenwerbung auf den Onlineshop des Unternehmens aufmerksam werden und dann hier etwas kaufen. Das zentrale und wohl wichtigste Online-Marketing-Instrument stellt die Website dar. Wie bereits in der Definition des Online-Marketing deutlich wird, ist es das wesentliche Ziel der weiteren Online-Marketing-Maßnah‐ men, Besucher auf die Website zu führen und dort zu einer bestimmten Handlung zu bewegen. Die wesentlichen Funktionen einer Website lassen sich in die folgenden vier Kategorien unterteilen: ● Informationsfunktion (Point-of-Information): Bereitstellung von Informationen (zum Beispiel Unternehmenspräsentation, Produktbe‐ schreibungen, Teamvorstellung, Download-Angebote, Newsletter, Ver‐ netzung auf Social Media oder auch weiterführende Informationsange‐ bote) und verschiedene Suchmöglichkeiten (zum Beispiel angebundene Händler und Niederlassungen, Produkt- und Dienstleistungssuchmög‐ lichkeiten, zum Beispiel Produktkonfigurator). ● Interaktionsfunktion (Point-of-Interaction): Möglichkeit des Infor‐ mationsaustausches und der Kontaktaufnahme zwischen Unternehmen und Interessenten / Kunden (zum Beispiel E-Mail-Kontakt, Servicehot‐ line und -chat) sowie gegebenenfalls auch unter Interessenten / Kunden selbst (zum Beispiel Foren, Communities oder Blogs, eingebunden auf der Website). ● Verkaufsfunktion (Point-of-Sale): Angebot auf der Website, online Kauf-Transaktionen durchzuführen (Online-Shop). Der Nutzer kann also über die Website Produkte und Dienstleistungen erwerben. ● Konsumfunktion (Point-of-Consumption): Neben den oben genann‐ ten Funktionen kann eine wichtige Funktion der Website auch der direkte Konsum von Inhalten sein. So stellen etwa Netflix und andere 32 3 Wie nutze ich meine Website rechtskonform? <?page no="33"?> Streamingplattformen Inhalte auf der Website zur Verfügung, die direkt dort dann konsumiert werden können. Diese Funktion ist insbesondere bei Anbietern von verschiedenen Medienformaten vielfach anzutreffen. Während es sich bei der ersten Funktion um eine grundlegende und immer vorkommende Funktion handelt, sind die weiteren Funktionen als optional einzuordnen. Auf Grund der wichtigen Rolle einer Website müssen diese Funktionen an den Wünschen und Bedürfnissen der Nutzer ausgerichtet sein und sollten ansprechend gestaltet sein. Daneben sollten die Funktionen gut zu bedienen sein. Die Website bietet zudem die Möglichkeit, Besucher und damit Interessenten besser zu verstehen und Informationen zu sam‐ meln. Bei sämtlichen der oben genannten Marketing-Maßnahmen ist eine Vielzahl an rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten. Dies gilt sowohl für die Einrichtung und Gestaltung einer Website als auch für den gesamten Bereich des Online-Marketing und den E-Commerce. Aus rechtlicher Sicht ist zu beachten, dass es in Deutschland kein einheitliches „Website-Gesetz“ oder „Online-Marketing-Gesetz“ gibt, sondern es sich um eine vielschichtige „Querschnittmaterie“ handelt, die eine ganze Reihe von Rechtsgebieten mit den dort jeweils speziellen rechtlichen Regelungen umfasst. Um einen Über‐ blick über diese Vielzahl an Rechtsvorschriften zu bekommen, konzentrieren sich die Verfasser daher in diesem Kapitel auf die Website als wichtigstes Instrument eines Online-Marketing. Dabei geht es aus rechtlicher Sicht schwerpunktmäßig um die Vorschriften, die bei deren Einrichtung und Gestaltung zu beachten sind. Erfüllt die Website eine Vertriebsfunktion, sind weitere Regelungen zu beachten. Es gilt dabei der allgemeine Grundsatz, dass dasjenige, was offline gilt, prinzipiell auch online zu beachten ist. 3.2 Domain und Impressum Domain Jedes Unternehmen, dass sich beziehungsweise sein Leistungsangebot im Internet mit einer Website präsentieren möchte, benötigt eine sogenannte IP-Adresse. Derartige Adressen bestehen aus mehrstelligen Zahlenfolgen. Da diese langen Zahlenfolgen schwer zu merken sind, wurde ein System entwickelt, diese mehrstelligen Nummernfolgen in leicht verständliche 3.2 Domain und Impressum 33 <?page no="34"?> Namen (Domain) zu übersetzen. Eine Domain besteht hierarisch aus zwei Ebenen, ● der Top-Level-Domains (TLD) als höchster Ebene und ● der Second-Level-Domains (SLD). Aus rechtlicher Sicht sind die TLD’s, also sowohl die geografischen TLD’s, zum Beispiel „de“ für Deutschland oder „fr“ für Frankreich, als auch die generischen TLD’s, zum Beispiel „com“ (commercial), „org“ (gemeinnützige Organisationen) oder „info“ (Informationsdienste), grundsätzlich unproble‐ matisch. Von größerer Bedeutung aus rechtlicher Sicht sind die SLD’s. Diese werden zusammen mit der TLD von den jeweils zuständigen Registrierungs- und Vergabestellen vergeben. Für die Vergabe von Domains mit der Endung „.de“ ist die „DENIC e. G.“ mit Sitz in Frankfurt zuständig, die diese, ohne eine weitere rechtliche Prüfung der Berechtigung des anmeldenden Interessenten, nach dem Prioritätsprinzip vergibt. Das bedeutet, dass jeder, der eine SLD zuerst für sich hat registrieren lassen, jeden Dritten, unabhängig von dessen Berechtigung, zunächst einmal von der Nutzung dieser SLD ausschließen kann („First come, first served“). Bei Gleichnamigkeit schränkt der Bundesgerichtshof das Prioritätsprinzip durch das Gebot der Rücksichtnahme allerdings dann ein, wenn der Name eines der Beteiligten eine „überragende Bekanntheit“ genießt. Eine Prü‐ fungspflicht in Bezug auf die rechtliche Zulässigkeit liegt damit in der Ver‐ antwortlichkeit des Eintragenden. Domains mit einer gewissen Bekanntheit haben einen wirtschaftlichen Wert und werden im heutigen Wirtschafts- und Rechtsverkehr wie Wirtschaftsgüter behandelt. Das vertragliche Nut‐ zungsrecht an einer Domain aus einem Vertrag mit der DENIC e. G. fällt als eigentumsfähige Position unter den Schutzbereich des Grundgesetzes. Mit der Registrierung und Nutzung einer SLD können Rechte Dritter verletzt werden, so dass die Gefahr besteht, dass Dritte gegen die Domain Rechte aus unterschiedlichen Rechtsvorschriften, insbesondere ● aus dem Markenrecht (§§ 14, 15 MarkenG), ● aus dem Zivil- und Handelsrecht (§§ 12, 823 ff. BGB, § 37 HGB) oder ● aus dem Wettbewerbsrecht (§§ 3 ff. UWG) geltend machen können. Ein Schutz nach dem Markengesetz (MarkenG) setzt, ebenso wie Ansprüche wegen Verletzungen der Firma (§ 17 HGB), ein Handeln im geschäftlichen Verkehr voraus. Ansprüche aus dem MarkenG können sich daraus ergeben, dass eine registrierte Domain mit einer von 34 3 Wie nutze ich meine Website rechtskonform? <?page no="35"?> einem Dritten geschützten Marke (§ 3 MarkenG) identisch ist oder mit dieser verwechselt werden kann. Für die Beurteilung einer Verwechslungsgefahr kommt es dabei auf die Umstände im Einzelfall an. Sind zum Beispiel die Waren identisch, so müssen sich die Zeichen stärker voneinander unterscheiden, als wenn dies nicht der Fall ist, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Die Inhaber solcher Marken können dann einen Domaininhaber wegen einer Markenverletzung auf Un‐ terlassung und/ oder Schadensersatz in Anspruch nehmen sowie Löschung verlangen (§§ 14, 15 MarkenG). So ergibt sich zum Beispiel eine Verwechs‐ lungsgefahr der Marke „combit“, eingetragen für Datenverarbeitungsgeräte und Computer, mit der Domain „kompit.de“, deren Websites Angebote im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie enthält, aus der klanglichen Ähnlichkeit. Das MarkenG schützt dabei auch geschäftliche Bezeichnungen (§ 5 MarkenG), wenn diese zur Kennzeichnung von Interne‐ tangeboten dienen; dies setzt eine besondere Eigenart der Zeichenfolge vor‐ aus, die geeignet ist, vom Verkehr als Unterscheidungskriterium von einem anderen Unternehmen aufgefasst zu werden (zum Beispiel docmorris.de). Aber auch ohne eine Verwechslungsgefahr ist es Dritten untersagt, fremde Zeichen zu benutzen, wenn es sich um im Inland bekannte Unternehmens‐ kennzeichen handelt und durch die Nutzung des fremden Zeichens deren Unterscheidungskraft oder Wertschätzung ohne rechtfertigenden Grund in „unlauterer Weise“ ausgenutzt oder beeinträchtigt werden (§ 15 Abs. 3 MarkenG). In Betracht können auch Ansprüche wegen Verletzung fremder Firmen‐ rechte (§ 17 HGB) und, außerhalb des geschäftlichen Verkehrs, wegen Verletzung des zivilrechtlichen Namensrechtes (§ 12 BGB) sowie aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bei unlauteren Wettbe‐ werbsverhalten kommen. Um dem Risiko kostenpflichtiger Abmahnungen von Dritten vorzubeugen, sollte aus diesem Grund vor einer Anmeldung beziehungsweise Registrierung in den entsprechenden Registern, etwa im Markenregister (beim Deutschen Patent- und Markenamt), im Gewerbere‐ gister (bei der Gemeinde) oder im Handelsregister vorab recherchiert wer‐ den, ob die betreffende SLD mit Rechten Dritter kollidierenden könnte. Zu erwähnen sei an dieser Stelle noch, dass bei der Wahl eines Account-Namens auf einer Social-Media-Plattform, die von den Plattformbetreibern ebenfalls grundsätzlich ohne weitere rechtliche Prüfung nach der zeitlichen Rang‐ folge vergeben werden (Prioritätsprinzip), auch entsprechende Marken- oder Namensrechte Dritter zu beachten sind. 3.2 Domain und Impressum 35 <?page no="36"?> Impressum Ein Impressum oder auch eine Anbieterkennzeichnung ist ein zwingender Bestandteil einer Website. So ist jeder, der sich im Internet über eine Website geschäftsmäßig präsentiert und damit digitale Dienste anbietet, nach dem neuen Digitale-Dienste-Gesetz (§ 5 DDG) verpflichtet, ein Impressum bereit‐ zuhalten. Eine Impressumpflicht gilt für den jeweiligen Diensteanbieter, der dazu allerdings nicht zwingend mit dem Betreiber einer Website identisch sein muss. So gibt es auf Portalen, wie etwa eBay oder Amazon Marketplace, eine Vielzahl an Diensteanbietern, das heißt jeden, der dort zum Beispiel einen Shop betreibt, trifft eine Impressumspflicht. Diese besteht auch für eine kommerzielle Website in den sozialen Medien, zum Beispiel auf Face‐ book, Xing, X, Instagram oder YouTube. So gilt ein Unternehmen, welches auf Instagram ein Profil erstellt, als Diensteanbieter nach dem DDG und muss demzufolge ein Impressum bereithalten. Die Anbieter von Telemedien haben folgende Angaben verfügbar zu halten (§ 5 DDG): ● Name und Anschrift, ● Rechtsform und Vertretungsberechtigte (bei juristischen Personen und teilrechtsfähigen Personengesellschaften), ● Kontaktinformationen (zum Beispiel E-Mail-Adresse, nicht zwingend: Telefonnummer), ● Angaben zur Umsatzsteuer- / Wirtschaftsidentifikationsnummer, ● Registerangaben (zum Beispiel Vereins-, Handels- oder Genossen‐ schaftsregister), ● Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde (sofern die Tätigkeit eine behördliche Zulassung erfordert), eventuell zusätzliche Angaben bei freien Berufen oder zu einem ● Liquidationsverfahren. Bei Websites mit journalistisch-redaktionellen Inhalten, also bei Bereithal‐ ten von Inhalten mit meinungsbildender Qualität (etwa einem Blog), ist zusätzlich ein (presserechtlich) Verantwortlicher nach § 18 Abs. 2 Medien‐ dienstestaatsvertrag (MStV) für die jeweiligen Inhalte zu nennen. Das Impressum ist auf der Website leicht erkennbar und ständig verfügbar zu halten. Nach der BGH-Entscheidung „Anbieterkennzeichnung im Inter‐ net“ muss dieses einfach über zwei Klicks von jeder beliebigen Unterseite der Website aus erreichbar sein und bei Aufruf nicht durch übermäßiges Scrollen 36 3 Wie nutze ich meine Website rechtskonform? <?page no="37"?> erschwert sein. Damit soll ein Mindeststandard an Anbietertransparenz für die Internetnutzer sichergestellt und dafür Sorge getragen werden, dass diese ihre individuellen Rechte gegen einen Dienstanbieter effektiv durchsetzen können. Schuldhafte Verstöße gegen § 5 DDG stellen nach § 33 DDG eine Ord‐ nungswidrigkeit dar, die mit einer (hohen) Geldbuße geahndet werden kann. Werden diese Pflichtangaben nicht eingehalten, drohen kostenpflich‐ tige Abmahnungen durch Wettbewerber und/ oder Verbraucherschutzbe‐ ziehungsweise Wettbewerbsverbände (§ 3 UKlaG), da es sich bei der Im‐ pressumpflicht um eine verbraucherschützende Vorschrift handelt. Von größerer praktischer Bedeutung dürften allerdings die kostenpflichtigen Abmahnungen durch Konkurrenten sein, die regelmäßig in Kooperation mit einem Rechtsanwalt in größerem Umfang derartige Verstöße verfolgen. Die Rechtsprechung stuft einen Verstoß gegen § 5 DDG als einen Rechts‐ bruch i. S. v. § 3a UWG mit der Folge ein, dass ein zu sanktionierender Wettbewerbsverstoß vorliegt. 3.3 Erhebung und Verwendung von Nutzerdaten Datenschutz Jeder, der eine Website aufruft, zum Beispiel um sich über die Produkte eines Unternehmens zu informieren, hinterlässt eine Vielzahl an Daten, die vielfäl‐ tige Informationen über ihn enthalten. Es besteht hier, insbesondere vor dem Hintergrund der fortschreitenden technologischen Entwicklung, die Gefahr, das grundrechtlich geschützte Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu verletzen. Es handelt sich dabei um das Recht jedes Einzelnen, grundsätz‐ lich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen. Zu den ersten Informationen, die bei einem Besuch einer Website über‐ mittelt werden, zählt die IP-Adresse der betreffenden Person. Dabei geht es um eine Ziffernfolge, die Auskunft darüber gibt, von welchem Internet-An‐ schluss der Besuch dieser Website erfolgt, so dass die Rechtsprechung diese als personenbezogene Daten im Sinne des Datenschutzrechts ansieht. Fast alle Websites verwenden sogenannte Cookies. Es handelt sich hierbei um kleine Textdateien, die von einem Betreiber einer Website auf dem 3.3 Erhebung und Verwendung von Nutzerdaten 37 <?page no="38"?> Rechner des Nutzers beziehungsweise Besuchers, zumeist ohne dessen Kenntnis, abgelegt werden, um Informationen über diesen zu sammeln. Mit ihrem Einsatz kann ein Nutzer beziehungsweise Besucher der Seite identifiziert und wieder erkannt werden. Es kann dadurch zum Beispiel festgelegt werden, dass ein Nutzer bei einem erneuten Websitebesuch angemeldet bleibt und nicht noch einmal seine Anmeldedaten eingeben muss. Da die Versendung des Cookies bei jedem Aufruf der Seiten des jeweiligen Anbieters zu einer Übertragung personenbezogener Daten führt, sind damit die Voraussetzungen für die Anwendung datenschutzrechtlicher Regelungen erfüllt. Viele Websitebetreiber nutzen darüber hinaus häufig Analyse- und Tra‐ cking-Tools, wie zum Beispiel Google Analytics. Damit kann das Verhalten der Besucher der Website durch statistisch aufbereitete Auswertungsergeb‐ nisse nachverfolgt werden. So wird zum Beispiel erfasst, wie die Besucher auf die betreffende Website gekommen sind, wie lange sie geblieben und auf welche Seiten sie danach gegangen sind. Ein solches Tracking dient der Erfolgskontrolle im Online-Marketing und ist insbesondere für Betreiber eines Onlineshops von großer Bedeutung (Härting, Internetrecht, Rn. 148 ff., Online-Shop und Startups, S.-104 ff.). Häufig sind Unternehmen auch auf einer Social-Media-Plattform prä‐ sent, so dass auf deren Website sogenannte Social Plugins eingebunden sind, mit denen eine Verlinkung zur Plattform des Betreibers erfolgt. Die Einbindung eines solchen Social Plugins hat zur Folge, dass jeder Aufruf dieser Internetseite automatisch Daten an den Anbieter des Social Plugins überträgt, vor allem die regelmäßig in Betracht kommenden (dynamischen) IP-Adressen. Obwohl ausschließlich der jeweilige Plattformbetreiber, zum Beispiel Facebook, Instagram, LinkedIn, TikTok oder YouTube, die Daten verarbeitet, ist auch der Betreiber der Website insoweit datenschutzrechtlich verantwortlich (Zerres T./ Zerres, C., Rechtsrahmen eines Website-Marke‐ ting, S.-104-105). Personenbezogene Daten unterliegen einem besonderen gesetzlichen Schutz, dem sogenannten Datenschutz. Aus rechtlicher Sicht sind hier vornehmlich die Datenschutz-Grundverordnung der EU (VO 2016/ 679; kurz: DSGVO), das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG-neu) und das Gesetz zur Regelung des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien (TTDSG) zu beachten. Die DSGVO findet Anwendung, wenn es um die Verarbeitung personen‐ bezogener Daten geht. Nach Art. 4 Nr. 1 DSGVO sind dabei personenbezo‐ 38 3 Wie nutze ich meine Website rechtskonform? <?page no="39"?> gene Daten sämtliche Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen. Dabei handelt es sich insbeson‐ dere um Namen, Anschrift oder Geburtsdatum einer Person. Identifizierbar ist eine Person dann, wenn grundsätzlich die Möglichkeit besteht, ihre Identität festzustellen. Mögliche Identifizierungsmerkmale können, neben dem Namen, auch alle anderen Arten von Daten sein, wie etwa Telefon- oder Personalausweisnummer. Auch eine Kombination verschiedener Kriterien, wie zum Beispiel ● Alter, ● Beruf und ● Wohnort oder auch ● die IP-Adresse, können zur Identifizierung einer Person führen. Im Datenschutzrecht gilt allgemein der Grundsatz des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt, das heißt, dass die ● Erhebung, ● Verarbeitung und ● Nutzung fremder personenbezogene Daten grundsätzlich verboten sind. Danach darf mit Daten, mit denen ein Bezug zu bestimmten Personen hergestellt werden kann, nur das gemacht werden, was ausdrücklich gesetzlich erlaubt oder von einer Einwilligung des Betroffenen gedeckt ist (Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO), wobei stets eine strenge Zweckbindung zu beachten ist (Art. 5 DSGVO). Weiterhin erlaubt Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO die Verarbeitung von Kun‐ dendaten, die für eine Vertragsabwicklung objektiv erforderlich sind, zum Beispiel die Erhebung und Verarbeitung von Anschrift, Kontodaten oder Kreditkartendaten. Eine für die Praxis bedeutsame und häufig verwendete Rechtsgrundlage ist die zur „Wahrung des berechtigten Interesses“ (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO). Diese ermöglicht eine Datenverarbeitung aufgrund einer Interessenabwägung. Mit dieser Regelung soll ein Ausgleich zwischen den Interessen der Verbraucher und der Unternehmen erzielt werden. Da der Rechtfertigungskatalog in Art. 6 Abs. 1 lit. a bis e DSGVO abschließend ist, wird mit diesem „Auffangtatbestand“ versucht, nicht erfasste Sachver‐ halte datenschutzrechtlich hinreichend damit „einfangen“ zu können. Einen Websitebetreiber treffen in jedem Fall umfassende Informationspflichten darüber, ob und wie personenbezogene Daten erhoben und gespeichert 3.3 Erhebung und Verwendung von Nutzerdaten 39 <?page no="40"?> werden mit der entsprechenden Angabe der einschlägigen Rechtsgrundlage, auf die eine Datenverarbeitung konkret gestützt wird. Ein Websitebetreiber hat dementsprechend auf seiner Website Datenschutzhinweise oder Daten‐ schutzschutzerklärung transparent und leicht zugänglich zu machen. Diese Informationspflichten beziehen sich insbesondere auch auf den Ein‐ satz von Cookies. Bis vor kurzem bestand in Bezug auf einen solchen Einsatz eine Rechtsunsicherheit dahingehend, was die rechtlichen Anforderungen an die Einwilligung betraf; so waren etwa die Regelungen im TMG, im TKG und der DSGVO nicht aufeinander abgestimmt. Diese Rechtsunsicherheit wurde durch das neue Gesetz über den Datenschutz und den Schutz der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien (Telekommu‐ nikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz, TTDSG) beseitigt. Damit erfolgte eine Anpassung der Datenschutzbestimmungen des Tele‐ mediengesetzes (TMG) und des Telekommunikationsgesetzes (TKG) an die DSGVO. Dieses Gesetz regelt insbesondere den Schutz der Vertraulichkeit und Privatsphäre bei der digitalen Kommunikation, zum Beispiel über Websites, Messenger-Dienste oder E-Mail sowie der Nutzung von internet‐ fähigen Endgeräten, wie Smart-Home-Geräten. Das Gesetz richtet sich an Anbieter von Telemedien. Darunter ist nach der Legaldefinition in § 2 Abs. 2 TTDSG jede natürliche oder juristische Person zu verstehen, die eigene oder fremde Telemedien erbringt, an deren Erbringung mitwirkt oder den Zugang zur Nutzung von eigenen oder fremden Telemedien vermittelt. Dieses Gesetz tritt neben den Anwendungsbereich der DSGVO und soll nicht erwünschte Zugriffe auf Informationen verhindern, die auf Compu‐ tern, Tablets oder Mobiltelefonen gespeichert sind. Damit ist nun geregelt, dass das Speichern von und der Zugriff auf Informationen in der Endein‐ richtung des Endnutzers (zum Beispiel mittels Cookies), unabhängig von der Frage, ob dabei personenbezogene Daten erhoben werden, grundsätzlich nur mit einer, den Anforderungen der DSGVO entsprechenden Einwilligung erlaubt ist (§ 25 Abs. 1 TTDS). Zusätzlich kann eine weitere Einwilligung nach der DSGVO erforderlich sein, wenn die Verarbeitung personenbezo‐ gener Daten in diesem Zusammenhang auf Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO gestützt wird. Dabei können beide Einwilligungen prinzipiell gleichzeitig eingeholt werden. § 25 Abs. 2 TTDSG enthält eng begrenzte Ausnahmen vom Erfordernis der Einwilligung, insbesondere für zwingend (technisch) notwendige Cookies, zum Beispiel die Seitennavigation, der Warenkorb oder der Bestellbutton bei einem Onlineshop. 40 3 Wie nutze ich meine Website rechtskonform? <?page no="41"?> Dagegen ist für nicht notwendige Cookies, zum Beispiel Tracking-Coo‐ kies zur Nachverfolgung des Nutzerverhaltens für Marketingzwecke oder zur Reichweitemessung und Websiteoptimierung, eine Einwilligung erfor‐ derlich. Werden Cookies bereits gespeichert, bevor der Nutzer das Einwil‐ ligungsfeld im Cookie-Banner anklicken kann, verstößt dies gegen § 25 TTDSG, was zugleich den Tatbestand der Irreführung i. S. v. § 5 Abs. 1 S. 1 UWG erfüllt und damit einen abmahnfähigen kostenpflichtigen Wettbewerbsverstoß darstellt (Zerres, T./ Zerres, C.; Rechtsrahmen eines Website-Marketing, S.-105-107). Anforderungen an eine Datenschutzerklärung Mit der DSGVO und den damit einhergehenden höheren Anforderungen an den Datenschutz sowie den erhöhten Bußgeldern sind zugleich auch die Anforderungen an die Start-ups zur Einhaltung der datenschutzrechtlichen Anforderungen gestiegen. So bestehen nach Art. 13 und 14 DSGVO umfas‐ sende Informationspflichten gegenüber den Nutzern über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten. Eine rechtskonforme Datenschutzerklärung muss zunächst die allgemei‐ nen Angaben enthalten, wie zum Beispiel ● Name und Kontaktdaten des Verantwortlichen (regelmäßig des Websi‐ tebetreibers), ● die Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten (sofern vorhanden), ● die Widerruflichkeit einer erteilten Einwilligung sowie ● Informationen über die Rechte des Betroffenen, insbesondere auf Aus‐ kunft, Löschung oder Berichtigung seiner Daten. Weiterhin sind die Nutzer über den Zweck und die Rechtsgrundlage der Datenverarbeitung und über die Speicherdauer für jeden Datenverarbei‐ tungsvorgang zu informieren. Diese Informationspflichten beziehen sich damit auch auf sämtliche Datenverarbeitungsvorgänge, etwa den Einsatz von ● Server-Log-Dateien, ● (technisch nicht notwendigen) Cookies, ● Tracking-Tools (Google Analytics etc.), ● auf die Verwendung von Marketing-Tools (Google Ads, Google Remar‐ keting etc.) und 3.3 Erhebung und Verwendung von Nutzerdaten 41 <?page no="42"?> ● Social-Media-Plugins (zum Beispiel Facebook „Gefällt mir“-Button) oder ● auf die Bereitstellung eines Kontaktformulars oder ● eines Newsletters sowie über die Datenverarbeitungsvorgänge in einem Onlineshop. Eine rechtssichere Möglichkeit für den Einsatz von Cookies ist der Einsatz eines Cookie-Banners oder Störers auf der Website, der konkret darüber informiert, dass und in welchem Umfang auf der Website Cookies eingesetzt werden und der auch vom Nutzer dessen Einwilligung in Form eines Opt-ins einholt. Erklärt der Nutzer die Einwilligung nicht oder nur eingeschränkt, dann ist trotzdem technisch sicherzustellen, dass der Besuch der Website möglich ist und keine Cookies (vor allem zur Website-Analyse bei Zugriff auf die Dienste externer Dritter) gespeichert werden. Nach derzeitiger Auffassung der Datenschutzbehörden gilt eine Einwilligung dann nicht als wirksam erteilt, wenn dem Nutzer keine Möglichkeit eingeräumt wird, das Setzen von Cookies abzulehnen. Durch die Einbindung eines Social Plugins auf der Website ist der Betreiber gemeinsam mit dem Anbieter des Social Plugins Verantwortlicher, wobei sich seine Mitverantwortung und damit seine Informationspflicht auf die Erhebung und die Weitergabe der Nutzerdaten durch Übermittlung erstrecken, nicht jedoch auf das, was der Social-Media-Anbieter anschlie‐ ßend mit diesen Daten macht. Als gesetzlicher Erlaubnistatbestand kommt hier für einen Websitebetreiber entweder die Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO) oder ein objektiv berechtigtes Interesse (Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO) in Betracht. Hierüber ist der Nutzer in der Datenschutzerklärung zum Zeitpunkt der Datenerhebung zu informieren. Rechtssichere technische Möglichkeiten zur Einbindung eines Social Plugins, die von den Datenschutzbehörden akzeptiert werden, sind zur‐ zeit die „2-Klick-Lösung“ und die „Shariff-Lösung“, mit denen verhindert werden soll, dass beim ersten Anklicken des Social Plugins bereits personenbezogene Daten an den Betreiber der Social-Media-Plattform übermittelt werden. Hinweise zum Datenschutz sind den Nutzern der Website präzise, transpa‐ rent, verständlich und leicht zugänglich mitzuteilen (Art. 12 DSGVO). Diesen Informationspflichten kommt ein Websitebetreiber durch eine dementspre‐ 42 3 Wie nutze ich meine Website rechtskonform? <?page no="43"?> chende Datenschutzerklärung nach, die als solche eindeutig bezeichnet und für einen Besucher der jeweiligen Website jederzeit, das heißt mit einem Klick von jeder Unterseite aus erreichbar ist (Zerres, T./ Zerres, C., Rechtsrahmen eines Website-Marketing, S.-108-109). 3.4 Inhaltsgestaltung Urheberrechtsrelevante Übernahme fremder Inhalte Das Internet hat sich seit seinen Anfängen von einem textbasierten zu einem überwiegend visuellen Medium entwickelt. So enthalten heute alle Corporate Websites neben Texten auch Logos, Bilder, Fotos, Grafiken, Musik oder Videos. Aus rechtlicher Sicht geht es dabei vornehmlich um das Urheberrecht, geregelt im Urhebergesetz (UrhG), das an den genannten Inhalten entstehen kann. Es schützt Werke der Literatur, der Wissenschaft und der Kunst (§ 1 UrhG). Ein „Werk“ ist nach § 2 UrhG eine „persönliche geistige Schöpfung“. Es schützt damit alle Werke, die von einem Menschen geschaffen worden sind, die individuelle Züge tragen und sich dadurch von anderen Werken unterscheiden. Hierzu zählen ● Sprachwerke, insbesondere Schriftwerke oder Computerprogramme (§§ 69a ff. UrhG), ● Werke der Musik, ● Werke der bildenden Künste, ● Filmwerke, ● Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnun‐ gen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen, plastische Darstellungen (§ 2 UrhG) sowie ● Lichtbilder (§ 72 UrhG). Das Urheberrecht entsteht ohne formelles Verfahren und bedarf keines speziellen „Copyright“ (©) -Vermerks zu seiner Entstehung. Ein Websitebe‐ treiber erwirbt an den von ihm selbst erstellten Inhalten beziehungsweise „Werken“ ein Urheberrecht; stammen diese von anderen Personen, so hat er deren Urheberrecht zu beachten. Das Urheberrecht schützt zum einen das Urheberpersönlichkeitsrecht, zum anderen das Verwertungsrecht eines Urhebers. Das Urheberpersönlichkeitsrecht steht grundsätzlich immer dem Urheber zu und bezieht sich auf die ideellen, das heißt geistigen und persönlichen 3.4 Inhaltsgestaltung 43 <?page no="44"?> Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk. Es ist nicht übertragbar (§ 29 UrhG). Im Vordergrund steht im Folgenden der wirtschaftliche Schutz eines Urhebers durch sein ausschließliches Verwertungsrecht (§ 15 UrhG). Die Verwertung kann durch Herstellung von Vervielfältigungsstücken erfolgen (§ 16 UrhG), durch Verbreitung des Originals oder von Vervielfältigungsstü‐ cken in der Öffentlichkeit (§ 17 UrhG) sowie bei unveröffentlichten Werken der bildenden Kunst und Fotos durch Zur-Schau-Stellung (§ 18 UrhG). Das Urheberrecht sieht aber auch gewisse Einschränkungen vor. So sind etwa bei wissenschaftlichen Arbeiten nach § 51 UrhG sogenannte Kleinzi‐ tate zulässig, um die Rechte des Urhebers mit der verfassungsrechtlich geschützten Meinungsfreiheit in Einklang zu bringen (Gruber, S.-52 ff.). Im Internet geht es aus urheberrechtlicher Sicht im Wesentlichen um die Verbreitung und Vervielfältigung der oben genannten Inhalte (Härting, Internetrecht, Rn. 1052; Härting bezeichnet diesbezüglich das Internet als eine „riesige Kopiermaschine“.). Aus Sicht eines Urhebers bietet das Internet auf der einen Seite den Vorteil, dass die Nutzer einfach zu erreichen sind, auf der anderen Seite besteht allerdings das Risiko einer nur schwer kon‐ trollierbaren Vervielfältigung von Inhalten durch Dritte. Der Urheber kann von jedem, der sein Urheberrecht verletzt, Beseitigung der Beeinträchtigung und Unterlassung verlangen (§ 97 Abs. 1 UrhG). Ein Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 UrhG besteht zudem bei einer vorsätzlichen oder fahrläs‐ sigen Urheberrechtsverletzung. Regelmäßig beinhaltet dieser Anspruch die Herausgabe des erzielten Gewinns oder einer (fiktiven) Lizenzgebühr. In der Praxis wird der Verletzer des Urheberrechts üblicherweise vorher abgemahnt. Der Kostenersatz der hierfür erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die Abmah‐ nung bestimmt sich nach dem jeweiligen Gegenstandswert. Aus diesem Grund sollte vor der Verwendung fremder Inhalte stets geprüft werden, ob ein solches Schutzrecht von Dritten besteht und sich für diesen Fall die Nutzungsrechte des betroffenen Urhebers, zum Beispiel durch einen Lizenzvertrag (§§ 31 ff. UrhG), einräumen lassen (Härting, Online-Shop und Startups, S.-205 ff.). Werden auf einer Website fremde Texte übernommen, dann sind diese als „Sprachwerke“ urheberechtlich geschützt (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG), soweit sie eine gewisse schöpferische Eigentümlichkeit und Individualität aufweisen; 44 3 Wie nutze ich meine Website rechtskonform? <?page no="45"?> die Anforderungen an die Schöpfungshöhe sind dabei nicht allzu hoch anzusetzen. Eine wörtliche Übernahme eines fremden Texte, etwa eines Zeitungs- oder Zeitschriftenartikels ohne Zustimmung des Urhebers ist grundsätzlich unzulässig und kann unter Umständen auch eine strafbare Handlung darstellen (§ 106 UrhG). Urheberrechtlich zulässig ist allerdings die Übernahme von Pressemitteilung, das heißt von einfachen und kurzen Mitteilungen, wie zum Beispiel tagesaktuellen Nachrichten oder ganz ein‐ fachen Werbeaussagen. Ohne Zustimmung dürfen auch die erwähnten Kleinzitate aus fremden Texten übernommen werden; jedoch setzt dies eine wortgetreue Wiedergabe des Zitats und eine genaue Quellenangabe voraus. Die Einbindung fremder Bilder (zum Beispiel Fotos Grafiken) auf der eigenen Corporate Website bedarf daher der Zustimmung des Fotografen oder der von ihm beauftragten Bildagentur, um keine kostenpflichtige Ab‐ mahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung zu riskieren. Bei Fotos ist im Hinblick auf die urheberrechtliche Schutzdauer zwischen Lichtbildwerken (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG) und Lichtbildern (§ 72 UrhG) zu unterscheiden. Lichtbildwerke, die eine persönliche geistige Schöpfung voraussetzen, wer‐ den für die Dauer von siebzig Jahren ab dem Tod des Urhebers geschützt (§ 64 UrhG), während die sogenannten Lichtbilder, also Fotos ohne jeden kreativen Anspruch (zum Beispiel Urlaubsfotos oder einfache „Knipsbilder“) gegen eine identische Übernahme „nur“ beziehungsweise „immer noch“ 50 Jahre ab der Ersterscheinung geschützt sind (§ 72 Abs. 3 UrhG). Werden fremde Videos in die eigene Internetseite eingebunden, kommt ihnen ur‐ heberrechtlicher Schutz als sogenanntes Filmwerk nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG zu, sofern eine gewisse Schöpfungshöhe gegeben ist, zum Beispiel bei Werbevideos oder Imagefilmen; ansonsten greift für Videos der Schutz aus § 95 UrhG (Laufbilder). Urheberrechtlich geschützt sind weiterhin Karten und Stadtpläne (§ 2 Abs. 1 Nr. 7 UrhG), wenn sie eine gewisse Schöpfungshöhe erreicht haben, wobei auch hier in Bezug auf die Gestal‐ tungshöhe das Prinzip der „kleinen Münze“ gilt. Für die Einbindung eines Kartenausschnitts oder Stadtplans mit dem Hinweis „So finden Sie uns“ ist daher die Einräumung von Nutzungsrechten durch den Kartenverlag erforderlich (Zerres, T./ Zerres, C., Rechtsrahmen eines Website-Marketing, S.-111-112). Geht es um die Verwendung von Fotos, auf denen Personen zu erkennen sind, dann sind nicht nur die Urheberrechte des Fotografen betroffen, sondern auch die Rechte der auf dem Foto abgebildeten Personen. Dieses Recht am eigenen Bild ist gesetzlich im „Gesetz betreffend das Urheberrecht 3.4 Inhaltsgestaltung 45 <?page no="46"?> an Werken der bildenden Künste und der Fotographie“ (Kunsturhebergesetz beziehungsweise KUG) geregelt. Es handelt sich bei diesem Recht nicht um ein Urheberrecht, sondern um eine besondere Ausprägung des aus dem Grundgesetz abgeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Nach § 22 KUG dürfen Abbildungen von Personen nur mit deren vorheriger Einwilligung verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Hierzu zählt auch das Bereitstellen zum Abruf im Internet; dies gilt grundsätzlich auch für Mitarbeiter eines Unternehmens. Die Veröffentlichung von Bildern von Fotos mit Personen ohne eine vorherige Einwilligung ist nur in Ausnahmefällen zulässig. Hierzu gehören Bildnisse von Personen der Zeitgeschichte (§ 23 KUG), wie etwa Staatsober‐ häupter, Künstler oder Sportler. Bei Fotos aus deren Privatsphäre dürfte im Einzelfall aber ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht höher wiegen wie das Informationsinteresse der Öffentlichkeit; derartige Fotos dürfen ohne Einwilligung auch nicht mit Werbebotschaften versehen werden. Eine Einwilligung ist ferner nicht erforderlich, wenn die Personen auf dem Bild nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder einer sonstigen Örtlichkeit erscheinen oder bei Bildern von Versammlungen, an denen die Personen teilgenommen haben. Neben dem KUG schützt auch die DSGVO das Recht am eigenen Bild. Danach sind für die Erstellung und Veröffentlichung von Fotos mit Personen grundsätzlich eine Einwilligung oder ein „berechtigtes Interesse“ erforderlich (Härting, Online-Shop und Startups, S.-206 ff.). 3.5 Hyperlinks und Embedding (Framing) Die Einbindung von Inhalten erfolgt vielfach über Hyperlinks (kurz: Links). Dabei wird ein externer Link zu einer fremden Website gesetzt, das heißt der Nutzer verlässt die ursprüngliche Website. Es kann sich um einen „Surface-Link“, der eine Verbindung zu einer anderen Homepage herstellt oder um einen „Deep-Link“ handeln, der einen Nutzer an den anderen Homepages vorbei direkt zur gesuchten Webpage führt. Dem Verlinken ähnlich ist das Framing beziehungsweise ein „embedded content“. Werden statt einer Verlinkung zu einer anderen Website fremde Inhalte (zum Beispiel Fotos, Videos) auf der eigenen Website eingebunden (engl: embedding), dann handelt es sich um einen „embedded content“ oder „Inline-Link“ (Kaiser, S.-7 ff.). 46 3 Wie nutze ich meine Website rechtskonform? <?page no="47"?> Typisch für das Einbinden fremder Inhalte, zum Beispiel von YouTube-Vi‐ deos, Karten von Google Maps („So finden Sie uns“) oder Fotos, ist, dass der zu zeigende Inhalt ohne Zutun des Internetnutzers automatisch beim Laden der entsprechenden Website auf dem Bildschirm dargestellt wird. Für den Nutzer erscheint dieser, regelmäßig als Rahmen (engl.: frame) eingebundene Inhalt daher als Teil der von ihm aufgerufenen Website. In der juristischen Literatur und in der Rechtsprechung, insbesondere vom EuGH, werden die Begriffe „embedding“ und „Framing“ synonym verwendet. In rechtlicher Hinsicht befinden sie sich im Spannungsfeld zwischen erlaubter Verknüpfung von Inhalten, welche für das Funktionieren des Internets unerlässlich ist, und rechtswidriger Übernahme fremder Inhalte. Nach Ansicht des EuGH sind Verlinkungen auf frei im Internet zugängli‐ che und mit Zustimmung des Urhebers eingestellte Inhalte urheberrechtlich unbedenklich. Es wird dabei davon ausgegangen, dass jeder, der sich und sein Unternehmen im Internet präsentiert, weiß, dass andere Internetteil‐ nehmer durch Links auf diese Präsentation verweisen. Diese Inhalte werden dadurch keinem „neuen Publikum“ zugänglich gemacht, wenn die entspre‐ chenden Inhalte auf der betreffenden Website für sämtliche Internetnutzer abrufbar sind. Auch das Framing ist urheberrechtlich zulässig, da auch hier lediglich Zugang zu einem bereits veröffentlichten Inhalt verschafft wird, nicht jedoch der Inhalt selbst der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Soweit jedoch das ursprüngliche Hochladen („Upload“) eines Videos ohne Zustimmung des Rechteinhabers erfolgt, geht der BGH von einer rechtswidrigen öffentlichen Wiedergabe durch das Framing aus. Erfolgt eine Verlinkung auf Werke, die ohne Erlaubnis des Urhebers auf einer Website wiedergegeben sind, dann liegt eine urheberrechtlich relevante „öffentli‐ chen Wiedergabe“ vor, wenn derjenige, der die Verlinkung vorgenommen hat, wusste oder hätte wissen müssen, dass der von ihm gesetzte Link Zu‐ gang zu einem unbefugt im Internet veröffentlichten Werk verschafft. Diese Kenntnis wird vermutet, wenn der Linksetzer mit Gewinnerzielungsabsicht handelt. Dies führt in der Folge auch zu einer Haftung desjenigen, der Links setzt, sofern ihm der Nachweis nicht gelingt, dass er ausreichende Nachprüfungen zur Feststellung etwaiger Rechtsverstöße angestellt hat. Damit bestehen für kommerzielle Websitebetreiber insoweit höhere Sorg‐ faltspflichten als für zu privaten Zwecken handelnde Personen. In einer aktuellen Entscheidung „Deutsche Digitale Bibliothek“ sah der EuGH bei einem Framing eine „öffentliche Wiedergabe“, die einer Einwilligung des Urhebers bedurft hätte. Hier waren die Inhalte auf einer anderen Website 3.5 Hyperlinks und Embedding (Framing) 47 <?page no="48"?> zwar frei zugänglich, jedoch sollte die Einbettung der Inhalte in andere Websites mittels Framing durch technische Maßnahmen verhindert wer‐ den. Eine Umgehung dieser technischen Maßnahmen führt damit zu einer Erweiterung des ursprünglich erreichten Personenkreises und damit zum Erreichen eines neuen Publikums. Mit diesen Überlegungen eng verknüpft sind die urheber- und wettbe‐ werbsrechtlichen Fragen nach der Haftung. Zunächst haftet ein Websitebe‐ treiber, wie erwähnt, für eigene Inhalte, aber auch für solche, die er sich zu eigen macht, das heißt, wenn er sich mit dem fremden Inhalt auf seiner Website derart identifiziert, dass er die Verantwortung für den gesamten Inhalt oder für bewusst ausgewählte Teile davon übernimmt. Dies kann etwa der Fall sein, wenn ein Link in einem Fließtext erscheint und für einen Internetnutzer nicht erkennbar ist, dass der Inhalt fremd ist und damit nicht von dem Betreiber der Website stammt. Wird mit einem Link auf rechtswid‐ rige Inhalte auf anderen Websites verwiesen, kann ein Websitebetreiber aufgrund der Verletzung wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflicht als Störer in Anspruch genommen werden. Im Falle eines einfachen Surface-Links wird dabei eine Verantwortlichkeit erst ab Kenntnis des Linksetzers von der Rechtsverletzung angenommen (mit der Pflicht zur sofortigen Löschung des Links), während im Falle eines Deep-Links von einer unmittelbaren Verantwortlichkeit auszugehen ist. Im unternehmerischen Bereich wird aufgrund einer regelmäßig vorliegenden Gewinnerzielungsabsicht eine Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des fremden Inhalts vermutet, so dass ein Linksetzender dann haftet, wenn ihm der Nachweis nicht gelingt, dass er ausreichende Nachprüfungen hinsichtlich etwaiger Rechtsverstöße angestellt hat. Zur Haftungsvermeidung sind, auch in Anbetracht einer noch nicht ganz eindeutigen Klärung durch die Rechtsprechung, regelmäßige Stichproben der verlinkten Inhalte zu empfehlen. Aufgrund dieser vielfältigen Haftungsrisiken sind pauschal formulierte „Disclaimer“ (engl.: „to disclaim“ = „abstreiten“, „in Abrede stellen“), mit denen ein Websitebetreiber seine Haftung ausschließen beziehungsweise beschränken möchte, in rechtlicher Hinsicht oftmals ohne rechtliche Wir‐ kung aufgrund der Haftung für eigene und für zu eigen gemachte Inhalte. Ein Disclaimer kann allerdings dann sinnvoll sein, wenn damit deutlich 48 3 Wie nutze ich meine Website rechtskonform? <?page no="49"?> gemacht wird, dass sich die Website nur an Kunden und Interessenten aus bestimmten Ländern richtet. Ebenso kann ein solcher Disclaimer angebracht sein, wenn Verlinkungen auf fremde Seiten erfolgen oder ein Websitebetrei‐ ber keinen Einfluss auf die Inhalte hat, weil fremde Nutzer diese selbst auf ihrer jeweiligen Website einstellen. Entscheidend für die Wirksamkeit eines Disclaimers ist in jedem Fall eine rechtlich wirksame Formulierung (Zerres, T./ Zerres, C., Rechtsrahmen eines Website-Marketing, S.-112-116). 3.6 Rechtsrahmen beim Einsatz einer Website im E-Commerce Charakteristisch für den E-Commerce ist zunächst, dass im Unterschied zu den traditionellen Fernkommunikationsinstrumenten, wie etwa Werbebrief, Katalog oder Telefon, der Kontakt und der Vertragsabschluss über das Internet erfolgen. Im Wesentlichen geht es dabei um den Abschluss von Kauf-, Dienst- oder Werkverträgen. Rechtlich gilt auch hier der Grundsatz, dass dasjenige, was offline gilt, prinzipiell auch online gilt. Es können daher grundsätzlich die Regelungen des Vertrags-, Handels-, Wettbewerbs-, Steuer-, Gewerbe- und Verbraucherschutzrechts zur Anwendung kommen. Da ein Onlineshop das Betreiben einer Website voraussetzt, sind daneben sämtliche, im vorherigen Abschnitt vorgestellte rechtliche Rahmenbedin‐ gungen zu beachten, die sich auf die Einrichtung und Gestaltung einer Website beziehen. Im Rahmen eines E-Commerce kommt ein Vertrag über das Internet auch durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande. Dabei ist das Angebot eines Onlineshops mit einer Schaufensterauslage oder einem gedruckten Warenkatalog vergleichbar. Es stellt daher noch kein verbindliches Angebot im Rechtssinne dar, sondern (nur) eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots. Somit geht das Angebot von dem Kunden aus, dass der Verkäufer nach Prüfung seiner Leistungsfähigkeit annehmen oder ablehnen kann. Zum Schutz eines Verbrauchers wurde die „Button-Lösung“ gesetzlich verankert, damit für diesen der Bestellvorgang einfach und transparent gestaltet ist. Die, nach § 312i Abs. 1 Nr. 3 BGB verpflichtende Bestellbestätigung des Betreibers des Onlineshops kann, je nach Formulie‐ rung, eine Bestätigung des Zugangs des Angebots sein oder die Annahme des Vertragsangebots. Nach § 151 Abs. 1 BGB ist es aber auch möglich, auf eine ausdrückliche Annahmeerklärung zu verzichten, wenn die Annahme 3.6 Rechtsrahmen beim Einsatz einer Website im E-Commerce 49 <?page no="50"?> des Angebots durch Absenden der Ware bekundet wird. Anders ist dies auf Online-Auktionsplattformen, wie zum Beispiel auf eBay, bei denen es sich bei dem Einstellen und Freischalten des Angebots um ein rechtlich bindendes Angebot des Verkäufers handelt. Der Vertrag kommt dann mit demjenigen zustande, der am Ende das höchste Gebot abgegeben hat. Beim E-Commerce sind in vielen Fällen (nur) die Kontaktaufnahme und der Vertragsabschluss digital, nicht dagegen die Vertragserfüllung. Eine Vertragserfüllung in digitaler Form ist naturgemäß nur dann möglich, wenn es sich bei dem Vertragsgegenstand um einen digitalen Inhalt (zum Beispiel Software, Filme, Musik, E-books) oder eine digitale Dienstleistung (zum Beispiel Zurverfügungstellen von Speicherplatz, Softwarepflege) handelt; eine Vertragserfüllung erfolgt dann durch eine Bereitstellung. Einen Betreiber eines Onlineshops trifft eine Vielzahl spezieller Informa‐ tionspflichten vor und nach Vertragsabschluss. Zu den vorvertraglichen Informationspflichten zählen dabei insbesondere solche über den Ablauf des Bestellvorgangs, etwaige Lieferbeschränkungen, die zur Verfügung stehenden Zahlungsmittel, die Nennung des Gesamtpreises sowie das vor‐ aussichtliche Lieferdatum. Zahlreiche Informationspflichten ergeben sich aus §§ 312b bis 312j BGB i. V. m. Art. 246 ff. EGBGB, § 5 DDG und aus der Preisangabenverordnung (PAngV). Die Nichteinhaltung dieser vorgenannten gesetzlichen Informati‐ onspflichten kann kostenpflichtige Abmahnungen oder Bußgelder zur Folge haben. Bei einigen Produkten kommen weitere Informationspflichten aus speziellen Vorschriften zur Anwendung, zum Beispiel etwa beim Verkauf von ● Arzneimitteln, ● Lebensmitteln, ● Textilien, ● Kosmetik oder auch ● Elektronikgeräten (Härting, Online-Shops und Startups, S.-143 ff.). Erbringer von bestimmten Dienstleistungen haben zudem die Dienstleis‐ tungs-Informationspflichten-Verordnung (DL-InfoV) zu beachten (Härting, Online-Shops und Startups, S. 121 ff). Diese Informationspflichten hat ein Betreiber eines Onlineshops auch dann zu erfüllen, wenn er seine Produkte nicht über einen eigenen Onlineshop, sondern über Verlaufsplattformen, wie zum Beispiel eBay oder Amazon-Marketplace, verkauft. Neben den Belehrungs- und Informationspflichten besteht für einen Betreiber eines 50 3 Wie nutze ich meine Website rechtskonform? <?page no="51"?> Onlineshops vor allem auch die Pflicht, Verbraucher über ihr gesetzliches 14-tägiges Widerrufsrecht zu informieren. Zur Verwendung der im Geschäftsverkehr üblichen Allgemeinen Ge‐ schäftsbedingungen (AGB) gelten für die Betreiber von Onlineshops grund‐ sätzlich dieselben rechtlichen Vorgaben wie im Geschäftsverkehr außerhalb des Internets (§§ 305 bis 310 BGB). Eine wirksame Einbeziehung der AGB setzt einen deutlich sichtbaren Hinweis auf der Website voraus, der in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss zu geben ist. Der Unternehmer ist nach § 312i BGB verpflichtet, die AGB vollständig zum Download bereitzuhalten. Erfolgt der Vertragsabschluss auf einer Verkaufsplattform, etwa von eBay oder Amazon-Marketplace, dann bedarf es eines zusätzlichen Hinweises auf die dort geltenden und abrufbaren Ge‐ schäftsbedingungen. Im Rahmen der inhaltlichen Ausgestaltung ist darauf zu achten, dass gegenüber Verbrauchern von den gesetzlichen Gewährleis‐ tungsrechten nicht abgewichen werden darf. Um der enormen Bedeutung des E-Commerce, gerade auch für Start-ups, gerecht zu werden, ist dieser Thematik eine ausführliche Betrachtung im Rahmen der später zu behandelnden Vertriebspolitik gewidmet. Zusammenfassung Die Website ist das wichtigste Instrument eines Online-Marketing. Bei der Einrichtung einer Website ist eine Vielzahl an rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten. Hierzu zählen etwa das Marken- und das Namensrecht bei der Registrierung und Vergabe von Domains, die Vorgaben in Bezug auf § 5 DDG für die Ausgestaltung eines Impressums, die datenschutzrechtlichen Vorschriften bei der Verarbeitung von Nutz‐ erdaten, das Urheberrecht bei der Verwendung von fremden Texten, Fotos, Videos etc. sowie die persönlichkeitsschützenden Vorschriften im BGB und im KUG bei der Verwendung von Fotos, auf denen Personen zu sehen sind. Der Einsatz weiterer hier nicht näher zu betrachtender Instrumente des Online-Marketing, etwa der Einsatz von Influencern oder die E-Mail-Werbung, erfordert darüberhinausgehend die Beach‐ tung weiterer gesetzlicher Regelungen, insbesondere diejenigen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Bei einer Präsenz auf einer Social-Media-Plattform sind aus rechtlicher Sicht grundsätz‐ lich dieselben Anforderungen zu beachten, was deren inhaltliche Aus‐ gestaltung betrifft. Dient eine Website zugleich auch als Instrument 3.6 Rechtsrahmen beim Einsatz einer Website im E-Commerce 51 <?page no="52"?> der Vertriebspolitik, dann sind zunächst auch hier dieselben rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten, soweit sie sich auf die Einrichtungen und Gestaltung einer Website beziehen. Allerdings sind darüber hinaus einige Besonderheiten zum Vertragsabschluss, die Einhaltung einer ganzen Reihe an vor- und nachvertraglichen (verbraucherschützenden) Informationspflichten (insbesondere über das 14-tägige Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen), die Vorgaben der Preisangabenverordnung (PAngV) sowie spezielle branchenspezifische Vorschriften zur Produkt- und Leistungsbeschreibung zu beachten (Zerres, T./ Zerres, C., Rechts‐ rahmen eines Website-Marketing, S.-97-120). 52 3 Wie nutze ich meine Website rechtskonform? <?page no="53"?> 4 Kann ich mein Start-up rechtlich schützen? 4.1 Geschäftsidee Derjenige, der eine Idee für ein neues Produkt oder ein neues Herstellungs‐ verfahren oder einfach eine gute Geschäftsidee hat, möchte diese Idee vor Nachahmung durch Dritte schützen können, damit seine Bemühungen wirtschaftlich verwertbar werden. Eine Geschäftsidee ist für sich betrachtet aus rechtlicher Sicht grundsätz‐ lich nicht schutzfähig, das heißt, sie kann von anderen kopiert werden. So kann beispielsweise ein Geschäftsmodell, bei dem über eine Plattform im Internet gebrauchte Kleidung gegen Höchstgebot versteigert wird, in Deutschland nicht geschützt werden. Entsprechendes gilt etwa auch für eine 24-Stunden-Tankstelle, einen Blumenversandhandel oder ein Bur‐ ger-Lokal. Die Gewährung eines ausschließlichen Schutzrechtes für derar‐ tige Geschäftsideen hätte regelmäßig eine erhebliche Einschränkung des freien Wettbewerbes zur Folge. Allerdings können Ideen für neue Produkte beziehungsweise neue Herstellungsverfahren, zum Beispiel die Entwick‐ lung eines Materials für die Herstellung von T-Shirts, das atmungsaktiv und zugleich wenig Feuchtigkeit aufnimmt und daher in wenigen Minu‐ ten trocknet, als Erfindungen auf technischem Gebiet durch gewerbliche Schutzrechte geschützt werden. Einen derartigen Schutz einer innovativen Geschäftsidee vor Nachahmung bieten vor allem das Patent- und das Ge‐ brauchsmusterrecht, die Gegenstand des folgenden Abschnitts sind. Hieran schließen sich zwei weitere wichtige gewerbliche Rechtsschutzmöglichkei‐ ten an, die das Design und die Marke betreffen. Ein Patent ist ein technisches Schutzrecht. Rechtliche Grundlage ist das Patentgesetz (PatG). Nach § 1 Abs. 1 PatG wer‐ den Patente für Erfindungen erteilt, die neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. Ein Patentinhaber kann ein Patent nicht nur dadurch wirtschaftlich verwerten, dass er selbst von der geschützten Erfindung Gebrauch macht; er kann es stattdessen auch veräu‐ ßern oder, in der Praxis häufiger anzutreffen, Lizenzverträge abschließen. <?page no="54"?> Lizenzen dienen dazu, Schutzrechte zu verwerten und Nutzungsrechte auf Dritte zu übertragen. Eine Lizenz oder ein Nutzungsrecht kann nicht nur beim Patent, son‐ dern auch bei allen anderen, im Folgenden vorgestellten Schutzrechten (Gebrauchsmuster, Design oder Marke) vergeben werden. Mit einem Lizenz‐ vertrag kann der Patentinhaber als Lizenzgeber dem/ den Lizenznehmer(n) also (einfache/ ausschließliche) Nutzungsrechte aus dem Patent einräumen. Ein Patent entsteht in mehreren Stufen: Die Anmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) muss den Namen des Anmeldenden, einen Antrag auf Erteilung des Patents, die Patentansprüche, eine Erfin‐ dungsbeschreibung und schließlich die Zeichnungen, auf die sich die Pa‐ tentansprüche oder die Beschreibung beziehen, enthalten. Die Anmeldung von Patenten ist eine sehr formalisierte Angelegenheit, die regelmäßig die Hinzuziehung eines Patentanwaltes erforderlich macht. Patentanwälte sind keine Juristen, sondern Personen mit einem abgeschlossenen naturwis‐ senschaftlichen beziehungsweise technisch ausgerichtetem Studium, also Ingenieure oder Naturwissenschaftler, die nach mindestens einjähriger be‐ ruflicher Tätigkeit zusätzlich eine mindestens dreijährige juristische Ausbil‐ dung absolviert haben. Sie beraten dabei nicht nur im Patentrecht, sondern im gesamten Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes. Die Bereiche Recht und Technik sind aufgrund ihrer speziellen Ausdrucks- und Denkweisen für sich genommen relativ schwer zugänglich. Der Patentanwalt besitzt eine Art „Dolmetscherfunktion“ zwischen Juristen auf der einen und Technikern auf der anderen Seite. Neben den formalen Anforderungen ist es im Interesse des Anmeldenden wichtig, die Patentansprüche genau zu bezeichnen, das heißt darzulegen, was genau unter Patentschutz gestellt werden soll. Geht es allerdings nicht mehr um die Erlangung beziehungsweise Aufrechterhal‐ tung eines Schutzrechts vor den Behörden, sondern im weiteren Verlauf um einen Rechtstreit wegen Patent- oder Markenverletzung mit Dritten, also mit Konkurrenten, dann obliegt die Prozessführung den Rechtsanwälten. Start-ups sollten sich über das Risiko einer zu frühen Veröffentlichung ihrer Idee bewusst sein, da diese dann wegen fehlender Neuheit nicht mehr schutzfähig ist. Gerade bei Verhandlungen mit möglichen privaten Geldgebern ist der vorherige Abschluss einer entsprechenden Geheimhal‐ tungsvereinbarung zwingend. 54 4 Kann ich mein Start-up rechtlich schützen? <?page no="55"?> Die Anmeldegebühr beim DPMA beträgt derzeit, je nach Zahl der Patentansprüche, mindestens 40 Euro. Mit der Anmeldung ist allerdings noch keine Prüfung der Erfindung verbunden. Für diese Prüfung sind 350 Euro zu bezahlen; ab dem dritten Jahr nach der Anmeldung werden zudem Jahresgebühren fällig, die bei 70-Euro beginnen. Die Prüfung der Patentfähigkeit erfordert einen speziellen Prüfungsantrag, der spätestens innerhalb von sieben Jahren nach der Anmeldung gestellt sein muss. Ein Patent entsteht mit der Veröffentlichung seiner Erteilung, einem behördlichen Rechtsakt, im Patentblatt. Es wird nach einer länge‐ ren Prüfung, regelmäßig nach zwei bis drei Jahren erteilt und hat eine Schutzdauer von maximal 20 Jahren ab dem Anmeldetag. Die Erteilung des Patents gilt nur im Hoheitsgebiet der erteilenden Behörde, das heißt hier also in Deutschland. Damit gilt im Patentrecht und darüber hinaus im gesamten Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes der Grundsatz der Territorialität. Internationale Abkommen sehen bestimmte Erleichterungen vor, etwa im Hinblick auf die Anmeldung und die jeweilige Schutzwirkung in dem betreffenden Land. Bereits vor einer Patentanmeldung, teilweise bereits sogar schon vor dem Beginn entsprechender Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, kann es für ein Start-up interessant sein, mit Hilfe von Datenbankrecherchen eine strategische Patentanalyse durchzuführen. Eine laufende Beobachtung der technischen Neuerungen und Veränderungen im Bereich von Schlüssel- und Zukunftstechnologien erlaubt dabei oftmals ein frühes Erkennen von Technologiesprüngen. Der Zugang erfolgt heute im Wesentlichen online. Eine Patentrecherche kann online über den Link https: / / register.dpma.de / DPMAregister/ uebersicht (DPMAregister - Amtliche Publikations- und Registerdatenbank) durchgeführt werden. Über die Seiten des Deutschen Patent-und Markenamtes (www.dpma.de) erhält man ausführliche Infor‐ mationen zu den gewerblichen Schutzrechten, unter anderem auch zum Anmeldeverfahren und zu den Gebühren. Eine Alternative zum Patent kann das Gebrauchsmuster sein. Schutzge‐ genstand ist, wie beim Patent, eine technische Erfindung. Maßgebende Rechtsgrundlage ist hier das Gebrauchsmustergesetz (GebrMG). 4.1 Geschäftsidee 55 <?page no="56"?> Die Schutzvoraussetzungen sind grundsätzlich mit denen des Patents iden‐ tisch. Es ist zwar wesentlich schneller und kostengünstiger zu erlangen als das Patent, wegen der fehlenden inhaltlichen Prüfung der Voraussetzungen (Erfindung, Neuheit, erfinderischer Schritt und gewerbliche Anwendbar‐ keit) ist jedoch die Schutzfunktion des Gebrauchsmusters geringer als die des geprüften Patents. Es besteht das Risiko, dass Konkurrenten ältere Recht haben und dagegen vorgehen können. Das Gebrauchsmuster schützt zudem keine Verfahren und keine biotechnologischen Erfindungen; es ist zeitlich auf maximal zehn Jahre begrenzt; man bezeichnet das Gebrauchsmuster deshalb mitunter auch als das „kleine Patent“. Es eignet sich für Erfindungen, bei denen nicht mit zahlreichen Verletzungsprozessen zu rechnen ist. Es ist grundsätzlich zu empfehlen, für eine Erfindung das Gebrauchsmuster zusammen mit dem Patent zu beantragen, da das erteilte Gebrauchsmuster regelmäßig einen effektiveren Schutz bietet als der Entschädigungsanspruch gegen Benutzer der Erfindung nach Veröffentlichung der Anmeldung des Patentes durch das Patentamt, da zu diesem Zeitpunkt meistens das Patent noch nicht formell erteilt und ein wirksamer Rechtsschutz vor Nachahmung durch Dritte notwendig ist (Gruber, S.-21 ff.). 4.2 Design Das Design spielt eine erhebliche Rolle bei der Kaufentscheidung und damit für den wirtschaftlichen Erfolg eines Produkts, wie man deutlich etwa bei Apple erkennen kann. Nachdem funktionale Unterschiede zwischen Gebrauchsgegenständen seltener und die Lebenszyklen von Produkten kürzer geworden sind, ist die optische Aufmachung häufig ein wichtiges, für den Verbraucher wahrnehmbares Unterscheidungsmerkmal, wobei Form und Farbgestaltung sich im Idealfall mit dem Gebrauchszweck zu einer Einheit verbinden können. Die Wirtschaft setzt Produktdesign werbewirksam als Imageträger ein. Mit einem eingetragenen Design beim DPMA nach dem Designgesetz (DesignG) kann ein zeitlich begrenztes Monopol auf die Form und die farbliche Gestaltung eines Produktes, sei es ein Auto oder auch nur eine Zitronenpresse, erlangt werden. Eingetragene Designs entfalten ihre recht‐ liche Wirkung, ebenso wie die anderen gewerblichen Schutzrechte, nur in dem Land, in dem sie eingetragen sind (Territorialitätsprinzip), das heißt, dass beim DPMA eingetragenes Design nur in Deutschland Geltung enthält. 56 4 Kann ich mein Start-up rechtlich schützen? <?page no="57"?> Für einen Schutz in anderen Staaten benötigt man entweder eine internationale Registrierung oder die Anmeldung eines sogenannten Ge‐ meinschaftsgeschmacksmusters, das in der ganzen EU Wirkung entfaltet. Entsprechende Anträge auf Eintragung eines Gemeinschaftsgeschmacks‐ musters oder auf eine internationale Registrierung können wahlweise direkt beim Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) sowie bei der Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO) oder - gegen Gebühr - über das Deutsche Patent- und Markenamt eingereicht werden (h ttps: / / www.dpma.de/ designs/ index). 4.3 Marke Jedes Start-up hat einen Namen und Leistungen, die es anbietet. So ist es aus Gründen des Schutzes vor Nachahmung wichtig, für diese (Kenn)Zeichen jeweils Markenschutz zu erwerben. Marken werden vor allem durch das Markengesetz (MarkenG) sowie dar‐ über hinaus in der Europäischen Union durch die Unionsmarkenverordnung (UMVO) und durch weitere internationale Abkommen, insbesondere dem Madrider Markenabkommen, geschützt. Das MarkenG schützt praktisch alle (nur denkbaren) Zeichen, insbesondere Wörter, einschließlich Personen‐ namen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Hörzeichen, dreidimensionale Gestaltungen, einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung, sowie sonstige Aufmachungen, einschließlich Farben und Farbzusammen‐ stellungen, wenn sie dazu geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Das MarkenG schützt darüber hinaus auch geschäftliche Bezeichnungen. Dieser Begriff beinhaltet die Unternehmenskennzeichen und Werktitel. So kann der Name des Unternehmens, wenn es sich um eine Firma handelt, durch das Handelsrecht geschützt werden, anderenfalls (auch) durch das MarkenG. Markenschutz wird in erster Linie durch Anmeldung und Eintragung in das, beim DPMA geführte Markenregister erlangt (www.dpma.de; http s: / / www.dpma.de/ marken/ faq/ index.html). Die Registrierung einer Marke setzt eine korrekte Anmeldung und die Zahlung der anfallenden Gebühren voraus. Die Anmeldung muss mindestens Angaben zum Anmelder, eine Eignung der Wiedergabe der Marke und eine Angabe zu den Waren- und Dienstleistungsklassen enthalten. Das DPMA stellt dem Anmelder für die 4.3 Marke 57 <?page no="58"?> Anmeldung der Marke ein Formular zur Verfügung. Eine Markenanmeldung sollte nicht ohne eine vorherige Ähnlichkeitsrecherche vorgenommen wer‐ den, die auch Rechtsanwälte oder professionelle Recherchedienste anbieten. Dabei geht es darum, festzustellen, ob es bereits verwechslungsfähige Mar‐ ken gibt, die bereits eingetragen sind (sogenannte prioritätsältere Marken), um eine Widerspruchswahrscheinlichkeit von Dritten gegen die eigene Markenanmeldung abschätzen zu können. Mit einem Markenschutz hat der Markeninhaber das Recht, die Marke zu benutzen und anderen die Nutzung für gleiche beziehungsweise vergleich‐ bare Leistungen zu untersagen. Der Markenschutz ist, im Gegensatz zu den anderen Schutzrechten, bei Fortzahlung der anfallenden Gebühren unbegrenzt verlängerbar. Mit der Unionsmarkenverordnung (UMVO) ist ein europaweit wirkendes Markenrecht geschaffen worden. Die Unionsmarke unterscheidet sich von der international registrierten Marke nach dem Madrider Markenabkom‐ men (MMA), ergänzt durch das Protokoll zum MMA (PMMA), das ein eigenständiges System der internationalen Registrierung schafft, dadurch, dass es sich nicht um ein Bündel nationaler Schutzrechte handelt, die jeweils unterschiedlichen Regelungen unterliegen, sondern um ein einheitliches Schutzrecht, das durch Eintragung in das beim Europäischen Markenamt in Alicante (Spanien) geführten Register mit einheitlicher Wirkung für alle Mitgliedstaaten entsteht. Die Unionsmarke besteht grundsätzlich unabhängig von eventuell par‐ allelen nationalen Schutzrechten desselben Inhabers. Der Nachteil einer Unionsmarke ist allerdings das geltende „Ganz oder gar nicht-Prinzip“. Wenn nur in einem einzigen der anderen Mitgliedstaaten ein absolutes Ein‐ tragshindernis besteht oder ein erfolgreicher Widerspruch eines Inhabers einer verwechslungsfähigen prioritätsälteren Marke erfolgt, dann kann die Unionsmarke insgesamt nicht eingetragen werden (Zerres, T./ Zerres, C., Marketingrecht, S.-50 ff.). 58 4 Kann ich mein Start-up rechtlich schützen? <?page no="59"?> 5 Wie gestalte ich Verträge mit Geldgebern rechtskonform? Die Finanzierung von Start-ups ist ein sehr wesentlicher Aspekt. Schon zu Beginn der eigentlichen Gründungsphase, in der die Geschäftsidee noch konkretisiert werden muss, sich ein Team bildet und in der es einen Businessplan zu erstellen gilt, sollten bereits erste Kontakte zu möglichen Geldgebern geknüpft werden. Dabei scheiden Banken, die vornehmlich das Risiko berücksichtigen müssen, meistens aus. Vielmehr spielen hier Business Angels oder Wagniskapitalgeber regemäßig die entscheidende Rolle. Deren Bedeutung wächst im Laufe der Entwicklung der jeweiligen Start-ups, in der Vertrieb und Marketing ausgebaut werden müssen und weitere Mitarbeiter einzustellen sind. Derartige Wagniskapitalgeber verste‐ hen sich dabei nicht nur als Investoren, sondern sie wollen in der Regel mitentscheiden. Solche Konstellationen bedürfen einer rechtlichen Absiche‐ rung durch Verträge, in denen die Interessen der Beteiligten entsprechende Berücksichtigung finden. Start-ups werden regelmäßig gezwungen sein, bereits im Vorfeld der ersten Vertragsgespräche wichtige Informationen, zum Geschäftsmodell oder zu den eigenen Innovationen zu offenbaren. Eine solche Offenba‐ rung birgt für das betreffende Start-up verschiedene rechtliche Risiken, die es zu minimieren gilt. So enthält eine frühzeitige Offenlegung einer innovativen Lösung eines technischen Problems, welches zum Patent angemeldet werden soll, das Risiko, dass das angestrebte Patent dann nicht mehr erteilt werden kann, weil mit der Offenlegung die Erfindung zum aktuellen Stand der Technik geworden ist und mangels „Neuheit“ nicht (mehr) patentschutzfähig ist. Eine weitere Gefahr durch eine freimütige Offenbarung der eigenen Ge‐ schäftsidee besteht darin, dass der potenzielle Investor beziehungsweise Vertragspartner die Vertragsgespräche abbricht und kurz darauf mit der gleichen Idee am Markt auftritt. Um diese Risiken zu minimieren, sind zwingend Vorkehrungen in rechtli‐ cher Hinsicht zu treffen. Hierzu zählen vor allem eine geeignete Geheimhal‐ <?page no="60"?> tungsvereinbarung (Non-Disclosure-Agreement) oder vertragliche Geheim‐ haltungsklauseln. Zweck einer solchen Geheimhaltungsvereinbarung ist es, die jeweils andere Vertragspartei unter Androhung einer empfindlichen Vertragsstrafe zur Geheimhaltung anvertrauter Informationen anzuhalten. Dies gilt auch, wenn es sich bei der geldgebenden Seite um ein Kreditinstitut handelt, das selbst keine geheimen Informationen preisgibt, sondern diese nur vom Start-up erhält. Hier reicht es dann aus, wenn nur diese Seite sich zur Geheimhaltung verpflichtet. An dieser Stelle sei noch erwähnt, dass Start-ups, die sich ein Darlehen oder eine sonstige vergleichbare Finanzierungshilfe für die Aufnahme einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit gewähren lassen, im Hinblick auf Informationsgewährung „Verbraucherschutz“ zu‐ gutekommt So besteht bei diesen Darlehensverträgen, insbesondere zum Schutz vor Übereilung, ein 2-wöchiges Widerrufsrecht vom Vertrag, es sei denn, dass der Nettodarlehensbetrag 75.000 Euro übersteigt. Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsheimnissen kann mit den erwähn‐ ten gewerblichen Schutzrechten nicht erreicht werden. Es geht dabei um den Schutz von internen Informationen, die gegenüber Wettbewerbern und der Öffentlichkeit geheim gehalten werden sollen, die einen hohen wirtschaft‐ lichen Wert für das Unternehmen darstellen können. Geschäftsgeheimnisse können zum Beispiel sein: ● Kalkulationspläne, ● Auftrags-, Kunden- und Lieferantendaten, ● Einkaufspreise, ● Marktanalysen, ● Geschäftsstrategien, ● Businesspläne, ● Kreditwürdigkeit, ● Personalangelegenheiten oder ● Marketingkonzepte. Beispiele für Betriebsgeheimnisse können Technisches Know-how (bewusst nicht patentrechtlich geschützte) Erfindungen, Zeichnungen, Algorithmen, Prototypen, Konstruktionspläne oder Herstellungsverfahren sein. Diese Ge‐ schäfts- und Betriebsgeheimnisse werden seit 2019 durch das Geschäftsge‐ heimnisgesetz (GeschGehG) geschützt. Voraussetzung ist, dass diese geheim sind, von wirtschaftlichem Wert und durch angemessene Maßnahmen ge‐ schützt sind; letzteres bedeutet, dass das betroffene Unternehmen nicht nur 60 5 Wie gestalte ich Verträge mit Geldgebern rechtskonform? <?page no="61"?> den Willen zur Geheimhaltung hatte, sondern diese Geheimhaltung aktiv durch entsprechende Schutzmaßnahmen umgesetzt hat, die im Streitfall auch nachgewiesen werden können. 5 Wie gestalte ich Verträge mit Geldgebern rechtskonform? 61 <?page no="63"?> Teil II Rechtsrahmen von Marketingaktivitäten <?page no="65"?> 6 Marktforschung 6.1 Einführung Für Anbieter von Waren und Dienstleistungen auf einem Markt ist es von großer Bedeutung, die aktuellen, vor allem aber auch die zukünftigen Be‐ dürfnisse der Verbraucher zu kennen. Diesem Ziel dient die Marktforschung. Marktforschung (market research) umfasst die systematische Be‐ schaffung, Aufbereitung und Analyse von unternehmensinternen und -externen Informationen über die Absatz- und Beschaffungsmärkte als Grundlage von betrieblichen Entscheidungen. Für eine Präzisierung und Objektivierung betrieblicher Entscheidungspro‐ zesse müssen im Rahmen der Marktforschung Marktchancen und Marktri‐ siken frühzeitig sichtbar und berechenbar gemacht werden. In der Marktforschung bedient man sich nach Maßgabe des jeweiligen Untersuchungsobjektes verschiedener Forschungsverfahren. Grundsätzlich werden hier zwei Forschungsverfahren unterschieden, die Sekundärfor‐ schung und die Primärforschung. ● Primärforschung bezeichnet dabei die Neuerhebung von Daten im Zusammenhang mit einem vorher definierten Untersuchungsobjekt. ● Bei der Sekundärforschung geht es um die Heranziehung und die Auswertung desjenigen Materials, das bereits vorhanden ist. Dabei unterscheidet man die interne Sekundärforschung, etwa Betriebskoste‐ nanalysen, und die externe Sekundärforschung, etwa die Nutzung von Online-Datenbanken. Während die Sekundärforschung in ihren verschiedenen Ausprägungen in aller Regel rechtlich völlig unproblematisch ist, gilt es bei der Primärfor‐ schung vor allem auch, einem Datenschutz Rechnung zu tragen (Zerres, T./ Zerres, M., Rechtsrahmen einer betrieblichen Marktforschung, S.-429-430). <?page no="66"?> 6.2 Datenschutz Marktforschung kann nur dann funktionieren, wenn ihr entsprechendes Vertrauen von den Personen entgegengebracht wird, von denen sie sich Informationen erhofft, seien es Kunden, seien es aber auch Mitbewerber oder Zulieferer. Ein solcher Schutz wird dabei in erster Linie durch daten‐ schutzrechtliche Normen gewährleistet. Der Datenschutz wird heute durch die europäische Datenschutz-Grund‐ verordnung (DSGVO) gewährleistet. Es handelt sich bei einer Verordnung im Prinzip um ein europäisches Gesetz, das in allen Mitgliedstaaten der EU Wirkung entfaltet. Das bis dahin in Deutschland geltende Bundesda‐ tenschutzgesetz (BDSG) wurde abgelöst durch das Bundesdatenschutzge‐ setz-neu, das nunmehr entsprechende Umsetzungs- und Anpassungsrege‐ lungen zur DSGVO enthält. Daneben existieren spezielle datenschutzrechtliche Regelungen, insbesondere das die Kommunikation im Internet betreffende Digi‐ tale-Dienste-Gesetz (DDG). Datenschutzrechtliche Regelungen sind weiter‐ hin ● im Telekommunikationsgesetz (TKG), ● im Rundfunkstaatsvertrag oder ● in den das Sozialgeheimnis beziehungsweise den Sozialdatenschutz betreffenden Bestimmungen im Sozialgesetzbuch (SGB) zu finden. Diese speziellen Bestimmungen sind im Verhältnis zur DSGVO vorrangig soweit sie einen deckungsgleichen Gegenstand regeln. Eine weitere, für Markt- und Meinungsforschung zu beachtende recht‐ liche Regelung ist schließlich auch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Dieses Gesetz erlangt dann Bedeutung, soweit es um die Zulässigkeit der für Umfragen notwendigen Kundenansprachen beziehungsweise Kundenzufriedenheitsbefragungen geht, insbesondere bei wirtschaftlichen Fragen zu Unternehmen oder spezifischen Produkten. Soweit Unternehmen die Markt- und Meinungsforschung durch ein beauftragtes Marktforschungsinstitut durchführen lassen, besteht grund‐ sätzlich die Gewähr, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden. Marktforschungsinstitute, die einem der großen Marktforschungs‐ verbände, etwa dem Berufsverband Deutscher Markt- und Sozialforscher e. V. (BVM), dem Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinsti‐ tute e. V. (ADM), der Arbeitsgemeinschaft sozialwissenschaftlicher Institute 66 6 Marktforschung <?page no="67"?> (ASI) oder der Deutschen Gesellschaft für Online-Forschung e. V. (DGOF), in Deutschland angehören, haben sich im Rahmen der Selbstverpflichtung an die strengeren verbandsinternen Richtlinien zu halten. Für Unternehmen, die aus Kosten- oder anderen Gründen kein Marktfor‐ schungsinstitut beauftragen (möchten), oftmals also kleine und mittelstän‐ dische Unternehmen, ist es von Bedeutung, die grundlegenden rechtlichen Rahmenbedingungen zu kennen beziehungsweise dafür sensibilisiert zu sein. Beim Datenschutz geht es grundsätzlich um den Schutz des Bürgers vor Beeinträchtigungen seiner Privatsphäre durch Erhebung, Speicherung oder Weitergabe von Daten, die seine Person betreffen, zum Beispiel Name, Geburtsdatum, Wohnort oder Telefonnummer. Die Formen sind dabei vielfältig; sie können als Text vorkommen, aber auch als Video, Da‐ tenbanken, Tabellen, Zahlen, Audiodateien oder Bilder. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) muss jedermann als Ausdruck seiner Würde als frei denkendes und handelndes Individuum selbst entscheiden können, welche persönlichen Daten wem, wann und wie zugänglich sein sollen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) leitet das Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Einzelnen nach Art. 1 Abs. 1 und 2 Abs. 1 GG ab. Der Einzelne soll gegen jede Verwendung seiner persönlichen Daten grundsätzlich geschützt werden. Anknüpfungspunkt des BVerfG ist dabei nicht das Recht des Einzelnen auf Achtung seines Privatlebens, sondern auf seine Datenhoheit als Bestandteil seiner individuellen Entfaltung. Damit beschreibt Datenschutz den Schutz vor der missbräuchlichen Verarbeitung personenbezogener Daten sowie den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Für die von privaten Forschungsinstituten durchgeführten Vorhaben der Markt- und Meinungsforschung ist daher Art. 6 Abs. 1 DSGVO („Rechtmä‐ ßigkeit der Verarbeitung“) maßgebend. Danach ist die Verarbeitung nur dann rechtmäßig, wenn mindestens eine der in § 6 Abs. 1 lit. a bis f DSGVO aufgezählten Bedingungen erfüllt ist. Neben der in Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO erwähnten Einwilligung enthalten die weiteren unter lit. b bis f genannten Punkte abstrakt formulierte Erlaubnistatbestände, die teilweise dem frühe‐ ren Art. 28 BDSG entsprechen, aber unpräziser formuliert sind. So ist zum Beispiel nach Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO eine Verarbeitung zulässig, wenn sie für die Erfüllung eines Vertrages, dessen Vertragspartei die betroffene 6.2 Datenschutz 67 <?page no="68"?> Person ist oder zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen auf Antrag der betreffenden Person erfolgt. In der Markt- und Meinungsforschung ist die Einwilligung des Betroffe‐ nen die maßgebende Rechtsgrundlage für die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten. Allerdings besteht nicht bei allen Schritten im Forschungsprozess die Möglichkeit, eine Einwilligung des Betroffenen einzuholen. Dies gilt vor allem für das Ziehen von Stichproben und die Erhe‐ bung personenbezogener Daten anderer Personen, regelmäßig von anderen Haushaltsangehörigen des Befragten. In diesen Fällen kann für die Markt- und Meinungsforschung Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO als Rechtsgrundlage in Betracht kommen. Diese Regelung enthält als eine Art Generalklausel einen Auffangtatbestand und ist dementsprechend weit formuliert. Danach ist eine Verarbeitung (nur) dann zulässig, wenn sie zur Wahrung der be‐ rechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, „sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen, insbesondere dann, wenn es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handelt“. Diese Bestimmung zur „Wahrung berechtigter Interessen“ ermöglicht eine Datenverarbeitung aufgrund einer Interessenabwägung. Sie richtet sich dabei nur an Private, nicht an öffentliche Stellen beziehungsweise Hoheitsträger. So können sich daher auch Markt- und Meinungsforschungs‐ institute zur Rechtfertigung einer Datenverarbeitung auf diese Vorschrift beziehen. Nicht ausreichend ist jedenfalls eine „saloppe“ Begründung des Verantwortlichen (des Forschungsinstitutes) oder eines Dritten (des Auf‐ tragsgebers), die Datenverarbeitung diene der „Wahrung ihrer Interessen“. Erforderlich ist eine genaue Interessenabwägung mit ihren Interessen und den Interessen, Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Person (des Studienteilnehmers). Hier kann das wirtschaftliche Eigeninteresse der privatwirtschaftlichen Forschungsinstitute an der Durchführung wissenschaftlicher Studien als auch das Interesse ihrer öffentlichen und privaten Auftraggeber an den Forschungsergebnissen als Grundlage und als Unterstützung politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen als „berechtigte Interessen“ angese‐ hen werden. Diesen Interessen steht auf der anderen Seite das Interesse der Betroffenen am Schutz ihrer personenbezogenen Daten gegenüber. Die grundsätzliche Privilegierung wissenschaftlicher Forschung und die üblicherweise geringe „Eingriffstiefe“ in die Privatsphäre der Betroffenen 68 6 Marktforschung <?page no="69"?> aufgrund der risikominimierenden Art der Verarbeitung personenbezogener Daten in der Markt- und Meinungsforschung durch die Anwendung daten‐ schützender Maßnahmen, etwa der Pseudonymisierung und der Anonymi‐ sierung der erhobenen Daten zum jeweils frühestmöglichen Zeitpunkt im Rahmen der geltenden berufsstständischen Verhaltensregeln, führen regel‐ mäßig dazu, dass das Interesse des Betroffenen am Schutz seiner personen‐ bezogener Daten die berechtigten Interessen des Forschungsinstitutes oder des Auftragsgebers nicht überwiegt. Soweit sich also die Branche weiterhin an ihre Selbstverpflichtungen hält, die umfassende Schutzvorgaben zuguns‐ ten des datenschutzrechtlich Betroffenen vorsehen, ist die Verarbeitung personenbezogener Daten zu Zwecken der Markt- und Meinungsforschung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO zulässig. Während es bei der Primärforschung an einem speziellen Erlaubnistat‐ bestand fehlt, besteht bei der Sekundärforschung die Möglichkeit, sich für eine Daten(weiter)verarbeitung von ursprünglich zu anderen Zwecken erhobenen Daten auf die DSGVO zu berufen (Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO). Nach dem Grundsatz der Zweckbindung müssen danach personenbezogene Daten für festgelegte, eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden und dürfen nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden; eine Weiterverarbeitung für im öffentlichen Interesse liegende Archivzwecke, für wissenschaftliche oder historische Forschungszwecke oder für statistische Zwecke gilt nicht als unvereinbar mit den ursprünglichen Zwecken (Art. 89 Abs. 1 DSGVO „Zweckbindung“). Voraussetzung ist allerdings, dass man Markt- und Meinungsforschung als „wissenschaftliche Forschung“ nach der DSGVO einstuft. Für die Markt- und Meinungsforschungsverbände wurde in der DSGVO ausdrücklich die Möglichkeit geschaffen, eine bereichsspezifische Konkre‐ tisierung der Anforderungen an die besonderen Bedürfnisse der Branche zu erreichen. Diese kann hier auf ihre seit langem bestehenden speziellen Berufsgrundsätze und Standesregeln zurückgreifen, die nach Anpassung an die strengeren Vorgaben der DSGVO in einem spezifischen Verfahren nach dieser Verordnung genehmigt werden müssten. Derartige Verhaltensrege‐ lungen werden an verschiedenen Stellen in der DSGVO gesetzlich privile‐ giert. Es wird ein europaweites Zertifizierungsverfahren eingeführt, durch das verantwortliche Stellen und Auftragsverarbeiter nachweisen können, die Verordnung einzuhalten. Die Zuständigkeit der Aufsichtsbehörden für grenzüberschreitende Datenverarbeitung innerhalb der EU wird schließlich 6.2 Datenschutz 69 <?page no="70"?> vereinfacht (Zerres, T./ Zerres, M., Rechtsrahmen einer betrieblichen Markt‐ forschung, S.-431-436). Damit der Betroffene seine Rechte ausüben kann, muss er transparent über die Datenverarbeitung informiert werden, um auf dieser Grundlage die Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten überprüfen und gegebe‐ nenfalls korrigieren oder unterbinden zu können. Diesem Umstand trägt die DSGVO Rechnung, indem sie der betroffenen Person eine Reihe von Rechten und Pflichten an die Hand gibt, die mit entsprechenden Pflichten des Verantwortlichen korrespondieren und deren Verletzung mit einem Bußgeld geahndet werden kann. In bestimmten Situationen kann dies auch Auswirkungen auf die Recht‐ mäßigkeit der Verarbeitung haben. Die einzelnen Rechte der betroffenen Person sind in den Art. 13 bis 23 DSGVO geregelt, darunter etwa das Recht auf Information (Art. 13 und 14 DSGVO), auf Auskunft (Art. 15 DSGVO), auf Berichtigung (Art. 16 DSGVO) oder auf Löschung (Art. 17 DSGVO). Zu nennen sind schließlich noch das Recht auf Einschränkung (Sperrung) der Verarbeitung (Art. 18 DSGVO) und das Recht auf Datenübertragbarkeit (Art. 20 DSGVO). Die sogenannten Betroffenenrechte, die während und nach der Verarbeitung der personenbezogenen Daten bestehen, fanden sich in ähnlicher Form bereits im alten Bundesdatenschutzgesetz, wurden aber durch die DSGVO nochmals erheblich verschärft. Neben den umfassenden Informationspflichten des Verantwortlichen, be‐ steht noch eine Dokumentationspflicht gegenüber den Aufsichtsbehörden. Danach sind alle Entscheidungen, Vorgehensweisen und Verarbeitungs‐ grundlagen zu dokumentieren. Diesbezüglich stellt die DSGVO erheblich höhere Anforderungen an die Verantwortlichen als das alte Datenschutz‐ recht, was für diese auch zu einem nicht unerheblichen bürokratischen Mehraufwand geführt hat. Die DSGVO sieht in Art. 30 DSGVO eine Pflicht zum Führen eines Verzeichnisses von Verarbeitungstätigkeiten („Verarbei‐ tungsverzeichnis“) für die Unternehmen, die von der Regelung erfasst werden, vor. Inhalt und Anforderungen an ein solches Verzeichnis ergeben sich im Einzelnen aus den Art. 30 ff. DSGVO. Das Verzeichnis muss die wesentlichen Angaben zur Datenverarbeitung enthalten, wie zum Beispiel welche Daten vom Betroffenen zu welchem Zweck erhoben werden, wie lange diese gespeichert werden und aufgrund welcher Rechtsgrundlagen dies erfolgt. Ein Verstoß gegen diese Pflicht, das heißt, wenn kein oder nur ein unvollständiges Verarbeitungsverzeichnis geführt wird, kann mit einem Bußgeld geahndet werden. 70 6 Marktforschung <?page no="71"?> Das Datenschutzrecht ist grundsätzlich geprägt durch ein Nebeneinander von allgemeinen und bereichsspezifischen Bestimmungen. Grundsätzlich verfolgt die DSGVO einen umfassenden datenschutzrechtlichen Regelungs‐ anspruch. Als europäische Verordnung (Art. 288 Abs. 2 AEUV) gilt sie auch unmittelbar in den Mitgliedstaaten und lässt innerhalb ihres Anwendungs‐ bereiches keinen Raum mehr für zusätzliche mitgliedstaatliche Regelungen. Die Harmonisierung des Datenschutzrechts durch die DSGVO ist allerdings begrenzt, was an den zahlreichen Öffnungsklauseln liegt, aufgrund deren die Mitgliedstaaten verpflichtet beziehungsweise ermächtigt sind, ergänzende und/ oder konkretisierende Bestimmungen zu schaffen. Im neuen BDSG findet sich eine Reihe an Regelungen, die spezifische Problemkonstellationen, das heißt die besondere Datenverarbeitungssitua‐ tionen betreffen, etwa die Videoüberwachung im Arbeitsbereich. Mit der Datenerhebung und -speicherung lassen sich über die betreffen‐ den Internetnutzer deren Persönlichkeitsprofile erstellen. Für die Internet‐ kommunikation ist das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) zu beachten, das spezifische Grundsätze für die Erhebung und Verwendung personenbezo‐ gener Daten zur Bereitstellung von Telemedien enthält. Telemedien sind danach alle Informations- und Kommunikationsdienste, die nicht Telekom‐ munikation oder Rundfunk sind. Typische Telemediendienste sind etwa ● Online-Angebote von Waren oder Dienstleistungen mit unmittelbarer Bestellmöglichkeit, ● Teleshopping, ● Internetsuchmaschinen, ● Internetauktionen, ● Onlinespiele, ● Blogs, ● Internet-Communities, ● Meinungsforen oder auch ● Chatrooms. In der Praxis kann dabei im Einzelfall eine Abgrenzung der Anwendungs‐ bereiche spezieller Gesetze voneinander problematisch sein. Bereichsspezifische Datenschutznormen und -gesetze finden sich im Üb‐ rigen in ganz unterschiedlichen Gesetzen und in unterschiedlichen Formen. Teilweise haben sie einen umfassenden Regelungscharakter und führen einen Bereich einer mehr oder weniger abschließenden Regelung zu, so etwa die §§ 91 ff. Telekommunikationsgesetz (TKG) für den Telekommu‐ 6.2 Datenschutz 71 <?page no="72"?> nikationsbereich. Oftmals handelt es sich bei bereichsspezifischen Daten‐ schutzregelungen aber auch nur um punktuelle Regelungen, die für eine ganz bestimmte Konstellation eine begrenzte Datenverarbeitungsbefugnis vorsehen und für eine bestimmte Stelle normieren. Zu nennen sind zum Beispiel insbesondere die §§ 100a ff. StPO (für Telekommunikationsüber‐ wachung, Online-Durchsuchung), die §§ 67 ff. Sozialgesetzbuch (SGB X betreffend den Sozialdatenschutz) oder die §§ 284 ff SGB V (betreffend die Datenverarbeitung in der Gesetzlichen Krankenversicherung). Die Zahl die‐ ser Datenschutzbestimmungen ist fast unüberschaubar und auch ein Grund dafür, dass das Datenschutzrecht den Ruf einer undurchsichtigen Spezialma‐ terie hat. Zu beachten sind weiterhin spezielle arbeitnehmerschutzbezogene Regelungen, insbesondere solche in Tarifverträgen und Betriebsvereinba‐ rungen. Die datenschutzrechtlichen Regelungen in diesen Gesetzen beruhen ebenfalls auf dem Prinzip eines „Verbots mit Erlaubnisvorbehalt“, das heißt, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten, zum Beispiel IP-Nummern, E-Mail-Adressen, Kundennummern, Nutzerpro‐ file oder Telekommunikationsanschlüsse, verboten sind, sofern kein gesetz‐ licher Erlaubnistatbestand oder eine Einwilligung des Betroffenen vorliegen. Aktuell bedrohen Cyberattacken eine wachsende Anzahl an Unterneh‐ men weltweit. Entsprechende Investitionen in IT-Sicherheit verspre‐ chen Abhilfe. Neben einem Virenschutz ist dabei vor allem auch ein Datenschutz beziehungsweise eine Datenverschlüsselung von Bedeu‐ tung. Dabei geht es vorrangig um eine Multifaktor-Authentifizierung, die den bislang genutzten klassischen Passwörtern deutlich überlegen ist. Hierzu wird von einer App automatisch ein Einmalpasswort ge‐ niert. Ergänzend kommen vorausschauende Methoden, wie etwa Threat Hunting, zur Verbesserung der Cybersicherheit. Instrumente sind hier automatisierte Technologien, die einem Unternehmen eine differen‐ zierte Innenansicht auf den Sicherheitsstatus seiner IT-Infrastruktur ermöglicht (Zerres, T./ Zerres, M., Rechtsrahmen einer betrieblichen Marktforschung, S.-436-439). 72 6 Marktforschung <?page no="73"?> 6.3 Unlautere Werbung durch Marktforschung Markt- und Meinungsforschung arbeitet vielfach mit der unmittelbaren Ansprache von Personen über unterschiedliche Kommunikationswege, die auch für das Dialogmarketing genutzt werden können. Wenn Umfragen zur Markt- und Meinungsforschung einen Bezug zu Wirtschaftsfragen, zu einzelnen Branchen und Unternehmen oder sogar zu spezifischen Produkten und Dienstleistungen aufweisen, wird die Grenze auf den ersten Blick nicht immer klar erkennbar sein. Eine Befragung nach einer Zeitschriftennutzung kann beispielsweise relativ einfach mit dem Vertrieb der bevorzugten Zeitschrift, eine Kundenzufriedenheitsumfrage mit dem Angebot eines verbesserten Produkts verbunden werden. In der Praxis stellt sich daher häufig die Frage nach der rechtlichen Einordnung derartiger Kundenzufrie‐ denheitsanalysen. Aus rechtlicher Sicht ist hier § 7 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) von Bedeutung. Die Vorschriften des UWG werden durch die DSGVO nicht verdrängt, sondern bleiben, da sie auf einer anderen europäischen Richtlinie beruhen, anwendbar. Nach § 7 Abs. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, unzulässig. Dies gilt insbesondere für Werbung, wenn der angesprochene Marktteilnehmer diese Werbung erkennbar nicht wünscht. Mittlerweile ist die Einordnung von sogenannten Kundenzufriedenheitsbefragungen/ -analysen durch die Recht‐ sprechung geklärt. Hierbei werden die Kunden eines Unternehmens nach ihrer Zufriedenheit mit den Geschäftsabläufen befragt. In der Sache stehen die Kundenbindung und die Absatzförderung im Vordergrund, so dass es sich nach überwiegender Ansicht in der Rechtsprechung um Werbung handelt. Es hat sich hier herauskristallisiert, dass bei solchen Meinungsum‐ fragen auch mittelbare Absatzförderung für das Vorliegen von Werbung ausreicht. Nach Ansicht des OLG Köln macht es keinen Unterschied, ob das Unternehmen selbst oder ein Markt- und Meinungsforschungsinstitut die Befragung vornimmt. Die Gerichte sehen also eine Werbung bereits dann als gegeben an, wenn der Anrufer sich nach der Zufriedenheit mit der erbrachten Leistung erkundigt. Bei telefonischen Kontaktaufnahmen ist vor allem § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG zu beachten. Danach ist eine unzumutbare Belästigung stets anzunehmen bei einer Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonsti‐ 6.3 Unlautere Werbung durch Marktforschung 73 <?page no="74"?> gen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung. Weiterhin ist nach § 7 Abs. 2 UWG eine unzumutbare Belästigung stets an‐ zunehmen, wenn eine Irreführung über den Absender (§ 7 Abs. 2 Nr. 4 UWG) vorliegt sowie bei der Werbung mittels automatischer Anrufmaschinen oder E-Mails (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG). Eine Unzulässigkeit kann nur durch das Vorliegen einer vorherigen ausdrücklichen Einwilligung vermieden werden. Bei sonstigen Fernkommunikationsmitteln, vor allem bei Briefen, liegt eine unzumutbare Belästigung nach § 7 Abs. 1 UWG vor, wenn ein Ver‐ braucher hartnäckig angesprochen wird, obwohl er dies erkennbar nicht wünscht. Telefonische Kundenzufriedenheitsanalysen, Verbraucherumfragen, Pro‐ dukttests, Abwanderungsuntersuchungen bedürfen daher als geschäftliche Handlung regelmäßig der vorherigen Einwilligung des Angerufenen, jeden‐ falls dann, wenn sie von einem Unternehmen in Auftrag gegeben wurden, dessen Absatz von den Ergebnissen beeinflusst wird. Eine Telefonwerbung soll (nur) dann nicht vorliegen, wenn die Umfrage von einem neutralen Institut zu wissenschaftlichen Zwecken durchgeführt wird und nicht unmit‐ telbar der Absatzförderung eines bestimmten Auftraggebers dient. Der BGH hat in seiner Rechtsprechung deutlich gemacht, dass Kundenzufriedenheits‐ analysen durch Unternehmen an ihre Kunden als Werbung einzustufen sind. Verstöße gegen die Vorschriften des UWG können von Verbänden oder anderen Marktteilnehmern mit kostenpflichtigen Abmahnungen auf Unterlassung verfolgt werden. Verstöße gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG stellen zudem eine Ordnungswidrigkeit dar, die von der Verwaltungsbehörde mit einem Bußgeld geahndet werden kann. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es bei Umfragen zu Meinungsfor‐ schungszwecken, die im Auftrag eines Unternehmens durchgeführt werden, darauf ankommt, ob die Umfrage der Absatzförderung dient oder nicht. Aufgrund der weiten Auslegung des Begriffs Werbung in der Rechtspre‐ chung wird die Grenze zur Werbung schnell erreicht sein. Aufgrund der Gefahr einer Vermengung mit werbender Tätigkeit haben sich die Markt‐ forschungsverbände bereits seit langem in einer Selbstverpflichtung dazu bekannt, bestimmte Standards einzuhalten, die ein spezifisches Arbeitsprofil aufweisen. Danach muss Markt- und Meinungsforschung stets mit den wis‐ senschaftlichen Methoden der empirischen Sozialforschung durchgeführt 74 6 Marktforschung <?page no="75"?> werden (Zerres, T./ Zerres, M., Rechtsrahmen einer betrieblichen Marktfor‐ schung, S.-439-441). 6.4 Compliance Marktforschungsverbände orientieren sich vor allem an dem spezielleren „Internationalen Kodex für die Markt- und Sozialforschung“ (ICC/ ESO‐ MAR). Dieser ist das Standesrecht der Marktforscher. Die Abkürzung ESOMAR steht dabei für „European Society for Opinion and Market Re‐ search“. Diese ist die weltweit führende Organisation von berufsmäßigen Marktforschern und hat ihren Sitz in den Niederlanden. Sie hat erstmals im Jahre 1977, in Kooperation mit der Internationalen Handelskammer (ICC = International Chamber of Commerce) in Paris, diesen (gemeinsamen) Kodex publiziert, um allen Marktforschern ein gewisses Verhalten während der Ausübung ihrer Tätigkeit als Leitbild zu vermitteln. Dieser Kodex wurde bislang in regelmäßigen Abständen überarbeitet und aktualisiert. Er wurde in erster Linie als ein Rahmen für die Selbstregulie‐ rung entwickelt und sieht über die bestehenden gesetzlichen Regelungen hinausgehende Pflichten vor, denen sich die angeschlossenen Marktfor‐ schungsunternehmen freiwillig unterwerfen. Die deutschen Branchenver‐ bände ● ADM (Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute e.-V.), ● ASI (Arbeitsgemeinschaft Sozialwissenschaftlicher Institute e.-V.), ● BMV (Berufsverband Deutscher Markt- und Sozialforscher e.-V.) und ● DGOF (Deutsche Gesellschaft für Online-Forschung e.-V.) haben die Standesregeln erarbeitet, die für die Branche verbindlich sind. Eine Missachtung dieser Regeln kann durch den Rat der Deutschen Markt- und Sozialforschung, sofern angezeigt, untersucht werden und eine (veröffent‐ lichte) Rüge oder einen Ausschluss aus der Organisation zur Folge haben. Eine Mitgliedschaft eines Markt- und Meinungsforschungsinstituts be‐ deutet somit ein gewisses Qualitätssiegel und wird heute auch von einer Vielzahl von Auftraggebern gefordert. Markt- und Meinungsforschung unterliegen daher strengen Berufsgrundsätzen und Standesregeln zur Zweckbindung, Pseudonymisierung und Anonymisierung. So dürfen per‐ sonenbezogene Daten von Studienteilnehmern lediglich zu festgelegten 6.4 Compliance 75 <?page no="76"?> Forschungszwecken erhoben und verwendet werden. Eine Übermittlung der Daten ist ausschließlich zwischen Forschungsinstituten und nur auf Grundlage einer vertraglichen Vereinbarung sowie der Einwilligung des Betroffenen erlaubt. Die interne Verwendung der Daten unterliegt einem strikten Pseudonymisierungs- und Anonymisierungsgebot. Die personen‐ bezogenen Merkmale einerseits und die inhaltlichen Daten andererseits dürfen also nur getrennt voneinander gespeichert und genutzt werden. Sobald sie für den Zweck, zu dem sie erhoben und weiterverarbeitet wurden, nicht mehr erforderlich sind, sind sie nach dem ICC/ ESOMAR-Kodex zu löschen oder zu anonymisieren. Neben dem ESOMAR-Kodex, also der Erklärung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, existieren von Verbandsseite noch zahlreiche Richtlinien für spezielle Bereiche. Zu nennen sind hier insbesondere ● die Richtlinie für telefonische Befragungen, ● die Richtlinie für Untersuchungen in den und unter Einsatz der Sozialen Medien, ● die Richtlinie für Online-Befragungen, ● die Richtlinie zum Umgang mit Adressen in der Markt- und Meinungs‐ forschung, ● die Richtlinie für die Befragung von Minderjährigen, ● die Richtlinie zum Umgang mit Datenbanken in der Markt- und Mei‐ nungsforschung sowie ● die Richtlinie für die Veröffentlichung von Ergebnissen der Wahlfor‐ schung. Diese bereits in den 1990er Jahren entwickelten Richtlinien wurden von den genannten Verbänden weitgehend überarbeitet und den Anforderungen der neuen gesetzlichen Regelungen, vor allem der DSGVO und aktuellen Entwicklungen durch die zunehmende Digitalisierung angepasst. Diese Richtlinien ergänzen damit in Deutschland den internationalen ICC/ ESO‐ MAR-Verhaltenskodex, die Erklärung für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zum ICC/ ESOMAR-Internationalen Kodex für die Markt- und Sozialforschung und die Qualitätsrichtlinien der deutschen Verbände. In Be‐ zug auf den Datenschutz regeln die Art. 40 und 41 DSGVO deutlich präziser als das bisherige BDSG die Möglichkeit der Schaffung von Verhaltensregeln (Codes of Conduct) für einzelne Verarbeitungsbereiche. Durch diese Bestimmungen können die jeweiligen Branchenverbände selbst Konkretisierungen für die Datenverarbeitung in ihrem Bereich erar‐ 76 6 Marktforschung <?page no="77"?> beiten und durch die Aufsichtsbehörden genehmigen lassen. So können die Markt- und Meinungsforschung ihre entwickelten Berufsgrundsätze und Standesregeln zusätzlich in dem spezifischen Verfahren der DSGVO genehmigen lassen. Damit handelt es sich nicht um allgemein verbindliche gesetzliche Regelungen, die die Gerichte in ihrer Auslegung der DSGVO binden; sie bieten aber gegenüber den Aufsichtsbehörden ein gesteigertes Maß an Rechtssicherheit und darüber hinaus einige andere Vorteile. So dient die Einhaltung von Verhaltensregeln als Nachweis der Erfüllung der Pflichten der Verordnung (Art. 24 Abs. 3 DSGVO), insbesondere zur Sicherheit der Verarbeitung (Art. 32 Abs. 3 DSGVO). Zudem erleichtert sie die Umsetzung der Auftragsdatenverarbeitung (Art. 28 Abs. 5 DSGVO). Für die Markt- und Meinungsforschung erscheinen Verhaltensregeln je‐ denfalls als ein sinnvolles Instrument zur Präzisierung und Konkretisierung der teilweise sehr vagen Anforderungen der DSGVO. Sie können auch erheblichen Einfluss auf die Rechtsanwendung haben, da sie weitgehend sogar strengere Regeln vorsehen als es das Gesetz verlangt. So beeinflussen sie insbesondere die Interessenabwägung nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f DSGVO, weil sie die Intensität der Eingriffe in die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Personen signifikant vermindern. Wenn schließlich die Selbstverpflichtung der deutschen Verbände die Über‐ mittlung der personenbezogenen Daten an den Auftraggeber sogar mit Einwilligung oder auf Verlangen der Betroffenen nicht zulässt, so spricht diese Selbstverpflichtung - ihre nachprüfbare Einhaltung vorausgesetzt - entscheidend dafür, dass die berechtigten Interessen der Institute nicht zu‐ rücktreten müssen (Zerres, T./ Zerres, M., Rechtsrahmen einer betrieblichen Marktforschung, S.-441-444). 6.5 Konsequenzen Mit der europäischen DSGVO haben sich die rechtlichen Rahmenbedingun‐ gen zwar nicht grundlegend, aber doch in einigen Bereichen verändert. Die DSGVO enthält zwar keinen expliziten Erlaubnistatbestand für die Datenverarbeitung durch die Markt- und Meinungsforschung. Eine Sekun‐ därforschung wird infolge des weiten Forschungsbegriffs des europäischen Gesetzgebers in den Grenzen Art. 5 Abs. 1 lit. a i. V. m. Art. 89 DSGVO zulässig. Für die Primärforschung durch Markt- und Meinungsforschung ist Art. 6 Abs. 1 DSGVO maßgebend. Danach ist die Verarbeitung nur 6.5 Konsequenzen 77 <?page no="78"?> rechtmäßig, wenn mindestens eine der in § 6 Abs. 1 lit. a bis f DSGVO aufgezählten Bedingungen erfüllt ist. Soweit keine Einwilligung des Betrof‐ fenen vorliegt, kann eine Markt- und Meinungsforschung auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO gestützt werden. Voraussetzung für eine Privilegierung bei der Interessenabwägung ist, dass sich die Branche an ihre Selbstverpflichtungen hält. Für Kundenzufriedenheitsbefragungen ist für die Markt- und Meinungs‐ forschung festzuhalten, dass die Regeln des Gesetzes gegen den unlaute‐ ren Wettbewerb zu beachten sind. Daran hat auch die Einführung der DSGVO nichts geändert. Kundenzufriedenheitsbefragungen werden in der Rechtsprechung regelmäßig als Werbung eingestuft. Zur Vermeidung der Unlauterkeit nach § 7 Abs. 2 UWG ist daher stets eine vorherige Einwilligung des befragten Kunden erforderlich. 78 6 Marktforschung <?page no="79"?> 7 Leistungspolitik 7.1 Haftung für Produktmängel Die Qualität der Leistung ist zweifellos einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren eines Unternehmens. Einer nicht genügenden Qualität kommt dabei aber nicht nur Bedeutung im Hinblick auf eine Kundenzufriedenheit zu, sondern diese kann darüber hinaus auch zu rechtlichen Konsequenzen, etwa in Form von oftmals nicht unerheblichen Schadensersatzansprüchen führen. Zunächst haftet ein Verkäufer von Waren einem Käufer gegenüber für deren Mangelfreiheit; dem Käufer stehen bei Vorliegen von Mängeln bestimmte Rechte zu. Er hat hier zunächst einen Anspruch auf Nacher‐ füllung (§§ 437, 439 BGB). Nach Ablauf der Frist kann der Käufer den Kaufpreis mindern oder vom Vertrag zurücktreten sowie bei schuldhaftem Verhalten des Verkäufers auch Schadensersatz verlangen. Ist der Käufer ein Verbraucher, so kann der Verkäufer seine Haftung weder einzelvertraglich oder durch seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausschließen, noch einschränken. Eine Haftung kann in bestimmten Fällen auch den Hersteller bei Produkt‐ fehlern treffen. Diese Haftung kann für ein Start-up dann von Relevanz sein, wenn es selbst Hersteller eines Produktes ist. Erleidet im Rahmen einer Lieferkette ein Endkunde durch dessen Produkt einen Schaden an anderen Sachen oder an Körper und Gesundheit (sogenannter Mangelfolgeschaden), dann trifft das Start-up als Hersteller eine direkte deliktische Schadenser‐ satzhaftung gegenüber dem Endkunden. Die Rechtsprechung hat diesbezügliche spezifische Verkehrssicherungs‐ pflichten des Herstellers entwickelt und unterscheidet im Rahmen der Gefahrenabwehr nach Konstruktions-, Fabrikations-, Instruktions- und Produktbeobachtungsfehlern. Da es für einen Endkunden oftmals unmöglich ist, einen Fehler beziehungs‐ weise ein schuldhaftes Verhalten des Herstellers nachzuweisen, hat die Rechtsprechung hier weiterhin eine Beweislastumkehr bestimmt. Nicht der geschädigte Kunde muss danach nachweisen, dass der Hersteller schuldhaft den Produktfehler verursacht hat, sondern der Hersteller muss sich dadurch <?page no="80"?> entlasten, dass in sämtlichen Phasen des Produktionsprozesses alles recht‐ mäßig beachtet worden ist. Handelt es sich bei den geschädigten Endkunden um - was häufig der Fall sein dürfte - Verbraucher, dann können sich diese zusätzlich auf das Produkthaftungshaftungsgesetz (PHG) berufen, bei dem es für die Frage der Herstellerhaftung auf ein Verschulden gar nicht ankommt. Grundsätzlich stehen einem Start-up verschiedene Strategien offen das ihm aus der Produkthaftung erwachsene Risiko zu mindern. Zunächst kann es, soweit möglich, das Risiko auf Versicherungsträger übertragen. Hier ist die bestehende Betriebshaftpflichtversicherung zu nennen; außer‐ gewöhnliche, produktspezifische Risiken können hier eine Deckungssum‐ menerhöhung oder auch individuelle Zusatzvereinbarungen notwendig machen. Vor allem aber kann ein Start-up Maßnahmen ins Auge fassen, um das Produkthaftungsrisiko zu minimieren. In erster Linie fällt hierunter eine effiziente Qualitätssicherungspolitik. Diese beinhaltet eine umfassende Wareneingangs- und -ausgangskontrolle sowie eine permanente Produk‐ tionsüberwachung. Eine begleitende Dokumentation vermag in diesem Zusammenhang, bei Rechtsstreitigkeiten, wichtige Entlastungsbeweise zu liefern. Moderne Qualitätssicherungssysteme müssen dabei stets den Auf‐ gaben und dem Risikoprofil des betreffenden Unternehmens entsprechen. Die richtige Auswahl, vor allem die richtige Kombination von Qualitätssi‐ cherungssystemen mit dem Ziel eines „Total Quality Managements“ ist letztlich entscheidend. Ein weiteres wichtiges Instrument, das Haftungsrisiko zu mindern, dar‐ über hinaus aber auch allgemeine Marketingziele zu fördern, sind schließlich geeignete Bedienungsanleitungen. 7.2 Haftung für Dienstleistungsmängel Besteht die angebotene Leistung eines Start-ups nicht in dem Verkauf von Waren, sondern in einer Dienstleistung, dann wird diese auch auf der Grundlage von vertraglichen Vereinbarungen erbracht. Das BGB kennt jedoch nicht den Begriff eines „Dienstleistungsvertrages“, sondern enthält differenzierte Regelungen bezüglich der Verträge, die auf die Ausführung einer Tätigkeit gerichtet sind („Tätigkeitsverträge“). Hierzu zählt insbesondere der Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB). Typische Verträge sind dabei solche mit freien Mitarbeitern oder das Arbeitsverhältnis 80 7 Leistungspolitik <?page no="81"?> mit Angestellten. Eine gesetzlich besonders geregelte Form eines (selbst‐ ständigen) Dienstvertrages stellt der Behandlungsvertrag dar; typische Beispiele sind die Verträge mit einem Arzt, einem Heilpraktiker oder einem Physiotherapeuten. Demgegenüber wird beim Werkvertrag (§§ 631 ff. BGB) ein „Erfolg“ gegen Entgelt geschuldet. Der Werkvertrag hat im Reisevertrag, im Bauvertrag sowie im Ingenieur- und Architektenvertrag eine besondere gesetzliche Ausprägung erfahren. Im Gegensatz zum Dienstvertrag steht beim Werkvertrag nicht die Leistung von „Diensten“ im Vordergrund, sondern das Erreichen eines bestimmten „Erfolgs“, zum Beispiel die Entwicklung einer speziellen Software, die Durchführung eines Transports, die Erstellung eines Bauplans beim Archi‐ tektenvertrag oder der Vertrag mit einem Handwerker zur Vornahme einer Reparatur. Die rechtliche Einordnung kann im Einzelfall schwierig sein, ist allerdings für die Frage der Leistungserbringung und die entsprechende Vergütung von maßgebender Bedeutung. Das BGB enthält Regelungen zu den Rechten und Pflichten der Vertrags‐ parteien und zur Haftung bei vertraglichen Pflichtverstößen. Aufgrund der grundsätzlichen Vertragsfreiheit können abweichende vertragliche Rege‐ lungen vereinbart werden, sei es durch individualvertragliche oder auch (in den Grenzen der §§ 305 bis 310 BGB) durch vorformulierte Vertragsklauseln. Dies geht dann nicht, wenn die Bestimmungen zum Schutz von bestimmten Personengruppen, etwa von Verbrauchern oder Arbeitnehmern, zwingend ausgestaltet sind. Bei der Verwendung von vorformulierten Vertragsbedin‐ gungen sind in jedem Fall die gesetzlichen Grenzen zu beachten. Abzugrenzen sind die vertraglich geschuldeten Dienstleistungen von dem Begriff Kundendienst oder Service. Zur Kundendienstpolitik gehören aus rechtlicher Sicht vor allem Leistungen, die mit dem Angebot zusätzlicher (entgeltlicher oder unentgeltlicher) Leistungen verknüpft sind, zu denen der Anbieter aber nicht gesetzlich verpflichtet ist. Zu nennen ist hier etwa die vertragliche Erweiterung der gesetzlichen Mängelhaftung, die Gewährung zusätzlicher Leistungen durch Garantien, etwa im Hinblick auf die Nacherfüllung bei Mängeln, oder zusätzliche Leistungsangebote. Das bedeutet, dass die dem Kunden zustehenden gesetzlichen Gewährleistungs‐ ansprüche, zum Beispiel aus Kauf- oder Werkvertrag, nicht Gegenstand des Kundendienstes sein können, sondern zur eigentlichen Dienstleistung zu zählen sind. Die zu beachtenden rechtlichen Rahmenbedingungen beim Kundendienst beziehen sich vornehmlich auf Transparenz und Klarheit 7.2 Haftung für Dienstleistungsmängel 81 <?page no="82"?> des zugesagten Leistungsumfangs (Zerres, T./ Zerres, C., Marketingrecht, S.-86-102). 82 7 Leistungspolitik <?page no="83"?> 8 Preispolitik 8.1 Preispolitischer Rechtsrahmen Die Preispolitik beinhaltet Entscheidungstatbestände, die sich auf die Fest‐ legung, Umsetzung und Änderung von Preisen beziehen. Grundsätzlich besteht hinsichtlich der Preisgestaltung Vertragsfreiheit. Es sind allerdings diverse rechtliche Vorgaben und damit Restriktionen zu beachten. Im all‐ gemeinen Zivilrecht sind insbesondere § 242 BGB zu nennen, der Vertrags‐ partner zur Beachtung der Gebote von Treu und Glauben verpflichtet, sowie der Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB. Dieser erklärt ein Rechtsge‐ schäft für nichtig, durch das jemand unter Ausnutzung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen Vermögensvorteile erhält, die in einem auffälligen Missverhältnis zur eigenen Leistung stehen, etwa der Preis im Verhältnis zum tatsächlichen Wert der Ware. Auch in besonderen Verwaltungsgesetzen des Bundes und der Länder finden sich rechtliche Schranken in Bezug auf die Preisgestaltung, zum Bei‐ spiel im Energiewirtschaftsgesetz für Energieversorgungsunternehmen, im Personenbeförderungsgesetz für Personenbeförderungsunternehmen oder im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG); so sieht § 12 AEG zum Beispiel eine Genehmigung der Tarife vor. Bei den freien Berufen, wie zum Beispiel bei Rechtsanwälten, niederge‐ lassenen Ärzten oder auch Architekten, beschränken gesetzliche Honorarordnungen die Möglichkeit, die eigene Leistung frei zu bewerten und den Preis dafür entsprechend festzulegen. In Deutschland ist etwa die Höhe der Anwaltsgebühren gesetzlich durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) geregelt. Handelt es um eine einmalige Beratung ohne weitergehendes anwaltliches Tätigwerden, so spricht man von einer sogenannten Erstberatung, deren Gebühr gegen‐ über Verbrauchern gegenwärtig nicht mehr als 190-Euro betragen darf. Im Übrigen bestimmt sich die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren nach dem sogenannten Streitwert. Darunter ist der Betrag zu verstehen, den zum Beispiel ein Anspruchssteller gegenüber seinem Anspruchsgegner geltend macht. In einigen Fällen kann es hingegen vorteilhafter sein, <?page no="84"?> nicht nach den Regeln des RVG abzurechnen. Dies kann dazu führen, dass die Rechnung des Rechtsanwaltes geringer oder auch höher als nach den Regeln des RVG ausfallen kann. Eine Abweichung von den Regeln des RVG bedarf einer schriftlichen Vereinbarung zwischen Rechtsanwalt und Mandant. Bei Gerichtsverfahren darf allerdings kein geringeres Honorar vereinbart werden als es das RVG vorsieht. Die Preisangabenverordnung (PAngV) bestimmt, in welcher Form Ver‐ brauchern gegenüber die Preise zu kommunizieren sind. Diese Verordnung schreibt vor, dass Händler, insbesondere im Geschäftsverkehr mit Verbrau‐ chern, transparente und korrekte Verkaufspreise anzugeben haben, zum Beispiel den Endpreis inklusive Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestand‐ teile. Die PAngV regelt auch die Art und Weise der Preisangabe, zum Beispiel das Erfordernis der Sichtbarkeit innerhalb der Verkaufsräume; dadurch soll verhindert werden, dass die Kunden selbst den zu zahlenden Preis ermitteln müssen; unzulässig ist daher die Angabe von „ca.“- Preisen. Für Start-ups ist im Rahmen der Preispolitik vor allem das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beachten, dass grundsätzlich den Zweck verfolgt, unlautere geschäftliche Handlungen zu sanktionieren. Es enthält eine Reihe von Tatbeständen, die sich auf den Preis, die Preiswerbung und die Preisgestaltung beziehen. So sind etwa irreführende Angaben in Bezug auf den Preis und die Berech‐ nung des Preises unlauter, wenn etwa mit herabgesetzten Preisen geworben wird, tatsächlich aber keine Herabsetzung durchgeführt wurde (§ 5 UWG). Ebenso können übertriebene Angaben auch eine Sachinformation in Bezug auf den Preis enthalten. Wirbt zum Beispiel jemand mit „radikal gesenkte Preise“ „Tiefpreise“ oder „Preisknüller“, muss er seine Produkte auch tat‐ sächlich preisgünstig anbieten. Maßstab für die Beurteilung einer Irrefüh‐ rung ist dabei der Durchschnittskunde der angesprochenen Zielgruppe. Ein weiterer typischer Fall einer irreführenden Preiswerbung ist die Werbung mit Preisherabsetzungen, wenn der „alte“ Preis niemals verlangt oder nur eine „unangemessen“ kurze Zeit („Mondpreiswerbung“). Es geht dabei um den Schutz der Kunden vor einer Irreführung, für die eine 84 8 Preispolitik <?page no="85"?> Werbung mit einer Preisersparnis eine erhebliche Anziehungskraft besitzt; die Beantwortung der Frage, was unter einer „unangemessen kurzen Zeit“ zu verstehen ist, hängt dabei von den Marktverhältnissen und der Art des Produktes ab. Unlauter sind ebenso unzutreffende Preisvergleiche mit Konkurrenten (§ 6 UWG). Sowohl bei Eigenpreisvergleichen als auch bei Preisvergleichen mit Konkurrenzprodukten gilt das Prinzip der Preiswahrheit und Preisklarheit. Verstöße gegen Vorschriften des UWG können Beseitigungs-, Unter‐ lassungs-, Schadensersatzsowie Gewinnabschöpfungsansprüche zur Folge haben. Anspruchsberechtigt sind dabei, neben den betroffenen Unternehmern, vor allem die Wirtschafts- und Verbraucherverbände. Einzelne Verbraucher sind nach dem UWG allerdings nicht anspruchs‐ berechtigt und klagebefugt, sondern müssen sich auf zivilrechtliche Ansprüche gegen den Verletzer beschränken. Informationen zur unlau‐ teren Werbung erhält man über die Homepage der Wettbewerbszentrale in Bad Homburg (www.wettbewerbszentrale.de). Weniger relevant für Start-ups als für größere Unternehmen ist im Rahmen der Preispolitik das sogenannte Kartellrecht, dessen Ziel der Schutz der Freiheit des Wettbewerbs vor Verfälschungen ist. Der freie Wettbewerb kann dabei durch wettbewerbsbeschränkende Maßnahmen beziehungsweise Ver‐ haltensabstimmungen zwischen Unternehmen, insbesondere durch Preisab‐ sprachen, beeinflusst werden. Beeinträchtigungen des Wettbewerbs können weiterhin auch durch missbräuchliches Verhalten marktbeherrschender Unternehmen erfolgen, wenn diese, etwa durch Kampfpreisstrategien, Konkurrenten vom Markt zu drängen versuchen. Letztlich kann der freie Wettbewerb auch durch Unternehmenszusammenschlüsse (Fusionen) be‐ einträchtig werden. Das Kartellrecht ist in der Europäischen Union weit‐ gehend vollständig und einheitlich geregelt, um das Funktionieren des Binnenmarktes zu sichern. Die in den Artikeln 101 und 102 AEUV (Vertrag zur Arbeitsweise er Europäischen Union) enthaltenen kartellrechtlichen Regeln beziehen sich auf horizontale und vertikale Wettbewerbsbeschrän‐ kungen sowie auf den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Diese grundlegenden Regelungen werden durch mehrere Verordnungen und Richtlinien (Art. 103 AEUV) präzisiert und ergänzt. Von großer Bedeu‐ tung ist zunächst Art. 101 AEUV mit seinem grundsätzlichen Verbot hori‐ 8.1 Preispolitischer Rechtsrahmen 85 <?page no="86"?> zontaler Preisabsprachen und vertikaler Preis- und Konditionenbindungen. Ergänzend ist das Missbrauchsverbot für marktbeherrschende Unterneh‐ men zu nennen (Art. 102 AEUV), wobei hierbei in der Praxis häufiger das Problem besteht, einen Ausbeutungsmissbrauch oder einen Behinderungs‐ mißbrauch festzustellen. Die Regelungen, die sich auf das faire Verhalten der Marktteilnehmer beziehen, insbesondere in der Werbung und bei Ver‐ kaufsförderungsmaßnahmen, sind im Lauterkeitsrecht der Mitgliedstaaten enthalten. Allerdings sind diese Vorschriften, vor allem durch Richtlinien der EU, soweit es den Geschäftsverkehr von Unternehmen mit Verbrauchern betrifft, mittlerweile weitgehend harmonisiert. 8.2 Konditionenpolitischer Rechtsrahmen Inhalt der Konditionenpolitik ist die Gestaltung der Absatzbedingungen. Ihr Ziel ist es, beim Abnehmer Präferenzen hervorzurufen. Instrumente dafür sind in erster Linie Rabatte, Geschäftsbedingungen sowie eine Ab‐ satzkreditpolitik. Die Konditionenpolitik bezieht sich auf Entscheidungen über die Ausgestaltung vertraglicher Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Vermarktung eines Produktes. Es gibt dabei Konditionen, die das Produkt selbst betreffen. Hierzu zählen neben Leistungsbeschreibun‐ gen, Leistungs- oder Änderungsvorbehalten auch Vereinbarungen eines Eigentumsvorbehalts. Darüber hinaus gibt es noch, sich auf die Lieferung beziehende Konditionen, zum Beispiel auf Lieferwege und -zeiten, sich auf den Preis beziehende Konditionen, zum Beispiel Regelungen, die Preiszu- und -abschläge sowie Preisnachlässe betreffen, sowie sich schließlich auf die Zahlung beziehungsweise Finanzierung beziehende Konditionen, zum Beispiel Fälligkeitsregelungen oder auch Ratenzahlungsvereinbarungen. Dabei besteht ein fließender Übergang von Bedingungen, die lediglich die geschuldete Hauptleistung (Warenlieferung) und die dazu gehörige Gegen‐ leistung (Zahlung des Kaufpreises) näher definieren, zum Beispiel Preisan‐ passungen beziehungsweise -änderungen oder Zahlungsbedingungen, und solchen, die zusätzliche Leistungen betreffen, zum Beispiel Nebenkosten oder eine Kreditgewährung durch Ratenzahlung. Konditionen werden in einem Vertrag vereinbart. Dieser ist eine der wichtigsten Gestaltungsformen, durch die eine Person durch eigenen Wil‐ lensentschluss gemeinsam mit einer anderen Person Rechtsverhältnisse be‐ gründen und inhaltlich gestalten kann, ohne staatliche Stellen hinzuziehen 86 8 Preispolitik <?page no="87"?> zu müssen. Ein Vertrag besteht aus zwei übereinstimmenden Willenserklä‐ rungen und begründet zwischen den Beteiligten eine rechtlich bindende Regelung. Unter Kaufleuten kann ein Vertrag unter bestimmten Umständen auch durch ein Schweigen begründet werden. Der Grund besteht in der Notwendigkeit einer schnellen Verständigung und zügigen Abwicklung von Handelsgeschäften. Zu nennen ist hier insbesondere das „kaufmän‐ nische Bestätigungsschreiben“, dem in der Praxis große Bedeutung zukommt. Gerade auch im Privatrecht spielen Verträge eine große Rolle und kommen in fast allen Rechtsgebieten vor. Am häufigsten sind Verträge im Schuld‐ recht, das heißt, wenn es um das Verhältnis Gläubiger und Schuldner geht. Dort unterscheidet man einseitig verpflichtende Verträge, zum Beispiel den Schenkungsvertrag oder Bürgschaftsvertrag, unvollkommen zweiseitig verpflichtende Verträge, zum Beispiel den Leihvertrag und schließlich vollkommen zweiseitig verpflichtende Verträge, zu denen man den Kauf-, den Miet- oder auch den Werkvertrag zählt. Im Sachenrecht werden durch Verträge dingliche Rechte, das heißt Rechte von Personen an Sachen begründet, übertragen oder abgeändert, zum Beispiel bei der Eigentumsübertragung oder der Bestellung eines Grund‐ pfandrechts. Im Familienrecht zählt hierzu der Ehevertrag. Im Erbrecht ist in diesem Zusammenhang der Erbvertrag zu nennen. Im Vertragsrecht gilt der Grundsatz pacta sund servanda. Wer einen Vertrag geschlossen hat, muss ihn auch halten. Eine einseitige Aufkündi‐ gung vertraglicher Verpflichtungen ist nur dort möglich, wo dies entweder vertraglich vereinbart oder vom Gesetz gestattet ist, zum Beispiel bei einer Anfechtung einer Erklärung wegen Irrtums oder eines Rücktritts wegen einer vertragswidrigen Leistung. Zum Schutz der Verbraucher vor übereilten und unüberlegten Vertragsabschlüssen (§ 13 BGB) hat der Ge‐ setzgeber, bedingt durch bindende Vorgaben des europäischen Gesetzgebers, einem Verbraucher in bestimmten Fällen ein befristetes Widerrufsrecht eingeräumt. Der Verbraucher, also derjenige, der Geschäfte zu privaten Zwecken abschließt (§ 13 BGB), ist nach Ausübung des Widerrufsrechts nicht mehr an den Vertrag gebunden. Widerrufsrechte gibt es bei „Außerge‐ schäftsraumverträgen“ (§ 312b, 355 BGB) und „Fernabsatzgeschäften“, also 8.2 Konditionenpolitischer Rechtsrahmen 87 <?page no="88"?> insbesondere beim Versandhandel oder Geschäften im Internet (§ 312c BGB) sowie bei Verbraucherdarlehensverträgen (§ 495 BGB). 8.3 Allgemeine Geschäftsbedingungen Regelmäßig erfolgt ein Vertragsabschluss durch ein Unternehmen mit seinen Kunden unter Verwendung vorformulierter Vertragsbedingungen (Allgemeine Geschäftsbedingungen), in deren Rahmen dieser die oben genannten Aspekte regeln möchte. Derartige Vorformulierungen dienen vor allem der Rationalisierung und der Rechtssicherheit in Bezug auf die Vertragsabwicklung. Man be‐ zeichnet diese vorformulierten Vertragsbedingungen in der Praxis häufig als das „Kleingedruckte“. Allerdings entsteht damit auch ein Risiko der Benachteiligung zu Lasten der anderen Vertragspartner. Mit vorformulier‐ ten Vertragsbedingungen nimmt der Verwender einseitig die vertragliche Gestaltungsmacht für sich in Anspruch, so dass wegen des fehlenden Verhandlungsgleichgewichts ein Schutzbedürfnis zugunsten der jeweiligen Vertragspartner entsteht. Diesem Schutzbedürfnis hat zunächst die Rechtsprechung unter Be‐ zugnahme auf die §§ 305, 242, 138 BGB Rechnung getragen, indem sie im Streitfall Vertragsklauseln, die den Vertragspartner des Verwen‐ ders von vorformulierten Vertragsbedingungen unangemessen, unter Berücksichtigung der Gebote von Treu und Glauben und des Sitten‐ widrigkeitstatbestandes, benachteiligen, für unwirksam erklärt. Der Gesetzgeber hat dafür die zahlreichen, zunächst lediglich von der Recht‐ sprechung aufgestellten Grundsätze normiert. So ist heute etwa das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) in den §§ 305-310 BGB geregelt. Nach § 305 Abs. 1 S. 1 BGB sind AGB dabei alle, für alle Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Partei bei Abschluss eines Vertrages stellt. Keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind dagegen solche Vertragsbedingungen, die im Einzelnen ausgehandelt worden sind (§ 305 Abs. 1 S.-3 BGB). 88 8 Preispolitik <?page no="89"?> AGB werden nur dann Vertragsbestandteil, wenn sie wirksam einbezo‐ gen worden sind. Erforderlich sind dabei nach § 305 Abs. 2 BGB ein ausdrücklicher Hinweis bei Vertragsabschluss, die zumutbare Verschaffung der Kenntnisnahme sowie das Einverständnis des anderen Vertragsteils. Werden AGB gegenüber einem Unternehmer oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts verwendet, so gelten diese strengeren Einbezie‐ hungsvoraussetzungen jeweils jedoch nicht. Ist die Klausel wirksamer Vertragsbestandteil, so liegt der Schwerpunkt der gerichtlichen Überprüfung von AGB im Bereich der Inhaltskontrolle. Danach kann das Gericht in einem Zivilprozess bestimmte Klauseln, etwa zu weitreichenden Haftungsausschlüssen oder zu weitgehenden Beschrän‐ kungen der Rechte des Kunden, für unwirksam erklären. Aus den §§ 307-309 BGB ergibt sich dazu im Einzelnen, in welcher Weise die AGB-Klauseln jeweils überprüft werden. In § 309 BGB sind kasuistisch Klauseln ohne Wertungsmöglichkeiten aufgelistet, die stets unwirksam sind, ohne dass es auf den Einzelfall ankommt, zum Beispiel ein Ausschluss des Rücktritts‐ rechts im Falle einer kaufrechtlichen Gewährleistung. In § 308 BGB sind Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit enthalten. Charakteristisch für diese Vorschrift ist, dass sie „unbestimmte Rechtsbegriffe“, zum Beispiel „unangemessen lange“, „hinreichend bestimmt“, „zumutbar“ oder „sachlich nicht gerechtfertigter Grund“ enthält und damit den Gerichten im Streitfall ermöglichen, im Einzelfall unter Berücksichtigung des Vertragszwecks und der Gesamtumstände über deren Wirksamkeit zu entscheiden. Findet eine Inhaltskontrolle nicht nach den §§ 309, 308 BGB statt, so greift die allgemeine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB mit einer General‐ klausel. Nach § 307 Abs. 1 BGB ist eine Klausel unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen der Gebote von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB liegt so eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel dann vor, wenn „eine Bestimmung mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Rege‐ lung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist“, zum Beispiel die Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Maklerprovision, die ohne Rücksicht auf ein ursächliches Tätigwerden im Hinblick auf den Abschluss des Hauptvertrages zu zahlen ist. Werden AGB gegenüber Unternehmern verwendet, so ist insbesondere die Inhaltskontrolle nach § 310 Abs. 1 BGB durch die Gerichte nicht so strikt als gegenüber Verbrauchern (§ 13 BGB). Die §§ 305 ff. BGB finden keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Familien-, Erb- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge und 8.3 Allgemeine Geschäftsbedingungen 89 <?page no="90"?> Betriebsvereinbarungen (§ 310 Abs. 4 BGB). In diesen Bereichen werden Verträge allerdings ohnehin kaum durch Allgemeine Geschäftsbedingungen gestaltet (Zerres, T./ Zerres, C., Marketingrecht, S.-103-150). 90 8 Preispolitik <?page no="91"?> 9 Kommunikationspolitik 9.1 Werbung In der Kommunikationspolitik differenziert man üblicherweise noch einmal in mediale Werbung und Direktkommunikation. Träger einer medialen Werbung (Medienwerbung) sind das Fernsehen und der Rundfunk sowie die Druckmedien. Ihr Ziel ist es zunächst, Produkte und Dienstleistungen bekannt zu machen. Darüber hinaus sollen Kundeneinstellungen beeinflusst werden, indem diese dazu beizutragen versucht, Vorurteile gegenüber einem Produkt oder einem Unternehmen abzubauen und eine Wertschät‐ zung gegenüber dem Angebot zu schaffen beziehungsweise zu fördern. Grundsätzlich dient sie vornehmlich dazu, den Einsatz der anderen Mar‐ ketinginstrumente zu unterstützen. Den rechtlichen Rahmen stellt hier das Wettbewerbsrecht dar. Zu diesem zählt im Wesentlichen das bereits erwähnte Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Der Zweck des UWG besteht in dem Schutz der Mitbewerber vor unlauteren Wett‐ bewerbshandlungen, Schutz der Verbraucher vor Beeinträchtigung durch unlautere Wettbewerbsmaßnahmen sowie in dem Schutz der sonstigen Marktteilnehmer. Verstöße gegen Vorschriften des UWG werden grundsätzlich mit Hilfe von zivilrechtlichen Ansprüchen bekämpft. Danach kann etwa derjenige, der eine unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Ist beispielsweise ein irreführendes Werbeplakat eines Mitbewer‐ bers der Streitgegenstand, richtet sich der Unterlassungsanspruch auf die Verpflichtung des Unternehmers, dieses nicht mehr aufzuhängen. Dagegen geht der Beseitigungsanspruch auf die Beseitigung der Störung (sofern diese andauert), also auf das Entfernen des Plakats. Klagebefugt sind grundsätzlich die Mitbewerber, Verbraucherverbände, die Industrie- und Handelskam‐ mern oder Handwerkskammern sowie die Wettbewerbszentrale in Bad Homburg; auf deren Website unter https: / / www.wettbewerbszentrale.de finden sich viele Informationen und Beispiele zu unlauteren Handlungen. Nicht nach den Regeln des UWG klagebefugt ist dagegen der einzelne Ver‐ braucher, auch wenn er unmittelbar von einer unseriösen Werbemaßnahme betroffen ist. <?page no="92"?> Im UWG wird grundlegend bestimmt, dass unlautere geschäftliche Hand‐ lungen unzulässig sind. Es enthält in den nachfolgenden Bestimmungen eine Reihe sogenannter Unlauterkeitstatbestand (§§ 3 bis 7 UWG). Zu nennen sind der Rechtsbruch, zum Beispiel ein Verstoß gegen die Impressumpflicht. Unlauter sind weiterhin aggressive und irreführende geschäftliche Hand‐ lungen. Von großer praktischer Bedeutung, insbesondere auch im Online‐ geschäft oder bei der Nutzung von Social Media, ist dabei der Tatbestand der Irreführung. Eine irreführende Werbung nach dem UWG liegt in jedem Fall dann vor, wenn die Werbeaussage unwahr ist. Irreführend sind daher vor allem unwahre Angaben über die Verfügbarkeit („Lockvogelwerbung“), unwahre Angaben über die geographische oder betriebliche Herkunft (zum Beispiel „Lübecker Marzipan“, wenn es nicht in Lübeck hergestellt worden ist), unwahre Angaben über den Preis, beziehungsweise die Berechnung des Preises. So liegt eine Irreführung bei einer Preiswerbung vor (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 UWG), wenn mit einer Preisherabsetzung geworben wird, der „alte“ Preis jedoch gar nicht oder nur für eine „unangemessen kurze Zeit“ verlangt wurde („Mondpreise“); der Begriff „unangemessen kurze Zeit“ lässt sich nicht pauschal beantwor‐ ten, sondern ist im Einzelfall von den Gerichten unter Berücksichtigung der Marktverhältnisse oder der Art des Produkts zu bestimmen. Unlauter ist vor allem auch die Verwendung von Umweltzeichen, ohne das die dafür erforderlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Vor allem bei der Werbung mit der Umweltfreundlichkeit von Produkten oder auch bei der Verwendung der Vorsilben „Bio“ und „Öko“ oder dem Begriff „klimaneutral“ sind zur Vermeidung einer unlauteren Irreführung der Kunden nach dem UWG unmissverständliche Aufklärungshinweise anzugeben, die erläutern, in welcher Weise das Produkt umweltfreundlicher ist als andere oder es eine besondere Bio-Qualität besitzt. Die bisweilen zu beobachtende Praxis der Unternehmen, sich im Rah‐ men der Werbung in Bezug auf die Umweltfreundlichkeit besser dar‐ zustellen als sie tatsächlich sind, wird allgemein als „Greenwashing“ 92 9 Kommunikationspolitik <?page no="93"?> bezeichnet. Hier sind auf Ebene der EU strengere Regelungen in Pla‐ nung, die zwingend von den Mitgliedstaaten zu beachten und in das jeweils nationale Recht zu übernehmen sind. Irreführend kann aber auch eine Werbung sein, die zwar wahr ist, aber im Gesamtkontext geeignet ist, die Kunden irrezuführen. Ein aktuelles Anwendungsfeld bietet hier die verschleierte Werbung im Internet. So sind etwa Einträge in „Bewertungsportalen“, die Erfahrungen von Nutzern mit einem Produkt oder einer Dienstleistung wiedergeben, für viele Verbraucher heute eine wichtige Informationsquelle. Sie sind daher auch ein beliebtes Instrument zur Tarnung von Werbung. Eine unlauter getarnte Werbung liegt etwa dann vor, wenn sie gefälscht ist oder von dem Eintragenden ein Entgelt dafür bezahlt wird. Vergleichende Werbung ist dagegen bei Vorliegen der im Gesetz genann‐ ten Voraussetzungen, insbesondere der Wahrheitsgemäßheit der Werbeaus‐ sage, deren Nachprüfbarkeit sowie keine Herabsetzung der Konkurrenz, zulässig (§ 6 UWG). Zur Direktkommunikation zählt man auch den Vertreterbesuch, das Tele‐ fon- und das Onlinemarketing. Aus rechtlicher Sicht ist hier vor allem wieder das UWG maßgebend. Danach ist eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, unzulässig. Unter einer Belästigung versteht man dabei die Beeinträchtigung der privaten oder geschäftlichen Sphäre durch die Art und Weise der Kontaktaufnahme mit dem jeweiligen Marktteilnehmer. Es geht dabei nicht um den belästigenden Inhalt einer Werbebotschaft, sondern um die Art und Weise der Werbung. Insbesondere ist eine erkennbar unerwünschte Werbung nicht zulässig. Erfasst werden sollen damit Situationen, wie etwa das gezielte Ansprechen von Personen in der Öffentlichkeit, das Zusenden unbestellter Waren sowie die Haustürwerbung. Das Ansprechen in der Öffentlichkeit, zum Beispiel auf Straßen, in Geschäftspassagen oder Bahnhöfen, um Verbraucher zu einem Geschäftsabschluss zu bewegen, stellt dann eine unzumutbare Belästigung dar, wenn der Werber sich nicht als solcher zu erkennen gibt. Telefonwerbung ist im „Consumer“-Bereich ohne vorherige ausdrückli‐ che Einwilligung der beworbenen Verbraucher stets unzulässig. Ein aktives Telefonmarketing kann dagegen im „Business“-Bereich, also allgemein ge‐ genüber sonstigen Marktteilnehmern, dann wettbewerbsrechtlich zulässig sein, wenn zumindest eine mutmaßliche Einwilligung angenommen werden 9.1 Werbung 93 <?page no="94"?> kann. Nach der Rechtsprechung kommt es darauf an, ob der Werbende bei verständiger Würdigung der Umstände annehmen durfte, dass der Angerufene einen solchen Anruf erwarte oder ihm jedenfalls positiv ge‐ genüberstehen würde. Es kommt darauf an, ob ein konkreter, aus dem Interessenbereich des Angerufenen herzuleitender Grund vorliegt (BGH, GRUR 2010, 93 - Telefonwerbung nach Unternehmenswechsel). Eine Werbung unter Verwendung von E-Mail oder SMS bedarf dage‐ gen stets einer vorherigen ausdrücklichen Einwilligung (Opt-in) des Adressaten. Die Rechtsprechung stellt an die Einwilligung in die Kon‐ taktaufnahme per Telefon oder E-Mail hohe Anforderungen. Eine Tele‐ fonwerbung ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung stellt zudem eine bußgeldbewehrte Ordnungswidrigkeit dar (§ 20 UWG). Hinzukommen noch weitere Einwilligungserfordernisse nach der DSGVO, zum Beispiel zur Datenspeicherung. Es ist dabei grundsätzlich zu empfeh‐ len, die Einwilligung des Adressaten in einer gesonderten Erklärung zu erheben, die von anderen Vertragsinhalten getrennt ist. Bei elektronisch er‐ klärten Einwilligungen, insbesondere bei Newsletter-Abonnements, reicht eine einfache Angabe der E-Mail-Adresse nicht aus. Der Versender einer Werbe-E-Mail trägt im Streitfall die Beweislast für das Vorliegen einer Einwilligung des Empfängers (Blind/ Stumpfrock, S.-626). 9.2 Social Media Überblick über den Rechtsrahmen Für ein Start-up kann auch eine Präsenz in den sozialen Medien aus Marketinggesichtspunkten von Bedeutung sein. Während die klassischen Kanäle als sogenannte Monologmedien bezeichnet werden können, han‐ delt, es sich bei den sozialen Medien um Dialogmedien. Sie ermöglichen eine Interaktion mit den Nutzern, also den Kunden wie auch der Kunden untereinander. Diese können sich aktiv durch Kommentare, Bewertungen und Empfehlungen einbringen. Zu den bekanntesten sozialen Netzwerken zählen gegenwärtig 94 9 Kommunikationspolitik <?page no="95"?> ● Facebook, ● Xing, ● X (vormals: Twitter), ● Tiktok, ● Instagram, ● LinkedIn und ● Youtube. Dabei gilt es nicht nur bei der Auswahl eines Mediums, die jeweiligen Ziele oder vorhandene Ressourcen zu bestimmen, sondern es sind vor allem auch eine Reihe an rechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten (siehe Abb. 1). Rahmenbedingungen der Social-Media- Nutzung Medien- Dienstestaatsvertrag (MStV) Digitale- Dienste-Gesetz (DDG) Markenrecht (MarkenG) Zivilrecht (BGB) Urheberrecht (UrhG) Wettbewerbsrecht (UWG) Äußerungsrecht (GG, BGB, StrafR) Datenschutzrecht (DSGVO, BDSG) Nutzungsbedingungen der Plattformbetreiber Abbildung 1: Rechtsrahmen „Social Media“ Bei der Nutzung von Social Media für das Marketing sind mehrere rechtliche Regelungen zu beachten. Dabei geht es um unterschiedliche Aspekte, wie etwa die Nutzungsbedingungen der sozialen Netzwerke, die Wahl eines Account-Namens, das Impressum, die Anforderungen an den Datenschutz und die Datenschutzerklärung, die Wahrung fremder Urheberrechte oder den Schutz von Persönlichkeitsrechten. Die rechtlichen Fragestellungen, die sich aus Betrieb und Nutzung sozialer Medien ergeben, betreffen etwa das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) und den Mediendienstestaatsvertrag (MStV), aber auch zahlreiche andere Rechtsgebiete. Hierzu zählen vor allem 9.2 Social Media 95 <?page no="96"?> Vertrags-, Marken-, Namens-, Urheber-, Persönlichkeits-, Datenschutz- und Wettbewerbsrecht. Dabei werden, alleine schon aufgrund der Internetprä‐ senz, Parallelen zu den rechtlichen Anforderungen beim Onlinevertrieb (E-Commerce) erkennbar. Nutzungsbedingungen der Social-Media-Plattformen Wer auf Social-Media-Plattformen präsent sein möchte, muss bei der Regis‐ trierung einen Nutzungsvertrag mit einem Plattformanbieter abschließen. Regelmäßig liegen diesem Vertrag dann auch Allgemeine Geschäftsbedin‐ gungen, Nutzungsbedingungen und Datenschutzbestimmungen zugrunde, mit denen sich der Nutzer einverstanden erklären muss. Dem Anbieter steht ein virtuelles Hausrecht zu, das heißt, er kann den Rahmen vorgeben, in dem sich die Nutzer bewegen dürfen. Häufig stellen die Plattformanbieter Verhaltensregeln auf, die ebenfalls Bestandteil der Vertragsbeziehung sind. Diese Regeln schreiben zum Beispiel den Umgang der Nutzer untereinander vor. Eine Missachtung der (rechtlich nicht immer zweifelsfreien) Vorschrif‐ ten der Social-Media-Plattform kann dazu führen, dass der Nutzer-Account gesperrt oder gelöscht wird. Da ein solcher Sachverhalt einen großen Imageschaden verursachen kann, ist es zu empfehlen, sich rechtzeitig über die Bedingungen der Plattformen zu informieren. Viele Plattformanbieter haben ihren Sitz im Ausland. Dies führt zu der Frage, welches Recht auf die Vertragsbeziehung zwischen Anbieter und Nutzer anzuwenden ist. Bei grenzüberschreitenden vertraglichen Schuldverhältnissen ist das anwendbare Recht nach der Verordnung (EG) Nr. 593/ 2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-VO) zu bestimmen. Nach Art. 3 Rom I-VO gilt grundsätzlich freie Rechtswahl. Aus diesem Grund enthalten die AGB eines Plattformanbieters eine Rechtswahlklausel, die festlegt, welches Recht jeweils auf den Vertrag Anwendung findet. Im Falle eines Vertrags mit Verbrauchern ist jedoch die Rechtswahlfreiheit aus Verbraucherschutzgründen durch Art. 6 Abs. 2 S. 2 Rom I-VO eingeschränkt, das heißt, dass die zwingenden verbraucherschützenden Regelungen nicht abbedungen werden können und die Rechtsnormen des Staates gelten, in 96 9 Kommunikationspolitik <?page no="97"?> dem die Kunden wohnen, an die das Angebot gerichtet ist. Im Geschäfts‐ verkehr können die Anbieter allerdings durch ihre Nutzungsbedingungen ausländisches Recht gegenüber Unternehmern wirksam in den Vertrag einbeziehen. Wahl des Nutzer-Namens Im Rahmen der Registrierung muss der Name für ein Profil gewählt werden. Diesen sogenannten Account-Namen, unter welchem das eigene Unterneh‐ men auftritt und gefunden werden kann, kann unter Beachtung der jewei‐ ligen Nutzungsbedingungen der Plattformanbieter frei gewählt werden. Grundsätzlich werden solche Account-Namen (Account-IDs) der zeitlichen Rangfolge nach vergeben. Jeder Name kann auf der jeweiligen Plattform nur einmal verwendet werden. Bei der Wahl eines Account-Namens gelten grundsätzlich dieselben Rechtsgrundsätze wie bei der Wahl von Domainna‐ men. Ein Unterschied besteht darin, dass es, anders als bei Domainnamen, bei der TLD (zum Beispiel „de“, „com“) keine regionalen oder branchenspe‐ zifische Kategorien gibt. So kann zum Beispiel ein X-Account weltweit nur einmal registriert werden. Das macht das Prioritätsprinzip so bedeut‐ sam, dass derjenige, der als erstes eine Bezeichnung bei dem Plattformanbieter für sich beansprucht, das Recht hat, den Namen zu verwenden; das bedeutet also, dass ein Name auf der entsprechenden Plattform nur einmal verwendet werden darf. Das Prioritätsprinzip gilt allerdings nicht unbegrenzt, sondern nur inso‐ weit, als Rechte Dritter nicht verletzt werden, insbesondere das Marken‐ recht (§§ 5, 15 Markengesetz) und das allgemeine Namensrecht (§ 12 BGB). Handelt es sich bei der Nutzung eines Unternehmensnamens als Account-Name um ein Unternehmenskennzeichen nach dem MarkenG, das im geschäftlichen Verkehr als Name (§ 12 BGB), Firma (§ 17 HGB) oder besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebes genutzt werden kann, so ist dieses nach §§ 5 Abs 2, 15 MarkenG geschützt. Wird ein solches Unternehmenskennzeichen unbefugt im geschäftlichen Verkehr benutzt und liegt eine Verwechslungsgefahr vor, so kann von dem Anmelder des Accounts die Freigabe des Namens erreicht werden. Wird der Account-Name nicht im geschäftlichen Verkehr verwendet, zum Beispiel im Falle einer Fanseite, scheiden Ansprüche nach dem Mar‐ kenG sowie aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) aus. In diesem Fall kommt das zum Markenrecht subsidiäre Namensrecht 9.2 Social Media 97 <?page no="98"?> nach § 12 BGB zur Anwendung. Es ist einschlägig, wenn das Interesse des Markenbeziehungsweise Unternehmenskennzeicheninhabers dadurch verletzt wird, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht. Ein solcher unbefugter Gebrauch kann schon dann vorliegen, wenn durch die Verwendung desselben Namens eine Zuordnungsverwirrung entstehen kann; dieser Fall wird juristisch als Namensanmaßung bezeichnet. Markenrechte sind aber auch im Verlauf der Nutzung von Social Media zu beachten. Grundsätzlich darf nur der Markeninhaber seine Marken oder sonstigen Kennzeichen im geschäftlichen Verkehr nutzen. Eine Nutzung durch einen Dritten stellt immer dann einen Rechtsverstoß dar, wenn dies ohne Zustimmung des Markeninhabers geschieht und eine sogenannte markenmäßige Benutzung vorliegt. Eine solche mar‐ kenmäßige Benutzung ist immer dann anzunehmen, wenn ein Zeichen von einem Dritten für seine Waren oder Dienstleistungen in der Weise benutzt wird, dass die Abnehmer es als Herkunftskennzeichnung dieser Waren oder Dienstleistungen auffassen und damit eine Verwechslungs‐ gefahr besteht (EuGH, GRUR 2007, 971, EuGH, Urteil vom 11.09.2007 - C 17/ 06, Rn 27 - Céline; EuGH, Urteil vom 12.11.2002 - Rs. C-206/ 01, GRUR 2003, 55, Rn. 51 ff. - Arsenal Football Club). Anforderungen an ein Impressum Eine wichtige Regelung für Social-Media-Präsenzen ist die in § 5 DDG normierte Impressumpflicht (Anbieterkennzeichnung), deren Zweck in der Information der Nutzer und damit der Transparenz besteht. Diese Informa‐ tionspflicht ist für alle Unternehmen zwingend, die als Diensteanbieter im Sinne des Digitale-Dienste-Gesetzes gelten, also für diejenigen, die ein Social-Media-Profil geschäftsmäßig betreiben. Die erforderliche Geschäfts‐ mäßigkeit liegt bereits dann vor, wenn das Profil kommerziell ausgestaltet ist und dem Vertrieb oder der Bewerbung von Waren und Dienstleistungen dient (Solmecke, S.-3). Zu nennen sind im Impressum vor allem Name, Anschrift, Kontaktdaten, Kammerzugehörigkeiten oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Das Impressum muss leicht erkennbar und unmittelbar erreichbar sein sowie ständig verfügbar gehalten werden. Es sollte von jeder Unterseite des Angebots aus mit zwei Klicks erreichbar sein. Zulässig ist sowohl die 98 9 Kommunikationspolitik <?page no="99"?> Verwendung des Begriffs Impressum als auch - wenn auch weniger üblich - die Begriffe Anbieterkennzeichnung oder Kontakt. Profilseiten, die rein pri‐ vaten Zwecken dienen, fallen dagegen nicht unter diese Impressumpflicht. Daneben kann sich eine Impressumpflicht auch aus dem Mediendienstes‐ taatsvertrag (§ 18 MStV) ergeben, die inhaltlich weitergehende Angaben erfordert. Diese weitergehenden Anforderungen an die Impressumpflicht gelten dann, wenn es sich um ein journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot handelt und nicht ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dient (Solmecke, S.-4). Datenschutz und Datenschutzerklärung In den vergangenen Jahren hat das Datenschutzrecht erheblich an Bedeu‐ tung gewonnen. In sozialen Medien geben die Nutzer unzählige Daten von sich preis, die als personenbezogene Daten vom Gesetzgeber geschützt werden. Darunter fallen im Kontext der Nutzung sozialer Netzwerke insbe‐ sondere die Einzelgaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse, wie Namen, E-Mail-Adressen, IP-Adressen oder Fotos, die die Identifizierung einer Person ermöglichen. Die Wahrung dieser Informationen ist mit dem anerkannten Allgemeinen Persönlichkeitsrecht im Grundgesetz (Art. 2 Abs. 1, 1 GG) verfassungsrechtlich verankert. Das daraus resultierende Recht auf informationelle Selbstbestimmung gewährt jeder Person das Recht, selbst über die Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen. Seit 2018 gilt in der EU die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Aufgrund der dort enthaltenen Öffnungsklauseln hat der deutsche Gesetzgeber ergänzend das BDSG-neu erlassen, das gleichzeitig mit der DSGVO in Kraft getreten ist. Das Daten‐ schutzrecht folgt dem Grundsatz des Verbots mit Erlaubnisvorbehalt, das heißt, dass die Erhebung, Nutzung und Weiterverarbeitung personenbezo‐ gener Daten grundsätzlich verboten ist, es sei denn, der Betroffene hat ausdrücklich eingewilligt oder es ist aus anderen Gründen gesetzlich erlaubt. Die Vorschriften zum Datenschutz haben für Social-Media-Präsenzen eine zentrale Bedeutung, vor allem für die nach dem Gesetz „Verantwortli‐ chen“. Verantwortlicher für Datenschutzverstösse sind nicht nur das soziale Netzwerk, sondern auch der Betreiber der Profilseite (EuGH, Urteil vom 5.6.2018, Rs. C-210/ 16). 9.2 Social Media 99 <?page no="100"?> Das bedeutet, dass etwa Facebook und der Betreiber der Facebook-Seite „Gemeinsame Verantwortliche“ im Sinne des Datenschutzrechts sind; die Vereinbarungen zwischen Nutzer und der Social-Media-Plattform können hier vorsehen, wer im Einzelnen datenschutzrechtliche Anfor‐ derungen zu erfüllen hat. Eine wesentliche Pflicht für den Betreiber eine Profilseite besteht darin, eine Datenschutzerklärung für den Nutzer bereitzuhalten, damit dieser sich über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung seiner personenbezogenen Daten informieren kann. Diese Informationen sind den Nutzern der Profilseite präzise, transparent, verständlich und leicht zugänglich mitzuteilen (Art. 12 bis 14 DSGVO) und für diesen jederzeit mit einem Klick von jeder Unterseite aus erreichbar sein (Solmecke, S.-4). Nutzung und Verbreitung von Texten, Fotos und Videos Die Verbreitung von Bildern ist in sozialen Netzwerken eine beliebte Form der Kommunikation, insbesondere in Netzwerken wie Instagram, auf der nur Bilddateien veröffentlicht werden können. Auch hier können rechtliche Risiken entstehen, wenn darauf Personen abgebildet sind. Mit der Veröffent‐ lichung eines Bildes können Persönlichkeitsrechte, namentlich das Recht am eigenen Bild der abgebildeten Person, verletzt werden. Der Gesetzgeber sieht allerdings auch Ausnahmen vor, die die Veröf‐ fentlichung von Bildern unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt. Das Recht am eigenen Bild, nach dem jeder Mensch selbst bestimmen darf, ob überhaupt und in welchem Zusammenhang Bilder von ihm veröffentlicht werden, ist eine Folge des durch das Grundgesetz garantierten allgemeinen Persönlichkeitsrechts und damit auch im Rechtsverkehr zu beachten. Die unbefugte Anfertigung und Verbreitung seines Bildnisses muss danach grundsätzlich niemand dulden. Die Rechtsgrundlage für den Schutz des Rechts am eigenen Bild stellen die in §§ 22 bis 24 des „Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie“ (Kunsturhebergesetz, KUG) dar. Nach § 22 KUG sind die Verbreitung und öffentliche Zurschaustellung von Bildnissen grundsätzlich nicht ohne Ein‐ willigung des Abgebildeten zulässig. Ausnahmen davon normiert der in § 23 Abs. 1 KUG abschließend geregelten Katalog. Danach dürfen zugunsten der 100 9 Kommunikationspolitik <?page no="101"?> ● Informations-, ● Abbildungs-, ● Meinungs- und ● Kunstfreiheit Bildnisse auch dann ohne Einwilligung des Abgebildeten veröffentlicht werden, wenn es sich um solche aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelt oder um Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Land‐ schaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen sowie um Bilder von Versamm‐ lungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben oder um Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Zurschaustellung einem höhe‐ ren Interesse der Kunst dient. Zu den Personen der Zeitgeschichte zählen vor allem berühmte Persönlichkeiten, wie Staatsoberhäupter, Filmschauspieler oder Sportler. Ausgeschlossen sind jedoch Fotos aus deren Privatleben, an welchen die Öffentlichkeit kein berechtigtes Interesse hat. Auch ist das wirtschaft‐ liche Ausnutzen von Bildnissen berühmter Persönlichkeiten verboten. Die Abbildung darf zum Beispiel nicht ohne Einwilligung mit Werbe‐ botschaften versehen werden. Ergibt eine rechtliche Prüfung, dass eine Einwilligung des Abgebildeten notwendig ist, so kann dies ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten erfolgen und wird immer dann zumindest vermutet, wenn der Abgebildete dafür eine Entlohnung erhalten hat (§ 22 S. 2 KUG). Um das Vorliegen einer rechtlich wirksamen Einwilligung nachweisen zu können, muss der Einwil‐ ligende grundsätzlich wissen, worin er einwilligt. Das bedeutet, dass er zumindest im Rahmen der Möglichkeiten wissen müsste, welcher Zweck mit dem Foto verfolgt wird. Aus Gründen der Beweislast, sollte die Einwilligung schriftlich fixiert werden und auch eine Nutzung in sozialen Netzwerken umfassen. Wird gegen das Recht am eigenen Bild verstoßen, so kann der Abgebildete Ansprüche gegen den Verwender geltend machen. In Betracht kommen hier insbesondere Beseitigungs-, Unterlassungs-, Schadensersatzwie auch Geldentschädigungsansprüche (Solmecke, S.-5). Wird von Seiten des Start-ups Bildmaterial in sozialen Netzwerken ver‐ wendet, dann ist dabei nicht nur das Recht am eigenen Bild der abgebildeten 9.2 Social Media 101 <?page no="102"?> Person zu beachten, sondern auch das Urheberrecht der Person, die das Bild angefertigt hat. Das Urheberrecht spielt jedoch nicht nur in Bezug auf Bilder beziehungsweise Fotos eine Rolle. Vielmehr kommt dieses Recht stets dann zur Anwendung, wenn Bilder, Videos, Musik oder Texte, die von Dritten angefertigt wurden, über den eigenen Kanal geteilt werden sollen. Dies gilt auch dann, wenn diese Inhalte im Internet frei zugänglich heruntergeladen werden konnten. Der Umstand der freien Zugänglichkeit bedeutet nicht, dass jeder diese auch nach Belieben nutzen darf. Zudem besteht gerade bei professionellen Auftritten in sozialen Netzwerken keine Möglichkeit, den Empfängerkreis des Bildes oder Videos einzuschränken, weshalb die öffentliche Zugänglichmachung des Bildes ohne Einwilligung des Urhebers eine Verletzung seiner Rechte darstellt, die eine Haftung nach sich ziehen kann. Das bereits erwähnte Urheberrecht schützt Werke der Literatur, Kunst und Wissenschaft, die eine persönliche geistige Schöpfung darstellen. Dar‐ unter fallen beispielsweise Fotos, Texte, Videos oder Musik. Es sichert seinem Schöpfer als Urheber das alleinige und ausschließliche Recht zu, sein Werk zu verwerten. Dies bedeutet besonders im Social-Media-Bereich, dass der Urheber selbst über das Ob und Wie der Vervielfältigung, der öffentlichen Zugänglichmachung und der Bearbeitung eines Werkes ent‐ scheiden darf. Dabei ist es unerheblich, ob es sich bei dem Werk um ein Amateurprodukt oder um ein aufwendig produziertes professionelles Werk handelt. Hinsichtlich der Rechtmäßigkeit eingestellter Inhalte muss dann zwi‐ schen Bildern und Videos auf der einen Seite sowie Texten auf der anderen Seite unterschieden werden. Ein Werk muss, um urheberschutzfähig zu sein, einen gewissen Grad an Individualität und Kreativität aufweisen. Ist diese sogenannte Schöpfungshöhe erreicht, ist ein Werk schutzfähig. Fotos erreichen in der Regel die notwendige Schöpfungshöhe. Bei Sprachwerken muss jedoch eine individuelle Betrachtung erfolgen. Kurze Tweets sind dagegen nicht geschützt, wenn keine besondere Indivi‐ dualität gegeben ist. Bei längeren Texten hingegen ist es wahrscheinlicher, dass es sich um persönliche geistige Schöpfungen handelt und diese ge‐ schützt sind. In engen Grenzen erlaubt das Urhebergesetz die Nutzung urheberrecht‐ lich geschützter Inhalte ohne Einwilligung. Hier ist vor allem das Zitatrecht zu nennen (§ 51 UrhG), das nicht nur Wortzitate erfasst, sondern auch Video- oder Bildzitate. Voraussetzungen für das Zitatrecht ist vor allem, dass das 102 9 Kommunikationspolitik <?page no="103"?> Zitat korrekt und vollständig ist, nicht verändert oder entstellt wird und in einem angemessenen Umfang erfolgt (Solmecke, S.-8). Besonders häufig werden soziale Netzwerke dazu genutzt, Bilder oder Videos mit der eigenen Community zu teilen. Zuvor sollte ein Start-up bei jeder Verwendung eines urheberrechtlich geschützten Werkes überprüfen, ob es das Recht hat, dieses für seine Zwecke zu verwenden. Entscheidend für die Rechtmäßigkeit der Nutzung durch Dritte ist die Einwilligung des Urhe‐ bers. Dies gilt auch dann, wenn leichte Änderungen an dem ursprünglichen Bild oder Video vorgenommen werden. Solange das ursprüngliche Bild noch in der Bearbeitung weiterwirkt, ist es vom Urheberrecht geschützt. Dies schützt den Urheber auch vor der unbefugten Bearbeitung oder sonstigen Umgestaltung seines Werkes in qualitativer oder quantitativer Hinsicht. Da nur der jeweilige Urheber entscheiden kann, was mit seinem Werk geschieht, steht diesem ansonsten ein Unterlassungs- oder Beseitigungsan‐ spruch zu. Möchte ein Start-up für die Nutzung von Werken Dritter kein Entgelt zahlen oder mit dem Urheber nicht in Verhandlung von Nutzungsrechten treten, so kann es auch auf die kostenlosen Alternativen der Creative-Com‐ mons-Inhalte zurückgreifen; allerdings sind auch hier die jeweiligen Lizenz‐ bedingungen zu beachten, zum Beispiel die Namensnennung sowie das Verbot der Bearbeitung und der kommerziellen Nutzung (Solmecke, S.-8). Äußerungen von Nutzern Soziale Medien sind Kommunikationsplattformen, auf denen sich Menschen frei äußern können. Meinungsfreiheit ist ein Grundrecht nach Art. 5 Abs. 1 GG und ermöglicht jedem Bürger die Äußerung und Verbreitung seiner Meinung. Jedoch unterliegt der Inhalt einer Äußerung rechtlichen Grenzen. Nach Art. 5 Abs. 2 GG wird die Meinungsfreiheit durch allgemeine Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und dem Recht auf Schutz der persönlichen Ehre eingeschränkt. Für die Beurteilung der Zulässigkeit einer Äußerung muss zwischen Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung unterschieden werden. Die Meinungsfreiheit ist in Deutschland durch das Grundgesetz weit‐ gehender geschützt als bei Tatsachenbehauptungen. Eine Unzulässigkeit ist stets mangels Schutzwürdigkeit bei der Äußerung oder Verbreitung unwahrer Tatsachen gegeben. Die Äußerung von wahren Tatsachen ist grundsätzlich zulässig, wenn sie nicht in die Intimsphäre einer Person 9.2 Social Media 103 <?page no="104"?> eingreifen. Unzulässig sind allerdings Beleidigungen (mit Fäkalsprache) oder Schmähkritik, deren Zweck alleine darin besteht, einen anderen her‐ abzuwürdigen; solche Äußerungen sind nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt (Solmecke, S.-7). Ist eine Äußerung aufgrund des Verstoßens gegen das Persönlichkeits‐ recht einer anderen Person oder auch eines Unternehmens unzulässig, kön‐ nen Beseitigungsansprüche und, bei Wiederholungsgefahr, Unterlassungs‐ ansprüche nach dem BGB geltend gemacht werden. Des Weiteren können bei gravierenden Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht Dritter Schadens‐ ersatzansprüche nach den BGB entstehen. Ansprüche aus Schutzgesetzen nach dem BGB sind ebenfalls in Betracht zu ziehen; ein Beispiel für ein solches Schutzgesetz ist die strafrechtliche Norm der Beleidigung nach dem Strafgesetzbuch. Zudem können Verletzungen des Persönlichkeitsrechts Dritter auch Konsequenzen von Seiten des Plattformbetreibers nach sich ziehen, die zum Beispiel solche Posts löschen können. Haftungsrechtliche Aspekte Im Haftungsrecht geht es um die Frage, wann ein Unternehmen haftet, vor allem in Bezug auf von Dritten veröffentlichte Inhalte. Für eigene Inhalte auf einer Social-Media-Plattform haftet der Betreiber der Seite selbst. Das gilt für alle von ihm selbst auf der eigenen Seite hochgeladenen Inhalte als auch für Kommentare und Postings auf fremden Seiten. Die Haftung bestimmt sich dann nach den Vorschriften, deren Schutzrecht verletzt worden ist, also zum Beispiel nach dem Urheber-, Marken- oder Persönlichkeitsrecht. Ein Betreiber einer Profilseite haftet dagegen grundsätzlich nicht für fremde Informationen, zum Beispiel solche, die auf seiner Seite veröffent‐ licht werden. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Unternehmen jedoch auch für fremde Inhalte haften. Eine Haftung kommt dann in Betracht, wenn sich der Betreiber der Seite den Inhalt „zu Eigen macht“ (BGH, Urteil vom 12.11.2009, Az. I ZR 166/ 07). Ein solches „Zu Eigen machen“ wird grundsätzlich dann angenommen, wenn ein objektiv durchschnittlicher Nutzer den Eindruck gewinnen muss, dass sich der Betreiber der Seite in der Form mit dem Inhalt identifiziert, dass diese als eigene erscheint, was unter Umständen 104 9 Kommunikationspolitik <?page no="105"?> bereits durch das Betätigen des „Gefällt mir- Button“s angenommen werden kann (Solmecke, S.-12 f.). Werbung Start-ups sind auf Social-Media-Plattformen präsent, um ihre Leistungen zu präsentieren. Dabei treten sie mit potenziellen Kunden in Kontakt und versuchen, das Interesse daran zu steigern. Bei einem solchen Social-Me‐ dia-Marketing sind die einschlägigen Regelungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu beachten, zum Beispiel in Bezug auf Irreführung oder Vergleiche mit Mitbewerbern (§§ 5, 6 UWG). So ist auch das gezielte Verschicken von E-Mails mit werblichem Inhalt ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten ein Fall von unzumutbarer Belästigung (§ 7 UWG). Darüber hinaus können auch die speziellen Nut‐ zungsbedingungen der jeweiligen Plattformen Vorschriften für Marketing‐ aktivitäten beinhalten. Derjenige, der Postings und Videos zu Werbezwecken veröffentlicht, muss den werblichen Charakter stets deutlich machen sowie die redaktio‐ nellen von den werblichen Inhalten trennen. Anderenfalls handelt es sich um eine unzulässige Schleichwerbung. Ist der Inhalt eines Beitrages als Werbung deutlich erkennbar, muss dies nicht speziell gekennzeichnet werden, also vor allem dann nicht, wenn es sich um das eigene Produkt handelt. Eine Kennzeichnungspflicht kann allerdings dann erforderlich sein, wenn man für Dritte Werbung betreibt und hierfür eine Art Gegenleistung erhält. Solche Gegenleistungen müssen dabei nicht unbedingt in Geldzahlungen bestehen oder im Überlassen kostenloser Produkte; in Betracht kommen auch Provisionen, Rabatte, Einladungen zu Events oder Kostenübernahmen. In diesen Fällen ist zur Vermeidung einer Unzulässigkeit (und möglicher kostenpflichtiger Abmahnungen) eine deutliche Kennzeichnung als „Werbung“ erforderlich. Für Videos und auditive Beiträge, wie Podcasts, sind die speziellen Rege‐ lungen im Mediendienstestaatsvertrag zu beachten, wenn es um Produkt‐ platzierungen und Produkthilfen geht (Solmecke, S. 16; Blind/ Stumpfrock, S.-626-632). 9.2 Social Media 105 <?page no="107"?> 10 Vertriebspolitik 10.1 Überblick Vertriebspolitik ist eines der Hauptinstrumente des Marketingmix. In Wis‐ senschaft und Praxis wird diese von vielen bereits heute als das wohl erfolgentscheidendste Instrument angesehen. Offenkundiger Ausdruck die‐ ser Ansicht sind vor allem zahlreiche, weltweit zur Anwendung gelangende Managementkonzepte, wie etwa ● Just-in-time-Vertrieb, ● Key-Account-Vertrieb, ● Efficient-Consumer-Responce, ● Supply-Chain-Vertrieb oder auch der ● Multi-Channel-Vertrieb. Nach allgemeiner Auffassung umfasst dabei die Vertriebsbeziehungsweise Distributionspolitik zum einen marktgerichtete, also eher akquisitorische Aktivitäten und zum anderen eher vertriebslogistische Aktivitäten. Wäh‐ rend die akquisitorischen Aktivitäten vornehmlich den Aspekt des Ver‐ triebsweges betreffen, geht es bei der Vertriebslogistik um die Frage, in welcher Weise die Produkte transportiert und gelagert werden sollen. Auch wenn sich eine solche Unterteilung nicht immer eindeutig definitionslogisch begründen und damit nachvollziehen lässt, so sollen sich doch auch die nachfolgenden Ausführungen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen ei‐ ner Vertriebspolitik aus didaktischen Gründen in ihrem Aufbau an diese anlehnen. Ein Hersteller kann zur Distribution seiner Produkte interne oder externe Vertriebsorgane einsetzen. Mit Vertriebsorganen werden alle Personen, Abteilungen, oder organisatorische Einheiten bezeichnet, welche mit der Distribution der Produkte an Kunden betraut und beschäftigt sind. Zu den internen Vertriebsorganen zählt man vor allem die (reisenden) eigenen Mitarbeiter, den Direktverkauf/ Outlet sowie das E-Commerce, etwa den Online-Shop oder das Teleshopping, jeweils unterstützt durch ein inter‐ nes Call-Center. Hersteller nutzen die Möglichkeit eines Factory-Outlets beispielsweise im Modebereich. Hier verpflichtet sich der Hersteller, von seinen Händlern, die zu seinem Vertriebssystem gehören oder von Franchi‐ senehmern, nicht mehr aktuelle Mode gegen Erstattung des Einkaufspreises <?page no="108"?> abzüglich einer Verwaltungskostenpauschale zurückzunehmen, um diese dann außerhalb des Vertragsgebietes an Verbraucher zu veräußern. Der Vorteil besteht darin, dass die Händler beziehungsweise Franchise‐ nehmer nicht verpflichtet sind, Produkte im Wege von Sonderverkäufen oder zu niedrigen Preisen abzusetzen, um sich so von „Ladenhütern“ zu trennen sowie in der Möglichkeit für den Hersteller, diese Waren über ein Factory-Outlet abzusetzen. Damit kann er sicherstellen, dass sich in den Ladengeschäften der Händler beziehungsweise Franchisenehmer keine Produkte zu herabgesetzten Preisen finden. In rechtlicher Hinsicht ist in diesem Zusammenhang darauf hinzuwei‐ sen, dass ein Hersteller den, dem Händler gewährten Gebietsschutz zu beachten hat, das heißt, dass das Factory-Outlet außerhalb des Vertragsgebietes eingerichtet werden muss. Möglich ist auch ein „Shop-in-Shop“-Modell. Bei diesem ist zu unterscheiden, ob es um eine reine Flächenmiete innerhalb eines fremden Ladengeschäfts („Konzes‐ sion“) oder um einen Kommissionsagentenverhältnis handelt. Im ersten Fall liegt aus rechtlicher Sicht ein Direktvertrieb vor, da die Kaufver‐ träge direkt zwischen Hersteller und Kunde abgeschlossen werden. Im zweiten Fall ist aus rechtlicher Sicht ein Absatzmittler dazwischenge‐ schaltet, der die Kaufverträge im eigenen Namen als Kommissionsagent abschließt Den Vertriebsweg eines Herstellers mit ausschließlich unternehmensinter‐ nen Vertriebsorganen mit unmittelbarem Kontakt zum Endkunden, also etwa über eigene Ladengeschäfte oder Außendienstmitarbeiter, bezeichnet man als Direktvertrieb. Hierzu zählt auch der Vertrieb unter Einsatz von Fernkommunikationsmitteln, bei denen grundsätzlich kein persönlicher Kontakt zum Kunden besteht. Neben den klassischen Formen Werbebrief, Katalog, Telefon, etwa über interne Call-Center, wird zunehmend das Internet in Form eines Online-Shops genutzt. Der für den Direktvertrieb typische unmittelbare Kontakt zum Endkun‐ den kann allerdings auch dann vorliegen, wenn der Hersteller Absatzhel‐ fer, insbesondere Handelsvertreter oder Handelsmakler, einsetzt, da diese als Vertriebsorgane, anders als die Absatzmittler, nur vermittelnd und unterstützend tätig werden. Es besteht hier ein unmittelbarer (rechtlicher) Kontakt zwischen Hersteller und Endkunde. 108 10 Vertriebspolitik <?page no="109"?> Beim indirekten Vertrieb sind zwischen Hersteller und Endkunde Absatz‐ mittler dazwischengeschaltet. In der Betriebswirtschaftslehre wird unter einem Absatzmittler ein selbstständiger Händler verstanden, der rechtlich und wirtschaftlich zwischen Anbieter und Kunde steht und mit den Kunden eigene Vertragsbeziehungen eingeht. Hierzu zählen die rechtlich selbststän‐ digen Groß- und Einzelhändler. Der indirekte Vertrieb kann nicht nur ein‐ stufig, also nur über Einzelhändler, sondern auch mehrstufig über Groß- und Einzelhändler erfolgen. Handelt es sich nicht um nicht vertriebsgebundene Absatzmittler, sondern um von Seiten des Herstellers unternehmensgebun‐ dene Absatzmittler, so spricht man, je nach Intensität der Vertriebsbindung, von Fachhändlern, Vertragshändlern oder Franchisenehmern. Die Auswahl der Absatzwege und die Zahl der Vertriebsstufen nennt man im Marketing die vertikale Struktur eines Vertriebssystems. Für die Entscheidung zwischen Direktvertrieb und indirektem Vertrieb sind insbesondere finanz-, marketing- und personalpolitische Aspekte zu beachten. Aus finanzpolitischer Sicht ist dabei zunächst zu berücksichtigen, dass durch den Vertrieb über externe Absatzmittler das Absatzrisiko „nach außen“ verlagert wird; dieses führt zu einer Liquiditätsentlastung beim Hersteller. Auf der anderen Seite verzichtet der Hersteller beim Vertrieb über den Handel auf einen Teil des beim Endkunden erzielbaren Preises, die Handelsspanne. Aus Marketingsicht ist hier vor allem zu bedenken, dass bei einem Einbezug des Handels eine Distanz zum Endkunden entsteht und Werbung und Sortimentsbildung regelmäßig vom Handel übernommen werden. Auch wenn ein Anbieter seine Kunden und deren Bedürfnisse zu kennen meint, so ist er doch grundsätzlich auf den Informationsfluss über die Handelspartner angewiesen. Im Hinblick auf die Wahl des Vertriebswe‐ ges ist aus personalpolitischer Sicht zu beachten, dass durch den Einsatz interner Vertriebsmitarbeiter - im Gegensatz zu den externen Vertriebs‐ personen - Personalkosten entstehen. Auf der anderen Seite ist aber die Möglichkeit der Einflussnahme, etwa durch Steuerung und Kontrolle, bei internen Vertriebsorganen größer als bei den externen Vertriebsorganen. Ein Anbieter ist nicht auf einen Vertriebsweg beschränkt, sondern kann auch mehrere Vertriebswege wählen; man spricht dabei von einem Multi-Channel-Vertrieb. In jedem Fall ist es eine wichtige Entscheidung, da eine spätere, vor allem kurzfristige Änderung des Vertriebsweges in der Regel mit hohen Kosten verbunden ist. Abbildung 2 fasst die vorstehenden Ausführungen überblicksartig zusam‐ men. 10.1 Überblick 109 <?page no="110"?> Abbildung 2: Vertriebspolitik 10.2 Wie setzte ich meine Vertriebsorgane rechtskonform ein? Eigene und fremde Absatzhelfer Ein Unternehmen kann für den Verkauf seiner Produkte also eigene oder fremde Verkaufsorgane einsetzen. Zu den eigenen Verkaufsorganen gehört vor allem der „Reisende“, der als Angestellter der Firma im Namen und für Rechnung der Firma verkauft und aufgrund eines Arbeitsvertrages (§ 611a BGB) tätig wird. Auf diesen Vertrag finden die gesamten arbeitsrechtlichen (Schutz)Bestimmungen Anwendung. Hierzu zählen zum Beispiel Regelun‐ gen zum Kündigungsschutz sowie betriebsverfassungsrechtliche oder auch tarifrechtliche Bestimmungen. Im Folgenden soll auf diese arbeitsrechtlichen Bestimmungen nicht weiter eingegangen werden, sondern seine rechtsgeschäftliche Vertretungsbefug‐ nis vorgestellt werden. Einem Reisenden wird, um mit Dritten im Namen des Unternehmens tätig werden zu können, regelmäßig eine Vollmacht erteilt. Eine solche Vollmacht ist dabei rechtlich vom Dienstvertrag zu un‐ terscheiden. Ihre Erteilung erfolgt zunächst nach den Vorschriften des BGB 110 10 Vertriebspolitik <?page no="111"?> (§ 167 BGB), doch gibt es darüber hinaus im Handelsrecht, den besonderen Interessen des Handelsverkehrs nach zügiger Abwicklung der Geschäfte sowie dem Vertrauensschutz Rechnung tragend, spezielle Sonderformen, die Handlungsvollmacht (§§ 54 ff. HGB) und die Prokura (§§ 48 ff. HGB). Eine Handlungsvollmacht (§ 54 HGB) ist jede von einem Kaufmann (§§ 1 ff. HGB) im Rahmen seines Handelsgewerbes erteilte Vollmacht. Ihr Umfang wird durch den Vollmachtgeber, also nicht durch das Gesetz bestimmt. § 54 Abs. 1 HGB nennt hierzu drei Arten, ● die Generalhandlungsvollmacht, ● die Arthandlungsvollmacht sowie ● die Spezialhandlungsvollmacht. Regelmäßig wird es sich um eine Arthandlungsvollmacht handeln, die sich auf eine bestimmte Art von Geschäften bezieht, die der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes gewöhnlich mit sich bringt, zum Beispiel den Einkauf oder den Verkauf von Produkten. § 54 HGB beschränkt dann die Vollmacht auf die branchenüblichen Geschäfte. So ist zum Beispiel für einen Verkäufer von Neuwagen auch die Inzahlungnahme von Altfahrzeugen und der Rückkauf zu einem garantierten Preis ein derartiges branchenübliches Geschäft. Bei der Prokura handelt es sich um eine rechtsgeschäftlich erteilte Vertretungsmacht mit gesetzlich festgelegtem Umfang. Dieser ist sehr weitreichend, da er gemäß § 49 HGB Vollmacht für alle Rechtsge‐ schäfte gibt, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. Ausgeschlossen sind grundsätzlich Grundstücksgeschäfte sowie so‐ genannte Grundlagengeschäfte, zum Beispiel Unterzeichnung der Bi‐ lanz, Erteilung von Prokura, Änderung der Firma oder die Einstellung des Geschäftsbetriebs. Zu beachten ist, dass die Prokura in das Handelsregister einzutragen ist und ihr Umfang im Außenverhältnis, das heißt gegenüber Dritten, nicht 10.2 Wie setzte ich meine Vertriebsorgane rechtskonform ein? 111 <?page no="112"?> beschränkt werden kann. Reisende verfügen in der Regel dagegen über eine Handlungsvollmacht. Neben eigenen, findet man in der Praxis auch fremde Absatzorgane. Zu den betriebsfremden Absatzorganen zählen dabei in erster Linie ● der Handelsvertreter (§§ 84 ff. HGB), ● der Handelsmakler (§§ 93 ff. HGB) und ● der Kommissionär (§§ 383 ff. HGB). Der Handelsvertreter ist als selbständiger Gewerbetreibender damit be‐ traut, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen (§ 87 Absatz 1 HGB). Diese Selbstständigkeit unterscheidet ihn vornehmlich vom angestellten Reisenden. Er unterliegt keinen Weisungen, besitzt eigene Geschäftsräume, führt Handelsbücher, kann für mehrere Unternehmen tätig werden, erhält eine Provision statt einer festen Vergütung und ist in das Handelsregister eingetragen. Während auf den angestellten Reisenden die arbeitsrechtlichen Vorschriften Anwen‐ dung finden, gelten für den Handelsvertreter die speziellen Regeln des HGB. Der Handelsvertreter erhält eine erfolgsabhängige Provision. Nach Beendigung des Handelsvertretervertrages sind nur diejenigen Geschäfte provisionspflichtig, die der Handelsvertreter vermittelt oder so eingeleitet und vorbereitet hat, dass der Abschluss überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist; hinzu kommt ein, häufig streitiger, Ausgleichsanspruch. Oftmals unterliegt ein Handelsvertreter, vor allem wenn er ausscheidet, einem Wettbewerbsverbot; dieses bedarf der Schriftform und darf höchstens auf zwei Jahre festgelegt werden. Als Gegenleistung steht dem Handelsver‐ treter eine entsprechende Entschädigung (Karenzentschädigung) zu. Ein Handelsmakler ist, wer es gewerbsmäßig übernimmt, für andere, ohne von ihnen ständig damit betraut zu sein, die Vermittlung von Geschäf‐ ten über Gegenstände des Handelsverkehrs betreibt (§ 93 HGB). Er ist stets Kaufmann. Seine Tätigkeit kann sich zum Beispiel auf die Vermittlung von Krediten, Versicherungen oder Wertpapieren beziehen. Der Immobilien‐ makler und die Partnervermittler zählen zu den sogenannten Zivilmaklern. Rechtsgrundlage sind hier ausschließlich die §§ 652 ff. BGB. Ein Kommissionär ist, wer es gewerbsmäßig übernimmt, Waren oder Wertpapiere für Rechnung eines anderen (des Kommittenten) im eigenen Namen zu kaufen oder zu verkaufen. Charakteristisch für ein Kommissions‐ geschäft ist dabei das Drei-Personen-Verhältnis. Wirtschaftliche Bedeutung 112 10 Vertriebspolitik <?page no="113"?> hat das Kommissionsgeschäft heute (nur) noch im Kunst- und Antiquitäten‐ handel sowie teilweise im Wertpapiergeschäft der Banken. Weitere Formen in der Absatzorganisation sind ● der Vertragshändler und ● das Franchising. Ein Vertragshändler als Eigenhändler, über den das Gesetz keine Regelun‐ gen enthält, ist ein Kaufmann, dessen Unternehmen in die nach einheitlichen Grundsätzen errichtete Verkaufsorganisation des Herstellers, in der Regel von Markenartikeln, eingegliedert ist. Er ist dem Hersteller gegenüber verpflichtet, die Waren im eigenen Namen und für eigene Rechnung in dem Vertragsgebiet zu verkaufen und ihren Absatz zu fördern. Beispiele sind etwa die Vertriebsorganisation von VW oder BMW mit ihrem Vertrags‐ händlernetz. Ein Franchisenehmer ist grundsätzlich ein selbstständiger Unterneh‐ mer. Er wird im eigenen Namen und für eigene Rechnung tätig. Im Franchi‐ severtrag wird ihm von Franchisegeber gegen eine Franchisegebühr das Recht eingeräumt, bestimmte Waren und Dienstleistungen zu vertreiben. Der Franchisenehmer ist dabei berechtigt und verpflichtet, Namen, Marken, Symbole und Einrichtungen des Franchisegebers zu benutzen und die von diesem genau festgelegte Geschäftskonzeption zu übernehmen. Anders als der Vertragshändler ist der Franchisenehmer in der Regel an ein, bis ins Einzelne vorgegebene Organisations- und Marketingkonzept des Franchi‐ segebers gebunden und insoweit dessen Überwachungs- und Weisungsrecht unterworfen. Typische Franchisesysteme bestehen zum Beispiel bei McDo‐ nald, Burger King, Hilton oder auch TUI-Reisecenter. In der Praxis ist die Abgrenzung zum Arbeitnehmer oft schwierig, da die Bindungen des Franchisenehmers zum Franchisegeber derart intensiv sein können, dass von einer persönlichen Abhängigkeit und damit eher von einem Arbeitnehmerstatus auszugehen ist. Häufig werden diese dann auch Scheinselbständige genannt (Zerres, T./ Zerres, C., Marketingrecht, S.-265-279). 10.2 Wie setzte ich meine Vertriebsorgane rechtskonform ein? 113 <?page no="114"?> Marketing-Logistik Die Marketing-Logistik oder auch physische Distribution ist durch Ent‐ scheidungen gekennzeichnet, das richtige Produkt, in richtiger Menge, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit und mit möglichst geringen Kosten unter Berücksichtigung der übergeordneten Unternehmensziele Gewinn, Umsatz, Marktanteil und Kundenzufriedenheit bereitzustellen. Bei der Marketing-Logistik geht es also vornehmlich um Fragen ● des Transports, ● des Versands und ● der Lagerung. Den rechtlichen Rahmen bildet das Transportrecht. Hierzu zählen sämtliche Rechtsnormen, die den Transport von Gütern betreffen, unabhängig von der Art der Beförderung sowie aller damit zusammenhängender Vorgänge, wie zum Beispiel der Zwischenlagerung. Das deutsche Transportrecht ist im Wesentlichen in den §§ 407 ff. HGB geregelt und betrifft das Frachtgeschäft, das Speditionsgeschäft sowie das Lagergeschäft. Es wird dabei nicht zwi‐ schen den verschiedenen Transportarten beziehungsweise Verkehrsträgern differenziert, sondern es gilt gleichermaßen für den Straßentransport, den Eisenbahntransport, den nationalen Luftverkehr und den Transport mit dem Binnenschiff. Gesetzliches Leitbild ist das Frachtgeschäft, das für jede Form des Transports Anwendung findet. Man unterscheidet in diesem Zusammenhang Frachtführer, Spediteur und Lagerhalter. Ein Frachtführer (§§ 407 ff. HGB) übernimmt gewerbsmäßig die Beförderung von Gütern. Sein Vertragspartner kann der Absender des Gutes oder auch ein Spediteur sein. Speziell geregelt ist der Umzugsvertrag. Ein Spediteur hat grundsätzlich die Aufgabe, für den Transport einer Ware vom Hersteller oder Händler bis hin zum Abnehmer Sorge zu tragen. Hierunter fällt vor allem ein Vorberei‐ ten des Gutes für den Transport, die Entscheidung für einen bestimmten Transportweg und eine bestimmte Beförderungsart sowie die Auswahl eines entsprechenden Frachtführers, der den eigentlichen Transport durchführt. Rechtlich betrachtet steht also nur der Spediteur in einer vertraglichen Beziehung zum Versender. Zwischen dem Versender und dem Frachtführer bestehen keine vertraglichen Beziehungen (Vgl. Abb. 3). 114 10 Vertriebspolitik <?page no="115"?> Abbildung 3: Marketing-Logistik Der Speditionsvertrag stellt einen Werkvertrag mit „Geschäftsbesorgungs‐ charakter“ dar. Sein Inhalt wird maßgeblich durch die Vorschriften der §§ 453 ff HGB, ergänzt durch die Allgemeinen Deutschen Spediteurbedin‐ gungen (ADSp), bestimmt. Es handelt sich bei den ADSp um spezielle Allgemeine Geschäftsbedingungen, die in der Regel bei Verträgen mit Kaufleuten und juristischen Personen des öffentlichen Rechts vereinbart werden. Für eine Vereinbarung der ADSp genügt eine stillschweigende Unterwerfung, wenn der Geschäftspartner des Spediteurs weiß oder wissen muss, dass dieser seinen Geschäften die ADSp zugrunde zu legen pflegt. Größere Spediteur- und Frachtführerunternehmen betreiben häufig auch, in der Regel aufgrund kombinierter Verträge, das Geschäft eines Lager‐ halters, das heisst zugleich auch die Aufbewahrung von Produkten. Der Lagerhalter dient dem Wirtschaftsverkehr, indem er vor allem an den Umschlagplätzen des See- und Binnenhandels Lagerräume zur Verfügung stellt. Dadurch vermeiden Hersteller und Händler die Kosten für eigene Lagerräume. Sie können mittels eines Lagerscheines über die eingelagerten Güter verfügen. Der Lagervertrag ist in den §§ 467 ff. HGB geregelt. Da ein Lagerhalter wie ein Verkaufskommissionär den Besitz an dem betreffenden Gut erhält, finden hinsichtlich der Empfangnahme, der Aufbewahrung und der Versicherung die Vorschriften zum Kommissionsgeschäft entsprechend 10.2 Wie setzte ich meine Vertriebsorgane rechtskonform ein? 115 <?page no="116"?> Anwendung. Ergänzend gelten die zivilrechtlichen Vorschriften zum Ver‐ wahrungsvertrag. Im Transportrecht ist die Differenzierung zwischen nationalem und inter‐ nationalem Recht von großer Bedeutung, denn eine Vielzahl an Güterbewe‐ gungen überschreiten nationale Grenzen. International ist bei der Regelung des Transportrechts, im Gegensatz zum nationalen Recht, zwischen den unterschiedlichen Transportarten zu differenzieren, so dass es grundsätzlich für jede Transportart mindestens eine spezifische internationale Regelung gibt. So gelten etwa für den LKW-Verkehr die CMR, für den Luftverkehr das Montrealer Abkommen beziehungsweise das Warschauer Abkommen, für den Eisenbahnverkehr die CIM, für den Binnenschifffahrtsverkehr das Bu‐ dapester Übereinkommen oder für den Seeverkehr die Haager-, Haag-Visby- oder Hamburger Regeln (Zerres, T,/ Zerres, C., Marketingrecht, S.-279-292). 116 10 Vertriebspolitik <?page no="117"?> 11 E-Commerce 11.1 Überblick Eine Vielzahl von Start-up-Unternehmen betreiben heute ihre Tätigkeit im Internet, beteiligen sich also am E-Commerce. Daher soll diesem Aspekt ein besonderes Kapitel gewidmet werden. Einige diesbezügliche rechtliche Sachverhalte haben bereits in den Abschnitt zur Website und zu den Mar‐ keting-Instrumenten Erwähnung gefunden. Hier soll nun ein umfassender Gesamtblick darauf geworfen werden. Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedin‐ gungen eines E-Commerce. Es geht dabei um den digitalen Vertrieb von Waren und Dienstleistungen durch den Einsatz des Internets. E-Commerce setzt in vielen Fällen das Betreiben einer Website voraus. Dementsprechend geht es nach diesem einführenden Überblick über die Thematik im zweiten Abschnitt um die rechtlichen Rahmenbedingungen, die sich auf Einrichtung, Gestaltung und Betrieb einer Website beziehen. Kommt einer Website über ihre primäre Kommunikationsfunktion hinaus auch eine Vertriebsfunktion zu, dann sind allgemeine rechtliche Anforderungen zu beachten, auf die anschließend eingegangen wird. Hierzu zählen insbesondere umfassende vorvertragliche Informationspflichten auf Seiten des Unternehmers sowie einige Besonderheiten im Rahmen des Vertragsabschlusses und der Ver‐ tragsdurchführung. Ebenfalls relevant sind die speziellen Anforderungen, wenn es sich bei dem Vertragsgegenstand um „digitale Produkte“ handelt und damit nicht nur die Vertragsanbahnung und der Vertragsabschluss auf digitalem Wege erfolgen, sondern auch die Vertragserfüllung. Für immer mehr Menschen ist der Einkauf über das Internet eine prakti‐ sche Ergänzung beziehungsweise Alternative zum klassischen Offline-Han‐ del. Eine große Auswahl an Produkten kann dabei zeitunabhängig und bequem von zu Hause bestellt werden. Dies führt gleichzeitig dazu, dass immer mehr Unternehmen ihre Produkte zusätzlich oder ausschließlich online vertreiben. Ein Produkt ist jedes Objekt, das auf einem Markt zur Beachtung oder Wahl, zum Kauf, zur Benutzung oder zum Verbrauch oder Verzehr angeboten wird und geeignet ist, damit Wünsche oder Be‐ dürfnisse zu befriedigen. Unter den Begriff Objekt fallen gegenständliche Objekte (unter anderem Lebensmittel, Autos), Dienstleistungen (unter ande‐ rem Flugreisen, Stadtführungen), Organisationen (unter anderem Parteien, <?page no="118"?> Non-profit-Organisationen, wie etwa Greenpeace) und Personen (unter anderem Schauspieler). Die Definition umfasst digitale und nicht-digitale Produkte. 11.2 Website als Verkaufsorgan Neben einem digitalen Vertrieb über Verkaufsplattformen, wie etwa ebay oder Amazon, spielt vor allem die eigene, vorher schon betrachtete Website mit einem Shop- oder anderweitigem Bestellsystem eine zentrale Rolle. Die Website bietet dabei, neben der Verkaufsfunktion, die folgenden, weiteren Funktionen, die für einen digitalen Vertrieb wichtig sind: ● Informationsfunktion (Point-of-Information): Bereitstellung von Informationen (zum Beispiel Unternehmenspräsentation, Produktbe‐ schreibungen, Teamvorstellung, Download-Angebote, Newsletter, Ver‐ netzung auf Social Media oder auch weiterführende Informationsange‐ bote) und verschiedene Suchmöglichkeiten (zum Beispiel angebundene Händler und Niederlassungen, Produkt- und Dienstleistungssuchmög‐ lichkeiten, so etwa ein Produktkonfigurator). ● Interaktionsfunktion (Point-of-Interaction): Möglichkeit des Infor‐ mationsaustausches und der Kontaktaufnahme zwischen Unternehmen und Interessenten / Kunden (zum Beispiel E-Mail-Kontakt, Servicehot‐ line und -chat) sowie gegebenenfalls auch unter Interessenten / Kunden selbst (zum Beispiel Foren, Communities oder Blogs, eingebunden auf der Website). ● Konsumfunktion (Point-of-Consumption): Neben den oben genann‐ ten Funktionen kann eine wichtige Funktion der Website auch der direkte Konsum von Inhalten sein. So stellen etwa Netflix und andere Streamingplattformen Inhalte auf der Website zur Verfügung, die dann direkt dort auch konsumiert werden können. Diese Funktion ist ins‐ besondere bei Anbietern von verschiedenen Medienformaten vielfach anzutreffen. Für einen erfolgsversprechenden Vertrieb müssen die Leistungen anspre‐ chend und informativ auf der Website präsentiert werden. Navigation und Darstellung sollten an den Wünschen und den Bedürfnissen der Nutzer ausgerichtet sein. Daneben sollte die Website die Möglichkeit bieten, bei Fragen zum Unternehmen oder den Produkten, mit dem Unternehmen 118 11 E-Commerce <?page no="119"?> in Kontakt zu treten. Gleichzeitig bietet die Website großes Potential, Informationen über die Besucher der Website und deren Nutzerverhalten zu gewinnen. Gerade beim Vertrieb von Produkten über die Website ist dies äußerst wichtig (Zerres, T./ Zerres, C., Rechtsrahmen eines E-Commerce, S.-221-225). 11.3 Rechtliche Anforderungen an eine Website Beim Vertrieb von Leistungen über eine Website sind zahlreiche rechtliche Rahmenbedingungen zu beachten. Da es in Deutschland kein einheitliches „Website-Gesetz“ oder „E-Commerce-Gesetz“ gibt, müssen eine ganze Reihe an speziellen Regelungen aus unterschiedlichen Rechtsgebieten betrachtet werden. Dabei gilt der allgemeine Grundsatz, dass dasjenige, was offline gilt, prinzipiell auch online zu beachten ist. Es kommen daher bei Einrichtung, Gestaltung und Betrieb einer Website grundsätzlich etwa Regelungen des Vertrags-, Datenschutz-, Urheber-, Mar‐ ken-, Wettbewerbs-, Steuer-, Gewerbe- oder Verbraucherschutzrecht zur Anwendung, die nachfolgend im Überblick vorgestellt werden (Zerres, T./ Zerres, C., Rechtsrahmen eines Website-Marketing. S.-97-120). Kommt einer Website über eine Informations- und Kommunikationsfunk‐ tion hinaus auch eine Vertriebsfunktion zu, das heißt, dient sie sowohl einer Vertragsvorbereitung als auch dem Vertragsabschluss, dann sind zunächst allgemeine rechtliche Anforderungen zu beachten. Hierzu zählen die Regeln über das Zustandekommen von Verträgen und die Einbeziehung von All‐ gemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sowie auch die umfassenden Infor‐ mationspflichten für einen Unternehmer, insbesondere in seinem Verhältnis zu Verbrauchern, also Personen, die einen Vertrag zu privaten Zwecken ab‐ schließen (§ 13 BGB); diesen steht darüber hinaus bei bestimmten Verträgen ein befristetes Widerrufsrecht zu, mit deren Ausübung sie sich von einem geschlossenen Vertrag lösen können. Diese Rechtsvorschriften werden spä‐ ter näher betrachtet. Hinzu kommen spezielle rechtliche Anforderungen für Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher über digitale 11.3 Rechtliche Anforderungen an eine Website 119 <?page no="120"?> Produkte (§§ 327a bis 327u BGB). Damit hat der deutsche Gesetzgeber europarechtliche Vorgaben umgesetzt. Die Besonderheit bei diesen Vertragsgegenständen besteht darin, dass nicht nur die Vertragsanbahnung und der Vertragsabschluss digital erfolgen, sondern auch die Vertragserfüllung durch eine entsprechende Bereitstellung der vereinbarten Leistung digital erfolgt. Mit der Registrierung und Nutzung einer Domain können Rechte Dritter verletzt werden, so dass die Gefahr besteht, dass Dritte gegen die zugeteilte Domain Rechte, etwa aus dem Markenrecht (§§ 14, 15 MarkenG), gegen den Domaininhaber geltend machen können, wenn diese nicht nur eine Adressbezeichnung besitzt, sondern ihr auch eine kennzeichnende Funktion auf das Unternehmen oder die betriebliche Herkunft von Waren zukommt. Weiterhin können auch Ansprüche aus dem Zivil- und Handelsrecht (§§ 12, 823 ff. BGB, § 37 HGB) oder aus dem Wettbewerbsrecht (§§ 3 ff. UWG) gegen einen Domaininhaber geltend gemacht werden. Zur Vermeidung kos‐ tenpflichtiger Abmahnungen und Unterlassungsklagen sind daher bereits bei der Registrierung diese rechtlichen Risiken zu berücksichtigen. Ein Impressum oder auch eine Anbieterkennzeichnung ist ein zwingender Bestandteil einer Website. So ist jeder, der sich im Internet über eine Website geschäftsmäßig präsentiert, nach § 5 Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) ver‐ pflichtet, ein Impressum transparent bereitzuhalten. Eine Impressumpflicht gilt für den jeweiligen Diensteanbieter, der allerdings nicht zwingend mit dem Betreiber einer Website identisch sein muss. So gibt es auf Portalen, wie etwa eBay oder Amazon Marketplace, eine Vielzahl an Diensteanbietern, das heißt jeden, der dort zum Beispiel einen Shop betreibt, trifft eine solche Impressumpflicht. Diese besteht auch für kommerzielle Website in den sozialen Medien, zum Beispiel auf Facebook, Xing, X, Instagram oder YouTube. Schuldhafte Verstöße gegen § 5 DDG stellen eine mit einer Geldbuße zu ahnende Ordnungswidrigkeit dar (§ 33 DDG). Jeder Nutzer, der eine Website aufruft, um sich zum Beispiel über die Leistungen eines Unternehmens zu informieren, hinterlässt eine Vielzahl an Daten, die vielfältige Informationen über ihn enthalten. Die Erfassung dieser Daten dient dabei insbesondere der Erfolgskontrolle von Websites und ist vor allem für Betreiber von Onlineshops von großer Bedeutung. Es besteht hier allerdings, insbesondere vor dem Hintergrund der fortschreitenden 120 11 E-Commerce <?page no="121"?> technologischen Entwicklung, die Gefahr für das durch Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützte Recht jedes Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung. Personenbezogene Daten, zum Beispiel Name, Anschrift, IP-Adresse und sonstige Angaben, die Rückschlüsse auf die Person erlauben, unterliegen einem besonderen gesetzlichen Schutz, dem sogenannten Datenschutz. Aus rechtlicher Sicht sind hier vornehmlich die schon erwähnte Datenschutz-Grundverordnung der EU (VO 2016/ 679; DSGVO), das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG-neu) und seit 2021 das Ge‐ setz zur Regelung des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre in der Telekommunikation und bei Telemedien (TTDSG) zu beachten. Im Datenschutzrecht gilt der Grundsatz des Verbots mit Erlaubnisvor‐ behalt, das heißt, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung fremder personenbezogener Daten grundsätzlich verboten sind. Danach darf mit Daten, mit denen ein Bezug zu bestimmten Personen hergestellt werden kann, nur das gemacht werden, was ausdrücklich gesetzlich erlaubt oder von einer Einwilligung des Betroffenen gedeckt ist (Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO), wobei stets eine strenge Zweckbindung zu beachten ist (Art. 5 DSGVO). Art. 6 Abs. 1 lit. b DSGVO erlaubt etwa die Verarbeitung von Kundendaten, die für eine Vertragsabwicklung objektiv erforderlich sind, zum Beispiel die Kontaktdaten des Kunden zur Lieferung der bestellten Ware. Einen Websitebetreiber treffen in jedem Fall umfassende Informations‐ pflichten darüber, ob und wie personenbezogene Daten erhoben und gespeichert werden mit der entsprechenden Angabe der einschlägigen Rechtsgrundlage, auf die eine Datenverarbeitung konkret gestützt wird. Ein Websitebetreiber hat dementsprechend diese Datenschutzhinweise be‐ ziehungsweise seine Datenschutzschutzerklärung den Nutzern der Website präzise, transparent, verständlich und leicht zugänglich mitzuteilen (Art. 12 bis 14 DSGVO); diese muss für einen Besucher der jeweiligen Website jederzeit mit einem Klick von jeder Unterseite aus erreichbar sein. Diese Informationspflichten beziehen sich insbesondere auch auf den Einsatz von Cookies. Mit dem TTDSG sollen nicht erwünschte Zugriffe auf Informationen verhindert werden, die auf Computern, Tablets oder Mobiltelefonen gespeichert sind. In § 25 TTDSG ist geregelt, dass das Speichern von und der Zugriff auf Informationen in der Endeinrichtung des Endnutzers (zum Beispiel mittels Cookies), unabhängig von der Frage, ob dabei personenbezogene Daten erhoben werden, grundsätzlich nur mit einer, den Anforderungen der DSGVO entsprechenden Einwilligung erlaubt ist (§ 25-Abs. 1 TTDS). 11.3 Rechtliche Anforderungen an eine Website 121 <?page no="122"?> Alle Corporate Websites enthalten heute, neben Texten, auch Logos, Bilder, Fotos, Grafiken, Musik oder Videos. Aus rechtlicher Sicht geht es dabei vornehmlich um das schon betrachtete Urheberrecht, geregelt im Urhebergesetz (UrhG), das an den genannten Inhalten entstehen kann. 11.4 Allgemeine (Informations-)Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr § 312i BGB regelt die allgemeinen Pflichten des Unternehmers im elektroni‐ schen Geschäftsverkehr. § 312i Abs. 1 BGB definiert diesen dadurch, dass der Unternehmer sich zum Zwecke des Vertragsabschlusses über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen der Telemedien bedient. Der Begriff der Telemedien ist in § 1 TMG definiert und umfasst vor allem die Bestellung von Waren und Dienstleistungen im Internet. Ein Unternehmer hat dem Kunden bestimmte Informationen, die zum Vertragsabschluss führen und die detailliert in Art. 246c EGBGB geregelt sind, klar und verständlich mitzuteilen (§-312i Abs.-1 S.-1 Nr.-1 und 2 BGB). Der Kunde muss zudem die Möglichkeit haben, seine Eingaben während des Bestellvorgangs zu korrigieren. Der Eingang der Bestellung und der Vertragsinhalt sind unverzüglich auf elektronischem Wege, in der Regel per E-Mail, zu bestätigen. Zudem hat er dem Kunden die Möglichkeit zu verschaffen, die Vertragsbestimmungen, einschließlich der einbezogenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), bei Vertragsabschluss abzuru‐ fen und zu speichern (§ 312i Abs. 1 S. 1 Nr. 3 und 4 BGB). Ein Verstoß gegen diese Pflichten aus § 312i BGB können einen Schadensersatzanspruch nach § 311 Abs. 2 BGB i. V. m. § 280 Abs. 1 BGB sowie gegebenenfalls Ansprüche aus dem UWG und dem UKlaG zur Folge haben. Die speziellere Vorschrift des § 312j BGB sieht besondere Informations‐ pflichten für Websites für den elektronischen Geschäftsverkehr mit Ver‐ brauchern vor (§ 312j Abs. 1 und 2 BGB). Verbraucher ist nach § 13 BGB jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die über‐ wiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Neben Informationspflichten über Lieferbeschränkungen und Zahlungsmodalitäten (§ 312j Abs. 1 BGB) sowie weiteren Informationspflichten nach Art. 246a EGBGB (§ 312j Abs. 2 BGB) ist hier insbesondere die in § 312j Abs. 3 und 4 BGB normierte „Button-Lö‐ sung“ hervorzuheben. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche durch 122 11 E-Commerce <?page no="123"?> Anklicken, dann muss diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Worten „Zahlungspflichtig bestellen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Ähnlich wie bei § 312i BGB kommen bei Verletzung dieser Pflichten Ansprüche aus §§ 311 Abs. 2, 241 Abs.-2, 280 Abs.-1 BGB, aus dem UWG oder aus dem UKlaG in Betracht. 11.5 Besonderheiten bei Verträgen mit Verbrauchern Weitreichende Informationspflichten Erfolgen die Vertragsanbahnung und der Vertragsabschluss zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher über das Internet, dann handelt es sich häufig auch um einen sogenannten Fernabsatzvertrag. Da sich Unternehmer und Kunde nicht physisch begegnen und der Verbraucher keine Möglichkeit hat, die Ware vor Vertragsabschluss prüfen zu können, enthält das Gesetz zu seinem Schutz zusätzliche Informationspflichten sowie ein Widerrufsrecht. Bestimmte Verträge sind allerdings vom Anwendungsbereich ausgenom‐ men, für die diese zusätzlichen Anforderungen entweder nicht praktikabel oder unzumutbar sind; hierzu zählen etwa Bau- und Immobilienverträge, Pauschalreiseverträge, Verträge über Haushaltsgegenstände des täglichen Bedarfs oder Versicherungsverträge (§ 312 Abs. 2 BGB). Diese fernabsatz‐ rechtlichen Informationspflichten sind in § 312d sowie § 312 f Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 246a §§ 1 bis 4 EGBGB geregelt; Art. 246b §§ 1 und 2 EGBGB enthält entsprechende Informationspflichten für Verträge über Finanzdienstleistungen. Diese detailreichen und unübersichtlichen Informationspflichten über‐ schneiden sich zum Teil mit dem vorgenannten Pflichten des Unternehmers im elektronischen Rechtsverkehr (Art. 312i, j BGB i. V. m. Art. 246c EGBGB). Der Unterschied besteht im Wesentlichen in dem Zeitpunkt der Informati‐ onsgabe. So sind die fernabsatzrechtlichen Informationspflichten frühzeitig, das heißt bei der Werbung zu geben, unabhängig von einem späteren Vertragsabschluss. Dabei soll die vorvertragliche Informationspflicht dem Verbraucher ermöglichen, eine informierte Entscheidung über den Vertrags‐ abschluss zu treffen. Dagegen sind die allgemeinen Informationspflichten im elektronischen Rechtsverkehr vor dem Vertragsabschluss zu geben. Das bedeutet, dass bei Fernabsatzverträgen diese Pflichten insoweit kumulativ zu erfüllen sind, das heißt, dass eine „doppelte vorvertragliche Informati‐ onspflicht“ besteht. 11.5 Besonderheiten bei Verträgen mit Verbrauchern 123 <?page no="124"?> Zu den vorvertraglichen Informationspflichten zählen dabei insbeson‐ dere solche über den Anbieter und über die zu erbringenden Leistungen, den weiteren Ablauf des Bestellvorgangs, etwaige Lieferbeschränkungen, die zur Verfügung stehenden Zahlungsmittel, die Nennung des Gesamtpreises so‐ wie das voraussichtliche Leistungsbeziehungsweise Lieferdatum. Danach sind Websitebetreiber verpflichtet, Verbraucher auch darüber zu informie‐ ren, ob und inwieweit sie bereit sind, an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Zu beachten sind vor allem die Hinweispflichten nach §§ 36, 37 Verbraucherstreitbeilegungs‐ gesetz (VSBG). Neben den Belehrungs- und Informationspflichten besteht für einen Betreiber eines Onlineshops vor allem auch die Pflicht, Verbraucher umfas‐ send über ihr gesetzliches 14-tägiges Widerrufsrecht zu informieren. Zur ordnungsgemäßen Erfüllung dieser Pflicht kann der Unternehmer das in der Anlage 1 bis 2 zu Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB vorgesehene Muster für die Widerrufsbelehrung übermitteln. Zudem hat der Unternehmer dem Verbraucher das in der nachfolgenden Anlage 2 enthaltene Muster-Wider‐ rufsformular zur Verfügung zu stellen. Dabei ist es unerheblich, ob zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich ein Vertrag zustande kommt. Das bedeutet, dass der Unternehmer diese gesetzlichen Pflichten bei jeder Art der Vertragsanbahnung im Fernabsatz erfüllen muss, unabhängig von einem späteren Vertragsabschluss. Der Unternehmer kann diese Pflichten dadurch erfüllen, dass er auf seiner Website eine Informationsseite über einen Hyperlink abrufbar bereithält. Zahlreiche (inhaltlich überschneidende) Informationspflichten ergeben sich auch aus anderen Gesetzen, zum Beispiel aus der Preisangabenverord‐ nung (PAngV). Die Vorgaben der PAngV gelten auch im Internet und damit auch beim Vertrieb von Apps über mobile Endgeräte. Danach sind Unterneh‐ mer gegenüber Verbrauchern verpflichtet, die Endpreise, also insbesondere inklusive Umsatzsteuer, anzugeben. § 5 Digitale-Dienste-Gesetz enthält eine umfassende Verpflichtung zu Angaben, die den Anbieter betreffen (Impressumpflicht). Für bestimmte Produkte sehen entsprechende Gesetze besondere Kennzeichnungspflichten im Rahmen eines Onlinevertriebs vor. So bestehen nach der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung für Lebens‐ mittel und nach der Textilkennzeichnungsverordnung für Textilprodukte spezielle Kennzeichnungspflichten. Zu einer nachvertraglichen Pflicht zählt nach § 312f BGB die Pflicht des Unternehmers, dem Verbraucher eine Abschrift des geschlossenen Vertrages 124 11 E-Commerce <?page no="125"?> beziehungsweise eine andere Bestätigung des Vertrages mit Angabe des Vertragsinhalts zu überlassen. Die Nichteinhaltung dieser vorgenannten gesetzlichen Informations‐ pflichten berührt nicht die Wirksamkeit des Vertrages. Eine Verletzung dieser Pflichten kann im Einzelfall eine Schadensersatzhaftung gegen‐ über dem Verbraucher nach §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB zur Folge haben, wenn dieser aufgrund mangelnder Belehrung bestimmte Rechte nicht geltend macht und dadurch einen Schaden erleidet. In Betracht kommen zudem lauterkeitsrechtliche Ansprüche nach den §§ 8 ff. UWG oder solche nach § 2 UKlaG. Eine wesentliche Bedeutung hat die Verletzung der Belehrungspflicht über das Widerrufsrecht, da die 14-tägige Widerrufsfrist erst im Falle einer ordnungsgemäßen vorherigen Belehrung zu laufen beginnt (§ 356 Abs. 3 S. 1 BGB) (Zerres, T./ Zerres, C., Rechtsrahmen eines E-Commerce, S.-228-233). Widerrufsrecht des Verbrauchers Neben den vorgenannten Informationsrechten steht einem Verbraucher bei einem Fernabsatzvertrag das Recht zu, einen zustande gekommenen Vertrag innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen und ohne Strafzahlung widerrufen zu können (§§ 312-g Abs. 1 BGB, 355 BGB). Der Schutz des Verbrauchers ist kein originärer Grundsatz des BGB, son‐ dern beruht auf Vorgaben des europäischen Gesetzgebers. Das Ziel der EU besteht darin, im Rahmen ihrer Regelungskompetenz die Mitglied‐ staaten durch Regelungsvorgaben zur weitgehenden Harmonisierung ihrer Rechtsvorschriften zu verpflichten mit dem Ziel eines besseren Funktionierens des Binnenmarktes. Da die EU von den Mitgliedstaaten nur eine begrenzte Regelungskompetenz zuerkannt bekommen hat, ist zum Beispiel auch das Verbraucherschutzrecht nur „punktuell“ geregelt. Dementsprechend gibt es auch kein generelles Widerrufsrecht, sondern nur in den vom Gesetz bestimmten Fällen, insbe‐ sondere bei Fernabsatzverträgen, bei Außergeschäftsraumverträgen und bei Verbraucherkreditverträgen. Der Zweck des Widerrufsrechts bei einem 11.5 Besonderheiten bei Verträgen mit Verbrauchern 125 <?page no="126"?> Fernabsatzvertrag besteht in einem Ausgleich des Informationsdefizits. Es soll einem Verbraucher die Möglichkeit verschaffen, seine unter Umständen voreilig abgegebene Bestellung im Internet überdenken sowie die bestellte und zugesandte Ware überprüfen zu können. Allerdings gilt das Widerrufs‐ recht bei bestimmten Verträgen nicht oder nur eingeschränkt, insbesondere bei Beförderungs-, Pauschalreise-, Behandlungs-, Grundstückskauf-, und Wohnraummietverträgen (§ 312 Abs. 2 bis 8 BGB). So handelt es sich zum Beispiel bei einer Flugbuchung eines Verbrauchers über das Internet um ein Fernabsatzgeschäft; nach § 312 Abs. 8 BGB gilt das Widerrufsrecht jedoch nicht für Beförderungsverträge. Bucht also jemand über ein Onlineportal einen Flug von Frankfurt nach Berlin, um dort an einer privaten Veranstal‐ tung teilzunehmen, dann steht ihm kein Widerrufsrecht zu, wenn er nicht fliegen möchte, weil die Veranstaltung in Berlin nicht stattfindet. Das Gesetz sieht in § 312 g Abs. 2 BGB für Fernabsatzverträge weitere Ausnahmen vor, in denen kein Widerrufsrecht besteht. So besteht kein Widerrufsrecht bei individualisierten Waren, wie zum Beispiel einem Maßanzug, verderblicher Ware oder solcher, die aus hygienischen Gründen nicht zur Rückgabe geeignet ist, beim Kauf von Datenträgern, die entsiegelt worden sind oder bei Verträgen über Zeitschriften, soweit sie keine Abonnementverträge sind (§ 312 Abs. 2 BGB). Das Widerrufsrecht steht ausschließlich Verbrauchern und nicht auch gewerblich tätigen Kunden zu. Können über die Website sowohl Verbrau‐ cher als auch Unternehmer bestellen, dann kann diesen auch ein solches Widerrufsrecht zustehen, sofern der Verkäufer in seinen Allgemeinen Ge‐ schäftsbedingungen (AGB) nicht ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass das Widerrufsrecht nur dem Verbraucher zusteht. Soll der Vertrieb dagegen ausschließlich mit Unternehmern, also im B2B-Bereich, erfolgen, dann ist ein deutlicher Hinweis erforderlich, dass Verträge nur mit gewerblich tätigen Kunden geschlossen werden. Die Ausübung und die Modalitäten der Abwicklung sind detailliert in den §§ 355 ff. BGB geregelt. Das Widerrufsrecht wird nach § 355 Abs. 1 BGB durch eine formlose, empfangsbedürftige Willenserklärung des Verbrauchers ausgeübt. Der Begriff „Widerruf “ muss dabei nicht explizit verwendet werden, jedoch muss aus der Erklärung ein Wille zum Widerruf erkennbar werden; eine Begründung ist nicht erforderlich. Die Widerrufsfrist beträgt grundsätzlich 14 Tage und beginnt mit Ver‐ tragsabschluss, soweit in den nachfolgenden Vorschriften nichts Abwei‐ chendes bestimmt ist (§ 355 Ab. 2 BGB). Räumt der Unternehmer dem Ver‐ 126 11 E-Commerce <?page no="127"?> braucher die Möglichkeit ein, das Musterwiderrufsformular zu verwenden, dann muss der Unternehmen ihm den Zugang des Widerrufs unverzüglich bestätigen (§ 356 Abs. 1 BGB). Bei einem Verbrauchsgüterkauf (§ 474 BGB), der im Rahmen des Fernabsatzes geschlossen wird, beginnt die Widerrufs‐ frist allerdings erst dann, wenn der Verbraucher die Ware erhalten hat und ordnungsgemäß über das ihm zustehende Widerrufsrecht belehrt worden ist (§ 356 Abs. 2 Nr. 1a BGB). Besonderheiten bestehen auch bei einem Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen. Das Widerrufsrecht erlischt nach § 356 Abs. 4 BGB grundsätzlich dann, wenn der Unternehmer die Dienst‐ leistung vollständig erbracht hat und der Verbraucher nach vorheriger ausdrücklicher Information über diese Rechtsfolge explizit der Ausführung zustimmt hat. Auch bei Verträgen über die Bereitstellung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten, das heißt etwa ein Download von Software, Musik, Filmen oder Spielen, erlischt das Widerrufsrecht, wenn der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrages begonnen hat, nachdem der Verbraucher ausdrücklich zugestimmt hat und seine Kenntnis vom Erlöschen des Widerrufsrechtes bestätigt hat (§ 356 Abs. 5 BGB). Die Rechtsfolge des Widerrufs ist die Rückabwicklung des bis dahin wirksamen Vertrages. Die empfangenen Leistungen sind dann beiderseitig unverzüglich zurückzugewähren (§ 355 Abs. 3 S. 1 BGB), das heißt, der Unternehmer muss den empfangenen Kaufpreis zurückzahlen und der Verbraucher ist grundsätzlich zur Rücksendung der empfangenen Waren verpflichtet (§ 355 Abs. 3 S. 4 BGB); die Kosten der Rücksendung hat ein Verbraucher dann zu tragen, wenn er vorher vom Unternehmer von der entsprechenden Pflicht zur Kostentragung unterrichtet worden ist (§ 357 Abs. 5 BGB). Das Gesetz regelt in §§ 357, 357a BGB detailreich weitere Einzelheiten, von denen hier nur die in § 357a BGB genannte Wertersatzpflicht des Verbrauchers für einen entstandenen Wertverlust hervorgehoben werden soll. Hat der Verbraucher die Ware beschädigt, zerstört oder verbraucht, kann er den Vertrag gleichwohl widerrufen. Er muss aber Wertersatz für einen Wertverlust der Ware leisten, wenn der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war (§ 357a Abs. 1 BGB). Welche Maßnahmen dies sind, kann im Einzelfall zweifelhaft sein. 11.5 Besonderheiten bei Verträgen mit Verbrauchern 127 <?page no="128"?> So darf ein Verbraucher Kleidungsstücke auspacken und anprobieren, allerdings nicht weiter tragen. Ein Aufbau von Möbeln löst keine Wertersatzpflicht aus, wenn Beschaffenheit oder Funktionsfähigkeit nicht anders geprüft werden können. So hatte der BGH bei einem Kauf eines Wasserbettes im Fernabsatz eine Wertersatzpflicht des Käufers verneint. Das Gericht führte zur Begründung an, dass das Befüllen des Bettes mit Wasser zur Prüfung notwendig war. Da die Wertminderung durch das Befüllen der Matratze vollständig eingetreten war, musste das Gericht nicht mehr auf die (wohl zu verneinende) Frage eingehen, ob auch die dreitägige Nutzung des Bettes vom Prüfungsrecht des Käufers gedeckt war. Der betreffende Käufer war danach berechtigt, vom Verkäufer den gesamten Kaufpreis nach seinem wirksamen Wi‐ derruf zurückzuverlangen. Bei erbrachten Dienstleistungen kann der Unternehmer einen Wertersatz dann verlangen, wenn der Verbraucher nach ordnungsgemäßer vorheriger Information über diese Rechtsfolge ausdrücklich der Vornahme der Leistungen zugestimmt hat (§ 357a Abs. 2 BGB). Bei Verträgen über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten (zum Beispiel Download von Computerprogrammen, Apps, Videos oder Spielen) be‐ steht grundsätzlich keine Wertersatzpflicht (§ 357a Abs. 3 BGB). Da ein Verbraucher das digitale Produkt unter Umständen noch weiter nutzen könnte, besteht für einen Unternehmer die Möglichkeit, um solche missbräuchlichen Widerrufe bei digitalen Produkten zu vermeiden, durch eine entsprechende Vorabinformation des Verbrauchers dessen Widerrufsrecht vorher, also in dem Zeitpunkt, in dem er mit der Leistung der digitalen Inhalte (zum Beispiel durch die Ermöglichung eines Downloads) begonnen hat, zum Erlöschen zu bringen (§ 356 Abs. 5 BGB). Schließen Unternehmer mit Verbrauchern über ihre Website Verträge ab, die auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses gerichtet sind, das heißt solche, die den Verbraucher langfristig binden, dann hat der Unternehmer, um dem Verbraucher eine einfache Beendigung des Vertragsverhältnisse zu ermöglichen, auf seiner Website eine entsprechende, gut sichtbare Kün‐ digungsschaltfläche (Kündigungsbutton) bereit zu halten, über die ein Ver‐ braucher eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung erklären kann (§ 312k BGB). Zu den typischen Verträgen zählen hier Mobilfunkverträge, 128 11 E-Commerce <?page no="129"?> Verträge über den Internetzugang, Energielieferverträge oder Verträge mit Fitnessstudios. Dieser Kündigungsbutton muss eindeutig und gut lesbar beschriftet sein, zum Beispiel mit „Verträge hier kündigen“ (§ 312k Abs. 2 S. 2 BGB) (Zerres, T./ Zerres, C., Rechtsrahmen eines E-Commerce, S.-233-237). 11.6 Branchenspezifische (Informations-)Pflichten Für bestimmte Produkte müssen spezialgesetzliche Vorschriften beachtet werden. So enthält das Elektrogesetz beim Vertrieb von Elektrogeräten spezielle Regelungen zur Nutzung, zur Rücknahme und zur umweltverträg‐ lichen Entsorgung. Von großer Bedeutung für Onlinehändler sind auch die Vorgaben der Verpackungsverordnung, die für das erstmalige Inverkehr‐ bringen von Verpackungen nach Deutschland die Registrierung bei der Zen‐ tralen Stelle Verpackungsregister und bei einem dualen Entsorgungssystem (zum Beispiel das Duale System Deutschland GmbH) vorschreibt. Es dürfen danach nur lizensierte Verpackungen (zum Beispiel mit dem Grünen Prunkt) verwendet werden. Im Bereich der Arzneimittel ist das Heilmittelwerbege‐ setz (HWG) und das Arzneimittelgesetz (AMG) zu beachten. Handelt es sich um Bücher, dann gilt das Buchpreisbindungsgesetz. Danach ist ein Händler verpflichtet, neue Bücher, Zeitungen und Zeitschriften zu dem festgesetzten Ladenpreis zu verkaufen; dies gilt auch für E-Books. Auch der Vertrieb von Kosmetika unterliegt gesetzlichen Anforderungen, insbesondere der EU-Kosmetik-Verordnung. Diese spezialgesetzlichen (Informations-)Pflichten hat ein Betreiber eines Onlineshops auch dann zu erfüllen, wenn er seine Produkte nicht über einen eigenen Onlineshop, sondern über Verkaufsplattformen, wie zum Beispiel eBay oder Amazon-Marketplace, verkauft. Erbringer von bestimm‐ ten Dienstleistungen haben zudem die Dienstleistungs-Informationspflich‐ ten-Verordnung (DL-InfoV) zu beachten. In dem Rahmen sind auch die Regelungen des Lauterkeitsrechts, vornehmlich geregelt im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), von Relevanz, das die Fairness im Wettbewerb gewährleiten soll. Bestimmte Berufsgruppen, vor allem Ärzte oder Rechtsanwälte, unterliegen zudem weiteren strengen berufsrechtli‐ chen Regeln zu Werbeaktivitäten (Zerres, T./ Zerres, C., Rechtsrahmen eines E-Commerce, S.-237). 11.6 Branchenspezifische (Informations-)Pflichten 129 <?page no="130"?> 11.7 Zustandekommen eines Vertrages Im Rahmen eines E-Commerce kommt ein Vertrag über das Internet auch durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande. Dabei ist das Angebot eines Onlineshops mit einer Schaufensterauslage oder einem ge‐ druckten Warenkatalog vergleichbar. Es stellt daher noch kein verbindliches Angebot im Rechtssinne dar, sondern (nur) eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots („invitatio ad offerendum“). Somit geht das Angebot von dem Kunden aus, dass der Verkäufer nach Prüfung seiner Leistungsfähigkeit annehmen oder ablehnen kann. Die nach § 312i Abs. 1 Nr. 3 BGB verpflichtende Bestellbestätigung des Betreibers des Onlineshops kann, je nach Formulierung, eine Bestätigung des Zugangs des Angebots oder die Annahme des Vertragsangebots sein. Nach § 151 Abs. 1 BGB ist es aber auch möglich, auf eine ausdrückliche Annahmeerklärung zu verzichten, wenn die Annahme des Angebots durch Absenden der Ware bekundet wird. Anders ist dies auf Online-Auktionsplattformen, bei denen es sich bei dem Einstellen und Freischalten des Angebots bereits um ein rechtlich bindendes Angebot des Verkäufers handelt. Der Vertrag kommt dann mit demjenigen zustande, der am Ende das höchste Gebot abgegeben hat. Von dem Vertrag zwischen dem Käufer und dem Verkäufer sind die Verträge, die der jeweilige Betreiber der Verkaufsplattform mit den einzelnen Nutzern ab‐ schließt, das heißt regelmäßig mit den Verkäufern, zu unterscheiden. Diese Verträge sind zum einen die Rechtsgrundlage für (Provisions-)Ansprüche der Plattformbetreiber gegen die Nutzer, zum anderen regeln diese, den Vertragsverhältnissen zugrundeliegenden Nutzungsbedingungen sowie den Ablauf und die Funktionsweise der einzelnen Versteigerungen. 11.8 Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen Zur Verwendung der im Geschäftsverkehr üblichen Allgemeinen Geschäfts‐ bedingungen (AGB) gelten für die Betreiber von Onlineshops grundsätzlich dieselben rechtlichen Vorgaben wie im Geschäftsverkehr außerhalb des Internets (§§ 305 bis 310 BGB). Eine wirksame Einbeziehung der AGB setzt einen deutlich sichtbaren Hinweis auf der Website voraus, der in engem zeit‐ lichem Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss, das heißt üblicherweise auf der Bestellseite, zu geben ist. Der Inhalt der AGB muss über die Website 130 11 E-Commerce <?page no="131"?> einsehbar und auf dem Bildschirm lesbar sein. Der Unternehmer ist nach § 312i BGB verpflichtet, die AGB vollständig zum Download bereitzuhalten. Erfolgt der Vertragsabschluss auf einer Verkaufsplattform, dann bedarf es eines zusätzlichen Hinweises auf die, zum Beispiel bei Amazon, geltenden und abrufbaren Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Im Rahmen der inhalt‐ lichen Ausgestaltung ist darauf zu achten, dass gegenüber Verbrauchern von den gesetzlichen Gewährleistungsrechten nicht abgewichen werden darf. 11.9 Vertragserfüllung Die Vertragserfüllung erfolgt bei Kaufverträgen üblicherweise durch Liefe‐ rung der bestellten Waren. Handelt es sich um eine Dienstleistung, etwa Vornahme von Reparaturen, Reinigungsarbeiten, Pflegeleistungen, Trans‐ porten, medizinische Behandlungen oder anwaltliche Beratungsleistungen, dann handelt es sich in rechtlicher Hinsicht typischerweise um einen, im BGB geregelten Dienst- oder Werkvertrag (§§ 611, 631 BGB). Treten im Rahmen der Vertragsdurchführung Probleme auf, zum Beispiel in Form von mangelhaft erbrachten Leistungen, dann finden auf die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien die jeweiligen Vorschriften, zum Beispiel zum Kaufvertrag (§§ 437 ff. BGB), zum Werkvertrag (§§ 633 ff. BGB) oder zum Dienstvertrag, Anwendung. Ist der Vertragsgegenstand ein digitales Produkt, dann erfolgt auch die Vertragserfüllung in digitaler Form, zum Beispiel durch einen Download eines e-books oder einer Software, durch ein Zurverfügungstellen von Spei‐ cherplatz oder einer Softwarepflege sowie bei Filmen und Musik in Form ei‐ nes Abonnements bei einem Streamingdienst. Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher finden hier die neuen §§ 327 ff. BGB Anwendung. Das digitale Produkt wird nicht nur digital erstellt, sondern auch digital bereitgestellt. Das bedeutet, dass sich diese neuen Regelungen nicht auf die Verträge über die Produkte und Dienstleistungen beziehen, die durch digitale Hilfsmittel erstellt beziehungsweise vorbereitet worden sind, zum Beispiel ein mit elektronischen Hilfsmitteln erstelltes Buch, das als gedrucktes Exemplar verkauft wird oder die Dienstleistung durch einen Rechtsanwalt, der sich zur Erfüllung seiner Leistungspflicht digitaler Metho‐ den bedient, indem er einen Schriftsatz am Computer verfasst und diesen in elektronischer Form bei Gericht einreicht; entsprechendes würde für einen Vertrag mit einem Architekten gelten, der mithilfe moderner Technologie 11.9 Vertragserfüllung 131 <?page no="132"?> Pläne und Modelle entwickelt. Der Unterschied besteht darin, dass die Ware und die zu erbringenden Dienstleistungen den Hauptgegenstand darstellen, auch wenn digitale Mittel eingesetzt werden, um das Leistungsergebnis zu erzielen. In rechtlicher Hinsicht bleibt es bei der Anwendung der bereits vorhandenen vertragsrechtlichen Bestimmungen im BGB (Zerres, T./ Zerres, C., Rechtsrahmen eines E-Commerce, S.-238-240). 11.10 Neue Regelungen bei Verbraucherverträgen über digitale Produkte Überblick Digitale Produkte sind ein zunehmend wichtiger Wirtschaftsfaktor. Der europäische Gesetzgeber hat daher für Verbraucherverträge über digitale Produkte zur Harmonisierung und zur Verbesserung des Verbraucherschut‐ zes die Richtlinie 2019/ 770/ EU über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen (Digi‐ tale-Inhalte-RL) erlassen. Der Grund wurde darin gesehen, dass es bislang in vielen Mitgliedstaaten, zum Beispiel auch im deutschen Vertragsrecht, keine diesbezüglichen speziellen Regelungen gab. Deren Vorgaben hatte der deutsche Gesetzgeber nun in den bereits erwähnten §§ 327 bis 327u BGB umgesetzt; sie gelten nur für Verbraucherverträge, tangieren aber auch am Rande die Rechtsverhältnisse zwischen Unternehmern, wenn es um Regressansprüche in der Vertriebskette aus einem zugrundeliegenden Verbrauchervertrag geht. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass dem deutschen Gesetzgeber bei der Umsetzung dieser Richtlinien kaum eigener Gestaltungsspielraum bleibt. Das BGB wird daher zunehmend durch Sprache und Regelungs‐ technik des Unionsgebers geprägt. Sein Ziel besteht vornehmlich darin, den Verbraucher vor den Gefahren des Geschäftsverkehrs umfassend zu schützen. Dieses Ziel soll in erster Linie durch die Aufstellung einer Fülle von Informationspflichten, die der Unternehmer, wie im vorherigen Abschnitt aufgezeigt, gegenüber dem Verbraucher vor, bei und nach Vertragsabschluss zu erfüllen hat. Diese kasuistische Regelungstechnik des Unionsgesetzge‐ bers scheint auf den ersten Blick mehr Rechtssicherheit zu versprechen. Allerdings darf dabei nicht übersehen werden, dass dadurch das Gesetz zunehmend unübersichtlicher und schwerer lesbar wird. Hinzu kommt, dass bei einer zunehmenden schnelleren technischen und wirtschaftlichen 132 11 E-Commerce <?page no="133"?> Entwicklung ein Gesetzgeber gezwungen ist, wenn er den Rechtsstoff entsprechend kasuistisch erfassen möchte, in immer kürzeren Abständen zu reagieren und Gesetzesänderungen vorzunehmen. Diese Vorschriften finden grundsätzlich nicht auf die Verträge zwischen Unternehmern (B2B) oder zwischen Verbrauchern (C2C) Anwendung. Für die Rechtsanwendung ist damit nach wie vor eine Zuordnung zu einem gesetzlich geregelten Vertragstyp erforderlich. Es kann sich dabei, je nach vertraglicher Vereinbarung, um einen Kauf-, Schenkungs-, Miet-, Dienst-, Werk- oder Werklieferungsvertrag sowie gegebenenfalls auch um einen typengemischten Vertrag (zum Beispiel einen Lizenzvertrag) handeln. So wurde ein Erwerb von standardisierter Software beziehungsweise sonstiger digitaler Produkte gegen Entgelt als Kaufvertrag qualifiziert, wobei es nicht darauf ankommt, ob diese auf Datenträgern (§ 90 BGB, § 433 BGB) oder digital (§ 453 Abs. 1 BGB als „sonstiger Gegenstand“) übertragen worden ist. Handelte es sich um individuell erstellte Software, dann wurde dieser Vertrag als Werkvertrag (§ 631 BGB) eingeordnet. Ver‐ einbarungen, die ein zeitlich begrenztes Nutzungsrecht digitaler Produkte mit Kündigungsrecht vorsehen, wurden in der Rechtsprechung als Mietbeziehungsweise Pachtvertrag qualifiziert, wenn die Software auf einem Datenträger verkörpert ist. Im Rahmen der grundsätzlich bestehenden Ver‐ tragsfreiheit zwischen Unternehmern können die Vertragsparteien zudem den Inhalt des Vertrages frei bestimmen und von den weitgehend dispositi‐ ven Vorschriften im Vertragsrecht abweichen. Keine Vorgaben macht die Digitale-Inhalte-RL für das Zustandekommen, die Wirksamkeit und die Beendigung eines Vertrages. Es bleibt daher auch hier bei der Anwendung der allgemeinen Regeln im BGB. Der Schwerpunkt der §§ 327 ff. BGB bezieht sich auf die Gewährleis‐ tung, also auf die verschuldensunabhängige Haftung des Unternehmers für Produkt- und Rechtsmängel. Dieses Gewährleistungsrecht wurde weit‐ gehend demjenigen des Kaufrechts nachgebildet. Um den Vorrang dieser Regelungen abzusichern, hat der Gesetzgeber dann konsequenterweise im Schenkungs-, Miet-, Dienstvertrags- und Werkvertragsrecht entsprechende Verweise im Gesetz eingefügt, die den Vorrang der §§ 327 ff. BGB im Rahmen ihres Anwendungsbereichs sicherstellen (§§ 445c, 453 Abs. 1 S. 2 und 3, 475a, 516a, 548a, 578b, 620, 650 BGB). 11.10 Neue Regelungen bei Verbraucherverträgen über digitale Produkte 133 <?page no="134"?> Im Kaufrecht war allerdings ein entsprechender Verweis auf die §§ 327 ff. BGB nicht möglich, da der deutsche Gesetzgeber die parallel von der EU verabschiedete Warenkauf-Richtlinie 2019/ EU/ 771 in deutsches Recht umsetzen musste. Diese Richtlinie regelt den Kauf von "Waren mit digitalen Elementen" und damit einen Bereich, der sich mit dem An‐ wendungsbereich der Digitalen-Inhalte-Richtlinie überschneidet; diese Abgrenzungsfragen werden im nächsten Abschnitt thematisiert. Anwendungsbereich Der deutsche Gesetzgeber hat die in der Digitale-Inhalte-RL verwendeten Begriffe der digitalen Inhalte und digitaler Dienstleistungen aus Vereinfa‐ chungsgründen in der Überschrift des Gesetzes zu dem Begriff „digitales Produkt“ zusammengefasst, ohne dass damit eine inhaltliche Änderung verbunden ist. Digitale Inhalte sind nach der Definition in § 327 Abs. 2 BGB in digitaler Form erstellte oder bereitgestellte Daten, also Software jeglicher Art, Audiodateien, Musikdateien, digitale Spiele, elektronische Bücher oder auch Apps. Digitale Dienstleistungen sind nach § 327 Abs. 2 S. 2 BGB solche, die dem Verbraucher die Erstellung, die Verarbeitung oder die Speicherung von Daten in digitaler Form oder den Zugang von Daten hierzu ermöglichen, insbesondere Verträge über die Fernnutzung von Software und Daten (Software-as-a-Service), die Nutzung von Audio- und Videoinhalten oder cloudbasierten Diensten. Hinzu kommen auch Dienste zur gemeinsa‐ men Nutzung von Daten, wie etwa die bekannten Social-Media-Dienste (zum Beispiel Facebook, Instagram oder TikTok) oder auch Verkaufs-, Vergleichs-, Vermittlungs-, Buchungs- und Bewertungsportale. § 327 Abs. 6 BGB schließt aus unterschiedlichen Gründen bestimmte Vertragstypen vom Anwendungsbereich aus, zum Beispiel „digitale“ Behandlungsverträge (§ 630a BGB), Glücksspiele (Kasinospiele, Poker und Wetten), Verträge über Finanzdienstleistungen oder Verträge über freie und quelloffene Software (open-source). § 327 Abs. 1 BGB setzt weiter voraus, dass die Bereitstellung der digitalen Produkte durch den Unternehmer gegen „Zahlung eines Preises“ erfolgt. Nach § 327 Abs. 3 BGB gelten diese Vorschriften aber auch dann, wenn der Verbraucher dem Unternehmer im Rahmen solcher Verträge personenbezo‐ gene Daten bereitstellt oder sich zu einer solchen Bereitstellung verpflichtet 134 11 E-Commerce <?page no="135"?> (zum Beispiel eine Registrierung in einem sozialen Netzwerk, einschließlich der Angabe des Namens und der Mail-Adresse), es sei denn, der Unter‐ nehmer verwendet diese ausschließlich zu dem Zweck, seine vertragliche Leistungspflicht oder an ihn gestellte öffentlich-rechtliche Anforderungen (zum Beispiel aus dem Steuerrecht) zu erfüllen. In den Anwendungsbereich fallen zunächst Verbraucherverträge über digitale Produkte (Download von Software, Audio- und Videodateien) und zwar auch dann, wenn diese auf körperlichen Datenträgern (zum Beispiel CD, DVD, USB-Stick oder Speicherkarten) enthalten sind und letztere ausschließlich als Träger dieser digitalen Inhalte dienen; enthalten sie keine Daten, handelt es sich um einen einfachen Kaufvertrag über einen Datenträger, auf den das Kaufrecht Anwendung findet. Einbezogen werden neben Paketverträgen (§ 327a Abs. 1 BGB, zum Beispiel den Erwerb einer Spielkonsole zusammen mit digitalen Spielen) sämtliche Verbraucher‐ kaufverträge, die digitale Produkt enthalten oder mit ihnen verbunden sind (§ 327a Abs. 2 BGB). Grundsätzlich finden dabei die §§ 327 ff. BGB nur auf die digitalen Produkte Anwendung; handelt es sich um einen Kauf, dann findet in Bezug auf die Ware das Kaufrecht (§§ 433 ff., 474 ff. BGB) Anwendung. Es kommt also zu einer in der Praxis komplizierten Aufspaltung anzuwendender Rechtsvorschriften. Handelt es sich allerdings um „Waren mit digitalen Elementen“, dann erfolgt keine Aufspaltung anzu‐ wendender Rechtsvorschriften, sondern es kommt ausschließlich Kaufrecht zur Anwendung (§ 327a Abs. 3 BGB). Damit sind Waren gemeint, die ihre Funktion ohne die digitalen Produkte nicht erfüllen können. Typische Beispiele sind ein Computer (Ware) mit installiertem Betriebssystem als di‐ gitalem Element oder ein Smartphone mit Betriebssystem, eine Smartwatch sowie ein WLAN-Router. Hier kommen ausschließlich die kaufrechtlichen Bestimmungen zur Anwendung, insbesondere die speziellen Regelungen im Verbraucherkaufrecht (§§ 475b ff. BGB). Die Abgrenzung, wann es sich um eine Ware mit einem digitalen Element, das heißt mit einem funktionsnotwendigen digitalen Produkt handelt und wann nicht, ist nach objektiven Kriterien zu bestimmen und kann in der praktischen Rechtsanwendung sehr schwierig sein. So handelt es sich bei einem, in ein Fahrzeug eingebautem Navigations‐ gerät nicht um ein solches funktionsnotwendiges Element, da dies die Fahreigenschaft des Autos nicht beeinträchtigt. In diesem Fall kommt 11.10 Neue Regelungen bei Verbraucherverträgen über digitale Produkte 135 <?page no="136"?> es nach § 327a Abs. 2 BGB zu einer Aufspaltung in der Weise, als dass sich die Rechte des Käufers in Bezug auf das digitale Produkt nach den §§ 327 ff. BGB bestimmen und in Bezug auf die Ware nach kaufrechtli‐ chen Bestimmungen. Entsprechendes gilt etwa auch bei einem Kauf eines Kühlschranks mit einer softwaregestützten Bestellfunktion für bestimmte Lebensmittel. Dieser kann seine Grundfunktion, also das Kühlhalten der Lebensmittel, ohne das digitale Produkt erfüllen. Nach dem gesetzgeberischen Zweck sollen sich jedenfalls die Warenkauf-RL und die Digitale-Inhalte-RL einander ergänzen und sicherstellen, dass im Ergebnis jeder Vertrag, der die Bereitstellung digitaler Produkte zum Ge‐ genstand hat, in den Anwendungsbereich einer der beiden Richtlinien fällt, so dass der Verbraucherschutz gesichert ist. Regelungen bei Störungen in der Vertragsdurchführung Der Unternehmer hat dem Verbraucher das digitale Produkt bereitzustellen. Dabei handelt es sich, da ein digitales Produkt nicht gegenständlicher Natur ist und daher nicht „geliefert“ oder „übergeben“ werden kann, um ein funktionales Äquivalent zur Übergabe einer Sache. In Bezug auf die Bereitstellungsverpflichtung differenziert das Gesetz zwischen digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen. Ein digitaler Inhalt ist durch Zugänglichma‐ chung dann bereitgestellt, sobald dem Verbraucher eine Zugriffsmöglichkeit verschafft wird, zum Beispiel durch Herunterladen des Inhalts (§ 327b Abs. 3 BGB). Digitale Dienstleistungen sind bereitgestellt, wenn sie dem Verbraucher unmittelbar oder mittels einer von ihm hierzu bestimmten Einrichtung zur Verfügung gestellt worden sind (§ 327b Abs. 3 bis 5 BGB). Hat der Unternehmer die digitalen Produkte nach § 327b BGB nicht oder nicht unverzüglich bereitgestellt, dann kann ein Verbraucher den Vertrag beenden. Dieser neue Beendigungstatbestand ersetzt Rücktritt und Kündi‐ gung, da die Bereitstellung von digitalen Elementen entweder punktuell als einmaliger Leistungsaustausch oder auch dauerhaft erfolgen kann (§ 327c Abs. 1 und 3 BGB). Zusätzlich kann bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch Schadensersatz statt der Leistung oder Ersatz der vergeblichen Aufwendungen nach den allgemeinen schuldrechtlichen Vor‐ schriften verlangt werden. 136 11 E-Commerce <?page no="137"?> Ein digitales Produkt ist mangelhaft, wenn es zur maßgeblichen Zeit den vertraglichen Vereinbarungen, den objektiven Anforderungen sowie den Anforderungen an die Integration nicht entspricht (§ 327e BGB); ein Rechtsmangel liegt dann vor, wenn der Verbraucher das digitale Produkt nicht vertragsgemäß nutzen kann, ohne Rechte Dritter zu verletzen (§ 327e Abs. 2 und 3 BGB). Der Zeitpunkt der Mangelfreiheit hängt davon ab, ob es sich um eine einmalige oder um eine dauerhafte Bereitstellung han‐ delt. Die Pflicht des Unternehmers bezieht sich auch auf Aktualisierungen während des Bereitstellungszeitraums beziehungsweise des Zeitraums, den der Verbraucher objektiv erwarten kann. Geschuldet sind allerdings nur solche Aktualisierungen, die zum Erhalt der Vertragsmäßigkeit erforderlich sind (§§ 327e, f BGB), also solche, die zur Funktionserhaltung sowie zur Erhaltung der Kompatibilität und Sicherheit, zum Beispiel zum Schutz vor Angriffen aus dem Bereich der Cyberkriminalität, notwendig sind (Updates), nicht dagegen sogenannte Upgrades im Sinne einer darüberhinausgehenden Veränderung. Der Verbraucher trägt grundsätzlich die Beweislast für das Vorliegen eines Produkt- und Rechtsmangels, jedoch greift unter bestimmten Bedingungen, vergleichbar mit der kaufrechtlichen Vorschrift nach § 477 BGB, eine Beweislastumkehr zulasten des Unternehmers. Ist ein digitales Produkt mangelhaft, dann hat der Verbraucher, wie im Kauf‐ gewährleistungsrecht, eine Reihe an Rechten. Zunächst hat dieser das Recht auf Nacherfüllung (§ 327 l BGB), also auf Herstellung des vertragsgemäßen Zustands und Übernahme der zum Zweck der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen. Die Vertragsbeendigung (Oberbegriff für Rücktritt und Kündigung) oder die Minderung kommen erst dann in Betracht, wenn die Nacherfüllung ausgeschlossen ist oder verweigert wird oder der Un‐ ternehmer den Nacherfüllungsanspruch des Verbrauchers nicht innerhalb einer angemessenen Frist ab dem Zeitpunkt, zu dem er vom Verbraucher über den Mangel informiert wurde, erfüllt hat. Im Falle eines schuldhaften Verhaltens können auch Schadensersatzansprüche in Betracht kommen (Zerres, T./ Zerres, C., Rechtsrahmen eines E-Commerce, S.-240-245). 11.10 Neue Regelungen bei Verbraucherverträgen über digitale Produkte 137 <?page no="138"?> 11.11 Zusammenfassung Die Website ist das wichtigste Instrument eines Online-Marketing. In vielen Fällen hat diese nicht nur Bedeutung für die Kommunikation, sondern übernimmt auch eine Vertriebsfunktion. Im Rahmen der Einrichtung und des Betriebs einer Website sind bereits zahlreiche rechtliche Rahmenbedin‐ gungen zu beachten. Hierzu zählen etwa das Marken- und das Namensrecht bei der Vergabe von Domains, die Vorschrift des § 5 DDG für die Ausge‐ staltung eines Impressums, die datenschutzrechtlichen Vorschriften bei der Verarbeitung von Nutzerdaten, das Urheberrecht bei der Verwendung von fremden Texten, Fotos oder Videos sowie die persönlichkeitsschützenden Vorschriften im BGB und im KUG bei der Verwendung von Fotos, auf denen Personen zu erkennen sind. Dient eine Website zugleich auch als Instrument der Vertriebspolitik, dann sind zudem eine ganze Reihe an vor- und nachvertraglichen (verbrau‐ cherschützenden) Informationspflichten zu beachten. Hierzu zählen die allgemeinen Pflichten im elektronischen Rechtsverkehr. Handelt es sich bei den Kunden des Unternehmers (auch) um Verbraucher, das heißt um Personen, die den Vertrag zu privaten (und nicht unternehmerischen) Zwe‐ cken abschließen (§ 13 BGB), dann liegt regelmäßig auch ein sogenannter Fernabsatzvertrag (§ 312b BGB) vor, der einen Unternehmer aus Gründen des Verbraucherschutzes eine Vielzahl an weiteren Informationspflichten auferlegt. Hierzu zählt insbesondere eine Information über das 14-tägige Widerrufsrecht. Hat der Verbraucher sein Widerrufsrecht wirksam ausge‐ übt, dann führt dies zur Rückabwicklung der erbrachten Leistungen. In bestimmten, gesetzlich geregelten Fällen kann den Verbraucher eine Wer‐ tersatzflicht treffen. Hinzu kommen spezielle (Informations-)Pflichten aus der PAngV sowie spezielle branchenspezifische Vorschriften zur Produkt- und Leistungsbeschreibung. Ein Vertrag kommt im elektronischen Rechtsverkehr auch durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande, wobei die Präsentation des Produkts beziehungsweise der Dienstleistung auf der Corporate Website noch kein verbindliches Angebot darstellt, sondern nur eine (unverbindli‐ che) Aufforderung zur Abgabe eines solchen mit der Folge, dass das verbind‐ liche Angebot vom Kunden ausgeht, das der Unternehmer annehmen kann. Die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen setzt grundsätz‐ lich einen entsprechenden Hinweis, die Möglichkeit der Kenntnisnahme 138 11 E-Commerce <?page no="139"?> (auch durch die Möglichkeit eines Downloads) und das Einverständnis (regelmäßig durch Anklicken eines Kästchens) voraus. Handelt es sich bei dem Vertragsgegenstand um ein digitales Produkt, zu dessen Erstellung und Bereitstellung sich der Vertragspartner verpflichtet, dann sind bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbrau‐ cher (§ 310 Abs. 3 BGB) insbesondere die §§ 327a bis 327u BGB zu beachten. Der Schwerpunkt der Regelungen bezieht sich auf die Gewährleistung des Anbieters bei Produktmängeln, die denjenigen Regelungen des Kaufrechts nachgebildet sind. Im B2B-Bereich bleibt es bei der Anwendung der bisher existierenden, je nach vertraglicher Leistungspflicht anzuwendenden Vor‐ schriften zum Kauf-, Schenkungs-, Miet-, Dienst- oder Werkvertrag, soweit diesem nicht individualvertragliche Vereinbarungen vorgehen (Zerres, T./ Zerres, C., Rechtsrahmen eines E-Commerce, S.-223-224). 11.11 Zusammenfassung 139 <?page no="141"?> Schlusswort Der vorliegende Band soll Start-up-Verantwortliche für die rechtlichen Aspekte ihres Handels sensibilisieren. Oft wird dabei ein Einholen profes‐ sionellen Rats unumgänglich sein. In diesen Fällen soll der Text die Verant‐ wortlichen befähigen, die notwendigen Gespräche stets als kompetente Gesprächspartner zu führen. <?page no="143"?> Literatur Blind, J., Stumpfrock, R., Rechtliche Rahmenbedingungen des Online-Marketings, in Kreutzer, R.T., Praxisorientiertes OnlineMarketing, Konzepte-- Instrumente-- Checklisten, 4. Auflage, Wiesbaden 2021, S. 607 bis 633, zitiert: Blind/ Stumpfrock, S. 607-633 Gruber, J., Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, 13. Auflage, Altenberge 2022 Härting, N., Internetrecht, 7. Auflage, Köln 2023 Härting, N., Online-Shops und Startups---Plattformen rechtssicher gründen und betreiben, 2. Auflage, München 2019 Kaiser, S., Urheberrechtsverletzungen durch Verlinkungen im Internet, - Hyperlinks und co. als öffentliche Wiedergabe (Hrsg. Cornils, M., Specht-Riemenschneider - Juridicum - Schriften zum Medien-, Informations- und Datenrecht), Wiesbaden 2022 Solmecke, C., Rechtliche Rahmenbedingungen von Social Media, in Zerres, C. (Hrsg.), Handbuch-Social-Media-Marketing. Berlin 2024 Zerres, T., Gesellschaftsrecht - ein kompakter Überblick, Kopenhagen, London 2020. Zerres, T., Zerres, M., Rechtsrahmen eines Entrepreneurial Marketing, München 2012. Zerres, T.; Zerres, C., Marketingrecht - Rechtsrahmen eines Marketingmanagement, Wiesbaden 2018 Zerres, T., Zerres, M., Rechtsrahmen einer betrieblichen Marktforschung, in Tamm M. (Hrsg.), Zentrifugalkräfte in Europa und im sozialen Rechtsstaat, FS für Tonner, Baden Baden 2022, S.-429-444 Zerres, T.; Zerres, C., Rechtsrahmen eines Website-Marketing, Der Betriebswirt, 2/ 2023, S.-97-120 Zerres, T.; Zerres, C., Rechtsrahmen eines E-Commerce, Der Betriebswirt“, 4/ 2023 S.-223-247 <?page no="144"?> Index AGB-88 Aktiengesellschaft-25 Aktualisierungspflicht-137 Bundesdatenschutzgesetz-38, 66, 121 Datenschutz-38, 65f., 99, 121 Datenschutzerklärung-100 Datenschutz-Grundverordnung-38, 99, 121 Design-56 Dienstvertrag-80f. Digitale-Inhalte-RL-132 Digitale Produkte-134 Domain-34 DSGVO-38 Erfindung-56 ESOMAR-Kodex-76 GbR-17 Geschäftsidee-53 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb-66 GmbH-22 Haftung für Telemedien-104 Impressum-36 Kommanditgesellschaft-18 Konditionenpolitik-86 Kunsturhebergesetz-46, 100f. Lizenz-54 Madrider Markenabkommen-58 Marke-57 Marktforschung-38, 65, 71 Medienwerbung-91 OHG-18 Posten-102 Preispolitik-83 Produkt- und Rechtsmängel-133 Recht am eigenen Bild-46, 100f. Rechtsform-17 Rundfunkstaatsvertrag-66 Social Media-96, 99, 102, 104f. Telekommunikationsgesetz-66 Telemediengesetz-66, 71 Urheberrecht-45, 100ff. Verein-20 Vertrag-79, 81, 85, 96, 128 Vertragsbeendigung-137 Vertragserfüllung-131 Waren mit digitalen Elementen-136 <?page no="145"?> Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Rechtsrahmen „Social Media“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 Abbildung 2: Vertriebspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 Abbildung 3: Marketing-Logistik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 <?page no="146"?> Bisher sind erschienen: Ulrich Sailer Digitalisierung im Controlling Transformation der Unternehmenssteuerung durch die Digitalisierung 2023, 104 Seiten €[D] 17,90 ISBN 978-3-381-10301-0 Michael von Hauff Wald und Klima Aus der Perspektive nachhaltiger Entwicklung 2023, 85 Seiten €[D] 17,90 ISBN 978-3-381-10311-9 Ralf Hafner Unternehmensbewertung 2024, 133 Seiten €[D] 19,90 ISBN 978-3-381-11351-4 Irene E. Rath / Wilhelm Schmeisser Internationale Unternehmenstätigkeit Grundlagen, Führung, Organisation 2024, 175 Seiten €[D] 19,90 ISBN 978-3-381-11231-9 Reinhard Hünerberg / Matthias Hartmann Technologische Innovationen Steuerung und Vermarktung 2024, 152 Seiten €[D] 19,90 ISBN 978-3-381-11291-3 Ulrich Sailer Klimaneutrale Unternehmen Management, Steuerung, Technologien 2024, 130 Seiten €[D] 19,90 ISBN 978-3-381-11341-5 Oˇ guz Alaku¸ s Basiswissen Kryptowährungen 2024, 79 Seiten €[D] 17,90 ISBN 978-3-381-11381-1 Uta Kirschten Personalmanagement: Gezielte Maßnahmen zur langfristigen Personalbindung 2024, 159 Seiten €[D] 19,90 ISBN 978-3-381-12151-9 nuggets Die Reihe nuggets behandelt anspruchsvolle Themen und Trends, die nicht nur Studierende beschäftigen. Expert: innen erklären und vertiefen kompakt und gleichzeitig tiefgehend Zusammenhänge und Wissenswertes zu brandneuen und speziellen Themen. Dabei spielt die richtige Balance zwischen gezielter Information und fundierter Analyse die wichtigste Rolle. Das Besondere an dieser Reihe ist, dass sie fachgebiets- und verlagsübergreifend konzipiert ist. Sowohl der Narr-Verlag als auch expert- und UVK-Autor: innen bereichern nuggets. <?page no="147"?> Kariem Soliman Leitfaden Onlineumfragen Zielsetzung, Fragenauswahl, Auswertung und Dissemination der Ergebnisse 2024, 102 Seiten €[D] 19,90 ISBN 978-3-381-11961-5 Oˇ guz Alaku¸ s Das Prinzip von Kryptowährungen und Blockchain 2024, 133 Seiten €[D] 19,90 ISBN 978-3-381-12211-0 Eckart Koch Interkulturelles Management Managementkompetenzen für multikulturelle Herausforderungen 2024, 118 Seiten €[D] 19,90 ISBN 978-3-381-11801-4 Margareta Kulessa Die Konzeption der Sozialen Marktwirtschaft Ziele, Prinzipien und Herausforderungen 2024, 113 Seiten €[D] 19,90 ISBN 978-3-381-11411-5 Jörg Brüggenkamp / Peter Preuss / Tobias Renk Schätzen in agilen Projekten 2024, 75 Seiten €[D] 17,90 ISBN 978-3-381-12511-1 Michael von Hauff Nachhaltigkeit - Paradigma und Pflicht der Völkergemeinschaft 2024, 119 Seiten €[D] 19,90 ISBN 978-3-381-11281-4 Dirk Linowski Deutsch-chinesische Beziehungen Wirtschaft, Politik, Gesellschaft 2024, 136 Seiten €[D] 19,90 ISBN 978-3-381-11731-4 Sven Seidenstricker / Jens Pöppelbuß / Thomas B. Berger / Heiko Fischer Digitaler Vertrieb 2024, ca. 100 Seiten €[D] 17,90 ISBN 978-3-381-11441-2 Thomas Zerres / Michael Zerres Rechtliche Herausforderungen im Start-up- Marketing 2024, ca. 145 Seiten €[D] 19,90 ISBN 978-3-381-12961-4 <?page no="148"?> ISBN 978-3-381-12961-4 Deutschland erlebt zurzeit einen Boom an Unternehmensgründungen, vielfach KI-geprägt. Die Bandbreite an verschiedenen Arten von Start-ups ist dabei äußerst groß. Ziel dieses Buches ist es, die für Start-ups Verantwortlichen für die rechtlichen Aspekte ihrer Tätigkeit zu sensibilisieren. Es orientiert sich bei der Vorstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen am Ablauf des Gründungsprozesses eines Start-ups, unterteilt in vorbereitende Maßnahmen, wie etwa die Anmeldung eines Gewerbebetriebes, den Schutz der Geschäftsidee, die Wahl der Rechtsform oder den Verträgen mit Geldgebern. Der zweite Abschnitt des Buches behandelt die eigentlichen Marketingmaßnahmen. Zerres / Zerres Rechtliche Herausforderungen im Start-up-Marketing Thomas Zerres / Michael Zerres Rechtliche Herausforderungen im Start-up- Marketing Von der Geschäftsidee bis zum Marketing